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German Pages 512 Year 1983
G.W.F. HEGEL
VORLESUNGEN AUSGEWÄHLTE NACHSCHRIFTEN UND MANUSK RIPTE
3
G. W. F. HEGEL · VORLESUNGEN · BAND 3
GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL
VORLESUNGEN Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte Band 3
FELIXMEINER VERLAG HAMBURG
GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL
Vorlesungen über die Philosophie der Religion Teilt Einleitung. Der Begriff der Religion Herausgegeben von
WALTERJAESCHKE
FELIXMEINER VERLAG HAMBURG
Diese Ausgabe ist aus der Zusammenarbeit von Ricardo Ferrara (Conicet, Argentina), Peter C. Hodgson (Vanderbilt University, Nashville, Tennessee) und Walter Jaeschke (Ruhr-Universität, Bochum) hervorgegangen. Die Genannten haben gleichen Anteil an der Herstellung des Textes. Parallel erscheinen eine spanische Ausgabe, herausgegeben von Ricardo Ferrara, und eine englische Ausgabe, herausgegeben von Peter C. Hodgson.
Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der ursprünglichen Ausgabe identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod.
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. isbn 978-3-7873-0583-4 ISBN eBook: 978-3-7873-2536-8
© Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1983. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruckpapier, hergestellt aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany. www.meiner.de
INHALT
Vorbemerkung des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
vn
Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
Einleitung - nach dem Manuskript . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
Einleitung- nach der Vorlesung von 1824 . . . . . . . . . . . . .
31
A. Die Beziehung der Religionsphilosophie auf das Ganze der Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Stellung der Religionsphilosophie zum Zeitbedürfnis C. Das Verhältnis der Religionsphilosophie zur positiven Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Übersicht über den Gang unserer Abhandlung . . . . . . .
45 48 55
Einleitung- nach der Vorlesung von 1827 . . . . . . . . . . . . .
61
31 38
A. Die Beziehung der Religionsphilosophie auf die Philosophie überhaupt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Verhältnis der Religionswissenschaft zu den Bedürfnissen unserer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Konspekt der Betrachtung unseres Gegenstands . . . . . . .
66 83
Der Begriff der Religion- nach dem Manuskript . . . . . . . .
95
a) b) c) d)
Begriff der Religion überhaupt . . . . . . . . . . . . . . . . Wissenschaftlicher Begriff des religiösen Standpunkts Notwendigkeit dieses Standpunkts . . . . . . . . . . . . . Verhältnis der Religion zu Kunst und Philosophie . .
. . . .
. . . .
61
. . . .
95 108 130 142
Der Begriff der Religion- nach der Vorlesung von 1824 . .
165
A. Die empirische Beobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das unmittelbare Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Gefühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
166 168 175
Inhalt
VI
c) Das weiter bestimmte Bewußtsein . . . . . . . . . . . . . . d) Das Verhältnis von Endlichkeit und Unendlichkeit . . e) Übergang zum spekulativen Begriff B. Der spekulative Begriff der Religion . . . . . . . . . . . . . . a) Definition des Begriffs der Religion . . . . . . . . . . . . . b) Die Notwendigkeit des religiösen Standpunkts . . . . . c) Die Realisierung des Begriffs der Religion . . . . . . . . iX) Die Vorstellung Gottes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ß) Der Kultus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
183 193 215 218 218 222 227 230 237
Der Begriff der Religion- nach der Vorlesung von 1827
265
A. Der Begriff Gottes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Wissen von Gott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das unmittelbare Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Gefühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Vorstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Das Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iX) Das Verhältnis von Denken und Vorstellung . . . . ß) Das Verhältnis von unmittelbarem und vermitteltem Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . y) Das religiöse Wissen als Erhebung zu Gott C. Der Kultus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
266 277 281 285 291 298 299
Das Verhältnis der Religion zum Staat - nach der Vorlesung von 1831 (Sekundäre Überlieferung) . . . . . . . . . . . . . . . . .
301 308 330 339
Beilage D. F. Strauß: Auszüge aus einer Nachschrift von Hegels Religionsphilosophie- Vorlesung von 1831 . . . . . . . . . .
351
Anhang Zeichen, Siglen, Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachweis des Sonderguts aus den Werken . . . . . . . . . . . Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
367 371 419 423
VORBEMERKUNG DES HERAUSGEBERS
DasErscheinen dieser Ausgabe von Hegels Vorlesungen über die Philosophie der Religion verdankt sich gleichermqßen dem Zufall und der Notwendigkeit. Auch heute, eineinhalb Jahrhunderte nach Erscheinen der ersten AusJtabe, liegt noch immer keine Ausgabe dieser letzten, abschliessenden Disziplin des Hegeischen Systems vor, die den Ansprüchen einer philosophischen Interpretation gewachsen ist. Diese Einsicht hat sich während des letzten Jahrzehnts in der Forschung zunehmend geltend gemacht, und so ist der Ruf nach einerneuen Edition lauter geworden. Doch wäre die vorliegende Ausgabe jetzt ebensowenig wie zu früheren Zeiten zustande gekommen, wenn nicht ein Zusammentreffen glücklicher Umstände sie begünstigt hätte. Zum einen ist die Gestalt dieser Ausgabe erst durch einige wichtige Quellenfunde der letzten Jahre ermöglicht. Noch vor einem Jahrzehnt hätten allein Hegels Manuskript und ein Kollegjahrgang (1824) Gegenstand der Ausgabe sei11 kömten; jetzt hingegen konnten auch die beiden späten Kollegien 1827 mzd 1831 berücksichtigt werden. Zum anderen -und dies hat den Ausschlag gegeben - sind in dw Jahren 1979 und 1980 Ricardo Perrara (Buenos Aires) und Peter C. Hodgson (Nashville, Tennessee) mit eigenen Projekten für eine spanisch- bzw. englischsprachige Neuausgabe mit dem Herausgeber und dem Regel-Archiv der Ruhr-Universität Bochum in Verbindung getreten - zu eben der Zeit, zu der der Herausgeber, gestützt auf ältere Vorarbeiten, mit der Vorbereitung der Ausgabe der religionsphilosophischen Vorlesungen im Rahme11 der von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschciften herausgegebenen GesammeltenWerke Hegels begonnen hatte. So wurde beschlossen, diesen Kairos nicht verstreichen zu lassen und in gemeinsamer Arbeit der gegenwärtigen Forschung in den Ländern deutscher, englischer und spanischer Sprache eine neue Textgrundlage zu geben. Andererseits konnte im Zuge der Arbeiten an dieser Ausgabe die Vorbereitung der entsprechenden Bände der Gesammelten Werke weiter vorangetrieben werden. Die vorliegende Ausgabe konnte- zumindest in Anbetracht des erforderlichen Arbeitsaufwands- vergleichsweise rasch fertiggestellt werden. Hierfür dankt der Herausgeber- auch im Namen von Ricardo Perrara und Peter C.
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Vorbemerkung des Herausgebers
Hodgson - Gudrun Kilian. Ihre Hilfe bei allen Arbeiten, die bei der Herstellung dieses Bandes und der beiden in Vorbereitung befindlichen Bände anfielen, hat das Werden dieser Ausgabe wohl nicht nur beschleunigt, sondern erst ermöglicht. Für die Durchführung von vorbereitenden Arbeiten sei meinem Sohn Jürgen gedankt; ihm und meiner Frau Ilona danke ich ferner für die Unterstützung beim Lesen der Korrekturen. Der Herausgeber dankt ferner Herrn Prof Dr. Karl Larenz und Herrn Pastor Bernd Raebel sowie der Handschriften-Abteilung der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin, der Roughton Library der Harvard University, Cambridge, Mass., der Universitätsbibliothek Jena, der Biblioteka Jagiellonska Krakow, dem DeutschenLiteraturarchiv Marbach a. N. und der Biblioteka Uniwersytecka Warszawa, daß sie durch ihre freundliche Bereitschaft, Manuskripte Hegels bzw. Vorlesungsnachschriften der Schüler zur Veifügung zu stellen, diese Edition ermöglicht haben. Dieser Dank gilt ebenso dem Institut für Philosophie der Akademie der Wissenschtiften der UdSSR, daßes-durch Vermittlung von Herrn Prof A. Gulyga- dem Regel-Archiv zur Vorbereitung der Gesammelten Werke eine Kopie der Druckvorlage überlassen hat, die Bruno Bauer für die zweite Auflage der Religionsphilosophie angefertigt hat. Sie hat zur Einsicht in das Verhältnis der beiden ersten Ausgaben gute Dienste geleistet.
VORWORT DES HERAUSGEBERS
I. Die Religionsphilosophie im Kontext der Vorlesungen
Seit seiner Habilitation im Sommer 1801 an der Universität Jena hat Hegelwenn auch durch die Jahre seiner Bamberger und Nürnberger Tätigkeit von 1807-1816 unterbrochen- zunächst in Jena, später, von 1816-1818, in Heidelberg und schli1Jlich von 1818 an in Berlin über eine Fülle von Themen Vorlesungen gehalten: über Enzyklopädie, Logik und Metaphysik, Naturphilosophie, Anthropologie und Psychologie, Naturrecht, Weltgeschichte, Ästhetik und Geschichte der Philosophie. Aber erst zwei Jahrzehnte nach Beginn seiner akademischen Tätigkeit hat Hegel erstmals über Philosophie der Religion gelesen: im Sommersemester 1821 an der Friedrich WilhelmsUniversität zu Berlin. Dieses späte Datum wird man aber nicht einem Desinteresse an dieser Materie zuschreiben. Bekanntlich finden sich wenige Gebiete der Philosophie, um die Hegel sich so kontinuierlich und intensiv bemüht hat wie um die Religionsphilosophie. Seit seinen Tiibinger Studentenjahren gibt es keine Phase seines Lebens, aus der man nicht Zeugnisse für eine stete Beschiiftigung mit Problemen der Religionsphilosophie anführen könnte. Dies gilt auch für die Jenaer Jahre. In ihnen hat Hege[ religionsphilosophische Themen auch schon in seinen Vorlesungen behandelt- jedoch im Kontext anderer Vorlesungen, z. B. über Naturrecht oder Realphilosophie. Und in seinen Jahren als Schuldirektor in Nürnberg hat er- nach anfänglichem Sträuben - an der Schule Religionsunterricht erteilt. Dieses Sträuben galt allerdings nicht dem Inhalt der Religionsphilosophie, sondern der Aussicht, diesen Inhalt unter kirchlicher AufSicht an Schulen vertreten zu sollen. In einem anderen Licht erschienen ihm Vorlesungen über diesen Gegenstand: Theologie auf einer Universität wollte ich gern vortragen und hätte es wohl nach einigen Jahren fortgesetzter philosophischer Vorlesungen getan. 1 Aber auch, als er von 1816-1818 wieder an einer Universität, in Heidelberg, wirken 1
Hegel an I. Niethammer. November 1807. In: Br 1. 196.
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Vorwort des Herausgebers
konnte, las er zunächst weder Religionsphilosophie noch gar Theologie, und ebensowenig in den ersten Berliner Jahren. Daß Hegel die Religionsphilosophie erst so spät zum Gegenstand seiner Lehrtätigkeit machte, dürfte darin begründet sein, dqß die Religionsphilosophie zu Beginn des 19. Jahrhunderts überhaupt noch nicht eine der etablierten Disziplilun der philosophischen Lehre war. Sie hat sich erst gegen Bude des 18. Jahrhunderts als selbständige Disziplin konstituiert und ist auch erst zu dieser Zeit als akademische Disziplin eingeführt worden. Man darf annehmen, daß nicht zuletzt Hegels Vorlesungen zur Etablierung der Religionsphilosophie im Kanon der philosophischen Eiuzelwissenschaften beigetragen habeu. Sofern die philosophischen Vorlesungen zuvor Gott zum Gegenstand hatten, war dies den Vorlesungen über Rationaltheologie zugefallen, als einem Spezialgebiet der Metaphysik. Noch Kants Vorlesungen waren in dieser Form konzipiert. Die >ReligionsphilosophieManuskriptvorlesungen< dürften durch das, etwa von Hotho, berichtete Blättern und Suchen des Vortragenden gekennzeichnet sein. 10 Etwas besser mag sich der Vortrag gestaltet haben, wo Regel ein gedrucktes Kompendium zu Grunde legen konnte. Diese Unterscheidung zwischen >Kompendiumvorlesungen< und >Manuskriptvorlesungen< ist noch aus mehreren anderen Gründen wichtig. Denn nicht nur die äußere Form des Vortrags dürfte sich danach unterschieden haben, ob Regel eine Vorlesung nach einem Kompendium - wie etwa die Logik und Metaphysik, die Naturphilosophie, die Philosophien des subjektiven und objektiven Geistes und die Enzyklopädie- oder nach einem Manuskript vortrug, wie es für die Philosophie der Weltgeschichte, die Geschichte der Philosophie, die Ästhetik, die Religionsphilosophie sowie die Beweise vom Dasein Gottes der Fall war. Man daif annehmen, daß das Vorliegen eines Kompendiums die Vorlesung nicht nur innerhalb eines Kollegs straff 9
Siehe die zahlreichen Schilderungen in HBZ 181, 203, 207, 246, 274, 276,
376f, 421f, 548. to HBZ 246.
XIV
Vorwort des Herausgebers
durchgegliedert hat, sondern in ihren mehifachen Wiederholungen sehr viel stärker vereinheitlicht hat. Der Bezug auf das Kompendium erlaubte weniger Abweichungen von der einmal ausgearbeiteten Konzeption. Demgegenüber ließen die Manuskriptvorlesungenfreie Handfür die weitere Ausbildung des Manuskripts und die Disposition des Vortrags- bis hin zur Neukonzeption eines Manuskripts. So ist bekannt, daß Regel sein früheres Manuskript zur Philosophie der Weltgeschichte 1830 durch ein neues, noch erhaltenes ersetzte. Die unterschiedliche Situation bei Kompendium- und Manuskriptvorlesungen hat auch Unterschiede in der Form der Überlieferung zur Folge. Diejenigen Vorlesungen, die an Hand von Kompendien gehalten wurden, sind heute bei weitem nicht so gut belegt wie die Manuskriptvorlesungen. Es ist anzunehmen, daß bei den Kompendiumvorlesungen weniger Nachschriften angefertigt wurden als im letztgenannten Fall. Denn die Nachschriften der Manuskriptvorlesungen waren die einzigen Quellen, die dem Interessierten ein ausführliches, über die gedrängte Darstellung des Themas in der Enzyklopädie hinausreichendes Bild vieler Disziplinen des Hegeischen Systems vermitteln konnten. Ob solche Kollegnachschriften auch, wie es sonst zuweilen der Fall war, käuflich erworben werden konnten, ist nicht belegt, aber nicht unwahrscheinlich. Dafür spricht auch die Anfrage von Victor Cousin an Eduard Gans: Estil donc impossible de trouver aBerlin quelqu'un qui veuille me copier, atout prix, en lettres latines, un Oll deux com:ges de Hegel ! 11 Es ist sogar bekannt, daß einer der begüterten Hörer Hegels, Heinrich Beer, die Vorlesungen nicht selbst nachschrieb, sondern von anderen Hörern nachschreiben ließ. 12 Auch über die Weise, wie die Nachschriften entstanden sind, gibt es keine direkten Nachrichten. So ist nicht bekannt, ob in Hegels Kollegien das Veifahretl praktiziert wurde, daß sich drei Studenteil nebenei11ander setzten, abwechselnd die Sätze des Vortragenden mitschrieben und diese Nachschriften anschließend zu einem möglichst lückenlosen Ganzen zusammenarbeiteten. Erweislich ist aber, daß Nachschriften in Zusammenarbeit entstanden sind. So findet sich sowohl der Fall, daß Nachschriften offensichtlich von einer gemeinsamen Quelle abhängen, wie etwa in der Überlieferung des Kollegs über Geschichte der Philosophie im Wintersemester 1825/26 die NachHBZ 290. I2HBZ 453.
11
Vorwort des Herausgebers
XV
schriften v. Griesheim und Löwe, ohne daß man hier mit Sicherheit zu sagen vermöchte, ob und gegebenenfalls welche dieser Nachschriften Priorität genieße oder ob beide von einer dritten Quelle abhingen. Zu erschließen ist auch, daß Nachschriften in sehr enger Zusammenarbeit entstanden sind, wie die Nachschriften des Religionsphilosophie-Kollegs 1824 durch v. Griesheim und v. Kehler. Bekannt ist ferner, daß Nachschriften anderen Schülern zum Abschreiben überlassen wurden; so besitzen wir heute Kenntnis des letzten Kollegs nur durch Exzerpte, die D. F. Strauß aus einer von ihm nicht mit Verfassernamen genannten Nachschrift angefertigt hat. Es zeugt für den hohen Überlieferungswert mancher Nachschriften, daß auch über den Kreis der damaligen Hörer Hegels hinaus eine Nachfrage nach ihnen bestand. Mehrfach wurden an Hegel Anfragen gerichtet, ob er nicht Nachschrf{ten vermitteln könne- so z.B. von seinemfrüheren Schüler Ravenstein13 und selbst von Pranz von Baader, mit dem Regel Mitte der 1820er Jahre in engem Kontakt stand. Beiden gegenüber erklärte sich Hegelfür nicht zuständig. So teilte er Ravenstein mit: Ihren Wunsch, die Abschrift eines Textes von meinen Vorlesungen über die Wissenschaft der Religion zu erhalten, weiß ich nicht zu befriedigen. Sie werden dies eher durch Zusammenhang mit Studenten bewerkstelligen können, unter denen solche Hefte mir unbewußt und nach den wenigen, die ich zu sehen Gelegenheit gehabt, eben nicht immer zu meiner Zufriedenheit zirkulieren.14 Ähnlich äußerte sich Regelgegenüber v. Baader: Daß Collegienhefte von meinen V orlesungenkursieren, kann ich ohnehin nicht verhindern; Herr von Henning wird gern die Gefälligkeit [haben,] Ihnen von den seinigen mitzuteilen; - für das, was in solchen Heften steht, kann ich überhaupt nicht einstehen. 15 Dagegen ist Regel in einem anderen Fall bei der Vermittlung von Nachschriften behi!flich gewesen; vm1 Ghert bedankt sich mit Schreiben vom 23. Mai 1828, daß Regel ihm habe einige Hefte der Hörer zukommen lassen, und bittet ihn um weitere Hefte, u. a. auch von der Religionsphilosophie. 16 Hege[ hat nicht nur Nachschriften an Bekannte vermittelt- er hat sich auch im eigene11 Interesse um sie bemüht. So berichtet]. E. Erdmann, selbst als Ravenstein an Hege/. 5. Apri/1829. In: Br 3. 250. Hege! an Raven~tein. 10. Mai 1829. In: Br 3. 254f 15 Hege! an Baader. 19. Januar 1824. In: Br 4, Teilband 2. 50. 16 v. Ghert an Hege!. 23. Mai 1828. In: Br 3. 233. 13
14
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Vorwort des Herausgebers
Mitschreiber derreligionsphilosophischen Vorlesung von 1827 bekannt: Wo er (sc. Hegel) von einer guten Nachschrift eines Zuhörers härte, ließ er diese kopieren und sie ward bei abermaligem Lesen zugrunde gelegt, so daß sich an sie Veränderungen und Erweiterungen anschlossen. 17 Für die Religionsphilosophie wird dieses Verfahren durch Marheineke bestätigt. In seiner Vorrede zur ersten Auflage identifiziert er zwei der so verwendeten Hefte: Was ihm in solcher Weise im Jahr 1824 nachgeschrieben worden, hat einer seiner vertrauteren Zuhörer, Herr Hauptmann von Griesheim, für ihn abschreiben lassen, und dieses Heftes hat er selbst sich im Jahr 1827 auf dem Katheder zum Nachschlagen bedient und es auch mit eigenen Zusätzen und Verbesserungen, meist auch nur in einzelnen Worten und Sätzen zu weiteren Ausführungen im mündlichen Vortrage, bereichert. Das ihm in diesem Jahr 1827 nachgeschriebene und gleichfalls für ihn zum Geschenk abgeschriebene Heft, von einem unserer damaligen ausgezeichneten Zuhörer, Herrn Meyer aus der Schweiz, verfaßt, hat er im Jahr 1831 bei dem abermaligen V ortrage dieser Wissenschaft auf dem Katheder gebraucht und dasselbe gleichfalls mit neuen Skizzen für den mündlichen Vortrag versehen. 18 Damit ist belegt, daß, wasfür andere Vorlesungen gilt- vermutlich nur für die Manuskriptvorlesungen -, auch für die Religionsphilosophie zutrifft. Hegel hätte das skizzierte Verfahren wohl schwerlich befolgt, wenn er nicht selbst der Ansicht gewesen wäre, daß diese jeweils späteren Hefte zumindest über weite Strecken hinweg eine bessere Vorlage für den neuen Vortrag als sein eigenes Manuskript bildeten. Daß allerdings das Manuskript als Vorlage für den Vortrag der beiden letzten Kollegien ungeeignet war abgesehen allenfalls von einigen kleineren Partien -, ist aus der hier vorliegenden Edition leicht zu ersehen. Die Vorlesungen der drei späteren Jahre unterscheiden sich erheblich von der ersten Vorlesung des Jahres 1821. Dies ist nicht allein dadurch zu erklären, daß Hegel sich hier nicht an einem Kompendium orientieren konnte, sondern dadurch, daß eben zu Beginn der 1820er Jahre diese Wissenschaft noch nicht in einer verbindlichen Form konzipiert war, die allenfalls geringfügige Modifikationen beim mündlichen Vortrag erlaubt und erfordert hätte; vielmehr ändert sich die gesamte Konzeption. Diese tiefgreifenden Wandlungen 17 18
HBZ 442. Vorrede zu Wt. in W2 Bd 11. Xlf
Vorwort des Herausgebers
XVII
während der Berliner Jahre sind nicht verwunderlich, wenn man die Entstehungsgeschichte der Religionsphilosophie betrachtet. Denn während Hegel bereits vor seiner Berliner Zeit die Logik als Wissenschqft in drei Bänden ausgearbeitet und auch Grundlinien seines Systems in Heidelberg publiziertdie Enzyklopädie - und auch die Rechtsphilosophie bereits soweit durchgearbeitet hatte, daß er 1821 die Grundlinien der Philosophie des Rechts vorlegen konnte, war der Stand der Ausarbeitung der Religionsphilosophie um diese Zeit vergleichsweise gering. Trotz des genannten steten Interesses an dieser Wissenschqft undtrotzder Behandlung von Teilen im Rahmen der Phänomenologie oder der Enzyklopädie mußte Hegel für sein erstes Kolleg erst eine systematische Konzeption der Religionsphilosophie überhaupt entwerfen. Man darf sagen, daß sich erst in den letzten Vorlesungen Anzeichen für eine durchgreifende Systematisierung und Festschreibung dieser Wissenschaft zeigen, die bei anderen Disziplinen bereits zu Anfang derBerliner Zeit erreicht war. Deshalb ist es hier besonders wichtig, das Werden dieser Konzeption in den verschiedenen Kollegien erkennen und diese Einsicht für die Interpretation fruchtbar machen zu können - eine Aufgabe, die durch die bisherigen Editionen verstellt worden ist. Wenn es für Hegel einerseits darum zu tun war, ein solches Konzept zu erarbeiten, d. h. eine systematische Gestalt der Religionsphilosophie zu finden, so läßt sich andererseits zeigen, daß in diesen Jahren auch der Inhalt der Religionsphilosophie erheblich weiter gejaßt worden ist. In den Vorlesungen läßt sich ein stetiges Aufnehmen neuer Quellen belegen, eine ständige Weiterarbeit, die es bewirkt, daß auch Teile, in denen die systematische Konzeption sich nicht mehr ändert, gleichwohl stets neu formuliert werden. So wird einerseits der Inhalt von Vorlesung zu Vorlesung bereichert, andererseits die systematische Konzeption und Architektonik der Vorlesungen überarbeitet, mit dem Ziel, eine begriffsgemäße Gestalt zu finden. Zugespitzt könnte man sagen, daß allein die Hauptgliederung in Begriff der Religion, Bestimmte Religion und Vollendete Religion alle Veränderungen überdauert habe. Die stete Neugestaltung der Religionsphilosophie ist freilich nicht nur das Resultat einer immanenten Durcharbeitung dieser Wissenschqft in Form einer verstärkten Systematisierung einerseits, der Au}whme neuen theologischen und religionsgeschichtlichen Materials andererseits. Danebw stehen noch zwei weitere für die Durchbildung der religionsphilosophischen Vorlesungen wichtige Momente- zunächst die gleichzeitige Entwicklung anderer, insbesondere der weltgeschichtlichen, philosophiegeschichtlichen und kunstphiloso-
XVIII
Vorwort des Herausgebers
phischen Vorlesungen. Sie haben zur Ausarbeitung der Religionsphilosophie erheblich beigetragen. Das zweite Moment sei hier ebenfalls nur kurz angedeutet: Es liegt in der zunehmenden Kritik, der sich die Religionsphilosophie gegenüber sah, und zwar der Kritik von seifen der Theologie. Wie schon der unmittelbare Anlaß für den Vortrag der Religionsphilosophie im Jahr 1821 in religionspolitischen Erwägungen liegen dürfte, so zieht sich die Auseinandersetzung mit der zeitgmössischen Theologie als roter Faden durch die späteren Vorlesungm wie auch durch die kleinerm Schriften der Berliner Jahre. Im Anschl11ß an die Polemik gegen Schleiermacher in der Vorrede zu Hinrichs' Religionsphilosophie führt die zweite Vorlesung die Auseinandersetzung mit Schleiermacher am schärfsten. Von der Mitte der 1820er Jahre ab trat ein weiterer theologischer Konkurrent hervor: die Verbindung des Neupietismus mit orientalischer Gelehrsamkeit, wie sie durch F. A. Tholuck vertreten wurde. Diese Richtung erschien einerseits als willkommmer Beistand im Kampf gegen Jeu spätm Rationalismus, wie Hegels Abschiedsworte an Tholuck 19 erweisen; andererseits erwuchs der Hegeischen Religionsphilosophie hier ein schärferer Konkurrent, als es der Rationalismus gewesen war. So zeigt die Vorlesung von 1827 Regel weniger als Angreifendm, sondern in der Verteidigung- in der Verteidigung gegen den Vorwu~f des Spinozismus, und das he~ßt, gegen dw Vorwurf des Pantheismus und Atheismus. 20 Diese Angr~ffe konnten sich allerdings nicht aufHegels Vorlesungen stützen, da diese noch nicht veröffentlicht waren. Daß sie durch die Vorlesungen aber nicht einfach erledigt worden wären, zeigt die Verschärfung der Polemik gegen Regel in den 1830er Jahren. Auf der anderen Seite lassen sich nur wenige nennen, die Hegels Standpunkt der Religionsphilosophie geteilt hätten. Und für diese wenigm Anhänger gilt, daß ihre Gefolgschaft nicht durch die Vorlesungen, sondern durch die früheren Arbeiten, insbesondere durch das Religionskapitel der Phänomenologie des Geistes, begründet war. So zählten H. F. W. Hinrichs, I. Rust, C. Daub, K. Ph. Marheineke und K. Conra!9HBZ289. Dieser Vorwurfscheint erstmals öffentlich erhoben wordw zu sein vo11 F. A. G.
20
F. A. G. Tholuck: Die Lehre von der Sünde und vom Versöhner, oder: Die wahre Weihe des Zweiflers. Harnburg 1825. 231. Gegen Ende der 1820er Jahre mehren sich diese Anklagen; siehe u. a. Anonymus [Hülsemann]: Über die Hege!' sehe Lehre, oder: Absolutes Wissen und moderner Pantheismus. Leipzig 1829; ders.: Über die Wissenschaft der Idee. Erste Abtheilung. Dieneueste Identitätsphilosophie und Atheismus, oder über immanente Polemik. Breslau 1831.
Vorwort des Herausgd,ers
XIX
di nicht zu den Hörern der religionsphilosophischen Vorlesungen. Auch bei C. F. Göschel, der in seinen Aphorismen überraschend als Mitstreiter hervorgetreten war, kann man keine Kenntnis der Vorlesungen voraussetzen. Das einzige Zeugnis für eine frühe Wirkungsgeschichte der Vorlesungen deutet voraus auf eine spätere Phase des StreiJs um die Religionsphilosophie: Es ist Feuerbachs Brief an Hegel, 21 dessen Aussagen zum Verhältnis vo11 Philosophie und Christentum im wesentlichen durch seine Erinnerung an das Kolleg von 1824 motiviert sein dürften. Im ganzen hab,en die religionsphilosophischen Vorlesungen ihre Wirksamkeit erst in der Gestalt entfaltet, in die sie durch Marheinekes Ausgabe gebracht worden sind. II. Die Quellen der Vorlesungen
Der Stand der gegenwärtigen Oberlieferung der Quellen für Hegels religionsphilosophische Vorlesungen ist wenig befriedigend. Was heute noch überliefert ist, ist nur ein Bruchteil dessen, was insgesamt an Quellen für die bisherigen Editionen herangezogen worden ist. Die letzten bedeutenden Quellenverluste haben in der Folge des Zweiten Weltkriegs stattgefunden. Doch hat sich die Quellenlage in den letzten Jahren so weit gebessert, daß eine Edition wie die hier vorliegende unternommen werden konnte. Imfolgenden seien alle bekannten, also nichtnur die erhaltenen Quellen genannt und kurz charakterisiert. Sie lassen sich in drei Gruppen scheiden: A. Handschriftlicher Nachlaß Hegels, d. h. diejenigen Quellen, die Regel seinen Vorlesungen selbst zu Grunde gelegt hat. B. Nachschriften der Vorlesungen, d. h. Zeugnisse des Vortrags; diese sind also nicht Quellen für die Vorlesung selbst, sondern nur für die Edition der Vorlesungen. C. Sekundäre Überlieferung durch die bisherigen Ausgaben sowie durch andere literarische Zeugnisse.
21
L. Feuerbach an Hege/. 22. Not,ember 1828. In: Br 3. 244ff.
Vorwort des Herausgebers
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A. Handschriftlicher Nachlaß
1. Das Manuskript (Ms) Es trägt die Aufschrift: Religions-Philosophie Berlin Angefangen 30 April 1821 Geschlossen 25 Aug ej.
Marheineke hat hinzugefügt, vermutlich bei der Deponierung des Manuskripts in der Königlichen Bibliothek: Von Hegel.- Eigentümer: Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin. Signatur: Ms. Germ. qu. 397. Das Manuskript umfaßt 104 Blätter in Quart. Die BI ätter sind fast ausnahmslos von gleicher Qualität; sie sind jetzt bräunlich-gelblich vergilbt; nur das eingelegte Blatt Nr 3 (nach der alten, von Lasson überlieferteil Zählung Blatt 2) ist von kleinerem Format und weiß-gelblichem Papier. Zwischen die Blätter 13 und 15 ist ein Blatt 14 eingelegt, das durch Verweiszeichen an eine andere Stelle, zu Blatt 18a, zu ziehen ist. Die beschnittenen Ränder sind im allgemeinen gut erhalten; nur an wenigen Stellen ist geringfügiger Papierverlust eingetreten. Die Zählung nach Blättern ist nachträglich von der Bibliothek angebracht worden; Regel hat in der rechten oberen Ecke eine Zählung nach 25 Bogen vorgenommen. Das Manuskript besteht aber nicht durchgängig, wie man vermuten könnte, aus 25 Doppelblättern mit Innenlage, so daß also ein Bogen zwei Doppelblätter, d. h. vier Blätter umJaßte. Dies ist zwar die häufigste, aber nicht die einzige Form. Einige der Bogen bestehen aus einzelnen Blättern, ein anderer aus insgesamt acht Blättern, also einem Doppelblatt mit dreifacher Innenlage. So könnten bei den einzelner~ Blättern nachträglich die anhängenden Blätter abgetrennt worden sein, bei deu mehrlagigen Bogen später, uud sei es uoch im Entstehuugsprozeß des Mauuskripts, zusätzliche Doppelblätter eingelegt worden sein. Es ist allerdings nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden, daß sich i11 diesen Unregelmäßigkeiten der Entstehungsprozeß des Manuskripts spiegelt. Deshalb sei hier der Zusammenhang der Bogenzählung und der Blattzählung kurz allgegeben. Bogen 1 ist nicht eigentlich ein Bogen; er besteht aus einem einzelnen Blatt, wobei 1 recto das Titelblatt mit der oben zitierten Aufschrift bildet; die Blätter 2 und 4 bilden ein Doppelblatt; eingelegt ist das einzelne Blatt 3 (nach der alten Zählung Blatt 2); angelegt ist ein einzelnes Blatt 5. Von Bo-
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gen 2 (beginnend mit Blatt 6) bis Bogen 16 sind die Bogm durch jeweils zwei ineinandergelegte Doppelblätter gebildet. Blatt 14 ist nach Bogen 3 eingelegt. Bogen 17 besteht aus vier ineinandergelegten Doppelblättem ( 67 und 74, 68 und 73, 69 und 72, 70 und 71). Die Bogen 18-24 ( d. h. die Blätter 75-102) werden wiederum durch je zwei ineinandergelegte Doppelblätter gebildet. Bogen 25 schli1Jlich ist nur ein einfaches Doppelblatt ohne Innenlage. Der Text endet aufBlatt 104 recto. Unter dem Text steht die Notiz: Geschlossen den 25 August 1821, und nochmals darunter, offensichtlich später: Mehremal duppliert. Blatt 104 versoist nicht beschrieben. Das Manuskript ist also vollständig erhalten. Das Manuskript ist ursprünglich durchgehend mit Tinte geschrieben. Auch von den zahlreichen Randzusätzen sind nur wenige mit Bleistift geschrieben. Einige der Blätter, und zwar zunehmend gegen Ende des Manuskripts, tragen Datierungen, die sich auf die Monate Mai- August 1821 beziehen. Die Datierungen auf dem Titelblatt dürften, da sie mit dem Beginn und dem Ende der Vorlesungszeit des Sommersemesters zusammenfallen, 11icht die Entstehungszeit des Manuskripts angeben. Sie schli1Jen keineswegs aus, daß das Manuskript nicht schon früher entstanden sein könnte. Allerdings wird man die Alifassungszeit nicht weit vor das Sommersemester legen. Es ist wenig wahrscheinlich, daß das Manuskript schon vor Beginn der Vorlesungen vollendet worden sein sollte, denn es macht zunehmend gegen Ende einen sehr flüchtigen Eindruck. Wahrscheinlicher ist, daß es kurz vor dem Sommersemester begonnen und während des Semesters zu Ende geführt wurde. Diese Annahme erhält eine Bestätigung durch eine Hypothese, die K.H. Ilting vorgetragen hat22 • Im Hegel-Nachlqß in der Roughton Library der Harvard University (siehe dazu unten unter 3.) finden sich drei Doppelblätter, die offensichtlich zur Vorbereitung der Vorlesung 1821 gehören. Blatt 165a trägt am oberen Rand die Angabe 24
16ten 16 7ten
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22 Hege!: Religionsphilosophie. Bd 1. Die Vorlesung von 1821. Hrsg. von K.H. Ilting. Napoli 1978. 750f
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Iltiug schlägt vor, diese Angabe so zu lesen, daß Hege/ sich hier ausgerechnet habe, daß zwischen dem 16. 7. und dem 16.8. 24 Vorlesungsstundeu seien; diese Rechnung stimmte jedoch nur, wenn Hege/ die Vorlesung in dem angegebenen Zeitraum nicht, wie angekündigt, vierstiindig, sondern sechsstündig gehalten hätte. 16.7. bezeichnete dann das Datum der Niederschrift des Blattes und 16.8. den voraussichtlichen Termin des Abschlusses seiner Vorlesungen. Da dieses Blatt zweifellos früher als das Manuskript entstanden ist, wäre der 16. 7. der terminuspost quem für die Abjassung der Schlußpartien über die Vollendete Religion. Für diese Hypothese spricht, daß die Datierungen des Kollegs 1827 in der Nachschrift Boerner erweisen, daß Hegel im August einmal eine zusätzliche Vorlesungsstunde am Mittwoch eingeschoben hat; es ist ohnehinfür das Erreichen von 24 Vorlesungsstunden nur die Annahme von 5 Stunden wöchentlich, nicht von 6 Stunden erforderlich. Andererseits ist esauch wenn, worauf Ilting hinweist, das Sommersemester 1820 am 16.8. geschlossen hat-wenig wahrscheinlich, daß Hegel Mitte Juli noch 11icht gew~ßt haben sollte, daß das Semester bis zum 25. August dauern werde. Ferner m~ß die Angabe 16.7. nicht notwendig als Datum der Niederschrift des Blattes gelesen werden; es kann sich ebensogut um eine Berechnung handeltz, die Hegel- möglicherweise im Zuge seiner Niederschrift des Manuskripts- auf einem älteren Blatt vorgenommen hat. Doch bleibt es wahrscheinlich, daß die Datierung eine solche Berechnung enthalte, und daß zwar nicht notwendig das Blatt, wohl aber die Datierung etwa am 16. 7. geschrieben worden sei und Hegel zu diesem Zeitpunkt gemerkt haben werde, daß er den Rest des Semesters fünfstündig lesen müsse. Auch in diesem Fall kann die Datierung als terminuspost quem für die Abfassung der Schlußpassagen von Ms gelesen werden. Wie Hegels Datierungen, der fortlaufende Charakter des Grundtextes und die Bogenzählung vermuten lassen, ist das Manuskript im wesentlichen 1821 entstanden. Damit besteht jedoch noch keine GewijJheit, daß es auch insgesamt i11 seiner jetzigen Gestalt in diesem Jahr geschrieben wurde. Ungesichert ist die Datierung vo11 Blatt 3; die Werke bieten zwar eine in der Formulierung leicht abweichende, aber doch nicht in dem Umfang abweichende Formulierung, daß man mit Sicherheit darauf schli~e11 könnte, daß die Abweichungen auf den Vortrag des ersten Semesters zurückgingen. Und auch darüber hinaus bleiben Datierungsfragen offen. Denn die Blätter sind ursprünglich nur auf der nach innen hin liegenden Hälfte beschrieben, wie es auch sonst bei den Manuskripten Hegels üblich ist, die weder den Charakter einer Rein-
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schriftnoch den einer ersten, flüchtigen Notiz haben. Wenn man unterstellt, dcifl- bis auf vielleicht kleinere Korrekturen- der ursprüngliche Text 1821 geschrieben worden sei, so ist damit doch nicht gesichert, daß das Manuskript in seiner jetzigen Gestalt insgesamt auf dieses Jahr zu datieren sei. Denn auf dem jeweils zunächst freigelassenen Rand hat Hege! - neben eigentlichen Randbemerkungen, Gliederungsbuchstaben und Stichworten, die einen orientierenden Charakter haben -zum Teil erhebliche nachträgliche Erweiterungen des Textes vorgenommen. Die Frage, wann diese Randbemerkungen geschrieben seien, ist nicht zureichend geklärt. Sie sind häufig durch Verweiszeichenaufden ursprünglichen Text bezogen; gelegentlich ist der Haupttext durchstrichen oder eingeklammert und durch eine neue Entwicklung am Rande ersetzt. Im Blick auf die Datierung dieser Erweiterungen ist zu unterscheiden einerseits, ob ein Grund für die Annahme vorliege, daß zumindest einige dieser nachträglichen Erweiterungen später geschrieben seien, und andererseits, ob und gegebenenfalls in welchem Unifang sich eine solche Vermutung auch erhärten lasse. Generell bietet der Umstand, daß Hege[ sich auch später noch auf Ms gestützt hat, hinreichenden Grund für die Annahme späterer Überarbeitungen. Zur Identifizierung solcher späterer Überarbeitungen lassen sich zwei Kriterien einsetzen: (1) Eine Spätdatierung von Erweiterungen ist dann J:esichert, wmn Hege! auf später erschienene Literatur Bezug nimmt. (2) Der Text einer Erweiterung muß mit Gründen einem der späteren Kollegien zugerechnet werden könnm. Solche Gründe liegen einerseits vor, wenn eine Erweiterung nur in einem Kontext zu verstehen ist, der erst einem der späteren Kollegien angehört, und andererseits, wenn sich der Niederschlag einer solchen Randbemerkung zuerst in Nachschriften eines späteren Kollegs finden läßt; in diesem Fall ist zwar keitle Sicherheit erreicht, aber doch eine hohe Wahrscheinlichkeit. Für alle drei hier unterschiedenen Fälle lassen sich Belege finden. Auf Hegels Bezugnahme auf den 1823 erschienenen zweiten Band von Goethes Morphologie hat bereits Ilting hin,\?ewiesen23 ; die betreffende Randbemerkung (in der vorliegenden Ausgabe in Band 2, zu Ms 58a) ist somit für die späteren Vorlesungen, wahrscheinlich das Kolleg 1824 gesichert. Als Beispielfür den Fall, daß ein in Ms an den Rand gesetzter Gedanke erst in einer späteren Vorlesung belegt ist, kann die zweite F~ßnote zur Einleitung i11 Ms gelesen werden (siehe vorlie-
23
Ebenda 740.
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Band, Fußnote zu 3,20). Diese Notiz wird nicht 1824, sondern erst 1827 durch die Nachschriften belegt. In Anbetracht der Vielzahl der Randzusätze scheint dieser Nachweis für eine Spätdatierung der Zusätze nicht allzu umfassend ausgifallen zu sein. In Anbetracht der lückenhciften überliiferung- es ist kein durchgehender Vergleich von Ms mit einer Nachschrift des Kollegs 1821 möglich- ist der Nachweis jedoch hinreichend deutlich. So lange es nicht eine Mitschrift oder besser mehrere Mitschriften der ersten Vorlesung gibt, wird eine umfassende Datierung der Randzusätze nicht möglich sein. Ohnehin lassen sich neben den oben genannten Beispielen noch weitere Einzelfälle erkennen. Eine weitere Überlegung verbietet allerdings, den Unifang der später hinzugekommenen Randzusätze zu weit anzunehmen. Wie bemerkt, hat sich Regels Konzeption sehr stark gewandelt, insbesondere im ersten Teil, dem Begriff der Religion. So läßt sich im ersten Teil der VorlesunL~ 1824 allenfalls noch ein Thema finden, bei dem die Annahme sinnvoll ist, Regel habe sich hier auf Ms gestützt- der Erweis der Notwendigkeit des religiösen Standpunkts24. Für die anderen Partien des ersten Teils ist dies aber keine sinnvolle Annahme mehr, und für die Vorlesung 1827 läßt sich sogar an keiner einzigen Stelle wahrscheinlich machen, daß Regel hier nach Ms vorgetragen haben könnte. Wahrscheinlich ist vielmehr, daß Regel sich auf andere, unter II.A.2. und II.B. (g) zu nennende Quellen gestützt habe. Wenn diese Beobachtung zutri./Jt, so ist es auch nicht sinnvoll, in diesem ersten Teil umfassendere Überarbeitungen zu unterstellen. In der Eitzleitung sowie im zweiten und dritten Teil ist die Diskrepanz zwischm den Kollegien aber nicht so schwerwiegend; hier ist es auch wahrscheinlicher, daß Überarbeitungen späteren Datums sind. Allerdings dürfte die Zahl der erst für das dritte Kolleg vorgenommenen Bearbeitungen gering sein, da Regel sich hier ohnehin zumindest zum Teil- auf die Nachschrift v. Griesheim (II.B. g) gestützt hat. Eine i11 der letzten Zeit mehrfach angesprochene Frage sei hier nur genannt, aber nicht weiter behandelt: die Frage, ob Ms nur ein erster, .flüchtiger Entwurf, im banalen Sinne unfertig 26 sei, oder die verbindliche Gestalt der
~enden
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Siehe vorliegenden Band, 130-142 bzw. 222-227. So R. Heede: Die göttliche Idee und ihre Erscheinung in der Religion.
Untersuchungen zum Verhältnis von Logik und Religionsphilosophie bei Hegel. Diss. phil. Münster 1972; in der Sache ähnlich Marheineke: Vorrede zu Wb in W2 Bd 11.XI. Anders K.-H. Ilting (s. Anm. 22), 742 und H. Huber: Zum Vor-
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religionsphilosophischen Vorlesungen darstelle. Da die vorliegende Ausgabe erstmals eine vollständige Gegenüberstellung des Manuskripts und der späteren Vorlesungen erlaubt, kann diese Frage nun an die philosophische Interpretation weitergegeben werden; sie ist nicht mehr eine Frage der editorischen Beurteilung. Keinesfalls aber daif die Frage nach der spekulativen >Reife< vo11 Ms mit der Frage der Authentizität der Vorlesungsnachschriften vermischt werden 26 • Auch >unreife< Texte können hohe Authentizität besitzen, >reife< Texte dagegen weniger verbürgt sein. Ob aber die fraglos stärkere systematische Durchdringung der späteren Vorlesungen uneingeschränkt als ein Zeichen der >Reife< oder aber einer zunehmenden >Begr!ffsscholastikmodernen< Texten zu stilisieren. - Zur Modernisierung der Interpunktion von Ms siehe unten. Varianten : Den Nachschriften wird auiführlich Sondergut aus W bzw. L beigegeben. Auf die Mitteilung von Varianten mußte aber im allgemeineil verzichtet werden. Varianten werden nur in zwei Fällen mitgeteilt: wenn die Lesung des aufGruttd der noch zu nennenden Prinzipien hergestellten Textes fraglich bleibt und wenn sich zwischen Varianten und Sondergut nicht mit Sicherheit unterscheiden läßt. Hcrvorhe bung: Die Hervorhebungeil in Ms werden beibehalten; einfache Unterstreichung wird durch Sperrung, mehrfache Unterstreichung durch gesperrte Kapitälchen wiedergegeben. In den Nachschriften wie auch im Sondergut werden Hervorhebungen generell nicht berücksichtigt. Denn die Nachschriften verfahren völlig uneinheitlich; bei Heranziehen mehrerer Quellen ist es deshalb ausgeschlossen, diesen unterschiedlichen Gewohnheiten zu folgen. Hervorhebungen werden hier neu eingeführt, wenn sie zur richtigen Betonung erforderlich sind. -Bei dem Sondergut aus W 2 sind die HerIJorhebungell zwar überlegt und einheitlich durchgeführt. Es besteht aber kein Zweifel, daß sie auf Bruno Bauer zurückgehen. Dies geht einerseits daraus hervor, daß W 2 an zahlreicher! Stellen, die sonst mit W 1 textgleich sind, neue Hervorhebungen einführt, und andererseits, daß W2 , wo sie Gr folgt, Hervorhebungen anbringt, während Gr keine Hervorhebungen kennt. Nicht berücksichtigt wird hier die Auszeichnungfremdsprachlicher Wörter durch lateinische Schrift bzw.- in denWerkm-durch Antiqua. Da die !JOTliegende Ausgabe nicht in Fraktur gesetzt ist, ist der Rückgriff auf eine Antiquaschrift nicht erforderlich. Andererseits hat diese Ausgabe nicht, wie eine historisch-kritische, die Pflicht, sämtliche Differenzierungen des Originals zu reproduzieren. Hinweis auf Anmerkungen: Ein Asterisk am Rande IJerweist auf die im Anhang beigegebenen Anmerkungen des Herausgebers. Die Anmerkungen sind über Seiten- und Zeilenzähler auf den Text bezogen.
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B. Zum Aufbau dieser Ausgabe
Oben wurde bereits erwähnt, daß der Umfang der Texte zu den religionsphilosophischen Vorlesungen sich gegenüber W 2 nicht mehr erweitert habeabgesehen von einigen kleineren Texteinheiten, die W 2 im allgemeinen im Zuge der Vermeidung von Doubletten oder der Wahrung eines stringenten Gedankengangs unterdrückt hat. Anders als "~egenüber W 1 ist die Kritik an W 2 deshalb auch nicht, daß wichtige Quellen übergangen seien, sondern dclj] deren Anordnung nicht zufriedenstellend getroffen sei. Der gleiche Vorwuif ist gegenüber L zu erheben. Auch heute liegt das Hauptproblem einer Ausgabe der Religionsphilosophie in der Anordnung der Zeugnisse. Der Aufbau dieser Ausgabe schließt sich deshalb so eng als möglich an die Quellen an. Dies gilt bereits in einem ersten,für die äusserliche Gestaltung wichtigen Punkt. Obgleich Hegels Vorlesungen dre(~eteilt sind- in Begriff der Religion, Bestimmte Religion und Vollendete Religion-, waren doch die bisherigen Ausgaben zweigeteilt. Der zweite Teil der Vorlesungen wurde jeweils halbiert, und die beiden Hälften wurden dem ersten angehängt bzw. dem dritten vorangestellt. Der Grund hieifür lag zunächst lediglich in äußerlichen Erwägungen zum Umfang von W 1 . In W 2 wäre zwar, wenn matt eine Dreiteilung beabsichtigt hätte, aus Gründen des Umfangs dagegen nichts einzuwenden gewesen, doch wäre es erforderlich gewesen, die Zählung der Bände im Rahmen der W crke zu ändern. Die Ausgabe Lassons erschiert zwar, genau genommen, nicht in zwei, sondem in vier Bände1t. Auch hier ist aber der mittlere Teil der Vorlesungen, wie in den Werken, zweigeteilt, und diese beiden Teile wurden später, ebenfalls wie in W, dem ersten bzw. dem dritten Teil voran- bzw. nachgestellt. In dieser zweigeteilten Form hat sich L eingebürgert. Hier dagegen wird erstmals Hegels Dreiteilung des Kollegs auch äußerlich zur Geltung gebracht. Dies bleibt aber keineswegs ein Gesichtspunkt der bloß äußerlichen Anordnutzg. Denn die Zweiteilung, d. h. die Zerreißung des zweiten, religionsgeschichtlichen Teils tendiert dazu, den Aufbau dieses Teils zu zerstören. Die bisher übliche Zweiteilung hat Hegels Konzeption der Bestimmten Religion gänzlich deformiert. Die Werke etwa unterscheiden innerhalb des zweiten Teils zwei Abschnitte - Naturreligion und Religion der geistigen Individualität. Den ersten Abschnitt gliedern sie triadisch in {1) Unmittelbare Religion, (2) Entzweiung des Bewußtseins (Chinesische Religion, Indische Religion und Buddhismus) sowie (3) Naturreligion im Obergang zur
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Freiheit. Auch Abschnitt 2 ist wiederum triadisch gegliedert in ( 1) jüdische, {2) Griechische und (3) Römische Religion. Diese Bittteilung befolgt auch Lasson, obgleich er die Naturreligion nicht triadisch unterteilt. Regel hingegen hat eine andere Konzeption der Bestimmten Religion. Er gliedert sie in sich triadisch in den drei ersten Kollegien in {1) Naturreligion, {2) Religion der geistige~~ Individualität ( d. h. Jüdische und Griechische Religion) und (3) Römische Religion. Es ist zwar richtig, daß Regel im Text der Vorlesung 1824 auch die Religionen der Juden, Griechen und Römer zusammenfaßt und als zweite Stufe einer Triade der Naturreligion und der Christlichen Religion gegenüberstellt; diese Zusammenstellung erfolgt aber nur in einer bestimmten Perspektive. Die eigentliche Einteilung ist auch hier die Dreigliederung der Bestimmten Religion. >Religion der geistigen Individualität< bezieht sich stets nur auf die Religionen der Juden und Griechen 69; die römischen Götter sind Regel zu Folge gar keine geistigen Individualitäten, sondern individualitätslose Abstraktionen. Man kann sicherlich im Zweifel sein, ob eine derartige Dreigliederung der Bestimmten Religion angemessen sei. Es ist aber kein Zweifel möglich, daß Regel diesen Teil so kotzzipiert hat. Das vierte Kolleg ist ebetifalls triadisch gebaut, und zwar streng nach dem Schema von Einheit, Entzweiung und Versöhnung. Die Inhalte dieser drei Stufen unterscheiden sich allerdings vott denfrüheren Kollegien. Es sei hier nur angedeutet, daß sich aus der Restitution der Konzeptio11 Regels weitere Perspektiven für die Deutung der Religionsgeschichte und des Verhältnisses der Bestimmten Religionen zum Christentum ergeben. Als triadisch konzipierte erscheint die Geschichte der Bestimmten Religion als in sich abgeschlossen. Es entfällt ein Grund, die christliche Religion als ein Drittes zur Naturreligion und Religion der geistigen Individualität zu bestimmen, wie dies u. a. C. R. We!ße in seiner Rezension vott W 1 vorgeschlagen 69 Auch ein Kenner der Vorltstmgsnachschr!ften wie R. Heede hat sich hier von den bisherigen Editionen täuschen lassen. Er nimmt an, daß die jüdische, griechische und römische Religion ab 1824 zur Religion der geistigen Individualität vereint seien, so d'!ß die Zweiteilung der Religionsgeschichte in Naturreligion und Religion der geistigen Individualität den Vorrang vor der Gliederung des Manuskripts erhält. Eine solche Dreiteilung der Religion der geistigen Individualität liiflt sich aber ill den Texten llirgends erweisen. -Die Unklarheit über Hegels Konzeption setzt dergerade in neuererZeitgängigen -logischen Rekonstruktion der Religionsphilosophie unüberwindbare Hindernisse entgegen. Siehe R. Heede: Die göttliche Idee (s. Anm. 25), 112f, 165.
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hat70 • Auch wenn die Probleme für eine argumentierende Rekonstruktion dieses Teils der Vorlesungen durch die Wiederherstellung des ursprünglichen Aufbaus kaum geringer werden, so ist doch nicht zu verbergen, d~ß alle anderen Argumente, die sich auf die Einteilung der bisherigen Editionen beziehen, sich notwendig in Scheinprobleme verstricken. Ähnliche Aspekte für die Interpretation ergeben sich auch im Blick auf die Untergliederung der beiden anderen Teile. Die Übereinstimmungeil in der Kollzeption der Vorlesungen erschöpfen sich mit dieser ersten, grundlegenden Dreigliederung und dem Umstand, daß der zweite Teilnochmals triadisch strukturiert ist. Wie sich hier der religionsgeschichtliche Inhalt, der dieser Dreiteilung unterwoifen wird, verändert, so wandeln sich im ersten und dritten Teil der Vorlesungen ebenfalls die Inhalte und zusätzlich auch der Aufbau, durch gewichtigere oder geringfügigere Abänderungen der Konzeption. Die unterschiedlichen Konzeptionen sind aus den bisherigen Editionen nicht klar geworden. Daß aber jede Interpretation, die nicht beurteilen kann, in welchem systematischen Kontext ihr Ge,~enstandJeweils steht, der Gefahr von Fehldeutungen ausgesetzt ist, ist leicht einsichtig. Ein Vergleich der Konzeptionen der vier Kollegien mit dem Auf bau der bisherigen Editionen macht eines unwidersprechlich klar: das gänzliche Scheitern aller Versuche zur Totalintegration aller Quellen in eine Konzeption. Wb W2 und L haben dies auf unterschiedliche Weise, aber mit gleichem Mißerfolg versucht. Im Falle der Religionsphilosophie kann aber auch ein anderer Weg nicht beschritten werden, der für die Vorlesungsedition sonst durchaus aussichtsreich ist: der Weg einer Teilintegration verschiedener Kollegien in der Weise, daß ein Kolleg zur Grundlage genommen wird und einzelne Abschnitte anderer Kollegien als Zusätze beigefügt werden 71 • Trotz einiger Parallelen in den Kollegien 1824 und 1827 lassen sich beide Wege hier nicht verwirklichen. So bleibt nur, die Texte der verschiedeneil Jahrgänge gesondert zu bieten.
70 C. H. Weiße (s. Anm. 36), 69. Weiße hält diesen- nur der Edition, nicht den Quellen angehörenden- Aufbau für angemessen, währendE. Zeller hingegen dieeigentlich Hegeische-trichotomischeEinteilung der Bestimmten Religion in der Edition vermißt; vgl. Anm. 50. Nr 53. 210 bzw. 128. 71 W. Jaeschke-: Probleme der Edition der Nachschriften von Hegels Vorlesungen. In: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie. 5. 1980. H. 3. 54f
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C. Zur Edition des Manuskripts
Apparat: Eine optimale Darbietung von Ms eiforderte drei Apparate: einen Apparat zur Mitteilung der Randbemerkungen zu Ms, einen textkritische~~ Apparat und einen Apparat zur Mitteilung vo11 Sondergut, das W 2 - sei es aus Co, sei es aus He- überliifert. Eine derart aufwendige Planung war itz dem hier vorgegebenen Rahmen aus technischen wie aus ökonomischen Gründen nicht zu verwirklichen. Gleichwohl sollte nicht auf die Mitteilung dieser drei Gruppen von Zeugnissw verzichtet werden. Deshalb wurde hier eine neue Form eines Apparats konzipiert. Sie bietet sowohl die nicht in den Haupttext integrierten Randbemerkungen als auch Mitteilungen über die Konstitution des Haupttexts, die in einen textkritischen Apparat gehören, als auch Sondergut aus W 2 • Randbemerkungen und Sondergut werden nicht, wie sonst zumeist üblich, durch hochgestellte Zi}jern oder Buchstaben, SOlldem, wie in textkritischen Apparaten üblich, durch Zeilenzähler auf den Haupttext bezogw. Die Form des Zeilenzählers wurde gewählt, da der Text sonst mit Ziffem bzw. Buchstaben übersäht würde und außerdem dort, wo längere Passagen des Sonderguts auflängere Passagen des Haupttexts zu beziehen sind, umständliche Formulierungen eiforderlich wären, um die Beziehung zwischen Haupttext und Fußnote eindeutig zu machen. Diese Konzeption eines alle drei Gruppen von Mitteilungen umfassenden Apparats ist aber al/ei11 durch den Verzicht auf ei11e11 auiführlichen textkritischen Apparat ermöglicht. Die E11tscheidung, den textkritischw Apparat vergleichsweise gering zu halten, ist jedoch nicht nur aus der Not geborm. Sie folgt konsequent aus der Mittelstellung dieser Ausgabe zwischen Studienausgabe und historisch-kritischer Edition. So beschränkt sich der textkritische Apparat nahezu ausschließlich auf den Nachweis der in den Haupttext illtegrierten Ra11dbemerkungen sowie auf die Mitteilung der wenigen Eingriffe in den Text. Randzusätze: Ms enthält, wie oben beschrieben, zahlreiche Randzusätze. Es wäre ein konsequentes Veifahren, alle diese Randzusätze in die Fußnoten zu verweisen. Doch würde dieses Veifahrelz ihrem Charakter nicht gerecht. Demz bei ihnen handelt es sich großenteils um nachträgliche Erweiterungen des Texts, die zwar als solche kemztlich gemacht, aber in den Text integriert werden müssen. Sie haben nicht den Charakter von Marginalien, sondern bilden nachträglich formulierte Bestandteile des Texts selbst. Deshalb werden diese Randzusätze soweit als möglich in den Text integriert. Im
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Apparat ist jeweils vermerkt, welche Partien des Texts am Rande stehen. Sofern Randbemerkungen mit Verweis- oder Einfügungszeichen auf den Text bezogen sind, wird dies ebenfalls mitgeteilt. Dabei wird unterschieden zwischen Venveiszeichen, die im allgemeinen die Form von Kreuzen haben, die sich durch die Anzahl ihrer Striche unterscheiden, und Einfügungszeichm, d. h. Linien, die die Randzusätze mit dem Text verbinden. Einige Randbemerkungen hingegen haben den Charakter von Gliederungsentwürfen, Stichworten für den Vortrag usw.; diese werden nicht in den Text integriert, sondern in den Fußnoten mitgeteilt. Gelegentlich mußten auch einige Texte, die aufGrund ihres Charakters in den Haupttext zu integrieren ,({ewesen wären, in die Fußnoteil gestellt werden, da sie sonst den Gedankengang des Haupttexts durchbrochen hätten. Auf die nicht integrierten Ratldbemerkungen wird jeweils im Text durch R verwiesen. Die Randbemerkungen werden im allgemeinen auf das erste Wort der Zeile bezogen, neben der sie beginnen. Abweichend von dieser Regel wird dort verfahren, wo eine Randbemerkung sich erst auf den in einer Zeile beginnenden Satz bezieht, so daß die Zuordnung zum ersten Wort dem Sinn unangemessen wäre, undferner in den Fällen, wo eine Randbemerkung unmittelbar auf ein im Haupttext vorkommendes, identisches Stichwort zu beziehen ist. In einigen wenigen Fällen waren aus Gründen des Sinnzusammenhatlgs kleinere Abweichungen voll den hier formulierten Prinzipim erforderlich; an diesen Stellen ist aber die Lage der Randbemerkung im Apparat genau angegeben, so daß über den Zustand des Originals kein Zwe(fel möglich ist. Außerdem wurden, wo dies zweifelsfrei geschehen konnte und zur Beschreibung der Randbemerkungen sinnvoll war, Aussagen zur relativen Chronologie der Randbemerkungen gemacht - etwa die Mitteilung, daß die eine um eine andere, somit frühere, herumgeschrieben sei. - Dieses Verfahren erlaubt, einerseits die gebotene Integration der nachträglichen Erweiterungen in den Text vorzunehmen, andererseits mit Sicherheit zu unterscheiden zwischen Partien, die im Text, und solchen, die auf dem Rande stehen. Vermerkt sind auch solche Zusätze, die, gelegentlich bl~ß aus einzelnen Wörtem bestehend, am linken oder rechtellRandvor der Zeile bzw. am Zeilenende an den ursprünglichen Text angeschlossen sind. Streichung bzw. Einklammerung von Sätzen und Absätzen: In einigen Partien sind Wörter, Sätze oder Absätze in runde Klammern gesetzt. Diese Einklammerung könnte den Sinti einer Streichung haben. Doch kennt Ms neben der Einklammerung auch die Streichung; beide
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sind deshalb nicht gleichzusetzen. Gelegentlich ist Eingeklammertes auch gestriche11. Diese unterschiedlichen Formen werden hier wie folgt wiedergegeben: Gestrichene Wörter konnten hier nicht aufgmommen werden, sofern dies nicht zum Verständnis des Textes erforderlich ist. Sie werden erst in der historisch-kritischen Ausgabe mitgeteilt. Gestrichene Sätze oder Absätze haben einen Informationswert, auch wenn Hegel sie verworfen hat. Sie werdm deshalb in den Fußnoten mitgeteilt, mit dem Hinweis, dcljJ es sich um Gestrichenes handele. Eingeklammertes wird in runden Klammern im Text belassen, allerdings mit der folgenden Ausnahme. Gelegentlich hat Hege/am Rande neben dem Eingeklammerten einen neuen Text formuliert, der offensichtlich bestimmt ist, das Eingeklammerte zu ersetzen. In diesen Fällen wird das Eingeklammerte in die Fußnoten gesetzt und der Neutext- unter Hinweis, daß es sich um einen Randzusatz handele- in den Text aufgenommen. Überarbeitungen, d.h. nachträglich neu bzw. an Stelle von Gestrichenem eingefügte Wörter werden nicht als solche gekennzeichnet. Die Alternative wäre die Verzeichnung im textkritischen Apparat gewesen. Es besteht zwar auch die Möglichkeit, derartige Überarbeitungen - etwa durch in den Text gesetzte Klammern- als solche auszuzeichnen. Dieses Verfahren hat jedoch den Nachteil, dcljJ der Text durch die Einfügung der Klammern belastet wird. Vor allem ist der Informationswert sehr gering: Es kommt ja nicht nur darauf an, zu erfahren, daß ein Wort zu irgendeinem späteren Zeitpunkt geschrieben ist als ein anderes, sondern darauf, ob das betreffende Wort entweder bloß hinzugefügt oder an die Stelle eines gestrichenen Wortes getreten ist. Die Mitteilung derartiger Überarbeitungen hat deshalb nur dann wirklichen Itiformationswert, wenn gegebenenfalls die frühere, ursprüngliche Form ebenfalls mitgeteilt wird. Dies ist aber allein in einem textkritischen Apparat zu leisten, der, unter exakter Beschreibung der Stellung des Hinzugekommenen, auch über den ursprünglichen Wortlaut Auskunft gibt. Dies ist aber erst die Aufgabe der historisch-kritischen Edition von Ms in den Gesammelten Werken. Dort werden auch die Entstehungsstufen des Textes ausführlich belegt werden. Abkürzungen sind im allgemeinen eindeutig; sie halten sich im Rahmen der üblichen und der sonst von Hege! vetwendeten. Sie werden stillschweigend aufgelöst. Ein Nachweis ist erst im textkritischen Apparat in Gesammelte Werke möglich. Eingriffe in den Text werden im Apparat mitgeteilt. Ergänzte Wörter werden in eckige Klammern gesetzt. Dittographien hingegen werden still-
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schweigend aufgelöst. Einige abbrechende Sätze sind im Text belassen worden; das Abbrechen ist durch drei Punkte bezeichnet. Lesartenfrüherer Herausgeber werden nicht mitgeteilt. Die Lesung von Ms ist nahezu überall eindeutig zu machen. Gegen einen Lesartenapparat spricht, daß, wenn er uttifassend sein sollte, eine Fülle von falschen Lesungen ohne jeglichen Informationswert mitzuteilen wäre. Diese Ausgabe übernimmt von den GesammeltenWerken das Prinzip, Lesarten nur dort mitzuteilen, wo in den Text von Ms eingegriffen werden mußte und die Lesart früherer Herausgeber von der eigenen Konjektur abweicht. Außerdem ist zu bemerken, daß bei der Edition von Ms die Lesarten weit weniger wichtig sind als die Zuordnung der Randbemerkungen. Eine Mitteilung der Lesarten wäre also nicht nur auf die Entzifferung einzelner Wörter zu beschränken, sondern müßte auch diese unterschiedlichen Zuordnungen umfassend mitteilen. Dies ist aber weder in dem hier gegebenen Rahmen möglich noch überhaupt sinnvoll. Modernisierung der Interpunktion: Die Modernisierung der Interpunktion wirft an einigen Stellen Verständnisprobleme auf Rechenschaft über die Entscheidung kann erst im textkritischen Apparat der Gesammelten Werke abgelegt werden. Eine Eigentümlichkeit von Ms besteht darin, daß es oftmals lediglich Wörter oder Satzteile durch Gedankenstriche aneinanderreiht- auch dann, wenn durch die Stellung der Satzglieder die Syntax durchscheint. Da die Aufgabe hier darin besteht, einen nach Möglichkeit flüssig lesbaren Text zu produzieren, werden diese Gedankenstriche durch Kommata und Semikola ersetzt. Kommata werden nur dort in Punkte verwandelt, wo nachfolgende Großschreibung einen Satzbeginn andeutet; sonst werden Hauptsätze im allgemeinen durch Semikola abgetrennt. Die Verwendung des Gedankenstrichsfolgt im allgemeinen ebenfalls dem heutigen Sprachgebrauch. Lediglich an den Stellen, insbesondere in den Randbemerkungen, wo Regel nur Wörter aneinanderreiht und ein syntaktisches Gerüst nicht mehr mit Sicherheit erkenntlich ist, werden die Regelsehen Gedankenstriche belassen, um den unstrukturierten, durch bl~ße Aneinanderreihung von Wörtern gebildeten Text nicht willkürlich zu gestalten. Insgesamt bewirkt die Eintragung einer der modernen angenäherten Interpunktion den Eindruck größerer >Fertigkeit< des Manuskripts. Paginierung: Die in den Kolumnentitel gesetzte Paginierung gibt die oben in der Quellenbeschreibung erwähnte Blattpaginierung durch die Bibliothek wieder. Hegels Bogenpaginierung ist nicht angegeben; ihr Zusam-
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menhang mit der Blattpaginierung ist aber aus der Manuskriptbeschreibung ersichtlich. Recto undversowerden durch die in den GesammeltenWerken übliche Form a bzw. b ausgedrückt.
D. Zur Edition der Vorlesung 1824 Quellen: De, Gr, Ho, Ke, Pa Diese Quellen können, im Rückgriff auf eine an anderer Stelle getroffene Unterscheidung 72 , wie folgt unterschieden werden: Als Leittext ist Gr gewählt. Gr utt!faßt das ganze Kolleg, ist sehr auiführlich und gut durchformuliert. Der Vergleich mit den anderen Quellen zeigt, daßGrinsgesamt das Kolleg getreu wiedergibt. Eine zusätzliche Rechtfertigung eifährt die Wahl von Gr dadurch, daß Hege/ selbst die Vorlesung 1827- zumindest zum Teil -aufGr gestützt hat. Da Grals Leittext gewählt wird, wird im Kolunmentitel die Paginierung der beiden Bände von Gr angegeben. Wo ein Seitenbruch in Gr in der Editiotl nicht abgebildet wird, da der Text at1 der betreffenden Stelle nicht Gr folgt, steht der senkrechte Strich für die Seitentrennung 110r dem ersten wieder durch Gr überliiferten Wort. Auch wenn Gr durch Vergleich mit den anderen genannten Quellen als im Ganzm zuverlässige Wiedergabe des Kollegs anzusprechen ist, so finden sich doch mehrere Stellen, an denen die Formulierung von Gr von den anderen Nachschriften abweicht; vor allem aber ist Pa sehr häufig reicher in der Formulierung als Gr. Die Kollationierung zeigt, daß die Edition einzelner Nachschriften stets nur ein Notbehelfsein kann. Sie ist nur vertretbar in einer Situation, daß von einem Kolleg, vielleicht gar von mehrerert Jahrgängen einer Disziplin, nur eine Quelle überliifert ist. Ein gesicherter Text eines Kollegs ist aber erst durch Kollationierung mehrerer guter, d. h. umfassender und getreuer Nachschriften zu erstellen. Als Kon tro 11 texte dienen hier- in der Reihetifolge ihrer WichtigkeitPa, De und Ke. Der Vergleich zwischen der Mitschrift Pa und der Reinschr!ft Gr zeigt, daß Gr den Text, wenn auch zurückhaltend, bereits stilistisch bearbeitet hat. So ist etwa eine Vielzahl von Wiederholungen, wie sie sich beim mündlichen Vortrag leicht ergeben, hinweggifallen. Pa hat den
72
Siehe Anm. 71.
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Charakter des mündlichen Vortrags besser bewahrt als Gr. Da Pa aber nicht vollständig ist und vor allem, da sie mehrfach nicht gut durc~formuliert ist, kann sie zwar nicht als LeittextJungieren; sie bildet jedoch eine hervorragende Ergänzung und Korrektur von Gr. De ist nicht so materialreich wie Pa und, als Reinschrift, ebenfalls durchstilisiert. Gleichwohlfinden sich über weite Partien hinweg wörtliche Übereinstimmungen zwischen De und Gr bzw. De und Pa bzw. Pa und Gr. Diese Übereinstimmungen sind aber nicht so stereotyp, daß man annehmen müßte, die Quellm seien von einander abhängig. Dies ist hingegen der Fall im Verhältnis von Grund Ke. Ke konnte wegen der fast stets wörtlichen Obereinstimmung mit Gr nur an wenigen Stellen für den Text herangezogen werden. Der Text des Kollegs wurde in der Weise hergestellt, daß Gr durch Material aus Pa, De und, wie gesagt, an wenigen Stellen auch von Ke ergänzt bzw. korrigiert wurde. Da die reichste Quelle, Pa, eine Mitschrift ist, konnten alle Stellen, an denen sie über Gr hinausgeht, ohne Bedenken zum Text von Gr ergänzt werden; es ist ausgeschlossen, daß diese detaillierteren Ausführungen nachträglich wären. Ergänzungen aus De sind hingegen- da De ebenfalls eine Reinschrift ist- nur dort aufgenommen worden, wo es Gründe für die Annahme gibt, daß ein Gedanke weder in Gr noch in Pa vollständig überliifert ist. Es gibt aber ohnehin nur wenige Stellen, wo De eine reichere Fassung als Pa oder Gr bietet. Wo Pa von Grabweicht und De keine parallele Formulierung überli~(ert, wird im allgemeinen Gr gehalten, sofern Pa nicht eine detailliertere Formulierung enthält. Wo hingegen Pa mit De gegen Gr übereinstimmt,Jolgt der Text Pa und De. Der großen Anzahl der Ergänzungen durch Pa und der Korrekturen durch PaDe wegen war es nicht möglich, alle diese Eingriffe in Gr zu verzeichnen. Im vorliegenden ersten Band finden sich mehr als zweitausend derartiger Ergänzungen und Korrekturen. Dieses Verhältnis stellt sich ähnlich dar im zweiten Band, etwas anders im dritten Band, da Pa hier vorzeitig - entsprechend Gr Bd 2. 202- abbricht und der Text sich gegen Ende nur auf Gr und De stützen kann. - Kleinere Unstimmigkeiten, die durch die Kontamination der Quellen entstanden sind - wie z. B. ein Wechsel des Tempus oder des Numerus - sind vom Herausgeber stillschweigend eingeebnet worden. Als Ergänzungstext wird Ho herangezogen. Bereits Lasson hat die Ambivalenz dieser Nachschrift bemerkt und daraus vom zweiten Band ab die richtige Konsequmz gezogen, Ho nicht mehr in den Text aufzunehmen. Der Charakter von Ho als einer sehr anspruchsvollen Ausarbeitung zeigt sich
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auch an anderen Kollegheften Hothos, z.B. in der Geschichte der Philosophie. Er wird dort freilich nicht so deutlich, weil weniger Vergleichstexte aus demselben Kolleg vorliegen als bei der Religionsphilosophie. Ho kann insgesamt nicht als authentische Wiedergabe des Kollegs gelten. Sie bietet eine durchaus zutreffende Ausgestaltung, aber nicht ei11e verläßliche Wiedergabe des Regelsehen Vortrags. Deshalb verbietet es sich, Ho in den Haupttext aufzunehmen und sie mit den anderen Nachschriften zu vermischen oder sogar, wie in L im ersten Teil und auch in W, andere Quellen durch Ho zu verdrängen. Auch in den Fußnoten wird Ho dann nicht genannt, wenn sie lediglich eine andere Formulierung überliefert. Diese Formulierungen stammen mit großer Sicherheit von ihrem Verfasser. Dies zeigt sich schon darin, daß sie zuweilen eine ganze von Gr überlieferte und durch PaDe bestätigte Heftseite in eine einzige, allerdings sehr prägnante Formulierung verdichtet. Wenn alle derartigen Formulierungen hier mitgeteilt würden, so bedürfte es eines synoptischen Abdrucks von Gr, Pa und De einerseits, Ho andererseits. Da aber die Authentizität von Ho nicht gewährleistet ist, kann und muß darauf verzichtet werden. Ho wird in den Fußnoten dann mitgeteilt, wenn sie eine andere Lesart eines Textes überliefert, der bei Gr, Pa und De fehlerhaft belegt ist. Als Beispiel für diese Verwendung möge die dritte Fußnote zur Einleitung 1824 dienen ( 33, 64-67).
Ho wird aber auch dann mitgeteilt, wenn sie Erweiterungen gegenüber den anderen Quellen enthält; als Beispiel diene die Ft~ßuote zu 35, 138. In Anbetracht der Tendenz zur Verkürzung des Stoffs kann mau uicht ausschließen, daß Ho in den wenigen Erweiterungen, die sie gegenüber den anderen Quellen vornimmt, einen Gedanken überli~{ert, der in den anderen Quellen verlorengegangen ist. Ho wird schließlich auch dann mitgeteilt - und dies ist überwiegend der Fall-, wo ihre Formulierungen so bekannt, geradezu zu Fundamentalsätzen der Religionsphilosophie geworden sind, daß sich im Interesse der Forschung nur schwerlich auf sie verzichten ließe. So entspringt die Mitteilung von Ho überwiegend einer Konzession an die bisherige Forschung zur Religionsphilosophie. Prominentestes Beispiel hierfür ist der Satz: Ohne Welt ist Gott nicht Gott (212-213 Fußnote 409)- ein Satz, in dem Ho Konsequenzen aus Hegels Darlegungen zieht, die dieser selbst nicht, zumindest nicht in dieser Prägnanz, gezogen hat. Doch gehört dieser Satz seit der ersten Veröf
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Jentlichung der Vorlesungen vor eineinhalb Jahrhunderten zu den meistzitierten. Ähnliches gilt insbesondere für die Formulierungen des spekulativen Begriffs der Religion als des Selbstbewußtseins des absoluten Geistes. Da sie aber- wie der Vergleich mit den anderen Quellen unwidersprechlich zeigtnicht als authentische Formulierungen Hegels gelten können, können sie ihren Platz nicht im Haupttext finden.- Die zum Teil sehr sorgfältigformulierten Randbemerkungen in Ho bleiben hier unberücksichtigt, da es zwar Spekulationen, aber keinen einigerm'!ßen plausiblen Grund gibt, in ihnen etwas anderes zu sehen als im Zuge der Ausarbeitungformulierte Zusammenfassungen. Dies gilt auchfür die- von Ho gänzlich verschiedenen- Randbemerkungen in De. Varianten werden nur an den wenigen Stellen mitgeteilt, wo Zweifel über die Richtigkeit des Textes bestehen. In diesen Fällen wird jeweils auch die den Haupttext bildende Quelle genannt. Gestrichenes wurde zur Textkonstitution insofern hinzugezogen, als es dazu dient, den Gang des Kollegs zu bestimmen. So konnten etwa Formulierungen in Gr oder De, die sich in der jeweils anderen Nachschrift nicht finden, durch Gestrichenes in Pa belegt und damit für den Text gesichert werden. Eingriffe in den Text waren selten erforderlich, da an korrupten Stellen einer Nachschrift auf die jeweils anderen Quellen ausgewichen werden konnte. Insbesondere bei Passagen, die nach Pa wiedergegeben werden, war es erforderlich, Wörter in eckigen Klammern im Text zu ergänzen. Sprachliche Mängel der Nachschriften wurden häufig belassen, so z.B. ein Wechsel im Numerus; belassen wurden auch Inkonsequenzen im Gebrauch des Konjunktivs, insbesondere in Pa. Eine durchgängige sprachliche Bearbeitung der Nachschriften hätte den Charakter der Oberlieferung zu stark verändert. Derartige Mängel bilden gerade ein Zeugnisfür die Unmittelbarkeit der Oberlieferung. Außerdem hätten derartige Eingriffe hier umfängliche Nachweise erfordert. Vereinheitlichung: Der in den Quellen unterschiedliche Gebrauch von etc., ect., usw. und usf. wurde hier zu usf. vereinheitlicht. Gliederung: Die Gliederung ist in den Quellen nur ansatzweise durchgeführt. Gr gibt innerhalb des ersten Teils keine Oberschriften, ebensowenig Pa; De und Ho entwerfen sehr detaillierte Gliederungen, die aber offensichtlich im Zuge der Reinschrift bzw. Ausarbeitung des Kollegs nachträglich entstanden sind. Eine zusätzliche Schwierigkeit erwächst daraus, daß Regel offenbar während des Kollegs den Atifbau verändert hat. Der am
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Schluß der Einleitung (S. 55f) gegebene Vorblick stimmt nicht mit derfaktisch vorhandenen Gliederung überein. Der Einteilung zu Folge müßte das Kolleg bereits ähnlich wie 1827 gebaut sein. So muß man annehmen, daß Regel seine ursprüngliche Konzeption im Zuge seiner Au~führungen modifiziert habe. Dies ist aber nicht im Sinne einer systematischen Änderung zu verstehen, sondern durch bloß ätifJerliche Umstände veranlaßt. Die >empirische BeobachtungUnterschieds des Bewußtseins< und des >Kultuse< im Dativ, sofern es vorkommt, belassen; auch die Interpunktion wurde möglichst nicht verändert. Der Wortlaut des Sonderguts von W.folgt im allgemeinen Wz. Geringfügige Abweichungen gegenüber W 1 -etwa in
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Zeichensetzung und Orthographie- werden hier nicht vermerkt. Aufkleinere Abweichungen- z.B. auf den Gebrauch anderer Wörter, die aber keine Änderung des Sinns nach sich ziehen- wird hier hingewiesen durch die Notiz: Wz, ähnlich W1. Bei wichtigeren Abweichungen werden beide Formen des Sonderguts angegeben. Insgesamt erhebt die vorliegende Ausgabe den Anspruch, das Sondergut ausWerschöpfend zu extrahieren und damit neben den überlieferten Quelle11 auch dem Quellencharakter der früheren Ausgaben gerecht zu werden. Die Stellung des Sonderguts in W 2 bzw. W1 ist im Anhang aus der Liste Nachweis des Sonderguts aus den Werken ersichtlich. Diese Ausgabe bringt insofern eine erhebliche Veränderung gegenüber W und L mit sich, als sie erstmals die Nachschriften der verschiedenen Kollegien gesondert ediert. Damit mag weniger in diesem ersten Band, stärker in den beiden folgenden Bänden an manchen Stellen der Eindruck einer Wiederholung sich aufdrängen und die Lektüre erschweren. Angesichts der Alternative zwischen der Verkürzung der Texte und der Deformierung des Hegeischen Gedankengangs in den genannten Editionen einerseits, der gelegentlichen Wiederholung von Gedankengängen andererseits sollte aber dieEinsieht in die Berechtigung des hier gewählten Verfahrens leicht zu teilen sein. Die Lektüre jeweils dreier Textgruppen führt zudem nicht nur den Nachteil der größeren Umständlichkeit mit sich, sondern auch den Vorteil, daß Hegels Gedankengang durch solche Di}Jerenzen an Plastizität gewinnt. Und es gilt auch heute noch, was Marheineke in seiner Vorrede zur ersten Ausgabe (W2 Bd 11, XV) schreibt: die Mühe der Wiederholungen werde zugleich durch den unendlichen Gedankenreichtum des Urhebers vergütet, da er denselben Inhalt doch stets in anderer, neuerWeise zu fassen und darzustellen weiß. Mit ihrem Versuch zur Aussonderung und Datierung des Sonderguts der gegenwärtig nicht belegten Kollegien bleibt diese Ausgabe geprägt von der gegenwärtigen überlieferungslage. Wie diese Situation sich in der nächsten Zeit entwickeln werde, ist schlechthin nicht vorauszusehen. Einerseits stimmt es optimistisch, daß binnen wenigerJahre drei neue, bisher unbekannte Quellen der Vorlesung 1827 und zumindest Exzerpte des letzten Kollegs gefunden werden konnten. Andererseits hatte bereits Lasson keine Quelle für das Kolleg 1821, und auch in den nunmehrfast sechzigfahren seit seiner Edition hat sich dies nicht geändert. Wenn deshalb auch nicht zu erwarten steht, daß sich in kurzer Frist Nachschriften oder gar Handschriften Hegels auffinden
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Vorwort des Herausgebers
lassen, die ei11e Revisio11 der vorliegenden Ausgabe e~(ordem, so ist doch hier auch noch diejenige Illusion aufgegeben, die Marheinekes Schlußwort so ausdrückt: So, wie es jetzt ist, muß und wird es bleiben. Im Blick auf die /o selbst willen; er ist dies sich schlechthin Genügende, Unbedingte, Unabhängige, Freie, sowie der höchste Endzweck für sich. Wie der Gegenstand ist, so ist dann ... Die Beschäftigung mit ihm kann keinen anderen Endzweck weiter haben, als ihn selbst; sie ist selbst die freieste, in ihr der Geist entbunden; 35 sie ist es, in der [der] Geist aller Endlichkeit entladen und über alle versichert und bewährt [ist] - die Beschäftigung I [mit] dem Ewigen. Wir müssen und dürfen eben darum selbst ein Leben mit und in dem Ewigen betrachten, und insofern wir dieses Leben empfinden, ein Gefühl desselben zugleich haben, so ist die Empfindung Auflösung 40 alles Mangelhaften und Endlichen; sie ist (Empfindung der) Seligkeit, und nichts anderes unter Seligkeit [zu] verstehen. Weil Gott so das Prinzip und der Endpunkt, Wahrheit von allem undjedem Tun, Beginnen und Bestreben ist ... Alle Menschen haben daher von Gott ein Bewußtsein, von der absoluten Substanz, als der Wahrheit wie 45 von allem, so von ihnen se 1bs t, von allem ihren Sein und Tun, und sehen diese Beschäftigung, Wissen, Fühlen von Gott als ihr höheres Leben, ihre wahreWürde an-als den SonntagRihres Lebens. Die endlichen Zwecke, der Ekel an den beschränkten Interessen, der Schmerz dieses Lebens- wenn auch nur einzelne Momente, so selbst unglückliche Momente- der Kummer, Mühen und Sorgen dieser Sandbank der Zeitlichkeit, das Bedauern, Mitleiden - alles dieses * 31-33 schlechthin ... sich.] W2: In der Religion setzt sichder Mensch in Verhältnis zu dieser Mitte, in welche alle seine sonstigen Verhältnisse zusammengehen, und er erhebt sich damit auf die höchste Stufe des Bewußtseins und in die Region, die frei von der Beziehung auf Anderes, das schlechthin Genügende, das Unbedingte, Freie und Endzweck für sich selber ist. 35 in ihr der Geist entbunden am Rande angeschlossen 40 die Empfindung am Rande angeschlossen 42 und ... verstehen am Rande 42-44 Weil ... ist am Rande mit Verweiszeichen 48 Sonntag] am Rande: Sonntag ot) Schmerz,- so endliche Interessen verschweben ß) Substanz von Allen y) Segnungen ins konkrete Leben 49 der Ekel an am Rande 50-51 wenn ... Momente am Rande
2b.3a
Einleitung (Manuskript)
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fühlt sich wie ein Traumbild verschweben zu einer Vergangenheit; wie die Psyche, die aus den Fluten der Vergessenheit schöpft, und ss ihr anderes zeitliches Wesen zu einem Schein verschwebt, der ihr weder bange macht, noch von dem sie weiter abhängig ist. (Wie wir auf der höchsten Spitze eines Gebirges, von allem bestimmten Anblick des Irdischen entfernt, in den blauen Himmeltms hineinsehen und mit . Ruhe und Entfernung alle Beschränkungen der Landschaften und der 6o Welt übersehen), so ist es mit dem geistigen Auge, daß der Mensch in der Religion, enthoben der Härte dieser Wirklichkeit, sie nur als einen fließ enden Schein betrachtet, der in dieser reinen Region nur im Strahl der Befriedigung und der Liebe seine Schattierungen, Unterschiede und Lichter, zur ewigen Ruhe gemil65 dert, abspiegelt. Es ist dem Menschen in diesem Anschauen und Gefühl nicht um sich selbst zu tun, nicht um sein Interesse, Eitelkeit, Stolz seines Wissens und Begehens, sondern um diesen seinen Inhalt allein- die Ehre Gottes kundzutun und seine Herrlichkeit zu offenbaren. 10 Dies ist die allgemeine Anschauung, Empfindung, Bewußtsein oder wie wir es nennen wollen- der Religion. Ihre Natur zu untersuchen und zu erkennen ist es, was die Absicht dieser Vorlesungen ist.RJ lehR habe diese Erkenntnis zum Gegenstand meiner Vorlesungen 75 machen wollen, zuerst, weil ich es zu keiner Zeit für so wichtig und so sehr für Bedürfnis halte, daß mit dieser Erkenntnis wieder Ernst gemacht werde, und dasnähere Interesse und Wichtigkeit der Religionsphilosophie in unserer Zeit liegt aber darin. Denn die Lehre, daß * wir von Gott nichts wissen können, daß wir ihn nicht er-
*
53-56 zu ... ist am Rande mit Verweiszeichen (weder über nicht mehr; von über in) 72-73 Vorlesungen ist.] am Rande: zu allererst - bestimmten Zweck der Religionsphilosophie fassen 72-73 Vor Iesungen ist.] am Rande mit Verweiszeichen: Siehe besonderes Blatt ( d. h. Blatt 3) 74 Ich] darüber mit Verweiszeichen an das vorhergehende Blatt angeschlossen: Zu Religionsphilosophie 75 zuerst am Rande 77-78 und 1 ••• darin zwischen den Zeilen und am Rande
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Einleitung (Manuskript)
3a-3b
kennen können, ist in unseren Zeiten zu einer ganz anerkann- w ten Wahrheit, zu einer ausgemachten Sache geworden-eine Art von Vorurteil-, und wer den Gedanken faßt, versucht, mit der Erkenntnis Gottes sich einzulassen, die Natur desselben denkend zu begreifen, so kann er gewärtig sein, daß man gar nicht einmalacht darauf hat, unddaß ein solcher Gedanke ein längst wider- ss legter Irrtum sei, daß darauf gar nicht mehr zu achten sei. Je mehr sich die Erkennmis der endlichen Dinge ausgebreitet, indem die Ausdehnung der Wissenschaften beinahe ganz grenzenlos geworden ist-alleGebiete des Wissens zum Unübersehbaren erweitert- um so mehr hat sich der Kreis des Wissens von Gott verengt. '>O Es hat eine Zeit gegeben, wo alle Wissenschaft eine Wissenschaft von Gott gewesen ist; unsere Zeit dagegen hat das Ausgezeichnete, von allem und jedem- und zwar einer unendlichen Menge von Gegenständen - zu wissen, nur nichts von Gott. Es hat eine Zeit gegeben, wo [man] das Interesse hatte, den 95 Drang, von Gott zu wissen, seine Natur zu ergründen, wo der Geist keine Ruhe hatte und fand, als in dieser Beschäftigungwo er sich unglücklich fühlte, dies Bedürfnis nicht befriedigen zu können und alles andere Interesse zu erkennen für geringer achtete. UnsereZeithat sich dies Bedürfnis und die Mühe desselben 100 abgetan; wir sind damit fertig geworden. Was Tacitus von den alten Deutschen prädiziert, daß sie securi adversus Deos gewesen, I das * sind wir in Rücksicht des Erkennens wieder geworden- securi adversus Deum. Es macht unserem Zeitalter keinen Kummer mehr, von Gott nichts zu erkennen; vielmehr gilt es für die höchste 1os Einsicht, daß diese Erkenntnis sogar nicht möglich sei. Was die christliche Religion, wie alle Religionen, für das Höchste, das absolute Gebot erklärt- Ihr sollt Gott erkennen-, dies gilt jetzt für eine Torheit. Christus sagt: Ihr sollt vollkommen sein, wie * Euer Vater im Himmel vollkommen ist. Diese hohe Forderung 110 89-90 zum Unübersehbaren erweitert zwischen den Zeilen rmd a111 Rande 91 Wissenschaft am Rande angeschlossen 99 und] Wz: die geistigen Kämpfe, welche das Erkennen Gottes im Inneren hervorruft, waren die höchsten, die der Geist kannte und in sich erfuhr, und
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Einleitung (Manuskript)
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ist der Weisheit unserer Zeit ein leerer Klang; sie hat ein unendliches Gespenst aus Gott gemacht, das fern von unserem Bewußtsein ist, und ebenso die menschliche Erkenntnis zu einem eitlen Gespenst der Endlichkeit, Schemen, Erfüllung der Erscheinung. Wie sollten wir noch das Gebot achten, ihm einen Sinn beilegen- Ihr sollt vollkommen sein, wie Euer Vater im Himmel vollkommen ist-, da wir von ihm, von seiner Vollkommenheit nichts erkennen< Wie soll es uns Gebot [sein], deren Wissen und Wollen so beschränkt und durchaus nur an die Erscheinungen angewiesen ist, und denen dieWahrheitschlechthin ein Jenseits bleiben soll-tmd Gottistdie Wahrheit. Man muß solchen Standpunkt dem Inhalt nach für die letzte Stufe der Erniedrigung des Menschen betrachten, bei welcher er um so hochmütiger zugleich ist, als er sich diese Erniedrigung als das Höchste und als seine wahre Bestimmung erwiesen hat, und nur diese formelle Seite- daß der Mensch selbst durch die Erkenntnis zu dem Resultat [kommt], seine Erkenntnis fasse auf alles andere, nur dasWahre nicht - ist, was noch ein Interesse hat; von dem nachher. Dies das nähere Interesse der Wissenschaft der Religion in unserer Zeit, die aufgegeben ist. Ich erkläre solchen Standpunkt und solches Resultat für schnurstracks entgegen der ganzen Natur der christlichen Religion. Nach ihr sollen wir Gott, seine Natur und Wesen erkennen, und diese Erkenntnis als das Allerhöchste achten. Der Unterschied, ob durch Glauben, Autorität, Offenbarung, oder wie man es nennt, durch die Vernunft - dieser ist hier gleichgültig, denn jene Erkenntnis ist ebenso mit dem Inhalt, den die Offenbarung von göttlicher Natur gibt, fertig geworden, als mit dem Vernünftigen. Es ist aber hier im Interesse der Vernünftigkeit, daß wir diesen Standpunkt näher mit seiner Weisheit zu betrachten haben. Aber wir haben auf ihn, in bestimmterer Rücksicht und Betrachtung auf ihn zurückzukommen, ihn dann ausführlicher zu behandeln. Hier genüge, ihn bemerklich gemacht und erklärt zu haben, daß diese Vorlesungen 121 und wäre denn 128-129 138-144
... Wahrheit.] Wz: Und was, müssen wir weiter fragen, was sonst der Mühe wert zu begreifen, wenn Gott unbegreiflich ist 1 Dies ... ist am Rande Es ... erkennen am linken und unteren Rande mit Verweiszeicheu
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Einleitung (Manuskript)
3b.2b.4a
vielmehr den Zweck haben, das Gegenteil von dem zu tun, was er für das Höchste hält - Gott zu erkennen. Wir haben ihn zunächst auf .. ·I ZunächstR muß dies das bestimmte Bewußtsein über unseren Zweck [sein], daß die Religion in jedem Vorausgesetztes und Vorhandenes- der Stoff ist, den wir nur begreifen wollen; es ist nicht darum zu tun, diese Grundlage hervorbringen [zu] wollen, I sondern sie ist die Sache, die injedem für sich vorhanden sein mußnicht ein der Substanz nach N eues, Fremdes, in den Menschen hineinbringen. Es wäre ebenso, als wenn man in einen Hund Geist hineinbringen wollte, dadurch, daß man ihn geistige Erzeugnisse sehen, oder Witziges fressen oder gedruckte Schriften kauen ließe, oder sowenig man einen Blinden damit sehend machen wollte, daß manihm von Farben vorspräche. Wernicht seine Brustauchaus dem Treiben des Endlichen ausgeweitetundindenreinen Äther der Seele geschaut, ihn genossen, nicht das frohe und ruhige Gefühl des Ewigen gehabt hat, sei es auch nur in der Form der Sehnsucht getrübt, der besäße den Stoff nicht, von dem hier die Rede ist. (Er kann etwa eine Vorstellung davon haben, aber der Inhalt ist nicht seine eigene Sache; es ist ein Fremdes, um das er sich bemüht.) Es kann der Fall sein, daß durch philosophische Erkenntnis der Religion sie im Gemüt geweckt wird und ihr Gefühl in ihm aufgeht, aber ist nicht notwendig; es ist selbst nicht die Absicht der Philosophie; nicht, was man nennt >erbauenUnmöglich< ist darauf gestützt, daß in dem Beobachten des Bewußtseins dergleichen nicht wahrgenommen wird. Es ist darüber zu bemerken, daß Möglichkeit und Unmöglichkeit einen bestimmten Sinn hat; so betrifft solche Bestimmung das Innere, den Begriff eines Gegenstands - das, was der Gegenstand an sich ist überhaupt. Wenn also von Möglichkeit oder Unmöglichkeit gesprochen werden soll, so muß dies entschieden werden durch die Natur des Begriffs selbst. Auf dem Standpunkt des Bewußtseins als beobachtenden, auf diesem Standpunkt des Beobachtens, kann aber nicht von dem Inneren, dem Begriff gesprochen werden, dennjener tut Verzicht darauf, zu erkennen das, was das Innere anbetrifft; er hat nur Idas vor sich, was in das äußere Bewußtsein als solches fällt. Möglichkeit und Unmöglichkeit fallen aber nicht in diese Sphäre. Näher gibt dieser Standpunkt vor, das beobachtende Bewußtsein soll nun endlich gar das sein, woraus der Begriffhervorgehen soll, und möglich nur das, was aus der Erfahrung hervorgeht, unmöglich aber das, was gegen die Erfahrung geht. In dieser Rücksicht muß das gesagt werden, daß das Beobachten sich willkürlich beschränkt auf die Sphäre des endlichen Bewußtseins; in452-458 Wir ... nun,] ähnlich W1; W2: Das negative Verhältnis des Bewußtseins zum Absoluten stützt man auf die Beobachtung. Für das Bewußtsein sei nur Endliches; das Unendliche dagegen sei nur bestimmungslos (an sich damit, wie wir gesehen haben, nur subjektiv), und das Bewußtsein habe nur ein negatives Verhältnis zu demselben. Weil sich, sagt man nun, (Co) 473-475 das1 ... hervorgeht,] ähnlich W1; W2: daß eben, was ist, d. h. was in dieses wahrnehmende Bewußtsein fällt, das sei, was den Maßstab der Möglichkeit und daraus den Begriff dafür abgebe; (Co? Va?)
216
Begriff der Religion (1824)
111-112
dessen gibt es noch andere Sphären, die beobachtet werden können, nicht bloß diese, deren Inhalt nur Endliches gegen Endliches ist; es steht dem Bewußtsein frei, andere Beobachtungen anzustellen in einer anderen Sphäre, worin das affirmative Verhältnis des Bewußtseins zu dem Ammdfürsichseienden enthalten ist. Insofern ist es eine Willkür, hierbei stehenzubleiben, nur das zu beobachten, wodurch nur Endliches gegen Endliches steht, und dies gesetzte Unendliche nichts in der Tat ist als ein Endliches und Subjektives. Nämlich das religiöse Bewußtsein, in Form der unbefangenen Religiosität, der Andacht, oder in der Form der religiösen Erkenntnis kann beobachtet werden, und da gibt sich ein anderes Resultat als der Standpunkt des endlichen Bewußtseins. Dies Beobachten kann angestellt werden an anderen oder an denjenigen, die sich nur auf diesen Standpunkt des endlichen Bewußtseins stellen wollen. Wenn das Erkennen sich beschränkt auf diesen Standpunkt, so kann es wohl sein, daß die religiöse Empfindtmg, das Herz, die Andacht, affirmativer ist als das Bewußtsein an sich; es kann im Herzen mehr I sein als im Bewußtsein, insofern es bestimmt ist, erkennendes, beobachtendes Bewußtsein ist; beides kann unterschieden sein- diese Möglichkeit muß zugegeben werden. Es ist der Standpunkt des Erkennens, und ich muß hier mein Bewußtsein ausgleichen mit dem, was ich als Geist an und für mich selbst bin. Alles, was ich erkenne, was mein Bewußtsein betrifft, das ist in mir selbst enthalten; es muß also, indem diese Möglichkeit zugegeben wird, die Bemerkung gemacht werden, daß die Überzeugung eben, daß der Geist nur ein negatives Verhältnis zum Inhalt- zu Gott- habe, selbst die Empfindung verdirbt, die Andacht ruiniert; die Überzeugung des Bewußtseins, daß es nur ein negatives Verhältnis zu Gott habe, ruiniert die religiöse Empfindung selbst. Denn Denken ist die Quelle, der Boden, auf dem das Allgemeine überhaupt, Gott, ist; das Allgemeine ist im Denken, nur im Denken und für das Denken. Dies Denken, der Geist in seiner Freiheit, liefert den Inhalt der Wahrheit und konkreten Gott; er liefert diesen Inhalt der Empfindung; sein Inhalt ist der Gehalt der Empfindung in Rücksicht auf Religiosität. 4'X}-493 Dies ... so] ähnlich W1; Wz: das beobachtende Subjekt mag nun diesehöheren Formen des Bewußtseins an anderen oder an ihm selbst beobachten. Denn bei der Verkehrtheitjenes Standpunktes (Co? Va?)
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Die empirische Beobachtung
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Wenn wir im denkenden Bewußtsein dies festhalten, daß kein affirmatives Verhältnis zu Gott sei, so geht damit der Empfindung der Inhalt aus- es wird ihr der Stoff genommen; wenn jene Sphäre sich selbst leer macht, sich nimmt diesen Inhalt, so ist auch die Empfindung Iohne Inhalt- ebenso, wie ich mit den Augen nicht sehen kann, wenn kein Licht da ist; wenn das Licht auf diesem Boden weggenommen wird, so kann ich die Empfindung des Sehens nicht haben. Ebenso kann ich keine religiöse Empfindung haben, wenn dieser Inhalt nicht vorhanden ist auf dem religiösen Boden. Wenn der Inhalt auf diesem Boden negiert, von ihm vertrieben wird, so ist das nicht mehr vorhanden, was die Bestimmung der Empfindung abgibt. Wenn daher einerseits zugegeben werden kann, daß in der Andacht mehr darin sein kann als im religiösen Bewußtsein, so könnte das beobachtet werden, und es ist andererseits Willkür oder Ungeschicklichkeit, daß das, was in ihm selbst oder bei anderen vorhanden, nicht beobachtet wird. Eigentlich aber ist diese Willkür, diese Ungeschicklichkeit, hier nicht erst eintretend, sondern wenn nur beobachtet werden soll, so ist damit die Beobachtung auf das Feld der Endlichkeit beschränkt, denn Beobachten heißt, sich zu einem Äußerlichen verhalten, zu einem solchen, das ein Äußeres für mich sein und bleiben soll. Es ist aber nur äußerlich gesetzt; was sich selbst äußerlich ist, das ist das Endliche. Wenn ich mich auf den Standpunkt des reinen Beobachtens stelle, eben damit habe ich solches vor mir, das selbst äußerlicher Gegenstand ist, für sich ist; so ist es das Endliche überhaupt. Das Äußerliche ist eben nicht bloß mir äußerlich; es ist das sich selbst Äußerliche, es ist das Endliche. Ich kann das Denken, auch das spekulative Denken, die Religion, die Philosophie beobachten, aber das Denken ist nur für den I Denkenden selbst; ebenso, wenn ich die Frömmigkeit beobachten will, so ist die Frömmigkeit nur für den Frommen vorhanden; so ist Denken überhaupt nur für den Denkenden, Religion für den Religiösen- d. h. für den, der zugleich das ist, was er beobachtet. Hier ist es der Fall, daß gar nicht bloß beobachtet wird, sondern der Beobachter ist außer dem Gegenstand, in einem Verhältnis, so daß das Beobachtete nicht rein ein Äußeres ist; er
534-536 das 1 •.. Endliche.] W: was dieses Standpunkts wert unddemselben angemessen ist. (No)
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Begriff der Religion (1824)
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ist nicht rein Beobachter, nicht bloß in einem negativen Verhältnis zum Beobachteten. Es folgt nun also, daß, um den Boden der Religion zu finden, wir das abstrakte Verhältnis des Beobachtensaufgeben müssen; wir müssen diesen empirischen Standpunkt verlassen; eben deswegen, weil er nur dieser Standpunkt des Beobachtens ist, so ist es also, daß die Bestimmungen der Reflexion, des Endlichen, die Bestimmungen des Unendlichen setzen; dies ist jedoch selbst nur als ein Negatives gesetzt. Sie geht zwar fort bis zur Forderung, das Endliche als Endliches zu setzen, aber es ist gezeigt worden, daß diese Forderung nur in Beziehung auf das Affirmative sein muß. Hiermit gehen wir zu der Betrachtung des spekulativen Begriffs der Religion über.
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* 5s5
B. Der spekulative Begriff der Religion a) Definition des Begriffs der Religion Den spekulativen Begriff der Religion werden wir betrachten, den Boden - er hat sich schon bestimmt -, auf welchem I die Religion allein zu Hause sein kann. Die Grundbestimmung ist eben das, was wir gesehen haben, ist das affirmative Verhalten des Bewußtseins, welches zugleich nur ist als die Negation der Negation, als das Sichaufheben der Bestimmungen des Gegensatzes - also das Sichaufheben der Bestimmungen dieses Gegensatzes, die von der Reflexion als selbständig, als beharrend genommen werden. Der Boden der Religion ist insofern das, was man das Vernünftige nennt, und dann näher das Spekulative. Die Religion ist aber nicht nur so ein Abstraktes, ein affirmatives Verhalten des Bewußtseins, wie es eben bestimmt ist, zum Allgemeinen überhaupt; die Religion ist nicht nur so diese abstrakte Bestimmung; 556-557 Hiermit ... über.] so auch W1; W 2 : Nachdem sich uns nun aber das Endliche und der Standpunkt der Reflexion aufgehoben hat, sind wir zu dem Standpunkt der unendlichen Beobachtung und des spekulativen Begriffs gelangt, d. h. zu der Sphäre, in welcher sich uns der wahrhafte Begriff der Religion aufschließen wird. (Co? Ed?)
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Spekulativer Begriff
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wäre sie nur so eine abstrakte Bestimmung, so würde aller weitere Inhalt sich außer derselben befinden; oder wenn wir dieses Abstrakte auch ins Gebiet des Wirklichen setzen, so müßte es noch andere Wirk575 lichkeit neben diesem Abstrakten, außer der Religion geben. Denn das affirmative Verhältnis zu dem Allgemeinen, zu dem, was wahr ist, das ist das Verhalten zu Recht, zu Sittlichkeit, das Verhalten zu einem Wahren, zum Wahren überhaupt. Der Standpunkt der Religion ist dann eben dieser überhaupt- das affirmative Verhältnis des 580 Bewußtseins, des Bewußtseins im allgemeinen, daß das Wahre, zu dem das Bewußtsein sich verhält, allen Inhalt in sich befasse, und dies Verhalten des Bewußtseins zu diesem Wahren ist damit selbst sein Höchstes, sein absoluter Standpunkt. Was wir nun gesagt haben, können wir im allgemeinen als Begriff 585 der Religion stehenlassen. In der Philosophie aber ist notwendig, die Notwendigkeit dieses Standpunkts, die Erzeugung I des Begriffs, der hier als Definition hingestellt ist, aufzuzeigen, oder es muß eigens die Stelle gezeigt werden, wo die Notwendigkeit dieses Standpunkts, dieses Inhalts überhaupt liegt, der als Religion ausgesprochen ist. 59o Wir könnten so von der Religion etwas feststellen und beweisen, daß es in unserer Vorstellung so liegt; aber es gibt auch andere V orstellungen von der Religion, und überhaupt kann unsere Vorstellung nicht Maßstab für das sein, was an und für sich selbst wahr sei. Es ist also eben über die Notwendigkeit des Inhalts eine Rechenschaft zu ge595 ben, und es ist dieser Inhalt an sich überhaupt als notwendig aufzuzeigen; ist dies geschehen, so können wir näher sagen »solcher Inhalt ist die Religion« und können unbekümmert sein, ob andere anderen Inhalt, andere Bestimmungen in ihrer Vorstellung finden. Dies tut dann dem, was wir behandeln, keinen Eintrag, denn es ist uns um den Inhalt 600 zu tun, und der Streit könnte nur der sein, ob dies Religion sei oder nicht, was der Vorstellung angehört; der Inhalt aber, der gilt an und für sich selbst, wenn seine Notwendigkeit feststeht. Es ist eine Art Willkür, zu sagen »dies ist Religion«. Es ist nun zunächst Rechenschaft zu geben von dem, was Notwen6os digkeit und das Aufzeigen der Notwendigkeit heißt. Es ist also ein Inhalt, und von dem sagen wir »das ist Religion«. IVon der Notwendigkeit wissen wir so viel, daß, wenn die Notwendigkeit von Etwas aufgezeigt werden soll, von einem Anderen ausgegangen werden muß,
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Begriff der Religion (1824)
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und von diesem Anderen aus kommt man dann durch die Natur dieses Anderen auf einen gewissen Inhalt, und das, was so [auf das] folgt, wovon man ausgeht, ist als Notwendiges bezeichnet. Aber es erhellt, daß, wenn wir von der Religion anfangen wollen, der andere Inhalt hinter uns liegt; das zweite ist, daß, wenn wir so die Notwendigkeit auffassen, so liegt darin die Bestimmung der Vermittlung, und der Inhalt, der dadurch definiert wird, den wir Religion heiBen, erscheint so als vermittelt, als Resultat aus einem Anderen - eine Bestimmung, die einseitig ist und als unpassend erscheint, wenn Religion das Höchste, an sich der erste Standpunkt sein soll, der nicht durch ein Anderes gesetzt ist, schlechthin durch sich selbst gesetzt sein muß; wir verwickeln uns so nach dieser anderen Seite in eine Mangelhaftigkeit; aber diese Mangelhaftigkeit eben dieses Verlaufs, nach welchem die Notwendigkeit als Vermitteltes durch etwas Anderes erscheint, hebt sich auf, indem wir die wahrhafte Notwendigkeit betrachten; oder in der vernünftigen Not J wendigkeit ist es enthalten, daß sie diesen Schein vertilgt, sich zum Affirmativen aufhebt. Es sind hier drei Momente, die wir zu betrachten haben: 1. Die Notwendigkeit als einen Verlauf, wo das, was Religion heißt, die Stellung erhält, von anderem Inhalt herzukommen, gesetzt zu sein. 2. Daß eben die Einseitigkeit dieses Verhältnisses, dieserWeise der Notwendigkeit- daß eben die Religion sei ein solches, das von einem Anderen herkomme - gezeigt wird als sich aufhebend, wodurch dies hervorgeht, daß das, was wir als Notwendigkeit bestimmt haben, daß es ein Setzen sei aus einem Anderen, daß dieser V er lauf innerhalb der Religion selbst enthalten ist. 3. [Drittens] sind die Bestimmungen dieser Formen innerhalb der Religion selbst zu bemerken. Wenn der Begriff der Religion noch weiter festgesetzt werden soll, so ist vorher noch zu bemerken außerdem dasjenige, daß dieser Begriff der Religion aber auch selbst- weil wir gesagt haben, daß die Notwendigkeit der Religion innerhalb ihrer selbst fällt, so ist es auch innerhalb ihrer selbst, daß dieser Begriff- innerhalb ihrer selbst sich erzeugen wird, und daß der Schluß der Religion, die wahrhafte Religion, die ist, die das Bewußtsein ihrer selbst hervorbringt - die das, was die Religion ist, zu ihrem Gegenstand hat.
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Spekulativer Begriff
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Es soll der Begriff der Religion ausgesprochen werden. Die Religion ist ein Bewußtsein des absolut allgemeinen Gegenstands. Aber, wenn wir bisher den Ausdruck >Bewußtsein< gebraucht haben, so drückt >Bewußtsein< nur die Seite I der Erscheinung des Geistes aus. Insofern ich ein Bewußtsein habe, so bin ich das Verhalten zu einem Gegenstand; ich bin so als Verhältnis bestimmt; der Geist ist aber wesentlich dies, nicht bloß im Verhältnis zu sein, d. h. eine Beziehung zweier Seiten. In das Bewußtsein fällt das Endliche; hier bin ich das Wissende, das Subjekt, was an sich der Geist ist; die andere Seite, das Objekt, bleibt darin selbständig drüben stehen. Der Geist ist nicht nur in der Weise des Verhältnisses, hat nicht bloß die Form des Bewußtseins, und eben, insofern abstrahiert wird von diesem Verhältnis, so sprechen wir vom Geist, und das Bewußtsein fällt dann als Moment in das Sein des Geistes. Also es ist vom Geist, daß wir den Ausdruck >Geist< gebrauchen wollen statt >Bewußtsein