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German Pages 464 [466] Year 2014
Martin Cüppers
Wegbereiter der Shoah Die Waffen-SS, der Kommandostab Reichsführer-SS und die Judenvernichtung 1939 –1945
Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart, Bd. 4 Herausgegeben von Klaus-Michael Mallmann
Martin Cüppers
Wegbereiter der Shoah Die Waffen-SS, der Kommandostab Reichsführer-SS und die Judenvernichtung 1939 –1945 2. Auflage
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. Sonderausgabe 2011 (2., unveränderte Auflage) © 2011 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt 1. Auflage 2005 Einbandgestaltung: Peter Lohse, Heppenheim Einbandabbildung: Kurt Knoblauch (links), Hermann Fegelein (Mitte) und Heinrich Himmler (rechts) am 5. Juli 1941 in der Nähe von Lyck während einer Parade des 1. SS-Kavallerieregiments (Bundesarchiv Koblenz, Büschel I, 9/16). Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-23905-4
Die Buchhandelsausgabe erscheint beim Primus Verlag. Einbandgestaltung: Christian Hahn, Frankfurt a. M. ISBN 978-3-89678-758-3 www.primusverlag.de
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Inhalt Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Verfügungstruppe und Totenkopfverbände. Die Entwicklung der bewaffneten SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die SS als nationalsozialistische Kampforganisation . . . . . . 2. Der Aufbau der SS-Totenkopfverbände . . . . . . . . . . . .
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1. Teil: Vorgeschichte und Ausgangslage
II. Versuchsfeld Polen. Die Waffen-SS als Instrument der Besatzungspolitik 1939–1941 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ein rassistischer und antisemitischer Angriffskrieg . . . . . . 2. Gesellschaftlicher Ausschluß und antisemitischer Terror . . . . 3. Zwangsarbeit und Ghettoisierung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Deportationen nach Osten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Massenmord an den polnischen Juden . . . . . . . . . . . . . 6. Die „Intelligenzaktion“ und der Terror gegen die Zivilbevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Kriegsplanungen. Die Bildung des Kommandostabes ReichsführerSS im Kontext der Vorbereitungen auf den Feldzug gegen die Sowjetunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbereitungen auf den „Weltanschauungskrieg“ . . . . . . . 2. Gründung und Besetzung des Kommandostabes Reichsführer-SS 3. Die Aufstellung der SS-Brigaden . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Teil: Sozialstruktur und Mentalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Politische Soldaten. Die Männer der Waffen-SS 1. Alter und Rekrutierung . . . . . . . . . 2. Berufsgruppen und soziale Schicht . . . . 3. NSDAP-Mitgliedschaft und Freiwilligkeit . 4. Der Anteil an Volksdeutschen . . . . . . 5. Waffen-SS und KZ-Wachmannschaften . .
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Inhalt
V. Nationalsozialistische Elite. Das Offizierskorps . . . . . . . . . . 1. Alter, Herkunft und sozialer Status . . . . . . . . . . . . . . 2. Militärische Laufbahn und ideologische Grundhaltung . . . .
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VI. Befähigung zum Massenmord. Der weltanschauliche Unterricht der Waffen-SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VII. Einsatzwille und Judenhaß. Die Motive der Täter . . . . . . . . 1. Mythos Befehlsnotstand und die Möglichkeiten der Verweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Habgier und Rassenwahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Antisemitismus bei den SS-Soldaten . . . . . . . . . . . .
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3. Teil: Der Einsatz des Kommandostabes 1941 . . . . . . . . . . . . .
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VIII. „Barbarossa“. Der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion 1. Erfolgreicher „Blitzkrieg“ . . . . . . . . . . . . . . . 2. Siegeszuversicht und Radikalisierung der Kriegsführung . 3. Die Befehle für die SS-Brigaden . . . . . . . . . . . . IX. Judenmord. Erste Einsätze der Brigaden . . . . . . . 1. Das 1. SS-Kavallerieregiment im nördlichen Polesje 2. Das 2. SS-Kavallerieregiment am Pripjet . . . . . 3. Das Vorgehen der 1. SS-Brigade in der Ukraine . . 4. Resümee des Vorgehens der SS-Truppen . . . . .
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X. „Partisanenbekämpfung“ und Massenmord. Kommandostab und SS-Brigaden bis zum Jahresende 1941 . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktivitäten des Kommandostabes . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Mord an den sowjetischen Juden . . . . . . . . . . . . . Judenvernichtung durch die SS-Kavalleriebrigade . . . . . . . Die „Aktionen nach Kriegsbrauch“ der 1. SS-Brigade . . . . . Die Beteiligung der 2. SS-Brigade am Massenmord . . . . . . . Bilanz des Massenmordes der SS-Brigaden . . . . . . . . . . 3. „Partisanenbekämpfung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bekämpfung versprengter Rotarmisten im Sommer 1941 . . . . Verschärfung der „Partisanenbekämpfung“ . . . . . . . . . . Die Kampfführung gegen die Partisanen im Herbst und Winter 1941 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Terror gegen die nichtjüdische Zivilbevölkerung . . . . . 5. Die Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen durch die SS-Brigaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
4. Teil: Kommandostab und SS-Truppen 1942–1945 . . . . . . . . . . . XI. Deutsche strategische Konzepte gegen die sowjetischen Partisanen 1942–1944 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Kommandostab und die SS-Brigaden in der ersten Jahreshälfte 1942 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Ringen um die Vormachtstellung im Kampf gegen die Partisanenbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Formen des „Bandenkampfes“. Die Großunternehmen der Jahre 1942/43 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. „Tote Zonen“. Strategische Konzepte 1943/44 . . . . . . . . . XII. Die Truppen des Kommandostabes und die Shoah 1942/43 . . . 1. Der Judenmord in der Sowjetunion . . . . . . . . . . . . . 2. Die Beteiligung von Einheiten der Waffen-SS an der „Aktion Reinhard“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Niederschlagung des Jüdischen Aufstands im Warschauer Ghetto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XIII. Rückzug und Niederlage. Kommandostab und Waffen-SS in der Endphase des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XIV. Karrieren und Nischen. Die SS-Männer nach 1945 . . . . . . . . 1. Massenmörder in der Nachkriegszeit . . . . . . . . . . . . . 2. Justitielle Verfolgung der Täter nach 1945 . . . . . . . . . . . Ermittlungen gegen ehemalige Angehörige der SS-Brigaden . . Das Aussageverhalten der Täter . . . . . . . . . . . . . . . . Fehler des Justizapparats und der Gesetzgebung . . . . . . . . 3. Organisationsstrukturen der früheren Waffen-SS in der Bundesrepublik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XV. Kriegseinsatz und Massenmord. Verbrechen der Waffen-SS . . . .
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Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kartenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5. Teil: Soldaten wie andere auch?
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Inhalt
Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gedruckte Quellen, Erinnerungsberichte, Tagebücher und Memoiren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorbemerkung Die vorliegende Studie ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Juni 2004 von der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Stuttgart angenommen wurde. Ohne vielfältige Unterstützung und Hilfe wäre die Fertigstellung der Arbeit nicht möglich gewesen. Herzlich möchte ich der Gerda Henkel Stiftung danken, die mir durch ein Stipendium deren Realisierung ermöglicht hat. Ganz besonderer Dank gebührt meinem Doktorvater Prof. Dr. Klaus-Michael Mallmann, der mir mit unschätzbarer Kompetenz zur Seite gestanden, mich auf Notwendiges hingewiesen und vor Überflüssigem bewahrt hat. Sein Fachwissen und seine Motivationsfähigkeit haben viel zur Vollendung dieses Buches beigetragen. Besser ist für mich das Verhältnis zu seinem wissenschaftlichen Mentor nicht vorstellbar. Prof. Dr. Wolfram Pyta hat die Dissertation als Zweitgutachter betreut und mich schon vorher mit fachlichem Rat unterstützt; auch ihm möchte ich aufrichtig danken. Heidrun Baur und Volker Rieß von der Forschungsstelle Ludwigsburg haben mir wiederholt bereitwillig geholfen und mir dort angenehme Arbeitsbedingungen ermöglicht. Meine Forschungen haben außerdem zahlreiche Kollegen und Freunde mit Interesse, Anregungen und mittels vieler hilfreicher Diskussionen begleitet. Nennen möchte ich in diesem Zusammenhang Andrej Angrick, Stefan Bräunling, Ray Brandon, Bertille Crivet, Florian Dierl, Jörn Hasenclever, David Heredia, Martin Hölzl, Peter Klein, Thomas Krumenacker, Tjark Kunstreich, Jean-Luc Leleu, Andrea Löw, Jürgen Matthäus, Jacek Andrzej Młynarczyk, Timm C. Richter und Christian Schmidt. Das Durchforsten der Archivbestände wäre ohne die Hilfsbereitschaft des dortigen Personals nicht zu bewältigen gewesen. Danken möchte ich daher den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Archivstandorte des Bundesarchivs in Berlin, Dahlwitz-Hoppegarten, Koblenz, Ludwigsburg und Freiburg, des Vojensky´ ústrˇední archiv in Prag, der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg, des Bayerischen Staatsarchivs München und des Niedersächsischen Staatsarchivs in Wolfenbüttel. Besonders erwähnt seien Zuzana Pivcová aus Prag und Elke Bartholomä aus Ludwigsburg. Der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt und ihrem Lektor Daniel Zimmermann danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit in das Verlagsprogramm. Nicht zuletzt gehört meinen Eltern ein aufrichtiger Dank dafür, daß sie mein historisches Interesse gefördert haben. Schließlich war es meine Freundin Kerstin Eschrich, die mir in den letzten Jahren geduldig zugehört und mich immer wieder ermutigt hat. Sie hat außerdem dafür gesorgt, daß ich den Platz an meinem Schreibtisch auch mal verlassen habe. Für alles danke ich ihr sehr herzlich. Berlin, Oktober 2004 Martin Cüppers
Einleitung Im Spätsommer 1941 gab der Kommandostab Reichsführer-SS Richtlinien heraus, die als Handlungsanleitung für die zukünftige Bekämpfung des sich andeutenden Widerstands im Hinterland der deutsch besetzten Sowjetunion gedacht waren. In dem zweiseitigen Text wird hinsichtlich der Kontakte zwischen Zivilbevölkerung und Partisanen festgestellt: „Die besten Nachrichtenübermittler sind die Juden. Taucht hierüber der geringste Verdacht auf, so sind die Juden der betr.[effenden] Ortschaften rücksichtslos auszurotten.“ Im Hinblick auf die Beruhigung der sowjetischen Zivilbevölkerung und das für erforderlich erachtete Einschreiten gegen Gerüchte über eine angebliche Rückkehr der Sowjetmacht legte der Kommandostab in dem Text zusätzlich nahe: „Eine Unschädlichmachung der Juden wirkt aber auch in dieser Beziehung Wunder.“ 1 Während die Pauschalität der Begründung, mit denen Juden grundsätzlich der Vernichtung anheim gestellt werden, anderen Mordbefehlen der Deutschen durchaus entspricht, erstaunen im zitierten Fall die Adressaten der Richtlinien. Die Mordanweisung des Kommandostabes Reichsführer-SS richtete sich weder an die Einsatzgruppen aus Reinhard Heydrichs Reichssicherheitshauptamt, noch an die als „Fußvolk der Endlösung“ bezeichneten Bataillone der Ordnungspolizei. 2 Die Empfänger der Richtlinien waren vielmehr drei Brigaden der WaffenSS, militärische Verbände also, die seit mehreren Wochen in den deutsch besetzten Gebieten der Sowjetunion eingesetzt wurden. Der Kommandostab war im Frühjahr 1941 unter der persönlichen Ägide Heinrich Himmlers im Zuge der Kriegsplanungen der SS aufgestellt worden. Nachdem die Brigaden kurz vor Feldzugsbeginn dem Stab unterstellt worden waren, kamen sie nach den ersten Kriegswochen im besetzten Hinterland zum Einsatz und verübten systematische Massenverbrechen an den sowjetischen Juden. In den folgenden Jahren war der Kommandostab weiterhin tätig und auch die SS-Verbände blieben im Osten eingesetzt. Bis heute hält sich der hauptsächlich von SS-Veteranen selbst geschaffene Mythos, die Waffen-SS sei nicht in den Vernichtungsprozeß gegen die europäischen Juden involviert gewesen. Kritische Forschungsansätze sind in diesem noch immer von NS-Apologeten besetzten Terrain äußerst rar. Der Widerlegung der irrigen Behauptung von der Nichtbeteiligung der Waffen-SS an der Shoah und der ausführlichen Analyse der Tätigkeit des Kommandostabes Reichsführer-SS und seiner unterstellen Truppen widmet sich die vorliegende Studie. Sie ist damit die erste Monographie überhaupt, die diese Thematik umfassend bearbeitet. Bisher existieren nur wenige Aufsätze, die sich mit Einzelaspekten oder mit bestimmten Phasen der Geschichte des Kommandostabes auseinandersetzen. Welche Fehl-
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urteile dabei über dessen Funktion möglich sind, markiert eine Charakterisierung Bernd Bolls, der reichlich verunglückt vom Kommandostab als einer „Spezialformation der Waffen-SS für den Kampf gegen Partisanen“ spricht. 3 Erstmals skizzierte Yehoshua Büchler 1986 den Anteil der Brigaden an der Ermordung der sowjetischen Juden. Der Aufsatz beschränkte sich auf die zweite Hälfte des Jahres 1941; der zentrale, aber damals kaum zugängliche Bestand des Kommandostabes in Prag wurde vom Verfasser nicht eingesehen. Trotzdem markierte der verdienstvolle Beitrag lange Zeit den Forschungsstand zu diesem Thema. Fünf Jahre nach Büchler deutete Ruth Bettina Birn in einem kurzen Beitrag von 1991 anhand von Einsätzen einer Teileinheit der SS-Kavalleriebrigade im August 1941 den Zusammenhang zwischen der von den Deutschen behaupteten „Partisanenbekämpfung“ und der dabei in Wirklichkeit realisierten Judenvernichtung an. Der Zusammenhang zum übergeordneten Kommandostab Reichsführer-SS und der in diesen Wochen immer systematischer organisierten Judenvernichtung blieb darin jedoch unerwähnt. Bernd Boll veröffentlichte 2000 einen Aufsatz über Einsätze der parallel zur SS-Kavallerie operierenden 1. SS-Brigade während des Sommers 1941. Darin wird auf schmaler Quellengrundlage hauptsächlich das Unterstellungsverhältnis unter die Wehrmacht thematisiert, während die vorrangige Verbindung zum Kommandostab eine nachgeordnete Bedeutung spielt und die tatsächliche Dimension der Verbrechen auch nur teilweise erfaßt wird. Vom Verfasser der vorliegenden Studie erschien schließlich 2004 eine biographische Skizze über Gustav Lombard, einen Offizier der SS-Reiterbrigade. Darin werden dessen Vorreiterrolle bei der Judenvernichtung und die von Lombard radikal interpretierten Entscheidungsspielräume analysiert. 4 Vom selben Autor stammt ein wenig später veröffentlichter Aufsatz über das Vorgehen von Truppen der Waffen-SS während der beiden ersten Jahre deutscher Besatzung in Polen. 5 Nur der Vollständigkeit halber sei noch das Buch „Riding East“ von Mark C. Yerger erwähnt, das eine groteske Lobeshymne auf die Kavalleriebrigade darstellt. Judenmord wird darin schlicht nicht thematisiert; die seitens der SS-Reiter vorgenommenen Massentötungen deutet der Autor ohne Benennung der Opfer vage an, um sie dann mit Verweis auf die sowjetische Partisanentätigkeit zu rechtfertigen. 6 Abgesehen davon existieren bislang drei Monographien, in denen der Kommandostab Reichsführer-SS eine gewisse Erwähnung findet. Vor kurzem verfaßte Jürgen Matthäus im Rahmen seines Kapitels in Christopher Brownings Studie über die Entfesselung der „Endlösung“ eine gelungene Einordnung der ersten Einsätze der Brigaden. Auf aktuellem Forschungsstand gelang ihm damit die bisher beste Charakterisierung der Bedeutung dieser SS-Truppen und des übergeordneten Stabes beim Judenmord. 7 In seiner Gesamtdarstellung der Shoah betonte Peter Longerich den Zusammenhang zwischen der Aufstellung des Kommandostabes und den deutschen Vorbereitungen auf den Vernichtungskrieg. Zwar ging er im weiteren auch auf die Relevanz der ersten Einsätze der Brigaden ein, die tatsächlichen Abläufe werden letztlich allerdings nur unzureichend erfaßt
Einleitung
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und wenig zutreffend charakterisiert. 8 Christian Gerlach stellte im Rahmen seiner umfangreichen Studie über Weißrußland Vernichtungsaktionen der Kavalleriebrigade während des Sommers 1941 dar. Doch seine Bewertung der Funktion des Kommandostabes kann dessen tatsächlicher Bedeutung nicht gerecht werden. Unter dem Fokus der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Ernährungspolitik gelingt es ihm nicht, die vorrangig ideologisch determinierten Motive und Handlungsabläufe der SS-Truppen adäquat einzuordnen. 9 Auch in den Standardwerken zur Shoah findet die Thematik keine weitere Berücksichtigung. Sowohl in der erstmals 1961 auf englisch erschienenen bahnbrechenden Gesamtdarstellung Raul Hilbergs zur Vernichtung der europäischen Juden als auch in der beeindruckenden Arbeit H. G. Adlers oder den Studien von Lucy S. Dawidowicz und Leni Yahil bleiben die Verbrechen der Truppen des Kommandostabes unerwähnt.10 Hinsichtlich der Fachliteratur zur Waffen-SS sieht das Bild kaum anders aus. Die Veröffentlichung Kurt-Gerhard Klietmanns versprach schon 1965 eine Gesamtdarstellung der Waffen-SS. Zwar finden die in der vorliegenden Studie untersuchten Truppenteile darin eine, an organisatorischen Gesichtspunkten orientierte, oberflächliche Beachtung; Klietmanns Werk läßt jedoch jegliche Kritik an der Institution generell und am Vorgehen der einzelnen Verbände vermissen. Verdienstvoller sind die Untersuchung von George H. Stein sowie das mittlerweile zurecht als Standardwerk geltende Buch von Bernd Wegner, der damit eine detaillierte Organisationsgeschichte und strukturelle Analyse der bewaffneten SS vorlegte. Beide Werke schreiben jedoch keine eigentliche Einsatzgeschichte; damit spielen auch die Massenverbrechen in beiden Studien nur eine marginale Rolle. 11 In der grundlegenden Literatur zum SS-Apparat und den nationalsozialistischen Lagern spielt der Kommandostab Reichsführer-SS ebenfalls keine Rolle; trotzdem konnten einzelne Werke für erweiterte Fragestellungen mit Gewinn herangezogen werden. Zu nennen sind hier in erster Linie die Bücher von Robert Lewis Koehl und Heinz Höhne zur SS, die Studie von Karin Orth zur Konzentrationslager-SS und die Beiträge in dem zweibändigen Sammelwerk über die nationalsozialistischen Konzentrationslager. 12 Andere Bereiche von Himmlers Imperium wie das Reichssicherheitshauptamt, dessen Geschichte für diese Studie in Detailfragen von Interesse war, sind historisch deutlich besser erforscht. Nach den frühen Forschungen Raul Hilbergs erbrachten in erster Linie die beiden von Gerhard Paul und Klaus-Michael Mallmann herausgegebenen Sammelbände zur Gestapo, die richtungsweisende Biographie Ulrich Herberts über Werner Best sowie die umfangreiche Studie von Michael Wildt neue Erkenntnisse. 13 Speziell zu den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD liegt bisher mit dem Buch von Helmut Krausnick jedoch nur eine zusammenfassende Studie vor, deren zeitlicher Untersuchungsrahmen zudem Anfang 1942 endet. 14 Zu einzelnen in der Sowjetunion operierenden Einsatzgruppen existiert die Pionierarbeit von Hans-Heinrich Wilhelm zur Einsatzgruppe A sowie die beeindruckende Studie von Andrej Angrick zur Einsatzgruppe D. Dagegen fehlen Detailstudien zu den Einsatzgruppen in Polen, zu
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Einleitung
den Einsatzgruppe B und C in der Sowjetunion, aber auch zu den übrigen im deutschen Machtbereich eingesetzten Einheiten. 15 Schmaler stellt sich wiederum die derzeitige Forschungslage zur Ordnungspolizei dar, einer weiteren, für die vorliegende Untersuchung mitunter relevanten Sparte im SS-Apparat. Friedrich Wilhelm legte vor einigen Jahren eine organisationsgeschichtliche Darstellung vor. Pionierarbeit leistete zudem Klaus-Michael Mallmann mit der Betonung des Anteils der Ordnungspolizisten an der deutschen Vernichtungspolitik. 16 Erste Detailstudien zu Teileinheiten im Osteinsatz legten Christopher Browning und Daniel Goldhagen mit ihren Arbeiten zum Reservepolizeibataillon 101 sowie Andrej Angrick und andere zum Polizeibataillon 322 vor. 17 Neben der eigentlichen Forschungsliteratur existieren Zeugnisse von jüdischen Überlebenden, auf die sich die vorliegende Untersuchung immer wieder stützt. Eine bedeutende Sammlung von Aussagen aus der Sowjetunion bietet das von Wassili Grossmann und Ilja Ehrenburg herausgegebene Schwarzbuch. Als besonders wertvoll erwiesen sich verschiedene Yizker Bikher, Erinnerungsbücher jüdischer Gemeinden, die in mehreren Fällen eine genauere Rekonstruktion des Tatgeschehens sowie präzisere Angaben über die Zahl der Opfer ermöglichten. 18 Darüber hinaus erwies sich die Literatur zum jüdischen Widerstand gegen die Deutschen als unverzichtbar, da sich bewaffnete Gegenwehr von Juden wiederholt direkt gegen Vernichtungsaktionen der untersuchten SS-Verbände richtete. 19 Im Schwerpunkt leistet die Studie jedoch einen Beitrag zur Täterforschung. Unter dieser Bezeichnung hat sich in den letzten Jahren eine recht junge Teildisziplin innerhalb der NS-Forschung verstärkt den Handelnden in der nationalsozialistischen Juden- und Vernichtungspolitik zugewandt. Seitdem legten Historiker Grundlagenforschungen vor, die das Wissen über die Akteure in den verschiedensten Bereichen des nationalsozialistischen Systems erheblich erweiterten. Mit der seit Frühjahr 2001 bestehenden Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart wurde nicht zuletzt eine wissenschaftliche Einrichtung geschaffen, die es sich zur zentralen Aufgabe gemacht hat, die Erkenntnisse auf diesem Gebiet in den kommenden Jahren durch weitere Forschungen beständig zu vergrößern. Bislang wurden von dort aus eine umfangreiche und aufwendig kommentierte Quellensammlung zu Mentalitäten, Tatorten und Tateinheiten im deutsch besetzten Ostmittel- und Osteuropa sowie ein Band mit 23 Täterbiographien aus den unterschiedlichsten Bereichen des nationalsozialistischen Machtapparats vorgelegt. Kürzlich erschien außerdem ein Sammelband mit diversen Beiträgen zu den richtungsweisenden, jedoch bislang wenig beachteten ersten beiden Jahren deutscher Besatzungspolitik in Polen. 20 Anders als es die insgesamt überaus überschaubare Literatur zum Thema vermuten lassen würde, kann sich eine Studie zum Kommandostab Reichsführer-SS auf einen in weiten Teilen geradezu lückenlosen Quellenbestand stützen. Bereits 1965 erschien eine aussagekräftige Quellenedition, die das Kriegstagebuch des Kommandostabes von 1941 sowie einige Tätigkeitsberichte der unterstellten Einheiten der Waffen-SS enthält. Seitdem waren der historischen Forschung die
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Massenmorde dieser SS-Verbände an den sowjetischen Juden prinzipiell bekannt. 21 Im Vojensky´ ústrˇední archiv (Zentrales Militärarchiv) in Prag sind in insgesamt 24 Kartons die gesamten Akten des Kommandostabes für die Jahre 1941 und 1942 erhalten geblieben. Erst ab 1943 wird die Quellenüberlieferung deutlich schmaler. Der Aktenbestand enthält drei Kriegstagebücher, alle wesentlichen Einsatzbefehle sowie Tagesmeldungen und Tätigkeitsberichte der unterstellten Einheiten und sämtlicher Stabsabteilungen. 22 Ergänzt wird der Bestand durch gesonderte Überlieferungen zur 1. SS-Brigade und zur SS-Kavallerie. 23 Noch während des Krieges waren diese Unterlagen an die 1940 durch das SSFührungshauptamt gegründete Kriegsgeschichtliche Forschungsabteilung der Waffen-SS abgegeben worden. Das gesamte Archiv der Waffen-SS wurde zum Schutz vor den zunehmenden Bombardierungen der Alliierten im Frühjahr 1944 von Oranienburg bei Berlin in das als relativ sicher geltende „Reichsprotektorat Böhmen und Mähren“ transportiert und im Schloß Zásmuky bei Prag eingelagert. Dort überdauerten die Akten die Wirren der Kriegsendphase. Von einer Einheit der tschechoslowakischen militärischen Abwehr wurden sie 1946 dem Militärzentralarchiv übergeben. Seitdem lagern die Dokumente in dem in der Vergangenheit mehrmals umbenannten Zentralen Militärarchiv der tschechischen Armee in Prag. 24 Neben diesen Quellen sind außerdem die im Bundesarchiv Berlin lagernden Akten des SS-Führungshauptamtes, von Himmlers Persönlichem Stab und die Personalunterlagen des ehemaligen Berlin Document Center von zentraler Bedeutung. 25 Ferner lagern im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg in den dortigen umfangreichen Beständen zur Waffen-SS zahlreiche Akten der Kavalleriebrigade sowie ein kleinerer Bestand zum Sonderkommando Dirlewanger, das dem Kommandostab Anfang 1942 kurzzeitig unterstand.26 Im Zwischenarchiv des Bundesarchivs in Dahlwitz-Hoppegarten wurden schließlich noch relevante Akten zur deutschen Besatzungspolitik und zur Bekämpfung der Partisanenbewegung eingesehen. Dort lagern unter anderem mehrere Ordner aus den Beständen der Ordnungspolizei mit zahlreichen Funk- und Fernschreibprotokollen, die Einsätze der Brigaden dokumentieren. 27 Im Vergleich zur Quellenlage bei den Einsatzgruppen des Reichssicherheitshauptamtes oder den Bataillonen der Ordnungspolizei liegt damit zum Kommandostab und den unterstellten Einheiten der Waffen-SS eine Überlieferung vor, die in ihrer Dichte absolut einzigartig ist. Ergänzend zu den genannten Beständen wurden im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg Akten der Wehrmacht ausgewertet, die teilweise wichtige Zusatzinformationen erbrachten. Vorrangig handelt es sich dabei um die Unterlagen der Befehlshaber der rückwärtigen Heeresgebiete in der eroberten Sowjetunion sowie um Akten einzelner Armeeoberkommandos und Divisionen. 28 Als weitere relevante Quellen wurden zudem die „Ereignismeldungen UdSSR“ des Reichssicherheitshauptamtes aus dem Jahr 1941, umfangreiche Akten der Ordnungspolizei zur Besatzungspolitik in Polen und der Sowjetunion sowie das Tagebuch des Höheren SS- und Polizeiführers Rußland Mitte, Erich von dem Bach-
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Zelewski, herangezogen. 29 Darüber hinaus konnte auf einige wertvolle Editionen zurückgegriffen werden. Bedeutsame Informationen enthielt das aufwendig kommentierte und hervorragend nutzbare Diensttagebuch Heinrich Himmlers. 30 Als hilfreich bei der Bearbeitung des Themas erwies sich auch das Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht, das Tagebuch Franz Halders, des Generalstabschefs des Heeres und der sogenannte Stroop-Bericht über die Niederschlagung des jüdischen Aufstands im Warschauer Ghetto. 31 Unverzichtbar waren außerdem die 42 sogenannten Blauen Bände der Verhandlungsprotokolle und Beweisdokumente des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg gegen die Hauptkriegsverbrecher. 32 Eine wichtige Quellengattung neben den originalen Dokumenten der Täter stellen zudem die Justizunterlagen dar, die im Rahmen von Ermittlungsverfahren nach 1945 gegen NS-Verbrecher angelegt wurden. Gegen frühere SS-Offiziere der Brigaden des Kommandostabes führten bundesdeutsche Staatsanwaltschaften in den sechziger Jahren mehrere Verfahren. Trotz teilweise erdrückender Beweislast gegen einzelne Beschuldigte wurde die überwiegende Mehrzahl jedoch eingestellt. In der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg, deren Archiv in die Verantwortung des Bundesarchivs übergegangen ist, lagern fünf Aktenbände eines 1965 geführten Vorermittlungsverfahrens gegen ehemalige Angehörige der 2. SS-Brigade. 33 Außerdem sind dort wichtige Teile der bedeutend umfangreicheren Ermittlungsakten gegen Angehörige der 1. SS-Brigade und der Kavalleriebrigade zu finden. 34 Seitens der Staatsanwaltschaften Coburg und später München wurden Ermittlungen gegen ehemalige Angehörige der 1. SS-Brigade geführt. Das Verfahren in einem Umfang von zuletzt 163 Aktenbänden wurde 1972 eingestellt; heute ist es im Staatsarchiv München einzusehen. 35 Dort lagert mit einem Umfang von 50 Aktenbänden außerdem ein von der Staatsanwaltschaft München geführtes und 1971 eingestelltes Verfahren gegen Offiziere des 1. SS-Kavallerieregiments und des Stabes der SSKavalleriebrigade. 36 Nur gegen ehemalige Angehörige des 2. SS-Kavallerieregiments wurde 1963 nach mehrjährigen Ermittlungen vor dem Landgericht Braunschweig Anklage erhoben. Die Verhandlung führte 1964 zur Verurteilung des Hauptangeklagten Franz Magill, des zeitweiligen Kommandeurs der berittenen Schwadronen, zu mehrjähriger Haft. Drei Mitangeklagte wurden ebenfalls zu Freiheitsstrafen verurteilt. 37 Die Ermittlungsakten mit Aussagen von Hunderten von ehemaligen Einheitsangehörigen sowie von jüdischen Überlebenden sind ergänzend zu den Originaldokumenten unverzichtbare und sehr aussagekräftige Quellen. Darüber hinaus konnten aus weiteren Ermittlungsunterlagen, die sich teils gar nicht direkt gegen Angehörige der SS-Brigaden richteten, ebenfalls wichtige Informationen gewonnen werden. 38 Die angeführten Quellengattungen bergen hinsichtlich ihrer Benutzung im Rahmen einer historischen Studie spezifische Problemfelder. Die originären Dokumente der Täter – Akten des Kommandostabes, der unterstellten Brigaden oder anderer Stellen des SS-Apparats – weisen einerseits einen hohen Grad an
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Authentizität auf, da sie im unmittelbaren zeitlichen Kontext der Ereignisse entstanden sind. Auf der anderen Seite muß bei Benutzung solcher Quellen Berücksichtigung finden, daß Befehle und Anordnungen zwar die Intention des Verfassers wiedergeben, deren Umsetzung aber auf eine ganz andere Weise erfolgt sein kann. Einsatzberichte wiederum können häufig nur sehr ungenauen Aufschluß über historisch relevante Geschehnisse enthalten. Gerade nach den ersten Monaten des Krieges gegen die Sowjetunion läßt sich in den Quellen verfolgen, daß die ursprünglich ganz offen gemeldeten Mordaktionen gegen Juden mehr und mehr hinter Tarnbegriffen und Euphemismen verschwinden – ein Umstand, der eben kein Beleg für einen Rückgang der Mordaktionen darstellt, sondern lediglich deren Nachweis wesentlich erschwert. Schwierigkeiten ganz anderer Art zeigen sich bei den nach 1945 von den Ermittlungsbehörden angelegten Justizakten. Allein das – im Nachkriegsdeutschland vielfach nur bescheiden ausgeprägte – justitielle Verfolgungsinteresse unterscheidet sich grundlegend von der historischen Perspektive, die einer möglichst weitgehenden Untersuchung von Ereignissen und Entwicklungen verpflichtet ist. Demgegenüber beschränkten sich Ermittlungsverfahren gegen Angehörige der Truppen des Kommandostabes auf bestimmte, zeitlich eng begrenzte Tatvorwürfe, die in sich die Chance einer juristischen Ahndung bargen. Dabei blieben oft andere, nicht minder schwere Verbrechen unberücksichtigt, weil sie bestimmten Personen nicht zuzuordnen waren oder in einem ganz anderen zeitlichen Kontext begangen wurden. Zudem war das Aussageverhalten einer Mehrheit der als Zeugen oder Beschuldigten vernommenen Täter vorrangig vom Interesse geleitet, den Vernehmungsbeamten möglichst keine juristisch verwertbaren Beweise für die begangenen Massenverbrechen zu liefern. Offene, inhaltlich ausführliche Schilderungen des Geschehens sind deshalb aus diesem Personenkreis selten. Vielmehr zeigten sich die ehemaligen SS-Männer äußerst bestrebt, die Verbrechen zu leugnen, die eigene Verantwortung daran zu negieren und die historischen Geschehnisse möglichst zu verfälschen. 39 Nicht unproblematisch sind mitunter auch die Aussagen polnischer oder sowjetischer Zeugen und der überlebenden Opfer. Ihnen war es in vielen Fällen schlicht nicht möglich, Täter genauer zu identifizieren, da sie keine Kenntnis von den verschiedenen Uniformen deutscher Einheiten hatten und meist deren Sprache auch nicht verstanden. Diesbezügliche Angaben sind deshalb häufig unpräzise. Zahlreiche Aussagen von Zeugen und Opfern entstanden zudem noch während des Krieges und in den Jahren danach vor sowjetischen und polnischen Untersuchungskommissionen, wo persönliche psychische Zwangssituationen, die das Aussageverhalten beeinflußt haben können, nicht auszuschließen waren. Solche Erwägungen sind grundsätzlich ausschlaggebend für das Bemessen des Werts einer Quelle und machen es in vielen Fällen erforderlich, weitere Belege heranzuziehen, die den jeweiligen Sachverhalt stützen oder widerlegen. Für die Strukturierung der gesamten Studie erschien ein weitgehend chronologischer Aufbau am sinnvollsten. Nach der einleitenden Darstellung der Entwick-
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lung der bewaffneten SS werden im ersten Teil auf der Grundlage zahlreicher Originaldokumente und Nachkriegsaussagen die Einsätze der SS-Totenkopfstandarten im besetzten Polen in den Jahren 1939 bis 1941 dargestellt. Die detaillierte Untersuchung von deren Tätigkeit als Besatzungstruppen in Polen ergänzt die in jüngster Zeit verstärkt betriebene Erforschung der beiden ersten Jahre deutscher Besatzungspolitik. Nicht zuletzt wird dadurch die sich in der Forschung immer deutlicher abzeichnende Tendenz, schon den Angriff auf Polen und nicht erst den Sommer 1941 als Beginn des deutschen Vernichtungskrieges zu betrachten, hinsichtlich des Vorgehens der bewaffneten SS einer weiteren Überprüfung unterzogen. 40 Vor dem Hintergrund der Einsätze der SS-Truppen in Polen wird in einem zweiten Teil anhand von Personalakten der Waffen-SS sowie mittels der Auswertung zahlreicher biographischer Angaben aus Vernehmungsprotokollen westdeutscher Ermittlungsbehörden das Personal der SS-Einheiten des Kommandostabes in den Mittelpunkt der Untersuchung gerückt. Getrennt nach Mannschaftsdienstgraden und Offizieren wird anhand von Kategorien wie Alter, soziale Herkunft, Berufswahl und politische Sozialisation ein Sozialprofil der SS-Angehörigen erstellt. Damit wird erstmals überhaupt eine Studie zu den Mannschaftsdienstgraden der Waffen-SS vorgelegt. Auf der Grundlage dieser Befunde wird anschließend nach dem ideologischen Hintergrund und den persönlichen Motiven der Einheitsangehörigen gefragt. Eine Untersuchung des weltanschaulichen Unterrichts der Waffen-SS und speziell der Schulung der Brigaden geht der Frage nach, ob sich im Vorfeld der Einsätze Belege für eine antisemitische Indoktrinierung der SS-Männer finden lassen. Des weiteren werden im Anschluß die zahlreichen Aussagen ehemaliger Einheitsangehöriger im Zuge der Ermittlungsverfahren der 60er und 70er Jahre hinsichtlich der Motivlage der Männer analysiert. Im daran anschließenden dritten Teil werden auf der Grundlage der Einsatzbefehle und Berichte der SS-Truppen des Kommandostabes, der Angaben beteiligter Täter und der Aussagen jüdischer Überlebender sowie der Schilderungen in einigen Erinnerungsbüchern von betroffenen Gemeinden die ersten Einsätze der Brigaden von Ende Juli bis Mitte August 1941 untersucht. Danach wird die Bilanz dieser beiden Wochen mit dem gleichzeitigen Vorgehen anderer deutscher Einheiten in Beziehung gesetzt und deren Bedeutung im Zusammenhang mit den Entscheidungen der nationalsozialistischen Führung eingeordnet. Für die Darstellung der weiteren Operationen der Brigaden und der Tätigkeit des Kommandostabes bis Ende 1941 wurde eine systematische Untersuchung nach relevant erscheinenden Fragestellungen ausgearbeitet. Entsprechend wird der weitere Anteil des Kommandostabes an der Vernichtung der sowjetischen Juden analysiert. Anschließend werden die Methoden der „Partisanenbekämpfung“ der SS-Truppen dargestellt. Weitere Kapitel widmen sich dem Terror gegen die nichtjüdische Zivilbevölkerung und der Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen. Ein vierter Teil hat die Tätigkeit des Kommandostabes sowie die Einsätze der SS-Verbände in den Jahren 1942 bis 1945 zum Gegenstand. In diesem Rahmen
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wird auf die weitere Bedeutung und die Zusammensetzung des Stabes eingegangen. Des weiteren werden dessen Rolle bei der „Partisanenbekämpfung“ in Osteuropa dargestellt und einzelne für die Führung des Vernichtungskrieges relevante Einsätze exemplarisch untersucht. Besondere Aufmerksamkeit wird außerdem auf die Verwendung jener SS-Truppen gelegt, die bei der Realisierung der Shoah in der Sowjetunion und in Polen mitwirkten und mit dem Kommandostab in Verbindung standen. Abgeschlossen wird dieser Teil der Studie mit der Darstellung der weiteren Entwicklung und Verwendung der SS-Verbände und des Kommandostabes bis zum militärischen Sieg der Alliierten über den Nationalsozialismus. Im fünften Teil wird mit Hilfe der Ermittlungsunterlagen der Justizbehörden der Weg der SS-Männer im Nachkriegsdeutschland nachgezeichnet; Lebenswege und Karrieren der Täter werden exemplarisch dargestellt. Außerdem werden die Versuche zur justitiellen Ahndung der begangenen Massenverbrechen analysiert sowie das Verhalten der Täter während der Ermittlungsverfahren untersucht. Deren Engagement in Verbänden wie der HIAG, dem organisatorischen Auffangbecken für ehemalige Angehörige der Waffen-SS in der Bundesrepublik Deutschland, ist ein weiteres Unterkapitel gewidmet. Abschließend wird über den eigentlichen Kontext des Kommandostabes Reichsführer-SS hinaus eine bislang nicht existierende Gesamtperspektive angedeutet, die aufzeigt, wie stark die Waffen-SS insgesamt in die nationalsozialistische Vernichtungspolitik eingebunden war. Schließlich sei noch bemerkt, daß im folgenden sämtliche Zitate aus Gründen der Authentizität in der unkorrigierten Schreibweise der Originalquelle übernommen werden. Ortsnamen werden grundsätzlich in der damaligen deutschen Version verwendet, um dem Faktum der Besatzung der jeweiligen Länder durch das nationalsozialistische Deutschland Rechnung zu tragen. Aus dem Interesse, den Anmerkungsapparat möglichst zu begrenzen, werden Literaturangaben mit dem jeweiligen Kurztitel angegeben; für sonstige Quellen sowie Archivstandorte werden verschiedentlich Abkürzungen verwendet. Sämtliche Kurztitel und Abkürzungen sowie die Nachweise der verwendeten Photos werden im Anhang aufgeführt.
1. Teil: Vorgeschichte und Ausgangslage
I. Verfgungstruppe und Totenkopfverbnde. Die Entwicklung der bewaffneten SS 1. Die SS als nationalsozialistische Kampforganisation Als Adolf Hitler im März 1923 unter der großspurigen Bezeichnung „Stabswache“ seine aus einer Handvoll Männern bestehende Leibwache ins Leben rief, war die Wendung der dubiosen Schlägertruppe zu einer der bedeutendsten Organisationen des Nationalsozialismus und zu einem Synonym für die deutschen Massenverbrechen kaum absehbar. Wie der „Führer“ selbst rekrutierte sich auch die im Mai in „Stoßtrupp Adolf Hitler“ umbenannte Leibwache aus Männern der Kriegsgeneration. Frustriert über den Ausgang des Weltkriegs machten sie die Legende vom „Dolchstoß“ gegen die unbesiegte deutsche Armee zum Ausgangspunkt ihres Denkens. In der Folgezeit engagierten sie sich in rechtsextremen Freikorps und standen einer demokratischen Ordnung von Anfang an feindlich gegenüber. In diesem Dunstkreis fanden auch die völkischen und radikal antisemitischen Ideen, die den Nationalsozialismus hervorbrachten, einen bedeutenden Nährboden.1 Seine Leibwächter beteiligten sich im November 1923 am Putschversuch in München. Nach dessen Scheitern wurde der „Stoßtrupp Adolf Hitler“ zusammen mit der NSDAP und der SA verboten. Hitler wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt, aber nach kaum neun Monaten bereits wieder auf Bewährung entlassen. 2 Fünf Monate nach seiner Freilassung gründete er im Frühjahr 1925 eine neue, acht Mann starke Leibwache, die im Spätsommer die Bezeichnung „Schutzstaffel“ erhielt und zu einer reichsweiten Organisation mit eigenen Trupps in den wichtigsten Städten ausgebaut wurde. 3 Die „Schutzstaffel“ oder „SS“, wie die Truppe unter ihrem Kürzel zunehmend genannt wurde, verstand sich von Beginn an als Elite, der in den einzelnen NS-Ortsgruppen nur besonders zuverlässige Parteimitglieder angehörten. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörte der Schutz Adolf Hitlers oder anderer prominenter Nationalsozialisten, die Werbung neuer Mitglieder sowie der Kampf gegen politische Gegner. Mit der Reorganisierung der reichsweiten SA-Führung im November 1926 brach die Aufbauarbeit der SS vorerst ab. Gezwungen, die Oberhoheit der SA anzuerkennen, stagnierte der Organisationsumfang für mehrere Jahre. Noch Anfang 1929 betrug deren Gesamtstärke gerade 280 Mann. 4
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1. Vorgeschichte und Ausgangslage
Erst die Ernennung des 28-jährigen Heinrich Himmler zum „Reichsführer-SS“ markierte am 16. Januar 1929 einen entscheidenden Schritt zu einer Entwicklung, an deren Ende die SS als unbestrittene ideologische Elite der Nationalsozialisten stand. 5 Ende 1930 hatte Himmler bereits erreicht, daß die SS auch als interne Polizei der gesamten Partei fungierte. Darüber hinaus verfügte Hitler die Unabhängigkeit der SS gegenüber der SA, die ihr bislang in jeder Beziehung weisungsberechtigt gewesen war. 6 Während dieser Zeit hatte die Parteiorganisation bereits einen beachtlichen personellen Aufschwung vollzogen. Die bei der Übernahme durch Himmler knapp 300 Mann zählende Schutzstaffel bestand am Ende des gleichen Jahres bereits aus etwa 1000 SS-Angehörigen. Am 31. Dezember 1931 zählte die Organisation 14 964 und ein Jahr später 52 048 Mitglieder. 7 Die Ernennung Adolf Hitlers am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler und die damit einhergehende Erhebung des Nationalsozialismus zur offiziellen Staatsdoktrin in Deutschland bedeutete auch für die SS den endgültigen Durchbruch. Mit einem Mal wollten Hunderttausende von Deutschen der selbsternannten Elite angehören. Angesichts des Andrangs mußten zwischenzeitlich die Aufnahmeverfahren ausgesetzt werden, trotzdem gehörten der SS gegen Ende des Jahres 1933 bereits 209 014 Männer an. 8 Schon während der sogenannten Kampfzeit war die SS für unzählige Übergriffe auf mißliebige Organisationen und Einzelpersonen verantwortlich gewesen. Im nationalsozialistischen Deutschland wurde die SS dann zu einer der zentralen Organisationen, zu deren Aufgabenbereich die erbarmungslose Verfolgung „rassischer“ und ideologischer Feinde gehörte. Nach dem Reichstagsbrand und der in der Folge verabschiedeten „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ schwärmten neben der SA auch 15 000 zu Hilfspolizisten ernannte SS-Männer aus, um sogenannte Staatsfeinde jeglicher politischer Couleur zu verfolgen und sie anschließend in den Polizeiwachen und Konzentrationslagern zu terrorisieren oder zu ermorden.9 Zu den erklärten Feinden der SS gehörten in ganz besonderem Maße die etwa 560 000 deutschen Juden, die immer wieder einzeln terrorisiert, aber auch in pogromartigen Ausschreitungen wie den sogenannten Ku’dammkrawallen vom 12. September 1931 in Berlin öffentlich angegriffen wurden. 10 An den im März und April 1933 erstmals deutschlandweit organisierten anti-jüdischen Boykott-Aktionen hatte die SS wesentlichen Anteil. Wie sehr sich dieser Terror zu verselbständigen drohte, belegt eindrucksvoll ein Befehl Himmlers vom August 1935. Darin verbot er sämtliche Einzelaktionen von SS-Angehörigen gegen Juden „aufs Schärfste“ und kündigte an, selbst kleinste Zuwiderhandlungen mit dem Ausstoß aus der SS zu ahnden. Überlegungen und praktische Ansätze zur „Lösung der Judenfrage“, so Himmler weiter, seien der höchsten Führung vorbehalten und nicht Sache einzelner SS-Männer. 11 Daneben war die Organisation eifrig um die Unterbindung jeglichen Kontakts aus den eigenen Reihen zu den Juden bemüht. Himmler kündigte im November 1934 an, er werde jeden SS-Angehörigen, der in jüdischen Geschäften einkaufe, sich von
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jüdischen Ärzten behandeln oder von Anwälten beraten lasse, aus der SS ausschließen. 12 Der rasant verlaufende Prozeß zunehmender Barbarisierung, in den sich die Deutschen begeben hatten, verlief nicht ohne innere Widersprüche und Fraktionskämpfe. Die SS konnte einen vehementen Bedeutungszuwachs verzeichnen, als es ihr am 30. Juni 1934 gelang, der bis dahin bedrohlichen Konkurrenz der SA durch die Liquidierung ihrer Führung Herr zu werden. Die im Zuge des internen Machtkampfes zur Ermordung der SA-Führer eingesetzten Kommandos stellten zwei neu entstandene SS-Verbände, die „SS-Leibstandarte Adolf Hitler“ und die SS-Wachmannschaft des Konzentrationslagers Dachau. Als Dankesgeste für die loyalen Mörder verfügte Hitler mit Verweis auf die „großen Verdienste der SS, besonders im Zusammenhang mit den Ereignissen des 30. Juni 1934“, die Erhebung der SS zu einer selbständigen Organisation innerhalb des Parteigefüges. Seitdem war Himmler als Reichsführer-SS nur noch seinem „Führer“ persönlich unterstellt. 13 Beide SS-Gruppierungen, mit deren tatkräftiger Hilfe die NS-Hierarchie im Juni 1934 von oppositionellen Strömungen und unliebsamen Einzelpersonen gesäubert worden war, bildeten in der Folge den Kern von zwei bewaffneten Organisationssträngen, die sich unabhängig voneinander entwickelten und erst im Krieg Ende 1939 organisatorisch zusammengeführt werden sollten. Nach der Ernennung zum Reichskanzler hatte Hitler am 17. März 1933 zum dritten Mal in seiner Karriere die Aufstellung einer persönlichen Leibgarde, der „Stabswache Berlin“, verfügt. Auf dem nächsten Reichsparteitag im September wurde der Truppe der Titel „SS-Leibstandarte Adolf Hitler“ verliehen. 14 Kommandeur der Leibwache wurde Sepp Dietrich. Er war Unteroffizier im 1. Weltkrieg, anschließend Angehöriger des Freikorps Oberland und fand in den frühen 20er Jahren Anschluß an die nationalsozialistische Bewegung. Ab 1929 stand Dietrich als SS-Oberführer Süd in Bayern in persönlichem Kontakt zu Hitler. 15 Unabhängig von der Aufstellung der Leibstandarte gründeten die SS-Oberabschnittsführer außerhalb von Berlin ihre eigenen bewaffneten Schutztruppen. So entstanden in München, Ellwangen, Arolsen, Hamburg und Wolterdingen ab Ende 1933 sogenannte Politische Bereitschaften. Durch ihre Verwendung als Hilfspolizei konnten sich die SS-Trupps bis 1934 eine gewisse Legitimität verschaffen, die sich unter anderem in deren Finanzierung durch die jeweiligen Landespolizeien ausdrückte. 16 Die Reichswehrführung stand dem Aufbau der paramilitärischen Verbände äußerst skeptisch gegenüber, sie fürchtete das Erwachsen einer unliebsamen Konkurrenz und suchte durch strukturelle Beschränkungen, den weiteren Ausbau der bewaffneten SS zu verhindern. Ein Erlaß des Reichswehrministers Werner von Blomberg legte am 24. September 1934 den Verfahrensrahmen für die Aufstellung dieser Verbände fest, die die offizielle Bezeichnung „SS-Verfügungstruppe“ erhielten. In dem Erlaß war festgehalten, daß die Verfügungstruppe im Friedensfall die einzige bewaffnete Formation innerhalb der SS sein sollte. Als Gesamtstärke wurden drei Regimenter und eine zusätzliche Nachrichtenabtei-
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1. Vorgeschichte und Ausgangslage
lung festgeschrieben. Im Kriegsfall war deren Unterstellung unter das Kommando der Wehrmacht vorgesehen. Das Personal würde aus dem Kreis der Wehrpflichtigen rekrutiert werden, dafür wurde der Dienst in der Verfügungstruppe zukünftig dem allgemeinen Wehrdienst gleichgestellt. Die Wehrmacht sagte zu, der Truppe die militärische Ausrüstung zur Verfügung zu stellen, darüber hinaus wurde die Heranbildung von Führernachwuchs an SS-eigenen Führerschulen zugestanden. Die ab 1934 eingerichteten Schulen in Bad Tölz und Braunschweig sahen die jährliche Ausbildung von 500 Führerbewerbern vor. Ein solches Maß ging weit über den Bedarf der bewaffneten SS in ihrer damaligen Größe hinaus und unterstrich damit, daß auf diese Weise bereits das Offizierskorps für eine wesentlich erweiterte Verfügungstruppe geschaffen wurde. 17 Zum militärischen Aufbau und zur Führung wurde ergänzend am 1. Oktober 1936 innerhalb des SS-Hauptamtes die „Inspektion der SS-Verfügungstruppe“ eingerichtet, mit deren Führung Paul Hausser, ein ehemalige Generalleutnant der Reichswehr und bisheriger Chef der SS-Führerschule in Braunschweig betraut wurde. 18 Als sich 1938 im Zuge der aggressiven deutschen Expansionspolitik die außenpolitische Situation dramatisch verschärfte, brachte die politische Lage gleichzeitig eine deutliche Stärkung der Rolle der Verfügungstruppe mit sich. Durch einen von Hitler unterzeichneten und im Entwurf von Himmler persönlich bearbeiteten Erlaß wurde am 17. August 1938 die Autonomie der Verfügungstruppe gegenüber der Wehrmacht endgültig festgeschrieben. 19 Weiter konkretisiert wurde deren Stellung durch einen Erlaß am 18. Mai 1939. Diesmal bestimmte Hitler die Zusammenfassung zu einer Division, gleichzeitig wurde deren Gesamtstärke auf insgesamt 20 000 Mann begrenzt. 20 Die eigentliche Bedeutung beider Erlasse liegt in der Festschreibung des militärischen Charakters der SS-Verfügungstruppe, der damit endgültig gegen den Widerstand der Wehrmacht durchgesetzt worden war. Mit Kriegsausbruch zeigte sich zudem, wie schnell die als hinderlich anzusehende Personalbeschränkung, die auf Drängen der Wehrmacht im Erlaß vom Mai 1939 auftauchte, obsolet war. Neben der ab Oktober 1939 zügig aufgestellten Verfügungs-Division, wurde die „SS-Leibstandarte Adolf Hitler“ zu einem kompletten Regiment erweitert; dessen Umgliederung zur Division wurde 1941 realisiert. 21 Im November 1940 gab Hitler außerdem den Befehl zur Aufstellung einer weiteren Division mit der Bezeichnung „Germania“. Den Stamm dafür bildete das von der Verfügungs-Division abgegebene Regiment „Germania“; hinzu kamen die beiden neu aufzustellenden Standarten „Nordland“ und „Westland“. 22 Am 21. Dezember 1940 erhielt die bisherige SS-Verfügungstruppe auf Weisung Hitlers den Namen SS-Division „Reich“ und der neu aufgestellte Verband „Germania“ wurde in SS-Division „Wiking“ umbenannt. Mit beiden Divisionen und der Leibstandarte hatte die Gesamtstärke der früheren Verfügungstruppe die im Mai 1939 festgesetzte quantitative Begrenzung bei weitem überschritten. 23
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2. Der Aufbau der SS-Totenkopfverbände Neben der Verfügungstruppe als militärischem Arm der SS gingen aus den Wachmannschaften der Konzentrationslager die von Theodor Eicke geführten SS-Totenkopfverbände hervor. 24 Eicke, Jahrgang 1892, war im 1. Weltkrieg Zahlmeister und schloß sich 1928 den Nationalsozialisten an. Himmler betraute ihn im Juni 1933 mit der Leitung des neu errichteten Konzentrationslagers Dachau. 25 Das Terrorsystem gegen die Häftlinge und speziell gegen Juden wurde unter Eickes Ägide wesentlich erweitert und perfektioniert. Bei der Ausbildung der SS-Wachmannschaften legte der überzeugte Antisemit besonderen Wert auf die Vermittlung von radikalem Judenhaß. In den Mannschaftsunterkünften und im Lager ließ er den „Stürmer“ aushängen, er selbst hielt antisemitische Vorträge vor seinen Männern. Die jüdischen Häftlinge in Dachau waren Eickes persönlichen Sondermaßnahmen und immer neuen Formen physischer und psychischer Folter ausgesetzt. So wurden jedesmal, wenn der Lagerkommandant von kritischen Berichten über die Konzentrationslager aus der ausländischen Presse erfuhr, die Baracken der jüdischen Häftlinge für mehrere Wochen zugenagelt. Sie waren dann gezwungen, ständig in den dunklen Unterkünften zu liegen. 26 Bei der Errichtung seines ausgefeilten Terrorsystems im Konzentrationslager Dachau verfuhr Eicke so ‚erfolgreich‘, daß er von Himmler bald zu Höherem ausersehen wurde. Eine besondere Rolle spielte er bei der Liquidierung der SAFührung am 30. Juni 1934. Nicht nur, daß seine Dachauer Wachmannschaft diverse Führer verhaftete und im Gefängnis München-Stadelheim inhaftierte. Nachdem Hitler am 1. Juli den Tod des SA-Chefs Ernst Röhm beschlossen hatte, suchte Eicke ihn auf eine Anweisung Himmlers persönlich in seiner Zelle in München-Stadelheim auf. Er erschoß den SA-Führer, nachdem dieser seine Selbsttötung verweigert hatte. 27 In Anerkennung dieser Verdienste wurde Eicke zehn Tage später zum „Inspekteur der Konzentrationslager und Führer der SSWachverbände“ ernannt. Bis zum Sommer 1937 hatte er das gesamte Lagersystem reorganisiert, die zahlreichen kleinen Standorte geschlossen und vier zentrale Konzentrationslager errichtet. Die Namen der Lager Dachau, Buchenwald, Sachsenhausen und des reinen Frauenlagers bei Lichtenburg wurden für die Menschen, die die Nationalsozialisten aus dem Kreis ihrer Volksgemeinschaft ausgeschlossen hatten, schnell zu Synonymen des Schreckens. 28 Neben der Perfektionierung des Systems der Lager widmete sich Eicke der beständigen Erhöhung der Gesamtstärke und einer effizienteren Ausbildung seiner Wachmannschaften. Bis zum März 1935 hatte er die SS-Totenkopfverbände in sechs Sturmbanne in ungefährer Bataillonsgröße gegliedert, die bei den wichtigsten Konzentrationslagern stationiert waren. Seit dem Reichsparteitag im gleichen Jahr waren die SS-Sturmbanne einerseits als Verbände der Partei im Dienste des Reiches offiziell anerkannt. Andererseits ermöglichte erst dieser Status die bald darauf erfolgte Übernahme der Unterhaltskosten durch den Reichshaushalt – ein Umstand, der den weiteren Ausbau dieser SS-Verbände überhaupt erst ermöglichte. Bei Himmler erreichte Eicke im März 1936 eine Vergrößerung der
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Totenkopfverbände von 1800 auf 3500 Mann. Einen Monat später gab Himmler den Wachmannschaften offiziell die Bezeichnung „SS-Totenkopfverbände“. 29 Im September 1937 vergrößerte der rastlose Eicke die bestehenden fünf Sturmbanne zu drei SS-Totenkopfstandarten in Regimentsgröße, die bei den Hauptlagern stationiert wurden. Die SS-Totenkopfstandarte 1 „Oberbayern“ lag in Dachau, die Standarte 2 „Brandenburg“ in Sachsenhausen bei Berlin und die 3. Standarte „Thüringen“ hatte ihren Standort in Buchenwald bei Weimar. Nach dem Anschluß Österreichs wurde 1938 noch eine 4. Standarte „Ostmark“ für die Bewachung des neu errichteten Konzentrationslagers Mauthausen aufgestellt. 30 Die Verbände hatten nunmehr eine Stärke erreicht, die ihren militärischen Charakter nachhaltig unterstrich und weitere Regelungen für deren organisatorische Zukunft erforderlich machte. Der angesprochene Erlaß Hitlers vom 17. August 1938 bedeutete auch für Eickes Truppe eine Bestätigung ihrer militärischen Ausrichtung. Grundsätzlich wurde den Verbänden damit als „stehende bewaffnete Truppe der SS“ die reichlich weit gefaßte „Lösung von Sonderaufgaben polizeilicher Natur“ zugewiesen. Durch den Erlaß wurde außerdem bestimmt, daß entweder durch einen persönlichen Befehl Hitlers oder im Mobilisierungsfall eine sogenannte Verstärkung der SS-Totenkopfverbände als zusätzliche Polizeitruppe aufgestellt werden würde. Als Stammeinheiten dieser neuen Verbände, deren Umfang noch nicht weiter konkretisiert wurde, sollten Teile der bisherigen Totenkopfverbände dienen. 31 In dem späteren Führererlaß vom 18. Mai 1939 wurde die Bestimmung der anvisierten zusätzlichen SS-Einheiten weiter konkretisiert. Hitler legte darin die Größenordnung der als Polizeiverstärkung bezeichneten Truppe auf eine Stärke von 25 000 Mann fest. Zusätzlich wies der Erlaß den geplanten Verbänden noch die Aufgabenstellung zu, „Ersatz für Ausfälle an Kämpfern in der SS-Verfügungstruppe“ zu stellen, womit der militärische Charakter dieser Einheiten ebenfalls deutlich betont wurde. 32 Mit dem Krieg gegen Polen begann der eigentliche Aufschwung der SS-Totenkopfverbände. Die drei Standarten „Brandenburg“, „Thüringen“ und „Oberbayern“ waren im Rücken der deutschen Armeen zur „Säuberung“ des eroberten Landes eingesetzt. 33 Gleichzeitig wurden die verstärkten SS-Totenkopfstandarten aufgestellt. Das Personal für die neuen Verbände stellten zum geringen Teil Freiwillige aus der NSDAP und der SA sowie ganz wesentlich Männer aus den Reihen der Allgemeinen SS. 34 Gestützt auf eine Notdienstverordnung vom 15. Oktober 1938 wurden zwischen Herbst 1939 und Frühjahr 1940 ungefähr 36 000 Mitglieder der Allgemeinen SS als Freiwillige rekrutiert. 35 Diesem rasanten Ausbau stand die Wehrmacht machtlos gegenüber. Nachdem der Oberbefehlshaber des Heeres, Walther von Brauchitsch, im März 1940 von weiteren Neuaufstellungen erfahren hatte, bat er den „sehr verehrten Herrn Reichsführer“ im „Interesse einer reibungslosen Zusammenarbeit“ nur noch um einen Gesprächstermin, um von dessen Plänen zumindest Kenntnis zu erlangen. 36 Bis 1940 entstanden so 13 weitere SS-Totenkopfstandarten sowie ein berittener
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SS-Verband. Allein zwischen Anfang März und Ende Juli 1940 stieg damit die Gesamtstärke aller Standarten von 18 779 auf 34 325 Mann. 37 Bis zum Ende des Jahres wurden allerdings die 9., 12., 13., 15. und 16. Totenkopfstandarte wieder aufgelöst, um mit den jüngeren Jahrgängen die Mannschaften der übrigen Einheiten aufzufüllen. 38 Die verbliebenen Truppen wurden ab September nach dem Vorbild motorisierter Infanterieregimenter der Wehrmacht umgegliedert. Im Februar 1941 verschwand der Begriff SS-Totenkopfstandarte, statt dessen wurde unter Beibehaltung der bisherigen Numerierung die dienstliche Bezeichnung „SS-Infanterieregiment“ eingeführt. 39 Als Merkmal des quantitativen Aufschwungs und der zunehmenden Professionalisierung beider Linien der bewaffneten SS begann sich ab Anfang November 1939 mit dem Begriff „Waffen-SS“ auch eine einheitliche Bezeichnung für die Truppen durchzusetzen. 40 Das war Teil einer Strategie zur Durchsetzung der Ausbaupläne gegenüber der Wehrmacht. Anders als im Fall der Verfügungstruppe war der Dienst in den Totenkopfverbänden bisher nicht als Wehrdienst anerkannt worden. Die begriffliche Auflösung dieses entscheidenden Unterschieds ermöglichte einen wichtigen Schritt zur weiteren Verselbständigung der gesamten bewaffneten SS gegenüber der Wehrmacht. 41 Mit der Herausbildung einer einheitlichen Linie innerhalb der Waffen-SS entstand auch der Bedarf an einer gemeinsamen Führungsebene. Dazu wurden im Mai 1940 sowohl die Inspektion der Verfügungstruppe als auch das Pendant bei der Totenkopf-Division in den für Ersatzfragen zuständigen Stab des Kommandos der Waffen-SS eingegliedert. 42 Anfang August 1940 wurde auch die Inspektion der Totenkopfstandarten aufgelöst und sämtliche Verbände dem Kommando der Waffen-SS unterstellt. 43 Mit der Gründung des SS-Führungshauptamtes am 15. August 1940 war dann die Institution geschaffen, die künftig alle Einheiten der Waffen-SS aufstellte und ausrüstete. Himmler leitete das neue SS-Amt anfangs persönlich. Als sein Chef des Stabes fungierte der 46-jährige Hans Jüttner, der damit der zentrale Organisator des weiteren Ausbaus der Waffen-SS wurde. In Bestätigung dieser Rolle ernannte ihn Himmler am 30. Januar 1943 zum Chef des SS-Führungshauptamtes. 44 Nach langen Jahren systematischer Vorbereitung gegen den Widerstand der Wehrmacht hatte der Krieg die willkommene Gelegenheit zur Zusammenführung beider Linien der bewaffneten SS sowie zu einem weiteren vehementen Ausbau der Truppen geboten. Damit war innerhalb des SS-Apparats eine militärische Elite geschaffen, die den Leitbildern des Nationalsozialismus aufs Engste verpflichtet war und beanspruchte, dessen Ideologie auch im Kampf gegen den Gegner auf dem Schlachtfeld in besonderer Weise verpflichtet zu sein. Heinrich Himmler fühlte sich der Waffen-SS trotz vielfältiger anderer Aufgaben immer besonders verbunden. Allein ein Blick in seinen Dienstkalender verrät aufgrund der unzähligen Besprechungen und Termine, wie wichtig er den Bereich der ideologischen Führung und des weiteren Ausbaus der Waffen-SS nahm. Im Verlauf der rasanten Entwicklung zeigten sich jedoch auch die Schattenseiten. Zum Er-
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halt der militärischen Einsatzfähigkeit der SS-Verbände mußte der selbstgewählte Eliteanspruch in Bezug auf das eigene Personal beständig zurückgeschraubt werden. So entsprachen die deutschen Rekruten und europäischen Freiwilligen der späteren Jahre kaum mehr den ursprünglichen elitären physischen Auslesekriterien der Anfangszeit. 45 Ein Teil der ab 1939 neu geschaffenen verstärkten SS-Totenkopfstandarten wurde auch im deutsch besetzten Polen aufgestellt und ausgebildet. Zwischen Herbst 1939 und Frühjahr 1940 wurden die 8. bis 12. und die 15. SS-Totenkopfstandarte in den Städten Warschau, Krakau, Bromberg, Lauenburg, Radom, Lublin, Posen, Litzmannstadt, Plock und Allenburg stationiert. 46 Parallel zu ihrer Ausbildung nahmen die neuen Verbände Aufgaben als Besatzungstruppen wahr. Sieben dieser zeitweise in Polen stationierten Totenkopfstandarten sind für die vorliegende Studie von besonderer Bedeutung; aus ihnen ging ein Großteil jener Verbände hervor, die 1941 die Truppen des Kommandostabes Reichsführer-SS bildeten. Zu diesen Einheiten gehörten die beiden Totenkopf-Reiterstandarten und die 5., 8. und 10. SS-Totenkopfstandarte. Hinzu kamen die 4. und 14. Standarte, die erst im Vorfeld des Angriffs auf die Sowjetunion nach Polen verlegt wurden.47 Die SS-Kavallerie ging im Kern aus der Hauptreitschule der SS in MünchenRiem hervor. Deren Leiter war der am 30. Oktober 1906 in Ansbach geborene Hermann Fegelein. Nach dem Abitur begann er in München ein staatswissenschaftliches Studium, welches er nach wenigen Semestern wieder abbrach. Anschließend bewarb er sich mit Unterstützung seines Vaters, eines Leutnants im Ersten Weltkrieg, bei der Bayrischen Landespolizei, wo er im April 1927 eine Ausbildung zum Offiziersanwärter antrat. Fegelein war erfolgreich, wenn es auch einmal in einer Beurteilung hieß, er habe Probleme, „seinen Ehrgeiz in gesunden Bahnen zu halten“. 48 Dieser Ehrgeiz war es auch, der ihn im Sommer 1929 zum Ausscheiden aus dem Polizeidienst zwang. Es drohte bekannt zu werden, daß der junge Offiziersanwärter in das Zimmer eines Vorgesetzten eingebrochen war, um in den Besitz der Fragen zu einer Lehrgangsprüfung zu kommen. Nach dem peinlichen Abgang arbeitete der verhinderte Polizeioffizier in der Reitschule seines Vaters und wandte sich spätestens in der Zeit den Nationalsozialisten zu. Offiziell trat Fegelein im August 1932 in die NSDAP und als „Märzgefallener“ am 10. April 1933 in die Allgemeine SS ein. Dort machte er schnell Karriere. Anfangs führte er einen Reitersturm, bis ihm im Juni 1936 die Leitung der SS-Hauptreitschule übertragen wurde. Fegelein, sein ebenfalls dort angestellter Bruder Waldemar und andere Angehörige der Schule sorgten im Reitsport regelmäßig für Furore. Sie gewannen wichtige Reitturniere im In- und Ausland und entschieden den prestigeträchtigen Wettkampf mit der Wehrmacht häufig für sich. 49 In wiederholten Eingaben an Himmler hatte Fegelein schon ab 1938 versucht, seine erfolgreiche Truppe direkt dem Persönlichen Stab Reichsführer-SS anzugliedern. Ausschlaggebend dafür war seine wohl nicht ganz unbegründete Befürchtung, die Wehrmacht könne sich im Mobilisierungsfall die SS-Reiter inklu-
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sive der wertvollen Pferde einverleiben. Himmler lehnte das Ansinnen ab, stellte aber eine Verwendung bei den Totenkopfverbänden in Aussicht. Offiziell wurde die Hauptreitschule am 14. September 1939 den verstärkten Totenkopfstandarten unterstellt und es wurde mit der Aufstellung einer eigenen Kavallerieeinheit begonnen.50 Die für diesen Verband vorgesehenen Männer kamen hauptsächlich aus den Reiterstandarten der Allgemeinen SS. Das Personal wurde zwischen dem 15. und 21. September in Berlin zusammengezogen und von der „Leibstandarte Adolf Hitler“ eingekleidet. Mit den vorhandenen 451 Männern konnten vier Schwadronen aufgestellt werden, die am 22. September im Bahnhof BerlinGrunewald verladen und nach Polen verlegt wurden.51 Dort wurden zwei SS-Reitstaffeln gebildet, von denen die 1. mit den Schwadronen 1 und 4 ab Ende September im Raum Lodsch stationiert war, während die Reitstaffel 2 mit den Schwadronen 2 und 3 in der Gegend von Posen Quartier bezog. Nominell der Ordnungspolizei unterstellt, fanden die Reitstaffeln mit Einsatzbeginn als Polizeiverstärkung Verwendung. Allein die 2. Schwadron wurde dazu ab dem 12. Oktober 1939 in 19 Teileinheiten, bestehend aus jeweils drei bis vier Reitern und einem SS-Unterführer, aufgeteilt und zur Verstärkung einzelner Gendarmerieposten in der gesamten ehemaligen Provinz Posen abkommandiert. 52 Mitte November 1939 wurde auf Befehl Himmlers aus der „Berittenen Abteilung“ dann eine personell wesentlich erweiterte „SS-Totenkopf-Reiterstandarte“ mit 13 Schwadronen gebildet. Die einzelnen Schwadronen lagen im sogenannten Generalgouvernement in den Städten Warschau, Krakau, Lublin, Radom, Kielce, Tarnow, Chelm, Zamosc, Garwolin und Seroczyn. Eine weitere Schwadron war in Lucmierz, einem etwa 15 Kilometer nördlich von Lodsch im neugebildeten Reichsgau Wartheland gelegenen Ort stationiert, wo zudem eine SS-Unterführerschule für den Kavallerieverband eingerichtet wurde. 53 Zeitgleich mit der massiven personellen Aufstockung wechselte das Unterstellungsverhältnis. Die Reiterstandarte war seit Mitte November 1939 nicht mehr der Ordnungspolizei, sondern der gerade entstehenden Waffen-SS unterstellt. Organisatorisch unterstanden die Männer künftig dem Generalinspekteur der verstärkten SS-Totenkopfstandarten im SS-Hauptamt, während der Höhere SSund Polizeiführer im Generalgouvernement die territoriale Befehlsgewalt ausübte. 54 Die Kavallerietruppe legte sich in dieser Zeit den überaus sinnigen Wahlspruch „Richte Dein Pferd geradeaus und reite es vorwärts“ zu. 55 Deren Stab lag in Warschau und machte dort durch abenteuerliche Korruptionsfälle auf sich aufmerksam. So verkauften Reiteroffiziere dem dortigen Truppenwirtschaftslager der SS geraubte Luxuswaren im Wert von 12 000 Reichsmark. Albert Faßbender, einem Stabsoffizier, wurde als Liquidator das bedeutendste, ehemals in jüdischem Besitz befindliche Pelzunternehmen in Warschau übertragen. Mit dessen Geschäftsführerin, einer Halbrussin, hatte er bald ein gemeinsames Kind. Außerdem soll Faßbender während der Liquidation des Unternehmens umfangreiche Geldbeträge unterschlagen haben. Der Stab war außerdem am Versuch beteiligt, dreizehn Millionen außer Kurs gesetzte Zloty in gültige Währung umzutauschen,
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was letztlich jedoch mißlang. Schließlich durchsuchte die Gestapo München im März 1940 die dortige SS-Hauptreitschule, wo sich Berge geraubter Güter aus Polen fanden. 56 Schon da zeigte sich, daß Kommandeur Fegelein als Hauptverantwortlicher für die Korruption unter dem besonderen Schutz Himmlers stand. Dieser sorgte dafür, daß die SS-internen Untersuchungen im Sande verliefen. Zusätzlich zu der bestehenden Reitereinheit wurde im Mai 1940 mit der Bildung einer 2. SS-Totenkopf-Reiterstandarte begonnen. Beide Standarten sollten mittelfristig eine Stärke von jeweils 1600 Mann aufweisen. 57 Da sich die Schaffung getrennter Kommandostrukturen und die Aufteilung des sich noch in Ausbildung befindlichen Personals in zwei Standarten jedoch als wenig praktikabel erwies, wurden die Einheiten auf Anordnung des Kommandoamtes der WaffenSS Mitte November 1940 wieder zusammengelegt. 58 Im März 1941 erhielten die Reiterstandarten die Bezeichnung SS-Kavallerieregiment 1 und 2, wobei das 2. Regiment dem Ersten nominell zunächst unterstellt blieb. 59 Mitunter kollidierte die laufende Ausbildung der Truppe mit den längst stattfindenden Einsätzen. Die 1. Schwadron des SS-Kavallerieregiments 1 meldete Mitte März an den Regimentsstab: „Durch wöchentliche Exekutionen, Durchsuchungen, Razzien, konnte der Dienstplan meist nicht voll eingehalten werden.“ 60 Neben der Reitereinheit wurden einige SS-Infanterieverbände des späteren Kommandostabes im besetzten Polen stationiert. Die 4. SS-Totenkopfstandarte „Ostmark“ war bereits wenige Tage nach dem Anschluß Österreichs am 1. April 1938 in Steyr aufgestellt worden. Anfangs bestand die Standarte aus einem Stab und zwei Sturmbannen. Im Oktober 1938 kam ein in Berlin-Adlershof stationierter dritter Sturmbann hinzu, der allerdings im Juli 1939 wieder aus dem Standartenverband herausgelöst wurde, um als Stammeinheit die „SS-Heimwehr Danzig“ zu bilden. 61 Die zwischenzeitlich nach Prag verlegte 4. SS-Totenkopfstandarte wurde im Juni 1940 in die besetzten Niederlande abkommandiert. Der Stab lag in Scheveningen, während die drei Bataillone auf die Städte Den Haag, Groningen und Hertogenbosch verteilt wurden. Ab August 1940 war der Verband in enger Abstimmung mit dem Wehrmachtsbefehlshaber in den Niederlanden gemeinsam mit der 11. SS-Totenkopfstandarte zur Abwehr von Feindangriffen entlang der niederländischen Küste vorgesehen. 62 Die SS-Männer fanden jedoch nicht nur militärische Verwendung. Der Höhere SS- und Polizeiführer in den Niederlanden zog die 4. Totenkopfstandarte während der großen Streiks im Februar 1941 auch zu Einsätzen gegen die Zivilbevölkerung heran. Im April 1941 wurde der Verband aus den besetzten Niederlanden nach Warschau verlegt. 63 Die 5. Totenkopfstandarte entstand im Spätherbst 1939 aus der Umbenennung der nicht zur Aufstellung der Division „Totenkopf“ verwendeten Teile der 2. Standarte „Brandenburg“. Die Einheit mit einem Stab und drei Bataillonen lag weiterhin in Oranienburg bei Berlin in unmittelbarer Nähe des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Im täglichen Wechsel stellte die Standarte jeweils eine Kompanie zur Bewachung des Lagers ab. Am 4. November 1940 wurde sie aus Oranienburg abgezogen und als Ersatz für die aufgelöste 15. SS-Standarte in den
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Reichsgau Wartheland verlegt. Während der Regimentsstab mit dem I. Bataillon seitdem in Rastenburg lag, waren die Bataillone II und III in Plock beziehungsweise Wehlau stationiert. 64 In Krakau, der Hauptstadt des Generalgouvernements, wurde Ende 1939 die 8. SS-Totenkopfstandarte aufgestellt. Den Stamm der Einheit bildeten Soldaten der 4. Standarte. 65 Anfang Juni 1940 wurde die Einheit nach Radom und der Regimentsstab mit Wirkung vom 1. Dezember nach Warschau verlegt. Im Vorfeld des Krieges gegen die Sowjetunion wurde die gesamte 8. SS-Totenkopfstandarte am 26. März 1941 auf dem Truppenübungsplatz Debica im Distrikt Krakau zusammengezogen. 66 Die 10. SS-Totenkopfstandarte entstand mit anfangs zwei Bataillonen in Weimar-Buchenwald und verlegte Ende April in die frei gewordenen Unterkünfte der aufgelösten 9. SS-Standarte nach Danzig. In Lauenburg bei Danzig wurde zusätzlich ein drittes Bataillon aufgestellt. In dieser Gliederung löste der 10. Totenkopfverband Anfang Juni 1940 die 8. SS-Standarte in deren bisherigem Stationierungsort in Krakau ab. 67 Schließlich wurden aus je einem Bataillon der 6. und 9. Totenkopfstandarte sowie dem vierten Bataillon der Totenkopf-Rekrutenstandarte aus Dachau in Weimar-Buchenwald Ende April 1940 noch die 14. SS-Totenkopfstandarte aufgestellt. Die Einheit war anfangs als Besatzungstruppe für Dänemark vorgesehen, eine Verlegung dorthin kam jedoch nie zustande. Statt dessen wurde der SS-Verband im November 1940 als Ersatz für die in die Verfügungsdivision eingegliederte 11. Standarte in die Niederlande verlegt. Aufgeteilt auf die Stationierungsorte Zandvoort, Arnheim, Haarlem und Hemstede, fungierte die Einheit wie die 4. Totenkopfstandarte als Truppe zur Abwehr etwaiger Landungsversuche der Alliierten. Zudem kam die 14. Standarte gegen die niederländische Bevölkerung zum Einsatz. 68 Ende März 1941 wurde die Einheit ins Generalgouvernement verlegt und in den Städten Warschau, Lublin, Radom und Chelm stationiert. 69 Die Gesamtstärke der 4., 8. und 10. Totenkopfstandarte lag Anfang März 1940 bei jeweils ungefähr 1700 Führern, Unterführern und Mannschaften, während die 5. SS-Standarte eine Stärke von 1210 Mann aufwies. In den folgenden Wochen erfuhren die Einheiten einen rasanten personellen Zuwachs. Nur drei Monate später hatten die genannten Verbände eine Gesamtstärke von 2500 bis 2600 Soldaten; selbst die erst einen Monat vorher aufgestellte 14. SS-Totenkopfstandarte zählte bereits 2286 Mann. 70 Für eine professionellere Leitung des Aufbaus der SS-Truppen im Generalgouvernement wurde am 25. November 1940 das Amt eines „Befehlshabers Ost der Waffen-SS“ eingerichtet. Den Posten übernahm SS-Brigadeführer Karl-Maria Demelhuber, der bis dahin das Regiment „Germania“ der Verfügungstruppe geführt hatte. 71 In ihrer Entstehungszeit entsprachen die SS-Totenkopfstandarten im besetzten Polen reichlich wenig dem Bild der Elitetruppe, als die sich die Männer selbst so gerne sahen. Sie waren schlecht ernährt und ausgerüstet sowie äußerst unzureichend bewaffnet. Drei Monate nach ihrer Aufstellung verfügte die Reitende Bat-
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terie der SS-Kavallerie noch immer über kein einziges Geschütz, sondern war lediglich mit Karabinern und zwei Maschinengewehren ausgerüstet. 72 Da für neue Rekruten die in Aussicht gestellte Bekleidung nicht geliefert worden war, mußten die SS-Männer, wie in einem Bericht festgehalten war, „teils in Civil, teils in ihren schwarzen SS-Uniformen Dienst tun“. 73 Die 1. Schwadron der SS-Reiterstandarte meldete, „Bekleidung ist sehr mangelhaft, da die Uniformen bereits stark abgenutzt sind“. 74 Ende Januar 1940, mitten im polnischen Winter, klagte die 9. SS-Ersatzschwadron, daß „jegliche warmen Mäntel“ fehlten und die gelieferten Felle für die Truppe keinen ausreichenden Ersatz darstellen würden. 75 Hinsichtlich der Ernährungslage meldete die 5. Schwadron der Reiterstandarte noch im Mai 1940, die Versorgung mit Frischfleisch sei „völlig ungenügend“. 76 Auch bei anderen Totenkopfstandarten war die Lage 1940 so prekär, daß einzelne Einheiten kurzerhand dazu übergingen, Eisenbahn- oder Lastwagentransporte von Versorgungsgütern anzuhalten um Kohlen, Kartoffeln und sonstige Güter zu requirieren. Das provozierte wiederum erboste Proteste von Himmler und Göring. 77 Auch in anderer Beziehung stellte sich die Situation der SS reichlich desolat dar. Einige Einheiten klagten über Läuseplagen, und die 5. schwere Schwadron des 2. Totenkopf-Reiterregiments kritisierte, wegen der schlechten ärztlichen Betreuung würden die Männer „zu unnötigen Krankmeldungen verleitet und die Drückebergerei gefördert, worunter der Dienstbetrieb wesentlich leidet“. 78
II. Versuchsfeld Polen. Die Waffen-SS als Instrument der Besatzungspolitik 1939–1941 1. Ein rassistischer und antisemitischer Angriffskrieg In den Morgenstunden des 1. September 1939 überfiel Deutschland den östlichen Nachbarn Polen. Dem schnellen Vormarsch der modern ausgerüsteten deutschen Armeen vermochten die polnischen Truppen nur wenig effektiven Widerstand entgegenzusetzen. Schon am 28. September kapitulierte Warschau nach schwerem Bombardement durch die Luftwaffe, Anfang Oktober endeten die letzten Kämpfe. 1 Zum vierten Mal in seiner Geschichte wurde Polen von den Siegern geteilt, zu diesem Zweck hatten sich das nationalsozialistische Deutschland und die Sowjetunion unter Josef Stalin verbündet. Die westlichen und nördlichen Gebiete Polens fielen an die deutschen Provinzen Ostpreußen und Schlesien, zudem entstanden aus polnischem Territorium die späteren Reichsgaue Danzig-Westpreußen und Wartheland. Gemäß den Bestimmungen des geheimen Zusatzprotokolls zum Hitler-Stalin Pakt vom 23. August 1939 wurde die Osthälfte Polens ab dem 17. September von der Sowjetunion besetzt. Die verbleibenden Gebiete Zentral- und Südpolens um die Städte Warschau, Radom, Lublin und Krakau wurden als faktische Kolonie Deutschlands mit der bereits während des Ersten Weltkriegs von deutscher Seite verwendeten Verwaltungsbezeichnung „Generalgouvernement“ von dem NS-Juristen Hans Frank beherrscht. 2 Nach der deutsch-sowjetischen Teilung lebten rund zwei Drittel seiner Bewohner, insgesamt 20,2 Millionen Menschen, im deutschen Einflußbereich. Darunter waren 17,3 Millionen christliche Polen, ungefähr 2 Millionen Juden und 675 000 sogenannte Volksdeutsche. Allein im Generalgouvernement lebten im Oktober 1939 etwa 1,3 Millionen Juden; das entsprach einem Anteil von 12 Prozent an der Gesamtbevölkerung. 3 Bereits in den ersten Wochen nach Kriegsbeginn zeichnete sich in den deutsch besetzten Gebieten eine Politik ab, die im Hinblick auf die begonnene Ermordung der polnischen Führungsschicht eindeutig genozidale Züge trug. Die Politik gegenüber den im deutschen Herrschaftsbereich lebenden Juden stellte sich angesichts der Deportations- und Ghettoisierungspläne ebenfalls als äußerst bedrohlich dar. Als wichtiges Exekutivorgan zur Umsetzung der mörderischen Pläne wurden den einzelnen deutschen Armeen insgesamt sieben Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei in einer Gesamtstärke von etwa 2700 Mann zugeteilt. Basierend auf einer Vereinbarung Himmlers mit dem Oberkommando des Heeres war ihnen im Vorfeld die vielfältig interpretierbare „Bekämpfung aller reichs- und deutsch-
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feindlichen Elemente in Feindesland rückwärts der fechtenden Truppe“ übertragen worden. Tatsächlich führten die Einsatzgruppen in der Folgezeit zahlreiche Erschießungen von Juden und Polen aus, die häufig ganz willkürlich zu Vertretern der gesellschaftlichen Elite erklärt worden waren. 4 Die im ganzen Land stattfindenden Massenmorde an Polen und Juden wurden außerdem von Einheiten der Ordnungspolizei und von den schnell entstandenen Verbänden des volksdeutschen „Selbstschutzes“ begangen. 5 Neben diesen Kräften waren bereits während des Krieges Einheiten der Verfügungstruppe sowie drei SS-Totenkopfstandarten im Einsatz. Auf Weisung Hitlers waren dem Oberkommando der Wehrmacht am 19. August 1939 die SS-Regimenter „Germania“ und „Deutschland“, das motorisierte Regiment der Leibstandarte und der SS-Pionier-Sturmbann der Verfügungstruppe unterstellt worden.6 In verschiedene Armeen des Heeres eingegliedert, war damit der größte Teil der Verfügungstruppe am Überfall auf Polen beteiligt. Die Verbände scheinen sich an der Front nicht sonderlich bewährt zu haben. Im Vergleich zum Heer erlitten sie ungleich höhere Verluste, wurden nach kurzem Einsatz wieder aus den Frontlinien herausgezogen und als Reserve in die rückwärtigen Gebiete zurückgenommen. 7 Größere Aufmerksamkeit erregte die bewaffnete SS bei ihren Exzessen gegen die Zivilbevölkerung. Generalmajor Loch, der Kommandeur der 17. Infanteriedivision, teilte seinen Vorgesetzten dazu mit, Angehörige der „Leibstandarte“ würden in bewohnten Gebieten ziellos mit ihren Waffen herumschießen und in aller Regelmäßigkeit polnische Ortschaften abbrennen.8 Bei anderer Gelegenheit trieben der SS-Sturmmann Ernst, Angehöriger des Artillerieregiments der Verfügungstruppe sowie ein Wachtmeister der Feldpolizei fünfzig Juden, die bei Ausbesserungsarbeiten an einer Brücke eingesetzt worden waren, nach beendeter Arbeit in einer Synagoge zusammen. Dort erschossen beide die Juden. 9 Gemäß einem Befehl Hitlers waren den Armeen des Heeres neben der Verfügungstruppe außerdem Theodor Eickes SS-Totenkopfstandarten „Oberbayern“, „Brandenburg“ und „Thüringen“ als zusätzliche Sicherungskräfte für die bereits eroberten Gebiete unterstellt worden.10 Der Sicherungsauftrag wurde von den ehemaligen KZ-Wächtern allerdings sehr spezifisch ausgelegt. Die Standarte „Brandenburg“ unter Standartenführer Paul Nostitz fiel am 22. September in die einhundertfünfzig Kilometer nordwestlich von Warschau gelegene Stadt Wloclawek ein und begann umgehend eine Terrorkampagne gegen die dortigen Juden. In den folgenden Tagen plünderten und verwüsteten SS-Männer jüdische Geschäfte, die Hauptsynagoge der Stadt wurde in Brand gesetzt und schließlich gesprengt. Gleichzeitig starteten die SS-Männer unzählige Übergriffe gegen die Juden der Stadt, wichtige Gemeindemitglieder wurden verhaftet und etliche von ihnen von der SS erschossen.11 Generaloberst Johannes Blaskowitz, der Heeresbefehlshaber Ost, notierte für einen Vortrag beim Oberbefehlshaber des Heeres 33 Fällen, in denen es zu Übergriffen und Kriegsverbrechen seitens der SS- und Polizeitruppen in Polen
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gekommen war. 12 Am 23. November 1939 beschwerte sich der Befehlshaber im Wehrkreis XXI (Posen) über willkürliche Erschießungsaktionen der SS, die die Aufbauarbeit in den besetzten Gebieten behindern würden.13 Solche vereinzelte Kritik war jedoch in keiner Weise repräsentativ für die allgemeine Wehrmachtshaltung. Vielmehr verschlossen die Militärs in der Regel einfach die Augen angesichts der Dimension der stattfindenden Massenverbrechen. 14 Der Stabschef des Generalquartiermeisters des Heeres, Oberst Eduard Wagner, hatte bei der Besprechung mit Heydrich am 19. September im Namen des Oberkommandos des Heeres lediglich zum Ausdruck gebracht, daß das Heer bei der von der SS ins Auge gefaßten „Flurbereinigung“ in Polen nicht involviert sein wolle, weshalb das Gros der Maßnahmen nach den Wünschen des Heeres erst mit der Einrichtung der Zivilverwaltung einsetzen sollte. 15 Daneben exerzierte die Wehrmacht ihrerseits eine Besatzungspolitik, die durch zahlreiche verbrecherische Maßnahmen gekennzeichnet war. Immer wieder wurden Häuser und ganze Ortschaften in Brand gesetzt, die männliche wehrfähige Zivilbevölkerung wurde in einigen Regionen in großem Umfang interniert. In zahlreichen Orten wurden von den deutschen Truppen präventiv Geiseln aus der Zivilbevölkerung genommen, die dann oftmals aus nichtigen Anlässen erschossen wurden. 16 Schließlich war es auch das Heer selbst, welches aus Mangel an eigenen Sicherungsverbänden in den rückwärtigen Gebieten um Verstärkungen beim SS- und Polizeiapparat nachsuchte und dadurch der SS die Möglichkeit zur Ausweitung der Mordaktionen in die Hand gab. Als sich bereits in den ersten Kriegstagen dieser Kräftemangel bemerkbar machte, erreichte Oberst Wagner am Abend des 5. September bei der Ordnungspolizei eine Verstärkung der Sicherungsverbände durch zwei Polizeiregimenter und sechs Bataillone, die in der folgenden Nacht unter anderem aus Hamburg, Münster und München eilig per Bahn nach Polen transportiert wurden.17 Zudem suchte das Hauptamt Ordnungspolizei bei der Dienststelle Heißmeyer um eine Verstärkung durch SS-Totenkopfstandarten nach, deren Verlegung nach Polen für den 16. September in Aussicht gestellt wurde. 18 In den folgenden Wochen und Monaten wurden die Totenkopfstandarten als Exekutivorgan der deutschen Besatzungspolitik im besetzten Polen stationiert oder sogar erst vor Ort aufgestellt. Allein am Beispiel derjenigen Verbände, die im Frühjahr 1941 dem Kommandostab Reichsführer-SS unterstellt werden sollten, lassen sich sämtliche Charakteristika der deutschen Besatzungspolitik in Polen aufzeigen. Belege für die Tätigkeit der späteren SS-Infanterieregimenter sind in der originalen Überlieferung allerdings nur spärlich vorhanden; Kenntnisse von deren Einsätzen ergeben sich hauptsächlich aus den Nachkriegsaussagen ehemaliger Einheitsangehöriger. Dagegen ist von den SS-Kavallerieeinheiten ein umfangreicher Quellenbestand erhalten geblieben. Auf Zehntausenden von Seiten in vielen hundert Aktenbänden findet sich eine Vielzahl von Befehlen und Einsatzberichten der Reiterverbände, die detailliert deren Tätigkeit von September 1939 bis zum Abmarsch in die Sowjetunion im Juni 1941 dokumentiert.
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2. Gesellschaftlicher Ausschluß und antisemitischer Terror Nach ihrem Eintreffen aus Berlin wurden die SS-Reiter im besetzten Polen als Sicherungstruppe eingesetzt. Dabei ergab sich mitunter auch eine Zusammenarbeit mit den im gleichen Raum operierenden Einsatzgruppen. 19 Ab November 1939 erhielten die Kommandeure der Totenkopfstandarten ihre Befehle für größere Einsätze direkt vom Höheren SS- und Polizeiführer in Krakau. Zudem waren die SS- und Polizeiführer der jeweiligen Distrikte seit Juni 1940 berechtigt, die Einheiten der Waffen-SS in Ausnahmefällen direkt anzufordern. Oft zog aber auch einfach das eingespielte Miteinander der verschiedenen Besatzungsinstitutionen vor Ort eine Verwendung der Truppen nach sich. 20 Maßnahmen gegen die polnischen Juden fanden faktisch mit Einsatzbeginn breiten Niederschlag in der Berichterstattung der Reiterschwadronen. Mitunter läßt sich den Berichten entnehmen, daß Einheiten der Waffen-SS noch zur Zeit der Militärverwaltung für kleinere jüdische Gemeinden den ersten Kontakt mit der deutschen Besatzungsmacht darstellten und eine ganz entscheidende Rolle dabei spielten, in den entsprechenden Regionen überhaupt erst ein antisemitisches Klima zu prägen. Eine Schwadron der SS-Reitstaffel 1 meldete bei der Besetzung eines Ortes, es bestände der Eindruck, „daß dort vornehmlich jüdische Hetzer noch am Werk sein dürften“. 21 Zehn Tage später konnte der Kommandeur der SS-Kavallerie berichten, Juden und Polen hätten mittlerweile erkannt, „daß sie sich zu fügen haben“. 22 Obersturmführer Dunsch, Kommandeur des 2. Zuges der 4. Reiterschwadron, berichtete zeitgleich über die Besetzung eines Ortes: „Die Juden grüßten bei unserem Einzug in Leczyca ganz schlecht. Das wurde ihnen schnell beigebracht. Wenn sich einer von uns sehen läßt, verschwinden sie allerschnellstens in ihre Schlupfwinkel, da wir immer welche zum Arbeiten wegfangen. Die Polen freuen sich, daß wir die Juden ordentlich hochnehmen.“ Der in solchen Formulierungen zu Tage tretende antisemitische Eifer des Zugführers wurde innerhalb der Einheit offenbar geteilt, denn im gleichen Tätigkeitsbericht meldete Dunsch außerdem, die Stimmung sei „sehr gut“. 23 Drei Tage später lieferte die gleiche Schwadron einen Bericht ab, der illustriert wie Juden beleidigt und eingeschüchtert wurden. Demnach veranstalteten die SS-Reiter Mitte Oktober 1939 in Grabow eine öffentliche Demütigung der dortigen jüdischen Gemeinde: „Der Rabbiner dieses Ortes wurde auf dem Marktplatz verwarnt und ihm bedeutet, daß er für die Handlungsweise seiner Juden verantwortlich wäre, daß keinerlei Tiere mehr geschächtet werden dürften, daß nicht gewuchert werden dürfe und daß am Sonnabend die Geschäfte offen zu bleiben hätten. Es wurde ihm bedeutet, daß die Durchführung dieses Befehls mit der Peitsche und nötigenfalls mit der Waffe von uns gesichert würde.“ 24 Das Verhältnis zwischen Heer und SS während dieser ersten Wochen unter Militärverwaltung erschien auch keineswegs so negativ, wie es Generaloberst Blaskowitz im Dezember 1939 in seiner kritischen Denkschrift darstellen sollte. Darin schrieb der Oberbefehlshaber Ost, die Einstellung der Wehrmacht zur SS
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Karte 1: Das Generalgouvernement 1939/40
würde wegen deren brutalem Vorgehen „zwischen Abscheu und Haß“ schwanken. 25 Wehrmachtseinheiten pflegten dagegen beste Beziehungen zu den SS-Verbänden vor Ort. Ausdrücklich hoben Einheiten der SS-Kavallerie „ein ausgezeichnetes Zusammenarbeiten mit allen Ortskommandanturen der Wehrmacht“ hervor. Da der Wehrmacht nur unzureichende Kräfte zur Verfügung stünden, würde „das Auftauchen der SS-Reiter […] überall begrüßt“. 26 Noch im folgenden Jahr konnte Fegelein berichten, Wehrmachtsgeneräle in vielen Standorten hätten „aus sich selbst heraus die Leistung unserer SS-Soldaten als vorbildlich bezeichnet“. „Besonders anerkennend ausgedrückt“ hätten sich nach dessen Aussage die Generäle Luth und Höberth in Tarnow beziehungsweise Krakau sowie – auf-
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schlußreich hinsichtlich seines brutalen Vorgehens im Krieg gegen die Sowjetunion – der General Max von Schenckendorff in Garwolin. 27 Mit dem überstürzten Beginn der Zivilverwaltung am 26. Oktober 1939 wurde eine Vielzahl von antisemitischen Sonderverordnungen über das besetzte Land verhängt, die für das polnische Judentum einen radikalen Bruch bedeuteten und in ihrer Gesamtheit offenbarten, daß das jahrhundertealte jüdische Leben in Polen von nun an in seiner Existenz ernsthaft bedroht sein würde. Mittels einer Verordnung vom 23. November wurden Juden ab einem Alter von zehn Jahren im Generalgouvernement gezwungen, zu ihrer Kennzeichnung eine weiße Armbinde mit blauem Davidstern zu tragen. Davon abweichend mußten die Juden im Warthegau einen gelben Stern auf der Vorder- und Rückseite ihrer Kleidung anbringen. Alle jüdischen Geschäfte im Generalgouvernement mußten ab November 1939 ebenfalls gekennzeichnet sein; jüdische Konten wurden gesperrt und Barvermögen über einem Betrag von 2000 Zloty (etwa 1000 Reichsmark) mußte bei den Besatzungsbehörden angegeben und hinterlegt werden. FriedrichWilhelm Krüger, der im Generalgouvernement residierende Höhere SS- und Polizeiführer, verhängte gegen die Juden eine von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr geltende Ausgangssperre. 28 Eine Verordnung Franks vom 28. November 1939 erzwang die Einrichtung von Judenräten in allen Gemeinden des Generalgouvernements. 29 Daneben wurde der systematische Ausschluß der jüdischen Minderheit aus dem Wirtschaftsleben des Landes massiv vorangetrieben. Tausende jüdischer Geschäfte wurden geschlossen und enteignet. In Lodsch schloß die dort stationierte SS-Reiterschwadron einige jüdische Läden unter dem Vorwand, es habe der Verdacht bestanden, daß dort Waren zurückgehalten werden würden.30 Die Zahl jüdischer Gewerbetreibender sank allein im Generalgouvernement innerhalb der ersten beiden Jahre von etwa 112 000 auf 3000. 31 Der Ausschluß der Juden von der Ökonomie ihres Landes kannte wiederum ein Heer von Nutznießern. Am 28. Mai 1941, drei Wochen vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion, wurde den im Generalgouvernement stationierten Brigaden der WaffenSS durch den zuständigen Fürsorgeoffizier eine detaillierte Aufstellung übersandt, die rund 3000 ehemals jüdische Betriebe und Einzelhandelsgeschäfte umfaßte, die für Soldaten der Waffen-SS und Wehrmacht reserviert worden waren. Für Interessierte würden, so das Begleitschreiben zu der Angebotsliste, „besonders günstige Bedingungen“ gewährt werden. Außerdem wurde versprochen, die arisierten Betriebe für die SS-Veteranen von Treuhand-Gesellschaften bis nach Kriegsende verwalten zu lassen. 32 Vor Ort beteiligte sich die Waffen-SS tatkräftig an der materiellen Ausbeutung. In Tarnow veranstaltete die dort stationierte 6. Reiterschwadron im Januar 1940 flächendeckende Kontrollen gegen angeblich dort ansässige „Schmuggler“. Im Zuge dieser Kontrollen sei es nach dem betreffenden Bericht der Schwadron dem SS-Sturmmann Breuner „durch geschicktes Auskundschaften bei der jüdischen Bevölkerung“ gelungen, „in einer Juden-Wohnung eine in die Wand eingemauerte Kassette mit einem Geldbetrag von 5.120 Zloty, 2 Perlenketten und
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einem Brillantring“ festzustellen. Als „Schmuggelware“ sei die Kassette den deutschen Besatzungsbehörden übergeben worden.33 Wiederholt profitierten die Einheiten selbst von den antisemitisch motivierten Raubzügen. So wurde die Angebotspalette der Küche der 1. Reiterschwadron mit Lebensmitteln bereichert, die vorher im Zuge von Verkehrskontrollen bei Juden unter dem Vorwand des „Hamsterverdachts“ beschlagnahmt worden waren. 34 In Zamosc nutzte die 4. Schwadron die Gelegenheit, durch die Enteignung der vorherigen Eigentümer „drei Judenhäuser 1. Klasse“ zu übernehmen, „die evtl. für spätere Wohnungen für Führer und Unterführer mit ihren Familien in Gebrauch genommen werden können“. 35 Auch die in Lublin stationierte Technische Schwadron meldete, für diverse Diensträume der Schwadron seien „4 von Juden geräumte Wohnungen ausfindig gemacht“ worden.36 Daneben zeugt die Berichterstattung der SS-Kavallerie von der Existenz einer Vielzahl antisemitischer Klischees. Einheitsführer meldeten etwa, das Verhalten der Juden sei „unterwürfig und kriecherisch wie immer“. Wiederholt wurden Juden als Träger und Verbreiter von Unruhe in der polnischen Bevölkerung bezeichnet. Außerdem hieß es, sie seien zentral am Schleichhandel, an Hamsterei und an Preistreiberei beteiligt. 37 Überhaupt wurde der uralte antisemitische Vorwurf des jüdischen Wuchers in den ersten Monaten des deutschen Besatzungsregimes häufig erhoben, um daraufhin umgehend Gegenmaßnahmen einzuleiten. 38 Die faktische Haltlosigkeit solcher antisemitischen Stereotype wurde durch die in Lucmierz bei Lodsch liegende Schwadron einige Monate später eigens hervorgehoben. In einem Tätigkeitsbericht von Januar 1940 beklagte die Einheit stetig steigende Preise, machte als Schuldige jedoch keineswegs die vor Ort lebenden Juden aus. Die Kritik richtete sich vielmehr gegen die eigenen Volksgenossen, so wurde dargelegt: „Die nunmehr deutschen Geschäfte in Lodsch verlangen fast durchweg Wucherpreise, für die in den September- und Oktobertagen die Polen und Juden erschossen wurden, wenn sie sie auch nur annähernd verlangt haben.“ 39 Im Zusammenhang mit antijüdischen Aktionen war wiederholt auch die Zustimmung der polnischen Bevölkerung erwähnt. Aus Lodsch meldete eine SSEinheit: „Im allgemeinen herrscht Freude darüber, dass Wucherjuden scharf angefasst werden.“ 40 Gleichlautend berichtete eine weitere Schwadron: „Bei Kontrolle der Juden ist lebhafte Zustimmung der polnischen Bevölkerung stets festzustellen.“ 41 Die Waffen-SS konnte bei derartigen Aktionen zudem auf die aktive Unterstützung von Volksdeutschen zählen. Wiederum im Zusammenhang mit Fällen angeblicher Preistreiberei von Juden konnte die SS-Kavallerie aus dem Ort Konstantinow bei Lodsch vermelden: „Der volksdeutsche Ingenieur Willi Lemes hat sich erboten, eine ganze Reihe von Juden nachzuweisen, die in dieser Weise handeln.“ 42 Mögen die bisher zitierten Beispiele zumindest teilweise noch auf der Grundlage von Befehlen zur Durchsetzung der antijüdischen Verordnungen im besetzten Polen basiert haben, existierte darüber hinaus in dem ausgreifenden Klima
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von Antisemitismus und deutscher Herrenmenschenmentalität eine weite Bandbreite von Taten, die gar keines Befehls bedurften, sondern schlicht auf persönlicher Willkür einzelner SS-Männer oder auf dem eigenmächtigen Handeln ganzer Einheiten beruhte. Von dem sich verselbständigenden Klima antisemitischer Gewalt zeugen schon allein diverse Befehle verschiedener SS-Institutionen, die ausdrücklich Übergriffe gegen Juden, das eigenhändige „Organisieren“ oder den Raubzug durchs Ghetto verboten. 43 Ein in solchen Befehlen angedeuteter Zeitvertreib von Angehörigen der SS, Polizei oder Wehrmacht bestand im Schikanieren von Juden, die deutsche Soldaten auf der Straße entweder gegrüßt oder gerade eben nicht gegrüßt hatten. Aus solchen nichtigen Anlässen quälten und erniedrigten die Deutschen Juden häufig in aller Öffentlichkeit. Weil solche „widerlichen Scenen“ geeignet seien, „das Ansehen der Uniformträger stark herabzusetzen“, verbot Friedrich Katzmann, der SS- und Polizeiführer des Distrikts Radom, in einem Sonderbefehl offiziell das Abverlangen der Grußpflicht von Juden. Einerseits sei es, so der SS-Oberführer, „unter der Würde eines jeden SSund Polizeiangehörigen von diesen dreckigen Ostjuden einen Gruß zu verlangen“. Andererseits führe gerade das Grüßen der Juden zu neuen antisemitischen Ausschreitungen, weil sich nun wiederum „andere Uniformierte“ „beleidigt“ fühlten, „wenn sie von so einem Subjekt gegrüßt“ werden würden.44 Die Alltäglichkeit der Übergriffe sprach Detlef S., ein ehemaliger Einheitsangehöriger der SS-Kavallerie, bei seiner polizeilichen Vernehmung 1963 an, als er schilderte, wie häufig Juden während der ersten Jahre deutscher Besatzung im Generalgouvernement sogar von SS-Führern im Vorbeigehen auf der Straße geschlagen wurden. 45 „Als ich auf der Petrikauerstrasse einen Juden traf, der mir nicht aus dem Weg ging, habe ich demselben eine Ohrfeige gegeben“, meldete in aller Selbstverständlichkeit ein SS-Reiter im Juli 1940 einen derartigen Vorfall. Die Szene ereignete sich in Kielce und hatte ungewöhnlicherweise die Intervention von zwei Unteroffizieren der Wehrmacht zur Folge, worüber sich der Judenhasser in seiner Meldung prompt beschwerte. 46 Angesichts der antisemitischen Willkür waren die polnischen Juden mit einer ständigen Bedrohung konfrontiert, die aus nichtigen oder objektiv gar nicht ersichtlichen Anlässen plötzlich in akute Lebensgefahr umschlagen konnte. So waren am 11. Januar 1940 einige Juden im Ghetto von Chelm mit dem Entladen eines Wagens beschäftigt. Ein zufällig des Weges kommender Rottenführer der in der Stadt stationierten 5. Schwadron der SS-Kavallerie vermutete beim Anblick der Szene sofort, „dass die Juden irgendwelche Gegenstände zu verschleppen beabsichtigten“. Mit offensichtlichem Eifer verfolgte er dann einen Juden, der nach dessen Annäherung wohl aus begreiflicher Angst vor dem SS-Uniformträger die Flucht ergriffen hatte. Nachdem er sein Opfer in einem Haus in die Enge getrieben hatte, erschoß der Rottenführer den Juden, ohne ihn überhaupt zur Rede gestellt zu haben.47 Neben Antisemitismus als wesentlichem, handlungsleitendem Motiv sind bei solchen antijüdischen Aktionen aber durchaus noch zusätzliche Beweggründe auszumachen. So war das Interesse an persönlicher Bereicherung bei manchen
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Taten ganz offensichtlich ein Motiv, welches sich mit dem Judenhaß der Täter aufs Beste ergänzte. 48 Statt die Schwadronskasse zu belasten oder langwierige Eingaben bei übergeordneten Dienststellen abzuwarten, raubte die schwere Schwadron der 1. Reiterstandarte kurzerhand den benötigten Posten Leder bei einem jüdischen Handwerker des Stationierungsortes im Distrikt Radom. 49 Analog verfuhr der Maschinengewehr-Zug der Standarte am 8. Juli 1940. An diesem Tag plante die Einheit eine Aktion gegen die Juden des Ortes Latowicz, weil, so der Einheitsführer, „der Zug zu etwas Geld kommen wolle“. 50 In einem ähnlichen Fall erfuhr ein Schwadronskommandeur vom Raubzug eines Mannes seiner Einheit bei der jüdischen Gemeinde des Nachbarortes. Er schloß von vornherein jeglichen Gedanken an eine Rückgabe der Beute von 400 Zloty aus, da die dortigen Juden andernfalls „sofort Oberwasser bekommen“ würden. Statt dessen zog der Einheitsführer 300 Zloty für die Schwadronskasse ein und ließ für den Restbetrag ein Faß Bier kaufen, das für die Männer „eine wunderbare Auffrischung“ bedeutet habe. 51 Ein Regime von Terror und Erpressung hatte auch die 3. Schwadron der 2. SSReiterstandarte in Zamosc errichtet. Der Kommandeur, Sturmbannführer Josef Fritz, war unter den Juden der Stadt gefürchtet; den Hof der Schwadronsunterkunft soll er mit den Grabsteinen des jüdischen Friedhofs gepflastert haben.52 Von der jüdischen Gemeinde forderte die Einheit laufend Geld und Sachmittel. Für den Bau der aufwendigen Unterkünfte, der späteren Reit- und Fahrschule der SS-Kavallerie in Zamosc, wurden zudem täglich mehrere hundert Juden zur Zwangsarbeit gepreßt. Daneben hatte die Gemeinde sämtliche Baumaterialien im Gesamtwert von 1,5 Millionen Zloty zu finanzieren. 53 Mitte März 1941 faßten die beiden SS-Reiter Alfred Bernshausen und Heribert Unrath während eines abendlichen Spaziergangs in ihrem Stationierungsort Krakau den Entschluß, doch noch „einige Juden zu kitzeln“. Beide gingen daraufhin zu der am Krakauer Ghetto gelegenen Weichselbrücke, hielten jüdische Passanten an und kontrollierten deren Papiere. Den schockierten Juden teilten die SSMänner mit, daß sie noch heute „ausgesiedelt“ werden würden und sich zu diesem Zweck binnen kurzem an einem bestimmten Ort in der Stadt einzufinden hätten. Als fingierte „Garantie“ für deren Erscheinen nahmen beide Männer den angesprochenen Juden jeweils Bargeld oder die Armbanduhr ab, um sich anschließend den nächsten Opfern zuzuwenden. 54 Das geschilderte Vorgehen verdeutlicht, daß es den beiden Akteuren nicht nur darum ging, in den Besitz von Bargeld oder der Armbanduhr ihrer Opfer zu gelangen. Beide SS-Reiter zeigten über den erzielten materiellen Gewinn hinaus ganz wesentliches Interesse an der psychischen Qual ihrer jüdischen Opfer. In beiderlei Beziehung kamen die Männer voll auf ihre Kosten, wobei der Drang nach persönlicher Bereicherung ohne die vorhergehende antisemitische Kategorisierung der Opfer gar nicht zu befriedigen gewesen wäre. Selbst sexuelle Übergriffe erwiesen sich als hochgradig kompatibel zum Judenhaß der Täter. In Warschau hatte sich 1940 unter der Leitung des SS-Untersturm-
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führers Dr. Karl Reinsch eine Gruppe von fünf Angehörigen des Reiterregiments 1 zusammengefunden, die etliche Male jüdische Frauen sexuell mißhandelten. Dazu nahmen die Männer junge und attraktive Jüdinnen auf offener Straße fest und brachten sie zur eigenen Dienststelle, einer Warschauer Ärzteunterkunft des Kavallerieverbandes. Dort wurden die Frauen zu diversen Haus- oder Reinigungsarbeiten eingeteilt. Mit der Begründung, die Arbeiten nicht gründlich verrichtet zu haben, wurden sie dann nach einiger Zeit von den Beteiligten entkleidet und vor der versammelten Gruppe mit Reitpeitschen auf den nackten Körper geschlagen. Mitunter wurden sie von den Soldaten auch auf andere Weise sexuell mißhandelt; Reinsch tauchte zuweilen sogar in deren Wohnungen auf, um die Jüdinnen dort zu quälen. Während die Beteiligten die unzweifelhaft vorhandenen sexualisierten Tatmotive bei ihren Vernehmungen durch den Gerichtsoffizier vehement zu leugnen versuchten, gaben einzelne SS-Männer ihren „besonderen Haß auf die Juden“ als Tatmotiv offen zu.“ 55
3. Zwangsarbeit und Ghettoisierung Bereits unter Militärverwaltung waren zahlreiche Juden zur Zwangsarbeit herangezogen worden. Mit der Einführung der Zivilverwaltung wurde am 26. Oktober 1939 für die im Generalgouvernement lebenden Juden im Alter zwischen 14 und 60 Jahren ein genereller Arbeitszwang eingeführt. Anfangs wurde bestimmt, daß Juden dazu jeweils in Kolonnen zusammengefaßt werden würden; in der Folge wurde zunehmend mit der Errichtung von eigenen Zwangsarbeitslagern begonnen. Die gesamte Organisierung des jüdischen Zwangsarbeitssystems wurde Krüger als Höherem SS- und Polizeiführer im Generalgouvernement übertragen, der damit eine weitgehende Kontrolle über die in seinem Machtbereich lebenden Juden ausübte. 56 In ihrer Funktion als Besatzungstruppen waren die Totenkopfstandarten im Generalgouvernement umfassend an der Organisierung jüdischer Zwangsarbeit beteiligt. Sturmbannführer Josef Fritz, dem Kommandeur der 3. Schwadron der 2. SS-Totenkopf-Reiterstandarte, war nach eigenen Angaben im Kreis- und Stadtgebiet von Zamosc die „Judenfrage“ übertragen worden. Damit war der Schwadronsführer automatisch für die Aushebung jüdischer Zwangsarbeiter verantwortlich. Umgehend machte er sich an die Realisierung der Aufgabe. Am 10. und 11. Juni 1940 ließ Fritz durch seine SS-Reiter im Kreisgebiet 615 Juden und am 14. Juni nochmals 156 Juden zusammentreiben, die anschließend für den Einsatz bei Wasserregulierungsarbeiten in ein Zwangsarbeiterlager nach Zamosc gebracht wurden. Schon die Aushebung erwies sich mitunter als tödlich. So wurde beim Zwangsarbeitertransport der 3. Schwadron am 14. Juni ein Jude „auf der Flucht“ erschossen.57 An Großeinsätzen zur Festnahme und Deportation arbeitsfähiger Juden war die Waffen-SS häufiger beteiligt. Weil in Kielce die vom jüdischen Ältestenrat benannten Juden angeblich „nicht vollzählig“ zur Zwangsarbeit erscheinen würden, fand am 7. August 1940 unter Beteiligung der 1. Schwadron der SS-Kaval-
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Abb. 1. Kolonne jüdischer Zwangsarbeiter in Zamosc 1940.
lerie, des Polizeibataillons 111 und der örtlichen Außenstelle des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD eine Großaktion statt. In deren Verlauf wurden nach dem Bericht der Reiterschwadron „sämtliche arbeitsfähige Juden und junge Jüdinnen in den ausgesprochenen Judenvierteln der Stadt Kielce festgenommen und dem Arbeitsamt zur Verfügung gestellt“. 58 Die Schwadron war dazu in zahlreiche Orte der Umgebung ausgeschwärmt, um auf dem Land den Abtransport von Juden zur Zwangsarbeit sicherzustellen. In diesem Fall trieb die Einheit 131 Juden zusammen, die anschließend per Bahn nach Belzec abtransportiert wurden. 59 Die geschilderte Aktion fand vor dem Hintergrund der Errichtung eines riesigen Zwangsarbeiterlagers bei Belzec im Distrikt Lublin statt. Die über 10 000 jüdischen Zwangsarbeiter, die bis Ende August 1940 dort konzentriert waren, wurden zu umfangreichen Befestigungsarbeiten an der deutsch-sowjetischen Demarkationslinie herangezogen. 60 Mit einem deutlichen Schwerpunkt während des Sommers 1940 fanden in weiten Teilen des Generalgouvernements unter massiver Beteiligung der Waffen-SS zahlreiche Einsätze zur Aushebung jüdischer Zwangsarbeiter statt. In einigen Gegenden hatten die Aktionen eine annähernd totale Erfassung der arbeitsfähigen Juden zur Folge. Eine vorübergehend in dem Ort Krasnystaw südöstlich von
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Lublin stationierte SS-Reiterschwadron meldete schon im Juli 1940 über die Situation vor Ort, daß die „jüdische männliche Bevölkerung […] größtenteils in die Lager von Zamosc und Belzec eingezogen worden“ sei. 61 Abgesehen von dem unbestreitbaren Nutzen für die deutsche Kriegsökonomie interpretierten Einheiten der Waffen-SS den Zwangsarbeitseinsatz in ihrer Berichterstattung zudem als erfolgversprechende Maßnahme zur „Befriedung“ des Landes. Die Gesamtlage sei „im Grossen und Ganzen insbesondere deshalb ruhig, weil die männliche jüdische Bevölkerung zum größten Teil zum Arbeitseinsatz erfaßt worden ist“, meldete das 1. SS-Kavallerieregiment Anfang September 1940. 62 Wenig später berichtete die 4. Schwadron des 2. Regiments: „Das freche Verhalten der Juden ist durch das Einziehen ins Arbeitslager etwas zurückgegangen.“ 63 Die SS-Totenkopfstandarten zogen Juden auch für eigene Belange heran. Bei der Reitenden Batterie in Krakau wurden im November 1939 für „die Reinigung des Kasernenhofes sowie die Ausräumung der Reitbahn und der Wagenschuppen […] täglich 20 Juden eingesetzt“. 64 In Warschau forderte der Stab der SS-Kavallerie Ende Mai 1940 bei der Jüdischen Gemeinde jeden Tag 40 Zwangsarbeiter zur Verwendung bei Renovierungsarbeiten an einem Stabsgebäude an. 65 Alltäglich war der Einsatz jüdischer Zwangsarbeiter bei allen Teileinheiten des Reiterverbandes. Immer wieder wurden Schuster, Schneider, Sattler, Elektriker oder Maler zum Bau der Unterkünfte, zu Installations- und Ausbesserungsarbeiten an Einrichtungen oder der Ausrüstung gezwungen. 66 Als sich die Gesundheitsversorgung der jüdischen Bevölkerung des Generalgouvernements als Folge der deutschen Zwangsmaßnahmen zusehends verschlechterte, hatte dies direkte Auswirkungen auf den Besatzungsapparat. Im Februar 1940 brach im Judenviertel von Zamosc eine Fleckfieberepidemie aus, in deren Folge der gesamte Wohnbereich abgesperrt wurde. Nach einem entsprechenden Befehl des Ortskommandanten der Wehrmacht, konnte auch die Waffen-SS keine jüdischen Zwangsarbeiter mehr für eigene Belange heranziehen. 67 Von ähnlichen Auswirkungen berichtete die 5. (Schwere) Schwadron des 2. SS-Totenkopf-Reiterregiments. Im Dezember 1940 grassierte auch im Ghetto von Lukow eine Flecktyphusepidemie, weshalb die Einheit gezwungen war, statt der jüdischen Zwangsarbeiter nunmehr Polen zur Verrichtung verschiedener Arbeiten heranzuziehen. 68 Neben der Organisierung der Zwangsarbeit wurden seitens der nationalsozialistischen Führung bereits in der dritten Kriegswoche konkrete Absichten zur Ghettoisierung der polnischen Juden formuliert. Halder, der Generalstabschef des Heeres, erfuhr von der Besprechung Wagners mit Heydrich, daß derlei grundsätzliche Gedanken bestünden und nur „im einzelnen noch nicht klarliegend“ seien. 69 Ab Ende 1939 wurde im Generalgouvernement und in den größeren Städten des Warthegaus mit ersten Vorbereitungen zur Schaffung von Ghettos begonnen. In diesem Prozeß war das Motiv einer effektiven Kontrolle und weitgehenden Isolierung längst nicht das einzig Ausschlaggebende. Himmler hatte im November 1939 seine eigenen Überlegungen zur Bildung von Ghettos in
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Polen folgendermaßen formuliert: „Es wird höchste Zeit, daß dieses Gesindel zusammengetrieben wird, in Ghettos, und dann schleppt Seuchen hinein und laßt sie krepieren.“ 70 Im Laufe der Jahre 1940 und 1941 wurden im Generalgouvernement und in Teilen der annektierten polnischen Gebiete zahlreiche Ghettos errichtet. 71 Die Bildung des Ghettos von Lodsch stellte einen frühen Versuch der aufwendig vorbereiteten Ghettoisierung einer großen jüdischen Gemeinde dar. 72 In einem geheimen Schreiben entwickelte Friedrich Uebelhör, der Regierungspräsident von Kalisch und Lodsch, am 10. Dezember 1939 konkrete Planungen zur Errichtung und Verwaltung des Ghettos und eines zusätzlichen Lagers für jüdische Zwangsarbeiter. In die Planungen einbezogen war auch die in Lodsch und Umgebung stationierte 9. Schwadron der SS-Kavallerie, deren Mannschaften zur Zusammentreibung und Bewachung der Juden bei der Schaffung des Ghettos vorgesehen waren. 73 Die eigentliche Anordnung wurde im Februar 1940 erlassen. Bewacht unter anderem von den SS-Reitern, mußten mehr als hunderttausend Lodscher Juden in den folgenden Wochen zwangsweise in das Elendsviertel Baluty und einige angrenzende Wohnbereiche umziehen, in dem bereits 62 000 Juden lebten. Am 30. April zogen die letzten Juden in den zugewiesenen Wohnbereich; zehn Tage später wurde das Ghetto von der übrigen, mittlerweile in Litzmannstadt umbenannten Stadt abgeschlossen. 74 Noch bis Ende des Jahres 1940 waren Einheiten der SS-Kavallerie damit beschäftigt, in der gesamten Region nach Juden zu fahnden und diese in Litzmannstadt und in kleineren Städten zu ghettoisieren. 75 Gerade das Beispiel Lodsch dokumentiert aber auch den vorläufigen Charakter sämtlicher Ghettoisierungsmaßnahmen der Deutschen und zeugt von der im Denken einzelner Personen der NS-Nomenklatura bereits 1939 kursierenden Zielvorstellung. Wie letztlich mit den Juden seines Verwaltungsbezirks zu verfahren sei, hob Uebelhör in aller Deutlichkeit hervor, als er am Ende seiner Expertise feststellte: „Die Erstellung des Ghettos ist selbstverständlich nur eine Übergangsmaßnahme. Zu welchen Zeitpunkten und mit welchen Mitteln das Ghetto und damit die Stadt Lodsch von Juden gesäubert wird, behalte ich mir vor. Endziel muß jedenfalls sein, daß wir diese Pestbeule restlos ausbrennen.“ 76 Im Generalgouvernement verlief der Prozeß der Ghettoisierung weit schleppender. Verantwortlich dafür waren die noch während der ersten Monate deutscher Besatzung aufkommenden Pläne zur großangelegten Umsiedlung der Juden in den Distrikt Lublin sowie die 1940 kursierenden Pläne eines Judenreservats in Madagaskar, die eine aufwendige Ghettoisierung der Juden nicht mehr opportun erscheinen ließen. Partiell setzte die Bildung von Ghettos erst wieder nach dem Scheitern dieser Planungen im Verlauf der Vorbereitungen auf den Feldzug gegen die Sowjetunion ein. 77 Die Krakauer Juden wurden im März 1941 in ein Ghetto gesperrt, in Lublin entstand das Pendant erst im April 1941. In Warschau, der Stadt mit der größten jüdischen Gemeinde Europas, ergingen diesbezügliche Anordnungen im Oktober 1940. 78 Dazu mußten sich in einem Teil
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des noch unter Militärverwaltung ausgewiesenen „Seuchensperrgebiets“ innerhalb von sechs Wochen alle Warschauer Juden niederlassen. Zu den über 310 000 dort bereits lebenden Menschen kamen binnen kurzem etwa 138 000 weitere hinzu. Nach der Abriegelung des Ghettos lebten 445 000 Menschen auf einer Fläche von 3,36 Quadratkilometern. Die restliche Fläche der polnischen Metropole, auf der nur doppelt so viele Menschen wohnten, betrug mehr als das vierzigfache. 79 Mit ihren vielfältigen Bewachungsaufgaben trugen die in Warschau stationierten Einheiten der SS-Kavallerie dazu bei, daß sich die Ernährungssituation der jüdischen Bevölkerung rapide verschlechterte. Als etwa die von SS-Reitern gestellte Eskorte einer jüdischen Arbeitskolonne am 18. März 1941 ihre Bewachungsaufgaben vernachlässigte, hatten die Zwangsarbeiter ausnahmsweise die Möglichkeit, sich außerhalb des Ghettos mit zusätzlichen Lebensmitteln zu versorgen. Umgehend kritisierte Fegelein im Jargon des deutschen Herrenmenschen, daß „die Juden die Gelegenheit sofort wahrnahmen und Lebensmittel sowie verschiedene andere Sachen in rauhen Mengen zusammenhausierten und vollbeladen nach Hause wanderten“. Die polnische Polizei habe „diese Horde“, so der SS-Kommandeur, zurück ins Ghetto geleiten müssen. Als Appell an die Disziplin seiner Truppe, aber auch als Charakterisierung der Lebensbedingungen der Warschauer Juden war die Feststellung zu verstehen, mit der Fegeleins Befehl endete: „Wir leben heute nicht mehr in derart polnischen Zuständen, dass jeder tun und lassen kann, was ihm beliebt.“ 80 Aussagen ehemaliger Einheitsangehöriger der Totenkopfstandarten belegen außerdem, mit welchem Ausmaß an alltäglichen Übergriffen die jüdischen Gemeinden konfrontiert waren. Innerhalb ihres zu der Zeit noch nicht abgeriegelten Wohnbereichs mußten die Krakauer Juden als Objekte zur Schulung der jungen Rekruten der 8. SS-Totenkopfstandarte herhalten. Franz H., ein ehemaliger Angehöriger des Verbandes, berichtete, wie sein Bataillon um Weihnachten 1939 zu einem Einsatz befohlen wurde. Dabei wurden dienstältere Soldaten zur Absperrung des Viertels eingesetzt, während die jungen Rekruten in den Häusern – gewissermaßen als Vorbereitung auf zukünftige Aktionen – mit dem Raub von Schmuck und anderen Wertgegenständen beschäftigt waren. 81 Bei einer solchen Aktion beobachtete Josef W., SS-Mann derselben Einheit, wie Offiziere des I. Bataillons, darunter der Bataillonskommandeur und sein Adjutant, auf der nahen Weichselbrücke zwei Juden anhielten und beide nach einem kurzen Handgemenge in den eisigen Fluß warfen. 82 Die im Mai 1940 nach Krakau verlegte 10. Totenkopfstandarte suchte ebenfalls häufig den jüdischen Wohnbezirk heim. Trupps von Freiwilligen des Verbandes waren im Frühjahr 1941 regelmäßig an Aktionen in dem am 20. März endgültig abgeriegelten Ghetto der Stadt beteiligt. Nach Abschluß des Einsatzes wurden die Männer von ihren Vorgesetzten jeweils mit Vergünstigungen belohnt.83 Den ‚Kameraden‘ erzählten die Freiwilligen anschließend „schauerliche Dinge“. So seien Juden erschossen worden, „daß das Blut nur so spritzte.“ 84 Im Ghetto von Lublin waren Einheiten des 2. SS-Kavallerieregiments während
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des Frühjahrs 1941 bei großangelegten Aktionen gegen die Juden der Stadt eingesetzt. In mehreren Einsätzen sperrten die Reiter nachts das im April 1941 eingerichtete Ghetto ab und holten zahlreiche jüdische Bewohner mit großer Brutalität aus ihren Betten. Anschließend wurden die zusammengetriebenen Juden abtransportiert. Seit dem 10. Mai 1941 wurden dabei innerhalb von drei Wochen etwa 10 000 Juden aus Lublin unter anderem nach Rejowiec, Siedliszcze und Sosnowica deportiert. 85 Nicht unerwähnt bleiben soll schließlich noch der Fall des SS-Hauptscharführers August Hennemann, der ein anschauliches Beispiel dafür liefert, wie seine 6. Kompanie im jüdischen Viertel von Lublin wütete. Am Abend des 16. November 1940 zog es Hennemann in eine Lubliner Kneipe, obwohl er eigentlich als Führer vom Dienst im Kompaniequartier eingeteilt war. Nach dem Genuß mehrerer Schnäpse begab sich der Hauptscharführer wieder auf den Heimweg und erschoß dabei auf offener Straße ohne ersichtlichen Grund eine polnische Passantin. Dem nach der Tat herbeigeeilten Gerichtsoffizier seiner Einheit beichtete Hennemann nach vorherigem Leugnen, daß er betrunken sei. Als Grund für die Schußabgabe gab der Unterführer an, wegen seines Alkoholgenusses sei er fälschlicherweise der Meinung gewesen, sich noch im Lubliner Judenviertel zu befinden, wo er tagsüber an einem Einsatz seiner SS-Reitereinheit teilgenommen habe. 86
4. Deportationen nach Osten Ganz wesentlich wurde die Lage der polnischen Juden ab Ende 1939 von den gigantischen deutschen Plänen zur Bevölkerungsverschiebung in Europa bestimmt. Als Ziel war anfangs vorgesehen, aus dem Reichsgebiet sämtliche Juden und aus den annektierten polnischen Gebieten Juden sowie alle als ‚rassisch minderwertig‘ erachteten Polen ins Generalgouvernement abzuschieben.87 Spätestens mit seiner von Hitler am 7. Oktober 1939 ausgesprochenen Ernennung zum Beauftragten „für die Festigung deutschen Volkstums“ war Himmler die treibende Kraft bei der Vertreibung von Hunderttausenden von Polen und Juden. Bereits am 30. Oktober 1939 befahl er, bis Jahresende eine Million Menschen aus Deutschland und den annektierten Gebieten zu deportieren. Die Hälfte der Vertriebenen sollten Juden sein. 88 Die konkrete Realisierung der Planungen wurde dem Reichssicherheitshauptamt übertragen, wobei sich die Vorstellungen Himmlers in Bezug auf den zeitlichen Umfang der Aktionen schnell als völlig unrealistisch herausstellten. Heydrich entwarf im November 1939 einen zweistufigen Plan, nach dem in einer ersten Phase bis zum 17. Dezember insgesamt 80 000 Juden und Polen aus den annektierten Gebieten abgeschoben werden sollten. Diese Vorgabe wurde übererfüllt. Insgesamt 87 000 Polen und Juden wurden zwischen dem 1. und 17. Dezember in 80 Güterzügen aus dem Warthegau ins Generalgouvernement vertrieben. 89 Danach stockte das Deportationsprogramm. Wegen der Kriegsvorbereitungen gegen Frankreich, hauptsächlich aber wegen der Weigerung Hans Franks, weitere Juden in seinem Herrschaftsbereich aufzunehmen, wurden diverse „Nah-“ und
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„Zwischenpläne“ mit geänderten Zielsetzungen ersonnen, deren Realisierung allerdings schon nach kurzer Zeit wieder obsolet war. Als die Deportationen schließlich wegen der von der Wehrmacht für den Aufmarsch gegen die Sowjetunion benötigten Transportkapazitäten im März 1941 endgültig eingestellt wurden, waren insgesamt ungefähr 350 000 Menschen, darunter mehr als 100 000 Juden, ins Generalgouvernement abgeschoben worden. Gleichzeitig wurden etwa 430 000 Volksdeutsche vor allem in den ins Reich eingegliederten ehemals polnischen Gebiete aufgenommen. 90 Das Gros dieser Volksdeutschen gelangte aufgrund eines am 16. November 1939 abgeschlossenen deutsch-sowjetischen Vertrages aus dem sowjetisch besetzten Teil Polens in den deutschen Machtbereich. Die SS-Totenkopfstandarten waren an ihrem Empfang und Weitertransport sowie bei deren Ansiedlung in den annektierten Gebieten beteiligt. Der Nachrichtenzug der Reiterstandarte stellte an Grenzübergängen im Distrikt Lublin im Februar 1940 während etlicher Tage Kommandos zum Empfang und der Weiterleitung der Trecks von Wolhyniendeutschen ab. 91 Im Warthegau wurden in der Gegend von Kutno, Lenschütz und Litzmannstadt auf mündlichen Befehl Himmlers von Mitte April bis Mitte Mai 1940 drei verstärkte Reiterzüge der SS-Kavallerie zur Unterstützung von deren Ansiedlung eingesetzt. Dabei wurde erst mittels täglicher Patrouillen von SSReitern „der Widerstand der Polen gegen die neuangesiedelten Wolhyniendeutschen unterbunden“. 92 Selbst Anfang des folgenden Jahres wurden die Einheiten noch mit derartigen Aufgaben betraut. 93 Im Gegenzug wurden unter Mithilfe der Waffen-SS Zehntausende von Juden und Polen aus ihrer Heimat vertrieben. In den annektierten polnischen Gebieten des Warthegaus war die in Lucmierz stationierte Ersatzschwadron im November und Dezember 1940 an systematischen Vertreibungen der polnischen Bevölkerung beteiligt. Gleichzeitig wurde die jüdische Bevölkerung der Region ghettoisiert und dabei laut dem betreffenden Bericht „automatisch“ einer „Befriedung“ unterzogen. 94 Ab Herbst 1939 standen Umsiedlungsaktionen von Juden in direktem Zusammenhang mit den Absichten der nationalsozialistischen Führung, die gesamte „Judenfrage“ nunmehr dauerhaft zu lösen. Schon die frühen Planungen für ein Judenreservat im Distrikt Lublin beinhalteten Überlegungen, nach denen eine Vielzahl von Juden im Zuge der deutschen Maßnahmen durch Hunger, die schlechten Lebensbedingungen, aber auch durch direkte Tötungen sterben sollten. 95 Mit dem ersten Transport von 901 Wiener Juden in den Distrikt Lublin begann am 20. Oktober 1939 der Versuch der Umsetzung der Pläne. Vor Ort waren SS-Einheiten genau im Bilde. In einem Bericht der Reiterstandarte hieß es: „In nächster Zeit werden einige tausend Juden aus anderen Gebieten hierher gebracht. Die 5. Schwadron hat die Bewachung des Transportes. Weiterhin wird in Chelm ein Konzentrationslager errichtet. Die Bewachung wird ebenfalls von der 5. Schwadron gestellt werden, bis eine Infanterie-Totenkopfstandarte eintrifft.“ 96 Auch in anderen Stationierungsorten war die SS-Kavallerie an Deportationen beteiligt. 97
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Mit welcher Dimension von Terror die Vertriebenen in der neuen Umgebung konfrontiert waren, veranschaulicht ein Beispiel aus Zamosc. In der südlich von Lublin gelegenen Stadt waren im Dezember 1939 nach mehrtägiger Fahrt in Güterwaggons ohne Verpflegung über 500 Juden aus Leslau angekommen. Während Frauen und Kinder nach und nach in jüdischen Wohnungen einquartiert werden konnten, wurde ein Teil der Männer gezwungen, sich getrennt von ihren Familien im 20 Kilometer entfernten Szczebrzeszyn niederzulassen. Angehörige der in Zamosc stationierten 3. Schwadron der 2. SS-Reiterstandarte unter Josef Fritz nahmen am 17. Januar 1940 etwa 20 dieser Männer bei dem Versuch fest, zu ihren Frauen und Kindern zurückzukehren. Anschließend wurden die vertriebenen Juden zu Tode gequält. SS-Reiter übergossen die Festgenommenen auf dem Kasernengelände der Schwadron bei strengem Frost immer wieder mit kaltem Wasser, bis die Männer zu Eissäulen erstarrt waren. Die Tortur zog sich insgesamt über drei Tage hin. 98 Letztlich führten Unstimmigkeiten mit der Verwaltung im Generalgouvernement im März 1940 zur Aussetzung der Transporte in den Distrikt Lublin. Sie wurden zwar im Laufe des Jahres noch einmal aufgenommen, insgesamt jedoch nur in geringem Umfang weitergeführt. Statt dessen favorisierte die NS-Führung vorübergehend den sogenannten Madagaskar-Plan; das war das Vorhaben, die europäischen Juden auf die Insel Madagaskar zu deportieren. Mit dem ausbleibenden Sieg über England und der daraus resultierenden Unsicherheit der Schifffahrtswege konnte der Plan von den Deutschen letztlich jedoch nicht realisiert werden. 99
5. Massenmord an den polnischen Juden Neben den bisher dargestellten Einsätzen waren Verbände der Waffen-SS im besetzten Polen an umfangreichen Mordaktionen beteiligt. Die in dem fünfzehn Kilometer nördlich von Lodsch gelegenen Ort Lucmierz stationierte 9. SS-(Ersatz-)Schwadron führte über einen Zeitraum von Herbst 1939 bis zu ihrer Verlegung im Februar 1941 vor Ort kontinuierlich Massenerschießungen aus. Bereits am 25. September war die Einheit, zu dieser Zeit noch unter der Bezeichnung 4. Schwadron, in der Gegend eingetroffen und hatte auf Befehl der Ordnungspolizei begonnen, die umliegenden Wälder zu durchsuchen.100 Daneben fiel der Schwadron bald eine zusätzliche Aufgabe zu. In einem Tätigkeitsbericht vom November 1939 ist vermerkt, daß zum Aufgabengebiet der 4. Schwadron in Lucmierz auch die „Durchführung der in regelmäßigen Abständen vom Gericht in Lodsch verhängten Exekutionen“ gehöre. In anderen Berichten wurde außerdem festgehalten, der Verband habe „Sonderaufträge im Zusammenhang mit der Gestapo laufend erledigt“. 101 Opfer der angedeuteten Massentötungen waren Juden und christliche Polen aus Lodsch, die Gestapo oder Ordnungspolizei nach Lucmierz transportierten, wo sie von Angehörigen der SS-Einheit erschossen wurden. Im Zuge der staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen die Kommandeure der Einheit beschrieb der
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ehemalige SS-Reiter Rudolf L. ausführlich eine solche Erschießung. Er schilderte, wie er mit einer Gruppe SS-Männer morgens die Unterkunft verließ und in den Wald marschierte, bis der Trupp zu einer bereits ausgehobenen Grube gelangte. Nach kurzer Zeit traf ein Lastwagen ein, von dessen Ladefläche etwa dreißig männliche Juden zur Grube getrieben wurden. Der Zeuge, der die Juden anhand der auf der Kleidung angebrachten Davidsterne eindeutig zuordnen konnte, gab an, lediglich zur Bewachung eingeteilt gewesen zu sein, während die jüdischen Männer von den zum Erschießungskommando eingeteilten SS-Soldaten am Rand der Grube ermordet wurden. 102 Bereits in den ersten Wochen muß die Schwadron auf diese Weise eine Vielzahl von Erschießungen vorgenommen haben. Heinz F., der ab Januar 1940 in Lucmierz stationiert war, entdeckte bei Spaziergängen im Wald in der Nähe der Unterkunft sechs oder sieben etwa zehn mal vier Meter große Hügel. Auf Nachfragen informierten ‚Kameraden‘ den SS-Mann über die bereits stattgefundenen Erschießungen: „Wie ich weiter erfuhr“, so F., „handelte es sich um Massengräber, wo vor meinem Eintreffen Polen und Juden aus dem Ghetto Litzmannstadt erschossen worden waren. Die Opfer sollen von der Polizei dorthin gebracht und von den Angehörigen der SSKavallerie, die in Lucmierz stationiert waren, erschossen worden sein.“ 103 Bestätigt wurden die Angaben durch eine Vielzahl von Schilderungen polnischer Zeugen, die in den sechziger Jahren von Untersuchungskommissionen in Polen befragt wurden. Demnach fuhren ab etwa Oktober 1939 häufig aus Richtung Lodsch kommende Lastwagen mit heruntergelassenen Planen in den Lucmierzer Forst. Bei Erscheinen der Lkw gingen bewaffnete Trupps der Schwadron in wechselnder Größe von etwa zehn bis dreißig SS-Männern aus ihren Unterkünften in den Wald. Kurz darauf seien in dem abgesperrten Gebiet dann immer Schüsse zu hören gewesen. 104 Der Pole Jan J., der selbst deutsch sprach, hörte im Anschluß an eine im Oktober 1939 vorgenommene Erschießung, wie die Deutschen sich darüber unterhielten, daß gerade vierzig Juden getötet worden seien. Eine umfangreiche Exekution muß sich am 11. November 1939 abgespielt haben; an diesem Tag waren die Opfer in insgesamt siebzehn Autos in den Wald transportiert worden.105 Im Anschluß an die Erschießungsaktionen beobachteten polnische Zeugen des öfteren, wie die SS-Männer bei ihrer Rückkehr aus dem Wald Kleidungsstücke, Pelze und Stiefel in die Quartiere schleppten. 106 Die Habseligkeiten der Ermordeten, die sich die einzelnen Angehörigen nicht selbst aneigneten, wurden in einem eigens errichteten Depot gesammelt. 107 Grundsätzlich wurde aus den Mordaktionen gar kein großes Geheimnis gemacht; die im entfernten Warschau stationierten SS-Reiter sprachen ausführlich über die Erschießungen im Lucmierzer Wald. 108 Allerdings sind nur von ganz wenigen der ermordeten Juden die Namen bekannt. Aus der dürftigen Überlieferung läßt sich jedoch schließen, daß viele prominente jüdische Persönlichkeiten aus Lodsch in Lucmierz erschossen wurden. Nach der Definition der Deutschen repräsentierten sie die „jüdische Intelligenz“. Shimon Gluck, der auch unter dem Namen Stefan Barylski publizierte, war einer von ihnen. Er wurde 1897 in Lodsch gebo-
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ren und arbeitete dort bis zur Einnahme der Stadt durch die Deutschen als Journalist. Von den SS-Reitern wurde er 1940 in Lucmierz erschossen.109 In der Gegend von Chelm im Distrikt Lublin organisierte die dort stationierte 5. Schwadron der 1. SS-Reiterstandarte im Dezember 1939 sowie im Januar 1940 Massenerschießungen von polnischen Juden. Die Massaker standen im Zusammenhang mit den chaotischen Versuchen zur Schaffung eines „Judenreservats“. Am 1. Dezember 1939, genau zu der Zeit, als die Deportationen in den Distrikt einsetzten, übertrug das örtliche Grenzpolizeikommissariat der Sicherheitspolizei der Schwadron die Bewachung eines Transports von mehr als 1000 Juden. Es war geplant, die Menschen über die russische Grenze abzuschieben.110 Über den Einsatz seiner Männer berichtete SS-Obersturmführer Reichenwallner, der Schwadronskommandeur: „Die 5. Schwadron hat am 1. 12. 39 in Cholm 1018 übernommen, welche in einem Fußmarsch von dem Kreise Cholm nach dem Kreise Sokal transportiert werden sollten. Die 54 km lange Strecke wurde zu Fuß zurückgelegt und [schließlich] konnte[n] um 21.30 Uhr 578 Juden der Schutzpolizei in Brubieszow [Hrubieszow] übergeben werden. Auf der Flucht wurden 440 Juden erschossen.“ 111 Die Schwadron hatte die Bewachung der über 1000 jüdischen Männer am Morgen des 1. Dezember übernommen. Anschließend trieb das Begleitkommando der SS-Reiter die Menschen in einem Fußmarsch in das über 50 Kilometer entfernte Hrubieszow. Jüdischen Überlebenden ist dieser Tag als „Todesmarsch“ in Erinnerung. Die Bezeichnung deutet an, mit welcher Brutalität die deutsche Eskorte vorging. Noch in Chelm begannen Quälereien und Mißhandlungen durch die SS-Reiter. Auf dem Marsch erschossen die Deutschen ältere und schwache Männer, die dem Marschtempo nicht folgen konnten. Das gleiche Schicksal ereilte diejenigen, die versuchten, sich angesichts des mörderischen Vorgehens besonders zu beeilen. Laufend kam es zu weiteren Übergriffen; Menschen wurden abseits der Straße ins Gelände geführt und erschossen oder einfach auf offener Straße willkürlich ermordet. Nach dem Durchmarsch des Zuges war die Straße zwischen Chelm und Hrubieszow mit Hunderten von toten Körpern gesäumt. Gegen halb zehn Uhr nachts erreichten die Juden völlig traumatisiert Hrubieszow. Dort wurden die 578 Überlebenden vom SS-Begleitkommando der Schutzpolizei übergeben. Zusammen mit etwa 1000 Juden aus Hrubieszow trieb die Polizei die Männer am nächsten Morgen an die wenige Kilometer entfernte Demarkationslinie. Dort scheiterte jedoch der geplante Abschiebeversuch. Nach langen Stunden des Wartens in der winterlichen Kälte verweigerten die sowjetischen Grenzsoldaten den Juden den Übertritt. 112 Daß sich der Massenmord der SS-Reiter an den Chelmer Juden am Vortag in aller Öffentlichkeit abgespielt haben mußte, belegt auch eine Meldung der Täter, die wenige Tage später berichteten, die Bevölkerung sei „nach dem letzten Judentransport […] ziemlich eingeschüchtert“. 113 Wenige Wochen nach dem ersten Massaker wurde die 5. Schwadron am Abend des 12. Januar 1940 erneut vom Kommandeur des Grenzpolizeikommissariats
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telefonisch gebeten, in der kommenden Nacht die Bewachung eines Transports von 600 Juden zu übernehmen. Die Menschen seien soeben in einem aus Lublin kommenden Eisenbahnzug im Kreisgebiet eingetroffen. Ein von einem Unterführer befehligtes Kommando von 20 Männern der 5. Schwadron übernahm kurz darauf die angeforderte Bewachung. In dem Eisenbahnzug herrschten nach tagelanger Reise katastrophale Bedingungen. Unter den deportierten Juden war die Ruhr ausgebrochen, in den Waggons lagen bereits ungefähr vierzig Tote. Die Umstände meldeten die Bewacher am frühen Morgen umgehend an den Schwadronskommandeur. Reichenwallner erschien darauf mit dem lokalen Chef der Sicherheitspolizei und dem stellvertretenden Landrat am Bahnhof. Der kleine Kreis deutscher Besatzungsvertreter verschaffte sich einen Überblick über die Situation im Zug. Nach kurzer Beratung war man sich dann „einstimmig klar“ darüber, daß es, wie Reichenwallner formulierte, „ein Verbrechen wäre, die verseuchten und verwanzten Juden im Kreisgebiet Chelm auszusetzen. Wir haben deshalb veranlaßt, dass das Zugpersonal mit deutschen Beamten besetzt wurde und der Zug in eine Waldgegend Richtung Ruda abgeschoben wird, um dort sämtliche Insassen zu erschießen.“ Die lokal vereinbarte Mordaktion sollte von der Waffen-SS realisiert werden, was jedoch auf Komplikationen stieß, da die gesamte Schwadron nur über einen Vorrat von insgesamt 500 Schuß Munition verfügte. Für die anstehende Erschießung wurde das jedoch als zu gering erachtet. Reichenwallner startete deshalb im Kreisgebiet eine öffentliche Sammel- und Hilfsaktion zur Gewährleistung des Massenmordes. Eine erste Anfrage bei der Wehrmacht ergab, daß bei den in der Nähe stationierten Verbänden ebenfalls keine ausreichenden Munitionsreserven vorhanden seien. Die anschließend erneut erfolgte Kontaktierung des stellvertretenden Landrats verlief erfolgreicher. Dieser stellte ein Kommando von acht Gendarmen zusammen, die den SS-Reitern umgehend mit ausreichenden Munitionsvorräten zur Hilfe eilten. Dem Massaker stand nun nichts mehr im Wege. Noch am 13. Januar 1940 ermordete ein Trupp der Waffen-SS unter Mithilfe der zugeteilten Gendarmen in einem Waldgebiet außerhalb von Chelm sämtliche 600 Juden. 114 Während die SS-Reiter in Lucmiercz lediglich das Personal zur Ermordung der durch die Sicherheitspolizei im voraus bestimmten Opfer gestellt hatten, beruhten die Massaker der 5. Schwadron in der Gegend von Chelm in weit größerem Maße auf Eigeninitiative der Waffen-SS. Bei der ersten Massenerschießung Anfang Dezember waren die Exzesse des Begleitkommandos ausschlaggebend für die hohe Zahl der jüdischen Opfer. Unverkennbare Eigeninitiative zeigte sich auch im zweiten Fall. Erst die gemeinsame morgendliche Inspektion des Zuges durch den Schwadronskommandeur, den Chef des Grenzpolizeikommissariats und den Vertreter der Zivilverwaltung löste die einvernehmliche Entscheidung zur Ermordung der Juden aus, deren Umsetzung die Waffen-SS gleich selbst übernahm. Der Kommandeur der Kavallerieschwadron mit seiner bereits hinlänglich bewiesenen radikal antisemitischen Einstellung wird bei der Entscheidung zur Ingangsetzung des Massakers eine wesentliche Rolle gespielt haben.
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Wilhelm Reichenwallner, Jahrgang 1910, war begeisterter Nationalsozialist und ein Veteran der Bewegung. Als Gefolgsmann Hitlers hatte er bereits an dessen Putschversuch am 9. November 1923 in München teilgenommen. Noch im Herbst 1940 beanspruchte er als Einheitsführer im besetzten Polen gegenüber seinem Regimentskommandeur stolz einen Sonderurlaub, um an den jährlichen Feierlichkeiten in München teilnehmen zu können.115 Genauere Angaben über die Zahl der jüdischen Opfer der untersuchten Totenkopfstandarten während der beiden ersten Jahre deutscher Besatzung in Polen sind kaum möglich. Allein die Opferzahl der geschilderten Massaker in Lucmierz und Chelm summiert sich wohl auf über 2000 Tote. Darüber hinaus sind in der Berichterstattung der SS-Kavallerie etliche weitere „Judenaktionen“ angedeutet, über deren Opferzahl jedoch keinerlei Informationen vorliegen. Sicherlich wird auch ein Teil der Toten der häufig ohne nähere Angaben gemeldeten Exekutionen Juden gewesen sein. 116 Die Zahl der von ehemaligen Einheitsangehörigen bei ihren Vernehmungen angedeuteten jüdischen Opfer der 8. und 10. SS-Totenkopfstandarte bleibt ebenfalls im Dunkeln. 117
6. Die „Intelligenzaktion“ und der Terror gegen die Zivilbevölkerung Der mittels antisemitischer und rassistischer Kategorien geführte Krieg gegen Polen hatte nicht nur die beschriebenen katastrophalen Auswirkungen auf das polnische Judentum. Die Vorstellung der nationalsozialistischen Führung, die Polen insgesamt als ein Volk von Sklaven zu kolonisieren, beinhaltete das Vorhaben, als eine Vorbedingung mittels organisiertem Massenmord deren intellektuelle Führungsschicht zu beseitigen. Die Ermordung der polnischen Intelligenz begann im Oktober 1939 und dauerte im wesentlichen bis zum Frühjahr 1940 an. In diesem Zeitraum wurden Politiker und Unternehmer, Grundbesitzer, Offiziere und Geistliche, Lehrer und Angehörige akademischer Berufe sowie Journalisten und Künstler getötet. Insgesamt ermordeten die Deutschen im Rahmen der „Intelligenzaktion“ mehrere zehntausend Menschen. Das Gros der Opfer wurde von den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und von den Verbänden des „Volksdeutschen Selbstschutzes“ getötet. Neben Ordnungspolizei und Wehrmachtsverbänden waren jedoch auch die SS-Totenkopfverbände an dem Massenmord beteiligt. 118 Vor dem Hintergrund des Genozids an der polnischen Elite schrieb Fegelein über die Aufgaben seiner Truppe: „Es war manches Mal nicht leicht, die vielen Exekutionen und Sonderaktionen durchzuführen, da vom Mann Tag für Tag die schwerste moralische Belastung gefordert werden mußte.“ 119 Zusammen mit dem Stab der Totenkopf-Reiterstandarte war die 1. Schwadron im November 1939 in Warschau stationiert worden. Dem Höheren SS- und Polizeiführer berichtete Fegelein, die Einheit sei in der Vergangenheit „in stärkstem Umfang zu Exekutionen herangezogen“ worden.120 In diesem Zusammenhang ermittelte die Berliner Staatsanwaltschaft Anfang der sechziger Jahre gegen den Kommandeur der Einsatzgruppe IV, Lothar Beutel. Während des Ermittlungsverfahrens kam ans
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Licht, daß die Warschauer Einheiten der SS-Kavallerie in enger Abstimmung mit dem dortigen Kommandeur der Sicherheitspolizei häufig Massenerschießungen im Warschauer Parlamentsgarten und in dem etwa 30 km entfernten Wald von Kampinos bei Palmiry ausführten. Allein in dem genannten Waldstück wurden ab dem 7. Dezember 1939 unter anderem von den Reitern über 1700 Personen, darunter auch zahlreiche Juden, erschossen.121 Die beschriebenen Massenerschießungen im Wald von Lucmierz im Warthegau fanden vielfach ebenfalls im Rahmen der systematischen Ermordung der polnischen Intelligenz statt. Neben den Juden wurden regelmäßig polnische Insassen aus dem Gefängnis von Lodsch nach Lucmierz transportiert und dort erschossen. 122 Obwohl die 3. Schwadron noch im Juni 1940 berichtete, auf Befehl des Höheren SS- und Polizeiführers an einer Aktion in Zamosc „anläßlich der Festnahme der polnischen Intelligenz“ teilgenommen zu haben, ebbten die Erschießungen im Verlauf des Frühjahrs 1940 langsam ab. 123 Durch die verschiedenen Institutionen des deutschen Besatzungsapparates angefordert, wurden die Totenkopfstandarten jedoch auch in den folgenden Monaten zu zahlreichen Einsätzen gegen die polnische Zivilbevölkerung herangezogen. Einheiten des 1. Reiterregiments verhafteten bei einem Großeinsatz im August 1940 in Warschau 1500 polnische Zivilisten, die anschließend in das Konzentrationslager Dachau abtransportiert wurden. 124 Nach der angeblichen Erschießung eines SD-Angehörigen wurden im Folgemonat erneut 1600 Polen aus Warschau verhaftet. 125 Nachdem während des Himmler-Besuchs in Auschwitz am 1. März 1941 die weitere Vergrößerung des dort entstandenen Konzentrationslagers und der Bau des IG Farben-Werkes projektiert worden war, begleiteten 180 SS-Männer und 20 Unterführer des SS-Kavallerieregiments 2 am 5. und 6. April einen großen Eisenbahntransport polnischer politischer Gefangener von Zamozc über Lublin nach Auschwitz. 126 Weiterhin gehörte auch die Erschießung polnischer Zivilisten zum Dienstalltag der Waffen-SS. Die 1. Schwadron des Reiterregiments 1 tötete am 30. August 1940 in Warschau im Auftrag des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD 87 „aufrührerische Polen“. 127 Allein im nächsten Monat übernahmen Einheiten der SS-Kavallerie nach entsprechenden Aufträgen der Sicherheitspolizei die Erschießung von 200 Personen. 128 Die in Seroczyn stationierte Schwadron verhaftete im Frühjahr 1940 laufend polnische Zivilisten. Vorübergehend wurden die Polen in einen Verschlag im Pferdestall der Einheit gesperrt. Jeweils nach einigen Tagen wurden die Gefangenen aus dem improvisierten Verließ herausgezogen, häufig von SS-Männern schwer mißhandelt und anschließend erschossen. 129 In Kielce tötete die 2. Schwadron der 1. Reiterstandarte auf Anordnung der Sicherheitspolizei am 12. und 13. Juni 1940 insgesamt 73 angebliche „Schwerverbrecher und Angehörige der Widerstandsbewegung“. In zahlreichen weiteren Fällen berichteten einzelne Schwadronen immer wieder von der Teilnahme an Exekutionen, ohne daß die Identität oder die Anzahl der Opfer nähere Erwähnung fand. 130
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Wenn sich auch die Quellenlage als sehr dünn darstellt, zeigt sich doch, daß auch andere Totenkopfverbände an der Ermordung polnischer Zivilisten beteiligt waren. Hermann S., früherer Soldat bei der 10. SS-Totenkopfstandarte, gab bei seiner Vernehmung an, daß er 1940 in Krakau dazu eingeteilt war, nach der Erschießung von Polen Fangschüsse abzugeben.131 Die 8. Totenkopfstandarte wurde von Obergruppenführer Heißmeyer, dem Generalinspekteur der verstärkten Totenkopfverbände, bereits im Dezember 1939 aufgefordert, wegen der zu erwartenden Heranziehung zu Exekutionen ein spezielles Sonderkommando auszubilden. 132 Als der Verband am 5. Juni 1940 nach Radom verlegt wurde, rief der Chef des SS-Hauptamtes die Männer kaum verhüllt dazu auf, ihren Teil „zur Niederwerfung aller Aufstände und zur Herstellung geordneter Verhältnisse im Generalgouvernement“ beizutragen. 133 Abgesehen vom Massenmord an jüdischen und christlichen Polen galten Einsätze der Standarten der Vernichtung „lebensunwerten Lebens“. 134 Am 12. Oktober 1939 kam eine Gruppe SS-Reiter der 3. Schwadron aus Posen in die zehn Kilometer weiter nördlich gelegene Stadt Owinsk. 135 Dort gab es eine psychiatrische Anstalt, in der mindestens 1000 männliche und weibliche Patienten, Erwachsene und Kinder, untergebracht waren. Die SS-Reiter bezogen Quartier in einem Teil des Krankenhauses. Kurz nach dem Eintreffen des Trupps wurde außerdem eine Kompanie der 12. SS-Totenkopfstandarte nach Owinsk verlegt. Diese Männer waren der Reitereinheit möglicherweise bei dem nun folgenden Massenmord behilflich. 136 Unmittelbar nachdem deutsche Ärzte die Psychiatrieeinrichtung inspiziert hatten, begannen die Angehörigen der Reitereinheit mit dem Abtransport der Patienten. Anfangs nur einmal, im weiteren Verlauf auch zweimal täglich, verluden die Reiter bis zu 75 Männer, Frauen und Kinder in bereitstehende Lastwagen und fuhren mit den Menschen davon. In den Wäldern um Owinsk wurden die Psychiatriepatienten anschließend von den SS-Soldaten erschossen.137 Ein polnischer Anstaltsarzt identifizierte die Täter der SS-Kavallerie in Nachkriegsaussagen unbewußt anhand ihrer Ärmelstreifen mit der Aufschrift „Adolf Hitler“. 138 Die Uniformjacken waren den Angehörigen der Einheit kurz zuvor bei ihrer Einkleidung in der Kaserne der SS-Leibstandarte in Berlin ausgehändigt worden.139 Wahrscheinlich wegen der am 25. November 1939 erfolgten Abkommandierung des Reitertrupps wurde ein kleiner Teil der bislang überlebenden polnischen Patienten danach mit Lastwagen ins Fort VII nach Posen gebracht, wo die Menschen in der dortigen Gaskammer ermordet wurden. Die etwa 100 deutschen Patienten der Anstalt blieben vorerst verschont und wurden Ende November in eine andere Einrichtung verlegt. 140 Insgesamt hatte die Reitergruppe der 3. Schwadron mit der möglichen Unterstützung von Soldaten der 12. SS-Totenkopfstandarte im November 1939 mindestens 700 christlich-polnische und 30 jüdische Psychiatriepatienten ermordet. 141 Neben den beschriebenen Massentötungen in Owinsk ermordete ein Kommando der Lucmierzer Schwadron im März 1940 die 50 Patienten des Pflegeheims der jüdischen Gemeinde für psychisch Kranke in Lodsch. 142
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Ergänzt wurden die mörderischen Feindbilder der Deutschen durch die hysterische Erwartung, die Besatzungsverwaltung könne mit starkem Widerstand aus der polnischen Gesellschaft konfrontiert werden. Bereits unter Militärverwaltung wurden potentiell widerständige Organisationen wie die Parteien aus dem nationalen, sozialdemokratischen oder kommunistischen Spektrum sowie nationale Vereinigungen wie der Westmarken- oder der Aufständischenverband erbittert verfolgt. 143 In den Wochen nach der polnischen Niederlage entstanden zwar einzelne Widerstandsorganisationen wie der Ende September 1939 gegründete Słuz˙ba Zwycie˛stwu Polski (Dienst zur Befreiung Polens), aus dem im Februar 1942 die Armia Krajowa (Heimatarmee) hervorging. In Graudenz entstand zudem der „Verband des Freien Polen“. Während der beiden ersten Besatzungsjahre standen den Gruppen außer der Verbreitung von Propaganda jedoch kaum Operationsmöglichkeiten zur Verfügung. Für die Deutschen stellten sie somit keine wirkliche Bedrohung dar. 144 Darüber hinaus waren einzelne Gruppen polnischer Soldaten noch während des Krieges untergetaucht; sie versuchten in schwer zugänglichen Gebieten Polens zu überleben. Hinweise auf eine solche polnische Widerstandsgruppe führten im Frühjahr 1940 zu einem großangelegten Einsatz der SS, der in Verlauf und Ergebnis deutliche Analogien zu den späteren mörderischen Formen der deutschen „Partisanenbekämpfung“ aufzeigte. Nach der polnischen Niederlage hatte sich eine 100 Mann starke Truppe aus Resten der polnischen Armee unter dem Kommando des Majors Henryk Dobrzan´ski, sein Kampfname lautete „Hubal“, in die Gegend um die im Distrikt Radom gelegene Stadt Konskie zurückgezogen. Gegen die Deutschen trat die Einheit faktisch kaum in Erscheinung. Nichtsdestotrotz wurde in der zweiten Märzhälfte des Jahres 1940 eine komplette Infanteriedivision der Wehrmacht in Marsch gesetzt, um die Soldaten zu vernichten. Krüger riß jedoch mit dem Verweis, daß „die Beseitigung von Freischärlern Sache der Polizei“ sei, deren weitere Bekämpfung an sich. 145 Bei dem nun folgenden Einsatz von Waffen-SS und Ordnungspolizei, der vom 29. März bis zum 9. April dauerte und von Krüger persönlich geleitet wurde, entfaltete der Höhere SS- und Polizeiführer zwar besonderen Ehrgeiz, ließ faktisch aber kein Geschick bei der Verfolgung des Militärverbandes erkennen. Schonungslos verurteilten Vertreter der in eine bloße Beobachterrolle gedrängten Wehrmacht das dilettantische Vorgehen der SS. In einem Bericht an Brauchitsch kritisierte Blaskowitz den Einsatz scharf und sprach Krüger jede Kompetenz zur Bewältigung derartiger Aufgaben ab. 146 In der Anfangsphase der Aktion geriet eines der beiden eingesetzten Polizeibataillone am 30. März in einen Hinterhalt der polnischen Kämpfer und mußte sich unter Verlusten zurückziehen. Den polnischen Soldaten gelang es außerdem, die unter schwacher Bewachung auf einer nahen Straße haltenden Fahrzeuge der Ordnungspolizei mit Handgranaten anzugreifen und mehrere Wagen in Brand zu setzen. Anstatt nach dem ersten Debakel auf die im Einsatzraum stationierten, ortskundigen Truppen der Wehrmacht zurückzugreifen, zog Krüger nunmehr aus
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Warschau, Krakau und Lublin ein weiteres Polizeibataillon, die 8. und 11. Totenkopfstandarte sowie mehrere Schwadronen der SS-Kavallerie zusammen. In den Augen der Wehrmacht offenbarte er auf diese Weise nicht nur seine persönliche Eitelkeit, er verzichtete mit der Kommandierung der SS- und Polizeiverbände auch auf eine im gesamten Generalgouvernement bereits längerfristig geplante Verhaftungsaktion von etwa 1000 „Führern der polnischen Aufstandsbewegung“, die für den gleichen Zeitraum angesetzt war. Nach dem Urteil des Wehrmachtsoberbefehlshabers im besetzten Polen wäre diese Aktion „unendlich wichtiger“ gewesen, als die Bekämpfung der polnischen „Bande“. 147 Die eilig zusammengezogenen Einheiten von Waffen-SS und Ordnungspolizei begannen am 1. April mit der Einkreisung der Truppe von Major Dobrzan´ski. In der folgenden Nacht versuchten polnische Soldaten an mehreren Stellen, den Einkesselungsring zu durchbrechen. Es kam zu Gefechten, in deren Verlauf etwa 50 Polen getötet oder gefangengenommen wurden. Kommandeur Hubal und seinem Stab gelang dagegen die Flucht. Damit war die eigentliche „Großaktion“ bereits beendet, der Hauptteil der Verbände der Ordnungspolizei kehrte in ihre Standorte zurück; nur ein Polizeibataillon, die 8. SS-Totenkopfstandarte und die SS-Reiterschwadronen blieben noch vor Ort. Deren neuerlicher Versuch, Hubal und dem Rest seiner Gruppe habhaft zu werden, schlug am 4. April abermals fehl. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die vorrangig militärischen Motive des Einsatzes der SS durchaus erkennbar. In den folgenden Tagen bekam das Unternehmen jedoch einen gänzlich anderen Charakter. Die noch vor Ort befindlichen Einheiten der Waffen-SS machten ihrer Frustration über das verfehlte Einsatzziel in Aktionen gegen die polnische Zivilbevölkerung Luft. 148 Die Initialzündung für den Umschwung markierte der Tod Hauptsturmführer Staufers, des Kommandeurs der 7. Kompanie der 8. SS-Totenkopfstandarte. Dieser war am 7. April mit einem Stoßtrupp in das Dorf Krolowiec eingefallen und dort bei der Durchsuchung eines Hauses von einem polnischen Uniformierten angeschossen und so schwer verletzt worden, daß er wenig später starb. Oberführer von Jena, der Kommandeur der 8. Standarte, befahl darauf als Repressalie die sofortige Erschießung von zehn im Dorf festgenommenen Geiseln. Als Krüger von dem Vorfall in Krolowiec erfuhr, sorgte er seinerseits für eine weitere Radikalisierung. Er befahl die Ermordung sämtlicher Männer im wehrfähigen Alter und die Niederbrennung des Ortes, was von der 7. und 8. Kompanie der 8. Totenkopfstandarte umgehend in die Tat umgesetzt wurde. Bei der Mordaktion wurden ungefähr achtzig Männer erschossen.149 Auch die SS-Kavallerie kannte nun kein Halten mehr. Von Gustav Lombard, dem Chef der vor Ort eingesetzten 3. Schwadron, ist vom 7. April ein denkwürdiger Befehl überliefert, der grundsätzlich anordnete: „Im Gefechtsstreifen im Hinblick auf die Kampfmethoden der irregulären, poln[ischen] Truppen sofort auf Nichtdeutsche schießen.“ 150 Im direkten Anschluß an die Ermordung der Männer aus Krolowiec befahl Krüger, daß nunmehr auch aus den umliegenden Dörfern die wehrfähige männliche Bevölkerung zusammenzutreiben und abzutransportieren sei. Am 8. April
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1940 begann die systematische Besetzung und Durchsuchung der Orte. Der 3. Schwadron der SS-Kavallerie wurde am Vorabend per Funk der Befehl übermittelt: „Bei diesem Auftrag kommt es darauf an, die gesamten, im Gefechtsstreifen liegenden Dörfer für die nachrückende Pol[izei-] Truppe zu umstellen und die gesamte männl[iche] Bevölkerung gefangen zu nehmen. Abtransport erfolgt durch die nachfolgende Pol[izei-] Truppe. Bei Widerstand werden sämtliche Männer im Alter zwischen 17 und 60 Jahren erschossen und das gesamte Dorf eingeäschert. Jeder Fluchtversuch bedingt sofortiges Erschießen.“ 151 Die radikalen Formulierungen des Befehls sind eine Andeutung dessen, was am folgenden Tag im Rahmen der „Großaktion“ tatsächlich stattgefunden haben muß – die wahllose Ermordung zahlreicher Männer, die in den umliegenden Dörfern lebten. Wie die von Fegelein in seinem Abschlußbericht angegebene Zahl von 250 Erschossenen vermuten läßt, müssen die SS-Reiter die Bewohner einiger Dörfer sofort nach der Besetzung der Ortschaften zusammengetrieben und ermordet haben. In anderen Dörfern wurden die Festgenommenen gemäß dem arbeitsteiligen Befehl der Ordnungspolizei übergeben, die die gefangenen Zivilisten nach Radom abtransportierte. Viele der inhaftierten Männer kamen nie wieder frei, sondern wurden in den folgenden Tagen in den Gefängnissen von Radom erschossen. 152 Die abschließende Bewertung des wenig später abgeschlossenen Großeinsatzes nutzte Fegelein zu einem blutrünstigen Lobgesang auf seine Truppe. „Es wurde in jedem Falle rücksichtslos durchgegriffen“, stellte der SS-Kommandeur fest, um dann zu formulieren: „Die gestellten Aufgaben im Niederbrennen von schuldigen Dörfern als Sühneaktion und das Erledigen von üblen Elementen geschahen auf eine so saubere und anständige SS-mässige Art, daß jeder Zweifel an der Charakterfestigkeit der Truppe beseitigt werden mußte.“ 153 Ganz anders beurteilte Generaloberst Blaskowitz die Aktion. In seinem Bericht an Brauchitsch fällte er ein rundum vernichtendes Urteil. Insgesamt habe die SS die Schwierigkeiten des gesamten Unternehmens unterschätzt und das Verhalten der eingesetzten Verbände in Bezug „auf Aufklärung, Sicherung und Benehmen auf dem Gefechtsfeld [habe] in keiner Weise den primitivsten Anforderungen“ entsprochen. 154 Der sich überall im deutsch besetzten Polen entfaltende und in Bezug auf die Waffen-SS in Ansätzen beschriebene Massenmord an Juden und Polen warf für die Besatzungsverwalter jedoch auch erhebliche Probleme auf. Etliche der Erschießungen fanden unter den Augen zahlreicher Zuschauer, also quasi in der Öffentlichkeit, statt. Mitunter gelang einzelnen Opfern sogar die Flucht von den Erschießungsstätten. Unter der polnischen Bevölkerung waren die Massenerschießungen schnell vorrangiges Gesprächsthema, was in den Augen der Deutschen wiederum die Gefahr der ‚Unruhestiftung‘ barg. Auf der anderen Seite warf die Mordpraxis disziplinarische Probleme bei den SS- und Polizeitruppen auf. Wie bereits mehrfach dargestellt, konnten SS-Männer durch die Alltäglichkeit des Mordens zu eigenen Exzessen mit schwerlich absehbaren Konsequenzen angeregt werden. Krüger reagierte im April 1940 mit der Herausgabe einer de-
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taillierten Anweisung zum Ablauf von Exekutionen auf derartige Schwierigkeiten. Umfang und Zusammensetzung der Exekutionskommandos, der Zeitpunkt sowie das organisatorische Prozedere bis zur eigentlichen Schußabgabe wurden damit genau festgelegt. Keinesfalls, so Krüger, dürften „einheimische Juden oder Polen zum Grabschaufeln“ verwendet werden; die Gefahr von Fluchtversuchen der Opfer sei durch geeignete Sicherungsmaßnahmen zu minimieren. Unbefugten sei das Betreten des Erschießungsplatzes strikt verboten, ebenso sei jegliches Photographieren unbedingt zu unterbinden. Zudem untersagte Krüger jegliche Form von Mißhandlungen der Erschießungsopfer. Über den Versuch einer Vereinheitlichung des Tötungsverfahrens hinaus waren die genauen Vorgaben des Höhere SS- und Polizeiführers wohl noch aus einem weiteren Grund entstanden. Obwohl die polnischen Juden und ein Großteil der christlichen Polen seit der deutschen Besetzung faktisch in einem rechtsfreien Raum lebten, suggerierte Krügers Befehl die Existenz rechtsstaatlicher Normen. Die SS-Männer seien, so der beabsichtigte Eindruck, nur ausführende Organe, die dem funktionierenden nationalsozialistischen Rechtssystem durch die in „einwandfreier soldatischer Form“ auszuführenden Exekutionen Geltung verschafften. Wenn auch bei vielen Massenerschießungen weiterhin Exzesse stattfanden und die Tötungen meist keineswegs dem geforderten Verfahren entsprachen, ermöglichten derartige Anweisungen den eingesetzten SS-Führern und Mannschaften doch, die eigene Verantwortung beim Mord gegebenenfalls auszublenden. Auch in anderer Beziehung sorgte sich Krüger um das seelische Wohl seiner Männer. Die Offiziere von Waffen-SS, Sicherheits- und Ordnungspolizei erinnerte er anläßlich der Weitergabe seiner Tötungsanleitung ausdrücklich „an den persönlichen Wunsch des Reichsführers SS, daß die Exekutionskommandos nach der Exekution einer Zerstreuung mit geistig wertvollem Inhalt zuzuführen sind“. 155 Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, daß die in Polen stationierten und 1941 dem Kommandostab unterstellten Einheiten der Waffen-SS an allen Facetten der mörderischen deutschen Besatzungspolitik in Polen beteiligt waren. Neben der Sicherheitspolizei und den Bataillonen der Ordnungspolizei waren die SS-Totenkopfstandarten ein ganz wesentliches Mittel zur Verwirklichung der antisemitischen und rassistischen Politik gegenüber Juden und christlichen Polen. Gerade die deutsche Judenpolitik wurde in dem eroberten Land unter anderem durch die Totenkopfstandarten im Vergleich zur Vorkriegssituation im Reich ganz wesentlich radikalisiert. Erstmals wurde unter Beteiligung der Waffen-SS eine Politik in Gang gesetzt, die auf eine „Endlösung der Judenfrage“ abzielte und dabei, wenn auch noch nicht in ausschließlich eliminatorischem Sinn, bereits den Tod vieler Menschen einkalkulierte. Daneben beteiligten sich zumindest die Reiter der SS-Kavallerie an den Massenerschießungen Zehntausender christlicher und jüdischer Polen der sogenannten Intelligenz, dem ersten von den Deutschen in Gang gesetzten Genozid. 156 Der in zahlreichen Fällen deutlich zu Tage tretende Einsatzwille von Führern und Mannschaften der SS-Verbände war dabei
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ein bedeutsamer Faktor. Bei den dargestellten Einsätzen existierte offenbar eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den Zielen der Befehlsgeber und den Motiven der ausführenden Befehlsempfänger. Rassistische Einstellungen gegenüber christlichen Polen und besonders der Haß auf die Juden zeigte sich darüber hinaus in Taten, die auf reiner Eigeninitiative von Angehörigen der Totenkopfstandarten basierten. Die Ereignisse belegen exemplarisch, daß die Deutschen bereits mit der Besetzung des Landes im September 1939 einen Vernichtungskrieg gegen die polnische Gesellschaft in Gang setzten. 157 Hinsichtlich des bevorstehenden Angriffs auf die Sowjetunion erschien es von der SS nur folgerichtig, für die zukünftigen Aufgaben erneut auf Einheiten zurückzugreifen, die bereits in den vergangenen 22 Monaten mit viel Eigeninitiative eine derart mörderische Besatzungspolitik realisiert hatten. 158
III. Kriegsplanungen. Die Bildung des Kommandostabes Reichsführer-SS im Kontext der Vorbereitungen für den Feldzug gegen die Sowjetunion 1. Vorbereitungen auf den „Weltanschauungskrieg“ Im Sommer 1940 entschloß sich Hitler zum Krieg gegen die Sowjetunion. 1 Während Massenverbrechen beim Feldzug Deutschlands gegen Frankreich sowie bei der Besetzung der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs nur in geringem Umfang stattgefunden hatten, wurde der Krieg gegen die Sowjetunion in einer Weise geplant, die die Realisierung von Massenmord zu einem wichtigen Bestandteil des gesamten Kriegskonzepts erhob. 2 Die Operationspläne der Wehrmacht sahen vor, den gesamten Feldzug als „Blitzkrieg“ zu führen. Dabei sollte das Heer mit motorisierten Verbänden in mehreren Stoßkeilen schnell über die deutschsowjetische Demarkationslinie nach Osten vordringen, das Gros der Roten Armee noch in den grenznahen Gebieten in gigantischen Kesselschlachten vernichtend schlagen und dadurch das gesamte „bolschewistische System“ innerhalb weniger Wochen zum Einsturz bringen. 3 Die vorgesehene kurze Kriegsdauer war ein entscheidender Bestandteil der strategischen Planungen. Hitler war sich des Sieges immerhin so sicher, daß er bereits Ende 1940 anordnete, den Schwerpunkt der Rüstung noch vor dem Angriff auf die Sowjetunion auf die vermehrte Produktion von Flugzeugen und Schiffen für die anschließend projektierte Unterwerfung Englands und den erwarteten Krieg gegen die Vereinigten Staaten umzustellen. 4 Untrennbar mit den militärischen Planungen verbunden waren die Vorbereitungen, die dem Krieg die ideologische Prägung einer „Auseinandersetzung zweier Weltanschauungen“ geben sollten. Schon in der Anfangsphase der Planungen entstanden Richtlinien, die auf die Anwendung brutalster Methoden gegenüber den Soldaten der Roten Armee, den sowjetischen Juden und der gesamten Zivilbevölkerung schließen ließen. 5 Wie im Krieg gegen Polen hatte Himmler mit dem ihm unterstehenden SS- und Polizeiapparat eine Schlüsselrolle bei der Ideologisierung der Kriegsplanungen inne. 6 Erste Gespräche zwischen Wehrmacht und SS fanden bereits Anfang 1941 statt. Ziel des Dialogs war es auch, die Differenzen zwischen Heeresführung und SS, wie sie punktuell 1939 im Krieg gegen Polen noch aufgetreten waren, von vornherein zu vermeiden. 7 Hitler selbst formulierte Anfang März 1941 verbindliche Grundsätze, die in den vom Oberkommando der Wehrmacht am 13. März erarbeiteten „Richtlinien auf Sondergebieten zur Weisung Nr. 21“ ihren Niederschlag fanden. Für die SS waren darin umfangreiche Kompetenzen vorgesehen, einschränkend wurde lediglich
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1. Vorgeschichte und Ausgangslage
festgehalten, daß die militärischen Operationen „nicht gestört“ werden sollten und nähere Vereinbarungen zwischen Wehrmacht und SS noch getroffen werden müßten. 8 Als Ergebnis der Absprachen wurde eine schriftlich festgehaltene Vereinbarung zwischen Wehrmacht und SS geschlossen. Der „Regelung des Einsatzes der Sicherheitspolizei und des SD im Verbande des Heeres“ vom 28. April 1941 kam deshalb eine so große Bedeutung zu, weil damit faktisch die Grundlage für den Massenmord der Einsatzgruppen geschaffen worden war. 9 Zeitgleich entstanden auf höchster Ebene eine ganze Reihe ‚verbrecherischer Befehle‘, die noch vor Angriffsbeginn den Charakter des Krieges klar erkennen ließen. Mit dem „Kriegsgerichtsbarkeitserlaß“ setzte Hitler am 13. Mai 1941 völkerrechtlich verbindliche Konventionen bezüglich der Behandlung der Zivilbevölkerung außer Kraft und ordnete Vergeltungsmaßnahmen ausdrücklich an. Kriegsverbrechen wurden dadurch sanktioniert, daß der Verfolgungszwang für Straftaten, die Wehrmachtssoldaten gegenüber der Zivilbevölkerung begingen, im voraus aufgehoben wurde. 10 In den am 19. Mai 1941 ausgearbeiteten „Richtlinien über das Verhalten der Truppe in Rußland“ wurde ein Klima allgegenwärtiger Bedrohung halluziniert, mit dem die deutschen Truppen in der Sowjetunion konfrontiert seien. Unter anderem ordneten die Richtlinien „rücksichtsloses und energisches Durchgreifen gegen bolschewistische Hetzer, Freischärler, Saboteure, Juden und restlose Beseitigung jedes aktiven oder passiven Widerstandes“ an. 11 Schließlich waren es noch die auf Wunsch Hitlers seitens des Oberkommandos der Wehrmacht ausgearbeiteten und am 6. Juni fertiggestellten „Richtlinien zur Behandlung politischer Kommissare“ der Roten Armee, die ein zusätzliches Feindbild schufen und die zukünftige Kriegsführung mitbestimmten. 12 Widerstandslos hatte die Wehrmachtsführung mit der Herausgabe eines Teils der ‚verbrecherischen Befehle‘ den Direktiven Hitlers und den Forderungen der SS entsprochen. Damit hatte der „Krieg der Weltanschauungen“ bereits im Vorfeld äußerst brutale und von der nationalsozialistischen Ideologie geprägte Züge angenommen. Die Vorbereitungen der SS gingen weit über Konzepte für die Verwendung der Einsatzgruppen und über allgemeine Rahmenbedingungen für die anstehende Kriegsführung hinaus. Wie bereits im Reich und im besetzten Polen sollten auch in der Sowjetunion Höhere SS- und Polizeiführer als direkte Stellvertreter Himmlers fungieren. 13 In den eingegliederten Gebieten der Gaue Danzig-Westpreußen und Wartheland sowie im Generalgouvernement hatten sie seit 1939 entscheidenden Anteil an der Durchsetzung der verbrecherischen deutschen Besatzungspolitik gehabt. Nicht zuletzt dadurch war die große Bedeutung dieser Befehlsebene im nationalsozialistischen Machtapparat offenkundig geworden. Nun zeichnete sich ab, daß die SS-Führer in der Sowjetunion eine ähnliche Bedeutung innehaben würden. Konkrete Planungen zur Einsetzung von insgesamt vier Höheren SS- und Polizeiführern für die zu besetzenden Gebiete existierten spätestens seit Anfang April 1941. Mit SS-Gruppenführer Hans-Adolf Prützmann empfing Himmler
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am 9. April den späteren Amtsinhaber im Baltikum und in Nordrußland. 14 Am gleichen Tag wurde der in gleicher Funktion für den Kaukasus-Raum vorgesehene Gerret Korsemann zur Weiterbildung für die in Aussicht gestellte Position zum SD-Hauptamt befohlen. 15 Tags darauf erschien Erich von dem Bach-Zelewski bei Himmler und wird bei dieser Gelegenheit über die bevorstehenden Aufgaben auf dem ihm zugedachten Posten als Höherer SS- und Polizeiführer in Moskau in Kenntnis gesetzt worden sein. 16 Schließlich war für den entsprechenden Posten in der Ukraine Friedrich Jeckeln vorgesehen, der dazu am 23. April 1941 an einen Vertrauten schrieb: „Ich selbst werde, wie ich unter der Hand erfahren habe, im Rahmen der grossen Ereignisse, die zu erwarten sind, und die Du ja als im Osten tätiger SS-Führer sicher ebenfalls kennst, eingesetzt werden. Ich freue mich sehr, […] eine Aufgabe zu kriegen, in der kämpferische und große Probleme zu lösen sind.“ 17 Die Wehrmacht akzeptierte die Präsenz der Höheren SS- und Polizeiführer in ihrem Operationsgebiet spätestens während einer Besprechung mit der SS-Führung am 16. April 1941 in Graz. Himmler setzte sich bei dieser Gelegenheit gegenüber Generalquartiermeister Wagner außerdem mit der Forderung durch, seinen Statthaltern umfangreiche Truppen beizuordnen. 18 Dem Grazer Treffen folgte ein Entwurf über die Aufgaben der Höheren SS- und Polizeiführer in der Sowjetunion, der fünf Tage später von der SS ausformuliert vorlag und nach genau einen Monat fast wortgleich übernommen wurde. 19 Mit dem am 21. Mai 1941 in Kraft getretenen Erlaß setzte Himmler im „Einvernehmen mit dem Oberbefehlshaber des Heeres“ für die zu besetzenden Gebiete der Sowjetunion die Höheren SS- und Polizeiführer ein. Sie sollten während des Vormarsches den jeweiligen Befehlshabern der rückwärtigen Heeresgebiete beigeordnet sein. Dieser Bereich war innerhalb des militärischen Operationsgebiets hinter der eigentlichen Front sowie den rückwärtigen Armeegebieten und unmittelbar vor den Zivilverwaltungsgebieten vorgesehen. 20 Die Wehrmachtsbefehlshaber waren gegenüber den SS-Führern lediglich zur „Vermeidung von Störungen der Operationen und Aufgaben des Heeres“ weisungsberechtigt; im übrigen hatten Himmlers Repräsentanten nur die von ihm „unmittelbar gegebenen Aufgaben“ auszuführen. Zusätzlich zu den Kommandos des Reichssicherheitshauptamtes sollten ihnen dazu Truppen der Ordnungspolizei und der Waffen-SS zur Verfügung gestellt werden. Über die Verwendung dieser Verbände war festgehalten worden, daß sie mit Einverständnis der Höheren SS- und Polizeiführer von der Wehrmacht bei Bedarf auch zu militärischen Aufgaben herangezogen werden könnten. Davon abgesehen sollten die Einheiten die grundsätzlichen Weisungen direkt von Himmler erhalten. 21 In den drei im Operationsgebiet jeder einzelnen Heeresgruppe geplanten rückwärtigen Gebieten zeichnete sich damit eine zweifache Aufgabenstellung ab. Auf den Rollbahnen und Eisenbahnstrecken würde vorrangig durch Wehrmachtsverbände der ungehinderte Nachschub für die Front sichergestellt werden, gleichzeitig sollte die SS vor Ort mit der sogenannten politischen Befrie-
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dung, also der Bekämpfung der vermeintlichen Gegner des Nationalsozialismus, beschäftigt sein. Von der Wehrmacht waren für jedes der rückwärtigen Heeresgebiete jeweils nur drei Sicherungsdivisionen vorgesehen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben hatten die Verbände von Anfang an ein brutales Verhalten an den Tag zu legen. In einer Anordnung war dazu festgelegt worden: „Aktiver oder passiver Widerstand der Zivilbevölkerung ist mit scharfen Strafmaßnahmen im Keime zu ersticken. Selbstbewußtes und rücksichtsloses Auftreten gegenüber den deutschfeindlichen Elementen wird ein wirksames Vorbeugungsmittel sein.“ 22 Über die Sicherung der Nachschubwege hinaus zeigte die Wehrmacht kein Interesse an einer wirklich flächendeckenden militärischen Besetzung der rückwärtigen Gebiete. Dazu wären auch weit mehr Truppen erforderlich gewesen, die die Wehrmacht wegen der damit einhergehenden Schwächung ihrer Frontverbände nicht bereitstellen wollte. Entsprechend erklärte der Vertreter des Generalquartiermeisters Mitte Mai 1941 bei einer Einweisung der vorgesehenen Sicherungsdivisionen, die Wehrmachtsverbände würden lediglich „perlschnurartig“ entlang der wichtigsten Verkehrswege eingesetzt werden. Abseits dieser Routen sollten vorrangig SS-Einheiten zum Einsatz kommen. 23 Durch den Verzicht des Oberkommandos des Heeres auf eine stärkere Truppenpräsenz in den rückwärtigen Gebieten waren die dortigen Wehrmachtsbefehlshaber auf ein gutes Verhältnis mit den Höheren SS- und Polizeiführern angewiesen, da die SS mit ihren eigenen Verbänden abseits der Nachschubwege ja durchaus Aufgaben von militärischem Interesse übernehmen würde. Damit war ein Abhängigkeitsverhältnis geschaffen, das der SS in diesem Bereich eine machtvolle Ausgangssituation bescherte und absehbar zu einem folgenreichen Verschwimmen der Grenzen zwischen militärischen Sicherheitsbelangen und dem ideologisch motivierten Vernichtungsprogramm führen mußte. Zusätzliche Bedeutung bekamen die sich abzeichnenden Aktivitäten der SS im Operationsgebiet des Heeres noch durch den Umstand, daß sich Himmler mit seinen Wünschen nach weitreichenden Kompetenzen für die „politische Befriedung“ in den geplanten Zivilverwaltungsgebieten gegen seinen Konkurrenten Alfred Rosenberg vorerst nicht durchsetzen konnte. Dieser war von Hitler am 20. April 1941 zum „Beauftragten für die zentrale Planung der Fragen des osteuropäischen Raumes“ ernannt worden. Eine damit erforderlich gewordene enge Zusammenarbeit Himmlers mit dem verhaßten Rosenberg würde absehbar erheblichen Konfliktstoff bergen. Im Vergleich dazu mußten die Interventionsmöglichkeiten der SS in den rückwärtigen Heeresgebieten um so attraktiver erschienen sein. 24
2. Gründung und Besetzung des Kommandostabes Reichsführer-SS Auf persönliche Initiative Himmlers wurde als zentrale Befehlsstelle für den angekündigten Einsatz von Verbänden der Waffen-SS im Befehlsbereich der Höheren SS- und Polizeiführer am 7. April 1941 der „Einsatzstab Reichsführer-SS“ eingerichtet und noch für den gleichen Tag zu einer ersten Besprechung im Dienstsitz des SS-Führungshauptamtes zusammengerufen. Einen Monat später,
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Abb. 2. Kurt Knoblauch, Chef des Kommandostabes, (rechts) mit Gottlob Berger, Chef des SS-Hauptamtes, 1942.
am 6. Mai 1941, ordnete Himmler an, den Einsatzstab in die letztlich gültige Bezeichnung „Kommandostab Reichsführer-SS“ umzubenennen.25 Mit der Führung des Stabes war von Anfang an Kurt Knoblauch betraut. 26 Bis dahin konnte der 45-jährige SS-Brigadeführer bereits auf eine lange militärische Karriere zurückblicken. Am 10. Dezember 1885 in Marienwerder geboren, trat Knoblauch gleich nach dem Abitur 1905 als Fahnenjunker ins Heer ein. Am Ersten Weltkrieg nahm er anfangs als Kompanieführer und ab 1916 als Bataillonskommandeur teil. Hochdekoriert wurde er 1920 in die Reichswehr übernommen, nachdem er im Jahr zuvor seine rechtsnationale Gesinnung im Freikorps „Deutsche Schutzdivision“ unter Beweis gestellt hatte. In den folgenden Jahren stieg Knoblauch in den Rang eines Obersten auf, bis er im April 1933 aus Mangel an freien Regimentskommandeurstellen aus der Reichswehr verabschiedet wurde. Nach dieser Enttäuschung setzte Knoblauch ganz auf den Nationalsozialismus. Er trat als „Märzgefallener“ in Partei und SS ein und hatte in den Jahren 1935 bis 1937 höhere Positionen im SS-Hauptamt sowie im SS-Führungsamt inne. Im April 1937 wurde Knoblauch als SS-Führer zu Martin Bormann, dem Stabschef des Stellvertreters des Führers, versetzt, wo er als Mobilisierungsbeauftragter der NSDAP tätig war und bis in den Rang eines SS-Brigadeführers aufstieg. Seit dem 1. Mai 1940 war er dann als Kommandeur der Ersatzeinheiten der SS-Division „Totenkopf“ tätig; einen Monat später wechselte er als Führungsoffizier in den
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Generalstab der Division, mit der er auch am Westfeldzug teilnahm. Ab Dezember 1940 bekleidete Knoblauch den Posten des Befehlshabers der Waffen-SS „Nordwest“ in den Niederlanden, dabei unterstanden ihm auch die 4. und 14. SSTotenkopfstandarte. Nach seiner Berufung zum Chef des Kommandostabes diente er seinem Dienstherrn Himmler auf dieser Position bis Frühjahr 1943, anschließend wechselte er als Amtsleiter der Abteilung B ins SS-Führungshauptamt, eine Dienststellung, die er bis Kriegsende innehatte. Daneben blieb Knoblauch der NS-Partei eng verbunden. Noch während seiner Tätigkeit beim Kommandostab ernannte ihn Hitler am 9. November 1941 zum Dienstleiter und am 20. April 1942 zum Hauptdienstleiter der NSDAP. 27 In den Wochen nach seiner Konstituierung baute Knoblauch den gesamten Kommandostab zügig auf. In seiner strukturellen Gliederung war er wie ein militärischer Stab der Wehrmacht zusammengesetzt und beinhaltete alle wichtigen Abteilungen. Dazu gehörte die wichtige erste Abteilung, die aus einer gemeinsamen Führungsabteilung (Abteilung Ia), einem Ressort für Ausbildung (Id), einer Feindaufklärungs- und Abwehrabteilung (Ic) und einer Abteilung für Wehrgeologie (Ig) bestand. Daneben existierte die Adjutantur mit den Unterabteilungen für die Personalangelegenheiten der Offiziere (IIa) sowie Unteroffiziere und Mannschaften (IIb). Ergänzt wurde der Kommandostab durch einen Zuständigkeitsbereich für das Gerichtswesen (III), für weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung (VI), für das Hauptquartier (H.Qu.) und durch eine umfangreiche Oberquartiermeisterabteilung (O.Qu.) mit den unterstellten Ressorts für Nahaufklärung (H-mot.), für das Rechnungs- und Verwaltungswesen (IVa) sowie für die medizinische Versorgung der Männer (IVb) und Pferde (IVc). Im April und Mai 1941 wurden die wichtigsten Stabsstellen besetzt, so daß der Kommandostab am Vorabend des Angriffs auf die Sowjetunion grundsätzlich einsatzbereit war. Bei Einsatzbeginn wies er einen Personalbestand von 82 Führungskräften im Offiziersrang auf. 28 Nominell war der Kommandostab eine Dienstelle der Waffen-SS. Mit seiner Umbenennung am 6. Mai trug er den offiziellen Titel „Kommandostab RF-SS im SS-Führungshauptamt“, damit war er Teil dieser Organisationsstruktur. Faktisch war der Stab dem Dienstbetrieb des SS-Führungshauptamtes jedoch weitgehend entzogen und unterstand vielmehr Himmler persönlich. 29 Das Personal kam aus den unterschiedlichsten Bereichen des gesamten SS-Apparats. Wichtige Posten der neuen Dienststelle wurden mit Offizieren der Ordnungspolizei besetzt. Die Polizisten bekamen allerdings mit ihrer Versetzung einen entsprechenden SS-Rang. Die Position des 1. Stabsoffiziers und Leiters der Führungsabteilung, der zugleich Knoblauchs Stellvertreter war, erhielt Oberstleutnant und SS-Obersturmbannführer Fritz Freitag. Er wurde am 28. April 1894 im ostpreußischen Allenstein geboren und besuchte dort die Schule, die er 1914 mit dem Abitur abschloß. Anschließend begann Freitag ein Medizinstudium, trat aber gleichzeitig als Freiwilliger in ein Grenadierregiment des Heeres ein und nahm wenig später am
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Kriegsplanungen Struktur und Zusammensetzung des Kommandostabes Reichsführer-SS Chef des Stabes SS-Brif. Kurt Knoblauch
IIb
Qu.1 Qu.2 Hmot. IVa IVb IVc SS-Stubaf. Josef Spacil SS-Brif. Dr. Ernst-Robert Grawitz SS-Hstuf. Hermann-Josef Held
IIa
SS-Ostubaf. Graf von Bassewitz-Behr
Ig
SS-Hstuf. Franz Liebermann
Id
SS-Hstuf. Harro With
Ic
SS-Ostubaf. Fritz Freitag SS-Hstuf. Rudolf May SS-Stubaf. Ernst Rode SS-Ostubaf. Dr. Ernst Höhne SS-Hstuf. Alfons Zeitler SS-Hstuf. Emil Reichherzer
Ia
O.Qu. Oberquartiermeister SS-Staf. Wilhelm Hartenstein
Abt. VI Abt. III Abt. II Leiter Ad- Kommando- Abteilungsleiter richter jutantur SS-Hstuf. SS-Ostubaf. SS-Ostubaf. Karl-Heinz Horst Alfons Bürger Bender Zeitler
Abt. I
Ersten Weltkrieg teil; 1916 war er bereits Kompanieführer. Zwischenzeitlich verwundet und mehrmals ausgezeichnet, setzte Freitag nach der deutschen Niederlage kurzzeitig sein Studium fort, schloß sich dann jedoch im Januar 1919 einem Freikorps an. Nach erfolgreicher Bewerbung bei der Schutzpolizei wurde er im Februar 1920 als Leutnant im Polizeidienst eingestellt, wo er bis zum Ende der Weimarer Republik tätig war. Anfang Mai 1933 trat der Polizeioffizier in die NSDAP ein; sein Beitritt zur Allgemeinen SS folgte erst im September 1940. Zweifellos war Fritz Freitag völkisch und rechtsnational orientiert, er fiel jedoch nicht als einer der hochideologisierten, bekennenden Nationalsozialisten auf, sondern verfolgte vielmehr auch im nationalsozialistischen Deutschland konsequent seine Polizeikarriere. Anfang 1936 wurde er als Taktiklehrer zur Polizeioffiziersschule nach Berlin-Köpenick versetzt, zwei Jahre später rückte er dort zum Vertreter des Kommandeurs auf. Am Krieg gegen Polen nahm Freitag zuerst in der Position eines Ia-Offiziers des Polizeiregiments 3 teil, Anfang Oktober wurde er Stabschef der berüchtigten Polizeigruppe von SS-Oberführer Udo von Woyrsch. 1940 kehrte er an die Polizeischule zurück und blieb dort bis zu seiner Kommandierung zum Kommandostab. Die Stellung als Leiter der Führungsabteilung hatte er allerdings nicht lange inne. Ab dem 19. Juni 1941 war Freitag beurlaubt und im August wurde er als Führungsoffizier zur 1. SS-Brigade kommandiert. 30 Freitag war mit Major und SS-Sturmbannführer Ernst Rode als Chef der Ausbildungsabteilung ein weiterer Polizeioffizier unterstellt, der eine vergleichbare Biographie aufwies. Rode kam am 9. August 1894 im schlesischen Kreis Waldenburg zur Welt. Nach Schulbesuch und Abschluß der mittleren Reife begann er in
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Magdeburg eine Lehre als Textilkaufmann, meldete sich aber noch während der Ausbildung bei Kriegsausbruch 1914 zum Dienst in einem Artillerieregiment des Heeres. Mit dem Regiment nahm Rode am Ersten Weltkrieg teil. Bei Kriegsende hatte er es allerdings nur bis zum Reserveoffiziersanwärter gebracht. Nach der Niederlage schloß er sich bis Juli 1919 einem Freikorpsverband an; anschließend kehrte er an seinen Ausbildungsplatz zurück, den er jedoch ein knappes Jahr später endgültig aufgab. Statt dessen kam Ernst Rode am 1. Juni 1920 als Wachtmeister zur Schutzpolizei, wo er bald die Offizierslaufbahn einschlug und in diversen Funktionen als Einheitsführer und Ausbildungsoffizier Verwendung fand. Noch in den Jahren der Weimarer Demokratie wurde Rode zum Oberleutnant befördert, am 9. November 1934 folgte die Beförderung zum Hauptmann, drei Jahre später die zum Major. Wie Freitag trat Rode wohl aus Rücksicht auf seine Polizeikarriere erst im Mai 1933 in die NSDAP ein, sein Eintritt in die SS erfolgte sogar erst nach seiner Kommandierung zum Kommandostab im Juli 1941. 31 Damit gehörten beide zur typischen Gruppe der Laufbahnpolizisten, die sich auch nach 1933 nicht primär das Image überzeugter Nationalsozialisten zulegten, sondern in erster Linie auf eine Karriere in der Ordnungspolizei setzten. 32 Einen ganz anderen Typus verkörperte SS-Hauptsturmführer Rudolf May, der am 11. Mai 1941 vom Reichsicherheitshauptamt als Leiter der Abteilung für Feindaufklärung und Abwehr zum Kommandostab versetzt wurde. May wurde am 13. November 1909 in Berlin-Tegel geboren, drei Jahre später zogen die Eltern mit dem Jungen nach Altenburg, wo er die Schule besuchte. Nach einem weiteren Umzug bestand May 1929 in Schmalkalden das Abitur und begann nach einem vergeblichen Gesuch um Aufnahme in den Polizeidienst in Göttingen und Jena ein Jurastudium, um eventuell anschließend doch noch eine Laufbahn als Polizeioffizier antreten zu können. Im Anschluß an das abgeschlossene Studium meldete er sich freiwillig für einen einjährigen Dienst in der Reichswehr. Danach widmete May sich wieder verstärkt der Tätigkeit in der SS, der er seit Mai 1933 angehörte, im Frühjahr 1937 trat er außerdem der NSDAP bei. Rudolf Mays Berufswunsch erfüllte sich über sein Engagement in der Allgemeinen SS. Seit Oktober 1936 arbeitete er für den Sicherheitsdienst, zwei Monate später wurde er in die Inlandsabteilung des SD-Hauptamtes übernommen. Dort war May im Referat II 234 für Industrie- und Energiewirtschaft tätig. Mit der Gründung des Reichssicherheitshauptamtes im September 1939 ging sein Referat in das von Otto Ohlendorf geleitete Amt III, SD-Inland, über. May war Teil der jungen und radikal nationalsozialistischen Akademikerelite, die im Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes so stark vertreten war. Vor seiner Versetzung zum Kommandostab erhielt der junge SD-Offizier glänzende Beurteilungen. Er galt als „unbedingt zuverlässiger Nationalsozialist“, gehörte zu den „aktivsten Mitarbeitern“ seiner Abteilung, Schwächen und Fehler waren den Vorgesetzten „nicht bekannt. 33 Mit Karl-Heinz Bürger wurde ein überzeugter Nationalsozialist auch mit der Leitung der Abteilung VI für weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung
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betraut. Am 16. Februar 1904 im mecklenburgischen Güstrow als Sohn eines Bäckermeisters geboren, schrieb sich Bürger nach dem Abitur 1922 in Hamburg in Jura und Volkswirtschaft ein und schloß sich dort bald nationalsozialistischen Kreisen an. Kurz nach seinem Wechsel an die Universität München war er im November 1923 sogar beim Putschversuch dabei. Nach einer zwischenzeitlichen Pilotenausbildung brach er sein Studium ab und begann 1928 eine Ausbildung als Lehrer in Rostock. Im Jahr zuvor war der Aktivist offiziell in die NS-Partei eingetreten und beteiligte sich auch in der Folgezeit unter anderem als Gauführer der Hitlerjugend in Mecklenburg tatkräftig an der Konsolidierung der ‚Bewegung‘. Für die Nationalsozialisten wurde Bürger im Juni 1932 in den mecklenburgischen Landtag gewählt, nach der Machtübertragung an Hitler trat er außerdem in die SS ein. Eine Tätigkeit als Ausbilder in einer Bauernschaftsschule kündigte er 1935, um ins Rasse- und Siedlungshauptamt zu wechseln. Von dort wurde der didaktisch versierte Nationalsozialist regelmäßig als Lehrer für Weltanschauung an die Junkerschule Braunschweig abgestellt. Ab März 1940 war Bürger dann im Rahmen der Generalinspektion der verstärkten Totenkopfstandarten für die weltanschauliche Schulung sämtlicher SS-Totenkopfeinheiten verantwortlich; die Aufgabe führte er unter dem Befehl Jüttners auch innerhalb der Waffen-SS weiter, bis der SS-Führer im April 1941 zum Einsatzstab Reichsführer-SS versetzt wurde. 34 Wie ernst er seinen weltanschaulichen Auftrag nahm, beweist dessen Tätigkeitsbericht vom 10. August 1941. Darin plädierte Bürger für eine „rassische Erfassung“ der Bewohner in den neueroberten sowjetischen Gebieten, um damit einen Ausgleich für die Opfer zu erreichen, „die das deutsche Volk im augenblicklichen Kampf gegen den Bolschewismus und für die Rettung der östlichen Völker aus der jüdischen Herrschaft bringt“. 35 Bei der Besetzung des Kommandostabes fiel zudem die personelle Verbindung zu den Konzentrationslagern auf. So waren Hauptsturmführer Reichherzer, der Adjutant der Abteilung IIb, von der Kommandantur des Lagers Sachsenhausen und SS-Obersturmführer Dr. Lang, Mediziner in der Abteilung IVb, vom Konzentrationslager Dachau zum Kommandostab versetzt worden. 36 Prominenter Leiter der medizinischen Abteilung IVb war schließlich Dr. Ernst-Robert Grawitz, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS, der auch unter dem Titel „Reichsarzt-SS“ firmieren durfte. Grawitz, im Juni 1899 geboren, stammte aus einer Berliner Ärztefamilie. Nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg und einer einjährigen Kriegsgefangenschaft in England studierte er nach dem Vorbild des Vaters Medizin und arbeitete nach abgeschlossenem Studium in einer Berliner Klinik, bevor er sich im Oktober 1929 mit eigener Praxis in Berlin als Internist niederließ. Nach eigenen Angaben damals schon stramm national gesinnt, war Grawitz nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft in diversen rechtsextremen Freikorps aktiv und nahm 1920 am Kapp-Putsch teil. Im gleichen Jahr wandte er sich dem Nationalsozialismus zu. 37 Obwohl er offensichtlich schon früh ein überzeugter Nationalsozialist war, legte Grawitz aus ökonomischem Eigeninteresse gerade in Bezug auf die Juden eine reichlich opportunistische Ein-
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stellung an den Tag. In einem Anfang 1932 verfaßten Lebenslauf begründete er mit Verweis auf seine ärztliche Tätigkeit den bisher noch nicht erfolgten Parteibeitritt folgendermaßen: „Seit dem Staatsexamen (1924) notgedrungen nach außen politisch nicht aktiv. Seit 2 ½ Jahren privat für die NSDAP tätig. Mit persönlicher Erlaubnis von Herrn Hauptmann Göring bisher nicht offiziell eingetreten, da von jüdischen Kreisen wirtschaftlich abhängig.“ 38 Grawitz hatte demnach Angst, bei zu offensichtlicher nationalsozialistischer Betätigung seine jüdischen Patienten zu verlieren. Mit Göring verband Grawitz eine engere Bekanntschaft, die für den Mediziner auch später noch von Vorteil war. In seiner Funktion als preußischer Innenminister ernannte er Grawitz am 1. Januar 1937 zum stellvertretenden Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes. 39 In den folgenden Jahren widmete sich der Arzt erfolgreich dem Aufbau des Sanitätswesens der WaffenSS, weshalb er dann zur Erfüllung entsprechender Aufgaben im Juli 1941 zum Kommandostab versetzt wurde. Schon vorher war Grawitz in seiner Funktion als „Reichsarzt-SS“ für die Menschenversuche in den Konzentrationslagern verantwortlich gewesen. Während seiner Tätigkeit für den Kommandostab wurden die Experimente unter seiner Leitung weitergeführt. Die Kommandierung zum Kommandostab wurde erst am 28. Juli 1943 wieder aufgehoben.40 Kurz vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion wurde der gesamte Stab am 17. Juni 1941 vom bisherigen Stationierungsort Berlin nach Treskau bei Posen verlegt; von dort ging es nach Ostpreußen weiter, wo er am 21. Juni sein Quartier in Grabnick aufgeschlagen hatte. 41
3. Die Aufstellung der SS-Brigaden Zeitgleich und in direktem Zusammenhang mit der Gründung des Kommandostabes Reichsführer-SS Anfang April 1941 fanden Vorbereitungen zur Aufstellung umfangreicher Truppenverbände der Waffen-SS statt, die unter dessen Befehl für einen Einsatz in der Sowjetunion vorgesehen waren. Ein erster Hinweis auf das Zusammenziehen der dafür vorgesehenen Einheiten stammt vom 26. März. Nachdem sich Himmler am Vortag mit Reinhard Heydrich und Kurt Daluege getroffen hatte, besprach er sich tags darauf mit Jüttner, seinem Organisationschef für die Waffen-SS. Daß dabei der Einsatz von SS-Verbänden bei der „politischen Befriedung“ in der Sowjetunion thematisiert worden sein muß, legt ein noch am gleichen Tag erlassener Verlegungsbefehl Jüttners nahe. Darin wurden die beiden in den besetzten Niederlanden stationierten SS-Infanterieregimenter 4 und 14 ins Generalgouvernement verlegt. Wenige Tage später verdichteten sich die Hinweise weiter. Auf Anordnung des Befehlshabers Ost der Waffen-SS wurde mit Wirkung vom 1. April das 2. SS-Kavallerieregiment als eigenständiger Verband ausgebaut. Die bis dahin bestehende Befehlskompetenz des Regiments 1 blieb faktisch jedoch weiterbestehen.42 Am 9. April schieden dann beide SS-Kavallerieregimenter aus der bisherigen Unterstellung unter den Befehlshaber Ost der Waffen-SS aus und wurden unter das Kommando des SSFührungshauptamtes gestellt. 43
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Noch im April 1941 folgte die Gründung diverser Nachschub-, Verwaltungsund Sanitätsdienste sowie die Aufstellung von zwei Nachrichtenkompanien und fünf leichten Infanteriekolonnen, die allesamt für die Truppen des Kommandostabes bestimmt waren. 44 Aus vier SS-Infanterieregimentern wurden unmittelbar darauf zwei motorisierte Brigaden der Waffen-SS zusammengestellt. Die Regimenter 8 und 10 wurden am 24. April 1941 auf Befehl Himmlers zur motorisierten SS-Brigade 1 zusammengefaßt. Dazu wurde die Stelle des Befehlshabers Ost der Waffen-SS insgesamt aufgelöst und in den Stab der Brigade umgewandelt. 45 Anfangs übernahm Karl-Maria Demelhuber das Kommando über den in Krakau stationierten SS-Verband; mit dem 25. Mai wurde Brigadeführer Richard Herrmann das Kommando über die Brigade übertragen.46 Auch er war ähnlich wie Demelhuber seit vielen Jahren überzeugter Nationalsozialist. Geboren am 20. Dezember 1895 im Kreis Gießen, schloß Herrmann seine Schulbildung mit der mittleren Reife ab. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete er sich zum Heer, wo er bis zur Niederlage den Rang eines Oberleutnants erreichte. Ende 1918 schloß er sich einem im Osten operierenden Freikorps an, das anschließend in Teilen in die Reichswehr übernommen wurde. Nachdem Herrmann im Mai 1920 aus der Reichswehr ausgeschieden war, fand er Aufnahme in der Hessischen Landespolizei, wo er als Lehroffizier tätig war. Seine rechtsextremen Umtriebe zwangen ihn 1929 jedoch zum Ausscheiden aus dem Polizeidienst; Herrmann zog wenig später nach München und trat dort in die NSDAP und die SA ein, wo er bald zum Stabsführer der SA Gruppe Hochland und ab 1934 zum Führer der SA-Brigade 86 in Augsburg aufstieg. Als begeisterter Sportler wurde er außerdem Führer des deutschen Handballverbandes, weshalb über ihn noch Jahre später der Spitzname „Handball-Herrmann“ kursierte. Im Herbst 1936 bat er um Übernahme in die SS, die Herrmann auf persönliche Empfehlung Heydrichs auch gewährt wurde. Beide kannten sich seit Jahren aufgrund gemeinsamer sportlicher Aktivitäten, weshalb Herrmann Ende Januar 1937 zum Chef des Sportamtes im SS-Hauptamt und einen Monat später zum „Inspekteur für Leibesübungen“ in Himmlers Persönlichem Stab ernannt wurde. Mit Kriegsbeginn endete seine Karriere als SS-Sportfunktionär. Er wurde zum Kommandeur der 7. SS-Totenkopfstandarte ernannt. Im Juni 1940 folgte seine Ernennung zum Befehlshaber der Waffen-SS „Nord“ und wenige Monate später die zum Kommandeur der gleichnamigen Kampfgruppe, bevor Herrmann im Mai 1941 den Befehl über die SS-Brigade im Generalgouvernement übernahm. 47 Neben der 1. Brigade entstand ebenfalls am 24. April aus den einen Monat zuvor noch in den besetzten Niederlanden stationierten Infanterieregimentern 4 und 14 die motorisierte SS-Brigade 2, die vorerst in Warschau Quartier bezog. Ähnlich wie bei dem anderen Verband entstand der Brigadestab durch die Auflösung der Dienststelle des Befehlshabers der Waffen-SS Nordwest in Den Haag. Befehligt wurde die 2. SS-Brigade anfangs von Brigadeführer Karl von Treuenfeld, der allerdings wegen Querelen mit Knoblauch noch vor dem eigentlichen Einsatz des Verbandes abgelöst wurde. Als Ersatz wurde der bisherige Komman-
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1. Vorgeschichte und Ausgangslage
deur des 4. SS-Infanterieregiments, Oberführer Gottfried Klingemann, mit der Führung beauftragt. 48 Klingemann war Jahrgang 1884 und damit 11 Jahre älter als Herrmann und sogar 22 Jahre älter als Fegelein. Er hatte 1903 in Berlin das Abitur bestanden und trat anschließend als Fahnenjunker in ein Infanterieregiment ein. Während des Krieges war Klingemann als Einheitsführer sowie in verschiedenen Stabsstellungen eingesetzt und erreichte den Rang eines Hauptmanns. Im März 1919 schied er aus der Reichswehr aus, worauf er bis 1933 als Prokurist, Direktor eines Stahlwerks, Kurdirektor von Norderney und Besitzer einer Handelsagentur recht abwechslungsreiche Tätigkeiten ausübte. Zwischen 1935 und 1937 wirkte Klingemann als Lehroffizier im Heer, schied aber aus Distanz zur Wehrmacht im April wieder aus dem Offiziersdienst aus. Bereits 1931 war er in die NSDAP eingetreten. Er behauptete, schon vor dem Ersten Weltkrieg der Überzeugung gewesen zu sein, daß „eine nationale Politik nur mit dem Volke, mit der Arbeiterschaft gemacht werden könne“; allerdings habe er nach eigenem Bekunden bis zu ersten Kontakten mit dem Nationalsozialismus nicht gewußt, wie das zu verwirklichen sei. Nach jahrelanger SA-Tätigkeit bewarb Klingemann sich 1937 bei der SS; drei Jahre später wurde er mit dem Kommando über die 13. SS-Totenkopfstandarte betraut. Noch im gleichen Jahr kam er über ein kurzes Kommando als Führer des Regiments „Nordland“ der Division „Wiking“ Anfang Dezember als Kommandeur zum SS-Infanterieregiment 4. 49 Neben den beiden Brigaden wurde für den Einsatzstab Reichsführer-SS am 25. April 1941 zusätzlich noch das sogenannte Begleitbataillon Reichsführer-SS aufgestellt. Die in Oranienburg bei Berlin unter Sturmbannführer Schützeck gegründete Einheit bestand anfangs nur aus zwei vollmotorisierten Kompanien, die im Anschluß an eine kurze Ausbildung nach Ostpreußen verlegt wurden. Erst am 2. August 1941 wurde das Bataillon mit der Zuteilung einer dritten Kompanie ergänzt. 50 Allein mit den beiden Reiterregimentern und den Infanteriebrigaden standen dem Kommandostab modern bewaffnete und hochmobile Großverbände der Waffen-SS in einer nominellen Stärke von etwa 18 500 Mann zur Verfügung. 51 Jedes der beiden Kavallerieregimenter umfaßte zu Kriegsbeginn fast 2000 SS-Reiter und bestand aus acht Schwadronen sowie einer zusätzlichen Stabsschwadron, die aus Kraderkundungs- und Nachrichtenzug sowie einer Versorgungsstaffel zusammengesetzt war. Die ersten vier Schwadronen, gegliedert in je drei Züge, waren beritten. Die 5. und 8. Schwadron war mit Geschützen ausgerüstet, die 6. Schwadron bestand aus Pionier-, Panzerjäger- und Kradschützenzügen, und die 7. Schwadron war als Radfahrabteilung aufgestellt worden.52 Die vollmotorisierten SS-Brigaden 1 und 2 gliederten sich jeweils in einen Brigadestab und zwei Regimenter. Jedes der etwa 3000 Mann umfassenden Infanterieregimenter setzte sich aus drei Bataillonen zusammen, die wiederum in drei Schützen- und eine Maschinengewehrkompanie unterteilt waren. Zusätzlich besaßen die Regimenter eine selbständige Panzerjägerkompanie, die mit Geschützen ausgerüstet war. 53 Während der letzten Kriegsvorbereitungen waren die einzelnen SS-Verbände in ihren Stationierungsorten mit der Vervollständigung ihres Personalbestands
Kriegsplanungen
73
sowie mit der Ausbildung und Ausrüstung der Mannschaften beschäftigt. 54 Nebenher fanden einzelne Einsätze statt. So war das II. Bataillon des SS-Infanterieregiments 14 zwischen dem 27. Mai und dem 6. Juni im Distrikt Lublin zum Eintreiben von Erntevorräten ausgeschwärmt. Das brutale Vorgehen im Rahmen dieses Einsatzes unterstreicht anschaulich, daß der Verband durch seine in den besetzten Niederlanden ausgeübte Praxis keineswegs hinter den schon weit länger in Polen marodierenden Regimentern der 1. Brigade und der SS-Kavallerie zurückstand. Im Verlauf des Einsatzes plünderte das Bataillon im Kreis Pulawy die gesamten Erntevorräte und raubte das Vieh der Bauern. Als Endergebnis des Unternehmens gab die Einheit an, insgesamt 133,5 Tonnen Getreide, 300,5 Tonnen Kartoffeln, 5727 Rinder und 69 Schweine „eingetrieben“ zu haben. Im Vorfeld war offenbar sogar ein wesentlich höheres Ergebnis anvisiert worden, was aber letztlich nicht realisiert werden konnte, da die gesamte Gegend, wie die SS berichtete, „sehr stark mit Truppen aller Art belegt“ sei. Den ohnehin schon ausgeplünderten Bauern scheinen von der SS auch noch die letzten Vorräte weggenommen worden zu sein. Mehrere Polen wurden dabei „wegen Widerstand“ oder „bei Fluchtversuch“ erschossen. Darüber hinaus war der gesamte Einsatz offensichtlich auch gegen die jüdische Bevölkerung gerichtet. Ganz allgemein berichtete die Einheit, von „den Juden“ seien 68 251 Zloty „einbehalten“ worden. Zudem wurde ein Jude „auf der Flucht“ angeschossen und ein anderer von einem Bataillonsangehörigen mit dem Gewehrkolben erschlagen. Als Begründung für den Mord gab die SS im Nachhinein an, der Mann sei einer Aufforderung zur Herausgabe versteckter Kartoffeln nicht nachgekommen. 55 Noch im Mai 1941 erzielten Himmler und Knoblauch mit der Wehrmacht bezüglich des Einsatzes der SS-Brigaden grundsätzliche Einigkeit. Schon in der ersten Junihälfte setzten dann die zuständigen Befehlshaber der rückwärtigen Heeresgebieten die in ihrem Bereich vorgesehenen Sicherungsdivisionen über die gleichzeitige Präsenz der Waffen-SS in Kenntnis. 56 Das nachweislich erste Treffen zwischen Himmler und dem Chef des Kommandostabes fand am 28. Mai statt. An der Besprechung nahm außerdem Hans Jüttner teil. Die Anwesenheit des Stabschefs im SS-Führungshauptamt verrät, daß an diesem Tag auch über Fragen der weiteren Ausbildung und Ausrüstung der Brigaden entschieden wurde. 57 Am 16. Juni empfing Himmler Jüttner erneut. Diesmal war außerdem Standartenführer Fegelein anwesend. Bei der Besprechung ging es ebenfalls um den bevorstehenden Einsatz. 58 Am folgenden Tag vollzog Himmler einen entscheidenden formalen Schritt, der bislang noch gar nicht realisiert worden war, obwohl zahlreiche Vorbereitungen seit Anfang April 1941 immer wieder in diese Richtung gewiesen hatten. Mit Wirkung vom 21. Juni unterstellte Himmler am 17. Juni die 1. und 2. SS-Brigade, beide Kavallerieregimenter, das Begleitbataillon Reichsführer-SS, die Freiwilligenstandarte Hamburg sowie einige technische Kompanien und die diversen Nachschub-, Verwaltungs- und Sanitätsdienste offiziell seinem Kommandostab. 59 Der Einsatz der Truppen stand nun unmittelbar bevor.
2. Teil: Sozialstruktur und Mentalitäten
IV. Politische Soldaten. Die Mnner der Waffen-SS Über das Personal der SS-Verbände des Kommandostabes Reichsführer-SS ist bislang wenig bekannt. Mit der Biographie über Kurt Becher existiert gerade mal ein Buch über einen SS-Führer, der zeitweilig als Schwadronschef und Stabsoffizier bei der Kavallerie eingesetzt war. Kurzbiographien gibt es daneben von drei zeitweiligen Kommandeuren dieser Truppe. 1 Mannschaftsdienstgrade und Unterführer der Verbände blieben bisher völlig im Dunkeln. Damit wirkt die verbreitete Selbststilisierung der Männer der Waffen-SS als treu dem Vaterland ergebene, unpolitische „Soldaten wie andere auch“ faktisch bis heute fort. Um dieses Bild einer kritischen Überprüfung zu unterziehen, bedarf es einer Untersuchung der Mannschaften und Offiziere des Kommandostabes und der unterstellten Brigaden. Ins Blickfeld rücken hierbei Fragen nach Alter, sozialer Herkunft, nach Beruf oder dem Grad der ideologischen Übereinstimmung mit dem Nationalsozialismus und seinen antisemitischen und rassistischen Kernaussagen. Für eine solche Annäherung an die Sozialstruktur der SS-Männer bot sich eine Auswertung von Justizakten der Zentralen Stelle in Ludwigsburg an. Ein zwischen 1960 und 1976 geführtes umfangreiches Ermittlungsverfahren gegen Führerdienstgrade der 1. SS-Brigade umfaßt Aussagen von insgesamt 1736 ehemaligen Einheitsangehörigen.2 Diese einzigartige Sammlung von Personalangaben wurde systematisch nach Geburtsjahr und Geburtsort der Veteranen, nach deren Schulbildung sowie dem erlernten Beruf ausgewertet. Ferner wurden die Nationalität, der Zeitpunkt des Eintritts in die Waffen-SS und die jeweilige Einheitszugehörigkeit erfaßt. Schließlich wurden sämtliche Daten über eine eventuelle Mitgliedschaft in der NSDAP oder einer ihrer Unterorganisationen, über die Freiwilligkeit des Eintritts in die Waffen-SS, die Dauer von Kriegsgefangenschaft oder Internierungshaft und das allgemeine Aussageverhalten bei der Nachkriegsvernehmung erhoben. Von der Gesamtzahl der 1736 Datensätze wurden von vornherein 29 Personen ausgeschlossen, die Offiziersränge innerhalb der Brigade bekleideten und damit eine statistische Erhebung zu den Unterführer- und Mannschaftsdienstgraden verfälscht hätten. Zum Führerkorps des Kommandostabes und der Brigaden wurde daneben eine gesonderte Untersuchung anhand von 101 Personalakten aus dem Bestand des ehemaligen Berlin Document Centers geführt. Zur Untersuchung der Mannschaften und Unteroffiziere der 1. SS-Brigade ver-
76
2. Sozialstruktur und Mentalität
blieb damit ein Sample von 1707 Vernehmungsprotokollen, deren Auswertung Ergebnisse von hohem statistischen Wert erwarten ließ. Die im einzelnen erzielten Resultate stellten sich hinsichtlich ihrer Repräsentativität letztlich allerdings als sehr unterschiedlich heraus, da die Staatsanwaltschaften bezüglich der Personalangaben nicht nach einem einheitlichen Fragekatalog vorgingen. Zu manchen der angedeuteten Fragestellungen wurden Zeugen fast grundsätzlich befragt, während andere Aspekte nur selten thematisiert wurden und demnach einen entsprechend geringeren statistischen Wert aufweisen. Die Summe der Aussagen spiegelt einen temporären Ausschnitt aus der Realität der Brigade wieder, der in der Logik des Ermittlungsverfahrens begründet lag. Gegen die ehemaligen Einheitsangehörigen wurde aufgrund von Tatvorwürfen ermittelt, die sich ausschließlich auf die Jahre 1941 und 1942 bezogen. Zeugen, die nach 1942 in den SS-Verband eingegliedert worden waren, wurden deshalb nur in Ausnahmefällen vernommen. Die Summe aller Vernehmungsprotokolle ergibt damit ein partielles Abbild der Zusammensetzung der 1. SS-Brigade für den Zeitraum zwischen Sommer 1941 und Jahresende 1942. Spätere Umstrukturierungen des Verbandes sind nicht berücksichtigt. Weil der besagte Zeitraum auch für die vorliegende Studie von vorrangigem Interesse ist, erwies sich die zeitliche Beschränkung der Ermittlungen keineswegs als Nachteil. Somit konnte nur das Personal der Brigade analysiert werden, welches für die dargestellten Verbrechen verantwortlich war, während der weniger relevante Personalbestand späterer Jahre ausgeblendet wurde. Neben der Auswertung des Ermittlungsverfahrens bot sich anhand der gleichen Fragestellungen die Untersuchung von Personalunterlagen aus dem umfangreichen Quellenbestand zur SS-Kavalleriebrigade an. In den ab September 1939 geführten Unterlagen des Reiterverbandes sind mehrere namentlich geführte Besetzungslisten einzelner Schwadronen erhalten, die jeweils getrennt nach Führer- und Mannschaftsdienstgraden zusätzliche Angaben wie Alter, Berufsgruppe oder den Anteil von Reichs- und Volksdeutschen in der jeweiligen Einheit enthalten und damit einen interessanten Vergleich zur Auswertung des Personals der 1. SS-Brigade bieten. Darüber hinaus sind die Schwadronslisten der SS-Kavallerie zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen 1940 und 1942 angelegt worden, wodurch neben der synchronen auch eine diachrone Vergleichsebene ermöglicht wird.
1. Alter und Rekrutierung Bei einer Gesamtzahl von 1698 ehemaligen Angehörigen der 1. SS-Brigade war in den Aussageprotokollen das Alter vermerkt worden. Nach ihrem Geburtsjahr geordnet, wurden die Männer sechs verschiedenen Gruppen zugeordnet, die einen Eindruck von der altersmäßigen Verteilung bei Mannschaften und Unterführern der Brigade vermitteln.
77
Politische Soldaten. Die Männer der Waffen-SS Tabelle 1: Altersgruppen von Mannschaften und Unterführern der 1. SS-Brigade Altersgruppe
1
2
3
4
5
6
Geburtsjahr Anzahl Anteil
1896–1903 1904–1908 1909–1913 1914–1918 1919–1923 1924–1926 47 160 455 213 732 91 2,8 % 9,4 % 26,8 % 12,5 % 43,1 % 5,4 %
Zur sogenannten Kriegsgeneration, also zu potentiellen Teilnehmern des Ersten Weltkriegs als dem prägenden generationellen Erfahrungshorizont, zählte nur ein Teil der Altersgruppe 1 der Geburtsjahre 1896 bis 1903. Das Fronterlebnis und die anschließende deutsche Niederlage bildete damit für eine Personengruppe von nicht einmal 2,8 Prozent der Mannschaftsangehörigen die einschneidende Lebenserfahrung in ihrem jungen Erwachsenenalter. Für die Geburtsjahrgänge der drei nachfolgenden Altersgruppen schuf die Weimarer Republik den Hintergrund für die eigene politische Sozialisation. Die Männer dieser umfangreichen Altersgruppen erlebten eine große Bandbreite unterschiedlicher Gesellschaftsbedingungen. Die älteren von ihnen wuchsen in den politisch und ökonomisch unsicheren ersten Jahren der Weimarer Demokratie heran. Für sie bildeten der als Schmach empfundene Versailler Frieden, die weitgehende Ablehnung der neuen politischen Ordnung, Kämpfe zwischen Kommunisten und Freikorps sowie die Weltwirtschaftskrise die politisch prägenden Erlebnisse. Die zur Altersgruppe drei gehörenden Geburtsjahrgänge um 1910 erlebten eher den wirtschaftlichen Aufschwung und die kurze Blütezeit der Republik als eigene Sozialisationserfahrung, während die um 1914 bis 1918 geborenen Männer zur Zeit der späten Krisenjahre mit hoher Arbeitslosigkeit und zunehmender politischer Destabilisierung heranwuchsen. Mit den Altersgruppen fünf und sechs bildete schließlich fast die Hälfte der späteren Soldaten der 1. SS-Brigade ihre politische Überzeugung erst in der nationalsozialistischen Gesellschaft ab 1933 aus. Für sie gehörten die NS-Erziehungsinstitutionen, die sich bessernde wirtschaftliche Lage, aber auch die beständige antisemitische Propaganda sowie die staatlichen Maßnahmen gegen Juden und andere „Volksfeinde“ zu den prägenden Erfahrungen.3 Bei der quantitativen Verteilung der Männer überrascht nach einem nachvollziehbar erscheinenden Anstieg der Zahlen innerhalb der drei ersten Altersgruppen der deutliche Rückgang in der Altersgruppe 4 der Jahrgänge 1914 bis 1918. Zweifellos wird der Geburtenrückgang während der Weltkriegsjahre einen Einfluß auf das Ergebnis dieser Altersgruppe gehabt haben.4 Daneben ist dieser Einbruch aber auch auf die Rekrutierungspraxis der SS zurückzuführen. Seit Kriegsbeginn wurden den verstärkten Totenkopfstandarten im Zuge des rasanten Wachstums der bewaffneten SS bevorzugt ältere Rekruten bis einschließlich des Jahrgangs 1912 zugewiesen. Die jüngeren Soldaten blieben dagegen vorerst den Fronttruppen der Waffen-SS, also der Verfügungstruppe, der Leibstandarte und der Totenkopf-Division, vorbehalten. 5 1942 wiesen Unterführer und Mannschaften der Brigade ein Durchschnitts-
78
2. Sozialstruktur und Mentalität
alter von 26,1 Jahren auf. Dagegen lag das Alter der Mannschaften der SS-Kavallerie zur Anfangszeit ihres Bestehens noch wesentlich höher. Beispielsweise hatten die Männer der 3. Schwadron der 1. SS-Totenkopf-Reiterstandarte im April 1940 einen Altersdurchschnitt von 29,4 Jahren. 6 Deren höheres Alter ergab sich aus der bevorzugten Rekrutierung junger Reiter für die Kavalleriedivisionen des Heeres und dem daraus resultierenden Personalmangel der SS für den Aufbau eigener berittener Verbände. Wiederholt wurde im Rahmen der Berichterstattung der SS-Reitereinheiten kritisch festgestellt, daß das Gros der Mannschaften älter als 30 Jahre sei. 7 Viele dieser SS-Männer hatten bei ihrer Rekrutierung offenbar auch nur mit einer begrenzten Dienstzeit gerechnet und wurden angesichts ihrer anhaltenden Verwendung im besetzten Polen zusehends unzufriedener, weil die erwartete Entlassung in die Heimat weiter auf sich warten ließ. Die 5. Schwadron des 2. Reiterregiments meldete im Herbst 1940, es sei „zunächst eine gewisse Stimmungskrise zu überwinden [gewesen], deren Tiefpunkt aber inzwischen bereits überschritten ist. Die Mehrzahl hat sich schon mit dem weiteren Dienen abgefunden, obwohl noch immer eine große Zahl mit einer möglichen Entlassung rechnet“. 8 Erst im Lauf des Sommers 1940 wurde im Zuge einer allgemeinen Verjüngung der Waffen-SS damit begonnen, Reservisten mit einem Alter von mehr als 29 Jahren aus den Totenkopfstandarten zu entlassen. Um die Einsatzbereitschaft der diversen Einheiten nicht zu gefährden, wurde möglichst darauf geachtet, zur Auffüllung der Verbände ausreichend jüngere SS-Soldaten zur Verfügung zu haben. Aus diesem Grund wurden im Sommer 1940 die 12., 13. und 16. Totenkopfstandarte aufgelöst und die jüngeren Mannschaften beider Verbände auf die 4., 6., 7., 8., 10. und 11. Standarte verteilt. 9 Wegen der Entlassung älterer Jahrgänge entstand allein beim 1. SS-Totenkopf-Reiterregiment ein personeller Ausfall von 2043 Mann, der erst einmal ausgeglichen werden mußte. 10 Frühestens im Verlauf des Jahres 1941 konnten die Verbände dann eine Altersstruktur vorweisen, die sich mit derjenigen der SS-Divisionen vergleichen lassen konnte. Entsprechend lag das Durchschnittsalter von Unterführern und Mannschaften der 1. Schwadron des SS-Kavallerieregiments 2 im April 1941 bei nur mehr 24,3 Jahren. 11 Die 5. Schwadron des gleichen Regiments wies im gleichen Monat einen Durchschnitt von 22,9 Jahren auf. 12 Im Sommer 1942 veränderte sich die personelle Zusammensetzung der SS-Kavallerie nochmals deutlich. Während die 1. SS-Brigade weiterhin im Einsatz in der Sowjetunion stand, wurde die Kavalleriebrigade im Generalgouvernement zur Division erweitert und personell stark aufgefrischt. Ein Teil der erfahreneren Mannschaften des bisherigen Brigadeverbandes wurde als Stamm zu dem in Aufstellung befindlichen 3. Reiterregiment versetzt. Sämtliche Einheiten bekamen gleichzeitig junge, meist ungarische Volksdeutsche zugeteilt. 13 Das Durchschnittsalter der SS-Reiter blieb dementsprechend niedrig. Während Männer und Unterführer der 5. Schwadron des 2. Regiments im Juli 1942 einen Durchschnitt von 23,1 Jahren aufwiesen, lag das Alter von Unterführern und Mann-
79
Politische Soldaten. Die Männer der Waffen-SS
schaften der 1. SS-Brigade zur gleichen Zeit faktisch unverändert wie zwei Jahre zuvor bei durchschnittlich 26,1 Jahren.14 Da für die Ermittlungsbehörden die Frage des Zeitraums der Zugehörigkeit zur Waffen-SS im Hinblick auf die einzelnen Tatvorwürfe von großem Interesse war, wurden Zeugen und Beschuldigten diesbezüglich meist konkrete Fragen gestellt. Von 1641 vernommenen Personen liegen deshalb recht genaue Antworten vor. Eine Auswertung der Angaben erlaubt einen Überblick über die Schwerpunkte der Rekrutierung des Personals der SS-Brigade. Tabelle 2: Zeitraum des Eintritts von Männern der 1. SS-Brigade in die Waffen-SS Eintritt Waffen-SS
vor 9/39
9/39 bis 6/40
7/40 bis 6/41
7/41 bis 12/42
1/43 und später
Anzahl
92
619
472
431
27
Anteil
5,6 %
37,7 %
28,8 %
26,3 %
1,6 %
Der geringe Anteil von Männern, die sich bereits vor September 1939 zur Verfügungstruppe oder den ersten Totenkopfverbänden gemeldet hatten, wurde im Verlauf der folgenden Jahre zum 8. oder 10. SS-Regiment oder zum späteren Brigadestab versetzt. Dort führten die Männer in den meisten Fällen als Unteroffiziere einzelne Gruppen beziehungsweise Züge oder sie bekleideten verschiedenste Stabs- oder Verwaltungsfunktionen. Die erste, aufgrund der Notdienstverordnung von 1938 vorgenommene Rekrutierungswelle für die spätere Brigade begann nach dem deutschen Angriff auf Polen im September 1939. Sie schlug sich in der Verbandsstruktur der 8. und 10. SS-Totenkopfstandarte deutlich nieder. Von den im Zeitraum zwischen September 1939 und Juni 1941 dort eingegliederten 1091 Männern kamen immerhin 37,7 Prozent bereits im Zuge dieser Rekrutierungen zwischen Herbst 1939 und Frühsommer 1940 zu den gerade aufgestellten Standarten. Ein geringerer Anteil von 28,8 Prozent wurde den Teileinheiten nach der Entscheidung zur strategischen Wendung gegen die Sowjetunion bis zum Sommer 1941 zugeteilt. Fast die Hälfte der Rekruten wurden in dieser Phase im unmittelbaren Vorfeld des Feldzugs im Mai und Juni 1941 zur Brigade versetzt. Die nächste umfassende Rekrutierung organisierte das Ergänzungsamt der Waffen-SS im Frühjahr 1942. Allein 75 Prozent der Soldaten, die in diesem Jahr zur 1. SS-Brigade kamen, wurden dem Verband in den drei Monaten zwischen Anfang März und Ende Mai 1942 zugewiesen. Zuvor waren ab März insgesamt 6000 volksdeutsche Freiwillige aus Ungarn und Jugoslawien auf dem Truppenübungsplatz Debica im Generalgouvernement eingetroffen. Von den Rekruten versetzte das SS-Führungshauptamt mit insgesamt 2300 Männern mehr als ein Drittel im Anschluß an eine erste kurze Grundausbildung zur 1. SS-Brigade nach Weißrußland, wo der Verband in einem eigens dafür errichteten sogenannten Feldrekrutendepot die weitere Ausbildung der Männer übernahm. 15
80
2. Sozialstruktur und Mentalität
2. Berufsgruppen und soziale Schicht Eine Untersuchung der sozialen Schichtzugehörigkeit und der Berufsausbildung soll Erkenntnisse über die Sozialisation von Mannschaftsdienstgraden und Unterführern der SS-Brigaden erbringen. Im Gegensatz zu den Aussagen bei der Altersstruktur der 1. Brigade bleiben die Vernehmungsprotokolle in dieser Beziehung jedoch wesentlich unpräziser. Zwar gaben die ehemaligen Einheitsangehörigen bei ihren Vernehmungen fast grundsätzlich Auskunft über den aktuell ausgeübten Beruf; Fragen nach dem erlernten Beruf, dem Schulabschluß oder gar dem Beruf der Eltern wurden dagegen ungleich seltener gestellt. Hinsichtlich ihres erlernten Berufs wurden überhaupt nur 13,5 Prozent der vernommenen Einheitsangehörigen der 1. SS-Brigade befragt; 231 Männer machten verwertbare Angaben über ihre berufliche Tätigkeit vor Eintritt in die Waffen-SS. Darüber hinaus gaben gerade 70 frühere SS-Soldaten Auskunft über ihre Schulbildung. Den Beruf des Vaters, der allgemein als eigentlicher Gradmesser für die Bestimmung der sozialen Schicht herangezogen wird, erfragten die Ermittlungsbehörden nur in Einzelfällen. Eine statistische Auswertung in dieser Hinsicht schied damit von vornherein aus. Nichtsdestotrotz erschien eine Untersuchung der vorliegenden Aussagen hinsichtlich der Faktoren Schulbildung und Berufswahl lohnenswert, da sich mit den gewonnenen Erkenntnissen zumindest Tendenzen andeuten würden. Im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt oder zu den vorliegenden Angaben anderer militärischer Verbände könnten sich Übereinstimmungen oder Differenzen aufzeigen. Neben der Untersuchungsgruppe ehemaliger Angehöriger der 1. SSBrigade konnten zum Vergleich zusätzlich zwei Schwadronen der SS-Kavallerie herangezogen werden. Von der 1. Schwadron des Reiterregiments 2 existiert eine Besetzungsliste von Ende April 1941, in der die Berufe von sämtlichen 206 Unterführern und Mannschaftsangehörigen vermerkt sind. Eine ähnliche Liste, datierend vom 31. Dezember 1941, ist außerdem von der 2. Schwadron desselben Regiments erhalten geblieben. In dieser Aufstellung sind die Berufe von insgesamt 188 Unterführern und Männern erfaßt. 16 Sowohl bei der Auswertung der Vernehmungsprotokolle der 1. SS-Brigade als auch bei den Besetzungslisten des Kavallerieregiments zeigte sich als erschwerender Faktor, daß die Berufsangaben im Hinblick auf ihre Zuordnungsfähigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht mitunter keineswegs eindeutig ausfielen. So ist bei der allerdings nur selten gewählten Berufsbezeichnung eines „Kaufmanns“ längst nicht sicher, ob es sich bei dem betreffenden SS-Mann tatsächlich um einen selbständigen Händler mit eigenem Geschäft oder eher um einen einfachen kaufmännischen Angestellten handelte. Ähnlich verhält es sich mit der Berufsangabe des „Landwirts“. Zwar wurde in den Schwadronslisten und den Vernehmungsprotokollen meist zwischen Landarbeitern und Landwirten unterschieden, ob allerdings die recht häufige Angabe der Berufsbezeichnung des Landwirts in jedem Fall einem Selbständigen mit eigenem Vieh oder Ländereien entspricht, ließ sich nicht immer eindeutig verifizieren. Darüber hinaus existiert in der Berufs-
81
Politische Soldaten. Die Männer der Waffen-SS
Tabelle 3: Soziale Schichtzugehörigkeit von Angehörigen der 1. SS-Brigade und der SS-Kavallerie Soziale Schicht
Berufsgruppe
1. SS-IB Anzahl
Oberschicht, obere Mittelschicht Manager/ Unternehmer
1. Schwdr. SS-RR 2 % Anzahl
2. Schwdr. SS-RR 2 % Anzahl
Deutschl. gesamt %
3
1,3 %
2
1,0 %
4
2,1 %
2,8 %
–
–
–
–
–
–
0,9 %
Akademiker
2
0,9 %
1
0,5 %
1
0,5 %
1,0 %
Abiturienten/Studenten
1
0,4 %
1
0,5 %
3
1,6 %
0,5 %
90
39,0 %
124
60,2 %
104
55,3 %
42,6 %
Beamte
2
0,9 %
5
2,4 %
4
2,1 %
5,2 %
Selbständige
2
0,9 %
–
-
3
1,6 %
-
Kaufleute (selbst.)
3
1,3 %
4
1,9 %
3
1,6 %
6,0 %
Landwirte (selbst.)
25
10,8 %
59
28,6 %
44
23,4 %
7,7 %
Lehre Landw. Eltern
8
3,5 %
4
3,9 %
4
2,1 %
Handwerksmeister
5
2,2 %
2
1,0 %
4
2,1 %
9,6 %
Angestellte
26
11,3 %
40
19,4 %
24
12,8 %
12,4 %
Lehre/Ausbildung
15
6,4 %
6
2,9 %
12
6,4 %
–
Soldaten/Polizisten
3
1,3 %
2
1,0 %
2
1,0 %
–
untere Mittelschicht
SS (hauptamtlich) Unterschicht
1
0,4 %
2
1,0 %
4
2,1 %
–
138
59,7 %
80
38,8 %
80
42,6 %
54,6 % 17,3 %
Handwerker
72
31,2 %
39
18,9 %
34
18,1 %
Facharbeiter
33
14,3 %
15
7,3 %
24
12,8 %
Industriearbeiter
22
9,5 %
17
8,3 %
14
7,4 %
Landarbeiter
11
4,8 %
9
4,4 %
8
4,3 %
37,3 %
bezeichnung potentiell noch die recht große Spanne zwischen einem Kleinpächter und einem Großbauern, der allerdings nur mit geringer Wahrscheinlichkeit unter den Mannschaftsangehörigen der SS-Brigaden zu vermuten wäre. Schließlich war auch bei der Berufsbezeichnung des Arbeiters mehrfach nicht zu entscheiden, ob es sich um einen ausgebildeten Facharbeiter oder um einen ungelernten Hilfsarbeiter handelte. Vor dem Hintergrund der angedeuteten Schwierigkeiten wurden die Berufsbilder anhand ihrer Schichtzugehörigkeit klassifiziert und mit Angaben zum Bevölkerungsdurchschnitt im Deutschen Reich während des Sommers 1933 in Beziehung gesetzt. 17 Daraus ergibt sich hinsichtlich der sozialen Schichtung von Unterführern und Mannschaften der verschiedenen Verbände der Waffen-SS ein recht eindeutiges Bild. Gegenüber dem Durchschnitt der deutschen Gesellschaft im Sommer 1933 be-
82
2. Sozialstruktur und Mentalität
stand bei der Verteilung der Berufsgruppen der SS-Männer eine verringerte Präsenz in der Oberschicht und der oberen Mittelschicht. Außerdem zeigt sich ein deutlich verringertes Vorkommen in den qualifizierten Sektoren der unteren Mittelschicht, also sowohl bei den Beamten als auch bei den selbständigen Kaufleuten und Handwerksmeistern. Zudem fehlt der hohe Anteil klassisch proletarischer Schichten bei der Waffen-SS völlig. Waren die ungelernten Industriearbeiter unter der deutschen Bevölkerung mit 37,3 Prozent vertreten, wiesen die verschiedenen SS-Einheiten in diesem Sektor nur einen Anteil von 4,3 bis 4,8 Prozent auf. Bei den qualifizierten Handwerkern und industriellen Facharbeitern der Unterschicht war das Verhältnis umgekehrt. Der Bevölkerungsdurchschnitt belief sich in diesem Arbeitssektor auf 17,3 Prozent; dagegen lag der Anteil der SS-Truppen zwischen 26,2 und 44,5 Prozent. Während bei beiden Kavallerieschwadronen die Verteilung der Berufsgruppen weitgehend übereinstimmend verläuft, liegt der markanteste Unterschied im Vergleich zwischen den Reitern und der Infanteriebrigade in einem stark divergierenden Verhältnis zwischen unterer Mittelschicht und Unterschicht. Bewegt sich das Verhältnis von 39 zu 59 Prozent bei der 1. SS-Brigade noch recht nahe am Bevölkerungsdurchschnitt, ist die Relation bei den Reiterschwadronen faktisch auf den Kopf gestellt. Dieser Unterschied liegt in der gegenläufigen Präsenz von Handwerk und Landwirtschaft begründet. Der Anteil der landwirtschaftlich Beschäftigten lag bei den Kavallerieeinheiten mehr als zehn Prozent höher als in der Infanteriebrigade; dafür waren die SS-Infanteristen weit stärker im Handwerk vertreten. Die Erklärung für diesen Sachverhalt dürfte in dem Umstand zu finden sein, daß Männer für die Kavallerieeinheiten bevorzugt aus dem landwirtschaftlichen Bereich rekrutiert wurden, wo die meisten Landwirte reiten konnten, während derartige Kenntnisse unter den Handwerkern vergleichsweise selten gewesen sein dürften. Gerade der hohe Anteil an Rekruten aus der Landwirtschaft stellte die Totenkopfstandarten anfangs vor etliche Probleme. Ein Großteil der älteren Rekruten wurde wegen ihrer Erfahrung während der Saat- und Erntezeit dringend zu Hause auf Hof und Feld benötigt. Himmler sah sich daher bereits im Februar 1940 zu der Anordnung gezwungen, in derartigen Fällen während der Frühjahrsbestellung einen vier- bis fünfwöchigen Urlaub zu gewähren. 18 Zur Ernte im Sommer 1940 wurde etlichen Reitern beider Totenkopfstandarten erneut ein mehrwöchiger Urlaub gewährt. 19 Die Teileinheiten der SS-Kavallerie meldeten im Frühjahr und im Herbst 1940 entsprechend, daß sich ein Großteil der Einheitsangehörigen auf Ernteurlaub befinden würde. Aus dem Grund muß die Einsatzfähigkeit beider SS-Standarten in dieser Phase stark herabgesetzt gewesen sein. 20 In der Tendenz wird der vorliegende Befund zur Berufsverteilung zusätzlich durch die Angaben zur Schulbildung bestätigt. Von den befragten Angehörigen der 1. SS-Brigade konnten mit 68,6 Prozent mehr als zwei Drittel nur einen Volksschulabschluß vorweisen. 17,1 Prozent hatten die Schule mit der Mittlere Reife abgeschlossen und 14,2 Prozent der Befragten gaben an, eine Oberschule
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besucht und schließlich das Abitur bestanden zu haben.21 Die weit überdurchschnittliche Konzentration der SS-Männer im Angestellten- und Landwirtschaftssektor der unteren Mittelschicht sowie unter den qualifizierten Arbeitern der Unterschicht findet sich in dieser Form bei den bislang analysierten Vergleichsgruppen der Ordnungspolizei und des Heeres nicht wieder. Angestellte waren im Reserve-Polizeibataillon 101 überdurchschnittlich hoch vertreten; dafür fiel bei den Hamburger Polizisten der landwirtschaftliche Sektor völlig aus. Zudem wies das Polizeibataillon ganz im Gegensatz zur Waffen-SS eine überdurchschnittliche Präsenz von Beamten, Kaufleuten und Selbständigen auf, während Facharbeiter nur unterdurchschnittlich vertreten waren. 22 Zwischen der 253. Infanteriedivision des Heeres und der 1. SS-Brigade sind gewisse Ähnlichkeiten bei der Verteilung mancher Berufsgruppen zu beobachten. Beide Verbände wiesen in der Unterschicht das Vorhandensein eines über 40-prozentigen Anteils an qualifizierten Arbeitern und Handwerkern auf. Daneben liegt jedoch sowohl der Anteil unqualifizierter Industriearbeiter als auch der Prozentsatz an Angestellten und Beamten beim Heeresverband deutlich höher, während der Anteil der Landwirte bedeutend niedriger als bei der SS ist. 23 Die soziale Zusammensetzung des untersuchten SS-Personals wies damit eine sehr spezifische, eher marginalisierte, aber eben nicht durch das Industrieproletariat geprägte Struktur auf. Zumindest bezüglich der überdurchschnittlich hoch vertretenen Landwirte, Handwerker und Facharbeiter wies die soziale Zusammensetzung in der Tendenz Ähnlichkeiten zur NSDAP-Mitgliederschaft vor 1933 auf. 24
3. NSDAP-Mitgliedschaft und Freiwilligkeit Im Zuge des Ermittlungsverfahrens gegen Angehörige der 1. SS-Brigade gaben nur 265 Zeugen Auskunft über ihre Mitgliedschaft in der NSDAP oder einer der Parteiunterorganisationen. Die Vernehmungsbeamten entschieden im Laufe des Ermittlungsverfahrens scheinbar beliebig, welche Zeugen dazu befragt werden sollten. Der geringe Anteil von knapp 16 Prozent Aussagen zu diesem Komplex läßt trotzdem wichtige Anhaltspunkte hinsichtlich des Grades der ideologischen Überzeugung der Mannschaftsangehörigen erwarten. Von den Befragten gaben immerhin 160 Personen oder insgesamt 60 Prozent an, der NSDAP, der Allgemeinen SS oder der SA angehört zu haben. Acht frühere SS-Angehörige waren zur Zeit ihres Eintritts in die Waffen-SS für einen Parteibeitritt noch zu jung, sagten aber aus, in der Hitlerjugend gewesen zu sein. Weitere sieben Personen gaben darüber hinaus an, im Jahr 1939 polnischen Selbstschutzverbänden angehört zu haben. Letztlich lieferten damit zwei Drittel der befragten früheren Brigadeangehörigen Informationen über ihre Mitgliedschaft in der Partei, einer ihrer Untergliederungen oder eng verwandten Organisationssträngen. Im Vergleich übertraf der NS-Mitgliederanteil von früheren Soldaten der 1. SS-Brigade damit den entsprechenden Prozentsatz von Angehörigen des Reserve-Polizeibataillons 101 um das Doppelte. Für die Einheit der Ordnungspolizei war ein Anteil von NSDAPund SS-Mitgliedern von 33,2 Prozent festgestellt worden.25 Ein Blick auf die bei
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2. Sozialstruktur und Mentalität
der 253. Infanteriedivision des Heeres ermittelten Anteile zeigt, daß der dortige Wert dem des Reserve-Polizeibataillons weitgehend entsprach. Damit waren im Vergleich zu den Wehrmachtssoldaten auch zweimal so viele SS-Männer in nationalsozialistischen Organisationen vertreten. 26 Tabelle 4: Mitgliedschaft der Männer der 1. SS-Brigade in NS-Organisationen Organisation
Allgemeine SS
nur NSDAP
nur SA
nur HJ
volksdt. keine „Selbstschutz“ Mitgliedschaft
Anzahl der Mitglieder
115
42
3
8
7
90
Anteil der Mitglieder
43,4 %
15,8 %
1,1 %
3,0 %
2,6 %
34,0 %
Eine Mitgliedschaft in der Elite der Allgemeinen SS räumten gut 43 Prozent der Befragten ein. Darüber hinaus sagte mit 46 Prozent fast die Hälfte dieser SS-Mitglieder aus, zusätzlich auch ein NSDAP-Parteibuch besessen zu haben. Eine Mitgliedschaft in der NSDAP, nicht aber in der Allgemeinen SS, gaben mit 42 Personen nur 15,8 Prozent der Befragten an. Von diesen Männern sagte ein kleinerer Teil von 11 Zeugen aus, zusätzlich noch in der SA gewesen zu sein. Über eine ausschließliche SA-Mitgliedschaft berichtete nur ein geringer Anteil von 1,1 Prozent der Vernommenen; drei Prozent gaben außerdem an, ausschließlich in der Hitlerjugend gewesen zu sein. Der Blick auf den jeweiligen Beitrittszeitpunkt belegt zusätzlich, daß der Dienst in der Waffen-SS Ausdruck der nationalsozialistischen Gesinnung der Männer war und die Mitgliedschaft in NS-Organisationen keineswegs nur einen Begleitaspekt der Tätigkeit der SS-Soldaten darstellte. Von den 122 Mannschaftsangehörigen der Brigade, die diesbezügliche Angaben machten, waren alle bereits vor ihrem Eintritt in die Waffen-SS Mitglieder in mindestens einer der genannten nationalsozialistischen Parteiorganisationen. Kein einziger der Männer bewarb sich nach den vorliegenden Aussagen erst im Anschluß an seine Rekrutierung für die bewaffnete SS um eine Aufnahme in die NS-Gliederungen. Wenn auch ein derartiges Ergebnis keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben kann, unterstreichen ergänzend auch namentliche Besetzungslisten einzelner Schwadronen der SS-Kavallerie den hochideologisierten Charakter der Weltanschauungstruppe. Eine Besetzungsliste der im polnischen Seroczyn stationierten 3. Schwadron weist für den April 1940 unter den 119 Unterführern und Männern einen 52,9-prozentigen Anteil an Mitgliedern der Allgemeinen SS auf. In der zur gleichen Zeit angelegten Liste der in Lucmierz liegenden 9. Ersatzschwadron ist unter den insgesamt 117 Unterführern und Männern mit 46 Reitern ein Anteil von 39,3 Prozent an SS-Mitgliedern vermerkt. Zudem sind in der Liste 59 Männer oder 50,4 Prozent als „Bewerber“ für eine Mitgliedschaft in der Allgemeinen SS geführt. Damit wird in der Schwadron in absehbarer Zeit ein Anteil von annähernd 90 Prozent erreicht worden sein. 27
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Immerhin ein Viertel der ehemaligen Einheitsangehörigen der 1. SS-Brigade, die entsprechende Angaben ablieferten, galten im Sinne der Nationalsozialisten sogar als „Alte Kämpfer“, die bereits vor 1933 eine Mitgliedschaft in einer der Parteigliederungen vorweisen konnten. Ein solcher Wert ist allerdings wenig aussagekräftig, da die Mehrheit der SS-Männer bis zur Machtübertragung an Hitler noch gar nicht in dem Alter war, um einen Partei- oder SS-Ausweis beantragen zu können. Insgesamt verdeutlichen die vorliegenden Angaben zur NS-Mitgliedschaft der Brigadeangehörigen, in welch hohem Maße sie sich die nationalsozialistische Ideologie zu eigen gemacht hatten. Teileinheiten der Totenkopfstandarten und Angehörige der Brigaden wiesen einen eklatant höheren Prozentsatz an NS-Mitgliedschaften auf als das zum Vergleich herangezogene Reserve-Polizeibataillon oder die Infanteriedivision des Heeres. Damit verbietet es sich schon allein auf Grundlage dieser Befunde, die Brigadeangehörigen nach Paul Hausser, dem früheren Oberstgruppenführer, als bloße „Soldaten wie andere auch“ zu bezeichnen. Abgesehen von der Mitgliedschaft in NS-Organisationen, stellt allein schon der freiwillige Eintritt in die Waffen-SS einen deutlichen Beleg für die nationalsozialistische Gesinnung dar. Im Zuge des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens machten immerhin 409 frühere Brigadeangehörige Aussagen über ihren Beitritt zur Waffen-SS. Dabei gab die übergroße Mehrheit von 89,2 Prozent der Befragten an, freiwillig der Waffen-SS beigetreten zu sein. Weitere 6,8 Prozent sagten aus, nach freiwilliger Meldung bei der Polizei für die Waffen-SS rekrutiert worden zu sein. Nur in den seltensten Fällen geben die Vernehmungsprotokolle auch Auskunft über die jeweiligen Motive des Beitritts. Der damals 27-jährige Regierungsreferendar Walter M., zur Zeit seiner polizeilichen Vernehmung 1969 immerhin Regierungsdirektor, will sich kurz nach Kriegsausbruch 1939 „hauptsächlich aus optischen Gründen“ zur Waffen-SS gemeldet haben.28 Fast alle anderen früheren SS-Männer zogen es vor, sich nicht zu den persönlichen Beweggründen für die Freiwilligenmeldung zu äußern. Dieses Schweigen läßt wiederum Rückschlüsse zu. Während der Vernehmungen hätte es keinen Grund gegeben, die frühere Arbeitslosigkeit oder die persönliche finanzielle Notlage als Grund für den Beitritt zur Waffen-SS zu verschweigen. Derartige Aussagen fehlen jedoch in den ausgewerteten Ermittlungsverfahren. So werden es hauptsächlich doch die eigene nationalsozialistische Gesinnung, die Faszination der bewaffneten SS-Elite, der Wunsch, dazuzugehören oder andere, nicht weniger offensichtlich ideologische Motive gewesen sein, die die Männer in die Waffen-SS eintreten ließen. Dem Gros der Aussagen, die eine freiwillige Meldung bei der bewaffneten SS bejahten, steht ein äußerst geringer Prozentsatz anderslautender Angaben gegenüber. Nur 3,9 Prozent der früheren Soldaten der Infanteriebrigade gaben ausdrücklich an, nicht auf freiwillige Weise zur Waffen-SS gelangt zu sein. Zu etwa gleichen Teilen äußerten sie, entweder nichts von ihrer Eingliederung in die Waffen-SS gewußt zu haben, den Dienst bei der jeweiligen Einheit ausdrücklich nicht
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2. Sozialstruktur und Mentalität
freiwillig angetreten zu haben oder tatsächlich zur Mitwirkung gezwungen worden zu sein. Daß derartige Aussagen mit entsprechender Vorsicht zur Kenntnis genommen werden müssen, verdeutlicht der Fall des Ungarndeutschen Fritz J., der für sich geltend machte, zur Waffen-SS ‚gezwungen‘ worden zu sein. J. war in seiner Geburtsstadt Bulkes seit längerem in der nationalsozialistischen Ortsgruppe aktiv. Als er im März 1942 einen Musterungsbescheid zugestellt bekam, eilte J. zu seinem NS-Ortsgruppenleiter um zu fragen, ob er dem Bescheid Folge leisten solle. Der Gefragte riet, die Musterung wahrzunehmen, da er sonst „aus der deutschen Volksgemeinschaft ausgeschlossen“ werden würde. Besorgt über die bedrohliche Aussicht landete J. daraufhin zügig bei der Waffen-SS. 29 Gleichwohl existierten Einzelfälle, in denen das Freiwilligenprinzip durchbrochen wurde. Im Zuge des raschen Ausbaus der bewaffneten SS seit Kriegsausbruch wurden Angehörige der Allgemeinen SS seit September 1939 verstärkt aufgefordert, sich für den Dienst zu melden. 30 Daß solche Aufforderungen nicht mit direktem Zwang, durchaus aber mit einigem Nachdruck präsentiert wurden, verdeutlichen die Umstände der zeitgleich in der NSDAP stattgefundenen Werbungen für die Totenkopfstandarten. Robert Ley, der Reichsorganisationsleiter der NSDAP, hatte in Ausführungsbestimmungen für eine Werbeaktion im Januar 1940 zwar festgestellt, Werbungen sollten auf der Grundlage freiwilliger Meldung erfolgen, abschließend aber vieldeutig formuliert: „Es wird jedoch erwartet, daß die mit der Durchführung der Maßnahmen beauftragten Parteigenossen sich entsprechend der Bedeutung der Aktion nachdrücklichst einsetzen.“ 31 Über den Erfolg dieser Aufforderung berichtete Gottlob Berger, der Chef des Ergänzungsamtes der Waffen-SS einen Monat später, die Partei habe sich „im Gegensatz zu der SA“ bei der Werbung für die Totenkopfstandarten „sehr aktiv“ eingesetzt. „Daß teilweise“, so Berger weiter, „weit über das Ziel hinausgeschossen wurde, ist verständlich und weiter nicht schlimm. Es war anzunehmen, daß das durch den letzten Satz in der Verfügung der Reichsorganisationsleiters Dr. Ley kommen würde.“ Von der Streichung des Satzes hatte Berger nach eigenem Bekunden aus dem Grund abgesehen, „weil sonst der Schwung in einer Reihe von Gauen gefehlt hätte“. 32 Auch bei der Rekrutierung volksdeutscher Freiwilliger gab es derartigen „Schwung“. Die Generalinspektion der verstärkten SS-Totenkopfstandarten räumte Anfang des Jahres 1940 ein, daß ein Teil der Volksdeutschen „ohne Rücksicht auf berufliche und familiäre Verhältnisse eingezogen worden“ sei. In Fällen, in denen besondere Härten entstanden seien, sollte nach eingehender Prüfung sogar eine Entlassung der Rekruten verfügt werden.33 Die Werbung von Rumäniendeutschen im Juni 1940 scheint vereinzelt unter falschen Versprechungen organisiert worden zu sein. Elmar K., ein junger Rumäniendeutscher, der später der 1. SS-Brigade angehörte, berichtete: „Wir waren mit etwa 1000 Studenten von Rumänien nach Deutschland gekommen, um unser Studium fortzusetzen. Dazu kam es aber nicht, weil wir einfach in Uniform gesteckt wurden.“ 34 Als Verantwortlichen für die Täuschung benannte einer der späteren SS-Männer Andreas
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Schmidt, den Führer der deutschen Minderheit in Rumänien, der „die junge Elite der Volksdeutschen verraten und verschachert“ habe. 35 Die Mehrzahl der Volksdeutschen, die im Rahmen der Rekrutierungsaktion zur Waffen-SS kamen, äußerte jedoch im Gegenteil, sich im Juni 1940 freiwillig zur Waffen-SS gemeldet zu haben.36 Wenn es auch Beispiele gegeben hat, in denen junge Männer durch Täuschung oder Druck von NS-Funktionären zum Dienst genötigt wurden, meldete sich die ganz überwiegende Mehrheit der Rekruten freiwillig. Für deutschstämmige Männer außerhalb des Reichsgebiets bestand erst mit Himmlers Verkündung der Wehrpflicht für Volksdeutsche ab August 1942 eine allgemeine Dienstpflicht bei der Waffen-SS. Im Reichsgebiet setzten überhaupt erst 1943 im Zuge der militärischen Niederlagen an der Ostfront und dem dringenden Rekrutenbedarf der Waffen-SS Werbungsmethoden ein, die partiell deutlich dem Freiwilligencharakter der Truppe widersprachen. 37
4. Der Anteil an Volksdeutschen Seit Bestehen der Waffen-SS befand sich unter den Soldaten ein stetig steigender Anteil an Volksdeutschen. Das waren die Angehörigen deutschsprachiger Minderheiten, die außerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs in seiner Ausdehnung von April 1938 lebten. Für die Verbände der Waffen-SS spielten vor allem Männer aus der Tschechoslowakei, aus Polen, Jugoslawien, Rumänien, Ungarn und aus verschiedenen Regionen der Sowjetunion eine größere Rolle. Bis Kriegsende stellten die Volkdeutschen mit 310 000 Männern rund ein Drittel des Personals der Waffen-SS. Darunter waren allein 190 000 Rumänien- und Ungarndeutsche, was einem Gesamtanteil von 20 Prozent des Personalbestands entspricht. 38 Der hohe Anteil entsprach keineswegs nur einem politisch-ideologischen Programm der SS, möglichst viele Auslandsdeutsche in der Waffen-SS zu vereinen. Vielmehr drückte sich in deren massenhafter Rekrutierung auch ein Dilemma aus, da für den ständig forcierten Ausbau von SS-Verbänden ein Potential an Rekruten benötigt wurde, welches innerhalb der Reichsgrenzen durch die von der Wehrmacht erzwungenen Rekrutierungsbeschränkungen schlicht nicht zu erreichen war. Bereits kurz nach Einsatzbeginn machten sich Totenkopfstandarten im besetzten Polen auf eigene Faust auf die Suche nach neuen Rekruten. In Lodsch startete die 1. SS-Schwadron Ende Oktober 1939 in Stadtvierteln mit hohem volksdeutschen Bevölkerungsanteil Werbungsaktionen.39 Im November 1939 fanden Freiwilligenwerbungen außerdem in Kriegsgefangenenlagern unter ehemaligen polnischen Soldaten statt. Die Totenkopfstandarten übernahmen außerdem umfangreiches Personal aus den volksdeutschen Selbstschutzverbänden, die ab Dezember 1939 aufgelöst wurden. 40 Nach zahlreichen Werbungen des rastlosen Berger institutionalisierte Himmler mit der Erklärung einer allgemeinen „Volksdeutschen Wehrpflicht“ im August 1942 das Rekrutierungswesen für die volksdeutschen SS-Soldaten. 41 Eine Auswertung der Vernehmungsprotokolle der 1. SS-Brigade ergibt hinsichtlich der Volksdeutschen ein differenziertes Bild. 42
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2. Sozialstruktur und Mentalität Tabelle 5: Anzahl und Herkunft der Volksdeutschen unter den Mannschaften der 1. SS-Brigade
Anzahl Volksdt. in 1. SS-Brig. Anteil Volksdt. in 1. SS-Brig. Anteil Volksdt. n. Herkunftsländern
Gesamt
Jugosl.
591
254
Polen
Tschech. Sowjet.
Sonst.
102
80
77
48
24
6
5,98 %
4,69 %
4,51 %
2,81 %
1,41 %
0,35 %
42,98 % 17,26 % 13,54 % 13,03 %
8,12 %
4,06 %
1,02 %
34,62 % 14,88 % 100 %
Rumän. Ungarn
Dem Anteil von gut einem Drittel Volksdeutscher der sich bei der Brigade Ende 1942 andeutet, kamen andere SS-Einheiten allerdings schon bedeutend früher nahe. Die 1. SS-Reiterstandarte wies schon Ende März 1940 einen Bestand von insgesamt 485 Volksdeutschen auf. Bei einer Gesamtstärke von 1784 Unterführern und Männern bedeutete das einen Anteil von immerhin 27 Prozent. 43 Eine genauere Aufschlüsselung belegt allerdings die sehr unterschiedliche Verteilung der Volksdeutschen auf die einzelnen Reiterschwadronen. Während in der 1. Schwadron einhundert Volksdeutsche dienten und die 3., 4. und 8. Schwadron einen ungefähren Mittelwert von etwa vierzig volksdeutschen Männern aufwies, wurden in der 7. Schwadron nur fünfzehn und in der 11. Schwadron gar nur ein Volksdeutscher gezählt. 44 Der Anteil bei der 5. Schwadron des 2. Reiterregiments betrug im September 1941 23,6 Prozent. Im darauffolgenden Sommer, nachdem das Regiment in der Folge monatelanger Fronteinsätze in Polen aufgefrischt worden war, hatte er sich mehr als verdoppelt und lag nun bei genau 60 Prozent. 45 Die Auswertung der Aussagen ergibt auch eindeutige Spitzen bei der Rekrutierung von Volksdeutschen. Im Juni 1940 wurden unter maßgeblicher Mithilfe des deutschen Volkstumsvertreters in Rumänien, Andreas Schmidt, insgesamt 1060 Rumäniendeutschen für die Waffen-SS angeworben und per Schiff auf der Donau nach Wien transportiert. Mindestens ein Viertel der Männer erwies sich allerdings als untauglich für die Waffen-SS. 46 Nach einer ersten Grundausbildung wurden die übrigen in verschiedene SS-Verbände eingegliedert und gelangten zum Teil auch zur 8. und 10. Totenkopfstandarte. Etliche der Einheitsangehörigen sprachen in diesem Zusammenhang von der „Eintausend-Mann-Aktion“. 47 Von den im Juni 1940 zu den beiden Standarten versetzten Rekruten waren allein 35 Prozent solche Volksdeutsche aus Rumänien. Das zweite große Kontingent trat zwischen März und Mai 1942 in die Waffen-SS ein und gelangte in den folgenden Wochen zur 1. SS-Brigade. Von 322 Rekruten, die in diesen drei Monaten ausgebildet und anschließend zur 1. SS-Brigade versetzt wurden, waren allein 85 Prozent Volksdeutsche. Mit einem Anteil von 67 Prozent waren dabei Rekruten aus Jugoslawien mit Abstand am stärksten vertreten. Die Rekrutierungsspitze für das Frühjahr 1942 hatte bei anderen SS-Truppen ihre Entsprechung. Auf einer von der 5. Schwadron des 1. Reiterregiments erstellten Personalliste waren insgesamt 93 Volksdeutsche aufgeführt, die hauptsächlich aus Ungarn stammten und fast ausnahmslos im April 1942 der Einheit zugeteilt worden waren. 48
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Der hohe Anteil an Volksdeutschen schlug sich allerdings während der ersten Jahre kaum in der unteren oder gar mittleren Befehlsebene nieder. In einer Personalliste der 2. Schwadron des 2. SS-Reiterregiments vom 31. Dezember 1941 findet sich kein einziger Volksdeutscher in den Befehlsrängen der Führer und Unterführer. 49 Erst in einer Liste vom 15. Juli 1942 sind zwei sudetendeutsche Unterführer aus der ehemaligen Tschechoslowakei aufgeführt. Gleichzeitig befanden sich unter den Mannschaftsdienstgraden aber 62 Prozent Volksdeutsche, die überwiegende Mehrzahl aus Ungarn. 50 Ein Grund für deren kaum vorhandene Existenz in den Unterführer- oder Führerpositionen lag in der verbreiteten Benachteiligung der Volksdeutschen. Schwierigkeiten begannen allein schon angesichts der teilweise ungenügenden Deutschkenntnisse der Rekruten. Der Chef der 3. Schwadron der 1. SS-Reiterstandarte berichtete Ende April 1940, die Kameradschaft innerhalb der Einheit würde durch bewußtes Zusammenlegen von Reichs- und Volksdeutschen gefördert, allerdings sei die Schulung sehr erschwert, da das „Allgemeinwissen der Volksdeutschen ein sehr geringes“ sei und „teils mangelhafte, teils völlige Sprachunkenntnis“ vorherrsche. 51 Wegen der gleichen Problematik wurde bei der 1. Schwadron des 2. Regiments im April 1941 eine Namensliste erstellt, auf der etliche Volksdeutsche vermerkt waren, mit denen eine Verständigung schwer oder gar nicht möglich war. 52 Auch in disziplinarischer oder weltanschaulicher Hinsicht scheint das Verhältnis nicht unproblematisch gewesen zu sein. Das führte zu harschen Urteilen wie in einem Bericht der 5. Schwadron der Reiterstandarte, in dem formuliert war: „Besondere Schwierigkeiten machen die volksdeutschen Männer, da sie wenig Ehrbegriff und Dienstauffassung haben.“ 53 Sogar in persönlichen Beurteilungen wurden Volksdeutsche von SS-Offizieren mitunter als ‚wesensverschieden‘ gekennzeichnet. So stand in einem Beurteilungsbogen über den Rekruten Walter B., er sei Volksdeutscher und „als solcher etwas schwerfällig“. 54 Vielfach galten Volksdeutsche in der Waffen-SS als ‚Deutsche zweiter Klasse‘. Die Folge waren verbreitete Schikanen durch ‚Kameraden‘ und Vorgesetzte. Die Virulenz des Problems zeigte sich nicht zuletzt im April 1942, als Himmler in einem Schreiben an die Chefs des SS-Hauptamtes und des SS-Führungshauptamtes die große Bedeutung einer guten Behandlung volksdeutscher und europäischer Freiwilliger in der Waffen-SS hervorhob. Er verfügte, daß unter anderem die Offiziere der 1. SS-Brigade in speziellen Kursen auf die besonderen Aufgaben bei der Führung Volksdeutscher vorzubereiten seien und behielt sich persönlich vor, die betreffenden Stellenbesetzungen bis zur Ebene der Zugführer selbst zu entscheiden. Für die SS-Reiter sei ein entsprechendes Vorgehen hingegen nicht nötig, da, so Himmler, „die Kavalleriebrigade mit wenig Ausnahmen im besten Maße immer Verständnis für die Gewinnung dieser Männer bewiesen“ habe. 55
5. Waffen-SS und KZ-Wachmannschaften Im Rahmen der Untersuchung des Personals der SS-Brigaden und des Kommandostabes soll auch der Aspekt des Personalaustauschs zwischen den Wachmann-
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2. Sozialstruktur und Mentalität
schaften der Konzentrationslager und den militärischen Verbänden der WaffenSS Beachtung finden. Der ehemalige SS-General Paul Hausser behauptete schon vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg und 1953 in seinem ersten Exkulpationswerk, dem Buch „Waffen-SS im Einsatz“, Himmler habe während des Krieges „ohne unser Wissen“ das Wachpersonal der Konzentrationslager in die Waffen-SS eingegliedert und damit künstlich die faktisch gar nicht bestehende Verkettung zwischen Fronttruppen und dem kriminellen Wachpersonal herbeigeführt. 56 Damit war Hausser einer der Mitbegründer des Mythos, die Waffen-SS habe nichts mit den Wachmannschaften der Konzentrationslager zu tun gehabt. Wie der frühere SS-Oberstgruppenführer selbst genau wußte, sah die Wirklichkeit anders aus. Nachdem das Gros des Offizierskorps und der Mannschaften der SSDivision „Totenkopf“ im Oktober 1939 aus den Wachmannschaften der Konzentrationslager Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen aufgestellt worden war, übernahm Richard Glücks von seinem bisherigen Chef Eicke die Inspektion der Konzentrationslager. 57 Die bislang formell zum SS-Hauptamt gehörende Inspektion wurde im August 1940 in den Organisationsapparat des neugegründeten SSFührungshauptamtes eingegliedert. Seitdem gehörten das gesamte Wach- und Verwaltungspersonal der Lager zur Waffen-SS. Mit dem ständig zunehmenden Zwangsarbeitseinsatz von KZ-Häftlingen für die deutsche Kriegsindustrie überführte Himmler die Inspektion der Konzentrationslager im März 1942 als Amtsgruppe D in das Wirtschaftsverwaltungshauptamt, von wo aus die gigantische Schreckenswelt der Lager bis Kriegsende geführt wurde. Für die Bewaffnung und die militärische Ausbildung blieben jedoch nach wie vor das SS-Führungshauptamt und damit die Waffen-SS zuständig. 58 Das Wachpersonal rekrutierte sich weiterhin aus deren Angehörigen, Ersatz kam vor allem ab 1944 zunehmend durch überstellte Wehrmachtsangehörige. Zwischen den militärischen Verbänden der Waffen-SS und den SS-Wachmannschaften der Lager fand ein ständiger Austausch statt. Kriegsverwendungsfähige Angehörige des Lagerpersonals wurden zu den Truppen versetzt; dafür wurden kriegsverletzte SS-Männer zur weiteren Verwendung in die Konzentrationslager abkommandiert.59 Das beständige Personalrevirement fand sogar im Fall der Vernichtungslager in Polen statt. Als das bei der Ermordung der westpolnischen Juden im Vernichtungslager Kulmhof eingesetzte Personal im April 1943 seinen Mordauftrag ausgeführt hatte, wurden die Männer geschlossen zur SS-Division „Prinz Eugen“ nach Jugoslawien versetzt. Von dort kehrten die Männer ein Jahr später nach Kulmhof zurück, als die dortige Vernichtungsstätte für die Ermordung der letzten Juden aus Litzmannstadt im Juni und Juli 1944 reaktiviert wurde. 60 Auch bei den Brigaden des Kommandostabes gab es immer wieder personelle Überschneidungen mit dem Personal der Konzentrationslager. Die in Oranienburg vis-à-vis zum Lager Sachsenhausen stationierte 5. Totenkopfstandarte, stellte während ihrer Ausbildungszeit laufend eine Kompanie zur Bewachung des Lagers ab. Die dort eingesetzte Wachkompanie wurde im ständigen Wechsel
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von allen drei Bataillonen gestellt, so daß tatsächlich annähernd jeder Einheitsangehörige Dienst im Lager geleistet haben dürfte. 61 An anderen in der Nähe von Konzentrationslagern liegenden Stationierungsorten von SS-Truppen wurden die Männer mitunter als Disziplinarstrafe zur Bewachung von Häftlingen eingesetzt. Adams S., ein Angehöriger der in Weimar stationierten 3. Flakabteilung, berichtete, als Bestrafung für Verspätungen während seiner Ausbildungszeit sei er wiederholt zum Dienst in der Wachmannschaft von Buchenwald eingeteilt worden.62 Neben derartigen Belegen für die institutionelle Nähe zwischen Waffen-SS und Konzentrationslagerwesen gab es während des Krieges immer wieder personelle Überschneidungen. Auf Befehl des SS-Führungshauptamtes wurden Anfang August 1941 zehn Wachmänner aus Sachsenhausen zur Kavalleriebrigade in Marsch gesetzt, wo sie zukünftig als Lkw-Fahrer Verwendung finden sollten. 63 Im Zuge der Aufstellung des Kommandostabes wurde wie beschrieben Führungspersonal aus den Konzentrationslagern dorthin versetzt. 64 Siegfried Kotthaus, Schwadronschef in der SS-Kavalleriebrigade war ab Juni 1936 für einige Monate im Rang eines Hauptscharführers Angehöriger der Wachmannschaft des Konzentrationslagers Esterwegen.65 Aus Mauthausen wurde im November 1939 der Oberscharführer S. zur Reitenden Batterie der SS-Kavallerie kommandiert. 66 Ebenfalls von dort wurde nach zweijährigem Dienst in der Wachmannschaft der SS-Mann Anton R. Anfang 1943 zur 1. SS-Brigade versetzt. 67 Zu deren 8. Regiment kam im September 1941 als neuer Verwaltungsführer Hans Schottes, der in den Jahren 1934 bis 1936 Kassenleiter des Konzentrationslagers Esterwegen gewesen war. 68 Im Juni 1942 wurden zur damals in Aufstellung befindlichen SS-Kavalleriedivision zwei Unterscharführer aus dem Konzentrationslager Stutthof in Marsch gesetzt. 69 Den entgegengesetzten Weg nahm unter anderem der SS-Reiter Karl K. Er schied krankheitsbedingt 1941 aus der Kavalleriebrigade aus und trat anschließend seinen Dienst in Dachau an. Im weiteren Kriegsverlauf wurde K. nach Auschwitz kommandiert, wo er bei der Bewachung von Zwangsarbeiterkommandos eingesetzt war. 70 Ähnlich erging es dem Rottenführer Herbert A., der im Winter 1941 nach einer Verwundung garnisonsverwendungsfähig geschrieben worden war und darauf von der 1. SS-Brigade als Wachmann nach Neuengamme versetzt wurde. Dort war A. bis Februar 1945 tätig, bevor er in der Kriegsendphase noch eine Kommandierung nach Flossenbürg erhielt und in einem dortigen Nebenlager weitere zwei Monate Dienst tat. 71 Weder für den Kommandostab noch für die SS-Brigaden sind Dokumente überliefert, die über die geschilderten Einzelbeispiele hinaus einen Einblick in die Gesamtdimension des Personalaustauschs zwischen Konzentrationslager-SS und den SS-Truppen erlauben. Insgesamt taten ungefähr 60 000 Angehörige der Waffen-SS in den nationalsozialistischen Lagern Dienst. Schätzungsweise ein Drittel dieser Männer wird zwischenzeitlich zumindest vorübergehend auch in den militärischen SS-Verbänden eingesetzt gewesen sein. 72
V. Nationalsozialistische Elite. Das Offizierskorps Für eine eigenständige Analyse des Offizierskorps bot sich eine Untersuchung von SS-Personalakten aus dem Bestand des ehemaligen Berlin Document Center an. Dazu wurden Personalakten von insgesamt 101 SS-Führern des Kommandostabes und der unterstellten Brigaden anhand der gleichen Kategorien wie bei der Untersuchung der Mannschaften der 1. SS-Brigade erfaßt und ausgewertet. Um hinsichtlich der Mannschaften vergleichbare Ergebnisse erzielen zu können, wurden ausschließlich Offiziere berücksichtigt, die im Zeitraum zwischen der Aufstellung der Brigaden im Mai 1941 und dem Jahresende 1942 Führungspositionen innerhalb des Kommandostabes oder in einer der Brigaden innehatten. 1
1. Alter, Herkunft und sozialer Status Die Mehrzahl des analysierten Führungspersonals war 1941 zwischen 31 und 50 Jahre alt. Insgesamt 38,6 Prozent der Männer wurden in der Dekade zwischen 1891 und 1900 geboren, ein ähnlicher Anteil, 36,6 Prozent, zwischen 1901 und 1910. Nur bei 17,8 Prozent der SS-Führer lag das Geburtsjahr in der Zeit zwischen 1911 und 1915, dem jüngsten in der Untersuchung erscheinenden Jahrgang. Den niedrigsten Anteil bilden mit 6,9 Prozent die sechs Offiziere, die in den Jahren zwischen 1884 und 1890 geboren wurden. In dieser ältesten Gruppe befinden sich mit den SS-Gruppenführern Kurt Knoblauch und Karl von Treuenfeld, dem Brigadeführer Gottfried Klingemann und Oberführer Wilhelm Hartenstein der Chef des Kommandostabes sowie drei der zeitweiligen Kommandeure der SSBrigaden. Das Durchschnittsalter aller untersuchten Offiziere lag bei 40,1 Jahren. Die ganz überwiegende Mehrzahl der SS-Führer wurde innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches von 1937 geboren. Lediglich zwei der Männer stammten aus Rußland und zwei aus der Tschechoslowakei, sie waren mit ihren Eltern allerdings bereits lange vor 1933 nach Deutschland gekommen. Außerdem wurde je einer der Männer in Österreich, Lothringen und dem Elsaß geboren. Hinsichtlich der regionalen Herkunft der reichsdeutschen SS-Führer lassen sich keine Auffälligkeiten feststellen; bei den Geburtsorten des untersuchten Personals sind sämtliche Regionen des Deutschen Reiches vertreten. Mit 29 Personen stammte jedoch nicht einmal ein Drittel der Männer aus ländlichen Regionen. Dagegen kamen 43 Prozent der Führerdienstgrade aus mittleren Städten oder aus Großstädten. Allein 17 Prozent der Männer wurden in den Metropolen Berlin, Hamburg und München geboren. 2 Informationen hinsichtlich der sich aus dem Vaterberuf ergebenden sozialen Schichtzugehörigkeit enthielten 72 Prozent der Personalakten. Die Auswertung
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ergab, daß eine Herkunft aus der Unterschicht faktisch kaum existent war. Nur zwei der Offiziere gaben in ihrem Lebenslauf als Vaterberuf den eines Arbeiters beziehungsweise eines Facharbeiters an. Sämtliche anderen Offiziere wuchsen in Familien auf, die entweder der Mittel- oder gar der Oberschicht angehörten. Unter den Vätern fanden sich sechs Akademiker, was einem Anteil von immerhin acht Prozent entspricht. Zudem gab es zwei Fabrikbesitzer, drei höhere Beamte und sechs Angestellte in höheren Positionen. Daneben verdienten 11 Familienväter ihren Lebensunterhalt als selbständige Kaufleute im eigenen Geschäft und zehn Männer arbeiteten als selbständige Handwerksmeister. Mit neun selbständigen Landwirten waren zudem 12,5 Prozent der Väter im agrarischen Bereich tätig; allein drei davon besaßen als Gutsbesitzer größere Ländereien. Im Hinblick auf ihren Dienst beim Kommandostab oder den Brigaden erstaunt lediglich, daß mit vier Männern nur 5,5 Prozent der späteren SS-Führer aus Soldatenfamilien kamen; drei der Väter waren selbst Offiziere gewesen. Darüber hinaus waren zwei der Väter bei der Polizei tätig gewesen. Die überdurchschnittlich hoch vertretene Herkunft aus den qualifizierten Bereichen des Mittelstandes und zu einem geringeren Teil sogar aus der Oberschicht wirkte sich auch auf das Niveau der Schulbildung aus. Mit 46 Prozent ging fast die Hälfte der untersuchten Personengruppe auf ein Gymnasium und schloß die höhere Schulbildung mit dem Abitur ab. Anschließend besuchte mit 21 Männern ein Fünftel der späteren Offiziere auch eine Hochschule. Mit der mittleren Reife schlossen immerhin 36 Prozent ihre Schulbildung ab, und nur 19 Prozent der Gruppe hatten lediglich einen Volksschulabschluß vorzuweisen. Damit lag der Bildungsstand von Offizieren des Kommandostabes und der Brigaden wesentlich höher als der von SS-Führern der Totenkopfstandarten, für die eine frühere Untersuchung für das Jahr 1939 nur einen 28-prozentigen Anteil an Abiturienten festgestellt hatte. Viel eher entsprach die Schulbildung der untersuchten Offiziersgruppe dem Abiturientenanteil unter den Führern der Verfügungstruppe oder des Sicherheitsdienstes der jeweils bei ungefähr 50 Prozent lag. SS-Führerdienstgrade, deren Schulbildung anhand einer Dienstaltersliste vom 1. Juli 1944 untersucht wurde, wiesen einen bedeutend niedrigeren Anteil an Abiturienten und einen entsprechend höheren Prozentsatz an Männern mit Volksschulabschluß auf. 3 Bis auf eine Ausnahme ergriffen die 101 untersuchten SS-Führer alle eine Ausbildung; die meisten Männer arbeiteten vor ihrem Dienst in der Waffen-SS noch in ihrem erlernten Beruf. Bei der Berufswahl läßt sich nur teilweise eine Kontinuität zur Tätigkeit des Vaters feststellen. Die meisten Akademikersöhne verfolgten selbst eine Universitätsausbildung; außerdem ergriffen etliche Söhne von höheren Angestellten, selbständigen Kaufleuten oder Handwerksmeistern eine mit dem Berufsbild des Vaters vergleichbare Qualifizierung. Ein großer Teil der angehenden Kaufleute und Handwerker dürfte auch im elterlichen Geschäft ausgebildet worden sein; manche werden anschließend die Tätigkeit des Vaters direkt übernommen haben.4 Daneben sind in einigen Berufsbildern im Vergleich
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zu den Väterberufen bei den Söhnen auch deutliche Veränderungen festzustellen. Der Anteil der Facharbeiter stieg von 2,7 Prozent bei den Vätern auf immerhin 6 Prozent bei den Söhnen. Noch deutlicher waren die Veränderungen bei den kleineren Angestellten. Hier stieg der Wert von 11 auf 26 Prozent. Bei den Söhnen läßt sich außerdem ein Rückgang von Berufen im landwirtschaftlichen Sektor feststellen; lediglich drei SS-Führer hatten noch als Landwirte gearbeitet, nur einer hatte seine laufende Ausbildung für den Dienst in der Waffen-SS abgebrochen. Schließlich deutet sich bei zahlreichen Männern, die als Soldaten oder Polizeibeamte tätig waren, bereits deren spätere Funktion als SS-Offiziere an. Während bei den Vätern mit acht Personen nur 11 Prozent als Soldaten oder Polizisten beschäftigt waren, stieg der Anteil unter den Söhnen auf immerhin 31 Prozent. Zweifellos wäre der Wert noch bedeutend höher ausgefallen, wenn nicht zahlreiche Weltkriegsteilnehmer nach 1918 in der verkleinerten Reichswehr gezwungen gewesen wären, sich ersatzweise einem Zivilberuf zuzuwenden. Von den 13 erfaßten Polizisten und 18 Soldaten waren mit 17 Männern über die Hälfte der Personengruppe bereits vor ihrem Eintritt in die Waffen-SS Offiziere gewesen. Die Ergebnisse verdeutlichen trotz aller Unterschiede eine recht große Konstanz zum sozialen Status des Elternhauses. Die überwiegende Mehrzahl der SSFührer war weiterhin im Mittelstand sozialisiert und hatte sehr wohl ihr Auskommen in der Weimarer Gesellschaft gefunden. Damit entsprachen die späteren Offiziere keineswegs dem Bild perspektivloser Outlaws; vielmehr zeigt sich, daß die Männer sich aus meist gesicherter Existenz bewußt für eine Karriere in der bewaffneten SS entschieden. Die Untersuchung des Sozialstatus, der Schulbildung und der Berufswahl zeigt zudem, daß das Offizierskorps des Kommandostabes und der Brigaden keineswegs dem Ideal der von der SS ursprünglich propagierten klassenlosen Volksgemeinschaft entsprach. 5 Während der frühen Jahre des Aufbaus der Waffen-SS wurde verstärkt auf die bestehende Bildungselite zurückgegriffen. Ansätze zur Ausbildung des Führernachwuchses anhand genuin nationalsozialistischer Wertemaßstäbe wurden spätestens im Krieg zugunsten eines schnelleren Ausbaus und der weiteren Professionalisierung der Waffen-SS zurückgestellt. So forderte das SS-Führungshauptamt im November 1940 nach einem desaströs verlaufenen Führerlehrgang an der Junkerschule Tölz, bei dem ein Großteil der Führerbewerber sich als vollkommen ungeeignet erwiesen hatte, die einzelnen Truppenverbände auf, angehende Offiziere sorgfältiger auszuwählen und besonders Abiturienten in die Auswahl mit einzubeziehen. 6 Dementsprechend wurden Ende 1940 auch innerhalb der SS-Kavallerie Beurteilungslisten angefertigt, die speziell die Abiturienten in den jeweiligen Schwadronen hinsichtlich ihrer militärischen Qualitäten und Führungseigenschaften bewerteten. 7 Die SS unterstrich damit, daß eine Führerlaufbahn bevorzugt Höhergebildeten offenstand, die sich hauptsächlich aus der einstigen Mittel- und Oberschicht der so verhaßten Weimarer Republik rekrutierten.
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2. Militärische Laufbahn und ideologische Grundhaltung Für eine Teilnahme am Ersten Weltkrieg war gut die Hälfte des untersuchten Führungspersonals noch zu jung. Bis auf Gustav Lombard, den Schwadronschef und späteren Kommandeur des 1. SS-Kavallerieregiments, und Wilhelm Jeppe, einen Verwaltungsführer beim Kommandostab, waren aber sämtliche 46 Angehörige der Kriegsgeneration auch Weltkriegsteilnehmer. 8 Aus diesem Personenkreis bekleidete die Hälfte zu Kriegsende Mannschafts- oder Unteroffiziersdienstgrade, während die übrigen 23 Offiziersränge innehatten. Mit 13 Soldaten oder Offizieren wurden nur 24 Prozent der Kriegsteilnehmer nach der Niederlage in die Reichswehr übernommen; weitere 20 Prozent der Soldaten fanden ein Unterkommen im Polizeidienst. 9 Hinsichtlich der Dienstzeiten der untersuchten Gruppe könnte man durchaus annehmen, die SS-Führer hätten vor der Kommandierung zu den Brigaden oder dem Kommandostab bereits eine längere Tätigkeit bei den Totenkopfstandarten oder der Verfügungstruppe abgeleistet. Tatsächlich befand sich jedoch nur ein gutes Drittel des Personals bereits vor September 1939 in den Reihen der bewaffneten SS. Von den 38 Personen waren 15 bei der SS-Verfügungstruppe und 11 bei der Leibstandarte tätig, acht dienten in den drei Standarten der späteren SS-Division „Totenkopf“ und vier Führer arbeiteten als Lehrer an den Junkerschulen Braunschweig oder Bad Tölz. Von den 62 Prozent, die erst nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ihren Dienst antraten, kamen 16 Prozent noch zwischen September und Dezember 1939 zu den Totenkopfstandarten oder zur Verfügungstruppe. 31 Prozent der Offiziere hatten im Jahr 1940 ihren Dienstantritt und 16 Prozent folgten innerhalb der ersten sechs Monate des Jahres 1941. Von diesen 16 SS-Führern, die erst 1941 während der unmittelbaren Vorbereitungen auf den Krieg gegen die Sowjetunion ihren Dienst bei der Waffen-SS begannen, wurden allein 14 Offiziere zwischen April und Juni von anderen Dienststellen des SS-Apparats zum Kommandostab Reichsführer-SS versetzt. Auffälligerweise unterscheidet sich der Zeitpunkt des Eintritts in die bewaffnete SS bei den Führerdienstgraden der verschiedenen Brigaden deutlich. Bei Offizieren der 1. und 2. Brigade hielt sich die Zahl derjenigen, die vor und der, die nach September 1939 in die Truppe eintraten, in etwa die Waage. Ganz anders stellt sich das Verhältnis bei der Kavalleriebrigade dar. Von den Offizieren, die später im SS-Reiterverband Dienst taten, gehörten nur 25 Prozent bereits vor September 1939 der Verfügungstruppe oder einer der drei Totenkopfstandarten an, während drei Viertel erst nach Ausbruch des Krieges ihren Dienst aufnahmen. Hierin zeigt sich, daß man sich zum Aufbau der Totenkopfstandarten und späteren Infanteriebrigaden sowohl der Führerdienstgrade bereits existierender Truppenverbände bediente als auch SS-Führer verstärkt an den Junkerschulen heranbildete oder direkt aus der Allgemeinen SS rekrutierte. Für die sehr kurzfristig geplante Aufstellung der SS-Kavallerie existierte hingegen kaum geeignetes Führungspersonal in den Reihen der bestehenden Verbände. Daher muß-
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ten Offiziere mit Reiterfahrung in der Folgezeit in weit größerem Umfang aus der Allgemeinen SS geworben werden. Die innerhalb der untersuchten Personengruppe vorhandene Bandbreite an Altersgruppen und Stellenbesetzungen schlägt sich auch in der Diversität der militärischen Ränge nieder. Bei dem Führungspersonal waren drei Gruppenführer, drei Brigadeführer, zwei Oberführer, 13 Standartenführer, 18 Obersturmbannführer, 25 Sturmbannführer, 25 Haupt- sowie sieben Ober- und fünf Untersturmführer vertreten. 10 Die überwiegende Mehrzahl lebte in geregelten familiären Verhältnissen, die in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft eine entsprechend große Rolle spielten. Himmler legte auch bei seinen „Politischen Soldaten“ großen Wert auf vom Rasse- und Siedlungshauptamt genehmigte, „rassisch“ einwandfreie Eheschließungen und baldigen Nachwuchs. Dementsprechend waren 91 Prozent des Führungspersonals verheiratet, 74 Prozent der Männer waren Familienväter. 11 Die frühesten Belege für die politische Ausrichtung lassen sich über eine Überprüfung der Mitgliedschaft älterer SS-Führer in den Freikorps erzielen. Die 50 Personen der Geburtsjahre von 1903 bis 1915 kamen dafür aufgrund ihres Alters jedoch nicht in Frage. Somit verblieben 51 Personen älterer Jahrgänge, die theoretisch in solchen Einheiten aktiv gewesen sein konnten. Tatsächlich waren 32 Männer in den unterschiedlichsten Freikorps organisiert; das entspricht einem Anteil von 63 Prozent. Darüber hinaus waren 94 Prozent des untersuchten Führungspersonals Mitglieder der NSDAP. In einem Fall war die Mitgliedschaft nicht eindeutig zu ermitteln, und nur bei sechs Personen existierten in den Personalakten keine Hinweise auf eine NSDAP-Mitgliedschaft. Immerhin 62 Prozent des Führungspersonals bestand aus „Alten Kämpfern“, deren Parteibeitritt vor der Machtübertragung an Hitler am 30. Januar 1933 erfolgt war. 12 Den absoluten Rekord konnte in dieser Beziehung Karl-Maria Demelhuber, der erste Kommandeur der 1. SS-Brigade und frühere Befehlshaber der Waffen-SS im Generalgouvernement, für sich verbuchen. Demelhuber war der NSDAP bereits im Februar 1922 beigetreten. 13 Weitere 11 Männer realisierten ihren Beitritt ebenfalls noch in den zwanziger Jahren; das Gros der „Alten Kämpfer“, insgesamt 38 Prozent der Offiziere, trat in den Jahren 1931 und 1932 in die Partei ein. Dem folgte ein größerer Anteil von 20 Prozent, die als „Märzgefallene“ in den ersten vier Monaten nach dem nationalsozialistischen Machtantritt zu NSDAP-Mitgliedern wurden. Bis Mai 1937, dem spätesten Beitrittszeitpunkt, hatte nur noch ein kleinerer Anteil von 12 Prozent seinen NSDAP-Ausweis beantragt. 14 Ausnahmslos das gesamte Führungskorps wies Mitgliedschaften in der Allgemeinen SS auf. Ein Blick auf den jeweiligen Beitrittszeitpunkt zeigt, daß die überwiegende Mehrheit von 85 Prozent der Offiziere SS-Mitgliedschaften bereits vor ihrer Verwendung bei der Waffen-SS besaßen. Das veranschaulicht ähnlich wie bei den untersuchten Mannschaftsdienstgraden die Virulenz des Nationalsozialismus, der für die Offiziere bereits vor ihrem Dienst in der Waffen-SS eine bedeutende Rolle gespielt hatte. Mit 46 Prozent konnte fast die Hälfte der unter-
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suchten Personengruppe für sich in Anspruch nehmen, als treue Anhänger der ‚Bewegung‘ schon bis zum Januar 1933 der SS beigetreten zu sein. 15 In der Folgezeit erhielten 21 Prozent noch im Verlauf des Jahres 1933 den SS-Ausweis. Weitere 28 Prozent kamen zwischen 1934 und August 1939 zur Allgemeinen SS und nur 5 Prozent der Untersuchungsgruppe erwarben erst nach Kriegsausbruch die SS-Mitgliedschaft. 16
VI. Befähigung zum Massenmord. Der weltanschauliche Unterricht der Waffen-SS Da die vorigen Kapitel Belege für ein hohes Maß an ideologischer Übereinstimmung mit dem Nationalsozialismus unter den Angehörigen der Truppen des Kommandostabes geliefert haben, schließt sich die Frage an, ob die Männer zusätzlich zu persönlichen Einstellungen im Rahmen der Ausbildung eine entsprechende Indoktrinierung erfuhren. Möglichkeiten dazu bot die weltanschauliche Erziehung, ein Unterrichtsfach, das alle Männer in der Waffen-SS absolvierten.1 Dem Anspruch nach sollte die Schulung sie mit dem Kern der nationalsozialistischen Ideologie vertraut machen und sie befähigen, nicht nur auf dem Schlachtfeld zu bestehen, sondern im Sinne eines „politischen Soldatentums“ in allen Lebensbereichen ein Garant für die Durchsetzung der nationalsozialistischen Ziele zu sein. 2 Generell, so wurde von Himmler und den für Schulungsfragen zuständigen SS-Führern ständig betont, sollte bei der weltanschaulichen Erziehung keinesfalls nur stur der Lehrstoff vermittelt werden. Bereits im Oktober 1934 kleidete Richard Walther Darré, der Chef des Rasse- und Siedlungshauptamtes, die Zielvorstellung in einer Weisung an seine Schulungsleiter in die Formel: „Die SS-Männer sollen nicht vom Nationalsozialismus ‚wissen‘, sondern ihn ‚leben‘.“ 3 Welche große Bedeutung Himmler der weltanschaulichen Schulung einräumte, veranschaulicht seine Position zu Hitlers Erlaß vom August 1938. Er akzeptierte ausdrücklich den vorgesehenen Oberbefehl der Wehrmacht über die Verfügungstruppe, bestand aber darauf, daß die SS in weltanschaulichen Fragen autonom blieb und über sich nur den „Führer“ anerkannte. Die eigenständige ideologische Position der Verfügungstruppe gegenüber der Wehrmacht blieb damit gesichert. Wer dieses Prinzip in Frage stellte, mußte mit Ärger rechnen. So handelte sich ein Abteilungsleiter im SS-Führungshauptamt noch im März 1944 einen strengen Verweis Himmlers ein, weil er sich für eine Herabstufung der weltanschaulichen Erziehung im Bewertungssystem der SSJunkerschulen ausgesprochen hatte. 4 Die Zuständigkeit für die weltanschauliche Schulung wurde Anfang 1936 dem Rasse- und Siedlungshauptamt übertragen. Dort wurde für die Organisation des Unterrichts eine spezielle Abteilung, das SS-Schulungsamt, eingerichtet, welches Mitte 1938 vom SS-Hauptamt unter August Heißmeyer übernommen wurde. Zentrales Medium des Unterrichts innerhalb der SS und der späteren Waffen-SS waren die sogenannten SS-Leithefte, die von Mitarbeitern des Schulungsamtes mehrmals jährlich erarbeitet und an die Schulungsoffiziere herausgegeben wurden. Daneben stellte das
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Schulungsamt weitere Materialien zusammen, die die inhaltliche Grundlage des Unterrichts der SS bildeten. Während Bestrebungen für eine ernsthafte Einbeziehung der ideologischen Schulung in den Ausbildungskanon sowohl bei der Ordnungspolizei als auch bei der Sicherheitspolizei erst im Laufe des Jahres 1937 einsetzten, fand ein planmäßiger Unterricht innerhalb beider Zweige der bewaffneten SS bereits deutlich früher statt. 5 Theodor Eicke, der Herr über die Konzentrationslager und Chef der SS-Wachverbände, bilanzierte in einem Brief an Himmler im August 1936 den Aufbau seiner Totenkopfverbände. Nach Eicke bestünde die Truppe aus den „rassisch besten Deutschen im Alter von 17 bis 19 Jahren“, die „begeistert“ aus der Hitlerjugend gekommen seien. Anschließend hob er hervor, die weltanschauliche Schulung bei den KZ-Wachmannschaften würde „intensiv betrieben und fachmännisch geleitet“. 6 Bei der SS-Leibstandarte „Adolf Hitler“ arbeiteten bereits im Frühjahr 1934 sogenannte Schulungsleiter, die sowohl für die ideologische Instruierung der Führer als auch für die Organisierung regelmäßiger Unterrichtsstunden für die Mannschaften verantwortlich waren. 7 Mit dem Aufschwung der Waffen-SS während des Krieges blieb die institutionelle Zuständigkeit des SS-Hauptamtes für die ideologische Schulung weiterbestehen. Im Kommandoamt der Waffen-SS, dem späteren SS-Führungshauptamt, wurde mit der Abteilung VI (Ausbildung) eine Stelle eingerichtet, die die im SS-Hauptamt erarbeitete inhaltliche Ausrichtung des weltanschaulichen Unterrichts für die Waffen-SS umzusetzen hatte. Die Abteilung konnte den Ausbildungsauftrag durchaus im Rahmen eigener organisatorischer Vorstellungen realisieren; trotzdem war in diesem Verhältnis ein dauerhafter Kompetenzkonflikt zwischen beiden Hauptämtern angelegt, der mit der Übernahme des SS-Hauptamtes durch Gottlob Berger im August 1940 noch an Intensität gewann. 8 Ab September 1940 gab es für die gesamte Waffen-SS Bestrebungen, die auf eine umfassende Regelung und Vereinheitlichung des Stellenwerts der weltanschaulichen Erziehung abzielten. Gleichzeitig wurde auf diese Weise der bisher bestehende Dualismus zwischen militärischer Führung einerseits und den weltanschaulichen Schulungsleitern andererseits zugunsten einer einheitlichen Befehlsstruktur aufgehoben. Eine Dienstanweisung Jüttners legte fest, daß die weltanschauliche Erziehung nicht neben der militärischen Ausbildung stehen dürfe; vielmehr sei beides „zu einer geschlossenen Erziehung zu verschmelzen“. Das Ziel der Erziehung sei, so Jüttner, „der politische Soldat der Waffen-SS“. 9 Dessen grundsätzlicher Anweisung kam Fegelein mit einem eigenen Befehl um einen Monat zuvor. Mit der Begründung, der Reichsführer-SS lege auf die „persönliche Einflußnahme des Einheitsführers auf den weltanschaulichen Soldaten den allergrößten Wert“, befahl er am 1. August 1940, die Schwadronsführer seiner Truppe hätten unter allen Umständen einmal wöchentlich weltanschaulichen Unterricht „mit klaren Themen“ abzuhalten. Mindestens einmal im Monat müsse laut Fegelein zudem der Schulungsleiter der Schwadron zum Unterricht hinzugezogen werden. 10 Berichte der einzelnen Reiterschwadronen geben darüber Auskunft,
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wie unregelmäßig der weltanschauliche Unterricht bei der SS-Totenkopf-Reiterstandarte bis dahin stattgefunden hatte. Fegelein mühte sich jedoch beständig, den Mangel abzustellen. 11 Mit dem Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 übernahm der Kommandostab Reichsführer-SS für die unterstellten Brigaden auch die Weisungskompetenz hinsichtlich der weltanschaulichen Schulung. Zwar war die grundsätzliche Zuständigkeit des SS-Hauptamtes davon nicht berührt, teilweise gab der Kommandostab aber eigene Schulungsunterlagen heraus. Der Krieg stellte die Planer des SS-Hauptamtes dann vor größere Probleme, da der Unterricht kaum mehr regelmäßig stattfinden konnte. Prompt meldete der für die Ausbildung zuständige Führer der Abteilung VI des Kommandostabes wenige Tage nach Einsatzbeginn der unterstellten Brigaden, bei den Verbänden könnten keine Schulungen mehr abgehalten werden.12 Das SS-Hauptamt verlegte daher im weiteren Kriegsverlauf einen Schwerpunkt der weltanschaulichen Erziehung kurzerhand auf die Winterzeit, in der eine mobile Kriegsführung wegen der Witterung kaum möglich war. Mit dem für die Deutschen zunehmend katastrophalen Kriegsverlauf wurde die weltanschauliche Erziehung der Waffen-SS keineswegs zugunsten militärischer Prioritäten zurückgeschraubt. Ernst Rode, der Führungsoffizier des Kommandostabes, hob deren Bedeutung Ende Dezember 1942 ausdrücklich hervor. In einem Stabsbefehl ordnete er an: „Die weltanschauliche Erziehung der Truppe ist der militärischen Ausbildung nicht unter-, sondern nebengeordnet. Die meisten Verfehlungen und Straftaten sind nicht auf kriminelle Veranlagung, sondern auf Mangel an gefestigter innerer Haltung zurückzuführen. Im Interesse einer einheitlichen Ausrichtung der Truppe im Sinne des politischen Soldatentums ist die weltanschauliche Erziehungsarbeit ab sofort fest in die Dienstpläne einzubauen.“ 13 Mit einem Brief an Standartenführer Fritz Freitag, der vertretungsweise die SS-Kavalleriedivision befehligte, machte Himmler im März 1943 erneut deutlich, wie sehr ihm der Bereich am Herzen lag. Er zeigte sich nach eigenen Worten „geradezu entsetzt“ über dessen Ausbildungsrichtlinien. Anschließend maßregelte Himmler ihn in geradezu kindischer Art und drohte sogar seine Ablösung an. „Standartenführer Freitag“, schrieb er, „wir befinden uns in der SS. Sie haben keine Heeres-Division vor sich. Ich darf Sie bitten, sich an den Russen ein Beispiel zu nehmen, bei denen der Politruk seinen weltanschaulichen kommunistischen Unterricht sogar in den Gräben durchführt. Wie kommen Sie dazu, diese eigenartige Einteilung zu machen, daß also der weltanschauliche Unterricht, den Sie ausserdem für nicht durchführbar halten, kurz vor der gesundheitlichen Betreuung, unter der Sie die Befreiung der Männer von Läusen verstehen, unter Ausgestaltung der Unterkünfte kommt. Leben Sie noch im Jahre 1914? Was bei diesem eigenartigen Unterricht, so wie Sie ihn anordnen, herauskommt, kann ich mir ja vorstellen. Im besten Fall, wenn einer der von Ihnen so vortrefflich weltanschaulich erzogenen Führer das durchführt, ein allgemeines Gerede. Ich lasse nicht umsonst Unterrichtsrichtlinien herausgeben und verbitte mir, daß irgendeiner meiner Standartenführer einfach bestimmt, daß diese ausfallen. Sollten Sie
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dafür kein grösseres Verständnis aufbringen, so spreche ich deutlich aus, haben Sie die längste Zeit eine Division geführt.“ 14 Das Festhalten der SS an dem Schulungskonzept übte in der Phase zunehmender deutscher Niederlagen und den damit einhergehenden Durchhalteparolen schließlich auch eine starke Wirkung auf die Wehrmacht aus. Mit steigender Tendenz griff das Heer seit 1943 bei der Erstellung eigener Materialien auf das Schrifttum des SS-Hauptamtes zurück, gleichzeitig häuften sich Besuche von Wehrmachtsoffizieren bei der SS-Schulungsbehörde. Auch bei eigenen Tagungen zum Thema griff die Wehrmacht zunehmend auf die „WE-Führer“ der SS als Referenten zurück. Hatte Berger im Oktober 1942 in Bezug auf die wehrgeistige Erziehung des Heeres noch deutliche Anzeichen eines „liberalistischen“ Erbes entdeckt, stellte er im April 1944 nach der Lektüre einer Heeresdienstvorschrift fest, daß der Text „den Geist des weltanschaulichen Schrifttums der SS“ wiederspiegeln würde und man sich beim Heer nun „genau denselben weltanschaulichen Idealen wie die SS“ verschrieben habe. 15 Die zahlreichen überlieferten Dokumente über die Schulungsinhalte belegen die zentrale Rolle des Antisemitismus innerhalb des gesamten Unterrichtswesens. So gibt eine vom Rasse- und Siedlungshauptamt am 17. Februar 1936 an alle SS-Dienststellen verteilte Anweisung für die Organisierung der weltanschaulichen Grundschulung Auskunft über die zentralen Themen für das laufende Jahr. Jeweils acht Wochen sollten die Themen „Blut und Boden“, „Judentum, Freimaurerei, Bolschewismus“ und „Geschichte des deutschen Volkes“ behandelt werden. Aufgelockert durch Lichtbildervorträge war vorgesehen, die genannten Themen bei den SS-Sturmbannen zweimal wöchentlich für eine Dauer von jeweils 40 Minuten zu diskutieren. 16 Erhalten geblieben sind sowohl die Bilder als auch die dazugehörige Textbeilage eines Lichtbildervortrags von Anfang 1936 mit dem Titel „Das Judentum, seine blutsgebundene Wesensart in Vergangenheit und Gegenwart“. Das Material war Teil der genannten Themenreihe „Judentum, Freimaurerei, Bolschewismus“. Lichtbilder und Text erlauben einen Einblick in den Grad antisemitischer Indoktrination im Rahmen der weltanschaulichen Erziehung. Schon die Bebilderung zeigt grob stereotypisiert angebliche physische Eigenschaften von Juden; dem entgegengestellt ist eine idealisierte Abbildung eines „arischen“ Deutschen. Des weiteren werden mittels Illustrationen und Photographien angebliche historische und aktuelle Vergehen der Juden gegen die Deutschen aufgezählt. 17 Ergänzend zu den Lichtbildern finden im Begleittext die wichtigsten antisemitischen Stereotype Erwähnung. Stringent als Gegenbild zu den ‚arischen‘ Deutschen stilisiert, seien die Juden „größter Feind“, „Todfeind“, „Bastardvolk“, „Anmaßung“, „Bazillen“, „Bandwurm“, „Schmarotzer“, „Blutjuden“ und „Verführer“, ferner „artfremd“, „zerstörend“, „anmaßend“, „übelst“, „haßerfüllt“, „völkervernichtend“. Juden, heißt es in dem Text, seien „dunkel“, „listig-verschlagen“, „fleischig“, „verdickt“, „kleiner“, „feist“, „watschelnd“, sie „rotten aus“, „plündern aus“, versklaven“, „spotten“, „schächten Völker“, „hetzen“, „rä-
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chen“, „schlachten ab“, wollen Deutschland „ausbluten“ lassen. Ferner werden die Juden von den SS-Autoren zentral verantwortlich gemacht für „Wuchergeist“, „jüdisch-bolschewistisches Kollektivsystem“, „liberalistisch-kapitalistische Wirtschaft“ und „Marxismus“. Dem verhängnisvollen Wirken der Juden wird der glückliche Umstand der Existenz des Nationalsozialismus als der einzigen Kraft, die den Juden Einhalt gebieten könne, entgegengestellt. Adolf Hitler habe, so der Text, „in zwölfter Stunde das Steuer herumgerissen und das Volk von seinen jüdischen Verführern befreit“. In dem antisemitischen Machwerk wird außerdem betont, die vorrangigen Aufgaben zur Abwehr der jüdischen Gefahr seien noch unerledigt. Lebensnotwendig für die Volksgemeinschaft sei „eine klare Scheidung vom Judentum in jeder Hinsicht“. Der Erfolg, der in dieser Beziehung bereits durch die Nürnberger Gesetzte erzielt worden sei, dürfe nicht dadurch gefährdet werden, „daß der Jude […] durch die Hintertür von Wirtschaft, Kultur oder Religion sich wieder bei uns einschleicht, unsere Art zersetzen und unser Blut vernichten kann“. In aller Radikalität wird in dem Schulungsmaterial auch die Generallinie einer antijüdischen Politik formuliert. So heißt es in dem Begleittext: „Nach außen hin aber setzen wir alles daran, uns so schnell wie möglich so zu wappnen, dass für alle Zeiten jeder jüdische Angriff gegen unsere Grenzen und Hoheitsrechte unser Volk und unseren Staat unerschütterlich findet. Nur wer den Feind kennt, kann sich gegen ihn schützen. Sorge jeder, daß alle deutschen Volksgenossen den Juden als Todfeind jeden Staates und jeder Weltanschauung erkennen, die aus unserem Blut geboren ist.“ Damit wird ein bedeutsames Element der weltanschaulichen Schulung explizit hervorgehoben. Die SS wertete den Antisemitismus nicht nur als wesentliches Element der eigenen Weltanschauung, sondern betrachtete in ihrem Anspruch als nationalsozialistische Elite auch die Indoktrinierung der gesamten Volksgemeinschaft als selbstverständliches Agitationsfeld für die eigenen Männer. 18 Während der Lichtbildervortrag in den Unterrichtsstunden der SS kursierte, wurden 1936 vom Schulungsamt weitere radikal antisemitische Schulungsinhalte herausgeben. 19 Damit hatte die Verbreitung aller denkbaren antijüdischen Stereotype und die Diskussion über radikale Lösungsansätze über das ganze Jahr den Inhalt der weltanschaulichen Erziehung der SS dominiert. Dabei steht das Jahr 1936 gemeinhin für eine Zwischenphase, in der im nationalsozialistischen Deutschland sowohl innerhalb der Gesellschaft als auch außenpolitisch der Antisemitismus mit Blick auf die Olympischen Spiele in Berlin deutlich gedämpft wurde. 20 Die SS erachtete die Vermittlung judenfeindlicher Inhalte jedoch offensichtlich für so entscheidend, daß sie sich bei der internen Schulung nicht an die offizielle Linie gebunden fühlte. In den folgenden Jahren dauerte die antisemitische Schwerpunktsetzung bei der weltanschaulichen Erziehung der SS-Angehörigen an. Das von der SS im Dezember 1938, kurz nach dem Novemberpogrom, herausgegebene Leitheft stellt das Hitlerzitat, mit dem Judentum dürfe grundsätzlich „kein Paktieren, son-
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dern nur das harte Entweder-Oder“ existieren, an den Anfang des ersten Artikels. 21 Nach der Entfesselung des Zweiten Weltkriegs und der Durchsetzung einer mörderischen, radikal antisemitischen Politik gegenüber den polnischen Juden bestand erst recht keine Veranlassung mehr, die judenfeindlichen Inhalte des weltanschaulichen Unterrichts zurückzunehmen. Absolventen eines zweiwöchigen SS-Unterführerlehrgangs, der Ende 1940 in Lucmierz stattfand, unterstrichen ihrerseits mit einer am Ende des Lehrgangs angefertigten Dokumentation, welchen wichtigen Stellenwert der Antisemitismus beim Unterricht eingenommen hatte. In holpriger Versform ließen die angehenden Unterführer den Lehrgang Revue passieren. Dabei fand auch der weltanschauliche Unterricht Erwähnung, zu dem die SS-Poeten folgendes reimten: „Ja nun kommt auch der andere gleich, / das ist nämlich unser Rassescheich: / Als Sturmmann Urban stellte er sich vor, / in seinem Unterricht waren alle ganz Ohr. / Er plagte uns mit den Nürnberger Gesetzen, daran konnte sich dann jeder ergötzen, / Juden geiselte [sic] er mit grosser Gier, / er sprach am liebsten vom Arier.“ Zwar entsprach das ‚Gedicht‘ in seiner Gesamtheit eher dem Charakter einer Bierzeitung, der vermittelte Inhalt des Lehrgangs wurde von den Teilnehmern jedoch ernst genommen. Die letzten Verszeilen lesen sich jedenfalls wie ein Versprechen, die vermittelte Ideologie im Generalgouvernement in konkrete Taten umzusetzen; die SS-Männer beendeten ihr Werk mit den Worten: „Abschließend wollen wir eins nun sagen, / das gelernte wollen wir nun in die Schwadronen raustragen. / Dies alles war uns Ansporn genug, / und wir setzen das Gelernte in die Tat um im Zug.“ 22 Auch Lehrpläne der Waffen-SS belegen zu dieser Zeit den zentralen Stellenwert, der der Vermittlung von Antisemitismus innerhalb der Gesamtschulung eingeräumt wurde. In der Ausbildungsübersicht eines vierwöchigen Lehrgangs für Führerbewerber sind für jede Woche die Themen für die weltanschauliche Schulung festgehalten. Gleich in der ersten Woche sollten die angehenden Offiziere demnach über die „Rassenfrage unter besonderer Berücksichtigung des Judentums“ unterrichtet werden. Anschließend stand „Deutsche Geschichte“ auf dem Lehrplan und erst in der dritten Woche war das Thema „Geschichte und Kampf der nationalsozialistischen Bewegung unter besonderer Berücksichtigung des Lebens des Führers und der Geschichte der SS“ vorgesehen.23 Analog war im Schulungsplan für die zehnwöchige Rekrutenausbildung während des letzten Quartals des Jahres 1940 festgelegt, daß als erstes Thema bei der politischen Schulung der SS-Rekruten das „Judenproblem“ zu behandeln sei, erst danach folgten Themen wie „SS“, „Aus dem Leben des Führers“ oder „Bolschewismus in Russland“.24 Während beide Lehrpläne als ersten Unterrichtsinhalt explizit die Vermittlung von Judenhaß in den Vordergrund stellten, spielte das Thema auch bei den nachfolgenden Schulungsveranstaltungen eine wichtige Rolle. Der Schulungsbericht über eine Unterrichtsstunde mit dem relativ unverfänglich klingenden Vortragsthema „Deutschland braucht Kolonien“ belegt, daß der Vortrag eine eindeutig antisemitische Argumentationslinie aufwies. So schilderte der Redner vor einer Schwadron der SS-Kavallerie, es sei „dem plutokratischen
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England immer wieder auf Kosten anderer Völker“ gelungen, „bis zum letzten Augenblick seine auf jüdische Art erworbenen Gebiete auszunutzen“. 25 Bei den einzelnen Reiterschwadronen waren die monatlich verfaßten Schulungsberichte über den jeweiligen Stand der weltanschaulichen Erziehung generell eher nüchtern gehalten. Im Kern wurde lediglich das im abgelaufenen Monat durchexerzierte Programm beschrieben. Als aber die einzelnen Schwadronsführer im Herbst 1940 berichteten, den Männern sei Veit Harlans Propagandafilm „Jud Süß“ gezeigt worden, änderte sich die Diktion der Berichte schlagartig. Nun war die Rede von der „ungeteilten, begeisterten Aufnahme“ und dem „besonderen Erlebnis für die Männer“. Die Tätigkeitsberichte hoben emphatisch das „starke Interesse“ und die „rege Anteilnahme“ hervor sowie die lebhaften Diskussionen, die unter den SS-Männern angesichts der im Film „virtuos dargestellten Typen“ oder der „bezeichnenden Schilderungen des ewigen Juden“ im Anschluß an die Vorführung stattgefunden hätten. 26 Die Berichterstattung über die Reaktion auf den NS-Propagandafilm weist auf einen Aspekt hin, der über die Wirkung der weltanschaulichen Erziehung hinausweist. Wie die beschriebenen Reaktionen der SS-Männer verdeutlichen, mußten im Rahmen der Filmvorführung von „Jud Süß“ gar keine erklärenden, propagandistischen Vorträge gehalten werden, da die Intention des Films auch so von den Mannschaften sofort verstanden wurde. Dieser Umstand deutet das antisemitische Potential an, das schon vor der eingehenden Schulung bei den einzelnen Männern vorhanden gewesen sein muß. Judenfeindliche Einstellungen mußten demnach häufig gar nicht mittels der weltanschaulichen Erziehung erzeugt, sondern brauchten nur bestärkt oder vereinheitlicht werden. Diesem Sachverhalt entsprechend, berichtete der Chef der 3. Schwadron der 2. SS-Totenkopf-Reiterstandarte, daß keine Bedenken bestünden, neu zugeteilte Rekruten sofort an der weltanschaulichen Schulung der übrigen Mannschaften teilnehmen zu lassen. Der SS-Offizier begründete die Entscheidung mit der ideologischen – und antisemitischen – Vorbildung der Rekruten. Diese kämen nämlich aus dem Altreich, wo ihnen in der Hitlerjugend in den vergangenen Jahren das „weltanschauliche Wissen“ vermittelt worden wäre, welches ihnen nun die weitere Teilnahme an der Schulung innerhalb der Waffen-SS ermöglichen würde. 27 Wenige Wochen vor dem Einsatz der Brigaden in der Sowjetunion wurden im Frühjahr 1941 die Bemühungen im Bereich der weltanschaulichen Erziehung nochmals intensiviert. Der Schulungsplan des SS-Kavallerieregiments 1 sah im Mai 1941 die Behandlung von Themenfeldern vor, die eindeutig als Vorbereitung der Männer auf den bevorstehenden Krieg gedacht waren. In den Unterrichtsstunden wurden Themen behandelt wie „Das deutsche Volk kämpft um sein Leben“, „Deutschland kämpft für Europa, es muß seine Einheit finden“ oder „Das Reich muß einen der deutschen Leistung gemäßen Lebensraum besitzen“. 28 Daneben wurden Vorträge über den Einfluß von „Freimaurertum“ und „Judentum“ oder über „Juda in England“ gehalten. 29 Ergänzend besuchten die einzelnen Schwadronen der SS-Kavallerie im März und April 1941 an ihren Stationierungs-
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orten Vorstellungen des Kinofilms „Der ewige Jude“. Während der Hetzfilm bei den deutschen Kinobesuchern im Reich keinesfalls auf ungeteilte Zustimmung stieß, wurde er laut den Berichten der Einheitsführer von den SS-Mannschaften mit „großem Beifall“ aufgenommen. 30 Zum Auftakt des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion sorgte der Kommandostab Reichsführer-SS dafür, daß den Brigadeangehörigen sowohl Hitlers Aufruf an die Soldaten der Ostfront als auch die Richtlinien für das Verhalten der Truppe bekannt gemacht wurden.31 Als dann der erste Einsatz von zwei Brigaden in den rückwärtigen Heeresgebieten unmittelbar bevorstand, gab der Kommandostab eilig noch einen Ausbildungsplan zur weltanschaulichen Schulung über die UdSSR heraus, der in den nächsten Wochen Grundlage bei allen Einheiten sein sollte. „Besonders wichtig“, so der Begleittext, sei nach dem einleitenden Abschnitt über politische und demographische Verhältnisse in der Sowjetunion der Abschnitt über „das Judentum“. Detailliert sollte die Rolle der Juden in Rußland vor der Oktoberrevolution sowie während der Herrschaft Lenins und Stalins thematisiert werden. Ergänzend wurde in dem Plan die Verwendung von Zeitungsauszügen mit Titeln wie „Der Jude ist es!“ oder „Würgeengel der Völker“ empfohlen. Abschließend wurde angeraten, den SS-Männern während des Unterrichts kein „totes Wissen“, sondern ein „lebendiges Bild“ des Landes, seiner Verhältnisse, „insbesondere aber des Judentums und des Bolschewismus“ zu vermitteln. Besonders zu beachten sei, wie der Begleittext des Kommandostabes empfahl: „Es müssen die sowjetrussischen Zustände als Musterbeispiel eines jüdischen ‚Sowjetparadieses‘, dessen Übergreifen auf Deutschland und ganz Europa mehrfach und am gefährlichsten jetzt gedroht hat, gezeigt werden“. Damit müsse „auch dem Letzten“ klargemacht werden, „daß unser Herrschaftsanspruch verpflichtet: Einerseits zu äußerster Härte gegenüber Feinden, andererseits zu Abstand gegenüber der Bevölkerung und zu Achtung gegenüber fremdem Volkstum.“ 32 Die unterstellten SS-Brigaden nahmen die Schulungspläne des Kommandostabes dankbar auf. Die 2. SS-Brigade meldete die Behandlung des Schulungsmaterials in einem Umfang von zwei Unterrichtsstunden pro Woche und hob eigens die große politische Bedeutung der Inhalte hervor. 33 Während dann bei den in der Sowjetunion im Einsatz befindlichen Brigaden der Unterricht wesentlich erschwert war, wurden die Schulungsveranstaltungen für die ortsfest stationierten Einheiten weiterhin abgehalten. Die Kommandotruppen und die Stabskompanie des Kommandostabes besuchten am 3. Oktober geschlossen eine am Vortag angekündigte Filmvorführung. Gezeigt wurde neben der neuesten Wochenschau einmal mehr der Propagandafilm „Jud Süß“.34 Im November 1941, als die Brigaden dann wegen des hereinbrechenden Winters ortsfeste Unterkünfte bezogen, wurde der Erziehungsauftrag umgehend wieder aufgenommen. Der Kommandostab gab den vom Schulungsamt im SS-Hauptamt erstellten Winterschulungsplan 1941/42 weiter und überprüfte bei den unterstellten Truppen mehrmals dessen Realisierung. 35 Für die Zeit von November bis einschließlich März waren im Rahmen der weltanschaulichen Erziehung für die
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Dauer von jeweils einem halben Monat Themen wie „Die Sowjetunion – Raum und Volk“, „Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Kampf“ oder „Anglo-amerikanischer Imperialismus“ vorgesehen. Gleich das erste Thema im November 1941 trug aber den Titel „Der Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum“. 36 Mag auch in den folgenden Kriegsjahren angesichts der Notwendigkeit, die Frontlinien im Osten und Westen gegen die Übermacht der Alliierten zu halten, die Vermittlung des ‚politischen Soldatentums‘ der Waffen-SS gegenüber einer möglichst effektiven militärischen Ausbildung immer wieder in den Hintergrund getreten sein, lassen sich trotzdem Dokumente finden, die den weiterhin hohen Stellenwert antisemitischer Schulungsinhalte beweisen. Die Abteilung VI der SSKavallerie erarbeitete im Sommer 1942, während der Neuaufstellung des Verbandes im Generalgouvernement, eine Stoffsammlung für den Unterricht der Truppe. Die Materialsammlung stellt den primitiven Versuch dar, den Mannschaften deutsche Geschichte von den Anfängen Preußens bis in die Zeit des Nationalsozialismus zu vermitteln. Als ein zentrales Kontinuum der Geschichte wurde in der Materialsammlung das durchgängig gegen das deutsche Volk gerichtete, verhängnisvolle Wirken der Juden beschrieben. Insgesamt glich das Schulungsmaterial in der Stringenz der Argumentation und der Radikalität des Ausdrucks dem antisemitischen Lichtbildervortag von 1936. 37 Ein Jahr später rückte auch der „anglo-amerikanische Imperialismus“ in den Blickpunkt der weltanschaulichen Erziehung der Waffen-SS. Die Abteilung VI der Kavalleriedivision gab Ende Juli 1943 Texte heraus, die das Thema zentral behandelten. Als Ursache der als aggressiv dargestellten Haltung der USA wurde in dem Schulungstext festgestellt: „Der Hauptgrund für die weltimperialistischen Pläne Nordamerikas seit dem ersten Weltkriege ist die verstärkte Einwanderung und Machterweiterung der Juden die Amerika zum grössten Judenstaat der Welt gemacht haben. Viereinhalb Millionen Juden in den USA, in Newyork [sic] fast 500 000. Alle führenden Stellen in Wirtschaft und Politik sind in den Händen von Juden! Präsident Franklin D. Roosevelt ist Hauptträger dieses nordamerikanisch-jüdischen Weltimperialismus.“ 38 Bei der Ausbildung von Männern und SS-Führern wurde aber nicht nur auf die bloße Vermittlung judenfeindlicher Propaganda, sondern auch auf die Erziehung zum Denken im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie gesetzt. Die angehenden Offiziere des neunten Kriegsjunkerlehrgangs in Bad Tölz bekamen bei der Zwischenprüfung im März 1943 die Frage gestellt: „Unsere Gegner behaupten: ‚Im nationalsozialistischen Deutschland gibt es keine Freiheit mehr!‘ Welche Antwort geben Sie auf diesen Vorwurf?“ 39 Ganz im Sinne des geforderten Denkens schrieb der SS-Junker Wagner in der Abschlußprüfung des 16. Kriegsjunkerlehrgangs der Junkerschule Braunschweig noch im August 1944 zu den Zielsetzungen des Nationalsozialismus: „Damit wenden wir uns bewußt von den Irrlehren des Liberalismus, der in seiner letzten Konsequenz zum Bolschewismus wird, ab und verfolgen unnachsichtig das Ziel, einen nordisch-bestimmten Menschen im Volk zu entwickeln.“ Im folgenden formulierte der junge Offiziersschü-
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ler, unter welchen Kategorien er die Kriegslage im Sommer 1944 einordnete: „Schon in diesem zweiten Weltkrieg steht die Rasselosigkeit im Kampf mit der Rassebewußtheit und wir wissen, daß am Ende des Kampfes unser Sieg steht; der Sieg einer natürlichen, auf den Grundlagen der Biologie aufgebauten Schöpfungsordnung.“ 40 Für halbwegs rational denkende Menschen war im Sommer 1944 die Kriegsniederlage Deutschlands deutlich absehbar. Der dagegen von dem jungen SSJunker halluzinierte Erfolg des Nationalsozialismus weist bereits auf das innerhalb der Waffen-SS in der Kriegsendphase weit verbreitete Festhalten an einer fanatischen und völlig realitätsfernen Endsiegmentalität hin. Mit der Propagierung der entsprechenden Feindbilder, in denen der Antisemitismus immer eine tragende Rolle spielte, wird die weltanschauliche Schulung der Waffen-SS auch an diesem Verhalten einen erheblichen Anteil gehabt haben.
VII. Einsatzwille und Judenhaß. Die Motive der Täter 1. Mythos Befehlsnotstand und die Möglichkeiten der Verweigerung Eine klassische, tausendfach benutzte Argumentation von Beschuldigten und Zeugen zur Exkulpation des eigenen Handelns war in sämtlichen NS-Nachkriegsverfahren die Berufung auf den Befehlsnotstand. Damit machten ehemalige Täter unter Bezug auf die Paragraphen 52 und 54 des Strafgesetzbuches geltend, die Verbrechen nur begangen zu haben, weil sonst im Verweigerungsfall eine ernste Gefährdung für das eigene Leben bestanden hätte. Untergeordnete Tatbeteiligte konnten für sich darüber hinaus den sogenannten Putativ-Notstand geltend machen. Damit sind Situationen gemeint, in denen Befehlsausführende fälschlicherweise der Ansicht waren, ihnen drohe bei Nichtbefolgung von verbrecherischen Befehlen eine Gefahr für Leib und Leben. Da die bundesdeutsche Gesetzgebung in derartigen Fällen einen Schuldausschließungsgrund vorsah, wurde gegen einfache Angehörige deutscher Dienststellen oder Mordeinheiten in der Regel gar nicht ermittelt. 1 Auch in den Verfahren gegen Angehörige der Brigaden beriefen sich zahlreiche ehemalige SS-Männer ausdrücklich auf den Befehlsnotstand. Peter C., ein früherer Reiter im 2. Kavallerieregiment sagte bei seiner Vernehmung 1962 aus: „Bei uns bei der SS wurde ein strenges Regiment geführt. Befehlsverweigerungen durfte es einfach nicht geben. Wenn sich jemand geweigert hätte, der hätte bestimmt damit rechnen müssen, selbst ‚an die Wand gestellt‘ zu werden.2 Ein Ehemaliger desselben Regiments äußerte sich ganz ähnlich: „Ich glaube fest, daß ich selbst an die Wand gestellt worden wäre, wenn ich aufgemuckt hätte.“ 3 Während ein früherer SS-Mann der 1. Brigade seine angeblich erzwungene Teilnahme an Massenerschießungen zynischerweise noch dahingehend auslegte, den jüdischen Opfern, wie er es formulierte, „nach Möglichkeit durch gezielte Schüsse weitere Qualen“ erspart zu haben4 , drückte ein anderer Zeuge unter dem Deckmantel des Befehlsnotstands recht unverblümt seine innere Übereinstimmung mit den Judenmorden aus. Der frühere SS-Mann Hans A. gab 1966 dazu zu Protokoll: „Wir waren Soldaten und mußten gehorchen. Auch von uns sind viele umgekommen.“ Außerdem bemerkte A. zu den Massakern an der jüdischen Bevölkerung: „Diese Einsätze waren als kriegsnotwendig anzusehen und wurden auf Befehl unserer Vorgesetzten ausgeführt.“ 5 In drastischer Form berichteten ehemalige Einheitsangehörige außerdem davon, daß man sich gar keine großen Gedanken über die Befehle gemacht habe. So erinnerte sich der einstige Reiter Kurt H. in den 60er Jahren an die Realisierung der Massenerschießungen von Juden im Sommer 1941 folgendermaßen: „Uns
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war natürlich klar, daß sie erschossen wurden, weil sie Juden waren. Unter uns Kameraden wurden diese Vorgänge nicht groß diskutiert, da wir schon so abgestumpft und stur waren und uns darüber keine großen Gedanken machten, warum man diese jüdischen Männer, Frauen und Kinder bis herab zum Säugling erschießt.“ 6 Ähnlich drückte sich Wilhelm W., ein anderer Ex-Soldat der SS-Kavallerie aus, als er bei seiner Vernehmung sagte: „Wir waren alles primitive Männer, die nicht weiter nachdachten.“ 7 Andere Zeugen, die sich auf den Befehlsnotstand beriefen, sprachen dagegen von einer angeblich breiten Ablehnung der Judenerschießungen durch zahlreiche Männer. Unglücklicherweise habe jedoch keine Möglichkeit bestanden, sich den Befehlen zu widersetzen, „weil man“, wie der ehemalige SS-Reiter Hans M. 1962 angab, „in diesem Falle um sein eigenes Leben fürchten mußte. Eine Begeisterung bei den Männern war nicht festzustellen. Den Abscheu durfte man nicht einmal nach außen hin zeigen.“ 8 Nach der Aufdeckung und weltweiten Ächtung der deutschen Massenverbrechen erschien eine Abwehr der eigenen Verantwortung gegenüber der deutschen Justiz mit dem Verweis auf die zu befolgenden Befehle, verbunden mit einer persönlichen Verurteilung der Taten, für die eigene Schuldabwehr am aussichtsreichsten. Etliche Angehörige der Brigaden drückten dementsprechend ihre wohl oft nur vorgeschobene innere Ablehnung gegenüber den zahlreichen Judenmorden aus. Die Zeugen gaben an, zurückkehrende SSSoldaten hätten nach den Erschießungen „infolge der vorangegangenen Erregung gebrochen wie die Reiher“, andere seien „nervlich völlig fertig“ zurückgekehrt, nicht selten sei es vorgekommen, daß „ältere Kameraden von uns weinten“. 9 Abgesehen von derartigen zweifelhaften Aussagen sind keinerlei ernsthafte Hinweise auf Gruppenproteste von Brigadeangehörigen gegen eine Verwendung bei Judenerschießungen bekannt geworden. Andererseits erscheint es durchaus glaubhaft, daß gerade der Beginn der massenhaften Tötung von jüdischen Männern und besonders von Frauen und Kindern die eingesetzten SSMänner im Sommer 1941 nicht völlig unbeeindruckt gelassen haben kann. Ehemalige Einheitsangehörige berichten in Aussagen von solchen emotionalen Reaktionen der Schützen auch nur während der Anfangsphase des Massenmordes. Im Verlauf der kontinuierlich weiterhin stattfindenden Erschießungen scheint dann ein Gewöhnungseffekt eingetreten zu sein, da gleichlautende Aussagen über spätere Tötungsaktionen nicht mehr vorliegen. Als schwerwiegende Einwände gegen die Existenz von Situationen, in denen ein Befehlsnotstand bestanden haben soll, existieren zahlreiche Aussagen, die das genaue Gegenteil berichten. Otto H., ein Soldat der 8. Kompanie des SS-Infanterieregiments 10 wurde im Sommer 1941 von seinem Vorgesetzten aufgefordert, an einer Erschießung teilzunehmen. Über seine Reaktion berichtete der Zeuge: „Ich habe dies aber abgelehnt. Mit meiner Ablehnung hatte es sein Bewenden, ich bekam keinen diesbezüglichen Befehl, und man trat auch in Zukunft nicht mehr an mich heran.“ 10 Ganz ähnlich äußerten sich andere ehemalige Angehörige der Brigaden. Kurt O., ein früherer Soldat im SS-Infanterieregiment 10,
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sagte über seine Haltung im Herbst 1941 aus: „Ich habe mich geweigert, daran teilzunehmen. Diese Weigerung hatte für mich keine Folgen. In Zukunft trat man aber nie mehr an mich bei Aufstellung eines Erschießungskommandos heran.“ 11 Fast gleichlautende Angaben machte Johann K. zu den Folgen seiner Weigerung, an einem Massaker teilzunehmen. Er erzählte 1968 bei seiner Vernehmung: „Mir sind durch meine Äußerungen keine Nachteile entstanden, im Gegenteil, ich wurde durch meine Haltung nur selten zur Absperrung und nie einem Erschießungskommando zugeteilt.“ 12 Tatsächlich hat es bisher im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und der Gerichtsverfahren wegen nationalsozialistischer Verbrechen in der alliierten und bundesdeutschen Rechtsprechung keinen einzigen Fall gegeben, in dem sich der Verweis der Täter auf eine Selbstgefährdung im Falle einer Befehlsverweigerung bewahrheitet hätte. Zwar mag es auch für Angehörige der Brigaden Situationen gegeben haben, in denen Männer für sich einen Putativ-Notstand empfanden, derartige Fälle sind jedoch gerade wegen ihres subjektiven Charakters kaum eindeutig aufzuklären. 13 Viel entscheidender bleibt demgegenüber festzustellen, daß ein Verweis auf Befehlsnotstand von NS-Verbrechern, wie den Tätern der Waffen-SS, immer wieder als aussichtsreiche Verteidigungslinie benutzt wurde, um einer Verurteilung zu entgehen. Derartige Aussagen orientierten sich also kaum an der historischen Faktizität des Geschehens, sondern entsprangen vielmehr dem lange nach den Verbrechen entstandenen Interesse der Täter, die Versuche justitieller Ahndung möglichst unbeschadet zu überstehen. Dagegen besitzen die Aussagen der Zeugen, die eine Verweigerung ihres Einsatzes bei den Judenerschießungen schilderten, eine weit höhere Glaubwürdigkeit. Von Bedeutung dürfte dabei auch die Überlegung sein, daß die Einheitsführer generell ein vorrangiges Interesse am möglichst effizienten Ablauf der Mordeinsätze gehabt haben mußten. Aus diesem Grund werden SS-Offiziere lieber auf diejenigen verzichtet haben, die eine persönliche Teilnahme an solchen Exekutionen ablehnten, um während der Erschießungen keine potentiell kontraproduktiven Einflüsse zu riskieren. Ein nach Effizienzkriterien gesteuertes Tötungsverfahren bestätigten etliche der vernommenen Zeugen unwissentlich, indem sie Aussagen über den hohen Grad an Freiwilligkeit bei der Realisierung des Massenmords an den Juden machten. 14 Ein früherer Angehöriger der 14. Kompanie des SS-Infanterieregiments 8 sagte dazu: „Die Exekutionen wurden jeweils von Freiwilligen durchgeführt, die sich dazu gemeldet hatten. Es brauchte nie jemand zu solch einem Kommando abgestellt werden, der einen ausdrücklichen Befehl bekommen hatte. Freiwillige gab es immer genug.“ 15 Einen ähnlichen Umgang mit dem zu realisierenden Mordauftrag schilderte der Zeuge Wolfgang von A. für die 2. Kompanie des SS-Infanterieregiments 10. Dort habe der Kompanieführer eines Morgens vor dem angetretenen Zug mitgeteilt, daß Freiwillige für eine Erschießung benötigt würden. Mit Ausnahme des Zeugen sei darauf der gesamte Zug geschlossen einen Schritt vorgetreten und bald darauf zu der Erschießung abgerückt. Ernste Konsequenzen hatte die Wei-
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gerung für den SS-Mann nicht. In der Folge sei er lediglich von einigen wenigen ‚Kameraden‘ gemieden worden, die ihm offenbar die Weigerung übel nahmen. Außerdem habe ihn ein Vorgesetzter im Zug einmal als „alten Schlips“ bezeichnet. 16 Derartige Aussagen existieren für so viele Kompanien der 1. SS-Brigade, daß der Schluß nahe liegt, ein solches Vorgehen sei keine Ausnahme, sondern vielmehr eine weit verbreitete Praxis innerhalb des Verbandes gewesen. 17 Auch für die Kavalleriebrigade gibt es ähnliche Belege. Der ehemalige SS-Reiter Josef K. berichtete, nach den Zusammentreibungen von Juden im Sommers 1941 hätten gar keine Einheitsangehörigen zur Ausführung der anschließenden Erschießungen befohlen werden müssen: „Nach meiner Ansicht war dies auch nicht notwendig, da wir genug Leute dabei hatten, die so etwas gerne machten.“ 18 Vereinzelt scheint die hohe Zahl von Freiwilligen bei Einheitsführern sogar zu Skrupeln über deren Verwendung geführt zu haben. Zu Überlegungen Paul Liebermanns, des Chefs der 2. Kompanie im SS-Infanterieregiment 8, sagte der Zeuge Kurt D. aus: „Während des Ablaufes der vorgeschilderten Aktion hatte ich mit Liebermann ein, man kann sagen, persönliches Gespräch. Er äußerte sinngemäß, er mache sich Gedanken, wie und in welcher Weise er die Exekution durchführen könne. Er gab weiter von sich, ob er Freiwillige dazu einsetzen solle oder, falls sich keine Freiwilligen melden sollten, er nun gezwungen sei, Leute zu der Erschießung abzukommandieren. Als das Zusammenholen der Männer beendet war, ließ Liebermann die Kp. antreten und befragen, wer sich für die Erschießung freiwillig melden wolle. Ich habe jetzt selbst gesehen, daß sich insbesondere die noch jugendlichen Jahrgänge freiwillig zur Exekution meldeten. Innerhalb unserer Kp. gab es nämlich zwei Gruppen. Dies waren die Jahrgänge um 1920 bis 1923 und wir älteren Reservisten, Jahrgänge um 1910. Liebermann war über dieses Verhalten erschüttert, ich selbst habe ihm zugeredet, daß es doch unmöglich sei, diese jungen Burschen bei dieser Aktion zu verwenden. Die jungen Kerle würden durch dieses Erlebnis schwer geschädigt. Liebermann hat auch meine Meinung akzeptiert, und es wurden tatsächlich ältere Jahrgänge zum Erschießungskommando eingeteilt. Aber auch diese hatten sich freiwillig gemeldet.“ 19 Eine derartige Schilderung erscheint durchaus plausibel. Kompanieführer wie Liebermann mußten sich Gedanken über die Einsatzfähigkeit ihrer Männer und den Erhalt der Disziplin innerhalb der Truppe machen. Besonders durch die Teilnahme von jungen Männern an den Mordeinsätzen konnte beides in Frage gestellt werden. Entsprechende Sorgen von Kommandeuren bis hin zu Himmler über das geistige Wohl der SS-Männer beim Massenmord gab es schon früher. Erinnert sei an Befehle im Zusammenhang mit Erschießungsaktionen der SS in Polen, die genau den gleichen Sachverhalt dokumentieren. 20 Ein anderer Angehöriger der 2. Kompanie des 8. SS-Regiments berichtete – möglicherweise handelte es sich sogar um die gleiche Situation – wie Liebermann den Soldaten bei der Weitergabe eines Mordbefehls die Teilnahme an der Erschießung der Juden freistellte. Dabei erinnerte sich der frühere SS-Mann Erich K. 1965 an folgendes: „Liebermann hat bei der Einteilung der Kp. zur Aktionsdurchführung bekannt-
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gegeben, daß sich an der Erschießung nur Freiwillige beteiligen brauchen. Sinngemäß sagte er, daß, wer glaube nicht durchhalten zu können oder wer sich der Sache nicht gewachsen fühle, von der Erschießung zurücktreten könne. Ich erinnere mich auch, daß er äußerte, der Befehl käme von oben und er müsse ihn als Soldat ausführen.“ 21 Zu der Zahl derjenigen, die das Angebot des Kompaniechefs annahmen, gab der Zeuge an, daß sich mitunter fast die Hälfte der Kompanie von der Erschießung freistellen ließen. Keiner der Männer hätte deswegen Nachteile gehabt.22 Von anderen Teileinheiten der Brigaden existieren allerdings auch Hinweise, daß bei Erschießungen keineswegs nur Freiwillige verwendet wurden. Ein Angehöriger der 14. Kompanie des 8. Regiments sagte in dem Zusammenhang aus: „Die Teilnahme an einem Exekutionskommando war zwar in der Hauptsache, wie ich bereits erwähnte, freiwillig, doch kam es vor, daß bei nicht genügender Meldung auch andere abkommandiert wurden.“ 23 Johann K., ein anderer Ehemaliger der Brigade, gab an, daß Freiwilligenmeldungen mit der Zeit abnahmen, worauf Einheitsangehörige zu den Judenerschießungen verpflichtet werden mußten. Wie K. weiter berichtete, verweigerten einzelne Männer in solchen Fällen den Einsatz, was für die Betreffenden jedoch keine schwerwiegenden Konsequenzen gehabt hätte. 24 Die bisher dargestellten Beispiele waren nicht die einzigen Fälle, die darauf hindeuten, daß es Formen der Verweigerung bei Massenerschießungen gab. Unter der Vielzahl der Vernehmungen gibt es einzelne Aussagen, in denen SS-Männer einigermaßen glaubhaft davon berichteten, die Teilnahme am Judenmord aus persönlichen Motiven umgangen zu haben. Einer erklärte, er habe den Einsatz bei einer Erschießung aufgrund seines christlichen Gewissens verweigert. 25 Wilhelm G., ein Truppführer im SS-Infanterieregiment 10, will sich sofort krank gemeldet haben, als er von einem bevorstehenden Massaker an der jüdischen Bevölkerung einer ukrainischen Ortschaft erfuhr. Der Zeuge sagte dazu aus: „Ich kann heute nicht mehr angeben, wie ich diese Krankmeldung bewerkstelligt habe. Von dem Vorhaben war ich jedenfalls so entsetzt, daß mir praktisch die Nerven durchgegangen sind. Ich war selbst Familienvater und hatte damals zwei kleine Kinder zu Hause. Aus diesem Grunde wollte ich mich vor der Sache rundheraus gesagt drücken.“ 26 Andere Einheitsangehörige ließen sich scheinbar statt einer offenen Verweigerung oder einer Krankmeldung andere Mechanismen zur Umgehung einer Beteiligung an Exekutionen einfallen. Beispielsweise will sich ein SS-Reiter, nachdem er von bevorstehenden Judenerschießungen erfahren hatte, mit besonderer Sorgfalt der Pferdepflege gewidmet haben. Dadurch hoffte er, dem Einsatz entgehen zu können. Als er jedoch von seinem Truppführer in rüdem Ton zum Abmarsch aufgefordert wurde, kam der Einheitsangehörige der Aufforderung nach und beteiligte sich an der Mordaktion. 27 Hans W., ein Angehöriger des 2. Regiments der SS-Kavallerie schilderte, wie er ebenfalls zu einer Erschießung eingeteilt wurde. Um selbst keinen der an der Grube aufgestellten Juden töten zu müssen, habe er
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kurz vor dem Massenmord heimlich den Schlagbolzen aus dem Schießmechanismus seines Karabiners abgebrochen. Nach dem nicht erfolgten Schuß wurde er unter Beschimpfungen aus dem Erschießungskommando entfernt, kam danach aber nicht mehr zum Einsatz und hatte keine weiteren Konsequenzen zu tragen. 28 Die geschilderten Beispiele zeigen, daß es den Angehörigen der SS-Brigaden durchaus möglich war, sich den geplanten Mordeinsätzen zu entziehen. Oft brauchten sich die Männer einfach nicht als Freiwillige zu melden. Bestanden derartige Möglichkeiten der Freistellung, nutzte nach den Aussagen der ehemaligen SS-Männer eine Minderheit, in einzelnen Fällen mitunter sogar bis zur Hälfte der Soldaten, das Angebot, sich nicht beteiligen zu müssen. In den meisten Fällen meldete sich dagegen eine deutliche Mehrheit freiwillig zu den Exekutionen. Wurde die Teilnahme an der Erschießung befohlen, kam die ganz überwiegende Mehrheit der Männer der Aufforderung ohne erkennbaren Widerstand nach. In solchen Fällen bestand zwar immer noch die Möglichkeit, sich von den Einsätzen freistellen zu lassen, allerdings wurde das nur von ganz wenigen Einheitsangehörigen genutzt. Schwerwiegende Konsequenzen über etwaige kleinere Schikanen hinaus hatten die SS-Männer dabei nach eigenen Angaben nicht zu befürchten. Zudem existierten im Dienstalltag der SS-Verbände vielfältige Möglichkeiten, sich vor den Einsätzen in irgendeiner Weise zu ‚drücken‘. Aussagen ehemaliger Einheitsangehöriger über ein individuelles Verweigern sind allerdings so selten, daß sie im Vergleich zur großen Zahl der Schützen nicht ins Gewicht fallen. Da für die als Zeugen vernommenen Personen kein Motiv existierte, ein derartiges Verhalten zu verschweigen, ist davon auszugehen, daß nur eine verschwindend geringe Minderheit der SS-Männer die Teilnahme an den Judenerschießungen aus persönlichen Beweggründen offensiv verweigerte.
2. Habgier und Rassenwahn So wie sich manche Männer dem vorherrschenden Muster von Gehorsam und Pflichterfüllung punktuell widersetzten, hatten die meisten Soldaten im Krieg immer wieder eigene handlungsleitende Motive, die im Zuge der laufenden Einsätze befriedigt werden konnten oder bei Bedarf zusätzliche Initiativen auslösten. Bei der Darstellung der Tätigkeit der SS-Totenkopfstandarten während der ersten beiden Jahre der deutschen Besetzung Polens waren bereits verschiedene Fälle von Plünderungen nachweisbar. Solche Taten setzten sich in der Sowjetunion fort. Der frühere SS-Reiter Friedrich S. berichtete 1963, wie Männer seiner Schwadron des 2. Regiments eines Tages von einem Erschießungseinsatz zurückkehrten. „Einige von den heimkehrenden Kameraden“, so der Zeuge, „hatten neue Uhren, Ringe, Zigarettenetuis u. ä. bei sich, die von Juden stammten“. 29 Zu Hause im Reich wurden solche neuen Besitztümer gerne herumgezeigt. Stolz präsentierte die Ehefrau eines Angehörigen der 1. SS-Infanteriebrigade Freundinnen und Nachbarinnen das neue silberne Tafelbesteck, welches der Gatte im Osteinsatz wohl den jüdischen Besitzern vor deren Ermordung geraubt hatte. 30 In den Stationierungsorten, auf dem Marsch, bei der Zu-
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sammentreibung oder der Erschießung der Juden boten sich vielerlei Gelegenheiten, um sich alle Arten von Wertsachen anzueignen. Einem Hilfsschreiber der SS-Kavallerie, der außerdem Arbeiten für die Poststelle des Brigadestabs erledigte, fielen im Anschluß an einen Erschießungseinsatz mit mehreren tausend Opfern etliche Päckchen auf, die ein einzelner SS-Mann im September 1941 nach Hause schicken wollte. Als der in der Verwaltung angestellte Soldat aus Neugier einige der Päckchen öffnete, entdeckte er Goldketten, Ringe und sonstigen Schmuck der ermordeten Juden. 31 Derartiges Verhalten stellte beileibe keine Ausnahme dar und erforderte immer wieder Interventionen der Truppenkommandeure. Standartenführer Fegelein sah sich Ende September 1941 zur Herausgabe eines Befehls an seine SSReiter genötigt, der sich ausschließlich dieser Problematik widmete. Einleitend stellte der Kommandeur in seiner schrillen Art erbost fest: „Es ist unverständlich, daß es einzelne Männer gibt, die einfach aus einem inneren Hang heraus requirieren müssen.“ In der Folge bemerkte er unwillig, in der Vergangenheit „nicht einmal, sondern immer wieder dringend“ auf ein Abstellen solcher Mißstände gedrungen zu haben und schilderte dann den Fall eines SS-Mannes, der sich „dauernd Gold, Silber und Geld organisiert“ habe. Den SS-Soldaten habe er deshalb vors Kriegsgericht stellen müssen. Seine Männer ermahnte Fegelein, ihren Familien und Eltern solche Schande zu ersparen; außerdem befahl er zukünftig alle „markanten Bestrafungen“ wegen Plünderns der Truppe umgehend bekanntzugeben. 32 Im Zusammenhang mit Fegeleins eigenen Plünderungszügen in Warschau müssen solche Appelle natürlich äußerst fragwürdig anmuten. In Wirklichkeit bediente sich der SS-Offizier auch später immer wieder gerne am ‚offiziell‘ von der SS geraubten Plünderungsgut. Bei Himmler erreichte er auf eine Anfrage im Dezember 1944 die Zuweisung von zwölf goldenen Taschenuhren, die er als Geschenk für verdiente Männer der 8. und 22. SS-Kavalleriedivision verwenden wollte. Daß die Uhren aus dem Besitz ermordeter Juden stammten, war Fegelein bekannt. Im internen Schriftverkehr wurde die Quelle vielsagend mit dem Terminus „aus den bekannten Beständen“ umschrieben. 33 Über die Begehrlichkeiten der SS-Männer waren die Truppenkommandeure bestens orientiert. Offiziell waren Plünderungen jedoch auch bei der Waffen-SS verboten und wurden zum Erhalt der Disziplin innerhalb der Truppe geahndet. Mitunter bot sich jedoch eine Gelegenheit, die Untergebenen für ihren Einsatz beim Judenmord zu belohnen. So gestattete Hauptsturmführer Charwat, der Chef der 1. Schwadron des Reiterregiments 2, den eingesetzten Schützen nach Abschluß einer Vernichtungsaktion, sich an Uhren oder Füllfederhaltern aus dem Besitz der getöteten Juden zu bedienen. 34 Neben der Befriedigung der eigenen Habgier oder anderer niederer Beweggründe drückte sich das bei den meisten SS-Männern vorhandene nationalsozialistische Weltbild in Ressentiments gegenüber den als „Untermenschen“ wahrgenommenen Bürgern der besetzten Länder aus. Rassismus als einer der
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wesentlichen Bestandteile nationalsozialistischer Ideologie wurde innerhalb der Waffen-SS kontinuierlich im Rahmen der weltanschaulichen Schulung propagiert. Ein Vortrag beim 1. Reiterregiment im Januar 1941 hatte das „deutsche Volk als rassisch, völkische Einheit“ zum Thema. 35 Drei Monate später wurde zur Schulung der Mannschaften des 2. Kavallerieregiments ein Vortrag mit dem Titel „Was heißt rassisches Denken?“ gehalten. 36 Rassistische Stereotype traten auch in der Berichterstattung der SS-Verbände zu Tage. Als ein Zug der 4. Schwadron Anfang Oktober 1939 erstmals die Gegend von Kutno erreicht hatte, berichtete der Zugführer von dort: „Die Einwohner der Dörfer sind sehr stupid und primitiv und fügen sich eifrig allen Anordnungen.“ 37 Sturmbannführer Lombard, der Kommandeur der berittenen Schwadronen des Kavallerieregiments 1, urteilte im Sommer 1941 über die Bevölkerung in seinem Einsatzgebiet, es habe Ortschaften gegeben, „in denen ein so verdrecktes und in jeder Beziehung eckelhaftes [sic] Volk lebte, daß Mann und Pferd froh waren, wenn weiter gezogen werden durfte.“ 38 Das rassistische Weltbild der SS-Männer und ihre Verachtung der Lebenswelt im Osten traten noch im Zuge der westdeutschen Ermittlungsverfahren immer wieder in abfälligen Bemerkungen zu Tage. Als Alexander W., ein früherer Soldat der 1. SS-Brigade, 1967 im Zusammenhang mit den Judenerschießungen zu einem Ort befragt wurde, bemerkte er scheinbar lässig: „Ich weiß zwar nicht, ob man zwei bis drei ‚Buden‘ als Ort bezeichnen kann.“ 39 Derartige Einstellungen sind beispielhaft für die massenhafte Internalisierung der rassistischen Kategorien des Nationalsozialismus. In Ost- und Ostmitteleuropa wirkten sie immer wieder direkt handlungsanleitend und hatten vielfältige Facetten der mörderischen Besatzungspolitik zur Folge. Ludwig L, ein Angehöriger der 1. SS-Brigade, erinnerte sich bei seiner Vernehmung an einen Vorfall im Jahr 1941: „Im Verlaufe der damaligen Einsätze konnte man beobachten, daß viele Tausende russ. Soldaten, die keine Waffen mehr mit sich führten, heimwärts wanderten. Die Leute waren vollkommen harmlos. Gelegentlich einer Rast an einer Rollbahn kam unserer Kp. ein russischer Soldat mongolischen Typ’s an uns vorbei. Ich sah, daß dieser Mann angehalten und dann weitergeschickt wurde. Von rückwärts legte ein jüngerer SS-Mann glaublich mit einem Karabiner auf ihn an und schoß ihn in das Genick.“ 40 Schon zu Beginn der Einsätze in der Sowjetunion hielt Obersturmführer Otto Held vor der versammelten 2. Schwadron des Reiterregiments 1 eine Rede, in der er seine Männer vielsagend belehrte, daß „die Russen, Slawen und Juden minderwertige Menschen“ seien, mit denen dementsprechend verfahren werden könne. 41
3. Antisemitismus bei den SS-Soldaten Von besonderem Interesse für die vorliegende Studie muß die Frage sein, ob bei den Einheitsangehörigen der SS-Brigaden und des Kommandostabes persönliche antisemitische Motive belegbar sind. Neben der Auswertung diverser zeitgenössischer Dokumente der SS, in denen sich Hinweise auf judenfeindliche Einstel-
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lungen grundsätzlich weit häufiger als etwa rassistische Ressentiments finden lassen, bietet sich zur Beantwortung der Fragestellung auch eine Heranziehung der Ermittlungsverfahren der westdeutschen Justiz an. Da der Massenmord an den Juden eigentlicher Verfahrensgegenstand war, haben Zeugen und Beschuldigte jedoch nur in Ausnahmefällen Zeugnis über ihre antisemitischen Motive abgelegt. Die Schilderung judenfeindlicher Einstellungen barg rein rechtlich immer die Gefahr, im Zusammenhang mit konkreten Tatvorwürfen das Motiv des ‚niederen Beweggrundes‘ zu zementieren, das eine Verurteilung wegen Mordes ermöglichen konnte. Die meisten Ehemaligen haben daher wohlweislich jede Aussage über persönliche judenfeindliche Einstellungen vermieden. Zudem mußten die als Zeugen vernommenen früheren SS-Soldaten befürchten, durch unbedachte Äußerungen selbst allzu schnell ins Visier der Ermittlungsbehörden zu geraten. Neben dem verbreiteten Schweigen der Männer über die eigene Haltung gegenüber den Juden bieten Schilderungen von Tatumständen oder Zeugenaussagen über das Verhalten Dritter jedoch reichhaltige Einblicke in die antisemitischen Einstellungen vieler Brigadeangehöriger. Obwohl bis heute das historische Wissen über das antisemitische Potential in der deutschen Gesellschaft der Nazizeit gering ist, haben verschiedene Studien gezeigt, daß die überwiegende Mehrheit der Deutschen den antijüdischen Kurs der Nationalsozialisten unterstützte oder den staatlichen Maßnahmen zumindest gleichgültig gegenüberstand.42 Weder anläßlich der reichsweiten Boykottaktionen zu Beginn der NS-Zeit noch nach Inkrafttreten der Nürnberger Gesetze oder beim Novemberpogrom 1938 war eine breitere öffentliche Solidarisierung mit den deutschen Juden festzustellen. Während die Ermordung von Psychiatriepatienten aufgrund öffentlicher Ablehnung gestoppt und in der Folge nur im Geheimen weitergeführt werden konnte, blieben ähnliche Interventionen zugunsten der jüdischen Mitmenschen aus. Als dann Nachbarn aus dem Reichsgebiet „nach Osten“ deportiert wurden und sich Gerüchte über die Massenvernichtung der Juden verdichteten, demonstrierte ein erheblicher Teil der Deutschen, beispielsweise bei der massenhaften Aneignung von jüdischem Besitz, die eigene Zustimmung zur Judenpolitik des nationalsozialistischen Staates. Ein weiterer großer Teil der Gesellschaft zeigte sich zumindest in seinem Nichtverhalten moralisch völlig verkommen. Breite Bevölkerungskreise verdrängten die vielfältigen Hinweise auf die Vernichtung der europäischen Juden; statt dessen wurde allenthalben versucht, sich den Anschein eines ‚normalen‘ Weiterlebens zu organisieren. Auch derartige Formen kollektiver Gleichgültigkeit sind ohne das Vorhandensein persönlicher antisemitischer Grundeinstellungen kaum denkbar. 43 Geht man von solchen Grundvoraussetzungen in der deutschen Gesellschaft aus, wäre es völlig absurd anzunehmen, daß die Männer der SS-Verbände des Kommandostabes ein geringeres antisemitisches Potential aufgewiesen haben, als die nationalsozialistische Gesellschaft insgesamt. Bekanntlich hatten sich die Soldaten freiwillig zur Waffen-SS gemeldet, weil sie bewußt Teil dieser Elite sein wollten und darauf brannten, gegen die Feinde der deutschen Volksgemeinschaft
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eingesetzt zu werden. Im weltanschaulichen Unterricht der Truppe wurden die Männer mit radikal antisemitischen Unterrichtsinhalten konfrontiert, wovon nur zustimmende Reaktionen überliefert sind. Auch in den Nachkriegsvernehmungen ließen sich die Ehemaligen nicht zu einer Kritik am antisemitischen Grundkonsens ihrer Truppe hinreißen. Daher hat offensichtlich eine deutliche Mehrheit der Soldaten mit ihrem Bekenntnis zum Nationalsozialismus und zum Dienst in der bewaffneten SS auch eindeutig feindliche Einstellungen gegenüber den Juden verbunden. In den zeitgenössischen Quellen und den Vernehmungsprotokollen der westdeutschen Ermittlungsverfahren existieren etliche Belege für den radikalen Judenhaß von Angehörigen der Brigaden. Die frühesten Hinweise betreffen vier Fälle, wo SS-Männer wegen antisemitischer Aktivitäten noch vor dem Krieg auffällig geworden sind. Der später als Unterscharführer beim SS-Infanterieregiment 10 eingesetzte Bruno Ritter war als Obersturmführer der Allgemeinen SS in Aschaffenburg an den Ausschreitungen des 9. November 1938 beteiligt. In der Nacht vom 9. auf den 10. November schoß Ritter in der Aschaffenburger Innenstadt den Juden Ludwig L. in dessen Wohnung nieder. Im Anschluß daran verschleppte er mit seinen Kumpanen einen zweiten Juden aus dessen Wohnhaus in die städtische Fasanerie, wo der Mann wenig später ebenfalls ermordet wurde. 44 In der gleichen Nacht war in Göttingen der damals 19-jährige Willi Wiedemann unterwegs. Wiedemann war bereits 1935 der SS-Verfügungstruppe beigetreten, wo er im III. Bataillon des Regiments „Germania“ Dienst tat. In der Pogromnacht steckte der Untersturmführer mit Gleichgesinnten die Göttinger Synagoge in Brand, die bis auf die Grundmauern niederbrannte. Zwei Jahre später kam Wiedemann zur Waffen-SS nach Polen und fiel dann mit der Werkstattkompanie der 1. SS-Brigade im Sommer 1941 in die Sowjetunion ein. 45 In Wuppertal beteiligte sich außerdem der damals 38-jährige Siegfried Kotthaus an den Ausschreitungen gegen die dortige jüdische Gemeinde. Zum Abschluß legte er Feuer an der Synagoge, die ebenfalls zerstört wurde. Kotthaus, ein gelernter Dekorateur, war bereits im Dezember 1931 in die SS und im Jahr darauf in die NSDAP eingetreten; 1933 kam er zur Wachmannschaft des Konzentrationslagers Esterwegen. Nachdem er 1934 über die SS eine Anstellung bei der Stadtverwaltung Wuppertal erlangt hatte, meldete er sich nach Kriegsausbruch zur SS-Kavallerie, wo er bald bis zum Schwadronskommandeur aufstieg und 1941 im 1. Reiterregiment auch die Einsätze in der Sowjetunion mitmachte. 46 Schließlich war auch Walter Besuch, ein späterer Angehöriger der Aufklärungsabteilung der SS-Kavallerie, im Rahmen des reichsweiten Pogroms aktiv. Zusammen mit anderen SS-Männern verwüstete er am 10. November 1938 die Synagoge in Boppard. Am nächsten Tag kehrte er mit seinen Kumpanen sogar noch einmal an den Tatort zurück, um das Werk zu vollenden. 47 Im Zusammenhang mit den Einsätzen der Totenkopfstandarten ab 1939 im besetzten Polen wurden bereits etliche Fälle dokumentiert, in denen Einheitsangehörige eine hochgradig judenfeindliche Einstellung an den Tag legten. Da
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gab es den einfachen SS-Reiter, der auf offener Straße einen Juden ohrfeigte, weil dieser „nicht aus dem Weg ging“. Daneben existierte die Absicht zweier Reiter, nach Dienstschluß noch einige Juden zu quälen – „zu kitzeln“, wie sie es nannten, nicht zuletzt gab es das Beispiel des betrunkenen SS-Mannes, der nachts auf offener Straße eine Polin erschoß, weil er sich noch im Ghetto wähnte. Solche Taten sind typische Beispiel dafür, wie im Alltag der ganz individuelle Judenhaß ausgelebt wurde. 48 Einige SS-Führer legten auch mit ihren Einsatzberichten und Befehlen schon während der Jahre 1939 bis 1941 unzweifelhafte Belege für antisemitische Einstellungen ab. Bei Männern wie Hermann Fegelein lassen die vorhandenen Quellen nicht den geringsten Zweifel über deren mörderischen Judenhaß aufkommen. Abgesehen davon bieten auch die Personalakten von SS-Führern Anhaltspunkte für judenfeindliche Einstellungen. Karl von Treuenfeld, der ab Juli 1942 Kommandeur der 1. SS-Brigade war, führte 1939 in seinem Lebenslauf über die Pleite seiner Importfirma im Jahr 1929 in klassisch-antisemitischer Projektion aus, „der Hass jüdischer und freimaurerischer Wirtschaftskreise“ habe sein ökonomisches Scheitern verursacht. 49 Ähnliche Stereotype pflegte Wilhelm Trabandt, der ab Oktober 1943 die 1. SS-Brigade kommandierte. Aus „weltanschaulichen Gründen“, wie er in seinem Lebenslauf für die SS schrieb, nahm Trabandt im Herbst 1933 seinen Abschied aus der Reichswehr. In der Folge offenbarte er in der SASchule Mölln, wo er wenig später eine Anstellung gefunden hatte, in größerer Runde die Gründe seines Ausscheidens. Dazu verkündete er: „Das Heer war abhängig von Judentum und Marxismus. Ich habe mich nie wohl im Heere gefühlt.“ 50 Davon, wie sich der Antisemitismus der SS-Männer auch während der Einsätze in der Sowjetunion äußerte, legen zahlreiche Aussagen ehemaliger Einheitsangehöriger ein beredtes Zeugnis ab. So setzte sich ein Dolmetscher des SS-Infanterieregiments 10 im Sommer 1941 mit dem Bürgermeister eines Ortes über die Auswahl der zu erschießenden Juden auseinander. Der Kompaniechef der Einheit trieb den Mann dann mit den Worten, daß „das Schweinezeug“ – gemeint war die jüdische Bevölkerung des Ortes – „weg“ müßte, zur Eile an. 51 Ein früherer Soldat des gleichen Regiments machte 1971 Aussagen über die große Bereitwilligkeit seiner ‚Kameraden‘, selbst am Judenmord teilzunehmen. Edmund G. sagte dazu: „Mancher war damals stolz, daß er zu solchen Aktionen abgestellt worden war.“ 52 Wie bestialisch sich Einheitsangehörige im Sommer 1941 beim Zusammentreiben von Juden für die anschließenden Erschießungen benommen hatten, berichtete ein ehemaliger SS-Reiter: „Sie schlugen auf die Juden mit Reitpeitschen und Karabinern ein und versetzten ihnen Fußtritte. Es gab auch einige, die hinterher prahlten, was sie alles mit den Juden angestellt haben.“ 53 Über einen Vorfall beim Eskortieren von Juden durch Männer des 2. Reiterregiments berichtete der ehemalige Einheitsangehörige Friedrich S: „Mir ist in Erinnerung, daß einer der Juden wohl etwas langsam zur Erschießungsstelle ging. Hierauf hat ihn ein Troßangehöriger ganz brutal verprügelt und als er auf dem Boden lag,
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noch mit Füßen getreten. Ich meine, er habe ihn totgetrampelt.“ 54 Zeugen schilderten außerdem, daß einzelne Troßangehörige, die generell eigentlich nichts mit den Erschießungseinsätzen zu tun hatten, zu den Schützen kamen und darum baten, auch einmal schießen zu dürfen. Willi L. sagte 1965 aus, ihn habe einmal ein Kompanieschuster des 8. SS-Regiments während eines Judenmassakers gebeten, ihm seinen Karabiner zu leihen, worauf der Mann mit dem Gewehr zur Erschießungsstelle gegangen sei. Nach einiger Zeit sei er zurückgekehrt und habe das Gewehr überreicht, wobei er auf den späteren Zeugen einen richtig „erregten Eindruck“ machte. 55 Manche der schlimmsten antisemitischen Exzeßtäter wurden in den Vernehmungsprotokollen namentlich genannt. So machte Peter B., ein ehemaliger Angehöriger der 8. Kompanie des SS-Infanterieregiments 8, Angaben über das Verhalten seines Zugführers Alois Knäbel und des SS-Rottenführers Kerbel, der als Gruppenführer in der gleichen Kompanie fungierte. Der Zeuge erzählte: „Beide erwiesen sich im wahrsten Sinne des Wortes als Sadisten, die ihre Lust an der Mißhandlung und Erschießung von Juden hatten. Ihr Verhalten möchte ich wie folgt beschreiben: Sobald die 8. Kompanie in einem Ort Quartier machte, sahen sich beide nach zurückgebliebenen Juden um. Auf Anweisung Knäbels mußten die Juden die Kompanie-Quartiere auf den Knien herausschruppen, Kerbel hatte die Aufsicht und trieb die Juden durch Knüppelschläge zur Arbeit an. Zu essen erhielten die Opfer nichts. Sobald die Juden infolge der dauernden Mißhandlungen zu Boden fielen und nicht mehr konnten, trat Knäbel mit der Pistole in Aktion. Er erschoß die Opfer, egal ob Männer, Frauen und Kinder, mitleidlos und kaltblütig.“ Eines dieser Verbrechen, das der Zeuge persönlich aus geringer Entfernung miterlebt hatte, schilderte er ausführlicher: „In einem Dorfe wohnte ein jüdisches Ehepaar mit einem etwa 3-jährigen Kind in einer Hütte. Es handelte sich um den jüdischen Ortsschuster. Kaum war die Kompanie im Ort eingerückt, stöberte Knäbel das Ehepaar auf, nachdem er seine Anwesenheit durch den Orts-Starosten in Erfahrung gebracht hatte. Er ließ das jüdische Ehepaar, das im Alter von etwa 25–30 Jahren stand, zu sich ins Quartier holen. Geholt wurden sie von Leuten seines Zuges. Wer dies war, weiß ich nicht. Unter Aufsicht von Kerbel mußten die Juden die Kompanie-Unterkunft herauswaschen und schruppen. Kerbel, der dabeistand, schlug sie unentwegt mit dem Holzknüppel, so daß sie mehrfach zusammengebrochen sind. Als das jüdische Ehepaar mit der Arbeit fertig war, wurde es von Knäbel mit Kerbel und etwa 2–3 Mann des 4. Zuges an den Waldrand beim Ende des Dorfes gebracht. Dort hat sie Knäbel allein, ohne langes Federlesen mit seiner Pistole durch Genickschuß getötet. Das kleine Kind der Juden, das Knäbel zuerst an der Hand führte und zuletzt auf dem Arm trug, mußte bei der Ermordung seiner Eltern zusehen. Hierauf fing es zu schreien an. Daraufhin nahm es Knäbel wieder auf den Arm, beruhigte es durch Streicheln und durch Worte. Als das Kind ruhig war, hat er es auch durch Genickschuß getötet. Im Augenblick der Schußabgabe trug er es auf dem Arm.“ 56
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Die Mordaktion der beiden SS-Männer hatte noch weitere Zuschauer. Nach dem Mord an den Eltern wandte sich ein SS-Soldat zu seinem Nebenmann und sagte: „Paß mal auf, wie der Knäbel das jetzt fein macht, wie er das Kind erst beruhigt und danach erschießt!“ 57 Allgemein als „Judenhasser“ bekannt waren auch zwei Fahrer einer Einheit der SS-Kavallerie. Einer der beiden Männer namens Piechl, der Fahrer des Küchenwagens, erzählte im Sommer 1941 in einer größeren Runde von ‚Kameraden‘, „daß er es den Juden gegeben habe“. Nach dem voller Stolz vorgetragenen Bericht habe Piechl eine Anzahl von Juden in einen Keller gesperrt und anschließend eine Sprengladung hineingeworfen, die alle Menschen getötet habe. 58 Ein SS-Mann namens Sack, der Koch in einer der Reiterschwadronen war, betätigte sich ebenfalls auf eigene Faust als Judenmörder. Eigenhändig erschoß er eines Morgens einen Juden vor der Grube, die dieser vorher hatte ausheben müssen. Als Grund für den Mord gab Sack an, der Jude habe sich als Küchenhilfe nicht willig genug gezeigt, die Kartoffeln für das Essen zu schälen. 59 Über einen Untersturmführer Schneider, einen Zugführer in der 5. Schwadron des Kavallerieregiments 1, war bekannt, daß er aus Eigeninitiative gerne an Erschießungen teilnahm. Ein Zeuge kommentierte die Persönlichkeit des Mörders mit den Worten: „Er war militärisch ein guter Soldat, aber er konnte keinen Kommunisten und keinen Juden sehen.“ 60 Ähnlich muß es sich auch mit einem Stabsangehörigen des SS-Infanterieregiments 10 verhalten haben. Der Unterführer erschien eines Tages gegen Ende des Jahres 1941 im Quartier einer Teileinheit. In einem der benachbarten Gebäude wohnte eine junge jüdische Mutter mit ihrem etwa sechs Monate alten Kind. Sobald der Unterführer beide entdeckt hatte, trieb er sie umgehend aus dem Haus auf ein nahegelegenes Feld, wo er die Jüdin und ihr Baby mit seiner Maschinenpistole erschoß. 61 Über den Führer der leichten Kavalleriekolonne des 2. Reiterregiments, Hans-Walter Nenntwich, war in der Truppe bekannt, er habe sich aus lauter Lust am Judenmord bei Erschießungen von den eingeteilten Schützen einen Karabiner ausgeliehen und mitgeschossen.62 Und Hauptsturmführer Stefan Charwat, der Chef der 1. Schwadron des 2. Reiterregiments, wurde gesehen, wie er einen Juden zwang, sich zu entblößen. Der Mann hatte vorher in Todesangst seine Identität geleugnet. Als Charwat bei der Überprüfung der Beschneidung gewahr wurde, prügelte er den Juden brutal zusammen und trat dann immer wieder auf sein bereits am Boden liegendes Opfer ein. 63 Von den Taten anderer SS-Männer erfuhren Familienangehörige und Bekannte durch deren eigene Erzählungen. Diedrich B. war Inhaber eines kleinen landwirtschaftlichen Betriebes in Emden. Im Jahr 1933 trat er der Allgemeinen SS bei und kam nach Kriegsbeginn im März 1940 zur 8. SS-Totenkopfstandarte nach Polen. Die Einsätze in der Sowjetunion erlebte er als Fahrer eines Mannschaftswagens der 5. Kompanie des Regiments mit. Als B. auf Urlaub im heimischen Emden weilte, erzählte er einer Nachbarin prahlerisch von Massenerschießungen an Juden. Er beschrieb unter anderem, wie die Opfer sich selbst ihre Gräber schaufeln und nach vollendeter Arbeit am Rand der Gruben Aufstellung nehmen
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mußten. Im Anschluß daran habe er mit anderen die jüdischen Männer, Frauen und Kinder, wie er sich ausdrückte, „niedergeknallt“. Auf Nachfragen der Nachbarin, ob denn alle Opfer sofort tot gewesen wären, entgegnete B. auskunftsfreudig, noch lebende Opfer seien mit den Gewehrkolben totgeschlagen worden. Die offenbar vorsichtigere Mutter des SS-Soldaten antwortete der neugierigen Nachbarin auf weitere Nachfragen bei anderer Gelegenheit: „Wir dürfen nichts sagen und müssen schön den Mund halten. Ich weiß das aber von Diedrich.“ 64 Ähnlich redselig verhielt sich ein anderer SS-Mann der 1. Brigade während seines Heimaturlaubs, als er im Familienkreis äußerst positiv vom Judenmord seiner Einheit berichtete. 65 Auskunft über die bestehenden judenfeindlichen Einstellungen geben außerdem die verschiedenen antisemitischen Stereotype, die innerhalb der SS-Verbände zu Tage traten. Einer der wesentlichen antisemitischen Topoi der Nationalsozialisten bestand in der Behauptung, Juden seien die eigentlichen Träger und Protagonisten des sowjetischen Systems. Diese Projektion wurde von Angehörigen der SS-Brigaden in vielfältiger Form übernommen. Robert Kistler, ein alter Duzfreund Himmlers und Bataillonskommandeur im SS-Infanterieregiment 10, sprach 1967 offen aus, daß er ebenfalls die Ansicht gehegt habe, Juden seien generell als Partisanen und Unterstützer des Bolschewismus anzusehen. Er erklärte: „Im übrigen ist dazu zu sagen, daß natürlich bei der schließlichen Bereitschaft zur Durchführung des Befehls auch die Tatsache eine Rolle gespielt hat, daß die Säuberung des rückwärtigen Heeresgebietes von Leuten, die in Feindschaft zu dem damaligen deutschen Regime standen, aus meiner damaligen Sicht als kriegsnotwendig angesehen werden mußte.“ 66 Rückblickend kam ein Schreiber des Werkstattzuges im SS-Kavallerieregiment 1 zu ganz ähnlichen Schlüssen, als er feststellte: „Nach meiner heutigen Vorstellung haben wir Männer von der Werkstattkompanie damals den Judenerschießungen keine primäre Bedeutung zugemessen, sondern sahen das im Zusammenhange mit der allgemeinen Partisanenbekämpfung. Nach unserer Vorstellung war es so, daß die Juden mit den Partisanen zusammenarbeiteten.“ 67 Heinrich R., ein Reiter der Kavalleriebrigade, gab den Vernehmungsbeamten einen Einblick in die fortwährende Interpretationsleistung der Männer, die ab Sommer 1941 zu hören bekamen, Partisanen und Juden seien zu „bekämpfen“. Mit eigenen Worten stellte R. darauf seine – damals wohl allgemeingültige – Interpretation eines solchen Befehls dar. Demnach bedeutete „das Tätigkeitswort ‚zu bekämpfen‘ soviel wie erschießen. Für mich ist es praktisch dasselbe“. 68 Neben den gängigen Formeln des nationalsozialistischen Judenhasses finden sich Stereotype, die nicht unbedingt zu erwarten gewesen wären. Über Anschuldigungen gegen Juden im Sommer 1941 in der Sowjetunion und die deutsche Reaktion darauf berichtete der SS-Reiter Karl-Heinz J.: „Man erzählte uns, daß Juden Milch und Eier vergiftet haben, woran Kameraden dann gestorben sein sollen. Daraufhin habe man die Juden in diesen Dörfern erschossen.“ 69 In Aussagen ehemaliger Angehöriger der 1. SS-Brigade findet sich sogar der uralte an-
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tisemitische Vorwurf des Brunnenvergiftens wieder, der von der Waffen-SS 1941 gegen ukrainische Juden erhoben wurde. Wie häufig im Mittelalter auch, erwies sich der Vorwurf für die Beschuldigten als tödlich. Der frühere SS-Mann Rudolf B. gab dazu an: „Es müßte im Frühherbst 1941 gewesen sein, als der Brigadestab in Owrutsch lag. Dort lagen der Brigadestab und noch andere Kompanien, die alle ihr Wasser aus Brunnen entnahmen. Einer dieser Brunnen sollte von zwei älteren jüdischen Frauen vergiftet worden sein. Man hatte die beiden jüdischen Frauen festgenommen.“ Kurz nach der Festnahme wurden beide von der WaffenSS erschossen. 70 Wegen des gleichen Vorwurfs wurde 1941 ein etwa 80-jähriger Jude von einem jungen Unterführer des Infanterieregiments 10 festgenommen. Der jüdische Apotheker sollte nach Ansicht der Deutschen mehrere Brunnen seines Heimatortes mit Chemikalien vergiftet haben, worauf SS-Soldaten den alten Mann abtransportierten und außerhalb des Ortes ermordeten. 71 Die Schilderung des Zeugen Helmut B., eines ehemaligen Angehörigen der 1. SS-Brigade, beinhaltete sogar eine Variation des Ritualmordvorwurfs. B. sagte 1964 aus, von einem ‚Kameraden‘ im August 1941 in ein Haus geführt worden zu sein, wo sich an einer Zimmerdecke ein Hakenkreuz befunden habe, das nach Angaben des Begleiters mit Blut gemalt worden sei. Auch eine Wand des Zimmers sei an mehreren Stellen großflächig mit Blut beschmiert gewesen. Nach der vom begleitenden SS-Mann präsentierten Erklärung sei ein Oberleutnant der Luftwaffe, der mit seinem Flugzeug in der Nähe notlanden mußte, in jenem Zimmer von Juden „abgeschlachtet“ worden. Die Juden sollen dann angeblich mit dem Blut des Piloten Zimmerdecke und Wand des Hauses beschmiert haben. Das groteske Szenario verfehlte nicht seine Wirkung. In den folgenden Tagen wurden aufgrund der wahnhaften Schilderung die jüdischen Bewohner eines Nachbarortes von Einheiten der Brigade erschossen.72 Nur in Einzelfällen offenbarten Zeugen bei ihren Vernehmungen dagegen die eigene antisemitische Einstellung. Einer der wenigen war der einstige SS-Reiter Severin D., der seinen Judenhaß im April 1963 auf denkbar eindeutige Art ausdrückte: „Ich wünsche“, sagte D., „daß man an dieser Stelle im Protokoll aufnimmt, daß ich es selbst heute noch bedauere, daß man damals in Rußland nicht alles umgebracht hat. Wenn ich nochmals als Soldat dorthin käme, würde ich ohne mit der Wimper zu zucken Frauen, Kinder und Männer totschießen, da es unseren Landsleuten nach dem Kriege nicht besser erging. Nach ihnen fragt niemand. Ich empfinde auch heute noch nicht die Aktionen gegen die Juden als Unrecht.“ 73 Andere frühere SS-Männer drückten Zustimmung oder Gleichgültigkeit gegenüber dem Massenmord an den Juden eher unbewußt aus. Ein ehemaliger SS-Reiter erklärte: „Wir waren damals junge Soldaten und machten uns keine großen Gedanken darüber, warum die Juden erschossen wurden. Wir schimpften eigentlich bloß aus dem einfachen Grunde, weil wir die Waffen nach der Erschießung wieder sauber machen mußten.“ 74 Ernst K., ein Soldat der SS-Kavallerie, wurde beim kurzen Zwischenstopp während einer Dienstfahrt hilfesuchend von zusammengetriebenen Juden einer Ortschaft angesprochen, die in Kürze er-
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schossen werden sollten. Auch nach über 20 Jahren benannte er seine absolute Gleichgültigkeit gegenüber den Todgeweihten mit verblüffender Offenheit: „Mir wurde“, erzählte K., „dann auch das Klagen der Frauen zuviel und ich setzte mich wieder in den Wagen […]“. 75 Das Beispiel des einstigen SS-Soldaten Johann K. zeigt schließlich, daß selbst eine Ablehnung der Massaker längst kein positives Verhältnis gegenüber den Juden bedeutet haben mußte. Nachdem K. die Erschießungen während seiner Vernehmung 1964 eindeutig verurteilt hatte, erging er sich in Reflektionen, wie das Potential der Juden im nationalsozialistischen Machtsystem besser hätte genutzt werden können. Dazu bemerkte er: „Meiner Meinung nach hätte man die Juden auch zu Arbeiten heranziehen können. Es war mir bekannt, daß die Juden gerne gearbeitet hätten.“ 76 Neben den Belegen für den Judenhaß der SS-Soldaten deuten einige Vernehmungsprotokolle scheinbar gegenteilige Haltungen an. Teils ausführlich berichteten Zeugen von ihrem persönlichen Kontakt zu Juden, die meist als Zwangsarbeiter in den jeweiligen Einheiten angestellt gewesen seien. Obwohl die Vernommenen zum eigentlichen Verfahrensgegenstand in der Regel keine verwertbaren Aussage machten, berichteten sie detailliert über ihr gutes Verhältnis zu den Juden. Begleitend wurde der Umstand hervorgehoben, daß die betreffenden Menschen durch ihre Anstellung bei der SS länger am Leben geblieben seien; andere drückten ihre Ablehnung gegenüber der Ermordung jüdischer Arbeitskräfte aus. Die einstigen SS-Männer erzählten von jüdischen Handwerkern, die „sehr gut deutsch“ gesprochen hätten, „sehr arbeitsam“ und „sympathisch“ gewesen seien; vereinzelt habe nach dem Krieg sogar noch Kontakt zu überlebenden Juden bestanden. Der Inhalt derartiger Aussagen offenbart allerdings schnell, daß in diesen Fällen keineswegs glaubwürdige Gegner des Antisemitismus Zeugnis abgelegt haben, sondern vielmehr der einfache Verteidigungsmechanismus gegriffen hatte, die Allgegenwärtigkeit der Judenmorde nicht nur komplett zu leugnen, sondern in Bezug auf die eigene Person durch fiktive individuelle Schilderungen aufzuheben. 77 Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß das Mannschaftspersonal der SSBrigaden des Kommandostabes anders als etwa die Ordnungspolizisten des Reservepolizeibataillons 101 oder das Personal der 253. Infanteriedivision des Heeres einen besonders radikalen, nationalsozialistisch gefestigten Teil der deutschen Gesellschaft repräsentierten. Bis auf einzelne Ausnahmen hatten sich die Männer freiwillig zur Waffen-SS gemeldet und damit ein eindeutiges Bekenntnis zum Nationalsozialismus und seiner aggressiven Zielsetzung abgelegt. Die fast durchweg jungen Männer kamen aus der unteren Mittelschicht und der Unterschicht; dem klassischen Industrieproletariat gehörten sie allerdings nur zu einem geringen Prozentsatz an. Weit mehr als die Hälfte der Soldaten gehörte der NSDAP, der Allgemeinen SS oder anderen nationalsozialistischen Parteigliederungen an. Damit bewiesen die Mannschaftsangehörigen ihre weit überdurchschnittlich hohe nationalsozialistische Gesinnung. Die SS-Führer der Brigaden und des Kommandostabes kamen anders als ihre Männer vorwiegend aus den
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qualifizierten Bereichen der Mittelschicht oder, im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, sogar überdurchschnittlich häufig aus der Oberschicht. Ihre politischen Einstellungen bildeten die späteren SS-Offiziere als Weltkriegsteilnehmer und Freikorpskämpfer aus. Die jüngeren von ihnen teilten Nationalismus, völkische Gesinnung und den Haß auf das demokratische Weimarer System. Ihre politische Identität bewies ein großer Teil der Männer mit einem frühen Beitritt zur NSDAP; fast die Hälfte hatte schon vor 1933 eine Mitgliedschaft in der Allgemeinen SS inne. Im Rahmen der Ausbildung bei der Waffen-SS absolvierten Mannschaften und Offiziere eine spezielle weltanschauliche Erziehung, die das ideologische Rüstzeug der SS vermittelte. Ein essentieller Schwerpunkt der Schulungsstunden bestand in der Vermittlung von radikalem Judenhaß, der, wie sich in einigen Fällen nachweisen ließ, von den SS-Soldaten begeistert aufgenommen wurde. Die große Bedeutung des Antisemitismus läßt sich auch als wesentliches persönliches Motiv der SS-Männer nachweisen. Damit steht fest, daß die Mannschaften und Offiziere der Brigaden des Kommandostabes überzeugte Weltanschauungskrieger waren, die willig zur Eroberung von „Lebensraum“ antraten und bereit waren, erbarmungslos gegen vermeintliche oder tatsächliche Gegner der deutschen Volksgemeinschaft im Osten vorzugehen. In diesem Zusammenhang halluzinierten die Männer die jüdische Bevölkerung grundsätzlich als ihre Todfeinde.
3. Teil: Der Einsatz des Kommandostabes 1941
VIII. „Barbarossa“. Der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion 1. Erfolgreicher „Blitzkrieg“ Mit einer Streitmacht von 153 Divisionen, etwa 3600 Panzern, über 2700 Flugzeugen und insgesamt fast 3,6 Millionen Soldaten griff Deutschland am frühen Morgen des 22. Juni 1941 ohne Kriegserklärung die Sowjetunion an. Die bis dahin größte Armee der Geschichte begann an diesem Tag in enger Zusammenarbeit mit Einheiten der SS, der Ordnungspolizei und einheimischen Kollaborateuren ein bis heute beispielloses Vernichtungswerk. 1 Von Beginn an zeigte sich der verbrecherische Charakter der deutschen Kriegsführung. Als deutsche Truppen am Morgen des 22. Juni den Angriff auf Garsden eröffneten und in der Stadt auf heftigen Widerstand sowjetischer Grenztruppen stießen, nahmen die zur Sicherung nachrückenden deutschen Grenzpolizisten aus Rache für die Verluste nach Abschluß der Kämpfe mindestens 600 Juden fest. Zwei Tage später erschossen Angehörige der Stapo-Stelle Tilsit aus dem Kreis dieser Gefangenen 200 Männer und eine Frau. 2 Bereits ab den ersten Kriegstagen kam es seitens der vorrükkenden Wehrmachtsverbände auch zu zahlreichen Erschießungen politischer Kommissare der Roten Armee. Bei den geringsten Anzeichen von Widerstand oder auf bloße Verdachtsmomente hin, ermordeten deutsche Soldaten im Operationsgebiet der 6. Armee zur „Vergeltung“ Zivilpersonen und häufig ganz gezielt Juden. 3 Massenhaft zeigte sich damit die Bereitschaft, sich auf der Grundlage der nationalsozialistischen Propaganda und der durch die verbrecherischen Befehle eingeschworenen Feindbilder hochmotiviert an der Ermordung von Sowjetsoldaten, der Zivilbevölkerung und besonders der Juden zu beteiligen. 4 Entgegen aller ursprünglichen Planungen war am 20. Juni 1941 auch der Kommandostab Reichsführer-SS inklusive der drei unterstellten Brigaden als Einsatzreserve dem XXXXII. Armeekorps unterstellt und in grenznahe Bereitstellungsräume verlegt worden.5 Bis dahin waren die Verbände, verteilt auf Stationierungsorte im Generalgouvernement, mit den letzten Vorbereitungen für ihre Verwendung in den noch gar nicht existierenden rückwärtigen Heeresgebieten beschäftigt gewesen. Seit dem 23. Juni wurden Teileinheiten zu Sicherungsaufgaben eingesetzt. Das 1. SS-Kavallerieregiment wurde dem Kommando der 87. Heeresdivision unterstellt und als Eingreifreserve in den Raum Bialystok be-
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fohlen. Das SS-Regiment 10 erhielt einen Marschbefehl in die Gegend von Augustowo, um dort mit der Sicherung der Straßen- und Eisenbahnverbindungen beauftragt zu werden; mit ähnlichen Sicherungsaufgaben wurde das 8. SS-Infanterieregiment in die Gegend von Grajewo verlegt. 6 Im Zuge dieser Einsätze kam es zu den ersten von Einheiten des Kommandostabes in der Sowjetunion begangenen Kriegsverbrechen. Am 24. Juni hatte das III. Bataillon des SS-Infanterieregiments 8 unter Obersturmbannführer Erwin Reitz wie befohlen die Gegend um die ehemals ostpolnische Kleinstadt Grajewo erreicht. 7 Ohne erkennbare Veranlassung ordnete der Bataillonskommandeur den Beschuß des Ortes an, in dem trotz der Kriegswirren der vergangenen Tage noch ein Teil der Bewohner ausharrte. 8 Nach dem heftigen Beschuß drangen andere Einheiten des Bataillons in Grajewo ein und trieben Bewohner, derer sie noch habhaft werden konnten, zusammen. Während Frauen und Kinder aus der Stadt vertrieben wurden, erschossen Angehörige des III. Bataillons zahlreiche der im Ort verbliebenen Männer. Anschließend wurden Teile der Stadt von der Waffen-SS in Brand gesetzt. 9 Trotz der dichten Quellenlage ist aus den Unterlagen der 1. SS-Brigade oder des Kommandostabes nicht der geringste Hinweis darauf zu entnehmen, daß der Beschuß des Ortes und das Massaker an den Männern auf irgendeiner Anordnung von übergeordneter Stelle beruhte. Ein ehemaliger Ordonnanzoffizier des Bataillons sprach noch im Oktober 1942 von „übertriebenen Maßnahmen“, die Reitz in diesem Fall angeordnet habe und benannte konkret „das Niederbrennen von Häusern und das vorbereitende Schießen in dem Raum, in dem Partisanen sich aufhalten, wobei naturgemäß auch unbeteiligte Bevölkerung in Mitleidenschaft gezogen wurde“. 10 Gegenüber dem Generalkommando des XXXXII. Armeekorps meldete die 1. SS-Brigade nur, das III. Bataillon habe am 24. Juni im Rahmen der befohlenen „Säuberungsaktion“ in einigen Orten große Mengen Munition gefunden, die betreffenden Ortschaften niedergebrannt und 40 Männer auf der Flucht erschossen.11 Demnach ist davon auszugehen, daß Reitz das Verbrechen aus eigenem Antrieb angeordnet hatte. Diese Form der Eigeninitiative einzelner SS-Offiziere sollte bei den späteren Einsätzen der Brigaden immer wieder eine bedeutende Rolle spielen. In Augustowo hatten währenddessen das I. Bataillon und Stabseinheiten des SS-Infanterieregiments 10 mit der Sicherung des Stadtgebiets begonnen. Dazu gehörte nach Ansicht der Deutschen von Anfang an die Festnahme zahlreicher Juden, darunter auch einiger Frauen. Die mindestens 50 Personen wurden in die Kellerräume eines sowjetischen Erholungsheims gesperrt. Auch die ungefähr 40 polnischen Angestellten des Heims sowie einige Gäste, denen nicht mehr rechtzeitig die Flucht geglückt war, wurden dort inhaftiert. Insgesamt befanden sich mindestens 100 Menschen in dem Keller; die Juden wurden bereits gesondert gefangen gehalten. Wahrscheinlich am 25. Juni 1941 kam dann Hauptsturmführer Wolfgang Ilges, der stellvertretende Leiter der Stapo-Stelle Tilsit, mit einem Kommando des Grenzpolizeikommissariats Sudauen nach Augustowo, um das
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Gelände des Erholungsheims für den Bedarf der SS sicherzustellen. Die Offiziere des 10. Regiments erhoben keine Einwände, verwiesen aber auf die in den Kellern eingesperrten Gefangenen. Die Sicherheitspolizei überprüfte daraufhin die Inhaftierten und bestimmte letztlich, daß bis auf das polnische Personal die restlichen Menschen zu sterben hätten, darunter alle Juden. Hinsichtlich der Umsetzung des Massenmords signalisierte Hauptsturmführer Ilges den vor Ort anwesenden Führern des SS-Infanterieregiments 10, deren eigene Kräfte hätten die Erschießungen vorzunehmen. Das wurde ohne weitere Einwände akzeptiert. Am nächsten Morgen hatte die Waffen-SS ein umfangreiches Kommando bereitgestellt, das die Gefangenen aus dem Erholungsheim zur nahegelegenen Erschießungsstelle eskortierte und die Gegend absperrte. Die überwiegende Mehrzahl der jüdischen Männer, einige Frauen sowie die wenigen sowjetischen Funktionäre mußten eine große Grube ausheben und sich anschließend an deren Rand aufstellen. Dann wurden die ungefähr 60 Menschen hinterrücks von Soldaten des 10. SS-Regiments erschossen.12 Nach dem Willen der Wehrmacht sollte der Einsatz der SS-Brigaden in den folgenden Tagen noch ausgeweitet werden. Das Generalkommando des XXXXII. Armeekorps kommandierte den Stab der 2. SS-Brigade sowie jeweils ein Bataillon der unterstellten Infanterieregimenter 4 und 5 am 26. Juni zur „Säuberung, Sicherung und Überwachung des Stadtgebietes“ nach Wilna. 13 Das Vorhaben wurde allerdings nicht mehr realisiert. Die Wehrmacht ihrerseits zeigte sich hochzufrieden mit dem Einsatz der SS-Brigaden. So übermittelte Generaloberst Strauß, der Oberbefehlshaber der 9. Armee, dem auch das XXXXII. Armeekorps unterstand, Brigadeführer Knoblauch seine „vollste Anerkennung“ für die Unterstützung durch die Waffen-SS. Der Armeeoberkommandeur betonte, die Aktivitäten der Brigaden seien „für das Gelingen der Operationen der Armee sehr wirkungsvoll gewesen“. 14 Himmler brach die Frontverwendung seiner Truppen jedoch schon nach wenigen Tagen wieder ab. Erst widerrief er am 27. Juni den bereits erteilten Marschbefehl für Teile der 2. SS-Brigade nach Wilna. 15 Noch am gleichen Tag zog er die übrigen Einheiten von ihren Einsätzen zurück und unterstellte sie wieder seinem unmittelbaren Befehl. „Der Reichsführer-SS wünscht nicht“, heißt es im Kriegstagebuch des Kommandostabes als Begründung für die abrupte Beendigung des Fronteinsatzes etwas verunglückt, „daß Truppen des Kdo.Stbs.-RF-SS zu Besetzungen und so ähnlichen Zwecken herangezogen werden, da er sie für andere Aufgaben benötigt“. 16 Die Einheiten wurden demnach keineswegs zurückgezogen, weil sie sich im Einsatz nicht bewährt hätten. 17 Vielmehr wollte Himmler demonstrieren, daß die Verwendung einzelner, der Wehrmacht unterstellter SS-Bataillone von ihm nicht akzeptiert werden würde. In dieser Beziehung war er schlicht darauf bedacht, seine Kompetenzen zu wahren. Darüber hinaus mußte er bemüht sein, dem Kommandostab und den unterstellten Verbänden vor dem eigentlich vorgesehenen Einsatz in den besetzten Gebieten ausreichend Zeit zur Vervollständigung von Ausbildung und Ausrüstung einzuräumen. Dem stand jedoch die zwischenzeitliche Frontverwen-
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dung der Brigaden mit jedem weiteren Einsatztag unzweifelhaft entgegen. Wie ein am 24. Juni, also noch während des Fronteinsatzes seiner SS-Truppen, verfaßter Brief Himmlers dokumentiert, hatte deren ursprüngliche Einsatzkonzeption tatsächlich nie zur Disposition gestanden. In dem Schreiben informierte Himmler Rosenberg über seine Absicht, „zur Lösung der Sicherungsaufgaben im Osten“ in naher Zukunft drei Brigaden der Waffen-SS und vier Regimenter der Ordnungspolizei zur Verfügung zu stellen. 18 Am 2. Juli 1941 trafen sich Jüttner und Knoblauch mit den Kommandeuren der SS-Kavallerie und der 2. SS-Brigade, Fegelein und Treuenfeld, zu einer Besprechung über den Personal- und Ausrüstungsbestand sowie die bevorstehende Verwendung der Brigaden. Das dabei angefertigte Protokoll gibt zusätzlichen Aufschluß über das Zustandekommen des überstürzt anmutenden Fronteinsatzes. In dem Text heißt es: „Aufgabe für den Kommandostab und die unterstellten Einheiten war ursprünglich: Beginn des Einsatzes frühestens 10 Tage nach B[arbarossa]-Tag. Nun mußte aber auf Befehl des Führers überraschend die Lücke in der Abwehrfront im Abschnitt der 9. Armee durch die SS-Einheiten geschlossen werden. Mitten in die Vorbereitungen kam also der Befehl abzurücken.“ 19 Die wegen des partiellen Mangels an Wehrmachtsverbänden von Hitler persönlich angeordnete Verwendung der Brigaden kam demnach für Himmler und die Offiziere des Kommandostabes gänzlich unvorhergesehen. Als dann nach wenigen Tagen die Angriffsoperationen der Wehrmacht wunschgemäß angelaufen waren, konnten die SS-Truppen von Himmler wieder zurückgezogen und auf ihre eigentliche Bestimmung vorbereitet werden. Im weiteren Verlauf des Juli 1941 wurde die Ausbildung und Ausrüstung der Brigaden in den verschiedenen Stationierungsorten im besetzten Polen vervollständigt. 20 Der Kommandostab hatte seine operative Tätigkeit wenige Tage vor dem deutschen Angriff aufgenommen. Das Kriegstagebuch der Führungsabteilung wurde seit dem 16. Juni 1941 geführt. Mit der von Himmler verfügten Unterstellung der verschiedenen SS-Verbände am 21. Juni besaß der Stab erstmals Befehlsgewalt. Seitdem wurden täglich Befehle Himmlers oder des SS-Führungshauptamtes weitergegeben oder eigene Anordnungen erlassen. Außerdem wurde die Tätigkeit der Stabsabteilungen und der unterstellten Einheiten umfassend dokumentiert. Die von Juni 1941 bis Ende November 1942 durchgängig erhaltenen Unterlagen erlauben einen einzigartigen Einblick in die Arbeit des Stabes. Die Suche nach Hinweisen über die eigentliche Instruierung der Brigaden vor deren Einsatzbeginn im Sommer 1941 erbringt allerdings nur magere Ergebnisse. Daß dieser Umstand nicht unbedingt auf eine spätere Vernichtung der entsprechenden Dokumente schließen läßt, sondern eher auf die insgesamt vagen und keineswegs bis ins Detail ausgearbeiteten Einsatzvorbereitungen hindeutet, legen schriftliche Zeugnisse des Kommandostabes hinsichtlich der Vorbereitung des Einsatzes der SS-Brigaden nahe. Zwischen dem 6. und 9. Juli 1941 verfaßte die Führungsabteilung des Kommandostabes eine Reihe von Texten und verteilte sie an die unterstellten Verbände.
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Die in sieben Folgen erarbeiteten Hinweise für den „Einsatz von Truppen zur Befriedung des rückwärtigen Heeresgebietes und des Gebietes der politischen Verwaltung“ waren als grundsätzliche Vorbereitung der Brigaden auf ihren Einsatz in der Sowjetunion gedacht. 21 Sämtliche Texte widmen sich dem im Hinterland erwarteten bewaffneten Widerstand. Ausführlich wird die angemessene Feindbekämpfung in Wäldern oder kleinen und größeren Ortschaften behandelt. Eine genauere Lektüre der Dokumente offenbart dann allerdings den erstaunlichen Umstand, daß die Textreihe auf keinerlei Aufklärungsergebnissen des Kommandostabes oder einer anderen SS-Dienstelle beruhte. Vielmehr war deren Hauptquelle die Heeresdienstvorschrift 300/1, die unter anderem Richtlinien zur Organisierung irregulärer Kampfmethoden von deutscher Seite gegen einen potentiellen Feind enthielt. Mangels anderweitiger Erkenntnisse schien der Kommandostab die Inhalte kurzerhand umformuliert und in der Annahme veröffentlicht zu haben, daß die Texte schon ‚irgendwie‘ Gültigkeit für die Bedingungen in der Sowjetunion haben würden. Entsprechend unkonkret und dürftig waren die Ergebnisse. In der Folge 5 über die Kampfführung in Dörfern und Städten hieß es im völligen Widerspruch zur Praxis sowjetischer Partisanen – keineswegs jedoch im Gegensatz zu den künftigen besatzungspolitischen Maßnahmen der Deutschen: „Gefechte um und in Ortschaften bilden beim Einsatz im Hinterland oft die Regel, da sich der Gegner meist in Ortschaften, insbesondere Städten bezw. Stadtvierteln, festsetzen wird.“ Zum eigenen taktischen Vorgehen hieß es im weiteren Verlauf des Textes ungemein inhaltsreich: „Die Kampfführung ist besonders in Stadtgebieten behindert, da im allgemeinen der Überblick die Straßenbreite nicht überschreitet.“ 22 Hinsichtlich der zu erreichenden Zielsetzung herrschte bei den Autoren des Kommandostabes dagegen Klarheit. So hieß es entweder „der Feind muß tot oder gefangen sein“, oder noch radikaler: „Raum gewinnen ist unwesentlich. Ziel des Kampfes bleibt allein die restlose Vernichtung des eingeschlossenen Gegners.“ 23 Die beim Kommandostab im voraus nur marginal existierenden Kenntnisse über die Sowjetunion waren keineswegs die Ausnahme. Auch die Einsatzgruppen des Reichssicherheitshauptamtes zeigten sich nur dürftig auf die Gegnerbekämpfung vorbereitet. So wurde an die einzelnen Sonder- und Einsatzkommandos eine „Sonderfahndungsliste UdSSR“ verteilt, die zahlreiche Namen festzunehmender Personen enthielt. Die darin angedeutete Verwaltungsstruktur des NKWD stellte sich jedoch als völlig veraltet heraus. Lawrenti P. Berija beispielsweise, immerhin der Chef des NKWD, tauchte in der Liste gar nicht erst auf. 24 Erst das von der Ic-Abteilung des Kommandostabes Anfang Juli sichergestellte umfangreiche Material aus einer NKWD-Schule in Lomscha lieferte überhaupt die theoretische Möglichkeit, auf der Grundlage zahlreicher militärischer Lehrbücher, sowjetischer Heeresvorschriften und eines umfangreichen politischen Schrifttums eine Gegneranalyse zu erstellen. 25 Verbissen suchten die Abwehroffiziere unter den Materialien nach einer sowjetischen Vorschrift über den Einsatz von Partisanen in den rückwärtigen Feindgebieten, die nach ihrer Vorstellung
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existieren mußte. Entsprechendes wurde allerdings nie gefunden. 26 Zwar flossen erste Erkenntnisse aus dem sowjetischen Material bald darauf in Instruktionen an die unterstellten SS-Verbände ein, trotzdem war der gesamte Bereich der nachrichtendienstlichen Aufklärung des Kommandostabes im Vorfeld und während der ersten Wochen des Krieges weit eher durch die radikale Formulierung weltanschaulicher Feindbilder geprägt. Hauptsturmführer May, der Chef der Ic-Abteilung im Kommandostab, erstellte Mitte Juli 1941 eine grundsätzliche Anweisung zu Möglichkeiten der Nachrichtengewinnung bei der sowjetischen Zivilbevölkerung. Darin wurde im Gegensatz zu früheren Texten immerhin die Ansicht vertreten, Feindgruppen würden sich im Hinterland „insbesondere in Wäldern und unwegsamen Gebieten“ verborgen halten. Unter Verweis auf Erkenntnisse aus den sowjetischen Militärvorschriften wurde außerdem erwähnt, solche Gruppen würden untereinander Verbindung halten. Die konkreten Anweisungen in Bezug auf die praktische Nachrichtengewinnung bewegten sich dann jedoch auf einem Niveau, was durch folgende Formulierung aus der Instruktion des Abwehroffiziers charakterisiert wird: „In Einzelfällen ist es sogar angebracht, Juden zu befragen, da sie auf Grund ihrer Natur zum Verräter neigen; hier ist jedoch besondere Vorsicht am Platze.“ 27 Faktisch trat damit die ideologische Munitionierung des Kommandostabes und der unterstellten Brigaden an die Stelle des Anspruchs auf die Entwicklung eines angemessenen Urteils über den realen Gegner und dessen tatsächliches Gefahrenpotential. Nach den vom Kommandostab verteilten Anweisungen trainierten die SS-Brigaden im Juli 1941 die in der Sowjetunion erwarteten Szenarien. Der Charakter der von den Brigaden geübten Planspiele und Manöver unterstrich die projektierte Verwendung der Verbände im Rahmen einer „politischen Befriedung“. Übungen der 1. SS-Brigade trugen Titel wie „Einkreisung und Vernichtung im Walde befindlicher Banden“, „Waldgefecht“ oder „Kampf um eine Ortschaft“. Die 2. SS-Brigade übte das „Durchkämmen eines Waldes“ oder den „Überfall auf eine Kolonne“. 28 Gerade dieser Verband hatte, gemessen an der nunmehr geforderten Einsatzbereitschaft, die wohl größten Defizite aufzuweisen. Die Brigade zeigte im Juli 1941 noch akute strukturelle und organisatorische Mängel. Erst am 17. Juni war als Ersatz für das von Himmler aufgelöste 14. Regiment das 5. SS-Infanterieregiment unterstellt worden.29 Darüber hinaus wies die Brigade einen hohen Fehlbestand an Mannschaften auf. Beim SS-Infanterieregiment 4 fehlten noch 321 Mann, das Regiment 5 wies sogar einen Fehlbestand von 814 Soldaten auf. Darüber hinaus mangelte es an Transportfahrzeugen. 30 Für die weit erfahreneren Männer der beiden SS-Kavallerieregimenter schienen die letzten Wochen Aufenthalt im besetzten Polen im Juli 1941 dagegen eher den Charakter einer Wartezeit gehabt zu haben. Ein ehemaliger Angehöriger der Einheit sagte bei seiner Vernehmung, die Wochen auf dem Truppenübungsplatz in Lyck seien „sehr langweilig“ gewesen. Die Zeit habe man damit verbracht, Waffen, Geräte und Ausrüstungsgegenstände zu überholen und aufzufrischen. 31
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Abb. 3. Himmler beim 1. SS-Kavallerieregiment, rechts hinter ihm Kurt Knoblauch 5. Juli 1941.
Wie das Protokoll der Besprechung vom 2. Juli 1941 festhält, war noch vor dem Krieg vereinbart worden, daß der Einsatz der SS-Brigaden „frühestens 10 Tage“ nach Angriffsbeginn erfolgen sollte. Während des Treffens der Chefs von SSFührungshauptamt und Kommandostab mit den Brigadekommandeuren wurde als aktualisierter Einsatzbeginn ein Termin nach dem 12. Juli ins Auge gefaßt. 32 In der Frage des Einsatzbeginns war der Kommandostab in erster Linie vom Tempo der Wehrmacht abhängig, denn die für die Verbände vorgesehen Operationsräume mußten ja vorher von den Fronttruppen erobert werden. Erst mit der Einrichtung der rückwärtigen Heeresgebiete Nord, Mitte und Süd am 2., 3. und 9. Juli war überhaupt erst die entscheidende Vorbedingung für eine Erteilung von Marschbefehlen an die Brigaden geschaffen worden. 33 Der nunmehr kurz bevorstehende Einsatz läßt sich Anfang Juli 1941 auch an Besuchen Himmlers bei seinen Verbänden ablesen. Beim 1. SS-Kavallerieregiment tauchte er am 5. Juli zusammen mit Knoblauch auf und nahm eine Parade der verschiedenen Truppenteile ab. In einer Abschiedsansprache bereitete er die Reiter darauf vor, daß sie im Verlauf des Krieges noch bis zum Ural reiten würden. 34 Drei Tage später besuchte Himmler das erst vor wenigen Wochen in die 2. SS-Brigade eingegliederte Infanterieregiment 5. Von dessen Ausbildungsstand und Erscheinungsbild hatte er offenbar ebenfalls einen positiven Eindruck. 35
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Am 10. Juli fällte Himmler schließlich noch eine Grundsatzentscheidung von erheblicher Tragweite. Er entschied, den Höheren SS- und Polizeiführern die in ihrem jeweiligen Bereich operierenden SS-Truppen nicht nur wie bislang geplant rein wirtschaftlich, sondern künftig auch taktisch zu unterstellen. „Gegenüber Wehrmacht ist zu betonen, daß im rückwärtigen Gebiet der höhere SS- u. Pol.Führer Verfügung über alles hat, was dem RF-SS gehört“, ließ Himmler in Richtung Heer anfügen. 36 Die Entscheidung über die direkte Unterstellung der Brigaden unter die Höheren SS- und Polizeiführer dürfte er aus zwei Gründen getroffen haben. Einerseits mußte Himmler fortan nicht jeden der Einsätze der Brigaden selbst organisieren, sondern konnte sich jeweils nur mehr die Einsatzkonzeption oder das Ergebnis vorlegen lassen. Schließlich waren seine direkten Stellvertreter mit den Bedingungen vor Ort ungleich besser vertraut. Mit der Entscheidung Himmlers war zudem der nicht unerhebliche Effekt verbunden, daß damit die Position der Höheren SS- und Polizeiführer gegenüber den jeweiligen Befehlshabern der rückwärtigen Heeresgebiete noch mal deutlich aufgewertet worden war. Spätestens seit April 1941 waren die Einsätze der SS-Brigaden von Himmler, Jüttner und Knoblauch vorbereitet worden. Von Anfang an war dabei, parallel zur Schaffung der zentralen Institution der Höheren SS- und Polizeiführer, auf eine Verwendung der Waffen-SS in deren vorgesehenem Machtbereich im Hinterland der deutsch besetzten sowjetischen Gebiete hingearbeitet worden.37 Zwar war über die genauen Aufgabenstellungen für die Brigaden relativ wenig bekannt, doch ließ deren gesamte Ausbildung erkennen, daß die Waffen-SS als wichtige Ergänzung von Einsatzgruppen und Ordnungspolizei bei der von der nationalsozialistischen Ideologie definierten Gegnerbekämpfung in den eroberten sowjetischen Territorien eingesetzt werden sollte. Zwischenzeitlich war die Ausbildung der SS-Truppen durch kaum vorhersehbare Schwierigkeiten bei der Aufstellung und Ausrüstung gebremst worden, doch auch die Einsatzgruppen hatten mit durchaus vergleichbaren Komplikationen zu kämpfen. Bei der Einsatzgruppe B mangelte es in den ersten Wochen an Dolmetschern, so daß sichergestellte sowjetische Schriften kaum übersetzt werden konnten. Zudem trafen erst am eigentlichen Abmarschtag die angeforderten Fahrer ein. Die zur Einsatzgruppe B abgeordnete und einen größeren Teil der Mannschaften stellende Polizeikompanie stieß sogar erst Tage nach Einsatzbeginn zum Verband. 38 Somit waren die unter der ständigen persönlichen Aufsicht Himmlers realisierten Einsatzvorbereitungen für die SS-Brigaden des Kommandostabes keineswegs weniger gründlich und zielgerichtet vonstatten gegangen als beispielsweise die Maßnahmen des Reichssicherheitshauptamtes im Vorfeld der Tätigkeit der Einsatzgruppen.39
2. Siegeszuversicht und Radikalisierung der Kriegsführung Während der ersten Kriegswochen war die Wehrmacht in der Sowjetunion an allen Fronten bereits weit nach Osten vorgestoßen. Mitte Juli bewegte sich die
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Offensive der Heeresgruppe Nord östlich des Peipus-Sees auf Leningrad zu. Die Heeresgruppe Mitte hatte über den Dnjepr gesetzt, und die Heeresgruppe Süd stand östlich von Shitomir weit in der Ukraine. Die deutsche Blitzkriegstrategie schien aufzugehen; riesige Räume waren erobert, und in zwei Kesselschlachten bei Bialystok und Minsk hatte die Heeresgruppe Mitte über 320 000 Rotarmisten gefangengenommen. 40 Der tiefen Krise der Roten Armee stand die sowjetische Führung vorerst weitgehend machtlos gegenüber. Zeugte die Rundfunkansprache Molotovs am 22. Juni von der absoluten Überraschung der sowjetischen Führung, war auch die erste öffentliche Stellungnahme Stalins eher noch von Hilflosigkeit als von bewußter strategischer Kalkulation geprägt. In der äußerst bedrohlichen Situation rief der sowjetische Diktator in einer Rundfunkansprache am 3. Juli die Gesellschaft zum Widerstand und zur Bildung von Partisanenverbänden auf, die die deutschen Invasoren hinter der Front bekämpfen sollten. 41 Die mit den Wehrmachtsverbänden vorrückenden vier Einsatzgruppen und die Bataillone der Ordnungspolizei hatten zu dieser Zeit bereits umfangreiche Massaker verübt. Ihre Opfer waren fast ausnahmslos Männer in Partei- und Staatsstellungen sowie zu etwa 90 Prozent erwachsene männliche Juden gewesen. Somit wurden genau jene Menschen von den Einheiten der Sicherheits- und Ordnungspolizei ermordet, die vor dem Krieg in Heydrichs „grundsätzlichen Weisungen“ als potentielle Gegner zur Vernichtung bestimmt worden waren. 42 Die Wehrmacht ließ die Kommandos der Sicherheitspolizei im allgemeinen ungehindert wüten und legte, wie ihr von der SS bestätigt wurde, selbst oft genug eine „erfreulich gute Einstellung gegen die Juden“ an den Tag. 43 Binnen kurzem hatten sich so die im Vorfeld des Krieges zwischen SS und Wehrmacht getroffenen Vereinbarungen bereits in hohem Maße bewährt. Nach nur drei Kriegswochen schien der militärische Sieg über die Sowjetunion greifbar nahe. Anfang Juli ging das Oberkommando des Heeres davon aus, daß von den 164 insgesamt eingesetzten Großverbänden der Roten Armee mit 89 Divisionen schon über die Hälfte in der dritten Kriegswoche als zerschlagen angesehen werden könnte. 44 Propagandaminister Goebbels notierte am 15. Juli 1941 nach einem ausführlichen Bericht aus dem Führerhauptquartier in sein Tagebuch, man sei dort in „bester und optimistischster Stimmung“. Weiter notierte er: „Der Führer vertritt den Standpunkt, daß der Ostfeldzug schon so gut wie gewonnen ist. Was jetzt noch kommt, ist mehr Arbeit des Durchkämmens und der Liquidation.“ 45 Hitler rief am 16. Juli die für den Krieg im Osten relevante politische und militärische Führung zu einer Besprechung zusammen. Innerhalb von fünf Stunden legte er an diesem Tag zusammen mit Göring, Rosenberg, Bormann, Lammers und Keitel Grundzüge für die zukünftige Besatzungspolitik in der Sowjetunion fest. 46 Die allgemeine Siegeszuversicht spielte auch bei diesem Treffen eine bestimmende Rolle. Einleitend stellte Hitler seine eigenen Vorstellungen einer Neuordnung des Ostens dar. Er erklärte, bezogen auf das zu erobernde sowjetische Gesamtterritorium, es käme grundsätzlich darauf an, „den riesenhaften Kuchen handgerecht zu zerlegen, damit wir ihn erstens beherrschen, zweitens ver-
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walten und drittens ausbeuten können“. An der Ausrichtung der zukünftigen Besatzungspolitik ließ er keine Zweifel aufkommen, Bormann notierte dazu die Formulierung Hitlers: „Der Riesenraum müsse natürlich so rasch wie möglich befriedet werden; dies geschehe am besten dadurch, daß man Jeden, der nur schief schaue, totschieße.“ 47 In ihrer Siegeseuphorie faßte die nationalsozialistische Führung im Hinblick auf die osteuropäische Nachkriegsordnung radikalste Maßnahmen ins Auge. Der Diktion Hitlers folgend, schlug auch Keitel bei der Besprechung entsprechende Töne an. Mit Verweis auf die begrenzten Sicherungsverbände, die „nicht für jeden Schuppen und für jeden Bahnhof“ herangezogen werden könnten, betonte er, die Menschen in der Sowjetunion müßten wissen, „daß jeder erschossen würde, der nicht funktionierte und daß sie für jedes Vergehen haftbar gemacht würden“. Hitler führte im Hinblick auf die konkrete Realisierung der besatzungspolitischen Grundsätze weiter aus, die Mordpolitik müsse hinter vorgeschobenen Rechtfertigungen getarnt werden. Daher habe der von Stalin ausgerufene Partisanenkrieg „auch wieder seinen Vorteil: Er gibt uns die Möglichkeit, auszurotten, was sich gegen uns stellt“. 48 Nach dem Besprechungsprotokoll zu urteilen, hatte Hitler den Versammelten in diesen Stunden zwar eindeutig keinen Befehl zur Ermordung der sowjetischen Juden gegeben; an keiner Stelle seines Monologes hatte er sie überhaupt erwähnt. Eindeutig geplant war aber die zügige Verwirklichung einer wesentlich radikalisierten Besatzungspolitik. In Bezug auf deren Ausrichtung umriß Hitler am 16. Juli bereits erschreckend klar, nach welcher Logik und mit welchen Legitimationsformeln SS und Wehrmacht in den folgenden Wochen die Massenmorde organisieren würden.49 Unmittelbar nach dem 16. Juli wurde eine Vielzahl von Befehlen verfaßt, die die gesamte Kriegsführung im Osten entscheidend verschärfte. Wilhelm Keitel befahl am 23. Juli den deutschen Besatzungstruppen, den „Schrecken“ zu verbreiten, „der allein geeignet ist, der Bevölkerung jede Lust zur Widersetzlichkeit zu nehmen“. 50 Zu äußerst brutalem Vorgehen verpflichtete zudem Eugen Müller, der General „zur besonderen Verfügung“ beim Oberbefehlshaber des Heeres, am gleichen Tag speziell die Befehlshaber der rückwärtigen Heeresgebiete. Unter Verweis auf die schwierige Sicherheitslage und „das hetzerische Wirken der Träger des jüdisch-bolschewistischen Systems“ wurde die Bekämpfung aller Anzeichen von Widerstand „rücksichtslos mit der Waffe bis zur Vernichtung des Gegners“ angeordnet. Ausdrücklich wurden „kollektive Gewaltmaßnahmen“ gegen die Zivilbevölkerung befohlen. Versprengten Rotarmisten sei innerhalb einer bestimmten Frist die Meldung zu ermöglichen, danach seien sie als „Freischärler“ zu erschießen. Jede Unterstützung von „Partisanen“ oder Rotarmisten sei ebenfalls mit dem Tod zu bestrafen. Grundsätzliche Aufgabe der Befehlshaber der rückwärtigen Heeresgebiete sei es, so Müller, „diese Auffassung und Einstellung mit aller Energie und Schärfe in ihrem Befehlsbereich allgemein durchzusetzen und zu überwachen“. 51 Neben der Formulierung und dem Vollzug solcher radikalen Befehle im Rah-
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men der allgemeinen besatzungspolitischen Maßnahmen begann sich in der zweiten Julihälfte außerdem ein Umschwung in der deutschen Politik gegenüber den Juden abzuzeichnen. In der ukrainischen Stadt Schepetowka ermordete das Polizeibataillon 45 Ende Juli 1941 neben den Männern auch jüdische Frauen und Kinder. 52 Mit steigender Tendenz meldete auch das Einsatzkommando 3 der Einsatzgruppe A zwischen dem 23. Juli und dem 2. August die Erschießung von insgesamt 173 jüdischen Frauen. 53 Die von Göring am 31. Juli unterzeichnete Vollmacht, die Heydrich mit der „Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflußgebiet in Europa“ beauftragte, stellt einen weiteren Beleg dafür dar, daß innerhalb der nationalsozialistischen Führung in diesen Tagen auf konkrete Entscheidungen hinsichtlich des Umgangs mit den Juden hingearbeitet wurde. 54 Himmler, der an dem Treffen vom 16. Juli gar nicht teilgenommen hatte, wurde spätestens am nächsten Tag über dessen Verlauf unterrichtet, als er mit Rosenberg und Lammers zu Mittag aß. 55 Zwei Tage später, am 19. Juli, setzte Himmler die beiden SS-Kavallerieregimenter nach Baranowicze in Marsch, wo sie dem Höheren SS- und Polizeiführer Bach-Zelewski „für eine systematische Durchkämmung“ der Pripjet-Sümpfe zur Verfügung gestellt wurden.56 Für den Einsatz wurden die Regimenter unter der Führung Fegeleins faktisch schon zu einer Brigade zusammengefaßt. 57 Am 22. Juli erhielt dann auch die 1. SS-Brigade von Himmler einen Marschbefehl nach Lemberg, von wo aus Einsätze unter dem Befehl Jeckelns in der Ukraine folgen sollten. 58 Nur die 2. SS-Brigade kam vorerst nicht zum Einsatz. Der Reichsführer-SS entschied am 26. Juli, die Brigade zur Vervollständigung ihrer Ausbildung und Ausrüstung mit dem Kommandostab nach Arys in Ostpreußen zu verlegen, wo der SS-Verband am 2. August auch Quartier bezog. 59 Die Aktivitäten Himmlers hinsichtlich einer Verstärkung des SS- und Polizeiapparats in der deutsch besetzten Sowjetunion beschränkten sich in jenen Tagen nicht auf die Inmarschsetzung der Truppen des Kommandostabes. Zusätzlich unterstellte er den drei Höheren SS- und Polizeiführern in der Sowjetunion um den 23. Juli weitere elf Bataillone der Ordnungspolizei. 60 Zwei Tage später verfügte er außerdem die einheitliche Aufstellung umfangreicher Verbände aus einheimischen Kollaborateuren, den sogenannten Schutzmannschaften, die sich in den folgenden Monaten zu einem wesentlichen Aktivposten bei der Realisierung der deutschen Vernichtungspolitik im Osten entwickeln sollten. 61 Damit wurde die Stärke der SS- und Polizeitruppen in den besetzten Gebieten innerhalb weniger Tage vervielfacht. Unverkennbar spiegelte sich auch in dieser Entwicklung der Entschluß der nationalsozialistischen Führung wider, die Besatzungs- und Vernichtungspolitik in den sowjetischen Gebieten ab Juli 1941 entscheidend zu radikalisieren. Von der Wehrmacht wurde die sich nun konkret abzeichnende Verwendung der SS-Brigaden „sehr begrüßt“. 62 Mit deren Einsätzen verbanden die Militärs durchaus ein eigenes Interesse, das eng mit den Bedingungen in dem für die Waffen-SS vorgesehenen Operationsraum zusammenhing. In der als Einsatzgebiet
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vorgesehenen Region lagen die berühmten Pripjetsümpfe, die dem Deutschen Heer bereits im Ersten Weltkrieg operative Schwierigkeiten bereitet hatten. Noch in den vierziger Jahren stellte die auch Polesje genannte Region ein riesiges, schwer zugängliches Gebiet dar, das sich von Baranowicze und Bobruisk im weißrussischen Norden über 200 Kilometer bis in die Höhe von Korosten in der Ukraine erstreckte. Auf einer Länge von über 400 Kilometern begann das Polesje östlich von Brest und reichte bis zum Dnjepr. 63 Die Heeresgruppe Mitte hatte den Raum auf ihrem Vormarsch größtenteils ausgespart. Die Truppen waren hauptsächlich auf der nördlichen Rollbahn Richtung Bobruisk und auf der südlichen Verbindungsstraße Richtung Gomel vorgestoßen. Auch die Heeresgruppe Süd hatte das Sumpfgebiet gemieden und war mit ihren Angriffsspitzen längst weiter südlich über Shitomir nach Osten vorgedrungen. 64 So waren in dem riesigen, von der Wehrmacht kaum berührten Gebiet starke sowjetische Truppenteile zurückgeblieben. Anfangs von der militärischen Führung unterschätzt, gefährdeten die sowjetischen Einheiten ab Mitte Juli 1941 die Offensivbewegungen beider Heeresgruppen. Die Heeresgruppe Mitte sah sich jedoch außer Stande, Truppen für eine koordinierte Bekämpfung abzustellen. Versuche der Heeresgruppe Süd, die dort operierende sowjetische 5. Armee im Alleingang von Westen und Süden anzugreifen, blieben weitgehend erfolglos. 65 Die von der SS angekündigte Entsendung zusätzlicher Truppen in Form der Brigaden des Kommandostabes für die jüngst eingerichteten rückwärtigen Heeresgebiete muß deshalb in den Augen der Wehrmacht eine höchst willkommene Verstärkung gewesen sein. Kurt Knoblauch, der Chef des Kommandostabes, war bereits am 7. Juli nach Bialystok gereist, um sowohl mit Oberstleutnant Rübesamen, dem Stabschef Max von Schenckendorffs, als auch mit Bach-Zelewski den baldigen Einsatz einer Brigade seines Stabes abzustimmen. Die Konsultationen zwischen SS und Wehrmacht verliefen einvernehmlich, noch am gleichen Tag konnte beim Kommandostab als Ergebnis verbucht werden, daß „ein Einsatz in diesem Raume am naheliegendsten“ sei. 66 Am folgenden Tag, dem 8. Juli, erschien Himmler persönlich in Bialystok. Er traf sich mit Schenckendorff und Bach-Zelewski und wird mit beiden nochmals persönlich den Einsatz der Waffen-SS besprochen haben. Gegenüber Bach-Zelewski stellte er offenbar bereits die Verwendung der Kavalleriebrigade in Aussicht. 67 Aufgrund vager mündlicher Anweisungen Himmlers während seines Aufenthalts in Bialystok und späterer konkreter Befehle erschossen die Polizeibataillone 316 und 322 vier Tage später außerhalb der Stadt ungefähr 3000 jüdische Männer. Nach den vorgeschobenen Erklärungen der Ordnungspolizei hatten sich die Menschen als „Plünderer“ betätigt. Dieser bereits im Krieg gegen Polen häufig speziell in antijüdischem Kontext gebrauchte Terminus sollte auch noch im Zusammenhang mit Einsätzen der Kavalleriebrigade von großer Bedeutung sein. 68 Unmittelbar vor der Erteilung des Marschbefehls an die 1. SS-Brigade hielt sich Himmler am 21. Juli erneut in der besetzten Sowjetunion auf. In Lemberg
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kam er mit Karl von Roques, dem Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes Süd sowie mit Jeckeln zusammen, um deren Einsatz zu besprechen.69 Die Zuweisung der Brigade war jedoch zumindest Jeckeln offenbar schon früher bekanntgegeben worden. Dessen Ic-Offizier, SS-Obersturmführer Häfner, bemühte sich bereits am 19. Juli beim Oberkommando der 6. Armee um eine militärische Legitimierung der bevorstehenden Verwendung des SS-Verbandes. 70 Angesichts dieser Offerte bat der Armeeoberbefehlshaber, Generalfeldmarschall von Reichenau, bei Himmler noch am gleichen Tag devot um dessen Zuweisung. Mit dem zwei Tage später erteilten Marschbefehl an die Brigade entsprach Himmler vordergründig dem Wunsch Reichenaus, da ein Einsatz der Waffen-SS in der fraglichen Region von ihm und seinem Kommandostab sowieso angestrebt worden war. 71 Die Einsatzvorbereitungen für beide Brigaden waren damit ganz ähnlich vonstatten gegangen. In den rückwärtigen Heeresgebieten Mitte und Süd bestand auf Seiten der Wehrmacht eine große Akzeptanz gegenüber dem Einsatz der Waffen-SS, weil beide Brigaden auch im Hinblick auf eine militärische Sicherung der fraglichen Gebiete verwendbar schienen. Entscheidend für Himmler und den Kommandostab war der Umstand, daß die grundsätzliche Unterstellung der Brigaden unter die jeweiligen Höheren SS- und Polizeiführer von den Wehrmachtsbefehlshabern anerkannt worden war. Daß sich die nunmehr unmittelbar bevorstehenden Einsätze der beiden Brigaden jedoch längst nicht nur gegen die versprengten Truppenteile der Roten Armee richten sollten, ließ ein Bericht des Kommandostabes schon früh erahnen. Dessen Ic-Offizier May besprach sich anläßlich einer Dienstreise durch mehrere weißrussische und baltische Städte zwischen dem 20. und 23. Juli 1941 mit hohen Vertretern der Wehrmacht und der Einsatzgruppen A und B. Während der Reise und den zahlreichen Besprechungen spielten Diskussionen um das deutsche Vorgehen gegenüber den sowjetischen Juden eine besondere Rolle. Vielsagend schrieb der SS-Offizier dazu in seinem Bericht: „Ob durch die Vielzahl der Erschießungen männlicher Juden allein das jüd[ische] Problem einer grundsätzlichen Lösung zugeführt werden kann, wird bei den Beteiligten bezweifelt.“ 72 Mays Formulierung unterstreicht, wie intensiv sich die verschiedensten Stellen des deutschen Besatzungsapparats in der Sowjetunion in diesen Tagen des Sommers 1941 an der Suche nach einer „grundsätzlichen Lösung“ der „Judenfrage“ beteiligten. Darüber hinaus legt die Erwähnung der Thematik im Bericht des Ic-Offiziers die Vermutung nahe, daß in Kürze auch die Truppen des Kommandostabes in diesem Bereich tätig sein würden.
3. Die Befehle für die SS-Brigaden Nach siebentägigem Marsch erreichte der Stab der Kavalleriebrigade am 27. Juli Baranowicze. In der Stadt hatte Bach-Zelewski sein Stabsquartier errichtet. Dem unterstellten Reiterverband wies er als Quartierstandort das 15 Kilometer südlich gelegene Lachowicze zu. 73 Schon am frühen Morgen waren zwei „Reitende
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Abteilungen“, die jeweils aus den ersten vier berittenen Schwadronen beider Regimenter bestanden, vom eigentlichen Marschweg auf der Rollbahn nach Süden in das Sumpfgebiet in Marsch gesetzt worden. 74 Kurzfristig kamen am gleichen Tag außerdem die 6. Schwadron des Kavallerieregiments 1 sowie die 7. (Radfahr-) Schwadronen beider Regimenter zum Einsatz. Die künftig als „Vorausabteilung“ bezeichneten Einheiten wurden aufgrund des überraschenden Auftretens von stärkeren Restteilen der versprengten 32. sowjetischen Kavalleriedivision der 162. Sicherungsdivision der Wehrmacht unterstellt. Sie stießen auf der Rollbahn über Sluzk in die Gegend von Staryje Doroghi vor und begannen dort mit Operationen gegen die sowjetischen Reiterverbände. 75 Im Rahmen der Einsatzvorbereitungen der SS-Kavallerie fand am 27. Juli in Baranowicze ein Treffen zwischen Knoblauch, Bach-Zelewski und Fegelein statt. Der Chef des Kommandostabes überbrachte bei dieser Gelegenheit einen von Himmler gezeichneten Sonderbefehl, die „Richtlinien für die Durchkämmung und Durchstreifung von Sumpfgebieten durch Reitereinheiten“. 76 Dem vierseitigen Befehl sind keinerlei konkrete Hinweise auf die Bekämpfung militärischer Ziele zu entnehmen; dagegen finden sich reichlich Belege dafür, daß zu den künftigen Aufgabengebieten der SS-Kavalleriebrigade die massenhafte Ermordung von Teilen der Zivilbevölkerung gehören sollte. Die Sicherheitspolizei sei, so der Wortlaut des Befehls, „grundsätzlich“ bei der Planung von Aktionen zu beteiligen, da sie „durch ihre Meldungen und Nachrichten die Voraussetzungen“ für deren spätere Realisierung zu schaffen habe. Den eigentlichen Kern von Himmlers Anweisungen bildete die folgende Passage: „Ist die Bevölkerung, national gesehen, feindlich, rassisch und menschlich minderwertig oder gar, wie es in Sumpfgebieten sehr oft der Fall sein wird, aus angesiedelten Verbrechern zusammengesetzt, so sind alle, die der Unterstützung der Partisanen verdächtig sind, zu erschiessen; Weiber und Kinder sind abzutransportieren, Vieh und Lebensmittel zu beschlagnahmen und in Sicherheit zu bringen. Die Dörfer sind bis zum Boden niederzubrennen.“ Weiter hieß es: „Entweder sind die Dörfer und Siedlungen ein Netz von Stützpunkten, deren Bewohner von sich aus jeden Partisanen und Marodeur totschlagen und uns über alles unterrichten, oder sie hören auf zu bestehen. Kein Gegner darf in dieser Gegend Unterstützung und Lebensunterhalt finden.“ 77 Der reine Wortlaut dieses Befehls ließ breite Interpretationsmöglichkeiten zu. So waren etwa Juden als Zielgruppe der anvisierten Maßnahmen an keiner Stelle explizit genannt worden. Fegelein verfaßte nach der Besprechung in Baranowicze einen eigenen Befehl, der sich unverkennbar auf den Text Himmlers stützte und zudem den Kern der während der gemeinsamen Besprechung geäußerten konkreteren Ausführungen Knoblauchs und Bach-Zelewskis widerspiegelte. Anders als Himmler bemühte sich der Kavalleriekommandeur im Hinblick auf eine bessere Vermittlung des Auftrags bei seinen Männern um eine deutlicher militärisch angelegte Legitimierung des Pripjet-Einsatzes. Mit dem Verweis auf versprengte Teile der Roten Armee, die die Bevölkerung terrorisieren und „alle Kriegslisten in brutaler Wei-
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se“ anwenden würden, gab der Brigadekommandeur seinen Regimentern die genauen Operationsräume und den geplanten Ablauf des Einsatzes bekannt. Fegelein befahl in diesem Zusammenhang, „bewaffnete oder sabotagetreibende Zivilisten“ sowie Rotarmisten in Zivilkleidung „standrechtlich“ zu erschießen. Schließlich kam er auf die zentrale Aufgabe seiner Brigade zu sprechen: „Es wird darauf hingewiesen, dass es einzelne Dörfer und Ortschaften gibt, die aus ehemaligen Verbrechern bestehen. Diese müssen ohne Rücksicht ausgerottet werden. Juden sind zum grossen Teil als Plünderer zu behandeln. Ausnahmen bilden nur ausgesprochene Facharbeiter, wie Bäcker usw., und vor allem Ärzte. Weiber und Kinder sind mit dem Vieh aus verfallenen Dörfern wegzutreiben.“ 78 Mit Ausnahme der Facharbeiter und Ärzte war damit offen die Ermordung aller jüdischen Männer angeordnet worden. Allein mit dieser Anweisung an seine SS-Reiter ging Fegelein schon weit über die Befehlslage hinaus, die zu der Zeit noch bei den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei bestand. In Bezug auf die Behandlung der jüdischen Frauen und Kinder hatte er dagegen eine Formulierung gewählt, die einen breiten Interpretationsrahmen zuließ. Natürlich konnte der Befehl so aufgefaßt werden, daß die Jüdinnen mit ihren Kindern vertrieben werden sollten. Jeder der unterstellten SS-Führer wird jedoch auch darüber nachgedacht haben, was in aller Regel mit dem weggetriebenen Vieh passierte. Der Brigadekommandeur hatte immerhin nahegelegt, daß den jüdischen Frauen und Kindern das gleiche Schicksal zugedacht war. 79 Zusätzlich ordnete Bach-Zelewski ergänzend an, „bei sämtlichen Aktionen, veranlasst durch die Behandlung deutscher Gefangener, [sei] ohne Gnade zu verfahren“. 80 Als die Reiterschwadronen dann das eigentliche Einsatzgebiet erreicht hatten, kam Himmler am 31. Juli mit dem Flugzeug erneut nach Baranowicze, um sich selbst ein Bild über den Verlauf der Aktion zu verschaffen. Mit seiner persönlichen Anwesenheit unterstrich er die besondere Bedeutung des Pripjet-Einsatzes. 81 Vom folgenden Tag datiert schließlich noch eine neue Anordnung Fegeleins an sämtliche Einheitsführer, die auf der Grundlage der vorherigen Befehle wie ein letzter Appell zu radikalem Vorgehen bei der nunmehr in Gang gesetzten Vernichtungsaktion klingt. Der SS-Kommandeur ordnete darin an: „Der RF-SS hat mich nochmals beauftragt, jedem einzelnen Führer ans Herz zu legen, dass nur unbeugsame Härte, scharfes Zugreifen und Festhalten am großen Gedanken des Führers das russische Reich erobern kann. All die kleinen persönlichen, unsachlichen Schwächen und die charakterlichen Verschiedenheiten Einzelner müssen durch die Gesamtausrichtung des Führerkorps ausgeglichen werden. Der RF-SS erkennt in dieser Beziehung keine Schwächen mehr an und entscheidet eiskalt über diejenigen Führer, die aus der Reihe tanzen.“ 82 Munitioniert mit allen diesen radikalen Anweisungen bewegten sich die Schwadronen auf das vorgesehene Einsatzgebiet zu. Die 1. SS-Brigade hatte am 23. Juli 1941 den Truppenübungsplatz Debica verlassen und überschritt noch am gleichen Tag die sowjetische Grenze, womit die Unterstellung unter Jeckeln wirksam wurde. Während des weiteren Vormarschs
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auf der Straße zwischen Dubno und Rowno traf dieser am 25. Juli persönlich beim Brigadestab ein, um die grundlegenden Instruktionen für die erste Verwendung des SS-Verbandes zu überbringen.83 Im schriftlichen Einsatzbefehl des Höheren SS- und Polizeiführers war ausgeführt worden, daß sich in den Wäldern südlich der Straße Rowno – Zwiahel Reste der sowjetischen 124. Division befänden, die zu Partisanenaktivitäten übergegangen seien. Die Brigade habe daher die Aufgabe, das gesamte Gebiet „von Feindresten zu säubern“ und dabei alle Orte zu durchsuchen.84 Gefangene Kommissare sollten „nach kurzer Vernehmung“ Jeckelns Stab „zur eingehenden Vernehmung“ übergeben werden. In Bezug auf die jüdische Bevölkerung wurde weit weniger eindeutig als bei der Kavalleriebrigade befohlen: „Weibliche Agentinnen oder Juden, die sich den Sowjets zur Verfügung gestellt haben, sind zweckentsprechend zu behandeln.“ 85 Über die eigentlichen Einsatzbefehle hinaus sind keine weiteren Dokumente bekannt, die zweifelsfrei über die Instruierung der 1. SS-Brigade aufklären. Jekkeln wird das geforderte Vorgehen am 25. Juli mündlich präzisiert haben. Vor dem eigentlichen Beginn des Einsatzes scheint er darüber hinaus ein Massaker organisiert zu haben, bei dem von Führern und Unterführern der Brigade mehrere hundert jüdische Männer und Frauen erschossen wurden. In einer Ansprache betonte der Höhere SS- und Polizeiführer im Anschluß an das Morden, daß die Juden vernichtet werden müßten. Damit beseitigte er etwaige Zweifel über die von ihm geforderte Mordpraxis und konnte sich gleichzeitig ein Bild über die Tötungsbereitschaft der Einheitsführer machen. 86 Während die eigentliche Befehlsgebung also weit weniger genau überliefert ist als im Fall der Kavalleriebrigade, lassen sich bei der 1. SS-Brigade aus den Aussagen ehemaliger Einheitsangehöriger Hinweise auf die Weitergabe der Befehle an die verschiedenen Teileinheiten entnehmen. Sämtliche betreffenden Aussagen spiegeln die starke Fokussierung der Anweisungen auf die Juden als der zentralen Gruppe wider, gegen die sich die Einsätze richten sollten. Frühere SS-Männer sprachen bei ihren Vernehmungen von mündlichen Befehlen, nach denen jüdische Männer, Frauen und Kinder als Partisanen oder sonstige „Verdächtige“ zu erschießen gewesen seien. 87 Wie Alfred J. 1964 berichtete, spielte sich die Befehlsweitergabe bei der 6. Kompanie des SS-Infanterieregiments 10 in etwa folgendermaßen ab: „Im August 1941, es war jedenfalls sehr heiß, wurde uns eröffnet, daß wir zum Partisaneneinsatz kommen. Unser Obersturmführer Lohse erklärte uns, daß Juden grundsätzlich als Partisanen zu gelten haben, weil sie hinter der Sache stünden. Es wurde weiter gesagt, daß die Juden zu liquidieren seien.“ 88 Daneben wurden von einzelnen SS-Führern zusätzliche Begründungen erdacht, um den Befehlen Plausibilität zu verleihen. Ein Angehöriger der 8. Kompanie des SS-Regiments 8 erinnerte sich bei seiner Vernehmung an den Inhalt des Mordbefehls, der vor dem ersten Einsatz an seine Einheit ausgegeben wurde. Demnach hatte der Kompanieführer den Männern als Begründung mitgeteilt, Juden hätten mehrere deutsche Sanitätswagen angegriffen und den verwundeten Wehrmachtssoldaten die Pulsadern durchschnitten, worauf sie verblutet seien. 89
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Kommandeure anderer Teileinheiten gaben im Kontext solcher vorgeschobenen ‚Vergeltungsaktionen‘ Anweisungen vergleichbaren Inhalts an die unterstellten Männer weiter. So gaben Führer der 2. Kompanie des 8. Regiments bekannt, die Juden eines Ortes müßten getötet werden, weil sie deutsche Stellungen an den Feind verraten hätten. 90 Unterweisungen anderer Teileinheiten der 1. SS-Brigade lösten gezielte Mordaktionen gegen verschiedene jüdische Gemeinden aus, obwohl die vorher mündlich erteilten Befehle Juden gar nicht als Urheber angeblicher antideutscher Taten benannten. Mannschaften des I. Bataillon des 8. Regiments wurde von Vorgesetzten erzählt, auf „Kameraden“ der Leibstandarte „Adolf Hitler“ sei aus dem Hinterhalt geschossen worden. Die direkte Konsequenz waren Massenerschießungen von Juden der fraglichen Gegend. Soldaten des 4. Zuges der 8. Kompanie im gleichen Regiment erschossen Juden, nachdem ihnen vom Einheitsführer Schauergeschichten von abgeschossenen deutschen Fliegern berichtet worden waren, denen Unbekannte die Geschlechtsteile abgeschnitten hätten. 91 Die Weitergabe ähnlicher vorgeschobener Gerüchte löste auch bei der 12. Kompanie des 10. Regiments Judenmorde im Raum Ostrog aus. Nach der den SS-Männern vermittelten Version bildeten jedoch nicht einmal angebliche Greueltaten gegen deutsche Soldaten, sondern behauptete Mißhandlungen von in der Gegend lebenden Volksdeutschen den Vorwand für die Erschießungen. 92 Gemeinsam ist allen diesen vorgeschobenen Begründungen die darin enthaltene antisemitische Projektion, die offenbar breiten Anklang fand und mittels deren wie selbstverständlich die gesamte jüdische Bevölkerung als Verräter, Handlanger der Bolschewisten, Partisanen oder anderweitig deutschfeindlich agierende Personen qualifiziert wurde.
IX. Judenmord. Erste Einsätze der Brigaden 1. Das 1. SS-Kavallerieregiment im nördlichen Polesje In den letzten Julitagen des Jahres 1941 steuerten die Reitenden Abteilungen beider SS-Kavallerieregimenter auf den vorgesehenen Operationsraum im westlichen Teil des Pripjetgebiets zu. Die Gegend war in erster Linie landwirtschaftlich geprägt, doch auch die Holzwirtschaft in den ausgedehnten Wäldern spielte für die Ökonomie der Region eine große Rolle. Nachdem Weißrußland im Jahr 1569 durch die Vereinigung der Königreiche Litauen und Polen Bestandteil des Königreichs Polen geworden war, förderten die nachfolgenden Herrscher die weitere Ansiedlung von Juden in den östlichen Reichsteilen. Auch unter den russischen Zaren gehörte das Pripjetgebiet zu den Siedlungsräumen, in denen es Juden erlaubt war, sich niederzulassen. Im Ersten Weltkrieg war der westliche Teil Weißrußlands von Deutschland besetzt worden; durch den Vertrag von Riga vom 18. März 1921 wurde das gesamte Gebiet der neugegründeten polnischen Republik zugeteilt. Mit der Besetzung durch die Rote Armee seit dem 17. September 1939 geriet die Region unter sowjetischen Einfluß; gleichzeitig kamen Tausende von Juden auf der Flucht vor den Deutschen in die Schtetl zwischen Bug und den Pripjetsümpfen. Der deutsche Angriff im Juni 1941 traf die jüdischen Gemeinden völlig unvorbereitet. Innerhalb weniger Tage fiel die Wehrmacht in das gesamte westliche Weißrußland ein, nur den wenigsten Juden gelang noch die Flucht nach Osten. 1 Nach einem Monat deutscher Besatzung erreichte die von Gustav Lombard befehligte Reitende Abteilung des 1. Regiments am 29. Juli 1941 das Einsatzgebiet östlich von Brest. 2 Für den unmittelbar bevorstehenden Einsatz wies der Abteilungskommandeur der 1. bis 3. Schwadron jeweils aneinander anschließende Einsatzräume zu. Verstärkt wurden die Einheiten durch einzelne Halbzüge der mit schweren Maschinengewehren ausgerüsteten 4. Schwadron, die Lombard auf die übrigen Schwadronen aufteilte. Er selbst operierte mit seinem Abteilungsstab und dem Rest der 4. Schwadron als eigenständiger Verband meist im Zusammenwirken mit einer der übrigen Einheiten. 3 Mit dem 30. Juli begann der eigentliche Einsatz. Ausgehend von einer ungefähren Linie von Bereza Kartuska zu dem weiter südlich gelegenen Antopol ritten Spähtrupps und die nachfolgenden SS-Schwadronen Richtung Osten und durchsuchten gemäß den Befehlen systematisch jede Stadt und jedes Dorf, einzelne Gehöfte sowie vielfach sogar noch die Felder und Waldgebiete. 4 Die beiden ersten Tage verliefen weitgehend ereignislos. Im Anschluß an den Besuch Himmlers in Baranowicze empfingen beide Reitenden Abteilungen am 1. August offen-
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Karte 2: Einsatzgebiet SS-Kavalleriebrigade August 1941
bar einen Funkspruch, dessen Haupttenor die in unmißverständlichem Ton formulierte Forderung nach umfassenden Judenerschießungen war. Als Reaktion darauf wirkte Lombard in seinem eigenen Befehl für den folgenden Tag erst einmal beruhigend auf die ihm unterstellten Männer ein. „Der heut.[ige] Funkspruch des K[omman]d[eu]r. betr.[effend] Judenerschießungen“, so stellte der Reiteroffizier klar, „soll nicht als Rüge gelten, da bisher in Dörfern keine Juden. Judendörfer bisher sämtlich im Gebiet des 2. Rgts.“ Für die Schwadronen des 1. Regiments stand das Erreichen der ersten Ortschaften mit jüdischen Gemeinden nun jedoch bevor. Im Anschluß an die wohlmeinenden Worte erließ Lombard seinerseits einen eindeutigen Mordbefehl für den folgenden Tag, der zugleich Gültigkeit für den gesamten weiteren Einsatz hatte. Seine knappe Anweisung lautete: „Es bleibt kein männl. Jude leben, keine Restfamilie i. d. Ortschaften.“ 5 Während der Kommandeur der Reitenden Abteilung, ähnlich wie sein Vorgesetzter Fegelein, mit dieser Formulierung die Frage nach der Behandlung der jüdischen Frauen und Kinder noch immer nicht eindeutig beantwortete, sprechen seine in den nächsten Tagen formulierten Befehle in dieser Beziehung eine ganz andere, eindeutige Sprache. Lombard fand für die zu realisierende Tätigkeit einen ungeheuerlichen Begriff, der keine Differenzierung der jüdischen Opfer-
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gruppe nach deren Alter oder Geschlecht mehr kannte, sondern auf eine unterschiedslose Vernichtung abzielte. Schlicht als „Entjudung“ bezeichnete er das Einsatzziel seiner Abteilung. 6 In welchem Zusammenhang die schaurige deutsche Wortschöpfung bislang gestanden hatte, wird dem erfolgreichen Geschäftsmann dabei sehr wohl bewußt gewesen sein. Seit dem Frühjahr 1933 wurde im nationalsozialistischen Deutschland der konsequente Ausschluß der Juden aus dem Wirtschaftsleben offiziell als „Entjudung“ bezeichnet. 7 Lombard war der erste überhaupt, der den Terminus nun im Sinn einer physischen Vernichtung verwendete. In seinem abschließenden Tätigkeitsbericht schrieb er zu den wichtigsten Tatorten seiner Truppe: „Die Entjudung des der Abt. zugewiesenen Raumes erstreckt sich insbesondere auf die Orte Chomsk, Motol, Telechany, Swieta Wolka und Hancewicze.“ 8 Neben Mordaktionen in den genannten Schtetl müssen die Reiter des 1. Regiments jedoch auch in anderen Ortschaften Massaker verübt haben. Täglich meldeten anderswo eingesetzte Einheiten ebenfalls die Erschießung von Juden. Da die SS-Einheit in diesen Fällen aber nur die reinen Exekutionszahlen weitermeldete und zusätzliche Quellen nicht existieren, läßt sich nicht eindeutig rekonstruieren, in welchen Orten die Massenexekutionen überhaupt stattfanden. Dagegen lassen sich die Einsätze von Lombards Abteilung in den von ihm erwähnten Schtetl gesichert datieren oder sogar in ihrem Ablauf darstellen. Demnach tauchten die SS-Reiter am 2. August in Chomsk auf. In der gut 100 Kilometer östlich von Brest gelegenen Kleinstadt lebte eine traditionsreiche jüdische Gemeinde von ungefähr 2000 Personen. Im Laufe des Tages trieben die Deutschen alle Juden des Ortes, deren sie habhaft werden konnten, in der Stadt zusammen. Von Lombards Stab und einem Zug der 2. Schwadron wurden die etwa 2000 Chomsker Juden gesammelt und unter strenger Bewachung über Nacht in die Kirche gesperrt. Noch am Abend meldete Bach-Zelewski über die Lage vor Ort ganz unverblümt an Himmler und den Kommandostab: „Judenaktion im Gange.“ 9 Am frühen Morgen des nächsten Tages trieben die SS-Männer die Menschen aus der Stadt zu vorbereiteten Gruben. Dort wurden die Männer, Frauen und Kinder unter Einsatz von Maschinengewehren erschossen. Bis auf ganz Wenige, denen noch die Flucht geglückt war, ermordete die SS-Kavallerie an diesem Tag alle Chomsker Juden. Während die Reitereinheit nach dem Massaker weiterzog, bestreuten christliche Bewohner der Stadt die Leichen mit Kalk und schütteten die Gräber zu. Dabei zeigte sich, daß während des Gemetzels nicht alle Opfer getötet worden waren, denn aus den Gruben war noch Stöhnen und Wimmern zu hören.10 Über dieses erste Massaker seiner Truppe schrieb Lombard in seinem Abschlußbericht, Chomsk sei „wegen der renitent auftretenden jüdischen Bevölkerung von allen in Frage stehenden Elementen gesäubert worden“. 11 In Motol, einer kaum 25 Kilometer weiter östlich gelegenen Kleinstadt ahnte niemand etwas von dem grauenvollen Ende der Gemeinde von Chomsk. Der Ort liegt am Ufer des Flusses Yaselda; erste Zeugnisse sind bereits vom Beginn des
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17. Jahrhunderts überliefert. Die dortigen Juden lebten in einer aktiven Gemeinde und arbeiteten mehrheitlich als Handwerker und Kaufleute. In dem ehemals ostpolnischen Schtetl gab es zwei größere Synagogen und mehrere Talmudschulen. Bei Kriegsausbruch im Sommer 1941 lebten ungefähr 3000 Juden in der Stadt. Bis auf ein paar verirrte Panzer war Motol von den deutschen Truppen auf dem Vormarsch nicht berührt worden.12 Unglücklicherweise kursierten ausgerechnet am 2. August unter den dortigen Juden Gerüchte über einen entscheidenden sowjetischen Sieg und den endgültigen Rückzug der Deutschen, die wohl durch Berichte über die weiter östlich vorbeiziehenden versprengten Truppenteile der Roten Armee ausgelöst worden waren. Erste Voraustrupps der SS-Kavallerie auf ihren Motorrädern wurden deshalb als Teile der vermeintlich geschlagenen Wehrmacht wahrgenommen und belächelt. An diesem Tag, es war Shabbat, besuchten die Juden die Synagogen und standen danach sorglos plaudernd auf den Straßen. Ältere Menschen erinnerten sich dabei an den deutschen Rückzug im Ersten Weltkrieg. 13 Mit dem Eintreffen weiterer Nachrichten schwand die unbekümmerte Stimmung und machte großer Besorgnis Platz. Nun erzählte man sich, in den nahegelegenen Dörfern Aufolyah und Zaziryah seien jüdische Familien von deutschen Soldaten ermordet worden. Verstärkt wurde nun auch wahrgenommen, daß die in Tarnuniformen gekleideten Deutschen ganz und gar nicht den Eindruck geschlagener und sich auf der Flucht befindlicher Soldaten machten. Gegen Mittag verdichteten sich zudem Meldungen, ein starker Verband berittener Deutscher sei im Anmarsch; wenig später hieß es, die Soldaten würden Motol gerade umzingeln und bereits Menschen von den Feldern in die Stadt treiben. Tatsächlich erschienen kurz darauf Reitereinheiten mit den Tarnuniformen der Waffen-SS in der Stadt. Es waren die Männer des Abteilungsstabs und der 1. Schwadron des SS-Kavallerieregiments 1. Sie zwangen die jüdischen Gemeindevorsteher, mittels Boten alle Männer zwischen 15 und 60 Jahren zum sofortigen Erscheinen auf dem Marktplatz aufzufordern. Gleichzeitig zogen SS-Reiter selbst durch die Straßen und drangen auf der Suche nach Juden in deren Häuser ein. Die SS suchte aber nicht nur nach Männern, sondern trieb auch Frauen und Kinder zusammen. Im Haus des jüdischen Friseurs Avraham Nun trafen Deutsche auf dessen Frau, die unter dem Eindruck des brutalen deutschen Auftretens gerade eine Fehlgeburt erlitten hatte. Da die Jüdin zu schwach zum Gehen war, wurde sie von den SS-Männern kurzerhand erschossen. Während die Männer unter Mißhandlungen auf den Marktplatz getrieben wurden, sperrten die Reiter Frauen und Kinder in die große Synagoge sowie in eine benachbarte Schule. Unterstützt wurde die Waffen-SS von weißrussischen Christen, die sich den Deutschen unmittelbar nach ihrem Erscheinen zur Verfügung gestellt hatten. Den Kindern versprachen die SS-Männer Süßigkeiten, wenn sie versteckte Juden melden würden. Auf Judenjagd gingen jedoch auch Erwachsene. Ein Weißrusse namens Pinchok traf auf den fliehenden Menachem Tubianski, den er sofort mit einem Holzknüppel erschlug. Ein anderer
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christlicher Bewohner entdeckte den Kurzwarenhändler Yitzchak Bagon mit seiner Frau und den vier Kindern. Bagon bat um das Leben der Seinen und bot dem Christen alles Geld, was er bei sich trug. Dieser verständigte jedoch ungerührt eine in der Nähe patrouillierende Gruppe von SS-Reitern, die die Familie wegen Mißachtung der erlassenen Anordnungen an der nächsten Gartenmauer erschoß. Am Ende der Sammelaktion befanden sich etwa 800 jüdische Männer auf dem Marktplatz; in die Synagoge und die angrenzende Schule waren 2200 Frauen und Kinder gesperrt. An beiden Orten waren die Menschen in qualvoller Enge zusammengedrängt. Es gab keine Möglichkeit, sich zu setzen und die Deutschen verwehrten die Bitte, zumindest die Notdurft anderswo verrichten zu können. Auf dem Marktplatz wurden die Männer derweil verhöhnt und mißhandelt. Rabbi Yisrael Valodavski zwangen die Deutschen zu singen und zu tanzen; dazu wurde er fortwährend geschlagen. Schließlich wählten die Reiter aus der Menge 30 junge Juden aus, die unter Bewachung aus Motol Richtung Moladava abgeführt wurden. Nach wenigen Kilometern wurden die Männer gezwungen, abseits der Straße in der Nähe des Yaselda-Ufers eine große Grube auszuheben. Sobald die Arbeit beendet war, mußten sie sich mit dem Gesicht nach unten auf den Grubenboden legen. Dann erschossen die Deutschen sie mit automatischen Waffen. 14 Inzwischen waren auch die übrigen Männer zu einem Marschzug formiert und unter Bewachung der SS aus der Stadt getrieben worden. Alte und Kranke mußten von anderen getragen werden; wer unter der Last zusammenbrach, wurde von den Deutschen zusammengeschlagen. Die Leiche der zuvor erschossenen Friseursfrau mußte im Zug der Todgeweihten ebenfalls mitgetragen werden. Weil das Massengrab noch nicht fertig ausgehoben war, wurden die Juden vorübergehend in einige Scheunen in der Nähe der Mordstätte gesperrt. Als dann am späteren Nachmittag alles vorbereitet war, trieb die SS die Männer aus den Scheunen zur Erschießungsstelle. Einige, die aus Angst vor dem Kommenden zögerten, wurden mit Peitschenschlägen auf den Kopf gefügig gemacht. An der Erschießungsstätte mußten sich die Juden ebenfalls mit dem Gesicht nach unten in die Grube legen. Dort wurden die etwa 800 Männer nach und nach von SS-Soldaten, die mit ihren Maschinengewehren am Rand der Grube postiert waren, erschossen. Von einheimischen Helfern wurde im Anschluß an das Massaker etwas Erde über die Körper gedeckt. Weil auch in diesem Fall zahlreiche Juden nicht sofort tot waren, bewegte sich noch nach Stunden der Boden über dem Massengrab. 15 Die SS-Reiter kehrten nach der Ermordung der Männer gegen Abend nach Motol zurück, wo sie die Nacht verbrachten. Am nächsten Morgen, einem Sonntag, erschienen sie bei den eingesperrten Frauen und Kindern und trieben die erschöpften Menschen ins Freie. Schnell wurde ein Marschzug gebildet, dann mußten sie unter deutscher Bewachung ihre Heimatstadt verlassen. Außerhalb Motols wurde der Zug geteilt, in verschiedene Richtungen weitergetrieben und nach kurzer Wegstrecke abseits der Straße geführt. An beiden Orten wurden Frauen und Kinder von den SS-Männern angewiesen, sich auszuziehen und auf den Boden zu knien. Kaum waren die Juden den Anweisungen gefolgt, eröff-
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neten die Deutschen mit ihren hinter Büschen versteckten Maschinengewehren das Feuer; die 2200 jüdischen Frauen und Kinder wurden niedergeschossen. Anschließend suchten einzelne SS-Reiter nach Überlebenden, die mit Nahschüssen getötet wurden. Bei der Gelegenheit entwendeten sie auch den Schmuck der toten Frauen. In Motol suchten währenddessen zurückgebliebene Soldaten der 1. Schwadron erneut jedes Haus und jeden sonstigen nur denkbaren Winkel nach versteckten Juden ab. Einige Menschen wurden von den Deutschen so noch entdeckt und erschossen, die toten Körper an Ort und Stelle verbrannt. Auch von christlichen Kollaborateuren wurden weiterhin einstige Nachbarn an die fremden Mörder ausgeliefert. Eine Jüdin, der es gelungen war, mit einer Schußwunde am Bein über einen Kilometer von der Erschießungsstelle wegzukriechen, wurde von einem Weißrussen gefunden und den Deutschen übergeben, die sie sofort ermordeten. 16 Die Flucht gelang letztlich nur ganz Wenigen. Die junge Chaja Najmark und Boris T., ein Vater von drei Kindern, waren im letzten Moment in die nahegelegenen Felder gerannt. Dort versteckten sich beide bis zum nächsten Tag. Aus der Ferne mußte Boris T. die Ermordung seiner Familie, seiner Freunde und Nachbarn miterleben. In den 60er Jahren erinnerte er sich an diese Stunden: „Um 16– 17 Uhr hörten wir Schüsse aus Maschinenpistolen und es wurde uns klar, daß die Juden getötet werden. Im Kartoffelacker lagen wir bis zum nächsten Tag und am frühen Morgen hörten wir wieder Schüsse aus automatischen Waffen. Nachdem die Schüsse aufgehört hatten, verließ ich mein Versteck und lief in Richtung der Gebäude. Leute, die ich unterwegs getroffen habe, warnten mich, daß alle Juden getötet werden. Schließlich erreichte ich einen Bauernhof, und der Bauer versteckte mich in einer Scheune im Heu. Am Abend dieses Tages erfuhr ich vom Bauer und seiner Frau, daß in Motol alle Juden ermordet wurden.“ 17 Nachdem Abteilungsstab und 1. Schwadron die jüdische Gemeinde von Motol mit ihren 3000 Männern, Frauen und Kindern getötet hatten, verließen die Reiter gegen Mittag die Stadt. 18 Außerhalb traf Lombard am 3. August Bach-Zelewski, der sich eigens in seinem Flugzeug der Marke „Fieseler Storch“ in das Einsatzgebiet hatte fliegen lassen. An diesem Tag verschaffte er sich bei Lombards Abteilung ein eigenes Bild vom Ablauf des Mordens. Sicherlich hätte der SS-Führer bei Bedarf umgehend radikalisierend eingegriffen, was aber bei dem Vorgehen Lombards nicht nötig war. In seinem nächsten Befehl im Anschluß an das Treffen forderte der Abteilungskommandeur Führer und Unterführer auf, sämtliche Befehle und Ausführungen Himmlers, des Kommandostabes sowie Fegeleins im bisherigen Sinne „mit Nachdruck“ zur Kenntnis zu nehmen und zu befolgen. 19 Massaker in der Größenordnung der Mordaktion in Motol fanden am 3. August nicht mehr statt. Lediglich die 2. Schwadron meldete aus einem unbekannten Ort die Erschießung von 44 Juden. 20 Auch während des folgenden Tages zog die SSKavallerie offenbar durch keine Orte mit größeren jüdischen Gemeinden. Die 1. Schwadron tötete im Verlauf des 4. August sieben Juden, die 3. Schwadron meldete die Erschießung von zwölf Juden. 21 Bereits am gleichen Abend kündigte
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sich aber schon das nächste große Massaker an. An die 1. Schwadron gerichtet, befahl Lombard für den nächsten Tag: „In Telechany, grosser Judenstadt, wird mit der Befriedung sofort begonnen.“ 22 In dem gegen Ende des 15. Jahrhunderts gegründeten Ort lebte eine große jüdische Minderheit. Nach wechselvoller Geschichte und Zerstörungen im Ersten Weltkrieg kehrte unter polnischer Verwaltung der Alltag zurück. 23 Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion veränderte die Situation schlagartig. Auf dem Vormarsch nach Osten hatte die Wehrmacht Telechany Ende Juni nur mit schwachen Kräften gestreift. Auf der Durchreise kamen aber in den folgenden Wochen ab und zu Deutsche in den Ort, die bereits einzelne Juden schikanierten. Eine Teileinheit des Polizeibataillons 316 fiel am 24. Juli dort ein und ermordete mehrere Angehörige der jüdischen Gemeinde. 24 In den ersten Augusttagen waren dann schon verschiedentlich Gerüchte über die von der SS-Kavallerie in der Gegend verübten Massenmorde nach Telechany gelangt. Die meisten jüdischen Bewohner des Ortes entschieden aus diesem Grund beunruhigt, sich tagsüber in der Umgebung zu verstecken. Nachts kehrten die Menschen zum Schlafen aber wieder in ihre Häuser zurück. Am Morgen des 5. August 1941 umzingelten die SS-Reiter der 1. Schwadron die Kleinstadt in aller Frühe und drangen auf ihren weißen Pferden in den Ort ein. Zu dieser Zeit schliefen die meisten Juden ahnungslos in ihren Häusern. Israel C. war einer der wenigen, dem beim Erscheinen der Deutschen noch die Flucht gelang. „Ich wohnte am Rande der Stadt“, erinnerte sich C., „mein Haus grenzte mit einem Felde, wo Korn wuchs. Ich versteckte mich im Korn und flüchtete dann in den Wald. Den ganzen Tag hörte ich Schüsse. Gegen Abend kam ich zu Waldhütten, in denen Bauern wohnten und fragte sie, was im Städtchen vorgehe, daß man den ganzen Tag Schüsse hört. Sie sagten mir ‚geh weg, du mußt flüchten, die Deutschen haben alle Juden erschossen.‘“ 25 Tatsächlich war am Morgen nach dem Erscheinen der SS-Reiter ein Aufruf an die jüdischen Männer verbreitet worden, in dem deren sofortiges Erscheinen vor dem Gemeindezentrum angeordnet wurde. Wenig später erschienen die deutschen Soldaten in den Häusern, um auch die Frauen und Kinder zu versammeln. Vor dem Gemeindezentrum, an dem immer mehr Juden zusammenkamen, hatte die SS ein Feuer entfacht, in dem sie die Literatur der örtlichen Bibliothek verbrannten. Während der Inszenierung mußten sich einzelne Juden hinknien, sie wurden von den Soldaten verhöhnt und mit Knüppeln geschlagen. Schließlich zogen die SS-Reiter noch ein Piano auf die Straße, zu dessen Musik Juden unter fortwährender Mißhandlung singen und tanzen mußten. Inzwischen war auch die Zusammentreibung beendet. Nunmehr wurden alle Juden von den Deutschen aus ihrem Schtetl geführt. Männer, Frauen und Kinder jeden Alters, zusammen ungefähr 2000 Personen, brachte man in Richtung des Dorfes Wulka in den Wald. Neben einem polnischen Friedhof wurden die Menschen an vorbereitete Gruben gebracht und erschossen. Im Anschluß an das Massaker übernachteten die SS-Reiter in der Kleinstadt. Für den nächsten Tag war
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Abb. 4. Männer der SS-Kavalleriebrigade beim Vormarsch im Polesje Sommer 1941.
der 1. Schwadron befohlen worden, die „Aktion“ in Telechany zu beenden. Dazu schwärmten die Soldaten am Morgen erneut aus. Auf Dachböden, in Kellern und Scheunen, in jedem Winkel der Stadt, suchten sie nochmals nach verborgenen Juden. Den Schneider Leib Brestski entdeckten SS-Reiter in einem Versteck unter dem Ofen des Hauses. Sie zerrten ihn hervor und ermordeten ihn im Hinterhof. Andere Juden, die die Deutschen in weiteren Verstecken auffanden, wurden ebenfalls getötet. Danach verließ die Reitereinheit die Stadt. 26 Im Anschluß an die Mordaktion in Telechany ritt die 1. Schwadron noch am gleichen Tag nach Swieta Wola weiter. Der Ort lag nordwestlich von Telechany kaum mehr als zehn Kilometer entfernt. Auch dort gingen die Deutschen nach dem bereits eingeübten Schema vor. Zuerst wurden sämtliche Juden gesammelt. Dann wurden die Männer, Frauen und Kinder aus dem Ort zu den vorbereiteten Gruben getrieben und dort erschossen. Am Morgen des nächsten Tages durchsuchten die Männer den Ort nach versteckten Juden, die jeweils sofort erschossen wurden. Dann zog die SS-Einheit weiter. Im Verlauf der Vernichtungsaktion in Swieta Wola wurden am 6. und 7. August mindestens 436 jüdische Männer, Frauen und Kinder von den SS-Reitern der 1. und 4. Schwadron ermordet. 27 Zu gleicher Zeit fanden in weiteren Orten Massenerschießungen von Juden statt. Lombards Abteilungsstab hielt sich zwischen dem 6. und 8. August in Wygonoska und Chotonice auf. Während dieser Zeit ermordeten die Reiter seines Stabes 540 Juden. Die 2. und 3. Schwadron meldete für den gleichen Zeitraum die Erschie-
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ßung von 100 Juden.28 Am 9. August hatte Lombard nochmals klar betont, daß die Schwadronen den Einsatzbereich „rücksichtslos befrieden und entjuden“ sollten. 29 Weitere Massaker mit vielen hundert jüdischen Opfern waren die Folge. Bis heute sind in diesen Fällen jedoch nicht einmal die Ortsnamen gesichert feststellbar. 30 Gegen Ende des gesamten Einsatzes näherten sich die Truppe Hancewicze, einer Kleinstadt mit etwa 7000 Einwohnern. Zum wiederholten Male hatte Lombard am Morgen des 11. August in einem Befehl an seine Reitereinheiten hervorgehoben, daß die „rücksichtslose Befriedung und Entjudung“ auch weiterhin der „Hauptauftrag“ bleibe. Speziell an die 1. Schwadron übermittelte er außerdem: „1. Auftrag: Entjudung Hanczewicze.“ 31 Die Einheit war bereits am Vortag in der Stadt eingetroffen. Noch am gleichen Abend waren Aufforderungen an die dortigen Juden ergangen, sich mit Handgepäck an einer bestimmten Straße einzufinden. Der Aufruf über die Mitnahme des Gepäcks war von vornherein als Täuschung gedacht, um die Menschen in Sicherheit zu wiegen. Nachdem sie sich an dem befohlenen Ort eingefunden hatten, wurden als erstes die Männer von den Frauen und Kindern getrennt. Beide Gruppen wurden anschließend von den Deutschen abgeführt; das Gepäck mußte bereits am Sammelplatz zurückgelassen werden. Von den Reitern bewacht, verbrachten die Juden die Nacht voller böser Vorahnungen. Eigens für die Mordaktion war die 1. Schwadron auf Befehl Lombards nochmals mit Maschinengewehrschützen der 4. Schwadron verstärkt worden. Mit diesem Personal begannen im Morgengrauen des nächsten Tages die Erschießungen. Die jüdischen Frauen und Kinder wurden von der SS etwa einen Kilometer außerhalb in die Nähe eines großen Sägewerkes geführt und an bis zu drei großen Gruben erschossen. Zur gleichen Zeit waren die Männer von den Soldaten der SS-Kavallerie in ein entfernteres Waldstück gebracht und dort ermordet worden. Die Schußsalven waren bis nach Hancewicze zu hören und dauerten von morgens früh bis in die Mittagszeit an. Dann herrschte Stille – ein Zeichen dafür, daß die 2500 Juden nicht mehr lebten. 32 Mit der geschilderten Mordaktion in Hancewicze war der erste Einsatz der Reitenden Abteilung des 1. SS-Kavallerieregiments beendet. Sturmbannführer Lombard wurde für das Kommando eine ansehnliche persönliche Anerkennung zuteil. In den Tagen nach Abschluß des Einsatzes wurde ihm das Kommando über das gesamte Regiment übertragen.33 Noch während die Massenerschießungen in Hancewicze andauerten, hatte er sich an die Auswertung der vergangenen dreizehn Tage gemacht. In einem wegen seiner pseudomilitärischen Diktion wohl auch für die Wehrmacht bestimmten Bericht stellte Lombard den Vernichtungszug im Nachhinein als Abfolge einer Vielzahl gefährlicher Kämpfe gegen Truppenteile der Roten Armee dar. Immerhin erreichte er mit der völlig übertriebenen Schilderung angeblicher militärischer Erfolge die Verleihung von Auszeichnungen an sich selbst und etliche seiner Männer. 34 In Wirklichkeit war in der gesamten fraglichen Zeit zwischen dem 27. Juli und dem 11. August 1941 bei Lombards Reitender Abteilung nur ein einziger Soldat durch Verwundung ausgefallen; von den
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behaupteten schweren Kämpfen konnte keine Rede sein. 35 Folglich ist auch anzunehmen, daß die Mehrzahl der gemeldeten „411 zum Teil in Einzelgefechten gefallenen Rotarmisten“ gar nicht in Kampfsituationen gestorben, sondern vielmehr von den Reitern kurzerhand nach der Gefangennahme ermordet worden war. 36 Die Gesamtzahl der von seinen Männern getöteten Juden bezifferte Lombard abschließend auf 6504 Personen.37 In Wirklichkeit muß die Zahl jedoch bedeutend höher gelegen haben. Schon allein für die beschriebenen Mordaktionen in Chomsk, Motol, Telechany, Swieta Wola und Hancewicze legen die Erkenntnisse sowjetischer Untersuchungskommissionen, die wenigen ausführlichen Aussagen ehemaliger Brigadeangehöriger, vor allem aber die detaillierten Berichte jüdischer Überlebender eine Größenordnung von ungefähr 10 000 ermordeten Juden nahe. Ergänzt man die furchtbare Bilanz in den genannten Orten noch durch die täglichen Meldungen der Schwadronen, die Massenerschießungen an anderen, unbekannten Orten organisierten, muß davon ausgegangen werden, daß die Reitende Abteilung des 1. SS-Kavallerieregiments auf ihrem Vernichtungszug durch das nordwestliche Pripjetgebiet mindestens 11000 jüdische Männer, Frauen und Kinder ermordete. Warum die von Lombards Einheiten gemeldeten Mordraten so eklatant von dem tatsächlich erzielten Ergebnis abwichen, ist nicht eindeutig zu klären. Der Abteilungskommandeur oder seine Schwadronsführer hatten sicherlich kein Interesse daran, die Zahl der Ermordeten systematisch nach unten zu korrigieren. Die plausibelste Erklärung lautet daher, daß die mit der Erfassung der Mordraten betrauten Männer bei den einzelnen Schwadronen und im Abteilungsstab in dem für sie neuen und bis dahin beispiellosen Mordprozeß schlicht den Überblick verloren hatten. Mehrmals erwähnte Sturmbannführer Lombard in seinen Abteilungsbefehlen die schlechten, mitunter sogar „katastrophalen“ Funkverbindungen zwischen den einzelnen Einheiten. Zu manchen Schwadronen schien die Funkverbindung während ganzer Tage unterbrochen gewesen zu sein. 38 Ob die Teileinheiten im Nachhinein noch alle ihre Vernichtungszahlen nachlieferten und diese beim Abteilungsstab auch aufgenommen wurden, muß angesichts der in den Befehlen aufgeführten Angaben äußerst fraglich erscheinen. 39 Darüber hinaus konnten bereits den Schwadronen vor Ort bei der Zählung der ermordeten Juden vielfältige Fehler unterlaufen sein. Bei mehreren der beschriebenen Vernichtungsaktionen fanden die Morde an verschiedenen, teils weit auseinander liegenden Gruben statt. Bei den Schwadronen kann es unter diesen Bedingungen wiederholt vorgekommen sein, daß Ergebnisse einzelner Erschießungsstellen gar nicht weitergemeldet wurden.40
2. Das 2. SS-Kavallerieregiment am Pripjet Südlich des Einsatzgebiets von Lombards Schwadronen hatte die Reitende Abteilung des 2. SS-Kavallerieregiments unter ihrem Abteilungskommandeur Franz Magill den eigenen Aufmarschraum am 30. Juli erreicht. 41 Magill wurde am 22. August 1900 in Kleist im pommerschen Kreis Köslin als Sohn eines Tagelöh-
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ners geboren. Nach dem Besuch der Volksschule arbeitete er bis 1918 in der Landwirtschaft und entschloß sich dann, Soldat zu werden. Er brachte es im Verlauf seiner 12-jährigen Verpflichtung in verschiedenen Kavallerieverbänden bis zum Zugführer und bestand 1929 noch die staatliche Reitlehrerprüfung, bevor er im Dezember 1930 nach Ablauf der Dienstzeit aus der Reichswehr entlassen wurde. Im Anschluß arbeitete er als Reitlehrer in der Deutschen Reitschule in Berlin-Zehlendorf, die ab 1933 auch von einem SS-Reitersturm mitbenutzt wurde. Aufgrund dieses Kontakts trat Magill alsbald der Allgemeinen SS bei und leitete kurz darauf die Ausbildung des Reitersturms. 1935 bewarb er sich als Reitlehrer bei der Junkerschule Braunschweig, wo er im März prompt als hauptamtlicher SS-Führer eingestellt wurde. Bereits zwei Jahre später hatte er den Rang eines Sturmbannführers inne; im gleichen Jahr trat er in die NSDAP ein. Kurz nach dem deutschen Angriff auf Polen wurde Magill nach Berlin einberufen und erhielt dort den Auftrag zur Aufstellung einer der vier SS-Schwadronen. Noch im September mit seiner Einheit nach Lodsch und zwei Monate später nach Lublin verlegt, wurde Magill dort im Mai 1940 von Fegelein mit dem Aufbau der 2. SSTotenkopf-Reiterstandarte betraut. Dem zeigte sich der SS-Offizier nicht gewachsen; in einer Beurteilung war vermerkt, ihm mangele es an „Energie und Tatkraft“. Darin dürfte letztlich auch der Grund dafür gelegen haben, daß Magill im April 1941 von der Führung des 2. Regiments abberufen und lediglich mit dem Kommando über die Reitende Abteilung beauftragt worden war. 42 Vor Magills Reitern lag nun ein Gebiet, das im Vergleich zu der weiter nördlich gelegenen Region deutlich stärker besiedelt war. Vor allem an der Straßenverbindung von Brest Richtung Gomel lagen mehrere Städte mit größeren jüdischen Gemeinden. Die größte Stadt der Gegend war Pinsk, ein regionales Handelszentrum mit etwa 40 000 Einwohnern. In der am Zusammenfluß der Pina mit dem Pripjet gelegenen Stadt lebte eine traditionsreiche jüdische Gemeinde und auch in anderen Orten existierten große jüdische Minderheiten. 43 Analog zum Vorgehen Lombards wies Magill den einzelnen Schwadronen seiner Abteilung Einsatzräume von etwa 10 Kilometer Breite zu, die die SS-Einheiten von Westen nach Osten zu durchsuchen hatten. Am weitesten südlich war die 3. Schwadron aufgestellt, sie drang aus dem Raum Ratno nach Kamien-Koszyrski vor und schwenkte dann nach Nordosten, Richtung Dawidgorodek ein. Nördlich davon war die selbständig operierende 4. Schwadron eingesetzt. Die mit Maschinengewehren ausgerüstete Reitereinheit drang parallel zum Pripjet auf Pinsk vor. Daran anschließend sollte die 1. Schwadron ebenfalls in Richtung Pinsk und über die Stadt hinaus weiter nach Osten vorrücken, während für die 2. Schwadron der Raum beiderseits der Rollbahn an der Trennungslinie zum Einsatzgebiet des 1. SS-Regiments vorgesehen war. 44 Unabhängig von den Reiterschwadronen befand sich bereits der Kraderkundungszug des 2. Regiments in der Gegend von Czuczewicze im Einsatz. Die Einheit meldete, am Abend des 29. Juli seien „20 männliche Juden, die mit der roten Armee sympathisierten und in dem Verdacht standen, die Banden in den Wäl-
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dern zu unterstützen“, erschossen worden. 45 Eigentlicher Einsatzbeginn für die Einheiten Magills war jedoch wie bei den weiter nördlich eingesetzten Truppen der 30. Juli. Am gleichen Tag wurde die Abteilung vom Regimentsstab angewiesen, jeweils morgens, mittags und abends über Funk Lagemeldungen nach Lachowicze abzusetzen. An dritter Stelle sollte dabei immer die „Zahl der erschossenen Plünderer“, das Synonym für die Judenmorde, durchgegeben werden.46 Ähnlich wie bei Lombards Schwadronen verliefen die ersten Tage scheinbar ohne besondere Vorkommnisse. Am Morgen des 1. August wurde Magills Abteilung dann per Funk nachdrücklich zum Judenmord aufgefordert. Himmler hatte sich am Vortag mit Bach-Zelewski und Fegelein in Baranowicze getroffen, um grundsätzlich über den Einsatz im Bilde zu sein. Über den Verlauf der Einsätze beider Reitenden Abteilungen zeugte er sich unzufrieden. Auf Anweisung Fegeleins wurde den Schwadronen des 2. Regiments deshalb mit dem Verweis auf Himmler folgender Funkspruch übermittelt: „Ausdrücklicher Befehl des RF-SS. Sämtliche Juden müssen erschossen werden. Judenweiber in die Sümpfe treiben.“ 47 Durch die krasse Anordnung entsprechend instruiert, erschossen SS-Reiter der 3. Schwadron in Kamien-Koszyrski acht Juden am dortigen jüdischen Friedhof. Von Angehörigen der gleichen Schwadron wurden in den ersten Augusttagen 25 Juden auf den Straßen von Lubieszow ergriffen und in das nahegelegene Lubiaz verschleppt. Dort wurden alle ermordet. 48 In Odrozyn ertränkte die 4. Schwadron, erkennbar getrieben von dem Willen, dem Wortlaut des HimmlerBefehls möglichst exakt zu entsprechen, Anfang August in Ermangelung naher Sümpfe die Frauen und Kinder zweier jüdischer Familien ersatzweise im dortigen Dorfteich. 49 Nach eigenen Angaben töteten die berittenen Schwadronen des 2. Regiments zwischen dem 31. Juli und dem 3. August 1941 173 „Plünderer, Kommunisten und Juden“. 50 Gemessen an den gleichzeitig von Lombards Schwadronen verwirklichten Mordraten mußte dieses Ergebnis ausgesprochen dürftig erscheinen. Folgerichtig fragte der Regimentsstab umgehend nach den fehlenden Erschießungsquoten. „Warum werden keine Zahlen zu Ziffer 3 gemeldet?“, lautete die verklausulierte Aufforderung zur Realisierung höherer Mordraten. 51 Zusätzlich wurde Magills Abteilung offenbar eigens ein schriftlicher Befehl überbracht, in dem den Einheiten ebenfalls massivere Erschießungen aufgetragen wurden.52 Das nochmalige Insistieren zeigte umgehend Wirkung; in den nächsten Tagen eskalierte die Tötungspraxis bei der Reitenden Abteilung des 2. SS-Kavallerieregiments. In Marschrichtung der Reiter lagen nun mehrere Orte mit größeren jüdischen Gemeinden. Die an der Straße von Brest nach Pinsk gelegene Kleinstadt Janow hatte eine jüdische Minderheit von weit über 1000 Personen. Die Stadt mit ihrer alteingesessenen Gemeinde war bekannt für ihre große, nur aus Holz erbaute Synagoge. Nach dem Angriff auf die Sowjetunion erreichten deutsche Truppen noch im Juni den an einer wichtigen Verbindungsstraße nach Osten gelegenen Ort. Auf der Durchreise schikanierten bereits Wehrmachtssoldaten
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die jüdischen Bewohner. Unter anderem drohten sie, selbst zwar keine Zeit zu haben, um sich der „Judenfrage“ zu widmen, bald würde aber die SS nachfolgen, die diese Aufgabe übernehmen und endlich „Ordnung“ herstellen würde. 53 In den folgenden Tagen und Wochen wurde die Gemeinde beständig ausgeplündert und zur Zwangsarbeit herangezogen. In den ersten Augusttagen kamen dann jüdische Flüchtlinge aus anderen Orten in die Kleinstadt. Einzelne Überlebende aus Chomsk und Motol brachten die Nachricht mit, daß dort alle Juden von den Deutschen ermordet worden waren. Äußerst besorgt sah die Gemeinde der Zukunft entgegen. 54 Am Vormittag des 5. August erschien eine Einheit berittener Deutscher in der Stadt. Es war die 2. Schwadron des 2. SS-Kavallerieregiments unter dem Kommando von Hauptsturmführer Walter Dunsch. Die Soldaten befahlen jüdischen Männern ab einem Alter von 16 Jahren, sich zu einem Arbeitseinsatz auf dem Marktplatz einzufinden. Innerhalb von zwei Stunden folgten etwa 350 Juden dem Aufruf. Im Ort begaben sich die SS-Reiter selbst noch auf die Jagd nach weiteren Opfern. Bald waren überall Schüsse zu hören; Juden wurden brutal aus ihren Häusern gezogen und auf den Sammelplatz getrieben. Chantze Garbar, die sich verzweifelt der Festnahme ihres Ehemanns widersetzte, wurde von den Deutschen niedergeschossen. Das gleiche Schicksal ereilte Hinda, ein sechzehnjähriges Mädchen, das ihren Vater Pinchas schützend umarmt hielt. An der Jagd auf die Juden beteiligten sich auch christliche Polen und Weißrussen. So wurde Mordechai Bezdesky auf der Flucht vor den Deutschen von einem christlichen Bewohner angehalten, der ihn an das deutsche Todeskommando ausliefern wollte. Mit der Faust schlug Bezdesky den Judenhasser nieder und floh, während der, benommen auf dem Boden liegend, anderen Kumpanen zurief, den Juden doch einzufangen. Im Anschluß an die brutale Sammelaktion standen mindestens 500 Männer auf dem Marktplatz. Umzingelt von den SS-Reitern wurden sie um zwei Uhr mittags ostwärts aus Janow herausgeführt. Nach drei Kilometern Fußmarsch hielt der Zug abseits der Straße in einem Waldgebiet. Hier wurden alle Juden von Männern der 2. Schwadron mit Karabinern niedergeschossen. Nachdem die Reiter die Mordstätte verlassen hatten, erschienen christliche Bewohner aus Janow und plünderten die Leichen. Beladen mit Kleidungsstücken und Schuhen ihrer ehemaligen Nachbarn kehrten sie in ihre Häuser zurück. 55 Kurz nach dem Massenmord fiel die 2. Schwadron in dem wenige Kilometer entfernten Borobice ein und ermordete dort eine unbekannte Anzahl Juden. Danach zog die Reitereinheit weiter nach Lohiszyn. Auch dort wurden etwa 100 jüdische Männer von der SS unter tatkräftiger Mithilfe der einheimischen Miliz zusammengetrieben und anschließend ermordet. 56 In der Zwischenzeit hatte die 1. Schwadron 20 Kilometer weiter südlich am 5. August die Umgebung von Pinsk erreicht und auf einer Kolchose nordwestlich der Stadt Quartier bezogen. 57 Bereits 1097 wurde Pinsk erstmals urkundlich erwähnt und schon im 12. Jahrhundert war die Stadt ein wichtiges Handelszentrum
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mit weitreichenden Geschäftsverbindungen. Seit der zweiten polnischen Teilung 1793 stand Pinsk unter der Herrschaft der russischen Zaren; erst 1921 wurde die Stadt wieder polnisch. Bereits seit Anfang des 16. Jahrhunderts lebten dort Juden. Immer wieder unterbrochen durch Massaker und Pogrome, gewann die jüdische Gemeinde im Laufe der Jahrhunderte an Größe und entwickelte sich zu einem wichtigen kulturellen und religiösen Zentrum. 58 Vor Ausbruch des Krieges 1939 lebten in Pinsk mehr als 20 000 Juden. Nach der deutschen Besetzung Westund Zentralpolens erreichten viele Flüchtlinge die Stadt, so daß dort im Sommer 1941 bis zu 30 000 Juden lebten, die damit 70 Prozent der Bevölkerung stellten. 59 Mitte Juli befand sich neben der schnell errichteten Ortskommandantur der Wehrmacht auch ein Trupp der Dienststelle des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD Lublin in Pinsk. Diese Männer nahmen in den grenznahen Gebieten vorübergehend sicherheitspolizeiliche Aufgaben wahr, bevor sie wieder ins Generalgouvernement zurückkehrten. Auf Befehl der Deutschen hatte sich in Pinsk bereits ein 28-köpfiger Judenrat gebildet; außerdem wurde der jüdischen Gemeinde eine strikte Kennzeichnungspflicht auferlegt. In vielerlei Hinsicht wurde die jüdische Gemeinde bereits in den ersten Wochen von den Deutschen schikaniert; wiederholt wurden Einzelne auch schon ermordet. Ein Ghetto existierte Anfang August 1941 in der Stadt noch nicht. 60 Spätestens am 4. August nahmen die SS-Reiter des 2. Kavallerieregiments Kontakt zur dortigen Ortskommandantur auf. Hauptsturmführer Stefan Charwat, der Kommandeur der vor Pinsk liegenden 1. Schwadron, suchte am 5. August den Chef der Sicherheitspolizei, Hermann Worthoff, auf. Gemeinsam besprachen beide den Ablauf des projektierten Massenmordes. 61 Als eine Konsequenz des Treffens erhielt der Judenrat genaue Instruktionen, um die jüdischen Männer der Stadt für den folgenden Tag zu versammeln. Befehlsgemäß hingen noch am gleichen Tag Plakate aus, auf denen alle männlichen Juden im Alter von 16 bis 60 Jahren aufgefordert wurden, am nächsten Morgen am Güterbahnhof für einen dreitägigen Arbeitseinsatz zu erscheinen; entsprechende Verpflegung sollte mitgebracht werden. Bei Nichtbefolgung der deutschen Anordnung wurde den Männern die Erschießung der gesamten Familie angedroht. Um deren Erscheinen zusätzlich sicherzustellen, nahm die SS in der Nacht vom 5. auf den 6. August im Stadtgebiet etwa 200 Juden als Geiseln. Sie wurden in das ehemalige NKWD-Gebäude der Stadt gebracht, wo die Deutschen sie fortwährend mißhandelten. 62 Am Morgen des 6. August erschienen am Güterbahnhof an der HanczarskaStraße mehrere tausend Männer; die meisten trugen Essenspakete bei sich. Ein Teil der Juden war in der festen Annahme erschienen, tatsächlich zur Zwangsarbeit eingesetzt zu werden. Viele andere quälte eine böse Vorahnung; aus Angst vor Repressalien gegen die eigene Familie waren sie trotzdem gekommen. Von polnischer Miliz und den am frühen Morgen in die Stadt eingerückten SS-Reitern der 1. Schwadron wurde die Menge in Empfang genommen. Gleichzeitig schwärmten Deutsche aus, um noch weitere Juden aus der fraglichen Altersgruppe zusammenzutreiben. Sie wurden von polnischen und ukrainischen Kollabora-
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teuren begleitet, die den Deutschen die Wohnungen und Häuser zeigten. Auch die in der Nacht festgenommenen Geiseln wurden am Vormittag aus dem NKWD-Gebäude zum Sammelpunkt gebracht. Aus der am Bahnhof schließlich versammelten Menge von ungefähr 8000 Juden sortierte die Sicherheitspolizei Handwerker und Ärzte mit deutschen Arbeitsbescheinigungen aus; sie konnten wieder nach Hause zurückkehren. Den übrigen Juden befahlen die Deutschen, ihre Verpflegungsbeutel, die Personalausweise und alle Wertgegenstände wie Ringe und Uhren abzulegen. In einer Halle des Güterbahnhofs nahmen Angehörige des Unterstützungstrupps der Sicherheitspolizei aus Lublin die persönlichen Gegenstände entgegen, die sich in dem Gebäude auf einem stetig wachsenden Haufen türmten. Im Laufe des Vormittags mußten sich die Juden dann in Fünferreihen zu einem Marschzug formieren. Sie wurden von den Reitern in einer langen Kolonne aus der Stadt getrieben. Der Fußmarsch der Männer verlief in nordwestlicher Richtung auf Posseniecze zu, ein sechs Kilometer entfernt liegendes Dorf. Schon unterwegs fielen Schüsse, darauf entstand in der Kolonne kurzzeitig Panik, die etwa 100 Juden zur Flucht über die Felder nutzten. Fast alle Fliehenden wurden jedoch schnell von den SS-Soldaten auf ihren Pferden eingeholt und niedergeschossen. Die anderen mußten ihren Weg fortsetzen. 63 In einem weiträumigen, sandigen Gelände unweit von Posseniecze hielt die Waffen-SS die Spitze des Marschzuges an. In der Nähe waren Gruben vorbereitet, die von christlichen Polen kurz zuvor ausgehoben worden waren. Nach dem Eintreffen der ersten Juden begannen die Erschießungen. In Gruppen von etwa 20 Personen mußten die Männer herantreten, ihre Oberbekleidung ablegen und sich am Rand der Gruben aufstellen. Hinter ihrem Rücken standen in etwa vier Meter Entfernung ebensoviel SS-Reiter, die den Juden auf Kommando mit ihren Karabinern ins Genick schossen. Die Ermordeten fielen in die Gruben; dann mußten die Nächsten herantreten. 64 Die wartenden Männer wurden in der Zwischenzeit gezwungen, sich hinzuknien oder mit dem Gesicht nach unten auf die Erde zu legen. Angesichts dieses Szenarios entschlossen sich zahlreiche Männer zu einem erneuten Fluchtversuch. Sie überliefen eine zur Absperrung eingesetzte Postenkette der SS-Kavallerie und rannten über die Ebene davon, in Richtung des rettenden Waldes. Unter den Fliehenden befand sich Arie D. Auch er lief auf den mindestens einen Kilometer entfernt liegenden Waldrand zu. Rechts neben sich sah D., wie andere Fluchtgefährten von den nachsetzenden Deutschen niedergeschossen wurden; auch auf ihn wurden Schüsse abgegeben. Von links bemerkte er plötzlich einen weiteren SS-Reiter. Er sah im Laufen, wie dieser sich näherte, abstieg und mit dem Karabiner auf ihn anlegte. Im nächsten Augenblick stürzte D. zu Boden. Er spürte einen stechenden Schmerz in der Hüftgegend und bemerkte eine stark blutende Wunde. Trotz der starken Schmerzen verhielt er sich regungslos. Im Glauben, den Fliehenden tödlich getroffen zu haben, stieg der Deutsche wieder auf sein Pferd und ritt zur Erschießungsstätte zurück. Schwer-
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Abb. 5. Erschossene Juden außerhalb von Pinsk August 1941.
verletzt wartete D. noch längere Zeit ab; dann gelang es ihm, unbemerkt den Wald zu erreichen. 65 Das Morden an den Gruben ging währenddessen ohne Unterbrechung weiter. SS-Soldaten zerrten immer neue Gruppen von Juden vor die Exekutionskommandos. 66 Um 13.21 Uhr meldete Magill dem Regimentsstab fein säuberlich unter Punkt drei – der für die Anzahl der ermordeten Juden vorgesehenen Rubrik – das bisherige Ergebnis der Erschießungen: 2461 Menschen. 67 Und das Morden dauerte weiter an. In der Nähe der Erschießungsstätte war im Laufe des Tages
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auch der umtriebige Bach-Zelewski gelandet. Magill empfing den Höheren SSund Polizeiführer am Landeplatz und informierte ihn über den Fortgang der Vernichtungsaktion. Angesichts des Vollzugs der Massenmorde konnte der SS-General zufrieden seinen Rückflug antreten. 68 Gegen 18.00 Uhr ließ Magill nochmals einen Funkspruch absetzen. Darin konnte er seinen Vorgesetzten beim Regimentsstab melden, daß in den vergangenen viereinhalb Stunden weitere 2300 Juden erschossen worden waren. 69 Das fürchterliche Morden war damit jedoch noch immer nicht beendet. Als sich im hochsommerlichen Polesje die Abenddämmerung ankündigte, wuchsen bei Schwadronskommandeur Charwat die Bedenken, seinen Vernichtungsauftrag bei Einbruch der Dunkelheit womöglich noch nicht vollendet zu haben. Zur Beschleunigung wies er deshalb die zur Bewachung abgestellten Schützen an den leichten Maschinengewehren an, in die Menge der wartenden Juden zu feuern. Darauf schossen die SS-Männer, bis sich niemand mehr bewegte. Damit war der Einsatz beendet. Während die Schwadron in ihr Quartier zurückkehrte, plünderten Einheimische die Kleidung der ermordeten Juden.70 Am Ende dieses Tages waren von den Reitern der 1. Schwadron mindestens 6500 Männer ermordet worden.71 Deren Arbeitseinsatz hatte die SS so gekonnt vorgetäuscht, daß viele Frauen noch nach dem 6. August auf die Rückkehr ihrer Lieben hofften. 72 Magill hatte bis zum frühen Abend die Erschießung von insgesamt 4761 Juden an das 2. Regiment gemeldet – 2461 „Plünderer“ um 13.21 Uhr und 2300 weitere Tote um 18.00 Uhr. Über die danach erschossenen Juden und über die zuletzt mit den Maschinengewehren niedergemähte Menge wurde über Funk entweder gar keine Meldung abgesetzt, oder die Nachricht wurde im Regimentsquartier am späten Abend einfach nicht mehr aufgenommen. Aber schon allein die Summe der beiden vorliegenden Erschießungsmeldungen übertraf beim Stab des 2. Regiments ganz offensichtlich jegliches Vorstellungsvermögen. Die um 18.00 Uhr gemeldete Größenordnung von 2300 erschossenen Juden wurde dort keineswegs als Ergänzung der laufenden Vernichtungsaktion verstanden, sondern vielmehr als Berichtigung des Zwischenergebnisses vom Mittag interpretiert. Entsprechend fanden dann im Tätigkeitsbericht für den Zeitraum vom 4. bis zum 6. August lediglich 2689 getötete Juden Erwähnung. Zusammen mit den Erschießungszahlen aus weiteren Orten, die von anderen Einheiten an den beiden Vortagen realisiert worden waren, läßt das auf die Verwendung der zweiten Mordmeldung der 1. Schwadron von 18.00 Uhr schließen. 73 In den nächsten Tagen wartete auch die Berichterstattung des Kommandostabes mit den gleichen Zahlen auf. Damit zeigte sich zu Beginn der Radikalisierung der deutschen Mordpraxis in der Sowjetunion, daß mitunter nicht einmal mehr die übergeordnete Befehlsebene nachvollziehen konnte, welche Dimension des Massenmords die eigenen Einheiten beim Vollzug der entsprechenden Anweisungen verwirklichten. Vor Ort in Pinsk standen die Reiter derweil weiter im Einsatz. Franz Magill hatte bereits durchblicken lassen, daß es bei dem einen Massenmord nicht blei-
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Abb. 6. Ermordete Juden nördlich von Pinsk August 1941.
ben würde. In seiner Mittagsmeldung vom 6. August deutete er an, „für Befriedungsaktion Pinsk und Umgebung sind mehrere Tage notwendig“. 74 In der Nacht nach dem ersten großen Massaker verhafteten SS-Soldaten der Reiterschwadron etwa 150 jüdische Männer in ihren Häusern. Obwohl alle Arbeitsbescheinungen vorweisen konnten, wurden sie mit Schaufeln ausgestattet und zum Ort der Erschießungen gebracht, wo sie einen Teil der Leichen der am Vortag Ermordeten mit Erde zudecken mußten. Im Anschluß an die nächtliche Arbeit wurden sie erschossen.75 Mittlerweile hatte auch die 4. Schwadron des Kavallerieregiments 2 unter Obersturmführer Kurt Wegener die Gegend von Pinsk erreicht und außerhalb ein Zeltlager aufgeschlagen. Gemäß dem von Magill mit der Sicherheitspolizei besprochenen Plan wurde die Stadt am Morgen des 7. August für eine Durchsuchungsaktion zwischen beiden Schwadronen aufgeteilt. Dazu übernahm die 1. Schwadron die Viertel nördlich der Hauptstraße, während die 4. Schwadron im Süden der Magistrale antrat. Bereits um 6.15 Uhr meldete Magill dem Regiment per Funk „Großaktion im Gange“. 76 Erneut begleiteten Angehörige der polnischen Miliz die Soldaten, um ihnen die Häuser und Wohnungen der Juden zu zeigen. An diesem Morgen ergriffen die SS-Reiter auch Jungen ab einem Alter von etwa sechs Jahren sowie neben bisher verschont gebliebenen arbeitsfähigen Männern auch Greise von weit über 60 Jahren. Selbst kranke Leute wurden nicht verschont. 77 Mania S. gelang es noch, ihre in Hosen gekleidete sechsjährige Tochter aus den Fängen der SS-Männer zu retten, die das Mädchen schon ergriffen
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hatten. „Ich mußte den Deutschen erst zeigen, daß es ein Mädchen war“, berichtete die Mutter über die Art der Beweisführung, mit der die Deutschen sich schließlich zufrieden gaben.78 Die Jungen sowie die Männer jeden Alters mußten mit erhobenen Händen zu einem der von der SS jeweils im Norden und Süden der Stadt eingerichteten Sammelplätze gehen. Wie am Vortag lag der Sammelpunkt im Nordteil am städtischen Güterbahnhof. Wieder mußten die Juden dort ihre Wertsachen abgeben. Anschließend wurden die Kinder und Erwachsenen von den Reitern der 1. Schwadron nach Norden in Richtung des Dorfes Iwaniki aus der Stadt geführt. Die 4. Schwadron trieb ihre Opfer vom Sammelplatz in westlicher Richtung bis zum Gelände der am Stadtrand gelegenen Sperrholzfabrik. In einem Schuppen des Fabrikgeländes nahmen Angehörige der Sicherheitspolizei und des SD den Juden die Wertsachen ab. Anschließend wurden sie aus dem Gebäude zu dem in 50 Meter Entfernung gelegenen Erschießungsplatz getrieben. Ähnlich wie einige Kilometer weiter nördlich mußten die Menschen sich bis auf die Unterwäsche ausziehen. Dann wurden sie gezwungen, sich am Rand der vorbereiteten Gruben aufzustellen. Kinder und Erwachsene standen den Massengräbern zugewandt. Ihren eigenen Tod erwartend, sahen sie vor sich die Körper der kurz zuvor ermordeten Verwandten, Freunde oder Nachbarn. Dann wurden sie selbst erschossen. Beide Reiterschwadronen töteten am 7. August zusammen etwa 2400 Juden – Jungen, männliche Jugendliche und erwachsene Männer jeden Alters. Im Anschluß an den Massenmord wurde den SS-Männern im Quartier Alkohol ausgeschenkt. 79 Auch am folgenden Tag wurden möglicherweise weitere Erschießungen vorgenommen, allerdings in weit geringerem Umfang. 80 Vormittags hatte ein Funkspruch des Regimentsstabes die Reitende Abteilung erreicht. „Aktion Pinsk muss durchgeführt werden wenn auch mehrere Tage notwendig“, hieß es darin. 81 Das konnte nur bedeuten, daß nach der Erschießung der Männer nunmehr auch die jüdischen Frauen und Mädchen ermordet werden sollten. In Vorbereitung dieses Vorhabens hatte Magill bereits zwei Lastwagen angefordert – nach den Erfahrungen vom 7. August wahrscheinlich zum unkomplizierteren Transport von alten und kranken Frauen. 82 Überraschend nahm man beim Regimentsstab in Lachowicze jedoch noch am gleichen Tag wieder Abstand von dem beschlossenen Massenmord. „Sämtliche Einheiten der Reit. Abt. rücken am 9. 8. 41 in Richtung Auffanglinie weiter vor“, hieß es in einem per Funk übermittelten Befehl an die Einheiten vor Ort. 83 Allerdings wird Hierthes, der Kommandeur des 2. Regiments, kaum wegen eigener Skrupel auf die Realisierung der Mordaktion verzichtet haben. Bei ihm und seinen Stabsoffizieren kann vielmehr die Befürchtung aufgekommen sein, daß die beiden vor Pinsk liegenden Schwadronen im Falle der Realisierung des Massenmordes den Anschluß an die übrigen Verbände verlieren könnten. Das Risiko, mit dem Zeitplan in Verzug zu geraten, wollte beim 2. SS-Regiment wohl niemand eingehen. 84 Die Pinsker Jüdinnen blieben deshalb vorerst verschont.
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Als die beiden Einheiten die Stadt am 9. August hinter sich ließen, waren durch deren Personal mehr als 9000 Juden ermordet worden. 85 Einige Tage später fanden die dort verübten Massaker in den „Ereignismeldungen UdSSR“ des Reichssicherheitshauptamtes Erwähnung. Unter Benutzung der unvollständigen Erschießungszahlen des 2. Regiments wurde der Massenmord von der Sicherheitspolizei als gigantische Vergeltungsaktion dargestellt. Im Rahmen der Berichterstattung der Einsatzgruppe B hieß es dazu: „Die Hetze und Wühlarbeit der Juden nimmt weiterhin zu. In Pinsk schossen Juden auf einen Posten der Stadtmiliz. In der Nähe von Pinsk wurde ein Milizangehöriger aus dem Hinterhalt erschossen. Dafür wurden 4500 Juden liquidiert.“ 86 In den folgenden Tagen setzte die Reitende Abteilung des 2. Regiments ihre Mordaktionen nach Osten hin fort. Auf dem Weg in Richtung der befohlenen Auffanglinie verübten die Schwadronen Massaker in Dawidgorodek, Koziangrodek, Lunin, Luninez, Pohost Zagorodny und Stolin. Massenerschießungen fanden darüber hinaus sicherlich noch in weiteren Orten statt, deren Namen bis heute unbekannt geblieben sind. 87 Die 1. Schwadron war von Pinsk aus in nordöstlicher Richtung weitergezogen und hatte wohl noch im Laufe des 9. August den Ort Pohost Zagorodny erreicht. Dorthin hatte sich Aaron S. geflüchtet, ein Pinsker Jude, der beim großen Massaker am 6. August unverletzt in die Erschießungsgrube gefallen war. Nach Stunden hatte er sich aus dem Massengrab befreien und flüchten können. Als zwei Tage nach seiner Ankunft auch in Pohost Zagorodny zahlreiche SS-Reiter auf weißen Pferden erschienen, gelang S. ein weiteres Mal die Flucht. Von den Deutschen wurden in den nächsten Stunden ungefähr 140 Juden des Ortes erschossen.88 Weiter südlich erreichten der Stab Magills und die 4. Schwadron am 11. August die Kleinstadt Luninec. Mit dem bereits hinlänglich erprobten Prozedere wurden die männlichen Juden der Stadt zusammengetrieben und außerhalb der Stadt ermordet. Das neuerliche Massaker kostete 1312 Juden das Leben. 89 Die ganz im Süden des Einsatzgebiets vorrückende 3. Schwadron näherte sich am 9. August der am Ufer des Horin gelegenen Kleinstadt Dawidgorodek. In der Stadt lebte eine jüdische Gemeinde, deren Ursprünge bis auf das 16. Jahrhundert zurückgingen. 1921 lebten dort 2832 Juden, das entsprach einem Anteil von 28 Prozent der Stadtbevölkerung.90 Nach dem deutschen Angriff und dem raschen Vordringen der Wehrmacht hatte Ende Juni 1941 die Evakuierung der sowjetischen Behörden begonnen. Zahlreiche Juden des Ortes versuchten gleichfalls, sich vor den Deutschen über den nahegelegenen alten sowjetisch-polnischen Grenzübergang in Sicherheit zu bringen. Dort stationierte sowjetische Sicherheitskräfte ließen jedoch nur die Flüchtlinge passieren, die im Besitz spezieller Sonderausweise waren. Die überwiegende Mehrzahl der Juden war gezwungen, nach Dawidgorodek zurückzukehren. In der Stadt hatte sich inzwischen eine Delegation christlicher Polen und Weißrussen unter der Führung des Feldschers Iwan Maraiko gebildet. Gemeinsam wurde beschlossen, in das bereits von den Deutschen besetzte Pinsk zu reisen, um dort den Willen zur Zusammenarbeit
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gegenüber den neuen Machthabern zu erklären. Gleichzeitig äußerten sie den Wunsch nach einer schnellen Beseitigung der jüdischen Minderheit ihres Heimatortes. Die Militärbehörden in Pinsk reagierten freundlich. Am 6. Juli erschien die Wehrmacht erstmals in Dawidgorodek. Von den deutschen Militärs wurde der Delegationsleiter Maraiko zum Bürgermeister ernannt; Chef der Hilfspolizei wurde ein Mann namens Liovo Kosorev. Als eine der ersten Amtshandlungen ordnete Maraiko die Kennzeichnungspflicht für die Juden der Stadt an. Von nun an hatten alle Erwachsenen eine weiße Armbinde mit blauem Davidstern zu tragen. Von weißrussischen und polnischen Antisemiten wurden Juden in den folgenden Wochen immer wieder auf offener Straße gedemütigt oder mißhandelt. Mehrere Menschen wurden von Einheimischen ermordet. 91 In den Abendstunden des 9. August 1941 erschienen die SS-Reiter der 3. Schwadron vor der Stadt. Wahrscheinlich noch am gleichen Abend besprach Schwadronskommandeur Hauptsturmführer von Zastrow mit dem deutschen Ortskommandeur, dem zivilen Bürgermeister und dem Chef der Hilfspolizei den bevorstehenden Einsatz. Im Anschluß daran wurde bekanntgegeben, daß am folgenden Morgen um 6.00 Uhr alle jüdischen Männer von 14 Jahren an auf dem Marktplatz zu einem Arbeitseinsatz zu erscheinen hätten. Schon gegen 4.00 Uhr früh umzingelten die Reiter der Waffen-SS die Stadt. Bei der Befehlsausgabe war den Deutschen gesagt worden, der Ort müsse von Juden „gesäubert“ werden, die sich mit der Roten Armee verbündet hätten. 92 Unter der Führung von Zastrows ritt das Gros der Reiterschwadron in Dawidgorodek ein und wandte sich in Richtung des jüdischen Wohnviertels. Während die ersten Juden bereits freiwillig zum Sammelplatz gingen, drangen die deutschen Soldaten in jüdische Häuser ein, zerrten die männlichen Bewohner auf die Straße und trieben sie zum Sammelplatz. Unterstützt wurden sie von den einheimischen Hilfspolizisten. Am Ende der Suchaktion waren auf dem zentralen Marktplatz bis zu 2500 Juden versammelt. 93 Aus der Menge wurden einige jüdische Handwerker und Ärzte herausgesucht. Jüdische Sattler überlebten den Tag, weil sie die Reitausrüstung der SS instandsetzen mußten. 94 Noch im Laufe des Vormittags wurden die übrigen Männer von den Soldaten in östlicher Richtung aus ihrer Heimatstadt getrieben. Nach etwa zweieinhalb Kilometern stoppte der Zug in einem hügeligen Gelände. Dort waren von den Einheimischen mehrere Gräben angelegt worden, vor denen die Juden von den Reitern erschossen wurden. Bei dem Gemetzel kam es zu gräßlichen Szenen. Aufgrund der kurzen Entfernung rissen die Gewehrkugeln der Deutschen furchtbare Wunden; einem SS-Reiter spritze Gehirnmasse ins Gesicht, worauf sich der Schütze übergeben mußte. Insgesamt dauerte das Massaker an den mindestens 2000 Juden bis zum frühen Nachmittag an; im Anschluß wurden die Massengräber von den Einheimischen zugeschüttet. 95 Währenddessen war unter dem Eindruck des Vorgehens der SS der Judenhaß bei Teilen der christlichen Ukrainer, Weißrussen und Polen Dawidgorodeks zur Pogromstimmung angewachsen. Auf eigene Faust gingen Einwohner auf die Jagd
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nach versteckten Juden und mißhandelten oder ermordeten dabei mehrere ihrer Opfer. Bracha und Baruch Korman, zwei Geschwister, denen die Flucht in den nahegelegenen Wald gelungen war, wurden dort von Einheimischen entdeckt und nach Dawidgorodek zurückgeschleppt. Eine Meute einheimischer Christen ermordete sie anschließend auf dem Marktplatz. 96 Noch am Abend des 10. August kulminierte der Haß in der Aufforderung an alle Jüdinnen, innerhalb kürzester Zeit die Stadt zu verlassen. Weder seitens der SS-Kavallerie noch seitens der im Ort liegenden Wehrmachtskommandantur ist irgendeine Initiative für einen diesbezüglichen Befehl nachweisbar. Einzelne SS-Reiter beobachteten am Abend erstaunt die Vertreibung der jüdischen Frauen und Kinder. Anders als bei der Erschießung der jüdischen Männer zeigte sich keiner der Soldaten über die Hintergründe der Vertreibung informiert oder wollte bei deren Realisierung mitgewirkt haben.97 Die Entscheidung für die in den folgenden Stunden ergriffenen Maßnahmen war offenbar allein von Seiten der christlichen Bewohner getroffen worden. Mit Stöcken bewaffnet zogen sie nachts vor die Häuser der Jüdinnen und erzwangen deren Flucht. Teilweise nur mit Nachthemden bekleidet, wurden Frauen und Kinder zum Aufbruch getrieben. Auf der Horinbrücke am westlichen Stadtausgang wartete eine Horde Einheimischer auf die ehemaligen Nachbarinnen. Deren Gepäck wurde durchsucht, sämtliche dabei entdeckten Wertsachen gestohlen. Notgedrungen hatten sich dem Zug auch einige Juden angeschlossen, die bisher in Verstecken dem von der SS organisierten Massenmord entkommen waren. Die in Frauenkleidern steckenden Männer wurden bei den Kontrollen von dem antisemitischen Mob erkannt und von der Brücke in den Fluß geworfen, wo sie ertranken. Die Frauen und Kinder jagte die Menge unter Beschimpfungen und Drohungen fort. Nach ihrer Vertreibung aus Dawidgorodek wanderte die Menge durch die weitere Umgebung, ohne daß ihnen eine neue Bleibe gewährt wurde. Nach Tagen kehrten die meisten notgedrungen nach Dawidgorodek zurück. Für sie wurde in einigen Straßenzügen der noch vor kurzem von ihnen selbst bewohnten Häuser ein Ghetto errichtet, in dem die Frauen und Kinder unter verheerenden Bedingungen bis zu ihrer endgültigen Vernichtung im September 1942 leben mußten. 98 Mit dem 10. August 1941 hatte von Zastrows 3. Schwadron als eine der ersten von Magills Einheiten die für den Abschluß des Einsatzes anvisierte Linie erreicht. Erst am nächsten oder übernächsten Tag folgten die übrigen Schwadronen in ihren jeweiligen Einsatzräumen nach. Einen Tag nach den Einheiten Lombards hatte die Reitende Abteilung des 2. Regiments damit am Morgen des 12. August die Orte an der Auffanglinie besetzt. 99 Magill selbst war über Funk schon am Abend vorher aufgefordert worden, „auf schnellstem Wege“ zum Rapport in Lachowicze zu erscheinen. In aller Frühe machte er sich am nächsten Morgen auf den Weg, um seinen Bericht beim Regimentsstab vorzulegen. 100 Über den Einsatz seiner Abteilung sind wie bei Lombard zwei Abschlußberichte überliefert. Ein erster sehr knapper, in stenographischem Stil gehaltener Bericht fand
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vor Hierthes offenbar keine Gnade. 101 Noch am gleichen Tag verfaßte der Abteilungskommandeur daher einen deutlich ausführlicheren Text, der, vom Regimentskommandeur abgezeichnet, auch an Fegelein und den Kommandostab weitergegeben wurde. Ganz im Gegensatz zu Lombards Selbstbeweihräucherung hinsichtlich der behaupteten Kämpfe stellte Magill in Bezug auf den eigenen Einsatz von vornherein in aller Kürze fest: „Kampfeindrücke: Keine“ und: „Verluste sind keine eingetreten“. Über den unbestreitbaren Einsatzschwerpunkt, die Mordaktionen in den Dörfern und Städten, vermittelte Magill dagegen einen recht authentischen Einblick in die Herangehensweise der Reitereinheiten. Er schrieb dazu: „Die Befriedung geschah in der Weise, dass der Einheits- bezw. der Zugführer sich mit dem Bürgermeister des betreffenden Ortes in Verbindung setzte und alle Fragen besprach, die die Bevölkerung betrafen. Hierbei wurde nach Zahl und Zusammensetzung der Einwohner, ob Ukrainer, Weissrussen u. s. w. gefragt. Ferner, ob sich noch Kommunisten im Ort befinden oder verkappte Rotarmisten oder sonst jemand, der sich bolschewistisch betätigt hat. Meistens meldeten sich dann auch Ortseinwohner, die noch Banden oder sonstige Verdächtigen gesehen haben wollten. Soweit solche Elemente noch in den Ortschaften vorhanden waren, wurden sie festgenommen, und nach kurzem Verhör entweder freigelassen oder erschossen.“ Magill ließ im weiteren Verlauf seines Berichts keinen Zweifel darüber aufkommen, daß sich die in solchen Formulierungen angedeutete tödliche Systematik während des gesamten Einsatzes seiner Schwadronen in erster Linie gegen Juden gerichtet hatte. In aller Deutlichkeit schrieb er dazu: „Jüdische Plünderer wurden erschossen. Nur wenige Handwerker, welche in Reparaturwerkstätten der Wehrmacht beschäftigt waren, wurden zurückgelassen.“ Gleich im Anschluß folgte quasi eine Rechtfertigung für die von seinen Schwadronen vorgenommene Eingrenzung der ermordeten Opfergruppe. Mit Bezug auf den am 1. August übermittelten Befehl Himmlers führte der Abteilungskommandeur aus: „Weiber und Kinder in die Sümpfe zu treiben, hatte nicht den Erfolg, den er haben sollte, denn die Sümpfe waren nicht so tief, dass ein Einsinken erfolgen konnte. Nach einer Tiefe von 1 Meter kam man in den meisten Fällen auf festen Boden (wahrscheinlich Sand), sodass ein Versinken nicht möglich war.“ 102 Mit dieser Formulierung räumte Magill ein, den auf die Ermordung der jüdischen Frauen abzielenden Sinn des Himmler-Befehls genau verstanden zu haben. Von sich aus interpretierte er sogar wie selbstverständlich noch die zweifellos ebenfalls erwünschte Ermordung der jüdischen Kinder hinzu, von der im Wortlaut des übermittelten Befehls ja gar keine Rede gewesen war. Im Kern zog sich Magill auf die simple Argumentationslinie zurück, dem genauen Wortlaut des Befehls entsprechend gehandelt, letztlich mit der immerhin ja versuchten Ermordung jüdischer Frauen und Kinder aber keinen Erfolg gehabt zu haben. Tatsächlich hatten dessen Schwadronen fast ausschließlich Juden männlichen Geschlechts ermordet. Zwar gibt es einzelne Hinweise, daß Frauen und Kinder ertränkt, beziehungswei-
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se in die Sümpfe getrieben wurden, im großen Stil hat ein derartiges Vorgehen bei der Reitenden Abteilung des 2. Regiments jedoch nicht stattgefunden. 103 So nahm sich Magills Argumentation einer buchstabengetreuen Befolgung der Befehle im Vergleich zur deutlich anders gearteten Mordbilanz von Lombards Reiterschwadronen keinesfalls sonderlich vorteilhaft aus. Als Gesamtergebnis des Einsatzes meldete Magill am 12. August 1941 die Erschießung von 6450 Juden. 104 Während der Abteilungskommandeur beim Regimentsstab in Lachowicze seine beiden Abschlußberichte verfaßte, setzten die ihm unterstellten Schwadronen ihre Mordaktionen jedoch fort. Für den gleichen Tag meldete die Abteilung aus dem Pripjet-Gebiet die Erschießung von 987 Juden. 105 Insgesamt wurden allein zwischen dem 11. und 13. August von dessen Schwadronen weitere 2323 jüdische Opfer gezählt. Damit hatte sich die Bilanz am Ende auf eine Größenordnung von 7730 ermordeten Juden erhöht.106 Allerdings weist die von den Tätern selbst vorgenommene Zählung ihrer Opfer große Lücken auf. Wie das Beispiel der Mordaktion vom 6. August in Pinsk dokumentiert, konnten die Belege für den Mord an mehreren tausend Menschen auf dem Meldeweg in kürzester Zeit ganz einfach ‚verschwinden‘. Darüber hinaus hatten Magills Verbände ebenfalls mit Störungen bei den Funkverbindungen zu kämpfen, weshalb die Ergebnisse einzelner Erschießungen über Tage von Teileinheiten gar nicht zum Abteilungsstab weitergemeldet werden konnten.107 Damit deutet sich bei der Erfassung der Opferzahlen von Magills Schwadronen eine Fehlerquote an, die mindestens ebenso hoch zu veranschlagen ist, wie die des 1. Regiments. Für eine realistische Bilanz der Zahl der jüdischen Opfer der Reitenden Abteilung des SS-Kavallerieregiments 2 müssen die fehlerhaften Angaben der Einheit über das Massaker vom 6. August in Pinsk korrigiert werden. Außerdem sind die Opferzahlen von Massenerschießungen wie der in Janow oder in Dawidgorodek, die weder unter den Meldungen der Abteilung auftauchten, noch in der Berichterstattung des Regiments Erwähnung fanden, zu ergänzen. Darüber hinaus müssen die meist weit zuverlässigeren Aussagen jüdischer Überlebender sowie die Angaben aus den Erinnerungsbüchern der Gemeinden berücksichtigt werden. Daraus ergibt sich eine Größenordnung von ungefähr 14 000 Juden, fast ausschließlich Männer und Jungen, die von Magills Abteilung während ihres ersten Einsatzes im Pripjet-Gebiet ermordet wurden.
3. Das Vorgehen der 1. SS-Brigade in der Ukraine Zeitgleich zu den Einsätzen der SS-Kavallerie befand sich die 1. SS-Brigade in der westlichen Ukraine im Einsatz. Während sich die Einsatzgebiete bei den Reitern bisher ausnahmslos auf ehemals polnischem Gebiet befunden hatten, lag der für die 1. SS-Brigade vorgesehene Einsatzraum auf beiden Seiten der früheren polnisch-sowjetischen Grenze. Die Region umfaßte die südlichen Ausläufer des Polesje; daran angrenzend lag zwischen den Städten Rowno und Shitomir eine weit stärker besiedelte, von Handelsorten geprägte Gegend. Auf ehemals polnischer Seite war das die Region des früheren Wolhynien, wo allein über eine
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Viertelmillion Juden lebten. Im Osten schlossen sich daran die Gebiete der Westukraine an, die ebenfalls Städte mit großen jüdischen Gemeinden aufwiesen. Aus Westen kommend rückte der Verband der Waffen-SS Ende Juli 1941 auf diese Gegend vor. 108 Befehlsgemäß hatte die 1. SS-Brigade am 27. Juli Aufstellung an der Straße Rowno-Shitomir zwischen Hoscza und Zwiahel genommen. Am nächsten Morgen traten beide Regimenter zum Einsatz an. Die Brigade war von Jeckeln mit der „Festnahme bezw. Vernichtung von a) Restteilen der 124. sowjetischen Schützen-Div., b) bewaffneten Banden, c) Freischärlern, d) Personen, die dem bolschewistischen System Vorschub geleistet haben“, beauftragt worden. Nach Einsatzbeginn zog sie im Verlauf von drei Tagen etwa 50 Kilometer nach Süden. Dabei durchsuchte die SS nach eigener Darstellung „in breiter Front alle Ortschaften, Waldstücke und Wälder des Einsatzraumes“. Der Einsatz verlief ohne eigene Verluste, zu militärischen Auseinandersetzungen kam es nicht. Der Verband übergab ungefähr 40 ukrainische Rotarmisten, die in ihren Heimatdörfern aufgegriffen worden waren, der Wehrmacht. Außerdem wurden neun Soldaten „russischer Volkszugehörigkeit“ sowie fünf „sowjetrussische Funktionäre“, darunter auch eine Frau, von den SS-Soldaten erschossen.109 Der zentrale Aspekt des dreitägigen Einsatzes, der auch der einzige Grund für die Bemerkung gewesen sein dürfte, daß „an Truppe und Führung höchste Anforderungen“ gestellt worden waren 110 , fand in dem Tätigkeitsbericht des Kommandostabes nur eine höchst lapidare Erwähnung: „Ferner wurden“, so ist in dem Text zu lesen, „wegen Begünstigung des Bolschewismus und bolschewistischer Freischärler bis zum Ende der Berichtszeit rund 800 Juden und Jüdinnen im Alter von 16–60 Jahren erschossen“ 111 Mit diesem knappen Satz trug der Verfasser des Berichts wie selbstverständlich dem Umstand Rechnung, daß die Brigade mit ihren über 7000 SS-Soldaten gleich nach Einsatzbeginn zum systematischen Massenmord an jüdischen Frauen und Männern übergegangen war. Nicht erwähnt wurde in dem Tätigkeitsbericht, in welchen Orten die Erschießungen stattfanden. Unerwähnt blieb ebenfalls, ob bereits alle jüdischen Männer und Frauen der genannten Altersgruppe ermordet worden waren und was mit den jüdischen Kindern geschah. Als Endergebnis des Einsatzes ist sogar eine noch höhere Opferzahl zu vermuten, da der betreffende Bericht am 30. Juli bereits um 12.00 Uhr schloß, der Führungsoffizier des Verbandes aber ausdrücklich festhielt, daß der Einsatz „in den Abendstunden des 30. 7. 41 beendet“ sein würde. 112 Tatsächlich teilte Jeckeln in einem zusammenfassenden Bericht an Himmler, General von Roques und an das Armeeoberkommando 6 mit, von der 1. SS-Brigade seien zwischen dem 28. und 30. Juli insgesamt 1658 Juden erschossen worden. Wie Jeckeln sich ausdrückte, sollen die Menschen „dem bolschewistischen System erheblichen Vorschub geleistet haben und Ukrainer den bolschewistischen Machthabern“ ausgeliefert haben.113 Die Einsatzorte während dieser ersten Tage lassen sich nur in Ansätzen rekonstruieren. So müssen Teileinheiten des 8. SS-Infanterieregiments während der
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Karte 3: Einsatzgebiet 1. SS-Brigade August 1941
fraglichen Zeit in Zwiahel bei der Ermordung von bis zu 2000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern eingesetzt gewesen sein. Dabei unterstützten offenbar zahlreiche Wehrmachtssoldaten tatkräftig die Mordarbeit der Waffen-SS, indem sie die Juden zusammentrieben und zur Erschießungsstelle brachten. 114 Die angedeutete Zusammenarbeit zwischen Wehrmacht und 1. SS-Brigade beim Massenmord fand auch Erwähnung in einer Meldung des Reichssicherheitshauptamtes. Die Einsatzgruppe C berichtete dazu am 30. Juli: „Nach einer Meldung des EK 4a aus Zwiahel wird dort fortgesetzt Sabotage getrieben. Wehrmacht treibt nunmehr sämtliche Zivilisten zusammen und führt als Vergeltungsmaßnahme Exekutionen durch.“ 115 In der Meldung vergaß die Einsatzgruppe lediglich zu erwähnen, daß nicht die Wehrmacht, sondern eine Einheit der Waffen-SS die Massenmorde letztlich ausgeführt hatte. Nach dem ersten Einsatz bezogen der Brigadestab und das 8. Regiment am 31. Juli ihre Quartiere in der südlich des bisherigen Einsatzgebietes gelegenen Stadt Starokonstantinow. In dem für seine Handelsmärkte bekannten Ort lebten Juden seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert. In Folge der Oktoberrevolution und des Bürgerkriegs waren zu Beginn der 20er Jahre in der westlichen Ukraine wichtige Traditionslinien des jüdischen Lebens abgebrochen; zahlreiche Juden hatten Starokonstantinow verlassen. Anfang der 30er Jahre wohnten dort aller-
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dings schon wieder fast 5000 Juden, womit die jüdische Minderheit ein Drittel der Stadtbevölkerung stellte. 116 Während Brigadestab und 8. Regiment Starokonstantinow erreicht hatten, quartierte sich das 10. SS-Infanterieregiment am gleichen Tag etwa 30 km nördlich in dem Ort Czetyrboki ein. Im Anschluß an zwei Ruhetage, die zur Instandsetzung der Ausrüstung verwendet wurden, schwärmten Einheiten Anfang August zu neuen Großeinsätzen aus. Die Einsätze sollten ausschließlich dem Zweck dienen, die jüdische Bevölkerung umliegender Orte zu ermorden. In Starokonstaninow selbst töteten jeweils zwei Kompanien des I. und II. Bataillons des 8. Regiments am 3. August nach eigenen Angaben 302 jüdische Männer und 187 Frauen, insgesamt also 489 Menschen. 117 Jeckeln war an diesem Tag in Starokonstantinow bei der Massenmordaktion zugegen. Die Erschießungen wurden von SS-Männern ausgeführt, die in den letzten Tagen noch nicht beim Judenmord eingesetzt worden waren. Auch Angehörige von Jeckelns Stab beteiligten sich. Nach dem Massaker hielt der Höhere SS- und Polizeiführer vor den Männern des Regiments eine Rede, in der er ausführte, am gegenwärtigen Krieg sei das Weltjudentum schuld, weil es das deutsche Volk nicht leben lassen wolle. Daher sei es notwendig, die Juden zu vernichten. An die versammelten SS-Männer gerichtet betonte Jeckeln dann, eben darin bestände zukünftig deren Aufgabe. Während dieser Worte war ein Jude herangeführt worden, der gezwungen wurde, eine rote Fahne zu tragen. Am Ende seiner Ansprache zog Jeckeln seine Pistole und erschoß den Mann. 118 In der folgenden Nacht schwärmten Einheiten des SS-Infanterieregiments 10 aus ihrem Quartier in Czetyrboki in mehrere umliegende Ortschaften aus. Das III. Bataillon unter Sturmbannführer Emil Sator erreichte kurz vor fünf Uhr morgens die etwa 35 km südöstlich von Rowno gelegene Stadt Ostrog. Der Ort mit seinen etwa 20 000 Einwohnern hatte eine alteingesessene jüdische Gemeinde, die insgesamt 10 500 Personen umfaßte. Der jüdische Bevölkerungsanteil in der Stadt lag damit bei über 50 Prozent. 119 Während Ostrog am frühen Morgen des 4. August von der 10. Kompanie des Bataillons umstellt wurde, fielen die 9., 11. und 12. Kompanie gegen fünf Uhr früh ins Stadtgebiet ein. Als Grund für den Einsatz war den Mannschaften im Vorfeld mitgeteilt worden, Partisanen hätten Flugblätter verteilt und zum Widerstand gegen die deutsche Besatzung aufgerufen. Anderen Soldaten wurde erzählt, in der Nähe von Ostrog sei ein deutsches Militärfahrzeug überfallen und die Insassen ermordet worden. 120 Die Waffen-SS begann nun aber keineswegs mit der Suche nach den angeblichen Unruhestiftern. Vielmehr taten die Soldaten von Beginn an nichts anderes, als im Stadtgebiet Haus für Haus nach Juden zu durchsuchen; einheimische Ukrainer zeigten ihnen dabei die jüdischen Wohnungen. Die im Schlaf überraschten Männer, Frauen und Kinder wurden aus ihren Häusern gejagt und unter Knüppelschlägen auf dem Marktplatz im Stadtzentrum zusammengetrieben. Nach mehreren Stunden war auf dem Platz die gesamte verbliebene jüdische Gemeinde versammelt, zusammen etwa 8000 Menschen. Die SS begann nun, aus der Menge einen Teil der arbeitsfähigen Menschen auszusortieren. 121 Im An-
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schluß hielt Bataillonskommandeur Sator eine kurze Ansprache, in der er ausführte, die Kranken und Schwachen würden deswegen ausgesucht, weil man sie wieder gesund machen wolle. Dies hätten die Juden dem „Führer“ zu verdanken. 122 Ältere Menschen, Kinder und Kranke, aber auch viele arbeitsfähige erwachsene Männer und Frauen wurden dann in einem langen Zug aus der Stadt geführt. Außerhalb waren von Ukrainern mehrere mindestens 25 Meter lange und etwa vier Meter breite Gruben geschaufelt worden.123 An dem Erschießungsplatz angekommen, stellten die SS-Führer der einzelnen Kompanien nunmehr die Erschießungskommandos zusammen. Bei dieser Gelegenheit vermittelte zumindest Obersturmführer Otto Storch, der Chef der 9. Kompanie, seinen Männern, sie seien keineswegs gezwungen, an den bevorstehenden Erschießungen teilzunehmen. Diejenigen, so der Kompaniechef, die glaubten, das Töten nicht ertragen zu können, sollten sich melden. Sie würden dann von der Teilnahme freigestellt und zu anderen Aufgaben verwendet werden. Auf die Ansprache hin meldeten sich etwa zehn bis fünfzehn Soldaten, die anderweitig eingeteilt wurden. 124 Inzwischen mußten die Juden ihre Schuhe ausziehen und sich bis auf die Unterwäsche entkleiden. Schuhe und Kleidung waren als Beute für die ukrainischen Helfer vorgesehen, die im Anschluß an das Massaker die angehäuften Stapel durchwühlten und schwer beladen wieder nach Ostrog zurückkehrten. Nach der Entkleidung führten SS-Männer die Juden gruppenweise zu den Gruben. Männer und Frauen jeden Alters mußten sich mit dem Rücken zu den Schützen am Grubenrand aufstellen. Für jede Person waren zwei SS-Soldaten als Schützen eingeteilt. Der eine hatte am Oberkörper auf die Herzgegend, der andere auf den Hinterkopf seines Gegenübers zu zielen. Für Kleinkinder war noch ein dritter Schütze eingeteilt worden, der auf den über die Schulter der Mutter gelegten Kopf des Kindes zielte. Dann erscholl das Kommando für die SS-Männer: „Anlegen! … Feuer!“. 125 In kurzer Zeit wurden auf diese Weise Hunderte von Juden ermordet. Einige versuchten erfolglos die Flucht. Ein etwa 11-jähriger Junge war an der Erschießungsgrube nicht tödlich getroffen worden. Mit abgeschossenem Kiefer versuchte er wegzulaufen, wurde aber schnell von den Absperrposten getötet. 126 Im Verlauf der Mordaktion erschienen plötzlich mehrere Wehrmachtsoffiziere. An der Erschießungsstelle verlangten sie von Sator den sofortigen Abbruch des Massakers. Die Wehrmachtsvertreter, es waren Offiziere der lokalen Ortskommandantur, zeigten sich bei dieser Forderung aber keineswegs von ethischen Motiven getrieben. Ihnen ging es vielmehr darum, die sinnlose Beseitigung zahlreicher arbeitsfähiger Zwangsarbeiter zu verhindern. Außerdem wiesen die Wehrmachtsoffiziere darauf hin, daß bei einer Fortsetzung der Erschießungen ein Großteil der für den eigenen Bedarf dringend benötigten jüdischen Handwerker getötet werden würde. Nach längeren Auseinandersetzungen mit dem widerstrebenden Bataillonskommandeur konnten sich die Wehrmachtsangehörigen offenbar durchsetzen. Obwohl noch längst nicht alle Juden erschossen wor-
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den waren, wurde der Massenmord nach einer Dauer von ungefähr vier Stunden plötzlich gestoppt. 127 In seinem Dienstwagen stehend, ließ es sich Sator nicht nehmen, vor den von seinen Männern verschonten Juden noch eine Ansprache zu halten. Er führte aus, daß er diesmal noch „Gnade vor Recht“ habe ergehen lassen und von weiteren Erschießungen absehen würde, wenn die Juden in Zukunft nur fleißig und diszipliniert arbeiten würden. Im Anschluß an die zynischen Worte des Kommandeurs rückte das gesamte Bataillon ab. 128 Die überlebenden Juden kehrten in ihre Häuser zurück, fast alle hatten Familienangehörige oder Freunde verloren. Insgesamt ermordete das III. Bataillon des SS-Infanterieregiments 10 an diesem Tag ungefähr 2000, möglicherweise auch bis zu 3000 Juden der Stadt. Am 1. September 1941 erlebte Ostrog ein neuerliches Massaker, bei dem Einheiten der Ordnungspolizei ungefähr 2500 Juden ermordeten. Die Überlebenden sperrten die Deutschen anschließend in ein Ghetto, das am 15. Oktober 1942 endgültig vernichtet wurde. Im Zuge dieses Massakers wurden alle bisher überlebenden Juden der Stadt erschossen.129 Das Massaker von Ostrog war nicht die einzige Mordaktion, die von Einheiten des SS-Regiments 10 an jenem 4. August begangen wurde. Am gleichen Tag tauchte das I. Bataillon in dem 15 Kilometer östlich des Regimentsquartiers gelegenen Hrycow auf und ermordete in dem Städtchen nach eigenen Angaben 268 jüdische Männer. 130 Gegen Mittag waren Soldaten des Kradschützen- und des Kraderkundungs-Zuges des Regiments auf ihren Motorrädern auch noch in dem Dorf Kuniow erschienen. Die mit ihren Tarnumhängen eindeutig als Soldaten der Waffen-SS erkennbaren dreißig bis vierzig Männer waren mit Maschinenpistolen bewaffnet. Zusätzlich führte die Einheit auf einem Lastwagen ein leichtes Maschinengewehr mit sich. Der Konvoi fuhr durch das Dorf und hielt vor dem Polizeigebäude an. Dort besprach sich der Einheitsführer mit den ukrainischen Dorfpolizisten. Bald darauf wurde der jüdischen Gemeinde befohlen, sich zu einem angeblichen Arbeitseinsatz einzufinden. Nach kurzer Zeit waren auf dem zentralen Dorfplatz mehr als 250 Jüdinnen und Juden versammelt. Mit Hilfe der örtlichen Polizei sonderten die Deutschen aus der Menge Facharbeiter wie Schneider und Schuster aus. Die etwa 100 restlichen Männer wurden in südwestlicher Richtung weggeführt. Frauen und Kinder blieben unter Bewachung in Kuniow zurück. Nach kurzem Marsch hielt der Zug der Männer an; einige Menschen mußten mit den mitgebrachten Schaufeln zwei Gruben ausheben. Währenddessen begannen die in Kuniow verbliebenen Kradschützen, auch die jüdischen Frauen und Kinder aus dem Ort zu treiben. Der SS-Trupp war sich jedoch über das Vorgehen nicht eindeutig im klaren. Bereits in Marsch gesetzt, wurde der Zug am Ortsrand nochmals angehalten. Die Deutschen entließen einen Teil der Kinder und einige alte Frauen; die übrigen Jüdinnen, teils noch immer in Begleitung ihrer Kinder, wurden in Richtung des jüdischen Friedhofs weitergetrieben. Dort angekommen begann der Massenmord.131 Zufällig kam während des Massakers ein ukrainischer Arbeiter, der auf dem
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Feld Heu gesammelt hatte, mit seinem Pferdegespann des Weges. Einige der Deutschen starteten nun umgehend den Versuch, ihre Opfer noch zusätzlich zu quälen. Sie winkten den Landarbeiter heran, übernahmen die Zügel der Pferde und versuchten, die Tiere über die auf dem Boden liegenden Juden zu treiben. Da die Pferde scheuten und nicht dazu bewegt werden konnten, auf die lebenden Menschen zu treten, mißlang der Plan. Nach einigen Versuchen sahen die Deutschen die Sinnlosigkeit ihres Unterfangens ein und befahlen dem Ukrainer, sich schleunigst zu entfernen. 132 Nach etwa einer Stunde war das gesamte Mordwerk dann vollendet. Während die Soldaten des Kradschützen- und Kraderkundungszuges im Anschluß an das Massaker wieder verschwanden, spielten sich in Kuniow schreckliche Szenen ab. Kinder, die aus dem Zug der todgeweihten Frauen ausgesondert worden waren, irrten weinend im Dorf umher und schrien nach ihren Eltern. Überlebende trauerten um ihre ermordeten Männer oder Ehefrauen. 133 An diesem Tag waren mindestens 150 Juden und damit der Großteil der in Kuniow verbliebenen Gemeindemitglieder ermordet worden. Einige Facharbeiter sowie Kinder und Alte wurden einige Wochen nach dem Massaker im nahegelegenen Pluschnoje und in Isjaslaw ghettoisiert. 1942 fanden sie bei der Liquidierung der dortigen Ghettos den Tod. 134 Während am 4. August Männer des 10. SS-Regiments Juden in Ostrog, Hrycow und Kuniow töteten, fand eine Besprechung des Führungsoffiziers der 1. SS-Brigade beim Armeeoberkommando 6 statt. Die Brigade erhielt bei der Gelegenheit von der Wehrmacht den Auftrag für einen Einsatz am linken Flügel der 6. Armee, den Jeckeln als Verantwortlicher umgehend genehmigte. 135 Das 8. SS-Regiment verlegte dazu am 5. August seinen Standort in die Gegend von Emilczyn und löste dort das Infanterieregiment 192 der Wehrmacht ab. In diesem Bereich hatte die Waffen-SS von der Wehrmacht den Auftrag erhalten, das weitere Vordringen von versprengten Teilen der Roten Armee in den Rücken der 6. Armee zu verhindern und eine Gefährdung der Nachschubwege auszuschließen. Östlich davon operierte das SS-Regiment 10 um die Orte Tschernjachow, Fasowa und Buda mit dem Einsatzbefehl, versprengte Einheiten der sowjetischen 5. Armee zu bekämpfen und die gesamte Gegend grundsätzlich zu „säubern“. 136 Wie in den Vereinbarungen zwischen SS und Wehrmacht vorgesehen, war die Brigade damit zur Erfüllung vorrangig militärischer Aufgaben herangezogen worden. Der Verband operierte vorübergehend nicht mehr im rückwärtigen Heeresgebiet, sondern im Armeegebiet. Zwar erhielt die Brigade die Einsatzbefehle nunmehr vom Stab der 6. Armee, grundsätzlich blieb sie aber weiterhin Jeckeln unterstellt. 137 In den nächsten Tagen wurden von Teileinheiten der Brigade immer wieder einzelne Rotarmisten oder kleine Gruppen versprengter Armeeverbände gefangengenommen. Die Gefangenen wurden der Wehrmacht übergeben oder von der SS umgehend ermordet. Teilweise fanden bei den Einsätzen auch Gefechte mit sowjetischen Truppenteilen statt, in deren Verlauf die Brigade wiederholt eigene Verluste zu verzeichnen hatte. 138 Südlich von Korosten gab es in der Nacht zum
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15. August heftige Kämpfe mit einer bis zu 800 Mann starken sowjetischen Einheit, in die drei Kompanien des III. Bataillons des SS-Regiments 10 verwickelt waren. Die Rotarmisten waren offenbar bestrebt, sich aus dem beständig enger werdenden Umschließungsring der SS zu befreien. Nur mit Unterstützung von eilig herangezogenen Wehrmachtsverbänden konnten die Angriffe in den folgenden Stunden zurückgeschlagen werden. Das 10. SS-Regiment erlitt dabei Verluste von mindestens 41 Toten und 49 Verwundeten. 139 Für die Truppen des Kommandostabes waren das die ersten ernsthaften Kämpfe während des gesamten Krieges. Wie die Berichterstattung der SS-Brigade eindeutig dokumentiert, stellte deren Verwendung im Verband der 6. Armee und die zeitweilige Verwicklung in militärische Auseinandersetzungen aber keineswegs einen Hinderungsgrund für die Realisierung weiterer Massenmorde an der jüdischen Bevölkerung des neues Einsatzgebietes dar. Dazu hielt der Brigadestab in seinem Bericht vom 10. August über die vergangenen Tage fest: „Die Bevölkerung verhält sich gut, zum Teil sehr verängstigt. Die den Banden Vorschub leistenden Juden wurden erschossen.“ 140 Das 8. Regiment meldete bis auf eine Ausnahme, als ein Jude als angeblicher „Angehöriger einer Partisanengruppe“ von einem Spähtrupp des III. Bataillons getötet wurde, in der Zeit zwischen dem 6. und 17. August keine weiteren Morde an jüdischen Zivilisten. 141 Dagegen setzte das 10. SS-Infanterieregiment den Massenmord ohne Unterbrechung fort. Zwischen dem 7. und 9. August schwärmte der Verband in der Gegend von Tschernjachow nördlich von Shitomir zu einem Großeinsatz aus. Systematisch wurden erneut sämtliche Ortschaften nach „Juden und Bolschewisten“ durchsucht. Dabei erschoß das III. Bataillon am 7. August in Mal-Goroschki neun Juden. Die Zahl fiel verhältnismäßig niedrig aus, weil, wie die Einheit meldete, bereits seit acht Tagen ein Bataillon des in der Nähe stationierten 375. Infanterieregiments der Wehrmacht die Gegend „gesäubert“ und dabei „Juden und Bolschewisten“ erschossen habe. 142 Am Nachmittag des 7. August fielen Einheiten des 10. Regiments gegen 15.00 Uhr in der Kleinstadt Tschernjachow ein. Mit Unterstützung der örtlichen Hilfspolizei nahm die SS die in der Ortschaft lebenden Juden fest. Sie wurden anschließend am Ortsrand in ein Gebäude gesperrt, während ein Teil der Männer am 40 Meter entfernten Bahndamm einen Graben von 20 Meter Länge und 2 bis 3 Meter Breite schaufeln mußten. Nach dessen Fertigstellung ermordeten die Soldaten des SS-Infanterieregiments 10 alle zuvor festgenommenen Juden; es waren 232 Männer, Frauen und Kinder. 143 Die Mordaktion in Tschernjachow dokumentiert gleichzeitig die enge Zusammenarbeit zwischen der Brigade und dem Sonderkommando 4a der Einsatzgruppe C. Während des Einsatzes wurde die Teileinheit des 10. SS-Regiments am 6. August von Männern des Sonderkommandos begleitet. An diesem Tag nahmen Waffen-SS und Sicherheitspolizei in Tschernjachow die sowjetischen Gebietsrichter Kieper und Kogan fest. Die Sicherheitspolizei zwang beide jüdischen Männer unter dem Einsatz von Folter zu Aussagen. Am nächsten Tag wurden sie
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in Shitomir im Rahmen einer Propagandainszenierung unter den Augen von Hunderten von Wehrmachtsangehörigen und SS-Soldaten öffentlich gehängt. Zuvor hatte das Sonderkommando in Shitomir 402 jüdische Männer festgenommen, die nach entsprechender Ermunterung durch die Deutschen auf dem Hinrichtungsplatz von zahlreichen Ukrainern mißhandelt wurden. Nachdem die beiden sowjetischen Richter unter dem tosenden Beifall der versammelten Menge gehängt worden waren, transportierten Angehörige des Sonderkommandos 4a die mißhandelten Juden vor die Stadt, wo alle erschossen wurden.144 Der Einsatz des 10. Regiments im Raum Tschernjachow fand am 9. August seinen Abschluß. Im Verlauf des Tages tötete das II. Bataillon nochmals 59 Juden, das III. Bataillon erschoß 36 Juden. Die Einheiten des SS-Infanterieregiments 10 hatten damit zwischen dem 7. und 9. August insgesamt 339 Juden ermordet. 145 Mitunter verlor man beim Regiment oder auf Seiten des Brigadestabs bei der Vielzahl der Mordaktionen den Überblick. Ähnlich wie weiter nördlich bei der SS-Kavallerie war auch bei der 1. SS-Brigade die Berichterstattung über Erschießungsaktionen aus nicht eindeutig feststellbaren Gründen lückenhaft. So operierte das Infanterieregiment 10 auf Befehl der 6. Armee um den 12. August südwestlich von Korosten in der Gegend von Uschomir. Im betreffenden Tätigkeitsbericht der Brigade wurde in der fraglichen Zeit ausschließlich die Bekämpfung sowjetischer Truppenteile erwähnt. 146 Erst über einen Monat später war dann in einem Bericht der Einsatzgruppe C zu lesen, die SS-Brigade habe in Uschomir „sämtliche männlichen Juden erschossen“. 147 Mit dem 16. August war der erste Teil der Einsätze der SS-Brigade im Operationsgebiet des Heeres beendet. Die Gefährdung des linken Flügels der Richtung Kiew vordringenden 6. Armee durch versprengte Sowjeteinheiten, wegen der die Brigade ja vordergründig herangezogen worden war, zeigte sich nach deren Einsatz weitgehend gebannt. 148 Zehn Tage war der Verband unter dem Oberbefehl Reichenaus eingesetzt gewesen. Zumindest in dieser Zeit hatte dieser mit großer Sicherheit persönliche Kenntnis von den Mordaktionen der Waffen-SS. Beim Armeeoberkommando gingen tägliche Meldungen der unterstellten Brigade ein, in denen die jeweils neuesten Massenerschießungen von Juden unverblümt aufgeschlüsselt wurden. Seinen persönlichen Judenhaß sollte Reichenau noch im August 1941 im Zusammenhang mit der Ermordung der 90 jüdischen Kinder in Bjelaja Zerkow bestätigen und seine Einstellung im Oktober durch die Formulierung des berüchtigten, seinen Namen tragenden Befehls nochmals in besonderer Weise belegen. 149 Vorher ließ der Generalfeldmarschall am 16. August eine Abordnung von Wehrmacht und 10. SS-Infanterieregiment antreten, vor der er persönlich den „ausserordentlichen Erfolg“ der SS-Brigade hervorhob. Unter den angetretenen Soldaten des Regiments verlieh Reichenau anschließend 31 Eiserne Kreuze zweiter Klasse. 150 Die auf diese Weise ausgezeichneten SS-Männer werden die Ordensverleihung durch den Generalfeldmarschall sicherlich nicht als Widerspruch zu den während der vergangenen zwei Wochen begangenen Massenmorden verstanden haben.
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Von ihrem Einsatzbeginn am 28. Juli bis zur Belobigung durch den Oberbefehlshaber der 6. Armee am 16. August hatte die 1. SS-Brigade nach den eigenen Aufzeichnungen 3899 jüdische Männer und Frauen ermordet. Allerdings unterstreichen Beispiele, wie das gar nicht weitergemeldete Ergebnis des Massakers in Uschomir oder die Hinweise auf den tatsächlichen Umfang der Massenerschießungen in Zwiahel und Ostrog deren ungenaue Berichterstattung. Es hat den Anschein, daß der Verband ganz ähnlich wie die Regimenter der SS-Kavallerie bei der Ermittlung der Erschießungszahlen sowohl mit technischen Problemen beim Funkverkehr als auch mit allerlei Irrtümern und Fehlkalkulationen des Personals in den Schreibstuben konfrontiert war. Werden die Hinweise auf fehlerhafte Angaben bei den einzelnen Mordaktionen der Teileinheiten berücksichtigt und mittels anderer zur Verfügung stehender Quellen ergänzt, muß im Fall der 1. SS-Brigade für den Zeitraum von Ende Juli bis Mitte August 1941 von einer realistischen Zahl von etwa 7000 ermordeten jüdischen Männern, Frauen und Kindern ausgegangen werden. Neben der Mordbilanz der Kavalleriebrigade nimmt sich diese Zahl vergleichsweise niedrig aus. Immerhin war die 1. SS-Brigade bereits einige Tage früher im Einsatz; außerdem wies der Verband eine weit höhere Mannschaftsstärke auf. Tatsächlich beteiligte sich das Infanterieregiment 8 im Gegensatz zum 10. Regiment nach eigener Darstellung mindestens zehn Tage überhaupt nicht am Judenmord. Beide Einheiten waren seit dem 5. August mit militärischen Sicherungsaufgaben betraut, deren Erfüllung besonders im Fall des 8. Regiments sämtliche Kräfte einband und Erschießungsaktionen an anderer Stelle möglicherweise weitgehend ausschloß. Außerdem operierte die Brigade während der gesamten Zeit in einem Gebiet, das weit weniger abgelegen als das der Reitereinheiten war. In den Dörfern und Städten, die die beiden SS-Infanterieregimenter heimsuchten, drangen deshalb Feld- und Ortskommandanturen der Wehrmacht stärker auf die Schonung der verbliebenen arbeitsfähigen Juden und insbesondere auf den Erhalt der jüdischen Facharbeiter. Zudem schien der jüdischen Bevölkerung in diesem Raum zu einem weit größeren Prozentsatz die Flucht vor den Deutschen gelungen zu sein. Schließlich waren, wie die Beispiele Tschernjachow und Shitomir zeigen, im Einsatzgebiet der 1. SS-Brigade gleichzeitig Teilkommandos der Einsatzgruppe C tätig, die die Bilanz der Waffen-SS zumindest zeitweilig schmälerten. Himmler selbst zeigte sich mit dem Ergebnis des Einsatzes höchst unzufrieden. Über seinen persönlichen Adjutanten ließ er am 11. August per Fernschreiben eine harsche Kritik an die 1. SS-Brigade übermitteln. „RF SS ist sehr ungehalten ueber mangelhaften Eingang von Einsatzmeldungen“, teilte Hauptsturmführer Grothmann Jeckeln und Herrmann verklausuliert mit. Ergänzend schrieb er über die Haltung seines Dienstherrn: „Da die in den Pripjetsuempfen eingesetzten Reiter-Regimenter taeglich Lage und Einsatz melden, haelt RF SS dies auch fuer 1. SS-Brigade moeglich [sic]. RF SS erwartet umgehend eingehenden Lagebericht sowie genaue Angaben bisher durchgefuerte [sic] sowie für die naechsten
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Tage vorgesehener Auftraege.“ 151 Brigadeführer Herrmann, die beiden Regimentskommandeure Hans-Wilhelm Sacks und Karl Sattler sowie Jeckeln werden sehr wohl verstanden haben, daß die Kritik Himmlers nicht nur auf die reine Form der Berichterstattung der Brigade abzielte. Konkret wird Himmler vielmehr die als zu niedrig erachteten Erschießungszahlen der 1. SS-Brigade bemängelt haben. Die Reaktion des zuständigen Höheren SS- und Polizeiführers bestätigt diese Annahme. Alarmiert von der Kritik an dem ihm unterstehenden Verband, erschien Jeckeln bereits am nächsten Tag persönlich bei Himmler, um die Angelegenheit zu klären. Während der Unterredung wird er nachdrücklich ermuntert worden sein, bei der SS-Brigade für umfangreichere Massenmorde zu sorgen.152
4. Resümee des Vorgehens der SS-Truppen Mitte August 1941 hatten die beiden Brigaden der Waffen-SS ihre ersten Einsätze im Pripjetgebiet und auf ukrainischem Territorium in der Region um Shitomir beendet. Die Verwendung der Einheiten war unter der persönlichen Aufsicht Himmlers von langer Hand geplant worden. Vorgesehen waren beide SS-Verbände mit zusammen über 11000 Mann für die breit interpretierbare „Befriedung“ ausgedehnter Landstriche. Die Wehrmacht, der letztlich die Entscheidung über die Bestimmung der Einsatzgebiete zufiel, hatte ihrerseits ein großes Interesse an einem Einsatz der Waffen-SS gegen versprengte Einheiten der Roten Armee, die den eigenen Vormarsch beunruhigten und die Nachschubwege gefährdeten. Impliziert war damit eine faktische Auflösung der Grenze zwischen militärischem Sicherungsinteresse und dem Krieg gegen die zum Todfeind erklärte jüdische Zivilbevölkerung. Das von Himmler bestimmte Unterstellungsverhältnis unter die Höheren SS- und Polizeiführer, die die Brigaden im Bedarfsfall für militärische Zwecke an die Wehrmacht ‚ausleihen‘ konnten, war letztlich von der SS durchgesetzt und von den Wehrmachtsgenerälen akzeptiert worden. Versuche Reichenaus etwa, Teile der in seinem Bereich operierenden SS-Verbände der Kontrolle des Höheren SS- und Polizeiführers punktuell zu entziehen und stärker in das Befehlsgefüge der 6. Armee einzubinden, wurden entschieden abgelehnt. „Der gewünschten Abgabe von 2 B[a]t[ai]l[lon]en der 1. SS-Brigade“, konterte Jeckeln kühl ein entsprechendes Ansinnen des Armeeoberkommandos 6, „kann nicht entsprochen werden, da Reichsführer SS die Brigade zum geschlossenen Einsatz für besondere Aufgaben zur Verfügung gestellt hat“. 153 Unzweifelhaft war ein Aspekt des Einsatzauftrags für die SS-Einheiten die Bekämpfung von Truppenteilen der Roten Armee gewesen. Einige der Führer brannten darauf, sich auch militärisch zu bewähren und Orden zu sammeln. Bis auf Franz Magill, der offen zugab, daß seine Abteilung zu keiner Zeit in Kämpfe mit Rotarmisten verwickelt war, hatten militärische Auseinandersetzungen mit sowjetischen Truppenteilen bei den übrigen Einheiten auch stattgefunden. Wie die Verlustzahlen jedoch zweifelsfrei belegen, war deren Intensität abgesehen von den heftigen Gefechten des 10. SS-Regiments gering gewesen. Die im Ver-
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gleich zu den eigenen Verlusten ausgesprochen hohen Angaben über getötete sowjetische Soldaten legen nahe, daß die Brigaden Hunderte von Rotarmisten nach deren Gefangennahme kurzerhand ermordeten. Abgesehen davon lag der eigentliche Schwerpunkt der Einsätze beider Brigaden ganz eindeutig auf der Vernichtung der jüdischen Zivilbevölkerung. Hierbei realisierten die Einheiten des Kommandostabes eine neue, fürchterliche Eskalationsstufe. Während die Einsatzgruppe B ihr Vorgehen Anfang August 1941 noch mit dem begrenzten Motiv definierte, „die jüdisch-bolschewistische Führungsschicht möglichst wirksam zu treffen“ 154 , ermordeten beide Verbände der Waffen-SS zu gleicher Zeit jüdische Männer, Frauen und Kinder in einem vorher nicht dagewesenen Umfang. Die 1. SS-Brigade tötete von Ende Juli bis Mitte August 1941 etwa 7000 Jüdinnen und Juden jeden Alters. Die berittenen Schwadronen der beiden Reiterregimenter übertrafen diese Dimension noch um ein Vielfaches. Fegelein legte am 13. August ein schriftliches Resümee vor, in dem er die „Gesamtzahl der erschossenen Plünderer“ mit 13 788 angab. 155 Tatsächlich müssen die Reiterschwadronen beider Regimenter zusammen jedoch ungefähr 25 000 Juden ermordet haben. Beide Brigaden wurden bei ihren Vernichtungsaktionen immer wieder von einheimischen Christen unterstützt. Sie boten ihre Mithilfe an, verrieten die Häuser der Juden, hoben Erschießungsgruben aus und gingen oft genug selbst noch auf die Jagd nach Juden, um die Bürger des gleichen Wohnortes, oftmals sogar die eigenen Nachbarn, dem sicheren Tod durch die SS-Einheiten auszuliefern. Solche Hilfsmaßnahmen der Einheimischen haben die Vernichtungsaktionen der Deutschen erheblich erleichtert und beschleunigt. Bei den Massakern der Brigaden waren erstmals überhaupt neben jüdischen Männern systematisch auch Tausende von Frauen und Kinder ermordet worden. Damit markiert dieser Einsatz der Verbände des Kommandostabes den eigentlichen Auftakt zur Shoah in der Sowjetunion. 156 Zurecht haben Historiker darauf verwiesen, daß Ende Juli 1941 auch andere Einheiten zum Mord an jüdischen Frauen und Kindern übergegangen waren. 157 Allerdings erreichten weder die Einsatzkommandos 3, 9, 10a sowie 10b noch das Polizeibataillon 322 oder das Reservepolizeibataillon 45 während dieses Zeitraums auch nur annähernd jene Dimension des Massenmordes, die die SS-Brigaden mit ihren Einsätzen in der ersten Augusthälfte in die Tat umsetzten. 158 Mit den so radikal wie nie zuvor realisierten Erschießungen ließen diese Verbände auch die bisherigen Vernichtungszahlen der Einsatzgruppen oder der Bataillone der Ordnungspolizei weit hinter sich. Bis Ende Juli 1941 hatten die Einsatzgruppe C und die diversen Polizeieinheiten in Ostgalizien zusammen ungefähr 7000 Menschen ermordet; die 1. SS-Brigade verwirklichte eine derartige Vernichtungsquote allein in den folgenden zwei Wochen. 159 Im Bereich der Heeresgruppe Mitte konnte die Einsatzgruppe B im gleichen Zeitraum eine Mordbilanz von 11084 Menschen präsentieren; die Mehrzahl von ihnen waren Juden. In den beiden Wochen darauf ermordeten allein die Reiterschwadronen der SS-Kavallerie mehr als doppelt so viele Juden. 160
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Das Vorgehen der einzelnen Einheiten des Kommandostabes bei der Realisierung der Massenmorde stellte sich als durchaus unterschiedlich heraus. Am radikalsten von allen eingesetzten Verbänden verfuhr die Reitende Abteilung des SS-Kavallerieregiments 1 unter dem Kommando Gustav Lombards. Dessen Schwadronen ermordeten in einem Gebiet von mehr als 4000 Quadratkilometern Größe die gesamte jüdische Bevölkerung. In mehreren Kleinstädten wurden Gemeinden mit teils jahrhundertealter Geschichte komplett vernichtet und mit den Menschen die traditionsreiche jüdische Kultur eines ganzen Landstrichs in wenigen Tagen ausgelöscht. Die in den Schtetl wohnenden jüdischen Männer, Frauen und Kinder wurden mit größtem Nachdruck verfolgt und erschossen. Vorerst verschont blieben nur die im Randbereich an den Nachschubstraßen gelegenen Orte. In aller Deutlichkeit schrieb Lombard dazu in seinem Abschlußbericht: „Die an der Rollbahn gelegenen Orte wurden auf Rückfrage zunächst ausgelassen, weil die Juden zur Zeit für den Arbeitsdienst an der Rollbahn herangezogen werden müssen. Die Entjudung wird wohl später durch die Polizei ausgeführt.“ 161 Diese Reiterschwadronen waren damit die ersten Einheiten, die im deutschen Einflußbereich auf der Grundlage von organisiertem Massenmord ein Gebiet als faktisch „judenfrei“ meldeten – eben als „entjudet“, wie Lombard sich ausdrückte. Die beiden Infanterieregimenter der 1. SS-Brigade legten eine davon abweichende Mordpraxis an den Tag. Zwar töteten sowohl die Männer des 8. als auch des 10. Regiments von Beginn an Juden und Jüdinnen, Erwachsene und Kinder, jedoch führten beide Verbände offenbar keine Totalliquidierungen jüdischer Gemeinden aus. In den mehrmals wechselnden Einsatzräumen im rückwärtigen Heeresgebiet Süd und im Operationsraum der 6. Armee ließen die SS-Männer einen Teil der arbeitsfähigen jüdischen Bevölkerung sowie zahlreiche jüdische Handwerker mit ihren Familien auf Verlangen der Wehrmacht noch am Leben. Am deutlichsten hatte sich bei den bisherigen Einsätzen die Praxis der Reitenden Abteilung des 2. SS-Kavallerieregiments vom Vorgehen der übrigen Einheiten unterschieden. Zwar erreichte Magills Abteilung die höchste Mordrate aller eingesetzten Teilverbände; seine Schwadronen legten die grundsätzlichen Instruktionen und Einsatzbefehle jedoch so eng aus, daß nach einem insgesamt zögerlichem Beginn von den Reitereinheiten des 2. Regiments fast ausschließlich Juden männlichen Geschlechts getötet wurden. Unter den Opfern waren allerdings wie in Pinsk auch viele Kinder. 162 Die innerhalb der grauenvollen Gesamtbilanz deutlich differierenden Ergebnisse der einzelnen Einheiten resultierten aus der unverkennbaren Interpretierbarkeit der von höherer Stelle gegebenen Befehle und dem unterschiedlich stark ausgeprägten Interpretationswillen der einzelnen Kommandeure. Mit dem linearen und einseitigen Verhältnis von bloßem Befehl und Gehorsam ist der radikale Schritt hin zur ‚Endlösung‘ in der Sowjetunion, der sich mit dem Einsatz der beiden Brigaden des Kommandostabes Anfang August 1941 erstmals deutlich abzeichnete, nicht hinreichend zu beschreiben. Grundlage der Massenmorde die-
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ser Verbände war vielmehr ein vielschichtiges Kommunikationsgeflecht zwischen impulsgebender Zentrale und handelnder Peripherie vor Ort. Himmler und letztlich auch Hitler formulierten immer wieder verschiedenartig auslegbare Anweisungen, bei denen sie selbst im voraus nie sicher sein konnten, wie die immanenten Entscheidungsspielräume ausgelotet und der eigentliche Wortlaut letztlich in die Tat umgesetzt werden würde. Wie bei jedem Radikalisierungsschritt in der deutschen Judenpolitik wurde schließlich auch bei der Ingangsetzung der Shoah in der Sowjetunion Neuland betreten. Auf dieser neuen Stufe der Vernichtungspraxis existierten schlicht noch keine Erfahrungswerte und es war nicht vorhersehbar, welche Erfolge oder Widrigkeiten sich im Verlauf der Realisierung einstellen würden. Die Initiativen aus der Zentrale wurden mitunter direkt, oftmals aber auch vermittelt durch den Kommandostab oder die Höheren SS- und Polizeiführer an die Mordverbände weitergegeben. Dort hatten die Einheitsführer den Sinn der Anweisungen zu erfassen. Je radikaler Antisemitismus, nationalsozialistische Weltanschauung und die Bereitschaft, zivilisatorische Schranken durch persönliches Handeln niederzureißen, bei den einzelnen Kommandeuren verankert waren, desto schärfer fielen die Interpretationen der Anweisungen und die Versuche zu deren Umsetzung aus. Lagen dann erste Ergebnisse der Mordeinheiten vor, konnten Himmler, Knoblauch, Jeckeln oder Bach-Zelewski diese auswerten und in der Konsequenz Belobigungen aussprechen, ermuntern oder Nachbesserungen fordern. Die beschriebene Entscheidungsstruktur existierte längst nicht nur im Rahmen des Kommandostabes und der unterstellten Brigaden. Ihre Geltung entfaltete sich genauso in anderen Bereichen des SS-Apparats oder an anderer Stelle des nationalsozialistischen Systems im allgemeinen. So hatte Heydrich das gleiche Prinzip bereits im September 1939 hervorgehoben. An die in Polen operierenden Einsatzgruppen gerichtet, hatte er damals geschrieben: „Es ist selbstverständlich, daß die heranstehenden Aufgaben von hier in allen Einzelheiten nicht festgelegt werden können. Die nachstehenden Anweisungen und Richtlinien dienen gleichzeitig dem Zwecke, die Chefs der Einsatzgruppen zu praktischen Überlegungen anzuhalten.“ 163 In ganz ähnlichem Sinn riet Göring Alfred Rosenberg während der Besprechung am 16. Juli 1941 bei Hitler, er als künftiger Reichsminister für die besetzten Ostgebiete dürfe „die eingesetzten Leute ja nun nicht ständig gängeln, sondern diese Leute müssten doch sehr selbständig arbeiten“ können.164 Auf diese Weise mußte sich die obere Entscheidungsebene um Hitler, Himmler und andere führende Nationalsozialisten gar nicht mit Detailfragen vor Ort befassen, statt dessen hatten die dortigen Entscheidungsträger die passenden Antworten zu finden. Im beständigen Wechsel zwischen lokalen, regionalen und zentralen Impulsen konnten auf diese Weise binnen relativ kurzer Zeit immer wieder effiziente Lösungen für den nächsten Radikalisierungsschritt in der deutschen Judenpolitik gefunden und unpraktikable Alternativen ausgeschlossen werden. 165 Eine solche Struktur erklärt auch, warum Tagesmeldungen und Tätigkeitsberichten, also einer konstanten Kommunikation während des Einsatzes der SS-
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Brigaden, eine so eminent wichtige Bedeutung zukam. Die Höheren SS- und Polizeiführer, der Kommandostab und Himmler waren auf tägliche Meldungen der Verbände vor Ort angewiesen, um sich ständig ein Bild davon machen zu können, wie die Einsatzaufträge interpretiert und umgesetzt wurden. Nur dieser fortwährende Informationsfluß ermöglichte die von Himmler oder den Höheren SS- und Polizeiführern vorgenommenen Korrekturen. Nur so ergab sich auch die Möglichkeit eines adäquaten Reagierens auf etwaige Fehlentwicklungen, wie sie sich beispielsweise in den Tagesmeldungen des 2. SS-Kavallerieregiments abzeichneten. Wie vorher schon bei den Verbrechen in Polen richtete sich der Tenor des Gesamturteils nach der radikalsten Interpretation, die fortan auf einem neuen Niveau der Realisierung von Massenverbrechen den allgemein geltenden und von anderen Einheiten erst noch zu erreichenden Standard markierte. Reguliert wurde das gesamte System über den simplen, aber hochwirksamen Mechanismus von Anerkennung und Ablehnung. Lombard konnte sich für seine Auslegung der erteilten Anweisungen absolut bestätigt fühlen. Nachdem er die Reitende Abteilung auf ihrem Vernichtungszug durch das nordwestliche Pripjetgebiet geführt hatte, erfuhr er von seiner Ernennung zum Kommandeur des 1. SS-Kavallerieregiments. 166 Den Offizieren der 1. SS-Brigade wurde dagegen deutliche Kritik Himmlers zuteil. Wenige Tage später wurde ihnen von Jeckeln offenbar nochmals die Aufforderung zu einem radikaleren Vorgehen vermittelt. Die deutlichste Ablehnung bekamen die Entscheidungsträger beim SS-Kavallerieregiment 2 zu hören, dessen Reitende Abteilung eine so evidente Abweichung von der Praxis Lombards gezeigt hatte. Nachdem unmißverständliche Aufforderungen zum Einschwenken auf eine radikalere Vernichtungspraxis nur bedingt gefruchtet hatten, wurde Magill als verantwortlicher Kommandeur der Abteilung prompt seines Postens enthoben.167 Regimentskommandeur Hierthes, dem es letztlich auch nicht gelungen war, die Reiterschwadronen seines Verbandes auf die Ermordung von jüdischen Frauen und Kindern einzuschwören, wurde am Tage nach Beendigung des ersten Einsatzes seines Regiments auf Veranlassung Himmlers ebenfalls versetzt. 168 Das differenzierte Verhältnis von Impulsen und Interpretationen, die in unterschiedlicher Abfolge zwischen Zentrale und Peripherie wechselten, setzte auf der Seite der vor Ort handelnden Personen einen unbedingten Einsatzwillen und die radikale Übereinstimmung mit den sich abzeichnenden mörderischen Zielen der deutschen Judenpolitik voraus. Auf Seiten der Brigaden standen dafür Einheitskommandeure bereit, die wie dargestellt in der Mehrzahl bereits lange vor 1933 in der nationalsozialistischen Bewegung aktiv waren und ausgezeichnete Beurteilungen als Vorkämpfer für die Sache der SS vorweisen konnten. Wie das differierende Verhalten beim Massenmord aber deutlich offenbarte, existierten selbst innerhalb dieser Personengruppe alter Nationalsozialisten und treuer Mitstreiter in der SS deutliche Unterschiede. Der 1905 geborene Emil Adolf Sator beispielsweise hatte sich im Juni 1931 den Nationalsozialisten angeschlossen und war um-
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gehend in die SS eingetreten. Im Sommer 1937 fand er als Offizier bei der Totenkopfstandarte „Thüringen“ in Weimar-Buchenwald Verwendung; von dort wurde er als Taktiklehrer zur Junkerschule Braunschweig kommandiert. Im Januar 1941 wurde Sator zur 10. Totenkopfstandarte versetzt, dessen III. Bataillon er schließlich nach der Umstrukturierung zum Regimentsverband im Sommer 1941 in die Sowjetunion führte. War Sator schon in seiner Heimatstadt als fanatischer Nationalsozialist bekannt, galt er unter den SS-Mannschaften als „Schleifer ersten Ranges“ und hatte den Spitznamen „Satan“ inne. 169 Diesem Beinamen machte Emil Sator während des Einsatzes seines Bataillons in Ostrog alle Ehre. Vor dem Massaker wandte sich der Bataillonskommandeur in einer Ansprache an seine Männer und sagte zur Begründung des bevorstehenden Massenmordes sinngemäß, die SS-Männer müßten sich erst an Blut gewöhnen, um sich dann an der Front wirklich bewähren zu können.170 Als dann die Erschießungen am Stadtrand von Ostrog im vollen Gange waren, und die Wehrmacht energisch gegen die Tötung ihrer Arbeitskräfte protestierte, ließ Sator sich nach heftigem Streit mit den Heeresoffizieren nur äußerst unwillig zu einem Abbruch des Massakers bewegen. Die Schilderungen über die anschließende zynische Ansprache, in der Sator die traumatisierten Überlebenden noch im Angesicht des Todes am Rand der Gruben zu fleißiger Arbeit anhielt, erlaubt einen aufschlußreichen Einblick in dessen radikal antisemitische, menschenverachtende Einstellung gegenüber den Juden. 171 Das Bild eines gehorsamen SS-Führers, der Erschießungsbefehle ohne persönlichen Tatbeitrag ausführte, spiegelt sich jedenfalls im Treiben von „Satan“ Sator keinesfalls wider. Lombard, der Kommandeur der Reitenden Abteilung des Kavallerieregiments 1, hatte sich bei der Umsetzung des Einsatzauftrags in eine vorher nie dagewesene Dimension von Massenmord an der gesamten jüdischen Bevölkerung besonders ausgezeichnet. Unter seinen Männern war er äußerst angesehen; liebevoll wurde er „Papa Lombard“ genannt. 172 Er selbst setzte bei der geistigen Munitionierung seiner Truppe prominent auf die Vermittlung von Judenhaß. Mit seiner damaligen Schwadron noch in Warschau stationiert, hatte Lombard im November 1940 bei seinem Vorgesetzten die Organisierung von Sondervorstellungen der örtlichen Kinos für die SS-Kavallerie angeregt. Seiner Überzeugung nach sollte dabei Veit Harlans antisemitischer Propagandafilm „Jud Süß“ gezeigt werden, der so Lombard, „sowohl künstlerisch wie inhaltlich besonders wertvoll ist und unter Zugrundelegung geschichtlicher Ereignisse lebendigen Aufschluß über die Judenfrage gibt“. Dieses Engagement dürfte dann auch ein nicht unerheblicher Grund dafür gewesen sein, warum seine Einheit nach den Angaben Fegeleins bereits im Generalgouvernement „in stärkstem Maße zu Exekutionen herangezogen“ wurde. 173 Vergleichbare antisemitische Initiativen fehlten bei Heinrich Hierthes, dem Kommandeur des 2. SS-Kavallerieregiments. Er trat im Mai 1933 in die NSDAP ein; zwei Jahre später bemühte er sich um Aufnahme in die SS. Nach einem Jahr Dienst in der 2. Standarte „Brandenburg“ landete Hierthes wie zuvor Sator bei
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der 3. SS-Totenkopfstandarte „Thüringen“ in direkter Nähe zum Konzentrationslager Buchenwald. Wegen seiner militärischen Erfahrung im Ersten Weltkrieg, an dem er zuletzt im Rang eines Oberleutnants teilgenommen hatte, stieg er in Eickes Totenkopfverband schnell auf. Seit November 1938 führte er die 3. Totenkopfstandarte als Nachfolger von Paul Nostitz unter anderem bei der Besetzung Tschechiens, während des Krieges gegen Polen und beim Frankreichfeldzug. Eicke stellte seinem Regimentskommandeur 1939 eine hervorragende Beurteilung aus und betonte, er könne sich „auf Hierthes in jeder Weise verlassen“. Über verschiedene Zwischenstationen wurde der Obersturmbannführer im April 1941 zum 2. SS-Kavallerieregiment versetzt und als Nachfolger von Magill mit der Führung des Reiterverbandes beauftragt. Während Eicke dem SS-Offizier noch bescheinigt hatte, ein „gefestigter Nationalsozialist“ zu sein, fiel Hierthes Beitrag zur Ausweitung des Massenmordes auf jüdische Frauen und Kinder im Pripjetgebiet recht zurückhaltend aus. 174 Zwar gab er die Befehle Fegeleins oder die Anweisungen Himmlers umgehend an die Reiterschwadronen vor Ort weiter, zusätzliche Initiativen seinerseits sind jedoch nicht nachweisbar. 175 Offenbar war es die fehlende Initiative bei der Ausweitung der Mordpraxis, die einen Umschwung in seiner SS-Karriere bedeutete. Fegelein selbst äußerte sich zu dieser Zeit gegenüber einem Stabsangehörigen negativ über den Regimentskommandeur und bezeichnete ihn abfällig als „alten Kommißknüppel“. 176 Wenige Tage später beschuldigte er Hierthes, bei einem Kampfeinsatz seines Regiments gegen einen Trupp versprengter Rotarmisten in der Führung versagt zu haben.177 Nach seiner Abkommandierung von der SS-Kavallerie wurde er zwar vorerst weiter als Regimentskommandeur eingesetzt, wegen einer „hochgradigen, nervösen Überreiztheit“ meldete er sich jedoch im Winter 1941/42 krank. Danach wurde Hierthes zum SS-Ersatzbataillon „Ost“ versetzt, was einem empfindlichen Karriereknick gleichkam. 178 Selbst Himmler beteiligte sich in der Folge an der Demontage des SS-Führers. In einem Brief an Gottlob Berger warnte er im März 1943 vor Hierthes und schrieb, dieser sei „müde und faul“. 179 Damit bleibt festzuhalten, daß die Einheitsführer, die bei den Einsätzen den mörderischen Inhalt der Anweisungen am weitestgehenden interpretierten und am radikalsten umsetzten, primär nicht nur überzeugte Nationalsozialisten, treue Anhänger des „Führers“ oder ehrgeizige Karrieristen der Waffen-SS waren. Ganz wesentlich waren diese Männer findige Offiziere, die den eigenen wahnhaften Antisemitismus bereitwillig in die Tat umsetzten. Diese SS-Führer realisierten eine neue Eskalationsstufe in der deutschen Judenpolitik, weil sie sich selbst überzeugt davon zeigten, daß es nunmehr das angemessene Ziel sei, möglichst alle sowjetischen Juden, egal ob Männer, Frauen oder Kinder zu ermorden. Eine solche Übereinstimmung mit den Motiven des Massenmordes setzte sich innerhalb der einzelnen SS-Verbände des Kommandostabes bis hin zu den Mannschaftsdienstgraden fort. Nach Begutachtung der Bilanz der beiden SS-Brigaden gab Himmler persön-
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lich Mitte August 1941 weitere Impulse. Wie beschrieben, empfing er am 12. August Friedrich Jeckeln, um ihn bezüglich der 1. SS-Brigade zur Durchsetzung einer massiveren Mordpraxis nach dem Vorbild der Reiterbrigade zu bewegen. Offenbar betrafen Himmlers Anweisungen aber nicht nur die Brigade, sondern bezogen sich auch auf die übrigen SS- und Polizeitruppen, die im Bereich des Höheren SS- und Polizeiführers Rußland Süd im Einsatz waren. Jeckeln muß bei dem Treffen offenbar eine grundsätzliche, die Ermordung der gesamten jüdischen Bevölkerung betreffende Anweisung Himmlers entgegengenommen haben. Nach Shitomir zurückgekehrt, ließ er den Inhalt des Auftrags jedenfalls umgehend Dr. Otto Rasch, dem Kommandeur der Einsatzgruppe C zukommen. Wenig später eskalierte die Tötungspraxis bei einzelnen Kommandos der Einsatzgruppe. 180 Am 14. August flog Himmler in Begleitung von Karl Wolff und Hans-Adolf Prützmann nach Baranowicze, wo er von Bach-Zelewski und Fegelein empfangen wurde. Bei dieser Gelegenheit wird er im Hinblick auf weitere Einsätze der SS-Kavallerie auf eine Fortsetzung der bisherigen Praxis von Lombards Schwadronen gedrungen haben. Zum gemeinsamen Mittagessen in der Dienststelle des Höheren SS- und Polizeiführers in Baranowicze war neben Bach-Zelewski, Fegelein und Lombard auch General von Schenckendorff geladen. Hierthes, der Kommandeur des für seine unzureichende Praxis gerügten 2. Reiterregiments, war nicht anwesend. Im Anschluß an das Essen und weitere Besprechungen mit den Anwesenden reiste Himmler am Nachmittag mit dem Auto nach Minsk. 181 Auf dem Weg machte der Konvoi 20 Kilometer hinter Baranowicze nochmals in Lachowicze Station. Himmler wurde dort von Führern und Unterführern der Reiterbrigade empfangen. 182 Zur gleichen Zeit war in der Stadt als einzige Wehrmachtseinheit die 4. Kompanie des Baubataillons 248 stationiert, die dort zu Ausbesserungsarbeiten an den Straßen der Umgebung eingesetzt war. Zu der Schwerstarbeit hatte die Kompanie zwangsweise mehrere hundert jüdische Männer des Ortes herangezogen. Ein Angehöriger der Wehrmachtseinheit wurde am 14. August unmittelbarer Zeuge des Himmler-Besuchs. An diesem Tag hatte ein Unteroffizier der SS-Kavallerie kurz nach Mittag am Zimmer des Bausoldaten geklopft und angefragt, ob er auf dessen sonnenbeschienenem Balkon einen Brief an seine Familienangehörigen schreiben dürfe. Nach wenigen Minuten verließ der Mann hastig seinen Schreibplatz und lief mit dem Hinweis, der Reichsführer käme, aufgeregt nach draußen. Von dem Balkon seines Zimmers beobachtete der Bausoldat, wie ein Konvoi mehrerer Limousinen vorfuhr und auf dem Marktplatz anhielt. Aus einem der Fahrzeuge stieg Himmler, der sogleich auf dem Platz von den angetretenen Führern und Unterführern der SS-Kavallerie begrüßt wurde. Er besprach sich mit einigen Offizieren, redete mit den anwesenden Männern und fuhr nach einer halben Stunde mit seiner Wagenkolonne wieder davon. Wenig später erschien der SS-Unterführer wieder im Zimmer des Bausoldaten und äußerte sofort: „Jetzt geht es aber rund, jetzt wird den Juden der Arsch aufgerissen.“ Dann
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erzählte er, Himmler habe soeben von einem Befehl Hitlers gesprochen, der besage, daß die Juden nunmehr alle ausgerottet werden würden. „Man wolle“, so die Äußerung Himmlers, „nicht noch einmal wie in Polen den Fehler begehen, die Juden in Ghettos zu sammeln. Dies seien nur Brutstätten für Seuchen und andere Krankheiten.“ 183 Bemerkenswert an der Schilderung des Wehrmachtsangehörigen ist die radikalisierende Wirkung, die der Himmler-Besuch im Folgenden in Lachowicze entfaltete. Bereits am 15. August, am Tag nach der Kurzvisite Himmlers, wurden zahlreiche Juden verhaftet. Einen Tag später organisierten Einheiten der Kavalleriebrigade eine Massenerschießung. Selbst ein großer Teil der 300 bis 400 beim Straßenbau eingesetzten jüdischen Zwangsarbeiter wurden nicht mehr verschont, sondern zusammen mit Frauen und Kindern von den SS-Reitern aus der Stadt getrieben und erschossen.184 Besonders hervorzuheben ist außerdem der von dem Wehrmachtszeugen überlieferte Hinweis auf die von der deutschen Führung zukünftig angestrebte Ermordung der sowjetischen Juden. Wenn auch der Verweis auf einen von Hitler erteilten und durch Himmler überbrachten „Befehl“ übertrieben sein wird und eher der Wichtigtuerei des SS-Unteroffiziers oder der späteren Interpretation des Bausoldaten entsprungen sein dürfte, stützt die Schilderung über die inhaltliche Stoßrichtung der Aussagen Himmlers doch weitgehend ganz ähnliche Schilderungen über dessen Auftreten am folgenden Tag in Minsk. Mit seiner hochrangigen Begleitung war der Reichsführer-SS am Abend des 14. August in Minsk eingetroffen. Wenig später hielt er in der Stadt eine Besprechung mit Wolff, Bach-Zelewski, Kiermaier, Grothmann und dem Chef der Einsatzgruppe B, Arthur Nebe, ab. 185 Am nächsten Vormittag war Himmler außerhalb von Minsk bei einer Massenerschießung von Juden anwesend, die von Männern des Einsatzkommandos 8 ausgeführt wurde. Die Ermordung der ungefähr 100 Männer und von mindestens zwei jüdischen Frauen beobachtete Himmler aus unmittelbarer Nähe. Im Anschluß an das Massaker betrachtete er die in der Grube liegenden Leichen und wendete sich dann mit einer Ansprache an die vor Ort versammelten Männer des Kommandos. Darin signalisierte er Verständnis für die schwierige Aufgabe der Schützen, betonte aber ähnlich wie am Vortag vor den SS-Reitern in Lachowicze, daß alle Juden ermordet werden müßten. 186 Unabhängig von seinen öffentlichen Besichtigungsterminen hatte Himmler in Minsk zudem genügend Gelegenheit, mit Bach-Zelewski und Nebe ausführlich über die beabsichtigte Vernichtung zu sprechen. 187 Am Vormittag des 16. August flog Himmler nach Rastenburg in Ostpreußen zurück, wo er Hitler während des gemeinsamen Mittagessens von den Fortschritten bei der Ausweitung der Judenvernichtung berichtete. 188 In einer kurzen Folge von Besprechungen hatte Himmler damit zwischen dem 12. und 15. August 1941 allen drei in der besetzten Sowjetunion tätigen Höheren SS- und Polizeiführern einen radikal erweiterten Auftrag zum Massenmord an der jüdischen Bevölkerung übermittelt. Die Hauptverantwortlichen für sämt-
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liche SS- und Polizeiverbände im Bereich der drei Heeresgruppen erhielten so zusätzliche Handlungsanweisungen zur Verwirklichung der systematischen Ermordung der Juden. Nur dringend benötigte Arbeitskräfte sollten vorübergehend noch verschont werden. Bei der gleichen Gelegenheit wurde bereits die Einsatzgruppe B unter Nebe von Himmler direkt instruiert. Eine Ausnahme im Rahmen dieser Auftragsvergabe bildete nur die Einsatzgruppe D. Deren Kommandeur Otto Ohlendorf reiste ohne den direkten Kontakt zu Himmler und ohne direkte Anbindung an einen Höheren SS- und Polizeiführers im August eigens nach Berlin, wo er von Heydrich über die neue Situation unterrichtet wurde. 189 Angesichts des erweiterten Tötungsauftrags ließen einige SS-Führer, die bereits für die Ermordung Hunderter jüdischer Männer verantwortlich waren, plötzliche Skrupel erkennen. Immerhin drei Kommandoführer, SS-Obersturmbannführer Erwin Schulz, der Chef des Einsatzkommandos 5, Erhard Kroeger vom Einsatzkommando 6 und der Kommandeur des Sonderkommandos 7a, Obersturmbannführer Walter Blume, ließen sich von ihren Posten ablösen und kehrten nach Berlin zurück, als sie im August 1941 von dem geplanten Massenmord an den jüdischen Frauen und Kindern erfuhren.190 Andere Einheiten setzten die geforderte Vernichtungspraxis umgehend um. Nachdem Otto Rasch zumindest einen Teil seiner Einheitskommandeure bei einer Besprechung am 12. August in Shitomir über den erweiterten Mordauftrag in Kenntnis gesetzt hatte, ging das Sonderkommando 4a unter Paul Blobel bereits zwei Tage später zur Ermordung von jüdischen Frauen über. In Bjelaja Zerkow erschoß das Teilkommando Häfner etwa 70 Jüdinnen und Juden. Eine Woche später wurden nach einer Intervention Walter von Reichenaus auch die sich selbst überlassenen, bisher überlebenden 90 Kinder durch das Sonderkommando getötet. 191 Weiter südlich ging das Sonderkommando 4b am 14. August ebenfalls zum unterschiedslosen Massenmord über. Bei einem Massaker in Kirowograd wurden an diesem Tag mehr als 200 jüdische Männer, Frauen und Kinder getötet. 192 Das Einsatzkommando 3 der Einsatzgruppe A, das schon Ende Juli mit begrenzten Erschießungen von Jüdinnen begonnen hatte, vermeldete unmittelbar nach der Rückkehr Prützmanns aus Weißrußland einen Quantitätssprung. Nach den Angaben des von Karl Jäger geführten Kommandos waren am 15. und 16. August in Rokiskis „3.200 Juden, Jüdinnen und J-Kinder“ erschossen worden. 193 Nachdem die Einsatzkommandos 11a und 11b der Einsatzgruppe D noch auf rumänischem Interessensgebiet in Kischinew beziehungsweise Tighina Anfang August zusammen mehrere hundert Jüdinnen und Juden getötet hatten, ging auch das Einsatzkommando 12 zum unterschiedslosen Massenmord über. Um den 20. August erschoß die von Gustav Nosske geführte Einheit im Zusammenwirken mit dem Sonderkommando 10b am Dnjestr in der Nähe von Jampol mehrere hundert jüdische Männer, Frauen und Kinder. 194 Noch im August 1941 gingen außerdem Teile des Einsatzkommandos 8 der Einsatzgruppe B, das Polizeibataillon 322 und das Jeckeln unterstehende Polizeiregiment Süd zur Er-
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Abb. 7. Ein Offizier der SS-Kavalleriebrigade begrüßt den gerade gelandeten Höheren SSund Polizeiführer, Erich von dem Bach-Zelewski, Sommer 1941.
mordung der gesamten jüdischen Bevölkerung ihrer Einsatzgebiete über. 195 Ende des Monats setzte Jeckeln in Kamenez-Podolsk dann ein Massaker in Gang, welches alle bis dahin bekannten Größenordnungen sprengte. Außerhalb der Stadt ermordete eine zusammengewürfelte Truppe von Angehörigen seines persönlichen Stabes, die von Jeckeln selbst großsprecherisch als „Stabskompanie“ bezeichnet wurde, unter tatkräftiger Mithilfe des Polizeibataillons 320 zwischen dem 26. und 28. August 23 600 jüdische Männer, Frauen und Kinder. 196 Zahlreiche weitere SS- oder Polizeieinheiten schwenkten in den folgenden Wochen auf die sich insgesamt nur allmählich durchsetzende Mordpraxis ein. 197 Der Prozeß der Ingangsetzung der Shoah in der Sowjetunion verlief so uneinheitlich, weil er von ganz unterschiedlichen Faktoren abhängig war. Schon allein die politischen Bedingungen für die Einsatzgruppe A im Baltikum, einer Region, die zügig „germanisiert“ werden sollte, waren ganz andere als die für die Einsatzgruppe D, die im August hauptsächlich noch von rumänischer Interessenssphäre aus operierte. 198 Hinzu kamen weitere Faktoren wie die momentane Auslastung und die generelle Tötungsbereitschaft der jeweiligen SS- und Polizeieinheiten. Auch die Vermittlung des Mordauftrags an die einzelnen Einheiten konnte vielfach nicht einfach über Nacht erfolgen, sondern erforderte eine Besprechung, die sich mitunter erst Wochen später ergab. Letztlich standen auch den einzelnen Einheitskommandeuren vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, um beispielsweise zur psychischen Schonung der eigenen Mannschaften den Übergang von
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der selektiven Erschießungspraxis zum unterschiedslosen Massenmord nur ganz allmählich zu realisieren. Die beschriebene Entwicklung zeigt dennoch überdeutlich, daß im August 1941 mit der unterschiedslosen Ermordung aller in der Sowjetunion lebenden Juden begonnen wurde. Mit erschreckender Konstanz setzte sich dieser Prozeß immer weiter durch und stand vor allem nie mehr zur Disposition. 199 Die entscheidende Bedeutung des Einsatzes der beiden Brigaden des Kommandostabes lag darin, erstmals überhaupt bewiesen zu haben, daß die von deutscher Seite angestrebte Beseitigung der sowjetischen Juden ganz real durch deren physische Vernichtung mittels Massenerschießungen verwirklicht werden könnte. Erst mit dieser, auf der Praxis seiner Brigaden gegründeten Erkenntnis, war Himmler mit dem unzweifelhaften Einverständnis Hitlers Mitte August umgehend an die weitere Konkretisierung des Vernichtungsplans gegangen. 200 Neben dem Kommandostab als unerläßlichem Koordinationsinstrument zwischen Himmler und den Verbänden vor Ort waren an dem angedeuteten Gesamtprozeß die Höheren SS- und Polizeiführer an zentraler Stelle beteiligt. Neben Himmler waren es Bach-Zelewski und Jeckeln, die die SS-Brigaden selbständig instruierten und deren Mordaktionen beaufsichtigten. Immer wieder besprachen sich beide mit den ihnen jeweils unterstehenden Brigadekommandeuren. Beide erteilten entscheidende Befehle und überwachten mehrmals persönlich die Massaker der Waffen-SS vor Ort. 201 Nach den vorhandenen Dokumenten zu urteilen, gelang es Bach-Zelewski etwas besser, durch tägliche Meldungen an Himmler die Mordpraxis der ihm unterstellten Verbände transparent zu machen. An Radikalität stand Jeckeln seinem Kollegen jedoch in nichts nach. Nach Abschluß der ersten Vernichtungszüge der Brigaden waren es in erster Linie erneut die Höheren SS- und Polizeiführer, mit denen Himmler die generelle Ausweitung des Mordauftrags besprach. Prützmann, Bach-Zelewski und Jeckeln gaben das neue Einsatzziel an die verschiedensten unterstellten Verbände weiter, beaufsichtigten dessen Umsetzung und realisierten selbst, wie Jeckeln in Kamenez-Podolsk, neue Dimensionen des Massenmordes. Diese zentrale Stellung der Höheren SS- und Polizeiführer bei der Radikalisierung des Massenmordes blieb auch den Alliierten nicht verborgen. Britische Abhörspezialisten hatten schon seit Kriegsbeginn den Verschlüsselungscode der Ordnungspolizei geknackt, über den auch ein Großteil der Berichterstattung der Höheren SS- und Polizeiführer abgewickelt wurde. Nach Gewahrwerden der Bedeutung ihrer Einsatzmeldungen urteilten die Briten in Bezug auf das Vorgehen Prützmanns, Bach-Zelewskis und Jeckelns am 21. August 1941 treffend: „Die Führer der drei Gebiete wetteifern anscheinend um die ‚besten‘ Ergebnisse“. 202 Nicht zuletzt war für das Gelingen des Einsatzauftrags der Brigaden deren Verhältnis zur Wehrmacht von eminenter Bedeutung. So lange die Waffen-SS sich nicht anschickte, die jüdischen Handwerker oder andere zur Zwangsarbeit bestimmte Juden zu erschießen, gestaltete sich das Verhältnis zu den Orts- oder Feldkommandanturen völlig unproblematisch. Die Vernichtungsaktionen der Waffen-SS wurden lediglich stillschweigend zur Kenntnis genommen. Wie in
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Zwiahel beim Transport der Juden mit Heereslastwagen zur Erschießungsstätte war die Wehrmacht mitunter auch tatkräftig beteiligt. Gerade wegen der engen Kontakte zu Wehrmachtsstellen und der generellen Verwendung in den unter Militärverwaltung stehenden Gebieten wurde die Judenvernichtung in der Berichterstattung der SS-Brigaden oder des übergeordneten Kommandostabes grundsätzlich als ein Aspekt ausgegeben, der wie selbstverständlich zum Kontext militärischer Sicherungsaufgaben dazugehörte. Dieser Zusammenhang war bewußt konstruiert, um die mörderische Zielsetzung der SS im Hinblick auf die jüdische Bevölkerung vor der Wehrmacht zu legitimieren und die Massaker mit Unterstützung von örtlichen Heeresstellen und der kollaborierenden Bevölkerung reibungslos verwirklichen zu können. In Wirklichkeit unterschied die SS genau zwischen den militärischen Belangen der Wehrmacht und den eigenen, ideologischen Motiven. Daß das Konstrukt von der militärischen Relevanz der Judenmorde keinen realen Gehalt hatte, hob intern selbst Bach-Zelewski hervor. Über Fegelein, den er persönlich nicht sonderlich mochte, schrieb der Höhere SS- und Polizeiführer abfällig in sein Tagebuch, der Kavalleriekommandeur erwecke den Eindruck, als bestreite er „den Russenfeldzug allein“. In Wirklichkeit täte er jedoch nichts anderes, „als Berichte schreiben“; dabei habe die Brigade während des gesamten Einsatzes im Pripjetgebiet nur Verluste von zwei Toten gehabt, die auch noch selbst auf eine Mine gefahren seien. 203 Die Wehrmacht schritt bis auf den Fall des augenscheinlich von der dortigen Ortskommandantur erzwungenen Abbruchs der Massenerschießungen in Ostrog nirgendwo gegen die ausufernden Morde ein. Vielmehr wurde im Zusammenhang mit dem militärisch nützlichen Aspekt des Erscheinens der SS-Brigaden letztlich sogar noch der damit einhergehende Massenmord positiv vermerkt. Schenckendorff biederte sich bei Himmler persönlich an und ließ ihm ein großes Lob für den Einsatz der SS- und Polizeitruppen in seinem Befehlsbereich zukommen. Der Oberquartiermeister des Kommandostabes berichtete dazu: „Gelegentlich einer Vorsprache des O.Qu. [Oberquartiermeister] beim Ib [Versorgungsoffizier] des Befehlshaber rückw. Heeresgebiet Mitte liess General der Inf. von Schenckendorf [sic] den O.Qu. zu sich bitten, um zum Ausdruck zu bringen, dass er aufrichtig bedaure, den Reichsführer-SS bisher noch nicht persönlich aufgesucht haben zu können. Er lege Wert darauf, dass der Reichsführer-SS erfahre, dass Einsatz und Verhalten der SS und Polizei bei Mitte seine volle Anerkennung finde und dass die Zusammenarbeit der Wehrmacht und Polizei ganz vorzüglich sei.“ 204 Schenckendorff übernahm zudem gleich selbst das von der Kavalleriebrigade zur Legitimierung der Morde herangezogene Stereotyp von den Juden als Unruhestiftern und Unterstützern des Bolschewismus. In einem Bericht an das Oberkommando des Heeres schrieb der Wehrmachtsgeneral am 10. August 1941 über das Ergebnis des ersten Einsatzes der SS-Kavallerie, durch „Niederdrükkung der Juden dürfte das Gebiet als befriedet angesehen werden“. 205 Das positive Verhältnis zu der SS-Truppe hatte bei Schenckendorff Tradition. Bereits 1940
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hatte er sich als Besatzungsoffizier im polnischen Garwolin sehr anerkennend über das Vorgehen der dort stationierten Schwadron der damaligen TotenkopfReiterstandarte geäußert. 206 Nicht viel anders waren die Reaktionen auf das Vorgehen der 1. SS-Brigade im Bereich der Heeresgruppe Süd. Als Jeckeln der 6. Armee am 31. Juli 1941 das Ergebnis der „Säuberungsaktion“ der Brigade übermittelte, verschwieg er keineswegs die Zahl der von der Waffen-SS ermordeten 1658 Juden. Der Lagemeldung fügte Oberst Heim, der Generalstabschef der 6. Armee, eine kurze handschriftliche Notiz bei. „Herzlichen Glückwunsch“ kritzelte der Wehrmachtsoffizier neben das Gesamtergebnis der Brigade, das unverblümt den Massenmord an der jüdischen Zivilbevölkerung belegte. 207 Die einvernehmliche Haltung gegenüber den Mordkommandos der SS hatte für die Wehrmachtskommandeure aber auch seine Schattenseiten. Wie die aktive Teilnahme von Soldaten des Heeres an den Massenerschießungen des SS-Infanterieregiments 8 in Zwiahel oder die Präsenz zahlreicher Wehrmachtsangehöriger unter den Zuschauern während der öffentlichen Hinrichtung in Shitomir zeigen, hatte das Heer häufig genaue Kenntnisse von den Verbrechen der SS. Oft genug nahmen Soldaten auch freiwillig an den Erschießungen teil. Bei solchem Verhalten befürchteten die Militärs sicherlich nicht ganz zu Unrecht das Entstehen disziplinarischer Probleme innerhalb der eigenen Truppe. Reichenau erließ daher am 10. August 1941 einen Befehl, der die freiwillige Teilnahme sowie das Zuschauen und Photographieren bei Erschießungsaktionen der SS verbot. Gleichzeitig ordnete er im Fall entsprechender Nachfragen der SS die Bereitstellung von Absperrmannschaften für die Mordaktionen durch die jeweiligen Ortkommandanturen an. Wie weitgehend Reichenau dabei selbst dem Vorgehen der SS zustimmte, unterstrich er in dem Befehl durch eine Formulierung, die die Massenmorde als „notwendige Exekutionen an verbrecherischen, bolschewistischen, meist jüdischen Elementen“ beschönigte. 208
X. „Partisanenbekämpfung“ und Massenmord. Kommandostab und SS-Brigaden bis zum Jahresende 1941 1. Aktivitäten des Kommandostabes Mit den ersten Einsätzen seiner truppendienstlich unterstellten Brigaden hatte der Kommandostab Reichsführer-SS demonstriert, welchen konkreten Charakter die befohlenen „Befriedungsaufgaben“ in den besetzten sowjetischen Gebieten angenommen hatten. Die Judenvernichtung blieb in den folgenden Monaten als wichtiges Aufgabenfeld erhalten. Im September 1941 gab der Stab die bereits eingangs zitierten Richtlinien weiter, in denen mit den Juden als „besten Nachrichtenübermittlern“ ein neues antisemitisches Stereotyp als vorgeschobene Begründung für ihre Ermordung kreiert wurde. 1 Wenige Tage zuvor hatte Hauptsturmführer May von der Ic-Abteilung des Kommandostabes antisemitische Projektionen der SS-Kavallerie, die exakt auf das gleiche Stereotyp abzielten, umgehend an alle Verbände weitergegeben. 2 In der zweiten Augusthälfte war May unter anderem in Sachen Judenmord wieder vor Ort in den eroberten Gebieten unterwegs. Im Heeresgebiet Süd ließ er sich von hohen Wehrmachtsoffizieren über die geplanten militärischen Operationen unterrichten. Dies sei notwendig, resümierte der Hauptsturmführer, „um abschätzen zu können, wo zunächst weiterhin die politische Befriedung einzusetzen hat und damit der Schwerpunkt der Arbeiten des Reichsführers-SS liegt“. Außerdem sprach May mit früheren Vorgesetzten und Kollegen aus dem Reichssicherheitshauptamt. „Gelegentlich dieser Fahrt“, schrieb er dazu, „wurde gleichzeitig Rücksprache gehalten mit den jeweiligen Kommandeuren der Einsatzgruppen C u. D der Sicherheitspolizei und des SD. Diese Rücksprache ergänzt die Unterrichtung durch die Heeresgruppe über den Verlauf der weiteren Operationen und gab zugleich einen ausführlichen Überblick über den Stand der politischen Befriedung in der westlichen und mittleren Ukraine.“ Ins Stabsquartier im ostpreußischen Arys zurückgekehrt, informierte May im Beisein von Knoblauch am 29. August Himmler über das Ergebnis seiner Besprechungen. Die in der Ukraine nunmehr in Gang gesetzte Shoah wird dabei eine wichtige Rolle gespielt haben.3 Währenddessen hatte sich die Funktion des Kommandostabes als Koordinationsinstrument beim Massenmord schnell herumgesprochen. Am 8. August ging in Arys eine telefonische Anfrage des Kriminalsekretärs Schnippering von der Gestapo aus dem nahen Lyck ein, in der er um Unterstützung bat. In dem aufgezeichneten Protokoll heißt es: „Grenzpolizeikommando Lyck bittet um sofor-
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tige Nachricht ob von der Waffen-SS ein Exekutionskommando zur Exekution von ca. 800 Zivilgefangenen bestellt werden kann, da keine Ordnungspolizei dazu zur Verfuegung steht. Es wird bis 21.00 Uhr um Nachricht gebeten, ob und wann Exekutionskommando gestellt werden kann.“ 4 Über die Organisierung des Massenmords und die Verbreitung antisemitischer Stereotype hinaus agierte der Kommandostab jedoch eher konzeptionslos. Welche Aufgaben der Stab neben der truppendienstlichen Führung der unterstellten SS-Verbände und seiner Tätigkeit als Nachrichtenaufbereiter für Himmler überhaupt erfüllen sollte, war an keiner Stelle wirklich definiert worden. Für eine Kampfführung gegen Partisanen, die sich mit den ersten Einsätzen der Brigaden abzuzeichnen begann, war der Stab jedenfalls nur ungenügend vorbereitet. Dazu fehlte schon allein das nachrichtendienstliche Personal, das wirklich in der Lage gewesen wäre, Gegneranalysen zu entwerfen und die Feindlage in den besetzten Gebieten adäquat beurteilen zu können. Daß etwa May ein äußert radikaler Überzeugungstäter war, hatte er bereits hinlänglich bewiesen. Seine vorherige Arbeit bei der SD-Amtsgruppe für Wirtschaftsangelegenheiten prädestinierte den jungen Akademiker zwar für eine wichtige Rolle bei der Judenvernichtung, nicht aber für eine erfolgreiche Arbeit bei der Analyse der sowjetischen Partisanenbewegung. Auch mit Kurt Knoblauch als früherem Führungsoffizier von SS-Verbänden oder Ernst Rode als Ausbildungsoffizier der Ordnungspolizei waren in der Führungsebene keine speziellen Fachkräfte zur Bekämpfung des sich langsam entwickelnden Untergrundwiderstands in der Sowjetunion vertreten. Diese Ausgangslage stellte sich auf der unteren Sacharbeiterebene nicht anders dar. Das zeigt generell eine konzeptionelle Schwäche des Kommandostabes auf, der seinerzeit unter der Prämisse eines erwarteten kurzen Krieges aufgestellt worden war. Mit wirklichem Widerstand in den besetzten Gebieten hatte die SS gar nicht gerechnet; diesbezügliche Vorkehrungen waren deshalb gar nicht in die Planungen einbezogen worden. So fungierte der Stab ab Herbst 1941 hauptsächlich weiter als Glied in der Kommunikationskette zwischen Himmler auf der einen und den Höheren SSund Polizeiführern sowie den SS-Brigaden auf der anderen Seite. Mit einmonatiger Verspätung gab er am 18. November den Reichenau-Befehl an die unterstellten SS-Verbände weiter, der, so das Begleitschreiben Rodes, „die Billigung des Führers gefunden“ habe. 5 Am selben Tag wurde mit dem von Himmler persönlich gezeichneten Kommandobefehl Nr. 42 ein längerer Text herausgegeben, der sich erstmals konkret mit der sowjetischen Partisanenbewegung und deren Bekämpfung befaßte. Darin wurde gar nicht unzutreffend der NKWD als Organisator sowie versprengte Rotarmisten und kommunistische Funktionäre als Personal der Partisanen identifiziert. Als eigentliches Ziel der Bekämpfungsmaßnahmen befahl Himmler ausdrücklich nicht die „Vertreibung“, sondern die „Vernichtung“ der sowjetischen Partisanen. Alle Einsätze in diesem Zusammenhang sollten in enger Absprache mit den Kommandos der Einsatzgruppen organisiert werden. Darüber hinaus sei auf eine genaue Vernehmung vermeintlicher Partisa-
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nen zu achten; daher dürften sie keinesfalls sofort erschossen werden.6 Der Inhalt dieser, in Zusammenarbeit mit dem Reichssicherheitshauptamt erstellten Anweisung war keinesfalls neu. Schenckendorff hatte für sein rückwärtiges Heeresgebiet Mitte schon zwei Monate früher einen Stabsbefehl erlassen, der das Papier der SS weitgehend vorwegnahm. 7 Damit hatte der Kommandostab und speziell dessen Ic-Abteilung, volle fünf Monate gebraucht, um im ureigenen Aufgabengebiet der „Befriedung“ des besetzten Landes eine halbwegs angemessene Lageeinschätzung zu erstellen. Das belegt wiederum, daß der Stab gar nicht auf die Bekämpfung eines realen Gegners vorbereitet war, sondern von vornherein nur von einem nationalsozialistisch-ideologisch geprägten Gegnerbegriff geleitet wurde. Danach sollten „Bolschewisten“ und vor allem Juden ausfindig gemacht und getötet werden. Als sich in den besetzten Gebieten im Verlauf der unerwartet langen Kriegsdauer mit den ersten Partisanengruppen ein wirklicher Gegner abzuzeichnen begann, zeigte sich der Kommandostab wenig befähigt, auf diese neue Lage zu reagieren. Neben der radikalen Gesamtkonzeption blieb dessen personelle Zusammensetzung weit hinter den ursprünglichen Planungen zurück. Nach einer Aufstellung von Mitte Juli 1941 sollte der Stab 677 SS-Führer, Unterführer und Männer umfassen. Die tatsächliche Stärke betrug zur gleichen Zeit jedoch nur 439 Mann, 75 Führer und 364 Unterführer und Mannschaften. In den folgenden Monaten sank die Stärke kontinuierlich weiter ab, unter anderem deshalb, weil Mannschaften und SS-Führer immer wieder zur Auffüllung von Fehlstellen zu den Brigaden versetzt wurden. Ende September bestand der Stab noch aus 342 Führern, Unterführern und Männern und zum Jahresende belief sich die Gesamtstärke nur mehr auf insgesamt 286 Mann; darunter waren 39 SS-Führer, 53 Unterführer und 194 Mannschaftsdienstgrade. Damit wies er weit weniger als die Hälfte des ursprünglich geplanten Umfangs auf. 8 Währenddessen befanden sich alle drei Brigaden der Waffen-SS in der Sowjetunion im Einsatz. Die SS-Kavallerie wurde wenige Tage nach Abschluß ihrer ersten Einsätze im westlichen Polesje erneut in Marsch gesetzt. Seit dem 15. August 1941 rückten die Einheiten von der vorherigen Auffanglinie ausgehend innerhalb von zwei Wochen gut 150 Kilometer nach Osten vor. Am 30. August erreichten sie den Ptitsch und meldeten am 3. September mit dem Erreichen der Straße zwischen Bobruisk und Mosyr die Beendigung des Gesamtauftrags der „Befriedung“ der Pripjet-Sümpfe. 9 Zur gleichen Zeit wurde deren militärische Gliederung von dem anfänglichen zwei einzelnen Regimentern in eine vollwertige Brigade vollendet; aus der ad hoc zusammengestellten Vorausabteilung wurde dabei die sogenannte Radfahr-Aufklärungsabteilung gebildet. 10 Im Zuge der Erweiterung des rückwärtigen Heeresgebiets Mitte nach Osten und der raschen Übergabe ehemaliger militärischer Operationsgebiete an die Zivilverwaltung wurde der SS-Kavallerie am 5. September ein neuer Einsatzraum zugewiesen. 11 Nun war die Brigade mit der „Säuberung“ der Region zwischen Pripjet und Dnjepr beauftragt. Der Einsatzraum reichte von einer Linie
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zwischen Mosyr und Retschiza im Norden bis zur Mündung des Pripjet in den Dnjepr im Süden.12 Im Anschluß verlegte Schenckendorff die SS-Kavallerie am 29. September in das 200 Kilometer nördlich von Smolensk gelegene Toropez. 13 In der Gegend operierte Fegeleins Truppe im Rahmen der sogenannten Partisanenbekämpfung bis in die zweite Dezemberhälfte. Nach dem Beginn der massiven sowjetischen Gegenoffensive wurde die Brigade dann am 20. Dezember der 9. Armee unterstellt, auf Schlitten in den Frontbereich westlich von Rshew verlegt und dort ab Anfang Januar 1942 in schwere Kämpfe mit der Roten Armee verwickelt. 14 In der Ukraine setzte die 1. SS-Brigade ihren Einsatz im Bereich der 6. Armee in der zweiten Augusthälfte fort. Bis zum 25. August 1941 operierte der Verband im Raum um Emilczyn, Bialokurowicze und Korosten.15 Im Anschluß daran folgte eine Verwendung im inzwischen erweiterten rückwärtigen Heeresgebiet. Auf Befehl Jeckelns sollte die Gegend nördlich von Korosten bis an die Trennungslinie zum Operationsgebiet der Heeresgruppe Mitte „gesäubert“ werden. Im Zuge dieses Einsatzes erreichten SS-Einheiten am 4. September Leltschicy und standen damit unmittelbar südlich des Raumes, durch den die Reiterbrigade Tage zuvor gezogen war. 16 Mitte September wurde die 1. SS-Brigade auf Befehl Jekkelns mehrere hundert Kilometer nach Südosten verlegt. Über Uman und Kriwoi-Rog erreichte der Verband um den 23. September den befohlenen Einsatzraum um Nikopol und löste dort das Sicherungsregiment 4 der Wehrmacht ab. 17 In den nächsten zwei Wochen war die SS im Flußgebiet des Dnjepr nördlich und östlich von Nikopol mit der Bekämpfung einer größeren Partisanengruppe und von sowjetischen Truppenteilen beschäftigt. Spähtrupps der Brigade überquerten dabei mehrmals den Fluß. 18 Auch der folgende Einsatz der Brigade berücksichtigte in hohem Maße die Wünsche der Wehrmacht. So entsprach Himmler einem Wunsch des Oberkommandos des Heeres, das am 7. Oktober eine Verwendung der Einheit im Rücken der zügig über Brjansk in Richtung Tula vorrückenden 2. Panzerarmee erbeten hatte. Die 1. SS-Brigade wurde dazu am 8. Oktober nach Konotop in Marsch gesetzt. 19 Schlechtes Wetter und katastrophale Straßenverhältnisse verzögerten den Vormarsch derart, daß der Raum erst um den 25. Oktober erreicht werden konnte. Damit war die Infanteriebrigade nun ebenfalls im rückwärtigen Heeresgebiet Mitte eingesetzt und Bach-Zelewski unterstellt. 20 Während in Konotop das Stabsquartier errichtet wurde, rückte das Gros der SS-Einheiten noch bis Anfang November in das zugewiesene Einsatzgebiet ein, das sich von Romny im Süden über eine Distanz von 160 Kilometern in nördlicher Richtung bis nach Semenivka und Seredyna-Buda erstreckte. In diesem Raum führte die SS bis in den Dezember 1941 systematische „Säuberungsaktionen“ durch. 21 Dieser Einsatz endete am 9. Dezember mit der Unterstellung unter die 2. Armee. Über Kromy wurde die Brigade in die Gegend von Russkij-Brod verlegt und noch im gleichen Monat an der Front gegen die vorrückenden Divisionen der Roten Armee eingesetzt. 22 Während die beiden anderen Verbände schon mehrere Wochen bei der Ermor-
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dung der sowjetischen Juden Verwendung gefunden hatten, verdichteten sich bei der 2. SS-Brigade erst Ende August 1941 Anzeichen für einen bevorstehenden Einsatz. In den Wochen zuvor hatten sich die massiven Probleme bei der Einheit fortgesetzt, die letztlich einen früheren Einsatz verhinderten. Nach der Herausnahme des 14. SS-Regiments aus dem Brigadeverband war von Himmler am 3. Juli zuerst Brigadekommandeur Karl von Treuenfeld wegen Querelen mit dem Chef des Kommandostabes abgelöst worden.23 Als dessen Nachfolger wurde tags darauf Gottfried Klingemann, der bisherige Kommandeur des SS-Infanterieregiments 4 mit der Führung der Brigade beauftragt. 24 Daneben war beim 5. SSRegiment eine Vielzahl disziplinarischer Probleme aufgetreten. Wie in einem Untersuchungsbericht zu den Vorkommnissen aufgelistet wurde, warf ein SSFührer bei der Ausbildung mit scharfen Handgranaten nach Einheitsangehörigen. Außerdem verkehrten die Frauen einiger Offiziere regelmäßig in der Kaserne oder wohnten teilweise sogar in der Truppenunterkunft. Mannschaftsangehörige unterhielten zudem verbotene sexuelle Kontakte zu Polinnen der umliegenden Orte. 25 Angesichts solcher Zustände verfügte Himmler am 13. August die Auflösung des Verbandes. 26 Als Ersatz wurde der Brigade Ende August das ebenfalls dem Kommandostab unterstehende Begleitbataillon Reichsführer-SS unterstellt, das bis dahin zur Sicherung von Himmlers Sonderzug „Heinrich“ eingesetzt gewesen war. 27 Nach den zahlreichen Rückschlägen erteilte der Kommandostab der 2. SS-Brigade am 31. August den Marschbefehl für deren Verwendung im Operationsgebiet der Heeresgruppe Nord. 28 Unter dem Kommando von Klingemann verließ der Verband am 3. September den Truppenübungsplatz Arys und unterstand mit Überschreiten der Reichsgrenze dem Höheren SS- und Polizeiführer Rußland Nord, Hans-Adolf Prützmann. 29 Auf dessen Vorschlag hin setzte die Wehrmacht zwei Bataillone des 4. SS-Regiments mit Genehmigung Himmlers ab dem 10. September zum Kampf gegen eingekesselte sowjetische Truppen bei Wyritza ein, während das Begleitbataillon in der Region zur Sicherung der Nachschubstraßen herangezogen wurde. 30 Im Anschluß wurde der gesamte SS-Verband zur Rollbahnsicherung und zur „Partisanenbekämpfung“ eingesetzt. 31 Ende September errichtete die Brigade in Tosno, etwa 40 Kilometer südöstlich von Leningrad, ihr Stabsquartier. Die einzelnen Teileinheiten operierten in den folgenden Wochen in einem Umkreis von maximal 50 Kilometern um Tosno. Dabei fand die Truppe in den rückwärtigen Gebieten eine kontinuierliche Verwendung bei der „Partisanenbekämpfung“. Die Brigade war dabei dem XXVII. Armeekorps unterstellt und damit ständig im rückwärtigen Armeegebiet eingesetzt. 32 Währenddessen fanden weitere Umstrukturierungen statt. Wegen der häufigen Luftangriffe sowjetischer Flugzeuge in der Region um Leningrad unterstellte der Kommandostab der Brigade die Flakabteilung „Ost“, die am 5. Oktober in Nordrußland eintraf. 33 Von Himmler wurde Mitte November außerdem das SS-Regiment 4 aus dem Verband herausgenommen und durch die hauptsächlich aus belgischen SS-Männern bestehende Freiwilligenlegion „Flandern“ ersetzt. Die
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Legion war dem Kommandostab erst Ende September unterstellt worden und erreichte den Einsatzraum in Nordrußland am 17. November. 34 Die 2. SS-Brigade operierte noch bis Mitte Dezember im Raum um Tosno; dann erging ein Befehl zur Verlegung in Winterunterkünfte westlich von Riga. Wegen der kritischen Frontsituation im Bereich der Heeresgruppe Nord wurde sie von Himmler jedoch schon am 23. Dezember wieder dem Oberkommando der Wehrmacht zur Frontverwendung zur Verfügung gestellt. 35
2. Der Mord an den sowjetischen Juden Judenvernichtung durch die SS-Kavalleriebrigade Nach ihrem ersten Einsatz im westlichen Pripjetgebiet führte die Reiterbrigade die Massenmorde nahtlos fort. Lediglich die vorgeschobene Legitimation für die Erschießungen wurde mit dem Überschreiten der ehemaligen polnisch-sowjetischen Grenze variiert. Waren Juden von den SS-Reitern bisher als „Plünderer“ getötet worden, stellte der Befehl für den nächsten Einsatz vielsagend fest: „Partisanenbanden arbeiten mit Unterstützung der jüdischen Bevölkerung Hand in Hand.“ Als Zielsetzung der ab dem 15. August beginnenden Aktionen wurde von Fegelein darüber hinaus bestimmt, die Gebiete müßten „endgültig befriedet“ werden. 36 Solche Formulierungen ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, daß der Hauptinhalt auch weiterhin in der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung des Einsatzgebiets liegen würde. Noch stärker als zuvor wurde dabei die Begründung für die Morde aus dem Sicherheitsinteresse der Wehrmacht und den diesbezüglichen Grundsatzbefehlen der Militärs abgeleitet. Teilweise konnten sich Fegeleins Einheiten bei ihren Vernichtungsaktionen formal ganz unmittelbar auf Anordnungen Schenckendorffs beziehen. So töteten SS-Reiter der 2., 3. und 4. Schwadron des 1. Kavallerieregiments zwischen dem 22. und dem 29. August im Verlauf mehrerer Einsätze die gesamte jüdische Bevölkerung des Ortes Starobin. Dabei wurden wahrscheinlich mindestens 500 Männer und Frauen ermordet. Nach der offiziellen, auch der Wehrmacht zugegangenen Darstellung der Brigade, hätten die dortigen Juden ihren Heimatort „zum Stützpunkt für die Partisanen“ gemacht und den „kleineren, friedliebenden Teil der Bevölkerung“ terrorisiert. Außerdem hätten Juden versucht, den eigenen Ort vor Ankunft der Deutschen in Brand zu stecken. Zur Begründung der Mordaktion verwies Lombard in einem Einsatzbericht darauf, daß „der Herr Befehlshaber“ Schenckendorff „auf eine endgültige Befriedung des Raumes Starobin besonderen Wert“ gelegt habe. 37 Allerdings vermittelte er der Wehrmacht nicht den ganzen Umfang seines Handelns. Lombard schilderte zwar in seinem auch für Schenckendorff bestimmten Bericht ganz offen, als Konsequenz der Lage vor Ort sei in Starobin „die Erschiessung sämtl. jüdischen Männer befohlen und durchgeführt“ worden. Mit keinem Wort ging er allerdings auf die gleichzeitig stattgefundene Ermordung der jüdischen Frauen ein, die aus den internen Meldungen der einzelnen Schwadronen jedoch eindeutig hervorgeht.38
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Schon im Sommer 1941 entwickelte sich so die behauptete Verbindung der Juden zu den faktisch noch kaum existenten Partisanen im Bereich der Heeresgruppe Mitte zu einer der zentralen Legitimationsformeln für den Judenmord. Durch die offenbar auf Seiten der Wehrmacht bestehende grenzenlose Akzeptanz gegenüber dieser Formel ermutigt, entwarfen die Offiziere der SS-Kavallerie in der gleichen Logik bald weitere Argumentationslinien. Fegelein etwa dachte sich Anfang September 1941 noch den folgenden Begründungszusammenhang aus, der umgehend vom Kommandostab übernommen wurde: „Verbindungen der Partisanenabteilungen untereinander werden vor allem durch Juden aufrecht erhalten. Dörfer und Gehöfte, die judenfrei sind, waren bisher in keinem Falle Stützpunkt der Partisanen, wurden aber häufig durch Banden überfallen und geplündert.“ 39 Die auf purer Phantasie beruhenden Erkenntnisse fanden prompt reichlich Anklang bei den Wehrmachtsoffizieren im Bereich des rückwärtigen Heeresgebiets Mitte. Oberstleutnant Rübesamen, der Chef des Generalstabs bei Schenckendorff, las den betreffenden Bericht Fegeleins und hob beide zitierten Sätze durch Unterstreichung und Randmarkierungen positiv hervor. Mit seiner handschriftlichen Notiz „Vortrag Lombard!“ am Anfang des Berichts bekundete Rübesamen außerdem seinen Willen, sich die Erfahrungen der Waffen-SS bei dem als „Partisanenbekämpfung“ verkleideten Massenmord an den Juden genauer anhören zu wollen. Tatsächlich konnte Lombard schon Ende des Monats seine Erfahrungen vor einem illustren Kreis von Wehrmachtsoffizieren präsentieren. 40 Hinter solchen absurden Legitimationsversuchen ist der wirkliche Charakter der Einsätze immer schwerer zu rekonstruieren. Nur als Ausnahmefälle existieren auch Aussagen ehemaliger Einheitsangehöriger, die das Vorgehen der eigenen Einheiten in ihrer Systematik beschreiben. Ein früherer SS-Mann der Nachrichtenstaffel der Radfahraufklärungsabteilung sagte 1964 über das Vorgehen der SS-Kavallerie aus: „Nach meinen Beobachtungen gab es damals noch nicht viele Partisanen, und die wenigen, welche sich in dem Gebiet versteckt hielten, konnten von uns wegen der großen Ausdehnung kaum gestellt werden. Es kam öfter vor, daß wir bei solchen Einsätzen auf gar keinen Partisan gestoßen sind. […] Ganz anders verhielt es sich dagegen mit der jüdischen Bevölkerung. Fast in allen Siedlungen, seien es nun Städte, Dörfer oder nur einzelne Gehöfte, waren auch Juden wohnhaft. Diese befanden sich zahlenmäßig wohl in der Minderheit, doch waren sie fast überall vorhanden. Rein äußerlich konnte man sie von der übrigen Bevölkerung kaum unterscheiden, doch sprachen fast alle Juden deutsch oder konnten sich zumindest verständigen. Die Juden wurden überall, wo sie angetroffen wurden, von den Angehörigen unserer Einheiten zusammengetrieben und wurden entweder gleich oder in den folgenden Tagen erschossen. […] Juden wurden erschossen, weil sie eben Juden waren. Ein anderer Grund kann meines Erachtens nicht vorgelegen haben. Ich halte es für ausgeschlossen, daß Juden mit den Partisanen zusammenarbeiteten oder selbst partisanenverdächtig waren. Es ist mir nichts darüber bekannt, daß die Juden auch nur die geringste
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Handlung gegen die deutschen Truppen unternommen hätten. Sie verhielten sich nach meinen Beobachtungen immer friedlich und loyal. Außerdem bestand die Mehrzahl der Juden aus wehrlosen Frauen und Kindern bis herunter zum kleinsten Säugling. Auch bei ihnen wurden keine Ausnahmen gemacht.“ 41 An der Aussage ist einerseits die systematische Ermordung der jüdischen Bevölkerung in den weiteren Einsatzgebieten der Brigade hervorzuheben. Andererseits betonte der frühere SS-Mann den Umstand, daß die jüdische Bevölkerung nicht nur in den Städten, sondern auch in einer Vielzahl kleinerer Ortschaften verfolgt und ermordet wurde. 42 Obwohl gerade die Ermordung der jüdischen Landbevölkerung den Charakter der Einsätze der Brigaden entscheidend mitbestimmte, lassen sich in der gesamten Berichterstattung der SS-Kavallerie und in den Ermittlungsakten der westdeutschen Staatsanwaltschaften nur in Ausnahmefällen konkrete Hinweise auf diese Vielzahl kleinerer Erschießungsaktionen finden. In der Regel meldeten die Einheiten solche Mordaktionen nur zusammenfassend, da die Ortschaften auf den Karten der Waffen-SS teils gar nicht verzeichnet waren. Überlebenschancen bestanden auch für die Opfer der zahlreichen Erschießungsaktionen in den kleinen Dörfern nur in seltenen Fällen. Noch seltener hatten Überlebende im nachhinein die Gelegenheit, über die Morde der Deutschen zu berichten. 43 Während die SS-Kavalleriebrigade auf dem Land und in den abgelegenen Schtetl bereits die gesamte jüdische Bevölkerung tötete, blieben Restgemeinden in den Städten entlang der Nachschubstraßen vorerst noch bestehen. Bei den dort organisierten Massenerschießungen ließ die Brigade meist, wie bei den Einsätzen zuvor, jüdische Handwerker, Ärzte und Teile der arbeitsfähigen Bevölkerung noch am Leben. In aller Regel sind es gerade diese größeren Massaker in den Städten, die auf die verschiedenste Art überliefert, die eigentlichen Hinweise auf das grundsätzliche Vorgehen der SS-Reiter bieten. Zu der Zeit, als die Schwadronen in Starobin die Massenerschießungen an den dortigen Juden verübten, erreichten die 4. Schwadron des 1. Reiterregiments unter Hermann Gadischke und die 5. Schwadron des Regiments 2 unter Siegfried Kotthaus am 24. August den Ort Pohost. 44 Ein ehemaliger Angehöriger der 5. Schwadron gab bei seiner Vernehmung an, dort seien über 1000 jüdische Männer, Frauen und Kinder innerhalb einer Stunde bei einem Gemetzel getötet worden: „Der Ortsname Pohost ist mir deutlich in Erinnerung geblieben, weil mich die dort stattgefundene Judenaktion besonders erschüttert hat. Ob das die erste ihrer Art war, kann ich heute nicht mehr sagen. An einem Sommermorgen 1941 sah ich, wie aus einer großen Scheune eines Staatsgutes über 1000 jüdische Männer, Frauen und Kinder herausgetrieben wurden. Wann und wer sie aus der Wohnung herausgeholt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Juden wurden unter Bewachung auf eine Sumpfwiese geführt und dort in einiger Entfernung umstellt. Hierauf wurde auf sie aus Maschinengewehren, Karabinern und Granatwerfern das Feuer eröffnet. An Explosionen habe ich auch festgestellt, daß Handgranaten in die Menschenmenge geworfen wurden. Es war ein schrecklicher Anblick, so daß ich gar nicht hinschauen mochte. Die Schießerei wird wohl über eine Stunde
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gedauert haben. Kameraden haben mir erzählt, daß solange geschossen wurde, bis sich in dem Menschenhaufen nichts mehr bewegte.“ Laut dem Zeugen habe seine Einheit im Zusammenwirken mit der 4. Schwadron ähnliche Massaker in den folgenden Wochen ungefähr an jedem zweiten Tag organisiert. Dabei seien die Juden vor der Erschießung von SS-Männern oft auf bestialische Weise mißhandelt worden.45 Berichte über die Ereignisse in der am Unterlauf des Pripjet gelegenen Stadt Mosyr zeigen, daß mittlerweile auch die Reiterschwadronen des 2. SS-Kavallerieregiments jüdische Frauen und Mädchen nicht mehr verschonten. Obersturmführer von Zastrow, der Kommandeur der 3. Schwadron, hatte am Abend des 2. September beim Regimentsstab um die Erlaubnis gebeten, umgehend in Mosyr einmarschieren zu können, da die Stadt „von Plünderern besetzt“ sei. Noch am gleichen Abend fielen die Deutschen dort ein. 46 In den folgenden Tagen begannen die SS-Reiter ihre Aktionen gegen die jüdische Bevölkerung. Schon am nächsten Morgen meldete die 3. Schwadron unheilvoll: „Mosyr feindfrei. Bevölkerung plündert. Ortskommandantur errichtet. Bevölkerung befriedet.“ 47 Als Fegelein am 7. September persönlich in der Stadt auftauchte, scheint er das Vorgehen der Teileinheiten des 2. Regiments nochmals radikalisiert zu haben.48 Die Reiter gingen spätestens seit diesen Tagen ohne Unterscheidung gegen alle jüdischen Menschen vor. Juden, die bisher als Pferdepfleger bei der Truppe gearbeitet hatten, baten auf Knien, am Leben gelassen zu werden. Ihr Flehen half nichts; bald darauf wurden sie ermordet. Den Tod vor Augen, bot eine junge jüdische Frau in ihrer Verzweiflung einem der SS-Männer Geschlechtsverkehr an, wenn sie nur am Leben gelassen würde; auch dieser Versuch rettete ihr nicht das Leben. 49 Die jüdische Ingenieurin Basja Pikman erinnerte sich nach der Befreiung von der deutschen Besatzung an die Ermordung der Gemeinde ihrer Geburtsstadt Mosyr. Sie berichtete, wie nach Beginn des Krieges viele Zivilisten nach Osten geflohen und von den jüdischen Bewohnern hauptsächlich alte und kranke Menschen sowie Mütter mit ihren Kindern zurückgeblieben waren. Wild um sich schießend seien dann in den ersten Septembertagen Deutsche, die die Überlebende aufgrund ihrer Tarnjacken eindeutig als Angehörige der Waffen-SS identifizierte, in die Stadt gekommen. Die SS-Einheit habe umgehend mit der Ermordung einzelner Juden in den Straßen begonnen. Einmal beobachtete Basja Pikman einen jungen Deutschen, der singend durch die Straßen ging und auf seinem Bajonett aufgespießt ein etwa einjähriges Kind vor sich hertrug. Nach dem Bericht der Ingenieurin seien die Morde der Waffen-SS am 9. September stark ausgeweitet worden. Am folgenden Tag hörte sie von morgens an Schüsse und beobachtete am frühen Abend, wie etwa 200 jüdische Männer jeden Alters aus der Stadt geführt wurden. Einige von ihnen trugen Spaten bei sich. Kurze Zeit später waren dann viele Schüsse zu hören. Insgesamt müssen bei den Mordaktionen der Männer des 2. Regiments in Mosyr viele hundert Jüdinnen und Juden getötet worden sein. 50
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Weitere Massenerschießungen der Kavalleriebrigade sind außerdem für die Städte Petrikow 51, Lenin 52 , Retschiza 53 , Choiniki 54 und Bragin 55 nachweisbar. Bei einem anderen Massaker waren Teileinheiten an der Ermordung von ungefähr 7000 Juden in der weißrussischen Stadt Bobruisk beteiligt. Konkrete Hinweise auf die Mordaktion finden sich jedoch weder in der Berichterstattung der Brigade noch in den erhaltenen Unterlagen des Höheren SS- und Polizeiführers oder des Kommandostabes, sondern stammen aus den Ermittlungsverfahren der Nachkriegszeit. Aussagen einzelner SS-Reiter und von Angehörigen der Fliegerhorstkommandantur E 26/XI, die zur fraglichen Zeit auf einem nördlich von Bobruisk gelegenen Flugplatz stationiert war, ergeben trotzdem ein recht eindeutiges Bild vom Ablauf des Massakers. 56 Nachdem die leichte Kavalleriekolonne die Stadt am 30. August erreicht und außerhalb Quartier bezogen hatte, verlegte die Brigade am 2. September auch ihr Stabsquartier von Lachowicze nach Bobruisk.57 Wie schon bei verschiedenen Gelegenheiten zuvor ließ die Ankunft Bach-Zelewskis am Mittag des 4. September in Bobruisk die Realisierung neuer Greueltaten an den Juden befürchten. Der SS-Gruppenführer begab sich zum Quartier der Reiterbrigade und blieb dort bis zum nächsten Tag. 58 Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er mit Fegelein noch im Verlauf des 4. September den Ablauf der Mordaktion besprochen haben. An der Besprechung nahm möglicherweise auch Karl Ruhrberg, der Chef der in Bobruisk stationierten Teileinheit des Einsatzkommandos 8, teil. 59 Während der Planungen für die neue Vernichtungsaktion schien Fegelein immerhin einen so guten Eindruck bei Bach-Zelewski hinterlassen zu haben, daß dieser sein bisheriges Negativurteil über den Kavalleriekommandeur revidierte und in seinem Tagebuch dessen „ungeheure Leistung und persönliche Tapferkeit“ hervorhob. 60 Zu den eigentlichen Erschießungen wurde in der Folge zumindest die am Stadtrand von Bobruisk einquartierte 8. Schwadron des 1. Regiments herangezogen. Möglicherweise waren auch weitere Teileinheiten der SS-Reiter eingesetzt. 61 Das Massaker von Bobruisk wurde arbeitsteilig realisiert. Während die Männer des Einsatzkommandos 8 als Ortskundige hauptsächlich mit der Zusammentreibung der Juden und deren anschließender Begleitung zur Erschießungsstelle beschäftigt waren, übernahmen Wehrmachtssoldaten einer Heerestransporteinheit mit ihren Lastwagen den eigentlichen Transport der Opfer. Fortwährend brachten die Fahrzeuge festgenommene Juden aus der Stadt in die Nähe des Feldflughafens. 62 Angehörige der Fliegerhorstkommandantur beteiligten sich freiwillig daran, die Opfer zusammen mit den SS-Reitern in Empfang zu nehmen und sie mit äußerster Brutalität, unter Schlägen und Pistolenschüssen zu den Gruben zu jagen. Zur Absperrung eingesetzte Wehrmachtssoldaten beschimpften die Menschen. „Ihr Judenschweine, ihr Verbrecher, jetzt ist die Stunde der Abrechnung gekommen. Ihr wolltet den Krieg, jetzt habt ihr den Krieg“, brüllten die Deutschen unter anderem. 63 Unter den Opfern befand sich eine jüdische Frau mit ihrer etwa 20 Jahre alten Tochter. In dem apokalyptischen Chaos vorangetrieben, fragte die junge Frau auf deutsch: „Mutter, ich bin noch so jung, warum muß ich
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schon sterben?“ 64 Die traumatisierten Menschen wurden nach dem Spießrutenlauf gezwungen, sich in die vorbereiteten Gruben zu legen. Dann schossen die Mordkommandos der SS-Kavallerie. Kaum daß die Juden getötet worden waren, mußten sich die Nächsten auf die Körper der Erschossenen legen. War eine Grube mit Toten gefüllt, wurden die Körper mit einer Erdschicht zugedeckt. 65 Die gesamte Vernichtungsaktion muß mindestens zwei Tage gedauert haben. Selbst bei Einbruch der Dunkelheit wurde das Morden im Scheinwerferlicht der Wehrmachtsfahrzeuge fortgesetzt. 66 Durch das unter maßgeblicher Beteiligung der SS-Kavallerie verübte Massaker waren Anfang September bis zu 7000 Juden und damit bereits ein Großteil der Gemeinde von Bobruisk ermordet worden.67 Nach einem neuerlichen Massaker eines Teilkommandos der Einsatzgruppe B an über 5000 Jüdinnen und Juden wurde die Stadt im Dezember 1941 „judenfrei“ gemeldet. 68 Über die Gründe für das auffällige Schweigen aller beteiligten Stellen im Zusammenhang mit der ersten Mordaktion kann nur spekuliert werden. Möglicherweise verzichtete die Reitereinheit auf eigene Berichte, weil die Verantwortlichen um Fegelein davon ausgingen, daß entsprechende Meldungen von dem für das Gebiet verantwortlichen Teilkommando Ruhrberg verfaßt werden würden. Eine Berichterstattung Ruhrbergs über das Massaker blieb aber ebenfalls aus. Das Fehlen jeglicher Hinweise auf das Massaker in der Berichterstattung der SS-Kavallerie könnte außerdem darin begründet liegen, daß Himmler, Bach-Zelewski und Knoblauch mittlerweile von einer gesicherten Mordpraxis der Reiterbrigade ausgehen konnten. Damit konnte aus zunehmend dringlicher erscheinenden Geheimhaltungsgründen auf verräterische Berichte verzichtet werden. Weitere Aktionen der Brigade stützen diese Vermutung. Im Anschluß an die Massenerschießungen in Bobruisk verfuhren Kommandos der Einsatzgruppe B und die Kavalleriebrigade beim Judenmord noch mehrmals arbeitsteilig. So meldete das Einsatzkommando 8, mit einem Teiltrupp am 9. September Mosyr „überholt“ zu haben.69 Nur zwei Tage vorher war Fegelein dort eingetroffen und hatte sich persönlich vom Fortgang der von seinem 2. Reiterregiment verübten Massenmorde überzeugt. 70 Ebenfalls im September ermordete das Sonderkommando 7b in Retschiza nach eigenen Angaben 216 Juden. 71 In der Stadt waren zu gleicher Zeit Einheiten von Lombards 1. Regiment stationiert, die selbst Hunderte Jüdinnen und Juden außerhalb der Stadt erschossen.72 Nach Aussagen ehemaliger SS-Reiter führten beide Kommandos der Einsatzgruppe B ihre Einsätze in dem fraglichen Gebiet vorübergehend im direkten Zusammenwirken mit eigenen Kräften aus. 73 Während das Sonderkommando 7b und das Einsatzkommando 8 das eigene Vorgehen in Retschiza und Mosyr weitermeldete, schlug sich der maßgebliche Anteil der SS-Reiter am Massenmord in beiden weißrussischen Städte kaum in den Tätigkeitsberichten der Brigade oder des Kommandostabes nieder. Damit liegt der Schluß nahe, daß der sich als äußerst zuverlässig erweisende Verband die wahre Dimension der von den eigenen Männern verwirklichten Massenmorde gar nicht mehr detailliert weiter-
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melden mußte. Möglicherweise operierten die Teilkommandos der Einsatzgruppe B im September 1941 auch nur mit den SS-Reitern, um sich an die bislang noch kaum eingeübte Ermordung von Frauen und Kindern zu gewöhnen. 74 Im Gegensatz zum weitgehenden Schweigen in der eigenen Berichterstattung dokumentieren die Befehle der Kavalleriebrigade auch für den September deutlich, welche Behandlung Juden in den jeweiligen Einsatzgebieten zugedacht war. Im Brigadebefehl Nr. 6 vom 23. September ordnete Fegelein etwa an: „Sämtliche Bolschewisten und Freischärler sowie Juden sind in Retschiza und in den Ortschaften im Umkreis von 20 Kilometern am 24. und 25. 9. 1941 öffentlich aufzuhängen und zu erschießen.“ 75 Ähnlich offen war der Tötungsaufruf fünf Tage später im Brigadebefehl Nr. 8 formuliert: „Falls eine Einheit längere Zeit in einem Ort liegt, sind unmittelbar Judenviertel bzw. Ghettos anzulegen, falls sie nicht sofort ausgerottet werden können.“ 76 Dementsprechend verfuhren die Reitereinheiten in sämtlichen Ortschaften zwischen Pripjet und Szoss. 77 Die gemeldeten Tötungen von „Plünderern“ gingen währenddessen stark zurück. Ab Oktober sind in der Berichterstattung der Brigade überhaupt keine Meldungen über derartige Erschießungen mehr zu finden. Sicherlich läßt der Umstand, daß die Zahl der jüdischen Bevölkerung weiter im Osten generell abnahm und den Juden mit zunehmender Kriegsdauer immer mehr Zeit blieb, sich vor ihren deutschen Verfolgern in Sicherheit zu bringen, auch bei der Reiterbrigade einen gewissen Rückgang der Judenmorde vermuten. 78 Da die Einsatzbefehle der Truppe jedoch wie dargestellt eine unveränderte Mordpraxis gegenüber der jüdischen Bevölkerung vermuten ließen, muß das Verschwinden eindeutiger Hinweise auf den Massenmord in der Berichterstattung noch andere Gründe haben. Tatsächlich zeigte sich die nationalsozialistische Führung ab September 1941 zunehmend bemüht, die systematischen Morde an den sowjetischen Juden gründlicher geheimzuhalten. 79 Am 13. September befahl Kurt Daluege, der Chef der Ordnungspolizei, den Höheren SS- und Polizeiführern Prützmann, Bach-Zelewski und Jeckeln „genauere Zahlenangaben über Exekutionen“ wegen der Gefahr der Entschlüsselung künftig nicht mehr per Funk zu melden. 80 Entsprechende Instruktionen des Kommandostabes an die Brigaden sind zwar nicht bekannt, werden aber sicherlich existiert haben. Ähnlich ist auch der Erlaß Hitlers vom 25. September zu verstehen, in dem die strikte Begrenzung „geheimzuhaltender Sachen“ auf einen möglichst engen Personenkreis befohlen wurde. 81 Die im September verstärkt einsetzenden Geheimhaltungsbemühungen bestätigte auch ein ehemaliger Schreiber der Kavalleriebrigade bei seiner Vernehmung, als er 1964 aussagte, die Mitglieder der Exekutionskommandos seien von ihren Vorgesetzten zu striktem Stillschweigen über die Einsätze verpflichtet worden. Außerdem seien in der Berichterstattung Meldungen der Erschießungskommandos durch unverfängliche Formulierungen ersetzt worden.82 Bach-Zelewski kam den neuen Vorschriften umgehend nach. Während er noch am 11. September in einer Meldung an Himmler, Daluege und den Kommandostab die Erschießung von 63
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„Pers.[onen]“ durch sein Polizeiregiment Mitte erwähnt hatte, tauchten derartige Inhalte im Anschluß an Dalueges Geheimhaltungsbefehl nicht mehr auf. Bei der Kavalleriebrigade verschwanden als Konsequenz aus dieser Entwicklung die Zahlen über erschossene „Plünderer“ aus der Berichterstattung; im gleichen Zeitraum stiegen Nachrichten über die Tötung von „Partisanen“ sprunghaft an. Angesichts von Meldungen über die Erschießung von insgesamt 604 „Partisanen“, die General von Schenckendorff am 14. und 16. September als Erfolgsmeldungen der SS-Kavallerie an die Heeresgruppe Mitte und das Oberkommando des Heeres weitermeldete, liegt der Verdacht nahe, daß die überwiegende Mehrzahl dieser Opfer in Wirklichkeit Juden waren. 83 Die Brigade hatte in der fraglichen Zeit keinen einzigen Verletzten, geschweige denn durch Kampfhandlungen Getötete zu verzeichnen. Gleichzeitig berichtete der SS-Verband, Partisanen hätten „jeglichen grösseren Widerstand“ aufgegeben und suchten sich in Kleinstgruppen von zwei bis drei Männern vor den Deutschen zu verbergen. 84 Tatsächlich war die Reiterbrigade während dieser Tage mit der Ermordung der Juden von Choiniki und Bragin befaßt. 85 Noch deutlicher verhält es sich mit der Angabe von fast 400 erschossenen „Partisanen“, die von der SS-Kavallerie am Abend des 11. September als Tageserfolg gemeldet wurden. Fegelein selbst hatte mit seiner in der Tagesmeldung gewählten Formulierung, „erschossene Partisanen einschl. Mosyr 384“, darauf hingewiesen, wen die SS-Reiter an diesem Tag in Wirklichkeit getötet hatten. 86 Konkretisiert wird die Annahme durch die Schilderung der jüdischen Überlebenden Basja Pikman über die an diesen Tagen verübten Massaker an jüdischen Männern, Frauen und Kinder ihrer Geburtsstadt. 87 In den folgenden Wochen und Monaten tritt der von der SS-Kavalleriebrigade weiterhin organisierte Judenmord in der Berichterstattung vollständig hinter Tarnbegriffen einer angeblich intensiv geführten „Partisanenbekämpfung“ zurück. Faktisch läßt sich die weitere Beteiligung der SS-Reiter an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung nach deren Verlegung in die Gegend von Toropez kaum mehr konkret nachweisen. So fehlen einerseits Berichte jüdischer Überlebender, andererseits haben westdeutsche Ermittlungsbehörden in dieser Richtung nie ernsthaft ermittelt, weshalb auch keine Aussagen russischer Zeugen oder ehemaliger SS-Reiter zu diesen Taten vorliegen. Nur ein ehemaliger Angehöriger der SS-Kavallerie berichtete bei seiner Vernehmung von einem Einsatz, bei dem in Basary, südlich von Toropez, 100 bis 200 jüdische Frauen, Kinder und ältere Männer von seiner Einheit getötet worden seien. Die beschriebene Mordaktion kann frühestens Mitte Oktober 1941 stattgefunden haben, in einer Zeit also, in der die Brigade offiziell seit langem keine Erschießungen von Juden mehr vornahm. 88 Indirekt bestätigte auch Bach-Zelewski die von den SS-Reitern weitergeführten Judenerschießungen. Mit einem Schreiben vom 5. November erinnerte er Fegelein an einen Befehl Schenckendorffs, der Wehrmachtsangehörigen die freiwillige Teilnahme an „Sondermaßnahmen oder Erschießungen“ verbot. Im Anschluß an die Instruierung ließ Bach-Zelewski wenig Zweifel darüber aufkom-
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men, daß solche Aktionen bei dem Reiterverband weiterhin zum Alltag gehörten, diese in aller Öffentlichkeit stattfanden und nicht zuletzt er selbst darüber wohl informiert war. Hinsichtlich der in seinem Bereich operierenden Truppen des Kommandostabes führte er aus: „Da in dem angezogenen [sic] Befehl nur die Sondermaßnahmen der Ordnungspolizei und des SD angeführt sind, ergänze ich ihn, um Rückfragen zu vermeiden, dahin, daß dieses Verbot sich selbstverständlich auch auf die vom Reichsführer SS befohlenen Sondermaßnahmen bezieht, die die beiden SS-Brigaden durchzuführen haben. Falls also wieder Angehörige der Wehrmacht darum bitten, sich die Durchführung solcher Sondermaßnahmen ansehen zu dürfen, ist unter Hinweis auf den Befehl des Herrn Befehlshabers dieses ausdrücklich zu untersagen.“ 89 Wie ein Schriftstück der Reiterbrigade vom 30. Oktober unterstreicht, hatte sich auch das allgemeine Verhalten der SS-Männer gegenüber den Juden im Herbst 1941 keineswegs geändert. Nach einem offenbar eigenmächtigen Raubzug von Angehörigen der SS-Kavallerie durch das jüdische Ghetto von Toropez wurde in einem Rundschreiben „Betr.: Razzia im Ghetto“ angeordnet: „Der Führer der Einheit meldet umgehend verantwortlich, welche Männer am 28. 10. 1941 im Ghetto die Beschlagnahme von Frauenbekleidungsstücken und Geld vorgenommen haben.“ 90 Allein in der Zeit zwischen dem 18. Oktober und dem 18. November gab die SS-Brigade offiziell an, bei einer Vielzahl von „Spähtruppunternehmungen […] 2120 Partisanen und verdächtige Personen […] gefasst und entsprechend den allgemeinen Weisungen behandelt“, also erschossen zu haben. Ein kurzer Blick auf die im gleichen Tätigkeitsbericht enthaltene Aufstellung über die während der Einsätze sichergestellten Waffen legt nahe, daß die große Mehrzahl der über 2000 Opfer in Wirklichkeit Zivilisten und aller Wahrscheinlichkeit nach Juden gewesen sein müssen. Der SS-Verband erbeutete demnach im gleichen Zeitraum nur 5 Maschinengewehre und ganze 116 Gewehre, was nach der absurden Darstellungsweise der Brigade bedeuten würde, daß nur jeder 18. Partisan überhaupt bewaffnet gewesen wäre. 91 Allein in der ersten Novemberwoche erschossen die SS-Reiter nach eigenen Angaben „1560 Partisanen und verdächtige Personen“, hatten aber keinen einzigen Verwundeten und nur einen Toten zu beklagen. Während dieser Zeit wurden lediglich 81 Gewehre sichergestellt. 92 In einer geheimen und per Kurier an Himmler und den Kommandostab übermittelten Aufstellung über die von seinen SS- und Polizeiverbänden vorgenommenen Exekutionen beantwortete Bach-Zelewski in aller Deutlichkeit die Frage, was von den gigantischen „Partisanen“-Meldungen der Kavalleriebrigade tatsächlich zu halten war. Für den Zeitraum zwischen dem 22. Oktober und dem 6. November listete er in völligem Widerspruch zur Berichterstattung der Reitereinheit gerade einmal 69 „Partisanen“ auf, die von der ihm unterstellten Brigade getötet wurden.93 In der folgenden Woche zwischen dem 7. und 13. November meldete der Verband erneut die Erschießung von 783 Personen; nach dem Bericht wurden allein am 10. November „516 Partisanen und verdächtige Personen verurteilt“. 94 An anderer Stelle
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gab die SS-Einheit dagegen an, in der fraglichen Zeit sei es zu keinerlei Partisanentätigkeit gekommen und Meldungen über deren Umfang würden häufig „ins Unermessliche aufgebauscht werden“. 95 Somit ist selbst die Berichterstattung der Brigade ein Beleg dafür, wie die Einheit die Massenmorde an der jüdischen Bevölkerung im Herbst 1941 unter dem Deckmantel der „Partisanenbekämpfung“ ungebrochen weiterführte. 96 Der Versuch, die Opferzahl der von der SS-Kavalleriebrigade im Jahr 1941 in der Sowjetunion ermordeten Juden insgesamt zu bestimmen, gestaltet sich schwierig. Als Bilanz der „Befriedung der Prypec-Sümpfe“ [sic] zwischen Ende Juli und Anfang September 1941 meldete Fegelein die Erschießung von 14 178 Juden. 97 Folgt man der Zählung der SS, sind zu dieser Angabe 87 „Plünderer“ hinzuzurechnen, die nach den Tätigkeitsberichten im weiteren Verlauf des Septembers 1941 ermordet wurden.98 Die sich daraus ergebende Größenordnung von 14 265 getöteten Juden ist zweifellos bei weitem zu niedrig angesetzt. Der tatsächliche Umfang der von der Kavalleriebrigade begangenen Massenmorde muß vielmehr auf dem bereits festgestellten Ergebnis von 25 000 Opfern der ersten beiden Einsatzwochen basieren. Hinzu kommen die für die Folgezeit dokumentierten Massaker an der jüdischen Bevölkerung der neuen Einsatzgebiete. Außerdem müssen die ab Herbst 1941 hinter der zunehmenden Geheimhaltung und neuen Euphemismen kontinuierlich fortgeführten Massenmorde berücksichtigt werden. Daraus ergibt sich insgesamt eine Größenordnung von etwa 40 000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern, die von der SS-Kavallerie in den fünf Monaten von Ende Juli bis Ende Dezember 1941 auf dem Territorium der Sowjetunion ermordet wurden.99 Die „Aktionen nach Kriegsbrauch“ der 1. SS-Brigade Die 1. SS-Brigade setzte ihre Mordpraxis an den ukrainischen Juden ebenfalls ungebrochen fort. Bei den neuen Einsätzen im Operationsgebiet des Heeres verübte der Verband im August 1941 fast täglich Massaker an der jüdischen Bevölkerung. Aus der Kleinstadt Emilczyn meldete die Brigade am 19. August die Erschießung von 38 Juden100 , die tatsächliche Zahl der Opfer lag wahrscheinlich jedoch um ein Vielfaches höher. An diesem Tag war es in der Nähe erneut zu Gefechten mit versprengten Truppenteilen der Roten Armee gekommen, denen es im Morgennebel gelungen war, unbemerkt bis zu den vordersten Linien des 8. SS-Regiments vorzustoßen. In der Folge entwickelten sich Nahkämpfe zwischen den Rotarmisten und der Waffen-SS, an denen sich auch der 50-jährige Regimentskommandeur Hans-Wilhelm Sacks persönlich beteiligte. 101 Begierig nach militärischer Auszeichnung kämpfte der Standartenführer bei den Scharmützeln am 19. August in vorderster Linie und wurde durch zwei Bajonettstiche eines Rotarmisten schwer verwundet. Mit sieben weiteren Verwundeten wurde er nach Emilczyn zu dem von der SS gerade eingerichteten Hauptverbandsplatz gebracht. Wegen der Schwere seiner Verletzungen kam Sacks wenig später in das Lazarett nach Zwiahel, wo er am 27. August starb. 102 Offenbar aus Wut über die
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Verwundung seines Regimentskommandeurs befahl Herrmann noch am 19. August die Erschießung von 38 Juden in Emylczyn. Scheinbar ließen es aber die vor Ort eingesetzten Einheiten nicht bei der Tötung der genannten Anzahl bewenden, sondern ermordeten aus Rache für den verletzten SS-Führer weitere jüdische Bewohner der Stadt. Dazu gab ein ehemaliger Angehöriger der dortigen Feldgendarmerie an, in Emilczyn seien mehrere Wochen nach dem ersten Erscheinen der Wehrmacht auch SS-Einheiten aufgetaucht. Diese Truppen hätten sich längere Zeit in der Gegend aufgehalten. Im Rahmen einer „Säuberungsaktion“ seien viele hundert Juden aus Emilczyn von den Einheiten in einem Waldstück außerhalb der Stadt ermordet worden. 103 An anderer Stelle verübte die Brigade weitere Massaker. Teileinheiten töteten am 23. August 1941 65 „bolschewistische Juden“, einen Tag später waren es 283. In den folgenden Tagen vom 25. bis zum 31. August führte die 1. SS-Brigade in der eigenen Berichterstattung die Erschießung von insgesamt 457 Juden auf. 104 Ein ähnliches Bild kontinuierlicher Massaker ergibt sich auch aus dem Verlauf der ab Anfang September begonnenen Einsätze im gerade erweiterten rückwärtigen Heeresgebiet Süd. Im Zuge des befohlenen Vormarschs Richtung Pripjet erreichte die SS am Morgen des 4. September das Städtchen Leltschicy. Das II. Bataillon des SS-Infanterieregiments 10 unter Sturmbannführer Kurt Kummer besetzte den Ort. Unglücklicherweise waren kurz zuvor von den Sowjets mehrere hundert Juden aus dem weiter nördlich von der SS-Kavallerie zerstörten Turow dorthin evakuiert worden. Diese jüdischen Flüchtlinge wurden zusammen mit den Ortsansässigen am 4. September von den Männern der SS-Brigade erschossen.105 Nach dem Krieg erinnerten sich ukrainische Augenzeugen an das Geschehen. Eine christliche Bewohnerin des Ortes berichtete: „Ich befand mich in meinem Hause im September 1941, als ich Schüsse, das Schreien und Weinen von Menschen hörte. Mein Haus liegt an dem südlichen Rand von Leltschicy. Aus dem Fenster sah ich eine große Menschenansammlung. Es handelte sich um Juden. Die Ansammlung der Menschen war circa 200 Meter lang. Die Kolonne bewegte sich unter Bewachung der deutschen Militärs von der Siedlungsmitte in westlicher Richtung. Ich erkannte in der Kolonne viele Juden, die mir bekannt waren. Ich arbeitete mit ihnen zusammen in einer Schneiderwerkstatt. Eine Freundin von mir, die Etka hieß, sah mich, als ich mich aus dem Fenster lehnte und rief mir zu: ‚Fedora, auf Wiedersehen, man führt mich weg.‘ In der von mir geschilderten Masse von Juden befanden sich meistens Kinder, alte Leute und Frauen. Viele Frauen trugen ihre Säuglinge in den Armen. Die Strafer führten die Judenkolonne hinter einen Berg, der Berg befand sich ca. 300 Meter von meinem Hause entfernt. Zu diesem Zeitpunkt verließ ich mein Haus und befand mich auf dem Hof. Ich konnte beobachten, wie die Kolonne hinter dem Berg verschwand. Nach etwa 5 Minuten hörte ich Schüsse fallen.“ 106 Nach eigenen Angaben tötete Kummers II. Bataillon in Leltschicy 722 jüdische Männer, Frauen und Kinder. Diese Angaben der SS über das Massaker wurden im Nachhinein von ukrainischen Zeugen bestätigt. 107 Gleichzeitig fanden Er-
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schießungen von Juden auch in anderen Orten statt. 108 Nachdem die Regimentseinheiten am 6. September wieder zur Ausgangslinie in der Gegend von Owrutsch zurückgekehrt waren, erschien Knoblauch beim Brigadestab und wird sich dort einen Überblick über das Vorgehen der Truppe beim Judenmord verschafft haben. Von Teileinheiten wurden am folgenden Tag erneut mindestens 219 Juden ermordet. Die betreffende Tagesmeldung des Brigadekommandeurs enthüllt einmal mehr den vielfältigen Gebrauch von Euphemismen im Meldewesen der SS-Einheiten, der sich mitunter auf groteske Weise mit den Realitäten vermischte. Spät abends war im Bericht an den Kommandostab formuliert worden: „Gefangene: 219 Juden erschossen.“ 109 Letztlich meldete die 1. SS-Brigade für die Zeit vom 1. bis zum 7. September insgesamt 1089 erschossene „Juden und Rotarmisten“. Angesichts einer solchen Bilanz müssen die ebenfalls erwähnten 38 Gefangenen sowie die als Beute aufgeführten 60 Gewehre als absolute Nebensache gewertet werden. Bezeichnend ist auch, daß die Einheit in der fraglichen Zeit nicht die geringsten Verluste zu vermelden hatte. 110 Weitere Massaker an Juden wurden in den folgenden Tagen in der Gegend um die Städte Owrutsch und Tschernobyl verübt. Allein zwischen dem 12. und 14. September tötete die Brigade 437 Juden. 111 Grundsätzlich glich deren Vorgehen dem der Kavalleriebrigade in Weißrußland. Auch die 1. SS-Brigade ließ in den größeren Städten viele arbeitsfähige Juden und deren Familien noch am Leben. Auf dem Land und in den abgelegeneren Gebieten fern der großen Nachschubwege wurden dagegen in der Regel nunmehr alle Juden ermordet. Mit der Vorgabe, Juden seien „Nachrichtenübermittler“, die in den jeweiligen Orten auf den leisesten Verdacht hin „rücksichtslos auszurotten“ seien, hatte der Kommandostab Anfang September 1941 eine passende Begründung für den Massenmord geliefert. 112 Mit welcher Gründlichkeit die jüdische Bevölkerung der Dörfer und Kleinstädte vernichtet wurde, unterstrich die 1. SS-Brigade im September mit der Meldung, bereits „gesäuberte“ Orte seien abermals nach „angeblich zurückgekehrten kommunistischen Juden“ durchsucht worden.113 Den Charakter solcher Einsätze brachte ein ehemaliger Angehöriger der Einheit zum Ausdruck, als er 1962 feststellte: „Bezüglich der Notwendigkeit der Durchführung der beschriebenen Säuberungsaktionen gebe ich an, daß ich sie in Bezug auf die Bekämpfung versprengter russ.[ischer] Einheiten, die Festnahme von Freischärlern und Hekkenschützen durchaus für notwendig gehalten habe. Anderer Meinung bin ich indessen über die Art, wie man damals mit den Juden verfahren ist. Es handelte sich bei ihnen um wehrlose Zivilisten, die zweifellos wegen ihrer rassischen Volkstumszugehörigkeit ergriffen worden sind. Ich weiß nichts davon, daß durch Juden Kampfhandlungen gegen die deutschen Besatzungstruppen unternommen worden sind.“ 114 Analog zum Prozedere bei der Kavalleriebrigade wurden ab Mitte September 1941 Judenmorde in den Einsatzberichten der 1. SS-Brigade kaum noch erwähnt. Die strengeren Bestimmungen zur Geheimhaltung der Massaker entfalteten
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auch bei den SS- und Polizeieinheiten im Bereich der Heeresgruppe Süd ihre Wirkung. Fortan wurden die ermordeten Juden jedoch nicht wie im Fall von Fegeleins Truppe einfach unter die Meldungen getöteter Partisanen und sonstiger „Verdächtiger“ subsumiert. Vielmehr kam in Jeckelns Befehlsbereich schon zwei Tage vor dem offiziellen Geheimhaltungsbefehl Dalueges mit der ersten Erwähnung von „Aktionen nach Kriegsbrauch“ ein neuer Terminus auf, der speziell als Tarnbegriff für die Ermordung von Juden gedacht war. 115 Die Brigade berichtete erstmals am 19. September davon – einen Tag, nachdem sich Jeckeln in Kirowograd mit Brigadeführer Herrmann getroffen hatte. 116 Nachdem Jeckeln den Begriff Mitte September eingeführt hatte, wurde er im weiteren Verlauf von allen ihm unterstellten SS- und Polizeiverbänden im Zusammenhang mit Judenerschießungen benutzt. Selbst als Prützmann Ende Oktober 1941 Jeckelns Nachfolge in der Ukraine antrat, wurde der Tarnbegriff dort allgemein weiter verwendet. 117 Als die 1. SS-Brigade erstmals „Aktionen nach Kriegsbrauch“ meldete, befand sich die Einheit gerade auf dem Marsch in das etwa 500 Kilometer weiter südöstlich gelegene neue Einsatzgebiet. Wie die Meldungen dieser Tage beweisen, verübten Teileinheiten selbst während der Verlegung Massaker an der jüdischen Bevölkerung. Am 19. und 20. September wurden jeweils unter Verwendung des neuen Tarnbegriffs Judenerschießungen gemeldet. 118 Wo die Morde begangen wurden, ist allerdings nicht eindeutig zu belegen. Teileinheiten könnten an einem Massaker in Gajsin beteiligt gewesen sein. Am 16. September wurden in der 65 Kilometer westlich von Uman gelegenen Stadt 3000 bis 4000 jüdische Männer, Frauen und Kinder erschossen.119 Kaum daß die Brigade dann den neuen Operationsraum erreicht hatte, wurden auch von dort umgehend Mordaktionen gemeldet. Während in den täglichen Funksprüchen und Fernschreiben mit dem Euphemismus der „Aktionen nach Kriegsbrauch“ nur das eigentliche Faktum erwähnt wurde, bieten die per Kurier an den Kommandostab überbrachten Tätigkeitsberichte etwas genauere Informationen über das Vorgehen des Verbandes. 120 Demnach ermordete das SS-Infanterieregiment 10 am 27. September fünf Juden und der Feldgendarmerie-Trupp der Brigade erschoß am 3. Oktober weitere 130. 121 Nachdem das Stabsquartier in Nowo-Nikolajewka eingerichtet worden war, erwähnte der Führungsoffizier der Brigade in seinem Tätigkeitsbericht vom 10. Oktober, in den vergangenen Tagen seien bei weiteren „Aktionen nach Kriegsbrauch“ insgesamt 570 Juden erschossen worden. Der Ic-Offizier ergänzte dazu lapidar: „Im Zuge der Entjudung des Unterkunftsraumes der 1. SS-Brigade wurden Aktionen nach Kriegsbrauch durchgeführt.“ 122 Nach der Verlegung in das rückwärtige Heeresgebiet Mitte operierte der Verband ab November 1941 ganz ähnlich wie die SS-Kavallerie in einem Gebiet, aus dem sich in den Wochen zuvor noch ein Großteil der jüdischen Bevölkerung vor den deutschen Mordeinheiten in Sicherheit gebracht hatte. Die verbliebenen Juden wurden von der Brigade weiterhin mit großem Nachdruck verfolgt und ge-
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tötet. In dieser Phase kam der Feldgendarmerie der Brigade offenbar eine besondere Rolle beim Massenmord zu. So meldete die Waffen-SS, daß bei der „Säuberung und Befriedung“ von Konotop 153 Juden festgenommen und am 1. November von der Feldgendarmerie erschossen worden seien. In dem Bericht heißt es weiter: „Bei den ständig durchgeführten Straßenkontrollen werden laufend weitere Juden aufgegriffen und dem Feldgendarmerie-Trupp zur Verurteilung zugeführt.“ 123 Insgesamt vermitteln solche nur mehr sporadisch auftauchenden Meldungen nur einen sehr unvollständigen Eindruck von den im Herbst 1941 andauernden Vernichtungsaktionen. Erst eine Aufstellung, in der das Ergebnis sämtlicher „Aktionen nach Kriegsbrauch“, die zwischen dem 10. September und dem 10. November 1941 stattgefunden hatten, aufgelistet wurde, verrät, in welchem Ausmaß die 1. SS-Brigade weiterhin an der Ermordung der sowjetischen Juden beteiligt war. Danach wurden in der fraglichen Zeit insgesamt 5397 Juden von den Männern dieser Einheit erschossen. Darunter befanden sich 4143 Männer, 1033 Frauen, 126 Jungen und 92 Mädchen. 124 Im Anschluß an diese konkrete Zwischenbilanz war die Berichterstattung in den folgenden Wochen bis zur Verlegung der Brigade an die Front wieder sehr lückenhaft. Zwar meldete der SS-Verband unter Verwendung des gängigen Tarnbegriffs weiterhin die Ermordung von Juden, und auch ehemalige Brigadeangehörige sagten nach 1945 aus, Massaker seien bis Ende 1941 vorgekommen, allerdings sind für jene Zeit kaum Hinweise über die Tatorte und die Anzahl der Ermordeten überliefert. 125 In Nowgorod Sewerskij erinnerten sich zwei Frauen daran, wie in der ersten Novemberhälfte bei zwei Erschießungsaktionen über 200 Jüdinnen und Juden von der SS erschossen wurden. Durch die Massaker war die jüdische Gemeinde des Ortes komplett vernichtet worden.126 Zu Augenzeugen der Judenvernichtung der Brigade wurden auch Angehörige derselben Fliegerhorstkommandantur, die Anfang September schon zu Mittätern und Zeugen der von der SS-Kavallerie realisierten Mordaktion in Bobruisk geworden waren. Die Luftwaffenangehörigen erinnerten sich an Massenerschießungen von Juden, die von der SS zu Beginn des Winters am Rande des Flugplatzes von Konotop ausgeführt wurden. Nach dem Krieg berichtete einer der Männer, wie ein befreundeter Soldat Anfang Dezember weinend vom Flugplatzgelände zurückkehrte und seine Beobachtungen schilderte: „Um diese Zeit seien gerade Lkw angefahren, die mit Juden beladen waren. Hinter diesen Lkw fuhren mit SS-Leuten besetzte Pkw. An den Panzergräben angekommen, mußten die Juden die Fahrzeuge verlassen und sich ausziehen. Dann wurden die nackten Juden in einer Reihe an die Gräben getrieben und wurden dort von dem SS-Erschießungskommando erschossen. Die kleinen Kinder seien von den SS-Leuten am Genick gepackt und erschossen worden. Gerade die Erschießung der kleinen Kinder hatte meinen Freund so fertig gemacht, daß er heulte. Wie Heyder sagte, wurden damals etwa 150 Juden, darunter Männer, Frauen und Kinder, erschossen. Als die SS-Leute Heyder bemerkten, trieben sie ihn davon mit der Drohung, er würde sonst auch erledigt werden, wenn er nicht sofort verschwinden würde.“ 127
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Als Verantwortliche für diese Massaker kommen nur Teileinheiten der 1. SSBrigade in Frage. Den überzeugendsten Hinweis auf deren systematisches Vorgehen liefert ein für den Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebiets Süd angefertigter Tätigkeitsbericht der in Konotop stationierten Feldkommandantur (V) 200. In dem für den Zeitraum von Ende November 1941 bis Juni 1942 erstellten Bericht, war unter Punkt f), „Judentum“ vermerkt worden: „Die Judenfrage wurde im hies. Bereich in den Monaten Oktober und November 1941 durch die hier eingesetzte 1. SS Inf.Brig. erledigt.“ Die Brigade war dabei offenbar so gründlich vorgegangen, daß die Feldkommandantur ergänzte, es seien lediglich noch in der Stadt Belopolje 24 Juden „festgestellt“ worden, die daraufhin inhaftiert und für eine spätere Verschickung zur Zwangsarbeit vorgesehen seien. 128 Daß die Brigade im Gegensatz zur Kavallerie überhaupt bis Ende November 1941 in ihren Berichten konkrete Hinweise auf den Judenmord hinterließ, läßt sich mit der anfänglichen Kritik Himmlers an deren unzureichender Vernichtungspraxis erklären. Mitte September hatte Himmler den Verband erneut zu einer radikaleren Tötungspraxis aufgefordert. „Sicherung der Rollbahnen ist nicht Aufgabe der Brigade“, lautete diesmal die verklausulierte Kritik an der als zu gering erachteten Mordpraxis. 129 Anhand der seitdem eingehenden Meldungen über die „Aktionen nach Kriegsbrauch“ konnte trotz der allgemeinen Geheimhaltung nachgeprüft werden, ob die Massenmorde von der Brigade nun im gewünschten Umfang ausgeführt wurden. Da weder von Himmler noch von anderen übergeordneten Stellen nach Mitte September 1941 neuerliche Kritik am Vorgehen des SS-Verbandes bekannt wurde, läßt sich schließen, daß sich die Vernichtungsaktionen nach der erneuten Zurechtweisung nun auf einem als ausreichend befundenen Niveau bewegten. Über Befehle, Tätigkeitsberichte und die meisten Nachkriegsaussagen hinaus vermittelt ein vor dem Obersten SS- und Polizeigericht München im Jahr 1943 verhandelter Fall einen Eindruck davon, in welchem Maße sich bei Teileinheiten der 1. SS-Brigade die Bereitschaft zur Vernichtung der Juden verselbständigt hatte. In dem Verfahren ging es um das Fehlverhalten des Kommandeurs und verschiedener Einheitsangehöriger des Werkstattzuges der Brigade, der dem Hauptverband im Herbst 1941 in den Raum um Konotop nachfolgte. Die SS-Richter kamen zu dem Ergebnis, daß der Zugführer, Untersturmführer Max Täubner, auf reine Eigeninitiative innerhalb von zwei Monaten von seiner Einheit mindestens 969 jüdische Männer, Frauen und Kinder ermorden ließ. Auf dem Marschweg durch die Ukraine befahl Täubner ohne jeglichen übergeordneten Befehl erstmals um den 12. September 1941 in Zwiahel die Erschießung von 319 Juden und Jüdinnen. Am 17. Oktober ordnete er in Scholochowo die Ermordung von 191 Juden an. Schließlich organisierte Täubner zwischen dem 22. Oktober und 12. November ein Massaker in der nördlich von Kirowograd gelegenen Stadt Alexandrija, dem 459 Juden zum Opfer fielen. Während der Morde in Alexandrija kam es seitens der Waffen-SS zu schlimmsten Exzessen. 130 Juden wurden von den Deutschen mit Spaten erschlagen und gezwungen, mit Knüppeln selbst auf-
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einander loszugehen. Täubner intonierte dazu auf seiner Ziehharmonika das Lied „Du bist verrückt, mein Kind!“ Zudem ließ der SS-Führer das Gemetzel in der Stadt auf mindestens 69 Photos festhalten. Letztlich waren nicht etwa die ohne Befehl verübten Massaker, sondern das verbotene Photographieren und die Grausamkeiten, „die eines deutschen Mannes und SS-Führers unwürdig“ seien, der entscheidende Grund für den Schuldspruch der SS-Richter. Wegen „Vernachlässigung der Dienstaufsicht“, „militärischen Ungehorsams“ und „Anstiftung zum Totschlag“ wurde Täubner zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Bezeichnenderweise bemerkte das Gericht zu den begangenen Verbrechen: „Wegen der Judenaktionen als solcher soll der Angeklagte nicht bestraft werden. Die Juden müssen vernichtet werden, es ist um keinen der getöteten Juden schade.“ 131 Der Versuch, eine Gesamtzahl aller von der 1. SS-Brigade in der Sowjetunion ermordeten Jüdinnen und Juden zu ermitteln, ist ähnlich schwierig wie im Fall des Kavallerieverbandes. Die von der Brigade gemeldeten Vernichtungszahlen aus den ersten Einsatzwochen, verbunden mit den folgenden, bis in den September reichenden Tätigkeitsberichten und der zitierten Aufstellung über die im Herbst 1941 erfaßten Erschießungen, ergeben eine Zahl in der Größenordnung von 11 200 ermordeten Juden. Dazu sind die mehreren tausend Erschießungsopfer hinzuzurechnen, die von der Brigade in den ersten Einsatzwochen nicht erfaßt worden waren. Berücksichtigt werden müssen auch mehrere hundert Opfer, deren Zahl bei den Meldungen ab Mitte November 1941 nicht mehr genannt wurde. Zu ergänzen sind nicht zuletzt auch die in keiner Einsatzmeldung aufgeführten fast 1000 Jüdinnen und Juden, die durch den Werkstattzug ermordet wurden. Das bedeutet, daß die 1. SS-Brigade in den viereinhalb Monaten von Ende Juli bis Anfang Dezember 1941 mindestens 17 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder ermordet haben muß. 132 Die Beteiligung der 2. SS-Brigade am Massenmord Massenmorde der 2. SS-Brigade an der jüdischen Bevölkerung Nordrußlands sind im Gegensatz zum Vorgehen der beiden anderen Einheiten nicht zu belegen. An keiner Stelle gibt es in den Tätigkeitsberichten und Einsatzmeldungen des Jahres 1941 Hinweise auf Aktionen, die explizit die Tötung von Juden zum Ziel gehabt hätten. Auch ein von der Zentralen Stelle in Ludwigsburg geführtes Vorermittlungsverfahren gegen ehemalige Einheitsangehörige brachte keine anderen Ergebnisse. Von den vernommenen früheren SS-Männern sagte keiner aus, an systematischen Judenerschießungen beteiligt gewesen zu sein oder von derartigen Einsätzen im Rahmen der Brigadeaktivitäten überhaupt etwas gehört zu haben.133 Zwar nahm die 2. SS-Brigade mit dem Erreichen des befohlenen Einsatzraumes umgehend Kontakt zur Einsatzgruppe A auf, doch die ersten Einsatztage des Verbandes waren von der bereits erwähnten Bekämpfung sowjetischer Truppenteile im Kessel von Wyritza und der Sicherung der nahegelegenen Rollbahn bestimmt. 134 Am 15. September trug Knoblauch seinem Dienstherrn im Sonderzug „Hein-
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rich“ eine vorläufige Bilanz des bisherigen Einsatzes der Einheiten des Kommandostabes vor. Himmler zeigte sich im Anschluß besonders unzufrieden mit dem Einsatz der 2. SS-Brigade. In deutlichen Worten verwies er darauf, wie wichtig es sei, seine SS-Einheiten in den rückwärtigen Heeresgebieten zu verwenden und stellte klar, daß ein Einsatz in vorderster Front nicht in Frage käme. 135 Am gleichen Tag bekam Prützmann ein von Himmler gezeichnetes Fernschreiben. „Ich habe die 2. SS-Brigade nicht zur Verfügung gestellt, damit sie Leningrad miterobert“, schnauzte er darin. Zudem drohte er, die Brigade abzuziehen, wenn Prützmann sie nicht innerhalb von 14 Tagen befehlsgemäß verwenden würde. Abschließend belehrte er seinen Höheren SS- und Polizeiführer über den der SS-Einheit eigentlich zugedachten Verwendungszweck: „Die Brigaden sind die einzigen und letzten Kräfte der SS, die ich zur Säuberung der rückwärtigen Gebiete habe. Ich kann sie für das einzelne Gebiet immer nur kurze Zeit zur Verfügung stellen und in dieser kurzen Zeit haben sich diese Kräfte kämpfend nur ihrer Säuberungsaufgabe zu widmen.“ 136 Auch diese Zurechtweisung muß wie ähnliche frühere Formulierungen Himmlers als unverhohlene Kritik an den bisher ausgebliebenen Massenerschießungen gedacht gewesen sein. Die Brigade konnte allerdings auch in den folgenden Wochen und Monaten keine diesbezüglichen Erfolgsmeldungen vorweisen. Prützmann beklagte sich statt dessen quasi entschuldigend über deren „mangelnde Fühlungnahme“ 137 ; dem folgten mehrfach Kompetenzstreitigkeiten zwischen Kommandostab und Wehrmacht über die weitere Verwendung der Einheit. 138 Zwar meldete die 2. SS-Brigade bei ihren Einsätzen bis Ende 1941 laufend Erschießungen, die in einem wöchentlich erstellten „Partisanen-Nachrichtenblatt“ akribisch aufgelistet wurden, die Anzahl der als „Partisanen“ oder „verdächtige Personen“ getöteten Menschen blieb jedoch vergleichsweise gering. Mehrfach lieferte die Brigade Tötungsraten von nicht mehr als 20 Personen pro Woche ab. 139 Die höchste Zahl von 74 Erschießungen meldete die SS-Einheit Ende September 1941. 140 Obwohl davon auszugehen ist, daß unter den aufgeführten Opfern auch Juden waren, steht die Größenordnung, in der sich die Tötungen der sogenannten Partisanen bewegten, in keinem Verhältnis zu den Massakern, die gleichzeitig von den beiden anderen SS-Verbänden verübt wurden. Praktisch waren deren Mordraten von der 2. SS-Brigade im Bereich der Heeresgruppe Nord auch gar nicht mehr zu erreichen. Gemäß den grundlegenden Einsatzbestimmungen kam eine Beteiligung des Verbandes an der Vernichtung der großen jüdischen Gemeinden Litauens und Lettlands nicht mehr in Frage, weil beide Länder zum 1. September 1941 aus dem Operationsgebiet des Heeres herausgenommen und der Zivilverwaltung des Reichskommissars „Ostland“, übergeben worden waren. 141 In den weiter nördlich und östlich noch unter Militärverwaltung stehenden Gebieten war die Hinzuziehung der 2. SS-Brigade zur Ermordung der jüdischen Bevölkerung dagegen nicht mehr erforderlich. Durch den weitgehenden Stillstand der Front vor Leningrad hatte die Einsatzgruppe A in diesem Raum mehr Zeit für flächendeckende Vernichtungsaktionen gehabt.142
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Verstärkt wurden deren Sonder- und Einsatzkommandos noch durch die einheimischen „Schutzmannschaften“, die im Baltikum in großem Umfang aufgestellt wurden und sich in hohem Maße an der Ermordung der Juden beteiligten. 143 Das erst im Dezember 1941 unter Zivilverwaltung gestellte Estland hatte nur eine relativ kleine jüdische Gemeinde. Die etwa 1000 Juden, die sich nach der Eroberung des Landes noch in Tallinn, Narva oder Tartu aufhielten, wurden unter tatkräftiger Unterstützung des estnischen „Selbstschutzes“ von Kommandos der Einsatzgruppe A registriert, ghettoisiert und zu einem großen Teil in den folgenden Monaten ermordet. 144 Die Zahl der im eigentlichen Einsatzgebiet der 2. SSBrigade in Nordrußland verbliebenen Juden war ebenfalls vergleichsweise gering. Zu deren Vernichtung war in Tosno, dem Stabsquartier der 2. SS-Brigade, schon seit September 1941 das Sonderkommando 1b stationiert. Zwei Monate später lebten in der Gegend keine Juden mehr. Damit hatte das Kommando seine Aufgabe in der Gegend erfüllt und konnte im Anschluß mit dem Gros seines Personals zur Erfüllung weiterer Vernichtungsaktionen nach Minsk verlegt werden. 145 Die 2. SS-Brigade wurde demnach eindeutig wegen ihres verspäteten Einsatzbeginns und den im Baltikum und Nordrußland schon im September 1941 ausreichend vorhandenen Tötungskommandos nicht mehr beim Massenmord an der jüdischen Bevölkerung eingesetzt. 146 Daß es grundsätzlich innerhalb der SS-Brigade keinesfalls an fanatischer Judenfeindschaft mangelte, läßt sich an deren Berichterstattung über die Situation im eingeschlossenen Leningrad ablesen. Geradezu hoffnungsvoll gab der Führungsoffizier der Brigade Anfang Oktober 1941 Meldungen wieder, nach denen sich die gedrückte Stimmung der dortigen Bevölkerung „mehr und mehr gegen die Juden und politischen Führer richten“ würde. 147 Zwei Wochen später wußte der SS-Führer erneut zu berichten, daß in der Stadt die antisemitische Grundstimmung anwachse, dann mußte er jedoch einschränken: „Noch haben aber die roten Gewalthaber die Bevölkerung durch Terrormaßnahmen und starke Propaganda fest in der Hand, sodass [sic] mit organisierten Gegenkundgebungen zunächst nicht zu rechnen ist.“ 148 Ganz ähnlich fiel die Berichterstattung über die erhofften Pogrome und Revolten in der folgenden Woche aus. „Die Stimmung gegen die Juden und Kommissare soll sich weiterhin verstärkt haben“, meldete der Führungsoffizier, letztlich mußte er aber erneut bedauernd bilanzieren: „Zu organisierten Gegenkundgebungen der Bevölkerung ist es bisher nicht gekommen.“ 149 Weil judenfeindliche Übergriffe in der Stadt nicht ausbrachen, blieb den Berichterstattern der Brigade nichts anderes übrig, als aus der Distanz weiterhin die eigenen antisemitischen Projektionen weiterzugeben. Mitte November meldete die Einheit über die dortige Situation: „Parteifunktionäre und Juden stehen sich in bezug auf Lebensmittelversorgung besser, da sie meistens an der Quelle sitzen. Die Einstellung der Bevölkerung zu den Juden hat sich seit einigen Tagen sehr verschärft.“ 150 Die in der Diktion solcher Berichte aufscheinende, nicht minder mörderische Einstellung von Angehörigen der 2. SS-Brigade kam noch an anderer Stelle zum Ausdruck. In Markajewo, einige Kilometer südöstlich von Tosno, existierte im
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Gebäude eines ehemaligen Klosters ein Krankenhaus, dessen Patienten von den Sowjets vor dem Herannahen der Deutschen nicht mehr evakuiert worden waren. Die etwa 230 weiblichen Insassen, Psychiatriepatientinnen sowie angeblich auch Syphiliskranke und Epileptikerinnen, waren der SS ein Dorn im Auge. In Absprache zwischen dem in Tosno stationierten Teilkommando der Einsatzgruppe A und Führern der 2. SS-Brigade entstand der Plan, die Kranken zu ermorden. Vor der Ingangsetzung des Massenmords fehlte jedoch noch das offizielle Einverständnis der Wehrmacht. Hauptsturmführer Hubig, der Teilkommandoführer des Sonderkommandos 1b, argumentierte gegenüber dem XXVIII. Armeekorps mit den gesundheitlichen Gefahren für die in der Region bei der „Partisanenbekämpfung“ eingesetzten SS-Männer der 2. Brigade. Dabei berief er sich auf die medizinische Autorität der Waffen-SS, indem er in seinem Schreiben anführte: „Der Arzt der 2. SS-Inf.-Brigade, SS-Stubaf Dr. Blies, hält ein sofortiges Einschreiten unter folgender Begründung für erforderlich: Die Kranken bilden nicht nur eine Gefahr für die Zivilbevölkerung, sondern vor allem für die deutschen Soldaten. […] Bei Kranken dieser Art ist es nicht ausgeschlossen, daß sie auch Menschen anfallen.“ Zur Ermordung der Patientinnen, beziehungsweise zur „Durchführung der erforderlichen Maßnahmen“, wie sich Hauptsturmführer Hubig ausdrückte, bot sich das Kommando der Sicherheitspolizei gleich selbst an. 151 Sturmbannführer Dr. Blies von der SS-Brigade ließ es nicht allein bei der Darstellung der Gefährlichkeit der Patientinnen bewenden. Er drohte außerdem, „vom ärztlichen Standpunkt“ einen Abzug der in der Nähe stationierten Brigadeeinheiten zu fordern, wenn der „Gefahrenherd nicht beseitigt“ werden würde. 152 Im Anschluß verlief die Angelegenheit zwischen Waffen-SS, Sicherheitspolizei und Wehrmacht komplikationslos. Nachdem Generaloberst Georg von Küchler, der Oberbefehlshaber der 18. Armee, am 26. Dezember 1941 seine Zustimmung signalisiert hatte, wurde der Massenmord an den 230 Frauen zügig in Angriff genommen. 153 Schon wenige Tage später hatten die Männer der Sicherheitspolizei alle Patientinnen umgebracht. „Die Angelegenheit ist bereinigt“, meldete die Abwehrabteilung des XXVIII. Armeekorps am 3. Januar 1942 dem Oberkommando der 18. Armee. 154 Bilanz des Massenmordes der SS-Brigaden Während der späte Einsatz der 2. SS-Brigade und die besondere Situation im Einsatzgebiet in Nordrußland eine massive Beteiligung des Verbandes an der Ermordung der dortigen Juden weitgehend ausschloß, begingen sowohl die SSKavalleriebrigade als auch die 1. SS-Brigade bis zu ihrer Verlegung an die Front im Dezember 1941 systematische Massaker an der jüdischen Bevölkerung. Besonders reibungslos wurden die Morde von der Kavalleriebrigade ausgeführt, die im Vergleich auch die meisten Juden tötete. Das Vertrauen Himmlers, Bach-Zelewskis und Knoblauchs in deren Praxis, jüdische Menschen seit September 1941 systematisch als „Partisanen“ zu erschießen, war so groß, daß die Brigade schon bald auf eine detaillierte Berichterstattung über weitere Mordaktionen gänzlich
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verzichten konnte. Die 1. SS-Brigade setzte die generellen Tötungsaufforderungen zögerlicher um. Himmler intervenierte deshalb mindestens zweimal persönlich, um umfangreichere Massenerschießungen durchzusetzen. Diesbezügliche Bemühungen hatten schließlich Erfolg, denn ab Herbst 1941 lagen die Erschießungsraten beider SS-Verbände in etwa auf gleicher Höhe. Beide Brigaden zusammen ermordeten bis Ende 1941 mindestens 57 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder. 155 Von Anfang an töteten die Verbände in ihren großflächigen Einsatzräumen die gesamte jüdische Bevölkerung. Arbeitsfähige Juden sowie Handwerker und Ärzte mit ihren Familienangehörigen wurden nur in den an wichtigen Nachschubstraßen gelegenen Städten meist noch am Leben gelassen. Ab Spätherbst 1941 ging die 1. SS-Brigade und höchstwahrscheinlich auch die SS-Kavallerie in einem weiteren, sich in der Sowjetunion auch an anderer Stelle vollziehenden Radikalisierungsschritt zur Totalliquidierung der gesamten jüdischen Bevölkerung in den jeweiligen Operationsräumen über. 156 Die Mehrzahl der jüdischen Opfer beider Brigaden wurde bereits während der ersten Einsatzwochen im August 1941 getötet. In dieser kurzen Phase hatten beide Verbände unter der kontinuierlichen Instruierung des Kommandostabes eine verheerende Vorreiterrolle bei der Ermordung von Frauen und Kindern, dem wesentlichen Element zur Durchsetzung der „Endlösung“ in der Sowjetunion inne. Dabei kam es im Sommer 1941 mehrfach zu einer engen Zusammenarbeit zwischen SS-Brigaden und Teilkommandos der Einsatzgruppen B und C, die das Einschwenken der Kommandos der Sicherheitspolizei auf die nunmehr angestrebte umfassende Judenvernichtung nicht unerheblich beschleunigt haben mag. 157 Die Vorgehensweise beider Brigaden wurde in den folgenden Wochen und Monaten nach und nach von den Kommandos der Einsatzgruppen, den Bataillonen der Ordnungspolizei, den Stäben der Höheren SS- und Polizeiführer, von einheimischen Hilfstruppen und einzelnen Wehrmachtsverbänden übernommen. Schließlich kulminierte die Entwicklung in einem gigantischen Vernichtungsprozeß, dem allein in der Sowjetunion bis Ende 1941 eine halbe Million Juden zum Opfer fielen. 158 Aus den Quellen läßt sich die fürchterliche Dynamik bei der Ingangsetzung der Shoah in der Sowjetunion genau ablesen. War es anfangs für einen Regimentsschreiber der SS-Kavallerie schlicht noch nicht vorstellbar, daß an einem einzigen Tag – wie in Pinsk – von einer Reiterschwadron etwa 6500 Juden erschossen werden können, spiegelte schon bald die Häufung von Massakern, bei denen jeweils mehrere tausend Juden umkamen, die gräßliche Routine wider, die die nunmehr eingeschlagene Richtung der deutschen Judenpolitik zunehmend innehatte. Besonders Jeckeln ließ von den ihm unterstellten SS- und Polizeieinheiten in der Ukraine bald noch gigantischere Massaker wie in KamenezPodolsk Ende August oder einen Monat später in der Schlucht von Babi Jar bei Kiew verüben. 159 Durch die massive Ausweitung der Vernichtungsaktionen auf andere Mordeinheiten mußte der faktische Anteil der SS-Brigaden am Massenmord seit dem
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Spätsommer 1941 zurückgehen. Hinter den deutschen Armeen weit nach Osten vorgerückt, operierten die Verbände zudem seit Mitte Oktober in Regionen, aus denen den meisten Juden rechtzeitig die Flucht gelungen war. Nicht nur die zunehmende Geheimhaltung und die Verwendung neuer Euphemismen verschleierten fortan den weiterhin organisierten Judenmord; faktisch ging auch dessen Anteil an den Einsätzen der SS-Verbände im Herbst 1941 zurück. Gerade die Auflistung der 1. Brigade über die zwischen September und November 1941 ermordeten 5397 Juden zeigt aber zweifelsfrei, daß die Vernichtung der Juden auch ohne explizite Formulierungen in den Einsatzbefehlen und ohne Erwähnung in der Berichterstattung weiterhin zu deren grundsätzlichem Aufgabengebiet gehörte. Den gleichen Sachverhalt dokumentieren die in den Meldungen der Kavalleriebrigade auftauchenden enorm hohen Opferzahlen der Erschießungen angeblicher „Partisanen“. Inhaltlich entsprachen die zur Tarnung des Judenmords verwendeten Euphemismen recht genau den ideologischen Vorstellungen, die Hitler bereits bei seinen Ausführungen zur künftigen Besatzungspolitik in der Sowjetunion Mitte Juli 1941 geäußert hatte. In den Wochen danach tauchten solche Konstruktionen immer wieder in den Befehlen Himmlers, des Kommandostabes oder der Höheren SS- und Polizeiführer auf. Die Gleichsetzung von Juden mit „Partisanen“ oder besonders streitbaren Anhängern des „Bolschewismus“ war außerdem die zentrale Argumentationslinie, auf der nicht nur bei den Truppen des Kommandostabes Zustimmung und vielfach aktive Mithilfe der Wehrmacht bei der Ermordung der sowjetischen Juden beruhte. 160 Zu der anfänglich fast ausschließlich propagandistischen Verwendung des Begriffs „Partisan“ durch SS und Wehrmacht kam mit der Zunahme der Operationsfähigkeit der sowjetischen Partisanenbewegung nach den ersten Kriegsmonaten ein faktischer Sinngehalt hinzu. Im Herbst 1941 hatte sich die strategische Lage der Wehrmacht in der Sowjetunion unübersehbar verschlechtert. Prognosen über den zu erwartenden Sieg mußten immer weiter nach hinten datiert werden. 161 Die schon geschlagen geglaubte Rote Armee leistete erbitterten Widerstand; gleichzeitig häuften sich Anzeichen für das Auftreten von Partisanengruppen im Rücken der deutschen Frontverbände. Die von der nationalsozialistischen Führung in der Siegeseuphorie des Sommers 1941 in Gang gesetzte Massenvernichtung der Juden wurde angesichts der sich andeutenden militärischen Krise keinesfalls gestoppt, sondern verstärkt. 162 Vor dem Hintergrund der Ende September 1941 angelaufenen entscheidenden deutschen Offensive Richtung Moskau wurde die Besatzungspolitik in der Sowjetunion weiter verschärft, was von Initiativen der militärischen Führung entscheidend mitgeprägt wurde. 163 Um präventiv alle irgendwie denkbaren – und damit keineswegs nur realen – Widerstände im Hinblick auf die kritische Versorgungssituation der Fronttruppen und die schwachen Sicherungsverbände im Hinterland zu unterbinden, übernahm die Wehrmacht teilweise sehr weitgehend die mit der Bekämpfung von Partisanen legitimierten rassistischen Ausrottungspläne der SS.
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3. „Partisanenbekämpfung“ Bekämpfung versprengter Rotarmisten im Sommer 1941 Ganz im Gegensatz zu SS und Wehrmacht, die bereits umfangreiche Gegenmaßnahmen eingeleitet hatten, zeigte sich die Sowjetunion bei Kriegsbeginn nicht auf einen Partisanenkampf hinter den deutschen Linien vorbereitet. Lediglich sogenannte Vernichtungsbataillone, paramilitärische Einheiten, die hinter den eigenen Linien feindliche Saboteure ausschalten sollten, waren schon vor dem deutschen Angriff aufgestellt worden. 164 Das Reichssicherheitshauptamt bestätigte diese Ausgangssituation Ende Juli 1941 mit den Worten, daß „vor Ausbruch des Krieges von der bolschewistischen Armeeführung keinerlei Anweisungen für den Partisanenkrieg gegeben“ wurden. 165 Nach dem Rundfunkaufruf Stalins zur Bildung einer Partisanenbewegung vom 3. Juli 1941 mußten erst sämtliche Vorbedingungen für eine entsprechende Kampfweise geschaffen werden. Die sowjetischen Partisanenverbände mußten von Grund auf organisiert werden; erste Versuche zur Schaffung einer zentralen Leitung und zum Einsickern effektiver Kampfverbände in die von den Deutschen besetzten Gebiete schlugen weitgehend fehl. Somit waren die Partisanen im Sommer des ersten Kriegsjahres viel zu schwach und unkoordiniert, um wirkungsvolle Schläge gegen die deutsche Besatzung unternehmen zu können.166 Diese Ausgangsbedingung blieb der Wehrmacht, in deren Reihen mitunter sogar noch Unklarheit über den völkerrechtlichen Status der Partisanen bestand, nicht verborgen. Der Abwehroffizier bei der Panzergruppe 3 bilanzierte Mitte August 1941, „daß entgegen den Erwartungen Freischärlerei nur in geringem Umfange vorgekommen“ sei. 167 Noch deutlicher fiel das Urteil von Generalleutnant Karl von Roques, dem Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes Süd aus, der wenig später feststellte: „Ein erheblicher Teil aller Partisanenmeldungen hat sich bisher als haltloses oder übertriebenes Gerücht herausgestellt.“ 168 Vor Ort existierte jenseits der ideologisch eingefärbten Befehle und Tätigkeitsberichte die gleiche Wahrnehmung. „Partisanen sind zu diesem Zeitpunkt in der 1. Phase des Krieges nicht oder nur ganz selten in Erscheinung getreten“, bekannte ein ehemaliger Angehöriger der Kavalleriebrigade bei seiner Vernehmung nach dem Krieg. Andere Zeugen äußerten sich gleichlautend. 169 Durch das schnelle Vordringen der deutschen Angriffsspitzen wurden jedoch Zehntausende sowjetischer Soldaten von den eigenen Linien abgeschnitten und von den deutschen Truppen überrollt. Sie blieben in unterschiedlich großen Einheitsstärken in den Gebieten unter deutscher Militärverwaltung zurück. 170 Die Bekämpfung der versprengten Rotarmisten war der Vorwand für die ersten Vernichtungsaktionen der SS-Brigaden an der jüdischen Bevölkerung gewesen. Aber auch die sowjetischen Soldaten wurden von den Truppen des Kommandostabes unerbittlich verfolgt und Hunderte von Rotarmisten vielfach kurzerhand erschossen. 171 Mitverantwortlich für diese Praxis der Waffen-SS waren in hohem Maße Befehle der Wehrmachtsführung, durch die die versprengten Soldaten erst
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zu Partisanen erklärt wurden. Die diesbezüglichen Grundsatzbefehle des Oberkommandos des Heeres vom 18. und 23. Juli 1941 wurden von den Befehlshabern der rückwärtigen Heeresgebiete schnell übernommen und in eigene Anordnungen umgesetzt. 172 Karl von Roques bestimmte am 29. Juli für das rückwärtige Heeresgebiet Süd, nach dem 8. August hätten alle aufgespürten Sowjetsoldaten als „Freischärler“ zu gelten. 173 Mit dem Stichtag 15. August befahl Schenckendorff das gleiche für das rückwärtige Heeresgebiet Mitte. 174 In dem Wissen, daß die Rotarmisten häufig bestrebt waren, die im deutschen Machtbereich für sie selbst so gefährliche Uniform loszuwerden, befahl das Heeresgruppenkommando Nord am 6. August, „ergriffene Partisanen in Zivil nach eingehendem Verhör nach Möglichkeit öffentlich aufzuhängen (mit einem entsprechenden Hinweisschild für die Bevölkerung) und einige Zeit hängen [sic] lassen“. 175 Umgehend schlug sich der verhängnisvolle Paradigmenwechsel bei der Wahrnehmung und Kategorisierung der gegnerischen Soldaten auch in den Berichten der SS-Verbände des Kommandostabes nieder. Nach ihrem ersten Einsatz Ende Juli 1941 meldete die 1. SS-Brigade noch, gegen Reste einer sowjetischen Schützen-Division gekämpft und etwa 40 ukrainische Sowjetsoldaten der Wehrmacht übergeben zu haben. Ebenso hatte die Bekämpfung von Rotarmisten in den Tätigkeitsberichten der SS-Kavallerie anfangs breiten Raum eingenommen. 176 Innerhalb eines Monats wurden derartige Operationen dann hauptsächlich als Verfolgung und Bekämpfung von „Partisanen“ oder „Freischärlern“ ausgegeben. 177 Maßlos übertreibend berichtete der Führungsoffizier der 2. SS-Brigade schon auf dem Marsch in das spätere Einsatzgebiet von acht „Partisanenregimentern“, die gegliedert in Bataillone und Kompanien „unerhört kühn und verschlagen kämpfen“ würden.178 Hauptsturmführer May vom Kommandostab schenkte solchen Phantasiemeldungen keine größere Beachtung und bemerkte dazu nur lapidar, „entsprechende Feststellungen“ seien von den übrigen Verbänden nicht gemacht worden.179 Dennoch nutzten die SS-Brigaden den durch die Wehrmachtsbefehle ausgestellten Freibrief zum Herbeireden einer Partisanenbewegung, die in der behaupteten Form nicht existierte. 180 So wurde die eigene Ausrottungspolitik gegenüber den Juden und der Mord an den sowjetischen Soldaten als probates Mittel zur „Befriedung“ der besetzten Gebiete dargestellt und von der Wehrmacht ohne Einschränkung akzeptiert. Mit dem realisierten Massenmord der Truppen des Kommandostabes ging die fortwährende Behauptung einer imaginären Bedrohungslage einher. Fegelein stilisierte die vermeintlichen Partisanen in einem auch für die Wehrmacht bestimmten Bericht Mitte September 1941 als „das gefährlichste, was es hinter der Front einer kämpfenden Armee gibt. Kaltblütig, tapfer bis zur Vernichtung und asiatisch grausam“. Immer wieder werde die SS von „Partisanengruppen“ zum Handeln gezwungen. 181 Intern fielen die Bewertungen anders aus. Lombard schrieb zeitgleich zu den aufgebauschten Partisanenmeldungen in einem internen Erfahrungsbericht, daß die sowjetischen Soldaten hinter der Fontlinie zwar „einen bandenmässigen Eindruck“ erweckten, aber eben „deshalb meistens zu Unrecht als Partisanen be-
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Abb. 8. Brigadekommandeur Hermann Fegelein (Mitte) und Gustav Lombard, Kommandeur des 1. SS-Reiterregiments, (rechts) vor gefangenen Rotarmisten 1941.
zeichnet“ würden. „In Wirklichkeit“, erklärte der Regimentskommandeur, „verfolgen sie nur den Zweck, sich über Wasser zu halten, bis die deutsche Truppe wieder zurückgehen muss und sie von der nachfolgenden eigenen Armee wieder aufgenommen werden können“. 182 Die wenigen wirklichen Kampfhandlungen, in die die Brigaden im Sommer 1941 verwickelt waren, belegen den von Lombard treffend charakterisierten Sachverhalt. Wie Schilderungen der SS über Unifor-
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mierung und Bewaffnung des Gegners verdeutlichen, wurden bei den ersten schweren Gefechten der Kavalleriebrigade am 21. August nicht etwa Partisanen, sondern abgeschnittene sowjetische Truppenteile in Turow überrascht und von eilig zusammengezogenen SS-Schwadronen angegriffen und in die Flucht geschlagen. 183 Auch bei den verlustreichen Gefechten der 1. SS-Brigade am 15. August sowie bei dem Einsatz von Einheiten der 2. SS-Brigade bei Wyritza standen der Waffen-SS versprengte reguläre Truppenteile gegenüber. Diese sowjetischen Verbände waren keineswegs im Begriff, zum Partisanenkampf überzugehen. Vielmehr versuchten die von den Deutschen in die Enge getriebenen Rotarmisten, den feindlichen Umschließungsring zu durchbrechen und sich möglichst geschlossen zu den eigenen Frontlinien durchzuschlagen. 184 Bezeichnenderweise blieben die hohen Verluste der Waffen-SS – 41 Tote bei Bialocurowicze und 39 Tote bei Wyritza – in den folgenden Monaten absolute Ausnahmen. Erst bei den Fronteinsätzen im Winter 1941/42 erreichten die Brigaden wieder ähnliche Verlustzahlen. 185 Daß die sich schnell in den besetzten Gebieten herumsprechende Mordpraxis der Deutschen für die Sowjetsoldaten ein entscheidendes Motiv darstellte, um überhaupt noch Widerstand zu leisten, war verantwortlichen SS-Führern frühzeitig bewußt. Über mehrere verwundete Rotarmisten, die im vorhergehenden Satz noch als eine „Gruppe Partisanen“ bezeichnet wurden, berichtete Lombard, die Soldaten hätten geglaubt, „dass sie ohnehin erschossen werden würden. Deshalb wehrten sie sich verzweifelt.“ 186 Weit häufiger als zweifelhafte Erfolgsmeldungen von militärischen Zusammenstößen mußten die Brigaden im Sommer 1941 aber berichten, daß der Gegner schlicht nicht zu stellen sei. 187 „Nachstossen und vorher beabsichtigtes Umfassen“ erwiesen sich als „unmöglich“. Erfolge entsprachen „nicht voll den Erwartungen“. Kurz, den sowjetischen Truppenteilen gelang es häufig, rechtzeitig vor der Waffen-SS auszuweichen. 188 Eine stärkere Einheit von Rotarmisten, die nach dem Gefecht mit der Kavalleriebrigade aus der Gegend von Turow geflohen war, zog sich Anfang September vor der 1. SS-Brigade aus Leltschicy wieder Richtung Norden zurück. Die Soldaten befanden sich damit erneut in dem Gebiet, welches kurz zuvor von den SS-Reitern als „befriedet“ gemeldet worden war. 189 Unmittelbar nach dem Abzug von Magills Reiterschwadronen aus Pinsk meldete die Feldkommandantur (V) 194 an die zuständige Sicherungsdivision das Auftreten russischer Soldaten in der Umgebung der Stadt. Auch die Gegend um Bereza Kartuska, durch die kurz zuvor die Reitende Abteilung Lombards gezogen war, sei „noch immer unbefriedet“. Zur Abhilfe empfahl der Feldkommandant die Organisierung größerer „Säuberungsaktionen“. 190 Fegelein mußte denn auch einräumen, daß „kleinere Banden […] immer wieder auftreten werden, ist in diesem Gelände nicht zu verhindern“. 191 Damit stellte sich die von ihm wenig später großspurig verkündete „endgültige Befriedung des Gebietes“ von vornherein als Makulatur heraus. 192 Ab 1942 wurde das Gebiet der Pripjet-Sümpfe zu einem Zentrum der sowjetischen Partisanenbewegung. Unter anderem operierten dort jüdische Kampfgrup-
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pen, deren Angehörige die Vernichtungsaktionen der SS- und Polizeieinheiten überlebt hatten. 193 Andere in diesem Gebiet operierende Partisanengruppen waren im Kern durch versprengte Rotarmisten gebildet worden, denen es gelungen war, der grausamen Verfolgung durch die Brigaden im Sommer 1941 zu entgehen. Im Polesje zeigte sich damit die aus militärischer Perspektive von Grund auf verfehlte Strategie der SS bei der „Befriedung“ der besetzten Gebiete. Letztlich werden beide Brigaden des Kommandostabes durch ihre mörderischen Einsätze im Pripjet-Gebiet nicht unerheblich dazu beigetragen haben, daß sich ernstzunehmender Widerstand gegen die deutsche Besatzung dort überhaupt erst zu formieren begann. Verschärfung der „Partisanenbekämpfung“ Im September 1941 wurden Maßnahmen zur „Partisanenbekämpfung“ von Wehrmacht und SS im Bereich der rückwärtigen Gebiete der Heeresgruppe Mitte erheblich ausgeweitet. Im Widerspruch zu früheren Aussagen bewertete Oberstleutnant Rübesamen, der Stabschef Schenckendorffs, das „Partisanenwesen“ westlich der Beresina Anfang September plötzlich als „im allgemeinen planlos“, um dann bei den Partisanen in den gerade neu übernommenen Gebieten eine bessere Bewaffnung und ein insgesamt systematischeres Vorgehen festzustellen. 194 Die Wehrmacht ging dabei von der Erwartung aus, bei der Errichtung der Militärverwaltung im altrussischen Kernland mit einem sprunghaften Anstieg des antideutschen Widerstands konfrontiert zu werden. Tatsächlich existierten Hinweise, daß es den Sowjets bei Mogilew und Gomel gelungen war, für den Partisanenkampf geschulte Soldaten mit Waffen und Vorräten zurückzulassen. 195 Daß diese Kräfte jedoch kaum imstande waren, eine konkrete Bedrohung für die deutschen Truppen darzustellen, bestätigte Rübesamen selbst mit den Worten, Partisanen träten nur „da und dort in kleineren Gruppen auf, um sich beim Erscheinen der Wehrmacht in die großen Wald- und Sumpfgebiete zu verdrücken“. 196 Trotzdem gab der Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebiets Mitte seinen Verbänden mit dem Korpsbefehl Nr. 52 vom 14. September eine grundsätzlich verschärfte Strategie bekannt. Den Sicherungsdivisionen befahl er unter anderem eine weittestgehende Aufteilung ihrer Kräfte über das gesamte Gebiet, damit selbst kleinste Orte „belegt“ werden könnten. Die Ortschaften sollten morgens oder abends „überraschend“ für mehrere Tage besetzt werden; „nochmaliger Nachstoß“ habe einige Tage darauf zu erfolgen. Außerdem seien verstärkt „größere Aktionen in Form von Kesseltreiben“ zu organisieren und „Eingreiftruppen“ für besondere Gelegenheiten bereitzuhalten. 197 Nicht von ungefähr erinnert der Inhalt dieser Anweisungen an die von der Reiterbrigade bereits seit Ende Juli im Pripjet-Gebiet angewandte Praxis. Prompt empfahl Schenckendorff den Wehrmachtsverbänden dann auch gleich unverblümt das Vorgehen der Truppen des Kommandostabes, als er in dem Befehl formulierte: „Die SS-Kav.Brigade übt zurzeit folgendes Verfahren: Die zur Überprüfung einer Ortschaft angesetzte
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Abteilung stößt ohne jede Aufklärung im Morgendämmern mit voller Geschwindigkeit überraschend in den Ort hinein und bis zum anderen Ende durch, besetzt nach vorher festgelegter Einteilung im Handumdrehen den Außenrand des Dorfes in seiner ganzen Ausdehnung und holt dann die gesamte Einwohnerschaft, einschl. Frauen und Kinder, zur Überprüfung zusammen. Vielfach wird dann Geschick und Erfahrung des kommandierenden Offiziers und der zugeteilten SD. und GFP.-Gruppen mit ihren Dolmetschern über die Zusammensetzung der männlichen Einwohner und ihre Betätigung sowie über ihr Schicksal zur Säuberung und Befriedung des Gebietes entscheiden.“ 198 Der gesamte Befehl und die darin enthaltene Stilisierung der SS-Brigade zum Vorbild für das künftige Vorgehen der Wehrmacht markierte eine Abkehr vom ursprünglich verfolgten Konzept, das hauptsächlich die Sicherung der Nachschubwege vorgesehen hatte. Mit der neuen Strategie erhob Schenckendorff nicht die reale Ausgangslage in seinem Befehlsbereich, sondern eine aus den Berichten der SS-Kavallerie und der Einsatzgruppe B herauslesbare, ideologisch begründete Art der Kampfführung zur Grundlage seines eigenen Handelns. 199 Im Zentrum des Vorgehens der deutschen Sicherungsverbände im Bereich der Heeresgruppe Mitte sollte nicht mehr die Bewachung der Rollbahnen und die direkte Verfolgung versprengter Rotarmisten und etwaiger Partisanen stehen, vielmehr geriet die Mehrheit der Zivilbevölkerung als potentiell „Verdächtige“ ins Visier der Militärs. In diversen Befehlen trat der radikalisierte Charakter der Maßnahmen im September 1941 deutlich zu Tage. Die Führung der unter Schenckendorff eingesetzten Sicherungsdivision 221 forderte ihrerseits ein schärferes Vorgehen zur „Bekämpfung der Partisanenbewegung, die sicher erst in der Vorbereitung und eines Tages in noch viel größerem Umfange als bisher auftreten kann“. 200 Am gleichen Tag, an dem Schenckendorff seinen Korpsbefehl herausgab, rief der Ic-Offizier der Heeresgruppe Mitte zur Beachtung des folgenden Leitprinzips auf: „Mißtrauen ist gegen jeden Zivilisten geboten, namentlich auch gegen Frauen, Mädchen und Jugendliche.“ 201 In diesem Zusammenhang sind auch zwei kurz hintereinander bekanntgegebene Befehle Keitels von Bedeutung. Am 12. September verbot der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht die bisher noch verbreitete Arbeitstätigkeit von Juden bei Dienststellen der Wehrmacht und forderte bei der Gelegenheit in aller Grundsätzlichkeit: „Der Kampf gegen den Bolschewismus verlangt ein rücksichtsloses und energisches Durchgreifen vor allem auch gegen die Juden, die Hauptträger des Bolschewismus.“ 202 Vier Tage später behauptete Keitel in einem zweiten Befehl, gegen die deutsche Besatzung in der Sowjetunion seien „allenthalben kommunistische Aufstandsbewegungen ausgebrochen“, gegen die die „bisherigen Maßnahmen […] sich als unzureichend erwiesen“ hätten. Deshalb befahl er die Anwendung schärfster Mittel, um „einem weiteren Umsichgreifen vorzubeugen“ und gab zu bedenken, „dass ein Menschenleben in den betroffenen Ländern vielfach nichts gilt und eine abschreckende Wirkung nur durch ungewöhnliche Härte erreicht werden kann“. 203
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Ausgehend von der beschriebenen Befehlslage und der dargestellten Praxis der SS-Brigaden war absehbar, daß von der propagierten Form deutscher Besatzungspolitik wiederum in ganz besonderem Maße die jüdische Bevölkerung betroffen sein würde. Der Ablauf eines dreitägigen Erfahrungsaustauschs über die „Partisanenbekämpfung“ im rückwärtigen Heeresgebiet Mitte bestätigte dies nachdrücklich. 204 Zu dem Treffen, das am Wochenende vom 24. bis zum 26. September 1941 in Schenckendorffs Stabsquartier in Mogilew stattfand, hatte der Wehrmachtsgeneral Kommandeure und Stabsoffiziere seiner Sicherungsdivisionen und -regimenter eingeladen. Außerdem erschienen Major Günther von Gericke, der Versorgungsoffizier der Heeresgruppe Mitte sowie Hauptmann Förster vom Oberkommando des Heeres. Prominent vertreten war außerdem der SSund Polizeiapparat mit Bach-Zelewski, Nebe, Fegelein, Lombard und dem Kommandeur des Polizeiregiments Mitte, Oberstleutnant Montua. 205 Zum Auftakt richtete Schenckendorff herzliche Begrüßungsworte an die Teilnehmer. Hinsichtlich des Ablaufs des gesamten Erfahrungsaustauschs bat er alle Teilnehmer um eine „freimütige Aussprache“ und rege Diskussionen im Anschluß an die jeweiligen Vorträge. 206 Der Aufforderung des Gastgebers kamen die Vertreter der SS in überzeugender Weise nach. Im Verlauf des Treffens hielt Bach-Zelewski ein Referat zum Thema „Erfassen von Kommissaren und Partisanen“. Nebe sprach über „Die Judenfrage mit besonderer Berücksichtigung der Partisanenbewegung“. 207 An Freimütigkeit ließ es auch Lombard in seinem Vortrag nicht mangeln. Einleitend plädierte er für eine intensive Zusammenarbeit zwischen den Verbänden von SS und Wehrmacht und sprach von den „gleichen, schweren Aufgaben“, die von allen Versammelten nur „unter vollkommener Hintansetzung etwaiger persönlicher Gefühlsanwandlungen rücksichtslos und unbarmherzig“ bewältigt werden könnten. Inhaltlich gab der SS-Offizier als allgemeine Devise die Parole aus, daß „Terror gegen Terror“ stehen müsse, um dann zur Behandlung der jüdischen Bevölkerung auszuführen: „Über die Juden auch nur ein weiteres Wort zu verlieren, ist wohl überflüssig. Man kann vielleicht über die Maßnahmen verhandeln, wie der Jude am zweckmäßigsten aus den uns anvertrauten Gebieten verschwinden soll, aber daß er beseitigt werden muß, steht fest, denn der Jude ist der Partisane!“ 208 Diese Äußerung Lombards ist schon allein deshalb erwähnenswert, weil sie nachdrücklich belegt, in welcher Offenheit die SS die Vernichtungspraxis gegenüber den sowjetischen Juden als Form der „Partisanenbekämpfung“ definierte und im Beisein hoher Wehrmachtsoffiziere zur Diskussion stellte. Der Hinweis Lombards auf die Existenz verschiedener Optionen zur „Beseitigung“ der Juden wird in diesem Zusammenhang nur von rein rhetorischer Natur gewesen sein, da die gleich darauf von ihm selbst betonte Gleichsetzung von Juden mit Partisanen seitens aller Anwesenden als Plädoyer für deren Ermordung verstanden worden sein muß. Zweimal unterbrachen die Wehrmachts- und SS-Offiziere an diesem Wochenende ihr theoretisches Pogramm, um zur praktischen Anschauung Anti-Partisa-
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nen-Einsätzen in der Umgebung von Mogilew beizuwohnen. 209 Partisanen wurden allerdings weder am 25. September bei einer gemeinsamen Aktion des Einsatzkommandos 8 und des Polizeibataillons 322 in dem Ort Knjashizy noch einen Tag später beim Einsatz der motorisierten Eingreifgruppe des Sicherungsregiments 2 in Kussikowitschi gefaßt. Die Wehrmachtssoldaten konnten in dem Ort jedoch ein „Verhör der Einwohner“ und das „Abtrennen verdächtiger Elemente“ vorführen.210 Wie zur praktischen Untermauerung der inhaltlichen Ausrichtung des Seminars trieben Männer des Einsatzkommandos 8 und der Ordnungspolizei in Knjashizy unter den Augen der versammelten Seminarteilnehmer die jüdischen Einwohner zusammen. Mindestens 32 Menschen, 19 Jüdinnen und 13 Juden, wurden im Anschluß außerhalb des Ortes erschossen.211 Nach Beendigung des Wochenendseminars verfaßte Schenckendorff Mitte Oktober einen 16-seitigen Text, in dem er nochmals verschiedene Aspekte der deutschen Kampfführung in den besetzten Gebieten hervorhob und zusammenfassend mit den Worten Lombards betonte: „Der Feind muss vollständig vernichtet werden. […] Richtig handelt, wer unter vollkommener Hintansetzung etwaiger persönlicher Gefühlsanwandlungen rücksichtslos und unbarmherzig zupackt.“ 212 Früher als anderswo in den deutsch besetzten Gebieten der Sowjetunion entstand im rückwärtigen Heeresgebiet Mitte eine besonders brutale und sehr weitgefaßte Form der „Partisanenbekämpfung“. Weit weniger radikal ordnete Karl von Roques im rückwärtigen Heeresgebiet Süd zu gleicher Zeit noch die schärfere Überprüfung entlassener „Sträflinge“ an, da sich Partisanen, wie der General in zwei diesbezüglichen Befehlen ausführte, bevorzugt als solche ausgeben würden.213 In Nordrußland begann die 2. SS-Brigade erst Ende Oktober 1941 mit massiven Kontrollen der Stadtbewohner Tosnos, in deren Folge „verdächtige“ Zivilisten erschossen oder der Sicherheitspolizei überantwortet wurden.214 Der Posten des Befehlshabers im rückwärtigen Heeresgebiets Mitte war durch Max von Schenckendorff mit einer Person besetzt, die bewies, wie weitgehend die deutsche Generalität bei der Besatzungspolitik in Osteuropa mit den Mitteln und Zielsetzungen des Nationalsozialismus konform ging. Dieser Umstand zeigte sich in besonderer Weise in dessen Verhältnis zur SS. Sowohl zu Bach-Zelewski als auch zu Nebe und Fegelein pflegte der General intensive Beziehungen. In einem Schreiben an Fegelein verlieh er seiner „besonderen Freude“ darüber Ausdruck, „daß die Zusammenarbeit zwischen SS und Wehrmacht sich in so vorzüglicher und kameradschaftlicher Weise vollzieht“. 215 Ihre hervorragenden Kontakte nutzte die SS wiederum dafür, um im Bereich des rückwärtigen Heeresgebiets Mitte auf die Entfaltung stärkerer Aktivitäten der Wehrmachtsverbände zu drängen. Einsatzgruppenkommandeur Nebe begründete das Ansinnen der SS folgendermaßen: „Ich habe aber, da ich […] die Einsatzkommandos in erster Linie für unsere wichtige rein sicherheitspolizeiliche Aufgabe einsetzen muss, bei militärischen Stellen wiederholt darauf hinzuwirken versucht, dass die Bekämpfung der Partisanen keine ausschliesslich sicherheitspolizeiliche, sondern im Hinblick auf
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die Stärke und Bewaffnung festgestellter Partisanengruppen vor allem eine militärische Aufgabe sei.“ 216 Durch den Beginn ihrer von Schenckendorff befohlenen großflächigen Einsätze auf dem Land entlasteten die Sicherungsdivisionen ganz wesentlich die SSund Polizeieinheiten Bach-Zelewskis, die derlei Aktivitäten bisher hauptsächlich allein ausgeführt hatten. 217 Teile der Einsatzgruppe B und der Polizeibataillone konnten ihr Aktionsfeld nunmehr in die größeren Städte verlagern. So wurden auf Befehl Bach-Zelewskis am 2. und 3. Oktober 1941 in Mogilew 2273 jüdische Männer, Frauen und Kinder ermordet. Ausgeführt wurde das Massaker vom Einsatzkommando 8, von den Polizeibataillonen 316 und 322 und von ukrainischen Hilfsverbänden. Am 19. Oktober folgte eine weitere Vernichtungsaktion in der Stadt, der diesmal 3726 Jüdinnen und Juden zum Opfer fielen. Damit war ein Großteil der dortigen jüdischen Gemeinde vernichtet. 218 Massaker, die einen Großteil oder bereits das gesamte jüdische Leben in den jeweiligen Städten auslöschten, fanden außerdem zwischen dem 8. und 10. Oktober in Witebsk mit bis zu 8000 Toten und in Borissow am 20. und 21. Oktober mit 7000 bis 8000 jüdischen Opfern statt. Im November folgten Vernichtungsaktionen des Einsatzkommandos 8 in Gomel, Orscha, Bobruisk, Gorki und Kritschew. 219 Auf der anderen Seite beteiligten sich in den Gegenden, die nicht zu den Einsatzgebieten der SSKavalleriebrigade gehörten, unter den veränderten Vorzeichen der „Partisanenbekämpfung“ ab September 1941 auch Sicherungsverbände der Wehrmacht an der Ermordung der jüdischen Landbevölkerung.220 Damit wurden unter der Ägide Schenckendorffs wesentliche Voraussetzungen für die weitgehende Vernichtung der Juden im Bereich des rückwärtigen Heeresgebiets Mitte geschaffen. 221 Faktisch bestand in den Operationsräumen der SS-Kavalleriebrigade währenddessen zu keiner Zeit eine Lage, die die behauptete stärkere Bedrohung durch Partisanen wirklich bestätigt hätte. Sämtliche Meldungen über diesbezügliche Erfolge der Waffen-SS erwiesen sich entweder als eklatant übertrieben oder als grundsätzlich verfälscht. Am 10. September wurde von Fegeleins Spähtrupps eine Gruppe von 300 bis 400 angeblichen Partisanen bei Krassnyi-Ostroff gemeldet. Deren Bekämpfung begann schon am nächsten Tag mit einer Einkreisungsoperation von fünf Kampfgruppen der Kavalleriebrigade in einer Gesamtstärke von 1000 Mann. Der Erfolg der Operation war gering. Die SS stöberte lediglich ein Munitionslager auf; von Kämpfen mit der besagten Feindgruppe wurde zu keiner Zeit berichtet. 222 Wie Fegelein selbst durch seinen Funkspruch an Bach-Zelewski und Schenckendorff verraten hatte, waren die im Tagesergebnis vom 11. September als erschossen gemeldeten 384 „Partisanen“ in Wirklichkeit Juden, die zur gleichen Zeit bei Massenexekutionen in Mosyr ermordet worden waren. 223 Im Anschluß an den erfolglosen Großeinsatz stellte die SS-Kavallerie die Partisanengefahr im Dreieck zwischen Pripjet und Dnjepr als gebannt dar. 224 Wenig später war von der Brigade aus dem nächsten Operationsgebiet zwischen Retschiza und Gomel zu hören, es „trieben sich lediglich noch vereinzelt Versprengte und Partisanen umher, die sich zu irgendwelchen Aktionen oder vereinzelten
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Vorgehen nicht mehr entschlossen“. 225 Trotzdem erschossen die SS-Reiter bis Ende September noch Hunderte von Menschen – hauptsächlich Juden, die in der Berichterstattung dann kurzerhand als „Partisanen“ ausgegeben wurden.226 Im Vergleich zu den manipulierten Zahlenangaben nimmt sich die Bilanz zweier Sicherungsdivisionen im rückwärtigen Heeresgebiet Nord geradezu bescheiden aus. Von Kriegsbeginn bis Ende September 1941 hatte die 281. Sicherungsdivision 174 angebliche Partisanen getötet und 129 gefangen genommen. Die Sicherungsdivision 285 zählte im gleichen Zeitraum 140 gefangene und 410 getötete Partisanen. 227 Bezeichnenderweise hatte die SS-Kavalleriebrigade im September außerdem nicht die geringsten Verluste aufzuweisen, die in irgendeiner Form auf bewaffnete Auseinandersetzungen mit Partisanen hätten schließen lassen können. Um das augenfällige Mißverhältnis zu kaschieren, ließ Bach-Zelewski kurzerhand einfach Unfälle der Truppe zu wilden Kampfhandlungen umlügen. So war am 12. September durch scheuende Pferde eine Fähre beim Übersetzen auf dem Pripjet gekentert. Drei SS-Reiter waren dabei ins Wasser gefallen und umgekommen. Der Tagesmeldung des Höheren SS- und Polizeiführers vom 14. September war dann zu entnehmen, die Kavalleriebrigade befände sich „weiter unter staendiger Feindberührung“; dabei seien drei Männer „bei gewaltsamen [sic] Flussuebergang ertrunken“. 228 Die Kampfführung gegen die Partisanen im Herbst und Winter 1941 Im Herbst 1941 begannen sich die Aktivitäten der Partisanen in den deutsch besetzten Gebieten zu verändern.229 Eindeutige Hinweise für das verstärkte Auftreten von Partisanenverbänden ergaben sich für die Operationsräume der Truppen des Kommandostabes erstmalig Ende September im Einsatzgebiet der 1. SSBrigade. In das Sumpfgebiet am Dnjeprbogen bei Saporoshje hatten sich zuvor sowjetische Soldaten zurückgezogen, die kein Bemühen zeigten, sich über den Fluß nach Osten abzusetzen. Zu den Rotarmisten stießen kommunistische Funktionäre aus den Städten Nikopol und Kriwoi-Rog, bis die so entstandene Partisanengruppe etwa 600 Personen umfaßte. 230 Deren begonnene Einkreisung mußte die 1. SS-Brigade Anfang Oktober wegen ihrer Verlegung nach Konotop abbrechen. In der Folgezeit wurde die Gruppe durch Angriffe der 444. Sicherungsdivision zerschlagen; viele der Partisanen wurden dabei getötet. 231 Die im Verlauf des Oktobers neu zugewiesenen Sicherungsgebiete um Toropez und Konotop durchsuchten sowohl die SS-Kavallerie als auch die Infanteriebrigade nicht mehr wie bisher einmalig, um anschließend zu anderen Einsätzen verlegt zu werden. Vielmehr besetzten die beiden Verbände, wie vorher schon die 2. SS-Brigade, ihre jeweiligen Einsatzräume nun längerfristig. Eine zentrale Aufgabe aller drei Brigaden bestand dabei ab Oktober in der Sicherung der wichtigsten Verkehrsverbindungen zur Front. Im Hinblick auf die gleichzeitig auf Moskau zielende deutsche Offensive wußte die Wehrmachtsführung von der Bedeutung, die der Sicherstellung des Nachschubs bei den riesigen Entfernungen
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zukommen mußte. 232 Die Brigaden errichteten deshalb analog zu den Wehrmachtsverbänden in anderen Abschnitten feste Stützpunkte entlang der Eisenbahnlinien und Rollbahnen, von denen aus die Nachschubwege mit Patrouillen bewacht werden konnten. 233 In diesem Zusammenhang gab die Kavalleriebrigade der Zivilbevölkerung mittels Aushängen bekannt, daß auf Personen, die sich den Bahnlinien Polozk-Toropez und Welikie Luki-Basary auf weniger als 100 Meter näherten, „ohne Anruf“ geschossen werde. 234 Auf beiden Seiten der Straße zwischen Toropez und Jetkino mußten Zivilisten außerdem Sträucher und Unterholz entfernen, um so ein „Niemandsland“ zu schaffen, das Partisanenangriffe erschweren sollte. 235 Während die Massenerschießungen von Jüdinnen und Juden durch die 1. Brigade und die SS-Kavallerie nahtlos fortgesetzt wurden, verdichteten sich im Spätherbst 1941 in den besetzten Gebieten Hinweise auf die Existenz aktiver Partisanenstrukturen. Die bisher vornehmlich in mobilen Kleingruppen operierenden Partisanen waren mit Wintereinbruch gezwungen, entweder bei der Zivilbevölkerung unterzutauchen oder selbst stationäre Lager zu errichten und für eine ausreichende Bevorratung zu sorgen. 236 Für einen wirkungsvolleren Selbstschutz schlossen sie sich dabei zu größeren Gruppen zusammen. Prompt häuften sich während dieser Phase Meldungen der Waffen-SS über die Entdeckung von Lagern sowie Nachrichten über Überfälle, bei denen Bewaffnete versuchten, sich in den Besitz von Nahrungsmitteln zu bringen. 237 Darüber hinaus gingen Partisanengruppen nunmehr vermehrt dazu über, durch Sabotageaktionen und bewaffnete Angriffe die Infrastruktur der deutschen Truppen zu stören. Am 25. Oktober brannten Kämpfer in Tosno ein großes Sägewerk nieder; zur gleichen Zeit stellte die 2. SS-Brigade im rückwärtigen Armeegebiet Nord ein allgemeines Anwachsen der Feindtätigkeit fest. 238 Zwei Wochen später war in einem Bericht der Brigade zu lesen, „die von fast allen Dienststellen vertretene Annahme, dass die Partisanentätigkeit im Winter abnehmen würde“, habe sich „nicht bestätigt“. 239 Im Sicherungsbereich der 1. SS-Brigade bei Gluchow griffen Bewaffnete am 20. November drei Pkw des Verbandes an, wobei zwei Insassen erschossen wurden. Am gleichen Tag konnte die Sprengung einer Bahnlinie von Einheitsangehörigen gerade noch verhindert werden. 240 In der Nacht zum 2. Dezember griffen Partisanen den Stützpunkt Pogorelzy der Brigade an. Dabei wurde die Wache überrannt und die Fahrzeughalle in Brand gesteckt. Letztlich wurden die Partisanen zurückgeschlagen, die SS hatte jedoch Verluste von 3 Toten und 10 Verwundeten.241 Nur einen Tag später brannten erneut drei Lastwagen aus, als Partisanen eine Fahrzeugkolonne der Kavalleriebrigade angriffen. 242 Derartige Aktionen wurden seitens des Kommandostabes ernst genommen. Statt wie bisher „Verdächtige“ meist umgehend zu erschießen, legten die Einheiten aufgrund eines entsprechenden Befehls plötzlich großen Wert auf die Vernehmung von Gefangenen. 243 Ende Oktober wurde die Erschießung von „Partisanenfunkern“ bei der SS-Kavallerie ausdrücklich verboten; statt dessen seien
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solche Personen unter „bevorzugter Behandlung der Brigade zuzuführen“. 244 Wenig später hieß es dann auch, „Partisanen, die einen intelligenten Eindruck machen [seien] nicht ohne weiteres zu erschießen“, sondern vorher zu vernehmen. 245 Das neue nachrichtendienstliche Interesse an den vermeintlichen oder tatsächlichen Partisanen drückte der Ic-Offizier der 2. SS-Brigade besonders prägnant aus, als er Ende Oktober feststellte: „Es unterliegt keinem Zweifel, dass jeder Partisan und herumstrolchende Rotarmist die härteste Strafe verdient hat. Bei der Bekämpfung dieser Subjekte darf aber nicht ausser Acht gelassen werden, dass jeder Einzelne von ihnen für die Bekämpfung der Banden wertvolle Aussagen machen kann. Es ist daher in keinem Falle zweckmässig, gefangene Partisanen oder Verdächtige ohne eingehende Vernehmung über den Haufen zu schiessen oder aufzuhängen. Dazu ist nach der Vernehmung noch Zeit.“ 246 Die Waffen-SS ging also keineswegs zu einem insgesamt differenzierteren Vorgehen über. Auch Fegelein befahl nach wie vor, die Bekämpfung der Partisanen habe „weiterhin in der bisher angewandten aggressiven Form zu geschehen“. 247 Zudem galt bei dem Kavallerieverband die vielsagenden Parole: „Das Leben eines unserer Männer ist wertvoller als das von 10 Russen.“ 248 In gleichem Sinne instruierte die 2. SS-Brigade ihre Mannschaften, lediglich die Wertschätzung des Gegners fiel noch geringer aus: „In der Bekämpfung der Partisanen gibt es keine Bedenken und keine Überlegungen, nur entschlossenes, tatkräftiges Handeln führt hier zum Ziel, auch wenn vielleicht einmal ein Unschuldiger betroffen wird. Jeder deutsche Soldat ist mehr wert als mindestens 10.000 Bolschewisten. Nach diesem Grundsatz ist zu verfahren.“ 249 In aller Deutlichkeit zeigte sich allerdings gegen Ende des Jahres 1941, daß die SS-Brigaden offensichtlich nicht in der Lage waren, Angriffe auf eigene Stützpunkte und Fahrzeuge oder die Sabotage der Nachschubwege wirksam zu verhindern. Die „aktive Bekämpfung“ erbrachte nur sehr dürftige Ergebnisse. Weiterhin wurden ganz andere Personen unter die Kategorie „Partisan“ gefaßt und von den Einheiten der Waffen-SS ermordet. Dagegen gelang es den Brigaden nur äußerst selten, bei ihren Einsätzen wirkliche Partisanengruppen zu stellen. 250 Immer wieder standen SS-Einheiten vor leeren Lagern, deren Bewohner, frühzeitig über das Herannahen der SS informiert, rechtzeitig geflohen waren. 251 Die Kavalleriebrigade mußte Mitte Dezember einräumen, daß es nicht gelungen war, in den Wäldern südwestlich von Jetkino „sämtliche Lager der Partisanen zu zerstören“. Spähtrupps der Kavalleriebrigade sahen sich in diesem Fall sogar gezwungen, ihre Einsätze aufgrund der schweren Bewaffnung der Partisanen abzubrechen. Pikanterweise war der gesamte Raum gerade zwei Wochen vorher von der SS als „gesäubert“ bezeichnet worden.252 Solche Fehleinschätzungen sind kaum verwunderlich. Die Verantwortlichen des Kommandostabes und der unterstellten Truppen der Waffen-SS hatten durch die Übertragung der Kategorie „Partisan“ auf die zu ermordenden Juden, auf versprengte Rotarmisten und später dann auf alle irgendwie „verdächtig“ erscheinenden Zivilpersonen den Blick für die im Aufbau befindlichen Unter-
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grundstrukturen völlig verloren. Die vor Moskau gescheiterte Offensive veränderte im Winter 1941/42 die Gesamtsituation in der Sowjetunion tiefgreifend zu Ungunsten der Deutschen. Als die Partisanen Ende des Jahres erstmals zu offensiven Aktionen übergingen, erwiesen sich die eigentlich als Spezialtruppen für solche Einsätze gedachten SS-Brigaden als ungeeignet, den Angriffen auf die deutsche Besatzungsstruktur effizient zu begegnen. 253 Die Bilanz der Wehrmacht fiel in dieser Beziehung ähnlich negativ aus. Für alle nicht von vornherein kollaborationswilligen Teile der sowjetischen Gesellschaft bedeutete die deutsche Besatzungspolitik einen immerwährenden antisemitischen und rassistischen Vernichtungskrieg. Sinnbildlich dafür steht der massiv verbreitete Reichenau-Befehl vom 10. Oktober 1941. Der Oberbefehlshaber der 6. Armee hatte in seinem Befehl als Ziele des Krieges die Zerschlagung des „jüdisch-bolschewistischen Systems“ sowie die „Ausrottung des asiatischen Einflusses im europäischen Kulturkreis“ hervorgehoben. Schon allein deswegen, weil sämtliche „Erhebungen im Rücken der Wehrmacht […] erfahrungsgemäß stets von Juden angezettelt wurden“, müsse der deutsche Soldat, so Reichenau, „für die Notwendigkeit der harten, aber gerechten Sühne am jüdischen Untermenschentum volles Verständnis haben“. 254 Das antisemitische Traktat wurde von Hitler persönlich als vorbildlich weiterempfohlen, fand innerhalb der Wehrmacht viele Nachahmer und markierte die im Herbst 1941 fortschreitende Phase der weiteren Ideologisierung und Brutalisierung des Krieges im Hinterland. 255 Eine Bestätigung für die brutale Ausrichtung und gleichzeitig ein Beispiel für die Unterschätzung des Gegners lieferte wiederum Schenckendorff. Anfang 1942 bescheinigte er sich selbst noch eine durchgängig erfolgreiche Politik bei der Bekämpfung der sowjetischen Partisanenbewegung, als er folgende Bilanz der letzten Monate zog: „Rückblickend auf das Jahr 1941 darf gesagt werden, daß die von den Russen laut angekündigten Erfolge der Partisanen im rückw. Heeresgebiet Mitte gering gewesen sind. Nicht ein einziges Mal wurden von den Partisanen Erfolge erzielt, die die deutschen Operationen beeinträchtigt oder gestört hätten. Dagegen legt die Gesamtzahl der vom 3. Juli – 31. Dezember 1941 gemachten Gefangenen ein beredtes Zeugnis für den Erfolg der aktiven Bekämpfung ab. Es wurden in dieser Zeit 59 033 Gefangene eingebracht“. 256 Nur vier Monate später stellte sich die Gesamtlage ganz anders dar. Nunmehr war Schenckendorff angesichts der verstärkten Aktivitäten von Partisanengruppen gezwungen, eine gegenteilige Bewertung vorzunehmen. 257 Die Abteilung „Fremde Heere Ost“ beim Oberkommando des Heeres hatte dagegen schon Anfang Dezember 1941 ein deutliches Anwachsen der Partisanentätigkeit für das nächste Jahr prognostiziert, war mit ihrer Analyse jedoch weitgehend ungehört geblieben. 258
4. Der Terror gegen die nichtjüdische Zivilbevölkerung Im Rahmen der von Antisemitismus, Antikommunismus und Rassismus geprägten Kriegsvorbereitungen der nationalsozialistischen Führung waren Pläne ausgearbeitet worden, in denen der Krieg gegen die Sowjetunion von vornherein als
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gigantischer Raub- und Plünderungszug angelegt wurde. Das Heer sollte unabhängig von den langen Nachschubwegen aus dem Reich operieren können, überdies sollte um jeden Preis eine Überstrapazierung der Versorgungssituation in der Heimat vermieden werden. Die Militärs beabsichtigten deshalb, die deutschen Truppen frühzeitig aus den besetzten sowjetischen Gebieten zu ernähren. 259 Um dies zu gewährleisten und um nach dem Krieg eine langfristige Nutzung der Agrarprodukte des eroberten Landes für deutsche Bedürfnisse zu garantieren, sollten in der Sowjetunion „zig Millionen Menschen verhungern“. 260 Nach den deutschen Plänen hatte die Bevölkerung vor allem in den großen Städten und in Gebieten ohne bedeutende Landwirtschaft zu sterben. So war vorgesehen, alle Einwohner der Metropolen Moskau und Leningrad verhungern zu lassen und beide Städte anschließend einzuebnen. 261 Die mörderischen Planungen sind aus der Berichterstattung der im erweiterten Belagerungsring um Leningrad eingesetzten 2. SS-Brigade deutlich ablesbar. Erkenntnisse aus den Verhören von Gefangenen über offenstehende Nachschubwege nach Leningrad wurden umgehend weitergegeben. Regelmäßig wurde zudem die sich in der Stadt beständig verschlechternde Versorgungslage oder die in der Zivilbevölkerung herrschende Stimmung thematisiert. 262 Bereits nach den ersten Kriegswochen zeichnete sich jedoch ein Scheitern der ehrgeizigen Versorgungspläne der Wehrmacht ab. Neben den dafür verantwortlichen Organisationsmängeln der Wirtschaftsplaner war die abziehende Rote Armee nach anfänglichem Chaos nachhaltiger bemüht, Vieh, Erntevorräte und landwirtschaftliche Produktionsmittel zu evakuieren oder wenigstens zu vernichten. 263 Nicht zuletzt machten oft genug die zügellos plündernden deutschen Truppen eine umfassende Verwertung der vorhandenen Ressourcen unmöglich. Schon Anfang August 1941 meldete die Einsatzgruppe B als Grund für die katastrophale Versorgungslage: „Insgesamt läßt sich feststellen, daß die Truppenteile gezwungen sind, mehr denn je zu requirieren. Leider nehmen sie dabei aber keinerlei Rücksicht auf Groß- und Zuchtvieh, so dass die Viehwirtschaft ernstlich gefährdet ist. Es gibt Betriebe, in denen alle vorhandenen Hühner bis aufs letzte requiriert worden sind. In den seltensten Fällen wurden bei Requisitionen gültige Bescheinigungen ausgestellt. Besonders gefährlich ist die Requirierung landwirtschaftlicher Geräte.“ 264 Pläne, die die generelle Versorgung aus den besetzten Gebieten vorsahen, erwiesen sich auch für die Truppen des Kommandostabes schnell als realitätsfern. Dazu war im Tätigkeitsbericht der 2. SS-Brigade nach den ersten Einsatzwochen vermerkt worden: „Die Beschaffung von Gemüse und Kartoffeln aus dem Lande bereitet bereits jetzt Schwierigkeiten. In Zukunft ist mit Versorgung aus dem Lande nicht zu rechnen.“ 265 Berichte der SS-Kavalleriebrigade konstatierten ebenfalls schon im September 1941 massive Versorgungsschwierigkeiten; im Dezember wurde berichtet, Pferdefutter sei im gesamten Sicherungsgebiet „nicht mehr aufzutreiben“, weshalb Vorräte per Bahn herantransportiert werden mußten. 266 Welche Not allein die SS-Brigaden durch die laufend organisierten Plün-
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derungen bei der Zivilbevölkerung auslösten, läßt sich nur erahnen. 267 Oft wird der Verlust von Vorräten oder Vieh für die derart Beraubten faktisch den Tod durch Verhungern bedeutet haben.268 Die Grundlage für umfangreiche deutsche Verbrechen an der sowjetischen Zivilbevölkerung bildeten mit Kriegsbeginn der „Kriegsgerichtsbarkeitserlaß“ und die „Richtlinien für das Verhalten der Truppe in Rußland“. Die durch die „verbrecherischen Befehle“ definierte radikale Ausgangssituation wurde nach den ersten Kriegswochen kontinuierlich weiter verschärft. Einen breiten Raum nahmen in diesem Kontext die Maßnahmen gegen sogenannte Ortsfremde ein. Gemeint waren damit Personen, die sich ohne Genehmigung und ohne Ausweispapiere der deutschen Besatzungsorgane von ihren eigentlichen Wohnorten entfernt hatten. 269 Kurt K., ein ehemaliger Angehöriger der SS-Kavalleriebrigade, sagte dazu 1964 aus: „Ich erinnere mich noch daran, daß damals ein Befehl existierte, wonach alle Personen, die zwischen zwei Ortschaften angetroffen wurden, unter der Voraussetzung standrechtlich erschossen werden sollten, wenn sie nicht unter Beweis stellen konnten, in der Nähe der Ortschaft zu wohnen“ 270 Verstärkt seit September wurden „Ortsfremde“ pauschal als Partisanenverdächtige angesehen. 271 In Wirklichkeit waren die von den Deutschen unter diesem Begriff subsumierten Menschen vielfach Juden, denen seit September einfach keine Ausweise mehr ausgestellt wurden.272 Des weiteren fielen unter das Feindbild häufig versprengte sowjetische Soldaten, die ihre Uniform abgelegt hatten und versuchten, irgendwo eine Bleibe zu finden. Nicht zuletzt waren auch zahlreiche nichtjüdische Zivilisten betroffen, die sich aufgrund der Zerstörungen und der katastrophalen Versorgungslage auf der Flucht befanden.273 Wehrmacht und SS war dieser Sachverhalt entgegen der offiziellen Darstellung durchaus bewußt.274 Eine Zurücknahme oder zumindest eine stärkere Differenzierung der deutschen Gegenmaßnahmen gegen die „Ortsfremden“ war jedoch nicht gewollt und mit der grundsätzlichen Ausrichtung der deutschen Besatzungspolitik im Grunde auch gar nicht mehr vereinbar. So ordnete ein Befehl der Kavalleriebrigade für das Einsatzgebiet zwischen Pripjet und Dnjepr Mitte September an: „Die Ortschaften beiderseits der Marschwege sind durchzukämmen. Sämtliche männlichen Personen im wehrfähigen Alter, die auf der Strasse angetroffen werden u. sich nicht ausweisen können, sind zu erschiessen.“ 275 Zwei Wochen später lauteten die Weisungen, „alle ortsfremden Einwohner und reisenden Russen sind auf das strengste zu kontrollieren, sofort in Gefangenenlager zu setzen und notwendigenfalls [sic], wenn sie verdächtig sind, zu erschiessen“. 276 Aus Nordrußland meldete die 2. SS-Brigade im Oktober, sie sei dazu übergegangen, die Zivilbevölkerung verstärkt zu überwachen, um „Ortsfremde“ besser identifizieren zu können. Bei einem Einsatz in Tosno, wo die Brigade nunmehr den Ortskommandanten stellte, wurden dann „54 Ortsfremde“ mit ordnungsgemäßen Papieren „ausgewiesen“ und „12 Ortsfremde ohne Papiere dem SD überstellt“. 277 Wie sich derartige Bestimmungen gegen sogenannte Ortsfremde im Alltag auf
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die Zivilbevölkerung auswirkten, zeigen die Vorkommnisse während der Fahrt eines Lastwagenkonvois des 2. SS-Kavallerieregiments, der sich im Herbst auf dem Rückweg von Toropez zum eigenen Schwadronsquartier befand. Oberscharführer Strähle, der den Verpflegungskonvoi leitende Troßführer der 2. Schwadron, und zwei Begleiter erschossen während der Fahrt am 30. Oktober offenbar völlig grundlos zwei männliche Zivilisten. 278 Wenige Kilometer weiter hielt der Konvoi erneut an. Diesmal wurde eine Gruppe von 12 russischen Frauen und einem etwa 14-jährigen Jungen von den SS-Soldaten kontrolliert. Als die Frauen, die auf dem Weg zu Verwandten in ein nahegelegenes Dorf waren, keine deutschen, sondern nur ihre russischen Ausweise vorweisen konnten, gab Strähle den Befehl, die „Verdächtigen“ zu erschießen. Trotz ihrer verzweifelten Bitten um Gnade ermordeten die Deutschen die 12 Frauen und den Jungen. Die Leichen blieben am Straßenrand liegen. 279 Seit Herbst waren zunehmend nicht mehr nur „Ortsfremde“, sondern die Zivilbevölkerung allgemein von den besatzungspolitischen Maßnahmen betroffen. Fegelein erließ im September für das Einsatzgebiet der Kavalleriebrigade einen Befehl, in dem festgestellt war: „Es zeigt sich immer wieder, daß gegenüber der Bevölkerung nicht energisch und rücksichtslos genug durchgegriffen wird.“ Als Leitprinzip künftiger Maßnahmen bestimmte Fegelein daher, es müsse „jedem Russen klar gemacht werden, daß der betreffende Führer der Herr über Leben und Tod ist. […] Es ist ein ausgezeichnetes Mittel, überführte Partisanen und die schlimmsten Elemente der kommunistischen Partei öffentlich aufzuhängen.“ 280 Als Folge der rassistischen Haltung der Deutschen gegenüber der sowjetischen Zivilbevölkerung und in der Konsequenz solcher Befehle eskalierte das Besatzungsregime in einem immer alltäglicher werdenden Morden, das auf beliebige Verdachtsmomente hin einsetzte. Ein ehemaliger Angehöriger der 1. SS-Brigade berichtete während seiner Vernehmung von einem beispielhaften Fall im Herbst: „Während dieser Zeit habe ich vernommen, daß unser Chef Bauer jede verdächtige Person hat erschießen lassen. Dies hat der Fahrer des Bauer und auch der Kompanie-Trupp-Führer Otto Göner erzählt. Wenn Bauer eine fremde Person (einen Verdächtigen) gesehen hat, dann hat er gerufen: Göner raus, erschießen sie den! Göner mußte dann die betreffende Person erschießen.“ 281 Die 2. SS-Brigade ging Ende September dazu über, bei ihren Aktionen alle unterwegs angetroffenen Zivilisten zu verhaften. Angeblich würden, so die Darstellung der Waffen-SS, „Anhaltspunkte dafür bestehen, daß sich Jugendliche auf diesen Strassen herumtreiben, die in Verbindung mit den Partisanen stehen und sie durch Zeichen verständigen.“ 282 Zur gleichen Zeit gab Fegelein den Männern seiner Truppe bekannt: „Gerade Frauen und Kinder werden dann benutzt, um die Nachrichtenverbindung des Gegners sicherzustellen.“ 283 In Bezug auf die russischen Kinder in den Dörfern und Städten des eigenen Operationsgebiets befahl der Abwehroffizier der 2. SS-Brigade Ende Oktober: „Bei Verdacht oder Nachweis von Spionage- oder Partisanentätigkeit sind sie wie Erwachsene zu behandeln.“ 284
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Jederzeit waren bei der Jagd auf „Partisanen“ und „Verdächtige“ auch die Angaben von Einheimischen hoch willkommen. Eine Verifizierung solcher Denunziationen war meist kaum möglich, weiterer Willkür war somit Tür und Tor geöffnet. Im Einsatzgebiet der SS-Kavallerie denunzierten die Brüder Andrei und Stepan Iwanow sowie ein Pawel Popow in einem Schreiben an die Ortskommandantur Toropez insgesamt 27 namentlich Genannte als Partisanen. Nach Darstellung der Männer, die alle drei unter der sowjetischen Regierung enteignet worden waren, hätten die aus mehreren benachbarten Dörfern stammenden Personen gedroht, sie zu töten und aus ihren „Körpern Riemen zu schneiden“. Unverkennbar treten in dem Schreiben der Antikommunismus und ein spezielles Rachebedürfnis der Denunzianten zu Tage, die abschließend um Schutz und um Aufnahme in die Wehrmacht baten. 285 Die Ortskommandantur in Toropez schien den Brief umgehend an die Reiterbrigade weitergeleitet zu haben, denn Mitte Oktober 1941 tauchten genau die von den Denunzianten genannten Dörfer in einem Befehl als die Orte auf, deren „Befriedung“ dem 2. Regiment „in der bisher bekannten Art“ aufgetragen worden war. 286 Den Aspekt des zweifelhaften Wahrheitsgehalts der Aussagen von Einheimischen berührte der Ortskommandant von Toropez in einem Schreiben an die übergeordnete Feldkommandantur 181. Der Wehrmachtsoffizier schilderte darin, wie „völlig selbstherrlich und regellos“ die in seinem Verwaltungsbereich stationierte Kavalleriebrigade im allgemeinen handelte und führte detaillierter aus: „Auch im sonstigen Vorgehen zeichnet sich die SS durch rigoroses Vorgehen aus. Erschiessungen wurden täglich gemeldet, die z. T. anscheinend ohne genügende Prüfung des Falles durchgeführt wurden. In einem Falle meldete ein Selsowjetvorsitzender, dass in seiner Gemeinde die zuverlässigste Familie erschossen worden sei. Die SS hatte einen Partisanen aufgegriffen und hatte sich von diesem in der betr. Gemeinde das Haus der Familie zeigen lassen, die ihn mit Lebensmittel usw. versorgt hatte. Aus Rache gab der gefangene Partisan wahrscheinlich die Familie an, die jede Partisanenbewegung meldete und sich dadurch an der Bekämpfung der Partisanen beteiligte. Ohne den Fall zu prüfen, wurden der Vater, Mutter und zwei Töchter auf diese unzuverlässigen Angaben hin erschossen.“ 287 Ergänzend beschrieb der Ortskommandant, wie ein höherer SS-Offizier der Brigade zwei russische Mädchen sexuell belästig hatte und dann beide wegen ihrer abweisenden Haltung festnehmen ließ. Auf Nachfragen der Wehrmacht habe der SS-Führer entgegnet, er allein habe „156 Russen zur Strecke gebracht, die alle zum abschreckenden Beispiel auf der Strasse liegen gelassen worden“ seien; daher komme es „auf zwei mehr auch nicht an“. Eigentliche Ursache des kritischen Schreibens des Ortskommandanten schienen jedoch keine grundsätzlichen ethischen Bedenken, sondern vielmehr Kompetenzkonflikte mit dem SS-Verband über die Autorität vor Ort gewesen zu sein. Dazu erwähnte der Wehrmachtsoffizier: „Sie [die Kavalleriebrigade] ist angeblich niemandem unterstellt. Der Ortskommandant hat keinerlei Befehlsgewalt über sie und ist – da der entsprechende Disziplinarvorgesetzte am Ort – nicht in der Lage, entsprechende
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Strafen selbst auszusprechen. Es ist erwiesen, dass seitens der O.K. [Ortskommandantur] gestellte Ersuchen um Bestrafung überhaupt nicht beachtet werden.“ 288 Entscheidend wurde die deutsche Besatzungspolitik durch sogenannte Vergeltungsaktionen mitgeprägt. Die Grundlage für derartige Verbrechen bildete wiederum der Kriegsgerichtsbarkeitserlaß, der ausdrücklich „kollektive Gewaltmaßnahmen“ vorsah, „wenn die Umstände eine rasche Feststellung einzelner Täter nicht gestattet“. 289 Auch in dieser Beziehung verwirklichten die Truppen des Kommandostabes eine radikale Praxis. Als in Wyritza angeblich Melder der Wehrmacht von Unbekannten beschossen wurden, ließ der von der 2. SS-Brigade gestellte Ortskommandant ganz im Sinne des Erlasses eine Bekanntmachung veröffentlichen, die ankündigte: „Für jeden Überfall auf deutsche Soldaten werden zwanzig Einwohner von Wyritza erhängt, ohne Rücksicht darauf, ob sie an den Kämpfen beteiligt waren oder nicht.“ 290 Ende Oktober 1941 ließ Klingemann, der Kommandeur der Brigade, „15 verdächtige Ortseinwohner“ erschießen, weil tags zuvor das Sägewerk in Tosno in Brand gesetzt worden war. 291 Die im Kriegsgerichtsbarkeitserlaß angeregten kollektiven Strafmaßnahmen fanden bald auch im Kontext der „Partisanenbekämpfung“ Anwendung. Allgemeine Richtlinien des Kommandostabes für das Vorgehen der SS-Brigaden legten dazu fest: „Ortschaften sollen aus naheliegenden Gründen nach Möglichkeit geschont werden. Wird aber festgestellt, daß die Bevölkerung dem Feinde auch nur die geringste Hilfe gewährt, dann ist meistens die Zerstörung der betr. Ortschaften, unter Bergung der Erntevorräte, das Gegebene, um der Einrichtung von Schlupfwinkeln vorzubeugen.“ 292 Schon im August 1941 war in einem Tätigkeitsbericht des Kommandostabes gemeldet worden, Turow und neun weitere Dörfer seien als Vergeltung für die dort stattgefundenen Kämpfe „dem Erdboden gleichgemacht“ worden.293 Standartenführer Hierthes, dessen Regiment mit der Realisierung der Bestrafungsaktion betraut worden war, ließ erst als er merkte, daß die Bewohner des völlig zerstörten Turow seine SS-Reiter noch immer gastfreundlich mit Lebensmitteln auf der Straße erwarteten, „weitere Repressalien (Niederbrennen von Ortschaften, Erschießungen) einstellen“. 294 Wiederholt verübten die Brigaden in den folgenden Monaten solche kollektiven Gewaltmaßnahmen. 295 Wenn auch davon auszugehen ist, daß die Verbände des Kommandostabes im Zuge solcher Dorfzerstörungen zumindest einen Teil der Einwohner noch am Leben ließen, wird für viele Menschen gerade im Winter der Verlust ihrer Häuser und des Besitzes einem Todesurteil gleichgekommen sein. Darüber hinaus begingen die 1. SS-Brigade und die Kavalleriebrigade 1941 nachweislich mehrere Verbrechen, in deren Verlauf Ortschaften völlig vernichtet und dabei ein Großteil oder sogar die gesamte Einwohnerschaft ermordet wurden. Nach den Nachkriegsaussagen eines ehemaligen SS-Reiters wurde im August ein Dorf an der Rollbahn zwischen Lachowicze und Bobruisk durch die Sanitätseinheit der Brigade heimgesucht, weil in der Nähe angeblich drei ver-
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wundete Soldaten in einem Krankenwagen erschossen worden waren. Das Dorf mit seinen etwa 25 Häusern sei von den Männern abgesperrt, dann wahllos beschossen und schließlich in Brand gesteckt worden. Am nächsten Morgen entdeckte der Zeuge in dem zerstörten Dorf etwa 60 verkohlte Leichen, hauptsächlich Frauen und Kinder. 296 Nach dem bereits erwähnten Partisanenangriff auf den Stützpunkt der 1. SS-Brigade in Pogorelzy in der Nacht zum 2. Dezember schwärmten SS-Einheiten am folgenden Tag zu einer Bestrafungsaktion aus, bei der die Deutschen mindestens zwei Dörfer niederbrannten und 41 „verdächtige Männer“ erschossen.297 Ein Angehöriger der Kavalleriebrigade schilderte den Ermittlungsbehörden nach dem Krieg den Hergang einer Vergeltungsaktion, die in einem etwa acht Kilometer von Basary entfernt gelegenen Dorf stattfand. Weil in der Nähe angeblich 15 Wehrmachtsoldaten erschossen worden waren, seien alle etwa 30 Bewohner des Dorfes ermordet und der Ort selbst komplett niedergebrannt worden.298 Ein weiterer ehemaliger Angehöriger der SS-Kavallerie berichtete 1964 von einer ähnlichen Aktion: „In Erinnerung ist mir jedoch noch, daß unsere Schwadron zu einer Vergeltungsaktion in einer namentlich mir nicht mehr bekannten Ortschaft an der Rollbahn Toropez-Rshew eingesetzt worden ist. Wenn ich mich noch recht erinnere, wurde diese Vergeltungsaktion durchgeführt, weil deutsche Soldaten aus dem Hinterhalt erschossen worden waren. Die Ortschaft wurde umstellt und die gesamte Bevölkerung niedergemacht. Danach wurde das Dorf in Brand gesetzt. Dies war eine Aktion der sogenannten ‚Schwarzen Erde‘, hatte also mit Judenaktionen nichts zu tun.“ 299 In den deutsch besetzten Gebieten der Sowjetunion waren derartige Verbrechen 1941 noch verhältnismäßig wenig verbreitet. Von den allein in Weißrußland insgesamt von der „Partisanenbekämpfung“ betroffenen 5295 Orten zerstörten deutsche Truppen während des Krieges 628 Dörfer und Städte, in denen auch die gesamte Einwohnerschaft ermordet wurde. Ungefähr 83 000 Menschen wurden im Rahmen dieser Vernichtungsaktionen getötet. Allerdings verübten sämtliche in Weißrußland stationierten Besatzungstruppen im Jahr 1941 lediglich acht dieser Massaker, in deren Verlauf insgesamt 1628 Menschen getötet wurden.300 Das zeigt, daß die Reiterbrigade und die 1. SS-Brigade bei kollektiven Bestrafungsaktionen schon früh auf äußerst brutale Weise vorgingen und im Gefüge der deutschen Besatzungstruppen auch diesbezüglich eine Vorreiterrolle innegehabt haben. Ab 1942 schwenkten dann immer mehr Verbände auf ein derartiges Vorgehen ein. 301
5. Die Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen durch die SS-Brigaden Neben der jüdischen Bevölkerung standen die sowjetischen Kriegsgefangenen 1941 im Zentrum der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. 302 In diesem Jahr begingen die Einheiten des Kommandostabes eine Vielzahl von Verbrechen an Kriegsgefangenen. Nachdem die Kavalleriebrigade bereits bei ihren vorausgegangenen Einsätzen viele hundert Rotarmisten ermordet hatte, übernahm sie
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im November ein Kriegsgefangenenlager in dem Ort Butaki. Nach eigenen Angaben transportierten Teileinheiten wenig später 342 Gefangene weiter nach Toropez. 303 Deren weiteres Schicksal wie auch die Geschichte des erwähnten Lagers ist nicht bekannt. Von einer menschenwürdigen Behandlung der Gefangenen durch die SS-Reiter ist jedoch kaum auszugehen. Zur gleichen Zeit dauerte in den besetzten Gebieten das Massensterben der sowjetischen Kriegsgefangenen an. Von Kriegsbeginn bis Anfang Februar 1942 starben unter deutscher Aufsicht insgesamt etwa zwei Millionen gefangene Rotarmisten. 304 In erster Linie war die von Wehrmachtsstellen wissentlich organisierte Unterernährung für deren Tod verantwortlich. Der Versorgungsoffizier der 2. SS-Brigade veröffentlichte in Bezug auf die Behandlung gefangener Rotarmisten faktisch einen allgemeinen Tötungsaufruf. Speziell bezog er sich auf die von Generalquartiermeister Wagner am 21. Oktober 1941 festgesetzten, tödlich niedrigen Essensrationen 305 , als er Anfang November formulierte: „Die Sowjetunion ist dem Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen vom 27. 7. 29 nicht beigetreten. Es besteht daher keine Verpflichtung, den sowjetrussischen Kriegsgefangenen eine diesem Abkommen hinsichtlich Menge und Güte entsprechende Verpflegung zu gewähren. Die gem. obiger Ziffer den Kriegsgefangenen zu gewährenden Verpflegungssätze stellen das höchste dar, was auf Grund der Ernährungslage im Reich und in den Ostgebieten als Dauerverpflegung abgegeben werden kann.“ 306 Wie der SS-Verband gewohnt war mit den Gefangenen umzugehen, verdeutlicht darüber hinaus eine Beschwerde des Oberbefehlshabers der 18. Armee, Generaloberst Lindemann. In einem Schreiben an Himmler kritisierte er im Sommer 1942 die zahlreichen Erschießungen von Kriegsgefangenen, die Angehörige der 2. SS-Brigade immer wieder vorgenommen hatten. Die Beschwerde hatte jedoch keinerlei Konsequenzen. Himmler verteidigte seine SS-Männer und weigerte sich kategorisch, eine Untersuchung einzuleiten oder gar disziplinarische Maßnahmen gegen die Täter zu ergreifen. 307 Einen bezeichnenden Beleg für die Behandlung der gefangenen Rotarmisten enthält auch ein Bericht der SS-Kavallerie über deren Kämpfe im Winter 1941/42. Danach bestand in Basary ein Kriegsgefangenenlager, in dem nach Angaben der SS 250 Gefangene eingesperrt waren. Als sowjetische Einheiten am 21. Januar 1942 den von etwa 100 Pferdepflegern des 1. Reiterregiments gehaltenen Ort angriffen, zogen sich diese mit den Pferden in das Gefangenenlager zurück und benutzten die Kriegsgefangenen als lebende Deckung. Der Einheit gelang einen Tag später der Ausbruch; dabei konnte sich ein Großteil der Deutschen in Sicherheit bringen. Von den Kriegsgefangenen überlebte keiner die Kämpfe. Der Umstand, daß offenbar zumindest ein Teil der Menschen von den SS-Männern vor ihrem Abzug ermordet worden war, wurde in dem Bericht mit den Worten beschönigt, alle Gefangenen seien „während der Verteidigung gefallen“. 308 Die 1. SS-Brigade übernahm kurz nach dem Einmarsch in den neuen Sicherungsraum um Konotop die Bewachung von mehreren Kriegsgefangenenlagern. Anfang November 1941 übergaben Sicherungsverbände der Wehrmacht die be-
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reits bestehenden Gefangenenlager Nowgorod-Sewersky und Shurowka. Beide Lager waren nach Informationen der Waffen-SS Ende Oktober mit jeweils 15 000 sowjetischen Kriegsgefangenen belegt. 309 Zudem übernahm die Brigade das Lager Konotop, in dem Mitte November über 8300 Gefangene gezählt wurden. Schließlich errichtete der SS-Verband am 13. November in Gluchow ein weiteres Lager, in dem anfangs 5603 Rotarmisten eingesperrt waren. 310 Da Kommandos der Sicherheitspolizei schon seit Monaten in den von der Wehrmacht verwalteten Lagern die jüdischen Gefangenen erschossen, kann es kaum überraschen, daß die 1. SS-Brigade in den gerade übernommenen Gefangenenlagern ebenfalls nach jüdischen Soldaten fahndete, diese aussonderte und umgehend ermordete. 311 So erschossen Brigadekommandos am 1. Dezember im Lager Konotop 95 jüdische Soldaten der Roten Armee. 312 In den anderen von der Brigade beaufsichtigten Lagern wurde ebenso verfahren. Oberst Marschall, der für die Gefangenen im rückwärtigen Heeresgebiet Mitte verantwortliche Wehrmachtsoffizier, berichtete nach einer Inspektionsfahrt durch die vier Lager im Hinblick auf das Vorgehen der Waffen-SS ungerührt, „die Juden wurden herausgesucht und nach Vorschrift behandelt“. 313 Aber auch für alle nichtjüdischen Kriegsgefangenen bedeuteten Hunger, Kälte und das Verhalten der SS-Wachmannschaften akute Lebensgefahr. Ein großer Teil der Sowjetsoldaten mußte unter den Bedingungen des russischen Winters im Lager Nowgorod-Sewersky in Erdhöhlen hausen. In Shurowka waren Tausende von Gefangenen in fensterlosen Fabrikhallen untergebracht, wo sie auf Brettern auf dem Boden schliefen. 314 In ihrer verzweifelten Situation unternahmen die Soldaten Ausbruchsversuche, die die Waffen-SS brutal verhinderte und mit zusätzlichen Repressalien beantwortete. Bereits am 6. November meldete die Brigade: „Wiederholte Fluchtversuche im Gefangenenlager südlich Shurowka wurden von den Bewachungsmannschaften verhindert. 19 Gefangene dabei auf der Flucht erschossen.“ 315 Täglich wurden in den folgenden Wochen Fluchtversuche „vereitelt“ und Kriegsgefangene „auf der Flucht“ erschossen. In der Nacht vom 10. auf den 11. November setzte die SS gegen Gefangene, die versuchten auszubrechen, Maschinengewehre ein. 316 Am 12. November erschoß die SS-Brigade „als Strafmaßnahme“ 50 Gefangene und verhängte gegen die übrigen Rotarmisten drei Tage „Verpflegungssperre“. 317 Über die im Anschluß an den Nahrungsmittelentzug provozierten Ereignisse ist im betreffenden Bericht der Brigade dann zu lesen: „Auf Grund der am Vortage getroffenen Massnahmen im Gef.-Lager südlich Shurowka waren in der Nacht ausserordentlich starke Ausbruchsversuche zu verzeichnen. Unter Einsatz von MG konnte wieder Ruhe und Ordnung hergestellt werden. Dabei wegen Widerstand 13, auf der Flucht 3 Gefangene erschossen.“ 318 Das Los der sowjetischen Kriegsgefangenen spiegelt sich auch in etlichen Aussagen ehemaliger Angehöriger der 1. SS-Brigade wider. 319 Obwohl die Zeugen von Erschießungen und der Vielzahl von Hungertoten berichteten, ist in den meisten Schilderungen auch über zwanzig Jahre nach den Verbrechen keinerlei
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Mitgefühl zu erkennen. Kaum einer der Vernommenen benannte als Ursache für die Zustände in den Lagern die Unterversorgung der Rotarmisten oder gar die Grausamkeit ihrer Bewacher. Statt dessen zeugen die Aussagen der ehemaligen SS-Männer von fortbestehenden rassistischen Ressentiments. Die Zeugen berichteten von zahlreichen Ausbruchversuchen und einzelnen Fällen von Kannibalismus, mit denen sie offensichtlich die Gefährlichkeit der Gefangenen betonen und die angebliche Minderwertigkeit der sowjetischen Soldaten herausstellen wollten. Exemplarisch dafür steht die Aussage von Gustav D., der im Winter 1941 zur Bewachungsmannschaft eines Lagers gehörte und dazu 1964 angab: „Ich habe selbst gesehen, daß die Gefangenen umgefallen sind, und im allgemeinen sprach man, daß sie verhungern würden. Einmal habe ich selbst gesehen, daß die Gefangenen einen Gaul, der umgefallen war, mit Stumpf und Stiel aufgegessen haben. Die Gefangenen haben das Fleisch gleich roh gegessen. Ich habe auch tote Gefangene liegen sehen. Wahrscheinlich waren es solche Gefangene, die fliehen wollten und dann von den Wachen erschossen wurden. Von Kameraden wurde erzählt, daß die Gefangenen von ihren sterbenden Kameraden Stücke Fleisch herausgeschnitten hätten.“ 320 Treffend charakterisierte Oberst Marschall, der Anfang 1942 auf Befehl des Armeeoberkommandos 2 das Kommando über die vier von der Brigade bewachten Lager übernommen hatte, die allgemeine Haltung der SS-Männer gegenüber den Gefangenen. Über die Situation im Lager Konotop meldete er: „Ein Hauptgrund über [sic] die schlechten Zustände im Lager dürfte darin zu suchen sein, daß hier ganz allgemein die Ansicht herrschte, daß es ganz gut wäre, wenn die Gefangenen verschwänden; sei es durch Erschießen, sei es durch Sterbenlassen.“ 321 Der Oberst, der alle vier Lager zwischen dem 29. November und dem 6. Dezember 1941 inspizierte, erlebte das Massensterben hautnah mit. Allein in der Nacht vor seinem Besuch im Lager Shurowka waren dort 144 Kriegsgefangene verhungert. Gemessen an der damaligen Belegung entsprach das einer täglichen Sterberate von 3,7 Prozent. 322 Das ganze Ausmaß der Verbrechen an den gefangenen Rotarmisten wird in dem Bericht des Wehrmachtsoffiziers und den von der Brigade gemeldeten Belegungszahlen sichtbar. Keine zwei Wochen nach der Übernahme der jeweils etwa 15 000 Gefangenen in den Lagern Nowgorod Sewersky und Shurowka gab die 1. SS-Brigade am 14. November für das Lager Shurowka eine Belegung mit 12 367 Soldaten und 267 sowjetischen Offiziere an. Die Aufstellung für das Lager Nowgorod Sewersky belief sich gleichzeitig auf 7044 Gefangene. In Gluchow sollen sich 5603 und in Konotop 8375 Kriegsgefangene befunden haben.323 Weitere drei Wochen später, um den 5. Dezember, zählte die 1. SS-Brigade in Shurowka nur noch 10 269 Offiziere und Mannschaften. In Nowgorod Sewersky waren gerade noch 3795 und in Konotop 5250 Gefangene am Leben. Einzig in Gluchow war die Zahl der Gefangenen offenbar durch weitere Zuweisungen leicht auf 5647 Personen gestiegen. 324 Den krassen Rückgang der Belegungszahlen versuchte der SS-Kommandant
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des Lagers Nowgorod Sewersky gegenüber dem Wehrmachtsinspekteur noch mit der Verlegung von Gefangenen zu rechfertigen. Nachfragen beim Brigadestab ergaben aber, daß seit Übernahme der Lager durch die SS überhaupt keine Kriegsgefangenen mehr abtransportiert worden waren. 325 Obwohl also, wie die Zählungen aus Gluchow nahelegen, den Lagern zwischenzeitlich sogar noch weitere Kriegsgefangene zugeteilt worden sein können, starben in der kurzen Zeit zwischen Ende Oktober und Anfang Dezember in Nowgorod Sewersky über 73 Prozent und im Lager Shurowka fast ein Drittel der Kriegsgefangenen. In Konotop kamen in den drei Wochen seit Mitte November 1941 etwa 37 Prozent der Rotarmisten um. Damit waren allein in fünf Wochen unter der Verantwortung der 1. SS-Brigade mindestens 18 000 sowjetische Kriegsgefangene verhungert oder von den Wachmannschaften erschossen worden. Mit der Verlegung der 1. SS-Brigade an die Front wurde sogar ein Befehl zur Ermordung der Insassen in den vier Lagern erlassen. Für dessen Erteilung kamen sowohl Knoblauch oder Bach-Zelewski als auch Himmler persönlich in Frage. Am 12. Dezember mußte der stellvertretende Brigadekommandeur, SS-Oberführer Hartenstein, dem Kommandostab jedoch melden: „Ein Btl. [Bataillon] zurück zur Gefangenenbewachung. Habe Befehl zur Liquidierung der Gefangenenlager auf Anordnung AOK. 2 widerrufen müssen.“ 326 Das SS-Bataillon war in der Folgezeit noch mehrere Wochen mit der Bewachung der Kriegsgefangenenlager in Nowgorod-Sewersky und Shurowka beschäftigt. 327 Mitte Januar 1942 sollte die Einheit schließlich an die Front vorgezogen werden; zwei der vier Kompanien waren zwischenzeitlich jedoch unter Quarantäne gestellt worden, wodurch sich deren Abmarsch verzögerte. Bei den Einheiten waren – Ironie des Schicksals – zehn Fälle von Fleckfieber aufgetreten, eine Krankheit, die in epidemischen Ausmaßen in den von den Deutschen geführten Kriegsgefangenenlagern grassierte. 328 Zumindest im Fall des Gefangenenlagers Shurowka scheinen die Bewachungsmannschaften der 1. SS-Brigade letztlich dem ursprünglich erteilten Mordbefehl aber noch nachgekommen zu sein. Im Verlauf des Dezembers 1941 wurde das Lager offenbar aufgelöst und der überwiegende Teil der gefangenen Rotarmisten von den Soldaten der Waffen-SS ermordet. Ein sowjetischer Soldat, dem kurz zuvor die Flucht geglückt war, erzählte in Nowgorod-Sewersky von den Ereignissen. Demnach trieben die Deutschen die ungefähr 8000 überlebenden Kriegsgefangenen des Lagers Shurowka im Dezember zu Fuß nach Nowgorod-Sewersky. Auf dem 70 Kilometer langen Marsch bei tiefen Minustemperaturen müssen die begleitenden SS-Soldaten mit unglaublicher Grausamkeit gegen die Gefangenen vorgegangen sein. Nur etwa 300 Rotarmisten erreichten schließlich Nowgorod-Sewersky. Die übrigen über 7000 Gefangenen waren auf dem Weg von den Deutschen ermordet worden oder an Entkräftung und Unterkühlung gestorben.329 Im Verlauf ihres fünfmonatigen Einsatzes hatten die Brigaden des Kommandostabes bis Ende 1941 mindestens 85 000 Menschen ermordet. Wahrscheinlich
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liegt die tatsächliche Opferzahl noch bedeutend höher. Viele Soldaten der Roten Armee wurden von den Männern der Waffen-SS gleich nach ihrer Gefangennahme erschossen; als Kriegsgefangene starben Tausende mehr unter Bewachung der Brigaden an Unterernährung oder dem Mordwillen der SS-Truppen. Darüber hinaus wurden durch deren Hand zahlreiche wirkliche oder vermeintliche sowjetische Funktionäre getötet, etwa auf Grund von Denunziationen. Nichtjüdische Männer, Frauen und Kinder wurden außerdem im Zuge der brutalen Formen der sogenannten Partisanenbekämpfung umgebracht. Auf der Suche nach Nahrung, als Flüchtlinge oder ganz normale Passanten mußten sie aufgrund der verrückten Vorstellungen der SS über einen in der Form gar nicht existenten Feind, als Folge rassistischer Stereotype oder bloßer Willkür sterben. Hunderte von Zivilpersonen ermordete die Waffen-SS außerdem noch im Zuge kollektiver Gewaltmaßnahmen. Den bei weitem höchsten Anteil an den Opfern der Brigaden des Kommandostabes machten aber die sowjetischen Juden aus. Ohne den persönlichen Einsatzeifer der Offiziere und Männer und ohne den dabei immer wieder zu Tage getretenen Antisemitismus der „Politischen Soldaten“ wäre dieses Ergebnis nicht zu verwirklichen gewesen. In diesem Faktum liegt ein wichtiger Unterschied zwischen den einzelnen Motiven begründet, die letztlich den Tod aller Opfer der SS-Einheiten bewirkt haben. Natürlich verbietet es sich, die Ermordeten zu kategorisieren. Es erscheint sinnlos festzustellen, wer von ihnen mehr oder wer weniger gelitten hat; letztlich hat der gewaltsame Tod jedes einzelnen Individuums eine hoffnungsvolle menschliche Existenz zerstört. Trotzdem evozierte Judenhaß auf der einen und Rassismus oder Antikommunismus auf der anderen Seite für die jeweils davon Betroffenen unterschiedliche Konsequenzen. Sowohl die gefangenen Rotarmisten als auch nichtjüdische Zivilpersonen besaßen trotz aller fürchterlichen Begleitumstände der deutschen Kriegsführung eine reelle Überlebenschance. Für die Juden existierte diese Möglichkeit nicht; sie wurden von der Kavalleriebrigade oder der 1. SS-Brigade prinzipiell ermordet, sofern die Wehrmacht nicht noch vorübergehend einen Bedarf an Zwangsarbeitern geltend machte. Die jüdischen Menschen, die die Verfolgungen durch die Truppen des Kommandostabes überlebten, hatten ihr Weiterleben unglaublichen Zufällen und damit einer absoluten Ausnahme vom geltenden Prinzip zu verdanken. Dieser Umstand markiert die Differenz zwischen der nationalsozialistischen Judenpolitik, die seit Sommer 1941 auf generelle Vernichtung abzielte und dem Rassenwahn oder Antibolschewismus der Nazis, der mittels Massenmord auf die weitgehende Zerstörung politischer, gesellschaftlicher und sozialer Strukturen ausgerichtet war, aber eben nicht die generelle Ausrottung aller Angehörigen der imaginierten Feindgruppen intendierte. Die Brigaden des Kommandostabes bewiesen mit ihren Einsätzen in den besetzten Gebieten der Sowjetunion 1941, daß sie überzeugte und effiziente Exekutoren der einzelnen Facetten deutscher Vernichtungspolitik waren.
4. Teil: Kommandostab und SS-Truppen 1942–1945
XI. Deutsche strategische Konzepte gegen die sowjetischen Partisanen 1942–1944 1. Der Kommandostab und die SS-Brigaden in der ersten Jahreshälfte 1942 Nach dem Scheitern der deutschen Offensive vor Moskau und der ab dem 5. Dezember einsetzenden sowjetischen Gegenoffensive wurden die Brigaden des Kommandostabes nach ihrer Beteiligung an den deutschen Massenverbrechen der vergangenen Monate kurzfristig der Wehrmacht unterstellt und an der Front in schwere Abwehrkämpfe verwickelt. Die Kämpfe dauerten bis weit in das Jahr 1942 an. 1 Die 1. SS-Brigade wurde als erste der Einheiten an die Front verlegt. Der Verband war am 9. Dezember 1941 zur 2. Armee in die Gegend von Orel in Marsch gesetzt, dort am 17. Dezember dem XXXXVIII. Armeekorps unterstellt und in der Folge bei der Verteidigung des Frontabschnitts am Trudy um RusskijBrod eingesetzt worden.2 Dieser erste wirkliche Fronteinsatz der Brigade geriet zum Desaster. Der Roten Armee gelang in dem Abschnitt am 25. Dezember der Durchbruch durch die deutschen Stellungen. Ausdrücklich machte das Oberkommando der 2. Armee in einer Meldung an die Heeresgruppe Mitte dafür „das Versagen der SS-Brigade 1 und insbesondere des SS-I.R. 10“ verantwortlich. 3 Ein am 27. Dezember befohlener Gegenangriff durch das 8. Regiment mißlang. Am gleichen Tag wurde Brigadekommandeur Herrmann beim Verlassen seines Stabsquartiers durch einen Artillerietreffer getötet; der Führungsoffizier überlebte schwer verletzt. 4 Auf Druck der sowjetischen Verbände zog sich die SS-Brigade danach etwa 20 Kilometer in die Gegend von Droskovo zurück. Dort gelang es den Deutschen am 4. Januar, die entstandene Frontlücke wieder zu schließen. 5 Für die folgenden drei Monaten wurde der Verband, dessen Gefechtsstärke sich Anfang Januar 1942 auf nur noch 800 Mann belief, auf verschiedene Verbände der Wehrmacht aufgeteilt und im bisherigen Frontabschnitt verwendet. Ende März befürwortete der Chef des Generalstabs der 2. Armee eine erneute Zusammenfassung der Teileinheiten unter einem einheitlichen Kommando der WaffenSS. Nach seinen Worten hätten die Brigadeverbände „teueres [sic] Lehrgeld gezahlt, aber jetzt auch durch Kampferfahrung die mangelnde Ausbildung ersetzt“ und zeigten sich damit, so der Wehrmachtsoffizier, für die Zukunft „unter dem neuen Kommandeur einfachen Verhältnissen gewachsen“. 6 Im Bereich der 2. Ar-
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mee war die SS-Brigade dann noch bis Mitte Juli in der Gegend westlich von Kursk im Einsatz. 7 Ein ähnliches Fiasko wiederholte sich beim Fronteinsatz der Kavalleriebrigade nicht. Der Reiterverband wurde am 20. Dezember 1941 der 9. Armee unterstellt, um ab Ende Dezember gegen sowjetische Truppenverbände in Marsch gesetzt zu werden, die westlich von Rshew die deutsche Front durchbrochen hatten. Seit dem 7. Januar 1942 wurden die SS-Reiter in diesem Frontbereich in schwere Kämpfe verwickelt. 8 Auf Druck der sowjetischen Offensive, in deren Verlauf die Rote Armee am 20. Januar Toropez und einen Tag später Basary zurückeroberte, wurde die Brigade unter hohen Verlusten zum Rückzug gezwungen. 9 Erst Anfang Februar gelang es der Kavallerie im Zusammenwirken mit anderen Truppenverbänden, darunter Einheiten der SS-Division „Das Reich“, die deutsche Front im Bereich des VI. und XXIII. Korps westlich von Rshew zu stabilisieren. 10 Im Zuge dieser Operationen wurden am 5. Februar durch den Vorstoß von Brigadeeinheiten Truppenteile der sowjetischen 29. Armee südwestlich von Rshew eingeschlossen und vernichtet. Fegelein wurde dafür am 2. März von Hitler mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet. 11 Zu seiner Einheit kehrte er danach nicht mehr zurück. Mit Wirkung vom 1. Mai wurde Fegelein als Inspekteur für die Organisation des Reit- und Fahrwesens der Waffen-SS ins Führungshauptamt versetzt. 12 Sein Nachfolger wurde Anfang Mai der 47-jährige SS-Brigadeführer Wilhelm Bittrich, der bisher das Regiment „Deutschland“ der Division „Das Reich“ befehligt hatte. 13 Unter ihm wurde der Reiterverband am 22. Mai im bisherigen Raum abgelöst und etwa 130 Kilometer südlich in die Gegend von Jarzewo verlegt, um dort gegen angebliche Partisanen und die im Rücken der deutschen Front stehende sowjetische 39. Armee eingesetzt zu werden. 14 Allerdings waren die dezimierten Teileinheiten durch die Winterkämpfe kaum mehr einsatzfähig. Sie wurden deshalb am 15. Juni aus dem Frontbereich der Heeresgruppe Mitte zurückgezogen und zur Neuaufstellung auf den Truppenübungsplatz Debica ins Generalgouvernement in Marsch gesetzt. Damit war vorläufig auch das Unterstellungsverhältnis unter den Kommandostab beendet. Während der folgenden Monate war die SS-Kavallerie dem SS-Führungshauptamt direkt unterstellt. 15 Die bereits in ihren Winterunterkünften im lettischen Tukums liegenden Truppenteile der 2. SS-Brigade wurden wegen der kritischen Frontlage in Nordrußland von Himmler am 23. Dezember 1941 dem Oberkommando der Wehrmacht zur Verfügung gestellt. Zusätzlich wurde der Brigade am 7. Januar 1942 die Freiwilligenlegion „Niederlande“ zugewiesen. 16 Bereits in der zweiten Januarhälfte kam das Begleitbataillon im Bereich des XXXVIII. Armeekorps der 18. Armee in der Gegend von Ljubzi zum Fronteinsatz. In einem etwas weiter nördlich, in der Gegend von Mjasnoj Bor gelegenen Abschnitt gelang der 2. sowjetischen Stoßarmee mit Teilen der 59. Armee am 25. Januar ein bedeutender Einbruch in die deutsche Front, den die Sowjets bis auf eine Tiefe von 30 Kilometer nach Westen ausweiten konnten. 17 Bei den schweren Kämpfen hatten die Einheiten
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der 2. SS-Brigade hohe Verluste; die Gefechtsstärke der Mannschaften sank in den zwei Monaten zwischen Ende Januar und Ende März 1942 von 3160 auf 2325 Mann. 18 Das Begleitbataillon wurde am 5. Juni aus dem Brigadeverband herausgelöst und zur Auffrischung auf den Truppenübungsplatz Arys verlegt, von wo die Einheit anschließend wieder dem Kommandostab zugeführt werden sollte. 19 Die als Ersatz bereits länger geplante Eingliederung des SS-Infanterieregiments 9 in den Brigadeverband wurde letztlich nicht realisiert. 20 Die damit nur noch aus dem Stab und den Freiwilligenlegionen „Flandern“ und „Niederlande“ bestehende Brigade wurde Ende Juni im Anschluß an die Vernichtung der eingekesselten sowjetischen 2. Stoßarmee aus dem bisherigen Abschnitt herausgelöst. Als Grund wurde auf den schlechten Zustand des Verbandes nach dem sechsmonatigen Einsatz verwiesen. 21 Nachdem einige Truppenteile nach kurzer Ruhezeit schon am 22. Juli wieder in Marsch gesetzt worden waren, befahl das L. Armeekorps am 31. Juli die Unterstellung der gesamten Brigade unter die „Kampfgruppe Jeckeln“ für einen erneuten Fronteinsatz im Bereich zwischen Krasnoje Selo und Kolpino. In diesem Abschnitt kämpfte der SS-Verband bis 1943. 22 Dem Umstand, daß sämtliche bisher für die Einsätze in den rückwärtigen Heeres- und Armeegebieten zur Verfügung gestandenen SS-Truppen im Dezember 1941 an die Front abgezogen worden waren, trug der Kommandostab im Januar 1942 durch eine organisatorische und personelle Umgliederung Rechnung. 23 Was in dem betreffenden Befehl Knoblauchs noch optimistisch als eine „vorübergehende“ Maßnahme bezeichnet wurde, sollte zu einem Dauerzustand werden. Der gesamte Stab wurde im Januar in die drei Sparten einer Führungs-, einer Oberquartiermeisterabteilung und einer Adjutantur gegliedert, denen zusätzlich noch Beauftragte für Disziplinar- oder Strafsachen und eine für die Truppenbetreuung verantwortliche Abteilung beigeordnet waren. Die übrigen, bisher selbständigen Bereiche, wurden kurzerhand den drei Hauptabteilungen untergeordnet. 24 Verbunden mit der Umgliederung war die weitere personelle Reduzierung des Kommandostabes. Während Anfang 1942 nominell noch ein Personalbestand von 163 SS-Führern, 134 Unterführern und 384 Männern vorgesehen war, lagen die tatsächlichen Besetzungsstärken weit darunter. Ende Januar wies der Kommandostab lediglich 60 Offiziere, 72 Unteroffiziere und 288 Männer auf. Gut vier Monate später hatten sich diese Zahlen nicht wesentlich verändert. Während die Anzahl der SS-Offiziere weiter auf nur noch 47 Mann gesunken war, hatte sich die Zahl der Unterführer leicht auf 82 erhöht. Hinzu kam ein Gesamtbestand von 256 SS-Männern.25 Zudem wurden im Winter 1941/42 wichtige SS-Führer versetzt, wodurch die Personallage auch qualitativ weiter ausgedünnt wurde. Hauptsturmführer May, der bisherige Ic-Offizier, ging am 23. Januar zurück ins Reichssicherheitshauptamt. 26 Schon am 1. Januar erhielt der bisherige Oberquartiermeister, SS-Oberführer Wilhelm Hartenstein, das Kommando über die 1. SS-Brigade. Sein bisheriger Stellvertreter, Hauptsturmführer Harro With, folgte ihm zwei Tage später. 27
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Ebenfalls versetzt wurden der Leiter des Dolmetscherwesens, Obersturmbannführer Theuermann, der Chef der motorisierten Aufklärungsabteilung, Obersturmbannführer Graf von Bassewitz-Behr sowie Hauptsturmführer Alfons Zeitler, der Leiter der Adjutantur. Letztlich wurden dem Kommandostab für die insgesamt 32 Offiziere, die zwischen Januar und Juni 1942 zu anderen Stellen abkommandiert worden waren, nur neun SS-Führer als Ersatz zugewiesen. 28 Mit sofortiger Wirkung wurde dem Stab am 29. Januar 1942 allerdings noch das Sonderkommando „Dirlewanger“ unterstellt. Die bisher in Lublin stationierte Einheit sollte nach einer Vervollständigung ihrer Ausrüstung Bach-Zelewski in Weißrußland zur „Partisanenbekämpfung“ zur Verfügung gestellt werden.29 Bisher war das Kommando im Distrikt Lublin eingesetzt gewesen und hatte dort unter anderem das jüdische Zwangsarbeiterlager Dzików bewacht. 30 Kommandeur der Einheit war der 1895 geborene Sturmbannführer Dr. Oskar Dirlewanger, der im Osteinsatz zu einem Synonym für deutsche Grausamkeiten und ungezählte Exzesse wurde. Daß der promovierte Alkoholiker seine Truppe trotz zahlreicher Verstöße gegen den SS-internen Kodex letztlich bis 1945 kommandierte, hatte er der Freundschaft mit Berger, dem Chef des SS-Hauptamtes zu verdanken, der ihn protegierte und wiederholt dafür sorgte, daß Ermittlungen der SS-Gerichte gegen ihn niedergeschlagen wurden. Als sich die Beschwerden gegen Dirlewanger und seine Männer wegen Vergewaltigungen, Plünderungen und Gewaltexzessen im Generalgouvernement häuften, wurde die SS-Einheit Anfang 1942 kurzerhand nach Weißrußland abkommandiert.31 Anders als die drei Brigaden der Waffen-SS schied das Sonderkommando Dirlewanger schnell wieder aus dem truppendienstlichen Unterstellungsverhältnis des Kommandostabes aus. Noch im Februar waren in dessen Kriegstagebuch regelmäßig Fortschritte bei der Inmarschsetzung und dem Transport der Truppe vermerkt worden. Sobald die Einheit aber Bobruisk erreichte hatte, unterstand sie dem Höheren SS- und Polizeiführer Rußland Mitte und wurde umgehend zu ersten Einsätzen herangezogen. Weitere Meldungen an den Kommandostab brachen damit abrupt ab. 32 Gegen Ende des Winters lebte die Partisanentätigkeit im Einsatzbereich aller drei Brigaden wieder auf. Nach Wochen relativer Ruhe berichteten die SS-Einheiten fortan regelmäßig von Angriffen und sonstigen Aktivitäten des Untergrundwiderstands. 33 Der Kommandostab entwickelte zu dieser Zeit jedoch keinerlei Initiativen, um solche Nachrichten gezielt auszuwerten und daraus mögliche Gegenstrategien zu entwickeln. Während die Ic-Abteilung unter May noch im Sommer und Herbst 1941 diverse – wenn auch zweifellos fragwürdige – Feindanalysen entworfen und in den rückwärtigen Heeresgebieten in Fragen der „politischen Befriedung“ in hohem Maße mit der Wehrmacht und der Sicherheitspolizei konferiert hatte, gab es in dieser Hinsicht bis in den Sommer 1942 keine Initiativen. Die Abteilung widmete sich statt dessen vorrangig der Zusammenfassung der Feindlage aus den Brigademeldungen für die Berichterstattung der Führungsabteilung. Daneben beschäftigten sich die Offiziere mit der Über-
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setzung und Auswertung sowjetischer taktischer Vorschriften und eines erbeuteten wirtschaftspolitischen Atlanten. Deren Ergebnis wurde zwar nach monatelanger Arbeit dem Chef des Kommandostabes vorgelegt, danach aber offenbar nie wieder aufgegriffen. 34 Gründe für die weitgehende Untätigkeit waren keineswegs nur einzelne ‚Sachzwänge‘, wie der faktisch existente Personalmangel. Vielmehr offenbart sich darin eine grundsätzliche konzeptionelle Schwäche von Himmlers zentraler Institution zur Bekämpfung der Partisanen. Als die Brigaden zur Frontverwendung herangezogen und damit aus dem Unterstellungsverhältnis herausgelöst worden waren, hielt der Stab unverändert daran fest, deren Berichte zu sammeln, zusammenzufassen und sie Himmler vorzulegen. Noch 1941 hatte der Stab als organisatorische Schnittstelle gewirkt und gerade während der ersten Kriegsmonate auch wichtige Impulse hinsichtlich des Einsatzes der SS-Truppen gesetzt. Mit der Unterstellung der Brigaden unter die Wehrmacht geriet er jedoch zu einem bloßen Nachrichtenübermittler ohne eigene taktische Bedeutung. Darüber wurde jedoch die weiterhin virulente Frage der Bekämpfung der Partisanen völlig vernachlässigt. Obwohl schon während der ersten Monate des Jahres 1942 absehbar war, daß die Partisanenbewegung die Militär- und Zivilverwaltung vor weitreichende Probleme stellen würde, zeigte sich der Kommandostab in keiner Weise befähigt, auf diesem Gebiet theoretische oder praktische Gegenmaßnahmen zu treffen. Anfangs noch im ostpreußischen Arys stationiert, fehlten dem Stab sicherlich auch die grundsätzlichen Informationen, um sich über die Berichte der SS-Brigaden hinaus ein realistisches Bild vom Auftreten der Partisanen machen zu können und um in den Hunderte von Kilometern entfernten Gebieten deren Erstarken richtig einschätzen zu können. Diese Situation veränderte sich jedoch keineswegs, als der Stab im Sommer 1942 in die Nähe von Himmlers Hauptquartier bei Shitomir verlegt wurde. 35 So markiert gerade die Passivität gegenüber sämtlichen Fragen einer zukünftigen Ausrichtung der Kampfführung gegen die Partisanen weitgehende organisatorische und strukturelle Mängel des Kommandostabes, in denen im Konkurrenzverhältnis mit anderen Bereichen des SS-Apparats bereits dessen fortschreitender Bedeutungsverlust angelegt war.
2. Das Ringen um die Vormachtstellung im Kampf gegen die Partisanenbewegung Erst im Winter 1941/42 begann die Rote Armee im Zuge ihrer Offensive damit, verstärkt Kontakt zu versprengten Truppenteilen, zu Resten früherer Vernichtungsbataillone und zu sowjetischen Funktionären zu suchen, die bis dahin in den deutsch besetzten Gebieten überlebt hatten. Im Frühjahr 1942 entstanden unter Anleitung der sowjetischen Armeekommandos die ersten Partisanenbrigaden mit einer Stärke von über 1000 Mann. 36 Realistisch erscheinenden sowjetischen Angaben zufolge existierten in der deutsch besetzten Sowjetunion Ende 1941 ungefähr 90 000 aktive Partisanen. Ihre Zahl hatte sich bis Anfang 1942 auf 80 000 reduziert. Ein halbes Jahr später erhöhte sie sich infolge der Organisie-
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rungsbemühungen der Roten Armee und der sowjetischen Führung auf 150 000. Nicht zuletzt wegen der brutalen Repressionsmaßnahmen der Deutschen stagnierte die Gesamtstärke dann fast ein Jahr lang auf gleicher Höhe. Seit Mai 1943 erfuhr die Partisanenbewegung wieder rasanten Zulauf. Die absehbar erscheinende deutsche Niederlage schuf Zuversicht; außerdem entschieden sich nun auch zahlreiche Kollaborateure zu einem rechtzeitigen Seitenwechsel. So stieg in dieser Zeit die Zahl der aktiven Partisanen bis auf ihren Höchststand von 280 000 Männern und Frauen an, der im Sommer 1944 erreicht wurde. 37 Mit der Gründung des Zentralen Stabes für den Partisanenkampf am 30. Mai 1942, zu dessen Stabschef und eigentlichem Leiter der 1. Sekretär der Kommunistischen Partei Weißrußlands, Panteleimon Ponomarenko, bestimmt wurde, existierte erstmals eine Struktur, die es den Sowjets ermöglichte, Untergrundgruppen in den besetzten Gebieten gezielt aufzubauen und sie als taktisches Mittel zur Unterstützung der Roten Armee einzusetzen. 38 Ab September 1942 bekamen dann die sowjetischen Frontstäbe der Armeekommandos zunehmend die Führungskompetenz über die im jeweiligen Abschnitt hinter den deutschen Linien liegenden Partisanenverbände übertragen. 39 Deren strategische Schwerpunkte zielten 1942 vorrangig darauf ab, den deutschen Nachschub punktuell zu stören und Unruhe in den besetzten Gebieten zu verursachen. Zudem sollte die Zivilbevölkerung vor einer Kollaboration mit den Deutschen abgeschreckt und als Unterstützer für die eigene Seite gewonnen werden. Rosenberg, der Minister für die besetzten Ostgebiete, nannte im August 1942 eine Zahl von 1500 ursprünglich von den Deutschen eingesetzten Bürgermeistern, die von Partisanen in den vergangenen Monaten ermordet worden waren. 40 Die weitere Entwicklung führte im Sommer 1943 zu den erfolgreichen Sabotageaktionen der Operation „Schienenkrieg“ gegen den Nachschub der deutschen Sommeroffensive bei Kursk, der mit mehreren tausend Anschlägen auf Bahnlinien wirksam gestört werden konnte. 41 Ihren eigentlichen Höhepunkt erreichten die Partisanenaktivitäten dann im Vorfeld der sowjetischen Sommeroffensive im Juni 1944. 42 Durch Angriffe sowjetischer Partisanen starben insgesamt schätzungsweise 35 000 bis 45 000 deutsche Besatzungsangehörige und einheimische Kollaborateure. Bedeutsamer als diese Zahl war aber die Tatsache, daß ab 1942 in den besetzten Gebieten Landstriche existierten, die von den Partisanen kontrolliert und von den Deutschen nur mit einem großen Kontingent an Truppen betreten werden konnten. Die kontinuierlich ausgeweiteten Partisanenzonen stellten für die Nachschubverbindungen und die Besatzungsverwaltung eine ständige Bedrohung dar, gegen die umfangreiche Gegenmaßnahmen eingeleitet werden mußten. Nicht zuletzt wegen deren brutaler und wenig intelligenter Ausrichtung gelang es den Deutschen nie, der Partisanenbewegung Herr zu werden.43 Nachdem die Ic-Abteilung des Befehlshabers im rückwärtigen Heeresgebiet Mitte bereits im Februar 1942 auf eine Verschärfung der Lage hingewiesen hatte, lieferte Schenckendorff selbst im März eine geradezu alarmierende Lageeinschätzung ab. Er legte dar, daß die Partisanen ihre Strategie in den letzten Mona-
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ten umgestellt hätten und nunmehr in der Lage seien, in gut bewaffneten größeren Abteilungen unter professioneller Führung aufzutreten. Mitunter seien die Einheiten sogar mit Artillerie ausgerüstet. Gegen solche Verbände müßten größere, offensiv geführte Bekämpfungsunternehmen organisiert werden, die aber bislang durch den Mangel an Sicherungstruppen nicht zu verwirklichen gewesen wären. 44 Anfang März 1942 legte Schenckendorff ein Strategiepapier vor, in dem er seine Sicht einer erfolgversprechenden Ausrichtung der Bekämpfungsmaßnahmen skizzierte. Einerseits schlug er vor, verstärkt Propagandamaßnahmen unter der Zivilbevölkerung zu organisieren und andererseits die Partisanen mit gezielten Einsätzen direkt militärisch zu bekämpfen. 45 Als erste bedeutende Aktion im Rahmen der veränderten Gesamtstrategie setzte er Ende März ein Großunternehmen unter dem Decknamen „Bamberg“ in Gang. Noch unter den Bedingungen des russischen Winters marschierten südlich von Bobruisk Truppenverbände auf und umstellten ein Gebiet von etwa 2000 Quadratkilometern, in dem sich nach Informationen der Wehrmacht starke Partisanenkräfte aufhalten sollten. Seit dem 29. März begannen die eingesetzten Truppen, den Kessel durch konzentrisches Vorrücken fortlaufend zu verengen und abschließend nochmals zu durchsuchen. Propagandistische Offensiven blieben dabei weitgehend aus; statt dessen zerstörten die deutschen und slowakischen Truppen zahlreiche Ortschaften und ermordeten im gesamten Einsatzraum aus der dortigen Zivilbevölkerung mindestens 6000 Menschen. Den Partisanen gelang es weitgehend, sich vor den Truppen in Sicherheit zu bringen.46 Trotz des faktischen Fehlschlags sollte dem Unternehmen „Bamberg“ bald eine absolute Vorbildfunktion zukommen. Vor allem in den schwer zugänglichen Wald- und Sumpfgebieten Weißrußlands wurden derartige Großeinsätze die wichtigste Strategie der Deutschen zur Bekämpfung der sich immer zahlreicher formierenden Partisanen. 47 Während die Wehrmacht in ihrem Operationsgebiet also schon im März 1942 äußerst brutale Aktivitäten entfaltete, um dem Erstarken der Partisanen zu begegnen, blieb die SS erstaunlich inaktiv. Himmler selbst beschäftigte sich im März und April unter anderem mit der forcierten Ermordung der polnischen Juden und dem weiteren Ausbau der Waffen-SS. Hinsichtlich des Umgangs mit den Partisanen entwickelte er jedoch keine Initiativen. 48 Auch der Kommandostab verhielt sich in dieser Frage vollkommen passiv. Bach-Zelewski, einer der bislang wichtigsten Protagonisten vor Ort, war krankheitsbedingt für mehrere Monate ausgefallen. In Berlin mußte sich der Obergruppenführer einer Darmoperation unterziehen; gleichzeitig erlitt er im SS-Lazarett in Oranienburg einen Nervenzusammenbruch. Wie der behandelnde Arzt Dr. Grawitz an Himmler meldete, sei es insbesondere „der schwere allgemeine und insbesondere nervöse Erschöpfungszustand“, der einer schnellen Gesundung des Patienten nach der Operation im Wege stünde. Pikanterweise waren es nach dessen Darstellung immer wieder „Vorstellungen im Zusammenhang mit den von ihm selbst geleiteten Judenerschiessungen und anderen schweren Erlebnissen im Osten“, die den Massenmörder heimsuchten. 49
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Währenddessen forderten die verschiedenen Besatzungsinstanzen immer dringlicher eine verstärkte Intervention von SS- und Polizeitruppen in den Zivilverwaltungsgebieten. Die desolate Ausgangslage hinsichtlich der ungeklärten deutschen Kompetenzverteilung und einer bislang fehlenden einheitlichen Strategie bei der Bekämpfung der sowjetischen Partisanen hob auch Hitler hervor. Anläßlich eines Lagevortrags äußerte er, daß er im Bereich der Heeresgruppe Mitte „die straffe Führung“ bei der „Beseitigung“ der Partisanen vermisse. 50 In dieser weitgehend ungeklärten Situation trat Keitel im Juli 1942 mit der ausdrücklichen Bitte an Himmler heran, endlich eine „einheitliche Führungsstelle für die Partisanenbekämpfung“ zu schaffen. Nach den Worten Keitels sollte eine solche Stelle, „für die Einheitlichkeit aller Maßnahmen in der Partisanenbekämpfung und den schnellen Erfahrungsaustausch zwischen dem ReichsführerSS und Chef der Deutschen Polizei und den militärischen Dienststellen“ sorgen. Als zentralen Ansprechpartner der Wehrmacht auf Seiten der SS benannte Keitel in seinem Befehl ausdrücklich den Kommandostab. Eigentliches Ziel der organisatorischen Neugliederung müsse nach dessen Ansicht eine verbesserte Kommunikation zwischen dem Operationsgebiet des Heeres und den Reichskommissariaten sein. Zukünftig sollte bei Einsätzen ein Ausweichen der Partisanen in das jeweils andere Verwaltungsgebiet unmöglich gemacht und statt dessen durch koordiniertes Vorgehen deren Vernichtung eingeleitet werden. 51 Himmler erkannte aufgrund der Wehrmachtsinitiative den dringenden Handlungsbedarf. Nachdem er noch am 9. Juli großspurig verkündet hatte, „jetzt an die grundsätzliche Bekämpfung der gesamten Partisanen- und Banden-Gefahr“ zu gehen, als „eine der wichtigsten Maßnahmen“ dann aber nur die Abholzung von Bäumen und Büschen neben den Straßen und Eisenbahnwegen angeordnet hatte, entwickelte er in Folge der Initiative Keitels emsige Aktivitäten. Nur vier Tage später verwandte er sich bei einem persönlichen Gespräch mit Hitler für die Herauslösung von SS- und Polizeitruppen aus der Front, um sie anschließend in den rückwärtigen Gebieten verstärkt gegen die Partisanen einsetzen zu können. Hitler sagte seine Unterstützung zu. 52 Am darauffolgenden Tag gab Himmler seine Entscheidung hinsichtlich der organisatorischen Neuregelung bekannt, die weitgehend den Vorschlägen der Wehrmacht folgten. Nur in einem entscheidenden Punkt unterschied sich das Konzept der SS eklatant von dem der Militärs. Seine Dienststelle sei künftig, so Himmler, „im Einvernehmen mit dem Oberkommando der Wehrmacht die einheitliche Führungsstelle für die Bekämpfung der sogenannten Partisanen“, die er auch persönlich zu leiten gedenke. Sein bearbeitender Stab sei dabei der Kommandostab Reichsführer-SS, die territoriale Leitung liege bei den jeweiligen Höheren SS- und Polizeiführern. 53 Himmler versuchte mit dem Befehl demnach nichts anderes, als sich die Zuständigkeit für den Kampf gegen die Partisanen insgesamt zu sichern, obwohl die Wehrmacht ganz bewußt noch auf der eigenen Befehlskompetenz in ihrem Operationsbereich bestanden hatte. Während Daluege die gerade von seinem Chef erfolgte Festlegung noch nicht recht nachvollziehen konnte und bei Himmler um Klärung nach-
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suchen mußte 54, war der Kommandostab damit nach Monaten der Stagnation plötzlich zumindest nominell wieder zur zentralen Institution bei der „Partisanenbekämpfung“ erklärt worden. Diese Festschreibung sollte jedoch nur von kurzer Dauer sein. Himmler machte sich zudem daran, den Kampf auf begrifflichem Weg zu führen. Dazu befahl er am 13. August: „Aus psychologischen Gründen ist in Zukunft das von den Bolschewisten eingeführte und verherrlichte Wort ‚Partisan‘ nicht mehr zu gebrauchen. Für uns handelt es sich hier nicht um Kämpfer und Soldaten, sondern um Banditen, Franktireurs und kriminelle Verbrecher.“ 55 Da die Wehrmacht letztlich aber keineswegs gewillt war, dessen Versuch nachzugeben und auf maßgebliche Kompetenzen im eigenen Operationsbereich zu verzichten, mußten die offenen Fragen drei Wochen später durch eine Grundsatzentscheidung auf höchster Ebene geklärt werden. Hitler legte am 18. August 1942 mit seiner Weisung Nr. 46 fest, daß Himmler lediglich eine „zentrale Stelle für die Sammlung und Auswertung aller Erfahrungen auf dem Gebiet der Bandenbekämpfung“ zugestanden bekäme, die demnach keine direkte operative Bedeutung haben sollte. Darüber hinaus sei „der Reichsführer SS allein verantwortlich für die Bandenbekämpfung in den Reichskommissariaten“. Die dortigen Wehrmachtsbefehlshaber hätten die SS in allen Belangen, gegebenenfalls auch mit Truppen, zu unterstützen. Im gesamten Operationsgebiet des Heeres sei dagegen der Chef des Generalstabs des Heeres für Kampfmaßnahmen gegen die Partisanen verantwortlich. Den dortigen Wehrmachtsbefehlshabern seien bei Bedarf auch die vor Ort stationierten SS- und Polizeikräfte unterstellt. 56 Während Hitlers Weisung für das Heer in erster Linie die bereits lange angemahnte interne Neuregelung der Zuständigkeiten festlegte, bedeutete die Regelung für Himmler eine Niederlage, da die von ihm angestrebte Führung bei der Bekämpfung der Partisanen eindeutig abschlägig beschieden worden war. Gegenüber den Bedingungen des Jahres 1941 hatte sich damit ein erheblicher Paradigmenwechsel vollzogen. Himmler hatte seine weitreichenden Kompetenzen in den rückwärtigen Heeresgebieten verloren, die bislang durch die Ausnahmestellung der Höheren SS- und Polizeiführer mit ihren unterstellten Verbänden garantiert worden waren. Mit der Zuständigkeit für die Kampfführung gegen die Partisanen in den Generalkommissariaten mußte sich Himmler fortan überdies mit dem eifersüchtigen und immer mißtrauisch auf die Wahrung seiner Autorität bedachten Rosenberg auseinandersetzen. 57 Der wieder genesene Bach-Zelewski verfaßte als Reaktion auf Hitlers Weisung am 5. September ein Schreiben an Himmler, in welchem er seine aktive Haltung bei der Bekämpfung der sowjetischen Partisanen eindrucksvoll bewies und eine umfassende Kritik des bisherigen Vorgehens formulierte. Letztlich sollte sich dessen Initiative auch hinsichtlich der weiteren Kompetenzen der SS in diesem Bereich als richtungsweisend herausstellen. Im Kern bat Bach-Zelewski bei Himmler um seine Ablösung als Höherer SS- und Polizeiführer, was er als zwingende Konsequenz aus Hitlers Weisung darstellte. Zwar begrüßte er die nun-
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mehr grundsätzlich geregelte Kompetenzverteilung und wertete sie als Erfolg für die SS, betonte aber, daß die Regelung bezüglich seiner Person untragbare Umstände impliziere. Da sein Einflußbereich vorrangig im Operationsgebiet des Heeres lag, wollte sich der SS-Obergruppenführer bei den zukünftigen Unternehmen gegen Partisanen keinem womöglich jüngeren und im Rang niedriger stehenden Wehrmachtsoffizier unterordnen.58 Als Alternative schlug Bach-Zelewski für sich die Verwendung in der von ihm erdachten Stellung eines „Inspekteurs für die Bandenbekämpfung im gesamten Ostgebiet“ vor. Eine solche Stellung solle, so führte der SS-Führer aus, weder die Aufstellung eines neuen Stabes noch die Zuweisung irgendwelcher Kommandogewalt bedeuten. Er wolle lediglich beratend tätig sein, vor Ort „mit den zuständigen Führern alle Fehlerquellen durchsprechen und die Erfahrungen einzelner Truppen allen zu Gute kommen lassen“. 59 Die Notwendigkeit des von ihm erfundenen Postens begründete er mit der ungenügenden Umsetzung der grundsätzlichen Bekämpfungsrichtlinien durch die vor Ort eingesetzten Einheiten. Die deutsche Taktik, so Bach-Zelewski, werde „auf die Dauer nur Erfolg haben, wenn sie beweglich und schöpferisch“ bleibe. 60 Unmittelbar nachdem das Schreiben seinen Adressaten erreicht hatte, bat Himmler Bach-Zelewski zu sich. Beide besprachen sich mehrere Stunden.61 Himmlers Antwort bezüglich des Ansinnens fiel vorerst negativ aus. Er hielt den SS-General in seiner Position in Weißrußland vorerst für unersetzbar; außerdem existierten für dessen Zukunft andere Pläne. Ursprünglich war er sogar als Nachfolger des von tschechischen Widerstandskämpfern getöteten Heydrich als stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren im Gespräch. Nachdem Himmler von diesem Plan wieder abgerückt war, wurde Bach-Zelewski eine Zeitlang als Nachfolger Dalueges im Amt des Chefs der Ordnungspolizei gehandelt. 62 Letztlich erforderten dann die Verhältnisse im Osten eine andere Wendung. Das weiter verstärkte Auftreten der Partisanen und die dürftigen Bekämpfungsergebnisse gaben den Ausschlag dafür, daß Himmler doch noch auf den Vorschlag eines seiner „treuesten und fleissigsten Mitarbeiter“ zurückkam. Am 23. Oktober ernannte er Bach-Zelewski zum „Bevollmächtigten des Reichsführers-SS für Bandenbekämpfung“. 63 Die mit der neuen Position verbundenen Kompetenzen waren wesentlich weiter angelegt, als Bach-Zelewski selbst im September noch vorgeschlagen hatte. Als dessen zentrale Aufgabe war die Vernichtung der Partisanen in einzelnen, von Himmler im voraus festgelegten Gebieten vorgesehen. Zur Realisierung wurden dem SS-Führer „bis auf weiteres“ die 1. SS-Infanteriebrigade, das Freikorps „Danmark“, die Polizei-Regimenter 13 und 14 sowie sämtliche im Gebiet des Höheren SS- und Polizeiführers Rußland Mitte aufgestellten „fremdvölkischen“ Schutzmannschaftsverbände unterstellt. 64 Spätestens mit der Ernennung Bach-Zelewskis war der Kommandostab nach kaum drei Monaten seiner Existenz als nominelle Führungsstelle bei der Bekämpfung der Partisanen wiederum nur noch zweite Wahl. Der Stab hatte in den Wochen zuvor allerdings auch kaum die Aktivitäten entfaltet, die für eine
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gründliche Lageeinschätzung, die Entwicklung von Gegenmaßnahmen und deren Überprüfung erforderlich gewesen wären. Mitte Dezember wurde der Kommandostab dann auf Befehl Himmlers ganz wesentlich verkleinert. Komplett aufgelöst wurden die Ic-Abteilung, die gesamte Adjutantur, die Oberquartiermeisterabteilung, die Rechnungs- und die medizinische Abteilung, die Abteilung für Truppenbetreuung und weltanschauliche Schulung, die motorisierte Aufklärungsabteilung sowie die Funktion des Kommandanten des Stabsquartiers. 65 In den folgenden Wochen wurden außerdem verschiedene, bislang direkt unterstehende Versorgungseinheiten zu anderen Truppenteilen der Waffen-SS versetzt. 66 Damit bestand der Kommandostab nur noch aus der Führungs- und der Quartiermeisterabteilung sowie einer neu zusammengestellten Stabskompanie. 67 Hinzu kam eine Anweisung vom 23. Dezember, mit der die bisherige truppendienstliche Unterstellung der 1. und 2. SS-Infanteriebrigade sowie der SS-Kavalleriedivision aufgehoben wurde. Die Befehlsgewalt über die drei Verbände ging direkt auf das SS-Führungshauptamt über. Nur die Lagemeldungen sollten wie bisher an den Kommandostab gerichtet werden. 68 Mit der Anordnung endete ein Unterstellungsverhältnis dieser SS-Truppen, das mit kurzen Unterbrechungen immerhin seit Juni 1941 angedauert hatte. Gegen Ende des Jahres 1942 entsprach das bisherige Befehlsverhältnis aber längst keinem realen Erfordernis mehr. Mochte die von Himmler verfügte gesonderte Unterstellung seiner SS-Brigaden im Frühjahr 1941 im Hinblick auf den allseits erwarteten kurzen Feldzug und die besonderen Aufgaben der Verbände noch einen Sinn gehabt haben, erwies sich jene Struktur spätestens mit der Frontverwendung der Einheiten im Winter 1941 als hinfällig. Letztlich unterstrich der Abzug der Brigaden den rapiden Bedeutungsverlust des Kommandostabes als einstigem ‚Steckenpferd‘ Himmlers. Er vollzog sich allerdings nicht von ungefähr erst mit der Existenz einer vielversprechenden Alternative innerhalb des SS-Apparats. Mit dem ideenreichen und effizient arbeitenden BachZelewski hatte Himmler den geeigneten Mann gefunden, der künftig in erster Linie mit der Bekämpfung der sowjetischen Untergrundbewegung beschäftigt sein würde. 69 Dennoch trat der ja nach wie vor bestehende Kommandostab auch in der Folgezeit noch häufiger in Erscheinung. Allerdings läßt sich aus den wenigen seit 1943 existierenden Aktensplittern kaum mehr präzise bestimmen, welche reale Bedeutung dem Stab im jeweiligen Zusammenhang wirklich zukam. Mitunter liegt der Verdacht nahe, daß Himmler den Namen in seinem Schriftverkehr nur als ‚Label‘ führte, dem in Wirklichkeit gar kein faktischer Gehalt mehr zukam. So wurden die Höheren SS- und Polizeiführer in der Sowjetunion in einem Schreiben Himmlers vom 10. April 1943 über die regionalen Schwerpunkte zukünftiger Bekämpfungsmaßnahmen gegen die Partisanen instruiert. Der Kommandostab erschien zwar in der Unterzeile des Briefkopfs jenes Schriftstücks, jedoch dürfte der Inhalt des Schreibens weniger auf dessen reale Erkenntnisse, als vielmehr auf eine direkte Kommunikation zwischen Himmler und Bach-Zelewski zurück-
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gegangen sein. 70 Dieser gewann indessen als Himmlers Spezialist auf dem Gebiet des „Bandenkampfes“ kontinuierlich an Bedeutung. Wie wichtig Himmler die direkte Kommunikation mit seinem Bevollmächtigten war, unterstreicht seine Initiative, den Dienstsitz Bach-Zelewskis im März 1943 an seine eigene Feldkommandostelle zu verlegen. Seinen alten Posten als Höherer SS- und Polizeiführer Rußland Mitte gab Bach-Zelewski gleichzeitig auf. Vertretungsweise wurde Gerret Korsemann die Stellung übertragen; nach dessen Absetzung übernahm im Juli 1943 schließlich Curt von Gottberg das Amt. 71 Im Juni 1943 wertete Himmler die Stellung seines bisherigen Bevollmächtigten noch mal kräftig auf. Bach-Zelewski befehligte seitdem „eine hohe Kommandostelle“ des SS-Apparats, die den schwerfälligen Namen „Der Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei. Der Chef der Bandenkampfverbände“ trug. 72 Bei der Kampfführung gegen die Partisanen in den Zivilverwaltungsgebieten beanspruchte Himmler künftig für sich persönlich, die gefährdeten Regionen durch gesonderte Befehle zu „Bandenkampfgebieten“ zu erklären. Bach-Zelewskis Aufgabe war es dann, die deutschen Gegenmaßnahmen zu planen, entsprechende Einsatzbefehle zu geben und die Großunternehmen bei Bedarf auch selbst zu führen. Darüber hinaus oblag ihm künftig die Herausgabe grundsätzlicher Vorschriften und die Ausbildung von Einheiten und Dienststellen im AntiPartisanen-Kampf. Sämtliche Höheren SS- und Polizeiführer im Reich und den besetzten Gebieten waren Bach-Zelewski gegenüber meldepflichtig. Als wichtige Kompetenzerweiterung gegenüber der bisherigen Situation billigte ihm Himmler zudem eine ausdrückliche Weisungsbefugnis gegenüber den Höheren SS- und Polizeiführern zu. 73 Mit der Ernennung seines Chefs der Bandenkampfverbände erklärte Himmler gleichzeitig die Reichskommissariate Ukraine und Ostland, das Generalgouvernement sowie Kroatien und die jugoslawischen Gebiete der Untersteiermark und Oberkrain zu „Bandenkampfgebieten“. Damit hatte Bach-Zelewski dort weitgehende Befehlsbefugnisse inne. 74 Dessen weitere Stärkung ging mit der Einrichtung eines umfangreichen Stabes für seine Dienststelle einher. Eine wichtige Neuerung bestand dabei in der Kommandierung eines Verbindungsoffiziers zu den im Partisanenkampf leitenden Dienststellen der Wehrmacht. Die Aufgabe wurde noch im September 1943 Ernst Rode, dem Chef des Kommandostabes, übertragen, der damit in der neuen Funktion Bach-Zelewski direkt unterstellt war. 75 Auch sonstige Positionen waren mit prominenten Protagonisten der deutschen Vernichtungspolitik besetzt. Erster Stabschef beim Chef der Bandenbekämpfungsverbände wurde Eberhard Herf, der frühere Kommandeur der Ordnungspolizei in Minsk. Bach-Zelewski entließ ihn jedoch schon vier Wochen später, weil er „seiner Aufgabe nicht gewachsen“ sei. 76 Nachfolger wurde Standartenführer Heinz Lammerding, der frühere Führungsoffizier und zwischenzeitliche Kommandeur der SS-Division „Totenkopf“. Der Offizier der Waffen-SS hatte den Posten inne, bis er Anfang Dezember 1943 mit der Führung der Kampfgruppe der SS-Panzerdivision „Das Reich“ beauftragt wurde. 77 Nach dessen Weggang wurde Rode zum Stabschef Bach-Zelewskis
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ernannt; seinen Posten als Chef des Kommandostabes behielt er jedoch bei. 78 Führungsoffizier im Stab Bach-Zelewskis wurde kurzzeitig der bisher in gleicher Funktion bei der SS-Kavalleriedivision eingesetzte Sturmbannführer Hans Diergarten. 79 Ic-Offizier war anfangs der ehemalige Kommandeur der Sicherheitspolizei im Generalbezirk Weißruthenien, Obersturmbannführer Eduard Strauch. 80 Ihm folgte Hauptsturmführer Hans Weibrecht, der ab 1935 Adjutant Theodor Eickes in der Inspektion der Konzentrationslager gewesen war und danach in der Sowjetunion als SS-Führer im Sonderkommando 10a mitverantwortlich für die Massenmorde der Einsatzgruppe D wurde. 81 Mit dem neuerlichen Karrieresprung Bach-Zelewskis zu der nach Himmler mit Abstand mächtigsten Person des SS-Apparats auf dem Gebiet der „Partisanenbekämpfung“ ging prompt ein weiterer Beweis für die geringe Bedeutung des nach wie vor existierenden Kommandostabes einher. Nur vier Tage nach dessen Ernennung legte Himmler am 25. September 1943 einige neue Aufgabenbereiche für seinen Kommandostab fest. „Zur Erledigung besonderer Aufgaben“, führte er in dem betreffenden Befehl aus, „habe ich mir den Kommandostab-RF-SS als eine selbständige Dienststelle der Waffen-SS und Polizei unmittelbar unterstellt und meiner Feldkommandostelle angegliedert“. 82 Zu den neuen Aufgabenbereichen gehörten nun diverse nachrangige Verantwortlichkeiten wie die „Versorgung der Feldkommandostelle-RF-SS und des Kommandostabes-RF-SS mit Vorschriften und Kartenmaterial“. Zusätzlich sollte der Kommandostab künftig für sämtliche Belange, die sich aus „Aufstellung, Ersatz und Einsatz der SS-Freiwilligen-Verbände, Ostvolk-, Schutzmannschafts-Einheiten und Hilfswilligen ergeben“, verantwortlich sein. Der Bereich wurde allerdings bereits seit langem arbeitsteilig vom SS-Hauptamt, dem SS-Führungshauptamt, dem Hauptamt Ordnungspolizei und den Höheren SS- und Polizeiführern vor Ort organisiert. Die Betrauung des zusammengestutzten Kommandostabes mit dieser umfassenden Aufgabe scheint dann auch nur eine kurzfristige Überlegung gewesen zu sein. Es existieren keine Belege, daß der Stab in der Folgezeit tatsächlich in diesem Kontext tätig gewesen wäre. 83 Als wichtigen neuen Aufgabenbereich hatte Himmler für den Kommandostab außerdem die Verbindungsnahme zum Generalstab des Oberkommandos des Heeres und zum Wehrmachtführungsstab des Oberkommandos der Wehrmacht vorgesehen, den Stellen also, die aufgrund von Hitlers Weisung Nr. 46 die hauptverantwortlichen Befehlsinstanzen der Wehrmacht zur Bekämpfung der Partisanen bildeten. Rode leitete damit in Personalunion zu seiner Funktion im Stab Bach-Zelewskis die Koordinierungsaufgaben zwischen SS und Wehrmacht. 84 Himmler übertrug seinem Stab außerdem die Dienstaufsicht über das Begleitbataillon Reichsführer-SS, die zwei ihm direkt unterstellten Flakabteilungen, über eine Feldgendarmeriekompanie sowie über die bei Hitlers Domizil am Obersalzberg eingesetzten Einheiten der Waffen-SS. Darüber hinaus koordinierte Rodes Stab den Einsatz der Fliegergruppe z.b.V. 7, einer Reihe von Flugzeugen, die bei den Höheren SS- und Polizeiführern in der Sowjetunion, dem Generalgouver-
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nement und in Jugoslawien stationiert waren und auch zu Bombeneinsätzen in den jeweiligen Partisanengebieten herangezogen wurden.85 Mit Rodes Funktion als Verbindungsoffizier zur Wehrmacht und bei der Führung der diversen SS-Einheiten wies der Kommandostab noch Anklänge an den vorherigen Aufgabenbereich auf. Er war allerdings, etwa bei der Führung der Fliegergruppe z.b.V., auch in diesem Bereich zukünftig von grundsätzlichen Entscheidungen Bach-Zelewskis abhängig. In der Folgezeit war es gerade die unterstellte Fliegergruppe, in deren Zusammenhang der Stab als Befehlsstelle noch in Erscheinung trat. Abgesehen davon hatte er mit Himmlers neuer Aufgabenfestlegung fast sein gesamtes früheres Betätigungsfeld verloren, das er 1941 und phasenweise noch 1942 beim Judenmord, der Organisierung des Vernichtungskrieges gegen die Zivilbevölkerung und bei der Bekämpfung der Partisanen innegehabt hatte. 86 Während sich die Bedeutung des Kommandostabes im Herbst 1943 weiter reduziert hatte, zeigte Himmlers Erklärung des Generalgouvernements und von Teilen Jugoslawiens zu „Bandenkampfgebieten“, daß sich der Wirkungsbereich Bach-Zelewskis im deutsch besetzten Europa weiter vergrößerte. Tatsächlich reiste dieser in der Folgezeit häufig zu den Schauplätzen des sich ausbreitenden Widerstands gegen die Okkupation. Er wurde der zentrale Koordinator für die im Rahmen der „Partisanenbekämpfung“ angewandten mörderischen Maßnahmen gegen Zivilisten in zahlreichen Ländern des europäischen Kontinents. 87
3. Formen des „Bandenkampfes“. Die Großunternehmen der Jahre 1942/43 Himmler hatte in seinem Bemühen, die SS als Initiativkraft bei der Bekämpfung der erstarkten Partisanengruppen wieder in den Vordergrund zu rücken, am 7. August 1942 die „Befriedung“ des Generalkommissariats Weißruthenien befohlen. Das Unternehmen stellte mit dem gleichzeitig im Regierungsbezirk Bialystok stattfindenden Unternehmen „Wisent“ den ersten Großeinsatz der SS zur Bekämpfung der Partisanen in den Zivilverwaltungsgebieten dar. 88 Für den nun im weißrussischen Zivilverwaltungsgebiet unter dem Codenamen „Sumpffieber“ geplanten Großeinsatz übertrug Himmler die konkrete Umsetzung vor Ort dem Höheren SS- und Polizeiführer „Ostland“, Friedrich Jeckeln, der dafür mit seinem Einsatzstab extra Quartier in Minsk bezog. Der Kommandostab, der wie von Himmler Ende Juli angekündigt, die maßgebliche Institution bei der Koordination des Kampfes gegen die Partisanenbewegung sein sollte, bekam nominell den Oberbefehl über das gesamte Unternehmen übertragen. 89 Neben der zur Aufklärung und Erkundung verwendeten Sicherheitspolizei sollten Waffen-SS und Ordnungspolizei das Gros der eingesetzten Truppen stellen. Himmler hatte dazu SSOberführer Schimana, dem SS- und Polizeiführer Weißruthenien, die Führung der Einheiten der Ordnungspolizei übertragen. Bezüglich der Waffen-SS betraute er den Kommandeur der 1. SS-Infanteriebrigade, Brigadeführer von Treuenfeld, mit der entsprechenden Aufgabe. 90 Neben der Brigade waren für den Großeinsatz noch die Polizeiregimenter Binz und Barkhold, sechs litauische beziehungsweise lettische Schutzmannschaftsbataillone und sieben motorisierte
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Gendarmeriezüge in einer Gesamtstärke von 3570 Mann zusammengezogen worden. 91 Die Brigade der Waffen-SS war überhaupt erst fünf Tage zuvor von ihrem neun Monate währenden Fronteinsatz abgezogen worden, um auf ausdrücklichen Befehl Hitlers zur Bekämpfung von Partisanen in Weißrußland eingesetzt zu werden. 92 Der SS-Verband schien sich jedoch in einem wenig vorteilhaften Allgemeinzustand zu befinden. Bach-Zelewski urteilte über die Truppe, deren Kampfwert sei „sehr schwach“ und der Ersatz aus volksdeutschen Ungarn „nicht vollgültig“. 93 Nach seinem Eintreffen in Borissow wurde der Verband am 24. August für die Teilnahme beim Unternehmen „Sumpffieber“ herangezogen. Schon der Auftakt des Einsatzes verlief unbefriedigend. Unmittelbar nach seiner Ankunft in Minsk klagte Jeckeln, mehrere für „Sumpffieber“ vorgesehene Truppenteile ständen gar nicht zur Verfügung. Drei der zugesagten Polizeiregimenter stünden entweder noch im Fronteinsatz oder seien vom Kommandostab bereits für eine anderweitige Verwendung abgegeben worden. 94 Der eigentliche Grund für den ausbleibenden Erfolg lag jedoch in Himmlers völlig unrealistischer Anweisung zur „Befriedung“ des gesamten Generalkommissariats Weißruthenien im Rahmen eines einzigen Großeinsatzes. Sein klar erkennbares Ansinnen, das Vorgehen der Wehrmacht in den Schatten zu stellen und gleichzeitig das Partisanenproblem mit einem Schlag zu beseitigen, erwies sich als ein mit der Wirklichkeit nicht in Ansätzen kompatibles Wunschdenken. Zum Scheitern trug außerdem die ungeschickte Verteilung der eingesetzten Verbände durch Jeckeln bei. Der Höhere SS- und Polizeiführer teilte das Unternehmen, das in der Zeit vom 22. August bis zum 21. September 1942 stattfand, in nicht weniger als neun Einzeloperationen auf, die in ganz unterschiedlichen Regionen des Generalkommissariats in Gang gesetzt wurden. Damit splitterte er seine Einsatzkräfte auf, was wiederum den Partisanen die Möglichkeit gab, sich erfolgreich in Sicherheit zu bringen. 95 Letztlich erwies sich auch der Kommandostab, die Jeckeln immerhin übergeordnete Befehlsinstanz, als unfähig, die verfehlte Strategie früh genug zu erkennen und zu korrigieren. Der Stab griff nicht einmal in den Ablauf vor Ort ein und trat während des gesamten Unternehmens auch sonst nie in Erscheinung. In der ersten Woche von „Sumpffieber“ fanden in der weiteren Umgebung von Minsk allein drei Einzelunternehmen der 1. SS-Infanteriebrigade und weiterer Truppenteile statt. 96 Hinzu kam jeweils ein Einsatz der Polizeiregimenter Binz und Barkhold inklusive der zugewiesenen Schutzmannschaftsbataillone. 97 Der Erfolg der Unternehmen war gering. Zwar zerstörte die Brigade am 29. August als angeblichen Stützpunkt der Partisanen die Ortschaft Korschmscha und ermordete sämtliche Bewohner; gleichzeitig wurden im Tagesverlauf jedoch nur vier vermeintliche „Banditen“ erschossen.98 In der Berichterstattung spiegelt sich das konzeptionslose Vorgehen der SS wider. So offenbarte die vom Kommandeur der 1. SS-Brigade verfaßte Bilanz, wie wenig die eingesetzte Waffen-SS fähig war, das tatsächliche Ausmaß der Partisanenbewegung vor Ort einschätzen zu kön-
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nen. Noch am 6. September 1942 hatte Treuenfeld bezüglich des Gegners festgehalten: „Die Masse der Banditen rekrutierte sich aus lichtscheuem Gesindel sowie aus Juden und entflohenen Kriegsgefangenen. Abgesehen von einigen Kommissaren und sowjetischen Offizieren scheint es sich nicht um Menschen zu handeln, die aus politischer Überzeugung kämpfen, sondern vielmehr um Landstreicher und Gewohnheitsverbrecher, die schon vor Kriegsbeginn von Raub und Mord gelebt haben.“ Höchst peinlich muß für den SS-Führer das bei dieser Gelegenheit geäußertes Geständnis gewesen sein, wie „auffallend“ es sei, „dass bei plötzlichem Zusammentreffen mit Banditen unsere Männer vielfach vorbei schiessen“. Er machte dafür die unzureichende Ausbildung verantwortlich. 99 Nur eine Woche später mußte der Kommandeur nach weiteren Einsätzen faktisch das Gegenteil der vorherigen Bewertung einräumen. Partisanengruppen würden, so Treuenfeld, von Flugzeugen aus versorgt und seien zur Kommunikation nach außen mit Funkgeräten ausgestattet. Erbeutete Photographien zwangen ihn überdies zu der Einsicht, daß sich das Gros keineswegs aus dem von ihm projizierten „Gesindel“, sondern vielmehr aus „jungen, tatkräftigen russischen Soldaten“ zusammensetze, die außerdem „gut bewaffnet und uniformiert“ seien. 100 Das derartig dilettantische Vorgehen und die abenteuerlichen Fehlbewertungen blieben auch Himmler nicht verborgen. Zur Rettung des gesamten Einsatzes schickte er Jeckeln Ende August 1942 kurzerhand zur Inspiration zu seinem im Kampf gegen die Partisanen weit versierteren Konkurrenten Bach-Zelewski. 101 Dieser schrieb dazu am 2. September in sein Tagebuch: „Um 11 Uhr 30 traf Ogruf. Jeckeln aus Riga in Mogilew ein. Der Reichsführer hat ihm befohlen, bei mir die Taktik der Partisanenbekämpfung sich abzuguken [sic].“ 102 Erst Bach-Zelewski scheint Jeckeln dann zu dem mörderischen Vorgehen ermutigt zu haben, das ab Anfang September die zweite Hälfte des Unternehmens „Sumpffieber“ kennzeichnete. Die SS- und Polizeiverbände setzten nunmehr in großem Umfang Massenverbrechen gegen die Zivilbevölkerung in Gang, die fortan ein integraler Bestandteil der deutschen Kampfführung werden sollten. Zum vor dem Abschluß stehenden Unternehmen „Sumpffieber-West“ nördlich von Baranowicze hieß es: „Um dieses seit 10 Jahren als Unterschlupf und Unruheherd bekannte Gebiet zu befrieden, hat daher SS-Obergruppenführer Jeckeln befohlen, daß die vorgenannten Dörfer und Gehöfte abgebrannt, die bandenverdächtigen Personen liquidiert und das ganze Gebiet evakuiert wird.“ Am nächsten Tag vernichtete vor allem die SS-Brigade mehrere Dörfer, erschoß 204 „banditenverdächtige Personen“ und „evakuierte“ mehr als 1000 weitere Zivilisten. 103 Bei der Brigade machte sich in der letzten Phase des Einsatzes zudem eine deutliche Änderung des Tonfalls bemerkbar. Treuenfeld, der mit seiner Einschätzung über den Kampfwert der Partisanengruppen so völlig daneben gelegen hatte, zeigte sich in der Folge eifrig um die Entwicklung von Gegenstrategien bemüht. So war dem SS-Führer aufgefallen, daß von seinen Männern in Partisanenlagern eine größere Anzahl von Fahrrädern aufgefunden worden war.
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Daraus zog er den Schluß, die Räder stellten für die Partisanen im Kampf und bei der Übermittlung von Nachrichten ein wichtiges Fortbewegungsmittel dar. Deshalb regte er als aussichtsreiche Gegenmaßnahme an, der Zivilbevölkerung grundsätzlich die Benutzung von Fahrrädern zu verbieten. Seine Überlegungen kulminierten in der Forderung: „Wer radfährt, muß erschossen werden.“ 104 Das mörderische Vorgehen der Deutschen und insbesondere der SS-Brigade, zeigte sich beispielhaft bei dem abschließenden Teilunternehmen „SumpffieberWest“, das Mitte September südlich der Rollbahn Brest-Sluzk in der Gegend von Telechany stattfand. 105 Im Verlauf dieses Unternehmens vernichtete die Brigade die Dörfer Holenczyce, Tupice, Wiado und Bobrowicze. Die SS-Männer ermordeten dabei mindestens 817 Zivilisten. Teileinheiten des II. Bataillons im Regiment 10 waren am 14. September in Bobrowicze aufgetaucht, hatten sämtliche Bewohner erschossen und das Dorf niedergebrannt. Gleichzeitig hatten zwei Züge der 7. Kompanie des Regiments die Vernichtung von Wiado übernommen. Im Verlauf dieses Massakers waren wie in Bobrowicze mehrere hundert Menschen getötet worden. In das Dorf Tupice fiel am gleichen Tag ein Zug der 7. Kompanie des 10. Regiments ein. 106 Führer dieser Einheit war der 28-jährige Oberscharführer Johann Enzinger, der dort nach eigener Aussage bis zu 120 Männer, Frauen und Kinder ermorden und den Ort anschließend abbrennen ließ. 107 In den folgenden Tagen begingen insbesondere Teileinheiten der SS-Brigade nach ähnlichem Muster weitere Massenverbrechen. Allein vom I. Bataillon des Infanterieregiments 8 wurden am 18. und 19. September fünf weitere Dörfer und zahlreiche Gehöfte niedergebrannt und mindestens 248 Bewohner ermordet. 108 Als dann das gesamte Unternehmen „Sumpffieber“ auf einen mündlichen Befehl Himmlers am 21. September beendet wurde, gab Jeckeln als Gesamtbilanz an, 49 angebliche „Bandenlager“ und mehrere Ortschaften „ausgeräuchert und zerstört“ zu haben. Außerdem seien „389 bewaffnete Banditen im Kampf erschossen, 1274 Verdächtige abgeurteilt und erschossen, 8350 Juden exekutiert, 1217 Personen evakuiert“ worden. Neben den immens hohen Opferzahlen auf der gegnerischen Seite konnte die SS als Beute, neben einer wohl nicht von ungefähr ungenannt gebliebenen Anzahl von Gewehren und Pistolen, nur auf zwei schwere und drei leichte Maschinengewehre sowie ein einziges Funkgerät verweisen. 109 Die Gesamtbilanz zeigt, daß es den in der Regel vorgewarnten Partisanengruppen im Gegensatz zur Zivilbevölkerung meist gelungen war, die Ausrüstung in Sicherheit zu bringen und dann vor den herannahenden Deutschen auszuweichen oder in Kleinstgruppen durch den Absperring zu flüchten. 110 In Bezug auf die Struktur des künftig im Anti-Partisanenkampf in den Zivilverwaltungsgebieten eingesetzten Personals hatte das Unternehmen weitreichende Folgen. Der Kommandostab als nominell oberste Befehlsinstanz bekam nach dem Großeinsatz nie mehr den Oberbefehl über einen derartigen Einsatz zugesprochen. Da Knoblauch und seine Männer bei der strategischen Bestimmung und der eigentlichen Einsatzführung im Generalkommissariat keinerlei Initiativen gezeigt hatten, mußte wohl selbst Himmler erkennen, daß der Stab sich als
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leitende Instanz bei der Bekämpfung des Untergrundwiderstands als wenig geeignet erwies. Damit markierte das Ende dieses Großeinsatzes zugleich einen wichtigen Wendepunkt in der faktischen Bedeutung des Stabes. 111 Anerkennung blieb auch Jeckeln als dem vor Ort kommandierenden Einsatzführer versagt. Bald nach der Beendigung des Unternehmens wurde das Generalkommissariat Weißruthenien seiner Befehlsbefugnis entzogen und zur weiteren „Befriedung“ Himmlers neuem Bevollmächtigten für die „Bandenbekämpfung“ unterstellt. Bach-Zelewski ging damit aus den ersten großangelegten Versuchen der SS zur Bekämpfung der Partisanen in den Zivilverwaltungsgebieten als eigentlicher Sieger hervor. 112 Daneben führte Jeckelns Lob, daß die „1. SS-Brigade sowohl führungsmäßig als auch in den Leistungen des einzelnen Mannes in diesen weiträumigen und sumpfigen Gebieten gute Leistungen zeigte“, sicherlich mit zu der Entscheidung Himmlers, den Verband Bach-Zelewski dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Im Anschluß an das Unternehmen „Sumpffieber“ nahm die 1. SS-Brigade bis August 1943 noch an den Großeinsätzen „Wisent“, „Karlsbad“, „Frieda“, „Nürnberg“ und „Hermann“ sowie an zahlreichen kleineren Einsätzen teil. 113 Zusätzlich fand die SS-Kavalleriedivision im Reichskommissariat Ukraine im Frühjahr und Sommer 1943 bei den Großunternehmen „Weichsel“ und „Seydlitz“ Verwendung.114 Zu Einsätzen gegen Partisanen im Generalkommissariat Shitomir wurde außerdem das Begleitbataillon Reichsführer-SS nach seiner Herauslösung aus der 2. SS-Brigade herangezogen. So war die Einheit zwischen dem 2. und 8. November 1942 zur „Bandenbekämpfung“ westlich von Owrutsch in der Gegend von Slawetschno eingesetzt. Das Bataillon führte dabei die als „Strafaktion“ geschönte Vernichtung von zwei Dörfern aus. 115 Die Flak-Abteilung des Kommandostabes fand ebenfalls bei derartigen Aufgaben Verwendung. Nach ihrem Einsatz bei den mörderischen Unternehmen „Cottbus“ und „Seydlitz“ im Sommer 1943 folgte zwischen dem 24. September und 19. Oktober eine Beteiligung am Großunternehmen „Fritz“. 116 Die nicht zu Unrecht wohl verrufenste und mit am häufigsten herangezogene Einheit der SS war das Sonderkommando Dirlewanger. Die Truppe zerstörte Dutzende Ortschaften und hatte den Tod von mehreren zehntausend Menschen aus der weißrussischen Zivilbevölkerung zu verantworten.117 Zu einem der Symbole für die deutschen Verbrechen an unschuldigen Zivilisten wurde die Vernichtung des Dorfes Borki, die das Sonderkommando zusammen mit dem Einsatzkommando 8 am 15. Juni 1942 organisierte. Dabei ermordeten die eingesetzten Männer mindestens 1741 Einwohner, die meisten von ihnen Alte, Frauen und Kinder. Teilweise wurden die Menschen in den Häusern lebendig verbrannt, die restlichen Einwohner wurden erschossen. Anschließend brannte Dirlewangers Truppe die gesamte Ortschaft nieder. 118 Im Verlauf der Großeinsätze der Jahre 1942 bis 1944 wurden auch etliche noch bestehende jüdische Ghettos liquidiert und Zehntausende versteckt auf dem Land lebende Juden ermordet. 119 SS und Wehrmacht zerstörten insgesamt einige tausend Dörfer und töteten als „Banditen“, „Verdächtige“ oder „Unterstützer“
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mehrere hunderttausend Männer, Frauen und Kinder. 120 Immer wieder machte der Ablauf der Unternehmen deutlich, daß sich die deutschen Maßnahmen gar nicht vorrangig gegen die Partisanenverbände, sondern viel eher gezielt gegen die ländliche Zivilbevölkerung richteten. Die große Zahl ziviler Opfer stellte somit keinen ‚Kollateralschaden‘ dar, sondern war in Wirklichkeit eigentliches Ziel der Bekämpfungsmaßnahmen. Letztlich machte es für SS und Wehrmacht ja durchaus Sinn, anstatt die kaum zu fassenden Partisanen mit teils schlecht ausgebildeten Kräften zu jagen, ersatzweise die Zivilbevölkerung zu terrorisieren und auszurotten, die für die Partisanengruppen immerhin die entscheidende Ernährungsgrundlage und nicht zuletzt ein wichtiges Rekrutierungspotential bildete. Letzten Endes wurde die mörderische Zielsetzung der Großunternehmen durch das massive Vorgehen von SS, Ordnungspolizei, Wehrmacht und Kollaborationsverbänden ad absurdum geführt. Als sich nämlich spätestens ab Frühjahr 1943 abzeichnete, daß die Einheimischen die ebenfalls oft grausamen Methoden der Partisanen dem Terror der Deutschen vorzogen und damit der Untergrundbewegung einen anhaltenden Massenzulauf bescherten, stellte sich die deutsche Form der Bekämpfung als erheblicher Faktor zur Verschärfung des ursprünglichen ‚Partisanenproblems‘ dar. Die charakteristischen Eigenschaften der deutschen Kriegsführung im sowjetischen Hinterland – geringe Erfolge gegen die Partisanengruppen, dagegen aber systematischer Terror und Massenverbrechen gegen die im jeweiligen Einsatzraum lebende Zivilbevölkerung – spiegelten sich in zahlreichen Aussagen ehemaliger Angehöriger der SS-Brigaden wider. Josef W., SS-Mann in der 4. Kompanie des SS-Infanterieregiments 8, erinnerte sich an die Einkreisung eines Dorfes: „An einem nicht mehr näher erinnerlichen Tag im Spätsommer 1942 wurde von unserem Btl. ein kleinerer Ort in Waldnähe umstellt und durchsucht. Die Einwohner, es dürfte sich um etwa 40 bis 50 Männer, Frauen und Kinder gehandelt haben, wurden in einer Scheune des Ortes gesammelt. Das Vieh wurde weggetrieben und die Erntevorräte gesichert. Einer der SS-Führer, wer dies war, weiß ich heute bestimmt nicht mehr, befahl, die Scheune, in der die Einwohner eingesperrt waren, mit Maschinengewehren unter Feuer zu nehmen. […] Einige Btl.-Angehörige erhielten Befehl, die Gefangenen im Innern der Scheune mit Maschinengewehren im Hüftschuß zu erschießen. Dann ist die Scheune angezündet worden.“ 121 Ungerührt erzählte auch der Maschinengewehrschütze Alexander W. von seinen Eindrücken im Krieg gegen die Zivilbevölkerung: „Plötzlich lagen Tote da und man wußte nicht, wie sie ums Leben gekommen waren. Es war zu gefährlich, die Häuser zu betreten. Oft hat man vorher Handgranaten hineingeworfen und dabei sicher Unbeteiligte getötet.“ 122 Dagegen scheinen Heinrich T. im Verlauf eines Großeinsatzes gegen Partisanen im Jahr 1943 Zweifel am Vorgehen der eigenen Truppe beschlichen zu haben. Dazu sagte T. 1975 aus: „Wir waren in einem Dorf einquartiert. Ich hatte ein gutes Verhältnis mit dem Bauern. Die junge Nachbarin kannte ich auch, sie war ca. 20 Jahre alt. Die Kinder waren nicht mehr im
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Dorf. Wo die Kinder waren, kann ich nicht sagen. […] Eines Tages sagte mir mein Quartiergeber, daß sie alle erschossen werden sollen. Ich sagte noch, nein, das kann wohl nicht möglich sein. Dann wurde der Bauer und auch das Mädchen geholt und zur Scheune gebracht, die ca. 500 m entfernt war. Dann hörten wir Maschinenpistolenschüsse aus der Scheune. Es dauerte lange, die Schießerei. Es können dort etwa 100 Personen gewesen sein, die erschossen wurden.“ 123 Dem verbrecherischen und hinsichtlich des eigentlichen Ziels völlig ineffizienten Charakter der Kampfführung entsprechend, gaben die involvierten SS-Männer noch Jahre später an, bei den Einsätzen der Jahre 1942 und 1943 oft überhaupt keine Partisanen gesehen zu haben. Stefan R. von der 2. Kompanie des SS-Regiments 8 sagte dazu aus: „Ich weiß noch, daß wir manchmal tagelang umherstreiften und dabei niemanden antrafen.“ Otto Z. von der 3. Kompanie des 10. Regiments bemerkte gleichlautend: „Wir sind wochenlang umhergezogen ohne je einen Partisanen zu Gesicht zu bekommen. Ich kann mich auch nicht erinnern, daß wir damals mit Partisanen Feindberührung hatten.“ 124 Das völlige Versagen der deutschen Gegenstrategien, die oft genug dem Kampf gegen ein Phantom entsprachen, brachte ein weiterer ehemaliger Angehöriger der 1. SSInfanteriebrigade mit folgender Äußerung auf den Punkt: „Wenn ich nun gefragt werde, wie ich einen Partisanen von einem gewöhnlichen Zivilisten auseinanderkennen [sic] würde, so muß ich sagen, daß ich das nicht weiß. Ich glaube auch nicht, daß meine anderen Kameraden eine genaue Vorstellung hatten.“ 125 Da den wirklichen Partisanen im Gegensatz zur Zivilbevölkerung meist ein Ausweichen vor der Einkreisung durch die deutschen Verbänden gelang und damit eine direkte Konfrontation zwischen beiden Seiten ausblieb, waren die deutschen Verluste bei den Großunternehmen gering. Im November 1942 standen beim Unternehmen „Nürnberg“ den 2984 gezählten Todesopfern auf der „Feindseite“ ganze sechs eigene Tote gegenüber. Im Folgemonat war das Verhältnis beim Unternehmen „Hamburg“ ähnlich. Die getöteten „Banditen“ beliefen sich auf 6172 Personen, dagegen gab es auf deutscher Seite gerade einmal sieben Tote. 126 Vermieden die Partisanen während der Dauer der Großunternehmen von sich aus jegliche Angriffe auf die umfangreichen SS- und Polizeiverbände, organisierten sie ab Ende 1942 häufiger eigene Überfälle im Verlauf von kleineren deutschen Bekämpfungseinsätzen. Curt von Gottberg, der neue SS- und Polizeiführer im Generalkommissariat Weißruthenien, erwähnte den an sich naheliegenden Sachverhalt im Januar 1943, als er es in einem Schreiben als „interessant“ bezeichnete, daß „bei Großunternehmungen infolge der schweren Waffen die Verluste verhältnismäßig gering sind, dagegen bei den danebenlaufenden kleinen Unternehmungen die Verluste sich leider summieren“. 127 Ab Ende 1942 kam zu den Terrormaßnahmen gegen die Zivilisten ein weiterer Faktor hinzu. Bereits im Sommer des Jahres hatten im rückwärtigen Heeresgebiet Mitte im Zuge von Großeinsätzen gegen dortige Partisanengruppen erste Versuche zur vermehrten Gefangennahme von Zivilpersonen zum Zwangsarbeitseinsatz begonnen. Zwei Direktiven Görings und Himmlers vom 26. bezie-
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hungsweise 30. Oktober 1942 erhoben die Aushebung von Zwangsarbeitern aus der Zivilbevölkerung dann zu einer weiteren Maxime zukünftiger Unternehmungen gegen die sowjetischen Partisanen. 128 Über einen solchen Einsatz, bei dem nur Männer abtransportiert wurden, während man die Frauen und Kinder angeblich wieder nach Hause entließ, schrieb Helmut S., ein SS-Mann der 3. Kompanie des SS-Infanterieregiments 8 am 11. November 1942 in sein Tagebuch: „Am zeitigen Morgen werden die Böcke von den Schafen getrennt, die Männer in versch. Altern von einer anderen Kompanie weitertransportiert. Die Frauen und Kinder durften wieder in die Dörfer zurückkehren, nach dem vorangegangenen eine unverständliche Sache.“ 129 Die beschriebene Aktion der 1. SS-Brigade fand im Rahmen des Unternehmens „Frieda“ Anfang November 1942 statt. 130 Beim Großunternehmen „Sternlauf“ war im Februar 1943 auch die Kavalleriedivision mit der Erfassung und dem Abtransport von Zivilisten zur Zwangsarbeit befaßt. 131 Wenn auch die Großunternehmen seit dem Frühjahr 1942 den eigentlichen strategischen Schwerpunkt der deutschen Bekämpfungsmaßnahmen bildeten, fanden gleichzeitig ständig kleinere Einsätze mit geringeren Truppenkontingenten statt. Die seit September 1942 in der Gegend von Demidoff eingesetzte und mittlerweile formell zur Division erweiterte SS-Kavallerie verzeichnete während der ersten Oktoberhälfte in den rückwärtigen Bereichen des Frontabschnitts verstärkte Aktivitäten von Partisanengruppen. Nach Darstellung der Division waren auf Straßen Richtung Demidoff mehrere Überfälle auf einzelne Fahrzeuge vorgekommen, bei denen es auch Menschenverluste gegeben hatte. 132 Die Kavalleriedivision unter Führung von Wilhelm Bittrich wurde daraufhin in der ersten Oktoberhälfte aktiv und stellte sich bei den eingeleiteten Maßnahmen als wenig „ritterlicher Gegner“ dar. 133 In seinem Tätigkeitsbericht meldete der Ic-Offizier folgendes Verfahren: „Als Vergeltungsmaßnahmen wurden die Ortschaften, in deren Nähe sich derartige Bandenüberfälle ereigneten, niedergebrannt und die Bevölkerung niedergemacht. Gleichzeitig wurde die Bevölkerung durch Plakatanschläge auf diese Maßnahmen als Folge von Bandenüberfällen auf deutsche Soldaten hingewiesen.“ 134 Daß der von den SS-Reitern in Gang gesetzte Massenmord in Wirklichkeit vollkommen willkürlich war, bestätigte der SS-Offizier im gleichen Bericht auf der nachfolgenden Seite. Dort war nämlich zum Verhalten der Zivilbevölkerung ausdrücklich festgehalten worden: „Eine Verbindung zwischen Bevölkerung und Banden konnte nicht festgestellt oder im einzelnen nachgewiesen werden.“ 135 Wochen später ging beim Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebiets Mitte ein Bericht des Ordnungsdienstleiters im Bezirk Smolensk ein, der die SS-Division beschuldigte, insbesondere am 11. Oktober im Raum Jerochi – Orlowo – Peressudy „unschuldige Menschen massenweise“ getötet zu haben. Die von Schenckendorff zu einer Stellungnahme gebetene Divisionsführung mit Bittrich an der Spitze forderte ihrerseits eilig die unterstellten Einheiten zur Einreichung sämtlicher Angaben auf, „die zu einer Rechtfertigung der Massnahmen ange-
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führt werden“ könnten. 136 Das Schreiben Schenckendorffs stellte für die SS-Kavallerie eine Ausnahme dar. Vorher mußte sich die Divisionsführung nicht mit der Rechtfertigung der von den eigenen Männern begangenen Massenverbrechen befassen. Als das Reiterregiment 2 im Oktober 1942 zur „Bandenbekämpfung“ abgestellt wurde, lautete der Auftrag für den Verband im schon bekannten Stil: „Planmäßiger, überlegter schwadronsweiser Einsatz, auch durch Jagdkommandos, zur restlosen Vernichtung von Banden und Ausheben von Ortschaften im genannten Abschnitt. Gegen bandenfreundliche Bevölkerung rücksichtsloses Vorgehen.“ 137 Ein Schriftstück zeigt auf, wie die Truppe auch zwei Monate später ohne jeglichen Rechtfertigungsdruck auf der Jagd nach vermeintlichen „Bandenverdächtigen“ unter der Zivilbevölkerung und selbst unter den von den Deutschen angestellten Kollaborateuren wütete. Mit Befehl vom 14. Dezember wurden die Reiter vom Divisionsstab über den im Einsatzgebiet tätigen russischen Ordnungsdienst informiert. Die Instruktion war nötig geworden, nachdem in der Vergangenheit zahlreiche Ordnungsdienstmänner trotz ihrer Armbinden und Ausweise von SS-Reitern festgenommen und teilweise gleich erschossen worden waren. 138
4. „Tote Zonen“. Strategische Konzepte 1943/44 Im Winter 1942 ließ die Intensität der deutschen Kampfmaßnahmen gegen die Partisanen nach den zahlreichen Großunternehmen des zurückliegenden Jahres kaum nach, wenn auch die Kavalleriedivision und die 1. SS-Infanteriebrigade wieder an die Front verlegt wurden. Im Gegensatz zu den geringen deutschen Aktivitäten im Vorjahr fanden zwischen Dezember 1942 und März 1943 vor allem in den besetzten weißrussischen Gebieten als dem eigentlichen Zentrum der sowjetischen Partisanenbewegung bedeutende Großaktionen sowohl in den Militär- als auch den Zivilverwaltungsgebieten statt. 139 Da sich die bisherigen Strategien aber als weitgehend erfolglos erwiesen hatten, wandten die Deutschen gegen Schwerpunkte der Partisanenpräsenz ab Anfang 1943 nochmals deutlich verschärfte Mittel an, um die verlorene Kontrolle doch noch wiedergewinnen zu können. Nunmehr wurde damit begonnen, ganze Gebiete großräumig zu entvölkern. Dabei wurden die betreffenden Ortschaften in der Regel niedergebrannt, die gesamte Bevölkerung festgenommen, erfaßt und zur Zwangsarbeit abtransportiert oder ermordet. Von der deutschen Besatzungspolitik wurden damit Ansätze, die sich beispielsweise im Rahmen des von der 1. SS-Infanteriebrigade Anfang November 1942 realisierten Unternehmens „Frieda“ deutlich abzuzeichnen begannen, konsequent auf die Spitze getrieben. In erster Linie wurde diese Strategie der Schaffung „toter Zonen“ in zwei Regionen der einstigen weißrussischen Sowjetrepublik angewandt. 140 In der Gegend um die Städte Witebsk und Polozk sowie im an der Grenze zu Litauen, Lettland und dem russischen Kernland gelegenen Norden Weißrußlands wurden im Verlauf mehrerer Großunternehmen „tote Zonen“ geschaffen. 141 Ein zweites derartiges Zentrum lag im südöstlichen Polesje, also genau in der Region,
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in der die Kavalleriebrigade bei ihrem Vernichtungszug knapp zwei Jahre zuvor die jüdische Bevölkerung vernichtet hatte. Während im nördlicheren Teil der Region auf dem Gebiet des Generalkommissariats Weißruthenien schon im Februar das Sonderbataillon Dirlewanger und Einsatzkräfte der Sicherheitspolizei aus Minsk beim Unternehmen „Hornung“ ein fürchterliches Blutbad mit 12 897 Toten angerichtet hatten 142 , fanden Großunternehmen weiter südlich auf dem Gebiet des Reichskommissariats Ukraine erst ab Mai 1943 statt. Größere Partisanengruppen operierten dort in der Region um Leltschizy und Owrutsch sowie im sogenannten Nassen Dreieck zwischen den Flüssen Pripjet und Dnjepr. An drei in dieser Gegend in kurzer Folge realisierten Einsätzen, in deren Verlauf im großen Stil ganze Gebiete entvölkert wurden, war die SS-Kavallerie wiederum in hohem Maße beteiligt. 143 Konkrete Planungen für einen Großeinsatz gegen Partisanen im südlichen Pripjetgebiet wurden ab Ende April 1943 in Angriff genommen. Da die gesamte Region zum Befehlsbereich Prützmanns, des Höheren SS- und Polizeiführers im Reichskommissariat Ukraine, gehörte, hatte Himmler im Vorfeld persönlich entschieden, daß dieser auch den Oberbefehl für die Anti-Partisanenunternehmen innehaben solle. In seiner Funktion als Bevollmächtigter traf sich Bach-Zelewski zur Vorbereitung mehrmals mit seinem im Partisanenkampf unerfahreneren Konkurrenten; das persönliche Verhältnis zwischen beiden SS-Führern war konfliktbeladen. Während Prützmann eifersüchtig auf die Wahrung seiner Befehlskompetenzen achtete, qualifizierte Bach-Zelewski ihn verächtlich als militärisch inkompetent ab. 144 Letztlich konnte Prützmann seine Zuständigkeit bei den bevorstehenden Unternehmungen gegenüber Bach-Zelewski wahren. Für den ersten Einsatz im „Nassen Dreieck“ übertrug er die direkte Führung vor Ort Brigadeführer Schimana, der dafür eigens von seinem Posten als Befehlshaber der Ordnungspolizei in Paris abberufen und in die Ukraine kommandiert worden war. Als Truppen standen die SS-Kavalleriedivision, die Polizeiregimenter 10 und 11 und ab Mitte Juni zusätzlich noch das Sturmbataillon „Süd“ zur Verfügung. Aus diesen Verbänden wurde eine nach Schimana benannte Kampfgruppe gebildet. 145 Zusätzlich kam der seit Anfang März 1943 in der Gegend stationierte Restbestand der Einsatzgruppe D zum Einsatz. Die auch als „Kampfgruppe Bierkamp“ bezeichneten Sonderkommandos 10a und 11b wurden im Vorfeld des Großunternehmens der Ic-Abteilung der Kavalleriedivision zugeteilt. Während des dann angelaufenen Einsatzes wurde die „Kampfgruppe Bierkamp“ auf Anweisung Prützmanns am 25. Mai aufgelöst und die Sonderkommandos 10a und 11b in die SS-Kavalleriedivision eingegliedert. Das Einsatzkommando 12 wurde gleichzeitig nach Owrutsch kommandiert. 146 Zumindest die Führung der SS-Kavalleriedivision schien im Vorfeld des erneuten Einsatzes im Pripjetgebiet gar nicht recht für eine weitere Verwendung gegen die Partisanen prädestiniert zu sein. In einem Brief an den vertretungsweise zum Kommandeur bestellten Fritz Freitag zeigte sich Himmler noch im März 1943 äußerst unzufrieden mit dem Vorgehen seiner vielfach ‚bewährten‘
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Reitertruppe. Freitag warf er vor, die Division „brav und anständig“ wie einen Heeresverband zu führen; der Erfolg der Truppe bei der Partisanenbekämpfung sei aber verschwindend gering. Zur ‚Nachhilfe‘ ordnete Himmler für den Kommandeur oder ersatzweise für dessen Führungsoffizier ein vierwöchiges Praktikum bei Bach-Zelewski an, damit schnell von der dortigen „reichsten Erfahrung“, gelernt werden könne. 147 Wegen seines zögerlichen Verhaltens war Freitag für den Einsatz am Pripjet dann aber gar nicht mehr als Kommandeur vorgesehen. Hitler persönlich griff auf eine radikale Besetzung zurück, indem er an seinem Geburtstag am 20. April SS-Oberführer Hermann Fegelein wieder zum Divisionskommandeur seines alten Kavallerieverbandes ernannte. Dieser traf kurz vor Einsatzbeginn am 11. Mai in Retschiza bei der Division ein. Vor Ort gab er einen Aufruf an seine Männer heraus: „Unser Vernichtungswille muß unerbittlich sein, ohne Gnade und Barmherzigkeit. Jede Weichheit bedeutet eine Verlängerung des Krieges.“ 148 Als erstes wurde mit einem Unternehmen unter dem Codenamen „Weichsel“ von Prützmann, Schimana und Fegelein der Versuch zur Vernichtung der Partisanengruppen im „Nassen Dreieck“ in Angriff genommen. Deutsche Aufklärungsergebnisse hatten ergeben, daß dort mindestens drei große Partisanengruppen ihre Basen hatten. Während sich im nördlichen Teil nur eine 600 Mann starke Teilgruppe der Partisanenarmee Kovpaks und die etwa 500 Mann starke Otriad (Abteilung) „Sanjukow“ befinden sollten, lag das eigentliche Kerngebiet im südlichen Drittel der Region. Neben der kleineren „Filipenko“-Otriad sollte sich nach Erkenntnissen der Deutschen dort auch das Gros des auf eine Gesamtstärke von 10 000 Mann geschätzten Verbands von Sidor Kovpak aufhalten. Besonders diese Großgruppe verfügte über eine ausgezeichnete Bewaffnung inklusive Artilleriegeschütze und einen eigenen Flugplatz. 149 Zur Vernichtung der Partisanen hatten die drei SS-Führer ein Vorgehen ausgearbeitet, das in zwei Phasen zum gewünschten Erfolg führen sollte. Für das erste Unternehmen, „Weichsel I“, war geplant, Schimanas Kampfgruppe ab Mitte Mai von Norden in das eigentliche Partisanengebiet vordringen und die ersten Feindgruppen bekämpfen zu lassen. Wenige Tage darauf sollten die noch mal durch das Sturmbataillon „Süd“ verstärkten SS- und Polizeitruppen im Rahmen des Teilunternehmens „Weichsel II“ den Hauptteil der Partisanen im Süden des „Nassen Dreiecks“ einkreisen und vernichten. 150 Seit dem 2. Mai war die SS-Kavalleriedivision in den befohlenen Bereitstellungsräumen eingetroffen und meldete nach einer offenbar dringend geboten erscheinenden Entlausung der Mannschaften für den 13. Mai ihre Einsatzbereitschaft. 151 Noch am gleichen Tag begann das Großunternehmen. Von einer ungefähren Linie Kalinkowitschi – Retschiza drangen die Verbände nach Süden vor. Im Osten entlang des Dnjepr war das Polizeiregiment 11 und im Westen am Pripjet das Polizeiregiment 10 angesetzt. Gleichzeitig bewegte sich die Kavalleriedivision im Zentrum des „Nassen Dreiecks“ auf das Partisanengebiet zu. 152 Bereits am ersten Tag erhielt die Aufklärungsabteilung vom Divisionsstab den Auftrag, drei Dörfer etwa 35 Kilo-
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Abb. 9. Soldaten der SS-Kavalleriedivision Sommer 1943.
meter südwestlich von Retschiza „dem Erdboden gleichzumachen“. In den folgenden Tagen stellten die Deutschen immer wieder ein Ausweichen der Partisanen nach Süden fest, und Landesbewohner erklärten, bereits im Vorfeld seit längerem über den Großeinsatz informiert gewesen zu sein. 153 Nachdem ein deutsches Flugzeug am 15. Juni einen größeren feindlichen Konvoi aus der Luft beschossen hatte, kam es zwei Tage später zum ersten und einzigen schwereren Gefecht der SS-Division mit den Partisanen. Eine motorisierte Stoßgruppe des Verbandes traf im Wald südwestlich von Choiniki auf eine etwa 400 Mann starke Otriad. Bei dem sich anschließenden dreistündigen Gefecht erlitten die Partisanen angeblich Verluste in Höhe von 150 Mann. Mit drei Toten und neun Verwundeten erwies sich der Tag auch für die Kavalleriedivision als verlustreichster Tag des gesamten Unternehmens. 154 Es folgten danach noch diverse Zusammenstöße mit bewaffneten Kleingruppen; insgesamt stellte sich die ab 20. Juni betriebene Einkesselung jedoch als Mißerfolg heraus. Oft wurden lediglich verlassene Lager entdeckt; zudem häuften sich Meldungen, daß die Partisanen verstärkt in den bereits „gesäuberten“ Norden des Einsatzgebiets ausgewichen seien. 155 Am 1. Juni übernahm der kurz zuvor zum SS-Brigadeführer beförderte Fegelein das Kommando über die gesamte Kampfgruppe, weil deren Namensgeber sich bis zum 9. Juni auf Dienstreise in Berlin befand. 156 Als die Division unter Fegeleins Führung am 4. Juni in das eigentliche Kerngebiet der Partisanen vor-
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Abb. 10. Requirierung von Vieh durch die SS-Kavalleriedivision Sommer 1943.
drang, hatten die Reitereinheiten kaum mehr Feindberührung. Dagegen erreichten das Brandschatzen und die Massenvertreibungen der Zivilbevölkerung nunmehr ihren eigentlichen Höhepunkt. Am gleichen Tag brannten Reitereinheiten in der Umgebung 14 Dörfer nieder. Drei Tage später wurden von der Waffen-SS auf dem Rückweg in Richtung der ursprünglichen Ausgangslinie 18 Ortschaften zerstört. 157 Die Dorfzerstörungen gingen wie im Vorfeld befohlen mit der massenhaften Vertreibung ihrer Bewohner einher. Allein zwischen dem 3. und 5. Juni nahmen die SS-Reiter 6640 Zivilisten fest und gaben sie an die Erfassungsstellen zur Zwangsarbeit ab. Am 6. Juni waren es nochmals 1946 und am folgenden Tag 929 Menschen, die durch die SS-Reiter ihre Lebensgrundlage verloren und zum Zwangsarbeitseinsatz gepreßt wurden. 158 Daneben ermordeten die Deutschen wie bei vergangenen Einsätzen zahlreiche Menschen direkt vor Ort. Der zum fraglichen Zeitpunkt 21-jährige Kurt B. war einer der wenigen Einheitsangehörigen, der 1962 eine Aussage zu den Formen der „Partisanenbekämpfung“ des Jahres 1943 machte. „Von unserer Schwadron“, berichtete B. ohne erkennbare Reue, „wurde grundsätzlich jedes Dorf dem Erdboden gleichgemacht. Dieses mußte aus Selbsterhaltung geschehen, weil bei unserem Weitermarsch sonst die Partisanen und versprengten russischen Soldaten hinter unserem Rücken in den Dörfern wieder Unterschlupf gefunden hätten.“ 159 Bei allen Mordtaten der SS-Reiter im Verlauf von „Weichsel“ zeigte sich, daß
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Abb. 11. Abtransport der Zivilbevölkerung zur Zwangsarbeit durch die SS-Kavalleriedivision Sommer 1943.
Fegelein den gesamten Einsatz auch als riesige Selbstbedienungsveranstaltung für seine Truppe verstand. „Was die Division im Augenblick erben kann ist einmalig“, verkündete er seinen Führern und Unterführern am 25. Mai und machte ihnen im folgenden zum Vorwurf, daß die Ausplünderung des Landes noch in ungenügender Form stattfinden würde. „Für jeden Kavalleristen ist es ausserdem eine Selbstverständlichkeit, dass er jedes Pferd, das er sieht, mitnimmt“, spornte er die Männer deshalb an. Im Anschluß kam der SS-Offizier auf sein eigentliches Wunschziel zu sprechen, das er auch mittels der Mordzüge im sowjetischen Hinterland zu verwirklichen hoffte. Fegelein brannte insgeheim darauf, eine weitere Kavalleriedivision aufstellen zu können; im Rahmen von Entvölkerung und Massenmord habe er nach eigenem Bekunden „die leise Hoffnung gehabt, dass die Division mindestens pferdemässig in diesem Sommer auf 2 Divisionen kommt“. 160 Nachdem die Kavalleriedivision ihre ursprüngliche Ausgangslinie am 10. Juni wieder erreicht hatte, war der Großeinsatz beendet. Noch am gleichen Tag legte Schimana eine Bilanz vor, nach der im Verlauf der vergangenen vier Wochen auf sowjetischer Seite insgesamt 4018 Menschen getötet worden waren. Da die eigenen Verluste mit zwei Führern und 26 Unterführern und Männern wiederum sehr niedrig waren, werden die allermeisten sowjetischen Opfer einmal mehr Zivilisten gewesen sein. 161 Außerdem wurden im Verlauf des Unternehmens 103 Dör-
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fer niedergebrannt und 18 860 Zivilpersonen den Erfassungsstellen zum Zwangsarbeitseinsatz übergeben. 162 Wie die separate Aufstellung der SS-Kavallerie zeigt, war die Division an dem erzielten Gesamtergebnis wesentlich beteiligt. Fegeleins Truppe erschoß bei acht eigenen Toten allein 1114 „Banditen bzw. Bandenverdächtige“, zerstörte 61 Dörfer und übergab 10 422 Männer, Frauen und Kinder an die Zivilverwaltung. 163 Gleich im Anschluß wurde der Reiterverband zu einem kleineren Unternehmen nördlich der Bahnlinie Wassilewitsch – Retschiza kommandiert. Es wurde angesetzt, weil Aufklärungsergebnisse ergeben hatten, daß offenbar zentral koordinierte Partisanengruppen nach Beginn von „Weichsel“ den bedrängten Gruppen zur Hilfe kamen und von Norden her verstärkt ins „Nasse Dreieck“ einsickerten. 164 Darüber hinaus führten Aufklärungsergebnisse der Kavalleriedivision ausdrücklich auf, ein feindliches Barackenlager nördlich von Retschiza sei „zum Teil mit Juden belegt“. 165 Im neuen Einsatzgebiet brannten die SS-Reiter zwischen dem 13. und 16. Juni 63 Dörfer nieder. Gleichzeitig wurden 971 Zivilpersonen aus der Gegend vertrieben und zur Zwangsarbeit erfaßt, während die Deutschen im Verlauf des viertägigen Einsatzes 160 „Banditen“ oder „Bandenverdächtige“ erschossen.166 Währenddessen hatte Prützmann die Planungen für den nächsten Großeinsatz abgeschlossen, zu dem auch die Reiterdivision nach Abschluß des Kurzeinsatzes umgehend herangezogen wurde. Das neue Unternehmen unter dem Decknamen „Seydlitz“ fand südlich des Pripjet in der weiteren Umgebung um Leltschizy statt. In die Gegend von Jelsk westlich des „Nassen Dreiecks“ war nach Angaben der Ic-Abteilung der Kavalleriedivision der Großverband Sidor Kovpaks herübergewechselt, der mittlerweile auf eine Stärke von 12 000 Mann geschätzt wurde. Eine zweite, auf über 11000 Partisanen bezifferte Gruppe unter Alexander Saburow wurde südwestlich von Leltschicy vermutet, während eine dritte „Grossbande“ am Pripjet zwischen Turow und Petrikow lokalisiert worden war. 167 Die SS-Division operierte nunmehr als selbständiger Verband unter dem Oberbefehl Prützmanns. Daneben war weiterhin Schimanas Kampfgruppe im Einsatz, die neben den unterstellten Polizeiregimentern 10 und 11, dem lettischen Schutzmannschaftsbataillon 25 und der 1. SS-Flak-Abteilung des Kommandostabes aus insgesamt zehn Gendarmeriezügen bestand. 168 Der Großeinsatz begann am 24. Juni 1943. Schon nach wenigen Tagen hieß es wieder, ein Zusammentreffen mit größeren Partisanengruppen sei nicht mehr zu erwarten, da diese sich bereits überall aufgeteilt hätten. Auch in diesem Fall war die Berichterstattung der SS-Kavallerie viel eher durch Meldungen über abgebrannte Ortschaften und die vertriebene Einwohnerschaft als von Nachrichten über Gefechte geprägt. 169 Nach den ersten beiden Wochen eskalierte das Vorgehen ähnlich dem vorherigen Einsatz. Das riesige Einsatzgebiet wurde in Absprache mit der Zivilverwaltung in zwei Zonen aufgeteilt. Zone 1 erstreckte sich in einem Streifen westlich von Petrikow entlang des Pripjet, schwenkte dann nach Süden entlang der Straße Mosyr-Owrutsch und endete etwa 20 Kilometer südlich
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Abb. 12. Männer der SS-Kavalleriedivision in einer brennenden Ortschaft Sommer 1943.
von Jelsk. Das vergleichsweise begrenzte Gebiet war in Absprache zwischen SS und Zivilverwaltung für eine weitere landwirtschaftliche Erfassung vorgesehen. Dörfer sollten daher erhalten bleiben und waren ausdrücklich nur „im Zuge von Kampfhandlungen zu evakuieren und niederzubrennen“. Zone 2 dagegen, das gesamte restliche Einsatzgebiet im südlichen Polesje, war als Niemandsland vorgesehen. Ein Befehl der SS-Kavalleriedivision bestimmte dazu: „Dieser Raum ist restlos von Menschen und Vieh zu evakuieren. Sämtliche Dörfer, Gehöfte usw. sind vollkommen niederzubrennen. Damit soll den Banden in diesem Raum jede Existenzmöglichkeit genommen werden.“ 170 Nach der Einteilung begann vor allem in der als Zone 2 ausgewiesenen Region ein ausgedehnter Mord- und Zerstörungszug. Die Ende Mai 1943 in die SS-Division eingegliederten ehemaligen Sonderkommandos 10a und 11b der Einsatzgruppe D operierten dabei im Verband mit diversen Reitereinheiten. Zu deren gemeinsamem Vorgehen sagte der frühere SS-Reiter Heinz F., der ein gemischtes Kommando der Kavallerie und der Sicherheitspolizei mehrmals mit Verpflegung versorgt hatte, 1963 aus: „Anläßlich einer Verpflegungsfahrt zu dieser Spezialeinheit sah ich in einem ca. 25 km südwestlich Mosyr gelegenen Dorf, daß man ca. 500 Menschen beiderlei Geschlechts und jeden Alters zusammengetrieben hatte. […] Bereits auf meiner Fahrt dorthin kam ich durch Ortschaften, die völlig menschenleer waren. In den Häusern war das Essen z. T. noch auf den Tischen stehen-
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geblieben und die Öfen [waren] noch warm. […] Bei dem SS-Sturmbannführer und seinen Männern handelte es sich um Angehörige des SD. Außer dem Sturmbannführer waren vier bis fünf Unterführerdienstgrade mit der üblichen SD-Uniform bekleidet, während die Mannschaften keinerlei Abzeichen trugen, wohl aber in SS-Uniform eingekleidet waren. In der gleichen Ortschaft zur gleichen Zeit hörte ich dann eine Feuersalve von ca. 20 bis 25 Schuß aus Karabinern. Auf der Suche nach der Ursache kam ich zu einer Scheune, die von Angehörigen des Spezialkommandos abgesperrt war. Ich begab mich trotzdem bis zum Eingang der Scheune und sah, daß von einem ca. 15 Mann starken Kommando unter Führung eines SS-Oberscharführers in der Scheune Leute erschossen wurden. Die Scheune war ca. 15 25 m groß. In der Scheune war eine Grube ausgehoben. Als ich in die Scheune hineinsah, standen ca. 15 Personen, darunter einige Frauen mit Kleinkindern auf den Armen, von 5 Mann bewacht in einer Ecke. In die Grube hineinsehen konnte ich nicht, jedoch sah man auf dem gelben ausgehobenen Sand Blutspritzer. Der SS-Oberscharführer forderte mich dann auf, die Scheune zu verlassen, hatte mir jedoch vorher gesagt, daß er Erschießungen durchführen muß. Als ich ca. 20 m von der Scheune entfernt war, hörte ich die zweite Salve von der gleichen Stärke, wie die erste. Auf meinem Rückweg habe ich noch Schreie aus der Scheune vernommen und nach der Salve einige Einzelschüsse.“ 171 Im Verlauf des Unternehmens „Seydlitz“ wurde zunehmend offensichtlicher, daß die deutschen Einheiten hinsichtlich der Partisanen ein weiteres Mal ins Leere liefen. Der Großverband Sidor Kovpaks hatte sich erneut in Kleingruppen aufgeteilt, war aus dem Umschließungsring entkommen und Anfang Juli 1943 zu einem Zug in die Karpaten aufgebrochen. Während die SS-Reiter noch in der Region nördlich von Owrutsch nach Kovpak und seinen Männern fahndeten, hatten die Partisanen viel weiter südlich am 9. Juli das Zwangsarbeitslager Skalat erreicht und die dort gefangenen Juden befreit. 172 Nach weiteren erfolglosen deutschen Versuchen, größere Feindgruppen zu vernichten und der gleichzeitig kontinuierlich weitergeführten Entvölkerung des Gebiets, wurde das Unternehmen „Seydlitz“ nach einem Monat Einsatzdauer am 27. Juli vorzeitig beendet. 173 Die „Kampfgruppe Schimana“ und die SS-Kavallerie hatten dabei erneut mindestens 5106 Menschen erschossen. Zudem wurden weitere 9166 Bewohner festgenommen und für den Arbeitseinsatz erfaßt. 174 Wieder hatte die Kavalleriedivision an der Bilanz wesentlichen Anteil. Von den SS-Reitern waren 1256 Menschen erschossen und insgesamt 96 Dörfer vernichtet worden. Für die insgesamt 9166 zur Zwangsarbeit abtransportierten Zivilpersonen zeichnete der Reiterverband sogar allein verantwortlich. 175 Nach Abschluß des Unternehmens war die Division noch bis Mitte August 1943 zur Freihaltung der Schiffahrt auf dem Pripjet gegen kleinere Partisanengruppen eingesetzt, die entlang des Flußlaufs immer wieder den Transportverkehr störten. Im Anschluß wurde sie zur Niederschlagung von Aufstandsversuchen ukrainischer Nationalisten nach Luck verlegt und auch die Einheiten der „Kampfgruppe Schimana“ wurden anderweitig verwendet. 176 Himmler hatte
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noch im Verlauf von „Seydlitz“ nach Rücksprache mit Hitler am 10. Juli einen äußerst radikalen Befehl zur weiteren Entvölkerung partisanengefährdeter Gebiete erlassen. Darin hieß es unter anderem: „Der Führer hat entschieden, daß die bandenverseuchten Gebiete der Nordukraine und von Russland-Mitte von jeder Bevölkerung zu räumen sind.“ Des weiteren verfügte Himmler, sämtliche arbeitsfähigen Männer seien als Kriegsgefangene zum Zwangsarbeitseinsatz einzuteilen. Ein Teil der Frauen solle ebenfalls zum Arbeitseinsatz ins Reich geschickt werden; die übrigen Frauen und Kinder seien in spezielle Auffanglager einzuweisen und in der Landwirtschaft zu verwenden.177 Aufgrund dieses Befehls wurden in der Folgezeit weitere Anläufe zur Schaffung „toter Zonen“ unternommen. Einer dieser Großeinsätze war ab August 1943 das Unternehmen „Hermann“ im Naliboki-Wald östlich von Nowogrudok, an dem die 1. SS-Infanteriebrigade maßgeblich beteiligt war. 178 Angesichts des mörderischen Auftretens der Waffen-SS gegenüber der sowjetischen Zivilbevölkerung wäre nicht unbedingt zu vermuten, daß die Einheiten neben der Plünderung landwirtschaftlicher Güter und der massenhaften Verschleppung von Zivilpersonen die verachteten Menschen auch zu Hilfsdiensten benutzten. Solche Hinweise häuften sich jedoch sowohl bei der Kavalleriedivision als auch bei beiden SS-Infanteriebrigaden. Im Anschluß an das Unternehmen „Sternlauf“ suchte die Ic-Abteilung der SS-Kavallerie aus der zur Zwangsarbeit erfaßten Zivilbevölkerung zahlreiche männliche Arbeitskräfte zusammen, die anschließend der Baukompanie des Pionierbataillons zugewiesen wurden. 179 Anton T., ein ehemaliger Angehöriger der 1. SS-Brigade sagte in einem ähnlichen Zusammenhang über das Vorgehen seiner Einheit während der zweiten Jahreshälfte 1942 aus: „Wenn Männer angetroffen wurden, dann kann ich mich entsinnen, daß diese z. T. mit uns mußten. Sie mußten mit ihren Panjewagen für uns Munition fahren.“ 180 Gleichlautend äußerte sich Franz S., Soldat im SS-Infanterieregiment 8, bei seiner Vernehmung. Er gab an, dem Troß der Brigade seien im Dezember 1942 150 gefangene Zivilisten zugeteilt worden, die fortan in diesem Bereich Dienst leisten mußten. 181 Auch bei der 2. SS-Brigade fanden Russen Verwendung, teils sogar an noch bedeutsamerer Stelle. So berichtete der Verband schon Anfang August 1942, daß aus den im Wolchow-Kessel erbeuteten sowjetischen Geschützen zwei neue Batterien zusammengestellt worden seien. Die Mannschaften für eine Batterie habe man aus „Überläufern und Gefangenen, zum Teil Artilleristen“ unter deutscher Führung zusammengestellt. Außerdem wurde auch bei anderen Brigadeeinheiten „der Mannschaftsmangel durch zuverlässig erscheinende Russen ausgeglichen, […] die zum Teil beim Tross als Pferdepfleger, Kraftfahrer oder Hilfs- und Arbeitskräfte verwandt“ wurden. 182 Eine solche Heranziehung der sowjetischen Bevölkerung zum Zwangsdienst in den eigenen Verbänden drückt nur vordergründig einen Widerspruch zum beständig verkündeten rassischen Eliteverständnis der Waffen-SS aus. In Wirklichkeit hatten auch andere Stellen des SS-Apparats kaum Probleme damit, die theoretischen rassenideologischen Ansprüche für die praktischen Anforderungen
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zurechtzubiegen. Da alle Verbände der Waffen-SS spätestens ab 1942 mit chronischem Personalmangel konfrontiert waren, lag es nahe, besonders die Versorgungseinheiten mit Einheimischen aufzufüllen, um das frei gewordene Personal anderweitig einsetzen zu können. Damit nahmen die SS-Einheiten bei Bedarf Zwangsrekrutierungen der Menschen vor, die im Rahmen der zahlreichen Unternehmen gegen die Zivilbevölkerung an anderer Stelle als „partisanenverdächtig“ massenhaft ermordet wurden.
XII. Die Truppen des Kommandostabes und die Shoah 1942/43 1. Der Judenmord in der Sowjetunion Wie im Jahr zuvor waren der Kommandostab und die unterstellten Verbände der Waffen-SS auch 1942 unter dem Deckmantel der „Partisanenbekämpfung“ an der Ermordung der sowjetischen Juden beteiligt. Im Vernichtungsprozeß spielten sie jedoch längst nicht mehr die Schlüsselrolle, die ihnen noch im Sommer 1941 bei der Ingangsetzung der Shoah zugefallen war. Längst existierte in den besetzten Gebieten ein dichtes Geflecht lokaler, regionaler und zentraler Initiativen, die sich bei der Ermordung der jüdischen Bevölkerung immer wieder ergänzten und abwechselten. Der Vernichtungsprozeß in den verschiedenen Militär- und Zivilverwaltungsgebieten verlief jedoch uneinheitlich. 1 Nachdem die Deutschen bis Ende 1941 ungefähr eine halbe Million sowjetischer Juden ermordet hatten, stockte das Töten vor allem in den Wintermonaten zwischen Februar und April 1942. Im Mai setzten die Mordaktionen wieder verstärkt ein und erreichten ab Sommer eine furchtbare Intensität. 2 Im Zuge des deutschen Vormarschs gerieten nunmehr auch jüdische Gemeinden bis in den Kaukasus unter deutsche Kontrolle. In der Mehrzahl wurden die Juden dort von Kommandos der Einsatzgruppe D ermordet. Gleichzeitig setzten die Deutschen in der gesamten besetzten Sowjetunion die „Endlösung“ verstärkt in die Tat um. Besonders in Weißrußland wurden weitere große Ghettos in den Jahren 1942/43 unter dem Deckmantel der „Partisanenbekämpfung“ liquidiert. Bis die Rote Armee 1944 die letzten Territorien zurückerobert hatte, waren in der Sowjetunion im Rahmen der deutschen Vernichtungspolitik 2,1 Millionen Juden ermordet worden.3 Zu dem Personal, das die Shoah in der Sowjetunion realisierte, zählte mit dem Bataillon der Waffen-SS z.b.V. auch ein Truppenteil, der im Verband des SS-Infanterieregiments 14 noch im Frühsommer 1941 dem Kommandostab Reichsführer-SS direkt unterstanden hatte. Als das 14. SS-Regiment Ende Juni aufgelöst worden war, hatte Himmler verfügt, dessen I. Bataillon in Radom unter der Verantwortung der 2. SS-Brigade in ein Sonderbataillon zur direkten Verfügung des Kommandostabes umzugliedern. Die von Obersturmbannführer Friedrich Dern geführte Einheit behielt anfangs einen eigenen Stab. Daß die Einheiten sämtliche schweren Waffen wie Granatwerfer und Panzerabwehrbüchsen sowie die eigenen Munitionstrupps abgeben mußten, weist auf Planungen hin, die drei motorisierten Kompanien nicht mehr im militärischen Einsatz, sondern vielmehr beim Massenmord zu verwenden.4 Nach einem Monat Aufenthalt in Radom wurden die drei Kompanien des Sonderbataillons auf Befehl Himmlers am 28. Juli zu den
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Einsatzgruppen A, B und C in Marsch gesetzt, wo die Soldaten der Waffen-SS das Tötungspersonal der mobilen Mordkommandos verstärkten. Der nunmehr überflüssig gewordene Bataillonsstab wurde am 1. August aufgelöst. Damit endete auch die Unterstellung des Verbandes unter den Kommandostab. Fortan waren die Mannschaften der drei Kompanien truppendienstlich dem SS-Führungshauptamt unterstellt, im Einsatz unterstanden sie den jeweiligen Kommandeuren des Reichssicherheitshauptamtes. 5 Bei den Einsatzgruppen wurden die Einheiten auf die einzelnen Kommandos aufgeteilt, wo sie dann an den Vernichtungsaktionen des Jahres 1941 teilnahmen. 6 Als sich die mobilen Einsatz- und Sonderkommandos im Zuge des verlangsamten deutschen Vormarschs zunehmend zu Dienststellen der Sicherheitspolizei umwandelten, wurde auch das Personal der Waffen-SS in den stationären Dienstalltag übernommen.7 Zwei Teiltrupps aus dem 2. Zug der bei der Einsatzgruppe A eingesetzten 1. Kompanie wurden zum Kommandeur der Sicherheitspolizei im Generalkommissariat Weißruthenien abgestellt. Während die eine Gruppe unter Führung des Unterscharführers Albert Paul Lipps zur Außenstelle der Sicherheitspolizei nach Wilejka kam, wurde die andere Gruppe unter Unterscharführer Gerhard Arlt direkt zur Dienststelle des Kommandeurs nach Minsk versetzt. Beide SS-Trupps bildeten in der Folgezeit einen wichtigen Teil der Manpower zur Verwirklichung der „Endlösung“ in ihren jeweiligen Einsatzgebieten. 8 Besonders die in Minsk stationierten Soldaten der Waffen-SS waren während des gesamten Jahres 1942 ununterbrochen beim Judenmord eingesetzt. Die Anfang Dezember 1941 in einer Stärke von zehn SS-Männern dorthin kommandierte Gruppe Arlt war im Januar 1942 nach eigenen Angaben an der Bewachung der „Umsiedlung“ von Juden in der Umgebung der Stadt beteiligt. Anschließend wurde die Gruppe Mitte des Monats zur Niederschlagung eines Aufstands im Ghetto von Rackow herangezogen. Dabei wurden etwa 1000 Juden von den Deutschen ermordet und der größte Teil des Ghettos in Brand gesteckt. 9 Auch bei der „Partisanenbekämpfung“ war Arlt mit seinen Männern immer wieder beschäftigt. So brach die SS-Einheit mit weiterem Personal der Minsker Dienstelle am 27. Juni zu einer Aktion gegen Partisanen im Raum Baranowicze auf. Während dieser Einsatz wie so oft ergebnislos verlief, wurde zwei Tage später der wohl primäre Zweck des Abstechers ins westliche Generalkommissariat realisiert. Seit dem 29. Juni ermordete die SS einen Großteil der Bewohner des Ghettos von Slonim. Allein zu Beginn der Vernichtungsaktion wurden unter Beteiligung der Gruppe Arlt mindestens 4000 Juden ermordet. 10 Einen Monat später war Arlt mit seinen Männern an einer Mordaktion im Ghetto von Minsk beteiligt. Nachdem die jüdischen Zwangsarbeiter ihre Häuser am Morgen des 28. Juli 1942 verlassen hatten, drang die SS in das Ghettogebiet ein und begann damit, ältere und kranke Juden sowie die Frauen und Kinder zusammenzutreiben. Viele Menschen wurden bereits vor Ort niedergemetzelt, während der Großteil auf Lastwagen in den Wald von Blagowschtschina im Süden von Minsk transportiert wurde. Dort ermordeten SS-Männer die Juden an
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vorbereiteten Gruben. Allein im Verlauf des 28. und 29. Juli wurden etwa 10 000 Menschen umgebracht. Arlt beteiligte sich mit seinen Männern am ersten Tag an der Ermordung von 6000 weißrussischen Juden und am folgenden Tag an der Vernichtung von 3000 Juden, die zuvor aus Deutschland nach Minsk deportiert worden waren. Erst am Abend des vierten Tages nach Beginn der Vernichtungsaktion durften die jüdischen Zwangsarbeiter das Ghetto wieder betreten. Die beklemmende Vorahnung der Arbeitskräfte, den Eltern, Großeltern, Ehefrauen und Kindern könnte etwas zugestoßen sein, bewahrheitete sich nun auf schreckliche Weise. 11 Häufig waren die Massenmörder der Gruppe Arlt auch in Trostenez, der opferreichsten Vernichtungsstätte der Deutschen in Weißrußland, tätig. Spätestens im Januar 1942 existierte in der Nähe des Dorfes Maly Trostenez ein Lager des Kommandeurs der Sicherheitspolizei von Minsk. Nach der Erweiterung durch das Gelände einer ehemaligen Kolchose wurde mit Kriegsgefangenen und Juden aus dem Ghetto Minsk die landwirtschaftliche Produktion weitergeführt. In der Folge wuchs das Lager beständig an und diente nicht mehr nur der Viehwirtschaft, sondern zunehmend auch als Verwertungsstelle für die Habe der in der nahen Mordstätte im Wald von Blagowschtschina getöteten Juden. Zwischenzeitlich wurde Trostenez auch als Durchgangslager für Judentransporte genutzt, die von den Erschießungskommandos im benachbarten Wald noch nicht hatten ermordet werden können. 12 In unmittelbarer Nähe des Lagers Trostenez wirkte die Gruppe Arlt 1942 bei der Ermordung der Insassen von mindestens neun Deportationszügen aus den Städten Wien, Königsberg, Köln und dem Konzentrationslager Theresienstadt mit. Am 11. und 26. Mai sowie am 1. und 15. Juni erreichten jeweils ungefähr tausend Wiener Juden den Güterbahnhof von Minsk. Die Männer, Frauen und Kinder wurden aus den Waggons getrieben, anschließend fand eine Selektion statt. Von jedem Transport wählten die Deutschen zwischen 20 und 50 gesunde Fachkräfte als Zwangsarbeiter für das Lager aus. Die übrigen Menschen wurden sofort auf Lastwagen verladen und nach Süden in den vier Kilometer östlich des Lagers gelegenen Wald von Blagowschtschina gefahren. Dort nahmen die Männer der Gruppe Arlt und andere Angehörige der Minsker Dienststelle die Juden in Empfang und trieben sie an die Gruben, wo die Menschen umgehend erschossen wurden. Mit drei weiteren Transportzügen, die am 26. Juni 465 Juden aus Königsberg, am 18. Juli 1000 Juden aus Theresienstadt und am 24. Juli 1000 Juden aus Köln nach Minsk brachten, wurde genauso verfahren. 13 Währenddessen wurde in Trostenez emsig an einer Rationalisierung des Mordverfahrens gearbeitet. Um die Insassen der Deportationszüge nicht mehr umständlich vom Minsker Güterbahnhof mit Lastwagen zu der etwa 22 Kilometer entfernt gelegenen Mordstätte transportieren zu müssen, wurde an der Eisenbahnlinie nahe der Vernichtungsstätte ein Bahnhof gebaut, an dem die Opfer künftig die Züge verlassen mußten. 14 Nach dieser Neuerung war das Kommando von Unterscharführer Arlt mindestens noch an der Liquidierung von zwei Deportationszügen aus There-
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sienstadt beteiligt. Dabei wurden am 10. August 995 Juden und am 25. September 1000 Juden ermordet. 15 Da die Tätigkeitsberichte der Gruppe Arlt gerade hinsichtlich des Blicks der Täter auf ihre Opfer ein beredtes Zeugnis ablegen, soll an dieser Stelle eine längere Passage zitiert werden. Für den Zeitraum von Mitte Juni bis Ende Juli 1942 berichtete Unterscharführer Arlt dem vorgesetzten Zugführer: „Die Arbeit der restlichen Männer hier in Minsk bleibt nach wie vor dieselbe. Die Judentransporte trafen in regelmäßigen Abständen in Minsk ein und wurden von uns betreut. So beschäftigten wir uns bereits am 18. und 19. 6. 42 wieder mit dem Ausheben von Gruben im Siedlungsgelände. Am 19. 6. wurde der an Fleckfieber im hiesigen SS-Lazarett verstorbene SS-Scharf. Schröder im neuen Friedhof am Gut des Kdr’s beigesetzt. Meine Gruppe wurde durch Männer aus dem S.D. verstärkt und nahm als Ehrenzug an der Trauerfeier teil. Am 26. 6. traf der erwartete Judentransport aus dem Reich ein. Am 27. 6. starteten wir samt ziemlich dem ganzen Kdo. zu einer Aktion nach Baranewitsche. Der Erfolg war wie immer negativ. Im Zuge dieser Aktion räumten wir das Judenghetto in Slonim. Etwa 4000 Juden wurden an diesem Tag der Erde übergeben. Am 30. 6. kehrten wir wieder nach Minsk zurück. Die nächstfolgenden Tage waren mit Sockeninstandsetzen, Waffenreinigen, Waffendurchsicht ausgefüllt. Am 2. 7. wurden bereits wieder die Vorkehrungen zum Empfang eines Judentransportes, Aushebung der Gruben, getroffen. Am 10. 7. wurden wir und das lett. Kdo. gegen Partisanen im Walde von Koydanow eingesetzt. Wir konnten dabei ein Munitionslager ausheben. Plötzlich wurden wir dabei aus dem Hinterhalt mit einem M.G. beschossen. Ein lettischer Kamerad wurde dabei getötet. Bei der Verfolgung der Bande konnten vier Mann erschossen werden. Am 12. 7. wurde der lett. Kamerad im neuen Friedhof beigesetzt. Am 17. 7. traf ein Transport mit Juden ein und wurde zum Gut gebracht. Am 21. 22. und 23. 7. werden neue Gruben ausgehoben. Am 24. 7. trifft bereits wieder ein Transport mit 1000 Juden aus dem Reich hier ein. Vom 25. 7. bis 27. 7. werden neue Gruben ausgehoben. Am 28. 7. Großaktion im Minsker ruß. Ghetto. 6000 Juden werden zur Grube gebracht. Am 29. 7. 3000 deutsche Juden werden zur Grube gebracht. Die nächstfolgenden Tage waren wieder mit Waffenreinigen und Sacheninstandsetzen ausgefüllt.“ 16 Der Duktus Arlts, bei dem „Sockeninstandsetzen“ unmittelbar auf tausendfachen Judenmord folgt, läßt unschwer erkennen, wie die geradezu fließbandmäßig organisierte Vernichtung von Menschen für die Männer des Kommandos zum absoluten Alltag geworden war. Allein im Zeitraum zwischen dem 22. April
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und dem 25. September 1942 war das SS-Kommando gemäß der eigenen Berichterstattung an der Ermordung von mindestens 21000 Juden beteiligt. Die tatsächliche Zahl der jüdischen Opfer, an deren Vernichtung die Gruppe ja schon vor April 1942 und dann noch im weiteren Verlauf des Jahres ab Oktober teilnahm, muß noch weit höher gewesen sein. Aus Mangel an aussagekräftigen Dokumenten läßt sich eine realistische Größenordnung der Opferzahlen für die gesamte Dauer des Aufenthalts der SS-Soldaten in Minsk jedoch nicht annähernd beziffern. In der Außenstelle des Kommandeurs der Sicherheitspolizei in Wilejka organisierte ein weiterer Trupp des besagten 2. Zuges der Waffen-SS unter Unterscharführer Lipps im Frühjahr 1942 ebenfalls zahlreiche Mordaktionen an den Juden der umliegenden Ortschaften. 17 Insgesamt dreimal fiel die Gruppe im April und Mai in Dolginowo ein und verübte dort Massaker. Im Verlauf eines ersten Einsatzes starben am 1. April etwa 800 Juden. Bei einer großen Aktion am 29. und 30. April stießen die Deutschen bei der beabsichtigten Räumung des Ghettos auf Widerstand. Die Menschen hatten sich zahlreiche Verstecke gebaut und widersetzten sich ihrer Ermordung. Trotzdem wurden im Verlauf der Aktion 1200 Juden erschossen. Nach einem neuerlichen Einsatz am 21. Mai, bei dem dort nochmals 1000 Personen erschossen wurden, meldete Lipps, daß „die Judenfrage in dieser Stadt endgültig gelöst“ sei. 18 Daneben führte der SS-Trupp Vernichtungsaktionen am 28. April in Krzywice mit einer unbekannten Zahl von Opfern und am 10. Mai in Woloshin mit bis zu 2000 ermordeten Juden aus. 19 Nachdem den einzelnen Zügen der 1. Kompanie mit Hauptsturmführer Fritz Störtz im Juli 1942 wieder ein Kompanieführer vorangestellt worden war 20 , protestierte dieser in den folgenden Monaten wiederholt bei den verschiedensten Stellen gegen die Verwendung der weit verstreut stationierten Gruppen und plädierte beständig für eine Wiederzusammenführung der Kompanie. Dieser Wunsch ging nicht ganz in Erfüllung. Das SS-Führungshauptamt plante wegen der vielfältigen Praxiserfahrungen der Männer mit estnischen Hilfsverbänden schon im November 1942 deren Eingliederung in die im Oktober neu aufgestellte Estnische SS-Legion. Das Vorhaben wurde Ende des Jahres realisiert. Damit wurde die 1. Kompanie des Bataillons der Waffen-SS z.b.V. aufgelöst und das gesamte Personal zur Estnischen SS-Legion auf den Truppenübungsplatz Debica versetzt. 21 Ganz im Gegensatz zu den gerade dargestellten Verbrechen ist im Verlauf des Vernichtungsprozesses die Dimension des Mordens hinter der gängigen Praxis von Geheimhaltungsbemühungen und der verbreiteten Verwendung von vielerlei Euphemismen oft nur schwer zu rekonstruieren. So wurden offenbar sogar von Stabseinheiten des Kommandostabes kurz nach dessen Verlegung in den Standort „Hegewald“ bei Shitomir Erschießungen von Juden realisiert. Derartige Mordeinsätze tauchten allerdings nie in der gängigen Berichterstattung der diversen Abteilungen auf. Nur das Fehlverhalten eines Angehörigen des Stabes verursachte eine dokumentarische Spur über die Morde. In einem Befehl von
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Ende Juli 1942 machte Kurt Knoblauch einen, nach seinen Worten, „besonderen Vorfall“ bekannt, der sich wenige Tage zuvor ereignet hatte. Das Ereignis nutzte er zu einem ernsten Appell an seine Stabsangehörigen, die im Zusammenhang mit dem Dienstbetrieb bestehenden allgemeinen Geheimhaltungspflichten genau zu beachten. Bei dem Vorfall hatte ein SS-Mann des Kommandostabes ohne Erlaubnis ein privates Telefongespräch nach Berlin geführt, wobei er allerdings, ohne es zu merken, von einem Wachposten belauscht worden war. In dem Telefonat schilderte der namentlich nicht genannte Soldat seinem Gesprächspartner die Situation im neuen Unterkunftsraum in der Ukraine und plauderte in diesem Zusammenhang davon, daß „hier schon mancher über die Klinge“ habe springen müssen. Konkret erzählte der SS-Mann, allein in der kurzen Zeit seit seiner Ankunft seien schon 50 Juden erschossen worden.22 Die Existenz solcher Mordaktionen im Bereich des neuen Standorts bestätigte die Adjutantur des Kommandostabes wenig später in einem neuerlichen Stabsbefehl indirekt dadurch, daß nochmals ausdrücklich auf das Verbot des Photographierens von Exekutionen hingewiesen wurde. 23 Daneben bewies der Kommandostab nach seiner Abkehr von der rein militärischen Betreuung der an der Front eingesetzten Brigaden bei der erstbesten Gelegenheit die auch 1942 weiterhin virulente Beziehung zwischen den Formen der sogenannten Partisanenbekämpfung und der Ermordung der sowjetischen Juden. Schon die Operation „Sumpffieber“, das erste Großunternehmen, das von der SS zur Bekämpfung der Partisanen im Generalkommissariat Weißruthenien veranstaltet wurde, sollte sich neben dem in der Realität erfolglosen Einsatz gegen Partisanen letztlich als organisierter Massenmord an der jüdischen Bevölkerung des Einsatzgebiets erweisen. Der nach Beendigung des Unternehmens von Jeckeln vorgelegte Abschlußbericht gab Auskunft darüber, daß die mit Abstand größte Opfergruppe Juden gewesen waren. In dem Bericht wurde aufgelistet, es seien „389 bewaffnete Banditen“ und „1274 Verdächtige“ getötet sowie „8350 Juden exekutiert“ worden.24 Die hohe Zahl der ermordeten Juden kam durch das Zusammenwirken zweier ganz unterschiedlicher Faktoren zustande, die sich noch bei zahlreichen weiteren Großunternehmen in ähnlicher Weise wiederholen sollten. Einerseits wurde auf direkte Anweisung Jeckelns zum Abschluß des Unternehmens ab dem 22. September 1942 ein Großteil der Bewohner des Ghettos von Baranowicze ermordet. Nachdem es bereits im Verlauf des Jahres 1941 zu weniger umfangreichen Mordaktionen gegen die ungefähr 10 000 Menschen zählende Gemeinde gekommen war, fand am 3. März 1942 das erste große Massaker statt. In dessen Verlauf wurden 2300 Juden ermordet. Inzwischen hatte sich im Ghetto der Stadt eine jüdische Untergrundorganisation gebildet, die aus 200 Personen bestand und größere Mengen an Waffen, Munition und Sprengstoff sammelte. Ein bereits ausgearbeiteter Plan der Widerstandsorganisation, am 19. Juli einen Aufstand zu organisieren, wurde jedoch kurz vor Beginn der Revolte zugunsten einer Strategie, möglichst viele Menschen aus dem Ghetto in die Wälder zu bringen, nochmals
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zurückgestellt. Kurz darauf kamen etwa 6000 jüdische Männer, Frauen und Kinder bei der Vernichtungsaktion zum Abschluß von Jeckelns Großunternehmen ums Leben. 25 Auf der anderen Seite spürten die Deutschen im Verlauf des Unternehmens „Sumpffieber“ bei der Einkreisung und Durchsuchung der verschiedenen Gebiete des Generalkommissariats Weißruthenien mindestens 2300 Juden auf, die in der Vergangenheit den deutschen Vernichtungsaktionen entkommen konnten und sich in abgelegenen Dörfern oder in eigenen Lagern in der Wildnis versteckt hatten. Diesen Juden galt ständig ein besonderes Augenmerk der SS im Verlauf ihrer Einsätze gegen die Partisanenbewegung. Schon allein der Einsatzbericht des I. Bataillon des SS-Infanterieregiments 8 vom 11. September belegt, daß Juden grundsätzlich weiterhin im Kontext der „Partisanenbekämpfung“ verfolgt wurden. Dort wurde wiedergegeben, die im Einsatzraum befragten Bauern könnten hinsichtlich einer von der SS verfolgten Partisanengruppe nicht angeben, ob „Offiziere oder Juden bei dieser Bande waren“. Das gleiche Bataillon gab zudem mit großem Interesse Aussagen von Einheimischen wieder, die im Einsatzgebiet 50 jüdische Familien in einem Zug von etlichen Panjewagen gesehen haben wollten, die sich offenbar auf der Flucht vor den herannahenden Deutschen befanden. 26 Zwar meldete Jeckelns Einsatzstab wenige Tage nach den zitierten Aufklärungsberichten des SS-Bataillons, der SD habe am 12. September 1942 350 Juden „exekutiert“, die genaueren Umstände des Massenmordes blieben jedoch unerwähnt. 27 Die 1. SS-Brigade meldete dagegen während des gesamten Großunternehmens in keinem Fall explizit die Ergreifung oder Erschießung von Juden. Vielmehr wurden die jüdischen Opfer, die es im Verlauf der Einsätze der Brigade ebenfalls gegeben haben wird, unter die Zahl erschossener „Banditen“ und anderer „Personen“ subsumiert. So kann angesichts der dürftigen dokumentarischen Belege schon das in der Berichterstattung erwähnte Auffinden jüdischer Personalausweise oder von Damenschuhen in zwei verlassenen Lagern ein Hinweis auf die Existenz jüdischer Flüchtlinge sein, die sich bis zum Herannahen der SS dort versteckt hielten. 28 Ein weiteres Beispiel für die Organisierung von Vernichtungsaktionen an den bislang überlebenden sowjetischen Juden war das im November 1942 von SS- und Polizeitruppen im Norden des Generalkommissariats Weißruthenien ausgeführte Unternehmen „Nürnberg“. Der Großeinsatz war das erste Kommando des kurz zuvor zum SS- und Polizeiführer Weißruthenien ernannten Curt von Gottberg, der auf seinem neuen Posten wild entschlossen war, sich bei Himmler nach früheren Fehltritten zu rehabilitieren und im Osten endlich wieder Anerkennung und persönliche Auszeichnungen zu ernten. In Minsk angekommen, machte er sich sogleich an die Vorbereitung einer Großaktion zur Bekämpfung von Partisanenverbänden im Norden seines neuen Herrschaftsbereichs. 29 Für das Unternehmen „Nürnberg“ wurden Gottberg die 1. SS-Brigade, das Polizeiregiment 14 sowie die aus verschiedenen Einheiten der Ordnungspolizei bestehende soge-
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nannte Sicherungsgruppe Barkhold unterstellt. Die Verbände erhielten unter seinem Befehl die Bezeichnung „Kampfgruppe von Gottberg“, ein Titel, den Truppen mit wechselnder Besetzung unter seinem Kommando auch zukünftig immer wieder führten. 30 Als Einsatzgebiet für „Nürnberg“ war eine Waldregion im äußersten Norden des Generalkommissariats an der Grenze zu Litauen und Lettland ausgewählt worden. Nördlich der Städte Postawy und Glebokie sollten nach Informationen der SS drei große Partisanenverbände in einer Stärke von mindestens 2000 Personen ihr Rückzugsgebiet haben. Die Gruppe Barkhold war von Norden und das Polizeiregiment 14 von Süden angesetzt, während Gottberg der 1. SS-Brigade ein Vordringen von Osten befohlen hatte. Auf litauischer Seite standen außerdem Kräfte des dortigen Gebietskommissars bereit, die eine etwaige Flucht des Gegners nach Westen verhindern sollten. 31 Neben der breit angelegten Erfassung landwirtschaftlicher Güter war das Unternehmen „Nürnberg“ von Anfang an als Jagdzug gegen Juden angelegt. Der 1. SS-Brigade war dazu Mitte November 1942 die Devise mit auf den Weg gegeben worden, als Feind sei „jeder Bandit, Jude, Zigeuner und Bandenverdächtige“ anzusehen. 32 Der Ic-Offizier der Brigade faßte in einem Bericht über die bisherigen Aufklärungsergebnisse zusammen, daß sich im Einsatzgebiet „uniformierter“ und „nicht uniformierter Feind“ befände, um dann noch zu betonen: „Judenund Zigeunergruppen treten als nicht uniformierte Banden auf.“ 33 Schließlich erließ der vertretungsweise als Kommandeur der 1. SS-Brigade fungierende Standartenführer Karl Herrmann für den Auftakt des Unternehmens am 22. November noch den blutrünstigen Befehl: „Bandenfreundliche und bandenverdächtige Orte, die noch schriftlich bekanntgegeben oder im Verlauf des Unternehmens durch die den Rgt. zugeteilten Kommandos des SD und der Landwirtschaftsführer bezeichnet werden oder eine feindliche Haltung zeigen, sind gründlich zu überholen und rücksichtslos zu behandeln. In diesen Ortschaften sind unter Heranziehung des Gemeindeältesten (Starosten) oder sonstiger geeigneter Persönlichkeiten die bandenverdächtigen und bandenfreundlichen Bewohner festzustellen und wie Juden und Zigeuner zu vernichten. Jeder Berittene ist zu erschiessen, desgleichen als Kundschafter oder Posten anzusehende halbwüchsige oder andere Bevölkerung.“ 34 Für die folgenden Tage war der Brigade noch mehrmals das „Durchkämmen“ des Einsatzgebiets „in rücksichtslosestem Vorgehen“ befohlen worden. Ausdrücklich wurde zudem erneut betont, wo bei dem Unternehmen Prioritäten lagen. So hatte der SS-Verband abends jeweils an zweiter Stelle, direkt nach der Meldung über bewaffnete oder uniformierte „Feindtote“, die Zahl der ermordeten Juden anzugeben. Erst danach wurde die Meldung über getötete „Zigeuner“, „Bandenverdächtige“ und Gefangene verlangt. 35 Tatsächlich widmete sich die Brigade während der Dauer des Unternehmens vom 22. bis zum 26. November auch der Ermordung von Juden, allerdings blieb die gemeldete Gesamtzahl der jüdischen Opfer mit zehn Toten nominell recht gering. 36 Daß selbst Mannschaftsdienstgrade über den Massenmord an der jüdischen Bevölkerung sehr wohl im
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Bilde waren und über die Präsenz von Juden in den verschiedenen Ortschaften entsprechend reflektierten, beweist das persönliche Tagebuch von Helmut S., einem Rottenführer der 3. Kompanie des SS-Infanterieregiments 8. Er beschrieb darin die Verlegung an den Rand des vorgesehenen Einsatzraums. Als seine Kompanie am 20. November in Glebokie eintraf, charakterisierte S. die Situation in der Stadt in aller Kürze folgendermaßen: „Viel Juden treiben sich auch noch herum, meistens aber zum Arbeiten herangezogen.“ 37 Im Fall der 1. SS-Infanteriebrigade existieren keine konkreten Nachweise für eine Beteiligung an umfassenderen Judenmassakern während „Nürnberg“; andere Einheiten organisierten in diesen Tagen aber sehr wohl großangelegte Mordaktionen. So wurden in Postawy, 50 Kilometer westlich von Glebokie, bei der Vernichtung des dortigen Ghettos im direkten Zusammenhang mit dem Großeinsatz mindestens 2500 Juden ermordet. 38 Gottberg scheint bei der Vernichtungsaktion persönlich vor Ort gewesen zu sein, denn er erwähnte in einem Schreiben, er habe vor Ort erstmals „kämpfend und schießend Juden erlebt“. 39 Hinsichtlich der erzielten Ergebnisse seiner Truppen ließ der SS- und Polizeiführer nach der Ghettoliquidierung durchblicken, die tatsächliche Zahl der getöteten Juden könne gar nicht mehr korrekt beziffert werden, da die Menge der „in den Häusern oder Bunkern verbrannten Juden oder Banditen usw.“ im nachhinein nicht mehr feststellbar sei. Jedenfalls meldete er zum Abschluß des Unternehmens „Nürnberg“ am 26. November den Tod von 798 „Banditen“. Daneben seien 353 „Bandenverdächtige“, 7 Zigeuner und 1826 Juden erschossen worden.40 Mit dem Ergebnis schien Gottberg zufrieden gewesen zu sein. Unter Beilegung seiner offiziellen Abschlußmeldung schrieb er am folgenden Tag einem befreundeten SS-Führer vom großen Erfolg des Unternehmens. „Glück muß man haben“, bemerkte er angesichts der geringen eigenen Verluste und der vielen Toten auf der Gegenseite, um dann im Hinblick auf den massenhaften Judenmord anzudeuten: „Trotzdem ließen sie sich stellenweise regulär tot schlagen oder verbrennen. Das Wetter war gut, gelinder Frost, richtiges Treibjagdwetter.“ 41 Ungeachtet dessen, daß im Anschluß an „Nürnberg“ mit der 1. SS-Brigade einer seiner wichtigsten Verbände zum Fronteinsatz abgezogen wurde, setzte Gottberg seine Mordzüge im Generalkommissariat Weißruthenien fort. Im Gebiet um die Mündung des Šcˇara in den Nëman organisierte er wenig später das Unternehmen „Hamburg“. Dabei wurden zwischen dem 10. und 21. Dezember 1942 mehr als 6100 Menschen getötet. Unter den Opfern befanden sich mindestens 2988 Juden. 42 Zwei Monate später wurde auch dieses Ergebnis bei einem neuen Großeinsatz übertroffen. Vom 8. bis zum 26. Februar 1943 fand in der Gegend zwischen Hansewicze und Lenin, also genau in dem Gebiet, in dem die Kavalleriebrigade im August 1941 am Ende ihres ersten Vernichtungszuges durch das Pripjetgebiet gestanden hatte, das Unternehmen „Hornung“ statt. Unter anderem war bei dem Großeinsatz wieder das Mordpersonal der Sicherheitspolizei aus Minsk sowie das Sonderbataillon Dirlewanger vor Ort. Am Ende des mehr als zweiwöchigen Unternehmens waren nach eigenen Angaben 12 897 Menschen
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von der SS getötet worden. Unter den Opfern befanden sich allein 3300 Juden. 43 Die überwiegende Mehrzahl der jüdischen Opfer kam am 8. Februar bei der Vernichtung des Ghettos von Sluzk ums Leben. 44 Planung und Verlauf des Großunternehmens „Hermann“ im Sommer 1942 sind schließlich beispielhaft für die Jagd der SS auf jüdische Überlebende, die sich in der Hoffnung auf Sicherheit vor ihren deutschen Häschern in die schwer zugänglichen Wald- und Sumpfgebiete Weißrußlands zurückgezogen hatten. Der ebenfalls von der „Kampfgruppe von Gottberg“ realisierte Einsatz hatte eigentlich zwei Zielsetzungen. Einerseits war „Hermann“ von Beginn an als großangelegte Aktion zur Beschaffung von Zwangsarbeitern vorgesehen. Gottberg hatte dazu unmißverständlich angeordnet, daß laut „Führerbefehl die Erfassung von Arbeitskräften mit an erster Stelle steht“. Daher, so der SS-Führer, müsse „angestrebt werden, in erster Linie Gefangene zu machen“. 45 Auf der anderen Seite sollten die im ausgedehnten und schwer zugänglichen Naliboki-Wald vermuteten Partisanengruppen gestellt und bekämpft werden. Deren Stärke wurde aufgrund der Aufklärung der Sicherheitspolizei auf mehrere tausend Personen geschätzt. 46 Tatsächlich hatten Partisanengruppen dieses Urwald- und Sumpfgebiet als günstige Operationsbasis gewählt, bestanden dort doch ausgezeichnete Möglichkeiten, sich im Fall von Verfolgungen durch die Deutschen in das Innere des fast undurchdringlichen Waldes zurückzuziehen. Neben dem Kampf gegen die von dort operierenden sowjetischen und polnischen Partisanen richtete sich das Unternehmen gegen zwei jüdische Gruppen, die in der Region ihr Rückzugsgebiet gefunden hatten. Beide gehörten im Gefüge der osteuropäischen Partisanenbewegung zur besonderen Form der jüdischen Familienlager. Jene Gruppen bestanden nicht nur aus bewaffneten Kämpfern, sondern boten auch unbewaffneten Männern, Frauen und Kindern sowie älteren Menschen Schutz und eine vergleichsweise aussichtsreiche Perspektive für ein Überleben. 47 Die eine Partisanengruppe war die „Abteilung 106“ unter der Führung von Solomon Sorin. Zu ihr gehörten mindestens 600 jüdische Menschen, denen in den Monaten zuvor die Flucht vor der drohenden Vernichtung im Ghetto von Minsk geglückt war. 48 Die zweite Partisanengruppe war die sogenannte Kalinin-Abteilung unter dem Kommandeur Tuvia Bielski. Im Jahr 1906 in Stankiewicze, einem Dorf zwischen den Städten Nowogrudok und Lida im damaligen Rußland geboren, wuchs Bielski als zweitältester Sohn eines jüdischen Müllers und Kleinbauern zusammen mit neun Brüdern und zwei Schwestern auf. Nach dem Einmarsch der Deutschen im Sommer 1941 waren Tuvia und seine beiden Brüder Asael und Zus aufgrund der Denunziation eines weißrussischen Antisemiten gezwungen, unterzutauchen. Als Ende 1941 die Eltern in das gerade abgeschlossene Ghetto von Nowogrudok eingeliefert und kurz darauf bei einer Massenerschießung am 7. Dezember zusammen mit 4000 weiteren Juden ermordet wurden, entschlossen sich die Bielski-Brüder zum Widerstand. In einer Gruppe von anfangs nur 15 Personen, die meisten Familienangehörige und Freunde, bewaffnet mit einem Revolver und einer Maschinenpistole, lebten sie ab Mai 1942 dauerhaft in den Wäldern um Nowogrudok.
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Im Verlauf der folgenden Wochen wuchs die Partisanengruppe schnell auf etwa 100 Personen an. Zu ihrem Anführer ernannten die Juden Tuvia Bielski. Die bewaffneten Mitglieder der jüdischen Partisanen machten ab Sommer 1942 in der Umgebung Jagd auf bekannte weißrussische Antisemiten und Kollaborateure; außerdem waren sie ständig bemüht, das eigene Waffenarsenal zu vergrößern.49 Das vorrangige Ziel Bielskis war jedoch nicht der direkte Kampf gegen die Deutschen oder ihre einheimischen Unterstützer, sondern die Rettung möglichst vieler Menschen. Schon im Sommer 1942 hatte er eine Nachricht in das Ghetto von Nowogrudok schmuggeln lassen, in der er die dortigen Juden beschwor, in die Wälder zu flüchten und sich seiner Partisanengruppe anzuschließen. Auch in andere Ghettos der Umgebung schickte Bielski Boten, die vor der drohenden Vernichtung warnten und zahlreiche Männer, Frauen und Kinder jeden Alters in die Wälder begleiteten. Entscheidende Bedeutung für den Weiterbestand des jüdischen Familienlagers kam nicht zuletzt den in der Region operierenden sowjetischen Partisanengruppen zu. Immer wieder waren in der Vergangenheit jüdische Flüchtlinge durch antisemitisch orientierte Partisanen ermordet worden. Bielski gelang es mit viel diplomatischem Geschick, sich mit den Otriads der Region zu arrangieren. Halbwegs akzeptiert von den sowjetischen Partisanen, generell jedoch auf sich selbst gestellt, wuchs die Gruppe trotz der Verfolgungen durch die Deutschen bis Ende des Jahres 1943 auf mehr als 1200 Personen an. 50 Im Juli 1943 hatte Gottberg für die Partisanenjagd im Naliboki-Wald eine umfangreiche Streitmacht in einer Gesamtstärke von 8820 Mann zusammengezogen. Den Kern der Truppe bildeten die 1. SS-Brigade, das SS-Polizeiregiment 2, das Polizeischützenregiment 31 und Dirlewangers SS-Sonderbataillon. Außerdem kamen vier Schutzmannschaftsbataillone, vier Bataillone und eine Batterie der Oberfeldkommandantur 392 sowie verschiedene Gendarmeriezüge und Kommandos der Sicherheitspolizei zum Einsatz. 51 Nachdem starke Truppenverbände bis zum 25. Juli einen Umschließungsring errichtet hatten, begann am folgenden Tag der hauptsächlich durch die 1. SS-Brigade und das SS-Polizeiregiment 2 getragene eigentliche Vormarsch in das Waldgebiet. 52 Im Verlauf des Unternehmens gelang einer der Jagdeinheiten in einem Höhlenversteck die Ergreifung von 22 Frauen und Kindern. Die Festgenommenen, darunter zwölf Angehörige einer Partisanenabteilung jüdischer Flüchtlinge aus dem Minsker Ghetto, wurden von den Deutschen gefesselt und bei lebendigem Leibe verbrannt. 53 Die Bewohner des großen Familienlagers der Bielski-Partisanen waren dagegen durch eigene Posten rechtzeitig über das Herannahen des Feindes informiert worden. Als die SS sich dem Lager bedrohlich näherte, gab Bielski den Befehl zur Evakuierung. Unter der Führung von zwei ortskundigen Kämpfern brachen die Menschen zu einer beschwerlichen Flucht durch den Sumpf auf. Nach einem Marsch von sieben Tagen und Nächten erreichten die 700 Juden eine 12 Kilometer entfernte, mitten im Sumpfgebiet gelegene Insel, die sich als sicherer Zufluchtsort herausstellte. Tatsächlich konnten sie dort von den Deutschen nicht ausfindig gemacht werden. 54 Wie genau deren Kräfte aber über die Existenz der
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jüdischen Flüchtlinge in dem Waldgebiet informiert waren, erkannte Bielski, als er nochmals zu dem ursprünglichen Lager zurückkehrte, um dort die Lage auszukundschaften. In unmittelbarer Nähe der einstigen Unterkünfte streiften nun Deutsche durch den Wald. Um vermeintlich versteckte Juden in Panik zu versetzen und zum Aufspringen zu verleiten, riefen sie ständig: „Hurra, fangt die Juden! Fangt sie! Fangt sie!“ 55 Obwohl es den deutschen Mordeinheiten letztlich nicht gelungen war, die Bielski-Partisanen zu fassen, war die Zahl der Ermordeten auch bei diesem Großunternehmen hoch. Die Kleinstadt Naliboki hatten die Deutschen in Schutt und Asche gelegt, 17 Dörfer im Umkreis waren ebenfalls zerstört worden. Zum Ende des Einsatzes am 11. August waren trotz des Appells von Gottberg, hauptsächlich Gefangene für den Zwangsarbeitseinsatz zu machen, 4280 Menschen getötet worden. Daneben wurde von den Einheiten vor Ort die riesige Zahl von 20 954 Zivilpersonen gefangengenommen und zur Zwangsarbeit unter anderem ins Reich abtransportiert. 56 Die Flucht vieler anderer Juden endete häufig weit weniger glücklich als die Evakuierung des Familienlagers der gut organisierten Bielski-Partisanen. Johann M., ein Angehöriger der 1. SS-Brigade, erinnerte sich bei seiner Vernehmung 1964 an die Entdeckung eines kleinen Waldlagers, in dem etwa zehn Menschen lebten: „Bei diesem Partisaneneinsatz kamen wir in ein Wald- und Sumpfgebiet und da sahen wir Männer, Frauen und Kinder in einem Unterschlupf. Die Leute wurden aus ihrem Unterschlupf geholt. Sie haben sich nicht gewehrt und haben uns auch nicht beschossen. Ich kann nicht sagen, ob die Leute in dem Unterschlupf Waffen hatten. Ich selbst bin nicht direkt an den Unterschlupf herangekommen, weiß aber, daß drei Leute von einer unserer Kompanien bestimmt wurden, den Unterschlupf zu durchsuchen und bei den Leuten zurückzubleiben.“ 57 Beim Weitermarsch hörte M. Schüsse, und wenig später hatten auch die drei Zurückgebliebenen den Verband wieder eingeholt. Der Umstand, daß die SS-Einheit offenbar ein Versteck geflohener Juden aufgespürt hatte, erschließt sich aus einer Bemerkung des Zeugen. Er hatte beobachtet, wie die SS-Männer, die zur Erschießung der Gruppe zurückgeblieben waren, sich mit den aufgestöberten Menschen unterhielten. Diese Unterhaltung wird auf Deutsch beziehungsweise Jiddisch geführt worden sein, den zwei Sprachen, die wegen ihrer Ähnlichkeit eine Kommunikation zwischen den Mördern und ihren jüdischen Opfern ermöglichten. Das beschriebene Schicksal der Flüchtlingsgruppe haben allein in der Sowjetunion Tausende von Juden geteilt. Der Gesamtumfang der von den Deutschen auf dem Land Ermordeten ist allerdings kaum zu bestimmen. Nach Schätzungen machten allein in Weißrußland die geflohenen Juden mit 15 000 bis 30 000 Todesopfern zwischen fünf und zehn Prozent der Opfer der gesamten deutschen „Partisanenbekämpfung“ aus. 58
2. Die Beteiligung von Einheiten der Waffen-SS an der „Aktion Reinhard“ Nachdem ab Sommer 1941 schon ein großer Teil der Juden der sowjetisch besetzten Gebiete Ostpolens durch deutsche Mordkommandos im Rahmen immer neu-
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er Massenerschießungen getötet worden waren, setzte gegen Ende des Jahres die Ermordung der jüdischen Bevölkerung in den annektierten westpolnischen Gebieten ein. In Kulmhof in der Nähe von Litzmannstadt waren im November Vorbereitungen zur Errichtung eines Vernichtungslagers angelaufen. Am 8. Dezember fanden dort die ersten Vergasungen in einem der neuen, mit Fahrzeugabgasen betriebenen Gaswagen statt. 59 Zwischen Dezember 1941 und März 1943 und dann nochmals in einer kurzen Phase im Juni und Juli 1944 wurden in Kulmhof etwa 225 000 polnische Juden ermordet.60 Im Anschluß an die Absprachen der Wannsee-Konferenz lief im März 1942 auch im Generalgouvernement die Massenvernichtung an. Den Auftakt bildete, nach einem Treffen Himmlers mit Odilo Globocnik, dem SS- und Polizeiführer des Distrikts Lublin, im März die Liquidierung des dortigen Ghettos. In deren Verlauf wurden 30 000 Juden in das neu errichtete Vernichtungslager Belzec deportiert und dort ermordet. Es folgten weitere Vernichtungsaktionen im 1941 angegliederten Ostgalizien, von wo Juden ebenfalls nach Belzec deportiert oder gleich vor Ort bei Massenexekutionen getötet wurden. Anfang Mai setzten die ersten Deportationen aus dem Distrikt Lublin in das gerade fertiggestellte Vernichtungslager Sobibor ein; gegen Ende des Monats erreichten die ersten Transporte aus dem Distrikt Krakau die inzwischen erweiterte Mordeinrichtung von Belzec. 61 Der regional unterschiedlich angelaufene Vernichtungsprozeß wurde im Sommer durch Initiativen Himmlers wesentlich beschleunigt. Am 17. Juli besuchte der Reichsführer-SS den Lagerkomplex in Auschwitz und begutachtete dabei persönlich die Selektion und Ermordung von Juden in einer Gaskammer des Lagers Birkenau. Am nächsten Tag folgten in Lublin ausführliche Gespräche mit Globocnik und Krüger. In einem schriftlichen Befehl beauftragte er letzteren am 19. Juli mit der Einweisung eines Teils der arbeitsfähigen polnischen Juden in ausgesuchte Zwangsarbeitslager; daneben sollte die Ermordung der übrigen Juden des Generalgouvernements bis Jahresende abgeschlossen werden.62 Die SS hatte damit hinsichtlich der Entscheidungskompetenzen bei der Judenpolitik gegenüber der Zivilverwaltung eindeutig die Oberhand gewonnen. Fortan kam Krüger in Krakau und den SS- und Polizeiführern in den einzelnen Distrikten die entscheidende Bedeutung bei der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung zu. 63 Unmittelbar nach Himmlers Direktiven rollten die Deportationszüge aus allen fünf Distrikten in die Vernichtungslager. Für das polnische Judentum wurden die folgenden Monate die opferreichsten überhaupt. Allein zwischen März 1942 und Februar 1943 kostete die zu Ehren des von tschechischen Widerstandskämpfern getöteten Reinhard Heydrich unter dem Decknamen Aktion „Reinhard“ firmierende Vernichtungskampagne im Generalgouvernement ungefähr 1,27 Millionen polnischen Juden das Leben. 64 Selbst im Rahmen des organisierten Massenmords wurden die Juden im Generalgouvernement von ihren deutschen Mördern unter dem Vorwand der „Bandenbekämpfung“ umgebracht. Auf eine Einladung Hans Franks zu einer Besprechung über die Sicherheitslage reagierend, ließ Himmler Ende Mai 1943
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mitteilen, zu einer dauerhaften „Befriedung“ dieses Gebiets gehöre ganz wesentlich auch die Ermordung der letzten 250 000 noch lebenden Juden. Zwar würden die erforderlichen Maßnahmen nach Ansicht Himmlers für eine gewisse Zeit zweifellos auch einige „Unruhe hervorrufen“, gleichwohl sei damit so schnell wie möglich zu beginnen, denn nur nach Abschluß der Judenvernichtung sei, so der Reichsführer-SS, „die Voraussetzung für endgültige Ruhe gegeben“. 65 Einen Monat später holte Himmler anläßlich eines Vortrags über zukünftige Maßnahmen bei der Bekämpfung der Partisanen mit der gleichen Argumentation einer „Bandenbekämpfung“ in Polen auch das generelle Einverständnis Hitlers zur Realisierung der letzten Vernichtungsphase im Generalgouvernement ein. In der Folge wurden Zehntausende Menschen vor allem aus Zwangsarbeitslagern in den Distrikten Krakau und Galizien ermordet. 66 Bisher standen als Exekutoren der Vernichtung des polnischen Judentums hauptsächlich die Dienststellen der Sicherheitspolizei, einige Verbände der Ordnungspolizei, die berüchtigten Einheiten ukrainischer, lettischer und litauischer Kollaborateure des SS-Ausbildungslagers Trawniki sowie die Instanzen der deutschen Zivilverwaltung im Generalgouvernement im Fokus der historischen Forschung. 67 Im Verlauf der Aktion „Reinhard“ wurden jedoch auch immer wieder Einheiten der Waffen-SS herangezogen. In einer Aktennotiz vom Mai 1943 erwähnte Himmler, an Truppen der Waffen-SS seien im Generalgouvernement hauptsächlich Ersatzeinheiten in einer Größenordnung von immerhin 17 000 Mann stationiert. Diese Verbände fänden häufig bei „kürzeren Aktionen“ Verwendung und würden wie in Warschau auch gegen die Juden eingesetzt. 68 Beteiligt an der Ermordung der polnischen Juden waren unter anderem SS-Formationen, die als Ersatzverbände in enger Verbindung zu jenen Einheiten standen, die dem Kommandostab Reichsführer-SS truppendienstlich unterstellt waren. In Zamosc im Distrikt Lublin waren die Männer der SS-Reit- und Fahrschule in die Judenvernichtung involviert. Während die dort stationierte 3. Schwadron des 2. Reiterregiments im Sommer 1941 in der Sowjetunion zum Einsatz kam, blieb das unter dem Kommando von Sturmbannführer Josef Fritz, dem früheren Schwadronschef, stehende Personal der Reitschule in Zamosc stationiert. Mit jüdischen Zwangsarbeitern und dem von der Gemeinde erpreßten Geld wurde an Kasernen, Stallanlagen und einer riesige Reithalle weitergebaut. Schon seit dem 11. April 1942, im Verlauf der ersten Vernichtungsaktion gegen die jüdische Gemeinde von Zamosc, waren die Männer der SS-Einheit an Erschießungen vor Ort und an der Deportation von etwa 3000 Juden nach Belzec beteiligt. Allein der Rottenführer Pinkowsky, der zur Wachmannschaft eines jüdischen Zwangsarbeiterlagers gehörte, ermordete im Verlauf dieser Tage bis zu 90 Juden. Während einer zweiten Mordaktion erschoß er wenige Wochen später mit seiner Maschinenpistole alle Insassen des jüdischen Altersheims; dabei starben fast 40 Menschen. 69 Auf Anforderung Globocniks wurde ein SS-Kommando der Reitschule in der Folgezeit außerdem per Bahn nach Lublin gefahren und dort bei Massenerschießungen eingesetzt. 70
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Die erste großangelegte Vernichtungsaktion im Distrikt Radom fand Anfang August 1942 in der Distrikthauptstadt selbst statt. Zu diesem Einsatz wurde die in Radom stationierte Veterinärersatzabteilung der Waffen-SS herangezogen. 71 Als Veterinärkompanie für den Einsatzstab Reichsführer-SS war die Abteilung bereits am 28. April 1941 aufgestellt worden. Später war sie als Ersatzeinheit für alle in der Waffen-SS beschäftigten Veterinäre entsprechend erweitert worden. 72 In erster Linie kamen die Männer bei der gerade zur Division erweiterten SS-Kavallerie zum Einsatz. Kommandiert wurde die Ersatzabteilung von dem im Sommer 1942 39-jährigen Hauptsturmführer Dr. Heinrich Held. Nach der Kindheit und dem bestandenen Abitur in Dessau hatte Held in Jena und Halle Rechtswissenschaften studiert und war 1929 nach Berlin gegangen, wo er mit dem Studium der Veterinärmedizin begann, das er 1936 mit dem Staatsexamen abschloß. Nach verschiedenen tierärztlichen Tätigkeiten eröffnete Held im Dezember 1937 eine eigene Praxis in Biederitz bei Magdeburg. Mit der Machtübertragung an Hitler war der angehende Tierarzt als „Märzgefallener“ in die SA eingetreten und engagierte sich noch während seines Studiums in Berlin in den Jahren 1933 bis 1936 als Amtsleiter des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes. Im Mai 1933 war er auch in die SS eingetreten, wo er an einem Unterführerlehrgang bei der Leibstandarte teilnahm und dann in der Reiterstandarte 7 Dienst tat. Nach Kriegsbeginn wurde Held im Januar 1940 vom Oberabschnitt Spree zur WaffenSS einberufen. 73 Anfangs war er als Schwadronsveterinär der SS-Totenkopf-Reiterstandarte im Generalgouvernement stationiert; von dort wurde Held im August 1941 als Leiter der Veterinärabteilung zum Kommandostab versetzt, bevor er am 1. August 1942 mit sofortiger Wirkung zum Führer der Veterinärersatzabteilung in Radom bestimmt wurde. 74 In der Stadt lebten kurz vor dem deutschen Angriff auf Polen ungefähr 30 000 Juden; das entsprach einem Anteil von rund einem Drittel der Gesamtbevölkerung. 75 In der Folgezeit führte die Vertreibungspolitik in den annektierten Gebieten Westpolens zu einem weiteren Anwachsen der jüdischen Gemeinde, die Anfang April 1941 in zwei getrennten Ghettos von der Außenwelt abgeschlossen wurde. Im Stadtzentrum war seit März 1941 das zentrale Ghetto eingerichtet worden, daneben existierte ein weiteres, kleines Ghetto im Vorort Glinice. 76 Am frühen Morgen des 5. August 1942 begannen die Deutschen mit der Vernichtung der jüdischen Gemeinde von Radom. An diesem Tag wurde das kleinere Ghetto in Glinice liquidiert. 600 bis 700 Menschen wurden vor Ort erschossen. Gleichzeitig wurden bis zu 10 000 Juden aus Radom in die Gaskammern des Vernichtungslagers Treblinka deportiert. Bei der Liquidierung des großen Ghettos zwischen dem 16. und 18. August wurden 1500 Juden erschossen. Etwa 15 000 trieben die Deutschen in die Züge nach Treblinka. Während der beiden Ghettoliquidierungen gelang Hunderten von Juden die Flucht in die umliegenden Wälder. Viele der Menschen schlossen sich Partisanen an oder gründeten eigene Widerstandsgruppen.77 Die Männer der SS-Veterinärersatzabteilung waren sowohl am 5. August bei der Liquidierung des Ghettos in Glinice als auch bei den Einsätzen zur
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Vernichtung des großen Ghettos am 16. und 17. August beteiligt. Mojzesz Goldberg, ein jüdischer Überlebender, der zur Tatzeit unter anderem bei dieser Einheit in Radom Zwangsarbeit leisten mußte, wurde Zeuge der Mordaktionen in der Stadt. Er wußte darüber hinaus von der persönlichen Beteiligung der ihm bekannten SS-Veterinäre. Nach seiner Aussage waren Teileinheiten der SS-Abteilung auch bei Ghettoliquidierungen in anderen Orten des Distrikts eingesetzt. Mehrmals hörte er, wie sich die SS-Männer im Anschluß an die Vernichtungsaktionen mit der Zahl der von ihnen persönlich ermordeten Juden brüsteten. 78 In Warschau waren währenddessen die Deportationen nach Treblinka bereits seit zwei Wochen im Gang. Das Ghetto der damals größten jüdischen Gemeinde Europas wurde im Oktober 1940 auf Anweisung Ludwig Fischers, des deutschen Gouverneurs im Distrikt Warschau, errichtet. Seit dem 16. November umgaben die Deutschen das gesamte Areal mit einer hohen Mauer. Damit waren etwa 450 000 Juden in grauenvoller Enge auf der kleinen Fläche des ehemaligen jüdischen Arbeiterbezirks im Warschauer Norden konzentriert. 79 Ende Mai 1941, kurz bevor die Bevölkerung im Ghetto ihren Höchststand von 550 000 Menschen erreichte, war die Hälfte der Bewohner akut vom Hungertod bedroht. Im Vergleich zur Vorkriegssituation war die Sterblichkeitsrate unter den Juden Warschaus 1941 um das zehnfache gestiegen und erhöhte sich im folgenden Jahr auf das fünfzehnfache. Schon ein Jahr nach der Errichtung des Ghettos waren 100 000 Männer, Frauen und Kinder verhungert oder an Krankheiten und Entkräftung gestorben.80 Unmittelbar nach Himmlers Befehl zur Ermordung der nichtarbeitenden Juden des Generalgouvernements vom 19. Juli 1942 hatten die Deutschen im Ghetto gezielt Gerüchte gestreut, daß mehrere zehntausend Juden, die keine Arbeitsbescheinigungen vorweisen könnten, demnächst in Arbeitslager „im Osten“ transportiert werden sollten. Nachdem in der Folge ein riesiger Andrang auf jegliche Form von Arbeitstätigkeit und die vermeintlich rettenden Bescheinigungen eingesetzt hatte, tauchte am 22. Juli Sturmbannführer Höfle beim Judenrat auf und kündigte an, Menschen ohne Arbeitsbescheinigung würden nun „umgesiedelt“ werden. Nach dessen Weisung hatte der Judenrat die Deutschen bei den erforderlichen Maßnahmen zu unterstützen. Noch am selben Tag wurden 6000 Personen mit Güterzügen nach Treblinka gebracht. Seitdem wurden im Verlauf mehrerer Wochen täglich zwischen 5000 und 6000 Juden aus Warschau in den Tod geschickt. 81 Im Ghetto war man sich über das Schicksal der Mitmenschen noch im ungewissen. Zwar hatten in den vergangenen Monaten konkrete Nachrichten über die Massentötungen in Kulmhof oder die Ermordung der Lubliner Juden das Ghetto erreicht; wo aber die Züge aus Warschau wirklich hinfuhren, war bislang das Geheimnis der Deutschen geblieben. Wenige Tage nach Beginn der Deportationen verließ der Bundist Zalman Frydrych heimlich das Ghetto, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Ihm gelang es in kurzer Zeit, konkrete Belege für die massenhafte Ermordung der Menschen in Treblinka zu finden. 82 Als ab Ende Juli entgegen den ursprünglichen Zusicherungen zunehmend auch
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Personen deportiert wurden, die im Besitz der begehrten Bescheinigungen waren, gingen die Juden kaum mehr freiwillig zum Sammelplatz; vermehrt kam es auch zu Angriffen Einzelner auf die Deutschen und ihre Helfer. 83 So reichten bald die Sicherheitspolizisten der Warschauer Dienststelle, die berüchtigten Trawnikis sowie die im Verlauf der Deportationen auf ungefähr 300 Mann reduzierten Ghettopolizisten als Personal zur Organisierung der Deportationen nicht mehr aus. 84 Ein Verband, der von nun an als zusätzliche Verstärkung bei den immer gewalttätiger erzwungenen Deportationen mitwirkte, war der in der Stadt stationierte Reserveverband der SS-Kavalleriedivision. Die SS-Kavallerie-Ausbildungs- und Ersatzabteilung bestand zum großen Teil aus jungen Rekruten der Waffen-SS, die bei dieser Einheit ihre Grundausbildung absolvierten. Daneben umfaßte die Warschauer Abteilung eine Genesendeneinheit, bei der verletzte oder erkrankte SS-Reiter bis zur Wiederherstellung ihrer vollen Dienstfähigkeit eingegliedert waren. Die Ausbildungs- und Ersatzabteilung war aufgrund eines Befehls Jüttners im Zusammenhang mit der Umgliederung der beiden Totenkopf-Reiterstandarten in zwei Kavallerieregimenter am 26. Februar 1941 gegründet worden. Anfangs war die Abteilung in drei Schwadronen und einen zusätzlichen Maschinengewehr-Zug gegliedert. 85 Im Juli 1942 wurde der Zug als Stamm der vom SS-Führungshauptamt befohlenen Neuaufstellung einer kompletten Maschinengewehr-Ersatzschwadron verwendet. Zusammen wiesen der Stab sowie die vier Ersatzschwadronen im Sommer 1942 einen Gesamtbestand von ungefähr 1000 SS-Männern auf. Naturgemäß schwankte die Mannschaftsstärke der Abteilung jedoch stark, da ausgebildete Rekruten regelmäßig an den Kavallerieverband abgegeben wurden und dafür Ersatz in ganz unterschiedlicher Zahl eintraf. Auch der Bestand der Genesendenkompanie wechselte ständig und konnte zwischenzeitlich mehrere hundert SS-Männer umfassen.86 In den letzten Wochen der Ghettoliquidierung wurden zur Zusammentreibung und Eskortierung der Warschauer Juden zum sogenannten Umschlagplatz junge Rekruten der SS-Kavallerieabteilung wie der 18-Jährige Kurt B. eingesetzt. In Kiel im Oktober 1923 geboren, besuchte B. die Grund- und Realschule und begann nach dem Erreichen der Mittleren Reife 1941 eine kaufmännische Lehre. Seine Berufsausbildung schloß der junge Mann jedoch nicht mehr ab. Grund dafür war seine freiwillige Meldung zur Waffen-SS. Im Alter von 18 Jahren wurde B. Anfang August 1942 zur Kavallerie-Ausbildungs- und Ersatzabteilung nach Warschau einberufen. Schon nach wenigen Tagen kam er um den 7. September mit seiner Einheit erstmals zum Einsatz. Um 5.00 Uhr morgens wurden die Rekruten durch Alarm geweckt; dann wurde an B. und die übrigen angetretenen Männer scharfe Munition ausgeteilt. Einige Unterscharführer unterwiesen sie, wie die im Umgang mit Waffen noch völlig unerfahrenen Männer ihre Gewehre zu laden und zu halten hätten; anschließend verließ die Einheit die Unterkunft. Auf dem Marsch sickerte gerüchteweise durch, daß ein Einsatz im jüdischen Ghetto bevorstünde und tatsächlich marschierte die Truppe kurze Zeit später in das ummauerte Areal ein. 87 Dort angekommen, wurden die Männer in ihre
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eigentlichen Aufgaben eingewiesen. Sie hatten in dem ihnen zugewiesenen Bereich sämtliche Häuser zu durchsuchen und alle Juden gleich welchen Alters, die in den Wohnungen, Kellern und Dachböden sowie auf den Straßen des Ghettos angetroffen wurden, zum Umschlagplatz zu bringen. Gewalt, so wurde den Männern vermittelt, sei anzuwenden, sobald sich Juden ihrer Festnahme widersetzten. 88 Der beschriebene, relativ genau datierbare Einsatz fand während der abschließenden Räumung des Zentralghettos nach dem 5. September statt. Bis dahin waren 241000 Warschauer Juden in Treblinka ermordet worden. Bis zum Abschluß der Deportationen am 12. September folgten weitere 70 000 Menschen. In der letzten Phase wurden auch die Krankenhäuser geräumt, nicht transportfähige Personen vor Ort erschossen und die übrigen Patienten mit ihren Krankenschwestern, Pflegern und Ärzten zu den Deportationszügen getrieben. 89 Wie sich aus den Angaben ehemaliger Einheitsangehöriger entnehmen läßt, war der Einsatz von Mannschaften der Ausbildungs- und Ersatzeinheit eindeutig keine einmalige Angelegenheit. Vielmehr scheinen die jungen Rekruten mit wechselndem Mannschaftsbestand faktisch täglich im Ghetto eingesetzt gewesen zu sein. 90 Nachdem die Deportationen am 12. September endeten, waren innerhalb weniger Wochen mit Unterstützung der Männer der Warschauer SS-Abteilung mindestens 310 000 Menschen und damit der mit Abstand größte Teil der jüdischen Gemeinde Warschaus in Viehwaggons nach Treblinka deportiert und dort in den Gaskammern ermordet worden. Gleichzeitig erschossen die Deutschen während der Zusammentreibungen 5961 Menschen vor Ort im Ghetto. 91 Nach Beendigung der Massendeportationen dauerte der Einsatz der Waffen-SS sogar noch an. Ein Kommando von etwa zwanzig Angehörigen der Genesendenkompanie der Kavallerieabteilung wurde im Rahmen eines mehrwöchigen Einsatzes mit der Sicherstellung der Besitztümer der deportierten Juden beauftragt. Zu diesem Zweck wurden den SS-Männern einige hundert jüdische Zwangsarbeiter zugeteilt. Jeweils zwei Deutsche beaufsichtigten 30 bis 40 Juden, die Möbel und andere Güter der Ermordeten aus den menschenleeren Häusern der geräumten Ghettobereiche auf die Straße tragen und von dort zu einem zentralen Sammelplatz transportieren mußten. Ausgiebig nutzten die SS-Reiter dabei die Gelegenheit zur persönlichen Bereicherung. So wurden vier Wochen nach Beginn des gesamten Einsatzes im Zuge einer SS-internen Durchsuchung der Quartiere bei mehreren der eingesetzten Männer Geldbeträge und andere Wertgegenstände beschlagnahmt, die diese sich entweder persönlich in den Wohnungen angeeignet oder aber von den Juden des Arbeitskommandos erpreßt hatten. Zudem wurde im weiteren Verlauf der Untersuchung einer der Soldaten zum Tode verurteilt, als sich herausstellte, daß der SS-Reiter ein sexuelles Verhältnis mit einer der jüdischen Zwangsarbeiterinnen unterhalten hatte. 92 Neben den Einsätzen der drei Ersatzabteilungen der Kavalleriedivision in den Distrikten Lublin, Radom und Warschau war mit dem in Debica stationierten Stammbataillon ein weiterer Verband der Waffen-SS im Distrikt Krakau bei der
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Ermordung der dortigen jüdischen Bevölkerung im Einsatz. Zwar existierte im Fall dieser Einheit kein truppendienstliches Unterstellungsverhältnis unter den Kommandostab Reichsführer-SS, dessen Brigaden und einzelne Regimenter hatten den Truppenübungsplatz Debica jedoch wiederholt für die Ausbildung oder die personelle Auffrischung eigener Verbände in Anspruch genommen. Rekruten der 1. SS-Infanteriebrigade wurden im Frühjahr 1942 Zeugen der mörderischen Behandlung von Insassen des Judenlagers Debica, das sich auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes befand. Ein SS-Angehöriger beobachtete die zahlreichen Toten, die nach Zwangsarbeitseinsätzen in das Lager zurückgetragen werden mußten. Ein anderer sah eines Tages, wie SS-Wachmänner einen jüdischen Mann auf einen Baum trieben, um ihn von dort herunterschießen zu können. 93 Obersturmbannführer Deutsch, der Kommandeur der dortigen Rekrutenabteilung, verbot den angehenden SS-Soldaten im Mai 1942 weitere Streifzüge über den Truppenübungsplatz und begründete die Regelung folgendermaßen: „Es fällt auf, daß noch nicht eingekleidete Rekruten in Zivil wahllos im Lager herumlaufen. Ich habe festgestellt, daß sie sich zum Teil – wahrscheinlich aus Neugier – zu den Juden- und Polenabteilungen heranstellen. Sie behindern hierdurch nicht nur die Posten bei ihrer Dienstaufsicht, sondern setzen sich damit der Gefahr der Erschießung durch Verwechslung aus.“ 94 Das in Debica stationierte Bataillon war Ende Oktober 1941 auf Befehl des SS-Führungshauptamtes im Zuge der Errichtung eines sowjetischen Kriegsgefangenenlagers und der Erweiterung des Übungsgeländes aufgestellt worden. Dazu war ein Großteil der bisher bereits zum Standort gehörenden SS-Einheiten zu dem Bataillon zusammengefaßt worden. Die neu gebildete Einheit war dem Kommandanten des Truppenübungsplatzes der Waffen-SS, Standartenführer Paul Nostitz, unterstellt. 95 Die Ermordung der Juden im Distrikt Krakau begann Ende Mai 1942. Den Auftakt in der gesamten Region bildete eine Vernichtungsaktion in der Hauptstadt des Generalgouvernements. Das Ghetto von Krakau war seit dem 29. Mai von Personal der Sicherheitspolizei, von Schutzpolizei und von Teileinheiten des SS-Stammbataillons aus Debica systematisch durchsucht worden. Dabei wurde die jüdische Bevölkerung selektiert. Im Verlauf der folgenden Tage bis zum 8. Juni wurden mindestens 300 Menschen vor Ort erschossen und etwa 7000 Juden nach Belzec deportiert und dort ermordet. Danach wurden die Ghettoliquidierungen im gesamten Distrikt fortgesetzt. 96 Nur drei Tage nach Abschluß der ersten Deportationen aus Krakau begann die Judenvernichtung in Tarnow. Vor Kriegsbeginn lebten in der 70 Kilometer östlich von Krakau gelegene Stadt 25 000 Juden, die damit mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachten. Zwar waren im Krieg 1939 viele Juden nach Osten geflohen; dafür hatten im Gegenzug zahlreiche Flüchtlinge aus westlicheren Regionen dort Zuflucht gesucht. Trotz zahlreicher antijüdischer Maßnahmen der Deutschen war bis zum Beginn der Mordaktionen in der Stadt kein Ghetto errichtet worden.97 Zum Auftakt der Vernichtung trieben die deutschen Einsatzkräfte unter Beteiligung von Mannschaften des SS-Bataillons aus Debica am 11. Juni etwa
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8000 Juden zusammen, die im Anschluß nach Belzec deportiert wurden. 98 Außerdem organisierte die 1. Kompanie des Bataillons unter Hauptsturmführer Kleinow am gleichen Tag eine „örtliche Aussiedlung“, ein Euphemismus für die vor Ort vorgenommenen Massenerschießungen. Dazu trieb die Waffen-SS gesondert alte und gebrechliche Juden zusammen, lud sie in bereitstehende Lastwagen und fuhr die Menschen in ein vor der Stadt gelegenes Waldgelände, wo bereits große Gruben ausgehoben worden waren. Nach dem Verlassen der Lastautos mußten sich alle Juden nackt ausziehen; dann wurden sie von den SS-Männern in die Gruben getrieben und mit Genickschüssen ermordet. Auf diese Weise wurden am 11. Juni neben den Deportierten ungefähr 4000 Juden von der Waffen-SS vor Ort erschossen.99 Ein Brief des Kompanieführers Johannes Kleinow belegt, daß die Mordaktionen nicht nur in den Städten, sondern auch in zahlreichen Dörfern stattfanden. Der SS-Offizier schrieb dazu am 12. Juni 1942 an seine Ehefrau: „Liebe Grete! In den letzten Tagen konnte ich nicht an Dich schreiben, wir waren in der Gegend von Tarnow auf Judentreibjagd. Morgens um 1 hiess es heraus aus den Betten, die Dörfer umstellen und die Juden zusammentreiben. Tolle Dreckjuden sage ich Dir. Gestern wars am Schlimmsten. 3600 haben wir geholt, Männer, Weiber und Kinder. Bei diesem in Lumpen gehüllten Pack haben wir schätzungsweise ¼ Million Mark und viele goldene Uhren und Schmuck gefunden.“ 100 Zwischen dem 15. und 18. Juni kam es in Tarnow zu neuen Deportationen nach Belzec; gleichzeitig wurden vor Ort weitere Massenerschießungen ausgeführt, an denen die Waffen-SS wahrscheinlich ebenfalls beteiligt war. Am 19. Juni errichteten die Deutschen dann ein Ghetto, drei Monate später wurde die nächste „Aussiedlung“ organisiert. Dazu wurden die Juden durch das Personal der Außenstelle des Kommandeurs der Sicherheitspolizei, der Gendarmerie und einer Einheit des SS-Bataillons am 10. September einer Selektion unterzogen, nach deren Abschluß 8000 Juden ohne Arbeitsbescheinigungen in das Vernichtungslager Belzec deportiert wurden. Bis zur endgültigen Auflösung des Ghettos in Tarnow Anfang September 1943 fanden weitere Vernichtungsaktionen statt, bei denen der Anteil der Waffen-SS jedoch nicht eindeutig bestimmbar ist. 101 Für die Männer des SS-Bataillons folgte seit dem 7. Juli 1942 ein Einsatz in dem nur 40 Kilometer östlich von Debica gelegenen Reichshof. Die dortige jüdische Gemeinde zählte bei der Eroberung 14 000 Personen. Im Ostteil der Stadt wurde im Januar 1942 ein abgeschlossenes Ghetto errichtet, in dem, inklusive der aus umliegenden Orten nach Reichshof gezwungenen Familien, sechs Monate später etwa 23 000 Juden lebten. 102 Neben dem Personal der örtlichen Außendienststelle der Sicherheitspolizei und der wahrscheinlich ebenfalls beteiligten 1. Kompanie des Polizeibataillons 307 drangen am 7. Juli auch die Soldaten der von Hauptsturmführer Kleinow geführten 1. Kompanie des Bataillons aus Debica in das Ghetto ein. Dessen Einheit hatte den größten Anteil an der Zusammentreibung und Selektion der jüdischen Bewohner. 103 Engagiert beteiligten sich die SSMänner auch an der Durchsuchung nach verborgenen Wertgegenständen. Für die Leibesvisitation mußten sich Männer und Frauen jeden Alters nackt auszie-
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hen; bei der anschließenden Überprüfung bezogen die Deutschen auch die Geschlechtsteile der Jüdinnen in die Suche mit ein. 104 Im weiteren Verlauf des Tages lud die Waffen-SS 300 transportunfähige Juden auf bereitstehende Lastwagen, mit denen die alten und kranken Menschen in das vor der Stadt gelegenen Głogówer Wäldchen transportiert wurden. Dort mußten sich die Juden entkleiden und in die vorbereiteten Gruben legen, wo Erschießungskommandos der SS-Kompanie die Menschen ermordeten. 105 Inzwischen waren in der Stadt etwa 15 000 Juden zusammengetrieben worden. Die Menge wurde am Nachmittag zu einem Zug formiert und in Richtung des 1,5 Kilometer entfernten Güterbahnhofs getrieben; dabei schossen die Männer von Kleinows Einheit immer wieder in die Menge. Nach der Deportation nach Belzec säumten 360 Leichen die kurze Wegstrecke zwischen Ghetto und Güterbahnhof. Darunter befanden sich allein 90 Kinder. 106 In Przemysl kam die Waffen-SS Ende Juli 1942 zum Einsatz. Die am San gelegene Stadt mit ihren ungefähr 60 000 Einwohnern wurde zwei Wochen nach der ersten Besetzung durch die Wehrmacht am 14. September 1939 zwischen Deutschen und Sowjets aufgeteilt. Der Fluß markierte dann für die nächsten knapp zwei Jahre die Grenze zwischen dem Generalgouvernement und dem sowjetisch besetzten Ostpolen. Von der ehemals 24 000 Personen zählenden jüdischen Gemeinde wurden auf sowjetischer Seite im Frühjahr 1940 7000 Juden in andere Landesteile deportiert. Nach der Wiederbesetzung des Ostteils der Stadt durch die Deutschen am 28. Juni 1941 umfaßte die gesamte Gemeinde etwa 17 000 Juden. Bis in den Sommer 1942 wurden noch etwa 5000 Juden aus der Umgebung nach Przemysl gebracht; danach wurde am 14. und 15. Juli ein Ghetto errichtet und von der Außenwelt abgeschlossen.107 Die erste Vernichtungsaktion sollte dort am 27. Juli anlaufen. Allerdings kam es bereits am Vortag seitens der Wehrmacht zu einer völlig außergewöhnlichen Reaktion. Major Max Liedtke, der Ortskommandant von Przemysl, protestierte am 26. Juli bei den zuständigen SS-Dienststellen scharf gegen die ohne Absprachen vorbereitete Teilräumung des Ghettos und erreichte über eine Intervention beim Militärbefehlshaber im Generalgouvernement im Laufe des Tages die Zusage des SS- und Polizeiführers in Krakau, daß die bei der Wehrmacht beschäftigten Juden verschont werden würden. Liedtkes Adjutant, Oberleutnant Dr. Albert Battel, ließ bis zu dieser Zusage sogar die wichtige Brücke über den San für jegliche SS- oder Polizeifahrzeuge sperren. Mit einem Trupp Soldaten brach er außerdem persönlich ins Ghetto auf, um dort etwa 100 jüdische Zwangsarbeiter abzuholen und sie zu ihrem Schutz in Wehrmachtsunterkünfte zu bringen. 108 Die SS ließ es an diesem Tag bei der kleinen Niederlage bewenden. Daß das in Debica angeforderte Bataillon der Waffen-SS offenbar noch nicht in der Stadt eingetroffen war, mochte sich dabei für Battel und die von ihm geretteten Juden als glücklicher Umstand erwiesen haben. Im Anschluß an ein offenbar mit dem Ortskommandanten geführtes Gespräch legte Hauptsturmführer Martin Fellenz, der Stabsführer des SS- und Polizeiführers im Distrikt Krakau, einen Aktenver-
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merk an, in dem er notierte: „Ich habe ihm [Major Liedtke] zu verstehen gegeben, daß, wenn das SS-Batl. aus Debica gekommen wäre, dieses die Brücke passiert hätte.“ 109 In den nächsten Tagen war der SS-Verband dann bei drei aufeinanderfolgenden Teilräumungen des Ghettos im Einsatz. Wie deutsche Zeugen bestätigten, waren die Soldaten der Waffen-SS sowohl am 27. Juli bei der Deportation von 6500 Juden nach Belzec als auch am 31. Juli und am 3. August an der Zusammentreibung von jeweils 3000 Juden für weitere Transporte dorthin beteiligt. 110 In den folgenden Wochen und Monaten nahm das Bataillon an weiteren Vernichtungsaktionen im gesamten Distrikt teil. Aus Krosno wurden um den 10. August über 2500 Menschen nach Belzec deportiert. Die wenigen verbleibenden Juden wurden am 4. Dezember unter erneuter Beteiligung der Waffen-SS aus Debica ermordet. 111 Die etwa 8000 Personen zählende jüdische Gemeinde von Wieliczka wurde am 28. August vernichtet. Ein Großteil wurde in Belzec vernichtet; alte und kranke Menschen erschossen die SS-Soldaten außerhalb der Stadt. 112 Aus Wolbrom wurden am 5. September 5000 Menschen in den Tod im Vernichtungslager deportiert; bis zu 2000 alte und gebrechliche Juden wurden vor Ort ermordet. 113 Ebenfalls im September realisierte das Stammbataillon zudem mindestens eine Vernichtungsaktion in Dabrowa.114 Da bei vielen weiteren Ghettoräumungen im Distrikt Krakau kaum Hinweise auf das eingesetzte Personal existieren, ist zu vermuten, daß der SS-Verband an weiteren derartigen Einsätzen beteiligt war. Werden nur die Opfer der beschriebenen Vernichtungsaktionen zusammengezählt, ergibt sich, daß das Bataillon bei der Deportation von etwa 60 000 Männern, Frauen und Kindern mitwirkte. Darüber hinaus war die Einheit für die Ermordung von mindestens 8000 alten und kranken Juden vor Ort verantwortlich. Schon allein mit den Einheiten der SS-Kavallerie aus Lublin, Radom und Warschau sowie dem Stammbataillon aus Debica war die Waffen-SS in vier der fünf Distrikte des Generalgouvernements zentral an der Vernichtung der jüdischen Gemeinden beteiligt. Obwohl die besagten Verbände kein speziell für den Judenmord ausgebildetes Personal darstellten, zählten die regionalen Organisatoren der ‚Endlösung‘ trotzdem darauf, daß die Einheiten die an sie gestellten Aufgaben komplikationsfrei ausführen würden. Wie der Verlauf der Mordeinsätze zeigt, wurde diese Erwartung erfüllt. Fälle, bei denen es seitens der eingesetzten Mannschaften im Verlauf der Ghettoliquidierungen zu irgendwelchen disziplinarischen Problemen kam, sind in keinem einzigen Fall überliefert.
3. Die Niederschlagung des Jüdischen Aufstands im Warschauer Ghetto Am frühen Morgen des 19. April 1943 griffen jüdische Kämpferinnen und Kämpfer deutsche SS-Truppen an, die an diesem Tag in das Warschauer Ghetto einmarschiert waren, um die 70 000 bislang Überlebenden teils direkt in die Gaskammern oder vorübergehend in die neu errichteten Zwangsarbeitslager der SS im Distrikt Lublin zu deportieren. 115 Der Angriff auf die deutschen Truppen war der
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Beginn des ersten großen Aufstands im deutschbesetzten Europa überhaupt. Die Revolte währte entgegen erster vollmündiger Ankündigungen der SS mehrere Wochen und konnte offiziell erst Mitte Mai niedergeschlagen werden. Bislang hat sich die historische Forschung nur am Rande mit den Truppen beschäftigt, die bei der brutalen Bekämpfung des bewaffneten Widerstands der Warschauer Juden beteiligt waren. 116 Wie schon bei der Deportation des Großteils der Gemeinde im Sommer 1942 war auch bei den Kampfhandlungen und den zahllosen Greueltaten der Deutschen im Frühjahr 1943 die SS-Kavallerie-Ausbildungs- und Ersatzabteilung beteiligt. Sie wirkte bei der Bekämpfung der Aufständischen, der Suche nach Versteckten oder der Zusammentreibung gefangener Juden zur Deportation mit. Daneben war mit dem zur Division „Totenkopf“ gehörenden SSPanzergrenadier-Ausbildungs- und Ersatzbataillon 3 ein weiterer in Warschau stationierter Ersatzverband der Waffen-SS eingesetzt. 117 Nach der großen Deportationswelle des Sommers 1942 waren im Ghetto offiziell 35 000 meist junge Frauen und Männer zurückgeblieben. Sie wurden als Zwangsarbeiter in den kriegswichtigen deutschen Betrieben eingesetzt. Zudem konnten sich etwa 25 000 weitere Warschauer Juden der Deportation entziehen. Zusammen mit einigen tausend Menschen, die in den folgenden Monaten noch ins Ghetto flohen, lebten sie untergetaucht in Verstecken innerhalb des ursprünglichen ummauerten Wohnbereichs. Für die verbliebenen Juden wurde das Ghetto in vier voneinander abgetrennte Bereiche geteilt. Im nördlichen Teil lag das Zentralghetto; in einem südöstlich daran anschließenden Häuserblock befanden sich die Bürstenbinderwerkstätten. Getrennt durch zahlreiche Häuserblocks, die seit den Deportationen unbewohnt waren, lagen südlich vom Zentralghetto die Werkstätten der für die Wehrmacht produzierenden Betriebe von Toebbens, Schultz, Schilling und Röhrich. Nochmals weiter südlich lagen im ehemaligen kleinen Ghetto weitere Werkstätten des Unternehmers Walter Toebbens. 118 Unter dem Eindruck der Deportationen war auf jüdischer Seite am 28. Juli 1942 bei einem gemeinsamen Treffen der drei linkszionistischen Jugendverbände Haschomer Hazair, Dror-Hechaluz und Akiva die „Jüdische Kampforganisati˙ OB (Z ˙ ydowska Organizacja Bojowa) gegründet worden. In den folgenden on“ Z ˙ OB außerdem der sozialistische Bund, die KomWochen schlossen sich der Z munisten sowie zionistische Organisationen wie die linke Poale Zion an. 119 Als der 22-jährige Mordechai Anielewicz im November von einer Reise in verschiedene polnische Ghettos zurückkehrte, wo er die Idee des bewaffneten Widerstands in den dortigen Gemeinden gefördert hatte, wurde er zum Anführer der Kampforganisation gewählt. 120 Den jungen Männern und Frauen gelang das nicht für möglich gehaltene Kunststück, Sozialisten, Kommunisten und Zionisten in einer einzigen Widerstandsorganisation zu vereinen. In der Folge wurden Planungen für die militärische Erhebung entworfen und ein Hauptquartier eingerichtet, von dem aus die anstehenden Aufgaben koordiniert wurden. Handzettel und Plakate wurden verteilt, um die Menschen über die Existenz des Vernich-
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tungslagers Treblinka sowie das nahe Ende des Ghettos in Kenntnis zu setzen und von der Notwendigkeit von Widerstand zu überzeugen. 121 Darüber hinaus entsandte die jüdische Widerstandsorganisation eine Delegation in den „arischen“ Teil Warschaus, die dort Kontakt zur polnischen Armia Krajowa aufnehmen und Möglichkeiten zur weiteren Konkretisierung des Auf˙ OB war die Beschaffung stands sondieren sollte. Das drängendste Problem der Z von Waffen. Während die polnischen Kommunisten der Volksgarde die Z˙OB mit Zuwendungen aus dem eigenen, bescheidenen Waffenfundus unterstützten, bleiben ihr die umfangreichen Depots der Armia Krajowa weitgehend verschlossen. Die erste Lieferung der Heimatarmee im Dezember 1942 bestand aus zehn alten Pistolen und einem winzigen Vorrat an Munition. 122 So waren die Mitglieder der ˙ OB gezwungen, die meisten Waffen zu horrenden Preisen auf dem SchwarzZ markt zu kaufen. Viel zu selten gelang es, Pistolen oder Munition bei den Deutschen zu entwenden. 123 ˙ OB bereitete sich der im Herbst 1942 gegründete „Jüdische MiNeben der Z ˙ ZW (Z ˙ ydowski Zwiazek Wojskowy) auf den bewaffneten Kampf litärbund“ Z ˙ ZW war die bewaffnete Organisation der Rechtsgegen die Deutschen vor. Der Z ˙ ZW kamen aus deren Jugendorganisation Betar. 124 zionisten; viele Kämpfer des Z Pawel Frenkel, einem Journalisten und langjährigem Mitglied der Betar, wurde ˙ ZW übertragen; an seiner Seite standen David Apfeldas Kommando über den Z baum, ein Oberleutnant der polnischen Armee, und Leon Rodal. 125 Der gesamte Militärbund bestand im April 1943 aus etwa 400 Kämpfern, die militärisch auf vergleichsweise guten Voraussetzungen aufbauen konnten. Dem Z˙ZW gehörten zahlreiche Offiziere der ehemaligen polnischen Armee an, die bei der Vorbereitung des Aufstands auf ihre militärische Ausbildung zurückgreifen konnten. Zur Armia Krajowa bestanden persönliche Kontakte auf unteren Ebenen, über die eine Versorgung mit Waffen und Munition leichter realisiert werden konnte. 126 Besonders der polnische Offizier Henryk Iwan´ski, Kommandeur des Korpus Bezpieczen´stwa (Sicherheitskorps) der Armia Krajowa, hielt engen Kontakt ˙ ZW, ließ von seinen Männern wiederholt Waffen ins Ghetto schmuggeln zum Z und nahm mit seiner Gruppe selbst an den Kämpfen teil. 127 Schon frühzeitig hatte ˙ ZW außerdem aufwendig konstruierte Tunnel auf die „arische“ Seite gegrader Z ben, durch die nicht nur Waffen ins Ghetto, sondern auch eine Vielzahl jüdischer Bewohner auf die andere Seite in Sicherheit gebracht werden konnten. 128 ˙ OB und Z ˙ ZW wurden im Vorfeld des Aufstands vielfältige AbZwischen Z sprachen getroffen. Zudem fanden Verhandlungen über einen organisatorischen Zusammenschluß statt, die bis zum Ausbruch des Aufstandes jedoch nicht mehr zu einem erfolgreichen Abschluß gebracht werden konnten. Beide Organisationen hatten allerdings schon vor Beginn der Kämpfe das Ghettogelände strategisch aufgeteilt und informierten einander laufend über die eigenen Stellungen und das geplante Vorgehen. 129 Der Aufstand wurde jedoch längst nicht nur von den Kampforganisationen getragen, sondern umfaßte vielfältige weitere Widerstandsformen. Aus der Verzweiflung über den Verlust der Angehörigen bei den
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Deportationen des Spätsommers 1942 und der Erkenntnis, daß das Leben im Ghetto nur ein sehr vorläufiger Aufschub sein würde, entwickelte sich ein allgemeines Bewußtsein über die Notwendigkeit von Widerstand gegen die deutschen Mörder. So begannen sich zahlreiche Bewohner auf unterschiedlichste Weise zu bewaffnen. Einzeln oder in kleineren Gruppen leisteten sie den Deutschen seit dem 19. April auf eigene Faust erbitterte Gegenwehr. Fast geschlossen hatten sich die Menschen außerdem entschieden, sich einer Deportation so lange wie möglich zu widersetzen. In Wohnungen, Kellern und auf Dachböden wurden Tausende von Verstecken angelegt, in die sich die Ghettobewohner beim Herannahen der Deutschen zurückziehen würden. Im Vorfeld wurden umfangreiche Vorräte angelegt, die ein möglichst langes Ausharren ermöglichen sollten. 130 Während der intensiven Widerstandsvorbereitungen besuchte Himmler am 9. Januar 1943 Warschau. Er befahl, das Ghetto endgültig aufzulösen. Zumindest 8000 der bisher verbliebenen Juden sollten in naher Zukunft deportiert werden. 131 Um der Anordnung nachzukommen, drangen neun Tage später deutsche Kräfte in das Ghettoareal ein und begannen, die nicht registrierten Bewohner festzunehmen und abzutransportieren. Einem Teil der überraschten Kämpfer ˙ OB gelang es noch, sich zu sammeln und unter die zur Deportation abgeder Z führte Menschenmenge zu mischen. Aus dem Zug der Todgeweihten griffen sie die Deutschen mit Pistolen und Handgranaten an. Zahlreiche Kämpfer wurden dabei getötet; als einer der wenigen konnte Mordechai Anielewicz entkommen. ˙ OB-Kampfgruppen Haus für Haus In den folgenden Tagen verteidigten die Z gegen die vordringenden Deutschen, bis diese sich am 22. Januar aus dem Ghetto zurückzogen. Statt der befohlenen Deportation von 8000 konnten nur etwa 5500 Juden abtransportiert werden; etwa 1000 Juden kamen bei Kämpfen und den zahlreichen Exzessen der SS ums Leben. 132 Der eigentliche Wert der Januarrevolte war aber der gewaltige Eindruck, den die Ereignisse unter der Ghettobevölkerung hinterlassen hatten. Der deutsche Abzug wurde als eindeutiger Sieg interpretiert; dadurch erfuhr die Widerstandsidee nochmals wesentlichen Zuspruch. Seitdem hatte der Judenrat fast jegliche Autorität verloren, die faktisch durch die Präsenz der Kampforganisationen ersetzt wurde. 133 Himmler befahl dann am 16. Februar die endgültige Auflösung des Warschauer Ghettos. Ferdinand von Sammern-Frankenegg, der SS- und Polizeiführer von Warschau, sollte die Aktion leiten. Krüger traute seinem Untergebenen die Bewältigung der Aufgabe jedoch nicht recht zu. Aus diesem Grund hatte er mit Einwilligung Himmlers vorsorglich schon SS-Brigadeführer Jürgen Stroop nach Warschau befohlen; bei einem Versagen des Warschauer SS- und Polizeiführers sollte er sofort dessen Stellung einnehmen. 134 Sammern-Frankenegg war der Ansicht, der an ihn gestellte Auftrag könne mit den in Warschau stationierten SSund Polizeikräften innerhalb von drei Tagen ausgeführt werden. Einige Tage vor der geplanten Aktion befahl er die Kommandeure der in der Stadt stationierten SS-Kavallerie-Ausbildungs- und Ersatzabteilung und des SS-PanzergrenadierAusbildungs- und Ersatzbataillons 3 zu sich und setzte beide Offiziere davon in
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Kenntnis, daß deren Mannschaften das Gros der Truppen für die geplante Liquidierung des Ghettos zu stellen hätten. 135 Bedenken im Hinblick auf die Verwendung der jungen, unerfahrenen Rekruten bei dem erwartungsgemäß als sehr hart einzuschätzenden Einsatz scheint Sammern-Frankenegg nicht gehabt zu haben. Kommandeur der Warschauer Abteilung des Kavallerieverbandes war erst kurz zuvor Hauptsturmführer Wilhelm Plänk geworden. Bereits früher hatte der SS-Führer umfangreiche Erfahrungen beim Judenmord gesammelt. Plänk, 1911 in Ratingen geboren und nach einer kaufmännischen Lehre im Februar 1933 freiwillig in die SS eingetreten, war Ende September 1939 mit den ersten Einheiten der SS-Kavallerie nach Polen gekommen. Seit Dezember 1939 war er Kommandeur der 3. Schwadron der Totenkopf-Reiterstandarte. 136 In der neu gegliederten Brigade führte Plänk im September 1941 die 7. Schwadron der Radfahr-Aufklärungsabteilung beim Vernichtungszug gegen die jüdische Bevölkerung im „Nassen Dreieck“ zwischen Dnjepr und Pripjet an. 137 Das SS-PanzergrenadierAusbildungs- und Ersatzbataillon 3, den zweiten für die Ghettoliquidierung vorgesehenen Verband der Waffen-SS, kommandierte Obersturmbannführer Walter Bellwidt, ein früherer Bataillonskommandeur in der 14. SS-Totenkopfstandarte. 1900 in Frankfurt am Main geboren, verfolgte Bellwidt nach der Mittleren Reife eine landwirtschaftliche Ausbildung und stand schon Anfang der 20er Jahre der nationalsozialistischen Bewegung nahe. 1935 trat er in die Verfügungstruppe ein; im Krieg gegen Polen war er bei der 3. SS-Totenkopfstandarte „Thüringen“. Im November 1940 wurde er zur 14. SS-Totenkopfstandarte versetzt; nach deren Auflösung im Sommer 1941 kam er als Kommandeur des Ersatzbataillons nach Warschau. 138 Neben den beiden Ersatzabteilungen der Waffen-SS zog der SS- und Polizeiführer zum Einsatz im Ghetto außerdem das Personal der Sicherheitspolizei in Warschau, zwei Bataillone des Polizei-Regiments 22, ein Bataillon der berüchtigten Trawnikis, etwa 300 polnische Polizisten sowie einzelne Züge von Flak- und Pioniereinheiten der Wehrmacht heran.139 In der Nacht zum 19. April umstellten deutsche Verbände das Ghetto. Die jüdischen Kampfgruppen waren jedoch vorgewarnt. Als sich am 18. April Meldungen über eine bevorstehende Großaktion der Deutschen verdichteten, wurde im Ghetto der allgemeine Alarm ausgelöst. ˙ OB faßte Anielewicz abAuf der letzten Kommandeursbesprechung der Z schließend die Gesamtstrategie des Aufstands zusammen. In einer ersten Phase sollten, die Überraschung der Deutschen ausnutzend, möglichst zahlreiche und heftige Angriffe gegen den Feind gerichtet werden, um dann in einer zweiten Phase zum Partisanenkampf gegen die deutschen Truppen überzugehen. „Wir werden den Feind durch unablässige Angriffe aus Toren, Fenstern und Ruinen zermürben, Tag und Nacht“, faßte Anielewicz die Zielsetzung zusammen, ehe die Kämpferinnen und Kämpfer noch in der Nacht ihre Stellungen einnahmen. 140 Zu gleicher Zeit wurden die für den nächsten Tag vorgesehenen SS-Truppen in den Unterkünften über ihre bevorstehende Verwendung informiert. Nach den Erfahrungen vom Januar 1943 rechnete die SS mit erneutem bewaffneten Wider-
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stand der Juden und setzte die Mannschaften über die zu erwartende Lage in Kenntnis. Ein ehemaliger Angehöriger der Kavallerieabteilung erinnerte sich 1963 an den Inhalt der vermittelten Instruktionen: „An einem Sonntag, es muß nach dem mir vorliegenden Kalender der 18. April gewesen sein, wurden wir im Speisesaal unserer Unterkunft versammelt, und es hielt jemand eine Ansprache. Es wurde uns jedenfalls dabei gesagt, wir würden morgen zu einem Einsatz kommen, bei dem es sich darum handeln würde, die Juden aus dem Ghetto herauszuholen, sie sollten zum Arbeitseinsatz gebracht werden. Es wurde uns dabei schon gesagt, wir sollten vorsichtig sein, es sei möglich, daß die Juden bewaffneten Widerstand leisten würden. Wir haben dann auch ins Einzelne gehende Anweisungen erhalten, wie wir uns in den Häusern verhalten sollten, zum Beispiel wurde gesagt, wir sollten zunächst immer die Tür aufstoßen und nicht gleich den Raum betreten, weil die Möglichkeit bestünde, daß wir mit Handgranaten beworfen würden.“ 141 Am frühen Morgen des 19. April nahmen Formationen der SS-Panzergrenadiere und der SS-Kavallerie an einem der zentralen Ghettotore Aufstellung. Auf Kommandeursebene besprachen Plänk und Bellwidt vor Ort die bevorstehende Aktion und einigten sich darauf, welche Straßen von der jeweiligen Einheit übernommen werden sollten. Nach der Einsatzbesprechung setzten sich die Truppen gegen sechs Uhr in geschlossener Formation singend in Bewegung. Bereits nach wenigen Metern wurden die überraschten Deutschen von Kämpferinnen und ˙ OB aus den umliegenden Häusern beschossen und mit HandKämpfern der Z granaten und Molotowcocktails beworfen. Die hochgerüsteten Soldaten reagierten mit Panik; zu ungewohnt war der Anblick von Juden, die sich bewaffnet ihren Mördern entgegenstellen. In dieser Situation erzielten die Aufständischen die ersten Ausfälle bei der Waffen-SS. Der SS-Reiter Johann L. etwa wurde noch in unmittelbarer Nähe zur Ghettomauer durch Splitter einer von jüdischen Kämpfern geworfenen Handgranate so schwer am rechten Knie verletzt, daß das Bein amputiert werden mußte. 142 Selbst die nach dem ersten Einmarschversuch eilig herangeführten Verstärkungen vermochten der jüdischen Gegenwehr nichts entgegenzusetzen. Nach zweistündigem Kampf flohen die Deutschen aus dem Ghetto. Nach dem Desaster erschien Sammern-Frankenegg gegen 7.30 Uhr hilfesuchend bei Stroop, räumte das völlige Scheitern seiner Pläne ein und regte den Einsatz von Sturzkampfbombern an. Nun war für Stroop der Zeitpunkt gekommen, den überforderten SS- und Polizeiführer als Einsatzleiter abzulösen und selbst das Kommando zu übernehmen.143 Zuerst ordnete er die vorhandenen Truppen und mobilisierte sämtliche Reserven der Ersatzabteilungen der Waffen-SS, die er in vorderster Linie einzusetzen gedachte. 144 Noch im Verlauf des Vormittags befahl Stroop seinen Truppen einen erneuten Vorstoß ins Ghetto. Mit Unterstützung deutscher Flugzeuge, die ausgesuchte Ziele im Ghetto bombardierten, ließ er die zentralen Stellungen der ˙ OB um die Nalewki-Straße angreifen. Nach sechsstündigen Gefechten mußten Z sich deren Kämpferinnen und Kämpfer wegen Munitionsmangel zurückziehen,
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doch nur wenige Meter weiter sahen sich die SS-Truppen mit den Stellungen des ˙ ZW am Muranowski-Platz konfrontiert. Nach weiteren vier Stunden militäriZ scher Auseinandersetzungen zog Stroop seine gesamte Armada mit Einbruch der Abenddämmerung erneut aus dem Ghetto zurück. 145 So endete der Tag mit einem kaum für möglich gehaltenen Erfolg der Ghettokämpfer. Für Stroop bedeutete das Ergebnis dagegen ein Desaster. Seine Männer hatten während des gesamten Tages nur 380 Juden gefangennehmen können, darunter keinen einzigen Kämpfer. Auf deutscher Seite wurde mindestens ein Mann getötet, 24 weitere fielen durch Verwundungen aus. Wie stark die Rekruten und Genesenden der SS-Kavallerie am 19. April gegen die aufständischen Juden herangezogen worden waren, belegt ein Blick auf die Gesamtverluste dieses ersten Tages. Mit 11 der 24 Verwundeten stellten die SS-Reiter unter den ˙ OB am Einsatzverbänden die mit Abstand größte Gruppe. Dagegen hatte die Z Ende des ersten Tages der Revolte lediglich den Verlust eines Kämpfers zu beklagen. 146 Nachdem die jüdischen Kampfgruppen am nächsten Morgen eine Kapitulationsaufforderung hatten verstreichen lassen, drangen SS- und Polizei erneut ins Ghetto ein. Mehrere hundert Soldaten griffen das Gelände der Bürstenmacher˙ OB und drei des Z ˙ ZW werkstätten an. Dort lagen fünf Kampfgruppen der Z 147 unter dem Oberkommando von Marek Edelman. In immer neuen Angriffswellen versuchten die Deutschen erfolglos, den Bereich einzunehmen. Die jüdischen Kampfgruppen schlugen jeden neuen Angriff zurück und konnten selbst durch den Einsatz mehrerer Haubitzen und Luftabwehrgeschütze nicht zum Rückzug gezwungen werden.148 Ein Zentrum der Kämpfe waren erneut auch die ˙ ZW in der MuraHäuser des Muranowski-Platzes. Vom Dach der Zentrale des Z nowskastraße 7 wehte provozierend die weißblaue Flagge der Zionisten sowie die weißrote polnische Nationalfahne. 149 Die wenigen unbewaffneten Juden, die die SS in den ersten Tagen in ihren Verstecken aufgreifen konnte, wurden von den Rekruten der Waffen-SS mit äußerster Brutalität behandelt. Ein Angehöriger der SS-Kavallerie, der im Verlauf der Kämpfe am 20. April von einem jüdischen Kämpfer schwer verwundet wurde, erzählte während seiner Nachkriegsvernehmung, wie einige ‚Kameraden‘ am zweiten Aufstandstag bemüht waren, weitere jüdische Verstecke in Erfahrung zu bringen: „Als ich aus einem der Häuser wieder herauskam, sah ich auf der Straße einige Juden auf dem Bauche liegen. Rekruten aus unserer Schwadron schlugen auf diese Juden mit Peitschen ein. Da ich dienstälter war als diese Rekruten, sprach ich sie an und fragte sie, warum sie die Juden schlagen. Sie antworteten mir, die Juden sollten sagen, wo die anderen sich versteckt hätten.“ 150 Bislang hatten die Deutschen bei aller Grausamkeit gegen die Entschlossenheit der Ghettobewohner jedoch wenig ausrichten können. In seinem abendlichen Bericht an Krüger in Krakau mußte Stroop eingestehen, während des gesamten zweiten Tages, bei offiziellen eigenen Verlusten von zwei Toten und sieben Verwundeten, wieder nur 505 Juden gefangen zu haben. Wie schmal die Bilanz für
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die deutsche Seite ausfiel und wie stark Stroop den Gegner einschätzte, unterstreicht die Tatsache, daß er auch abends wieder die eingesetzten Kräfte abzog. 151 Anielewicz schrieb angesichts der Erfolge dieser ersten Aufstandstage: „Was wir erlebt haben, läßt sich mit Worten nicht beschreiben. Wir hatten es in unseren kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt. Zweimal zwangen wir die Deutschen, das Ghetto fluchtartig zu verlassen. […] Der Traum meines Lebens ist jedenfalls schon in Erfüllung gegangen, denn das Ghetto verteidigt sich. Wir Juden leisten mit der Waffe in der Hand Widerstand. Das ist Tatsache geworden, und ich kann bezeugen, wie heldenhaft Juden kämpfen.“ 152 Nach den Niederlagen der beiden ersten Tage, den panischen Reaktionen seiner Männer und der Ineffizienz des Vorgehens begann Stroop am dritten Tag der Revolte damit, seine Taktik grundlegend zu ändern. Statt das Leben seiner Soldaten weiterhin durch frontale Angriffe auf die jüdischen Stellungen zu gefährden, ging er versuchsweise dazu über, in den stark umkämpften Bereichen Haus für Haus und Straße für Straße in Brand setzen zu lassen. Juden, die vor dem Feuer flohen, wurden niedergeschossen. Andere, die in unterirdischen Bunkern Schutz suchten, wurden mit Handgranaten und Flammenwerfern getötet. Trotzdem gingen die Kämpfe am dritten Tag der Revolte mit unverminderter Härte weiter. 153 Auch am 22. April war der Muranowski-Platz ein Zentrum des jüdischen Widerstands. Nach wie vor stand Stroop vor der ungelösten Aufgabe, die ˙ ZW-Stellung in der Muranowskastraße 7 einzunehmen und das Symbol des Z Aufstands, die zionistische und die polnische Fahne, die nach wie vor auf dem Dach flatterten, endlich zu beseitigen. Himmler hatte den SS-Führer deshalb schon am Telefon mit den Worten angeschrien: „Hör zu, Stroop! Die beiden Fahnen müssen um jeden Preis herunter!“ 154 Am Vormittag gelang es der SS, eines der schweren Maschinengewehre durch Artilleriebeschuß zu zerstören; die Bedienungsmannschaft wurde bei dem Granattreffer schwer verletzt. Angesichts der hohen Verluste und schwindender Mu˙ ZW-Kommandeure Frenkel, Apfelbaum nitionsvorräte entschlossen sich die Z und Rodal im Laufe des Tages zu einer erbitterten Konfrontation mit dem Feind. ˙ ZW-Kämpfer das eigene Feuer ein und warteten in Zum Schein stellten die Z absoluter Stille, bis deutsche Spähtrupps erschienen. Ein jüdischer Kämpfer in der Uniform eines Offiziers der Waffen-SS wies die SS-Soldaten an, die vermeintlich aufgegebene Stellung der Juden in der Muranowskastraße 7 zu besetzen und die beiden Fahnen zu beseitigen. Als die Deutschen das Gebäude erreichten, wurden sie plötzlich mit Handgranaten und Gewehrfeuer eingedeckt und flohen ein weiteres Mal. Stroop befahl nun einem Stoßtrupp der Kavallerieabteilung unter SS-Untersturmführer Otto Dehmke, das Gebäude endlich einzunehmen. Ihm gelang es auch, mit seinen Männern in das Innere des Hauses vorzudringen; wenig später wurde er jedoch in Stücke gerissen, als der Schuß eines jüdischen Kämpfers die Handgranate traf, die der Untersturmführer gerade werfen wollte. 155 Stroop meldete den Tod Dehmkes, den er persönlich gekannt hatte, am selben Abend an Krüger. Nach den Aussagen seines Adjutanten Kaleske reagier-
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te er zudem mit der Erschießung mehrerer hundert gefangener Juden auf den Verlust des SS-Offiziers. 156 Weil die SS-Truppen nach den schweren Gefechten Anzeichen von Angst zeigten, ließ Stroop mit Einverständnis aus Berlin nun auch die Häuser am Mura˙ ZW gelang es, durch nowskiplatz in Brand setzen. Einem Teil der Kämpfer des Z die unterirdischen Tunnel auf die „arische“ Seite zu wechseln. Noch in derselben Nacht unterstrich Himmler, wie ernst er den jüdischen Widerstand nahm. In einem Fernschreiben an Krüger in Krakau befahl er: „Die Durchkämmung des Ghettos in Warschau ist mit größerer Härte und unnachsichtlicher [sic] Zähigkeit zu vollziehen. Je härter zugepackt wird, umso besser ist es. Gerade die Vorfälle zeigen, wie gefährlich diese Juden sind“. 157 Stroop teilte am nächsten Morgen, am Karfreitag, das gesamte Ghetto in 24 Bezirke auf, die er jeweils mit verstärkten Stoßtrupps durchsuchen ließ. Außerdem entschloß er sich nach seinen eigenen Worten, „nunmehr die totale Vernichtung des jüdischen Wohnbezirks durch Abbrennen sämtlicher Wohnblocks, auch der Wohnblocks bei den Rüstungsbetrieben, vorzunehmen“. Systematisch sollte dabei „ein Betrieb nach dem anderen geräumt und anschließend durch Feuer vernichtet“ werden. 158 Die zur Erfüllung dieser Aufgabe gebildeten Stoßtrupps bestanden aus sogenannten Such- und Vernichtungsgruppen. Den Suchgruppen kam die Aufgabe zu, in den einzelnen Häusern des Ghettos nach versteckten Juden zu fahnden und diese zur Deportation zusammenzutreiben oder im Fall von Widerstand direkt zu töten. Anschließend traten die Vernichtungsgruppen in Aktion. Deren Angehörige sammelten möglichst viel brennbares Material, schichtete es in den bereits durchsuchten Häusern auf und steckten die Gebäude damit in Brand. Die Einsatzkräfte für beide Aufgabenbereiche rekrutierten sich ganz wesentlich aus dem Personal der Ausbildungs- und Ersatzeinheiten der Waffen-SS. 159 Wie brutal die Männer im Ghetto vorgingen, schilderte der damals 22-jährige Rekrut Anton H. Er erinnerte sich, wie während eines Einsatzes im Ghetto ein Kind schreiend aus einem Hauseingang gelaufen kam und sofort von einem in der Nähe stehenden Deutschen erschossen wurde. Eine andere Szene, bei der auch Obersturmführer Jahn, der Schwadronskommandeur, persönlich anwesend war, schilderte H. folgendermaßen: „Weiter sah ich, wie zwei oder drei auf dem Bauch auf der Straße liegende männliche Juden von Angehörigen unserer Einheit geschlagen wurden. Als ich darüber hinzu kam, fragte ich meine Kameraden, warum diese Juden so geschlagen würden, worauf mir geantwortet wurde, daß diese den Aufenthalt ihrer Angehörigen sagen sollten, die sich versteckt hielten.“ 160 Etwa zur gleichen Zeit wurde dem 20-jährigen Unterscharführer Hugo Mielke von der Ausbildungsabteilung der SS-Kavallerie das Kommando über eine Vernichtungsgruppe übertragen. Im Ghetto übernahmen sie in einigen nebeneinander liegenden Häusern das Zusammensammeln von Brennmaterial; auf Kommando des Unterscharführers wurden die präparierten Gebäude dann in Brand gesteckt. Gegenüber den brennenden Häusern legten sich die SS-Männer anschließend auf die Lauer, um mit gezielten Schüssen vorher nicht entdeckte, vor
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den Flammen fliehende Juden töten zu können. Als sich die Brände in den Häusern ausbreiteten, entdeckte Mielke persönlich mehrere, von einem zum nächsten Gebäude hastende Menschen, die er umgehend mit seiner Maschinenpistole beschoß. 161 Mit diesem Verfahren durchsuchte die SS systematisch Häuserblock für Häuserblock das Ghetto. Ganz nüchtern berichtete ein ehemaliger Angehöriger der SS-Kavallerie bei seiner Vernehmung Jahre später von dem Vorgehen: „Die Einsätze erfolgten in der Weise, daß wir zugweise eingesetzt wurden. Morgens marschierten wir ins Ghetto, und abends marschierten wir in die Unterkunft zurück. Bei den Einsätzen im Ghetto wurden die jeweiligen Gruppen beauftragt, einen bestimmten Wohnhäuserblock zu durchsuchen. Die Juden, die angetroffen wurden, wurden aus den Häusern getrieben und zu einem Sammelplatz gebracht. Der Sammelplatz könnte in der Nähe einer Schule gewesen sein. Wenn wir auf Widerstand stießen und die Juden nicht gewillt waren, freiwillig herauszukommen, wurde das Haus in Brand gesteckt. Ich habe selbst beobachtet, daß die Juden dann aus den in Brand gesteckten Häusern, aus den Stockwerken, heraussprangen.“ 162 Erst mit den systematischen Brandstiftungen gelang es den Deutschen, die Kämpferinnen und Kämpfer merklicher in die Defensive zu drängen. Anielewicz kündigte darauf entsprechend der vorher festgelegten Gesamtstrategie in einem am 23. April verfaßten Brief an: „Von heute ab gehen wir zur Partisanentaktik über.“ 163 Unbewußt bestätigte Stroop seinerseits am folgenden Tag die neue Phase, aber auch die weiterhin ungebrochene Haltung der Aufständigen in seinem Tagesbericht: „Immer wieder konnte man beobachten, daß trotz der großen Feuersnot Juden und Banditen es vorzogen, lieber wieder ins Feuer zurückzugehen, als in unsere Hände zu fallen. Immer wieder schossen die Juden bis fast zur Beendigung der Aktion, sodaß noch fast am Ende dieses Tages die Pioniergruppe unter LMG-Schutz in ein besonders starkes Betonhaus eindringen mußte.“ 164 Im letzten Brief, der die „arische“ Seite erreichte, schrieb Anielewicz über diese letzte Aufstandsphase: „Die Zahl unserer Opfer, also der Opfer der Erschießungen und Brände, in denen Männer, Frauen und Kinder umkamen, ist riesig. Es nahen unsere letzten Tage. Doch solange wir die Waffen in der Hand zu halten vermögen, solange werden wir Widerstand leisten und kämpfen.“ 165 ˙ ZW kämpfte nach wie vor gegen die Deutschen. Eine Gruppe um Auch der Z David Apfelbaum und Leon Rodal besetzte am 26. April nochmals die Ruinen um die Muranowskastraße und schickte einen Kurier durch den noch existierenden Tunnel zum Sicherheitskorps von Henryk Iwan´ski, um die Polen um weitere Munition und Unterstützung bei der Evakuierung der Verletzten zu bitten. Wenige Stunden später erschien Iwan´ski mit 17 weiteren Männern im Ghetto. Gemeinsam verwickelten sie die Deutschen am folgenden Tag in schwere Kämpfe, ˙ ZW starben. Henryk in deren Verlauf jedoch auch beide Kommandeure des Z ´ Iwanski überlebte schwer verwundet und nahm 1944 am Warschauer Aufstand der Heimatarmee teil. 166
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Im Ghetto herrschte inzwischen eine Situation, die den weiteren Kampf der Juden unendlich erschwerte. Die Munitionsvorräte waren aufgebraucht, die Verpflegungssituation gestaltete sich immer schwieriger. Durch die riesigen Brände und die zurückbleibenden Trümmer existierten kaum noch Deckungs- und Rückzugsmöglichkeiten. Trotzdem dauerte der bewaffnete Widerstand an. Eine jüdische Kampfgruppe startete am 10. Mai einen bewaffneten Überfall auf eine als Suchtrupp eingesetzte Einheit der Ausbildungsabteilung der SS-Kavallerie. In dessen Verlauf wurde der 23-jährige Schwadronschuhmacher Johann N., der gerade einen zehntägigen Einsatz seines Zuges bei der Jagd auf versteckte Juden absolviert hatte, durch zwei Schüsse schwer verwundet.167 Einen Tag später verletzten Kämpfer auch den bereits erwähnten Hugo Mielke, Führer einer Vernichtungsgruppe der SS-Reiter, der bei einem erneuten Einsatz im Ghetto nun selbst zum Gejagten wurde. 168 Während sich täglich weitere Gefechte mit den Deutschen ereigneten, versuchten beide jüdischen Kampforganisationen möglichst viele ihrer Leute zu evakuieren, damit die Männer und Frauen mit größerer Erfolgsaussicht außerhalb Warschaus weiterleben und –kämpfen konnten. Bereits am 29. April war einer ˙ OB unter der Führung von Regina Fuden die Gruppe von 40 Angehörigen der Z Flucht durch die Kanalisation in den „arischen“ Teil Warschaus gelungen; die Hälfte von ihnen gelangte danach in die nördlich gelegenen Wälder. Bei dem nächsten Versuch, weitere Gefährten aus dem Ghetto zu holen, wurde Fuden getötet. Ein neues Evakuierungskommando konnte erst Tage später ins Ghetto ˙ OB wurde dann am 9. Mai geschickt werden. Im Bereich der Stellungen der Z jedoch niemand mehr lebend angetroffen. 169 Kurz zuvor hatten die Deutschen nach langem Suchen den Befehlsbunker der ˙ OB in der Milastraße 18 entdeckt. Durch die aufgebrochenen Bunkereingänge Z und durch eigens durch die Decke gebohrte Löcher warf die SS am 8. Mai Sprengsätze und Gaskartuschen in das Bunkerinnere. Nachdem sich mehrere Ausbruchsversuche als erfolglos erwiesen hatten, wählten die meisten der Kämpferinnen und Kämpfer in dieser Situation den Freitod, um sich dem Feind nicht ergeben zu müssen. Unter ihnen waren auch Mordechai Anielewicz, seine Lebensgefährtin Mira Fuchrer sowie die Kampfgruppenkommandanten Leyb Gruzalc, Ber Braudo und Lolek Rotblat. 170 Vier Kämpfer entdeckten im letzten Moment einen bis dahin unbekannten Ausgang und entkamen. In der Nacht wurden sie von einer Patrouille der Kampfgruppe Marek Edelmans entdeckt, die parallel zu den Angriffen auf SS-Trupps nach Fluchtmöglichkeiten aus dem Ghetto suchte. Dem Großteil dieser Gruppe gelang nach einer Odyssee durch die Warschauer Kanalisation am 10. Mai der Ausbruch in den „arischen“ Teil. Am hellichten Tag kletterten die Kämpferinnen und Kämpfer mitten in der Stadt an die Oberfläche und bestiegen einen wartenden Lastwagen; 34 von ihnen gelang die Flucht in die Wälder, wo sie die bereits vorher geflohenen Gefährten wiedertrafen.171 ˙ OB kämpfte noch im Warschauer Aufstand 1944 mit. Eine Kampfgruppe der Z Die Befreiung erlebten jedoch nur mehr Wenige. 172
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Am 16. Mai 1943 erklärte Stroop die Revolte im Warschauer Ghetto offiziell für beendet. In seiner Tagesmeldung an Krüger verkündete er großspurig: „Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr!“ Zum Zeichen seines ‚Erfolgs‘ ließ er an diesem Tag die außerhalb des Ghettos gelegene Große Synagoge sprengen. 173 Tatsächlich fanden auf dem zerstörten Ghettogebiet aber weiterhin Angriffe kleiner Gruppen überlebender Juden auf deutsche Patrouillen statt. Nach realistischen Schätzungen sollen mehrere tausend Juden die Verfolgungen, Brände und anschließenden Zerstörungen überlebt haben. Am 22. Mai notierte selbst Goebbels in sein Tagebuch: „Der Kampf im Warschauer Ghetto geht weiter. Die Juden leisten immer noch Widerstand. Aber er kann doch im großen und ganzen als ungefährlich und gebrochen angesehen werden.“ 174 Noch am 23. September brach eine bewaffnete Gruppe aus dem Ghetto aus. In dem dann hereinbrechenden Winter kamen auf dem Areal viele der verbliebenen Juden durch Hunger und Kälte um. Doch selbst im Juni 1944 wurden deutsche Gendarmen bei ihrem Gang durch die Trümmerfelder von bewaffneten Juden angegriffen. Bei dem Gefecht erschossen sie drei Deutsche. 175 Als Ergebnis des Einsatzes gab Stroop in seinem Bericht an, es sei gelungen „insgesamt 56 065 Juden zu erfassen bzw. nachweislich zu vernichten“. Davon seien 7000 Juden bei den eigentlichen Kampfhandlungen und beim Abtransport im Ghetto getötet worden; durch Sprengungen und Brände seien weitere 5 bis 6000 umgekommen. Schließlich seien 6929 Warschauer Juden durch „Transport nach T II“, also Treblinka, ermordet worden. Folglich müssen ungefähr 35 000 jüdische Frauen und Männer in die SS-Zwangsarbeitslager Trawniki und Poniatowa im Distrikt Lublin deportiert worden sein. Die Insassen dieser Lager, insgesamt 42 000 Menschen, wurden einige Monate später im Rahmen der „Aktion Erntefest“ am 3. und 4. November 1943 ermordet. 176 Den wesentlichen Anteil der SS-Panzergrenadiere und der Rekruten der SSKavallerie-Ausbildungs- und Ersatz-Abteilung an der Niederschlagung des Aufstands hob Stroop ausdrücklich hervor. In seinem Abschlußbericht schrieb er: „Wenn man berücksichtigt, daß die Männer der Waffen-SS zum größten Teil vor ihrem Einsatz nur eine drei bis vierwöchige Ausbildung hinter sich hatten, so muß der von ihnen gezeigte Schneid, Mut und die Einsatzfreudigkeit besonders anerkannt werden.“ 177 Das Lob wog um so schwerer angesichts des Umstands, daß sich das Bataillon der berüchtigten Trawnikis beim Einsatz im Ghetto offenbar überhaupt nicht bewährt hatte. Es erwies sich als so unzuverlässig, daß Stroop die Männer schon wenige Tage nach Einsatzbeginn wieder abzog. Die Männer waren fortan nur noch zu Bewachungsaufgaben außerhalb des Ghettogeländes und am zentralen Sammelplatz eingesetzt. 178 Die Rekruten der SS-Kavallerieabteilung bewältigten ihren Einsatz dagegen ohne disziplinarische Probleme. Obwohl vielfach noch mitten in der eigentlichen Ausbildung, stellten die Reiter ein umfangreiches Kontingent an Männern, das für die brutale Niederschlagung des Aufstands mitentscheidend war. Deren Einsatz ist damit auch ein Beleg dafür, in welch hohem Maß junge Männer in der Waffen-SS bereit waren, das theoretische
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Selbstverständnis als nationalsozialistische Elite in die praktische Jagd und die anschließende Ermordung von Juden umzusetzen. 179 Stroops tägliche Meldungen an Krüger geben teilweise Aufschluß über den Einsatz der Rekruten. Am 20. April meldete der Brigadeführer, während des Tages hätten 10 Führer und 450 Männer der Kavallerie-Ersatzabteilung zur Verfügung gestanden. Die Truppe stellte damit das größte Kontingent der insgesamt 1293 eingesetzten Männer. 180 Stroops Adjutant Karl Kaleske erklärte nach dem Krieg, aus beiden SS-Ersatzformationen seien pro Tag jeweils bis zu 1000 Männer eingesetzt worden. Das legt nahe, daß deutlich mehr Soldaten der Waffen-SS an der Niederschlagung des Aufstands beteiligt waren, als die im Nachhinein als täglicher Durchschnitt angegebenen 444 Panzergrenadiere und 386 Männer der SS-Kavallerie. 181 Ergänzende Angaben sind in der Verlustliste enthalten, die Stroop anfertigen ließ. Sie weist auf deutscher Seite insgesamt 16 Todesopfer auf, 84 Männer sollen verwundet worden sein. Allein 29 Verwundete auf der Liste gehörten der Kavallerie-Ersatzabteilung an. Deren einziger Toter war demnach der erwähnte Untersturmführer Dehmke. Die Angaben über die deutschen Verluste anhand der Tagesmeldungen und der nachträglich angefertigten Liste sind jedoch widersprüchlich. Schon ein oberflächlicher Vergleich zeigt, daß nicht einmal die nachträglich angelegte Liste mit den täglichen Berichten Stroops an seinen Vorgesetzten übereinstimmt. 182 Aber nicht die Höhe der feindlichen Verluste, sondern das Faktum des Widerstands war für die Jüdinnen und Juden die entscheidende Frage. Leon Rodal, ˙ ZW, sagte am Abend vor dem Ausbruch des Aufeiner der Kommandeure des Z stands: „Wir werden alle fallen, manche mit der Waffe in der Hand, andere als vergebliche Opfer. Aber es ist wichtig, daß das Gedenken um uns nicht verlorengeht, daß die ganze Welt wissen soll, wie hoffnungslos, schwer und blutig dieser Kampf war.“ 183 Das Gedenken an die Kämpferinnen und Kämpfer des Aufstands im Warschauer Ghetto ging nicht verloren. Ermutigt durch deren Beispiel erhoben sich am 2. August 1943 Juden im Vernichtungslager Treblinka und am 14. Oktober in Sobibor gegen ihre Mörder. Am 7. Oktober 1944 folgte der Aufstand des Sonderkommandos im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, bei dem das Krematorium 4 von den Juden gesprengt wurde. Daneben wurden die Revolten in den letzten noch verbliebenen Ghettos und beispielsweise auch der bewaffnete Widerstand von Juden in Frankreich eindeutig von den Nachrichten über den Aufstand im Warschauer Ghetto inspiriert. 184
XIII. Rückzug und Niederlage. Kommandostab und Waffen-SS in der Endphase des Krieges Spätestens nach dem Ende der 6. Armee in Stalingrad war die militärische Initiative an der Ostfront von der deutschen Wehrmacht dauerhaft auf die Rote Armee übergegangen. Der Versuch der Wehrmachtsführung zur Begradigung der Frontlinie bei Kursk im Rahmen einer begrenzten Offensive führte zwischen dem 5. und 12. Juli 1943 zur größten Panzerschlacht des Zweiten Weltkriegs und endete mit einer weiteren deutschen Niederlage. Fortan befand sich die Wehrmacht an der Ostfront dauerhaft in der Defensive. Für die Deutschen begann eine lange Folge von Rückzugsbewegungen Richtung Westen. 1 Die zunehmend prekärer werdende militärische Lage der Wehrmacht hatte auch Auswirkungen auf den Kommandostab und die vormals unterstellten SS-Verbände. Nicht umsonst waren die beiden Brigaden und die Kavalleriedivision schon Ende 1942 endgültig aus der bisherigen Unterstellung unter den Stab herausgenommen worden. Nachdem der Kommandostab hinsichtlich der maßgeblichen Kompetenzen bei der Kampfführung gegen die sowjetischen Partisanen von Bach-Zelewski abgelöst und personell ganz entscheidend verkleinert worden war, fielen ihm ersatzweise Koordinierungsaufgaben mit der Wehrmacht in deren Operationsgebiet zu, die Bach-Zelewskis Tätigkeit ergänzen sollten. 2 Die Frage, worin ab Herbst 1943 der Dienstbetrieb des Kommandostabes bestanden hat, läßt sich mangels aussagekräftiger Quellen nicht mehr ansatzweise in ähnlicher Ausführlichkeit wie in den beiden Vorjahren beantworten. Für den Zeitraum von Anfang 1943 bis zum Kriegsende existieren kaum noch Dokumente, die genauere Aufschlüsse über die wirklichen Tätigkeitsfelder und die Zusammensetzung des Stabes erlauben. 3 Dieser auffällige Quellenmangel läßt wiederum Rückschlüsse auf dessen faktische Relevanz zu. Während Bach-Zelewskis bedeutsame Stellung als Chef der Bandenkampfverbände unstrittig erscheint und dokumentarisch reich belegt ist, unterstreicht gerade das weitgehende Fehlen von Schriftstücken über die Tätigkeit des Kommandostabes dessen geringe Bedeutung innerhalb des SS-Apparats und der deutschen Kriegsmaschinerie. Anders verhielt es sich mit den noch bis Dezember 1942 truppendienstlich unterstellten Brigaden und der Kavalleriedivision. 4 Die nach wie vor im Fronteinsatz vor Leningrad stehende 2. SS-Brigade wurde im Frühjahr 1943 umfassend umgegliedert. Nachdem der Truppenverband bereits in den Monaten zuvor mit drei lettischen Schutzmannschaftsbataillonen aufgefüllt worden war, wurden die Freiwilligenlegionen „Flandern“ und „Niederlande“ im Mai aus der Brigade herausgezogen. Als Ersatz wurden weitere Schutzmannschaften eingegliedert, wor-
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auf der Verband die Bezeichnung „Lettische SS-Freiwilligenbrigade“ erhielt. 5 Aus der Legion „Flandern“ entstand ab Mai 1943 auf dem Truppenübungsplatz Debica im Generalgouvernement die SS-Sturmbrigade „Langemarck“. Im Dezember wieder einsatzbereit, wurde der hauptsächlich aus belgischen Freiwilligen bestehende Verband in die Ukraine verlegt und dort in schwere Abwehrkämpfe verwickelt. 6 Die Freiwilligenlegion „Niederlande“ traf auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr ein und wurde dort mit Wirkung vom 20. Mai 1943 aufgelöst. Weil die von Anton Mussert, dem Führer der niederländischen nationalsozialistischen Bewegung, zugesagte Rekrutenzahl zur Aufstellung einer Division vorerst nicht ausreichte, wurde aus den bislang eingetroffenen Mannschaften im Herbst in Kroatien die 4. SS-Freiwilligen-Panzergrenadierbrigade „Nederland“ aufgestellt. Der Verband wurde nach ersten Einsätzen gegen Partisanen in der Gegend von Zagreb im Januar 1944 wieder an die Front vor Leningrad verlegt. 7 Die SS-Kavalleriedivision war nach der mit umfangreichen Massenmorden verbundenen Schaffung „toter Zonen“ im Norden des Generalkommissariats Shitomir im August 1943 in die Gegend von Luck verlegt worden, um dort bei der Niederschlagung von Aufstandsversuchen der ukrainischen Nationalisten verwendet zu werden. Faktisch kamen die SS-Reiter dort aber nicht mehr zum Einsatz. Ein neuer Befehl setzte die Truppe schon am 21. August an die Front westlich von Charkow in Marsch, wo die Division wenige Tage später in Abwehrkämpfen gegen die Rote Armee stand und sich schließlich über den Dnjepr nach Westen absetzen mußte. 8 Schon im September 1943 wurden Teile des Verbandes wieder aus der Front herausgezogen und auf verschiedenen Truppenübungsplätzen umgegliedert und personell aufgefrischt. Während ein Großteil der Division im Dezember in Kroatien lag, wurde das SS-Kavallerieregiment 15 und die Artillerieabteilung 8 erneut an die Ostfront in Marsch gesetzt. 9 Der bereits im Oktober 1943 offiziell in „8. SS-Kavalleriedivision“ umbenannte Verband erhielt am 12. März 1944 zusätzlich den Titel „Florian Geyer“ und kam 1944 beim Unternehmen „Margarete“, der militärischen Besetzung Ungarns, zum Einsatz. 10 Im April 1944 wurde das SS-Reiterregiment 15 aus der Sowjetunion zurückgezogen und nach Kisber in Ungarn verlegt. Dort bildete die Einheit den Kern der aus volksdeutschen Ungarn neu aufgestellten 22. SS-Freiwilligen-Kavalleriedivision unter dem Kommando von Brigadeführer August Zehender. 11 Im gleichen Monat übernahm Brigadeführer Joachim Rumohr die Führung der 8. SS-Division. 12 Die 1. SS-Infanteriebrigade kam direkt im Anschluß an ihren Einsatz beim Unternehmen „Hermann“ im Naliboki-Wald noch im August 1943 bei Jelna östlich von Smolensk zum Fronteinsatz. Zwei Monate später wurde die Brigade südwestlich von Kritschew der 9. Armee unterstellt und lag noch bis Ende 1943 an der Front. 13 Danach wurden die SS-Regimenter 8 und 10 mit dem Stab der 1. SSBrigade zunächst nach Ostpreußen und dann nach Kroatien in die Gegend um Zagreb verlegt. Dort bildeten die Einheiten die personelle Basis zur Aufstellung der 18. SS-Panzergrenadierdivision „Horst Wessel“. 14 Der Name des getöteten Berliner SA-Mannes sollte Programm für die Schaffung der neuen Division sein.
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Nach den Wünschen Hitlers war geplant, einen großen Teil der Mannschaften aus den Reihen der SA zu rekrutieren, ein Vorhaben, was sich aber schnell als völlig unrealistisch herausstellte. 15 Statt dessen wurde der Personalbedarf mit Volksdeutschen aus Ungarn gedeckt, deren verstärkte Rekrutierung für die Waffen-SS gerade erst durch den deutsch-ungarischen Vertrag vom 14. April 1944 ermöglicht worden war. Während ein verstärktes Bataillon zwischen März und Mai an der militärischen Besetzung Ungarns teilnahm, wurde bei den übrigen Teileinheiten noch die im ganzen schleppend verlaufende Aufstellung vorangetrieben. 16 Das bisher dem Kommandostab direkt unterstellte Begleitbataillon wurde auf Anweisung Hitlers im Februar 1943 zu einer Sturmbrigade erweitert und von Ostpreußen als Besatzungstruppe nach Frankreich verlegt. Im Juni setzte der SSVerband zur Abwehr einer befürchteten Landung alliierter Truppen nach Korsika über und wurde dort nach dem Seitenwechsel Italiens im September 1943 gegen italienische Truppen eingesetzt. Anfang Oktober verließ die Brigade die Insel wieder und landete in Norditalien. In der Gegend von Triest wurde in den folgenden Monaten aus der Sturmbrigade die 16. SS-Panzergrenadierdivision „Reichsführer-SS“ aufgestellt. 17 Am 21. Juni 1944, dem dritten Jahrestag des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion, startete die Rote Armee im zentralen Frontbereich der Heeresgruppe Mitte eine Offensive, der die Wehrmacht militärisch nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Dem sowjetischen Angriff ging ein weiterer Beweis für die Ineffizienz der deutschen Kampfführung gegen die Partisanen voraus. In Absprache mit der Roten Armee hatten sowjetische Partisanengruppen vor allem auf weißrussischem Gebiet in der Nacht vom 19. auf den 20. Juni mehr als 10 000 Angriffe auf deutsche Nachschubverbindungen und Versorgungslager gestartet und damit im Vorfeld der Offensive bei den feindlichen Militärs ein hohes Maß an Konfusion erzeugt. 18 In den folgenden Tagen durchbrachen die sowjetischen Verbände im Bereich der Heeresgruppe Mitte auf der ganzen Länge die Frontlinien und drangen nach Westen vor. Im Verlauf der Kämpfe hörte die Heeresgruppe Mitte auf zu existieren; die Wehrmacht büßte 28 Divisionen mit 350 000 Soldaten ein. Anfang Juli 1944 war fast überall die ehemalige sowjetisch-polnische Grenze von 1939 erreicht. Ende des Monats stand die Rote Armee vor Warschau sowie an der Grenze zu Ostpreußen.19 In dieser Situation gab die Armia Krajowa in Warschau unter Kommandant Bór-Komorowski das Zeichen zum Aufstand. Die polnische Hauptstadt sollte sich nach dem Willen der national-polnischen Widerstandsorganisation vor dem Herannahen der Sowjets möglichst selbst befreien und damit ein Zeichen für den Fortbestand einer unabhängigen polnischen Nation im Anschluß an die Beendigung der deutschen Okkupation setzen. In ihren Planungen vertraute die Armia Krajowa allerdings auf die Unterstützung durch die Rote Armee, die innerhalb von fünf Tagen nach Aufstandsbeginn in der Stadt erwartet wurde. Zudem ging die polnische Seite von einer Luftunterstützung durch die Westalliierten aus. Beide Faktoren sollten sich letztlich nicht bewahrheiten. 20 Gleichwohl erzielte die
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Heimatarmee während der ersten Aufstandstage etliche Erfolge. Vor allem in der Innenstadt gelang es, wichtige strategische Positionen einzunehmen und ein großes Lebensmittel- und Uniformlager der Wehrmacht zu erobern. Dagegen konnte jedoch keine der Weichselbrücken unter polnische Kontrolle gebracht werden, weshalb zwischen der westlichen und östlichen Stadtseite keine Verbindung hergestellt wurde. 21 Auf deutscher Seite betraute Himmler am 3. August seinen bewährten Aufstandsbekämpfungsspezialisten Bach-Zelewski mit dem Oberbefehl über die in Warschau einzuleitenden Gegenmaßnahmen. Als Truppen standen dem SS-General nach der Zuführung auswärtiger Kräfte insgesamt etwa 21000 Mann aus Wehrmacht, SS und Polizei zur Verfügung, die er in Kampfgruppen aufteilte und gegen die Zentren des Widerstands einsetzte. 22 Zu den berüchtigsten in Warschau verwendeten Einheiten gehörte das eilig herangezogene Sonderbataillon „Dirlewanger“ sowie die aus sowjetischen Kollaborateuren zusammengesetzte Brigade „Kaminski“. 23 Ebenfalls eingesetzt war die nach wie vor in Warschau stationierte Ersatzabteilung der SS-Kavallerie. Die Truppe wurde in der Stadt vom Ausbruch des Aufstands überrascht und mußte sich gegen heftige Angriffe polnischer Kämpfer verteidigen. In den folgenden Wochen wurde die Abteilung von BachZelewski mit dazu eingesetzt, schrittweise wieder die Kontrolle über die Stadt zu erlangen. 24 Besonders während der ersten Tage des Aufstands verübten Einheiten von SS und Polizei Verbrechen an der städtischen Zivilbevölkerung. Himmler hatte schon am Abend des 1. August einen Befehl erlassen, nach dem polnische Kämpfer und Zivilisten unterschiedslos zu töten und die Stadt zu zerstören sei. In der Folge erschossen die Deutschen mehr als 5000 polnische Gefangene aus den Haftanstalten. Am 5. August wurden von SS-Einheiten unter der Führung von Gruppenführer Heinz Reinefarth, dem Höheren SS- und Polizeiführer Warthe und einer von Bach-Zelewskis Kampfgruppenkommandeuren, in den Straßen von Warschau über 15 000 Zivilisten – Männer, Frauen und Kinder – ermordet. Tausende weiterer Männer wurden in den folgenden Tagen erschossen. Dem mörderischen Treiben fielen in den ersten Augusttagen allein im Stadtteil Wola, dem Zentrum der Massaker, 30 000 bis 40 000 Zivilisten zum Opfer. 25 Im Zusammenhang mit der brutalen Niederschlagung des Warschauer Aufstands trat auch der Kommandostab in Erscheinung. Bach-Zelewski hatte am 22. August zusammen mit Ernst Rode eine persönliche Besprechung bei Heinz Guderian, dem Generalstabschef des Heeres, bei der es um die Zuweisung von schwerer Artillerie ging. 26 In seiner Funktion als Chef des Kommandostabes intervenierte Rode dann noch ein weiteres Mal im Zusammenhang mit dem Warschauer Aufstand. In der letzten Phase der Kämpfe gab er am 20. September einen Befehl Himmlers weiter, nach dem 1500 Häftlinge aus dem Straflager Danzig-Matzkau zu bewaffnen und als zusätzliches Bataillon zu Bach-Zelewski in Marsch zu setzen seien. Dort sollten die Strafgefangenen als Teil von Dirlewangers SS-Regiment bei der Niederschlagung des Aufstands Verwendung finden. 27
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Angesichts der zögerlichen sowjetischen Offensive, des weitgehenden Ausbleibens der erhofften westalliierten Versorgung aus der Luft und weiterer deutscher Erfolge im Stadtgebiet kapitulierte General Bór-Komorowski nach mehrtägigen Verhandlungen am 2. Oktober. In den Tagen danach gingen die Angehörigen der Armia Krajowa in deutsche Kriegsgefangenschaft. Bach-Zelewski befehligte noch die Vertreibung der Zivilbevölkerung aus dem gesamten Stadtgebiet; anschließend wurde die polnische Hauptstadt auf Befehl Himmlers fast gänzlich zerstört. 28 Auf deutscher Seite hatte der Aufstand 2000 Tote und etwa 9000 Verwundete gekostet. Die Verluste der Armia Krajowa beliefen sich auf 16 000 Tote und 6000 Verwundete. Darüber hinaus waren im Verlauf der Kämpfe bis zu 200 000 Personen aus der Warschauer Zivilbevölkerung umgekommen. Knapp 20 Prozent der Opfer wurden zu Beginn des Aufstands von Bach-Zelewskis Einheiten ermordet. Viele tausend Warschauer Bürger starben außerdem noch nach der Kapitulation in Konzentrations- und Zwangsarbeitslagern, in die sie von den Deutschen unter Bruch der Vereinbarungen verschleppt worden waren. 29 Die militärische Niederlage Deutschlands zeichnete sich nach der großangelegten sowjetischen Sommeroffensive und der Landung der Westalliierten in der Normandie immer deutlicher ab. Dem versuchten Himmler und Jüttner, der neue Stabschef und ständige Vertreter des Reichsführers-SS, durch die Aufstellung immer neuer Großverbände der Waffen-SS zu begegnen. Neben den Divisionen „Florian Geyer“ und „Horst Wessel“ wurden aus den übrigen Truppen, die 1941 und 1942 dem Kommandostab unterstanden hatten, weitere Divisionen gebildet, die mit teils dürftiger Bewaffnung und fragwürdiger Ausbildung eilig an die Front geworfen wurden und vielfach nie wirkliche Divisionsstärke erreichten. Zu diesen Verbänden gehörten die 19. Waffen-Grenadierdivision der SS (lettische Nr. 2), die 20. Waffen-Grenadierdivision der SS (estnische Nr. 1), die 23. SS-Freiwilligen-Panzergrenadierdivision „Nederland“, die 27. SS-Freiwilligen-Grenadierdivision „Langemarck“ und die aus der Sturmbrigade „Dirlewanger“ aufgestellte 36. Waffen-Grenadierdivision der SS. 30 Infolge solcher hastigen Aufstellungen stieg die Gesamtstärke der Waffen-SS allein zwischen Dezember 1942 und Juni 1944 von 246 717 auf 594 443 Mann. Letztlich waren während der gesamten Kriegsdauer über 800 000 Soldaten Teil der Waffen-SS. Parallel zum organisatorischen Ausbau potenzierten sich in den letzten Kriegsmonaten die Verluste. Von den 314 000 SS-Männern, die während des Krieges getötet wurden, starben nur etwa 90 000 in den ersten gut vier Jahren bis Ende 1943, während die restlichen 70 Prozent in den letzten 16 Kriegsmonaten umkamen. 31 Die SS-Kavalleriedivision „Florian Geyer“, die seit März 1944 im militärisch besetzten Ungarn operierte, wurde im Februar 1945 zusammen mit der 22. SS-Freiwilligen-Kavalleriedivision in Budapest bei vergeblichen Ausbruchsversuchen aus dem sowjetischen Belagerungsring vollkommen aufgerieben. Nur 200 Männer überlebten die Kämpfe. Beide Divisionskommandeure, die Brigadeführer Joachim Rumohr und August Zehender, begingen am 11. Februar in der Stadt Selbstmord. 32
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Nach seinem Einsatz in Ungarn wurde das zur 16. SS-Panzergrenadierdivision „Reichsführer-SS“ erweiterte frühere Begleitbataillon im Mai 1944 nach Italien verlegt und zog sich nach Kämpfen mit den Alliierten in der Gegend von Livorno und Pisa durch die Toskana nach Norden zurück. Dabei verübte der SS-Verband bei Einsätzen gegen angebliche Partisanen noch mehrere Massaker an der Zivilbevölkerung. Einheiten des II. Bataillons des SS-Panzergrenadieregiments 35 fielen am 12. August in das Dorf Sant’Anna di Stazzema bei Carrara ein. Die SSSoldaten trieben die Bewohner, in der Mehrzahl Alte, Frauen und Kinder, an verschiedenen Stellen zusammen und begannen ein Gemetzel, in dessen Verlauf 560 Menschen ermordet wurden. Im Anschluß wurde die Ortschaft niedergebrannt. Auf dem weiteren Rückzug rückten Teileinheiten am 29. September in die Orte Marzabotto, Monzuno und Grizzana ein und erschossen 770 Italiener, hauptsächlich Frauen und Kinder. 33 Im Februar 1945 kam die SS-Division erneut nach Ungarn und zog sich von dort vor der Roten Armee in die Steiermark zurück, wo sich der SS-Verband im Mai 1945 englischen und amerikanischen Truppen ergab. 34 Die SS-Division „Horst Wessel“ wurde zusammen mit dem SS-Regiment Oskar Dirlewangers im September 1944 zur Niederschlagung des slowakischen Aufstands herangezogen. 35 Anschließend wurde der SS-Verband im November gegen die auf Budapest vorrückende Rote Armee in den Südosten Ungarns verlegt, von dort aber Ende Dezember wieder abgezogen. Die Division gelangte im Frühjahr 1945 im Zuge der Rückzugskämpfe bis in die Gegend von Jelenia Góra, 70 Kilometer östlich von Zittau, wo ein Großteil der Soldaten von der Roten Armee gefangengenommen wurde. Ein Teil der SS-Männer schlug sich nach Westen zu den Amerikanern durch. 36 Die Division Dirlewangers geriet Ende April südlich von Berlin in schwere Kämpfe mit der Roten Armee und wurde im Kessel von Halbe aufgerieben. Dirlewanger mußte bereits im Februar wegen einer Verletzung von seinem Kommandeursposten abgelöst werden; er geriet Anfang Mai in Gefangenschaft und starb wenig später in französischer Haft. 37 Das nationalsozialistische Deutschland stand nun kurz vor dem endgültigen Zusammenbruch. Unter dem Ansturm von Amerikanern und Briten im Westen und der Sowjets im Osten waren das Reich und die im Süden noch besetzt gehaltenen Territorien auf einen kleinen Kernbereich zusammengeschrumpft. Als sich US-amerikanische und sowjetische Verbände am 25. April 1945 bei Torgau an der Elbe trafen, zerfiel das Gebiet noch in einen nördlichen und südlichen Teil. Nach verlustreichen Kämpfen an der Oder erreichte die Rote Armee am 22. April den Stadtbereich von Berlin; in den folgenden zehn Tagen leisteten unter anderem diverse Einheiten der Waffen-SS bei Straßenkämpfen erbitterten Widerstand, bis die Reichshauptstadt am 2. Mai kapitulierte. 38 Zahlreiche NS-Größen hatten Berlin zu der Zeit längst verlassen und waren nach Norddeutschland oder nach Süden, in Richtung der in Wirklichkeit niemals existierenden „Alpenfestung“ geflüchtet. Mancher andere wählte den Selbstmord. Ernst Grawitz, der „Reichsarzt-SS“, Leiter der Abteilung IVb des Kom-
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mandostabes und Organisator der grausamen Menschenversuche in den Lagern, versammelte in der Reichshauptstadt Ehefrau und Kinder zum Abendessen und brachte kurz darauf unter dem Tisch zwei Handgranaten zur Explosion, mit denen er sich und seine Familie ins Jenseits beförderte. 39 In Lübeck bot Himmler am 24. April über Graf Bernadotte, den Vizepräsidenten des schwedischen Roten Kreuzes, den Westalliierten auf eigene Faust die Kapitulation an. Als der maßlos erboste Hitler vier Tage später davon erfuhr, entband er ihn von allen Ämtern, stieß ihn aus der Partei und befahl, ihn als Verräter entsprechend zu behandeln. 40 Fegelein hatte sich in Berlin als Himmlers Verbindungsmann immer noch in unmittelbarer Nähe des „Führers“ aufgehalten. In diesen Tagen sah er aber auch das eigene Terrain schwinden und begann, seine Rettung in die Hand zu nehmen. In Zivilkleidung und offensichtlich im Begriff, die Stadt unangekündigt zu verlassen, wurde er am 27. April in seiner Privatwohnung in volltrunkenem Zustand festgenommen. In den Führerbunker zurückgebracht, wurde Fegelein auf Befehl Hitlers degradiert, verhört und in der Nacht vom 28. auf den 29. April erschossen.41 In der folgenden Nacht verfaßte Hitler sein krudes politisches Testament und tötete sich Stunden später in seinem Bunker. Himmler wurde auf der Flucht mit einigen Getreuen von britischen Soldaten gefangengenommen. Nach der Einlieferung in ein Gefangenenlager gab er sich zu erkennen und beging bei einem anschließenden Verhörversuch Selbstmord mittels der im Mund mitgeführten Giftkapsel. 42 Während sich wichtige Persönlichkeiten des nationalsozialistischen Deutschlands in diesen letzten Tagen entweder umbrachten oder über die verschiedensten Fluchtwege das Weite suchten, bestand der Kommandostab Reichsführer-SS innerhalb von Himmlers sich weitgehend in Auflösung befindlichem Apparat weiter. Noch im März 1945 war im SS-Personalhauptamt eine Aufstellung über die Führerstellenbesetzung des faktisch bedeutungslosen Stabes und der unterstellten Verbände angelegt worden, die einen eindeutigen Beleg für dessen Fortexistenz darstellt. Laut der Besetzungsliste befehligte Rode im Rang eines SSBrigadeführers den Stab weiterhin, als sein Führungsoffizier fungierte Obersturmbannführer Werner Bühnemann. Als dem Kommandostab nominell unterstehende Verbände wurden noch das Begleitbataillon und das SS-Kommando „Obersalzberg“ geführt. 43 Das Schattendasein führte der Kommandostab faktisch bis zur bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945. Mit dem Herannahen der Roten Armee wurde er im Herbst 1944 von dem bisherigen Standort Kruglanken in Ostpreußen in eine Kaserne in Elsbethen bei Salzburg verlegt. Ende April bezogen die Männer für wenige Tage Quartier auf Schloß Mittersill im Oberpinzgau, bevor der Stab auf einen Bauernhof in dem nahegelegenen Dorf Hollersbach umzog. In dieser Region hatten sich auch einige Größen der Waffen-SS vor den Alliierten zurückgezogen; so hielt sich etwa Paul Hausser, der ranghöchste General der Waffen-SS, eine Zeit lang im gleichen Ort auf. Mit US-Truppen, die die Region Anfang Mai erreichten, fanden dann Übergabeverhandlungen statt.
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4. Kommandostab und SS-Truppen 1942–1945
Während einige Stabsangehörige noch in die Berge flohen, wurde das Gros des Führungspersonals vor Ort von den Amerikanern gefangengenommen und mit den eigenen Fahrzeugen in ein provisorisches Gefangenenlager in der Nähe von Ansbach gebracht. So endete mit dem Sieg der Alliierten über den Nationalsozialismus auch die Existenz des Kommandostabes Reichsführer-SS. US-Truppen überführten das verbliebene Personal von Himmlers einstiger Befehlsstelle für den Judenmord unter dem Deckmantel der „Partisanenbekämpfung“ im Juni in ein Lager für SS-Angehörige nach Bamberg. Nach dessen Auflösung wurden die Männer im Herbst in das Internierungslager Nürnberg-Langwasser verlegt. 44 Rückblickend stellt sich die Frage, warum der Kommandostab angesichts seiner geringen Bedeutung in der Kriegsendphase nicht einfach aufgelöst wurde, um das verbliebene Personal effizienterweise einer anderweitigen Verwendung zuführen zu können. Die Nichtrealisierung dieses Schrittes muß vor dem Hintergrund des chronischen Personalmangels der Waffen-SS als absolut unplausibel erscheinen. Praktisch kann für Himmler nur ein triftiges Argument gegen die Auflösung des Stabes bestanden haben. Das wohl letztlich entscheidende Motiv für dessen Fortexistenz war, jenseits von Plausibilitäts- oder Effizienzerwägungen, eine reine Prestigefrage. Hätte der eitle Himmler seinen Kommandostab aufgelöst und das Personal anderswohin versetzt, wäre zu befürchten gewesen, daß damit ein unverkennbares Eingeständnis des Scheiterns der eigenen, vollmundig formulierten Strategien der „Partisanenbekämpfung“ verknüpft gewesen wäre. Gegenüber der Wehrmacht, den Repräsentanten der Zivilverwaltung und etlichen anderen Neidern im nationalsozialistischen System hätte er offen Ineffizienz und Versagen in einem von ihm selbst immer als äußerst wichtig erachteten Bereich signalisiert. Diesen Offenbarungseid hat Himmler bis zuletzt gescheut.
5. Teil: Soldaten wie andere auch? XIV. Karrieren und Nischen. Die SS-Mnner nach 1945 1. Massenmörder in der Nachkriegszeit Mehrere tausend Angehörige der früheren SS-Brigaden und des Kommandostabes überlebten die verlustreiche Endkriegsphase und den militärischen Zusammenbruch Deutschlands. 1 Sie kehrten in das Land zurück, aus dem sie Jahre vorher zur Unterwerfung Europas aufgebrochen waren. Für viele lagen vor der Rückkehr in die Heimat allerdings Kriegsgefangenschaft oder Internierungshaft. Auf alliierter Seite waren das Selbstverständnis der Männer als „Politische Soldaten“ des Nationalsozialismus und ihre Involvierung in zahlreiche Massenmorde und Kriegsverbrechen sehr wohl registriert worden. Deshalb wurden Soldaten der Waffen-SS von den Siegermächten grundsätzlich mit größerem Verfolgungsinteresse bedacht als die große Masse der normalen Wehrmachtsangehörigen. Nach ihrer Entdeckung, beispielsweise wegen ihrer Blutgruppentätowierung am Oberarm, landeten die SS-Männer automatisch in Haft. Häufig wurden auf westalliierter Seite anschließend Ermittlungen bezüglich der jeweiligen Einheitszugehörigkeit und einer möglichen Verstrickung in Kriegsverbrechen eingeleitet. In der Sowjetunion wurden die SS-Soldaten häufig zum Arbeitseinsatz, unter anderem bei der Behebung der von den Deutschen verursachten Kriegsschäden, herangezogen. Führerdienstgraden drohten zudem Gerichtsverfahren und langjährige Haftstrafen wegen der von den jeweiligen Verbänden verübten Verbrechen. 2 Viele der Massenmörder blieben jedoch unentdeckt. Sie plagte höchstens die Befürchtung, möglicherweise doch noch ausfindig gemacht und zur Verantwortung gezogen zu werden. So traf Karl T., ein Angehöriger des 2. SS-Kavallerieregiments, in einem amerikanischen Internierungslager Waldemar Fegelein. Der Bruder des früheren Kommandeurs der SS-Kavallerie war selbst Schwadronsund zeitweiliger Regimentskommandeur gewesen. Über seinen damaligen Kontakt zu dem tausendfachen Judenmörder sagte T. 1962 aus: „Im Jahre 1946 hat der W. Fegelein mit mir in dem Lager Darmstadt verschiedene Gespräche über den Krieg geführt. W. Fegelein meinte zu dem Gesprächskreis, ‚wenn die Sachen in den Pripjetsümpfen einmal herauskämen, würde es noch etwas geben.‘“ 3 Anhand des Samples der von den Ermittlungsbehörden in Westdeutschland vernommenen Einheitsangehörigen der 1. SS-Brigade läßt sich ein Eindruck davon gewinnen, welcher Prozentsatz der Männer überhaupt in Gefangenschaft
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5. Soldaten wie andere auch?
geriet, bei welcher der Siegernationen die Männer diese Zeit verbrachten und wie lange die Kriegsgefangenschaft andauerte. Von den 1736 vernommenen Einheitsangehörigen der 1. SS-Infanteriebrigade machten 947 Männer, also 54,6 Prozent der Befragten, Angaben zu diesem Themenkomplex. 4 Von diesen gaben wiederum 850 an, nach dem Krieg in Gefangenschaft oder Internierungshaft gewesen zu sein. Nur 97 der ehemaligen Brigadeangehörigen hatten das Glück, nach den Kampfhandlungen und der anschließenden Kapitulation einfach nach Hause gehen zu können und dort von Amerikanern oder Briten unentdeckt zu bleiben. Fast 90 Prozent wurden dagegen von den Siegern in Haft genommen. Hinsichtlich der Verteilung von Kriegsgefangenschaft oder Internierungshaft auf die verschiedenen Siegermächte ergibt sich folgendes Bild: Tabelle 6: Verteilung der gefangenen SS-Angehörigen auf die Siegermächte
Gesamt
797
Prozentsatz
USA
SU
GB
F
CSR
Pl.
Jug.
319
225
131
69
30
12
9
Can. 2
40 %
28,2 %
16,4 %
8,7 %
3,8 %
1,5 %
1,1 %
0,3 %
Obwohl die 18. SS-Division „Horst Wessel“, der Nachfolgeverband der Brigade, zuletzt an der Ostfront eingesetzt war und dort auch aufgelöst wurde, verbrachten die meisten der befragten Brigadeangehörigen ihre Kriegsgefangenschaft in amerikanischen, britischen oder französischen Lagern. Damit spiegelt die Tabelle auch deren Angst vor sowjetischer Gefangenschaft wieder. Zahlreiche Zeugen gaben bei ihren Vernehmungen an, in der Endkriegsphase mit letzter Energie noch nach Westen, in Richtung der angelsächsischen Armeen geflüchtet zu sein, um nicht in sowjetische Gefangenschaft zu geraten. 5 Einige sagten auch aus, nach der Gefangennahme im Westen von Briten oder Amerikanern an die Rote Armee ausgeliefert worden zu sein. 6 Durchschnittlich verbrachten die ehemals zur 1. SS-Brigade gehörenden Männer 2,4 Jahre in alliiertem Gewahrsam. Allerdings unterschied sich die Haftdauer bei den einzelnen Siegermächten deutlich. Während die Brigadeangehörigen im Durchschnitt nur 1,3 Jahre in amerikanischer Kriegsgefangenschaft verbringen mußten, lag die durchschnittliche Dauer ihrer Gefangenschaft in der Sowjetunion mit ziemlich genau vier Jahren deutlich höher. 7 Tabelle 7: Dauer von Kriegsgefangenschaft oder Internierungshaft Haftdauer
max. 6 Mon.
max. 1 Jahr
max. 3 Jahre
max. 6 Jahre
max. 10 Jahre
ber 10 Jahre
insg. 712
115
211
201
153
22
10
Prozentsatz
16,2 %
29,6 %
28,2 %
21,5 %
3,1 %
1,4 %
In der sowjetischen Besatzungszone ließ sich nach ihrer Rückkehr aus Krieg oder Gefangenschaft nur ein Bruchteil der Brigadeangehörigen nieder. Allein der als
Karrieren und Nischen. Die SS-Männer nach 1945
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ideologisches Versatzstück fortbestehende Antikommunismus und der naheliegende Gedanke, von den Sowjets möglicherweise doch noch für die im Osten begangenen Verbrechen zur Verantwortung gezogen zu werden, waren Motive genug für die Wendung nach Westen. Zu den wenigen Ausnahmen gehörte der 1907 in Pommern geborene Hugo Mielke, ein SS-Oberscharführer in der Kavallerie-Ausbildungs- und Ersatzabteilung, der 1943 während der Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto als Führer eines Vernichtungstrupps selbst Jagd auf Juden gemacht hatte. Kurz vor Kriegsende begann er, sich auf den zu erwartenden Zusammenbruch des Nationalsozialismus vorzubereiten. Während eines Lazarettaufenthalts in Erfurt ließ er sich auf der Grundlage falscher Bescheinigungen eine Identität als Wehrmachtsangehöriger ausstellen. Nach der Kapitulation machte er zudem einen Arzt ausfindig, der ihm die verräterische Tätowierung am Oberarm entfernte. Aus dem noch von den Amerikanern besetzten Erfurt ging Mielke dann keineswegs nach Westen, sondern er ließ sich in der sowjetischen Zone im thüringischen Allmenhausen nördlich von Erfurt nieder. Der ehemalige Judenjäger trat 1946 in die SPD ein, die kurz darauf in der SED aufging. 1954 pachtete Mielke einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb, mit dem er sich vier Jahre später einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) anschloß, zu deren Vorsitzenden er wenig später gewählt wurde. Daß der ehemalige SS-Reiter mit dem Leben in der DDR das Risiko von Entdeckung und längerer Haft einging, schien ihm aus Gesprächen mit seiner im Westen lebenden Mutter durchaus bewußt gewesen zu sein. Seine Identität flog aber erst auf, als in der LPG 1960 die Schweinepest ausbrach und die Justiz in dieser Sache gegen den Vorsitzenden zu ermitteln begann. 8 Im Gegensatz zu Mielke ließ sich die überwiegende Mehrzahl der Soldaten der Waffen-SS in den drei Besatzungszonen der Westalliierten nieder oder kehrte in die im Mai 1949 gegründete Bundesrepublik zurück, um dort den Aufbau eines neuen Lebens zu versuchen. Kurt Knoblauch, der erste Chef des Kommandostabes, ließ sich in München nieder. 9 Unbehelligt von der Justiz starb er am 10. November 1952 im Alter von 67 Jahren. 10 Ernst Rode, sein Nachfolger und die rechte Hand Bach-Zelewskis bei der „Partisanenbekämpfung“ in ganz Europa, wurde nach Kriegsende mehrmals von den Amerikanern vernommen. Von der westdeutschen Justiz wurde er anschließend in Ruhe gelassen. Er starb am 12. September 1955 in Göttingen. 11 Rudolf May, der einstige Ic-Offizier des Kommandostabes und emsige Koordinator in Sachen Judenmord, überlebte den Krieg ebenfalls. Er ließ sich in Mannheim nieder und führte als Wirtschaftsjurist ein unbescholtenes Leben. Gegen ihn wurden nie Ermittlungen wegen seiner Beteiligung am Judenmord eingeleitet. May starb 1996. 12 Werner Bühnemann, der letzte Führungsoffizier des Kommandostabes, begann seine Nachkriegsidentität mit der spektakulären Flucht aus dem Gefangenenlager für SS-Angehörige in Bamberg. In der Uniform eines Captain der US-Army verließ er das Lager mit einem Jeep durch das Haupttor. Seinen ‚Kameraden‘ schrieb er einige Wochen später eine Ansichtskarte aus der britischen Zone. 13
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Der zeitweilige Kommandeur der Kavalleriedivision, Wilhelm Bittrich, kehrte im Sommer 1953 aus französischer Kriegsgefangenschaft nach Deutschland zurück. In seiner Funktion als Kommandeur der SS-Division „Hohenstaufen“ war er in Marseille kurz zuvor wegen der Erschießung von siebzehn Angehörigen der Résistance durch eines seiner Bataillone schuldig gesprochen worden. Das Strafmaß von fünf Jahren galt aber durch die lange Untersuchungshaft als verbüßt. Der 59-jährige ließ sich am Starnberger See nieder. Dort ging er keiner geregelten Arbeit nach, sondern lebte von einer Rente und finanziellen Zuwendungen des „Sozialwerks Paul Hausser“, das vom Bundesverband der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS gegründet worden war. 14 Gustav Lombard, der Kommandeur der Reitenden Abteilung des 1. Regiments, der im Sommer 1941 die von ihm selbst so bezeichnete „Entjudung“ des Pripjetgebiets durch zehntausendfachen Massenmord an jüdischen Männern, Frauen und Kindern befehligt hatte, war 1944 noch bis zum Kommandeur der 31. SS-Freiwilligen-Grenadierdivision aufgestiegen. Im Mai 1945 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft und wurde 1947 von einem Militärgericht wegen der Vergewaltigung und Ermordung eines russischen Mädchens durch Männer des 1. Reiterregiments sowie wegen der Erschießung von Partisanen zu 25 Jahren Haft verurteilt. Vorzeitig begnadigt ließ sich Lombard im Oktober 1955 in München nieder. Dort war einer seiner ‚Kameraden‘ bei der Allianz-Versicherung tätig und wirkte prompt als Steigbügelhalter des Massenmörders. Um Weihnachten 1957 bekam Lombard von der Allianz erst eine Wohnung übertragen; nur Monate später stellte der Konzern ihn als Versicherungskaufmann ein. 15 Lombards Mitkämpfer Waldemar Fegelein, der Bruder des Verbandskommandeurs, der im August 1941 die Mordaktionen in mehreren Schtetl persönlich geleitet hatte, wurde nach dreijähriger amerikanischer Internierung in die Freiheit entlassen. Anfangs war er im Geschäft seiner Ehefrau tätig, bevor sich der ehemalige Olympiasieger im Turnierreiten 1957 wieder seinem Sport zuwandte. Am Stadtrand von Ludwigshafen arbeitete er einige Jahre als Reitlehrer, bis er Anfang der 60er Jahre im bayrischen Bad Wörishofen westlich von München einen eigenen Reitstall eröffnete. 16 Seine Liebe zum Reiten erhielt sich auch Franz Magill, der ehemalige Kommandeur der Reitenden Abteilung des 2. Kavallerieregiments, der den Massenmord an den Juden in Pinsk und Umgebung geleitet hatte. Nachdem er im August 1941 von der SS-Kavallerie abberufen wurde, war er im Stab Bach-Zelewskis im Rahmen der „Partisanenbekämpfung“ tätig. Vom 28. Dezember 1942 bis zum 20. Februar 1943 führte er unter anderem beim Großunternehmen „Hornung“ in Vertretung Dirlewangers dessen SS-Sonderbataillon. Zuletzt war der zum Obersturmbannführer beförderte Magill als Leiter des Nachschubs der 14. SS-Freiwilligendivision „Galizien“ eingesetzt. Nach britischer Kriegsgefangenschaft und Internierung wurde er im März 1948 entlassen und ließ sich in Braunschweig als Reitlehrer nieder. 17 Der als „fanatischer Nationalsozialist“ geltende Emil Sator hatte mit seinem 3. Bataillon des SS-Infanterieregiments 10 am 4. August 1941 den Massenmord an jüdischen Männern, Frauen
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und Kindern im ukrainischen Ostrog geleitet. Er schied 1942 aus der Waffen-SS aus; anschließend war er unter anderem Polizeipräsident in Wilhelmshaven und Bremen. Nach dem Ende des Nationalsozialismus kehrte er in seine Geburtsstadt Würzburg zurück, wo er als Mitinhaber einer florierenden Druckerei ein Leben in Wohlstand führte. 18 Die meisten der ehemaligen SS-Männer haben unter dem Eindruck der neuen Gesellschaftsordnung in Westdeutschland tunlichst über die von ihnen begangenen Verbrechen geschwiegen. Schon 1946 beschrieb Wolfgang Staudte in dem bekannten Defa-Film „Die Mörder sind unter uns“ das Fortleben von NS-Verbrechern in der Nachkriegsgesellschaft. Ein solches Szenario galt tausendfach auch für die früheren Brigadeangehörigen und Mitglieder des Kommandostabes. Nur in Ausnahmefällen erfuhr das soziale Umfeld von den früheren Taten des Nachbarn oder Freundes. So sah sich Alfred C., ein ehemaliger Angehöriger der Warschauer Kavallerieausbildungs- und Ersatzabteilung, an einem Abend im Herbst 1958 mit seiner Bekannten Martha H. eine Fernsehdokumentation über den Aufstand im Warschauer Ghetto an. Offenbar erbost über den Inhalt der Sendung schimpfte er im Beisein von H., man solle „endlich diesen Dreck in Ruhe lassen“. Er vertrat die Ansicht, daß über solche Themen nur Personen reden dürften, die die Ereignisse miterlebt hätten. Anschließend brüstete sich C. damit, an der brutalen Niederschlagung des Aufstands beteiligt gewesen zu sein. 19 Auf ähnliche Weise outete sich viereinhalb Jahre später ein weiterer ExSoldat der gleichen Einheit. In diesem Fall gab Kurt B., der als Angestellter in einer Kieler Firma arbeitete, im Rahmen eines Gesprächs über den Aufstand im Ghetto gegenüber einer Kollegin zum Besten, als SS-Mann im Sommer 1942 bei den Massendeportationen eigenhändig mehrere Juden getötet zu haben.20 Die Mehrzahl der ehemaligen Angehörigen der Mordeinheiten war aber mit dem Aufbau einer privaten Existenz beschäftigt, ohne sich darüber hinaus auffällig zu exponieren. Von den 216 Veteranen der 1. SS-Brigade, die bei ihrer Vernehmung Angaben zu ihrer beruflichen Tätigkeit vor Eintritt in die Waffen-SS machten und außerdem ihre Beschäftigung nach 1945 erwähnten, arbeiteten 54 Prozent in der Bundesrepublik wieder im Bereich ihrer früheren Tätigkeit. Bei etlichen Männern war der berufliche Aufstieg im Nachkriegsdeutschland unverkennbar. So waren aus ehemaligen Handwerksgesellen oder Lehrlingen mittlerweile Bäcker-, Metzger- oder Malermeister geworden. Dagegen übten viele ungelernte Arbeiter diese Tätigkeit auch noch in den 60er Jahren aus. Da ein Großteil der Männer bereits in jungen Jahren der Waffen-SS beigetreten war, fehlte vielfach eine aussichtsreiche Berufsausbildung oder Praxis, so daß der Anteil wenig qualifizierter Berufe unter den ehemaligen Brigadeangehörigen überdurchschnittlich hoch blieb. Die Mehrzahl der Männer verdiente sich nach 1945 in Westdeutschland ihren Lebensunterhalt als Arbeiter, Handwerker oder kleinere Angestellte. Manchem der Waffen-SS’ler eröffnete sich aber gerade durch seinen Dienst in der Weltanschauungstruppe ein berufliches Fortkommen. So ergriffen Angehöri-
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ge technischer Kompanien der Brigade nach 1945 den Beruf des Mechanikers und brachten es darin bis zum Meister. Der Koch einer Stabskompanie wurde Metzger, etliche ehemalige Fahrer setzten ihre Tätigkeit im Zivilleben in Westdeutschland fort. Eine erstaunliche Kontinuität legte auch Alfred K. an den Tag, der als 18-jähriger im November 1935 zur Wachmannschaft eines Konzentrationslagers gestoßen war. Nach dem späteren Dienst in der Waffen-SS entschied K. nach 1945, sich erneut der Bewachung von Häftlingen zu widmen. Er fand eine Anstellung bei der Justiz, wo er es schließlich bis zum Justizoberwachtmeister brachte. 21 Konsequent verfuhren auch diejenigen Angehörigen der SS-Mordeinheiten, die beruflich kurzerhand an den militärischen Teil ihrer Tätigkeit bei der WaffenSS anschlossen und fortan in der 1955 gegründeten Bundeswehr Dienst taten. Aus den Reihen der 1. SS-Brigade bekleideten dort mindestens neun der Vernommenen Unteroffiziers- und Offiziersdienstgrade. Darunter befanden sich drei Hauptfeldwebel, ein Oberstabsfeldwebel, drei Hauptmänner, ein Major und ein Oberstleutnant. Heinrich S., der 1917 in Riga/Lettland geboren wurde, trat als Volksdeutscher im September 1938 freiwillig in die Verfügungstruppe ein. Anschließend beschritt der junge Mann die Offizierslaufbahn. Er wurde 1940 zur Junkerschule Bad Tölz geschickt, wo er erfolgreich den SS-Führerlehrgang absolvierte; anschließend kam er im März 1941 als Ordonnanzoffizier zum I. Bataillon des SS-Infanterieregiments 10. Bis Ende 1942 war er dort zum Kompanieführer aufgestiegen; im folgenden Jahr wurde er mit dem Kommando über die Kradschützenkompanie im Brigadestab betraut. Noch im Mai 1945 verwundet, ließ er sich anschließend in Westdeutschland nieder und trat in die Bundeswehr ein, wo er zum Zeitpunkt seiner Vernehmung immerhin den Rang eines Oberstleutnants bekleidete. 22 Ebenfalls den Rang eines Oberstleutnants der Bundeswehr bekleidete Mitte der 60er Jahre Rudolph Maeker, der im Sommer 1941 als 2. Ordonnanzoffizier der Kavalleriebrigade an der Seite Fegeleins Zeuge des Massenmords an den Juden im Pripjetgebiet geworden war. 23 Aus der Mehrheit der auch nach dem Krieg eher zur unteren Mittelschicht zählenden Brigadeangehörigen sticht ein kleinerer Prozentsatz heraus, dem der Aufstieg in deutlich besser dotierte Berufe gelang. Diese Männer fanden ihr Auskommen als Ärzte oder höhere Beamte, wurden erfolgreiche Firmeninhaber oder gingen sogar in die Politik. Einige SS-Soldaten schlugen im Nachkriegsdeutschland eine pädagogische Laufbahn ein und wurden Lehrer an verschiedenen Schulen. Fünf der Vernommenen gaben während ihrer Aussage sogar eine Tätigkeit als Schulrektor an. Anton K., Jahrgang 1912, war im Juni 1940 zur 10. SS-Totenkopfstandarte gekommen. Zwischendurch absolvierte er einen Lehrgang an der Junkerschule Bad Tölz und tat bis Kriegsende in verschiedenen Kompanien des SS-Infanterieregiments 10 und dessen Nachfolgeverbandes Dienst. In der Bundesrepublik bekleidete er zur Zeit seiner Vernehmung das Amt eines Oberstudiendirektors. 24 Dr. jur. Fritz-Ernst B., 1908 in Berlin geboren, war bereits 1933 in die SS eingetreten. Kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs mel-
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dete er sich freiwillig zur Waffen-SS und bekam im Februar 1940 seinen Einberufungsbescheid. Während des Vernichtungskrieges gehörte er der 13. Kompanie des SS-Infanterieregiments 8 an. Nach dem Krieg kehrte Dr. B. nach Berlin zurück und brachte es im dortigen Senatsressort Inneres und Finanzen bis zum Oberregierungsrat.25 Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang die kuriose Nachkriegskarriere Hans-Walter Nenntwichs, die er nach einem bis dato bereits recht bewegten Leben in Westdeutschland hinlegte. Geboren 1916 in Westpreußen, trat Nenntwich, der sich mitunter auch Zech-Nenntwich nannte, nach Abschluß der mittleren Reife 1934 in den Polizeidienst ein. Nach Absolvierung von Wehrund Reichsarbeitsdienst meldete er sich 1938 freiwillig zum Dienst bei den SSTotenkopfverbänden. Über die SS-Standarten „Brandenburg“ und „Ostmark“ kam der junge Freiwillige zur SS-Heimwehr „Danzig“, in der er im Krieg gegen Polen kämpfte. Nenntwich gehörte 1940 zu den erfolgreichen Absolventen eines SS-Führerlehrgangs an der Junkerschule Bad Tölz; im April des folgenden Jahres wurde er zum 2. SS-Kavallerieregiment versetzt, mit dessen 2. Schwadron er in der Funktion eines Spähtruppoffiziers am Vernichtungszug durch das Pripjetgebiet teilnahm. Ende 1941 wurde Nenntwich zur SS-Kavallerie-Ersatzabteilung nach Warschau versetzt, wo er über eine polnische Geliebte offenbar Kontakte zu dortigen Widerstandsorganisationen knüpfte. Im März 1943 wurde er unter dem Vorwurf der versuchten Vergewaltigung einer anderen Polin festgenommen, floh jedoch nach kurzer Zeit aus der Haft. Scheinbar um die SS in eigener Sache wieder einzunehmen, lieferte er in Kielce wenig später einen polnischen Offizier und Mitglied des Untergrundwiderstands an die deutschen Besatzungsbehörden aus. Trotz Präsentation seiner ‚Beute‘ wurde er umgehend festgenommen. Abermals gelang Nenntwich die Flucht aus dem Gefängnis; diesmal entkam er mit polnischer Hilfe nach Schweden. Dort knüpfte er Kontakt zu den Briten, die ihn nach England ausflogen. In Großbritannien arbeitete Nenntwich fortan als Vernehmungsoffizier in deutschen Kriegsgefangenenlagern sowie als Sprecher deutschsprachiger Radiosendungen.26 Im November 1945 kehrte er unter dem Namen Dr. rer. pol. Sven Joachim Nansen nach Deutschland zurück, wo er anfangs als Verbindungsmann zwischen der britischen Militärregierung und dem Oberpräsidium der Nord-Rhein-Provinz fungierte. Offenbar mit Billigung der Briten wurde Dr. Nansen alias HansWalter Nenntwich im März 1946 zum Regierungsrat beim Oberpräsidium der Nord-Rhein-Provinz ernannt; vier Monate später erfolgte die Ernennung zum Legationsrat 1. Klasse. In dieser Stellung hatte er offenbar direkten Zugang zum damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer. Nenntwich mußte sich eine interessante Identität zurechtgezimmert haben, denn seine Berufung zum Legationsrat wurde seitens des damaligen Oberpräsidenten in erster Linie „mit Rücksicht auf die von ihm [Nansen bzw. Nenntwich] in der Machtzeit der NSDAP erlittenen Verfolgungen und Nachteile“ begründet. Infolge von Veröffentlichungen in der
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britischen Presse flog Nenntwichs wahre Identität ein Jahr später auf; wohl um weiteren Nachforschungen vorzubeugen, quittierte er von sich aus im September 1947 seine Stellung in der Landesregierung. Nenntwich fand auch in den Jahren danach ein gutes Auskommen, arbeitete mal als Journalist, dann als Direktor einer Filmgesellschaft. Als er am 5. Juli 1963 im Rahmen des Verfahrens gegen Angehörige des 2. SS-Kavallerieregiments wegen des Verdachts der Beteiligung an Judenerschießungen in Untersuchungshaft genommen wurde, war er Inhaber einer Firma für Motorenbau. In Braunschweig wurde er neun Monate später zu vier Jahren Haft verurteilt, doch auch diesmal hielt es Nenntwich nicht lange im Gefängnis. Zwei Tage nach dem Urteilsspruch des Landgerichts gelang ihm wieder die Flucht aus der Haftanstalt; einige Zeit später schrieb er dem Landgericht höhnische Postkarten aus seinem Exil in Ägypten. 27 Eine dauerhaftere Karriere war dagegen Kurt Becher vergönnt. Der 1909 Geborene trat 1939 in die Allgemeine SS ein und war mit der 2. SS-Totenkopfstandarte „Brandenburg“ im September 1939 an Massenmorden an polnischen Juden beteiligt. Unter Fegelein war Becher im Rang eines Untersturmführers 1. Ordonnanzoffizier im Stab der SS-Kavalleriebrigade. 28 Nach seinem Dienst bei dem Reiterverband und einer zwischenzeitlichen Tätigkeit im SS-Führungshauptamt wurde er von Himmler 1944 nach Ungarn geschickt. Er leitete dort für die SS die Plünderung der jüdischen Gemeinden und Verhandlungen über einen begrenzten Freikauf von Juden. 29 Nach dem Krieg trat er als Zeuge im Prozeß gegen Adolf Eichmann auf. Wirtschaftlich gelang Becher ein glänzender Start in der Bundesrepublik. Der ehemalige SS-Führer ließ sich in Bremen nieder und stieg dort binnen kurzem zu einem der bedeutendsten Getreidehändler der Stadt auf. Die 1982 veröffentlichten Recherchen einer Redakteurin von Radio Bremen zu seinen Verstrickungen in die deutsche Vernichtungspolitik verhinderten zwar seine Berufung in den Aufsichtsrat von Hapag-Lloyd, hatten jedoch keine weitergehenden Konsequenzen. Steinreich starb Kurt Becher als einer der Honoratioren seiner Wahlheimat Bremen im August 1995. 30 Äußerst bemerkenswert verlief auch der Lebensweg von Friedrich Peter, eines ehemaligen Angehörigen der 1. SS-Brigade. Dessen Nachkriegskarriere spielte sich in Österreich ab. Peter, Jahrgang 1921, gehörte seit Anfang Februar 1938 der dort damals noch illegalen Hitler-Jugend an und trat am 9. November des Jahres auch der Allgemeinen SS bei. Nach seinem Eintritt in die Waffen-SS gehörte er der 5. Kompanie des SS-Infanterieregiments 10 an. Mit dieser Einheit nahm Peter als Kompanietruppführer im Sommer 1941 am Vernichtungszug durch die nördliche Ukraine teil. Während der Mordaktionen bekleidete er den Rang eines SS-Unterscharführers und erhielt für seine Tätigkeit während der ersten Kriegsmonate das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Ab November 1942 absolvierte der Unteroffizier einen Führerlehrgang an der Junkerschule Braunschweig, anschließend belegte er einen Umschulungslehrgang zum Pionieroffizier. Danach kehrte Peter nicht mehr zur 1. SS-Brigade zurück, sondern gehörte bis Kriegsende der SS-Division „Das Reich“ an. 31 Im Anschluß an die Kapitulation nach
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Abb. 13. Kurt Becher, 1. Ordonannzoffizier bei der SS-Kavalleriebrigade, (rechts) auf dem Pripjet Sommer 1941.
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Österreich zurückgekehrt, gehörte er 1955 zu den Gründungsmitgliedern der „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ), wo er bald zu einem der wichtigsten Politiker aufstieg und im Jahr 1958 den Parteivorsitz übernahm. In der Parteizeitung „Neue Front“ tat der aufstrebende Politiker noch im November 1955 kund, daß er als Angehöriger der Waffen-SS „Opfer der politischen Verfolgungen nach 1945 wurde, die echtes Soldatentum ebenso diskriminierten wie ehrlichen politischen Idealismus“. In den folgenden Jahren gab er der FPÖ ein zunehmend liberaleres Image, was Bruno Kreisky ab 1970 dazu bewog, seine eigene Minderheitsregierung durch Peters ‚Freiheitliche‘ stützen zu lassen. 32 Im Vorfeld der Parlamentswahlen im Herbst 1975 trat Peter als Spitzenkandidat der FPÖ an und galt als aussichtsreichster Bewerber für das Amt des Vizekanzlers in einer potentiellen Koalition zwischen der regierenden SPÖ und seiner FPÖ. Kurz nachdem die Sozialdemokraten unter Kreisky bei den Wahlen dann wider Erwarten die absolute Mehrheit erreicht hatten, legte Simon Wiesenthal im Oktober 1975 bei einer Pressekonferenz in Wien verschiedene Dokumente zur SS-Vergangenheit des verhinderten österreichischen Vizekanzlers vor. 33 Zu den Vorwürfen einer Mittäterschaft bei den Massenerschießungen der SS-Brigade befragt, verstieg sich der Politiker schon einmal zu der Behauptung, die Waffen-SS sei in Nürnberg nie zur verbrecherischen Organisation erklärt worden. Darüber hinaus erklärte er allen Ernstes das 1965 als Quellenedition erschienene Kriegstagebuch des Kommandostabes und die edierten Tätigkeitsberichte der SS-Brigade zu sowjetischen Fälschungen. Zu seiner eigenen Person erklärte der strauchelnde Parteiobmann immer, er habe von den Massenmorden seiner Einheit nie etwas erfahren und sowieso nur seine „Pflicht erfüllt“. 34 Nach parteiinterner Kritik an seiner Haltung trat Friedrich Peter 1978 vom Parteivorsitz zurück. Im Mai 1983 wollte ihn seine Partei noch mal für den Posten des Dritten Präsidenten des Nationalrats zur Abstimmung im Parlament aufstellen. Der projektierte zweite politische Frühling war aber prompt von neuen Enthüllungen über seine Verstrickung in die Massenmorde des SS-Verbandes begleitet. Daraufhin verzichtete Peter auf eine Kandidatur und trat seitdem bei der FPÖ in den Hintergrund.35
2. Justitielle Verfolgung der Täter nach 1945 Ermittlungen gegen ehemalige Angehörige der SS-Brigaden Mit dem Begreifen der Dimension der deutschen Massenverbrechen setzten auf alliierter Seite Vorbereitungen zu deren Ahndung ein. Knapp 17 Monate nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands sprach der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg im Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher am 30. September 1946 sein Urteil. Neben den ausgesprochenen Todesurteilen, langjährigen Haftstrafen und Freisprüchen für führende Funktionsträger wurden große Teile der nationalsozialistischen Gesellschaftsstruktur zu verbrecherischen Organisationen erklärt. Zur Waffen-SS urteilten die Richter: „Divisionen der
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Waffen-SS waren für viele Massaker und Grausamkeiten in den besetzten Gebieten, so zum Beispiel das Blutbad in Oradour und in Lidice, verantwortlich. […] Einheiten der Waffen-SS nahmen direkt an der Tötung von Kriegsgefangenen und an Grausamkeiten in den besetzten Gebieten teil.“ Darum wurde die Waffen-SS zu einem Teil des verbrecherischen Organisationsgeflechts der Nationalsozialisten erklärt; jedoch wurde kurioserweise ausgerechnet die berittene SS von diesem Urteil ausgenommen. 36 Auch vor den deutschen Zivilgerichten in der West- und Ostzone fanden zahlreiche Prozesse gegen ehemalige NS-Verbrecher statt. Allein bis 1949 wurden von westdeutschen Gerichten 4500 Personen verurteilt. In der sowjetischen Zone und der späteren DDR kam es bis 1964 zu 12 807 Verurteilungen. 37 Schon ab 1950 ging die Zahl der Urteile in der Bundesrepublik jedoch stark zurück. Hatte es in NS-Prozessen noch 1949 immerhin 1523 rechtskräftige Verurteilungen gegeben, lag die Zahl im Jahr 1955 bei nur mehr 21 Urteilen. In der von Mitläufern und Tätern geprägten bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft herrschte die Stimmung vor, das Vergangene endlich ‚ruhen‘ zu lassen und schleunigst zur ‚Normalität‘ überzugehen, womit ein weitgehendes Verschweigen und Vergessen der beispiellosen Verbrechen gemeint war. 38 Eine gewisse juristische Wende löste im Oktober 1958 die Entscheidung der Länderjustizminister aus, eine „Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ zu gründen. Die kurz „Zentrale Stelle“ genannte Einrichtung sollte alle Belege über die im besetzten Europa verübten nationalsozialistischen Verbrechen sammeln und die als Täter in Frage kommenden Personen ausfindig machen. Diese Vorermittlungen sollten dann von den Staatsanwaltschaften an den Wohnorten der Hauptverdächtigen abgeschlossen und zur Anklage gebracht werden. Bereits am 1. Dezember 1958 nahmen die Juristen der Zentralen Stelle im ehemaligen Frauengefängnis von Ludwigsburg ihre Tätigkeit auf. 39 Von den Ludwigsburger Staatsanwälten wurden ab Anfang der 60er Jahre die Vorermittlungen für fast alle Verfahren gegen ehemalige Führerdienstgrade der SS-Brigaden des Kommandostabes geführt. Der eigentliche Anstoß für diesbezügliche justitielle Untersuchungen war durch einen Zufall zustande gekommen. Im November 1959 wurde im Zuge von Ermittlungen gegen den ehemaligen Höheren SS- und Polizeiführer Rußland Mitte, Bach-Zelewski, als ehemaliges Mitglied seines Stabes auch Franz Magill als Zeuge vernommen. Die Staatsanwälte staunten nicht schlecht, als Magill im Laufe seiner Vernehmung freimütig von dem Massenmord seiner Reitenden Abteilung an den Pinsker Juden erzählte. 40 Daraufhin eröffnete die Staatsanwaltschaft Nürnberg ein Ermittlungsverfahren gegen Angehörige des 2. SS-Kavallerieregiments, das im Juni 1960 an die Staatsanwaltschaft Braunschweig als die für den Hauptverdächtigen Magill zuständige Ermittlungsbehörde abgegeben wurde. 41 Das nach aufwendigen Recherchen eines engagierten Staatsanwalts seit dem 17. Februar 1964 vor dem Braunschweiger Landgericht verhandelte Verfahren war der einzige Prozeß, in dem ehemalige Angehörige der SS-Kavallerie wegen
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der von ihnen begangenen Massenmorde vor Gericht gestellt und verurteilt wurden. Magill als ehemaliger Chef der Reitenden Abteilung des SS-Kavallerieregiments 2 war der Hauptangeklagte des Verfahrens. Angeklagt waren außerdem Walter Dunsch, der einstige Kommandeur der 2. Schwadron, Kurt Wegener, der Chef der 4., und Hans-Walter Nenntwich, der einstige Spähtruppführer der 2. Schwadron. Fünfter auf der Anklagebank war Walter Bornscheuer, der damals als Regimentsadjutant wichtige Mordbefehle abgezeichnet hatte. 42 Im Verlauf des Braunschweiger Verfahrens sagten auch jüdische Überlebende als Zeugen zu den Massenerschießungen im Pripjetgebiet aus; insgesamt erregte der Prozeß über Wochen bundesweites Aufsehen. 43 Nach 29 Verhandlungstagen wurde der Hauptangeklagte Magill am 20. April 1964 der „fortgesetzten Beihilfe zum Mord in mindestens 5254 Fällen und zum versuchten Mord in mindestens 100 Fällen“ für schuldig befunden und zu gerade einmal fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Ebenfalls zu fünf Jahren Haft wegen Beihilfe zum Mord in 1700 Fällen wurde Kurt Wegener verurteilt. Walter Dunsch und Hans-Walter Nenntwich erhielten wegen des gleichen Tatdelikts in 220 beziehungsweise mindestens zwei Fällen jeweils vier Jahre Haft, während Walter Bornscheuer freigesprochen wurde. 44 Nicht zuletzt die Erkenntnisse aus dem Braunschweiger Verfahren hatten weitere Untersuchungen gegen ehemalige Führerdienstgrade der SS-Brigaden zur Folge. Die Staatsanwaltschaft München I führte seit 1962 Ermittlungen wegen der Vernichtung der jüdischen Gemeinden im nördlichen Pripjetgebiet gegen ehemalige Führer des Stabes der Kavalleriebrigade und des 1. Reiterregiments. Unter den Beschuldigten waren Gustav Lombard, Waldemar Fegelein, Kurt Becher, Christian Reinhardt, im Sommer 1941 Führungsoffizier der Brigade, Wilhelm Plänk, der ehemalige Kommandeur der Radfahraufklärungsabteilung und spätere Chef der Warschauer Ersatzabteilung sowie weitere Schwadronschefs und Zugführer des Regiments und der Aufklärungsabteilung. Im Verlauf der folgenden neun Jahre wurden mehr als 230 Zeugen vernommen; gleichzeitig wuchs das Verfahren auf einen Gesamtumfang von zuletzt 50 Aktenbände. Darin enthalten waren zahlreiche höchst belastende Originaldokumente und detaillierte Aussagen Überlebender und ehemaliger Einheitsangehöriger, die die Verstrikkung der Beschuldigten in den Massenmord an der jüdischen Bevölkerung nachhaltig belegten. Trotzdem wurden die Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft München I mit der Begründung, daß „die öffentliche Klage nicht mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden“ könne, am 22. Dezember 1970 eingestellt. 45 Diese und zahlreiche spätere Verfahrenseinstellungen gründeten sich auf die Novelle des Paragraphen 50, Absatz 2 des Strafgesetzbuches vom 1. Oktober 1968, nach der bei NS-Tätern künftig der persönliche Tatbeitrag in Form einer besonders grausamen Tatausführung oder mittels niedriger Beweggründe nachgewiesen werden mußte. Faktisch bedeutete die unscheinbare Gesetzesnovelle eine ‚kalte‘ Amnestie für Hunderte von NS-Mördern.46 Auch im Fall aller beschuldigten SS-Führer des 1. Reiterregiments und des Brigadestabes verneinte die Münchner Staatsanwalt-
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schaft den persönlichen Tatbeitrag. In Bezug auf Lombard, der ja die Mordpraxis seiner Reiter phantasievoll als „Entjudung“ bezeichnet hatte, lautete das bemerkenswerte Resümee des ermittelnden Staatsanwalts: „Mit den vorhandenen Beweismitteln kann dem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden, die von Hitler und Himmler angeordnete Vernichtung der Juden gebilligt und sich das Gedankengut, das zu den Massentötungen führte, zu eigen gemacht zu haben. Dem Beschuldigten kann auch nicht nachgewiesen werden, die Ausführung der gegebenen Vernichtungsbefehle mit Nachdruck und einverständlichem Eifer durchgesetzt und sich damit eines Verbrechens des Mordes […] in einer Vielzahl von Fällen schuldig gemacht zu haben.“ 47 Ausgerechnet die Abteilungsbefehle Lombards von August 1941, die den „Nachdruck und einverständlichen Eifer“ des SS-Führers beim Judenmord in so eindeutiger Weise dokumentieren, wurden von der Staatsanwaltschaft einfach nicht zur Kenntnis genommen. 48 Gegen frühere Angehörige der SS-Kavallerie ermittelte außerdem die Staatsanwaltschaft Kassel. Das dortige Verfahren betraf Massenerschießungen von Juden und Polen im Wald von Lucmierz im Zeitraum von Herbst 1939 bis Frühjahr 1941. Hauptbeschuldigter war der damalige Schwadronskommandeur, SS-Untersturmführer Rolf Metz, der für die SS zugleich die Verwaltung der dortigen Ländereien übernommen hatte. Im Verlauf der staatsanwaltlichen Recherche in dieser Sache wurde eine Vielzahl von Angehörigen der Schwadron vernommen; zudem übermittelte die polnische Justiz zahlreiche Aussagen polnischer Zeugen, die das kontinuierliche Morden der SS-Einheit im Lucmierzer Wald genau belegten. Dennoch wurde auch dieses Verfahren eingestellt. Die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Kassel gegen Metz läßt stichhaltige juristische Gründe für die Verfahrenseinstellung weitgehend vermissen, dafür stellte der Staatsanwalt dem ehemaligen SS-Offizier einen bemerkenswerten, späten ‚Persilschein‘ aus: „Bei objektiver Betrachtung ist es aber vollkommen unwahrscheinlich“, argumentierte der Jurist, „daß der Beschuldigte einerseits seinen anstrengenden und verantwortungsvollen Dienst als Verwalter umfangreicher Ländereien und als stellvertretender Kreislandwirt hervorragend und pflichtgetreu versehen hat, wie sein Zeugnis ausweist, und sich andererseits zwar nicht am Dienst seiner SS-Einheit, aber an widerwärtigen Exzessen und Mordtaten beteiligt haben sollte. Dies würde der Persönlichkeit des Beschuldigten in keiner Weise entsprechen.“ 49 Vier Jahre nach dem Braunschweiger Prozeß wurde der 58-jährige Heinrich Strähle, ein früherer Troßführer im Reiterregiment 2, vom Landgericht Köln am 24. Juni 1968 vom Verdacht des mehrfachen Mordes freigesprochen. Unter seinem Kommando waren wie beschrieben am 30. Oktober 1941 außerhalb von Toropez 12 russische Frauen und ein Junge kontrolliert und als „Partisanenverdächtige“ abseits der Straße ermordet worden. Im Anschluß daran wurde der Oberscharführer von Vorgesetzten zu dem Vorfall befragt und es wurde sogar eine SS-interne Untersuchung eingeleitet. Die Kölner Richter kamen angesichts der vorliegenden Beweismittel nicht umhin, beim Angeklagten „erhebliche Ver-
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dachtsmomente“ festzustellen, bewerteten das Verbrechen letztlich jedoch nur als Totschlag, weshalb Strähle das Gerichtsgebäude wegen der bereits eingetretenen Verjährung als freier Mann verlassen konnte. 50 Gegen ehemalige Führerdienstgrade und einzelne Exzeßtäter der 1. SS-Brigade führten die Staatsanwaltschaften Coburg und später München I Ermittlungen. Der Versuch der Ahndung der von jener SS-Einheit begangenen Massenverbrechen artete in ein Mammutverfahren mit einem Umfang von zuletzt 163 Aktenbänden aus und führte letztlich zu einem äußerst dürftigen Ergebnis. Nach teilweise mehr als zehnjährigen Ermittlungen wurden die Verfahren gegen zuletzt mehrere Dutzend Beschuldigte eingestellt. 51 Mit Johann Enzinger wurde nur ein einziger Angeklagter aus den Reihen der 1. SS-Brigade für die von ihm selbst eingeräumte Ermordung der Einwohnerschaft von Tupice während des Unternehmens „Sumpffieber“ verurteilt. In dem im Mai 1972 abgetrennten Verfahren sprach das Landgericht Traunstein den Angeklagten am 13. März 1974 der 80-fachen Beihilfe zum Mord für schuldig und verurteilte Enzinger zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. 52 Gegen den Exzeßtäter Max Täubner, der als Kommandeur des Werkstattzuges der 1. SS-Brigade im Herbst 1941 die mit unglaublicher Brutalität begangenen Massaker an mindestens 969 jüdischen Männern, Frauen und Kindern in mehreren ukrainischen Städten befohlen und persönlich angeführt hatte, war bis 1960 ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Memmingen anhängig. Das dortige Landgericht lehnte die Eröffnung einer Hauptverhandlung jedoch mit der Begründung des „Strafklageverbrauchs“ ab. Nach bundesdeutschem Recht sind Gerichte dann gezwungen, mit Verweis auf diesen Sachverhalt die Eröffnung einer Hauptverhandlung abzulehnen, wenn der Angeklagte in gleicher Sache bereits an anderer Stelle verurteilt worden war. 53 Die einzige Ahndung von Täubners Verbrechen hatte jedoch unter etwas anders gearteten Rechtsnormen das Oberste SS- und Polizeigericht München im Mai 1943 formuliert. Mit Verweis auf den „Strafklageverbrauch“ erkannte das Landgericht Memmingen die Urteilssprechung der Münchner SS-Richter an, die Täubner wegen „Ungehorsams“, „Führerpflichtverletzung“ und „SS-unwürdigen Verhaltens“ zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt hatten. Faktisch wurde damit von einem bundesdeutschen Gericht auch die Passage des damaligen Urteils mitvollzogen, in der die Ermordung der Juden als nicht strafwürdig erachtet wurde, da, so die Nazi-Juristen, es „um keinen der getöteten Juden schade“ sei. 54 Drei Untergebene Täubners wurden wegen der gleichen Verbrechen von den Landgerichten Heilbronn und Stuttgart in den Jahren 1973 beziehungsweise 1982 zu einer Freiheitsstrafe von zwei, drei und 12 Jahren verurteilt. 55 Vorermittlungen der Zentralen Stelle Ludwigsburg gegen Offiziere der 2. SSBrigade wegen zahlreicher Erschießungen von „Partisanen“ im Herbst 1941 wurden 1965 an die Staatsanwaltschaft Coburg abgegeben und dort Anfang der 70er Jahre wegen fehlendem Tatnachweis eingestellt. 56 Gegen Angehörige des Kommandostabes, dessen zentrale Bedeutung bei den Einsätzen der SS-Brigaden im
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Laufe der justitiellen Recherchen immer wieder zutage trat, wurde nie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Kurt Knoblauch blieb als ehemaliger Chef des Stabes genauso ungeschoren wie Ernst Rode, der im Vorfeld des Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher bereits von US-Offizieren vernommen worden war. 57 Rudolf May, der Ic-Offizier des Kommandostabes, wurde nur einmal oberflächlich befragt. Unbehelligt verbrachte er seinen Lebensabend und starb 1996 im Alter von 86 Jahren.58 Das Aussageverhalten der Täter Zur Ermittlung der Verantwortlichen für die Massenverbrechen waren die Staatsanwälte ganz entscheidend auf die Angaben ehemaliger Einheitsangehöriger angewiesen. Bei der Vernehmung von Zeugen begegnete den Justizbehörden meistens aber eine Mauer des Schweigens. Die überwiegende Mehrzahl der Vernommenen verhielt sich weitgehend stereotyp; Aussagen wiesen schlicht keinen verwertbaren Sachinhalt auf. Aus Gründen des Selbstschutzes mußten die Zeugen natürlich darauf bedacht sein, keine die eigene Person belastenden Angaben zu liefern. Die meisten Zeugen werden aber Kenntnis davon gehabt haben, daß ihnen selbst als einfache Einheitsangehörige gar keine Anklage wegen der Beteiligung an den Judenerschießungen drohte. Daß der Aussagewert der Vernehmungen trotzdem so überaus gering ausfiel, hing zweifellos mit dem weiterbestehenden Korpsgeist der SS-Männer, mit deren Distanz zur staatlichen Ordnung der Bundesrepublik und der damit einhergehenden Ablehnung der Bemühungen der Justiz zusammen, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu ahnden. Manche der vernommenen Zeugen sprachen diesen Sachverhalt offen aus. So stellte Johann Jakob M., ein ehemaliger Soldat der 1. SS-Brigade, zu Beginn seiner Vernehmung klar: „Ich verweigere grundsätzlich jede Auskunft zu diesem Komplex. Ich begründe meine Einstellung damit: Zeitlicher Abstand von 1945 bis heute (immerhin 20 Jahre), außerdem lehne ich die heutige Handhabung der Praktiken in der Rechtsprechung grundsätzlich ab. Dies bezieht sich ganz besonders auf die Auslegung damaliger Begebenheiten.“ 59 Auch der Zeuge G. gab zu Protokoll, daß er es als unsinnig empfände, daß nach etwa 30 Jahren die „alten Sachen“ wieder „aufgewärmt“ würden. Deshalb sei er auch nicht bereit, bei der Polizei irgendwelche Angaben zu machen. 60 Ähnlich äußerte sich Adam P., ehemaliger Angehöriger der 1. SS-Brigade, der seinen Unwillen über die Aktivitäten der Justiz folgendermaßen ausdrückte: „Ich muß dazu sagen, daß es mir langsam leid ist, immer und immer wieder von der Polizei aufgesucht und über Dinge befragt zu werden, die schon weit über 30 Jahre zurückliegen. Ich habe mir nichts vorzuwerfen, irgendeiner Schuld bin ich mir nicht bewußt. Ich habe damals nur meine Pflicht als Soldat getan, wie Millionen andere auch.“ 61 Die darin anklingende Exkulpation der Waffen-SS formulierten andere Zeugen noch deutlicher. Josef P. gab an, innerhalb der 1. SS-Brigade niemals etwas über Judenerschießungen erfahren zu haben, um anschließend grundsätzlich zu
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bemerken: „Ich weiß, daß man den Verbänden der Waffen-SS viel Ungutes nachsagt, was nach meinem Dafürhalten aber nicht der Wahrheit entspricht. Die Verbände der Waffen-SS waren Elitetruppen und haben sich in Bezug auf Tapferkeit besonders ausgezeichnet. An den Judenerschießungen oder bei den Tötungen von gefangenen Partisanen hat sich in Rußland besonders der Sicherheitsdienst mit seinen Hiwi [Hilfswilligen] hervorgetan.“ 62 Der ehemalige Schwadronskommandeur Kurt Wegener bemerkte in aller Kürze: „Wenn ich in meiner ersten Vernehmung vor der Kriminalpolizei nicht die Mitwirkung der SS-Kavallerie an Judenerschießungen offenbart habe, so geschah das, um eine Diffamierung der Waffen-SS zu vermeiden.“ 63 Der fortwirkende Korpsgeist zeigte sich im Rahmen der Ermittlungsverfahren häufig auch in der Loyalität von Einheitsangehörigen zu ihren Vorgesetzten. Der bereits zitierte Johann Jakob M. entgegnete auf die Frage der Vernehmungsbeamten, ob er denn vor einem Richter zur Sache aussagen würde: „Nur dann, wenn ich sicher bin, daß meine Angaben zur Entlastung von Herrn Liebermann verwandt werden.“ 64 Ein früherer Soldat der Radfahraufklärungsabteilung der SS-Kavallerie, begründete sein dürftiges Aussageverhalten mit dem Schutz seines ehemaligen Schwadronskommandeurs. „Ich wollte doch Herrn Plänk nicht in den Rücken fallen“, äußerte Kurt H. gegenüber den Vernehmungsbeamten. 65 Faktisch wirkte die Befehlsstruktur der SS-Verbände in den Ermittlungsverfahren der Nachkriegszeit weiter. War ein Einheitsführer bei seinen Untergebenen halbwegs beliebt, war es völlig unwahrscheinlich, daß belastende Aussagen gegen den Beschuldigten vorgebracht wurden. Statt dessen wurden Formulierungen wie die von Josef W. zu Protokoll gegeben, der über seinen Kompanieführer sagte: „Ich kann ihn als gerechten und ordentlichen Vorgesetzten bezeichnen, dem ich keine Verbrechen aus eigener Initiative zutrauen könnte. Für seine Untergebenen hat er jederzeit ordentlich gesorgt und hat sich auch um ihr persönliches Wohl gekümmert.“ 66 Äußerst selten sind bei den einstigen Angehörigen der Mordeinheiten Reue oder Bedauern zu erkennen. Eine der wenigen Ausnahmen ist die Aussage von Karl B., eines früheren Funkers beim Stab der Kavalleriebrigade. Er machte bei seiner ersten Vernehmung durch Kriminalbeamte der ermittelnden Sonderkommission größtenteils ausweichende Angaben, worauf die Vernehmung beendet wurde. Offenbar von Gewissensbissen getrieben, suchte B. die Beamten am nächsten Morgen in deren Hotel nochmals auf und übergab einen Brief in dem er folgendes erklärte: „Aus tiefer Scham um das Wissen dieser Vorgänge und aus der Vorstellung heraus, kleine Befehlsempfänger schützen zu müssen, bin ich bei der gestrigen Vernehmung in dem Hauptpunkt nicht bei der Wahrheit geblieben. Ich bedaure dies zutiefst. […] Die Kenntnis und die Scham über diese Vorgänge waren damals der innere Grund, weshalb ich im Sommer 1942 bei der Neuaufstellung meine Versetzung über das Nachrichtenamt betrieben habe und das Glück hatte, zum SS-Panzerkorps versetzt zu werden. Ich sehe ein, daß auch dieses Bekenntnis mein Gewissen nicht erleichtern kann, will aber zu dieser Be-
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lastung nicht noch die Schuld einer Lüge auf mich nehmen.“ 67 Karl G., früherer Angehöriger einer Reiterschwadron, äußerte sich über das angeblich erste von ihm beobachtete Massaker an jüdischen Männern, Frauen und Kindern: „Ich habe diese Erschießung als Unrecht angesehen, und ich war innerlich davon auch tief bewegt. Nach meiner Ansicht handelte es sich um reine Willkürakte; denn die Leute konnten nichts verbrochen haben; auf keinen Fall die Frauen und Kinder. Aber auch gegenüber den jüdischen Männern handelte es sich um eine unrechtmäßige Erschießung.“ 68 Ein anderer ehemaliger SS-Reiter berichtete über den Massenmord an den Pinsker Juden, drückte dabei sein Empfinden aber immer noch in nationalsozialistischer Diktion aus: „Von mir weiß ich, daß ich so fertig war, daß ich drei Tage nichts gegessen habe. Ich bin ein gläubiger Mensch und ich habe aufs Tiefste verabscheut, auf wehrlose Menschen nur wegen ihrer Rassenzugehörigkeit zu schießen.“ 69 Obwohl es für die Judenmörder durchaus naheliegend gewesen wäre, sich vorgeblich erschüttert über die Massenverbrechen zu zeigen und beispielsweise eigene christliche Motive anzugeben, haben derartige Aussagen absoluten Seltenheitswert. Dagegen brachte es der ehemalige Reiter Adolf K. fertig, die Mordtaten seiner SS-Kavallerie mit Hinweis auf die Bibel sogar noch zu relativieren. Im Verlauf seiner Vernehmung merkte er an: „Ich muß dabei erwähnen, daß ich ein religiöser Mensch bin und deshalb auch bei der SS Schwierigkeiten hatte. Heute habe ich noch in der Bibel gelesen, daß auch Moses nach dem Alten Testament Männer und Weiber sowie männliche Kinder mit dem Schwerte töten ließ. Die Weiber und Kinder mußten nachträglich getötet werden.“ 70 Grundsätzlich sagte die überwiegende Mehrzahl aller vernommenen ehemaligen Angehörigen der SS-Brigaden aber schlicht und ergreifend – nichts. In den einzelnen Ermittlungsunterlagen finden sich Hunderte von Aussagen wie jene des 61-jährigen städtischen Kassenboten Ernst K., dessen Vernehmung bei der Bayrischen Landespolizei in Gunzenhausen im Juli 1969 folgendermaßen protokolliert wurde: „Frage (F): Schildern Sie ihren militärischen Werdegang, wann und wo kamen Sie zur Waffen-SS. Wann und wo wurden Sie ausgebildet. Wann und wo wurden Sie eingesetzt, Beförderungen und Auszeichnungen, wann und wo und bis wann waren Sie in Gefangenschaft? Antwort (A): Ich kann mich an nichts mehr erinnern. F: Haben Sie Kriegsleiden oder Kriegsverletzungen? A: Kriegsleiden habe ich nicht. Ich war zwar öfters verwundet, doch sind diese Verletzungen längst verheilt. F: Welche Funktionen haben Sie während der Zeit vom Ausbruch des Rußlandkrieges bis zu Ihrem evtl. Weggang von der 1. SS-Inf.Brigade (Verwundung, Versetzung und dgl.) ausgeübt? A: Weiß ich nicht mehr. F: Wie hießen Ihre Vorgesetzten (Regimentskommandeur, Bataillonskommandeur, Zugführer und Gruppenführer)?
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A: Ich kann mich an keinen mehr erinnern. F: Wie hießen Ihre Kameraden, mit denen Sie während der genannten Zeit dienstlichen oder privaten Kontakt hatten? A: Ich kann mich an keinen mehr erinnern. Ich hätte schon gern mal einen aufgesucht, weiß aber keinen mehr. F: Auf welchem Weg und wann rückten Sie in das Gebiet der Sowjetunion ein? An welche Orte können Sie sich noch erinnern und in welchen Orten lagen Sie in Quartier? A: Kann mich nicht mehr erinnern. F: Welche Aufgabe hatte Ihre Truppe im Einsatzgebiet? A: Weiß ich nicht. Es war doch Krieg. Wir haben nichts anderes gemacht, wie die anderen Soldaten auch. F: Was wissen Sie über Judenerschießungen? Wer erteilte die Befehle hierzu? A: Weiß ich überhaupt nicht. Mir ist von Judenerschießungen nichts bekannt. F: Welche Einheiten der Brigade waren hierbei eingesetzt? Kennen Sie Führer oder sonstige Angehörige dieser Einheiten? A: Weiß ich nicht. Ich kenne niemanden, der bei solchen Erschießungen beteiligt war. F: Sind Ihnen Zeugen bekannt, die Exekutionen miterlebten oder kennen Sie Namen von Exekutionsorten? A: Nein. Nichts. F: Was können Sie über die Verübung von Einzelstraftaten (Exzeßtäter) angeben? A: Davon ist mir nichts bekannt. F: Wurden Exekutionskommandos gem. Befehl zusammengestellt oder erfolgte die Meldung von Freiwilligen? A: Davon weiß ich nichts. F: Wurden beim Bataillon eigene Kommandos gebildet, die die Exekutionen durchzuführen hatten? A: Weiß ich auch nicht. F: War es dem Einzelnen möglich, sich der Teilnahme an Exekutionen zu entziehen, mit welcher Begründung? A: Mir ist darüber nichts bekannt. F: Können Sie Auskunft über sonstige besondere Vorkommnisse geben (Einsatz bei Kriegsgefangenenbewachung, SD-Kommandos)? A: Nein, nach so langer Zeit kann ich mich an nichts mehr erinnern. F: Besitzen Sie Fotografien aus der Zeit Ihres Einsatzes? A: Keine. F: An was können Sie sich erinnern, wenn Sie folgende Namen hören: Zwiahel – Slucz/Tal – Miropol – Schepetowka – Zaslaw – Ostrog – Horyn/Tal – Hoscza? A: Diese Namen höre ich heute zum ersten Mal. Gelesen habe ich auch nicht.“ 71 Mit dieser Äußerung endete die Vernehmung von Ernst K.
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Etlichen der Zeugen mag es gelungen sein, ihr Schweigen in zahlreichere Worte zu kleiden, tatsächlich entspricht der inhaltliche Gehalt der Mehrheit der Vernehmungen jedoch genau dem der zitierten Aussage. Häufig projizierten sich die einstigen Täter dazu noch als die eigentlichen Opfer. Die Kriegsgefangenschaft wurde so schnell zu einem der Shoah mindestens ebenbürtigen Verbrechen stilisiert. Mit dieser inneren Haltung klammerten die Männer jegliche Eigenverantwortung aus und verharrten in einer Einstellung, die die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen als absolute Zumutung auffaßte. Der ehemalige SS-Reiter Paul S. äußerte entsprechend: „Ich war fünf Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft und habe dort genug gelitten. An Einzelheiten aus der damaligen Zeit kann ich mich auch nur noch ungenau erinnern. Weitere Angaben möchte ich nicht mehr machen.“ 72 Peter S., ein Veteran der 1. SS-Brigade wollte von Verbrechen der eigenen Einheit nie etwas erfahren haben, erzählte aber bereitwillig von seiner Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion, um schließlich zu resümieren: „Man nahm mir meine ganze Habe weg. Das Einzige, was mir blieb, war mein Glasauge.“ 73 Gerne wurden auch eigene Verletzungen als Vorwand für das faktische Schweigen herangezogen. Der beim 2. Reiterregiment eingesetzte Peter B. gab dazu an: „Ich wollte anfangs die Aussage verweigern, weil ich mit meiner Augenverletzung schon genug zum Kriege beigetragen habe, wofür man mir heute nur 35 DM zahlt.“ 74 Die direkte Beteiligung an Tötungen oder zumindest das Wissen über die von der eigenen Truppe begangenen Massenmorde wurde mit einer Vielzahl weiterer absurder Begründungen geleugnet. Ein als Zeuge vernommener früherer Angehöriger der Kavalleriebrigade erklärte auf die Frage nach seiner Kenntnis von Judenerschießungen beispielsweise: „Ich kann nur nochmals sagen, daß ich damals arbeitsmäßig so stark belastet war, daß mir keine Zeit blieb, mich um derartige Dinge zu kümmern.“ 75 Ganz ähnlich äußerte sich ein anderer Ehemaliger des gleichen Verbandes: „Ich habe mich damals für die ganze Sache überhaupt nicht interessiert und kann aus diesem Grunde keine weiteren Angaben zu den damaligen Vorgängen machen. Ich hatte Arbeit genug mit meinen Pferden.“ 76 Der Waffenmeister einer Kavallerieschwadron gab an: „Ich war bereits zur damaligen Zeit leicht schwerhörig und es besteht aus diesem Grunde die Möglichkeit, daß mir Gespräche über diesen Punkt entgangen sind, falls darüber unter Kameraden gesprochen wurde.“ 77 Entsprachen schon die Zeugenaussagen einem gigantischen Sammelsurium von Leugnung, Täuschung und ungebrochener Nähe zum Nationalsozialismus, reagierten die Beschuldigten mit den dreistesten Lügen auf die ihnen zur Last gelegten Tatvorwürfe. Erwin Tzschoppe, der als Beschuldigter vernommene Kommandeur des II. Bataillons im SS-Infanterieregiment 8, verneinte jegliche Kenntnis von Judenerschießungen. Mit Tätigkeitsberichten der Brigade konfrontiert, die sein eigenes Bataillon eindeutig als am Massenmord beteiligte Einheit auswiesen, behauptete Tzschoppe, ihm sei einmal aufgefallen, daß beim Marsch eine Kompanie seines Verbandes gefehlt habe. Es habe sich dann herausgestellt,
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daß der Höhere SS- und Polizeiführer Jeckeln im Zusammenwirken mit der Wehrmacht gerade diese Kompanie eigenmächtig aus dem Konvoi herausgezogen und abseits zu Judenerschießungen eingesetzt habe. Nach Rücksprache mit dem Regimentskommandeur habe er aus Angst vor Jeckeln lediglich dem Kompanieführer empfohlen, sich bei passender Gelegenheit von der Erschießungsaktion zu entfernen. 78 Eine erstaunliche Begründung für sein bisheriges Aussageverhalten ließ sich der einstige SS-Obersturmführer Walter Bornscheuer einfallen. Der erfolgreiche Geschäftsmann erklärte: „Wenn ich in meiner ersten Vernehmung meine Kenntnis von den Judenaktionen nicht offenbart habe, so lag das daran, weil ich meine ehemaligen Kameraden nicht belasten wollte und auch befürchtete, durch mein Eingeständnis die Beziehungen zu jüdischen Geschäftsfreunden zu verlieren.“ 79 Die dargestellten Aussagemuster werden von einer systematischen Auswertung des Ermittlungsverfahrens gegen ehemalige Führerdienstgrade der 1. SSBrigade bestätigt. Von den 1736 vernommenen Einheitsangehörigen verweigerten mit 22 Personen nur 1,3 Prozent der Befragten von vornherein die Aussage. Vier Männer taten dies mit dem expliziten Hinweis auf Paragraph 55 des Strafgesetzbuchs, der das Zeugnisverweigerungsrecht wegen der Gefahr einer möglichen Selbstbelastung beinhaltet. Dagegen machten 1509 der Männer Aussagen ohne jeglichen inhaltlichen Wert. Das entspricht einem Anteil von 86,9 Prozent aller Befragten, die mit mehr oder weniger Worten faktisch ebenfalls die Aussage verweigerten. Dieser Mauer des Schweigens und Leugnens standen nur 205 frühere SS-Männer – und damit 11,8 Prozent der Vernommenen – gegenüber, die für die Staatsanwaltschaft zumindest ansatzweise verwertbare Angaben ablieferten. Bei dieser Gruppe der nicht von vornherein aussageunwilligen Zeugen sind in annähernd gleicher Verteilung zwei verschiedene Kategorien feststellbar. Ein Teil der Zeugen gab Kenntnisse und Erinnerungen ‚vom Hörensagen‘ an die Ermittlungsbehörden weiter. Ehemalige SS-Männer berichteten in solchen Fällen, ihnen selbst seien bestimmte Tatvorgänge erzählt worden, wobei in der Regel davon auszugehen ist, daß solche Darstellungen lediglich Schutzbehauptungen waren, um beispielsweise keine Namen preisgeben zu müssen oder weitere Nachfragen mit einem Verweis auf Nichterzähltes abwehren zu können. Von derartigen Ereignissen ‚vom Hörensagen‘ berichteten 5,4 Prozent oder insgesamt 93 der Vernommenen. Noch weniger Zeugen – nämlich mit 83 Personen ganze 4,8 Prozent aller befragten Brigadeangehörigen – erzählten aus eigener Wahrnehmung von Verbrechen, die von SS-Einheiten begangen worden waren. Dieser Ertrag von 205 Aussagen, der sich bei einer Gesamtzahl von 1736 Vernommenen Einheitsangehörigen nicht von vornherein als völlig unergiebig herausstellt, ist bezeichnend für die Schwierigkeiten, mit denen die Justiz bei der Suche nach NSVerbrechern konfrontiert war. Der geringe juristisch verwertbare Output der Zeugenvernehmungen und das einheitliche Aussageverhalten der SS-Veteranen dürfte nicht zuletzt auf die Initiativen einiger Beschuldigter zurückzuführen sein. Verschiedene ehemalige
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Kommandeure entwickelten jeweils kurz nach Verfahrenseröffnung eine rege Reisetätigkeit und instruierten wichtige Zeugen persönlich über das angemessene Aussageverhalten. Ein derartiges Vorgehen wurde natürlich von den meisten Vernommenen auf Nachfragen entschieden bestritten, dennoch deuteten einige Zeugen diesbezügliche Interventionen ihrer einstigen Vorgesetzten an. 80 So besuchte beispielsweise Arno Paul, der frühere Kommandeur der 8. Schwadron des 1. SS-Kavallerieregiments, im Anschluß an seine erste eigene Vernehmung verschiedene Einheitsangehörige, mit denen er deren zukünftiges Aussageverhalten besprach. Prompt äußerte sich einer der Zeugen bei seiner nächsten Vernehmung wesentlich zurückhaltender als noch vor der Visite des früheren Vorgesetzten. Darüber hinaus stiftete der frühere Schwadronschef auch ehemalige Untergebene an, auf andere Zeugen hinsichtlich eines zurückhaltenderen Aussageverhaltens einzuwirken.81 Kurt Wegener, ehemals Schwadronskommandeur im 2. SS-Reiterregiment, legte während des gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens ebenfalls eine große Kontaktfreudigkeit zu ‚Kameraden‘ und früheren Untergebenen an den Tag. Immer wieder suchte er vor deren eigenen Vernehmungen ehemalige Einheitsangehörige auf, um sich ein Bild über deren Aussagebereitschaft zu verschaffen und die Zeugen über das gewünschte Verhalten in Kenntnis zu setzen. 82 Aus eigener Sicht klang die von ihm betriebene vorgerichtliche Absprache unter den Beschuldigten und die intensive Form der Zeugenbeeinflussung folgendermaßen: „Bereits vor meiner ersten Vernehmung habe ich mit vielen ehemaligen Kameraden von der SS-Kavallerie in Verbindung gestanden. Nach meinen Vernehmungen ergab es sich, daß ich mit ihnen auf das schwebende Ermittlungsverfahren zu sprechen kam. Ich habe diese Aussprachen jedoch nicht gesucht, sondern sie entstanden dadurch, daß ich aus beruflichen Gründen viel in der Bundesrepublik umhergereist bin und dabei meine Kameraden aufsuchte.“ 83 Stellvertretend für die tatsächliche Haltung zahlreicher ehemaliger SS-Männer sei das freimütige Bekenntnis des Beschuldigten Johannes Kleinow, des einstigen Kompanieführers im SS-Stammbataillon Debica und Verantwortlichen für den Tod Tausender von Juden im Distrikt Krakau, erwähnt. Nach einem Vermerk der Vernehmungsbeamten äußerte er 1960, „daß sie, die alten SS-Leute, es ja gewohnt seien, immer wieder angegriffen zu werden, Deutschland sei zwar ihre Heimat, aber sie fühlten sich hier wie in Feindesland, man habe ja auch die anständigen Richter und Staatsanwälte, die noch Verständnis für sie hätten, aus der Justiz entfernt […].“ Auf seine frühere antisemitische Einstellung angesprochen, erklärte Kleinow, „er habe seine Ansicht auch nicht geändert, es gebe bei den Juden gute und schlechte, aber die schlechten seien in der Überzahl und brächten dadurch die anderen mit in Verruf.“ Grundsätzlich bestand der Beschuldigte darauf, „daß man in seinem Alter auch nicht verlangen könne, daß er seine Ansicht wie ein Hemd wechsele“. 84
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Fehler des Justizapparats und der Gesetzgebung Mitverantwortlich für die dürftige justitielle Ahndung der NS-Verbrechen waren auf Seiten der Justiz Schwächen des Rechtssystems, die ihrerseits allzuoft eine Verurteilung der Täter verhinderten. Schon allein der Umfang der Verfahren und der damit einhergehende Ermittlungsaufwand machte oft genug eine zügige Bestrafung unmöglich. Bei einer Größenordnung von mehreren hundert zu befragenden Zeugen war es den mit der Materie vertrauten Staatsanwälten gar nicht mehr möglich, die Verhöre persönlich vorzunehmen. Aus diesem Grund bildeten die Landeskriminalämter mitunter Sonderkommissionen, die die Befragung von Beschuldigten und Zeugen übernehmen sollten. Erwies sich der Ermittlungsaufwand auch für die Kriminalbeamten als zu hoch, suchte man einfach bei den Polizeiwachen in den Wohnorten der SS-Veteranen um Amtshilfe nach. Zahlreiche Zeugen wurden auf diese Weise mittels standardisierter Fragen von Polizisten vernommen, die in keiner Weise mit dem Sachverhalt vertraut waren und gar nicht in der Lage sein konnten, den Befragten bei Bedarf spezielle Nachfragen zu stellen. Vielmehr las der Polizist dem früheren SS-Mann einfach die betreffenden Fragen vor, die Antworten wurden protokolliert, anschließend war die Vernehmung beendet. Allein bei den Ermittlungen gegen die 1. SS-Brigade wurden nach diesem standardisierten Verfahren Hunderte von Zeugen vernommen, die zumindest in Einzelfällen im Rahmen einer konsequent geführten Vernehmung möglicherweise zur Preisgabe belastender Inhalte hätten bewegt werden können. 85 Nicht zuletzt kam es auf diese Weise wohl zu Situationen, wo nach 1945 in den Polizeidienst eingetretene einstige SS-Männer die eigenen Kollegen vernahmen. Nicht selten wird es auch vorgekommen sein, daß ehemalige Angehörige der SS-Brigaden von einem früheren Gleichgesinnten aus der NSDAPOrtgruppe oder der Ordnungspolizei befragt wurden. Teilweise betrieben die vor Ort ermittelnden Staatsanwaltschaften und insbesondere die Zentrale Stelle Ludwigsburg einen hohen Aufwand, um zeitgenössische Dokumente als Beweismaterial für die Massenverbrechen der Waffen-SS vorlegen zu können. Über das Außenministerium wurden Amtshilfeersuchen in die Sowjetunion, nach Polen, in die Tschechoslowakei und nach Israel gerichtet, um an dort lagernde Akten oder an Aussagen von Überlebenden zu kommen. Oft konnte auf diesem Weg belastendes Material zusammengetragen werden. Andererseits kam die Staatsanwaltschaft München I im Verlauf von fünf Jahren bis zur Einstellung des Verfahren nicht dazu, wichtige Akten im Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Freiburg zu sichten. An das dortige Archiv waren im Oktober 1967 umfangreiche Beutebestände aus den National Archives in Alexandria bei Washington zurückgegeben worden. Das Material enthielt eine Vielzahl von Befehlen und Meldungen diverser SS-Führer, die im Verfahren gegen die Kavalleriebrigade eine aussichtsreiche Verurteilung etlicher Massenmörder ermöglicht hätte. 86 Die frustrierende Gesamtbilanz der unzureichenden Versuche justitieller Ahndung ist schließlich auch den Bundesbehörden und nicht zuletzt der westdeut-
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schen Legislative anzulasten. Schon im Frühjahr 1960 unterließ es der Bundestag, eine Aufschiebung der nach Ablauf von 15 Jahren verjährenden Straftaten wie Totschlag, Raub, Körperverletzung mit Todesfolge und Freiheitsberaubung mit Todesfolge zu erwirken. 87 Hinzu kam die erwähnte skandalöse Gesetzesnovelle von Oktober 1968, nach der bei künftigen Verfahren der subjektive Tatbeitrag nachgewiesen werden mußte. Im Anschluß an die Gesetzesänderung wurden auch die Ermittlungen gegen zahlreiche frühere Brigadeangehörige mit der Begründung eingestellt, daß Hitler und Himmler ja die Befehle erteilt hätten und niedere Motive bei der Tatausführung durch die Beschuldigten nicht erkennbar seien. 88 Das Außenministerium kümmerte sich zudem wiederholt nur äußerst nachlässig um die eingeforderte Unterstützung. So stellte die Zentrale Stelle Ludwigsburg am 31. September 1963 im Rahmen der Ermittlungen gegen Angehörige des 1. Reiterregiments ein Rechtshilfeersuchen beim Auswärtigen Amt. Seitens der Behörde erfolgte darauf keine Reaktion. Erst nach dreieinhalb Monaten wies das Auswärtige Amt dann die deutsche Botschaft in Moskau an, das besagte Ersuchen an das sowjetische Justizministerium weiterzuleiten. 89 Ein abschließendes Resümee der bundesdeutschen justitiellen Verfolgung der Massenverbrechen, die vom Kommandostab und den unterstellten Verbänden der Waffen-SS begangen wurden, fällt ungemein kläglich aus. Gerade acht Personen wurden wegen ihrer Beteiligung an den Massenerschießungen von Juden oder der Ermordung von nichtjüdischen Zivilisten rechtskräftig verurteilt. Das Strafmaß fiel letztlich, bis auf die Ausnahme der Verurteilung eines Exzeßtäters zu zwölf Jahren Haft, lächerlich gering aus. 90 Mehreren tausend ehemaligen Angehörigen der SS-Einheiten wurde auf diese Weise eine unbelastete Existenz in der Bundesrepublik ermöglicht. Einige der Männer konnten sich nicht zuletzt wegen der ausgebliebenen rechtlichen Ahndung unverdrossen der Glorifizierung der eigenen Taten sowie der Mystifizierung des Gesamtbildes der Waffen-SS widmen.
3. Organisationsstrukturen der früheren Waffen-SS in der Bundesrepublik Das Verhalten der ehemaligen Brigadeangehörigen in den diversen Ermittlungsverfahren basierte vielfach nicht einfach nur auf dem nach 1945 fortbestehenden nationalsozialistischen Geist der Waffen-SS. Vielmehr wurde dieses Selbstverständnis nach der Niederlage beständig erneuert und vor dem Hintergrund der Gesellschaftsbedingungen im Nachkriegsdeutschland aktualisiert. Schon um den Jahreswechsel 1948/49 trafen sich in Hamburg einige Ehemalige der Waffen-SS, um die Gründung eines eigenen Verbandes vorzubereiten. Die Bemühungen führten im August 1952 zur Gründung einer bundesweiten Interessensvertretung, der „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit, Bundesverband der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS“ (HIAG). Zur Zeit ihrer Gründung waren in der HIAG bereits etwa 220 Orts- und Kreisgruppen mit einer Gesamtzahl von schätzungsweise 20 000 Mitgliedern organisiert. Bei einer Größenordnung von 300 000 bis 400 000 noch lebenden Veteranen der Waffen-SS, von denen etwa 250 000 in der
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Bundesrepublik wohnten, entsprach das einem Organisationsgrad von unter zehn Prozent. 91 Offiziell verordnete man sich einen unverfänglichen Kurs, der die Verfassung der Bundesrepublik anerkannte, sich jeder direkten parteipolitischen Betätigung versagte und die NS-Verbrechen, etwa der Einsatzgruppen oder die Massenvernichtung in den Lagern, verurteilte. Allerdings wurde die HIAG mit ihrem Verbandsorgan „Der Freiwillige“ in den 70er und 80er Jahren trotzdem wegen der Verbreitung rechtsextremistischer Inhalte und dem Verkauf ebensolcher Druckerzeugnisse regelmäßig in den Verfassungsschutzberichten erwähnt. 92 Die Monatszeitung „Der Freiwillige“ erschien seit 1956; zwei Jahre später wurde sie mit dem älteren Kampfblatt „Wikingruf“ zusammengelegt und erreichte zu Hochzeiten eine Auflage von 11 500 Exemplaren. 93 Prominenter erster Bundessprecher der HIAG war Paul Hausser. Ihm folgte bis zu seinem Tod 1961 Kurt Meyer, der von seinen Bewunderern mystifizierte Kommandeur der 12. SS-Panzerdivision „Hitlerjugend“. Ihn beerbte wiederum Erich Eberhard, der frühere Generalstabsoffizier der Division „Totenkopf“. Hubert Meyer, ehemaliger Führungsoffizier der Division „Hitlerjugend“, hatte die Funktion des Bundessprechers bis zur Auflösung der HIAG 1992 inne. 94 Eines der wesentlichen Ziele der Verbandstätigkeit war von Anfang an die formelle Gleichstellung der ehemaligen Soldaten der Waffen-SS mit den früheren Wehrmachtsangehörigen, die nach vielfältigen Bemühungen 1961 erreicht wurde. 95 Für die SS-Veteranen bedeutete die Entscheidung einerseits einen gesicherten Lebensabend wegen der damit einhergehenden Eingliederung in die staatliche Versorgungsgesetzgebung nach Artikel 131 des Grundgesetzes. Andererseits wurden damit auch die beständigen propagandistischen Bemühungen der HIAG um eine Leugnung der zahllosen Verbrechen der Waffen-SS durch eine Bundesentscheidung anerkannt. Damit hatte sich die von der HIAG maßgeblich betriebene Verniedlichung der früheren eigenen Rolle als eines „4. Wehrmachtsteils“, wie es die Veteranen immer propagierten, durchgesetzt. Die Entscheidung war nicht zuletzt das Ergebnis jahrelanger Lobbyarbeit, um die sich die HIAG bei allen politischen Parteien beständig bemüht hatte. Unter anderem bei der Union hatten die SS-Veteranen damit durchaus Erfolg. Die prominenteste Verbindung zwischen CDU und Veteranen der Waffen-SS repräsentierte der Kriegsblinde Hans Wissebach, ein HIAG-Funktionär und ehemaliger Angehöriger der Leibstandarte, der über viele Jahre für die Partei ein Bundestagsmandat innehatte. 96 Seit der Verbandsgründung hatten sich auch zahlreiche frühere Angehörige der SS-Brigaden der HIAG angeschlossen und nahmen regen Anteil am Vereinsleben. Gegenüber den Ermittlungsbehörden haben die meisten es jedoch vorgezogen, über diesen Aspekt ihrer Nachkriegsgeschichte zu schweigen. Den SS-Veteranen erschien es wenig ratsam, sich im Zusammenhang mit den Untersuchungen zu Massenmorden an der jüdischen Bevölkerung offensiv dazu zu bekennen, auch in der Gegenwart noch in organisierter Form dem Selbstverständnis der WaffenSS anzuhängen. So räumten von den 1736 vernommenen Angehörigen der 1. SS-
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Brigade nur neun Männer ihre Mitgliedschaft in der HIAG ein. In Wirklichkeit gibt es keine begründeten Zweifel daran, daß auch die früheren Soldaten der Brigaden einen bedeutend höheren Anteil an HIAG-Mitgliedern aufwiesen. Einen wesentlichen Schwerpunkt der Verbandsarbeit bildete die Suche nach den vermißten ‚Kameraden‘. Die bundesweiten Suchdiensttreffen stellten außerdem willkommene Gelegenheiten zur Begegnung und zur Pflege des Gedankenguts dar. Schon zum ersten bundesweiten Treffen des Suchdienstes im Oktober 1952 in Verden reisten bis zu 5000 Teilnehmer an. In den nächsten Jahren folgten Treffen in Rendsburg, Minden, Karlburg und Hameln mit jeweils zwischen 10 000 und 16 000 Teilnehmern. 97 Ein außerplanmäßiges Verbandstreffen der HIAG und ihrer Sympathisanten fand nach dem Tod Sepp Dietrichs zu dessen Beerdigung am 21. April 1966 in Ludwigsburg statt. An diesem Tag versetzten Tausende von SS-Veteranen die schwäbische Kreisstadt in einen Ausnahmezustand. Mit einer Musikkapelle der Bundeswehr vorneweg zogen die früheren SS-Soldaten auf ihrem Weg durch Ludwigsburg unter Drohungen und Verwünschungen auch an der verhaßten Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen vorbei. Am Abend waren dann sämtliche Gasthäuser von den Veteranen belegt, die zu fortgeschrittener Stunde nazistisches Liedgut zum Besten gaben.98 Darüber hinaus existierten „Truppenkameradschaften“ der einzelnen früheren SS-Verbände, die sich ebenfalls regelmäßig trafen. So unterhielten frühere Angehörige der in der Division „Horst Wessel“ aufgegangenen 1. SS-Brigade zusammen mit Veteranen der 33. SS-Freiwilligendivision „Charlemagne“ eine gemeinsame „Truppenkameradschaft“. Nicht immer waren die Männer in den jeweiligen Veranstaltungsorten ihrer Treffen willkommen. Das „Suchdienst- und Kameradentreffen“ Hunderter Ehemaliger beider Divisionen in Würzburg stieß im September 1976 auf wütende Proteste. Unter anderem gingen Überlebende der Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald empört auf die einstigen SS-Männer los. 99 Noch 1995 organisierte die Truppenkameradschaft der SS-Kavallerie für Einheitsangehörige eine Reise nach Ungarn, an die Stätten früheren Wirkens. 100 Zu den umtriebigen Veteranen im Dunstkreis der HIAG und der SS-Truppenkameradschaften gehörte Gustav Lombard, der Mörder Tausender ostpolnischer und weißrussischer Juden. Aus sowjetischer Haft zurückgekehrt und in München mit Eigentumswohnung und Beruf versehen, widmete sich Lombard in der Folge intensiv der Pflege des Gedenkens an die Waffen-SS. Hilfsbereit ließ er etlichen Apologeten seinen fachlichen Rat bei der Ausarbeitung und Verbreitung des Mythos von den „Soldaten wie andere auch“ zukommen. 101 Im ‚Kameradenkreis‘ trug ihm sein Engagement bald wieder den früheren Kosenamen „Papa Lombard“ ein, den er seinerzeit schon in Polen und während der Vernichtungszüge der Reitereinheiten in Weißrußland getragen hatte. 102 Im Jahr 1976 tauchte Lombard ein letztes Mal in den bundesdeutschen Schlagzeilen auf. Während eines Treffens der Truppenkameradschaft der SS-Kavallerie hielt er vor mehreren hundert Anwesenden 21 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus und seiner
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Auszeichnungen die Ehrenrede zur Verleihung des Ritterkreuzes zum Eisernen Kreuz für einen seiner früheren SS-Reiter. Zu seinem 80. und 90. Geburtstag organisierten ‚Kameraden‘ im April 1975 und 1985 aufwendige Festveranstaltungen, zu denen der rüstige Jubilar unter dem Beifall der zahlreichen Gäste in bester Gesundheit erschien und jeweils vergnügt sein Lebenswerk abfeiern ließ. Der Massenmörder starb am 18. September 1992 im Alter von 97 Jahren. 103 Mit zunehmendem zeitlichem Abstand zu den NS-Verbrechen starben auch die früheren Galionsfiguren der Waffen-SS. Wegen des Todes zahlreicher Mitglieder und des meist sehr fortgeschrittenen Alters der verbliebenen Veteranen beschloß der Bundesverband der HIAG Ende 1992 seine Selbstauflösung. 104 Das Verbandsorgan „Der Freiwillige“ erschien zur Zeit der Drucklegung dieser Studie noch immer. Die alte Gesinnung der SS-Veteranen und ihrer Freunde drückt sich laufend in der Berichterstattung zum aktuellen Zeitgeschehen aus. So feierte „Der Freiwillige“ hämisch die Zurückziehung der ersten Wehrmachtsausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung. 105 Auch der Antisemitismus offenbarte sich nach wie vor als Grundeinstellung der Zeitungsmacher. Als Beleg für die eigenen Überzeugungen wurden die Machwerke Norman Finkelsteins begeistert besprochen und besonders dessen Buch „Die Holocaust-Industrie“ zur Lektüre empfohlen. An anderer Stelle schwadronierten die früheren SS-Angehörigen gegen die Politik des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und warfen dem jüdischen Staat Kriegstreiberei und die „Versklavung“ der Palästinenser vor. 106 Bis heute ist es durch die jahrzehntelange Arbeit der HIAG sowie durch die publizistische Tätigkeit zahlreicher dort organisierter SS-Veteranen und jüngerer rechtsgerichteter Apologeten gelungen, das in Deutschland vorherrschende Geschichtsbild zur Waffen-SS maßgeblich zu beeinflussen. Nicht die Urteile alliierter Gerichte und schon gar nicht Aufklärung oder kritisches Reflektionsvermögen der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft, sondern die Umtriebigkeit der SS-Veteranen lieferte die entscheidenden Bezüge zur Schaffung der Nachkriegssicht auf die Waffen-SS. Paul Haussers 1966 erschienenes Buch „Soldaten wie andere auch“ oder die Machwerke Kurt Meyers („Grenadiere“) und Felix Steiners („Die Armee der Geächteten“) schufen den Mythos der treuen, tapferen, das Vaterland liebenden und ausschließlich an der Front eingesetzten SS-Soldaten, der bis heute seine Wirkung zeigt. 107 Diesen Mythos mit dem Wirken alternder Militaristen oder schrulliger militärischer Traditionsverbände zu umschreiben, würde seinen eigentlichen Gehalt verkennen. Das Wesentliche an fast allen Schriften der ehemaligen SS-Soldaten und an der jahrzehntelangen Tätigkeit der HIAG ist, daß darin Ideologieversatzstücke des Nationalsozialismus in die Bundesrepublik herübergerettet wurden und dort weiterexistieren konnten. Der vielleicht wichtigste Ausdruck der Fortexistenz nationalsozialistischer Ideologeme im Kreis der SS-Veteranen und ihrer Bewunderer liegt in der fortgesetzten Leugnung der intensiven Verstrickung der Waffen-SS in den Vernichtungskrieg und ihrer Beteiligung an der Ermordung der europäischen Juden.
XV. Kriegseinsatz und Massenmord. Verbrechen der Waffen-SS Die umtriebige Vernebelungstaktik der SS-Veteranen auf der einen Seite und andererseits die Bereitwilligkeit der Nachkriegsgesellschaft, die Dimension der deutschen Verbrechen gar nicht wahrhaben zu wollen, bewirkten, daß das Urteil des Nürnberger Militärgerichtshofs in Bezug auf die Waffen-SS kaum im allgemeinen Bewußtsein verankert wurde. Vor allem die Geschichtswissenschaft legte in den Jahrzehnten nach dem Ende des Nationalsozialismus und dem Urteil von Nürnberg keine Forschungen vor, die die Entscheidung des Internationalen Militärgerichtshofs durch empirische Befunde hätten ergänzen und konkretisieren können. Gegenwärtig existiert die groteske Situation, daß die Verstrickung der Wehrmacht in die Shoah und den deutschen Vernichtungskrieg durch fundierte wissenschaftliche Studien belegt werden konnte und ein diesbezügliches, kritisches Gesamturteil in Ansätzen bereits durchaus existiert, während Entsprechendes zur Waffen-SS noch aussteht. Das Forschungsdesiderat drückte sich in der Vergangenheit in diversen seltsamen Bewertungen über die Waffen-SS aus. Noch 1984 bezeichnete der Historiker Hermann Weiss die vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg vorgenommene „kollektive Verurteilung der Waffen-SS [als] rechtlich sicher fragwürdig“. Im Jahr 2000 schrieb Henning Röhl, der Fernsehdirektor des Mitteldeutschen Rundfunks, im Vorwort für den Begleitband zur ARD-Fernsehdokumentation über die Waffen-SS reichlich unkritisch: „Es gilt […] die Verteufelung zu korrigieren, die bei einigen vermeintlich kritischen Darstellungen der WaffenSS die Feder geführt hat. Die Wahrheit ist differenzierter, wie die Erinnerung von Zeitzeugen belegt. Viele haben bis heute geschwiegen, auch weil in der Öffentlichkeit oft ein verzerrtes Bild gezeichnet wurde. Noch kann sich die Kriegsgeneration zu Wort melden und mögliche Fehleinschätzungen geraderücken.“ 1 Wurden in der Vergangenheit Kriegsverbrechen der Waffen-SS thematisiert, gingen entsprechende Belege selten über die Erwähnung weniger Einzeltaten hinaus. Dazu gehörte die Nennung des Massakers der SS-Division „Totenkopf“ an britischen Soldaten am 27. Mai 1940 bei Le Paradis in Frankreich, ein Verweis auf die Vernichtung des französischen Dorfes Oradour-sur-Glane durch eine Einheit der SS-Division „Das Reich“ am 10. Juni 1944 oder die Thematisierung der Ermordung von 71 US-Kriegsgefangenen durch eine Abteilung der Leibstandarte am 17. Dezember 1944 bei Malmédy. 2 Die bislang ausführlichste Zusammenstellung über Verbrechen der Waffen-SS legte George H. Stein bereits 1967 auf deutsch vor, als er in seiner Studie zur Waffen-SS in einem Kapitel unter dem
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bezeichnenden Titel „Der befleckte Ehrenschild“ auf 29 Seiten die Wertung des Nürnberger Urteils der Alliierten hinsichtlich der Taten der bewaffneten SS nachzeichnete. In diesem Zusammenhang bestätigte er die enge Verbindung zwischen der Waffen-SS und den Wachmannschaften der Konzentrationslager, erwähnte die Existenz von Personal der Waffen-SS bei den Einsatzgruppen und thematisierte die Greueltaten der ebenfalls zur Waffen-SS gehörenden Sonderkommandos „Dirlewanger“ und „Kaminski“. Die Andeutung weiterer Kriegsverbrechen verschiedener SS-Divisionen schloß Stein jedoch mit dem verunglückten Resümee ab, deren eigentliche Bedeutung sei nicht in der Beteiligung an Verbrechen wie in Le Paradis, sondern in ihrem Anteil an den Kampfhandlungen als Fronttruppe während des Krieges zu sehen. 3 Die tatsächliche Dimension der von Verbänden der Waffen-SS in den Jahren 1939 bis 1945 begangenen Verbrechen geht weit über die bislang von der historischen Forschung genannten Einzelbeispiele hinaus. Nachweislich haben fast alle SS-Divisionen Massenverbrechen begangen. Sie setzten mit dem Angriff auf Polen ein und dauerten bis in die letzten Tage des Nationalsozialismus an. Die verschiedensten Divisionen beteiligten sich an der Ermordung der europäischen Juden, sie verübten im Zuge der „Partisanenbekämpfung“ Verbrechen gegen die nichtjüdische Zivilbevölkerung, erschossen als „minderwertig“ erachtete Menschengruppen wie Sinti und Roma, als „Asiaten“ diskreditierte Sowjetsoldaten oder farbige Armeeangehörige der Westalliierten. Immer wieder wurden darüber hinaus Kriegsgefangene ermordet oder Massaker an Soldaten der alliierten Armeen verübt. Einzelne Beispiele sollen an dieser Stelle thematisiert werden. Die Verbrechen begannen im September 1939 mit dem deutschen Angriff auf Polen, an dem neben fast allen Teileinheiten der Verfügungstruppe und der Leibstandarte „Adolf Hitler“ auch die drei Standarten von Theodor Eickes späterer SS-Division „Totenkopf“ sowie die später ebenfalls in der Waffen-SS aufgegangene SS-Heimwehr „Danzig“ und der SS-Wachsturmbann „Eimann“ teilnahmen. 4 Im südlichen Polen hatte die 14. Armee unter General Ewald von Kleist in der ersten Septemberhälfte die etwa hundert Kilometer östlich von Krakau gelegene Stadt Mielec erobert. In der Region operierte auch das Regiment „Germania“ der Verfügungstruppe, dem der Armeeoberbefehlshaber bereits am 11. September die Realisierung von „Polizeiaufgaben“ im Hinterland untersagen mußte. 5 Vermutlich am 13. September 1939, am Vorabend des jüdischen Neujahrsfestes, nahmen SS-Männer in Mielec ungefähr 70 Juden fest, die sich in der Nähe des Marktplatzes in drei verschiedenen Synagogen zu den vorgeschriebenen rituellen Waschungen eingefunden hatten. SS-Soldaten, die mit großer Wahrscheinlichkeit zum Regiment „Germania“ gehörten, brannten die drei Synagogen im Zentrum der Stadt nieder. Andere Männer der Einheit trieben die festgenommenen Juden in einem nahegelegenen Schlachthaus zusammen, verriegelten sämtliche Zugänge, verschütteten Benzin und steckten das Gebäude anschließend in Brand. Auf Juden die durch die Fenster zu entfliehen versuchten, eröffneten die Deutschen mit ihren Maschinenpistolen sofort das Feuer. Das Inferno
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überlebten nur vier oder fünf Menschen, denen mit Glück die Flucht aus dem Gebäude gelungen war. 6 Weniger als zwei Jahre später trat der von den Deutschen im Jahr 1939 in Gang gesetzte Vernichtungskrieg mit dem Angriff auf die Sowjetunion in ein neues Stadium. Als Teil der Heeresgruppe C marschierte im Juni 1941 auch die SS-Division „Wiking“ in den sowjetisch besetzten Teil Ostpolens ein. Der Verband unterstand der in mehreren Spitzen nach Osten vordringenden Panzergruppe 1; Teile der Division erreichten im Operationsgebiet der 17. Armee um den 2. Juli Lemberg. Die Stadt war zwei Tage zuvor von der Wehrmacht besetzt worden, dabei wurde in Gefängnissen des NKWD eine große Zahl Leichen von Ukrainern und Polen entdeckt, die die Sowjets noch kurz vor ihrem Abrücken ermordet hatten. Nationalistische Ukrainer nutzten im Zusammenspiel mit den Deutschen vor Ort diese NKWD-Morde wiederum als propagandistischen Vorwand zur Organisierung eines riesigen Pogroms gegen die jüdische Bevölkerung Lembergs. Noch bevor die Deutschen die Stadt erreicht hatten, kam es durch christliche Ukrainer und Polen zu ersten Übergriffen gegen Juden. Die kurz darauf eintreffenden Wehrmachtsverbände und das Sonderkommando 4b der Einsatzgruppe C weiteten das Pogrom aus, in dessen Verlauf schätzungsweise 4000 Juden erschossen oder erschlagen wurden.7 Auch Soldaten der SS-Division „Wiking“ beteiligten sich an dem antisemitischen Massenmord. Der Chef des Generalstabs der 17. Armee meldete am 3. September, daß sich Teile der Division seit dem Vortag in Lemberg aufhielten, um dann noch anzumerken: „Einzelne Angehörige der Division gehen inzwischen auf Juden jagen [sic].“ 8 Zur gleichen Zeit hatten andere Teile des SS-Verbandes mit der Panzergruppe 1 das 130 Kilometer südwestlich gelegene Tarnopol erreicht. In der Stadt wurden ebenfalls die Leichen mehrerer hundert NKWD-Opfer entdeckt, unter denen sich zehn deutsche Soldaten befanden. Auch in Tarnopol benutzten Ukrainer und Deutsche den stalinistischen Terror als vorgeschobenen Begründungszusammenhang für die Entfesselung einer mehrere Tage andauernden Gewaltorgie gegen die jüdische Gemeinde der Stadt. Das Sonderkommando 4b organisierte erste Massenerschießungen von jüdischen Intellektuellen, denen mindestens 127 Menschen zum Opfer fielen. Daneben beteiligten sich Soldaten der SS-Division „Wiking“ zusammen mit Ukrainern und marodierenden Wehrmachtssoldaten an vielfältigen Exzessen und Hunderten von Morden an den Juden, derer sie habhaft werden konnten. Insgesamt wurden im Verlauf des Pogroms in Tarnopol mindestens 600 Juden ermordet. 9 Die Beteiligung an den Pogromen war jedoch nicht der einzige Beitrag des SS-Verbandes zur Ermordung der jüdischen Bevölkerung der Ukraine. In anderen Orten der Umgebung hinterließ die SS-Division „Wiking“ ebenfalls eine Spur der Vernichtung. Teileinheiten tauchten Anfang Juli in der zwischen Lemberg und Tarnopol gelegenen Kleinstadt Zborow auf und organisierten in dem Ort eine Massenerschießung. Die Einsatzgruppe C meldete im Zusammenhang mit dem Massaker einige Tage später: „In Zborow von der Waffen-SS als Vergel-
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tungsmaßnahme für die Greuel der Sowjets 600 Juden liquidiert.“ 10 Auch bei der Division Leibstandarte-SS „Adolf Hitler“ scheint es zu umfangreichen Morden an jüdischen Zivilisten gekommen zu sein. Einer der daran beteiligten Männer erzählte während eines Heimaturlaubs seinem Schwager, daß er einem speziellen Kommando angehöre, das immer wieder zur Erschießung von Juden herangezogen werden würde. Die Juden müßten vorher ihr eigenes Grab schaufeln, dann würden sie von den SS-Männern der Leibstandarte durch Genickschüsse getötet. 11 Im Spätherbst 1941 waren Soldaten der Waffen-SS maßgeblich an der Ermordung der Juden des Ghettos von Riga beteiligt. Friedrich Jeckeln, der neue Höhere SS- und Polizeiführer „Ostland“ mit Dienstsitz in der lettischen Hauptstadt, hatte persönlich die Liquidierung des erst einen Monat zuvor errichteten Ghettos befohlen. Dazu wurden unter seiner Anleitung am 30. November sowie am 8. Dezember 1941 zwei riesige Massaker an einem Großteil der jüdischen Gemeinde verübt. Georg Michalsen, Stabsangehöriger bei Globocnik in Lublin und zur Aufbauarbeit nach Riga entsandt, gab als Augenzeuge 1961 an, „niedrige Dienstgrade der Waffen-SS“ hätten bei dem Massenmord als Schützen fungiert. 12 Bei den SSSoldaten muß es sich entweder um Männer aus dem Stab Jeckelns oder um Angehörige der im Baltikum eingesetzten 1. Kompanie des Bataillons der Waffen-SS z.b.V. gehandelt haben. Insgesamt wurden an beiden Tagen von den Deutschen und lettischen Kollaborateuren mindestens 27 800 Juden im Wald von Rumbula außerhalb der Stadt ermordet. Unter den Toten war auch der berühmte Historiker Simon Dubnow. Außerdem ermordeten die Soldaten der Waffen-SS am 30. November 1035 Berliner Juden, die gerade mit einem Deportationszug in Riga eingetroffen waren. Für deren eigenmächtige Tötung kritisierte Himmler Jeckeln scharf und drohte ihm im Wiederholungsfall eine Bestrafung an. 13 Einheiten der „Leibstandarte Adolf Hitler“ waren nicht nur im Osten, sondern auch in Italien mit der Ermordung von Juden beschäftigt. Der Divisionsverband war Ende Juli 1943 aus der Ostfront herausgelöst und wegen der dortigen politischen Ereignisse nach Italien verlegt worden. Nachdem Mussolini infolge eines Mißtrauensvotums der Faschisten der Oberbefehl über die Armee entzogen worden war, wurde er am 25. Juli vom König für abgesetzt erklärt. An seiner Stelle bekam Marschall Badoglio das Amt des Regierungschefs übertragen. Die neue italienische Regierung nahm schnell Verhandlungen mit den Alliierten auf, die schließlich am 3. September 1943 zum Waffenstillstand und zu einem Ausscheren Italiens aus der Koalition mit Deutschland führten.14 Die Leibstandarte war einen Monat zuvor mit der Eisenbahn bis nach Innsbruck transportiert worden; Einheiten des 2. Regiments erreichten dann als Vorausabteilung um den 3. August Norditalien. In dieser Phase erschien die politische Situation in Italien völlig offen. Es war nicht absehbar, wie sich die Regierung Badoglio und die italienische Bevölkerung gegenüber den Deutschen verhalten würden. Die SS-Division erhielt deshalb den ausdrücklichen Befehl, sich gegenüber staatlichen Stellen und der Zivilbevölkerung äußerst zuvorkom-
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mend zu geben. Jede Form von Übergriffen wurde unter strenge Strafe gestellt; gegen einen Unterführer der Division wurde wegen Plünderung prompt ein standrechtliches Todesurteil vollstreckt. Diese Befehlslage und die verhängten Strafen wurden der Truppe ständig mitgeteilt. 15 Nach Bekanntgabe des Waffenstillstands am 8. September begann die Leibstandarte im Zusammenwirken mit anderen deutschen Verbänden in Norditalien mit der Entwaffnung der italienischen Truppen. Binnen weniger Tage war die Aktion ohne größere Komplikationen abgeschlossen.16 Im Raum Verona hatte das 1. Bataillon des 2. Regiments der Leibstandarte an der Entwaffnung teilgenommen. Nach deren Abschluß wurde die gesamte Einheit unter Führung des vertretungsweise als Kommandeur eingesetzten Obersturmführers Hans Röhwer am 12. September an den Lago Maggiore verlegt. Röhwer, 1915 in Hamburg geboren, legte im März 1935 sein Abitur ab. Der junge Mann hielt jedoch nichts von einem Zivilberuf; ihn zog es zur militärischen Elite der Nationalsozialisten. Am 1. April meldete er sich freiwillig für den Dienst in der Verfügungstruppe, den er umgehend beim Regiment „Germania“ antrat. Der angehende SS-Offizier besuchte 1937 einen Lehrgang an der Junkerschule Bad Tölz, nach dessen erfolgreicher Absolvierung er zum Regiment „Der Führer“ versetzt und alsbald zum Untersturmführer befördert wurde. Nach Einsätzen in Frankreich und auf dem Balkan rückte Röhwer als Zugführer mit der Leibstandarte „Adolf Hitler“ in die Sowjetunion ein; dort wurde er nach mehreren Verwundungen zum Obersturmführer befördert und übernahm im Sommer 1942 das Kommando in der 3. Kompanie des 1. Bataillons. 17 Am Lago Maggiore angekommen, bezog das 1. Bataillon am Westufer des Sees Quartier in den Orten Intra, Pallanza, Stresa und Baveno, wo auch Röhwers Bataillonsstab eingerichtet wurde. In der Gegend lebten noch zahlreiche, teils durchaus wohlhabende Juden als Industrielle, Geschäftsleute und Hotelbesitzer, die bislang aufgrund der zwar diskriminierenden, aber eben nicht tödlichen Maßnahmen der italienischen Faschisten ein weitgehend ungefährdetes Leben führen konnten. Außerdem waren jüdische Flüchtlinge unter anderem aus Lettland und Griechenland vor den Verfolgungen der Deutschen an den Lago Maggiore gekommen. In Baveno in der Villa „Fedora“ lebte der erfolgreich in der Papierbranche tätige Jude Emilio Serman, der in den 20er Jahren aus Deutschland nach Italien gegangen war. Einige Straßen weiter bewohnte die jüdische Familie des Direktors der Reifenfirma Pirelli, Dr. Mario Luzzato, die Villa „Il Castagneto“. Im Hotel „Meina“ des gleichnamigen Seeorts wohnten drei jüdische Familien, denen noch rechtzeitig die Flucht vor den Mitarbeitern Adolf Eichmanns aus dem griechischen Saloniki geglückt war. Besitzer des Hotels „Meina“ war Alberto Behar, ein aus der Türkei stammender Jude und Inhaber eines Mailänder Teppichgeschäfts, der wegen einer drohenden Bombardierung der Stadt vorübergehend nach Meina ausgewichen war. 18 Die erwähnten und zahlreiche weitere Juden wurden auf einen entsprechenden Befehl Röhwers am 15. und 16. September 1943 von Angehörigen des 1. Batail-
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lons verhaftet. Dazu hatten sich SS-Kommandos verschiedener Kompanien in den Gemeindebüros der genannten Orte die Einwohnerregister besorgt, auf denen Juden von den italienischen Behörden gesondert vermerkt worden waren. Anhand der Listen ermordete die SS noch am 15. September 15 Juden aus Arona, Baveno, Orta und Mergozzo an unbekannten Orten; die Leichen wurden nie gefunden. In den folgenden Tagen wurden in Baveno fünf weitere Jüdinnen festgenommen und wenig später erschossen. Im Hotel „Meina“ wurden am gleichen Tag insgesamt 21 Juden isoliert und unter Bewachung gestellt. 19 Spätestens am Vormittag des 22. September fand dann eine Besprechung Röhwers mit sämtlichen Kompanieführern statt, bei der man einträchtig entschied, nunmehr auch alle bisher überlebenden Juden der Gegend zu ermorden und die Leichen im See zu versenken. Darauf erschossen SS-Soldaten noch am gleichen Tag weitere jüdische Bewohner der Orte Baveno und Stresa. Nun waren auch die im Hotel „Meina“ gefangengehaltenen Juden in höchster Gefahr. 16 jüdische Hotelbewohner wurden von den Deutschen ermordet. Dazu fuhren die deutschen Soldaten in den beiden folgenden Nächten bei insgesamt vier Fahrten jeweils vier Juden mit einem Lastwagen in die Berge, wo sie die Frauen und Männer im Scheinwerferlicht durch Genickschüsse ermordeten. Anschließend brachte der Lastwagen die Leichen zurück ans Seeufer. Dort wurden die Körper in Stoff eingewickelt, mit Steinen beschwert und auf den Lago Maggiore hinausgerudert, wo sie versenkt wurden.20 Nachdem noch Anfang Oktober Soldaten der 2. Kompanie in Intra eine fünfköpfige jüdische Familie im Keller der dortigen Schule erschossen und die Leichen in der Heizungsanlage des Gebäudes verbrannt hatten, war das Morden in der Gegend für die Waffen-SS beendet. Unter der persönlichen Anleitung des Kommandeurs und der Kompanieführer hatte das Bataillon in der Gegend nach einer akribisch vorbereiteten Jagd 54 Jüdinnen und Juden getötet. 21 Aufgrund des Gerichtsverfahrens wurde deutlich, welchen geradezu missionarischen Eifer manche Einheitsangehörige bei den Morden an den Tag gelegt hatten. Hans Krüger, der Chef der 3. Kompanie, suchte in Arona mehrmals persönlich die Villa der Familie Jarach auf, um die verschwundenen und in Wirklichkeit längst per Boot über den See geflüchteten Juden doch noch festnehmen zu können. Der Chef der 5. Kompanie, Obersturmführer Herbert Schnelle, herrschte im Anschluß an die Besprechung vom 22. September den Bataillonsadjutanten, der eine leise Kritik an dem beschlossenen Judenmord verlautbaren ließ, mit den Worten an: „Diese moralischen Anwandlungen müssen Sie sich abgewöhnen.“ Ähnlich überzeugt äußerte sich Ludwig Leithe, ein Oberscharführer in der 4. Kompanie, der einem anderen Einheitsangehörigen versicherte, alle Juden müßten erschossen werden, „sonst können wir keinen Krieg gewinnen“. 22 Neben der Verfolgung des dominierenden Ziels, die Vernichtung möglichst aller Juden voranzutreiben, konnten während der Einsätze nebenbei auch andere Bedürfnisse befriedigt werden. Bei einem seiner Kontrollbesuche in der Villa der geflüchteten Familie Jarach bediente sich Hans Krüger vor Ort mit einigen Kum-
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panen ausgiebig an den Alkoholvorräten. Anschließend randalierte er in dem Anwesen, um schließlich in die Pförtnerwohnung einzubrechen und dort die Ehefrau des Hausangestellten zu vergewaltigen. Andere SS-Führer erpreßten von Alberto Behar im Hotel „Meina“ einen Betrag von 1,5 Millionen Lire, und einfache Soldaten stahlen Geld, andere Wertsachen und sogar Möbel aus den Häusern und Hotelzimmern der Juden. 23 Die Divisionen der Waffen-SS verübten zudem nicht nur Verbrechen an den europäischen Juden. Wie die Truppen des Kommandostabes waren auch andere Verbände an der überall in Europa beständig ausgeweiteten „Partisanenbekämpfung“ und an Massenmorden an der nichtjüdischen Zivilbevölkerung beteiligt. Eine der berüchtigsten Verbände in diesem Zusammenhang war die SS-Freiwilligengebirgsdivision „Prinz Eugen“. Die Truppe war auf einen Befehl Himmlers vom 1. März 1942 vornehmlich aus Volksdeutschen der Balkanregion aufgestellt worden und verübte in den Jahren 1942 bis 1944 zahlreiche Massenverbrechen an der dortigen Zivilbevölkerung. 24 Männer der 1. Kompanie des Jägerregiments 1 fielen am 12. Juli 1943 in das etwa 40 Kilometer nordwestlich von Sarajewo gelegene bosnische Dorf Kosutica ein und trieben sämtliche Bewohner zusammen. Die etwa 40 Männer, Frauen und Kinder wurden an der Moschee gesammelt und bald darauf von den Deutschen mit Maschinengewehren erschossen. Anschließend wurden die Ermordeten in Massengräbern verscharrt; danach zog die Einheit weiter. 25 Weil sich die muslimische Bevölkerung der Region in der Folgezeit über die Mordtat empört zeigte, zog der Vorfall weitere Kreise. Das wenig später zur Aufklärung der Tatumstände in die Region entsandte Einsatzkommando 2 der Einsatzgruppe E erfuhr von anderen Teileinheiten der SS-Division, daß die verantwortliche Kompanie beim Annähern aus dem Dorf angeblich beschossen worden sei. Die Einheit hätte dann nach einem grundsätzlichen Befehl des Divisionskommandeurs, Brigadeführer von Oberkamp, gehandelt, nach dem alle Bewohner von Ortschaften, in denen „feindselige Handlungen gegen die Waffen-SS vorkommen“, als Vergeltung sofort zu erschießen seien. Die Sicherheitspolizei konnte allerdings in Kosutica nicht die geringsten Spuren entdecken, die auf die behaupteten Gefechtshandlungen hingedeutet hätten. 26 Der Vorfall drang schließlich bis zu Himmler, der durch das Massaker seine pro-muslimische Politik auf dem Balkan gefährdet sah. Er verlangte eine genaue Untersuchung und die Zurechtweisung des Divisionskommandeurs; letztlich passierte nichts. 27 Der gerade von Apologeten viel zitierte Durchhaltewillen der Waffen-SS machte sich noch in der Kriegsendphase Luft in Morden an Juden, als den noch immer von vielen Deutschen halluzinierten Hauptfeinden. Anfang April 1945 hatte die vierte Werkstattkompanie der 2. SS-Panzerdivision „Das Reich“ auf ihrem Rückweg aus Ungarn kurzzeitig Quartier im niederösterreichischen Schleiden bezogen. Der Werkstattbetrieb wurde wieder aufgenommen; auf der Straße um das Quartier wurden Posten aufgestellt. 28 Kompanieführer der Einheit war der 43-jährige Hauptsturmführer Paul Anton Reiter. Am 2. September 1901
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in München geboren, erlernte Reiter nach acht Jahren Volksschule im württembergischen Esslingen das Maschinenbauhandwerk, das er dort als Beruf bis 1922 ausübte. Anschließend arbeitete er bis 1939 als Elektriker und Automechaniker in München. In die NSDAP trat Reiter 1937 ein; nach Kriegsbeginn wurde er am 4. September 1939 zur Verfügungstruppe eingezogen. Als Werkmeister kam er zur Division „Das Reich“, wo sich der Automechaniker 1943 bis zum Kompanieführer hochdiente und im Januar 1945 zum Hauptsturmführer befördert wurde. Reiter war selbst während des Rückzugs ins Reichsgebiet noch glühender Nationalsozialist; nach wie vor glaubte er fest an einen siegreichen Ausgang des Krieges. 29 Während die Werkstattkompanie in Schleiden ihren Dienstalltag einzurichten versuchte, wurde zur gleichen Zeit im nahegelegenen Melk ein Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen evakuiert. Einige jüdische Lagerinsassen wurden in kleineren Gruppen mit der Maßgabe auf den Weg geschickt, sich in einem Auffanglager in der Gegend zu melden. Auf ihrem Marsch näherten sich so eines Tages vier Jüdinnen und zwei Juden nichtsahnend den Posten der Waffen-SS in Schleiden. Die Angehörigen der Werkstattkompanie nahmen sie fest; es folgte eine Begutachtung der Gefangenen durch Hauptsturmführer Reiter. Vor zahlreichen mittlerweile versammelten Kompanieangehörigen befahl dieser kurz darauf die Erschießung der Juden. Er teilte ein Kommando von etwa 15 SS-Männern ein und unterstrich mit einer Geste Richtung Wald, wo der Mord stattfinden solle. Die fassungslosen Juden, darunter eine etwa 20-jährige Studentin aus Ungarn sowie ein Marineoffizier des Ersten Weltkriegs und Träger des Eisernen Kreuzes, versuchten die Deutschen davon zu überzeugen, daß sie nur wie befohlen auf dem Weg zum Auffanglager seien. Aber weder der Kompanieführer noch andere SS-Angehörige zeigten sich den Argumenten aufgeschlossen. 30 Nachdem einige der zum Erschießungskommando eingeteilten Männer sich im Quartier Schaufeln besorgt hatten, brach die Gruppe der SS-Soldaten mit ihren jüdischen Gefangenen in Richtung Wald auf, wo sie gezwungen wurden, ihr eigenes Grab auszuheben. Nach dessen Fertigstellung drängten sich die Soldaten vor lauter Mordgier gegenseitig bei Seite; jeder wollte gut plaziert zum Schießen kommen. Dann töteten die sicherlich nicht gerade unter Befehlsnotstand agierenden Mörder ihre Opfer mit Genickschüssen. 31 Mindestens noch ein weiteres Mal wurden von Angehörigen der Kompanie Juden, zwei Männer und zwei Frauen, in der Nähe des Einheitsquartiers ermordet. Nach etwa drei Wochen rückte die Werkstattkompanie der Division „Das Reich“ Ende April 1945 unter Hauptsturmführer Reiter vor den sich nähernden Alliierten aus Schleiden ab und zog sich in die Gegend von Dresden zurück. Dort wurde die Einheit mit der Kapitulation Deutschlands aufgelöst. 32 Die beschriebenen Verbrechen stellen nur einen kleinen Ausschnitt aus der Gesamtdimension von Taten dar, die von Verbänden der Waffen-SS während des Zweiten Weltkriegs im gesamten besetzten Europa begangen wurden. Bis heute existiert keine Darstellung, die dem Anspruch, die Vielzahl von Verbre-
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chen zu rekonstruieren, deren Kontext zu analysieren und die Taten in das Gesamtbild einer Einsatzgeschichte der Waffen-SS zu stellen, auch nur in Ansätzen gerecht werden würde. Letztlich wird ohne eine solchermaßen angelegte Studie die längst überfällige, kritische Neubewertung der Rolle der Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg nicht zu leisten sein.
Fazit Die vorliegende Studie hat gezeigt, in welchem Umfang der Kommandostab Reichsführer-SS und die unterstellten Verbände an der Judenvernichtung und der Führung des Vernichtungskriegs beteiligt waren. Das Gros dieser Einheiten war nach dem deutschen Angriff auf Polen 1939 aufgestellt und in den folgenden zwei Jahren bereits als Besatzungstruppe im Generalgouvernement eingesetzt worden. Die SS-Totenkopf-Reiterstandarte sowie die 8. und 10. Totenkopfstandarte waren schon seit ihrem Erscheinen im besetzten Polen an umfangreichen Verbrechen beteiligt gewesen. So wurden die SS-Reiter und wahrscheinlich auch die übrigen Einheiten während der ersten Monate zur Ermordung der polnischen Führungsschicht herangezogen. Im Verlauf dieses ersten von den Deutschen in Gang gesetzten Genozids starben mehrere zehntausend christliche und jüdische Polen. Daneben wurde die bewaffnete SS auch zur Umsiedlung von Polen und Juden aus den annektierten Gebieten verwendet. Ganz wesentlich waren die Totenkopfeinheiten außerdem an der Umsetzung der Judenpolitik beteiligt. Sowohl bei der Aushebung zur Zwangsarbeit als auch bei der beginnenden Ghettoisierung der Gemeinden, bei den zahlreichen Terrormaßnahmen und bei ersten Massenmorden wirkten die SS-Männer mit. Alle diese Einsätze unterstreichen, daß die nationalsozialistische Besatzungspolitik bereits in Polen in Bezug auf das Judentum auf äußerst brutale Weise auf eine ‚Endlösung‘ hinarbeitete, die den Tod eines großen Teils der Menschen einkalkulierte. Im Zuge der deutschen Angriffsplanungen gegen die Sowjetunion kam den Verbänden eine neue Bedeutung zu. Erste Anzeichen für einen Einsatz der Waffen-SS sind seit Anfang April 1941 nachweisbar. Parallel zu den Vorbereitungen für eine Verwendung von Höheren SS- und Polizeiführern als zentrale Befehlsstellen der SS im Osten wurde auf Befehl Himmlers der Kommandostab Reichsführer-SS aufgestellt und in den folgenden Wochen mit Personal aus dem gesamten SS- und Polizeiapparat ausgestattet. Gleichzeitig wurden aus den zu Regimentern umbenannten Totenkopfstandarten drei SS-Brigaden zusammengestellt. Mit dem Kommandostab hatte sich Himmler ein ihm direkt unterstehendes Koordinationsinstrument geschaffen, das die Einsätze der Brigaden als Sondereinheiten der Höheren SS- und Polizeiführer bei der „politischen Befriedung“ im Hinterland leiten und überwachen sollte. Noch im Frühjahr 1941 zeichnete sich ab, daß die Brigaden in den drei rückwärtigen Heeresgebieten Verwendung finden sollten. Die Wehrmacht akzeptierte deren Einsatz in ihrem eigenen Operationsgebiet ohne belegbare Widerstände. Weil die Militärs für die besetzten Gebiete nur schwache Sicherungsverbände
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vorgesehen hatten, bestand seitens der Wehrmacht sogar ein unbestreitbares Interesse am Erscheinen der Brigaden. Nach einer ungeplanten, kurzfristigen Verwendung in den ersten Kriegstagen kamen die Verbände Ende Juli 1941 zu ihrem eigentlichen Einsatz. Mit dessen Beginn begingen beide Brigaden systematische Massenmorde an jüdischen Männern, Frauen und Kindern. Die Vernichtungsaktionen bildeten unbestreitbar den eigentlichen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit. Während der beiden ersten Einsatzwochen tötete die 1. SS-Brigade unter dem Befehl Richard Herrmanns in der Ukraine mindestens 7000 Juden jeden Alters und beiderlei Geschlechts. Einen Teil der zur Zwangsarbeit für die Wehrmacht vorgesehenen jüdischen Bevölkerung größerer Städte ließ die Einheit noch am Leben. Die Reitende Abteilung des 1. SS-Kavallerieregiments unter Gustav Lombard vernichtete in ihrem Einsatzgebiet bis auf wenige Ausnahmen die gesamte jüdische Bevölkerung. Dem Vernichtungszug fielen mindestens 11000 Menschen zum Opfer. Dagegen wichen die berittenen Schwadronen des 2. SSKavallerieregiments von diesem Vorgehen teilweise ab. Die von Franz Magill befehligte Abteilung erschoß nach Aufforderungen übergeordneter Führer neben Tausenden von männlichen Juden im wehrfähigen Alter zwar auch jüdische Jungen und Greise, jedoch wurden Frauen und Mädchen nur in Ausnahmefällen getötet. Nichtsdestotrotz ermordeten die Schwadronen in weniger als zwei Wochen 14 000 Juden. Beide SS-Brigaden des Kommandostabes waren damit die ersten Verbände überhaupt, die zur Massenvernichtung der jüdischen Zivilbevölkerung übergegangen waren. Ihre Einsätze in der ersten Augusthälfte des Jahres 1941 markieren den eigentlichen Beginn der Shoah in der Sowjetunion. Dieses Ergebnis war ohne Ermutigung durch übergeordnete Stellen nicht denkbar. Bei der 1. SS-Brigade und – wegen der dichteren Quellenlage eindeutiger belegbar bei der Reiterbrigade – bestand zu Beginn der Einsätze eine Befehlslage, die auf die umfassende Ermordung von Juden jeden Alters und beiderlei Geschlechts abzielte. Allerdings waren die Vernichtungsbefehle anfangs so vage formuliert, daß die Ermordung der jüdischen Männer, Frauen und Kinder ohne Interpretationsbereitschaft und Eigeninitiative der Einheitsführer gar nicht hätte in Gang gesetzt werden können. Erst als einzelne Offiziere die Interpretationsleistung willig erbrachten, wurden für andere, noch zögernde Einheitsführer eindeutigere Einsatzbefehle erteilt. Für die Ingangsetzung der Shoah in der Sowjetunion stellt dieses Faktum ein entscheidendes Element dar. Im Anschluß an den mörderischen Praktikabilitätsbeweis seiner beiden SSBrigaden sorgte Himmler persönlich dafür, daß sich deren Praxis auf die Kommandos der Einsatzgruppen und die Ordnungspolizeibataillone ausweitete. Der Radikalisierungsprozeß erstreckte sich über mehrere Wochen und verlief längst nicht immer reibungslos. Ab Herbst 1941 war die ‚Endlösung‘ in der Sowjetunion jedoch in vollem Gang und konkrete Initiativen für die Vernichtung der europäischen Juden waren eingeleitet worden. 1 Als wichtige Schnittstelle zwischen der nationalsozialistischen Führung und den Einheiten vor Ort fungierten der Kom-
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mandostab und immer wieder die Höheren SS- und Polizeiführer. Sie waren die Spezialisten vor Ort, die die Vernichtungspraxis anleiteten und koordinierten. Sie gaben Anordnungen von oben weiter und vermittelten deren Umsetzung zurück an die Zentrale. Darüber hinaus hatten Wehrmachtsbefehlshaber in unmittelbarem Kontakt zu den SS-Brigaden und den Höheren SS- und Polizeiführern ab Sommer 1941 einen entscheidenden Anteil an der allgemeinen Verschärfung der Besatzungspolitik. Übergeordnete und regional erteilte Wehrmachtsbefehle bildeten oft genug die direkte formale Grundlage für das mörderische Vorgehen der Brigaden. Generäle wie Max von Schenckendorff, Karl von Roques oder Walter von Reichenau präsentierten die mörderische Auslegung der Bestimmungen durch die SS-Brigaden nicht als abschreckendes Beispiel, sondern als Vorbild für die eigenen Truppen. Eine weitere Brutalisierung der Besatzungspolitik war die Folge. „Befriedung“ und „Partisanenbekämpfung“ waren prägende Begriffe für diese Form der deutschen Kriegsführung im Hinterland, die eine an militärischen Sicherheitsinteressen orientierte Strategie suggerierte. Die Ermordung der sowjetischen Juden war darin ein wesentlicher Bestandteil. In den Monaten nach den ersten Einsätzen der beiden SS-Brigaden dauerte deren Vernichtungspraxis an. Bis Ende Dezember fielen ihnen mindestens 57 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder zum Opfer. Damit kamen etwa 10 Prozent der im Jahr 1941 in der Sowjetunion ermordeten Juden bei den Vernichtungsaktionen dieser Einheiten der Waffen-SS ums Leben. Die erst ab Anfang September in Nordrußland eingesetzte 2. SS-Brigade beging wegen ihres späten Einsatzbeginns dagegen keine Massenmorde an der jüdischen Zivilbevölkerung. Die Vernichtung der relativ kleinen jüdischen Gemeinden Estlands und Nordrußlands hatten bereits Kommandos der Einsatzgruppe A mit Unterstützung einheimischer Kollaborateure verwirklicht. Die bereits in Zivilverwaltung übernommenen Gebiete des Baltikums schieden dagegen als Operationsgebiet für die 2. SS-Brigade vereinbarungsgemäß von vornherein aus. Als die Wehrmacht den drei Brigaden ab Oktober 1941 aus Mangel an eigenen Truppen Gebiete zur längerfristigen Sicherung übertrug, geriet im Kontext der sogenannten Partisanenbekämpfung zunehmend die gesamte sowjetische Zivilbevölkerung ins Visier der Verbände. Die Maßnahmen gipfelten in kollektiven Bestrafungsaktionen, bei denen Einheiten des Kommandostabes mehrere Orte zerstörten und deren gesamte Einwohnerschaft ermordeten. Schließlich bildete die Tötung von etwa 25 000 sowjetischen Kriegsgefangenen durch die 1. SS-Brigade im Winter den grauenvollen Abschluß der Verbrechen der Truppen des Kommandostabes im Jahr 1941. Damit hatten die drei Brigaden in den sechs Monaten ihrer Präsenz in den deutsch besetzten Gebieten der Sowjetunion mindestens 85 000 Menschen getötet. Die meisten Opfer waren Juden. Der Einsatz der SS-Brigaden und die Tätigkeit des Kommandostabes blieb nicht auf das Jahr 1941 beschränkt. Jedoch ging die Bedeutung des Stabs seit 1942 kontinuierlich zurück. Obwohl ihn Himmler im Juli 1942 im Zuge der allgemei-
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nen Kompetenzverteilung gegen die Partisanenbewegung zur zentralen Bekämpfungsinstitution der SS bestimmte, scheiterte er letztlich an der gestellten Aufgabe. Dem Kommandostab gelang es nicht, Initiativen für eine erfolgreiche Kampfführung zu entwickeln. Dessen weiterer Niedergang ging mit dem rasanten Aufstieg Bach-Zelewskis zur zentralen Figur der SS bei der Bekämpfung der Partisanen einher. Spätestens ab 1943 war Himmlers frühere Kommandostelle zur Organisierung des Judenmords durch die Waffen-SS nur noch mit nachgeordneten Aufgabenfeldern betraut. Schon ab Ende 1942 waren die Brigaden aus dem bisherigen Unterstellungsverhältnis ausgeschieden. Die SS-Verbände standen währenddessen weiterhin im Osten im Einsatz. Ab Sommer 1942 war in den deutsch besetzten Gebieten der Sowjetunion eine veränderte Gesamtstrategie gegen die Partisanen angewandt worden. SS und Wehrmacht kreisten nunmehr mit großem personellen Aufwand Gebiete ein, in denen Partisanengruppen vermutet wurden. Beim Durchsuchen der Gegenden galten faktisch alle Zivilisten als „verdächtig“. Fast grundsätzlich wurde bei den Einsätzen ein großer Teil der Zivilbevölkerung ermordet und die Dörfer niedergebrannt. Zu solchen mörderischen Großunternehmen unter Decknamen wie „Sumpffieber“, „Nürnberg“, „Weichsel“ und „Seydlitz“ wurden die SS-Kavallerie und die 1. SS-Brigade in den Jahren 1942 und 1943 immer wieder herangezogen. Im Zuge der Einsätze kam es unter dem Deckmantel der „Partisanenbekämpfung“ zu umfangreichen Judenmorden. Einerseits richteten sich die Unternehmen direkt gegen Juden, die in die Wälder geflüchtet waren; zum anderen wurden im Verlauf solcher Einsätze Ghettos der jeweiligen Regionen vernichtet. Daneben waren Ersatzeinheiten der untersuchten Verbände in Polen direkt an der „Aktion Reinhard“, der Ermordung der polnischen Juden, beteiligt. Die Waffen-SS realisierte etliche Ghettoliquidierungen in den Distrikten Radom, Lublin und Krakau, in deren Verlauf die Juden in die Vernichtungslager deportiert wurden. Alte und kranke Menschen ermordeten die SS-Soldaten direkt vor Ort. Darüber hinaus war die Ausbildungs- und Ersatzabteilung der SS-Kavallerie bei der Massendeportation der Warschauer Juden nach Treblinka im Sommer 1942 eingesetzt. Die gleiche Einheit stellte im April und Mai 1943 einen wesentlichen Teil des deutschen Personals zur Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto. Damit läßt sich allein anhand der wenigen untersuchten Verbände nachweisen, daß die Waffen-SS ganz maßgeblich an der Realisierung der Shoah in Ostmittel- und Osteuropa mitwirkte. Angesichts der für die Deutschen immer katastrophaler verlaufenden Kriegssituation wurden die früheren Verbände des Kommandostabes zu Divisionen erweitert und zunehmend an der Front eingesetzt. In der Endkriegsphase zerschlug die Rote Arme die Einheiten an den verschiedensten Kriegsschauplätzen der Ostfront. Der Kommandostab Reichsführer-SS bestand ohne bedeutendes Betätigungsfeld noch bis Mai 1945; das Personal wurde anschließend von den Amerikanern gefangengenommen. In der gesamten Darstellung über den Kommandostab und die SS-Verbände
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haben ökonomische Faktoren kaum eine Rolle gespielt. Die nationalsozialistische Wirtschafts- oder Ernährungspolitik hat in den Quellen des Kommandostabes kaum eine Spur hinterlassen. Damit soll eine Relevanz wirtschaftlichen Kalküls bei der Realisierung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik keineswegs bestritten werden. Im Gegensatz zu anderen Forschungsarbeiten mißt die vorliegende Studie den ideologischen Motiven der Nationalsozialisten jedoch einen eindeutigen Vorrang gegenüber ökonomischen Zielsetzungen oder gar strukturellen Sachzwängen bei. Hätten sich die Vorstellungen mancher Wirtschaftsplaner grundsätzlich nicht auch als so hochkompatibel mit den antisemitischen und rassistischen Vernichtungsplänen der nationalsozialistischen Führung erwiesen, wäre ihnen kaum die Möglichkeit zu deren Verwirklichung eingeräumt worden. Für das vorliegende Thema wurde die herausgehobene Bedeutung ideologischer Motive nicht zuletzt durch die soziale und politische Analyse des Personals der Brigaden und des Kommandostabes unterstrichen. Die Soldaten der Waffen-SS waren keine „normalen Deutschen“, eine Kategorie, die mit einiger Berechtigung bezüglich der Mannschaften des intensiv erforschten Reservepolizeibataillons 101 oder eher noch für die Soldaten der Infanteriedivision 253 des Heeres festgestellt werden könnte. Vielmehr repräsentierten die Mannschaften der SS-Brigaden sowie noch eindeutiger das untersuchte Offizierskorps einen radikalen, nationalsozialistisch orientierten Teil der deutschen Gesellschaft. Mannschaften und Unterführer der Brigaden stammten fast ausschließlich aus den beruflich unqualifizierten Bereichen der unteren Mittelschicht und der Unterschicht. Im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt war jedoch das klassische Industrieproletariat eindeutig unterrepräsentiert. Fast ausnahmslos alle Männer hatten durch ihre freiwillige Meldung zur Waffen-SS ihren Willen bekundet, Teil der propagierten militärischen und weltanschaulichen Elite sein zu wollen. Das schloß ein klares Bekenntnis zum Nationalsozialismus ein. Nach den vorliegenden Zahlen waren weit mehr als die Hälfte der SS-Soldaten Mitglieder der NSDAP oder anderer Parteigliederungen. Allein für die Mitgliedschaft in der Allgemeinen SS konnte unter den Angehörigen der 1. SS-Brigade ein Anteil von über 40 Prozent ermittelt werden. Bei der SS-Kavallerie lag der Prozentsatz sogar noch höher. Damit ist der Terminus der „Politischen Soldaten“ hinreichend belegt. Das Gros der Brigadeangehörigen stand fest hinter der nationalsozialistischen Ideologie und identifizierte sich mit deren Zielen. Noch unumschränkter gilt ein derartiges Urteil für das Offizierskorps der untersuchten Brigaden und des Kommandostabes. Die SS-Führer kamen, im Gegensatz zu den unterstellten Mannschaften, aus den qualifizierten Bereichen der Mittelschicht und im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt sogar deutlich häufiger aus der Oberschicht. Die Älteren unter ihnen hatten ihren politischen Erfahrungshorizont als Weltkriegsteilnehmer und Freikorpskämpfer ausgebildet. Autoritäre Charakterstrukturen, gepaart mit extremer völkischer Gesinnung, dem Haß auf die Weimarer Demokratie sowie antisemitischen und rassistischen Einstellungen wurden ebenso von den Jüngeren unter den SS-Offizieren geteilt.
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Weit mehr als die Hälfte der untersuchten Personengruppe bewies diese politische Identität mit einem bereits vor 1933 realisierten Beitritt zur NSDAP. Über 40 Prozent der Männer war vor der Machtübertragung an Hitler außerdem bereits in der Allgemeinen SS. In Form des weltanschaulichen Unterrichts absolvierten sowohl Mannschaften als auch Offiziere während ihrer Ausbildung bei der Waffen-SS eine spezielle Schulung, die ihnen das ideologische Rüstzeug der NS-Ideologie und der SS vermitteln sollte. Dabei bestand ein wesentliches Kontinuum des Unterrichts in der Vermittlung von Antisemitismus. Auf diesem Gebiet lehrten die Schulungsoffiziere die ganze Bandbreite der antijüdischen Weltanschauung des Nationalsozialismus. Wie sich in einigen Fällen belegen läßt, nahmen die SS-Männer die antisemitischen Haßtiraden begeistert auf. Während in keinem einzigen Fall Vorgänge nachweisbar waren, in denen SS-Männer wegen der Verweigerung einer Teilnahme an Judenerschießungen ernsthaft bestraft wurden, waren persönliche antisemitische Motive bei den „Politischen Soldaten“ verbreitet. Die nationalsozialistische Weltanschauung und die von den SS-Männern geteilten antisemitischen Projektionen hatten damit offensichtlich direkte Auswirkungen auf die systematischen Massenmorde, die die SS-Einheiten an den Juden begingen. Nach der deutschen Niederlage kehrten mehrere tausend Angehörige der SSVerbände und des Kommandostabes in das Ursprungsland der Massenverbrechen zurück. Fast alle Männer fügten sich nach 1945 reibungslos und unauffällig in die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft ein. Teilweise ergriffen sie wieder ihre vor dem Krieg erlernten Zivilberufe, teils wandten sie sich neuen Tätigkeitsfeldern zu. Die Nachkriegskarrieren fielen größtenteils bescheiden aus; nur in einigen Ausnahmefällen gelangen spektakuläre Lebensläufe. Ein kleinerer Prozentsatz der Männer reihte sich in die HIAG, den Veteranenverband der WaffenSS, ein. Nur vordergründig legten sie sich innerhalb des Verbandsgeschehens ein unpolitisches Image zu. Etliche der früheren „Politischen Soldaten“ hielten untereinander Kontakt und tauschten bei gemeinsamen Treffen ihre früheren Erlebnisse im Osten aus. Dieser Teil der Männer bewies damit nicht zuletzt das Weiterwirken nationalsozialistischer Grundeinstellungen in der Bundesrepublik. Während sich einzelne Veteranen außerdem im sozialen Umfeld mit ihren Mordtaten rühmten, verhielt sich die überwiegende Mehrzahl der Männer eher zurückhaltend. Nachkriegsermittlungen westdeutscher Staatsanwaltschaften wegen der Massenverbrechen der Brigaden an den weißrussischen, ukrainischen und polnischen Juden setzten Anfang der 60er Jahre ein. Für die allermeisten früheren Einheitsangehörigen bedeuteten die justitiellen Ahndungsversuche nur ein kurzes Zwischenspiel in ihrem Nachkriegsalltag. Im Zuge der Verfahren wurden weit über 2500 frühere Einheitsangehörige der Brigaden vernommen. Trotz häufig erdrükkender Beweislast gegen die Beschuldigten wurde die überwiegende Mehrzahl der Ermittlungen wieder eingestellt. Neben weitreichenden Mängeln in der Gesetzgebung und haarsträubenden Fehlbewertungen der Justiz trug das völlig
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reuelose Aussageverhalten der früheren Einheitsangehörigen zu dieser ernüchternden Bilanz entscheidend bei. Nur acht Angeklagte wurden in drei getrennten Gerichtsverfahren zu Haftstrafen verurteilt. Der Verfolgungsdruck gegen die Täter der Waffen-SS erwies sich damit insgesamt als äußerst gering. So wird neben deren Bedeutung für die Ingangsetzung und die Fortführung der Shoah in Ostmittel- und Osteuropa am Beispiel des Kommandostabes und der Truppen der Waffen-SS auch deutlich, wie selten im Nachkriegsdeutschland eine Ahndung der Verbrechen erfolgte.
Anmerkungen Einleitung 1
Kdostab, „Richtlinien für den Einsatz der dem Kommandostab RF-SS unterstellten Verbände.“ (8. Folge), Eingangsstempel 17. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 11, A 98. 2 Zu dem Terminus vgl. den gleichnamigen Aufsatz von Mallmann, Fußvolk. 3 Boll, Chatyn, S. 21. 4 Büchler; Birn, Wirklichkeit; Boll, Aktionen; Cüppers, Lombard. Da der Begriff „Partisanenbekämpfung“ auf deutscher Seite häufig als Euphemismus für umfangreiche Verbrechen verwendet wurde, wird er im Text grundsätzlich in Anführungszeichen gesetzt. 5 Ders., Art. 6 Yerger, das Buch enthält zahlreiche Photos von Offz. der SS-KB. 7 Matthäus, Unternehmen, S. 407–413. 8 Longerich, Politik, S. 310, 366–369. 9 Gerlach, Morde, S. 555–566, 607 ff. 10 Hilberg, Vernichtung, die englische Originalausgabe erschien 21 Jahre früher, vgl. ders., The Destruction of the European Jews, London 1961; Adler; Dawidowicz; Yahil. 11 Klietmann; Stein; Wegner, Soldaten; vgl. Mehner; daneben existieren Darstellungen zu einzelnen SS-Verbänden, vgl. Sydnor, Soldaten, zur SS-Div. „Totenkopf“; Casagrande zur SS-Div. „Prinz Eugen“; zum Sonderkdo. Dirlewanger vgl. Klausch; zur älteren Literatur über die W-SS vgl. ausführlich Wegner, Garde; aktueller ders., Soldaten, S. 349–356; Neitzel, der für einen operationsgeschichtlichen Ansatz beim Thema W-SS plädiert; daneben existiert eine Vielzahl unkritischer u. apologetischer Literatur, vgl. bspw. die Bücher v. Michaelis; außerdem Williamson; Preradovich; Tieke/Rebstock. 12 Höhne; Orth, Konzentrationslager-SS; Herbert/Orth/Dieckmann. 13 Paul/Mallmann, Gestapo – Mythos; dies., Gestapo; Herbert, Best; Wildt, Generation; zum Führungskorps des RSHA vgl. Banach; zur Gestapo Gellately, Gestapo. 14 Krausnick, Einsatzgruppen; einen Überblick zu den EG bei Mallmann, Menschenjagd. 15 Wilhelm; Angrick, Besatzungspolitik; ein Überblick zu den EG in Polen 1939 bei Weitbrecht; zu den vom RSHA initiierten Spionage- u. Sabotagetrupps des Unternehmens „Zeppelin“ vgl. Mallmann, Krieg. 16 Wilhelm, Polizei; Mallmann, Fußvolk. 17 Browning, Männer; Goldhagen, Vollstrecker; Angrick u. a., Tagebuch; mittlerweile existieren außerdem Darstellungen zum RPB 61, vgl. Klemp; zum PB 307 Mallmann, Einstieg; zum PB 310 Westermann; sowie zum PB 316 Hölzl. 18 Grossmann/Ehrenburg; zur Geschichte des Buches vgl. Lustiger, Rotbuch, S. 184–195; zu jüdischen Erinnerungen vgl. Müller, Feuer; Bruker; zu Erinnerungsbüchern bspw. Janow; Hurban Motele; Telekhan; zu Erinnerungsbüchern als historische Quelle vgl. Shapiro. 19 Ainsztein, Widerstand; Lustiger, Kampf; Tec; zum Warschauer Ghetto vgl. Gutmann, Jews; Ainsztein, Revolte; Sakowska, Menschen. 20 Vgl. Mallmann/Rieß/Pyta; Mallmann/Paul, Karrieren; Mallmann/Musial. 21 Unsere Ehre. Die Quellenedition enthält das KTB Kdostab v. 16. 6.–31. 12. 1941, außerdem Tät.Ber. der 1. u. 2. SS-IB sowie der SS-KB u. von Sonderkdo. des Btl. der W-SS z.b.V. Für eine eindeutige Zuordnung der Quellen werden grundsätzlich alle Dokumente nach ihrer eigentlichen Provenienz im VUA in Prag aufgeführt.
Verfügungstruppe und Totenkopfverbände.
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22 VUA, Kdostab/K 1–24. Ein großer Teil des systematisch geordneten Prager Bestandes ist zudem ungeordnet auf Mikrofiches im BA-MA einzusehen, vgl. ebd., ab M 800. 23 VUA, 18. SS-PGD/K 1–4; VUA, 8. SS-KD/K 1–6. 24 Zur Überlieferungsgeschichte u. zum Umfang der Bestände vgl. Pivcová, S. 429–434; zur Gründung der Forschungsabt. vgl. Aufstellungsbef. SS-FHA/Ia v. 1. 8. 40, BAB, NS 33/ 230. 25 BAB, SSO u. RuSHA. 26 BA-MA, RS 3–8/ u. RS 4/ zur SS-Kav.; ebd., RS 3–36/ zum Sonderkdo. Dirlewanger. 27 BA-ZA, Bestände Z/A, ZB u. ZM. 28 Die Akten der Berück finden sich unter der Signatur BA-MA, RH 22/; Unterlagen des AOK 2 u. 6 unter ebd., RH 20–2/ bzw. RH 20–6/. 29 EM, BAB, R 58/214–219, die Meldungen der EG entstanden zwischen Juli u. Dezember 1941; zu deren Quellenwert vgl. Krausnick/Wilhelm, S. 333–347; Akten der Orpo in Polen unter BAB, R 70 Pol/; zur Sowjetunion BAB, R 70 SU/; Tgb. Bach Zelewski, BAB, R 20/45b. Gerade die Angaben Bach-Zelewskis müssen mit Vorsicht beurteilt werden, da er das Tgb. nach dem Krieg überarbeitete. Dabei wird er persönlich belastende Hinweise entfernt haben; teilweise verfälschte er auch die Datierungen. 30 Dienstkalender Himmlers. 31 KTB OKW, 4 Bde.; Halder KTB, 3 Bde.; Wohnbezirk. 32 IMG, 42 Bde. 33 BAL, 207 AR-Z 18/65, Bd. 1–5. 34 Zum Verfahren gg. Angehörige des SS-KR 2 BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 1–7; BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1–10, richtete sich gg. Offz. des SS-KR 1 u. des Stabes der SS-KB; gg. Angehörige der 1. SS-IB finden sich Unterlagen in BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 1–40. 35 StAM, Staw 22518, insg. 163 Bde. 36 Ebd., Staw 21894, 50 Bde. 37 StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1264–1351; vgl. Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 24–105. 38 Vgl. das Verfahren gg. Angehörige des KdS Warschau, in dem etliche Angehörige der SS-Kav. über ihre Beteiligung an der Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto aussagten, BAL, 211 AR-Z 373/59. 39 Scheffler, Beitrag; Streim; Tuchel, NS-Prozesse. 40 Vgl. Mallmann/Musial.
1. Teil: Vorgeschichte und Ausgangslage I. Verfügungstruppe und Totenkopfverbände. Die Entwicklung der bewaffneten SS 1 Koehl, S. 11–14; Wegner, Soldaten, S. 80 f.; Höhne, S. 23 f.; zur Entstehung, den politischen Ideen u. dem antisemitischen Gehalt des Nationalsozialismus vgl. Berding, S. 189–202. 2 Höhne, S. 23 ff. 3 Vgl. Rundschreiben RFSS v. 21. 9. 1925 u. 14. 4. 1926, BAB, Research, Ordner 425. 4 Stein, S. XII; vgl. Koehl, S. 22–30. 5 Breitman, Architekt, S. 48; zu seinem Aufstieg u. dem Verhältnis zu Hitler vgl. ebd., S. 47–52; Wegner, Soldaten, S. 80; Tuchel, Himmler, S. 238 ff. 6 Höhne, S. 57. 7 Zum rasanten Wachstum der SS vgl. Koehl, S. 52 f.; Wegner, Soldaten, S. 81, Anm. 8. 8 Ebd.; vgl. Verfügung Chef SS-Amt v. 2. 3. 1934, BAB, Research, Ordner 432. 9 Rürup, Topographie, S. 36–44; vgl. Orth, Konzentrationslager-SS, S. 23 ff.; Tuchel, Planung, S. 43–52; Herbert, Gegnerbekämpfung, S. 60–63; Koehl, S. 64–67. 10 Walter, S. 211–221. 11 Bef. RFSS v. 16. 8. 1935, abgedruckt in: Schneider, S. 60.
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Anmerkungen
Schreiben RFSS v. 5. 11. 1934, BAB, Research, Ordner 432. Führererlaß v. 20. 7. 1934, abgedruckt in: Schneider, S. 48; vgl. Koehl, S. 97–101. 14 Stein, S. 4 f.; Koehl, S. 79 f.; Wegner, Soldaten, S. 82 f. 15 Vgl. Clark, S. 119–133; Allbritton/Mitcham; unkritisch Preradovich, S. 10 f. 16 Wegner, Soldaten, S. 81 f.; Stein, S. 4 f.; Koehl, S. 80 f. 17 Verfügung Reichswehrminister v. 24. 9. 1934, teilw. abgedruckt in: Schneider, S. 54–57; vgl. Koehl, S. 135–141; Wegner, Soldaten, S. 86 ff. 18 Ebd., S. 96 f.; zur Person vgl. Syring; Mitcham, SS-Obergruppenführer. 19 Führererlaß v. 17. 8. 1938, BAB, NS 19/1652; vgl. Wegner, Durchruch. 20 Führererlaß v. 18. 5. 1939, BAB, R 2/12 172a; vgl. Wegner, Soldaten, S. 120. 21 Vgl. Klietmann, S. 71 f., 87 f. 22 Bef. SS-FHA v. 23. 11. 1940, BAB, NS 33/230; vgl. dto. v. 3. 12. 1940, ebd. 23 Vgl. Führerbef. v. 21.12. 1940, BA-MA, RS 4/122; Koehl, S. 195 ff. 24 Auf Erlaß des Chefs des SS-HA erhielten die SS-Wachverbände mit Wirkung v. 29. 3. 1936 die Dienstbezeichnung SS-Totenkopfverbände, vgl. Anordnung Chef SS-HA v. 16. 4. 1936, BAB, NS 31/258; dazu auch Koehl, S. 130–135. 25 Sydnor, Soldaten, S. 5–9; vgl. ders., Eicke, S. 147–159. 26 Ders., Soldaten, S. 13; Matthäus, Judenfrage, S. 44. 27 Sydnor, Soldaten, S. 15 f. 28 Orth, Konzentrationslager-SS, S. 23 f.; Sydnor, Eicke, S. 152 f. 29 Eicke erhielt die Dienstbezeichnung „Der Führer der SS-Totenkopfverbände“, vgl. Bef. Chef SS-HA v. 16. 4. 1936, BAB. NS 31/258. 30 Sydnor, Soldaten, S. 28. 31 Führererlaß v. 17. 8. 1938, BAB, NS 19/1652. 32 Dto. v. 18. 5. 1939, BAB, R 2/12 172a. 33 Vgl. Cüppers, Art, S. 92; Sydnor, Soldaten, S. 34 ff. 34 Wegner, Soldaten, S. 122 f.; Koehl, S. 163; in Ostpreußen sagte der dortige SA-Führer bspw. zu, der W-SS etwa 1500 Männer zur Musterung zur Verfügung zu stellen. Von den dann tatsächlich zur Musterung aufgeforderten 1807 SA-Männern erschienen nur 713, von denen sich letztlich nur 60 als tauglich erwiesen, vgl. Bericht Ergänzungsamt der W-SS, Ergänzungsstelle Nordost v. 11. 1. 1940, BAB, NS 19/1863; zur Rekrutierung von NSDAP-Mitgliedern vgl. Schreiben Stellvertreter d. Führers v. 19. 1. 1940, BAB, NS 31/299. 35 Buchheim, SS, S. 176 f.; Aussage Robert Brill v. 5. 8.1946, IMG, Bd. 20, S. 372 ff. 36 Schreiben ObdH v. 30. 3. 1940, BAB, Research, Ordner 437/I; zu v. Brauchitsch vgl. Mitcham/Mueller. 37 Stärkemeldungen der verstärkten SS-TS v. 1. 3. u. 28. 7. 1940, BAB, NS 19/3505. 38 Vgl. Auflösungsbef. Stabschef SS-FHA v. 12., 17., 23. 8. u. 2.11. 1940, BAB, NS 19/3505; Schreiben Chef d. Stabes Kdo.amt der W-SS v. 16. 7. 1940, BAB, NS 19/3521. 39 Umgliederungsbef. Stabschef SS-FHA v. 12. 9. 1940, BAB, NS 19/3505; Bef. Stabschef SS-FHA zur Umbenennung der SS-TS v. 25. 2.1941, BAB, NS 33/230. Gleichzeitig wurde die Uniformierung geändert. Angehörige der SS-Rgt. hatten nunmehr wie die SS-VT am Kragenspiegel die SS-Runen zu tragen, nur die SS-Div. „Totenkopf“ behielt das bis dahin übliche Totenkopf-Emblem auf den Kragenspiegeln bei, vgl. ebd. 40 Vgl. Wegner, Politische Soldaten, S. 127 ff. 41 Hitler verfügte wenig später die Anerkennung des Dienstes in den SS-TS als Ableistung der Wehrpflicht, vgl. Entwurf Führererlaß v. Februar 1940, BAB, NS 19/3520. 42 Bef. Stabschef Kdo. der W-SS v. 15. 5. 1940, BAB, NS 19/3521. 43 Dto. Chef Kdo. der W-SS v. 1. 8.1940, BAB, NS 19/3505. 44 Zur Gründung u. Leitung des SS-FHA vgl. zwei Erlasse RFSS v. 15. 8. 40, BAB, NS 33/ 228; Schulte, Jüttner, S. 280 f. 45 Vgl. Wegner, Soldaten, S. 135–139; Stein, S. 40 f. 13
Verfügungstruppe und Totenkopfverbände.
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46 Verzeichnis Gen.insp. verst. SS-TS, Stand 18. 2. 1940, BAB, NS 19/3505; Stärkemeldung dess. v. 9. 4.1940, ebd.; Meldung Standorte u. Führerbesetzung dess. v. 5. 5. 1940, ebd. 47 Zur Aufstellung der SS-TS vgl. Personalverfügung Chef SS-PHA v. 2. u. 11. 11. 1939, BAB, Research, Ordner 437/II. 48 Zit. nach: Rieß, Fegelein, S. 161; vgl. Fragebogen dess., BAB, RuSHA Hermann Fegelein. 49 Stammkarte Fegelein, BAB, SSO Hermann Fegelein; Ernennung dess. zum Leiter der SS-Hauptreitschule, Chef SS-HA v. 19. 6. 1936, ebd.; Erfahrungsbericht Leiter SS-Hauptreitschule an RFSS v. 13. 4. 1939, BAB, NS 19/1167; vgl. Rieß, Fegelein, S. 161 f.; ohne Anzeichen von Kritik Preradovich, S. 79 f.; Yerger, S. 19–29, feiert Fegelein als Kriegsheld. 50 Pers. Stab RFSS an Leiter SS-Hauptreitschule v. 7. 5. 38, BAB, NS 19/1167; dto. Kdr. SSHauptreitschule an RFSS v. 20. 9. 1938, BAB, SSO Hermann Fegelein; Bericht dess. an RFSS v. 13. 4. 1939, BAB, NS 19/1167; Gen.insp. verst. SS-TS an Insp. SS-Reiterei v. 14. 9. 39, ebd. 51 Vgl. Tät.Ber. 1. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 15. 9. 1939–1. 6. 1940, BA-MA, RS 4/873; KTB 2. Schwdr. SS-T-RS., Einträge v. 17.–27. 9. 1939, ebd., RS 4/791; Marschbef. Kdr. Ber. Abt. für 3. u. 4. Schwdr. v. 21. 9.1939, ebd., RS 4/418; Vermerk Insp. verst. SS-TS über Aufstellung SS-T-RS. v. 30. 10. 1939, ebd., RS 4/61; Gliederung Ber. Abt. der verst. SS-TV, (undat./Herbst 1939), ebd., RS 4/60. 52 Zur Gliederung vgl. Bef. Nr. 1 Ber. Abt. der verst. SS-TV v. 26. 9. 1939, ebd., RS 4/418; zu deren Aufteilung vgl. Bericht 1. Schwdr. 2. SS-T-RR 9/1939 – 6/1940 (undat./Juni 1940), ebd., RS 4/873. 53 Bericht SS-T-RS. v. 15. 12. 1939, ebd., RS 4/61; vgl. die Stationierungsorte in Bericht zur Aufstellung, Kdr. SS-T-RS. v. 15. 12.1939, ebd., RS 4/61. 54 Standartenbef. Nr. 1, 1. SS-T-RS. v. 20. 11. 1939, BA-MA, RS 4/308; Bef. RFSS zur Unterstellung der SS-T-RS v. 15. 12. 1939, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 6. 55 Tagesbef. 1. SS-T-RR v. 27.11.1940, BA-MA, RS 4/190. 56 Zu den Korruptionsvorgängen vgl. Durchsuchungsbericht Stapo-Leitstelle München v. 7. 3. 1940, BAB, NS 19/1167; Aktenvermerk, SSPG Krakau v. 21. 4. 1941, ebd.; Chef Verbindungsamt Berlin im HA SS-Gericht an RFSS v. 3. 5.1941, ebd.; dazu Kogon, S. 352 f. 57 Kdo.amt der W-SS, Gliederungsbef. v. 21. 5. 40, BAB, NS 19/3505; die Standarten sollten aus sechs Schwdr. bestehen. Im Juni umfaßte die 1. SS-T-RS 1542, u. die 2. SS-T-RS. 1091 Männer, vgl. Aufstellung Ist-Stärke, Insp. SS-TS v. 21. 6. 1940, BA-MA, RS 4/413. 58 Umgliederungsbef. Stabschef SS-FHA v. 12. 11. 1940, BAB, NS 19/3505; Gliederungsvorschlag Kdr. 1. SS-T-RS. v. 4.11. 1940, BA-MA, RS 4/61; Kdr. SS-KR 1, Gliederung v. 6. 12. 1940, ebd., RS 4/503. 59 Bef. SS-KR 1/Ia v. 21. 3. 1941, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 4; Organisationsbef. Nr. 1, SS-KR 2/Ia v. 1. 4.1941, BA-MA, RS 4/935; im Vorfeld des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion wurden ab Anfang 1941 die Ausbildungsanstrengungen bei den SS-KR intensiviert, das Gros der Einheiten des 2. Rgt. wurde in Lublin zusammengezogen, während das 1. SS-KR in Warschau stationiert wurde, vgl. zu den Stationierungsorten Sonderbef. Kdr. SS-KR 1, v. 5. 5. 1941, ebd., RS 4/618; Meldung dess. v. 10. 5. 1941, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 9; zur Ausbildung vgl. Richtlinien Bfh. Ost der W-SS v. 28. 11.1940, BA-MA, RS 4/346. 60 Ausbildungsbericht 1. Schwdr. SS-KR 1 v. 12. 3. 1941, ebd. RS 4/504. 61 Besprechungsnotiz Stabschef Gen.insp. verst. SS-TS (undat./Juli 1939), VUA, SS-TS/K 12, A 90; vgl. Klietmann, S. 347; völlig unkritisch Michaelis, Anschluß. 62 Meldung Gen.insp. verst. SS-TS v. 15. 6. 1940, BAB, NS 19/3505; Schreiben Wehrmachtsbfh. Niederlande an HSSPF Nordwest v. 19. 8.1940, ebd.; Bef. Höheres Kdo. z.b.V. XXXVII (Kommandeur der Heerestruppen in den Niederlanden) v. 26. 8. 1940, ebd. 63 Zu Einsätzen der 4. SS-TS in den Niederlanden vgl. BA-MA, WF-03/32250; zur Verlegung des Verbands nach Warschau vgl. Bef. Stabschef SS-FHA v. 26. 3. 1941, BAB, NS 33/ 231.
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Anmerkungen
64 Bericht über 5. SS-TS, Gen.Insp. verst. SS-TS v. 5. 2. 1940, BAB, NS 19/3505; Bef. Stabschef SS-FHA v. 29. 11. 1940, ebd. 65 Personalverfügung SS-PHA v. 2. 11. 1939, BAB, Research, Ordner 437/II. 66 Bef. Chef Kdo. der W-SS v. 28. 5. 1940, BAB, NS 19/3505; Bef. Stabschef SS-FHA v. 26. 11. 1940, ebd.; dto. v. 26. 3.1941, BAB, NS 33/231. 67 Bef. Gen.insp. verst. SS-TS v. 24. 4. 1940, BAB, NS 19/3505; Versetzungsbef. Chef Kdo. der W-SS v. 28. 5. 1940, BAB, NS 19/3505. 68 Verlegungsbef. Gen.insp. verst. SS-TS v. 24. 4. 1940, ebd.; dto. Kdo. der W-SS v. 28. 5. 1940, ebd.; dto. Stabschef SS-FHA v. 23. 11. 1940, ebd. 69 Bef. Stabschef SS-FHA v. 26. 3.1941, BAB, NS 33/231. 70 Stärkemeldung der SS-TS v. 1. 3. u. 31. 5. 1940, BAB, NS 19/3505. 71 Vgl. Stammkarte, Dienstlaufbahn u. Lebenslauf Demelhuber, BAB, SSO Karl-Maria Demelhuber; Tagesbef. Bfh. Ost der W-SS v. 25. 11. 1940, BA-MA, RS 4/188. 72 Tät.Ber. Reit.Batt. 1. SS-T-RS v. 27. 2. 1940, ebd., RS 4/496. 73 Dto. 5. Schwdr. 1. SS-T-RS v. 2. 5. 1940, ebd., RS 4/540. 74 Dto. 1. Schwdr. SS-T-RS v. 13. 12. 1939, ebd., RS 4/309. 75 Dto. 9. Ersatz-Schwdr. 1. SS-T-RS v. 28. 1. 1940, ebd., RS 4/495. 76 Dto. 5. Schwdr. 1. SS-T-RS v. 2. 5. 1940, ebd., RS 4/540. 77 Bef. Kdr. SS-T-RS. v. 19. 2. 1940, ebd., RS 4/418. 78 Vgl. Tät.Ber. Reit.Batt. 1. SS-T-RS v. 27. 2. 1940, ebd., RS 4/496; dto. 5. Schwdr. 2. SST-RR v. 27. 9. 1940, ebd., RS 4/66.
II. Versuchsfeld Polen. Die Waffen-SS als Instrument der Besatzungspolitik 1939–1941 1 Zum Kriegsverlauf DRZW, Bd. 2, S. 111–135; zur Entschlußfassung u. ideologischen Motiven vgl. Rossino, Hitler, S. 5–10; Umbreit, Militärverwaltungen, S. 65–72. 2 Vgl. Broszat, Polenpolitik, S. 36–41; zur Verwendung des Begriffs im Ersten Weltkrieg vgl. ders., Jahre, S. 185; Deutschland besetzte 48,4 % u. die Sowjetunion 51,6 % des polnischen Territoriums, vgl. Borodziej, S. 23; zum Amt des Generalgouverneurs vgl. Musial, Zivilverwaltung, S. 24 ff., 30–33; zur Politik in den annektierten Gebieten des „Warthegaus“ vgl. Alberti; zur Provinz Oberschlesien vgl. Dziurok; ein Vergleich der deutschen u. sowjetischen Besatzungspolitik bei Musial, Schlachtfeld; Umbreit, Militärverwaltungen, war lange der Standard zur ersten Phase der Besatzungspolitik in Polen; seit kurzem mit einer grundsätzlichen Neubewertung der beiden ersten Besatzungsjahre die Beiträge in Mallmann/Musial; zudem für 1939 Rossino, Hitler. 3 Golczewski, S. 414–419; Yahil, S. 223; Broszat, Polenpolitik, S. 36; zu den Konsequenzen für die polnische Gesellschaft vgl. Młynarczyk, Nation; zu Fällen von Denunziation in der Region von Warschau vgl. Engelking; allg. zur jüdischen Reaktion vgl. Löw. 4 Richtlinien für den auswärtigen Einsatz der Sicherheitspolizei und des SD, (undat./ Herbst 1939), BAB, R 58/241; zu Aufstellung u. Einsatz der EG vgl. Weitbrecht; Krausnick, Einsatzgruppen; Herbert, Best, S. 238 ff.; ausführlich Wildt, Generation, S. 421–485; zur Vorbereitung des Einsatzes der EG vgl. Rossino, Hitler, S. 10–18; zum Personal ausführlich ebd., S. 31–57; für eine genauere Darstellung des Vorgehens der EG vgl. ebd., S. 79–108. 5 Ein Überblick über den Einsatz von Verbänden der Orpo bei Mallmann, Mißgeburten; zu Verbrechen des „Selbstschutzes“ Jansen/Weckbecker, S. 116–156; vgl. Umbreit, Militärverwaltungen, S. 177–180; Longerich, Vernichtung, S. 243–248. 6 Führererlaß v. 19. 8. 1939, BAB, NS 19/3999; Anschreiben OKW v. 21. 8.1939, ebd. 7 Cüppers, Art, S. 91 f.; Höhne, S. 419; Stein, S. 25 f. 8 Clark, S. 127; zum Vorgehen der LAH Rossino, Hitler, S. 157–165. 9 Schreiben Oberkriegsgerichtsrat 3. Armee v. 14. 9. 1939, IMG, Bd. 35, S. 92 f.; vgl. Cüppers, Art, S 103; Hilberg, Vernichtung, S. 198 f.; Rossino, Hitler, S. 109 f.
Versuchsfeld Polen 10
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Sydnor, Soldaten, S. 32; Rossino, Hitler, S. 20 f. Tät.Ber. Kdr. 2. SS-TS v. 28. 9. 1939, BAB, SSO Paul Nostitz; zu den Ereignissen in Wloclawek u. anderen Verbrechen der SS-TS vgl. Sydnor, Soldaten, S. 35 f.; Orth, Konzentrationslager-SS, S. 153–156; Rossino, Hitler, S. 110–114; Cüppers, Art, S. 95 f.; außerdem der Bericht einer geflohenen Jüdin v. 7. 6.1940, abgedruckt in: Documents, S. 185 ff. 12 Vortragsnotizen OB Ost v. 6. 2.1940, BA-MA, RH 53–23/23; zu Blaskowitz vgl. Stahl. 13 Bericht Kdr. WK XXI/Posen v. 23. 11. 1939, in: IMG, Bd. 35, S. 88 ff.; vgl. Müller, Heer, S. 438. 14 Detailliert zur Militärverwaltung in Polen Umbreit, Militärverwaltungen; außerdem Böhler; zu antisemitischen u. antislawischen Tendenzen im Heer vgl. ebd., S. 38 ff. 15 Halder KTB v. 19. u. 20. 9. 1939, Bd. 1, S. 79, 82; vgl. Generalquartiermeister, Briefe v. 19. u. 21. 9. 1939, S. 134 f. 16 Umbreit, Militärverwaltungen, S. 144; zur Erschießung von 19 jüdischen Männern in Konskie am 12. 9.1939 vgl. Rossino, Hitler, S. 186–190; Böhler, S 44 f.; zu zahlreichen weiteren Wehrmachtsverbrechen vgl. ders., S. 40-50; Meldungen EG II v. 6. 9. 1939, BAB, R 58/7001. 17 Generalquartiermeister, Eintrag v. 5. 9. 1939, S. 127; zur Entsendung der Orpo vgl. Mallmann, Mißgeburten, S. 71 f. 18 Schreiben CdO v. 5. 9. 1939, BAB, R 19/334. 19 Meldung Kdr. Ber. Abt. an BdO v. 4.10.1939, BA-MA, RS 4/306. 20 Bef. Chef Kdo. der W-SS v. 25. 6. 1940, BAB, NS 19/3505; Bef. RFSS v. 15.7. 1940, ebd. 21 Bericht Nr. 7, 4. Schwdr. Reitstaffel 1 v. 6.10.1939, BA-MA, RS 4/723. 22 Lagebericht Kdr. Ber. Abt. v. 16. 10. 1939, ebd., RS 4/309. 23 Bericht Kdr. 2. Zug 4. Schwdr. v. 13. 10. 1939, ebd., RS 4/723. 24 Meldung 4. Schwdr. SS-Reitstaffel 1 v. 16. 10. 1939, ebd. 25 Denkschrift OB Ost an ObdH v. 7. 12. 1939, BAL, Dok.Slg. Versch. 301 Bt (O.153). 26 Bericht Nr. 16, 4. Schwdr. v. 24. 10. 1939, BA-MA, RS 4/723. 27 Stimmungsbericht Kdr. SS-T-RR v. 13. 8. 1940, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 7; zu Schenckendorffs Tätigkeit als Kdr. des Grenzschutzabschnittkdo. 13 vgl. Rossino, Hitler, S. 126–129. 28 Zu den antijüdischen Verordnungen vgl. Hilberg, Vernichtung, Bd. 1, S. 226; zur jüdischen Reaktion auf die Besatzung Löw. 29 Yahil, S. 226 f.; zur Rolle der Judenräte vgl. Bauer, Dunkle Seite, S. 163–172. 30 Meldung Nr. 25, 1. Schwdr. v. 1. 11.1939, BA-MA, RS 4/309. 31 Hilberg, Vernichtung, Bd. 1, S. 257. 32 Schreiben SS-Fürsorgeoffizier GG v. 28. 5.1941, BA-MA, RS 4/335. 33 Tät.Ber. 6. Schwdr. 1. SS-T-RS v. 31. 1.1940, ebd., RS 4/541. 34 Meldung Nr. 24, 1. Schwdr. Ber. Abt. der verst. SS-TV v. 31. 10. 1939, ebd., RS 4/309. 35 Tät.Ber. 4. Schwdr. 1. SS-T-RS für Februar 1940 (undat./Ende 2/1940), ebd., RS 4/539. 36 Dto. Technische Schwdr. v. 1. 12.1939, ebd., RS 4/497. 37 Dto. 2. SS-T-RR v. 31.10.1940, ebd., RS 4/309; Bericht Nr. 7, 4. Schwdr. Reitstaffel 1 v. 7. 10. 1939, ebd.; Meldung Ber. Abt. der verst. SS-TV v. 8. 10. 1939, ebd.; vgl. dto. 1. Schwdr. Ber. Abt. der verst. SS-TV v. 20., 21., 31.10.1939, ebd. 38 Lagebericht Kdr. Ber. Abt. v. 14. 10. 1939, ebd. 39 Tät.Ber. 9. Ersatz-Schwdr. 1. SS-T-RS v. 28.1.1940, ebd., RS 4/495. 40 Meldung Ber. Abt. der verst. SS-TV v. 12. 10. 1939, ebd., RS 4/309. 41 Bericht 3. Schwdr. SS-T-R.St. v. 13.12. 1939, ebd. 42 Lagebericht Nr. 22, Ber. Abt. der verst. SS-TV v. 20. 10. 1939, ebd. 43 Vgl. Bef. Nr. 20, OK Zamosc v. 4. 3. 1940, ebd., RS 4/188; dto. Nr. 27 v. 14. 3. 1940, ebd. 44 Sonderbef. SSPF im Distrikt Radom v. 28. 10. 1940, ebd., RS 4/172; ganz ähnlich Tagesbef. Nr. 4, Bfh. Ost der W-SS v. 9.12. 1940, ebd. RS 4/121. 45 Vern. Detlef S. v. 26. 3. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 229 f. 46 Meldung SS-Reiter Georg Dach v. 22. 7. 1940, BA-MA, RS 4/334. 11
362 47
Anmerkungen
Dto. SS-Rottenführer (Name unleserlich) v. 12. 1. 1940, ebd., RS 4/60. Zu derartigen Motiven vgl. Mallmann, Mensch, S. 126 ff. 49 Meldung 10. Schwdr. 1. SS-T-RS v. 6. 6.1940, BA-MA, RS 4/192; nach Beschwerden mußte das Leder von der Schwdr. schließlich doch noch bezahlt werden. 50 Anweisung Kdr. 1. Schwdr. 1. SS-T-RS v. 8. 7. 1940, ebd., RS 4/232; zum Hintergrund der Aktion vgl. Meldung sMG-Zug 1. SS-T-RS v. 9. 7. 1940, ebd., RS 4/683. 51 Kdr. 4. Schwdr. an SS-KR 1 v. 23. 3. 1941, ebd., RS 4/341. 52 Vern. Bernhard H. v. 14. 7.1961, BAL, 208 AR-Z 268/59 (Schubert), Bd. 7, Bl. 1403 f. 53 Bericht Mieczyslaw Garfinkiel v. Dez. 1947, ebd., Bl. 1495–1508 f.; Aussage dess. v. 19. 7. 1947, ebd., Bl. 2115–2119; Vern. Josef Fritz v. 18. 9.1961, ebd., Bd. 8, Bl. 1564 f. 54 Urteil SSPG VI/Krakau gg. Alfred B. u. Heribert U. v. 27. 3. 1941, BAB, NS 7/1147. 55 Vgl. die Vern. des SSPG VI/Krakau gg. SS-Ustuf. Dr. Reinsch u. vier Mannschaftsdienstgrade v. 9–10/1940, ebd., Bl. 229–315; zum angeführten Zitat vgl. dto. Willi Bergmann v. 1.11.1940, ebd., Bl. 294; gleichlautend dto. Rudolf N. v. 29. 10.1940, ebd., Bl. 297; der Hauptbeschuldigte Reinsch beging in Prag im Dezember 1940 Selbstmord, vgl. Mitteilung Kdr. SS-T-KR 1 an SSPG VI v. 2.1.1941, ebd., Bl. 248; andere Tatbeteiligte wurden zu je 6 Wochen Arrest verurteilt, vgl. Aktenvermerk, SSPG VI, ebd., Bl. 230. 56 Vgl. Yahil, S. 226, 231 f. 57 Lagebericht 3. Schwdr. 2. SS-T-RR. v. 14. 6. 1940, BA-MA, RS 4/188; Einsatzbericht 1. SS-T-RS., Eintrag zum 14. 6. 1940, ebd., RS 4/60. 58 „Einsatzbefehl für die Judenaktion“, Schutzpolizei Kielce v. 7. 8. 1940, ebd., RS 4/334. 59 Tät.Ber. 2. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 28. 8. 1940, ebd., RS 4/66. 60 Schreiben SSPF Radom v. 9. 8.1940, ebd., RS 4/512; vgl. Pohl, Zwangsarbeitslager, S. 416 f.; Yahil, S. 237; Musial, Zivilverwaltung, S. 164–170. 61 Tät.Ber. 4. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 29. 7. 1940, BA-MA, RS 4/66. 62 Lage- u. Tät.Ber. 1. SS-T-RR v. 7. 9. 1940, ebd., RS 4/309. 63 Tät.Ber. 4. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 25. 9. 1940, ebd. 64 Dto. Reit. Batt. SS-T-RS., 23.–29. 11. v. 30. 11. 1939, ebd., RS 4/498. 65 Anforderung 1. SS-T-RS. an Jüdische Gemeinde Warschau v. 28. 5. 1940, ebd., RS 4/840. 66 Vgl. die zahlreichen Arbeitsbescheinigungen, die von der SS-Kav. für jüdische Zwangsarbeiter ausgestellt wurden, ebd., RS 4/213; Bescheinigung 3. Schwdr. SS-T-KR v. 3. 12. 1940 für jüdische Handwerker verschiedener Berufe, ebd., RS 4/321. 67 OK Zamosc, Kommandanturbef. Nr. 20 v. 4. 3. 1940, ebd., RS 4/188. 68 Tät.Ber. 5. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 6. 12. 1940, ebd., RS 4/191. 69 Vgl. Halder KTB v. 20. 9. 1939, Bd. 1, S. 82; zur Person vgl. Hartmann; Ueberschär, Generaloberst. 70 Zit. nach Aly, „Endlösung“, S. 34. 71 Hilberg, Vernichtung, Bd. 1, S. 251; Löw, S. 174–181 zum Leben in den Ghettos. 72 Vgl. Yahil, S. 238 f.; Alberti, S. 118 ff.; Scheffler, Getto, S. 12–16; zur Institution der Judenräte vgl. Diner, Judenrat, S. 32–40. 73 Denkschrift RP Kalisch v. 10. 12. 1939, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 6; die in Lodsch u. später in Lucmierz stationierte 4. Schwdr. trug ab 15.11. 1939 die Bezeichnung 9. Schwdr., vgl. Einstellungsverfügung Staw. Kassel v. 18. 2. 1980, BAL, 203 AR-Z 33/69, Bd. 3, Bl. 793 f. 74 Yahil, S. 241; Hilberg, Vernichtung Bd. 1, S. 232 f. 75 Tät.Ber. Ersatz-Schwdr. 1. SS-T-RR v. 30. 11.1940, BA-MA, RS 4/66. 76 Denkschrift RP Kalisch v. 10. 12. 1939, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 6. 77 Pohl, Ermordung, S. 100 ff. 78 Anordnung zur Ghettobildung, Chef Distrikt Warschau v. 2. 10. 1940, BA-MA, RS 4/311. 79 Hilberg, Vernichtung, Bd. 1, S. 237 ff.; Gutman, Jews, S. 52–63; zur Errichtung des Ghettos vgl. den Bericht Ludwik Hirszfelds, in Poliakov/Wulf, S. 273–277; vgl. den Report Apolinary Hartglas’ über die dortige Situation (undat./1940), in: Documents, S. 187 ff. 48
Versuchsfeld Polen
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80 Bef. Kdr. 1. SS-KR v. 28. 3.1941, BA-MA, RS 4/194; vgl. bezüglich eines ähnlichen Vorfalls SSPF Distrikt Warschau an 1. SS-T-KR v. 7. 2. 1941, ebd., RS 4/337. 81 Vern. Franz H. v. 28. 6.1968, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 16, Bl. 2718 f.; zur Errichtung des Ghettos vgl. EDH, Bd. 2, S. 809. 82 Vern. Josef W. v. 8.7. 1967, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 14, Bl. 1997 f. 83 Dto. Anton S. v. 7. 4. 1965, ebd., Bd. 8, Bl. 716/v. 84 Dto. Peter N. v. 5. 5. 1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5433. 85 Dto. Detlef S. v. 26. 3. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 1226 f.; zu den Deportationen vgl. EDH, Bd. 2, S. 906; zur Judenpolitik vgl. Musial, Zivilverwaltung, S. 123–157. 86 Stellungnahme SS-Gerichtsoffizier SS-KR 1, 2. Halbrgt. v. 16. 11.1940, BAB, NS 7/1147, Bl. 90; Tatbericht SS-Gerichtsoffizier 2. SS-T-RR v. 18. 11. 1940, BA-MA, RS 4/984; Vern. August Hennemann v. 18.11. 1940, ebd; vgl. Cüppers, Art, S. 90; vom SSPG VI/Krakau wurde er im April 1941 zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. 87 Vgl. Protokoll Amtschef- u. EG-Leiterbesprechung v. 27. 9. über Besprechung am 21. 9. 1939, BAB, R 58/825; vgl. Wildt, Generation, S. 486–498. 88 Führererlaß v. 7.10. 1939, IMG, Bd. 26, Bl. 255 ff. Fortan beanspruchte Himmler für sich den Titel eines „Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums“; zu den Deportationsplänen vgl. Wildt, Generation, S. 490 f. 89 Longerich, Politik, S. 264; Wildt, Generation, S. 491 f. 90 Hilberg, Vernichtung, Bd. 1, S. 217–221; Aly, Endlösung, S. 35. 91 Tät.Ber. Nachrichtenzug 1. SS-T-RR v. 28. 2. 1940, BA-MA, RS 4/497. 92 Funkspr. Kdr. 1. SS-T-RR an HSSPF GG v. 27. 5. 1940, 11.20, ebd., RS 4/60; Marschbef. Kdr. 1. SS-T-RR v. 11. 5.1940, ebd.; Bericht 1. SS-T-RS., Eintrag 15.–19. 5. 1940, ebd. 93 Lagebericht 1. SS-T-KR v. 10.1.1941, ebd., RS 4/309. 94 Tät.Ber. Ersatz-Schwdr. v. 30. 11. 1940, ebd., RS 4/66; Lagebericht 1. u. 2. SS-T-RR v. 7. 12.1940, ebd., RS 4/309; vgl. zu den Deportationen aus dem Warthegau Alberti, S. 115 ff. 95 Zu den Folgen der Deportationen für die Juden des Distrikts Lublin vgl. Löw, S. 172 ff. 96 Tät.Ber. 5. Schwdr. SS-T-RS. v. 6. 12. 1939, BA-MA, RS 4/540. 97 Dto. 4. Schwdr. SS-T-RS. v. 19. 12. 1939, ebd., RS 4/539; dto. 2. Schwdr. v. 29. 3. 1940, ebd., RS 4/65. 98 Bericht Mieczyslaw Garfinkiel v. Dez. 1947, BAL, 208 AR-Z 268/59 (Schubert), Bd. 7, Bl. 1482 f.; Aussage dess. v. 19. 7.1947, ebd., Bl. 2115 f. 99 Vgl. Wildt, Generation, S. 499–506; Longerich, Politik, S. 273–278. 100 Bericht BdO beim AOK 8 v. 25. 9.1939, BAB, R 70 Polen/1; die Schwdr. wechselte zweimal ihre Bezeichnung. Die 4. Schwdr. wurde mit Wirkung vom 15. November in 9. SS(E)-Reiterschwdr. umbenannt u. trug ab 1. Juni 1940 die Bezeichnung Ersatz-Schwdr. Lucmierz, vgl. Einstellungsverfügung Staw. Kassel v. 18. 2. 1980, BAL, 203 AR-Z 33/69, Bd. 3, Bl. 793 f.; zur Auflösung der Ersatz-Schwdr. u. der aus der Einheit gebildeten leichten Kavallerie-Kolonne vgl. Rgt.bef. Nr. 8/41, SS-KR 1 v. 12. 2. 1941, BA-MA, RS 4/126. 101 Tät.Ber. 1. u. 4. Schwdr. 20. 9.–3.11. 39, ebd., RS 4/60; Einstellungsverfügung Staw Stuttgart v. 19. 11.1979, BAL, 203 AR-Z 33/69, Bd. 3, Bl. 787. 102 Vern. Rudolf L. v. 29. 5. 1974, BAL, 203 AR-Z 33/69, Bd. 3, Bl. 574. 103 Dto. Heinz F. v. 24. 6. 1963, StAM, Staw 21894, Bd. 16, Bl. 5 f. 104 Vgl. die sich ergänzenden u. in wesentlichen Punkten übereinstimmenden Aussagen der polnischen Zeugen Stanislawa K. v. 12. 2. 1968, BAL, 203 AR-Z 33/69, Bd. 1, Bl. 62 f.; Roman K. v. 13. 2. 1968, ebd., Bl. 64 ff.; Stanislaw M. v. 11. 9.1967, ebd., Bl. 83 f.; Jan J. v. 11. 9. 1967, ebd., Bl. 86 ff.; Ignacy M v. 23. 10. 1967, ebd., Bl. 101 ff.; Jozef P. v. 29. 1.1968, ebd., Bl. 114 f.; Wladyslaw A. v. 30. 1. 1968, ebd., Bl. 119–122; außerdem die Vern. der ehemaligen Einheitsangehörigen Karl H. v. 19. 6. 1974, ebd., Bd. 3, Bl. 553; Erwin K. v. 30. 5.1974, ebd., Bl. 564 f.; Hans W. v. 30. 10. 1974, ebd., Bl. 625 ff.; Rudolf L. v. 17. 3.1975, ebd., Bl. 643 ff. 105 Aussage Jan J. v. 11. 9.1967, ebd., Bd. 1, Bl. 86 f.
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Anmerkungen
Dto. Stefania M. v. 22. 3. 1969, ebd., Bd. 1, Bl. 79. Vern. Karl H. v. 22. 3. 1973, ebd., Bd. 2, Bl. 438; dto. Heinrich H. v. 10. 5.73, ebd., Bl. 455. 108 Dto. Hans. D. v. 27. 8. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. b83 109 Vgl. Kempa/Szukalak, S. 127 f. 110 Bericht 5. Schwdr. v. 1. 12. 1939, BA-MA, RS 4/540. 111 Dto. v. 2. 12. 1939, ebd., RS 4/60. 112 Vgl. Hertz, Sp. 523–532; Bruker, Sp. 513–522, für beide Überlebendenberichte danke ich Andrea Löw, Bochum; Bericht 5. Schwadron v. 2. 12. 1939, BA-MA, RS 4/60; Dr. Fritz Cuhorst, der Stadtpräsident von Lublin, erfuhr ebenfalls von dem Massenmord, seine zynischen Kommentare sind abgedruckt in Mallmann/Rieß/Pyta, S. 14. 113 Tät.Ber. 5. Schwdr. v. 6.12. 1939, BA-MA, RS 4/540; am Tag nach dem Todesmarsch kam es in Chelm zu Unruhen, als jüdische Frauen Angehörige des Ältestenrats verfolgten u. bedrohten, weil diese für die Deutschen Namenslisten für den Marsch zusammengestellt hatten, vgl. Vern. Richard W. v. 16. 6.1961, BAL, 208 AR-Z 268/59, Bd. 11, Bl. 2345 f. 114 Einsatzbericht 5. Schwdr. v. 14. 1.1940, BA-MA, RS 4/60; vgl. Cüppers, Art, S. 98 f.; Yerger, S. 53, verheimlicht den antijüdischen Kontext des Massakers. Er bezeichnet die Opfer als „Gefangene“, die wegen ihrer Infektionskrankheit erschossen worden seien. 115 Urlaubsgesuch Kdr. 2. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 28. 10. 1940, BAB, SSO Wilhelm Reichenwallner. 116 Regimentseinheiten des 2. SS-T-RR berichteten im August 1940 über die Teilnahme an der „Judenaktion Stieglitz“, am 20. 10.1940 waren Einheiten der SS-Kav. bei einer „Judenaktion“ in Lublin, u. am 16. 11. bei einer „Judenaktion“ in Gablon beteiligt, vgl. Tät.Ber. 2. SS-T-RR v. 23. 8., 30. 10. u. 30. 11.1940, ebd., RS 4/66; zur Berichterstattung verschiedener Einheiten der SS-Kav. über die Ausführung weiterer Exekutionen vgl. dto. 3. Schwdr. 2. SST-RR v. 29. 7. 1940, ebd.; KTB 5. (schwere) Schwdr. 2. SS-T-RR v. 11. 4. 1940, ebd., RS 4/271; Lagebericht 1. u. 2. SS-T-RR v. 12. 8. u. 7. 9.1940, ebd., RS 4/309; auch die in Kielce stationierte Schwdr. schien 1940 Hunderte von Juden erschossen zu haben, die Ermittlungen führten jedoch zu keinem Ergebnis, vgl. Ergänzungsband „Kielce“, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bl. 1–14. 117 Als Beispiel für Verbrechen, die von der 10. SS-TS an Krakauer Juden begangen wurden, vgl. Vern. Peter N. v. 5. 5. 71, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 25, Bl. 5433. 118 Młynarczyk; Nation, S. 148 f.; zu den EG vgl. Weitbrecht, S. 64 ff.; Krausnick, Einsatzgruppen, S. 51–57; zum „Volksdeutschen Selbstschutz“ Jansen/Weckbecker, S. 154–159. 119 Stimmungsbericht Kdr. 1. SS-T-RR v. 13. 8. 1940, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 7. 120 Zusammenfassender Bericht über die Einsätze 11/39–6/40, 1. SS-T-RS. (undat./Sommer 1940), BA-MA, RS 4/60; vgl. Müller-Tupath, S. 23. 121 Vgl. Vern. Walter L. v. 12. 9. 1966, BAL, 415 AR 1310/63/E 16; ohne genaue Nennung der Täter ausführlich Bartoszewski, Todesring, S. 38–75; vgl. Krausnick/Wilhelm, S. 95. 122 Überlebende Mithäftlinge u. Familienangehörige benannten die SS-Männer in Lucmierz als Exekutoren der Massenmorde, vgl. Aussage Jan J. v. 14. 10. 1968, BAL, 203 AR-Z 33/69, Bd. 1, Bl. 69 f.; dto. Zofia L. v. 28. 2. 1968, ebd., Bl. 71 f.; dto. Ludwik C. v. 14. 3.1969, ebd., Bl. 74; dto. Helena G. v. 13. 3. 1968, ebd., Bl. 77. 123 Tät.Ber. 3. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 27. 6. 1940, BA-MA, RS 4/66. 124 Dto. 1. SS-T-RR v. 7. 9. 1940, ebd., RS 4/309. 125 Dto. v. 10.10.1940, ebd. 126 Sonderbef. 1/41, SS-KR 2 (undat./April 1941), ebd., RS 4/915; zu Himmlers Besuch in Auschwitz vgl. Dienstkalender Himmlers v. 1. 3. 1941, S. 123. 127 Tät.Ber. 1. SS-T-RR v. 7. 9. 1940, BA-MA, RS 4/309; dto. 2. Schwdr. v. 28. 6.1940, ebd., RS 4/66, Ordner 2. Schwdr. 128 Lagebericht 1. u. 2. SS-T-RR v. 10. 10. 1940, ebd., RS 4/309. 129 Vern. Adolf K. v. 17. 10. 1962, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. h29 107
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130 Zu Erschießungen in Kielce vgl. Tät.Ber. 2. Schwdr. 1. SS-T-RS. v. 28. 6. 1940, BA-MA, RS 4/66; zur Erwähnung weiterer Erschießungsaktionen vgl. Tät.Ber. 3. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 29. 7.1940, ebd.; KTB 5. (schwere) Schwdr. 2. SS-T-RR, Eintrag v. 11. 4. 1940, ebd., RS 4/ 271; Lagebericht 1. u. 2. SS-T-RR v. 12. 8. u. 7. 9.1940, ebd., RS 4/309; vgl. Vern. Richard W. v. 16. 6. 1961, BAL, 208 AR-Z 268/59, Bd. 11, Bl. 2344 f., der Zeuge berichtete über die Erschießung von etwa 60 Polen im Sommer 1940 durch die Schwadron Reichenwallners. Angeblich waren die Männer Angehörige einer Widerstandsgruppe. 131 Vern. Hermann S. v. 26. 6. 1974, BAL 202 AR-Z 1212/60, Bd. 36, Bl. 8413. 132 Bef. Gen.insp. verst. SS-TS v. 20. 12. 1939, BAB, Research, Ordner 437/II. 133 Chef SS-HA an 8. SS-TS v. 5. 6.1940, BA-MA, RS 4/58. 134 Vgl. Cüppers, Art, S. 101 f.; teils mit Tätern außerhalb der Waffen SS, Rieß, Radikalisierung; ausführlich ders., Vernichtung; Klee, Euthanasie, S. 95–98; Friedlander, S. 228 ff. 135 Zum Zeitpunkt vgl. Auszug KTB 3. Schwdr. 2. SS-T-RS, 17. 9.1939–9. 4. 1940 v. 22. 4. 1940, BA-MA, RS 4/873; zum Stationierungsort vgl. Schwadronsbef. Ber. Abt. der verst. SS-TV v. 17. 11. 1939, ebd. RS 4/493. 136 Rieß, Anfänge, S. 258–262; Sydnor, Soldaten, S. 37. 137 Ebd.; ausführlicher Rieß, Anfänge, S. 251–255; 138 Vgl. ebd., S. 252. 139 Bericht 1. Schwdr. 2. SS-T-RR (undat./6/1940), BA-MA, RS 4/873; Marschbef. Ber. Abt. der verst. SS-TV v. 21. 9. 1939, ebd., RS 4/418; die westdeutsche Justiz erkannte den Zusammenhang nicht; wegen der Morde in Owinsk wurde gegen die SS-Kav. nie ermittelt. 140 Ebd.; zur Ermordung der letzten Patienten im Fort VII vgl. Rieß, Anfänge, S. 255. 141 Ebd., S. 248; Sydnor, Soldaten, S. 37; Aly, Endlösung, S. 116. 142 Vern. Bronislaw D. v. 8. 2. 1969, BAL, 203 AR-Z 33/69, Bd. 1, Bl. 54; zur Zahl der Opfer vgl. Aly, „Endlösung“, S. 116. 143 Wildt, Generation, S. 435–439; Umbreit, Militärverwaltungen, S. 149 f. 144 Młynarczyk; Nation, S. 151–155; Umbreit, Militärverwaltungen, S. 156; EDH, Bd. 1, S. 83 f.; zur Entwicklung der AK vgl. Borodziej, S. 56–69. 145 Schreiben OB Ost an Generalgouverneur v. 8. 4.1940, BA-MA, RH 1/v. 58; vgl. Młynarczyk; Nation, S. 165, Anm 34. 146 Bericht OB Ost an OBdH v. 9. 4. 1940, BA-MA, RH 1/v. 58. 147 Ebd.; vgl. Einsatzbericht 1. SS-T-RS, Einträge v. 30. 3. u. 1. 4. 1940, BA-MA, RS 4/60. 148 Vgl. Zwischenbericht Bayr. LKA v. 2. 6. 1969, BAL, 206 AR-Z 70/66, Bd. 4, Bl. 641– 647; Bericht 1. SS-T-RS, Einträge v. 2.–3. 4. 1940, BA-MA, RS 4/60. 149 Dto. Kdr. 8. SS-TS v. 18. 5. 1940, BAB, NS 19/3505; vgl. Zwischenbericht Bayr. LKA v. 2. 6. 1969, BAL, II 206 AR-Z 70/66, Bd. 4, Bl. 644 f. 150 Auszug KTB 3. Schwdr. v. 7. 4. 1940, BA-MA, RS 4/310. 151 Bef. 1. SS-T-RS an 3. Schwdr. v. 7. 4. 1940, 21.50, ebd., RS 4/683. 152 Vgl. Einsatzbericht 1. SS-T-RS. v. 10. 4. 40, VUA, 8. SS-KD/K 3, A 22; zur Ermordung der inhaftierten Polen in Radom vgl. die Aussagen der polnischen Zeugen Piotr G. v. 11.12. 1969, BAL, 206 AR-Z 70/66, Bd. 1, Bl. 146–149; Leopold K. v. 21. 9.1969, ebd., Bl. 152 ff.; Stefania C. v. 11. 12.1969, ebd., Bl. 157 f.; Maria S. v. 21. 4. 1970, ebd., Bd. 2, Bl. 214 f.; Michal G. v. 15. 5. 1970, ebd., Bl. 218 f.; Yerger, S. 56, verschweigt im Rahmen seiner Darstellung des Einsatzes die Beteiligung der SS-Kav. am Massenmord. 153 Einsatzbericht Kdr. 1. SS-T-RS v. 10. 4. 40, VUA, 8. SS-KD/K 3, A 22. 154 OB Ost an OBdH v. 9. 4. 1940, BA-MA, RH 1/v. 58. 155 Anweisung für Exekutionen, HSSPF Ost v. 14. 8. 1940, VUA, 8. SS-KD/K 3, A 15. 156 Zum Begriff des Genozids vgl. Bauer, Seite, S. 82. 157 Cüppers, Art, S. 105 f.; Mallmann/Musial, S. 7 f.; vgl. Rossino, Hitler, S. 191; warum Neitzel, S. 419, hinsichtlich einer ausstehenden Untersuchung der Verbrechen der Waffen-SS dafür plädiert, die Taten der SS-TV in Polen auszuklammern, bleibt unverständlich.
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Anmerkungen
158 Im Vernichtungskrieg in der Sowjetunion gab es auch bedeutende personelle Kontinuitäten bei der Orpo, vgl. Mallmann, Mißgeburten, S. 80 ff.
III. Kriegsplanungen. Die Bildung des Kommandostabes Reichsführer-SS im Kontext der Vorbereitungen für den Feldzug gegen die Sowjetunion 1
Vgl. Ueberschär, Entschluß, S. 96–101; DRZW, Bd. 4, S. 13–18. Eine der Ausnahmen war das Massaker der SS-Division „Totenkopf“ an etwa 100 britischen Soldaten bei dem französischen Dorf Le Paradis, vgl. Sydnor, Soldaten, S. 91 ff.; zum Einsatz der Sipo im Westen vgl. Aktenvermerk CdS v. 2. 7. 1940, in: Krausnick, Hitler, S. 206– 209; zu den ideologischen u. machtpolitischen Motiven vgl. Ueberschär, Entwicklung, S. 12 f.; zu den wirtschaftlichen Motiven vgl. Müller, Unternehmen, S. 173–196. 3 Vgl. Ueberschär, Planung, S. 28 ff.; zu den strategischen Planungen Hitlers im Januar 1941 vgl. KTB OKW v. 9.1.1941, Bd. 1/1, S. 257 f.; Halder KTB v. 16. 1., 2. 2., 17. 3. 1941, Bd. 2, S. 244, 266–269, 319 f. 4 Kroener, Blitzkrieg, S. 142 ff. 5 Vgl. die Aufzeichnungen über Äußerungen Hitlers am 30. 3. 1941 vor der versammelten Wehrmachtsführung, in Halder KTB v. 30. 3. 41, Bd. 2, S. 335 ff. 6 Zur Bedeutung Himmlers vgl. Breitman, Architekt; Dienstkalender Himmlers, S. 19–33. 7 Vgl. Breitman, Architekt, S. 195 f., S. 201–206; Ueberschär, Entschluß, S. 108 ff. 8 Richtlinien auf Sondergebieten zur Weisung Nr. 21, abgedruckt in: Ueberschär/Wette, Unternehmen, S. 300 ff.; vgl. die Aufzeichnungen über Hitlers Charakterisierung des Krieges als eine „Auseinandersetzung zweier Weltanschauungen“ in: KTB OKW v. 3. 3. 1941, S. 340 ff.; die SS war bemüht, Zuständigkeiten verbindlich zu sichern. Heydrich notierte über eine Besprechung mit Göring v. 25. 3. 1941, dieser habe zugesichert, die Interessen der SS keineswegs zu beschneiden: „Selbstverständlich“, so Göring, „werde er hier den Reichsführer-SS weitgehend selbständig zur Geltung kommen lassen“, zit. nach: Aly, „Endlösung“, S. 270. 9 „Betr.: Regelung des Einsatzes der Sicherheitspolizei und des SD im Verbande des Heeres“, OKH v. 28. 4. 1941, abgedruckt in: Ueberschär/Wette, Unternehmen, S. 303 f.; das Abkommen basierte auf einem am 4. 4. 1941 zwischen RSHA u. OKH ausgehandelten Entwurf, vgl. Angrick, Besatzungspolitik, S. 45 f.; Breitman, Architekt, S. 198 f. 10 Führererlaß über „Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet ‚Barbarossa‘“ v. 13. 5. 1941, abgedruckt in: Ueberschär/Wette, Unternehmen, S. 306 f. 11 Richtlinien für das Verhalten der Truppe in Rußland“, OKW/WFSt. v. 19. 5. 1941, abgedruckt in: ebd., S. 312; von nachgeordneten Wehrmachtsstellen wurde das Feindbild variationsreich aufgenommen u. in diversen Bekanntmachungen zu Beginn des Krieges an die Soldaten weitergegeben, vgl. DRZW, Bd. 4, S. 1034. 12 Kommissarbef. v. 6. 6. 1941, abgedruckt in: Ueberschär/Wette, Unternehmen, S. 313 f.; zur Entstehungsgeschichte vgl. Jacobsen, S. 455–466; Ogorreck, S. 19–41. 13 Zur Institution der HSSPF in der Sowjetunion vgl. Birn, Polizeiführer, S. 220 ff.; zu deren Stellung im Reich vgl. ebd., S. 9–27; Koehl, S. 160 f. 14 Vgl. Dienstkalender Himmlers v. 9. 4. 1941, S. 147; zur Person vgl. EDH, Bd. 2, S. 1172 f. 15 Dienstkalender Himmlers S. 148, Anm. 22; zu dessen Kommandierung vgl. Bef. SSFHA/Kdo.Amt. W-SS/IIa v. 18. 4. 1941, BAB, SSO Gerret Korsemann. 16 Dienstkalender Himmlers v. 10. 4. 1941, S. 148; zur Person vgl. Angrick, Bach-Zelewski, S. 28–44. 17 Das Zitat stammt aus einem Brief Jeckelns an seinen Freund Richard Hildebrandt, den HSSPF für Danzig u. Westpreußen v. 23. 4. 1941, BAB, SSO Friedrich Jeckeln; zu dessen Person vgl. Breitman, Jeckeln, S. 267–275. 18 Halder notierte über die am 16. 4. stattgefundene Besprechung Wagners mit Himmler, für die Pol.Rgt. sei eine Unterstellung unter die HSSPF vorgesehen, zusätzliche Einheiten 2
Kriegsplanungen
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der Orpo würden den einzelnen Sich.Div. zugewiesen; vgl. Halder KTB v. 17. 4. 1941, Bd. 2, S. 371; dazu auch Dienstkalender Himmlers v. 16. 4. 1941, S. 150. 19 Schreiben Pers. Stab RFSS v. 21. 4. 1941, BAB, NS 19/2772; vgl. den endgültigenText „Betr.: Sonderauftrag des Führers“, RFSS v. 21. 5. 1941, ebd. Der Entwurf war von der SS im Namen des OKH verfaßt worden, die endgültige Fassung wies Himmler als Urheber aus. 20 Ebd.; zur Staffelung des Operationsgebiets der Wehrmacht vgl. DRZW, Bd. 4, S. 1030 ff. 21 Zur W-SS war festgehalten worden: „Die Truppen der Waffen-SS haben im allgemeinen ähnliche Aufgaben wie die Truppen der Ordnungspolizei und Sonderaufgaben, die sie jeweils vom Reichsführer-SS erhalten.“ Vgl. den Text v. 21. 5. 1941, BAB, NS 19/2772, Bl. 11 ff.; zur Orpo vgl. Wilhelm, Polizei, S. 160–163; Matthäus, Front, S. 153 f. 22 Bef. „Besondere Anordnungen für die Versorgung“ Teil C v. 3. 3. 1941, zit. nach: Müller, Okkupation, S. 38; Mitte März wurden die Berück ernannt, vgl. Tät.Ber. Berück Süd (Anfangs mit der Bezeichnung Berück 103) v. 13. 3.–5. 4.1941, BA-MA, RH 22/2. 23 Vgl. DRZW, Bd. 4, S. 1031. 24 Führererlaß v. 20. 4.1941, abgedruckt in: Führer-Erlasse, S. 168 f.; Rosenberg versuchte früh, seine Kompetenzen durchzusetzen, vgl. Rosenberg an Himmler v. 8. 5. 1941, BAB, NS 19/3874; Himmler wandte sich wegen der ungelösten Frage der „politischen Sicherung“ hilfesuchend an Bormann u. betonte, Rosenberg würde „eine Zusammenarbeit mit ihm menschlich so unendlich schwierig“ machen, vgl. RFSS v. 16. 5. 1941, ebd.; Bormann setzte sich zwar für Himmler ein, vgl. Leiter Parteikanzlei an Chef Reichskanzlei v. 16. 6. 1941, ebd., doch der Konflikt dauerte durch Rosenbergs Ernennung zum „Reichsminister für die besetzten Ostgebiete“ im Juli 1941 weiter an; zu Rosenberg vgl. EDH, Bd. 3, S. 1240 ff. 25 Zur Aufstellung des Einsatzstabes am 7. 4. 1941 vgl. Bef. SS-FHA/I Org. v. 24. 4. 1941, BAB, NS 19/3508; Stammtafel Kdostab (undat./Frühjahr 1941), VUA, Kdostab/K 14, A 107; zur Besprechung vgl. Mitteilung SS-FHA/Ia v. 4. 4. 1941, BAB, NS 33/230; vgl. dto. v. 6. 5. 1941, BAB, NS 19/3508: „Der bisherige Einsatzstab Reichsführer-SS erhält auf Befehl des Reichsführers-SS die Bezeichnung ‚Kommandostab RFSS im SS-Führungshauptamt‘“. 26 Personalakte, BAB, SSO Kurt Knoblauch; vgl. Büchler, S. 14. 27 Vgl. SS-Stammkarte, Lebenslauf, Personalangaben u. Schreiben v. 27. 8. 1942, BAB, SSO Kurt Knoblauch; völlig unkritisch Preradovich, S. 43 f. 28 Kriegsrangliste Kdostab (undat./Stand 15. 7. u. 31. 12. 1941), VUA, Kdostab/K 1, A 1. 29 Stammtafel Kdostab mit der offiziellen Bezeichnung, ebd. 30 SS-Stammkarte, Dienstlaufbahn, Lebenslauf v. 11.10.1940, BAB, SSO Fritz Freitag; unkritisch Preradovich, S. 142 f.; zu dessen Beurlaubung vgl. Vorschlag Ordensverleihung, Chef Kdostab v. 27. 12. 1941, BAB, SSO Ernst Rode. 31 Dienstlaufbahn, SS-Stammkarte, Beurteilung Chef Kdostab v. 19. 9. 1942, Lebenslauf v. 17. 3. 1943, ebd.; vgl. Kdostab, Kriegsrangliste sämtl. Offz. u. Beamten, Stand 15.7. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1. 32 Vgl. Mallmann, Fußvolk, S. 375 ff.; ders., Einstieg, S. 82. 33 Zur Versetzung Mays vgl. Kdostab, Kriegsrangliste, Stand 15. 7. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1; vgl. SS-Stammkarte, Dienstlaufbahn, Lebenslauf v. 18.7. 1938, Beurteilung v. 18. 7. 1938, dto. (undat./1939), BAB, SSO Rudolf May; zum Führungskorps des RSHA vgl. Banach; Wildt, Generation; zu Ohlendorf; Angrick, Besatzungspolitik, S. 91–94, 716–719; Kittermann, Ohlendorf. 34 Vgl. BAB, SSO Karl-Heinz Bürger; nach seiner Abberufung vom Kdostab brachte er es im März 1944 bis zum SSPF Mittelitalien, vgl. ebd. 35 Tät.Ber. Kdostab/Abt. VI v. 10. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 29. 36 Kdostab, Kriegsrangliste, Stand 15. 7. u. 31.12. 1941, ebd., K 1, A 1. 37 Ebd.; vgl. Lebenslauf v. 20. 1. 1932 u. 22. 5. 1933, BAB, SSO Ernst-Robert Grawitz; ohne Kritik Preradovich, S. 34 f.
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Anmerkungen
Lebenslauf v. 20. 1. 1932, BAB, SSO Ernst-Robert Grawitz. Schreiben Reichsarzt-SS an Chef SS-PHA v. 21.12. 1936, ebd. 40 Vorschlag Ordensverleihung RFSS v. 28. 11.1941, ebd.; Personalbef. Chef SS-FHA v. 28. 7.1941, ebd.; zu den Menschenversuchen vgl. Eckart, S. 64–68; zur Verantwortung Grawitz’ bspw. für die Kälteversuche an KZ-Häftlingen vgl. Dr. Rascher an RFSS v. 17. 2. 1943, in: Poliakov/Wulf, S. 395 f. 41 Sonderbef. Kdostab/Ia v. 16. 6. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 2; Kommandobef. Nr. 3 dess. v. 22. 6. 1941, ebd. 42 Bef. zur Aufstellung SS-KR 2, Kdr. SS-KR 1 v. 28. 3. 1941, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 4. 43 Zur Unterstellung der SS-KR unter SS-FHA vgl. Tagesbef. Bfh. Ost der W-SS, BA-MA, RS 4/121; den Aufbau einer Brigade, den Fegelein seit 1940 anstrebte, genehmigte Himmler vorerst nicht, vgl. Gliederungvorschlag, Kdr. 1. SS-T-RR v. 24. 7. 1940, ebd., RS 4/61. 44 Vgl. Bef. zur Aufstellung Nachschubdienste, SS-FHA/I Org. v. 22. 4.1941, BAB, NS 19/ 3508; dto. Verwaltungsdienste dess. v. 22. 4.1941, ebd.; dto. Sanitätsdienste dess. v. 23. 4.1941, ebd.; dto. 2 Nachr.Kp. dess. v. 23. 4. 1941, ebd.; dto. 5 leichte Inf.kolonnen dess. v. 23. 4. 1941, BAB, NS 33/231. 45 Bef. zur Aufstellung 2 SS-IB, SS-FHA/I Org. v. 24. 4.1941, BAB, NS 19/3508; vgl. Bef. Betr. SS-IB 1 u. 2, Stabschef SS-FHA v. 24. 4. 1941, ebd. 46 Eigentlicher Grund für den Führungswechsel dürfte die Einschätzung im SS-FHA gewesen sein, daß Demelhuber eher für einen Kampfeinsatz prädestiniert sei. Deshalb übernahm er von Herrmann die für einen Fronteinsatz vorgesehene SS-Kampfgruppe „Nord“, vgl. Dienstlaufbahn, BAB, SSO Karl-Maria Demelhuber; Ernennung zum Kdr. SS-IB 1, RFSS v. 25. 5. 1941, BAB, SSO Richard Herrmann. 47 SS-Stammkarte, Dienstlaufbahn, Lebenslauf (undat./Herbst 1936), Schreiben RFSS v. 23. 10. 1936, ebd.; zu seinem Spitznamen vgl. Vern. Konrad Z. v. 13. 5. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 4, Bl. 758. 48 Bef. zur Aufstellung 2 SS-IB, SS-FHA/I Org. v. 24. 4.1941, BAB, NS 19/3508; vgl. Bef. Betr. SS-IB 1 u. 2, Stabschef SS-FHA v. 24. 4. 1941, ebd.; zur Ernennung Klingemanns vgl. Dienstlaufbahn, BAB, SSO Gottfried Klingemann. 49 SS-Stammkarte, Dienstlaufbahn, Lebenslauf (undat./1937), ebd. 50 Bef. Aufstellung Begl.Btl. RFSS, SS-FHA/I Org. v. 25. 4. 1941, BAB, NS 19/3508; vgl. KTB Begl.Btl. RFSS v. 20. 6.–2. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 23, A 148. 51 Die 1. SS-IB sollte 7235, die 2. SS-IB 7301 u. die SS-KB 3970 Mann umfassen. Für sämtliche dem Kdostab unterstellten Einheiten war eine Stärke von 25 221 SS-Männern vorgesehen, vgl. Aufstellung über Kriegsstärkenachweis u. Sollstärken, Kdostab/O.Qu. v. 17. 7.1941, VUA, Kdostab/K 14, A 107; die vorgesehenen Mannschaftsstärken wurden zu Beginn des Krieges jedoch nur teilweise erreicht. Das 4. SS-IR wies am 2.7. 1941 einen Fehlbestand von 321 Männern auf, beim 1. SS-KR fehlten 443 Mann, vgl. Protokoll Kdostab v. 6. 7. über Besprechung v. 2.7. 1941, ebd., K 1, A 2. 52 Zur Gliederung der SS-KB vgl. Bef. SS-FHA/I Org. v. 26. 2. 1941, BAB, NS 19/3489; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4.1964, JNSV Nr. 570, Bd. 20, S. 40. 53 Vgl. Bef. SS-FHA/Abt. Org. v. 17. 7. 1941, BAB, NS 19/3508; Schlußbericht Staw München I v. 14. 7. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 40, Bl. 9520–9524. 54 Bericht 1. SS-KR/Ia v. 5. 6. 1941, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 9. 55 Erfahrungsbericht Kdr. SS-IR 14 v. 10. 6. 1941, BAB, NS 19/3496. 56 Zur Informierung der Sich.Div. vgl. Berück Süd v. 11. 6. 41, BA-MA, RH 22/12; Himmler schien zwischenzeitlich sogar eine direkte Unterstellung der SS-Einheiten unter Wehrmachtsbefehl erwogen zu haben, wobei die SS-IB mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet sein sollten. Das lehnte die Wehrmacht jedoch ab, vgl. Halder KTB v. 19. u. 21. 5. 1941, Bd. 2, S. 419, 425; Dienstkalender Himmlers, S. 159, Anm. 15; zu den Verhandlungen Angrick u. a., Tagebuch, S. 328, 370, Anm. 21. 39
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Dienstkalender Himmlers, v. 28. 5. 41, S. 163. Vgl. ebd. v. 16. 6. 41, S. 175. Bef. RFSS v. 17. 6.1941, BAB, NS 33/231; vgl. Büchler, S. 14.
2. Teil: Sozialstruktur und Mentalitäten IV. Politische Soldaten. Die Männer der Waffen-SS 1
Vgl. Müller-Tupath; Rieß, Fegelein; Mühleisen, Bittrich; Cüppers, Lombard. BAL, 202 AR-Z 1212/60, 40 Bde. 3 Zu den Altersgruppen bei der Wehrmacht vgl. Overmans, S. 216–223. 4 Vgl. ähnlich die 253. Inf.Div. des Heeres, Rass, S. 90. 5 Gen.insp. verst. SS-TS v. 28. 1. 1940, BA-MA, RS 4/62; bestätigt wird der Befund durch eine nach Altersgruppen gegliederte Aufstellung des Ergänzungsamtes der W-SS. Danach dienten im Mai 1940 2320 SS-Angehörige der Jahrgänge 1901–1912 in der SS-VT u. 19337 in den SS-TS. In der Altersgruppe der Jahrgänge 1913–1919 war das Verhältnis umgekehrt. 10 636 SS-Männer waren Soldaten der VT, 4456 der SS-TS, vgl. Aufstellung Chef Ergänzungsamt W-SS v. 4. 5. 1940, BAB, NS 19/3521. 6 Personalliste 3. Schwdr. 1. SS-T-RS v. 24. 4.1940, BA-MA, RS 4/310. 7 Stimmungsberichte Kdr. 1. u. 2. SS-T-RR v. 13. 8. 1940, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 7. 8 Tät.Ber. 5. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 27.10.1940, BA-MA, RS 4/66. 9 Bef. Chef des Stabes Kdo.d.W-SS v. 29.7. 1940, BAB, NS 19/3521; vgl. Schreiben dess. v. 16. 7. 1940, ebd. 10 Tät.Ber. 5. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 27.10.1940, BA-MA, RS 4/66; Bericht Ausbildungsstand 1. Schwdr. SS-KR 1 v. 12. 3. 1941, ebd., RS 4/504. 11 Vgl. Besetzungsliste 1. Schwdr. SS-KR 2 v. 27. 4. 1941, ebd., RS 4/912. 12 Dto. 5. Schwdr. SS-KR 2 (undat./Ende April 1941), ebd. 13 Zum hohen Prozentsatz ungarischer Volksdt. in der SS-Kav. vgl. Besetzungsliste 5. Schwdr. SS-RR 2 v. 15. 7. 1942, ebd., RS 4/1002; Liste Volksdt. Freiwilliger 5. Schwadr. SSRR 1 v. 27. 11.1942, ebd., RS 4/401. 14 Besetzungsliste 5. Schwdr. SS-RR 2 v. 15. 7. 1942, ebd., RS 4/1002. 15 Bef. Stabschef SS-FHA v. 17. 3. 1942, BAB, NS 33/232; SS-FHA/IIb an 1. SS-IB v. 1. 5. 1942, 21.25, BAB, NS 33/328; Chef Kdostab an 1. SS-IB v. 26. 5. 1942, VUA, Kdostab/K 3, A 14. 16 Besetzungsliste 1. Schwdr. SS-KR 2 v. 27. 4. 1941, BA-MA, RS 4/912; dto. 2. Schwdr. SS-KR 2 v. 31. 12. 1941, ebd. 17 Vgl. Kater, Party, S. 241. Goldhagen, Vollstrecker, u. Rass, Menschenmaterial, bezogen sich in ihren Analysen ebenfalls auf Kater. Somit können in diesem Fall Vergleiche zwischen Verbänden der Wehrmacht, der Orpo u. der Waffen-SS gezogen werden. 18 Bef. Gen.insp. verst. SS-TS/Ia v. 1. 2. 1940, BA-MA, RS 4/196; vgl. Bef. Gen.insp. verst. SS-TS/IIb v. 19. 4. 1940, ebd. 19 Kdr. 1. SS-Kav-RR., Stimmungsbericht v. 13. 8. 1940, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 7. 20 Tät.Ber. 1. SS-T-RR v. 28. 4. 1940, BA-MA, RS 4/497; dto. 4. Schwadron 1. SS-T-RR v. 11. 4. 1940, ebd., RS 4/539; Lagebericht 1. SS-T-RR v. 7. 9. 1940, ebd., RS 4/309. 21 Das Übergewicht von Volksschulabschlüssen läßt sich auch für die Mannschaften der 253. ID des Heeres nachweisen, vgl. Rass, S. 115 f. 22 Goldhagen, Vollstrecker, S. 246 f. Goldhagen hat bei seiner Untersuchung jedoch nicht zwischen Offiziers- u. Mannschaftsdienstgraden unterschieden. 23 Vgl. Rass, S. 112 f. Der Autor hat im Gegensatz zur vorliegenden Studie die Mannschaften u. Unteroffiziere getrennt untersucht. Der Einfachheit halber wird hier nur auf die Untersuchung des Mannschaftspersonals Bezug genommen. 24 Vgl. Kater, S. 51–62; Thamer, S. 174 ff. 25 Goldhagen, Vollstrecker, S. 248. Der Autor differenziert jedoch nicht zwischen Führer2
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Anmerkungen
korps u. Mannschaften des RPB 101, weshalb wahrscheinlich für die Mannschaftsangehörigen ein noch geringerer Anteil zu erwarten gewesen wäre. 26 Vgl. Rass, S. 122 f. 27 Namentliche Liste 9. E-Schwdr. 1. SS-T-RS v. 23. 4. 1940, BA-MA, RS 4/151; dto. 3. Schwdr. 1. SS-T-RS v. 24. 4. 1940, ebd., RS 4/310. 28 Vern. Walter M. v. 29.7. 1969, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 22, Bl. 4647; ähnlich selten äußerten Freiwillige Kritik an der Truppe. Rudolf L., der als Jugendlicher zur 1. SS-IB kam, sagte aus: „Ich möchte von vornherein angeben, daß ich mich mit 16 Jahren freiwillig zur SS meldete. Ich war aber sehr enttäuscht, als ich dann bei der SS war, denn ich wurde sehr hart angefaßt und des öfteren wurde ich nachts mit dem Leibriemen und so weiter geschlagen.“ Vgl. dto. Ernst D. v. 29. 6. 1969, ebd., Bd. 20, Bl. 3768. 29 Dto. Fritz J. v. 1. 12. 1965, ebd., Bd. 11, Bl. 1422. 30 Vgl. dto. Rudolf L. v. 6. 4. 1965, ebd., Bd. 7, Bl. 607. 31 Bestimmungen Reichsorganisationsleiter NSDAP v. 20. 1. 1940, BAB, NS 31/299. 32 Schreiben Chef Ergänzungsamt W-SS v. 28. 2. 1940, BAB, NS 19/1711. 33 Bef. zur Aushebung v. Volksdeutschen, Gen.insp. verst. SS-TS/Ia v. 29. 1. 1940, BA-MA, RS 4/196. 34 Vern. Elmar K. v. 7.10. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 10, Bl. 1314; vgl. dto. Hans K. v. 8. 7.1969, ebd., Bd. 20, Bl. 3983. 35 Dto. Eugen K. v. 20. 7. 1971, ebd, Bd. 25, Bl. 5704/r. 36 Vgl. dto. Anton S. v. 7. 4. 1965, ebd., Bd. 8, Bl. 716; dto. Heinrich T. v. 19. 8. 1969, ebd., Bd. 23, Bl. 4870; dto. Oskar B. v. 27. 5. 1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5537; dto. Ladislaus H. v. 13. 7. 1971, ebd., Bl. 5667/v. 37 Vgl. Sammlung von Berichten über zweifelhafte Werbungsmethoden der W-SS im gesamten Reichsgebiet von Anfang 1943, BAB, NS 7/1158. 38 Schuster, S. 147; Wegner, Soldaten, S. 353. 39 Bericht Nr. 24, Chef 1. Schwdr. v. 31. 10. 1939, BA-MA, RS 4/309. 40 Im Zuge einer Werbeaktion der 2. Reit. Batt. wurden von 64 volksdeutschen Bewerbern 16 bei der Schwdr. eingegliedert, vgl. Tät.Ber. 2. Reit. Batt. 1. SS-T-RS v. 23. 11.1939, ebd., RS 4/498; zur Rekrutierung von Angehörigen des „Selbstschutzes“ vgl. Tät.Ber. 5. Schwdr. 1. SS-T-RS. v. 20. 12.1939, ebd., RS 4/540; vgl. Jansen/Weckbecker, S. 91 ff. 41 Schuster, S. 147. 42 Von den 1736 Einheitsangehörigen machten 1707 Angaben über ihre einstige Nationalität. 43 Vgl. Stärkemeldung Gen.insp. verst. SS-TS v. 25. 3.1940, BAB, NS 19/1668. 44 Meldung über Volksdeutsche 1. SS-T-RS/IIb v. 28. 3.1940, BA-MA, RS 4/196; vgl. Personalliste 1. Schwdr. SS-KR 2 v. 27. 4.1941, ebd., RS 4/912. In der Schwdr. waren im April 1941 unter 210 Unterführern u. Männern 86 Volksdeutsche vertreten, was einem Anteil von 41 % Volksdeutschen entspricht. 45 Personalliste 5. Schwdr. SS-KR 2 v. 5. 9. 1941, ebd. Die Stärke der Schwdr. betrug zu diesem Zeitpunkt 195 Unterführer u. Männer, davon waren 46 Volksdeutsche; im Juli 1942 umfaßte die Schwadron 220 Unterführer u. Soldaten, davon waren 132 Volksdeutsche, vgl. Personalliste 5. Schwdr. SS-RR 2 v. 15. 7.1942, ebd., RS 4/1002. 46 Vgl. Bericht Chef Ergänzungsamt W-SS v. 17. 6. 1940, BAB, NS 19/1863. 47 Vern. Philipp P. v. 27.11.1968, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 18, Bl. 3340; dto. Otto F. v. 18. 7. 1969, ebd., Bd. 22, Bl. 4453; dto. Heinrich T. v. 19. 8. 1969, ebd., Bd. 23, Bl. 4870. 48 Liste volksdeutscher Freiwilliger 5. Schwdr. SS-RR 1 v. 27. 11.1942, BA-MA, RS 4/ 401. 49 Personalliste 2. Schwdr. SS-KR 2 v. 31.12. 1941, ebd., RS 4/912. 50 Dto. 5. Schwdr. SS-RR 2 v. 15. 7. 1942, ebd., RS 4/1002; im Mai 1942 erging ein Bef. Himmlers, der die Übernahme volksdeutscher oder „germanischer“ Freiwilliger, die bereits
Nationalsozialistische Elite. Das Offizierskorps
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in anderen Armeen gedient hatten, unter Verwendung ihres bisherigen Dienstgrades vorsah, vgl. Bef. SS-FHA, Kdo.amt W-SS/IIb v. 9. 5.1942, ebd., RS 4/506. 51 Bericht 3. Schwdr. 1. SS-T-RS v. 25. 4. 1940, ebd., RS 4/310. 52 Aufstellung 1. Schwdr. SS-KR 2 v. 27. 4. 1941, ebd., RS 4/912. 53 Tät.Ber. 5. Schwdr. 1. SS-T-RS v. 1. 4. 1940, ebd., RS 4/540. 54 Beurteilung Walter B., SS-Unterführerschule Lucmierz v. 1.11.1940, ebd., RS 4/501. 55 RFSS an Chefs SS-HA u. SS-FHA v. 13. 4.1942, BAB, NS 19/1666. 56 Hausser, Waffen-SS, S. 24; vgl. Syring, Hausser, S. 203. 57 Orth, Konzentrationslager-SS, S. 36 f.; Sydnor, Eicke, S. 155; Stein, S. 233 f. 58 Bef. Stabschef SS-FHA v. 16. 3.1942, BAB, NS 33/232; vgl. Stein, S. 234; Orth, Konzentrationslager-SS, S. 52 f. 59 Kárny´, S. 791–797; Orth, Konzentrationslager-SS, S. 54; Stein, S. 234, betont zwar den personellen Austausch zwischen SS-Truppen u. Wachmannschaften, bemerkt aber wenig scharfsinnig, die IKL habe „in keiner unmittelbaren Verbindung“ zu den Fronttruppen gestanden; zur Verpflichtung von Wehrmachtssoldaten vgl. Boberach, S. 185–190. 60 Pers. Ref. RFSS an CdS v. 29. 3. 1943, BAB, NS 19/2635; dto. an Chef SS-FHA v. 29. 3. 1943, ebd.; vgl. Kogon u. a., S. 135–145. 61 Bericht Insp. verst. SS-TS, über 5. SS-TS v. 5. 2. 1940, BAB, NS 19/3505; Stärkemeldung Insp. verst. SS-TS v. 31. 5. 1940, ebd.; Bef. SS-FHA/Ia v. 4.11. 1940, ebd. 62 Vern. Adam S. v. 10. 10. 1968, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 15, Bl. 2633 f. 63 Versetzungsbef. SS-FHA v. 7. 8.1941, BA-MA, RS 4/212. 64 Vgl. Kriegsrangliste Kdostab, Stand v. 15. 7.1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1. 65 Lebenslauf (undat./Frühjahr 1940), BAB, SSO Siegfried Kotthaus. 66 Meldung Reit. Batt. an Ber. Abt. v. 22. 11. 1939, BA-MA, RS 4/498. 67 Vern. Anton R. v. 6. 5.1971, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 25, Bl. 5570. 68 Vgl. dto. Hans Schottes v. 4.12. 1963, ebd., Bd. 1, Bl. 80 f. 69 Abgabenachricht KZ Stutthof v. 8. 6. 1942, BA-MA, RS 3–8/18. 70 Vern. Karl K. v. 10. 8. 1967, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 4, Bl. n267 f. 71 Dto. Herbert A. v. 17. 3. 1972, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 30, Bl. 7070. 72 Zu den Zahlen vgl. Kárny´, S. 791 f.
V. Nationalsozialistische Elite. Das Offizierskorps 1 Berücksichtigt wurden die kommandierenden Offiziere u. Abteilungsleiter des Kdostab sowie Stabsoffiziere, die leitende Positionen in den einzelnen Abt. innehatten. Außerdem wurden Personalunterlagen der Brigade-, Regiments- u. Bataillonskommandeure sowie von Stabsoffizieren der einzelnen SS-Brig. ausgewertet. 2 Das Übergewicht von Stadtbewohnern unter den SS-Führerdienstgraden findet sich auch im Ergebnis der Untersuchung des Führerkorps der W-SS anhand der Dienstaltersliste v. 1. 7. 1944 wieder, vgl. Wegner, Soldaten, S. 219 f. 3 Vgl. ebd., S. 226 ff. 4 Mit 21 % war der Akademikeranteil im Vergleich zu den Vätern gestiegen. Die Untersuchungsgruppe umfaßt zudem 4 % Beamte, 5,9 % selbständige Kaufleute, 13,9 % kaufmännische Angestellte u. 5,9 % Facharbeiter. 5 Vgl. Wegner, Soldaten, S. 228; erst in späteren Jahren machte sich im unteren Stabsoffizierskorps eine Veränderung der Sozialstruktur durch den vermehrten Zugang von Absolventen der SS-Junkerschulen bemerkbar, vgl. ebd., S. 233 ff. 6 Bef. Stabschef SS-FHA v. 4. 11.1940, BA-MA, RS 4/158. 7 Beurteilungsliste Abiturienten 3. Schwdr. SS-T-RR v. 8. 12.1940, ebd., RS 4/158. 8 Vgl. Cüppers, Lombard, S. 146; BAB, SSO Wilhelm Jeppe. 9 Von den in die Reichswehr übernommenen Kriegsteilnehmern waren 6 Offz. u. 5 Unteroffz. oder Soldaten. In den Polizeidienst gelangten 6 Offz. u. 3 Unteroffz. oder Soldaten.
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Anmerkungen
10 Es wurde der Dienstrang festgestellt, den die SS-Führer Ende 1942 innehatten. Bei den Personen, die durch Tod oder Versetzung ausgeschieden waren, wurde der höchste Rang vor dem jeweiligen Ausscheiden erhoben. 11 Seinen persönlichen Schützling Fegelein forderte Himmler nach dessen sexueller Beziehung mit einer Polin im März 1940 ultimativ auf, sich endlich zu verheiraten, vgl. Entwurf Chef Pers. Stab RFSS an Fegelein (undat./März 1940), BAB, NS 19/1167; Schreiben Sonderbeauftragter RFSS, HA SS-Gericht v. 16. 5. 1941, BAB, SSO Hermann Fegelein; im Juni 1944 heiratete er Gretl Braun, die Schwester der Hitler-Geliebten, vgl. Heiratsanzeige, ebd. 12 Da sich bei 5 Personalakten kein konkreter Zeitpunkt für den Parteibeitritt ermitteln ließ, wurden diese Männer sowie weitere 6 SS-Führer, bei denen sich eine Parteimitgliedschaft nicht gesichert nachweisen ließ, von der weiteren Berechnung ausgeschlossen. 13 Vgl. Lebenslauf (undat./Anfang 1940), BAB, SSO Karl-Maria Demelhuber 14 Zu ähnlichen Ergebnissen beim SS-Führerkorps vgl. Wegner, Soldaten, S. 248 ff. 15 Die früheste Mitgliedschaft in der Allgemeinen SS konnte Hans Feierlein, der technische Führer in der 2. SS-IB vorweisen, vgl. Stammkarte, BAB, SSO Hans Feierlein. 16 Als letzter der untersuchten Führer trat Ernst Rode zwei Monate nach seiner Versetzung zum Kdostab im Juli 1941 der SS bei, vgl. Stammkarte, BAB, SSO Ernst Rode.
VI. Befähigung zum Massenmord. Der weltanschauliche Unterricht der Waffen-SS 1 Matthäus u. a., Ausbildungsziel, befaßt sich auf hohem Niveau zentral mit den Inhalten der weltanschaulichen Schulung hinsichtlich ihrer Relevanz in Bezug auf die Realisierung der Shoah; Wegner, Soldaten, S. 185–200, widmet der Thematik ein Kapitel, untersucht darin aber eher organisatorische als inhaltliche Fragen; zur Orpo außerdem Heller; daneben existieren wenige Aufsätze, die sich für die Orpo oder die SS mit der Thematik beschäftigen, vgl. Matthäus, Ausbildungsziel; ders., Judentum; Kwiet, Erziehung. 2 Anweisungen an Schulungsamt, RFSS v. 7. 3. 1938, zit. nach: Wegner, Soldaten, S. 186. 3 Dienstanweisung Chef RuSHA an Schulungsleiter SS v. 16. 10. 1934, zit. nach: Matthäus u. a., Ausbildungsziel, Dok. 1, S. 143. 4 Vgl. Wegner, Soldaten, S. 197. 5 Zur Entwicklung bei Sipo u. Orpo vgl. Breitman, Gegner, S. 25 ff. 6 Inspekteur KL u. Chef der SS-TV an RFSS v. 10. 8. 1936, BAB, SSO Theodor Eicke. 7 Wegner, Soldaten, S. 187 f. 8 Vgl. Rempel, S. 48. 9 Dienstanweisung Kdo.amt W-SS/Abt. WE im SS-FHA v. 14. 9. 1940, BA-MA, RS 4/907. 10 Anweisung zur weltanschaulichen Schulung, Kdr. SS-T-RS v. 1. 8. 1940, ebd., RS 4/109. 11 Vgl. div. Tät.Ber. einzelner Schwdr., die das seltene Abhalten des weltanschaulichen Unterrichts im Sommer 1940 meldeten, ebd., RS 4/931; Bef. betr. weltanschauliche Erziehung, Kdr. SS-T-RS. v. 28. 5. 1940, ebd. 12 Tät.Ber. Kdostab/Abt. VI v. 10. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 29. 13 Stabsbef. Nr. 165 Kdostab/IIa v. 29. 12. 1942, ebd., K 16, A 119. 14 RFSS an Kdr. SS-Kav.Div. v. 8. 3.1943, BAB, SSO Fritz Freitag 15 Zit. nach: Wegner, Soldaten, S. 199. 16 Anweisung zur weltanschaulichen Schulung, Chef RuSHA v. 17. 2. 1936, abgedruckt in: Matthäus u. a., Dok. 3, S. 149 ff. 17 Vgl. Illustrationen des Lichtbildervortrags „Das Judentum, seine blutsgebundene Wesensart in Vergangenheit und Gegenwart“, (undat./Anfang 1936), BAB, NS 31/163; vgl. Matthäus u. a., S. 153–160; zu einem Artikel über die angebliche Verantwortung der Juden für die Zwangskollektivierung der russischen Bauern vgl. SS-Leitheft 9 v. 15. 2. 1939, BAB, NSD 41/ 77–1938/39–2, S. 51 f.
Befähigung zum Massenmord. Der weltanschauliche Unterricht
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18 Sämtliche Zitate sind dem Begleittext zum Lichtbildervortrag entnommen (undat./Anfang 1936), BAB, NS 31/163. 19 Im SS-Leitheft vom März 1936 wurde über die „Judengesetzgebung“ informiert, vgl. dto. Nr. 2 v. 25. 3. 1936, BAB, NSD 41/77–1936–37–1, S. 57 ff.; im April-Heft waren in den umfangreichen Begleitmaterialien Artikel über die „Protokolle der Weisen von Zion“, über den Talmud, jüdische Ritualmorde, die frühere jüdische „Vorherrschaft“ in Deutschland u. die angeblich alarmierende Bevölkerungsentwicklung enthalten, vgl. dto. Nr. 3 v. 22. 4.1936, ebd., S. 56–83; vgl. eine Zusammenfassung der Schulung in dto. Nr. 8 v. 17. 11. 1936, ebd., S. 9 f., u. a. wurde dazu formuliert: „Warum ist das Judentum unser größter Feind? 1. Weil das Judentum versucht, den kämpferischen Geist, die Widerstandskraft und die Leistungsfähigkeit der nordisch bestimmten Völker durch Blutsvermischung zu brechen. […] Welche Pflichten erwachsen dem SS-Mann aus der Erkenntnis vom Wesen des Judentums? […] Er muß in allen Dingen des Lebens das tun, was die Macht des Judentums zerstören muß“; zur Geschichte u. Verbreitung der „Protokolle der Weisen von Zion“ vgl. Bronner. 20 Longerich, S. 116 f.; Berding, S. 233 f. 21 SS-Leitheft Nr. 7 v. 10. 12. 1938, BAB, NSD 41/77–1938/39–2, S. 6; das Heft enthält zudem einen radikal antisemitischen Artikel über die Situation in Palästina, vgl. ebd., S. 34–43. 22 Text von Absolventen des SS-Unterführerlehrgangs in Lucmierz, 20. 11.–5. 12.1940, BA-MA, RS 4/623. Er ist mit etlichen Zeichnungen illustriert, neben den zitierten Zeilen ist stereotyp stilisiert ein Jude mit großer Nase, langem Bart u. Mütze dargestellt. 23 Ausbildungsplan Lehrgang für Führerbewerber (undat./Mitte 1940), ebd. RS 3–8/24. 24 Dto. Rekrutenausbildung für 4. Quartal 1940, (undat./Herbst 1940) ebd., RS 4/548. 25 Schulungsbericht 1. Schwdr. 2. SS-T-RR, v. 18. 10.1940, ebd., RS 4/931. 26 Vgl. die Monatsberichte div. Schwdr. des SS-T-RR 1 zur weltanschaulichen Schulung von 11/ u. 12/1940, ebd., RS 4/215; Entwurf Monatsbericht Kdr. SS-T-KR v. 12/1940, ebd.; Tät.Ber. 5. Schwadron 2. SS-T-RR v. 27.11. 1940, ebd., RS 4/66. 27 Weltanschaulicher Monatsbericht, Chef 3. Schwadron 2. SS-T-RS, v. 19. 11.1940, ebd., RS 4/215; für die weniger intensiv geschulten Volksdeutschen war offenbar eine zusätzliche Schulung nötig, vgl. Schulungsbericht 2. Schwdr. 2. SS-T-RR v. 20. 10. 1940, ebd., RS 4/215. 28 Schulungsplan SS-KR 1 für 4/1941 (undat./April 1941), ebd., RS 4/215; Monatsbericht weltanschauliche Schulung SS-KR 1 für 5/1941 (undat./Ende Mai 1941), ebd. 29 Dto. Kdr. Reit.Battr. SS-KR 2 v. 19. 4. 1941, ebd., RS 4/907; dto. 2. SS-Kav.Ers.Abt. v. 19. 4. 1941, ebd. 30 Truppenbetreuungsbericht Kdr. 2. Schwadron SS-KR 2 v. 17. 4.1941, ebd.; vgl. dto. 4. Schwadron SS-KR 2 v. 19. 4. 1941, ebd.; dto. 7. Schwadron SS-KR 1 v. 17. 3. 1941, ebd.; zur allg. Reaktion auf den Film vgl. Gellately, S. 179. 31 Exemplare beider Texte in Kdostab/Abt. VI, vgl. VUA, Kdostab/K 11, A 98. 32 Ausbildungsplan Chef Kdostab v. 18. 7.1941, ebd. 33 Tät.Ber. Kdostab Abt. VI v. 27. 7.1941, ebd., K 5, A 27. 34 Bef. Teilnahme an Filmvorführung, Kdostab/Ia/H.Qu, v. 2. 10. 1941, ebd., K 11, A 98. 35 Tät.Ber. Kdostab/Abt. VI v. 19.12. 1941, ebd., K 6, A 48. 36 Winterschulungsplan 1941/42, Stabschef SS-FHA v. 7.11.1941, ebd., K 11, A 98. 37 Vgl. Stoffsammlung 1 u. 2, SS-KB/Abt. VI (undat./Sommer 1942), BA-MA, RS 3–8/16. 38 Der anglo-amerikanische Imperialismus, SS-Kav.Div./Abt. VI v. 30. 7. 1943, ebd., RS 3– 8/77; bereits in einem SS-Leitheft aus dem Mai 1938 über „Rassenfragen in den Vereinigten Staaten“ waren die Juden als maßgebliche Macht in Staat u. Gesellschaft stilisiert worden, vgl. dto. Nr. 2 v. 25. 5. 1938, BAB, NSD 41/77–1938/39–1, S. 43 f.; zur Verbreitung antiamerikanischer u. oftmals gleichzeitig antisemitischer Stereotype vgl. Diner. 39 Zwischenprüfungsfragen des 9. Kriegsjunkerlehrgangs v. 29. 3. 1943, BA-MA, RS 5/310. 40 Antworten SS-Junker Wagner, Abschlußprüfung Bereich Weltanschauung, 16. Kriegsjunkerlehrgangs der Junkerschule Braunschweig v. 20. 8.1944, ebd., RS 5/338.
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Anmerkungen
VII. Einsatzwille und Judenhaß. Die Motive der Täter 1
Rückerl, Strafverfolgung, S. 81–84; Jäger, Verbrechen, S. 83–93. Vern. Peter C. v. 1. 8. 1962, BAL 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 442. 3 Dto. Michael M. v. 21. 3.1963, ebd., Bd. 4, Bl. 1138 f. 4 Dto. Edmund S. v. 19.10.1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 10, Bl. 1334. 5 Dto. Hans A. v. 24. 5. 1966, ebd., Bd. 6, Bl. 1480. 6 Dto. Kurt H. v. 25. 2. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. b117 7 Dto. Wilhelm W. v. 13. 9.1962, ebd., Bd. 2, Bl. e12. 8 Dto. Hans M. v. 2. 8.1962, ebd., Bl. 448; vgl. dto. Alexander P. v. 18. 1. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 7, Bl. 408; dto. Johann R. v. 9. 4. 1965, ebd., Bd. 8, Bl. 650 f. 9 Dto. Hans V. v. 12. 11. 1965, ebd., Bd. 10, Bl. 1393; dto. Johann K. v. 12. 11. 1968, ebd., Bd. 17, Bl. 2909; dto. Gerhard K. v. 15. 11.1965, ebd., Bd. 10, Bl. 1406 f.; vgl. entsprechend dto. Willi M. v. 16. 7.1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 420; dto. Hugo L. v. 6. 3. 1963, ebd. Bd. 4, Bl. 1038; dto. Michael M. v. 21. 3. 1963, ebd., Bl. 1137; dto. Friedrich S v. 7. 2. 1963, ebd., Bd. 3, Bl. 809; Hans S., ein Angehöriger des 2. SS-KR, bezog sich in seiner Ablehnung der Erschießungen sogar auf die Bibel, als er aussagte: „Ich befand mich in einer regelrechten Verzweiflung. Ich habe gelernt, das 5. und 7. Gebot zu achten und mußte plötzlich morden. Ich habe nur deshalb geschossen, weil ich im Weigerungsfalle wohl selbst umgelegt worden wäre.“ Vgl. dto. Hans S. v. 11. 4. 1963, ebd., Bd. 4, Bl. 1212. 10 Dto. Otto H. v. 15. 3. 1971, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 24, Bl. 5318. 11 Dto. Kurt O. v. 18. 3. 1971, ebd., Bd. 24, Bl. 5312. 12 Dto. Johann K. v. 12. 11. 1968, ebd., Bd. 17, Bl. 2909. 13 Vgl. Rückerl, Strafverfolgung, S. 81 ff.; Jäger, Verbrechen, S. 92. 14 Vern. Karl L. v. 9. 5. 1971, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 25, Bl. 5465; dto. Erwin B. v. 6. 7.1969, ebd., Bd. 20, Bl. 3767. 15 Dto. Gerhard L. v. 21.11. 1971, ebd., Bd. 27, Bl. 6348. 16 Dto. Wolfgang von A. v. 26. 5.1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5534/v; vgl. zur gleichen Kp. dto. Oskar B. v. 27. 5. 1971, ebd., Bl. 5538 f. 17 Vgl. für die Nachr.Kp. dto. Rudolf B. v. 23. 3.1965, ebd., Bd. 7, Bl. 523; für die 2. Kp. SS-IR 8 dto. Erich K. v. 16. 6.1965, ebd., Bd. 9, Bl. 908; für die 5. Kp. SS-IR 8 dto. Max R. v. 24. 6. 1965, ebd., Bd. 9, Bl. 974; für die 14. Kp. SS-IR 8 dto. Gerhard L. v. 21. 11. 1971, ebd., Bd. 27, Bl. 6348 f.; für die 4. Kp. SS-IR 10 dto. Friedrich H. v. 23. 11. 1967, ebd., Bd. 13, Bl. 1799; für die 10. Kp. SS-IR 10 dto. Erich G. v. 29. 6. 1966, ebd., Bd. 11, Bl. 1461. 18 Dto. Josef K. v. 11. 7. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. c30. 19 Dto. Kurt D. v. 7. 6.1967, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 14, Bl. 2098 f. 20 Vgl. Anweisung für die Durchführung von Exekutionen, HSSPF Ost v. 14. 8. 40, VUA, 8. SS-KD/K 3, A 15. 21 Vern. Erich K. v. 16. 6. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 9, Bl. 908; die beschriebene Szene erinnert an die vieldiskutierten Vorgänge beim RPB 101 in Jósefów, vgl. Goldhagen, Vollstrecker, S. 255 f.; Browning, Männer, S. 88 ff. 22 Vgl. Vern. Erich K. v. 16. 6. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 9, Bl. 910. 23 Dto. Gerhard L. v. 21.11. 1971, ebd., Bd. 27, Bl. 6348 f. 24 Dto. Johann K. v. 12. 11. 1968, ebd., Bd. 17, Bl. 2909. 25 Dto. Aloysius G. v. 12. 7. 1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5664/v. 26 Dto. Wilhelm G. v. 30. 5. 1967, ebd., Bd. 14, Bl. 2041. 27 Dto. Peter C. v. 1. 8. 1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 441. 28 Dto. Hans W. v. 17.10.1962, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1267, Bl. 118. 29 Dto. Friedrich S. v. 7. 2. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 3, Bl. 809. 30 Dto. Annette T. v. 14. 1. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 2, Bl. 346. 31 Dto. Albert S. v. 10. 9. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 7, Bl. 641 f. 32 Brig.Bef. Nr. 20, Kdr. SS-KB v. 28. 9. 1941, BA-MA, RS 4/550. 2
Einsatzwille und Judenhaß. Die Motive der Täter
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33 Chef SS-WVHA an Pers. Stab RFSS v. 11. 12. 1944, BAB, NS 19/1918; Schreiben RFSS v. 18. 12. 1944, ebd. 34 Vern. Kurt G. v. 1. 2. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 845; dto. Hugo L. v. 6. 3. 1963, ebd., Bl. 1038; dto. Michael M. v. 21. 3. 1963, ebd., Bl. 1138. 35 Monatsbericht Chef 3. Schwdr. SS-KR 1 v. 20. 2. 1941, BA-MA, RS 4/215. 36 Bericht 3. Schwdr. SS-KR 2 v. 18. 4. 1941, ebd., RS 4/907. 37 Meldung Chef 4. Schwdr. SS-Reitstaffel 1 v. 6. 10. 1939, ebd., RS 4/723. 38 Bericht Kdr. Reit.Abt. SS-KR. 1 v. 11. 8. 1941, ebd., RS 4/441. 39 Vern. Alexander W. v. 8. 6. 1967, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 14, Bl. 2091. 40 Dto. Ludwig L. v. 11.12. 1967, ebd., Bd. 13, Bl. 1826. 41 Dto. Friedrich B. v. 14. 11. 1969, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. g120 f. 42 Vgl. Bankier; Kershaw, Opinion; Kulka; Gelatelly, Hitler, S. 173–212. 43 Zur Haltung der deutschen Bevölkerung vgl. ebd.; Heinemann, S. 25–47. 44 Vermerk Bayr. LKA v. 24. 4. 1969, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 19, Bl. 3682 45 Vern. Willi Wiedemann v. 3. 6. 1964, ebd., Bd. 5, Bl. 1048. Auf dem Vernehmungsprotokoll war vermerkt, daß Wiedemann wegen Brandstiftung an der Synagoge 1948 vom LG Göttingen zu 1 Jahr Zuchthaus verurteilt worden war. 46 Vgl. Dto. Siegfried Kotthaus v. 21. 5. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. j112; wegen Beteiligung am Novemberpogrom wurde Kotthaus 1948 vom LG Wuppertal zu 1 Jahr u. 3 Monaten Haft verurteilt, die er wegen Spätfolgen einer Kriegsverletzung nicht anzutreten brauchte, vgl. Vermerk Staw München I v. 19. 8.1965, ebd., Bd. 8, Bl. 1232 f.; außerdem Dienstlaufbahn u. Lebenslauf, BAB, SSO Siegfried Kotthaus. 47 Schreiben ZSL v. 12. 12. 1963, BAL, 204 AR 1291/63, Bd. 1, unpag. 48 Meldung SS-Reiter Georg D. v. 22. 7.1940, BA-MA, RS 4/334; Urteil SSPG VI/Krakau gg. Alfred B. u. Heribert U. v. 27. 3. 1941, BAB, NS 7/1147, Bl. 7–11; Tatbericht Gerichtsoffizier 2. SS-T-RR v. 18. 11. 1940, BA-MA, RS 4/984. 49 Lebenslauf v. 2. 5. 1939, BAB, SSO Karl von Treuenfeld. 50 Schreiben Kdr. 12. Div. v. 20. 2. 1936, BAB, SSO Wilhelm Trabandt. 51 Vern. Wilhelm W. v. 23. 7.1971, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 25, Bl. 5737 52 Dto. Edmund G. v. 5. 5. 1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5438v. 53 Dto. Klaas K. v. 9. 4. 1963, BAL 202 AR-Z 42/62, Bd. 3 Bl. j68; vgl. entsprechend Klage Staw LG Braunschweig v. 15. 6. 1963, BAL, AR-Z 296/62, Bd. 5, Bl. 1297. 54 Dto. Friedrich S. v. 7. 2. 1963, ebd., Bd. 3, Bl. 810. 55 Dto. Willi L. v. 15. 11. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 10, Bl. 1401 f.; vgl. dto. Josef Z. v. 21. 5. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. i29. 56 Dto. Peter B. v. 8.12. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 7, Bl. 332 ff.; vgl. eine Zeitungsmeldung über den Selbstmord Knäbels am 26. 7.1965 in U-Haft, ebd., Bd. 9, Bl. 988b. 57 Vern. Peter B. v. 8. 12. 1964, ebd., Bd. 7, Bl. 334. 58 Dto. Peter K. v. 21. 6. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. a94 59 Dto. Georg H. v. 25. 4. 1963, ebd., Bl. a108; ein Verfahren gg. Sack wurde eingestellt, vgl. Verfügung Staw Hildesheim v. 3. 2.1971, BAL, 202 AR 1704/69, Bd. 1, Bl. 34–47. 60 Vern. Daniel T. v. 4. 10. 1962, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. j39. 61 Dto. Friedrich S. v. 11. 12. 1971, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 28, Bl. 6434. 62 Dto. Hans S. v. 11. 4. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 1212. 63 Dto. Friedrich S. v. 7. 2. 1963, ebd., Bd. 3, Bl. 811. 64 Dto. Annette T. v. 14. 1. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 2, Bl. 347 f. 65 Dto. Peter C. v. 12. 5. 1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5521. 66 Dto. Robert Kistler v. 26. 1. 1967, ebd., Bd. 11, Bl. 1632; zu dessen Biographie vgl. BAB, SSO Robert Kistler; außerdem Höhne, S. 39, 43 f. 67 Vern. Otto T. v. 10. 6.1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. d130. 68 Dto. Heinrich R. v. 11. 6. 1964, ebd., Bd. 1, Bl. b192.
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Anmerkungen
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Dto. Karl-Heinz J. v. 30. 5. 1963, ebd., Bd. 3, Bl. g34. Dto. Rudolf B. v. 23. 3. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 7, Bl. 522 f. 71 Dto. Kurt G. v. 1. 10. 1965, ebd., Bd. 9, Bl. 1085/v. 72 Dto. Helmut B. v. 11. 12. 1964, ebd., Bd. 7, Bl. 360 f. 73 Dto. Severin D. v. 22. 4. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. h66 74 Dto. Karl L. v. 25. 7. 1963, ebd., Bd. 1, Bl. b67 75 Dto. Ernst K. v. 16. 1. 1964, ebd., Bd. 1, Bl. a117. 76 Dto. Johann K. v. 1. 9.1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 6, Bl. 1220. 77 Dto. Fritz K. v. 24. 9. 1964, ebd., Bd. 6, Bl. 1307; dto. Ernst H. v. 8. 4. 1965, ebd., Bd. 8, Bl. 734/v; dto. Ernst K. v. 16. 1. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. a114 f.; zu ähnlichem Aussageverhalten ehemaliger Ordnungspolizisten vgl. Browning, Männer, S. 201–204 70
3. Teil: Der Einsatz des Kommandostabes 1941 VIII. „Barbarossa“. Der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion 1 Zur Größe u. Bewaffnung der Angriffsarmee vgl. Halder KTB v. 21. 6.1941, Bd. 2, S. 461; Bartov, Wehrmacht, S. 30 f.; zur Vernichtungspolitik vgl. die Beiträge in Wegner, Wege; Kaiser; Zusammenstellung mit Berichten Überlebender bei Kohl, Krieg; zu zahlreichen, auf sowjetischer Seite letztlich nicht beachteten Hinweisen auf den deutschen Angriff vgl. Bezymenskij, S. 103–113; vgl. insgesamt auch den ausführlichen Forschungsbericht von Müller/Ueberschär, Krieg. 2 Matthäus, Unternehmen, S. 372 f. 3 Vgl. Boll/Safrian, S. 266 ff. 4 Ein Überblick zur Wehrmachtbeteiligung an der Shoah bei Pohl, Wehrmacht, S. 39–52. 5 KTB OKW v. 19. 6. 1941, Bd. 1, S. 416; Bef. Gen.Kdo. XXXXII. AK v. 20. 6. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 2; vgl. Kdo.Bef. Nr. 2, Kdostab/Ia v. 21. 6.1941, ebd.; KTB Kdostab v. 19. u. 20. 6. 1941, ebd., A 1; nominell war der Kdostab der 9. Armee (Festungsstab Blaurock) unterstellt worden, der ihn mit den unterstellten SS-Einheiten dem AK zur Verfügung stellte, vgl. Tät.Ber. Kdostab/Ia v. 17.7. 1941, ebd., K 5, A 25. 6 Ebd.; KTB Kdostab v. 23.–27. 6. 1941, ebd., K 1, A 1. 7 Dto. v. 24. 6. 1941, ebd.; vgl. KTB Sich.Div. 129/Ia v. 23.–24. 6. 1941, BA-MA, RH 26–129/ 3. 8 Vern. Wilhelm A. v. 13. 12. 1967, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 13, Bl. 1829 f. 9 Dto. Thomas v. F. v. 8. 7. 1967, ebd., Bd. 14, Bl. 2108 f.; dto. Helmut W. v. 18. 3. 1968, ebd., Bd. 16, Bl. 2647 f. 10 Aussage Ottmar S. v. 23. 10. 1943, ebd., Bd. 19, Bl. 3552. 11 Tagesmeldung 1. SS-IB/Ia v. 25. 6. 1941, BA-MA, RH 24–42/12; im nachhinein wurde der Btl.Kdr. offenbar in keiner Weise für sein verbrecherisches Handeln gemaßregelt. 12 Urteil LG Köln v. 4. 5. 1957, JNSV, Nr. 444, Bd. 13, S. 107–111, 114 f.; das LG Köln stellte bei der Verurteilung von Ilges eine Mindestzahl von 30 erschossenen Personen fest. Aussagen von Zeugen belegen jedoch, daß in Wirklichkeit „mindestens 60 bis 70“ Menschen erschossen wurden, vgl. ebd., S. 114 f.; zur Präsenz des I. Btl. u. des Stabs des SS-IR 10 in Augustowo vgl. Bef. Gen.Kdo. XXXXII. A.K./Ia v. 24. 6. 1941, 17.40, VUA, Kdostab/K 1, A 2; Tagesmeldung 1. SS-IB/Ia v. 25. 6. 1941, BA-MA, RH 24–42/12. 13 Bef. Generalkommando XXXXII. AK v. 26. 6.1941, BAB, NS 19/3508 14 Schreiben OB 9. Armee v. 28. 6. 1941, BA-MA, RS 4/930; durch seinen Stabschef ließ er mitteilen: „Ohne den Einsatz der SS hätten wir in den letzten Tagen mehrfach nicht gewußt, was wir anfangen sollten“, vgl. KTB Kdostab v. 27. 6. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1. 15 Kdo.Bef. Nr. 9, Kdostab/Ia v. 27. 6. 1941, ebd., A 2. 16 Dto. Nr. 10, Kdostab/Ia v. 28. 6. 1941, ebd., A 10; KTB Kdostab v. 27. 6. 1941, ebd., A 1. 17 Irrtümlich vermutet Christian Gerlach entsprechendes, vgl. ders., Morde, S. 556. 18 RFSS an Rosenberg v. 24. 6.1941, BAB, NS 19/2803.
„Barbarossa“. Der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion
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19 Protokoll Chef Kdostab v. 6. 7.1941, VUA, Kdostab/K 1, A 2; Himmler traf Knoblauch u. die drei Kdr. der SS-Brig. am 30. 6., vgl. Dienstkalender Himmlers v. 30. 6. 1941, S. 181; Bef. Chef Kdostab v. 30. 6. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 2. 20 KTB Kdostab v. 1. u. 5. 7.1941, ebd., A 1; Tät.Ber. Kdostab/Ia v. 17. 7.1941, ebd., K 5, A 25. 21 „Einsatz von Truppen zur Befriedung des rückwärtigen Heeresgebietes und des Gebietes der politischen Verwaltung“, Folge 1–7 (undat./Juli 1941), ebd.; zur Herausgabe vgl. KTB Kdostab v. 6. u. 9. 7. 1941, ebd. K 1, A 1. 22 „Einsatz von Truppen […]“, Folge 5 (undat./Juli 1941), ebd., K 5, A 25. 23 Dto., unnumerierte erste Folge, ebd.; „präpariert“, wie Heer, Logik, S. 124, unterstellt, war der Kdostab also nur recht zweifelhaft. 24 Vgl. Angrick, Besatzungspolitik, S. 88. 25 Tät.Ber. Nr. 3, Kdostab/Ic v. 1. 7. 1941, VUA, Kdostab/K 10, A 93; vgl. das umfangreiche Verzeichnis der Materialien in der Anlage dto. Nr. 4, Kdostab/Ic v. 7. 7. 1941, ebd. 26 Zur vergeblichen Suche nach dieser sowjetischen Schrift vgl. ebd.; zu den vor Kriegsausbruch nicht existenten sowjetischen Planungen hinsichtlich einer Partisanenbewegung vgl. DRZW, Bd. 4, S. 752 f.; Armstrong/DeWitt, S. 75–79; Richter, Herrenmensch, S. 9 ff. 27 Instruktion Kdostab/Ic v. 17. 7.1941, VUA, Kdostab/K 10, A 94. 28 Tät.Ber. Kdostab/Ia 14.–20.7. v. 23.7. 1941, ebd., K 5, A 26. 29 Vgl. Bef. Stabschef SS-FHA v. 17. 6. 1941, BAB, NS 33/231. 30 Protokoll Chef Kdostab v. 6. 7. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 2. 31 Vern. Hans C. v. 25. 8. 1964, StAM, Staw. 21894, Bd. 15, Bl. b270. 32 Während der Besprechung vom 2.7. 1941, einem Mittwoch, hieß es: „Brigaden werden frühestens Ende nächster Woche abrücken.“ Der Einsatzbeginn war demnach nicht vor Samstag, dem 12. 7.1941 vorgesehen, vgl. Protokoll Chef Kdostab v. 6.7. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 2. 33 DRZW, Bd. 4, S. 1033; vgl. Tät.Ber. Berück. Süd/Ic v. 3. 9. 1941, BA-MA, RH 22/170; die zeitversetzte Einrichtung der rückwärtigen Heeresgebiete war genau geplant. Die Sich.Div. der Berück sollten bis dahin verschiedenen Armeen unterstellt u. dann erst für die geplanten Sicherungsaufgaben zurückgezogen werden, vgl. Anlage zu Schreiben Berück Süd v. 30. 5. 1941, ebd., RH 22/12; außerdem OB HGr Süd v. 3. 6. 1941, ebd. 34 KTB Kdostab v. 5. 7. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1; vgl. die Beschreibung des HimmlerBesuches in SS-Kavallerie, S. 16; an die Ansprache Himmlers konnten sich zahlreiche ehemalige Einheitsangehörige erinnern, vgl. Vern. Hans C. v. 25. 8. 1964, StAM, Staw 21894, Bd. 15, Bl. 270; dto. Ernst K. v. 16. 1.1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. a114; dto. Otto P. v. 21. 4. 1964, ebd., Bl. a188; dto. Georg P. v. 27.1.1969, ebd., a400; dto. Anton A. v. 3.11. 1962, ebd., Bd. 2, Bl. e27; dto. Jakob W. v. 10. 9. 1962, ebd., Bl. f30. 35 KTB Kdostab v. 8.7. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1. 36 Dto. v. 10. 7. 1941, ebd.; vgl. Kdo.Bef. Nr. 18, Kdostab/Ia v. 14. 7.1941, ebd., K 14, A 107. Der Bef. unterstellte die Einheiten des Kdostab „nach Überschreiten der Reichsgrenzen“ den HSSPF „taktisch und versorgungsmässig“. 37 Von Himmler wurde die für die W-SS geschaffene Konzeption sorgsam beachtet. Einen Anfang Juli 1941 geplanten Einsatz von Kp. des SS-IR 4 „zur Erledigung von Sonderaufträgen“ in Minsk, Baranowicze u. Wilna lehnte er mit der Begründung ab, die Einheiten würden dabei nicht im rückwärtigen Heeresgebiet operieren, vgl. KTB Kdostab v. 4.7. 1941, ebd., K 1, A 1; dto. Abt. O.Qu. v. 4. 7.1941, ebd., K 14, A 107. 38 Vgl. Wildt, Generation, S. 554. 39 Irrtümlicherweise wurde gerade der von Hitler verfügte frontnahe Einsatz der SS-Brig. Ende Juni 1941 als Beleg für das angeblich unklare Einsatzkonzept des Kdostab gewertet, vgl. Dienstkalender Himmlers, S. 41; Gerlach, Morde, S. 86 f., S. 564. 40 Zur Kriegssituation vgl. DRZW, Bd. 4, S. 452–486; Ueberschär, Scheitern, S. 141–145.
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Anmerkungen
41 Rundfunkrede Molotovs v. 22. 6. 1941, abgedruckt in: Ueberschär/Wette, Unternehmen, S. 325 f.; vgl. Rede Stalins v. 3. 7.1941, abgedruckt in: ebd., S. 326–329. 42 Heydrich informierte die vier HSSPF mit Schreiben v. 2. 7. 1941 nachträglich über die Aufgaben des RSHA in der Sowjetunion. Darin benannte er klar die zu erschießenden Personengruppen. Das Dokument ist abgedruckt in: Klein, Einsatzgruppen, S. 323–328; zur Praxis der EG in den ersten Kriegswochen vgl. detailliert Ogorreck, S. 110–160; zu den Polizeibataillonen Browning, Männer, S. 25–39; zu Pogromen in Ostpolen, die teils zumindest von der EG C angestiftet wurden, Zbikowski, Local Anti-Jewish Pogroms, S. 173–179; die EG B war in dieser Hinsicht nach eigener Aussage weniger erfolgreich: „Pogrome gegen die Juden zu inszenieren ist jedoch bisher wegen der Passivität und der politischen Stumpfheit der Weißrussen nahezu unmöglich gewesen.“ Vgl. EM 43 v. 5. 8. 1941, BAB, R 58/215. 43 Zu dem Zitat vgl. EM 14 v. 6. 7.1941, BAB, R 58/214; Bartov, Wehrmacht, S. 108–116. 44 Halder KTB, Bd. 3 v. 8.7. 1941, S. 52. 45 Tagebücher Goebbels, Bd. 1, Diktat v. 15.7. 1941, S. 72. 46 Der Inhalt des Treffens ist durch Aufzeichnungen Bormanns überliefert, Aktenvermerk Chef Partei-Kanzlei v. 16. 7.1941, IMG, Bd. 28, S. 86–94; vgl. Reitlinger, Haus, S. 167 ff.; Longerich, Politik, S. 362; Breitman, Architekt, S. 240 ff.; zu Bormann, dem Leiter der ParteiKanzlei vgl. EDH, Bd. 1, S. 231 ff.; Lammers war Chef der Reichskanzlei, vgl. ebd., Bd. 2, S. 848 f.; zu Keitel, dem Chef des OKW vgl. ebd., S. 749; Mitcham, Generalfeldmarschall. 47 Aktenvermerk Chef Partei-Kanzlei v. 16.7. 1941, IMG, Bd. 28, S. 87 f. 48 Ebd., S. 88. 49 Ebd., S. 92 f.; am folgenden Tag gab Hitler einen Erlaß zur polizeilichen Sicherung der besetzten Gebiete u. einen Erlaß über die Errichtung der Zivilverwaltung heraus, Führererlasse v. 17. 7.1941, abgedruckt in: Europa unterm Hakenkreuz, S. 164 ff. 50 Ergänzung Chef OKW zur Weisung Nr. 33 v. 23.7. 1941, abgedruckt in: Eine Schuld, S. 74. 51 Bef. General z.b.V./OBdH an Berück Nord, Mitte, Süd v. 23. 7. 1941, BA-MA, RH 22/271. 52 Longerich, Politik, S. 385; Browning, Männer, S. 38 f. 53 Vgl. Bericht EK 3 v. 1. 12. 1941, abgedruckt in: Klee/Dreßen/Rieß, S. 52 f.; Arthur Nebe, der Chef der EG B, schien ebenfalls schon Anfang August Erschießungen von jüdischen Frauen angeordnet zu haben; dem kamen die Kdos. mit Ausnahme des EK 9 jedoch nicht nach, vgl. Longerich, Politik, S. 372, Ogorreck, S. 178 f.; zum EK 9 vgl. Gerlach, Morde, S. 545 f. 54 Ermächtigungsschreiben Göring an CdS v. 31. 7. 1941, IMG, Bd. 26, Bl. 266 f. 55 Dienstkalender Himmlers, S. 185, Anm. 15; Rosenberg wurde mit Wirkung vom 17. Juli mit der Kontrolle über die unter Zivilverwaltung gestellten Gebiete beauftragt u. führte seitdem den Titel „Reichsminister für die besetzten Ostgebiete“, vgl. Führererlaß v. 17. 7.1941, abgedruckt in: Führer-Erlasse, Dok. 99, S. 186 ff.; am gleichen Tag wurde Himmler die „polizeiliche Sicherung der neu besetzten Ostgebiete“ übertragen. Damit war er in polizeilichen Fragen u. bezüglich der HSSPF gegenüber den zukünftigen RK weisungsbefugt, die Formulierung, daß „Weisungen allgemeiner Art oder von politisch grundlegender Bedeutung“ über Rosenberg zu leiten seien, deutete jedoch bereits eine Fortsetzung der bisherigen Querelen an u. mag ein zusätzlicher Grund für Himmlers intensive Initiativen in den rückwärtigen Heeresgebieten gewesen sein, vgl. dto. v. 17. 7. 1941, abgedruckt in: ebd., Dok. 100, S. 188 f.; dazu außerdem Breitman, Architekt, S. 242 f. 56 RFSS an Kdostab u. HSSPF Rußland Mitte v. 19. 7.1941, 22.12, VUA, Kdostab/K 1, A 2; vgl. KTB Kdostab v. 19. 7. 1941, ebd., A 1, S. 20; Büchler, S. 15. 57 Kdo.bef. Kdostab/Ia an SS-KR 1 u. 2 v. 19. 7.1941, BAB, NS 19/3489, Bl. 10 f., darin auch die Ernennung Fegeleins zum Kdr. beider Rgt.; zur offiziellen Bestätigung der Brigadestruktur durch Himmler vgl. Chef Kdostab an Stabschef SS-FHA v. 2. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 1,
„Barbarossa“. Der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion
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A 3; faktisch dauerte die Umstellung zur KB bis September 1941, vgl. dazu die beiden Bef. Stabschef SS-FHA v. 30. 8. u. 6. 9. 1941, BAB, NS 19/3489. 58 Kdo.Bef. Nr. 20, Kdostab/Ia v. 22. 7. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 2; vgl. KTB Kdostab v. 22. 7.1941, ebd., A 1; vgl. Büchler, S. 15. 59 Dto. v. 26. 7. u. 2. 8. 1941, ebd., S. 21 u. S. 23; vgl. Kdo.Bef. Nr. 21, Kdostab/Ia v. 28. 7.1941, VUA, Kdostab/K 1, A 2; schon am 12. 7. hatte Himmler in Bezug auf die 2. SS-Brigade erklärt, daß ein Einsatz im Bereich des HSSPF Prützmann noch nicht vorgesehen sei, vgl. KTB Kdostab v. 12. 7., ebd., A 1. 60 Vgl. Browning, Weg, S. 87; Angrick u. a., Tagebuch, S. 337. 61 Breitman, Auxiliaries, S. 23 ff.; Longerich, Politik, S. 401 ff. 62 Tät.Ber. Kdostab/Ic 20.–27. 7. v. 28. 7.1941, VUA, Kdostab/K 5, A 27. 63 In den strategischen Überlegungen hatten die Sümpfe bereits früh eine Rolle gespielt, vgl. Halder KTB, Bd. 2 v. 22.1. u. 17. 3.1941, S. 251, 319; zu den rassistischen Projektionen deutscher Stellen über die Bewohner des Pripjetgebiets vgl. Gerlach, Morde, S. 103 f. 64 Zur HGr Mitte vgl. DRZW, Bd. 4, S. 451–461; zur HGr Süd vgl. ebd., S. 470–486. 65 Ebd., S. 478, 484 f., 489–495, 508; Gerlach, Morde, S. 557 ff.; vgl. Halder KTB v. 3. 7.1941, Bd. 3, S. 37 f. 66 KTB Kdostab v. 7. 7. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1; KTB Kdostab/O.Qu. v. 7.7. 1941, ebd., K14, A 107. 67 Unter der falschen Datierung v. 10. 7. schrieb Bach-Zelewski über das Treffen in sein Tagebuch: „Heute kündigt Kommandostab RFSS den evtl. Einsatz der 1. SS-Reiterbrigade an.“ Tgb. Bach-Zelewski v. 10. 7. 1941, BAB, R 20/45b, Bl. 3; zum Besuch Himmlers am 8. 7. Angrick u. a., Tagebuch, S. 331–336; Dienstkalender Himmlers, S. 183, Anm. 8; dem Berück Mitte gab der Kdostab erstmals am 18. 7. die Entsendung der beiden SS-KR bekannt, Fernschr. Kdostab an Berück Mitte v. 18. 7.1941, 19.35, VUA, Kdostab/K 13, A 104; zur Person Schenckendorffs vgl. Meyer-Düttingdorf. 68 Hölzl, Polizeibataillon 316, S. 33–48; Browning, Männer, S. 33 ff.; die Darstellung bei Angrick u. a., Tagebuch, S. 334–336, daß ein großes Massaker beider PB bereits am 8. 7. 1941 stattgefunden habe, trifft wohl nicht zu, vgl. Hölzl, Polizeibataillon 316, S. 45 f.; das PB 322 selbst vermerkte am 8.7. nur die Erschießung von 12 Juden, vgl. KTB Pol.Btl. 322 v. 8. 7.1941, VUA, Pol.Rgt. Mitte, A 2–1–3. 69 KTB Berück Süd v. 21. 7. 1941, BA-MA, RH 22/3; zu Karl v. Roques’ vgl. Hasenclever; Steinkamp, S. 196, vermutet irrtümlich, daß Jeckeln alle drei SS-Brig. unterstellt wurden. 70 Tät.Ber. AOK 6/Ic v. 19.7. 1941, BA-MA, RH 20–6/490. 71 OB AOK 6 an RFSS v. 19. 7.1941, ebd.; vgl. Kdo.Bef. Nr. 20, Kdostab/Ia v. 22. 7.1941, VUA, Kdostab/K 1, A 2. 72 Tät.Ber. Kdostab/Ic 20.–27. 7. v. 28. 7. 1941, ebd., K 5, A 27; von Arthur Nebe, dem Kdr. der EG B, ist eine ähnliche Formulierung bekannt, die zeigt, wie intensiv die Ermordung der sowjetischen Juden in der zweiten Julihälfte 1941 von div. Stellen des SS-Apparates diskutiert wurde, vgl. Browning, Weg, S. 85 f. 73 Die Brig. war am 21. 7. 1941 aus ihrem bisherigen Standort in Arys aufgebrochen u. hatte über Ossowiec, Bialystok u. Slonim am 27. 7. Baranowicze erreicht. Einen Tag später meldete der Verband seine Einsatzbereitschaft, vgl. Tät.Ber. Kdostab/Ia 14.–20. 7. v. 23. 7.1941, VUA, Kdostab/K 5 A 26; Korpsbef. Nr. 32, Berück Mitte/Ia v. 21. 7. 1941, BA-MA, RH 22/224. 74 Tät.Ber. Kdostab/Ia 20. 7.–27. 7. v. 31. 7.1941, VUA, Kdostab/K 5, A 27. 75 KTB Kdostab v. 28. 7.1941, ebd., K 1, A 1; Funkspr. SS-KB an Kdostab v. 28. 7. 1941, NS 19/348, Bl. 17; Tät.Ber. Kdostab/Ia 20. 7.–27.7. v. 31. 7.1941, VUA, Kdostab/K 5, A 27; vgl. Korpsbef. Nr. 35, Berück Mitte v. 28. 7. 1941, BA-MA, RH 22/224. Halder notierte am 28. 7. über eine Besprechung mit Feldmarschall von Bock: „Bemühungen der Heeresgruppe, um die Kavallerie in ihrem Rücken unschädlich zu machen (Fegelein, Schenckendorff)“, Halder
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Anmerkungen
KTB, Bd. 2 v. 28.7. 1941, S. 128; eine beeindruckende literarische Schilderung der Gegend um Staryje Doroghi findet sich bei Levi, Atempause, S. 156–210; in den folgenden zwei Wochen operierte die Vorausabt. der SS-Kav. im Zusammenwirken mit den PB 307 u. 316 des PR Mitte sowie mit der ID 162 u. Teilen der 252. ID in der Gegend östlich von Sluzk. Die sowjetische Kav.einheit wurde von den deutschen Verbänden eingekreist u. in mehreren Gefechten aufgerieben, vgl. Korpsbef. Nr. 36, Berück Mitte v. 1. 8. 1941, BA-MA, RH 22/224; dto. v. 4. 8. 1941, ebd.; 10-Tagesmeldung Berück Mitte/Ia v. 1. 8. 1941, ebd., RH 22/227; Bericht Kdr. Vorausabt. (Reinhardt), 27.7.–3. 8. v. 12. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; ein ab dem 6. 8. in der Gegend entdeckter u. etwa 1800 Mann umfassender Teilverband der sowjetischen 121. ID wurde in den folgenden Tagen ebenfalls weitgehend zerschlagen, vgl. 10-Tagesmeldung Berück Mitte/Ia v. 10. 8.1941, BA-MA, RH 22/227; Bericht Kdr. Vorausabt. (Faßbender), 3.–12. 8. v. 12. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; Hölzl, Polizeibataillon 316, S. 57 f.; als Schenckendorff die Gesamtlage am 11. 8. wieder als weitgehend bereinigt ansah, hatten die Wehrmachtsverbände infolge der Kämpfe Verluste von 208 Toten u. fast 500 Verwundeten zu verzeichnen. Die Vorausabt. der SS-Kav. zählte als eigene Ausfälle lediglich einen Vermißten, zwei Schwerverletzte u. sieben leicht Verwundete, vgl. Korpsbef. Nr. 39, Berück Mitte v. 11. 8. 1941, BA-MA, RH 22/224; zu den Verlusten vgl. 10-Tagesmeldung Berück Mitte/Ia v. 1. u. 10. 8. 1941, ebd., RH 22/227; Bericht Feindlage bei SS-KB, Kdostab/Ic v. 12. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 29. 76 Zum Marschbef. an die Reit. Abt. vgl. Tät.Ber. SS-KR 2 v. 28. 7. 1941, ebd. K 24, A 153; zum Treffen berichtete der Kdostab: „Am 27.7. 1941 übermittelte SS-Brigadeführer Knoblauch in Baranowicze dem Höh.SS- und Pol.Führer Mitte, SS-Gruppenführer von dem Bach und SS-Standartenführer Fegelein Richtlinien des RF-SS für den Einsatz der SS-Kav.Brigade für die Durchkämmung der Pripjet-Sümpfe.“ Tät.Ber. Kdostab/Ia 20.–27. 7. v. 31. 7.1941, ebd. K 5, A 27; die betreffende Passage belegt, daß der vom 28. 7. datierte Bef. Himmlers von Knoblauch bereits einen Tag früher überbracht wurde. 77 Kommandosonderbef. RFSS, Kdostab/Ia v. 28. 7. 1941, ebd., K 14, A 107. 78 Rgt.bef. Nr. 42, SS-KR 1/Ia v. 27. 7. 1941, BAL, Dok.Slg. Versch. 17, Bl. 2–5. 79 Kdo.Bef. Nr. 22, Kdostab/Ia v. 28. 7. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 2. 80 SS-KB an SS-KR 2 v. 29. 7.1941, BA-MA, RS 4/936. 81 Vgl. Dienstkalender Himmlers v. 31. 7. 1941, S. 189; die Angabe Bach-Zelewskis, der den Besuch Himmlers auf den 29. 7. datierte, ist falsch, Tgb. Bach-Zelewski v. 29.7. 1941, BAB, R 20/45b, Bl. 6; vgl. Breitman, Architekt, S. 252–255; zu einem bei dieser Gelegenheit mündlich gegebenen Tötungsbefehl Himmlers vgl. SS-KR 2 an Reit. Abt. v. 1. 8. 1941, 10.00, BA-MA, RS 3–8/36. 82 Bef. Kdr. SS-KB v. 1. 8. 1941, ebd., RS 3–8/20. 83 Tät.Ber. Kdostab/Ia, 20.–27. 7. v. 31. 7. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 27; vgl. Tät.Ber. 1. SSIB/Ia (zu Ziffer 14), 23.–27. 7. v. 27. 7. 1941, ebd., K 19, A 130; KTB Berück Süd/Ia v. 23. 7.1941, BA-MA, RH 22/3. 84 HSSPF Rußland Süd an 1. SS-IB v. 25. 7. 1941, ebd., RH 22/5. 85 Vgl. ebd.; das gleichzeitig eingesetzte PR Süd hatte die Aufgabe, den Raum nach Osten abzuriegeln, vgl. Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 27.–30. 7. v. 30. 7. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130. 86 Vern. Peter B. v. 24. 5.1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 9, Bl. 803b; vgl. dto. Emil S. v. 18. 11.1968, ebd., Bd. 18, Bl. 3442 f.; Büchler, S. 15; die Darstellung stützt sich auf die Aussage eines ehemaligen Brigadeangehörigen in: Informations- u. Pressedienst der österreichischen Widerstandsbewegung Nr. 5 (1975). 87 Vgl. Vern. Günter R. v. 17. 2.1964, StAM, Staw 22518, Bd. 2, Bl. 247 f.; dto. Johann E. v. 19. 2. 1964, ebd., Bl. 259–263; dto. Albrecht H. v. 24. 4.1964, ebd., Bl. 389; dto. Walter B. v. 13. 12. 1964, ebd., Bd. 7, Bl. 369 ff.; dto. Otto E. v. 31. 5. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 9, Bl. 810; dto. Hans W. v. 17. 7.1967, ebd., Bd. 14, Bl. 2175; dto. Gerhard U. v. 12. 7.1967, ebd., Bl. 2180 f.; dto. Otto H. v. 15. 3. 1971, ebd., Bd. 24, Bl. 5320.
Judenmord. Erste Einsätze der Brigaden
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88
Dto. Alfred J. v. 23. 4. 1964, ebd., Bd. 2, Bl. 380. Dto. Peter B. v. 8. 12.1964, ebd., Bd. 7, Bl. 330. 90 Dto. Georg L. v. 20. 3. 1968, ebd., Bd. 16, Bl. 2661. 91 Dto. Hans V. v. 12. 11. 1965, ebd., Bd. 10, Bl. 1393; dto. Karl L. v. 20. 1. 1967, ebd., Bd. 11, Bl. 1618. 92 Dto. Fritz C. v. 10.12. 1964, ebd., Bd. 7, Bl. 352. 89
IX. Judenmord. Erste Einsätze der Brigaden 1
EJ, Bd. 13, Sp. 735–751, 768–771; vgl. EDH, Bd. 3, S. 1567 ff.; Gerlach, Morde, S. 36–44. Abt.bef. Nr. 24, Kdr. Reit. Abt. SS-KR 1 v. 29. 7. 1941, BA-MA RS 4/441. 3 Einsatzbef. Nr. 1, Kdr. Reit. Abt. SS-KR 1 v. 29. 7. 1941, ebd. 4 Abschlußbericht Kdr. Reit. Abt. SS-KR 1 v. 11. 8. 1941, ebd. Im Folgenden wird dieser, unter anderem wohl für die Wehrmacht bestimmte Einsatzbericht Lombards als „Abschlußbericht I“ angegeben. Ein weiterer, von Lombard am gleichen Tag verfaßter Bericht wird der Eindeutigkeit halber als „Abschlußbericht II“ zitiert. 5 Abt.bef. Nr. 28, Kdr. Reit. Abt. v. 1. 8. 1941, ebd. Der Inhalt des Funkspruchs dürfte identisch mit dem gewesen sein, den die Reit. Abt. des SS-KR 2 am gleichen Tag empfing. 6 Vgl. dto. Nr. 36 u. 37 v. 9. u. 11. 8. 1941, ebd. 7 Zur Bedeutung des Begriffs vgl. EDH, Bd. 1, S. 412 f. 8 Abschlußbericht I, Kdr. Reit. Abt. v. 11. 8.1941, BA-MA, RS 4/441. 9 Funkspr. HSSPF Rußland Mitte v. 2. 8.1941, 20.35, VUA, Kdostab/K 12, A 101. 10 Friedlaender, S. 141 f.; vgl. Aussage des Überlebenden Boris T. v. 8. 4. 1962, StAM, Staw 21894, Bd. 3, Bl. 110; Vern. Otto K. v. 14. 3. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. g43 ff. Der Zeuge gehörte zur 2. Schwdr., die den Abteilungsstab bei den Erschießungen in Chomsk unterstützt hatte, vgl. Abschlußbericht I, Kdr. Reit. Abt. v. 11. 8. 1941, BA-MA, RS 4/441. Obwohl sich der Zeuge nicht mehr an den Namen der Stadt erinnern konnte, muß er Chomsk gemeint haben, da die 2. Schwdr. danach nicht mehr bei einer ähnlich großen Mordaktion eingesetzt wurde; der Abteilungsstab meldete am 1. 8. die Erschießung von 249 „Plünderern“, Abt.bef. Nr. 28, Kdr. Reit. Abt. v. 1. 8. 1941, ebd.; von der 2. Schwdr. wurde am nächsten Tag die Erschießung von 118 Juden gemeldet, der Abteilungsstab erschoß am 2. 8. 664 Juden, vgl. dto. v. 2. 8. 1941, ebd.; damit sind in den Angaben von Lombards Reit. Abt. längst nicht alle Opfer enthalten. Von dem Bach meldete am 2. 8. bereits um 12.20 Uhr, daß das Reiterregiment 1 „788 Plünderer, Juden und Kommissare“ erschossen habe, vgl. Funkspr. HSSPF Rußland Mitte v. 2. 8.1941, 12.20, VUA, Kdostab/K 12, A 101. 11 Abschlußbericht II, Kdr. Reit. Abt. v. 11. 8. 1941, BA-MA, RS 4/441; in dem Bericht ist außerdem die Beteiligung der 2. Schwdr. angedeutet; Lombard hatte bereits am 31. 7. mit seinem Stab die Übernahme des Raumes um Chomsk für den 1. 8. angekündigt, Abt.bef. Nr. 27, Kdr. Reit. Abt. v. 31. 7.1941, ebd. 12 Hurban Motele, S. 6–15; vgl. Aussage des Überlebenden Boris T. v. 8. 4. 1962, StAM, Staw 21894, Bd. 3, Bl. 109. 13 Vgl. Hurban Motele, S. 15 f. 14 Ebd., S. 16–20; vgl. Aussage des Überlebenden Boris T. v. 8. 4. 1962, StAM, Staw 21894, Bd. 3, Bl. 109 f. 15 Zur Ermordung der Männer Motols vgl. ebd.; Hurban Motele, S. 20 ff. 16 Zur Vernichtung der Gemeinde von Motol vgl. ebd., S. 22–25; Aussage des Überlebenden Boris T. v. 8. 4.1962, StAM, Staw 21894, Bd. 3, Bl. 109 ff.; die zuständige sowjetische UK ermittelte für das Massaker ebenfalls eine Opferzahl von 3000 Juden, vgl. Longerich, Politik, S. 682, Anm. 351; übereinstimmend die Darstellung bei Cholawsky, S. 150 f. 17 Aussage des Überlebenden Boris T. v. 8. 4. 62, StAM, Staw 21894, Bd. 3, Bl. 109. 18 Für die 1. Schwdr. wurden am 2. 8. 1941 364 u. am Tag darauf 805 erschossene Juden gemeldet. Die Exekutionszahlen des Abteilungsstabes vom 2. 8. über 664 Juden bezogen sich 2
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Anmerkungen
noch auf das Massaker in Chomsk. Sehr wahrscheinlich bezieht sich auch die Angabe der 1. Schwdr. über die 364 getöteten Juden auf eine frühere, unbekannte Mordaktion. Für den 3. 8. meldete der Abteilungsstab lediglich 10 erschossene Juden. Folglich sind die von der Reit. Abt. für die Massaker in Motol gemeldeten Angaben viel zu niedrig, vgl. Abt.bef. Nr. 29 u. Nr. 30 v. 2. u. 3. 8.1941, BA-MA, RS 4/441. 19 Dto. Nr. 30, Kdr. Reit. Abt. v. 3. 8.1941, ebd.; zum Besuch Bach-Zelewskis bei Lombard vgl. Abschlußbericht II, Kdr. Reit. Abt. v. 11. 8.1941, ebd.; außerdem Tgb. Bach-Zelewski, BAB, R 20/45b, Bl. 6 (mit der falschen Datierung v. 2. 8. 1941). 20 Abt.bef. Nr. 30, Kdr. Reit. Abt. v. 3. 8. 1941, BA-MA, RS 4/441. 21 Dto. Nr. 31 v. 4. 8.1941, ebd. 22 Für die Mordaktion wurden der 1. Schwdr. zusätzlich die dem Abteilungsstab unterstellten Teile der 4. Schwdr. zugeteilt, vgl. ebenda. 23 Telekhan, S. 4–11. 24 Telekhan, S. 11 f.; vgl. Hölzl, Polizeibataillon 316, S. 52. 25 Aussage des Überlebenden Israel C. v. 3. 9. 68, BAL 202 AR-Z 42/62, Bd. 10, Bl. 1725 f. C. erinnerte sich an die weißen Pferde der deutschen Reitereinheit, was die Urheberschaft der 1. Schwdr. für das Massaker in Telechany belegt. 26 Telekhan, S. 3–6; die 1. Schwdr. hatte am 5. 8. die Erschießung von lediglich 430 Juden gemeldet; für den 6. 8. befahl Lombard: „1. Schw.: beendet die Aktion Telechany. Die ihr nachmittags, 5. 8. unterstellten Schützen 4. Schw. treten zurück“, Abt.bef. Nr. 32, Kdr. Reit. Abt. v. 5. 8. 1941, BA-MA RS 4/441; zum Verlauf der Mordaktion vgl. Aussage des Überlebenden Israel C. v. 3. 9. 68, BAL 202 AR-Z 42/62, Bd. 10, Bl. 1725 f. 27 Abt.bef. Nr. 32 v. 5. 8. 1941, BA-MA, RS 4/441; die Gesamtzahl der jüdischen Opfer stammt aus weißrussischen Quellen, vgl. Gerlach, Morde, S. 872; da in den Abt.bef. am 6. u. 7. 8. keine Exekutionszahlen auftauchten, müssen in der am 8. 8. von der 1. Schwdr. gemeldeten Gesamtzahl von 701 ermordeten Juden u. a. die in Telechany noch am 6. 8. getöteten Opfer, u. die an beiden Tagen in Swieta Wola ermordeten Juden enthalten gewesen sein, vgl. Abt.bef. Nr. 35, Kdr. Reit. Abt. v. 8. 8. 1941, BA-MA, RS 4/441. 28 Vgl. ebd. Wo die SS-Reiter die Massaker verübten, ist nicht eindeutig rekonstruierbar. 29 Dto. Nr. 36 v. 9. 8.1941, ebd. 30 Als Ergebnis der Einsätze vom 9. u. 10. 8. meldete die 1. Schwdr. am 11. 8. um 7.00 Uhr Morgens 40 getötete Juden, die 2. Schwdr. hatte im gleichen Zeitraum 418 u. die 3. Schwdr. 369 Juden erschossen, dto. Nr. 37 v. 11. 8. 1941, ebd. 31 Ebd. 32 Zur Mordaktion in Hancewicze vgl. Vern. Werner B. v. 18. 5. 1965, BAL, 202 AR-Z 42/ 62, Bd. 8, Bl. 1121 ff.; dto. Karl A. v. 26. 5.1965, ebd. S. 1156 f.; zur Verstärkung der 1. Schwdr. vgl. Abt.bef. Nr. 37, Kdr. Reit. Abt. v. 11. 8. 1941, 8.00, BA-MA, RS 4/441. 33 Personalbef. Nr. 4, Kdostab Abt. IIa v. 14. 8. 1941, BAB, NS 33/25; Lombard wurde zwar mit Wirkung vom 5. 8.1941 mit der Regimentsführung beauftragt, vgl. Dienstlaufbahn, BAB, SSO Gustav Lombard, während des gesamten ersten Pripjeteinsatzes unterzeichnete er jedoch sämtliche Bef. u. die beiden Abschlußberichte noch als Abt.Kdr, vgl. BA-MA, RS 4/ 441; in einer seiner Aussagen bestätigte er, erst im Anschluß an den ersten Einsatz mit der Regimentsführung beauftragt worden zu sein, vgl. Vern. dess. v. 10. 3. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. e60 f. 34 Interessanterweise waren alle 16 Angehörigen der Reit. Abt. des RR 1, denen bis Anfang September 1941 von Schenckendorff Orden verliehen wurden, in Lombards Bericht vom 11. 8. genannt worden, vgl. Korpstagesbef. über Ordensverleihung, Berück Mitte/Ia v. 16. 9. 1941, BA-MA, RH 22/225; Abschlußbericht II, Kdr. Reit. Abt. v. 11. 8. 1941, ebd., RS 4/441. 35 Vgl. Tät.Ber. SS-KR 1/Ia 27.–31. 7. v. 31.7. 1941, dto. 31. 7.–3. 8. v. 4. 8.1941, dto. 3.–6. 8. v. 7. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 152; dto. SS-KB/Ia 6.–10. 8. v. 11. 8. 1941, ebd. 36 Vgl. Abschlußbericht I, Kdr. Reit. Abt. v. 11. 8. 1941, BA-MA, RS 4/441.
Judenmord. Erste Einsätze der Brigaden
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37 In einer frühen Version seines Abschlußberichts II gab Lombard die Zahl der getöteten „Plünderer“ noch mit 4924 an. Nachdem ihm das Ergebnis des Massakers in Hancewicze übermittelt worden war, korrigierte Lombard die Gesamtzahl auf 6504, vgl. Abschlußberichte I u. II, Kdr. Reit. Abt v. 11. 8. 1941, ebd. 38 Vgl. Abt.bef. Nr. 31, Kdr. Reit. Abt. v. 4. 8. 1941, ebd.; außerdem dto. Nr. 26, 32, 33 v. 30. 7., 5. 8., 6. 8. 1941, ebd. 39 Lombard erwähnte am 3. u. 5. 8. 1941, daß die 3. Schwdr. bisher noch kein Tagesergebnis gemeldet habe. An den folgenden Tagen, wurde das jeweilige Ergebnis der Schwdr. aber auch nicht mehr nachgemeldet, dto. Nr. 30 bis Nr. 33 v. 4. bis 6. 8. 1941, ebd. 40 Teilergebnisse wurden von der Massenerschießung in Chomsk gemeldet, vgl. dto. Nr. 29 v. 2. 8. 1941, ebd.; aus Motol meldete die 1. Schwdr. offenbar nur die Erschießung der jüdischen Männer, vgl. dto. Nr. 30 v. 3. 8. 1941; als ebenso lückenhaft stellt sich die Berichterstattung über die Massenmorde in Telechany u. Swieta Wola dar, vgl. dto. Nr. 35 v. 8. 8. 1941, ebd. 41 Vgl. Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, in: JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 45. 42 Ebd., S. 28 f.; Vern. Franz Magill v. 15. 11. 1960, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 1, Bl. 23 f.; BAB, SSO Franz Magill. 43 EDH, Bd. 2, S. 1113. 44 Tät.Ber. SS-KR 2/Ia 31.7.–3. 8. v. 4. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24 A 153; die 3. Schwdr. operierte damit in einem Gebiet, das eigentlich bereits zum rückwärtigen Heeresgebiet Süd gehörte, vgl. die Karte (Stand 8/1941) im KTB/Qu. Berück Mitte, BA-MA, RH 22/247, Bl. 42; die teilweise falsche Beschreibung der Einsatzgebiete u. Marschwege der Schwdr. in JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 46, beruhte auf Angaben Magills, der bei seiner Aussage während der Hauptverhandlung die Wege der 1. u. 2. Schwdr. verwechselte, vgl. Vern. Franz Magill v. 17. 2. 1964, StAW, Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 5. 45 Tät.Ber. SS-KR 2/Ia 28. 7.–30. 7. v. 30. 7. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 153. 46 Zum Einsatzbeginn vgl. dto. SS-KR 2/Ia 26.–30. 7. v. 30. 7.1941, ebd., K 24, A 153; bzgl. der Tagesmeldungen vgl. Funkspr. SS-KR 2 v. 30. 7. 1941, BA-MA, RS-3–8/36. 47 Funkspr. SS-KR 2 v. 1. 8. 1941, 10.00, ebd.; Lombards Abt. empfing wohl einen Bef. gleichen Wortlauts. 48 Zu den Erschießungen vgl. Schreiben ZSL v. 11. 3. 65, StAM, Staw 21894, Bd. 8, Bl. 1530 f.; die Orte lagen im Einsatzgebiet der 3. Schwdr., vgl. Tät.Ber. SS-KR 2/Ia v. 4. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 153. 49 Aussage des Überlebenden Boris T. v. 17. 3. 1964, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 267; Odrozyn war am 3. 8. Standort der 4. Schwdr., vgl. Tät.Ber. SS-KR 2/Ia v. 4. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 153. 50 Dto. SS-KR 2/Ia, 31. 7.–3. 8. v. 4. 8.1941, ebd.; allein am Abend des 3. 8. meldete die Abt. den Tod von 35 Juden, vgl. Funkspr. ders. v. 3. 8. 1941, 19.35, BA-MA, RS 4/936. 51 Dto. SS-KR 2 an Reit. Abt. v. 3. 8. 1941, 10.57, ebd., RS 3–8/36; der später im Braunschweiger Verfahren freigesprochene Regimentsadjutant Walter Bornscheuer vermutete während der Hauptverhandlung, daß „wir auch von oben gedrückt wurden, nur deshalb habe ich durch Funkspr. die Zahlen über die erschossenen Plünderer […] angefordert“, vgl. Vern. dess. v. 18. 2. 1964, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 20; ein Angehöriger der 3. Schwdr. sagte zudem aus, sein Zugführer habe wegen ausbleibender Einsatzberichte „einen auf den Dekkel“ bekommen, dto. Peter B. v. 2. 11. 1962, BAL. 204 AR-Z 296/60, Bd. 3, Bl. 642. 52 Vgl. Urteil LG Braunschweig v. 20. 4.1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 48; das Gericht schloß sich in seiner Urteilsbegründung der Version einiger Angeklagter an, nach der die Schwadr. erst um den 3. 8. durch einen per Kurier überbrachten Rgt.bef. über den befohlenen Massenmord an der jüdischen Bevölkerung instruiert worden seien; dieser nicht erhalten gebliebene Bef. kann aber nur eine Wiederholung vorheriger Anordnungen gewesen sein. Immerhin beweisen die bereits organisierten Erschießungen die Existenz früherer Bef.
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Anmerkungen
Janow, S. 217–229. Vgl. ebd., S. 228–235. 55 Ebd., S. 235 ff.; der jüdische Überlebende Louis R. gab an, daß bei dem Massaker in Janow etwa 500 Juden ermordet wurden, vgl. Schreiben World Jewish Congress v. 1. 2.1962, StAW, 62 Nds. FB. 2, Bd. 1265, Bl. 209 f.; ein anderer Überlebender sprach dagegen von 800 ermordeten Männern, vgl. Aussage Boris T. v. 8. 4. 1962, StAM, Staw 21894, Bd. 3, Bl. 110; dto. dess. am 17. 3. 1964, StAW, 62 Nds. FB. 2, Bd. 1289, Bl. 267. 56 Zur Mordaktion in Borobice vgl. Schreiben World Jewish Congress v. 19. 1. 1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 1, Bl. 202; die Reit. Abt. meldete am 6. 8. um 5.45 Uhr 301 erschossene „Plünderer“, vgl. ders. an SS-KR 2 v. 6. 8., BA-MA, RS 4/936; möglicherweise bezog sich die Meldung auf das Massaker in Borobice; zu den Erschießungen in Lohiszyn vgl. 2. SSKav.Rgt an Reit. Abt. v. 7. 8. 1941, 18.50, ebd.; Aussage des Überlebenden Aaron S. v. 19. 6. 1962, StAM, Staw 21894, Bd. 3, Bl. 112; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4.1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 57 f. 57 Ebd. S. 49; vgl. Vern. Walter S. v. 11. 7.1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 389. 58 EJ, Bd. 13, Sp. 538–544; EDH, Bd. 2, S. 1113; vgl. Müller, Feuer, S. 45–55. 59 Zur Größe der Gemeinde vgl. EDH, Bd. 2, S. 1113; EJ, Bd. 13, Sp. 538; Müller, Feuer, S. 50; Fatal-Knaani, S. 150 f., schätzt deren Größe auf 26 000. 60 Zum EK z.b.V. vgl. EM 25 v. 17. 7. 1941, BAB, R 58/214; Büchler, S. 13; zum Auftreten der Deutschen in Pinsk die Aussagen der Überlebenden Golda G. v. 2. 4. 1961, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 1, Bl. 123; dto. Haja S. v. 17. 4. 1961, ebd., Bl. 136c. 61 Vern. Hermann Worthoff v. 11. 3. 1963, ebd., Bd. 4, Bl. 990–993; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4.1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 49 f.; vgl. Büchler, S. 16 f. 62 Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 50; Aussage des Überlebenden Aleksy J. v. 19. 3. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 1119 f. 63 Vern. Otto K. v. 3. 7.1962, ebd., Bd. 2, Bl. 358 f.; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 50. 64 Ebd., S. 51 f.; 65 Aussage des Überlebenden Arie D. v. 27. 8.1961, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 1, Bl. 117 f.; dto dess. v. 17. 3. 1964, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 258 f. 66 Zum Ablauf vgl. ebd.; ferner Vern. Otto K. v. 3. 7. 1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 359 f.; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 50 f. 67 Reit. Abt. an SS-KR 2 v. 6. 8. 1941, 13.21, BA-MA, RS 4/936. Das in der Literatur bisher nicht wahrgenommene u. auch von der Braunschweiger Staatsanwaltschaft offenbar nicht entdeckte Funkprotokoll stellt einen der entscheidenden Hinweise auf den 6. 8. als Datum der ersten Erschießungsaktion in Pinsk dar. Das Dokument ist Teil einer Reihe von mitunter mehrmals täglich beim Regimentsstab eingegangenen u. durchnumerierten Funksprüchen der Reit. Abt. Eine falsche Datierung erscheint demnach unwahrscheinlich. 68 Vern. Hermann Worthoff v. 4. 1. 1961, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 1, Bl. 62; ehemalige Angehörige der 1. Schwdr. bestätigten den Besuch Bach-Zelewskis, der auch die Erschießungen beobachtete, vgl. Vern. Otto K. v. 3. 7.1962, ebd., Bd. 2, Bl. 360; dto. Johann S. v. 13. 7. 1962, ebd., Bl. 417; jüdische Überlebende berichteten ebenfalls von der Landung eines Flugzeugs, vgl. die Aussagen STAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 258, 260, 266. 69 Auf dem Funkprotokoll vom Mittag vermerkte der Schreiber beim Regimentsstab zusätzlich mit Buntstift: „(um 18.00 wurden 2300 gemeldet)“, Funkspr. Reit. Abt. an SS-KR 2 v. 6. 8. 1941, 13.21, BA-MA, RS 4/936. 70 Vom Einsatz der Maschinengewehre vor Einbruch der Dämmerung berichteten ehemalige SS-Männer, Vern Hugo L. (Angehöriger des 3. Zuges der 1. Schwdr.) v. 6. 3.1963, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1270, Bl. 46; zur Ausplünderung der Leichen vgl. Aussage des Überlebenden Aleksy J. v. 19. 3.1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 1120. 71 Vgl. Aussagen der Überlebenden, Arie D. v. 27. 8. 1961, ebd., Bd. 1, Bl. 125; Haja S. v. 54
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17. 4. 1961, ebd., Bl. 136c; Tamar K. v. 23. 4.1961, ebd., Bl. 136g; EDH, Bd. 2, S. 1113; mit höheren Opferzahlen Müller, Feuer, S. 74; vgl. Gerlach, Morde, S. 563. 72 Aussage des Überlebenden Aleksy J. v. 19. 3. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 1120. 73 Tät.Ber. SS-KR 2/Ia 4.–6. 8. v. 7. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 153. 74 Reit. Abt. an SS-KR 2 v. 6. 8. 1941, 13.21, BA-MA, RS 4/936. 75 Aussage der Überlebenden, Golda G. v. 2. 4. 1961, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 1, Bl. 125; dto. Mania S. v. 11. 4. 1961, ebd., Bl. 131; dto. Abraham P. v. 13. 4. 1961, ebd., Bl. 135; dto. Haja S. v. 17. 4.1961, ebd., Bl. 136c; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 51. 76 Vern. Franz Magill v. 17. 2. 1964, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 8; Reit. Abt. an SS-KR 2 v. 7. 8. 1941, 6.15, BA-MA, RS 4/936; ein ehemaliger Angehöriger der 1. Schwdr. bestätigte, daß die zweite Mordaktion am Tag nach der ersten Massenerschießung stattfand u. nicht mindestens zwei Tage später, wie das Braunschweiger Gericht annahm, Vern. Otto K. v. 3. 7.1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 361. 77 Zur Zusammentreibung der Jungen u. Männer vgl. Aussage des Überlebenden Aleksy J. v. 19. 3. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 1120; dto. Golda G. v. 2. 4. 1961, ebd., Bd. 1, Bl. 125; dto. Arie D. v. 27. 8.1961, ebd., Bl. 119; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4.1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 52. 78 Aussage der Überlebenden Mania S. am 17. 3. 1964, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 261. 79 Zum Ablauf u. zur Zahl der Opfer vgl. Aussagen der Überlebenden Arie D. v. 27. 8.1961, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 1, Bl. 119; Golda G. v. 2. 4. 1961, ebd., Bl. 125; Mania S. v. 11. 4. 1961, ebd., Bl. 131; Abraham P. v. 13. 4. 1961, ebd., Bl. 135; Haja S. v. 17. 4. 1961, ebd., Bl. 136d; Tamar K. v. 23. 4.1961, ebd., Bl. 136g; Aussagen der jüdischen Zeugen am 17. 3. 1964, StAW, 62 Nds. FB. 2, Bd. 1289, Bl. 256–267; Auszüge der Vernehmungen ehemaliger Angehöriger der 4. Schwdr. im Zwischenbericht ZSL v. 12. 11. 1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 3, Bl. 596–600; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4.1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 52 f.; die Reit. Abt. meldete in der Zeit vom 7. bis 10. 8. lediglich am 10. 8. die Erschießung von 122 Personen, Funkspr. Reit. Abt. v. 10. 8. 1941, 22.00, BA-MA, RS 4/936; folglich müssen sich fast alle der im betreffenden Tät.Ber. des Rgt. aufgeführten 2522 Erschossenen auf die Mordaktion am 7. 8. in Pinsk bezogen haben, Tät.Ber. SS-KR 2/Ia 7.–10. 8. v. 11. 8. 1941, ebd., RS 4/932. 80 Aussage des Überlebenden Aleksy J. v. 19. 3. 1963, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Band 1289, Bl. 257; vgl. Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 53 f. 81 Funkspr. SS-KR 2 v. 8. 8. 1941, 11.10, BA-MA, RS 3–8/36; Magill bestätigte in der Hauptverhandlung den Inhalt des Funkspr.: „Das sollte die Judenerschießungen bedeuten, sicherlich, ich erinnere mich, daß ich diesen Funkspruch erhalten habe.“ Vern. dess. v. 17. 2. 1964, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 10. 82 Funkspr. Reit. Abt. v. 7. 8. 1941, 18.10, BA-MA, RS 4/936; auch das Gericht bewertete die Anforderung von LKW’s als einen Versuch, die Vernichtungsaktion weiter zu beschleunigen, Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 54. 83 SS-KR 2 an Reit. Abt. v. 8. 8. 1941, 16.50, BA-MA, RS 3–8/36. 84 In einem etwa zeitgleich abgegangenen Funkspr. der Brig. an die Reit. Abt. des 1. SSKR hieß es: „sofort Verbindung zu linken Teilen SS-Kav.Rgt. 2 in Lohiszyn aufnehmen. Erreichte Linie umgehend melden.“ Der Text belegt, daß bei der Einsatzführung Wert darauf gelegt wurde, daß beide Abt. Kontakt zueinander hielten u. den Vormarsch jeweils miteinander koordinierten, Funkspr. SS-KB (undat./wohl 9. 8. 1941), ebd., RS 3–8/20. 85 Während der Hauptverhandlung bezeugten jüdische Überlebende die Größenordnung von etwa 10 000 Opfern, vgl. Aussage Aleksy J. v. 17. 3. 1964, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 256 ff.; dto. Arie D., ebd., Bl. 258 f.; dto. Mania S., ebd., Bl. 260 f.; dto. Abraham P., ebd.,
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Anmerkungen
Bl. 261 f.; Cholawsky, S. 71 nennt eine Zahl von 11000 ermordeten Juden; Büchler, S. 17 nennt die gleiche Opferzahl; mit wenig genauen Angaben Gerlach, Morde, S. 563 f.; Birn, Wirklichkeit, S. 282, nennt nur die offiziellen Zahlen der SS; vgl. die Erinnerungen eines zur gleichen Zeit in der Stadt stationierten Wehrmachtssoldaten, Mirek, S. 172–176. Er rettete etwa 20 Juden vor der Ermordung durch die SS. Zudem photographierte er die Erschießungsstelle u. gab die Aufnahmen an die Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen u. Arvid Harnack weiter. 86 EM 58 v. 20. 8. 1941, BAB, R 58/216; vgl. Birn, Wirklichkeit, S. 282. 87 Zwischenbericht ZSL v. 12. 11.1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 3, Bl. 572; vgl. Aussage des Überlebenden Aaron S. v. 19. 6. 1962, StAM, Staw 21894, Bd. 3, Bl. 112. 88 Dto. v. 17. 3. 1964, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 265 f.; der Zeuge identifizierte die 1. Schwdr. an den zahlreichen weißen Pferden. 89 Der Stab der Reit. Abt. u. die 4. Schwdr. meldeten seit dem 11. 8. als eigenen Standort Luninec, Funkspr. Reit. Abt. v. 11. 8. 1941, 10.05 u. 19.30, BA-MA, RS 4/936. Eine sowjetische UK zählte im Jahr 1945 bei der Untersuchung von Massengräbern die Leichen von 1312 Männer, die nach Augenzeugenberichten im August 1941 ermordet worden waren, vgl. die Übersetzung des Berichts v. 10. 4. 45, BAL, 204 AR-Z 393/59, Bd. 20, Bl. 4976 ff. Da die 4. Schwdr. wohl erst am Abend in Luninec eintraf, werden die Massenerschießungen höchstwahrscheinlich frühestens am folgenden Tag begonnen haben. 90 EJ, Bd. 5, Sp. 1360. 91 Ebd.; Memorial Book, S. 61. 92 Vern. Willi M. v. 17. 6. 1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 419 f.; vgl. Memorial Book, S. 91; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 58 f. 93 Vern. Willi M. v. 17. 6. 1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 419 f.; dto. Peter C. v. 1. 8. 1962, ebd., Bl. 441 f.; dto. Gerhard B. v. 8. 3. 1963, ebd., Bd. 4, Bl. 1016 f.; dto. Michael S. v. 23. 4. 1963, ebd., Bl. 1239; vgl. Memorial Book, S. 91. 94 Vgl. Vern. Clemens F. v. 9. 7.1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 375; dto. Willi M. v. 17. 6. 1962, ebd., Bl. 367. 95 Dto. Max M. v. 10.7. 1962, ebd., Bl. 379 f.; dto. Willi M. v. 17. 6. 1962, ebd., Bl. 419 f.; dto. Peter C. v. 1. 8. 1962, ebd., Bl. 441 f.; dto. Gerhard B. v. 8. 3. 1963, ebd., Bd. 4, Bl. 1017 f.; dto. Michael S. v. 23. 4. 1963, ebd., Bl. 1239; Memorial Book, S. 91; am Abend des 10. 8. meldete Magills Abt. die Erschießung von 122 Juden. Für die Mordaktion in Dawidgorodek erscheint das zu niedrig, vgl. Funkspr. Reit. Abt. v. 10. 8. 1941, 22.00, BA-MA, RS 4/936; möglicherweise hat sich auch Magills Abendmeldung vom 11. 8. über die Erschießung von 856 Juden auf das Massaker in Dawidgorodek bezogen, vgl. dto. v. 11. 8. 1941, 19.30, ebd. 96 Memorial Book, S. 91. 97 Ebd., S. 92 ff.; vgl. Vern. Willi M. v. 17. 6. 1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 419 f.; dto. Peter C. v. 1. 8.1962, ebd., Bl. 441 f.; dto. Gerhard B. v. 8. 3. 1963, ebd., Bd. 4, Bl. 1018; dto. Michael S. v. 23. 4.1963, ebd., Bl. 1239; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 58 f. 98 Memorial Book S. 92 ff. 99 Am Morgen des 12. 8. meldeten die Schwdr. die Standorte Dawidgorodek, Luninez, Bostyn u. Malkowicze, Funkspr. Reit. Abt. v. 12. 8. 1941, 9.50, BA-MA, RS 4/936. 100 Funkspr. SS-KR 2 v. 11. 8. 1941, 21.30, ebd., RS 3–8/36; dto. Reit. Abt. v. 12. 8.1941, 7.55, ebd., RS 4/936. 101 Übersichtsbericht Kdr. Reit. Abt. SS-KR 2 v. 12. 8. 1941, BAB, NS 33/42; der kurze Bericht war weder im Prager Bestand noch im BA-MA aufzufinden. Der Bericht stammt daher höchstwahrscheinlich aus einem sowjetischen Archiv, in dem die im Winter 1941/42 von der Roten Armee erbeuteten Unterlagen des SS-KR 2 abgelegt wurden. 102 Bericht Kdr. Reit. Abt. SS-KR 2 v. 12. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154. Dessen Existenz in den Unterlagen des Kdostab belegt seinen ‚offiziellen‘ Charakter im Gegensatz
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zu Magills kurzem Bericht, der nicht weitergegeben wurde, sondern beim Regiment verblieb. 103 Ein Zeuge berichtete: „Es wurde mir auch erzählt, daß man Juden in die Sümpfe getrieben habe. Wenn sie nicht weitergehen wollten und die Frauen ihre Kinder hochgehalten haben, um sie vor dem Ertrinken zu bewahren, hat man rücksichtslos mit dem Maschinengewehr hineingeschossen.“ Vern. Klaas K. v. 9. 4. 1963, StAM, Staw 21894, Bd. 23, Bl. 67. 104 In seinem Kurzbericht schlüsselte Magill die auch im zweiten Bericht genannte Gesamtzahl von 6526 erschossenen Menschen weiter auf. „Hiervon etwa 6450 Plünderer, der Rest von 76 waren Rotarmisten oder im kommunistischen Sinne tätig gewesene Personen“, schrieb er dazu, Bericht Kdr. Reit. Abt. v. 12. 8. 1941, BAL, Dok.Slg. Versch. 17, Bl. 8. 105 Funkspr. Reit. Abt v. 12. 8., 18.40, BA-MA, RS 4/936. 106 Tät.Ber. SS-KR 2/Ia, 11.–13. 8. v. 14. 8. 1941, ebd., RS 4/932. 107 Der als Funker zur 3. Schwdr. abkommandierte Werner S. gab bei seiner Vernehmung an, seine Einheit habe während des gesamten Einsatzes weder Funkverbindung zum Abteilungsstab noch zu einer anderen Schwdr. gehabt. Für ihn habe deshalb damals eine „tote Zeit“ geherrscht, Vern. dess. v. 27. 6.1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 350. 108 Zur Situation im ehemals polnischen Teil der Region vgl. Pohl, Judenverfolgung, 23– 32. 109 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia, 27.–30.7. v. 30.7. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130. 110 Dto. Kdostab/Ia, 28. 7.–3. 8. v. 7. 8. 1941, ebd., K 5, A 28. 111 Dto. 1. SS-IB/Ia, 27.–30. 7., 12.00 v. 30. 7.1941, ebd., K 19, A 130. 112 Ebd.; den wichtigen Umstand, daß die 1. SS-IB mit Einsatzbeginn eben auch zum Massenmord an jüdischen Frauen u. Kindern übergegangen war, vernachlässigt Boll, Aktionen. 113 Bericht HSSPF Rußland Süd v. 1. 8. 1941, BA-MA, RH 20–6/111; vgl. Schlußbericht ZSL v. 14.7. 64, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 40, Bl. 9504; Boll, Generalfeldmarschall, S. 199, verkennt die zentrale Bedeutung der Befehlsgebung durch die SS. 114 Vern. Hans B. v. 22. 3.1972, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 30, Bl. 7090; zum Einsatzgebiet des 8. SS-Rgt. vgl. Tät.Ber. Kdostab/Ia, 28.7.–3. 8. v. 7. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 28. 115 Vgl. EM 38 v. 30. 7. 1941, BAB, R 58/215. 116 EJ, Bd. 13, Sp. 341 f.; zum Stationierungsort vgl. Tät.Ber. 1. SS-Brig/Ia, 30. 7.–3. 8. v. 3. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130. 117 Ebd.; vgl. Tät.Ber. Kdostab/Ia, 28. 7.–3. 8. v. 6. 8. 1941, ebd., K 5, A 28: „Am 3. 8. 41 wurden Judenaktionen durchgeführt. Es wurden etwa 500 Exekutierungen durchgeführt, eine größere Anzahl von Festgenommenen wurde zu Arbeitskommandos eingeteilt“; vgl. Erwähnung durch die EG C, EM 59 v. 21. 8.1941, BAB, R 58/216. 118 Vern. Emil S. v. 18.11. 1968, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 18, Bl. 3442 f. 119 Tät.Ber. 1. SS-Brig/Ia, 3.–6. 8. v. 6. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130; zu Ostrog vgl. EJ, Bd. 12, Sp. 1513 f. 120 Vern. Hermann B. v. 12. 5.1971, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 25, Bl. 5469; dto. Erich G. v. 29. 6. 1966, ebd., Bd. 11, Bl. 1460. 121 Aussage des ukrainischen Zeugen Boris G. S. v. 7. 8. 1970, ebd., Bd. 35, Bl. 8232 f.; dto. Olga A. R. v. 6. 8. 1970, ebd., Bl. 8236 f.; dto. Wladimir M. B. v. 19. 8. 1969, ebd., Bl. 8258 ff.; dto. Toiba C. D. v. 22. 11. 1944, ebd., Bl. 8383 f. 122 Vern. Marian D. v. 4. 11. 1969, ebd., Bd. 22, Bl. 4423. 123 Aussage des Überlebenden Benzian N. K. v. 23.11. 1944 vor einer sowj. UK, ebd., Bd. 35, Bl. 8389 f.: dto. des ukrainischen Zeugen Boris G. S. v. 7. 8. 1970, ebd., Bl. 8232 f.; dto. Olga A. R. v. 6. 8. 1970, ebd., Bl. 8236 f.; dto. Wladimir M. B. v. 19. 8. 1969, ebd., Bl. 8258 ff.; dto. Toiba C. D. v. 22. 11. 1944, ebd., Bl. 8383 f.; vgl. Vern. Günther C. v. 21. 5. 1964, ebd., Bd. 3, Bl. 579 f.; dto. Wilhelm P. v. 16. 6.1965, ebd., Bd. 9, Bl. 915; dto. Erich G. v. 29. 6. 1966,
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Anmerkungen
ebd., Bd. 11, Bl. 1460; dto. Dieter S. v. 18. 1. 1967, ebd., Bl. 1599 f.; dto. Leo R. v. 21. 4. 1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5408 f.; dto. Ernst G. v. 25. 8. 1971, ebd., Bd. 26, Bl. 5775 f. 124 Dto. Günther C. v. 21. 5. 1964, ebd., Bd. 3, Bl. 580 125 Dto. Leo R. v. 21. 4.1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5408 f.; dto. Walter P. v. 13. 5. 1971, ebd., Bl. 5516; dto. Ernst G. v. 25. 8. 1971, ebd., Bd. 26, Bl. 5775 f.; dto. Dieter S. v. 18. 1. 1967, ebd., Bd. 11, Bl. 1600 f. 126 Dto. Günther C. v. 21. 5. 1964, ebd., Bd. 3, Bl. 580; dto. Walter P. v. 13. 5. 1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5516; dto. Ernst G. v. 25. 8.1971, ebd., Bd. 26, Bl. 5775 f. 127 Dto. Wilhelm P. v. 16. 6. 1965, ebd., Bd. 9, Bl. 917; dto. Erich G. v. 29. 6. 1966, ebd., Bd. 11, Bl. 1460; dto. Dieter S. v. 18.1.1967, ebd., Bl. 1600; vgl. dto. Ernst G. v. 25. 8. 1971, ebd., Bd. 26, Bl. 5775 f. 128 Zur Rede des Btl.Kdr. vgl. dto. Wilhelm P. v. 16. 6. 1965, ebd., Bd. 9, Bl. 916; dto. Günter H. v. 23. 6.1965, ebd., Bl. 967; dto. Dieter S. v. 18. 1. 1967, ebd., Bd. 11, Bl. 1600; dto. Heinz F. v. 28. 5. 1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5543. 129 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 3.–6. 8. v. 6. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130, die SS-IB meldete darin die Erschießung von 732 jüdischen Männern u. 225 Frauen. Tatsächlich muß die Zahl der Opfer jedoch weit höher gewesen sein; zu Opferzahlen von etwa 2000 Ermordeten vgl. Marian D. v. 4. 11.1969, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 22, Bl. 4425; außerdem die Aussagen der Überlebenden Toiba C. D. v. 22.11. 1944, ebd., Bd. 35, Bl. 8384; dto. Benzian N. K. v. 23. 11. 1944, ebd., Bl. 8390; die jüdische Gemeinde der Stadt vermißte nach dem Massaker, bei dem auch die Mitglieder des Judenrates erschossen worden waren, insgesamt 3000 Männer, Frauen u. Kinder, vgl. EJ, Bd. 12, Jerusalem 1971, Sp. 1513 f.; die 1. SS-IB tötete in der Region ‚nur‘ einen Teil der jüdischen Bevölkerung; Anfang September 1941 suchte das PR Süd die Gegend erneut heim u. ermordete in den Städten Ostrog, Slavuta u. Shepetowka nach eigener Zählung 4144 Juden, vgl. Tagesmeldungen HSSPF Rußland Süd v. 1.–3. 9.1941, BAB, NS 33/321. 130 Die 1. SS-IB meldete an diesem Tag für Hrycow die Erschießung von 268 Männern, 1. SS-Brig/Ia Tät.Ber. 3.–6. 8. v. 6. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130. 131 Vgl. die Aussagen des einheimischen Augenzeugen Grigoriji G. S. v. 7. 10. 1970, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 35, Bl. 8201 ff.; dto. Josif G. J. v. 7.10.1970, ebd., Bl. 8207 ff.; dto. Iwan I. N. v. 7.10. 1970, ebd., Bl. 8212 ff.; dto. Vera M. S. v. 21. 10. 1970, ebd., Bl. 8223 f.; dto. Wladimir A. L. v. 22. 10. 1970, ebd., Bl. 8249 f.; dto. Moisjei N. S. v. 21. 10. 1970, ebd., Bl. 8253 f.; die in der Sowjetunion befragten Zeugen konnten sich so gut an das genaue Datum des Massakers erinnern, weil auf den 4. 8. 1941 das christliche Fest von Maria Magdalena fiel. 132 Dto. Wsewolod D. P. v. 6. 10. 1970, ebd., Bl. 8216. 133 Dto. Paneljei S. L. v. 7.10.1970, ebd., Bl. 8196; dto. Vera M. S. v. 21.10.1970, ebd., Bl. 8222–8225. 134 Der Tät.Ber. der 1. SS-IB führte in Bezug auf die Einsätze der beiden Kradzüge des 10. SS-IR in Kuniow u. Radohoszcz 109 getötete Juden u. 50 Jüdinnen auf, Tät.Ber. 1. SS-IB/ Ia 3.–6. 8. v. 6. 8.1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130; da die Zahlen für beide Orte gelten, erscheinen die Angaben zu niedrig, vgl. dazu u. zum Schicksal der Überlebenden die Aussage der Augenzeugen Paneljei S. L. v. 7. 10. 1970, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 35, Bl. 8199; Grigoriji G. S. v. 7. 10. 1970, ebd., Bl. 8204; Iwan I. N. v. 7. 10. 1970, ebd., Bl. 8214 f.; Moisjei N. S. v. 21. 10. 1970, ebd., Bl. 8254. 135 Bef. Nr. 20, AOK 6/Ia v. 5. 8. 1941, BA-MA, RH 20–6/111; vgl. KTB Kdostab v. 6. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1; wie weitgehend Jeckelns Befugnisse in Bezug auf die Verwendung der Brig. waren, dokumentiert der Bericht der 1. SS-IB, in dem zu der Besprechung festgehalten wurde: „Am 4. 8. 41 wurde der Ia der 1. SS-Brigade zum A.O.K. 6 gebeten, meldete sich dort mit Genehmigung des Höheren SS-Polizeiführers Süd und nahm den Bef. für die Verlegung der Brigade und Einsatz hinter dem linken Flügel der 6. Armee entgegen. Mit Genehmigung des Höh.-SS. u. Pol.-Führers erfolgte Verlegung und Einsatz der
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1. SS-Brigade.“ Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 3.–6. 8. v. 6. 8. 1941, ebd., K 19, A 130; vgl. KTB Berück Süd/Ia v. 5. 8.1941, BA-MA, RH 22/3. 136 KTB Kdostab v. 6. 8.1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1; Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 3.–6. 8. v. 6. 8. 1941, ebd., K 19, A 130; der Brigadestab bezog Quartier in Shitomir. 137 Die Tät.Ber. des Kdostab meldeten während dieser Zeit regelmäßig das Fortbestehen der Befehlsgewalt des HSSPF über den SS-Verband, Tät.Ber. Kdostab/Ia, 4.–10. 8. v. 13. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 29; dto. 11.–17. 8. v. 20. 8. 1941, ebd., K 5, A 30; im KTB des Berück Süd war am 10. 8. 1941 vermerkt worden, ein Gesuch der 6. Armee nach langfristiger Unterstellung sei „mit Erfolg“ abgelehnt worden, „da dies den Bestimmungen des OKH widerspräche u. die Gefahr besteht, daß der Reichsführer die Brigaden ganz wegzieht“, BA-MA, RH 22/3, Bl. 78v. 138 Vgl. die Berichterstattung des 8. u. 10. SS-IR über Zusammenstöße mit sowjetischen Spähtrupps zwischen dem 6. u. 13. 8. 1941, Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia v. 6.–10. 8.1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130; dto. 10.–13. 8. v. 13. 8. 1941, ebd. 139 Neben eigenen Verlusten meldete die Brig. 871 Gefangene, 210 Rotarmisten seien „gefallen“ u. 72 Personen erschossen worden, dto. 1. SS-IB/Ia, 13.–17. 8. v. 17. 8.1941, ebd.,; AOK 6/Ia an HGr Süd v. 15. 8. 1941, 7.15, BA-MA, RH 20–6/114; 298. Inf.Div. an XVII. AK v. 17. 8. 1941, ebd., RH 20–6/115. 140 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia, 6.–10. 8. v. 10. 8.1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130. 141 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 10.–13. 8. v. 13. 8. 1941, ebd.; dto. 6.–10. 8. v. 10. 8. 1941, ebd.; dto. 13.–17. 8. v. 17. 8. 1941, ebd.; ob das Rgt. zu der Zeit keine weiteren Judenerschießungen organisierte, erscheint, gemessen an der vorherigen Praxis, durchaus fraglich. 142 Dto. 6.–10. 8. v. 10. 8. 1941, ebd.; vgl. Aussage Valentina N. B., der Witwe eines der Opfer, v. 12. 10.1970, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 35, Bl. 8295 f.; vgl. Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 6.–10. 8. v. 10. 8.1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130. 143 Die Opferzahl entstammt dem Bericht der SS-Brig., ebd.; vgl. zudem die Aussagen der ukrainischen Zeugen Pawel S. K. v. 12. 10. 1970, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 35, Bl. 8227 f.; Iwan C. P. v. 12. 10. 1970, ebd., Bl. 8291 f.; das EK 4a berichtete nur von der „Festnahme“ von Juden in Tschernjachow, während die Brig. in dem Ort Massenerschießungen organisierte, EM 58 v. 20. 8. 1941, BAB, 58/216, Bl. 102. 144 Die SS-IB erwähnte die Hinrichtung in ihrem Bericht, was auf deren Beteiligung bei der Festnahme u. Exekution hindeutet, Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 6.–10. 8. v. 10. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130; Soldaten der SS-Brig. waren während der Hinrichtung in Shitomir anwesend, vgl. Vern. Josef O. v. 27. 5. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 5, Bl. 970; zu der Inszenierung in Shitomir EM 58 v. 20. 8. 1941, BAB, R 58/216; vgl. Boll/Safrian, S. 272 f.; Photos in Klee/Dreßen/Rieß, S. 107; HIS, Vernichtungskrieg, S. 70–73; das SK 4a operierte in der Gegend zur gleichen Zeit mit einem Zug der 3. Kp. des Btl. der W-SS z.b.V., EM 58 v. 20. 8.1941, BAB, R 58/216. 145 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 6.–10. 8. v. 10. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130; vgl. die teilweise identische Tagesmeldung dess. an AOK 6 v. 8. 8.1941, BA-MA, RH 20–6/112. 146 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 10.–13. 8. v. 13. 8.1941, VUA, Kdostab/K 19, A 130; vgl. Bef. AOK 6/Ia zur Verlegung des SS-IR 10 in den Raum Uschomir v. 9. 8. 1941, BA-MA, RH 20–6/112. 147 EM 86 v. 17. 9. 1941, BAB, R 58/217. 148 Zur allg. Lage u. zur Beendigung des Einsatzes im Operationsgebiet der 6. Armee vgl. Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 13.–17. 8. v. 17. 8.1941, VUA; Kdostab/K 19, A 130; fälschlicherweise wurde die Beendigung des Einsatzes vom Berück Süd zwei Tage zu früh angegeben, KTB Berück Süd. v. 14. 8. 1941, BA-MA, RH 22/3. 149 Zur Ermordung der jüdischen Kinder in Bjelaja Zerkow vgl. Boll/Safrian, S. 275–278; zum Reichenau-Befehl v. 10. 10.1941 vgl. die von der SS-KB verteilte Version v. 21. 11.1941, BA-MA, RS 4/967; zur Person Reichenaus vgl. demnächst die Biographie von Timm C. Richter.
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Anmerkungen
150 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia, 13.–17. 8. v. 17. 8. 1941, VUA; Kdostab/K 19, A 130; vgl. KTB Kdostab v. 16. 8. 1941, ebd., K 1, A 1; Generalfeldmarschall von Rundstedt., der OB der HGr Süd, verlieh am 18. 8. 1941 Brig.Kdr. Richard Herrmann „für die grossen Erfolge“ ebenfalls das Eiserne Kreuz 2. Klasse, BA-ZA, Z/A-I 8070, A 1, Bl. 40. 151 Adj. RFSS an 1. SS-IB v. 11. 8.1941, 17.05, BAB, NS 33/312; die Berichterstattung der 1. SS-IB erscheint tatsächlich lückenhafter als die der SS-KB. 152 Funkspr. an Kdostab v. 12. 8.1941: „SS-Obergruppenführer Jeckeln ist heute persönlich beim RFSS“, BAB, NS 33/292; vgl. Dienstkalender Himmlers, S. 191, Anm. 4; Pohl, Einsatzgruppe, S. 74; 153 HSSPF Rußland Süd an AOK 6 v. 9. 8. 1941, 16.15, BA-MA, RH 20–6/112. 154 Vgl. EM 43 v. 5. 8. 1941, BAB, R 58/215. 155 Abschlußmeldung Kdr. SS-KB v. 13. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154. In dem Bericht mahnte Fegelein außerdem eine zügige Verleihung von Orden an seine Männer an, „denen die schwersten Aufgaben zugemutet werden“; Yerger, S. 104, treibt die Berichterstattung der SS-KB auf die Spitze. Für ihn war der Einsatz „sehr erfolgreich“, die Opfer waren Rotarmisten u. Partisanen, über die Ermordung von Juden verliert er kein Wort. 156 Boll, Aktionen, schenkt dem Zusammenhang keine Beachtung; auch Gerlach, Morde, S. 1136, irrt, indem er resümiert, die SS-KR hätten in den ersten 7–10 Kriegswochen „fast ausschließlich“ jüdische Männer ermordet. 157 Vgl. Matthäus, Unternehmen, S. 412; Pohl, Krüger, S. 244. 158 Vgl. Longerich, Politik, S. 332–350; zu den Einsätzen des EK 3 vgl. die Angaben im Jäger-Bericht v. 1.12. 1941, abgedruckt in: Klee/Dreßen/Rieß, S. 52–62; zu den Erschießungen des Res.Pol.Btl. 45 vgl. Browning, Männer, S. 38 f. 159 Zu den Erschießungen in Ostgalizien vgl. Matthäus, Unternehmen, S. 381. 160 Zur EG B vgl. ebd.; Gerlach, Einsatzgruppe, S. 62. 161 Kdr. Reit. Abt. SS-KR 1, Abschlußbericht II, BA-MA, RS 4/441. 162 Bis auf die in Wirklichkeit differierende Farbe der Pferde beschrieb ein jüdischer Überlebender während der Hauptverhandlung gegen Magill treffend den Unterschied in der Praxis beider Reit. Abt.: „Es ist mir bekannt, daß im Sommer 1941 eine starke SS-Kavallerieeinheit eine Aktion für die Ausrottung aller Juden in kleineren Ortschaften in unserer ganzen Gegend durchgeführt hat. […] Die SS-Kavallerie mit weißen Pferden liquidierte hauptsächlich jüdische Männer, dagegen die mit grauen Pferden liquidierte die ganze jüdische Bevölkerung, ohne Rücksicht auf Geschlecht oder Alter. Die ‚Grauen‘ haben die jüdische Bevölkerung in folgenden Ortschaften liquidiert: Motol, Telechany, Lachiszyn, Hansewicze, Lachowicze u. a. Kavalleristen mit weißen Pferden liquidierten die Juden in Pinsk, Pohost, Zogorodski, Bogdanowska, Lunin, Luniniec, Lachwa, Koziongrodek, Dawidgrodek u. Stolyn. Dazu möchte ich noch bemerken, daß in Ortschaften, wo SS-Einheiten auf weißen Pferden operierten, auch Selektionen durchgeführt [worden] waren, arbeitsfähige Männer wurden ausgewählt, andere erschossen.“Aussage Aaron S. v. 19. 6. 1962, StAM, Staw 21894, Bd. 3, Bl. 112. 163 CdS an Kdr. der EG v. 21. 9. 1939, abgedruckt in: Müller, Heer, S. 668 f. 164 Vermerk Chef Partei-Kanzlei über Besprechung v. 16.7. 1941, IMG, Bd. 28, S. 91. 165 Mallmann, Türöffner, S. 448–452, weist seinerseits auf die eminente Bedeutung lokaler Initiativen u. den Interpretationswillen der Einheitsführer vor Ort hin. 166 Zu Lombards Ernennung zum Rgt.Kdr. vgl. Personalbef. Nr. 4 Kdostab/IIa v. 14. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 16, A 116; Dienstlaufbahn, BAB, SSO Gustav Lombard; Vern. Lombard v. 10. 3. 1964, BAL, AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. e60 f.; vgl. Cüppers, Lombard, S. 150. 167 Magill wurde im September 1941 zur SS-Kav.-Ers.Abt. nach Warschau versetzt u. im November dem Stab Bach-Zelewskis zugeteilt, vgl. Urteil LG Braunschweig v. 20. 4.1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 29; Dienstlaufbahn, BAB, SSO Franz Magill; Fegelein äußerte sich im Beisein eines Stabsangehörigen des 2. SS-KR sinngemäß, Magill „paßt mir nicht, muß weg“. Außerdem wäre der Abt.Kdr. laut Fegelein „nicht schneidig genug“, Vern. Karl M. v.
Judenmord. Erste Einsätze der Brigaden
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24. 2. 1964, StAW, 62 Nds. Fb., Bd. 1289, Bl. 69; ergänzend sagte der Zeuge aus, daß das Verhältnis zwischen Brig. u. 2. Rgt. „nicht erfreulich“ gewesen sei. So hätten sich die „wirklichen Soldaten“ wie Hierthes über die „nicht militärisch“ gefaßten Befehle Fegeleins geärgert, ebd., Bl. 68. 168 Chef Kdostab an Stabschef SS-FHA v. 13. 8. 1941, 18.15, VUA, Kdostab/K 1, A 3. 169 Vgl. BAB, SSO Emil Adolf Sator; Schreiben Staw Coburg v. 26. 7. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 9, Bl. 988d; über den SS-Führer sagte ein ehemaliger Einheitsangehöriger aus: „Zur Person Sator gebe ich an, daß er weder bei den Führern noch bei den Unterführern oder Mannschaften beliebt war. Er war ein Schleifer ersten Ranges. Innerhalb der Mannschaften hatte er den Spitznamen ‚Satan‘ – ich glaube, das sagt alles.“ Vern. Wilhelm P. v. 16. 6. 1965, ebd., Bd. 9, Bl. 917. 170 Dto. Walter P. v. 13. 5.1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5518. 171 Zum Streit mit der Wehrmacht vgl. dto. Erich G. v. 29. 6.1966, ebd., Bd. 11, Bl. 1460; dto. Dieter S. v. 18. 1. 1967, ebd., Bd. 11, Bl. 1600; der Zeuge war Offz. bei Sator. 172 Cüppers, Lombard, S. 147. 173 Zur Empfehlung der Filmvorführung Monatsbericht Kdr. 1. Schwdr. SS-T-RS v. 19. 11. 1940, BA-MA, RS 4/215; zu Lombards Tätigkeit in Polen vgl. Cüppers, Lombard, S. 147; kritiklos Preradovich, S. 174 f. 174 Vgl. Stammrolle u. Dienstlaufbahn, BAB, SSO Heinrich Hierthes; zu Bewertung Eikkes vgl. dessen Personalbericht über Hierthes aus dem Jahr 1939, ebd. 175 Während der Hauptverhandlung gegen Magill sagte Hierthes ehemaliger Adjutant Walter Bornscheuer aus, Hierthes habe in seiner Gegenwart bei Fegelein den Judenerschießungsbefehl kritisiert, worauf Fegelein erbost mit einer Meldung bei Himmler gedroht habe, vgl. Vern. Walter Bornscheuer v. 18. 2. 1964, StAW, 62. Nds. Fb. 2, Bd. 1289, Bl. 16. 176 Vgl. dto. Karl M. v. 24. 2.1964, ebd., Bl. 69. 177 Das diesbezügliche Ermittlungsverfahren gegen Hierthes wurde eingestelllt, Verfügung OSSPG München v. 28. 8. 1942, BAB, SSO Heinrich Hierthes. 178 Zu Hierthes Nervenleiden ebd.; vgl. Dienstlaufbahn, ebd. 179 RFSS an Chef SS-HA v. 26. 3. 1943, ebd. 180 Vgl. die Erkenntnisse zu den EK 5 u. 6 der EG C, Ogorreck, S. 190–199. 181 Dienstkalender Himmlers v. 14. 8. 1941, S. 192 f.; vgl. Tgb. Bach-Zelewski mit der falschen Datierung vom 15. 8. 1941, BAB, R 20/45b, Bl. 8 f. 182 Vgl. ebd., Bl. 9; ebenfalls mit falscher Datierung vom 15. 8. wurde im Tät.Ber. der SSKB unter „Besondere Vorkommnisse“ vermerkt: „Der Reichsführer-SS begrüsste am 15. 8. 1941 bei der Durchfahrt von Baranowitschi kommend nach Minsk auf dem Marktplatz von Lachowicze Teile des Führerkorps des Brigadestabes und des SS-Kav.Rgt. 1.“ Tät.Ber. SS-KB/Ia, 14.–17. 8. v. 18. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154. 183 Vern Ferdinand M. v. 20. 10. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. 828–832; die Schilderungen des Zeugen erscheinen glaubwürdig, weil er als Angehöriger des Baubataillons kein Motiv besaß, bei seiner Vernehmung falsche Angaben zu machen. 184 Ebd.; die Judenerschießungen in Lachowicze wurden von ehemaligen Angehörigen der 5. Schwdr. des SS-KR 1 bestätigt, die Mitte August dort stationiert waren, vgl. Vern. Karl N. v. 30. 7. 1962, ebd., Bd. 3, Bl. j10; dto. Eduard M. v. 3. 4. 1963, ebd., Bl. 64; dto. Paul K. v. 2. 12. 1968, ebd., Bl. j139; dto. Hans M. v. 27. 8. 1964, ebd., Bd. 7, Bl. 598. 185 Dienstkalender Himmlers, 14. 8. 1941, S. 193. 186 Breitman, Architekt, S. 258 ff.; Urteil LG München I v. 21. 7.1961, JNSV, Nr. 519, Bd. 17, S. 658–708. 187 Ähnliche Wertungen bei Ogorreck, S. 179–183; Longerich, Politik, S. 372 f.; Breitman, Architekt, S. 257–260; ders., Staatsgeheimnisse, S. 85 ff.; Hilberg, Vernichtung, Bd. 2, S. 347 f.; Angrick u. a., Tagebuch, S. 339 f.; Browning, Entfesselung, S. 452; Urteil LG München II v. 30. 9. 1964, JNSV, Nr. 580, Bd. 20, S. 434 f.
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Anmerkungen
188
Zum Treffen mit Hitler vgl. Dienstkalender Himmlers v. 16. 8. 1941, S. 196. Angrick, Einsatzgruppe, S. 94 f.; Ogorreck, S. 204–207; Longerich, Politik, S. 388. 190 In Nachkriegsaussagen begründeten alle drei Kommandoführer ihr Verhalten mit der Kenntnis von der angeordneten Ermordung von Frauen u. Kindern, vgl. Ogorreck, S. 183 f., 190–199; Wildt, Generation, S. 577. 191 Boll/Safrian, S. 275 ff. 192 Pohl, Einsatzgruppe, S. 74; Longerich, Politik, S. 383. 193 Zu den Massakern des EK 3 vgl. Bericht Kdr. EK 3 v. 1. 12. 1941, in: Klee/Dreßen/Rieß, S. 54; Longerich, Politik, S. 391. 194 Zu den Erschießungen in Kischinew u. Tighina vgl. Angrick, Besatzungspolitik, S. 181– 189; zur Mordaktion bei Jampol ebd., S. 201; ders., Einsatzgruppe, S. 94 ff.; Longerich, Politik, S. 387 f. 195 Zum Vorgehen des EK 8 vgl. Gerlach, Einsatzgruppe, S. 58; zum PB 322 vgl. Angrick u. a., Tagebuch, S. 341 f.; Longerich, Morde, S. 370; zu Massakern des PR Süd vgl. ebd., S. 385 f. 196 Fernschr. HSSPF Rußland Süd v. 27. 8. 1941, 8.30, VUA, Kdostab/K 1, A 3; dto. v. 28. 8. 1941, 10.30, ebd.; dto. v. 29. 8.1941, 10.20, ebd.; dto. v. 30. 8. 1941, 10.00, BAB, NS 33/22; vgl. Mallmann, Sprung, S. 239–255; Braham, S. 133–156. 197 Vgl. den Überblick bei Longerich, Politik, S. 370–390. 198 Zu den Plänen im Baltikum vgl. Burrin, S. 125–128; Scheffler, Einsatzgruppe, S. 32 ff. 199 Goebbels, der in den Entscheidungsprozeß nicht eingeweiht war, wurde von Hitler offenbar andeutungsweise am 19. 8. über die Entschlüsse in Kenntnis gesetzt, vgl. Tagebücher Goebbels, Teil II, Bd. 1, Diktat v. 19. 8. 1941, S. 269. 200 Zwei Jahre später betonte Himmler in seiner Rede vor hohen SS-Führern in Posen am 4. 10. 1943 ausdrücklich die eigene Verantwortung für den Entschluß, Textauszüge in: SS im Einsatz, S. 124; auch Büchler, S. 15, betont Himmlers zentrale Rolle. 201 Zur Präsenz der HSSPF bei den SS-Brig. vgl. Vern. Franz Magill v., STAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1269, Bl. 37; dto. Emil S. v. 18.11. 1968, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 18, Bl. 3442 f.; zu deren zentraler Rolle vgl. Mallmann, Sprung, S. 246 f.; Birn, HSSPF, S. 168–175; Longerich, Politik, S. 416 f.; zu den von Korsemann ab November 1941 in der Westukraine organisierten Vernichtungsaktionen vgl. Pohl, Einsatzgruppe, S. 76 f. 202 Zit. nach: Mallmann, Sprung, S. 247; vgl. Breitman, Staatsgeheimnisse, S. 125. 203 Tgb. Bach-Zelewski v. 14. 8.1941, BAB, R 20/45b, Bl. 8; zu den Verlusten vgl. Abschlußmeldung Kdr. SS-KB v. 13. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154. 204 Tät.Ber. Kdostab/O.Qu., 11.–17. 8. v. 19. 8. 1941, ebd., K 5, A 30. 205 Berück Mitte/Ia an OKH v. 10. 8. 1941, BA-MA, RH 22/227. 206 Kdr. 1. SS-T-RR, Stimmungsbericht v. 13. 8. 1940, VUA, 8. SS-KD/K 1, A 7. 207 HSSPF Rußland Süd an AOK 6 v. 31. 7. 1941, BA-MA, RH 20–6/110. 208 Bef. OB AOK 6 v. 10. 8.1941, ebd., RH 20–6/757. 189
X. „Partisanenbekämpfung“ und Massenmord. Kommandostab und SS-Brigaden bis zum Jahresende 1941 1 Kdostab, „Richtlinien für den Einsatz der dem Kommandostab RF-SS unterstellten Verbände.“ (8. Folge), (undat./Eingangsstempel 17. 9. 1941), VUA, Kdostab/K 11, A 98. 2 Tät.Ber. Kdostab/Ic 1.–9. 9. v. 9. 9. 1941, ebd., K 5, A 33. 3 Dto. 25.–31. 8. v. 3. 9. 1941, ebd., A 32. 4 Stapo-Stelle Lyck an Kdostab v. 8. 8. 1941, 18.00, ebd., K 1, A 3. 5 Vermerk Kdostab/Ia/Ic v. 18. 11. 1941, ebd., K 10, A 94. 6 Kdo.Bef. Nr. 42, Kdostab/Ia/Ic u. CdS (gez. H. Himmler) v. 18. 11. 1941, ebd., K 6, A 42. 7 Korpsbef. Nr. 52, Berück Mitte/Ia v. 14. 9. 1941, BA-MA, RH 22/225. 8 Gefechts- u. Verpflegungsstärken Kdostab v. 10. 7.–31. 12. 1941, VUA, K 1 A 1. 9 Vgl. Brig.Bef. Nr. 1, SS-KB/Ia v. 13. 8. 1941, BA-MA, RS 3–8/20; Tät.Ber. dess., 14.–17. 8.
„Partisanenbekämpfung“ und Massenmord
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v. 18. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; dto. 22.–29. 8. v. 29. 8. 1941, ebd.; dto. 30. 8.–5. 9. v. 5. 9. 1941, ebd.; Einsatzbef. SS-KB/Ia v. 25. 8. 1941, BA-MA, RS 3–8/20; Brig.Bef. Nr. 4, SSKB/Ia v. 31. 8. 1941, ebd.; Zusammengefaßte Meldung Kdr. SS-KB 25. 8.–3. 9. v. 3. 9. 1941, BA-MA, RH 22/224; die motorisierte Vorausabteilung, bestehend aus den 7. Schwdr. beider SS-RR sowie der 6. Schwdr. des 1. SS-RR operierte im Bereich der nördlichen Rollbahn zwischen Sluzk u. Bobruisk. Nachdem die Abt. Ende August den Raum südlich der Rollbahn in einer Tiefe von 25 km als „befriedet“ gemeldet hatte, wurde der Verband am 1. 9. über Bobruisk nach Mosyr verlegt, vgl. Einsatzbef. SS-KB/Ia v. 25. 8. 1941, BA-MA, RS 3–8/20; Tät.Ber. dess. 30. 8.–5. 9. v. 5. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; Gefechtsbericht Kdr. Vorausabteilung, 27. 7.–31. 8. v. 12. 9. 1941, StAM, Staw 21894, Bd. 40, Dok. 15. 10 Zur endgültigen Gliederung der SS-KB vgl. Bef. Kdostab/O.Qu. v. 5. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 14, A 107; Umgliederungsbef. Stabschef SS-FHA v. 6. 9. 1941, BAB, NS 19/3489, Bl. 22 ff.; zur Vorausabt. vgl. Bef. KB/Ia v. 31. 8. 1941, BA-MA, RS 3–8/20. 11 Am 1. 9. 1941 waren umfangreiche Teile des bisherigen Heeresgebiets Mitte an das RK Ostland übergeben worden, das Protokoll der Übergabezeremonie vom 31. 8.1941, ebd., RH 22/241; außerdem Dallin, Deutsche Herrschaft, S. 102 f. 12 Korpsbef. Nr. 47, Berück Mitte/Ia v. 5. 9. 1941, BA-MA, RH 22/225; Anweisung an SSKB, ders. v. 5. 9. 1941, ebd.; Vorbef. für den Einsatz, SS-KB/Ia v. 5. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; Rgt.Bef. Nr. 16, Kdr. SS-KR 1 v. 7. 9. 1941, BA-MA, RS 4/441; die Gegend befand sich im südlichen Abschnitt des Einsatzgebiets der Sich.Div. 221, vgl. Karte Berück Mitte, ebd., RH 22/225, Bl. 25; das Brigadestabsquartier wurde für den Einsatz am 9. 9. von Bobruisk nach Choiniki verlegt, vgl. KTB Kdostab v. 9. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1. 13 Korpsbef. Nr. 55, Berück Mitte/Ia v. 29. 9. 1941, BA-MA, RH 22/225. 14 KTB Kdostab v. 20.–31. 12.1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1; Tät.Ber. Kdostab/Ia, 20.–26. 12. 1941 v. 20. 1. 1942, ebd., K 6, A 49; dto. 10.–16. 1. v. 15. 4. 1942, ebd., K 7, A 52. 15 Offiziell sicherte die 1. SS-IB die Nachschubwege u. unterstützte die Wehrmacht bei der Verhinderung des Durchbruchs versprengter sowj. Einheiten in Richtung dieser Verbindungen, vgl. dto. 1. SS-IB/Ia, 17.–20. 8. v. 20. 8.1941, ebd., K 19, A 131; dto. 20.–24. 8. v. 24. 8. 1941, ebd.; dto. 24.–29. 8. v. 29. 8. 1941, ebd., K 19, A 131; vgl. dto. Kdostab/Ia, 18.–24. 8. v. 27. 8.1941, ebd., K 5, A 31. 16 Dto. 1. SS-IB/Ia, 24.–29. 8. v. 29. 8. 1941, ebd., K 19, A 131; dto. Kdostab/Ia, 25.–31. 8. v. 3. 9. 1941, ebd., K 5, A 32; nach dem Rückmarsch zur Ausgangslinie erhielt die 1. SS-IB am 11. 9. den Auftrag, die Nachschubstraße zwischen Owrutsch u. Tschernobyl zu sichern vgl. dto. 1. SS-IB/Ia 5.–12. 9. v. 12. 9. 1941, ebd., K 19, A 131; dto. 12.–19. 9. v. 19. 9. 1941, ebd.; vgl. dto. Kdostab/Ia, 1.–7. 9. v. 10. 9. 1941 ebd., K 5, A 33; dto. 8.–14. 9. v. 17. 9. 1941, ebd., A 34. Nur wenige Kilometer östlich dieses Gebiets rückte zur gleichen Zeit auf der anderen Seite des Pripjet die SS-KB nach Süden vor. 17 Zur Verlegung vgl. Kdr. 1. SS-IB an Kdostab v. 15. 9.1941, 0.30, BAB, NS 33/321; KTB Kdostab v. 14.–22. 9.1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1; Jeckeln traf sich zur Einsatzvorbereitung am 15., 20., 22. u. 26. 9. mit Kdr. Herrmann, vgl. Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia, 12.–19. 9. v. 19. 9. 1941, ebd., K 19, A 131; dto. 19.–26. 9. v. 26. 9. 1941., ebd.; das rückwärtige Heeresgebiet war dort erst am 23. 9. eingerichtet worden, vgl. KTB Kdostab v. 25. 9.1941, ebd., K 1, A 1. 18 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ic, 26. 9–3.10. v. 3. 10. 1941, ebd., K 19, A 131; dto. Ia 3.–10. 10. v. 10. 10. 1941, ebd., A 132; dto. Kdostab/Ia, 30. 9.–6. 10. v. 10. 10. 1941, ebd., K 5, A 37; dto. 7.–13. 10. v. 15. 10. 1941, ebd., A 38; Einsatzbericht Kdr. I/SS-IR 8 v. 9. 10. 1941, ebd., K 19, A 132; Bericht Kdr. SS-IR 10 v. 9. 10. 1941, ebd.; vgl. KTB Kdostab v. 26. 9.–8. 10. 1941, ebd., K 1, A 1. 19 Vorherige Planungen Jeckelns, die eine Verlegung in die Gegend von Lubny vorsahen, wurden von Himmler verworfen, vgl. Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia, 3.–10. 10. v. 10. 10. 1941, ebd., K 19, A 132; im Zusammenhang mit der Anfrage des OKH u. der Verlegung der Brig. vgl. OKH/ G.Qu. an RFSS v. 7.10.1941, BAB, NS 19/3508; Chef Persönl. Stab RFSS an Stabschef SS-
394
Anmerkungen
FHA v. 8.10.1941, ebd.; Kdostab an HSSPF Rußland Süd v. 8.10. 1941, 16.00, BAB, NS 33/314; Kdo.Bef. Nr. 36 Kdostab/Ia v. 9. 10. 1941, VUA, Kdostab/K 2, A 5; KTB Berück Süd/Ia v. 8. 10. 1941, BA-MA, RH 22/3; zum Vormarsch der 2. Panzerarmee vgl. DRZW, Bd. 4, S. 575–585; entgegen der Vermutung von Boll, Aktionen, S. 786, fand die Verlegung gerade wegen der Entlastung der Sich.Div. im Rücken der auf Moskau vorstoßenden HG Mitte statt. 20 Tät.Ber. Kdostab/Ia, 20.–26. 10. v. 30. 10. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 40; vgl. KTB Kdostab v. 9.–27.10.1941, ebd., K 1, A 1. 21 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia, 24.–31. 10. v. 31. 10. 1941, ebd., K 19, A 132; dto. 31. 10.–7.11. v. 7. 11. 1941, ebd.; dto. 7.–14. 11. v. 14. 11.1941, ebd.; vgl. dto. 1. SS-IB/Ic, 31.10.–7. 11. v. 7. 11.1941, ebd.; dto. 7.–14. 11. v. 14. 11. 1941, ebd.; dto. Ia 14.–21. 11. v. 21. 11. 1941, ebd.; dto. Kdostab/Ia 22.–28. 11. v. 14.12. 1941, ebd., K 6, A 45; dto. 29.11.–5.12. v. 3. 1.1942, ebd, A 46. 22 KTB Kdostab v. 8.–10. 12.1941, ebd., K 1, A 1; zur Unterstellung der Brigade unter das AOK 2 Kdo.Bef. Nr. 44, Kdostab/Ia v. 9. 12.1941, ebd., K 2, A 7; zur Verlegung in den neuen Einsatzraum vgl. dto. Nr. 45 v. 10. 12.1941, ebd.; Planungen, die IB der LAH zu unterstellen, wurden wegen der kritischen Frontlage im späteren Einsatzgebiet nicht realisiert, vgl. dto. Nr. 43 v. 4. 12. 1941, ebd. 23 Zum Hintergrund der Ablösung vgl. Kdostab an 2. SS-IB v. 4. 7. 1941, ebd.; v. Treuenfeld an Stabschef SS-FHA v. 15. 7. 1941, ebd.; v. Treuenfeld an RFSS v. 18. 7.1941, ebd.; Briefwechsel zwischen v. Treuenfeld u. Keppler, ebd. 24 Dienstlaufbahn, BAB, SSO Gottfried Klingemann; vgl. Ansprache dess. vor dem Führerkorps der 2. SS-IB v. 4. 7.1941, BAB, NS 19/3508. 25 Untersuchungsbericht 5. SS-IR, BAB, NS 19/1844. 26 Chef Kdostab an Stabschef SS-FHA v. 13. 8. 1941, 18.15, VUA, Kdostab/K 1, A 3; Bef. Stabschef SS-FHA v. 18. 8.1941, BAB, NS 33/231; Teileinheiten des Rgt. wurden zu anderen SS-Verbänden versetzt, so wurde der Rgt.-Nachrichtenzug an die SS-KB abgegeben, vgl. ebd.; andere Truppenteile wurden Anfang Oktober zur EG C versetzt. Ende 1941 wurde schließlich aus Teilen der 7. Kp. u. Männern der Schutzpolizei das „Sonderkommando Plath“ gebildet, das im Raum Dnjepropetrowsk für umfangreiche Massenmorde verantwortlich war, vgl. Pohl, Einsatzgruppe, S. 76, 79. 27 KTB Kdostab v. 1. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 1, A 1; vgl. KTB Begl.Batl. RFSS v. 27. 6.–2. 9. 1941, ebd., K 23, A 148. 28 Kdo.Bef. Nr. 29, Kdostab/Ia v. 31. 8. 1941, ebd., K 1, A 3; der Bef. müßte eigentlich die Nummer 30 tragen, da vom Kdostab bereits am 27. 8. ein Befehl mit der Nr. 29 herausgegeben worden war, vgl. dto. v. 27. 8.1941, VUA, 8. SS-KD/K 4, A 23. 29 KTB Kdostab v. 3.–8. 9. 1941, ebd., K 1, A 1; vgl. Tät.Ber. Kdostab/Ia, 25.–31. 8. v. 3. 9. 1941, ebd., K 5, A 32; bis zum 2. 9. hatte Prützmann noch keine Einsatzvorschläge vorlegen können, Chef Kdostab an HSSPF Rußland Nord v. 2. 9.1941, 9.55, BAB, NS 33/312. 30 Tät.Ber. Kdostab/Ia, 1.–7. 9. v. 10. 9.1941, VUA, Kdostab/K 5, A 33; KTB Kdostab 3.–10. 9. 1941, ebd., K 1, A 1. 31 KTB Kdostab 13., 16. u. 17. 9. 1941, ebd.; als Ergebnis des Einsatzes gegen die eingeschlossenen sowjetischen Truppen meldete die Brig. am 16. 9. 2500 gefangene Unteroffiziere u. Mannschaften, 30 Offizieren sowie 40 gefangenen Frauen, Funkspr. 2. SS-IB/Ia v. 16. 9. 1941, ebd., K 1, A 4. 32 Zum Einsatzgebiet u. zur Unterstellung der 2. SS-IB vgl. Tät.Ber. 2. SS-IB/Ia, 18.–24. 9. v. 24. 9. 1941, ebd., K 20, A 135; dto. 3.–10. 10. v. 10.10. 1941, ebd., A 136; dto. 14.–21. 11. v. 21. 11.1941, ebd.; zur Besatzungspoltik in Nordrußland vgl. Hass, S. 66–81. 33 Kdo.Bef. Nr. 34, Kdostab/Ia v. 29. 9.1941, VUA, Kdostab/K 1, A 4; vgl. Chef Kdostab an HSSPF Rußland Nord v. 29. 9. 1941, 17.00, ebd.; Brig.Bef. Nr. 16, 2. SS-IB/Ic v. 5. 10. 1941, ebd., K 20, A 136; KTB Kdostab v. 5. 10. u. 27.11. 1941, ebd., K 1, A 1. 34 Zur Herauslösung des 4. SS-IR u. zur Unterstellung der Freiwilligenlegion „Flandern“
„Partisanenbekämpfung“ und Massenmord
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vgl. Kdo.Bef. Nr. 38, Kdostab/Ia v. 6. 11. 1941, ebd., K 2, A 6; dto. Nr. 40 v. 14.11. 1941, ebd.; KTB Kdostab v. 14., 15., 17 u. 25. 11.1941, ebd., K 1, A 1; Brig.Bef. Nr. 31, 2. SS-IB/Ia v. 14. 11. 1941, BAB, NS 33/38; Chef Kdostab an HSSPF Rußland Nord v. 11.11. 1941, 15.30, BAB, NS 33/315; dto. v. 12. 11.1941, 19.00, ebd.; zur Unterstellung der Freiwilligenlegion „Flandern“ unter den Kdostab vgl. Kdo.Bef. Nr. 33, Kdostab/Ia v. 26. 9.1941, ebd., A 4; zur Aufstellung der Legion vgl. De Wever, S. 589–595. 35 Zur Überwinterung vgl. Tät.Ber. Kdostab/Ia, 13.–19.12. 1941 v. 20. 1.1942, VUA, Kdostab/K 6, A 48; außerdem Fernschr. Kdr. 2. SS-IB v. 13.12. 1941, 22.45, ebd., K 2, A 7; dto. v. 18. 12. 1941, 18.00, ebd.; dto. v. 20. 12.1941, 9.00, ebd.; zur Unterstellung unter das OKW vgl. Tät.Ber. 2. SS-IB/Ia, 26. 12.–2. 1. v. 2. 1. 1942, ebd. K 20, A 137. 36 Brig.Bef. Nr. 1, SS-KB/Ia v. 13. 8. 1941, BA-MA, RS 3–8/20; Rgt.Bef. Nr. 1, Kdr. SS-KR 1 v. 17. 8. 1941, ebd., RS 4/441; beide SS-RR sollten bis zum 23. 8. etwa 90 km vorrücken. 37 Bericht Kdr. SS-KR 1 zur „Befriedung des Raumes Starobin“ v. 4. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; in diesem Kontext erwähnt Yerger, S. 107 f., Juden, indem er die Darstellung der SS-Kav. übernimmt, daß sie deutschfreundliche Bewohner „terrorisiert“ hätten. 38 Zwischen dem 22. u. 23. 8. meldete die 3. u. 4. Schwdr. aufeinanderfolgend die Erschießung von 13, 66 u. 203 „Plünderern“, Funkspr. 3. Schwdr. v. 22. 8.1941, BA-MA, RS 4/430; dto. (undat./22. 8.1941), ebd.; dto. 4. Schwdr. v. 23. 8. 1941, 16.00, ebd.; die mörderische Systematik des Vorgehens der SS-KB spiegeln dann vor allem die Meldungen der folgenden Tage wieder. Am 28. 8. meldete ein Zug der 2. Schwdr.: „Es sind etwa 150 Juden beiderlei Geschlechts nach Starobin zurückgekehrt. Der Zug ist dabei diese Juden zusammenzutreiben“, dto. 2. Zug, 2. Schwdr. v. 28. 8. 1941, 18.00, ebd.; am nächsten Morgen meldete die gleiche Einheit: „Gestern und heute 109 Plünderer erschossen. Weitere werden z.Zt. gesucht. In der letzten Nacht sind wieder Juden nach Starobin zurückgekehrt. Sonst keine besonderen Vorkommnisse“, dto. v. 29. 8. 1941, 9.40, ebd.; am Nachmittag meldete der Reiterzug schließlich: „Es sind weitere 80 Plünderer erschossen worden. Es ist zu erwarten, daß im Laufe der Nacht Juden nach Starobin zurückkehren, um sich in ihren verlassenen Wohnungen mit versteckten Lebensmitteln zu versorgen. Ich werde die erforderlichen Massnahmen treffen“, dto. v. 16.15, ebd. 39 Zusammengefaßte Meldung Kdr. SS-KB v. 3. 9.1941, BA-MA, RH 22/224; vgl. Tät.Ber. Kdostab/Ic, 1.–9. 9. v. 9. 9.1941, VUA, Kdostab/K 5, A 33; die gleiche Formulierung findet sich auch im Tät.Ber. 1. SS-KB/Ia, 30. 8.–5. 9. v. 5. 9. 1941, ebd., K 24, A 154; zu diesem Konstrukt der SS-Kav. vgl. Birn, Wirklichkeit, S. 277 f. 40 Zusammengefaßte Meldung Kdr. SS-KB v. 3. 9. 1941, BA-MA, RH 22/224; zum Vortrag Lombards vgl. Cüppers, Lombard, S. 145. 41 Vern. Kurt Z. v. 7.7. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. 76–85. Da der Zeuge zur RAA gehörte, deren Schwdr. in der ersten Augusthälfte noch nicht bei den Massakern der Reit. Abt. eingesetzt waren, bezog sich die Aussage auf das Vorgehen bei den späteren Einsätzen. 42 Dto. Rudolf D. v. 18. 2. 1964, StAM, Staw 21894, Bd. 14, Bl. 90; dto. Josef K. v. 11. 7. 1963, ebd., Bd. 16, Bl. 30 ff.; ein Zeuge schilderte, wie bei Aktionen in drei Dörfern insgesamt etwa 750 jüdische Männer, Frauen u. Kinder getötet wurden, dto. Heinz F. v. 24. 6. 1963, ebd. Bd. 16, Bl. 6 ff. 43 Die jüdische Überlebende Basja Pikman schilderte unverkennbar Vernichtungsaktionen der SS-KB in den um die Stadt Mosyr gelegenen Ortschaften. Unter anderem sei in dem Dorf Kosenki mindestens eine jüdische Frau mit ihren drei Kleinkindern umgebracht worden, Grossman/Ehrenburg, S. 336; die 3. Schwdr. des SS-KR 2 meldete am 12. 9. aus einem benachbarten Ort die Erschießung von 55 „Plünderern“, Funkspr. SS-KR 2 v. 12. 9. 1941, 6,15, BA-MA, RS 4/936. 44 4. Schwdr. an SS-KR 1 v. 24. 8.1941, 16.00, ebd., RS 4/430; Bericht SS-KR 1 v. 4. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; am Morgen des 25. 8. wurde per Funk außerdem gemeldet, der
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Anmerkungen
Regimentsstab des 1. SS-KR sei in Pohost, Funkspr. SS-KR 2 v. 25. 8. 1941, 10.45, BA-MA, RS 4/936. 45 Vern. Klaas K. v. 9. 4. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. j67 ff.; ähnlich dto. Adolf K. v. 29. 10. 1962, ebd., Bd. 3, Bl. h48; dto. Rudolf R. v. 2. 11. 1964, ebd., Bd. 7, Bl. 882 f. 46 Funkspr. 3. Schwdr. v. 2. 9. 1941, 18.00, BA-MA, RS 4/936; am gleichen Abend meldete das 2. KR, „3. verstärkte Schwadron u. Prypec-Kommando [sic] besetzen Mosyr.“, dto. SSKR 2 v. 2. 9. 1941, 20.03, ebd., RS 3–8/36. 47 Dto. 3. Schwdr. v. 3. 9. 1941, 6.00, ebd, RS 4/936. 48 Tät.Ber. SS-KB/Ia, 6.–12. 9. v. 12. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154. 49 Vern. Hans S. v. 7. 3. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 1022 f. 50 Vgl. Bericht der Überlebenden Basja Pikman in: Grossman/Ehrenburg, S. 333 ff.; die SS-KB meldete allein am 11. 9. „erschossene Partisanen einschl. Mosyr 384“, Funkspr. Kdr. SS-KB v. 11. 9. 1941, 18.00, BAL, Dok.Slg. Versch. 17, Bl. 22; ein ehemaliger Melder in der 3. Schwdr. des SS-KR 2 bestätigte die Massenerschießungen in Mosyr, Vern. Karl G. v. 13. 10. 1962, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1267, Bl. 95 f.; vgl. Zwischenbericht ZSL v. 12. 11.1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 3, Bl. 571 f.; Aussagen weißrussischer Zeugen, BAL, 204 AR-Z 122/67, Bd. 1, Bl. 384 ff., die jeweils von mehreren hundert Opfer sprachen. 51 Das SS-KR 2 meldete Ende August 1941 die Erschießung von 12 „Plünderern“ in Petrikow, vgl. Funkspr. HSSPF Rußland Mitte v. 30. 8.1941, BAB, NS 33/22; wahrscheinlich wurden aber weit mehr Juden vom 2. RR ermordet, vgl. die Schilderung der weißrussischen Zeugin Efrosinja D. W. v. 4. 1. 1968, BAL, 204 AR-Z 117/67, Bd. 2, Bl. 180; dto. Wasilij T. K. v. 4. 1. 1968, ebd., Bl. 181 f.; zudem den Bericht der sowj. UK, ebd., Bl. 195. 52 In der Kleinstadt Lenin soll die SS-KB etwa 60 jüdische Männer, Frauen u. Kinder erschossen haben, Vern. Gerhard T. v. 3. 5. 1962, STAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1270, Bl. 280; das 2. KR meldete am Nachmittag des 29. 8. den Weitermarsch nach Lenin, Funkspr. SS-KR 2 v. 29. 8. 1941, 14.15, BA-MA, RS 3–8/36. 53 Zu Erschießungsaktionen, bei denen die SS-KB mehrere hundert Juden in Retschiza ermordete, vgl. Vern. Jakob W. v. 10. 9. 1962, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. f31; dto. Heinz B. v. 20. 2. 1964, StAM, Staw 21894, Bd. 24, Bl. 158 ff.; dto. Ludwig O. v. 24. 2.1964, ebd., Bl. 187; dto. Albert S. v. 10. 9.1964, ebd., Bl. 260; Bericht der sowj. UK v. 13. 1. 1945, BAL, 204 AR-Z 122/67, Bd. 2, Bl. 218; Aussage des weißrussischen Zeugen Fukson O. B. v. 3. 4. 1945, ebd., Bl. 221; die letzten aus Retschiza abziehenden Einheiten erschossen noch ältere jüdische Männer, die für die SS hatten arbeiten müssen, Vern. Karl L. v. 25. 7.1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. b66 f. 54 Ein Fahrer der RAA bestätigte die Ermordung von jüdischen Männern, Frauen u. Kinder in Choiniki, wenn auch dessen Angaben über 20 jüdische Opfer viel zu niedrig gewesen sein dürften, Vern. Kurt K. v. 28. 8. 1964, StAM, Staw 21894, Bd. 15, Bl. 612; offenbar wurden von der SS-KB in Choiniki etwa 300 Juden u. damit fast die gesamte Gemeinde ermordet, vgl. Aussagen der weißrussischen Zeugen Warwara P. L. v. 30. 1. 1968, BAL, 204 AR-Z 122/ 67, Bd. 2, Bl. 225; Viktoria E. S. v. 29. 1. 1968, ebd., Bl. 226; Anna E. E., ebd., Bl. 227; die Führungsstaffel der SS-KB war spätestens am 9. 9. in Choiniki eingetroffen, vgl. Fernschr. HSSPF Rußland Mitte v. 9. 9.1941, 11. 45, VUA, Kdostab/K 1, A 4; am 14. 9. lag auch die RAA in dem Ort, dto. v. 14. 9., 13.50, ebd. 55 Die meisten der etwa 600 Juden der Kleinstadt Bragin wurden ebenfalls schon im September 1941 von der SS-Kav. vernichtet, vgl. Aussagen der weißrussischen Zeugen Matrena E. C. v. 2. 2. 1968, BAL, 204 AR-Z 122/67, Bd. 1, Bl. 171; Iwan F. S. v. 2. 2. 1968, ebd., Bl. 176; Marija N. D. v. 2. 2.1968, ebd., Bl. 177; mit der „Befriedung“ von Bragin war die RAA beauftragt worden, Brig.Bef. SS-KB/Ia v. 16. 9. 1941, BA-MA, RS 3–8/20. 56 Möglicherweise findet sich eine Andeutung auf das Massaker in Bobruisk bereits in einem Funkspr. Fegeleins vom 31. 8.1941, in dem er für den 2. 9. auf eine Besprechung drängte u. dazu ergänzte: „Dieser Vorschlag wird wegen Wichtigkeit des bevorstehenden Einsat-
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zes gemacht, da sonst ein Tag verloren geht.“ Funkspr. Kdr. SS-KB v. 31. 8. 1941, 20.00, BAB, NS 33/298; zu den Massenerschießungen in Bobruisk vgl. Einstellungsverfügung gegen Angehörige der FHK E 26/XI v. 19. 4. 1968, StAM, Staw 21894, Bd. 10, Bl. 2000–2035; Büchler, S. 16, wies erstmals auf den Massenmord hin; vgl. Gerlach, Morde, S. 609; Müller-Tupath, S. 87–91, 96; frühere Erschießungen erwähnt der Tätigkeits- u. Lagebericht Nr. 3, CdS v. 15.–31. 8. 1941, in: Klein, Einsatzgruppen, S. 159; die vom EK 8 im September in Bobruisk u. Umgebung ermordeten 407 Personen beziehen sich auf spätere Tötungsaktionen, EM 92 v. 23. 9. 1941, BAB, R 58/217, Bl. 289. 57 Meldung LKK v. 30. 8.1941, BA-MA, RS 4/430; Funkspr. SS-KB v. 2. 9. 1941, 6.20, ebd., RS 4/936; vgl. Brig.Bef. Nr. 4, SS-KB/Ia v. 31. 8. 1941, ebd., RS 3–8/20: „Brigadegefechtsstand: Bis 2. 9. 1941 – 10.00 Uhr Lachowicze, ab 15.00 Uhr Bobruisk 152 – Rollbahn.“ 58 Tgb. Bach-Zelewski v. 5. 9. 1941, BAB, R 20/45b, Bl. 11; dessen Anwesenheit während der Erschießungen wurde von Zeugen bestätigt, Vern. Albert S. v. 10. 9. 1964, StAM, Staw 21894, Bd. 24, Bl. 250–253; dto. Friedrich M. v. 13. 4.1965, ebd., Bd. 25, Bl. 320. 59 In dem 1961 geführten Gerichtsverfahren gegen Angehörige des EK 8 traten Hinweise auf die Hintergründe des Massakers zu Tage. Ruhrberg war nach eigenen Angaben mehrmals von Otto Bradfisch, dem Kommandoführer, befohlen worden, mit seinem Teilkommando für höhere Mordraten zu sorgen. Bradfisch habe speziell auf Vernichtungsaktionen in Bobruisk gedrängt, was Ruhrberg nur vorübergehend mit Verweis auf die wenigen ihm zur Verfügung stehenden Männer ablehnen konnte, Urteil LG München I v. 21.7. 1961, JNSV, Nr. 519, Bd. 17, S. 680; die SS-KB stellte demnach in Bobruisk einerseits die benötigten Kräfte für ein derart großes Massaker u. sollte durch die gemeinsame Aktion andererseits zudem den Impuls für eine radikalere Mordpraxis des Teilkommandos liefern, vgl. Vermerk StAW München I v. 19. 6. 1966, BAL 202 AR-Z 64/60, Bd. 1, Bl. 201–204; Vern. Karl Ruhrberg v. 26. 10. 1965, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 4, Bl. n158–163. 60 Tgb. Bach-Zelewski v. 5. 9. 1941, BAB, R 20/45b, Bl. 11 f. 61 Die Einheit war die mit Geschützen ausgerüstete reitende Batterie des 1. SS-KR, die mit ihrem schweren Gerät kaum für einen Einsatz in den Sumpfgebieten geeignet war u. deshalb Anfang September in Bobruisk Quartier bezogen hatte, vgl. Abschlußbericht ZSL v. 20. 8. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 6, Bl. 371. 62 Als der Brigadeangehörige Walter S. 1942 oder 1943 seinen Urlaub verbrachte, begegneten ihm Soldaten dieser Transportkompanie. Als sie hörten, daß S. Angehöriger der SSKB sei, beschimpften sie ihn u. hielten ihm vor, seine Einheit habe bei Bobruisk „massenweise Juden erschossen“, Vern. Walter S. v. 7. 8. 1962, BAL 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 465. 63 Dto. Alfred H. v. 10. 5. 1960, BAL, 202 AR-Z 64/60, Bd. 1, Bl. 14; zur freiwilligen Beteiligung der Angehörigen der FHK E 26/XI vgl. ebd., Bl. 12 f.; Vern. Wilhelm W. v. 13. 6. 1960, ebd., Bl. 23 f.; dto. Ernst S. v. 18.1.1962, ebd., Bl. 63 f.; dto. Heinrich T. v. 18.1.1966, ebd., Bl. 69 ff.; dto. Alfred H. v. 22. 1. 1966, ebd., Bl. 95 f.; dto. Karl M. v. 25. 1.1966, ebd., Bl. 105 ff.; dto. Otto G. v. 27.1. 1966, ebd., Bl. 123 f. 64 Dto. Karl G. v. 23. 5. 1967, ebd., Bl. 255. 65 Die Ermordung von Frauen u. Kindern wurde von etlichen Vernommenen der FHK E 26/XI bestätigt, dto., Ernst S. v. 18. 1. 1962, ebd., Bl. 63 f.; dto. Heinrich T. v. 18. 1. 1966, ebd., Bl. 69 ff.; dto. Arthur G. v. 20. 1.1966, ebd., Bl. 81 f.; Heinrich F. v. 21.1.1966, ebd., Bl. 86; dto. Karl M. v. 25. 1.1966, ebd., Bl. 105 ff.; dto. Walter B. v. 19.7. 1966, ebd., Bl. 135; dto. Josef D. v. 23. 7.1966, ebd., Bl. 178; dto. Helmut S. v. 27. 6. 1966, ebd., Bl. 197; dto. Paul B. v. 30. 1. 1967, ebd., Bd. 2, Bl. 216; dto. August S. v. 9. 3. 1967, ebd., Bl. 230; dto. Albert S. 10. 9.1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 7, Bl. 641 f.; Zusammenfassung von Aussagen der Wehrmachtssoldaten, StAM, Staw 21894, Bd. 10, Bl. 2003–2017; zum Ablauf des Massakers vgl. Vermerk Staw München I v. 19. 9.1966, BAL, 202 AR-Z 64/60, Bd. 1, Bl. 201–207; Abschlußbericht ZSL v. 20. 8. 1963, ebd., Bd. 4, Bl. 371 f.; Einstellungsverfügung Staw München I gg. ehemalige Angehörige der SS-KB v. 22. 12. 1970, ebd., Bd. 11, Bl. 1782–1802; Vern. Heinz B. v. 19. 5. 1961,
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Anmerkungen
BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 4, Bl. m6 ff.; dto. Arno P. v. 17. 9. 1962, ebd., Bl. m19 f.; dto. Otto P. v. 30. 10. 1962, ebd., Bl. m34 ff.; dto. Ludwig O. v. 3. 11. 1962, ebd., Bl. m46 ff. 66 Zur Dauer der Mordaktion u. zu Hinweisen auf mehrere Erschießungsplätze vgl. Vermerk Staw München I v. 19. 6. 1966, StAM, Staw 21894, Bd. 1, Bl. 204–207; Vern. Heinrich T. v. 18.1.1966, ebd, Bl. 69 ff.; dto. Karl G. v. 23. 5. 1967, ebd., Bd. 2, Bl. 256; dto. Karl F. v. 28. 6. 1967, ebd., Bl. 261; dto. Heinz B. v. 20. 2. 1964, ebd., Bd. 4, Bl. 167 ff.; dto. Ludwig O. v. 24. 2. 1964, StAM, Staw 21894, Bd. 24, Bl. 201 ff. 67 Zur Gesamtzahl von 7000 ermordeten Juden vgl. dto. Heinz B. v. 19. 5. 1961, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 4, Bl. m6 ff.; Ermittlungsbericht Staw München I v. 5. 11.1964, StAM, Staw 21894, Bd. 7, Bl. 1154; im Erinnerungsbuch von Bobruisk wird das Massaker nicht erwähnt. Allerdings lassen die dortigen Angaben über eine Gesamtgröße der Gemeinde von 20 000 Juden, von denen nur ein Teil rechtzeitig vor den Deutschen fliehen konnte, zusammen mit den Opfern des späteren zweiten großen Massakers eine Größenordnung von 7000 im September ermordeten Juden wahrscheinlich erscheinen, vgl. Slutsky, S. 214 ff. 68 Von einem Teilkommando der EG B wurden im Dezember 1941 nochmals 5281 Juden ermordet, im Anschluß wurde Bobruisk u. Umgebung „judenfrei“ gemeldet, Tätigkeits- u. Lagebericht Nr. 8, CdS v. 1.–31. 12. 1941, in: Klein, Einsatzgruppen, S. 268. 69 EM 90 v. 21. 9.1941, BAB, R 58/217. 70 Tät.Ber. SS-KB/Ia, 6.–12. 9. v. 12. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; vgl. Funkspr. 3. Schwdr. SS-KR 2 v. 3. 9. 1941, 6.00, BA-MA, RS 4/936. 71 EM 90 v. 21. 9.1941, BAB, R 58/217. 72 Zum Eintreffen der SS-Kav. vgl. Rgt.Bef. Nr. 16, SS-KR 1 v. 7. 9.1941, BA-MA, RS 4/ 441; zu den Massenerschießungen vgl. Vern. Jakob W. v. 10. 9. 1962, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. f31; dto. Heinz B. v. 20. 2.1964, StAM, Staw 21894, Bd. 24, Bl. 157–164; dto. Ludwig O. v. 24. 2. 1964, ebd., Bl. 187; dto. Albert S. v. 10. 9. 1964, ebd., Bl. 260; sowj. UK-Bericht v. 13. 1. 1945, BAL, 204 AR-Z 122/67, Bd. 2, Bl. 218. Die erwähnten Erschießungsorte lagen in der Nähe der Quartiere der SS-Kav. 73 Zum Zusammenwirken der EG B mit der SS-KB in der Gegend von Mosyr u. Retschiza vgl. Vern. Heinz F. v. 24. 6.1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. c6 f.; dto. Heinz B. v. 20. 2. 1964, ebd., Bd. 4, Bl. 163 f. 74 Auf den Umstand, daß die EG die hohen Mordraten gar nicht ohne die Hilfe anderer SS- oder Polizeieinheiten realisieren konnten, wies bereits Klein, Erlaubnis, S. 936, hin. 75 Brig.Bef. Nr. 6, SS-KB/Ia v. 23. 9. 1941, BA-MA, RS 3–8/20. 76 Dto. Nr. 8, Kdr. SS-KB v. 28. 9. 1941, ebd., RS 3–8/21. 77 Zum grundsätzlichen Vorgehen der SS-KB vgl. Vern. Kurt H. v. 25. 2. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. b114 ff. 78 Altshuler, S. 77–104; die EG B meldete Mitte September, in Gomel sei „kaum noch ein Jude“ anzutreffen, weil die jüdische Bevölkerung „bevorzugt evakuiert“ worden war, vgl. EM Nr. 90 v. 21. 9. 1941, BAB, R 58/217; im November 1941 meldete die EG B, aus den neubesetzten Städten seien Juden „restlos geflohen“, EM 133 v. 14. 11. 1941, BAB, R 58/219. 79 Mitverantwortlich für die konsequenteren deutschen Geheimhaltungsinteressen dürfte die Rundfunkrede Churchills vom 24. 8. 1941 gewesen sein, in der der britische Premier bekanntgab, deutsche Erschießungskommandos hätten im Osten bereits Hunderttausende von Opfern ermordet, vgl. Breitman, Staatsgeheimnisse, S. 126 ff. 80 CdO an HSSPF Rußland Nord, Mitte u. Süd v. 13. 9. 1941, abgedruckt in: Klein, Einsatzgruppen, S. 397. Kurioserweise wurde die Anweisung Dalueges per Funk an die HSSPF übermittelt. 81 Vgl. Führererlaß v. 25. 9.1941, abgedruckt in: Führer-Erlasse, Dok. 112, S. 201. 82 Vern. Albert S. v. 10. 9. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 4, Bl. 635. 83 Tagesmeldung Berück Mitte/Ia v. 14. 9. 1941, BA-MA, RH 22/226; dto. v. 16. 9. 1941, ebd. 84 Tät.Ber. SS-KB/Ia, 13.–19. 9. v. 19. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154.
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85 Zu den Standorten der für die Massenmorde in Frage kommenden RAA vgl. Fernschr. HSSPF Rußland Mitte v. 14. 9., 13.50, ebd., K 1, A 4; Brig.Bef. SS-KB/Ia v. 16. 9.1941, BAMA, RS 3–8/20. 86 Funkspr. Kdr. SS-KB v. 11. 9. 1941, 18.00, BAL, Dok.Slg. Versch. 17, Bl. 22. 87 Vgl. den Bericht Basja Pikmans in: Grossman/Ehrenburg, S. 335. 88 Vern. Samuel G. v. 23.7. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. b57 f. 89 HSSPF Rußland Mitte an Kdr. SS-KB v. 5. 11. 1941, VUA, 8. SS-KD/K 4, A 23. 90 Bef. SS-KB/Ia v. 30. 10. 1941, BA-MA, RS 3–8/21; im gleichen Wortlaut wurde der Bef. wenig später durch das 2. SS-RR herausgegeben, dto. SS-KR 2/Ia v. 2. 11. 1941, ebd.; Toropez war bereits ab dem 12. 9. von einem Teiltrupp des SK 7a „überholt“ worden, EM 90 v. 21. 9. 1941, BAB, R 58/217. 91 Tät.Ber. SS-KB/Ia, 18. 10.–18. 11. v. 21. 11.1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154. 92 Dto., 1.–7. 11. v. 7. 11. 1941, ebd.; vgl. dto. Kdostab/Ia, 1.–7. 11. v. 17. 11. 1941, ebd., K 6, A 42. 93 Bericht HSSPF Rußland Mitte/Ia, 22. 10.–6. 11. v. 7.11. 1941, BAB, NS 33/22. 94 Tät.Ber. Kdostab/Ia 7.–13. 11. v. 9. 12. 1941, VUA, Kdostab/K 6, A 43. 95 Vgl. SS-KB/Ia an HSSPF Rußland Mitte v. 25.11. 1941, BA-MA, RS 3–8/41; allein am 10. 11. erschoß die Brig., „516 Partisanen u. verdaechtige Personen“ u. nahm nur 3 gefangen, Funkspr. SS-KB/Ia v. 10. 11. 1941, 17.40, BA-ZA, Z/A-I 8070, A 2. 96 Bilanzen der GFP, die eine Gleichsetzung von Juden u. Partisanen in diesem Umfang nicht betrieb, fielen weit geringer aus. Im rückwärtigen Heeresgebiet Süd erschossen Kommandos der GFP im September 258 Personen als „Freischärler“, im Oktober waren es 1025 u. im November wurden 737 erschossene „Freischärler“ gemeldet, Berichte GFP im rückwärtigen Heeresgebiet Süd v. 31. 9., 31. 11. u. 31. 12. 1941, BA-MA, RH 22/171. 97 Abschlußmeldung SS-KB/Ia 29. 7.–5. 9. v. 18. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; Longerich, Politik, S. 368, u. ders., Befehl, S. 104, nimmt irrtümlich an, die Opferzahlen in Fegeleins Abschlußbericht v. 18. 9. würden sich nur auf den späteren Einsatz der SS-KB in der zweiten Augusthälfte beziehen. Tatsächlich enthält der Bericht aber die Ergebnisse des gesamten Einsatzes seit dem 29. 7. 1941; Neitzel, S. 425, hinterfragt die Zahl nicht. 98 Vgl. Tät.Ber. SS-KB/Ia, 6.–12. 9. v. 12. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; dto. 13.–19. 9. v. 19. 9. 1941, ebd.; dto. 20.–26. 9. v. 26. 9. 1941, ebd.; dto. 27. 9.–4. 10. v. 5. 10. 1941, ebd. 99 Die Schätzungen Büchlers, S. 20, der von 50 000 durch die SS-KB ermordeten Juden ausgeht, sind zu hoch. Im Wesentlichen beruhen seine Angaben auf der irrtümlichen Annahme, die von Fegelein am 28. 9. 1941 gemeldeten 31403 Gefangenen würden sich nur auf Einsätze der SS-KB beziehen. Wie sich jedoch aus dem Gesamtkontext des betreffenden Bef. schließen läßt, gab der Kdr. in Wirklichkeit das Gesamtergebnis der Gefangenen im rückwärtigen Heeresgebiet Mitte wieder, vgl. Brig.Bef. Nr. 8 Kdr. SS-KB v. 28. 9. 1941, BA-MA, RS 3–8/20. 100 Funkspr. Kdr. 1. SS-IB v. 19. 8. 1941, 21.44, VUA, Kdostab/K 1, A 3. 101 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia, 17.–20. 8. v. 20. 8. 1941, ebd., K 19, A 131; zur Person des Rgt.Kdr. vgl. SS-Stammkarte, Lebenslauf (undat./Ende 1940), Beurteilung durch Insp. der SS-TS v. 26. 7.1940, BAB, SSO Hans-Wilhelm Sacks; fünf Tage vor der schweren Verwundung Sacks wurde beim XVII. A.K. notiert: „Der tapfere, unternehmungslustige Rgts.-Kdr., der mit seiner Truppe darauf brennt, sich auszuzeichnen, hat dauernd Schwierigkeiten mit seinem SS-Vorgesetzten, Brig.Führer Hermann, der das Regiment nicht zum Kampf freigeben will.“ KTB XVII. AK/Ia v. 14. 8. 1941, BA-MA, RH 24–17/39. 102 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia, 17.–20. 8. v. 20. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 131; KTB Kdostab v. 27. 8.1941, ebd., K 1, A 1. 103 Funkspr. Kdr. 1. SS-IB v. 19. 8. 1941, 21.44, ebd., A 3; Vern. Gustav S. v. 21. 9. 1966, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 12, Bl. 1789 f. Der Zeuge berichtete, daß die SS-Einheit etwa drei Wochen in der Gegend blieb. Das entsprach recht genau der Einsatzdauer des 8. SS-IR u. läßt die Präsenz eines Teilkommandos der EG C recht unwahrscheinlich erscheinen.
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Anmerkungen
104 Funkspr. Kdr. 1. SS-IB v. 23. 8. 1941, 21.37, VUA, Kdostab/K 1, A 3; dto. v. 24. 8. 1941, 21.35, ebd.; Tät.Ber. Kdostab/Ia 25.–31. 8. v. 3. 9. 1941, ebd., K 5, A 32; im einzelnen dto. 1. SS-IB/Ia 24.–29. 8. v. 29. 8. 1941, ebd., K 19, A 131; dto. Ia u. Ic 29. 8.–5. 9. v. 5. 9.1941, ebd. 105 Zum Erscheinen des Btl. in Lelzschicy u. ersten Opfern unter den Juden vgl. Tät.Ber. 1. SS-IB/Ic v. 5. 9. 1941, ebd.; zur Datierung des Massakers vgl. dto., 5.–12. 9. v. 12. 9. 1941, ebd.; zur Person des Btl.Kdr vgl. BAB, SSO Kurt Kummer. 106 Aussage Fedora A. J. v. 10. 1. 1968, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 23, Bl. 5047 ff. 107 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 5.–12. 9. v. 12. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 131; die Zeugen sprachen von etwa 700 Opfern, Männer, Frauen u. Kinder. Ein Teil der Menschen sei kurz zuvor aus Turow evakuiert worden, vgl. Aussage Iwan I. B. v. 10.1.1968, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 23, Bl. 5050 ff.; dto. Andrej G. S. v. 10. 1. 1968, ebd., Bl. 5053 ff.; die sowj. UK kam zu dem Ergebnis, in Leltschicy seien insgesamt 750 Juden u. Jüdinnen ermordet worden. 15 Personen seien erst erschossen worden, nachdem sie die Massengräber der anderen Opfer zugeschaufelt hatten, UK-Bericht v. 25. 12.1944, ebd., Bd. 23, Bl. 5055–5058; vgl. Vern. Wilhelm G. v. 30. 5.1967, ebd., Bd. 14, Bl. 2040 ff.; dto. Wilhelm B. v. 19. 3. 1971, ebd., Bd. 24, Bl. 5325 f.; dto. Werner G. v. 20. 1. 1972, ebd., Bd. 30, Bl. 6982 ff. 108 Das 8. SS-IR meldete zwischen dem 29. 8. u. 5. 9. fast täglich die Ermordung zahlreicher Juden, Tät.Ber. 1. SS-IB/Ic 29. 8.–5. 9. v. 5. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 131. 109 Fernschr. Kdr. 1. SS-IB v. 7. 9. 1941, 22.00, ebd., K 1, A 4. 110 Tät.Ber. Kdostab/Ia 1.–7. 9. v. 10. 9. 1941, ebd., K 5, A 33; Tät.Ber. 1. SS-Brig/Ia 5.–12. 9. v. 12. 9.1941, ebd., K 19, A 131; vgl. Tagesmeldungen 1. SS-IB 5.–7. 9.1941, BA-ZA, Z/A-I 8070, A 1, Bl. 63–66. 111 Tät.Ber. Kdostab/Ia 8.–14. 9. v. 17. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 34; vgl. dto. 1. SS-Brig/ Ia 12.–19. 9. v. 19. 9. 1941, ebd., K 19, A 131; Fernschr. Kdr. 1. SS-IB v. 13. 9. 1941, 22.15, ebd., K 1, A 4; dto. v. 15. 9. 1941, 0.30, ebd.; Mitte September stellte die Brig. bei der Bevölkerung noch immer eine „starke Verängstigung“ fest; die ukrainische Miliz zeige sich aber hilfsbereit, sie habe Juden „ebenfalls“ festgenommen „und den deutschen militärischen Dienststellen zugeführt“, vgl. Tät.Ber. 1. SS-Brig/Ic 12.–19. 9. v. 19. 9. 1941, ebd. K 19, A 131. 112 Einsatzrichtlinien 8. Folge, Kdostab/Ia (Eingangsstempel 9. 9.1941), ebd., K 10, A 94. 113 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ic 5.–12. 9. v. 12. 9. 1941, ebd., K 19, A 131. 114 Vern. Johann E. v. 19. 2. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 2, Bl. 262. 115 Fernschr. HSSPF Rußland Süd v. 11. 9.1941, 10.00, VUA, Kdostab/K 1, A 4. 116 Dto. Kdr. 1. SS-IB v. 19. 9. 1941, 19.15, ebd., A 4; zum Besuch Jeckelns beim Brig.stab Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia (zu Ziffer 14), 12.–19. 9. v. 19. 9. 1941, ebd., K 19, A 131; zwei Tage nach dem Geheimhaltungsbefehl Dalueges hatte die Brigade noch ganz offen die Erschießung von 29 Juden gemeldet, Fernschr. Kdr. 1. SS-IB v. 15. 9.1941, ebd, K 1, A 4; der bis Oktober 1941 als Ic-Offizier bei der 1. SS-IB. eingesetzte Ekkehard Eckert bestätigte ausdrücklich, bei den „Aktionen nach Kriegsbrauch“ habe es sich grundsätzlich um Judenerschießungen gehandelt, Vern. dess. v. 16. 6. 1971, BAL 202 AR-Z 1212/60, Bd. 25, Bl. 5615. 117 Jeckeln meldete bspw. am 1. 10., das PB 304 habe „Aktionen nach Kriegsbrauch“ ausgeführt, Funkspr. HSSPF Rußland Süd v. 1. 10. 1941, 10.10, VUA, Kdostab/K 2, A 5. 118 Funkspr. Kdr. 1. SS-Brig v. 19. 9.1941, 19.15, ebd, K 1, A 4; dto. HSSPF Rußland Süd v. 20. 9. 1941, ebd.; zum Marschweg der Brigade vgl. Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia u. Ic 12.–19. 9. v. 19. 9. 1941, ebd., K 19, A 131; möglicherweise nahmen Teileinheiten an beiden Tagen auch an einem Massaker des EK 6 teil, bei dem in Winniza am 19. u. 20. 9. 1941 insgesamt 18 000 Juden ermordet wurden, vgl. Pohl, Einsatzgruppe, S. 75. 119 Zur Ermordung der Juden in Gajsin vgl. Aussage des Überlebenden Leonid J. S. v. 11. 9. 1970, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 35, Bl. 8318–8322; dto. Michail K. G. v. 11. 9.1970, ebd., Bl. 8323–8327, dto. Schulim S. M. v. 16. 4.1945, ebd., Bl. 8363 ff.; am Tag des Massakers befanden sich Einheiten der SS-Brig. im fraglichen Gebiet, Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 12.–19. 9. v. 19. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 131.
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120 Weitere „Aktionen nach Kriegsbrauch“ meldete die Brig. am 25. 9., 27. 9. u. 3. 10., Fernschr. Kdr. 1. SS-Brigade v. 25. 9. 1941, 20.05, ebd., K 1, A 4; dto. 27. 9. 1941, 23.50, ebd; dto. 1. SS-IB/Ia v. 3. 10. 1941, 21.50, ebd., K 2, A 5. 121 Tät.Ber. 1. SS-Brig/Ic 26. 9.–3.10. v. 3. 10. 1941, ebd., K 19, A 131; auch am 5.10. meldete die Brig. „Aktionen nach Kriegsbrauch“, evtl. wurden dabei Juden im gerade besetzten Tarasowka erschossen, vgl. Fernschr. Kdr. 1. SS-IB v. 5. 10. 1941, 20.10, ebd., K 2, A 5. 122 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 3.–10. 10. v. 10. 10. 1941, ebd., K 19, A 132; vgl. dto. Ic 3.–10. 10. v. 10. 10. 1941, ebd. 123 Dto. 1. SS-Brig/Ic 31. 10.–7. 11. v. 7. 11.1941, ebd.; zur Verlegung der Brig. in den Raum von Konotop vgl. dto. Kdostab/Ia 7.–13.10. v. 15. 10. 1941, ebd., K 5, A 38. 124 Dto. 1. SS-IB/Ia 14.11.–21. 11. v. 21.11. 1941, ebd., K 19, A 132; die Aufstellung ist evtl. von Himmler angefordert worden, der sich vorher mit Knoblauch getroffen hatte, vgl. Dienstkalender Himmlers v. 11. u. 13. 11. 1941, S. 259. 125 Die SS-IB meldete „weitere Aktionen nach Kriegsbrauch“, Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia, 7.–14. 11. v. 14.11. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 132; dto. 14.–21. 11. v. 21.11. 1941, ebd.; dto. 21.–28. 11. v. 28.11. 1941, ebd.; Vern. Johann E. v. 19. 2. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 2, Bl. 258. E. gab an, Judenerschießungen der Brig. seien bis Ende 1941 vorgekommen. 126 Aussage der ukrainischen Zeugin Anna J. B. v. 11. 7.1944, ebd., Bd. 35, Bl. 8329 ff.; dto. der Überlebenden Feofanija N. N. v. 11. 7.1944, ebd., Bl. 8334 ff. 127 Vern. Kurt H. v. 22. 5. 1969, ebd., Bd. 23, Bl. 5018 f.; vgl. dto. Otto H. v. 25. 9. 1969, ebd., Bl. 5019 ff. dto. Walter E. v. 24. 1.1966, BAL, 202 AR-Z 64/60, Bd. 1, Bl. 102 f.; dto. Karl F. v. 28. 6. 1967, ebd., Bd. 2, Bl. 261 f. 128 Tät.Ber. FK (V) 200 Abt. VII, 24. 11. 1941–17. 6. 1942 v. 17. 6. 1942, BA-MA, RH 22/201. 129 RFSS an HSSPF Rußland Süd v. 15. 9. 1941, 18.25, VUA, Kdostab/K 1, A 4. 130 Urteil OSSPG München v. 24. 5.1943, BAB, NS 7/1017. 131 Ebd.; vgl. Klee/Dreßen/Rieß, S. 184–192; Täubner wurde im April 1942 festgenommen, vgl. Tät.Ber. Kdostab/Ic 17.–24. 4. v. 6. 7. 1942, VUA/Kdostab K 7, A 66; die Photos wurden bei dessen Ehefrau beschlagnahmt, dto. 15.–22. 5. v. 10. 8. 1942, ebd., K 8, A 70; Himmler begnadigte Täubner am 16. 1. 1945 zur Frontbewährung, Klee/Dreßen/Rieß, S. 192. 132 Büchler, S. 20, schätzt, daß die 1. SS-IB bis Ende 1941 50 000 Juden ermordete, diese Angabe erscheint jedoch zu hoch. Er macht die Brig. für einen Großteil der durch Jeckelns Einheiten bis Ende August ermordeten 44 000 Juden verantwortlich. Nach den vorliegenden Quellen wird die SS-IB etwa 20 % der Menschen ermordet haben; Büchler, S. 17 f., vermutet zudem eine Teilnahme der Brig. am Massaker in Kamenez-Podolsk, was jedoch nicht zutrifft, da der Verband währenddessen 300 km nördlich, bei Korosten eingesetzt war. 133 Zum Ergebnis der Ermittlungen gg. ehemalige Angehörige der 2. SS-IB vgl. Bericht ZSL v. 5. 4.1968, BAL, 207 AR-Z 18/65, Bd. 2, Bl. 521–525. 134 Kdr. 2. SS-IB an Kdostab v. 10. 9. 1941, 12.45, VUA, Kdostab/K 1, A 4. 135 KTB Kdostab, v. 15. 9. 1941, ebd., A 1; Dienstkalender Himmlers v. 15. 9. 1941, S. 208. 136 RFSS an HSSPF Rußland Nord v. 15. 9. 1941, 18.25, VUA, Kdostab/K 1, A 4; eine Abschrift der Zurechtweisung Prützmanns hatte Himmler am gleichen Tag an Jeckeln gesandt. Der Funkspr. enthielt den Zusatz, das träfe „sinngemäss für die 1. SS-Brigade“ zu, „Sicherung der Rollbahnen ist nicht Aufgabe der Brigade.“ RFSS an HSSPF Rußland Süd v. 15. 9. 1941, 18.25, ebd. 137 Chef Kdostab an Kdr. 2. SS-IB v. 7. 10. 1941, 11.15, BAB, NS 33/49. 138 Zum Kompetenzgerangel vgl. ders. an HSSPF Rußland Nord v. 29. 9. 1941, 17.00, VUA, Kdostab/K 1, A 4; Kdostab Id an RFSS v. 21. 11. 1941, ebd., K 2, A 6; Kdostab/Id an 2. SS-IB v. 21. 11.1941, ebd. 139 In der Zeit v. 2.–10. 10. meldete die 2. SS-IB keine Erschießungen, Partisanen-Nachrichtenblatt Nr. 4 v. 10. 10. 1941, ebd., K 20, A 136; in der folgenden Woche wurden am 16. 10. 5 Erschossene aufgeführt, dto. Nr. 5 v. 16. 10. 1941, ebd.; zwischen dem 25. u. 31. 10. erschoß
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Anmerkungen
die IB nach eigenen Angaben 9, u. vom 1.–7.11. 46 Menschen, dto. Nr. 7 v. 31. 10. 1941, ebd., u. dto. Nr. 8 v. 7. 11. 1941, ebd.; in der Woche vom 8.–14. 11. wurden 23 Erschießungen gemeldet, dto. Nr. 9. v. 14. 11.1941, ebd., A 137; vom 15.–21. 11. waren es 45 Erschießungen, dto. Nr. 10 v. 22. 11. 1941, ebd.; schließlich wurden am 28. 11. für die abgelaufene Woche 13 Tötungen gemeldet, dto. Nr. 11 v. 28. 11. 1941, ebd., K 20, A 137. 140 Tät.Ber. Kdostab/Ia 22.–28. 9. v. 2. 10. 1941, ebd., K 5, A 36. 141 Führererlaß v. 20. 8. 1941, abgedruckt in: Führer-Erlasse, Dok. 108, S. 196 f. 142 Vgl. Büchler, S. 18; Burrin, S. 125. 143 Longerich, Politik, S. 401 ff.; nach einer Meldung Prützmanns wurden allein in Lettland u. Estland bis Anfang September Schutzmannschaften in einer Stärke von 4767 Männern aufgestellt. 4800 Mann waren zudem in Aufstellung begriffen, HSSPF Rußland Nord an Kdostab u. RFSS v. 2. 9. 1941, BAB, NS 33/321; Aufstellung über lettische Hilfspolizeiverbände HSSPF Ostland (Rußland Nord) v. 21. 8. 1941, BA-MA, RH 22/271. 144 Tätigkeits- u. Lagebericht Nr. 6 CdS v. 1.–31. 10. 1941, in: Klein, Einsatzgruppen, S. 227; zu den estnischen Juden vgl. Robel, S. 505 ff. 145 Das SK 1b war seit dem 23. 9. in Tosno stationiert, EM Nr. 126 v. 29. 10. 1941, BAB, R 58/218; zur Verlegung des SK 1b nach Minsk EM Nr. 140 v. 1.12. 1941, BAB, R 58/219; zum Mord an den Juden Nordrußlands Scheffler, Einsatzgruppe, S. 42 f. 146 Büchler, S. 18; dagegen irrt ders., S. 20, wenn er argumentiert, die Unterstellung der aus westeuropäischen Freiwilligen bestehenden SS-Legion „Niederlande“ sei ein weiterer Grund für die begrenzte Mordpraxis der 2. SS-IB gewesen. Die Legion wurde nicht Ende August 1941, sondern erst Anfang 1942 in die Brig. eingegliedert. Nur die SS-Legion „Flandern“ wurde der 2. SS-IB ab Mitte November 1941 unterstellt. 147 Tät.Ber. 2. SS-Brig/Ia 3.–10.10. v. 10. 10. 1941, VUA, Kdostab/K 20, A 136. 148 Dto. 17.–24. 10. v. 24. 10.1941, ebd. 149 Dto. 24.–31. 10. v. 31. 10. 1941, ebd. 150 Dto. Kdostab/Ia 7.–13. 11. v. 9.12. 1941, ebd., K 6, A 43. 151 Teilkdo. Hubig an Chef EG A v. 2.12. 1941, BA-MA, RH 24–28/112; vgl. Gen.Kdo. XXVIII. A.K./Ic an AOK 18/Ic v. 20. 12. 1941, ebd. 152 Teilkdo. Hubig an Chef EG A v. 2. 12. 1941, ebd. 153 Bericht Gen.Kdo. XXVIII. A.K./Ic v. 26. 12. 1941, ebd. 154 Gen.Kdo. XXVIII. A.K./Ic an AOK 18/Ic v. 3. 1. 1942, ebd. 155 Büchler, S. 20, kommt durch die angesprochenen, zu hoch bemessenen Angaben auf etwa 100 000 Opfer, ein Ergebnis, das die vorliegende detaillierte Untersuchung nicht bestätigt. 156 Matthäus, Unternehmen, S. 431 f.; Longerich, Massenmord, S. 264 f. 157 Die von Büchler, S. 17, 21, angedeutete Teilnahme von Einheiten des Kdostabs an Massakern der EG in Berditschew, Bjelaja-Zerkow, Dnjepropetrowsk, Gomel, Mogilew, Welikie Luki, Rshew u. Uman ließ sich nicht bestätigen. Zwar passierten die SS-Brig. auf ihrem Vormarsch die genannten Städte, jedoch lassen sich keine Hinweise auf eine Beteiligung an den genannten Massakern finden. 158 Vgl. die Zusammenstellung von Vernichtungsaktionen in: Arad, Holocaust, S. 16–21; Orbach, Destruction, S. 35–51; Longerich, Politik, S. 416 ff.; zur Ausweitung die präzise Analyse in Matthäus, Unternehmen, S. 428–448. 159 Zu Kamenez-Podolsk Mallmann, Sprung, S. 239–255; Braham, Kamenez-Podolsk, S. 133–156; Longerich, Befehl, S. 106, nimmt irrtümlich die 1. SS-IB als Tateinheit an; zu Babi Jar vgl. EM 106 v. 7.10.1941, BAB, R 58/218; Longerich, Politik, S. 377 ff.; Yahil, S. 361; Rüß, S. 483–508. 160 Etliche Angehörige der SS-Brig. legitimierten die Massaker mit der gleichen Argumentation, vgl. Vern. Johann E. v. 11. 2.1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 7, Bl. 501; dto. Kurt B. v. 7. 7. 1962, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. f15-f20.
„Partisanenbekämpfung“ und Massenmord 161
403
Ueberschär, Scheitern, S. 154, 158 f. Browning, Weg, S, 81–104, bietet etliche Belege für die Radikalisierung der Judenpolitik vor dem Hintergrund einer deutschen Siegeseuphorie im Juli u. September 1941; vgl. ders., Entfesselung, S. 449–475; dagegen setzt Aly, „Endlösung“, S. 308–311 seine Argumentation einer „enttäuschten Siegesgewißheit“ als Auslöser der Judenvernichtung mit dem Verweis auf einen allg. Stimmungsumschwung in der ersten Augusthälfte 1941 deutlich zu früh an. 163 Zur Verschärfung der deutschen Besatzungspolitik vgl. DRZW, Bd. 4, S. 1050–1058; zum Verlauf der deutschen Offensive vgl. ebd., S. 568–600. 164 Vgl. Armstrong/DeWitt, S. 75–79; Bonwetsch, S. 92 ff.; Richter, Herrenmensch, S. 9; Gerlach, Morde, S. 860; DRZW, Bd. 4, S. 753–757; nach wie vor ist Armstrong, Partisans, das Standardwerk der westlichen Forschungsliteratur; Hesse erarbeitete 1969 eine der wenigen Darstellungen in deutscher Sprache; auf der Grundlage der Forschungsliteratur u. wichtiger Quelleneditionen ein gelungener Überblick bei Richter, Herrenmensch; fundiert u. auf breiter Quellenbasis das Kapitel zur Bekämpfung der weißrussischen Partisanenbewegung bei Gerlach, Morde, S. 859–1055; sehr aufschlußreiche Quellen bei Musial, Partisanen. 165 Tätigkeits- u. Lagebericht Nr. 1 CdS v. 31. 7. 1941, zit. nach: Klein, Einsatzgruppen, S. 117. 166 Armstrong/DeWitt, S. 79–88; Richter, Herrenmensch, S. 9 f.; nach verschiedenen, in etwa übereinstimmenden Schätzungen gab es in Weißrußland im August 1941 ungefähr 12 000 Partisanen, gegen Ende des Jahres waren es etwa 30 000, vgl. Gerlach, Morde, S. 861; erste taktische Anweisungen der Partisanen finden sich in einer von den Deutschen übersetzten Instruktion v. 20. 7. 1941, in der Sabotageaktionen u. Überfälle auf Wehrmachtsangehörige angeregt wurden, vgl. BA-MA, RS 4/579. 167 Tät.Ber. Panzergruppe3/Ic v. 14. 8.1941, zit. nach: Richter, Herrenmensch, S. 7, Anm. 29; zum Status der Partisanen notierte Halder nach einem Vortrag des Generals z.b.V. beim OBdH: „Partisanen-Abteilungen sind völkerrechtlich kämpfende Formationen“, Halder KTB v. 1. 8.1941, Bd. 3, S. 139. 168 Richtlinien für die Partisanenbekämpfung, Berück Süd v. 24. 8. 1941, BA-MA, RH 22/ 170. 169 Vern. Erich F. v. 6. 7. 1964, StAM, Staw 21894, Bd. 17, Bl. 143; vgl. dto. Kurt Z. v. 7. 7. 1964, ebd., Bd. 16, Bl. 76; dto. Johann F. v. 18. 9. 1964, ebd., Staw 22518, Bd. 6, Bl. 126; dto. Peter N. v. 5. 5. 1971, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 25, Bl. 5433; dto. Karl S. v. 23. 6.1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. i39; dto. Hans M. v. 27. 8. 1964, ebd., Bd. 7, Bl. 597; gleichlautend urteilte das OSSPG im Februar 1942 in einem Verfahren gegen den Kdr. des 10. SSIR wegen militärischen Ungehorsams. In dem Urteil wurde vom SS-Gericht festgestellt, das SS-IR 10 sei „während des Ostfeldzuges zunächst nur zu Sicherungsaufgaben verwendet worden. Dabei hatte es Eisenbahnlinien, Industrie-Objekte u. Gefangenenlager zu bewachen u. darüber hinaus das Gebiet von Partisanen zu säubern gehabt. Feindberührungen hatten nur gelegentlich u. auch lediglich in kleinerem Umfange stattgefunden; so einmal bei Korosten, wo das Regiment ein Waldgefecht zu bestehen hatte, u. dann am Dnjepr, wo es lediglich zu unerheblichen Gefechtshandlungen gekommen war.“ Urteil OSSPG München gg. SS-Ostubaf. Kistler v. 27. 2. 1942, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 11, Bl. 1635a-p 170 DRZW, Bd. 4, S. 453, 463 u. 472 f.; Klein, Zivilbevölkerung, S. 86 ff. 171 Vern. Ludwig O. v. 24. 2. 1964, StAM, Staw 21894, Bd. 24, Bl. 190. 172 Bef. General z.b.V. beim OKH an alle HGr, AOK u. Panzergruppen v. 18. 7. 1941, abgedruckt in: HIS, Verbrechen, S. 433; vgl. den Abschnitt VIII.2. dieser Studie. 173 Bef. Berück Süd/Ic v. 29. 7. 1941, BA-MA, RH 22/170; dort verbot Roques zudem die Teilnahme von Wehrmachtssoldaten an Judenpogromen u. Exzessen gegen die Zivilbevölkerung u. versuchte so die sich in seinem Bereich abzeichnenden disziplinarischen Probleme innerhalb der Truppe einzudämmen. 162
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Anmerkungen
174 Korpsbef. Nr. 39 Berück Mitte/Ia v. 11. 8. 1941, ebd., RH 22/224; am 16. 8. verlängerte Schenckendorff die Frist bis zum 31. 8., dto. Nr. 40 v. 16. 8. 1941, ebd., RS 4/930; ein weiterer OKH-Befehl v. 13. 8., der Rotarmisten erneut als „Freischärler“ qualifizierte, wurde von Schenckendorff „wärmstens“ begrüßt, 10-Tagesmeldung dess. an OKH v. 20. 9.1941, ebd., RH 22/227; die SS-KB informierte am 13. 8. über den Bef., ähnlich dürfte die 1. SS-IB verfahren sein, Bes. Anordnungen für die Versorgung, SS-KB/Ib v. 13. 8.1941, ebd., RS 3–8/20; vor einem neuen Einsatz wurde die 1. SS-IB an die Befehlslage erinnert, Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 12.–19. 9. v. 19. 9.1941, VUA, Kdostab/K 19, A 131. 175 Bef. OB HGr Nord v. 6. 8. 1941, BA-MA, RH 22/271; ergänzend ordnete der Bef. die „Androhung und Durchführung von Kollektivmassnahmen“ an; um ihre Zivilkleidung zu entschuldigen, erklärten Rotarmisten im Raum um Leningrad Ende September 1941, Partisanen hätten die Uniformen geraubt. Das Begl.Btl. RFSS nahm die Angaben ernst u. meldete sie weiter, Tät.Ber. Kdostab/Ia 30. 9.–6. 10. v. 10. 10.1941, VUA, Kdostab/K 5, A 37. 176 Dto. 1. SS-IB/Ia 27.–30. 7. v. 30. 7. 1941, ebd., K 19, A 130; Bericht Kdr. Vorausabt. SSKB 27.7.–3. 8. v. 12. 8. 1941, ebd., K 24, A 154; Abschlußbericht I, Kdr. Reit. Abt. SS-KR 1 v. 11. 8. 1941, BA-MA, RS 4/441. 177 Bericht Kdr. SS-KB, 25. 8.–3. 9. v. 3. 9. 1941, ebd., RH 22/224; Tät.Ber. 1. SS-IB/Ic 29. 8.–5. 9. v. 5. 9. 1941, VUA; Kdostab/K 19, A 131. 178 Tät.Ber. 2. SS-IB/Ia 29. 8.–5. 9. v. 5. 9. 1941, ebd. K 20, A 135. 179 Dto. Kdostab/Ic 8.–14. 9. v. 17. 9. 1941, ebd., K 5, A 34. 180 Ähnlich verfuhren die EG, vgl. Bericht der EG A, EM 57 v. 19. 8. 1941, BAB, R 58/216. 181 Abschlußmeldung „Befriedung der Prypec-Sümpfe [sic]“ Kdr. SS-KB v. 18. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154. 182 Erfahrungsbericht Kdr. SS-KR 1 v. 17. 9. 1941, BA-MA, RS 4/420. 183 Gefechtsbericht SS-KR 2 v. 22. 8.1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; Bericht Kdr. SSKB v. 29. 8. 1941, ebd. 184 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 13.–17. 8. v. 17. 8. 1941, ebd., K 19, A 130; dto. 17.–20. 8. v. 20. 8.1941, ebd., A 131; die 2. SS-IB wertete ihren Einsatz bei Wyritza selbst vorrangig als Operation gegen reguläre Truppenteile, Einsatzbericht 2. SS-IB v. 9.–20. 9. 1941 (undat./Ende Sept. 1941), ebd., K 20, A 135. 185 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 13.–17. 8. v. 17. 8. 1941, ebd., K 19, A 130; dto. 2. SS-IB/Ia 9.–20. 9. 1941, ebd., K 20, A 135; Verlustlisten der SS-Brig. von 7–12/1941, ebd., K 2, A 8. 186 Bericht Kdr. SS-KR 1 v. 4. 9. 1941, ebd., K 24, A 154. 187 Tät.Ber. SS-KB/Ia 30. 8.–5. 9. v. 5. 9. 1941, ebd. 188 Bericht Kdr. SS-KR 1 v. 4. 9. 1941, ebd.; Bericht Kdr. SS-KB, 25. 8.–3. 9. v. 3. 9. 1941, BA-MA, RH 22/224. 189 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ic 29. 8.–5. 9. v. 5. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 131. 190 FK (V) 194 an Sich.Div. 221 v. 10. 8.1941, BA-MA, RS 4/930. 191 Bericht Kdr. KB 25. 8.–3. 9. v. 3. 9. 1941, ebd., RH 22/224. 192 Abschlußbericht Kdr. SS-KB v. 18. 9. 1941, BAB, NS 33/22. 193 Vgl. Yahil, S. 664 f.; Lustiger, Kampf, S. 330–335, 349–361. 194 10-Tagesmeldung Berück Mitte/Ia an OKH v. 10. 9. 1941, BA-MA, RH 22/227. 195 Gerlach, Morde, S. 860. 196 10-Tagesmeldung Berück Mitte/Ia an OKH v. 10. 9. 1941, BA-MA, RH 22/227. 197 Korpsbef. Nr. 52, Berück Mitte/Ia v. 14. 9. 1941, ebd., RH 22/225; Fegelein gab den Inhalt des Bef. seiner SS-Kav. bekannt u. verwies mit Genugtuung darauf, daß sich die eigene Strategie bisher „voll bewährt“ habe, Einsatzbef. Kdr. SS-KB v. 16. 9. 1941, ebd., RS 3–8/20. 198 Korpsbef. Nr. 52, Berück Mitte/Ia v. 14. 9. 1941, ebd., RH 22/225. 199 Vgl. EM 67 v. 29. 8. 1941, BAB, R 58/216. 200 Bef. 221. Sich.Div./Ia v. 6. 9. 1941, BA-MA, RH-26–221/13a. 201 Merkblatt HGr Mitte/Ic v. 14. 9. 1941, ebd., RH 20–2/1093.
„Partisanenbekämpfung“ und Massenmord
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202 Bef. Chef OKW v. 12. 9.1941, ebd., RH 22/171; als Ausnahme ließ Keitel noch die Anstellung von Juden „in besonders zusammengefaßten Arbeitskolonnen“ zu. 203 Befehl Chef OKW v. 16. 9. 1941, abgedruckt in: Eine Schuld, S. 97 ff. 204 Cüppers, Lombard, S. 145; HIS, Verbrechen, S. 462; Krausnick, Einsatzgruppen, S. 217 f. 205 Teilnehmer-Verzeichnis Berück Mitte/IIa v. 23. 9. 1941, BA-MA, RH 22/225. 206 Manuskript Begrüßungsrede Berück Mitte v. 24. 9.1941, ebd. 207 Tagesordnung Berück Mitte/Ia v. 23. 9.1941, ebd. RS 4/420. 208 Redemanuskript Kdr. SS-KR 1 (undat./gehalten 25. 9. 1941), ebd. 209 Schenckendorff berichtete dem OKH am 30. 9. über den Lehrgang: „Vertreter von SS und SD kamen hierbei zu Worte, Praktische Übungen am 25. und 26. 9. beendeten den Kursus“, 10-Tagesmeldung Berück Mitte/Ia v. 30. 9. 1941, ebd., RH 22/227. 210 „Bestimmungen und Erläuterungen für Truppe und Zuschauer“, Anlage zum Befehl Sich.Rgt. 2 (undat./Sept. 1941), ebd., RH 22/225; Bef. Sich.Rgt. 2 für Unternehmen „Kussikowitschi“ am 26. 9. 1941, ebd.; Aktennotiz über den Lehrgang „Bekämpfung von Partisanen“, Berück Mitte v. 2. 10. 1941, abgedruckt in: HIS, Verbrechen, S. 468. 211 EM 124 v. 25.10. 1941, BAB, R 58/218. Im Bericht steht, bei der Aktion seien 38 Personen, davon 32 Juden erschossen worden; das PB 322 gab an, „13 Juden und 19 Jüdinnen in Zusammenarbeit mit dem SD exekutiert“ zu haben, KTB Pol.Btl. 322 v. 25. 9. 1941, VUA, PR Mitte A-2, K 1, A 3; zum Ablauf vgl. Angrick u. a., Tagebuch, S. 346 f.; ursprünglich waren Einheiten der SS-KB für einen Einsatz während des Lehrgangs vorgesehen, Korpsbef. Nr. 53 Berück Mitte/Ia v. 16. 9. 1941, BA-MA, RH 26–221/13a. 212 „Der Partisan seine Organisation und seine Bekämpfung“, Entwurf Berück Mitte v. 12. 10. 1941, ebd., RH 22/225; der Wehrmachtsbefehlshaber Ostland, Generalleutnant Walter Braemer, gab am 25. 9. 1941 Richtlinien heraus, in denen festgestellt wurde, daß u. a. „Juden und judenfreundliche Kreise“ in seinem Befehlsbereich „Ruhe und Ordnung“ gefährdeten und „unschädlich“ gemacht werden müssen, vgl. Heer, Fields, S. 15. 213 Bef. Berück Süd/Ia v. 11. 9. 1941, BA-MA, RH 22/171; dto. v. 25. 9. 1941, ebd. 214 Die SS-Brig. bewertete die Einsätze effektiver als das bisherige Absuchen großer Waldgebiete, Tät.Ber. Kdostab/Ia 20.–26.10. v. 30. 10. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 40. 215 Brigadetagesbef. Nr. 1 Kdr. SS-KB v. 12. 9. 1941, BA-MA, RS 3–8/20; dagegen versuchte Roques gegenüber Jeckeln nachhaltiger, eigene Kompetenzen durchzusetzen. So forderte der Berück das AOK 6 auf, Anfragen über die Zuteilung der 1. SS-IB „nur hierher zu richten; Höh. SS u. Pol.Fhr. wird ihr dann entsprechen.“ Fernschr. Berück Süd/Ia v. 15. 8. 1941, 12.40, ebd., RH 22/6. 216 EM 92 v. 23. 9. 1941, BAB, R 58/217. 217 Die EG B meldete im September 1941 über die Tätigkeit des EK 9: „Sämtliche Kräfte wurden, nachdem die politische Befriedung dieser Räume als ziemlich abgeschlossen gelten kann, vorwiegend zur Bekämpfung gerade [sic] in diesem Gebiet sehr aktiven Partisanengruppen angesetzt.“ Vgl. EM 90 v. 21. 9.1941, ebd.; vgl. Gerlach, Morde, S. 567 ff., 610–622; Angrick, Zivilverwaltung, S. 120 f. 218 Longerich, Politik, S. 371; Gerlach, Morde, S. 587–590. 219 Im Überblick Gerlach, Einsatzgruppe, S. 59; detailliert ders., Morde, S. 595–600. 220 Ebd., S. 602 ff.; im KTB des Berück Süd sind seit November 1941 Erschießungen von Juden durch Wehrmachtsverbände dokumentiert, Longerich, Ermordung, Dok. 43, S. 139. 221 Zum Einfluß der Ernährungspolitik vgl. Gerlach, Morde, bes. S. 278–300, 628–646. 222 Lagebericht SS-KB/Ia v. 10. 9. 1941 mit der als Anlage beigefügten Gliederung der Kampfgruppen, BA-MA, RH 22/225; Tät.Ber. KB/Ia 6.–12. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154. 223 Funkspr. Kdr. SS-KB v. 11. 9. 1941, 18.00, BAL, Dok.Slg. Versch. 17, Bl. 22. 224 Tät.Ber. Kdostab/Ia 15.–21. 9. v. 23. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 35.
406 225
Anmerkungen
Dto. 22.–28. 9. v. 2. 10. 1941, ebd., A 36. Für die SS-KB wurden am 12. 9. 468 „Gefangene“, am 14. 9. 231 u. am 16. 9. 373 „vernichtete“ Partisanen aufgelistet, vgl. Tagesmeldung Berück Mitte/Ia v. 12. 9. 1941, BA-MA, RH 22/226; dto. v. 14. 9. 1941, ebd.; dto. v. 16. 9. 1941, ebd.; Tät.Ber. SS-KB/Ia 20.–26. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154, für diesen Zeitraum gab die Brig. eine Zahl von 280 erschossenen Partisanen an. 227 Vgl. Ljosin, S. 45. 228 Tät.Ber. SS-KR 2/Ia 12.–18. 9.1941, BA-MA, RS 4/932; Unfallbericht SS-KR 2/Ia v. 13. 9. 1941, ebd., RS 3–8/4. Dort war als Ursache festgestellt worden: „Der Unfall ist nach Ansicht des Regiments dadurch entstanden, daß einige Pferde unruhig wurden und die Fähre dadurch ungleichmäßig belastet wurde.“; dagegen Fernschr. HSSPF Rußland Mitte v. 14. 9. 1941, 13.50, VUA, Kdostab/K 1, A 4; zwischen dem 8. u. 12. 9. hielt sich Bach-Zelewski persönlich bei der SS-KB auf u. „flog mit seinem Fieseler Storch für die Brigade Aufklärung“, Tät.Ber. SS-KB/Ia 6.–12. 9. 1941, ebd., K 24, A 154. 229 Vgl. Armstrong/DeWitt, S. 86. 230 Zu Hinweisen auf die Gruppe Tät.Ber. Kdostab/Ia 22.–28. 9. v. 2. 10. 1941, VUA, Kdostab/K 5, A 36; dto. 1. SS-IB/Ic 26. 9.–3. 10. v. 3. 10. 1941, ebd., K 19, A 131; dto. 3.–10. 10. v. 10. 10. 1941, ebd., A 132; vgl. EM 113 v. 14. 10. 1941, BAB, R 58/218; Meldungen Berück Süd/Ic v. 26. 9.–5.10., BA-MA, RH 22/171; Hesse, S. 84 f. 231 Ebd. S. 84 ff.; Armstrong, Dnepr, S. 639 f.; vgl. KTB Berück Süd v. 11.–19. 10. 1941, BAMA, RH 22/3. 232 DRZW, Bd. 4, S. 568–600 u. 978–985; Üeberschär, Scheitern, 154–164. 233 Zur Sicherungsstrategie der Wehrmacht vgl. DRZW, Bd. 4, S. 987 f. 234 Brig.Bef. Nr. 14 SS-KB/Ia v. 15. 10. 1941, BA-MA, RS 3–8/21. 235 Dto. für „Befriedung und Sicherung“ dess. v. 4.12. 1941, ebd., RS 4/550. 236 Vgl. Hesse, S. 132; Gerlach, Morde, S. 877. 237 Zu Meldungen über das Auffinden solcher Lager Funkspr. 1. SS-IB v. 22. 11. 1941, BAB, NS 33/22; Tät.Ber. SS-KB/Ia 6.–12.12. v. 13.12. 1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154; die 2. SS-IB machte die Beobachtung, daß Partisanen sich in den Lagern zu größeren Gruppen zusammenschließen, was die Verdoppelung der Stärke der „Jagdkommandos“ der SS-Brig. auf mindestens 50 Mann nötig machte, Partisanen-Nachrichten- u. Befehlsblatt Nr. 8, 2. SSIB/Ic v. 7. 11. 1941, ebd., K 20, A 136; in der folgenden Woche meldete die 2. SS-IB, Partisanen unterstützten koordiniert die Versuche der Roten Armee, den Belagerungsring um Leningrad aufzubrechen, Tät.Ber. Kdostab/Ia 7.–13.11. v. 9. 12. 1941, ebd., K 6, A 43; die SS-KB wußte Anfang Dezember nach mehreren Überfällen zu berichten, Partisanen hätten „es hauptsächlich zur Beschaffung von Nahrungsmitteln auf deutsche Verpflegungskolonnen abgesehen“, Brig.Bef. SS-KB/Ia v. 4. 12. 1941, BA-MA, RS 4/550. 238 Partisanen-Nachrichten- u. Befehlsblatt Nr. 7, 2. SS-IB/Ic v. 31. 10. 1941, VUA, Kdostab/K 20, A 136; Tät.Ber. 2. SS-IB/Ia 24.–31.10. v. 31. 10. 1941, ebd. 239 Partisanen-Nachrichten- u. Befehlsblatt Nr. 9, 2. SS-IB/Ic v. 14.11. 1941, ebd., A 137. 240 Funkspr. 1. SS-IB v. 20. 11. 1941, 20.30, ebd., K 2, A 6. 241 Tagesmeldung Berück Mitte/Ia v. 3. 12. 1941, BA-MA, RH 22/226; Tät.Ber. Kdostab/Ia 29. 11.–5. 12. 1941 v. 3.1.1942, VUA, Kdostab/K 6, A 46; der gleiche SS-Stützpunkt wurde am 5. 12. erneut angegriffen, KTB Kdostab 5. 12. 1941, ebd., K 1, A 1. 242 Funkspr. SS-KB v. 3. 12. 1941, 18.00, ebd., K 2, A 7. 243 Kdo.Bef. Nr. 42, Kdostab/Ia/Ic v. 18. 11. 1941, ebd., K 6, A 42; Partisanen-Nachrichtenu. Befehlsblatt Nr. 8, 2. SS-IB/Ic v. 7.11. 1941, ebd., K 20, A 136. 244 Brigadetagesbef. Nr. 16, SS-KB/IIa/b, v. 28. 10. 1941, BA-MA, RS 3–8/21. 245 Dto. Nr. 17 v. 31. 10. 1941, ebd., RS 4/550. 246 Partisanen-Nachrichten- u. Befehlsblatt Nr. 6, 2. SS-IB/Ic v. 24. 10. 1941, VUA, Kdostab/K 20, A 136. 226
„Partisanenbekämpfung“ und Massenmord 247
407
Brig.Bef. Nr. 14, SS-KB/Ia v. 4. 12. 1941, BA-MA, RS 4/550. Dto. Nr. 16 v. 18. 12. 1941, ebd., RS 3–8/21. 249 Partisanen-Nachrichten- u. Befehlsblatt Nr. 10, 2. SS-IB/Ic v. 22.11. 1941, VUA, Kdostab/K 20, A 137. 250 Am 31. 10. wurde ein Jagdkommando der 2. SS-IB von Partisanen aus einem nahen Winterlager angegriffen, Partisanen-Nachrichten- u. Befehlsblatt Nr. 8, 2. SS-IB/Ic v. 7. 11. 1941, ebd., A 136; bei Putiwl hatte die 1. SS-IB in einem Gefecht mit Partisanen Verluste von 5 Toten, Tät.Ber. Kdostab/Ia 29. 11.–5.12. 1941 v. 3. 1. 1942, ebd., K 6, A 46. 251 Partisanen-Nachrichten- u. Befehlsblatt Nr. 8, 2. SS-IB/Ic v. 7. 11.1941, ebd., K 20, A 136; dto. Nr. 9 v. 14.11. 1941, ebd., A 137; Tät.Ber. 2. SS-IB/Ia 14.–21.11. v. 21. 11. 1941, ebd.; dto. SS-KB/Ia 6.–12.12. v. 13.12. 1941, ebd., K 24, A 154; dto. 1. SS-IB/Ia 7.–14.11. 1941, ebd., K 19, A 132; dto. Kdostab/Ia zur Tätigkeit der 1. SS-IB v. 15. 1. 1942, ebd., K 6, A 50. 252 Dto. SS-KB/Ia 6.–12.12. v. 13. 12. 1941, ebd., K 24, A 154; Funkspr. SS-KB/Ia v. 7. 12.1941, 18.00, BA-ZA, Z/A-I 8070, A 2; dto. 8. 12. 1941, 19.30, ebd.; vgl. Schreiben SS-KB an HSSPF Rußland Mitte v. 25.11. 1941, BA-MA, RS 3–8/41; als Beleg für den Charakter der „Partisanenbekämpfung“, bei der es kaum zu bewaffneten Auseinandersetzungen kam, sei auf die Verluste der SS-Brig. verwiesen. Bei der 1. SS-IB wurden bis Anfang Dezember 107 Männer getötet, bei der 2. SS-IB waren es 73 u. bei der SS-KB 20 Tote. Über 50 % der Verluste der 1. u. 2. SS-IB entfielen dabei auf die bereits erwähnten frühen Kämpfe mit Truppenteilen der Roten Armee bei Bielocurowicze u. Wyritza, Verlustaufstellung SS-FHA (undat./Mitte 12/41), BAB, NS 19/1520. 253 Vgl. Dallin/Mavrogordato/Moll, S. 322 ff. 254 Bef. „Verhalten der Truppe im Ostraum“, OB AOK 6 v. 10. 10. 1941, ebd., RH 20–6/493; am 6. 10. gratulierte Reichenau Himmler zum Geburtstag u. betonte die „Kameradschaft des Kampfes für gleiche Ziele“, OB AOK 6 an RFSS v. 6. 10. 1941, BAB, NS 33/49. 255 DRZW, Bd. 4, S. 1050–1056; der Kdostab gab den Reichenau-Bef. am 18. 11.1941 an die unterstellten Truppen weiter, VUA, Kdostab/K 10, A 94. 256 Berück Mitte an OKH v. 10. 1. 1942, BA-MA, RH 22/225; ähnlich berichtete die EG B Anfang Dezember über „Zersetzungserscheinungen“ innerhalb der Partisanengruppen, EM 143 v. 8. 12. 1941, BAB, R 58/219; ein großer Teil der vom Berück aufgeführten „Gefangenen“ wird in Wirklichkeit erschossen worden sein, vgl. Heer, Logik, S. 108 f. 257 DRZW, Bd. 4, S. 1061. 258 Ebd., S. 605. 259 Vgl. Müller, Raubkrieg, S. 180 ff.; DRZW, S. 125 ff. 260 Das Zitat stammt aus dem Protokoll einer Staatssekretärsbesprechung v. 2. 5. 1941, zit. nach: DRZW, Bd. 4, S. 146 f.; zum deutschen Hungerplan vgl. Gerlach, Morde, S. 46–54; Aly/ Heim, S 366–376. 261 Ueberschär, Scheitern, S. 147; Aly, Endlösung, S. 291; vgl. CdS an RFSS v. 20. 10. 1941, abgedruckt in: Heiber, Reichsführer, Dok. 90, S. 98. 262 Tät.Ber. 2. SS-IB/Ia 17.–24. 10. v. 24. 10. 1941, VUA, Kdostab/K 20, A 136; dto. 24.–31. 10. v. 31. 10. 1941, ebd.; dto. 31. 10.–7. 11. v. 7. 11. 1941, ebd. 263 DRZW, Bd. 4, S. 991 ff., 997–1002; Müller, Raubkrieg, S. 185 f. 264 EM 43 v. 5. 8. 1941, BAB, R 58/215. 265 Tät.Ber. 2. SS-IB/IVa v. 24. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 20, A 135. 266 Dto. SS-KB/Ia 6.–12. 9. v. 12. 9.1941, ebd., K 24, A 154; dto. 6.–12.12. v. 13.12. 1941, ebd. 267 Von Himmler wurde bspw. am 28. 7. 1941 ein Schlächtereizug nach Baranowicze verlegt, „um dort Viehbestände zu verwerten“, Tät.Ber. Kdostab/Ia 28. 7.–3. 8. v. 7. 8. 1941, ebd., K 5, A 28; zu Berichten über offizielle Plünderungen, das sogenannte „Beutewesen“ vgl. „Besondere Anordnungen für die Versorgung Nr. 1“, SS-KB/Ib v. 13. 8. 1941, BA-MA, RS 3–8/20; der Ic der 2. SS-IB befahl Ende November 1941, Versuche der hungernden Bevölke248
408
Anmerkungen
rung, sich auf dem Land mit Nahrungsmittel zu versorgen, zu unterbinden, Partisanen-Nachrichten- u. Befehlsblatt Nr. 11, 2. SS-IB/Ic v. 28. 11. 1941, VUA, Kdostab/K 20, A 137. 268 Vgl. Bartov, Wehrmacht, 116–127. 269 Zu Maßnahmen gegen „Ortsfremden“ vgl. Gerlach, Morde, S. 880 ff. 270 Vern Kurt K. v. 28. 8. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 7, Bl. 609. 271 Schenckendorff befahl am 11. 8. 1941: „Diejenigen Personen sind festzustellen, die nicht im Dorfe ansässig sind. Sie sind den allgemein bereits gegebenen Befehlen entsprechend zu behandeln.“ Korpsbef. Nr. 39, Berück Mitte/Ia v. 11. 8. 1941, BA-MA, RH 22/225. 272 Keitel verbot im September die Ausstellung von Ausweisen an Juden, Bef. Chef OKW v. 12. 9. 1941, BA-MA, RH 22/171. 273 Vgl. Gerlach, Morde, S. 878–882. 274 Die EG A sah „Ortsfremde“ als geflohene oder auf Nahrungssuche befindliche Zivilisten an, EM 94 v. 25. 9.1941, BAB, R 58/217; auch die EG B sah in der schlechten Versorgungslage der Stadtbewohner den Grund für deren Abwandern aufs Land, EM 133 v. 14. 11. 1941, BAB, R 58/219. 275 Brig.Bef. SS-KB/Ia v. 11. 9. 1941, BA-MA, RS 3–8/20; vgl. Rgt.Bef. Nr. 18, Kdr. SS-KR 1 v. 12. 9. 1941, ebd., RS 4/441. 276 Brig.Bef. Nr. 8, Kdr. SS-KB v. 28. 9. 1941, ebd., RS 3–8/21. 277 Zwischenmeldung 2. SS-IB/Ia v. 20. 10. 1941, BAB, NS 33/38; vgl. Brig.Bef. Nr. 25, 2. SS-IB/Ia v. 19. 10. 1941, VUA, Kdostab/K 20, A 136; zur Übernahme der OK Tosno durch den Kdr. Bgl.Btl. RFSS Brig.Bef. Nr. 24, 2. SS-IB/Ia v. 17.10. 1941, ebd.; zur Erschießung von „Ortsfremden“ Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 12.–19. 9. v. 19. 9. 1941, ebd., K 19, A 131; dto. Ic 7.–14.11. v. 14. 11.1941, ebd., A 132. 278 Vgl. Vern. Heinrich B. v. 20. 2. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 897 f. 279 Das Rgt. leitete eine bald wieder eingestellte Untersuchung ein, vgl. Bericht SS-KR 2,/ Ia v. 1. 11. 1941, BA-MA, RS 3–8/48; Vern Heinrich Strähle v. 1.11.1941, ebd.; dto. Werner Pflüger v. 4. 11. 1941, ebd.; vgl. dto. Heinrich B. v. 20. 2. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 897 ff.; Urteil LG Köln v. 24. 6.1968, JNSV, Nr. 682, Bd. 29, S. 554–597. 280 Brig.Bef. Nr. 8, Kdr. SS-KB v. 28. 9. 1941, BA-MA, RS 3–8/21, großen Wert legte Fegelein auf die Zusammenarbeit mit SD oder GFP: „Bei grösseren Aktionen ist unter allen Umständen der S.D. oder die geheime Feldpolizei, falls sie in einem Ort ansässig ist, heranzuziehen.“ 281 Vern. Ernst R. v. 25. 1. 1965, StAM, Staw 22518, Bd. 8, Bl. 466. 282 Tät.Ber. Kdostab/Ia 22.–28. 9. v. 2. 10.1941, VUA, Kdostab/K 5, A 36; Hesse, S. 111 ff., weist zwar auf die Mitarbeit von Frauen u. Kindern bei den Partisanen hin, die frühen u. ohne jegliche Differenzierung erlassenen, grundsätzlichen Bestimmungen der SS-Brig. sind mit den vereinzelten Verdachtsmomenten aber natürlich keinesfalls zu rechtfertigen. 283 Brig.bef. Nr. 8, Kdr. SS-KB v. 28. 9. 1941, BA-MA, RS 3–8/21. 284 Partisanen-Nachrichten- u. Befehlsblatt Nr. 7, 2. SS-Brig/Ic v. 31. 10. 1941, VUA, Kdostab/K 20, A 136. 285 Brief Andrei u. Stepan Iwanow u. Pawel Popow an OK Toropez (undat./Okt. 1941), BA-MA, RS 3–8/19. 286 Vgl. Brig.Bef. Nr. 9, SS-KB/Ia v. 15. 10. 1941, ebd., RS 3–8/21. 287 OK Toropez an FK (V) 181 v. 5. 12.1941, StAM, Staw 21894, Bd. 40, Dok. 58. 288 Ebd.; Fegelein schien nach der Darstellung des Ortskommandanten im Rahmen eines persönlichen Gesprächs ein gewisses Verständnis für dessen Haltung signalisiert zu haben; zu den von der SS-KB in Toropez begangenen Verbrechen vgl. die Andeutungen im Tgb. Bach-Zelewski v. 23. 2. 1943, BAB, R 20/45b, Bl. 71. 289 Erlaß Chef OKW v. 13. 5.1941, abgedruckt in: Ueberschär/Wette, S. 306. 290 Tät.Ber. 2. SS-IB/Ia 18.–24. 9. v. 24. 9.1941, VUA, Kdostab/K 20 A 135. 291 Tagesmeldung 2. SS-IB v. 26. 10. 1941, BA-ZA, ZB 6811.
„Partisanenbekämpfung“ und Massenmord
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292 „Richtlinien für den Einsatz der dem Kommandostab RF-SS unterstellten Verbände“ 8. Folge, Kdostab/Ia, Eingangsstempel v. 9. 9. 1941, VUA, Kdostab/K 11, A 98. 293 Tät.Ber. Kdostab/Ia 18.–24. 8. v. 27. 8. 1941, ebd., K 5, A 31; Tagesmeldung HSSPF Rußland Mitte v. 21. 8. 1941, BA-ZA, ZB 6735 I, Bl. 251; Bach-Zelewski notierte als Ergebnis der von ihm beobachteten Kämpfe: „Folgende Orte sind dem Erdboden gleichgemacht: Turow, Zapieszocze, Dworzec, Pohost, Stepece, Ozierany, Siemuradze und Choczen.“ Tgb. dess. v. 20. 8. 1941, BAB, R 20/45b, Bl. 9. 294 Erfahrungsbericht zu Kämpfen bei Turow, Kdr. SS-KR 2 v. 23. 8.1941, VUA, Kdostab/ K 24, A 154. Der Rgt.Kdr. ergänzte, der „Nachweis über die tatsächliche Einstellung der Bevölkerung ist natürlich schwierig“. 295 Am 29. 8. vernichtete das 1. SS-KR im Gebiet der Pripjet-Sümpfe den Ort Domanowicze, Bericht Kdr. SS-KR 1 v. 4. 9. 1941, ebd.; die 1. SS-IB berichtete Ende November von einer Vergeltungsaktion in dem Ort Gutka, bei der 6 Höfe niedergebrannt u. 38 Personen erschossen wurden, Tät.Ber. Kdostab/Ia 22.–28. 11. v. 14. 12. 1941, ebd., K 6, A 45; im Dezember zerstörte die SS-KB ein ganzes Dorf u. an anderer Stelle weitere 6 Häuser, dabei wurden 385 Menschen getötet, dto. 6.–12.12. 1941 v. 6. 1. 1942, ebd., K 6, A 47. 296 Vern. Heinz F. v. 24. 6.1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. c10 f. 297 Fernschr. 1. SS-IB/Ia v. 3.12. 1941, 22.00, VUA, Kdostab/K 2, A 7; Tät.Ber. 1. SS-IB/Ic 28. 11.–5. 12. v. 5. 12. 1941, ebd., K 19, A 132; vgl. dto. Kdostab/Ia 29. 11.–5. 12. 1941 v. 3. 1. 1942, ebd., K 6, A 46; KTB Kdostab v. 2. 12. 1941, ebd., K 1, A 1; Tagesmeldung Berück Mitte/Ia v. 3. 12. 1941, BA-MA, RH 22/226; dto. v. 4. 12. 1941, ebd.; Vern. Fritz U. v. 6. 8. 1969, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 23, Bl. 4896 ff. 298 Dto. Samuel G. v. 23. 7. 1963, StAM, Staw 21894, Bd. 14, Bl. 58 f. 299 Dto. Rudolf D. v. 18. 2. 1964, ebd., Bl. 95. 300 Gerlach, Morde, S. 870 f. 301 Das bestätigt die gleichzeitige Praxis einer Sich.Div., vgl. Anderson, S. 297–314. 302 Streit, Kameraden, ist zur Ermordung der Kriegsgefangenen weiterhin das Standardwerk; zu den sowjetischen Kriegsgefangenen in Weißrußland vgl. Gerlach, Morde, S. 774– 859; zum deutschen Umgang mit verwundeten Kriegsgefangenen vgl. Streit, Schicksal. 303 Tät.Ber. SS-KB/Ia 8.–14. 11.1941, VUA, Kdostab/K 24, A 154. 304 Zum Verlauf des Massensterbens vgl. Streit, S. 128–137. 305 Zu den vom Generalquartiermeister festgesetzten Essensrationen vgl. ebd., S. 142 ff. 306 Bef. 2. SS-IB/Ib v. 5. 11.1941, BA-MA, RS 4/3. 307 RFSS an OB AOK 18 v. 23. 8. 1942, BAB, NS 19/3509. 308 Bericht über Einsatz SS-KB im Winter 1941/42 v. 11. 2. 1942, BAB, NS 19/3487, Bl. 59 f.; vgl. dto. SS-Hschrf. Bauer v. 29. 1. 1942, BA-MA, RS 4/490. Bauer bestätigte den Rückzug in das Kriegsgefangenenlager, verlor jedoch kein Wort mehr über das weitere Schicksal der Gefangenen; ein ehemaliger Einheitsangehöriger sagte aus, daß der SS-KB von der Wehrmacht im Winter 1941/42 etwa 10 000 Gefangene zur Bewachung übergeben worden seien. Bis auf etwa 1000 Weißrussen hätte die Brigade kurz darauf alle Gefangenen erschossen, Vern. Adolf K. v. 14. 8. 1961, StAM, Staw 21894, Bd. 2, Bl. 56 f. 309 Zur Übernahme der Lager Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 31. 10.–7. 11. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 132; Angaben über die Anzahl der Kriegsgefangenen finden sich in dto. 24.–31. 10. v. 31. 10. 1941, ebd.; von den in Nowgorod Sewersky in dem Bericht außerdem aufgeführten 3000 Zivilgefangenen war in der Folgezeit nie mehr die Rede. 310 Belegungszahlen dieser beiden Lager in Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 7.–14.11. v. 14. 11. 1941, ebd.; das Lager Konotop bestand als AGSSt. Nr. 21 bereits früher u. war mit bis zu 34 000 Kriegsgefangenen belegt gewesen, die zum großen Teil jedoch schon vor Übernahme des Lagers durch die SS-IB abtransportiert worden waren, vgl. Bericht Kgf.-Bez.Kdt. J v. 11.12. 1941, BA-MA, RH 22/251, Bl. 9 f.; zur Errichtung des Lagers Gluchow ebd, Bl. 9. 311 Zu den Erschießungen jüdischer Gefangener vgl. Streit, Keine Kameraden, S. 98–105.
410 312
Anmerkungen
Tät.Ber. Kdostab/Ia 29. 11.–5. 12. v. 3. 1. 1942, VUA, Kdostab/K 6, A 46. Bericht Kgf.-Bez.Kdt. J v. 11.12. 1941, BA-MA, RH 22/251, Bl. 11. 314 Ebd., Bl. 2 u. 4 f.; obwohl Oberst Marschall darüber informiert wurde, daß in Nowgorod-Sewersky täglich 50 bis 60 Gefangene starben, verfügte er die Überwachung der mit der Nahrungsanlieferung betrauten Kolchose, „damit nicht Lebensmittel den Gefangenen geliefert werden, die der Truppe zustehen“, ebd., Bl. 3. 315 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 31. 10.–7. 11. v. 7. 11.1941, VUA, Kdostab/K 19, A 132. 316 Funkspr. 1. SS-IB v. 11.11.1941, 20.55, ebd., K 2, A 6, angeblich sollen in der gleichen Nacht Posten aus dem Gefangenenlager Shurowka mit Pistolen beschossen worden seien; zu den täglichen Einsätzen der Brig. gegen die Gefangenen vgl. Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 31. 10.–7.11. v. 7. 11. 1941, ebd., K 19, A 132; dto. 7.–14. 11. v. 14.11. 1941, ebd.; dto. Ia u. Ic 14.–21.11. v. 21. 11.1941, ebd.; KTB Kdostab v. 10.–12.11. 1941, ebd., K 1, A 1. 317 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 7.–14. 11. v. 14. 11. 1941, ebd., K 19, A 132; vgl. Fernschr. 1. SS-Brigade v. 13. 11. 1941, 5.20, ebd., K 2, A 6. 318 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 7.–14. 11. v. 14. 11. 1941, ebd., K 19, A 132. 319 Vgl. Vern. Johann K. v. 1. 9.1964, StAM, Staw 22518, Bd. 6, Bl. 64; dto. Heinz A. v. 22. 1. 1965, ebd., Bd. 8, Bl. 438 f.; dto. Rudolf L. v. 6. 4. 1965, ebd., Bd. 9, Bl. 616 f.; dto. Alexander K. v. 20. 6. 1965, ebd., Bd. 11, Bl. 936; dto. Hermann S. v. 21. 6. 1965, ebd., Bl. 945 f. dto. Erich P. v. 25. 10. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 6, Bl. 1362; dto. Heinz K. v. 22. 6. 1965, ebd., Bd. 9, Bl. 953; dto. Josef M. v. 13. 7.1965, ebd., Bl. 997; dto. Hans L. v. 5. 12. 1967, ebd., Bd. 13, Bl. 1812; dto. Hans W. v. 17. 7. 1967, ebd., Bd. 14, Bl. 2176; dto. Gerhard U. v. 12. 7. 1967, ebd., Bl. 2182 f. 320 Dto. Gustav D. v. 20. 11. 1964, StAM, Staw 22518, Bd. 7, Bl. 238; zynischerweise erschoß die SS-IB am 17. 11. 1941 5 Kriegsgefangene wegen Kannibalismus, Tät.Ber. 1. SS-IB/Ic 14.–21. 11. v. 21. 11. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 132. 321 Meldung Kdr. AGSSt. 21 (Konotop) v. 19.1.1942, zit nach: Streit, Kameraden, S. 370 f., Anm. 213. 322 Bericht Kgf.-Bez.Kdt. J v. 11.12. 1941, BA-MA, RH 22/251, Bl. 5. 323 Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 7.–14. 11. 1941, VUA, Kdostab/K 19, A 132. 324 Tät.Ber. Kdostab/Ia 29. 11.–5. 12. v. 3. 1. 1942, ebd., K 6, A 46; die Zahlen entsprachen ungefähr der Belegung, die zur gleichen Zeit vom Kgf.-Bez.Kdt. J ermittelt wurden. Danach befanden sich Anfang Dezember in Nowgorod Sewersky u. dessen Außenlagern 3700, in Shurowka 10398, in Gluchow 5592 u. in Konotop 5200 Gefangene, Bericht Kgf.-Bez.Kdt. J v. 11.12. 1941, BA-MA, RH 22/251, Bl. 2, 4, 9 f. 325 Dto., ebd., Bl. 2. 326 1. SS-IB an Kdostab v. 12. 12. 1941, ebd., RH 20–2/247. 327 Aus dieser Zeit sind keine Angaben über die Belegungszahlen erhalten. Schenckendorff hatte am 6.12. die Sich.Div. 221 mit der Bewachung der Lager Shurowka u. NowgorodSewersky beauftragt, das Lager Gluchow sollte „baldmöglichst“ aufgelöst werden, Korpsbefehl Nr. 72, Berück Mitte/Ia v. 5. 12. 1941, ebd., RH 22/225; allerdings hatte die Sich.Div. die Lager wegen der Witterungsbedingungen etliche Tage später noch nicht erreicht, 10-Tagesmeldung Berück Mitte/Ia v. 12. 12. 1941, ebd., RH 22/226. 328 „2. und 3. Komp. kommen vorerst für den Abtransport nicht in Frage, da beide Komp. wegen Fleckfieber (10 Faelle) in Quarantaene liegen. Dauer derselben noch etwa 6 Tage.“ Fernschr. Kdr. FK 194 an AOK 2 v. 17. 1. 1942, StAM, Staw 22518, Bd. 156, Bl. 26. 329 Aussage des ukrainischen Zeugen Pjotr K. L. v. 12.7. 1944, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 35, Bl. 8393 f. Dem Zeugen, einem Bewohner von Nowgorod-Sewersky, wurde das Szenario von dem geflohenen sowjetischen Kriegsgefangenen erzählt; eine jüdische Überlebende erinnerte sich ebenfalls an die Ermordung von ungefähr 7000 Kriegsgefangenen während eines von den Deutschen im Dezember 1941 erzwungenen Marsches vom Bahnhof Pirogowka nach Nowgorod-Sewersky, Aussage Anna J. G. v. 11. 7. 1944, ebd., Bl. 8330 f.; während 313
Deutsche strategische Konzepte gegen die sowjetischen Partisanen
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das Lager Shurowka im Standortverzeichnis des Berück Mitte vom 21. 12. als AGSSt. 19 noch verzeichnet war, fehlt im Verzeichnis vom 30. 12. jeglicher Hinweis auf den Standort Shurowka, Standortverzeichnis Berück Mitte, Stand 21. u. 30.12. 1941, BA-MA, RH 22/227; der Massenmord an den sowjetischen Kriegsgefangenen des Lagers hängt möglicherweise mit dem deutschen Truppenbedarf im Frontbereich der 1. SS-IB zusammen. General Kempf, dem die Brig. unterstand, meldete am 20. 12., daß die in Bedrängnis geratene 1. SS-IB um Heranziehung des besagten Btl. bat. Der OB AOK 2 lehnte das Ansinnen jedoch ab, Notiz Ferngespräch AOK 2 v. 20. 12. 1941, StAM, Staw 22518, Bd. 156, Bl. 11.
4. Teil: Kommandostab und SS-Truppen 1942–1945 XI. Deutsche strategische Konzepte gegen die sowjetischen Partisanen 1942–1944 1 Zur Lage der Wehrmacht u. zum Verlauf der sowjetischen Offensive vgl. DRZW, Bd. 4, S. 760–778; Ueberschär, Scheitern, S. 160–167. 2 Kdo.bef. Nr. 44, Chef Kdostab v. 9. 12. 1941, VUA, Kdostab/K 2, A 7; dto. Nr. 45 v. 10. 12. 1941, ebd.; ders. an HSSPF Rußland Mitte v. 9. 12. 1941, 15.55, BAB, NS 33/315; RFSS an 1. SS-IB v. 11. 12. 1941, 20.33, ebd.; 1. SS-IB an Kdostab v. 18. 12. 1941, 0.20, VUA, Kdostab/ K 2, A 7; Bericht über Tätigkeit der 1. SS-IB, Kdostab/Ia 6. 12. 1941–11. 1. 1942 v. 15. 1.1942, ebd., K 6, A 50. 3 AOK 2/Ia an HGr Mitte v. 6. 1. 42, BA-MA, RH 20–2/275. 4 Bericht über Tätigkeit 1. SS-IB, Kdostab/Ia 6. 12. 1941–11. 1. 1942 v. 15. 1. 1942, VUA, Kdostab/K 6, A 50; der Kdostab empfing in diesen Tagen kaum Meldungen der SS-IB, vgl. KTB Kdostab v. 23.–28. 12. 1941, ebd., K 1, A 1; zum Tode Herrmanns die Angaben seines Fahrers, Vern. Gustav B. v. 22. 11. 1971, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 27, Bl. 6223 f. 5 Tät.Ber. Kdostab/Ia, 26. 12. 1941–2. 1. 1942 v. 25. 3. 1942, VUA, Kdostab/K 6, A 50; Bericht über Tätigkeit 1. SS-IB, Kdostab/Ia 6. 12.1941–11. 1. 1942 v. 15. 1. 1942, ebd. 6 AOK 2/Ia an H.Gr. Mitte v. 25. 3. 42, StAM, Staw. 22518, Bd. 156, Abschnitt V, Bl. 30; am 20. 4. war die SS-IB wieder geschlossen im Einsatz, KTB Kdostab v. 20. 4. 1942, VUA, Kdostab/K 3, A 9. 7 Tät.Ber. Kdostab/Ia, 10.–17. 7. v. 15. 9. 1942, ebd., K 8, A 78; Fernschr. Kdostab/Ia v. 2. 8. 1942, 17. 10, ebd., K 4, A 17; vgl. Schmitz/Thies, Bd. 3, S. 575. 8 Zur Unterstellung der SS-KB vgl. Fernschr. Kdostab v. 20. 12.1941, 11.00, VUA, Kdostab/K 2, A 7; KTB Kdostab 20. 12. 1941, ebd., K 1, A 1; zu deren Verlegung u. den anschließenden Kämpfen vgl. Brig.bef. Nr. 18, Kdr. SS-KB v. 28. 12. 1941, BA-MA, RS 3–8/21; Bericht über Wintereinsatz 1941/42, Kdr. SS-KR 1 v. 11. 2. 1942, BAB, NS 19/3487, Bl. 53–72; zur Heranziehung der SS-KB vgl. KTB XXIII. A.K./Ia v. 5.–6. 1. 1942, BA-MA, RH 24–23/58. 9 Tät.Ber. Kdostab/Ia, 10.–16. 1. v. 15. 4. 1941, VUA, Kdostab/K 7, A 52.; die RAA zählte Ende Januar nur mehr 11 Männer, Bericht über Wintereinsatz 1941/42, Kdr. SS-KR 1 v. 11. 2. 1942, BAB, NS 19/3487, Bl. 59. 10 Ebd., Bl. 53–72; zu den sowjetischen Erfolgen vgl. KTB Berück Mitte v. 20. u. 21. 1. 1942, BA-MA, RH 22/229; KTB OKW v. 20.–22. 1.1942, Bd. 2, S. 242, 245, 248. 11 Lebenslauf (undat./Sommer 1944), BAB, SSO Hermann Fegelein; zur Vernichtung der sowjetischen Truppen vgl. KTB XXIII. A.K./Ia v. 20. 2. 1942, BA-MA, RH 24–23/63. 12 Ebd.; Rieß, Fegelein, S. 167. 13 Personalverfügung SS-FHA v. 30. 5. 1942, BAB, SSO Wilhelm Bittrich; zu dessen Person vgl. die wenig kritische biographische Skizze von Mühleisen, S. 77–87. 14 Tät.Ber. Kdostab/Ia, 15.–22. 5. v. 10. 8. 1942, VUA, Kdostab/K 8, A 70; vgl. dto. 5.–12. 6. v. 31. 8. 1942, ebd., A 73. 15 Funkspr. SS-KB v. 15. 6. 1942, 7.00, BA-ZA, Z/A-I 8070, A 2; KTB Kdostab v. 15. 6. 1942, VUA, Kdostab/K 3, A 9; Tät.Ber. Kdostab/Ia, 12.–19. 6. v. 15. 9. 1942, ebd., K 8, A 74; zur Unterstellung Fernschr. SS-FHA an Kdostab v. 23. 6., 9.30, ebd., K 3, A 15.
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Anmerkungen
16 Zur Unterstellung der SS-IB unter das OKW Tät.Ber. 2. SS-IB/Ia, 26. 12.–2. 1. v. 2. 1. 1942, ebd., K 20, A 137; zur Zuweisung der Legion „Niederlande“ Kdo.bef. Nr. 47, Kdostab/Ia v. 7.1.1942, ebd., K 3, A 10; zur Lage der HGr Nord vgl. DRZW, Bd. 4, S. 628 ff.; die niederländischen SS-Soldaten trafen Mitte Januar per Schiff in Lettland ein, von wo aus die SS-Legion wenig später ebenfalls an die Front transportiert werden sollte, Tät.Ber. Kdostab/ Ia, 10.–16. 1. v. 15. 4. 1942, VUA, Kdostab/K 7, A 52; dto. 16.–23. 1. v. 31. 3.1942, ebd., A 53; zwischenzeitlich wurde Anfang Januar aus den einsatzfähigen Brig.einheiten, dem Begl.Btl., der Freiwilligenlegion „Flandern“ u. der SS-Flak-Abt. „Ost“ die sogenannte Gruppe Debes unter dem Bef. des vorübergehend zu jenen SS-Einheiten abkommandierten SS-Oberf. Debes gebildet, dto. 2.–9. 1. v. 31. 3.1942, ebd., A 51; dto. 10.–16.1. v. 15. 4.1942, ebd., A 52; Marschbef. für verstärktes Begl.Btl. RFSS, 2. SS-IB/Ia v. 8. 1. 1942, ebd., K 23, A 149; nach Beendigung der Kommandierung von Debes übernahm SS-Ostubaf. Burk, der bisherige Kdr. der Flak-Abt. „Ost“, am 24. 2. 1942 den nunmehr als „Gruppe Burk“ bezeichneten Verband, Tät.Ber. Kdostab/Ia, 20.–27. 2. v. 3. 4.1942, ebd., K 7, A 58; Gruppenbef. 5/42 Kdr. Gruppe Burk v. 28. 2. 1942, ebd., K 23, A 149. 17 Fernschr. 2. SS-IB v. 26. 1.1942, 22.30, ebd., K 3, A 10; Tät.Ber. Kdostab/Ia, 23.–30. 1. v. 31. 3. 1942, ebd., A 54; dto. 30. 1.–6. 2. v. 3. 4. 1942, ebd., A 55; vgl. DRZW, Bd. 4, S. 791 f.; im Abwehrkampf gegen die sowjetische Offensive kam auch die Legion „Niederlande“ zum Einsatz, Tät.Ber. Kdostab/Ia, 30. 1.–6. 2. v. 3. 4.1942, VUA, Kdostab/K 7, A 55. 18 Gefechtsstärken Kdostab RFSS v. 30. 1. 1942, ebd., A 54; dto. v. 27. 3. 1942, ebd., A 62. 19 Fernschr. SS-FHA/Ia v. 5. 6. 1942, ebd., K 3, A 15; vgl. Tät.Ber. Kdostab/Ia, 5.–12. 6. v. 31. 8. 1942, ebd., K 8, A 73. 20 Bereits Anfang Mai befahl Himmler die Zuführung des SS-IR 9, vgl. Fernschr. Chef Kdostab an SS-FHA v. 5. 5. 1942, ebd., K 3, A 14; Ende Juni meldete die 2. SS-IB, die Zuführung des Rgt. könne „vorerst“ nicht erfolgen, Tät.Ber. Kdostab/Ia, 26. 6.–3.7. v. 18. 8.1942, ebd., K 8, A 76; zwar wurde der 2. SS-IB gemäß eines Bef. des XXXVIII. A.K. am 4. 7. ein Btl. des SS-Rgt. unterstellt, aber auch diese Zuweisung währte kaum zwei Wochen, Funkspr. Kdr. 2. SS-IB v. 6. 7. 1942, 12.30, ebd., K 18, A 128; Tät.Ber. Kdostab/Ia, 3.–10. 7. v. 18. 9. 1942, ebd., K 8, A 77; dto. 17.–24. 7. v. 15. 9. 1942, ebd., A 79. 21 Dto. 26. 6.–3. 7. v. 18. 9. 1942, ebd., A 76; dto. 3.–10. 7. v. 18. 9. 1942, ebd., A 77. 22 Zur Unterstellung der SS-IB Fernschr. Kdr. 2. SS-IB v. 31. 7.1942, 23.00, ebd., K 4, A 16; Tät.Ber. Kdostab/Ia, 24.–31.7. v. 15. 9. 1942, ebd., K 8, A 80; zur weiteren Verwendung Fernschr. 2. SS-IB v. 1. 1. 1943, 16.05, ebd., K 17, A 126; Klietmann, S. 362 f., 367, 370 f.; die SS-Flak-Abt. „Ost“ schied am 18. 8. aus dem Verband der SS-IB aus, Fernschr. Kdr. 2. SS-IB v. 18. 8. 1942, 15.00, VUA, Kdostab/K 4, A 17. 23 Die Verluste der drei SS-Brig. bei den Fronteinsätzen im Winter 1941/42 übertrafen die bisherigen Ausfälle um ein Vielfaches. Zwischen dem 1. 1. u. dem 30. 6. 1942 meldete die 1. SS-IB 267 Tote, 870 Verwundete u. 111 Vermißte; die SS-KB zählte 353 Tote, 970 Verwundete u. 98 Vermißte. Zur gleichen Zeit wies die Verlustliste der 2. SS-IB 542 Tote, 1654 Verwundete u. 35 Vermißte auf, Verlustlisten (undat./Sommer 1942), ebd., K 3, A 15; im Vergleich nahmen sich die Verluste der SS-Brig. von Juni bis Anfang Dezember 1941 sehr gering aus. Dazu meldete die 1. SS-IB 107 Tote u. 148 Verwundete, die 2. SS-IB 73 Tote u. 179 Verwundete u. die SS-KB 20 Tote u. 48 Verwundete, Verlustlisten SS-FHA v. 6. 12. 41, BAB, NS 19/1520. 24 Bef. zur Umgliederung, Chef Kdostab v. 12. 1.1942, VUA, Kdostab/K 3, A 10. 25 Soll- u. Iststärken Kdostab u. unterstellte Verbände v. 30. 1.1942, ebd., K 7, A 54; dto. v. 5. 6. 1942, ebd., K 8, A 72. 26 Kriegsrangliste Kdostab, Stand v. 28. 2.1942, ebd., K 1, A 1; außerdem Dienstlaufbahn, BAB, SSO Rudolf May. 27 Zu deren Versetzungen zur 1. SS-IB Kriegsrangliste Kdostab, Stand v. 28. 2. 1942, VUA, Kdostab/K 1, A 1; BAB, SSO Wilhelm Hartenstein u. SSO Harro With.
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28 Zu den Versetzungen u. dem zugewiesenen Ersatz Kriegsrangliste Kdostab, Stand v. 28. 2. 1942, VUA, Kdostab/K 1, A 1. 29 KTB Kdostab v. 29. 1. 1942, ebd., K 3, A 9; Kdobef. Nr. 51, Kdostab/Ia v. 6. 2. 1942, ebd., A 11; vgl. Bef. Stabschef SS-FHA v. 29. 1. 1942, BAB, NS 33/230; Klausch, S. 56–59, dort wird allerdings nur die geplante Verwendung beim HSSPF Rußland Mitte dargestellt. 30 Vgl. Stang, Dirlewanger, S. 70; EDH, Bd. 1, S. 345; Klausch, S. 47–58; zur Gründung des SS-Sonderkommandos Schreiben Chef SS-PHA v. 1. 7. 1940, BAB, SSO Oskar Dirlewanger; zur Führung des Lagers Dzików vgl. Beurteilung SSPF Lublin v. 5. 8. 1941, ebd. 31 Zur Person Dirlewangers SS-Stammkarte, Dienstlaufbahn, Beurteilung SS-OA SüdWest v. 14. 5. 1939, Dirlewanger an RFSS v. 4.7. 1939, Vorschlag Ordensverleihung, HSSPF Rußland Mitte an OKH v. 9. 8. 1943, ebd.; vgl. Stang, Dirlewanger, S. 66–73; Klausch, S. 35–45. 32 KTB Kdostab v. 6., 7., 10., 20, 22., 21., 25., 27. 2. u. 5. 3. 1942, VUA, Kdostab/K 3, A 9; das SS-FHA versuchte im Februar bei Himmler mit Verweis auf dessen Dienstalter noch die Ablösung Dirlewangers zu erwirken, dies schlug jedoch fehl, dto. v. 21. u. 27. 2. 1942, ebd.; Chef Kdostab an HSSPF Mitte v. 25. 2. 1942, 10.30, dto. v. 26. 2.1942, 12.15, dto. v. 27. 2.1942, 15.30, BAB, SSO Oskar Dirlewanger. 33 Zu Meldungen über Aktivitäten von Partisanengruppen Tät.Ber. Kdostab/Ia, 6.–13. 3. v. 17. 4.1942, VUA, Kdostab/K 7, A 60; dto. 20.–27. 3. v. 1. 6. 1942, ebd., A 62; dto. 12.–19. 6. v. 15. 9. 1942, ebd., K 8, A 74; dto. 3.–10. 7. v. 18. 9. 1942, ebd., A 77; zum Wiedererstarken der Partisanen im Frühjahr 1942 vgl. Armstrong, S. 23 ff. 34 Tät.Ber. Nr. 32, Kdostab/Ic 9.–16. 1. v. 31. 3.1942, VUA, Kdostab/K 7, A 52; dto. Nr. 41, Kdostab/Ic 13.–20. 3. v. 22. 4. 1942, ebd., A 61; dto. Nr. 50, Kdostab/Ic, 15.–22. 5. v. 14. 7.1942, ebd., K 8, A 70; dto. Nr. 57, Kdostab/Ic, 3.–10. 7. 1942, ebd., A 77. 35 Zur Verlegung Kdo.Bef. Nr. 61 Kdostab/Ia v. 11. 7. 1942, ebd. K 4, A 16; dto. v. 13. 7. 1942, ebd.; mit dem Ortswechsel trug der Kdostab mitunter auch die Bezeichnung „Hegewald“, Stabs.bef. Nr. 135 Chef Kdostab v. 24.7. 1942, ebd., K 16, A 119. 36 Zur Entwicklung bis zum Frühjahr 1942 Armstrong/DeWitt, S. 89–95. 37 Zum Umfang der Partisanenbewegung vgl. Bonwetsch, S. 102; zum Seitenwechsel von Kollaborateuren ebd., S. 105; Zahlen für Weißrussland bei Gerlach, Morde, S. 861. 38 Nominell unterstand der Stab Marschall Klimentii Vorošhilov, vgl. Armstrong/DeWitt, S. 98–103; zu den Frontstäben ebd., S. 104–108; Hesse, S. 145 ff. 39 Zur Bedeutung der Frontstäbe vgl. Armstrong/DeWitt, S. 103–108; der zentrale Partisanenstab wurde mehrmals umgebildet, Marschall Vorošhilov, der seit September 1942 dessen Chef gewesen war, wurde im November wieder abgelöst, vgl. Bonwetsch, S. 114 f. 40 Bericht v. Besprechung Reichsmarschall Göring u. a. mit Minister Rosenberg über Ernährungslage v. 6. 8. 1942, IMG, Bd. 39, S. 398; vgl. Richter, Herrenmensch, S. 17; zu den Zielen des Jahres 1942 Dallin/Mavrogordato/Moll, S. 216–222, 234–237, 238 ff.; eine Periodisierung der Partisanenbewegung 1941–1944 bei Armstrong, S. 21–27. 41 Zur Sabotage KTB OKW v. 4.–6. 8. 1943, Bd. 3/2, S. 891, 895, 905; Hesse, S. 228–233. 42 Hesse, S. 248 f.; Richter, Herrenmensch, S. 26 f. 43 Zur Gesamtzahl der Opfer vgl. Bonwetsch, S. 112; Armstrong, S. 37, nimmt 35 000 Tote an; zur Bewertung der deutschen Besatzungspolitik Armstrong/DeWitt, S. 137 f. 44 Tät.Ber. 2/42, Berück Mitte/Ic v. 12. 3. 1942, BA-MA, RH 22/243; Lagebericht Berück Mitte v. 13. 3. 1941, ebd., RH 22/230. 45 Das OKH hatte ein „Programm zur Vernichtung der Partisanen“ gefordert, KTB Berück Mitte v. 1. 3. 1942, ebd., RH 22/229; Vorschläge Berück Mitte v. 1. 3. 1942, ebd., RH 22/ 230; Klein, Zivilbevölkerung, S. 94–97. 46 Zu Vorbereitung u. Ablauf von „Bamberg“ vgl. Gerlach, Morde, S. 886 f. 47 Zu einem Unternehmen im nördlich an Weißrußland angrenzenden Lettland vgl. Birn, Zaunkönig, S. 103–116; eine fiktive Situationsbeschreibung bei Chiari, Büchse. 48 Vgl. bspw. Dienstkalender Himmlers v. 8. 3., 14. 3. u. 17. 4. 1942, S. 373, 379, 400.
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Anmerkungen
Reichsarzt-SS an RFSS v. 4. 3. 1942, BAK, All.Proz. A 1, Nbg.Dok. NO-600. Zu Klagen der Zivilverwaltung vgl. Gerlach, Morde, S. 896; zur Kritik Hitlers KTB OKW v. 21. 5. 1942, Bd. 2, S. 372. 51 Bef. Chef OKW v. 23.7. 1942, BAB, NS 19/1671; Rode wurde der Bef. am 25. 7. zur Kenntnis gegeben, Kdostab/Ia an Adj. RFSS v. 27. 7.1942, BAB, NS 19/1432. 52 Vermerk RFSS für Chef Kdostab v. 28.7. 1942, ebd. 53 Bef. RFSS, Kdostab/Ia v. 28. 7. 1942, BAB, NS 19/1671; gleichlautend Kdo.Bef. Nr. 66, Kdostab/Ia v. 13. 8. 1941, VUA, Kdostab/K 4, A 17. 54 Himmler antwortete: „Lieber Kurt! Du hast die Anfrage gestellt, wer die Befehlsgewalt bei Partisanenunternehmungen hat. Kurz meine Antwort: ich persönlich. Draussen der jeweilige Höhere SS- u. Polizeiführer. Für die einzelnen Verbände die jetzt schon vorhandenen Befehlshaber u. Kommandeure.“ RFSS an CdO v. 28. 7. 1942, BAB, NS 19/1432. 55 Kdo.Bef. Nr. 65, Kdostab v. 13. 8. 1942, VUA, Kdostab/K 4, A 17. 56 Führerweisung Nr. 46, v. 18. 8. 1942, BAB, NS 19/1671. 57 Vgl. dazu S. 64 dieser Studie; außerdem Longerich, Politik, S. 364. 58 HSSPF Rußland Mitte an RFSS v. 5. 9. 1942, BAB, NS 19/1671; als seinen Nachfolger schlug Bach-Zelewski Brif. Graf von Bassewitz-Behr vor, ebd.; Bach-Zelewski befand sich seit Anfang Mai 1942 wieder in seiner Dienststelle, Tgb. dess. v. 7. 5. 1942, BAB, R 20/45b, Bl. 35. 59 HSSPF Rußland Mitte an RFSS v. 5. 9. 1942, BAB, NS 19/1671. 60 Ebd., etwaige Kritik Himmlers versuchte Bach-Zelewski durch seinen abschließenden Passus abzuwenden: „Reichsführer, ich hoffe, dass Sie meine Anregung richtig auffassen u. nicht als falschen Ehrgeiz werten. Natürlich besitze ich einen gesunden Ehrgeiz, der sich aber lediglich darauf beschränkt, einer Ihrer treuesten u. fleissigsten Mitarbeiter zu sein.“ 61 Dienstkalender Himmlers v. 9. 9. 1942, S. 543 f. 62 Tgb. Bach-Zelewski v. 10. 9. 1942, BAB, R 20/45b, Bl. 47; Angrick, Bach-Zelewski, S. 40 f. 63 Bef. „Ernennung eines Bevollmächtigten des Reichsführers für Bandenbekämpfung“, RFSS v. 23. 10. 1942, VUA, Kdostab/K 4, A 19; Bach-Zelewski besprach sich am nächsten Tag mit Himmler, Dienstkalender dess. v. 24. 10. 1942, S. 597; er war bemüht, mit Schenckendorff das gute Verhältnis beizubehalten; beide trafen sich am 27.10., darüber schrieb er: „Ich berichte über meine neuen Aufgaben als Bevöllmächtigter für Bandenbekämpfung. Wegen Ausschaltung evtl. Kompetenzschwierigkeiten wurde ein Vertrag geschlossen.“ Tgb. BachZelewski v. 27. 10. 1942, BAB, R 20/45b, Bl. 52. 64 Ebd.; Bef. Unterstellung Einsatzkräfte, RFSS v. 23. 10. 1942, VUA, Kdostab/K4, A 19. 65 Bef. Verringerung Personalbestand, Chef Kdostab v. 12. 12. 1942, ebd., A 21; vorher war unter dem vorläufigen Kdo. Bach-Zelewskis die 1. SS-IB wegen der angespannten Frontlage am 1.12. dem OKH unterstellt, u. in die Gegend südlich von Newel verlegt worden, Kdo.Bef. Nr. 73, Chef Kdostab v. 1.12. 1942, ebd.; Fernschr. dess. v. 1. 12. 1942, ebd.,; der bisherige Kdr., SS-Brif. von Treuenfeld, war am 17. 11. ins SS-FHA versetzt worden, Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia (zu Ziffer 14), 16.–30. 11. v. 30. 11. 1942, ebd. K 19, A 133; Bassewitz-Behr wurde mit der Weiterführung der Einsätze gegen Partisanen im GK Weißruthenien beauftragt, Bach-Zelewski behielt aber weiterhin die Oberaufsicht. 66 Die Werkstattkp. wurde am 24. 12. herausgelöst u. nach Oranienburg verlegt, Bef. Stabschef SS-FHA v. 24. 12. 1942, ebd., K 4, A 21; am 22. 1. wurde die Nachrichtenabt. der 10. SS-PGD zugewiesen, dto. Chef Kdostab v. 22.1.1943, ebd., A 23. 67 Bef. zur Zusammensetzung Kdostab, Chef Kdostab v. 20. 12. 1942, ebd., A 21. 68 Fernschr. SS-FHA/Ia v. 23. 12. 1942, ebd.; vgl. Stabsbef. Nr. 165 Kdostab/Abt. IIa v. 29. 12. 1942, ebd., K 16, A 119. 69 Unter dem Eindruck der massiven strukturellen Veränderungen u. der Aufhebung der Unterstellung meldete die Kav.Div. Anfang 1943 irrtümlich die Auflösung des Kdostab, „Besondere Weisungen an die Truppe“ SS-KD/Ia v. 1. 1. 1943, BA-MA, RS 3–8/80. 50
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Bef. „Geplante Unternehmungen“ RFSS/Kdostab v. 10. 4. 1943, BAB, NS 33/226. Gerlach, Morde, S. 951; zur Ernennung v. Gottbergs vgl. Klein, v. Gottberg, S. 99. 72 SS-Bef. RFSS v. 21. 6. 1943, BAB, NS 19/1706; Ernennung durch RFSS v. 21. 6.1943, BAB, NS 19/291; Lammers u. Bormann wiesen auf den mißverständlichen Titel hin, er wurde jedoch beibehalten, Vermerk für Pers. Referent RFSS v. 15. 7.1943, ebd. 73 Zu Bach-Zelewskis neuer Position bestimmte Himmler: „Er hat das Recht, bei Aktionen, die ein Höherer SS- u. Polizeiführer als Oberbefehlshaber seiner Verbände im eigenen Oberabschnitt durchführt, einzugreifen und Befehle zu erteilen.“ SS-Bef. RFSS v. 21. 6. 1943, BAB, NS 19/1706. 74 Vgl. div. Schreiben Pers. Referent RFSS u. Bef. RFSS v. 21. 6. 1943, BAB, NS 19/1432. 75 Zur Zusammensetzung des Stabes Anlage 1–4 zu SS-Bef. RFSS v. 7. 9. 1943, BAB, NS 19/1706, die Errichtung solcher Stäbe ordnete Himmler darüber hinaus bei jedem HSSPF an, ebd.; zur Berufung Rodes zum Verbindungsoffz. im Stab BKV Ordensvorschlag, Chef BKV v. 26. 1. 1945, BAB, SSO Ernst Rode. 76 Himmler äußerte, Herf sei ein „bereits so seniler und verbrauchter Offizier“ u. kritisierte dessen „tränenreiche[n] Pessimismus“, RFSS an CdO v. 26. 12. 1943, BAB, SSO Eberhard Herf; Tgb. Bach-Zelewski v. 1. u. 28. 7. 1943, BAB, R 20/45b, Bl. 79, 81; Herf hatte gegenüber seinem Vetter Maximilian v. Herff, den Chef des SS-PHA, die Kampfführung beim Unternehmen „Cottbus“ kritisiert, vgl. Gerlach, Morde, S. 908. 77 Dienstlaufbahn Lammerding, Personalverfügung SS-FHA/Amt V v. 5. 8. 1943, BAB, SSO Heinz Lammerding; vgl. Tgb. Bach-Zelewski v. 11. 8. 1943, BAB, R 20/45b, Bl. 82. 78 Ordensvorschlag, Chef BKV v. 26. 1. 1945, BAB, SSO Ernst Rode. 79 Personalverfügung SS-FHA/Amt V/IIa v. 16.7. 1943, BAB, SSO Hans Diergarten; wegen der Fronverwendung der SS-KD im August 1943 wurde die Kommandierung zum Chef BKV/Ia jedoch wieder aufgehoben, vgl. Bef. SS-FHA/Amt V/IIa v. 24. 8. 1943, ebd.; Tgb. Bach-Zelewski v. 13. 8. 1943, BAB, R 20/45b. 80 RFSS an CdS v. 24. 6. 1943, BAB, SSO Eduard Strauch. 81 Weibrecht an Ergänzungsamt der W-SS/Ergänzungsstelle Warthe v. 26. 2. 1944, BAB, SSO Hans Weibrecht; zur Stellung dess. als Adjutant Eickes vgl. Tuchel, Planung, S. 53. 82 SS-Bef. RFSS/Kdostab/Ia v. 25. 9. 1943, VUA, Kdostab/K 4, A 23. 83 Ebd., zu den Aufgaben des SS-HA u. des SS-FHA vgl. Dienstkalender Himmlers, S. 39 ff.; Rempel, S. 50 f.; Schulte, Jüttner, S. 281 ff. 84 SS-Bef. RFSS/Kdostab/Ia v. 25. 9.1943, VUA, Kdostab/K 4, A 23; zur Position Ernst Rodes vgl. Ordensvorschlag Chef Stab BKV v. 9. 1. 1945, BAB, SSO Ernst Rode; Vern. dess. v. 7.1.1946, BAK, All. Proz. 1, Nbg. Dok. 3715-PS; darin stellte er die Partisanenbekämpfung als Angelegenheit der Wehrmacht dar u. minimierte die Rolle der SS. 85 SS-Bef. RFSS/Kdostab/Ia v. 25. 9. 1943, VUA, Kdostab/K 4, A 23. 86 Bef. Unterstellung u. Einsatz Fliegergruppe z.b.V. 7, RFSS/Kdostab/Ia v. 25. 9. 1943, BAB, NS 33/266; dto. zu Einsatz v. 27. 5. 1944, BAB, NS 19/1165; dto. zu Einschränkung Flugbetrieb v. 21. 6. 1944, BAB, NS 33/266; Chef Kdostab an Pers. Stab RFSS v. 6. 9. 1944, BAB, NS 19/1165; zudem forderte der Kdostab bspw. eine Verringerung der als unzuverlässig geltenden ungarischen Truppen in Galizien, KTB OKW v. 24. 11. 1943, Bd. 6/2, S. 1306. 87 Bach-Zelewskis Stab lag in Ostpreußen, er selbst war ständig unterwegs zu Besprechungen mit Himmler oder hochrangigen Führungsstellen in Berlin. Daneben reiste er häufig in die besetzten sowj. Gebiete, ins GG, nach Jugoslawien oder Ende 1943 nach Griechenland, vgl. die Einträge im Tgb. dess., bspw. 1.7.–31. 12. 1943, BAB, R 20/45b, Bl. 79–91; als im April auch Ober- u. Mittelitalien zu „Bandenkampfgebieten“ erklärt wurden, erweiterte sich Bach-Zelewskis Wirkungsbereich erneut, Bef. RFSS v. 3. 4. 1944, BAB, NS 19/1432. 88 Tgb. Bach-Zelewski v. 20. 7.–30. 8.1942, BAB, R 20/45b, Bl. 42–46; vgl. die Übersicht bei Gerlach, Morde, S. 899. 89 Zur Unterstellung Jeckelns unter den Kdostab Deckblatt KTB HSSPF Ostland, Ein71
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Anmerkungen
satzstab Minsk, BAB, R 70 SU/16; Kdo.Bef. zu „Sumpffieber“, Kdostab/Ia v. 7. 8. 1942, VUA, Kdostab/K 4, A 17. 90 Ebd.; zum Abzug der SS-IB KTB VII. A.K./Ia v. 5. 8. 1942, BA-MA, RH 24–7/73. 91 KTB HSSPF Ostland, Einsatzstab Minsk v. 23. 8.1942, BAB, R 70 SU/16. 92 Himmler hatte sich am 27. 7. anläßlich einer Besprechung bei Hitler nachdrücklich für einen Abzug von SS-Truppen des Kdostab von der Front zur „Partisanenbekämpfung“ im Hinterland stark gemacht, was Hitler ihm auch zusagte, RFSS an Chef Kdostab v. 28. 7. 1942, BAB, NS 19/1432; Kdostab/Ia an Chef Kdostab v. 2. 8.1942, 17. 10., VUA, Kdostab/K 4, A 17; die 1. SS-IB sollte in Absprache mit der Wehrmacht vorerst zur Sicherung der gefährdeten Bahnstrecke Minsk-Borrisow-Orscha verwendet werden, Telefonnotiz HSSPF Rußland Süd v. 3. 8. 1942, ebd., K 18, A 128; RFSS an Brig.Kdr. v. 9. 8.1942, 1.00, ebd. 93 KTB „Sumpffieber“, Einsatzstab Minsk v. 23. 8. 1942, BAB, R 70 SU/16; Tgb. Bach-Zelewski v. 12. 10.1942, BAB, R 20/45b. 94 HSSPF Ostland an Kdostab v. 15. 8. 1942, 12.00, VUA, Kdostab/K 4, A 17. 95 Zu Gesamtdauer u. Verlauf des Unternehmens KTB HSSPF Ostland/Einsatzstab Minsk v. 22. 8.–21. 9. 1942, BAB, R 70 SU/16; Gerlach, Morde, S. 931. 96 Tät.Ber. Kdostab/Ia, 28. 8.–4. 9. 1942 v. 30. 3.1943, VUA, Kdostab/K 8, A 85; vgl. Auszug aus Einsatzbef. „Sumpffieber Nord Treuenfeld“, dto. „Sumpffieber Nord Treuenfeld 2“, dto. „Sumpffieber Nord Treuenfeld 3“ sowie die dazugehörigen Skizzen I, III, IV im Abschlußbericht „Sumpffieber“, HSSPF Ostland v. 6. 11. 1942, ebd., K 19, A 133. 97 Dto. „Sumpffieber Nord Binz“ u. dto. „Sumpffieber Nord Barkhold“ sowie die dazugehörigen Skizzen II u. IV, ebd. 98 Fernschr. HSSPF Ostland v. 29. 8.1942, 22.30, ebd., K 4, A 17; dto. v. 26. 8. 1942, 22.50, ebd.; dto. v. 28. 8. 1942, 22.35, ebd., K 18, A 128; dto. v. 1. 9. 1942, 22.15, ebd., K 4, A 18, Tät.Ber. Kdostab/Ia, 28. 8.–4. 9. 1942 v. 30. 3. 1943, ebd., K 8, A 85. 99 Tät.Ber. Kdr. 1. SS-IB, 25. 8.–6. 9. v. 6. 9.1942, ebd., K 19, A 133. 100 Bericht Unternehmen „Sumpffieber-Südwest, Kdr. 1. SS-IB 9.–15. 9. v. 16. 9. 1942, ebd. 101 RFSS an HSSPF Ostland v. 26. 8. 1942, BAB, NS 19/3165; vgl. KTB „Sumpffieber“, Einsatzstab Minsk v. 2. 9. 1942, BAB, R 70 SU/16. 102 Tgb. Bach-Zelewski v. 2. 9. 1942, BAB, R 20/45b; vgl. Gerlach, Morde, S. 931. 103 KTB HSSPF Ostland/Einsatzstab Minsk v. 5. u. 6. 9.1942, BAB, R 70 SU/16; Birn, Zaunkönig, S. 103, unterstellt Bach-Zelewski seltsamerweise Bedenken gegenüber Jeckelns brutalem Vorgehen. 104 Bericht „Sumpffieber Südwest“, Kdr. 1. SS-IB 9.–15. 9. v. 16. 9. 1942, VUA, Kdostab/ K 19, A 133. 105 Ebd.; KTB HSSPF Ostland/Einsatzstab Minsk v. 7.–20. 9. 1942, BAB, R 70 SU/16; Abschlußbericht „Sumpffieber“ HSSPF Ostland v. 6. 11.1942, VUA, Kdostab/K 19, A 133; vgl. Anklage Staw München I v. 14. 6. 1972, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 40, Bl. 9414–9427. 106 Fernschr. HSSPF Ostland v. 15. 9. 1942, 12.10, VUA, Kdostab/K 4, A 18; zusammenfassender Bericht 1. SS-IB/Ia v. 19. 9.1942; auf der als Anlage 1 ausgewiesenen Karte sind nur die vier genannten Orte mit einem „X“ handschriftlich durchgestrichen, vgl. ebd. 107 Anklage Staw München I v. 14. 6. 1972, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 40, Bl. 9404 f.; Vern. Johann Enzinger v. 11. 2.1965, ebd., Bd. 7, Bl. 488–499. 108 Einsatzbericht I./SS-Inf.Rgt. 8 v. 20. 9. 1942, VUA, 18. SS-PGD/K 1, A 6; Btl.Bef. I./ SS-Inf.Rgt. 8 v. 21. 8. 1942, ebd. Der Bef. betonte ausdrücklich, daß einzelne Gehöfte nur auf Bef. eines SS-Führers u. Ortschaften nur nach persönlicher Genehmigung durch den Brig.Kdr. zerstört werden dürften. 109 KTB HSSPF Ostland/Einsatzstab Minsk v. 21. 9. 1942, BAB, R 70 SU/16; Abschlußbericht „Sumpffieber“, HSSPF Ostland v. 6. 11. 1942, VUA, Kdostab/K 19, A 133. 110 Ebd.; Bericht „Sumpffieber Südwest“, Kdr. 1. SS-IB 9.–15. 9. v. 16. 9.1942, ebd. 111 In den Tät.Ber. des Kdostab fanden während des Unternehmens „Sumpffieber“ zwar
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die Einsätze der 1. SS-IB breite Erwähnung, die Tätigkeit von Jeckelns Einsatzstab wurde dagegen nicht thematisiert, Tät.Ber. Kdostab/Ia 28. 8.–4. 9.1942 v. 30. 3.1943, ebd., K 8, A 85; dto. 16.–30. 9. v. 1. 12. 1942, ebd., K 9, A 87. 112 Zur Unterstellung des GK Weißruthenien unter Bach-Zelewski Bef. RFSS v. 23. 10. 1942, ebd., K 4, A 19; zur Konkurrenz der HSSPF vgl. Angrick, Bach-Zelewski, S. 41; Tgb. Bach-Zelewski v. 23. 2. u. 22. 5. 1943, BAB, R 20/45b, Bl. 68 ff., 76 f. 113 Das Unternehmen „Wisent“ (1. 9.–15. 10. 1942) fand im Regierungsbezirk Bialystok statt, Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia 1.–15. 10. v. 16. 10. 1942, VUA, Kdostab/K 19, A 133; Gerlach, Morde, S. 933–937; zu „Karlsbad“ (11.–23. 10. 1942) im Raum Orscha-Witebsk Brig.Bef. für Fortsetzung „Karlsbad“ 1. SS-IB/Ia v. 14. 10. 1942, BA-MA, RS 3–36/22; Bericht I/SS-IR 8 v. 20. 10. 1942, VUA, 18. SS-PGD/K 1, A 6; zu „Frieda“ (5.–8. 11. 1942) Brig.Bef. Bereitstellung u. Angriff „Frieda“ 1. SS-IB/Ia v. 3.11. 1942, BA-MA, RS 3–36/22; Gefechtsbericht Kdr. I/ SS-IR 8 v. 10.11. 1942, VUA, 18.-SS-PGD/K 1, A 6; Bericht Kdr. SS-IB v. 11. 11. 1942, VUA, Kdostab/K 19, A 133; zu „Nürnberg“ (23.–29. 11. 1942) nördlich von Postawy u. Glebokie Tät.Ber. 1. SS-IB/Ia, 22.–26. 11. v. 27. 11. 42, Unsere Ehre, S. 175–181; zu „Hermann“ (13. 7.–11. 8. 1943) im Naliboki-Wald östlich von Nowogrudok Gefechtsbericht Unternehmen „Hermann“, Kampfgruppe v. Gottberg/Ia v. 20. 8.1943, BA-ZA, ZM 1453, A 4; das war mehr als die kurzen „Zwischenspiele“, die Boll, Aktionen, S. 787, zu erkennen glaubte. 114 Zu den genannten Großeinsätzen, vgl. das folgende Kap. XI.4.; Angrick, Besatzungspolitik, S. 693–710; Gerlach, Morde, S. 1019 ff. 115 Begl.Btl. RFSS an Kdostab/Ia v. 12.11. 1942, VUA, Kdostab/K 4, A 20. 116 Zur Verwendung der Flak-Abt I beim Unternehmen „Cottbus“ Tät.Ber. Kdr. FlakAbt. I 1. 6.–30. 6. v. 1.7. 1943, ebd., K 22, A 147; zu „Seydlitz“ Einsatzbef. Nr. 40 HSSPF Rußland Süd/Führungsstab Bandenbekämpfung/Ia v. 24.7. 1943, BA-MA, RS 3–8/73b; Tät.Ber. Kdr. Flak-Abt. I 1.–15. 7. v. 15. 7. 1943, VUA, Kdostab/K 22, A 147; dto. 16.–31. 7. v. 1. 8.1943, ebd.; zu „Fritz“ dto. 16.–30. 9. v. 31. 10. 1943, ebd.; Beurteilung SS-Stubaf. Hallmann v. 19. 10. 1943, BAB, SSO Gerhard Hallmann. 117 Klausch, S. 66 f.; vgl. Gerlach, Morde, S. 958; Stang, Dirlewanger, S. 70 f. 118 Kdr. Sonderkdo. Dirlewanger an HSSPF Rußland Mitte v. 16. 6. 1942, BAB, R 70 SU/ 38; vgl. Klausch, S. 60 ff.; Gerlach, Morde, S. 919 f. 119 Vgl. dazu Kap. XII.1. dieser Studie; außerdem Gerlach, Morde, S. 913. 120 Für Weißrußland geht Gerlach, ebd., S. 957 f., von etwa 345 000 Opfern aus; davon waren nur etwa 10 % Partisanen. 121 Vern. Josef W. v. 22. 9.1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 6, Bl. 1287; vgl. dto. Johann R. v. 9. 4. 1965, ebd., Bd. 8, Bl. 649 f.; dto. Wendelin P. v. 22. 11. 1968, ebd., Bd. 18, Bl. 3335; dto. Heinrich T. v. 12. 12. 1968, ebd., Bl. 3468 f. 122 Dto. Alexander W. v. 8. 6. 1967, ebd., Bd. 14, Bl. 2094; er gehörte zur 11. Kp. SS-IR 10. 123 Dto. Heinrich T. v. 9. 7. 1975, ebd., Bd. 39, Bl. 9220. 124 Dto. Stefan R. v. 21. 6. 1967, ebd., Bd. 14, Bl. 2012; dto. Otto Z. v. 23. 4. 1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5416; vgl. dto. Günter R. v. 17. 2. 1964, ebd., Bd. 2, Bl. 250; dto. Anton N. v. 27. 8.1964, ebd., Bd. 6, Bl. 1207. 125 Dto. Anton N. v. 27. 8. 1964, ebd., Bd. 6, Bl. 1207. 126 Meldungen an den Führer über Bandenbekämpfung Nr. 46 zur Beendigung Unternehmen „Nürnberg“, RFSS v. 1. 12.1942, BAB, NS 19/2566; dto. Nr. 48 zum Abschluß des Unternehmens „Hamburg“ v. 23. 12. 1942, ebd.; vgl. Mallmann, Sicherheitspolizei, S. 514. 127 Curt v. Gottberg an Richard Hildebrandt v. 21.1.1943, BAB, R 70 Pol/93. 128 Bef. RFSS v. 30. 10. 1942, BAB, NS 19/1432; dto. RFSS Kdostab v. 3. 11. 1942, BAB, NS 19/1671; vgl. Gerlach, Morde, S. 985 ff., 996–999; zum Vorgehen Bef. Chef der BKV/Ia v. 1. 9. 1943, BAB, R 70 SU/14; im Überblick Müller, Menschenjagd. 129 Tgb. Helmut S. v. 11. 11. 1942, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 14, Bl. 2067; bei ihren Vern.
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Anmerkungen
erinnerten sich Zeugen an solche Einsätze, Vern. Karl H. v. 11. 5. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/ 60, Bd. 4, Bl. 746 f.; dto. Kurt B. v. 7.7. 1962, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. f16. 130 Tgb. Bach-Zelewski v. 1942, BAB, R 20/45b; zu „Frieda“ Gefechtsbericht Kdr. I/SS-IR 8 v. 10. 11. 1942, VUA, 18.-SS-PGD/K 1, A 6; Bericht Kdr. SS-IB v. 11. 11. 1942, VUA, Kdostab/K 19, A 133. 131 Bef. SS-KD/Ia/Ic v. 14. 2. 1943, BA-MA, RS 4/1033; Bef. SS-RR 3 v. 17. 2. 1943, ebd. 132 Tät.Ber. SS-KD/Ia, 1.–15. 10. v. 26. 10. 1942, VUA, Kdostab/K 24, A 155, vgl. KTB SSKD/Ia v. 9.–12.10.1942, BA-MA, RS 3–8/56; zur Verwendung der SS-KD in der Region KTB LIX. A.K./Ia v. 29. 8.–3. 9.1942, BA-MA, RH 24–59/31. 133 Zur Stilisierung Bittrichs als „Ritterlicher Gegner u. Rebell“ Titel u. Text bei Mühleisen, S. 77–87. 134 Bericht über Feindlage, SS-KD/Ic, 1.–15. 10., Anlage 1 zum Tät.Ber. SS-KD/Ia v. 26. 10. 1942, VUA, Kdostab/K 24, A 155. 135 Dto. Verhalten der Zivilbevölkerung, 1.–15. 10. 1942, Anlage 1 zum Tät.Ber. SS-KD/Ia v. 26. 10. 1942, ebd.; den dazugehörigen Ia-Bericht unterschrieb Bittrich persönlich, Tät.Ber. SS-KD/Ia 1.–15. 10. v. 26. 10. 1942, ebd. Es ist also davon auszugehen, daß er über die Vorgänge genau im Bilde war u. den Ic-Bericht kannte. 136 Bef. an unterstellte Einheiten, SS-KD/Ia/Ic v. 18.12. 1942, BA-MA, RS 4/1368. 137 KTB SS-KD/Ia v. 21.10. 1942, ebd., RS 3–8/56. 138 Bef. SS-KD/Ia/Ic v. 14.12. 1942, ebd., RS 4/394. 139 Vgl. die zahlreichen Notizen Bach-Zelewskis für die Jahre 1942/43, Tgb. dess., BAB, R 20/45b; außerdem die Übersicht bei Gerlach, Morde, S. 900 f. 140 Armstrong, Partisans, S. 30. 141 Beim Großeinsatz „Heinrich“ wurden nördlich von Polozk 5452 Menschen ermordet u. 15 810 zur Zwangsarbeit abtransportiert oder in andere Gebiete umgesiedelt, Meldungen an den Führer über Bandenbekämpfung Nr. 89 v. 22. 11. 1943, BAB, R 6/345; Tgb. Bach-Zelewski v. 29.10., 9. u. 20. 11.1943, BAB, R 20/45b; Gerlach, Morde, S. 902, 1014; das spätere Unternehmen „Frühlingsfest“ kostete nochmals 7011 Personen das Leben; zudem wurden 11 233 zum Arbeitseinsatz gezwungen, vgl. ebd., S. 902. 142 Tgb. Bach-Zelewski v. 3. 3. 1943, BAB, R 20/45b, Bl. 72; Gerlach, Morde, S. 901. 143 Bach-Zelewski besprach mit Fegelein am 16. 4. die Verwendung der SS-Div., darauf erhielt Fegelein offiziell wieder das Kdo. über die Div., Tgb. Bach-Zelewski v. 16. 4. 1943, BAB, R 20/45b; Aufruf Kdr. SS-KD v. 14. 5. 1943, BA-MA, RS 3–8/73b. 144 Bach-Zelewski führte am 26. 4. eine erste Besprechung über ein Anti-Partisanenunternehmen im „Nassen Dreieck“, Tgb. Bach-Zelewski v. 26. 4. 1943, BAB, R 20/45b; mit Prützmann besprach er sich am 5. u. 22. 5., dto. v. 5. u. 22. 5. 1943, ebd.; zur Entscheidung Himmlers u. dem Konflikt Bach-Zelewskis mit Prützmann dto. v. 22. 5.1943, ebd. 145 KTB SS-KD/Ia v. 4. 5. 1943, BA-MA, RS 3–8/73a; eine slowakische Sich.Div. war zur Sicherung der Eisenbahnlinie bei Choiniki u. zur Errichtung eines Absperrgürtels herangezogen worden; Bef. „Weichsel I“, Kampfgr. Schimana/Ia v. 8. 5. 1943, ebd., RS 3–8/73b. 146 Zur Stationierung der EG D im GK Shitomir vgl. Angrick, Besatzungspolitik, S. 689; zur Zuteilung der EK Bef. SS-KD/Ia/Ic v. 7. 5. 1943, BA-MA, RS 3–8/74; Bef. HSSPF Ukraine v. 25. 5. 1943, ebd., RS 3–8/73b; Einsatzbef. an EK 10a u. EK 11b, SS-KD/Ia v. 2. 6.1943, ebd. 147 Schreiben RFSS v. 8. 3. 1943, BAB, SSO Fritz Freitag. 148 KTB SS-KD/Ia v. 30. 4. u. 11. 5. 1943, BA-MA, RS 3–8/73a; Aufruf Kdr. SS-KD v. 14. 5. 1943, ebd., RS 3–8/73b. 149 Übersicht Feindlage, Kampfgr. Schimana/Ic v. 8. 5.1943, ebd.; Feindnachrichtenblatt Nr. 1, SS-KD/Ic v. 11. 5. 1943, ebd.; vgl. Angrick, Besatzungspolitik, S. 694 f. 150 Bef. Unternehmen „Weichsel I“, Kampfgr. Schimana/Ia v. 8. 5. 1943, BA-MA, RS 3–8/ 73b; dto. SS-KD/Ia v. 11. 5. 1943, ebd.; für den Großeinsatz waren für Bombardierungen Flugzeuge der Fliegergruppe z.b.V. des Kdostab bereitgestellt worden, ebd.
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KTB SS-KD/Ia v. 2. u. 11. 5. 1943, ebd., RS 3–8/73a. Bef. „Weichsel I“, SS-KD/Ia v. 11. 5. 1943, BA-MA, RS 3–8/73b; dto. Kampfgr. Schimana/Ia v. 8. 5. 1943, ebd.; vgl. Meldungen an den Führer über Bandenbekämpfung Nr. 79, RFSS v. 23. 5. 1943, BAB, NS 19/1706. 153 Tagesmeldung SS-KD v. 13.–16. 5. 1943, BA-MA, RS 3–8/73b; KTB SS-KD/Ia v. 13.–16. 5. 1943, ebd., RS 3–8/73a. 154 Dto. v. 15. u. 17. 5. 1943, ebd.; Tagesmeldung SS-KD v. 17. 5. 1943, ebd., RS 3–8/73b; Verlustmeldung, Anlage zum Gefechtsbericht SS-KD/Ia v. 10. 6. 1943, ebd. 155 Zu begrenzten Gefechten mit den Partisanen KTB SS-KD/Ia v. 22.–24. 5., 28.5. u. 2. 6. 1943, ebd., RS 3–8/73a; zu deren Ausweichen nach Norden dto. v. 1. u. 2. 6.1943, ebd.; zum Partisanenüberfall auf die Motorräder der SS-KD dto. v. 1. 6. 1943, ebd.; Tagesmeldung SS-KD/Ia v. 1. 6.1943, ebd., RS 3–8/73b. 156 KTB SS-KD/Ia v. 1. 6. 1943, BA-MA, RS 3–8/73a; zur Beförderung Fegeleins dto. v. 21. 5. 1943, ebd.; dessen Kumpane Gustav Lombard u. Günther Temme gratulierten dem Kdr. per Funk folgendermaßen: „Horridoh Hussa unserem Reitergeneral Gustav u. Günther“, Funkspr. RR 1 v. 21. 5. 1943, 12.10, ebd., RS 4/1365. 157 Tagesmeldung SS-KD v. 4. 6. 1943, BA-MA, RS 3–8/73b; dto. v. 7. 6.1943, ebd. 158 Vgl. dto. v. 5. 6. 1943, ebd.; dto. v. 6. 6. 1943, ebd.; dto. v. 7. 6. 1943, ebd. 159 Vern. Kurt B. v. 7. 7.1962, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. f16. 160 Div.Bef. SS-KD/Ia v. 25. 5. 1943, BA-MA, RS 3–8/73b; zu einem daraus entstehenden Konflikt mit der Zivilverwaltung KTB SS-KD v. 24. u. 25. 5. 1943, ebd., RS 3–8/73a; Div.Bef. SS-KD/Ia v. 25. 5. 1943, ebd., RS 3–8/73b; Sonderbef. zur Vieherfassung, Kdr. SS-KD v. 29. 5. 1943, ebd.; Kdr. SS-KD an Gebietskommissar Bragin v. 31. 5. 1943, ebd.; KTB SS-KD/ Ia v. 5. 6. 1943, ebd., RS 3–8/73a. 161 Beuteübersicht, Anlage zu Tag.Bef. zum Abschluß „Weichsel“, Kampfgr. Schimana/Ia v. 10. 6. 1943, ebd., RS 3–8/73b; die Ic-Abt. der KD meldete am 2. 6.: „Die grösste Zahl der erbeuteten Waffen stammt deshalb aus Ausgrabungen“, Feindnachrichtenblatt Nr. 2, SSKD/Ic v. 2. 6. 1943, ebd., RS 3–8/74; zu Meldungen über das Auffinden von Waffen in verlassenen Lagern KTB SS-KD/Ia v. 22. u. 23. 5. 1943, ebd., RS 3–8/73a. 162 Beuteübersicht, Anlage zu Tag.Bef. Abschluß „Weichsel“, Kampfgr. Schimana/Ia v. 10. 6. 1943, ebd., RS 3–8/73b. 163 Zusammenstellung Beuteergebnis „Weichsel“, Anlage zum Gefechtsbericht SS-KD/Ia v. 10. 6. 1943, ebd.; Verlustmeldung, Anlage zu dto. v. 10. 6. 1943, ebd. In der Verlustmeldung führte die SS-KD insgesamt 11 Tote auf, darin waren jedoch drei SS-Männer enthalten, die bereits Tage vor dem eigentlichen Beginn des Unternehmens gestorben waren. 164 Zu deutschen Erkenntnissen über das koordinierte Vorgehen der Partisanen Feindnachrichtenblatt Nr. 2, SS-KD/Ic v. 2. 6. 1943, ebd., RS 3–8/74; dto. Nr. 3 v. 11. 6. 1943, ebd. 165 Feindnachrichtenblatt Nr. 3, SS-KD/Ic v. 11. 6. 1943, ebd., RS 3–8/73b. 166 Ebd.; Gefechtsbericht SS-KD/Ia, 13.–16. 6. v. 22. 6. 1943, ebd.; Zusammenstellung „Beute usw.“, Anlage zu dto. v. 22. 6. 1943, ebd. 167 Einsatzbef. Nr. 23, HSSPF Rußland Süd/Führungsstab Bandenbekämpfung v. 14. 6. 1943, ebd. Für das Unternehmen standen erneut Flugzeuge der Fliegergruppe z.b.V. des Kdostab RFSS zur Verfügung; Bef. Unternehmen „Seydlitz“, SS-KD/Ia v. 24. 6.1943, ebd., RS 3–8/73b.; zu Kovpak u. Saburov vgl. Armstrong, Partisans, S. 26 f. 168 Einsatzbef. Nr. 23, HSSPF Rußland Süd/Einsatzstab Bandenbekämpfung v. 14. 6. 1943, ebd.; dto. Nr. 40 v. 24. 7. 1943, ebd. 169 Während des ganzen Unternehmens meldeten Teileinheiten der SS-Kav. täglich, wie Dörfer „niedergebrannt“ u. „Bandenverdächtige“ erschossen wurden, KTB SS-KD v. 24. 6.–27. 7. 1943, BA-MA, RS 3–8/73a. 170 Bef. SS-KD/Ia v. 5. 7. 1943, ebd., RS 3–8/73b; ebd. auch Karte, auf der beide Zonen eingetragen waren; vgl. Angrick, Besatzungspolitik, S. 706. 152
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Anmerkungen
171 Vern. Heinz F. v. 24. 6. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. c6 f. Aus dem Inhalt der Aussage geht eindeutig hervor, daß sich die Vorgänge im Sommer 1943 ereignet haben müssen. Die Angabe F.’s, die Erschießung habe ungefähr 25 km südwestlich von Mosyr stattgefunden, läßt einen Zusammenhang mit „Seydlitz“ sehr wahrscheinlich erscheinen. 172 Vgl. Ainsztein, Widerstand, S. 162 ff.; Sandkühler, S. 104 f., 268. 173 Einsatzbef. Nr. 39, HSSPF Rußland Süd/Ia v. 23. 7.1943, BA-MA, RS 3–8/73b; vgl. Tgb. Bach-Zelewski v. 23. 7.1943, BAB, R 20/45b, Bl. 81; Prützmann kehrte mit seinen Stab am 26. 7. nach Kiew zurück, KTB SS-KD v. 25. 7. 1943, BA-MA, RS-3–8/73a. 174 Tgb. Bach-Zelewski v. 23. 7. 1943, BAB, R 20/45b, Bl. 81; die 603 Gefangene werden aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls ermordet worden sein. 175 Beutebericht, Anlage Gefechtsbericht SS-KD/Ia v. 30. 7. 1943, BA-MA, RS 3–8/73b. 176 Zu den Sicherungsaufgaben Bef. SS-KD/Ia v. 31. 7.1943, ebd.; zur Verlegung der Div. vgl. Bef. SS-KD/Ia v. 4. 8. 1943, ebd.; KTB SS-KD v. 4.–7. 8.1943, ebd., RS 3–8/73a. 177 Bef. RFSS v. 10. 7. 1943, BAB, NS 19/1436. 178 Zu „Hermann“ vgl. S. 280 ff. dieser Studie; Gerlach, Morde, S. 1005 f. 179 Bef. SS-KD/Ia/Ic v. 14. 2. 1943, BA-MA, RS 4/1033. 180 Vern. Anton T. v. 20. 6. 1967, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 14, Bl. 2000. 181 Dto. Franz S. v. 15. 11. 1968, ebd., Bd. 17, Bl. 3060. 182 Tät.Ber. Kdostab/Ia, 31.7.–4. 8. v. 10.11. 1942, VUA, Kdostab/K 8, A 81.
XII. Die Truppen des Kommandostabes und die Shoah 1942/43 1 Zusammenfassend Robel, S. 514–536; Arad, Holocaust, S. 16–21; zum Baltikum vgl. Scheffler, Einsatzgruppe, S. 32–42; speziell zu Litauen Dieckmann, Krieg, S. 292–307; zu Lettland Reichelt, Kollaboration, S. 112–121; generell zu Weißrußland Gerlach, Wirtschaftsinteressen, S. 273–280; ders., Einsatzgruppe, S. 54–62; zur Ukraine Pohl, Einsatzgruppe, S. 73–82; zur Südukraine Angrick, Besatzungspolitik; ders., Einsatzgruppe, S. 90–101. 2 Vgl. Orbach, S. 35–51. 3 Im Überblick Robel, S. 536–556, 560; Hilberg, Vernichtung, Bd. 2, S. 386–410; zur Judenvernichtung in Südrußland vgl. Angrick, Einsatzgruppe, S. 100–104; ders., Besatzungspolitik; zur Situation in Weißrußland Gerlach, Wirtschaftsinteressen, S. 280–288. 4 Bef. zur Auflösung SS-Inf.Rgt. 14, Stabschef SS-FHA v. 17. 6. 1941, BAB, NS 33/231; Kitterman, Germans, S. 245, schildert einen Fall angeblicher Einsatzverweigerung, der beim Btl. z.b.V. passiert sein soll. Dern habe die Haltung des SS-Offz. gestützt. Da Kitterman als Beleg jedoch nur eine Aussage Derns heranzieht, erscheint der Vorgang zweifelhaft. 5 Bef. zur Auflösung des Stabs Sonder-Btl., Stabschef SS-FHA v. 30.7. 1941, BAB, NS 33/ 231; vgl. Bef. Stabschef SS-FHA v. 23. 8.1941, ebd.; die 1. Kp. wurde der EG A, die 2. Kp. der EG B u. die 3. Kp. der EG C zugeteilt, dto. v. 24. 9.1941, BAB, NS 19/3508; Ostubaf. Dern wurde nach der Auflösung des Stabes als Btl.Kdr. zum SS-IR 9 versetzt, Personalverfügung SS-FHA v. 29. 7. 1941, BAB, SSO Friedrich Dern. 6 Der I. Zug der 1. Kp. wurde dem SK 1a zugeteilt, Kdr. SK 1a an EG A v. 25. 8. 1941, VUA, Btl. W-SS z.b.V.; bei der EG B bekam das SK 7a Verstärkung durch einen Zug, der 2. Kompanie, Ogorreck, S. 110; schließlich wurden dem SK 4a u. dem EK 6 der EG C die einzelnen Züge der 3. Kp. zugeteilt, Funkspr. Kdostab/Ia v. 29. 9. 1941, 12.00, BAB, NS 33/ 313; Ogorreck, S. 130; der selbständigen Verwendung der einzelnen Züge u. Gruppen bei den verschiedenen Kdo. der EG trug das SS-FHA Ende September dadurch Rechung, daß nun auch die Befehlsstellen der drei Kp. zum 1.10. aufgelöst wurden u. das Personal zu den SS-Div. „Totenkopf“, „Reich“ u. „Wiking“ versetzt wurde, ebd.; im Herbst 1941 fand zudem ein größeres Personalrevirement statt. Jüngere Jahrgänge der einzelnen Kp. wurden zu den Frontdivisionen versetzt; dafür kamen ältere u. teilweise nicht mehr kriegsverwendungsfähige Männer zu den SS-Kp. So bekam die bei der EG B tätige 2. Kp. am 9. 10. Ersatz von 11 Unterführern u. 40 SS-Männern vom Ersatzbtl. „Ost“ aus Breslau zugeteilt. Die jungen SS-
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Männer wurden nach Eintreffen der Ablösung zur SS-Div. „Das Reich“ versetzt, SS-FHA/ IIb v. 9. 10. 1941, 9.00, BAB, NS 33/314; 10 Tage vorher wurden der 3. Kp. bei der EG C 83 Unterführer u. Männer zugewiesen. 20 Männer wurden zum EK 6 nach Winniza in Marsch gesetzt, der Rest kam zum SK 4a nach Shitomir, Funkspr. Kdostab/Ia v. 29. 9.1941, 12.00, BAB, NS 33/313; im Herbst 1941 fand ein Austausch von 50 Unteroffizieren u. Männern bei der zur EG A abgestellten 1. Kp. statt, Chef 1. Kp./Btl. W-SS z.b.V. an Kriegsgeschichtl. Forschungsabt. v. 15.1.1943, VUA, Btl. W-SS z.b.V. 7 Eine Gruppe der 1. Kp. lag bspw. im weißrussischen Sluzk, wo die SS-Männer an Erschießungen von Juden beteiligt waren, Wochenbericht Chef Abt. Ponsel, 6.–12.10. v. 13. 10. 1941, ebd.; im August 1941 hatten Teileinheiten der 1. Kp. im Baltikum Verwendung bei der Jagd auf angebliche Partisanen gefunden; sie wurden dann im Winter 1941/42 größtenteils zur Frontverwendung herangezogen, Kdr. SK 1a an EG A v. 25. 8. 1941, ebd.; Wochenbericht Führer 1. Zug Sonderkp. „Rosenow“ v. 29. 8. 1941, ebd.; Bericht KdS Estland v. 30. 12. 1942, ebd.; sämtliche Unterlagen der 1. Kp. Btl. W-SS z.b.V. befinden sich in einer Akte, während ein weiterer, im VUA ebenfalls mit „Btl. W-SS z.b.V.“ beschrifteter Karton Unterlagen des Kommandos Künsberg enthält. 8 Mallmann, Menschenjagd, S. 304 f.; Scheffler, Einsatzgruppe, S. 42 f.; bei Gerlach, Morde, S. 701, wird die Gruppe Arlt irrtümlich als kompletter II. Zug der Waffen-SS bezeichnet. 9 Einsatzbericht über „Kdo. Weissruthenien“ 1. 12. 1941–27. 2. 1942, Chef I. Zug 1. Kp. v. 14. 1. 1943, VUA, Btl. W-SS z.b.V. 10 EJ, Bd. 14, Sp. 1672; Tät.Ber. Chef Gruppe Arlt v. 3. 8. 1942, VUA, Btl. W-SS z.b.V. 11 Ebd.; Kohl, Krieg, S. 85 f.; Ainsztein, Widerstand, S. 231; u. a. war das 12. Schuma-Btl. an den Morden beteiligt, Stang, Hilfspolizisten, S. 872. 12 Gerlach, Morde, S. 768 ff.; Kohl, Vernichtungslager, S. 10 f.; vgl. die Aufzeichnungen eines Wiener Juden, der das dortige Morden beschrieb, abgedruckt in: Documents, S. 409 f. 13 Tät.Ber. Gruppe Arlt v. 17. 5. 1942, VUA, Btl. W-SS z.b.V.; dto. v. 16. 6. 1942, ebd.; dto. v. 3. 8. 1942, ebd.; vgl. Kohl, Vernichtungslager, S. 12; Gerlach, Morde, S. 756 ff. 14 Kohl, Vernichtungslager, S. 12. 15 Ebd.; Tät.Ber. Chef Gruppe Arlt v. 25. 9. 1942, VUA, Btl. W-SS z.b.V. 16 Dto. v. 3. 8. 1942, ebd. 17 Tät.Ber. Chef Gruppe Lipps, Außenstelle Wilejka v. 27. 5. 1942, ebd. 18 Ebd.; vgl. Gerlach, Morde, S. 695, Anm. 1042, S. 699, Anm. 1063. 19 Tät.Ber. Chef Gruppe Lipps, Außenstelle Wilejka v. 27. 5. 1942, VUA, Btl. W-SS z.b.V. 20 Bef. Stabschef SS-FHA v. 18. 7.1942, BAB, NS 33/233. 21 Ders. an RFSS v. 17. 11. 1942, BAB, NS 19/2090; Auflösungsbef. dess. v. 19.12. 1942, BAB, NS 33/233; vgl. Bericht Chef 1. Kp./Btl. W-SS z.b.V. an Kriegsgeschichtl. Forschungsabt. v. 15. 1. 1943, VUA, Btl. W-SS z.b.V.; die Estnische Legion wurde nach dem Einverständnis Hitlers ab Anfang Oktober 1942 auf dem Truppenübungsplatz Debica aufgestellt, Bef. Stabschef SS-FHA v. 29. 9. 1942, BAB, NS 33/233. 22 Stabsbef. Nr. 135 Chef Kdostab v. 24. 7. 1942, VUA, Kdostab/K 16, A 119; zwei Wochen später wurden die geltenden Geheimhaltungsbestimmungen für den Feldpostverkehr nochmals bekanntgegeben, Rundschreiben Kdostab/Ic v. 5. 8. 1942, BAB, NS 33/59. 23 Stabsbef. Nr. 140, Kdostab/Abt. IIa v. 3. 8. 1942, VUA, Kdostab/K 16, A 119; vgl. Abschlußbericht ZSL v. 5. 12. 1979, BAL, 204 AR-Z 148/78, Bd. 2, Bl. 352–409; Rode hatte zudem auf Anweisung Himmlers am 26. Oktober 1942 bei Jeckeln u. Prützmann angefragt, wie viele Juden im dortigen Befehlsbereich von SS u. Polizei noch beschäftigt seien, Kdostab/Ia an HSSPF Ostland u. Ukraine v. 26. 10. 1942, BAL, UdSSR Bd. 245 Aa, Bl. 335. 24 Abschlußbericht „Sumpffieber“, HSSPF Ostland v. 6. 11. 1942, VUA, Kdostab/K 19, A 123; KTB HSSPF Ostland Einsatzstab Minsk v. 21. 9. 1942, BAB, R 70 SU/16. 25 Vgl. EDH, Bd. 1, S. 153 f.
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Anmerkungen Bericht Kdr. I./SS-Inf.Rgt. 8 v. 11. 9. 1942, VUA, 18. SS-Div., K 1, A 6; dto. v. 15. 9.1942,
ebd. 27
KTB HSSPF Ostland/Einsatzstab Minsk v. 14. 9. 1942, BAB, R 70 SU/16. Zusammenstellung Beutematerial, 1. SS-IB/Ic v. 19. 9.1942, VUA, Kdostab/K 19, A 133; Tät.Ber. Kdostab/Ia, 28. 8.–4. 9. 1942 v. 30. 3. 1943, ebd., K 8, A 85. 29 Zur Biographie vgl. Klein, v. Gottberg, S. 96–101; zu dessen Ankunft in Minsk Tgb. Bach-Zelewski v. 9. 11. 1942, BAB, R 20/45b, Bl. 59. 30 Sonderbef. zu „Nürnberg“, Kdr. Kampfgruppe Gottberg v. 19. 11. 1942, BAB, R 70 SU/ 13; Bericht „Nürnberg“ 1. SS-IB/Ia 22.–26. 11. v. 27. 11. 1942, Unsere Ehre, S. 175 f. 31 Ebd.; Angriffsbef. Nr. 1 „Nürnberg“ 1. SS-IB/Ia v. 20. 11.1942, BAB, R 70 SU/13; Einsatzbef. „Nürnberg“ PR 14/Ia v. 22. 11.1942, ebd. 32 Bericht „Nürnberg“ 1. SS-IB/Ia 22.–26. 11. v. 27.11. 1942, Unsere Ehre, S. 176. 33 Dto. Feindlage „Nürnberg“ 1. SS-IB/Ic v. 19. 11. 1942, BAB, R 70 SU/13. 34 Angriffsbef. Nr. 1 „Nürnberg“ Kdr. 1. SS-IB v. 20. 11. 1942, ebd.; Herrmann war vertretungsweise zum Brig.Kdr. bestimmt worden, Tät.Ber. (zu Ziffer 14) 1. SS-IB/Ia, 16.–30. 11. v. 30. 11. 1942, VUA, Kdostab/K 19, A 133. 35 Angriffsbef. Nr. 1 „Nürnberg“ Kdr. 1. SS-IB v. 20. 11. 1942, BAB, R 70 SU/13. 36 Die SS-IB meldete am 23. 11. die Erschießung von 8 u. am 25. 11. die Tötung von 2 Juden, Bericht „Nürnberg“ 1. SS-IB/Ia 22.–26. 11. v. 27. 11.1942, Unsere Ehre, S. 178 ff. 37 Tgb. Helmut S. v. 20. 11. 1942, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 14, Bl. 2077; zu den Stationierungsorten des SS-IR 8 Bericht „Nürnberg“ 1. SS-IB/Ia 22.–26. 11. v. 27. 11. 1942, Unsere Ehre, S. 177. 38 Zur Vernichtung des Ghettos Postawy vgl. Gerlach, Morde, S. 705, Anm. 1092; die Ghettoliquidierung in Dunilowicze am 21. 11.1942 hatte nicht unmittelbar mit „Nürnberg“ zu tun. Der Ort liegt weit südlich des Einsatzgebiets zwischen den Städten Lida u. Baranowicze, vgl. Gilbert, S. 136. Das Ghetto wurde vom EK des KdS Minsk liquidiert; nach der Mordaktion in Dunilowicze kehrte die Sipo nach Postawy zurück, Tgb. Hstuf. Artur Wilke v. 21. 11.1942, BAB, R 70 SU/13; am 20. 8. 1943 wurde auch das Ghetto von Glebokie liquidiert. Dabei wurden 5000 Juden ermordet; vgl. EJ, Bd. 7, Sp. 624 f.; Gerlach, Morde, S. 739; die 1. SS-IB war zu dieser Zeit erneut in der Region im Einsatz, vgl. Bericht über „Bandenlage“ I./SS-IR 8/Ia v. 21. 8.1943, VUA, 18. SS-PGD/K 2, A 10. 39 Gottberg an Hildebrandt v. 5. 12.1942, BAB, SSO Curt v. Gottberg. 40 Tagesmeldung Kampfgruppe v. Gottberg v. 26. 11. 1942, ebd.; gleichlautend Meldungen an den Führer über Bandenbekämpfung Nr. 46, RFSS v. 1. 12.1942, BAB, NS 19/2566. Die Zahl der ermordeten Juden u. Zigeuner wurde unter dem Tarnbegriff „Bandenhelfer“ subsumiert; vgl. Mallmann, Sicherheitspolizei, S. 518. 41 Gottberg an Herff v. 27. 11. 1942, BAB, SSO Curt v. Gottberg. 42 Einsatzbef. „Hamburg“, Kampfgruppe v. Gottberg v. 7.12. 1942, BA-ZA, ZM 1485, A 9; Meldungen an den Führer über Bandenbekämpfung Nr. 48, RFSS v. 23. 12. 1942, BAB, NS 19/2566; Gottberg an Herff v. 21. 12. 1942, BAB, SSO Curt v. Gottberg. 43 Bericht Feindlage „Hornung“, KdS Minsk/Einsatzstab v. 2. 2. 1943, BAB, R 70 SU/14; Kdo.Bef. zur Ghettoräumung Sluzk, KdS Minsk v. 5. 2.1943, ebd.; zur Vernichtung des Ghettos Tgb. Hstuf. Artur Wilke v. 7.–9. 2. 1942, ebd.; Gerlach, Morde, S. 943–947; Tgb. Bach-Zelewski v. 3. 3. 1943, BAB, R 20/45b, Bl. 72. 44 Kdo.Bef. KdS Minsk v. 5. 2. 1943, BAB, R 70 SU/14; im Tgb. eines Angehörigen des KdS Minsk stand zu der Mordaktion: „5h Beginn im Ghetto. Anfang sehr gut. 1300 Juden werden rausgeholt (3100 sollen es sein), nachm.[ittag] entscheidet sich der G.K. Carl zum abbrennen. (ca 3–400 Juden kommen aus ihren Bunkern). […] Brigadef. v. Gottberg im Ghetto, Obf. Hartmann. 20h Abrücken. geschlafen wie ein toter Bär.“ Tgb. Hstuf. Artur Wilke v. 8. 2. 1943, ebd.; vgl. Krausnick/Wilhelm, S. 580–583; Gerlach, Morde, S. 944. 28
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45 Zusatzbef. Nr. 1, Kampfgruppe v. Gottberg/Ia v. 18. 7.1943, BAB, R 70 SU/14; dto. Nr. 2 v. 25. 7. 1943, ebd.; Bef. dess. v. 28. 7.1943, ebd.; vgl. Bef. dess. v. 1. 8. 1943, ebd. 46 Zu deutschen Erkenntnissen über jüdische Partisanen Bericht KdS Minsk/Einsatzstab v. 20. 7. 1943, ebd; Einsatzbef. „Hermann“, Kampfgruppe v. Gottberg/Ia v. 7.7. 1943, ebd. 47 Übersicht bei Lustiger, Kampf, S. 318 f.; zur Situation vgl. die Tagebuchauszüge eines jüdischen Partisanen, abgedruckt in: Documents, S. 461 ff. 48 Ainsztein, Widerstand, S. 119; Yahil, S. 664. 49 Vgl. Tec., S. 41–75, 128–133; Ainsztein, Widerstand, S. 119; EDH, Bd. 1, S. 217 f. 50 Tec., S. 134–138, 142–147; Ainsztein, Widerstand, S. 119 f. 51 Einsatzbef. „Hermann“, Kampfgruppe v. Gottberg/Ia v. 7.7. 1943, BAB, R 70 SU/14; Tgb. Bach-Zelewski v. 11. 8. 1943, BAB, R 20/45b, Bl. 82. 52 Gefechtsbericht „Hermann“, Kampfgruppe v. Gottberg/Ia v. 20. 8. 1943, BA-ZA, ZM 1453, A 4.; KTB I/SS-IR 8 v. 13. 7.–8. 8. 1943, VUA, 18. SS-PGD/K 1, A 2. 53 Ainsztein, Widerstand, S. 120. 54 Tec, S. 196 ff.; Ainsztein, Widerstand, S. 119 f.; die Bielski-Partisanen erlebten im Juli 1944 die Befreiung u. zogen geschlossen nach Nowogrudok, vgl. Tec, S. 291–296. 55 Ebd., S. 193. 56 Gefechtsbericht „Hermann“, Kampfgruppe v. Gottberg/Ia v. 20. 8. 1943, BA-ZA, ZM 1453, A 4; vgl. Tec., S. 197; das I. Btl. des SS-IR 8 vernichtete am 30. 7. das Dorf Wialec, KTB I/SS-IR 8 v. 30. 7.1943, VUA, 18. SS-PGD/K 1, A 2. 57 Vern. Johann M. v. 24. 11. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 6, Bl. 1420. 58 Vgl. Gerlach, Morde, S. 913. 59 Browning, Entfesselung, 594 ff.; Golczewski, S. 447 f.; vgl. EDH, Bd. 1, S. 280–283. 60 Ebd.; vgl. Golczewski, S. 495. 61 Browning, Weg, S. 130 f.; Longerich, Politik, S. 504 ff.; Arad, Belzec, S. 68–74. 62 RFSS an HSSPF GG v. 19. 7. 1942, BAB, NS 19/1757; Dienstkalender Himmlers v. 17.–19. 7. 1942, S. 491–496; Pohl, Ermordung, S. 105 f.; Yahil, S. 517. 63 Vgl. Urteil LG Kiel v. 27. 1. 1966, BAL, SA 204, Bl. 161; Pohl, Ermordung, S. 105. 64 Browning, Weg, S. 132 ff.; Pohl, Ermordung, S. 105 f. 65 Fernschr. RFSS v. 26. 5. 1943, BAB, NS 19/1706. 66 Aktenvermerk über Vortrag beim Führer, RFSS v. 28. 6. 1943, BAB, NS 19/1432; Himmler befahl nach den Aufständen in den Vernichtungslagern Treblinka u. Sobibor im August bzw. Oktober 1943 die Aktion „Erntefest“. Dabei wurden am 3. u. 4. 11. 1943 die für verschiedene Wehrmachtsbetriebe im Distrikt Lublin eingerichteten Arbeitslager Majdanek, Poniatowa u. Trawniki aufgelöst u. 42 000 Juden ermordet. Danach waren nur noch einige tausend jüdische Zwangsarbeiter am Leben, von denen nur ein Bruchteil die Kriegsendphase überlebte, vgl. Golczewski, S. 475–479; Grabitz/Scheffler, Spuren; Pohl, Ermordung, S. 106 f. 67 Zum Anteil der Sicherheitspolizei vgl. Mallmann, Mensch; zur Ordnungspolizei Browning, Männer; Goldhagen, Vollstrecker; Mallmann, Fußvolk; zu den Kollaborationsverbänden Grabitz/Scheffler, Spuren; zur Zivilverwaltung Musial, Zivilverwaltung. 68 „Aktennotiz über Bandenbekämpfung“, RFSS v. 10. 5.1943, BAB, NS 19/1706. 69 Bericht Mieczyslaw Garfinkiel v. Dez. 1947, BAL, 208 AR-Z 268/59 (Schubert), Bd. 7, Bl. 1495–1508 f.; Aussage dess. v. 19.7. 1947, ebd., Bl. 2115–2119; Vern. Bernhard H. v. 14. 7. 1961, ebd., Bl. 1403 f.; dto. Josef Fritz v. 18. 9. 1961, ebd., Bd. 8, Bl. 1560–1566. 70 Dto. v. 3. 5. 1961, ebd., Bd. 7, Bl. 1337 f. 71 Vgl. Aussage des Überlebenden Mojzesz Goldberg v. 29. 7.1946, IMG, Bd. 36, S. 84 f. 72 Bef. Aufstellung Veterinär-Kp., SS-FHA/I Org. v. 28. 4. 1941, BAB, NS 19/3508; dto. Stabschef SS-FHA v. 28.10. 1941, BAB, NS 19/3518. 73 Vgl. Lebenslauf (undat./1940), BAB, SSO Dr. Heinrich Held. 74 Personalverfügung SS-FHA v. 16. 8. 1941, dto. v. 1. 8. 1942, ebd.
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Anmerkungen
EJ, Bd. 13, Sp. 1500; EDH, Bd. 3, S. 1179 f. Ebd., S. 1180; EJ, Bd. 13, Sp. 1500 f. 77 Anklageschrift Staw Hamburg v. 14. 12. 1971, BAL, SA 442, S. 73 ff.; vgl. EJ, Bd. 13, Sp. 1501; Aussage des Überlebenden David Wajnapel v. 24. 7.1946, IMG, Bd. 36, S. 75. 78 Dto. Mojzesz Goldberg v. 29. 7.1946, ebd., S. 84 f. 79 Vgl. Gutman, Jews, S. 48–61; Ainsztein, Revolte, S. 17 f.; vgl. EDH, Bd. 3, S. 1525– 1534. 80 Ainsztein, Revolte, S. 19, 195, Anm. 8; zu den sozialen u. politischen Bedingungen im Ghetto Gutman, Jews, S. 62–94. 81 Ebd.; S. 197–213; Edelman, S. 46–56; zur polnischen Reaktion vgl. Gutman, Attitude. 82 Ainsztein, Revolte, S. 50 f.; vgl. Gutman, Jews, S. 219–223: 83 Ebd., S. 224–227; Ainsztein, Revolte, S. 51–54. 84 Ebd., S. 52 ff.; vgl. Gutman, Jews, S. 224 f. 85 Bef. Aufstellung SS-Kav.Ers.Abt., Stabschef SS-FHA v. 26. 2. 1941, BAB, NS 19/3489; die 3. Schwdr. der Ersatzabt., bestehend aus der SS-Hauptreitschule, dem Rennstall u. dem Gestüt, war nicht in Warschau, sondern in München, Laufenburg u. Wien stationiert, ebd. 86 Dto. zur Aufstellung einer M.G.-Ers.-Schwdr. v. 8. 7. 1942, VUA, 8. SS-KD/K 5, A 24,1; vgl. Verzeichnis Ersatztruppenteile SS-FHA/Org. v. 1. 6. 1942, BAB, NS 33/59. 87 Vern. Kurt B. v. 6. 4. 1964, BAL, 211 AR-Z 373/59, Bd. 40c, Bl. 127 ff.; ein weiterer Angehöriger der SS-Kav.Aus. u. Ers.Abt. bestätigte mit falscher Datierung den Einsatz, dto. Anton H. v. 24. 2. 1961, ebd., Bd. 9, Bl. 64. 88 Ebd.; dto. Kurt B. v. 6. 4. 1964, ebd, Bd. 40c, Bl. 129 f.; vgl. Urteil BG Erfurt v. 20. 12. 1960, DDR-JNSV, Nr. 1083, Bd. 3, S. 404. 89 Vgl. Sakowska, Menschen, S. 242 f.; Gutman, Jews, S. 210 f.; Edelman, S. 56 ff. 90 Urteil BG Erfurt v. 20. 12. 1960, DDR-JNSV, Bd. 3, S. 404; Vern. Anton H. v. 24. 2.1961, BAL, 211 AR-Z 373/59, Bd. 9, Bl. 64; dto. Viktor L. v. 29.10.1963, ebd., Bd. 36, Bl. 236. 91 Gutman, Jews, S. 211 ff.; Ainsztein, Revolte, S. 65. 92 Vern Heinz K. v. 5. 9. 1960, BAL, 211 AR-Z 373/59, Bd. 4, Bl. 72 f.; vgl. dto. Viktor L. v. 29. 10. 1963, ebd., Bd. 36, Bl. 236 f. 93 Dto. Josef L. v. 28. 6. 1968, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 16, Bl. 2743; dto. Martin W. v. 29. 11. 1968, ebd., Bd. 18, Bl. 3522. 94 Rgt.Tag.Bef. 27/42, Kdr. Rekruten-Depot Debica v. 5. 5. 1942, BAL, Dok.Slg. Versch. 294, Bl. 115. 95 Bef. Stabschef SS-FHA v. 25. 10. 1941, BAB, NS 33/231. 96 Urteil LG Hannover v. 30. 3. 1979, BAL, SA 535; Vern. Georg B. v. 14. 7.1971, BAL, 206 AR 641/70, Bd. 3, Bl. 415; vgl. Mallmann/Rieß/Pyta, S. 112–116; EDH, Bd. 2, S. 809. 97 Vgl. EDH, Bd. 3, S. 1396. 98 Urteil LG Bochum v. 30. 4. 1964, JNSV, Nr. 571, Bd. 20, S. 114. 99 Dto. LG Kiel v. 27.1.1966, BAL, SA 204, Bl. 182; vgl. dto. LG Bochum v. 30. 4.1964, JNSV, Nr. 571, Bd. 20, S. 114. 100 Kleinow an seine Frau v. 12. 6. 1942, BAL, 206 AR-Z 28/60, Bd. 1, Bl. 17. 101 Vern. Leon L. v. 7. 2. 1962, BAL, 206 AR-Z 232/60, Bd. 4, Bl. 1043–1050; vgl. EDH, Bd. 3, S. 1397 f. 102 Mallmann/Rieß/Pyta, S. 105–108. 103 Anklage Staw München I v. 27.11. 1963, BAL, SA 365 I, S. 72; Vern. Bernhard L. v. 9. 3. 1961, BAL, 206 AR-Z 31/60, Bd. 5, Bl. 1688. 104 Dto. Hans M. v. 21. 11. 1961, BAL, 206 AR-Z 288/60, Bd. 4, Bl. 960. 105 Urteil LG Kiel v. 27. 1. 1966, BAL, SA 204, Bl. 191; Anklage Staw München I v. 27. 11. 1963, S. 79–82; vgl. Mallmann/Rieß/Pyta, S. 105. 106 Aussage des Überlebenden Abraham O. v. 8. 11.1961, ebd., S. 106; Bericht ZSL v. 16. 3. 1961, BAL, 206 AR-Z 288/60, Bd. 2, Bl. 322; Anklage Staw München I v. 27.11. 1963, 76
Die Truppen des Kommandostabes und die Shoah
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ebd. S. 79; Vern. Bruno M. v. 6.12. 1960, ebd., Bd. 1, Bl. 130–140; zu weiteren Vernichtungsaktionen in Reichshof vgl. EDH, Bd. 3, S. 1264 f. 107 Vgl. EDH, Bd. 2, S. 1173; EJ, Bd. 13, Sp. 1298 f. 108 HIS, Verbrechen, S. 586 f.; vgl. Haase, S. 186–202. 109 Aktenvermerk Stabsführer SSPF Krakau v. 27. 7.1942, BAB, NS 19/1765. 110 Vern. Siegfried K v. 5. 10. 1961, BAL, 206 AR-Z 39/60, Bd. 3, Bl. 875–881; dto. Leonard W. v. 4. 1. 1963, ebd., Bl. 1403–1406; vgl. EDH, Bd. 2, S. 1173. 111 Urteil LG Bonn v. 3. 7. 1973, BAL, SA 455; nur wenige Angaben in: EJ, Bd. 10, Sp. 1278. 112 Urteil LG Nürnberg-Fürth v. 19. 12. 1988, BAL, SA 640; vgl. EJ, Bd. 16, Sp. 496. 113 Ebd., Sp. 602; Urteil LG Stuttgart v. 11. 7.1973, BAL, SA 454. 114 Zwischenbericht Polizei Israel v. 21. 3. 1963, BAL, 206 AR-Z 232/60, Bd. 7, Bl. 1751. 115 An Literatur vgl. Gutman, Jews; ders., Genesis; Ainsztein, Revolte; Mark; Kurzman; Sakowska, Menschen; Röhr; zu Zeugnissen von Ghettokämpfern Edelmann; Rotem; als Quellensammlungen Wohnbezirk; Wulf, Vollstrecker; Scheffler/Grabitz; Mallmann/Rieß/ Pyta, 117–126. 116 Scheffler/Grabitz u. Mallmann/Rieß/Pyta stellen insoweit eine Ausnahme dar, weil durch die zahlreichen Täteraussagen ein konkreter Eindruck von deren Beteiligung vermittelt wird. 117 Aufstellung über Einsatzkräfte, Wohnbezirk. 118 Gutman, Jews, S. 213, 268 ff.; Ainsztein, Revolte, S. 65 ff.; vgl. Karte ebd. S. 1. 119 ˙ OB ebd., S. 285–293. Vgl. ebd., S. 69 f.; Gutman, Jews, S. 236 ff.; zur Struktur der Z 120 Ainsztein, Revolte, S. 71 ff.; Lustiger, Kampf, S. 83 ff. 121 Vgl. Gutman, Jews, S. 304 ff. 122 Ainsztein, Revolte, S. 73–81; Gutman, Jews, S. 343 ff. 123 Vgl. ebd., S. 336–346; Ainsztein, Revolte, S. 101. 124 Gutman, Jews, S. 293–297, 347 ff.; Lustiger, Kampf, S. 103. 125 Vgl. Gutman, Jews, S. 347 f.; Ainsztein, Revolte, S. 71 f. 126 Gutman, Jews, S. 347 ff. 127 Kurzman, S. 59 ff.; Gutman, Jews, S. 361; vgl. Auszug aus den Erinnerungen Iwan´skis, abgedruckt in: Lustiger, Kampf, S. 107–110. 128 Vgl. ebd., S. 102; Kurzman, S. 63 f. 129 Gutman, Jews, S. 349; Kurzman, S. 98; Ainsztein, Revolte, S. 100 f. 130 Ebd., S. 102 f.; Gutman, Jews, S. 350–354. 131 Ebd., S. 307 f.; Ainsztein, Revolte, S. 83 f. 132 ˙ OB v. Januar Ebd., S. 84–87; Gutman, Jews, S. 308–311; vgl. Widerstandsaufruf der Z 1943, abgedruckt in: Documents, S. 301 f. 133 Ainsztein, Revolte, S. 87 ff.; zur polnischen Reaktion vgl. Gutman, Jews, S. 320 ff. 134 Scheffler/Grabitz, S. 144 f.; Ainsztein, Revolte, S. 99 f.; Kurzman, S. 33; zu dessen Person ausführlich Wulf, Vollstrecker, S. 38. 135 Vern. Walter Bellwidt, abgedruckt in: Scheffler/Grabitz, S. 226. 136 SS-Stammkarte, BAB, SSO Wilhelm Plänk; Vern. Wilhelm Plänk v, 24. 7. 1962, BAL, 211 AR-Z 373/59, Bd. 27a, Bl. 151 f.; zu dessen Funktion in Polen 1939/40 vgl. Tät.Ber. 3. Schwadron SS-T-RSt v. 13.12. 1939, BA-MA, RS 4/309. 137 Zu den Aktionen der RAA vgl. S. 198 dieser Studie. 138 SS-Stammkarte u. Dienstlaufbahn, Beurteilungsnotiz HSSPF im GG v. 1. 12.1942, BAB, SSO Walter Bellwidt; vgl. Scheffler/Grabitz, S. 148 139 Vgl. Aufstellung über die eingesetzten Truppen in Wohnbezirk. 140 Zit. nach: Kurzman, S. 22. 141 Vern. A.H., zit. nach Scheffler/Grabitz, S. 248. 142 Dto. Johann L. v. 23. 11.1960, BAL, 211 AR-Z 373/59, Bd. 6, Bl. 57.
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Anmerkungen
143 Nominell blieb Sammern noch einige Tage im Amt, bis er von Stroop offiziell abgelöst wurde, vgl. Ainsztein, Revolte, S. 108. 144 Vgl. Moczarski, S. 178. 145 SSPF Warschau an HSSPF GG v. 20. 4.1943, abgedruckt in: Wohnbezirk. 146 Ebd.; vgl. Verlustliste, ebd.; zum Verlauf vgl. Gutman, Jews, S. 371–376; Kurzman, S. 99–145; Ainsztein, Revolte, S. 104–110. 147 Ebd., S. 112 f.; Gutman, Jews, S. 376; zu den Erinnerungen Edelmans vgl. ders., S. 68– 72. 148 Ausführlich Gutman, Jews, S. 377–381; Kurzman, S. 146–171; SSPF Warschau an HSSPF GG v. 20. 4.1943, abgedruckt in: Wohnbezirk. 149 Kurzman, S. 151 f.; Ainsztein, Revolte, S. 112 f. 150 Vern. K.D., zit. nach Scheffler/Grabitz, S. 247. 151 SSPF Warschau an HSSPF GG v. 20. 4.1943, in: Wohnbezirk. 152 Zit. nach: Ainsztein, Revolte, S. 127. 153 Ebd., S. 118 ff.; Gutman, Jews, S. 381–386; vgl. SSPF Warschau an HSSPF GG v. 21. 4. 1943, in: Wohnbezirk. 154 Beide Zitate nach Moczarski, S. 194. 155 Vgl. Kurzmann, S. 187 f.; Ainsztein, Revolte, S. 121 f. 156 SSPF Warschau an HSSPF GG v. 22. 4. 1943, in: Wohnbezirk; vgl. Moczarski, S. 193 f.; Ainsztein, Revolte, S. 122. 157 Fernschr. RFSS v. 22. 4.1943, 23.50, abgedruckt in Wulf, Vollstrecker, S. 236. 158 Abschlußbericht SSPF Warschau, S. 9, in: Wohnbezirk; vgl. Fernschr. SSPF Warschau an HSSPF GG v. 23. 4. 1943, ebd. 159 Urteil BG Erfurt v. 20. 12. 1960, DDR-JNSV, Bd. 3, S. 404; vgl. Vern. Friedrich V. v. 27. 6.1963, BAL, 211 AR-Z 373/59, Bd. 31, Bl. 40; dto. Friedrich V. v. 21. 9. 1960, ebd., Bd. 5, Bl. 32 f.; dto. Johann P. v. 23. 6. 1962, Bd. 26a, Bl. 112. 160 Dto. Anton H. v. 24. 2. 1961, ebd., Bd. 9, Bl. 64 f. 161 Urteil BG Erfurt v. 20.12. 1960, DDR-JNSV, Bd. 3, S. 404, 407 f.; mit seiner Einschätzung, daß „zu derartigen Einsätzen nur besonders aktive Faschisten eingesetzt wurden“, lag das BG Erfurt allerdings falsch, ebd., S. 408. 162 Vern. F.K., zit nach Scheffler/Grabitz, S. 250 f. 163 Zit. nach Ainsztein, Revolte, S. 127; vgl. Gutman, Jews, S. 386–392. 164 SSPF Warschau an HSSPF GG v. 24. 4.1943, in: Wohnbezirk. 165 Zit. nach: Ainsztein, Revolte, S. 128. 166 Ainsztein, Revolte, S. 131–134; in EDH, Bd. 3, S. 1558, wird behauptet, es sei keiner polnischen Gruppe gelungen, ins Ghetto zu gelangen, um den Kämpfern beizustehen. 167 Vern. Johann N. v. 6. 12.1960, BAL, 211 AR-Z 373/59, Bd. 6, Bl. 160. 168 Verlustliste 11.–14. 5. 1943, in: Wohnbezirk; vgl. DDR-JNSV, Bd. 3, S. 404 f. 169 Ainsztein, Revolte, 135 f. 170 Gutman, Jews, S. 395 f.; Ainsztein, Revolte, S. 137 f., 144 ff.; Stroop hielt den Befehls˙ OB irrtümlich für die Zentrale des Z ˙ ZW, SSPF Warschau an HSSPF GG v. bunker der Z 8. 5. 1943, in: Wohnbezirk. 171 Ainsztein, Revolte, S. 146 ff.; Kurzman, S. 348–372 172 Vgl. Ainsztein, Revolte, S. 150 f., S. 193 f. 173 Abschlußbericht SSPF Warschau, in: Wohnbezirk, S. 11 f.; vgl. Gutman, Jews, S. 397 f. 174 Tgb. Goebbels v. 22. 5. 1943, zit. nach: Ainsztein, Revolte, S. 151 f. 175 Vgl. ebd., S. 159; Gutman, Jews, S. 398 ff. 176 Vgl. Grabitz/Scheffler, Letzte Spuren. 177 Abschlußbericht SSPF Warschau, in: Wohnbezirk. 178 Moczarski, S. 197. 179 In den Ermittlungsverfahren gegen Männer der beiden SS-KR erwähnten nur 2 Zeu-
Rückzug und Niederlage
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gen ihren Einsatz im Warschauer Ghetto, Vern. Otto K. v. 14. 3. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. g46; dto. Günther T. v. 4. 10. 1962, ebd., Bd. 2, Bl. f105. 180 SSPF Warschau an HSSPF v. 20. 4. 1943, in: Wohnbezirk. 181 Zu Kaleskes Angaben Wulf, Vollstrecker, S. 73; vgl. Abschlußbericht SSPF Warschau, Wohnbezirk. 182 Schon für den ersten Tag des Aufstands hatte Stroop gemeldet, beim ersten Vorstoß ins Ghetto seien jeweils 6 SS- u. Trawnikimänner verletzt worden. Die im weiteren Tagesverlauf unter seinem eigenen Kommando verzeichneten Verluste erwähnte er nicht. In der nachträglichen Verlustliste sind zwölf weitere Verwundete angegeben, dazu ein getöteter polnischer Polizist, Verlustliste zum 19. 4. 1943, in: Wohnbezirk; zum 1. 5. findet sich bspw. ein getöteter SS-Rottenführer der Sipo zwar in der nachträglich angelegten Verlustliste, nicht aber in der betreffenden Tagesmeldung. Stroop meldete am 8. 5., ein am Vortag verwundeter Ordnungspolizist sei gestorben, allerdings wurde am Vortag von ihm selbst nur die Verletzung eines Angehörigen der W-SS, nicht aber die eines Ordnungspolizisten gemeldet. Auf der Verlustliste ist dann weder am 7. 5. ein verletzter, noch am 8. 5. ein getöteter Angehöriger der Orpo aufgeführt. Für den 10. 5. meldete Stroop drei, einen Tag später einen verwundeten SS-Mann, die nachträgliche Verlustliste vermerkt dagegen jeweils einen weiteren verletzten SS-ler. Schließlich findet auch ein für den 11. 5. unter den Toten aufgelisteter SS-Sturmmann in Stroops betreffender Tagesmeldung keine Erwähnung; zu den deutschen Verlusten Gutman, Jews, S. 392 ff.; Scheffler/Grabitz, S. 151 f. 183 Zit nach: Lustiger, Helden, S. 39. 184 Vgl. Lustiger, Kampf, S. 188–206, 208–222, 442 f.; zu den Aufständen in den Vernichtungslagern vgl. Yahil, 654–659; zu den Ghettorevolten ebd., S. 633–647.
XIII. Rückzug und Niederlage. Kommandostab und Waffen-SS in der Endphase des Krieges 1
Gruchmann, S. 246–266; speziell zu Stalingrad u. Kursk vgl. Overy, S. 91–135. Hinzu kam die bereits erwähnte Führung der Fliegerstaffel z.b.V. 7, die Dienstaufsicht über das weiterhin truppendienstlich unterstellte Bgl.Btl. RFSS, die Feldgendarmerie-Kp. u. die beiden Flakabt. I u. II. Schließlich hatte der Kdostab die Führung des SS-Kdo. „Obersalzberg“ in Hitlers Alpen-Domizil inne, Bef. RFSS v. 25. 9. 1943, VUA, Kdostab/K 4, A 23; zum SS-Kdo. „Obersalzberg“ Beurteilungen des Kdr. durch Chef Kdostab v. 13. 6. u. 20. 10. 1944, BAB, SSO Dr. Bernhard Frank. 3 Da die Tätigkeit des Kdostab nie Inhalt eines Ermittlungsverfahrens deutscher Staw war, fehlen Aussagen ehemaliger Stabsangehöriger. 4 Zur direkten Unterstellung der 1. u. 2. SS-IB sowie der KD unter das SS-FHA Stabsbef. Kdostab/Abt. IIa v. 29. 12. 1942, VUA, Kdostab/K 16, A 119. 5 Bef. SS-FHA, Kdo.Amt d. W-SS v. 18. 5.1943, BAB, NS 33/234; am 7. 1. 1944 wurde die IB zur 19. Lettischen SS-Freiw.Div. umgegliedert, Schmitz/Thies, Bd. 3, S. 576. 6 Bef. SS-FHA, Kdo.Amt d. W-SS v. 31. 5. 1943, BAB, NS 33/234; vgl. DeWever, S. 602 f.; Schmitz/Thies, Bd. 3, S. 580 f. 7 Ebd., S. 578 f.; Klietmann, S. 237 f. 8 Div.Bef. SS-KD/Ia v. 22. 8. 1943, BAB, Film 14609; Bericht Feindlage SS-KD/Ic v. 26. 8. 1943, ebd.; vgl. KTB XXXXII. A.K. v. 23. 8. 1943, BA-MA, RH 24–42/69. 9 Bef. SS-FHA/Amt II, Org.Abt./Ia/II v. 16.12. 1943, BAB, NS 33/234. 10 Zum Einsatz bis Ende 1943 Dankesschreiben OB 1. Panzerarmee an Kdr. SS-KD v. 22. 12. 1943, BAB, SSO Hans Diergarten; zum Ungarn-Einsatz Bef. Nr. 1, OB Südost v. 13. 3. 44, BA-MA, RH 24–69/21; Gerlach/Aly, S. 130 f.; Klietmann, S. 160; zur Umgliederung Bef. SS-FHA/Amt II/Ia v. 16. 12. 1943, BAB, NS 33/234. 11 Klietmann, S. 233 ff. 12 Ebd., S. 160, 164; KTB OKW, Bd. 4/1, S. 829–838; ein Angehöriger der SS-KD sagte aus, 2
428
Anmerkungen
im Oktober 1944 seien etwa 30 gefangene Rotarmisten, die an Stellungen der 2. Battr. vorbeigeführt wurden, den Bewachern von SS-Reitern entrissen u. erschlagen worden, Vern. Josef W. v. 20. 12. 1978, BAL, 502 AR-Z 53/79, Bd. 1, Bl. 1. 13 Gefechtsbericht SS-GR 8, 23.–25. 10. 1943, abgedruckt in: Tieke/Rebstock, S. 201; div. Tag.bef. übergeordneter Wehrmachtsverbände, ebd., S. 208–212; Tag.Bef. Kdr. 1. SS-IB v. 28. 12. 1943, ebd., S. 213; vgl. Klietmann, S. 308 ff. 14 Bef. SS-FHA/Amt II/Ia/II v. 25.1.1944, BAB, NS 33/6; die 1. SS-IB wurde nominell schon im Mai 1943 in „Estnische SS-Freiwilligenbrigade“ umbenannt. Gleichzeitig wurden 300 Unterführer der 1. SS-IB zur Ausbildung der Esten nach Debica kommandiert. Die estnische SS-Brig. kam Ende 1943 bei Newel zum Einsatz. Anfang 1944 wurde sie zur Div. erweitert, Bef. SS-FHA, Kdo.Amt d. W-SS v. 5. 5. 1943, BAB, NS 33/234; Klietmann, S. 223 f. 15 Ebd. S. 215 f.; Schlußbericht ZSL v. 14. 7. 1964, BAL, 2 AR-Z 1212/60, Bd. 40, Bl. 9499 f. 16 Vgl. Tieke/Rebstock, S. 10 ff. 17 Umgliederungsbef. Bgl.Btl. RFSS, Kdostab/Ia v. 14. 2. 1943, VUA, Kdostab/K 4, A 23; Bef. Verlegung Sturmbrig., Kdostab/Ia v. 14. 2. 1943, ebd.; Verlegungsbef. nach Korsika, Chef Kdostab v. 15. 6. 1943, ebd.; trotz der Verlegung blieb die Sturmbrig. weiterhin dem Kdostab unterstellt, Bef. Chef dess. v. 18. 2. 1943, ebd.; außerdem Klietmann, S. 325 f. 18 Hesse, S. 248–251; Richter, Herrenmensch, S. 26 f.; vgl. Bonwetsch, S. 112 f. 19 Zum Verlauf Gruchmann, S. 265 f.; aus sowjetischer Sicht Shukow, Bd. 2, S. 250–271. 20 Zu den Motiven vgl. Krannhals, S. 112; zu alliierter Unterstützung ebd., S. 184, 189 f.; Davies, S. 430 ff.; zu den unmittelbaren Planungen vgl. Borodziej, S. 94–111. 21 Vgl. ebd., S. 113–119; Davies, S. 282–320; Krannhals, S. 107 ff.; zum Kampfverlauf in der Altstadt bis Anfang September vgl. Borodziej, S. 142–155. 22 Krannhals, S. 314 f.; vgl. Tgb. Bach-Zelewski v. 5.–15. 8. u. 4. 10. 1944, BAB, R 20/45b, Bl. 107, 114 f. 23 Davies, S. 290 f.; Krannhals, S. 312–317. 24 Vern. Gerhard G. v. 8. 8. 1963, BAL, 211 AR-Z 373/59, Bd. 1, Bl. 184 f.; dto. Friedrich K. v. 1. 8. 1963, ebd., Bl. 191 ff. 25 Borodziej, S. 121 ff.; Krannhals, S. 308–315, 320; nach dem 12. 8. wurden kaum mehr Zivilisten, sondern vorrangig AK-Angehörige erschossen, vgl. ebd., S. 120. 26 Vern. Erich von dem Bach-Zelewski v. 14. 8. 1946, BAB, Film 44997; vgl. Tgb. dess. v. 23. 8. 1944, BAB, R 20/45b, Bl. 108; zur Person Guderians vgl. Macksey. 27 Fernschr. Chef Kdostab v. 20. 9. 1944, BAK, All. Proz. 1, Nbg.Dok. NO-1498; zur Eingliederung der SS- oder Polizeiangehörigen vgl. Klausch, S. 120–129. 28 Tgb. Bach-Zelewski 1.–4. 10. 1944, BAB, R 20/45b., Bl. 112–116; Kapitulationsvertrag, Korpsgruppe von dem Bach v. 2. 10. 1944, abgedruckt in: Krannhals, S. 404–407; zu den Verhandlungen ebd., S. 208–212; Davies, S. 480–484; Borodziej, S. 185 ff.; zur Zerstörung Warschaus vgl. AOK 9 an HGr Mitte v. 9.10.1944, 20.30, abgedruckt in: Krannhals, S. 412. 29 Zu den Verlusten vgl. ebd., S. 214 f.; Borodziej, S. 190, 205 f.; zur Situation der Zivilbevölkerung ebd., S. 189–204; Davies, S. 531–537. 30 Vgl. Stein, S. 161, 186 f.; Schmitz/Thies, Bd. 3, S. 576–581; Klietmann, S. 203–207, 219– 228, 237–241, 257–260, 299–302; zur SS-Div. Dirlewanger vgl. Klausch, S. 300 ff. 31 Zur Gesamtstärke Overmans, S. 214; zu den Verlusten, ebd., S. 269 f. Beim Heer waren die Verluste in der letzten Kriegsphase wesentlich niedriger, vgl. ebd. 32 Stein, S. 209–212; zum Selbstmord der Div.Kdr. vgl. Ungváry, S. 272 f.; KTB OKW v. 10.–14. 2. 1945, Bd. 4/2, S. 1085–1093. 33 Schreiber, Kriegsverbrechen, S. 181–185, 192–201; ders., Partisanenkrieg, S. 111 f.; Gentile, Sant’Anna di Stazzema; ders, Reder, S. 190 f. 34 Vgl. Klietmann, S. 203 f. 35 Tät.Ber. SS-PGR 39/Ia v. 9. 11. 1944, BA-MA, RH 19V/55; vgl. Klausch, S. 129–137
Karrieren und Nischen. Die SS-Männer nach 1945
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36 Schlußbericht ZSL v. 14.7. 1964, BAL, 2 AR-Z 1212/60, Bd. 40, Bl. 9499 f.; zur Umgliederung u. der späteren Verwendung Schmitz/Thies, Bd. 2, S. 435 ff. 37 Vgl. Klausch, S. 311–316; Stang, Dirlewanger, S. 72 f. 38 Gruchmann, S. 435–464; Müller/Ueberschär, Kriegsende, S. 58–79; zu den Gründen für den alliierten Sieg vgl. Overy; zum Einsatz der Waffen-SS in Berlin Stein, S. 221 f. 39 Fest, S. 108. 40 Tuchel, Himmler, S. 250; Fest, S. 113 ff. 41 Ebd., S. 116–120; Rieß, Fegelein, S. 169. 42 Zum Selbstmord Hitlers vgl. Fest, 123–138; Müller/Ueberschär, Kriegsende, S. 81–86; zum Ende Himmlers Tuchel, Himmler, S. 250. 43 Kdr.-Stellenbesetzung Kdostab, SS-PHA v. 1. 3. 1945, BAB, NS 34/1; zu Bühnemann Beurteilung Chef Kommandostab v. 20. 10.1944, Lebenslauf v. 3. 12. 1940, BAB, SSO Werner Bühnemann; zur vermuteten Zusammenlegung des Kdostab mit der Befehlsstelle Bach-Zelewskis vgl. Dienstkalender Himmlers, S. 43; Gerlach, Morde, S. 953. 44 Bericht Heinrich D., der sich 1945 als versprengter SS-Angehöriger beim Kdostab aufhielt u. die Kapitulation miterlebte, BA-MA, N 756/71; vgl. Vern. Adam S. v. 25. 1. 1984, BAL, 204 AR-Z 148/78, Bd. 4, Bl. 656.
5. Teil: Soldaten wie andere auch? XIV. Karrieren und Nischen. Die SS-Männer nach 1945 1
In den Verfahren gegen die SS-Brig. wurden über 2000 SS-Männer vernommen. Vgl. Weiß, S. 156 f. 3 Vern. Karl T. v. 26. 6. 1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 2, Bl. 343. 4 Die Befragten unterschieden kaum zwischen Kriegsgefangenschaft u. Internierungshaft. 5 Vern. Konrad Z. v. 13. 5. 1964, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 4, Bl. 759; Tieke/Rebstock, S. 157–167. 6 Vern. Paul Liebermann v. 27. 4.1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 8, Bl. 686; dto. Christian S. v. 29. 4.1965, ebd., Bl. 766. 7 Vgl. Overmans, S. 284–292. 8 Urteil BG Erfurt v. 20. 12. 1960, DDR-JNSV, Nr. 1083, Bd. 3, S. 403–408. Mielke wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, vgl. ebd., S. 410. 9 Zu den Nachkriegsbiographien aus anderen Bereichen des NS-Systems vgl. Herbert, Best; Wildt, Generation; außerdem Paul, Selbstmord; Angrick, Besatzungspolitik, S. 716– 730. 10 BAL, Personenkartei, Kurt Knoblauch. 11 Ebd., Ernst Rode; Vern. dess. v. 1. 1.1946, BAK, All. Proz. 1, Nbg.Dok. 3716-PS, 3717-PS; vgl. IMG, 7. 1. 1964, Bd. 4, S. 522 ff. 12 BAL, Personenkartei, Rudolf May; vgl. Mallmann, Türöffner, S. 455, Anm. 77. 13 Bericht Heinrich D., BA-MA, N 756/71. 14 Mühleisen, S. 84 f. 15 Vgl. Cüppers, Lombard, S. 151 f. 16 Vern. Waldemar Fegelein v. 24. 3. 1960, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. f4; dto. v. 22. 7.1965, ebd., Bl. f114. 17 Dienstlaufbahn, BAB, SSO Franz Magill; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 28 f. 18 SS-Stammkarte, BAB, SSO Emil Sator; Vern. dess. v. 20. 7. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/ 60, Bd. 9, Bl. 1023; Schreiben Staw Coburg v. 26. 7.1965, ebd., Bl. 988d. 19 Vern. Wilhelm H. v. 18. 5. 1960, BAL, 211 AR-Z 373/59, Bd. 3, Bl. 47 f.; vgl. dto. Alfred C. v. 22. 4. 1960, ebd., Bl. 42 f. 20 Dto. Kurt B. v. 6. 4.1964, ebd., Bd. 40c, Bl. 239 f. 2
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Anmerkungen
Dto. Alfred K. v. 11.11. 1968, ebd., Bd. 18, Bl. 3179. Dto. Heinrich S. v. 17. 7. 1971, ebd., Bd. 25, Bl. 5691–5694. 23 Stammkarte, BAB, SSO Rudolph Maeker; Vern. dess. v. 20. 6. 1962, BAL, 202 AR-Z 42/ 62, Bd. 1, Bl. a40–44; vgl. Stuttgarter Zeitung v. 24. 3. 1964. 24 Vern. Anton K. v. 21. 2. 1972, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 31, Bl. 7755 ff.; ähnlich dto. Heinrich B. v. 14. 4. 1964, ebd., Bd. 2, Bl. 321. 25 Dto. Fritz-Ernst B. v. 21. 4.1964, ebd., Bd. 2, Bl. 335 f. 26 Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 31 f. 27 Ebd., S. 32 f.; Ernennungsschreiben zum Regierungsrat, Oberpräsident der NordRheinprovinz an Dr. Joachim Nansen v. 16. 3. 1946, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1272, Bl. 353; persönl. Einladung Adenauers an Nenntwich v. 4.1.1950, ebd., Bl. 349; Nenntwichs Postkarten aus Ägypten, ebd., Bd. 1288, Bl. 144, 146; vgl. FAZ v. 30. 4. 1964. 28 Stammkarte u. Dienstlaufbahn, BAB, SSO Kurt Becher; Vern. dess. v. 15. 1. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. a22–25. 29 Müller-Tupath, S. 123–173; Wenck, S. 294; irrtümlich wird Becher dort eine Karriere im RSHA unterstellt, sein Weg in der Waffen-SS findet keine Erwähnung, ebd., Anm. 614. 30 Müller-Tupath, S. 11, 205–215. 31 Stammkarte, BAB, SSO Fritz Peter; Informations- u. Pressedienst der Österreichischen Widerstandsbewegung 5 (1975), S. 5. 32 Zit. nach: Profil 42 (1975), S. 14. 33 Jüdische Rundschau 42 (1975), S. 14; vgl. darin auch die Berichterstattung über die Attacken Kreiskys gegen Simon Wiesenthal wegen der Veröffentlichungen zu Peter. 34 Profil 42 (1975), S. 12–16; Interview Friedrich Peter in Profil 45 (1975); Volksstimme v. 31. 10. 1975; Die Furche 44 (1975); vgl. Wiesenthal, S. 360–373; Pick, S. 393–412. 35 Friedrich Peter an Obmann FPÖ v. 16. 5. 1983, DÖW, Akte Friedrich Peter; Wochenpresse 20 (1983), S. 18–21. 36 Vgl. Urteilsspruch v. 30. 9. 1946, IMG, Bd. 22, S. 586–589. 37 Werle/Wandres, S. 19; Rückerl, Strafverfolgung, S. 73. 38 Ebd., S. 45; zu den Gründen ebd., S. 41–48; Werle/Wandres, S. 20–23. 39 Rückerl, Strafverfolgung, S. 50–53; von der Tätigkeit der ZSL ausgenommen wurden Kriegsverbrechen, die nicht vor einem nationalsozialistisch-ideologischen Hintergrund begangen wurden. Ermittlungen gegen frühere Angehörige des RSHA wurden zudem zentral von der Staw beim Kammergericht Berlin geführt, vgl. ebd., S. 50 f. 40 Vern. Franz Magill v. 29. 11. 1959, StAW, 62 Nds. Fb. 2, Bd. 1264, Bl. 11–15; dto. v. 15. 11. 1960, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 1, Bl. 23–29. 41 ZSL an Staw Braunschweig v. 10. 10. 1960, ebd., Bl. 11. 42 Anklage Staw Braunschweig v. 15. 6. 1965, ebd., Bd. 5, Bl. 1242–1258; Urteil LG Braunschweig v. 20. 4.1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 27. 43 Vgl. FAZ v. 16. 2., 3. 3., 3. u. 21. 4.1964; Stuttgarter Zeitung v. 24. 3. 1964. 44 Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 27. 45 Verfahren gg. Gustav Lombard u. a., StAM, Staw 21894, 50. Bd.; Einstellung Staw München I v. 22. 12. 1970, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 10, Bl. 1747. 46 Vgl. Rückerl, Strafverfolgung, S. 65 f. 47 Einstellungsverfügung Staw München I v. 22. 12.1970, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 10, Bl. 1836 f. 48 Alle von Lombard unterschriebenen Abt.bef. waren von den USA schon im Oktober 1967 an das Militärgeschichtliche Forschungsamt in Freiburg übergeben worden, Vermerk über die Rückgabe der unter der Signatur BA-MA, RS 4/441 archivierten Akte im Findbuch; das BA-MA bestätigte den Zeitpunkt der Aktenrückgabe schriftlich. 49 Einstellungsverfügung Staw. Kassel v. 23. 7. 70, BAL, 203 AR-Z 33/69, Bd. I, Bl. 197 f.; zu den Aussagen polnischer Zeugen vgl. ebd., Bl. 52–128. 22
Karrieren und Nischen. Die SS-Männer nach 1945
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50 Urteil LG Köln v. 24. 6.1968, JNSV, Nr. 682a, Bd. 29, S. 555–597; vgl. Aussage Strähle v. 1. 11. 1941, BA-MA, RS 3–8/48. 51 Vgl. Einstellungsverfügungen Staw München I v. 5. 7. 1972, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 34, Bl. 8055–8149; dto. v. 22. 4. 1975, ebd., Bd. 36, Bl. 8482–8525. 52 Urteil LG Traunstein v. 19. 4. 1974, ebd., Bl. 8429–8463; zur Abtrennung des Ermittlungsverfahrens Vermerk Staw München I v. 12. 5. 1972, ebd., Bd. 30, Bl. 6977; die Revision wurde ein Jahr später verworfen, Urteil BGH v. 10. 6. 1975, ebd., Bd. 36, Bl. 8530–8539. 53 Vgl. StAM, Staw. 22518, Bd. 19, Bl. 2731–1. 54 Beschluß LG Memmingen v. 30. 3. 1960, BAL, 204 AR 132/61, Sonderbd. T, Bl. 31 ff.; die Beschwerde der Staw wurde vom OLG München verworfen, Beschluß OLG München v. 31. 8. 1960, ebd., Bl. 40; vgl. Urteil OSSPG München v. 24. 5. 1943, BAB, NS 7/1017. 55 Dto. LG Heilbronn v. 20.7. 1973, BAL, 204 AR 132/61, Bd. 4, Bl. 1072–1103; dto. LG Stuttgart v. 15. 2.1982, ebd., Bd. 6, Bl. 1496–1609; Rudolf Wüstholz wurde zu 2 Jahren, Johann Hermann zu 3 Jahren u. Heinrich Adolf Hesse zu 12 Jahren Haft verurteilt. 56 Vermerk ZSL v. 16. 3. 1965, BAL, 207 AR-Z 18/65, Bd. 1, Bl. 1 f.; Beschluß BGH v. 24. 3. 1965, ebd., Bl. 158; Schreiben Staw Coburg v. 30. 9.1965, ebd., Bl. 26 ff.; Einstellungsverfügung Staw Coburg v. 19. 1. 1971, BAL, ebd., Bd. 3, Bl. 780–785. 57 Vgl. Vern. Ernst Rode v. 1.1.1946, BAK, All. Proz 1, Nbg.Dok. 3716-PS, 3717-PS; IMG, 7. 1. 1946, Bd. 4, S. 522 ff. 58 BAL, Personenkartei, Rudolf May; Mallmann, Türöffner, S. 455, Anm. 77. 59 Vern. Johann Jakob M. v. 27.10. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 10, Bl. 1293 f.; ein anderer Ehemaliger der 1. SS-Brigade erklärte: „Ich habe mich bei den Aktionen selbst nicht strafbar gemacht. Außerdem bin ich der Meinung, daß diese Dinge heute nicht mehr verfolgt werden sollten.“ Dto. Anton K. v. 28. 11.1968, ebd., Bd. 18, Bl. 3293. 60 Vermerk über Anton G. v. 4. 5. 1972, ebd., Bd. 32, Bl. 7492. 61 Vern. Adam P. v. 18. 4.1979, BAL, 202 AR-Z 177/67, Bd. 11, Bl. 2691. 62 Dto. Josef P. v. 22. 11. 1971, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 29, Bl. 6791. 63 Dto. Kurt Wegener v. 28. 1. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 3, Bl. 782. 64 Dto. Johann Jakob M. v. 27. 10. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 10, Bl. 1293 f. 65 Dto. Kurt H. v. 19. 5. 1965, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 2, Bl. c360. 66 Dto. Josef W. v. 19. 6. 1967, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 14, Bl. 1998. 67 Vermerk zum Schreiben Karl B. v. 13. 5. 1964, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 6, Bl. 486 f. 68 Vern. Karl G. v. 8. 7.1964, ebd., Bd. 1, Bl. b246. 69 Dto. Michael M. v. 21. 3. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 1138. 70 Dto. Adolf K. v. 29. 10.1962, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. h47. 71 Dto. Ernst K. v. 19. 7. 1969, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 20, Bl. 3996. 72 Dto. Paul S. v. 21. 10. 1969, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. h326. 73 Dto. Peter S. v. 9. 9.1968, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 15, Bl. 2373. 74 Dto. Peter B. v. 2.11. 1962, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 3, Bl. 642; das Aussageverhalten eines weiteren Zeugen kommentierten die vernehmenden Beamten: „Es konnte von Unterzeichnendem der Eindruck gewonnen werden, daß Q. voreingenommen war und der ganzen Sache konträr gegenüberstand. […] Seine angebliche Kopfverletzung dürfte als Schutzbehauptung anzusehen sein.“ Dto. Konrad Q. v. 9. 9. 1968, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 15, Bl. 2378 f. 75 Dto. Paul H. v. 23. 4. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. a100. 76 Dto. Josef H. v. 15. 1. 1964, ebd., Bd. 3, Bl. 87. 77 Dto. Rudolf R. v. 24. 4. 1963, ebd., Bd. 2, c17. 78 Dto. Erwin Tzschoppe v. 24. 1. 1967, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 11, Bl. 1628e; vgl. BAB, SSO Erwin Tzschoppe. 79 Vern. Walter Bornscheuer v. 12. 6. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 820.
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Anmerkungen
80 Der ehemalige Ia der KB gab an, mehrmals von Lombard aufgesucht worden zu sein, dto. Christian Reinhardt v. 24. 3. 1965, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 1, Bl. a259 f. 81 Dto. Ludwig O. v. 3.11. 1962, ebd., Bd. 4, Bl. m44, m49; dto. Walter B. v. 5. 4. 1965, ebd., Bd. 8, Bl. 999 f.; vgl. BAB, SSO Arno Paul. 82 Vgl. Vern. Wilhelm J. v. 4. 2. 1963, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 4, Bl. 848; dto. Wilhelm R. v. 5. 2. 1963, ebd., Bl. 850; dto. Wilhelm S. v. 26. 4.1963, ebd., Bl. 1244; dto. Kurt Wegener v. 19. 11. 1962, ebd., Bd. 3, Bl. 665 f. 83 Dto. Kurt Wegener v. 28. 1. 1963, ebd., Bl. 782. 84 Vermerk Staw Flensburg über Vern. Johannes Kleinow v. 11. 6. 1960, BAL, 206 AR-Z 28/60, Bd. 2, Bl. 398 f. 85 Vgl. Vermerk Bayr. LKA v. 7.10. 1965, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 9, Bl. 1082. 86 Es handelt sich um einen Teil des heutigen Bestandes RS 4, vgl. die Rückgabevermerke im betreffenden Findbuch BA-MA, RS 4. 87 Rückerl, Strafverfolgung, S. 54; wegen einer noch im Dezember 1939 erfolgten Gesetzesänderung waren im Mai 1960 auch Tatbestände der Beihilfe zum Mord verjährt, die bis zum 5.12. 1939 begangen wurden. Darunter fielen zahlreiche Verbrechen, die u. a. von SSEinheiten im besetzten Polen begangen worden waren, vgl. ebd. S. 55. 88 Ebd. S. 65 f.; vgl. Einstellungsverfügung Staw München I v. 22.12. 1970, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 10, Bl. 1836 f., 1845, 1861, 1868; dto. v. 5. 7. 1972, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 34, Bl. 8108, 8110. 89 Justizministerium Ba-Wü an ZSL v. 20. 12. 1963, BAL, 204 AR-Z 296/60, Bd. 4, Bl. 1242. 90 Die Verurteilten waren die vier Angehörigen des 2. SS-KR, die im Braunschweiger Verfahren schuldig gesprochen wurden, vgl. Urteil LG Braunschweig v. 20. 4. 1964, JNSV, Nr. 570, Bd. 20, S. 27; drei Angeklagte des Werkstattzuges der 1. SS-IB wurden ebenfalls zu Haftstrafen verurteilt, vgl. Urteil LG Heilbronn v. 20. 7. 1973, BAL, 204 AR 132/61, Bd. 4, Bl. 1072–1103; dto. LG Stuttgart v. 15. 2. 1982, ebd., Bd. 6, Bl. 1496–1609; schließlich wurde Johann Enzinger wegen der Vernichtung eines Dorfes im Zusammenhang mit dem Unternehmen „Sumpffieber“ verurteilt, Urteil LG Traunstein v. 19. 4. 1974, BAL, 202 AR-Z 1212/ 60, Bd. 36, Bl. 8429–8463. 91 Mecklenburg, S. 336; vgl. Schreiben des HIAG-Vorsitzenden Hubert Meyer an einen Journalisten der TAZ v. 21. 7. 1992, Apabiz, Ord. HIAG; die Schätzungen von Weiss, S. 161, sind zu hoch gegriffen; mein Dank geht an Karsten Wilke, Bielefeld, für Hinweise zu diesem Kapitel. Er arbeitet an einer ausführlichen Studie zur Geschichte der HIAG. 92 Vgl. Large, 82 f.; Weiss, S. 165. 93 Schreiben des HIAG-Vorsitzenden Hubert Meyer an einen Journalisten der TAZ v. 21. 7. 1992, Apabiz, Ord. HIAG. 94 Syring, S. 203; Large, S. 82; Mecklenburg, S. 336. 95 Vgl. Frei, S. 89; zur Eingliederung ehemaliger SS-Soldaten in die Bundeswehr vgl. ebd., S. 104–109; Meyer; Brochhagen, S. 236–245. 96 Weiss, S. 165; Large, S. 95 ff.; zur die Waffen-SS betreffenden Ehrenerklärung Adenauers am 30. 8. 1953 vor dem Bundestag vgl. ebd., S. 89; Brochhagen, S. 229. 97 Mecklenburg, S. 336; Large, S. 90–93. 98 Vgl. Der Freiwillige 5/6 (1966); Kuhlbrodt, S. 5. 99 FAZ v. 20. 9. 1976, S. 3; vgl. Der Freiwillige 7/8 (1994), S. 64. 100 Ebd. 7 (1995), S. 33. 101 Vgl. Lombard an „Kamerad Harzer“ v. 18. 2. 1965, BA-MA, N 756/152. 102 Vern. Joachim B. v. 10.12. 1962, BAL, 202 AR-Z 42/62, Bd. 3, Bl. j61. 103 Eine kritische Würdigung der grotesken Zeremonie in: Der Spiegel 22 v. 24. 5. 1976; zu den Feierlichkeiten vgl. den Zeitungsartikel v. 11. 4. 1975 in BA-MA, N 756/152; Der Freiwillige 4 (1985), S. 23; zum Tode Lombards vgl. ebd. 9 (1995), S. 28; Cüppers, Lombard, S. 152. 104 Mecklenburg, S. 336.
Kriegseinsatz und Massenmord. Verbrechen der Waffen-SS 105 106 107
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Der Freiwillige 1 (2000), S. 9–13. Ebd. 3 (2001), S. 26; ebd. 6 (2001), S 6. Vgl. Hausser; Meyer; Steiner, Armee.
XV. Kriegseinsatz und Massenmord. Verbrechen der Waffen-SS 1
Weiss, S. 159; Schneider, S. 8. Sydnor, Soldaten, S. 91 ff.; Reitlinger, SS, S. 150; Stein, S. 70; zu Oradour vgl. Pauchou/ Masfrand; Mackness; zum Massaker von Malmédy vgl. Stein, S. 250 ff. 3 Stein, S. 225–253. 4 Vgl. Cüppers, Art, S. 91 f. 5 Umbreit, Militärverwaltungen, S. 163; zum Vormarsch der 14. Armee in Südpolen vgl. Rohde, Blitzkrieg, S. 117–126. 6 Urteil LG Freiburg v. 18. 5. 1967, JNSV, Nr. 655, Bd. 26, S. 312 f. 7 Zum Vormarsch der 17. Armee vgl. Klink, S. 471–476; zur SS-Div. „Wiking“ Klietmann, S. 134 f.; zu den NKWD-Morden u. dem Pogrom in Lemberg Musial, Elemente, S. 102–114, 175–178; Heer, Einübung, S. 410–426; HIS, Verbrechen, S. 94–99. 8 Bericht Chef Generalstab AOK 17 v. 3.7. 1941, 10.50, BA-MA, RH 20–17/46. 9 Vgl. Klink, S. 472–477; Klietmann, S. 134 f.; zu den stalinistischen Morden u. dem Pogrom Musial, Elemente, S. 128; HIS, Verbrechen, S. 100–108. 10 EM Nr. 19 v. 11. 7.1941, BAB, R 58/214. 11 Vern. Peter C. v. 12. 5.1971, BAL, 202 AR-Z 1212/60, Bd. 25, Bl. 5521. 12 Dto. Georg Michalsen v. 14. 2. 1961, BAL, 208 AR-Z 268/59, Bd. 10, Bl. 1873; vgl. Angrick, Michalsen, S. 156–165. 13 Yahil, S. 420 f.; Hilberg, Vernichtung, S. 369 ff., vgl. Dienstkalender Himmlers v. 30. 11. 1941, S. 278. 14 Vgl. Gruchmann, S. 236–241. 15 Urteil LG Osnabrück v. 5.7. 1968, BAL, 518 AR-Z 16/59, Bd. 1, Bl. 29 f. 16 Ebd., Bl. 31 f.; vgl. KTB OKW v. 8. u. 12. 9.1943, Bd. 3/2, S. 1076–1082, 1096. 17 Urteil LG Osnabrück v. 5. 7.1968, BAL, 518 AR-Z 16/59, Bd. 1, Bl. 7–12, Bl. 36; vgl. SS-Stammkarte u. Dienstlaufbahn, BAB, SSO Hans Röhwer. 18 Urteil LG Osnabrück v. 5. 7.1968, BAL, 518 AR-Z 16/59, Bd. 1, Bl. 37–43; zur Situation der italienischen Juden vgl. Hilberg, Vernichtung, Bd. 2, S. 702–722; Safrian, S. 225–250 zur Vernichtung der Gemeinde von Saloniki. 19 Urteil LG Osnabrück v. 5.7. 1968, BAL, 518 AR-Z 16/59, Bd. 1, Bl. 53–79. 20 Ebd., Bl. 88–103. Als einzige überlebten die unter dem Schutz des türkischen Konsuls stehenden Angehörigen der Familie des Hotelbesitzers Alberto Behar. 21 Ebd., Bl. 43 f., 111; wegen der Morde wurde der Kp.chef Gottfried Meir in Italien 1955 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt; in Österreich war er im Jahr zuvor mangels Beweisen freigesprochen worden, ebd., Bl. 44. 22 Ebd., Bl. 59 f., 90, 106. 23 Bezüglich der Vergewaltigung ebd., Bl. 60 f.; zur Erpressung Behars ebd., Bl. 82–85; zu den Raubzügen von SS-Männern ebd., Bl. 79, 81, 104. 24 Bef. Stabschef SS-FHA v. 1. 4. 1942, BAB, NS 33/232; vgl. Casagrande. 25 Bericht Ek 2 an EG E v. 15. 7. 1943, BAB, NS 19/1434; Untersuchungsbericht Kdr. 5. SSGeb.Korps v. 7. 9. 1943, ebd. 26 Vgl. Bericht Ek 2 an EG E v. 15. 7.1943, ebd.; Casagrande, S. 347 f. 27 Schreiben RFSS v. 6. 8.1943, BAB, NS 19/1434; Untersuchungsbericht Kdr. 5. SSGeb.Korps v. 7. 9. 1943, ebd.; vgl. Casagrande, S. 159 f. 28 Urteil LG München I v. 18. 4. 1967, JNSV, Nr. 649, Bd. 26, S. 151. 29 Ebd., S. 149 f.; SS-Stammkarte, BAB, SSO Paul Anton Reiter. 2
434
Anmerkungen
30 Urteil LG München I v. 18. 4. 1967, JNSV, Nr. 649, Bd. 26, S. 151 f.; Goldhagen, S. 417– 436, zu Verbrechen gegen Juden in der Kriegsendphase. 31 Urteil LG München I v. 18. 4. 1967, JNSV, Nr. 649, Bd. 26, S. 151 f. 32 Ebd., S. 152.
Fazit 1
Vgl. die Darstellung bei Browning, Entfesselung, S. 449–475, 507–535.
Abkürzungsverzeichnis A Abt. Adj. AGSSt. AK A.K. allg. AOK Apabiz
BAB BAL BA-MA Batl., Btl. BA-ZA Bd., Bde. bearb. Bef. Befh. Ber. Abt. Berück BG BGH Bgl. Btl. BKV Bl. Brig. CdO CdS ders. dess. dies. Div. Dk. Dok.
Akte Abteilung Adjutant, Adjutantur Armeegefangenensammelstelle Armia Krajowa (Heimatarmee) Armeekorps allgemein Armeeoberkommando Antifaschistisches Pressearchiv u. Bildungszentrum Berlin Bundesarchiv Berlin Bundesarchiv-Außenstelle Ludwigsburg Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg Bataillon Bundesarchiv-Zwischenarchiv Dahlwitz-Hoppegarten Band, Bände bearbeitet Befehl Befehlshaber Berittene Abteilung Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes Bezirksgericht Bundesgerichtshof Begleitbataillon Bandenkampfverbände Blatt Brigade Chef der Ordnungspolizei Chef der Sicherheitspolizei und des SD derselbe desselben dieselbe(n) Division Dienstkalender Dokument
DÖW
DRZW dto. ebd. EDH EGr. EJ EK
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Fernschr. FHK FK FPÖ Funkspr. Gen.insp. Gen.Kdo. Gestapo GFP GK GR GSR HGr HGS H mot. HSSPF Ia IB Ib Ic
Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg dito ebenda Enzyklopädie des Holocaust Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und des SD Encyclopaedia Judaica Einsatzkommando der Sicherheitspolizei und des SD Ereignismeldung UdSSR des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD Fernschreiben Fliegerhorstkommandantur Feldkommandantur Freiheitliche Partei Österreichs Funkspruch Generalinspekteur Generalkommando Geheime Staatspolizei Geheime Feldpolizei Generalkommissariat Grenadierregiment German Studies Review Heeresgruppe Holocaust and Genocide Studies motorisierte Aufklärungsabteilung Höherer SS- und Polizeiführer Führungsoffizier Infanteriebrigade Versorgungsoffizier Feindlage- und Abwehroffizier
436 IIa
Abkürzungsverzeichnis
1. Adjutant (Offiziers-Personalien) IIb 2. Adjutant (Unteroffiziersund Mannschaftspersonalien) III Abt. Gericht IMG Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg Inf. Infanterie insg. insgesamt IR Infanterieregiment IVa Intendant (Verwaltung, Rechnungswesen) IVb Arzt IVc Veterinär K Karton Kap. Kapitel Kav. Kavallerie KB Kavalleriebrigade KD Kavalleriedivision Kdo. Kommando Kdo.Amt Kommandoamt Kdo.bef. Kommandobefehl Kdostab Kommandostab Reichsführer-SS Kdr. Kommandeur KdS Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD Kgf.Bez.Kdt. J KriegsgefangenenBezirkskommandant J KL Konzentrationslager Korück Kommandant des rückwärtigen Armeegebietes Kp. Kompanie KR Kavallerieregiment KTB Kriegstagebuch LG Landgericht LKK Leichte Kavalleriekolonne LPG Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft LSSAH, LAH Leibstandarte-SS „Adolf Hitler“ MGM Militärgeschichtliche Mitteilungen MGZ Militärgeschichtliche Zeitschrift mot. motorisiert Nbg.Dok. Nürnberger Dokumente NKWD Narodnyj Komissariat Wnutrennych Del (Volkskom-
missariat für innere Angelegenheiten) NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei OB Oberbefehlshaber OBdH Oberbefehlshaber des Heeres Offz. Offizier OK Ortskommandantur OKH Oberkommando des Heeres OKW Oberkommando der Wehrmacht O.Qu. Oberquartiermeister Orpo Ordnungspolizei OSSPG Oberstes SS- und Polizeigericht OUN Orhanizacija Ukrains’kych Nacionalistiv (Organisation ukrainischer Nationalisten) PB Polizeibataillon PD Panzerdivision PR Polizeiregiment Qu. Quartiermeister RAA Radfahraufklärungsabteilung RF-SS, RFSS Reichsführer-SS Reit. Abt. Reitende Abteilung Reit. Batt. Reitende Batterie Rgt. Regiment RK Reichskommissariat RP Regierungspräsident RPB Reserve-Polizeibataillon RR Reiterregiment RSHA Reichssicherheitshauptamt Schwdr. Schwadron SD Sicherheitsdienst Sich.Div. Sicherungsdivision SK Sonderkommando der Sicherheitspolizei und des SD Slg. Sammlung sMG Schweres Maschinengewehr SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreichs SS Schutzstaffel SS-FHA SS-Führungshauptamt SS-HA SS-Hauptamt SSPF SS- und Polizeiführer SSPG SS- und Polizeigericht SS-PHA SS-Personalhauptamt
437
Abbildungsverzeichnis SS-T-RS. SS-TS SS-TV SS-VT StAM StAW Staw Tät.Ber. teilw. Tgb. u. UK undat. UPA
VAbt. v. Vern.
SS-Totenkopf-Reiterstandarte SS-Totenkopfstandarte SS-Totenkopfverbände SS-Verfügungstruppe Bayrisches Staatsarchiv München Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel Staatsanwaltschaft Tätigkeitsbericht teilweise Tagebuch und Untersuchungskommission undatiert Ukraiinska Powstanska Armija (Ukrainische Aufstandsarmee) Kraftfahrwesen vom Vernehmung
verst. VfZ vgl. VIAbt. VUA
WFSt. W-SS YVS z.b.V. ZfG Zg. ZSL
verstärkt Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte vergleiche weltanschauliche Schulung, Truppenbetreuung Vojensky´ ústrˇední archiv Praha (Zentrales Militärarchiv Prag) Wehrmachtführungsstab Waffen-SS Yad Vashem Studies zur besonderen Verwendung Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Zug Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen Ludwigsburg
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: BAK, Photoalbum 3. Schwadron 2. SS-Totenkopf-Reiterstandarte während der Stationierung in Zamosc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 2: BAK, Alber II, 78/26a. Dieses und die folgenden Motive aus dem BAK sind Propagandaphotos, die von Kriegsberichterstattern der Waffen-SS aufgenommen wurden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 3: BAK, Büschel I, 10/6a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 4: BAK, Büschel I, 19/4a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 5: Privatbesitz Martin Cüppers. Das Motiv ist Teil einer Serie von neun Photos, die der Wehrmachtssoldat Erich Mirek am Tag nach dem Massaker vom 6. August 1941 in der Nähe von Pinsk aufnahm. Später übergab er die Photos der Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack, vgl. Mirek, S. 174 ff. Abb. 6: Privatbesitz Martin Cüppers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 7: BAK, Büschel I, 23/11a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 8: BAK, Büschel I, 17/22. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 9: BAK, Obermüller I, 23/25. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 10: BAK, Obermüller I, 27/6. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 11: BAK, Obermüller I, 27/5. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 12: BAK, Obermüller I, 27/18. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 13: BAK, Büschel I, 23/4a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
65 131 149
157 159 185 217 263 264 265 267 321
Kartenverzeichnis Karte 1: Das Generalgouvernement 1939/40 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karte 2: Einsatzgebiet der SS-Kavalleriebrigade im August 1941 . . . . . . . . . Karte 3: Einsatzgebiet der 1. SS-Brigade im August 1941 . . . . . . . . . . . . .
37 143 167
Quellen und Literatur Ungedruckte Quellen Vojensky´ ústrˇední archiv (Zentrales Militärarchiv Prag) Kdostab, K 1–24 Kommandostab Reichsführer-SS HSSPF Ru.Sü., K 1–8 Höherer SS- und Polizeiführer Rußland Süd SS-TSt., K 1–12 SS-Totenkopfstandarten 8. SS-Kav.Div., K 1–6 SS-Kavalleriebrigade/8. SS-Kavalleriedivision „Florian Geyer“ 18. SS-Div., K 1–4 1. SS-Infanteriebrigade/18. SS-Freiwilligen-Panzergrenadierdivision „Horst Wessel“ Bundesarchiv Berlin Mikrofilmsammlung NS 7 NS 19 NS 31 NS 33 NS 34 NSD 41/77 R 19 R 20 R 58 R 70 Pol R 70 SU Bundesarchiv Koblenz All.Proz. 1 Photobestände
SS-Gerichte Persönlicher Stab Reichsführer-SS SS-Hauptamt SS-Führungshauptamt SS-Personalhauptamt Sammlung SS-Leithefte Hauptamt Ordnungspolizei Einheiten und Schulen der Ordnungspolizei Reichssicherheitshauptamt SS- und Polizeidienststellen in Polen SS- und Polizeidienststellen in der Sowjetunion
Nürnberger Dokumente
Bundesarchiv-Zwischenarchiv Dahlwitz-Hoppegarten Z/A Beweisdokumente zu NSDAP, SS und Orpo Z/Bv vorrangig Beweisdokumente zu SD-, SS und Polizeipersonal ZM Beweisdokumente zu Dienstellen von SS und Polizei ZR Beweisdokumente zu RSHA und SD Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg M 800–974 Kommandostab Reichsführer-SS N 756 Sammlung Vopersal RS 3 Divisionen der Waffen-SS RS 4 verschiedene Verbände der Waffen-SS RH 19 Heeresgruppen RH 20 Armeeoberkommandos RH 22 Befehlshaber rückwärtige Heeresgebiete RH 24 Generalkommandos der Armeekorps RH 26 Infanteriedivisionen
Ungedruckte Quellen Bundesarchiv, Außenstelle Ludwigsburg 204 AR 132/61 (gg. Wüstholz u. a., Werkstattzg. Kdostab) 203 AR 1101/62 (gg. Eimann u. a., Sturmbann „Eimann“) 202 AR 1725/62 (gg. Strähle, Troß SS-KB) 204 AR 1291/63 (gg. Besuch, Zerstörung Synagoge Boppard) 202 AR 932/65 (gg. Herzig, Stab v. Gottberg) 202 AR 1704/69 (gg. Sack, Koch SS-KB) 110 AR 548/75 (gg. Peter, 1. SS-Brig.) 518 AR-Z 16/59 (wg. Judenmorden LAH in Italien 1943) 202 AR-Z 52/59 (gg. Bach-Zelewski u. a.) 206 AR-Z 280/59 (gg. Proschinsky, Judenlager Debica) 211 AR-Z 373/59 (gg. Hahn u. a., KdS Warschau) 110 AR-Z 399/59 (gg. Reiter u. a., Werkstattkp. 2. SS-PD „Das Reich“) 206 AR-Z 31/60 (Ghettovernichtung Neu-Sandez) 206 AR-Z 39/60 (Ghettovernichtung Przemysl) 202 AR-Z 64/60 (gg. Schreiber u. a., Feldflughafen Bobruisk) 206 AR-Z 288/60 (Ghettovernichtung Reichshof) 204 AR-Z 296/60 (gg. Magill u. a., 2. SS-KR) 202 AR-Z 1212/60 (gg. Liebermann u. a., 1. SS-Brig.) 202 AR-Z 42/62 (gg. Lombard u. a., Brig.Stab und 1. SS-KR) 207 AR-Z 18/65 (gg. Angehörige 2. SS-Brig.) 206 AR-Z 70/66 (gg. Avril u. a., Großaktion Konskie) 202 AR-Z 177/67 (Ghettovernichtung Tscherwen) 205 AR-Z 1043/67 (gg. Triebel, Arzt SS-KD) 203 AR-Z 33/69 (gg. Becher u. a., Ersatzschwadron Lucmierz) 206 AR 605/74 (gg. Angehörige 10. SS-TS Krakau) 204 AR-Z 148/78 (gg. Zierer, Feldgendarmerie Kdostab) 502 AR-Z 53/79 (Nyireghaza) SA 425 (Urteil LG Bochum v. 30. 4.1964, Ghettovernichtung Tarnow) SA 454 (Urteil LG Stuttgart v. 11.7. 1973, Ghettovernichtung Wolbrom) SA 455 (Urteil LG Bonn v. 3. 7.1973, Ghettovernichtung Krosno) SA 535 (Urteil LG Hannover v. 30. 3. 1979, Ghettovernichtung Krakau) SA 640 (Urteil LG Nürnberg-Fürth v. 19. 12.1988, Ghettovernichtung Wieliczka) Dokumentensammlung CSSR, UdSSR, Verschiedenes Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin e. v. Ordner HIAG Sammlung „Der Freiwillige“ Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes Akte Friedrich Peter Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel 62 Nds. Fb.2, Nr. 1264–1351 (gg. Magill u. a., 2. SS-Kav.Reg.) Bayrisches Staatsarchiv München Staw 21894, 50 Bde. (gg. Lombard u. a., Brig.stab u. 1. SS-KR) Staw 22518, 162 Bde. (gg. Liebermann u. a., 1. SS-Brig.)
439
440
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Personenregister Adenauer, Konrad 319 Anielewicz, Mordechai 293, 295 f., 299, 301 f. Apfelbaum, David 294, 299, 301 Arlt, Gerhard 272 ff. Bach-Zelewski, Erich von dem 15, 63, 135– 139, 144, 147, 153, 158, 178, 182 f., 185 ff., 192, 198–202, 212, 221–224, 237, 242, 245, 247–254, 256, 261 f., 305, 308 f., 315 f., 323, 352, 357, 379 f., 414 ff. Badoglio, Pietro 342 Bagon, Yitzchak 146 Bassewitz-Behr, Georg Graf von 67, 242, 415 Battel, Albert 291 Bauer, 1. SS-IB 230 Becher, Kurt 75, 320 f., 324 Behar, Alberto 343, 345 Bellwidt, Walter 296 f. Bender, Horst 67 Berger, Gottlob 65, 86 f., 99, 101, 181, 242 Berija, Lawrenti P. 129 Bernadotte, Folke Graf von Wisborg 311 Bernshausen, Alfred 41 Best, Werner 13 Besuch, Walter 117 Beutel, Lothar 53 Bezdesky, Mordechai 154 Bielski, Asael 280 Bielski, Tuvia 280 ff. Bielski, Zus 280 Bierkamp, Walther 261 Bittrich, Wilhelm, 240, 259, 316 Blaskowitz, Johannes 34, 36, 56, 58 Blies, Ludwig 212 Blobel, Paul 184 Blomberg, Werner von 23 Blume, Walter 184 Bock, Fedor von Bór-Komorowski, Tadeusz 307, 309 Bormann, Martin 65, 133 f., 367 Bornscheuer, Walter 324, 332, 383 Brauchitsch, Walther von 26, 56, 58
Braudo, Ber 302 Braun, Margarethe 372 Braun, Wilhelm Brestski, Leib 149 Breuner, SS-Sturmmann 38 Bühnemann, Werner 311, 315 Bürger, Karl-Heinz 67 ff., 368 Charwat, Stefan 114, 120, 155, 158 Churchill, Winston 399 Cuhorst, Fritz 364 Daluege, Kurt, 70, 200, 206, 248 Darré, Richard Walther 98 Dehmke, Otto 299, 304 Demelhuber, Karl-Maria 31, 71, 96, 368 Dern, Friedrich 271, 420 Deutsch, Ernst 289 Diergarten, Hans 251 Dietrich, Sepp 23, 337 Dirlewanger, Oskar 15, 242, 256, 281, 308, 310, 316, 340 Dobrzañski, Henryk 56 f. Dubnow, Simon 342 Dunsch, Walter 36, 154, 324 Eberhard, Erich 336 Edelman, Marek 298, 302 Eichmann, Adolf 320, 343 Eicke, Theodor 25 f., 34, 90, 99, 181, 251, 340, 358 Enzinger, Johann 255, 326 Ernst, SS-Sturmmann 34 Faßbender, Albert 29, 380 Fegelein, Hermann 28, 30, 37, 46, 53, 58, 72 f., 99 f., 114, 118, 128, 135, 138 f., 152 f., 164, 176, 180 ff., 187, 192, 194 f., 198–201, 203, 206, 216 f., 221 ff., 230, 240, 262–265, 311, 318, 320, 372, 380 Fegelein, Waldemar 28, 313, 316, 324 Fellenz, Martin 291 Finkelstein, Norman 338
Personenregister Fischer, Ludwig 286 Förster, OKH 221 Frank, Hans 33, 38, 47, 283 Freitag, Fritz 66 ff., 100, 261 f. Frenkel, Pawel 294, 299 Fritz, Josef 41 f., 49, 284 Frydrych, Zalman 286 Fuchrer, Mira 302 Fuden, Regina 302 Gadischke, Hermann 196 Garbar, Chantze 154 Gericke, Günther von 221 Globocnik, Odilo 283 f., 342 Gluck, Shimon 50 Glücks, Richard 90 Goebbels, Joseph 133, 303 Göner, Otto 230 Göring, Hermann 32, 70, 133, 135, 178, 258, 366 Goldberg, Mojzesz 286 Gottberg, Curt von 250, 258, 277–282 Grawitz, Ernst-Robert 67, 69 f., 245, 310 Grothmann, Werner 174, 183 Gruzalc, Leyb 302 Guderian, Heinz 308 Häfner, August 184 Häfner, Stab Jeckeln 137 Halder, Franz 16, 44, 380 Harlan, Veit 104, 180 Hartenstein, Wilhelm 67, 92, 237, 241 Hausser, Paul 24, 85, 90, 311, 336, 338 Heim, Ferdinand 188 Heißmeyer, August 35, 55, 98 Held, Heinrich 285 Held, Hermann-Josef 67 Held, Otto 115 Hennemann, August 47, 363 Herf, Eberhard 250 Herrmann, Karl 278 Herrmann, Richard 71 f., 174 f., 204, 206, 239, 350, 368 Heydrich, Reinhard 11, 35, 44, 47, 70 f., 133, 135, 178, 184, 248, 283, 366, 378 Hierthes, Heimo 160, 164, 179–182, 232 Himmler, Heinrich 11, 16, 22–25, 27–30, 32 f., 44, 47 f., 54, 61–66, 70 f., 73, 85 87, 89 f., 96, 98 ff., 111, 114, 121, 127 f., 130 ff., 135–139, 142, 144, 153, 164, 166, 174 f., 178 f., 181–187, 189 f., 192 ff., 199 f., 208,
457
210, 212 ff., 234, 237, 240, 243, 245–256, 258, 261 f., 268 f., 271, 277, 283 f., 286, 295, 299 f., 308 f., 311 f., 325, 335, 342, 345, 349– 352, 365, 367, 369, 371 f., 378, 380, 392 Hitler, Adolf 21 f., 24, 26, 33 f., 47, 53, 61 f., 64, 66, 69, 98, 102, 105, 133 f., 178, 183, 186, 200, 212, 227, 240, 246 f., 251, 253, 262, 269, 284 f., 307, 311, 325, 335, 358 Höberth, Eugen 37 Höfle, Hermann 286 Höhne, Ernst 67 Hubig, Hermann 212 Ilges, Wolfgang 126 f. Iwanow Andrei 231 Iwanow, Stepan 231 Iwañski, Henryk 294, 301 Jäger, Karl 184 Jahn, SS-Obersturmführer 300 Jeckeln, Friedrich 63, 135, 137, 139, 166, 168, 171, 174 f., 178 f., 182, 184 ff., 188, 192, 200, 206, 212, 241, 252 ff., 256, 276 f., 332, 342 Jena, Leo von 57 Jeppe, Wilhelm 95 Jüttner, Hans 27, 69 f., 73, 99, 128, 132, 287, 309 Kaleske, Karl 299, 304 Kaminski, Bronislav 308, 340 Katzmann, Friedrich 40 Keitel, Wilhelm 133 f., 220, 246 Kerbel, 8. SS-IR 119 Kieper, Wolf 172 Kiermaier, Josef 183 Kistler, Robert 121 Kleinow, Johannes 290 f., 333 Kleist, Ewald von 340 Klingemann, Gottfried 72, 92, 193, 232 Knäbel, Alois 119 f. Knoblauch, Kurt 65 ff., 71, 73, 92, 127 f., 131 f., 136, 138, 178, 189 f., 199, 205, 209, 212, 237, 241, 255, 276, 315, 327, 380 Kogan, Mojsche 172 Kormann, Baruch 163 Kormann, Bracha 163 Korsemann, Gerret 63, 250 Kosorev, Liovo 162 Kotthaus, Siegfried 91, 117, 196, 375 Kovpak, Sidor 262, 266, 268
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Personenregister
Kreisky, Bruno 322 Kroeger, Erhard 184 Krüger, Friedrich-Wilhelm 38, 42, 56–59, 283, 298, 300, 303 f. Krüger, Hans 344 Küchler, Georg von 212 Kummer, Kurt 204 Lammerding, Heinz 250 Lammers, Hans Heinrich 133, 135 Lang, Kurt, 69 Leithe, Ludwig 344 Lemes, Willi 39 Ley, Robert 86 Liebermann, Franz 67 Liebermann, Paul 111, 328 Liedtke, Max 291 f. Lindemann, Georg 234 Lipps, Albert Paul 272, 275 Loch, Herbert 34 Lohse, Rudolf 140 Lombard, Gustav 12, 57, 95, 115, 142 ff., 147– 153, 163 ff., 177, 179 f., 182, 194 f., 199, 216 ff., 221 f., 316, 324 f., 337, 350, 382 f., 419 Luth, Rudolf zu der 37 Luzzato, Mario 343 Maeker, Rudolph 318 Magill, Franz 16, 151 ff., 157–161, 163 ff., 175, 177, 179, 181, 218, 316, 323 f., 350, 387 Maraiko, Iwan 161 f. Marschall, Otto 235 f., 410 May, Rudolf 67 f., 130, 137, 189 f., 216, 241 f., 315, 327 Metz, Rolf 325 Meyer, Hubert 336 Meyer, Kurt 336, 338 Michalsen, Georg 342 Mielke, Hugo 300 ff., 315 Mirek, Erich 386 Molotov, Wjatscheslaw M. 133 Montua, Max 221 Müller, Eugen 134 Mussert, Anton 306 Mussolini, Benito 342 Najmark, Chaja 147 Nebe, Artur 183 f., 221 f., 379 Nenntwich, Hans-Walter 120, 319 f., 324 Nosske, Gustav 184
Nostitz, Paul 34, 181, 289 Nun, Avraham 145 Oberkamp, Carl von 345 Ohlendorf, Otto 68, 184 Paul, Arno 333 Peter, Friedrich 320, 322 Piechl 120 Pikman, Basja 197, 201 Pinkowsky, SS-Rottenführer 284 Plänk, Wilhelm 296 f., 324, 328 Ponomarenko, Panteleimon 244 Popov, Pawel 231 Prützmann, Hans-Adolf 62, 182, 186, 193, 200, 206, 210, 261 f., 266 Rasch, Otto 182, 184 Reichenau, Walter von 137, 173, 175, 184, 188, 190, 227, 351, 407 Reichenwallner, Wilhelm 51 ff., 365 Reichherzer, Emil 67, 69 Reinefarth, Heinz 308 Reinhardt, Christian 324, 380 Reinsch, Karl 42, 362 Reiter, Paul Anton 345 f. Reitz, Erwin 126 Ritter, Bruno 117 Rodal, Leon 294, 299, 301, 306 Rode, Ernst 67 f., 100, 190, 250 ff., 308, 311, 315, 327 Röhl, Henning 339 Röhm, Ernst 25 Röhwer, Hans 343 f. Roosevelt, Franklin D. 106 Roques, Karl von 137, 166, 215 f., 222, 351, 405 Rosenberg, Alfred 64, 128, 133, 135, 178, 244, 247, 367, 378 Rotblat, Lolek 302 Rübesamen, Friedrich 136, 195, 219 Ruhrberg, Karl 198 f. Rumohr, Joachim 306, 309 Saburov, Alexander 266 Sack, SS-KB 120 Sacks, Hans-Wilhelm 175, 203 Sammern-Frankenegg, Ferdinand von 295 ff., 426 Sator, Emil 168 ff., 179 f., 316 Sattler, Karl 175
Personenregister
459
Schenckendorff, Max von 38, 136, 182, 187, 191 f., 194 f., 201, 216, 219–223, 227, 244 f., 259 f., 351, 361 Schimana, Walter 252, 261 f., 265 f., 268 f. Schmidt, Andreas 87 f. Schneider, SS-KB 120 Schnelle, Herbert 344 Schnippering, Gestapo Lyck 189 Schottes, Hans 91 Schützeck, Ernst 72 Schulz, Erwin 184 Serman, Emilio 343 Sharon, Ariel 338 Sorin, Solomon 280 Spacil, Josef 67 Stalin, Josef 33, 133 f., 215 Staudte, Wolfgang 317 Staufers, SS-Hauptsturmführer 57 Stein, George H. 339 f. Steiner, Felix 338 Störtz, Fritz 275 Storch, Otto 169 Strähle, Heinrich 230, 325 Strauch, Eduard 251 Strauß, Adolf 127 Stroop, Jürgen 16, 295, 297–301, 303 f., 427
Toebbens, Walter 293 Trabandt, Wilhelm 118 Treuenfeld, Karl von 71, 92, 118, 128, 193, 252, 254 Tubianski, Menachem 145 Tzschoppe, Erwin 331
Täubner, Max 208 f., 326, 401 Temme, Günther 419 Theuermann, Arved 242
Zastrow, Hans Viktor von 162 f., 197 Zehender, August 306, 309 Zeitler, Alfons 67, 241
Uebelhör, Friedrich 45 Unrath, Heribert 41 Urban, SS-Sturmmann 103 Valodavski, Yisrael 146 Vorošhilov, Klimentii 413 Wagner, Eduard 35, 44, 63, 234 Wagner, SS-Junker 106 Wegener, Kurt 159, 324, 328, 333 Weibrecht, Hans 251 Weiss, Hermann 339 Wiedemann, Willi 117, 375 Wiesenthal, Simon 322 Wissebach, Hans 336 With, Harro 67, 241 Wolff, Karl 182 f. Worthoff, Hermann 155 Woyrsch, Udo von 67
Ortsregister Alekandria 334 Alexandrija (Oleksandrija) 208 Allenburg 28 Allenstein (Olsztyn) 66 Allmenhausen 315 Altenburg 68 Ansbach 312 Antopol (Antopal’) 142 Arnheim 31 Arona 344 Arolsen 23 Arys (Orzysz) 135, 189, 193, 241, 243 Aschaffenburg 117 Aufolyah 145 Augsburg 71 Augustowo (Augustów) 126 Auschwitz 54, 91, 283, 337 Auschwitz-Birkenau 283, 304 Babi Jar 213 Bad Tölz 24, 94 f., 106, 318 f., 343 Bad Wörishofen 316 Bamberg 312, 315 Baranowicze (Baranavı¯cˇy) 135–139, 142, 153, 182, 254, 272, 276 Basary 201, 225, 233 f., 240 Baveno 343 f. Belopolje 208 Belzec (Bełz˙ec) 43 f., 283 f., 289–292 Bereza Kartuska (Bjaroza-Kartuzskaja) 142, 218 Berlin 15, 22 f., 26, 29 f., 36, 53, 55, 69 f., 72, 92, 102, 152, 184, 245, 263, 276, 285, 300, 310 f., 318 f., 342 Berlin-Adlershof 30 Berlin-Grunewald 29 Berlin-Köpenick 67 Berlin-Tegel 68 Berlin-Zehlendorf 152 Bialokurowicze (Bilokorovycˇi) 192, 218 Bialystok (Białystok) 125, 133, 136 Biederitz 285 Bjelaja Zerkow (Bila Cerkva) 173, 184
Blagowschtschina, Wald von 272 f. Bobrowicze 255 Bobruisk (Babrujsk) 136, 191, 198 f., 207, 223, 232, 242, 245, 397 f. Boppard 117 Borki (Borkı¯) 256 Borobice 154, 384 Borrisow (Barysauˇ) 223, 253 Bragin (Brahin) 198, 201, 397 Braunschweig 16, 24, 69, 95, 152, 180, 316, 320, 323 ff. Bremen 317, 320 Brest (Bre˙st) 136, 142, 144, 152 f., 255 Brjansk 192 Bromberg (Bydgoszcz) 28 Buchenwald 25 f., 31, 90 f., 180 f., 337 Buda 171 Budapest 309 f. Bulkes 86 Butaki 234 Carrara 310 Charkow (Charkiv) 306 Chelm (Chełm) 29, 31, 40, 48, 51 ff., 364 Choiniki (Chojniki) 198, 201, 263, 396 Chomsk 144, 151, 154, 381, 383 Chotonice (Chatynı¯cˇy) 149 Coburg 16, 326 ˇ otyrboky) 168 Czetyrboki (C Czuczewicze 152 Dabrowa 292 Dachau 23, 25 f., 31, 54, 69, 90 f. Danzig (Gdan´sk) 31 Danzig-Matzkau 308 Darmstadt 313 Dawidgorodek (Davyd-Haradok) 152, 161 ff., 165, 386 Debica (De¸bica) 31, 79, 139, 240, 275, 288– 292, 306, 333 Demidoff (Demidov) 259 Den Haag 30, 71 Dessau 285
Ortsregister Dolginowo (Dauˇhı¯nava) 275 Dresden 346 Droskovo 239 Dubno 140 Dunilowicze, 422 Dzików 242 Ellwangen 23 Elsbethen 311 Emden 120 Emilczyn (Jemil’cˇyne) 171, 192, 203 f. Erfurt 315 Esslingen 346 Esterwegen 91, 117 Fasowa (Fasova) 171 Flossenbürg 91 Frankfurt/M 296 Freiburg 334 Gablon 364 Gajsin (Hajsin) 206 Garsden (Gargzˇdai) 125 Garwolin 29, 38, 188 Gießen 71 Glebokie (Hlybokae) 278 f. Gluchow (Hluchiv) 225, 235 ff. Göttingen 68, 117, 315 Gomel (Homel’) 136, 152, 219, 223 Gorki (Horkı¯) 223 Grabnick (Grabnik) 70 Grabow 36 Grafenwöhr 306 Grajewo 126 Graudenz (Grudzidz) 56 Graz 63 Grizzana 310 Groningen 30 Güstrow 69 Haarlem 31 Halbe 310 Halle 285 Hamburg 23, 35, 69, 92, 335, 343 Hameln 337 Hancewicze (Hancavı¯cˇy) 144, 150 f., 279, 383 Hemstede 31 Heilbronn 326 Hertogenbosch 30 Holenczyce 255 Hollersbach 311
461
Hoscza (Hošcˇa) 166, 330 Hrubieszow (Hrubieszów) 51 Hrycow (Hryciv) 170 f. Innsbruck 342 Intra 343 f. Isjaslaw (Izjaslav) 171 Iwaniki 160 Jampol 184 Janow (Îvanava) 153 f., 165, 384 Jarzewo 240 Jelenia Góra 310 Jelna 306 Jelsk 266 f. Jena 68, 285 Jerochi 259 Jetkino 225 f. Kalinkowitschi (Kalı¯nkavı¯cˇy) 262 Kamenez-Podolsk (Kam’janec’-Podil’s’kyj) 185 f., 213 Kamien-Koszyrski (Kamin’-Kašyrs’kyj) 152 f. Kampinos, Wald von 54 Karlburg 337 Kassel 325 Kiel 287, 317 Kielce 29, 40, 42 f., 54, 319, 364 Kiew (Kyjiv) 213 Kirowograd (Kirovohrad) 184, 206, 208 Kisber 306 Kischinew 184 Knjashizy (Knazˇycy) 222 Köln 273, 325 Königsberg (Kalininigrad) 273 Köslin (Koszalin) 151 Kolpino 241 Konotop 192, 207 f., 224, 234–237 Konskie (Kon´skie) 56 Konstantinow 39 Korosten (Korosten’) 136, 171, 173, 192 Korschmscha 253 Kosenki 396 Kosutica (Košutica) 345 Koziangrodek (Kazˇan-Haradok) 161 Krakau (Kraków) 28 f., 31, 33, 36 f., 41, 44 ff., 55, 57, 283, 289, 291, 298, 300, 340, 352 Krasnoje Selo 241 Krassnyi-Ostroff 223 Krasnystaw 43
462
Ortsregister
Kritschew 223, 306 Kriwoi-Rog (Kryvyj Rih) 192, 224 Krolowiec (Królewiec) 57 Kromy 192 Krosno 292 Kruglanken 311 Krzywice 275 Kulmhof (Chełmno) 90, 283, 286 Kuniow (Kunjew) 170 f. Kursk 240, 244, 305 Kussikowitschi 222 Kutno 48, 115 Lachowicze (Ljachavı¯cˇy) 137, 153, 160, 163, 165, 182 f., 198, 232 Lohiszyn (Lahı¯šyn) 154 Latowicz 41 Lauenburg (Le¸borg) 28, 31 Leczyca (Łe¸czyca) 36 Leltschicy (Lel’cˇycˇy) 192, 204, 218, 261, 266 Lemberg (L’viv) 135 f., 341 Lenin (Lenı¯n) 198, 279, 396 Leningrad 133, 193, 210 f., 228, 305 f. Lenschütz 48 Le Paradis 339 f., 366 Leslau s. Wloclawek Lichtenburg 25 Lida 280 Lidice 323 Litzmannstadt (Łódz´) 28 f., 38 f., 45, 48 ff., 54 f., 87, 90, 152, 283 Livorno 310 Ljuban (Ljuban’) Ljubzi 240 Lodsch s. Litzmannstadt Lomscha (Łomz˙a) 129 Lubiaz (Lub’jaz) 153 Lubieszow (Ljubešiv) 153 Lublin 28 f., 31, 33, 39, 45–49, 52, 54, 57, 152, 155 f., 283 f., 286, 292, 342, 352, 359, 364 Luck (Luc’k) 268, 306 Lucmierz 39, 48 ff., 52–55, 84, 103, 325 Ludwigsburg 16, 75, 209, 323, 326, 334 f., 337 Ludwigshafen 316 Lübeck 311 Lukow 44 Lunin (Lunı¯n) 161 Luninez (Lunı¯nec) 161, 386 Lyck (Elk) 130, 189 Magdeburg 68, 285
Majdanek 423 Mal-Goroschki 172 Malmédy 339 Maly Trostenez 273 Mannheim 315 Marienwerder 65 Markajewo 211 Marseille 316 Marzabotto 310 Mauthausen 26, 91, 346 Meina 343 Melk 346 Memmingen 326 Mergozzo 344 Mielec 340 Minden 337 Minsk 133, 182 f., 211, 252 f., 261, 272 ff., 277, 280 Miropol 330 Mittersill, Schloß 311 Mjasnoj Bor 240 Mölln 118 Mogilew (Mahı¯lëuˇ) 219, 221 ff., 254 Moladava 146 Monzuno 310 Moskau (Moskva) 214, 224, 227 f. Mosyr (Mazyr) 191 f., 197, 199, 201, 223, 266 f. Motol (Motal) 144–147, 151, 154, 382 f. München 16, 21, 23, 28, 30, 35, 53, 69, 71, 92, 208, 315 f., 324, 326, 334, 337, 346 München-Riem 28 München-Stadelheim 25 Münster 35 Naliboki (Nalı¯bakı¯) 282 Narva 211 Neuengamme 91 New York 106 Nikopol (Nikopol’) 192, 224 Norderney 72 Nowgorod Sewerskij (Novhorod Sivers’kyj) 207, 235 ff. Nowogrudok (Navahrudak) 269, 280 f. Nowo-Nikolajewka 206 Nürnberg 16, 322, 339 Nürnberg-Langwasser 312 Odrozyn (Adryzˇyn) 153 Oradour-sur-Glane 323, 339 Oranienburg 15, 30, 72, 90, 245 Orel 239
Ortsregister Orlowo 259 Orscha (Orša) 223 Orta 344 Ostrog (Ostroh) 141, 168–171, 174, 180, 317, 330, 388 Owinsk (Owin´ska) 55, 70, 365 Owrutsch (Ovrucˇ) 122, 205, 256, 261, 266, 268 Pallanza 343 Palmiry 54 Paris 261 Peressudy 259 Petrikow (Petrykaû) 198, 266, 396 Pinsk (Pı¯nsk) 152–155, 157–162, 165, 213, 218, 316, 323, 329, 384 Pisa 310 Plock (Płock) 28, 31 Pluschnoje 171 Pogorelzy 225, 233 Pohost (Pahost) 196 Pohost Zagorodny (Pahost Zagorodskij) 161 Polozk (Polack) 225, 260 Poniatowa 303, 423 Posen (Poznan´) 28 f., 55, 70 Posseniecze 156 Postawy (Pastavy) 278 f. Prag 15, 362 Przemys´l 291 Pulawy (Puławy) 73 Rackow 272 Radom 28 f., 31, 33, 40, 55, 58, 271, 285 f., 292, 352 Rastenburg (Ke¸trzyn) 31 Ratingen 296 Ratno (Ratne) 152 Reichshof (Rzesów) 290 Rejowiec 47 Rendsburg 337 Retschiza (Re˙cˇyca) 192, 198 ff., 223, 262 f., 266, 396 Riga (Rı¯ga) 142, 194, 254, 318, 342 Rokiskis 184 Romny 192 Rostock 69 Rowno (Rivne) 140, 165 f., 168 Rshew (Rzˇev) 192, 233, 240 Ruda 52 Rumbula, Wald von 342 Russkij-Brod 192, 239
463
Sachsenhausen 25 f., 30, 69, 90 f. Saloniki 343 Salzburg 311 Sant’Anna di Stazzema 310 Saporoshje 224 Sarajewo 345 Schepetowka (Šepetivka) 135, 330 Scheveningen 30 Schleiden 345 f. Schmalkalden 68 Scholochowo 208 Semenivka 192 Seredyna-Buda 192 Seroczyn 29, 54, 84 ˇ ytomyr) 133, 136, 165 f., 172–175, Shitomir (Z 184, 188, 243, 256, 275, 306 Shurowka 235 ff., 411 Siedliszcze 47 Skalat 268 Slawetschno (Slovecˇne) 256 Slonim (Slonı¯m) 272 Sluzk (Sluck) 138, 255, 280, 380, 423 Smolensk 192, 259, 306 Sobibor 304 Sokal 51 Sosnowica 47 Stalingrad 305 Stankiewicze 280 Starobin (Starobı¯n) 194, 196, 395 Starokonstantinow (Starokostjantyniv) 167 f. Staryje Doroghi (Staryja Darohı¯) 138, 380 Steyr 30 Stolin (Stolı¯n) 161 Stresa 343 f. Stuttgart 326 Stutthof 91 Sudauen 126 Swieta Wola (Svataja Volja) 144, 149, 151, 383 Szczebrzeszyn 49 Tallinn 211 Tarnopol (Ternopil’) 341 Tarnow (Tarnów) 29, 37 f., 289 f. Tartu 211 Telechany (Celjachany) 144, 148 f., 151, 255, 382 f. Theresienstadt 273 f. Tighina (Bendery) 184 Tilsit (Sovetsk) 125 f.
464
Ortsregister
Torgau 310 Toropez (Toropec) 192, 201 f., 224 f., 230 f., 233, 240, 325, 409 Tosno 193 f., 211 f., 222, 225, 229, 232 Traunstein 326 Trawniki 284, 303, 423 Treblinka 285 f., 288, 294, 303 f., 352 Treskau s. Owinsk Triest 307 Trostenez 272 Tschernjachow (Cˇernjachiv) 171–174 ˇ ornobyl) 205 Tschernobyl (C Tukums 240 Tula 192 Tupice 255, 326 Turow (Turauˇ) 204, 218, 232, 266 Uman (Uman’) 192 Uschomir (Ušomyr) 173 f. Verden 337 Verona 343 Waldenburg (Walbrzych) 67 Warschau (Warszawa) 28 f., 31, 33 f., 41 f., 44 ff., 50, 53 f., 57, 71, 114, 180, 286 ff., 292– 296, 300–304, 307 ff., 315, 317, 319, 324, 352, 359 Washington 334 Wassilewitsch (Vası¯levı¯cˇy) 266
Wehlau 31 Weimar 26, 31, 91, 180 Welikie Luki (Velikie Luki) 225 Wiado 255 Wieliczka 292 Wien 48, 88, 272, 322 Wilejka (Vı¯lejka) 272, 275 Wilhelmshaven 317 Wilna (Vilnius) 127 Witebsk (Vı¯cebsk) 223, 260 Wloclawek (Włocławek) 34, 49 Wolbrom 292 Woloshin 275 Wolterdingen 23 Würzburg 317, 337 Wulka 148 Wuppertal 117 Wygonoska (Vyhanašcˇy) 149 Wyritza (Vyrica) 193, 209, 218, 232 Zagreb 306 Zamosc (Zamos´c´) 29, 39, 41 f., 44, 49, 54, 284 Zandvoort 31 Zaslaw 330 Zásmuky, Schloß 15 Zaziryah 145 Zborow (Zboriv) 341 Zittau 310 Zwiahel (Novohrad-Volyns’kyi) 140, 166 f., 174, 188, 203, 208, 330