Wege aus der »kostenlosen« Abfallentsorgung durch den Staat bei Insolvenz des Betreibers einer Abfallentsorgungsanlage [1 ed.] 9783428535798, 9783428135790

Die Insolvenz von Unternehmen hat regelmäßig erhebliche Folgen zulasten der Gläubiger und der Allgemeinheit. Neben priva

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German Pages 363 Year 2011

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Wege aus der »kostenlosen« Abfallentsorgung durch den Staat bei Insolvenz des Betreibers einer Abfallentsorgungsanlage [1 ed.]
 9783428535798, 9783428135790

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Schriften zum Umweltrecht Band 171

Wege aus der „kostenlosen“ Abfallentsorgung durch den Staat bei Insolvenz des Betreibers einer Abfallentsorgungsanlage Von

Andrea Radcke

Duncker & Humblot · Berlin

ANDREA RADCKE

Wege aus der „kostenlosen“ Abfallentsorgung durch den Staat bei Insolvenz des Betreibers einer Abfallentsorgungsanlage

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Kloepfer, Berlin

Band 171

Wege aus der „kostenlosen“ Abfallentsorgung durch den Staat bei Insolvenz des Betreibers einer Abfallentsorgungsanlage

Von

Andrea Radcke

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) hat diese Arbeit im Jahre 2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 978-3-428-13579-0 (Print) ISBN 978-3-428-53579-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-83579-9 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2010 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis zum November 2010 berücksichtigt werden. Mein Dank gilt an erster Stelle meinem verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Franz-Joseph Peine. Er hat mich sowie meine Arbeit stets unterstützt und gefördert. Seine konstruktiven Anregungen und Ratschläge haben mir bei der Erstellung der Arbeit sehr geholfen. Für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff herzlich bedanken. Herrn Prof. Dr. Michael Kloepfer danke ich für die freundliche Aufnahme der Arbeit in die Schriften zum Umweltrecht. Darüber hinaus danke ich besonders Frau Madeleine Lampe für ihr mehrfaches Korrekturlesen und die wertvollen Hinweise. Schließlich gilt mein herzlicher Dank meinen lieben Eltern. Ohne ihre stete Unterstützung und den liebevollen Rückhalt wäre das Erstellen dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Berlin, im Februar 2011

Andrea Radcke

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung

21

A. Problemdarstellung – Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

B. Der Abfallbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Erfordernis einer beweglichen Sache? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anhang I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Notwendigkeit der Entledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die tatsächliche Entledigung i. S. d. § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG . . . . . . . . . 2. Der Anfall von Abfall bei Vorliegen eines Entledigungswillens . . . . . . a) Der fehlende Produktionswille nach § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KrW-/ AbfG – „Produktionsabfall“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Definition des Produktionsabfalls im Allgemeinen . . . . . . bb) Das Problem der „Nebenprodukte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nebenprodukte im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Nebenprodukte nach der Rechtsprechung des EuGH . . . . . (3) Nebenprodukte nach der neuen Abfallrahmen-RL . . . . . . . cc) Ergebnis zu den Produktionsabfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der fehlende Gebrauchswille nach § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrW-/ AbfG – Die „Entwidmung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Pflicht zur Entledigung – Der „objektive“ Abfallbegriff . . . . . . . . IV. Die Art des Abfalls – Abfall zur Verwertung oder Beseitigung? . . . . . . . . 1. Allgemeine Begriffsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Abgrenzung von energetischer Verwertung und thermischer Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Abgrenzung nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Abgrenzung im Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis zur Abgrenzung der Abfallverwertung und Abfallbeseitigung V. Das Ende der Abfalleigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Ende der Abfalleigenschaft bei der Abfallbeseitigung . . . . . . . . . . 2. Das Ende der Abfalleigenschaft bei der Abfallverwertung . . . . . . . . . . a) Die Rechtslage vor dem Erlass der Abfallrahmen-RL . . . . . . . . . . . b) Die Rechtslage nach dem Erlass der Abfallrahmen-RL . . . . . . . . . . 3. Fazit zum Ende der Abfalleigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ergebnis zum Abfallbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24 25 27 28 28 30 31 31 32 32 33 35 36 36 37 39 39 40 40 43 46 46 46 47 47 49 50 50

10

Inhaltsverzeichnis Kapitel 2 Die mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand vor Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers

51

A. Das System der abfallbezogenen Pflichten im deutschen Umweltrecht . . . .

52

B. Die allgemeinen Pflichten nach dem KrW-/AbfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Abfallvermeidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Abfallverwertung und die Abfallbeseitigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit zur Wirkung der allgemeinen Pflichten nach dem KrW-/AbfG . . . .

53 53 55 56

C. Die Betreiberpflicht aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Eröffnung des Anwendungsbereichs des BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die vorrangige Abfallvermeidungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Anforderungen an die Abfallvermeidung . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Wiederverwendung innerhalb der Anlage – Abfallvermeidung oder Abfallverwertung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis zur Abfallvermeidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Verwertung und Beseitigung von Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Durchsetzung der Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Fazit zur Wirkung der abfallbezogenen Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56 57 57 57 60 62 62 63 66

D. Abfallbezogene Betreiberpflichten bei nichtgenehmigungsbedürftigen Anlagen nach § 22 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

E. Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Erfordernis der Betriebseinstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die abfallbezogenen Nachsorgepflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG . . . . 1. Die Abfallverwertung und Abfallbeseitigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Begriff der „vorhandenen Abfälle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Behördenpraxis zum Begriff der „vorhandenen Abfälle“ . . . . . b) Die Bedeutung des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG . . . . . . . . . . . . . c) Die Bedeutung des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die notwendige abweichende Auslegung des Begriffs „vorhanden“ e) Ergebnis zum Begriff der „vorhandenen Abfälle“ . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Durchsetzung der Nachsorgepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Im Rahmen der Genehmigung nach § 6 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die nachträgliche Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG . . . . . . . . . . 3. Ergebnis zur Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Der Adressat der Nachsorgepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68 68 70 71 71 72 73 73 74 75 77 77 77 80 82 82

Inhaltsverzeichnis VI.

11

Fazit zur Nachsorgepflicht des § 5 Abs. 3 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

F. Ergebnis zur mittelbaren Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand – Fazit zur Wirkung der abfallbezogenen Pflichten im Umweltrecht . . . . . .

85

Kapitel 3 Die unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand vor Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers – Die Anordnung einer Sicherheitsleistung

86

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

B. Allgemeine Ausführungen zur Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundsätze zum Begriff der Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Sicherheitsleistung im öffentlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Charakterisierung der Sicherheitsleistung im öffentlichen Recht . . 2. Die Sicherheitsleistung im Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Verfassungsmäßigkeit der Sicherheitsleistung – Die Grundrechtsrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86 86 88 88 90

C. Die Sicherheitsleistung bezüglich Abfallentsorgungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . I. Die historische Entwicklung der Sicherheitsleistung im Abfallrecht . . . . . 1. Im Abfallrecht als solchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entwicklung der Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht . . II. Die Abgrenzung der Anwendungsbereiche des KrW-/AbfG und des BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92 92 92 94

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Bedeutung der Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht . . . . . . . II. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abfallentsorgungsanlage i. S. d. BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs: Ist die Sicherung einer stillgelegten Abfallentsorgungsanlage ein genehmigungsbedürftiger Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage? 2. Die „Nachsorgepflicht“ nach § 5 Abs. 3 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ist die Anordnung einer Sicherheitsleistung auch bei Nebenanlagen möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Form der Anordnung einer Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vorteile einer Bedingung während des behördlichen Vollzugs . . . 2. Prozessuale Vorteile einer Bedingung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Anordnung der Sicherheitsleistung auch in Form einer Inhaltsbestimmung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis zur Form der Anordnung einer Sicherheitsleistung . . . . . . . . . IV. Das Entscheidungsermessen bei der Anordnung einer Sicherheitsleistung

97 97

91

96

100 100 102 104 104 105 106 107 110 110 111

12

Inhaltsverzeichnis 1. Die „Insolvenzgefahr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff der „Insolvenzgefahr“ in der Verwaltungspraxis . . . . . b) Der Hessische VGH zur „Insolvenzgefahr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Urteile des VG Minden und des VG Leipzig . . . . . . . . . . . . . . . d) Das BVerwG zur „Insolvenzgefahr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Das Rechtsbereinigungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ergebnis zur „Insolvenzgefahr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wettbewerbsrechtliche Bedenken gegen die bisherige Verwaltungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Besteht Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anlagenbetreibern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Begriff des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendung des entwickelten Wettbewerbsbegriffs auf öffentlich-rechtliche Abfallentsorgungsunternehmen gem. den §§ 13, 15 KrW-/AbfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Begriff der Überlassungspflicht im KrW-/AbfG . . . . . (2) Begründet die Überlassungspflicht ein Wettbewerbsverhältnis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anwendung des Wettbewerbsbegriffs auf eine öffentlichrechtliche Abfallentsorgungsanlage ohne Bezug zu den §§ 13, 15 KrW-/AbfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Zulässigkeit der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses? . . . . . . . . . . . . . b) Ist eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung möglich? . . . . . . . aa) Die Insolvenzgründe bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausschluss der Insolvenzgründe durch die Mittel der Kommunalaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausschluss der Insolvenzgründe durch die Aufnahme von Kassenkrediten/Kommunalkrediten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ausschluss der Insolvenzgründe durch die Finanzausstattung der Kommune durch das Bundesland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Anspruch der Gemeinden auf Finanzausstattung . . . . (2) Anspruchsinhalt: Wie ist die finanzielle Mindestausstattung zu gewährleisten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der übergemeindliche Finanzausgleich – Die Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Das Verbot der Aushöhlung der finanziellen Mindestausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Die Mindestausstattung für freiwillige Aufgaben . . . . (d) Die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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122 122 125

126 126 129 133 134 135 137 138 138 140 141 142 143 144

Inhaltsverzeichnis

13

(e) Gesonderte Finanzzuweisungen bei akuten Finanzlöchern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (f) Ergebnis zum Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 ee) Keine Ungleichbehandlung wegen einer Gewährträgerhaftung bzw. Gesamtrechtsnachfolge? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 ff) BVerfG: Kein Bedürfnis einer Sicherheitsleistung bei öffentlich-rechtlichen Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 gg) Das Problem der „Insolvenzunfähigkeit“ nach § 12 InsO . . . . . 157 (1) Der Hintergrund der Regelung § 12 InsO . . . . . . . . . . . . . . . 157 (2) Die Auswirkungen auf die Insolvenzgefahr . . . . . . . . . . . . . 160 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 hh) Eine Rechtfertigung aus Gründen der Daseinsvorsorge? . . . . . 163 ii) Sonderproblem: Bund und Länder – „Staatsbankrott“? . . . . . . . 163 jj) Ergebnis zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung . . . . . . . 164 c) Ist das Absehen von einer Sicherheitsleistung eine verbotene Beihilfe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 aa) Ist eine öffentlich-rechtliche Abfallentsorgungsanlage ein Unternehmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 bb) Der Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . . 165 (1) Die Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils . . . . . . . . . . 166 (2) Das Vorliegen einer staatlichen Maßnahme . . . . . . . . . . . . . 166 (3) Das Entstehen einer Wettbewerbsverfälschung . . . . . . . . . . 167 (4) Eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (5) Ergebnis zum Beihilfetatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 cc) Ist die Beihilfe gerechtfertigt i. S. d. Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 dd) Ergebnis zur Beihilfe i. S. d. Art. 107 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . 170

V.

d) Ergebnis zu den wettbewerbsrechtlichen Bedenken . . . . . . . . . . . . . 170 3. Ergebnis zum Entscheidungsermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Das Auswahlermessen bei der Anordnung einer Sicherheitsleistung . . . . . 170 1. Die Höhe der Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 2. Die Art der Erfüllung der Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

VI.

Der Zeitpunkt der Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 VII. Der Adressat der Anordnung einer Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . 175 VIII. Die Verwendung der Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Die Voraussetzungen zur Verwendung der Sicherheitsleistung . . . . . . . 176 2. Die zulässigen Maßnahmen der Ersatzvornahme mit Mitteln der Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 3. Die Freigabe der Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

14

Inhaltsverzeichnis IX. X.

Die Sicherheitsleistung bei vorzeitigem Beginn, § 8a BImSchG . . . . . . . . 180 Eine Sicherheitsleistung bei Anlagen nach § 22 BImSchG? . . . . . . . . . . . . 181

E. Fazit zur Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Kapitel 4 Die Verhinderung der Kostenlast des Staats nach Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers A. Der Kreis der möglichen Adressaten einer Sicherungs- und Entsorgungsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die ordnungsrechtlichen Pflichten des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren hinsichtlich einer Abfallentsorgungsanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das allgemeine Verhältnis der Insolvenzordnung zum Ordnungsrecht 2. Sind ordnungsrechtliche Pflichten eine Masse- oder Insolvenzschuld i. S. d. InsO? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Definition der Begriffe Masse- und Insolvenzschuld . . . . . . . . b) Der Streit um die Einordnung von ordnungsrechtlichen Pflichten in das insolvenzrechtliche System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Meinungsbild bis zum Jahr 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Urteile des BVerwG in den Jahren 1998 und 1999 . . . . . . cc) Die Reaktionen der insolvenzrechtlichen Literatur und des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die erneute Stellungnahme des BVerwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Weitere Reaktionen auf das BVerwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Eigene Stellungnahme zur Einordnung ordnungsrechtlicher Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Ergebnis zum Problem der Einordnung ordnungsrechtlicher Pflichten in das System der Insolvenzordnung . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Anwendung dieser Grundsätze auf mögliche Rechtsgrundlagen für die Verfügung einer Anlagensicherung und Abfallentsorgung . . . . a) Die Haftung nach dem BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anordnungen nach den §§ 5, 17 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Definition des Anlagenbetreibers . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Folgen des Insolvenzbeschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Entscheidung über eine Betriebsfortführung nach § 157 S. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Gilt die alleinige Stilllegung einer Anlage als Anlagenbetrieb? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Ergebnis zur Haftung des Insolvenzverwalters nach den §§ 5, 17 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Haftung nach § 22 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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182 183 183 184 184 185 185 187 188 189 191 191 192 193 193 193 194 194 196 197 198 198

Inhaltsverzeichnis b) Haftung nach dem BBodSchG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Insolvenzverwalter als Inhaber der tatsächlichen Gewalt . . bb) Die Abwehr von schädlichen Bodenveränderungen nach § 4 Abs. 2 BBodSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Funktionsbeeinträchtigung und die Begriffe Gefahr, erheblicher Nachteil und erhebliche Belästigung . . . . . . . . (2) Ist eine Abfallentsorgungsanlage eine schädliche Bodenveränderung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Sanierungspflicht nach § 4 Abs. 3 BBodSchG . . . . . . . . . . (1) Sind Abfallentsorgungsanlagen eine Altlast? . . . . . . . . . . . . (a) Der Begriff der Altablagerungen gem. § 3 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Der Begriff des Altstandorts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ergebnis zur Altlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Notwendigkeit einer schädlichen Bodenveränderung oder von Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Das Problem der Stilllegung im Rahmen des § 2 Abs. 5 BBodSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der Inhalt einer Anordnung nach § 4 Abs. 2, Abs. 3 BBodSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ergebnis zur Haftung des Insolvenzverwalters nach BBodSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Haftung nach § 21 KrW-/AbfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Begriff des Abfallbesitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die tatsächliche Sachherrschaft nach § 3 Abs. 6 KrW-/ AbfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Besitz . . (b) Die tatsächliche Sachherrschaft im öffentlich-rechtlichen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anwendung auf den Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ergebnis zur Haftung nach § 21 KrW-/AbfG . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Haftung nach allgemeinem Ordnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Anwendungsvorrang des BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das Verhältnis des BImSchG zum BBodSchG . . . . . . . . . . (a) Welche Normen im BImSchG begründen einen Anwendungsvorrang? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Wirkungen des Anwendungsvorrangs . . . . . . . . . . . . . . (2) Das Verhältnis des BImSchG zum KrW-/AbfG . . . . . . . . . (3) Ergebnis zum Anwendungsvorrang des BImSchG . . . . . . . bb) Das Verhältnis von KrW-/AbfG und BBodSchG . . . . . . . . . . . .

15 199 199 199 200 202 205 206 206 207 208

208 209 211 212 212 212 213 214 214 217 218 218 219 219 219 220 222 224 225 225

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Inhaltsverzeichnis (1) Schließt der Anwendungsbereich des BBodSchG Anordnungen nach dem BBodSchG bei Abfallentsorgungsanlagen aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Weitere Abgrenzung der unterschiedlichen Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergebnis zum Verhältnis von KrW-/AbfG und BBodSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis zu den Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ergebnis zu den Rechtsgrundlagen für die Haftung des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ein Sonderfall: Die Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters . . . . a) § 5 BImSchG – Betreibereigenschaft des vorläufigen Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 21 KrW-/AbfG: Ist der vorläufige Insolvenzverwalter Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Durchsetzbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis zur Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters . . . . . . . 5. Das Problem der „Freigabe“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Freigabe im insolvenzrechtlichen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Begriff der Freigabe und deren allgemeine Zulässigkeit . . bb) Die Folgen einer Freigabeerklärung auf die umweltrechtlichen Pflichten des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Insolvenzverwalter als Anlagenbetreiber nach § 5 BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Insolvenzverwalter als Abfallbesitzer . . . . . . . . . . . . . . (a) Die herrschende Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Bedenken gegen eine Freigabe beim Bestehen ordnungsrechtlicher Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Eine Ansicht: Die Freigabe führt grundsätzlich zu keiner Haftungsbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Ist die Freigabe bei öffentlich-rechtlichen Pflichten im Allgemeinen sittenwidrig? . . . . . . . . (cc) Eine Ansicht: Das Abfallrecht enthält ein Verbot der Freigabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Wirkt die Freigabe wie eine unzulässige Dereliktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ee) Ergebnis zu den Bedenken gegen eine Freigabe . . (c) Ergebnis zu den Folgen der Freigabe beim Abfallbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergebnis zu den Folgen der Freigabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Inhalt der Freigabeerklärung – Die isolierte Freigabe von Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

225 227 228 228 228 229 230 231 231 232 232 233 233 234 234 236 236 237 237 239 242 244 244 245 245 245

Inhaltsverzeichnis

II.

III.

IV.

b) Haftungsbefreiungstatbestände neben der insolvenzrechtlichen Freigabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis zur Haftung des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Haftung des Anlagenbetreibers nach Stellung des Insolvenzantrags . . 1. Die Haftungsgrundlagen bei Betreibern einer Abfallentsorgungsanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Folgen der Insolvenz für die ordnungsrechtliche Haftung des Betreibers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Regelfall: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . b) Die Ablehnung des Insolvenzantrags mangels Masse . . . . . . . . . . . . c) Freigabe aus der Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Insolvenzverwalter als Betreiber der Anlage . . . . . . . . . . . . bb) Der Insolvenzverwalter war nicht Betreiber der Anlage . . . . . . (1) Ist die Hemmung der Frist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der Begriff der Hemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Fristhemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Fristhemmung mittels Analogie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Ergebnis zur Fristhemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand? . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergebnis zur Verhinderung des Fristablaufs . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis zur Haftung des Anlagenbetreibers nach Freigabe . . d) Einstellung des Verfahrens, §§ 207 ff. InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zusammenfassung zur Haftung des Anlagenbetreibers . . . . . . . . . . 3. Andere mögliche Adressaten bei einer Betreibergesellschaft? . . . . . . . 4. Die Strohmannhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis zum Anlagenbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Abfallerzeuger als Störer im Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff des Abfallerzeugers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Folgen für den Abfallerzeuger bei Insolvenz des Anlagenbetreibers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Pflichten der „ehemaligen“ Abfallbesitzer hinsichtlich lagernden Abfalls auf Abfallentsorgungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Problem der „Abfalltransporteure“ – § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG a) Bisherige Literaturstimmen zu § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG . . . . . . b) Die Rechtsprechung zu § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG . . . . . . . . . . . . . . . . aa) VG Freiburg und VG Sigmaringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) VG Potsdam und OVG Berlin-Brandenburg . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das BVerwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis c) Die Bewertung der Rechtsprechung – Das Problem der „Ewigkeitshaftung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Legitimer Zweck des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG? . . . . . . . . . . . . . (1) Der Inhalt des Verursacherprinzips und der Begriff des Verursachers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anwendung der entwickelten Grundsätze auf den Abfallbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergebnis zum legitimen Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Geeignetheit und Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wirkungen für den Abfallbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Wirkungen für die Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Gerechter Ausgleich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Haftung als Verhaltensstörer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Haftung als Zustandsstörer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ergebnis zur Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ergebnis zur Frage der Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis zur Verfassungsmäßigkeit der Ewigkeitshaftung . . . . d) Die Grenzen der Zustandshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einschränkungen der Haftung eines Eigentümers als Zustandsstörer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die grundsätzliche Anerkennung der Zustandsverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Grenzen im Rahmen der Ermessenserwägungen – Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Bewertung der Rechtsprechung des BVerfG . . . . . . . . . . . . (a) Die Bejahung der Zustandshaftung als solche . . . . . . . (b) Grenzen der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendbarkeit dieser Grundsätze auf den (ehemaligen) Abfallbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Fazit zum „Problem der Abfalltransporteure“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Andere Fälle der ehemaligen Abfallbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Grundstückseigentümer als ehemaliger Abfallbesitzer . . . . . . . aa) Die Folgen für die Haftung bei Übereignung des „belasteten“ Grundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Folgen für die Haftung bei Dereliktion . . . . . . . . . . . . . . . . b) Insolvenzverwalter – Freigabe aus Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . c) Wertungswiderspruch – Verstoß gegen das Gleichbehandlungsprinzip? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Vergleichbarkeit i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . (1) Aufgabe des Eigentums an einem mit Abfällen belasteten Grundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

273 275 276 279 280 280 281 282 282 283 283 285 287 287 287 287 288 288 289 291 291 292 293 294 295 295 296 297 298 298 299 299

Inhaltsverzeichnis

V.

VI.

(2) Die Freigabe aus der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis zur Frage des Wertungswiderspruchs . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis zur Haftung der ehemaligen Abfallbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . Die Haftung des Grundstückseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtsgrundlagen für eine Anordnung an den Grundstückseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ist eine Anordnung nach dem BImSchG möglich? . . . . . . . . . . . . . . b) Anordnungen nach dem BBodSchG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anordnungen nach KrW-/AbfG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abfallbesitz kraft tatsächlicher Sachherrschaft . . . . . . . . . . . . . . bb) Begründet mittelbarer Besitz i. S. d. § 868 BGB auch Abfallbesitz i. S. d. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zivilrechtliche Besitzverhältnisse zwischen Grundstückseigentümer und Anlagenbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ist das Problem des mittelbaren Besitzes wegen der Haftung nach § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG irrelevant? . . . . . . . . . . . (3) Folgen des zivilrechtlichen mittelbaren Besitzes für den Abfallbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Mögliche theoretische Ansätze im Umgang mit dem mittelbaren Besitz im Rahmen des § 3 Abs. 6 KrW-/ AbfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Unterscheidung von öffentlich-rechtlicher und zivilrechtlicher tatsächlicher Sachherrschaft . . . . (bb) Anwendung des mittelbaren Besitzes nach § 868 BGB und die Folgen für den Abfallbesitz . . . . . . (cc) Lösungsansatz des OVG Münster . . . . . . . . . . . . . (dd) Ergebnis zum mittelbaren Besitz im Abfallrecht (b) Anwendung auf Miet- und Pachtverhältnisse . . . . . . . . (c) Zusammenfassung zum mittelbaren Besitz im Abfallrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis zur Haftung nach Abfallrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Haftung nach allgemeinem Ordnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis zu den Haftungsgrundlagen bezüglich des Grundstückseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Grenzen der Inanspruchnahme des Eigentümers . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze zur Haftung eines Zustandsstörers . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Anwendung der entwickelten Maßstäbe auf Abfallentsorgungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis zu den Haftungsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis zur Haftung des Grundstückseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis zum Kreis der möglichen Störer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 300 300 300 300 301 301 301 302 303 303 304 304 307 307

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Inhaltsverzeichnis

B. Das Auswahlermessen – Die Störerauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Ermittlungstiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Besonderheiten im Abfallrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Zusammenfassung/Fazit zu den Möglichkeiten der Verhinderung einer Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323

Kapitel 5 Endergebnis, Ausblick und Vorschläge

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Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360

Kapitel 1

Einleitung A. Problemdarstellung – Gang der Untersuchung In Phasen der Rezession sind viele Unternehmer von „Insolvenz“ bedroht. Die „Insolvenz“ bezeichnet die Situation eines Unternehmers, in der dieser wegen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit nicht mehr in der Lage ist, die gegen ihn bestehenden Forderungen zu erfüllen. In der Regel ist der Unternehmer gezwungen, die Durchführung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen. Neben den erheblichen Folgen für den Unternehmer und seine Gläubiger sind auch die Wirkungen der Insolvenz eines Unternehmers für die Allgemeinheit nicht zu vergessen. Es ist ein Verlust an Steuergeldern und an Arbeitsplätzen zu erwarten. Zudem bleiben mit der „Insolvenz“ oftmals auch öffentlich-rechtliche Ordnungspflichten unerfüllt. Dieses ist gerade im Bereich des Umweltrechts anzunehmen, da die Erfüllung von Umweltpflichten sehr kostenintensiv ist1. Unternehmerische Tätigkeiten können bei „Insolvenz“ verschiedene Umweltschäden hinterlassen, die mangels finanzieller Leistungsfähigkeit nicht mit Mitteln des Unternehmers zu beseitigen sind. Zu denken ist hier an schädliche Bodenveränderungen, Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts oder auch die Lagerung von Abfällen. Gerade die Abfallentsorgung stellt einen bedeutenden Teil der Wirtschaft dar. In Deutschland fallen jährlich viele Tonnen verschiedensten Abfalls an2. Abfallentsorgungsunternehmen stehen aber vor dem Problem, dass aufgrund diverser Abfallvermeidungsstrategien immer weniger Abfall anfällt: Im Jahr 1999 bestand ein Abfallnettoaufkommen von 404.663 Tonnen, im Jahr 2006 waren es nur noch 340.899 Tonnen3. So herrscht ein „Ringen“ um den Abfall. Allein in Branden-

1 Eckardt, AbfallR 2008, 197; Grandjot, NuR 2005, 679; vgl. zum Spannungsverhältnis Umweltschutz und Wirtschaft, Knopp/Piroch, ZUR 2009, 409. 2 Vgl. hier Statistisches Bundesamt, Abfallentsorgung 2007, Vorläufiger Ergebnisbericht, Stand Januar 2009, vgl. http://www.umweltbundesamt.de/abfallwirtschaft/abfall statistik/index.htm. 3 Vgl. hier Statistisches Bundesamt, Zeitreihe zum Abfallaufkommen, März 2009, vgl. http://www.umweltbundesamt.de/abfallwirtschaft/abfallstatistik/index.htm; es ist aber wieder ein leichter Anstieg an Abfällen zu verzeichnen: vgl. hier Statistisches Bundesamt, Abfallbilanz 2007, Juni 2009, vgl. http://www.umweltbundesamt.de/abfall wirtschaft/abfallstatistik/index.htm.

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Kap. 1: Einleitung

burg sind ca. 140 Unternehmen tätig, die Abfälle zwischenlagern, um sie später einem anderen Behandlungsverfahren zuzuführen4. In Berlin-Brandenburg waren im Jahr 2007 455 Unternehmen bekannt, die sich der Abfallentsorgung widmen5. Häufig tritt der Fall ein, dass ein Abfallentsorgungsunternehmen seiner Entsorgungspflicht wegen „Insolvenz“ nicht mehr nachkommt6. Im Jahr 2008 beantragten 82 Unternehmen der Wasserversorgung, der Entsorgung und der Beseitigung von Umweltschäden, ein Insolvenzverfahren durchzuführen7. Davon widmeten sich 65 Unternehmen der Sammlung, Rückgewinnung und Beseitigung von Abfällen; bis Juli 2009 hatten bereits 71 Abfallentsorgungsunternehmen einen Insolvenzantrag gestellt; dieses stellt eine Zunahme der Insolvenzanträge um 115,2 % dar; die voraussichtlichen offenen Forderungen werden bei diesen Unternehmen auf insgesamt 138.190.000 Euro beziffert8. Das Unternehmen nimmt entsprechend seinem Geschäftszweck Abfall an, um ihn zu lagern oder zu behandeln. Fehlen die finanziellen Mittel, um die Handlungen des Unternehmens aufrechtzuerhalten, verbleibt in der Regel unbehandelter Abfall auf der Anlage. Nicht selten ist es der Fall, dass Unternehmer, die bereits die wirtschaftlichen Schwierigkeiten erkennen, weiterhin Abfall annehmen und anhäufen, ohne diesen entsorgen zu wollen oder zu können. Aber auch in anderen Industrieunternehmen fällt täglich Abfall an, der im Falle einer Insolvenz nicht ordnungsgemäß entsorgt werden kann, da die Entsorgung normalerweise eine Zahlungsfähigkeit voraussetzt. Mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit solcher Unternehmen, in denen Abfall anfällt oder die sich auf die Entsorgung von Abfall spezialisiert haben, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Staat aufgrund seiner generellen Schutzpflicht als Polizei- oder Ordnungsbehörde dazu angehalten wird, die Gefahren, die durch den bei diesen Unternehmen vorhandenen nicht entsorgten Abfall entstehen können, abzuwehren, indem vorrangig Abfallentsorgungs- und ggf. Sanierungsmaßnahmen im Wege der Ersatzvornahme eingeleitet werden. Die Behörde wird zwar 4

Vgl. http://www.luis.brandenburg.de/a/asys/A7100003/default.aspx?p1=R13. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, http://www.statistik-berlin-brandenburg.de. 6 Vgl. hier z. B. http://www.stimme.de/hohenlohe/wirtschaft/art17654,1648290, Beitrag vom 22.9.2009: „Empörung verursacht unter anderem der gigantische Müllberg, den das Unternehmen [. . .] hinterlassen hat. Rund 200.000 Euro wird es den Steuerzahler wohl kosten, den Abfall ordnungsgemäß zu entsorgen. Die Insolvenzmasse gibt diesen Betrag nicht her.“ 7 Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2009, S. 503, vgl. http://www. destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/SharedContent/Oeffentlich/AI/IC/Publika tionen/Jahrbuch/Unternehmen,property=file.pdf. 8 Diese Daten stammen aus vom Statistischen Bundesamt auf Anfrage vom 5.11. 2009 zugesandten Dateien. Die Zusendung erfolgte am 6.11.2009 durch die Abteilung IVC-Insolvenzen, Gewerbeanzeigen, Überschuldung, Geld und Kredit, 65180 Wiesbaden. Die zitierten Daten finden sich in der Arbeitstabelle zu den Unternehmerinsolvenzen im Jahr 2009 unter der Codierung 38. 5

A. Problemdarstellung – Gang der Untersuchung

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regelmäßig versuchen, zunächst den Anlagenbetreiber zur Erfüllung seiner Umweltpflichten heranzuziehen. Dieses wird üblicherweise jedoch fehlschlagen, da der Unternehmer keine Mittel hat, seine Pflichten zu erfüllen. Da aber von lagerndem, unbehandeltem Abfall erhebliche Gefahren ausgehen können, muss die öffentliche Hand im Einzelfall die Ersatzvornahme betreiben. Lagernder Abfall ist einer erhöhten Brandgefahr ausgesetzt, da sich innerhalb der Abfälle brennbare Gase (sog. Deponiegase) entwickeln können. Die Entstehung von schädlichen Bodenveränderungen und die Verschmutzung von Grundwasser sind ebenfalls nicht auszuschließen. Die zuständige Umweltbehörde ist daher im Einzelfall bei den geschilderten akuten Gefahren verpflichtet, die Anlage zu sichern, indem sie den auf dem Anlagengelände lagernden Abfall entfernt (Sicherung des Anlagengeländes in Form der „Beräumung“ der Anlage), um ihn dann einer ordnungsgemäßen, gesetzeskonformen Abfallentsorgung zuzuführen. Angesichts der Zahlungsunfähigkeit solcher Unternehmen nimmt der Staat diese Gefahrenabwehrmaßnahmen für gewöhnlich zunächst auf eigene Kosten vor. In der Vergangenheit haben solche Sicherungs- und Entsorgungsmaßnahmen durch den Staat erhebliche Kosten zulasten der öffentlichen Hand hervorgerufen9. Die zuständigen Behörden suchten deshalb verschiedene Wege, um sich von dieser Kostenlast zu befreien. Das belegt die Vielzahl von gerichtlichen Entscheidungen10, in denen Gerichte auftretende Rechtsfragen zu beurteilen hatten, nachdem ein Abfallentsorgungsunternehmen aufgrund von „Insolvenz“ seinen Ordnungspflichten nicht mehr allein nachkommen konnte. Auch der Gesetzgeber hat zwischenzeitlich dieses Problem erkannt11. Die folgenden Ausführungen widmen sich den Wegen, wie solche Kosten zulasten des Staats vermieden bzw. vermindert werden können. Dabei sind solche Maßnahmen auf ihre Voraussetzungen und ihre Wirksamkeit hin zu untersuchen, die einem staatlichen Handeln nach einer insolvenzbedingten fehlenden Pflichterfüllung bzw. Betriebseinstellung vorbeugen können. Den ersten Schwerpunkt der Arbeit bilden solche Mittel, die bereits vor Eintritt der „Insolvenz“ eine Kostenlast des Staats verhindern sollen. Zu unterscheiden sind dabei gesetzliche Regelungen, die nur der Verringerung der Abfallmenge an sich dienen, und solche Regelungen, die sich unmittelbar der Kostenlast des Staats widmen. Dabei ist der sog. Sicherheitsleistung besondere Aufmerksamkeit zu schenken. 9 Vgl. http://www.rbb-online.de/klartext/beitrag/2008/millionenkosten_fuer.html; vgl. weiter zu den Gesamtkosten: Eckardt, AbfallR 2008, 197; Gaier, NZM 2005, 161. 10 Vgl. hier z. B. BVerwG, NJW 1999, 1416; BVerwG, NVwZ 1999, 653; BVerwG, NVwZ 2007, 1185; BVerwG, NVwZ 2008, 681; VGH München, NVwZ-RR 2006, 537. 11 Vgl. hier z. B. BR-Drucks. 408/00; BR-Plenarprotokoll 753 vom 14.7.2000, S. 331C–332C/Anlage 26; BT-Drucks. 14/4926, S. 1 und 6.

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Kap. 1: Einleitung

Im Weiteren soll aus Sicht der Umweltbehörde dargestellt werden, wie nach Eintritt der Insolvenz zu handeln ist. Hier ist zu prüfen, ob die Behörde tatsächlich nur die Möglichkeit hat, anstelle des Anlagenbetreibers zu handeln, oder ob sie andere Verantwortliche für die Sicherung des Anlagengeländes und die Abfallentsorgung in Anspruch nehmen kann. Den letzten Teil dieser Untersuchung prägt damit das besondere Gefahrenabwehrrecht. Hier sind Fragen des Abfall-, Immissionsschutz- und Bodenschutzrechts zu behandeln. Ziel dieser Arbeit ist es zu beantworten, ob und in welchem Umfang Kosten zulasten des Staats vermieden werden können, wenn er anstelle eines Unternehmers dessen Anlagengelände sichert und den Abfall ordnungsgemäß entsorgt. Muss der Staat in solchen Situationen tatsächlich immer die Kosten für solche Maßnahmen tragen? Die Darstellungen verfolgen dabei sowohl einen wissenschaftlichen als auch einen praktischen Ansatz. Die folgende Bearbeitung der aufgezeigten Fragestellung soll ebenfalls einen Leitfaden für Umweltbehörden und Anlagenbetreiber darstellen.

B. Der Abfallbegriff Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht die Durchführung der Abfallentsorgung durch den Staat anstelle eines dazu verpflichteten Anlagenbetreibers. Grundlage solcher abfallrechtlichen Pflichten ist das Vorliegen von Abfall. Daher ist zunächst zu klären, was Abfall im deutschen Recht ist. Vorab ist deshalb der Abfallbegriff darzustellen, an welchen die abfallrechtlichen Pflichten anknüpfen. Den Abfallbegriff bestimmt der deutsche Gesetzgeber in § 3 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG)12. Dieser Definition liegt ein weiter Abfallbegriff zugrunde13, der auf Art. 1a der alten Abfallrahmen-RL (RL 75/ 442/EWG und 2006/12/EG)14 beruht. Hintergrund dieses weiten Abfallbegriffs war und ist der Wunsch nach einem Umweltschutz auf hohem Niveau15, sodass noch verwertbare Stoffe auch dem Abfallbegriff unterfallen16. Abfälle i. S. d. § 3

12 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vom 27.9.1994 (BGBl. I S. 2705), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 11.8.2009 (BGBl. I S. 2723). Dieses Gesetz wird in näherer Zukunft durch das KrWG abgelöst, welches sich im Moment im Gesetzgebungsverfahren befindet. Zuletzt lag der Referentenentwurf vom 6.8.2009 vor. Das KrWG dient vorrangig der Umsetzung der neuen Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG. 13 Herbert, NVwZ 2007, 617, 619. 14 RL 75/442/EWG des Rats vom 15.7.1975 über Abfälle, ABl. EG L 194, S. 39; novellierte Fassung des europäischen Parlaments und des Rats vom 27.4.2006, RL 2006/12/EG, ABl. EG L 114, S. 9. 15 EuGH, Rs. C-418/97 u. C-419/97 (ARCO Chemie Nederland Ltd), NVwZ 2000, 1156 f. 16 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 7, 28.

B. Der Abfallbegriff

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Abs. 1 KrW-/AbfG17 sind alle beweglichen Sachen, die unter die in Anhang I zum KrW-/AbfG aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.

I. Das Erfordernis einer beweglichen Sache? Abfall i. S. d. § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG muss eine bewegliche Sache sein. Nach deutschem Recht ist eine Sache beweglich, wenn sie kein Grundstück oder Grundstücksbestandteil i. S. d. § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)18 ist19. Entscheidend für das Vorliegen von Abfall ist also die Frage, ob die Sache untrennbar mit dem Boden verbunden ist. Diese Abgrenzung zwischen Grundstück bzw. Grundstücksteilen und den übrigen (beweglichen) Sachen führt zu einer sauberen Abgrenzung zwischen dem Bodenschutz- und dem Abfallrecht20. Fehlt die Beweglichkeit der Sache, ist nicht das Abfallrecht, sondern das Bodenschutzrecht anzuwenden. Den Begriff der Beweglichkeit kannte die bisherige sog. Abfallrahmen-RL nicht. Nach Art. 1 lit. a) dieser RL waren alle Stoffe und Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fielen und deren sich der Besitzer entledigte, entledigen wollte oder entledigen musste, Abfall. Die RL verwendete statt der beweglichen Sache ausschließlich die Wendung „alle Stoffe und Gegenstände“, ohne eine dem deutschen Recht vergleichbare Eingrenzung zu treffen. In konsequenter Anwendung des Wortlauts der alten Abfallrahmen-RL entschied der EuGH in seinem Urteil vom 7.9.200421, dass Kraftstoffe, die unabsichtlich ausgebracht wurden und eine Verunreinigung des Erdreichs und des Grundwassers verursachten, Abfälle i. S. d. Abfallrahmen-RL 2006/12/EG sind. Gleiches galt nach dieser Rechtsprechung für den damit verunreinigten Boden, auch wenn er nicht ausgehoben war. Die Rechtsprechung des EuGH zur Abfalleigenschaft von mit Kraftstoffen verschmutztem Boden drohte damit, die deutsche Abgrenzung von Altlasten- und Bodenschutzrecht ins Wanken zu bringen22. Nach dem deutschen Verständnis des 17 Das KrWG wird eine vergleichbare Norm nicht mehr enthalten. § 3 Abs. 1 KrWG stellt nur noch auf alle Stoffe und Gegenstände ab. 18 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2.1.2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28.9.2009 (BGBl. I S. 3161). 19 Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 73; Kunig, NVwZ 1997, 209, 211; Peine, in: Schmidt, BT2, § 13 Rn. 26; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 138. 20 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 8. 21 EuGH, Rs. C-1/03 (Paul Van de Walle u. a.), NVwZ 2004, 1341. 22 Es ist kurz festzustellen, dass der Begriff der Beweglichkeit trotz der Rechtsprechung des EuGH seine Bedeutung nicht vollständig verloren hätte. Eine Ausweitung des Abfallbegriffs auf alle unbeweglichen Sachen bezweckte der EuGH mit seiner

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Kap. 1: Einleitung

Begriffs der Beweglichkeit im Abfallrecht unterfiel kontaminierter Boden nicht dem Abfallbegriff, sondern stellte eine schädliche Bodenveränderung bzw. eine Altlast nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG)23 dar24. Infolge die Rechtsprechung des EuGH entstand eine starke Diskussion, wie mit diesem Urteil umzugehen war25, da die Gerichte und die Behörden der Mitgliedstaaten an Auslegungsurteile des EuGH nach Art. 267 AEUV gebunden sind26. Dieses folgt aus der Pflicht der Organe der Mitgliedstaaten, Gemeinschaftsrecht einheitlich anzuwenden27. Nach Erlass der neuen Abfallrahmen-RL ist die sog. „van de Walle“-Rechtsprechung nun obsolet28. Zwar hält auch die neue Abfallrahmen-RL in Art. 3 Nr. 1 an der bisherigen Definition von Abfall fest29. Dennoch nimmt die neue RL die Bedenken hinsichtlich der Abgrenzung zum Bodenschutzrecht auf und regelt

Rechtsprechung nicht (Petersen/Lorenz, NVwZ 2005, 257, 258; Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 402). Die Erweiterung des Abfallbegriffs hatte nur Auswirkung auf den Bereich, in dem eine unbewegliche Sache durch eine bewegliche Sache verschmutzt wurde. Anknüpfungspunkt der Entscheidung des EuGH war eine bewegliche Sache, der Kraftstoff (Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 402). Die Abfalleigenschaft des Bodens hing nach der Rechtsprechung des EuGH davon ab, ob beweglicher Abfall – auch i. S. d. § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG – in ihn eingetreten war. Mit Abfall verseuchter Boden wurde folglich gleichzeitig Abfall, da der Abfall Kraftstoff nur durch Abtragung des Bodens entsorgt hätte werden können (EuGH, Rs. C-1/03 [Paul Van de Walle], NVwZ 2004, 1341). 23 Bundes-Bodenschutzgesetz vom 17.3.1998 (BGBl. I S. 502), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 9.12.2004 (BGBl. I S. 3214). 24 OVG Lüneburg, NVwZ 1990, 1001; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 8; Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 73. 25 Der wohl überwiegende Teil der Literatur sprach sich dafür aus, den deutschen Abfallbegriff samt der Beweglichkeit i. S. d. § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG beizubehalten. Dieser Gedanke beruhte darauf, dass das deutsche System des Altlasten- und Abfallrechts eines Abfallbegriffs, wie ihn der EuGH entwickelt hatte, nicht bedurfte (vgl. Herbert, NVwZ 2007, 617, Fn. 47; Petersen, AbfallR 2008, 154; Petersen/Lorenz, NVwZ 2005, 257, 260 f.; Versteyl, NVwZ 2004, 1297; so schon vor dem Urteil des EuGH Peine, in: Schmidt BT2, § 13 Rn. 26). Zum Teil wurde auch vertreten, dass der weite Abfallbegriff ebenfalls im deutschen Recht Anwendung finden müsse, es sich bei dem BBodSchG aber um ein lex specialis zum KrW-/AbfG handle (Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 15c). 26 EuGH, Rs. C-26/96 (Rotexchemie/Hauptzollamt Hamburg-Waltershof), Slg. 1997, S. 1-2817, Tz. 24; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, Rn. 572; Pechstein, EGProzessrecht, Rn. 861; Petersen/Lorenz, NVwZ 2005, 257, 259. 27 Pechstein, EG-Prozessrecht, Rn. 862. 28 Der weiten Auslegung bedarf es auch rein materiell nicht mehr. Der materielle Grund für die vom EuGH gewählte weite Auslegung – europäische Regelungslücke bezüglich kontaminierten Bodens – ist insbesondere mit der Umwelthaftungs-RL 2004/ 35/EG (ABl. EG L 143, S. 56) entfallen, da diese nunmehr auch Bodenschäden regelt; vgl. Jochum, NVwZ 2005, 140, 143 f.; Petersen spricht sogar von Wertungswidersprüchen zwischen der Umwelthaftungs-RL und der Rechtsprechung des EuGH, vgl. AbfallR 2008, 154 m.w. N.

B. Der Abfallbegriff

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nunmehr den Anwendungsbereich der RL neu. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. b) fallen Böden (in situ), einschließlich nicht ausgehobener kontaminierter Böden und dauerhaft mit dem Boden verbundene Gebäude, nicht in den Anwendungsbereich der RL30. Auch wenn es grundsätzlich bei dem alten (problembeladenen) europäischen Abfallbegriff bleibt, findet nunmehr auch in der neuen AbfallrahmenRL eine klare Abgrenzung zwischen Altlasten- und Abfallrecht statt31. Sowohl im europäischen als auch im deutschen Recht fallen nur bewegliche Sachen unter das Abfallrecht.

II. Anhang I Neben dem Merkmal der Beweglichkeit verlangt § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG32 die Zuordnung des Stoffs zu einer Gruppe des Anhangs I zum KrW-/AbfG. In diesem Anhang werden die Abfallgruppen Q 1 bis Q 16 benannt. Nr. Q 16 enthält einen Auffangtatbestand, der Stoffe oder Produkte aller Art erfasst, die nicht in einer der anderen Gruppen erwähnt wurden; eine Konkretisierung des Abfallbegriffs führt dieser Anhang damit nicht herbei33. Zudem hat der EuGH zum Anhang I, der vollständig aus der Abfallrahmen-RL übernommen wurde, ausgeführt, dass dieser kein Tatbestandsmerkmal, sondern lediglich eine Erläuterung bzw. ein Hinweis ist34. Die Einstufung als Abfall ergibt sich nicht aus den im Anhang aufgeführten Gruppen, sondern aus dem Verhalten des Abfallbesitzers und der „Entledigung“ 35. Dem Anhang I kommt also im Ergebnis keinerlei tatsächliche Bedeutung zu. Für die Entstehung von Abfall kommt es auf das Tatbestandsmerkmal des „Sich-entledigen“ an36.

29 „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck 1. ,Abfall‘ jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss; [. . .].“ 30 § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12) übernimmt den Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 lit. b) Abfallrahmen-RL. 31 Ebenso: Petersen, AbfallR 2008, 154; Waggershauser, AbfallR 2009, 50, 53. 32 § 3 Abs. 1 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12) gibt den Bezug auf den Anhang I auf. 33 So die h. M.: Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 22; Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 45; Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 54; Peine, in: Schmidt BT2, § 13 Rn. 26; Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 9. 34 EuGH, Rs. C-1/03 (Paul Van de Walle u. a.), NVwZ 2004, 1341; EuGH, Rs. C-129/96 (Inter Environnment Wallonie), NVwZ 1998, 385; EuGH, Rs. C-9/00 (Palin Granit), NVwZ 2002, 1362, 1363. 35 EuGH, Rs. C-1/03 (Paul Van de Walle u. a.), NVwZ 2004, 1341. 36 EuGH, Rs. C-129/96 (Inter Environnment Wallonie), NVwZ 1998, 385; EuGH, Rs. C-9/00 (Palin Granit), NVwZ 2002, 1362, 1363.

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Kap. 1: Einleitung

III. Die Notwendigkeit der Entledigung Entscheidendes Merkmal für die Einordnung als Abfall ist die „Entledigung“. Zwar wird es im Rahmen des Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage in der Regel nicht auf die Entledigung ankommen. Die Entsorgung von Abfällen durch den Staat ist aber auch bei Anlagen möglich, die sich nicht primär der Abfallentsorgung widmen. Auch dort können („wilde“) Abfallbehandlungen auftreten, die bei insolvenzbedingter Einstellung des Anlagenbetriebs eine Abfallentsorgung durch den Staat hervorrufen können. Daher ist die Entledigung für die Behandlung des Themas dieser Arbeit ebenso von Bedeutung. Die Entledigung wird in den Abs. 2–4 des § 3 KrW-/AbfG definiert. Entledigen meint dabei nicht nur die Aufgabe der Sachherrschaft über eine Sache i. S. d. § 958 BGB; hinzutreten muss die vollständige Zweckaufgabe oder der (alleinige) Zweck, die Sache zu entsorgen37. Das KrW-/AbfG unterscheidet zwischen drei Entledigungstatbeständen. 1. Die tatsächliche Entledigung i. S. d. § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG Nach § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG38 liegt eine Entledigung vor, wenn der Besitzer eine bewegliche Sache einer Verwertung i. S. d. Anhangs II B oder einer Beseitigung i. S. d. Anhangs II A zuführt, oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt. Die tatsächliche Entledigung i. S. d. § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG knüpft damit an bestimmte Handlungen an. Neben der Vornahme dieser Handlungen ist auch der Zweck der Sache maßgeblich. Eine tatsächliche Entledigung liegt demnach dann vor, wenn sich der Zweck der Sache nach der Zuführung in der Verwertung bzw. Entledigung erschöpft oder der Zweck der Sache mit der vollständigen Besitzaufgabe entfällt; entscheidend ist demnach der Zweck der Sache, den zunächst der Wille des Besitzers bestimmt39. Der Wille des Besitzers allein ist jedoch nicht ausschlaggebend. Eigenschaften wie der Marktwert oder der Charakter eines Wirtschaftsguts (Eignung zur wirtschaftlichen Wiederverwendung) sind unerheblich40; der Besitzer kann mit der Behauptung einer solchen Eigenschaft oder eines solchen Charakters nicht über die Abfalleigenschaft bestimmen. Die Subjektivität des Entledigungswillens wird objektiviert.

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Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 138. Das KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12) übernimmt in § 3 Abs. 2 den Entledigungsbegriff. 39 Herbert, NVwZ 2007, 617, 619; Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 61. 40 EuGH, Rs C-206 u. 207/88 (Vessoso und Zanetti), NVwZ 1991, 661; BVerwG, NVwZ 1999, 1111; Dieckmann, ZUR 1995, 169, 173; Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 48; Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 61; Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 403. 38

B. Der Abfallbegriff

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Die Varianten 1 und 2 des Abs. 2 behandeln die Zuführung der Sache zu einer Verwertung nach Anhang II A oder zu einer Beseitigung nach Anhang II B. Wie bei Anhang I gem. § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG ist der Anhang II nicht weiter hilfreich, da er nur beispielhaft Methoden der Verwertung bzw. Beseitigung nennt, ohne dabei vollständig zu sein41. Aus diesem Grunde wird ebenfalls vertreten, dass Anhang II kein Tatbestandsmerkmal, sondern lediglich eine beispielhafte Erläuterung darstellt42. Die Durchführung eines Verfahrens, welches in den Anhängen aufgeführt wird, reicht allein nicht aus, um einen Stoff als Abfall anzusehen43. Entscheidend ist das „Zuführen“ der Sache zu einer Verwertung oder Beseitigung. Wie die Verwertung oder Beseitigung technisch konkret aussieht, ist für die Eigenschaft des Abfalls nicht von Bedeutung. Unter „Zuführen“ ist der gewollte Beginn des Verwertungs- bzw. Beseitigungsvorgangs zu verstehen44, also die Übergabe der Sache an eine zur Verwertung oder Beseitigung bereite Stelle45. Ob ein Zuführen vorliegt, ist nach dem objektiven Empfängerhorizont zu bestimmen, auch wenn § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG dieses nicht anspricht. Eine solche Auslegung ergibt sich aus Abs. 3 S. 2; dieser knüpft bei der Bestimmung, ob ein neuer Verwendungszweck oder lediglich der Zweck der Entsorgung vorliegt, an die Verkehrsanschauung an. Im Rahmen des § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG ist ebenfalls ein „neuer“ Verwendungszweck zu bestimmen, auch wenn dieser auf die Verwertung oder Beseitigung beschränkt ist. Die objektiv feststellbaren Umstände müssen klar erkennen lassen, ob die Sache tatsächlich einer Verwertung oder Beseitigung zugeführt werden soll. In konsequenter Anwendung dieser beiden Varianten fehlt die Abfalleigenschaft, soweit eine Sache ohne eine Vorbehandlung im Sinne einer Verwertung weiterhin genutzt werden kann46, da hier der Zweck der Verwertung bzw. Beseitigung fehlt. Für eine Entledigung i. S. d. § 3 Abs. 2 Var. 3 KrW-/AbfG genügt es, die Sachherrschaft und die momentane sowie jede weitere Zweckbestimmung aufzugeben. Unter diese Fälle der Aufgabe der Zweckbestimmung fallen die üblichen Akte des „wilden Wegwerfens“. Die Besitzaufgabe unter Aufrechterhaltung einer Zweckbestimmung führt nicht zur Entledigung im Sinne dieser Variante, da weiterhin eine Zweckbestimmung besteht47. Die alleinige Besitzaufgabe reicht nicht aus; es ist eine vollständige „Entwidmung“ erforderlich48. Für eine Entwidmung 41

Herbert, NVwZ 2007, 617, 619. Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 78; Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 403. 43 EuGH, Rs. C-457/02 (Antonio Niselli), NVwZ 2005, 306, 307 f.; EuGH, Rs. C-9/ 00 (Palin Granit), NVwZ 2002, 1362, 1363; EuGH, Rs. C-418/97 u. C-419/97 (ARCO Chemie Nederland Ltd), NVwZ 2000, 1156. 44 Herbert, NVwZ 2007, 617, 619; Stuttmann, NVwZ 2006, 401. 45 Peine, in: Schmidt BT2, § 13 Rn. 31. 46 Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 78; a. A.: Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 49. 47 Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 19. 48 Dieckmann, ZUR 1995, 169, 173; Versteyl/Wendenburg, NVwZ 1996, 937, 939. 42

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Kap. 1: Einleitung

bedarf es einer Willenserklärung des Besitzers, die ebenfalls nach dem objektiven Empfängerhorizont zu beurteilen ist49. Die dritte Variante der Entledigung geht den Varianten 1 und 2 vor, wenn jegliche Zweckbestimmung durch den letzten Besitzer fehlt. Auch ohne Ver-/Bearbeitung brauchbare Sachen sind daher Abfall50, soweit eine Zweckbestimmung fehlt. 2. Der Anfall von Abfall bei Vorliegen eines Entledigungswillens § 3 Abs. 3 KrW-/AbfG51 enthält die gesetzliche Fiktion des Entledigungswillens52. Der Wille zur Entledigung i. S. d. Abs. 1 des § 3 KrW-/AbfG ist hinsichtlich solcher beweglicher Sachen anzunehmen: – die bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung hierauf gerichtet ist (Nr. 1), oder – deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt (Nr. 2). Die Abfalleigenschaft knüpft im Unterschied zu § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG nicht an eine bestimmte Handlung an. Entscheidend ist, dass eine Sache ohne Zweckbestimmung anfällt oder die Zweckbestimmung verliert. Maßgeblich ist der Zweck der Sache. Fehlt ein nach § 3 Abs. 3 KrW-/AbfG notwendiger Verwendungswille, ist die Entledigung zu fingieren. Auch im Rahmen des § 3 Abs. 3 KrW-/AbfG findet eine Objektivierung des Entledigungswillens statt; in den in § 3 Abs. 3 S. 1 KrW-/AbfG genannten Fällen ist die Verkehrsanschauung (Abs. 2 S. 2) und nicht allein der Wille des Abfallbesitzers maßgeblich53. Der Wille des Abfallerzeugers bzw. -besitzers wird „korri49

Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 49; Peine, in: Schmidt BT2, § 13 Rn. 33. Vgl. Rechtsprechung zu Sammelcontainern für Altkleider: BVerwG, NVwZ 1999, 1111; VGH München, Beschluss vom 9.8.2001, Az.: 4 ZB 2547/98 – juris. 51 § 3 Abs. 3 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12) übernimmt diesen Wortlaut. 52 So zumindest die h. L.: Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 3 KrW-/AbfG Rn. 138; Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 50; Herbert, NVwZ 2007, 617, 620; Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 62; Kunig, NVwZ 1997, 209, 212; Peine, in: Schmidt BT2, § 13 Rn. 35; Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 9; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 242; Versteyl/Wendenburg, NVwZ 1996, 937, 940; beachte Ansicht, die eine „Beweislastumkehr“ annimmt, was dazu führt, dass der Besitzer bzw. Erzeuger des Abfalls den Nachweis führen muss, keinen Entledigungswillen, sondern eine Zweckbestimmung zu haben, Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 36–38, 41, 42; dies., BB 1997, 161, 162; Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 80; Kunig, NVwZ 1997, 209, 212; noch anders: Wolfers, NVwZ 1998, 225, 227: Behörde muss anhand der Verkehrsanschauung beweisen, dass Entledigungswille vorliegt. 53 Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 62; Kunig, NVwZ 1997, 209, 212; Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 9. 50

B. Der Abfallbegriff

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giert“ 54. Der Entledigungswille wird fingiert, wenn der Erzeuger oder Besitzer nach der objektiven Verkehrsanschauung weder eine Produktions- noch eine Verwendungsabsicht hat. Die Abfalleigenschaft fehlt folglich, wenn der Besitzer der Sache eine „Produktions- bzw. Verwendungsabsicht“ hatte; zu entscheiden ist mithin, welchen Zweck eine Sache hat („Zweckbestimmung“)55. a) Der fehlende Produktionswille nach § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG – „Produktionsabfall“ § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG regelt die Fälle des sog. Produktionsabfalls. aa) Die Definition des Produktionsabfalls im Allgemeinen § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG betrifft jede Art von Sachen, die bei einer Behandlung von anderen Sachen entstehen, ohne dass diesen neu entstandenen Sachen eine Zweckbestimmung zukommt. Klassischer Anwendungsfall ist das Entstehen der sog. „Produktionsabfälle“, die aus einem gewerblich-industriellen Produktionsvorgang hervorgehen56. Der Anwendungsbereich dieser Variante ist aber nicht derart eng gefasst, dass ausschließlich „Produktionsabfälle“ aus gewerblich-industriellen Produktionsvorgängen Abfälle sein können57. Zum einen werden auch Vorgänge von Dienstleistungen bedacht. Darüber hinaus ist aus der Formulierung „Nutzung von Stoffen“ zu schließen, dass auch jegliches Bearbeiten oder Gebrauchen von Stoffen ohne gewerblichen Zweck, bei dem unabsichtlich ein anderer Stoff abfällt, den Tatbestand der Erledigungsfiktion nach § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG erfüllt; es kommt daher darauf an, dass bewegliche Sachen im Rahmen einer Handlung anfallen, ohne dass der Zweck dieser Handlung darauf gerichtet war58 (Produktionsabfall oder -rückstand59). Der EuGH60 beschreibt den Begriff des Produktionsabfalls insgesamt sehr anschaulich: „Nach gesundem Menschenverstand ist 54 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 47 f.; Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 62; Kunig, NVwZ 1997, 209, 213; Sparwasser/Engel/ Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 146. 55 BT-Drucks. 12/5672, S. 40; Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 80. 56 Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 404. 57 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 44. 58 Kunig, NVwZ 1997, 209, 213. 59 EuGH, Rs. C-418/97 u. C-419/97 (ARCO Chemie Nederland Ltd), NVwZ 2000, 1156; der EuGH sieht bei dem Abbau von Granit entstandenen Bruch, den der Besitzer nicht hauptsächlich gewinnen wollte, als Produktionsrückstand an, vgl. EuGH, Rs. C-9/00 (Palin Granit), NVwZ 2002, 1362; ähnlich bezüglich „Nebengestein“ EuGH, Rs. C-114/01 (Korkein hallinto-oikeus), Slg. 2003, I-8725, Rn. 33. 60 EuGH, Rs. C-9/00 (Palin Granit), NVwZ 2002, 1362, Rn. 22.

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Kap. 1: Einleitung

Abfall das, was zu Boden fällt, wenn ein Material oder ein Gegenstand bearbeitet wird, und nicht das mit dem Herstellungsverfahren unmittelbar angestrebte Ergebnis.“ Das Anfallen von sog. Neben-, Co-, Koppel- und Zwischenprodukten begründet keinen Abfall im Sinne des „Produktionsabfalls“, da dieses zumindest eine Nebenabsicht des Herstellungsprozesses ist61. Koppelprodukte sind solche Gegenstände, die als Ergebnis einer technologisch verbundenen Produktion gleichzeitig und gewollt mit dem Hauptprodukt entstehen62. Eine Sache, die bei einer Handlung anfällt, ist damit dann kein Abfall, wenn deren Entstehung bereits vor Durchführung der Handlung geplant war oder zumindest einen Anlass zur Handlung geboten hat; die Entstehung der Sache muss dabei nicht der alleinige Zweck der Handlung gewesen sein63. bb) Das Problem der „Nebenprodukte“ Probleme bereitete jedoch lange Zeit die Entstehung der sog. „Nebenprodukte“. (1) Nebenprodukte im deutschen Recht Im KrW-/AbfG fehlt eine Regelung, was Nebenprodukt und was Abfall ist. Allein nach dieser gesetzlichen Grundlage ist es oftmals schwierig, zwischen der Eigenschaft als Produkt oder der als Abfall zu unterscheiden. Ein Hersteller könnte in Anwendung des KrW-/AbfG regelmäßig behaupten, bei solchen „Nebenprodukten“ handle es sich nicht um Abfall, da sie entweder bewusst produziert wurden und/oder noch einer Verwendung zugeführt werden können. Die Rechtsprechung und insbesondere die Literatur haben jedoch in der Vergangenheit versucht, Abgrenzungskriterien zu entwickeln. Danach genügte zunächst die Möglichkeit der wirtschaftlichen Wiederverwendung allein nicht, um „nebenher angefallene“ Stoffe aus dem Abfallbegriff herauszunehmen64. Auch die bloße Behauptung des Herstellers, es handle sich um ein Nebenprodukt, war für sich genommen unbeachtlich. Die Darstellung seitens des Herstellers wurde gem. § 3 Abs. 3 S. 2 KrW-/AbfG durch die Verkehrsanschauung korrigiert, um 61 BT-Drucks. 12/7284, S. 12; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 46; Neun/Stevens, AbfallR 2003, 293. 62 Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 51; Weidemann, Abfall oder Rohstoff?, S. 15, Fn. 31. 63 Fluck, DVBl. 1995, 537, 541; Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 81; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 243; EuGH sieht in dem Anfall von Petrolkoks ein mitbezwecktes Produkt, vgl. EuGH, Rs. C-235/02 (Seatti), Slg. 2003, I-1005, Rn. 45. 64 EuGH, Rs. C-206 u. 207/88 (G. Vessoso u. G. Zanetti), NVwZ 1991, 661.

B. Der Abfallbegriff

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willkürliche oder missbräuchliche Angaben des Besitzers zur Zweckbestimmung auszuschließen (Verobjektivierung)65. Unter Verkehrsanschauung verstand die herrschende Literaturmeinung (wohl) die Anschauungen beteiligter Verkehrskreise oder der überwiegenden Mehrheit der Allgemeinheit (natürliches Vorverständnis, Alltagsbegriffe)66. Notwendig war demnach die Einschätzung im Einzelfall, ob auch aus Sicht eines verständigen Dritten, der sich in die Lage des Erzeugers versetzt, die angegebene Zweckbestimmung mit vernünftigen Erwägungen vereinbar war67. Nach der Verkehrsanschauung konnten folgende68 Anhaltspunkte bei der Unterscheidung von „(Neben)produkt“ und Abfall helfen: der Zweck der Anlage (Ziel der Herstellung)69, die Notwendigkeit einer Nachbehandlung70, der (positive) Marktwert, die betriebswirtschaftliche Bedeutung der Herstellung, das Erfüllen spezifischer Produktnormen oder Spezifikationen sowie das Vorliegen von Übernahme- bzw. bestehenden Handelsverträgen71. Diesen von der Literatur entwickelten Kriterien fehlte die Präzision und einheitliche Anwendbarkeit. (2) Nebenprodukte nach der Rechtsprechung des EuGH Auch die bis 2008 geltende Abfallrahmen-RL enthielt keine Regelungen, wie Nebenprodukte von Abfall abzugrenzen waren. Aus diesem Grunde entwickelte der EuGH bestimmte Voraussetzungen, unter denen Rückstände einer Produktion ein Produkt und kein Abfall sein konnten. Der EuGH verneinte die Abfalleigenschaft in solchen Fällen, in denen die „Wiederverwendung eines Gegenstandes, Materials oder Rohstoffs nicht nur möglich, sondern ohne vorherige Bearbeitung in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens gewiss“ war, insbesondere wenn sich damit ein wirtschaftlicher Vorteil verband72. 65 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 48; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 242. 66 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 49; Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 405. 67 Wolfers, NVwZ 1998, 225, 226. 68 Vgl. auch BT-Drucks. 12/7284, S. 12; Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 52 f.; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 242 f. 69 Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 243; Wolfers, NVwZ 1998, 225, 227, 229; a. A.: Fluck, DVBl. 1995, 537, 541. 70 Wolfers, NVwZ 1998, 225, 227, 229. 71 BT-Drucks. 12/7284, S. 11; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 49; Fluck, DVBl. 1995, 537, 541; ders., in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. I, § 3 KrW-/AbfG Rn. 163–165; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 35; Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 82; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 146; Weidemann, Abfall oder Rohstoff?, S. 20. 72 EuGH, Rs. C-9/00 (Palin Granit), NVwZ 2002, 1362, 1364 Rn. 36 f.

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Kap. 1: Einleitung

Entscheidend für die Verneinung von Abfall war jedoch die mögliche, erlaubte73 Wiederverwendung des entstandenen Materials ohne vorherige Behandlung und ein eigener positiver Warenwert, wie ihn auch ein Primärrohstoff besitzt. Erforderlich war, dass sich die nicht verbotene Wiederverwendung unmittelbar an die Entstehung des Rohstoffs anschloss. Unmittelbarkeit meinte den Umstand, dass eine vorherige Behandlung – weitere Bearbeitungsschritte – nicht notwendig war74. Ausschlaggebendes Merkmal war aber die Gewissheit der Wiederverwendung75. Um die Gewissheit der Wiederverwendung zu bejahen, musste diese mit hoher Wahrscheinlichkeit sichergestellt sein76. Dieses war anzunehmen, wenn die erneute Verwendung wirtschaftlich vorteilhaft77, der Gegenstand also keine „Last“ war78. Der wirtschaftliche Wert war mithin nach der Rechtsprechung des EuGH ein Indiz gegen die Abfalleigenschaft79. Den wirtschaftlichen Vorteil hatte der Hersteller anhand ausreichender Tatsachen für eine tatsächliche Verwendung darzulegen80 (z. B. anhand vertraglich garantierter Abnahme mit unmittelbarer Wertschöpfung81 ohne wirtschaftliche Verluste82). Der Begriff der Gewissheit der Wiederverwendung enthielt ebenfalls eine zeitliche Komponente. Die bloße Vorstellung einer gewinnbringenden Wiederverwendung in späterer Zukunft war nicht ausreichend, um den anfallenden Gegenstand als Produkt zu charakterisieren83. Deutsche Gerichte und Behörden waren an die vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Kriterien zur Abgrenzung von Nebenprodukt und Abfall gebunden (vgl. Kap. 1, B.I.). Die Aufstellung dieser relativ konkreten Unterscheidungs-

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EuGH, Rs. C-114/01 (Korkein hallinto-oikeus), Slg. 2003, I-8725, Rn. 38. Frenz, UPR 2003, 281, 283 f.; Herbert, NVwZ 2007, 617, 620; als weiteren Bearbeitungsschritt sieht der EuGH schon eine sich anschließende Sortierung an, vgl. EuGH, Rs. C-457/02 (Antonio Niselli), NVwZ 2005, 306, 308. 75 Frenz, UPR 2003, 281, 282 f. 76 Frenz, UPR 2003, 281, 283; Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 406. 77 EuGH, Rs. C-9/00 (Palin Granit), NVwZ 2002, 1362, 1363; Frenz, UPR 2003, 281, 283; Herbert, NVwZ 2007, 617, 620; Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 406. 78 EuGH, Rs. C-9/00 (Palin Granit), NVwZ 2002, 1362, 1363; Frenz, UPR 2003, 281, 283; Herbert, NVwZ 2007, 617, 620; ein wirtschaftlicher Vorteil wurde bei der Auffüllung von Gruben und Stollen eines Bergwerks mit Gesteinsbruch aus der Grube anerkannt, vgl. EuGH, Rs. C-114/01 (Korkein hallinto-oikeus), Slg. 2003, I-8725, Rn. 43. 79 Sobotta, ZUR 2007, 188, 190. 80 EuGH, Rs. C-114/01 (AvestaPolarit Chrome), Slg. 2003, I-8725 Rn. 36–39, 43. 81 Herbert, NVwZ 2007, 617, 620. 82 Frenz, UPR 2003, 281, 283. 83 EuGH, Rs. C-9/00 (Palin Granit), NVwZ 2002, 1362, 1364. 74

B. Der Abfallbegriff

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merkmale konnte nunmehr eine relativ einheitliche Abgrenzungspraxis sicherstellen. (3) Nebenprodukte nach der neuen Abfallrahmen-RL Endgültige Sicherheit im Bereich der Abgrenzung von Nebenprodukt und Abfall soll nunmehr die neue Abfallrahmen-RL bringen84. Der europäische Gesetzgeber hat in Kenntnis der Unterscheidungsschwierigkeiten konkrete Merkmale entwickelt, um ein Nebenprodukt von Abfall abzugrenzen. Stoffe, die sich danach als Nebenprodukt erweisen, unterfallen nicht mehr dem Anwendungsbereich des Abfallrechts, vgl. Art. 5. Bestimmte Stoffe, die in einem Verwertungsprozess entstanden sind, ohne Hauptzweck der Produktion zu sein, sind gem. Art. 5 Abs. 1 der neuen Abfallrahmen-RL dann nicht mehr als Abfall anzusehen, wenn folgende Voraussetzungen – kumulativ – erfüllt sind: – Es ist sicher, dass der Stoff oder Gegenstand weiter verwendet wird (lit. a), – der Stoff oder Gegenstand kann direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden (lit. b), – der Stoff oder Gegenstand wird als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt und (lit. c), – die weitere Verwendung ist rechtmäßig, d. h. der Stoff oder Gegenstand erfüllt alle einschlägigen Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen für die jeweilige Verwendung und führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- und Gesundheitsfolgen (lit. d). Mit diesen gesetzlichen Bedingungen übernimmt der europäische Gesetzgeber weitgehend die vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Kriterien. Lit. a) regelt die Notwendigkeit der Gewissheit der Wiederverwendung. Lit. b) und c) übernehmen die Forderung des EuGH, dass der Stoff ohne vorherige Bearbeitung in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens verwendet werden muss. Lit. d) stellt ebenfalls wie der EuGH die Notwendigkeit der Rechtmäßigkeit der Wiederverwendung auf. Bestehen Zweifel an der Erfüllung dieser Bedingungen, liegt Abfall vor85. Wegen der Ähnlichkeit dieser gesetzlichen Kriterien mit denen des EuGH kann weiterhin auf die vertieften Ausführungen des EuGH zurückgegriffen werden86. 84 Waggershauser spricht von „Rechtsklarheit und Rechtssicherheit“, AbfallR 2009, 50, 53. 85 Petersen, AbfallR 2008, 154, 155. 86 Art. 5 Abs. 2 Abfallrahmen-RL stellt die Möglichkeit eines Ausschussverfahrens zur Konkretisierung der Voraussetzungen nach Abs. 1 (Komitologieentscheidung) zur

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Kap. 1: Einleitung

cc) Ergebnis zu den Produktionsabfällen Im Einzelfall sind im Rahmen eines Produktionsverlaufs anfallende Stoffe oder Gegenstände gerade kein Abfall, auch wenn der Zweck der Produktion nicht primär auf die Herstellung dieser Stoffe gerichtet war. Unter welchen Voraussetzungen kein Abfall vorliegt, regelt nunmehr Art. 5 der neuen EG-AbfallrahmenRL abschließend. Der deutsche Gesetzgeber ist gehalten, diese Abgrenzungskriterien in deutsches Recht umzusetzen87. b) Der fehlende Gebrauchswille nach § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG – Die „Entwidmung“ Die Variante des § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG beinhaltet die Entledigungsfiktion bezüglich in Gebrauch befindlicher Sachen. Danach entsteht Abfall kraft Entledigungsfiktion, wenn die ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt (Entwidmung). Die Zweckbestimmung entfällt, wenn die Sache nicht mehr zum bisherigen Zweck nutzbar ist oder tatsächlich nicht mehr genutzt wird88. Die Entledigungsfiktion darf erst dann Anwendung finden, wenn sich an die bisherige Nutzung nicht unmittelbar ein neuer Nutzungszweck anschließt. Im Rahmen dieser Variante kommt es daher entscheidend auf den Begriff der Unmittelbarkeit an. An der Unmittelbarkeit eines neuen Verwendungszwecks fehlt es zumindest dann, wenn zur neuen Zweckverwendung eine Behandlung der Sache notwendig ist, die nicht alsbald oder wenigstens in einem überschaubaren Zeitraum eingeleitet wird, da es an der objektiven Nutzbarkeit fehlt89. Nicht notwendig ist, dass sich zeitlich unverzüglich eine neue Nutzung anschließt. Es ist ausreichend, wenn bei Wegfall oder Aufgabe des alten Nutzungszwecks ein neuer feststeht und dieser realisierbar ist90. Die Unmittelbarkeit knüpft daher an die Zweckbestimmung und nicht an die Nutzung an. Es bedarf einer unmittelbaren – zeitlich nicht verzögerten – neuen Zweckbestimmung, um das Entstehen von Abfall nach § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG zu verhindern.91 Eine zwischenzeitliche Lagerung der Sache ist daher nicht ausgeschlossen, soweit zum Zeitpunkt der Lagerung die Verfügung. Diese Entscheidung wäre von den Mitgliedstaaten zu beachten, da sie höherrangiges Recht darstellt. Dieses ist entscheidend im Umsetzungsverfahren. Vgl. hierzu Petersen, AbfallR 2008, 154, 155. 87 Das KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12) übernimmt in § 4 Abs. 1 den Wortlaut der Abfallrahmen-RL. 88 Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 85. 89 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 55 f.; Fluck, DVBl. 1995, 537, 542; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 43. 90 Kunig, NVwZ 1997, 209, 213. 91 Fluck, DVBl. 1995, 537, 542; Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 85.

B. Der Abfallbegriff

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spätere Nutzung bestimmt ist92. Ob tatsächlich eine Umwidmung stattgefunden hat, orientiert sich erneut an der Verkehrsauffassung. Nach vernünftigen Erwägungen eines einsichtigen Dritten muss die neue Zweckbestimmung zumindest erkennbar sein. Das ist sie dann, wenn die neue Nutzung entsprechend dem neuen Zweck möglich und auch in absehbarer Zeit – ohne erhebliche Zweifel – realisierbar ist93. 3. Die Pflicht zur Entledigung – Der „objektive“ Abfallbegriff Der in § 3 Abs. 4 KrW-/AbfG94 enthaltene „objektive“ Abfallbegriff definiert, wann sich ein Abfallbesitzer einer Sache entledigen muss. Ausschlaggebend ist hier nicht mehr sein Wille, sondern das Interesse der Allgemeinheit an der Entledigung, um den Gegenstand einer Abfallbehandlung zum Schutz vor Gefahren zuzuführen. Der Besitzer muss sich beweglicher Sachen entledigen, wenn diese entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr verwendet werden, aufgrund ihres konkreten Zustands geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden, und deren Gefährdungspotential nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften des KrW-/AbfG und der aufgrund des KrW-/AbfG erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann. Diese Ausgestaltung des Tatbestands des „objektiven“ Abfallbegriffs beruht auf der Rechtsprechung des BVerwG im Vorfeld des Erlasses des neuen KrW-/AbfG95. Dieser Abfallbegriff ist polizeirechtlicher Natur und dient der Gefahrenabwehr96. Um den Tatbestand des § 3 Abs. 4 KrW-/AbfG zu erfüllen, muss der Besitzer die ursprüngliche Zweckbestimmung der Sache zunächst geändert haben. Dabei kommt es zu einer Überschneidung mit dem subjektiven Abfallbegriff nach § 3 Abs. 2 und 3 KrW-/AbfG, da es hier erneut auf die Änderung der Zweckbestimmung (Umwidmung) ankommt97. Die Beendigung der bisherigen Zweckbestimmung ist durch den Willen des Besitzers und die Verkehrsanschauung zu bestimmen, auch wenn § 3 Abs. 4 KrW-/AbfG eine solche Bestimmung nicht enthält98. Dieses muss sich aber aus der Heranziehung der Zweckbestimmung, ähnlich wie bei Abs. 2 und 3, ergeben, da die Zweckbestimmung ein subjektives Merkmal ist, welches nach dem objektiven Empfängerhorizont zu beurteilen ist (vgl. Kap. 1, 92 Fluck, DVBl. 1995, 537, 542; v. Lersner, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, Bd. 1, § 3 KrW-/AbfG Rn. 28. 93 Fluck, DVBl. 1995, 537, 542. 94 § 3 Abs. 4 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12) entspricht dieser Norm. 95 Vgl. BVerwG, NVwZ 1993, 988, 990. 96 Kunig, NVwZ 1997, 209, 213. 97 Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 66; Kunig, NVwZ 1997, 209, 213. 98 Kunig, NVwZ 1997, 209, 213.

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Kap. 1: Einleitung

B.III.1.). Anders als bei Abs. 3 kommt es jedoch nicht auf eine neue Zweckbestimmung an. Der objektive Abfallbegriff kann auch dann greifen, wenn der subjektive Abfallbegriff wegen einer – auch nach der Verkehrsanschauung – neuen Zweckbestimmung nicht zur Anwendung kommt99. Maßgeblich ist der letzte Zweck der Sache vor der Änderung der Bestimmung100. Die bewegliche Sache muss darüber hinaus wegen ihres „konkreten Zustands“ geeignet sein, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden. Die Gefahr muss an den konkreten Zustand – Beschaffenheit, Lagerung, Nutzung – der Sache anknüpfen, muss aber selbst nicht konkret sein101. Es genügt festzustellen, ob bei Nutzung der Sache typischerweise mit dem Eintritt eines Schadens gerechnet werden kann (generelle „Eignung“ zur Gefahrauslösung)102. Das letzte Merkmal des „objektiven“ Abfallbegriffs ist die Notwendigkeit, dass die abstrakte Gefahr, die von der beweglichen Sache ausgeht, nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach dem abfallrechtlichen Regime auszuschließen ist. Hierbei wird zum einen das Rangverhältnis zwischen dem Abfallrecht und dem sonstigen Ordnungsrecht zum Ausdruck gebracht, wobei das Abfallrecht an letzter Stelle in der Hierarchie des Ordnungsrechts stehen soll. Es ist notwendig zu prüfen, ob das sonstige Ordnungsrecht ausreichend ist, die Gefahr aufgrund der neuen Nutzung der Sache zu beseitigen103. Zum anderen spricht der Wortlaut der Norm für die Vornahme einer Abwägung dahingehend, ob ein milderes Mittel als die Verwertung und Beseitigung besteht, um das Gefahrenpotential auszuschließen, und ob das Interesse des Besitzers das Interesse an der Entsorgung überwiegt104. Ein milderes Mittel wird darin gesehen, dass der Abfallbesitzer in rechtlicher, tatsächlicher, organisatorischer, finanzieller, personeller und unternehmerischer Hinsicht in der Lage ist, die Sachen alsbald einer Verwendung zuzuführen, bei der die Umweltgefahren nicht bestehen, die aber eine Entsorgung entbehrlich macht105. 99

Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 66; Kunig, NVwZ 1997, 209, 213. Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 59; v. Lersner, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, Bd. 1, § 3 KrW-/AbfG Rn. 28. 101 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 60; Fluck, DVBl. 1995, 537, 544; Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 67; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 247. 102 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 60; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 247; vgl. auch BVerwG zum alten Abfallbegriff nach AbfG, DVBl. 1993, 1139, 1140. 103 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 61; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 248; a. A.: Kunig, NVwZ 1997, 209, 214. 104 Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 69; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 151. 105 So das BVerwG zum alten AbfG: DVBl. 1993, 1139, 1140. 100

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IV. Die Art des Abfalls – Abfall zur Verwertung oder Beseitigung? Nach § 3 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG entsteht mit Eintritt der Abfalleigenschaft entweder Abfall zur Verwertung oder Abfall zur Beseitigung106. Eine Unterscheidung zwischen diesen Abfallarten scheint auf den ersten Blick irrelevant für die Frage, wie der Staat Sicherungs- und Entsorgungskosten einsparen kann, da er in jedem Fall den Abfall vom Grundstück entfernen und entsorgen muss. Die Abfallart hat aber großen Einfluss auf die konkreten Maßnahmen, die während der Grundstückssicherung und Abfallentsorgung (Sortierung, Feststellung der Abfallzusammensetzung, Brechung, Verschaffen vom Gelände und richtige Auswahl des Entsorgungswegs) zu treffen sind, und die damit folgenden Entsorgungskosten. Zum einen unterscheiden sich je nach Abfallart die abfallbezogenen Pflichten, welche der Staat für den Anlagenbetreiber ersatzweise übernimmt. Zum anderen ist Abfall zur Verwertung in der Regel weniger kostenintensiv zu entsorgen als Abfall zur Beseitigung; letzterer hat selten einen eigenen positiven Marktwert. Die Frage der Unterscheidung der verschiedenen Abfallarten ist somit ausschlaggebend für die Sicherungs- und Entsorgungsmaßnahmen, den Entsorgungsweg und mithin für die Kosten der zu ergreifenden Schritte. 1. Allgemeine Begriffsdefinitionen Abfallverwertung und Abfallbeseitigung sind zwei unterschiedliche Mittel der Kreislaufwirtschaft; sie verfolgen verschiedene Ziele. Zwischen der Verwertung und Beseitigung besteht eine gesetzliche Rangfolge. Nach § 5 Abs. 2 S. 2 KrW-/ AbfG gilt der Vorrang der Abfallverwertung vor der Abfallbeseitigung107. Entsprechend der gesetzlichen Regelung sind Abfälle zur Verwertung solche Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung, § 3 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG. Diese Definition ist wenig ergiebig, sodass zunächst zu klären ist, was unter Verwertung bzw. Beseitigung zu verstehen ist. Durch die Verwertung von Abfällen sollen neue Stoffe und Energie gewonnen werden, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6 KrW-/AbfG. Bei der Verwertung sind die stoffliche und die energetische Verwertung zu unterscheiden. Die stoffliche Verwertung beinhaltet die Substitution (Ersetzung) von Rohstoffen durch das Gewinnen von Stoffen aus Abfällen (sekundäre Rohstoffe) oder die Nutzung der stofflichen Eigenschaften der Abfälle für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke mit Ausnahme der unmittelbaren Energierückgewinnung, vgl. § 4 Abs. 3 S. 1 106

Ebenso § 3 Abs. 1 S. 2 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). Dieser Vorrang besteht auch weiterhin nach § 6 Abs. 1 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12); das KrWG erweitert aber die Abfallhierachie. Die verschiedenen Maßnahmen der Verwertung werden unterschieden und in einem Rangverhältnis geordnet. 107

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Kap. 1: Einleitung

KrW-/AbfG. Eine stoffliche Verwertung liegt vor, wenn nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, unter Berücksichtigung der im einzelnen Abfall bestehenden Verunreinigungen, der Hauptzweck der Maßnahme in der Nutzung des Abfalls und nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotentials liegt, § 4 Abs. 3 S. 2 KrW-/AbfG. Die energetische Verwertung beinhaltet den Einsatz von Abfällen als Ersatzbrennstoff zur Energieerzeugung, § 4 Abs. 4 S. 1 KrW-/AbfG. Die Abfallbeseitigung ist im Gegensatz zur Verwertung nicht auf die Nutzung der Abfälle gerichtet. Die Abfallbeseitigung besteht vorrangig in dem Ablagern von Abfällen108. Ablagern von Abfällen ist die dauerhafte endgültige Lagerung von Abfall109. Zur Abfallbeseitigung gehört aber nicht nur der Vorgang des Ablagerns, sondern auch das Bereitstellen, Überlassen und Einsammeln sowie die Beförderung und mit besonderer Bedeutung die vorherige Behandlung, um die Menge und die Schädlichkeit zu reduzieren, § 10 Abs. 2 KrW-/AbfG. Grundsätzlich abzugrenzen sind die Abfälle zur Verwertung und Beseitigung nach dem jeweiligen Hauptzweck. Der Hauptzweck der Verwertung besteht in der Nutzung des Abfalls und nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotentials110. Eine Verwertung liegt demnach dann vor, wenn der Hauptzweck einer abfallbezogenen Maßnahme darauf gerichtet ist, dass Abfälle eine sinnvolle Aufgabe erfüllen können, indem sie andere Materialien ersetzen, die für diese Aufgabe hätten verwendet werden können111. 2. Die Abgrenzung von energetischer Verwertung und thermischer Behandlung Die Abgrenzung der genannten Abfallarten kann im Einzelfall Probleme bereiten. Abgrenzungsschwierigkeiten treten insbesondere bei der thermischen Behandlung von Abfällen auf. Fraglich ist, ob die thermische Behandlung eine energetische Abfallverwertung zur Gewinnung von Energie (Einsatz als Ersatzbrennstoff) oder eine Abfallbeseitigung in Form der Vorbehandlung ist, um die Menge des Abfalls und dessen Schadstoffanteil zu reduzieren (Inertisierung). a) Die Abgrenzung nach deutschem Recht Das deutsche Recht regelt nicht ausdrücklich, wann eine energetische Verwertung und wann eine thermische Abfallbeseitigung vorliegt. Die deutsche Recht108

Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 162. Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 163. 110 Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 10. 111 EuGH, Rs. C-6/00 (ASA), NVwZ 2002, 579, hier Verwertung bei der Verfüllung eines stillgelegten Bergwerks mit Abfällen; ebenso BVerwG, NVwZ 2005, 954, hier Annahme einer stofflichen Verwertung. 109

B. Der Abfallbegriff

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sprechung und die Verwaltungspraxis berief sich lange Zeit auf die Normen der §§ 4 Abs. 4 und 6 Abs. 2 KrW-/AbfG. Nach dem Wortlaut dieser Normen handelt es sich um eine energetische Verwertung, wenn der Abfall als Ersatzbrennstoff genutzt wird und dieses der Energieerzeugung dient. Ein Ersatzbrennstoff sollte vorliegen, wenn der Abfall anstelle von „Norm- und Regelbrennstoffen“ zum Einsatz kam112. Zur Bestimmung, ob es sich bei dem zu verbrennenden Abfall um einen Ersatzbrennstoff handelt, was eine Abfallverwertung ermöglicht, zog die herrschende Rechtsprechung und Lehre zunächst § 6 Abs. 2 KrW-/AbfG heran. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 KrW-/AbfG ist eine energetische Verwertung i. S. d. § 4 Abs. 4 nur zulässig, wenn der Heizwert des einzelnen Abfalls, ohne Vermischung mit anderen Stoffen, mindestens 11.000 kj/kg beträgt. § 6 Abs. 2 KrW-/ AbfG regelt nach seinem Wortlaut nicht die Bestimmung der Abfallart, sondern lediglich die Zulässigkeit der thermischen Abfallverwertung. Die Zulässigkeit der thermischen Verwertung hängt danach vom zu erreichenden Heizwert ab. Ein Teil der Rechtsprechung und Lehre sah in § 6 Abs. 2 Nr. 1 KrW-/AbfG allerdings auch ein Kriterium, um Abfall zur Verwertung von Abfall zur Beseitigung abzugrenzen113. Eine energetische Verwertung lag demnach erst dann vor, wenn der Heizwert des Abfalls mindestens 11.000 kj/kg betrug; anderenfalls schied der Abfall als Ersatzbrennstoff aus114. Hintergrund für das Heranziehen des Kriteriums Heizwert war, dass sonst allein die Substitution von Regelbrennstoffen es ermöglicht hätte, Regelbrennstoffe durch heizwertarmen Abfall zu ersetzen und eine Abfallverwertung anzunehmen115. Das „bloße“ Ersetzen von Brennstoffen 112 Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 4 KrW-/AbfG Rn. 142; Klöck, Thermische Behandlung, S. 91; diese Auslegung entspricht auch der europäischen Definition der Verwertung, vgl. EuGH, Rs. C-6/00 (ASA), NVwZ 2002, 579. 113 OVG Lüneburg, NVwZ 1998, 1202, 1204; OVG Münster 1998, 1207, 1208; Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 25; dies., Abgrenzung, S. 71; Fluck, in: Fluck, Abfallund BodenschutzR, Bd. 1, § 4 KrW-/AbfG Rn. 143, 175; Klöck, Thermische Behandlung, S. 91; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 260; Weidemann, NVwZ 1995, 631, 638; a. A.: VGH Mannheim, NVwZ 2001, 577 zur Abfallverbringung; Giesberts, NVwZ 1996, 949, 950; Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 272 ff.; vermittelnd: Frenz, KrW-/ AbfG, § 4 Rn. 69: „§ 6 Abs. 2 KrW-/AbfG enthält Indizien dafür, dass Abfälle nicht einfach verfeuert, sondern energetisch verwendet werden“. 114 Klöck, Thermische Behandlung, S. 91. 115 Die Heranziehung von § 6 Abs. 2 KrW-/AbfG, um die thermische Verwertung von der Abfallbeseitigung abzugrenzen, überzeugt nicht. Der Heizwert ist nicht notwendig, um über den Charakter der Behandlung zu entscheiden. Über § 6 Abs. 2 KrW-/ AbfG ist sichergestellt, dass eine Verwertung nicht vorgenommen wird, wenn der notwendige Heizwert nicht zu erreichen ist. Den Heizwert in den Tatbestand der Verwertung einzubeziehen, ist nicht notwendig (so schon damals: Giesberts, NVwZ 1996, 949, 950; Giesberts/Posser, Grundfragen, Rn. 272 ff.; nun auch nach der Rspr. des EuGH zum Begriff „Abfall zur Verwertung“: Frank, EuZW 2003, 223, 224; Petersen, NVwZ 2004, 34, 37; Reese, ZUR 2003, 217, 221). Wegen der Verwendung des Worts „Zulässigkeit“, legt auch der Wortlaut des § 6 KrW-/AbfG eine Auslegung, wie sie die bisherige Verwaltungspraxis wählte, nicht nahe.

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Kap. 1: Einleitung

unabhängig von den Eigenschaften des Abfalls sollte nicht über die Abfallart entscheiden. Ähnliches galt für den Feuerwirkungsgrad und die Wärmenutzung nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 KrW-/AbfG. Eine Verbrennung von Abfällen stellte keine Verwertung dar, wenn nicht die Möglichkeit der Wärmenutzung bestand116. Neben den Kriterien des § 6 Abs. 2 KrW-/AbfG wandte ein Teil der Rechtsprechung und Literatur ein sog. Vermischungsverbot an, um darüber zu entscheiden, ob eine thermische Abfallverwertung möglich war. Ein solches Vermischungsverbot sollte aus § 4 Abs. 4 S. 3 KrW-/AbfG folgen („ohne Vermischung mit anderen Stoffen“)117. Der Wortlaut von § 4 Abs. 4 S. 3 KrW-/AbfG legte es nach dieser Ansicht nahe, (nachträgliche118) Abfallgemische aus Abfällen von der (energetischen) Verwertung auszuschließen und zur Beseitigung an die öffentlichen Entsorgungsträger anzudienen119. Die deutsche Rechtsprechung zum Vermischungsverbot aus § 4 Abs. 4 S. 3 KrW-/AbfG folgend war stark ausdifferenziert120. 116 Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 4 KrW-/AbfG Rn. 148 f.; Klöck, Thermische Behandlung, S. 92. 117 Mit „Abfallgemisch“ können dabei vorrangig nur solche Gemische gemeint sein, die nach Anfall des Abfalls durch nachträgliche Vermischung bereits angefallener Abfälle entstehen. Auch angefallener Abfall kann naturgemäß ein Gemisch darstellen (z. B. Siedlungsabfall). Diese ursprünglichen Gemische sind nicht per se von der Abfallverwertung ausgeschlossen, da typischerweise gemischt angefallener Abfall der „einzelne“ Abfall i. S. d. § 4 Abs. 4 S. 3 KrW-/AbfG ist (vgl. OVG Lüneburg, NVwZ 1998, 1202, 1204; Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 77; Giesberts, NVwZ 1999, 600, 601; Kersting, NVwZ 1998, 1153 ff.). Nur nachträgliche Gemische sind damit von § 4 Abs. 4 S. 3 KrW-/AbfG erfasst. 118 Vgl. oben Fn. 117. 119 OVG Koblenz, NVwZ 1999, 679 (soweit sich Fraktionen nicht trennen lassen); VG Regensburg, NVwZ 1998, 431, 432 f.; Dolde/Vetter, NVwZ 1999, 1193, 1195; Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 4 KrW-/AbfG Rn. 162; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 6 Rn. 16; wohl auch OVG Lüneburg, NVwZ 1998, 1202, 1204. 120 Zum Teil wurde mit Prozentsätzen gearbeitet, vgl. VGH München, NuR 2000, 221, Rn. 34: Solange der Anteil der Abfälle zur (hier stofflichen) Beseitigung unter 25 % bleibt, liegt kein Abfall zur Beseitigung vor; ansonsten besteht ein mittelbares Vermischungsverbot. Wobei im entschiedenen Fall aus praktischen und wirtschaftlichen Gründen wegen nicht verhinderbarer Umstände ein nachträgliches Gemisch entstand. Es fehlte die Intention der Umgehung der Kreislaufwirtschaftsordnung. Das BVerwG, NVwZ 2000, 1178, befasste sich ebenfalls mit einem solchen Vermischungsverbot. Es schränkte die strenge Auslegung des § 4 Abs. 4 S. 3 KrW-/AbfG ein; es entschied, dass „Abfälle, die ohne Verstoß gegen gesetzliche Trennungsgebote vermischt worden sind, jedenfalls dann keine ,Abfälle zur Beseitigung‘ sind, wenn sie überwiegend verwertbar sind und einer Verwertung zugeführt werden“. § 4 Abs. 4 S. 3 KrW-/AbfG selbst stellte nach dieser Rechtsprechung des BVerwG kein solches Trennungsgebot/Vermischungsverbot dar (Dolde/Vetter, NVwZ 1999, 1193, 1194; Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 4 KrW-/AbfG Rn. 162; Giesberts, NVwZ 1999, 600, 602; Kersting, NVwZ 1998, 1153, 1154 f.). Vgl. hierzu weitere Nachweise bei v. Lersner, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, Bd. 1, § 4 KrW-/AbfG Rn. 34.

B. Der Abfallbegriff

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Des Weiteren leitete ein Teil der Rechtsprechung und der Literatur aus § 4 Abs. 4 S. 3 KrW-/AbfG wegen des Bezugs auf die Verunreinigung des Abfalls die sog. „Schadstoffschaukel“ 121 ab. Nach dieser „Schadstoffschaukel“ handelte es sich um eine bloße thermische (Vor-)Behandlung des Abfalls (Beseitigung), je stärker die Abfälle verunreinigt und je schadstoffhaltiger sie waren122; fielen wenige Abfälle an und entstanden wenige Emissionen, war von einer Verwertung auszugehen123. b) Die Abgrenzung im Europarecht Die alte Abfallrahmen-RL (RL 75/442/EWG und 2006/12/EG) half bei der Abgrenzung der thermischen Verwertung von der Abfallverbrennung nicht viel weiter. Sie verwies bei der Bestimmung der Verwertung auf Anhang II B und bei der Beseitigung auf Anhang II A der Abfallrahmen-RL (Art. 1 lit. e) und f)). Die in den Anhängen genannten Verfahren waren aber nicht abschließend aufgeführt und hatten lediglich einen beschreibenden Charakter, sodass eine einheitliche allgemeine Aussage, wann eine Verwertung oder Beseitigung vorlag, nicht anhand der Anhänge II A und B zu treffen war; es kam auf den jeweiligen Einzelfall an124. Der EuGH widmete sich schlussendlich der Frage, wie bei einer Abfallverbrennung Abfälle zur Verwertung und Abfälle zur Beseitigung voneinander abzugrenzen sind. Er stellte fest, dass in der Verbrennung von Abfällen eine Verwertungsmaßnahme liegt, wenn es Hauptzweck der Verbrennung ist, „die Abfälle für einen sinnvollen Zweck, nämlich zur Energieerzeugung, einzusetzen“ 125; zu schonen sind Primärenergiequellen, die sonst für den Zweck der Energiegewinnung hätten verwendet werden müssen (Substitution)126. Eine Verwertung war nur dann anzunehmen, wenn die zu verbrennenden Abfälle für eine Anlage bestimmt waren, deren Betrieb ohne die Versorgung mit Abfällen unter Verwen121 OVG Lüneburg, NVwZ 1998, 1202; Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 25; a. A.: Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 4 KrW-/AbfG Rn. 165–167: Die Schädlichkeit kann nicht über die Abfallart entscheiden, da auch die Verwertung wie die Beseitigung ordnungsgemäß und schadlos erfolgen muss. Zudem liege darin ein Verstoß gegen Prinzipien des KrW-/AbfG (Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung). 122 OVG Lüneburg, NVwZ 1998, 1202, 1204; Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 25; dies., Abgrenzung, S. 71; Klöck, Thermische Behandlung, S. 92; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 260. 123 Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 76. 124 EuGH, Rs. C-6/00 (ASA), NVwZ 2002, 579, 581. 125 EuGH, Rs. C-228/00 (Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Bundesrepublik Deutschland), NVwZ 2003, 455, 456; EuGH, Rs. C-458/00 (Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Großherzogtum Luxemburg), NVwZ 2003, 457, 458. 126 Vgl. zum Begriff der Verwertung allgemein, EuGH, Rs. C-6/00 (ASA), NVwZ 2002, 579.

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Kap. 1: Einleitung

dung einer Primärenergiequelle hätte fortgesetzt werden müssen127. Allein die Substitution von Energiequellen sollte hingegen nicht ausreichen128. Der Hauptzweck der Verbrennung musste danach tatsächlich die Energieerzeugung sein. Dieses setzte voraus, dass die Verbrennung von Abfall mehr Energie erzeugt und zurückgewinnt, als beim Verbrennungsvorgang verbraucht wird; ebenso musste ein Teil des bei der Verbrennung gewonnenen Energieüberschusses tatsächlich genutzt werden und zwar unmittelbar in Form von Verbrennungswärme oder nach Umwandlung in Form von Elektrizität 129. Darüber hinaus war der größte Teil der Abfälle beim Vorgang zu verbrauchen und der größte Teil der freigesetzten Energie zurückzugewinnen und zu nutzen130. Erforderlich war demnach ein Netto-Energiegewinn aus dem Verbrennungsvorgang131 und eine Minderung der Abfallmenge um mehr als die Hälfte132, da die Verbrennung den Charakter einer Beseitigung hatte. Kriterien zur Abgrenzung wie der Heizwert der Abfälle, der Schadstoffgehalt der verbrannten Abfälle oder die Frage der Vermischung der Abfälle, durften nach dieser Rechtsprechung nicht zur Bewertung der Abfallart im Rahmen der Abfallverbringung herangezogen werden. Sie waren dem EuGH nach in diesem Zusammenhang irrelevant133. Dieses Urteil warf im Rahmen des deutschen Abfallrechts Probleme auf. Bei unmittelbarer Anwendung dieser Auslegung stellte sich die Frage, ob § 4 Abs. 4 KrW-/AbfG und die bis zum Zeitpunkt des Urteils des EuGH entwickelten Grundsätze in der deutschen Rechtsprechung, Verwaltung und Literatur noch Anwendung finden konnten. Insbesondere war fraglich, wie mit den – oben aufgeführten (vgl. Kap. 1, B.IV.2.a)) – Abgrenzungskriterien wie Schadstoffgehalt, Vermischungsverbot und Heizwert zu verfahren war. Zwischenzeitlich herrscht nach dem Urteil des EuGH Einigkeit dahingehend, § 4 Abs. 4 S. 3 KrW-/AbfG in der heutigen Fassung nicht anzuwenden134. Die in § 4 Abs. 4 S. 3 KrW-/AbfG genannten Kriterien und der Heizwert des Abfalls i. S. d. § 6 Abs. 2 KrW-/AbfG waren nicht mehr für die Einordnung135 des Abfalls zur Verwertung heranzuzie127 EuGH, Rs. C-458/00 (Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Großherzogtum Luxemburg), NVwZ 2003, 457, 459. 128 Reese, ZUR 2003, 217, 221. 129 EuGH, Rs. C-228/00 (Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Bundesrepublik Deutschland), NVwZ 2003, 455, 456; EuGH, Rs. C-458/00 (Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Großherzogtum Luxemburg), NVwZ 2003, 457, 458. 130 Vgl. Kap. 1 Fn. 129. 131 Reese, ZUR 2003, 217, 220. 132 Gaßner/Fichtner, AbfallR 2003, 50, 51. 133 EuGH, Rs. C-228/00 (Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Bundesrepublik Deutschland), NVwZ 2003, 455, 457. 134 Frank, EuZW 2003, 223, 224; Petersen, NVwZ 2004, 34, 36; Reese, ZUR 2003, 217, 221; Schoch, DVBl. 2004, 69, 78. 135 Wohl aber zur Beurteilung der Zulässigkeit, so Baars/Nottrodt, AbfallR 2003, 220, 222; Herbert, NVwZ 2007, 617, 622; Petersen, NVwZ 2004, 34, 37 f.; zweifelnd,

B. Der Abfallbegriff

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hen136. Dem schloss sich schlussendlich auch das BVerwG an137. In der Praxis führte die europäische Auslegung zur Zurückdrängung der Beseitigung von Abfällen. Auch im Bereich der Abgrenzung der (thermischen) Verwertung und Beseitigung hat die neue Abfallrahmen-RL aus dem Jahr 2008 erhebliche Neuerungen gebracht, die auch ins deutsche Recht umzusetzen sind. Zum einen hat es der europäische Gesetzgeber übereinstimmend mit dem Europäischen Gerichtshof vermieden, die Abgrenzung der Entsorgungsarten von Kriterien wie Heizwert oder Schadstoffbelastung abhängig zu machen. Der alten deutschen Praxis der Behörden und Rechtsprechung, auf die oben dargestellten Abgrenzungskriterien (vgl. Kap. 1, B.IV.2.a)) zurückzugreifen, setzte der europäische Gesetzgeber damit endgültig ein Ende138. Verwertung ist nunmehr nach Art. 3 Nr. 15 der Abfallrahmen-RL jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie andere Materialien ersetzen, die ansonsten zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Anhang II enthält eine nicht erschöpfende Liste von Verwertungsverfahren. Beseitigung ist nach Art. 3 Nr. 19 im Gegensatz dazu jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden. Vergleichbar zur Verwertung ist auch hier die in Anhang I enthaltene Liste nicht erschöpfend. Notwendig ist entsprechend der geschilderten Rechtsprechung des EuGH die Substitution von Einsatzstoffen139. Die Substitution muss jedoch das Hauptergebnis des Behandlungsvorgangs sein, um eine Verwertung darzustellen. Wie genau die Wendung „Hauptergebnis“ zu verstehen ist, regelt die neue Abfallrahmen-RL jedoch nicht. Einigkeit besteht in der Annahme, dass die Substitution von anderen Primäreinsatzstoffen nicht nur geringfügig sein darf („nicht jedwede Substitution“)140. Darüber, wie das Hauptergebnis tatsächlich auszusehen hat, trifft die RL selbst keine Aussage. Petersen regt sog. „Guidelines“ nach Art. 38 der Abfallrahmen-RL an. Denkbar wäre eine Aussage dahingehend, dass der überwiegende Teil der Einsatzstoffe, also mehr als 50 %, aus Abfall bestehen müssen.

ob dieses europarechtskonform ist, da damit zwar eine Verwertung nach Europarecht vorliegt, diese aber nach § 6 Abs. 2 KrW-/AbfG unzulässig wäre, was eine Maßnahme gleicher Wirkung ist und gegen Art. 56 AEUV verstößt, Schoch, DVBl. 2004, 69, 78. 136 OVG Saarlouis, AbfallR 2003, 304. 137 BVerwG, NVwZ 2007, 1083. 138 Die Regelungen der Abfallrahmen-RL werden durch das KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12) umgesetzt. Der Wortlaut des § 6 Abs. 2 KrW-/AbfG findet sich nicht mehr wieder, vgl. nun § 3 Abs. 23, § 6 Abs. 2, § 8 KrWG. 139 Vgl. Petersen, AbfallR 2008, 154, 157. 140 Petersen, AbfallR 2008, 154, 157; Waggershauser, AbfallR 2009, 50, 55.

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Kap. 1: Einleitung

Da der europäische Gesetzgeber bei der neuen Definition der Abfallverwertung auf die Rechtsprechung des EuGH rekurriert hat, sollte weiterhin zur Ergänzung auf die oben dargestellten Entscheidungen (vgl. Kap. 1, B.IV.2.b)) zurückgegriffen werden. Die neue Definition der Abfallverwertung ermöglicht auch die Substitution in Drittanlagen; die Substitution muss innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft stattfinden141. 3. Ergebnis zur Abgrenzung der Abfallverwertung und Abfallbeseitigung Maßgeblich für die Abgrenzung von Abfallverwertung und Abfallbeseitigung ist nunmehr die Abfallrahmen-RL, die sich diesem Problem in Art. 3 Nr. 15 und 19 ausdrücklich angenommen hat. Entscheidend ist die Substitution von Primärenergiestoffen. Das Maß der Substitution bedarf jedoch noch einiger Konkretisierung.

V. Das Ende der Abfalleigenschaft Auch das Ende der Abfalleigenschaft kann für die zuständige Behörde von großer Bedeutung sein. Soweit verwerteter Abfall nicht mehr dem Regime des Abfallrechts unterfällt, kann auch ggf. die Pflicht entfallen, ein Anlagengelände aufgrund abfallrechtlicher Pflichten zu sichern142. Das Ende der Abfalleigenschaft ist nicht ausdrücklich im KrW-/AbfG geregelt. Die neue Abfallrahmen-RL regelt lediglich das Ende der Abfallverwertung. Wann die Geltung des Abfallregimes bei der Abfallbeseitigung endet, kann daher nur aus dem Regelungszusammenhang des KrW-/AbfG entnommen werden. Bei der Abfallverwertung ist auf Art. 6 der neuen Abfallrahmen-RL abzustellen. Zu unterscheiden ist daher zwischen Verwertung und Beseitigung des Abfalls. 1. Das Ende der Abfalleigenschaft bei der Abfallbeseitigung Das Ende der Abfalleigenschaft bei der Abfallbeseitigung tritt erst ein, wenn die Beweglichkeit des Abfalls aufgehoben wurde und damit das Regime des BBodSchG (Anwendung auf unbeweglichen Abfall, vgl. Kap. 1, B.I.) Wirkung 141 Vgl. hierzu näher Petersen, AbfallR 2008, 154, 157 f.; Waggershauser, AbfallR 2009, 50, 55. 142 Als Folge der fehlenden Abfalleigenschaft können diese Gegenstände aufgrund ihres Marktwerts ggf. zur zu verwertenden Insolvenzmasse gehören.

B. Der Abfallbegriff

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entfaltet143. Die reine Ablagerung des Abfalls auf einer Deponie ist dabei nicht ausreichend144. Hier endet die Abfalleigenschaft erst durch die Verbindung des Abfalls mit dem umliegenden Erdreich145. Im Rahmen der thermischen Behandlung des Abfalls zur Beseitigung endet die Abfalleigenschaft insoweit, wie der Abfall tatsächlich beseitigt wird. Das Abfallregime gilt aber für die überbleibenden Stoffe weiter. 2. Das Ende der Abfalleigenschaft bei der Abfallverwertung a) Die Rechtslage vor dem Erlass der Abfallrahmen-RL Die Bestimmung, wann die Abfalleigenschaft endete, bereitete bei Abfällen zur Verwertung vor Erlass der neuen Abfallrahmen-RL im Jahr 2008 zum Teil erhebliche Schwierigkeiten. Unproblematisch war es, das Ende der Abfalleigenschaft bei der energetischen Verwertung festzustellen. Bei der energetischen Verwertung der Abfälle bedurfte es eines vollständigen Einsatzes der Abfälle als Brennmaterial. Die Abfalleigenschaft bestand bis zum Ende der Verbrennung fort und blieb bezüglich möglicher Verbrennungsrückstände bestehen146. Wegen des Fehlens gesetzlicher Bestimmungen waren jedoch die Aussagen der Literatur und der Rechtsprechung zur stofflichen Verwertung kontrovers. Einigkeit bestand dahingehend, dass bei allen drei Arten der stofflichen Verwertung (§ 4 Abs. 3 KrW-/AbfG) erst der Eintritt des Verwertungserfolgs zum Ende der Abfalleigenschaft führte147. Bloße Vorbereitungshandlungen wie eine Sortierung waren nicht ausreichend, um den Ablauf der Abfalleigenschaft herbeizuführen148. Im Rahmen der Substitution von Primärrohstoffen musste ein fertiges, marktfähiges Endprodukt entstehen149. Bei der Nutzung der stofflichen Eigenschaften

143 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 31; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 248. 144 Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 67. 145 Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 67; Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 103. 146 Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 66; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 31. 147 BVerwG, NVwZ 2007, 338; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 61; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 249; vgl. zum Ende der Verwertung durch Mischen von Abfällen Giesberts, NVwZ 1999, 600, 606. 148 So BVerwG, NVwZ 1999, 1111; so auch EuGH, Rs. C-444/00 (Mayer Parry), DVBl. 2003, 1047, 1049 bezüglich Verpackungsabfällen; ähnlich EuGH, Rs. C-457/02 (Antonio Niselli), NVwZ 2005, 306; Kropp, ZUR 2008, 401, 404. 149 Herbert, NVwZ 2007, 617, 621; vgl. auch EuGH, Rs. C-444/00 (Mayer Parry), DVBl. 2003, 1047, 1049, der jedoch bei Verpackungsmüll verlangt, dass der neue Stoff den Eigenschaften des Materials, aus dem der Abfall hervorgegangen ist, entspricht oder mit diesem vergleichbar ist.

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Kap. 1: Einleitung

musste die Nutzung tatsächlich vollzogen werden, um einen Verwertungserfolg herbeizuführen150. Notwendig war außerdem die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung des Abfalls i. S. d. § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG, sodass die Pflichten aus dem Abfallrecht entfielen151. Von den Stoffen durften keine abfallspezifischen Gefahren ausgehen, welche eine weitere Behandlung notwendig machten152. Bei der Herstellung von (neuen) sekundären Rohstoffen aus Abfällen (Substitution nach § 4 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 KrW-/AbfG) endete die Abfalleigenschaft, wenn der aus dem Abfall geschaffene Stoff dem Primärstoff in seinen Charakteristika zumindest vergleichbar war153. Hinzutreten musste aber eine Schadlosigkeit des Sekundärstoffs nach § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG; eine solche war anzunehmen, wenn der gewonnene Sekundärrohstoff mit den Primärrohstoffen vergleichbar war154. Hintergrund dieser Vermutung ist, dass die entstandenen Stoffe Produktnormen entsprachen und damit einem Markt offenstanden, wobei davon auszugehen ist, dass von diesen neuen Stoffen keine Gefahren für die Umwelt ausgehen155. Erfüllte Produktnormen führten auch bei der stofflichen Verwertung in Form der Wiederverwendung des Abfalls für den ursprünglichen Zweck zur aufgezeigten Indizienwirkung, soweit eine weitere Änderung der Stoffeigenschaften fehlte, vgl. § 4 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 KrW-/AbfG. Diese Vermutung galt nicht, soweit lediglich eine Verwendung für einen anderen Zweck i. S. d. § 4 Abs. 3 S. 1 Alt. 3 KrW-/AbfG vorlag. Hier war die fehlende Schadstofflosigkeit bis zum Ende der Behandlung zu überwachen156. Insgesamt mussten damit alle abfallrechtlichen Verwertungspflichten ordnungsgemäß erfüllt sein157. Bei der stofflichen Verwertung stand insgesamt die schadlose Verwertung und spätere Verwendung im Mittelpunkt158. Besonders umstritten war die Dauer der Abfalleigenschaft bei gebrauchsfähigen Bauteilen aus (Elektro-)Altgeräten 159. Unstrittig ist und war, dass auch diese 150 Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 64; Schink, VerwArch 88 (1997), 230, 249; Weidemann, Abfall oder Rohstoff?, S. 87. 151 BVerwG, NVwZ 2007, 338, 339; Herbert, NVwZ 2007, 617, 620; Petersen, AbfallR 2006, 102, 105. 152 Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 63 ff.; Herbert, NVwZ 2007, 617, 620 f. 153 BVerwG, NVwZ 2007, 338. 154 BVerwG, NVwZ 2007, 338, 339. 155 Vgl. ähnlich BVerwG, NVwZ 1993, 990, 991; OVG Magdeburg, Urteil vom 11.11.2004, Az.: 2 L 393/01, Rn. 27 – juris. 156 BVerwG, NVwZ 2007, 338, 339 zu Klärschlammkompost. 157 Vgl. Petersen, AbfallR 2008, 154, 155, Fn. 18 m.w. N. 158 Vgl. Kap. 1 Fn. 156. 159 Richtigerweise ist diese Frage nicht im Rahmen der Abfalleigenschaft an sich, sondern unter dem Punkt der Beendigung bzw. der Fortdauer der Abfalleigenschaft (vgl. unten) zu lösen. Sobald ein Altgerät entwidmet oder ggf. einer Entsorgung zugeführt wird, bezieht sich die Abfalleigenschaft zunächst auf das gesamte Gerät (Sachgesamtheit i. S. d. § 93 BGB). Bereits zu diesem Zeitpunkt zwischen Abfall und neuem

B. Der Abfallbegriff

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gebrauchsfähigen Bauteile vom Abfallbegriff umfasst sind, solange sie noch Bestandteil eines Altgeräts sind, welches der Entsorgung zugeführt wurde160. Problematisch war jedoch die Fortdauer der Abfalleigenschaft bei der Demontierung funktionsfähiger Teile. Insbesondere das nordrhein-westfälische OVG vertrat die Ansicht, dass frühestens mit dem Wiedereinbau der Teile zum gleichen Zweck die Abfalleigenschaft ende; die (Wieder-)Verwendung eines ausgebauten Bauteils stelle sich als eine Form der Verwertung von Abfall dar. Allein die Möglichkeit des Wiedereinbaus in ein anderes Gerät genügte nach dem OVG nicht. Die Erhaltung und Substitution primärer Rohstoffquellen sei erst durch die Verwendung des Bauteils erreicht, nicht schon durch deren Vorbereitung sowie Bereitstellung zum Zwecke späterer Verwendung161. Eine andere Ansicht sah das Ende der Abfalleigenschaft im Ausbau der Teile aus den Altgeräten, ohne dass es auf einen Wiedereinsatz ankommen sollte162. b) Die Rechtslage nach dem Erlass der Abfallrahmen-RL Klarstellend und die oben dargestellten Grundsätze aufgreifend regelt Art. 6 Abs. 1 der neuen Abfallrahmen-RL, wann bei der Abfallverwertung die Abfalleigenschaft endet. Sie endet, wenn: – der (entstandene) Stoff oder Gegenstand gemeinhin für bestimmte Zwecke verwendet wird (lit. a), – ein Markt für diesen Stoff oder Gegenstand oder Nachfrage danach besteht (lit. b), – der Stoff oder Gegenstand die technischen Anforderungen für die bestimmten Zwecke erfüllt und den bestimmten Rechtsvorschriften und Normen für Erzeugnisse genügt (lit. c) und – die Verwendung des Stoffs oder Gegenstands insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen führt. Produkt zu unterscheiden, riefe in der Praxis kaum lösbare Abgrenzungsschwierigkeiten hervor (in diesem Sinne auch: OVG Münster, Beschluss vom 12.3.2004, Az.: 20 B 2022/04, Rn. 14 – juris [red. Leitsatz auch in AbfallR 2006, 139]; Weidemann/Neun, NuR 2004, 97, 101; wohl auch Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 407, der dieses Problem zwar unter dem Begriff „Produktabfälle“ aufwirft, aber selbst auf die Beendigung der Abfalleigenschaft dieser Teile abstellt: „Hieraus folgt, dass spätestens dann, wenn der Besitzer wechselt oder eine andere als die ursprüngliche Sache vorliegt, zu überprüfen ist, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des Abfallbegriffs noch erfüllt sind.“). 160 OVG Münster, Urteil vom 12.3.2004, Az.: 20 B 2022/03 (red. Leitsatz auch in AbfallR 2006, 139). 161 Vgl. Kap. 1 Fn. 160. 162 Weidemann/Neun, NuR 2004, 97, 101; OVG Bremen, NVwZ-RR 2006, 321, mit der Einschränkung, dass die Geräte für die Wiederverwendung vorgesehen sind.

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Kap. 1: Einleitung

Diese Bedingungen für den Eintritt des Endes der Abfalleigenschaft übernehmen im Grunde die oben dargestellten Grundsätze163. Die Wiederverwendung muss gewollt und möglich sein, der Verwertungsvorgang muss abgeschlossen sein und das „neue Produkt“ muss Produktnormen entsprechen bzw. diesen nicht widersprechen. Der Fall des nordrhein-westfälischen OVG wäre hier klar zu lösen. Ein Wiedereinbau alter Teile ist nicht notwendig; notwendig sind nur ihre Schadlosigkeit und eine bestehende Nachfrage, also die tatsächliche Möglichkeit der Wiederverwendung. Art. 6 der Abfallrahmen-RL behandelt unmittelbar nur die stoffliche Abfallverwertung, soll aber auch die thermische Verwertung betreffen164. 3. Fazit zum Ende der Abfalleigenschaft Die Abfalleigenschaft endet folglich, wenn die abfallrechtlichen Verwertungsund Beseitigungspflichten erfüllt sind.

VI. Ergebnis zum Abfallbegriff Auch bei insolvenzbedingt eingestellten Abfallentsorgungsanlagen ist es erforderlich, den Abfallbegriff zu betrachten. Insbesondere die Abgrenzung zwischen Abfallrecht und Bodenschutzrecht kann an Bedeutung gewinnen, wenn Abfälle längere Zeit auf dem Anlagengelände lagern. Das Abfallregime gilt grundsätzlich für bewegliche Sachen. Auf die Frage, ob eine Entledigung vorliegt, wird es in der Regel nicht ankommen. Beachtlich ist die Frage nach der Art des Abfalls, da die Art sowohl über die Kosten der Grundstückssicherung und Abfallentsorgung als auch über das Ende der Abfalleigenschaft bestimmt. Die öffentliche Hand muss nicht nur wissen, wie sie ggf. einer Ersatzvornahme zuvorkommt, sondern auch, welche Kosten auf sie zukommen, wenn sie Maßnahmen der Ersatzvornahme zu ergreifen hat.

163

§ 5 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12) übernimmt die Regelungen der Abfallrahmen-RL. Vgl. näher Petersen, AbfallR 2008, 154, 155 f.; Waggershauser, AbfallR 2009, 50, 54. 164

Kapitel 2

Die mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand vor Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers Der Staat hat Interesse daran, schon im Vorhinein eine für ihn kostenintensive Sicherung der Anlage und Abfallentsorgung zu verhindern. Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht die Untersuchung derjenigen Mittel, die präventiv vor Eintritt der Insolvenz mittelbar eine Kostenlast des Staats verhindern können. Auf der ersten Stufe, um Kosten des Staats zu verhindern, steht immer die Verhinderung der Abfall(ab)lagerung an sich, die eine spätere Gefahr für Umwelt und Allgemeinheit darstellen kann und ein Handeln des Staats notwendig macht. Durch eine Verhinderung der Abfallentstehung kann mittelbar auch einer Kostenlast vorgebeugt werden. Ziel des europäischen und deutschen Abfallrechts ist es, eine Kreislaufwirtschaft zu fördern, um natürliche Ressourcen zu schonen und die Gefährlichkeit von Abfällen zu vermeiden oder zu mindern. Inhalt der Kreislaufwirtschaft ist daher die Förderung der Vermeidung von Abfällen vor der Abfallverwertung und -beseitigung. Der Abfallvermeidung kommt dabei ein Vorrang zu. Die Abfallverwertung soll besonders umweltschonend sein. Erst für den Fall, dass weder eine Vermeidung noch eine Verwertung von Abfall möglich ist, soll eine Abfallbeseitigung eintreten, die ihrerseits aber ebenfalls möglichst wenige Gefahren für die Allgemeinheit und Umwelt hervorruft. Dieses Prinzip der „abfallarmen“ 1 Kreislaufwirtschaft trägt in erster Linie dazu bei, die Umwelt und die Allgemeinheit vor Gefahren durch Abfälle zu schützen. Aber diesem Schutz immanent ist auch die Verhinderung bzw. Verminderung des Auftretens von Abfällen, die ggf. auf Anlagen gelagert und später entsorgt werden müssen. Mittelbares Ziel der Kreislaufwirtschaft ist daher auch, möglichen Sicherungs- und Entsorgungskosten vorzubeugen. Es ist daher notwendig, auch das System der Vermeidung und Verminderung von Abfällen zu untersuchen. Bestimmte Betreiberpflichten können insbesondere sicherstellen, dass Abfälle nicht entstehen.

1

BT-Drucks. 12/7284, S. 13.

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

A. Das System der abfallbezogenen Pflichten im deutschen Umweltrecht Das deutsche Umweltrecht regelt abfallbezogene Pflichten zunächst allgemein im KrW-/AbfG. Danach ist Abfall zunächst zu vermeiden. Ist Abfall trotz der Bestrebungen, ihn zu vermeiden, angefallen, sind der Erzeuger und der Besitzer von Abfällen verpflichtet, den Abfall ordnungsgemäß zu verwerten oder zu beseitigen, vgl. §§ 5, 11 KrW-/AbfG2. Maßnahmen der Verwertung und Beseitigung von Abfällen werden insgesamt als Abfallentsorgung bezeichnet. Neben dem KrW-/AbfG regelt auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)3 abfallbezogene Pflichten, die Betreiber von Anlagen i. S. d. BImSchG treffen. Zu nennen sind hier vorrangig die Pflichten aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und Abs. 3. Auch § 22 BImSchG kann über den Erlass von Rechtsverordnungen abfallbezogene Betreiberpflichten festlegen. Das KrW-/AbfG und das BImSchG finden jedoch nicht nebeneinander Anwendung, soweit ein Anlagenbetreiber auch Erzeuger oder Besitzer von Abfällen ist. Nach § 9 KrW-/AbfG4 richten sich die Pflichten der Betreiber von genehmigungsbedürftigen und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BImSchG; Anlagenbetreiber, die nach § 9 KrW-/AbfG in den Anwendungsbereich des BImSchG fallen, unterliegen nicht unmittelbar den weiteren Pflichten des KrW-/AbfG. Die abfallbezogenen Pflichten selbst begründet das BImSchG5; wie diese Pflichten zu erfüllen sind, regelt das KrW-/AbfG aufgrund der Verweisungsnorm des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG. Ob eine Anlage nach dem BImSchG vorliegt, bestimmen die §§ 3 Abs. 5, 4, 22 BImSchG i.V. m. der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4. BImSchV)6. Findet das BImSchG keine Anwendung, ist ausschließlich das KrW-/AbfG zu beachten7.

2

Entspricht §§ 7, 15 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.9. 2002 (BGBl. I S. 3830), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 11.8.2009 (BGBl. I S. 2723). 4 Entspricht § 13 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 5 Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 31 Rn. 52. 6 Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.3.1997 (BGBl. I S. 504), zuletzt geändert durch Art. 13 des Gesetzes vom 11.8.2009 (BGBl. I S. 2723). 7 Unter besonderen Umständen können Altablagerungen von Abfall auch eine Altlast nach § 3 Abs. 6 BBodSchG darstellen, vgl. hierzu unten Kap. 4, A.I.3.b)cc)(1). 3

B. Die allgemeinen Pflichten nach dem KrW-/AbfG

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B. Die allgemeinen Pflichten nach dem KrW-/AbfG § 4 KrW-/AbfG legt die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft fest. Inhalt dieser Kreislaufwirtschaft ist es, Abfälle in erster Linie zu vermeiden, insbesondere durch die Vermeidung ihrer Menge und Schädlichkeit, und in zweiter Linie stofflich oder energetisch zu verwerten, soweit dieses möglich und zulässig ist (Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung), § 5 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG.

I. Die Abfallvermeidung Die Abfallvermeidung ist nach § 4 Abs. 2 KrW-/AbfG insbesondere (daher nur beispielsweise) die anlageninterne Kreislaufführung von Stoffen, die abfallarme Produktgestaltung sowie ein auf den Erwerb von abfall- und schadstoffarmen Produkten gerichtetes Konsumverhalten. Inhalt des Vermeidens von Abfällen ist daher vorrangig, das Auftreten von Abfällen zu verhindern8, oder zumindest die Quantität der Abfälle und deren Gefährlichkeit zu vermindern. § 5 Abs. 1 KrW-/AbfG verweist bezüglich der Abfallvermeidung auf § 9 und die §§ 23, 24 KrW-/AbfG9. Wegen dieses Verweischarakters enthält § 5 Abs. 1 KrW-/AbfG keine vollziehbaren Pflichten10. Vergleichbares gilt für § 4 Abs. 1 und 2 KrW-/AbfG, da sie lediglich programmatisch den Grundgedanken der Kreislaufwirtschaft wiedergeben11. Wegen § 9 KrW-/AbfG regelt das KrW-/AbfG ausschließlich die produktbezogene Abfallvermeidung, da sich § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG mit der anlagenbezogenen (Bezug nehmend auf die Produktion) Abfallvermeidung befasst12. Vermeidung nach dem KrW-/AbfG erfolgt daher vorrangig über eine Produktgestaltung, die abfallarm herstellt oder wenigstens die mehrfache Verwendung von Reststoffen fördert13 (Produktverantwortung). § 22 KrW-/AbfG umschreibt die Produktverantwortung damit, dass Erzeugnisse möglichst so zu gestalten sind, dass bei deren Herstellung und Gebrauch das Entstehen von Abfällen vermindert wird und die umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung der nach deren Gebrauch entstandenen Abfälle sichergestellt ist. Vorrangig sollen dadurch Ressour8 Buch, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), S. 145, 149; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 13. 9 Entsprechen §§ 23, 24 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 10 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 7. 11 Diederichsen, Das Vermeidungsgebot, S. 102 ff.; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 2; Rebentisch, in: Umweltrecht im Wandel, S. 419, 426; Weidemann, NVwZ 1995, 631, 633. 12 Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 9; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 163; Weidemann, NVwZ 1995, 631, 633. 13 Diederichsen, Das Vermeidungsgebot, S. 55; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 163, 172.

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

cen geschont werden14. Als Mittel hierzu nennt § 22 Abs. 2 KrW-/AbfG exemplarisch – die Entwicklung, die Herstellung und das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die mehrfach verwendbar, technisch langlebig und nach Gebrauch zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung und umweltverträglichen Beseitigung geeignet sind (Nr. 1), – den vorrangigen Einsatz von verwertbaren Abfällen oder sekundären Rohstoffen bei der Herstellung von Erzeugnissen (Nr. 2), – die Kennzeichnung von schadstoffhaltigen Erzeugnissen, um die umweltverträgliche Verwertung oder Beseitigung der nach Gebrauch verbleibenden Abfälle sicherzustellen (Nr. 3), – den Hinweis auf Rückgabe-, Wiederverwendungs- und Verwertungsmöglichkeiten oder -pflichten und Pfandregelungen durch Kennzeichnung der Erzeugnisse (Nr. 4) sowie – die Rücknahme der Erzeugnisse und der nach Gebrauch der Erzeugnisse verbleibenden Abfälle sowie deren nachfolgende Verwertung oder Beseitigung (Nr. 5). Die einzelnen Anforderungen ergeben sich aus den nach den §§ 23, 24 KrW-/ AbfG erlassenen Verordnungen15 zur Konkretisierung der Produktverantwortung nach § 22 KrW-/AbfG, da dieser lediglich den Charakter einer Umschreibung und Leitlinie hat16. Der Vorrang der Vermeidung vor der Verwertung und Beseitigung besteht jedoch nicht uneingeschränkt. Ob eine Vermeidung überhaupt in Betracht kommt, ist nicht anhand von allgemeingültigen Parametern zu bestimmen. Die Möglichkeit einer Vermeidung ist jeweils einzelfallbezogen zu beurteilen, da jeder Produktionsvorgang und jede Produktgestaltung unterschiedlich ausgestaltet sind. Daher ist eine Vermeidung nur dann vorrangig, wenn sie im Einzelfall technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist sowie auch nicht insgesamt zu höheren Umweltbelastungen führt17. Diese Sichtweise gründet auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem sog. Integrationsgedanken. Dem Hersteller von Produkten kann zum einen in Anbetracht der Art. 12 und 14 Grundgesetz (GG)18 14

Versteyl, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 22 Rn. 13. Hierauf erlassen: Altfahrzeugverordnung (BGBl. 2002, I S. 2214), Altölverordnung (BGBl. 2002, I S. 1368); Batterieverordnung (BGBl. 2001 I, S. 1486); Verpackverordnung (BGBl. 1998 I, S. 2379). 16 Versteyl, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 22 Rn. 17; Versteyl/Wendenburg, NVwZ 1996, 937, 941. 17 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 171. 18 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, geändert durch das Gesetz vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2248). 15

B. Die allgemeinen Pflichten nach dem KrW-/AbfG

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nicht aufgegeben werden, unter unverhältnismäßig hohen Kosten eine Verwertung zu verhindern. Zum anderen entspricht es nicht dem Prinzip der Integrationsklausel, der Vermeidung des Abfalls absoluten Vorrang einzuräumen. Die Integrationsklausel beruht auf der IVU-RL19 der Europäischen Gemeinschaft. Sie beinhaltet den Gedanken, dass insgesamt ein hohes Schutzniveau der Umwelt gewährleistet werden soll (vgl. § 1 Abs. 2, 5 Abs. 1 BImSchG). Damit soll verhindert werden, dass der Umweltschutz einseitig für bestimmte Umweltgefahren eine Regelung erfährt, ohne andere schützenswerte Umweltmedien in Bezug zu nehmen. Es soll dadurch ein medienübergreifender Umweltschutz entstehen20. Hiernach widerspräche ein Beharren auf der Vermeidung des Abfalls dem Integrationsgedanken, wenn die Vermeidung in anderen Umweltbereichen eine höhere Gefahr hervorriefe als eine Maßnahme der Verwertung oder Beseitigung. Nach einer Einzelbetrachtung muss die Vermeidung von Abfällen insgesamt zu einem besseren Umweltniveau führen. Dieser Integrationsgedanke findet sich in § 5 Abs. 5 KrW-/AbfG für das Verhältnis Abfallverwertung zu Abfallbeseitigung wieder. Der Verwertung kommt ebenfalls kein absoluter Vorrang zu, auch wenn sie grundsätzlich i. S. d. §§ 5, 6 KrW-/AbfG möglich wäre. Gleiches muss auch für die Vermeidung gelten.

II. Die Abfallverwertung und die Abfallbeseitigung Die Abfallverwertung regelt der Gesetzgeber in den §§ 5, 6 KrW-/AbfG21. Die Grundsätze der Abfallbeseitigung finden sich in § 10 KrW-/AbfG22 (zu Begriffsbestimmung und Abgrenzung vgl. Kap. 1, B.IV.). Die Beseitigung muss das Wohl der Allgemeinheit wahren. Es sollen insbesondere keine Gefahren für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt entstehen. Die Pflichten zur Beseitigung und Verwertung nach dem KrW-/AbfG richten sich wegen § 9 KrW-/AbfG in der Regel nicht unmittelbar an Verursacher von gewerblichen Abfällen. Die Pflicht der Vermeidung und Beseitigung bei gewerblichen Abfällen findet sich in § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG. Allein nach dem KrW-/AbfG Verpflichtete sind daher vorrangig private Abfallerzeuger oder diejenigen Anlagen, die sich der anlagenexternen Verwertung und Beseitigung widmen. Diese unterliegen im Rahmen der Abfallbehandlung der Aufsicht der Abfallbehörden nach den §§ 40 ff. KrW-/ AbfG23 (unter der Einschränkung des § 5 Abs. 3 BImSchG). Diese können, um

19 RL 96/61/EG des Rats vom 10.10.1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, ABl. EG Nr. L 257 S. 26 ff. 20 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 10 Rn. 146. 21 Entspricht §§ 7 ff. KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 22 Entspricht § 15 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 23 Entspricht §§ 47 ff. KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12).

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

die Abfallverwertungs- und -beseitigungspflichten sicherzustellen, Anordnungen nach § 21 KrW-/AbfG24 treffen. Zu bedenken ist jedoch, dass weder die Verwertung noch die Beseitigung von Abfällen der Verhinderung von Abfällen dienen, sondern vorrangig der Verhinderung von Umweltgefahren und bezüglich der Verwertung auch der Ressourcenschonung. Trotz der Pflicht einer ordnungsgemäßen Verwertung und Beseitigung sowie der regelmäßigen Überwachung entsteht zunächst Abfall, der auf einer Anlage notwendigerweise im Betriebsablauf zu lagern ist. Abfall fällt trotzdem an, da eine Abfallvermeidung tatsächlich und rechtlich oftmals nicht möglich ist. Ein Risiko der Abfallanhäufung und der Notwendigkeit einer Anlagensicherung sowie Abfallentsorgung durch den Staat ist damit nicht auszuräumen. Die Verwertungs- und Beseitigungspflicht nach dem KrW-/AbfG beugt der Entstehung von Abfall nicht vor und stellt damit zunächst auch mittelbar kein wirksames Mittel dar, eine Kostenlast des Staats zu verhindern. Zwar sind Abfallbehörden befugt, Anordnungen zu treffen, eine Verwertung oder Beseitigung (ordnungsgemäß) vorzunehmen. Oftmals kommen solche Anordnungen jedoch zu spät und können wegen der insolvenzbedingten finanziellen Engpässe nicht erfüllt werden, was ein Tätigwerden des Staats erforderlich macht.

III. Fazit zur Wirkung der allgemeinen Pflichten nach dem KrW-/AbfG Im Ergebnis kann nur die Vermeidung von Abfällen nach dem KrW-/AbfG verhindern, dass der Staat in Ersatzvornahme für Abfallerzeuger und -besitzer geht und ggf. die Sicherungs- und Entsorgungskosten tragen muss.

C. Die Betreiberpflicht aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG Nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG sind nach § 4 BImSchG genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden (kurz Vermeidungspflicht). Diese Pflicht bezweckt die Schonung von Ressourcen und den Schutz der Allgemeinheit sowie der Umwelt vor Gefahren ausgehend von Abfallverwertung und -beseitigung25.

24

Entspricht § 62 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 169; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 72. 25

C. Die Betreiberpflicht aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG

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I. Die Eröffnung des Anwendungsbereichs des BImSchG Entscheidend für das Entstehen dieser Betreiberpflicht ist neben einer nach § 4 BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlage das Entstehen von Abfall. Der Abfallbegriff des BImSchG entspricht dem des § 3 KrW-/AbfG, welches aus dem Zusammenspiel zwischen § 9 KrW-/AbfG und § 5 BImSchG abzuleiten ist. § 9 KrW-/AbfG verweist auf das BImSchG, wohingegen auch das BImSchG in § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 auf das KrW-/AbfG verweist. Da es an einer gesonderten Definition des Abfallbegriffs im BImSchG fehlt, kann diese gegenseitige Bezugnahme nur bedeuten, dass ein einheitlicher Abfallbegriff zur Anwendung kommt26. Die Abfallvermeidung und -entsorgung i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG umfasst jedoch auch die in § 2 Abs. 2 KrW-/AbfG27 genannten Materien, da § 2 KrW-/AbfG nicht den Abfallbegriff definiert, sondern den Anwendungsbereich des KrW-/AbfG, welcher nicht identisch mit dem des BImSchG ist. Dieses hat zur Folge, dass insbesondere auch Abwässer Abfall i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG sein können, soweit das Wasserrecht nichts anderes regelt28. Die Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG knüpf nicht an Stoffe und Produkte an, die in der Anlage zielgerichtet hergestellt werden29. Die Betreiberpflicht bezieht sich auf die Errichtung und den Betrieb der Anlage30 und überwacht generell nicht das Gefahrenpotential der Stoffe und Produkte. Dieses ist stoffbezogenen Normen vorbehalten, soweit sie nicht einen unmittelbaren Bezug zur Anlage aufweisen31.

II. Die vorrangige Abfallvermeidungspflicht 1. Allgemeine Anforderungen an die Abfallvermeidung In erster Linie soll die Betreiberpflicht des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG dazu dienen, Abfälle zu vermeiden; eine Abfallvermeidung kann damit einer spä26 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 171; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 74; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 79; Kunig, in: Kunig/Paetow/ Versteyl, KrW-/AbfG, § 9 Rn. 2; Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 31 Rn. 57; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 10 Rn. 162; so schon Rebentisch, NVwZ 1997, 417, 418 f. 27 Vgl. demnächst § 2 Abs. 2 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 28 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 173; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 77; Kotulla, in: BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 79. 29 OVG Münster, NVwZ-RR, 1999, 731, 733; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 175; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 9 Rn. 7. 30 Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 9 KrW-/AbfG Rn. 157. 31 BT-Drucks. 14/4599, S. 127; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 3a.

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

teren Sicherung des Anlagengeländes in Form der Abfallberäumung, einer Entsorgung der Abfälle und damit Entsorgungskosten vorbeugen32. Die Vermeidung ist im Vergleich zur Verwertung und Beseitigung vorrangig33. Dieser Vorrang entspricht den Anforderungen des Art. 3 S. 1 lit. c der IVU-RL34 und war auch schon in der bis 2001 geltenden Fassung des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG enthalten. Die Abfallvermeidung in Anlagen nach dem BImSchG ist ausschließlich im BImSchG geregelt35. Dieses beruht auf der Verweisung des § 9 KrW-/AbfG36. Eine Verweisung des BImSchG im Rahmen der Vermeidung auf die Vorschriften des KrW-/AbfG besteht anders als bei der Abfallverwertung und -beseitigung nicht. Der Begriff der Vermeidung entspricht im Grunde aber dem des KrW-/ AbfG. Vermeidung ist daher, das Entstehen von Abfällen zu verhindern oder zumindest die Menge und Schädlichkeit des entstehenden Abfalls zu vermindern. Die Vermeidung soll unmittelbar durch den Betriebsablauf bzw. durch das Produktionsverfahren eintreten37. Dieses kann durch die Wahl des Produktionsverfahrens oder der einzusetzenden Rohstoffe geschehen38. Ziel dieser Vermeidungspflicht ist eine anlageninterne Kreislaufführung, vgl. § 4 Abs. 2 KrW-/ AbfG39. Eine solche anlageninterne Kreislaufführung besteht insbesondere in der Verwendung von Rohstoffen, die entweder, ohne Rückstände zu verursachen, verarbeitetet werden oder zumindest wieder in den maßgeblichen Produktionsprozess als Rohstoff zurückgelangen40. Eine Vermeidung der Abfälle ist dann nicht erforderlich, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist, § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, HS. 2 BImSchG. Eine technische Möglichkeit besteht dann, wenn zum einen tatsächlich ein wissenschaftlich-theoretischer Weg besteht, Abfall zu vermeiden

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Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 169. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 169; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 78; Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 31 Rn. 58; Sellner, NVwZ 2001, Sonderheft für Weber, 62, 63; Sparwasser/Engel/ Voßkuhle, UmweltR, § 10 Rn. 160; so auch Rebentisch, in: Umweltrecht im Wandel, S. 419, 422 ff., obwohl er dessen Zulässigkeit in Zweifel zieht. 34 Vgl. oben Kap. 2 Fn. 19; BT-Drucks. 14/4599, S. 126. 35 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 177; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 79; Sellner, NVwZ 2001, Sonderheft für Weber, 62, 63. 36 BT-Drucks. 12/7284, S. 15 f. 37 Diederichsen, Das Vermeidungsgebot, S. 57; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 181. 38 Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 78. 39 Vgl. nun § 3 Abs. 20 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 40 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 4 KrW-/AbfG Rn. 13; Diederichsen, Das Vermeidungsgebot, S. 57; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 181. 33

C. Die Betreiberpflicht aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG

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(Ähnlichkeit aber keine Gleichstellung mit dem Begriff „Stand der Technik“)41, und zum anderen dieser Weg auch im Einzelfall in der jeweiligen Anlage nach den vorhandenen Gegebenheiten zur Anwendung kommen kann (subjektive Korrektur)42. Eine Beschränkung des Produktionsumfangs und die Änderung der Produktqualität schließen bereits die Möglichkeit aus, Abfälle zu vermeiden43. Die Beurteilung der Zumutbarkeit beruht auf dem Grundprinzip der Verhältnismäßigkeit und bedarf daher einer Abwägung der betroffenen Interessen44. Es sind der betriebsinterne Aufwand zur Vermeidung des Abfalls und der Nutzen der Vermeidung für die Umwelt miteinander zu vergleichen45. Als Ergebnis darf der Nutzen für den Umweltschutz nicht außer Verhältnis zur wirtschaftlichen Belastung des Anlagenbetreibers stehen46. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, HS. 3 BImSchG ist die Vermeidung unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung. Zum Teil wird diese Einschränkung als „Rechtmäßigkeit der Vermeidung“ bezeichnet47. In diesem Bereich müssen zunächst auch die Ausführungen zum Integrationsgedanken gelten. Die Vermeidung kann nicht einen absoluten Vorrang haben, wenn dadurch in anderen Umweltbereichen erhöhte Umweltbelastungen durch die Nutzung des entstandenen Produkts oder durch den Produktionsablauf entstehen (vgl. Kap. 2, B.I.). Die umweltverträglichste Variante genießt absolute Priorität48. Es sind Schadstoffanreicherungen zu verhindern, die ggf. durch Vermeidungsmaßnahmen wie die Rückführung entstandener Stoffe in den „Wertstoffkreislauf“ entstehen können49. Darüber hinaus darf die Vermeidung nicht zur Verletzung anderer Umwelt- und Betreiberpflichten führen50.

41 Hansmann, NVwZ 1990, 409, 412; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 83. 42 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 5 KrW-/AbfG Rn. 85; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 188; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 83; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 32; Mann, UPR 1995, 180, 185. 43 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 188; Enders/Krings, DVBl. 2001, 1389, 1396; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 81. 44 Hansmann, NVwZ 1990, 409, 412 f. 45 Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 31 Rn. 58. 46 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 190; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 82; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 84. 47 Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 83. 48 Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 86. 49 BT-Drucks. 14/4599, S. 127. 50 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 189; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 84.

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

2. Die Wiederverwendung innerhalb der Anlage – Abfallvermeidung oder Abfallverwertung? Umstritten ist, ob die Verwendung des entstandenen Abfalls in einer beliebigen Betriebsstätte der Anlage ohne Bezug zur ursprünglichen Produktionsstätte eine Rückführung in den Produktionsprozess im Sinne einer Vermeidung darstellt. Zum überwiegenden Teil wird eine anlageninterne Verwendung verlangt, die den eigentlichen Verfahrens- bzw. Kreislaufprozess nicht verlassen hat51. Die Gegenauffassung nimmt auch dann eine Vermeidung an, wenn ein entstandener Stoff in einer beliebigen (Neben-)Anlage Verwendung findet, da auch Nebenanlagen dem Anlagenzweck zugeordnet sind und Abfall erst nach Abschluss jeglicher anlageninterner Bearbeitung anfallen kann52. Dem Abfallbegriff nach § 3 KrW-/AbfG – hier insbesondere Abs. 3 – entspricht es, bei der Unterscheidung zwischen Vermeiden und Verwerten darauf abzustellen, ob und wann Abfall anfällt. Eine Vermeidung in Abgrenzung zur Verwertung ist dann anzunehmen, wenn tatsächlich kein Abfall übrig bleibt. Zwar sieht § 4 Abs. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG auch in der Verminderung der Menge eine Vermeidung. Bei bloßer Mengenverminderung entsteht trotzdem Abfall, der verwertet oder beseitigt werden muss. § 4 Abs. 1 Nr. 1, 2. HS. KrW-/AbfG drückt lediglich ein mögliches Nebeneinander von Vermeidung und Verwertung aus. Es wird Abfall der Menge nach vermieden, es fällt aber trotzdem Abfall an. Daher ist bei der Abgrenzung von Vermeiden und Verwertung bei Produktionsergebnissen auf einen engen Begriff des Vermeidens abzustellen. Ein tatsächliches Vermeiden in Abgrenzung zur Verwertung liegt daher nur dann vor, wenn kein Abfall anfällt, der einer Maßnahme nach dem KrW-/AbfG unterzogen werden muss. Bei Reststoffen, die bei einem Produktionsvorgang entstehen, ist daher zu unterscheiden, ob der entstandene Reststoff Abfall i. S. d. § 3 Abs. 3 KrW-/AbfG ist. Wenn der Stoff nicht als Abfall, sondern als Produkt angefallen ist, liegt eine Vermeidung vor. Ist er jedoch Abfall, ist dieser zu verwerten bzw. zu beseitigen. Von Bedeutung ist hier die Abgrenzung von Produkt und Abfall (vgl. zum Produktionsabfall Kap. 1, B.III.2.a)). Fraglich ist nun, auf welchen maßgeblichen Zeitpunkt abzustellen ist, um die Abfalleigenschaft zu beurteilen (Begriff des Anfalls). Die Ansicht, die bei jeder 51 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 4 KrW-/AbfG Rn. 10 ff.; Buch, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), S. 145, 149; Diederichsen, Das Vermeidungsgebot, S. 57; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 182; Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 9 KrW-/AbfG Rn. 70; ders., DVBl. 1995, 545 f.; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 78; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 81. 52 Fluck, NuR 1989, 409; Hansmann, NVwZ 1990, 409, 411; Rebentisch, NVwZ 1997, 417, 421; ders., in: Umweltrecht im Wandel, S. 419, 425; auch die Musterverwaltungsvorschrift des Länderausschusses für Immissionsschutz; (LAI), von 1989, Nr. I. 3.1, NVwZ 1989, 130.

C. Die Betreiberpflicht aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG

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anlageninternen Verwendung einen weiteren Vermeidungsvorgang annimmt, stellt auf den Zeitpunkt ab, in dem der Stoff die gesamte Anlage verlässt. Ist eine weitere Verwendung auf dem gesamten Anlagenbereich nicht mehr möglich, fällt Abfall an. Die strengere Ansicht stellt allein auf den tatsächlichen Produktionsvorgang ab, der den Hauptzweck der Anlage darstellt53. Stoffe, die hier als Abfall (nicht als Produkt) anfallen, können auch, wenn sie in einer Nebenanlage Verwendung finden, nicht mehr vermieden werden. Zu entscheiden ist mithin über den maßgeblichen Zeitpunkt. Der maßgebliche Zeitpunkt könnte danach zu bestimmen sein, worauf der Gesetzgeber beim Entstehen von Abfall innerhalb eines Produktionsablaufs abgestellt hat. Nach § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG stellt der Gesetzgeber bei der Beurteilung der Abfalleigenschaft allein auf die Handlungen der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder den Vorgang einer Dienstleistung ab. Einen maßgeblichen Zeitpunkt des Anfalls oder einen ausschlaggebenden Hauptzweck nennt der Gesetzgeber nicht. Er stellt aber auf jede einzeln vorgenommene Handlung ab, bei der Stoffe als Abfall anfallen können. Das spricht dafür, dass auch in Anlagen, die aus einer Hauptanlage und mehreren Nebenanlagen bestehen, jedes Produktions- oder Bearbeitungssystem separat zu betrachten ist. Das führt dazu, dass der Anfallzeitpunkt am Ende eines jeglichen Produktions- oder Bearbeitungsweges liegen muss. Besteht also innerhalb der Anlage keine einheitliche Produktionskette, die zur Entstehung eines Stoffs oder Produkts führt, ist jeder Teil der Anlage separat zu betrachten. Abfall kann daher auch innerhalb der Anlage anfallen, selbst wenn er später in einer Nebenanlage Verwendung findet. Diese Auslegung entspricht ferner den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft. Nach § 4 Abs. 2 Alt. 1 KrW-/AbfG ist die Vermeidung insbesondere eine anlageninterne Kreislaufführung von Stoffen. Wenn ein entstandener Stoff nicht mehr in der Betriebsstätte der Anlage, die dem Hauptzweck dient, zur Anwendung kommt, besteht bereits kein Kreislauf mehr. Darüber hinaus könnten solche anlageninternen Behandlungen dem Charakter einer Abfallbeseitigung in Form der Verbrennung dienen, was klar außerhalb der Kreislaufwirtschaft liegt. Daran ändert auch die Streichung des § 9 S. 3 KrW-/AbfG a. F. nichts54. Nur der Umstand, dass das KrW-/AbfG bisher eine anlageninterne Abfallverwertung kannte und diese nun nicht mehr gesetzlich Erwähnung findet, führt nicht dazu, 53 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 4 KrW-/AbfG Rn. 10 ff.; Buch, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), S. 145, 149; Diederichsen, Das Vermeidungsgebot, S. 57; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 182; Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 9 KrW-/AbfG Rn. 70; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 78; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 81. 54 Die Streichung erfolgte durch Art. 8 Nr. 3 des Artikelgesetzes vom 27.7.2001 zur Umsetzung der UVP-Änderungs-RL, der IVU-RL und weiterer EG-RL zum Umweltschutz, BGBl. 2001 I, S. 1950.

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

dass alle anlagenbezogenen Handlungen Abfallvermeidung sind55. Dieses widerspricht der gesetzlichen Wertung in § 3 Abs. 3 KrW-/AbfG und dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft. Darüber hinaus war es nicht die Intention des Gesetzgebers, hier eine Klärung zugunsten der weniger strengen Ansicht herbeizuführen. Trotz Streichung der Nennung der anlageninternen Verwertung in § 9 KrW-/AbfG a. F. sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit einer anlageninternen Verwertung56, die es nach der weiten Ansicht nie gäbe. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Verwendung von Abfällen einer Produktion per se keine Vermeidung darstellt, wenn die Reststoffe nicht wieder in den Produktionskreislauf zurückgelangen. Eine Verwendung in einem anderen Betriebsbereich oder in einer Nebenanlage kann keine Vermeidung sein. Infolgedessen ist der strengeren Ansicht zu folgen, dass es auf den tatsächlichen ursprünglichen, dem Hauptzweck dienenden Produktionsvorgang ankommt und darauf, welchen Charakter die entstandenen Stoffe haben (Produkt oder Abfall). Liegt nach Abschluss des dem Hauptzweck der Anlage dienenden Vorgangs Abfall vor, ist jede weitere Verarbeitung oder Verwendung ein Verwertungs- oder Beseitigungsvorgang und keine Vermeidung mehr. 3. Ergebnis zur Abfallvermeidung Die Abfallvermeidung ist die primäre abfallbezogene Pflicht eines Anlagenbetreibers. Sie gilt jedoch nicht absolut. Es stellt keine Vermeidung dar, wenn angefallene Abfälle zwar wieder verwendet werden, aber nicht in dem Produktionsablauf, in dem die Abfälle entstanden sind. Die Pflicht, Abfälle zu vermeiden, kann die Menge der Abfälle, die später auf einer Abfallentsorgungsanlage lagern, vermindern.

III. Die Verwertung und Beseitigung von Abfällen Ist keine Vermeidung der Abfälle möglich, sind die entstandenen Abfälle zu verwerten oder, falls eine Verwertung nicht möglich ist, zu beseitigen; der Vorrang der Verwertung folgt dem Art. 3 S. 1 lit. c der IVU-RL57. Im Gegensatz zur Vermeidung richtet sich der Inhalt der Verwertung und Beseitigung nach den Vorschriften des KrW-/AbfG und den sonstigen für Abfälle geltenden Vorschriften, § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HS. 4 BImSchG. Hier entsteht eine Verknüpfung zwi55

So aber Rebentisch, in: Umweltrecht im Wandel, S. 419, 425. BT-Drucks. 14/4599, S. 147: „Die abfallrechtlichen Anforderungen gelten unmittelbar, also ohne vorherige Festlegung in einer Rechtsverordnung, auch für die anlageninterne Verwertung.“; so auch Enders/Krings, DVBl. 2001, 1389, 1396; Sellner, NVwZ 2001, Sonderheft für Weber, 62, 63. 57 BT-Drucks. 14/4599, S. 126. 56

C. Die Betreiberpflicht aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG

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schen dem BImSchG und dem KrW-/AbfG. Die Pflicht der Verwertung bzw. Beseitigung begründet das BImSchG; die Art und Weise richtet sich hingegen nach dem KrW-/AbfG, hier insbesondere den §§ 5 f. und 10 ff. Trotz des Verweises auf das KrW-/AbfG stellt die Immissionsschutzbehörde die Erfüllung der ordnungsgemäßen Verwertung bzw. Beseitigung sicher. Ob mit diesem Verweis auch wieder die Einschränkungen des § 2 Abs. 2 KrW-/AbfG zur Anwendung kommen58, ist zweifelhaft, da die Begründung der Pflicht im BImSchG liegt und daher dessen Anwendungsbereich gilt. Nur die Art und Weise der Abfallentsorgung bestimmt das KrW-/AbfG. § 2 Abs. 2 KrW-/AbfG trifft diesbezüglich aber keine Aussagen. Inhalt der Betreiberpflicht sind damit die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung gem. § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG und die Grundsätze der Beseitigung nach § 10 KrW-/AbfG. Nochmals ist darauf hinzuweisen, dass die Verwertung und Beseitigung von Abfällen nicht der zumindest kurzfristigen Lagerung von Abfällen vorbeugt und daher weiterhin das Risiko einer Abfallentsorgung, die der Staat durchführen muss, besteht. Der mittelbare Effekt der Kostenminimierung auf staatlicher Seite wird damit nur geringfügig (ggf. in der Menge) gefördert.

IV. Die Durchsetzung der Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG Die Betreiberpflicht des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG ist trotz des Bezugs zum Abfallrecht ausschließlich mit den Mitteln des BImSchG und von der Immissionsschutzbehörde durchzusetzen59. Zur Durchsetzung von Betreiberpflichten dienen der Genehmigungsvorbehalt nach § 6 BImSchG, die Nebenbestimmungen nach § 12 BImSchG, wegen der ständigen Änderung der technischen und rechtlichen Anforderungen an den Umweltschutz die nachträgliche Anordnung gem. § 17 BImSchG, die Betriebsuntersagung nach § 20 BImSchG und der Widerruf der Genehmigung nach § 21 BImSchG. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG ist eine Betreiberpflicht, die vorrangig durch die Ausgestaltung der Genehmigung über § 6 BImSchG sicherzustellen ist. Im Genehmigungsverfahren überprüft die Immissionsschutzbehörde, ob die Anforderungen des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung erfüllt sind. Fehlt es daran, muss die Genehmigung versagt werden60.

58

So Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 89. Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 85; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 9 Rn. 8. 60 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 9 Rn. 1. 59

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Im Bereich der Abfallvermeidung stellt dieses kein Problem dar. Hier hat die Behörde zu prüfen, ob eine vorrangige Vermeidung entsprechend den dargelegten Voraussetzungen möglich und rechtmäßig wäre. Wenn diese möglich, aber nicht beantragt ist, ist der Antrag abzulehnen; ggf. kommt als milderes Mittel eine Nebenbestimmung in Betracht, die die Abfallvermeidung regelt. Im Bereich der Verwertung und Beseitigung prüft die Behörde, ob die Voraussetzungen der ordnungsgemäßen Verwertung bzw. Beseitigung erfüllt sind. Jedoch sind die Kompetenzen der Immissionsschutzbehörde als Genehmigungsbehörde eingeschränkt, was auf dem Anlagenbezug der Betreiberpflicht beruht61. Der Genehmigungsbehörde obliegt es nicht, endgültig und vollständig sicherzustellen, dass der in der Anlage entstandene Abfall ordnungsgemäß verwertet oder beseitigt wird. Sobald der Abfall die Anlage verlassen hat, obliegt der Abfallbehörde die Überprüfung und Sicherung der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung62. Dieser Grundsatz ist in einigen Bereichen eingeschränkt. Zum einen obliegt der Immissionsschutzbehörde die Überwachung bei einer anlageninternen Verwertung oder Beseitigung63. Zum anderen kann sie mittels der Genehmigung und ihrer weiteren Überwachung des Anlagenbetriebs nach § 52 BImSchG einer rechtswidrigen Verwertung oder Beseitigung vorbeugen. Für eine Genehmigungserteilung reicht es nicht aus, dass der Antragsteller erklärt, er habe vor, den anfallenden Abfall verwerten oder beseitigen zu lassen64. Dieses genügt nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG. Der Anlagenbetreiber ist verpflichtet, mittels Vorlage entsprechender Unterlagen die Zuführung des Abfalls in eine ordnungsgemäße Verwertung oder Beseitigung nachzuweisen65. Hierfür ist es in der Regel notwendig, entsprechende vertragliche Verpflichtungen66 mit einer genehmigten Abfallentsorgungsanlage vorzulegen, die auch in der Lage ist, den jeweiligen Abfall in Art und Menge zu verwerten oder zu beseitigen. Die Genehmigung kann daher Art und Menge des Abfalls und ggf. das für die Entsorgung zuständige Unternehmen enthalten. Den Betrieb der Abfallentsorgungsanlage prüft die Genehmigungsbehörde jedoch nicht, das ist wiederum Aufgabe 61 BT-Drucks. 14/4599, S. 127; Buch, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), S. 145, 150 f.; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 3a, 88 f.; Kutscheidt, NVwZ 1986, 622, 623. 62 BT-Drucks. 14/4599, S. 127; Buch, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), S. 145, 150 f.; Enders/Krings, DVBl. 2001, 1389, 1396; Hansmann, NVwZ 1990, 409, 414. 63 BT-Drucks. 14/4599, S. 127; Enders/Krings, DVBl. 2001, 1389, 1396; so wohl auch Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 9 Rn. 8. 64 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 179; Hansmann, NVwZ 1990, 409, 413; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 9 Rn. 8; so auch Musterverwaltungsvorschrift des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) von 1989, Nr. II. 2.3.3., NVwZ 1989, 130, 132. 65 BT-Drucks. 14/4599, S. 127; Buch, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), S. 145, 148; Hansmann, NVwZ 1990, 409, 413; auch nach Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 179, bedarf es konkreter Verwertungswege. 66 Buch, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), S. 145, 148; Hansmann, NVwZ 1990, 409, 413.

C. Die Betreiberpflicht aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG

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der Abfallbehörde67. Auch im Verlauf des weiteren Betriebs überprüft die Immissionsschutzbehörde, ob weiterhin eine solche genehmigungskonforme Zuführung stattfindet, vgl. § 52 BImSchG. Diese fortlaufende Überwachung seitens der Genehmigungsbehörde beruht auf dem Charakter der Betreiberpflichten als dynamischer Dauerpflicht68. Für den Fall, dass der Anlagenbetreiber gegen die in der Genehmigung genannten Parameter verstößt oder sich tatsächliche Umstände geändert haben, kann die Immissionsschutzbehörde eine Betriebseinstellung über § 20 Abs. 1 BImSchG oder eine nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG treffen, um die Erfüllung der Betreiberpflicht sicherzustellen69. Der Pflichtenkatalog nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG findet nur auf solche Abfälle Anwendung, die in der Anlage selbst entstanden, d. h. angefallen, sind. Danach sind Abfälle i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG solche Abfälle, die bei der Energieumwandlung oder bei der Herstellung, Bearbeitung oder Verarbeitung von Stoffen anfallen, ohne dass der Zweck des Anlagenbetriebs hierauf gerichtet ist70. Abfälle die zur Verwertung oder Beseitigung in die Anlage eingebracht wurden, unterliegen nicht der Betreiberpflicht i. S. d. § 5 Abs. 1 BImSchG71, sodass die Immissionsschutzbehörde eine ordnungsgemäße Verwertung oder Beseitigung während des Anlagenbetriebs nicht über § 6 Abs. 1 i.V. m. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG sicherstellen kann. Solche Abfälle, die nicht in der Anlage entstehen, unterliegen dem stoffstromrechtlichen Regime des KrW-/ AbfG. Abfälle, die selbst in einer Entsorgungsanlage als Ergebnis einer Verwertungs- oder Beseitigungsmaßnahme entstehen, fallen hingegen wieder unter die Pflicht des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG72. Auch an dieser Stelle ist es von Bedeutung, den Charakter des entstandenen Stoffs genau zu bestimmen. Wegen des Anlagenbezugs des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG findet diese Pflicht nicht

67 BT-Durcks. 14/4599, S. 127; Buch, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), S. 145, 148; Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 9 KrW-/AbfG Rn. 126 f.; Kunig, in: Kunig/ Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 9 Rn. 8. 68 Buch, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), S. 145, 148; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImschG Rn. 4, 180; Hansmann, NVwZ 1990, 409, 414; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 6 f. 69 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 180; Hansmann, NVwZ 1990, 409, 414. 70 Vgl. hierzu Musterentwurf des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) für eine Verwaltungsvorschrift zu § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG, NVwZ 1989, 130 (beachte, dass hier noch von Reststoffen gesprochen wird; dieser Terminus wurde mit dem Gesetz vom 6.10.1996 durch den Begriff des Abfalls ersetzt); BVerwG, NJW 1999, 1416, 1417; OVG Lüneburg, GewArch, 1981, 341; Fluck, BB 1991, 1797, 1801 m.w. N. 71 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 174; Fluck, BB 1991, 1797, 1801; so auch § 4c der 9. BImSchV zu entnehmen: „der anfallenden Abfälle“. 72 Buch, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), S. 145, 148.

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

auf Produkte einer Verwertungsanlage Anwendung73, sondern lediglich auf Produktionsabfälle74. Hierin zeigt sich die beschränkte Wirkung dieser Betreiberpflicht im Bereich der Abfallentsorgungsanlagen. Zwar regt sie insgesamt zur Vermeidung von Abfällen überhaupt an, verpflichtet aber die Betreiber von Entsorgungsanlagen nicht dazu, stetig die ihnen zugeführten Abfälle ordnungsgemäß zu verwerten oder zu beseitigen, da die Pflicht des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG lediglich unmittelbare Produktionsabfälle betrifft. Soweit der Betreiber den entstandenen Abfall einem externen Abfallentsorger überlässt, trifft den Abfallverursacher diese Betreiberpflicht nur beschränkt. Hier greift erneut das Regime des KrW-/AbfG, welches, wie bereits oben (vgl. Kap. 2, B.) ausgeführt, die Gefahr späterer Lagerungen, die der Staat entfernen und entsorgen muss, nicht verringert.

V. Fazit zur Wirkung der abfallbezogenen Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG Auch das BImSchG regelt ähnlich dem KrW-/AbfG Pflichten des Anlagenbetreibers, Abfälle zu vermeiden bzw. angefallene Abfälle zu verwerten oder zu beseitigen. Immissionsschutzbehörden, die für die Anlage zuständig sind, in der die Abfälle anfallen, können nur beschränkt überwachen, ob angefallene Abfälle später in einer Abfallentsorgungsanlage ordnungsgemäß entsorgt werden. Festzuhalten ist darüber hinaus, dass die Immissionsschutzbehörde bei genehmigungsbedürftigen Anlagen lediglich teilweise die Abfallpflichten vollziehen kann. Ausschließlich in Anlagen angefallene Abfälle, die innerhalb der Anlage verwertet oder beseitigt werden, unterliegen vollständig der Immissionsschutzbehörde. Abfälle, die an Abfallentsorgungsanlagen geliefert werden, rufen keine abfallbezogenen Pflichten während des Betriebs nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG hervor, soweit nicht daraus neuer Abfall entsteht. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG hat damit nur eine geringe Wirkung, um eine mögliche Kostenlast des Staats zu vermeiden.

D. Abfallbezogene Betreiberpflichten bei nichtgenehmigungsbedürftigen Anlagen nach § 22 BImSchG Das BImSchG enthält auch in Bezug auf nichtgenehmigungsbedürftige Anlagen nach § 4 BImSchG abfallbezogene Betreiberpflichten. 73 74

Vgl. oben Kap. 2 Fn. 71. OVG Münster, NVwZ-RR 1999, 731, 733.

D. Abfallbezogene Betreiberpflichten nach § 22 BImSchG

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Nach § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können. Der Betreiber einer solchen Anlage ist nach dem Wortlaut der Norm lediglich verpflichtet, eine ordnungsgemäße Abfallbeseitigung zu ermöglichen75. Eine Abfallbeseitigung wird ermöglicht, wenn die Anlage und die Produktionsverfahren derart ausgestaltet sind, dass die Abfallbeseitigung mit den Zielen einer ordnungsgemäßen Abfallbeseitigung ausführbar ist76. Im Ergebnis verpflichtet § 22 Abs. 1 BImSchG den Betreiber einer nichtgenehmigungsbedürftigen Anlage weder zur Vermeidung noch zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen. Nach § 22 Abs. 1 S. 2 BImSchG besteht eine Verordnungsermächtigung der Bundesregierung dahingehend, zu bestimmen, dass die Anforderungen des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG entsprechend für nichtgenehmigungsbedürftige Anlagen gelten sollen. Von dieser Ermächtigung hat der Gesetzgeber bisher keinen Gebrauch gemacht. Daraus folgt, dass das BImSchG zunächst solche Anlagen nur dazu verpflichtet, eine Beseitigung zu ermöglichen. Die abfallbezogene Betreiberpflicht nach § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG bleibt damit ihrem Wortlaut nach weit hinter den Anforderungen der abfallbezogenen Betreiberpflichten bei genehmigungsbedürftigen Anlagen gem. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG zurück. Dieses ist auf das geringere Gefahrenpotential solcher Anlagen zurückzuführen. Da § 22 Abs. 1 S. 1 BImSchG eine Pflicht, Abfälle zu vermeiden, zu verwerten oder zu beseitigen, nicht enthält, könnte daraus geschlossen werden, dass Betreiber nichtgenehmigungsbedürftiger Abfallentsorgungsanlagen insgesamt weder eine Vermeidungs- noch eine Verwertungs- oder Beseitigungspflicht haben, da dem BImSchG wegen der Verweisung auf § 9 KrW-/AbfG der Anwendungsvorrang zukommt77. Dieses ist entsprechend der herrschenden Ansicht abzulehnen78. Die Pflicht zur Abfallvermeidung, -verwertung und -beseitigung selbst regelt ausschließlich das KrW-/AbfG, da dessen Bestimmungen nach § 22 Abs. 2 BImSchG unberührt bleiben79. 75

BVerwG, NVwZ 2004, 1360. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 22 BImSchG Rn. 28. 77 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 9 KrW-/AbfG Rn. 10; Diederichsen, Das Vermeidungsgebot, S. 110; Porger, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 22 Rn. 43; Rebentisch, NVwZ 1997, 417, 419. 78 BT-Drucks. 12/7284, S. 15; Freytag, NuR 1996, 339; Jarass, BImSchG, § 22 Rn. 58; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 9 Rn. 11; v. Lersner, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, Bd. 1, § 9 KrW-/AbfG Rn. 17. 79 BVerwG, NVwZ 2004, 1360; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 22 BImSchG Rn. 28; Roßnagel, in: GK-BImSchG, Bd. II, § 22 Rn. 156. 76

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Gegen einen absoluten Anwendungsvorrang des BImSchG sprechen zum einen die Gesetzgebungsmaterialien des Umweltausschusses. Danach sollen die Pflichten des KrW-/AbfG nur dann durch das BImSchG überlagert werden, wenn das BImSchG auch tatsächliche materielle Pflichten enthält80. Soweit keine Rechtsverordnung nach § 22 Abs. 1 S. 2 BImSchG erlassen wurde, die dem Anlagenbetreiber Vermeidungs-, Verwertungs- und Beseitigungspflichten entsprechend § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG auferlegt, richten sich diese Pflichten unmittelbar nach dem KrW-/AbfG81. § 9 KrW-/AbfG betrifft primär das Verhältnis zwischen dem KrW-/AbfG und dem BImSchG bezüglich § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG82. Die Anwendbarkeit des KrW-/AbfG im Falle einer nichtgenehmigungsbedürftigen Anlage bestätigt trotz der Regelung des § 9 KrW-/AbfG auch der Wortlaut des § 22 Abs. 2 BImSchG, wonach weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften unberührt bleiben. Unter diese Vorschriften fällt auch das KrW-/AbfG83. Ein absoluter Anwendungsvorrang des BImSchG bei nichtgenehmigungspflichtigen Anlagen entspräche zudem weder der Abfallrahmen- noch der IVU-RL84. Das Risiko vermehrter Abfallablagerungen wäre sonst erheblich erhöht. Im Ergebnis führt § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG nicht zu einer gesonderten Pflicht des Anlagenbetreibers. Ihm obliegt nur eine Abfallvermeidungs- oder Entsorgungspflicht, wenn er Pflichtiger nach dem KrW-/AbfG ist. Im Übrigen ist auf die obigen Ausführungen zum KrW-/AbfG zu verweisen (vgl. Kap. 2, B.).

E. Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG I. Einleitung Eine weitere Pflicht bei genehmigungsbedürftigen Anlagen gem. § 4 Abs. 1 BImSchG regelt § 5 Abs. 3 BImSchG. Darin enthalten sind die „Nachsorgepflichten“. Genehmigungsbedürftige Anlagen sind danach so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung – von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können (Nr. 1),

80 BT-Drucks. 12/7284, S. 15; Frenz, KrW-/AbfG, § 9 Rn. 4; Freytag, NuR 1996, 339; Jarass, BImSchG, § 22 Rn. 58. 81 BT-Drucks. 12/7284, S. 15. 82 So BT-Drucks. 12/7284, S. 15. 83 Vgl. hierzu BVerwG, NVwZ 2004, 1360. 84 So Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 9 KrW-/AbfG Rn. 10; Diederichsen, Das Vermeidungsgebot, S. 110.

E. Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG

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– vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden (Nr. 2) und – die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands des Betriebsgeländes gewährleistet ist (Nr. 3). Diese Norm wurde 1990 in das BImSchG aufgenommen85. Hintergrund dieser neuen Pflicht war der Umstand, dass § 5 Abs. 1 BImSchG nach seinem Wortlaut lediglich Pflichten beim Errichten und Betrieb der Anlage regelte. Aber auch noch nach Einstellung des Betriebs können Gefahren von Anlagen ausgehen86. Ein wichtiger Auslöser war das Entstehen von Altlasten (jetzt i. S. d. BBodSchG) durch stillgelegte Anlagen. Diesem Problem soll insbesondere § 5 Abs. 3 Nr. 1 BImSchG, der im Übrigen den Regelungen in § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG entspricht, vorbeugen. Bis zur Einführung des § 5 Abs. 3 BImSchG war es strittig, ob von § 5 Abs. 1 BImSchG auch für die Phase nach der Betriebseinstellung Pflichten ausgingen. Der Gesetzgeber selbst nahm an, dass § 5 Abs. 1 BImSchG nicht ausdrücklich zu entnehmen war, ob die Betreiberpflichten auch für den Zeitraum nach der Betriebseinstellung gelten87. Dieser Streit wurde mit Einführung der „Nachsorgepflichten“ obsolet. § 5 Abs. 3 BImSchG regelt ausdrücklich Pflichten der Anlagenbetreiber auch nach Betriebseinstellung. Mit der Einführung dieser „Nachsorgepflichten“ wurden die bereits bestehenden Betreiberpflichten erweitert. Zum Teil wird davon ausgegangen, dass § 5 Abs. 3 BImSchG lex specialis zu § 5 Abs. 1 BImSchG ist88, was aber gerade der Gesetzesbegründung nicht entspricht. Lex specialis liegt nur dann vor, wenn ein bereits geregelter Zustand näher geregelt wird. Die bisherigen Betreiberpflichten bezogen sich aber nach der Gesetzesbegründung gerade nur auf den Zeitraum der Errichtung und des Betriebs der Anlage, nicht auf den Zeitraum nach der Einstellung, sodass der Charakter der lex specialis ausscheidet, da keine Konkretisierung vorhandener, sondern die Einführung neuer Pflichten stattfand. Eher handelt es sich um eine Erweiterung des Pflichtenkatalogs des Abs. 1 auf die Phase nach der Betriebseinstellung89, um Umweltbeeinträchtigungen im Zeitraum nach der Betriebseinstellung zu begegnen90. Der Erfolgszeitpunkt der Pflichterfüllung liegt nach der Betriebseinstellung91. 85 Das Dritte Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BGBl. 1990 I, S. 870). 86 BT-Drucks. 11/4909, S. 15. 87 BT-Drucks. 11/4909, S. 15; BT-Drucks. 11/6633, S. 29. 88 So Fluck, BB 1991, 1797, 1801, zur abfallbezogenen Pflicht nach Nr. 2. 89 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 209; Fluck, BB 1991, 1797; Hansmann, NVwZ 1993, 921, 922 f.; Sellner, NVwZ 1991, 305, 307. 90 Hansmann, NVwZ 1993, 921, 922. 91 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 210; Fluck, BB 1991, 1797; Vallendar, UPR 1991, 91, 93, geht von einer Verlängerung der Geltung der Pflichten aus.

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Zwar ist der Erfolgszeitpunkt auf die Betriebseinstellung gerichtet, die Wirkung der Pflicht beginnt jedoch dem Wortlaut der Norm nach schon zum Zeitpunkt der Errichtung92. Bereits während der Errichtung und des Betriebs hat der Anlagenbetreiber – soweit wie möglich – sicherzustellen, dass nach Betriebseinstellung keine Umweltgefahren vom Betriebsgelände ausgehen.

II. Das Erfordernis der Betriebseinstellung § 5 Abs. 3 BImSchG knüpft seinem Wortlaut nach an die Betriebseinstellung als den Erfolgszeitpunkt der Nachsorgepflicht an. Betriebseinstellung meint dabei die vollständige und dauerhafte Einstellung des Anlagenbetriebs93. Auf die Umstände der Einstellung und den Willen des Anlagenbetreibers kommt es dabei nicht an94. Es ist schwierig zu beurteilen, ob eine Betriebseinstellung i. S. d. § 5 Abs. 3 BImSchG vorliegt, wenn die Einstellung nur zeitweilig ist oder nur Anlagenteile betrifft. Bezüglich der zeitweiligen Einstellung ist die Regelung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu beachten. Ist erkennbar, dass die Einstellung länger als drei Jahre dauern soll, tritt sofort nach der tatsächlichen Betriebseinstellung der Erfolgszeitpunkt der Nachsorgepflicht ein95. Erkennbar kurzfristige Unterbrechungen stellen keine Einstellung i. S. d. § 5 Abs. 3 BImSchG dar96. Ist während des in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG geregelten Zeitraums nicht zweifelsfrei erkennbar, ob der Betrieb fortgeführt werden soll, ist im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr eine endgültige Betriebseinstellung anzunehmen97. Dafür spricht insbesondere die Verknüpfung des § 5 Abs. 3 BImSchG mit § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG. Die Nachsorgepflicht ist innerhalb eines Jahres durchzusetzen. Ist also nicht eindeutig feststellbar, ob eine Betriebseinstellung vorliegt, sollte die Behörde von einer Be92 BT-Drucks. 11/4909, S. 28; Hansmann, NVwZ 1993, 921, 923; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 105 und 115; ähnlich auch Fluck, BB 1991, 1797, Fn. 7; Vallendar, UPR 1991, 91, 92. 93 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 214; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 108; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 126; Stockmann, Nachsorgepflicht, S. 72. 94 BT-Drucks. 11/4909, S. 15; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 214; Hansmann, NVwZ 1993, 921, 925; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 108; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 126. 95 So Dierkes, Die Grundpflichten, S. 34 f.; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 215; Hansmann, NVwZ 1993, 921, 924; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 108; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. I, § 5 Rn. 126. 96 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 215; Fluck, BB 1991, 1797, 1800. 97 Fluck, BB 1991, 1797, 1800; zweifelnd: Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 215; Hansmann, NVwZ 1993, 921, 924 f.

E. Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG

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triebseinstellung ausgehen, um als Behörde nicht den Verlust der Anordnungsbefugnis zu riskieren. Eine Betriebseinstellung i. S. d. § 5 Abs. 3 BImSchG liegt in jedem Fall dann vor, wenn der Anlagenbetreiber die Betriebseinstellung nach § 15 Abs. 3 BImSchG angezeigt hat. Bei teilweisen Einstellungen ist darüber zu entscheiden, ob der eingestellte Anlagenteil selbst wie eine Anlage zu beurteilen ist98. Der Wechsel eines Anlagenbetreibers führt zu keiner Betriebseinstellung, wenn der bisherige Betrieb weitergeführt wird99. Der Fortlauf des Betriebs auch in der Insolvenz oder der insolvenzbedingte Betreiberwechsel stellen keine Betriebseinstellung dar.

III. Die abfallbezogenen Nachsorgepflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG Ähnlich wie § 5 Abs. 1 BImSchG enthält auch § 5 Abs. 3 BImSchG eine abfallbezogene Betreiberpflicht für den Zeitraum nach der Betriebseinstellung. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG muss der Anlagenbetreiber bei Betriebseinstellung für eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung vorhandener Abfälle oder eine Beseitigung dieser ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit sorgen. 1. Die Abfallverwertung und Abfallbeseitigung Der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG regelt nicht, nach welcher Rechtsgrundlage sich die Verwertung und Beseitigung materiell richten soll. Hierin unterscheidet sich diese Pflicht von der Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG. Dies stellt hier jedoch kein Problem dar. § 5 Abs. 3 BImSchG ist eine Erweiterung der Pflichten aus Abs. 1. In Abs. 1 wird hinsichtlich der Art und Weise der Verwertung und Beseitigung ausdrücklich auf das KrW-/AbfG verwiesen. Es besteht immer ein innerer Bezug zwischen den Pflichten nach Abs. 1 und 3. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG führt grundsätzlich das fort, was § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG begonnen hat. Zwischen der Verwertung und Beseitigung besteht dem Wortlaut der Norm nach keine Rangfolge, wie sie in § 5 KrW-/AbfG oder § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG geregelt ist. Ein Rückgriff auf § 5 KrW-/AbfG ist wegen § 9 KrW-/ AbfG hier nicht möglich100. Wegen der alternativen vorranglosen Nennung der 98

Vgl. allein Dierkes, Die Grundpflichten, S. 35 ff. Fluck, BB 1991, 1797, 1802. 100 Wohl auch Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 229; ähnlich Fluck, BB 1991, 1797, 1802; a. A.: Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 112, in Bezug auf die 99

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Entsorgungsarten hat der Anlagenbetreiber die Wahl zwischen Verwertung und Beseitigung, wenn die jeweilige Entsorgung ordnungsgemäß, schadlos und ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit möglich ist101. Zum Teil wird verlangt, dass eine Beseitigung nicht in Betracht komme, wenn eine Verwertungsmöglichkeit bestehe, die geringere Auswirkungen auf die Umwelt als die Beseitigung hat; eine Beseitigung beeinträchtige dann regelmäßig das Wohl der Allgemeinheit102. Diese Ansicht führt entgegen des Gesetzeswortlauts ein Vorrangverhältnis ein. Ein solches Vorrangverhältnis ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzessystematik103. Sofern der Gesetzgeber auch in § 5 Abs. 3 Nr. 3 einen Vorrang hätte regeln wollen, hätte er einen Wortlaut ähnlich dem des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG gewählt. Wenn beide Normen ein Vorrangverhältnis enthalten sollten, so ist die unterschiedliche Wortwahl des Gesetzgebers nicht nachvollziehbar. Er wollte in § 5 Abs. 3 BImSchG ausdrücklich etwas anderes regeln104. Eine Vermeidung musste nicht geregelt werden. Dieses ergibt sich aus dem Wort „vorhanden“. Es geht hier um Abfälle, die während des Betriebs gerade nicht vermieden werden konnten, bei Beendigung des Betriebs aber in Fortführung der Pflicht aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG einer Verwertung bzw. Beseitigung zugeführt werden sollen. 2. Der Begriff der „vorhandenen Abfälle“ Wegen des inneren Bezugs ist zunächst festzuhalten, dass in § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG wie bei Abs. 1 Nr. 3 der Anlagenbezug gilt (vgl. Kap. 2, C. IV.). Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG knüpft nicht an Abfälle oder Bestandteile, sondern an die stillgelegte Anlage an105. Das heißt, alles, was sich nicht mehr auf der Anlage befindet, wird auch nicht (mehr) von der Pflicht aus § 5 Abs. 3 BImSchG erfasst. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was unter dem Begriff „vorhandene Abfälle“ zu verstehen ist. In Parallelität zu § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG gilt zunächst, dass jegliche Abfälle, die in der Anlage entstanden, „vorhandene Abfälle“ sind106. Ausführungen zu § 22 BImSchG i.V. m. § 9 KrW-/AbfG vgl. Kap. 2, D.; ähnlich Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 134, was an dieser Stelle aber abzulehnen ist, da hier ein ähnlicher Verweis wie in § 22 Abs. 2 BImSchG fehlt. 101 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 229. 102 Hansmann, NVwZ 1993, 921, 926; Stockmann, Nachsorgepflicht, S. 80. 103 Dierkes, Die Grundpflichten, S. 149 f. 104 Problematisch erscheint allerdings, ob diese Norm so europarechtlichen Vorgaben entspricht. 105 OVG Lüneburg, WM 1998, 1553, 1554. 106 Hansmann, NVwZ 1993, 921, 926.

E. Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG

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Fraglich ist jedoch insbesondere im Bereich von Abfallentsorgungsanlagen, ob auch zur Entsorgung angelieferte Abfälle von diesem Begriff erfasst werden. a) Die Behördenpraxis zum Begriff der „vorhandenen Abfälle“ Die deutsche Behördenpraxis wendet den Begriff der „vorhandenen Abfälle“ derart an, dass sämtlicher vorhandener Abfall dem § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG unabhängig von seinem Entstehungsort unterfällt. Nach dem brandenburgischen Runderlass 6/2/03 des Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung vom 7.3.2003107 (Nr. 3.1.) sind bei der Bemessung der Höhe der Sicherheitsleistung die im jeweiligen Genehmigungsbescheid festgelegten Kapazitäten der Anlage zur Lagerung von Abfällen ein ausschlaggebender Anhaltspunkt. Hier wird nicht zwischen in der Anlage entstandenem Abfall oder angeliefertem Abfall unterschieden. b) Die Bedeutung des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG Die Systematik des § 5 BImSchG könnte dieser Auslegung des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG jedoch widersprechen. Wie bereits mehrfach hervorgehoben, stellt § 5 Abs. 3 BImSchG eine Ergänzung der Betreiberpflichten des Abs. 1 dar. Die danach bestehenden Pflichten werden zeitlich auf den Zeitpunkt der Betriebseinstellung erweitert. Die Abfallpflicht aus Abs. 3 korrespondiert mit der aus Abs. 1. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG bezieht sich ausschließlich auf die Abfälle, die selbst in der Anlage entstehen (vgl. Kap. 2, B.IV.). Gleiches könnte daher auch für Abs. 3 gelten108. Der Begriff „vorhandene Abfälle“ würde dann nur in der Anlage originär entstandene Abfälle erfassen. Für anderen, nicht dort entstandenen Abfall wäre allein das Regime des KrW-/AbfG heranzuziehen. Diese Auslegung des Begriffs „vorhandene Abfälle“ hätte fatale Folgen, hauptsächlich bei Abfallentsorgungsanlagen, da der Großteil der dort lagernden Abfälle gerade nicht auf dem Anlagengrundstück entstanden ist. Die Betreiberpflicht des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG bezöge sich nicht auf diese Abfälle, sodass das Instrumentarium des BImSchG für diese Abfälle keine Anwendung fände. Insbesondere die an die Nachsorgepflichten geknüpfte Sicherheitsleistung nach den §§ 12 Abs. 1 S. 2, 17 Abs. 4a S. 1 BImSchG (vgl. hierzu Kap. 3) könnte nicht dazu dienen, die Entfernung und Entsorgung der nicht auf der Anlage entstandenen Abfälle sicherzustellen. 107 ABl. 2003, S. 410, 412; ebenso Leitfaden für die Verwaltungspraxis bei der Auferlegung von Sicherheitsleistungen zur Sicherstellung der Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG bei Abfallentsorgungsanlagen des Landes Rheinland-Pfalz, Stand 2005, Nr. 3.1, 3.3. 108 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 228; Fluck, BB 1991, 1797, 1801; Dierkes, Die Grundpflichten, S. 21 und 125.

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Wegen dieser Regelungslücken bei Abfallentsorgungsanlagen ist fraglich, ob der Begriff der „vorhandenen Abfälle“ tatsächlich derart auszulegen ist. c) Die Bedeutung des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BImSchG Zunächst könnte es möglich sein, die aufgezeigte Lücke mit der Pflicht aus § 5 Abs. 3 Nr. 3 BImSchG zu schließen. Hiernach muss der Anlagenbetreiber nach Betriebseinstellung gewährleisten, einen ordnungsgemäßen Zustand des Betriebsgeländes wiederherzustellen. Die Pflicht des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BImSchG führte das Gesetz zur Umsetzung der UVP-RL109, der IVU-RL und weiterer EG-RL zum Umweltschutz vom 27.7. 2001110 zur Umsetzung von Art. 3 lit. f) der IVU-RL111 ein. Die IVU-RL verlangt, erforderliche Maßnahmen bei der endgültigen Stilllegung einer Anlage zu treffen, um jegliche Gefahr einer Umweltverschmutzung zu vermeiden und um einen zufriedenstellenden Zustand des Betriebsgeländes wiederherzustellen. Ordnungsgemäß ist der Zustand dann, wenn er alle Vorschriften, die auf den Stilllegungsvorgang anwendbar sind, einhält112. Anzuwenden sind hier auch insbesondere Normen, die außerhalb des BImSchG liegen113. Dieser Pflicht immanent könnte es sein, auf dem Gelände lagernde Abfälle vom Gelände zu entfernen; eine solche Pflicht könnte die Kostenlast des Staats verhindern. Ob damit die oben dargestellte Lücke zu schließen ist, erscheint jedoch fraglich. § 5 Abs. 3 BImSchG bezieht sich dem Wortlaut nach ausschließlich auf das Betriebsgelände. Ordnungsgemäß soll das Gelände wohl dann wieder sein, wenn es zu einem anderen Zweck genutzt werden kann114. Hierzu könnte zwar zumindest auch die Pflicht gehören, auf dem Gelände lagernde Abfälle zu entfernen. Allein das Gelände von den Abfällen zu befreien, führt aber nicht zu einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung. Fraglich ist, ob eine Entsorgungspflicht aus § 5 Abs. 3 Nr. 3 BImSchG folgt. Dieses ist zu verneinen. Zum einen geht die Entsorgung über die Anforderungen, die an ein ordnungsgemäßes Gelände gestellt werden, hinaus. Zum anderen sind Abfallentsorgungsvorschriften nach dem KrW-/ AbfG nicht primär auf die Stilllegung von Anlagen gerichtet, so wie es in der Gesetzesbegründung verlangt wird. Der Zweck der Wiedernutzbarmachung des Geländes spricht dafür, von Abfallentsorgungsanlagen lediglich den vorhandenen Abfall zu entfernen. Eine ordnungsgemäße Entsorgung ist nicht notwendig, um 109 RL 96/61/EG des Rates vom 24.12.1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. EG L 257 S. 26–40). 110 BGBl. 2001 I, S. 1950. 111 Vgl. Kap. 2 Fn. 109. 112 BT-Drucks. 14/4599, S. 127. 113 Sellner, NVwZ 2001, Sonderheft für Weber, 62, 64. 114 Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 114.

E. Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG

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ein ordnungsgemäßes Grundstück wiederherzustellen. All dieses spricht dafür, dass die nach der Stilllegung meist notwendige externe Entsorgung keine Frage des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BImSchG ist, sondern ausschließlich seine Rechtsgrundlage im KrW-/AbfG findet. Ein solches Verständnis führe dazu, dass auf der Anlage angelieferter und lagernder Abfall, der bis zum Eintritt der Insolvenz nicht mehr behandelt werden konnte, zwar über § 5 Abs. 3 BImSchG entfernt werden kann, dessen ordnungsgemäße Entsorgung jedoch nicht mehr über die Norm durchsetzbar ist. Hier müsste das Regime des KrW-/AbfG gelten. Folge dieser Auslegung wäre, dass eine Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 BImSchG nicht für die Entsorgungsmaßnahmen verwendet werden könnte. d) Die notwendige abweichende Auslegung des Begriffs „vorhanden“ Aufgrund dieser doch schwerwiegenden Folgen ist zu überlegen, ob der Begriff „vorhandene Abfälle“ sich tatsächlich nur auf solche Abfälle bezieht, die während des Betriebsprozesses angefallen sind. Zunächst ist die Annahme zu widerlegen, dass § 5 Abs. 3 BImSchG ausschließlich die Pflichten § 5 Abs. 1 BImSchG auf den Zeitraum nach der Betriebseinstellung erstrecken wollte, sodass im Grunde der Inhalt der Pflichten des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG nach § 5 Abs. 1 BImSchG zu bestimmen ist. Nur aus dem Umstand, dass die bestehenden Betreiberpflichten bei Errichtung und Betrieb der Anlage auf den Zeitpunkt nach Einstellung des Betriebs ausgedehnt werden sollte115, ist nicht zu schließen, dass der Anwendungsbereich der gleiche ist116. Entspräche der Inhalt der Pflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG dem der Pflichten des § 5 Abs. 1 S. 1 BImSchG, wäre eine Norm ausreichend, die besagt, dass die Pflichten des § 5 Abs. 1 BImSchG auch in der Phase nach Betriebseinstellung weiter gelten sollen. Der Gesetzgeber hat sich jedoch dafür entschieden, die Nachsorgepflichten neu zu formulieren. Auch die Gesetzgebungsunterlagen stützen die Ansicht nicht, dass die Pflichten des § 5 Abs. 3 BImSchG den Pflichten des § 5 Abs. 1 BImSchG entsprechen sollen. Die Ergänzung des § 5 BImSchG um Abs. 3 sollte lediglich ausdrücklich regeln, dass auch nach der Betriebseinstellung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen durch die Anlage hervorgerufen werden und dass vorhandene Reststoffe (jetzt Abfälle) verwertet oder entsorgt werden117.

115

BT-Drucks. 11/4909, S. 15. So aber: Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 228; Fluck, BB 1991, 1797, 1801. 117 BT-Drucks. 11/4909, S. 15. 116

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Auch der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG enthält keine Einschränkung auf Abfälle, die während des Betriebsprozesses entstanden sind. Gerade das Wort „vorhanden“ legt eher eine weite Sichtweise anheim. Der Duden definiert das Adjektiv „vorhanden“ als „existierend feststellbar“ 118. Auch Abfälle, die nicht ursprünglich aus dem Betriebsprozess als solchen stammen, d. h. auf der Anlage angefallen sind, sind existierend feststellbar. Dass der Gesetzgeber nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG eröffnen wollte, ist insbesondere mit der Einführung der Sicherheitsleistung für Abfallentsorgungsanlagen in Bezug auf die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG zu widerlegen. Bezöge sich die Sicherheitsleistung lediglich auf Abfall, der in der Abfallentsorgungsanlage originär anfällt, liefe die Wirkung einer Sicherheitsleistung weitestgehend ins Leere. Den Gesetzgebungsunterlagen ist zu entnehmen, dass gerade die Entfernung sämtlichen Abfalls von – insolvenzbedingt – stillgelegten Abfallentsorgungsanlagen durch den Staat das größte Problem darstellt119. Genehmigungspflichtige Abfallentsorgungsanlagen i. S. d. BImSchG sind insbesondere auch solche, die lediglich Abfall kurzeitig lagern oder umschlagen (vgl. Nr. 8.12–8.15 der 4. BImSchV), wobei keine „neuen“ Abfälle im Betriebsprozess anfallen. Auch lässt sich den Gesetzesunterlagen entnehmen, dass die Sicherheitsleistung gerade für angenommene Abfälle, mit denen der Anlagenbetreiber Einnahmen erlangt, angeordnet werden darf120. Hätte der Gesetzgeber eine Beschränkung der Pflicht aus § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG auf nur solche Abfälle gewollt, die in der Anlage im Betriebsprozess anfallen, hätte er die Ermächtigung zur Anordnung einer Sicherheitsleistung bei Abfallentsorgungsanlagen nicht in der Art und Weise sowie mit dieser Begründung gefasst. Im Zusammenhang mit der Möglichkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG hat auch das BVerwG keine Bedenken hinsichtlich solcher Anlagen gesehen, die lediglich Abfälle lagern. Auch bei diesen ist die Anordnung einer Sicherheitsleistung möglich121. Ferner könnten Abfälle bei Abfallentsorgungsanlagen wie Einsatzstoffe zu behandeln sein. Auch Einsatzstoffe, Rohstoffe, Betriebsstoffe und Produkte, die mit der Einstellung des Betriebs dort ihren Nutzen verlieren, sind mit Betriebseinstellung per se als vorhandener Abfall i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. 2 anzusehen122. Be118

Vgl. Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 23. Auflage. BT-Drucks. 14/4926, S. 1; vgl. auch Runderlass 6/2/03 des Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg, vom 7.3. 2003, ABl. 2003, S. 410, 412, Nr. 3.1. 120 BT-Drucks. 14/4926, S. 6. 121 BVerwG, NVwZ 2008, 361, 363. 122 Dierkes, Die Grundpflichten, S. 136 ff.; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 112; Jörgensen, Verwertungsgebot, S. 164; dieser Ansicht ähnlich: Hansmann, NVwZ 1993, 921, 926, in Fn. 79: „Nach der Betriebseinstellung ist jedoch nach Sinn und Zweck der Vor119

E. Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG

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triebstoffe sind solche, mit denen die Anlage betrieben wird, um den Produktionszweck zu erfüllen; Einsatz- und Rohstoffe dienen unmittelbar dem Betriebszweck, da sie in der Anlage bearbeitet oder verarbeitet werden sollen123. Abfallentsorgungsanlagen widmen sich dem Zweck, auf dem Gelände nicht angefallenen Abfall zu lagern, umzuschlagen, zu verwerten oder zu beseitigen. Für die Erreichung des Betriebszwecks ist der Einsatz von Abfall nötig. Angelieferte Abfälle sind daher bei Abfallentsorgungsanlagen als Einsatzstoffe bzw. Rohstoffe anzusehen. e) Ergebnis zum Begriff der „vorhandenen Abfälle“ Im Ergebnis erfasst § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG auch Abfälle, die nicht originär auf dem Anlangengelände im Betriebsprozess entstanden sind, sondern als Einsatzstoff zur Erfüllung des jeweiligen Betriebszwecks dorthin transportiert wurden. Bei Abfallentsorgungsanlagen sind damit alle auf dem Anlagengelände befindlichen Abfälle nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG zu verwerten bzw. zu beseitigen. Ein Rückgriff auf Normen des KrW-/AbfG erübrigt sich damit.

IV. Die Durchsetzung der Nachsorgepflicht Darzustellen sind die Wege, die Nachsorgepflicht durchzusetzen. 1. Im Rahmen der Genehmigung nach § 6 BImSchG Zwar ist der Erfolgszeitpunkt der Nachsorgepflichten auf die Betriebseinstellung ausgelegt, diese Pflicht beginnt jedoch nicht erst mit der Betriebseinstellung. Wie dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 BImSchG zu entnehmen ist, entsteht die Pflicht bereits mit der Errichtung der Anlage und wirkt auch während des Betriebs124. Der Betreiber hat bereits während der Betriebsphase für die Zeit nach Einstellung des Betriebs Vorsorge zu treffen125. Folglich kann die Durchsetzung dieser Pflicht ebenfalls wie die der Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 1 BImSchG über die Genehmigung des Anlagenbetriebs nach § 6 BImSchG erfol-

schrift darauf abzustellen, ob die Stoffe durch den Betrieb entstanden sind, sofern es sich nur um ,Reste‘ handelt, die keinen bestimmten Zweck mehr dienen.“ Danach müssen Einsatzstoffe so behandelt werden, als seien sie beim Betrieb entstanden. Ohne den Betrieb der Anlage wären sie nicht auf das Gelände gelangt; a. A.: Fluck, BB 1991, 1797, 1801; Stockmann, Nachsorgepflicht, S. 78 f. 123 Dierkes, Die Grundpflichten, S. 136. 124 BT-Drucks. 11/4909, S. 28. 125 Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 125.

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

gen126, auch wenn der Akt der Betriebseinstellung selbst nicht genehmigungspflichtig, sondern lediglich nach § 15 Abs. 3 BImSchG anzeigepflichtig ist127. Dass die Nachsorgepflichten im Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, ergibt sich darüber hinaus aus § 4c der Verordnung über das Genehmigungsverfahren (9. BImSchV)128, wonach die Antragsunterlagen für eine Genehmigungserteilung Angaben enthalten müssen, wie vorhandener Abfall bei der Betriebseinstellung zu behandeln ist. Problematisch erscheint nur, welche Anforderungen die Genehmigung an die Betriebseinstellung enthalten kann. Bei Genehmigungserteilung ist die Betriebseinstellung in der Regel zeitlich nicht absehbar, sodass konkrete Anforderungen in Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wohl schwer zu bestimmen sind129. Daher wird zum Teil vertreten, dass die Nachsorgepflicht überhaupt nicht in der Genehmigung Beachtung finden darf, soweit sie über die Pflichten des § 5 Abs. 1 BImSchG hinausgeht,130 oder detaillierte Konzepte für den Fall der Stilllegung nicht verlangt werden dürfen131. Zur Durchsetzung der Nachsorgepflichten dürften nur nachträgliche Anordnungen als milderes Mittel dienen132. Eine solch enge, relativ verallgemeinernde Ansicht scheint in Anbetracht des Inhalts der Nachsorgepflicht zu kurz zu greifen. Auch wenn die Pflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG weitläufig „Nachsorgepflicht“ genannt wird und der Erfolgszeitpunkt erst in der Zukunft liegt, beinhaltet die Nachsorgepflicht bereits während der Betriebsphase Anforderungen an den Betreiber. Sie entsprechen zum Teil denen des § 5 Abs. 1 BImSchG, gehen jedoch auch weiter. Der Anlagenbetreiber hat auch schon während des Betriebs kontinuierlich dafür zu sorgen, dass er seiner Nachsorgepflicht bei Betriebseinstellung nachkommen kann. Er muss ebenso darauf bedacht sein, zu verhindern, dass überhaupt ein Grund für seine Nachsorge entsteht. Damit besteht auch eine auf die Gegenwart gerichtete Pflicht133, die über die Pflichten des § 5 Abs. 1 BImSchG hinausgeht und die 126 BT-Drucks. 11/4909, S. 28; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 213; Fluck, BB 1991, 1797, 1798; Hansmann, NVwZ 1993, 921, 926; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 115. 127 Stockmann, Nachsorgepflicht, S. 80 f. 128 Verordnung über das Genehmigungsverfahren in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.5.1992 (BGBl. I S. 1001), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 23.10.2007 (BGBl. I S. 2470). 129 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 214. 130 Vgl. hierzu Vallendar, UPR 1991, 91, 92, mit der Einschränkung, dass eine Nebenbestimmung bezüglich der Einhaltung der Nachsorgepflichten zulässig sei, wenn sie auf die Erfüllung der Nachsorgepflicht während des laufenden Betriebs gerichtet ist; ähnlich Fluck, BB 1991, 1797, 1798. 131 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, UmweltR, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 214; Fluck, BB 1991, 1797, 1798. 132 Vallendar, UPR 1991, 91, 92. 133 So wohl auch Hansmann, NVwZ 1993, 921, 926.

E. Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG

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durchaus in der Genehmigung (detailliert) geregelt werden kann. Wie genau die Genehmigung auszugestalten ist, hängt jeweils vom Einzelfall ab. Entscheidendes Prinzip ist hier das der Verhältnismäßigkeit134. Wenn zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bereits konkrete Beeinträchtigungen i. S. d. § 5 Abs. 3 BImSchG zu erkennen sind, müssen diese auch Beachtung finden, sei es durch eine Genehmigungsversagung, sei es durch die Festlegung von Nebenbestimmungen. Einer pauschalen Ablehnung konkreter Regelungen in der Genehmigung bezüglich der Nachsorgepflichten ist daher nicht zuzustimmen. Insbesondere bei Abfallentsorgungsanlagen ist eine konkrete Regelung der Nachsorgepflichten in der Genehmigung wegen der Ausgestaltung des Betriebs angezeigt. Inhalt des Antrags auf Genehmigungserteilung ist nicht nur die Art der Behandlung bestimmter Abfälle, sondern auch die Menge der anzunehmenden und in der Anlage anfallenden Abfälle. Diese Parameter geben bereits zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung Aufschluss über die maximal gelagerte bzw. behandelte Abfallmenge und über das sich daraus ergebende Gefahrenpotential. Im Bereich der Abfallentsorgung wird daher überwiegend von Betreibern solcher Anlagen ein Entsorgungskonzept135 verlangt, was sich auch auf die weitere Zukunft und die Betriebseinstellung beziehen kann. Die Erfüllung eines solchen Entsorgungskonzepts kann daher Inhalt der Genehmigung sein, wenn nicht mildere Mittel tatsächlich vorhanden sind. Auch kann die Genehmigung entsprechend den Genehmigungsunterlagen die Kapazität und den Ort der Lagerung der zu entsorgenden Abfälle regeln. Über diese Inhaltsbestimmungen kann die Behörde bei Genehmigungserteilung sicherstellen, dass der Anlagenbetreiber bei Betriebseinstellung in der Lage sein wird, die (genehmigten) Abfälle entsprechend § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG zu entsorgen. Bei Überkapazitäten kann über § 20 Abs. 2 BImSchG erreicht werden, einen genehmigungskonformen Betrieb herzustellen. Dieses stellt keinen vorzeitigen Vollzug der Nachsorgepflichten dar, sondern sichert lediglich die Parameter, die die Erfüllung der Nachsorgepflicht ermöglichen. Eine von Kälberer geäußerte Ansicht geht noch weiter. Er schlägt eine Auflage im Genehmigungsbescheid vor, die sich ohne Konkretisierung auf die Anlage und den Anlagenbetreiber sehr stark an den Wortlaut des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG anlehnt136. Vorteil einer solchen Auflage wäre die sofortige Vollziehbarkeit mit der Möglichkeit des Verwaltungszwangs, ohne auf eine nachträgliche Anordnung nach § 17 Abs. 1, Abs. 4a S. 2 BImSchG zurückgreifen zu müssen. Anordnungsfristen nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG bedürften damit keiner Be134

Vallendar, UPR 1991, 91, 92. Vgl. Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), S. 410, Nr. 2.5. 136 Kälberer, AbfallR 2008, 214, 217: „Nach der endgültigen Stilllegung des Betriebs der Anlage sind sämtliche auf dem Betriebsgelände vorhandenen Abfälle unverzüglich ordnungsgemäß zu entsorgen.“ 135

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

achtung mehr137. Die Vorteile für die Verwaltung liegen offen auf der Hand. Die allgemeine Pflicht nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG bedürfte damit keiner gesonderten Durchsetzung mit einer ordnungsbehördlichen Anordnung. Mit Übernahme der vorgeschlagenen Auflage in den Genehmigungsbescheid ließe sich der Vollzug der Nachsorgepflicht erheblich vereinfachen. Gegen ein solches Vorgehen bestehen Bedenken. Grundsätzlich dienen Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der Betreiberpflichten, also auch der Nachsorgepflicht. Nebenbestimmungen dürfen nach § 12 Abs. 1 BImSchG nur dann zur Anwendung kommen, wenn erst sie die Genehmigungsfähigkeit herstellen können. Insbesondere muss dabei die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit geprüft werden. Eine Auflage darf demnach nur zur Anwendung kommen, wenn vorhersehbar ist, dass eine Genehmigung ausscheidet, wenn nicht eine solche Auflage aufgenommen wird138. Im Fall des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG müsste die Genehmigungsbehörde Anhaltspunkte dafür haben, dass Abfälle bei Betriebseinstellung nicht entsorgt werden. Zudem begegnet eine solche Auflage Zweifel hinsichtlich ihrer Bestimmtheit. Zu unbestimmt sind Nebenbestimmungen, wenn sie nur den Wortlaut der Genehmigungsvoraussetzungen wiederholen139. Bei der pauschalen Verwendung einer solchen Auflage ist folglich Vorsicht geboten. Im Ergebnis kann aber auch schon die Nachsorgepflicht im Rahmen der Genehmigungserteilung Beachtung finden. Wobei besondere Anhaltspunkte für einen Verstoß und eine Konkretisierung der einzelnen Pflichten anzuraten sind.

2. Die nachträgliche Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG Trotz der geäußerten Bedenken gegen die strikte Ablehnung, Nachsorgepflichten bereits mit der Genehmigung durchzusetzen, ist wegen der starken Unsicherheiten aufgrund der Zukunftsbezogenheit die nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG als das besser geeignete Vollzugsmittel zu erachten. Im Laufe des Betriebs können weitere Gefahren auftreten, die bei der Genehmigung nicht erkannt wurden und die bei der Betriebseinstellung bestehen bleiben. Nachträgliche Anordnungen können sowohl während des Betriebs (Abs. 1) als auch nach Einstellung des Betriebs verlangt werden (Abs. 1 i.V. m. Abs. 4a); im letzteren Fall ist die Frist gem. § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG zu beachten. Eine nachträgliche Anordnung zur Durchsetzung der Nachsorgepflichten darf demnach nur innerhalb eines Jahres nach der Einstellung des gesamten Betriebs getroffen werden. Eine

137 138 139

Vgl. Kälberer, AbfallR 2008, 214, 218, Fn. 14. Sellner, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 12 BImSchG Rn. 122 f. Sellner, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 12 BImSchG Rn. 146.

E. Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG

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Betriebseinstellung liegt dann vor, wenn der Anlagenbetreiber jegliche Betriebshandlungen entsprechend dem Anlagenzweck vollständig aufgibt140. Fraglich ist nun, wie der Zeitpunkt der Betriebseinstellung zu bestimmen ist. Es besteht die Pflicht des Anlagenbetreibers, die Einstellung des Betriebs einer genehmigungspflichtigen Anlage gem. § 15 Abs. 3 BImSchG anzuzeigen. Der Zeitpunkt der Anzeige könnte daher als der Beginn der Frist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG gewertet werden. Ob tatsächlich nur dieser Zeitpunkt ausschlaggebend sein soll141, ist umstritten. Zum einen wird auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Betriebseinstellung142, zum anderen auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Behörde abgestellt143. Ziel muss es sein, bei der Bestimmung des Zeitpunkts der Betriebseinstellung einen gerechten Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen zu finden. Eine effektive Gefahrenabwehr ist wichtig, der letzte Anlagenbetreiber darf aber nicht unnötig lange der Situation ausgesetzt sein, immer noch die Anlage sichern und Abfall entsorgen zu müssen. Wenn die Behörde nicht rechtzeitig einschreitet, muss der Betreiber davon ausgehen können, dass sie kein Interesse an der Anlagensicherung und Abfallentsorgung hat. Aus diesem Grund ist es für alle Beteiligten das Sinnvollste, wenn primär auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Behörde abgestellt wird. Ein Anlagenbetreiber kann verhindern, dass die Behörde erst sehr spät nach der tatsächlichen Einstellung Kenntnis davon erlangt, indem er der Anzeigepflicht aus § 15 Abs. 3 BImSchG nachkommt. Dieser Anzeige sind die notwendigen Unterlagen beizufügen, um die von der stillgelegten Anlage ausgehenden Gefahren beurteilen zu können. Sollte also eine Anzeige der Betriebseinstellung vorliegen, ist diese maßgeblich, soweit nicht die Behörde vor der Anzeige Kenntnis von der tatsächlichen Betriebseinstellung erhalten hat, (vgl. zur Betriebseinstellung Kap. 2, E.II.). Nach Ablauf der Frist ist eine Anordnung zur Durchsetzung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG, soweit sie nicht schon im Genehmigungsbescheid enthalten ist, nicht mehr möglich144.

140

Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 116. So Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 45; Kloepfer, UmweltR, § 14 Rn. 117. 142 Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 117. 143 BVerwG, NuR 1997, 550, 551; Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 45; Kloepfer, UmweltR, § 14 Rn. 188; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 127; Frenz, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 17 Rn. 79; Koch, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 17 Rn. 185c. 144 Es ist umstritten, ob die Pflichten erlöschen oder nur die Anordnungsbefugnis; für Erlöschen der Anordnungsbefugnis: Frenz, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 17 Rn. 80; Hansmann, NVwZ 1993, 921, 925; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 116; Koch, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 17 Rn. 184; Vallendar, UPR 1991, 91, 95. 141

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

3. Ergebnis zur Durchsetzung Insgesamt ist festzuhalten, dass die Durchsetzung der Nachsorgepflicht mehrstufig durchzuführen ist. Soweit die Erkenntnisse im Genehmigungsverfahren Aufschluss darüber geben, inwieweit konkrete Gefahren entstehen, die auch noch bei Betriebseinstellung vorhanden sind, ist die Erfüllung der Nachsorgepflicht bereits im Genehmigungsverfahren sicherzustellen. Die Immissionsschutzbehörde hat jedoch auch nach Genehmigungserteilung dafür zu sorgen, dass der Anlagenbetreiber seiner Nachsorgepflicht nachkommt. Mittel hierfür sind die Überwachung des Anlagenbetriebs nach § 52 BImSchG, die Erhaltung der Anlage im genehmigungskonformen Zustand über § 20 BImSchG und die Überprüfung des Betriebs bei Betriebseinstellung, § 15 Abs. 3 BImSchG. Insbesondere letzteres Mittel dient der Erlangung von Kenntnissen, ob nachträgliche Anordnungen nach § 17 Abs. 1, Abs. 4a S. 2 BImSchG erforderlich sind, um die Nachsorgepflicht durchzusetzen. Die Behörde kann dann eine nachträgliche Anordnung innerhalb eines Jahres nach Betriebseinstellung treffen.

V. Der Adressat der Nachsorgepflicht Adressat der Nachsorgepflicht ist der jeweilige Anlagenbetreiber, dass heißt der letzte Anlagenbetreiber bei Betriebseinstellung, auch wenn die konkreten Auslöser dieser Pflicht nicht von ihm stammen145. Andere Personen wie die mit dem Anlagenbetreiber nicht identischen Grundstückseigentümer, Abfallverursacher oder ehemalige Besitzer trifft eine Pflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG nicht, da sich die Betreiberpflicht nach § 5 BImSchG ausschließlich an den Anlagenbetreiber richtet. Ob die genannten Personen, die nicht Anlagenbetreiber sind, ggf. über andere Rechtsnormen zur Anlagensicherung und Abfallentsorgung verpflichtet werden könnten, ist keine Frage der Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG und ist daher in diesem Zusammenhang nicht zu erläutert146. Ungeklärt ist allerdings, ob frühere Betreiber einer Anlage, die während des Betriebs ihre Nachsorgepflichten nicht erfüllt haben, bei Betriebseinstellung neben dem aktuellen Betreiber zur Erfüllung der Nachsorgepflicht nach §§ 5 Abs. 3, 17 Abs. 4a BImSchG herangezogen werden können. Die Frage ist also, ob die Betreiberpflicht mit der Übertragung der Anlage auf einen anderen Anlagenbetreiber erlischt oder in Zukunft für den eigenen Betriebszeitraum weiter bis zum Ablauf der Frist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG besteht. Die Antwort darauf lässt sich nur mit der Art der Haftung, die der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 3 BImSchG begründen wollte, geben. 145 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 220; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 107. 146 Vgl. aber Kap. 4, A.

E. Die Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG

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Eine Ansicht sieht in § 5 Abs. 3 BImSchG eine Zustandshaftung, die allein den Letztbetreiber in die Verantwortung nimmt147. Andere erkennen eine Mischhaftung. Danach sollen sowohl ein ehemaliger Betreiber, der eine Ursache für Nachsorgemaßnahmen gesetzt hat, als auch der jetzige Betreiber als Zustandsstörer für die Erfüllung der Nachsorgepflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG haften148. Hierbei besteht überwiegend Einigkeit dahingehend, dass ehemalige Betreiber lediglich eine Verhaltenshaftung und keine nachwirkende Zustandshaftung treffen149. Für die letztgenannte Ansicht sprechen vor allem praktische Gründe. Zum einen kann die Behörde unter mehreren Störern auswählen und so gegebenenfalls Staatskosten vermeiden. Darüber hinaus wird der letzte Störer nicht übergebührend belastet, was dem Grundgedanken der Verhältnismäßigkeit entspricht. Ein früherer Anlagenbetreiber soll sich nicht seiner Pflicht durch eine Übertragung der Anlage entziehen können, da dieses den Weg für einen Missbrauch der Übertragung eröffnen würde150. Ob in § 5 Abs. 3 BImSchG neben der Haftung des letzten Betreibers tatsächlich eine „nachwirkende“ Betreiberhaftung vormaliger Betreiber angelegt ist, ist anhand des Wortlauts und der Systematik des § 5 Abs. 3 BImSchG zu untersuchen. Zunächst benennt § 5 Abs. 3 BImSchG nicht ausdrücklich den Adressaten der Nachsorgepflicht; die Pflichten knüpfen lediglich an den Betrieb der Anlage an. Der Wortlaut allein führt damit nicht zur ausschließlichen Haftung des letzten Anlagenbetreibers. Dass die Pflichten des § 5 Abs. 3 BImSchG nicht nur für die Phase nach der Betriebseinstellung bestehen, sondern bereits während des Anlagenbetriebs Wirkung entfalten, könnte dafür sprechen, dass diese Pflichten auch ehemalige Anlagenbetreiber betreffen. Jeder Betreiber muss entsprechend dem oben Gesagten bereits während des Betriebs der Anlage darauf achten, dass Beeinträchtigungen, die noch über die Betriebseinstellung hinaus bestehen, nicht auftreten oder zumindest wieder beseitigt werden. Das führt zur Haftung des Betreibers, der in

147 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 220; Koch, in: GKBImSchG, Bd. I, § 17 Rn. 67; Schmatz/Nöthlichs, Immissionsschutz, Bd. 1, § 5 BImSchG Nr. 8; Vallendar, UPR 1991, 91, 95. 148 Fluck, BB 1991, 1797, 1799 f.; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 115, 118; ders., NVwZ 1993, 921, 924; Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 44 ff.; Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, S. 30 f.; auch: Dierkes, Die Grundpflichten, S. 171; Peters, NVwZ 1994, 879, 880 – Letztere aber unter der Einschränkung der Verhältnismäßigkeit und Zweckmäßigkeit; die Zustandsverantwortlichkeit kann danach komplett hinter die Verhaltenshaftung zurücktreten. 149 Vgl. hierzu allein Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, S. 33 f. 150 Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, S. 31.

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Kap. 2: Mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Verletzung dieser Nachsorgepflicht einen Betrieb betreibt, was auch dem im Umweltrecht herrschenden Verursacherprinzip entspricht151. Es ist jedoch zu bedenken, dass der Erfolgszeitpunkt des § 5 Abs. 3 BImSchG auf die Betriebseinstellung gerichtet ist. Der Betreiber muss die Erfüllung seiner Pflicht erst zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung vollständig antreten und beweisen. Ehemalige Betreiber haben in der Praxis nicht die Möglichkeit, bei Betriebseinstellung auf die vollständige Erfüllung der Pflicht hinzuwirken, sodass ihnen die Erfüllung der Pflichten nicht mehr möglich ist. Wenn aber die Erfüllung der Pflicht, die erst bei Betriebseinstellung „fällig“ ist, unmöglich ist, ist sie nicht durchsetzbar. Eine zur Durchsetzung der Nachsorgepflicht nachträgliche Anordnung ist damit nur an den aktuellen oder letzten Betreiber einer Anlage zu richten152. Für diese Auslegung des § 5 Abs. 3 BImSchG spricht auch ein Vergleich mit § 4 BBodSchG. In diesem ist ausdrücklich die Haftung von Rechtsvorgängern und Verursachern geregelt. Ein ehemaliger Anlagenbetreiber ist sowohl Rechtsvorgänger als auch Verursacher. Das BImSchG regelt Ähnliches nicht, sondern knüpft allein an den Betrieb der Anlage an, was dafür spricht, dass ausschließlich die tatsächlichen Betreiber einer Anlage die Verpflichteten sein sollen. Eine nachwirkende Haftung bedürfte mithin einer gesetzlichen Regelung, die bisher im BImSchG fehlt. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass ein neuer Anlagenbetreiber, der eine Anlage übernimmt und dabei das Vorliegen von Umweltbeeinträchtigungen erkennt, die auch bei Betriebseinstellung weiter bestehen, zwangsläufig die Verantwortung für diese Beeinträchtigung nach § 5 Abs. 3 BImSchG übernimmt153. Die bereits entstandene Nachsorgepflicht des bisherigen Anlagenbetreibers geht auf den neuen Anlagenbetreiber über. Es ist davon auszugehen, dass der letzte Anlagenbetreiber unabhängig von seinem Beitrag zum pflichtwidrigen Zustand insgesamt für die Erfüllung der Nachsorgepflicht einstehen muss154. Die Genehmigungserteilung und nachträgliche Anordnung sind sachbezogene bzw. dingliche Verwaltungsakte, die an die Anlage und nicht an den Anlagenbetreiber anknüpfen (dinglicher Charakter der Genehmigung)155. Der jeweilige Betreiber ist demnach daraus verpflichtet. Mit Betreiberwechsel gehen diese Pflichten auf den neuen Betreiber über156. 151

Vgl. Kap. 2 Fn. 150. Schmatz/Nöthlichs, Immissionsschutz, Bd. 1, § 5 BImSchG Nr. 8. 153 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 220. 154 Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 115; Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 44. 155 BVerwG, NVwZ 1990, 464. 156 VGH Kassel, NVwZ 1998, 1315 f.; OVG Münster, Urteil vom 18.10.2002, Az.: 21 A 417/99, Rn. 30 – juris; zur Baugenehmigung vgl. BVerwG, NJW 1971, 1624. 152

F. Ergebnis zur Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

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Außerdem würde eine Mischhaftung in der Praxis wohl große Problem bereiten. Es wird in der Praxis nur schwer möglich sein, den jeweiligen Haftungsanteil zu bestimmen. Trotz des Bedürfnisses nach einer Haftung ehemaliger Betreiber ist eine solche nicht § 5 Abs. 3 BImSchG zu entnehmen. Hier wäre ein Tätigwerden des Gesetzgebers ratsam, um die Haftung nach dem Vorbild des § 4 BBodSchG zu erweitern (z. B. Haftung zum Zeitpunkt des Betreiberwechsels). Nur der momentane bzw. letzte Betreiber ist demnach Adressat der Pflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG.

VI. Fazit zur Nachsorgepflicht des § 5 Abs. 3 BImSchG Auch die Nachsorgepflicht an sich führt nicht dazu, dass die Entstehung des Abfalls verhindert wird. Sie begründet nur eine vollziehbare Pflicht des Anlagenbetreibers, Abfall von der Anlage zu entfernen und in sehr begrenztem Umfang zu entsorgen. Ist die Betriebseinstellung jedoch insolvenzbedingt, entsteht gerade das zu lösende Problem, dass der Anlagenbetreiber eine Anlagensicherung nicht mehr finanzieren kann und ggf. der Staat an seiner Stelle tätig werden muss. Allein die Nachsorgepflicht ist daher nicht geeignet, eine Entsorgung des gelagerten Abfalls auf Abfallbeseitigungsanlagen durch den Staat zu verhindern.

F. Ergebnis zur mittelbaren Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand – Fazit zur Wirkung der abfallbezogenen Pflichten im Umweltrecht Die abfallbezogenen Pflichten der Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen geben den Behörden ein Instrumentarium an die Hand, das es ermöglicht, während und kurze Zeit nach Betriebseinstellung auf die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen hinzuwirken. Auch kann die gesetzliche Pflicht der Abfallvermeidung dafür sorgen, dass insgesamt weniger Abfall anfällt, der später entsorgt werden muss. Jedoch lösen diese Betreiberpflichten nicht das Problem, dass bei insolvenzbedingter Betriebseinstellung, in der Regel wegen der Massearmut bei Betreibern von Abfallentsorgungsanlagen, die noch vorhandenen Abfälle nicht vom Anlagengelände entfernt und ordnungsgemäß entsorgt werden. Denn selbst jede noch so gute Pflicht hilft nicht, wenn der Pflichtenträger aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, diese Pflicht zu erfüllen. Einer Kostentragung seitens der öffentlichen Hand kann damit nicht vorgebeugt werden.

Kapitel 3

Die unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand vor Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers – Die Anordnung einer Sicherheitsleistung A. Einleitung Neben der mittelbaren Verhinderung der Kostentragung steht der öffentlichen Hand ein weiteres präventives Mittel zur Verfügung, die Kostenlast des Staats zu vermeiden bzw. zu vermindern. Das Problem der Abfallablagerung bei insolventen Anlagen und die daraus möglichen finanziellen Belastungen der öffentlichen Hand sind in Gesetzgebung und Rechtsprechung bekannte Probleme. Infolgedessen wurden Wege gesucht, das Problem der Kostentragung unmittelbar zu lösen. Direktes Mittel, um bereits vor Eintritt der Insolvenz einer Kostentragung durch den Staat nach Eintritt der Insolvenz vorzubeugen, ist die Sicherheitsleistung. Die Möglichkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung findet sich mehrmals im Abfallrecht wieder. Zu nennen sind hier der § 32 KrW-/AbfG1, der § 36c KrW-/AbfG2 und der § 18 der Deponieverordnung (DepV)3 sowie die §§ 12, 17 BImSchG.

B. Allgemeine Ausführungen zur Sicherheitsleistung I. Grundsätze zum Begriff der Sicherheitsleistung Der Begriff der Sicherheitsleistung findet sich in mehreren Gesetzen. Die Sicherheitsleistung ist als Sicherungsmittel sowohl im öffentlichen Recht als auch im Zivil- und Strafrecht bekannt. Es fehlt eine gesetzliche Definition des Begriffs der Sicherheitsleistung. Einer solchen Definition bedarf es jedoch nicht, da sich der grundlegende Zweck einer Sicherheitsleistung bereits aus dem Wortsinn selbst ergibt. Die Sicherheitsleistung soll den Sicherungsnehmer vor drohenden

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Entspricht § 36 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). Entspricht § 43 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). Deponieverordnung vom 27.4.2009 (BGBl. I S. 900).

B. Allgemeine Ausführungen zur Sicherheitsleistung

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(Rechts-)Nachteilen schützen4. Sie ist ein präventives Mittel5, um den Sicherungsgeber zu einer bestimmten Handlung anzuhalten. Zu unterscheiden sind dabei die materielle und die prozessuale Sicherheitsleistung. Die prozessuale Sicherheitsleistung beruht auf einer gerichtlichen Anordnung. Sie bezweckt den Schutz einer Prozesspartei vor Nachteilen, die aus einer besonderen prozessualen Situation drohen6. Diese prozessuale Sicherheitsleistung ist vorrangig in den §§ 108–113 Zivilprozessordnung (ZPO)7 geregelt. Auch die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)8 verweisen auf diese Normen, vgl. § 167 VwGO. Die materielle Sicherheitsleistung soll die Erfüllung materiell-rechtlicher Pflichten sicherstellen. Hier sind die Pflichten, die im Privatrecht und im öffentlichen Recht wurzeln, zu unterscheiden. Im Privatrecht beruht die Verpflichtung zu einer Sicherheitsleistung in der Regel auf einer vertraglichen Vereinbarung9 – Vertragserfüllungssicherheit10. Zu nennen ist hier der praktisch bedeutsame Fall der Sicherheitsleistung im Bereich des privaten Baurechts, vgl. § 648a BGB, § 17 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B)11. Die Art und den Umfang der Sicherheitsleistung regeln die §§ 232 ff. BGB. Das materielle Zivilrecht kennt neben der vertraglichen Sicherheitsleistung sowohl die gesetzliche als auch die richterliche Anordnung. Die öffentlich-rechtliche Sicherheitsleistung dient der Durchsetzung öffentlicher Pflichten und beruht in der Regel auf einer behördlichen Anordnung. Wie eine Sicherheitsleistung zu bewirken ist, regelt § 232 BGB, wenn nicht speziellere Normen etwas anderes bestimmen. Eine Sicherheitsleistung muss demnach nicht als tatsächliche Zahlung erfolgen, sondern kann auch die Form einer Sicherheit nach dem BGB (Verpfändung oder Hypothek) haben. Eine Bürgschaft ist ebenfalls möglich.

4

Palandt/Ellenberger, BGB, Überblick vor § 232 Rn. 1. Konzak, Sicherheitsleistung, S. 10; Proksch, in: Kimmich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, Bd. II, Sp. 1834. 6 Alpmann Brockhaus, Fachlexikon Recht, S. 1171. 7 Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.12.2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I, S. 431; 2007 I S. 1781), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 24.9.2009 (BGBl. I S. 3145). 8 Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.3.1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 21.8.2009 (BGBl. I S. 2870). 9 Ähnlich Palandt/Ellenberger, BGB, Überblick vor § 232 Rn. 1. 10 Vgl. hierzu Berger, BauRB 2005, 86 ff. 11 VOB 2006 Teil B in der Fassung der Bekanntmachung vom 4.9.2006 (Bundesanzeiger Nr. 196a vom 18.10.2006). 5

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

II. Die Sicherheitsleistung im öffentlichen Recht Die Sicherheitsleistung ist im öffentlichen Recht weit verbreitet. Sie findet sich unter anderem im Umweltrecht (z. B.: § 56 Bundesberggesetz [BBergG]12, § 32 KrW-/AbfG), im Steuerrecht und im Ausländerrecht (§ 66 Aufenthaltsgesetz [AufenthG]13). 1. Die Charakterisierung der Sicherheitsleistung im öffentlichen Recht Die Sicherheitsleistung im öffentlichen Recht dient im Grunde dem Schutz des Staats vor (finanziellen) Nachteilen für den Fall, dass ein mit öffentlich-rechtlichen Pflichten belegter Bürger diesen Pflichten nicht nachkommt, und der Staat dadurch in der Regel einen finanziellen Schaden erleidet. Im Steuerrecht kann die Behörde eine Sicherheitsleistung (§§ 241–248 Abgabenordnung [AO]14) verlangen, soweit sie vorläufig auf die Begleichung der fälligen Steuerschuld verzichtet (Stundung und Zahlungsaufschub [§§ 222, 223 AO], Fristverlängerung [§ 109 Abs. 2 AO] oder Aussetzung der Vollziehung [§ 361 AO]). Im Ausländerrecht ist nach § 66 AufenthG grundsätzlich der Ausländer verpflichtet, die Kosten für seine Ausreise zu tragen. Die Ausländerbehörde ist berechtigt, eine Sicherheitsleistung zu erheben, um eine Situation zu verhindern, in der der Ausländer zum Zeitpunkt seiner Ausreise die Kosten nicht mehr aufbringen kann. Das gleiche Prinzip findet sich im Umweltrecht, vgl. § 13 AtomG, §§ 4, 12 BImSchG, § 32 KrW-/AbfG. Die jeweiligen Umweltgesetze legen den Betreibern der entsprechenden Anlagen Pflichten auf. Bei Ausführungen der Betreiberpflichten durch den Staat anstelle des Betreibers entstehen Kosten auf Seiten der öffentlichen Hand. Um dieser möglichen Kostenlast vorzubeugen, kann die jeweilige Behörde eine Sicherheitsleistung verlangen. Die Sicherheitsleistung im öffentlichen Recht dient also wie in allen anderen übrigen Fällen vorrangig der Prävention, also der Verhinderung eines finanziellen Schadens der öffentlichen Hand. Eine nicht auszuschließende Zahlungsunfähigkeit des Verpflichteten soll nicht der Allgemeinheit zur Last fallen15. Wegen dieser Zweckbestimmung ist die zu leistende Sicherheitsleistung nicht unter die Mittel der Abgabenordnung zu subsumieren. Die Sicherheitsleistung 12 Bundesberggesetz vom 13.8.1980 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch Art. 15a des Gesetzes vom 31.7.2009 (BGBl. I S. 2585). 13 Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.2.2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 5 des Gesetzes vom 30.7.2009 (BGBl. I S. 2437). 14 Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1.10.2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 30.7.2009 (BGBl. I S. 2474). 15 BT-Drucks. 6/2401, S. 14; VGH München, NVwZ 1989, 992; Paetow, in: Kunig/ Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 32 Rn. 78.

B. Allgemeine Ausführungen zur Sicherheitsleistung

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dient weder der reinen Geldeinnahme durch den Staat im Sinne einer Steuer nach § 3 AO, noch ist sie primär als Gegenleistung für eine staatliche Leistung gedacht, sodass auch der Charakter einer Gebühr entfällt16. Sicherheitsleistungen im Umweltrecht können auch nicht als eine Umweltabgabe gewertet werden. Eine Umweltabgabe bestimmt für die Nutzung eines Umweltmediums pro Einheit einen bestimmten „Preis“ 17. Die Sicherheitsleistung bindet nicht die konkrete Nutzung der Umwelt an einen bestimmten Gegenwert, sondern soll mögliche Kosten des Staats bei Übernahme der Aufgaben des Umweltnutzers abdecken. Für das Umweltrecht ist zudem anerkannt, dass neben dem Präventionszweck auch eine Verhaltenssteuerung18 in der Sicherheitsleistung verankert ist. Die Zahlung der Sicherheitsleistung soll dem Verpflichteten einen weiteren Anreiz bieten, seine ihm obliegenden Pflichten zu erfüllen, um damit eine Verwendung seiner Sicherheitsleistung durch den Staat zu verhindern19. Dieses begründet sich vor allem mit der Erwartung, bei Erfüllung der Pflichten und mit Beendigung der die Umwelt schädigenden Handlung die Sicherheitsleistung zurückzuerhalten. Vertreten wird, dass es sich bei der Sicherheitsleistung um eine direkte Verhaltenssteuerung handelt20. Eine direkte Verhaltenssteuerung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie den Bürger durch Zwang zu einem bestimmten Handeln bewegt21. Zu den klassischen Mitteln der direkten Verhaltenssteuerung zählen Verbote und Gebote sowie bestimmte Umweltpflichten, an deren Nichteinhaltung negative Folgen geknüpft sind. Eine Vielzahl solcher Umweltpflichten findet sich in den diversen Umweltgesetzen. Als Beispiel seien hier die Pflichten eines Anlagenbetreibers nach § 5 BImSchG genannt. Die indirekte Verhaltenssteuerung beinhaltet im Unterschied zur direkten Verhaltenssteuerung keine Ausübung staatlichen Zwangs, um die Umweltnutzer zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Sie setzt darauf, durch Anreize – meist finanzieller Art – den Umweltnutzer zu einem umweltschonenden Umgang zu animieren22. Die Sicherheitsleistung allein unter die direkte Verhaltenssteuerung zu subsumieren erscheint zweifelhaft. Richtig ist zwar, dass die Anordnung der Sicherheitsleistung ein klassisches Gebot ausspricht: präventive Sicherstellung ausrei16

Konzak, Sicherheitsleistung, S. 27 f. Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 2 Rn. 134. 18 Konzak, Sicherheitsleistung, S. 22; Proksch, in: Kimmich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, Bd. II, Sp. 1833. 19 Konzak, Sicherheitsleistung, S. 34; vgl. bzgl. § 12 BImSchG, BT-Drucks. 14/4926, S. 6. 20 Konzak, Sicherheitsleistung, S. 23; Kloepfer, UmweltR, § 5 Rn. 152. 21 Kloepfer, UmweltR, § 5 Rn. 36. 22 Kloepfer, UmweltR, § 5 Rn. 166; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 2 Rn. 113. 17

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

chender Finanzmittel23. Auch knüpft die Sicherheitsleistung in der Regel an die Erfüllung der Haupt(leistungs)pflichten eines Umweltnutzers an; es entsteht eine gewisse Akzessorietät zwischen Umweltpflicht und Sicherheitsleistung. Im Bereich des Immissionsschutzes soll die Sicherheitsleistung ferner der präventiven Durchsetzung der Nachsorgepflichten dienen, §§ 5 Abs. 3, 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG24. Diese eingeschränkte Sichtweise vernachlässigt aber den Zweck einer Sicherheitsleistung. Neben der Prävention eines finanziellen Schadens auf Seiten der öffentlichen Hand besteht auch das Ziel, den Anlagenbetreiber dazu anzuhalten, seine Umweltpflichten zu erfüllen, ohne ihn über den bisher bestehenden Umfang erneut zu verpflichten. Es wird lediglich ein (finanzieller) Anreiz25 geschaffen, die Umweltbelastung so gering wie möglich zu halten und die Verwendung der Sicherheitsleistung durch den Staat zu verhindern. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung im Umweltrecht enthält also neben Zügen einer direkten auch solche einer indirekten Verhaltenssteuerung. Eine klare Zuordnung ist daher nicht möglich, was dazu führt, dass der Sicherheitsleistung im Rahmen der Lenkung des Verhaltens des Umweltnutzers ein hybrider Charakter zukommt. Ein gewisses Übergewicht einer Art der Verhaltenssteuerung ist nicht zu erkennen. Auch in anderen Bereichen als dem öffentlichen Recht stellt die Sicherheitsleistung eine Verhaltenssteuerung in Form eines Anreizes dar. Jeder, der eine Sicherheitsleistung zahlt, ist daran interessiert, diese zurückzuerhalten. Dieses geschieht jedoch nur, wenn er seine Pflichten erfüllt (Akzessorietät). 2. Die Sicherheitsleistung im Umweltrecht Grundsätzlich lassen sich alle staatlichen Mittel im Umweltrecht als Ausprägung eines bestimmten Umweltrechtsprinzips verstehen. Die prägenden Prinzipien sind das Verursacher- und das Vorsorgeprinzip. Das Vorsorgeprinzip ist gekennzeichnet durch die Gefahren- und Risikovorsorge26. Nach dem Verursacherprinzip trägt vorrangig der Verursacher einer Umweltgefahr die sachliche und finanzielle Verantwortung27. In Anbetracht der oben dargestellten Anreizwirkung muss die Sicherheitsleistung als Ausgestaltung des Vorsorgeprinzips28 verstanden werden. Der Anlagen23

Konzak, Sicherheitsleistung, S. 25. BT-Drucks. 14/4926, S. 1. 25 BT-Drucks. 14/4926, S. 6 zu § 12 Abs. 1 S. 2 neu. 26 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 2 Rn. 18, 19. 27 Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 32 Rn. 78; Sparwasser/Engel/ Voßkuhle, UmweltR, § 2 Rn. 31. 28 Konzak, Sicherheitsleistung, S. 33; Proksch, in: Kimmich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, Bd. II, Sp. 1833. 24

B. Allgemeine Ausführungen zur Sicherheitsleistung

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betreiber hat ein eigenes Interesse daran, die Umweltbeeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten, um später die Verwendung der Sicherheitsleistung zu vermeiden. Aber auch das Verursacherprinzip29 prägt die Sicherheitsleistung. Eine Verwendung kommt nur dann in Betracht, wenn eine Umweltgefährdung eingetreten ist. Darüber hinaus ist jeweils nur der potentielle Verursacher einer Umweltgefährdung der Adressat einer Anordnung einer Sicherheitsleistung. 3. Die Verfassungsmäßigkeit der Sicherheitsleistung – Die Grundrechtsrelevanz Mit der Anordnung einer Sicherheitsleistung durch eine Behörde wird dem Adressaten in der Regel eine erhebliche finanzielle Belastung aufgebürdet; diese kann in der tatsächlichen Zahlung des geforderten Betrags oder in der Belastung einer Kreditlinie oder von Sachwerten liegen. Eine gewisse Grundrechtsrelevanz ist der Sicherheitsleistung daher nicht abzusprechen. Vorrangig betroffen ist das Recht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG. Allein aus dem Umstand, dass der Schutzbereich grundsätzlich eröffnet ist, lässt sich jedoch per se keine Grundrechtswidrigkeit der bloßen Möglichkeit, eine Sicherheitsleistung anzuordnen, erkennen. Der Zweck der Sicherheitsleistung ist es immer, den Sicherheitsnehmer vor einem bestimmten finanziellen Schaden zu bewahren. Die Gefahr des finanziellen Schadens für den Sicherungsnehmer korrespondiert mit der Gewährung eines Vorteils zugunsten des Sicherungsgebers (z. B. eine Genehmigung im öffentlichen Recht). Durch die Sicherheitsleistung wird der mögliche finanzielle Schaden gemindert und der Sicherungsgeber kann von einer Vergünstigung Gebrauch machen, die er ohne die Sicherheitsleistung sonst ggf. nie erhalten hätte. Im öffentlichen Recht ist überdies der Staat der Sicherheitsnehmer, der selbst verpflichtet ist, mit seinen öffentlichen Mitteln schonend in Sorge für die Allgemeinheit umzugehen. Die Möglichkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung ist daher gerechtfertigt, insbesondere da die meisten Anordnungsmöglichkeiten unter dem Vorbehalt des Ermessens stehen. Die Frage, ob Sicherheitsleistungen allgemein verfassungswidrig sind, stellt sich daher nicht. Die Grundrechtsrelevanz ist bei jeder einzelnen Anordnung im Rahmen der Ermessensentscheidung zu prüfen.

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Vgl. Kap. 3 Fn. 28.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

C. Die Sicherheitsleistung bezüglich Abfallentsorgungsanlagen Das deutsche Umweltrecht enthält mehrere Ermächtigungen zur Anordnung einer Sicherheitsleistung für Abfallentsorgungsanlagen. Unmittelbar im Abfallrecht besteht die Möglichkeit, eine Sicherheitsleistung nach § 32 Abs. 3 KrW-/ AbfG anzuordnen. Auch § 18 DepV begründet eine Pflicht, eine Sicherheitsleistung beizubringen. § 18 DepV beruht auf § 36c Abs. 4 KrW-/AbfG. Die Möglichkeit, Betreibern einer Abfallentsorgungsanlage eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen, findet sich auch im Immissionsschutzrecht des Bundes wieder. Die §§ 12 Abs. 1 S. 2, 17 Abs. 4a BImSchG enthalten die Ermächtigung, die Erbringung einer Sicherheitsleistung anzuordnen. Auch kennen Landesabfallgesetze die Anordnung einer Sicherheitsleistung. Diese Ermächtigungen beziehen sich jedoch in der Regel auf andere Zusammenhänge. In manchen Ländern ist es möglich, für die durch die Kommune durchgeführte Abfallentsorgung besondere Gebühren oder Beträge zu verlangen. Für diese Gebühren kann eine angemessene Sicherheitsleistung verlangt werden30.

I. Die historische Entwicklung der Sicherheitsleistung im Abfallrecht Die gerade genannten Normen stellen das bisherige Ergebnis einer langjährigen Entwicklung auf dem Gebiet der Sicherheitsleistung in Bezug auf Abfallentsorgungsanlagen dar. Die historische Entwicklung bestätigt die besondere Bedeutung der Sicherheitsleistung im Bereich der Abfallentsorgung. 1. Im Abfallrecht als solchen Das deutsche Abfallrecht entstand Mitte der 60er Jahre durch den Erlass einiger Landesgesetze. Im Jahr 1972 erließ der Bund, gestützt auf seine damalige konkurrierende Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Nr. 24 GG, ein Abfallbeseitigungsgesetz (AbfG)31. Mit diesem Gesetz fand das bisher nur aus einigen Landesgesetzen (Abfallgesetze Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg) bekannte Mittel der Sicherheitsleistung Einzug in das bundesweite Abfallrecht. Sie wurde mit § 8 Abs. 2 Abfallgesetz (AbfG)32 eingeführt. Nach § 8 Abs. 2 AbfG durfte die zuständige Behörde verlangen, dass der Inhaber einer

30

Vgl. stellvertretend für alle Art. 7 BayAbfG. BGBl. 1972 I, S. 873. 32 Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz) vom 27.8.1986 (BGBl. I, 1410), außer Kraft seit 6.10.1996. 31

C. Die Sicherheitsleistung bezüglich Abfallentsorgungsanlagen

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Abfallentsorgungsanlage für die Rekultivierung sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nach Stilllegung der Anlage eine Sicherheit leistet. Die Bundesregierung begründete die Einführung dieser Sicherheitsleistung mit dem Umstand, dass schädliche Einwirkungen für die Umwelt ausgehend von der Beseitigungsanlage auch nach der Stilllegung der Anlage nicht hervorgerufen werden sollen; die entsprechenden Gelände sollten der Rekultivierung zugeführt werden; zur Deckung der Kosten der Rekultivierung standen nach Beendigung der Abfallbeseitigung oft keine Einnahmen aus Gebühren oder Entgelte zur Erfüllung von Beseitigungspflichten mehr zur Verfügung; die Forderung nach einer Sicherheitsleistung war daher in bestimmten Fällen angebracht33. § 8 Abs. 2 AbfG fand damals Anwendung auf alle Abfallentsorgungsanlagen. § 8 Abs. 2 behielt auch mit der Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes in das Abfallgesetz (ebenfalls AbfG)34 seine Gültigkeit. § 8 Abs. 2 AbfG verlor im Rahmen der Wiedervereinigung durch das Investitionserleichterungs- und WohnbaulandG aus dem Jahr 1993 an Bedeutung35. Hintergrund des Investitionserleichterungs- und WohnbaulandG war der Wunsch nach einem wirtschaftlichen Aufschwung insbesondere in den neuen Bundesländern. Aus diesem Grund sollten Investitionen beschleunigt und erleichtert werden; wichtigstes Mittel hierfür war die Verkürzung und Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für gewerbliche und industrielle Vorhaben, was insbesondere zu Erleichterungen und Beschleunigungen im Bau- und städtebaulichen Planungsrecht und bei immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen führte36. Das Investitionserleichterungs- und WohnbaulandG hatte auch Einfluss auf § 8 Abs. 2 AbfG. § 8 Abs. 2 AbfG fand infolge des Erlasses des Investitionserleichterungs- und WohnbaulandG nur noch auf Deponien Anwendung. Für alle anderen Abfallentsorgungsanlagen i. S. d. BImSchG bestand keine Möglichkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung mehr. Mit Ablösung des Abfallgesetzes und der Einführung des KrW-/AbfG37 zum 6.10.1996 übernahm § 32 KrW-/ AbfG das Recht der Sicherheitsleistung; der Wortlaut des § 32 KrW-/AbfG entsprach dem des § 8 Abs. 2 AbfG. Auch das Europarecht hatte Einfluss auf das Recht der Sicherheitsleistung im Abfallrecht. Am 1.8.2002 trat die DepV38 in Kraft. Diese beruht vorrangig auf

33 BT-Drucks. VI/2401, S. 14; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG 2. Aufl., § 8 Rn. 32. 34 BGBl. 1986 I, S. 1410. 35 BGBl. 1993 I, S. 466. 36 BR-Drucks. 868/92, S. 2. 37 BGBl. 1994 I, S. 2705. 38 Verordnung über Deponien und Langzeitlager (BGBl. 2002 I, S. 2807), außer Kraft getreten und ersetzt durch Verordnung zur Vereinfachung des Deponierechts (BGBl. 2009 I, S. 900).

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

der Verordnungsermächtigung des § 36c KrW-/AbfG39. § 36c KrW-/AbfG setzt die IVU- und insbesondere die Europäische Deponie-RL (RL 1999/31/EG) vom 26.4.199940 um41. Allgemeine Zielsetzung der Richtlinie ist es, durch die Festlegung strenger betriebsbezogener und technischer Anforderungen in Bezug auf Abfalldeponien und Abfälle Maßnahmen, Verfahren und Leitlinien vorzusehen, mit denen während des gesamten Bestehens der Deponie negative Auswirkungen der Ablagerung von Abfällen auf die Umwelt, insbesondere die Verschmutzung von Oberflächenwasser, Grundwasser, Boden und Luft, und auf die globale Umwelt, einschließlich des Treibhauseffekts, sowie allen damit verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit weitestmöglich vermieden oder vermindert werden, vgl. Art. 1 Abs. 1 RL 1999/31/EG. Art. 8 lit. a) iv) RL 1999/31/EG regelt, dass der Antragsteller vor Beginn des Deponiebetriebs angemessene Vorkehrungen in Form einer finanziellen Sicherheitsleistung oder etwas Gleichwertigem getroffen hat, um zu gewährleisten, dass die Auflagen der Genehmigung erfüllt werden. Mit der Umsetzung der Deponie-RL in deutsches Recht wurde auch die Erhebung der Sicherheitsleistung bei Deponien genauer geregelt. § 18 DepV erweitert die Regelung des § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG42. Der Träger eines Vorhabens hat gem. § 18 Abs. 1 S. 1 DepV vor dem Beginn der Ablagerungsphase eine Sicherheit zur Erfüllung der Auflagen und Bedingungen zu leisten, die mit dem Planfeststellungsbeschluss oder der Plangenehmigung für die Betriebs- und Nachsorgephase zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit angeordnet wird. 2. Die Entwicklung der Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht In das BImSchG hielt die Sicherheitsleistung im Jahr 1990 Einzug. Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes vom 11.5. 1990 wurde das Rechtsinstitut des vorzeitigen Beginns eingefügt, § 15a BImSchG a. F. Die Gestattung des vorzeitigen Beginns ermöglicht einem Anlagenbetreiber, den Betrieb seiner Anlage zu beginnen, ohne eine entsprechende Genehmigung i. S. d. §§ 4 Abs. 1, 15 BImSchG abzuwarten. § 15a BImSchG a. F. bezog sich damals auf den vorzeitigen Beginn bei einer beantragten Änderungsgenehmigung, § 15 BImSchG. § 15a Abs. 3 BImSchG enthielt die Möglichkeit, eine Sicherheitsleistung zu verlangen, soweit es erforderlich war, die Erfüllung der Pflichten des Trägers des Vorhabens zu sichern. Diese Pflichten beinhalteten damals, alle bis zur Entscheidung über die Änderungsgenehmigung durch die Er39 Eingeführt durch das Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungs-RL, der IVU-RL und weiterer EG-RL zum Umweltschutz, vom 27.7.2001 (BGBl. I S. 1950). 40 ABl. EG L 182, S. 1. 41 Vgl. BR-Drucks. 674/00, S. 139. 42 § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG stellt ins behördliche Ermessen, ob eine Sicherheitsleistung angeordnet wird.

C. Die Sicherheitsleistung bezüglich Abfallentsorgungsanlagen

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richtung der Anlage verursachten Schäden zu ersetzen und, falls das Vorhaben nicht genehmigt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen. Eine weitergehende Regelung als die des § 15a BImSchG führte der Gesetzgeber 1990 nicht in das BImSchG ein, obwohl es damals schon Vorschläge zur Einführung einer weitergehenden Sicherheitsleistung gab. Ein Referentenentwurf beinhaltete den Vorschlag, § 12 BImSchG a. F. um einen Abs. 1a zu erweitern, der es ermöglichen sollte, eine allgemeine Sicherheitsleistung zu verlangen43. Die Bundesregierung nahm diesen Vorschlag für eine Sicherheitsleistung jedoch nicht auf. § 15a BImSchG war bis zum 15.10.1996 wirksam. Mit der Einführung des § 8a BImSchG44, der einen vorzeitigen Beginn auch bei einer Beantragung einer Genehmigung nach § 4 Abs. 1 BImSchG ermöglichte, wurde § 15a BImSchG obsolet. Auch § 8a enthält in Abs. 2 S. 2 die Möglichkeit, eine Sicherheitsleistung entsprechend der bisherigen Regelung des § 15a Abs. 3 BImSchG anzuordnen. Wegen der für die zuständigen Behörden stetig steigenden Kostenfälle schlug das Land Brandenburg im Jahr 2001 vor, das BImSchG zu ändern und eine Sicherheitsleistung einzuführen45. Hintergrund für diesen Vorschlag war der Umstand, dass allein im Land Brandenburg 50 Abfallentsorgungsanlagen bestanden, deren Betreiber nicht bereit oder nicht in der Lage waren, die nach einer Betriebseinstellung gebotene Abfallentsorgung zu bewerkstelligen. Die notwendige Entsorgung musste die öffentliche Hand auf Kosten des Steuerzahlers vornehmen, was Kosten in Millionenhöhe verursachte. Insbesondere die Anhäufung von Abfällen auf Abfallentsorgungsanlagen (Abfalllager) mit kriminellem Hintergrund ohne Verwertungskonzept stellte dabei ein besonderes Problem dar46. Die bisherige Rechtslage enthielt eine Gesetzeslücke, die eine zielgerichtete Ausnutzung durch unseriöse Betreiber in der Abfallentsorgungsbranche hervorrief und immer wieder dazu führte, dass große Mengen nicht entsorgter und gefährlicher Abfälle auf Kosten der öffentlichen Hand im Wege der Ersatzvornahme entfernt und entsorgt werden mussten47. Nach diesem Vorschlag erging ein Gesetz zur Sicherstellung der Nachsorgepflichten bei Abfalllagern48. Mit diesem Gesetz wurden zum einen die §§ 12 und 17 BImSchG erweitert: Nach § 12 Abs. 1 S. 2 konnte bei Abfallentsorgungsanlagen i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 zur Sicherstellung der Anorderungen nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 eine Sicherheitsleistung angeordnet werden; gem. § 17 Abs. 4a BImSchG bestand auch die Möglichkeit, eine Sicherheitsleistung zur Sicherstellung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG mittels 43 44 45 46 47 48

Konzak, Sicherheitsleistung, S. 68 f. BGBl. 1996 I, S. 1498. BR-Drucks. 408/00. BR-Plenarprotokoll 753 vom 14.7.2000, S. 331C–332C/Anlage 26. BT-Drucks. 14/4926, S. 1 und 6. BGBl. 2001 I, S. 1550.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

einer nachträglichen Anordnung aufzuerlegen. Zum anderen erfuhr auch § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV eine Änderung: Diese Änderung führte zu einer zeitlichen Ausweitung der Genehmigungspflicht; entgegen § 1 Abs. 1 S. 1 der 4. BImSchV bedarf auch eine Abfallbeseitigungsanlage einer Genehmigung, wenn sie weniger als zwölf Monate am selben Ort betrieben wird, § 1 Abs. 1 S. 2 der 4. BImSchV. Mit diesem Gesetz wurde die Lücke, die sich mit dem Erlass des Investitionserleichterungs- und WohnbaulandG ergeben hatte, geschlossen. Mit Art. 2 Nr. 8 des Gesetzes vom 27.7.200149 erweiterte der Gesetzgeber die Möglichkeit, eine Sicherheitsleistung anzuordnen, auch auf die Sicherstellung aller Pflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG, indem er die Beschränkung der Sicherheitsleistung auf die Pflichten des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG strich. Eine weitere Änderung erfuhr das Recht der Sicherheitsleistung mit Art. 2 Nr. 3 des Rechtsbereinigungsgesetzes Umwelt (RGU)50; der Gesetzgeber schränkte das bisher freie Ermessen der Behörden ein.

II. Die Abgrenzung der Anwendungsbereiche des KrW-/AbfG und des BImSchG Die Regelungen bezüglich der Sicherheitsleistung des KrW-/AbfG und des BImSchG stehen in echter Konkurrenz zueinander51. Beide können nicht nebeneinander Anwendung finden. Dieses drückt insbesondere der klare Wortlaut des § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG aus. Eine Sicherheitsleistung nach dem KrW-/AbfG kann nur für eine Deponie angeordnet werden. Eine Deponie ist nach § 3 Abs. 10 S. 1 KrW-/AbfG52 eine Abfallbeseitigungsanlage zur Ablagerung (zu den Begriffen „lagern“ und „ablagern“ vgl. Kap. 1, B.IV.1.) von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponie) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponie). Zu den Deponien zählen nach S. 2 auch betriebsinterne Abfallbeseitigungsanlagen für die Ablagerung von Abfällen, in denen ein Abfallerzeuger die Abfallbeseitigung am Erzeugungsort vornimmt. Zu unterscheiden sind die jeweiligen Deponien durch die jeweiligen Abfallarten53 – vgl. §§ 2 Nr. 6–10, 6 DepV („Abfallschlüssel“). 49 Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungs-RL, der IVU-RL und weiterer EG-RL zum Umweltschutz, BGBl. I 2001, 1950, 1974. 50 Vom 11.8.2009 (BGBl. I, S. 2723, 2727); seit dem 1.3.2010 in Kraft. 51 VG Köln, NVwZ 1997, 820; OVG Münster, NVwZ 2000, 89; Paetow, in: Kunig/ Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 32 Rn. 77; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 146b. 52 Entspricht § 3 Abs. 27 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 53 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 43.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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Die Konkurrenz zwischen dem KrW-/AbfG und dem BImSchG beruht auf der Trennung des Abfall- und Immissionsschutzrechts, welche durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz vom 22.4.1993 entstand. Danach besteht für Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen eine Genehmigungspflicht nach § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BImSchG. Bezüglich Anlagen zur Ablagerung von Abfällen bedarf es einer Planfeststellung nach § 31 KrW-/AbfG54. Soweit es sich nicht um eine Deponie i. S. d. §§ 3 Abs. 10, 32 Abs. 3 KrW-/ AbfG handelt, ist die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach dem KrW-/AbfG nicht möglich55. In Betracht kommt eine Anwendung des BImSchG, wenn die entsprechenden Voraussetzungen der Anordnungsgrundlagen der §§ 12, 17 BImSchG erfüllt sind. Besonderheiten gelten bei Langzeitlagern56; diese sind nach dem BImSchG zu genehmigen, die Anordnung der Sicherheitsleistung richtet sich jedoch nach § 18 DepV.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht Nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG soll die zuständige Behörde zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 bei Abfallentsorgungsanlagen i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 eine Sicherheitsleistung auferlegen.

I. Die Bedeutung der Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht Auch wenn grundsätzlich die Gefahren für die Allgemeinheit und die Umwelt, die von einer Deponie ausgehen, als gefährlicher als bei sonstigen Abfalllagerungen einzuschätzen sind57, ist die Bedeutung der Sicherheitsleistung nach dem BImSchG höher zu bewerten als die der Sicherheitsleistung nach dem KrW-/ AbfG i.V. m. § 18 DepV. Bereits der rechtliche Anwendungsbereich ist nach dem Wortlaut größer. § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG findet Anwendung auf genehmigungspflichtige Abfallentsorgungsanlagen nach § 4 Abs. 1 S. 1 BImSchG. Die Abfallentsorgung umfasst nach § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG58 sowohl die Verwertung als auch die Beseitigung von Abfällen. Das Deponieren von Abfällen ist begrifflich lediglich ein Ausschnitt der Abfallbeseitigung. § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG umfasst damit mehr Arten der Abfallentsorgung als § 32 KrW-/AbfG. 54 55 56 57 58

Entspricht § 35 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). Beckmann/Gersterkamp, UPR 2003, 206, 210. Zum Begriff des Langzeitlagers vgl. Kap. 3, D.II.1. Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 32 Rn. 79. Entspricht § 3 Abs. 22 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12).

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Daneben verliert die Deponierung von Abfällen auch allmählich an Bedeutung. Zum einen ist ein tatsächlicher Rückgang von Abfalldeponien zu verzeichnen59. Die Verwertungsquote liegt mittlerweile bei ca. 70 %60. Zum anderen bevorzugt die Politik alle anderen Arten der Abfallbehandlung gegenüber der Deponierung. Die Abfallvermeidung und -verwertung werden gefördert. Dieses spiegelt sich bereits im KrW-/AbfG wider. Grundprinzip des heutigen Abfallrechts ist nach § 1 KrW-/AbfG die Kreislaufwirtschaft61. Die Programmatik der Kreislaufwirtschaft62 ruft eine Pflichtenhierarchie hervor63. An erster Stelle sollte immer das Vermeiden des Abfalls stehen, § 4 Abs. 1 Nr. 1 KrW-/ AbfG64. Auf zweiter Stufe steht die Verwertung und auf dritter Stufe die Beseitigung, §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 2 S. 2 KrW-/AbfG65. Jeder Abfall, der nicht verwertet werden kann, ist zu beseitigen, § 3 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG. Hinter dieser Hierarchie steht der Grundgedanke einer umweltverträglichen und abfallarmen Produktion und Abfallwirtschaft66. Abfall soll vorrangig nicht entstehen oder zumindest wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgelangen. Abfälle nur dauerhaft abzulegen, sprich zu deponieren, ist im Sinne dieser Programmatik am wenigsten erwünscht. Andere Beseitigungsarten ermöglichen es durch eine Abfallbehandlung, die Abfallmenge und die Gefährlichkeit des Abfalls zu verringern. Das deutsche und europäische Deponierecht stellt zusätzlich strenge Anforderungen an Abfalldeponien. Zunächst gab bereits die Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV)67 der thermischen Verwertung von Abfällen den Vorrang, vgl. § 4 AbfAblV; die bloße Ablagerung von unbehandelten Abfällen sollte das letzte Mittel in der Verwertungs- und Beseitigungshierarchie sein68. In der Regel war eine Ablagerung von unbehandelten Abfällen aus Haushalten und Gewerbe auf einer Deponie nach der AbfAblV nicht mehr möglich69. Die TA Siedlungsabfall

59 Vgl. hierzu Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 14; vgl. auch Doedens/Kühle-Weidemeier, Siedlungsdeponieraum, S. 42 f. 60 Statistisches Bundesamt, Abfallbilanz 2007, erschienen: Juni 2009, vgl. http:// www.umweltbundesamt.de/abfallwirtschaft/abfallstatistik/index.htm. 61 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 1 Rn. 4; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 118. 62 So Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 1 Rn. 4, § 4 Rn. 2. 63 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 4 KrW-/AbfG Rn. 4 ff.; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 7 ff.; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 170. 64 Entspricht § 6 Abs. 1 Nr. 1 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 65 Nach KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12): § 6 Abs. 1 Nr. 5, § 7 Abs. 2. 66 Vgl. Art. 4 Abf-RL n. F. 67 Abfallablagerungsverordnung vom 20.2.2001 (BGBl. I S. 305), seit dem 15.7. 2009 außer Kraft. 68 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 42, 332. 69 Schink, AbfallR 2002, 2 ff.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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(TASi)70 und die AbfAblV führten zu etlichen Schließungen von Deponien, die den Anforderungen dieser Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften nicht mehr entsprachen71. Der Deponiebestand nahm bzw. nimmt damit ab72. Das heute geltende Deponierecht enthält weiterhin strenge Ansprüche an den Betrieb einer Deponie, die die Errichtung einer solchen im Vergleich zur Errichtung einer Abfallentsorgungsanlage erschweren. So verlangt z. B. die DepV teilweise die Inertisierung von Abfällen, bevor sie deponiert werden dürfen, vgl. §§ 2 Nr. 6, 6 Abs. 5 DepV (Deponie Klasse 0). Den Begriff „inert“ definiert § 3 Abs. 11 KrW-/AbfG73. Danach sind Inertabfälle mineralische Abfälle, die keinen wesentlichen physikalischen, chemischen oder biologischen Veränderungen unterliegen, sich nicht auflösen, nicht brennen und nicht in anderer Weise physikalisch oder chemisch reagieren, nicht biologisch abbaubar sind und andere Materialien, mit denen sie in Kontakt kommen, nicht in einer Weise beeinträchtigen, die zu nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt oder die menschliche Gesundheit führen könnte; die gesamte Auslaugbarkeit und der Schadstoffgehalt der Abfälle und die Ökotoxizität des Sickerwassers müssen unerheblich sein und dürfen insbesondere nicht die Qualität von Oberflächen- oder Grundwasser gefährden. Um diesen Zustand des Abfalls herzustellen, bedarf es in der Regel einer vorherigen – meist thermischen – Behandlung74. Wegen der genannten allgemeinen und besonderen Anforderungen des Abfallrechts an die Deponierung von Abfällen ist in der Regel eine gesonderte Vorbehandlung der Abfälle in einer anderen Anlage, die keine Deponie ist, notwendig. Daher ist die Anzahl der Abfallentsorgungsanlagen, die keine Deponie sind, als höher einzuschätzen. Die Zahl der Deponien geht zurück. Darüber hinaus haben sich sowohl die Europäische Gemeinschaft als auch der deutsche Gesetzgeber selbst das Ziel gesetzt, die Beseitigung von Abfällen insgesamt einzugrenzen. Im Jahr 2005 legte die Europäische Kommission ein endgültiges Abfallstrategiepapier vor, worin zum Ausdruck gebracht wurde, dass das Aufkommen von Abfall insgesamt sowie die Menge des zu beseitigenden Abfalls deutlich verringert werden soll; die Förderung einer Wiederverwendung steht danach im Vor-

70 Dritte Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz vom 14.5.1993 (BAnz. Nr. 99a), aufgehoben mit Wirkung vom 16.7.2009 durch § 1 VwV zur Aufhebung von Verwaltungsvorschriften zum Deponierecht vom 27.4.2009 (BAnz. Nr. 65 S. 1577). 71 Doedens/Kühle-Weidemeier, Siedlungsdeponieraum, S. 42 ff.; zum 17.7.2009 waren letzte Deponien zu schließen, die den Anforderungen der TASi und der AbfAblV nicht mehr entsprachen. Nunmehr gelten nur noch die Anforderungen der DepV. 72 Doedens/Kühle-Weidemeier, Siedlungsdeponieraum, S. 529 f. 73 Entspricht § 3 Abs. 6 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 74 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 111; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 46.

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dergrund75. Der deutsche Gesetzgeber plant darüber hinaus die Deponierung von Siedlungsabfällen, die einen Großteil der deponierten Abfälle darstellen, bis zum Jahr 2020 einzustellen. Ergebnis dieser Strategie soll eine reine Kreislaufwirtschaft sein, die anders als bisher die Stufe der Beseitigung nicht mehr kennt. Eine vom UBA in Auftrag gegebene Studie hat ergeben, dass dieses Ziel mit entsprechenden Maßnahmen bereits bis zum Jahr 2012 erreichbar ist76. Aus dieser dargestellten Bedeutung der Abfallentsorgungsanlagen, die nicht dem § 32 KrW-/AbfG unterfallen, soll die Sicherheitsleistung nach dem BImSchG im Vordergrund dieses Abschnitts stehen.

II. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Sicherheitsleistung Nach § 12 Abs. 1 S. 2 soll zur Sicherstellung der Nachsorgepflichten nach § 5 Abs. 3 bei genehmigungsbedürftigen Abfallentsorgungsanlagen i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 BImSchG i.V. m. § 1 der 4. BImSchV eine Sicherheitsleistung auferlegt werden. 1. Abfallentsorgungsanlage i. S. d. BImSchG Die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG ist nur dann möglich, wenn eine Abfallentsorgungsanlage gem. § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BImSchG betroffen ist. Das heißt, es muss sich um eine genehmigungsbedürftige ortsfeste Abfallentsorgungsanlage zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen handeln. Im Unterschied zum Anlagenbegriff nach § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BImSchG kommt es bei Abfallentsorgungsanlagen i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BImSchG und ihrer Genehmigungsbedürftigkeit nicht auf deren Immissionspotential an77, sodass grundsätzlich von jedem Betreiber einer Abfallentsorgungsanlage eine Sicherheitsleistung verlangt werden kann. Auch im BImSchG gilt der Abfallbegriff des § 3 KrW-/AbfG (vgl. Kap. 1, B.). Wie bei den Anlagen nach § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BImSchG ist auch eine Abfallentsorgungsanlage – trotz der Unabhängigkeit vom Gefährdungspotential – lediglich dann genehmigungspflichtig, wenn dieses eine Verordnung bestimmt, da § 4 Abs. 1 S. 3 BImSchG ebenso Anwendung auf Abfallentsorgungsanlagen findet78. Die Genehmigungspflicht ergibt sich daher aus dem Anhang zur 4. BImSchV, hier insbesondere die Anlagen, die 75 Vgl. hierzu das endgültige Strategiepapier vom 21.12.2005, KOM 2005, 670; vgl. weiter Ehrmann, AbfallR 2006, 19, 22; Stengler, AbfallR 2004, 230. 76 Vgl. Strategie für die Zukunft der Siedlungsabfallentsorgung (Ziel 2020), Kurzfassung, Ecologic – Institut für Internationale und Europäische Umweltpolitik, http:// www.cleaner-production.de/fileadmin/assets/pdfs/_85_Kurzfassung_Ziel2020.pdf. 77 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 4 BImSchG Rn. 38. 78 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 4 BImSchG Rn. 39.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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unter Nr. 8 Spalte 1 aufgezählt werden. Eine Genehmigungspflicht besteht aber auch für solche Abfallentsorgungsanlagen, die nicht in Nr. 8 der Anlage aufgezählt werden, soweit die Entsorgung von Abfällen i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 im Vordergrund steht79. Eine Abfallentsorgungsanlage i. S. d. §§ 4, 12 BImSchG ist vom Begriff der Deponie zu unterscheiden, da die Anordnung einer Sicherheitsleistung nicht nach § 12 BImSchG, sondern ausschließlich nach § 32 KrW-/AbfG möglich ist80. Nach § 3 Abs. 10 KrW-/AbfG ist eine Deponie eine Beseitigungsanlage zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien). Ergänzt wird die Bestimmung des deutschen Deponiebegriffs durch die Deponie-RL, § 2 Nr. 6–10 DepV. Ablagern meint die endgültige Beseitigung von Abfällen durch Niederlegung ohne eine weitergehende Behandlung81. Im Gegensatz dazu steht die bloße Lagerung von Abfällen, welche sich durch das zeitlich beschränkte Ablegen von Abfällen vor der Verwertung kennzeichnet82. Das deutsche Recht hat für die Fälle der langfristigen Lagerung, die keine Ablagerung im Sinne einer Deponierung darstellt, den Begriff des Langzeitlagers entwickelt. § 2 Nr. 19 DepV definiert das Langzeitlager. Langzeitlager sind danach Anlagen zur Lagerung von Abfällen nach § 4 Abs. 1 S. 1 BImSchG i.V. m. Nr. 8.14 des Anhangs zur 4. BImSchV. Aus dieser Definition ergibt sich, dass Anlagen zur Lagerung von bestimmten Abfällen oder einer bestimmten Menge Abfalls für einen Zeitraum von länger als einem Jahr Langzeitlager sind, die im deutschen Recht nicht dem Begriff der Deponie unterfallen; konsequenterweise dürfen Langzeitlager damit nur den Anforderungen des BImSchG unterliegen, da es gerade an einer Deponie fehlt. Der Gesetzgeber regelt aber ausdrücklich etwas anderes und stellt Langzeitlager den Deponien überwiegend gleich. Dieses beruht auf der Regelung § 7 Abs. 4 BImSchG. § 7 Abs. 4 S. 2 BImSchG regelt, dass die Bundesregierung für genehmigungsbedürftige Anlagen, die vom Anwendungsbereich der Deponie-RL 1999/31/EG erfasst werden, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats dieselben Anforderungen festlegen kann wie für Deponien i. S. d. § 3 Abs. 10 KrW-/AbfG, insbesondere Anforderungen an die Erbringung einer Sicherheitsleistung, an die Stilllegung und die Sach- und Fachkunde des Betreibers. Von dieser Norm werden ausschließlich die Langzeitlager, die nach dem BImSchG genehmigungspflichtig sind, erfasst83. Für Langzeitlager gelten dieselben Anforderungen, wie sie an Deponien gestellt werden, § 23 79

Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 146b. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 146b. 81 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 156. 82 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 4 BImSchG Rn. 37; Sparwasser/Engel/ Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 155. 83 Jarass, BImSchG, § 7 Rn. 22. 80

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DepV. Anordnungsgrundlage für Sicherheitsleistungen bei Deponien und Langzeitlagern ist daher nicht das BImSchG. Weder unter den Begriff der Deponie noch unter den Begriff des Langzeitlagers fällt das sog. Zwischenlager. Auch hier findet, vergleichbar mit einem Langzeitlager, lediglich ein vorübergehendes Ablegen des Abfalls statt84, sodass es hier schon an einem Ablagern fehlt. Wegen der zeitlichen Bestimmung in Nr. 8.14 des Anhangs zur 4. BImSchV fällt ein Lagern von Abfall über einen Zeitraum von maximal einem Jahr nicht unter den Begriff des Langzeitlagers. Ein Zwischenlager definiert sich über die Lagerung von Abfall über einen Zeitraum von maximal einem Jahr. Auf ein solches Zwischenlager findet weder das Recht der Deponien noch das Recht für genehmigungsbedürftige Anlagen nach dem BImSchG Anwendung, wenn nicht gefährliche Abfälle gelagert werden und die Aufnahmekapazität weniger als 10 Tonnen je Tag oder die Gesamtlagerkapazität weniger als 150 Tonnen beträgt, Nr. 8.14 Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV. Exkurs: Ist die Sicherung einer stillgelegten Abfallentsorgungsanlage ein genehmigungsbedürftiger Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage? Gerade für denjenigen, der nach Betriebseinstellung einer Abfallentsorgungsanlage die Sicherung der Anlage vornimmt, stellt sich die Frage, ob die befristete Behandlung von (illegal) gelagertem Abfall am Ort der Lagerung, um ausschließlich den Abfall aufzubereiten und somit eine bessere Entsorgung zu ermöglichen, einen genehmigungsbedürftigen Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage darstellt, für den eine separate Genehmigung beantragt und erteilt werden muss. In der Regel wird aus Kostengründen die Anlagensicherung nicht durch bloßen Abtransport des lagernden Abfalls erfolgen. Vorab ist eine Sortierung und ggf. eine Behandlung des Abfalls vorzunehmen. Darin liegt bereits eine Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 BImSchG. Dieses führte dazu, dass die kostengünstige Sicherung einer Anlage ihrerseits selbst genehmigungspflichtig wäre. Dieses Ergebnis ist aus praktischen Erwägungen heraus kaum haltbar. Wenn ein Störer lediglich seiner Pflicht nachkommt, das Anlagengelände wieder ordnungsgemäß herzustellen, ist es widersinnig, hierfür eine Anlagengenehmigung zu verlangen. Zu fragen ist daher, ob das Gesetz tatsächlich dahingehend auszulegen ist, dass auch solche Handlungen, die lediglich der Erfüllung einer (früheren) Betreiberpflicht dienen, genehmigungspflichtig sind. § 4 Abs. 1 BImSchG setzt den Betrieb einer Anlage voraus. Hier ist bereits fraglich, ob die Sicherung einer stillgelegten Anlage noch zum Betrieb der An84

Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 155.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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lage zu zählen ist. Zudem ist zu klären, ob es sich tatsächlich um eine Abfallbehandlungsanlage i. S. d. § 4 Abs. 1 BImSchG handelt. Abfallentsorgungsanlagen i. S. d. § 4 Abs. 1 BImSchG sind solche Anlagen, die der Lagerung und Behandlung von Abfällen dienen. Im konkreten Fall ist zu fragen, ob die Anlage der Behandlung von Abfällen dienen soll. Der Begriff „dienen“ bestimmt sich nach der Zweckbestimmung. Zweck einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss primär die Behandlung sein85. Anlagen, die einen anderen Zweck verfolgen, werden nicht erfasst. Aber ist bei einer Anlagensicherung der (primäre) Zweck der Anlage nicht ein anderer? Zweck ist es, die (illegale) Anlage zu sichern und zu entfernen. Die Behandlung des Abfalls ist hierfür nur Mittel zum Zweck und nicht der Zweck selbst. Es handelt sich danach schon nicht mehr um eine Abfallbehandlungsanlage, soweit lediglich die Anlagensicherung verfolgt wird und kein neuer Input erfolgt, der einer Behandlung zugeführt wird. Selbst wenn von einer Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 BImSchG auszugehen sein sollte, ist fraglich, ob es sich bei der Sicherung einer (illegalen) Abfallentsorgungsanlage überhaupt um ein „Betreiben“ handelt. Ein Betrieb der Anlage stellt die bestimmungsgemäße Nutzung dar. Der Betrieb und damit die Genehmigungsbedürftigkeit enden dann, wenn die Anlage stillgelegt oder beseitigt werden soll. Die Beseitigung einer Anlage ist daher nicht genehmigungspflichtig86. Daraus ergibt sich der Grundgedanke, dass auch der Abbruch einer Anlage keiner Genehmigung bedarf87. Da zu den Aufgaben eines Abfallentsorgungsunternehmens insbesondere auch das Lagern von Abfall zählt, muss es zum Abbruch der Anlage gehören, wenn der lagernde Abfall von der Anlage entfernt wird. Dass dabei eine Behandlung zur späteren besseren Entsorgung stattfindet, kann nicht dem Charakter der Sicherung/des Abbruchs entgegengehalten werden, solange kein neuer Input erfolgt. Auch bei Anlagen, die aus Gebäudekomplexen bestehen, ist ein Abbruch oftmals mit dem Brechen von Material verbunden, ohne dass hierfür eine gesonderte Genehmigung verlangt wird. Gleiches muss für eine Abfallentsorgungsanlage gelten. Das Entfernen der Altbestände, was hier der Hauptzweck der geplanten Handlungen ist, stellt keinen Betrieb einer Anlage dar88. Die Entfernung dient nicht der Behandlung, sondern lediglich der Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands und ist daher kein Betrieb der vorhandenen Anlage. Insbesondere in solchen Fällen, in denen bereits eine bestandskräftige Beseitigungsverfügung bestehen sollte, stellt sich die Forderung der Umweltbehörde 85

Jarass, BImSchG, § 4 Rn. 7. Feldhaus, BImSch-Recht, Bd. 1, § 4 BImSchG Nr. 13; Jarass, BImSchG, § 4 Rn. 43, 47. 87 Jarass, BImSchG, § 4 Rn. 47. 88 BayOblG, NuR 1998, 445 ff. 86

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

nach der Durchführung eines Genehmigungsverfahrens wegen widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) als unzulässige Rechtsausübung dar. Niemand darf sich so verhalten, dass er einen Vertrauenstatbestand setzt und diesen dann unter Berufung auf Recht und Gesetz unterläuft. Im Ergebnis sollte in solchen Fällen von einer Genehmigungspflicht abgesehen werden, so lange durch die Überwachung sichergestellt wird, dass sich die Anlagensicherung im Rahmen des Abfallrechts hält und keine neuen Betreibertätigkeiten (neuer Input oder Ähnliches) hinzutreten. 2. Die „Nachsorgepflicht“ nach § 5 Abs. 3 BImSchG Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG nur zur Sicherstellung der Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG (vgl. zum Inhalt dieser Nachsorgepflicht Kap. 2, E.) möglich. Ursprünglich war die Sicherheitsleistung nur zur Sicherstellung der abfallbezogenen Nachsorgepflicht bestimmt89. Nun bezieht sie sich auf alle in § 5 Abs. 3 BImSchG genannten Pflichten. 3. Ist die Anordnung einer Sicherheitsleistung auch bei Nebenanlagen möglich? In der Praxis ist häufiger zu beobachten, dass Anlagen nach § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BImSchG eine eigene Recyclinganlage in ihren Betriebsablauf integrieren. Fraglich ist, ob bei solchen „Nebenanlagen“, die nicht vorrangig dem Betriebszweck entsprechen, die Anordnung einer Sicherheitsleistung möglich ist. Wie bereits dargestellt, ist es unstreitig, dass eine Sicherheitsleistung auch solche Anlagen treffen kann, die vorrangig der Behandlung und Lagerung von Abfällen dienen und nicht in Nr. 8 Spalte 1 der 4. BImSchV, aber in einer anderen Nummer aufgezählt werden. Umstritten ist aber die Frage, wie mit Anlagen zu verfahren ist, die lediglich eine Anlage nach § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BImSchG ergänzen und nicht den Hauptzweck der Anlage bilden. Grete/Küster nehmen auch dann eine genehmigungsbedürftige Abfallentsorgungsanlage nach § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BImSchG an, wenn die Abfallbehandlung lediglich Bestandteil oder Nebeneinrichtung von Produktionsanlagen ist, sie jedoch selbst unter Nr. 8 des Anhangs der 4. BImSchV fällt; bei solchen Nebenanlagen kann die Anordnung einer Sicherheitsleistung ergehen90. Demgegenüber lehnt Hansmann in solchen Fällen die Anwendbarkeit der §§ 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG ab. Anlagen, die vorrangig einem anderen Zweck dienen, in denen aber auch Abfälle innerhalb des Produktionsablaufs stofflich oder thermisch verwertet werden, fal89 90

Vgl. ursprüngliche Fassung, BGBl. 2001 I, S. 1550. Grete/Küster, NuR 2002, 467, 468.

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len nicht unter den Begriff der Abfallentsorgungsanlage91. Eine tatsächliche Begründung dieser Ansicht fehlt jedoch. Hintergrund kann zum einen sein, dass von einer solchen Nebenanlage, die in einen Produktionsablauf eingebettet ist und in der die Abfälle zu Produktionszwecken eingesetzt werden, weniger Gefahren ausgehen. Zum anderen ist wohl der Charakter des nachrangigen Zwecks von großer Bedeutung. Die ablehnende Ansicht kann kaum überzeugen. Sie verkennt vollkommen den Zweck des § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG und die Verbindung mit § 5 Abs. 3 BImSchG. Es geht darum, Gefahren einer Abfallentsorgungsanlage zu vermeiden, die nach der Betriebseinstellung entstehen können. Allein der Umstand, dass die Abfallbehandlung nicht den Hauptzweck der Anlage darstellt, beseitigt nicht den Charakter der Abfallentsorgung und das davon ausgehende Gefahrenpotential. § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BImSchG selbst unterscheidet nicht zwischen einer Hauptund Nebenanlage, sondern spricht allgemein von Anlagen, die Abfälle lagern oder behandeln. Wo diese Abfälle entstehen und welchem Zweck die Anlage primär dient, ist dabei irrelevant. Gegen die ablehnende Ansicht spricht ebenso § 6 Abs. 2 BImSchG, der ausdrücklich das Phänomen der Mehrzweckanlage kennt. Bei solchen Anlagen ist die Genehmigung auf alle Betriebsweisen zu erstrecken. § 6 Abs. 2 BImSchG unterscheidet dabei auch nicht zwischen der Hauptanlage und der Nebenanlage. Ähnlich ist § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV zu verstehen. Danach gehören zur genehmigungsbedürftigen Anlage auch Nebenanlagen. Sind solche Nebenanlagen von der Genehmigung erfasst, muss sich auch die Sicherheitsleistung auf solche beziehen dürfen. Im Ergebnis liegt eine Abfallentsorgungsanlage auch dann vor, wenn es sich um eine Nebenanlage zu einer anderen Anlage handelt und gleichzeitig zumindest unter Nr. 8 des Anhangs zur 4. BImSchV fällt. Dem möglichen geringeren Gefahrenpotential einer solchen Nebenanlage ist lediglich im Rahmen der Ermessensentscheidung Rechnung zu tragen. Bei der Genehmigungspflicht von Abfallentsorgungsanlagen kommt es grundsätzlich nicht auf das Gefahrenpotential an. Die Charakterisierung als Abfallentsorgungsanlage nach § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BImSchG muss bestehen bleiben.

III. Die Form der Anordnung einer Sicherheitsleistung Die Anordnung einer Sicherheitsleistung bei Neuanlagen ist in § 12 BImSchG geregelt. § 12 BImSchG befasst sich mit Nebenbestimmungen. Die Genehmigung kann nach § 12 Abs. 1 S. 1 BImSchG unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Die Anordnung der

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Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 146b.

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Sicherheitsleistung ist eine spezielle Art der Nebenbestimmung, die ihre gesetzliche Ermächtigung i. S. d. § 36 Abs. 1 Alt. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)92 i.V. m. § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG gefunden hat. Die Sicherheitsleistung kann dabei je nach Ausgestaltung der Genehmigung sowohl eine Bedingung93 als auch eine Auflage94 sein. Beide Formen einer Nebenbestimmung sind denkbar95. Die Behörde hat je nach Einzelfall zu entscheiden, welche Form der Nebenbestimmung sie auswählt. 1. Die Vorteile einer Bedingung während des behördlichen Vollzugs Aus Sicht der öffentlichen Hand ist eine Bedingung zu bevorzugen. Eine Bedingung ist eine Bestimmung, nach welcher der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt, § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung in Form einer Bedingung knüpft die Wirksamkeit der Genehmigung („Eintritt einer Vergünstigung“) an die Erbringung der Sicherheitsleistung („zukünftiges Ereignis“). Erst eine Bedingung, die dem Anlagenbetreiber aufgibt, die Sicherheitsleistung zu erbringen, bevor er mit dem Betrieb der Anlage beginnt, stellt sicher, dass die verlangte Sicherheitsleistung bei Beginn der Abfallbehandlung vorliegt. Bei Erbringung der Sicherheitsleistung entfaltet die Genehmigung ihre Wirkung zugunsten des Anlagenbetreibers. Beginnt er ohne Erbringung der Sicherheitsleistung den Anlagenbetrieb, handelt es sich dabei um eine illegale Anlage i. S. d. § 20 Abs. 2 BImSchG; die Behörde ist dann berechtigt, die Anlage stillzulegen. Bei einer Auflage besteht die Gefahr, dass der Anlagenbetreiber von der Genehmigung Gebrauch macht, ohne dass er bisher die Sicherheitsleistung erfüllt hat. Die Auflage ist nur unabhängig von der Genehmigung durchzusetzen. Zwar kann bei Nicht-Erfüllung der Auflage auch eine Betriebsuntersagung nach § 20 Abs. 1 BImSchG ergehen. Die Stilllegung einer Anlage stellt jedoch einen – wenn auch nur unwesentlichen – Vorteil für die Überwachungsbehörde dar. Die Behörde hat bei der Entscheidung über die Stilllegung im Gegensatz zur Betriebsuntersagung nur ein begrenztes Ermessen. Bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale ergeht in der Regel eine Stilllegungsverfügung.

92 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.1.2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 14.8.2009 (BGBl. I S. 2827). 93 Kugelmann, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 12 Rn. 72; Schwermer, in: Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG 2. Aufl., § 8 Rn. 36. 94 Giesberts, in: Giesberts/Reinhardt – BeckOK BImSchG, § 12 BImSchG Rn. 17. 95 So auch Wasielewski, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 12 Rn. 23d; vgl. auch VGH München, NVwZ 1990, 992, 993.

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2. Prozessuale Vorteile einer Bedingung? Zusätzlich könnte die Auferlegung einer Sicherheitsleistung in Form einer Bedingung im Gegensatz zu einer Auflage einen prozessualen Vorteil haben. Nach der bisherigen ständigen herrschenden Literaturansicht und der früheren Rechtsprechung unterscheiden sich die Auflage und die Bedingung im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Klage durch die jeweils statthafte Klageart. Eine Auflage ist nach dieser früheren herrschenden Meinung eigenständig mit einer Anfechtungsklage angreifbar96. Rechtsmittel suspendieren damit die Anordnung der Sicherheitsleistung, jedoch nicht die Genehmigung als solche. Der Anlagenbetreiber kann mit dem Betreiben der Anlage beginnen, ohne jedoch eine Sicherheitsleistung erbracht zu haben. Mit Einlegung des Rechtsmittels wird der Behörde auch die Möglichkeit einer Betriebsuntersagung nach § 20 Abs. 1 BImSchG genommen, soweit sie nicht die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Einen Vorteil bringt nach der bisherigen herrschenden Literaturmeinung die Verwendung einer Bedingung. Diese ist danach nur gemeinsam mit der gesamten Genehmigung im Rahmen einer Verpflichtungsklage angreifbar97. Diese Ansicht beruht auf dem Umstand, dass die sog. „unselbständigen“ Nebenbestimmungen wie Befristung, Bedingung und wohl auch der Widerrufsvorbehalt nicht lediglich mit dem Verwaltungsakt verbunden, sondern ein integrierter Bestandteil sind. Nach dem Willen der Behörde soll der Verwaltungsakt bedingt gelten. Wird die Aufhebung der Bedingung begehrt, ist prozessualer Inhalt des Begehrens, den gesamten Verwaltungsakt samt Bedingung aufzuheben und einen begünstigenden Verwaltungsakt ohne Bedingung zu erlassen (Verpflichtungsbegehren). Folge einer Verpflichtungsklage ist, dass der Anlagenbetreiber mit Einlegung eines Rechtsbehelfs von der Genehmigung keinen Gebrauch machen kann, bis die Behörde zum Erlass einer neuen Genehmigung ohne die belastende Bedingung verpflichtet wurde. Der Adressat der unter einer Bedingung erteilten Genehmigung kann von dieser nur Gebrauch machen, wenn er auch die Bedingung erfüllt. Aufschiebende Wirkung kommt der Bedingung nicht zu98. Dieser prozessuale Vorteil der Behörde könnte jedoch nach der neueren Rechtsprechung des BVerwG nicht (mehr) bestehen. Danach ist gegen eine belastende Nebenbestimmung eines Verwaltungsakts die Anfechtungsklage die statthafte Klageart. Ob eine isolierte Anfechtung der Nebenbestimmung möglich ist, ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet99. Scheidet eine isolierte Anfechtungsklage offensichtlich aus, weil die 96 BVerwGE 29, 261, 265; Happ, in: Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 45, 47 ff.; Pietzcker, NVwZ 1995, 15, 20. 97 Vgl. Ausführungen von Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 54. 98 Sellner, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 12 BImSchG Rn. 184. 99 BVerwG, NVwZ 2001, 429.

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Nebenbestimmung unteilbar mit dem Verwaltungsakt verbunden ist, ist auf die Verpflichtungsklage zurückzugreifen100. Damit entschied das BVerwG, dass eine Anfechtungsklage in der Regel immer die statthafte Klageart gegen Nebenbestimmungen i. S. d. § 36 VwVfG sein soll, wenn nicht offensichtlich eine isolierte Anfechtbarkeit ausscheidet101. Infolge dieser Rechtsprechung102 wäre es möglich, die Anordnung einer Sicherheitsleistung in Form einer Bedingung wie eine Auflage mit einer Anfechtungsklage anzugreifen. Aus Sicht der Behörde stellt sich die Anfechtbarkeit einer Bedingung als Nachteil heraus, da ein Rechtsbehelf gegen die Bedingung aufschiebende Wirkung entfalten kann, ohne dass die Wirksamkeit der Genehmigung gehemmt ist. Eine Anfechtungsklage scheidet nur dann aus, wenn es offensichtlich ist, dass die Genehmigung und die aufschiebende Bedingung, die die Anordnung der Sicherheitsleistung enthält, nicht getrennt voneinander bestehen können. Ob die Anfechtungsklage die richtige Klageart ist, entscheidet sich also danach, ob die Anordnung der Sicherheitsleistung in Form einer aufschiebenden Bedingung offensichtlich untrennbar von der erteilten Genehmigung ist. Vertreten wird, dass bei gebundenen Entscheidungen eine Teilbarkeit anzunehmen ist103, da dem Antragsteller, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen, ohnehin die Genehmigung zu erteilen ist. Es geht mithin nur um die Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmung. Bei einer Anlagengenehmigung nach § 6 BImSchG handelt es sich um eine solche gebundene Entscheidung. Liegen die

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Sellner, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 12 BImSchG Rn. 187. So: OVG Münster, NVwZ 2004, 1384; OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2005, 394 f.; Brüning, NVwZ 2002, 1081; Jarass, BImSchG, § 6 Rn. 62; Labrenz, NVwZ 2007, 161, 162; Sellner, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 12 BImSchG Rn. 186; Sproll, NJW 2002, 3221, 3222; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 56 ff.; a. A.: Hanf, Nebenbestimmungen, S. 100: Dieser geht davon aus, dass das BVerwG weiterhin an seiner Rechtsprechung festhält, dass nur selbständige Nebenbestimmungen einer isolierten Anfechtung zugänglich sind, da es sich bisher in seinen Urteilen ausschließlich mit solchen Nebenbestimmungen befasst habe. Unselbständige Nebenbestimmungen waren bisher nicht Gegenstand eines Verfahrens vor dem BVerwG, sodass eine Rechtsprechung zu diesen noch nicht existiere. Diese Ansicht kann nicht überzeugen. Die getroffenen Formulierungen sprechen dafür, dass von der Anfechtungslösung alle Nebenbestimmungen betroffen sind. Hierfür spricht auch, dass das OVG Münster über eine Bedingung zu entscheiden hatte und dabei auf die Rechtsprechung des BVerwG zurückgegriffen hat. 102 Im Ergebnis sprechen wohl die besseren Gründe für die Rechtsprechung des BVerwG, da der Rechtsschutz gegen echte Nebenbestimmungen i. S. d. § 36 VwVfG vereinheitlich wurde. Zur Bewertung der Rechtsprechung des BVerwG vergleiche weiter: Brüning, NVwZ 2002, 1081 ff.; Happ, in: Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 46; Labrenz, NVwZ 2007, 161 ff.; Sproll, NJW 2002, 3221, 3222; Stelkens, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 56 ff. 103 Vgl. Ausführungen bei Hanf, Nebenbestimmungen, S. 106. 101

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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Genehmigungsvoraussetzungen vor, zu denen die Erbringung einer Sicherheitsleistung nicht gehört, ist die Genehmigung zu erteilen. Die Anordnung der Sicherheitsleistung hingegen steht im Ermessen der Behörde. Zudem besteht auch die Möglichkeit, die Sicherheitsleistung als Auflage anzuordnen. Dieses könnte dafür sprechen, dass eine Teilbarkeit anzunehmen sei. Allein darauf abzustellen, dass eine Nebenbestimmung, deren Erlass und Form im Ermessen der Behörde stehen, mit einer gebundenen Entscheidung verknüpft wird, greift jedoch zu kurz. Es ist insbesondere entscheidend, welche Beweggründe die Behörde hatte, um die Genehmigung mit einer aufschiebenden Bedingung zu verknüpfen. Bei der Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG in Form der aufschiebenden Bedingung soll gerade nicht die Genehmigungsfähigkeit in Abrede gestellt werden, sondern lediglich dafür gesorgt werden, dass die Sicherheitsleistung bereits bei Errichtung bzw. Inbetriebnahme der Anlage vorliegt, um jegliches Risiko, dass bei Insolvenz des Anlagenbetreibers die öffentliche Hand die Kosten der Nachsorgemaßnahmen zu tragen hat, auszuschließen. Für die Beurteilung der Teilbarkeit ist deshalb von Bedeutung, ob der in Frage stehende Teil mit dem anderen Teil des Verwaltungsakts in einem untrennbaren inneren Zusammenhang steht. Ein solcher Zusammenhang ist nicht gegeben, wenn die Teile getrennt voneinander auch selbständig bestehen könnten und durch eine mögliche Teilaufhebung keine andere Bedeutung erlangen würden, als ihnen im Zusammenhang des ursprünglichen ganzen Verwaltungsakts zukam104. Zu fragen ist also, ob die gewählte Nebenbestimmung noch ihren Zweck erreichen kann. Lägen die Bedingung, die die Sicherheitsleistung enthält, und die Genehmigung getrennt voneinander vor, wäre der geäußerte Wille der Verknüpfung umgangen worden und der Inhalt des erteilten Verwaltungsakts verändert. Eine Inbetriebnahme der Anlage wäre ohne Erbringung der Sicherheitsleistung möglich. Der Zweck der Verknüpfung von Bedingung und Genehmigung könnte nicht erreicht werden (Zweckentfremdung). Die als aufschiebende Bedingung angeordnete Sicherheitsleistung ist daher untrennbar mit der Genehmigung verbunden, auch wenn die Erteilung der Genehmigung eine gebundene Entscheidung ist105. Die Untrennbarkeit ist offensichtlich, sodass auch in Anwendung der neueren Rechtsprechung eine Anfechtungsklage ausscheiden muss. Statthafte Klageart ist allein die Verpflichtungsklage. Die Bedingung weist im Vergleich mit der Auflage auch einen prozessualen Vorteil auf. 104

BVerwG, NVwZ 1984, 366 f.; BVerwG, NVwZ-RR 1993, 225. So auch bezüglich einer Baugenehmigung, welche ebenfalls eine gebundene Entscheidung darstellt, OVG Berlin, NVwZ 2001, 1059, 1060; OVG Berlin, OVGE BE 22, 34; ähnlich auch das OVG Münster, NVwZ 2004, 138, hinsichtlich einer auflösenden Bedingung bei einer Deponie. 105

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

3. Die Anordnung der Sicherheitsleistung auch in Form einer Inhaltsbestimmung? Vorgeschlagen wird auch, die Auferlegung der Sicherheitsleistung als sog. Inhaltsbestimmung bzw. modifizierte Auflage auszugestalten106. Dieses erscheint zweifelhaft. Eine sog. Inhaltsbestimmung liegt dann vor, wenn bezüglich des Genehmigungsgegenstands unmittelbar Regelungen getroffen werden, das heißt, der Genehmigungsgegenstand im Umfang eingegrenzt, gestaltet oder näher qualifiziert wird107. Das Beantragte wird durch die Genehmigung inhaltlich verändert. Die Inhaltsbestimmungen unterscheiden sich dadurch von einer Nebenbestimmung/Auflage, dass eine zusätzliche Pflicht nicht hinzutritt, sondern der Umfang der Genehmigung (Hauptbestimmung) unmittelbar eine Regelung erfährt. Solche Inhaltsbestimmungen sind ausschließlich mit einer Verpflichtungsklage angreifbar, da es regelmäßig das Klageziel des Betreibers ist, ein „Mehr“ an Genehmigung zu erhalten108. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung kann eine solche Inhaltsbestimmung nicht darstellen. Der Genehmigungsgegenstand wird unmittelbar nicht verändert, sondern es wird eine gesonderte Pflicht auferlegt, die lediglich die Wirkung der Genehmigung zeitlich verschieben kann (bei Bedingung). Der Anlagenbetreiber darf die Anlage im Umfang wie beantragt betreiben, muss nur zusätzlich eine weitere Pflicht erfüllen. Daneben kann die genehmigende Behörde nicht per se den Charakter einer Bestimmung festlegen (z. B. Aussage in Überschrift, dass es sich bei folgenden Regelungen um eine „Inhaltsbestimmung“ handelt). Der Charakter bestimmt sich immer nach der konkreten Ausgestaltung in der Genehmigung und deren Wirkung. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung in Form einer Inhaltsbestimmung kommt daher nicht in Betracht. 4. Ergebnis zur Form der Anordnung einer Sicherheitsleistung Aus Behördensicht sollte im Ergebnis die Anordnung der Sicherheitsleistung in Form einer aufschiebenden Bedingung erfolgen, da diese in der Regel dem Zweck der Sicherheitsleistung am besten Rechnung trägt.

106 Grete/Küster, NuR 2002, 467, 471: Die Erlaubnis zum Fortbetrieb der Anlage soll vom Fortbestand des Nachweises der Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. 107 BVerwGE 69, 37, 39; Wasielewski, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 12 Rn. 11; Fluck, DVBl. 1992, 862; Sellner, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 12 BImSchG Rn. 94. 108 BVerwGE 69, 37, 39.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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IV. Das Entscheidungsermessen bei der Anordnung einer Sicherheitsleistung Entsprechend dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG soll die zuständige Behörde zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG bei genehmigungsbedürftigen Abfallentsorgungsanlagen eine Sicherheitsleistung auferlegen. Bei der Entscheidung über die Sicherheitsleistung steht der Behörde damit nur ein eingeschränktes Ermessen zu. In der Regel ist eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen; nur in atypischen Fällen kann davon abgesehen werden109. 1. Die „Insolvenzgefahr“ Bis zum Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt (RGU)110 stand es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde („kann“), eine Sicherheitsleistung anzuordnen111. Die sog. „Insolvenzgefahr“ 112 stand als ermessensleitender Aspekt im Mittelpunkt der behördlichen Entscheidung darüber, ob eine Sicherheitsleistung angeordnet wird. Es musste also die Gefahr bestehen, dass der Anlagenbetreiber zahlungsunfähig (§ 17 Insolvenzordnung [InsO]113) oder auch überschuldet (§ 19 InsO) sein wird (Vorliegen eines Insolvenzgrunds). Die Bedeutung der „Insolvenzgefahr“ beruhte auf dem Ziel der Sicherheitsleistung. Die Sicherheitsleistung soll bei Eintritt der Insolvenz eines Anlagenbetreibers verhindern, dass die öffentliche Hand solche Kosten übernehmen muss, die für eine Sicherung der Anlage vor Umweltgefahren und für eine Entsorgung der lagernden Abfälle im Wege der Ersatzvornahme entstehen. Entscheidend für 109 Im Rahmen des § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG besteht ein ähnlicher Streit wie bei § 32 KrW-/AbfG darüber, ob der Behörde überhaupt ein Entscheidungsermessen zukommt, nicht. Zwar räumt der Wortlaut des § 32 KrW-/AbfG, ähnlich wie § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG, ein Entscheidungsermessen ein. § 18 Abs. 1 DepV überlagert jedoch § 32 KrW-/AbfG (Frenz, KrW-/AbfG, § 32 Rn. 53 f.; Klages, in: Giesberts/Reinhardt – BeckOK KrW-/AbfG, § 32 KrW-/AbfG Rn. 26; Nicklas/Siederer, in: Gaßner/Siederer, Deponierecht, § 19 DepV Rn. 3; Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 32 Rn. 80; ähnlich, jedoch zweifelnd, ob so mit § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG vereinbar: Beckmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 32 KrW-/AbfG Rn. 76; Beckmann/Gersterkamp, UPR 2003, 206, 207). Nach § 18 Abs. 1 KrW-/AbfG hat die zuständige Behörde eine Sicherheitsleistung anzuordnen, soweit eine Deponie in Betrieb genommen wird (BVerwG, NVwZ 2008, 1122). 110 Vom 11.8.2009 (BGBl. I S. 2723), in Kraft getreten zum 1.3.2010. 111 BR-Drucks. 408/00, S. 3; BT-Drucks. 14/4926, S. 6; VG Leipzig, Urteil vom 10.1.2007, Az.: 1 K 1463/04, Rn. 28 – juris; VGH Kassel, Urteil vom 9.5.2007, Az.: 6 UE 42/02 – juris; Beckmann/Gersterkamp, UPR 2003, 206, 211; Füllkrug, BR 2004, 28, 29; Grete/Küster, NuR 2002, 467, 469; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 146d. 112 Grete/Küster, NuR 2002, 467, 469. 113 Insolvenzordnung vom 5.10.1994 (BGBl. I S. 2866), zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 7 des Gesetzes vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2355).

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

das „Ob“ der Sicherheitsleistung sollte damit sein, ob die Gefahr einer Insolvenz eines Anlagenbetreibers besteht, sodass dieser seinen Pflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG nicht mehr nachkommen kann. Wann eine solche „Insolvenzgefahr“ tatsächlich vorlag, war in Praxis und Rechtsprechung lange Zeit ungeklärt. a) Der Begriff der „Insolvenzgefahr“ in der Verwaltungspraxis Die Verwaltungspraxis ging davon aus, dass bei Abfallentsorgungsanlagen, deren Betreiber kein öffentlich-rechtlicher Träger ist, immer ein „latentes“ Risiko einer Insolvenz besteht114; es bedurfte mithin keiner konkreten Gefahr der Zahlungsunfähigkeit, um eine Sicherheitsleistung anordnen zu können115. Diese Sichtweise lehnte sich an die Rechtsprechung und Literatur bezüglich der Sicherheitsleistung nach § 8 Abs. 2 AbfG an116. Im Rahmen des § 8 Abs. 2 AbfG galt unbestritten, dass es keiner konkreten Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit bedurfte117. Die Verwaltungspraxis der Länder zu § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG a. F. wurde zudem mit weiteren Erwägungen begründet: Zum einen ist eine genaue Liquiditätsprüfung schädigend für den jeweiligen Anlagenbetreiber; zum anderen haben die Behörden keine ausreichenden Ressourcen – insbesondere Personal und Zeit –, um bei jeder Anlage (fortwährend) die Liquidität zu überprüfen118. Selbst bei Durchführung einer Bonitätsprüfung gebe eine solche nicht ausreichend Auskunft darüber, ob ein Risiko der Kostenübernahme des Staats bestehe. Dies war der Hauptgrund für die Annahme, eine konkrete Liquiditätsschwäche müsse nicht vorliegen; es sei allgemein bekannt, dass sich die wirtschaftliche Lage eines Anlagenbetreibers auch kurzfristig ändern könne119. Fordere die Behörde die Sicherheit erst dann, wenn konkrete wirtschaftliche Schwierigkeiten des Betriebs vorliegen, könnte der Gesetzeszweck nicht erreicht werden; Sicherungsgeber ließen sich zu diesem Zeitpunkt regelmäßig nicht mehr finden120. Auch die voraus114 VGH München, NVwZ 1990, 992; Beckmann/Gersterkamp, UPR 2003, 206, 211; Grete/Küster, NuR 2002, 467, 469. 115 VG Leipzig, Urteil vom 10.1.2007, Az.: 1 K 1463/04, Rn. 38 – juris; VG Minden, Urteil vom 15.9.2004, Az.: 11 K 3930/03, Rn. 21 – juris; Grete/Küster, NuR 2002, 467, 469. 116 Vgl. VG Leipzig, Urteil vom 10.1.2007, Az.: 1 K 1463/03, Rn. 38 – juris. 117 VGH München, NVwZ 1990, 992, 993; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG 2. Aufl., § 8 Rn. 34; Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 32 Rn. 80. 118 Vgl. hierzu Leitfaden des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 3.3. 119 Vgl. Kap. 3 Fn. 118. 120 Vgl. Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), S. 410, 412, Nr. 2.2; genauso Runderlass 35-40500/1/2/18 vom 30.9.2004 des Landes Niedersachsen zu Sicherheitsleistungen bei Abfallentsorgungsanlagen im Bereich des Immissionsschutzes, Nds.MBl. Nr. 33/2004, S. 637, Nr. 2.1.2; ebenso Leitfaden des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 3.3.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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sichtliche finanzielle Lage eines Anlagenbetreibers zum Zeitpunkt der Stilllegung der Anlage sei in die Entscheidung einzubeziehen, ob eine Sicherheitsleistung zu fordern ist121. Allein die abstrakte Gefahr einer Zahlungsunmöglichkeit war jedoch nicht ausreichend, um eine Sicherheitsleistung anordnen zu können. Insbesondere der Grundgedanke der Verhältnismäßigkeit fand sich in der bisherigen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis wieder. Als Grundsatz galt, dass die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit der Insolvenz umso geringer sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist122. Für die Frage nach der Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts wurden mehrere Parameter aufgestellt, die heranzuziehen waren. Wichtigster Aspekt, um die Wahrscheinlichkeit eines Schadens zu bestimmen, war der sog. „negative Marktwert“. Sobald ein negativer Marktwert vorlag, war in der Regel davon auszugehen, dass aufgrund der Art und Zusammensetzung des gelagerten Abfalls und der damit vorliegenden Erfahrungen die Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts im Insolvenzfall stark erhöht ist123. Bei einem solchen negativen Marktwert war es daher regelmäßig notwendig, eine Sicherheitsleistung anzuordnen. Den Begriff „negativer Marktwert“ definierten weder die Rechtsprechung noch die Verwaltung. Zum Teil wurden lediglich spezielle Abfallgruppen aufgezählt, bei denen ein negativer Marktwert anzunehmen war124. Diese waren überwiegend Bauabfälle, Altholz, Altreifen und gemischte Siedlungsabfälle. Eine Beschränkung der Sicherheitsleistung auf diese Abfälle ließ die Verwaltungspraxis der Länder jedoch nicht erkennen125. Eine allgemeingültige Definition des Begriffs „negativer Marktwert“ kann anhand folgender Aussagen ermittelt werden. In der Wirtschaftswissenschaft ist der Marktwert der durch einen durchschnittlich gehandelten Preis bestimmte Wert eines Guts von mittlerer Art und Güte im Zeitpunkt einer Transaktion126. Kann der Inhaber des Guts mit der Transaktion keine Einnahmen erzielen127 oder erleidet er gar Verluste, liegt ein negativer Marktwert vor. Um bei der jeweiligen Anlage den Marktwert der zu behandelnden und lagernden Abfälle zu bestimmen, kommt es im Einzelfall darauf an, welche Art und Menge von Abfall dort lagert. Ist mit der 121

VGH München, NVwZ 1990, 992, 993. VG Karlsruhe, VBlBW 1983, 315, 316; Beckmann/Gersterkamp, UPR 2003, 206, 211; Grete/Küster, NuR 2002, 467, 469. 123 Vgl. hierzu Runderlass 35-40500/1/2/18 (vgl. Kap. 3 Fn. 120), S. 637, Nr. 2.2. 124 Vgl. hierzu Runderlass 35-40500/1/2/18 (vgl. Kap. 3 Fn. 120), S. 637, Nr. 2.2. 125 Vgl. hierzu Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), S. 410, 412, Nr. 2.4: „Eine finanzielle Absicherung der Entsorgung ist nur erforderlich, soweit in der Anlage Abfälle mit negativem Markwert gelagert werden.“ Eine Begrenzung auf bestimmte Abfallgruppen findet dabei nicht statt. 126 Gabler-Wirtschafts-Lexikon, K–R, S. 1994. 127 Vgl. hierzu auch Grete/Küster, NuR 2002, 467, 469; ebenso Leitfaden des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 3.4.3. 122

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

möglichen Weiterveräußerung des Abfalls ein Gewinn zu erwirtschaften, liegt kein Grund für die Erhebung einer Sicherheitsleistung vor128. Gleiches muss für solche Fälle gelten, in denen die Entsorgung zumindest nicht erfordert, finanzielle Mittel ohne Gegenleistung aufzuwenden. Ob die Entsorgung für den Entsorgenden Einnahmen erbringen kann, ist schwerlich allgemein zu bestimmen, da sich die Marktsituation regelmäßig ändert. In diesen Fällen können die Behörden lediglich eine Prognose über den Marktwert bei Stilllegung abgeben. Als Grundsatz kann jedoch gelten, dass Abfälle zur Beseitigung keinen positiven Marktwert besitzen werden, da bei ihnen keine – vorrangige – Substitution anderer Rohstoffe stattfindet. Ist jedoch eine Verwertung möglich, liegt ein positiver Marktwert wegen der Substitution nahe. Weitere von der Verwaltungspraxis anerkannte Ausnahmen von der Annahme eines Insolvenzrisikos waren z. T. das Vorliegen eines abgesicherten Verwertungskonzepts, unbedeutende Abfalllagerungen oder andere mögliche Verantwortliche für die Abfallentsorgung als der Anlagenbetreiber. Ein abgesichertes Verwertungskonzept war z. B. darin zu sehen, dass ein Dritter vertraglich das Entsorgungsrisiko im Insolvenzfall übernimmt129. Notwendig war ein Nachweis über den kontinuierlichen Durchsatz der vorhandenen Abfälle und die spätere Abgabe130. Wichtig war jedoch, dass bei Abfallentsorgungskonzepten oder vertraglichen Regelungen anderer Verantwortlicher eine sog. Insolvenzfestigkeit vorliegt. Eine solche war anzunehmen, wenn unabhängig von der Insolvenz des Anlagenbetreibers und des Dritten eine Abfallentsorgung sicher stattfindet. Erst dann konnten diese Ausnahmen zur Anwendung kommen. Unbedeutende Abfalllagerungen lagen dann vor, wenn die geschätzten Entsorgungskosten relativ gering waren. In der Verwaltungspraxis war eine Spanne von 10.000 A131 bis 20.000 A132 zu verzeichnen. Zu beachten war regelmäßig, dass in der Verwaltungspraxis bei öffentlichrechtlichen Entsorgungsanlagen keine Sicherheitsleistung angeordnet wurde, da wegen einer angenommenen „Einstandspflicht“ der öffentlichen Hand nicht mit einem Schaden gerechnet wurde133.

128 Dombert, BR 2003, 22, 23; ähnlich Leitfaden des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 3.4.3. 129 Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), S. 410, 412, Nr. 2.5; ebenso Leitfaden des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 3.4.2. 130 Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), S. 410, 412, Nr. 2.4; Runderlass 3540500/1/2/18 (vgl. Kap. 3 Fn. 120), S. 637, Nr. 2.2.3. 131 Runderlass 35-40500/1/2/18 (vgl. Kap. 3 Fn. 120), S. 637, Nr. 2.2.1; ebenso Leitfaden des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 3.4.4. 132 Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), S. 410, 412, Nr. 2.8. 133 Grete/Küster, NuR 2002, 467, 469; Leitfaden des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 3.4.1; Runderlass 35-40500/1/2/18 (vgl. Kap. 3 Fn. 120), S. 637, Nr. 2.2.6; Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), ABl. 2003, S. 410, 412, Nr. 2.3.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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b) Der Hessische VGH zur „Insolvenzgefahr“ Der geschilderten Verwaltungspraxis, die sich auf die bisherige Rechtsprechung und Literatur zum § 8 Abs. 2 AbfG stützte, trat der Hessische VGH mit seinem Urteil vom 9.5.2007134 entgegen. Danach reichte eine bloße abstrakte Insolvenzgefahr nicht aus, um eine Sicherheitsleistung anordnen zu können. Der Hessische VGH sah eine Insolvenzgefahr erst dann als gegeben an, wenn der Anlagenbetreiber Abfälle ohne Verwertungsabsicht anhäuft oder nur ein unzureichendes Verwertungskonzept aufweist135. Diese Auslegung des Begriffs „Insolvenzgefahr“ begründete der VGH mit dem in den Gesetzesmaterialien zu § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG a. F. genannten Zweck der Sicherheitsleistung. Nur dieser allein könne für die Ermessensentscheidung im Rahmen der Anordnung einer Sicherheitsleistung ausschlaggebend sein. Zweck der Norm sei es gewesen, die Annahme und Anhäufung von Abfällen ohne Verwertungsabsicht oder mit unzureichendem Verwertungskonzept durch unseriöse Betreiber auf Kosten der öffentlichen Hand zu verhindern. Nach dem Gesetzesvorschlag des Landes Brandenburg, der von der Bundesregierung übernommen wurde, sollten Gesetzeslücken, die unseriöse Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen zielgerichtet ausnutzten, geschlossen werden. Soweit keine Anhaltspunkte für die Unseriosität eines Betreibers vorlägen, war nach den Ausführungen des VGH die Anordnung einer Sicherheitsleistung ausgeschlossen. Weiter begründete der VGH seine Entscheidung damit, dass die alte Rechtsprechung und Literatur zu § 8 Abs. 2 AbfG, auf die sich die Verwaltungspraxis zu § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG bezog, nicht entsprechend auf § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG anwendbar sei136. Die Rechtsprechung und einschlägige Literatur beschäftige sich mit Deponien. § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG a. F. sei hingegen auf Deponien nicht anwendbar und befasse sich mit sonstigen Abfallentsorgungsanlagen. Regelungen bezüglich Deponien seien nicht auf sonstige Abfallentsorgungsanlagen übertragbar, da das Gefahrenpotential ein anderes sei. Folge dieses Urteils wäre eine stark eingeschränkte Möglichkeit der öffentlichen Hand gewesen, eine Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG a. F. anzuordnen. Ohne einen Nachweis darüber, dass der Anlagenbetreiber mit hoher Wahrscheinlichkeit unseriös ist, oder bei Vorliegen eines nachvollziehbaren Verwertungskonzepts hätte die Anordnung einer Sicherheitsleistung ausscheiden müssen. Diese Rechtsprechung des Hessischen VGH fand in der Literatur sowohl Zustimmung137 als auch Widerspruch138. 134 135 136 137

VGH Kassel, ZUR 2007, 485. VGH Kassel, ZUR 2007, 485. VGH Kassel, ZUR 2007, 485, 486. Kopp-Assenmacher, ZUR 2007, 575, 578.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Für die Auslegung sprach, dass die Sicherheitsleistung sonst ein flächendeckendes Instrument und die Anordnung der Regelfall gewesen wäre, obwohl sie nur ein Sonderfall sein sollte139. Trotzdem war die Ansicht des Hessischen VGH abzulehnen, da die Sicherheitsleistung sonst ein „stumpfes Schwert“ gewesen wäre. Behörden wären nie in der Lage gewesen, dem Anlagenbetreiber dessen Unseriosität darzulegen. Es widerspricht außerdem dem grundlegenden Zweck der Norm, konkrete Anhaltspunkte für eine Insolvenz des Anlagenbetreibers abzuwarten. Konkrete Anhaltspunkte wären nur bereits auftretende Zahlungsschwierigkeiten. Bei Eintritt solcher Liquiditätsengpässe besteht in der Regel bereits eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Anlagenbetreiber nicht mehr in der Lage sein wird, die Sicherheitsleistung zu erbringen. Auch gesetzessystematische Gründe sprachen gegen die Rechtsprechung des Hessischen VGH. § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG a. F. selbst regelt nicht, wie das Ermessen auszuüben ist. Dem Wortlaut nach ähnelte § 12 Abs. 1 S. 1 BImSchG sehr § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG. Letztere Norm entspricht im Wortlaut dem alten § 8 Abs. 2 AbfG, welcher bis zum Erlass des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes auf alle Abfallentsorgungsanlagen Anwendung fand. Die bisherige Verwaltungspraxis und herrschende Literaturmeinung beruht auf einer Rechtsprechung, die zu diesem alten § 8 Abs. 2 AbfG entwickelt wurde140. Wegen dieser Ähnlichkeit des Wortlauts der Normen spricht einiges dafür, dass beide in gleicher Weise anzuwenden waren. Ferner verpflichtet der Gesetzgeber die Behörde, die Genehmigung nach § 6 BImSchG bereits zu versagen, wenn sie erkennt, dass der Betreiber unseriös ist141. c) Die Urteile des VG Minden und des VG Leipzig Die Rechtsprechung des Hessischen VGH war die einzige, die sich gegen die bisherige Verwaltungspraxis ausgesprochen hatte. Andere Gerichte zogen bei der Anwendung des § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG a. F. die Grundsätze heran, die die Rechtsprechung zum damaligen Abfallrecht entwickelt hatte142. 138

Buch, AbfallR 2008, 2 ff. So Kopp-Assenmacher, ZUR 2007, 575, 577; ähnliche Bedenken hat Cranshaw, jurisPR-InsR 17/2008 Anm. 4, der im Grunde jedoch die praktischen Erwägungen für die Verwaltungspraxis als wichtiger einstuft. 140 Vgl. VGH München, NVwZ 1990, 992; Grete/Küster, NuR 2002, 467, 469; Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 32 Rn. 80; Schwermer, in: Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG 2. Aufl., § 8 Rn. 34. 141 So Grete/Küster, NuR 2002, 467, 469. 142 VG Leipzig, Urteil vom 10.1.2007, Az.: 1 K 1463/04 – juris; VG Minden, Urteil vom 15.9.2004, Az.: 11 K 3930/03 – juris. Insbesondere das VG Leipzig hatte sich mit der Frage beschäftigt, ob die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 1 BImSchG a. F. Anhaltspunkte für die Annahme von Abfällen ohne Verwertungsabsicht 139

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d) Das BVerwG zur „Insolvenzgefahr“ Die geschilderten Bedenken gegen die Auslegung des Hessischen VGH hielten das BVerwG dazu an, mit Urteil vom 13.3.2008143 das Urteil des Hessischen VGH aufzuheben. Danach konnte vom Betreiber einer Abfallentsorgungsanlage i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 2 BImSchG zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG eine Sicherheitsleistung auch ohne Zweifel an der Liquidität des Betreibers gefordert werden. Weder der Wortlaut, noch die Entstehungsgeschichte, der Sinn und Zweck oder die Systematik sprachen für die vom Hessischen VGH getroffenen Beschränkungen der Ermessensausübung. Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG enthielt keine Einschränkungen für solche Fälle, in denen ein nachvollziehbares Verwertungskonzept fehlte oder an der Seriosität der Anlagenbetreiber zu zweifeln war. Auch den entscheidenden Gesetzesmaterialien ließen sich keine Aussagen darüber entnehmen, wie das Ermessen auszuüben ist. Ausschlaggebend waren letztlich diese, die zur Umsetzung der IVU-RL dienten. Sinn und Zweck der Sicherheitsleistung war es vor allem, die öffentliche Hand bei Zahlungsunfähigkeit des Betreibers einer Abfallentsorgungsanlage nicht die zum Teil erheblichen Sicherungs-, Sanierungs- und Entsorgungskosten tragen zu lassen. Mit den vom Hessischen VGH gestellten Anforderungen wäre es praktisch nicht möglich gewesen, dieses Ziel der Norm zu erreichen, da nicht vorhersehbar sei, ob der Anlagenbetreiber bei Betriebseinstellung noch liquide sei. Selbst ein ordnungsgemäßes Verwertungskonzept machte eine Insolvenz des Anlagenbetreibers und damit seine Unfähigkeit, die angehäuften Abfälle zu entsorgen, nicht unwahrscheinlicher. Entscheidend war die jeweilige Marktentwicklung. Es ist „praktisch nicht möglich, den Zeitpunkt zu finden, an dem schon Zweifel an der Liquidität des Betreibers bestehen, dieser aber noch kreditwürdig ist.“ e) Das Rechtsbereinigungsgesetz Mit dem Rechtsbereinigungsgesetz wurden die noch scheinbar bestehenden Anfordungen an das behördliche Ermessen vermindert, indem die Behörden die Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG n. F. anordnen sollen; ein Absehen von der Sicherheitsleistung ist danach nur noch in bestimmten, atypischen Einzelfällen möglich. Der Gesetzgeber begründete diese Verschärfung damit, dass nach einzelnen Gerichtsentscheidungen bei dem bisherigen freien Ermessen oder hinreichendes Verwertungskonzept voraussetzte. Diese Frage hat es in seinem Urteil vom 10.1.2007 verneint und entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis hervorgehoben, dass die Sicherheitsleistung auch das allgemeine Insolvenzrisiko privater Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen abdecken sollte. 143 Zu den folgenden Ausführungen vgl. BVerwG, NVwZ 2008, 681–683.

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der Behörde eine Sicherheitsleistung nur dann gefordert werden konnte, wenn Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit des Betreibers oder eine drohende Insolvenz vorliegen144. Dieser Gesetzesänderung hat es nach dem bisherigen Verlauf der Diskussion zu § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG a. F. nicht bedurft145. Nach den zustimmungsbedürftigen Aussagen des BVerwG kam es bei der Anordnung der Sicherheitsleistung überhaupt nicht mehr auf die Seriosität oder die Liquidität des Anlagenbetreibers an. Für die Anordnung einer Sicherheitsleistung genügte bereits eine „abstrakte Insolvenzgefahr“. Diese war in der Regel anzunehmen, wenn private Anlagenbetreiber einer Abfallentsorgungsanlage Abfälle mit einem negativen Marktwert annahmen, behandelten oder lagerten. Konkreter Hinweise dafür, dass Insolvenzgründe vorliegen oder vorliegen werden, bedurfte es nicht. Die Anforderungen an die Ermessensausübung waren damit sehr gering, sodass das die behördlichen Entscheidungen bereits einer eingeschränkten Ermessensausübung, wie sie jetzt gesetzlich geregelt ist, vergleichbar waren146. Jeder Betreiber einer Abfallentsorgungsanlage hatte schon nach der alten Rechtslage fest mit der Auferlegung einer Sicherheitsleistung zu rechnen und dieses in sein betriebswirtschaftliches Konzept für seine Anlage mitaufzunehmen. In der Sache ändert also die neue nichts an der bisherigen Rechtslage. Anders als der Gesetzgeber annimmt, war die Rechtlage auch als geklärt anzusehen. Allein der Hessische VGH hatte eine strenge Auslegung des § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG a. F. angestrebt. Dessen Urteil hatte das BVerwG allerdings aufgehoben. Trotzdem sehen sich nun die Bundesländer veranlasst, neue Verwaltungsvorschriften zu erlassen, wie das eingeschränkte Ermessen nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG n. F. auszuüben sein wird. Große Änderungen sind nicht zu erwarten. Richtig wäre es, die Mengenbegrenzungen aufzugeben. Der negative Marktwert sollte jedoch als Anhaltspunkt weiterhin Beachtung finden. Fehlt jeglicher möglicher negativer Marktwert, ist es unverhältnismäßig, eine Sicherheitsleistung zu verlangen147. f) Ergebnis zur „Insolvenzgefahr“ Mit der neuen Rechtslage impliziert der Gesetzgeber bei allen Abfallentsorgungsunternehmen eine abstrakte Insolvenzgefahr, die genügt, eine Sicherheitsleistung anzuordnung. Nur in besonderen Ausnahmefällen – die die Verwaltungs144

BR-Drucks. 281/09 (B), S. 17. So auch Kopp-Assenmacher, AbfallR 2010, 150 ff.; wohl ähnlich Diekmann, UPR 2010, 178 f. 146 Ähnlich Diekmann, UPR 2010, 178, 180. 147 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Höhe der Sicherheitsleistung, da der negative Marktwert im Grunde eine Frage der Höhe ist. 145

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praxis noch genau herausarbeiten muss – kann von der Anordnung abgesehen werden. Die grundsätzliche Vermutung einer „Insolvenzgefahr“ erscheint zwar einseitig zulasten des Anlagenbetreibers ausgestaltet zu sein, da die Aufnahme einer Sicherheitsleistung in der Regel eine finanzielle Belastung darstellt; der Betreiber muss entweder unmittelbar die Zahlung erbringen oder seine Kreditlinie oder andere Vermögenswerte belasten, was wiederum ein Insolvenzrisiko darstellen kann. Eine Unverhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regel kann darin jedoch nicht gesehen werden. Die Entsorgung von Abfall ist zu großen Teilen eine kostspielige Angelegenheit. Die auftretenden Kosten können bei größeren Anlagen Millionenbeträge erreichen. Wenn der Staat am Ende diese Kosten übernehmen müsste, würde der Haushalt sehr stark belastet. Der Anlagenbetreiber erhält für die Annahme des Abfalls ein Entgelt, was bei der Insolvenz aber nicht mehr vorhanden ist, um die Abfälle zu entsorgen. Die Sicherheitsleistung ist daher nicht unverhältnismäßig. Auch rechtfertigt der mögliche Verwaltungsaufwand, den die Behörden betreiben müssten, um im Einzelfall bei Genehmigungserteilung die Liquidität zu prüfen, eine generelle Vermutung der Insolvenzgefahr. 2. Wettbewerbsrechtliche Bedenken gegen die bisherige Verwaltungspraxis Die bereits oben angesprochene Verwaltungspraxis zur Anordnung der Sicherheitsleistung differenzierte bisher bei der Entscheidung darüber, ob eine Sicherheitsleistung angeordnet werden soll, zwischen solchen Anlagen, die die öffentliche Hand betreibt, und solchen, die private Personen betreiben. Danach war es entbehrlich, bei Anlagen, deren Betreiber eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen. Die Verwaltungspraxis beruht auf der Ansicht, dass wegen einer „Einstandspflicht“ bei öffentlich-rechtlichen Anlagenbetreibern praktisch ein Insolvenzrisiko fehlt148. Solche öffentlich-rechtlichen Anlagenbetreiber sind z. B. Gemeinden, Landkreise, Zweckverbände, die selbst unmittelbar Betreiber der Anlage sind, oder kommunale Eigenbetriebe. Von der Sicherheitsleistung nicht ausgenommen sind Gesellschaften des Privatrechts, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist. Auch nach der Gesetzesänderung durch das Rechtsbereinigungsgesetz ist nicht damit zu rechnen, dass die Verwaltung von ihrer Praxis abweichen wird; die in § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG n. F. implizierte Insolvenzgefahr fehlt nach Ansicht der behördlichen Praxis bei Anlagen eines öffentlich-rechtlichen Betreibers.

148 Vgl. hierzu: Leitfaden des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 3.4.1; Runderlass 35-40500/1/2/18 (vgl. Kap. 3 Fn. 120), S. 637, Nr. 2.2.6.; Runderlass des Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt vom 20.1.2005 – 31.2-44002, MBl. LSA 2005, S. 52, Nr. 2.3.

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Gegen diese Ausprägung der Verwaltungspraxis bestehen jedoch Bedenken. Die vorhandene Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anlagenbetreibern könnte gegen die sog. Wettbewerbsfreiheit verstoßen. Die Wettbewerbsfreiheit gewährleistet zunächst die freie Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr, also die Teilnahme am „Wettbewerb“, die über Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist149. Aber auch Art. 3 Abs. 1 GG ist von großer Bedeutung, um die Voraussetzungen für einen fairen Wettbewerb zu schaffen. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt grundsätzlich die Pflicht der staatlichen Organe, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln; damit einhergeht das Gebot der Chancengleichheit im Wettbewerb150. Dieses Gebot stellt sicher, dass staatliche Organe die Chancengleichheit der Konkurrenten auf einem Markt nicht verletzen, indem sie einen Mitbewerber willkürlich zulasten des anderen begünstigen151. Eine ähnliche Ausprägung dieses Grundsatzes findet sich unmittelbar auch in Art. 106 AEUV, wonach die Mitgliedstaaten in Bezug auf öffentliche Unternehmen keine den europäischen Verträgen und insbesondere dem Art. 10 AEUV (Allgemeines Diskriminierungsverbot) und den Art. 101–109 AEUV (kartellrechtliche Vorgaben und Beihilfevorschriften) widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten werden. Mit der „Bevorzugung“ der staatlichen Abfallentsorgungsunternehmen bei Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG könnte die Verwaltungspraxis gegen dieses Gebot der Chancengleichheit im Wettbewerb verstoßen152. a) Besteht Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anlagenbetreibern? Zu einem solchen Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit („Wettbewerbsverzerrung“) kann es jedoch nur kommen, wenn öffentlich-rechtlich betriebene Anlagen und privatrechtlich betriebene Anlagen auch tatsächlich auf dem Gebiet der Abfallentsorgung miteinander in wirtschaftlichen „Wettbewerb“ treten. aa) Der Begriff des Wettbewerbs Wettbewerb bezeichnet in der Wirtschaftswissenschaft das Streben von mindestens zwei Akteuren nach einem Ziel, wobei das Erreichen von Marktvorteilen 149 BVerfGE 65, 167, 174; BVerfG, Urteil vom 26.6.2002, Az.: 1 BvR 558/91 – juris; Lindner, DÖV 2003, 185, 186 f. 150 Heintzen, NVwZ 2000, 743. 151 Tsiliotis, Wettbewerbsfreiheit, S. 116. 152 Eine andere Frage ist die nach der Unterbindung der staatlichen Konkurrenz überhaupt. Diese Abwehr staatlicher Konkurrenz ist nur in Ausnahmefällen durch die Grundrechte (Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG) geschützt. Diese bieten nur einen Schutz, wenn die private Konkurrenz durch die staatliche Betätigung unmöglich gemacht wird (BVerwG, NJW 2000, 802). Ob Art. 3 Abs. 1 GG vor dem Beginn der staatlichen Betätigung schützt, wird weitgehend abgelehnt (BVerfGE 17, 306, 311).

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zulasten des anderen Marktteilnehmers gehen soll153. Eine konkrete gesetzliche Bestimmung des Begriffs „Wettbewerb“ findet sich nicht. Jedoch definiert das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)154 in § 2 UWG den Begriff des Mitbewerbers. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ist ein „Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Eine unternehmerische Handlung ist jede selbständige und auf Dauer abzielende wirtschaftliche Betätigung, die auf den entgeltlichen Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen und auf nicht bloße Bedarfsdeckung gerichtet ist155. Eine Gewinnerzielung ist dabei nicht notwendig156. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn zwei Parteien vergleichbare Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und durch wettbewerbliches Verhalten der einen Partei eine Wechselbeziehung in der Art entsteht, dass der Erfolg des einen zulasten des anderen gefördert wird157. Voraussetzung für ein solches Wettbewerbsverhältnis ist jedoch, dass die beteiligten Unternehmen auf demselben Markt tätig sind oder tätig werden wollen158. Die Wettbewerber müssen jedoch auch eine geschäftliche Handlung vornehmen. Eine solche ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Wettbewerb verlangt also nach einem (rechts-)geschäftlichen Verkehr159. Aus diesen Definitionen ist eine einheitliche Definition für den Begriff „Wettbewerb“ zu bilden. Zwei Unternehmen müssen als Anbieter oder Erwerber einer Sache oder Dienstleistung im rechtsgeschäftlichen Verkehr in Konkurrenz um ein und denselben Kunden treten („reale Konkurrenzsituation zwischen wirtschaftlichen Subjekten“ 160), wobei der Zuschlag zugunsten eines Bewerbers zulasten des anderen geht. Um festzustellen, ob überhaupt ein Wettbewerb zwischen den Anlagen der öffentlichen Hand und derjenigen eines privaten Betreibers besteht, ist zu unter153

Aberle, Wettbewerbstheorie, S. 13; Creifelds/Weber, Rechtswörterbuch, S. 1370,

Sp. 1. 154 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3.7.2004 (BGBl. I S. 1414), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2413). 155 Piper, in: Piper/Ohly, UWG, § 2 Rn. 42. 156 BGH, GRUR, 74, 733, 734. 157 BGH, WRP 2004, 1272, 1274; BGH, GRUR, 1999, 69, 70. 158 Vgl. BGH, WRP 2001, 148, 149. 159 Lettl, BB 2006, 2365. 160 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 2 Rn. 1; Bührle, Gründe und Grenzen, S. 313.

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suchen, unter welchen Umständen die öffentliche Hand an der Abfallentsorgung teilnimmt und ob dadurch ein Wettbewerbsverhältnis begründet wird. bb) Anwendung des entwickelten Wettbewerbsbegriffs auf öffentlich-rechtliche Abfallentsorgungsunternehmen gem. den §§ 13, 15 KrW-/AbfG161 (1) Der Begriff der Überlassungspflicht im KrW-/AbfG Im Abfallrecht ist die Abfallentsorgung durch die öffentliche Hand ausdrücklich geregelt. Grundlegende Normen sind die §§ 13, 15 KrW-/AbfG, die die öffentliche Hand in bestimmten Bereichen der Abfallentsorgung privilegieren. Nach den §§ 5 und 10 KrW-/AbfG gilt zunächst der allgemeine Grundsatz des Abfallrechts, wonach die Besitzer bzw. Verursacher des Abfalls verpflichtet sind, ihren Abfall selbst zu verwerten oder zu beseitigen. Diese Regel geht auf das Verursacherprinzip zurück und soll dafür sorgen, dass derjenige, der Abfall verursacht, auch für dessen Entsorgung einstehen muss162. Das KrW-/AbfG bevorzugt eine private Kreislaufwirtschaft163, da ein großer Anteil des anfallenden Abfalls nicht von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen stammt. In der Regel sind private Personen selbst zur Entsorgung des Abfalls verpflichtet. Diese können ihrerseits Dritte (§ 16 KrW-/AbfG), Verbände (§ 17 KrW-/AbfG) oder Selbstverwaltungskörperschaften (§ 18 KrW-/AbfG) mit der Erfüllung der Verwertungsund Beseitigungspflichten beauftragen164. Diese Normen bringen zum Ausdruck, dass die Abfallwirtschaft im Grunde marktwirtschaftlich gelenkt wird165. Von diesem Grundsatz der eigenverantwortlichen Abfallentsorgung machen die §§ 13, 15 KrW-/AbfG eine Ausnahme. § 13 KrW-/AbfG bestimmt die Überlassungspflicht an öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Den Begriff des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers definiert § 13 KrW-/AbfG nicht ausdrücklich. § 13 KrW-/AbfG bestimmt lediglich, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichtete juristische Person ist. Häufig bestimmen hiernach die Landesabfallgesetze Kreise oder kreisfreie Städte zum öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger166. 161

Entspricht §§ 17, 20 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). Arndt/Walter, WiVerw 1997, 183, 185; Beckmann, AbfallR 2006, 263; Beckmann/ Kersting, BB 1997, 161, 163; Hölscher, ZUR 1995, 176, 178; Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 13; Petersen, in: Umweltrecht im Wandel, S. 575, 576. 163 Hölscher, ZUR 1995, 176, 178; Weidemann, GewArch 1997, 311. 164 Diese Gruppen enthält das KrWG nicht mehr. 165 Vgl. Weidemann, GewArch 1997, 311. 166 So in: Baden-Württemberg nach § 6 Abs. 1 LAbfG B-W (Landesabfallgesetz [LAbfG] vom 14.10.2008, GBl. 2008, S. 370); Bayern nach Art. 3 Abs. 1 BayAbfG 162

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§ 13 Abs. 1 KrW-/AbfG regelt, dass abweichend von § 5 Abs. 2 und § 11 Abs. 1 die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet sind, diese den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Abfälle aus privaten Haushaltungen sind solche, die in privaten Haushalten im Rahmen der privaten Haushaltsführung anfallen167. Die Abfallart Siedlungsabfall (auch „Hausabfall“ genannt) ist nicht mit Abfällen aus privaten Haushaltungen gleichzusetzen. Entscheidend für die Erfüllung des § 13 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG (Bayerisches Abfallwirtschaftsgesetz [BayAbfG] vom 9.8.1996, GVBl. 1996, S. 396); Brandenburg nach § 2 Abs. 1 BbgAbfBodG (Brandenburgisches Abfall- und Bodenschutzgesetz [BbgAbfBodG] vom 6.6.1997, GVBl. I, S.40, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.5.2009, GVBl. I, S. 175); Hessen nach § 4 Abs. 1 HAKA (Hessisches Ausführungsgesetz zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz [HAKA] in der Fassung vom 20.7.2004, GVBl. I 2004, S. 252, zuletzt geändert durch Gesetz vom 4.12.2006, GVBl. I S. 619, 645), wobei hier auch die kreisangehörigen Gemeinden Entsorgungsträger sein können; Mecklenburg-Vorpommern nach § 3 Abs. 1 AbfAlG M-V (Abfallwirtschaftsgesetz [AbfAlG M-V] in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.1.1997, GVOBl. M-V 1997, S. 43, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.5.2006, GVOBl. M-V 2006, S. 194); Niedersachsen nach § 6 Abs. 1 NAbfG (Niedersächsisches Abfallgesetz [NAbfG] in der Fassung vom 14.7.2003, Nds. GVBl. 2003 S. 273, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.10.2009, Nds. GVBl. S. 366); Nordrhein-Westfalen nach § 5 LAbfG (Landesabfallgesetz [LabfG] vom 21.6.1988, GV. NRW. S. 250, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.5.2008, GV. NRW. S. 460); Rheinland-Pfalz nach § 3 Abs. 1 LAbfWG (Landesabfallwirtschaftsgesetz [LAbfWG] vom 2.4.1998, GVBl. 1998, S. 97, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.10.2009, GVBl. 2009, S. 358); Sachsen § 3 Abs. 1 SächsABG (Sächsisches Abfallwirtschafts- und Bodenschutzgesetz [SächsABG] in der Fassung vom 31.5.1999, SächsGVBl. 1999, S. 262, zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.1.2008, SächsGVBl. 2008, S. 138); Sachsen-Anhalt nach § 3 Abs. 1 AbfG LSA (Abfallgesetz des Landes Sachsen-Anhalt [AbfG LSA] vom 10.3.1998, GVBl. LSA 1998, S. 112, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2004, GVBl. LSA 2004 S. 852); Schleswig-Holstein nach § 3 Abs. 1 LAbfWG S-H (Landesabfallwirtschaftsgesetz [LAbfWG] in der Fassung vom 18.1.1999, GVOBl. Schl.-H. 1999 S. 26, zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.12.2008, GVOBl. Schl.-H. 2008 S. 791); Thüringen nach § 2 Abs. 1 ThürAbfG (Thüringer Abfallwirtschaftsgesetz [ThürAbfG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.6.1999, GVBl. 1999, S. 385, zuletzt geändert durch Gesetz 20.12.2007, GVBl. 2007, S. 267); andere Regelungen: Das Land Berlin ist in Berlin selbst Entsorgungsträger, § 2 Abs. 1 KrW-/AbfG Bln (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin [KrW-/AbfG Bln] vom 21.7.1999, GVBl. 1999 S. 413, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.3.2009, GVBl. 2009 S. 133); in Bremen sind nach § 1 Abs. 1 des Bremischen Ausführungsgesetzes zum KrW-/AbfG ([BremAGKrW-/AbfG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.11.1998, Brem.GBl. 1998 S. 289, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 31.3.2009, Brem.GBl. 2009 S. 129) die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven Entsorgungsträger; in Hamburg ist die Freie und Hansestadt Hamburg Entsorgungsträger, vgl. § 4 HmbAbfG (Hamburgisches Abfallwirtschaftsgesetz [HmbAbfG] vom 21.3.2005, HmbGVBl. 2005, S. 80); im Saarland sind das nach § 5 SAWG (Saarländisches Abfallwirtschaftsgesetz [SAWG] vom 26.11.1997, Amtsbl. 1997, S. 1352, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.3.2009, Amtsbl. S. 679) die Gemeinden und der Entsorgungsverband Saar. 167 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 13 KrW-/AbfG Rn. 14; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 13 Rn. 14.

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ist die Herkunft und nicht die Art des Abfalls nach einem bestimmten Abfallschlüssel. Diese Pflicht gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung168 aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen oder überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern (Satz 2). Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen sind solche, die nicht in privaten Haushaltungen angefallen sind169. Im Grunde besteht daher für jegliche in privaten Haushalten anfallende Abfälle und Abfälle zur Beseitigung170 eine Überlassungspflicht an öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, wenn nicht die in § 13 KrW-/AbfG genannten Ausnahmen einschlägig sind. Die Ausnahmen von der Überlassungspflicht regelt § 13 Abs. 2 und 3 KrW-/AbfG. Zu nennen sind hierbei insbesondere die Fälle, in denen die Verwertungs- und Beseitigungspflicht auf Dritte oder private Entsorgungsträger nach den §§ 16 Abs. 2, 17, 18 KrW-/AbfG übertragen wurde. Weitere Ausnahmen liegen im Bereich der Produktverantwortung (Rücknahmepflicht nach § 24 KrW-/AbfG171 oder freiwillige Rücknahme nach § 25 KrW-/AbfG172) oder der gemeinnützigen Abfallsammlung. Finden diese Ausnahmen Anwendung, entfällt eine Überlassungspflicht. Mit § 13 KrW-/AbfG korrespondiert § 15 KrW-/AbfG, welcher die Pflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bestimmt. Danach haben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 4 bis 7 KrW-/AbfG zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 10 bis 12 KrW-/AbfG zu beseitigen. Im Bereich der Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen entfällt eine Entsorgungspflicht, soweit die Pflichten auf Dritte nach den §§ 16 bis 18 KrW-/AbfG übertragen wurden. Besonderheiten gelten im Bereich der gefährlichen Abfälle. Nach § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG können die Länder zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung abweichend von § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen, soweit eine ordnungsgemäße Verwertung nicht anderweitig zu gewährleisten ist. 168

Zum Begriff des Abfalls zur Beseitigung vgl. Kap. 1, B.IV.1. VG Düsseldorf, NVwZ-RR 1997, 347; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 13 KrW-/AbfG Rn. 16; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 13 Rn. 20. 170 In diesem Rahmen beschäftigte die Behörden lange Zeit die Frage, wie Abfallgemische einzustufen sind. Die Behördenpraxis ging davon aus, dass jegliche Abfallgemische Abfälle zur Beseitigung und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern anzudienen waren. Zu der Problematik der Abfallgemische und der Unterscheidung von Abfällen zur Verwertung und solchen zur Beseitigung vgl. Kap. 1, B.IV.2.a). 171 Entspricht § 25 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 172 Entspricht § 26 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 169

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Im Ergebnis legen die §§ 13 und 15 KrW-/AbfG den Grundstein für die Existenz von Abfallentsorgungsanlagen der öffentlichen Hand. Beide Normen bestimmen, dass die Abfallentsorgung zum Bereich der Daseinsvorsorge gehört, soweit Überlassungs- und Entsorgungspflichten bestehen173. Ob eine Tätigkeit der öffentlichen Hand auf diesem Gebiet aber eine wettbewerbliche darstellt, ist zweifelhaft. (2) Begründet die Überlassungspflicht ein Wettbewerbsverhältnis? Fraglich ist, ob die öffentliche Hand überhaupt an einem Wettbewerb teilnehmen kann, wenn sie aufgrund ihr übertragener staatlicher Pflichten handelt. Wettbewerb setzt in aller Regel ein Handeln im geschäftlichen Verkehr (geschäftliches Handeln) voraus174. Geschäftliches Handeln ist ein Verhalten mit Unternehmensbezug175, vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die öffentliche Hand muss unternehmerisch tätig werden. Das ist dann der Fall, wenn eine auf Dauer angelegte, selbständige wirtschaftliche Betätigung vorliegt, die darauf gerichtet ist, Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt zu vertreiben176. Es muss vorrangig eine wirtschaftliche Betätigung vorliegen. Eine wirtschaftliche Betätigung ist in der Regel das Herstellen, Anbieten oder Verteilen von Gütern, Dienstleistungen oder vergleichbaren Leistungen, die ihrer Art nach auch mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht werden können177. Daran fehlt es jedoch, wenn der öffentlichen Hand gesetzlich eine Pflicht übertragen wurde, die sie unabhängig vom wirtschaftlichen Ertrag übernehmen muss178. Wird sie hoheitlich und nicht wirtschaftlich tätig – die öffentliche Hand kann aufgrund gesetzlicher Verpflichtung hoheitlich handeln, dabei aber trotzdem wirtschaftliche Grundsätze beachten und Gewinne erzielen179 –, fehlt es an einer Wettbewerbshandlung. Eine Wettbewerbshandlung beruht in aller Regel auf dem Willen, sich zulasten eines anderen geschäftlich zu betätigen, um ein Entgelt für eine angebotene Leistung 173

Petersen, in: Umweltrecht im Wandel, S. 575, 576. Lettl, BB 2006, 2365. 175 Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 2 Rn. 17. 176 Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 2 Rn. 21. 177 So die Legaldefinition nach § 91 Abs. 1 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) vom 18.12.2007 (GVBl. I 2007, S. 286). 178 BGH, WRP 2006, 741, 742; Lettl, BB 2006, 2365; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 2 Rn. 19, § 4 Rn. 13.21; einen ähnlichen Gedanken verfolgen auch mehrere kommunalverfassungsrechtliche Normen der Länder: vgl. exemplarisch § 68 Abs. 2 Nr. 1 der Kommunalverfassung für das Land Mecklemburg-Vorpommern (KV M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.6.2004 (GVOBl. M-V 2004, S. 205), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.2007 (GVOBl. M-V S. 410, 413): „Wirtschaftliche Unternehmen [. . .] sind nicht Unternehmen, zu deren Betrieb die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist, [. . .]“. Ob dieser Ausschluss ein Wettbewerbsverhältnis ausschließen soll, ist jedoch zweifelhaft. 179 Vgl. RhPfVerfGH, NVwZ 2000, 801, 802. 174

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zu erhalten. Ein Handeln i. S. d. §§ 13 und 15 KrW-/AbfG überlässt der öffentlichen Hand jedoch grundsätzlich keine Willensentscheidung. Es fehlt also schon an einem rechtsgeschäftlichen Handeln im Sinne des oben entwickelten Wettbewerbsbegriffs. Darüber hinaus ist fraglich, ob die verschiedenen Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt tätig sind oder tätig werden wollen, wenn die §§ 13 und 15 KrW-/AbfG einschlägig sind. Aus dem Begriff der Überlassungspflicht ist zu folgern, dass, sobald die Pflicht besteht, den Abfall den öffentlichen Entsorgungsträger zu überlassen, private Unternehmen in diesem Bereich von der Abfallentsorgung ausgeschlossen sind180. Wenn zwei Unternehmen nicht den gleichen Kundenstamm haben können, kann auch kein Wettbewerb bestehen. Im Rahmen der Abfallentsorgung nach den §§ 13 und 15 KrW-/AbfG besteht daher kein Wettbewerb zwischen privatrechtlich betriebenen Unternehmen und Unternehmen der öffentlichen Hand181. Öffentlich-rechtliche Betreiber treten nicht in ein Wettbewerbsverhältnis zu privaten Anlagenbetreibern ein, wenn sie lediglich ihre Pflichten nach den §§ 13, 15 KrW-/AbfG erfüllen. Wettbewerbsrechtliche Bedenken bestehen damit nicht. cc) Anwendung des Wettbewerbsbegriffs auf eine öffentlich-rechtliche Abfallentsorgungsanlage ohne Bezug zu den §§ 13, 15 KrW-/AbfG Andere Pflichten der öffentlichen Hand im Bereich der Abfallentsorgung als die nach den §§ 13 und 15 KrW-/AbfG sind nicht geregelt. Der Schluss, dass eine Betätigung der öffentlichen Hand in der Abfallentsorgung außerhalb der §§ 13 und 15 KrW-/AbfG nicht zulässig ist, ist jedoch nicht zutreffend. Die §§ 13 und 15 KrW-/AbfG begründen kein Verbot, sich außerhalb dieser Normen der Abfallentsorgung zu widmen182. Es besteht auch kein grundsätzliches Verbot einer unternehmerischen Handlung der öffentlichen Hand. Soweit sich Gemeinden aber im Bereich der Abfallwirtschaft außerhalb des Rahmens der §§ 13 und 15 KrW-/AbfG betätigen wollen, gelten die Grundsätze des Kommunalverfassungsrechts der Länder hinsichtlich der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen. (1) Die Zulässigkeit der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung Im Grundsatz gilt, dass eine wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist; Zweck dieser Einschränkun180 181 182

So auch Petersen, in: Umweltrecht im Wandel, S. 575, 590 f. Gröning, WRP 2002, 17, 23; Pape/Holz, NVwZ 2007, 636, 637. Schink, UPR 1997, 201, 204.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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gen ist es, eine Wettbewerbsbeeinträchtigung zu vermeiden. Fast einheitlich bestimmt das Kommunalrecht der Bundesländer, dass eine Kommune wirtschaftlich nur tätig werden darf, wenn sie damit einen öffentlichen Zweck verfolgt, bei der Betätigung die Leistungsfähigkeit der Kommune in Relation zum Bedarf beachtet („Relationsklausel“ 183) und dem Prinzip der Subsidiarität folgt184 (sog. Schranken-Trias). Erst bei kumulativer Erfüllung dieser drei Voraussetzungen ist eine wirtschaftliche Betätigung der Kommune zulässig. Die Kommune verfolgt mit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit dann einen öffentlichen Zweck, wenn sie damit unmittelbar das gemeinsame Wohl der Einwohnerschaft fördert185. Bei der Beurteilung, ob die Betätigung einem öffentlichen Zweck dient, kommt der Gemeinde ein Ermessensspielraum zu186, der gerichtlich nur begrenzt überprüfbar ist. Die Tätigkeit muss jedoch den Bedürfnissen der Einwohner dienen187. Die Sicherung der Versorgung der Bevölkerung stellt regelmäßig einen öffentlichen Zweck dar. Allein die Absicht, mit der Betätigung Gewinne zu erzielen, soll hingegen keinem öffentlichen Zweck dienen188. Fraglich ist allerdings, ob mit dem Ziel der Gewinnerzielung ein anderer öffentlicher Zweck einhergehen kann. Insbesondere könnte es im öffentlichen Interesse liegen, eine Einnahmequelle der Gemeinde zu eröffnen, um mit dem Mehr an finanziellen Mitteln Pflichtaufgaben und die Daseinsvorsorge erfüllen zu können189. Gleiches gilt für den Fall, dass die Gemeinde bisher nicht genutzte Kapazitäten auslasten möchte190, da sonst Betriebskosten anfallen, die den Haushalt der Gemeinde schmälern. Kommt also die wirtschaftliche Betätigung der Bevölkerung zugute, muss auch der erforderliche öffentliche Zweck erfüllt sein. Der Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage ist dagegen dann als unzulässig zu erachten, wenn bereits genügend Anlagen im Gemeindegebiet vorhanden sind, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Gemeinden dürfen nicht wie private Un183

Gröning, WRP 2002, 17, 19. Das Prinzip der Subsidiarität findet sich nur bedingt in der Kommunalverfassung Brandenburgs. Gem. § 91 Abs. 3 S. 1 BbgKVerf hat die Gemeinde im Interesse einer sparsamen Haushaltsführung dafür zu sorgen, dass Leistungen, die von privaten Anbietern in mindestens gleicher Qualität und Zuverlässigkeit bei gleichen und geringeren Kosten erbracht werden können, diesen Anbietern übertragen werden, sofern dies mit dem öffentlichen Interesse vereinbar ist. 185 RhPfVerfGH NVwZ 2000, 801, 803; Obermann, in: Schumacher (Hrsg.), BbgKVerf, § 91 Pkt. 3.2; Gröning, WRP 2002, 17, 18; Schink, UPR 1997, 201, 206; Thiele, NdsGO, § 108 S. 396. 186 BVerwGE 39, 329; Ehlers, DVBl. 1998, 497, 498; Obermann, in: Schumacher (Hrsg.), BbgKVerf, § 91 Pkt. 3.2. 187 Schmahl, LKV 2000, 47, 49. 188 BVerfGE 61, 82, 107; BVerwGE 39, 329, 333; Beckmann/David, DVBl. 1998, 1041, 1044; in Brandenburg ist dieses ausdrücklich in § 91 Abs. 2 Nr. 1 BbgKVerf gesetzlich geregelt. 189 Otting, DVBl. 1997, 1258, 1261. 190 Vgl. Frenz, WRP 2003, 455, 458. 184

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ternehmen Leistungen der Abfallentsorgung anbieten, die außerhalb der §§ 13, 15 KrW-/AbfG liegen. Dieses führt zu engen Grenzen für den Betrieb einer öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungsanlage. Ein Tätigwerden der Gemeinde ist im Einzelfall nicht auszuschließen. Die Gemeinde kann sich auf ihren Ermessensspielraum berufen und auf die Sicherung der Versorgung verweisen. Private Unternehmen unterliegen mehr wirtschaftlichen Schwankungen als eine Gemeinde, sodass im Einzelfall die Entsorgung nicht langfristig sichergestellt sein kann. Die sog. Relationsklausel soll unmittelbar die Kommune davor schützen, sich durch überdimensionierte Vorhaben finanziell zu übernehmen191. Letztere Voraussetzung dient der Umsetzung der allgemeinen Haushaltsgrundsätze und des Erforderlichkeitsgrundsatzes192. Abfallentsorgungsanlagen dürfen demnach nicht überdimensioniert geplant und betrieben werden. Die Gemeinde hat weitere Aufgaben zu erfüllen und darf sich nicht allein dem Anlagenbetrieb widmen. Die größte Bedeutung innerhalb dieser drei Schranken in wettbewerbsrechtlicher Sicht kommt der Subsidiarität zu. Dabei sind zwei Arten der Subsidiarität zu unterscheiden. Zum einen kennen viele Gemeindeordnungen die sog. „Einfache Subsidiarität“.193 Danach darf die Gemeinde wirtschaftlich tätig werden, wenn sie ihre Tätigkeit ebenso gut und wirtschaftlich wie Dritte ausführt194. Sie darf die Tätigkeit nicht schlechter als ein Dritter erledigen. Zum anderen existiert die sog. „echte Subsidiarität“ 195. Diese besagt, dass eine wirtschaftliche Betätigung der Kommune nur dann zulässig ist, wenn sie den Zweck besser und wirtschaftlicher als ein anderer erfüllt oder erfüllen kann196. Bei der „echten Subsi191

Gröning, WRP 2002, 17, 18. Thiele, NdsGO, § 108 S. 396 f. 193 Vgl. Gröning, WRP 2002, 17, 19. 194 So in: Mecklenburg-Vorpommern: § 68 Abs. 1 Nr. 3 der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (KV-MV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.6.2005 (GVOBl. M-V 2004, S. 205), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.2007 (GVOBl. M-V S. 410, 413); Sachsen: § 97 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung des Freistaates Sachsen (SächsGemO) in der Bekanntmachung vom 18.3.2003 (GVBl. S. 55), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1.6.2006 (GVBl. S. 151); SchleswigHolstein: § 101 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (GO S-H) in der Fassung vom 28.2.2003 (GVOBl. 2003, S. 57), zuletzt geändert durch Art. 13 des Gesetzes vom 26.3.2009 (GVOBl. Schl.-H. S. 93). 195 Gröning, WRP 2002, 17, 19. 196 So in: Bayern: Art. 87 Abs. 1 Nr. 4 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO Bay) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.8.1998 (GVBl. S. 797 ff.), zuletzt geändert durch § 10 des Gesetzes vom 27.7.2009 (GVBl. S. 400); BadenWürttemberg: § 102 Abs. 1 Nr. 3 der Baden-Württembergischen Gemeindeordnung (GO B-W) in der Fassung vom 24.7.2000 (GBl. S. 582, ber. 698), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 4.5.2009 (GBl. S. 185); Hessen: § 121 Abs. 1 Nr. 3 der Hessischen Gemeindordnung (HGO) in der Fassung der Bekanntmachung 7.3.2005 (GVBl. I S. 142), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 15.11.2007 (GVBl. I S. 757); Niedersachsen: § 108 Abs. 1 Nr. 3 der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) in der Fassung vom 28.10.2006 (Nds. GVBl. 2006, S. 473), zuletzt geändert 192

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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diarität“ reicht die Erbringung einer Leistung in gleicher Qualität wie ein Dritter nicht aus. Die Kommune muss in der Lage sein, die Aufgabe besser und effektiver zu erfüllen. Es existiert keine allgemeingültige Regel des Inhalts, dass eine Gemeinde eine Abfallentsorgungsanlage außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 13, 15 KrW-/ AbfG betreiben darf. Notwendig ist jeweils eine Einzelfallentscheidung. (2) Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses? Zu fragen ist, ob bei Erfüllung der jeweiligen Voraussetzungen Wettbewerb zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungsunternehmen besteht. Entsprechend der oben entwickelten Definition begründet die Gemeinde dann ein Wettbewerbsverhältnis mit privaten Anlagenbetreibern, wenn sie eine Abfallentsorgungsanlage außerhalb gesetzlicher Verpflichtungen betreibt. Die Kommune handelt zunächst rechtsgeschäftlich und unternehmerisch, da sie nicht gesetzlich zum Anlagenbetrieb verpflichtet ist. Sie bestimmt in eigener Verantwortung über die Inbetriebnahme und den Betrieb der Anlage. Die Anlage wird in der Regel auf Dauer betrieben. Die Kommune bietet ihre Leistung – die der Abfallentsorgung – auch entgeltlich an. Dass die Betätigung dem Allgemeinwohl dienen muss, schließt eine unternehmerische Tätigkeit nicht aus. Mit ihrem Unternehmen tritt die Kommune in Konkurrenz zu privaten Unternehmen, da sie auf demselben Markt tätig wird und vergleichbare Leistungen an einen identischen Kundenstamm anbietet. Selbst bei der strengsten Form der Subsidiarität ist es theoretisch denkbar, dass neben dem kommunalen Unternehmen ein privates Unternehmen um die Kunden ringt. Grundsätzlich können daher beide Arten von Entsorgungsunternehmen zueinander in Wettbewerb treten. Fraglich ist jedoch, welche Auswirkungen solche Normen haben, die bestimmen, dass „keine wirtschaftliche Betätigung“ oder kein „wirtschaftliches Unternehmen“ der Kommune vorliegt, soweit sich die Kommune in dem Bereich der Abfallentsorgung betätigt197. durch Art. 1 des Gesetzes vom 28.10.2009 (Nds. GVBl. S. 366); Nordrhein-Westfalen: § 107 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) in der Fassung vom 14.7.1994 (GV. NRW. S. 666), zuletzt geändert durch Art. I des Gesetzes vom 30.6.2009 (GV. NRW. S. 380); Rheinland-Pfalz: § 85 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung Rheinland Pfalz (GemO) in der Fassung vom 31.1.1994 (GVBl. S. 153), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.4.2009 (GVBl. S. 162); Saarland: § 108 Abs. 1 Nr. 3 des Kommunalverfassungsgesetzes (KSVG) Saarland in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.6.1997 (Amtsbl. S. 682); zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.2.2009 (Amtsbl. S. 1215); Sachsen-Anhalt: § 116 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung (GO LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.8.2009 (GVBl. LSA 2009 S. 383); Thüringen: § 71 Abs. 1 Nr. 4 der Thüringer Gemeinde- und Landkreisordnung (ThürKO) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 28.1.1998 (GVBl. 2002, S. 467), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2005 (GVBl. S. 446).

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Zunächst herrscht Streit über den allgemeinen Inhalt dieser Normen. Es existieren zwei gegenläufige Ansichten. Eine sehr weite Ansicht versteht solche Normen derart, dass die Kommune in diesem Bereich die grundlegenden Voraussetzungen für die Zulassung einer wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde nicht erfüllen muss; insbesondere die wichtigen Voraussetzungen wie die Erfüllung eines öffentlichen Zwecks und die Subsidiarität sind nicht ausschlaggebend198. Konsequenz dieser Auslegung wäre eine umfassende Privilegierung der Betätigung der öffentlichen Hand auf dem gesamten Gebiet der Abfallwirtschaft in den jeweiligen Bundesländern. Gegen diese sehr wohlwollende Auslegung werden jedoch erhebliche Bedenken geäußert. Hauptargument dieser Ansicht ist die Systematik des KrW-/AbfG. Das Grundkonzept des KrW-/AbfG ist die Abfallentsorgung durch den Verursacher des Abfalls und damit die Stärkung der Entsorgung durch die private Wirtschaft199. Dieser Grundgedanke wird lediglich durch die §§ 13 und 15 KrW-/AbfG durchbrochen. Sobald diese Normen nicht einschlägig sind, bestehen insbesondere die Schranken des Kommunalverfassungsrechts. Das Kommunalverfassungsrecht darf das Grundkonzept des KrW-/AbfG jedoch nicht umgehen; die streitigen Normen, welche dem Wortlaut nach die gesamte Abfallentsorgung durch öffentlich-rechtliche Unternehmen privilegieren, sind i. S. d. KrW-/AbfG einzuschränken; die Einschränkung erfolgt dahingehend, dass eine Privilegierung nur bei den Pflichtaufgaben der öffentlichen Hand nach den §§ 13 und 15 KrW-/AbfG besteht200. Diese Einschränkung entspricht auch dem Grundsatz widerspruchsfreier Normgebung, welche auf die Rechtsprechung des BVerfG201 zurückgeht202. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich der Kreislaufwirtschaft (Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 24 GG) darf nicht durch einen Landesgesetzgeber unterlaufen werden. Kommt es zu einer gegenläufigen Gesetzgebung, bricht Bundesrecht Landesrecht, vgl. Art. 31 GG. Eine vollständige Privilegierung der gemeindlichen Abfallentsorgung widerspricht dem KrW-/ AbfG203. Für die wohlwollende Auslegung dieser Normen, welche das OLG Düsseldorf prägte, spricht insbesondere der Wortlaut der einzelnen Normen. Der Begriff der Abfallentsorgung umfasst gem. § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG sowohl die Abfallbesei197 Vgl.: § 101 Abs. 4 Nr. 2 GO S-H; § 121 Abs. 2 Nr. 2 HGO; § 107 Abs. 2 Nr. 4 GO NW; § 108 Abs. 2 Nr. 1 KSVG. 198 So: OLG Düsseldorf, NVwZ 2000, 111; RhPfVerfGH, NVwZ 2000, 801, 802; Müller, DVBl. 2002, 1014, 1015 ff. 199 Cosson, DVBl. 1999, 891, 894; Frenz, AbfallR 2006, 123 f.; ders., DÖV 2000, 802, 805 f. 200 Schink, UPR 1997, 201, 205. 201 Vgl. hierzu BVerfGE 98, 106, 118; BVerfGE 98, 83, 97. 202 Frenz, AbfallR 2006, 123, 124; ders., DÖV 2000, 802, 806; Weidemann, VerwArch 90 (1999), 533, 547. 203 Frenz, AbfallR 2006, 123, 124; ders., DÖV 2000, 802, 806 f.; Weidemann, VerwArch 90 (1999), 533, 547.

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tigung als auch die Abfallverwertung; der Wortlaut legt also eine Privilegierung bezüglich aller Entsorgungsmaßnahmen nahe204. Eine Eingrenzung der Privilegierung auf die gesetzlichen Pflichten nach dem KrW-/AbfG führt zudem zur Bedeutungslosigkeit der Privilegierungsnormen, da die Erfüllung gesetzlicher Pflichten keine wirtschaftliche Betätigung darstellt205. Der Landesgesetzgeber zeigt damit, dass er hier ausdrücklich nicht zwischen der Abfallentsorgung, zu der die Gemeinde über das KrW-/AbfG verpflichtet ist, und der Abfallentsorgung, die außerhalb der §§ 13 und 15 KrW-/AbfG liegt, unterscheiden wollte. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Lösung dieses Konflikts notwendig ist, um zu klären, ob die kommunalen Unternehmen, die durch solche Normen privilegiert werden, in Wettbewerb zu privaten Unternehmen treten. Zu betrachten ist demnach, welche Auswirkungen die Privilegierungsnormen auf das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses haben. Falls trotz der Privilegierung Wettbewerb entsprechend der oben gefundenen Definition vorliegt, ist eine Streitentscheidung zur Auslegung der streitigen Normen in diesem Rahmen nicht angezeigt. Für die Entscheidung, ob Wettbewerb vorliegt, ist zunächst die oben genannte Definition anzuwenden. Danach müssen zwei Unternehmen als Anbieter oder Erwerber einer Sache oder Dienstleistung im rechtsgeschäftlichen Verkehr in Konkurrenz um ein und denselben Kunden treten; der Zuschlag zugunsten eines Bewerbers muss zulasten des anderen gehen. Bei Anwendung dieser Definition liegt ein Wettbewerbsverhältnis vor, da beide Unternehmen trotz der Privilegierung nebeneinander auf demselben Markt auftreten können und ein geschäftlicher Vorteil zulasten des anderen Bewerbers ginge. Die Ausnahme der hoheitlichen Tätigkeit aufgrund gesetzlicher Verpflichtung findet hier auch keine Anwendung. In diesem Rahmen ist jedoch zu untersuchen, was tatsächlich der Sinn und Zweck der Privilegierungsnormen ist. Welchen Inhalt hat die Formulierung „als wirtschaftliche Betätigung gilt nicht“? Diese Formulierung könnte dahingehend verstanden werden, dass ohne wirtschaftliche bzw. unternehmerische Betätigung der Gemeinde auch keine Konkurrenz möglich ist, was zur Folge hätte, dass die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung in den jeweiligen Ländern nie in Wettbewerb mit den Betreibern von privaten Entsorgungsanlagen träte. Hierfür spricht, dass § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG eine unternehmerische Tätigkeit voraussetzt; eine unternehmerische Tätigkeit wiederum bedarf einer wirtschaftlichen Betätigung206. Diese schließt oben genannter Wortlaut ausdrücklich aus. 204

OLG Düsseldorf, NVwZ 2000, 111, 112; Müller, DVBl. 2002, 1014, 1017. Gröning, WRP 2002, 17, 23; Müller, DVBl. 2002, 1014, 1015; vgl. hierzu exemplarisch die Vorschrift des § 107 Abs. 2 GO NW: Der Landesgesetzgeber nimmt zunächst in Nr. 1 Einrichtungen, zu denen die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist, aus dem Bereich der wirtschaftlichen Betätigung heraus und regelt dann in Nr. 4 gleiches explizit für den Bereich der Abfallentsorgung, ohne dabei gesetzliche Pflichten zu nennen. 206 Vgl. Kap. 3, D.IV.2.a)aa). 205

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Die Literatur und die Rechtsprechung sehen einen solchen Inhalt der Privilegierungsnormen jedoch nicht. Einheitliche Aussage hinsichtlich der Privilegierungsnormen ist, dass diese lediglich regeln, dass die strengen Voraussetzungen der Schrankentrias nicht erfüllt sein müssen, die Möglichkeit einer (tatsächlich wirtschaftlichen) Betätigung damit erleichtert wird207. Eine konkrete Anordnung, ob dadurch die Möglichkeit eines Wettbewerbs ausgeschlossen ist, ist darin nicht zu sehen. Auch Rechtsprechung208 und Literatur209 verneinen die Möglichkeit des Wettbewerbs nicht. Alldem ist im Ergebnis zuzustimmen. Der Wortlaut der Privilegierungsnormen kann nicht dazu führen, dass eine Wettbewerbsstellung, die tatsächlich entsteht, rechtlich ausgeschlossen wird, obwohl es sich bei der Abfallentsorgung, die nicht von § 15 KrW-/AbfG erfasst ist, um eine freiwillige Aufgabe handelt und tatsächlich auch unternehmerisch ausgeführt wird. Im Ergebnis heißt das, dass bei der Entscheidung, ob ein Wettbewerbsverhältnis vorliegt, die allgemeine Definition anzuwenden ist, da die entsprechenden Normen keine Aussagen zum Wettbewerb treffen. Auch bei einer Privilegierung liegt Wettbewerb vor. Eine Entscheidung, wie die Privilegierungsnormen hinsichtlich der Abfallentsorgung auszulegen sind, ist mithin nicht notwendig, um darüber zu entscheiden, ob im Bereich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung Wettbewerb zu Privaten entsteht210. Der Wettbewerb kann dann auch durch ein Absehen von der Sicherheitsleistung verzerrt werden, wenn das Gebot der Chancengleichheit nicht ordnungsgemäß beachtet wird. Eine kommunale Abfallentsorgungsanlage kann im Wettbewerb zu einer privat betriebenen Anlage stehen, wenn die §§ 13, 15 KrW-/AbfG keine Anwendung finden. 207

Vgl. OLG Düsseldorf, NVwZ 2000, 111. Vgl. BGH, WRP 2003, 262; OLG Düsseldorf, NVwZ 2000, 111: Beide Gerichte prüfen einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß, verneinen aber nicht das Vorliegen des Wettbewerbs, sondern die Verletzung von Vorschriften, die den lauteren Wettbewerb schützen sollen. 209 Gröning, WRP 2002, 17, 23, bejaht Wettbewerb, prüft jedoch, ob Normen zur Subsidiarität Anwendung finden; Schink, UPR 1997, 201, 203: Dieser prüft die Zulässigkeit kommunaler Konkurrenz zu Privaten. 210 Es sprechen wohl die besseren Argumente für die einschränkende Lösung. Diejenigen, die ausschließlich mit dem Wortlaut und der Systematik des Kommunalverfassungsrechts arbeiten, verkennen die Bedeutung und das Verhältnis zum KrW-/AbfG. Das Grundkonzept des KrW-/AbfG hinsichtlich der Person des Entsorgers würde vollständig auf kommunaler Ebene umgangen werden, was den Gesetzgebungskompetenzen des Grundgesetzes widerspricht. Es fehlt auch ein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 GG, da die Verwertung von gewerblichen Abfällen wohl nicht zwingend durch die kommunale Gemeinschaft zu erledigen ist. Die Konzeption des KrW-/AbfG ist nicht außer Acht zu lassen. Das Problem der Abfallentsorgung seitens der Kommunen außerhalb der örtlichen Grenzen stellt sich hinsichtlich der Frage, ob ein Wettbewerbsverhältnis vorliegt, ebenfalls nicht. 208

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Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Schrankentrias und die damit einhergehenden Probleme lediglich auf die kommunale Betätigung Anwendung finden. Übergeordnete staatliche Einrichtungen sind an diese rechtlichen Bestimmungen nicht gebunden211. In diesen Bereichen ist ein Wettbewerbsverhältnis entsprechend der Definition zu bejahen, soweit nicht staatliche Pflichtaufgaben erfüllt werden. b) Ist eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung möglich? Der somit bestehende Wettbewerb könnte entgegen dem Gebot der Chancengleichheit im Wettbewerb durch die Verwaltungspraxis „verzerrt“ werden, da die Verwaltung öffentlich-rechtliche Anlagenbetreiber anders behandelt als private Anlagenbetreiber. Die Verwaltungspraxis, zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anlagenbetreibern zu unterscheiden, missachtet das Gebot der Chancengleichheit im Wettbewerb jedoch nur dann, wenn für die Ungleichbehandlung i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG kein rechtfertigender Grund vorliegt. Zu fragen ist also, ob es gerechtfertigt ist, bei Abfallentsorgungsanlagen, die die öffentliche Hand betreibt, von der Sicherheitsleistung abzusehen. Hintergrund für den Erlass einer Sicherheitsleistung ist das Ziel, die Erfüllung der Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG bei Betriebseinstellung sicherzustellen. Nach der allgemeinen Verwaltungspraxis soll verhindert werden, dass die Nachsorgepflichten bei insolvenzbedingter Einstellung einer Abfallentsorgungsanlage nicht erfüllt werden. Die Sicherheitsleistung soll mithin vor der „Insolvenzgefahr“ schützen. Ein Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung könnte darin bestehen, dass bei Anlagen der öffentlichen Hand ein Bedürfnis für eine Sicherheitsleistung fehlt. Die Verwaltung begründet ihre Praxis, bei einer durch die öffentliche Hand betriebenen Abfallentsorgungsanlage auf die Anordnung einer Sicherheitsleistung zu verzichten, damit, dass eine „Einstandspflicht“ bestehe. Die Verwaltungspraxis schließt damit per se den Eintritt von Insolvenzgründen wie Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus. Von der Anordnung einer Sicherheitsleistung abzusehen, ist dann gerechtfertigt, wenn tatsächlich eine solche „Einstandspflicht“ besteht, die garantiert, dass die Nachsorgepflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG erfüllt werden. Was der Inhalt dieser „Einstandspflicht“ ist, klärt die Verwaltungspraxis jedoch nicht. Eine Sicherheitsleistung ist dann nicht erforderlich, wenn die „Insolvenzgefahr“ bei öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungsanlagen auszuschließen ist. Eine solche Gefahr ist dann auszuschließen, wenn sichergestellt ist, dass der öffentlich-rechtliche Betreiber bei Betriebseinstellung die Pflichten aus § 5 Abs. 3 211

Vgl. Jarass, Wettbewerb, S. 31.

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BImSchG mangels finanzieller Schwierigkeiten erfüllt. Entscheidend ist also, ob bei öffentlich-rechtlichen Entsorgungsanlagen eine „Insolvenzgefahr“ bestehen kann212. Den Schwerpunkt der Betrachtung sollen die kommunalen Gebietskörperschaften bilden. Diese betreiben in aller Regel Abfallentsorgungsanlagen, die in der oben dargestellten Weise in Konkurrenz zu privaten Anlagenbetreibern treten. aa) Die Insolvenzgründe bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts Zur Insolvenz führen zunächst die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung einer juristischen Person. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Sie ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 InsO). Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist der klassische Begriff der Zahlungspflicht der Insolvenzordnung nicht unmittelbar anwendbar. Juristische Personen des öffentlichen Rechts nehmen nicht nur am privaten Rechtsverkehr teil, aus dem sich dann Zahlungspflichten ergeben können, sondern erfüllen wegen ihrer Stellung darüber hinaus öffentlich-rechtliche Aufgaben. Es geht daher nicht – allein – um die Begleichung von tatsächlichen Zahlungspflichten. Eine „Zahlungsunfähigkeit“ ist bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts insbesondere dann anzunehmen, wenn es ihr wegen mangelnder finanzieller Mittel nicht mehr möglich ist, die durch Gesetze übertragenen Aufgaben zu erfüllen213. Um eine Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 17 InsO tatsächlich annehmen zu können, muss die Illiquidität über einen bestimmten Zeitraum andauern. Auch wenn der Wortlaut des § 17 InsO dieses nicht ausdrücklich vorsieht, ist eine solche zeitliche Komponente erforderlich, da sonst eine nur kurzzeitige Zahlungsunfähigkeit bereits zur Pflicht führte, ein Insolvenzverfahren anzustreben. Eine vorübergehende Illiquidität (Insolvenzstockung) ist mithin nicht ausreichend, um einen Insolvenzgrund anzunehmen, da diese Zeitpunktilliquidität oftmals durch die Erschließung anderer Finanzquellen wieder zu beseitigen ist214. Insbesondere bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind die Einnahmen regelmäßig gesetzlich festgelegt, wiederkehrend und somit kalkulierbar, sodass diese Einnahmen ein kurzfristiges Finanzloch wieder schließen können215. Eine tatsächlich 212 Bei Folgen der Ansicht des Hessischen VGH sind ausschließlich konkrete Anhaltspunkte auf die Unseriosität des Betreibers zu prüfen. Auf eine Insolvenzgefahr kommt es nicht an. Bei einem Betreiber öffentlich-rechtlicher Natur ist eine Unseriosität wohl ausgeschlossen. 213 So auch Masloff, Ausfallhaftung, S. 13. 214 Eilenberger, in: MüKoInsO, Bd. I, § 17 Rn. 5; Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 129; Masloff, Ausfallhaftung, S. 11. 215 Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 129 f.

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dauerhafte Illiquidität ist erst dann anzunehmen, wenn diese regelmäßigen Einnahmen oder andere Finanzmittel (Kredite) auch über einen längeren Zeitraum Finanzengpässe und dadurch bedingte Handlungsunfähigkeiten der öffentlichen Hand nicht mehr auszugleichen vermögen216. Überschuldung liegt gem. § 19 Abs. 2 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Hier ist also das Aktivvermögen den bestehenden Verbindlichkeiten gegenüberzustellen. Unter Aktivvermögen ist nur das aktive Vermögen zu verstehen, in welches der Gläubiger ggf. vollstrecken kann217. Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts ergeben sich bei diesem Insolvenzgrund jedoch Anwendungsprobleme. Gem. § 882a ZPO ist eine Zwangsvollstreckung unzulässig in Sachen, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Schuldners unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht. Dieses Kriterium wird wohl auf eine Vielzahl von Gegenständen der öffentlichen Hand zutreffen, sodass diese nicht zum Aktivvermögen zählen und dieses damit schmälern, was ggf. zum Eintritt der Überschuldung führen kann218. Daher wird die Anwendbarkeit dieses Insolvenzgrunds auf juristische Personen des öffentlichen Rechts bezweifelt219. Abhilfe für dieses Problem soll eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der Lebensfähigkeit der jeweiligen juristischen Person des öffentlichen Rechts schaffen220. Allein nach Analyse der Insolvenzgründe ist es theoretisch nicht ausgeschlossen, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts diese Insolvenzgründe erfüllen können. Anderes gilt dann, wenn Mittel bestehen, die den Eintritt solcher Insolvenzgründe ausschließen. bb) Ausschluss der Insolvenzgründe durch die Mittel der Kommunalaufsicht Auf kommunaler Ebene sind mehrere Instrumente vorhanden, die einen Eintritt der Insolvenzgründe verhindern könnten. Zu denken ist hier zunächst an die Kommunalaufsicht. Jede Kommune unterliegt der Kommunalaufsicht. Diese Aufsicht ist so auszuführen, dass die Rechte der Gemeinde geschützt und die Erfüllung ihrer Pflichten gesichert werden (so z. B. § 108 S. 1 BbgKVerf). Aufgabe der Kommunalaufsicht ist es dabei, sicherzustellen, dass die Verwaltung der Gemeinden im Einklang mit den Gesetzen erfolgt (Rechtsaufsicht), so exemplarisch § 109 BbgKVerf. In finanzieller Hinsicht ist hier insbesondere das Gebot des wirtschaftlichen und sparsamen Handelns zu nennen. 216 217 218 219 220

So auch Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 130; Faber, DVBl. 2005, 933, 941. Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 131 f. Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 131 f.; Faber, DVBl. 2005, 933, 941. Vgl. Masloff, Ausfallhaftung, S. 11. Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 132.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Zu unterscheiden ist die repressive von der präventiven Kommunalaufsicht221. Die repressive Kommunalaufsicht hat die Aufgabe, abgeschlossenes Verwaltungshandeln der Kommunen im Nachhinein auf dessen Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (Rechtsaufsicht)222. Unter präventiver Kommunalaufsicht ist die Mitwirkung der Kommunalaufsicht an Entscheidungen und Handlungen der Kommune zu verstehen. Diese Mitwirkung ist häufig durch einen Mitwirkungs-, Zustimmungs- und Genehmigungsvorbehalt sichergestellt223. Der Kommunalaufsicht kommt damit zunächst vorrangig eine Kontrollfunktion, aber auch eine Schutzfunktion zu224. Ihr obliegt es, zu überprüfen, ob sich die Kommune im Rahmen der Gesetze bewegt. Im finanzwirtschaftlichen Bereich bedeutet dieses, dass sie zu prüfen hat, ob die Gemeinde die oben genannten Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachtet. Bei der wirtschaftlichen Betätigung der Kommune darf diese nur im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit handeln. Im Rahmen der repressiven Kommunalaufsicht ist es die Aufgabe der Kommunalaufsicht, falsche Entscheidungen im Rahmen ihrer Befugnisse zu korrigieren225 (Beanstandung, Aufhebung, Ersatzvornahme). Im Rahmen der präventiven Kommunalaufsicht besteht die Pflicht, die Gemeinde vor eigenen Fehlentscheidungen zu schützen226. Diesen genannten Pflichten und Aufgaben der Kommunalaufsicht spricht die herrschende Meinung den Charakter einer drittbezogenen Amtspflicht zu, bei deren Verletzung die Kommune gegenüber der Aufsichtsbehörde einen Amtshaftungsanspruch aus Art. 34 GG i.V. m. § 839 BGB geltend machen kann227. Aus dieser Amtspflicht folgt eine „Garantenstellung“ der Aufsicht gegenüber den zu beaufsichtigenden Verwaltungsträgern228. Die Rechtsaufsicht ist insgesamt dazu verpflichtet, Kommunen als Selbstverwaltungsträger vor vermeidbaren Selbstschädigungen durch die Missachtung der Pflicht zu wirtschaftlichem und sparsamen Handeln zu bewahren (Fehlentscheidungen)229. Auf ein Verschulden der Selbstverwaltungskörperschaft soll es dabei nicht ankommen230. 221

Faber, DVBl. 2005, 933, 936. Müller, Der Gemeindehaushalt 2003, 181, 183; v. Mutius/Groth, NJW 2003, 1278, 1280. 223 Müller, Der Gemeindehaushalt 2003, 181, 183; v. Mutius/Groth, NJW 2003, 1278, 1280. 224 BGH, NJW 2003, 1318, 1319; Müller, Der Gemeindehaushalt 2003, 181, 183. 225 Müller, Der Gemeindehaushalt 2003, 181, 183; v. Mutius/Groth, NJW 2003, 1278, 1280. 226 Müller, Der Gemeindehaushalt 2003, 181, 183. 227 BGH, NJW 2003, 1318, 1319; a. A.: Oebbecke, DÖV 2001, 406, 411. 228 Katz, Der Gemeindehaushalt 2004, 49. 229 BGH, NJW 2003, 1318, 1319; Cromme, DVBl. 1996, 1230, 1232; Oebbecke, DÖV 2001, 406, 408. 230 Vgl. Oebbecke, in: Erichsen (Hrsg.), S. 165, 167 f.; anders: v. Mutius/Groth, NJW 2003, 1278 ff. 222

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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Mit den Mitteln der Kommunalaufsicht ist die Kommunalaufsichtsbehörde nach der gerade dargestellten herrschenden Ansicht rechtlich dazu in der Lage, insbesondere die finanzielle Handlungsfähigkeit dauerhaft zu erhalten und daher eine faktische Insolvenzlage zu vermeiden231. Dieser Ansicht ist nicht zuzustimmen. Die herrschende Meinung verkennt, dass mit dieser sehr weitgehenden Schutzpflicht der Kommunalaufsicht das Recht, aber auch die Pflicht zur Selbstverwaltung ins Leere läuft. Die Kommunen können sich nicht gleichzeitig auf ihre Selbstverwaltung berufen, aber jegliche (finanziellen) Risiken auf die Kommunalaufsichtsbehörde abwälzen. Zwar ist entsprechend dieser Ansicht die Handlungsfähigkeit der Kommune gesichert. Ein – durch Art. 28 Abs. 2 GG gewolltes – eigenverantwortliches Handeln wird jedoch nicht gefördert. Um beiden Gedanken – Selbständigkeit und Bewahrung der Handlungsfähigkeit – Rechnung zu tragen, sollte die genannte Pflicht eine abgeschwächte Form erhalten, in der auch die Verantwortung der Gemeinde zum Tragen kommt. Außerdem ist es auch der Kommunalaufsicht nicht möglich, im Rahmen der präventiven Aufsicht mögliche negative Marktauswirkungen zu erkennen. Finanzlöcher kann diese im Zweifel auch nicht verhindern. In solchen Fällen muss es im Rahmen eines möglichen Staatshaftungsanspruchs am Verschulden der Kommunalaufsichtsbehörde fehlen, was einen Anspruch der Kommune ausschließt232. In der Praxis möchte die Kommunalaufsicht darüber hinaus eher wenig in die Selbstverwaltung der Gemeinden eingreifen233. cc) Ausschluss der Insolvenzgründe durch die Aufnahme von Kassenkrediten/Kommunalkrediten Natürlich besteht auch für die öffentliche Hand die Möglichkeit, Kredite aufzunehmen (sog. Kassenkredite). Diese können Finanzlücken kurzfristig schließen und eine weitere Aufgabenwahrnehmung sicherstellen. Kassenkredite sind aber langfristig nicht geeignet, die Erfüllung von kommunalen Pflichten finanziell zu gewährleisten. Das Gegenteil ist das Ergebnis. Mit Krediten steigt die jährliche Zinslast, sodass für die Zukunft der kommunale Haushalt nur weiter belastet wird. Darüber hinaus darf die Gemeinde in der Regel Kassenkredite nur bei Erfüllung besonderer Voraussetzungen aufnehmen. Sie müssen vorrangig der Investition dienen. Sie dürfen nur als Finanzierungsmittel für den Vermögenshaushalt und nicht zur Deckung laufender Verwaltungsaufgaben eingesetzt werden234. Der Beseitigung von Finanzierungslücken sollen sie jedoch nicht dienen. 231 Faber, DVBl. 2005, 933, 943; Katz, Der Gemeindehaushalt 2004, 49; ähnlich Oebbecke, DÖV 2001, 406, 408. 232 Zu weiteren Bedenken vgl. v. Mutius/Groth, NJW 2003, 1278 ff. 233 Vgl. Albers, NdsVBl. 2005, 57, 60 f., der sich auf die Kassenkredite bezieht.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Kassenkredite sind daher langfristig kein geeignetes Mittel, um den Eintritt von Insolvenzgründen auszuschließen, sondern verschärfen die Gefahr des Eintritts solcher Gründe. dd) Ausschluss der Insolvenzgründe durch die Finanzausstattung der Kommune durch das Bundesland Der Eintritt von Insolvenzgründen bei Kommunen kommt dann nicht in Betracht, wenn Kommunen gegen das jeweilige Land einen Anspruch auf Zuweisungen von Finanzmitteln haben, die mögliche durch Investitionen oder wirtschaftliche Betätigung entstandene Finanzlöcher schließen, sodass freiwillige Aufgaben nicht aufgegeben werden müssen. (1) Der Anspruch der Gemeinden auf Finanzausstattung In diesem Zusammenhang sind zunächst die Grundsätze zur sog. bedarfsgerechten angemessenen Finanzausstattung bzw. der finanziellen Mindestausstattung darzulegen. Zum Teil umstritten ist bzw. war die Frage, ob die Gemeinden und Kreise einen verfassungsimmanenten unmittelbaren Anspruch auf eine sog. bedarfsgerechte Finanzausstattung haben. Das BVerfG hat sich zum Bestehen eines solchen Anspruchs bisher nicht geäußert235. Es hat ausschließlich hervorgehoben, dass ein solcher Anspruch in jedem Falle nicht gegen den Bund, sondern ausschließlich gegenüber dem jeweiligen Bundesland bestehen würde236. Die Befugnisse des Bundes richten sich nach den Grundnormen der Art. 30 und 70 GG. Soweit dem Bund keine Kompetenz übertragen wurde, kann er staatliche Handlungen – auch Finanzzuweisungen – nicht vornehmen. In diesem Bereich fehlt es an einer Kompetenzübertragung. Auch unmittelbar aus Art. 28 Abs. 2 GG ergibt sich kein Anspruch gegenüber dem Bund. Jeder Durchgriff auf die Gemeinden wird dem Bund durch die bundesstaatliche Ordnung des Bundes versagt. Dieser Rechtsprechung bezüglich des Adressaten eines solchen Anspruchs hat sich auch die Literatur angeschlossen. Adressat eines solchen Anspruchs kann nur das jeweilige Bundesland sein237, da Art. 106 Abs. 7 GG bestimmt, dass von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftssteuern den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zufließt. Hinzu tritt der Umstand des zweigliedrigen 234

Mohl/Fritz, KStZ 2002, 125, 126. BVerfG, NVwZ 1986, 289. 236 BVerfG, DÖV 1969, 849 f. 237 Birk/Inhester, DVBl. 1993, 1281; Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 199; Nierhaus, LKV 2005, 1, 2. 235

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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Staatsaufbaus. Die Gemeinden sind den jeweiligen Bundesländern zuzuordnen, was auch für die finanzielle Verantwortung gilt (vgl. Art. 106 Abs. 9 GG)238. Im Übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt. Für die Verteilung der Steuern auf die Gemeinden sind ausschließlich die jeweiligen Länder als Träger der Kommunen zuständig. Die überwiegende Rechtsprechung der Verfassungs- und Staatsgerichtshöfe hat einen Anspruch auf eine „finanzielle Mindestausstattung“ bzw. auf eine „angemessene Finanzausstattung“ anerkannt239. Diese Rechtsprechung stützt sich weitgehend auf Normen der jeweiligen Landesverfassung, ohne dabei auf Art. 28 Abs. 2 GG zurückzugreifen240. Danach ist in der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung auch die Finanzhoheit enthalten. Die Finanzhoheit ist die Befugnis zur eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens241. Aus dieser Finanzhoheit folgt auch die Notwendigkeit einer angemessenen finanziellen Absicherung242, weil Eigenverantwortlichkeit eine entsprechende Leistungsfähigkeit der Selbstverwaltungskörperschaft voraussetzt243. Diese Absicherung erfolgt durch einen Anspruch der Gemeinden und Gemeindeverbände auf eine finanzielle Mindest238

Nierhaus/Gebhardt, Ausfallhaftung, S. 29 f. Vgl. BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303; NWVerfGH, DVBl. 1998, 1281; RhPfVerfGH, NVwZ 1992, 159, 160; MVVerfG, LKV 2004, 175; BWStGH, DVBl. 1999, 1351; BbgVerfG, NVwZ-RR 1999, 90; NdsStGH, DVBl. 1998, 185; BbgVerfG, NVwZRR 2000, 129. 240 Baden-Württemberg: Art. 74 LV, vom 11.11.1953 (GBl. 1953, 173), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6.5.2008 (GBl. S. 119); Bayern: Art. 11 BV, vom 2.12.1946, in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.12.1998 (GVBl. S. 991), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.11.2003 (GVBl. S. 816, 817); Brandenburg: Art. 97 BbgVerf, vom 20.8.1992 (GVBl. I, S. 298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.7.2009 (GVBl. I S. 191); Hessen: Art. 137 Verf HE, vom 1.12.1946 (GVBl. 1946, S. 229), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.10.2002 (GVBl. I S. 628); Mecklenburg-Vorpommern: Art. 72 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 23.5.1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 372), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3.12.2007 (GVOBl. M-V S. 371); Niedersachsen: Art. 57 Verf ND, vom 15.5.1993 (Nds. GVBl. 1993, S. 107), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.6.2009 (Nds. GVBl. S. 276); Nordrhein-Westfalen: Art. 78 f. LV NW, vom 28.6.1950 (GV. NRW. S. 127/GS. NW. S. 3), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.6.2004 (GV. NRW. S. 360); Rheinland-Pfalz: Art. 49 der Verfassung für Rheinland-Pfalz, vom 18.5.1947 (VOBl. 1947, S. 209), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.12.2005 (VOBl. 2005, S. 495); Saarland: Art. 118 f SVerf, vom 15.12.1947 (Amtsbl. 1947, S. 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.5.2008 (Amtsbl. S. 986); Sachsen: Art. 82 der Verfassung des Freistaates Sachsen vom 6.6.1992 (SächsGVBl. Jg.1992, S. 243); Sachsen-Anhalt: Art. 87 f. Verfassung LSA, vom 16.7.1992 (GVBl. LSA 1992, S. 600), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.1.2005 (GVBl. LSA S. 44); Schleswig-Holstein: Art. 46 ff. der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein in der Fassung vom 13.5.2008 (GVOBl. 2008, S. 223); Thüringen: Art. 91 Landesverfassung Thüringen, vom 25.10.1993 (GVBl. S. 625). 241 BbgVerfG, NVwZ-RR 1999, 90. 242 NWVerfGH, DVBl. 1998, 1280; BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303, 304. 239

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

ausstattung bzw. angemessene Finanzausstattung durch das jeweilige Land, sodass sie ihre Aufgaben selbständig erfüllen können und die finanzielle Lebensfähigkeit erhalten bleibt244. Dieser Rechtsprechung schließt sich die überwiegende Literatur an245, wobei die Literatur diesen Anspruch auch unmittelbar aus Art. 28 Abs. 2 GG und der in Satz 2 ausdrücklich genannten Finanzhoheit ableitet246. Dieser Anspruch soll aber durch die in den Landesverfassungen getroffenen Regeln überlagert werden247. Zur Begründung dieses Anspruchs wird auch überwiegend Art. 115c Abs. 3 GG herangezogen. Dieser regelt, dass für den Verteidigungsfall die Lebensfähigkeit der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, insbesondere in finanzieller Hinsicht, zu wahren ist. Daraus zieht die Literatur den Umkehrschluss, dass eine Gemeinde auch im Normalfall finanziell lebensfähig sein muss248. Dieser Anspruch auf Mindestausstattung durch die Länder ist jedoch nicht die einzige Einnahmequelle einer Kommune. Neben dieser Zuweisung einer Mindestausstattung stehen weitere (eigene) Einnahmen der Kommune: privatrechtliche Einnahmen und Abgaben (Steuern, Gebühren, Beiträge)249, Ausgleichszahlungen für staatliche Aufgabenübertragung (Konnexität)250. Ausdrückliche Regelungen dieser auf dem Konnexitätsprinzip beruhenden Ausgleichszahlungen finden sich in den sog. Dualistischen Modellen der Landesverfassungen (finanzverfassungsrechtlicher Dualismus)251. (2) Anspruchsinhalt: Wie ist die finanzielle Mindestausstattung zu gewährleisten? Den Eintritt von Insolvenzgründen kann ein Anspruch auf Finanzausstattung durch das jeweilige Bundesland jedoch nur dann ausschließen, wenn das Land 243 NWVerfGH, DVBl. 1998, 1280, 1281; BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303, 304; BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 131; BWStGH, DVBl. 1999, 1351, 1354; NdsStGH, DVBl. 1998, 185 f. 244 Vgl. BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303. 245 Birk/Inhester, DVBl. 1993, 1281, 1284; Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 201 ff.; Faber, DVBl. 2005, 933, 942 f.; Henneke, DÖV 1998, 330, 335; ders., LKV 1993, 365, 367; Hoppe, DVBl. 1992, 117, 118; Volkmann, DÖV 2001, 497 f. 246 Vgl. hierzu Kirchhof, in: Ipsen (Hrsg.), S. 53, 58; Volkmann, DÖV 2001, 497, 498. 247 Volkmann, DÖV 2001, 497, 498. 248 Vgl. Hoppe, DVBl. 1992, 117, 118; Schoch/Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 181. 249 Schoch/Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 24 ff. 250 Vgl. MVVerfG, LKV 2006, 461, 462; Korioth, LKV 1997, 385, 386; Röhl, LKV 2007, 157, 158; Vetzberger, LKV 2006, 347 f. 251 Vgl. Röhl, LKV 2007, 157, 158; Volkmann, DÖV 2001, 497, 499.

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verpflichtet ist, bei konkret auftretenden Finanzengpässen, die durch eine freiwillige wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde auf dem Bereich der Abfallentsorgung entstanden sind, für die Finanzierung der weiteren Vornahme dieser Tätigkeit bzw. bei Betriebseinstellung für die Finanzierung der Sicherung der Anlage einzustehen. Ob das Land eine solche „Einstandspflicht“ gegenüber den Gemeinden hat, bestimmt sich nach dem Inhalt der finanziellen Mindestausstattung. (a) Der übergemeindliche Finanzausgleich – Die Grundlagen Nach einhelliger Rechtsprechung kommt dem Gesetzgeber des jeweiligen Bundeslandes die Entscheidungsmacht darüber zu, wie das Bundesland die finanzielle Mindestausstattung gewährleistet. Er hat einen Entscheidungsspielraum darüber, wie er der Finanzierungspflicht nachkommt252. Zum einen kann er den Gemeinden eine neue Einnahmequelle erschließen253. Zum anderen wird dieser in der jeweiligen Verfassung verankerte Anspruch über einen übergemeindlichen Finanzausgleich gewährleistet254. Die Mindestausstattung mittels kommunalen Finanzausgleichs ist überwiegend in den jeweiligen Landesverfassungen verankert. Art. 99 S. 2 BbgVerf besagt, dass das Land durch einen Finanzausgleich dafür sorgt, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände ihre Aufgaben erfüllen können255. Im Rahmen des Finanzausgleichs sind die Gemeinden und Gemeindeverbände an den Steuereinnahmen des Landes angemessen zu beteiligen. Der kommunale Finanzausgleich stellt damit den Regelfall dar, um die Mindestausstattung der Gemeinden zu gewährleisten. Der kommunale Finanzausgleich soll die anderen genannten und in der Regel nicht ausreichenden Finanzquellen der Kommune ergänzen, sodass diese auch tatsächlich die Möglichkeit hat, eigenverantwortlich Selbstverwaltungstätigkeiten zu übernehmen256. Neben dem Ziel, die Aufgabenerfüllung zu gewährleisten, soll der kommunale Finanzausgleich zudem das interkommunale Wohlstandsgefüge abmildern257. Der Finanzausgleich erfolgt sowohl vertikal (Land und Kommunen) als auch horizontal (zwischen Kommunen)258. Die Höhe der Finanzausstattung durch das Land wird in der Regel durch die Höhe der eigenen Einnahmen und durch die 252

Vgl. BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303. Volkmann, DÖV 2001, 497, 498. 254 NWVerfGH, DVBl. 1998, 1280; Nierhaus/Gebhardt, Ausfallhaftung, S. 31. 255 Ähnliche Vorschriften finden sich z. B. in: Nordrhein-Westfalen (Art. 79 LV NW) oder Schleswig-Holstein (Art. 49 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein). 256 Henneke, Der Gemeindehaushalt 2002, 145, 146. 257 Henneke, Der Gemeindehaushalt 2002, 145, 146; Korioth, LKV 1997, 385, 386. 258 MVVerfG, LKV 2006, 461, 462; Birk/Inhester, DVBl. 1993, 1281, 1282. 253

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Aufgabenlast bestimmt259. Die Aufgaben des Landes und der Gemeinden sind regelmäßig wiederkehrend zu gewichten und müssen sich gleichmäßig gegenüberstehen260. Im Rahmen dieser Gewichtung der Aufgaben ist es schwierig, die Aufgabenlast und den Bedarf für die Erfüllung der Selbstverwaltungsaufgaben anhand von objektiven Kriterien zu ermitteln. Daher kommt dem jeweiligen Gesetzgeber ein weiter Entscheidungsspielraum/Ermessensspielraum zu, wie er den kommunalen Finanzausgleich und damit seine Pflichterfüllung zur finanziellen Mindestausstattung gestaltet261. Dieser Ermessensspielraum besteht sowohl hinsichtlich des den Kommunen zuzustehenden Anteils an den Landessteuern als auch für die Erfassung der Finanzkraft und des Finanzbedarfs der Kommunen; das Aufkommen und der Bedarf sind allerdings möglichst realitätsgerecht zu veranschlagen262. Die Gemeinden selbst haben weder Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung des Finanzausgleichs noch können sie einen Anspruch auf bestimmte finanzielle Mittel geltend machen263. (b) Das Verbot der Aushöhlung der finanziellen Mindestausstattung Bei Regelung der kommunalen Finanzausstattung hat der jeweilige Gesetzgeber aber immer zu beachten, dass die verfassungsrechtliche Garantie einer finanziellen Mindestausstattung nicht ausgehöhlt wird264. Die zur Verfügung gestellten Mittel dürfen nicht evident unzureichend sein, sodass eine sinnvolle Betätigung der Selbstverwaltung nicht mehr möglich ist265. Die finanzielle Mindestausstattung ist so zu bemessen, dass die Gemeinden in die Lage versetzt werden, neben den Pflichtaufgaben des eigenen und übertragenen Wirkungskreises noch freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zu übernehmen, sonst liegt eine Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie vor266. In diesem Sinne gehört eine Finanzausstattung, die der einzelnen Gemeinde ein Mindestmaß an freiwilliger Selbstverwaltung erlaubt, zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung267. Zu den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben gehört auch die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde. Die wirtschaftliche Betätigung der Ge259

Henneke, Der Gemeindehaushalt 2002, 145, 147. BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 131. 261 BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 131; BWStGH, DVBl. 1999, 1351, 1354; NdsStGH, DVBl. 1998, 185, 186; NWVerfGH, DVBl. 1998, 1280, 1282. 262 BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 131; NdsStGH, DVBl. 1998, 185, 187. 263 BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303, 305. 264 BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 130; BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303, 305. 265 BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 130. 266 BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 134; BWStGH, DVBl. 1999, 1351, 1355; NdsStGH, DVBl. 1998, 185, 187; BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303, 304; ähnlich MVVerf, LKV 2006, 461, der hervorhebt, dass ein Minimum an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben übernommen werden kann. 267 BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 134. 260

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meinde ist von der Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 GG umfasst268. Die finanzielle Mindestausstattung dient daher auch zur Finanzierung des Betriebs einer Abfallentsorgungsanlage außerhalb der §§ 13, 15 KrW-/AbfG. Im Ergebnis bestimmt sich die Höhe der Finanzausstattung nach dem Bedarf der Gemeinden. Die Gemeinden erfüllen regelmäßig Pflichtaufgaben, übertragene Aufgaben und freiwillige Aufgaben. Nicht alle möglichen freiwilligen Aufgaben der Gemeinde sind jedoch vom Land zu finanzieren. Hier ist lediglich ein Mindestmaß gestattet. (c) Die Mindestausstattung für freiwillige Aufgaben Ungeklärt ist, wann die Mindestausstattung unterschritten („Aushöhlung“) ist. Sicher ist, dass die Pflichtaufgaben von den Finanzzuweisungen gedeckt werden müssen (Konnexität). Überdies darf die Gemeinde ein Mindestmaß an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben übernehmen, zu deren Erfüllung ebenfalls Mittel in den Finanzzuweisungen enthalten sein müssen. Wie dieses Mindestmaß zu bestimmen ist, ist bislang nicht geklärt. In der Literatur findet sich diesbezüglich überwiegend die Lösung der sog. „freien Spitze“. Die finanzielle Mindestausstattung soll danach nicht gewährleistet sein, wenn die Kommunen weniger als fünf bis zehn Prozent ihrer Mittel für die Erfüllung von freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben verwenden können269. Dieser Ansicht widerspricht ein Teil der Rechtsprechung und der Literatur. Danach lässt sich die verfassungsrechtliche Mindestausstattung nicht auf bestimmte Maßstäbe, Parameter, Kennziffern, Beträge oder Quoten festlegen; insbesondere sei das Land nicht verpflichtet, den Kommunen eine zweckgebundene Finanzausstattung in bestimmter Höhe im Sinne einer „freien Spitze“ zu sichern270. Gegen die Ansicht der „freien Spitze“ sprechen einige Gründe. Sie ist für den Gesetzgeber schwer handhabbar und könnte zu ungerechtfertigten Mittelzuweisungen führen. Eine Kommune kann sich aufgrund ihrer Selbstverwaltungsgarantie auch gegen die Übernahme einer freiwilligen Aufgabe entscheiden. Für die Zuweisung einer solchen „freien Spitze“ bestünde dann kein Bedarf. Die Mittelzuweisungen orientieren sich aber an der Aufgabenlast und dem Bedarf. Auch wird damit einem Bundesland die Möglichkeit genommen, entsprechend seiner finanziellen Mittel die Zuweisungen an eine Gemeinde zu reduzieren, da diese 268

Hohendorf/Falk, in: v. Brünneck/Peine (Hrsg.), S. 198. So Hufen, DÖV 1998, 276, 280; Wendt, in: FS für Stern, S. 603, 625; ähnlich Schoch/Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 205, diese beziehen sich jedoch auf alle Selbstverwaltungsaufgaben ohne zwischen freiwilligen und pflichtigen zu unterscheiden; mittelbar auch NdsStGH, NdsVBl. 2001, 184, 190. 270 Vgl. BWStGH, DVBl. 1999, 1351, Leitsatz 8 und S. 1355; VerfG LSA, NVwZRR 2000, 1, 7; Inhester, Kommunaler Finanzausgleich, S. 84; Volkmann, DÖV 2001, 497, 498. 269

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sich immer darauf berufen kann, die freie Spitze würde unterlaufen. Die finanziellen Belastungen eines Landes werden dabei außer Acht gelassen. Für die „freie Spitze“ sprechen jedoch die besseren Argumente. Ohne eine prozentuale Bestimmung solcher Zuweisungen ist der Weg offen für Ungleichbehandlungen und Willkür, welche von beiden Seiten ausgehen können. Den Begriff des „Mindestmaßes an freiwilligen Aufgaben“ hat die Rechtsprechung bisher nicht eindeutig definiert. Jede Gemeinde kann also geltend machen, dass die Aufgaben, die bisher übernommen wurden, noch nicht diesem Mindestmaß entsprechen. Es besteht die Gefahr, dass Kommunen immer mehr freiwillige Aufgaben übernehmen, für welche dann das Land finanziell aufkommt. Dadurch kann es aber auch zu Ungleichbehandlungen von Kommunen kommen. Eine klare Regelung des Mindestmaßes in Form eines Prozentsatzes führt zu einer Gleichbehandlung aller Gemeinden. (d) Die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes Der Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung besteht nach der überwiegenden Ansicht unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Bundeslandes271. Insbesondere das Landesverfassungsgericht von Mecklenburg-Vorpommern hat sich dieser Frage sehr ausführlich gewidmet und inhaltlich klar Stellung bezogen. Es geht davon aus, dass die Kommunen ebenso wie das Land eine geringe Kostenausstattung dulden müssen. Dieses hat auch auf die Aufgaben der freiwilligen Selbstverwaltung durchzuschlagen. Eine Aushöhlung des Kernbereichs liege darin nicht, da die Kommune noch freiwillige Aufgaben übernehmen könne, sich nur der Umfang (wegen der Haushaltslage des Landes in gerechtfertigter Weise) verringere272. Die Gemeinden sind über die ihnen zukommenden Zuweisungen mit dem Land und auch mit dem Bund in einem allgemeinen Steuerverbund zusammengeschlossen273. Auch das Land ist auf Mittel aus diesem Verbund angewiesen. Daher muss trotz des hohen Stellenwerts der Selbstverwaltungsgarantie die Höhe der gemeindlichen Finanzausstattung auch unter angemessener Berücksichtigung des finanziellen Bedarfs und der Haushaltssituation des Landes bestimmt werden274. Beachtung muss auch die konkrete Aufgabenverteilung finden275. Das heißt, dass Landesaufgaben ebenso erfüllt werden müssen wie kommunale Aufgaben. Hierzu soll ein Ausgleich zwischen den fi271 So h. M.: MVVerfG, LKV 2006, 461, 463; BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 130; NWVerfGH, DVBl. 1998, 1280; BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303, 305; NdsStGH, NVwZ 1996, 585, 588; a. A.: ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, 665, 668. 272 MVVerfG, LKV 2006, 461, 463; ähnlich aber nicht ganz so klar BWStGH, DVBl. 1999, 1351, 1355; NWVerfGH, NVwZ-RR 1999, 81, 82; NWVerfGH, DVBl. 1999, 391, 393, wohl auch Hoppe, DVBl. 1992, 117, 119 f. 273 BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 130. 274 NWVerfGH, DVBl. 1998, 1280, 1281.

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nanziellen Interessen der Kommunen und denen des Landes hergestellt werden, der darin besteht, dass dem Land und den Kommunen die jeweils verfügbaren Finanzmittel gleichermaßen entsprechend den jeweiligen Aufgaben zukommen (Gebot der Verteilungssymmetrie)276. Anders sieht dieses der Thüringische Verfassungsgerichtshof. Seiner Ansicht nach bleibt dem Land, auch wenn es mangels eigener finanzieller Leistungsfähigkeit tatsächlich außerstande ist, diese Mindestausstattung durch Bereitstellung zu sichern, nur die Möglichkeit, entweder die Kommunen von bereits auferlegten Aufgaben zu entlasten, gesetzlich vorgegebene und kostentreibende Standards der kommunalen Aufgabenerfüllung abzusenken und auf die Erledigung neuer Aufgaben trotz politischer Wünschbarkeit zu verzichten oder den Kommunen neue Steuer- bzw. Einnahmequellen zu erschließen277. Der Thüringische Verfassungsgerichtshof lehnt schon den Vorbehalt der Leistungsfähigkeit des Landes an sich ab, die Mindestausstattung bestehe leistungskraftunabhängig. Auch ein Teil der Literatur folgt dieser Sichtweise278. Eine vermittelnde Ansicht lässt einen Einschnitt in den Kernbereich der Selbstverwaltung dann zu, wenn das Land selbst in einer Haushaltsnotlage ist und diese Notlage nicht anderweitig – wie z. B. durch Ausschöpfung von Sparpotential oder Aufgabenrückführung – abzuwenden ist279. Der herrschenden Meinung und überwiegenden Rechtsprechung ist zuzustimmen. Auch das jeweilige Bundesland ist auf die Einnahmen aus dem Finanzausgleich und die eigenen Einnahmen angewiesen. Es ist praktisch undenkbar, dass das Land immer die Ausgaben der Gemeinden decken soll, wenn es selbst seine Aufgaben nicht erledigen kann. In Zeiten von Einnahmeschwierigkeiten müssen auch die Gemeinden mit gekürzten Einnahmen rechnen. Eine Einschränkung ist jedoch hinsichtlich der Pflichtaufgaben und der übertragenen Aufgaben zu beachten. Wenn sich der Bund und das Bundesland der Kommune zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient, so ist sicherzustellen, dass der Bund oder das Bundesland die Verrichtung der übertragenen Aufgaben auch finanziert (Konnexität).

275 BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 131; NWVerfGH, DVBl. 1998, 1280, 1281; BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303, 305. 276 NdsStGH, DVBl. 1998, 185, 187. 277 ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, 665, 668; ähnlich wohl BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303, 304 f., der weder den Erhalt des Wesensgehalts der Selbstverwaltung als Grenze der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit noch die Finanzkraft des Landes erwähnt, welches derart zu verstehen ist, dass auch bei finanziellen Schwierigkeiten des Landes der Kernbereich gewahrt werden muss. 278 Henneke, DÖV 1998, 330, 331; Schoch, in: Ehlers/Krebs (Hrsg.), S. 93, 122 f. 279 Vgl. Nierhaus/Gebhardt, Ausfallhaftung, S. 82.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Das jeweilige Bundesland ist mithin verpflichtet, im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit den kommunalen Finanzausgleich derart auszugestalten, dass die Gemeinden die ihnen zukommenden pflichtigen und freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben erfüllen können und weiterhin finanziell lebensfähig sind. (e) Gesonderte Finanzzuweisungen bei akuten Finanzlöchern? Mit den eigenen Einnahmen und dem Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung steht den Kommunen jedes Jahr ein bestimmter Betrag zur Verfügung, der es ihnen ermöglicht, über die Pflichtaufgaben hinaus auch freiwillige Aufgaben wahrzunehmen. Folglich müsste eine bedarfsgerechte Finanzausstattung vorliegen; Insolvenzgründe dürften nicht eintreten, da gerade die finanzielle Mindestausstattung die Leistungsfähigkeit der Gemeinde gewährleisten soll. Trotz dieser regelmäßigen Einnahmen geraten immer wieder Kommunen in akute finanzielle Engpässe. Fraglich ist nun, ob die Gemeinde über den garantierten allgemeinen Finanzausgleich hinaus gegen das jeweilige Land einen konkreten Anspruch auf kurzfristige finanzielle Hilfe (Ausfallhaftung in Form einer Ausstattung) hat, um einen akuten Zahlungsengpass ausgleichen zu können. Wenn ein solcher Anspruch besteht, kann ein tatsächliches Insolvenzrisiko bereits verneint werden, ohne weitere Instrumente zu untersuchen, die die Auferlegung einer Sicherheitsleistung nicht erforderlich machen. In Betracht kommt eine Ausfallhaftung ähnlich der Anstaltslast; denkbar ist aber auch ein individueller Zahlungsanspruch der Gemeinde aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Mindestausstattung. Eine konkrete Ausfallhaftung ist aus dem ehemaligen Sparkassenrecht bekannt und begründete bis vor Kurzem die Verpflichtung des Sparkassenträgers, die wirtschaftliche Basis der Anstalt Sparkasse zu sichern und die Anstalt für die gesamte Dauer ihres Bestehens funktionsfähig zu halten („Anstaltslast“)280. Eine Anstalt in diesem Sinne ist dann funktionsfähig, wenn die wirtschaftliche Grundlage für die Dauer ihres Bestehens gesichert ist281. Für die Zeit des Bestehens der Anstalt ist der jeweilige Träger verpflichtet, die entstehenden Finanzlücken im Innenverhältnis zu schließen282. Ließe sich die Anstaltslast auf die Gemeinden und deren übergeordnete Bundesländer übertragen, müssten die Bundesländer 280

Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 165. Kemmler, Die Anstaltslast, S. 110. 282 Kemmler, Die Anstaltslast, S. 113; Kirchhof, in: Ipsen (Hrsg.), S. 53, 59; Koenig, WM 1995, 821, 822; Kruse, NVwZ 2000, 721, 722; Oebbecke, DVBl. 1981, 960, 961. Nach einem Konflikt mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaft und einer Einigung aus dem Jahr 2001 besteht eine solche Ausfallhaftung nach den geänderten Sparkassengesetzen der Länder nicht mehr (vgl. Krämer, Der Gemeindehaushalt 2002, 37 ff.). Vgl. exemplarisch § 3 Abs. 3 Brandenburgisches Sparkassengesetz (BbgSpkG) zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.6.2002 (GVBl. I, S. 57): „Der Träger unterstützt die Sparkasse bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach marktwirtschaftlichen Grundsät281

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die auftretenden Finanzlöcher unabhängig vom bereits getroffenen Finanzausgleich schließen. Im hier zu untersuchenden Fall die Anstaltslast in dem gerade genannten Umfang, wie er früher für Sparkassen galt, heranzuziehen, begegnet einigen Zweifeln. Zum einen ist eine Gemeinde gerade keine Anstalt283, sondern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Eine Anstalt ist eine organisatorische Zusammenfassung von Verwaltungspersonal und Sachmitteln zu einer rechtlich verselbständigten Einheit, die der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben im Rahmen der jeweiligen Zwecksetzung dient284. Die Anstalt des öffentlichen Rechts hat Benutzer und keine Mitglieder wie die Körperschaft. Zwar ist es richtig, dass zwischen einer Gemeinde und einer Anstalt eine gewisse Ähnlichkeit besteht; die Gemeinde ist eine Untergliederung des jeweiligen Bundeslandes und nimmt auch zum Teil dessen Aufgaben in Form der mittelbaren Verwaltung wahr285. Aber die Anstalt unterliegt sowohl in der Bestimmung der Aufgaben als auch in der Aufgabenerfüllung vollkommen der Aufsicht des Trägers. Er bestimmt über den Umfang der Aufgabenwahrnehmung286. Bei den Gemeinden zeigt sich hingegen ein anderes Bild. Sie haben die Möglichkeit, freiwillige Aufgaben zu übernehmen. Das Land kann nicht über diese Aufgabenerfüllung bestimmen. Einzig und allein der Gesetzgeber könnte die Aufgabenverteilung neu regeln. Anders als bei der Anstalt fehlt es bei einer Gemeinde an einer Zwecksetzung durch ihren Träger287. Es gilt daher, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts keine Anstalt sein kann. Die Anstaltslast ist daher nicht auf Körperschaften des öffentlichen Rechts anzuwenden. Zudem entspräche eine solche „Anstaltslast“ im vollumfänglichen Sinne nicht der Rechtsprechung zur finanziellen Mindestausstattung. Den Gemeinden wird danach nur eine Mindestausstattung zugesagt, nicht jedoch die Pflicht, die finanzielle Lebensfähigkeit durch „Stopfung jeglicher Löcher“ zu sichern. Der Anspruch auf Mindestausstattung ist nicht der Anstaltslast gleichzusetzen288. Wenn diese Mindestausstattung als eine Art der Anstaltslast angesehen oder zumindest die Ähnlichkeit anerkannt worden wäre, hätte die Rechtsprechung, die bis heute im Grunde einheitlich und stringent ist, davon Gebrauch gemacht. Dieses ist jedoch bisher nicht geschehen. Eine „Anstaltslast“ im vollumfänglichen Sinne, wie sie im deutschen Recht ausgestaltet ist bzw. war, besteht für Gemeinden damit nicht. Eine Ausfallhaftung unter dem Gesichtspunkt der Anstaltslast scheidet folglich aus.

zen. Eine Verpflichtung des Trägers zur oder ein Anspruch der Sparkasse gegen den Träger auf Zurverfügungstellung von Mitteln besteht nicht.“ 283 Ein Teil der Literatur möchte aber die Gemeinden den Anstalten gleichstellen: Kemmler, Die Anstaltslast, S. 186 f.; Kirchhof, in: Ipsen (Hrsg.), S. 53, 59 f. 284 Peine, AllgVerwR, Rn. 94. 285 Kemmler, Die Anstaltslast, S. 186; Kirchhof, in: Ipsen (Hrsg.), S. 53, 59. 286 Thode/Peres, VerwArch 89 (1998), 439, 445. 287 So auch Schmitt, Finanzhoheit, S. 63. 288 Anders jedoch Kemmler, Die Anstaltslast, S. 189 ff.

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Fraglich ist jedoch, ob über die Pflicht zur Mindestausstattung ein individueller Anspruch auf Schließung von Finanzlücken, die bei der freiwilligen Selbstverwaltung entstehen und diese damit unmöglich machen, hergeleitet werden kann. Eine Gemeinde könnte sich darauf berufen, dass das über den Finanzausgleich zugewiesene Geld evident nicht ausreichend ist, um alle Aufgaben zu erfüllen. Sie könnte bei jeder Illiquidität – die den Charakter einer langfristigen Zahlungsunfähigkeit hat – vortragen, dass sie ihre gesamten Finanzmittel für die Erfüllung von nicht freiwilligen Aufgaben aufwenden muss. Das Auftreten von Haushaltslöchern könnte ein Indiz dafür sein, dass die getroffene Zuweisung evident unzureichend ist, um die über den Anspruch auf Mindestausstattung zugesicherte freiwillige Selbstverwaltungstätigkeit auszuüben. Gegen einen Anspruch auf Sonderzahlungen neben denen aus dem kommunalen Finanzausgleich sprechen allerdings von vornherein mehrere Aspekte. Zunächst widerspräche ein solcher Anspruch auf Sonderzahlungen allgemeinen Gesichtspunkten289. Zum einen folgt aus der teilweisen organisatorischen Selbständigkeit einer Kommune, dass auch sie selbständig und eigenständig Verantwortung für ihre Handlungen übernehmen muss290. Bei einem solchen Anspruch würden Normen des Kommunalverfassungsrechts, die einen ausgeglichenen Haushalt oder einen wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit den kommunalen Mitteln fordern, ins Leere laufen. Die Kommunen könnten sich immer darauf verlassen, dass bei jeglichen Entscheidungen das finanzielle Risiko „auf den Schultern“ des Landes liegen würde. Dieses regt nicht zu einem eigenverantwortlichen und sparsamen Verhalten an, sondern begünstigt im Gegenteil verantwortungsloses Verfahren mit kommunalen Finanzen. Zum anderen könnte das Land seine eigene Finanzausstattung nicht mehr kalkulieren und kontrollieren, wenn jede Gemeinde einen solchen Anspruch hätte291. Dieses widerspricht der Rechtsprechung, dass selbst die bedarfsgerechte finanzielle Mindestausstattung den Grenzen der Leistungsfähigkeit des Landes unterliegt. Darüber hinaus ist der kommunale Finanzausgleich vorrangiges Mittel, die Mindestausstattung sicherzustellen292. Auch würde ein solcher unmittelbarer Anspruch die Grundprinzipien des kommunalen Finanzausgleichs in das Gegenteil verkehren. Die Bundesländer haben einen großen Spielraum, wie sie den Finanzausgleich ausgestalten können; es obliegt dem Gesetzgeber, eine Bewertung des jeweiligen Finanzbedarfs vorzunehmen und danach die vorhandenen Finanzmittel zu verteilen293. Dieses den Bun289

Ohne Begründung auch Faber, DVBl. 2005, 933, 942. Sennewald, VR 1998, 187, 191. 291 OVG Koblenz, Urteil vom 3.4.2001, Az.: 7 A 10993/00 – juris. 292 BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303, 304; Art. 99 S. 2 BbgVerf; ähnlich: NdsStGH, NVwZ 1996, 585. 293 Vgl. hierzu besonders die Ausführungen des BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303, 304. 290

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desländern zustehende Ermessen läuft ins Leere, wenn jede Gemeinde einen unmittelbaren Anspruch gegen das Bundesland auf gesonderte Zahlungen zur Schließung von Finanzlöchern hat. Außerdem könnten die Gemeinden im Rahmen des Finanzausgleichs ein Recht auf Gleichbehandlung geltend machen294. Im Finanzausgleich soll eine ausgewogene Aufteilung der Zuweisungsmasse auf die einzelnen Gemeinden stattfinden295. Diesem Prinzip läuft es zuwider, wenn die Gemeinde einen konkreten Anspruch gegen das Land hat. Beachtung müssen auch Verschuldensmomente erfahren. Alle Kommunalverfassungen verlangen von den Kommunen eine wirtschaftliche und sparsame Haushaltsführung. Die Kommune muss bei ihren Handlungen also darauf achten, dass sie zugunsten der Gemeindefinanzen keine übermäßigen Ausgaben tätigt und Investitionen auf ihre Wirksamkeit hin genau überprüft. Aus diesem Grundsatz und der dazutretenden, bereits erwähnten gemeindlichen Eigenverantwortung und dem Gleichheitsgrundsatz, der auch unter den Gemeinden gilt, ist zu folgern, dass Kommunen die Folgen einer „Misswirtschaft“ selbst tragen müssen296. Das Land oder andere finanzstarke Gemeinden (horizontaler Finanzausgleich) müssen nicht für die selbstverschuldete Zahlungs- und Handlungsunfähigkeit anderer Kommunen aufkommen297. Auf ein solches Verschuldensmerkmal müsste es in diesem Sinne ankommen298. Richtig ist zwar, dass aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung die Erfüllung von freiwilligen Aufgaben garantiert wird und das Land zu Finanzzuweisungen verpflichtet ist, deren Erfüllung zu garantieren ist299. Aber ein Anspruch ohne Einschränkungen entspräche ebenso wenig der kommunalen Selbstverwaltung. Es besteht die Gefahr einer Entmündigung, da ggf. die Organisationshoheit beeinträchtigt werden kann300. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung kann nicht nur Ansprüche begründen. Aus ihr folgen die oben genannten Pflichten zur Eigenverantwortung und Sparsamkeit. Werden diese missachtet, kann die Kommune keine gesteigerten Finanzzuweisungen verlangen. Der Hinweis, dass ein Verschulden seitens der Kommune wohl kaum festzustellen sei301, trägt nicht. Jährlich findet eine Haus294

BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 131. BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 130. 296 So wohl auch BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 134; vgl. zur Eigenverantwortlichkeit der Länder bei Haushaltsnotlagen BVerfG, NVwZ 2007, 67 ff.; Rossi, JZ 2007, 394, 395 f. 297 So: Loh/Wimmer, WM 1996, 1941, 1946; Schwarz, Staatsgarantie, S. 41; Sennewald, VR 1998, 187, 190. 298 A.A.: Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 205 f.; Nierhaus/Gebhardt, Ausfallhaftung, S. 63 f.; anders wohl auch der BGH, NJW 2003, 1318 f., der im Rahmen eines Amtshaftungsanspruchs gegen die Kommunalaufsichtsbehörde ein mögliches Verschulden der Entscheidungsträger innerhalb der Gemeinde in die Entscheidung nicht problematisiert; widersprüchlich Oebbecke, in: Erichsen (Hrsg.), S. 165, 168. 299 Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 205 f.; Nierhaus/Gebhardt, Ausfallhaftung, S. 63 f. 300 Masloff, Ausfallhaftung, S. 56. 295

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haltsprüfung statt. Auch in Kommunen kann festgestellt werden, ob diese sparsam und wirtschaftlich gehandelt haben. Wegen der aufgezählten Bedenken dürfte ein individueller Anspruch der Gemeinde auf Sonderzahlungen ausscheiden. Anderes könnte die Rechtsprechung des Brandenburgischen Verfassungsgerichts ergeben. Danach ist der Anspruch auf Mindestausstattung ein jeder Gemeinde gesondert individuell zustehender Anspruch302. Die Auswirkungen dieses Urteils sind genauer zu untersuchen. Bisher ging die Literatur überwiegend davon aus, dass die Forderung nach einer finanziellen Mindestausstattung ein bloß institutionell abgesicherter Anspruch sei303. Eine einzelne Gemeinde konnte danach nie gesondert Zahlungen vom Bundesland verlangen, wenn sie der Ansicht war, der Finanzausgleich führe nicht zur erforderlichen Mindestausstattung. Mit der Rechtsprechung des Brandenburgischen Verfassungsgerichts herrscht mittlerweile die Ansicht vor, dass der Anspruch auf Mindestausstattung ein individueller ist304, sodass jede Gemeinde einen eigenen Anspruch gegenüber dem Land geltend machen kann. Um diesen Anspruch durchzusetzen, wird sich die Gemeinde in der Regel einer kommunalen Verfassungsbeschwerde bedienen305; dabei wird sie sich gegen die durch das Land gewählte Ausstattung richten. Das führt zu der Möglichkeit, dass die Gemeinde vom Bundesland eine individuelle Zuwendung von Finanzmitteln fordern kann. Allein das Bestehen eines individuellen Anspruchs führt jedoch nicht dazu, dass der Gemeinde ein Anspruch gegen das Land darauf zusteht, jegliche Finanzlöcher, die durch bzw. für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben entstanden, zu schließen. Auch das Brandenburgische Verfassungsgericht bejaht eine Forderung nur in dem Umfang, der erforderlich ist, um ein Mindestmaß an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben zu ermöglichen: „Die einzelne Gemeinde kann nicht verlangen, dass ihr über die staatliche Gemeindefinanzierung ausreichende Mittel für sämtliche Aufgabenbereiche zufließen, in denen freiwillige kommunale Selbstverwaltungstätigkeit sinnvoll und wünschenswert sein mag“ 306. Individuelle Sonderzuweisungen sind danach i. S. d. bisherigen Rechtsprechung nur insoweit möglich, wie durch den Finanzausgleich das Mindestmaß unterschritten wurde.

301

Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 205. BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 134. 303 Volkmann, DÖV 2001, 497, 504. 304 Faber, DVBl. 2005, 933, 942; Henneke, Der Landkreis 2005, 276, 304; Meyer, NVwZ 2001, Sonderheft für Weber, 36, 37 f.; Nierhaus, LKV 2005, 1, 2. 305 Schwarz, Staatsgarantie, S. 83 f. 306 BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 134. 302

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In diesem Rahmen stellt sich wieder die Frage, wie zu bestimmen ist, ob die Gemeinde tatsächlich ein Mindestmaß an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben erfüllen kann. Hier ist erneut auf die „freie Spitze“ zu verweisen. Diese würde von vornherein eine Verteilungsgerechtigkeit und eine Planungssicherheit des Landes über die ihm zur Verfügung stehenden Finanzen ermöglichen. Wenn die „freie Spitze“ bereits in den Finanzzuweisungen bedacht wird, kann die Kommune nicht damit argumentieren, die zugewiesenen Finanzmittel reichten nicht aus, um freiwillige Aufgaben zu übernehmen. Das Brandenburgische Verfassungsgericht hat einen anderen Weg vorgeschlagen. Danach soll ein Fonds zur Verfügung gestellt werden, aus dem die Mittel stammen, um im Einzelfall Haushaltslöcher der Kommunen zu decken, wenn sich herausstellt, dass den Gemeinden „trotz sparsamer Wirtschaftsführung und Ausschöpfung aller Einnahmemöglichkeiten kein finanzieller Spielraum für ein Mindestmaß an freiwilliger Selbstverwaltung verbleibt“ (Bedarfszuweisungen)307. Diesem Vorschlag ist der brandenburgische Gesetzgeber gefolgt. Im Brandenburgischen Gesetz über den allgemeinen Finanzausgleich mit den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Land Brandenburg (Brandenburgisches Finanzausgleichsgesetz – BbgFAG)308 findet sich in § 16 eine Regelung hinsichtlich eines solchen Fonds. Danach stellt das Bundesland den Gemeinden und Landkreisen zum Ausgleich eines besonderen Bedarfs Bedarfszuweisungen in Höhe von 50.000.000 Euro zur Verfügung. Die Mittel dienen auch dazu, die Grundausstattung zur Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben sicherzustellen (Nr. 2). Über die Verteilung dieser Mittel besteht kein Ermessen des Landes. Diese Bedarfszuweisungen ergänzen die „Schlüsselzuweisungen“ aus dem kommunalen Finanzausgleich, wenn sich herausstellt, dass die Gemeinde trotz Schlüsselzuweisung ein Mindestmaß an freiwilligen Aufgaben nicht ausüben kann. In ähnlicher Weise wie das Brandenburgische Verfassungsgericht hat auch der niedersächsische Staatsgerichtshof entschieden309. Trotz dieser Rechtsprechung entsteht keine verfassungsrechtliche Pflicht eines Bundeslandes, Gemeinden konkrete Finanzbeträge zuzuweisen, um im Fall der individuellen Zahlungsunfähigkeit der Gemeinde bestehende und fällige kommunale Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Beide genannten Verfassungsgerichte stellen darauf ab, dass ein Anspruch auf individuelle Sonderzuweisungen nur dann bestehen soll, wenn trotz der allgemeinen Finanzzuweisung die Erfüllung eines Mindestmaßes an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben nicht gewährleistet ist. Beide Entscheidungen stehen also im Zusammenhang mit dem allgemeinen Anspruch auf Zuweisung einer bedarfsgerechten finanziellen Mindestausstat307

BbgVerfG, NVwZ-RR 2000, 129, 134. Gesetz vom 29.6.2004 (GVBl. I, S. 262), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6.6.2006 (GVBl. I, S. 166 f.). 309 NdsStGH, NdsVBl. 2001, 184, 189 f. 308

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tung der Gemeinde und treffen darüber hinaus keine Aussage, ob es einen allumfassenden Anspruch einer Kommune gegen das Land gibt, sämtliche Haushaltslöcher zu schließen. Den Gerichten ging es lediglich um die Frage, ob eine Kommune einen individuellen Anspruch auf die finanzielle Mindestausstattung hat, welcher (zutreffend) bejaht wird. Genügen die Zuweisungen aus dem allgemeinen Finanzausgleich nicht, um dieses Mindestmaß zu erreichen, hat die Gemeinde Anspruch auf eine Bedarfszuweisung. Darüber hinaus besteht kein Anspruch310. Allein der Umstand, dass Finanzlöcher bestehen, sagt noch nichts darüber aus, ob der Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung seitens des Landes nicht erfüllt wurde. Mehrere Landesgesetzgeber haben zwischenzeitlich das Problem erkannt, dass trotz eigener Mittel und des Anspruchs auf eine finanzielle Mindestausstattung (allgemeine Finanzzuweisungen über kommunalen Finanzausgleich) die finanziellen Mittel der Gemeinden oder Gemeindeverbände nicht ausreichen können, was zur Zahlungs- und damit Handlungsunfähigkeit führen kann. Zur Lösung besteht nach mehreren Landesfinanzausgleichsgesetzen die Möglichkeit einer Fehlbedarfs- bzw. Fehlbetragszuweisung311. Solche Zuweisungen haben das Ziel, 310 Cromme zieht den Radius der Bedarfszuweisungen sehr weit: Nach seiner Ansicht sind solche Bedarfszuweisungen auch zur Schuldentilgung auszusprechen, vgl. DVBl. 2000, 459, 465. Dieses geht jedoch zu weit. Hier wird erneut nicht ausreichend mit dem Mindestmaß gearbeitet. Nur wenn dieses unterschritten ist, können auch Schulden, die wegen dieses Umstands aufgenommen wurden, von den Bedarfszuweisungen erfasst sein. 311 Ausgleichsstock/-masse: Baden-Württemberg: § 13 Finanzausgleichsgesetz (FAG) in der Fassung vom 1.1.2000 (GBl. S. 14), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4.5.2009 (GBl. S. 185); Bayern: Art. 13c Finanzausgleichsgesetz (FAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2.7.2008 (GVBl. S. 386), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.4. 2009 (GVBl. S. 111); Hessen: § 28 Finanzausgleichsgesetz (FAG) in der Fassung vom 29.5.2007 (GVBl. I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.6.2009 (GVBl. I S. 226); Rheinland-Pfalz: § 17 Landesfinanzausgleichsgesetz (FAG) vom 30.11.1999 (GVBl. 1999, 415), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.7.2009, (GVBl. S. 277); Saarland: § 16 Kommunalfinanzausgleichsgesetz (KFAG) vom 12.7.1983 (Amtsblatt 1983, S. 461), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.12.2008 (Amtsbl. 2064); Sachsen: § 22 Sächsisches Finanzausgleichsgesetz (SächsFAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.1.2009 (SächsGVBl. S. 24); Sachsen-Anhalt: § 12 Finanzausgleichsgesetz (FAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.2.2009 (GVBl. LSA S. 646); Thüringen: § 27 Thüringer Finanzausgleichsgesetz (ThürFAG) vom 20.12.2007 (GVBl. S. 259), geändert durch Gesetz vom 9.10.2008 (GVBl. S. 369); Fehlbedarfs-/Fehlbetragszuweisung: Niedersachsen: § 13 Niedersächsisches Gesetz über den Finanzausgleich (NFAG) in der Fassung vom 14.9.2007 (Nds.GVBl. 2007, 466), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.10.2009 (Nds. GVBl. S. 403); Schleswig-Holstein: § 16 Finanzausgleichsgesetz (FAG) in der Fassung vom 5.2.2009 (GVOBl. Schl.-H. S. 67), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.7.2009 (GVOBl. Schl.-H. S. 413); Mecklenburg-Vorpommern: § 9 Finanzausgleichsgesetz (FAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.1.2006 (GVOBl. M-V S. 22), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.2007 (GVOBl. M-V S. 472); Ausgleichsfonds: Brandenburg: § 26 Brandenburgisches Finanzausgleichsgesetz (FAG) vom 29.6.2004 (GVBl. I, S. 262), zuletzt geändert durch Gesetz vom 06.12.2006 (GVBl. I, S. 166, 167).

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nach dem Finanzausgleich noch verbleibende Leistungsschwächen oder sich aus der Durchführung des Finanzausgleichs ergebende Härten zu verringern312. Es wird vertreten, dass diese Fehlbedarfszuweisungen auf einer rein politischen Entscheidung des Gesetzgebers beruhen und somit nicht verfassungsrechtlich garantiert sind313. Dieses spiegelt sich darin wider, dass diese Sonderzuweisungen in der Regel unter dem Vorbehalt des pflichtgemäßen Ermessens stehen314. Darüber hinaus sind diese jeweils auf eine bestimmte Summe begrenzt315. Einen unmittelbaren Anspruch der Kommune gegen das Land enthalten diese Normen daher nicht, und sie stellen daher keine zwingende Lösung eines akuten finanziellen Engpasses dar. Sie entsprechen auch nicht den oben dargestellten Bedarfszuweisungen. Ein unmittelbarer Anspruch einer Kommune, der auf den Ausgleich von Finanzlöchern gerichtet ist, um die Zahlungs- und Handlungsfähigkeit zu erhalten, ist schlussendlich abzulehnen („Einstandspflicht“/Ausfallhaftung im Innenverhältnis/Sanierungshilfen). Im Ergebnis müssten die gerade dargelegten Erwägungen auch im Sinne des Gleichheitssatzes und der Selbstverwaltungsgarantie dazu führen, dass eine Kommune – auch in der Situation einer Zahlungsunfähigkeit – lediglich einen individuellen Anspruch auf finanzielle Zuweisungen hat, wenn sie unverschuldet wegen unzureichender Finanzmittel ein Mindestmaß an freiwilligen Aufgaben nicht mehr übernehmen kann. Jegliche (selbst verschuldete) Finanzkrise begründet keinen Anspruch gegen das Land. Es besteht keine Pflicht des Landes, jede Zahlungsschwierigkeit einer Gemeinde zu beseitigen. (f) Ergebnis zum Anspruchsinhalt Die Kommunen haben gegen das jeweilige Bundesland einen Anspruch auf Finanzzuweisungen. Eine Zahlungspflicht des Bundeslandes besteht nur bei Finanzlücken, die durch oder bei der Erledigung von Pflichtaufgaben oder übertragenen Aufgaben (Konnexität) entstehen. Bei freiwilligen Aufgaben ist lediglich die Finanzausstattung für ein Mindestmaß freiwilliger Aufgaben garantiert. Entstehen Finanzierungslücken bei freiwilligen Aufgaben, ist zu prüfen, ob die vom Land gewährte Ausstattung dem (landes)verfassungsrechtlich garantierten Mindestmaß nicht entsprochen hat. Überschreitet der Bedarf das Mindestmaß, kann das Land Sonderzahlungen verwehren, was zur Einstellung solcher freiwilligen 312

Schwarz, Staatsgarantie, S. 85. Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 199. 314 Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 199; Faber, DVBl. 2005, 933, 937; Nierhaus/ Gebhardt, Ausfallhaftung, S. 33 f.; dementsprechend ausdrücklich im Ermessen im/in: Saarland, Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, SchleswigHolstein, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen; in Brandenburg, Sachsen und Bayern nicht ausdrücklich als Ermessensnorm formuliert. 315 Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 199; so z. B. in Brandenburg und Sachsen. 313

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Aufgaben führen kann. Eine umfassende „Einstandspflicht“, wie von der Verwaltungspraxis angenommen, ist darin nicht zu sehen. Im Einzelfall kann auch der Anspruch auf Mindestausstattung eine Erfüllung der Nachsorgepflichten nicht sicherstellen. ee) Keine Ungleichbehandlung wegen einer Gewährträgerhaftung bzw. Gesamtrechtsnachfolge? Im Rahmen der Möglichkeit des Eintritts von Insolvenzgründen bei Gemeinden wird neben der Ausfallhaftung im Innenverhältnis zwischen Kommune und Land auch die Gewährträgerhaftung erörtert316. Die Gewährträgerhaftung ist ebenfalls aus dem Bereich des ehemaligen Sparkassenrechts bekannt317. Diese Konstruktion würde bei ihrem Bestehen einen unmittelbaren Anspruch des Gläubigers einer Kommune auf Begleichung bestehender Forderungen durch das Land (dem Träger der Kommune) begründen318. Im Sparkassenrecht besteht eine solche Gewährträgerhaftung, ähnlich wie die Anstaltslast, nicht mehr (vgl. Kap. 3, D.IV.2.b)dd)(2)(e)). Eine gesetzliche Regelung hinsichtlich einer solchen Gewährträgerhaftung fehlt ebenso wie eine Rechtsprechung. In der Literatur ist umstritten, ob eine solche Gewährträgerhaftung des Landes im Falle der Zahlungsunfähigkeit einer Kommune besteht. Zum Teil wird eine umfassende Gewährträgerhaftung des „Muttergemeinwesens“ angenommen319, ohne dass es dafür einer gesetzlichen Grundlage bedarf320. Begründet wird dieses damit, dass Art. 14 Abs. 1 GG es nicht rechtfertigt, dass ein Dritter Forderungen gegen einen öffentlich-rechtlichen Schuldner durch staatliche Maßnahmen kompensationslos verliert; Forderungen gegen die öffentliche Hand seien von Art. 14 Abs. 1 GG umfasst321. Diese staatliche Maßnahme soll die Bestimmung der gesetzlichen „Konkursunfähigkeit“ sein, obwohl die juristische Person des öffentlichen Rechts tatsächlich zahlungsunfähig ist322. Hintergrund dessen ist der Gedanke, „dass unter normalen und friedlichen Verhältnissen eine staatsrechtliche Änderung innerhalb eines fortbestehenden Staats, sei sie Gebietsänderung oder Funktionsverschiebung, niemals

316 Vgl. Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 230 ff.; Masloff, Ausfallhaftung, S. 78 ff.; Oebbecke, in: Erichsen (Hrsg.), S. 165 ff.; Schwarz, Staatsgarantie, S. 85 ff. 317 Masloff, Ausfallhaftung, S. 78. 318 Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 166; Oebbecke, in: Erichsen (Hrsg.), S. 165, 169; Schwarz, Staatsgarantie, S. 98. 319 Schwarz, Staatsgarantie, S. 98 f.; dieser stellt dabei aber erneut auf den Umstand ab, dass die Schulden unverschuldet entstanden sind. 320 Thode/Peres, BB 1997, 1749, 1750; diese untersuchen allerdings die Gewährträgerhaftung bei Sparkassen. Deren Aussage ist jedoch allgemeingültig. 321 Mohl/Fritz, KStZ 2002, 125, 128; Schwarz, Staatsgarantie S. 87 f. 322 Schwarz, Staatsgarantie, S. 105.

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zum Untergang bestehender Verbindlichkeiten führen darf“ 323. Grundlage dieser Annahme ist die Gesamtrechtsnachfolge, bei der bestehende Verbindlichkeiten des Rechtsvorgängers nicht untergehen dürfen324. Schwarz setzt das Problem der Gesamtrechtsnachfolge dem der gesetzlichen „Konkursunfähigkeit“ gleich325. Auch Vertrauensschutzaspekte gem. Art. 20 GG sprechen für eine Gewährträgerhaftung326. Die überwiegende Ansicht lehnt jedoch eine solche Haftung des Landes gegenüber Dritten ab327, da es an einem dementsprechenden Gewohnheitsrecht fehle328 und eine Gewährträgerhaftung nur bei einer positivrechtlichen Normierung bestehen kann329. Im Ergebnis ist der ablehnenden Ansicht zuzustimmen. Zum einen gebietet hier Art. 28 Abs. 2 GG nicht die „Übernahme“ der Schulden, da es bei der Gewährträgerhaftung ausschließlich um eine Außenrechtsbeziehung geht. Nach der Rechtsprechung der Verfassungsgerichtshöfe bzw. Verfassungsgerichte soll lediglich die finanzielle (Mindest-)Ausstattung der Gemeinden gesichert werden. Art. 28 Abs. 2 GG bzw. die jeweiligen landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen regeln die Pflichten zwischen Gemeinden und Ländern. Eine Eintrittspflicht der Länder gegenüber Dritten kann damit nicht entstehen. Ein Schutz des Gläubigers ist nicht bezweckt, sondern die Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit der Gemeinde. Ein Gläubiger ist zudem ausreichend in seinen Rechten aus Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Es besteht die Möglichkeit, in das Vermögen der Gemeinden zu vollstrecken, wenn auch unter Einschränkungen. Bestünde eine Gewährträgerhaftung, bedürfte es solcher Normen, die die Möglichkeit einer Vollstreckung gewähren, nicht. Aus systematischen Gründen ist auf § 12 Abs. 2 InsO zu verweisen. Dieser spricht eine Übernahme der Zahlungsverpflichtungen durch den Träger der juristischen Person des öffentlichen Rechts ausdrücklich nur für Lohnleistungen aus. Eine solche Hervorhebung von Lohnzahlungen wäre nicht erforderlich, wenn eine Gewährträgerhaftung bestünde330. Unter den Begriff der „Einstandspflicht“, welchen die Verwaltungspraxis benutzt, könnte auch die Gesamtrechtsnachfolge fallen. Bei fehlender Aufgabenerfüllung durch die Gemeinde könnte das jeweilige Land verpflichtet sein, die 323

Schwarz, Staatsgarantie, S. 86. Vgl. Darstellung bei Masloff, Ausfallhaftung, S. 81 ff. 325 Vgl. hierzu Masloff, Ausfallhaftung, S. 120 f. 326 Schwarz, Staatsgarantie, S. 87 ff. 327 Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 230 ff., 274 f.; Faber, DVBl. 2005, 933, 942; Masloff, Ausfallhaftung, S. 78–164, 170; Oebbecke, in: Erichsen (Hrsg.), S. 165, 174 f. 328 Schneider/Busch, EuZW 1995, 602, 603; ähnlich Siekmann, NWVBl. 1993, 361, 366. 329 Koenig, WM 1995, 821, 825 f.; Masloff, Ausfallhaftung, S. 165 f.; Schneider/ Busch, EuZW 1995, 602, 603. 330 So auch Albers, NdsVBl. 2005, 57, 63. 324

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Aufgaben anstelle der Gemeinde als „Rechtsnachfolger“ zu erfüllen. Die Konstruktion des Gesamtrechtsnachfolgers ist mangels Vergleichbarkeit nicht heranzuziehen. Ein Bundesland kann nie Rechtsnachfolger einer Gemeinde sein. Das Land übernimmt nicht die Funktion und die Rechtspersönlichkeit einer Kommune. Zu bedenken ist auch, dass selbst bei Annahme einer solchen Gewährträgerhaftung bzw. Gesamtrechtsnachfolge die damit entstehenden Pflichten des Landes nicht weiter gehen dürften als die damit korrespondierende, im Innenverhältnis bestehende Pflicht zur finanziellen Mindestausstattung. Dem Land sind im Außenverhältnis nicht mehr Pflichten als im Innenverhältnis aufzubürden. Im Ergebnis besteht also auch keine Gewährträgerhaftung bzw. Gesamtrechtsnachfolge für Zahlungs- bzw. Ordnungspflichten. Das Problem einer europarechtswidrigen Beihilfe bei einer Gewährträgerhaftung stellt sich daher nicht331. ff) BVerfG: Kein Bedürfnis einer Sicherheitsleistung bei öffentlich-rechtlichen Anlagen Das BVerfG nimmt an, dass die Anordnung einer Sicherheitsleistung bei öffentlich-rechtlichen Anlagen sinnlos ist, da auch die Sicherheitsleistung von der öffentlichen Hand zu erbringen wäre332. Diese Sichtweise ist vordergründig nachvollziehbar. Warum soll die öffentliche Hand zunächst eine Leistung erbringen, um später Kosten in gleicher Höhe für die öffentliche Hand zu vermeiden. Diese Argumentation, die im Übrigen sehr „politisch“ ist, beachtet jedoch nicht, dass verschiedene Verwaltungsebenen bestehen. Es gibt nicht „die eine“ öffentliche Hand, sondern verschiedene Verwaltungsebenen, die sich wie Dritte gegenüberstehen können und jeweils ihren eigenen Haushalt haben. Eine Sicherheitsleistung ist nur dann auszuschließen, wenn 331 Bei der Annahme einer Gewährträgerhaftung kommt hier ähnlich wie bei der damaligen Gewährträgerhaftung nach dem alten Sparkassenrecht die Frage auf, ob dieses nicht eine unzulässige Beihilfe i. S. d. Art. 107 AEUV darstellt. Vgl. hierzu Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 258 f.: Dieser lehnt jedoch die Unternehmenseigenschaft i. S. d. Art. 107 AEUV bei einer Kommune ab, wenn sie hoheitlich oder im öffentlichen Interesse und nicht erwerbswirtschaftlich tätig wird. Nach Engelsings Argumentation dürfe das Land nicht bezüglich solcher Forderungen haften, die im Rahmen einer erwerbswirtschaftlichen Handlung entstanden sind. Ergebnis wäre, dass eine Haftung des Landes nur bestehe, wenn die Kommune nicht erwerbswirtschaftlich tätig wird. Wie aber gerade herausgestellt, ist eine wirtschaftliche Betätigung vom Schutz des Art. 28 Abs. 2 GG erfasst, auch wenn sie dem Erwerb dienen sollte (vgl. Kap. 3, D.2.a)cc)). Die Haftung fehlt also nur bei rein fiskalischen Tätigkeiten ohne Bezug zu Art. 28 Abs. 2 GG. Eine Unternehmenseigenschaft abzulehnen, schlägt daher fehl. 332 BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 1.9.2009, Az.: 1 BvR 1370/08, Rn. 21 – juris.

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die Sicherheitsleistung genau diejenige Ebene zahlen müsste, die später auch für die Sicherungs- und Entsorgungsmaßnahmen aufkommen müsste. Stehen sich aber verschiedene staatliche Ebenen gegenüber, würde der Haushalt der einen Ebene zulasten der anderen Ebene belastet, was wiederum an anderer Stelle Investitionen unvorhergesehen unmöglich macht. Dieses ergibt sich daraus, dass Gemeinden gerade die kommunale Selbstverwaltung zusteht und sie ihre eigenen Einnahmequellen haben. Stehen sich mithin verschiedene staatliche Ebenen mit eigenem Haushalt gegenüber, so ist die Sicherheitsleistung nicht sinnlos. Auch das Argument, dass die öffentliche Hand beim Betrieb der Anlage Entgelte erhält, die sie später für die Sicherungs- und Entsorgungsmaßnahmen aufwenden kann, während bei privaten Betreibern solche Gelder fehlen333, geht in Verkennung der verschiedenen Verwaltungsebenen mit eigenem Haushalt fehl. Nimmt eine Kommune Gelder ein, die jedoch nicht ausreichen, um die Umweltpflichten zu erfüllen, muss ggf. das zuständige Bundesland die Kosten übernehmen, obwohl es gerade nicht auf die Entgelte zugreifen kann. Das Bundesverfassungsgericht verkennt gerade die Strukturen, die zwischen Gemeinden und Bundesländern bestehen. Gemeinden können wie ein privater Anlagenbetreiber einer Genehmigungsbehörde gegenüberstehen. gg) Das Problem der „Insolvenzunfähigkeit“ nach § 12 InsO Wie bereits dargestellt, ist für die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG die „Insolvenzgefahr“ der Hauptaspekt für die behördliche Ermessensentscheidung. Die sog. Insolvenzunfähigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts regelt § 12 InsO. Die Wirkungen des § 12 InsO sind im Folgenden zu untersuchen. Der Frage, ob § 12 InsO die „Insolvenzgefahr“ ausschließt, ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. (1) Der Hintergrund der Regelung § 12 InsO Insolvenz bezeichnet ein förmliches gerichtliches Verfahren. Die oben bereits dargestellten Eröffnungsgründe der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (vgl. Kap. 3, D.IV.2.b)aa)) sind nicht dem Begriff der Insolvenz gleichzusetzen. Grundsätzlich kann ein Insolvenzverfahren über das Vermögen jeder natürlichen und jeder juristischen Person eröffnet werden, § 11 InsO. Eine Einschränkung enthält § 12 Abs. 1 InsO bezüglich juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Danach ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bundes oder eines Landes (Nr. 1) und einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die der 333

juris.

BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 1.9.2009, Az.: 1 BvR 1370/08, Rn. 22 –

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Aufsicht eines Landes untersteht, wenn das Landesrecht dies bestimmt, (Nr. 2) unzulässig. Hintergrund dieser Norm ist der Gedanke, dass die Funktionsfähigkeit des Staats auch bei finanziellen Schwierigkeiten aufrechterhalten und nicht durch insolvenzrechtlich begründete Handlungskompetenzen (in der Regel des Insolvenzverwalters) ersetzt wird334. Das Insolvenzverfahren verfolgt primär die Befriedigung der Gläubiger; Interessen des Schuldners treten dabei zurück. Ein solches Insolvenzverfahren wird den Aufgaben der öffentlichen Hand nicht gerecht, da die Öffentlichkeit ein Interesse daran hat, dass die öffentliche Hand ihre Aufgaben weiterführt und nicht den Zwängen des Insolvenzverfahrens unterliegt. Auch soll das Vermögen, welches zur Verwirklichung der öffentlichen Aufgaben benötigt wird, nicht der Befriedigung der Gläubiger dienen335. Aus diesen Gründen findet ein förmliches Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gem. § 12 InsO nicht statt. Alle Bundesländer haben einen Ausschluss des Insolvenzverfahrens bei juristischen Personen, die der Aufsicht des Landes unterstehen, i. S. d. § 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO erlassen336. Danach ist es rechtlich nicht möglich, dass die benannten 334

Vgl. hierzu Josten, BKR 2006, 133, 137 f. Vgl. hierzu Albers, NdsVBl. 2005, 57, 58. 336 Vgl.: Baden-Württemberg: § 45 S. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit (AGGVG) vom 16.12.1975 (GBl. 1975, 868), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4.5.2009 (GBl. S. 195, 196); Bayern: Art. 77 Abs. 3 GO Bay (auch in Art. 25 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes [AGGVG] [BayRS IV, S. 483], zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.7.2009 [GVBl. S. 395]); Brandenburg: § 118 Abs. 2 BbgKVerf (auch in § 38 Abs. 3 S. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg [VwVGBbg] vom 18.12.1991 [GVBl. I S.661], zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.9.2008 [GVBl. I S. 202, 207]); Bremen: § 4 ZPO-, InsO- und ZVG-Ausführungsgesetz vom 19.3.1963 (Brem.GBl. S. 51); Hessen: § 146 HGO (auch in § 26 Abs. 1 S. 2 Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz [HessVwVG] in der Fassung vom 12.12.2008 [GVBl. I 2009, S. 2]); Mecklenburg-Vorpommern: § 62 Abs. 2 KV M-V; Niedersachsen: § 136 Abs. 2 NGO; Nordrhein-Westfalen: § 125 Abs. 2 GO NRW (auch in § 78 Abs. 3 S. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW [VwVG NRW] in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.2003 [GV. NRW. S. 156, 818], zuletzt geändert durch Gesetz vom 9.10.2007 [GV. NRW. S. 379]); Rheinland-Pfalz: § 8a Abs. 1 Landesgesetz zur Ausführung der Zivilprozessordnung, des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und der Insolvenzordnung (AG ZPO-ZVG-KO) vom 30.8.1974 (GVBl. 1974, S. 371), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.6.2008, (GVBl. S. 103); Saarland: § 37 Abs. 1 S. 4 Saarländisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (SVwVG) vom 27.3.1974 (Amtsblatt 1974, S. 430), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.11.2008 (Amtsbl. S. 1930); Schleswig-Holstein: § 131 Abs. 2 GO S-H; Sachsen: § 19 Sächsisches Justizgesetz (SächsJG), vom 24.11.2000 (SächsGVBl. S. 482, ber. 2001 S. 704), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.6.2009 (SächsGVBl. S. 323); Sachsen-Anhalt hat hierzu ein eigenständiges Gesetz erlassen: Gesetz über die Insolvenzfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts (AG InsO LSA) vom 17.11.1998 (GVBl. LSA S. 461), dort § 6 Abs. 1; gleiches gilt für Thüringen: Thüringer Gesetz zum Insolvenzverfahren über das Vermögen juristischer Personen des öffentlichen Rechts und zur Änderung weiterer Gesetze im Bereich der Justiz (ThürGesVVG) vom 10.11.1995 (GVBl. 1995, S. 341), in 335

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juristischen Personen formell in die Insolvenz geraten. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind alle Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts337 sowie die rechtsfähigen Sondervermögen338. Diesen Bestimmungen über die Insolvenzunfähigkeit unterliegen allerdings keine Gesellschaften des Privatrechts, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts beteiligt sind339. Solche Gesellschaften aus dem Anwendungsbereich der Ausschlussnormen herauszunehmen, beruht auf mehreren Aspekten. Zum einen entsteht mit der Gründung einer Gesellschaft oder der Beteiligung an einer solchen ein vom Gemeindevermögen getrenntes selbständiges Gesellschaftsvermögen340, welches dem Prinzip der Trennung von Gesellschaft und Gesellschafter entspricht341. Zum anderen ist die Beteiligung der öffentlichen Hand an Gesellschaften in der Regel auf solche Gesellschaftsformen begrenzt, bei denen nur eine eingeschränkte Haftung besteht (GmbH, KG, AG)342. Bei Insolvenz der Gesellschaft haftet ausschließlich das Gesellschaftsvermögen, nicht das davon getrennte Vermögen der juristischen Person des öffentlichen Rechts. Ein Ausschluss der Insolvenzregeln i. S. d. § 12 InsO ist nicht notwendig, da im Übrigen die Funktionsfähigkeit des Staats aufrechterhalten wird, wenn für die Gesellschaft Insolvenzgründe bestehen. Solche Unternehmen unterliegen, sobald sie in nach den jeweiligen öffentlichen Normen zulässiger Weise gegründet wurden, ausschließlich dem Privatrecht343. Für die hier zu untersuchende Verwaltungspraxis bedeutet dieses, dass privatrechtliche Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, ebenso der Insolvenzgefahr unterliegen wie andere – der Fassung vom 3.12.2002 (GVBl. S. 242), dort § 1; Gleiches gilt auch für Berlin: § 1 S. 1 Gesetz über die Insolvenzunfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts (Insolvenzunfähigkeitsgesetz) vom 27.3.1990 (GVBl. S. 682), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.9.2002 (GVBl. S. 286); ebenso in Hamburg: Hamburgischen Gesetz über die Insolvenzunfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts vom 12.9. 2001, (HmbGVBl. S. 375), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.6.2005 (HmbGVBl. S. 256, 262), dort § 1 S. 1. 337 Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 12 Rn. 14. 338 Vgl. hierzu Gundlach, DÖV 1999, 815, 820 ff. 339 Gundlach, DÖV 1999, 815, 822; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 12 Rn. 16; zweifelhaft bei solchen Gesellschaften, die keiner beschränkten Haftung mit dem Gesellschaftsvermögen unterliegen. 340 Gundlach, DÖV 1999, 815, 822; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 12 Rn. 16 (Umkehrschluss aus Ausführungen zum Eigenbetrieb). 341 Katz, Der Gemeindehaushalt 2004, 49, 50. 342 Vgl. hierzu § 96 Abs. 1 Nr. 3 BbgKVerf („Bei einem Unternehmen in der Rechtsform des privaten Rechts, an der der Gemeinde allein oder zusammen mit anderen kommunalen Trägern die Mehrheit der Anteile zusteht, ist durch Gesellschaftsvertrag bzw. -satzung sicherzustellen, dass [. . .] 3. die Gemeinde sich nur im Ausnahmefall und unter Beachtung des Beihilferechts zur Übernahme von Verlusten verpflichtet und die Verlustausgleichsverpflichtung auf einen bestimmten Betrag begrenzt ist, der sich seiner Höhe nach an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinde ausrichtet, [. . .]“); Gundlach, DÖV 1999, 815, 820; Katz, Der Gemeindehaushalt 2004, 49, 50. 343 Kuhl/Wagner, ZIP 1995, 433, 434 f.; a. A.: Parmentier, DZWIR 2002, 500 ff.

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ausschließlich privatrechtliche – Unternehmen. Es liegt eine Trennung des Gemeindevermögens und des Gesellschaftsvermögens vor, sodass eine Bevorzugung wegen der Beteiligung der öffentlichen Hand nicht gerechtfertigt ist. Dieses hat auch die Verwaltungspraxis erkannt und sieht lediglich in den Fällen von der Anordnung einer Sicherheitsleistung ab, in denen die Kommune unmittelbar oder mittels eines kommunalen Eigenbetriebs eine Anlage betreibt. Die gesetzliche Insolvenzunfähigkeit gilt auch für kommunale Eigenbetriebe. Diese sind zwar ähnlich den Gesellschaften organisatorisch verselbständigt. Jedoch fehlt es an einer Abtrennung und Verselbständigung des Vermögens344. Eigenbetriebe sind vermögens- und haftungsrechtlich Teil der Gemeinde345, sodass bei diesen, soweit gesetzlich angeordnet, ebenfalls Insolvenzunfähigkeit besteht. (2) Die Auswirkungen auf die Insolvenzgefahr Fraglich ist jedoch, wie der von der Verwaltungspraxis verwendete Begriff der „Insolvenzgefahr“ tatsächlich zu bestimmen ist. Die fehlende Insolvenzfähigkeit (Ausschluss der Durchführung eines Insolvenzverfahrens) könnte zum Ausschluss der „Insolvenzgefahr“ führen346. Es wäre somit nicht erforderlich, eine Sicherheitsleistung anzuordnen. Anderes gilt, wenn der Begriff der Insolvenzgefahr rein materiell zu verstehen ist („faktische Insolvenz“). Bei einem materiellen Verständnis genügt die Gefahr, dass Insolvenzgründe eintreten. Der Betreiber verliert seine finanzielle Leistungsfähigkeit; trotz Insolvenzunfähigkeit nach § 12 InsO wäre er finanziell außerstande, bei Einstellung des Betriebs die Nachsorgepflichten gem. § 5 Abs. 3 BImSchG zu erfüllen. In Anbetracht des Sinns und Zwecks der Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG ist der Begriff der Insolvenzgefahr materiell zu verstehen. Es sind die Gefahren zu unterbinden, die entstehen, wenn ein Anlagenbetreiber mangels finanzieller Leistungsfähigkeit, die bei juristischen Personen des Privatrechts zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führt, die Pflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG nicht mehr erfüllt. Ein rein formeller Begriff der Insolvenzgefahr greift zu kurz. Auch ohne ein Insolvenzverfahren durchführen zu müssen, ist es nicht ausgeschlossen, dass Ordnungspflichten wegen finanzieller Probleme nicht erfüllt werden. Wenn daher nicht die Einleitung des Insolvenzverfahrens selbst, sondern das Vorliegen der Insolvenzgründe ausreicht, schließt die formelle Insolvenzunfähigkeit von Gemeinden die Insolvenzgefahr von vornherein nicht aus347.

344

Gundlach, DÖV 1999, 815, 822. Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 12 Rn. 16. 346 So aber BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 1.9.2009, Az.: 1 BvR 1370/08, Rn. 21 – juris, ohne sich tatsächlich mit der materiellen Möglichkeit einer Insolvenz von juristischen Personen des öffentlichen Rechts auseinanderzusetzen. 347 Vgl. ähnlich Isensee, in: Unternehmen in der Krise, S. 227, 232. 345

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Dessen ungeachtet könnte argumentiert werden, dass das Fehlen der formellen Insolvenz die faktische Insolvenz (das [dauerhafte] Vorliegen von Insolvenzgründen) ebenso ausschließt. Zwar verneint § 12 Abs. 2 InsO nicht die Möglichkeit, dass Insolvenzgründe bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts trotz fehlender formeller Insolvenzfähigkeit vorliegen können348. Allerdings ist zu bedenken, dass die Insolvenz die Handlungsfähigkeit der juristischen Person beschränkt. Einnahmen dienen lediglich der Gläubigerbefriedigung und am Ende des Verfahrens steht häufig die Auflösung. Die Erwartung der Überwachungsbehörde, hier die Kosten für die Erfüllung der Pflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG zurückzuerhalten, ist relativ gering. Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts bestehen diese Beschränkungen hingegen nicht. Die öffentliche Hand erwartet regelmäßig neue Einnahmen. Dieser Umstand soll ausreichen, um zumindest eine Zahlungsunfähigkeit auszuschließen349. Zahlungseingänge aus Steuern o. Ä. bestehen fortlaufend weiter und können, im Gegensatz zu einem Insolvenzverfahren, der Gemeinde aus ihren Zahlungsschwierigkeiten helfen. Deswegen könnte angenommen werden, dass die öffentliche Hand zwar kurzzeitig den Insolvenzgründen unterliegen kann, wegen des Fehlens eines Insolvenzverfahrens und der weiter bestehenden stetigen Einnahmen diese kurzfristige Situation jedoch wieder abzuwenden ist; daher müsse aus der formellen Insolvenzunfähigkeit auch die faktische Insolvenzunfähigkeit folgen. Dauerhafte Bonitätskrisen bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts seien daher praktisch ausgeschlossen350, sodass insgesamt auch keine materielle Insolvenzfähigkeit besteht. Doch zeigt die Praxis, dass insbesondere Steuereinnahmen schwankend sind und die Ausgaben zum Teil nicht decken können. Eine vollständige Einstandspflicht des Staats besteht bei Zahlungsschwierigkeiten nicht (vgl. Kap. 3, D.IV.2.b)). Auch ist die Aufnahme von Krediten auf gemeindlicher Ebene in großen Teilen eingeschränkt351. Sie sollen entweder nur Investitionsförderungsmaßnahmen und Umschuldungen dienen oder der Deckung kurzfristiger Finanzlöcher, die dadurch entstanden sind, dass sich der Eingang der Deckungsmittel lediglich verzögert352. Langfristige Haushaltslöcher sind damit nicht zu stopfen. Durch Investitionen und wirtschaftliche Betätigung, die am Ende nicht den gewollten positiven finanziellen Effekt bewirken (fehlerhafte Entscheidung über Haushaltsmittel353 – „Misswirtschaft“), ist insbesondere denkbar, dass die Ausgaben der öffentlichen Hand höher als die Einnahmen sind, was eine faktische Lage der Insolvenz be348

Ähnlich Niederste Frielinghaus, DÖV 2007, 636, 637. Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 129 ff. 350 Vgl. Josten, BKR 2006, 133, 135. 351 Vgl. § 87 GemO BW; Art. 71, 73 BayGO; § 74 BbgKVerf; §§ 103, 105 HGO; §§ 51, 52 KV M-V; §§ 92, 94 NGO; §§ 86, 89 GO NRW; §§ 103, 105 GemO Rheinland-Pfalz; §§ 92, 94 KSVG; §§ 82, 84 SächsGemO; §§ 100, 102 GO LSA; §§ 85, 87 GO Schleswig-Holstein; §§ 63, 65 ThürKO. 352 Josten, BKR 2006, 133, 134. 353 Faber, DVBl. 2005, 933, 937. 349

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

wirken kann354. Dieses kann dazu führen, dass die Gemeinde, die insbesondere Pflichtaufgaben zu erfüllen hat, freiwillige Aufgaben – worunter auch der Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage außerhalb des Rahmens der §§ 13, 15 KrW-/ AbfG fällt – aufgibt, um mit den noch zur Verfügung stehenden Mitteln die Pflichtaufgaben zu erfüllen. Weder für die öffentliche Hand auf der einen Seite noch für die Behörde auf der anderen Seite ist es abschätzbar, ob und wann die stetigen Einnahmen Zahlungsschwierigkeiten beenden. Auch ohne die Beschränkungen des Insolvenzverfahrens und der dadurch entstehenden Vorteile zugunsten der öffentlichen Hand ist eine längerfristige Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nicht ausgeschlossen. Aufgrund steigender Zinslasten und schwankender Einnahmen ist ein Haushaltsausgleich, um die Sicherung einer Anlage und die Abfallentsorgung selbst zu finanzieren oder die Ersatzvornahmekosten zurückzuerstatten, nicht sicher. Ferner existieren auch im öffentlichen Recht Maßnahmen, die einem privatrechtlichen Insolvenzverfahren vergleichbar sind. Zu nennen sind Haushaltssperren oder ähnliche die Schulden senkende Maßnahmen, die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung wieder beenden sollen, aber die Handlungsfähigkeit der Gemeinde zeitweise aufheben. In diesen Situationen kann die Überwachungsbehörde wegen der Pflicht zur Gefahrenabwehr gezwungen sein, die Erfüllung der Betreiberpflichten zu übernehmen. Folge einer Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung kann auch die Zwangsverwaltung sein und, falls die finanzielle Überlebensfähigkeit nicht mehr zu gewährleisten ist, die Auflösung der Gemeinde, was im Grunde den Folgen der Einleitung eines Insolvenzverfahrens entspricht. (3) Ergebnis Im Ergebnis schließt die fehlende Möglichkeit des Insolvenzverfahrens bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Insolvenzgefahr nicht aus. Insolvenzgründe können trotz des Ausschlusses des Insolvenzverfahrens vorliegen. Ausschlaggebend ist daher allein die „faktische“ Insolvenzfähigkeit, die auch bei der öffentlichen Hand anzunehmen ist. Auch praktische Erwägungen aus Sicht der Behörde sprechen dafür, bei öffentlich-rechtlichen Anlagenbetreibern eine Sicherheitsleistung anzuordnen. Selbst wenn anzunehmen ist, dass die Behörde die Kosten für Ersatzvornahmemaßnahmen von der öffentlichen Hand irgendwann zurückerhalten bzw. eine Insolvenzfähigkeit abgelehnt werden sollte, ist die Durchsetzung der Nachsorgepflicht bei einer Absicherung durch eine Sicherheitsleistung einfacher und der Erreichung 354 Oebbecke, in: Erichsen (Hrsg.), S. 165; vgl. insgesamt zu den Ursachen einer faktischen Insolvenzlage bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts: Schwarz, Staatsgarantie, S. 37.

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des Ziels der Sicherheitsleistung (zur Verhaltenssteuerung vgl. Kap. 3, B.) zuträglich355. hh) Eine Rechtfertigung aus Gründen der Daseinsvorsorge? Eine Ungleichbehandlung i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG kann auch dann gerechtfertigt sein, wenn besondere nachvollziehbare Gründe für eine solche Ungleichbehandlung vorliegen. Ein solcher könnte darin liegen, dass die öffentliche Hand verpflichtet ist, die Versorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten (Daseinsvorsorge). Dazu muss im Einzelfall auch die Inbetriebnahme von Entsorgungsanlagen zählen, wenn im weiteren Umfeld keine entsprechende private Anlage existiert. Hier gilt das bereits oben Gesagte zu den §§ 13, 15 KrW-/AbfG (vgl. Kap. 3, D.IV.2.a)bb)). Wenn die öffentliche Hand hier nur entsprechend ihren Pflichten handelt, ist ihr eine solche Belastung wie eine Sicherheitsleistung nicht aufzuerlegen. In der Praxis werden solche Fälle der Entsorgungsengpässe wohl kaum auftreten, da die Abfallentsorgung ein großer Markt geworden ist. ii) Sonderproblem: Bund und Länder – „Staatsbankrott“?356 Auch der Bund und die Länder sollen als mögliche Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen kurz Berücksichtigung in der Betrachtung finden. Die faktische Insolvenz wird in Bezug auf den Bund als „Staatsbankrott“ bezeichnet. Unter dem Begriff Staatsbankrott ist die fehlende Erfüllung staatlicher Schuldverpflichtungen zu verstehen, was zum einen auf einer Zahlungsunfähigkeit, zum anderen jedoch auch auf einer Zahlungsunwilligkeit des Staats beruhen kann357. Wie bereits hervorgehoben, ist für solche Fälle in Bezug auf den Bund die Einleitung eines Insolvenzverfahrens einfachgesetzlich ausgeschlossen, § 12 InsO, was aber nicht dazu führt, dass auch jegliche Zahlungsunfähigkeit bzw. jeder Zahlungsunwille ausgeschlossen ist358.

355 So auch: Beckmann/Gersterkamp, UPR 2003, 210; Frenz, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 17 Rn. 64; ähnlich zu § 32 KrW-/AbfG: Beckmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 32 KrW-/AbfG Rn. 77; Frenz, KrW-/AbfG, § 32 Rn. 55. 356 Die Betrachtung soll sich hier auf diese drei Verwaltungsebenen beschränken. Andere Träger (mittelbarer) Staatsgewalt wie Sparkassen oder öffentliche Rundfunkanstalten sollen bei der Untersuchung außen vor bleiben, da kein Bezug zur Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG besteht. Sie werden in der Regel keine Abfallentsorgungsanlagen betreiben. 357 Engelsing, Zahlungsunfähigkeit, S. 156; Isensee, in: Unternehmen in der Krise, S. 227, 231. 358 Vgl. Isensee, in: Unternehmen in der Krise, S. 227, 232.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Das Phänomen Staatsbankrott ist in der deutschen Geschichte, insbesondere durch die „Konkursreife“ des Deutschen Reichs359, bekannt. Jedoch ist der Finanzverfassung des Grundgesetzes zu entnehmen, dass der Bund in der Regel gehalten ist, einen „Staatsbankrott“ abzuwenden; gleiches gilt auch nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft360. Der Staatsbankrott ist damit jedoch nicht vollständig auszuschließen. Welche Folgen ein solcher Staatsbankrott haben könnte, ist Art. 135a GG zu entnehmen; dieser ermächtigt den Gesetzgeber, wegen des „Staatsbankrotts“ des deutschen Reichs, Verbindlichkeiten nicht oder nicht in voller Höhe zu erfüllen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Bund faktisch insolvenzfähig ist, was jedoch auf die bisherige Verwaltungspraxis kaum Auswirkungen haben wird, da es eher unwahrscheinlich ist, dass der Bund eine Abfallentsorgungsanlage betreiben wird; ein Konkurrenzverhältnis wird in der Regel fehlen. Gleiches wird wohl auch für die Länder gelten müssen. Die Länder selbst sind in konsequenter Anwendung des bisher Gesagten ebenfalls als faktisch insolvenzfähig anzusehen361; hier ist auch die neuere Rechtsprechung des BVerfG362 hinsichtlich der Sanierungshilfen zu beachten. jj) Ergebnis zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Im Ergebnis ist festzuhalten, dass auch bei der öffentlichen Hand Insolvenzgefahr besteht, soweit sie außerhalb der Normen der §§ 13, 15 KrW-/AbfG tätig wird. Das grundsätzliche Absehen von der Auferlegung einer Sicherheitsleistung durch die Verwaltungspraxis ist damit nicht gerechtfertigt. Darin liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit im Wettbewerb i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG. c) Ist das Absehen von einer Sicherheitsleistung eine verbotene Beihilfe? Neben dem Verstoß gegen das nationale Recht kommt auch ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht in Betracht. Die Verwaltungspraxis, bei öffentlich-rechtlichen Anlagenbetreibern davon abzusehen, eine Sicherheitsleistung anzuordnen, könnte neben einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG auch eine verbotene Beihilfe i. S. d. Art. 107 des AEUV sein.

359 360 361 362

BVerfGE 15, 126, 135. Vgl. Isensee, in: Unternehmen in der Krise, S. 227, 236 ff. Anders Isensee, in: Unternehmen in der Krise, S. 227, 246. BVerfG, NVwZ 2007, 67.

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aa) Ist eine öffentlich-rechtliche Abfallentsorgungsanlage ein Unternehmen? Ein Verstoß gegen das Beihilfenrecht der Europäischen Gemeinschaft kommt nur dann in Betracht, wenn der Anwendungsbereich der Wettbewerbsvorschriften der Art. 101 ff. AEUV eröffnet ist. Dieses ist nur dann der Fall, wenn ein Unternehmensbezug vorliegt. Der Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage durch die öffentliche Hand muss demnach ein Unternehmen i. S. d. Art. 101 AEUV darstellen. Fehlt die Unternehmenseigenschaft, ist das Beihilfenrecht nach den Art. 107 ff. AEUV bereits nicht anwendbar. Ein Unternehmen ist jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit363, unabhängig davon, ob sie öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert ist364 oder Gewinn erzielen möchte365. Ein wirtschaftliches Verhalten der öffentlichen Hand ist dann anzunehmen, wenn sie Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anbietet, die auch ein Privater anbieten könnte366. Bei Handlungen, die ausschließlich die öffentliche Hand wegen einer gesetzlichen Aufgabenzuweisung übernehmen darf, fehlt es an einer solchen wirtschaftlichen Tätigkeit367. Übernimmt die öffentliche Hand außerhalb der ihr auferlegten Pflicht der Abfallentsorgung nach den §§ 13, 15 KrW-/AbfG den Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage, bietet sie in der Regel die Leistung der Entsorgung an. Sie übernimmt dabei eine Tätigkeit, die ebenfalls private Marktteilnehmer übernehmen können. Es handelt sich dabei um ein Unternehmen (vgl. Kap. 2, B.IV. b)aa)(2)(b)). bb) Der Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV Des Weiteren muss der Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt sein. Eine Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV liegt vor, wenn dem Begünstigten ein Vorteil gewährt wird, wenn es sich dabei um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handelt, wenn der Wettbewerb verfälscht wird oder eine Verfälschung droht und wenn der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird.

363

V. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, EUV/EGV, Bd. II, Art. 87 EGV Rn. 43. EuGH, Rs. C-387/92 (Banco Exterior de Espansa/Ayuntamiento de Valencia), Slg. 1994, I-887, 907 Rn. 11. 365 EuGH, Rs. C-41/90 (Höfer u. Elser/Macroton), Slg. 1991, I-1979, 2016 Rn. 21. 366 EuGH, Rs. 118/85, (Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italienische Republik), Slg. 1987 I-2599, 2621 Rn. 6–13. 367 EuGH, Rs. C-159 und C-160/91 (Poucet und Pistre), Slg. 1993, I-637, Rn. 18 f.; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 87 EGV Rn. 10; Erhardt, Beihilfen, S. 45. 364

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

(1) Die Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils Zunächst muss der öffentlichen Hand als Betreiber einer Abfallentsorgungsanlage ein Vorteil gewährt werden. Ein Vorteil liegt darin, dass ein Unternehmen eine wirtschaftliche Vergünstigung erhält, die unter normalen Marktbedingungen nicht besteht368. Eine Beihilfe liegt nicht nur in der Zuwendung bestimmter Leistungen, sondern kann auch darin bestehen, dass sich sonst üblicherweise bestehende Belastungen verringern369. Private Betreiber einer Abfallentsorgungsanlage müssen nach der gängigen, von der Rechtsprechung bestätigten Verwaltungspraxis regelmäßig eine Sicherheitsleistung erbringen, was im Einzelfall eine erhebliche finanzielle Belastung darstellt, da der Betreiber entweder die Sicherheitsleistung unmittelbar leistet oder zumindest seine Kreditlinie belastet. Die öffentliche Hand als Betreiber einer vergleichbaren Anlage ist solchen Belastungen hingegen nicht ausgesetzt. Regelfall ist also die ausschließliche Belastung privater Abfallentsorgungsanlagenbetreiber mit einer Sicherheitsleistung. Von einer Sicherheitsleistung abzusehen, obwohl die Voraussetzungen für eine Anordnung vorliegen, stellt einen finanziellen Vorteil dar. Ein solcher Vorteil darf aber nicht durch eine marktgerechte Gegenleistung seitens des Empfängers ausgeglichen werden, da sonst der notwendige Vorteil i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV fehlt. Die öffentliche Hand kompensiert den Vorteil, der ihr durch das Absehen von einer Sicherheitsleistung entsteht, nicht. Sie kann sich vor allem nicht darauf berufen, dass sie mit dem Betrieb der Anlage, die (auch) einen öffentlichen Zweck verfolgt, eine ausreichende Gegenleistung erbringt. Schließlich könnten private Dritte ebenso diese Leistung erbringen, die sich nicht auf den Faktor des öffentlichen Zwecks zurückziehen können. (2) Das Vorliegen einer staatlichen Maßnahme In der fehlenden Anordnung einer Sicherheitsleistung bei öffentlich-rechtlichen Betreibern einer Abfallentsorgungsanlage liegt folglich ein Vorteil nach Art. 107 Abs. 1 AEUV. Dieser wirtschaftliche Vorteil kann nur dann eine Beihilfe darstellen, wenn es sich dabei um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handelt. Die Vergünstigung muss demnach dem jeweiligen Mitgliedstaat zurechenbar sein. Wenn es allein um die Zurechnung der Begünstigung geht, stellt die Anforderung keine Schwierigkeit dar, da der Staat gerade auf einen sonst üblichen staatlichen Akt gegenüber den öffentlich-rechtlichen Betreibern einer Abfallentsorgungsanlage verzichtet. 368 369

EuGH, Rs. C-256/97 (DM Transport), Slg. 1999 I-3913, 3933 f., Rn. 22. Erhardt, Beihilfen, S. 156.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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Im Rahmen dieses Merkmals ist es jedoch strittig, ob der erfolgte wirtschaftliche Vorteil zu einer Belastung des öffentlichen Haushalts führen muss370. Der EuGH nimmt dieses in ständiger Rechtsprechung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal an371. Eine Belastung des Haushalts besteht immer im Verzicht auf Einnahmen des Staats (Steuern, Beiträge, Gebühren, Sonderabgaben)372. Eine Sicherheitsleistung ist, wie bereits oben dargestellt, gerade keine staatliche Einnahmequelle. Auch führt allein das Absehen von der Anordnung einer Sicherheitsleistung nicht dazu, dass der öffentliche Haushalt belastet wird. Eine geleistete Sicherheit kommt dem staatlichen Haushalt zunächst überhaupt nicht zugute. Sie ist gesondertes Vermögen, welches nicht dem Vermögen des Staats einverleibt wird, sondern weiterhin dem Anlagenbetreiber als Vermögenswert zuzuschreiben ist. Erst mit dem Eintritt des Sicherungsfalls, kann der Staat auf diese Sicherheitsleistung zurückgreifen, um anfallende Ersatzvornahmekosten zu kompensieren. Es fehlt damit an einer unmittelbaren Belastung des öffentlichen Haushalts, wenn die Verwaltung von einer Sicherheitsleistung absieht. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass die gegebenenfalls anfallenden Ersatzvornahmekosten später durchaus den öffentlichen Haushalt belasten können. Das Fehlen einer Sicherheitsleistung kann zeitlich verlagert zur Belastung des Haushalts führen. Mit dem Verzicht auf die Sicherheitsleistung besteht zunächst lediglich die Gefahr einer Haushaltsbelastung, da die Ersatzvornahmekosten in der Regel später nicht zu kompensieren sind. Die Gefahr einer Haushaltsbelastung muss jedoch in diesem Sinne ausreichen. Der EuGH erkennt auch die mittelbare Haushaltsbelastung als ausreichend an373. Auf den Zeitpunkt der Belastung kann es nicht ankommen. Der Verzicht auf Sicherungsmittel erfüllt damit das ungeschriebene Merkmal der Haushaltbelastung. Das Absehen von einer Sicherheitsleistung bei öffentlich-rechtlichen Betreibern stellt damit zunächst eine Beihilfe dar. (3) Das Entstehen einer Wettbewerbsverfälschung Hinzutreten muss des Weiteren eine Wettbewerbsverfälschung oder das Drohen einer Wettbewerbsverfälschung. Wettbewerbsverfälschend ist eine Beihilfe nur,

370 Dieses ablehnend: Bührle, Gründe und Grenzen, S. 291; Erhardt, Beihilfen, S. 219; Koenig/Kühling, EuZW 1999, 517, 521; diesem Erfordernis zustimmend: Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 87 EGV Rn. 10 f. 371 So der EuGH, Rs. C-72/91 (Sloman Neptun), Slg. 1993 I-887, Rn. 19; EuGH, Rs. C-379/98 (PreussenElektra), Slg. 2001 I-2099, Rn. 62; EuGH, Rs. C-53/00 (Ferring), Slg. 2001 I-9067, Rn. 16. 372 Erhardt, Beihilfen, S. 201. 373 EuGH, Rs. C-53/00 (Ferring), Slg. 2001 I-9067, Rn. 16.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

wenn sie die Stellung des Begünstigten auf dem sachlich, zeitlich und räumlich relevanten Markt zulasten der Konkurrenten verbessert374. Die europäische Kommission geht davon aus, dass bei jeder Beihilfengewährung eine Wettbewerbsverfälschung per se anzunehmen ist375. Dieser Ansicht ist der EuGH bisher nicht gefolgt376. Er verlangt eine Betrachtung des Einzelfalls („Marktanalyse“ 377). Im Rahmen der hier vorzunehmenden Untersuchung ist eine Einzelfallprüfung nicht möglich. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass allein die Belastung mit einer Sicherheitsleistung die Chancen im Wettbewerb der privaten Betreiber im Vergleich mit öffentlich-rechtlichen Betreibern schmälert. Für sie stellt die Sicherheitsleistung entweder eine Minderung des Vermögens oder die Belastung der Kreditlinie dar. (4) Eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten Art. 107 Abs. 2 AEUV verlangt ebenfalls, dass der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird. Eine solche Beeinträchtigung des Handels ist dann anzunehmen, wenn die Stellung eines Unternehmens in einem anderen Mitgliedstaat im Vergleich mit dem begünstigten Unternehmen verschlechtert wird oder zumindest die Möglichkeit einer Beeinflussung besteht378. Die Einfuhr oder Ausfuhr muss eine Erleichterung bzw. eine Erschwerung erfahren379. Ob der Handel bei der Förderung von öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungsanlagen gefördert wird, ist zweifelhaft. Der klassische Begriff des Handels betrifft ausschließlich Waren bzw. Produkte. Ob Abfall, welcher zur Entsorgung bei einer solchen Anlage angeliefert wird, als Ware oder Produkt gilt, kann aber dahinstehen, da die Entsorgung des Abfalls zumindest als Dienstleistung anzusehen ist. Der Handelsbegriff des Art. 107 AEUV erfasst auch Dienstleistungen380. Der Anwendungsbereich des Art. 107 AEUV schließt rein innerstaatliches Handeln aus. Es kommt also darauf an, ob die Begünstigung grenzüberschreitende Auswirkungen hat. Dafür genügt eine Konkurrenz mit Produkten oder Dienstleistungen aus anderen Mitgliedstaaten. Eine Beeinträchtigung des Handels ist ausgeschlossen, wenn das begünstigte Unternehmen auf einem lokal begrenzten Markt agiert381. Bei (potentieller) Konkurrenz aus anderen Mitglied374

V. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, EUV/EGV, Bd. II, Art. 87 EGV Rn. 53. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 87 EGV Rn. 12. 376 Erhardt, Beihilfen, S. 224; ebenfalls ablehnend, Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 87 EGV Rn. 13. 377 Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 87 EGV Rn. 14. 378 V. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, EUV/EGV, Bd. II, Art. 87 EGV Rn. 47; Erhardt, Beihilfen, S. 225. 379 V. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, EUV/EGV, Bd. II, Art. 87 EGV Rn. 47. 380 Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 87 EGV Rn. 16. 375

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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staaten auf dem Markt, an dem das geförderte Unternehmen teilnimmt, ist bereits eine Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV anzunehmen. Darauf, ob die kommunalen Unternehmen über die Gemeindegrenzen hinaus tätig werden, kommt es nicht an. Ausschlaggebend ist die Frage, ob Unternehmen aus anderen Staaten in Deutschland eine Abfallentsorgungsanlage betreiben und hierfür ebenso eine Sicherheitsleistung erbringen. Dieses ist nicht auszuschließen. In diesem Fall ist es zumindest möglich, dass der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird. (5) Ergebnis zum Beihilfetatbestand Bei öffentlich-rechtlichen Anlagenbetreibern davon abzusehen, eine Sicherheitsleistung zu verlangen, kann im Einzelfall den Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen. Notwendig ist jeweils eine Einzelfallbetrachtung. cc) Ist die Beihilfe gerechtfertigt i. S. d. Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV? Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV ermöglicht es, die Gewährung von Beihilfen nach Art. 107 Abs. 1 AEUV zu rechtfertigen. In den hier zu betrachtenden Fällen ist kein Rechtfertigungstatbestand einschlägig. Beachtung muss jedoch auch Art. 106 AEUV finden. Zwar sind die Mitgliedstaaten in Bezug auf (öffentliche) Unternehmen verpflichtet, diesen keine besonderen oder ausschließlichen Rechte zu gewähren oder beizubehalten, die den europäischen Verträgen widersprechen. Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, gelten die Vorschriften der europäischen Verträge jedoch nur dann, wenn die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften die Unternehmen nicht rechtlich oder tatsächlich daran hindert, die ihnen übertragenen besonderen Aufgaben zu erfüllen. Ein solches allgemein wirtschaftliches Interesse könnte die Abfallentsorgung sein, die der Lösung eines Umweltproblems dient, insbesondere, wenn ein Mangel an Kapazitäten zur Abfallbehandlung besteht382. Es ist danach im Einzelfall nach den Hintergründen zu fragen, warum die öffentliche Hand selbst ein Abfallentsorgungsunternehmen betreibt. Nimmt sie eine solche unternehmerische Tätigkeit auf, um tatsächlich einem Entsorgungsengpass zu überwinden (wohl ein Fall der Daseinsvorsorge), gelten die Wettbewerbsvorschriften nicht, soweit sonst die Aufgabenerfüllung erschwert wird. Eine solche Ausnahme ist jedoch dann abzulehnen, wenn die öffentliche Hand wie jedes andere Unternehmen auftritt, ohne sich dabei auf eine Notwendigkeit seiner Handlung zu berufen.

381 382

Spuller, LKV 2001, 252, 254. EuGH, Rs. C-209/98 (Sydhavnens Sten & Grus), NVwZ 2000, 1151, 1154 f.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

dd) Ergebnis zur Beihilfe i. S. d. Art. 107 AEUV Von einer Sicherheitsleistung abzusehen, kann im Einzelfall eine verbotene Beihilfe darstellen. Es ist einzelfallbezogen zu prüfen, warum die öffentliche Hand tätig wird. In der Regel wird wegen des doch gut bedienten Markts keine Notwendigkeit bestehen, dass die öffentliche Hand außerhalb der §§ 13, 15 KrW-/AbfG auf dem Abfallentsorgungsmarkt tätig wird. Wenn sie trotzdem tätig wird, ist es im Einzelfall europarechtswidrig, von der Anordnung einer Sicherheitsleistung abzusehen. d) Ergebnis zu den wettbewerbsrechtlichen Bedenken Die Verwaltungspraxis sollte im Regelfall dazu übergehen, auch bei öffentlichrechtlichen Abfallentsorgungsunternehmen eine Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG anzuordnen. Davon auszunehmen sind zum einen solche Anlagen, die der Pflichterfüllung aus den §§ 13, 15 KrW-/AbfG dienen. Zum anderen sollte im Einzelfall darauf verzichtet werden, wenn die öffentliche Hand aus Gründen der Daseinsvorsorge als einziges Unternehmen für einen bestimmten Umkreis oder eine besondere Art von Abfall eine Anlage zur Verfügung stellt. 3. Ergebnis zum Entscheidungsermessen Im Rahmen des Entscheidungsermessens werden im Ergebnis keine großen Anforderungen an die entscheidende Behörde gestellt. Es genügen die Behandlung bzw. Lagerung von Abfall mit negativem Marktwert und die abstrakte „Insolvenzgefahr“ eines Abfallentsorgungsunternehmens. Eine solche Gefahr liegt in der Regel immer bei privaten Unternehmen vor. Bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen ist eine solche entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis per se nicht auszuschließen. Notwendig ist hier eine Einzelfallprüfung.

V. Das Auswahlermessen bei der Anordnung einer Sicherheitsleistung 1. Die Höhe der Sicherheitsleistung Das Auswahlermessen bei der Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG besteht hauptsächlich darin, die Höhe der Sicherheitsleistung festzulegen. Die Höhe der Sicherheitsleistung hat sich grundsätzlich am Zweck der Sicherheitsleistung zu orientieren383. Sie soll die Erfüllung der Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG gewährleisten. Zu bemessen ist also der 383

Grete/Küster, NuR 2002, 467, 470.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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finanzielle Aufwand, der bei Betriebseinstellung notwendig ist, um Nachsorgepflichten zu erfüllen384. Da neben der Entfernung der Abfälle auch andere Maßnahmen wie Rekultivierung (§ 5 Abs. 3 Nr. 3 BImSchG) Kosten verursachen können, sind diese mit einzubeziehen385. Für die Umweltbehörde ist es schwerlich abschätzbar und in einer Summe bezifferbar, inwieweit die Betreiberpflichten bei Betriebseinstellung in concreto bestehen werden. Die behördliche Praxis behilft sich damit, dass sie bei Bestimmung der Höhe der Sicherheitsleistung die bei der Stilllegung der Anlage potentiell gelagerten Abfälle als Maßstab heranzieht386. Die potentiell gelagerten Abfälle bestimmen sich nach den genehmigten Lagerkapazitäten. Die marktüblichen Entsorgungskosten für den in der Genehmigung nach Menge und Abfallschlüssel bestimmten Abfall – Kosten für die Analyse der Zusammensetzung, den Transport und die spätere Entsorgung – bilden die Grundlage für die Bestimmung der Sicherheitsleistung. Gibt es Anhaltspunkte, dass Nachsorgerisiken nach § 5 Abs. 3 Nrn. 1 und 3 BImSchG bestehen, sind diese ebenfalls bei der Bestimmung der Höhe der Sicherheitsleistung zu beachten. Regelmäßig wird aber die fehlende Erfüllung der abfallbezogenen Nachsorgepflicht den Schwerpunkt bilden. Bei der Bestimmung der Sicherheitsleistung nach den gerade aufgezeigten Grundsätzen können sowohl zulasten der Behörde als auch zulasten der Anlagenbetreiber Probleme auftreten. Die Behörde geht bislang immer vom „worst case“ aus, nämlich dass die genehmigten Kapazitäten zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung voll ausgeschöpft sind. Hierbei könnte sich der Anlagenbetreiber darauf berufen, dass eine Vollauslastung der Anlage nicht oder zumindest selten gegeben ist und damit ein Verstoß gegen das Übermaßverbot vorliegt. Dass lediglich eine Teilauslastung möglich ist, kann die Behörde nicht von vornherein ausschließen. Doch wie sich der konkrete Betrieb der Anlage später gestaltet, kann sie im Regelfall bei der Anordnung der Sicherheitsleistung bei Genehmigungserteilung nicht abschätzen. Einzig verlässlicher Parameter ist die beantragte und genehmigte Kapazität, die der Anlagenbetreiber auch ausschöpfen darf. Erkennt er, dass diese Kapazitäten nie ausgeschöpft werden können, ist es möglich, diese genehmigten Kapazitäten rechtsverbindlich zu senken und damit auch die Sicherheitsleistung anzupassen387.

384

Vgl. Frenz, KrW-/AbfG, § 32 Rn. 56; Grete/Küster, NuR 2002, 467, 470. Wasielewski, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 12 Rn. 23e. 386 So: Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), S. 410, 412, Nr. 3.2; Runderlass 3540500/1/2/18 (vgl. Kap. 3 Fn. 120), S. 637, Nr. 2.3.2; Leitfaden des Landes RheinlandPfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 5.1, 7.2; Information des Thüringer Landesverwaltungsamtes zur Erhebung von Sicherheitsleistungen bei Abfallentsorgungsanlagen im Freistaat Thüringen vom 12.12.2007, III.)1.); Runderlass 31.2-44002, (vgl. Kap. 3 Fn. 148), S. 52, Nr. 3.1 lit a), Nr. 3.2. 387 So auch die Verwaltungspraxis: Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), S. 410, 412, Nr. 3.1; Runderlass 35-40500/1/2/18 (vgl. Kap. 3 Fn. 120), S. 637, Nr. 2.3.1; Leit385

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Da die Bestimmung der Höhe der Sicherheitsleistung sich regelmäßig nach der höchstmöglichen genehmigten Lagerkapazität richtet, kann sich die Ausrichtung als Problem für die Behörde herausstellen, wenn es zu Überbeständen kommt. Die auferlegte Sicherheitsleistung wird dann nicht ausreichen, um die vorhandenen Abfälle ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand der öffentlichen Hand entsorgen zu können. Die Verwaltungspraxis sieht für Fälle der Überschreitung der Kapazitäten, die für die Bestimmung der Sicherheitsleistung maßgeblich waren, die Möglichkeit einer Erhöhung der Sicherheitsleistung vor388. Ermächtigungsgrundlage für diese Erhöhung kann nur § 17 Abs. 4a BImSchG (nachträgliche Anordnung einer Sicherheitsleistung) sein. Fraglich ist, ob diese Erhöhung bei einer Überschreitung der Lagerkapazitäten tatsächlich rechtlich möglich ist. Da sich die Höhe der Sicherheitsleistung nach den Entsorgungskosten für die nach der Genehmigung maximal lagernden Abfälle richtet, können die von der Verwaltungspraxis genannten erhöhten Kapazitäten nur solche sein, die nicht mehr der Genehmigung entsprechen (Überkapazitäten). Mit Verstoß gegen die Genehmigung entsteht ein „illegaler“ (nicht genehmigter) Betrieb i. S. d. § 20 Abs. 2 BImSchG. § 17 BImSchG dient jedoch nicht zur Beseitigung eines illegalen Betriebs, sondern findet nur bei genehmigten Anlagen Anwendung389. Damit ist es ausgeschlossen, über eine nachträgliche Anordnung die Sicherheitsleistung zu erhöhen, soweit die Überkapazitäten, deren Entsorgung finanziell gesichert werden soll, einen ungenehmigten Zustand darstellen390. Einziger Weg der Behörde auf eine Sicherung der Entsorgung hinzuwirken, ist die Wiederherstellung eines legalen, genehmigungskonformen Betriebs. Entweder ist ein Änderungsgenehmigungsverfahren (§ 16 BImSchG) durchzuführen, in dessen Rahmen über § 12 Abs. 1 BImSchG die Sicherheitsleistung erhöht werden kann, oder die Behörde hat über § 20 BImSchG die Anlage stillzulegen und die Reduzierung der Lagerkapazität anzuordnen. Da der Verwaltungsapparat immer weiter abgebaut wird, ist es oftmals praktisch nicht möglich, einen Überbestand sofort bei dessen Entstehen festzustellen. In der Praxis stellt sich damit das Problem, dass Überbestände nicht von der Sicherheitsleistung gedeckt sind. Fraglich ist, ob man diesem Problem mit einem Sicherheitsaufschlag Herr werden kann. Dieses ist nicht von den gesetzlichen Grundlagen gedeckt. Bezugspunkt der Sicherheitsleistung sind die Pflichten eifaden des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 5.1; Information des Thüringer Landesverwaltungsamtes (vgl. Kap. 3 Fn. 386), III.)1.). 388 Vgl. statt aller den Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), S. 410, 412, Nr. 3.3: „Überschreitet die tatsächlich in der Anlage gelagerte Abfallmenge die ursprünglich der Bemessung zugrunde gelegte Lagerkapazität, so ist die geforderte Sicherheitsleistung zu erhöhen.“ 389 Vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 56 m.w. N. 390 Anders VGH München, NVwZ 1990, 992, 993: „Die nachträgliche Forderung [. . .] wird [. . .] gerechtfertigt sein, wenn der Unternehmer den Rahmen seiner Zulassung überschreitet.“ Jedoch befasst sich diese Rechtsprechung mit dem § 8 Abs. 2 AbfG.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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nes Betreibers einer genehmigungsbedürftigen Anlage. Diese Pflichten werden in der Genehmigung konkretisiert. Einem Anlagenbetreiber kann nicht bereits bei Genehmigungserteilung unterstellt werden, dass er nicht imstande oder willens ist, sich genehmigungskonform zu verhalten. Eine Erhöhung der Sicherheitsleistung um ein Mehr des genehmigten Lagerbestands ist daher nicht möglich. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass sich die Höhe der Sicherheitsleistung nach der genehmigten Anlagenkapazität richtet. Das Entstehen von erhöhten Lagerkapazitäten kann von der Sicherheitsleistung jedoch nicht gedeckt werden. Hier zeigt sich, dass die Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist, die Entsorgung von Überbeständen bei illegalen Betrieben sicherzustellen. 2. Die Art der Erfüllung der Sicherheitsleistung Die Art der Sicherheitsleistung richtet sich in der Regel nach § 232 BGB. Es kommen jedoch auch andere Arten als die in § 232 BGB genannten in Betracht, wie die Sicherheitsleistung erfüllt werden kann. Im Vordergrund muss stehen, dass die Insolvenz nicht die Sicherungswege bedroht (sog. Insolvenzfestigkeit)391. In Frage kommen insbesondere die Bestellung einer dinglichen Sicherheit oder eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft. Bei der Bestellung einer dinglichen Sicherheit sollte darauf geachtet werden, dass eine Grundschuld oder Hypothek bezüglich des Anlagengrundstücks wenig sinnvoll erscheint. Der Erlös aus diesen Sicherheiten fiele gering aus, da dass Grundstück mit dem Abfall und den daraus resultierenden Pflichten belastet ist. Die Behörde überprüft lediglich die Insolvenzfestigkeit des vorgeschlagenen Sicherungsmittels. Sie entscheidet nicht darüber, wie die Sicherheitsleistung zu erbringen ist. Hierüber entscheidet der Anlagenbetreiber392. Es handelt sich also hierbei nicht um eine Ermessensentscheidung der Behörde.

VI. Der Zeitpunkt der Anordnung Die Genehmigungsbehörde ordnet die Sicherheitsleistung im Regelfall mit Erteilung der Anlagengenehmigung als eine Nebenbestimmung an. § 17 Abs. 4a BImSchG sieht auch die Möglichkeit vor, bei bereits bestehenden Anlagen eine Sicherheitsleistung in Form einer nachträglichen Anordnung aufzuerlegen. Die Recht- und Verfassungsmäßigkeit von nachträglichen Anordnungen 391 Vgl. hierzu näher: Grete/Küster, NuR 2002, 467, 470 f.; Konzak, Sicherheitsleistung, S. 177 f.; zur gängigen Verwaltungspraxis vgl.: Runderlass 6/2/03 (vgl. Kap. 2 Fn. 119), S. 410, 412, Nr. 4; Runderlass 35-40500/1/2/18 (vgl. Kap. 3 Fn. 120), S. 637, Nr. 2.4; Leitfaden des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. Kap. 2 Fn. 107), Nr. 4; Information des Thüringer Landesverwaltungsamtes (vgl. Kap. 3 Fn. 386), IV.)1.). 392 Füllkrug, BR 2004, 28, 29.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

ist anerkannt393. Im Bereich des Immissionsschutzrechts darf der Vertrauensschutz bzw. Bestandsschutz eingeschränkt werden. In diesem Bereich ist es erlaubt, die einmal erteilte Genehmigung trotz des Gedankens des Bestandsschutzes an sich ändernde Umweltbedingungen anzupassen. Gleiches gilt auch für die Sicherheitsleistung. Stellt sich nach Genehmigungserteilung heraus, dass eine Insolvenzgefahr besteht, die die Erfüllung der Nachsorgepflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG vereiteln könnte, soll später eine Sicherheitsleistung in Form einer Auflage angeordnet werden. Die nachträgliche Anordnung kommt heute überwiegend bei Anlagen zur Anwendung, die bei der Einführung der Sicherheitsleistung in das BImSchG im Jahr 2001 bereits genehmigt waren. In Bezug auf die Anordnung einer Sicherheitsleistung werden jedoch höhere Anforderungen an das Ermessen gestellt. Zum alten § 8 AbfG führte damals der Bayrische VGH aus: Die (nachträgliche) Forderung einer Sicherheitsleistung ist unter Umständen eine nicht unerhebliche zusätzliche Belastung des Unternehmers, angespannte Vermögensverhältnisse sind zu beachten; unter Umständen ist von einer Sicherheitsleistung abzusehen394. Eine spätere nicht einkalkulierte Aufforderung zur Zahlung einer Sicherheitsleistung kann gerade die Situation, in welcher die Sicherheitsleistung zur Anwendung kommen soll, hervorrufen; durch die Erbringung der Sicherheitsleistung können sich Zahlungslücken o. Ä. ergeben, Insolvenzgründe können eintreten. Ist für die Behörde erkennbar, dass solche Schwierigkeiten bevorstehen, wenn die Sicherheitsleistung angeordnet wird, kann sie aus aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gezwungen sein, zunächst von der Anordnung abzusehen oder andere Wege zu suchen, um die (unvorhergesehene) Belastung abzumildern. Auch wenn die Rechtsprechung des Bayrischen VGH für § 8 AbfG galt und die nachträgliche Anordnung damals nicht gesetzlich geregelt war, spricht vieles für die Anwendung dieser Rechtsprechung auch auf Fälle des § 17 Abs. 4a BImSchG. Eine nachträgliche Anordnung stellt per se immer einen besonders schwerwiegenden Eingriff für Anlagenbetreiber dar. Der Schwere des Eingriffs ist in der Ermessensentscheidung Rechnung zu tragen, auch wenn die Ermessensentscheidung eingeschränkt ist („soll“). Gerade bei der Sicherheitsleistung ist zu bedenken, dass die behördliche Anordnung den Fall, den die Sicherheitsleistung sichern soll, nicht hervorrufen darf. Aus Sicht der Praxis stellt sich dieses regelmäßig schwierig dar, da die Behörde keinen Einblick in die Finanzstärke des Anlagenbetreibers haben wird. Durch die Anhörung hat der Betreiber jedoch die Möglichkeit, auf seine Situation hinzuweisen und ggf. Nachweise vorzulegen. Darauf basierend kann die Behörde eine Entscheidung treffen. Das Gebot der Gleichbehandlung ist aber auch nicht zu vernachlässigen.

393 394

BVerwGE 89, 215, 221. NVwZ 1990, 992, 993.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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Fraglich ist, ob es eine zeitliche Grenze für die Anordnung gibt. Da der Anlagenbetreiber die Erfüllung der Nachsorgepflichten bereits bei Betriebseinstellung schuldet, ist es ausgeschlossen, nach Betriebseinstellung eine Sicherheitsleistung zu verlangen. Da die Sicherheitsleistung gerade insolvenzbedingte Risiken absichern soll, ist es rechtlich ebenso wenig möglich, erst bei Auftreten der Insolvenzgründe eine Sicherheitsleistung anzuordnen. Die Sicherheitsleistung soll wegen der implizierten Insolvenzgefahr angeordnet werden. Wenn jedoch bereits Insolvenzgründe vorliegen, ist die Anordnung verspätet. Eine Anordnung ist dann wieder möglich, wenn die Insolvenzgründe (zunächst) nicht mehr bestehen. Dieses könnte dann der Fall sein, wenn sich ein anderer solventer Betreiber gefunden hat.

VII. Der Adressat der Anordnung einer Sicherheitsleistung Die Genehmigung nach § 6 BImSchG ist eine „Sachkonzession“ 395, das heißt, sie ist anlagenbezogen396. Adressat der Anordnung einer Sicherheitsleistung ist damit der jeweilige Anlagenbetreiber. Betreiber einer Anlage ist derjenige, der über die Beschaffenheit der Anlage und den Betrieb als solchen den bestimmenden Einfluss hat397. Bei einem Betreiberwechsel ist daher der neue Betreiber Adressat der Verpflichtung, eine Sicherheitsleistung zu erbringen, wenn nicht bereits der ehemalige Betreiber der Anordnung der Sicherheitsleistung gefolgt ist. Einer erneuten Anordnung der Sicherheitsleistung an den neuen Betreiber bedarf es nicht. Dieses begründet sich zunächst durch die Systematik des § 15 BImSchG. Ein Wechsel der Betreiber ist nach § 15 BImSchG nicht anzeigepflichtig398, da damit die Beschaffenheit der Anlage nicht verändert wird. Muss die Behörde nicht erfahren, dass ein neuer Betreiber die Anlage fortführt, ist von der Behörde nicht zu verlangen, die Sicherheitsleistung erneut anzuordnen und vorher die vom ehemaligen Betreiber erhaltene Sicherheitsleistung herauszugeben. Die Sicherheitsleistung ist praktischerweise nur im Innenverhältnis zwischen neuem und ehemaligem Betreiber zurückzugewähren. Ein anderes Ergebnis hätte für die anordnende Behörde gravierende Folgen. Wäre sie verpflichtet, zunächst die Sicherheitsleistung an den ehemaligen Betreiber zurückzugewähren und eine weitere Anordnung an den neuen Betreiber zu treffen, würde möglicherweise eine logische Sekunde entstehen, in der die Erfüllung der Nachsorgepflicht nicht abgesichert ist und der neue Betreiber in die Insolvenz geraten kann. Im Ergebnis ordnet die Behörde die Sicherheitsleistung nur einmal bei Genehmigungserteilung an. Diese Anordnung gilt weiter für jeden neuen Betreiber. 395

Friedrich, NVwZ 2002, 1174, 1175. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 31. 397 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 28; Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 81. 398 Friedrich, NVwZ 2002, 1174, 1175; Jarass, BImSchG, § 15 Rn. 5b. 396

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Der Insolvenzverwalter kann nicht Adressat einer Anordnung sein, da wie bereits oben hervorgehoben, die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach Eintritt der Insolvenz nicht mehr möglich ist (vgl. Kap. 3, D.VI.).

VIII. Die Verwendung der Sicherheitsleistung 1. Die Voraussetzungen zur Verwendung der Sicherheitsleistung Die Sicherheitsleistung dient dazu, die Erfüllung der Nachsorgepflichten finanziell abzusichern, wenn der Betreiber dazu nicht (mehr) in der Lage ist. Notwendig für die Verwendung der Sicherheitsleistung ist, dass der Betrieb der Anlage i. S. d. § 5 Abs. 3 BImSchG eingestellt wurde und die Nachsorgepflicht nicht erfüllt wird. Eine Betriebseinstellung ist dann anzunehmen, wenn der Betreiber sämtliche von der Genehmigung gedeckten Betriebshandlungen einstellt und keine Wiederaufnahme zu erwarten ist399. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG. Danach wird die Erfüllung der Nachsorgepflicht durch den ehemaligen Betreiber nach Betriebseinstellung zeitlich begrenzt. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Abs. 3 BImSchG ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden, wenn nicht bereits in der Genehmigung vollziehbar angeordnet wurde, die Nachsorgepflichten nach Betriebseinstellung zu erfüllen (vgl. hierzu Kap. 2, E.IV.1.). Im Umkehrschluss ist die Verwendung der Sicherheitsleistung auch nur dann möglich, wenn die Behörde bereits in der Genehmigung oder in einer fristgemäßen nachträglichen Anordnung gem. § 17 Abs. 1, 4a S. 2 BImSchG verfügt hat, dass der letzte Betreiber seine Nachsorgepflicht erfüllen muss400. Erst wenn eine solche Verfügung bestandskräftig geworden und absehbar ist, dass diese Anordnung nicht erfüllt wird, kann die Behörde eine Ersatzvornahme betreiben, um statt des Betreibers die Nachsorgepflichten zu erfüllen. Ohne eine bestandskräftige Verfügung darf die Behörde die Sicherheitsleistung nicht verwenden401. Fehlt eine Verfügung in der Genehmigung und versäumt die Behörde nach Betriebseinstellung, die Erfüllung der Nachsorgepflicht fristgemäß

399

OVG Münster, UPR 2006, 456, 457 m.w. N. Soweit nicht bereits in der Genehmigung eine entsprechende Auflage getroffen wurde, was jedoch kritisch zu bewerten ist (vgl. Kap. 2, E.IV.1.). Ist bereits im Genehmigungsbescheid eine entsprechende Anordnung getroffen, so ist diese vollziehbar, unabhängig von der Frist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG. 401 Wegen der Anordnung nach § 17 Abs. 1, 4a S. 2 BImSchG kommt es für die Behörde auch nicht in Betracht, bereits vor Betriebseinstellung auf die Sicherheitsleistung zurückzugreifen, wenn absehbar ist, dass die Betriebseinstellung in Kürze insolvenzbedingt eintreten wird. 400

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

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anzuordnen, ist es ihr versagt, von der Sicherheitsleistung Gebrauch zu machen402. Für den Beginn der Frist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG ist der Zeitpunkt der Betriebseinstellung maßgeblich. Eine Betriebseinstellung liegt vor, wenn der Anlagenbetreiber jegliche Betriebshandlungen entsprechend dem Anlagenzweck vollständig aufgibt403. Voraussetzung für den Lauf der Frist ist die Anzeige der Betriebseinstellung nach § 15 Abs. 3 BImSchG404. Dieser Anzeige sind die notwendigen Unterlagen beizufügen, um die von der stillgelegten Anlage ausgehenden Gefahren beurteilen zu können. Wenn die Behörde jedoch auf andere Weise sichere Kenntnis von der Stilllegung der Anlage erlangt, beginnt die Frist bereits zu diesem Zeitpunkt zu laufen405 (vgl. weiter zur Betriebseinstellung Kap. 2, E.II.). Bei der Entscheidung darüber, ob die Ersatzvornahme erfolgen soll, sollte die Behörde immer auch § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG beachten. Danach erlischt die Anlagengenehmigung erst nach drei Jahren nach einer nicht nur kurzfristigen Betriebseinstellung. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG regelt nicht den Zeitpunkt der Betriebseinstellung, kann aber bei der Bestimmung, ob eine Betriebseinstellung vorliegt, von Bedeutung sein. Würde die Behörde § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht beachten, könnte das erhebliche Auswirkungen auf die Verwendung der Sicherheitsleistung haben. Die Behörde könnte die Anlage entsprechend den Pflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG sichern und rekultivieren lassen, obwohl die Möglichkeit besteht, dass die Anlage innerhalb der drei Jahre mit der noch nicht erloschenen Genehmigung wieder in Betrieb genommen wird. Sollte die Behörde die Verfügung innerhalb dieser drei Jahre vollziehen und die Sicherheitsleistung verwenden, könnte dieses zu Problemen führen, wenn ein neuer Betreiber die Anlage wieder in Betrieb nimmt. Die Behörde hat dann natürlich erneut ein Interesse daran, dass der neue Betreiber eine Sicherheitsleistung erbringt, da die bereits vom ehemaligen Betreiber erbrachte Sicherheitsleistung ggf. aufgebraucht wurde. Der neue Betreiber könnte sich dann aber darauf berufen, dass sich die getroffene Nachsorgeverfügung durch die Wiederinbetriebnahme erledigt hat, die Verwendung der Sicherheitsleistung damit ohne Rechtsgrund erfolgt und die Anordnung einer neuen Sicherheitsleistung damit rechtswidrig ist, da bereits eine für diese Anlage erbracht wurde. Wegen dieser Wirkungen keine Verfügung nach § 17 Abs. 1, Abs. 4a S. 2 BImSchG zu treffen, ist allerdings ebenfalls abzu402 Auch wenn die Behörde nach anderen Rechtsgrundlagen Anordnungen treffen kann, Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 120. 403 Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 116. 404 Frenz, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, §17 Rn. 79; Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 45; Kloepfer, UmweltR, § 14 Rn. 188; Koch, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 17 Rn. 185c; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 5 Rn. 127; a. A.: Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 117. 405 Grete/Küster, NuR 2002, 467, 471; Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 45.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

lehnen, da sonst die Gefahr des Fristablaufs droht. Die §§ 17 Abs. 4a S. 2 und 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG passen daher von ihrer Konzeption her wenig zusammen. Für die Praxis ist es damit der sicherste Weg, innerhalb eines Jahres eine Nachsorgeanordnung zu treffen, diese aber erst nach weiteren zwei Jahren zu vollziehen, was einem Durchschnittsbürger kaum vermittelbar ist. Es ist über eine Gesetzesänderung nachzudenken, die sich diesem Widerspruch annimmt. Hier kommt eine Angleichung der Fristen in Betracht. Fraglich ist, ob es weitere Einschränkungen hinsichtlich der Verwendung geben kann. Die Durchführung der Ersatzvornahme und die Verwendung der Sicherheitsleistung könnte ausgeschlossen sein, weil insbesondere andere Störer und Beseitigungsanordnungen nach dem KrW-/AbfG in Frage kommen. Eine solche Einschränkung ist abzulehnen. Wenn eine bestandskräftige Anordnung nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG besteht, kann die Behörde diese vollziehen, auch wenn andere Störer (vgl. hierzu Kap. 4) in Betracht kommen sollten. Gerade die Ersatzvornahme und die Verwendung der Sicherheitsleistung stellen eine gute Art der effektiven Gefahrenabwehr dar, ohne weitere Störer in Anspruch zu nehmen.

2. Die zulässigen Maßnahmen der Ersatzvornahme mit Mitteln der Sicherheitsleistung Soweit die Voraussetzungen für die Durchführung einer Ersatzvornahme vorliegen, welche mit der Sicherheitsleistung finanziert werden kann, können sämtliche Maßnahmen vorgenommen werden, die der Erfüllung der Pflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG dienen. Da § 5 Abs. 3 BImSchG nicht lediglich eine abfallbezogene Pflicht enthält, sondern auch die Nachsorgepflicht zur Abwehr jeglicher Gefahren, die durch die Anlage oder das Anlagengrundstück entstanden sind, sind die Wasser- und Bodensanierung von § 5 Abs. 3 Nr. 3 BImSchG erfasst („ordnungsgemäßer Zustand des Grundstücks“ – vgl. hierzu Kap. 2, E.III.2.c)). Die Behörde kann auch solche Maßnahmen mit der Sicherheitsleistung finanzieren. Auf die oben aufgeworfene Frage der Abgrenzung zwischen Abfall- und Bodenschutzrecht (Ist unausgehobener verseuchter Boden Abfall?) kommt es daher an dieser Stelle nicht an. Da regelmäßig nur die höchst mögliche Lagerkapazität für die Bestimmung der Sicherheitsleistung ausschlaggebend ist (vgl. Kap. 3, D.V.1.), ist es in der Praxis denkbar, dass dann für die Bodensanierung die finanziellen Mittel nicht ausreichend sind. Falls sich noch während des Betriebs der Anlage schädliche Bodenveränderungen andeuten sollten, ist hier in Form der nachträglichen Anordnung auf eine Erhöhung der Sicherheitsleistung hinzuwirken oder ggf. bereits während des Betriebs anzuordnen, die schädlichen Bodenveränderungen abzuwehren oder zu beseitigen, § 4 Abs. 2, Abs. 3 BBodSchG.

D. Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht

179

Ein weiteres Problem, welches sich insbesondere in der Behördenpraxis als schwerwiegend darstellt, ist der Umstand, dass insolvenzbedingt eingestellte Abfallentsorgungsanlagen oft einen illegalen Überbestand an Abfall aufweisen. Da sich die Pflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG sowie die für die Ersatzvornahme und Verwendung der Sicherheitsleistung notwendige Anordnung nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG lediglich auf genehmigte Anlagen beziehen, ist die Sicherheitsleistung nicht für die Entsorgung des Überbestands zu verwenden; für den Überbestand besteht gerade keine Genehmigung. Hier ist nicht von einer „Unterdeckung“ bezüglich der Sicherheitsleistung zu sprechen, sondern die Verwendung der Sicherheitsleistung ist bei solchen Fällen von vornherein ausgeschlossen, soweit es sich um eine illegale Anlage oder einen illegalen Anlagenteil handelt. Allerdings stellt nicht nur ein Überbestand eine illegale Anlage dar, sondern auch die Lagerung von Abfällen auf nicht dafür vorgesehenen Flächen. 3. Die Freigabe der Sicherheitsleistung Kommt der Anlagenbetreiber nach Betriebseinstellung den Nachsorgepflichten vollkommen nach, ist nach der Durchführung der Ersatzvornahme die Sicherheitsleistung nicht vollständig aufgebraucht oder fehlte eine Nachsorgeanordnung innerhalb der Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG, so ist die Sicherheitsleistung an den letzten Anlagenbetreiber freizugeben406. Ist der Anlagenbetreiber in der Insolvenz, so ist die Freigabe in der Regel über den Insolvenzverwalter abzuwickeln. Gerade im Bereich von Abfallentsorgungsanlagen ist es jedoch nicht selten, dass die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird, § 26 InsO. Die Eröffnung wird dann abgelehnt, wenn das vorhandene Vermögen die Kosten der Durchführung des Verfahrens nicht deckt. Gleichzeitig wird bei der GmbH, der AG und der Genossenschaft die Auflösung ausgesprochen, vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)407, § 262 Abs. 1 Nr. 4 Aktiengesetz (AktG)408, § 81a Nr. 1 Genossenschaftsgesetz (GenG)409. Die Auflösung infolge von Masselosigkeit beendet nicht die Existenz der Gesellschaft410, sondern die Gesellschaft bleibt bestehen und tritt in die Liquidation. 406

Frenz, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 17 Rn. 67; Grete/Küster, NuR 2002, 469,

471. 407 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4123-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 31.7.2009 (BGBl. I S. 2509). 408 Aktiengesetz vom 6.9.1965 (BGBl. I S. 1089), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 31.7.2009 (BGBl. I S. 2509). 409 Genossenschaftsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.10.2006 (BGBl. I S. 2230), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 25.5.2009 (BGBl. I S. 1102). 410 Walter, in: Bassenge/Roth, FamFG, § 394 Rn. 4.

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Kap. 3: Unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand

Erst mit völliger Vermögenslosigkeit und mit Eintragung der Löschung ins Handelsregister endet die Existenz der Gesellschaft, vgl. § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)411. Solange von der Sicherheitsleistung nicht Gebrauch gemacht worden ist, ist diese dem Vermögen der Gesellschaft zuzuschreiben. Solange die Erwartung besteht, dass von der aufgebrachten Sicherheitsleistung ein Teil nach Gebrauch wieder freigegeben wird, besteht noch Vermögen und eine Löschung ist nicht durchzuführen.

IX. Die Sicherheitsleistung bei vorzeitigem Beginn, § 8a BImSchG § 8a BImSchG regelt den Fall, dass ein Anlagenbetreiber, der eine Anlagengenehmigung beantragt hat, bereits vor Genehmigungserteilung unter bestimmten Voraussetzungen den Anlagenbetrieb aufnehmen kann. § 8a Abs. 2 S. 3 BImSchG räumt in diesen Fällen die Möglichkeit ein, eine Sicherheitsleistung zu verlangen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Pflichten des Antragstellers zu sichern. Diese Pflichten richten sich nach § 8a Abs. 1 Nr. 3 BImSchG. Danach hat der Antragsteller alle bis zur Entscheidung durch die Errichtung der Anlage verursachten Schäden zu ersetzen und, wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen. § 8a BImSchG betrifft sämtliche genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BImSchG. Auch diese Sicherheitsleistung steht im Ermessen der Behörde. Ausschlaggebend ist hier, ob der Antragsteller später finanziell in der Lage sein wird, den vorherigen Zustand wiederherzustellen, oder Schadensersatz leisten kann. In Anlehnung an die herrschende Meinung zu § 12 Abs. 1 S. 1 BImSchG, wird das Verlangen nach einer Sicherheitsleistung wohl gerade auch bei Abfallentsorgungsanlagen der Regelfall sein. Das abstrakte Risiko von Zahlungsschwierigkeiten muss ausreichen. Die Höhe der Sicherheitsleistung bestimmt sich nach den wahrscheinlichen Kosten für die Wiederherstellung des Zustands des Geländes vor dem vorzeitigen Beginn412. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung bei vorzeitigem Beginn soll mit dem Bescheid über die Zulassung des vorzeitigen Beginns erfolgen, § 24a Abs. 3 Nr. 3 9. BImSchV. Im Übrigen gelten die Ausführungen zur Sicherheitsleistung nach § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG.

411 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 31.7.2009 (BGBl. I S. 2512). 412 Konzak, Sicherheitsleistung, S. 66.

E. Fazit zur Sicherheitsleistung

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X. Eine Sicherheitsleistung bei Anlagen nach § 22 BImSchG? Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen haben in der Regel ein geringeres Gefährdungspotential als genehmigungsbedürftige Anlagen. Aber auch bei Anlagen, die keiner Genehmigung bedürfen, ist es nicht ausgeschlossen, dass insbesondere bei Eintritt der Insolvenz Pflichten nicht mehr erfüllt werden. Die Pflicht der Entsorgung von Abfällen richtet sich jedoch nicht nach § 22 BImSchG. Dieser enthält in § 22 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG lediglich die Pflicht, die Anlage so zu betreiben, dass entstandene Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können. Pflichten darüber hinaus bestimmen sich nach dem KrW-/AbfG. Fraglich ist nun, ob hier die Anordnung einer Sicherheitsleistung in analoger Anwendung in Betracht käme. Eine solche Möglichkeit scheidet offensichtlich aus. Der Gesetzgeber hat erst vor Kurzem die Möglichkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung ins BImSchG aufgenommen. Hätte er dieses auch für nichtgenehmigungsbedürftige Anlagen gewollt, wäre hier auch eine Regelung erfolgt. An dieser fehlt es. Überdies unterscheidet sich der Pflichtenkatalog des § 22 BImSchG doch erheblich von dem des § 5 BImSchG. Insbesondere fehlen die Nachsorgepflichten. Es fehlt daher an einer planwidrigen Lücke. Eine Sicherheitsleistung kommt bei solchen Anlagen nicht in Betracht.

E. Fazit zur Sicherheitsleistung Die Sicherheitsleistung stellt im Ergebnis ein gut geeignetes Mittel dar, um die insolvenzbedingten Risiken, die von einer Abfallentsorgungsanlage ausgehen, abzuwehren. Die Verknüpfung mit der Genehmigung ist jedoch ein Schwachpunkt der Sicherheitsleistung. Nur die durch die Genehmigung abgedeckte Abfalllagerung kann auch mittels der Sicherheitsleistung beendet werden. In Zusammenschau der präventiven Mittel zur mittelbaren und unmittelbaren Verhinderung der Kostentragung des Staats spannt der Gesetzgeber ein doch engmaschiges Netz auf, welches verhindert, dass der Staat auf eigene Kosten insolvenzbedingt eingestellte Anlagen sichern und die dort gelagerten Abfälle entsorgen muss. Dieses Netz wirkt jedoch nur dann, wenn der Anlagenbetreiber den Rahmen seiner Genehmigung einhält. Fehlt dieses, helfen sowohl die Betreiberpflichten als auch die daran geknüpfte Sicherheitsleistung nicht weiter. Zu untersuchen ist daher, ob im Fall der Insolvenz andere Mittel bestehen, um die Kostentragung zu vermeiden.

Kapitel 4

Die Verhinderung der Kostenlast des Staats nach Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers Den bisherigen Schwerpunkt der Untersuchung bildete die präventive Verhinderung der Kostentragung seitens der öffentlichen Hand. Die Ergebnisse dieser Überlegungen zeigten bereits, dass die Prävention im Einzelfall nicht ausreichend ist. Zum einen sind Fälle denkbar, in denen eine Sicherheitsleistung fehlt. Zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Sicherheitsleistung nicht ausreichend bzw. wegen illegalen Anlagenbetriebs nicht zu verwenden ist. Daher ist eine weiterführende Betrachtung notwendig, wie die öffentliche Hand im Einzelfall auch nach Eintritt des Insolvenzfalls verhindern kann, Kosten der Wiederherstellung des Anlagengeländes zu tragen. Wie bereits dargestellt, können die Kosten der Sicherung des Geländes und die ordnungsgemäße Entsorgung des Abfalls einen erheblichen finanziellen Aufwand erfordern. Typisches Handlungsmittel einer Polizei- und Ordnungsbehörde ist dabei die Anordnung der Beseitigung eines polizeirechtswidrigen Zustands an einen Störer. Kommt der Störer der Anordnung nicht nach, können insbesondere Verwaltungszwangsmittel wie die Ersatzvornahme zur Anwendung kommen. In diesen Fällen ist ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Störer zu verfolgen. Im Mittelpunkt der folgenden weitergehenden Untersuchung steht somit die Frage nach den Verantwortlichen für einen rechtswidrigen Zustand auf einer Abfallentsorgungsanlage. Wer hat für die Sicherung der Anlage und die damit einhergehende ordnungsgemäße Abfallentsorgung einzustehen? Der zu betrachtende Zeitpunkt soll hier nach Stellung des Eröffnungsantrags nach § 13 InsO liegen, da die finanziellen Schwierigkeiten des Anlagenbetreibers in der Regel erst zu diesem Zeitpunkt für die Überwachungsbehörde offensichtlich werden.

A. Der Kreis der möglichen Adressaten einer Sicherungs- und Entsorgungsanordnung Als mögliche Störer in Betracht kommen: – der Insolvenzverwalter, – der Anlagenbetreiber,

A. Kreis möglicher Adressaten einer Sicherungs-/Entsorgungsanordnung

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– der Abfallerzeuger, – der ehemalige Abfallbesitzer – und schlussendlich der Grundstückseigentümer.

I. Die ordnungsrechtlichen Pflichten des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren hinsichtlich einer Abfallentsorgungsanlage Im Insolvenzverfahren ordnet der Gesetzgeber dem Insolvenzverwalter die wichtigste Stellung zu. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 27 InsO nimmt der Insolvenzverwalter die zentrale Position im Insolvenzverfahren ein. Er übernimmt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse (§ 80 Abs. 1 InsO); er führt Verzeichnisse über die Massegegenstände, die Gläubiger und das Vermögen. Wichtigste Funktion des Insolvenzverwalters ist jedoch die Verwertung und Verteilung der Masse. Die Funktion des Insolvenzverwalters und dessen ordnungsrechtliche Haftung für lagernde Abfälle sind daher näher zu betrachten. Fraglich ist, ob und unter welchen Umständen der Insolvenzverwalter Adressat einer ordnungsrechtlichen Verfügung, die ihm die Sicherung eines Anlagengrundstücks und die ordnungsgemäße Entsorgung von lagernden Abfällen aufgibt, sein kann. 1. Das allgemeine Verhältnis der Insolvenzordnung zum Ordnungsrecht Zunächst ist festzustellen, dass die ordnungsrechtlichen Pflichten und damit die Umweltgesetze auch nach der Insolvenz eines Anlagenbetreibers weiterhin Anwendung finden. Das Insolvenzrecht überlagert das Polizei- und Umweltrecht nicht1. Beide Rechtsmaterien stehen nebeneinander. Die Insolvenzordnung regelt nicht ausschließlich die Folgen für private Forderungen gegen den Insolvenzschuldner. Allgemein anerkannt ist, dass öffentlich-rechtliche Ansprüche – seien sie auf Geld oder Handlungen gerichtet – im System der Insolvenzordnung enthalten sind, da diese sowohl öffentlich-rechtliche Zahlungsforderungen als auch Forderungen auf Handlungen ausdrücklich vorsieht, vgl. §§ 39 Abs. 1 Nr. 3, 51 Abs. 1 Nr. 4, 38, 45 InsO2. Das Ordnungsrecht findet dementsprechend auch nach Stellung des Insolvenzantrags und Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiterhin Anwendung. 1 BVerwG, NVwZ 2004, 1505, 1506; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 136, Fn. 568 m.w. N. 2 OVG Schleswig, NJW 1993, 2004, 2005; OVG Magdeburg, ZIP 1994, 1130, 1132; Kilger, in: FS für Merz, S. 265, 272; Kohls, ZUR 2000, 151, 152; Ritgen, GewArch 1998, 393, 398 f.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

2. Sind ordnungsrechtliche Pflichten eine Masse- oder Insolvenzschuld i. S. d. InsO? Zu beantworten ist die Frage, ob und unter welchen Umständen der Insolvenzverwalter als Organ im Insolvenzverfahren Adressat einer Ordnungsverfügung sein kann. Entscheidend für die Beantwortung dieser Fragestellung ist, ob ordnungsrechtliche Pflichten eine Masse- oder Insolvenzforderung darstellen. Der Insolvenzverwalter als solcher kommt nur dann als Adressat einer Ordnungsverfügung in Betracht, wenn es sich um eine Masseschuld handelt. Liegt eine Insolvenzschuld vor, ist er nicht heranzuziehen3. a) Die Definition der Begriffe Masse- und Insolvenzschuld Um zu entscheiden, ob ordnungsrechtliche Pflichten eine Masse- oder Insolvenzforderung darstellen, ist zunächst der Inhalt dieser Forderungsarten zu bestimmen. Insolvenzforderungen sind solche Forderungen gegen den insolventen Schuldner, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestanden haben4, ohne dabei bereits fällig zu sein, vgl. § 41 Abs. 1 InsO. Dementsprechend werden die Gläubiger Insolvenzgläubiger genannt, vgl. § 38 InsO. Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 174 InsO), da mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Einzelvollstreckungsmaßnahmen ausgeschlossen sind5. Der Insolvenzverwalter prüft, ob diese Forderungen berechtigt sind. Fehlen Einwendungen gegen die angemeldeten Forderungen, stellt das Insolvenzgericht diese ihrem Betrag und Rang nach fest (§ 178 InsO). Nach der Feststellung der Forderungen verwertet und verteilt der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse i. S. d. §§ 187 ff. InsO, um die Insolvenzgläubiger soweit als möglich zu befriedigen. Im Rahmen der Masseverteilung gilt im Gegensatz zur Einzelvollstreckung nicht das Prioritätsprinzip, sondern die Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger; sie werden (anteilig) entsprechend ihrer Quote an den offenen Forderungen befriedigt6. Gegenüber den Insolvenzforderungen und dem daran anknüpfenden Anmeldungs- und Verteilungsverfahren stehen die sog. Masseschulden. Das sind solche vermögensrechtlichen Ansprüche, die erst nach der Verfahrenseröffnung durch die Verwaltung und Verwertung der Masse entstehen7. Solche Kosten sind vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen, § 53 InsO. Die Befriedigung der sog. Massegläubiger geht der Befriedigung der Insolvenzgläubiger vor8. Die Befrie3 4 5 6 7

So BVerwG, NJW 1999, 1416, 1417. Hess, Insolvenzrecht, Rn. 773. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2.01 f. Eckardt, AbfallR 2008, 197. Hefermehl, in: MüKoInsO, Bd. I, § 53 Rn. 12.

A. Kreis möglicher Adressaten einer Sicherungs-/Entsorgungsanordnung

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digung der Massegläubiger9 ist nicht Teil des Insolvenzverfahrens und findet, solange die Masse ausreicht, in voller Höhe statt10. Erst nach Beendigung der Tilgung dieser Masseforderungen, kann die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beginnen11. Masseverbindlichkeiten sind zunächst die Kosten des Insolvenzverfahrens. Gem. § 54 InsO zählen zu den Kosten des Insolvenzverfahrens die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren (Nr. 1) sowie die Vergütungen und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses (Nr. 2). Die reinen Verfahrenskosten sind dabei vorrangig zu befriedigen, vgl. Rangfolge nach § 209 Abs. 1 InsO12. Masseverbindlichkeiten sind gem. § 55 InsO weiter „die Verbindlichkeiten: 1. die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören; 2. aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss; 3. aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse“. b) Der Streit um die Einordnung von ordnungsrechtlichen Pflichten in das insolvenzrechtliche System Ob ordnungsrechtliche Pflichten eine Masse- oder Insolvenzschuld sind, war und ist umstritten. Dieser Streit entbrannte insbesondere bezüglich solcher Fälle, in denen der zu beseitigende Zustand auf eine Handlung des Insolvenzschuldners zurückzuführen war. Gerade der hier zu untersuchende Fall, dass angelieferte Abfälle zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht ordnungsgemäß behandelt und entsorgt worden sind und die unbehandelten Abfälle noch auf dem Anlagengelände lagern, stellt einen solchen Streitfall dar. aa) Das Meinungsbild bis zum Jahr 1998 Einigkeit bestand und besteht darin, dass Gefahren, die erst nach der Verfahrenseröffnung durch ein Verhalten des Insolvenzverwalters im Rahmen der Insol8

Hefermehl, in: MüKoInsO, Bd. I, § 53 Rn. 19; Hess, Insolvenzrecht, Rn. 747. Vor der Tilgung der Masseforderungen steht die Aussonderung, Absonderung und Aufrechnung, vgl.: Hefermehl, in: MüKoInsO, Bd. I, § 53 Rn. 12; Hess, Insolvenzrecht, Rn. 748. 10 Bäuerle, in: Braun, InsO, § 53 Rn. 8; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 14.02, 14.23, 14.26; Hefermehl, in: MüKoInsO, Bd. I, § 53 Rn. 18. 11 Hess, Insolvenzrecht, Rn. 774. 12 Hefermehl, in: MüKoInsO, Bd. I, § 53 Rn. 6, 11; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 14.24; Leithaus, in: Andres/Leithaus, InsO, § 53 Rn. 4. 9

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

venzverwaltung entstanden sind, und die damit einhergehenden polizeirechtlichen Pflichten zur Gefahrenabwehr eine Masseschuld und keine Insolvenzschuld begründen13. Der Insolvenzschuldner hatte auf die Gefahrenquelle keinen Einfluss. Ebenso besteht Übereinstimmung darin, dass Verfügungen, die bereits vor Verfahrenseröffnung gegen den späteren Insolvenzschuldner erlassen worden sind, samt möglichen Ersatzvornahmekosten in jedem Fall eine Insolvenzschuld darstellen14. Erlässt die Umweltüberwachungsbehörde bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine behördliche Anordnung an den Schuldner, stellt diese bzw. die Kostenerstattungsforderung für Ersatzvornahmemaßnahmen eine Insolvenzschuld dar. Soweit es jedoch um Gefahren ging, die auf die Verantwortlichkeit des Insolvenzschuldners vor Verfahrenseröffnung zurückgingen, herrscht bereits seit fast zwanzig Jahren Streit in Literatur und Rechtsprechung. Anfang der neunziger Jahre entstand in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und in der Literatur die Ansicht, dass es für die Entscheidung darüber, ob Ordnungspflichten eine Masse- oder Insolvenzschuld15 sind, darauf ankomme, ob zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits eine Ordnungspflicht des Schuldners bestand oder die Verpflichtung erst nach der Verfahrenseröffnung durch den Insolvenzverwalter begründet worden ist. Hatte der Insolvenzverwalter den umweltrechtswidrigen Zustand lediglich mit seiner Aufgabenwahrnehmung übernommen, konnten solche Pflichten und die daraus entstehenden Ersatzvornahmekosten keine Masseschuld sein16. Folge dieser Ansicht war, dass die öffentliche Hand zunächst in „Vorleistung“ in Form einer Ersatzvornahme gehen und den dadurch entstandenen Kostenerstattungsanspruch als Insolvenzschuldner anmelden musste. Die Nachteile dieser Ansicht für die öffentliche Hand waren offensichtlich. Die zuständige Behörde musste das gesamte gesetzliche Anmeldungs13 So schon Fabry, Private Unternehmen, S. 136; Häsemeyer, in: FS für Uhlenbruck, S. 97, 104; Pape, KTS 1993, 551, 562; ders., ZInsO 2002, 453, 454; Petersen, NJW 1992, 1202, 1204; Weitemeyer, NVwZ 1997, 533, 535; später auch BVerwG, NJW 1999, 1416. 14 OVG Schleswig, NJW 1993, 2004, 2005; Fabry, Private Unternehmen, S. 136, 142; Petersen, NJW 1992, 1202, 1205 f.; Schmidt, BB 1991, 1273, 1281; Weitemeyer, NVwZ 1997, 533, 535. 15 Zu beachten ist, dass zu diesem Zeitpunkt noch die Konkursordnung (KO) galt, die durch die Insolvenzordnung abgelöst wurde. Die verwendeten Begriffe waren andere, hatten aber den rechtlichen Inhalt wie die nun in der Insolvenzordnung verwendeten Begriffe. 16 VGH Mannheim, NJW 1992, 64, 66; OVG Schleswig, NJW 1993, 2004, 2005; Fabry, Private Unternehmen, S. 148; Petersen, NJW 1992, 1202, 1205 f.; alle diese Meinungen weisen einen Denkfehler auf: Sie erkennen keine Masseschuld an, besagen aber, dass der Insolvenzverwalter trotzdem rechtmäßiger Adressat einer Verfügung sein konnte. Vgl. weiter zur massefreundlichen Ansicht: Häsemeyer, in: FS für Uhlenbruck, S. 94, 109; Kilger, in: FS für Merz, S. 265, 271–275; Pape, KTS 1993, 551, 574 ff.; ders., ZInsO 1998, 154, 155; Smid, Grundzüge, § 8 Rn. 20; Stoll, Insolvenz, S. 98 f.; ders., ZIP 1992, 1437, 1443.

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und Verteilungsverfahren durchlaufen, ohne dabei die Hoffnung zu haben, ihre Forderungen vollständig befriedigen zu können. Da erst die Masseforderungen zu begleichen waren und dann nur eine quotale Verteilung der restlichen Masse erfolgte, war ein vollständiger Ersatz der aufgewendeten finanziellen Mittel unwahrscheinlich. Wegen dieser Folgen entwickelte sich bereits damals eine Gegenansicht17. Danach waren Polizeipflichten und deren Vollstreckungskosten keine Insolvenzforderungen, auch wenn die zu beseitigende Gefahrenlage schon vor Eröffnung des Verfahrens bestanden hat. bb) Die Urteile des BVerwG in den Jahren 1998 und 1999 In den Jahren 199818 und 199919 beschäftigte sich das BVerwG erstmals mit der Frage, ob ordnungsrechtliche Pflichten den Insolvenzverwalter als Masseschuld treffen können, auch wenn der Insolvenzschuldner die bestehenden Umweltgefahren hätte beseitigen müssen. Bereits in der Entscheidung von 1998 deutete das BVerwG die Richtung an, in welche es künftig gehen würde. Eine Insolvenzschuld könne nur dann bestehen, wenn der Insolvenzverwalter keine eigene Pflicht, sondern die Pflicht des Insolvenzschuldners erfüllen müsste; bestünde keine Pflicht des Insolvenzverwalters, sondern nur die des Insolvenzschuldners, so fehle eine Masseschuld und der Insolvenzverwalter sei ordnungsrechtlich nicht in Anspruch zu nehmen20. Im zu entscheidenden Fall bejahte das BVerwG eine Masseschuld, da die ordnungsrechtliche Verfügung an § 5 BImSchG und den Insolvenzverwalter als Betreiber einer genehmigungspflichtigen Anlage anknüpfte (auf Einzelheiten zu § 5 BImSchG und die Folgen für den Insolvenzverwalter ist an anderer Stelle einzugehen). Bereits mit diesem Urteil stellte sich das BVerwG gegen die Rechtsprechung des baden-württembergischen VGH. Dieser hatte widersprüchlich eine Ordnungspflicht des Insolvenzverwalters bejaht, aber die Einordnung als Insolvenzforderung vorgenommen21. Noch deutlicher wurde das BVerwG in seinem Urteil aus dem Jahr 1999. Darin entschied es, dass die an einen Insolvenzverwalter gerichtete Anordnung zur Beseitigung einer Störung, die von Massegegenständen ausgeht, unabhängig vom Entstehungszeitpunkt dieser Störung keine Insolvenzforderung, sondern eine Masseschuld sei; die Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters knüpfe an

17 Vgl.: OVG Lüneburg BB 1992, 1091; OVG Lüneburg, NJW 1998, 398; OVG Bautzen, DtZ 1995, 254; OVG Greifswald, NJW 1998, 175; Schmidt, BB 1991, 1273, 1281 f.; ders., NJW 1993, 2833, 2835. 18 BVerwG, NJW 1999, 1416. 19 BVerwG, NVwZ 1999, 653. 20 BVerwG, NJW 1999, 1416, 1417. 21 VGH Mannheim, NJW 1992, 64.

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den aktuellen Zustand der Masse an, der Insolvenzverwalter sei daher als Zustandsstörer verantwortlich22. cc) Die Reaktionen der insolvenzrechtlichen Literatur und des BGH Neben Zuspruch aus den Reihen der Verwaltungsrechtler23 haben beide Urteile, insbesondere das Urteil aus dem Jahr 1999, von Seiten der insolvenzrechtlichen Literatur24 und des BGH25 erhebliche Kritik erfahren. Der BGH stellte sich im Jahr 2001 ausdrücklich gegen die Rechtsprechung des BVerwG. Dem damals ergangenen Urteil des BGH lag folgender Fall zugrunde: Ein Grundstücksverwalter verlangte vom Insolvenzverwalter eines insolventen Mieters die Rückgabe des vermieteten Grundstücks sowie die Beseitigung von Verfüllungen durch Bauschutt und Müll; diese Verfüllungen gingen allein auf eine Handlung des insolventen Mieters zurück. Der BGH ging beim Räumungsanspruch von einer Insolvenzschuld aus, da bereits die Handlung des Mieters den Anspruch begründete. Aufgrund einer angenommenen Parallelität der Sachverhalte sah sich der BGH dazu veranlasst, zum Urteil des BVerwG kurz Stellung zu nehmen26. Dabei kritisierte er, dass das BVerwG keine Unterscheidung zwischen Insolvenz- und Masseschuld vorgenommen habe. Der Rechtszustand für die Zeit vor und nach Konkurseröffnung sei zu trennen. Das Ordnungsrecht unterliege auch den Schranken des Insolvenzrechts. In einem Urteil aus dem Jahr 2002 erklärte der BGH ausdrücklich, allein der Umstand, dass der Insolvenzverwalter eine bereits störende Sache des Schuldners in Besitz nimmt, begründe keine Haftung der Insolvenzmasse für die Beseitigungskosten. Nur der Besitz an der Sache führe nicht dazu, Pflichtverletzungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung als Masseschuld auszugleichen. Allenfalls wenn der Verwalter als Ergebnis seiner Prüfung die fraglichen Sachen für die Masse nutze oder verwerte, könne er durch sein Verhalten möglicherweise eine Masseschuld auslösen27. Ähnlich äußerte sich die insolvenzrechtliche Literatur zu den Urteilen des BVerwG und trug mehrere Gründe gegen die Annahme einer Masseschuld vor. 22

BVerwG, NVwZ 1999, 653, 654. Vgl. z. B. VGH Kassel, NZI 2000, 47; VG Hannover, ZIP 2004, 625. 24 Vgl. z. B. Häsemeyer, in: FS für Uhlenbruck, S. 97; Lüke, in: Kölner Schrift, S. 859, 866, Rn. 45; Lwowski/Tetzlaff, NZI 2001, 57, 59 f.; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 140; Pape, ZInsO 2002, 453, 456 f.; Pöhlmann, NZI 2003, 486, 487; Tetzlaff, NZI 2003, 642; Uhlenbruck, KTS 2004, 275, 277. 25 BGH, NJW 2001, 2966; NJW-RR 2002, 1198. 26 BGH, NJW 2001, 2966, 2967. 27 BGH, NJW-RR 2002, 1198, 1199. 23

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Dem Urteil des BVerwG fehle zunächst eine dogmatische Begründung für die Annahme einer Masseschuld; das Ergebnis sei lediglich rechtspolitisch gewollt28. Maßgeblich muss eine insolvenzrechtliche Einordnung sein. Es sei immer darauf abzustellen, wann der Gefahrentatbestand verwirklicht sei29. Liegt der Entstehungsgrund vor Verfahrenseröffnung und rührt die Gefahr vom Insolvenzschuldner her, sei eine Insolvenzschuld anzunehmen; eine Masseschuld könne erst nach Eröffnung des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter begründet werden30. Eine generelle Behandlung von Ordnungspflichten als Masseverbindlichkeit, ohne Betrachtung des Zeitpunkts, zu dem die Gefahr eintrat, scheide demnach aus31. Eine andere Auffassung, wie die des BVerwG, führe zu einer Privilegierung öffentlich-rechtlicher Ansprüche, da das Ordnungsrecht vom System des Insolvenzrechts freigestellt werde32. Zudem stünde der Insolvenzverwalter bei der Abschätzung der Massezulänglichkeit vor erheblichen Schwierigkeiten, da er selbst die Kosten für die Erfüllung der Ordnungspflicht nicht beziffern könne33. Vermehrt verlangte die Literatur die Anrufung des Gemeinsamen Senats zur Klärung der Widersprüche34. Dieser Gemeinsame Senat soll zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung dienen, vgl. Art. 95 Abs. 3 GG. Denkbar wäre also in einem weiteren Verfahren ein sog. Vorlegungsverfahren nach § 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes (RsprEinhG)35. dd) Die erneute Stellungnahme des BVerwG Das BVerwG36 sah sich in einem anderen – vergleichbaren – Verfahren aufgrund der Kritik des BGH und der insolvenzrechtlichen Literatur angehalten, er28

Lwowski/Tetzlaff, NZI 2001, 57, 60. Lüke, in: Kölner Schrift, S. 859, 866, Rn. 44. 30 Pape, ZInsO 2002, 453, 456 ff. 31 Lüke, in: Kölner Schrift, S. 859, 866, Rn. 45; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 140. 32 So Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 139. 33 Lwowski/Tetzlaff, NZI 2001, 57, 59. 34 Pape, ZInsO 2002, 453, 461; Gantenberg, EWiR 2004, 711, 712; Eckardt, AbfallR 2008, 197, 198. 35 Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19.6.1968 (BGBl. I S. 661), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9.7.2001 (BGBl. I S. 1510). Das Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat wird dabei durch einen Vorlegungsbeschluss eingeleitet; in diesem ist die Entscheidung des obersten Gerichtshofs, von der der vorlegende Senat abweichen will, zu bezeichnen; der Beschluss ist zu begründen und den am Verfahren Beteiligten zuzustellen, § 11 Abs. 1 RsprEinhG. Die Senate, die Großen Senate oder die Vereinigten Großen Senate der obersten Gerichtshöfe holen die Entscheidung des Gemeinsamen Senats unmittelbar ein; gleichzeitig ist das Verfahren vor dem vorlegenden Senat auszusetzen, § 11 Abs. 2 RsprEinG. 36 BVerwG, NVwZ 2004, 1505 f. 29

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neut ausführlich zur Einordnung von ordnungsrechtlichen Pflichten als Masseschuld Stellung zu nehmen. Nach den dortigen Ausführungen halte das BVerwG mit seiner Rechtsprechung – entgegen den Ausführungen des BGH – die Schranken des Insolvenzrechts ein. Nicht jede ordnungsrechtliche Pflicht sei per se eine Masseschuld. Es wird vielmehr unter Anwendung des dafür allein maßgeblichen Ordnungsrechts darüber entschieden, ob den Insolvenzverwalter die Ordnungspflicht für eine Störung trifft, die von einem Massegegenstand ausgeht. Eine Beschränkung der jeweiligen Rechtsmaterien liege nicht vor. Ordnungsrechtlich und insolvenzrechtlich zu beurteilende Fragen sind streng zu trennen. Allein das Ordnungsrecht regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Störung der öffentlichen Sicherheit (Gefahr) vorliegt, wie dieser Störung zu begegnen ist und wer dafür in Anspruch genommen werden kann. Bei der Beurteilung, ob den Insolvenzverwalter eine ordnungsrechtliche Pflicht als Masseschuld trifft, kommt es ausschließlich auf die Tatbestandsmerkmale des jeweils einschlägigen Ordnungsrechts an. Knüpft dabei ein Tatbestand an eine Eigenschaft (Besitz bzw. tatsächliche Sachherrschaft) an, die der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung aufweist, handelt es sich um eine Masseschuld. Ergibt sich die Haftung allein aus einem Umstand, den nur der Insolvenzschuldner verwirklichte (z. B. ein Handeln in der Vergangenheit, Verursachungshaftung), liegt eine Insolvenzschuld vor. Trifft also die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit den Insolvenzverwalter, handelt es sich um eine persönliche Pflicht, die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Masseverbindlichkeit zu erfüllen ist. Trifft die Ordnungspflicht demgegenüber den Insolvenzschuldner, kann sie nur eine Insolvenzforderung i. S. d. § 38 InsO begründen. Der Insolvenzverwalter „übernimmt“ sozusagen nur die Rechtsstellung des Insolvenzschuldners. In diesem Sinne entschied das BVerwG37 im Jahr 2007, dass eine ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters und damit eine als Masseverbindlichkeit zu erfüllende Pflicht (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) nicht in Betracht kommt, soweit sich die Ordnungspflicht nicht aus der Verantwortlichkeit für den aktuellen Zustand von Massegegenständen ergibt, sondern an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten des Insolvenzschuldners anknüpft und der Insolvenzverwalter keinen Bezug zu den ordnungsrechtlichen Voraussetzungen der Störereigenschaft hat. Das BVerwG sieht nunmehr keine Unterschiede zu der Rechtsprechung des BGH. Im Ergebnis ist mithin als Essenz der Rechtsprechung des BVerwG festzuhalten: Ist der Insolvenzverwalter selbst als Störer anzusehen, haftet er in jedem Fall. Es handelt sich dann um Fälle einer Masseforderung, da der Insolvenzver37

BVerwG, Beschluss vom 5.6.2007, Az.: 7 B 25/07 – juris.

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walter allein die Haftung begründet. Ist der Insolvenzverwalter nicht in das System der öffentlich-rechtlichen Störer einzuordnen, kann er nicht Adressat einer Ordnungsverfügung sein. In diesen Fällen liegt eine Insolvenzschuld vor, die die öffentliche Hand im Rahmen des ordentlichen Insolvenzverfahrens geltend machen muss. ee) Weitere Reaktionen auf das BVerwG Die verwaltungsrechtliche Literatur38 und Rechtsprechung39 stimmen der Unterscheidung von Insolvenz- und Masseschuld bei ordnungsrechtlichen Pflichten zu. Ein Wandel in der insolvenzrechtlichen Literatur ist nicht zu beobachten40. Das BVerwG selbst nimmt an, dass der Dissens zwischen dem BVerwG und BGH mit diesem Urteil aufgehoben wurde41. Der BGH hat sich seitdem nicht mehr ausdrücklich zu dieser Frage geäußert42. ff) Eigene Stellungnahme zur Einordnung ordnungsrechtlicher Pflichten Dem BVerwG ist in seinen Ausführungen, insbesondere denen aus dem Jahr 2004, zuzustimmen. Entgegen anderer Stimmen nimmt das BVerwG nicht per se an, dass jegliche ordnungsrechtliche Pflicht, für die der Insolvenzschuldner eine Ursache gesetzt hat, eine Masseverantwortlichkeit ist. Das BVerwG beachtet ausdrücklich die Unterscheidung zwischen Insolvenzschuld und Masseschuld. Es ordnet auch die Forderungen der öffentlichen Hand in dieses System ein. Dem Recht der Gefahrenabwehr und den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts bei der Eingriffsverwaltung entsprechend gibt es vor, für jeden Sachverhalt separat zu prüfen, ob der Insolvenzverwalter den jeweiligen Haftungstatbestand erfüllt. Richtigerweise stellt das BVerwG dabei auf den Zeitpunkt nach Eröffnung des 38 Blum, Insolvenz, S. 178 ff.; Kley, DVBl. 2005, 727, 732 f.; Kohls, ZUR 2000, 151 ff.; Kurz/Schwarz, NVwZ 2007, 1380; Lepsius, Besitz, S. 335; Schmidt, ZIP 2000, 1913, 1916; Vierhaus, ZInsO 2004, 919; ders., ZInsO 2005, 127, 128. 39 Vgl. z. B.: VGH München, NVwZ-RR 2006, 537; OVG Münster, UPR 2006, 456, 457; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.4.2007, Az.: 11 S 54.06 – juris. 40 Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 139; Pape, ZIP 2004, 1768 ff.; Seidel/ Flitsch, DZWiR 2005, 278, 280; differenzierend: Eckardt, AbfallR 2008, 197, 203 f.; Weers/Hönig, ZInsO 2005, 244, 246; der konkreten Entscheidung zustimmend: Uhlenbruck, EWiR 2004, 1025, 1026. 41 BVerwG, Beschluss vom 5.6.2007, Az.: 7 B 25/07 – juris. 42 Eckardt, AbfallR 2008, 197, 198, Fn. 8, meint, aus BGH, NZI 2006, 293, sub II.2. ergäbe sich, dass der Bundesgerichtshof die Einstufung der Ersatzvornahmekosten als Masseverbindlichkeit durch das BVerwG billigt, wenn die Ordnungspflicht zuvor bestandskräftig gegen den Verwalter festgesetzt worden ist. Ob diese Wertung dem zitierten Urteil zu entnehmen ist, erscheint fraglich. Der Sachverhalt ist bereits ein anderer, da es hier um die Räumung eines Grundstücks, d. h. Herausgabe eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter nach Beendigung eines Mietverhältnisses vor Insolvenzeröffnung, geht. Diese Pflicht zur Räumung entstand erst mit rechtskräftigem Titel.

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Insolvenzverfahrens ab. Begründet der Insolvenzverwalter selbst zu diesem Zeitpunkt einen Haftungstatbestand, so muss er mit der Masse zur Erfüllung seiner Ordnungspflicht einstehen. Es handelt sich hierbei um eine Masseschuld, da der Haftungsgrund nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist. Eine andere Sichtweise würde die Prinzipien des Verwaltungsrechts missachten. Die ablehnende Ansicht verkennt die verschiedenen Arten der ordnungsrechtlichen Störer und verhindert eine effektive Gefahrenabwehr. Wenn allein auf die Gefahrverwirklichung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgestellt wird, käme eine Zustandshaftung nie in Betracht. Wenn der Insolvenzschuldner faktisch Verhaltensverantwortlicher ist, weil er die Gefahr hervorgerufen hat, schließt das nicht aus, dass der Insolvenzverwalter Zustandsverantwortlicher sein kann. Er hat wegen seines Einflusses auf die störende Sache die Möglichkeit, die weiter anhaltende Gefahr zu beseitigen. Eine effektive Gefahrenabwehr wäre zudem nicht möglich. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht zum Ende der Gefahr. Sie ist weiter abzuwehren. Auch andere Störer, soweit vorhanden, müssen dafür einstehen. Im Übrigen sind die vom BVerwG behandelten Fälle nicht mit denen des BGH vergleichbar. Hier ging es allein um Sachverhalte, in denen der Insolvenzverwalter lediglich zivilrechtlich dazu verpflichtet werden sollte, Handlungen des Insolvenzschuldners zu beseitigen (§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB). Zwar kennt das Zivilrecht ähnlich wie das öffentliche Recht einen Zustandsstörer. Diese Zustandsstörer sind aber nicht miteinander gleichzusetzen, da auch im Zivilrecht eine gewisse Kausalität notwendig ist. Die Störung muss zumindest mittelbar auf den Willen des Verfügungsbefugten – in diesem Fall auf den Insolvenzverwalter – zurückgehen43. Die Gegenmeinung verkennt insgesamt das System des öffentlichen Ordnungsrechts. Die zivilrechtliche Haftung ist der ordnungsrechtlichen Haftung nicht gleichzusetzen. Eine grundsätzliche Privilegierung des Staats existiert nicht. gg) Ergebnis zum Problem der Einordnung ordnungsrechtlicher Pflichten in das System der Insolvenzordnung Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass es jeweils auf den Einzelfall und die einschlägigen Rechtsgrundlagen ankommt, ob der Insolvenzverwalter als Verantwortlicher haften muss. Ist er Störer im ordnungsrechtlichen Sinne, handelt es sich um eine Masseschuld44. Erfüllt der Insolvenzverwalter keinen Haftungstat43

BGH, NJW 2005, 1366, 1368 f. Bei der Befriedigung der Massegläubiger im Falle einer Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO nähme die öffentliche Hand in der Regel den dritten Rang nach § 209 Abs. 1 InsO ein, da die öffentlichen Ordnungspflichten und ggf. Ersatzvornahmekosten als sonstige Masseverbindlichkeiten anzusehen sind. Sie sind weder Verfahrenskosten, noch wurden sie nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet. 44

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bestand, kann er auch nicht zur Erfüllung der Gefahrenabwehr herangezogen werden. Die öffentliche Hand ist Gläubiger einer Insolvenzschuld. Diese wird sie nur geltend machen können, indem sie im Wege der Ersatzvornahme die Gefahr selbst beseitigt und die Kostenerstattung als Insolvenzforderung beim Insolvenzverwalter anmeldet. 3. Die Anwendung dieser Grundsätze auf mögliche Rechtsgrundlagen für die Verfügung einer Anlagensicherung und Abfallentsorgung Zu prüfen ist nun, in Anwendung der gerade dargelegten Grundsätze, welche Rechtsgrundlagen die Haftung des Insolvenzverwalters mit der Masse begründen. a) Die Haftung nach dem BImSchG aa) Anordnungen nach den §§ 5, 17 BImSchG Wie bereits weiter oben dargestellt, beinhalten die Betreiberpflichten auch Pflichten, welche sich unmittelbar auf Abfälle beziehen (vgl. Kap. 2, C.). Zunächst gibt es die Pflicht, während der Errichtung und des Betriebs der Anlage Abfälle zu vermeiden, nicht zu vermeidende Abfälle zu verwerten und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen, § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG. Entsprechend den obigen Darstellungen bezieht sich diese Pflicht lediglich auf die im Betrieb entstandenen Abfälle, hat also für Abfallentsorgungsanlagen eine eher untergeordnete Bedeutung. Anderes gilt für § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen sind, dass auch nach einer Betriebseinstellung vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden. Diese Pflicht umfasst sämtliche lagernde, jemals angenommene Abfälle, die der Anlagenbetreiber zum Zeitpunkt der Betriebsstilllegung nicht ordnungsgemäß entsorgt hat. Ist der Insolvenzverwalter Betreiber der Anlage, muss er für die Erfüllung der Betreiberpflichten mit der Masse einstehen45. Zu prüfen ist, unter welchen Umständen der Insolvenzverwalter Adressat dieser Betreiberpflichten sein kann und wie diese durchzusetzen sind. Hauptvoraussetzung ist, dass der Insolvenzverwalter Betreiber einer genehmigungspflichtigen (Abfallentsorgungs-)Anlage ist.

45 Vgl. einschränkend Pape, ZInsO 2002, 453, 454: Er schlägt vor, ältere vorhandene Umweltbelastungen nicht in die Betreiberpflicht miteinzubeziehen, da sich sonst jeder Insolvenzverwalter dazu angehalten sähe, den Betrieb insgesamt nicht fortzuführen. Diese Ansicht ist abzulehnen, da sie den Anforderungen der Betreiberpflichten nicht entspricht.

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(1) Die Definition des Anlagenbetreibers Eine Definition des Betreiberbegriffs fehlt im BImSchG. Die Literatur und Rechtsprechung wenden aber übereinstimmend einen einheitlichen Betreiberbegriff an. Entscheidend für die Betreibereigenschaft ist, dass der Betreiber weisungsfrei, eigenverantwortlich und selbständig46 über die Anlage, d. h. über die Lage, die Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage, bestimmt47. Dieses muss kraft eigenen Rechts und im eigenen Namen erfolgen48. Er muss die wirtschaftlichen Risiken („auf eigene Rechnung“) des Betriebs tragen49. Betreiber wird regelmäßig derjenige sein, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Anlage besitzt50. In den Fällen der Insolvenz eines Anlagenbetreibers kommt nur die Übernahme der Betreiberstellung in Betracht. Denn zunächst war der jetzige Insolvenzschuldner Betreiber der Anlage. Eine solche Betriebsübernahme ist im BImSchG angelegt51, da die Genehmigung anlagenbezogen und nicht betreiberbezogen ist. Zu untersuchen ist, unter welchen konkreten Voraussetzungen der Insolvenzverwalter Anlagenbetreiber ist. (2) Folgen des Insolvenzbeschlags Allgemeine Folge der Verfahrenseröffnung ist die Aberkennung der Verfügungsbefugnis des Schuldners, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über, § 80 InsO. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter dient der Erhaltung der Vermögensmasse, um die Interessen der Gläubiger zu wahren, und gilt als Grundprinzip des Insolvenzverfahrens52. Der Insolvenzverwalter tritt damit grundsätzlich in die Rechte und Pflichten des Schuldners ein53. Der Schuldner bleibt zwar Eigentümer des zur Insolvenz46

Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 4 Rn. 77. OVG Münster, ZUR 2009, 268; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 28; Friedrich, NVwZ 2002, 1174, 1175; Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 81; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 4 Rn. 77; Spindler, in: FS für Feldhaus, S. 25, 27. 48 BVerwG, NJW 1999, 1416, 1417. 49 BVerwG, NJW 1999, 1416, 1417; Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 81. 50 OVG Münster, UPR 2006, 456, 457. 51 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 28. 52 Maus, in: Uhlenbruck, InsO, § 80 Rn. 2; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 1 f. 53 Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 6. 47

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masse gehörenden Vermögens bzw. Inhaber der dazu gehörenden Rechte und Gläubiger der Forderungen gegen Dritte54. Der Insolvenzverwalter übt aber dessen Befugnisse und Pflichten unabhängig von dessen Willen und Weisung aus55; der Schuldner verliert die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis56. Neben dem Übergang der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis hat der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Verfahrens gem. § 148 InsO das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (sog. Istmasse57) sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen. Die Insolvenzordnung definiert die Insolvenzmasse als das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§ 35 InsO). Dazu gehören vor allem alle beweglichen und unbeweglichen Sachen unabhängig von ihrem Wert, also auch Abfälle58. Die Inbesitznahme und der Übergang der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis wird Insolvenzbeschlag genannt. Umstritten ist, ob mit dem Insolvenzbeschlag der Insolvenzverwalter zum Betreiber einer Anlage nach §§ 4 ff. BImSchG wird. Ein Teil der Rechtsprechung und auch ein Teil der Literatur stellen den Insolvenzbeschlag der Betreiberstellung gleich59. Die genannten Gerichte bejahen eine Nachsorgepflicht des Insolvenzverwalters nach § 5 Abs. 3 BImSchG, obwohl die Anlage bereits vor dem Insolvenzverfahren stillgelegt worden war. Insbesondere das OVG Magdeburg bezieht sich dabei auf die o. g. Entscheidungen des BVerwG aus den Jahren 199860 und 1999 und begründet die Pflicht des Insolvenzverwalters mit dem ausschließlichen Verfügungsrecht. Diese Sichtweise ist abzulehnen. In den zitierten Entscheidungen vermengen die Gerichte den Abfallbesitz nach Abfallrecht mit dem Anlagenbetrieb. Notwendig für ein Betreiben ist, dass eine Fortführung des tatsächlichen Betriebs erfolgt61. Ausschließlich der Insolvenzbeschlag nach § 80 InsO ist nicht ausreichend, da mit dieser gesetzlich angeordneten Übernahme der Verfügungsgewalt noch keine konkrete Aussage über das Schicksal des Anlagenbetriebs erfolgt. Die notwendige „Bestimmung“ über den Anlagenbetrieb fehlt. Der bloße Insol54

Maus, in: Uhlenbruck, InsO, § 80 Rn. 2, 6, 82. Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht, Bd. II, Rn. 8.5; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 43. 56 Maus, in: Uhlenbruck, InsO, § 80 Rn. 2. 57 Wellensiek, in: Kölner Schrift, S. 403, 404, Rn. 2. 58 Vierhaus, ZInsO 2005, 127, 131. 59 OVG Magdeburg, ZInsO 2000, 506; Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss vom 9.3.2004, Az.: 12 B 11/04 – juris; VG Potsdam, NJW 2002, 3566, 3567; Klose, NJ 2005, 393, 394; widersprüchlich: VG Hannover, NJW 2002, 843, 844. 60 In dieser Entscheidung ausdrücklich offen gelassen, vgl. BVerwG, NJW 1999, 1416, 1417. 61 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImschG Rn. 33. 55

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venzbeschlag ist mithin kein Anlagenbetrieb. Es handelt sich lediglich um den Besitz an der Anlage und dem darauf befindlichen Abfall. Besitz nach §§ 80, 148 InsO ist nicht dem Anlagenbetrieb gleichzustellen 62. Ohne ein Betreiben der Anlage kann auch keine Betreiberpflicht entstehen. Dieses betrifft insbesondere den praktischen Regelfall der Betriebseinstellung durch den Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens63. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass § 5 BImSchG den Betreiber nicht ausdrücklich als Inhaber der Pflichten benennt. Aus der Systematik der §§ 5, 6, 7 BImSchG, auch in Zusammenschau mit § 9 KrW-/AbfG, ist ersichtlich, dass ausschließlich Pflichten der Anlagenbetreiber geregelt werden sollen. Auch benennt die amtliche Überschrift zu § 5 BImSchG die Betreiber als Adressaten der Pflicht. Ähnliches spricht § 9 KrW-/AbfG aus. Daraus folgt, dass nur die Betreibereigenschaft die Pflicht aus § 5 Abs. 3 BImSchG auslöst64. Im Ergebnis stellt allein der Umstand, dass jemand (gesetzlich angeordnet) die Verfügungsgewalt über die Anlage erhält, noch kein „Betreiben“ der Anlage i. S. d. § 5 BImSchG dar. (3) Die Entscheidung über eine Betriebsfortführung nach § 157 S. 1 InsO Mit Insolvenzbeschlag hat der Insolvenzverwalter das Masseverzeichnis (§ 151 InsO), das Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO) und das Vermögensverzeichnis (§ 153 InsO) zu erstellen. Letzteres stellt die Insolvenzmasse den Verbindlichkeiten gegenüber65. Diese Verzeichnisse dienen der Information der sog. Gläubigerversammlung in Vorbereitung des sog. Berichtstermins (§ 156 InsO). In diesem Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter darzulegen, ob Aussicht besteht, das Unternehmen des Schuldners im Ganzen oder in Teilen zu erhalten, welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan66 bestehen und welche Auswirkungen jeweils für die Befriedigung der Gläubiger eintreten würden. Die Gläubigerversammlung entscheidet daraufhin über die Grundfragen des Verfahrensfortgangs: vorläufige 62 So OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.4.2007, Az.: 11 S 54.06 – juris; vgl. auch BVerwG, NVwZ 2004, 1505; BVerwG, NVwZ 2007, 86 zwar zu § 36 KrW-/ AbfG, wobei aber in der Sache die gleiche Frage behandelt wird; vgl. auch VGH München, NVwZ-RR 2006, 537, 538; OVG Münster, UPR 2006, 456, 457; VG Würzburg, Urteil vom 6.11.2007, Az.: W 4 K 07.626 – juris; Lwowski/Tetzlaff, NZI 2004, 225, 227. 63 Vgl. VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 6.3.2007, Az.: 7 K 2193/02 – juris. 64 Vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 28, der dieses sogar auf den letzten Betreiber einschränkt. 65 Wellensiek, in: Kölner Schrift, S. 403, 404, Rn. 6. 66 Der Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO) ist ein Mittel, die Vermögens- und Haftungsverhältnisse des Schuldners im Einvernehmen mit seinen Gläubigern außergerichtlich zu regeln. Insbesondere eine Sanierung ist möglich, vgl. § 1 HS. 2, Alt. 2 InsO. Die Verwertung und Verteilung erfolgen nach den im Plan festgelegten Vorgaben, nicht nach den Vorschriften der Insolvenzordnung, § 217 InsO.

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Weiterführung des Betriebs, Regelverfahren nach der Insolvenzordnung oder Erstellung eines Insolvenzplans. Kommt danach die (vorläufige) Fortführung des Betriebs in Betracht und beschließt die Gläubigerversammlung dieses, wie in § 157 S. 1 InsO geregelt, ist fraglich, ob der Insolvenzverwalter Betreiber der Anlage sein kann, oder ob die Gläubigerversammlung Anlagenbetreiber wird. Letztere Sichtweise muss ausscheiden, da sie nicht an der Funktion und der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters orientiert ist. Der Insolvenzverwalter übt ein (privates) Amt aus, in dessen Ausübung er selbständig über die Insolvenzmasse verfügt und sie verwaltet67. Die Gläubigerversammlung entscheidet lediglich über die grundsätzliche Frage der Fortführung. Alle anderen Entscheidungen, wie genau der Betrieb im Sinne einer bestmöglichen Gläubigerbefriedigung weiterzubetreiben ist, trifft der Insolvenzverwalter, da er die Verwaltungsbefugnis innehat, vgl. § 80 InsO. Er trifft dann – nur noch dem Zweck des Insolvenzverfahrens verpflichtet – unabhängig vom Schuldner und von der Gläubigerversammlung die Entscheidung darüber, wie die Anlage fortzuführen ist. Seine Handlungen bezüglich der Anlage fallen zugunsten oder zulasten der Masse aus. Der Insolvenzverwalter ist somit Anlagenbetreiber, wenn die Gläubigerversammlung entscheidet, dass die Anlage fortgeführt werden soll. Kraft seines Amts führt er den Betrieb unabhängig und „auf Rechnung“ der Masse. Dieses folgt aus der Verwaltungs- und Verfügungsmacht nach § 80 InsO. (4) Gilt die alleinige Stilllegung einer Anlage als Anlagenbetrieb? Die Entscheidung, die Anlage nach Insolvenzbeschlag sofort stillzulegen68, vermag ebenso wenig die Betreibereigenschaft des Insolvenzbetreibers zu begründen wie der bloße Insolvenzbeschlag69. Zu einem Anlagenbetrieb gehört es, den tatsächlichen Zweck der Anlage auszuführen. Es ist eine bestimmungsgemäße, technisch-wirtschaftliche Nutzung der Anlage sowie die Aufrechterhaltung ihrer Prozessabläufe notwendig70. Etwas betreiben meint, auf ein Ziel hinzu67 BGHZ 35, 180 ff.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 15.06; wohl auch Maus, in: Uhlenbruck, InsO, § 80 Rn. 78–81. 68 Grundsätzlich entscheidet die Gläubigerversammlung, ob ein in der Insolvenz befindlicher Betrieb weiterzuführen ist, vgl. § 157 S. 1 InsO. Dem Insolvenzverwalter steht diese Position grundsätzlich nicht zu. Er schlägt gem. § 156 Abs. 1 S. 2 InsO der Gläubigerversammlung ggf. vor, den Betrieb weiterzuführen. Ausnahmen von der Regel des § 157 S. 1 InsO sind aber in § 158 Abs. 2 InsO vorgesehen. Die Gläubigerversammlung entscheidet erst nach dem Berichtstermin über das weitere Schicksal der Anlage. Bis zu diesem Zeitpunkt entscheidet der Insolvenzverwalter – unter gewissen Einschränkungen – darüber, ob die Anlage bis zum Berichtstermin und der Gläubigerentscheidung weiter zu betreiben ist. 69 So jedoch OVG Lüneburg, NJW 1993, 1671; offen gelassen von BVerwG, NJW 1999, 1416, 1417. 70 OVG Münster, UPR 2006, 456, 457.

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arbeiten, etwas aus- oder durchzuführen bzw. etwas voranzutreiben. Fällen der Insolvenzverwalter und/oder die Gläubigerversammlung die Entscheidung, den Anlagenbetrieb sofort einzustellen, fehlt jegliches Verfolgen des Anlagenzwecks. Von einem Ausführen bzw. Fortführen ist nicht zu sprechen. Erst wenn der Insolvenzverwalter und die Gläubigerversammlung entscheiden, den Anlagenzweck – zumindest kurzfristig – weiter zu verfolgen, kann der Insolvenzverwalter Betreiber der Anlage sein. Wenn er die Anlage „sofort“ stilllegt, fehlt die Betreiberstellung71. Die Suche nach einem neuen Betreiber oder Erwerber der Anlage stellt keinen Anlagenbetrieb dar, da der tatsächliche Zweck der Anlage nicht erfüllt wird; einen „ruhenden“ Anlagenbetrieb kennt das BImSchG nicht72. (5) Ergebnis zur Haftung des Insolvenzverwalters nach den §§ 5, 17 BImSchG Der Insolvenzverwalter ist nur dann Anlagenbetreiber, wenn er den Anlagenbetrieb fortführt. Der bloße Insolvenzbeschlag oder die alleinige Stilllegung ohne Fortführung begründen nicht die Betreiberstellung des Insolvenzverwalters. Gleiches gilt für den Insolvenzverwalter, der lediglich eine bereits stillgelegte Anlage nach § 80 InsO in Besitz nimmt. Ist der Insolvenzverwalter Anlagenbetreiber, so hat er die abfallbezogenen Betreiberpflichten zu erfüllen. Zur Durchsetzung dieser Pflichten darf die zuständige Überwachungsbehörde eine nachträgliche Anordnung nach § 17 Abs. 1, Abs. 4a S. 2 BImSchG treffen. bb) Die Haftung nach § 22 BImSchG Zu prüfen ist, wie der Insolvenzverwalter, der unter den gerade dargestellten Umständen als Anlagenbetreiber zu gelten hat, nach dem BImSchG haftet, wenn es sich bei der fortgeführten Anlage um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage i. S. d. § 22 BImSchG handelt. Zur Durchsetzung der Pflichten nach § 22 BImSchG dienen die §§ 24, 25 BImSchG. Jedoch hilft, wie bereits oben bei den Betreiberpflichten dargestellt (vgl. Kap. 2, D.), § 22 BImSchG bei insolventen Abfallbeseitigungsanlagen wenig weiter. § 22 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG regelt zunächst keine Verwertungspflicht. Darüber hinaus hat der jeweilige Anlagenbetreiber lediglich die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Beseitigung der Abfälle zu schaffen73. Die tatsächliche Pflicht der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung regelt daher nicht das BImSchG. Des Weiteren betrifft § 22 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG ausschließlich solche Abfälle, die in der Anlage anfallen. Bei Abfall-

71 So wohl auch: VGH München, NVwZ-RR 2006, 537, 538; OVG Münster, UPR 2006, 456, 457; VG Hannover, NJW 2002, 843. 72 VG Hannover, NJW 2002, 843, 844. 73 BVerwG, NVwZ 2004, 1360.

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entsorgungsanlagen sind die überwiegenden lagernden Abfälle angeliefert worden und nicht dort angefallen. § 22 BImSchG dient daher nicht als Ermächtigungsgrundlage. b) Haftung nach dem BBodSchG? In Betracht kommt eine Heranziehung des Insolvenzverwalters nach den §§ 4, 10 BBodSchG. § 4 Abs. 2 und 3 BBodSchG benennt neben dem Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast, dessen Gesamtrechtsnachfolger und dem Grundstückseigentümer auch den Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück als (Zustands-)Störer, der verpflichtet ist, Gefahren durch schädliche Bodenveränderungen und Altlasten zu verhindern oder zu beseitigen. § 10 BBodSchG ist die Anordnungsgrundlage zur Durchsetzung der Pflichten nach § 4 BBodSchG. Zu prüfen ist deshalb, ob der Insolvenzverwalter hier nach den §§ 4, 10 BImSchG haften muss. Hierzu muss der Insolvenzverwalter Störer i. S. d. § 4 BBodSchG sein, und die lagernden Abfälle auf der Abfallentsorgungsanlage müssen eine schädliche Bodenveränderung oder eine Altlast darstellen. aa) Der Insolvenzverwalter als Inhaber der tatsächlichen Gewalt Der Insolvenzverwalter kommt nur als Inhaber der tatsächlichen Gewalt in Betracht, da er weder Eigentümer des Anlagengrundstücks wird, noch die Abfälle gelagert hat. Um Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu sein, muss er den unmittelbaren Grundstücksbesitz innehaben74. Mit dem Insolvenzbeschlag nach den §§ 80 Abs. 1, 148 Abs. 1 InsO nimmt der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse, zu der auch die Anlage gehört, sofort in Besitz. Der Insolvenzbeschlag meint den unmittelbaren Besitz nach § 854 BGB75. Mit der Inbesitznahme des Anlagengrundstücks76 wird der Insolvenzverwalter damit Inhaber der tatsächlichen Gewalt. Als Inhaber der tatsächlichen Gewalt trifft ihn die Pflicht, schädliche Bodenveränderungen abzuwehren und Altlasten zu sanieren. bb) Die Abwehr von schädlichen Bodenveränderungen nach § 4 Abs. 2 BBodSchG Gemäß § 4 Abs. 2 BBodSchG ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt zunächst verpflichtet, Maßnahmen zur Abwehr der von seinem Grundstück drohen74

Dombert, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 4 BBodSchG Rn. 23. Füchsl/Weishäupl, in: MüKoInsO, Bd. II, § 148 Rn. 25. 76 Bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten erfolgt die Inbesitznahme darüber hinaus durch Eintragung des Insolvenzvermerks in das Grundbuch, vgl.: Dithmar, in: Braun, InsO, § 148 Rn. 2; Füchsl/Weishäupl, in: MüKoInsO, Bd. II, § 148 Rn. 26. 75

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den schädlichen Bodenveränderungen zu ergreifen. Hier ist zu klären, was drohende schädliche Bodenveränderungen sind, und ob diese von lagerndem Abfall ausgehen können. Die Abwehrpflicht nach § 4 Abs. 2 BBodSchG stellt im Gegensatz zur Sanierungspflicht nach § 4 Abs. 3 BBodSchG ein präventives Mittel dar77. Schädliche Bodenveränderungen i. S. d. § 2 Abs. 3 BBodSchG sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. (1) Die Funktionsbeeinträchtigung und die Begriffe Gefahr, erheblicher Nachteil und erhebliche Belästigung Eine solche „Funktionsbeeinträchtigung“ ist dann anzunehmen, wenn sich die Bodenbeschaffenheit negativ ändert78. Stoffeinträge, Veränderungen der Bodenphysik und Bodenversiegelungen stellen eine Änderung der Beschaffenheit dar79. Neben dem Vorliegen der Bodenveränderung selbst soll wohl bereits der Beginn der Schädigung der Bodenfunktionen von § 2 Abs. 3 BBodSchG erfasst sein80. Mit diesen Veränderungen muss die Beeinträchtigung der Bodenfunktionen einhergehen81. Das BBodSchG kennt gem. § 2 Abs. 2 insgesamt drei Funktionen des Bodens: 1. die natürliche Funktion als – Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen, – Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen, – Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen aufgrund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers, 2. die Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sowie 3. die Nutzungsfunktionen als – Rohstofflagerstätte, – Fläche für Siedlung und Erholung, 77

Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 98. Andres, Die Haftung des Grundstückseigentümers, S. 22; Bickel, BBodSchG, § 2 Rn. 12; Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 58; Frenz, BBodSchG, § 2 Rn. 45, 51; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 46. 79 BT-Drucks. 13/6701, S. 29; Andres, Die Haftung des Grundstückseigentümers, S. 22; Nies, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 2 BBodSchG Rn. 16; Sparwasser/Engel/ Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 7. 80 Nies, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 2 BBodSchG Rn. 16. 81 BT-Drucks. 13/6701, S. 29. 78

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– Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, – Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung. Allein die Beeinträchtigung einer Bodenfunktion löst jedoch noch keine Handlungspflicht i. S. d. § 4 Abs. 2 BBodSchG aus. Notwendig ist gem. § 2 Abs. 3 BBodSchG die Eignung, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. Geschützte Rechtsgüter sind daher die des Einzelnen und die der Allgemeinheit. Rechtsgüter der Allgemeinheit sind z. B. Reinheit des Grundwassers, der Wasserhaushalt, die Biodiversität82. Der Gefahrenbegriff des BBodSchG entspricht dem des allgemeinen Ordnungs- und Polizeirechts83. Danach ist von einer Gefahr auszugehen, wenn der Eintritt eines Schadens für ein Rechtsgut mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bevorsteht84. Der Grad der Wahrscheinlichkeit ist bei höherrangigen Rechtsgütern ein geringerer85. Die Gefahr86 muss jedoch (insbesondere bei der ökologischen Bodenfunktion) von einiger Dauer oder nachhaltig sein87. Für die Bejahung eines Nachteils bedarf es keiner Rechtsgutverletzung88. Ein Nachteil liegt bei einer Beeinträchtigung von Interessen vor. Der Gesetzgeber benennt in erster Linie wirtschaftliche Interessen; darunter fallen jedoch auch ideelle Interessen89. Belästigungen sind ebenso wie Nachteile in ihren Auswirkungen weniger intensiv als Gefahren, da mit ihnen keine Rechtsgutverletzung einhergeht. Im Vergleich zu Nachteilen ist eine Belästigung bei „Beeinträchtigungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens“ anzunehmen90. Da mit Nachteilen und Belästigungen gerade keine Rechtsgutverletzungen91 verbunden sind, müssen diese erheblich sein. Erheblich sind Nachteile oder Belästigungen, 82

Vgl. weiter Andres, Die Haftung des Grundstückseigentümers, S. 27. Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 47. 84 Vgl. z. B. Verwaltungsvorschriften des Ministers des Innern des Landes Brandenburg zur Durchführung des Ordnungsbehördengesetzes (VwV OBG) vom 11.6.1993 (ABl. 59 S. 1238), Nr. 13.2.; BT-Drucks. 13/6701, S. 29. 85 BVerwG, DÖV 1970, 714, 715; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 48. 86 Bzw. der Schaden, vgl. zur sprachlichen Ungenauigkeit dieser Norm Nies, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 2 BBodSchG Rn. 22; danach müsste es im § 2 Abs. 2 statt „Gefahr“ eigentlich „Schaden“ heißen. 87 BT-Drucks. 13/6701, S. 29; Nies, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 2 BBodSchG Rn. 19. 88 BT-Drucks. 13/6701, S. 29; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 48. 89 Ähnlich Bickel, BBodSchG, § 2 Rn. 14. 90 BT-Drucks. 13/6701, S. 29; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 49. 91 Bei Rechtsgutverletzungen im Rahmen einer polizeirechtlichen Gefahr wird die Erheblichkeit impliziert, vgl. BT-Drucks. 13/6701, S. 30. 83

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die eine solche Wirkungsstärke erreichen, dass sie für den Betroffenen unzumutbar werden92. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit sind mehrere Aspekte heranzuziehen und abzuwägen: so die Art, der Umfang und die Dauer der Wirkung und die Schutzwürdigkeit des Schutzguts93. Ausschlaggebend darf aber immer nur eine Einschätzung sein, was ein durchschnittlich vernünftiger Mensch hinnehmen kann94. Die Bodenveränderungen müssen geeignet sein, die Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. Eine solche Eignung ist anzunehmen, wenn bei weiterem ungeänderten Geschehensablauf die negativen Folgen nach allgemeiner Erfahrung eintreten werden95. Die Geeignetheit ist damit ein Ausdruck der Kausalität96. Neben den Rechten Einzelner verfolgt § 2 Abs. 3 BBodSchG auch den Schutz der Allgemeinheit. Die Interessen der Allgemeinheit spiegeln insbesondere die ökologische Bodenfunktion und die Bedeutung als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte wider97. Das BBodSchG umfasst als Schutzgut nicht nur die natürliche Bodenfunktion, sondern auch die sog. ökologische Bodenfunktion (z. B. Grundwasserschutz)98. (2) Ist eine Abfallentsorgungsanlage eine schädliche Bodenveränderung? Es ist nicht auszuschließen, dass das Lagern von Abfall zu einer schädlichen Bodenveränderung führen kann. Allein die Nutzung des Bodens als Lagerstätte führt nicht zu einer schädlichen Bodenveränderung99. Bei der Lagerung der Abfälle können allerdings physikalische und chemische Prozesse ablaufen, die zu einem Eintrag von Schadstoffen in den Boden führen. Untersuchungen müssen im jeweiligen Einzelfall klären, ob ein Eintrag von Schadstoffen vorliegt. Als Anhaltspunkt kann dabei die Bundes-Bodenschutzund Altlastenverordnung (BBodSchV)100 dienen. Die BBodSchV beruht auf der 92 Nies, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 2 BBodSchG Rn. 25; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 49; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 50. 93 Nies, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 2 BBodSchG Rn. 27. 94 Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 49. 95 Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 51. 96 Vgl. Bickel, BBodSchG, § 2 Rn. 15; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 50; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 51. 97 Vgl. Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 87. 98 BT-Drucks. 13/6701, S. 29; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 50; vgl. zum Überblick über die verschiedenen Ansichten Schlabach/Landel/Notter, ZUR 2003, 73, 76. 99 Vgl. Schäfer, NuR 2004, 223, 224.

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Verordnungsermächtigung nach § 8 BBodSchG. § 8 Abs. 1 BBodSchG ermächtigt dabei, bestimmte Werte festzulegen, um zu bestimmen, ob der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung, eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt. Zu unterscheiden sind Prüf- und Maßnahmewerte, die für jeden Stoff und Wirkungspfad gesondert gelten101. Prüfwerte sind solche Werte, bei deren Überschreiten unter Berücksichtigung der Bodennutzung eine einzelfallbezogene Prüfung durchzuführen und festzustellen ist, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt (§ 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BBodSchG). Prüfwerte sind nicht als Grenzwerte zu verstehen, sondern lediglich Beurteilungshilfen102. Maßnahmewerte sind Werte für Einwirkungen oder Belastungen, bei deren Überschreiten unter Berücksichtigung der jeweiligen Bodennutzung in der Regel von einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast auszugehen ist und Maßnahmen erforderlich sind (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG). Maßnahmewerte sind als sog. Richtwerte103 zu verstehen, die im Einzelfall eine Ausnahme zulassen (Annäherung an Grenzwert)104. Die „indizielle“ Wirkung ist im Vergleich zum Prüfwert erheblich gesteigert105. Anhang 2 der BBodSchV enthält Prüf- und Maßnahmewerte für Schadstoffe bei bestimmten Flächenarten. Liegen der Gehalt oder die Konzentration eines Schadstoffs unterhalb des jeweiligen Prüfwerts, ist der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung ausgeräumt106, vgl. § 4 Abs. 2 S. 1 BBodSchV. Beim Überschreiten des Prüfwerts sind wegen eines Gefahrenverdachts107 weitere Untersuchungen i. S. d. § 9 BBodSchG vorzunehmen. Ist hingegen der Maßnahmewert überschritten, ist in der Regel von einer schädlichen Bodenveränderung bzw. von der Überschreitung der Gefahrenschwelle auszugehen108, was ggf. den Sanierungsbedarf auslöst. Im Einzelfall kann aber auch hier die Annahme einer schädlichen Bodenveränderung abzulehnen sein, da die Beeinträchtigung der Bodenfunktionen von der Eigenart des jeweiligen Grundstücks und der Umgebung abhängt109. Ein „Beurteilungsautomatismus“ darf nicht entstehen110. Die Gegebenheiten des Einzelfalls sind zu beurteilen, vgl. § 4 Abs. 1, 100 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 12.7.1999 (BGBl. I S. 1554), zuletzt geändert durch Art. 16 des Gesetzes vom 31.7.2009 (BGBl. I S. 2585). 101 Kobes, NVwZ 2000, 261, 264. 102 Dombert, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 8 BBodSchG Rn. 10 f. 103 BT-Drucks. 13/6701, S. 38. 104 Dombert, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 8 BBodSchG Rn. 13; Rid/Petersen, NVwZ 1994, 844, 849. 105 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 140. 106 Dombert, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 8 BBodSchG Rn. 11. 107 Sander, NJW 2000, 2542, 2543. 108 Dombert, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 8 BBodSchG Rn. 13; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 51. 109 Rid/Petersen, NVwZ 1994, 844, 849. 110 Dombert, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 8 BBodSchG Rn. 12; Kobes, NVwZ 2000, 261, 264.

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Abs. 4 BBodSchV. Es ist zu beachten, dass die Überschreitung des Maßnahmewerts die Darlegungslast auf den möglichen Störer verlagert. Er hat Tatsachen beizubringen, die eine Ausnahme zulassen111. Die BBodSchV sieht weit weniger Maßnahmewerte als Prüfwerte vor112, sodass vertreten wird, dass auf „Wertelisten“ 113, die bereits vor Erlass des BBodSchG und der BBodSchV zur Bewertung von Bodenbelastungen bestanden114, zurückzugreifen sei115. Diese Listen, welche keinen rechtsverbindlichen Charakter haben, können nach dieser Ansicht ergänzend als Erkenntnisquelle und Entscheidungshilfe herangezogen werden, soweit die in den Listen enthaltenden Werte nicht in Widerspruch zu Festlegungen des BBodSchG und der BBodSchV stehen116. Gegen ein solches Heranziehen bestehen z. T. erhebliche Bedenken. Nach Kobes bestehe wegen Art. 72 GG eine Sperrwirkung für die Heranziehung solcher Listen, was insbesondere in § 4 Abs. 5 BBodSchV verdeutlicht wird117. Dombert geht davon aus, dass eine abschließende Regelung, die eine vollständige Sperrwirkung auslöst, durch § 4 Abs. 5 BBodSchV nicht entstanden sei118. Im Grunde kommen alle Auffassungen zu diesem Problem zum gleichen Ergebnis. Solange keine Regelung in der BBodSchV besteht und der Gesetzgeber nicht ausdrücklich regelt, dass eine Regelung nicht erfolgen soll, ist ein Rückgriff auf die „Wertelisten“ zulässig119. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass diesen Wertelisten keine rechtliche Bindung zukommt120. Sie sind gerade

111 Dombert, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 8 BBodSchG Rn. 13; wohl auch Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 140. 112 Vgl. näher Kobes, NVwZ 2000, 261, 264. 113 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 138. 114 Dazu gehörten beispielsweise die Hollandliste, die Berliner Liste, die Brandenburger Liste, Orientierungswerte Eikmann/Kloke, Bremer Prüfwerte, Hamburger Prüfwerte, Empelder Liste (Niedersachsen), Orientierungswerte Boden/Altlasten (Hessen), Hinweise Bodenbelastung (Bayern) u. a.; vgl. m.w. N. z. B. Dombert, in: Landmann/ Rohmer, Bd. IV, § 8 BBodSchG Rn. 5. 115 OVG Lüneburg, NVwZ 2000, 1194; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 146. 116 OVG Lüneburg, NVwZ 2000, 1194, 1195. 117 Kobes, NVwZ 2000, 261, 265. 118 Dombert, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 8 BBodSchG Rn. 18. 119 Im Grunde so auch Kobes, NVwZ 2000, 261, 265: „Sie scheiden als Beurteilungsgrundlage jedenfalls insoweit aus, als die darin enthaltenen Werte entweder von den Prüf- oder Maßnahmenwerten der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung abweichen oder nicht anhand der in § 4 Abs. 5 BBodSchV genannten Methoden und Maßstäben ermittelt wurden.“; Sander, NJW 2000, 2542, 2543, 2545, geht davon aus, dass die BBodSchV zumindest die Methoden der Beprobung und Bewertung erschöpfend und damit einheitlich regele. Behörden dürfen die Listen nur dann weiter verwenden, wenn die in den Listen enthaltenden Werte den Methoden und Maßstäben der BBodSchV genügen; vgl. auch Bickel, BBodSchG, § 8 Rn. 7 f. 120 Sander, NJW 2000, 2542 f.

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keine Rechtsquellen, sondern lediglich Entscheidungshilfen mit indizieller Wirkung. Die Anordnung einer Maßnahme allein kann sich nicht auf solche Listen stützen. Im Einzelfall ist folglich zu prüfen, ob von den lagernden Abfällen Stoffe ausgehen, die die dargestellten Werte überschreiten. Die Lagerung von Abfall kann neben dem Eintrag von Schadstoffen auch eine Versiegelung des Bodens hervorrufen (Flächenversiegelung). Unter Flächenversiegelung ist der Flächenverbrauch durch das Errichten von Bauwerken und Verkehrswegen zu verstehen, wodurch „lebende Bodendecke“ verloren geht; eine Versiegelung hat erhebliche Auswirkungen auf den Abfluss und das Versickern von Regenwasser; besondere Entwässerungsmaßnahmen sind erforderlich; Auswirkungen auf den Grundwasserstand sind nicht auszuschließen121. Insbesondere bei Flächenversiegelungen stellt sich jedoch die Frage, unter welchen Umständen tatsächlich eine schädliche Bodenveränderung angenommen werden kann, wenn die Versiegelung rechtskonform – d. h. im Rahmen eines genehmigten Vorhabens – entstanden ist. Dieser Konflikt wird überwiegend über § 3 Abs. 1 BBodSchG gelöst, der den Anwendungsvorrang anderer Rechtsquellen vorgibt. Danach sind rechtmäßig errichtete und betriebene Anlagen nach dem BImSchG oder auch KrW-/AbfG grundsätzlich nicht als schädliche Bodenveränderung anzusehen, die eine Pflicht nach den §§ 4 ff. BBodSchG auslösen kann122. Die Anlage selbst ist mithin keine Flächenversiegelung, die eine schädliche Bodenveränderung darstellt. Ob Abfall, welcher auf einer Abfallentsorgungsanlage lagert, eine schädliche Bodenveränderung hervorrufen kann, ist damit immer eine Frage des Einzelfalls. cc) Die Sanierungspflicht nach § 4 Abs. 3 BBodSchG Für den Fall der Insolvenz des Anlagenbetreibers ist jedoch eher § 4 Abs. 3 BBodSchG relevant, da der Altlastenbegriff ausdrücklich stillgelegte Abfallentsorgungsanlagen umfasst. Der Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist nach § 4 Abs. 3 BBodSchG verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen, vgl. § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG. Diese sog. Sanierungspflicht hat „reparierenden Charakter“, da im Gegensatz zur Abwehrpflicht bereits eine Gefahr bzw. ein Schaden eingetreten ist123.

121 122 123

Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 7 f. Vgl. Schäfer, NuR 2004, 223, 225. Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 100, 102.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

(1) Sind Abfallentsorgungsanlagen eine Altlast? In diesem Rahmen ist der Begriff der Altlast zu klären. Altlasten sind nach § 3 Abs. 5 BBodSchG stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen) (Nr. 1), und Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stilllegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf (Altstandorte) (Nr. 2), durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden. (a) Der Begriff der Altablagerungen gem. § 3 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG Die Variante der Altablagerung betrifft vorrangig Abfallbeseitigungsanlagen. Abfallbeseitigungsanlagen sind solche Anlagen, in denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert werden. Die Ablagerung von Abfällen stellt eine Deponie i. S. v. § 3 Abs. 10 KrW-/AbfG dar. Dem Wortlaut nach beschränkt sich diese Vorschrift auf Abfallbeseitigungsanlagen. Stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen fallen demnach unter den Altlastenbegriff. Das Problem der Insolvenz betrifft aber auch andere Entsorgungsanlagen, die der Abfallverwertung dienen. Zu fragen ist folglich, ob Abfallverwertungsanlagen124 ebenfalls unter den Begriff der Altablagerung fallen, da das Gesetz allein Abfallbeseitigungsanlagen benennt. Aus den Gesetzgebungsunterlagen ist nicht ersichtlich, ob der Gesetzgeber damit ausdrücklich nur Anlagen zur Abfallbeseitigung regeln wollte. Jedoch ist aus der Gesamtschau mit dem KrW-/AbfG, welches ausdrücklich zwischen der Abfallverwertung und -beseitigung unterscheidet, herauszulesen, dass der Gesetzgeber diese Unterscheidung kennt, vgl. §§ 3 Abs. 7, 4, 27, 31 KrW-/AbfG. Damit wollte der Gesetzgeber bewusst ausschließlich Abfallbeseitigungsanlagen regeln. Auch ein Blick auf § 4 Abs. 1 S. 2 BImSchG stützt diese Auslegung. Hier spricht der Gesetzgeber von Abfallentsorgungsanlagen. Er möchte in dieser Norm alle Entsorgungsanlagen (mit Ausnahme von Deponien, vgl. § 31 Abs. 2 KrW-/AbfG) regeln. Bei der Hervorhebung von Abfallbeseitigungsanlagen ist somit von einer bewussten Regelung des Gesetzgebers auszugehen. Zu denken wäre hier zunächst daran, dass neben den benannten Abfallbeseitigungsanlagen auch der Begriff der sonstigen Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Variante 2), Abfallverwertungsanlagen umfassen könnte. Im Rahmen einer Abfallverwertung werden Abfälle behandelt und ggf. auch gelagert. Schäling vertritt allerdings die Ansicht, dass die zweite Variante der Altablagerungen nicht den 124

Zur Abgrenzung Abfallbeseitigung und Abfallverwertung vgl. Kap. 1, B.IV.

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Begriff der Abfallentsorgung allgemein einführt, sondern lediglich einen Auffangtatbestand für solche Abfalllagerungen darstellt, die nicht innerhalb eines genehmigten Rahmens entstanden sind125. § 2 Abs. 5 Nr. 1 Var. 1 BBodSchG soll gerade nur solche Anlagen erfassen, die mit Zulassung und in deren Rahmen betrieben worden sind126. Die dadurch entstehende Gesetzeslücke für „wilde“ Abfallbeseitigungsanlagen soll § 2 Abs. 5 Nr. 1 Var. 2 BBodSchG schließen. Andere nehmen ohne großen Begründungsaufwand unproblematisch an, dass ebenfalls Abfallverwertungsanlagen unter den Begriff der Altablagerung fallen127. Der letzten Ansicht ist zuzustimmen. Die Einbeziehung sonstiger Grundstücke, auf denen Abfall behandelt, gelagert oder abgelagert wird, muss auch die Abfallverwertung umfassen. Zweck einer solchen Anlage ist zwar nicht primär, Abfall zu lagern oder abzulagern. Die Verwertung von Abfall stellt aber in jedem Fall eine Abfallbehandlung dar. Diese Annahme stützt auch der Wortlaut des § 27 Abs. 1 KrW-/AbfG128, der den Anlagenzwang für die Abfallbeseitigung regelt. Danach dürfen Abfälle zum Zwecke der Beseitigung nur in den dafür zugelassenen Anlagen oder Einrichtungen (Abfallbeseitigungsanlagen) behandelt, gelagert oder abgelagert werden. Dem Wortlaut der Norm ist zu entnehmen, dass eine Behandlung oder Lagerung von Abfall, soweit sie lediglich eine Beseitigung darstellt, auf einer Beseitigungsanlage stattzufinden hat. Ist der Zweck der Anlage nicht die Abfallbeseitigung, kann eine Behandlung, Lagerung oder Ablagerung auch außerhalb einer Beseitigungsanlage erfolgen. Daraus ist zu schließen, dass die aufgeführten Verfahrensweisen nicht notwendigerweise mit der Abfallbeseitigung verbunden sind. Ausschlaggebend sind der Anlagenzweck und die Art der Behandlung, um die Abfallbeseitigung von der Abfallverwertung abzugrenzen. Die genannten Verfahrensweisen sind bei beiden Entsorgungsmöglichkeiten möglich bzw. notwendig. Zudem schließt eine Abfallverwertung nicht aus, dass unbehandelte Abfälle bei Eintritt der Insolvenz wie bei einer Beseitigung auf der Anlage verbleiben. Abfallverwertungsanlagen können daher auch Altablagerungen und damit eine Altlast nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG darstellen. (b) Der Begriff des Altstandorts Gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 2 BBodSchG können auch Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, eine Altlast sein. Insbesondere bei Abfallentsorgungs125

Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 56. Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 55. 127 Andres, Die Haftung des Grundstückseigentümers, S. 31 (spricht von sonstigen Abfallentsorgungsanlagen); Nies, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 2 BBodSchG Rn. 33 (spricht nur von Abfallentsorgungsanlagen); Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 60. 128 Entspricht § 28 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 126

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

anlagen ist auf den Anlagenbegriff des § 3 Abs. 5 BImSchG zurückzugreifen129. Eine Abfallentsorgungsanlage stellt in der Regel eine solche Anlage dar. Selbst wenn das Vorliegen einer Anlage abzulehnen wäre, ist davon auszugehen, dass der Umgang mit Abfällen eine umweltgefährdende Handlung darstellt. Den Begriff der Umweltgefährdung definiert das BBodSchG nicht. Vielfach wird auf das ChemG zurückgegriffen130. Nach § 3a Abs. 2 ChemG sind solche Stoffe oder Zubereitungen umweltgefährlich, die selbst oder deren Umwandlungsprodukte geeignet sind, die Beschaffenheit des Naturhaushalts, von Wasser, Boden oder Luft, Klima, Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen derart zu verändern, dass dadurch sofort oder später Gefahren für die Umwelt herbeigeführt werden können. Das ist bei Abfällen nicht auszuschließen. Wichtig ist insbesondere, im Rahmen der Variante des Altstandorts auf das Grundstück abzustellen. Nur konkrete Flächen erfüllen diese Voraussetzung; Erfassungen in Katastern und Grundbüchern sind irrelevant131. Nur kleinflächige, d. h. räumlich eng begrenzte Flächen sollen vom Altlastenbegriff umfasst sein; großflächige Belastungen, die aus einem diffusen bzw. weiträumigen Eintrag von Luftverunreinigungen o. Ä. hervorgehen, fallen nicht unter den Altlastenbegriff132. Abfallentsorgungsanlagen i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 2 BImSchG können im Ergebnis auch Altstandorte i. S. d. § 2 Abs. 5 Nr. 2 BBodSchG sein. (c) Ergebnis zur Altlast Abfallentsorgungsanlagen können grundsätzlich Altlasten i. S. d. § 2 Abs. 5 BBodSchG darstellen. Es kommt nicht darauf an, ob diese Anlagen mit einer Zulassung und zulassungskonform betrieben wurden. Illegale Anlagen werden mithin auch umfasst. (2) Die Notwendigkeit einer schädlichen Bodenveränderung oder von Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit Eine Altlast i. S. d. § 2 Abs. 5 BBodSchG liegt jedoch erst dann vor, wenn von den oben benannten Anlagen bzw. Grundstücken schädliche Bodenveränderun129 Andres, Die Haftung des Grundstückseigentümers, S. 31; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 57; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 67; a. A.: Bickel, BBodSchG, § 2 Rn. 30. Der Grundstücks- und Anlagenbegriff ist in der Literatur bisher nicht einheitlich geklärt; eine nähere Darstellung ist hier jedoch nicht notwendig, da Abfallentsorgungsanlagen unproblematisch unter den Altlastenbegriff fallen. 130 Bickel, BBodSchG, § 2 Rn. 31; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 58; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 68. 131 BT-Drucks. 13/6701, S. 30; Bickel, BBodSchG, § 2 Rn. 28; a. A.: Sondermann/ Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 65. 132 BT-Drucks. 13/6701, S. 30.

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gen oder weitere Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit ausgehen. Es ist also auch hier zunächst erforderlich, auf die Definition der schädlichen Bodenveränderungen zu rekurrieren. Der Altlastenbegriff ist weiter als der Begriff der bloßen schädlichen Bodenveränderung. Auch sonstige Gefahren, besonders die von Abfalllagerungen ausgehenden, werden davon erfasst, ohne dass die Gefahr vom kontaminierten Boden ausgehen muss133. Geht also von einer stillgelegten Abfallentsorgungsanlage eine Gefahr für den Einzelnen oder die Allgemeinheit aus, liegt eine Altlast i. S. d. § 3 Abs. 5 BBodSchG vor. Den Inhaber der tatsächlichen Gewalt trifft dann die Pflicht der Altlastensanierung. Bei nicht ordnungsgemäß entsorgten Abfällen ist eine solche Gefahr anzunehmen. (3) Das Problem der Stilllegung im Rahmen des § 2 Abs. 5 BBodSchG Eine Altlast i. S. d. § 2 Abs. 5 BBodSchG ist erst dann anzunehmen, wenn die Anlage stillgelegt („alt“ 134) worden ist. Im Gegensatz zur schädlichen Bodenveränderung können laufende Betriebe oder sonstige fortwährende Handlungen nie eine Altlast darstellen135. Falls eine Stilllegung im rechtlichen Sinne fehlt, darf die zuständige Behörde eine Sanierung nach § 4 Abs. 3 BBodSchG nicht anordnen. Wann eine Stilllegung in diesem Sinne vorliegt, regelt das BBodSchG nicht. Eine Betriebseinstellung liegt regelmäßig dann vor, wenn der Betrieb endgültig und vollständig eingestellt worden ist136. Es wird vertreten, die Stilllegung einzelfallbezogen festzustellen; sie ist dann anzunehmen, wenn die Anlage in anderer Art und Weise oder erst nach nicht unerheblicher Zeit weiterbetrieben wird137. Bei genehmigungsbedürftigen Abfallentsorgungsanlagen ist auf die Stilllegungsvorschriften des BImSchG abzustellen138, da diese Anlagen grundsätzlich dem Regime des BImSchG unterfallen, vgl. § 4 Abs. 1 S. 2 BImSchG, Nr. 8 der Anlage zur 4. BImSchV. Das BImSchG verwendet den Begriff der Betriebseinstellung mehrfach, so in den §§ 5 Abs. 3, 17 Abs. 4a S. 2 und § 15 Abs. 3 BImSchG. Eine Betriebseinstellung liegt in diesem Sinne dann vor, wenn der gesamte Betriebsablauf, d. h. jegliche Betriebshandlungen entsprechend dem An133

BT-Drucks. 13/6701, S. 30; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 54. Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 53. 135 BT-Drucks. 13/6701, S. 30; Nies, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, § 2 BBodSchG Rn. 32; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 58; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 61; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 90. 136 Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 61. 137 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 90. 138 So auch Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 53. 134

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

lagenzweck, vollständig eingestellt wurde139. Die Annahme, dass eine beabsichtigte140 Betriebseinstellung bereits zur Stilllegung führt, ist nicht zutreffend. Grundsätzlich gilt die Anzeige der Betriebseinstellung nach § 15 Abs. 3 BImSchG als Zeitpunkt der Betriebseinstellung141. Wenn die Behörde jedoch vor der Anzeige auf andere Weise sichere Kenntnis von der Stilllegung der Anlage erhält, ist bereits zu diesem Zeitpunkt von einer Betriebseinstellung auszugehen142. Fraglich ist jedoch bei genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BImSchG, wie mit § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG umzugehen ist. Danach erlischt eine Genehmigung nach den §§ 4 Abs. 1, 6 BImSchG erst, wenn eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden ist. Eine Betriebseinstellung führt demnach nicht sofort zum Erlöschen der Anlagengenehmigung. Der Anlagenbetrieb muss zunächst drei Jahre lang ununterbrochen und tatsächlich eingestellt gewesen sein143. Die Wiederaufnahme des Anlagenbetriebs unterbricht nicht die Frist, sondern lässt sie wieder von Neuem laufen144. Nimmt also der bisherige oder ein neuer Betreiber den Anlagenbetrieb innerhalb der drei Jahre wieder auf, bedarf er keiner neuen Genehmigung. Er kann von der alten, noch nicht erloschenen Genehmigung Gebrauch machen. Er tritt in die noch bestehende Genehmigung ein. Da die Betriebseinstellung i. S. d. § 2 Abs. 5 BBodSchG endgültig sein muss145, um eine Altlast begründen zu können, müssen die Vorschriften des BImSchG dementsprechend Anwendung finden. Eine Betriebseinstellung i. S. d. §§ 5 Abs. 3, 17 Abs. 4a S. 2 und § 15 Abs. 3 BImSchG genügt nicht für eine Stilllegung i. S. d. § 2 Abs. 5 BBodSchG, da wegen der Regelung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG eine Wieder-Inbetriebnahme der Anlage, ohne ein neues Genehmigungsverfahren durchführen zu müssen, in Betracht kommt. In konsequenter Anwendung des § 18 BImSchG ist die Stilllegung einer genehmigungspflichtigen Anlage i. S. d. § 2 Abs. 5 BBodSchG erst nach drei Jahren anzunehmen146. Eine Stilllegung liegt somit erst nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG und einer tatsächlichen Betriebseinstellung in diesem Zeitraum vor147. Eine Alt139 BVerwG, NVwZ 2005, 1424, 1425; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 116, § 18 BImSchG Rn. 26; Scheuing/Wirths, in: GK-BImSchG, Bd. II, § 18 Rn. 59 f. 140 Unklar hier Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 53. 141 Vgl. oben Kap. 3 Fn. 404. 142 Vgl. oben Kap. 3 Fn. 405. 143 Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 18 BImSchG Rn. 26; Jarass, BImSchG, § 18 Rn. 5. 144 Jarass, BImSchG, § 18 Rn. 5; Scheuing/Wirths, in: GK-BImschG, Bd. II, § 18 Rn. 66. 145 Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 61. 146 Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 61. 147 Zu beachten ist im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, dass anders als bei § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG die Frist nicht erst mit der Anzeige der Betriebseinstellung

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lastensanierung bei einer genehmigungspflichtigen Abfallentsorgungsanlage kann mithin erst nach Ablauf der Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG angeordnet werden. Die Behörde darf bis zum Ablauf dieser Frist unter Heranziehung des BBodSchG nur eingreifen, wenn tatsächlich eine schädliche Bodenveränderung i. S. d. § 2 Abs. 3 BBodSchG vorliegt. Sonstige Gefahren i. S. d. § 2 Abs. 5 BBodSchG genügen in diesem Zeitraum nicht für eine Verfügung nach den §§ 4 Abs. 3, 10 BBodSchG. Die Handlungsmöglichkeiten sind dadurch erheblich eingeschränkt, da Sanierungsmaßnahmen im Vergleich zur Gefahrenabwehr nach § 4 Abs. 2 BBodSchG effektiver sind. dd) Der Inhalt einer Anordnung nach § 4 Abs. 2, Abs. 3 BBodSchG Altlasten sind zu sanieren. Was Sanierung i. S. d. Bodenschutzrechts ist, regeln die §§ 2 Abs. 7, 4 Abs. 3 S. 2 BBodSchG. Sanierung in diesem Sinne sind Maßnahmen: – zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe (Dekontaminationsmaßnahmen), – die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern oder vermindern, ohne die Schadstoffe zu beseitigen (Sicherungsmaßnahmen), – zur Beseitigung oder Verminderung schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens. Bei Belastungen durch Schadstoffe kommen neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Besonderheiten zum Verfahren der Sanierung regelt der dritte Teil des BBodSchG (§§ 11–16). Am Beginn steht zunächst die sog. Sanierungsuntersuchung; dieser schließt sich die Sanierungsplanung an; am Ende steht die eigentliche Sanierung, deren Ziel, Inhalt und Umfang sich insbesondere aus § 4 Abs. 3 und 4 BBodSchG ergeben148.

beginnen soll, sondern bereits mit der tatsächlichen Betriebseinstellung (BVerwG, NVwZ 2005, 1424; Jarass, BImSchG, § 18 Rn. 4; Scheidler, NVwZ 2006, 1135, 1137; Scheuing/Wirths, in: GK-BImSchG, Bd. II, § 18 Rn. 64). Die Vorschrift des § 15 Abs. 3 BImSchG dient lediglich dazu, den Behörden den Vollzug der Betreiberpflichten zu erleichtern, sodass sie so früh wie möglich die Möglichkeit von Anordnungen zur Durchsetzung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG prüfen können (Jarass, BImSchG, § 15 Rn. 39; Führ, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 15 Rn. 280). § 18 Abs. 1 BImSchG verfolgt einen anderen Zweck, der den des § 15 Abs. 3 BImSchG überlagert. Der Schutzzweck von § 18 Abs. 1 BImSchG ist es, die Allgemeinheit und die Nachbarschaft vor Emissionen zu bewahren, die den gewandelten Verhältnissen nicht mehr entsprechen (BVerwG, NVwZ 2005, 1424). 148 Vgl. näher zur Sanierung: Kobes, NVwZ 2000, 261, 265 ff.; Sparwasser/Engel/ Voßkuhle, UmweltR, § 9 Rn. 159 ff.

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Handelt es sich nicht um eine Altlast, können solche Maßnahmen nicht angeordnet werden. Es ist auf das Instrumentarium nach den §§ 2 Abs. 8, 4 Abs. 2 BBodSchG zurückzugreifen. § 2 Abs. 8 BBodSchG regelt die sog. Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen. Das sind sonstige Maßnahmen, die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit verhindern oder vermindern, speziell Nutzungsbeschränkungen. Diese sind Inhalt einer Anordnung nach § 4 Abs. 2 BBodSchG. ee) Ergebnis zur Haftung des Insolvenzverwalters nach BBodSchG Mit Insolvenzbeschlag erhält der Insolvenzverwalter die tatsächliche Sachherrschaft über das Anlagengrundstück. Insolvenzbedingt stillgelegte Abfallentsorgungsanlagen können eine schädliche Bodenveränderung und/oder eine Altlast sein. Eine Abfallentsorgungsanlage, deren Betrieb (insolvenzbedingt) eingestellt wurde, ist erst dann eine Altlast, wenn die Stilllegungsfrist nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG beachtet wurde. Bis zum Ablauf dieser Frist kommt lediglich die Abwehr schädlicher Bodenveränderungen nach § 4 Abs. 2 BBodSchG in Betracht. c) Die Haftung nach § 21 KrW-/AbfG Der Insolvenzverwalter haftet für die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen nach den §§ 5 Abs. 2, 11, 21 KrW-/AbfG, wenn er Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer ist. Gemäß § 3 Abs. 5 KrW-/AbfG ist Erzeuger von Abfällen jede natürliche oder juristische Person, durch deren Tätigkeit Abfälle angefallen sind, oder jede Person, die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vorgenommen hat, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken. Gerade bei den hier im Mittelpunkt stehenden insolvenzbedingt stillgelegten Abfallentsorgungsanlagen wird der Insolvenzverwalter nicht Abfallerzeuger sein. Der Insolvenzverwalter kommt am ehesten als Abfallbesitzer in Betracht. aa) Der Begriff des Abfallbesitzes Um zu klären, ob jemand Abfallbesitzer ist, muss der Begriff des Abfallbesitzes analysiert werden. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG149 enthält eine Definition des Abfallbesitzers. Besitzer von Abfällen i. S. d. KrW-/AbfG ist demnach jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat.

149

Entspricht § 3 Abs. 9 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12).

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(1) Die tatsächliche Sachherrschaft nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG Die Wendung der „tatsächlichen Sachherrschaft“ unabhängig von den Eigentumsverhältnissen stellt auf den öffentlich-rechtlichen Besitzbegriff ab. Der öffentlich-rechtliche Besitz ist ebenfalls aus dem allgemeinen Ordnungs- und Polizeirecht bekannt. Die meisten landesrechtlichen allgemeinen Polizeigesetze150 begründen auch für solche Personen eine Zustandsverantwortlichkeit, die die „tatsächliche Gewalt“ über eine Sache haben, ohne Eigentümer der Sache zu sein. Gründe für die Annahme der Zustandsstörereigenschaft eines Besitzers sind zum einen insbesondere die Nähe zur Sache und die damit einhergehende Effektivität der Gefahrenabwehr, zum anderen die Vorteile, die der Besitzer aufgrund seiner Besitzposition aus der Sache ziehen kann151. 150 Baden-Württemberg: § 7 Polizeigesetz (PolG) in der Fassung vom 13.1.1992 (GBl. 1992, 1); Bayern: Art. 8 Abs. 1 Polizeiaufgabengesetz (PAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.9.1990 (GVBl. 1990, S. 397), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.7.2008 (GVBl. S. 421); Berlin: § 14 Abs. 1 des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG Bln) vom 14.4.1992 (GVBl. S. 119), in der Fassung vom 11.10.2006 (GVBl. S. 930); Brandenburg: § 6 Abs. 1 des Brandenburgischen Polizeigesetzes (BbgPolG) vom 19.3.1996 (GVBl. I, S.74), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2008 (GVBl. I, S. 355); Bremen: § 6 Abs. 1 des Bremischen Polizeigesetzes (BremPolG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6.12.2001 (Brem.GBl. S. 441), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.2.2009 (Brem.GBl. S. 45); Hamburg: § 9 Abs. 1 S. 3 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG Hmb) vom 14.3.1966 (HmbGVBl. 1966, S. 77), letzte Änderung durch Gesetz vom 26.1.2006 (HmbGVBl. S. 37); Hessen: § 7 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Fassung vom 14.1.2005 (GVBl. I 2005, 14), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.11.2008 (GVBl. I S. 970, 975); MecklenburgVorpommern: § 70 Abs. 1 Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.3.1998 (GVOBl. M-V 1998, S. 335), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.6.2006 (GVOBl. M-V S. 551); Niedersachsen: § 7 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) in der Fassung vom 19.1.2005 (Nds. GVBl. 2005, S. 9). zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.3.2009 (Nds. GVBl. S. 72); Nordrhein-Westfalen: § 18 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz (OBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.1980 (GV. NRW. S. 528), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5.4.2005 (GV. NRW. S. 274); Rheinland-Pfalz: § 5 Abs. 1 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) in der Fassung vom 10.11.1993 (GVBl. 1993, S. 595), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.7.2005 (GVBl. S. 320); Saarland: § 5 Abs. 1 Saarländisches Polizeigesetz (SPolG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.3.2001 (Amtsbl. S. 1074), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.11.2007 (Amtsbl. S. 2393); Sachsen: § 5 Polizeigesetz des Freistaates Sachsen (SächsPolG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.8.1999 (SächsGVBl. S. 466); Sachsen-Anhalt: § 8 Abs. 1 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.9. 2003 (GVBl. LSA 2003, S. 214), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.2.2008 (GVBl. LSA S. 58); Schleswig-Holstein: § 219 Abs. 2 Landesverwaltungsgesetz (LVwG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2.6.1992 (GVOBl. 1992, S. 243, 534), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.3.2009 (GVOBl. S. 93); Thüringen: § 8 Abs. 1 Polizeiaufgabengesetz (PAG) vom 4.6.1992 (GVBl. S. 199), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.6.2002 (GVBl. S. 247). 151 Vgl. hier näher Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 375 ff.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

(a) Der zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Besitz Ursprünglich stammt die Wendung der „tatsächlichen Sachherrschaft“ aus § 854 BGB (unmittelbarer Besitz)152. Trotz wörtlicher Ähnlichkeit oder Parallelität der Wendungen in den verschiedenen Rechtsgrundlagen, besteht Einigkeit darüber, dass der öffentlich-rechtliche Besitz nicht mit dem Besitz i. S. d. § 854 BGB identisch ist153. Der Erwerb des Besitzes nach § 854 BGB setzt neben der Erlangung der tatsächlichen Gewalt außerdem einen Sachherrschaftswillen voraus; besteht kein Besitzbegründungswille, fehlt es auch am Besitz154. Der öffentlich-rechtliche Besitz stellt jedoch nicht auf einen Sachherrschaftswillen ab. Die tatsächliche Sachherrschaft, ohne zu hinterfragen, ob diese auch gewollt ist, genügt155. Ebenso ist es unbeachtlich, ob die tatsächliche Sachherrschaft – also der Besitz – rechtmäßig oder rechtswidrig ist156. Hintergrund dieses doch sehr weiten Besitzbegriffs im öffentlichen Recht ist die Zielsetzung des Polizeirechts. Zweck ist es, Gefahren für die Allgemeinheit abzuwehren. Dieser Zweck überwiegt das Interesse des Besitzers nach einem Besitzbegründungswillen im öffentlichen Recht. Das bürgerliche Besitzschutzrecht verfolgt hingegen vorrangig Funktionen des Besitzschutzes. Zu bestimmen ist daher allein, ob über den Abfall eine tatsächliche Sachherrschaft besteht. (b) Die tatsächliche Sachherrschaft im öffentlich-rechtlichen Sinne § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG definiert nicht, wann eine tatsächliche Sachherrschaft über Abfall besteht. Auch die allgemeinen Polizeigesetze der Länder bestimmen den Begriff der tatsächlichen Sachherrschaft nicht. Es ist daher nicht abschließend geklärt, wie dieser Begriff schlussendlich zu bestimmen ist. Zum Teil wird vertreten, auf die zu § 854 BGB entwickelten Grundsätze zurückzugreifen, ohne den subjektiven Tatbestand (Besitzwille) heranzuziehen157. Der zivilrechtliche Begriff des unmittelbaren Besitzes i. S. d. § 854 BGB wird übernommen158. Tatsächliche Sachherrschaft wird danach landläufig als Macht152 In diesem Zusammenhang sei auch auf den strafrechtlichen Gewahrsamsbegriff zu verweisen. 153 BVerwGE 67, 7, 12; BVerwG, NVwZ 1988, 1021 f.; BVerwG, DVBl. 1989, 522; BVerwG, NJW 1998, 1004, 1005; OVG Weimar, NVwZ-RR 1995, 253, 255; BGH, NVwZ 1985, 447; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 82 m.w. N.; Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 151. 154 BGHZ 101, 186; Palandt/Bassenge, BGB, § 854 Rn. 4. 155 Ständige Rechtsprechung: BVerwGE 67, 7, 12; BVerwG, DVBl. 1989, 522; vgl. BVerwG, NJW 1998, 1004, 1005 m.w. N.; dieser Ansicht widersprechend Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 386. 156 Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 373. 157 Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 362; Schieferdecker, Die Entfernung, S. 183. 158 Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 362; wohl auch OVG Münster, DVBl. 1977, 257; ähnlich Knape/Kiworr, ASOG, § 14 II. A. 1.

A. Kreis möglicher Adressaten einer Sicherungs-/Entsorgungsanordnung

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beziehung zu einer Sache beschrieben; eine tatsächliche Sachherrschaft besteht dann, wenn eine positive Möglichkeit besteht, die Sache zu nutzen und beliebig159 auf sie einzuwirken160. Um tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache ausüben zu können, bedarf es daher einer gewissen räumlichen Beziehung161 auf gewisse Dauer162, die jemanden aus dem Kreis anderer heraushebt163. Über das Vorliegen der gerade genannten Voraussetzungen bestimmt die Verkehrsauffassung164. Bei auf Grundstücken befindlichen beweglichen Sachen165 besteht eine Machtbeziehung, wenn eine Zugangsmöglichkeit zum Grundstück existiert166. Erst bei Vorliegen einer solchen Machtbeziehung kann tatsächliche Sachherrschaft bestehen. Eine andere Ansicht vertritt die Auffassung, dass auf die §§ 854 ff. BGB nicht zurückzugreifen ist167. Wegen der unterschiedlichen Zweckrichtung des öffentlichen Gefahrenabwehrrechts und des bürgerlichen Besitzschutzrechts können die Begriffe nicht identisch sein168. Sie sind unterschiedlich zu definieren. Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist danach „derjenige, der Kraft eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses eine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache besitzt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die tatsächliche Gewalt auf einem Rechtsverhältnis beruht und auf welchem, insbesondere ob ihr Inhaber Eigentümer ist oder den Gewahrsam mit oder gegen den Willen des Eigentümers ausübt. Entscheidend ist die tatsächliche Sachherrschaft ohne Rücksicht auf ihre Berechtigung und Rechtsgrundlage“ 169. Hintergrund dieser Auffassung ist das in den §§ 854 ff. BGB begründete System des Besitzes. § 854 BGB setzt Besitz mit der tatsächlichen Sachherrschaft gleich. Wer nicht Besitzer i. S. d. §§ 854 ff. BGB ist, kann auch nicht tatsächliche Sachherrschaft haben, wie z. B. der Besitz159

Schieferdecker, Die Entfernung, S. 183. Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 83; Bund, in: Staudinger, BGB, Buch 3, § 854 Rn. 4; Joost, in: MüKoBGB, Bd. VI, § 854 Rn. 5; Lepsius, Besitz, S. 110. 161 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 7 Rn. 6; Bund, in: Staudinger, BGB, Buch 3, § 854 Rn. 9; Joost, in: MüKoBGB, Bd. VI, § 854 Rn. 5. 162 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 7 Rn. 7; Bund, in: Staudinger, BGB, Buch 3, § 854 Rn. 10 m.w. N. 163 Bund, in: Staudinger, BGB, Buch 3, § 854 Rn. 5. 164 Bund, in: Staudinger, BGB, Buch 3, § 854 Rn. 11. 165 Der Abfallbegriff setzt, wie oben dargelegt, die Beweglichkeit voraus. Abfallbesitz kann daher nur an den auf dem Grundstück lagernden beweglichen Sachen entstehen. 166 Bund, in: Staudinger, BGB, Buch 3, § 854 Rn. 9. 167 Joost, in: MüKoBGB, Bd. VI, § 854 Rn. 8; vgl. auch Lepsius, Besitz, S. 312 m.w. N. 168 Lepsius, Besitz, S. 306 f.; Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2. Rn. 151; diesem konstruierten Gegensatz von öffentlichen Gefahrenabwehrrecht und privatrechtlichen Besitzrecht widersprechend Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 383 f. 169 Vgl. Nachweise bei Lepsius, Besitz, S. 307 Fn. 79. 160

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

diener. Umgekehrt wird Besitz und damit auch tatsächliche Sachherrschaft z. T. fingiert, vgl. Erbenbesitz nach § 857 BGB. Dieses System könne wegen des Zwecks der Gefahrenabwehr nicht für das öffentliche Recht gelten170. Die letztgenannte Ansicht ist wegen ihres Hintergrunds nachvollziehbar. Jedoch wendet sie, ohne es tatsächlich auszusprechen, zumindest die zur Definition der tatsächlichen Sachherrschaft begründeten Linien an171. § 3 Abs. 6 KrW-/ AbfG verwendet gerade den Begriff der tatsächlichen Sachherrschaft. Als Auslegungshilfe sollten zumindest die Grundsätze zu § 854 BGB Anwendung finden172. Inhaltlich bestehen bei der Definition der tatsächlichen Sachherrschaft zunächst keine Unterschiede. Sowohl § 854 BGB als auch § 3 Abs. 6 KrW-/ AbfG stellen auf die tatsächliche herausgehobene Möglichkeit, auf eine Sache einzuwirken, ab. Um Abfallbesitz nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG annehmen zu können, genügt nicht jede Möglichkeit auf eine Sache einzuwirken. Es ist ein Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft notwendig. Nicht jeglicher Zugang zu einer Sache kann Abfallbesitz begründen. Ein solches Mindestmaß ist erst dann anzunehmen, wenn eine Person eine Herrschaftsbeziehung zur Sache hat, die sie aus dem Kreis anderer heraushebt173. Die tatsächliche Sachherrschaft ist daher in solchen Fällen abzulehnen, in denen die Allgemeinheit ebenso Zugang („frei zugänglich“) zur Sache hat wie der rechtlich Berechtigte174. Die Rechtsprechung hebt hier insbesondere Fälle naturschutz- oder waldrechtlicher Betretungsrechte hervor175. Soweit es an der (freien) Zugänglichkeit zu einem Grundstück durch Dritte fehlt, impliziert der unmittelbare Besitz an einem Grundstück grundsätzlich den Abfallbesitz an dort lagernden Abfällen176. Mit dem unmittelbaren Besitz am Grundstück geht auch der unmittelbare Besitz an den sich auf dem Grundstück befindlichen beweglichen Sachen wie auch Abfall einher177. 170

Lepsius, Besitz, S. 314. Diesen Schluss zur Ansicht, die die Anwendung der §§ 854 BGB ablehnt, zieht auch Lepsius, Besitz, S. 308: Es steht gerade kein anderer Begriff zur Verfügung, mit dem das tatsächliche Gewaltverhältnis ermittelt werden kann. Auch wenn suggeriert wird, das BGB nicht anzuwenden, „kreisen“ die verschiedenen Ansichten um einen modifizierten Besitzbegriff des BGB; er selbst ist der Ansicht, dass die tatsächliche Gewalt im Polizeirecht etwas anderes betrifft, obwohl im Polizeirecht und im Zivilrecht derselbe Begriff Verwendung findet (vgl. S. 312); begriffliche Überschneidungen sollen danach zufälliger Art sein. 172 Im Ergebnis so auch das OVG Münster, DVBl. 1977, 257; auch Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 362. 173 Vgl. BVerwG, NJW 1998, 1004, 1005. 174 BVerwGE 67, 7, 12. 175 BVerwGE 67, 7, 12; BVerwG, DVBl. 1989, 522, 523; vgl. m.w. N. Beckmann/ Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 85. 176 Ständige Rechtsprechung: BVerwG, NJW 1998, 1004, 1005; BVerwG, NVwZ 1984, 40; BVerwG, NJW 1989, 1295; OVG Münster, AgrarR 1996, 331 ff. 177 Vgl. hierzu Klett/Enders, BB 1996, 2003, 2004. 171

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Abfallbesitz liegt mithin immer dann vor, wenn die Möglichkeit besteht, unmittelbar in herausgehobener Stellung auf den Abfall einzuwirken. (2) Anwendung auf den Insolvenzverwalter Der Insolvenzverwalter hat gem. § 148 Abs. 1 InsO nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (sog. Istmasse) sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen. Besitz meint hier den unmittelbaren Besitz nach § 854 BGB178. Der Insolvenzverwalter wird somit Besitzer des Anlagengrundstücks179. Mit Inbesitznahme des Grundstücks wird der Insolvenzverwalter auch Besitzer der auf dem Grundstück lagernden Abfälle, da er die tatsächliche Möglichkeit hat, auf die Abfälle zuzugreifen180. Auf einen Besitzwillen kommt es nicht an; das Mindestmaß an Sachherrschaft besteht. Grundstücksbesitz und Abfallbesitz korrelieren in diesen Fällen miteinander. Die Abfälle gehören auch zur Insolvenzmasse i. S. d. §§ 35, 148 Abs. 1 InsO und sind somit in Besitz zu nehmen. Anderes könnte gelten, wenn der nunmehr insolvente Anlagenbetreiber lediglich Mieter oder Pächter des Anlagengrundstücks war. Zwar bestehen solche Dauerschuldverhältnisse zunächst fort, vgl. § 108 Abs. 1 InsO. Fraglich ist jedoch, ob das Recht und die Pflicht zur Inbesitznahme nach § 148 Abs. 1 InsO auch gemietete oder gepachtete Anlagengrundstücke betrifft. Es ist nicht auszuschließen, dass auch massefremde Sachen vom Insolvenzverwalter in Besitz genommen werden. Diese unterliegen aber der Aussonderung, vgl. § 47 InsO. Daher könnte die Pflicht des Insolvenzverwalters bestehen, massefremde Gegenstände – wie nicht im Eigentum des Schuldners stehende Grundstücke – erst gar nicht in Besitz zu nehmen181. Eine solche Annahme könnte erhebliche Auswirkungen auf den Abfallbesitz haben, da er mangels tatsächlicher Sachherrschaft entfiele. Jedoch muss bei bestehenden Dauerschuldverhältnissen wie Miete oder Pacht etwas anderes gelten. Hier hatte der Insolvenzschuldner noch ein Recht zum Besitz an der Sache. In Zusammenschau mit den §§ 108, 109 InsO, die Dauerschuldverhältnisse in der Insolvenz im Bestand nicht in Frage stellen, muss i. S. d. § 148 Abs. 1 InsO ein Recht zum Besitz aus einem Miet- oder Pachtvertrag 178

Füchsl/Weishäupl, in: MüKoInsO, Bd. II, § 148 Rn. 25. Bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten erfolgt die Inbesitznahme darüber hinaus durch Eintragung des Insolvenzvermerks in das Grundbuch, vgl. Dithmar, in: Braun, InsO, § 148 Rn. 2; Füchsl/Weishäupl, in: MüKoInsO, Bd. II, § 148 Rn. 26. 180 So auch BVerwG, NVwZ 1999, 1505. 181 BGHZ 127, 156, 161; Füchsl/Weishäupl, in: MüKoInsO, Bd. II, § 148 Rn. 12; in der Praxis wird dieses regelmäßig nicht durchzuhalten sein, da nicht sofort erkennbar ist, was zum Vermögen des Insolvenzschuldners gehört. In der Regel wird der Insolvenzverwalter mithin die gesamte „Istmasse“ in Besitz nehmen, vgl. Dithmar, in: Braun, InsO, § 148 Rn. 3. 179

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auf den Insolvenzverwalter übergehen. Hatte der Insolvenzschuldner damit aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrags Fremdbesitz an dem Anlagengrundstück, übernimmt der Insolvenzverwalter diesen (unmittelbaren) Fremdbesitz182. Er wird auch bei gemieteten oder gepachteten Grundstücken Besitzer des Grundstücks und der darauf lagernden Abfälle. bb) Ergebnis zur Haftung nach § 21 KrW-/AbfG Mit Insolvenzbeschlag über die Anlage wird der Insolvenzverwalter Besitzer der dort lagernden Abfälle. Als Abfallbesitzer trifft ihn die Pflicht, Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen, § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG. Zur Durchsetzung dieser Pflicht kann die zuständige Überwachungsbehörde eine Anordnung nach § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG treffen. d) Die Haftung nach allgemeinem Ordnungsrecht Das allgemeine Ordnungsrecht kennt auch den Inhaber der tatsächlichen Gewalt als Zustandsstörer. Geht also von einer Sache eine Gefahr aus, kann der Inhaber der tatsächlichen Gewalt als Zustandsstörer zur Gefahrenabwehr herangezogen werden. Das allgemeine Ordnungsrecht ist damit grundsätzlich einschlägig. Im Rahmen der Heranziehung der sog. „Generalklausel“ ist jedoch der Anwendungsvorrang besonderer Gefahrenabwehrrechte zu beachten. Zu prüfen ist mithin, unter welchen Voraussetzungen das allgemeine Ordnungsrecht bei einer stillgelegten Abfallbeseitigungsanlage zur Anwendung kommen kann. Ein Rückgriff auf den Inhaber der tatsächlichen Gewalt als Zustandsstörer nach allgemeinem Ordnungsrecht ist regelmäßig ausgeschlossen. Insbesondere das KrW-/AbfG legt den Kreis der Entsorgungspflichtigen abschließend fest, er kann nicht durch Rückgriff auf landesrechtliche Vorschriften – z. B. auf den allgemeinen Handlungs- oder Zustandsstörer nach dem allgemeinen Ordnungsrecht – erweitert werden183. Es gilt allerdings eine Ausnahme zu diesem Grundsatz, soweit der Anknüpfungspunkt des behördlichen Handelns nicht unmittelbar das Gebot der umweltgerechten Entsorgung von Abfällen ist; wird an eine Gefahr für anderweitig geschützte Rechtsgüter angeknüpft, bleibt es bei der Abwehrmöglichkeit durch anderes Ordnungsrecht184. Entscheidend sind daher die Zielrichtung und 182

Füchsl/Weishäupl, in: MüKoInsO, Bd. II, § 148 Rn. 11. BVerwG, NVwZ 1984, 40; OVG Schleswig, Urteil vom 9.3.1995, Az.: 4 L 90/94 – juris. 184 BVerwG, NVwZ 1992, 480, 481; vgl. OVG Münster, NWVBl. 1995, 177; ebenso OVG Magdeburg, Beschluss vom 8.9.2000, Az.: B 2 S 677/99 – juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 4.9.2006, Az.: 17 L 1495/06 – juris; Beckmann/Kersting, in: Landmann/ Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 87; Koch, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 17 Rn. 67. 183

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der gewählte Inhalt der Anordnung. Soll lediglich die ordnungsgemäße abfallwirtschaftliche Entsorgung gewährleistet werden, ist ausschließlich das KrW-/ AbfG einschlägig. Geht es um die Abwehr sonstiger Gefahren, ist die zuständige Behörde nicht gehindert, sonstiges Ordnungsrecht anzuwenden. e) Konkurrenzen Als mögliche Rechtsgrundlagen für eine Anordnung an den Insolvenzverwalter, den auf einer insolvenzbedingt stillgelegten Anlage lagernden Abfall zu entfernen und zu entsorgen, wurden mithin die §§ 5, 17 Abs. 1 BImSchG, §§ 5, 11, 21 KrW-/AbfG und §§ 4, 10 BBodSchG herausgearbeitet. Es ist nicht auszuschließen, dass der Insolvenzverwalter gleichzeitig Anlagenbetreiber nach dem BImSchG, Verantwortlicher für schädliche Bodenveränderungen und Altlasten nach dem BBodSchG sowie Abfallbesitzer nach dem KrW-/AbfG ist. Diese Rechtsmaterien werden in aller Regel das allgemeine Ordnungsrecht verdrängen. Zu untersuchen bleibt, in welchem Verhältnis die genannten möglichen Ermächtigungsgrundlagen zueinander stehen. aa) Der Anwendungsvorrang des BImSchG In Betracht kommt zunächst ein Anwendungsvorrang des BImSchG. (1) Das Verhältnis des BImSchG zum BBodSchG Das BBodSchG findet auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten nur Anwendung, soweit die in § 3 Abs. 1 Nr. 1–11 BBodSchG genannten Vorschriften Einwirkungen auf den Boden nicht selbst regeln. Insbesondere bei Abfallentsorgungsanlagen könnte mithin der Anwendungsbereich des BBodSchG ausgeschlossen sein. Solche Anlagen unterliegen, abgesehen von Abfalldeponien, in der Regel dem Regime des BImSchG. Ein Ausschluss des Anwendungsbereichs des BBodSchG könnte demnach aus § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG folgen. Enthalten Vorschriften des BImSchG und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung und den Betrieb von Anlagen Regelungen hinsichtlich des Bodens, findet das BBodSchG gem. § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG keine Anwendung. Soweit das BImSchG Vorschriften über die Errichtung und den Betrieb von Anlagen enthält und in diesem Zusammenhang Einwirkungen auf den Boden regelt, ist es als lex specialis185 bzw. vorrangig anzuwendendes Recht anzusehen186. 185

Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 71. Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 18; Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 192; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 80. 186

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

(a) Welche Normen im BImSchG begründen einen Anwendungsvorrang? Das BImSchG ist dahingehend zu prüfen, welche Normen Einwirkungen auf den Boden regeln und damit die Anwendung des BBodSchG ausschließen. Zunächst könnte § 5 Abs. 1 BImSchG Einwirkungen auf den Boden regeln. Nach der Vermeidungspflicht gem. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Gem. § 3 Abs. 3 S. 1 BBodSchG gelten schädliche Bodenveränderungen i. S. d. § 2 Abs. 3 BBodSchG und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, soweit sie durch Immissionen verursacht werden, als schädliche Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1 BImSchG, im Übrigen als sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG. Aus dieser sog. Verzahnungsregelung187 folgt, dass schädliche Bodenveränderungen, die auf Immissionen der Anlage zurückgehen, schädliche Umwelteinwirkungen sind. Andere schädliche Bodenveränderungen, die die Anlage hervorrufen kann oder hervorruft, sind sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG. Diese Norm regelt mithin Einwirkungen auf den Boden188 und bewirkt einen Anwendungsvorrang des BImSchG. Gleiches muss auch für die Vorsorgepflicht nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG gelten, da hier ähnlich wie in § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen zu verhindern sind189, obwohl § 3 Abs. 3 BBodSchG ausschließlich § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BBodSchG erwähnt. Ob schädliche Bodenveränderungen vorliegen, ist nach dem Bodenschutzrecht zu beurteilen190. Die Vollzugsgrundlage zur Abwehr von oder die Vorsorge gegen solche schädlichen Bodenveränderungen regelt das BImSchG über die §§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2, 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Der materielle Inhalt einer Sanierung ist hingegen im Bodenschutzrecht zu finden191. Dieser Anwendungsvorrang des BImSchG ist für das hier zu untersuchende Problem kaum praxisrelevant. 187 BT-Drucks 13/6701, S. 32 f.; Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 206 ff.; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 74. 188 Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 18 f.; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 79. 189 BT-Drucks. 13/6701, S. 33; so auch Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 197; differenzierend hinsichtlich schädlicher Bodenveränderungen, die nicht auf Immissionen zurückgehen: Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 77. 190 BT-Drucks. 13/6701, S. 32. 191 Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 80.

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Besondere Bedeutung bei insolvenzbedingt eingestellten Abfallentsorgungsanlagen kommt der Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG zu (vgl. Kap. 2, E.). Ob § 5 Abs. 3 BImSchG den Anwendungsbereich des BBodSchG verdrängt, ist bisher nicht geklärt. Zunächst regelt § 5 Abs. 3 BImSchG ebenfalls die Verhinderung von schädlichen Umwelteinwirkungen, worunter auch schädliche Bodenveränderungen durch Immissionen i. S. d. § 3 Abs. 3 BBodSchG fallen. Jedoch meinen Bickel192 und Schäfer193, § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG sei nicht mehr einschlägig, da sich § 5 Abs. 3 BImSchG und dessen Vollzugsnorm § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG auf die Phase nach Betriebseinstellung richten. § 3 Abs. 1 Nr. 11 BImSchG beträfe nur die Errichtung und den Betrieb der Anlage. Ausschließlich § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (Genehmigungserteilung), nicht aber § 17 Abs. 4a BImSchG verdränge das BBodSchG. Daraus ergäbe sich, dass die §§ 5 Abs. 3, 17 Abs. 1 BImSchG und das BBodSchG nebeneinander Rechtsgrundlagen für Anordnungen sein können194. Die wohl herrschende Auffassung nimmt entgegen Bickel an, dass der Anwendungsvorrang auch über die §§ 5 Abs. 3, 17 Abs. 4a BImSchG für stillgelegte Anlagen gilt195. Dieser Ansicht ist wegen der besonderen Stellung des § 5 Abs. 3 BImSchG zuzustimmen. Wie bereits hervorgehoben, begründet § 5 Abs. 3 BImSchG nicht allein für den Zeitraum nach Betriebseinstellung Pflichten. § 5 Abs. 3 BImSchG umfasst den gesamten Betrieb von der Errichtung bis zur Stilllegung. Die Wirkung der sog. Nachsorgepflicht beginnt damit schon zum Zeitpunkt der Errichtung196. Bereits während der Errichtung und des Betriebs hat der Anlagenbetreiber – soweit wie möglich – sicherzustellen, dass nach Betriebseinstellung keine Umweltgefahren vom Betriebsgelände ausgehen. Zu einem ordnungsgemäßen Betrieb gehört schlussendlich auch die ordnungsgemäße Einstellung des Betriebs. Außerdem hat der Gesetzgeber in Bezug auf § 17 Abs. 4a BImSchG hervorgehoben, dass das BBodSchG spätestens ein Jahr nach Stilllegung der Anlage Anwendung findet, da das BBodSchG die Abgrenzung zwischen den immissionsschutzrechtlichen Pflichten nach Stilllegung einer Anlage und Bodenschutzrecht regelt197. Einer solchen Hervorhebung bzw. Klarstellung bedürfte es nicht, wenn die §§ 5 Abs. 3, 17 Abs. 4a BImSchG und das BBodSchG gleichrangig nebeneinander anwendbar wären. Auch für § 5 Abs. 3 BImSchG gilt das zu § 5 Abs. 1 BIm192

Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 19. Schäfer, NuR 2001, 429, 432. 194 So auch Erbguth/Stollmann, NuR 2001, 241, 244. 195 Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 4, § 3 BBodSchG Rn. 204; Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 59; Nicklas, LKV 2000, 376, 380; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 80; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 76. 196 BT-Drucks. 11/4909, S. 28; Hansmann, NVwZ 1993, 921, 923; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 115; ähnlich auch Fluck, BB 1991, 1797, Fn. 7; Vallendar, UPR 1991, 91, 92. 197 BT-Drucks. 13/6701, S. 21. 193

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SchG Hervorgehobene: Ob Sanierungsbedarf besteht und wie dieser durchzuführen ist, bestimmt materiell das Bodenschutzrecht198. Bei illegal betriebenen Anlagen nimmt Bickel an, dass § 20 BImSchG den Anwendungsbereich des BBodSchG verdrängt, da § 20 BImSchG ebenfalls zu den Regelungen über den Betrieb zählt199. Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da § 20 BImSchG solche Fälle regelt, in denen gerade eine notwendige Genehmigung nach § 6 BImSchG fehlt. Läge diese Genehmigung vor, wäre über § 5 BImSchG das Bodenschutzrecht als Ermächtigungsgrundlage verdrängt. Bei illegalen BImSchG-Anlagen findet das BBodSchG demnach ebenfalls keine Anwendung. Auch bei nicht genehmigungsbedürftigen BImSchG-Anlagen ist zu prüfen, inwieweit der Anwendungsbereich des BBodSchG verdrängt wird. § 22 BImSchG verdrängt teilweise den Anwendungsbereich des BBodSchG, soweit es um die Vermeidung und Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen geht. Schädliche Bodenveränderungen, die sich auf Immissionen zurückführen lassen, sind schädliche Umwelteinwirkungen, vgl. § 3 Abs. 3 BBodSchG. Sonstige Bodenveränderungen fallen nicht unter § 22 BImSchG, da hier sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft anders als in § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 BImSchG keine Erwähnung finden200. Bei Abfallentsorgungsanlagen ist es wahrscheinlich, dass die schädlichen Bodenveränderungen gerade nicht auf den Eintrag von Immissionen zurückgehen. (b) Wirkungen des Anwendungsvorrangs Zu betrachten ist weiterhin, welche konkreten Folgen der Anwendungsvorrang des BImSchG insbesondere für den in diesem Kapitel im Mittelpunkt stehenden Insolvenzverwalter hat. In Betracht kommen Wirkungen auf den Adressatenkreis und auf die Dauer der Pflichten. Das BImSchG kennt als einzigen Adressaten den (ehemaligen) Anlagenbetreiber. Das BBodSchG hingegen erweitert den Kreis der Verantwortlichen für schädliche Bodenveränderungen und Altlasten erheblich, sodass auch andere Personen, die nicht Anlagenbetreiber sind, nach § 4 BBodSchG haften müssen. Sowohl der Gesetzeswortlaut als auch die Gesetzesbegründung lassen darauf schließen, dass das BImSchG das BBodSchG samt seiner Erweiterung der Verantwortlichen ausschließt („findet dieses Gesetz keine Anwendung mehr“). Verantwortliche nach dem BBodSchG sind daher, soweit das BImSchG über § 3 198

Nicklas, LKV 2000, 376, 380. Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 18. 200 Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 18; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 80. 199

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Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG vorrangig Anwendung findet, nicht zur Bodensanierung heranzuziehen201. Diesen vollständigen Ausschluss, insbesondere der Verantwortlichen nach § 4 Abs. 2 und 3 BBodSchG sieht Nicklas nicht. Sie geht davon aus, dass in Sonderfällen wie der Insolvenz des Anlagenbetreibers durchaus auf § 4 Abs. 3 BBodSchG und damit auch auf die dort genannten Störer zurückgegriffen werden kann. Rechtliche Argumente trägt sie dabei nicht vor. Dass für einen solchen Rückgriff ein tatsächliches Bedürfnis bestehen kann, ist insbesondere in den hier zu betrachtenden Fallkonstellationen nicht von der Hand zu weisen. Jedoch wird die Annahme von Nicklas durch § 3 Abs. 1 BBodSchG nicht getragen. Der Anwendungsvorrang ist nicht auf bestimmte Fallkonstellationen beschränkt oder nimmt bestimmte Störer daraus heraus. Da das Bodenschutzrecht bestimmt, ob eine schädliche Bodenveränderung vorliegt und wie die Sanierung zu erfolgen hat, ist die Einschränkung des Adressatenkreises gerade der bedeutende Unterschied zur Anwendung des BBodSchG. Dieser Anwendungsvorrang kann nicht umgangen werden202. Zu beachten ist jedoch, dass dieser Anwendungsvorrang nur insoweit gilt, wie die schädliche Bodenveränderung oder die Altlast in Zusammenhang mit dem Anlagenbetrieb stehen203. Dieses wird in der Regel bei Abfallentsorgungsanlagen, die eine Altlast im oben aufgezeigten Sinne darstellen, der Fall sein. Ist der Insolvenzverwalter also Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage, findet das BBodSchG keine Anwendung204. Es ist lediglich eine Anordnung nach dem BImSchG möglich. Ist hingegen immer noch der Insolvenzschuldner als (ehemaliger) Anlagenbetreiber anzusehen, besteht der Anwendungsvorrang des BImSchG in der Art, dass der Insolvenzverwalter weder nach dem BImSchG noch nach dem BBodSchG haften muss, wenn eine schädliche Bodenveränderung oder eine Altlast ausgehend von der Anlage vorliegt. Dieser Anwendungsvorrang besteht allerdings nicht zeitlich unbegrenzt. Er gilt nur solange, wie die Pflichten des § 5 Abs. 1 und Abs. 3 BImSchG eingreifen. Das BImSchG ist mithin bei der Errichtung und während des tatsächlichen Betriebs der Anlage anzuwenden. Da auch die §§ 5 Abs. 3, 17 Abs. 4a BImSchG einen Anwendungsvorrang begründen können, ist hier die Frist zur Durchsetzung der Nachsorgepflichten zu beachten. Die Erfüllung der Nachsorgepflichten ist innerhalb eines Jahres nach Betriebseinstellung durchzusetzen; während dieses Zeitraums findet das BBodSchG keine Anwendung. Nach Ablauf der Einjahresfrist endet das immissionsschutzrechtliche Regime für genehmigungsbedürftige Anlagen; das BBodSchG gilt dann uneingeschränkt205. Diese zeitliche Beschrän201

So auch Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 18. So auch Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 18. 203 VG Darmstadt, Beschluss vom 30.3.2004, 3 G 42/04, Rn. 20 – juris. 204 So auch VG Darmstadt, Beschluss vom 30.3.2004, 3 G 42/04, Rn. 20 – juris. 205 BT-Drucks. 13/6701, S. 21; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 79. 202

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kung erscheint zunächst widersprüchlich. Die Einschränkungen sind aber insbesondere wegen des Zwecks der Gefahrenabwehr als richtig zu bewerten. Ein Anwendungsvorrang kann nur solange gelten, wie das Gesetz selbst gilt. Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG treffen den Anlagenbetreiber nach Ablauf der Frist des § 17 Abs. 4a BImSchG nicht mehr. Die Gefahrenabwehr darf dadurch aber nicht vollständig leerlaufen. Ein Zugriff auf andere Gefahrenabwehrrechte muss nach Ablauf der Frist möglich sein, um eine effektive Gefahrenabwehr gewährleisten zu können. Handelt es sich schlussendlich bei der insolvenzbedingt stillgelegten Abfallentsorgungsanlage um eine genehmigungspflichtige BImSchG-Anlage, kann nur der (ehemalige) Anlagenbetreiber während der Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG zu einer bodenbezogenen Maßnahme nach den §§ 5 Abs. 3, 17 Abs. 1 BImSchG herangezogen werden. Dieses beruht auf dem Anwendungsvorrang des BImSchG. Frühestens nach Ablauf der Jahresfirst nach § 17 Abs. 4a BImSchG ist eine Ordnungsverfügung nach den §§ 4, 10 BBodSchG möglich206. (2) Das Verhältnis des BImSchG zum KrW-/AbfG Das Verhältnis des KrW-/AbfG zum BImSchG regelt § 9 KrW-/AbfG. Danach richten sich die Pflichten der Betreiber von genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BImSchG, diese so zu errichten und zu betreiben, dass Abfälle vermieden, verwertet oder beseitigt werden, allein nach den Vorschriften des BImSchG. Anordnungsbefugnisse nach dem KrW-/AbfG scheiden mithin aus, soweit ein Bezug zu Pflichten eines Betreibers einer genehmigungsbedürftigen Anlage nach dem BImSchG besteht. Lediglich die Ermächtigungsgrundlage des § 17 BImSchG kann zur Durchsetzung der Betreiberpflichten nach § 5 BImSchG dienen207. Solange eine behördliche nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG in Betracht kommt, darf die Überwachungsbehörde abfallrechtliche Pflichten nach § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG nicht über § 21 KrW-/AbfG gegenüber dem Anlagenbetreiber geltend machen (Anwendungsvorrang des BImSchG)208. Ist also der 206 Eine Sanierungsanordnung nach § 4 Abs. 3 BBodSchG ist jedoch erst nach Ablauf von weiteren zwei Jahren möglich, da bis zu diesem Zeitpunkt der Anlagenbetrieb über § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG wieder aufgenommen werden kann. Hier zeigt sich erneut die Diskrepanz zwischen der Frist nach § 17 Abs. 4a BImSchG und der Frist nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Es ist unverständlich, warum die Genehmigung erst nach drei Jahren erlöschen soll, wenn die Behörde selbst nur ein Jahr hat, um die Nachsorgepflichten durchzusetzen. 207 Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 40. 208 Dieser gilt bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nicht, soweit es um die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen geht. Gem. § 22 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG hat der jeweilige Anlagenbetreiber lediglich die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Beseitigung der Abfälle zu schaffen. Die tatsächliche Pflicht der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung regelt daher nicht das BImSchG. Ferner betrifft § 22 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG ausschließlich solche Abfälle, die selbst in der Anlage anfallen. Bei Abfall-

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Betreiber einer Anlage gleichzeitig Störer i. S. d. KrW-/AbfG, haftet er lediglich über das BImSchG. Nach Ablauf der Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG ist eine Anordnung nach § 21 KrW-/AbfG möglich209. Die Haftung anderer Störer, die nicht Anlagenbetreiber sind, schließt § 9 KrW-/AbfG im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 BBodSchG jedoch nicht aus. (3) Ergebnis zum Anwendungsvorrang des BImSchG Ist der Insolvenzverwalter Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage, kommt ausschließlich das BImSchG als Rechtsgrundlage in Betracht, um das Anlagengelände zu sichern und den Abfall zu entsorgen. Dieser Anwendungsvorrang endet mit Ablauf der Frist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG. Ist der Insolvenzverwalter nicht Anlagenbetreiber, aber Abfallbesitzer, haftet er als Abfallbesitzer nach den §§ 5, 11, 21 KrW-/AbfG. Für eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast auf dem Anlagengelände muss er erst mit Ablauf der Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG bzw. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG einstehen. bb) Das Verhältnis von KrW-/AbfG und BBodSchG Zu klären ist weiterhin das Verhältnis von Abfall- und Bodenschutzrecht. (1) Schließt der Anwendungsbereich des BBodSchG Anordnungen nach dem BBodSchG bei Abfallentsorgungsanlagen aus? Das BBodSchG findet auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten nur Anwendung, soweit die in § 3 Abs. 1 Nr. 1–11 BBodSchG genannten Vorschriften Einwirkungen auf den Boden nicht selbst regeln. Insbesondere bei Abfallentsorgungsanlagen könnte mithin der Anwendungsbereich des BBodSchG ausgeschlossen sein. Ein Ausschluss des Anwendungsbereichs des BBodSchG könnte aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BBodSchG folgen. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BBodSchG schließt den Anwendungsbereich des Bodenschutzrechts aus, wenn Vorschriften des KrW-/AbfG über das Aufbringen von Abfällen zur Verwertung als Sekundärrohstoffdünger oder Wirtschaftsdünger i. S. d. § 1 des Düngemittelgesetzes210 und der hierzu aufgrund des Kreislaufentsorgungsanlagen sind die überwiegenden lagernden Abfälle angeliefert und nicht dort angefallen. 209 Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 120; Frenz, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 17 Rn. 76; Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 45; Kälberer, AbfallR 2008, 214, 218. 210 Seit 9.1.2009 regelt das Düngegesetz (DüngG) – vom 9.1.2009 (BGBl. I S. 54, 136), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.6.2009 (BGBl. I S. 1284) – das Düngerecht.

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wirtschafts- und Abfallgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie der Klärschlammverordnung (AbfKlärV)211 zur Anwendung kommen. Neben dem DüngG und der AbfKlärV ist hier auch die Bioabfallverordnung (BioAbfV)212 zu nennen. Die Abfallverwertung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BBodSchG beschränkt sich auf den Bereich der Düngung von Nutzböden213. Die Abfallverwertung insgesamt regelt § 3 Abs. 1 Nr. 1 BBodSchG nicht214. Liegt eine Einwirkung auf den Boden durch aus Abfall bestehende Düngemittel vor, ist die Anwendung des BBodSchG ausgeschlossen215. Wie schädliche Bodenveränderungen und Altlasten zu beseitigen sind, regelt hingegen das BBodSchG216. Bestehen i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG Regelungen des KrW-/AbfG über die Zulassung und den Betrieb von Abfallbeseitigungsanlagen zur Beseitigung von Abfällen sowie über die Stilllegung von Deponien, die auch Einwirkungen auf den Boden regeln, findet das BBodSchG keine Anwendung. Das Recht der Deponien regeln die §§ 32 ff. KrW-/AbfG217. Sollte von der Deponie eine schädliche Bodenveränderung ausgehen, so finden die materiellen Anforderungen des BBodSchG über die „Rückverweisungsnorm“ des § 36 Abs. 2 S. 2 BBodSchG Anwendung218. Auch das Recht der Zulassung und der Betrieb sonstiger Abfallbeseitigungsanlagen soll den Anwendungsbereich verdrängen. Zu beachten ist jedoch, dass sich die Zulassung von Anlagen zum Behandeln und Lagern von Abfällen zur Beseitigung gem. § 31 Abs. 1 KrW-/AbfG i.V. m. § 9 KrW-/AbfG nach dem BImSchG richtet. Sonstige Abfallbeseitigungsanlagen, die keine Deponien sind, werden also nicht von § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG, sondern von § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG geregelt219.

Das Düngemittelgesetz kommt mit In-Kraft-Treten des DüngG nicht mehr zur Anwendung. Der Regelungsinhalt beider Gesetze ist aber vergleichbar. 211 Vom 15.4.1992 (BGBl. I S. 912), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20.10. 2006 (BGBl. I S. 2298). 212 Vom 21.9.1998 (BGBl. I S. 2955), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20.10. 2006 (BGBl. I S. 2298). 213 Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 89. 214 Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 17. 215 Einer näheren Betrachtung bedarf es hier nicht, da eine solche Verwertungsart nicht im Fokus dieser Arbeit steht; vgl. aber näher: Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 85 ff.; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 60; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 16 ff., 40. 216 Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 60; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/ Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 40. 217 Die vorliegenden Ausführungen betreffen gerade nicht das Recht der Deponien (vgl. Kap. 3, D.II.1.). Eine nähere Betrachtung ist damit nicht notwendig. Vgl. aber näher: Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 98 ff.; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 61 ff; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 26 ff. 218 VGH München, NVwZ 2003, 1281, 1282. 219 Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 98; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 61; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 25.

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Diese Regelungen des Anwendungsvorrangs des KrW-/AbfG sind für die hier problematischen Fälle kaum praxisrelevant. (2) Weitere Abgrenzung der unterschiedlichen Anwendungsbereiche Neben der Regelung des § 3 BBodSchG ist zur Abgrenzung von Abfall- und Bodenschutzrecht der Begriff der „beweglichen Sache“ heranzuziehen (vgl. Kap. 1, B.I.). Das Abfallrecht ist einschlägig, soweit der Anordnungsinhalt die ordnungsgemäße Entsorgung von beweglichen Sachen (Abfall) ist. Bezieht sich die Anordnung jedoch auf den Schutz des Bodens und seiner Funktionen, also die Abwehr schädlicher Bodenveränderungen, handelt es sich klassischerweise um Bodenrecht. Gerade bei stillgelegten Abfallentsorgungsanlagen, auf denen immer noch Abfall lagert, der ursprünglich behandelt werden sollte, erweist sich diese Abgrenzung als schwierig. Altablagerungen bzw. Altstandorte stellen nach der Definition des § 2 Abs. 5 BBodSchG auch dann eine Altlast i. S. d. Bodenschutzrechts dar, wenn eine schädliche Bodenveränderung fehlt. Lagernder Abfall ist demnach auch dann eine Altlast, wenn davon sonstige Gefahren ausgehen. Solcher Abfall begründet aber auch abfallrechtliche Pflichten i. S. d. §§ 3 Abs. 1, 5, 11 KrW-/ AbfG, da er immer noch eine bewegliche Sache ist. Beide Tatbestände sind demnach erfüllt, auch wenn der Abfall noch beweglich ist und keine schädliche Einwirkung auf den Boden vorliegt. Das bereits erläuterte „Spatenprinzip“ hilft in diesem Fall somit nicht weiter. Solche Abgrenzungsprobleme sind aber weder für die vollziehende Behörde noch für die Störer hinnehmbar. Aus diesem Grund sollte auch in den Fällen, in denen Abfälle auf einer stillgelegten Anlage lagern, die gebräuchliche Abgrenzung zwischen Abfallrecht- und Bodenschutzrecht Anwendung finden. Der Tatbestand der Altlast ist somit in diesem Fall zu reduzieren (sog. Geltungsreduktion). Es muss eine schädliche Bodenveränderung ausgehend vom Abfall vorliegen. Sonstige Gefahren reichen für eine Altlast nicht aus. Solange keine Verbindung des Abfalls mit dem Erdreich vorliegt, herrscht das Abfallregime220. Dieses entspricht zum einen dem Anwendungsbereich des Abfallrechts, den die Abfallrahmen-RL 2008/98/EG ausdrücklich in Art. 2 Abs. 1 lit. b) festlegt; danach fällt kontaminierter Boden gerade nicht unter den Abfallbegriff. Zum anderen erschöpfen sich Sanierungsmaßnahmen regelmäßig darin, den Boden zu dekontaminieren und zu versiegeln. Diese Handlungen der Sanierung setzen mittelbar bereits einen Bodenbezug voraus. Eine Abgrenzung zwischen Abfall- und Bodenschutzrecht ist demnach danach zu treffen, was Inhalt der behördlichen Anordnung sein soll und wie sich der Zu220 So auch zu Altablagerungen Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 62.

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stand des einmal gelagerten Abfalls sowie des Bodens darstellt. Sind lediglich Abfälle von der Anlage zu entfernen und ordnungsgemäß zu entsorgen, ohne dass Bodenschäden zu befürchten sind, ist das KrW-/AbfG einschlägig. Eine Altlastensanierung kommt hingegen nur dann in Betracht, wenn vom Abfall Auswirkungen auf den Boden ausgehen und die Anlagensicherung („Abfallberäumung“) sowie die Abfallentsorgung lediglich Mittel der Sanierung sind. Ratenswert ist folglich eine abgestufte Anwendung der Rechtsgrundlagen. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine schädliche Bodenveränderung ist die ordnungsgemäße Abfallentsorgung über § 21 KrW-/AbfG anzuordnen. Stellt sich heraus, dass eine schädliche Bodenveränderung vorliegt, ist auf das BBodSchG zurückzugreifen. (3) Ergebnis zum Verhältnis von KrW-/AbfG und BBodSchG Vorrangige Rechtsgrundlage für eine Anordnung der Entsorgung des auf dem Gelände der stillgelegten Anlage lagernden Abfalls durch den Insolvenzverwalter ist § 21 KrW-/AbfG. cc) Ergebnis zu den Konkurrenzen Schlussendlich ist festzuhalten, dass vorrangig immer das BImSchG Anwendung findet, wenn der Insolvenzverwalter Anlagenbetreiber ist. Fehlt eine Schädigung des Bodens i. S. d. BBodSchG, ist das Abfallrecht einschlägig. f) Ergebnis zu den Rechtsgrundlagen für die Haftung des Insolvenzverwalters Betreibt ein Insolvenzverwalter eine (genehmigungsbedürftige) Abfallentsorgungsanlage weiter, so haftet er über die § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 2, § 17 Abs. 1, Abs. 4a S. 2 BImSchG für die ordnungsgemäße Abfallentsorgung der auf der Anlage anfallenden und lagernden Abfälle. Fehlt es an der Betreibereigenschaft oder handelt es sich um eine nicht genehmigungspflichtige Anlage, wird der Insolvenzverwalter bei Abfallentsorgungsanlagen in der Regel immer Abfallbesitzer der lagernden Abfälle sein. Über die §§ 5 Abs. 2, 21 KrW-/AbfG wird die zuständige Überwachungsbehörde den Insolvenzverwalter zur Abfallentsorgung und damit auch zur Sicherung des Grundstücks als notwendige Voraussetzung der Entsorgung heranziehen können. In Betracht kommt ebenfalls die Haftung für eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast nach den §§ 4 Abs. 2, 3, 10 BBodSchG, die jedoch den Ausnahmefall darstellen wird, wenn es lediglich um die Sicherung des Geländes und die ordnungsgemäße Abfallentsorgung geht.

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Grundsätzlich ist der jeweilige Insolvenzverwalter Adressat einer Ordnungsverfügung. Der Insolvenzverwalter haftet jedoch nicht persönlich, sondern kraft seines Amts als Verwalter der Masse221. Im Grunde haftet die Masse und nicht die Person des Insolvenzverwalters222. 4. Ein Sonderfall: Die Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters Grundsätzlich beginnt das Insolvenzverfahren erst in dem Zeitpunkt, in dem das Insolvenzgericht das Verfahren eröffnet. Allein die Stellung eines Insolvenzantrags genügt noch nicht. Es sind jedoch Situationen denkbar, in denen das Insolvenzgericht erkennt, dass bei weiterem Betrieb durch den möglichen Insolvenzschuldner die später zu verteilende Insolvenzmasse schwinden könnte. In solchen Fällen räumt die Insolvenzordnung dem Insolvenzgericht die Möglichkeit ein, Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine gegenüber den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten, § 21 InsO. Das Gericht kann insbesondere einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO) und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Bei Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots zulasten des Schuldners geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über (§ 22 Abs. 1 InsO, „starker“ Insolvenzverwalter). In diesem Fall hat der vorläufige Insolvenzverwalter ein Unternehmen, das der Schuldner betreibt, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden (§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO). Verhängt das Insolvenzgericht kein allgemeines Verfügungsverbot zulasten des Schuldners, so bestimmt das Gericht die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 22 Abs. 2 S. 1 InsO, „schwacher“ Insolvenzverwalter). Der vorläufige Insolvenzverwalter ist aber jeweils berechtigt, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. In den Fällen des vorläufigen Insolvenzverwalters ist nunmehr fraglich, ob in Anwendung der oben dargelegten Grundsätze eine Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters zulasten der Masse möglich ist. Grundsätzlich gelten Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist („starker“ Insolvenzverwalter), nach der Eröffnung des Verfahrens als 221 222

Lüke, in: Kölner Schrift, S. 859, 866, Rn. 22. BVerwG, NJW 1999, 1416.

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Masseverbindlichkeiten, § 55 Abs. 2 S. 1 InsO. Bei öffentlich-rechtlichen Pflichten muss das entsprechend den vom BVerwG entwickelten Grundsätzen heißen, dass auch der vorläufige Insolvenzverwalter, soweit er die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners innehat, ebenso Adressat einer Ordnungsverfügung sein kann wie der endgültige Insolvenzverwalter, wenn haftungsbegründende Umstände vorliegen. Zu fragen ist damit ähnlich wie beim Insolvenzverwalter, ob der vorläufige Insolvenzverwalter einen der bereits oben geprüften Haftungstatbestände erfüllt. a) § 5 BImSchG – Betreibereigenschaft des vorläufigen Insolvenzverwalters Auch der „starke“ vorläufige Insolvenzverwalter könnte wie der endgültige Insolvenzverwalter Anlagenbetreiber i. S. d. § 5 BImSchG sein. Wenn er Anlagenbetreiber ist, treffen ihn die Betreiberpflichten, die dann über § 17 Abs. 1, Abs. 4a S. 2 BImSchG durchzusetzen sind. Entsprechend den obigen Ausführungen gilt der vorläufige Insolvenzverwalter als Betreiber, wenn er kraft eigenen Rechts weisungsfrei und selbständig über den Anlagenbetrieb bestimmt. § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO regelt ausdrücklich, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Verfügungsbefugnis zunächst das Unternehmen des Schuldners, welcher mit einem Verfügungsverbot belegt ist, fortzuführen hat223. Unternehmensfortführung gem. § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist als Betriebsfortführung zu verstehen224. Aus dem Begriff der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ergibt sich bereits, dass der vorläufige Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners nunmehr über die Führung des Unternehmens bestimmen muss, da der Schuldner dieses nicht darf. Er darf alle Maßnahmen ergreifen, die er für die Erfüllung seiner Aufgabe als richtig erachtet225. Diese Entscheidungen gehen auch auf „eigene Rechnung“, da sie die zukünftige Insolvenzmasse belasten können. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist mithin als Anlagenbetreiber anzusehen. Damit liegt eine Haftungsbegründung vor. Der Erlass einer Anordnung nach § 17 BImSchG ist grundsätzlich möglich226. Etwas anderes wird gelten, wenn alle Beteiligten beschließen, das Unternehmen nicht weiterzuführen. Dieses ist insbesondere dann zu erwarten, wenn die Fortführung des Unternehmens zum Erhalt der Masse nicht beitragen kann, sondern eher noch weitere Forderungen zulasten der Masse begründen wird. Gerade an diese Fallkonstellationen ist bei umweltrechtlichen Pflichten von erheblichem Ausmaß zu denken.

223 Dieses soll nicht für Anlagen gelten, die bereits vor Antragsstellung stillgelegt wurden, vgl. Hess, Insolvenzrecht, Rn. 334. 224 Haarmeyer, in: MüKoInsO, Bd. I, § 22 Rn. 91. 225 Haarmeyer, in: MüKoInsO, Bd. I, § 22 Rn. 91. 226 So auch VGH München, NVwZ-RR 2006, 537, 538, jedoch noch zum Sequester.

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b) § 21 KrW-/AbfG: Ist der vorläufige Insolvenzverwalter Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer? Hier könnte im Grunde auf die obigen Ausführungen zum endgültigen Insolvenzverwalter verwiesen werden. Allerdings ist zu bedenken, dass in Fällen der §§ 21, 22 InsO der vollständige Insolvenzbeschlag nach den §§ 80, 146 InsO fehlt. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist gerade nicht verpflichtet, die Insolvenzmasse in Besitz zu nehmen. Dieses spiegelt auch § 22 Abs. 3 InsO wider, wonach der vorläufige Insolvenzverwalter lediglich ein Zutrittsrecht hat. Je nach Einzelfall ist daher zu klären, ob der vorläufige Insolvenzverwalter kraft seiner tatsächlichen Sachherrschaft in der Lage ist, eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung sicherzustellen. c) Durchsetzbarkeit Fraglich ist, ob der vorläufige Insolvenzverwalter tatsächlich verpflichtet ist, die Haftung sofort zu übernehmen. Nochmals festzustellen sei an dieser Stelle, dass der Insolvenzverwalter nicht persönlich, sondern mit der Masse haftet. Die Befriedigung von Massegläubigern erfolgt aus der Masse, vgl. § 53 InsO. Um eine solche Befriedigung aus der Masse vornehmen zu können, bedarf es jedoch einer Verwertung der Masse. Dem vorläufigen Insolvenzverwalter steht ein Recht, die vorhandene Masse zu verwerten, nicht zu227. Die Verwertung der Masse erfolgt erst im eröffneten Verfahren durch den endgültigen Insolvenzverwalter228. Die Gründe dafür liegen in der Vorläufigkeit des Verfahrens. Der Schuldner ist vor „unwiederbringlichen Vermögenseinbußen“ zu schützen, da die Eröffnung des Verfahrens noch nicht feststeht229. Auch die Pflicht der Unternehmensfortführung nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO begründet keine Verwertungsbefugnisse im technischen Sinne230. Der vorläufige Insolvenzverwalter darf lediglich die laufenden Umsatzgeschäfte betreiben, wie z. B. das Einziehen erwirtschafteter Forderungen, da dieses keine Verwertung der Masse im funktionalen Sinne darstellt231. Eine Befriedigung der durch die ordnungsrechtliche Pflichtenstellung begründeten Masseschuld wäre i. S. d. § 53 InsO nicht möglich. Ferner gelten nach § 55 Abs. 2 S. 1 InsO die begründeten Verbindlichkeiten erst mit Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Sie sind mithin erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Masse (§ 53 InsO) mittels 227 BGH, NJW 2001, 1496, 1497; BGH, NJW 2003, 2240, 2242; Kirchhof, in: HKInsO, § 22 Rn. 13; Vallender, DZWIR 1999, 265, 270; vgl. auch OVG Schleswig, NJW 1993, 2004, 2005. 228 Haarmeyer, in: MüKoInsO, Bd. I, § 22 Rn. 73. 229 BGH, NJW 2001, 1496, 1497. 230 BGH, NJW 2003, 2240, 2242. 231 BGH, NJW 2003, 2240, 2242; Haarmeyer, in: MüKoInsO, Bd. I, § 22 Rn. 73; Kirchhof, in: HK-InsO, § 22 Rn. 14.

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Verwertung zu befriedigen. Eine Befriedigung dieser Masseschuld wäre demnach erst im Insolvenzverfahren möglich232. Das hätte für die behördliche Praxis folgende Konsequenz: Gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter könnte die Überwachungsbehörde zwar dem Grunde nach eine behördliche Anordnung treffen, der vorläufige Insolvenzverwalter ist aber wegen seiner eingeschränkten Befugnisse nicht berechtigt, diesen Pflichten mit Mitteln der Masse nachzukommen. Die Erfüllung ist ihm mithin rechtlich unmöglich. Polizeiliche Anordnungen sind jedoch ermessensfehlerhaft, wenn sie vom Adressaten der Verfügung etwas rechtlich Unmögliches verlangen233. Eine Anordnung wäre folglich wegen fehlender Durchsetzbarkeit rechtswidrig. d) Ergebnis zur Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters Mangels Durchsetzbarkeit kommt eine Inanspruchnahme des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht in Betracht. 5. Das Problem der „Freigabe“ Die Praxis, die Literatur und die Rechtsprechung sind in den hier problematisierten Fällen oft mit einem Vorgehen des Insolvenzverwalters konfrontiert, welches seine ordnungsrechtliche Haftung beenden soll. Solche Sachverhalte werden überwiegend unter dem Schlagwort „Freigabe aus der Insolvenzmasse“ behandelt. Insgesamt sind mehrere Konstellationen denkbar: – Der Insolvenzverwalter als Anlagenbetreiber gibt die Anlage in Form der Freigabe aus der Insolvenzmasse auf; – der Insolvenzverwalter als Anlagenbetreiber findet einen anderen Betreiber der Anlage und übergibt den Betrieb an diesen; – der Insolvenzverwalter übereignet das Anlagengrundstück, welches im Eigentum des Insolvenzschuldners steht; – der Insolvenzverwalter kündigt den Vertrag über das gemietete oder gepachtete Anlagengrundstück und überlässt das Grundstück dem Vermieter (Grundstückseigentümer); 232 Diese Folgen behandelt nicht das VGH München, NVwZ-RR 2006, 537, 538; das mag zum einen daran liegen, dass das vorliegende Urteil sich noch mit dem sog. Sequester befasst. Dieser war in der KO nicht ausdrücklich geregelt, die gerichtliche Praxis setzte einen solchen aber regelmäßig ein. Die Rechte und Pflichten des Sequesters waren nicht geregelt, sodass dieser Bereich äußerst umstritten war. So gab es überwiegend Stimmen, die die Rechte des Sequesters denen des Konkursverwalters angleichen wollten. Dieser Streit ist mit der Einführung des vorläufigen Insolvenzverwalters beendet. Vorläufiger und endgültiger Insolvenzverwalter haben nicht die gleichen Aufgaben, vgl. hierzu Haarmeyer, in: MüKoInsO, Bd. I, § 22 Rn. 5 f. 233 Denninger, in: Lisken/Denninger, HdPolR, Rn. E 130.

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– der Insolvenzverwalter – ohne Anlagenbetreiber zu sein – gibt das Anlagengrundstück aus der Insolvenzmasse frei. a) Die Freigabe im insolvenzrechtlichen Sinne Nur einer dieser Fälle der möglichen Haftungsbefreiungen betrifft die Freigabe im insolvenzrechtlichen Sinne. Deren Folgen und Zulässigkeit sind zunächst näher zu betrachten. aa) Der Begriff der Freigabe und deren allgemeine Zulässigkeit Die sog. „Freigabe“ wird nicht ausdrücklich in der Insolvenzordnung geregelt. Ihr Bestehen und ihre Zulässigkeit ist aber seit langem anerkannt234. Hergeleitet wird sie zum einen aus den Rechten des Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO235. Zum anderen benennt insbesondere § 32 Abs. 3 S. 2 InsO die Möglichkeit einer Freigabe von Grundstücken und Rechten. Folge einer Freigabe ist, dass der freigegebene Gegenstand nicht mehr zur Insolvenzmasse zählt. Der gem. der §§ 80 Abs. 1, 148 Abs. 1 InsO gesetzlich angeordnete Insolvenzbeschlag entfällt zum Zeitpunkt der Freigabe. Der Schuldner hat insoweit wieder alleinig die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis inne236. Zweck der Freigabe ist es, belastende Massegegenstände ohne die Aussicht auf Verwertungserlöse aus der Masse zu entlassen237. Dieses entspricht dem Zweck der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung. Die Insolvenzordnung dient in Fällen, 234 BVerwG, NJW 2004, 1505, 1506; BGH, NJW 2005, 2015, 2016; Förster, ZInsO 2000, 315; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 13.14; ders., in: FS für Uhlenbruck, S. 97, 112; Hess, in: Hess, InsO, Bd. I, § 80 Rn. 212; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 35 Rn. 71; Kleine/Flöther, NJW 2000, 405; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Bd. II, § 80 Rn. 88.; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2345 u. 2352; dies., NZI 2004, 225, 229; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 69; Smid, in: Leonhardt/Smid/Zeuner (Hrsg.), InsO, § 80 Rn. 30; ebenso schon zur KO: BGH, NJW 1961, 1528; BGH, NJW 1982, 768, 769; Hess, KO, § 1 Rn. 9 ff.; Jaeger/Henckel, KO, § 6 Rn. 17; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 6 Rn. 35. Umstritten, ob die Freigabe bei Handelsgesellschaften und anderen juristischen Personen möglich ist: möglich: BGH, NJW 2001, 2966, 2967; BGH, NJW 2005, 2015, 2016 m.w. N.; BVerwG, NVwZ 2004, 1505, 1506; OVG Magdeburg, ZIP 1994, 1130, 1131 f.; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2346; a. A.: Schmidt, BB 1991, 1273 ff.; ders., NJW 1993, 2833, 2836; ders., ZIP 2000, 1913, 1919; vgl. weiter zum Streitstand, Förster, ZInsO 2000, 315 f. 235 Blum, Insolvenz, S. 214. 236 RGZ 60, 107, 109; BGH, NJW 2005, 2015, 2016; BGH, NJW 2006, 1286, 1288; Fabry, Private Unternehmen, S. 149; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 13.14; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Bd. II, § 80 Rn. 88; Lwowski/Tetzlaff, NZI 2004, 225; Weber, JZ 1963, 223. 237 Blum, Insolvenz, S. 214; Fabry, Private Unternehmen, S. 149; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 68.

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in denen eine Person nicht mehr in der Lage ist, ihre Gläubiger vollständig zu befriedigen, dem vorrangigen Ziel, die bestmögliche und eine gerechte Befriedigung der Gläubiger herzustellen (Befriedigungszweck, vgl. § 1 S. 1 InsO). Im Mittelpunkt des Insolvenzverfahrens steht immer die Befriedigung der Gläubiger. Den Vorrang der Gläubigerbefriedigung bestimmt bereits die Zielsetzungsnorm des § 1 S. 1 InsO238. Auf diesen Zweck hat sich das gesamte Insolvenzverfahren auszurichten. Der Insolvenzverwalter muss diesen Zweck fördern; seine Handlungen müssen der Befriedigung der Gläubiger zugute kommen239. Die Masseverwertung hat daher so günstig wie möglich zu erfolgen240. Ein möglichst hoher Verwertungserlös darf nicht gefährdet werden. Der Insolvenzverwalter gibt einen massezugehörigen Gegenstand durch eine einseitige, nicht zustimmungs- aber empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Schuldner frei241. bb) Die Folgen einer Freigabeerklärung auf die umweltrechtlichen Pflichten des Insolvenzverwalters Fraglich ist nun, welche Folgen eine Freigabeerklärung auf umweltrechtliche Pflichten des Insolvenzverwalters hat. In Betracht kommt ggf. das Ausscheiden der Haftung des Insolvenzverwalters. Dieses hätte zur Folge, dass eine Ordnungsverfügung wieder an den Insolvenzschuldner zu richten wäre. Eine solche Verfügung verspräche wenig Erfolg, da dem Schuldner keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, um die Gefahr abwehren zu können. (1) Der Insolvenzverwalter als Anlagenbetreiber nach § 5 BImSchG Wenn Identität zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Insolvenzverwalter besteht, könnte folgende Konstellation auftreten: Der Insolvenzverwalter gibt die Anlage insgesamt aus der Insolvenzmasse frei. Nach den oben dargelegten 238 Die InsO lässt im Gegensatz zur KO auch die Förderung der Sanierung des insolventen Unternehmens zu. Trotz anderer Stimmen (vgl. näher zu den verschiedenen Strömungen: Ganter, in: MüKoInsO, Bd. I, § 1 Rn. 85) ist die Ansicht herrschend, dass alleiniger Zweck des Insolvenzverfahrens weiterhin die bestmögliche Gläubigerbefriedigung ist. Die Sanierung des Unternehmens ist bei guten Aussichten lediglich ein Mittel, die Gläubiger zu befriedigen. So prüft z. B. der Insolvenzverwalter, ob Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners im Ganzen oder in Teilen zu erhalten, welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan bestehen und welche Auswirkungen jeweils für die Befriedigung der Gläubiger eintreten würden, vgl. § 156 Abs. 1 S. 2 InsO. Verspricht die Fortführung keine positive Wirkung auf die Masse, wird der Insolvenzverwalter der Gläubigerversammlung die Betriebseinstellung empfehlen. 239 Kroth, in: Braun, InsO, § 80 Rn. 32. 240 Delhaes, NZI 1999, 47, 51. 241 Blum, Insolvenz, S. 214; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 13.15; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 70.

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Grundsätzen fiele die Anlage somit selbst aus der Masse heraus. Der Insolvenzverwalter verzichtet auf den Insolvenzbeschlag nach den §§ 80 Abs. 1, 148 Abs. 1 InsO. Jedoch müssen weiterhin die ordnungsrechtlichen Normen und damit die Grundsätze zur Störereigenschaft Beachtung finden, da das Insolvenzrecht das Ordnungsrecht gerade nicht überlagert, sondern beide Rechtsmaterien gleichrangig nebeneinander stehen. Somit ist zu prüfen, ob die Insolvenzfreigabe überhaupt die Haftung des Insolvenzverwalters als Anlagenbetreiber nach § 5 BImSchG beenden kann. Um diese Frage beantworten zu können, ist zu bestimmen, worauf sich die Haftung des Betreibers einer nach § 4 BImSchG genehmigungspflichtigen Anlage konkret stützt. In Betracht kommt zum einen eine Verhaltensverantwortlichkeit, d. h. eigenes umweltgefährdendes Tun ruft die Haftung hervor. Davon ist die Zustandsverantwortlichkeit zu unterscheiden, die ihren Grund in der Einwirkungsmöglichkeit auf die Gefahrenquelle und in der Möglichkeit der Nutzungsziehung hat. Handelt es sich um eine Art der Verhaltensverantwortlichkeit, so bewirkt eine Freigabe des Massegegenstands nicht das Ende der Verantwortlichkeit, eine Gefahr abzuwehren242, da der Haftungsgrund mit der Freigabe – anders als bei der Zustandsverantwortlichkeit (Einwirkungsmöglichkeit) – nicht endet. Zu entscheiden ist mithin, in welche Kategorie der Störerverantwortlichkeit die Betreiberhaftung nach § 5 BImSchG einzuordnen ist. Von der Struktur der Norm her ist die Haftung des Betreibers weder eine Verhaltensverantwortlichkeit noch eine Zustandsverantwortlichkeit243. Die Betreiberpflichten und die daraus resultierende Haftung sind eher mit einer Gefährdungshaftung vergleichbar. Derjenige der – rechtmäßig – eine Gefahrenquelle eröffnet, hat dafür zu sorgen, dass diese Gefahrenquelle während der Nutzung keine Umweltgefahren schafft und dass nach Beendigung der Nutzung die Gefahrenquellen beseitigt werden244. Daher ist die ausdrücklich so benannte Betreiberpflicht nicht in das System der Verhaltens- oder Zustandshaftung einzugliedern245. Trotzdem wird insbesondere im Rahmen des § 5 Abs. 3 BImSchG regelmäßig angenommen, dass eine insolvenzrechtliche Freigabe die Betreiberpflichten des Insolvenzverwalters für den Zeitraum nach Betriebseinstellung nicht berührt246. 242 Blum, Insolvenz, S. 215 m.w. N.; Fabry, Private Unternehmen, S. 150; Pape, ZIP 1991, 1544, 1548; Weitemeyer, Ordnungsrechtliche Maßnahmen, S. 179. 243 So z. B. VGH München, NVwZ-RR 2006, 537, 538: „ [. . .] Verpflichtungen beruhen nicht auf dem Eigentum des Anlagenbetreibers an den Abfällen oder seiner Befugnis zur Verfügung über diese, [. . .]“; anders wohl OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.4.2007, Az.: 11 S 54.06 – juris. 244 Deutsch, NJW 1992, 73, 74. 245 Vgl. z. B. Blum, Insolvenz, S. 96 f.; Vierhaus, ZInsO 2005, 127, 130. 246 BVerwG, NJW 1999, 1416; OVG Lüneburg, NJW 1993, 1671; OVG Lüneburg, NJW 1998, 398; VGH München, NVwZ-RR 2006, 537, 538; a. A.: Weitemeyer, Ord-

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Die Haftung knüpft nämlich an seine Eigenschaft als letzter Betreiber der Gefahrenquelle Anlage an247. Diese Eigenschaft kann er nicht mit einer Freigabe im insolvenzrechtlichen Sinne verlieren. Er hat vergleichbar eines Zustandsstörers eine Gefahrenquelle geschaffen oder zumindest betrieben. Daher ist er verpflichtet, die Gefahrenquelle zu beseitigen, wenn nicht ein Dritter als neuer Betreiber an seine Stelle tritt. Bei einer Freigabe i. S. d. InsO fehlt ein solcher Nachfolger. Der Insolvenzschuldner, der vormalige Anlagenbetreiber, ist nicht mehr Anlagenbetreiber, da der Insolvenzverwalter an seine Stelle getreten ist, soweit er den Anlagenzweck im oben dargestellten Sinne fortgeführt hat. Die bloße Freigabe genügt nicht, um den Insolvenzschuldner wieder als Anlagenbetreiber anzusehen, insbesondere wenn die Anlage eingestellt wurde. Gibt der Insolvenzverwalter die Anlage im Ergebnis lediglich frei, ohne dass ein neuer Anlagenbetreiber an seine Stelle tritt, bleibt er als letzter Betreiber nach § 5 Abs. 3 BImSchG für eine ordnungsgemäße Entsorgung der vorhandenen Abfälle verantwortlich. Seine Freigabe wirkt wie eine Einstellung des Betriebs nach den §§ 15 Abs. 3, 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Ist der Insolvenzverwalter Anlagenbetreiber, beendet eine bloße Freigabe seine Verantwortlichkeit nicht248. (2) Der Insolvenzverwalter als Abfallbesitzer Anderes könnte für den Insolvenzverwalter gelten, der lediglich Abfallbesitzer ist. (a) Die herrschende Ansicht Die Verantwortlichkeit des Abfallbesitzers knüpft grundsätzlich wie bei einem Zustandsstörer an die Möglichkeit an, auf die Sache einzuwirken. Endet also der Besitz, endet auch die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit und damit der Haftungsgrund des Insolvenzverwalters; die Zustandsverantwortlichkeit lebt beim Insolvenzschuldner auf249, da dieser wieder Abfallbesitzer wird. Die Freigabe führt zum Ende der Zustandsverantwortlichkeit des Insolvenzverwalters250. Der Insolnungsrechtliche Maßnahmen, S. 179, wobei hier der Gesetzgeber noch nicht ausdrücklich hervorgehoben hatte, dass der ehemalige Betreiber verantwortlich bleibt, unabhängig von seiner sachenrechtlichen Stellung zur Anlage. 247 BVerwG, NJW 1999, 1416. 248 Aus diesem Grund ist es für die Verwaltungspraxis so wichtig, den Insolvenzverwalter als Betreiber einzustufen. Daraus resultiert insbesondere die Ansicht, dass allein der Insolvenzbeschlag nach § 80 Abs. 1 InsO für die Betreiberstellung des Insolvenzverwalters ausreiche. 249 BVerwG, BayVBl. 1984, 759; BVerwG, NVwZ 2004, 1505, 1506; Blum, Insolvenz, S. 217 und 224 Fn. 46 m.w. N. 250 Vgl. Weitemeyer, Ordnungsrechtliche Maßnahmen, S. 180.

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venzverwalter haftet nicht mehr mit der Masse für den nun massefreien, nicht mehr dem Insolvenzverfahren unterliegendem Gegenstand251. Aus dieser Folge der Freigabe ist der Vorteil einer Freigabe exakt zu erkennen. Die Haftung für die Sicherung des Grundstücks und die notwendig folgende Abfallentsorgung hat die Masse belastet und somit die Chance einer höchstmöglichen Befriedigung der Gläubiger gemindert. Mit der Freigabe der belasteten Masse steigt die Chance, eine bestmögliche Verwertung der übrigen Masse zu erreichen. Umkehrschluss dieser Freigabe ist wie bereits erwähnt die Verlagerung der Haftung auf den nicht leistungsfähigen Insolvenzschuldner. Im Ergebnis wird die öffentliche Hand die Grundstückssicherung und Abfallentsorgung auf eigene Kosten vornehmen müssen. (b) Bedenken gegen eine Freigabe beim Bestehen ordnungsrechtlicher Pflichten Insbesondere aus diesen Gründen wurden vermehrt Bedenken gegen die Möglichkeit, mit Umweltpflichten belastete Gegenstände durch den Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse freizugeben, geltend gemacht. Die gegen eine Freigabe vorgetragenen Bedenken sind vielzählig und z. T. unüberschaubar. (aa) Eine Ansicht: Die Freigabe führt grundsätzlich zu keiner Haftungsbefreiung Zum einen gibt es in verschiedenen Varianten die Strömung, nach der die Freigabe – unabhängig von ihrer grundsätzlichen Rechtmäßig- bzw. Wirksamkeit – für die Haftung des Insolvenzverwalters bedeutungslos sei, da diese bestehen bleibe. Als Begründung dient die – hier bereits abgelehnte – Ansicht, bei der Haftung des Insolvenzverwalters handle es sich um eine Insolvenzschuld, da die Gefahr bereits vor Verfahrenseröffnung bestand; eine Insolvenzschuld endet nicht durch die Freigabe eines Massegegenstands252. Da diese Ansicht das Ordnungsrecht und die hier einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen nicht beachtet (vgl. Kap. 4, A.I.2.b)ff)), ist sie insgesamt abzulehnen und damit für das Problem der Freigabe irrelevant253.

251 BVerwG, BayVBl. 1984, 759; OVG Magdeburg, ZIP 1994, 1130, 1131; BVerwG, NVwZ 2004, 1505, 1506. 252 Fabry, Private Unternehmen, S. 150 f.; Petersen, NJW 1992, 1202, 1208; Stoll, ZIP 1992, 1437, 1445; Weitemeyer, Ordnungsrechtliche Maßnahmen, S. 183. 253 Richtig ist diese Ansicht, wenn nach den oben dargestellten Grundsätzen tatsächlich eine Insolvenzschuld vorliegt. Die Freigabe ist nur dann für die Haftung problematisch, wenn der Insolvenzverwalter sie als Handlungsstörer, Zustandsstörer oder Anlagenbetreiber originär begründet hat.

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Andere Ansichten, die eine Haftungsbefreiung im Ordnungsrecht durch Freigabe per se ausschließen, sind Folgende: Nach Denninger ist es unmöglich, eine polizeirechtliche Verantwortlichkeit abstrakt durch Rechtsgeschäft254 abzuwälzen, sodass eine Freigabe die Verantwortlichkeit nicht beendet255; Stürner meint, mit der Freigabe wandele sich die Zustandsverantwortlichkeit des Insolvenzverwalters zu einer Handlungspflicht, da in der Freigabe eine „Verschärfung und Erstreckung der Störung“ liege256. Die Ansicht von Denninger verkennt, dass der Insolvenzverwalter nicht die Verantwortlichkeit als solche mittels Rechtsgeschäft überträgt, sondern lediglich den Besitz257, an den die Verantwortlichkeit anknüpft. Eine Übertragung von dinglichen Rechten ist jedoch nicht ausgeschlossen, insbesondere wenn ein Nachfolger in die Rechtsposition eintritt. Stürners Ansicht verkennt jegliche Grundsätze zur Haftungsbegründung und die Unterscheidung zwischen dem Handlungs- und dem Zustandsstörer. Die Grundlage der Haftung als Verhaltensstörer liegt nach allgemeinen Grundsätzen in einer unmittelbaren, regelmäßig rechtswidrigen Gefahrverursachung (Kausalität)258. Zweifelhaft ist bereits, welche Handlung des Insolvenzverwalters eine Gefahr im Sinne der Kausalität hervorgerufen haben soll. Haftungsgrund ist allein seine tatsächliche Sachherrschaft. Die Aufgabe dieser Sachherrschaft ruft keine „neue“ Gefahr hervor und steigert die bestehende Gefahr nicht259. Auch ein „Unterlassen“ der Gefahrenbeseitigung durch den Zustandsstörer begründet keine Verhaltenshaftung. Dem Polizeirecht ist diese Haftungsform überwiegend fremd. Jeder Eigentümer oder Besitzer, der Einfluss auf eine gefährliche Sache hat und Gefahrenabwehrmaßnahmen nicht vornimmt, wäre sonst gleichzeitig Verhaltensstörer260. Eine solche Sichtweise ist im Polizeirecht nicht gewollt, da sie die Abgrenzung von Handlungs- und Zustandsstörer erheblich erschwere261. Ein und derselbe Haftungsgrund kann nicht sowohl eine Handlungsals auch eine Zustandsstörereigenschaft begründen262. Die Gefahr geht hier nur von der freigegebenen Sache aus und nicht von einer Handlung des Besitzers.

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Die Freigabe ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Denninger, in: Lisken/Denninger, HdPolR, Rn. E 122 f.; so auch Ritgen, GewArch 1998, 393, 401. 256 Schmidt, NJW 1993, 2833, 2836; Stürner, EWiR 1991, 487, 488; ders., in: FS für Merz, S. 563, 576; auch Denninger, in: Lisken/Denninger, HdPolR, Rn. E 123. 257 So auch Blum, Insolvenz, S. 220. 258 Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 119, 128 ff. 259 So auch Blum, Insolvenz, S. 221. 260 Vgl. Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 136. 261 VGH Mannheim, DÖV 1996, 40 f.; Kniesel, BB 1997, 2009, 2014; Knopp, BB 1996, 389, 392; Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, S. 197. 262 So auch Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 170. 255

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Weitemeyer geht davon aus, dass eine bereits vor Freigabe bestehende Masseschuld weiterhin aus der Masse zu befriedigen ist263. Auch sie verkennt den Einfluss des Ordnungsrechts. Die Haftung beruht allein auf dem Umstand, dass der Tatbestand einer Einstandsnorm erfüllt ist. Ist dieser Tatbestand, wie beim Abfallbesitz, nicht mehr erfüllt, entfällt die Haftung vollständig. Im Ergebnis führen diese Ansichten ins Leere. Auch bei ordnungsrechtlichen Pflichten, die der Insolvenzverwalter originär in seiner Person begründet, ist grundsätzlich eine haftungsbefreiende Freigabe möglich. (bb) Ist die Freigabe bei öffentlich-rechtlichen Pflichten im Allgemeinen sittenwidrig? Eine weit verbreitete – insbesondere von der Verwaltungspraxis vertretene – Auffassung war und ist diejenige, dass Freigaben von mit ordnungsrechtlichen Pflichten belasteten Massegegenständen rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig seien, weil die Ordnungspflicht auf den Staat abgewälzt und damit auf Kosten der Allgemeinheit gehen würde; Insolvenzgläubiger dürften ohne gesetzliche Anordnung nicht besser gestellt werden264. Grundsätzlich muss es verboten sein, wirtschaftliche Lasten durch Rechtsgeschäfte unter Privaten auf die öffentliche Hand abzuwälzen265. Ein solches Rechtsgeschäft sei nach § 138 Abs. 1 BGB rechtswidrig oder sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Rechtsgeschäft, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt266. Diese bestehende Kritik haben insbesondere Ritgen267 und Blum268 nochmals aufgenommen und erweitert. Sie sind der Ansicht, dass eine Freigabe an den eingeschränkten Kompetenzen des Insolvenzverwalters, die er lediglich vom Insolvenzschuldner ableitet, scheitere. Der Insolvenzverwalter dürfe nicht mehr Rechte und keine anderen Rechte ausüben, als es der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durfte. Der Schuldner hätte vor Verfahrenseröffnung seine Rechte an dem belasteten Gegenstand nicht an einen vermögenslosen Dritten übertragen oder durch Dereliktion aufgeben können. Eine solche Übertragung wäre an § 138 BGB gescheitert. Seine Verantwortlichkeit hätte weiter bestanden. Da dem Insolvenzverwalter nicht mehr Rechtsmacht als dem Schuldner zustehe, könne auch dieser solche Handlungen nicht haftungsbefreiend vornehmen. Was 263

Weitemeyer, NVwZ 1997, 533, 537 f. Vgl. Hauptkritiker Schmidt, BB 1991, 1273; ders., NJW 1993, 2833, 2836; ders., ZIP 1997, 1441, 1444; ders., ZIP 2000, 1913, 1919 f.; vgl. weiter Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 366; Ritgen, GewArch 1998, 393, 400; Rosset, DStR 1998, 895, 898; Stürner, EWiR 1991, 487, 488; ders., in: FS für Merz, S. 563, 574 f. 265 Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 366. 266 Armbrüster, in: MüKoBGB, Bd. I, § 138 Rn. 14. 267 Ritgen, GewArch 1998, 393, 400. 268 Blum, Insolvenz, S. 227–238. 264

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dem Schuldner als Rechtsmissbrauch verboten ist, kann vom Insolvenzverwalter nicht rechtmäßig vorgenommen werden. Zu beachten sei auch der Grundgedanke der Gleichbehandlung aller Gläubiger. Eine Freigabe ist nur insoweit zulässig, wie kein Gläubiger benachteiligt wird. Dem Vortrag der Sittenwidrigkeit trat die überwiegende Rechtsprechung269, insbesondere das BVerwG, mehrfach entgegen. Der Bayrische VGH 270 entschied bereits im Jahr 1983 über eine vergleichbare Konstellation zur KO. Nach dem VGH existiere nicht die Pflicht des Konkursverwalters, öffentlich-rechtliche Pflicht mit der Masse zu erfüllen, um die Mittel der Allgemeinheit zu schonen. Das BVerwG bestätigte die Entscheidung des Bayrischen VGH im Jahr 1984271 und hob hervor, dass eine Freigabe nur dann unwirksam sei, „wenn sie dem Konkurszweck der gleichmäßigen Befriedigung aller Konkursgläubiger offensichtlich zuwiderlaufe und dies unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten für einen verständigen Menschen offensichtlich sei“. Diesen Vorgaben folgte z. B. auch das OVG Magdeburg272. Es stellte ausdrücklich fest, dass das Ordnungsrecht dem Insolvenzrecht (damals noch Konkursrecht) nicht vorgeht. Öffentlichrechtliche Forderungen stehen im Rang nicht über den Rechten im Konkurs. Eine Freigabe sei auch nicht sittenwidrig. Gerade „überlastete Grundstücke oder tatsächlich unveräußerliche bzw. für die Masse aus ähnlichen Gründen ,wertlose‘ Objekte sind aber bevorzugte Gegenstände von Freigabeerklärungen“. Insbesondere die Bedenken der Sittenwidrigkeit räumte das BVerwG im Jahr 2004273 ausdrücklich aus. Das BVerwG stimmt den Kritikern darin zu, dass die Freigabe in den einschlägigen Fällen regelmäßig nur den Zweck hat, die Gefahrenbeseitigungskosten zulasten der Masse zu verhindern, und dass damit eine Kostenbelastung der Allgemeinheit auftreten kann. Allein darin liege aber keine Sittenwidrigkeit. Ziel des Insolvenzverfahrens sei die Schonung der Masse zugunsten einer Verwertung, die die bestmögliche Gläubigerbefriedigung erreichen soll. Ein mit Ordnungspflichten belasteter Gegenstand liefe diesem Insolvenzzweck gerade zuwider. Die Freigabe verhindere das Unterlaufen des Insolvenzwecks. Sie könne unter besonderen Umständen gar Amtspflicht nach § 60 InsO sein. Dass das öffentliche Interesse überwiegen müsste, sei gesetzlich nicht angeordnet. Die Freigabe in diesen Fällen zu missbilligen, würde entsprechend der Kritik, das BVerwG stelle das Ordnungsrecht vor das Insolvenzrecht (vgl. Kap. 4, A.I.2.b)cc)), tatsächlich dem Ordnungsrecht einen höheren Rang einräumen und eine Privilegierung hervorrufen. Gerade dagegen spricht sich das BVerwG aus. Die Grenzen des Insolvenzrechts und damit die Freigabe seien zu beachten.

269 270 271 272 273

BVerwG, BayVBl. 1984, 759; VGH Mannheim, NJW 1992, 64. VGH München, KTS 1983, 462. BVerwG, BayVBl. 1984, 759. OVG Magdeburg, ZIP 1994, 1130. BVerwG, NVwZ 2004, 1505, 1506.

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Diese Sichtweise der Rechtsprechung hat ein breites zustimmendes Echo274 erfahren. Daran ist sich anzuschließen. Natürlich bezweckt der Insolvenzverwalter mit der Freigabe die Enthaftung der Masse zulasten Dritter, ggf. der Allgemeinheit, da der Insolvenzschuldner als neuer Zustandsstörer mangels finanzieller Mittel nie die Ordnungspflicht erfüllen kann. Allein der Zweck der Enthaftung wäre für sich genommen sittenwidrig. Jedoch ist die bloße Enthaftung gerade nicht alleiniger Zweck der Freigabe. Der Insolvenzverwalter ist insbesondere dem Insolvenzzweck verpflichtet. Er muss für eine bestmögliche Befriedigung der Insolvenzgläubiger sorgen. Wenn er diesen Zweck nicht stringent verfolgt, riskiert er eine eigene Haftung. Zudem führe eine Annahme der Sittenwidrigkeit zu der Privilegierung der öffentlich-rechtlichen Forderungen, die sowohl das BVerwG als auch der BGH ausdrücklich ablehnen. Es ist nicht ersichtlich, warum private Forderungen zugunsten der öffentlichen Hand auf der Strecke bleiben sollten. Diese Sichtweise führe zu der Konsequenz, dass unbeteiligte Dritte mittelbar als Nicht-Störer für die Gefahrenabwehr haften, weil ihr Anteil an dem zu verteilenden Erlös schrumpft. Ist es aber nicht Grundsatz des Ordnungsrechts, Nicht-Störer für ihre Inanspruchnahme zu entschädigen? Mit dem systematischen Argument von Blum hinsichtlich der lediglich vom Schuldner abgeleiteten Kompetenzen des Insolvenzverwalters hat sich jedoch bisher niemand auseinandergesetzt. Grundsätzlich ist die Annahme Blums richtig, dass der Insolvenzverwalter in alle vermögensrechtlichen Positionen des Schuldners mit der Folge eintritt, dass ihm die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten obliegen wie dem Schuldner selbst. Er kann nicht mehr Rechte beanspruchen als dem Schuldner selbst zugestanden hätten275. Lasten und Beschränkungen des Vermögens des Schuldners sind der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters vorgegeben und grenzen diese ein276. Darüber hinaus binden rechtsgeschäftliche Erklärungen des Insolvenzverwalters auch den Schuldner277. Richtig ist ebenso, dass die Übertragung eines mit Ordnungspflichten belasteten Gegenstands sittenwidrig sein kann, wenn die Übertragung nur dem einzigen Zweck dienen soll, sich der Ordnungspflichten zu entledigen. Das ist insbesondere bei einer Übereignung der Anlage an einen vermögenslosen Dritten zu bejahen278. 274 OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.4.2007, Az.: 11 S 54.06 – juris; Eckardt, AbfallR 2008, 197, 203; Kilger, in: FS für Merz, S. 265, 270; Pape, ZIP 1991, 1544, 1550; Petersen, NJW 1992, 1202, 1208; Seidel/Flitsch, DZWIR 2005, 278, 281; Stoll, ZIP 1992, 1437, 1444 ff.; Uhlenbruck, EWiR 2004, 1025, 1026. 275 BGH, NJW 1971, 1750; Maus, in: Uhlenbruck, InsO, § 80 Rn. 90, 160; Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 43. 276 Ott/Vuia, in: MüKoInsO, Bd. I, § 80 Rn. 43. 277 Maus, in: Uhlenbruck, InsO, § 80 Rn. 83. 278 BVerwG, NVwZ 1997, 577 m.w. N.; VGH Mannheim, GewArch 1998, 301, 302; allgemeiner: BGH, NJW 1990, 567, 568; a. A.: VGH Mannheim, DÖV 1996, 40, 41; Kniesel, BB 1997, 2009, 2013; Knopp, BB 1996, 389, 391 f.; Sparwasser/Geißler,

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Aus diesen Grundsätzen den Schluss zu ziehen, eine Freigabe von Gegenständen, für die der Insolvenzverwalter mit der Masse haften muss, als sittenwidrig anzusehen, ist abzulehnen. Eine Freigabe an den Insolvenzschuldner ist nicht vergleichbar mit einer sittenwidrigen Übereignung oder Dereliktion durch den Schuldner selbst. Die Freigabe steht außerhalb dieser Rechtsgeschäfte, da sie kein Mittel der sachenrechtlichen Verfügung ist, sondern ein der Insolvenzordnung immanentes Instrument. Die Folgen und Voraussetzung sind nicht miteinander vergleichbar. Auch dass darin ein Verstoß gegen die Gleichbehandlung aller Gläubiger in der Insolvenz läge, ist nicht ersichtlich. Das Prinzip der Gleichbehandlung erfordert, die Gläubiger entsprechend ihrer Quote an offenen Forderungen (anteilig) zu befriedigen279. Zunächst ist es aber zweifelhaft, ob die Gleichbehandlung tatsächlich die Massegläubiger betrifft. Insbesondere Rangregelungen des § 209 InsO sprechen gegen diese Sichtweise. Des Weiteren bezieht sich die Gläubigergleichbehandlung nur auf den Zeitpunkt der Verwertung und Verteilung. Die vorhandenen Gläubiger sind entsprechend ihrer Quote zu befriedigen. Zum Zeitpunkt der Befriedigung ist die öffentliche Hand aber nicht mehr Gläubiger der Masse. Besonders hervorzuheben ist, dass der Insolvenzverwalter seine ordnungsrechtlichen Pflichten als Masseschuld nicht unmittelbar von den Pflichten und Rechten des Schuldners ableitet, sondern aus seiner originären Stellung zu der Umweltgefahr. Er tritt gerade nicht entsprechend den allgemeinen Grundsätzen in die vermögensrechtliche Position hinsichtlich dieser Pflichten ein. Sie werden erst mit dem Insolvenzbeschlag neu begründet. Daher ist der Insolvenzverwalter auch nicht in die Grenzen der Rechte und Pflichten des Schuldners, wie sie vor Insolvenzbeschlag bestanden, zu verweisen. Darüber hinaus stellt Blum darauf ab, dass der Insolvenzverwalter ebenso wenig wie der Insolvenzschuldner eine sittenwidrige Übereignung vornehmen darf. Die Freigabe ist aber, wie bereits hervorgehoben, gerade nicht sittenwidrig, da sie einen legitimen Zweck verfolgt, der sich nicht allein darauf beschränkt, sich der Pflichten zulasten der Allgemeinheit zu entledigen. (cc) Eine Ansicht: Das Abfallrecht enthält ein Verbot der Freigabe Eine auf Lüke zurückgehende Ansicht sieht im System des Abfallrechts ausdrücklich ein Verbot der Freigabe, weil das Abfallrecht eine geordnete Abfallentsorgung fordere und die Besitzauf- bzw. -weitergabe im Widerspruch dazu

DVBl. 1995, 1317, 1322 f., danach genügt die Leistungsunfähigkeit des Erwerbers für eine Sittenwidrigkeit allein nicht aus. 279 Eckardt, AbfallR 2008, 197.

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stehe280. Eine Freigabe an den insolventen Insolvenzschuldner vereitle eine geordnete Abfallentsorgung. Dieser Ansicht sind mehrere Argumente entgegenzusetzen: Zum einen findet hier kein ausdrücklich rechtsgeschäftlicher Besitzwechsel statt, sondern der Besitzwechsel ist eine Konsequenz der Insolvenzordnung. Bereits der Insolvenzbeschlag ordnet gesetzlich einen Besitzwechsel an. Konsequente Folge dessen ist der erneute Besitzwechsel auf den Insolvenzschuldner, wenn der Insolvenzbeschlag – auch nur teilweise – endet. Darin liegt kein „beachtlicher Besitzwechsel“ i. S. d. Abfallrechts281. Wenn ein Besitzwechselverbot tatsächlich im Abfallrecht verankert sein sollte, stellt der Besitzwechsel i. S. d. InsO keinen Verstoß gegen dieses Verbot dar. Indes ist bereits zweifelhaft, ob dem KrW-/AbfG tatsächlich ein Besitzübertragungsverbot immanent ist. Richtig ist, dass der Zweck des KrW-/AbfG eine ordnungsgemäße und schadlose Abfallentsorgung ist, um Gefahren vom Abfall ausgehend zu verhindern. Dass aber allein dieser Zweck ein Besitzübertragungsverbot begründen soll, ist aus mehreren Gründen abzulehnen. Zum einen sieht das KrW-/AbfG selbst in § 16 Abs. 1 die Möglichkeit vor, den Abfall auf einen Dritten zu übertragen282. Auch ist die Andienungspflicht im § 13 KrW-/AbfG nicht als allgemeines Besitzübertragungsverbot zu interpretieren, da § 13 KrW-/AbfG nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich hat. Insbesondere der Umstand, dass § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG sowohl den Abfallerzeuger als auch den Abfallbesitzer verpflichtet, spricht gegen das Bestehen eines solchen Verbots. Der Abfallerzeuger ist zwangsläufig auch Abfallbesitzer. Würde jetzt tatsächlich ein Besitzübergabeverbot bestehen, wäre es überflüssig, neben dem Abfallerzeuger auch dem (bloßen) Abfallbesitzer gesetzliche Pflichten aufzuerlegen. Bereits der Abfallerzeuger, der notwendiger Abfallbesitzer ist, dürfte den Besitz nicht weitergeben. Pflichten des „bloßen“ Abfallbesitzers zu regeln, wäre damit nicht notwendig. Auch sanktioniert das KrW-/AbfG eine Besitzübergabe nicht ausdrücklich. Die Kategorie des „rechtswidrigen“ Abfallbesitzers in Fällen, in denen gegen ein Besitzübertragungsverbot verstoßen wurde, kennt das KrW-/AbfG nicht. Darüber hinaus bietet das KrW-/AbfG lediglich eine besondere Art der Gefahrenabwehr, sodass hier auch allgemeine Grundsätze der Gefahrenabwehr anzuwenden sind. Soweit nicht ausdrücklich ein Verbot besteht, die Zustandsstörerhaftung aufzugeben, existiert kein Verbot. Eine solche Regelung fehlt im KrW-/ AbfG. 280

Lüke, in: Kölner Schrift, S. 859, 889, Rn. 81; wohl auch Blum, Insolvenz, S. 227. OVG Magdeburg, ZIP 1994, 1130, 1134; Schulz, NVwZ 1997, 530, 532. 282 Zu den haftungsrechtlichen Folgen des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG vgl. unten Kap. 4, A.IV.1. 281

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

Das Argument, die Freigabe vereitele eine geordnete Abfallentsorgung und somit die Gefahrenabwehr, trifft auf jeden Sachverhalt zu, in dem ein Zustandsstörer die gefährliche Sache auf einen insolventen Dritten überträgt. Dieses Argument ausschließlich auf das Abfallrecht zu begrenzen, erschließt sich demnach nicht. Mithin widerspricht sich Lüke selbst, wenn er die Übertragung eines mit Abfall belasteten Grundstücks nicht als Verstoß gegen das Besitzaufgabeverbot wertet. Hierin liegt i. S. d. Abfallrechts nichts anderes als eine Übertragung des Abfallbesitzes. Das Argument der Gefahrenabwehrvereitelung müsste dann eher konsequent auf alle Gefahrenabwehrsachverhalte Anwendung finden, was aber nicht per se vorgesehen ist. Der Sinn dieser Argumentation ist insgesamt verständlich, jedoch mittels eines konstruierten Verbots der Besitzweitergabe nicht umsetzbar. Die Gefahrenabwehrvereitelung sollte eher im Allgemeinen über Grundsätze der Sittenwidrigkeit gelöst werden. Dass diese hier gerade nicht vorliegt, ist den Besonderheiten der Insolvenz geschuldet. (dd) Wirkt die Freigabe wie eine unzulässige Dereliktion? Zum Teil wird gegen eine rechtmäßige und wirksame Freigabe auch vorgetragen, sie komme insbesondere einer Dereliktion283 gleich, die das Ordnungsrecht als unerheblich ansehe284. Dieser Annahme sind die unterschiedlichen Folgen der Dereliktion und der Freigabe entgegenzusetzen. Die Freigabe führt im Unterschied zur Dereliktion nicht zur Aufgabe der Sachherrschaft über einen Gegenstand, sondern lediglich zur Rückübertragung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzschuldner und damit zum Ende des Insolvenzbeschlags285. Ein Sachverhalt vergleichbar der Dereliktion ist nicht anzunehmen, da gerade weiterhin ein Verantwortlicher vorhanden ist. Das Argument, dass kein Zustandsstörer für die Gefahrenbeseitigung hafte, kann dadurch ausgeräumt werden, dass anstelle des Insolvenzverwalters der Insolvenzschuldner tritt. (ee) Ergebnis zu den Bedenken gegen eine Freigabe Eine haftungsbefreiende Freigabe von Massegegenständen ist zulässig, soweit der Insolvenzverwalter Zustandsstörer ist.

283

Zu den Rechtsfolgen der Dereliktion von Abfall vgl. unten Kap. 4, A.IV.2.a)bb). Hier zur vorgebrachten Ähnlichkeit mit der Dereliktion vgl. Weitemeyer, Ordnungsrechtliche Maßnahmen, S. 175 f.; auch Lwowski/Tetzlaff, NZI 2004, 225, 228. 285 Schulz, NVwZ 1997, 530, 531. 284

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(c) Ergebnis zu den Folgen der Freigabe beim Abfallbesitzer Mit der zulässigen Freigabe kann bestehender Abfallbesitz entfallen. Dadurch endet die Störereigenschaft und die Masseschuld erlischt. Der Insolvenzverwalter hat für die Gefahrenbeseitigung nicht mehr einzustehen. (3) Ergebnis zu den Folgen der Freigabe Soweit der Insolvenzverwalter lediglich Abfallbesitzer ist, ist eine Freigabe nicht ausgeschlossen. Mit der Freigabe erlischt die Eigenschaft als Zustandsstörer. Anderes gilt, wenn der Insolvenzverwalter bereits Anlagenbetreiber war. cc) Der Inhalt der Freigabeerklärung – Die isolierte Freigabe von Abfällen Fraglich ist indes, welchen Inhalt die Freigabe hat und welchen Gegenstand sie bezeichnen muss. Sowohl eine gesetzliche Regelung als auch eine eindeutige allgemeingültige Rechtsprechung fehlen. Die grundlegende Rechtsprechung des BVerwG zur Freigabe betraf regelmäßig nur Altlastengrundstücke. Zwar stellte das BVerwG286 auch allgemeingültig fest, dass die Freigabeerklärung ihren Zweck nicht erfüllt, wenn die jeweiligen Tatbestandsmerkmale, an die die Haftung des Insolvenzverwalters anknüpft, nicht beachtet werden. Diese Aussage beantwortet aber nicht zweifelsfrei die Frage, ob eine „isolierte“ Freigabe der Abfälle ausreicht, um eine Haftungsbefreiung zu erreichen. Unzweifelsfrei beendet die Freigabe der gesamten Anlage ebenfalls den Abfallbesitz, da mit der Besitzaufgabe am Grundstück, die Möglichkeit, auf den Abfall einzuwirken, fehlt. Im Umkehrschluss muss aber regelmäßig bei der isolierten Freigabe gelten, dass eine „isolierte“ Freigabe von lagernden Abfällen nicht möglich ist, ohne das Grundstück freizugeben287. Wenn das Grundstück nicht freigegeben wird, verbleibt der Besitz daran in jedem Falle beim Insolvenzverwalter. Der Grundstücksbesitz vermittelt nämlich gleichzeitig Besitz an den auf dem Grundstück lagernden Abfällen288. Der Grundstücksbesitzer hat nach der Verkehrsanschauung das Mindestmaß an Sachherrschaft über den Abfall (hier näher zum Abfallbesitz Kap. 4. A.I.3.c)aa))289. Auch Normen des BGB stützen diese Argumentation. Abfall auf einer Abfallentsorgungsanlage könnte auch Zubehör nach § 97 BGB sein. Wenn er Zubehör 286

BVerwG, NVwZ 2004, 1505, 1506. VGH München, NVwZ-RR 2006, 537, 539; VG Potsdam, NJW 2002, 3566, 3567; a. A.: Vierhaus, ZInsO 2005, 127, 132; Weitemeyer, Ordnungsrechtliche Maßnahmen, S. 178. 288 BVerwG, NJW 1998, 1004. 289 So VGH München, NVwZ-RR 2006, 537, 539; vgl. auch BVerwG, NVwZ 2004, 1360, 1361. 287

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

ist, so teilt er nach § 926 Abs. 1 BGB in der Regel bei dinglichen Verfügungen das Schicksal der Hauptsache „Grundstück“. Im Zweifel ist im Rahmen einer Verfügung über ein Grundstück immer anzunehmen, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör erstrecken soll. Dieser Grundgedanke ist auch im Rahmen der Freigabe nicht außer Acht zu lassen. Im Zweifel ist damit anzunehmen, dass sich der Besitz am Grundstück auch auf das Zubehör erstreckt. Die Argumentation von Vierhaus, dass das BVerwG die Freigabe durch einen Anlagenbetreiber als ausschließlichen Fall der wirkungslosen Freigabe sah290, geht fehl. Das BVerwG291 benannte die Variante nur als bloßes Beispiel. Im Ergebnis bleibt je nach Einzelfall zu prüfen, ob die Freigabe der Abfälle die Haftung aufhebt. In der Regel wird eine Freigabe des Anlagengrundstücks oder eines Teils dessen notwendig sein. b) Haftungsbefreiungstatbestände neben der insolvenzrechtlichen Freigabe Die Verwaltungspraxis und die Rechtsprechung wurden in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Haftung des Insolvenzverwalters nicht nur mit Fragen der insolvenzrechtlichen Freigabe konfrontiert. In einem Fall hat das BVerwG entschieden, dass die Veräußerung einer Anlage, auf der Abfälle lagern, an einen neuen Betreiber zum Übergang der Umweltpflichten auf den neuen Betreiber führt292. Dieser Entscheidung ist zuzustimmen. Zum einen führt eine Veräußerung des Grundstücks zum Verlust des Abfallbesitzes. Der Insolvenzverwalter hat keine tatsächliche Sachherrschaft mehr, wenn die Vertragsparteien nicht ausdrücklich etwas anderes regeln. Dieses ergibt sich aus dem in § 926 Abs. 1 S. 2 BGB enthaltenem Grundgedanken, dass das Zubehör im Zweifel das Schicksal seiner Hauptsache teilt. Zum anderen ist bei genehmigungsbedürftigen Anlagen nach § 4 BImSchG immer nur der letzte Betreiber für die Erfüllung der Betreiberpflichten nach § 5 BImSchG zuständig293. Mithin kann durch solche Rechtsgeschäfte eine vollständige Enthaftung des Insolvenzverwalters erfolgen. Gegen solche Rechtsgeschäfte bestehen grundsätzlich keine Bedenken aus Sicht der Allgemeinheit, wenn nicht Tatsachen belegen, dass eine sittenwidrige Kostenabwälzung stattfinden soll. Eine solche Konstellation liegt vor, wenn der Erwerber mittellos ist294. Ein weiterer Fall der Enthaftung des Insolvenzverwalters ist in solchen Konstellationen denkbar, in denen der Insolvenzschuldner lediglich das Anlagengrundstück gemietet hat. Zwar bleiben solche Verträge nach § 108 InsO be290 291 292 293 294

Vierhaus, ZInsO 2005, 127, 132. BVerwG, NVwZ 2004, 1505, 1506. BVerwG, NVwZ 2004, 1360, 1361. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 220. Vgl. Blum, Insolvenz, S. 234 ff.

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stehen, jedoch enthält § 109 InsO eine Kündigungserleichterung. Folge der Kündigung ist die Herausgabe des Grundstücks samt Zubehör. Neuer Abfallbesitzer wird dann der Vermieter oder Verpächter295. Auf seinen Willen, den Abfall nicht zu besitzen, kommt es nicht an (vgl. Kap. 4, A.I.3.c)aa)(1)). Neben der Freigabe stehen dem Insolvenzverwalter damit weitere Möglichkeiten zur Verfügung, sich von der Haftung zu befreien. 6. Ergebnis zur Haftung des Insolvenzverwalters Nach der zustimmungswürdigen herrschenden Ansicht kann auch der Insolvenzverwalter selbst Adressat einer Ordnungsverfügung sein. Soweit er in seiner Person einen umweltrechtlichen Haftungstatbestand erfüllt, trifft ihn diese Pflicht zulasten der Masse. Es handelt sich mithin um eine Masseschuld. Bei Abfallentsorgungsanlagen kommt er zum einen als Anlagenbetreiber nach § 5 BImSchG, zum anderen als Abfallbesitzer nach den §§ 3 Abs. 6, 5 Abs. 2 KrW-/AbfG in Betracht. Erfüllt ausschließlich der Insolvenzschuldner einen Haftungstatbestand, so handelt es sich um eine Insolvenzschuld. Der Insolvenzverwalter kann in solchen Fällen nicht Adressat einer Ordnungsverfügung sein. Ist der Insolvenzverwalter selbst Verpflichteter, kommt je nach den einschlägigen ordnungsrechtlichen Tatbeständen eine Enthaftung in Betracht. Bei einem Abfallbesitzer wird dieses regelmäßig die insolvenzrechtliche Freigabe sein. In allen anderen Fällen sollte an eine Übereignung der Anlage gedacht werden. Aus Sicht des Insolvenzverwalters hat das folgende Konsequenzen: Er hat zunächst zu versuchen, einen Weiterbetrieb der Anlage zu verhindern, soweit deren Betrieb noch nicht eingestellt wurde. Damit verhindert er die Haftung als Anlagenbetreiber, bei der eine insolvenzrechtliche Freigabe nicht möglich ist. Hier bleibt nur die Betriebsübergabe an einen neuen Betreiber. Die Stellung als Abfallbesitzer wird der Insolvenzverwalter in aller Regel nicht verhindern können. Hier dient aber das Mittel der Freigabe zur Enthaftung. Die Freigabeerklärung muss allerdings im Inhalt und in den besitzrechtlichen Folgen derart präzise sein, dass die tatsächliche Sachherrschaft entfällt. Für die Verwaltungspraxis hat dieses insgesamt zur Folge, dass die Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters regelmäßig ausscheiden wird.

II. Die Haftung des Anlagenbetreibers nach Stellung des Insolvenzantrags Insbesondere der Anlagenbetreiber kommt regelmäßig als Adressat einer Anordnung zur ordnungsgemäßen Abfallentsorgung in Betracht, da er schließlich 295

Zur Haftung des Grundstückseigentümers vgl. unten Kap. 4, A.V.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

durch das Betreiben der Anlage erst die Ursache für die nun störende Abfalllagerung gesetzt hat. Die Insolvenz des Anlagenbetreibers führt aber zu Besonderheiten der Haftung, die im Folgenden zu betrachten sind. 1. Die Haftungsgrundlagen bei Betreibern einer Abfallentsorgungsanlage Zunächst ist nochmals kurz darzustellen, nach welchen Rechtsgrundlagen der Anlagenbetreiber für die Abfallentsorgung haften kann. Zu nennen sind hier die Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 1 und 3 BImSchG, die entweder durch die Anlagengenehmigung oder durch eine nachträgliche Anordnung durchzusetzen sind (vgl. Kap. 2, C.IV., E.IV.). Insbesondere bei einer Einstellung des Betriebs ist die Jahresfrist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG zu beachten. Nach Ablauf dieser Frist darf die Behörde nicht erstmalig – solange keine vollziehbare Auflage im Genehmigungsbescheid enthalten ist (zur Nachsorgepflicht im Genehmigungsbescheid vgl. Kap. 2, E.IV.1.) – die Erfüllung der Nachsorgepflicht und somit auch nicht die Abfallentsorgung nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG verlangen. In Betracht kommt weiterhin eine Ordnungspflicht nach den §§ 5 Abs. 2, 21 KrW-/AbfG. Regelmäßig wird der Anlagenbetreiber auch Abfallbesitzer (vgl. Kap. 4, I.3.c)aa)) sein, wenn er nicht den Besitz an der Anlage insgesamt an einen Dritten übertragen hat. Da es sich bei den lagernden Abfällen überwiegend um angelieferten Abfall handelt, scheidet die Abfallerzeugerschaft regelmäßig aus. Unter besonderen Umständen kommt auch eine Haftung für schädliche Bodenveränderungen und Altlasten in Betracht (vgl. Kap. 4, A.I.3.b)). Fraglich ist, ob der Anlagenbetreiber neben den Betreiberpflichten auch die Abfallpflichten des KrW-/AbfG erfüllen muss. Im Grundsatz gilt, dass dem BImSchG und seinen anlagenbezogenen Ermächtigungsgrundlagen solange kein Vorrang zukommt, wie der Gesetzgeber nichts anderes geregelt hat296. Im Verhältnis von Betreiberpflichten nach dem BImSchG und den Entsorgungspflichten nach dem KrW-/AbfG ist der in § 9 KrW-/AbfG geregelte Vorrang des BImSchG zu beachten. Ein ähnlicher Anwendungsvorrang gilt im Verhältnis zum Bodenschutzrecht (vgl. Kap. 4, A.I.3.e)aa)(1)). Die Pflichten der Betreiber von genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BImSchG, diese so zu errichten und zu betreiben, dass Abfälle vermieden, verwertet oder beseitigt werden, richten sich nach den Vorschriften des BImSchG. Anordnungsbefugnisse nach dem KrW-/ AbfG scheiden mithin aus, soweit ein Bezug zu Pflichten eines Betreibers einer 296

Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 39.

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genehmigungsbedürftigen Anlage nach dem BImSchG besteht. Lediglich die Ermächtigungsgrundlage des § 17 BImSchG kann zur Durchsetzung der Betreiberpflichten nach § 5 BImSchG dienen297. Solange eine behördliche nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG in Betracht kommt, darf die Überwachungsbehörde abfallrechtliche Pflichten nach § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG nicht nach § 21 KrW-/AbfG gegenüber dem Anlagenbetreiber geltend machen (Anwendungsvorrang des BImSchG)298. Anderes könnte bei Ablauf der Anordnungsfrist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG gelten. Die bestehende Literatur geht davon aus, dass nach Ablauf der Jahresfrist zwar eine Durchsetzung der Betreiberpflichten nicht mehr in Betracht kommt, aber aufgrund von anderen Ermächtigungsgrundlagen gegen den bestehenden rechtswidrigen Zustand vorgegangen werden kann299. Dieses ist auch den Gesetzesunterlagen zu § 5 Abs. 3 BImSchG zu entnehmen, wonach im Übrigen weitergehende Pflichten der Betreiber aufgrund anderer Vorschriften unberührt bleiben300. Insbesondere Anordnungen nach § 21 KrW-/AbfG kämen mithin auch gegen den Anlagenbetreiber in Betracht, wenn dieser Abfallbesitzer ist. Gegen eine solche Anwendung des KrW-/AbfG, nachdem die Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG abgelaufen ist, bestehen jedoch Bedenken hinsichtlich des Vertrauensschutzes. § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG bezweckt gerade, dass die konkreten Nachsorgepflichten des Betreibers nach Fristablauf nicht mehr durchsetzungsfähig sind. Die Fristenregelung schließt im Ergebnis die Anordnungsbefugnis der Immissionsschutzbehörde aus. Der Ausschluss dient der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz des Anlagenbetreibers. Nach Ablauf dieser Frist muss er nicht mehr damit rechnen, durch die Behörde aufgefordert zu werden, den vorhandenen Abfall ordnungsgemäß zu entsorgen. Wenn jedoch das KrW-/ AbfG nach Fristablauf zur Anwendung kommen kann, könnte die Fristenregelung des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG wirkungslos werden, da die materielle Entsorgungspflicht nach § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG der Pflicht des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG entspricht. Trotz der Ausschlussfrist müsste der Anlagenbetreiber die Betreiberpflicht erfüllen. Die Ausschlussfrist wäre folglich – zumindest im Bereich der Abfallentsorgung – wirkungslos, da die materielle Pflicht bestehen bliebe. Diese Bedenken sind auszuräumen. Adressat einer Nachsorgeordnung kann lediglich der Betreiber einer Anlage sein. Adressat einer Anordnung nach dem KrW-/AbfG ist entweder der Abfallerzeuger oder der Abfallbesitzer. Die Anordnung bezieht sich demnach nicht auf den Betreiber einer Anlage, sondern 297

Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 40. Dieser gilt bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nicht, soweit es um die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen geht, vgl. oben Kap. 4 Fn. 208. 299 Frenz, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 17 Rn. 76; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 120; Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 45; Kälberer, AbfallR 2008, 214, 218; Koch, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 17 Rn. 184. 300 BT-Drucks. 11/4909, S. 15. 298

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auf den Abfallbesitzer. Das KrW-/AbfG dient nicht der Durchsetzung von Betreiberpflichten. Ist der ehemalige Betreiber identisch mit dem Abfallbesitzer, stehen letztendlich der Abfallbesitz und die Durchsetzung allgemeiner abfallrechtlicher Pflichten im Vordergrund. Auch der ehemalige Betreiber kann schlussendlich Adressat abfallrechtlicher Anordnungen sein, wenn er nach Ablauf der Frist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG weiterhin Abfallbesitzer ist. 2. Die Folgen der Insolvenz für die ordnungsrechtliche Haftung des Betreibers Es stellt sich die Frage, ob der Anlagenbetreiber infolge der Insolvenz noch Adressat einer ordnungsrechtlichen Verfügung nach § 17 Abs. 1, 4a S. 2 BImSchG oder § 21 KrW-/AbfG sein kann. a) Der Regelfall: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens Grundsätzlich gilt, dass eine Anordnung an einen insolventen Anlagenbetreiber – den Schuldner – mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 27 InsO nicht in Betracht kommt. Der Betreiber hat wegen des Insolvenzbeschlags nach § 80 InsO keine Verfügungsbefugnis über die Anlage. Um einer ordnungsrechtlichen Verfügung nachzukommen, müsste er zum einen gegen das aus § 80 InsO resultierende Verfügungsverbot verstoßen, zum anderen wären Verfügungen des Schuldners unwirksam (§ 81 Abs. 1 S. 1 InsO). Ihm ist es deswegen unmöglich, Anordnungen einer Ordnungsbehörde zu erfüllen, die nach Verfahrenseröffnung ergehen301. Polizeiliche Verfügungen sind ermessensfehlerhaft, wenn sie eine Handlung aufgeben, die mangels rechtlicher Befugnis seitens des Adressaten nicht zu erfüllen ist302. Verfügungen gegenüber dem Schuldner können nur bis zur Verfahrenseröffnung erlassen werden303. b) Die Ablehnung des Insolvenzantrags mangels Masse Neben der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat das Insolvenzgericht auch die Möglichkeit, die Eröffnung mangels Masse gem. § 26 InsO abzulehnen. Eine solche Ablehnung erfolgt, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens (§ 54 InsO) zu decken. 301 Vgl. Lüke, in: Kölner Schrift, S. 859, 866, Rn. 21; Weitemeyer, Ordnungsrechtliche Maßnahmen, S. 39. 302 Denninger, in: Lisken/Denninger, HdPolR, Rn. E 130. 303 Solche und die in der Regel vorhandenen Ersatzvornahmekosten stellen dann eine Insolvenzschuld dar, die im Regelverfahren zur Tabelle anzumelden sind.

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In diesen Fällen entstehen die Beschränkungen des Schuldners nicht. Gläubiger müssen ihre Forderungen im Wege der Einzelvollstreckung durchsetzen. Zu beachten ist jedoch, dass eine Ablehnung nach § 26 InsO zur Auflösung von juristischen Personen und Gesellschaften, bei denen keine natürlichen Personen mit ihrem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften, führt, vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, § 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG, §§ 130 Abs. 2 Nr. 1, 161 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB)304 und § 81a Nr. 1 GenG305. Der Auflösung folgt die Liquidation fernab der insolvenzrechtlichen Vorschriften. Die Folgen der Auflösung richten sich nach gesellschaftsrechtlichen Regeln306. Die Auflösung führt nicht zur Beendigung der Gesellschaft, sondern zunächst zur Liquidation (Bestehen als aufgelöste Gesellschaft in Liquidation), in der der Liquidator die laufenden Geschäfte beendet und überschüssiges Vermögen verteilt, vgl. z. B. §§ 66, 70 GmbHG. Fraglich ist hier, wie der Anlagenbetreiber in diesem Fall für die bestehenden Umweltschäden haftet. Da die Auflösung nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft führt, bleibt sie weiterhin bestehen und kann mithin Adressat einer ordnungsrechtlichen Verfügung sein307. Der eingesetzte Liquidator ist nicht mit dem Insolvenzverwalter vergleichbar; er tritt an die Stelle des Geschäftsführers mit der alleinigen Aufgabe, die gängigen Geschäfte zu beenden und die bestehenden Vermögenswerte zu verwerten308. Die Gesellschaft hört erst dann auf zu existieren, wenn sie aus dem Handelsregister gelöscht und das Vermögen verteilt wurde309. Auf den Bestand von Verbindlichkeiten kommt es nicht an310. Gleiches muss für Ordnungspflichten gelten. In den Fällen, in denen es nicht zur Auflösung kommt – bei natürlichen Personen und Gesellschaften mit Rechtspersönlichkeit –, haften diese weiter wie bisher, da gerade keine Liquidation stattfindet. Eine „Einzelvollstreckung“ ist weiterhin möglich311. Der Anlagenbetreiber kann daher wie bisher Adressat einer Ordnungsverfügung nach § 17 Abs. 1 BImSchG oder ggf. nach § 21 KrW-/AbfG sein. 304 Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 6a des Gesetzes vom 31.7.2009 (BGBl. I S. 2512). 305 Beachte: Dieser Auflösungsgrund ist bei Vereinen, BGB-Gesellschaften und OHG mit einer natürlichen Person als haftendem Gesellschafter nicht bekannt. Die herrschende Meinung geht davon aus, dass bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit eine Auflösung nicht möglich ist; vgl. hierzu die Ausführungen bei Uhlenbruck, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 16 Rn. 15. 306 Haarmeyer, in: MüKoInsO, § 26 Rn. 47. 307 VGH Mannheim, NJW 2003, 2550, 2553; vgl. hierzu weiter Haarmeyer, in: MüKoInsO, § 26 Rn. 49. 308 Grziwotz, DStR 1992, 1404, 1406; Schulze-Osterloh/Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 9. 309 Grziwotz, DStR 1992, 1404, 1406. 310 Schulze-Osterloh/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 74 Rn. 16. 311 Haarmeyer, in: MüKoInsO, § 26 Rn. 52.

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Im Ergebnis ist ein solches Vorgehen der Behörde aber aussichtslos, da die Insolvenzgründe weiterhin vorliegen und der Anlagenbetreiber gerade nicht die Mittel hat, lagernde Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen. c) Freigabe aus der Masse Wie bereits beim Insolvenzverwalter dargestellt, führt die Freigabe der Anlage aus der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dazu, dass der Insolvenzbeschlag nach den §§ 80, 146 InsO entfällt. Der Schuldner hat somit wieder alleinig die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Anlage inne312. Das oben geschilderte Problem der Unmöglichkeit mangels Verfügungsbefugnis (vgl. Kap. 4, A.II.2.a)) besteht nicht mehr. Fraglich ist jedoch, ob er durch die Freigabe auch die Betreiberpflichten wieder zu erfüllen hat. Hier sind entsprechend den Ausführungen zum Insolvenzverwalter verschiedene Konstellationen zu unterscheiden. aa) Der Insolvenzverwalter als Betreiber der Anlage Wenn der Insolvenzverwalter den Anlagenbetrieb fortgeführt hat, gilt zunächst dieser als Betreiber der Anlage. Stellte er während des Insolvenzbeschlags den Anlagenbetrieb ein, so gilt er als letzter Betreiber der Anlage. Ihn treffen die Nachsorgepflichten, unabhängig davon, ob er die Anlage aus der Insolvenzmasse freigegeben hat. Dieses hat für den Schuldner, den vormaligen Anlagenbetreiber, die Folge, dass er nicht mehr als aktueller bzw. letzter Anlagenbetreiber gilt. Als ehemaligen Anlagenbetreiber treffen ihn die Nachsorgepflichten nicht. Er kann folglich nicht Adressat einer Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG sein, sondern lediglich als Abfallbesitzer gem. den §§ 3 Abs. 6, 5 Abs. 2 KrW-/AbfG gelten. Nimmt der Schuldner nach Freigabe die Anlage wieder in Betrieb, so gilt nunmehr wieder nur er allein als Anlagenbetreiber. bb) Der Insolvenzverwalter war nicht Betreiber der Anlage Hat hingegen der Insolvenzbetreiber den Anlagenbetrieb selbst nie fortgeführt, so galt er nie als Anlagenbetreiber. „Letzter“ Anlagenbetreiber i. S. d. § 5 Abs. 3 BImSchG war und bleibt der Schuldner. Mit Freigabe der Anlage ist folglich wieder der Schuldner verantwortlich für die Erfüllung der Nachsorgepflichten. Diese Pflichterfüllung ist mithin auch wieder durchsetzbar.

312 RGZ 60, 107, 109; BGH, NJW 2005, 2015, 2016; BGH, NJW 2006, 1286, 1288; Fabry, Private Unternehmen, S. 149; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 13.14; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Bd. II, § 80 Rn. 88; Lwowski/Tetzlaff, NZI 2004, 225; Weber, JZ 1963, 223.

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Fraglich ist jedoch, wie hier mit der Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG umzugehen ist. Grundsätzlich läuft die Jahresfrist mit Betriebseinstellung. Wenn vor Eröffnung des Verfahrens eine Anordnung zur Durchsetzung der Betreiberpflicht nicht vorlag, könnte der Zeitraum zwischen Betriebseinstellung und Freigabe der Anlage aus der Insolvenzmasse die Jahresfrist überschreiten. Die Überwachungsbehörde könnte demnach eine solche Anordnung nicht treffen. Zunächst war sie mangels Unmöglichkeit gehindert, eine solche Anordnung zu erlassen, später fehlte wegen Fristablaufs die Anordnungsbefugnis. Die ohnehin schwerwiegenden Folgen der Freigabe für die Polizeibehörden verschärften sich. Zu überlegen ist in solchen Fällen, ob nicht eine Hemmung des Fristablaufs während des Insolvenzbeschlags in Betracht kommt. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könnte möglich sein. (1) Ist die Hemmung der Frist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG möglich? (a) Der Begriff der Hemmung Die Hemmung von Fristen ist überwiegend aus dem Bereich der zivilrechtlichen Verjährung bekannt (vgl. z. B. §§ 203 ff. BGB, § 53 BGB). Die Hemmung stellt in diesen Fällen einen Ausgleich für die durch die Verjährung entstehende Rechtsverkürzung dar (praktische Konkordanz zwischen Schuldnerinteresse an absoluter Rechtssicherheit und Rechtsverkürzung des Gläubigers313); sie bewirkt in Fällen, in denen ein Anspruchsinhaber aus besonderen Gründen keine Möglichkeit hat, seine Forderung geltend zu machen, dass der Ablauf der Verjährungsfrist aufgeschoben wird. Ist also ein Rechtssubjekt wegen besonderer Umstände, die er nicht zu vertreten hat, außerstande, seinen Anspruch anzumelden, dürfen diese Umstände nicht zu seinem Nachteil gereichen314. Die Verjährung soll folglich solange nicht gegen den Gläubiger laufen, wie er sein Recht nicht durchsetzen kann315. (b) Verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Fristhemmung Räumt der Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit der Verjährung ein, so muss er auch die Möglichkeit einer Hemmung regeln, weil die Verjährungsregelung sonst unangemessen ist, da der gerade genannte Ausgleich versagt wird316.

313

Vgl. Oetker, Die Verjährung, S. 54. BVerwG, NVwZ 1996, 1217, 1218; Oetker, Die Verjährung, S. 57; Zimmermann, JZ 2000, 853, 857; Guckelberger, Die Verjährung, S. 386. 315 Peters, in: Staudinger, BGB, Buch 1, § 209 Rn. 1. 316 Guckelberger, Die Verjährung, S. 387; Oetker, Die Verjährung, S. 54 f. 314

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

Fehlt die Möglichkeit, Verjährungsfristen zu hemmen, sind bestehende Hemmungsregelungen analog anzuwenden317. Für die Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG fehlt eine Regelung, die die Möglichkeit der Hemmung der Anordnungsfrist einräumt. Fraglich ist aber, ob es hier einer Hemmung aus den gerade dargestellten verfassungsrechtlichen Gründen bedarf. Dieses ist zu verneinen, sollte es sich bei § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG nicht um eine Verjährungsfrist handeln. Der Wortlaut der Norm spricht nicht ausdrücklich von einer Verjährung. Eine solche wird in der Regel ausdrücklich im Gesetz angesprochen318. Auch wenn die Verjährung ausdrücklich nicht angesprochen wird, könnte es sich um eine Verjährungsfrist handeln. Grundsätzlich ist die Verjährung auch im öffentlichen Recht bekannt319 (vgl. z. B. § 53 VwVfG). Jedoch können nur vermögensrechtliche Ansprüche einer öffentlich-rechtlichen Verjährung unterliegen320. Die überwiegende Literaturansicht geht davon aus, dass ordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse gegen einen Störer gerade keinen vermögensrechtlichen Anspruch der Behörde begründen und damit einer Verjährung nicht zugänglich sind321. Erfmeyer und Guckelberger gehen soweit zu sagen, dass die abstrakte Ordnungspflicht bis zum Zeitpunkt des Erlasses eines belastenden Verwaltungsakts zur Durchsetzung der Ordnungspflicht bereits keinen Anspruch darstelle; erst ein (bestandskräftiger) Verwaltungsakt begründe einen Anspruch322. Auch der Umstand, dass spätere Ersatzvornahmekosten ein vermögensrechtlicher Anspruch sind, ändert nichts daran, dass die bloße Eingriffsbefugnis keinen solchen darstellt323. Darüber hinaus wäre die Effektivität der Gefahrenabwehr gefährdet, 317

Guckelberger, Die Verjährung, S. 387. Lange, Die verwaltungsrechtliche Verjährung, S. 23. 319 BVerwGE 34, 97; Lange, Die verwaltungsrechtliche Verjährung, S. 19. 320 BVerwGE 28, 336, 338; VGH Mannheim, VBlBW 2000, 362, 364; Dietlein, DÖV 1967, 804; Fabry, Private Unternehmen, S. 49; Frenz, Grubengase, S. 115; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, § 53 Rn. 14; Lange, Die verwaltungsrechtliche Verjährung, S. 21; Striewe, ZfW 1986, 273, 290; a. A.: Ossenbühl, NVwZ 1995, 547, 549; differenzierend: Guckelberger, Die Verjährung, S. 147 ff. 321 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1996, 387, 390; NVwZ-RR 2000, 589, 591; VGH Kassel, NVwZ 1987, 993, 996; OVG Münster NVwZ 1997, 507, 511; Erfmeyer, VR 1999, 48, 51; Fabry, Private Unternehmen, S. 49; Frenz, Grubengase, S. 117 f.; Kloepfer, NuR 1987, 7, 17; Lange, Die verwaltungsrechtliche Verjährung, S. 22; Martensen, NVwZ 1997, 442, 444; v. Mutius/Nolte, DÖV 2000, 1, 5; Schenke, in: Steiner, BesVerwR, II D Rn. 181; ders., Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 282; Schink, DÖV 1999, 797, 804 f.; Striewe, ZfW 1986, 273, 290; wohl auch: VGH München, UPR 1997, 193; a. A.: Blechschmidt, Verwirkung, S. 222; Gärtner, UPR 1997, 452 f.; Ossenbühl, NVwZ 1995, 547, 549; Wieland, Verjährung, S. 125 f.; differenzierend: Kothe, VerwArch 88 (1997), 456, 486. 322 Erfmeyer, VR 1999, 48, 51; Guckelberger, Die Verjährung, S. 210; wohl auch: Kothe, VerwArch 88 (1997), 456, 486; auch: OVG Münster NVwZ 1997, 507, 511. 323 Guckelberger, Die Verjährung, S. 142; a. A.: Wieland, Verjährung, S. 125 f. 318

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da der Ordnungspflichtige sich durch bloßen Zeitablauf seiner Pflicht entziehen könnte324. Dieser herrschenden Ansicht ist zuzustimmen. Polizeirechtliche Pflichten dürfen (ohne gesetzliche Anordnung) nicht der Verjährung unterliegen, da sonst die notwendige Effektivität der Gefahrenabwehr nicht zu erreichen wäre. Die Gefahr, die der Störer zu vertreten hat, muss dieser auch beseitigen. Der Kostenerstattungsanspruch bei Ersatzvornahme ist nicht mit der Gefahrenbeseitigung als solche gleichzusetzen. Unter Anwendung dieser Grundsätze fehlt der Anordnungsfrist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG die Qualität einer Verjährungsfrist, weil § 17 BImSchG eine Eingriffsbefugnis einer Polizei- und Ordnungsbehörde darstellt und dem Bereich der Gefahrenabwehr zuzuordnen ist. Demnach widerspräche es den anerkannten Grundsätzen, wenn § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG eine Verjährungsnorm darstelle. Systematische Gründe sprechen ebenfalls gegen die Annahme einer Verjährungsnorm. Die Verjährung325 des BGB stellt lediglich eine Einwendungsmöglichkeit des Schuldners dar, mit der er die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs abwenden kann. Ohne diese Einwendung der Verjährung kann der Gläubiger weiterhin den Anspruch durchsetzen. § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG stellt keine solche Einwendung dar. Sie schließt ausdrücklich eine Anordnungsbefugnis der Umweltbehörde aus, wodurch mittelbar die Umweltpflicht des Anlagenbetreibers erlischt. Die Folgen des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG sind damit weitgehender als die der Verjährung nach dem BGB. § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG hat im Ergebnis den Charakter einer kodifizierten Verwirkung bzw. einer verfahrensrechtlichen Ausschlussfrist. Diese Rechtsinstitute sind aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes im Gefahrenabwehrrecht anerkannt. In Gesamtschau der genannten Argumente sprechen diese gegen die Annahme einer Verjährungsregelung in § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG. Zudem ist fraglich, ob sich die öffentliche Hand hier auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der die Hemmung einer Frist erst notwendig macht, berufen kann. Zweifelhaft ist, ob der öffentlichen Hand die Möglichkeit einer Hemmung einzuräumen ist, wenn zu ihren Lasten eine Verjährungsfrist geregelt ist. Die Anwendung von Hemmungsvorschriften ist mithin nicht aus den o. g. verfassungsrechtlichen Gründen geboten. (c) Fristhemmung mittels Analogie? Trotzdem könnte eine Hemmung der Anordnungsausschlussfrist in Betracht kommen, auch wenn § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG keine Verjährungsvorschrift im 324 Fabry, Private Unternehmen, S. 49; Kloepfer, NuR 1987, 7, 17; Martensen, NVwZ 1997, 442, 444; Schink, DÖV 1999, 797, 804. 325 Ausnahme ist die Festsetzungsverjährung nach § 169 AO. Diese ist nicht lediglich eine Einrede, sondern führt zum Erlöschen eines Steueranspruchs, vgl. § 47 AO.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

öffentlich-rechtlichen Sinne darstellt. Eine analoge Anwendung anderer Hemmungsregelungen könnte möglich sein. In Betracht zu ziehen ist dabei eine Analogie zu den §§ 169 Abs. 1, 171 Abs. 1 AO. Nach § 169 Abs. 1 AO ist eine Steuerfestsetzung bei Ablauf der Festsetzungsfrist nicht mehr zulässig. Versäumt die zuständige Behörde die Festsetzungsfrist, erlöschen die Ansprüche aus dem Steuerverhältnis, vgl. § 47 AO. Der ursprünglich materiell Steuerpflichtige kann nicht mehr Adressat einer Festsetzung durch die Steuerbehörde sein. Diese Regelung aus dem Steuerrecht erscheint dem § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG vergleichbar. Im Gegensatz zum BImSchG kennt jedoch die AO in § 171 Abs. 1 eine sog. Ablaufhemmung. Danach läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann. Der Begriff der „höheren Gewalt“ ist gesetzlich nicht definiert. Die herrschende Meinung geht davon aus, dass „höhere Gewalt“ einen unabwendbaren Zufall beschreibt326. Ein solcher ist bei einem von außen kommenden Hindernis anzunehmen327, welches den Anspruchsinhaber trotz Einhaltung der größten zu erwartenden und zumutbaren Sorgfalt hindert, den Anspruch geltend zu machen328. Bereits das geringste Verschulden schließt höhere Gewalt aus329. Unkenntnis des Anspruchs genügt für die Annahme höherer Gewalt nicht330. Höhere Gewalt entfällt insbesondere dann, wenn der Anspruchsinhaber keine Anstrengungen unternimmt, um die Frist einzuhalten, obwohl er dazu in der Lage ist331. Fraglich ist nun, ob § 171 Abs. 1 AO auf § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG analog anwendbar ist. Die entsprechende Anwendung einer Rechtsnorm auf einen Sachverhalt, der gesetzlich bisher nicht geregelt ist, kommt nur dann in Betracht, wenn – eine Regelungslücke besteht, die durch Auslegung nicht zu schließen ist, – die Lücke planwidrig, d. h. vom Gesetzgeber so nicht gewollt ist, – und der nicht geregelte Sachverhalt dem von der bestehenden Norm geregelten Sachverhalt wesentlich ähnelt (Vergleichbarkeit)332.

326 BVerfG, NJW 2008, 429; BGH, NJW 1997, 3164; Fritsch, in: Pahlke/Koenig, AO, § 230 Rn. 2. 327 BVerfG, NJW 2008, 429; Cöster, in: Pahlke/Koenig, AO, § 171 Rn. 12. 328 BVerfG, NJW 2008, 429; BVerwG, NVwZ 1998, 1292, 1294; BVerwG, NJW 1986, 207, 208. 329 BGH, NJW 1982, 96, 97; BGH, NJW 1994, 2752, 2753; BGH, NJW 1997, 3164; Cöster, in: Pahlke/Koenig, AO, § 171 Rn. 12; Fritsch, in: Pahlke/Koenig, AO, § 230 Rn. 2. 330 BGH, NJW 1997, 3164; Fritsch, in: Pahlke/Koenig, AO, § 230 Rn. 2. 331 BAG, NJW 2003, 2849. 332 Vgl. Beaucamp, AöR 134 (2009), 83, 86.

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Wie bereits festgestellt, räumt das BImSchG keine Möglichkeit ein, die Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG zu hemmen. Der Wortlaut dieser Norm ist auch nicht derart auszulegen, dass eine Möglichkeit der Fristhemmung besteht. Es liegt eine Regelungslücke vor. Fraglich ist, ob diese Lücke planwidrig ist. Eine planwidrige Lücke ist anzunehmen, wenn der Gesetzgeber diese Möglichkeit der Regelung unbewusst nicht bedacht hat oder sie nicht bedenken konnte333. Der Gesetzgeber darf eine solche Regelung nicht ausdrücklich für den zu entscheidenden Fall ausgeschlossen haben334. Ob die vorhandene Lücke im BImSchG planwidrig ist, erscheint fraglich. Laut der Gesetzesbegründung zum § 17 Abs. 4a BImSchG soll eine nachträgliche Anordnung zur Durchsetzung der Nachsorgepflichten nur während eines bestimmten Zeitraums nach Betriebseinstellung möglich sein335. Hier hebt der Gesetzgeber deutlich hervor, dass der Zeitraum nach Betriebseinstellung der ausschlaggebende Aspekt ist. Ausschließlich in diesem Zeitraum darf eine nachträgliche Anordnung erfolgen. Eine Fristverlängerung zog der Gesetzgeber dabei nicht in Betracht. Obendrein war die Möglichkeit der Fristhemmung nach § 171 Abs. 1 AO bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Fristenregelung in § 17 BImSchG bekannt. Der Gesetzgeber kannte folglich die Möglichkeit, materielle Fristen, an die die Behörden gebunden sind, zu hemmen. Allein diese Gründe sprechen gegen eine planwidrige Lücke. Bei Annahme einer planwidrigen Lücke müssen die Tatbestände vergleichbar sein. Hierzu sind der jeweilige Zweck der analog anzuwendenden Norm sowie die Interessenlage des zu entscheidenden Falls herauszuarbeiten und gegenüberzustellen336. Wenn beide Konstellationen einen gemeinsamen Grundgedanken aufweisen, spricht das für eine Vergleichbarkeit337. In Anwendung dieser Grundsätze sprechen einige Aspekte für eine Vergleichbarkeit. Sowohl bei der Festsetzungsverjährung nach § 169 AO als auch beim Ausschluss der nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG geht es um die zeitliche Begrenzung einer staatlichen Befugnis338. Beiden Normen sind Elemente des Vertrauensschutzes und der Verwirkung immanent. Auch wenn die benannten Rechtsnormen unterschiedliche Pflichten (Steuer- sowie Ordnungspflicht) der Bürger regeln, sind sie in diesem Zweck vergleichbar.

333

Beaucamp, AöR 134 (2009), 83, 85. Schmidt, VerwArch 97 (2006), 139, 143; Treder, Rechtsanwendung, S. 92. 335 Vgl. BT-Drucks. 11/ 4909, S. 30. 336 Treder, Rechtsanwendung, S. 93 f. 337 Schmidt, VerwArch 97 (2006), 139, 145. 338 Hierin unterscheidet sich die „Festsetzungsverjährung“ von der Regelverjährung des BGB, die lediglich eine Einrede darstellt, aber Ansprüche nicht zum Erlöschen bringt, vgl. Richter/Beck, DStR 2007, 1512, 1513 f. 334

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

Selbst bei Bejahung der Analogievoraussetzungen ist eine Analogie bei Vorliegen eines Analogieverbots immer ausgeschlossen. Ein allgemeines Analogieverbot im öffentlichen Recht besteht nicht339. Jedoch könnten besondere Prinzipien des öffentlichen Rechts eine Analogie im Einzelfall ausschließen. Zu denken ist hier insbesondere an den im Verwaltungsrecht herrschenden Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes. Danach darf die Verwaltung nur gegenüber dem Bürger handeln, wenn dafür eine gesetzliche Ermächtigung besteht. Dieser Grundsatz wird mit unterschiedlichen Ansätzen aus dem Grundgesetz abgeleitet. Dabei wird verschiedentlich auf die Grundrechte (sog. Wesentlichkeitstheorie)340, auf Art. 20 Abs. 3 GG341 oder das Demokratieprinzip342 abgestellt. Der konkrete Inhalt des Gesetzesvorbehalts und die Reichweite sind jedoch bislang nicht unstreitig geklärt. Als überwiegend anerkannt gilt mithin, dass für Eingriffe in Freiheit und Eigentum eines Bürgers eine gesetzliche Grundlage bestehen muss343. Eine Analogie scheidet demnach dann aus, wenn sie erst die Ermächtigung der Behörde für einen Eingriff in Freiheit und Eigentum schafft; die Maßnahme muss zumindest erkennbar für den Bürger in einer gesetzlichen Norm angelegt sein344. Eine entsprechende Anwendung des § 171 Abs. 1 AO auf § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG hat demzufolge dann auszuscheiden, wenn die Regelung einer Fristhemmung einen Eingriff in eine Rechtsposition eines Bürgers im Sinne des Vorbehalts des Gesetzes darstellt. Eine Hemmung des Fristablaufs wäre nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung im BImSchG möglich. Ein Eingriff liegt klassischerweise bei Verboten oder der Anordnung von Geboten vor. Aber auch faktische Beeinträchtigungen der Rechte fallen unter den 339

Schmidt, VerwArch 97 (2006), 139, 155 f. BVerfG, NJW 1976, 34, 35; BVerfG, NJW 1979, 359, 360; BVerfG, NJW 1997, 1975, 1977; BVerfG, NJW 1998, 2515, 2520; BVerfG, NJW 1999, 3253, 3254. 341 BVerfG, NJW 1976, 34, 35; BVerfG, NJW 1979, 359, 360; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 288; Ziekow, JZ 1999, 963, 964. 342 BVerfG, NJW 1959, 931; BVerfG, NJW 1999, 3253, 3254. 343 BVerfG, NJW 1959, 931; BVerfG, NJW 1979, 359, 360; BVerfG, NJW 1997, 1975, 1977; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 289; Gern, DÖV 1985, 558, 563; Herzog/ Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VI Rn. 81; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 50; Maurer, AllgVerwR, § 6 Rn. 16; Peine, AllgVerwR, Rn. 136, 669; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 Rn. 97; Ziekow, JZ 1999, 963, 964. 344 So die herrschende Ansicht: BVerfG, NJW 1996, 3146; VGH München, NVwZRR 2003, 726, 727; OVG Münster, NVwZ-RR 1992, 271, 272; VG Minden, NVwZ 2003, 370; Anschütz, VerwArch 14 (1906) 315, 325; Beaucamp, AöR 134 (2009), 83, 100; Caspar, AöR 125 (2000), 131, 148; Gern, DÖV 1985, 558, 563; ders., NVwZ 1995, 1145, 1148; Guckelberger, Die Verjährung, S. 329 ff.; Gusy, DÖV 1992, 461, 464; Kellner, NVwZ 2002, 395, 396; Konzak, NVwZ 1997, 872, 873; Schenke, in: Steiner, BesVerwR, II D Rn. 181; ders., Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 283; Stumpf, NVwZ 2003, 1198, 1200; a. A.: BFH, NVwZ 1984, 823; Hemke, Analogiebildung, S. 277 ff.; Schmidt, VerwArch 97 (2006), 139, 158; wohl auch von Heinegg, NVwZ 1992, 522, 527; Schwabe, DVBl. 1997, 352 f.; einschränkend: Sachs, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, § 44 Rn. 54. 340

A. Kreis möglicher Adressaten einer Sicherungs-/Entsorgungsanordnung

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Eingriffsbegriff345. Gegen die Qualifizierung der Hemmung einer Anordnungsfrist als Eingriff im Sinne des Gesetzesvorbehalts spricht, dass die grundsätzliche Ordnungspflicht selbst nicht geschaffen wird. Berührt wäre lediglich die konkrete Ausgestaltung der Haftung. Bei einer solchen bloßen „Umgestaltung“ der Haftung ist zweifelhaft, ob die Analogie tatsächlich einen derart intensiven Eingriff darstellt, dass er einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Zu bedenken ist dennoch, dass eine solche Hemmung zu einer zeitlich längeren Möglichkeit führt, Adressat einer nachträglichen Anordnung zu sein. Der Betreiber einer Anlage müsste über die Jahresfrist hinaus damit rechnen, seiner Nachsorgepflicht weiterhin nachkommen zu müssen. Seine Haftung wäre zeitlich verzögert bzw. ausgedehnt. Mit der Pflichterfüllung sind oft erhebliche finanzielle Einbußen verbunden. Die zeitliche Ausdehnung einer Haftung wiegt ähnlich schwer wie die Anordnung der Haftung. Die Situation ist mit der erneuten Anordnung der Haftung vergleichbar. Zumindest enthält die mögliche zeitliche Verlängerung der Haftung eine faktische Beeinträchtigung. Damit stellt eine solche – hier zeitliche – Erweiterung der Ordnungspflicht einen Eingriff dar346 und bedarf einer gesetzlichen Grundlage. (d) Ergebnis zur Fristhemmung Wegen des Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes muss im Rahmen des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG eine Analogie zu § 171 Abs. 1 AO ausscheiden. Es besteht ein Analogieverbot347. Die hier herausgearbeitete Regelungslücke ist nur mittels einer gesetzgeberischen Tätigkeit zu schließen. Da zweifelhaft ist, ob die Insolvenz des Anlagenbetreibers und der mögliche Insolvenzbeschlag einen unabwendbaren Zufall darstellen können, sollte eine Hemmung für den Fall der Insolvenz konkret geregelt werden. Dieses erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass der Gesetzgeber insbesondere für den Fall der Insolvenz von Abfallentsorgungsanlagen eine Sicherheitsleistung eingeführt hat, nicht abwegig. Gründe der Verhältnismäßigkeit sprechen nicht gegen eine solche Hemmungsregelung. Sie ist insbesondere ein Ausgleich für solche Fälle, in denen der Insolvenzverwalter die ihm durch die Rechtsprechung eingeräumten Möglichkeiten zum Haftungsausschluss in Anspruch nimmt.

345

Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 290. Guckelberger, Die Verjährung, S. 331. 347 Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob der Hemmungstatbestand des § 171 Abs. 1 AO bei der Insolvenz des Anlagenbetreibers einschlägig wäre. Die Behörde ist nicht erst nach Betriebseinstellung berechtigt, die Nachsorgepflicht durchzusetzen. Zwar fällt die Durchsetzung nach der Betriebseinstellung leichter, weil zu diesem Zeitpunkt die vorhandenen Umweltgefahren besser abgeschätzt werden können. Jedoch kann die Behörde bereits vor Stellung des Insolvenzantrags Anhaltspunkte auf eine Insolvenz erhalten, auch wenn dieses im Rahmen der regelmäßigen Anlagenüberwachung schwer fallen wird. 346

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

(2) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand? Fraglich ist jedoch weiterhin, ob nicht zumindest eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt. Gem. § 32 VwVfG ist jemandem auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, soweit derjenige ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. § 32 VwVfG findet sowohl auf prozessuale als auch auf materielle Fristen Anwendung348. Jedoch ist die Wiedereinsetzung nur bei Beteiligten am Verwaltungsverfahren möglich. Soweit die verfahrensleitende Behörde Fristen im Verwaltungsverfahren versäumt, kommt eine Wiedereinsetzung folglich nicht in Betracht. Die Behörde ist nicht Beteiligter i. S. d. § 13 VwVfG. Entscheidungsfristen der Verwaltungsbehörde in Verfahren, in der sie „federführend“ ist, sind nicht wiedereinsetzungsfähig349. Zudem ist eine Wiedereinsetzung immer an einen Antrag gebunden, über den eine verfahrensleitende Stelle entscheidet. In einem Verwaltungsverfahren leitet die Behörde das Verfahren. Sie müsste mithin selbst über ihren Antrag entscheiden. Die Wiedereinsetzung passt auf die hier vorliegende Konstellation nicht. Sie scheidet aus. (3) Ergebnis zur Verhinderung des Fristablaufs Eine Hemmung der Anordnungsfrist oder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommen nicht in Betracht. Um eine zeitliche Erweiterung der Pflicht um den Zeitraum, in dem die Anlage dem Insolvenzbeschlag unterlag und eine Anordnung nach § 17 Abs. 1, Abs. 4a S. 2 BImSchG wegen Unmöglichkeit ausschied, zu ermöglichen, müsste eine gesetzliche Regelung eines solchen Sachverhalts erfolgen. Denkbar wäre folgende Formulierung: „Unterliegt die Anlage während eines Insolvenzverfahrens dem Insolvenzbeschlag des Insolvenzverwalters, ohne dass dieser Anlagenbetreiber ist, läuft die Anordnungsfrist nicht ab.“ cc) Ergebnis zur Haftung des Anlagenbetreibers nach Freigabe Die Freigabe belasteter Anlagengrundstücke wird den Regelfall darstellen. Eine Ordnungsverfügung gegenüber dem Schuldner wird jedoch trotz rechtlicher Zulässigkeit ins Leere gehen, da der insolvente Anlagenbetreiber weiterhin nicht in der Lage sein wird, die finanziellen und tatsächlichen Mittel aufzubringen, um eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung vorzunehmen. Auch kann die Gefahr bestehen, dass die Ausschlussfrist nach § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG noch vor Frei348 BVerwGE 60, 309; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 32 Rn. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 32 Rn. 5. 349 BFH, DStR 2000, 774, 775; Ritgen, in: Knack, VwVfG, § 32 Rn. 8; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 32 Rn. 9; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 32 Rn. 11.

A. Kreis möglicher Adressaten einer Sicherungs-/Entsorgungsanordnung

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gabe des Grundstücks abläuft, sodass die Behörde nicht mehr handeln kann. Eine Hemmung dieser Frist während des Insolvenzbeschlags kommt mangels gesetzlicher Regelung nicht in Betracht. d) Einstellung des Verfahrens, §§ 207 ff. InsO Die §§ 207 ff. InsO benennen mehrere Möglichkeiten, das Insolvenzverfahren vor Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu beenden. Diese vom Insolvenzgericht ausgesprochenen Einstellungen führen nach § 215 Abs. 2 S. 1 InsO dazu, dass der Schuldner das Recht zurückerhält, über die – nicht verwertete und verteilte – Insolvenzmasse frei zu verfügen. Der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Insolvenzbeschlag entfällt mit dem Zeitpunkt der Einstellung durch Beschluss. Grundsätzlich gilt dann das bereits zur Freigabe Gesagte. Zu prüfen ist erneut die Betreiberstellung des Schuldners; in Betracht kommt mithin wieder eine Entsorgungspflicht als Abfallbesitzer. Zu beachten ist in diesen Fällen, inwieweit bereits eine Masseverwertung stattgefunden hat. Ist die Verwertung geschehen und betraf dieses auch die Abfallbeseitigungsanlage, ist zu prüfen, ob die jeweiligen – bereits oben dargestellten (vgl. Kap. 4, A.II.1.) – haftungsbegründenden Voraussetzungen noch bestehen. Der Insolvenzverwalter hat insbesondere im Fall der Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO eine vollständige Verwertung der Masse vorzunehmen. Im Ergebnis wird eine Anordnung an den Schuldner aussichtslos sein, wenn die Insolvenzgründe weiterhin vorliegen. Er wird regelmäßig nicht die Mittel aufbringen können, um den gesetzeswidrigen Zustand zu beseitigen. e) Beendigung des Verfahrens Sobald die Schlussverteilung vollzogen ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens gem. § 200 InsO. Die Folgen der Beendigung des Verfahrens regelt die InsO nicht; jedoch ist davon auszugehen, dass auch in diesem Fall der Insolvenzbeschlag sowie die Befugnisse des Insolvenzverwalters enden und der Schuldner die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über die noch vorhandene Masse zurückerhält350. Die während des Insolvenzverfahrens getätigten Rechtsgeschäfte des Insolvenzverwalters behalten jedoch auch gegenüber dem Schuldner Wirkung351. Gläubiger des Schuldners können nun wieder im Rahmen der Einzelvollstreckung Forderungen geltend machen.

350 351

Hintzen, in: MüKoInsO, Bd. II, § 200 Rn. 31. Hintzen, in: MüKoInsO, Bd. II, § 200 Rn. 34.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

Hinsichtlich behördlicher Anordnungsbefugnisse gegenüber dem Schuldner ist erneut zu prüfen, ob trotz der Verwertung der Masse noch die haftungsbegründenden Tatbestände vorliegen352. f) Zusammenfassung zur Haftung des Anlagenbetreibers Der Anlagenbetreiber kann bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Adressat einer Ordnungsverfügung sein. Solche begründeten Pflichten und die damit möglicherweise einhergehenden Ersatzvornahmekosten sind Insolvenzforderungen, wenn das Verfahren eröffnet wird. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Anlagenbetreiber wegen Unmöglichkeit nicht Adressat einer Ordnungsverfügung sein. Wird die Eröffnung des Verfahrens abgelehnt, das Verfahren eingestellt oder beendet, kann der Anlagenbetreiber (wieder) Adressat einer Verfügung sein, wenn die haftungsbegründenden Voraussetzungen noch bestehen. Bei einer Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG ist aber regelmäßig zu prüfen, ob die Jahresfrist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG bereits abgelaufen ist. 3. Andere mögliche Adressaten bei einer Betreibergesellschaft? Anlagenbetreiber können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Sind juristische Personen wegen ihres bestimmenden Einflusses Anlagenbetreiber, so sind diese zunächst Adressat einer ordnungsrechtlichen Anordnung. Gesellschafter, Organe oder Mitarbeiter sind regelmäßig nicht verantwortlich für die Erfüllung von Umweltpflichten353. Es gilt grundsätzlich das sog. gesellschaftliche Trennungsprinzip354. Dieses muss insbesondere für die Haftung als Anlagenbetreiber nach dem BImSchG und als Abfallbesitzer nach dem KrW-/AbfG gelten355. Allein die Gesellschaft ist Anlagenbetreiber oder Abfallbesitzer, da diese den bestimmenden Einfluss auf die Anlage und den Abfall hat, nicht die für die Gesellschaft handelnden natürlichen Personen356.

352 Auch die Möglichkeit der Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) sollte nicht außer Acht gelassen werden, wenn bereits vor der Insolvenz eine behördliche Verfügung an den Anlagenbetreiber ergangen und eine Ersatzvornahme erfolgt war. 353 Kniesel, BB 1997, 2009, 2011. 354 Neumann, Altlasten im Unternehmen, S. 112. 355 Umstritten ist dieses jedoch im Altlastenrecht, vgl. VGH München, NVwZ-RR 2005, 465, 466; anders: OVG Münster, UPR 2007, 315, 316. 356 OVG Lüneburg, NuR 2004, 125, 126; OVG Schleswig, Urteil vom 9.3.1995, Az.: 4 L 90/94, Rn. 41 – juris; VG Halle, Urteil vom 9.8.2001, Az.: 3 A 458/98 – juris; Enders, NVwZ 2005, 381, 383 f.; vgl. zum Anlagenbetreiber: Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 84; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 4 Rn. 78; Roßnagel, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 5 Rn. 5; Schmidt, NVwZ 2006, 635, 637.

A. Kreis möglicher Adressaten einer Sicherungs-/Entsorgungsanordnung

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Wegen der oben genannten finanziellen Schwierigkeiten des Anlagenbetreibers ist es in Betracht zu ziehen, neben der Betreibergesellschaft auch Gesellschafter, Geschäftsführer sowie Betriebsleiter in die Verantwortung zu nehmen. Anerkannt ist mittlerweile die Haftung von Gesellschaftsorganen, wenn die eine Ordnungspflicht begründende Norm an ein aktives Tun einer Person anknüpft. Führt eine konkrete Handlung eines Gesellschafters oder Geschäftsführers unmittelbar kausal zu einer Umweltgefahr, so kann er neben der Betreibergesellschaft haften357. Andere Literaturstimmen wollen darüber hinaus eine Haftung insbesondere des Geschäftsführers annehmen, wenn er seine Organisations- und Überwachungspflichten verletzt hat358. Beide Ansichten rekurrieren auf die Haftung des Handlungsstörers nach allgemeinem Ordnungs- und Polizeirecht. Im Grunde ist diese Herangehensweise aus ordnungsbehördlicher Sicht verständlich, da weitere mögliche Störer zur Verfügung stehen können. Auch entspricht eine solche Haftung dem allgemeinen Begriff des Handlungsstörers. Jedoch ist fraglich, ob auch eine natürliche Person innerhalb einer Betreibergesellschaft als Anlagenbetreiber oder Abfallbesitzer gelten kann359. Das muss unter Heranziehung der Begriffe des Betreibers und des Abfallbesitzers ausscheiden. Besteht eine Gefahr nur derart, dass Betreiberpflichten oder Abfallpflichten nach § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG nicht erfüllt sind, kommt eine Haftung natürlicher Personen innerhalb der Gesellschaft nicht in Betracht. Knüpft die Haftung an den Betreiber (vgl. zum Betreiberbegriff Kap. 4, A.I.3.a)aa)(1)) als solchen an, sind Gesellschafter oder andere Gesellschaftsorgane sowie Mitarbeiter keine Störer, da die Gesellschaft für haftungsbegründende Umstände haften muss360 (sog. gesellschaftsrechtliches Trennungsprinzip361). Sowohl Gesellschafter als auch Geschäftsführer und Betriebsleiter üben zwar regelmäßig die entscheidende Kontrolle über die Anlage aus, jedoch fehlt ein Handeln auf eigene Rechnung. Regelmäßig ist das Gesellschaftsvermögen Träger von Risiken und nicht das Vermögen von Gesellschaftern, Geschäftsführern oder Betriebsleitern362. 357 OVG Bremen, Beschluss vom 21.7.2009, Az.: 1 B 89/09 – juris; OVG Münster, UPR 2007, 315 f.; VGH Mannheim, NVwZ 1993, 1014, 1015; Drews/Wacke/Vogel/ Martens, Gefahrenabwehr, S. 294; Fabry, Private Unternehmen, S. 66 ff.; Kniesel, BB 1997, 2009, 2011; Neumann, Altlasten im Unternehmen, S. 138 f.; Schlabach/Simon, NVwZ 1992, 143, 146; wenig differenzierend: Peus, DStR 1998, 684, 688; wohl auch: VGH Mannheim, NJW 2003, 2550, 2553. 358 Fabry, Private Unternehmen, S. 68 ff.; vgl. zu den Anforderungen an die Organisation und Überwachung Schneider, in: FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, S. 473, 478 ff. 359 Eine solche Sichtweise klingt bei VGH Mannheim, NVwZ 1993, 1014, 1015 an, da hier immer wieder auf den Abfallbesitz rekurriert wird. 360 Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 52a BImSchG Rn. 2; Kniesel, BB 1997, 2009, 2011; wohl anders: Fabry, Private Unternehmen, S. 71 f. 361 Enders, NVwZ 2005, 381, 383. 362 Zu möglichen vereinzelten Ausnahmen vgl. Neumann, Altlasten im Unternehmen, S. 120.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

§ 52a BImSchG ändert an der alleinigen Betreiberhaftung der Betreibergesellschaft nichts363. § 52a BImSchG erleichtert lediglich die Überwachung seitens der Umweltbehörden364 und die Heranziehung zur Haftung nach Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht365, da hier gerade an die natürlichen Personen innerhalb des Unternehmens angeknüpft wird. Begründen diese Personen durch eigenes Verhalten darüber hinaus Umweltgefahren, die nicht an die Betreiberstellung, an das Eigentum oder den Besitz anknüpfen, so können auch diese als Verhaltensstörer haften. Eine Haftung von natürlichen Personen innerhalb der Betreibergesellschaft als Abfallbesitzer oder Betreiber kommt mithin nicht in Betracht366. Natürliche Personen sind ggf. im Einzelfall als Verhaltensstörer über das allgemeine Ordnungsrecht in Anspruch zu nehmen. Die jeweilige natürliche Person muss dann neben der Betreibergesellschaft selbstverantwortlich und nicht mit den Mitteln der Gesellschaft handeln, da ihre Haftung auf eine eigenverantwortliche Handlung zurückgeht367. Ggf. kommt ein Ausgleich der Haftung im Innenverhältnis in Betracht. 4. Die Strohmannhaftung Statt oder neben der im Genehmigungsverfahren als Betreiber aufgetretenen Betreibergesellschaft oder natürlichen Person kann eine hinter diesen Personen stehende Person als Betreiber gelten, wenn die nach außen auftretenden Beteiligten lediglich sog. Strohmänner sind368. Um einen „Strohmann“ handelt es sich dann, wenn die nach außen auftretende Person tatsächlich keine Entscheidungsmacht über die Anlage hat und lediglich vom Hintermann vorgeschoben und gesteuert wird369. Strohmänner haben gerade nicht den notwendigen entscheiden363 So jedoch Fabry, Private Unternehmen, S. 72: Sie zieht aus dieser Norm die Möglichkeit, natürliche Personen innerhalb einer Betreibergesellschaft für Organisationsverschulden haften zu lassen. Ob sie eine Haftung dieser natürlichen Personen nach BImSchG bejaht, ist den Ausführungen nicht eindeutig zu entnehmen. Sie kann mithin lediglich dazu dienen, eine Haftung der natürlichen Personen per se nicht auszuschließen. Anders: Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 84. 364 Feldhaus, NVwZ 1991, 927, 933. 365 Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 52a BImSchG Rn. 1 f.; Knopp/Striegl, BB 1992, 2009, 2011. 366 Neumann, Altlasten im Unternehmen, S. 115 f., bejaht die Möglichkeit einer Durchgriffshaftung in speziellen Fällen wie Unterkapitalisierung, Sphärenvermischung und individuellen Rechtsmissbrauchs. 367 Anders: Kurz/Schwarz, NVwZ 2007, 1380, 1383. 368 Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 5 BImSchG Rn. 28; Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 83; Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, Bd. 1, § 4 Rn. 78; Müggenborg, Industrieparks, Rn. 150; Roßnagel, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 5 Rn. 20; ähnlich Friedrich, NVwZ 2002, 1174, 1176. 369 VGH München, GewArch 1992, 183; Tettinger, in: Tettinger/Wank, GewO, § 35 Rn. 104.

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den Einfluss auf das Schicksal der Anlage370. Sie werden vom sog. Hintermann zum Zwecke der Täuschung dann vorangestellt, wenn er aus rechtlichen oder anderen Gründen grundsätzlich eine Anlage selbst nicht betreiben darf371. In Betracht kommen insbesondere gewerberechtliche Verbote. Die Darlegung, dass es sich um ein solches „Strohmann-Verhältnis“ handelt, wird den Behörden regelmäßig einen erheblichen Aufwand abverlangen. Solche Verhältnisse sind anhand von Verträgen oder tatsächlichen Verhältnissen zu beweisen. 5. Ergebnis zum Anlagenbetreiber Grundsätzlich sind auch Konstellationen denkbar, in denen der Betreiber wieder oder weiterhin als Störer für die Beseitigung von Umweltgefahren einzustehen hat. Diese sind aber kaum erfolgsversprechend, da der Betreiber regelmäßig nicht die finanziellen Mittel zur Erfüllung der Ordnungspflicht haben wird.

III. Der Abfallerzeuger als Störer im Insolvenzverfahren Gerade bei Abfallentsorgungsanlagen kommt die Inanspruchnahme des Abfallerzeugers i. S. d. § 3 Abs. 5 KrW-/AbfG372 in Betracht. 1. Der Begriff des Abfallerzeugers Auch der Abfallerzeuger wird als Handlungsstörer im KrW-/AbfG verpflichtet. Ihn trifft gem. § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG eine Pflicht, Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen, wobei der Abfallverwertung ein Vorrang zukommt. Gemäß § 3 Abs. 5 ist Erzeuger von Abfällen jede natürliche oder juristische Person, durch deren Tätigkeit Abfälle angefallen sind, oder jede Person, die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vorgenommen hat, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken. Zu unterscheiden sind der Erst- und der Zweiterzeuger. Bei dem Ersterzeuger fallen Abfälle erstmalig an373. Er ist damit Verursacher des Abfalls374. Durch seine Handlung treten die Merkmale des Abfallbegriffs un-

370

Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 86. BVerwG, NVwZ 1982, 559; VGH München, GewArch 2003, 120. 372 Entspricht § 3 Abs. 8 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 373 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Bd. II, § 3 Rn. 129; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 72; Müggenborg, NVwZ 1998, 1121, 1123. 374 Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 69; Reese/Schütte, ZUR 1999, 136. 371

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

mittelbar375 und erstmals376 auf (vgl. Kap. 1, B.). Der Zweiterzeuger von Abfällen behandelt bereits bestehende Abfälle. Durch die Behandlung ändert sich die Zusammensetzung des Abfalls qualitativ. Die bloße quantitative Änderung durch Mischen von Abfall gleicher Qualität (z. B. Umschlag und Transportdienstleitungen) führt nicht zu einem erneuten Anfall von Abfall i. S. d. § 3 Abs. 5 Alt. 2 KrW-/AbfG377. Der Zweiterzeuger ist nur für den durch die Behandlung angefallenen Abfall verantwortlich378. Jeder Abfallerzeuger ist im Zeitpunkt des Abfallanfalls auch immer Abfallbesitzer379. Solange diese Situation besteht, kann er sowohl als Abfallerzeuger als auch als Abfallbesitzer herangezogen werden. Abfallerzeuger bleiben nach der herrschenden Auffassung regelmäßig dauerhaft in der Pflicht, den von ihnen erzeugten Abfall ordnungsgemäß zu entsorgen, bis die Abfalleigenschaft endet, auch wenn ihre Besitzereigenschaft entfallen ist380. Die herrschende Ansicht vertritt auch, dass eine qualitative Änderung des Abfalls – also das Hinzutreten des Zweiterzeugers – die Haftung des Ersterzeugers nicht beendet. Erst das Ende der Abfalleigenschaft insgesamt soll die Haftung des Ersterzeugers aufheben („zwei Abfallerzeuger“)381. Eine andere Ansicht vertritt die Auffassung, dass eine wesentliche Veränderung, die nicht vom Ersterzeuger in Auftrag gegeben wurde, zur Beendigung der Erzeugereigenschaft führt382. Die erste Ansicht scheint wegen des Hintergrunds der Regelung des § 3 Abs. 5 KrW-/AbfG vorzugswürdig. Erst der Ersterzeuger führt zum Entstehen des Abfalls. Er setzt die Grundursache für die entstandene Gefahr. Bloße Abfallbehandlungen, die die Qualität des Abfalls ändern, ohne die Abfalleigenschaft aufzuheben, führen nicht zum Untergang der Pflichten nach § 5 KrW-/AbfG des Abfallersterzeugers.

375 Enders, NVwZ 2005, 381, 382; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 73; vgl. näher zur Problematik der Auslegung der Wendung „durch deren Tätigkeit“ Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 138. 376 Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 3 KrW-/AbfG Rn. 274. 377 BVerwG, NVwZ 2007, 1185, 1186; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.11. 2006, Az.: 11 B 5.05 – juris; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 79; Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Bd. II, § 3 Rn. 126; Enders, NVwZ 2005, 381, 382. 378 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Bd. II, § 3 Rn. 135; Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 3 KrW-/AbfG Rn. 289. 379 Enders, NVwZ 2005, 381, 382; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 72; Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 137. 380 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Bd. II, § 3 Rn. 126; Enders, NVwZ 2005, 381, 384; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 86; Kropp, ZUR 2008, 401, 402; Reese/Schütte, ZUR 1999, 136. 381 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Bd. II, § 3 Rn. 135; Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 3 KrW-/AbfG Rn. 289. 382 Enders, NVwZ 2005, 381, 384; Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 120; wohl auch Kropp, ZUR 2008, 401, 405 unter Verweis auf die Abfallverbringung.

A. Kreis möglicher Adressaten einer Sicherungs-/Entsorgungsanordnung

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2. Die Folgen für den Abfallerzeuger bei Insolvenz des Anlagenbetreibers Wenn die zuständige Behörde in der Lage ist, bei der (ggf. insolvenzbedingt stillgelegten) Abfallentsorgungsanlage den Abfallerzeuger zu identifizieren, kann sie auch den Abfallerzeuger zur Abfallentsorgung und vorherigen Aufnahme des Abfalls vom Anlagengelände verpflichten. Hier sind jedoch besondere Einschränkungen zu beachten, die das BVerwG383 aufgestellt hat. Der Abfallerzeuger kann nur für den Abfall haften, der bei ihm angefallen ist oder diesem mengenmäßig entspricht, und soweit er noch nicht verwertet oder beseitigt wurde. Bereits eingetretene Qualitätsveränderungen sind unerheblich, solange die angelieferte Menge vorhanden und nicht vollständig entsorgt wurde. Insgesamt ist festzuhalten, dass die Haftungsbegründung des Abfallerzeugers im Vergleich zu anderen in Betracht kommenden Störern relativ einfach erfolgen kann. Jedoch ist der Ermittlungsaufwand der Behörde erheblich erhöht. Es ist schwer vorstellbar, dass die Behörde insbesondere beim Vorliegen langer Entsorgungsketten noch den Abfallerzeuger ermitteln kann. Selbst wenn dieses gelingen sollte, ist die Anteilszurechnung in großem Maße kompliziert.

IV. Die Pflichten der „ehemaligen“ Abfallbesitzer hinsichtlich lagernden Abfalls auf Abfallentsorgungsanlagen Gemäß den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG ist der Besitzer von Abfall verpflichtet, diesen i. S. d. KrW-/AbfG ordnungsgemäß zu entsorgen. Bei Abfall, welcher auf einer (insolvenzbedingt stillgelegten) Anlage lagert, sind in der Regel der Anlagenbetreiber, der Insolvenzverwalter oder ggf. der Grundstückseigentümer384 als Abfallbesitzer anzusehen (zum Begriff des Abfallbesitzers vgl. Kap. 4, A.I. 3.c)aa)). Umstritten und lange Zeit ungeklärt war jedoch die Frage, ob auch ehemalige Abfallbesitzer nach den §§ 5 Abs. 2, 11, 21 KrW-/AbfG zu einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung heranzuziehen sind. Zu den ehemaligen Abfallbesitzern gehören zunächst Abfallentsorgungsunternehmen, die Abfälle beim Abfallerzeuger oder anderen vorherigen Abfallbesitzern eingesammelt und dem Anlagenbetreiber, der zwischenzeitlich insolvenzbedingt den Anlagenbetrieb einstellen musste, im Rahmen eines schuldrechtlichen Vertrags zur Entsorgung übergeben haben. Einen anderen Fall könnte die Dereliktion von Abfall oder die Übertragung des Eigentums am „belasteten“ Grundstück darstellen. Wären diese „ehemaligen“ Besitzer haftbar, könnten Sie Adressat einer „Beräumungsanordnung“ (Abfallentsorgung und vorher notwen383 384

Vgl. zum ehemaligen Abfallbesitzer BVerwG, NVwZ 2007, 1185, 1186, Rn. 22. Zur Haftung des Grundstückseigentümers vgl. unten Kap. 4, A.V.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

dige Sicherung des Anlagengeländes) bezüglich einer insolvenzbedingt stillgelegten Anlage sein. Zu prüfen ist mithin, ob und unter welchen Voraussetzungen ehemalige Abfallbesitzer als Anordnungsadressat einer „Beseitigungsanordnung“ in Betracht kommen. Allein der Wortlaut des § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG legt es nahe, nur momentane Abfallbesitzer haften zu lassen, da ehemaligen Abfallbesitzern gerade die Eigenschaft fehlt, die notwendig für den Abfallbesitz ist. Es fehlt die tatsächliche und ggf. rechtliche Möglichkeit, auf den Abfall einzuwirken. Nur solche Personen, die den Besitz bereits erworben, und solche, die den Besitz nicht wieder verloren haben, sind Abfallbesitzer i. S. d. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG385. Insbesondere der Verlust des Besitzes und dessen Folgen sollen hier interessieren. 1. Das Problem der „Abfalltransporteure“ – § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG386 Problematisch im Rahmen des Abfallbesitzes sind insbesondere die Fälle, in denen ein Abfallbesitzer – ohne Abfallerzeuger zu sein – den Abfall an ein Entsorgungsunternehmen abgibt, sodass dieses die Abfallentsorgung endgültig sicherstellen soll. Diesen Fall regelt § 16 KrW-/AbfG. Nach § 16 Abs. 1 S. 1 KrW-/ AbfG können die zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten (Abfallerzeuger und -besitzer) Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen. § 16 Abs. 1 S. 2 regelt, dass die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten hiervon jedoch unberührt bleibt. Die Auslegung dieser Norm war lange Zeit umstritten387. a) Bisherige Literaturstimmen zu § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG Eine Ansicht ging davon aus, dass § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG eindeutig regelt, dass der Abfallbesitzer seine Pflicht nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG gerade nicht verliere388. § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG regele danach lediglich die Möglichkeit einer Erfüllungssubstitution, die den Dritten als Erfüllungsgehilfen für den Pflichtigen nach 385 Vgl. hierzu näher zur Haftung des Grundstückseigentümers bei mittelbaren Besitz Kap. 4, A.V.1.c)bb)(3). 386 Entspricht § 20 KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12). 387 Wegen der folgenden Streitbefangenheit, hat sich der Gesetzgeber dazu entschlossen im zukünftigen KrWG (vgl. Kap. 1 Fn. 12) die Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers klarstellend zu regeln. So plant er folgenden Wortlaut in § 22 KrWG: „Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibt hiervon unberührt und so lange bestehen, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen ist.“ 388 Frenz, KrW-/AbfG, § 16 Rn. 1; ders., ZUR 2005, 57, 61; Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 117 f.; Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 212; Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 137; beachte, dass Kropp, ZUR 2008, 401, 402, Frenz der ablehnenden Ansicht zuordnet.

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den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG ansieht389. Scheitere der Dritte mit der Aufgabe der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung, haben die Verpflichteten wieder selbst die Verwertung oder Beseitigung durchzuführen390. Im Gegensatz dazu stehe Abs. 2, der eine verantwortungsbefreiende Wirkung habe391. Ohne Zweifel gehen sowohl Fluck als auch Beckmann/Kersting vom Verlust der Entsorgungspflicht des ehemaligen Abfallbesitzers nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG aus, da er nicht mehr die notwendige tatsächliche Sachherrschaft hat392. § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG stehe dieser Interpretation nicht entgegen393. Bei unsachgemäßer Entsorgung (fehlende Pflichterfüllung) könne der ehemalige Abfallbesitzer unter Umständen als Verhaltensstörer über das allgemeine Ordnungsrecht zur Abfallentsorgung herangezogen werden394. Weidemanns Ausführungen sind nicht ganz eindeutig. Grundsätzlich bejaht er die Möglichkeit, einen ehemaligen Abfallbesitzer, der nicht Abfallerzeuger ist, heranzuziehen395. Diese grundsätzliche Pflicht des ehemaligen Abfallbesitzers schränkt er aber später wieder ein. Habe danach der frühere Besitzer bei der Beauftragung von Dritten nach § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG seine Pflichten beachtet, so könne er nicht wegen gesetzeswidriger Entsorgung des Abfalls in Anspruch genommen werden, da es an einem notwendigen Pflichtverstoß fehle. Eine allgemeine Gefährdungshaftung für jegliche Folgen der Abfallerzeugung oder auch des Abfallbesitzes unter dem Aspekt des „objektiv gefahrträchtigen Verhaltens“ bestehe nach dem KrW-/AbfG nicht396. Im Ergebnis lehnt auch er eine Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers ab, wenn er die Prüfung der Zuverlässigkeit nach § 16 Abs. 1 S. 3 KrW-/AbfG durchgeführt hat und von einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung durch den Dritten ausgehen konnte. b) Die Rechtsprechung zu § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG Auch die Rechtsprechung äußerte sich vereinzelt zur Auslegung des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG. Die jeweils zugrunde liegenden Fälle ähneln sich sehr. Es ging in allen Fällen um die Rechtmäßigkeit einer Anordnung nach § 21 Abs. 1 389

Frenz, KrW-/AbfG, § 16 Rn. 1; Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 212. Frenz, KrW-/AbfG, § 16 Rn. 1; ders., ZUR 2005, 57, 61; Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 137. 391 Kloepfer, UmweltR, § 20 Rn. 215. 392 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 21 KrW-/AbfG Rn. 11; Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 16 KrW-/AbfG Rn. 51, § 21 KrW-/AbfG Rn. 81. 393 Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 16 KrW-/AbfG Rn. 51. 394 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 21 KrW-/AbfG Rn. 11; Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 16 KrW-/AbfG Rn. 51, § 21 KrW-/AbfG Rn. 81. 395 Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Bd. II, § 21 Rn. 12. 396 Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Bd. II, § 21 Rn. 32. 390

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

KrW-/AbfG an ein Abfallentsorgungsunternehmen, welches Abfälle beim Erzeuger einsammelte und diese eingesammelten Abfälle an ein anderes Abfallentsorgungsunternehmen zur ordnungsgemäßen Entsorgung übergab. Die jeweils beauftragten Abfallentsorgungsunternehmen hatten jedoch nach Annahme der Abfälle ihren Anlagenbetrieb (insolvenzbedingt) eingestellt, ohne die angelieferten Abfälle vollständig entsorgt zu haben. Die zuständigen Überwachungsbehörden verlangten von den Auftraggebern, die auf dem jeweiligen Anlagengelände lagernden Abfälle ordnungsgemäß und vollständig zu entsorgen. In allen Fällen beriefen sich die Auftraggeber darauf, nicht Abfallbesitzer und mit Abgabe der Abfälle an die beauftragten Unternehmen von ihren Pflichten nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG befreit zu sein. Von entscheidender Bedeutung war jeweils die Auslegung und Anwendung von § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG. aa) VG Freiburg und VG Sigmaringen Mit der Wirkung von § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG befasste sich als erstes das VG Freiburg397. Das VG Freiburg nahm entsprechend dem Vortrag der Klägerin an, dass mit der Übergabe des Abfalls durch den Auftraggeber dessen Abfallbesitz endete. Jedoch begründete es unter Heranziehung des § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/ AbfG die Aufrechterhaltung der Entsorgungspflichten des ehemaligen Abfallbesitzers. Danach bleibe der Abfallbesitzer gem. § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG auch nach Übertragung des Abfallbesitzes auf einen Dritten grundsätzlich bis zur ordnungsgemäßen Entsorgung des Abfalls verantwortlich. Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Zielrichtung von § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG sprächen dagegen, mit Besitzaufgabe die Pflichten des Abfallbesitzers nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG enden zu lassen. Das Risiko des Scheiterns der ordnungsgemäßen Entsorgung müsse auch der ehemalige Abfallbesitzer tragen, der aus der Annahme und der Weitergabe des Abfalls wirtschaftlichen Nutzen zieht. Die Kosten auf die öffentliche Hand abzuwälzen, sei nicht gerechtfertigt. Auch eine Vermischung der Abfälle beende die Verantwortlichkeit nicht. Jeder Zulieferer sei grundsätzlich für den ihm zurechenbaren Anteil an dem Abfallgemisch verantwortlich. Wie das VG Freiburg entschied auch das VG Sigmaringen398. bb) VG Potsdam und OVG Berlin-Brandenburg Einen ähnlichen Fall hatten das VG Potsdam und das OVG Berlin-Brandenburg zu entscheiden.

397 398

Zu den folgenden Ausführungen vgl. VG Freiburg, NuR 2002, 248–250. VG Sigmaringen, Beschluss vom 17.12.2002, Az.: 2 K 1695/02 – juris.

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In der ersten Instanz entschied das VG Potsdam399, die Verfügung aufzuheben, da die Klägerin nicht mehr Abfallbesitzerin i. S. d. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG sei und damit keine Pflicht nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG bestehe. Mit dem Wechsel des Abfallbesitzes ende die Verantwortlichkeit, sodass eine Inanspruchnahme nach § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG nicht mehr möglich sei. Das VG Potsdam legte § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG dahingehend aus, dass hier allein die schuldrechtliche Beauftragung gemeint sei. Eine solche führe aber nicht zum Verlust der Verantwortlichkeit des Besitzers. Bei Übergabe des Abfalls an das nächste Abfallentsorgungsunternehmen sei die tatsächliche Sachherrschaft jedoch beendet. Ab diesem Zeitpunkt hafte das nächste Unternehmen. Mit diesem Urteil widersprach das VG Potsdam dem VG Freiburg und dem VG Sigmaringen. Dieses Urteil bestätigte das OVG Berlin-Brandenburg400. Danach entfalle die aus den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG folgende Entsorgungspflicht des Abfallbesitzers grundsätzlich mit dem Verlust des Abfallbesitzes. § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/ AbfG enthalte keine Modifizierung der die Entsorgungspflicht begründenden Regelungen des KrW-/AbfG. Die Norm stelle lediglich klar, dass die bloße Beauftragung eines Dritten (ohne Übergabe des Abfalls) mit der Abfallentsorgung noch nicht zum Verlust der Entsorgungspflicht führt. Nach diesen Urteilen soll § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG lediglich klarstellen, dass die bloße Beauftragung eines anderen Unternehmens ohne Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft nicht zum Verlust der Entsorgungspflicht nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG führt. Gibt der Abfallbesitzer den Abfallbesitz aber nach Beauftragung eines anderen Unternehmens an dieses ab, endet der Abfallbesitz des Auftraggebers und damit die Pflicht nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/ AbfG. Eine Heranziehung des ehemaligen Abfallbesitzers zur Abfallentsorgung nach § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG sei dann nicht mehr möglich. cc) Das BVerwG Dieser Linie der brandenburgischen Rechtsprechung trat das BVerwG401 entgegen. Nach dem BVerwG bleibt ein Abfallbesitzer, der einen Dritten mit der Entsorgung von Abfällen beauftragt und diesem hierzu den Besitz daran überträgt, weiterhin für eine ordnungsgemäße Entsorgung der angelieferten Abfälle verantwortlich. Zu diesem Ergebnis kam das BVerwG nach einer vollständigen Auslegung des § 16 KrW-/AbfG. Danach sprechen sowohl der Normwortlaut, die Gesetzesunterlagen, die Systematik als auch der Sinn und Zweck des Gesetzes für die gefundene Bedeutung der Norm. 399 400

VG Potsdam, NuR 2004, 617. Zu den folgenden Ausführungen vgl. OVG Berlin-Brandenburg, ZUR 2007, 149,

151. 401

Zu den folgenden Ausführungen vgl. BVerwG, NVwZ 2007, 1185 f., Rn. 16–20.

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Der Wortlaut gebietet es demzufolge nicht, das Wort „beauftragen“ lediglich schuldrechtlich zu verstehen; „beauftragen“ umfasst sowohl die schuldrechtliche als auch die dingliche Seite des Beauftragungsvertrags. Im Rahmen einer verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung ist der jeweilige Auftraggeber für den Erfolg der Entsorgung verpflichtet. Auch nach der historischen Auslegung kann § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG entsprechend den Ausführungen des BVerwG keine andere als die gefundene Bedeutung haben. Aus den Gesetzesunterlagen ergibt sich ausdrücklich, dass die Pflichten der (ehemaligen) Verantwortlichen bestehen bleiben sollen. Die Systematik des § 16 KrW-/AbfG stützt nach dem BVerwG ebenfalls diese Auslegung des § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG. § 16 Abs. 2 KrW-/AbfG regelt speziell die Übertragung der Entsorgungspflichten mit befreiender Wirkung. An diese Übertragung stellt der Gesetzgeber besondere Anforderungen. Eine solche konkrete Regelung widerspricht der Annahme, auch § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG führe zum Entfallen der Entsorgungspflichten nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/ AbfG. Schlussendlich bestätigen auch Sinn und Zweck der Norm das gefundene Ergebnis. Der durch das KrW-/AbfG betonten Eigenverantwortlichkeit des Abfallerzeugers und Abfallbesitzers für eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung widerspräche es, wenn allein durch die Besitzübertragung die Entsorgungspflichten, die aus dem Verursacherprinzip folgen, aufgegeben werden könnten. Zudem sind Abfallerzeuger und -besitzer bei der Haftungsbegründung gleich zu behandeln. Nach den Ausführungen des BVerwG bleibt grundsätzlich der ehemalige Abfallbesitzer nach den §§ 5 Abs. 2, 11, 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG verantwortlich für die ordnungsgemäße Abfallentsorgung, wenn er Dritte mit der Erfüllung seiner Pflicht zur Abfallentsorgung beauftragt. Das BVerwG spricht sich für eine Gefährdungshaftung des (ehemaligen) Besitzers aus402. Wer eine Gefahrenquelle unterhält oder ausnützt, muss auch für die Verhinderung oder den Ausgleich von Schäden aufkommen. Die Kosten eines möglichen Schadenseintritts muss der Nutznießer tragen403. Das BVerwG schränkt diese Pflicht aber ein404. Zunächst ist ein ehemaliger Abfallbesitzer nur für die Entsorgung des Abfalls heranzuziehen, den er dem Dritten übergeben hat. Der Abfall muss dabei nicht vollständig identisch mit dem angelieferten Abfall sein. Allerdings darf die zuständige Behörde nur die Aufnahme und Entsorgung einer der angelieferten entsprechenden Menge verlan402

So Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 166. Vgl. Deutsch, NJW 1992, 73, 74. 404 Zu den folgenden Ausführungen vgl. BVerwG, NVwZ 2007, 1185, 1186 f., Rn. 22, 24. 403

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gen. Hinzutreten muss, dass diese Menge in ihrer Qualität dem Abfall entspricht, den der Auftraggeber übergeben hat. Ändert sich die Beschaffenheit qualitativ, sei es durch Behandlungsvorgänge oder äußere Einflüsse (z. B. ein Brand), endet der Verantwortungsbereich des ehemaligen Besitzers. Eine Vermischung von Abfall gleicher Art ohne Änderung der Abfallqualität hindert eine Inanspruchnahme des ehemaligen Besitzers nicht. Neben der Beachtung der Einschränkungen, die das BVerwG aufstellt, ist es zudem wichtig, dass die Behörde sämtliche Anlieferer ermittelt, um nicht später in der Ermessensausübung gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu verstoßen. Zwar ist die Behörde später im Rahmen der Ausübung des Auswahlermessens befugt, aus zulässigen Gründen von der Inanspruchnahme eines Störers abzusehen. Jedoch ist es ihr nicht erlaubt, die Ermittlung aller in Betracht kommenden Störer zu unterlassen. Ohne eine solche Ermittlung wäre die Durchführung des Auswahlermessens bereits fehlerhaft405. Unproblematisch endet die Pflicht, soweit der Abfall dem KrW-/AbfG entsprechend verwertet oder beseitigt wurde. Bei nur anteiliger vollständiger Entsorgung ist lediglich eine anteilige Inanspruchnahme möglich406. c) Die Bewertung der Rechtsprechung – Das Problem der „Ewigkeitshaftung“ Das Ergebnis, zu dem das BVerwG gekommen ist, ist im Grunde zu begrüßen407. § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG kann nicht anders gedeutet werden. Die Aussagen des BVerwG sind dahingehend eindeutig. Näher zu untersuchen sind jedoch die Folgen für die Verwaltungspraxis und die betroffenen Abfallbesitzer. Insbesondere die positiven Folgen für die öffentliche Hand erweisen sich als bedeutend. In Fällen der Insolvenz des Betreibers einer Abfallentsorgungsanlage wird den zuständigen Überwachungsbehörden ein weiterer Störer „zur Verfügung gestellt“, um die ordnungsgemäße Abfallentsorgung zu ermöglichen, ohne Staatsmittel in Anspruch nehmen zu müssen. Natürlich fordert das BVerwG den zuständigen Behörden aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit einen erheblichen Ermittlungsaufwand ab. So haben die Behörden den Anteil des jeweiligen ehemaligen Abfallbesitzers an der Gesamtmenge des lagernden Abfalls zu ermitteln. Ebenso hat die Behörde zu prüfen, inwieweit der übergebene Abfall bereits einer Entsorgung zugeführt wurde. Insbesondere letzterer Schritt kann sich als schwie405 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1992, 350; Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 141; Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 170. 406 BVerwG, NVwZ 2007, 1185, 1186 f., Rn. 23. 407 Ähnlich die Literatur zu diesem Urteil des BVerwG: Enders, AbfallR 2008, 56, 59; Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 173; Kropp, ZUR 2008, 401, 403; Otto, NJ 2007, 471; Shirvani/Schröder, UPR 2008, 41, 46.

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rig erweisen, wenn der Anlagenbetreiber eine ordentliche Buchführung vernachlässigt hat. Wichtig ist, dass die Überwachungsbehörde alle ehemaligen Abfallbesitzer so weit wie möglich ermitteln muss, um später das Auswahlermessen ordnungsgemäß durchführen zu können. Dieses kann sich bei langen Entsorgungsketten als schwierig, aufwendig und langwierig erweisen. Hier sollte die Effektivität der Gefahrenabwehr nicht aus den Augen verloren gehen. Für die (ehemaligen) Abfallbesitzer, insbesondere solche Unternehmen, die sich ausschließlich dem Sammeln und Transport von Abfällen widmen, stellt sich nun immer die Frage, wie lange die Haftung tatsächlich gehen wird. Es steht die Gefahr einer unzulässigen Ewigkeitshaftung408 unter dem Motto „Einmal Abfallbesitzer, immer Haftung“ im Raum. Nach der Rechtsprechung des BVerwG hat der Gesetzgeber gerade bezweckt, jeden ehemaligen Abfallbesitzer, der sich zur Erfüllung seiner Pflicht nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG gem. § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG eines Dritten bedient, bis zur endgültigen Abfallentsorgung in der Entsorgungspflicht zu belassen. Erst das Ende der Abfalleigenschaft oder eine die Qualität ändernde Behandlung beenden die Pflicht des ehemaligen Abfallbesitzers. Fristen oder ähnliche Beschränkungen der Haftung kennt das KrW-/AbfG nicht. Dieses kann theoretisch dazu führen, dass ein ehemaliger Abfallbesitzer noch Jahre nach Abfallabgabe an einen Dritten zur Abfallentsorgung herangezogen werden kann. Eine solche fortdauernde Haftung ist im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht weitgehend unbekannt. Fraglich ist jedoch, ob eine derartige zeitlich unbeschränkte Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers ohne Enthaftungsmöglichkeit verfassungskonform möglich ist409. Diese Frage stellte sich das BVerwG in seiner Entscheidung zum Inhalt des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG nicht. In Betracht kommt jedoch eine Grundrechtsverletzung Fraglich ist, ob ein Abfallbesitzer sich auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen kann. Grundsätzlich schützt Art. 14 Abs. 1 GG weder den Besitz noch das Vermögen als solches. Insbesondere letzteres ist durch die Entsorgungspflicht betroffen, da Vermögen aufzuwenden ist, um die Entsorgung sicherzustellen. Ein tatsächlich vermögenswertes Recht wird wohl nicht betroffen sein. Art. 14 Abs. 1 GG scheidet folglich aus. Dennoch liegt in der Ewigkeitshaftung zumindest ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG. Der aktuelle Abfallbesitzer wird dazu angehalten, soweit wie möglich selbst die Abfallbeseitigung vorzunehmen, um nicht einer doppelten Kostenlast ausgesetzt zu sein. Der ehemalige Abfallbesitzer könnte sonst gehalten sein, zweimal für die Abfallentsorgung einzutreten. Fraglich ist, ob dieser Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG durch die in § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG einge408

Vgl. VG Freiburg, NuR 2002, 248, 249. Eine ähnliche Diskussion besteht zur sog. Ewigkeitshaftung des ehemaligen Eigentümers sanierungsbedürftiger Grundstücke nach § 4 Abs. 6 BBodSchG, vgl. hierzu Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 317. 409

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führte Ewigkeitshaftung gerechtfertigt ist. Ein solcher Eingriff ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der Eingriff einen legitimen Zweck verfolgt, die getroffene Regelung geeignet ist, den erstrebten Zweck zu erfüllen, kein milderes gleichwirksames Mittel zur Zweckerreichung vorliegt und der Eingriff insgesamt angemessen ist (Verhältnismäßigkeit im weiten Sinne). aa) Legitimer Zweck des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG? Zunächst ist zu untersuchen, ob der Gesetzgeber mit der Erweiterung der Haftung auf ehemalige Abfallbesitzer einen legitimen Zweck verfolgt. Grundlegender Zweck des KrW-/AbfG ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen, vgl. § 1 KrW-/AbfG. Kreislaufwirtschaft bedeutet, dass Abfälle, soweit sie nicht vermieden werden können, soweit wie möglich in den Wirtschaftkreislauf zurückkehren sollen410. Notwendig für die Einführung einer Kreislaufwirtschaft ist die Inanspruchnahme der Wirtschaft und der Bürger als Abfallerzeuger und -besitzer411. Diese sollen (überwiegend) eigenverantwortlich die Abfallentsorgung vornehmen412. Insbesondere die Wirtschaft soll selbst für die Abfallentsorgung sorgen413. Die Pflichten der Wirtschaft und der Bürger als Abfallerzeuger und -besitzer begründet der Gesetzgeber mit der Durchsetzung des Verursacherprinzips414. Erst die Wirtschaft und der Bürger lassen Abfall anfallen, welcher eine umweltschonende Kreislaufwirtschaft erforderlich macht. Zur besseren Erreichbarkeit dieses Zwecks soll auch § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG dienen. Verantwortliche nach dem KrW-/AbfG sollen ihre Pflicht nicht auf andere abwälzen dürfen415. Insbesondere die öffentliche Hand soll nur dann in die Abfallentsorgung eintreten, wenn der Erzeuger oder Besitzer nicht leistungsfähig ist, die Abfallentsorgung selbst sicherzustellen416. Im Mittelpunkt der Kreislaufwirtschaft soll also die eigenverantwortliche (umweltschonende) Abfallentsorgung durch die Wirtschaft und die Bürger stehen. Grund für die Inanspruchnahme dieser Gruppen als Abfallerzeuger und -besitzer ist die Durchsetzung des Verursacherprinzips. Ein einfacher Haftungsentzug, wie Weitergabe des Besitzes, würde diesen Zweck vereiteln. Der Gesetzgeber beruft sich bei der Haftung des Abfallerzeugers und -besitzers allerdings ausdrücklich auf das Verursacherprinzip. Das BVerwG begründet 410 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 1 Rn. 4; Nusser, Zweckbestimmungen, S. 291; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 11 Rn. 120. 411 Nusser, Zweckbestimmungen, S. 299. 412 BT-Drucks 12/5672, S. 31. 413 BT-Drucks 12/5672, S. 32. 414 BT-Drucks 12/5672, S. 32, 37. 415 BT-Drucks 12/5672, S. 45. 416 BT-Drucks 12/5672, S. 32.

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damit auch die Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers417. Das Verursacherprinzip enthält den Grundgedanken, dass die Verantwortlichen und nicht die öffentliche Hand – d. h. der Steuerzahler – die Folgen einer Umweltbelastung zu tragen haben418. Der Verursacher trägt daher die Verantwortung für den Umweltschutz. Dieses ist ein anerkanntes Prinzip des Umweltrechts, welches z. T. aus Art. 20a GG abgeleitet wird419. Die Verwirklichung des Verursacherprinzips ist grundsätzlich ein legitimer Zweck für die Auferlegung von Pflichten. Fraglich ist jedoch, ob die Durchsetzung des Verursacherprinzips beim bloßen Abfallbesitzer, der nicht Abfallerzeuger ist, als legitimer Zweck dienen kann. Fehlte es daran, müsste ein anderer Zweck herangezogen werden, den jedoch weder der Gesetzgeber noch das BVerwG bisher benannt haben. (1) Der Inhalt des Verursacherprinzips und der Begriff des Verursachers Ob ein bloßer Abfallbesitzer, der nicht Abfallerzeuger ist, Verursacher im Sinne des Verursacherprinzips sein kann, erscheint hierbei zweifelhaft. Um darüber zu entscheiden, ob ein Abfallbesitzer, der den Abfall nicht erzeugt hat, über das Verursacherprinzip haften kann, sind zunächst der genaue Inhalt des Verursacherprinzips und der Begriff des Verursachers zu klären. Bisher fiel die Beschreibung des Inhalts des Verursacherprinzips schwer. Zunächst könnte zur Bestimmung des Inhalts des Verursacherprinzips auf die Wortbedeutung des Begriffs „Verursacher“ rekurriert werden. Demnach ist ein Verursacher derjenige, der Urheber einer bestimmten Situation ist. Im Umweltrecht ist diese eine Umweltgefahr. Ein Abfallbesitzer, der den Abfall nicht erzeugt hat, ist dieser Wortbedeutung nach gerade nicht Verursacher, da seine Handlung nicht zur Entstehung des Abfalls und damit nicht zur Umweltgefahr beigetragen hat420. Auch erhöht er nicht das abfallspezifische Risiko, da dieses bereits mit Erzeugung feststeht421. Problematisch bei der auf den Wortlaut beschränkten Deutung ist, dass hier das Verursacherprinzip in seinem Inhalt identisch mit der polizeirechtlichen Verhaltensstörereigenschaft wäre. Würde das Verursacherprinzip ausschließlich bloße Kausalbeiträge behandeln wollen, wäre die Entwicklung eines solchen Prinzips im Grunde bedeutungslos. Das damit bezweckte Ziel wäre bereits über die allgemeinen Prinzipien des Polizeirechts zu erreichen. Die Störerkategorien und das Verursacherprinzip sind daher nicht gleichzusetzen422. Eine begrenzte Sichtweise, die lediglich (naturwissenschaftli417

BVerwG, NVwZ 2007, 1185, 1186, Rn. 19 f. Deutsch, NJW 1992, 73; Frenz, Die Verwirklichung, S. 14; Kloepfer, UmweltR, § 4 Rn. 41; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 2 Rn. 31. 419 Frenz, VerwArch 90 (1999), 208, 211; Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 168. 420 So auch Gädeke, Entsorgungsverantwortung, S. 119. 421 Vgl. Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 168. 422 So auch Rehbinder, Verursacherprinzip, S. 31 f. 418

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che) Kausalbeiträge zu einer Gefahr als Verursachung im Sinne des Verursacherprinzips behandelt, ist mithin auszuschließen423. Eine andere Deutung des Verursacherprinzips ist notwendig. Zum besseren Verständnis des Verursacherprinzips sind zunächst die Gründe für dessen Entwicklung darzustellen424. In der Marktwirtschaft führen viele Handlungen, sei es durch einen Produzenten (Anbieter) oder Konsumenten425, zur Wahrnehmung knapper Umweltressourcen426. Dabei wird die Umwelt in Anspruch genommen, was zu Umweltschäden führen kann. In der Regel sind solche Wirkungen in der Preisbestimmung nicht integriert427, wodurch die Kosten für die Vermeidung oder Beseitigung der Umweltschäden zulasten der Allgemeinheit gehen (sog. Gemeinlastprinzip)428. Würde lediglich das Gemeinlastprinzip429 gelten, würden solche Belastungen (finanziell) ausschließlich der öffentlichen Hand und somit dem Steuerzahler anheimfallen. Sowohl Produzenten als auch Konsumenten sähen ihren Handlungen durch das Gemeinlastprinzip keine Grenzen gesetzt, was die Umweltbelastungen erhöhen würde. Zwar würden die Marktteilnehmer mittelbar durch die Steuerlast die Umweltschäden mittragen, jedoch fehlte das Bewusstsein für Umweltschäden, da auch andere Bereiche durch Steuern finanziert werden. Der Marktteilnehmer könnte nicht identifizieren, was für den Umweltschutzbereich aufgewendet wird. Um das Bewusstsein zu sensibilisieren, bedarf es daher einer Einschränkung des Gemeinlastprinzips, um dadurch die Umweltbeeinträchtigungen und damit auch die entstehenden Kosten der Allgemeinheit zu senken. Diese Grenze stellt das Verursacherprinzip dar. Danach müssen die Marktteilnehmer, die mit der Teilnahme am Markt eine Umweltgefahr oder einen Umweltschaden hervorrufen, die Kosten für den Umweltschutz tragen. Dieses soll den Markt dahingehend steuern, die Umwelt weniger in Anspruch zu nehmen; externe Kosten, die die Marktteilnehmer hervorrufen, sind demnach zu internalisieren430. In Anwendung dieser Grundsätze kann daher jeder als Verursacher gelten, wenn er einen Vorteil aus der Nutzung der Umwelt zieht, dieser Vorteil zu einem Nachteil für die Umwelt führt und damit der Allgemeinheit Kosten aufbürdet431. Verursacher ist bereits derjenige, der eine Bedingung für den Umweltschaden 423

Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 2 Rn. 31. Vgl. hierzu insbesondere Rehbinder, Verursacherprinzip, S. 21 ff. 425 Bullinger, in: Bullinger/Rincke/Oberhauser/Schmidt, Das Verursacherprinzip und seine Instrumente, S. 84. 426 Ewringmann, in: Kimmich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, Bd. II, Sp. 2678. 427 Frenz, Die Verwirklichung, S. 13. 428 Ewringmann, in: Kimmich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, Bd. II, Sp. 2679. 429 Das Gemeinlastprinzip besagt, dass Kosten des Umweltschutzes auf die Allgemeinheit zu verteilen sind, vgl. Rehbinder, in: Hansmann/Sellner (Hrsg.), I.3, Rn. 141. 430 Frenz, Die Verwirklichung, S. 14. 431 Rehbinder, Verursacherprinzip, S. 31. 424

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setzt432. Eine solche Bedingung kann demnach bereits die Produktion einer Sache oder die Nachfrage nach dieser sein433. Von diesen Personen sind dem Verursacherprinzip nach Vermeidungsbeiträge zu erwarten. Zu beachten ist jedoch, dass im deutschen Recht ein reines Verursacherprinzip nicht verwirklicht ist434. Wann das Verursacherprinzip im Gegensatz zum Gemeinlastprinzip zur Anwendung kommt, obliegt der Entscheidung des Gesetzgebers. Gleiches gilt für die Verteilung der Kostenanteile auf die Marktteilnehmer; der Gesetzgeber bestimmt, wen er als Verursacher zur Verantwortung zieht. Der Gesetzgeber hat hier ein weites Ermessen435. Als Gesichtspunkte der Auswahl können mithin die Möglichkeit und Effizienz der Gefahrenabwehr, der Verwaltungsaufwand, Fragen der Zweckmäßigkeit436 sowie verfassungsrechtliche Schranken (Verhältnismäßigkeit) dienen437. Aus dem Verursacherprinzip selbst ergibt sich folglich nicht, wer später als Verursacher – sowohl für die Vermeidung und Beseitigung von Gefahren selbst (Verhaltenspflicht)438 als auch für die bloße Kostentragung439 – heranzuziehen ist. Darüber gibt es keine allgemein gültige Aussage. Der Gesetzgeber hat durch Zurechnungen und Wertungen das Verursacherprinzip auszugestalten440. Er hat zu entscheiden, wer am besten für eine Umweltgefahr einstehen kann: der Einzelne, der in irgendeiner Weise auf die Umwelt einwirkt, oder die Allgemeinheit. Hierbei bewertet er, wer im Vergleich mit anderen Personen eine Gefahr am besten beseitigen kann. Die Grenze dieser Entscheidung bildet insbesondere die aus dem Rechtsstaat resultierende Verhältnismäßigkeit. Eine eindeutige Definition des Begriffs „Verursacher“ im Sinne des Verursacherprinzips existiert nicht. Das Verursacherprinzip geht weiter als die Kausalitätslehre. In der Regel bewertet der Gesetzgeber, wer einer Gefahr am nächsten steht. Diese Person ist dann „Verursacher“ im Sinne des Verursacherprinzips. Daraus kann die Pflicht folgen, die Gefahr zu beseitigen.

432

Ewringmann, in: Kimmich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, Bd. II, Sp. 2678. Bullinger, in: Bullinger/Rincke/Oberhauser/Schmidt, Das Verursacherprinzip und seine Instrumente, S. 84. 434 Rehbinder, in: Hansmann/Sellner (Hrsg.), I.3, Rn. 166, der von einer Kombination des Verursacher- und Gemeinlastprinzips ausgeht. 435 Rehbinder, Verursacherprinzip, S. 33; ders., in: Hansmann/Sellner (Hrsg.), I.3, Rn. 149. 436 Ewringmann, in: Kimmich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, Bd. II, Sp. 2679. 437 Rehbinder, Verursacherprinzip, S. 34. 438 Frenz, Die Verwirklichung, S. 14. 439 Ewringmann, in: Kimmich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, Bd. II, Sp. 2679; Rehbinder, Verursacherprinzip, S. 35. 440 Shirvani/Schröder, UPR 2008, 41, 43; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, UmweltR, § 2 Rn. 31 f. 433

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(2) Anwendung der entwickelten Grundsätze auf den Abfallbesitzer Diese Grundsätze sind nunmehr auf den (ehemaligen) Abfallbesitzer anzuwenden. Das BVerwG rekurriert ohne Begründung auf das Verursacherprinzip441. Auch die vorhandenen Literaturstimmen wenden überwiegend das Verursacherprinzip auf den (ehemaligen) Abfallbesitzer an. Sowohl Reese/Schütte442 als auch Gaßner/Thärichen443 bejahen im Ergebnis die Anwendbarkeit des Verursacherprinzips auf den Abfallbesitzer444. Letztere sehen das Verursacherprinzip als ein Lastenverteilungsprinzip zwischen dem Einzelnen und der Allgemeinheit an445. Der einzelne Bürger soll soweit wie möglich selbst zur Lösung des Abfallproblems beitragen und die Last nicht auf die Allgemeinheit abwälzen; das ist Ausdruck des Verursacherprinzips446. Die Frage ist demnach, wer das Risiko einer gescheiterten Abfallentsorgung übernehmen soll. Dieses soll nach der Lastenverteilung auch beim (ehemaligen) Besitzer liegen. Reese/Schütte447 sehen das Verursacherprinzip als einschlägig an, da der Abfallbesitzer mit der Übernahme des Abfalls ohne baldige ordnungsgemäße Entsorgung ein Umweltrisiko verursacht. Allen Ausführungen ist im Ergebnis zuzustimmen448. Ist vom Normalfall des Abfallbesitzes ohne Erzeugereigenschaft – Entsorgungsunternehmen – auszugehen, zieht der Abfallentsorger fast ausschließlich Nutzen aus dem Vorhandensein des Abfalls. Seine angebotene Leistung macht das Entstehen des Abfalls für den Abfallerzeuger leichter, und er erhält dafür auch eine Gegenleistung. Daraus folgt, dass er in einer Risikozuweisung auch einer möglichen Gefahr näher stehen muss.

441

BVerwG, NVwZ 2007, 1185, 1186, Rn. 19 f. Vgl. Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 137. 443 Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 168. 444 Shirvani/Schröder, UPR 2008, 41, 43, fragen zwar auch, ob hier tatsächlich die Durchsetzung des Verursacherprinzips als Regelungszweck einschlägig sein kann. Sie beantworten diese Frage jedoch nicht, sondern weichen auf das sog. Nachsorgeprinzip als Haftungsbegründung aus. 445 Vgl. auch Frenz, VerwArch 90 (1999), 208, 211; ders., Das Verursacherprinzip, S. 149, 254; er sieht den „Zustandsstörer“ immer als Verursacher an, da die Lasten ihm eher aufzubürden sind, wobei er sich auf Art. 14 Abs. 2 GG bezieht. 446 BVerwG, NJW 1998, 1004, 1005. 447 Vgl. Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 137. 448 Wobei Reese/Schütte das Verursacherprinzip zu stark mit allgemeinen Haftungsgrundsätzen des allgemeinen Polizeirechts vermengen. Ihre Ausführungen können dahin verstanden werden, dass das Verursacherprinzip hier einschlägig ist, da der Abfallbesitzer es unterlassen hat, selbst seiner Abfallentsorgungspflicht nachzukommen. Er hat damit eine Gefahr aufrechterhalten. Die Ausführungen kreisen eher nicht dogmatisch allein um das Verursacherprinzip, sondern insgesamt um die Haftungsgründe. 442

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(3) Ergebnis zum legitimen Zweck Der Zweck, die Allgemeinheit nachrangig für die Abfallentsorgung haften zu lassen, da (ehemalige) Besitzer der Gefahr, die von nicht entsorgtem Abfall ausgeht, näher stehen bzw. standen, ist legitim und richtig. Das Rekurrieren auf das Verursacherprinzip als Zweck der Haftung der Erzeuger und Besitzer ist ein zulässiger Zweck des Gesetzes, welchem insbesondere auch die Haftung des ehemaligen Besitzers dienen soll. Ob die konkrete Ausgestaltung der Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers selbst den o. g. Grenzen entspricht, also das Ermessen des Gesetzgebers richtig ausgeübt worden ist, ist insbesondere in der Angemessenheit zu prüfen. bb) Geeignetheit und Erforderlichkeit Mit der Erweiterung der Haftung auf ehemalige Abfallbesitzer kann der herausgearbeitete Zweck zumindest gefördert werden. An der Geeignetheit der Regelung bestehen mithin keine Zweifel. Eine gesetzliche Regelung ist dann nicht erforderlich, wenn zur Zweckerreichung ein gleichwirksames aber milderes Mittel zur Verfügung steht oder stehen würde. In Betracht kommt zunächst die Frage, ob eine Mehrfachregelung der Haftung notwendig ist. In den §§ 5 Abs. 2, 11, 16 Abs. 1 KrW-/AbfG werden insgesamt drei Personengruppen als Störer benannt: der Abfallerzeuger und -besitzer sowie der ehemalige Abfallbesitzer. Eine Mehrheit von Störern, die für eine Gefahr haften können, ist grundsätzlich anerkannt. So besteht im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht immer die Möglichkeit, den Handlungs- oder Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen. Es ist regelmäßig in Regelungen zur Gefahrenabwehr zu beobachten, dass sich der Gesetzgeber nicht auf die Benennung eines Haftenden beschränkt. Insbesondere die Praxis zeigt, dass es gerade für die Effektivität der Gefahrenabwehr notwendig ist, mehrere Haftende in Betracht kommen zu lassen, da im Einzelfall nicht jeder Störer in der Lage ist, die Gefahr zu beseitigen. Der Gesetzgeber ist berechtigt, mehrere gleich wirksame Regelungen zu erlassen449. Wer dann von den jeweiligen Störern in Anspruch zu nehmen ist, muss die zuständige Behörde einzelfallbezogen in ihrer Ermessensausübung entscheiden. Die Benennung von mehreren Störern ist daher im verfassungsrechtlichen Sinne erforderlich. Es ist allerdings fraglich, ob es tatsächlich erforderlich ist, neben dem aktuellen Abfallbesitzer auch den ehemaligen Abfallbesitzer zu verpflichten. An die Stelle des ehemaligen Abfallbesitzers tritt gerade der neue Abfallbesitzer. Damit gibt es einen Nachfolger in der Störereigenschaft. Ein solches Argument kann jedoch im Rahmen der Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung nicht über449

Stern, Staatsrecht, S. 762 ff., 782.

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zeugen. Wie bereits hervorgehoben, obliegt es dem Gesetzgeber zu entscheiden, inwieweit und wie intensiv er ein Risiko abwehren möchte. Gerade im Bereich der Abfallentsorgung zeigt sich – was Anlass dieser Arbeit ist –, dass Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen stark von einer Insolvenz bedroht seien können. Um die Risiken, die von der Insolvenz eines Anlagenbetreibers ausgehen, zu minimieren, ist es notwendig, der zuständigen Behörde so viele Verantwortliche zur Verfügung zu stellen wie möglich. Nur wenige mögliche Störer mindern eine effektive Gefahrenabwehr. Die alleinige Haftung des Rechtsnachfolgers ist zwar ein milderes Mittel, aber nicht gleichsam wirksam. Fraglich ist aber, ob mit der Einführung der Sicherheitsleistung nach den §§ 12 Abs. 1 S. 2, 17 Abs. 4a S. 1 BImSchG überhaupt eine Notwendigkeit für die Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers besteht. § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG wird gerade solche Konstellationen betreffen, wie sie die Sicherheitsleistung bei Abfallentsorgungsanlagen zu sichern versucht. Zuständige Behörden werden regelmäßig auf ehemalige Abfallbesitzer zukommen, wenn auf einer insolvenzbedingt stillgelegten Anlage noch Abfälle lagern, die durch den Anlagenbetreiber nicht mehr ordnungsgemäß entsorgt wurden. Grundsätzlich erscheint es richtig, den Anlagenbetreiber der sowohl seine öffentlich-rechtlichen als auch privatrechtlichen Pflichten nicht erfüllt hat, haften zu lassen. Diese Haftung stellt die Inanspruchnahme der Sicherheitsleistung dar. Aber auch hier muss das bereits Gesagte zur Benennung von mehreren Störern gelten. Dem Gesetzgeber darf es nicht versagt werden, eine Problemlage von verschiedenen Seiten her zu regeln, um einen umfassenden Schutz zu gewährleisten. Zudem weist, wie bereits herausgearbeitet, auch die Sicherheitsleistung Schwachstellen auf. Die Verwaltung verlangt nicht in allen Fällen eine Sicherheitsleistung. Zu denken sind hier an Kleinmengen oder nicht genehmigungsbedürftige Anlagen. Hinzu tritt solcher Abfall, der nicht genehmigungskonform angenommen wurde. Diesen Abfall kann die öffentliche Hand nicht mit Mitteln der Sicherheitsleistung einer Entsorgung zuführen. Hier muss ein Rückgriff auf Erzeuger und (ehemalige) Besitzer möglich sein450. Aus Gründen der Effektivität können sowohl eine Sicherheitsleistung als auch die Haftung von Abfallerzeuger und -besitzer nebeneinander stehen. Wie diese Mittel Anwendung finden dürfen, ist eine Frage der Ermessensausübung im Einzelfall. cc) Angemessenheit Im Übrigen muss die Regelung verhältnismäßig im engeren Sinne (Angemessenheit) sein. 450 Zudem ist nicht einleuchtend, dass sich der Abfallbesitzer nur aufgrund einer Sicherheitsleistung von seinen gesetzlichen Pflichten exkulpieren können soll.

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Eine solche Angemessenheit ist dann anzunehmen, wenn die getroffene Maßnahme und die damit einhergehende Beeinträchtigung nicht völlig außer Verhältnis zu dem angestrebten Zweck der Norm stehen. Es ist im Rahmen einer Abwägung ein Ausgleich zwischen den beeinträchtigten Interessen und den Interessen an der Zweckerreichung herzustellen. Das Ergebnis der gesetzlichen Regelung darf für den Betroffenen nicht unzumutbar sein451. Im Falle der Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers i. S. d. § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG ist zu prüfen, ob die Wirkung für den ehemaligen Abfallbesitzer in einem zumutbaren Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber erstrebten Zweck steht. Es ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. (1) Wirkungen für den Abfallbesitzer Die Auswirkungen durch die fortwirkende Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers können erheblich sein. Zum einen ist zunächst die (teilweise) Sicherung des Grundstücks (Aufnahme des ehemals angelieferten Abfalls) zu bewerkstelligen und später der Abfall erneut einer Abfallentsorgung zuzuführen. Solange der ehemalige Abfallbesitzer nicht die Sicherheit hat, dass das beauftragte Unternehmen den Abfall vertragsgemäß entsorgt hat, ist er einer „schwebenden“ Verantwortlichkeit ausgesetzt. Die zeitlich erweiterte Haftung ruft Rechtsunsicherheit zulasten des ehemaligen Abfallbesitzers hervor. Für den Fall der „Beräumung“ der stillgelegten Anlage des insolventen Unternehmens, welches der ehemalige Abfallbesitzer beauftragt hatte, kommt der Abfallbesitzer zweimal für die Abfallentsorgung auf, obwohl er zunächst in nach § 16 Abs. 1 S. 1 und 3 KrW-/AbfG zulässiger Weise alles getan hat, um seine Entsorgungspflichten zu erfüllen. Seine Entsorgungskosten verdoppeln sich in diesem Falle. Seine Einnahmen bei erstmaliger Annahme des Abfalls vom Erzeuger können den Verlust wohl kaum ausgleichen. Darüber hinaus startet bei einer Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers die Risikokette erneut. Er wird in der Regel wieder ein drittes Unternehmen zur Erfüllung seiner Pflicht heranziehen, bei dem abermals die Gefahr der fehlenden Vertragserfüllung besteht. (2) Wirkungen für die Allgemeinheit Die Allgemeinheit und die öffentliche Hand erreichen durch eine Ewigkeitshaftung, dass es in der Regel einen Verantwortlichen für die Abfallentsorgung gibt und die Allgemeinheit die Kosten der Abfallentsorgung nicht zu tragen hat. Der Verantwortliche steht dem Abfall in jedem Falle „näher“ als die Allgemeinheit. Zusätzlich wird das Ziel einer Kreislaufwirtschaft gefördert. 451

BVerfG, NJW 2000, 2573, 2575.

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(3) Gerechter Ausgleich? Zu prüfen ist nun, ob diese Wirkungen in einem gerechten abgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Grundsätzlich ist eine zeitlich unbegrenzte Haftung von dinglich Berechtigten im Gefahrenabwehrrecht ungewöhnlich. Die Haftung als Zustandsstörer endet bei Eigentümern und Besitzern nach dem allgemeinen Ordnungs- und Polizeirecht regelmäßig mit der Übertragung des Eigentums oder Besitzes auf eine andere Person. Nur aktuelle Eigentümer oder Besitzer haften danach für die Gefahrenabwehr452. Aus Sondergesetzen ist eine solche Haftung von Zustandsstörern bekannt, aber selten, vgl. z. B. § 4 Abs. 6 BBodSchG453. Die fortwirkende Haftung eines Verhaltensstörers bis zum Erlöschen der Gefahr ist jedoch anerkannt. Um feststellen zu können, ob hier ein gerechter Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen gefunden wurde, ist zu prüfen, worauf die Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers gründet, und ob diese Gründe ausreichen, eine solch weitgehende Haftung zu rechtfertigen. (a) Haftung als Verhaltensstörer In Betracht kommt zunächst eine Haftung als Verhaltensstörer. Sollte der ehemalige Abfallbesitzer Verhaltensstörer sein, muss das Interesse an der Allgemeinheit gegenüber den Interessen des ehemaligen Abfallbesitzers überwiegen. Der Handlungsstörer schafft im Allgemeinen eine Gefahr. Deshalb ist es nur recht und billig, dass nicht die Allgemeinheit für die Beseitigung der Gefahr einzustehen hat. Das BVerwG stellt darauf ab, dass neben den Handlungen des Abfallerzeugers auch Handlungen des früheren Abfallbesitzers ursächlich für den bestehenden Zustand sind. Der Zustand besteht darin, dass die Abfälle auf der Anlage des beauftragten Dritten lagern, ohne einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt worden zu sein (Perpetuierung der Risikolage)454. Darin könnte eine Begründung der Handlungsstörerschaft des ehemaligen Abfallbesitzers liegen. Die Grundlage der Haftung als Verhaltensstörer liegt nach allgemeinen Grundsätzen in einer unmittelbaren, regelmäßig rechtswidrigen Gefahrverursachung455. Unter Anwendung dieser Grundsätze erscheint eine Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers als Handlungsstörer zweifelhaft. Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zum Verursacherprinzip hervorgehoben, ist es nicht ersichtlich, durch 452

Vgl. Schlemminger/Friedrich, NJW 2002, 2133. Vgl. Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 317. 454 BVerwG, NVwZ 2007, 1185, 1186, Rn. 20. 455 Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 119, 128 ff. 453

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welche Handlung der Abfallbesitzer selbst und unmittelbar eine Gefahr im Sinne der Kausalität hervorgerufen haben soll. Seine einzige Handlung liegt darin, den Abfall vom Erzeuger oder einem Vorbesitzer übernommen und später (rechtmäßig) an einen Dritten übergeben zu haben. Dieser Vorgang ist die Übernahme einer gefährlichen Sache in den Verantwortungskreis im Sinne einer Zustandshaftung, aber keine Gefahrverursachung im Sinne der Verhaltensstörerhaftung456. Auch ist die Übernahme des Abfalls und die Beauftragung eines Dritten zur Abfallentsorgung ausdrücklich gesetzlich zugelassen, vgl. § 16 Abs. 1 S. 1 KrW-/ AbfG. Daraus eine rechtswidrige oder zu missbilligende Handlung im Sinne der Verhaltensstörerhaftung zu konstruieren, überzeugt nicht. Fraglich ist, ob die in § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG angelegte Besitz- und Pflichtenübertragung eine Verhaltenshaftung durch Unterlassen begründen könnte. Der Abfallbesitzer haftet danach im Grunde dafür, dass er eine bereits entstandene Gefahr auf sich nimmt und sie entsprechend den Anforderungen des KrW-/AbfG nicht selbst beendet, sondern einen Dritten damit beauftragt457. Er unterlässt eine Gefahrbeseitigung. Hätte der Abfallbesitzer die Abfallentsorgung vorgenommen und nicht auf einen Dritten – ohne Sicherheit der Vornahme – übertragen, läge die Gefahr nicht mehr vor. Ein Unterlassen wäre demnach ebenso eine Ursache der Gefahr, wie die Entstehung der Gefahr selbst. Diese Sichtweise ist jedoch nicht zulässig, da jeder Eigentümer oder Besitzer, der Einfluss auf eine gefährliche Sache hat und Gefahrenabwehrmaßnahmen nicht betreibt, damit gleichzeitig Verhaltensstörer wäre458. Eine solche Sichtweise ist im Polizeirecht nicht gewollt, da sie die Abgrenzung von Handlungs- und Zustandsstörer erheblich erschwere459. Ein und derselbe Haftungsgrund kann nicht sowohl eine Handlungs- als auch eine Zustandsstörereigenschaft begründen460. Die Gefahr geht hier nur von der Sache Abfall aus und nicht von einer Handlung des Besitzers. Die Übernahme von bereits risikobelasteten, gefährlichen Sachen allein darf keine Verhaltensstörerhaftung begründen, da die Gefahr nicht durch eine Handlung des Übernehmenden geschaffen wurde; gleiches muss für die Weitergabe dieser Sache gelten. Aus der vom BVerwG angenommenen Gefährdungshaftung eine Verhaltenshaftung zu folgern461, kann ebenfalls nicht überzeugen. Die Gefährdungshaftung ist nicht identisch mit der Verhaltensverantwortlichkeit im polizeirechtlichen Sinne, da auch bloße Nutznießer einer Gefahrenquelle für einen Schaden auf-

456 457 458 459 460 461

So im Ansatz auch Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 170 f. So könnten Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 137, zu verstehen sein. Vgl. Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 136. Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, S. 197. So auch Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 170. Diese Möglichkeit sprechen Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 170, an.

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kommen müssen462. Die Gefährdungshaftung lässt sich also den Störerformen nicht zuordnen. Der ehemalige Abfallbesitzer ist nicht als Verhaltensstörer anzusehen463. Die Umstände, die eine Haftung als Verhaltensverantwortlicher begründen, sind hier nicht als Rechtfertigung der fortwirkenden Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers heranzuziehen. (b) Haftung als Zustandsstörer In Betracht kommt jedoch die Haftung als Zustandsstörer464. Bloße Besitzer von Sachen – Inhaber der tatsächlichen Gewalt – sind in der Regel als Zustandsverantwortliche i. S. d. allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts anzusehen. Der (ehemalige) Abfallbesitzer ist Zustandsverantwortlicher in diesem Sinne. Haftungsgrund des Besitzers ist die Beherrschbarkeit der gefährlichen, d. h. die tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme465. Den aktuellen Abfallbesitzer zur Gefahrenbeseitigung zu verpflichten, begegnet bei der abstrakten Haftungsbegründung keinen Bedenken, da er die tatsächliche Sachherrschaft innehat. Anderes gilt jedoch bei einem ehemaligen Abfallbesitzer. Grundsätzlich muss für einen Besitzer als Zustandsstörer gelten, dass seine Verantwortlichkeit endet, wenn seine tatsächliche Sachherrschaft über die gefährliche Sache erlischt. Ohne tatsächliche Sachherrschaft entfällt der notwendige Haftungsgrund der Einwirkungsmöglichkeit466. Eine Ausnahme von diesem Prinzip macht die sog. „nachwirkende Zustandshaftung“. Bei dieser soll die Verantwortlichkeit weiter bestehen, obwohl der Haftungsgrund der tatsächlichen Sachherrschaft entfällt. § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/ AbfG stellt eine solche „nachwirkende Zustandshaftung“ dar467. Da jedoch gerade ein – insbesondere für den Besitzer essentieller – Haftungsgrund entfällt, müssen für eine solche nachwirkende Zustandshaftung besondere Gründe vorliegen, um weiterhin eine Störerverantwortlichkeit zu begründen. Insbesondere für die Begründung der „nachwirkenden Zustandshaftung“ ist darauf hinzuweisen, dass allein die faktische Möglichkeit auf eine Sache einzuwirken, regelmäßig 462 Vgl. Deutsch, NJW 1992, 73, 74; die Gefährdungshaftung im vorliegenden Fall vollständig ablehnend: Enders, AbfallR 2008, 56, 60. 463 So im Ergebnis auch Enders, AbfallR 2008, 56, 60; Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 170. 464 Zu den verschiedenen Ansichten der Herleitung der Zustandsverantwortlichkeit vgl. Tollmann, Zustandsverantwortlichkeit, S. 139–160. 465 BVerwG, NJW 1986, 1626, 1627; Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 375 ff.; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 237. 466 Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 151. 467 Enders, AbfallR 2008, 56, 60; Gaßner/Thärichen, AbfallR 2007, 164, 170 f.; Shirvani/Schröder, UPR 2008, 41, 43.

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nicht der einzige Haftungsgrund für einen Zustandsverantwortlichen ist, da sonst eine „konturenlose Billigkeitshaftung“ entstehen würde468. Beim Eigentümer als Zustandsstörer ist anerkannt, dass neben der Einwirkungsmöglichkeit auch der Umstand, dass der Eigentümer aus der Nutzung des Eigentums Nutzen und Vorteile ziehen kann, die Haftung für eine gefährliche Sache begründet. Dieses wird langläufig aus der Sozialbindung nach Art. 14 Abs. 2 GG abgeleitet. Gleiches könnte für den bloßen Besitzer einer gefährlichen Sache gelten. Die Sozialbindung ist in diesem Rahmen unmittelbar nicht anwendbar, da der Besitzer von Sachen sich regelmäßig nicht auf Art. 14 GG berufen kann469. Der Grundgedanke der Vorteilsziehung kann aber ebenso auf einen bloßen Besitzer Anwendung finden. Wer aus einer Gefahr einen Nutzen zieht, soll auch für die Kosten der Gefahrenabwehr oder die Beseitigung möglicher Schäden einstehen470. Wer also aus dem Besitz einer Sache einen Vorteil zieht, soll auch für die Lasten, die durch die Sache entstehen, aufkommen müssen (Verbindung von Vorteilen und Lasten)471. Aus der Nutzung der Sache, die mit Einräumung des Besitzes einhergeht, ergeben sich für den Besitzer regelmäßig wirtschaftliche Vorteile. Daraus begründet sich grundsätzlich die Zustandshaftung472. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. Auch ein vormaliger Abfallbesitzer, der nicht Abfallerzeuger war, konnte Nutzen und Vorteile aus dem Abfallbesitz ziehen. Die Abfallentsorgung ist ein großer Dienstleistungsmarkt. Abfallentsorgungsunternehmen spezialisieren sich auf den Transport, den Umschlag und die Behandlung von Abfall, um damit Gewinne zu erzielen. Der Abfallbesitz der Entsorgungsunternehmen ist somit für sie ein wirtschaftliches Gut. Es ist mithin gerechtfertigt, wenn sie im Falle einer Gefahr auch für deren Beseitigung einstehen müssen, wenn sie nicht selbst ihrer Verwertungspflicht nachgekommen sind. Auch ohne die tatsächliche Sachherrschaft besteht nach Abgabe des Abfallbesitzes ein Haftungsgrund. Auch ist zu beachten, dass derjenige Abfallbesitzer, der seinen Besitz an ein Abfallentsorgungsunternehmen übergibt, der Möglichkeit, nochmals für die Entsorgung einstehen zu müssen, nicht wehrlos gegenüber steht. Er selbst kann in der Gestaltung seiner Verträge mit dem weiteren Entsorgungsunternehmen einem finanziellen Risiko vorbeugen. Zu denken ist hier zunächst an die in § 16 Abs. 1 S. 3 KrW-/AbfG angedachte ordentliche Auswahl der Entsorgungsunternehmen. Hinzutreten könnte eine Überwachung des Vertragspartners. Preisgestaltungen,

468 469 470 471 472

BVerwG, NJW 1986, 1626, 1627. Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 378. Deutsch, NJW 1992, 73, 74. Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 381. Vgl. Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 380 f.

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Vertragsstrafen oder Risikoversicherungen ermöglichen es, eine denkbare erneute Last zu mindern. Insgesamt tragen all diese Gründe dazu bei, dass wegen der bestehenden Nähe zur Gefahr auch der ehemalige Abfallbesitzer nach Abwägung der Gemeinwohlinteressen weiterhin für die Abfallentsorgung einzustehen hat. Er konnte im Gegensatz zur Allgemeinheit aus dem Abfallbesitz Vorteile ziehen, die eine fortdauernde nachwirkende Zustandshaftung rechtfertigen. Jede erneute Beauftragung eines Dritten in einer Entsorgungskette verschiebt den Entsorgungserfolg zeitlich nach hinten und erhöht das Risiko, dass schlussendlich die öffentliche Hand für die Abfallentsorgung aufkommen muss. (c) Ergebnis zur Interessenabwägung Zwischen den widerstreitenden Interessen herrscht ein interessengerechter Ausgleich. (4) Ergebnis zur Frage der Angemessenheit Die gesetzlich angeordnete fortwirkende Haftung („Ewigkeitshaftung“) des ehemaligen Abfallbesitzers ist angemessen. dd) Ergebnis zur Verfassungsmäßigkeit der Ewigkeitshaftung § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG ist verhältnismäßig. Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Die vom BVerwG bekräftigte Auslegung des § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG, dass auch ehemalige Abfallbesitzer, die sich zur Erfüllung ihrer Entsorgungspflicht eines Dritten bedienen, weiterhin haften, ist insgesamt richtig. Der ehemalige Abfallbesitzer hat in der Regel eine Anordnung nach § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG hinzunehmen. Unterstützt wird dieses Ergebnis auch von der neuen Abfallrahmen-RL. Art. 15 Abs. 2 regelt die weiter bestehenden Pflichten bei Übergabe des Abfalls zur Behandlung an Dritte. d) Die Grenzen der Zustandshaftung Die Verantwortlichkeit des Abfallbesitzers ist – wie bereits herausgearbeitet – eine Zustandsverantwortlichkeit, die auf der Möglichkeit beruht, die Sache zu nutzen und auf sie einzuwirken. Andere Gründe zur Haftungsbegründung wie Verursachungsbeiträge (Kausalität) wie beim Verhaltensstörer oder Fragen des Verschuldens sind für die Haftung irrelevant. Die Verantwortlichkeit eines Zustandsstörer kennt keine gesetzlichen Grenzen. Zu prüfen ist jedoch, ob die Zustandsverantwortlichkeit tatsächlich derart unbeschränkt ist.

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aa) Einschränkungen der Haftung eines Eigentümers als Zustandsstörer Der „klassische“ Zustandsstörer ist der Eigentümer der Sache, von der die abzuwehrende Gefahr ausgeht. Das Bestehen und der Umfang der Zustandshaftung von Eigentümern einer gefährlichen Sache, ohne dass der Eigentümer die Gefahr weder verursacht noch verschuldet hatte, war lange Zeit umstritten. (1) Die grundsätzliche Anerkennung der Zustandsverantwortlichkeit Viele Stimmen in der Literatur traten in der Vergangenheit gegen die Zustandsverantwortlichkeit in der bestehenden Ausprägung (Haftung ohne Verursachungs- bzw. Verschuldensmomente) auf. Diese Stimmen hoben die möglichen Einwirkungen auf das Recht am Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und die damit einhergehende Notwendigkeit der Begrenzung der Zustandshaftung des Eigentümers – z. T. bereits auf tatbestandlicher Seite (sog. Tatbestandslösung)473 – hervor474. Den allgemeinen Bedenken gegen eine weite unbeschränkte tatbestandliche Zustandshaftung des Eigentümers sind sowohl das BVerwG 475 als auch das BVerfG 476 grundsätzlich entgegengetreten. Das BVerfG sieht in der allgemeinen Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, die jedoch verfassungsrechtlich nicht bedenklich sei. Aus Gründen der effektiven Gefahrenabwehr könne der Eigentümer einer gefährlichen Sache daher allein wegen seiner durch die Sachherrschaft vermittelten Einwirkungsmöglichkeit auf die gefährliche Sache verpflichtet werden, die Gefahr zu beseitigen, auch wenn er die Gefahrenlage weder verursacht noch verschuldet hat. Mit dem Eigentum gehe auch die Möglichkeit zur tatsächlichen und wirtschaftlichen Nutzung einher. Daher müsse der Grundstückseigentümer auch grundsätzlich mögliche Risiken tragen. Es sei folglich unerheblich, auf welche Umstände der Gefahrenzustand zurückzuführen ist und ob der Eigentümer der Sache die Gefahr verursacht oder gar verschuldet hat. Es sei nicht geboten, den Eigentümer als „Nichtstörer“ anzusehen, sobald ein Verursachungsbeitrag oder Verschulden fehlt. Eine nachrangige

473 Vgl. hier Nachweise bei Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, S. 160, Fn. 253 und Tollmann, Zustandsverantwortlichkeit, S. 165, Fn. 23. 474 So etwa: Kloepfer, NuR 1987, 7, 17; Papier, DVBl. 1985, 873, 878; ders., NVwZ 1986, 256, 261 f.; vgl. hier zur genaueren Darstellung und Nennung der verschiedenen Strömungen: Andres, Die Haftung des Grundstückseigentümers, S. 271 ff.; Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, S. 161–168; Krieger, Sanierung von Altlasten, S. 42 ff.; Müggenborg, NVwZ 2001, 39, Fn. 8; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 122 f.; Tollmann, Zustandsverantwortlichkeit, S. 162–176. 475 BVerwG, NVwZ 1991, 475. 476 BVerfG, NJW 2000, 2573 ff.

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Haftung im Vergleich zu Verhaltensstörern sei aus gleichen Gründen ebenfalls abzulehnen. Die neuere Rechtsprechung477 hat sich, trotz weiterer Gegenstimmen der Literatur478, der herrschenden Rechtsprechung zur Zustandsstörerhaftung von Eigentümern angeschlossen479. (2) Grenzen im Rahmen der Ermessenserwägungen – Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Das BVerfG hat jedoch auch anerkannt, dass Art. 14 Abs. 1 GG in die Entscheidung, ob und wie ein Eigentümer als Zustandsstörer heranzuziehen ist, einzufließen hat. Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist die Belastung des Eigentümers zu berücksichtigen und gegen die zu schützenden Gemeinwohlbelange abzuwägen (sog. „Opferfälle“ 480). Hierzu hat das BVerfG481 verschiedene Anforderungen an die Inanspruchnahme von Grundstückseigentümern als Zustandsstörer aufgestellt. Dreh- und Angelpunkt der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist danach die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des Eigentümers. Mehrere Aspekte können daher zur Bestimmung der Zumutbarkeit herangezogen werden. Als Anhaltspunkt kann der Verkehrswert482 des Grundstücks nach Durchführung einer grundstücksbezogenen Maßnahme, wie z. B. einer Sanierung, im Vergleich zu den aufgewendeten finanziellen Mitteln dienen. Die Sanierung ist wohl zumutbar, wenn die Kosten der Sanierungsdurchführung den Verkehrswert des Grundstücks nicht überschreiten. Eine Sanierung kann jedoch dann unzumutbar

477 Vgl. z. B. OVG Koblenz, Urteil vom 16.8.2005, Az.: 8 A 11910/05 – juris; OVG Magdeburg, Beschluss vom 8.9.2000, Az.: B 2 S 677/99, Rn. 8 – juris; VG Sigmaringen, Beschluss vom 17.12.2002, Az.: 2 K 1197/02, Rn. 21 – juris. 478 Vgl. Andres, Die Haftung des Grundstückseigentümers, S. 263 ff., 362 ff.: Sie lehnt die bestehende Begründung und Konzeption der Zustandsstörerhaftung eines Eigentümers insgesamt ab; der Grundstückseigentümer ist lediglich zu Duldungsmaßnahmen verpflichtet; Bodenschäden sollen in den Verantwortungsbereich der Allgemeinheit fallen; Bodenschäden sind ökologische Schäden; es handelt sich gerade nicht um Fragen der klassischen Gefahrenabwehr; ähnlich Tollmann, Zustandsverantwortlichkeit, S. 148: Die Zustandsstörerhaftung ist insgesamt zu weit; die sog. Opferfälle sind aus der Zustandsverantwortlichkeit herauszunehmen. 479 Einen anderen Ansatz zur Herleitung der Haftung des Zustandsverantwortlichen – die sog. Konkordanzlehre – wählt Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, S. 168 ff. 480 Vgl. zur Vertiefung, Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, S. 160, Fn. 254. 481 Vgl. zu den folgenden Ausführungen BVerfG, NJW 2000, 2573, 2575 f. 482 Zur Berechnung des Verkehrswerts vgl. Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 122 f.

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sein, wenn die Sanierungskosten dem Verkehrswert entsprechen und das Grundstück den wesentlichen Teil des Vermögens des Pflichtigen bildet. Des Weiteren ist zu beachten, dass der Grundstückseigentümer nicht unbegrenzt haften darf, wenn die Gefahr, die von seinem Grundstück ausgeht, aus Naturereignissen, aus der Allgemeinheit zuzurechnenden Ursachen oder von nicht nutzungsberechtigten Dritten herrührt; sobald der Eigentümer allerdings die entstandene Gefahr bewusst in Kauf genommen hat oder in fahrlässiger Weise die Augen vor Risikoumständen verschlossen hat, kann auch eine höhere Kostenbelastung zumutbar sein483. Der Eigentümer ist in solchen Fällen weniger schutzwürdig. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn der Eigentümer es bewusst zugelassen hat, dass ein Dritter sein Grundstück in risikoreicher Art und Weise nutzt. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist eine Abstufung zwischen „Vorsatz“ und „Fahrlässigkeit“ vorzunehmen484. Insgesamt ist es jedoch nicht zumutbar, dass der Eigentümer unbegrenzt für die Sanierung einsteht, das heißt auch mit Vermögen, das in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück steht. Stellt sich im Ergebnis einer behördlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung nach den Vorgaben des BVerfG eine Inanspruchnahme als existenzgefährdend485 dar, muss die Behörde davon absehen, den Zustandsstörer heranzuziehen. Diese Ausführungen hat zwischenzeitlich ein Teil der Rechtsprechung übernommen486. Auch die Literatur hat überwiegend zustimmend auf die Möglichkeit der Beschränkung der Grundstückseigentümerhaftung reagiert487. Das Urteil hat aber unterschiedliche Aussagen darüber, wie mit den neu formulierten Grundsätzen umzugehen ist, hervorgerufen, da die vom BVerfG getroffenen Aussagen nicht konkret genug seien488. Zu beobachten ist die fast einhellige Ansicht, 483

Ähnlich sah das bereits das BVerwG, Buchholz 402.41 Allg. Polizeirecht Nr. 59,

S. 3. 484

Müggenborg, NVwZ 2001, 39, 41. Vgl. zur Existenzgefährdung bei Unternehmen, Vöneky, DÖV 2003, 400, 407. 486 Vgl. z. B. VG Koblenz, Urteil vom 5.12.2002, Az.: 2 K 2328/01.KO – juris; VGH Mannheim, VBlBW 2002, 491; LG Essen, ZfB 2001, 230, 237; wobei die letzteren im konkreten Fall die Unzumutbarkeit wegen der entstehenden Kosten verneinen; VG Sigmaringen, Beschluss vom 17.12.2002, Az.: 2 K 1197/02, Rn. 23 – juris. 487 Vgl.: Knopp, BB 2000, 1373, 1375; Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, S. 176 ff.; Müggenborg, NVwZ 2001, 39, 40; unter Einschränkungen: Huber/ Unger, VerwArch, 96 (2005), 139, 145, die eine teilweise aus dem Staatshaushalt zu finanzierende Wertverbesserung des Grundstücks befürchten; ebenfalls kritisch: Bickel, NJW 2000, 2562, merkt an, dass der Eigentümer in der Regel zum zweiten Mal sein Eigentum bezahlen muss; Krieger, Sanierung von Altlasten, S. 49 ff.; Tollmann, Zustandsverantwortlichkeit, S. 210, verlangt statt der wertmäßigen Beschränkung der Haftung eine bloße Duldungspflicht; ablehnend: Andres, Die Haftung des Grundstückseigentümers, S. 362 ff. 485

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dass die Behörden mit einem erhöhten Prüf- und Begründungsaufwand belastet sind489. (3) Bewertung der Rechtsprechung des BVerfG (a) Die Bejahung der Zustandshaftung als solche Der Rechtsprechung des BVerfG ist darin zuzustimmen, dass Eigentümern eine besondere Stellung im Kreis der Haftungsverantwortlichen zukommt, die sich insbesondere aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums herleitet. Aus Art. 14 Abs. 2 GG geht der Grundsatz hervor, dass die Nutzung des Eigentums auch der Allgemeinheit dienen soll. Zumindest darf die Nutzung des Eigentums der Allgemeinheit nicht schaden. Diesem Grundsatz folgt mithin die Pflicht des Eigentümers, Gefahren, die von seinem Eigentum ausgehen können, selbst zu beseitigen. Nur weil der Eigentümer die Gefahr selbst nicht verursacht oder verschuldet hat, ist er nicht als Nichtstörer anzusehen. Er steht der Gefahr insgesamt näher als die Allgemeinheit und muss folglich für die Gefahrenabwehr haften (vgl. zum Verursacherprinzip Kap. 4, A.IV.1.c)aa)). Aus diesen Gründen ist ein Haftungsausschluss mit dem Argument, dass der Eigentümer mit eigenem Vermögen das Eigentum erworben habe und bei einer grundstücksbezogenen Maßnahme zur Gefahrenabwehr nochmals „für sein Eigentum bezahle“ 490, abzulehnen. Gleiches gilt für eine bloße Duldungspflicht491, da schlussendlich die Allgemeinheit für die Kosten der Gefahrenabwehr aufkäme. Ein vollständiges „Brechen“ mit der bisherigen Haftungsbegründung des Eigentümers492 hätte zudem schwerwiegende Folgen für die effektive Gefahrenabwehr. Insbesondere wäre eine Unterscheidung zwischen Verhaltens-, Handlungsund Nichtstörern nicht mehr möglich, da die Haftungszurechnung bereits erheb488 Huber/Unger, VerwArch 96 (2005), 139, 140, 147; Müggenborg, NVwZ 2001, 39, 41; die Literatur ist in diesem Bereich sehr breit, vgl. daher vertiefend zum Umgang mit diesem Urteil: Huber/Unger, VerwArch 96 (2005), 139 ff.; Schäling, Sanierungsverantwortlichkeit, S. 128 ff. 489 Knopp, BB 2000, 1373, 1375; Müggenborg, NVwZ 2001, 39, 41; Schäling, NVwZ 2004, 543, 547; ders., Sanierungsverantwortlichkeit, S. 122 f.; Tollmann, Zustandsverantwortlichkeit, S. 210. 490 So Andres, Die Haftung des Grundstückseigentümers, S. 263 ff.; Bickel, NJW 2000, 2562. 491 So Tollmann, Zustandsverantwortlichkeit, S. 210. 492 Vgl. Tollmann, Zustandsverantwortlichkeit, S. 160 und 210: „Die Zustandsverantwortlichkeit läßt sich nur zufrieden stellend begründen, wenn man dem Eigentümer allein solche Gefahren zurechnet, denen er ähnlich nahe wie ein Verhaltensstörer, jedenfalls aber näher als ein beliebiger Dritter steht. In den Opferfällen steht der Eigentümer der Gefahr gerade nicht näher als ein beliebiger Dritter, so dass es insoweit an einem Rechtsgrund für die Zustandsverantwortlichkeit fehlt.“

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lich erschwert wäre. Klare Linien der Haftungsbegründung fehlten. Jeder Zustandsstörer könnte im Einzelfall vortragen, „er könne für die Gefahr nichts“ und sei lediglich Nichtstörer. Der Vorteil der Zustandshaftung liegt gerade darin, dass Verursachungs- und Verschuldensfragen auf die Haftung als solche keinen Einfluss haben dürfen. (b) Grenzen der Verhältnismäßigkeit Richtig ist hingegen, dass Verhältnismäßigkeitserwägungen in jede behördliche Entscheidung einfließen sollten, um unzumutbare Auswirkungen auf den Adressaten – auch einen Eigentümer – einer behördlichen Anordnung auszuschließen. Allein die Sozialpflichtigkeit kann nicht dazu führen, dass der Eigentümer immer vollständig für die Gefahrenabwehr zu haften hat. Hier muss ein angemessener Ausgleich entstehen. Diesen an den Wert des Grundstücks und u. U. an die Existenzfähigkeit zu knüpfen, ist nachvollziehbar. Diese Herangehensweise entspricht im Grunde der ständigen Rechtsprechung des BVerfG zur Steuergesetzgebung. Danach sind staatliche Maßnahmen von wirtschaftlich erheblichem Gewicht, durch die die Substanz des Vermögens der Betroffenen aufgezehrt wird, regelmäßig verfassungswidrig493. Ähnliches verfolgt die Rechtsprechung des BVerfG zur Zustandsstörerhaftung in den sog. „Opferfällen“. Als kritisch erweist sich jedoch die Heranziehung von Verschuldensmerkmalen zur Haftungsbegrenzung. Damit rekurriert das BVerfG mittelbar auf die Verursachung von Gefahren im engeren Sinne, was bei einem Zustandsstörer grundsätzlich nicht gelten darf. Wie bereits hervorgehoben sind bei der Zustandshaftung – im Gegensatz zur Verhaltenshaftung – gerade nicht Verursacher- oder Verschuldensaspekte Haftungsgrund. Diese Einbeziehung erscheint also zunächst „systemwidrig“, da eine Vermischung zwischen Zustands- und Verhaltenshaftung droht. Dennoch erweisen sich diese Ausführungen als inhaltlich richtig. Wegen der Bedeutung von Art. 14 Abs. 1 GG und des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist vom Eigentümer nicht jedes Handeln zu verlangen. Zu fragen ist, ob die Heranziehung zur Gefahrenbeseitigung tatsächlich im Sinne des Allgemeinwohls angemessen, d. h. zumutbar, ist. Wie die Gefahr entstanden ist, kann dabei ausschlaggebend sein. So müssen fremde (rechtswidrige) Beiträge, auf die weder der Eigentümer noch die Allgemeinheit tatsächlich Einfluss hatte, regelmäßig zur Unzumutbarkeit führen. Eine Unzumutbarkeit kann im Umkehrschluss regelmäßig nicht angenommen werden, wenn die Folgen einer vom Eigentümer geduldeten Handlung bekannt sind.

493 BVerfG, NJW 1975, 31, 32; BVerfG, NJW 1988, 3258; BVerfGE 95, 267, 300; BVerfG NVwZ 2007, 1168 f.

A. Kreis möglicher Adressaten einer Sicherungs-/Entsorgungsanordnung

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Zudem bejaht das BVerfG im Grunde die Unterscheidung zwischen Zustandsund Verhaltensverantwortlichkeit. Auch wenn es das BVerfG nicht ausdrücklich ausspricht, erfolgen die Erwägungen des Verschuldens allein in der Ermessensausübung bzw. in der Prüfung der Rechtsfolge, so wie es die frühere herrschende Meinung494 gefordert hat. Das Grundkonzept der Zustands- und Verhaltensstörerhaftung wird dadurch nicht in Frage gestellt. Die Haftungsgründe bleiben die Möglichkeit der Einflussnahme und die Nutzungsziehung aufgrund der Eigentümerstellung und nicht die Verursachung der Gefahr oder Verschuldensmomente. bb) Anwendbarkeit dieser Grundsätze auf den (ehemaligen) Abfallbesitzer Fraglich ist, ob diese zum (Grundstücks-)Eigentümer entwickelten Grundsätze entsprechende Anwendung auf einen (ehemaligen) Abfallbesitzer finden können. Wie das BVerfG entschieden hat, kann im Einzelfall die Haftung des Eigentümers als Zustandsstörer entfallen, wenn er in eine sog. „Opferposition“ gedrängt wird. Die Entscheidung des BVerfG betraf zwar einen Grundstückseigentümer und zog Art. 14 Abs. 1 GG zur Begründung heran. Art. 14 GG ist wohl auch bei einem bloßen Abfallbesitzer einschlägig, da Art. 14 Abs. 1 GG nach der herrschenden Meinung auch den Besitz als solchen schützt495. Eigentum umfasst nicht nur absolute Rechtspositionen; vermögenswerte Rechte sind Eigentum, soweit sie dem Berechtigten ausschließlich wie Eigentum an einer Sache zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet sind496. Mithin ist die Entscheidung des BVerfG für (ehemalige) Inhaber der tatsächlichen Gewalt in ihren Grundaussagen zu übernehmen497. Auch Besitzer, die als Zustandsstörer haften müssen, können sich in einer von der Literatur und dem BVerfG herausgearbeiteten „Opferposition“ befinden. Die vom BVerfG aufgestellten Erwägungen, wann die Inanspruchnahme eines Grundstückseigentümers ausscheiden sollte, sind auf den Besitzer allerdings nicht vollständig übertragbar. Schon der Verkehrswert des Grundstücks ist für den ehemaligen Abfallbesitzer irrelevant, da er nicht Grundstückseigentümer ist498. Stattdessen schlägt Schäling bei Besitzern vor, auf den Nutzwert der Sache abzustellen499. 494 Vgl. zur Darstellung Tollmann, Zustandsverantwortlichkeit, S. 163, Fn. 12 und S. 168–176. 495 Lepsius, Besitz, S. 100 ff. 496 BVerfG, NJW 1988, 2594, 2595 m.w. N.; BVerfG, NJW 1991, 1807; BVerfG, NJW 1993, 2035 f.; BVerfGE 95, 267, 300. 497 Ähnlich: Ginzky, DVBl. 2003, 169, 174; Huber/Unger, VerwArch 96 (2005), 139, 169; Lepsius, Besitz, S. 256 f.; Schäling, NVwZ 2004, 543, 545; Tollmann, Zustandsverantwortlichkeit, S. 331. 498 So z. B.: VGH München, NVwZ 2003, 363, 365; Ginzky, DVBl. 2003, 169, 174. 499 Schäling, NVwZ 2004, 543, 546.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

Der Nutzwert des ehemaligen Abfallbesitzers bestimmt sich danach, was er für die Übernahme des Abfallbesitzes von einem Dritten erhalten hat. Unter Anwendung der vom BVerfG aufgestellten Leitlinien wäre eine Heranziehung des ehemaligen Abfallbesitzers dann unzumutbar, wenn die Kosten der Abfallentsorgung diese Einnahmen überstiegen. Die Heranziehung des Nutzwerts erscheint in diesem Fall jedoch bedenklich. Zu beachten ist der Umstand, dass der Abfalltransporteur selbst einen Dritten für die Abfallentsorgung bezahlt, um die Entsorgung nicht vornehmen zu müssen. Fällt dieser Dritte aus, muss der ehemalige Abfallbesitzer nochmals für die ordnungsgemäße Abfallentsorgung finanzielle Mittel aufwenden. In der Regel werden seine Aufwendungen die Einnahmen übersteigen. Er wird immer ein Defizit aufweisen können. Die Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers wäre immer unzumutbar. Dieses Ergebnis ist wenig zielführend. Der Nutzwert ist bei der Haftung des ehemaligen Abfallbesitzers nicht heranzuziehen. Der Abfalltransporteur hat den Abfallbesitz freiwillig übernommen; er war sich also seiner Pflicht und der möglichen Gefahren bewusst. Der Nutzwert ist mithin beim ehemaligen Abfallbesitzer nicht der richtige Ansatzpunkt, die Haftung einzuschränken. Aspekte wie die Gefahr aus Naturereignissen, aus der Allgemeinheit zuzurechnenden Ursachen oder Gefahren, die von nicht nutzungsberechtigten Dritten herrühren,500 und der Ausschluss der Existenzgefahr501 können jedoch auch beim Abfallbesitzer zur Anwendung kommen. Zu denken ist z. B. daran, dass der Abfallbesitz durch ein Naturereignis entstanden ist oder Dritte verbotswidrig Abfall abgeladen haben. Hier ist der Abfallbesitzer gerade nicht in der Position, Nutzen aus dem Abfallbesitz – anders bei Abfallentsorgungsunternehmen – zu ziehen. Solche Erwägungen können in die Ermessensausübung einfließen, was aber an der grundsätzlichen Störereigenschaft nichts ändert. Als weitere zeitliche Grenzen für eine Ewigkeitshaftung sollten Fragen der Verwirkung Beachtung finden. Vermittelt die Vollzugsbehörde den Eindruck, dass eine Inanspruchnahme des ehemaligen Abfallbesitzers nicht mehr bevorsteht, muss letzterer darauf vertrauen dürfen. e) Fazit zum „Problem der Abfalltransporteure“ Das KrW-/AbfG kennt insgesamt drei Störergruppen. Den Abfallerzeuger, den aktuellen Abfallbesitzer und den vormaligen Abfallbesitzer, der einen Dritten mit der Erfüllung der Entsorgungspflicht aus § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG beauftragt hat. Eine andere Ansicht ist nicht tragbar. Damit steht den zuständigen Überwachungsbehörden ein „Strauß“ an potentiellen Verfügungsadressaten zur Verfü500

Ähnlich sah das bereits das BVerwG, Buchholz 402.41 Allg. Polizeirecht Nr. 59,

S. 3. 501

Vgl. zur Existenzgefährdung bei Unternehmen, Vöneky, DÖV 2003, 400, 407.

A. Kreis möglicher Adressaten einer Sicherungs-/Entsorgungsanordnung

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gung. Insbesondere lange Entsorgungsketten können zu einer großen Zahl von Störern führen. Die Behörden sind aber zunächst gezwungen, alle möglichen Abfallbesitzer zu ermitteln, um nicht eine fehlerhafte Störerauswahl vorzunehmen. Abfallentsorgungsunternehmen werden nun mehrfach darüber nachdenken, ob und wem sie die Abfälle zur Entsorgung überlassen. Sie werden in Zukunft gewissenhafter und genauer entscheiden, wie mit dem Abfall umzugehen ist. Dieses kann neben dem Vorhandensein mehrerer möglicher Adressaten behördlicher Anordnungen auch zu einer „besseren“ Kreislaufwirtschaft führen, da jeder Abfallbesitzer daran interessiert ist, sich des Abfalls nicht nur zu entledigen, sondern ihn auch einer ordentlichen Entsorgung zuzuführen. Wichtig für alle ehemaligen Abfallbesitzer ist jedoch die Erkenntnis, dass die Änderung der Abfallqualität ihre Störereigenschaft enden lässt. 2. Andere Fälle der ehemaligen Abfallbesitzer Außerhalb der Beauftragung eines Dritten zur Erfüllung der Abfallentsorgungspflicht durch Übergabe des Abfalls und somit des Abfallbesitzes, sind auch andere Fälle denkbar, in denen der Abfallbesitzer den Besitz am Abfall aufgibt. Diese Fälle und deren Folgen sollen hier Betrachtung finden. a) Der Grundstückseigentümer als ehemaliger Abfallbesitzer Soweit es an der (freien) Zugänglichkeit Dritter zum Grundstück fehlt, impliziert das Eigentum am Grundstück grundsätzlich den Abfallbesitz502 (vgl. zum Abfallbesitz Kap. 4, A.I.3.c)aa)), da der Eigentümer regelmäßig unmittelbarer Besitzer des Grundstücks ist. Aus dem Eigentum am Grundstück folgt der Besitz am Grundstück; aus dem Besitz am Grundstück folgt der Besitz an den dort lagernden Abfällen503, soweit der Grundstückseigentümer (alleinigen) Zugriff auf die dort lagernden Abfälle hat. Der Grundstückseigentümer ist damit Besitzer solcher Abfälle, die der Betreiber einer insolvenzbedingt eingestellten Abfallentsorgungsanlage zurückgelassen hat504. Seinen Abfallbesitz kann er auf verschiedene Weisen verlieren. Zum einen ist die oben behandelte Abgabe des Abfalls an ein Abfallentsorgungsunternehmen möglich. Zum anderen kann es zur Übereignung des Grundstücks, auf dem der Abfall lagert, oder zur Dereliktion dieses Grundstücks kommen. Die Folgen der letzten beiden Handlungen sind im Folgenden zu betrachten. 502 Ständige Rechtsprechung, vgl.: BVerwG, NJW 1998, 1004, 1005; BVerwG, NVwZ 1984, 40; BVerwG, NJW 1989, 1295; OVG Münster, AgrarR 1996, 331 ff. 503 Vgl. hierzu Klett/Enders, BB 1996, 2003, 2004. 504 Zu den Besonderheiten der Verantwortlichkeit eines Grundstückseigentümers vergleiche unten Kap. 4, A.V.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

aa) Die Folgen für die Haftung bei Übereignung des „belasteten“ Grundstücks Abfallbesitz an Abfall auf einem Anlagengelände endet mit der Veräußerung des Grundstücks, da die Übereignung regelmäßig dazu führt, dass der bisherige Eigentümer die tatsächliche Gewalt an Grundstück und Abfall aufgibt. Der Erwerber des Grundstücks ist dann neuer Abfallbesitzer nach § 3 Abs. 6 KrW-/ AbfG505. Werden das gesamte Gelände und nicht nur Teile dessen übernommen, gehören auch die darauf lagernden Abfälle dazu. Es ist jedoch möglich, nur einen Teil der Anlage zu übernehmen und darauf lagernden Abfall aus dem Vertrag auszuschließen506. Folge der Übereignung ist nicht nur der Verlust des Abfallbesitzes, sondern auch das Entfallen der Haftung des ehemaligen Grundstückseigentümers und Abfallbesitzers507. Im Unterschied zu demjenigen Abfallbesitzer, der lediglich seinen Abfallbesitz an einen Dritten i. S. d. § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG überträgt, entfällt mit dem Besitzverlust die Pflicht aus den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG. Zu denken ist in solchen Fällen jedoch immer an die Möglichkeit eines sittenwidrigen Vertrags nach § 138 BGB. Ist der Erwerber mittellos und damit finanziell nicht in der Lage, eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung zu bewerkstelligen, liegt ein Indiz für eine Sittenwidrigkeit vor. Wenn die Vertragspartner mit dem Rechtsgeschäft allein bezwecken, sich der Pflichten des bisherigen Störers zu entledigen und die möglichen Kosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen, nimmt die Rechtsprechung das Verdikt der Sittenwidrigkeit und damit eine nichtige Eigentumsübertragung an508. Die umweltrechtlichen Pflichten bleiben bestehen. Die Behörde wird einen solchen sittenwidrigen Vertragszweck schwerlich darlegen können, wenn kein Vertragszweck genannt ist509.

505

So BVerwG, NVwZ 2004, 1360, 1361. Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3.4.2008, Az.: 11 S 6.07 – juris. 507 So ausdrücklich BVerwG, NVwZ 2007, 1185, 1186, Rn. 15. Wenn die Abfalllagerung bereits eine Altlast (vgl. Kap. 4, A.I.3.b)cc)(1)) darstellt, bleibt der ehemalige Grundstückseigentümer gem. § 4 Abs. 6 BBodSchG zur Sanierung des Grundstücks verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1.3.1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder Altlast hierbei kannte oder kennen musste. Dies gilt für denjenigen nicht, der beim Erwerb des Grundstücks darauf vertraut hat, dass schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nicht vorhanden sind, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls schutzwürdig ist. 508 BVerwG, NVwZ 1997, 577 m.w. N.; VGH Mannheim, GewArch 1998, 301, 302; allgemein: BGH, NJW 1990, 567, 568; a. A.: VGH Mannheim, DÖV 1996, 40, 41; Kniesel, BB 1997, 2009, 2013; Knopp, BB 1996, 389, 391 f.; Sparwasser/Geißler, DVBl. 1995, 1317, 1322 f., danach genügt die Leistungsunfähigkeit des Erwerbers für eine Sittenwidrigkeit allein nicht aus. 509 Vgl. Knopp, BB 1996, 389, 392. 506

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bb) Die Folgen für die Haftung bei Dereliktion In Betracht kommt ebenfalls der Verlust des Abfallbesitzes durch Dereliktion nach § 959 BGB. Eine bewegliche Sache wird danach herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt. Gem. § 928 BGB kann das Eigentum an einem Grundstück dadurch aufgegeben werden, dass der Eigentümer den Verzicht dem Grundbuchamt gegenüber erklärt und der Verzicht in das Grundbuch eingetragen wird. Unmittelbar nach der Dereliktion ist die Sache herrenlos. Eine Zustandsstörerhaftung müsste also zwangsläufig entfallen. Fraglich ist, ob der Eigentümer, der gleichzeitig Abfallbesitzer ist, zum Zwecke des Verzichts auf das Eigentum den Besitz am Abfall oder das Grundstück, auf dem die Abfälle lagern, als solches aufgeben kann. Dem § 959 BGB ist ein Dereliktionsverbot nicht unmittelbar zu entnehmen; insbesondere enthalten die umweltrechtlichen Abfallvorschriften kein Dereliktionsverbot510. Jedoch nimmt das BVerwG insbesondere in diesen Fällen an, dass Rechtsgeschäfte, die darauf abzielen, Rechtsverhältnisse zum Schaden der Allgemeinheit zu regeln, gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sind511. Eine sittenwidrige Dereliktion ist anzunehmen, wenn sich ihr Zweck darin erschöpft, die Entsorgungskosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen512. Unter welchen Umständen eine solche anzunehmen ist, ist bisher nicht geklärt. Es bedarf folglich einer Einzelfallbetrachtung, ob die konkrete Eigentums- und Besitzaufgabe allein den Zweck verfolgt, die Entsorgungskosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen513. Allerdings wird es in solchen Fällen, in denen es um belastete Grundstücke geht, regelmäßig einfach sein, eine Sittenwidrigkeit anzunehmen514. Fehlt es an einer sittenwidrigen Dereliktion, muss grundsätzlich das zur Eigentumsübertragung Gesagte gelten, wenn sich später ein neuer Eigentümer die Sache über die §§ 928 Abs. 2, 958 BGB angeeignet hat. Auch hier entfallen der Abfallbesitz und die damit einhergehenden Entsorgungspflichten. Fehlt jedoch eine Aneignung, was der Regelfall sein wird, ist grundsätzlich die Unbeachtlichkeit der Dereliktion anzunehmen. Die überwiegenden Landespolizeigesetze515 regeln eine solche Unbeachtlichkeit bei Besitz- und Eigentumsaufgabe. Danach können Maßnahmen auch gegen denjenigen gerichtet werden, der 510

Martinek, in: jurisPK-BGB, § 959 BGB Rn. 7. BVerwG, NVwZ 1997, 577. 512 BVerwG, NJW 2003, 2255; VGH Mannheim, NuR 1999, 331. 513 Ein ähnliches Problem kann sich auch bei der Eigentumsübertragung auf einen Dritten stellen, wenn dieser nur „vorgeschoben“ ist, um den Veräußerer vor der Inanspruchnahme zu schützen. Hier sind vermögenslose Scheinfirmen o. Ä. denkbar. 514 Vgl. Blum, Insolvenz, S. 233. 515 Ausnahmen gelten in Baden-Württemberg und Sachsen. 511

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

das Eigentum an einer Sache aufgegeben hat, solange die Sache noch herrenlos ist, vgl. z. B. § 18 Abs. 3 OBG Bbg516. Fehlt eine solche gesetzliche „nachwirkende“ Zustandshaftung, wird wohl die Inanspruchnahme ausscheiden müssen, da gerade die haftungsbegründenden Umstände – Möglichkeit der tatsächlichen Einflussnahme kraft Sachherrschaft – entfallen sind517. Eine „nachwirkende“ Zustandsverantwortlichkeit bedarf wegen der erheblichen Eingriffe, insbesondere wegen der Anforderungen des Rechtsstaatsgebots, einer gesetzlichen Grundlage. b) Insolvenzverwalter – Freigabe aus Insolvenzmasse Der Insolvenzverwalter von Abfallentsorgungsanlagen ist in der Regel als Abfallbesitzer anzusehen. Dieses beruht auf den Wirkungen der Inbeschlagnahme nach den §§ 80, 148 InsO. Der Haftung als Abfallbesitzer kann er entgehen, indem er bestenfalls das gesamte Grundstück nach Insolvenzrecht freigibt (vgl. Kap. 4, A.I.5.). Er verliert dadurch die Position als Abfallbesitzer und haftet nicht mehr nach den §§ 3 Abs. 6, 5 Abs. 2, 21 KrW-/AbfG. c) Wertungswiderspruch – Verstoß gegen das Gleichbehandlungsprinzip? Bei Betrachtung der Regelung des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG und der vom BVerwG in richtigerweise vorgenommenen Auslegung dieser Norm stellt sich die Frage, ob in den gerade geschilderten Fällen der haftungsbefreienden Besitzaufgabe eine Ungleichbehandlung mit dem ehemaligen Abfallbesitzer vorliegt. Der Verdacht eines Wertungswiderspruchs liegt nahe. Es stellt sich die Frage, warum ein Grundstückseigentümer, der gleichzeitig Abfallbesitzer ist, mit der Übereignung seines Grundstücks vollständig von der Pflicht befreit ist, Abfälle ordnungsgemäß zu beseitigen, wohingegen derjenige, der lediglich den Abfallbesitz als solchen an einen Dritten abgibt, entsorgungspflichtig bleibt. Gleiche Bedenken entstehen bei der grundsätzlich richtig gelösten Problematik der Freigabe eines Gegenstands durch den Insolvenzverwalter. Auch er ist ehemaliger Besitzer, aber nicht mehr entsorgungspflichtig. Fraglich ist also, ob die Unterscheidung zwischen der Besitzaufgabe nach § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG und den übrigen geschilderten Fällen keinen Wertungswiderspruch enthält und damit nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet Vergleichbares gleich zu behandeln.

516 Anders in Baden-Württemberg, vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 30.7.2002, Az.: 10 S 2153/01 – juris. 517 VGH Mannheim, Urteil vom 30.7.2002, Az.: 10 S 2153/01 – juris; Blum, Insolvenz, S. 232; Pischel, VBlBW 1999, 166, 167; Schenke, in: Steiner, BesVerwR, II D Rn. 180.

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aa) Die Vergleichbarkeit i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG liegt nur dann vor, wenn die unterschiedlich behandelten Personen oder Sachverhalte vergleichbar (sog. Vergleichsgruppen) sind. In den hier problematisierten Fällen handelte es sich jeweils um Abfallbesitzer, die ihren Besitz am Abfall an Dritte abgeben. Danach könnte bereits eine Vergleichbarkeit anzunehmen sein. Ob allein die Stellung als Abfallbesitzer für eine Vergleichbarkeit der geschilderten möglichen Sachverhalte ausreicht, ist dennoch zweifelhaft. Ausschlaggebend für die Vergleichbarkeit müssen hier die jeweiligen Umstände der Besitzaufgabe sein.

(1) Aufgabe des Eigentums an einem mit Abfällen belasteten Grundstücks Eine Vergleichbarkeit dieser Rechtsgeschäfte aus Sicht der jeweiligen Vertragspartner ist abzulehnen, insbesondere wegen der Folgen der Rechtsgeschäfte. Hauptzweck einer Grundstücksübertragung ist nicht, den Besitz an darauf lagernden Abfällen aufzugeben. Bei der Übereignung eines Gründstücks ist die Eigentums- und Besitzübertragung an Gegenständen, die auf dem Grundstück lagern, lediglich ein regelmäßiger Reflex der Verfügung. Eine Ausnahme davon ist nur anzunehmen, wenn die Vertragsparteien ausdrücklich etwas anderes vereinbaren. Gerade hierin unterscheidet sich die Grundstücksübereignung von der Besitzaufgabe nach § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG. Entsorgungsverträge nach § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG bezwecken gerade, den Abfallbesitz und damit die Erfüllung einer Entsorgungspflicht nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG auf einen Dritten zu verlagern. Dem bloßen Abfallbesitzer soll somit die Abfallentsorgung erleichtert werden. Auch verliert der Eigentümer einen erheblichen Vermögenswert und die damit verbundenen Handlungsrechte und -pflichten, die nicht auf die Ordnungspflichten beschränkt sind. Die Wirkung ist weit intensiver als bei einer bloßen Besitzaufgabe. Sollte sich herausstellen, dass der Eigentümer bei der Übereignung ausschließlich den Zweck verfolgt hat, sich seiner Entsorgungspflicht zu entledigen, kommt eine Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts nach § 138 BGB in Betracht. Diese Gründe sprechen gegen eine Vergleichbarkeit der aufgezeigten Sachverhalte. Zwar ist aus Sicht der Verwaltungspraxis durchaus eine Vergleichbarkeit anzunehmen, da jeder Wechsel der Störer Risiken mit sich bringen kann. Die Haftung eines Grundstückseigentümers stellt sich in der Regel für die Verwaltung aber als besser heraus. Der Grundstückseigentümer hat die notwendige Einwirkungsmöglichkeit auf die Gefahr; er ist somit aus Sicht der Behörde leistungsfähiger als ehemalige Besitzer, sodass es einer Erweiterung des Störerkreises auf den ehemaligen Grundstückseigentümer und Abfallbesitzer nicht bedarf.

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Der bloße ehemalige Abfallbesitzer und der Grundstückseigentümer sind damit nicht ausreichend vergleichbar, um ggf. eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung anzunehmen. (2) Die Freigabe aus der Insolvenzmasse Ebenso wenig ist eine Vergleichbarkeit mit dem Sachverhalt, bei dem der Insolvenzverwalter den Abfall oder das belastete Grundstück aus der Insolvenzmasse freigibt, anzunehmen. Hier ist ähnlich wie bei der Grundstücksübertragung der Zweck ein völlig anderer. Wie bereits dargestellt, bezweckt eine Freigabe die Schonung der Masse und die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger. Der Insolvenzverwalter will seine Entsorgungspflicht nicht lediglich auf einen anderen übertragen. Dieses ist aber bei einem bloßen Abfallbesitzer anzunehmen. bb) Die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Selbst wenn eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte über den Umstand der Besitzaufgabe hergeleitet werden sollte, reichen die gerade genannten Gründe, eine Ungleichbehandlung der dargestellten Varianten der Besitzaufgabe zu rechtfertigen. Der Grundstückseigentümer verliert neben seinem Besitz auch das Eigentum. Die Aufgabe des Abfallbesitzes ist damit regelmäßig nicht der Hauptzweck des Rechtsgeschäfts. Ähnliches gilt für den Insolvenzverwalter. Der bloße Abfallbesitzer will lediglich seine Pflichten nach den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW-/AbfG übertragen. Er möchte den Abfall nicht selbst entsorgen. Zudem sei Folgendes zu beachten: Wenn auch in den anderen Fällen durch die Eigentumsübertragung oder Freigabe tatsächlich ausschließlich das Ziel der Abwälzung der Entsorgungspflicht verfolgt werden würde, träte über § 138 BGB eine ähnliche Rechtsfolge ein, wie sie § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG bezweckt. cc) Ergebnis zur Frage des Wertungswiderspruchs Die Wertung des Gesetzgebers und der Rechtsprechung, die geschilderten Fälle unterschiedlich zu behandeln, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

3. Ergebnis zur Haftung der ehemaligen Abfallbesitzer Ehemalige Abfallbesitzer sind nicht per se als Störer für eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung verantwortlich. Lediglich diejenigen Abfallbesitzer, die den Besitz mit der Intention an einen Dritten weitergeben, dass dieser statt ihrer den Abfall entsorgt, haben bei einer gescheiterten Entsorgung nach § 16 Abs. 1 KrW-/ AbfG für eine ordnungsgemäße Entsorgung einzustehen.

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V. Die Haftung des Grundstückseigentümers Als Anordnungsadressat kommt insbesondere auch der Eigentümer des Grundstücks in Betracht, auf dem die nicht entsorgten Abfälle lagern. Ein Grundstückseigentümer gehört zu den typischen Zustandsverantwortlichen bei grundstücksspezifischen Gefahren. Fraglich ist jedoch, nach welcher Rechtsgrundlage der Grundstückseigentümer zur Sicherung des Grundstücks und zur Abfallentsorgung heranzuziehen ist und wie weit er zu haften hat. 1. Die Rechtsgrundlagen für eine Anordnung an den Grundstückseigentümer a) Ist eine Anordnung nach dem BImSchG möglich? Das BImSchG benennt den Eigentümer des Anlagengrundstücks nicht explizit als möglichen Adressaten von Gefahrenabwehranordnungen. Zu beachten ist, dass sich die nach dem BImSchG durchsetzbaren Pflichten ausschließlich an den Anlagenbetreiber richten. Anlagenbezogene Pflichten nach dem BImSchG treffen einen Grundstückseigentümer nur dann, wenn er identisch mit dem Anlagenbetreiber ist, da die BImSchG-Genehmigung nicht an das Eigentum am Anlagengrundstück anknüpft518. Es sind solche Konstellationen nicht auszuschließen, in denen der Anlagenbetreiber nicht identisch mit dem Grundstückseigentümer ist. Pacht- oder Mietverhältnisse können bestehen. Soweit es an einer Identität zwischen Anlagenbetreiber der Anlage und dem Grundstückseigentümer fehlt, scheidet das BImSchG als Rechtsgrundlage für eine Anordnung zur Entsorgung der Abfälle, die auf dem Anlagengrundstück lagern, aus. Zum Teil wird vertreten, dass aufgrund von § 17 BImSchG gegenüber dem Eigentümer des Anlagengrundstücks Duldungsverfügungen ergehen können, soweit ohne seine Duldung die Pflichterfüllung seitens des Anlagenbetreibers nicht möglich ist519. Auf die Frage, ob über § 17 BImSchG oder andere Normen des BImSchG gegenüber dem Grundstückseigentümer eine Duldungsverfügung ergehen kann, ist hier nicht näher einzugehen. Es ist praktisch undenkbar, dass sich ein Grundstückseigentümer gegen die behördliche Anordnung gegenüber dem Anlagenbetreiber, die auf dem Anlagengrundstück lagernden Abfälle zu entsorgen, stellt.

518

VGH München, NVwZ 2006, 1201. Vgl. zu dieser Frage Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. I, § 17 BImSchG Rn. 58. 519

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b) Anordnungen nach dem BBodSchG? In Betracht kommt eine Heranziehung des Grundstückseigentümers nach den §§ 4, 10 BBodSchG. § 4 Abs. 2 und 3 BBodSchG benennt den Grundstückseigentümer als Zustandsstörer, der verpflichtet ist, Gefahren durch schädliche Bodenveränderungen und Altlasten zu verhindern oder zu beseitigen. Der lagernde Abfall auf einer Abfallentsorgungsanlage kann unter den oben genannten Voraussetzungen eine schädliche Bodenveränderung oder gar eine Altlast sein (vgl. hierzu Kap. 4, A.I.3.b)cc)(1); diese Ausführungen gelten auch für den Grundstückseigentümer). § 10 BBodSchG ist die Anordnungsgrundlage zur Durchsetzung der Pflichten nach § 4 BBodSchG. Als problematisch erscheint die Frage, ob der Grundstückseigentümer auch zur Altlastensanierung heranzuziehen ist, wenn die Altlast eine vormals illegale Anlage darstellt. Der Wortlaut des § 2 Abs. 5 BBodSchG spricht lediglich von Grundstücken, auf denen sich stillgelegte Anlagen befinden, auf denen Abfall behandelt oder gelagert wurde oder auf denen mit Gefahrstoffen umgegangen wurde. Auf das Genehmigungserfordernis stellt die Definition der Altlast nicht ab. Der Anlagenbegriff, wie er in § 3 Abs. 5 BImSchG bestimmt wird, enthält auch nicht die Anforderung einer Genehmigung. Zudem bezieht sich der Altlastenbegriff auf nicht genehmigungsbedürftige sonstige Anlagen. Eine Altlast kann mithin auch bei einer illegalen Anlage vorliegen. Zu beachten ist hier erneut der mögliche Anwendungsvorrang anderer Rechtsmaterien. Soweit über § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG ein Anwendungsvorrang des BImSchG besteht, ist die Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers bis zum Ablauf der Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG ausgeschlossen (vgl. Kap. 4, A.I.3.e)aa)(1)(b)). Zusammengefasst sieht die Haftung des Grundstückseigentümers für Altlasten folgendermaßen aus: – Für schädliche Bodenveränderungen während des Betriebs einer Abfallentsorgungsanlage ist der Eigentümer nicht verantwortlich. – Der Gründstückseigentümer kann erst ein Jahr nach Betriebseinstellung Adressat einer Anordnung nach § 4 BBodSchG sein. – Eine Sanierungsanordnung nach § 4 Abs. 3 BBodSchG ist jedoch erst nach Ablauf von weiteren zwei Jahren möglich, da bis zu diesem Zeitpunkt der Anlagenbetrieb über § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG wieder aufgenommen werden kann520.

520 Hier zeigt sich erneut die Diskrepanz zwischen der Frist nach § 17 Abs. 4a BImSchG und der Frist nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Es ist unverständlich, warum

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c) Anordnungen nach KrW-/AbfG? Das KrW-/AbfG stellt über § 21 die Möglichkeit zur Verfügung, die Pflichten nach den §§ 4 ff. KrW-/AbfG durchzusetzen, soweit nicht über § 9 KrW-/AbfG das BImSchG zur Anwendung kommt. Bei fehlender Identität von Eigentümer und Anlagenbetreiber kann ggf. auf § 21 KrW-/AbfG zurückgegriffen werden. Nach § 21 KrW-/AbfG kann die zuständige Behörde im Einzelfall Anordnungen treffen, um die Anforderungen der §§ 4 ff. KrW-/AbfG durchzusetzen. Nach den §§ 5 und 11 KrW-/AbfG sind die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen verpflichtet, diese entsprechend den Vorgaben des KrW-/AbfG ordnungsgemäß zu entsorgen. Zu fragen ist also, ob der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich eine stillgelegte Abfallentsorgungsanlage befindet und Abfälle lagern, die entgegen der Pflicht aus § 5 Abs. 3 BImSchG nicht ordnungsgemäß verwertet oder beseitigt wurden, nach § 21 KrW-/AbfG zur Entsorgung der Abfälle herangezogen werden kann. Hierfür müsste er Erzeuger oder Besitzer der Abfälle sein. Die Erzeugereigenschaft ist hier auszuschließen. Allein die Besitzereigenschaft kommt in Betracht. aa) Abfallbesitz kraft tatsächlicher Sachherrschaft Besitzer von Abfällen i. S. d. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Eine solche ist dann anzunehmen, wenn die Möglichkeit besteht, auf die Sache einzuwirken; es ist ein Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft erforderlich (vgl. zum Begriff des Abfallbesitzes Kap. 4, A.I.3.c)aa)). Soweit es an der (freien) Zugänglichkeit des Grundstücks durch Dritte fehlt, impliziert das Eigentum am Grundstück grundsätzlich den Abfallbesitz521, da der Eigentümer regelmäßig unmittelbarer Besitzer des Grundstücks ist. Mit dem unmittelbaren Besitz am Grundstück geht auch der unmittelbare Besitz an den sich auf dem Grundstück befindlichen beweglichen Sachen wie auch Abfall einher522. Da § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG selbst nicht an das Eigentum anknüpft523, reicht die bloße Eigentümerstellung für Abfallbesitz nicht aus524. Notwendig ist immer die tatsächliche Sachherrschaft. Dem Grundstückseigentümer kann folglich aufgegeben werden, die lagernden die Genehmigung erst nach drei Jahren erlöschen soll, wenn die Behörde selbst nur ein Jahr hat, um die Nachsorgepflichten durchzusetzen. 521 Ständige Rechtsprechung, vgl.: BVerwG, NJW 1998, 1004, 1005; BVerwG, NVwZ 1984, 40; BVerwG, NJW 1989, 1295; OVG Münster, AgrarR 1996, 331 ff. 522 Vgl. hierzu Klett/Enders, BB 1996, 2003, 2004. 523 Vgl. hierzu auch: Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 57; Lepsius, Besitz, S. 340. 524 OVG Weimar, NVwZ-RR 1995, 253, 255; vgl. zum Verhältnis von Eigentümer und Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft Lepsius, Besitz, S. 290 f.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

Abfälle als Abfallbesitzer entsprechend den Anforderungen der §§ 4 ff. KrW-/ AbfG ordnungsgemäß zu entsorgen, soweit er (alleinigen) Zugriff auf die dort lagernden Abfälle hat. bb) Begründet mittelbarer Besitz i. S. d. § 868 BGB auch Abfallbesitz i. S. d. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG? Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass zur Auslegung der tatsächlichen Sachherrschaft i. S. d. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG die Grundsätze des unmittelbaren Besitzes i. S. d. § 854 BGB zumindest als Auslegungshilfe herangezogen werden können. Besteht also eine tatsächliche Möglichkeit, auf lagernden Abfall auf einem Grundstück einzuwirken, liegt Abfallbesitz vor. Diese ist grundsätzlich beim Eigentümer eines Grundstücks anzunehmen. Fluck lässt jedoch unter besonderen Umständen auch das Vorliegen von „mittelbaren“ Abfallbesitz für die Begründung der tatsächlichen Sachherrschaft nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG genügen525. Er verweist dabei auf solche Fälle, in denen einem Dritten der Abfall zum Transport, zur Verwahrung oder zum Lagern übergeben wurde. Das KrW-/AbfG selbst kennt den mittelbaren Besitzer ähnlich wie § 868 BGB nicht. Dabei stellt sich die Frage, ob auch mittelbarer Besitz i. S. d. § 868 BGB für die Annahme von Abfallbesitz nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG ausreichend ist. Diese Frage ist auch hier relevant, wenn ein Grundstückseigentümer mittelbarer Besitzer einer Abfallentsorgungsanlage und der darauf lagernden Abfälle sein kann. (1) Zivilrechtliche Besitzverhältnisse zwischen Grundstückseigentümer und Anlagenbetreiber Zunächst ist darzustellen, ob und unter welchen Umständen ein Grundstückseigentümer im zivilrechtlichen Sinne mittelbaren Besitz an auf Anlagen lagernden Abfällen erlangen kann. In der Regel wird zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Betreiber der Abfallentsorgungsanlage ein Pacht- oder Mietvertrag über das Grundstück bestehen. Gemäß der §§ 535 Abs. 1, 581 Abs. 1 BGB ist der Vermieter oder Verpächter einer Sache verpflichtet, dem Mieter oder Pächter den Gebrauch an der Sache zu gewähren bzw. zu überlassen. Regelmäßiger Inhalt dieser Hauptvertragspflicht ist die Verschaffung des Besitzes am vermieteten oder verpachteten Gegenstand durch den Vermieter oder Verpächter526. Mit der Überlassung des Gebrauchs der Sache geht im Regelfall, soweit ausschließlicher Gebrauch vertraglich vereinbart wurde, die Aufgabe des unmittelbaren Besitzes durch den 525 526

Fluck, in: Fluck, Abfall- und BodenschutzR, Bd. 1, § 3 KrW-/AbfG Rn. 314. BGHZ 65, 137, 140 f.; Harke, in: MüKoBGB, Bd. III, § 581 Rn. 2.

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Vermieter oder Verpächter einher527. Ob die Vertragsparteien ausschließlichen Gebrauch vereinbart haben, ist durch Auslegung zu ermitteln528. Soweit der Vertragsgegenstand eine unbewegliche Sache ist, ist dieses anzunehmen, da hier notwendigerweise der Besitz an der Sache erforderlich ist, um den Vertragszweck zu erreichen529. Auf Seiten des Vermieters oder Verpächters entsteht im Zeitpunkt der Überlassung mittelbarer Besitz i. S. d. § 868 BGB an den Sachen, auf die er bisher freien Zugriff hatte. Bei einer Abfallentsorgungsanlage wird das in der Regel das Anlagengrundstück und Gebäude sowie Zubehör betreffen. Der Eigentümer eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks, auf dem sich eine Abfallentsorgungsanlage befindet, ist mithin mittelbarer Besitzer im zivilrechtlichen Sinne. Dieser mittelbare Besitz besteht auch regelmäßig nach Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers weiter. Zwar ist es richtig, dass mit Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers häufig der Anlagenbetrieb eingestellt wird. Allein die Betriebseinstellung und/oder die Insolvenz des Betreibers führen jedoch nicht dazu, dass sofort unmittelbarer Besitz des Eigentümers und damit tatsächliche Sachherrschaft im oben dargestellten Umfang entsteht. Die Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht zur Beendigung von Rechtsverhältnissen. Diese Folge ist in den Vorschriften zum Eröffnungsverfahren nach den §§ 11–32 InsO nicht vorgesehen. Auch kennt das BGB neben den üblichen Rücktritts- und Kündigungsrechten keine Klausel, die Dauerschuldverhältnisse bei Stellung eines Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beendet. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht zur Beendigung von bestimmten Dauerschuldverhältnissen. Miet- und Pachtverhältnisse des Schuldners über unbewegliche Gegenstände oder Räume bestehen mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort, vgl. § 108 InsO. Solche in § 108 Abs. 1 InsO genannten Dauerschuldverhältnisse können lediglich gem. § 109 Abs. 1 InsO seitens des Insolvenzverwalters vereinfacht gekündigt werden530.

527 Blank, in: Blank/Börstinghaus, Miete, § 535 BGB, Rn. 264; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 535 BGB Rn. 2. 528 Gramlich, in: Gramlich, Mietrecht, § 535 BGB Nr. 7. 529 BGHZ 65, 137, 140. 530 Bei dieser Kündigung muss der Insolvenzverwalter keine Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung nehmen. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Für den Vermieter oder Verpächter besteht weiterhin die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung (§ 543 BGB). Als Grund für eine außerordentliche Kündigung ist insbesondere der Zahlungsverzug hervorzuheben, § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Beim Zahlungsverzug ist jedoch § 112 InsO zu beachten. Ein Kündigungsrecht ist dann ausgeschlossen, wenn der Verzug mit der Entrichtung der Miete oder Pacht bereits in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist. Auch kann sich der Vermieter nicht mehr auf eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners berufen.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

Lehnt das Insolvenzgericht gem. § 26 InsO die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ab, werden Gesellschaften aufgelöst, vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, § 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG, §§ 130 Abs. 2 Nr. 1, 161 Abs. 2 HGB und § 81a Nr. 1 GenG531. Eine solche Ablehnung erfolgt, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens (§ 54 InsO) zu decken532. Der Auflösung folgt die Liquidation fernab der insolvenzrechtlichen Vorschriften, da die §§ 35 ff. InsO ausschließlich das Verfahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens regeln. Die Folgen der Auflösung richten sich nach gesellschaftsrechtlichen Regeln533. Die Auflösung führt nicht zur Beendigung der Gesellschaft, sondern zunächst in die Liquidation, in der der Liquidator die laufenden Geschäfte beendet und überschüssiges Vermögen verteilt, vgl. z. B. §§ 66, 70 GmbHG. Ansprüche gegen die Gesellschaft bestehen mithin fort. Zu diesen laufenden Geschäften gehören auch Dauerschuldverhältnisse wie ein Miet- oder Pachtvertrag. Im Rahmen der Liquidation, die im Unterschied zum Insolvenzverfahren nicht durch staatliche Organe überwacht wird534, können solche Verträge entsprechend den vertraglichen Gegebenheiten gekündigt werden. Im Ergebnis führt erst die Kündigung des Insolvenzverwalters oder des Liquidators zur Beendigung der Verträge. Erst mit Beendigung dieser Verträge entsteht der Rückgabeanspruch hinsichtlich des unmittelbaren Besitzes. Die Frage des mittelbaren Besitzes ist daher auch bei Anlagenbetreibern in der Insolvenz zu beachten. Der Grundstückseigentümer ist daher während des Insolvenzverfahrens oder während der Liquidation weiterhin mittelbarer Besitzer der Abfallentsorgungsanlage, solange der Vertrag nicht aufgehoben wurde. Zu beachten ist jedoch, dass mittelbarer Besitz nur am Vertragsgegenstand selbst entsteht. Hierzu gehören bei Miet- oder Pachtverträgen über unbewegliche Sachen das Grundstück zusammen mit dessen wesentlichen Bestandteilen (§ 94 BGB) und dem Zubehör (§ 97 BGB). Bewegliche Sachen, die der Mieter während der Vertragslaufzeit auf oder in das Mietobjekt verbracht hat, können nicht im mittelbaren Besitz des Vermieters stehen535. Dieses muss für Abfall gelten, welcher im Rahmen des Anlagen531 Beachte: Dieser Auflösungsgrund ist bei Vereinen, BGB-Gesellschaften und OHG mit einer natürlichen Person als haftendem Gesellschafter nicht bekannt. Die herrschende Meinung geht davon aus, dass bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit eine Auflösung nicht möglich ist; vgl. hierzu die Ausführungen bei Uhlenbruck, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 16 Rn. 15. 532 Zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zählen die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren sowie die Vergütungen und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. 533 Haarmeyer, in: MüKoInsO, § 26 Rn. 47. 534 Vgl. zu den Folgen der fehlenden Regelungen der Liquidation infolge von § 26 InsO, Haarmeyer, in: MüKoInsO, § 26 Rn. 52 ff. 535 OVG Magdeburg, Beschluss vom 8.9.2000, Az.: B 2 S 677/99 – juris; Joost, in: MüKoBGB, Bd. VI, § 868 Rn. 64; Palandt/Bassenge, BGB, § 868 Rn. 11.

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betriebs auf die Anlage verbracht wurde oder dort entstanden ist. Der Betreiber einer Abfallentsorgungsanlage wird Abfall regelmäßig erst nach Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrags auf das Anlagengelände verbringen. Mittelbarer Besitz kann an solchen Abfällen nicht entstehen. Im Ergebnis können Grundstückseigentümer, die ihr Grundstück zum Zwecke des Betriebs einer Abfallentsorgungsanlage vermieten oder verpachten, zunächst mittelbarer Besitzer einer Abfallentsorgungsanlage im zivilrechtlichen Sinne sein, wobei darauf abzustellen ist, zu welchem Zeitpunkt Abfall auf das Grundstück gelangte. In der Regel wird nur Abfall, welcher sich bei Vertragsschluss auf dem Grundstück befand, vom mittelbaren Besitz umfasst sein. Diese Konstellation wird in der Praxis eher nicht vorkommen, ist aber nicht von vornherein ausgeschlossen. Es sind Fälle denkbar, in denen der Grundstückseigentümer insgesamt einen neuen Vertrag – auch über bereits vorhandenen Abfall – schließt. In letzteren Fällen ist zu fragen, wie sich der zivilrechtliche mittelbare Besitz am Abfall auf die Haftung als Abfallbesitzer auswirkt. (2) Ist das Problem des mittelbaren Besitzes wegen der Haftung nach § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG irrelevant? Das Problem des mittelbaren Besitzes könnte gem. § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG irrelevant sein, da die Besitzaufgabe an einen Dritten zur ordnungsgemäßen Abfallentsorgung die Verantwortlichkeit des ehemaligen Besitzers nicht entfallen lässt (vgl. Kap. 4, A.IV.1.). Zwar gibt der Vermieter hier seinen unmittelbaren Besitz an einen Dritten ab, zweifelhaft ist jedoch, ob § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG auf Fälle der Vermietung oder Verpachtung anwendbar ist. § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG behandelt eine andere Konstellation und betrifft Fälle der Vermietung oder Verpachtung nicht. Es geht ausschließlich um den Fall, dass ein Abfallbesitzer den Abfall und den vollständigen Besitz daran auf einen Dritten allein unter der Prämisse überträgt, dass der Dritte die Entsorgungspflicht statt des Besitzers erfüllen soll. Die Vermietung eines Anlagengrundstücks ist einer solchen bloßen Besitzaufgabe nicht vergleichbar. In der Wirkung entspricht die Vermietung eher der bereits geschilderten Situation der haftungsbefreienden Grundstücksübereignung. Eine solche fällt nicht unter § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG. Die Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks führt zwar nicht zur Übertragung des Eigentums, ist dieser aber zumindest zeitlich begrenzt ähnlich. Das Problem des mittelbaren Besitzes bleibt mithin relevant. (3) Folgen des zivilrechtlichen mittelbaren Besitzes für den Abfallbesitz Wegen der Überlassung des unmittelbaren Besitzes am Grundstück und dessen Zubehör an den Mieter oder Pächter stellt sich im Rahmen des § 3 Abs. 6 KrW-/ AbfG die Frage, ob § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG auch den mittelbaren Besitz i. S. d.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

§ 868 BGB einschließt, wodurch auch mittelbare Abfallbesitzer nach den §§ 4 ff. KrW-/AbfG zur ordnungsgemäßen Abfallentsorgung verpflichtet sind. (a) Mögliche theoretische Ansätze im Umgang mit dem mittelbaren Besitz im Rahmen des § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG Es sind verschiedene Herangehensweisen denkbar. (aa) Unterscheidung von öffentlich-rechtlicher und zivilrechtlicher tatsächlicher Sachherrschaft Wie bereits oben teilweise dargestellt (vgl. hier zum Insolvenzverwalter Kap. 4, A.I.3.c)aa)(1)(b)), lehnt eine Ansicht insgesamt die Anwendung der §§ 854 ff. BGB und damit auch den mittelbaren Besitz nach § 868 BGB ab536. Hiernach ist die tatsächliche Sachherrschaft nach dem öffentlichen Recht nicht mit der zivilrechtlichen tatsächlichen Sachherrschaft gleichzusetzen537. Hintergrund dieser insbesondere von Lepsius vertretenen Ansicht ist die unterschiedliche Zweckrichtung des öffentlichen Rechts und des Privatrechts538. Anknüpfungspunkt des öffentlich-rechtlichen Begriffs der tatsächlichen Sachherrschaft ist die Gefahrenabwehr, wohingegen die §§ 854 ff. BGB andere Funktionen wie z. B. den Besitzschutz verfolgen539. Tatsächliche Sachherrschaft liegt danach vor, wenn eine Sache faktisch beherrschbar ist und die Einwirkungsmöglichkeit über die Einflussmöglichkeit hinausgeht, die jedermann hat540. Folge dieser Ansicht ist, dass solche Fiktionen, wie sie das BGB hinsichtlich der tatsächlichen Sachherrschaft regelt, nicht unmittelbar zur Anwendung kommen541. Normative Besitzer wie Erbenbesitzer oder mittelbare Besitzer können danach in der Regel keine tatsächliche Sachherrschaft innehaben, da ihnen die Möglichkeit fehlt, unmittelbar auf eine Sache einzuwirken. Zwischen ihnen und der Sache steht immer eine dritte Person, die die unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit verhindern kann. Im Gegenzug dazu sind jedoch Besitzdiener im öffentlichen Gefahrenabwehrrecht mit tatsächlicher Sachherrschaft ausgestattet, obwohl sie nach dem bürgerlichen Recht gerade nicht Besitzer sind542. Es kommt allein auf die tatsächliche (alleinige) Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache an. 536

Vgl. hierzu die Ausführungen bei Lepsius, Besitz, S. 306 f. Lepsius, Besitz, S. 314. 538 Zu beachten ist bei dieser Herangehensweise, dass Lepsius ebenfalls, auch wenn er es immerwährend ablehnt, die Definition der Beherrschbarkeit entsprechend § 854 BGB anwendet. Er stellt mittelbar auf den Begriff des unmittelbaren Besitzes ab. 539 Lepsius, Besitz, S. 315. 540 Lepsius, Besitz, S. 322 f. 541 Vgl. z. B. auch: Knape/Kiworr, ASOG, § 14 II. A. 1; Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 151. 537

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(bb) Anwendung des mittelbaren Besitzes nach § 868 BGB und die Folgen für den Abfallbesitz Um die gerade geschilderte Ansicht bewerten zu können, ist es notwendig zu klären, ob die Anwendung des mittelbaren Besitzes i. S. d. § 868 BGB Abfallbesitz immer begründen kann. Mittelbarer Besitz kann nur dann Abfallbesitz sein, wenn er die Anforderungen an die tatsächliche Sachherrschaft i. S. d. § 3 Abs. 6 BGB erfüllt. Abfallbesitz i. S. d. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG kann dann vorliegen, wenn auch der mittelbare Besitzer tatsächliche Sachherrschaft im Sinne des Abfallbesitzes hat. Zu untersuchen sind daher die Folgen des mittelbaren Besitzes auf das Maß der Sachherrschaft. Unumstritten ist, dass sowohl der unmittelbare als auch der mittelbare Besitzer gegenüber Dritten Besitzansprüche geltend machen kann, soweit der Besitz widerrechtlich gestört wird. Wie jedoch die konkrete Beziehung zwischen dem unmittelbaren und mittelbaren Besitzer ausgestaltet ist, und ob der mittelbare Besitzer tatsächliche Sachherrschaft hat, regelt § 868 BGB nicht. Daher bestehen verschiedene Strömungen, die die Folgen des mittelbaren Besitzes unterschiedlich beurteilen. Die herrschende Ansicht, der auch der BGH folgt, erkennt dem mittelbaren Besitzer eine tatsächliche Sachherrschaft zu, die lediglich der unmittelbare Besitzer vermittelt (Besitzmittler) 543. Diese Ansicht beruht darauf, dass die Besitzfunktionen (Abwehr- und Erhaltungsfunktion) auch beim mittelbaren Besitzer weiterhin bestehen bleiben544. Begründet wird diese Ansicht darüber hinaus damit, dass der Besitzmittler inhaltlichen Grenzen unterworfen ist und der mittelbare Besitzer weiterhin Einfluss auf die Sache nehmen kann545; der Besitzmittler ist dem mittelbaren Besitzer seiner Stellung nach untergeordnet546. Auf Seiten des mittelbaren Besitzers besteht eine „vergeistigte“ Herrschaft über die Sache547. Nach dieser Ansicht wird eine tatsächliche Sachherrschaft nach § 854 BGB fingiert. Die Auslegung des mittelbaren Besitzes in dieser Art und Weise führe auch zum Abfallbesitz nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG.

542 Knape/Kiworr, ASOG, § 14 II. A. 2; Schieferdecker, Die Entfernung, S. 183; anders: Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 387. 543 BGH, NJW 1955, 499; Bund, in: Staudinger, BGB, Buch 3, § 868 Rn. 5; Lorenz, in: Erman, BGB, § 868 Rn. 2; Palandt/Bassenge, BGB, § 868 Rn. 1; Stadler, in: Soergel, BGB, § 868 Rn. 2; Westermann/Gursky, Sachenrecht, § 17 Rn. 4 f. 544 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 7 Rn. 31. 545 Bund, in: Staudinger, BGB, Buch 3, § 868 Rn. 5. 546 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 7 Rn. 35; Westermann/Gursky, Sachenrecht, § 17 Rn. 4 f. 547 Lorenz, in: Erman, BGB, § 868 Rn. 2; Westermann/Gursky, Sachenrecht, § 17 Rn. 4 f.; Stadler, in: Soergel, BGB, § 868 Rn. 2, geht von einer „gelockerten“ Sachherrschaft aus.

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Nach einer der herrschenden Ansicht widersprechenden Meinung hat der mittelbare Besitzer gerade keine tatsächliche Sachherrschaft i. S. d. § 854 BGB inne548. Eine Unterordnung des Besitzmittlers soll danach in der Regel nicht auftreten. Das Besitzmittlungsverhältnis begründet gerade keine unmittelbare Machtposition über die Sache, sondern lediglich Rechtsansprüche gegen den unmittelbaren Besitzer549. Mittelbarer Besitz hat danach lediglich die Folge, dass der mittelbare Besitzer gegenüber Dritten, die widerrechtlich auf den Besitz einwirken, einen Abwehranspruch besitzt. Tatsächliche Sachherrschaft läge nach dieser Ansicht per se nicht vor. Abfallbesitz schiede demnach aus. Die herrschende Ansicht ist in ihrem universellen Geltungsanspruch abzulehnen. Es sind zwar durchaus Fälle denkbar, in denen der mittelbare Besitzer auch die tatsächliche Möglichkeit hat, auf die Sache, die im unmittelbaren Besitz eines anderen steht, i. S. d. § 854 BGB einzuwirken. Eine solche tatsächliche Möglichkeit bei Besitzmittlungsverhältnissen immer anzunehmen, ist aber verfehlt. Zustimmungswürdig erscheint die ablehnende Ansicht. Insbesondere der Annahme, dass das Verhältnis nach § 868 BGB gerade kein sachenrechtliches Zuordnungsverhältnis, sondern lediglich ein Rechtsverhältnis ist, ist zuzustimmen. Jedoch ist der daraus gezogene Schluss, dass ein mittelbarer Besitzer nie eine tatsächliche Sachherrschaft innehaben kann, zu einseitig. Beiden Ansichten gelingt es nicht, inhaltlich nachvollziehbar darzustellen, warum in allen Fällen eines mittelbaren Besitzes tatsächliche Sachherrschaft besteht oder nicht besteht. Es ist insgesamt daran zu zweifeln, dass es überhaupt möglich ist, abstrakt zu bestimmen, ob mittelbarer Besitz immer oder nie zur tatsächlichen Sachherrschaft nach § 854 BGB führt. Wie die Verwendung des Worts „tatsächlich“ zeigt, ist es insgesamt notwendig, dass die faktische Möglichkeit besteht, auf den Gegenstand einzuwirken. „Tatsächlich“ meint in der Tat. Ob auch ein mittelbarer Besitzer in der Tat – also faktisch – auf eine Sache zugreifen kann, lässt sich nicht pauschal am Begriff des „mittelbaren Besitzes“ festmachen, da auch der mittelbare Besitz durch das zugrunde liegende Rechtsverhältnis charakterisiert wird. Es ist auch bei einem mittelbaren Besitzer nicht vollständig auszuschließen, dass er auf eine Sache neben dem unmittelbaren Besitzer zugreifen kann. Im Umkehrschluss trägt der Begriff der „tatsächlichen Gewalt“ in § 854 BGB nicht die Fiktion einer tatsächlichen Gewalt. Dieses ist bereits mit der Wendung „tatsächlich“ nicht vereinbar. Beiden sehr einseitigen Ansichten gelingt es daher kaum, einzelfallgerecht zu bestimmen, ob mittelbarer Besitz auch tatsächliche Sachherrschaft begründet. Al548 Hartung, Besitz, S. 263 ff.; Joost, in: MüKoBGB, Bd. VI, § 868 Rn. 4 ff.; Wieling, Sachenrecht, Bd. 1, § 6 I 2, S. 73; vgl. auch Lepsius, Besitz, S. 190 f., welcher Besitz nicht als tatsächliches, sondern als normatives Rechtsverhältnis begreift. 549 Hartung, Besitz, S. 264.

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lein die Analyse des zugrunde liegenden Vertrags kann Aufschluss über das Maß der Sachherrschaft bringen. Besitzmittlungsverhältnisse entstehen regelmäßig infolge eines schuldrechtlichen Vertrags550. Nur der konkrete Vertragsinhalt kann darüber bestimmen, welche Vertragspartei in welchem Maße tatsächliche Sachherrschaft über die Sache hat. Erst anhand des jeweiligen Einzelfalls ist zu klären, ob eine tatsächliche Sachherrschaft des mittelbaren Besitzers i. S. d. § 854 BGB vorliegt. Die unmittelbare Anwendung des BGB kann nicht allgemeingültig klären, ob mittelbarer Besitz auch Abfallbesitz i. S. d. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG begründet. Notwendig ist eine einzelfallbezogene Betrachtung des jeweiligen zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses, um entscheiden zu können, ob tatsächliche Sachherrschaft vorliegt. Auch die unmittelbare Anwendung des BGB führt zu einem Ergebnis, das der zuerst genannten Ansicht vergleichbar ist. (cc) Lösungsansatz des OVG Münster Zu betrachten ist zudem ein vom OVG Münster551 gefundenes Ergebnis. Das OVG wendet im Gegensatz zur zuerst genannten Ansicht durchaus die Begrifflichkeiten des § 854 BGB an, um zu ermitteln ob tatsächliche Sachherrschaft vorliegt. Es stellt darauf ab, ob eine tatsächliche Beziehung einer Person zu einer Sache besteht. Das Gericht versteht die tatsächliche Sachherrschaft jedoch lediglich faktisch, ohne auf die gesetzlichen Fiktionen der §§ 855 ff. BGB abzustellen552. Es analysiert das zugrunde liegende Verhältnis danach, ob eine faktische Beherrschbarkeit vorliegt. Das OVG stellt daher auf keine normativen Wertungen des BGB ab, sondern geht allein danach, wer in der Tat Macht über eine Sache hat553. (dd) Ergebnis zum mittelbaren Besitz im Abfallrecht Schlussendlich kommen alle drei Herangehensweisen zum gleichen Ergebnis. Mittelbarer Besitz kann nicht per se tatsächliche Sachherrschaft begründen.

550 Im Ansatz ähnlich Joost, in: MüKoBGB, Bd. VI, § 868 Rn. 6, wonach mittelbarer Besitz aufgrund eines Rechtsverhältnisses und nicht durch eine tatsächliche Sachherrschaft entsteht. Joost zieht daraus jedoch einen anderen allgemeingültigen Schluss, und zwar dass mittelbarer Besitz keine tatsächliche Sachherrschaft begründen kann. 551 OVG Münster, DVBl. 1977, 257. 552 Lepsius lehnt diese Sichtweise ab, da sein Ansatz die Anwendbarkeit der §§ 854 ff. BGB verneint. 553 Vgl. Lepsius, Besitz, S. 310 zu OVG Münster, DVBl. 1977, 257; Lepsius selbst lehnt diese Vorgehensweise insgesamt ab.

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Notwendig ist damit nach allen Sichtweisen die Möglichkeit auf die Sache, von der die Gefahr ausgeht, aktiv in zulässiger Weise einzuwirken554. Allein den Abfallbesitz an den Begriff des mittelbaren Besitzes i. S. d. § 868 BGB zu knüpfen, hilft danach nicht weiter, da die Wirkungen nicht allgemeingültig bestimmt werden können. Einen mittelbaren Abfallbesitz identisch eines mittelbaren Besitzes nach § 868 BGB kann es nicht geben555. Fluck ist mithin grundsätzlich zu widersprechen. Notwendig ist eine Einzelfallbetrachtung. In konsequenter Anwendung dieser Auslegungsversuche ist jedes Rechtsverhältnis zwischen einem mittelbaren Besitzer nach § 868 BGB und dem unmittelbaren Besitzer auf die jeweiligen Einwirkungsmöglichkeiten und Machtverhältnisse hin zu untersuchen. Erst anhand dieser Untersuchung ist zu entscheiden, ob tatsächliche Sachherrschaft und damit Abfallbesitz vorliegt. Allgemeingültig zu sagen, in Fällen des mittelbaren Besitzes kann nie tatsächliche Sachherrschaft i. S. d. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG vorliegen, überzeugt nicht. (b) Anwendung auf Miet- und Pachtverhältnisse Dieser entwickelte Grundsatz ist im Folgenden auf die hier problematisierten Fälle anzuwenden. Fluck, der das Problem des mittelbaren Besitzes im Abfallrecht erst benannt hat, ist insoweit zuzustimmen, dass die von ihm oben bereits angeführten Beispiele für zivilrechtlichen mittelbaren Besitz gleichzeitig Abfallbesitz nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG begründen. In den genannten Fällen tritt der unmittelbare Besitzer der Abfälle, der also die Abfälle für den mittelbaren Besitzer transportiert oder lagert, als Dienstleistender auf, der den Weisungen des Vertragspartners unterworfen ist. Er hat folglich den jeweiligen Anforderungen und Weisungen zu folgen. Damit hat der mittelbare Besitzer eine tatsächliche Machtbeziehung zum Abfall im oben geschilderten Maße und kann damit auch Abfallbesitzer sein556. Die Analyse der hier maßgeblichen Miet- oder Pachtverträge zeigt indes, dass gerade in diesen Verhältnissen keine tatsächliche Möglichkeit der Vermieter oder Verpächter besteht, auf den Vertragsgegenstand, zu dem auch unter den oben aufgezeigten Umständen Abfall gehören kann, einzuwirken. Bei Miet- und Pacht554 Vgl.: BGH, NVwZ 1985, 447, 448; Frenz/Bönning, JZ 1998, 905, 906; Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 151. 555 So auch: VG Düsseldorf, Urteil vom 4.2.2003, Az.: 17 K 316/03 – juris; VG Aachen, Beschluss vom 7.6.2003, Az.: 9 L 263/06 – juris; OVG Magdeburg, Beschluss vom 8.9.2000, Az.: B 2 S 677/99, Rn. 4 – juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 4.9.2006, Az.: 17 L 1495/06 – juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 5.3.2008, Az.: 17 L 2199/07 – juris; wohl auch Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, Bd. II, § 3 KrW-/AbfG, Rn. 140; Heintzen/Druschel, UTR 1996, 361, 388. 556 Im Grunde auch VGH München, DÖV 1996, 837, 839.

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verträgen ist das Recht des Eigentümers, über die Mietsache tatsächliche Macht auszuüben, nahezu ausgeschlossen. Dieses folgt aus der oben dargestellten Überlassungspflicht des Vermieters. Hauptpflicht des Vermieters oder Verpächters ist es, dem Mieter oder Pächter den Vertragsgegenstand zum (alleinigen) Gebrauch zu überlassen557. Hauptausdruck dieser Pflicht ist das Erfordernis, dass der Vermieter in der Regel sämtliche Schlüssel etc. bei Übergabe des Vertragsgegenstands herausgibt558. Einen Zutritt des Vermieters oder Verpächters aus besitzrechtlichen Gründen muss der Mieter oder Pächter nicht dulden559. Dieses Erfordernis muss für sämtliche Mietobjekte gelten, unabhängig davon, ob es sich um Wohn- oder Geschäftsräume oder Anlagengelände handelt560. Daraus folgt, dass die Rechte des Vermieters oder Verpächters als mittelbarer Besitzer im Vergleich zum Mieter oder Pächter als unmittelbarer Besitzer stark eingeschränkt sind. Nur unter besonderen Voraussetzungen kann der Vermieter überhaupt das Mietobjekt betreten. Die Vornahme von weiteren Handlungen am oder auf dem Mietgegenstand ist nur in seltenen Fällen vorgesehen. Der Vermieter kann nach § 554 Abs. 1 BGB auf die Mietsache einwirken, um sie zu erhalten. Ausschließlich solche Maßnahmen hat der Mieter zu dulden. Die ordnungsgemäße Abfallentsorgung von auf Abfallentsorgungsanlagen lagerndem Abfall ist jedoch keine Erhaltungsmaßnahme i. S. d. §§ 535, 554 Abs. 1 BGB. Der Vermieter oder Verpächter hat den Vertragsgegenstand lediglich in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Der vertragsgemäße Gebrauch fordert jedoch lediglich, Störungen durch den Vermieter oder Dritte zu unterlassen oder abzuwenden und Mängel, die der Mieter nicht zu vertreten hat, zu beseitigen561. Vom Mieter oder Pächter vorgenommene Abfalllagerungen haben entsprechend dem Inhalt der Erhaltungspflicht keinen Einfluss auf den vom Vermieter oder Verpächter geschuldeten Zustand. Der Anlagenbetreiber (Mieter, Pächter) verbringt die Abfälle selbst auf das Grundstück. Pflichten des Vermieters knüpfen folglich nicht an den lagernden Abfall an. Im Umkehrschluss begründen die fehlenden Pflichten auch keine Betretungs- und Handlungsrechte des Vermieters562. Neben den Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen kennt das BGB keine weiteren ausdrücklichen Rechte des Vermieters, die ihm das Einwirken auf die Mietsache einräumen. Unter besonderen Umständen folgt jedoch aus § 242 BGB ein Zutrittsrecht und ein Handlungsrecht des Vermieters. Bei der Frage, wann ein Zutrittsrecht besteht, ist zu beachten, dass Mietbesitz dem Eigentum gleichge-

557

OLG Celle, WuM 2007, 201. Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 535 BGB Rn. 486. 559 Joost, in: MüKoBGB, Bd. VI, § 868 Rn. 5. 560 OLG Celle, WuM 2007, 201. 561 Eckert, in: Schulze/Dörner/Ebert u. a., BGB, § 535 Rn. 6 m.w. N. 562 Der Vermieter kann ggf. Rechte bei vertragswidrigem Gebrauch geltend machen. Ein „Selbstvornahmerecht“ folgt daraus jedoch nicht. 558

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

setzt wird563. Weiterhin wird bei der Entscheidung, ob Zutritt zum Mietobjekt zu gewähren ist, auf die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG abgestellt. Inwieweit ein Zutrittsrecht besteht, ist dann durch Abwägung von Eigentumsrecht und Besitzrecht des Mieters festzustellen564. Das Recht am Mietbesitz wird in der Regel das Recht am Eigentum überwiegen. Für den Zutritt zum Mietobjekt müssen daher regelmäßig besondere Gründe vorliegen565. Zudem bedarf es des Einverständnisses des Mieters (keine Selbsthilfe)566, außer der Mieter ist nicht erreichbar567. Selbst wenn ein solches Zutrittsrecht besteht, wird daraus selten auch die Befugnis folgen, lagernde Abfälle während der Vertragslaufzeit zu beseitigen. Daraus folgt, dass im Innenverhältnis der Vermieter oder Verpächter als mittelbarer Besitzer gerade nicht die Befugnisse innehat, die den unmittelbaren Besitz ausmachen. Er kann nicht ungehindert auf die Sache einwirken. Grundsätzlich fehlt dem Vermieter das Recht auf Gegenstände, die sich im oder auf dem Mietobjekt befinden, zuzugreifen. Bei einem bestehenden Miet- oder Pachtverhältnis kann der Vermieter folglich aus rechtlichen Gründen in der Regel nicht über das Schicksal des Grundstücks und der sich darauf befindlichen Sachen bestimmen. Es fehlt die notwendige tatsächliche Sachherrschaft. Ggf. sind bestehende vertragliche Pflichten daraufhin zu analysieren, ob dem Grundstückseigentümer die Möglichkeit zusteht, das verpachtete oder vermietete Grundstück zu betreten, um bestimmte behördlich angeordnete Gefahrenabwehrmaßnahmen vorzunehmen. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen können Betretungsrechte jedoch nicht enthalten sein568. Die Analyse des Miet- und Pachtvertrags führt dazu, dass trotz mittelbaren Besitzes nach § 868 BGB keine ausreichende tatsächliche Sachherrschaft i. S. d. § 854 BGB vorliegt. Fehlt es an dieser, fehlt auch der Abfallbesitz. Mittelbarer

563 Vgl.: BVerfG, NJW 1993, 2035; BVerfG, NJW-RR 2004, 440, wobei sich diese Entscheidungen auf Wohnraummiete beziehen; vgl. auch Lepsius, Besitz, S. 83 ff., der die tatsächliche Sachherrschaft als Schutzgut des Art. 14 Abs. 1 GG ansieht. 564 In den hier zu problematisierenden Fällen ist in der Abwägung nicht auf Art. 13 Abs. 1 GG abzustellen. Miet- oder Pachtgegenstände werden regelmäßig Anlagengelände, aber kein Wohnraum sein. 565 OLG Celle, WuM 2007, 201; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 535 BGB Rn. 178. 566 Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 535 BGB Rn. 189. 567 OLG Celle, WuM 2007, 201. 568 Vgl. LG Berlin, MM 2004, 125, dieses setzte sich jedoch mit der Frage von Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Wohnraummiete auseinander und stellte maßgeblich auf das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und Art. 13 Abs. 1 GG ab. Auf diese Grundrechte wird sich ein Anlagenbetreiber gerade nicht berufen können. Jedoch gehört es essentiell zu einem Mietverhältnis, dass der Vermieter nicht generell ohne Ankündigung das Mietobjekt betreten kann. Hier ist auf die eigentumsähnliche Position des Mieters abzustellen.

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Besitz i. S. d. § 868 BGB bei Miet- und Pachtverträgen über das Anlagengrundstück reicht mithin nicht für die Bejahung des Abfallbesitzes nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG569. Zwar könnte insgesamt daran gedacht werden, dass bestehende zivilrechtliche Verträge lediglich die Durchsetzbarkeit und nicht die Haftung an sich betreffen. Diese Regel trifft aber nur auf solche Fälle zu, in denen der Haftungstatbestand an die Eigentümerposition anknüpft. Zivilrechtliche Absprachen sind nicht geeignet, die öffentlich-rechtlich begründete Ordnungspflicht als Eigentümer eines Grundstücks auszuschließen. Insbesondere das Fehlen eines Betretungsrechts ist in solchen Fällen lediglich ein Vollstreckungshindernis, welches mit einer Duldungsverfügung zu beseitigen ist. Diese Grundsätze können im Rahmen des § 21 KrW-/AbfG aber keine Anwendung finden, da der Abfallbesitz gerade an die tatsächliche Sachherrschaft und nicht an das Eigentum anknüpft. Zwar kann es zu Überschneidungen von Grundstückseigentum und Abfallbesitz kommen – wie im hier zu untersuchenden Bereich –, das kann aber nicht zu einer mittelbaren, nicht im KrW-/AbfG geregelten Haftung des Eigentümers führen. (c) Zusammenfassung zum mittelbaren Besitz im Abfallrecht Im Ergebnis ist festzuhalten, dass mittelbarer Besitz i. S. d. § 868 BGB nicht ohne weiteres Abfallbesitz i. S. d. § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG begründen kann. Notwendig ist allein eine tatsächliche Sachherrschaft, wie sie § 854 BGB beschreibt. Diese entsteht nicht automatisch bei mittelbarem Besitz. Es kommt auf die jeweilige Ausgestaltung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses an. Bei bestehenden Miet- und Pachtverträgen wird mittelbarer Besitz in der Regel keine tatsächliche Sachherrschaft begründen. Als Folge wird regelmäßig Abfallbesitz des Vermieters oder Verpächters fehlen570. Solange das Vertragsverhältnis also besteht, ist folglich eine Anordnung an den Grundstückseigentümer nach § 21 KrW-/ AbfG zur notwendigen Entfernung des Abfalls vom Grundstück und zur Entsorgung des Abfalls nicht möglich571. 569 Ohne weitere Ausführungen ebenso: OVG Magdeburg, Beschluss vom 8.9.2000, Az.: B 2 S 677/99, Rn. 4 – juris; so auch Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Bd. II, § 3 Rn. 140; zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die bloße Zurverfügungstellung einer Fläche zur Abfalllagerung, ohne vertragliche Ausgestaltung in Form eines Miet- oder Pachtvertrags, durchaus Zugriffsmöglichkeiten und damit unmittelbaren Besitz begründen kann, so AG Aachen, Beschluss vom 7.6.2006, Az.: 9 L 263/06 – juris. 570 Auch Lepsius kommt über einen anderen Weg zu diesem Ergebnis. Er will zwar den zivilrechtlichen Begriff nicht anwenden, stellt aber ähnlich wie § 854 BGB auf die tatsächliche Möglichkeit ab, auf die störende Sache einzuwirken, diese zu beherrschen und entsprechende gefahrenabwehrende Beiträge zu erbringen. 571 Ähnlich, jedoch ohne nähere Begründung, Kälberer, AbfallR 2008, 214, 218.

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cc) Ergebnis zur Haftung nach Abfallrecht Der Eigentümer eines Grundstücks, auf welchem vormalig eine Abfallentsorgungsanlage betrieben wurde, kann über § 21 KrW-/AbfG als Abfallbesitzer zur Entsorgung des weiterhin dort lagernden Abfalls herangezogen werden, wenn er unmittelbarer Grundstücksbesitzer ist. Im Rahmen des Abfallrechts ist auch ein Anwendungsvorrang des BImSchG bekannt, vgl. § 9 KrW-/AbfG. Dieser Anwendungsvorrang regelt aber lediglich, dass sich die Pflichten der Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen nach dem BImSchG richten (vgl. Kap. 4, A.I.3.e)aa)(2)). Einen Ausschluss der Heranziehung weiterer Störer neben dem Anlagenbetreiber vergleichbar mit § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG (vgl. Kap. 4, A.I.3.e)aa)(1)(b)) ist in dieser Regelung nicht zu sehen. Im Ergebnis kann vom Grundstückseigentümer als Abfallbesitzer die ordnungsgemäße Entsorgung insgesamt verlangt werden, um die Pflichten des Abfallbesitzers nach dem KrW-/AbfG durchzusetzen. Auf die vormalige Legalität der Abfalllagerung kommt es für den Abfallbesitz nicht an. Sämtlicher vorhandener Abfall, auch wenn er nicht der vorher bestehenden BImSchG-Genehmigung entsprochen hat oder durch äußere Verhältnisse seine Qualität verändert wurde, unterfällt der Pflicht des Abfallbesitzers zur ordnungsgemäßen Abfallentsorgung. Eigentümer von Grundstücken ohne Abfallbesitz sind lediglich zu Duldungsmaßnahmen nach § 14 Abs. 1 KrW-/AbfG verpflichtet. Mittelbarer Besitz nach dem BGB begründet per se keinen Abfallbesitz.

d) Die Haftung nach allgemeinem Ordnungsrecht In Betracht kommt des Weiteren eine Haftung nach allgemeinem Polizei- und Ordnungsrecht. Geht von der Sache eine Gefahr aus, kann der Eigentümer als Zustandsstörer zur Gefahrenabwehr herangezogen werden. Das allgemeine Ordnungsrecht ist also grundsätzlich einschlägig. Hier ist aber der Vorrang spezieller Polizeigesetze zu beachten. Solche stellen insbesondere das BBodSchG und KrW-/AbfG dar. Ein Rückgriff auf den Grundstückseigentümer als Zustandsstörer nach allgemeinem Ordnungsrecht ist regelmäßig ausgeschlossen, wenn der Grundstückseigentümer auch Störer nach diesen Gesetzen ist. Unter besonderen Voraussetzungen sind Ausnahmen denkbar. So z. B. wenn der Anknüpfungspunkt des behördlichen Handelns nicht unmittelbar das Gebot der umweltgerechten Entsorgung von Abfällen ist; wird an eine Gefahr für anderweitig geschützte Rechtsgüter angeknüpft, bleibt es bei der Abwehrmöglichkeit durch das andere Ordnungsrecht572 (vgl. hierzu Kap. 4, A.I.3.d)).

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e) Ergebnis zu den Haftungsgrundlagen bezüglich des Grundstückseigentümers Vorrangige Rechtsgrundlage für eine Anordnung der Entsorgung des auf dem Gelände der stillgelegten Anlage lagernden Abfalls durch den Eigentümer ist § 21 KrW-/AbfG573. Zu beachten ist hier, dass die Anlage tatsächlich stillgelegt ist und die vertragliche Beziehung zum Anlagenbetreiber beendet ist. 2. Die Grenzen der Inanspruchnahme des Eigentümers Die herausgearbeiteten möglichen Rechts- und Ermächtigungsgrundlagen ermöglichen die Inanspruchnahme des Eigentümers zur „Beräumung“ (Sicherung des Anlagengeländes und Abfallentsorgung) des Anlagengrundstücks. a) Grundsätze zur Haftung eines Zustandsstörers Die Haftung des Eigentümers rekurriert auf die aus dem allgemeinen Ordnungs- und Polizeirecht bekannte Zustandsverantwortlichkeit. Die Zustandsverantwortlichkeit findet ihren Grund in der mit dem Eigentum verbundenen Sachherrschaft sowie in der Verbindung von Vorteilen und Lasten der Sache574. Die Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers und/oder des unmittelbaren Besitzers knüpft hauptsächlich an die Eigentümerstellung und die daraus zu gewinnenden Vorteile an. Andere Aspekte wie Verursachungsbeitrag oder Verschulden fließen in die Begründung der Haftung nicht ein. Verursachungsbeiträge sind für die Begründung der Zustandsverantwortlichkeit nicht von Bedeutung575. Begrenzungen dieser Haftung im Vergleich zur Verhaltensstörerschaft sind zwar gesetzlich nicht vorgesehen. Heranzuziehen ist jedoch die Rechtsprechung des BVerfG zu den Grenzen der Zustandshaftung, welche in den Ermessenserwägungen der Behörde zu beachten sind (vgl. hierzu die detaillierten Ausführungen zu den Grenzen der Zustandsverantwortlichkeit in Kap. 4, A.IV.1.d)). Insbesondere der Verkehrswert des Grundstücks und die Kosten der Gefahrenabwehr sind gegenüberzustellen576. Die Kosten sind für den Grundstückseigentümer unzumutbar, wenn sie den Verkehrswert des Grundstücks überschreiten. Auch die Haftung für Gefahren, die aus Naturereignissen, aus der Allgemeinheit 572 BVerwG, NVwZ 1992, 480, 481; vgl. OVG Münster, NWVBl. 1995, 177; ebenso OVG Magdeburg, Beschluss vom 8.9.2000, Az.: B 2 S 677/99 – juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 4.9.2006, Az.: 17 L 1495/06 – juris; Beckmann/Kersting, in: Landmann/ Rohmer, Bd. III, § 3 KrW-/AbfG Rn. 87; Koch, in: GK-BImSchG, Bd. I, § 17 Rn. 67. 573 Zu den Konkurrenzen vgl. Kap. 4, A.I.3.e). 574 Vgl. BVerfG, NJW 2000, 2573, 2575. 575 Hösch, VBlBW 2004, 7, 8. 576 Vgl. Kap. 4 Fn. 482.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

zuzurechnenden Ursachen oder von nicht nutzungsberechtigten Dritten herrühren577, ist regelmäßig ausgeschlossen. Sobald der Eigentümer die entstandene Gefahr bewusst in Kauf genommen hat oder in fahrlässiger Weise die Augen vor Risikoumständen verschlossen hat, kann jedoch eine höhere Kostenbelastung zumutbar sein578. Die Rechtsprechung des BVerfG bezog sich bisher ausschließlich auf die Haftung nach Bodenschutzrecht. Wie bereits oben dargestellt kommt dieses jedoch bei Abfallentsorgungsanlagen nur zur Anwendung, soweit eine schädliche Bodenveränderung zu beseitigen ist. Anderenfalls kann lediglich eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung i. S. d. KrW-/AbfG angeordnet werden. Die aufgestellten Grundsätze zur Beschränkung der Haftung von Grundstückseigentümern müssen allerdings auch im Bereich anderer Gesetze zur Geltung kommen579, da insbesondere die finanziellen Auswirkungen ein ähnliches Maß erreichen können wie bei einer Bodensanierung. So ist die „Beräumung“ einer Abfallentsorgungsanlage sehr aufwendig. Vorhandener Abfall ist ggf. zu sortieren und vorzubehandeln, später ist die Überführung in eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung notwendig. Diese Maßnahmen stellen erhebliche Kostenfaktoren dar, die den Grundstückseigentümer als Abfallbesitzer ähnlich wie bei einer Bodensanierung außerordentlich belasten können. Die vom BVerfG aufgestellten Anforderungen an eine Verhältnismäßigkeits- bzw. Zumutbarkeitsprüfung müssen damit außerhalb des Bodenschutzrechts ebenso Anwendung finden580. b) Die Anwendung der entwickelten Maßstäbe auf Abfallentsorgungsanlagen Auch bei einer Anordnung nach § 21 KrW-/AbfG, die den Grundstückseigentümer als Abfallbesitzer zu einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung verpflichtet, sind die Kosten der Maßnahme und der Verkehrswert des Grundstücks in Verhältnis zueinander zu setzen581. Überschreiten die Kosten die oben dargestellte allgemeine Zumutbarkeitsgrenze, ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von einer Anordnung abzusehen. Beachtung müssen hier aber die vom BVerfG herausgearbeiteten Verschuldensaspekte finden. Wer ein Risiko bewusst in Kauf nimmt, kann sich später nicht 577

Ähnlich sah das bereits das BVerwG, Buchholz 402.41 Allg. Polizeirecht Nr. 59,

S. 3. 578

Vgl. Kap. 4 Fn. 577. Als Schranken der Zustandsstörerhaftung im Allgemeinen ansehend, Vöneky, DÖV 2003, 400, 401. 580 Vgl. z. B.: VG Koblenz, Urteil vom 5.12.2002, Az.: 2 K 2328/01.KO, welches diese Grundsätze auf eine Anordnung zu Felssicherungsmaßnahmen anwendet; OVG Berlin, ZUR 2005, 2003, 2005. 581 Vgl. Kap. 4 Fn. 482. 579

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darauf berufen, die Beseitigung möglicher Gefahren sei unzumutbar582. Gerade in den Fällen, in denen der Grundstückseigentümer sein Grundstück zum Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage zur Verfügung stellt, ist es nicht ausgeschlossen, dass hier das Wissen um die möglichen Gefahren eine Unzumutbarkeit ausschließt. Wenn der Eigentümer zulässt, dass das Grundstück in einer risikoreichen Weise genutzt wird, muss er mit den möglichen negativen Folgen leben. Das BVerfG nennt eine Deponie als risikoreiche Nutzung583. Abfallentsorgungsanlagen weisen ein erhebliches Risikopotential auf, welches dem Vermieter oder Verpächter eines Grundstücks bekannt sein muss584. Eine Insolvenz ist von vornherein nie auszuschließen. Einem Grundstückseigentümer muss daher in der Regel die Möglichkeit einer entstehenden Gefahr und der damit einhergehenden Pflichten bekannt sein. Zwar kann diese Sichtweise in der Praxis dazu führen, dass ggf. Grundstückseigentümer Betreibern risikoreicher Betriebe ihre Grundstücke nicht mehr zur Verfügung stellen. Doch allein solche wirtschaftlichen Aspekte können nicht den Bedarf nach einer effektiven Gefahrenabwehr und die Pflichten des Grundstückseigentümers mindern. Die Zumutbarkeit der Haftung muss in solchen Fällen bestehen bleiben. Etwas anderes muss dann gelten, wenn der Anlagenbetreiber seine Anlage – ohne das Wissen des Grundstückseigentümers – illegal, also ohne oder nicht im Rahmen der Genehmigung betreibt. Das BVerfG bejaht eine Unzumutbarkeit der Haftung, wenn die zu beseitigende Gefahr von nicht nutzungsberechtigten Dritten herrührt. Dieses muss bei einem illegalen Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage entsprechend gelten. Zwar stellt der Grundstückseigentümer das Grundstück zu einer Nutzung als Abfallentsorgungsanlage zur Verfügung, jedoch wird regelmäßig nur ein ordnungsgemäßer rechtskonformer Betrieb Vertragsinhalt sein. Vom Eigentümer kann nicht gefordert werden, für rechtswidriges von ihm nicht vorhergesehenes Fehlverhalten einzustehen585. Eigentümer von Grundstücken, 582 Zu beachten ist hier, dass allein die Zurverfügungstellung des Grundstücks zu einer gefahrgeneigten Handlung selbst keine Verhaltensverantwortlichkeit oder die Eigenschaft eines Zweckveranlassers hervorruft, vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 30.7. 2002, Az.: 10 S 2153/01, Rn. 107 ff. – juris. 583 BVerfG, NJW 2000, 2573, 2576. 584 Vgl. ähnlich: OVG Magdeburg, Beschluss vom 8.9.2000, Az.: B 2 S 677/99, Rn. 8 – juris; VG Sigmaringen, Beschluss vom 17.12.2002, Az.: 2 K 1197/02, Rn. 24 – juris. 585 Zu denken wäre auch noch an ein „Mitverschulden“ der überwachenden Behörde, wenn der Betrieb nicht genehmigungskonform betrieben wird. Jedoch gilt der Grundsatz, dass behördliche Überwachungsdefizite die Haftung des Zustands- oder Verhaltensstörers nicht beseitigen (vgl. VGH Bad.-Württ., VBlBW 1998, 467; Kloepfer, NuR 1987, 7, 12). Die Verantwortlichkeit eines polizeirechtlichen Störers steht nicht unter dem Vorbehalt einer ordnungsgemäßen Überwachung durch die Polizeibehörde. Die Vorschriften über die Überwachungspflichten dienen lediglich dem Schutz der Allgemeinheit vor Schäden, nicht aber dem Schutz der zu überwachenden Personen vor einer

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

auf denen sich eine insolvenzbedingt stillgelegte Abfallentsorgungsanlage befindet, können sich also regelmäßig nicht auf die Unzumutbarkeit einer Anordnung nach § 21 KrW-/AbfG berufen, wenn die Anlage genehmigungskonform betrieben wurde. Für die ordnungsgemäße Entsorgung von illegalen Überbeständen, von denen der Grundstückseigentümer nichts wusste bzw. die er nicht duldete und dieses auch nicht wissen musste, ist er hingegen nicht verantwortlich. c) Ergebnis zu den Haftungsgrenzen Die Haftung des Grundstückseigentümers, der auch gleichzeitig der Inhaber der tatsächlichen Gewalt im Sinne des Abfallbesitzers ist, besteht grundsätzlich immer. Jedoch ist die zuständige Behörde immer im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung verpflichtet zu untersuchen, ob die Heranziehung zumutbar ist. Leitlinien für die konkrete Prüfung hat das BVerfG aufgestellt. Bei Abfallentsorgungsanlagen muss sich der Grundstückseigentümer regelmäßig ein eigenes „Verschulden“ zurechnen lassen, da er die Gefahren, die von einer solchen Anlage ausgehen können, bei der Zurverfügungstellung zumindest kennen musste. Für illegale Anlagen hat er nicht einzustehen. Im Übrigen müssen bei der Auswahl des Adressaten weiterhin die üblichen Grundsätze Beachtung finden. Diese sind Effektivität des Einschreitens, Zumutbarkeit der Inanspruchnahme, das Verursacherprinzip und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen586. 3. Ergebnis zur Haftung des Grundstückseigentümers Der Grundstückseigentümer kann zur „Beräumung“ einer von Insolvenz betroffenen Abfallentsorgungsanlage herangezogen werden. Als Rechtsgrundlagen können das BBodSchG, das KrW-/AbfG und das allgemeine Ordnungsrecht dienen. Ist die ordnungsgemäße Entsorgung des auf der Anlage noch vorhandenen Abfalls der Hauptinhalt der Anordnung, besteht ein Anwendungsvorrang des KrW-/AbfG. Bei der Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers587 sind die jeweiligen Einschränkungen zu beachten, die sich daraus ergeben, dass der Eigentümer selbst nicht Anlagenbetreiber ist oder war. Das KrW-/AbfG verpflichtet insoweit nur den Abfallbesitzer, d. h. denjenigen, der die unmittelbare Sachherrschaft über Belastung mit Kosten für Maßnahmen, die zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands notwendig sind; vgl. VGH Mannheim, ZUR 2002, 227, 229; auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 17.12.2002, Az.: 2 K 1197/02, Rn. 24 – juris. 586 OVG Schleswig, NordÖR 2002, 122, 124. 587 Zur Haftung ehemaliger Eigentümer vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 30.7.2002, Az.: 10 S 2153/01, Rn. 107 ff. – juris.

B. Das Auswahlermessen – Die Störerauswahl

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das Grundstück und der darauf lagernden Abfälle hat. Das ist nur dann der Fall, wenn der (ehemalige) Betreiber die Anlage eingestellt hat und sich die Betriebseinstellung durch Vertragsauflösung auch auf die privatrechtliche Seite ausgewirkt hat. Bei der Anwendung des BBodSchG sind die Fristen der §§ 17 Abs. 4a, 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu beachten. Besondere Anforderungen sind an die Ermessenserwägungen zu stellen. Unzumutbare Anforderungen dürfen an den Grundstückseigentümer nicht gestellt werden. Insbesondere für illegale Überstände hat der Grundstückseigentümer nicht zu haften.

VI. Ergebnis zum Kreis der möglichen Störer Insgesamt kommt eine Vielzahl an Störern für die Anlagensicherung und ordnungsgemäße Abfallentsorgung in Betracht. Deshalb hat die zuständige Behörde genau zu prüfen, bei wem die notwendigen Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme tatsächlich erfüllt sind und wo ggf. Hindernisse im Rahmen der Verhältnismäßigkeit bestehen. Wen die zuständige Behörde tatsächlich als Verantwortlichen heranzieht, ist eine Frage der Ausübung des Auswahlermessens, mithin der Störerauswahl.

B. Das Auswahlermessen – Die Störerauswahl Das Vorliegen mehrerer Störer ist für jede Behörde im Grunde wünschenswert, da hier die Wahrscheinlichkeit der Gefahrenabwehr durch Dritte und damit der fehlenden Kostenlast auf Seiten der öffentlichen Hand steigt. Allerdings ist hier auch die Gefahr eines Ermessensfehlers größer, da an die Störerauswahl erhöhte Anforderungen zu stellen sind. Wie das Auswahlermessen bei einer Mehrheit von Störern auszuüben ist, regeln die verschiedenen Ordnungs- und Polizeigesetze nicht. Trotzdem gibt es mehrere Grundsätze, die bei der Ermessensausübung zu beachten sind.

I. Die Ermittlungstiefe Bei einer Mehrheit von Störern ist es vor allem notwendig, dass alle möglichen Störer ermittelt werden, da bei Übersehen eines potentiellen Störers ein Ermessensausfall vorliegt588. Die Ermittlungstiefe kann je nach Intensität der Gefahr variieren589. 588 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1992, 350; Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 141; Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 170. 589 Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 141.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

Gerade in Anbetracht der fortbestehenden Haftung der ehemaligen Abfallbesitzer i. S. d. § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG stellt die Ermittlung aller Störer eine erhebliche Belastung der Überwachungsbehörden dar. Eine Vereinfachung dieser Ermittlungen kann § 12 Abs. 2c S. 1 BImSchG bewirken. Ein Anlagenbetreiber kann durch Auflage verpflichtet werden, den Wechsel eines im Genehmigungsverfahren dargelegten Entsorgungswegs von Abfällen der zuständigen Behörde anzuzeigen. Eine solche Auflage kann den Abfallstrom dokumentieren, sodass der Verbleib von Abfällen besser nachzuverfolgen ist.

II. Der Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr Zunächst kann jeder Störer einzeln zur Beseitigung der gesamten Gefahr bestimmt werden; eine anteilige Haftung ist nicht möglich590. Nimmt die Behörde nicht alle Störer in Anspruch, ist der Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr zu beachten. Derjenige, der am wirksamsten die Gefahr beseitigen kann, kann auch als Störer herangezogen werden591. Gründe, die für die Bewertung der Wirksamkeit herangezogen werden können, sind z. B. Sachnähe, finanzielle Leistungsfähigkeit oder Ähnliches. Rangverhältnisse zwischen verschiedenen Störern widersprechen diesem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr592. So gilt nicht, dass Verhaltensstörer vor Zustandsstörern haften. Auch bei Geltung der Effektivität der Gefahrenabwehr ist die Verhältnismäßigkeit nicht außer Acht zu lassen. Sind mehrere Störer in der Lage, gleichwirksam die Gefahr zu beseitigen, darf nur derjenige haften, der durch die Inanspruchnahme am wenigsten belastet wird593.

III. Besonderheiten im Abfallrecht Auch im Abfallrecht gilt der Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr594. Vorrangregelungen kennt das Gefahrenabwehrrecht nicht. Gleiches gilt auch für Abfallerzeuger und Abfallbesitzer. Der Abfallerzeuger haftet nicht vorrangig, auch wenn ohne ihn der Abfall nicht existieren würde595. Anderes liefe 590 Denninger, in: Lisken/Denninger, HdPolR, Rn. E 136; Schenke, in: Steiner, BesVerwR, II D Rn. 182; Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 170. 591 Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 171. 592 Denninger, in: Lisken/Denninger, HdPolR, Rn. E 129; Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 173. 593 Schoch, in: Schmidt-Aßmann, PolR, Kap. 2 Rn. 172. 594 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 21 KrW-/AbfG Rn. 21; Reese/Schütte, ZUR 1999, 136, 141; Versteyl, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 21 Rn. 10.

C. Zusammenfassung

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dem Zweck der bestmöglichen Gefahrenabwehr zuwider. Zu bedenken sind die heute überwiegend üblichen langen Entsorgungsketten. In den seltensten Fällen erscheint es möglich, den Abfallverursacher zu identifizieren und schnellstmöglich in Anspruch zu nehmen. Die oben genannte Sachnähe erscheint in diesen Fällen zweifelhaft. Eine schnelle Gefahrenabwehr wäre nicht mehr möglich. Ggf. müssen mithin Fragen der Verursachung des Abfalls oder die Umstände der Begründung des Abfallbesitzes in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einfließen, soweit Abfallerzeuger und Abfallbesitzer ebenso wirksam die Abfälle vom Anlagengelände entfernen und ordnungsgemäß entsorgen können. Insbesondere die Grenzen der Zustandsstörerhaftung (vgl. Kap. 4, A.IV.1.d)) sind hier zu beachten. Bei Abfallanlieferern ist nochmals hervorzuheben, dass diese nur entsprechend ihrem angelieferten Anteil an der Abfallmenge neben anderen Anlieferern als ehemaliger Abfallbesitzer haften dürfen (vgl. Kap. 4, A.IV.1.b)cc))596. Hier sind alle Anlieferer und der entsprechende Anteil zu ermitteln. Soweit der Abfall in der Qualität Veränderungen aufweist, scheidet der Abfallanlieferer als Störer aus.

C. Zusammenfassung/Fazit zu den Möglichkeiten der Verhinderung einer Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz Aus ordnungsbehördlicher Sicht kommen auch nach Insolvenz des Anlagenbetreibers weitere Verantwortliche in Betracht, die für die Sicherung des Anlagengrundstücks und die ordnungsgemäße Abfallentsorgung haften müssen. Die jeweils bestehende Haftung ist jedoch beschränkt. Abfallerzeuger und ehemalige Abfallbesitzer sind nur für die Menge des Abfalls verantwortlich, die sie dem Anlagenbetreiber übergeben haben. Der Insolvenzverwalter kann sich regelmäßig der Haftung durch Freigabe der Anlage aus der Insolvenzmasse entziehen, wenn er nicht selbst den Anlagenbetrieb übernimmt. Der Grundstückseigentümer ist zwar grundsätzlich vollumfänglich für den lagernden Abfall verantwortlich, sobald die vertraglichen Beziehungen zum Anlagenbetreiber beendet sind. Bei seiner Inanspruchnahme sind allerdings insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip und die vom BVerfG begründete Haftungsbeschränkung zu beachten. Sobald 595 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Bd. III, § 21 KrW-/AbfG Rn. 21; Enders, NVwZ 2005, 381, 384; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 103; Shirvani/Schröder, UPR 2008, 41, 44; Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, Bd. II, KrW-/AbfG, § 21, Rn. 33; wohl auch: BVerwG, NVwZ 2007, 1185, 1186 Rn. 20; anders: Reese/ Schütte, ZUR 1999, 136, 141; Versteyl, NVwZ 2007, 1150, 1151. 596 Jedoch mit der Einschränkung, dass die Anlieferung selbst rechtskonform erfolgte. Bei rechtswidrigem Verhalten kommt eine gesamtschuldnerische Haftung in Betracht, BVerwG, NVwZ 2007, 1185, 1186.

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Kap. 4: Kostenlast nach Eintritt der Insolvenz

der Grundstückseigentümer „gutgläubig“ ist, dürfen die Kosten der Anlagensicherung und Abfallentsorgung nicht den Wert des Grundstücks überschreiten. Der Anlagenbetreiber ist nicht leistungsfähig, um die Abfälle entsorgen zu können. Da mehrere Störer in Betracht kommen, um die lagernden Abfälle zu entsorgen, muss die Behörde immer eine ermessenfehlerfreie Störerauswahl treffen. Um diese überhaupt vornehmen zu können, sind alle möglichen Störer zunächst zu ermitteln. Bei Abfallerzeugern und ehemaligen Besitzern kann dieses insbesondere in einer langen Entsorgungskette zu außerordentlichen Problemen führen. Trotz der Regelung des § 12 Abs. 2c S. 1 BImSchG ist der Ermittlungsaufwand erheblich und sehr zeitintensiv. Es erscheint fraglich, ob in diesen Fällen noch von einer effektiven Gefahrenabwehr zu sprechen ist. Im Gegensatz zur Sicherheitsleistung weist die Inanspruchnahme der möglichen weiteren Störer einen Vorteil auf. Da die Haftung regelmäßig auf den §§ 5 und 11 KrW-/AbfG beruht, kommt es nicht auf einen legalen Anlagenbetrieb an. Die jeweiligen Erzeuger oder Abfallbesitzer haften grundsätzlich auch für illegal angehäuften Abfall, da ein subjektives Willenselement dem öffentlich-rechtlichen Besitz fremd ist. Bei der Inanspruchnahme der herausgearbeiteten Störer ist allerdings daran zu denken, dass bei ihnen ebenfalls eine abstrakte „Insolvenzgefahr“ besteht. Sobald diese nicht mehr leistungsfähig sind, kommen sie zwar als Störer in Betracht, sind aber nicht mehr in der Lage, die ihnen aufgegebenen Pflichten zu erfüllen. Sollte diese Situation eintreten, muss der Staat auf eigene Kosten handeln. Im Ergebnis verringert die Möglichkeit, mehrere Verantwortliche in Anspruch zu nehmen, die Gefahr einer Kostenlast der öffentlichen Hand. Entsorgungskosten zu Lasten des Staats können auch diese Haftungsnormen dennoch nicht vollständig ausschließen. Es verbleibt ein Restrisiko.

Kapitel 5

Endergebnis, Ausblick und Vorschläge Die Insolvenz von Abfallentsorgungsunternehmen wird auch weiterhin ein Problem darstellen. In der ersten Hälfte des Jahres 2009 hat die Quote der Insolvenzen bei Abfallentsorgungsunternehmen zugenommen1. Die vorliegende Bearbeitung sollte die Frage beantworten, ob und in welchem Umfang Kosten zulasten des Staats vermieden werden können, wenn Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen insolvenzbedingt die Anlage nicht sichern und darauf lagernde Abfälle nicht ordnungsgemäß entsorgen. Die Ausführungen zeigen, dass den überwachenden und vollziehenden Umweltschutzbehörden eine Vielzahl an Mitteln zur Verfügung steht, um nicht selbst auf Kosten der öffentlichen Hand die Anlage sichern und den Abfall entsorgen zu müssen. Insbesondere die Sicherheitsleistung nach den §§ 12 Abs. 1 S. 2, 17 Abs. 4a S. 1 BImSchG als Prävention erweist sich als weitgehend effektiv bei den nach § 6 BImSchG genehmigten Anlagen. Die Sicherheitsleistung deckt überwiegend die entstehenden Kosten. Die Sicherheitsleistung erweist sich nur in zwei Fällen als wirkungslos. Zum einen ist das beim Betrieb einer nichtgenehmigungsbedürftigen Anlage der Fall. Zum anderen können illegal betriebene Anlagen nicht mittels einer Sicherheitsleistung gesichert werden. Unseriöse Betreiber könnten mithin weiterhin entgegen ihrer Genehmigung Abfall annehmen, ohne dass später der Staat mit den Mitteln der Sicherheitsleistung die Abfallentsorgung sicherstellen kann. Diese „Schwachpunkte“ beruhen darauf, dass die Sicherheitsleistung immer an die Anlagengenehmigung als solche anknüpft. Um diese Lücken zu schließen, kommen mehrere Regelungen in Betracht. Zum einen könnte die Genehmigungspflicht auf sämtliche Abfalllagerungen und -behandlungen erweitert werden, um hier eine Anordnung der Sicherheitsleistung zu ermöglichen. Eine solche Genehmigungspflicht wird in der Praxis allerdings kaum umsetzbar sein, da jede private kurzfristige Lagerung von Abfällen genehmigungspflichtig wäre. Überwachungsbehörden können eine solche umfassende Genehmigungspflicht wohl kaum durchsetzen. Zu denken wäre an eine Genehmigungspflicht bei jeglichem längerfristigen gewerblichen Umgang 1

Vgl. Kap. 1 Fn. 8.

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Kap. 5: Endergebnis, Ausblick und Vorschläge

mit Abfällen. Gerade gewerbliche Handlungen, d. h. Umgang mit Abfall, um Geld zu verdienen, erhöhen das Risiko einer Insolvenz. Bei kleineren Anlagen könnten Genehmigungsvoraussetzungen vereinfacht werden, um die (negativen) Wirkungen zu reduzieren, die eine solche Genehmigungspflicht auslöst. Zumindest wäre aber die Anordnung einer Sicherheitsleistung möglich. Um bei illegalem Umgang mit Abfällen die aufgezeigten Gefahren zu verhindern, müssen andere Mittel als die Erweiterung der Sicherheitsleistung in Erwägung gezogen werden. Die Sicherheitsleistung erweist sich in diesen Fällen als unpraktikabel, da die Höhe der Sicherheitsleistung nicht zu bestimmen ist. Behörden können nicht im Vorhinein kalkulieren, welche Sicherungs- und Entsorgungskosten bei illegalen Anlagen entstehen können. Hier müsste auf anderer Ebene angesetzt werden. Es ist bereits der illegale Betrieb von Anlagen zu verhindern. Zwar bestehen bereits mehrere Wege, um einem illegalen Anlagenbetrieb zu begegnen (vgl. Stilllegungs- oder Beseitigungsanordnung nach § 20 Abs. 2 BImSchG, Ordnungswidrigkeits- oder Straftatbestände nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und § 327 StGB). Diese Mittel erweisen sich jedoch als repressiv und sind nicht tatsächlich geeignet, einen illegalen Betrieb durch einen unseriösen Betreiber zu verhindern. Zu denken ist an eine weitere Präventionsvorschrift. Das Immissionsschutzrecht ist besonderes Gewerberecht. Elemente der Zuverlässigkeit sollten mithin auch bei der Genehmigungserteilung eine Rolle spielen. Bisher finden diese Aspekte nur Beachtung, wenn bereits eine Genehmigung erfolgt ist, vgl. § 20 Abs. 3 BImSchG. Die bloße „Sachkonzession“ sollte zunächst personalisiert werden, auch wenn dadurch ggf. der Verwaltungsaufwand erhöht wird. Sind aber Umstände bekannt, die eine Unseriosität des Betreibers oder eines Hintermannes vermuten lassen, müssen diese auch bei Genehmigungserteilung Beachtung finden. Im Ergebnis erweisen sich aber die präventiven Mittel als geeignet, Kosten zu Lasten der öffentlichen Hand zumindest zu verringern. Auch die Handlungsalternativen der Umweltbehörden nach Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers sind vielzählig, da neben dem Anlagenbetreiber andere Verantwortliche für die Abfallentsorgung in Betracht kommen. Diese Verantwortlichen haften in der Regel auch für die „illegalen“ Abfälle. Die Anforderungen an die Ermittlung der möglichen Störer sind aber insbesondere wegen Art. 3 Abs. 1 GG sehr hoch. Die Behörden sind verpflichtet, soweit wie möglich alle Verantwortlichen zu ermitteln. Erst wenn diese Ermittlungen weiter ins Leere laufen, können sie auf die bereits ermittelten Störer zurückgreifen, soweit die Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind. Alle Verantwortlichen können zu ihren Gunsten aber mehrere Haftungsbeschränkungen geltend machen. Diese sind zu beachten, sodass im Einzelfall nicht alle Abfälle entsorgt werden können. Größtes Problem bei der Inanspruchnahme solcher Störer wie den Abfallbesitzer, den Abfallerzeuger oder den Grundstückseigentümer ist die bestehende In-

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solvenzgefahr, die anders als beim Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage nicht durch eine Sicherheitsleistung abgesichert ist. Eine Sicherheitsleistung in diesen Fällen einzuführen, erweist sich als schwierig. An welchen Umstand oder an welche Genehmigung sollte eine solche Sicherheitsleistung geknüpft werden? Zu denken wäre ggf. an eine Pflichtversicherung, sobald die aufgezählten Verantwortlichen die Gefahr einer gescheiterten Abfallentsorgung erhöhen. Hier ist zu bedenken, dass nur Unternehmer von solchen „neuen“ Pflichten betroffen sein sollten. Private Abfallerzeuger und -besitzer müssen ihre Abfälle i. S. d. § 13 KrW-/AbfG dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überlassen. Die größten Schwierigkeiten weist die Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters auf, da ihm das Recht zusteht, die „belastete“ Anlage aus der Insolvenzmasse freizugeben. Wenn diese Möglichkeit ausgeschlossen werden soll, ist der Gesetzgeber gehalten, ein Freigabeverbot in diesen Fällen zu regeln. Dieses führe aber ausdrücklich zu einer Privilegierung der öffentlichen Hand, was dann nicht mehr dem Grundsatz entspräche, dass Nichtstörer für Gefahren nicht haften sollen. Mittelbar müssten die anderen Gläubiger, deren Erlös aus der Masse sinken würde, für die Beseitigung der Umweltgefahren aufkommen. Im Ergebnis haben die Rechtsprechung und der Gesetzgeber überwiegend zugunsten der öffentlichen Hand entschieden. Es herrscht insgesamt wenig Handlungsbedarf. Die bestehenden Wege führen die öffentliche Hand überwiegend aus der „kostenlosen Ersatzvornahme“ heraus.

Zusammenfassende Thesen Einleitung 1. Der Abfallbegriff ist von großer Bedeutung für die Pflichten eines Abfallentsorgungsunternehmens. Insbesondere die Art des Abfalls bestimmt über die Höhe von Sicherungs- und Entsorgungskosten bei (insolvenzbedingt) stillgelegten Abfallentsorgungsanlagen. Maßgeblich für den Abfallbegriff und die Bestimmung der Art des Abfalls ist das europäische Abfallrecht, welches nunmehr durch die RL 2008/98/EG (sog. Abfallrahmen-RL) geprägt ist.

Die mittelbare Verhinderung der Kostenlast der öffentlichen Hand vor Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers 2. Das deutsche Umweltrecht enthält eine Vielzahl von abfallbezogenen Pflichten, die bereits den Anfall von Abfall verhindern oder mindern können. Allein diese Pflichten stellen sich aber insgesamt als wenig effektiv heraus, um die Kostenlast des Staats bei der Insolvenz eines Abfallentsorgungsunternehmens zu vermeiden oder zu reduzieren. a) Die im KrW-/AbfG und BImSchG geregelten Vermeidungspflichten sind theoretisch am besten geeignet, um eine Kostenlast zu verhindern, da dadurch bereits kein Abfall anfallen soll. In der Praxis zeigt sich diese Wirkung der Vermeidungspflicht aber kaum. Dieses liegt insbesondere daran, dass der Begriff der Abfallvermeidung eng auszulegen ist. Eine Wiederverwendung des angefallenen Abfalls in einer Anlage stellt in der Regel keine Abfallvermeidung dar. b) Die abfallbezogene Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG weist wenig Wirkungskraft bei Abfallentsorgungsunternehmen auf, da diese Pflicht nur solche Abfälle betrifft, die in der Anlage selbst angefallen sind. c) Im Rahmen der abfallbezogenen Pflichten ist die sog. Nachsorgepflicht nach § 5 Abs. 3 BImSchG von größter Bedeutung für das Problem der Insolvenz von Abfallentsorgungsunternehmen. Diese Pflicht ist im Vergleich zu den anderen Betreiberpflichten in mehrerer Hinsicht weiter. Zunächst wirkt diese Pflicht über den Zeitraum der Betriebseinstellung hinaus. Zudem betrifft die Pflicht des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG nicht allein solche Abfälle, die in der Anlage selbst angefallen sind, sondern auch Abfälle, die lediglich angeliefert wurden. Die Nachsorgepflicht erweist sich aber dann als problematisch, wenn es um ihre Durchsetzung geht. Es bestehen wegen des Erfolgszeitpunkts, der erst mit Be-

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triebseinstellung eintritt, Zweifel daran, ob und inwieweit die Durchsetzung bereits mit der Genehmigung erfolgen kann. In der Regel wird auf die nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG zurückgegriffen.

Die unmittelbare Vermeidung der Kostenlast der öffentlichen Hand vor Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers – Die Anordnung einer Sicherheitsleistung 3. Um bereits vor Eintritt der Insolvenz eines Anlagenbetreibers die Kostenlast zu verhindern bzw. zu minimieren, ist die Sicherheitsleistung nach den §§ 12 Abs. 1 S. 2, 17 Abs. 4a S. 1 BImSchG am wirksamsten. a) Die Sicherheitsleistung dient der Vorsorge. Sie stellt ein Mittel der Verhaltenssteuerung dar. Es soll ein Anreiz geschaffen werden, der den Anlagenbetreiber dazu anhält, seinen Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG nachzukommen. b) Die Sicherheitsleistung im Immissionsschutzrecht ist von größerer Bedeutung als die Sicherheitsleistung im Abfallrecht nach § 32 KrW-/AbfG. c) Die Sicherheitsleistung soll bei genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BImSchG samt Nebenanlagen angeordnet werden. Die Anordnung erfolgt entweder in der Anlagengenehmigung oder im Wege einer nachträglichen Anordnung. Um den Zweck, die Kostenlast des Staats zu verhindern, besser erreichen zu können, empfiehlt sich, die Sicherheitsleistung in Form einer aufschiebenden Bedingung anzuordnen. d) An das Entscheidungsermessen sind nur geringfügige Anforderungen zu stellen. Eine Anordnung der Sicherheitsleistung ist möglich, sobald eine „abstrakte Insolvenzgefahr“ besteht. Eine solche ist regelmäßig bei Unternehmen anzunehmen, die mit Abfällen umgehen, die einen negativen Marktwert aufweisen. e) Bei öffentlich-rechtlichen Betreibern einer Abfallentsorgungsanlage von einer Sicherheitsleistung abzusehen, kann gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, soweit die öffentliche Hand in der Anlage nicht lediglich ihren Pflichten nach den §§ 13, 15 KrW-/AbfG nachkommt. aa) Auch öffentlich-rechtliche Unternehmen können materiell die Insolvenzgründe der §§ 17, 19 InsO erfüllen, auch wenn formell kein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen möglich ist. Es kommt im Rahmen der §§ 12 Abs. 1 S. 2, 17 Abs. 4a S. 1 BImSchG allein auf die „materielle Insolvenzfähigkeit“ an. bb) Insbesondere Kommunen können Insolvenzgründe erfüllen, da das jeweilige Trägerbundesland trotz seiner Pflicht, die Kommunen mit einem Mindestmaß an finanziellen Mitteln auszustatten, nicht jegliche Haushaltslöcher der

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Kommune schließen muss. Es fehlt eine von der Verwaltungspraxis angenommene umfassende „Einstandspflicht“. cc) Obwohl die öffentliche Hand sowohl die Sicherheitsleistung als auch Sicherungs- und Entsorgungskosten tragen müsste, kann das Absehen von der Sicherheitsleistung trotzdem ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstellen. Es gibt nicht „die öffentliche Hand“. Es sind die verschiedenen Ebenen der Träger öffentlicher Gewalt zu unterscheiden. Es bestehen verschiedene Haushalte. Bei Erfüllung der Insolvenzgründe auf einer Ebene, kann das zu einer ungeplanten finanziellen Belastung auf einer anderen Ebene führen, wenn im Vorfeld von der Sicherheitsleistung abgesehen wurde. dd) Das Absehen von der Sicherheitsleistung bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen kann auch gegen das europäische Beihilferecht verstoßen. f) Die Höhe der Sicherheitsleistung bestimmt sich nach den möglichen Sicherungs- und Entsorgungskosten. Bei der Bestimmung dieser Kosten ist die genehmigte Aufnahme- und Lagerkapazität maßgeblich. Dieser Umstand beruht darauf, dass die Sicherheitsleistung an die Genehmigung und einen genehmigungskonformen Betrieb anknüpft. g) Um die Sicherheitsleistung verwenden zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: – Es bedarf einer Betriebseinstellung; – notwendig ist eine vollziehbare Nachsorgeanordnung, die entweder bereits in der Genehmigung enthalten ist (was problematisch ist) oder mittels einer nachträglichen Anordnung erfolgt. Bei der nachträglichen Anordnung nach Betriebseinstellung ist die Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG zu beachten, da sonst das Anordnungsrecht der Behörde erlischt. Ohne eine fristgerechte Nachsorgeanordnung ist es ausgeschlossen, die Sicherheitsleistung zu verwenden. Diese finanziert lediglich die Ersatzvornahme. Um die Frist des § 17 Abs. 4 S. 2 BImSchG beachten zu können, ist es essentiell, den Zeitpunkt der Betriebseinstellung zu bestimmen. Dabei kann der Regelungsgehalt des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG Probleme bereiten. Hier fehlt eine Regelsharmonie zwischen § 17 Abs. 4a S. 2 und § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. h) Die Sicherheitsleistung ist nur bezüglich solchen Abfalls verwendbar, dessen Lagerung genehmigt wurde. Wegen der Verknüpfung der Sicherheitsleistung mit § 5 BImSchG kann die Sicherheitsleistung nicht dazu dienen, illegale Lagerungen zu sichern und zu entsorgen. Hierin liegt ein Schwachpunkt der Sicherheitsleistung. i) Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist bei nichtgenehmigungsbedürftigen Anlagen bislang nicht möglich.

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Die Verhinderung der Kostenlast des Staats nach Eintritt der Insolvenz des Anlagenbetreibers 4. Der Insolvenzverwalter haftet nur beschränkt für die Abfalllagerungen, die der zwischenzeitlich insolvente Anlagenbetreiber zurückgelassen hat. a) Die Haftung des Insolvenzverwalters bestimmt sich allein nach den ordnungsrechtlichen Haftungstatbeständen. Ob die Abfälle noch vom nunmehr insolventen Anlagenbetreiber stammen, ist irrelevant. b) Der Insolvenzverwalter kann als Anlagenbetreiber haften, wenn er die Anlage tatsächlich betreibt. Allein der Insolvenzbeschlag nach § 80 InsO genügt hierfür nicht. In der Regel wird der Insolvenzverwalter Abfallbesitzer i. S. d. Abfallrechts sein. Soweit die Anlage schädliche Bodenveränderungen hervorruft oder bereits eine Altlast (Altanlage, Altablagerung) darstellt, kann der Insolvenzverwalter auch nach Bodenschutzrecht als Inhaber der tatsächlichen Gewalt haften. In der Regel wird die Haftung nach Abfallrecht vorgehen, soweit der Insolvenzverwalter nicht Anlagenbetreiber ist. c) Von der Haftung nach Abfallrecht und Bodenschutzrecht kann sich der Insolvenzverwalter mittels Freigabe befreien. Gegen eine solche bestehen keine rechtlichen Bedenken. Dem Zweck der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Freigabeverbot besteht nicht. Eine isolierte Freigabe des Abfalls ist dagegen ausgeschlossen. d) Ein vorläufiger Insolvenzverwalter haftet nicht, da es ihm wegen eines fehlenden Rechts, die Masse zu verwerten, unmöglich ist, ordnungsrechtliche Pflichten zu erfüllen. 5. Der insolvente Anlagenbetreiber haftet nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Verfügungsbefugnis und einer damit einhergehenden Unmöglichkeit der Pflichterfüllung nicht mehr. Er haftet nur dann (wieder), wenn – die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt wurde, – der Insolvenzverwalter, der nicht Anlagenbetreiber war, die Anlage freigibt, oder – das Verfahren beendet wurde und weiterhin die Haftungstatbestände erfüllt sind. Die Haftung nach Immissionsschutzrecht endet trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Ablauf der Frist des § 17 Abs. 4a S. 2 BImSchG. Eine Fristhemmung während des Insolvenzverfahrens oder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist bislang nicht möglich. Auch eine Analogie scheidet aus. Sie verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes. 6. Die Haftung von Organen einer Betreibergesellschaft kommt nicht in Betracht.

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7. Auch der Abfallerzeuger kann zu Sicherungs- und Entsorgungsmaßnahmen herangezogen werden. Der Abfallerzeuger haftet aber nur für die Entsorgung der Abfälle, die er angeliefert hat oder die in der Menge und Art den angelieferten Abfällen entsprechen. Eine Änderung der Abfallqualität (Durchführung einer Abfallbehandlung) führt nicht zum Ende der Haftung des Abfallerzeugers. Er hat die Ursache der Umweltgefahr geschaffen und muss für die Beseitigung der Gefahr einstehen. 8. Ehemalige Abfallbesitzer, die einen Dritten mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragt haben (bloße Abfalltransporteure), verlieren mit der Besitzaufgabe ihre Entsorgungspflichten nicht. Die damit in § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG begründete „Ewigkeitshaftung“ ist verfassungsgemäß. Die zeitlich erweiterte Haftung dient der Durchsetzung des Verursacherprinzips, auch wenn der ehemalige Abfallbesitzer kein Abfallerzeuger ist. Der ehemalige Abfallbesitzer i. S. d. § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG haftet als Zustandsstörer, da er aus dem Erwerb und der Weitergabe des Abfalls einen finanziellen Nutzen gezogen hat. Fragen des Verschuldens und der Verhältnismäßigkeit der Haftung können im Rahmen des Ermessens Beachtung finden. Auch ehemalige Abfallbesitzer haften nur anteilig für den Abfall, den sie angeliefert haben oder der dem angelieferten Abfall in Art und Menge entspricht. Eine Änderung der Abfallqualität beendet die Haftung. 9. Abfallbesitzer können dagegen ihre Haftung verlieren, indem sie das Grundstück, auf dem der Abfall lagert, sachenrechtlich aufgeben. Die Haftungsbefreiung scheitert nur dann, wenn die Übereignung oder Eigentumsaufgabe sittenwidrig war. Die Sittenwidrigkeit ist im Einzelfall zu beurteilen. 10. Dass lediglich Abfalltransporteure als ehemalige Abfallbesitzer i. S. d. § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG weiterhin für die Abfallentsorgung verantwortlich bleiben, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die anderen Haftungsbefreiungstatbestände unterscheiden sich erheblich von der bloßen Besitzaufgabe nach § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG, sodass bereits eine Vergleichbarkeit i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG fehlt. 11. Ein Grundstückseigentümer, der nicht der Anlagenbetreiber ist, haftet in der Regel als Abfallbesitzer. a) Abfallbesitz eines Grundstückseigentümers besteht immer dann, wenn er unmittelbarer Besitzer eines Grundstücks ist, welches nicht frei zugänglich ist. b) Bei bestehenden Vertragsverhältnissen wie Miete oder Pacht hat der Grundstückseigentümer keinen Abfallbesitz, da ihm die Möglichkeit fehlt, tatsächlich auf den Abfall zuzugreifen. Die notwendige Verfügungsgewalt fehlt, da der Grundstückseigentümer lediglich mittelbarer Besitzer i. S. d. bürgerlichen Rechts ist. Mittelbarer Besitz in diesem Sinne kann keinen Abfallbesitz begründen. Erst wenn die Verträge enden, entsteht Abfallbesitz. In der Insolvenz des Anlagenbe-

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treibers (Mieter oder Pächter) enden die bestehenden Verträge nicht automatisch per Gesetz. Auch hier ist eine Kündigung notwendig, die der Insolvenzverwalter aussprechen kann. c) Die Haftung des Eigentümers als Zustandsstörer kann in sog. „Opferfällen“ eingeschränkt sein. Bei der Vermietung von Grundstücken für risikoreiche Nutzungen besteht ein solcher „Opferfall“ nicht, da der Eigentümer um die möglichen Gefahren wusste. Der Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage ist eine solche risikoreiche Nutzung. 12. Durchzuführen ist immer eine fehlerfreie Störerauswahl. Zwischen den verschiedenen möglichen Störern besteht grundsätzlich kein Rangverhältnis. Insbesondere das Abfallrecht lässt Abfallerzeuger und Abfallbesitzer gleichrangig haften. Die Effektivität der Gefahrenabwehr ist von maßgeblicher Bedeutung. Zu beachten ist trotzdem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Um eine fehlerfreie Störerauswahl durchführen zu können, ist die vollziehende Behörde verpflichtet, alle möglichen Störer soweit als möglich zu ermitteln. Fehlt eine solche Ermittlung, ist die Ermessensausübung fehlerhaft. Endergebnis, Ausblick und Vorschläge 13. Die bestehenden Wege sind überwiegend – insbesondere in kombinierter Art und Weise – geeignet, die Kosten der öffentlichen Hand für Sicherungs- und Entsorgungsmaßnahmen zu verhindern oder zu vermindern, sobald ein Abfallentsorgungsunternehmen in die Insolvenz gerät. Schwachstellen finden sich weiterhin bei illegalen oder nichtgenehmigungsbedürftigen Anlagen. Hier besteht Handlungsbedarf.

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Stichwortverzeichnis Abfallarten 39 Abfallbegriff 24, 50, 57, 60, 100, 227 Abfallbeseitigung 39, 46, 55, 61, 67, 71, 97, 131 Abfallbesitz 195, 212, 216, 295, 303, 309, 311, 316 Abfallbesitzer 212, 231, 236, 243, 266, 267, 276, 279, 282, 293, 307, 322 Abfallentsorgung 130 Abfallentsorgungsanlage 92, 100, 202 Abfallentsorgungsanlagen 77 Abfallerzeuger 55, 212, 231, 243, 265, 322 Abfalltransporteure 268, 294 Abfallvermeidung 53, 57, 60, 64, 67 Abfallverwertung 39, 47, 55, 60, 71, 131, 226 Abwehrpflicht 200, 205 Altablagerung 206 Altlast 206 Altstandort 207 Analogie 255 Analogieverbot 258 Anlagenbetreiber 23, 64, 72, 81, 82, 83, 119, 157, 175, 194, 217, 222, 230, 234, 247, 250, 262, 304 Anlagengenehmigung 102, 177, 210 Anordnungsfrist 249 Anstaltslast 146, 154 Anwendungsvorrang 219, 249 Auflage 106 Auswahlermessen 170, 274, 321 Bedingung 106 Beihilfe 156, 164, 167 Beseitigung 62 Beseitigungsanordnung 178 Besitzwille 214

Betreibergesellschaft 262 Betreiberpflicht 56 Betreiberpflichten 52, 63, 65, 66, 69, 77, 80, 193, 235 Betriebseinstellung 70, 78, 81, 95, 141, 176, 177, 209 Betriebsuntersagung 63, 106 Daseinsvorsorge 125, 127, 163, 169 Dauerschuldverhältnisse 305 Deponie 96, 97, 98, 226, 319 Dereliktion 239, 242, 244, 297 ehemalige Abfallbesitzer 268, 272, 285 ehemaliger Abfallbesitzer 295 Eigentum 91, 297 Eigentümer 288 Einstandspflicht 119 energetische Abfallverwertung 40 Entledigung 28 Entledigungsfiktion 36 Entledigungswillen 30 Entscheidungsermessen 111 Entsorgungskosten 171 Ersatzvornahmekosten 186 Ewigkeitshaftung 273 Finanzausstattung 138 Flächenversiegelung 205 Freigabe 232, 252, 300 Freigabeerklärung 245 Fristhemmung 253 Gefährdungshaftung 235 Genehmigung 105 Genehmigungserteilung 63

Stichwortverzeichnis Genehmigungspflicht 96 Genehmigungsverfahren 78 Genehmigungsvorbehalt 63 Gewährträgerhaftung 154, 156 Gläubigergleichbehandlung 242 Grundstückseigentümer 295, 301 Haftungsbefreiung 246 Haftungsgrenzen 320 Hauptzweck 61 Inbesitznahme 199 Inertisierung 40, 99 Inhaltsbestimmung 110 Insolvenzbeschlag 194, 199, 231, 233, 252, 259 Insolvenzfestigkeit 173 Insolvenzgefahr 111, 118, 119, 133, 157, 174 Insolvenzgläubiger 184 Insolvenzgründe 118, 133, 134, 146, 159, 174 Insolvenzmasse 184 Insolvenzschuld 184, 237 Insolvenzunfähigkeit 157 Insolvenzverfahren 261, 305 Insolvenzverwalter 176, 183, 197, 217, 232, 245, 252, 298 Integrationsklausel 55

361

Nachsorgepflicht 68, 72, 77, 84, 104, 171, 176, 195, 221 nachträgliche Anordnung 63, 65, 80, 174, 257 Nebenanlagen 60, 61, 104 Nebenbestimmung 63, 64, 80, 106, 110 Nebenprodukt 32 Opferfälle 289 Planfeststellung 97 Produktionsabfälle 31, 66 Produktverantwortung 53 Sanierung 211, 289 Sanierungsanordnung 302 schädliche Bodenveränderungen 178, 200 Selbstverwaltungsaufgaben 150 Sicherheitsleistung 86 Sicherungsmittel 173 Sittenwidrigkeit 296 Sozialbindung 286 Stilllegung 74, 78, 93, 101, 106, 177, 197, 209 Störerauswahl 295, 321 Strohmann 264 Substitution 41, 43, 45 thermische Abfallbeseitigung 40

Kommunalaufsicht 136 Kreislaufführung 58 Kreislaufwirtschaft 51, 53, 61, 98 Langzeitlager 101 Liquidation 251, 306 Massegläubiger 185 Masseschuld 184 Masseunzulänglichkeit 192, 261 Mieter 304 Mietsache 313 mittelbarer Besitz 304, 315

Überbestand 179 Überkapazitäten 79 Überlassungspflicht 122, 125, 313 Unternehmen 165 Verfahrenseröffnung 186, 194 Verhaltenssteuerung 89 Verhaltensstörer 238, 264, 269, 283, 322 Verhältnismäßigkeit 79, 80, 113, 174, 255, 289, 318, 322 Verjährung 253 Verkehrswert 289, 293, 318

362

Stichwortverzeichnis

Vermeidungspflicht 56 Vermieter 247, 305, 313 Verursacherprinzip 84, 90, 122, 272, 275, 279, 283, 320 Verwertung 62 vorläufige Insolvenzverwalter 229 Wettbewerb 120, 121 Wettbewerbsverhältnis 125 Wettbewerbsverzerrung 120

Wiedereinsetzung 260 Wiederinbetriebnahme 177 Wiedernutzbarmachung 74 Zahlungsunfähigkeit 112 Zumutbarkeit 289, 318 Zustandsstörer 83, 188, 192, 218, 236, 238, 244, 283, 285, 302, 316 Zustandsverantwortlichkeit 235, 317 Zwischenlager 102