Von Stein zu Hardenberg: Dokumente aus dem Interimsministerium Altenstein/Dohna [Reprint 2022 ed.]
 9783112619469, 9783112619452

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN DER DDR Schriften des Zentralinstituts für Geschichte Band 54

Von Stein zu Hardenberg Dokumente aus dem Interimsministerium Altenstein/Dohna herausgegeben von

Heinrich Scheel und Doris Schmidt bearbeitet von

Doris Schmidt

Akademie-Verlag • Berlin 1986

Erschienen im Akademie-Verlag Berlin, D D R - 1086 Berlin, Leipziger Str. 3—4 © Akademie-Verlag Berlin 1986 Lizenznummer: 202 • 100/250/86 Printed in the German Democratic Republic Gesamtherstellung: V E B Druckerei »Gottfried Wilhelm Leibniz «, 4450 Gräfenhainichen • 6407 Einbandgestaltung: Martina Bubner L S V 0265 Bestellnummer: 753 162 6 (2083/54) 09000

Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Herausgeber

V

Aktenstücke vom November 1808

1

Aktenstücke vom Dezember 1808

7

Aktenstücke vom Januar 1809

82

Aktenstücke vom Februar 1809

117

Aktenstücke vom März 1809

154

Aktenstücke vom April 1809

221

Aktenstücke vom Mai 1809

253

Aktenstücke vom Juni 1809

314

Aktenstücke vom Juli 1809

344

Aktenstücke vom August 1809

376

Aktenstücke vom September 1809

392

Aktenstücke vom Oktober 1809

452

Aktenstücke vom November 1809

465

Aktenstücke vom Dezember 1809

493

Aktenstücke vom Januar 1810

504

Aktenstücke vom Februar 1810

527

Aktenstücke vom März 1810

559

Aktenstücke vom April 1810

632

Aktenstücke vom Mai 1810

705

Aktenstücke vom Juni 1810

764

Literaturnachweis

807

Personenregister

809

Ortsregister

817

Vorwort der Herausgeber

Mit dem vorliegenden Bande wird das vor mehr als einem halben Jahrhundert konzipierte und auch begonnene Unternehmen, die preußische Reformzeit von Stein bis Hardenberg quellenmäßig aufzubereiten, wieder ein Stück vorangebracht. Zur Verwaltungs- und Behördenreform war 1931 von Georg Winter ein erster und einziger Quellenband erschienen, der sich ausschließlich auf den Komplex der Oberbehörden beschränkte und auch nur die Vorgeschichte der eigentlichen Reformzeit erfaßte, da er bei der Wiederberufung Steins im Oktober 1807 abbrach. 1 Seine Edition blieb also ein bloßer Auftakt, der zwar nach wie vor nützlich und aktentechnisch vorbildlich ist, aber dringend nicht nur nach Fortsetzung, sondern in konzeptioneller und methodischer Hinsicht auch nach Veränderung verlangte. Beides erfolgte in den Jahren 1966 bis 1968 in Gestalt der dreibändigen Quellenpublikation „Das Reformministerium Stein", für die als Herausgeber Heinrich Scheel und als Bearbeiter Doris Schmidt verantwortlich zeichneten.2 Diese Edition setzte zeitlich dort ein, wo die Winters endete; in konzeptioneller Hinsicht jedoch unterschied sie sich gründlich von dieser. Nicht mehr allein die Reform der Oberbehörden war ihr Gegenstand, sondern die Gesamtheit der Verwaltungs- und Verfassungsentwicklung, so daß weder die Unterbehörden ausgespart noch die prinzipiellen Verfassungsfragen vernachlässigt werden durften, wie sie etwa in den Steinschen Volksvertretungsplänen Gestalt gewannen oder im Gefolge so grundsätzlicher Veränderungen wie des Oktoberedikts oder auch der Städteordnung, ja selbst der Steuergesetzgebung auftraten, die zudem besonders nachdrücklich daran erinnerte, daß das siegreiche bürgerliche Frankreich mit seinen Forderungen dabei allgegenwärtig war. Diese auf eine komplexe Betrachtungsweise orientierte Konzeption hatte auch methodi_ 1

Die Reorganisation des Preußischen Staates unter Stein und Hardenberg. 1. T e i l : Allgemeine VerwaltungsLeipzig 1931

und

(Publikationen

Behördenreform, hg. von Georg Winter,

Bd. l ,

aus den Preußischen Staatsarchiven, B d . 93. A l s

B d . 94 erschien 1938 der 1. Band eines 2. Teils, hg. von Rudolf Vaupel, unter dem Titel: D a s Preußische Heer v o m Tilsiter Frieden bis zur Befreiung 1807—1814, brach jedoch bereits mit Dezember 1808 gleichfalls ab). 2

Das Reformministerium Stein. A k t e n zur Verfassungs-und Verwaltungsgeschichte aus den Jahren 1807/08, hg. von Heinrich

Scheel, bearb. von Doris Schmidt, B d . 1,

Berlin 1966; B d . 2, Berlin 1967; B d . 3, Berlin 1968 (Deutsche Akademie der W i s senschaften zu Berlin, Schriften des Instituts meine und Deutsche Geschichte, Bd. 31/A/B/C).

für

Geschichte, Reihe I :

Allge-

VI

Vorwort

sehe Konsequenzen: Um die Entstehung, Beeinflussung, Abwandlung wesentlicher Reformideen in negativer wie in positiver Richtung bis zur Realisierung in Gestalt abschließender Verordnungen verfolgen zu können, wurden in starkem Maße auch umfangreiche Vorarbeiten, Entwürfe, Notizen, Gutachten, Promemorien, Instruktionen, selbst Marginalien zur Dokumentation des Gesamtvorgangs herangezogen Die dreibändige Quellenpublikation von 1966/68 deckte die Zeit ab von der Berufung Steins zum leitenden Minister Anfang Oktober 1807 bis zu dessen Entlassung Ende November 1808; ein Anhang von lediglich acht Dokumenten wies die Richtung, die die von Stein eingeleitete Reform der obersten Staatsbehörden bis zum Oktober 1810 nahm. Die Konzentration auf diesen kurzen Zeitabschnitt von 1807/08 rechtfertigte den damals gewählten Titel: „Das Reformministerium Stein". Der nunmehr vorgelegte neue Band verfolgt den Reformprozeß in der Zeit zwischen der Entlassung Steins und dem Amtsantritt Hardenbergs, also von Ende November 1808 bis zum Juni 1810, als die Leitung der Staatsgeschäfte in den Händen von Altenstein und Dohna lag; dementsprechend wurde der Titel: „Von Stein zu Hardenberg. Dokumente aus dem Interimsministerium Altenstein/Dohna" festgelegt. Die Edition stützt sich vornehmlich auf Archivmaterial, das vorzugsweise den Akten des preußischen Innenministeriums, des Finanzministeriums, des Justizministeriums, des Geheimen Zivilkabinetts und des Staatsministeriums entnommen, aber auch in Nachlässen gefunden wurde, von denen hier insbesondere die von Altenstein, Hardenberg und Friedrich Wilhelm III. zu nennen wären. Für die ausgiebige Benutzungsmöglichkeit gilt der Dienststelle Merseburg des Zentralen Staatsarchivs besonderer Dank. Die Fülle des Materials schloß Vollständigkeit aus und erforderte Beschränkung auf eine zweckentsprechende Auswahl. Hierbei waren Ausklammerungen besonders dann vertretbar, wenn zu einzelnen Bereichen bereits Dokumenten Veröffentlichungen vorlagen. Die Prinzipien, die sich bei der dreibändigen Quellenpublikation „Das Reformministerium Stein" bewährt haben, gelten auch für die vorliegende Edition. Das bedeutet nicht nur die Berücksichtigung der von J . Schultze entwickelten Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei der Herausgabe von Quellen zur neueren Geschichte3, sondern auch und vor allem die Vorlage der Quellen in textkritischer Bearbeitung. Es werden also nicht nur die Endfassungen der Vorgänge in Form von Ausfertigungen oder anderweitigen Reinschriften geboten, sondern auch gegebenenfalls — ausgehend vom Konzept — die einzelnen Entwicklungsstadien verdeutlicht. Diese Methode verlangt die Einbeziehung aller wesentlichen Veränderungen; bei guter Kenntnis der verschiedenen Handschriften können selbst Marginalien wichtige Auskünfte über den Personenkreis geben, der zu einer bestimmten Zeit an der Erarbeitung eines bestimmten Vorganges beteiligt war. Aus der textkritischen Bearbeitung der Quellen ergibt sich, daß dem Fußnotenapparat in der vorliegenden Edition ein beträchtlicher Eigenwert zukommt. Wo 3

Schultze, Johannes: Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei der Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte. In: Blätter für deutsche Landesgeschichte, Neue Folge des Korrespondenzblattes, 98. Jg., 1962, S. 1 ff.

Vorwort

VII

Kürzungen unumgänglich waren oder Platzmangel den gänzlichen Wegfall eines Aktenstücks gefordert hätte, bietet dieser Apparat zudem Raum für knappe Zusammenfassungen. Außerdem macht er es möglich, Sachzusammenhänge wiederherzustellen, die durch die chronologische Reihenfolge, in der die Dokumente gebracht werden müssen, zwangsläufig und oft mehrfach auseinandergerissen wurden: Durch Vor- und Rückverweise in den Anmerkungen werden die Querverbindungen zwischen den einzelnen Dokumenten hergestellt, sofern sich dies als nützlich oder gar als unumgänglich erweist. Ein Personen- und ein Ortsregister dienen der weiteren Erleichterung der Benutzung des vorliegenden Bandes, der insgesamt 279 Stücke umfaßt. Die vorgelegte Edition hilft, eine echte Wissenslücke auszufüllen, die sich störend zwischen das Reformministerium Stein und die Staatskanzlerschaft Hardenbergs schiebt, über deren beider Reformtätigkeit sehr viel gründlichere Kenntnisse vorhanden sind. Die Tatsache, daß dem Interimsministerium unter Altenstein und Dohna solche augenfälligen Glanzleistungen wie beispielsweise Steins Oktoberedikt oder Hardenbergs Judenemanzipation zu fehlen scheinen, verführt den Historiker, seine Aufmerksamkeit in der Regel bei der gerade noch an Steins Entlassungstag vom König vollzogenen Verordnung, die obersten Verwaltungsbehörden betreffend, enden und erst wieder bei den Edikten unter Hardenbergs Regie einsetzen zu lassen. Das Ergebnis spiegelt sich in den durchgehend dürftigen Ausführungen wider, die sich über das Ministerium Altenstein/Dohna in der einschlägigen Literatur sowohl bürgerlicher als auch marxistischer Provenienz finden. Die Geschichtswissenschaft der DDR bringt zwar in der Tat seit den siebziger Jahren der preußischen Reformperiode wieder ein gesteigertes Interesse entgegen, aber es schlägt sich weniger in der konkreten Forschung nieder, sondern bewegt sich hauptsächlich im Rahmen theoretischmethodologischer Erörterungen über ihren historischen Standort und Stellenwert. Eine vertiefte Quellenkenntnis gerade auf der gekennzeichneten Durststrecke von 1808 bis 1810 ist auch unter diesem Gesichtspunkt eine erwiesene Notwendigkeit. Schon ein erster Blick in die dargebotenen Materialien macht deutlich, daß die Erbschaft Steins kein Ruhepolster abgab, sondern nach rastloser Tätigkeit verlangte. Eine bei seiner Entlassung noch vom König durch Abzeichnung vollzogene Verordnung war das eine, ihre Durchsetzung in der Praxis das andere; umgekehrt basierten so manche von Altenstein und Dohna bewirkten Verfügungen auf Vorarbeiten, die lange vor ihrer Zeit geleistet worden waren. Beides, die Durch- und Weiterführung des Reformwerks allen Anfeindungen zum Trotz, war ihr historischer Auftrag. Die Gegner witterten Morgenluft und taten das Ihre, um nach der Entlassung Steins auch dessen Parteigänger zu diskreditieren. Die Unsicherheit im Hinblick auf die weitere Entwicklung war allgemein und zog sich bis in den Dezember 1808 hin. Ein Mann von der Charakterstärke und Willenskraft Steins stand kaum zur Verfügung und paßte auch nicht mehr in die nach und durch seinen Sturz veränderte politische Landschaft. Daraus eiklärt sich die bemerkenswerte Tatsache, daß das erste Stück des vorliegenden Bandes die Ernennung Beymes, des einstigen Kabinettrates und Widersachers Steins, zum Großkanzler mitteilt und diese Ernennung sogar auf einen Vorschlag Steins zurückging, der Beyme wenigstens als kräftigen Mann

VIII

Vorwort

schätzte. Das Mittelmaß mit Altenstein und Dohna an der Spitze der Geschäfte dominierte. Immerhin gelang es, mit der Bestätigung Sacks im Oberpräsidentenamt für die Marken und Pommern und in der Leitung der Kontributionsangelegenheiten ein Zeichen zu setzen, das den Sieg über die kabalierende Fronde der Reformgegner um Voß anzeigte. Die weiteren Ernennungen bei der Bildung des neuen Ministeriums bekräftigten die Absicht zur Weiterführung der Reformvorhaben. Die Gangart jedoch war von Anfang an viel bedächtiger. Das begann bereits mit reduzierenden Modifikationen der noch am 24. November vollzogenen grundlegenden Verordnung über die veränderte Verfassung der obersten Verwaltungsbehörden. Das Kernstück des Planes, die Bildung eines Staatsrates, wurde von vornherein ausgesetzt, solange Hof und Behörden räumlich voneinander getrennt waren. Daß solche Trennung die Verwaltungstätigkeit beeinträchtigte, steht außer Frage — wenngleich der daraus resultierende besonders rege Schriftverkehr vor allem zwischen Berlin und Königsberg der historischen Forschung wiederum zugute kommt. Dennoch blieb der faktische Stillstand auf dem Gebiet der Oberbehördenorganisation kritikwürdig; an dringenden Hinweisen auf die lähmenden Folgen fehlte es ebensowenig wie an Vorschlägen zur Verbesserung dieses interimistischen Zustandes. Die Bemühungen um den Aufbau der Instanzen auf dem Gesetzgebungssektor illustrieren besonders eindrucksvoll die Schwierigkeiten, die das Fehlen des Staatsrates bereitete. Andererseits gibt gerade hier die Fülle der Dokumente auch einen Einblick in die bewundernswerte Intensität der Anstrengungen einzelner, trotz der ungünstigen Bedingungen dennoch Sinnvolles zustande zu bringen. Die zweckmäßigsten Überlegungen fanden ihre Fixierung in den Vorschlägen zur Einrichtung der Gesetzgebungssektion, der Gesetzkommission und der Oberexaminationskommission. Zur Ausfertigung gelangte der noch vor der Ablösung des Ministeriums eingereichte Entwurf des Einrichtungsplans für die Gesetzkommission allerdings erst kurz nach Hardenbergs Amtsantritt in einer den veränderten Verhältnissen angepaßten Fassung. Bei seiner Zurückhaltung gegenüber dem Bereich der Oberbehörden suchte das Ministerium den Ausgleich in verstärkten Aktivitäten auf dem Felde der Unterbehördenorganisation. So trat schon kurz nach der Amtsübernahme die umfangreiche Verordnung in Kraft, die die schwerfälligen Kriegs- und Domänenkammern in „Regierungen" als Zentren der inneren Staatsverwaltung für die zu ihrem Wirkungskreis gehörenden Distrikte umzubilden unternahm. 54 Paragraphen umfassen diese Bestimmungen, die noch durch eine ausführliche Geschäftsinstruktion ergänzt werden. Die Ursprünge der Überlegungen, die hier Gestalt gewannen, lagen natürlich schon in der Ära Stein, aber ihr Abschluß kam erst unter seinen Nachfolgern zustande, und zwar nach mehrfacher Überarbeitung, wie die revidierten Reinkonzepte beweisen. Weitere Ergebnisse in diesem Sachzusammenhang bestanden in der Einrichtung der Kreis Verwaltungsbehörden, der Gemeinde Verfassung auf dem Lande, der Organisation des Polizeiwesens und der Schaffung einer entsprechenden Gendarmerie. Auf der gleichen Ebene bewegten sich die Überlegungen und Maßnahmen, die im Gefolge wesentlicher noch unter Stein abgeschlossener Reformgesetze wie der Städteordnung oder des Oktoberedikts notwendig wurden. Mit der allmählichen

Vorwort

IX

Einführung der Städteordnung stellte sich im Rahmen des Bürgerrechts das Problem der Minderheiten: Es wurden Schritte nötig zur Einbeziehung der französischen Kolonie, zur Vermeidung der Benachteiligung katholischer Bürger und zur Regulierung der Verhältnisse der Judenschaft. Das Ministerium beschäftigten nicht selten Divergenzen in der Interpretation dieser Gesetze. Bei den Magistratswahlen gab es sowohl Widerspenstigkeit in der Bevölkerung, die eine zusätzliche finanzielle Belastung durch die Selbstverwaltung befürchtete, als auch Bürgerversammlungen, die ein weitergehendes Mitspracherecht als vorgesehen in Anspruch nahmen. Das Oktoberedikt bedurfte noch regelrechter Nachfolgeverordnungen, um seinen Geltungsbereich auf das ganze damalige Preußen auszudehnen, denn die unter Stein im Februar 1808 erlassene Zusatzverordnung bezog sich lediglich auf Ostpreußen, Litauen und Westpreußen. Für die übrigen Landesteile folgten die entsprechenden Verordnungen erst unter Altenstein und Dohna, nämlich im März 1809 für Schlesien und im Januar 1 8 1 0 für die Kurmark, die Altmark und Pommern. Noch gravierender als bei der Einführung der Städteordnung waren die Divergenzen bei der Auslegung des Oktoberedikts, denn den protestierenden Eingaben konservativer Gutsbesitzer und entsprechender Handhabung des Edikts durch sie standen bäuerliche Vorstellungen gegenüber, die alle Dienste aufgehoben wähnten, so daß mancherorts Unruhen ausbrachen. Aus solchen Erfahrungen erwuchsen die Vorschläge zur Einrichtung eines offiziellen Regierungsblattes, das — unabhängig von der Kanzelverkündigung — eine ordnungsgemäße Bekanntgabe aller Verfügungen mit den notwendigen Erläuterungen sichern sollte. Die Aufgabe, die das Ministerium am schwersten drückte, eindeutigen Vorrang hätte und dabei auch im wahrsten Sinne des Wortes notgedrungen so manche progressive Maßnahme unumgänglich machte, bestand in der Beschaffung von Geldmitteln, um die französische Kontribution abzuzahlen. In seinem Immediatbericht von Ende Dezember 1808 über den Finanzzustand des Staates bezifferte Altenstein die Kontribution mit 120 Millionen Francs, die unter Berücksichtigung notwendiger Zinszahlungen und der Kursschwankungen etwa 35 Millionen Taler bedeuteten und innerhalb von 30 Monaten, also bis Mai 1810 zu begleichen waren. Gleichzeitig konstatierte Altenstein, daß die Kassen größtenteils leer, der anstehende Januar-Kontributionstermin nicht gedeckt und zur Aufbringung der folgenden Termine nicht einmal ein fester Plan entworfen war. Die Notlage drängte zum Vollzug des Hausgesetzes über die Veräußerlichkeit der Domänen. Der Geheime Seehandlungsrat Niebuhr war im besonderen um holländische Anleihen bemüht, aber selbst in Paris und auch in anderen deutschen Staaten wurde in dieser Sache angeklopft. Der Geldbeschaffung diente die Wiederherstellung der Tresorscheine als bares Zirkulationsmittel, das Gesetz über Zinsen, die Änderung der Lotterieverfassung, das Silberedikt, das den Ankauf von Gold- und Silbergerät durch die Münzämter und eine Besteuerung dieser Edelmetalle und der Juwelen vorsah. Eine neue Steuergesetzgebung blieb in Ansätzen stecken; der Versuch, die in Ostpreußen praktizierte Einkommensteuer, die alle ohne Ausnahme heranziehen und zur Tilgung der Kriegsschuldenlasten dienen sollte, in sämtlichen Provinzen einzuführen, scheiterte beispielsweise in Schlesien am Widerstand des Adels. Finanzfragen waren es auch, die im Mai 1809 die Einberufung des Ostpreu-

X

Vorwort

ßischen Generallandtages veranlaßten, der über das Kreditsystem zu beraten hatte und die vom König sanktionierte Inkurssetzung der Domänenpfandbriefe sabotierte. Ein damit verbundener Ständischer Landtag, der die Deputierten der Landeigentümer und der Städte vereinte und über die Beiträge zu den Versorgungskosten der Festungen verhandelte, warf bei dieser Gelegenheit das Problem der landständischen Repräsentanz in den Regierungskollegien auf. Die Beschwerde der Köllmer über die unzureichende zahlenmäßige Vertretung ihres Standes im Verhältnis zu der des Adels illustriert, daß und wie nunmehr Fragen einer grundsätzlichen Reform der Repräsentation aller Staatsbürger in den Vordergrund traten. Selbst die Presse schaltete sich in diese Diskussion ein. Als ein nennenswertes Ergebnis dieser Überlegungen kann der Ediktentwurf des Staatsrates Koehler von Ende September 1809 gelten, der eine zweckmäßigere Repräsentation der Staatsbürger in der preußischen Monarchie formulierte. In diesem Zusammenhang ist auch auf die intensiven reformerischen Aktivitäten zu verweisen, die der Gesetzkommission galten, deren angestrebte Umgestaltung nämlich die Klärung der Repräsentationsfrage zur Voraussetzung hatte. Denn in dem bereits erwähnten Entwurf des Einrichtungsplans der Gesetzkommission wurde ein Weg vorgezeichnet, der über Kompetenzausweitung und Einschaltung nichtbeamteter Deputierter zu einem Abbau monarchischer Machtvollkommenheit und zu wachsender Einflußnahme der Bürger auf die Gesetzgebung, mithin also auf den Staat hinleiten sollte. Wenn weiter oben von augenfälligen Glanzleistungen die Rede war, die Stein oder auch Hardenberg vorweisen konnten, aber das Interimsministerium Altenstein/Dohna zu entbehren schien, so ist die Reform des Bildungswesens durchaus geeignet, eine solche Vorstellung bis zu einem gewissen Grade zu korrigieren. Denn das unverrückbare Fundament für diese Reform wurde durch Wilhelm von Humboldt in seiner sechzehnmonatigen Amtszeit gelegt, die er von Februar 1809 bis Juni 1810 als Geheimer Staatsrat und Direktor der Sektion für Kultus und Unterricht in dem von Dohna geleiteten Innenministerium verbrachte. Während der allgemein pädagogischen und nationalpolitischen Bedeutung dieser Leistung schon immer gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist die verfassungspolitische Seite, die dieser Erziehungs- und Unterrichtsreform eigen ist, meist vernachlässigt worden. Humboldts Bildungsidee entwickelte sich in zunehmendem Maße zu einem bestimmenden Element einer Staatsidee, in der die staatliche Kulturhoheit eine Doppelfunktion innehatte: Zum einen garantierte sie gegenüber konfessioneller und ständisch-feudaler Bevormundung die Freiheit im Bildungswesen, und zum anderen bediente sie sich dieses Bildungswesens zum Aufbau eines bürgerlichen Verfassungsstaates. Alle Ausbildungsstätten — von den Elementarschulen über die Gymnasien bis zu den Universitäten — waren als öffentliche Bildungsanstalten zu organisieren, die von Gemeinde oder Staat errichtet, verwaltet und geleitet werden und für jedermann zugänglich sein sollten. Mit solcher Verstaatlichung des Bildungswesens bekannte sich Humboldt zur Nationalerziehung durch den Staat, die jedoch nicht zu einer Erziehung für den Staat eingeengt werden durfte, denn die Staatlichkeit des Bildungswesens mußte mit der Autonomie von Bildung und Erziehung vereinbar bleiben. Selbstverständlich war am Ende der bürgerliche Klassenstaat mit diesen

Vorwort

XI

humanistischen Vorstellungen Humboldts auf keinen gemeinsamen Nenner zu bringen. Aber noch bevor dieser Antagonismus zutage treten konnte, stieß sich Humboldt schon an der Bevormundung wund, die ihm selbst widerfuhr. Humboldt kann als ein Musterbeispiel dafür gelten, wie selbst unter Altenstein und Dohna in wesentlichen Teilbereichen bei Tatkraft der Leitung und Harmonie im Mitarbeiterkreis durchaus Fortschritte erreichbar waren, aber angesichts der mangelnden Festigkeit der obersten Instanzen schwere Enttäuschungen unvermeidlich blieben. J e länger je mehr empfand Humboldt seine Selbständigkeit durch den vorgesetzten Minister eingeengt. Als dann noch eine Verfügung das volle Stimmrecht der Geheimen Staatsräte im künftigen Staatsrat beschränkte und das Staatsministerium sich zu einer Instanz zu entwickeln drohte, die sich zwischen die Sektionen und den König schob, reichte Humboldt sein Entlassungsgesuch ein. E r stand nicht allein mit seiner Ablehnung dieser Aushöhlung des Staatsrates, wie ihn Stein konzipiert hatte, und er war auch nicht der einzige energievolle Beamte, der in zunehmender Ernüchterung und mit Bedauern über die kraftlose Leitung des Staates von seinem Posten zurücktrat oder zumindest zurückzutreten erwog. Diese offene Form der Mißbilligung war ein besonders deutlicher Ausdruck für die zunehmende Krisis des Ministeriums Altenstein/Dohna. Den letzten Stoß versetzte Hardenberg dem Ministerium, der dessen Ratlosigkeit, mit dem Problem der Kontributionszahlungen fertig zu werden, rücksichtslos ausnutzte. Die Brisanz dieser Frage hatte sich gewaltig gesteigert, als Napoleon im März 1810 die unverzügliche Begleichung der Kontributionsrückstände forderte. Immerhin hatte das Ministerium in einem Immediatbericht noch Mitte Juli 1809, also nach Wagram und dem französisch-österreichischen Waffenstillstand, dringend um eine feste Entschließung des Königs nachgesucht, die sich unzweideutig in der Parteinahme für Österreich gegen Frankreich äußern sollte. Schon bei Ausbruch des Krieges und in der stillen Hoffnung auf die Beteiligung Preußens an Österreichs Seite hatte man in Paris die Unmöglichkeit weiterer Zahlungen erklärt und nur noch ganz geringe Summen überwiesen, um damit den angeblich guten Willen zu demonstrieren. Von dem unentschlossenen preußischen König eine feste Entschließung zu erwarten erwies sich jedoch als ein Unding. Spätestens nach dem Wiener Frieden mußten die Zahlungen wieder aufgenommen, aber immer noch relativ klein gehalten werden, um die Zurückhaltung bei Kriegsbeginn nicht als vorbereitende Kriegsmaßregel zu verraten. Als Napoleon nun auftrumpfte, war die Sorge groß und die Ratlosigkeit noch größer. Dabei hatte Altenstein so unrecht nicht, wenn er in seiner Denkschrift vom April 1810 sich dagegen wehrte, das Schwankende und Ungewisse in der preußischen Politik vom Finanzwesen, das er zu verantworten hatte, herzuleiten. Dennoch bleibt die völlige Hilflosigkeit des Ministeriums seit dem März i 8 i o eine unbestreitbare Tatsache. Sie äußerte sich besonders sinnfällig in der Bereitschaft, eine bloße Andeutung aus Paris nicht nur in Erwägung zu ziehen, sondern sofort aufzugreifen und dem König die Abtretung eines Teils von Schlesien oder der ganzen Provinz als Möglichkeit zu unterbreiten, sich auf diese Weise von den Kontributionszahlungen loszukaufen. Es erscheint mehr als fraglich, ob ausgerechnet der Erwerb Schlesiens überhaupt in Napoleons Konzept gepaßt

XII

Vorwort

hätte, der verwandtschaftliche Beziehungen zum Hause Habsburg zu knüpfen gedachte und keine neue Beunruhigung Österreichs brauchen konnte. Die Abtretung war überdies auch eine arge Zumutung für Friedrich Wilhelm III., der um so bereitwilliger das Ohr seinem Oberkammerherrn, dem Fürsten SaynWittgenstein, lieh, der mit einem eigenen Finanzplan ohne territoriale Abtretungen aufwartete. Wittgenstein war alles andere als ein Fachmann auf diesem Gebiet, und sein Plan war auch abenteuerlich genug, aber er konnte sich auf eine Denkschrift Hardenbergs vom Vorjahr berufen, der auf diese Weise wieder ins Spiel kam. Wittgensteins Finanzplan wurde Gegenstand heftigster Kontroversen, die die Stellung Altensteins und des gesamten Ministeriums untergraben halfen. Hardenberg erhielt den königlichen Auftrag, nicht nur Wittgensteins Plan zu begutachten, sondern auch die Finanzplanung Altensteins. Ende Mai 1810 legte er in einem Immediatbericht mit seinen kritischen Bemerkungen zu Altenstein zugleich einen Gegenplan vor, der ihm den Weg an die Spitze der Staatsgeschäfte öffnete. Selbst Napoleon, der noch in Tilsit auf Hardenbergs Entfernung aus preußischen Diensten bestanden hatte, stimmte dieser Lösung zu, weil zügige Kontributionszahlungen versprochen wurden. Am 6. Juni 1810 zeigte Hardenberg dem König die Übernahme der Geschäfte an, nachdem zuvor die wichtigsten Mitglieder des Ministeriums Altenstein/Dohna ihre Entlassungen erhalten hatten; andere kamen selbst um ihre Entlassung ein wie beispielsweise Niebuhr, weil er darum wußte, „daß in einem Staat, wie der unserige jetzt ist, auch das Gute nur durch Intrigen oder durch Koalitionen mit dem Bösen eingeleitet werden kann [. . ,]" 4 Die vorliegende Publikation dient nicht anders als die voraufgegangene dreibändige über das Ministerium Stein der Quellenaufbereitung zur Erforschung des Prozesses, den Friedrich Engels als den Beginn der bürgerlichen Revolution in Preußen charakterisierte, eines Prozesses, dem über den territorialstaatlichen Rahmen hinaus gesamtnationale Bedeutung zuwuchs. Die grundsätzlichen Ausführungen, die 1966 im Herausgebervorwort des ersten Bandes dazu gemacht wurden 5 , gelten darum auch uneingeschränkt für den Zeitabschnitt, den die vorliegende Publikation umfaßt. Eine Wiederholung dieser Darlegungen ist mißlich, und eine knappe Zusammenfassung ist bei der schon damals angestrebten sehr konzisen Form der Darstellung nicht möglich. Unabdingbar jedoch ist der Hinweis auf den Meinungsstreit unter einigen marxistischen Historikern, der im Juni 1981 auf dem aus Anlaß des 150. Todestages des Freiherrn vom Stein in Berlin veranstalteten Kolloquium ausgetragen wurde. 6 Es ging dabei vornehmlich um den Begriff der Revolution von oben, dessen Anwendbarkeit auf 4

Barthold Georg Niebuhr an seinen Vater Karsten Niebuhr, Berlin, den 10. 4. 1810. I n : Briefe Barthold

Georg und Amalie Niebuhrs an Dore Hensler und Karsten

Niebuhr 1806—1814, hg. von Heinrich. Meisner, stock, Berlin

1911,

Erich Schmidt und Eugen

Rosen-

S. 59 (Mitteilungen aus dem Literaturarchive in Berlin, N F ,

Bd. 4). 5 6

Das Reformministerium Stein, a. a. O., B d . 1, S. V I I — X V I I . Preußische Reformen — Wirkungen und Grenzen. A u s Anlaß des 150. Todestages des Freiherrn v o m und zum Stein. I n : Sitzungsberichte der Akademie der W i s senschaften der D D R , hg. von Heinrich Scheel, Jg. 1982, Nr. l / G , Berlin 1982.

XIII

Vorwort

die preußischen Reformen von den einen bestritten und von den anderen verteidigt wurde. In dem oben erwähnten Herausgebervorwort von 1966 ist im Anschluß an Ernst Engelberg, der in seiner Einleitung zur Neuausgabe des Clausewitz schon 1957 in den preußischen Reformen „ein Musterbeispiel einer bürgerlichen Revolution von oben" erkannte 7 , dieser Begriff als durchaus adäquat ungescheut genutzt worden. Etwa ein Jahrzehnt später meldete Walter Schmidt beiläufig Bedenken an8, auf die er 1978 erneut verwies und 1979 schon etwas ausführlicher zurückkam. 9 Helmut Bock, der sich diese Bedenken zu eigen machte, übte dann 1980 auf einem Clausewitz-Kolloquium in Potsdam die bis dahin massivste Kritik an dem Gebrauch des Begriffs für die Reformzeit. 10 Es versteht sich, daß die Möglichkeiten, die im Jahr darauf das Stein-Kolloquium bot, von Engelberg und Scheel genutzt wurden, um auf diese Kritik zu reagieren. 11 Andererseits nahm auch Walter Schmidt die Gelegenheit wahr, um in seinem Beitrag die schon früher geäußerten Bedenken gegen die Anwendung des Begriffs der Revolution von oben auf die preußische Reformbewegung ausführlicher zu begründen. 12 Was Helmut Bocks Argumentation betrifft, so ist dazu auf jenem Kolloquium das Notwendige gesagt worden. 13 Die Auseinandersetzung mit Walter Schmidts Beitrag, dessen Argumentation — der gewählten Thematik entsprechend — wesentlich aus der notwendig sich wandelnden Sicht von Marx und Engels abgeleitet wird, die als geschichtliche Akteure am Prozeß der bürgerlichen Umwälzung teilnahmen und daher die Reformzeit ein halbes Jahrhundert hindurch unter sehr unterschiedlichen konkrethistorischen Bezügen betrachteten, erfolgte ein gutes Jahr später in unserer Fachzeitschrift. 14 7

Engelberg, Ernst:

Carl von Clausewitz in seiner Zeit. I n : V o m Kriege. Hinterlas-

senes Werk des Generals Carl von Clausewitz, Berlin 1957, S. X X X I I I . 8 Schmidt,

Walter:

Zu einigen Problemen

der

bürgerlichen

Umwälzung

in der

deutschen Geschichte. I n : Bourgeoisie und bürgerliche Umwälzung in Deutschland 1789—1871, hg. v o n Helmut Bleiber, Berlin 1977, S. 16 A n m . 45. 9 Derselbe:

Zu den Wegen der bürgerlichen Umwälzung.

In:

Zeitschrift für G e -

schichtswissenschaft, 26. Jg., 1978, H. 6, S. 500. Derselbe: Rezension zu: Universalhistorisclie Aspekte und Dimensionen des Jakobinismus. D e m Wirken Heinrich Scheels gewidmet. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften der D D R , Jg. 1976, Nr. 10/G, Berlin 1976. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 27. Jg., 1979, H. 3, S. 265 f. w Bock, Helmut: Reform und Revolution. Zur Einordnung des preußischen Reformministeriums Stein in den Kampf

zwischen Fortschritt und Reaktion. I n : Zeit-

schrift für Militärgeschichte, 5/1980, S. 599—614. 11

Engelberg, Ernst: Die historischen Dimensionen der preußischen Reformen in der Epoche der sozialen Revolution

(1789—1871). I n : Preußische Reformen — W i r -

kungen und Grenzen, a. a. O., S. 44—53. Scheel, Heinrich: 12

Schmidt,

Eine notwendige Polemik in Sachen Stein. I n : Ebenda, S. 75—83.

Walter:

Marx

und Engels über den historischen Platz der preußischen

Reformen. In: Ebenda, S. 54—74. 13

Vgl. Anm. 12.

In seinem Schlußwort ging B o c k auf die geäußerten kritischen

Bemerkungen ein. I n : Ebenda, S. 160—166. 14

Scheel,

Heinrich:

Nochmals zur Frage

der

„Revolution von oben" in Preußen

1808—1813. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 31. Jg., 1983, H. 9.

XIV

Vorwort

Zweierlei bleibt abschließend lediglich zu wünschen übrig, daß zum einen der künftige Benutzer der vorliegenden Edition den Gewinn einer gesicherten Quellenbasis erkennen möge und daß zum zweiten eine neue Generation von Historikern das Werk fortsetze und mit einer Quellenaufbereitung der preußischen Reformzeit unter Hardenberg abschließe — der Forschung zum Nutzen Berlin und Halle/S., Juli 1983

Heinrich Scheel

Doris Schmidt

i . Kabinettsorder an den Präsidenten Beyme Königsberg, 25. November 1808 ZSTA

Merseburg,

Justizministerium,

Rep. 2.5.1. Nr. 146 Bl. 1 : Abschrift

(alt: Rep. 84a I G m Nr. 2).

Ernennung Beymes zum Großkanzler, Auftrag zur Bearbeitung Justizgegenstände

vordringlicher

» Die Anhänglichkeit, die Ihr Mir und dem Staate bisher bezeugt habt, und Euere Mir bekannte Fähigkeit zu Verwaltung eines höheren Justizpostens veranlassen Mich, Euch zu Meinem Großkanzler mit achttausend Taler Gehalt und der Wohnung in dem in der Wilhelmstraße liegenden Diensthause zu ernennen. Euren Geschäftskreis bestimmt die von Mir gestern vollzogene Verordnung, die veränderte Verfassung der Obersten Verwaltungsbehörden in der Preußischen Monarchie betreffend. 1 Ich erwarte von Euch treue Erfüllung Eurer Pflicht, so wie ich dies von Euch gewohnt bin, und mache Euch zugleich mit den Gegenständen bekannt, deren Ausführung Ich zunächst von Euch verlange. 1. So wie von jetzt ab nur ein Justizdepartement sein wird, so sollen auch die vielen Jurisdiktionsabteilungen bald nach Sachen, bald nach Personen, bald nach National- oder Territorial Verhältnissen aufhören. Die Geheimen Räte Morgenbesser und Friese haben bereits den Auftrag, einen Plan zu Aufhebung der Patrimonialjurisdiktion für das Königreich Preußen aufzustellen 2 , und Ich trage Euch auf, diesen Plan zu prüfen und nach dessen Genehmigung von Mir dessen Ausführung und Generalisierung zu veranlassen. 2. Ich bin willens, die Polizeigewalt nicht ferner von dem Besitz eines Grundstücks abhängen zu lassen. Die Polizei soll, wie es in den andern Staaten geschiehst, nicht mehr von den Gutsbesitzern, sondern von Orts- und Kreispolizeibehörden verwaltet werden. Der Plan dazu wird jetzt aufgestellt, dabei wird es möglich werden, den Orts- und Kreisbehörden die Entscheidung der wenig wichtigen Justizfälle zu überlassen. Ich will, daß Ihr diesem letzten Gegenstande Euere Aufmerksamkeit widmet und Mir deshalb Vorschläge einreicht. 3. Die jetzigen Kriminal- und Schuldgesetze bedürfen einer Verbesserung. Die ersten stimmen teils wegen der Verschiedenheit der Strafen, welche sie auf ein Verbrechen nach der Verschiedenheit des Standes des Verbrechers festsetzen, teils wegen Gelindigkeit der Strafen, welche auf Verbrechen gegen den Staat gesetzt sind, nicht mit dem Geiste der Nation. Die zweiten schwächen wegen der Nachsicht und Ausflüchte, welche sie dem Schuldner verstatten, den Kredit

2

25. November 1808

des Landes und würken dadurch nachteilig auf den Kredit des Volks und hemmen seinen Nationalwohlstand. Ich trage Euch auf, die hierüber bestehenden Gesetze zu prüfen und Mir angemessenere Normen in Vorschlag zu bringen. 3 1 Siehe R M Stein III, Nr. 328, S. 1088 ff. Reskript, Königsberg, 20. August 1808, siehe R M Stein III, Nr. 240, S. 778 f. 3 A m 6. Dezember 1808 dankt B e y m e aus Steglitz dem König für seine Ernennung. In seinem Immediatbericht, Berlin, 28. Dezember 1808, meldet er die Übernahme der Justizgeschäfte der aufgelösten Immediatfriedensvollziehungskommission und versichert eine unverzügliche Durchführung der aufgetragenen Gesetzrevision nach Eingang der angeforderten, von ihm zu prüfenden Pläne (eigh. K o n z e p t Beymes i. gl. Fasz. Bl. 5 v.). Unter gleichem D a t u m teilt B e y m e dem Kanzler Freiherrn v o n Schroetter die Übernahme der Geschäfte der durch K . O. v o m 16. Dezember 1808 aufgelösten Immediatfriedensvollziehungskommission mit. Beymes offizielle Wirksamkeit sei also zunächst »auf das gesamte Justizdepartement in den Königlichen Provinzen und Landen diesseits der Weichsel beschränkt«, bis eine Ubereinkunft auch wegen Übergabe der bisher von Schroetter interimistisch verwalteten Geschäfte erfolgen kann (Abschrift Rep. 77 Tit. 182 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 111). 2

2. Reskript an die Ostpreußische Kriegs- und Domänenkammer 1 Königsberg, 25. November 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 479 Nr. 5 Bd. 2 Bl. 112 v : Konzept, gez. Min. Schroetter.

Anordnung für die Vorarbeiten und Maßnahmen zur Einführung Städteordnung

der neuen

»Um den erheblichen Mängeln abzuhelfen, welchen bisher die städtische Verfassung und die Verwaltung des Gemeinwesens in den Städten unterworfen war, haben Wir Allerhöchstselbst eine neue Städteordnung für sämtliche Städte zu emanieren geruht, wodurch die Verfassung zweckmäßig geordnet wird. 2 Nach dieser Städteordnung, welche in den nächsten hiesigen öffentlichen Blättern erscheinen und die Euch so schleunig als möglich abgedruckt zugefertigt werden wird, zerfallen sämtliche Städte auf den Grund der Seelenzahl in drei Klassen. In Preußen werden nach den von Euch und den übrigen Kammern eingereichten statistischen Nachrichten zur 1. Klasse: Königsberg und Elbing zur 2. Klasse: Tilsit, Marienburg, Memel, Gumbinnen, Insterburg, Graudenz, Braunsberg und Marienwerder zur 3. Klasse: aber die übrigen Städte gehören.

25. November 1808

3

Wir haben beschlossen, daß die neue Einrichtung in den Städten der ersten Klasse 3 unfehlbar vom 1. Januar kommenden Jahres ab in den Städten zweiter Klasse vom 1. Februar kommenden Jahres ab und in den Städten dritter Klasse vom 1. März kommenden Jahres ab realisiert werden soll, und befehlen Euch daher, sofort nach Einsicht der neuen Städteordnung in Ansehung der Städte Eures Kammerdepartements alles zur vollständigen und schleunigen Erreichung des Zwecks Erforderliche unverzüglich zu verfügen. Ein Exemplar der Städteordnung werdet Ihr, sobald solches abgedruckt ist, sogleich durch den Geheimen Oberfinanzrat und Kammerpräsidenten von Auerswald erhalten. Die übrigen Exemplare werden mit der näheren Anweisung wegen der vollständigen Publikation nachfolgen. Darnach dürfen aber die Verfügungen wegen der Vorarbeiten nicht aufgehalten werden, sobald die Städteordnung in den öffentlichen Blättern erschienen ist.4 Die Hauptvorarbeiten, womit gleich vorgeschritten werden muß, bestehen vorzüglich in folgenden: 1. Jede Stadt muß, den Bestimmungen der Städteordnung gemäß, zweckmäßig in Bezirke eingeteilt werden. 2. Diejenigen Personen, welche der neuen Verfassung zufolge nachholend das Bürgerrecht zu gewinnen haben, müssen derselben gemäß Bürger werden. 3. Nach den Bezirken sind genaue Bürgerrollen anzufertigen. 4. Die Stimmfähigkeit der Bürger wird nach den Anordnungen der Städteordnung ausgemittelt und in der Bürgerrolle vermerkt. 5. Es ist in jedem Bezirk das nötige Lokal zu der Wahlversammlung zu bestimmen. 6. Wenn diese Vorarbeiten vollendet sind und die Zahl der Stadtverordneten bestimmt ist, werden die Stadtverordneten ganz den Vorschriften gemäß gewählt. 7. Die Stadtverordneten wählen sodann die Subjekte zu den Magistratsgliedern und die Bürgermitglieder der Deputationen und Kommissionen; imgleichen die Bezirksvorsteher. 8. Zu dem Ende muß aber der Städteordnung gemäß ohne den mindesten Verzug noch vom jetzigen Magistrat jeder Stadt ein besonderes Geschäftsreglement entworfen, von den neuen Stadtverordneten geprüft und bei Euch übergeben, von Euch aber darnach sofort für jede Klasse von Städten ein Geschäftsregulativ ausgearbeitet und zu Unserer Bestätigung eingereicht werden. Endlich 9. ist die baldige Ausarbeitung und Einreichung des für jede Stadt angeordneten Statuts nötig. Damit diese zum Teil zeitraubenden Vorarbeiten und insbesondere die sub 1 bis 8 vorstehend gedachten für die Städte Königsberg und Elbing noch im Laufe des Monats Dezember beendigt werden können, so sind der Geheime Rat Frey hieselbst und der Kriegsrat Bax zu Elbing bereits im Monat Oktober beauftragt 2

Stein/Hardenberg

4

25. November 1808

worden, mit diesen Vorarbeiten so schleunig als möglich vorzugehen, und Ihr erhaltet hierneben abschriftlich zu Eurer Nachricht und Achtung, was Wir hiernächst in dieser Angelegenheit unterm 10. und 13. dieses Monats, imgleichen unterm heutigen Tage an den p. Frey 5 erlassen haben. 6 Ihr habt nun das weiter Erforderliche zur vollständigen Erreichung des Zwecks an den bestimmten Terminen ohne Verzug zu veranlassen und von 14 zu 14 Tagen bis zur völligen Einrichtung aller Städte Eures Kammerdepa rtements ein Tableau unter folgenden Rubriken einzureichen: a) Namen der Stadt (die Städte folgen nach den Klassen) b) Seelenzahl c) ob die nachholend das Bürgerrecht zu gewinnenden Personen zu Bürgern angenommen sind? d) ob und in wieviel Bezirke die Stadt eingeteilt ist? e) ob die Bürgerrollen nach den Bezirken gefertigt worden und wieviel Bürger vorhanden sind? f) ob die Stimmfähigkeit der Bürger untersucht und wieviel Bürger stimmfähig befunden sind? g) ob die Zahl der Stadtverordneten und wie groß solche bestimmt worden? h) ob der Termin zur Wahl der Stadtverordneten festgesetzt oder die Wahl selbst schon geschehen oder beides noch nicht erfolgt ist? i) ob die Magistrats- imgleichen die Bürgermitglieder in den Deputationen und Kommissionen gewählt und bestätigt sind oder in welcher Lage sich diese Angelegenheit befindet? k) ob das Geschäftsreglement im Entwürfe bei Euch eingegangen oder wie weit man damit gekommen ist? (Hier ist bei jeder Klasse zu bemerken, ob das allgemeine Reglement für dieselbe von Euch schon ausgearbeitet und zur Bestätigung eingereicht sei, auch ob solches letztere erhalten habe) und 1) ob das Statut ausgearbeitet, eingereicht und bestätigt sei oder in welcher Lage die Sache sich befindet? Wir erwarten dieses Tableau jedesmal gegen den 1. und 15. des Monats unfehlbar, und habt Ihr in Absicht der Stadt Königsberg vom 1. kommenden Monats 7 , in Ansehung der Städte zweiter Klasse vom 15. kommenden Monats ab und in Absicht der Städte dritter Klasse vom 1. Januar kommenden Jahres ab damit den Anfang zu machen. (Wir hoffen, daß Ihr Euch der Ausführung dieser ebenso wichtigen als gemeinnützigen Angelegenheit mit dem möglichsten Eifer unterziehen und alle Schwierigkeiten, welche kleinliche Ansichten der Magisträte und sonstiger Unterbehörden herbeiführen möchte, nach den Bestimmungen der neuen Städteordnung zu beseitigen wissen werdet, damit durch unnötige Bedenken kein Aufschub in der neuen Einrichtung herbeigeführt werde. Insbesondere empfehlen wir Euch angelegentlich, die Magisträte bei den Vorarbeiten genau kontrollieren zu lassen, damit solche den Bestimmungen und dem Zwecke gemäß mit der nötigen Beschleunigung gefertigt und nicht etwa aus Nebenabsichten verschleppt werden.)8 Vom Eingang dieses Reskripts und den darauf erlassenen Verfügungen sehen Wir sogleich Eurer Anzeige entgegen.«

27. November 1808

5

D a s gleiche Reskriptkonzept mit entsprechenden Änderungen gilt auch für die Westpreußische Kammer zu Marienwerder und die Litauische Kammer zu Gumbinnen. 2 »Ordnung für sämtliche Städte der preußischen Monarchie mit dazugehöriger Instruktion behuf[s] der Geschäftsführung der Stadtverordneten bei ihren ordnungsmäßigen Versammlungen. Vom 19. November 1808.« Konzept der Städteordnung, gez. Schroetter, Stein, i. gl. Fasz. Bl. 66; Konzept der Instruktion, gez. Schroetter, Bl. 103; siehe R M Stein I I I , Nr. 319 und 320, S. 1038 ff. 3 Der Magistrat zu Königsberg und der Magistrat zu Elbing werden am 25. 11. 08 von der Einführung der neuen Städteordnung am 1. Januar k. J. in Kenntnis gesetzt und zur Zusammenarbeit mit dem Geh. Kriegsrat Frey bzw. dem Stadtpräsidenten B a x in Fragen der Vorarbeiten bis zu diesem Termin aufgefordert. Konzept, gez. Schroetter, Bl. 112. 4 Hier folgt ein Einschub für die Westpreußische Kammer, der wie folgt lautet: »Zu dem Ende habt Ihr aber gleich nach Empfang des ersten Exemplars der Städteordnung solche auch den öffentlichen Blättern der dortigen Provinz dergestalt inserieren zu lassen, daß kein Titel unterbrochen wird und, wo möglich, die Insertion in den nächsten beiden Stücken hintereinander geschiehet.« 5 An die Westpreußische Kammer: »sowie auch heute an den p. Bax«. 6 Reskript an Frey und Reskript an Bax, Königsberg, 25. 11. 08, Konzepte, gez. Schroetter, Bl. 111. 7 Für die Westpreußische Kammer lautet der T e x t : »in Absicht der Stadt Elbing vom 1. k. M.« 8 Klammern und Unterstreichungen galten voraussichtlich als Zeichen für den Abschreiber; ob diese Partie in der Ausfertigung wegfallen sollte, ist ungeklärt. 1

3 . Minister Freiherr von Hardenberg an den Geheimen Oberfinanzrat Freiherr von Altenstein Neuenburg, 27. N o v e m b e r 1808 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein B Nr. 14 Bl. 79: Hardenberg eigh. Aussicht auf Bestimmung der Wirkungskreise von Altenstein, nach Hardenbergs Vorschlägen; Kritik an Stein

Dohna und

Nagier

» I c h h a t t e bisher meine Briefe zugleich an Sie und an unsern F r e u n d N a g l e r gerichtet, und dieser wird Ihnen auch meine herzliche D a n k b a r k e i t für die Zeilen an den T a g gelegt haben, die Sie ihm mit n a c h B r a n d e n b u r g gaben. H e u t e f r ü h v o r meiner Abreise aus Marienwerder erhielt i c h Ihren B r i e f 1 v o m 25. Ich brauche es Ihnen nicht z u sagen, liebster Freund, m i t welchen E m p f i n d u n g e n ich n a c h der langen E r w a r t u n g seit der K o n f e r e n z auf dem Felde bei K a i g e n 2 darin gelesen habe, d a ß wenigstens die H a u p t r e s u l t a t e so ausfallen, als ich es wünschte, u n d d a ß Sie den Wirkungskreis erhalten, der so g a n z für Ihre R e c h t s c h a f f e n h e i t , Ihren eifrigen Patriotismus und Ihre Kenntnisse p a ß t . Ich zweifle nicht, d a ß der K ö n i g Ihnen u n d D o h n a die Minister-Kategorie auch d e m T i t e l n a c h geben werde, was mir durchaus notwendig scheint, u n d setze voraus, d a ß auch Naglers 2«

6

27. N o v e m b e r 1808

Wirkungskreis ganz so bestimmt werden werde, als ich es vorschlug 3 ; um desto sicherer rechne ich darauf, da der König sich ohne irgendeine Befangenheit sehr vorteilhaft und vertrauensvoll über ihn äußerte, mithin ich dafür halte, daß es ihm keinesweges schaden, aber wohl eher nutzen wird, wenn man ihm jetzt noch entgegenstrebt oder Zurücksetzung erfahren läßt. Sie, mein Freund, und Dohna müssen nachher, was den Postplan betrifft, der doch eine Nebensache ist, auf Erfüllung seiner Wünsche hinwirken. Mit Dohna sprach ich bis diesen Morgen nicht ein Wort über die Sache, obgleich wir uns täglich sahen und ich in allem Betracht sehr mit ihm zufrieden war. Nach Empfang Ihrer Briefe habe ich ihn aber ganz in die Confidence gesetzt und ihm die Wichtigkeit recht ans Herz gelegt, daß er mit Ihnen und Nagler in recht freundschaftlichem Vernehmen stehn und insbesondere Sie beide in Ihren Ministerialverhältnissen gleichsam nur eine Person ausmachen. Er hat sich sehr bescheiden und wahrhaft herzlich geäußert und mir jenes mit Tränen in den Augen heilig versprochen. Die Sache war ihm ganz unerwartet, er ahnete sie nicht und schien mit Wehmut und Besorgnis seine gegenwärtige Lage mit einer höheren zu vertauschen, die jetzt freilich außer dem hohen Reiz, dem König und dem Staat in einer solchen Zeit wesentliche Dienste zu leisten, für den nicht jedermann empfänglich ist, eben nichts Angenehmes hat. Ich bin innigst gerührt über das, was Sie mir von des Königs Äußerungen und von Ihren Gesinnungen gegen mich sagen. Den König beurteile ich ganz wie Sie und freue mich desto mehr, ihn künftig von reinen, rechtschaffenen Männern umringt zu wissen, und Ihres Vertrauens, wertester Freund, werde ich mich nie unwürdig zeigen. Ich bin nun äußerst begierig, bestimmt und im Detail zu wissen, was auf meine Vorschläge beschlossen wird. Aus der Zusammenhaltung Ihres Briefs mit dem unsers Freundes Nfagler] schließe ich, daß die Hauptsache genehmigt ist, und denke, was etwa noch fehlt, wird nachher durch Sie und Nagler selbst ersetzt und nachgeholt werden können, wenn St[ein] nur erst aus dem Spiel ist, was mir, so wie die Sache liegt, jetzt je eher je lieber wünschenswert scheint. Denn jetzt imponiert er und hindert, nicht zu gedenken, wie politisch fehlerhaft seine Zögerung ist. Wie kann ein kluger und rechtlicher Mann so handeln, so verblendet sein? [ . . . ] _ St [ein] scheint die Organisation sanktioniert haben zu wollen, damit sie als von ihm gekommen erscheine. Ich gönne ihm das gern, und Sie werden auch so denken, aber in manchem Betracht ist doch das bedenklich, insonderheit bei den Menées wegen seiner Beibehaltung. [. . .]« 1

Eigenhändiger

Brief Altensteins v o m 25. November 08 in Rep. 92 Hardenberg

K 30 Bl. 75. 2

D a s T r e f f e n Hardenbergs mit dem König und der Königin fand am 1 1 . N o v e m ber 08 s t a t t ; vgl. das Tagebuch Hardenbergs (Rep. 92 Hardenberg L 29 Bl. 26 v.).

3

Hardenberg erläuterte ausführlich seine Vorschläge für die künftige Ä m t e r b e setzung und Geschäftsführung in seiner Denkschrift, Braunsberg, 12. November 1808 (eigh. Ausf. in H. A . Rep. 49 E I I I Nr. 5 Bl. 206 ; gedruckt Hassel I, S. 568 ff.), die er m i t einem eigenhändigen Begleitbrief v o m 13. November dem König übersandte (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 205; gedruckt Hassel I, S. 567 f.).

4. Reskript an den Geheimen Oberfinanzrat Sack Königsberg, 4. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Immediatkommission zur Vollziehung des Tilsiter Friedens, Rep. 72 Nr. 263 Bl. 4: Ausf., gez. Goltz.

Bekanntgabe der Ernennungen von Altenstein und Dohna »Wir geben Euch hierdurch auf, dafür zu sorgen, daß der anliegende Artikel in die nächsten Berliner Zeitungen eingerückt werde.« Der Artikel lautet: »Seine Königliche Majestät von Preußen haben geruhet, den bisherigen würklichen Geheimen Oberfinanz-, Krieges- und Domänenrat Freiherrn von Altenstein, imgleichen den bisherigen Präsidenten der Kammer zu Marienwerder, Grafen von Dohna, zu würklichen Staatsministem zu ernennen und ersterem das Ministerium der Finanzen, letzterem aber das Ministerium des Innern zu übertragen.«

5. Immediatbericht der Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 4. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 182 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 1 5 : Abschrift; Rep. 151a Tit. 21 Nr. 72 Bd. 1 Bl. 7: Ausf., gez. Altenstein, Dohna; Teildruck: RM Stein III, Nr. 332, S. 1144 ff.

Vorschläge zur Durchführung des Organisationsplans vom 24. November 1808 und für die Ernennung der obersten Beamten »E.K.M. uns mündlich allergnädigst erteiltem Befehl zufolge haben wir sogleich in reifliche Überlegung genommen, in welcher Art der von Allerhöchstdenenselben im allgemeinen genehmigte Plan zu einer veränderten Verfassung der obersten Verwaltungsbehörden mit Sicherheit auf eine den jetzigen Verhältnissen angemessene und der Geschäftsführung ersprießliche Weise zur Ausführung gebracht werden könne, und halten uns verpflichtet, E.K.M. folgendes als Resultat unserer gemeinschaftlichen Beratung 1 ehrfurchtsvollest vorzutragen: I. Mit dem Plan zur veränderten Verfassung der obersten Verwaltungs-

4. Reskript an den Geheimen Oberfinanzrat Sack Königsberg, 4. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Immediatkommission zur Vollziehung des Tilsiter Friedens, Rep. 72 Nr. 263 Bl. 4: Ausf., gez. Goltz.

Bekanntgabe der Ernennungen von Altenstein und Dohna »Wir geben Euch hierdurch auf, dafür zu sorgen, daß der anliegende Artikel in die nächsten Berliner Zeitungen eingerückt werde.« Der Artikel lautet: »Seine Königliche Majestät von Preußen haben geruhet, den bisherigen würklichen Geheimen Oberfinanz-, Krieges- und Domänenrat Freiherrn von Altenstein, imgleichen den bisherigen Präsidenten der Kammer zu Marienwerder, Grafen von Dohna, zu würklichen Staatsministem zu ernennen und ersterem das Ministerium der Finanzen, letzterem aber das Ministerium des Innern zu übertragen.«

5. Immediatbericht der Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 4. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 182 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 1 5 : Abschrift; Rep. 151a Tit. 21 Nr. 72 Bd. 1 Bl. 7: Ausf., gez. Altenstein, Dohna; Teildruck: RM Stein III, Nr. 332, S. 1144 ff.

Vorschläge zur Durchführung des Organisationsplans vom 24. November 1808 und für die Ernennung der obersten Beamten »E.K.M. uns mündlich allergnädigst erteiltem Befehl zufolge haben wir sogleich in reifliche Überlegung genommen, in welcher Art der von Allerhöchstdenenselben im allgemeinen genehmigte Plan zu einer veränderten Verfassung der obersten Verwaltungsbehörden mit Sicherheit auf eine den jetzigen Verhältnissen angemessene und der Geschäftsführung ersprießliche Weise zur Ausführung gebracht werden könne, und halten uns verpflichtet, E.K.M. folgendes als Resultat unserer gemeinschaftlichen Beratung 1 ehrfurchtsvollest vorzutragen: I. Mit dem Plan zur veränderten Verfassung der obersten Verwaltungs-

8

4. Dezember 1808

behörden sind wir im allgemeinen einverstanden. E r wird vorderhand zur Grundlage bei der Bestimmung unsres beiderseitigen Verhältnisses dienen können. Es scheint uns inzwischen erforderlich, daß er über mehrere Punkte eine nähere Bestimmung erhalte, vervollständigt und abgeändert werde. Die Zusammensetzung des Staatsrats ist nach unserm allerehrfurchtsvollsten Dafürhalten zu schwerfällig, und es dürfte bei der vorgeschlagenen Art der Behandlung der Geschäfte in solchem, vorzüglich in der ersten Zeit, ein kräftiger, rascher Geschäftsbetrieb beinahe unmöglich werden. Wir tragen daher bei E.K.M. ehrfurchtsvollest darauf an,' daß wir über die Vervollständigung des ganzen Planes nach zuvor mit dem Auswärtigenund Militärdepartement sowie auch mit dem von Allerhöchstdenenselben zum Chef der Justiz ernannten Präsidenten Beyme 2 über ihre Ressorts genommener Rücksprache Allerhöchstdenenselben weitere Vorschläge alleruntertänigst vorlegen dürfen. II. Vorderhand würde nur dasjenige zur Ausführung zu bringen sein, was durchaus erforderlich ist, um die Geschäftsführung in den uns von E.K.M. anvertrauten Departements möglich zu machen und zu sichern. Hiernach würde: 1. die Anordnung eines förmlichen Staatsrats bis nach E.K.M. Ankunft in Berlin ausgesetzt und zur Beruhigung des Publikums, dessen Aufmerksamkeit auf solchen bereits erregt sein dürfte, in der Bekanntmachung der neuen Einrichtung bloß bemerkt werden können, daß hierüber besondere Bestimmung erfolgen werde. Die bisher stattgefundene Generalkonferenz würde als solche aufhören und dagegen E.K.M. Ministerium in angemessener Form treten. Das Ministerium würde aus dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, dem Generalmajor von Scharnhorst und Obrist-Lieutenant Grafen von Lottum für die Militärpartie, dem Kanzler Freiherrn von Schroetter als interimistischem Chef des Justizwesens und uns beiden bestehen. Im Fall E.K.M. diese interimistische Bestimmung allerhuldreichst zu genehmigen geruhen, werden wir Allerhöchstdenenselben die erforderlichen Ordres, die Anordnung dieses Ministeriums und die Einrichtung des Geschäftsganges bei solchem betreffend, ehrfurchtsvollest vorlegen.3 2. Um unsere beiderseitigen Departements in Wirksamkeit zu setzen, ist die schleunige Auflösung des Provinzialdepartements von Preußen erforderlich. Es sind bereits alle übrigen Provinzialdepartements aufgelöst, und die Beibehaltung des Preußischen Departements würde einem kräftigen und raschen Geschäftsbetrieb nachteilig sein. Wir müssen mit Grunde vermuten, daß es E.K.M. Staatsminister Freiherrn von Schroetter schwerfallen würde, sich in die neuen Verhältnisse zu fügen, und daß derselbe daher eine Veränderung selbst wünscht. Es sind uns E.K.M. wohlwollende Gesinnungen rücksichtlich des Staatsministers Freiherrn von Schroetter, und daß Allerhöchstdieselben solchen bei dieser Veränderung möglichst zu beruhigen wünschen, bekannt. Wir unterstellen daher ehrfurchtsvoll: ob Allerhöchstdieselben ihm diese Beruhigung durch die Erteilung des schwarzen Adlerordens und die Regulierung eines Warte-

4. Dezember 1808

9

geldes von 4000 rt., bis ihm ein angemessener Wirkungskreis angewiesen werden könne, huldreichst zugehen zu lassen geruhen wollen.4 3. Die Auflösung der Provinzialdepartements macht es zur dringenden Notwendigkeit, daß die von E.K.M. bereits mit dem Plan zur Organisation der Unterbehörden allergnädigst genehmigten Oberpräsidentenstellen schleunigst in Wirksamkeit gesetzt werden. Sie sind vorzüglich dazu bestimmt, in größern Abteilungen der Monarchie die Geschäfte verschiedener Ressorts zusammenzuhalten, damit sie mit Einheit und Kraft betrieben werden. In diesem Augenblick sind sie bei den mit den Kammern notwendigen Veränderungen, der doppelt wichtigen Sorge für die Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, der Einrichtungen behufs des Militärwesens und der Lösung so vieler durch den Krieg entstandenen Verwickelungen auch doppelt dringend erforderlich. Wir schlagen zu diesen Oberpräsidentenstellen folgende Personen ehrfurchtsvollest vor: a) Für die Marken und Pommern wissen wir E.K.M. keinen durchaus qualifiziertem Mann als den Geheimen Oberfinanzrat Sack vorzuschlagen. Es hat ihn der Staatsminister Freiherr vom Stein E.K.M. als Geheimen Staatsrat für die Abteilung der Domänen und Forsten empfohlen5, und er würde diese gleichfalls wichtige Stelle gewiß mit vorzüglichem Nutzen begleiten [ = bekleiden], allein, er wird bei seiner in der letzten Zeit erlangten genauen Kenntnis von dem Zustande der vorbemerkten Provinzen und dem Ansehen, in welchem er in solchen steht, noch ungleich nützlichere Dienste als Oberpräsident leisten. Bei seiner Denkungsart hoffen wir, daß er diese Stelle, wenn E.K.M. solches wünschen, annehmen wird, wenn er gleich außerdem die Geheime Staatsratsstelle vorziehen dürfte. b) Für Schlesien den Kammerpräsidenten von Massow. E r ist E.K.M. aus seinen frühern Dienstverhältnissen und durch die Führung des Generalkommissariats von einer vorteilhaften Seite bekannt. Auch er kennt Schlesien mit allen Verhältnissen genau und ist in jener Provinz angesehen und geachtet. c) Für sämtliche Preußischen Provinzen den Geheimen Oberfinanzrat von Auerswald, welcher diese Provinzen ganz genau kennt und bisher mit Auszeichnung gedient hat.6 Nach unserm Dafürhalten ist es angemessen, daß die Oberpräsidenten mit den Geheimen Staatsräten rangieren und diese Eigenschaft erhalten. Sie sind in dem Fall, viel auf Reisen sein und einen größern Aufwand in ihren Wohnsitzen machen zu müssen. Wir sind daher des ehrfurchtsvollsten Dafürhaltens, daß solche nicht unter 6000 rt. Gehalt erhalten sollten. Wir behalten uns ehrerbietigst bevor, E.K.M., wenn Allerhöchstdieselben unsern Vorschlag im allgemeinen allergnädigst zu genehmigen geruhen, die nötigen Ordres und Instruktionen ehrfurchtsvollest vorzulegen. 4. Damit wir uns mit voller Kraft den Hauptgegenständen der Staatsverwaltung widmen und der gehörigen Leitung des Details versichert sein können, halten wir uns verpflichtet, E.K.M. sogleich die Chefs der

10

4- Dezember 1808 speziellen Abteilungen unserer Departements zur Ernennung als Geheime Staatsräte und einige Personen, der wir bei unseren Generaldepartements bedürfen, ehrfurchtsvollest vorzuschlagen. Ich, der p. Freiherr von Altenstein, würde a) für mein Generaldepartement vorläufig bloß die Ernennung des Kriegs- und Domänenrats Heyde zum Staatsrat und Direktor der Staatsbuchhalterei ehrerbietigst erbitten. Er ist E.K.M. durch die Empfehlung des Staatsministers Freiherrn von Hardenberg von der vorteilhaftesten Seite bekannt, befindet sich dermalen hier, wo er das schwierige Kassenextraditionsgeschäft mit ausgezeichneter Geschicklichkeit geleitet hat, und ich kann ganz für ihn einstehen. Außerdem würden vorderhand bloß Hülfsarbeiter gegen billige Diäten beizuziehen und solche nur dann förmlich anzustellen sein, wenn sie den Erwartungen entsprechen. Ich würde mich vorzüglich wegen der ausländischen Korrespondenz behufs der Anleihegeschäfte des Geheimen Legationsrats Roux bedienen, der wegen politischer Verhältnisse bei dem Auswärtigen Departement nicht angemessen beschäftigt werden kann. Der Geheime Oberfinanzrat Staegemann, welcher E.K.M. von dem Staatsminister Freiherr vom Stein als Geheimer Staatsrat für die Gesetzgebung vorgeschlagen ist, wird bei den durch die Zeitverhältnisse herbeigeführten so äußerst bedenklichen Verwickelungen der Bankgeschäfte, bei welcher er als Kommissarius und Direktor bisher in Wirksamkeit war, nicht ausscheiden können, ehe die Bankgeschäfte wieder in Ordnung sind. Er fühlt dieses selbst und wird daher auf jenes Departement freiwillig Verzicht leisten. Ich behalte mir vor, ihn E.K.M. zu einer besondern Auszeichnung ehrfurchtsvollest vorzuschlagen, da er unter diesen Umständen, seiner bisher geleisteten ausgezeichneten Dienste ungeachtet, nicht befördert wird. Ich werde mich seiner bei dem Generaldepartement vorzüglich auch in den Kontributionsangelegenheiten bedienen. b) Für die besondere Abteilung des Departements für direkte und indirekte Abgaben schlage ich E.K.M. im Einverständnis mit dem Vorschlage des Staatsministers Freiherrn vom Stein den bisherigen Kammerdirektor zu Stettin von Heydebreck als Geheimen Staatsrat ehrerbietigst vor. c) Füi die spezielle Abteilung der Domänen und Forsten behalte ich mir den Vorschlag vor, bis über den Geheimen Oberfinanzrat Sack entschieden ist, und werde ich interimistisch den Kriegs- und Domänenrat Wlömer von der Kammer zu Marienwerder, welcher als Staatsrat bei dieser Abteilung nützliche Dienste leisten wird, beiziehen. Ich, der Graf von Dohna, trage ehrfurchtsvollest darauf an, daß E.K.M.: 1. für das mir anvertraute Generaldepartement den Geheimen Kriegs- und Domänenrat Friese, welcher bisher bei dem Preußischen Provinzialdepartement gestanden hat, als Staatsrat zu ernennen geruhen möchten. Er ist hierzu in jeder Rücksicht ganz vorzüglich qualifiziert. Ich werde außerdem vorderhand bloß interimistisch einige Arbeiter beiziehen und

4. Dezember 1808

11

behalte mir den weitern Vorschlag wirklicher Staatsräte ehrfurchtsvollest vor. 2. Als Chef für die Sektion der Gewerbepolizei schlage ich E.K.M. im Einverständnis mit dem frühern Vorschlag des Staatsministers Freiherrn vom Stein den Geheimen Oberfinanzrat von Schön ehrerbietigst vor. 3. Für die Sektion des Kultus und des öffentlichen Unterrichts hat vorgedachter Minister den bisherigen Gesandten von Humboldt bei E.K.M. in Vorschlag gebracht, und ich pflichte solchem vollkommen bei. Es zerfällt diese Sektion in zwei Abteilungen, von welchen die des öffentlichen Unterrichts der p. von Humboldt selbst führen, die des Kultus aber nach meinem ehrfurchtsvollsten Dafürhalten dem hiesigen Konsistorialrat Nicolovius als Staatsrat zu übertragen sein dürfte. 4. Als Geheimen Staatsrat für die Sektion der Gesetzgebung hat der Staatsminister Freiherr vom Stein E.K.M. den Geheimen Oberfinanzrat Staegemann vorgeschlagen. Er würde hierzu unstreitig vorzüglich qualifiziert sein. Da er aber aus vorbemerkten Gründen die Stelle nicht wohl erhalten kann, so stellen wir beiderseitig Allerhöchstdenenselben ehrerbietigst anheim: ob solche nicht dem Geheimen Oberfinanzrat von Klewitz zu übertragen sein dürfte. Nach unserm Dafürhalten würde seine Ernennung zum Staats- und Kabinettssekretär nach seinem bisherigen Verhältnis als Zurücksetzung zu betrachten sein. Im Fall der aller huldreichsten Genehmigung würden wir E.K.M. für jene Stelle eine qualifizierte Person ehrerbietigst in Vorschlag bringen. 5. Ohngeachtet ich, der Graf von Dohna, nichts gegen den Vorschlag des Staatsministers Freiherrn vom Stein, dem Grafen von Rheden die Leitung der Sektion für den Bergbau unter dem Titel eines Generalberghauptmanns zu übertragen, zu erinnern finde, so stellen wir doch beiderseitig E.K.M. ehrfurchtsvollest anheim: ob nicht diese Ernennung sowohl als auch 6. die eines Chefs des Obern Medizinalrats noch bis zu Allerhöchstdero Zurückkunft nach Berlin auszusetzen sein möchte, da deren gleichbaldige Besetzung bei dem geringen Umfang beider Abteilungen nicht so durchaus dringend ist, daß solche nicht vorderhand noch ausgesetzt bleiben könnte. Im Fall E.K.M. unsere vorstehenden ehrfurchtsvollen Anträge zu genehmigen geruhen7, werden wir Allerhöchstdenenselben die erforderlichen Ausfertigungen alleruntertänigst vorlegen. Wir halten uns verpflichtet, im Einverständnis mit den Anträgen des Staatsministers Freiherrn vom Stein für die Geheimen Staatsräte 5000 rt. und für die Staatsräte 2500 rt. Gehalt ehrerbietigst in Antrag zu bringen. Die weitern Vorschläge zur Besetzung der Staatsratsstellen in den Sektionen und zur Beiziehung des Subalternpersonals müssen wir uns ehrfurchtsvollest vorbehalten, bis wir vorerst das Gutachten der Chefs der einzelnen Sektionen eingezogen haben und das Ganze genau übersehen können. Eben dieses ist der Fall mit den Vorschlägen wegen Regulierung der Wartegelder und Pensionen für das Personal, welches bei der neuen Organisation nicht übernommen wird. Es läßt sich solches erst im Verfolge ganz übersehen und

4. Dezember 1808

scheint es uns ratsam, bis ein endlicher Entschluß gefaßt werden kann, dem dermalen in Aktivität befindlichen Personal den vollen Gehalt zu belassen und solches durch einzelne Aufträge, soweit es erforderlich ist, zu beschäftigen, wozu sich bei der gänzlichen Auflösung mehrerer Behörden wohl Gelegenheit finden wird. Da nach unsern alleruntertänigsten Anträgen die Präsidentenstellen bei den Kammern a) zu Königsberg b) Glogau und c) Stettin erledigt werden und d) die in diesem Augenblick sehr wichtige Präsidentenstelle zu Marienwerder durch meinen, des p. Grafen zu Dohna, Abgang bereits erledigt ist, e) die Stelle eines Kammerpräsidenten zu Breslau aber bei der Kränklichkeit des p. von Bismarck solchem nicht länger ohne Nachteil belassen werden kann, so wird es dringend notwendig, soviel möglich, auf deren schleunige Besetzung Bedacht zu nehmen. Wir finden uns in Verlegenheit, E.K.M. für diese sämtlichen Stellen ganz qualifizierte Männer vorzuschlagen, und müssen uns daher vorderhand, bis wir nähere Erkundigungen eingezogen haben, auf nachstehende ehrerbietigste Anträge beschränken: 1. Die Stelle eines Präsidenten zu Marienwerder würde ganz vorzüglich gut der Kammerpräsident von Broscovius zu Gumbinnen ausfüllen. Er kennt die Provinz, deren Verhältnisse jetzt wegen des Herzogtums Warschau und Danzig sowie wegen der katholischen Geistlichkeit und der gänzlichen Erschöpfung des Landes so sehr verwickelt sind, ganz genau aus seinen frühern Verhältnissen. Er ist dort allgemein geliebt und geachtet, und E.K.M. haben ihm erst kürzlich Beweise Allerhöchstdero Gnade zu geben geruht. Es würde bloß darauf ankommen, ihn durch eine Zulage von 800 bis 1000 rt., welche anderwärts bei der Organisation der Kammern zu Marienwerder und Gumbinnen zu ersparen sein dürften, für die Übernahme dieser beschwerlichen Stelle zu entschädigen. 2. Die Kammerpräsidentenstelle zu Gumbinnen würde mit dem hiesigen Kammerdirektor Wißmann, der hierzu ganz qualifiziert ist, zu besetzen sein. 3. Für die Stellen zu Breslau, Glogau, Königsberg und Stettin würden wir uns den weitern Vorschlag ehrerbietigst vorbehalten.8 Sobald wir E.K.M. allergnädigste Genehmigung zu vorstehenden Einrichtungen erhalten haben, wird es erforderlich sein, eine kurze Bekanntmachung des neuen Planes insoweit zu erlassen, daß hierdurch das Publikum sowohl als die Behörden im allgemeinen von der veränderten Einrichtung und den neuen Ressort Verhältnissen unterrichtet werden. Es kann solche ganz kurz sein, indem das Detail durch die Bekanntmachung der einzelnen Organisationen, sowie solche vollzogen worden, zur allgemeinen Kenntnis kommt. Eine solche vorläufige Bekanntmachung wird, indem sie den Geschäftsbetrieb erleichtert, auch zugleich die Erwartungen des Publi-

4- Dezember 1808

13

k u m s vorläufig befriedigen, u n d werden wir Allerhöchstdenenselben solche zur Allerhöchsten Vollziehung ehrfurchtsvollest vorlegen. 9 Wir erbitten uns n u n m e h r E . K . M . allerhuldreichste E n t s c h l i e ß u n g ehrerbietigst.« 1

2

3

4

5

6

7

8

9

In der Antwort-K. O- vom 6. Dezember 1808 an Altenstein und Dohna (Ausf., gez. Friedrich Wilhelm, Rep. 1 5 1 a Tit. 21 Nr. 72 Bd. 1 B l . 12) erklärt sich der König mit den nachfolgenden Vorschlägen der Minister grundsätzlich einverstanden. Beymes Ernennung zum Großkanzler und Justizminister erfolgte wie die Dohnas zum Minister des Innern am 25. November 1808; siehe Nr. 1 . »Reglement über den Geschäftsgang bei den Ministerien untereinander«, Königsberg, 27. Dezember 1808; siehe Nr. 24. Diesen Vorschlägen wird in einer K . O. an Minister Schroetter, Königsberg, 6. Dezember 1808, entsprochen (Konzept, gez. Altenstein, Dohna, Rep. 1 5 1 a Tit. 1 Sect. 1 Nr. 42 Bl. 2). Die wiederholten Hinweise auf die Empfehlungen Steins für die leitenden Posten beziehen sich auf seinen Immediatbericht vom 24. November 1808; siehe R M Stein I I I , Nr. 327, S. 1086 ff. Auch die vorgeschlagene Besetzung der Oberpräsidentenstellen wird in der K . O. vom 6. Dezember 1808 den Ministern bewilligt. Die K . O. vom 6. Dezember 1808 autorisiert Altenstein und Dohna ebenso, die für die speziellen Abteilungen ihrer Departements von ihnen vorgesehenen E r nennungen und Anordnungen durchzuführen. Gegen die angeregten Besoldungen und die Anträge bezüglich der Kammerpräsidentenstellen hat der König in besagter K . O. gleichfalls nichts einzuwenden. Am 1 1 . Dezember übersenden die Minister Altenstein und Dohna das »Publikandum«, das am 16. Dezember 1808 vollzogen wird; siehe Nr. 12. In ihrem Begleitschreiben betonen sie: »Wir haben aus demselben alles weggelassen, was einer Mißdeutung unterworfen sein dürfte, und sind pflichtmäßig überzeugt, daß dieses Publikandum zur Beruhigung des Publikums hinreichend ist und daß dabei freie Hand zur Vervollkommnung des Plans behalten wird.« (Ausf. Rep. 1 5 1 a Tit. 21 Nr. 72 Bd. 1 Bl. 22)

6. Justizrat Fr. Schulz an den Geheimen Oberfinanzrat Staegemann [Berlin, 4. Dezember 1 8 0 8 ] 1 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Staegemann I I B 15 Bl. 38: eigh. Brief. A ngri/fe der Mißvergnügten und Franzosen auf die neue Organisation des Staates » [. . .] Seitdem 2 treibt die böse R o t t e ihr Spiel ärger u n d dreister als zuvor. D e r D u c d'Auerstaedt hat a m Donnerstag, den T a g vor seiner Abreise, die Kurmärksche K a m m e r , die Comité der Stände u n d 15 I n d i v i d u e n 3 holen lassen u n d sie furchtbar heruntergehunzt. Die Stände hat er rasend gelobt u n d ihnen insbesondere gesagt, d a ß er und der Kaiser mit d e m Adel ganz besonders zufrieden

14

4. Dezember 1808

wäre, auch die Masse der Nation sei gut, aber enragierte, exaltierte und echauffierte Köpfe wären zuviel unter uns, die er würde auch aus der Ferne zu beobachten und zu züchtigen wissen; den König, sagt er, entouriere eine Gesellschaft von Vauxriens und Vagabonden, in specie nannte er den Minister v. Stein einen Vagabonden und den Geheimen Rat Sack einen homme de rien. Die Kammer hat er in Pausch und Bogen für Skribifaxe und Steinsche Kreaturen erklärt. [. . .] Kurz, der Herr Marschall von Auerstädt ist über alle Maßen insolent gewesen. — Glauben Sie mir, ich schwöre es Ihnen, und alle Guten, die ich bisher gesprochen habe, sind mit mir gleicher Meinung, die Sprache, die der Herr Marschall so insolent geführt hat, ist nur der Widerhall unsrer Mißvergnügten, der Hatzfelde, der Wülknitze, der Grafen Hagen, der Jordane, der Vosse, der Hundte usw.; fast wörtlich haben diese schon immer über den König, seine Regierungspläne und seine ihn bis jetzt umgebenden Diener sich so ausgedrückt. Ich bitte, beschwöre Sie, soviel an Ihnen ist, lassen Sie sich durch diese Sprache nicht intimidieren, begreifen Sie ihre Quelle, verkennen Sie solche keinen Augenblick. Die Sache ist zu klar, das Spiel der Rotte zu offenbar; Hatzfeldt und Wülknitz, Amelang und Hundt, kurz, die großen und die kleinen Schelme stecken dahinter, so gewiß es auch übrigens ist, daß der Kaiser Napoleon den Herrn v. Stein unversöhnlich haßt, da er selbst bei Burgos an ihn denkt. Aber eben dieses Hasses bedient sich die Rotte, um alles Gute zu hindern und zu lähmen. Wäre es denn nicht möglich, daß der König jetzt mit einer Erklärung aufträte, die soviel als möglich versichert, daß er mit Frankreich durchaus gemeine Sache mache, um desto sicherer unsre Organisation im Innern zu vollenden. Denn die Bösewichter spiegeln den Franzosen vor, daß alle, die jetzt den Staat neu und vernünftig reorganisieren wollen, Feinde Frankreichs und Napoleons sind, um dadurch durch die Franzosen wieder den König zu schrecken und ihn aus Besorgnis vor der Gefährdung der kaum erhaltnen äußern Ruhe von innern Veränderungen zurückzuhalten. Tun Sie doch alles, um dem König hierüber die Augen zu öffnen oder vielmehr nur offen zu erhalten, nicht ihn verblenden zu lassen. — Die Zeit ist zu kurz, um Ihnen mehr schreiben zu können; aber nie habe ich so sehr im Namen der guten Sache und der Wahrheit geschrieben. Wenn sich doch nur Sack nicht abhalten läßt, übermorgen, den 6., dreist hervorzutreten. — L'Estocq ist gestern abend angekommen.«

1

Die Datierung geht aus den beiden letzten Sätzen des Briefes hervor.

2

Bezieht sich auf den A b g a n g

3

Darunter befanden sich Schleiermacher, Schmalz, Iffland und Sack.

Steins.

6. Dezember 1808

15

7. Justizrat Fr. Schulz an den Geheimen Oberfinanzrat Staegemann Berlin, 6. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Staegemann II B Brief.

15 Bl. 36: eigh.

Zwiespältige Aufnahme der Ernennung Dohnas und Altensteins; Mißtrauen der Franzosen gegenüber der Reformbewegung »[• • •]

Seit vorgestern ist die ganze Stadt voll davon, daß der Herr Graf Dohna Minister des Innern und Herr v. Altenstein Finanzminister geworden sei. Diese Wahl wird den hiesigen Mißvergnügten wenig gefallen; sie haben wohl überhaupt nicht auf eine so schnelle Wahl, sondern bis zur Ankunft des Königs auf ein Interimistikum gerechnet, um dann eine ihrer Kreaturen zur Niederschlagung des gesamten Steinschen Systems anbringen zu können. Sie können indes noch immer allerlei Intrigen und Kabalen dieser Herren erwarten, doch hoffe ich, werden sie damit nichts ausrichten, zumal da Graf Dohna ein von dem Kaiser Napoleon persönlich geschätzter Mann sein soll und von Altenstein, außer daß er im Hardenbergschen Departement war, keine politischen Vergehungen gegen Napoleon bekannt sind, so sicher sie auch wissen, daß er den Steinschen Administrationsgrundsätzen zugetan ist. Ich habe folgendes Wortspiel darauf gemacht, dessen Mitteilung Sie gütig annehmen: An die Mißvergnügten Verdränget hättet ihr den Stein? Dazu ist eure Macht zu klein. Verblendete, euch trügt der Schein, Wir haben noch den Alten Stein. Aber mit Sack scheint es sehr schlimm zu stehen. Warum mußte ihn auch der Satan plagen, daß er gleich geradezu hierher kam und nicht in einiger Entfernung von hier den Abmarsch der Franzosen abwartete. Man scheint in Königsberg die Franzosen, und wie weit sie es mit ihrem Grimm, mit ihren Anmaßungen treiben, noch immer nicht zu begreifen. Genug, allgemein wird hier versichert, daß Davoust, der zu den Ständen Sack einen homme de rien usw. genannt habe, zu ihm selbst erklärt habe: er würde ihn, wenn er statt des Marschalls Victor im Frühjahr hier gewesen wäre, haben füsilieren lassen 1 ; der Kaiser Napoleon würde es als eine Beleidigung ansehen, wenn der König ihn im höhern oder Subalterndienst behielte und wenn er sich namentlich jetzt als besonderer Bevollmächtigter des Königs gerierte; man würde ihn als Westfälinger reklamieren usw. Ich kann dies fast nicht glauben, so glaublich mir auch das Äußerste der französischen Insolenz ist, aber Herr v. Goldbeck, G[eheimer] R[a]t Jordan versichern es: Dennoch bleibe ich dabei, daß es ein großer Schreckschuß ist und daß das Pulver dazu von unsern Mißvergnügten dem Herrn Davoust gegeben ist; nur sie allein können ihn, der hier so wenig unterrichtet ist, auf solche Weise gegen

i6

6. Dezember 1808

gewisse Personen und Sachen eingenommen haben. Ein Argument, daß diese Eingebung von ihnen herrührt und daß sie jetzt erst solche nötig gefunden und gewagt haben, ist, weil Clarke und selbst Victor sonst eben die Behörden gelobt haben, die jetzt Davoust als Steinsche Kreaturen und als Revolutionäre heruntermacht. — Leider höre ich, daß Sack sich wirklich intimidieren lasse und daher heute (wo kein Franzose mehr hier ist und ihr Pouvoir sich förmlich geendigt hat) mit seinen Aufträgen nicht hervortritt. Auch soll, wie ich sicher erfahren, der Minister v. Voß als Chef der Friedensvollziehungskommission 2 den Auftritt des Davoust mit Sack offiziell berichtet, Sacks Einmischung depreciert und um die schleunige Ankunft des Königs gebeten haben. Ja, heute höre ich schon, daß Sack durchaus nicht würde konserviert werden können, sondern daß er im Gefolge obiger Äußerungen des Davoust zu und über ihn gänzlich verabschiedet werden müssen. Ich bitte um Gottes willen, verhüten Sie, daß keine weiteren Verabschiedungen folgen; denn wenn die Mißvergnügten sehen, daß der König ihnen so leicht nachgibt, werden sie immer einen der ihnen Mißfälligen nach dem andern als einen von den Franzosen Proskribierten, der jetzt so notwendigen Eintracht zwischen Frankreich und Preußen gefährlichen Mann bezeichnen und seine Entlassung fordern. Sollte Sack nicht auftreten können, so wäre es äußerst nötig, schnell einen andern zur Vollziehung seiner Aufträge herzusenden. [. . .] Heute hat L'Estocq die Bürgergarde besehen und ihre Offiziere sehr artig empfangen. Die Brühe in unseren heutigen Zeitungen über den Abmarsch des französischen Militärs am 3., die Ubergabe der Schlüssel an den Prinz Ferdinand und die Erklärung St. Hilaires3, daß das Volk hier sehr an der alten Verfassung (das soll heißen an dem alten Sauerteig, der jetzt fortgeschafft werden soll) hänge und die zerstörenden Grundsätze hasse, wird Ihnen nicht sonderlich schmecken. Indes ist es leider wahr, daß Schmalzens Voreiligkeit 4 und Sacks zu frühe Ankunft uns auch im Punkt der neuen Reformen schlimmes Spiel machen. Die Mißvergnügten haben nun einmal den Franzosen die Meinung beigebracht, daß alle, die jetzt jene Reformen begünstigen, geschworene Widersacher Napoleons und Verbündete Steins sind. — Mögen nur Sie alle sich dadurch nicht abschrecken lassen, fortzufahren; jene Elenden sind zu feige, um gegen fortdauernde Entschlossenheit ferner zu kabalieren, geschweige laut zu opponieren. [. . .]« 1

E s handelt sich um die Maßnahmen der Immediat-Friedensvollziehungskommission gegen die Errichtung eines französischen Truppenlages bei Berlin. Daru forderte den R ü c k t r i t t Sacks, der daraufhin nach Königsberg beordert wurde (siehe I. B. Sacks, Berlin, 8. Mai 1808 i n R M Stein II, Nr. 162, S. 527 ff.).

2

V o ß teilte der Kommission am 1. Juni 1808 seine Berufung an die Spitze ihrer Leitung mit (Ausf., gez. Voß, in Rep. 72 Nr. 39 Bl. 151).

3

Das von General St. Hilaire redigierte Bulletin wurde in deutscher Übersetzung im Politischen Journal in der Spenerschen Zeitung abgedruckt, wörtliche Wiedergabe bei Bassewitz 1809/10, S. 526 ff.

4

„Der Professor G[eheimer] R[at] Schmalz in Berlin hatte in der ersten Hälfte des Monats November 1808 gegen das Verbot des Zensors, Predigers Hochekorn, eine Schrift, betitelt Adresse an die Preußen, die er n a c h d e m Abmarsch der Franzosen zu Veröffentlichung bestimmt hatte, schon vorher zum Druck befördert. Der

io. Dezember 1808

17

Marschall Davoust, dem dies angezeigt wurde, unterdrückte nicht allein den ferneren Abdruck der Schrift, sondern ließ den Schmalz arretieren, untersuchte seine Papiere und stellte ihm in harten Ausdrücken sein unbesonnenes, den französischen Bestimmungen zuwiderlaufendes Benehmen vor, sprach auch seinen Tadel über die Richtung seiner Gesinnungen und sein Bestreben, solche mündlich und schriftlich zu verbreiten, aus." (Bassewitz 1809/10, S. 373 f.)

8. Minister Graf von der Goltz an die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 10. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 93 Gen. Nr. 10 Bl. 3 1 : Ausfertigung, gez. Goltz, mit Marginalien von Friese.

Vorschläge für die künftige Regelung des Geschäftskreises der sariate

Handlungskommis-

»Die Kontrolle über die ein- und ausgehenden Handlungswaren behufs der Abhaltung alles Handels und Verkehrs mit England und Schweden ist mittelst des Reglements vom 11. Juni d. J. 1 besondern unter der Benennung von Handlungskommissarien hierzu bestellten Offizianten übertragen worden. Aus Rücksicht für den Herrn Geheimen Oberfinanzrat von Beyer und nach dem persönlichen Gutfinden des Herrn Staatsministers Freiherrn vom Stein Exzellenz wurden diese Handlungskommissariate dem General-Akzise- und ZollDepartement untergeordnet. D a inzwischen jene Kontrolle lediglich auf politischen Verhältnissen und den durch Staatsverträge eingegangenen Verbindlichkeiten beruht, so machen die zu dem Geschäftskreise der Handlungskommissariate gehörigen Angelegenheiten fortwährende Kommunikationen darüber mit dem auswärtigen Departement und häufige Rückfragen bei demselben notwendig. Die in einzelnen Fällen, und wo es auf Konfiskationserkenntnisse ankömmt, wieder eine besondere Verhandlung mit dem Justizdepartement zufolge haben. Durch diese verschiedenen Kommunikationen wird oft die in den Angelegenheiten dieser Art besonders wichtige Schnelligkeit der Ausführung gelähmt und die Einheit der Übersicht erschwert. Diesen Mängeln würde größtenteils abgeholfen sein, wenn die Leitung der gesamten Handlungskommissariatsangelegenheiten sich ungeteilt in den Händen einer und derselben Behörde befände. 2 Euer Exzellenzien stelle ich daher ganz ergebenst anheim, diesen Gegenstand bei den in Absicht auf die innere Staatsverwaltung und deren Organe zu treffenden Einrichtungen gefälligst zu berücksichtigen. Das auswärtige Departement hat sich jene Leitung nicht zu wünschen: nach dem Obigen wird solche jedoch ohne dessen Konkurrenz von einer andern Behörde schwerlich zu bewerkstelligen sein, zumal da den Handlungskommissarien vorzüglich auch die Kommunikation mit den auswärtigen Handlungsagenten im Lande obliegt und diese ihrer Eigenschaft nach nicht außer alle Beziehung mit dem gedachten Departement gesetzt werden können. Sollte daher der Vereinfachung

i8

10. Dezember 1808

des Geschäftes für zuträglicher erachtet werden, daß das auswärtige Departement die alleinige Leitung desselben übernehme, so bin ich zwar hierzu bereit, muß jedoch solchenfalls wünschen, daß die hierunter von seiten des gedachten Departements zu erlassenden Verfügungen, die zu einer gerichtlichen Entscheidung und diesemnach zur Rücksprache mit dem Justizdepartement geeigneten Falle ausgenommen, nicht an eine Kommunikation mit andern Departements gebunden sein mögen. Dagegen werden auch die Handlungskommissariate ihr Ressort in Handlungs- und Schiffahrtspolizeisachen lediglich auf dasjenige zu beschränken haben, was die Abhaltung des Verkehrs mit England und Schweden3, auch überhaupt die zur Zeit insgesamt damit mehr oder weniger in Verbindung stehenden auswärtigen Handelsverhältnisse und die Maßregeln zur Verhütung einer Beeinträchtigung des diesseitigen Seegebietes und der diesseitigen Häfen und Reeden durch fremde Kaper betrifft. Bei der Entfernung der Departements scheint es am angemessensten zu sein, zur Besorgung der Handlungskommissariatsgeschäfte nach den vorzüglichsten Eingangsorten längs der preußischen Küste an der Ostsee vier Hauptstationen 4 zu Memel, Königsberg, Kolberg und Stettin zu bestimmen, welche sich miteinander in fortwährender Kommunikation erhalten müssen. Diese vier Handlungskommissariate werden dem ihnen vorgesetzten Departement monatlich eine Ubersicht des Handlungszustandes in ihrem Distrikte vorzulegen haben. Der Wirkungskreis des hiesigen Handlungskommissariates wird auch auf die Handlungskommissariate zu Pillau und Elbing zu erstrecken sein, so wie der hiesige französische Generalkonsul de Clerembault daselbst gleichmäßig seine Konsularfunktionen ausübt. 5 Das Handlungskommissariat zu Pillau ist in dieser Hinsicht bereits der Aufsicht und Kontrolle des hiesigen untergeordnet worden. Wegen Elbing ist eine ähnliche Einrichtung um so angemessener, als Pillau der gemeinschaftliche Hafen für Elbing ist. Da jedoch eine förmliche Unterordnung des dortigen Handlungskommissariates unter das hiesige dem Akziserat und Stadtinspektor Barth zu Elbing, welcher jenes mit Eifer und Sorgfalt ohne alle besondere Belohnung verwaltet, empfindlich fallen dürfte, so wird man sich darauf beschränken können, ihn anzuweisen, daß er die allgemeinen Notizen, als Schiffslisten und dergleichen, nicht wie bisher an das vorgesetzte Departement direkte, sondern an das hiesige Handlungskommissariat einsende6, welches sie sodann mit den Notizen von hier und Pillau zu vergleichen und mit diesen zusammen einzureichen haben wird. Hierin wird der p. Barth um so weniger eine Zurücksetzung für sich finden können, als die Schiffahrts- und Handlungspolizeisachen zu Elbing schon mittelst des Reglements vom 1 1 . Juni d. J . dem hiesigen Kommerzien- und Admiralitätskollegio untergeordnet worden sind, welches kraft eben dieses Reglements in Hinsicht der Angelegenheiten, welche sich auf den Geschäftskreis der Handlungskommissariate beziehen, unter der Leitung des hiesigen Handlungskommissariates steht. Die Handlungskommissariatsgeschäfte zu Braunsberg werden gleichfalls von dem hiesigen Handlungskommissariate zu leiten und zu kontrollieren, die spezielle Besorgung derselben, als Zertifikatserteilung, Schiffsrevision und dergleichen, aber wird von Elbing aus der Nähe wegen zu bewerkstelligen sein. Bei dem Abgange des Herrn Geheimen Oberfinanzrates von Beyer von hier, welcher während seines Hierseins neben der Leitung der gesamten Handlungs-

io. Dezember 1808

19

kommissariatsangelegenheiten auch die speziellen Geschäfte des hiesigen Handlungskommissariates verwaltete, ist letzteres dem Kommerzienrate und vormaligen preußischen Chargé d'Affaires am spanischen Hofe, Henry, übertragen worden.7 Nach dem Obigen wird derselbe zum öftern verpflichtet sein, Reisen nach Pillau, Elbing und Braunsberg zu unternehmen, um sich von dem Zustande der dortigen Handlungskommissariatsangelegenheiten unmittelbare Überzeugung zu verschaffen. Es kann ihm jedoch nicht zugemutet werden, die Kosten dieser im königlichen Dienste zu unternehmenden Reisen aus eigenen Mitteln zu bestreiten, und es scheint vielmehr billig, ihm nicht nur die nötigen Mittel des Fortkommens unentgeltlich zu bewilligen, sondern auch für die Zeit der Dauer solcher Reisen ein Tagegeld zum Ersätze für Beköstigung und dergleichen auszusetzen8, welches auf 2 rt. täglich zu bestimmen sein möchte; falls Ewr. Exzellenzien hierunter mit mir einverstanden sind, so ersuche ich Dieselben hierdurch ganz ergebenst, von Seiten eines hochlöblichen Ministerii des Innern die hiesige Kammer anzuweisen, daß sie auf Anmelden des p. Henry ihm zu solchen Reisen Vorspann vom Lande gestellen lasse9, von seiten Eines Hochlöblichen Finanzministerii aber wegen der dem p. Henry zu bewilligenden Diäten das Nötige gefälligst zu bestimmen und mich von den dieserhalb getroffenen Verfügungen gefälligst zu benachrichtigen und dem p. Henry das Weitere hierunter eröffnen zu können. Überhaupt wird irgendein Fonds auszumitteln oder zu bestimmen sein, woraus die bei den Handelskommissariaten vorfallenden extraordinären Ausgaben und die nach den Umständen nicht besonders für diese Geschäfte belohnten Handelskommissärs etwa zu bewilligenden Remunerationen zu schöpfen sind. Das Extraordinarium meines Departements ist ohne alles Verhältnis beschränkt. Die Konfiskationen verbotener Waren betragen in diesem Jahre gegen 200,000 Taler und werden hinreichenden Fonds darbieten, obige Ausgaben zu bestreiten. Ob alle Liquidationen solcher Ausgaben einzeln dem hochlöblichen Finanzministerio — oder der Generalakzisedirektion (Sektion der direkten und indirekten Abgaben) mitgeteilt werden sollen, stelle ich ganz ergebenst anheim.10« 1

»Reglement über die zu Abhaltung alles Handels und Verkehrs mit England und( Schweden in Absicht auf die Kontrolle der ein- und ausgehenden Handelswaren zu beobachtenden Grundsätze. Gegeben, Königsberg, den 1 1 . Juni 1808«, gez. Stein, Goltz. Druck im gleichen Faszikel Bl. 2. 2 Hierzu das Marginale: »Man pflichte hierin bei und überlasse die Leitung der Handelskommissariatsgeschäfte um so mehr dem Dep. der ausw. Angel., als das Publikandum vom 16. Dez. a. f. § 7 litt. f. auch bereits entschieden habe. Nur bäte man dasselbe, die Handelskommissarien anzuweisen, daß sie diejenigen Nachrichten, welche die Sektion der Gewerbepolizei von ihnen verlangen würde, derselben suppeditieren.« 3 Marginale: »Einverstanden«. 4 Daneben Marginale: »Hierüber ist nach den Sentiments der Herren v. Schoen und v. Heydebreck zu antworten.« 5 Marginale: »Nach denselben ist man hiemit einverstanden.« 6 Marginale: »Das diesfällige Arrangement stelle man ihm anheim.« 7 Marginale: »Man hätte gewünscht, daß ein anderes Subjekt gewählt wäre, weil 3

Stein/Hardenberg

20

io. Dezember 1808

der Henry in keinem guten Ruf stehe; da jedoch nicht mehr res integra wäre, so versuche man es, ihn unter genauer Kontrolle zu halten.« 8

Marginale: »Wegen der Diäten einverstanden; nur würde darauf zu sehen sein, d a ß er nicht ohne N o t seine Reisen vervielfältige oder seinen auswärtigen A u f e n t h a l t verlängere.«

9

Marginale: »Dies würde das L a n d zu sehr belästigen, und man schlage vor, ihm lieber 2 Pferde extrapostmäßig zu vergütigen aus den Konfiskationen.«

10

Marginale: »Da es am passendsten sei, die Konfiskationsgelder durch die Akzisebehörde einziehen und berechnen zu lassen, so ersuche man das Dep. der ausw. Angel., v o n den rechtskräftig erkannten Konfiskationen der Sekt, für die direkten und indirekten A b g a b e n jedesmal Nachricht zu geben, damit dieselbe den Verkauf durch die Akzisebehörde mit Zuziehung der Seegerichte veranlasse. I n dieser Hinsicht möchte es also auch derselben die bemerkten Liquidationen mitteilen, so wie gleichfalls am angemessensten sein würde, schon die Beschlagnahme und Aufbewahrung der konfiskablen Waren durch die Akzisebehörde zu bewürken.«

9. Geheimer Oberfinanzrat von Klewitz an die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 10. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 3: A b schrift.

Bedenken gegen sein künftiges Amt und Bemerkungen zum Organisationsplan »S.K.M. Vertrauen und Ew.pp. Gesinnungen fordern meinen innigsten Dank. Aber der Beruf, welcher mir aufgelegt wird, ist von einem solchen Umfange, daß meine Kräfte schwerlich genügen werden. Ohne daher von des Königs Majestät meine Berufung zum Geheimen Staatsrat für die Gesetzgebung abzuwarten, habe ich sogleich heute auf Ew.pp. vorläufige Nachricht davon 1 S.M. persönlich meinen Zweifel und das Versprechen vorgetragen, daß ich die Verwaltung dieser Stelle versuchen, falls aber Mangel an Kräften oder Umstände mich daran hindern sollten, sie als redlicher Mann in die Hände meines Königs zurückgeben würde. S.M. haben dies mit der gnädigen Billigung aufzunehmen geruhet, die auch schon einer frühern Erklärung zuteil wurde. Ich fühle mich verpflichtet, jetzt auch diese durch die abschriftliche Anlage zu Ew.pp. Kenntnis zu bringen und darf nach den auch darin ausgesprochenen Gesinnungen desto unbefangener nicht mehr für meine Person, sondern nur für die Sache einige Bemerkungen vortragen, die sogleich bei der ersten Lesung des Organisationsplans sich mir aufdrangen und die ich ebensosehr Ew.pp. als meinem neuen Verhältnis schuldig zu sein glaube. 1. Daß der größte Teil der im Kabinett bisher bearbeiteten Sachen an den Staatsrat übergehe, ist nach meinen eigenen Erfahrungen gewiß zweckmäßig. Allein dieser Grundsatz darf nur befolgt und nicht öffentlich ausgesprochen

io. Dezember 1808

21

werden, weil er sonst der Nation die Beruhigung rauben würde, sich wie bisher an ihren Landesherrn wenden zu dürfen. 2. Den Staatsrat fordert keine Zeit dringender als gerade die jetzige. Ich bedaure daher die einstweilige Aussetzung desselben unendlich. Die wichtigsten Gesetze kommen jetzt zur Sprache. Und von allen Einrichtungen wird gerade die Organisation der Staatsbehörden und die Besetzung der ersten Staatsämter den entschiedensten Einfluß auf die Zukunft haben. Der Krieg und der Friede haben den vorigen Zustand des Staats und mit ihm die Stellen aller Staatsbeamten zertrümmert, aber in der trostlosen Lage der letzteren würde es für sie doch noch einige Beruhigung sein, wenn ihr Schicksal von einer Gesamtheit beraten würde und nicht Auswahl, Vorschlag und Vortrag in Einer Hand wäre. Die so mit Recht getadelte vorige Kabinettsverfassung beunruhigte in dieser Rücksicht das Publikum weniger als das jetzige Verfahren. 3. Der Staatsrat soll außer den Prinzen des Königlichen Hauses und den Staatsministern auch aus den Geheimen Staatsräten, einem Geheimen Legationsrat, einem Geheimen Justizrat und den Chefs vom Kriegsdepartement als stimmberechtigten Mitgliedern bestehen. Als solche und für ihre Selbständigkeit werden diese Männer daher alle einer unmittelbaren Berufung dazu von des Königs Majestät bedürfen, so wie solche auch schon den zu Geheimen Staatsräten ernannten Oberpräsidenten zuteil geworden ist. Friedrich der Große berief sogar die Kammerpräsidenten Allerhöchstselbst, und gerade dieses Verhältnis war auf ihre Geschäftsführung von einem besseren Einfluß als das nachherige. Als Sektionschefs sind und bleiben jene Männer dennoch den Staatsministern untergeordnet und müssen es auch sein. Meine hohe Achtung für Ew.pp. gestattet mir keine Entschuldigung für die Freimütigkeit dieser Bemerkungen; sie fordert es aber von mir als heilige Pflicht, das ausdrückliche Versprechen hinzuzufügen, daß mein Würkungskreis nur meinem Könige und Vaterlande, der guten Sache und Ew.pp. zur Erleichterung Ihres erhabenen Berufs gewidmet sein soll.«2 1

2

3*

Altenstein und Dohna an Klewitz, Königsberg, 8. Dezember 1808. Mitteilung der Beschlüsse der K . O. vom 6. Dezember 1808 über die Ausführung des im allgemeinen genehmigten Organisationsplans der obersten Verwaltungsbehörden und von der Ernennung Klewitz' zum Chef der Gesetzgebungssektion (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 1). Die Antwort von Altenstein und Dohna erfolgt am 23. Dezember 1808. Sie drücken darin ihre Uberzeugung von den Qualitäten Klewitz' aus. Auf dessen Bemerkungen zum Organisationsplan erwidern sie: »Was die Organisation des Staatsrats anbetrifft, so haben des Königs Majestät aus eigener Bewegung sich entschlossen, selbige vor jetzt und bis zur Rückkehr nach Berlin annoch auszusetzen, da die jetzige Lage des Staats gerade in einem vorzüglichen Grade Einheit und Schnelligkeit in der Administration erfordert. Der Vortrag der vereinigten Ministerien im Kabinett und deren von des Königs Majestät außerdem angeordnete Beratungen sind, aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, ein angemessener Ersatz für die einstweilige Aussetzung der Installation des neu zu bildenden Staatsrats. Der Grund, weshalb die Oberpräsidenten eine unmittelbare Berufung erhalten haben, beruht bloß darauf, daß sie itzt schon in volle Aktivität gesetzt sind. E s wird gewiß eine gleiche Berufung an die übrigen Mitglieder des Staatsrats ergehen, sobald diese als solche ihre Funktion antreten.« (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 5)

22

l i . Dezember 1808

10. Kriegsrat Scharnweber an den Minister Freiherr von Altenstein Lichtenberg, 11. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein B Nr. 35 Bl. 6: eigh. Brief.

Beseitigung der Besorgnisse um die Nachfolge Steins durch die Ernennung steins

Alten-

»[. . .] Die patriotischen Gefühle müssen die herrschenden sein. Mit Bangigkeit sah ich der Ernennung eines Nachfolgers des Herrn v. Stein entgegen. Man nannte die Herren v. Borgstede, v. Voß und Beyme. Alles Gute, was schon geschehen und noch zu erwarten war, schien verloren zu sein. Denken Sie sich meine Freude, wie der edle Hardenberg diese und mehrere andere Besorgnisse mit den vertraulichen Worten niederschlug: Das Gute bleibt nicht nur, es wird vermehrt, unser Altenstein ist, wenn nicht Kabalen es vereitelt haben, der Nachfolger. [. . .] Nehmen Sie, teuerster Gönner, meinen innigsten treuen Glückwunsch entgegen. E r kann von keiner Seite so herzlich kommen als von mir, weil niemand mehr Gelegenheit gehabt hat, Ihren ganzen Wert kennenzulernen als ich. K r a f t , Kenntnisse, Erfahrungen und Liebe zum Guten sind bei Ihnen im schönsten Verein. Ihr Leben gehörte seit langer Zeit nur dem Staate. Wohl ihm, daß er es sich jetzt in dieser Krise ganz zueignet. Wohl ihm, daß er Sie auf die Stufe stellt) wo ein Teil Ihrer K r a f t nicht weiter durch Bekämpfung von Schikanen p. vergeudet zu werden braucht, wo sie ganz den großen Entwürfen gewidmet werden kann, die Ihre edle Seele schon in der Periode beschäftigten, wo so wenig Hoffnung war, daß sie je zur Ausführung kommen würden. Ich bin versichert, daß diese Seite es ist, die Ihnen Ihren jetzigen Posten wert macht. Der äußere Glanz steht in Ihrem Gefühl dem inneren Wert tief nach. Nicht die Exzellenz, nicht die Aussicht zu Ordensbändern, nicht die sonstigen Ehrenbezeugungen, die man Ihnen erweisen wird, sind die Sachen, worauf Sie achten. Nein, das werden Sie zum Teil als schale Zugaben, als lästige Attribute betrachten. Ihr Blick wird nur auf das Wohl des unglücklichen Staats, auf die halbverwaiste Menge gerichtet sein, die jetzt ihre Augen zu Ihnen erhebt und von Ihrer Weisheit Rettung vom Verderben erwartet. Hardenberg sagte mit Rührung: Nie fand ich einen reineren Menschen als Altenstein. Ich spreche das mit aus und bin versichert, daß es bald Stimme des Monarchen und des ganzen Volks sein wird. Nie war dasselbe eines kraftvollen Führers bedürftiger als jetzt; nie war es also ehrenvoller, Minister zu werden, und nie würde es ein Würdigerer als Sie. [•••] Der G[eheime] F[inanz]r[at] Sack ist ohne Jalousie über Ihre Beförderung. Er freut sich vielmehr herzlich über solche und wird gewiß stets ein treuer Freund und Gehülfe von Ihnen sein. Die Partei, die nur in der Zahl stark ist, kabaliert auch gegen ihn. Soutenieren Sie ihn. Er hat die Liebe des Volks und die Stimme des edleren Teils der Nation. Man wird es als ein Zeichen von K r a f t und Weisheit betrachten, wenn Sie veranlassen, daß das Betragen des Herrn v. Voß, der sich auf Beyme stützt, gerügt und er in seinem wichtigen Auftrage 1 bestätigt wird.

1 3 . Dezember 1808

23

Ich für mich habe keine Wünsche. Für Sie, mein edler Gönner, und für die gute Sache habe ich desto mehr. Möge der Himmel diese und Sie erhalten, und möge man stets beides als unzertrennlich betrachten. [. . .]« 1

Sack wurde durch K . O. vom 6. Dezember 1808 zum Oberpräsidenten der Kurmärkschen, Neumärkschen und Pommerschen Kammer ernannt und mit der Leitung der französischen Kontributionsangelegenheiten betraut (Konzept, gez. Altenstein, Dohna, im Geh. Zivilkabinett, alt: Rep. 89 A Tit. X L I V Nr. 1 1 Bl. 1 ; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 13558). Diese Aufgabe bezog sich auf die ganze Monarchie ausschließlich Ostpreußen und Litauen und sollte gemeinschaftlich mit dem Geh. Oberfinazrat L ' A b a y e übernommen werden. »Letzterer wird dabei die Korrespondenz mit dem Auslande, insbesondere mit den französischen Behörden führen, dem p. Sack aber bleiben die Verfügungen im Inlande überlassen. Die Immediat-Friedensvollziehungskommision ist gänzlich aufgehoben. Wegen der Militärstraßen, Verpflegung der Festungsbesatzungen usw. mit dem General St. Hilaire zu verhandeln, insofern diese Gegenstände nicht von der betreffenden Kammer abgemacht werden können, habe Ich dem General-Lieutenant und Gouverneur v. L'Estocq aufgetragen, und eigentlich politische Angelegenheiten sollen an das Departement der auswärtigen Angelegenheiten verwiesen werden.« (K. O. an Voß vom 16. Dezember 1808, Konzept, gez. Altenstein, Dohna, Geh. Zivilkabinett, alt: Rep. 89 A Tit. X X X V I I I Nr. 1 Bl. 44; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 3641).

1 1 . Konferenzprotokoll Königsberg, 1 3 . Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 86 Nr. 1 3 B d . 1 Bl. 6: Friese eigh. u. gez. Ergebnis der Beratung über den Entwurf zu Edikt und Hausgesetz über die Veräußerlichkeit der königlichen Domänen »Im Beisein der Herren Staatsminister Freiherrn v. Altenstein und Grafen zu Dohna, imgleichen des Herrn Kanzlers Freiherrn v. Schroetter Exzellenzien, des Herrn Geheimen Staatsrats v. Klewitz, des Herrn Geheimen Oberfinanzrats Staegemann Hochwohlgeboren und des Unterzeichneten wurde heute der von des Herrn Kanzlers Freiherrn v. Schroetter Exzellenz anderweitig gefertigte und mittelst Voti 1 an des Herrn Staatsministers Freiherrn v. Stein Exzellenz unterm 28. v. M. gesandte Entwurf zu einem Edikt und Hausgesetz über die Veräußerlichkeit der Königlichen Domänen in Überlegung genommen 2 und dabei beschlossen: 1. daß in den beiden Stellen des Einganges, wo solches vorkommt, so wie am Schluß statt: „die Reichsstände" zu setzen sei: „die Stände in den Provinzen", weil die baldige Emanation des Gesetzes dringend notwendig sei und bis dahin die Organisation der Reichsstände nicht zustande kommen könne. Eben darum hielt man es auch für notwendig und hinlänglich, in den Provinzen, wo bereits Stände organisiert sind, diese, in den Provinzen aber, wo solches noch

24

13. Dezember 1808

nicht der Fall ist wie in Westpreußen und Schlesien, entweder die Landschaftsdirektionen zuzuziehen oder aus den landrätlichen Kreisen und den Städten einige Deputierte besonders wählen zu lassen und sie ad bene actum für die ständischen Repräsentanten zu erklären. 2. Da bei den zur Berichtigung der Kriegskontribution benötigten Pfandbriefen die höchste Beschleunigung nötig ist und die Sache zu lange aufgehalten werden würde, wenn in Rücksicht jeder einzelnen Verpfändung die § 5 vorgeschriebenen Förmlichkeiten beobachtet werden sollen, so wurde dazu folgender Zusatz beschlossen: Damit jedoch durch die hier angeordneten Förmlichkeiten in der augenblicklichen Lage des Staats, besonders wegen Erfüllung der gegen Frankreich übernommenen Verbindlichkeiten kein Zeitverlust entstehe, so setzen Wir fest, daß auf den Betrag derjenigen Summen, die Unser Finanzminister nach einem von Uns selbst zu vollziehenden Etat des zur Kriegskontribution und zur Befriedigung der itzt vorhandenen Staatsgläubiger aus den Domänen herbeizuschaffenden Geldbedarfs als den Beitrag einer jeden einzelnen Provinz mittelst eines von Unserm Großkanzler zu beglaubigenden Extrakts aus dem Etat fordern wird, Domänen verkauft oder verpfändet werden können; so wie Wir wollen, daß die Verpfändungsurkunden, die Wir den Kaufleuten zu Königsberg. Elbing und Memel über den Belauf der von ihnen zur Berichtigung der Kriegskontribution ausgestellten Wechsel ausgefertigt haben und den Kaufleuten zu Berlin, Breslau und Frankfurt noch ausfertigen werden, ohne das Erfordernis irgendeiner Förmlichkeit in das Hypothekenbuch eingetragen werden sollen. Da jedoch bei dem Fortgang der Veräußerung der Fall eintreten kann, daß es vorteilhafter sei, in einer Provinz mehrere Domänen zu veräußern, als man für selbige anfänglich auf den Etat gebracht, in einer andern aber weniger, so wurde zugleich hierüber bestimmt, daß es kein Bedenken, hierunter Abänderungen zu machen, sobald nur die aus der Domänen Veräußerung herauszubringende Summe dabei im ganzen nicht überschritten werde. Weiter fand sich wider den Entwurf nichts zu erinnern.«3

1 2

3

E s sind Voten, der Geheimen Oberfinanzräte von Schön und Staegemann. Die Konferenz erfolgte auf das Schreiben des Kanzlers Schroetter an Dohna vom 8. Dezember 1808, worin er wegen der Dringlichkeit der Vollziehung des Gesetzes um schleunigste Beratung beim Generaldepartement ersucht (Ausf., gez. Schroetter, i. gl. Fasz. Bl. 5). Den Entwurf vom 26. Oktober siehe R M Stein I I I , Nr. 289, S. 960 f. Abschrift dieses Protokolls und die bei der Beratung vorliegenden Voten wurden mit Begleitschreiben vom 14. Dezember 1808 an Kanzler Schroetter geschickt und ihm die Berichterstattung an den König anheimgestellt (Konzept Friese, gez. Dohna, Bl. 5 v.). Sie erfolgte noch am gleichen Tage (Ausf., gez. Schroetter, in Geh. Zivilkabinett, alt: Rep. 89 A Tit. V I I I Bd. 2 Bl. 160; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 31393)-

i6. Dezember 1808

25

12. »Publikandum, betreffend die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden der preußischen Monarchie in Beziehung auf die innere Landes- und Finanzverwaltung« gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. v. Altenstein, v. Dohna Königsberg, 16. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 182 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 40: Konzept Friese mit Verbesserungen Altensteins und Dohnas; Druck: Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 59, S. 361 ff.; Bearbeitung in R M Stein III, Nr. 333, S. 1 1 4 9 ff.

»Wir, Friedrich Wilhelm, pp. haben beschlossen, den obersten Verwaltungsbehörden für das Innere und die Finanzen eine verbesserte, den Fortschritten des Zeitgeistes, der durch äußere Verhältnisse veränderten Lage des Staats und den itzigen Bedürfnissen desselben angemessene Geschäftseinrichtung zu geben, und heben daher die in dieser Hinsicht bestandenen Einrichtungen hiemit auf. Die neue Verfassung bezweckt, der Geschäftsverwaltung die größtmöglichste Einheit, Kraft und Regsamkeit zu geben, sie in einen obersten Punkt zusammenzufassen und die Geisteskräfte der Nation und des einzelnen auf die zweckmäßigste und einfachste Art für solche in Anspruch zu nehmen. Die Regierungsverwaltung geht zu dem Ende künftig von einem dem Oberhaupt des Staates unmittelbar untergeordneten obersten Standpunkt aus. Es wird von demselben nicht allein das Ganze übersehen, sondern auch zugleich unmittelbar auf die Administration gewürkt. Eine möglichst kleine Zahl oberster Staatsdiener stehen an der Spitze einfach organisierter, nach Hauptverwaltungszweigen abgegrenzter Behörden; im genauesten Zusammenhang mit dem Regenten leiten sie die öffentlichen Geschäfte nach dessen unmittelbar ihnen erteilten Befehlen selbständig und selbsttätig mit voller Verantwortlichkeit und wirken so auf die Administration der untergeordneten, in gleicher Art gebildeten Behörden kräftig ein. Die Nation erhält eine ihrem wahren Besten und dem Zweck angemessene Teilnahme an der öffentlichen Verwaltung, und dem ausgezeichneten Talent in jedem Stand und Verhältnis wird Gelegenheit eröffnet, davon zum allgemeinen Besten Gebrauch zu machen.1 Wir verordnen demnach: 1. Die oberste allgemeine Leitung der ganzen Staatsverwaltung vereinigt sich in dem Staatsrat unter Unserer unmittelbaren Aufsicht. Die näheren Bestimmungen über dessen Organisation und Verfassung behalten Wir Uns indessen noch vor.2 [. . .]« 1

2

Bis hierhin entspricht der die Grundsätze erläuternde Text weitgehend der Einleitung zur Verordnung vom 24. November 1808 (siehe R M Stein I I I , Nr. 328, S. 1088 ff.). Von dem oft zitierten „Publikandum" wird, da es bereits mehrfach gedruckt ist, außer der Einleitung hier nur noch die Bestimmung über die vorläufige Aussetzung des Staatsrats wiederholt. Die weiteren 35 Punkte bringen die durch diesen

26

i6. Dezember 1808

gravierenden Beschluß sich ergebenden Modifikationen der Fassung v o m 24. N o vember 1808. Auf den Gang der Entwicklung bis hin zu der »Verordnung über die veränderte Verfassung aller obersten Staatsbehörden in der Preußischen Monarchie«

vom

27. Oktober

1810,

gez. Friedrich

Wilhelm,

gegengez. Hardenberg

(Druck: Gesetzsammlung 1810, Nr. 2, S. 3 ff.) verweisen die Nummern 328, 334 und 336 bis 338 in R M Stein I I I und Nr. 5 in vorliegendem Band.

13. »Publikandum gegen geheime Gesellschaften und Verbindungen« gez. Dohna Königsberg, 16. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 17 Nr. 1 Bl. 6: undatiertes Konzept Friese; Druck: Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 58, S. 361.

Beschränkung einer Einmischung und Verhältnisse

des Staatsbürgers in öffentliche

Angelegenheiten

»S.K.M. von Preußen p., Unser gnädigster 1 Herr, haben in dem Augenblick, in welchem der größere Teil der Landesadministrationsbehörden der Monarchie nach der nunmehr erfolgten Räumung des Landes wieder in freie und volle Tätigkeit trete 2 und um etwa möglichen Mißbräuchen vorzubeugen, sich 3 veranlaßt gefunden, Höchstdero Minister des Innern zu befehligen 4 , das Edikt vom 20. Oktober 1798 wegen Verhütung und Bestrafung geheimer Verbindungen 5 dem Publikum in Erinnerung bringen zu lassen und alle geheimen Gesellschaften und Verbindungen, welche nicht auf den Grund ihrer vorher eingereichten Statuten und Konstitutionen Höchstdero unmittelbare Genehmigung erhalten haben, wiederholentlich zu untersagen. Es ist unerläßliche Pflicht eines jeden Staatsbürgers, im Vertrauen auf die stets rege Fürsorge seines Landesherrn geruhig und treu seinen Beruf zu üben und sich nicht weiter in die öffentlichen Angelegenheiten und Verhältnisse zu mischen, als Verfassung und Landesgesetze ihm solches gestatten. Es wird daher der, welcher sich in unerlaubte geheime Gesellschaften oder Verbindungen einläßt, ohne Nachsicht den Gesetzen gemäß bestraft werden, wornach sich also ein jeder zu richten hat. Die Polizeibehörden werden angewiesen, auf die Befolgung des gedachten Edikts und itzigen Publikandums genaue Acht zu haben und alle Übertretungen bei nachdrücklicher Verantwortung der Behörde sogleich anzuzeigen.« 6 1

In der Gesetzsammlung: »allergnädigster«.

2

In der Gesetzsammlung: »tritt«.

3

»in dem Augenblick ... sich« von Dohna am R a n d e ergänzt.

4

Von Friese ursprünglich: »beauftragen«.

5

Druck i. gl. Fasz. Bl. 2. § 2 dieser Verordnung lautet: »Wir erklären daher für unzulässig und verbieten hierdurch Gesellschaften und V e r bindungen

17- Dezember 1808

6

27

I. deren Zweck, Haupt- oder Nebengeschäft darin besteht, über gewünschte oder zu bewirkende Veränderungen in der Verfassung oder in der Verwaltung des Staates oder über die Mittel, wie solche Veränderungen bewirkt werden könnten, oder über die zu diesem Zweck zu ergreifenden Maßregeln Beratschlagungen, in welcher Absicht es sei, anzustellen; II. worin unbekannten Obern, es sei eidlich, an Eides Statt, durch Handschlag, mündlich, schriftlich, oder wie es sei, Gehorsam versprochen wird; III. worin bekannten Obern auf irgendeine dieser Arten ein so unbedingter Gehorsam angelobt wird, daß man dabei nicht ausdrücklich alles dasjenige ausnimmt, was sich auf den Staat, auf dessen Verfassung und Verwaltung oder auf den vom Staat bestimmten Religionszustand bezieht oder was für die guten Sitten nachteilige Folgen haben könnte; IV. welche Verschwiegenheit in Ansehung der den Mitgliedern zu offenbarenden Geheimnisse fordern oder sich angeloben lassen; V. welche eine geheim gehaltene Absicht haben oder vorgeben oder zur Erreichung einer namhaft gemachten Absicht sich geheim gehaltener Mittel oder verborgener mystischer, hieroglyphischer Formen bedienen. Wenn eines der No. I, II, I I I angegebenen Kennzeichen unerlaubter Gesellschaftten und Verbindungen stattfindet, können solche in Unsern gesamten Staaten nicht geduldet werden. Ein gleiches soll auch in Ansehung der No. I V und V bezeichneten Gesellschaften und Verbindungen, jedoch mit der im nächstfolgenden Paragraphen gemachten Ausnahme [betrifft Freimaurer-Loge] stattfinden.« Das Publikandum wird am gleichen Tage sowohl Auerswald als auch Sack übersandt mit dem Auftrag, es zu veröffentlichen (Konzepte, gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 7).

14. »Edikt und Hausgesetz über die Veräußerlichkeit der Königlichen Domänen« 1 K ö n i g s b e r g , 17. D e z e m b e r 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 86 Nr. 13 Bd. 1 Bl. 3: Abschrift. »Wir, Friedrich Wilhelm, v o n Gottes Gnaden K ö n i g v o n Preußen, Markgraf z u B r a n d e n b u r g etc. etc. t u n k u n d und fügen hiermit z u wissen: D u r c h das E d i k t v o m 13. A u g u s t 1 7 1 3 ist v o n Unsers in G o t t ruhenden Herrn Ä l t e r v a t e r s , des K ö n i g s Friedrich Wilhelm I. Majestät, die Unveräußerlichkeit aller Fürstentümer, Graf- und Herrschaften, auch einzelner Güter u n d E i n k ü n f t e , welche die Preußische Monarchie bilden, auf den G r u n d eines in Unserm K ö n i g lichen H a u s e durch Verfassung und F u n d a m e n t a l g e s e t z e hergebrachten F a m i lienfideikommisses für immerwährende Zeiten festgesetzet. Obwohl W i r k r a f t der U n s zustehenden landesherrlichen und souveränen G e w a l t befugt sein würden, diese Unveräußerlichkeit, soweit sie auf die D o m ä n e n g ü t e r des S t a a t s erstreckt wird, durch ein E d i k t u m so mehr aufzuheben, als die N o t w e n d i g k e i t einer Unveräußerlichkeit der D o m ä n e n weder durch das Fideikommiß- u n d Primogeniturgesetz Unsers Königlichen Hauses (als welches nur die Teilung u n d

28

17- Dezember 1808

Veräußerung der Souveränitätsrechte zu verhindern bestimmt ist) noch durch das Interesse des Staats geboten wird, so haben Wir Uns dennoch bewogen gefunden, ein Hausgesetz hierüber abzuschließen und die Stände in den Provinzen Unserer Monarchie dabei zuzuziehen. Wir verordnen daher mit Zuziehung 2 aller Prinzen Unsers Königlichen Hauses, soweit es nötig in Vormundschaftlichem Beistande und Genehmigung 3 , mit Zuziehung der Stände in den Provinzen 4 folgendes: § 1. Es hat bei den Haus Verträgen und Grundgesetzen Unsers Königlichen Hauses, insoweit solche die Unteilbarkeit und Unveräußerlichkeit der Souveränitätsrechte mittelst Anordnung der Primogenitur und des Fideikommisses festsetzen, sein Verbleiben. § 2. Was die Domänen Unsers Staats betrifft, deren Ertrag zu den öffentlichen Ausgaben bestimmt ist, so können jederzeit nur die Bedürfnisse des Staats und die Anwendung einer verständigen Staatswirtschaft darüber entscheiden, ob ihre Veräußerung, es sei mittelst Verkaufs an Privateigentümer oder Erbverpachtung oder mittelst eines andern Titels, für das gemeinsame Wohl und für Unser und Unsers Königlichen Hauses Interesse notwendig oder vorteilhaft sei. § 3. Indem Wir daher die Vorschriften Unsers Landrechts Teil 2, Titel 14, §§ 16 und folgende, nach welchen Domanialgüter nur insoweit an einen Privatbesitzer gültig gelangen können, als der Staat dagegen auf andere Art schadlos gehalten wird, hierdurch deklarieren, setzen Wir fest: a) daß eine Verschenkung der Domänen nicht stattfinde, vielmehr zu jeder Zeit sowohl von dem Geschenkgeber selbst als von seinem Nachfolger widerrufen werden könne; b) daß der jedesmalige Souverän befugt sei, die zu den Domänen gehörenden Bauergüter, Mühlen, Krüge und andere einzelne Pertinenzien gegen Entgelt, es sei mittelst Übertragung des vollen Eigentums oder Erbverpachtung oder zinspflichtiger Verleihung zum erblichen Besitz oder mittelst eines andern nicht unentgeltlichen Titels, zu veräußern, sobald er solches den Grundsätzen einer staatswirtschaftlichen Verwaltung gemäß findet; auch erstreckt sich diese Befugnis auf die Übertragung des vollen Eigentums an bäuerlichen Besitzungen ohne Bezahlung eines Kaufgeldes, wie solche in Ostpreußen, Litauen und Westpreußen durch die Verordnung vom 27. Julius 1808 geschehen ist 5 und in den übrigen Provinzen noch geschehen soll; c) daß dem Souverän auch in Absicht der übrigen Domanialgrundstücke, Gefälle und Rechte die Veräußerung gegen Entgelt, jedoch nur mittelst Erbverpachtung, die Veräußerung des vollständigen Eigentums aber sowie die Verpfändung und Belastung der Domänen aller Art mit hypothekarischen und andern dringlichen Verbindlichkeiten nur in dem Falle gestattet sein soll, wenn das wahre Bedürfnis des Staats eintritt und mit dem Kaufgelde oder dem erliehenen Kapital Schulden des Staats bezahlt werden müssen, die in der Erhaltung desselben entstanden sind; als solche erklären Wir zugleich alle jetzt schon vorhandene Schulden und diejenigen, die zur Bezahlung der an Frankreich abzutragenden Kriegskontribution verwendet werden. § 4. Der Erwerber eines solchen nach § 3, Lit. b, c veräußerten Domanialgrundstücks oder eines dinglichen Rechts soll gegen jeden fiskalischen Anspruch,

17- Dezember 1808

29

der auf Vernichtung des über die Veräußerung oder Verpfändung abgeschlossenen Kontrakts unter dem Vorwande der behaupteten Unveräußerlichkeit gerichtet werden wollte, geschützt sein. § 5. Damit aber über die Frage, ob eine auf den Grund des § 3 Lit. c wegen eingetretenen nähern Bedürfnisses des Staats geschehene Veräußerung oder Verpfändung wirklich in der angezeigten Art notwendig gewesen sei, kein Streit entstehe, so soll die diesfällige Urkunde nicht nur von dem Souverän, sondern auch von dem Thronfolger und von dem ältesten Prinzen Unsers von des Königs Friedrich Wilhelm I. Majestät abstammenden Königlichen Hauses vollzogen werden. Ist der Kronprinz noch minorenn, so soll der älteste Prinz des Hauses bei dieser Handlung sein Vormund sein und von dem Chef der Justiz die obervormundschaftliche Autorisation erhalten. Damit jedoch durch die hier angeordneten Förmlichkeiten in der augenblicklichen Lage des Staats, besonders wegen Erfüllung der gegen Frankreich übernommenen Verbindlichkeiten, kein Zeitverlust entstehe, so setzen Wir fest, daß auf den Betrag derjenigen Summe, die Unser Finanzminister nach einem von Uns Selbst zu vollziehenden Etat des zur Kriegskontribution und zur Befriedigung der jetzt vorhandenen Staatsgläubiger aus den Domänen herbeizuschaffenden Geldbedarfs als den Beitrag einer jeden einzelnen Provinz mittelst eines von Unserm Großkanzler zu beglaubigenden Extrakts aus dem Etat oder als das Surrogat des im Etat zur Veräußerung bestimmten, in der Folge aber nach den Umständen davon ausgeschlossenen Beitrags einer andern Provinz fordern wird, Domänen verkauft oder verpfändet werden können. Auch wollen Wir, daß die Verpfändungsur künden, die Wir den Kaufleuten zu Königsberg, Elbing und Memel über den Belauf der von ihnen zur Berichtigung der Kriegskontribution ausgestellten Wechsel ausgefertiget haben und den Kaufleuten zu Berlin, Breslau und Frankfurt noch ausfertigen werden, ohne das Erfordernis irgendeiner Förmlichkeit in das Hypothekenbuch eingetragen werden sollen.6 § 6. Den Hypothekenbehörden untersagen Wir hiermit ernstlich, Urkunden, wodurch von Seiten des Souveräns oder in Seinem Namen Eigentums-, hypothekarische oder andere dingliche Rechte auf Domänen übertragen werden sollen, in die Hypothekenbücher einzutragen, wenn sie dem gegenwärtigen Hausgesetz nicht gemäß sind. § 7. Unter diesen Bestimmungen wollen und verordnen Wir, daß das Edikt Unsers Herrn Ältervaters Majestät vom 13. August 1 7 1 3 , welches die Alienation aller der Krone und Kur inkorporierten Güter bei Strafe der Nullität untersagt, auf den Verkauf und die Verpfändung oder sonstige Belastung der Domänengüter mit dinglichen Rechten nicht angewendet werden soll. Zu Urkunde dessen haben Wir dieses Hausgesetz und Edikt Höchstselbst vollzogen und von allen Prinzen Unsers Königlichen Hauses und dem für die minorennen Prinzen bestellten Vormunde mit vollziehen, auch die obervormundschaftliche Genehmigung nach gesetzmäßiger Prüfung deshalb erteilen lassen sowie von den Ständen in den Provinzen Unserer Monarchie unterschreiben, auch Unser, der Prinzen und der Stände Siegel unterdrücken lassen. Gegeben und geschehen in Königsberg, den 17. Dezember 1808.7«

17. Dezember 1808

30

Die Einbettung dieses Paragraphenteils in das Gesamtpublikandum vom 6. November 1809 siehe Nr. 167. 2 In der Abschrift fälschlich »Zustimmung«. 3 A m 26. Dezember 1808 reskribiert Kanzler Schroetter auf Spezialbefehl: »Gemäß der von Seiner Königlichen Majestät von Preußen etc., meinem allergnädigsten Herrn, mir aufgetragenen interimistischen Verwaltung der Geschäfte des Chefs der Justiz werden des Herrn Prinzen Ferdinand von Preußen Königliche Hoheit als von Seiner Majestät dem Könige am 17. d. M. für diesen A k t ernannten Vormund des Herrn Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen und der übrigen minorennen Prinzen des Königlichen Hauses, namentlich der Herren Friedrich Wilhelm Ludwig und Friedrich K a r l Alexander, Prinzen von Preußen, Söhne Seiner Majestät des Königs, und des Herrn Prinzen Friedrich Wilhelm Ludwig von Preußen, hinterbliebenen Sohnes des in Gott ruhenden Herrn Prinzen Ludwig von Preußen, Bruders Seiner Majestät des Königs, von Obervormundschafts wegen hiermit ersucht, dem am 17. d. M. Allerhöchst vollzogenen E d i k t und Hausgesetz, die Veräußerlichkeit der Königlichen Domänen betreffend, in der Eigenschaft als Vormund beizutreten und solches mit zu vollziehen. Gleichergestalt werden Seine Königliche Hoheit hiermit ersucht, als ernannter Vormund für die innerhalb des 302. Tages nach dem 17. d. M. etwa zur Welt kommenden Prinzen des Königlichen Hauses dem erwähnten E d i k t und Hausgesetz beizutreten und solches mit zu vollziehen.« 1

4

5

6

7

Das Publikandum des Gesetzes enthält Unterschriften und Siegel von 151 Ständevertretern und Deputierten. Druck: Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 41, S. 245 ff.; siehe auch R M Stein II, Nr. 217, S. 693 ff. Dieser A b s a t z entspricht weitgehend wörtlicfi dem im Konferenzprotekoll vom 13. Dezember 1808 vorgeschlagenen Zusatz, siehe Nr. 11. In der Abschrift ist das D a t u m offengelassen. Es haben zur Vollziehung unterschrieben: Friedrich Wilhelm; Heinrich, Prinz von Preußen; Wilhelm, Prinz von Preußen; Ferdinand, Prinz von Preußen, des ritterlichen St. Johanniter-Ordens der Balley Brandenburg Heermeister, auch als Vormund der minorennen Prinzen des Königlichen Hauses; August, Prinz von Preußen; gegengez. Kanzler Schroetter. (Vollständiger Abdruck Gesetzsammlung 1806—1810, Nr. 93, S. 604 ff.)

15. Der Schulz

Geheime

Oberfinanzrat

Staegemann

an

den Justizrat

Fr.

Königsberg, 17. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Staegemann II B 14 Bl. 112: eigh. Brief. Sieg der

Reformpartei

»Wir haben D e o f a v e n t e denn doch über die Schlechtgesinnten gesiegt. Herr Minister v . V o ß ist aller weitern T e i l n a h m e an den Geschäften entledigt, die miserable Immediatkommission aufgelöst u n d S a c k als Geheimer S t a a t s r a t u n d Oberpräsident für die Marken u n d P o m m e r n in volle T ä t i g k e i t gesetzt. I c h glaube nicht, d a ß Herr v . V o ß und seine Gehülfen der bestimmten E r k l ä r u n g des

21. Dezember 1808

31

Königs 1 noch irgendein Hindernis in den Weg legen werden; sollte es geschehn und Herr v. Voß die Geschäfte nicht abgeben wollen 2 , so hoffe ich, daß Sack sich zu nehmen und das brachium militare nebst Spandau in Anspruch zu nehmen wissen werde. Mir war bange, daß Sack resignieren werde; da das nicht geschah, so war der König leicht entschieden 3 , weil er selbst über den Herrn v. Voß im reinen ist. Überhaupt ist des Königs Urteil in der Regel das richtigste und reinste. Der heut abgehende Kurier wird diese Entscheidung des Königs nach Berlin bringen. [. . .]« 1

2

3

K. O. an Voß, Königsberg, 16. Dezember 1808. Der König betont darin, daß es ein unheilbringender Eingriff in seine Souveränitätsrechte wäre, »wenn einzelne ungegründete Beschwerden auswärtiger Agenten zureichend sein sollen, verdienstvolle Staatsbeamte außer Tätigkeit zu setzen«. Außerdem drückt der König sein Befremden aus, daß den französischen Behörden gegenüber das Vorgehen und die Verhältnisse Sacks nicht »mündlich oder schriftlich mit angemessener Würde und Kraft auseinandergesetzt worden« sind. (Konzept, gez. Altenstein, Dohna, im Geh. Zivilkabinett, alt: Rep. 89 A Tit. X X X V I I I Nr. 1 Bl. 44; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 3641) Am 26. Dezember 1808 meldet Voß mit I. B. die Auflösung der Immediatkommission und die Übergabe der Geschäftsverwaltung an Sack (Ausf., gez. Voß, Geh. Zivilkabinett, gl. Fasz. Bl. 115). In der K. O. vom 16. Dezember 1808 trug der König Voß auf: »In einem Zeitpunkt, wo es mehr als jemals darauf ankommt, mit uneingeschränkter Verleugnung einer jeden Privatmeinung nur die Beförderung des allgemeinen Wohls vor Augen zu haben, kann Ich von Euch als einem Meiner ältesten Diener mit vertrauensvoller Zuversicht erwarten, daß Ihr Euch beeifern werdet, überall Meine Absichten zu befördern und der übelwollenden Gesinnung einzelner Personen in Berlin zweckmäßig entgegenzuwirken.«

16. Anweisung des Geheimen Staatsrats von Klewitz zur Behandlung der französischen Kolonie Königsberg, 21. Dezember 1808 ZSTA Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 89 A Tit. 25 Nr. 7 Bl. 48: Klewitz eigh. (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 14153). Günstige Auswirkungen der Städteordnung auch für die französische Kritik an der geplanten Einstellung der Erteilung des Bürgerrechts

Kolonie;

»Bei dem Wert, welchen S.M. auf die Gesinnungen der französischen Kolonien und ihre nützlichen Institute, namentlich ihre milden Anstalten setzen, kann bei verbessernden Einrichtungen nur die Absicht sein: Bürger mit Bürger inniger zu verbinden, hierzu durch gleichmäßigere Behandlung beizutragen und jeder Kommune in ihren Angelegenheiten mehr Freiheit und Selbständigkeit zu geben. Diese Absicht kann auch die hiesige französische Kolonie nicht anders als

22. Dezember 1808

32

beruhigen. 1 Daß der hiesige Magistrat die Erteilung des Bürgerrechts einzustellen gewünscht hat, ist unrecht und wird ausdrücklich gemißbilligt. Die von ihm von der Kammer und von der Kommission erbetenen bloß historischen Nachrichten sind zu nützlichen Ubersichten nötig, und insofern wird die Kolonie sie gewiß gern geben, um so mehr, als dem Staatsminister Grafen Dohna ausdrücklich empfohlen ist, dafür zu sorgen, daß davon nicht anders als mit S.M. Vorwissen ein Gebrauch gemacht werde. Hiernach ist 1. die französische Kolonie in französischer Sprache zu beruhigen 2 , 2. der Staatsminister Graf Dohna zu instruieren 3 um ihm noch besonders zu empfehlen, daß er dafür sorge, die Angelegenheiten der französischen und Pfälzer Kolonien jetzt möglichst auf sich beruhen zu lassen.4« 1

2

3

4

Die Deputierten und Repräsentanten der Königsberger französischen Kolonie hatten am 9. Dezember eine Immediatvorstellung mit einem Memoire gleichen Datums eingereicht (Ausf. in franz. Sprache in Rep. 77 Tit. 83 Nr.i Bd. 1 Bl. 57). K. O. au Consistoire français et aux députés des chefs de famille de la colonie à Königsberg, Königsberg, 21. Dezember 1808 (Abschr. i. gl. Fasz. Bl. 4; Konzept, gez. Altenstein, Dohna, Klewitz, in Rep. 89 A Tit. 25 Nr. 7 Bl. 49; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 14153). K. O. an Dohna, Königsberg, 22. Dezember 1808 (Konzept, gez. Altenstein, Dohna, Klewitz, in Rep. 89 A Tit. 25 Nr. 7 Bl. 50; Ausf., gez. Friedrich Wilhelm, in Rep. 77 Tit. 83 Bd. 1 Bl. 3). Behördenreskript an die Vorsteher der französischen Kolonie, an den Magistrat in Königsberg und an die Ostpreußische Kammer vom 30. Dezember 1808 (Konzepte, gez. Dohna, in Rep. 77 Tit. 83 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 13-16).

17. Minister Freiherr von Hardenberg an den Minister Freiherr von Altenstein Berlin, 22. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein B Nr. 14 Bl. 83: Hardenberg eigh.

Unterredung mit Beyme; Unzufriedenheit über die zögernde Inkraftsetzung der neuen Organisation »[. . Ist Nagler dort, so gelten ihm diese Worte mit; ich vermute aber, daß er mit dem König nach Petersburg abgegangen ist, wenn die Reise nicht, wie man hier wissen will, abgestellt ist. Ich bin in vielem Betracht unruhig in Absicht auf Sie beide und auf die Angelegenheit überhaupt. Sie wissen ohne Zweifel, daß Beyme unterwegs Befehl vom König erhielt, nicht zu kommen 1 , er kehrte also um. Heute war er bei mir; er sagte, die Absicht seiner Reise sei bloß gewesen, den König auf die Gefahr wegen der revolutionären Tendenzen aufmerksam zu machen, davon er die sichersten Spuren habe, bei denen zwar die beste Absicht zum Grunde liege, die aber höchst gefährlich werden könnten und, ohne den

23. Dezember 1808

33

König an der Spitze zu haben, allemal strafbar wären; er fragte mich, ob ich nicht wisse, wie Sie darüber dächten. Ich antwortete ihm in dem Geist, wie Sie in der Mostbude 2 darüber sprachen, sagte ihm, daß ich Sie dort gesehen, ich vermute, der König sei aufmerksam auf die Sache gemacht. Er fragte ferner ob Sie denn auch nicht der Meinung wären, daß man mit den Neuerungen sehr vorsichtig gehen müsse, um nicht Unzufriedenheit zu erregen, er dolierte sehr über die halbe Bekanntmachung der neuen Organisation und bemerkte, dünkt mich, mit Recht, daß die Ungewißheit, darin sich jetzt so viele hier befänden, höchst nachteilig sei. Sie haben keinen Begriff davon, wie alles gespannt ist, und wirklich halte ich es für sehr unglücklich, daß nicht mit einem Schlage die neuen Ernennungen bekannt wurden und die neuen Behörden zugleich mit Kraft auftraten und wirkten. Dieser Zwischenzustand, dieses anscheinende Schwanken, diese Ungewißheit ist äußerst nachteilig. Ich kann mir die Zögerungen auch kaum erklären. Herrn von Stein sähe ich vorgestern am dritten Orte; er schien noch zu glauben, daß er hätte bleiben können, war freundschaftlich gegen mich und äußerte sich freundschaftlich über Sie. Gegen andere hat er geklagt, Sie hätten ihn in der letzten Zeit kalt behandelt. Beyme liebt H[err] v[om] St[ein] nicht, ohnerachtet er ihn zum Großkanzler vorschlug. [...] Machen Sie nur, ich beschwöre Sie, daß Sie und die neue Administration schnell und mit Energie anfangen zu handeln, damit Sie sich Zutrauen erwerben und den Intrigen aller Art nicht Spielraum bleibt, gegen Sie zu wirken, ehe sie einmal auftritt. [. . .]« 1

Beyme erwähnt in seinem I. B. aus Berlin vom 28. Dezember 1808, daß der Befehl des Königs, »jetzt nicht nach. Königsberg zu kommen, den ausdrücklichen Zusatz enthielt, daß meine Anwesenheit hier nötiger als dort sei«. (Eigh. Konzept Beymes in Rep. 2.5.1. Nr. 146 Bl. 5 v., Ausf. im Geh. Zivilkabinett Rep. 2.2.1. Nr. 3640 Bl. 23)

2

In seinem Brief vom 24. Oktober 1808 (in Rep. 92 Altenstein B Nr. 14 Bl. 75) verabredete Hardenberg mit Altenstein ein Treffen in der Mostbude, einem Wirtshaus in der Nähe von Königsberg. Dieses Treffen fand laut Tagebuch am 10. November 1808 statt (Rep. 92 Hardenberg L 29 Bl. 27).

18. »Instruktion für die Oberpräsidenten in den Provinzen« gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. v. Altenstein, v. Dohna Königsberg, 23. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 192 Nr. 1 Bd. 2 Bl. 232: Druck; Gesetzsammlung 1806—10 Nr. 60, S. 373 ff.

Abgrenzung der Befugnisse des Oberpräsidenten in seiner Funktion als ausführende, kontrollierende und konsultierende Behörde »Seine Königliche Majestät von Preußen p.p. haben nach den im § 34 des Publikandums vom 16. d. M., die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden der Preußischen Monarchie in Beziehung auf die innere Landes- und

34

23. Dezember 1808

Finanz Verwaltung betreffend1 gegebenen Bestimmungen, bei Ansetzung der Oberpräsidenten eine dreifache Absicht: 1. einen Vereinigungspunkt in Ansehung derjenigen Verwaltungszweige zu bilden, bei denen es von Wichtigkeit ist, daß sie nach großem Abteilungen als einzelnen Regierungsdepartements geleitet und ausgeführt werden, welches insonderheit bei größeren allgemeinen LandespolizeiGegenständen der Fall ist; 2. den obersten Staatsbehörden Stellvertreter zu geben, welche mehr in der Nähe und an Ort und Stelle in ihrem Namen eine genaue und nicht bloß formelle Kontrolle über sämtliche Unterbehörden führen; endlich 3. in den Oberpräsidenten eine Behörde zu bilden, welche bei vorkommenden Fällen nach erweiterten, ganze Provinzen umfassenden Gesichtspunkten ihr Gutachten geben können. Das Amt der Oberpräsidenten teilt sich daher in die Eigenschaft einer ausführenden kontrollierenden und konsultierenden Behörde ab. 1. In der ersten Eigenschaft als ausführende Behörde gehören zu dem speziellen Geschäftskreise der Oberpräsidenten folgende Gegenstände, bei welchen sie als beständige Kommissarien der betreffenden Oberbehörden selbständig handeln und entweder direkte an die Unterbehörden verfügen oder das Erforderliche den Regierungen zur weitern Besorgung zufertigen: a) die allgemeine Aufsicht auf die ständische Verfassung der Provinzen ihres Geschäftsbezirks und die Führung des Vorsitzes als Seiner Majestät unmittelbare Kommissarien bei allgemeinen ständischen Versammlungen. Namentlich hat auch der Oberpräsident die Kontrolle der ständischen Institute, z. B. die Kreditsysteme, so daß er von allem Nachricht erhält, was die Generaldirektionen an die obersten Behörden berichten und sie zur Befolgung der vorhandenen Bestimmungen anweisen kann; b) die Verhandlungen mit den Chefs der Militärkorps in allen Gegenständen, welche das ganze Korps betreffen; c) die Sicherheitsanstalten für das Land, welche sich auf mehrere Provinzen zugleich erstrecken, größere Sanitätsanstalten, Viehseuchekordons, Sperre; d) die Verhandlungen mit den Oberpost- und Postämtern; e) Pläne zu neuen Anlagen, Meliorationen p.p., welche mehrere Provinzen betreffen. Bei Verwaltung dieser Gegenstände achtet sich der Oberpräsident nach den allgemeinen Vorschriften oder den besondern, die in den einzelnen Fällen, wenn sie zur Sprache kommen, werden gegeben werden. Von seiner Befugnis, an die Unterbehörden direkte zu verfügen, wird er nur in schleunigen und dringenden Fällen Gebrauch machen und der Regel nach alles durch die Regierungen gehen lassen, damit diese die nötige Übersicht des Ganzen behalten. Er wird sie daher auch in dem erstem Falle, soviel als dazu nötig ist, von seinen Verfügungen in Kenntnis setzen und allen Kollisionen und widersprechenden Verfügungen dadurch vorbeugen. 2. In seiner Eigenschaft als kontrollierende Behörde ist es keinesweges die

23- D e z e m b e r 1808

35

Absicht, ihn an der Detailverwaltung der Regierungen teilnehmen zu lassen, und eben dirnm soll er außer dem speziellen Geschäftskreise, der ihm vorstehend angewiesen ist, auch nur in höchst dringenden Fällen mit eigentlichen Administrationsangelegenheiten beauftragt werden. Seine Bestimmung geht vorzüglich dahin, die Administration im ganzen zu beobachten, die Mängel darin zu entdecken, ihnen abzuhelfen und Vorschläge zu verbesserten Einrichtungen zu machen. In dieser Hinsicht erstreckt sich seine Kontrolle aber auf sämtliche Verwaltungszweige der Regierungen ohne Ausnahme, und ein vorzüglicher Gegenstand seiner Aufmerksamkeit muß das Benehmen, die Dienstführung und Lauterkeit der öffentlichen Beamten sein. Zu dem Ende muß er sich nicht allein abwechselnd bei den einzelnen Regierungen aufhalten und ihren Vorträgen von Zeit zu Zeit beiwohnen, sondern auch in den Provinzen selbst herumreisen, sich von dem Zustande des Landes und der Administration durch den Augenschein zu unterrichten suchen und die wichtigern Gegenstände derselben an Ort und Stelle revidieren. Es ist nicht die Absicht, in dem Oberpräsidenten eine Zwischeninstanz zu bilden, vielmehr muß der Geschäftsgang zwischen der obersten Staatsbehörde und den Regierungen unmittelbar betrieben werden. Die von den letztern an jene zu erstattenden Berichte dürfen daher der Regel nach nicht durch den Oberpräsidenten gehen. Wohl aber steht ihm frei, in einzelnen Fällen von Wichtigkeit und bei Gegenständen, welche in die allgemeine Administration, wie z. B. die Ansetzung der Räte und Assessoren im Kollegium, eingreifen, solches zu verlangen, sich auch monatlich von den Regierungen eine Nachweisung der erstatteten Berichte und eingegangenen Reskripte zu erfordern. Insofern er es für nötig findet, sich alsdann von einzelnen Sachen näher zu unterrichten, kann er solche sich kommen lassen. Überhaupt muß er sich von Zeit zu Zeit bei Gegenständen von Wichtigkeit die Akten vorlegen lassen und die Art und Weise, wie die Sachen eingeleitet und bearbeitet worden, nach denselben genau revidieren und durch Revisionsdekrete, die jedesmal in dem Plenum der Regierung zum Vortrag kommen, die vorgefundenen Mängel rügen und das Nötige zu ihrer Verbesserung angeben. Ebensowenig kann der Oberpräsident Beschwerden, welche gegen die Regierungen oder einzelne Offizianten bei ihm angebracht werden, von der Hand weisen, sondern hat die Verpflichtung, entweder sogleich selbst das Nötige darüber zu veranlassen oder aber bei Gegenständen von besonderer Wichtigkeit davon der betreffenden Behörde Anzeige zu machen. Er ist befugt, wenn er offenbare Dienstvergehungen wahrnimmt, die schuldigen Offizianten sogleich vom Dienst zu suspendieren und das Nötige wegen der weitern Untersuchung sowohl als wegen der einstweiligen Dienstversehung zu verfügen. 3. In seiner Eigenschaft als konsultative Behörde a) gibt der Oberpräsident über wichtige Gegenstände, vorzüglich solche, welche Geheimhaltung erfordern oder wozu ein größerer Überblick erforderlich ist, aufgefordert oder von freien Stücken sein Gutachten. b) Er fügt den Berichten der Regierungen, in Rücksicht welcher er nach dem Vorstehenden konkurrieren will, sein Gutachten durch bloße Unterschrift, wenn er einverstanden ist, oder durch kurze Umschläge bei, im 4

Stein/Hardenberg

36

23. Dezember 1808

Fall er abweichender Meinung ist und es nicht etwa für erforderlich hält, eine neue Beratung bei der Regierung darüber noch zu veranlassen. In Absicht der Gegenstände, welche zum speziellen Geschäftskreise des Oberpräsidenten gehören (No. 1) sind die Regierungen schuldig, seinen Anweisungen unbedingt Folge zu leisten. In Ansehung derjenigen Gegenstände aber, wo er bloß als Kontrolleur und Revisor erscheint, folglich auch in allen Beschwerdesachen, sind, wenn die Regierungen sich von seinen Verfügungen nicht überzeugen können, sie zwar verpflichtet, sie zu befolgen, im Fall Gefahr im Verzuge bei der Sache ist, jedoch berechtigt, ihre Gegengründe dem betreffenden Ministerio zur Entscheidung vorzulegen. Ist keine Gefahr bei dem Verzuge, so kann der Oberpräsident die Verfügungen der Regierungen bloß sistieren, wenn letztere seinen Anordnungen nicht beitreten zu können glauben, und die Ausführung bleibt so lange ausgesetzt, bis die höhere Entscheidung darüber eingegangen ist. Ob Gefahr im Verzuge sei, bestimmt der Oberpräsident auf seine Verantwortlichkeit. Derselbe bedient sich einer gleichen Schreibart an die Regierungen als die Sektionschefs in den Ministerien des Innern und der Finanzen. Die Regierungen haben die Verpflichtung, ihm alle Nachrichten und Auskünfte, welche er verlangt, zu erteilen. Seinerseits wird er aber alle unnötige Schreiberei zu vermeiden suchen und insonderheit diejenigen Gegenstände, welche so lange Zeit haben, sich bloß annotieren und bei seiner nächsten Anwesenheit am Sitz der betreffenden Regierung darüber sich durch mündliche Rücksprache und Vortrag oder durch Vorlegung der Akten die nötige Auskunft geben lassen. Die Minister verfügen an den Oberpräsidenten in derselben Art als an die übrigen Geheimen Staatsräte; die Sektionschefs aber schreiben nur im Requisitionsstil an ihn. Der Oberpräsident kann zwar ihre Requisitionen nicht ablehnen und muß das Nötige zur Sache selbst tun. Es wird aber dafür gesorgt werden, daß er nicht durch zu viele Aufträge in Absicht einzelner Verwaltungszweige von seiner Hauptbestimmung abgezogen werde. Alle Jahr stattet der Oberpräsident einen allgemeinen Bericht ab über den Zustand der ganzen Administration des Innern und der Finanzen und deren Hauptzweige, über das, was darin in dem verflossenen Jahre Erhebliches geschehen, und das, was darin noch zu tun übrigbleibt, mit räsonierenden Vorschlägen zur Verbesserung der Administration. Das Personale des Oberpräsidenten besteht in der Regel aus einem Regierungsrat als Oberpräsidialrat, einem Expedienten, einem Kopisten und einem Boten. Der Oberpräsident hat das Recht, nach Beschaffenheit der Geschäfte einen ständischen Repräsentanten beizuziehen und sich seines Beirats zu bedienen oder ihn zur Mitwirkung nach den Umständen aufzufordern. Seine Majestät erwarten es von den Oberpräsidenten, daß sie mit Eifer, Treue und Fleiß den Provinzialbehörden rühmlichst vorgehen, allen Ungerechtigkeiten und Bedrückungen einzelner Offizianten steuern und, entfernt von allen Nebenrücksichten, ihrerseits alles anwenden werden, was zur Vervollkommnung der öffentlichen Administration und zum allgemeinen Besten gereichen kann.«2 1 Siehe R M Stein III, Nr. 3 3 3 , S. 1 1 4 9 ff. Der Entwurf der Instruktion wurde mit I. B. Altensteins und Dohnas vom 19. De-

2

24. Dezember 1808

37

zember 1808 zur Vollziehung eingereicht. Die Minister melden darin: »Die Instruktion für den Oberpräsidenten der Stadt Berlin behalten wir uns vor, nachträglich einzureichen, indem bei derselben ganz andere Gesichtspunkte zum Grunde gelegt werden müssen. Vorderhand dürften die Geschäfte des Oberpräsidenten für die Stadt Berlin zugleich mit von dem Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten Sack zu besorgen sein« (Ausf., gez. Altenstein, Dohna, Rep. 89 A Tit. X L Nr. 3 Bl. 1 9 ; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 3640). Das Konzept der Antwort-K. O. vom 23. Dezember, gez. Klewitz, teilt die Vollziehung und die Genehmigung der Übernahme der Oberpräsidentenstelle für Berlin durch Sack mit (Bl. 20).

19. »Revidiertes Ostpreußisches Landschaftsreglement« gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Altenstein, Dohna, Schroetter Königsberg, 24. Dezember 1808 Gesetzsammlung 1806—10, No. 61, S. 377 ff.: Druck.

Durch Aufnahme der königlichen Domänen und aller köllmischen und anderer nichtadliger Güter von mindestens 500 Taler Wert in das landschaftliche Kreditsystem sind Abänderungen des für die Ostpreußische Landschaft in Berlin am 16. Februar 1788 bestätigten Reglements und dessen Anhanges vom 12. Februar 1800 nötig geworden. Die Deputierten der adligen und köllmischen ostpreußischen Gutsbesitzer haben auf einem allgemeinen Landtage unter dem Vorsitze des königlichen Kommissarius ein »revidiertes Ostpreußisches Landschaftsreglement« entworfen und zur Genehmigung und Bestätigung des Königs überreicht. Es enthält 437 Paragraphen, die in folgende Teile und Kapitel gefaßt sind: I. Von der Landschaft überhaupt und den durch selbige auszufertigenden Pfandbriefen: 1 . Von der Natur und den Vorzügen der landschaftlichen Pfandbriefe, 2. Von den Personen und Gütern, welche zur Ausstellung von Pfandbriefen geeignet sind. II. Von den landschaftlichen Kollegiis und deren Einteilung: 1 . Vom Königlichen Kommissario oder Hauptlandschaftspräsidenten, 2. Von der Generallandschaftsdirektion, 3. Von den Departementskollegien, 4. Vom Departementsdirektor, 5. Von den Landschaftsräten, 6. Von den Landschaftsdeputierten, 7. Von den Geschäften der Direktion und des Kollegii, 8. Vom Departementssyndikus, 9. Von der Registratur und den Landschaftsregistern, 10. Vom Rendanten und von den übrigen Offizianten, 11. Von den Kreisversammlungen, 12. Vom engern Ausschusse, 13. Vom Generallandtage, 14. Von Vollziehung der landschaftlichen Verfügungen. III. Von den Verrichtungen der Landschaft: 1. Von Ausfertigung und Vollziehung der Pfandbriefe, 2. Von Aufnehmung der Taxen, 3. Von Einzahlung der Pfandbriefszinsen, 4. Von Auszahlung der Zinsen an die Kreditoren, 5. Von Beitreibung der zurückgebliebenen Zinsen durch die Sequestration 1 , 6. Von der den verunglückten Schuldnern wegen der Zinsen zu verstauenden Nachsicht, 7. Von Ergänzung der ausbleibenden Zinsen, 8. Von Auf4*

38

24. Dezember 1808

kündigung, Ablösung, Bewahrung, Erneuerung und Amortisation der Pfandbriefe und resp. Coupons, 9. Von Aufnehmung auswärtiger Darlehne, 10. Von dem eigentümlichen Fonds der Landschaft, 11. Von den landschaftlichen Depositis, 12. Von den landschaftlichen Rechnungen. Dazu Beilage No. 1 Schema des Landschaftsregisters Beilage No. 2 Schema eines Pfandbriefes Beilage No. 3 Schema eines Zinscoupons von einem Jahre Beilage No. 4 Eidesformulare 1

Hierzu ergehen am 24. Juni 1810 ergänzende Bestimmungen durch die »Deklaration einiger im revidierten Ostpreußischen Landschaftsreglement, de dato den 24. Dezember 1808, im fünften Kapitel des dritten Teils enthaltenen Vorschriften wegen Beitreibung der zurückgebliebenen Zinsen«, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. v. Hardenberg, v. Dohna, v. Kircheisen (Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 120, S. 716 f.).

20. Immediatbericht des Ministers Freiherr von Altenstein Königsberg, 24. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 1 Bl. 1: Ausf., gez. Altenstein.

Bericht über den Finanzzustand des Staats und Vorschläge zur Beschaffung der Mittel zur Zahlung der französischen Kontributionen »E.K.M. halte ich mich verpflichtet, über den Finanzzustand, in welchem ich auf Allerhöchstdero Befehl die Leitung der Geschäfte übernommen habe, ehrfurchtsvollest Bericht zu erstatten. Mein Zweck ist, E.K.M., soviel es die Lage der Sache nur immer gestattet, vorläufig über den dermaligen Zustand der Finanzen die größtmöglichste Beruhigung ehrerbietigst zu geben, mich aber auch zugleich durch eine getreue Darstellung der Lage, in welcher ich die Leitung der Finanzen übernommen habe, zu bedecken und mir zur Direktion meiner weitern Schritte Allerhöchstdero Befehle ehrfurchtsvollest zu erbitten. In der gegenwärtigen alleruntertänigsten Anzeige werde ich mich bemühen, E.K.M. die Lage der Kontributionszahlungen ehrerbietigst darzustellen, und in einem besondern Bericht mit Einreichung des Finanzplans für den nächsten Monat 1 führe ich das Erforderliche über die laufende Administration der Finanzen ehrerfurchtsvollest an. Bei meiner Übernahme des Finanzministeriums 2 habe ich die Kassen größtenteils leer, den instehenden Januar-Kontributionstermin nicht gedeckt und zur Aufbringung der folgenden Termine nicht einmal einen festen Plan entworfen gefunden. Die Deckung der unerschwinglichen Kontributionstermine, die Beischaffung der erforderlichen Summe zur Bestreitung der laufenden Ausgaben, vorzüglich des erhöheten Bedürfnisses für das Militär, und die Entwerfung eines Planes zur Befriedigung der dringenden Reklamationen der Gläubiger zur Befestigung des Kredits sind die schweren Aufgaben,

24. Dezember 1808

39

welche ich ohne alle Vorbereitung zu lösen vorgefunden habe. Alle Behörden waren mit Mutlosigkeit erfüllt und zweifelten an der Möglichkeit der Berichtigung auch nur der nächsten Termine der Kontribution, ohne auswärtige Anleihen, auf die sie ihre ganze Hoffnung setzten, ohne irgendeine Nachricht über ihr wahrscheinliches Gelingen zu haben. Im Gegenteil erhielt ich die bestimmtesten Äußerungen, daß nichts zu hoffen sei. Der schnell erfolgte Abschluß der Konvention, nachdem man schon zum Teil ganz an der Möglichkeit eines solchen Übereinkommens gezweifelt, sich der Verzweifelung hingegeben und mit ganz andern Plänen ausschließlich beschäftigt hatte, die Hoffnung von Milderung der Bedingungen zu erhalten, die gegen die Konvention lange fortgesetzten Eingriffe und Einmischungen französischer Behörden in die Administration und die Untätigkeit derjenigen, welche sich in der letzten Zeit zur Leitung der Geschäfte in Berlin aufdrängten, haben diese Lage herbeigeführt, und ihre Wirkungen dauern zum Teil noch in diesem Augenblick so sehr fort, daß es mir bei der pflichtmäßigsten Anstrengung nicht möglich war, die nachteiligen Folgen in der kurzen Zeit, seitdem ich die Leitung übernommen habe, ganz zu beseitigen. Mein erstes Bemühen mußte sein, für den Augenblick Hülfe zu bewirken und mir die nötigen Data zu verschaffen. Das erste ist mir geglückt, und das letzte hoffe ich bald zu erreichen. Es wird mich in den Stand setzen, E.K.M. nach Allerhöchstdero Zurückkunft von Petersburg eine ungleich vollständigere und, wie ich hoffe, beruhigendere Ubersicht des ganzen Finanzzustandes zu liefern, wenn ich durch Allerhöchstdero allerhuldreichste Genehmigung meiner ehrerbietigsten Anträge jn den Stand gesetzt werde, das Erforderliche sogleich mit Kraft einzuleiten. Der gegenwärtige ehrerbietgste Bericht kann nach dem Vorstehenden nicht vollständig sein, inzwischen wird er doch hinreichen: E.K.M. diejenige Übersicht zu gewähren, welche zu Höchstihrer Entschließung über die Maßregeln, die ich ebensowohl den Forderungen des Augenblicks als den Grundsätzen einer auf das Nationalwohl berechneten Finanzverwaltung gemäß glaube, erforderlich ist. Der Gegenstand, der die Vorsorge E.K.M. Finanzministers zunächst und dringend beschäftigen, auf den jede die Finanzverwaltung berührende Maßregel sich mehr oder weniger beziehen muß, ist die Berichtigung der französischen Kriegeskontribution von 120 Millionen Francs. Man muß sie mit den Zinsen, die von den Pfandbriefen gefordert werden, mit den Ubermachungskosten und mit den Wechselungen des Kurses auf 35 Millionen Taler berechnen, welche in 30 Monaten, vom 8. November 1808 bis 8. Mai 1810, bezahlt sein müssen. Es darf E.K.M. nicht erwiesen werden, daß diese Summe selbst in den günstigsten Verhältnissen des Staats bei völlig hergestelltem Handel und wiederbelebtem Kredit aus den innern Kräften des Landes nicht bar herbeigeschafft werden könnte. Jetzt, da uns der Markt, auf dem wir für die Produkte unsers Bodens und die Fabrikate unsers Fleißes uns Geld verschaffen könnten, beinahe ganz verschlossen ist, treten unübersteigliche Hindernisse in den Weg, und es bleibt uns nichts übrig als: I. der Versuch, auswärtige Darlehne zu erhalten. Dieser Versuch ist a) in Holland durch den Geheimen Seehandlungsrat Niebuhr, den E.K.M.

24. Dezember 1808

mit einer besondern Vollmacht zu diesem Geschäft zu versehen geruhet hatten, im Lauf des Jahres gemacht und fruchtlos geblieben. Geruhen E.K.M. aus der beigefügten historischen Darstellung3 die fruchtlosen Resultate dieser Negotiation gnädigst zu ersehen. Ich halte jedoch dafür, daß wir jedes Anlehnsgesuch, also auch dieses, so lange verfolgen müssen, als uns noch irgendeine Möglichkeit des Gelingens, sei sie auch noch so entfernt, übrigbleibt, teils weil wir uns in der Lage befinden, jede Hülfe suchen zu müssen, teils weil wir uns hierdurch nur allein gegen die Vorwürfe des Kaisers von Frankreich, nicht alle uns zu Gebot gestandenen Hülfsmittel mit Anstrengung benutzt zu haben, zu sichern imstande sind. Bei diesem holländischen Darlehn tritt noch hinzu, daß der Kaiser Napoleon seine unmittelbare Einwirkung interponiert, welches uns die Verpflichtung auferlegt, sie so kräftig als möglich geltend zu machen. Es ist zu erwarten, daß diese Einwirkung die Ansichten des Hopeschen Hauses zu unseren Gunsten berichtigen werde, und da der Gesandte des Königs von Holland in Berlin, von Goldberg, zu weitern Schritten auffordert, werde ich mich zunächst durch den Geheimen Staatsrat Sack in nähere Beziehungen mit ihm setzen und seinen Rat erbitten, hiernach aber die weitern Maßregeln für den Geheimen Rat Niebuhr in Überlegung ziehen und auch das Anerbieten des Herrn von Strick benutzen. Dem Plan des Geheimen Rats Niebuhr kann ich zwar meinen Beifall weder im ganzen noch in den einzelnen Details versagen; indes wird es durch die Schwierigkeiten der Zeit motiviert, wenn ich ihn dahin abzuändern beabsichtige: 1. daß die einzelnen Provinzen E.K.M. als Anleihesucher auftreten, obwohl so, daß ein einziger von E.K.M. autorisierter Geschäftsführer die Sache leitet, 2. Daß frühere Zurückbezahlungstermine eintreten, wodurch die Operation selbst mehr Anreiz erhält. Ein zehn- bis zwanzigjähriger Zeitraum erweckt in der gegenwärtigen Fluktuation aller Verhältnisse zuviel Abneigung gegen ein solches Geschäft. Den Neumärkschen Ständen ist übrigens durch das Haus der Gebrüder Benecke in Berlin Hoffnung gemacht, eine Anleihe von ein bis zwei Millionen Fl. in Holland erhalten zu können, von der sie, falls es gelingt, einen Teil für die Bedürfnisse des Staats überlassen wollen. E.K.M. haben auf den vom Staatsminister von Voß hierüber erstatteten Bericht dem Geheimen Staatsrat Sack die zur Ausführung dieses Geschäfts erforderlichen Befehle erteilt.4 b) In Frankreich sind noch keine Negotiationen eröffnet; aber E.K.M. Minister von Brockhausen hat bereits seit einiger Zeit mit dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Frankreich über diesen Gegenstand konferiert, und seine letztern Depeschen gewähren einige Aussicht, daß es möglich sein werde, bei der Bank zu Paris unter Autorisation des Kaisers ein Anlehn von 8 bis 10 Millionen Francs zu erhalten. Obwohl die Summe nicht bedeutend ist, so würde sie uns doch für das erste Jahr eine Erleichterung gewähren, die von großem Wert ist. Ich wünsche daher, daß E.K.M. allergnädigst geruhen, mich zur Eröffnung einer Anleihe in Frankreich zu autorisieren, in welchem Fall ich den Geheimen Rat Niebuhr auffordern werde, die Reise nach Paris und die

24- Dezember 1808

41

dortige Negotiation zu übernehmen, falls er in Holland nicht weiter nützlich zu werden hoffe. Die Erklärung desselben erfolge nun, wie sie wolle, so werde ich für Paris oder für Amsterdam einen andern geschickten und redlichen Unterhändler auszumitteln mich ohne Zeitverlust bemühen und bitte vorläufig um die allerhöchste Autorisation, das Nötige ohne Zeitverlust nach den Umständen einleiten zu dürfen. c) Der Baron von Chambrier d'Oleyres in Bern hat schon seit mehreren Monaten Aussichten eröffnet, daß eine Anleihe in der Schweiz und in Genua nicht ohne Erfolg bleiben möchte. Seine neueste soeben eingegangene Depesche vom 26. November c. bekräftigt solches, und ich werde mich sofort mit der Anfertigung eines Plans zu dieser Anleihe beschäftigen. d) Auch in Deutschland würden Versuche zu machen sein, welche jedoch voraussetzen, daß die Zinsen der frühern Anleihen berichtigt werden. Ich werde solche Vorkehrungen treffen, daß wenigstens die laufenden Zinsen dieser Anleihen, welche etwa 300000 rt. betragen dürften, im Juli des künftigen Jahres bezahlt und die Inhaber der Obligationen hievon baldigst unterrichtet werden. Übrigens setze ich voraus, daß, wenn die größere Anleihe in Holland einen günstigen Fortgang hat, die kleinern in der Schweiz, Italien und Deutschland zu versuchenden Operationen eingestellt werden müssen, weil die Geldbesitzer in diesen Staaten sich alsdann in der holländischen Anleihe interessieren werden, daher sich diese Operationen fürs erste auf Versuche beschränken müssen, obwohl kleinere Darleihen auf den Kredit einzelner Stände auch wohl mit dem größern holländischen Geschäft sich verbinden lassen. Mit dem Kurfürsten von Hessen werde ich versuchen, die Unterhandlungen wegen eines Anlehens oder eines großen Ankaufs von Domänen im Lande durch den Staatsminister Grafen von der Goltz vorsichtig anzuknüpfen, nachdem ihn die Bekanntmachung des Briefes des Staatsministers vom Stein veranlaßt hat, alle früheren Verhandlungen abzubrechen. II. Da es jedoch dahin steht, ob die Anleihen im Auslande einen Erfolg haben werden, da schon immer so viel gewiß ist, daß wir bei der Summe unsers Bedarfs ä 35 Millionen Taler, die wir auch in den günstigsten Fällen durch ausländische Anleihen nicht zusammenbringen können, die eigenen Kräfte des Landes in Anspruch zu nehmen genötigt sein werden, so unterwerfe ich E.K.M. höchster Entschließung folgende von mir reiflich erwogene Vorschläge: A. Die Brauchbarkeit der Tresorscheine als Zahlungsmittel müßte erweitert werden. Bei der Notwendigkeit, eines sehr großen Teils unsers Metallgeldes durch die Bezahlung der Kriegeskontribution uns entäußern zu müssen, ohne für unsere Produkte und Fabrikate einen Markt zum Ankauf des Metallgeldes zu haben, sind wir in die Lage gesetzt, ein Papiergeld zu behalten, wenn auch ohne dieses besondere Verhältnis staatswirtschaftliche Gründe es nicht rätlich machen sollten. Die Tresorscheine sind hiezu mit Rücksicht auf die augenblickliche Lage der Dinge ganz geeignet, und da sie bei der ersten Nachricht von der bevorstehenden Evakuation bis gegen 30 pC gestiegen und seitdem zwischen 70 und 75 pro Cent schwanken, so läßt sich erwarten, daß bei vorsichtigem

24. Dezember 1808

Gebrauch es gelingen werde, ihren Kurs zu verbessern und sie dem Pari anzunähern. Ein unfehlbares Mittel hiezu wäre: wenn sie zu einem bestimmten Teil in den öffentlichen Kassen pari angenommen würden. Aber für die ersten Zeiten ist nicht zu erwarten, daß man sie auch im Pari-Wert wieder verausgaben könne; hiedurch wird ein Ausfall in den Einkünften entstehen, den die Kassen bis zu Berichtigung der Kriegeskontribution nicht ertragen können. Es bleibt daher nichts übrig, als den durch E.K.M. Verordnung vom 26. Oktober 1807 für Ostpreußen bestimmten Normalkurs 5 fortdauern und ihn auch in den übrigen Provinzen einführen zu lassen, welches, da E.K.M. bei erfolgender Evakuation die Anwendung auf die damals besetzten Provinzen ausdrücklich vorbehalten haben, bloß durch ein Publikandum der Krieges- und Domänenkammer geschehen kann, wozu die Kammern auffordern zu lassen ich mir gnädigste Autorisation erbitte. Da die Tresorscheine hiedurch einen größern Debit erhalten, so erwarte ich, daß sie sich schneller heben und hiedurch sowohl zur Benutzung in den Ausgaben des Staats als für das Privatverkehr brauchbarer werden dürften. Ob und welche Modalitäten wegen der Annahme und Ausgabe der Kassen in den einzelnen Provinzen vielleicht nötig sind, darüber werde ich das Gutachten der Oberpräsidenten erfordern. Sobald die Tresorscheine hierdurch dem Pari nähergebracht sind, behalte ich mir weitere Anträge ehrerbietigst bevor, sie durch die Annahme in die Königlichen Kassen und die Anordnung eines Amortisationsfonds pp. auf diesen Kurs mehr noch zu erhalten, dadurch ihre Brauchbarkeit und den Kredit des Staats noch mehr zu erhöhen. Der Gegenstand ist so wichtig, daß ich es für erforderlich halte, darüber ausführlicher mit dem Minister des Innern und den betreffenden Sektionen zu konferieren, ehe ich Allerhöchstdenenselben weitere Anträge mache. B. Das Gold- und Silbergerät ist unter den vorwaltenden Verhältnissen in einem Lande, das durch die Unfälle des Krieges einen Verlust an dem Kapitalwert jeder Art erlitten und bei der allgemeinen Sperre des Handels keine Aussicht hat, seinen Bedarf an Gold und Silber sich anzuschaffen, in den Händen von Privatpersonen ein entbehrlicher Luxus, den ein konventioneller Wohlstand nicht weiter erfordert. Viele haben sich dessen schon entäußert, viele stehn noch im Begriff, es zu tun, und von mehrern Seiten sind E.K.M. schon Anerbietungen gemacht, den Bedürfnissen des Staats ein Opfer damit zu bringen. Ich habe daher in der Anlage einen Plan zu einer freiwilligen Anleihe in goldenen und silbernen Gerätschaften ausarbeiten lassen. Damit aber ein Zwang für diejenigen entstehe, die dieser Darleihe sich zu entziehen suchen sollten, habe ich eine Abgabe von 33^3 pro Cent des Werts, welche ein für allemal von jedem im Privatbesitz zurückbleibenden Gold- und Silbergerät erlegt werden muß, in Vorschlag gebracht. Eine ähnliche Abgabe findet im Österreichischen und dermalen in England und Frankreich statt. Es läßt sich hoffen, daß diese Maßregel populär sein wird, zumal da E.K.M. bereits Selbst das goldene Service zum allgemeinen Besten geopfert haben und auch Allerhöchstdero entbehrliches Silber hierzu abzugeben geruhen

. Dezember 1808

43

werden. E.K.M. Allerhöchsten Genehmigung und Entschließung unterwerfe ich diese Anträge ehrerbietigst. In der dieserhalb zu promulgierenden Verordnung6 müßte der von E.K.M. schon erfolgten Aufopferung des für die Bedürfnisse des Hofes entbehrlichen Gold- und Silbergeräts ausdrücklich Erwähnung geschehn, daher ich zugleich allergehorsamst antrage, das entbehrliche Silber gnädigst bestimmen und zu meiner Disposition stellen zu lassen. Die desfallsige Verordnung nach obigem Plane und ein Verzeichnis des entbehrlichen Silbers werde ich E.K.M. ehrfurchtsvollest zur Genehmigung und Vollziehung vorlegen. C. Auch die Juwelen und Perlen sind ein toter Reichtum, mit dem die Eigentümer vielleicht jetzt dem öffentlichen Bedarf eine Aushülfe gewähren, indem sie solche dem Staat auf einige Jahre leihen, um mittelst ihrer Verpfändung ein auswärtiges Darlehn zu erhalten. Ich habe dieses mit dem zu 3 überreichten Plan verbunden. Mit denjenigen, welche den Verkauf derselben vorzuziehen und das daraus gelöste Kapital dem Staat zum Darlehn zu geben erklären, müßte in jedem einzelnen Falle eine besondere Übereinkunft getroffen werden. D. Den Plan einer Lotterie, durch welchen ein Darlehn von 1 Million Taler auf 5 Jahr gegen 6 pro Cent Zinsen, welche zu Prämien verteilt und jährlich verloset werden, sowohl im Lande selbst als im Auslande aufgebracht werden soll, haben E.K.M. am 17. November 1807 bereits zu vollziehen geruhet, die Ausführung ist aber bis zur gänzlichen Evakuation verschoben worden.7 Ich finde diesen Plan so zweckmäßig, daß ich anrätig bin, sogleich zur Ausführung desselben zu schreiten und, falls die erste Million beisammen ist, ihn auf eine zweite zu erweitern. E . Zu den Mitteln, die Staatseinnahmen zu vermehren und diese Vermehrung zunächst zur Bezahlung der Kriegeskontribution zu verwenden, gehört die von E.K.M. schon beschlossene Akziseerhöhung, worüber dem Geheimen Staatsrat p. Sack die erforderlichen Befehle zugegangen sind. Die Erhöhung der direkten Abgaben, deren einige allerdings ohne Bedrückung der Nation einer Erhöhung fähig sind, behalte ich mir nach vollständig eingegangenen Nachrichten in Antrag zu bringen allergehorsamst vor. F. Durch das über die Aufhebung der Unveräußerlichkeit vollzogene Hausgesetz8 haben E.K.M. bereits erklärt: daß die Domänen, soweit solches zur Bezahlung der Kriegeskontribution und der schon existierenden Staatsschulden erforderlich ist, verkauft werden können. Obwohl nicht zu erwarten ist, daß in diesen Kauf bedeutende auswärtige Kapitalien werden angelegt werden, vielmehr nur auf die eigenen Untertanen E.K.M. gerechnet werden muß, der innern Zirkulation also das Kaufgeld, das auf die Kriegeskontribution abzutragen ist, immer entzogen wird, so muß doch auch diese Hülfsquelle ohne Zeitverlust benutzt werden, so daß für das künftige Jahr wenigstens 2 Millionen Taler auf diesem Wege eingezogen werden können. Für Ostpreußen ist der Veräußerungsplan zur Allerhöchsten Vollziehung bereit. Ich werde Sorge tragen, daß er E.K.M. sofort vorgelegt werde,

24. Dezember 1808

damit er in den übrigen Provinzen bei der Ausarbeitung der daselbst auszuführenden Pläne, soweit es die Lokalverhältnisse gestatten, zum Grunde gelegt werden möge. G. Die Notwendigkeit, worin der Staat sich befindet, wird es, von andern Rücksichten abgesehen, rechtfertigen, wenn er gegenwärtig sowohl die katholischen klösterlichen Stiftungen als alle katholischen und protestantischen Dom- und Kollegiatsstifte aller Art sowie die Ritterorden säkularisiert und mit Entschädigung der gegenwärtigen Inhaber der Präbenden und Kommenden ihre Einkünfte den Revenuen des Staats beilegt. Sollte auch das letzte augenblicklich beseitigt werden, so würde doch mit der Einziehung der katholischen klösterlichen Stiftungen sofort vorgegangen und unter Einziehung aller Vakanzen die Präbendarien und Kommendatoren der Bezehntigung, zu welcher der Reichsdeputationsrezeß vom Jahre 1803 ein Beispiel gibt und E.K.M. vollkommen berechtigt, zu den Bedürfnissen des Staats unterworfen werden müssen. Es ist notwendig, die katholischen und protestantischen Stiftungen gleich zu behandeln, und da die katholischen Einwohner in Schlesien, Westpreußen und dem Ermlande sich durch treue Anhänglichkeit an den Staat ausgezeichnet haben, so würde dieser Anlaß zugleich benutzt werden müssen: die Beschränkungen, denen die Katholiken bisher im Genuß bürgerlicher Rechte unterworfen gewesen sind, aufzuheben und ihnen gleiche Rechte mit den Protestanten einzuräumen.9 Ebenso muß von dieser Säkularisation Anlaß genommen werden, die Lage der sehr schlecht dotierten katholischen Pfarrer und Schullehrer auf dem Lande zu verbessern, welches die Operation teils zweckmäßig motiviert, teils das Anstößige derselben in den Augen des katholischen Publikums mildern wird. Geruhen E.K.M. Höchstihre Entschließung mir allergnädigst bekannt werden zu lassen, um einen Plan zu dieser Unternehmung ausarbeiten zu können. H. Was die Ersparnisse an den Einkünften betrifft, so fehlen mir noch die Materialien, aus denen ein nur irgend vollständiger Etat zusammengetragen werden könnte. Die Sätze der frühern Etats beruhen auf einem ganz veränderten Zustande der Monarchie, und man wird immer ein sehr unzuverlässiges Resultat erlangen, wenn man diese Sätze bei dem neu anzufertigenden Etat zum Grunde legt. Nach den von der Oberrechenkammer zusammengestellten Daten hat der Staatsminister von Voß eine jährliche reine Revenue von 14 Millionen Taler ausgemittelt. Die Sperre des Handels, die eben hieraus entstehende Beschränkung der übrigen Gewerbe, die durch Verarmung, verminderte Bevölkerung und andere Folgen des Krieges hervorgebrachte Verminderung der Konsumtion wird einen bedeutenden Ausfall verursachen; wenn ich aber auch annehme, daß die beabsichtigte Akziseerhöhung und ein und der andere Zuwachs der Steuern der Verminderung der Ausgaben das Gegengewicht halte und nur auf einen Ertrag von 14 Millionen gerechnet werden könne, so werden, wenngleich nach nur ganz ungefähren Überschlägen bei einem Militär-Etat inclusive aller halben Gehälter von 6 Millionen, bei einem Hof- und Ziviletat von 4 Millionen, bei den Zinsen der ältern Schulden von 1 Million, [s. sum.] 1 1 Millionen, doch nur 3 Millionen

24. Dezember 1808

45

erspart, die man der Sicherheit wegen monatlich wohl nicht über 200.000 rt. wird anschlagen können. Hierunter sind aber die rückständigen Gefälle nicht begriffen, über deren Betrag ich noch die genauen Nachweisungen aus den Provinzen erwarte. J . Die Kontributionsrückstände der Provinzen Kurmark und Pommern müssen mit möglichster Schonung der einzelnen Restanten sukzessive eingezogen werden. Ich kann E.K.M. hierüber noch keine Nach Weisung vorlegen, da mir die Nachrichten über den Betrag dieser Rückstände noch fehlen, doch wird er sich ungefähr auf 4 Millionen Taler belaufen. K . In den Staatskassen befinden sich ungefähr für 2 Millionen Taler an sicheren Dokumenten. Hierunter ist der Banquier Liepmann Meyer Wulff mit einer Million begriffen, die er aus dem Silberlieferungsgeschäft schuldig geblieben; wofür er Dokumente zur Sicherheit niedergelegt hat. Obgleich bei dem tiefen Stande aller Papiere sich ein Gebrauch zum vollen Wert von selbigen nicht machen läßt, so würden sie doch zum Zweck der Verpfändung benutzt werden können, und der Liepmann Meyer Wulff wird zur allmählichen Einlösung angehalten werden müssen. I I I . Es bleibt mir jetzt nur noch übrig, E.K.M. über die wahrscheinliche Ergiebigkeit und Aushülfe aller von mir aufgezählten und innerhalb eines frühern oder spätem Zeitraums operierenden Mittel und mit Einschluß der zu H. berechneten Ersparnisse der Einkünfte in Rücksicht auf die Berichtigung der Kriegeskontribution ein solches Resultat darzulegen, als zur Erlangung einer Gewißheit: wieweit die nächsten Zahlungstermine an Frankreich eingehalten werden können, hinreicht. Denn da über den Erfolg der Anleihe, des vorzüglichsten Hülfsmittels, sich augenblicklich noch gar nichts sagen läßt, so muß ich mich um so mehr auf die Termine des ersten Jahres beschränken, als die im Lauf desselben eintretenden Ereignisse sehr leicht jeden Calcul, es sei günstig oder nachteilig, vernichten können und eben daher die größern Darlehnsversuche mit Ruhe und Überlegung zur Benutzung für die letzten 18 Monate sich verfolgen lassen, zumal da sich, wenn die Termine des ersten Jahres berichtigt sind, der Kredit des Staats wenigstens in eben dem Grade erhöhet haben wird, als die Schwierigkeit, im Lande selbst Hülfsquellen zu eröffnen, zunimmt und selbst diese Schwierigkeit durch günstige Umstände, Belebung des Handels pp. vermindert werden kann. Ich habe für diesen Zweck das allergehorsamst beigefügte Tableau 10 ausarbeiten lassen, welches allerdings in einigen Punkten eine Abänderung und Berichtigung erleiden wird, da ich in Ermangelung der Nachrichten über die rückständigen Gefälle und über die Kontributionsrückstände in den Provinzen nur ungefähre, jedoch so mäßige Summen in den Calcul gebracht habe, daß auch die Möglichkeit, sie ohne Bedrückung der Restanten beizutreiben, keinem gegründeten Bedenken unterliegt, wenngleich eine durch den Zwang der Notwendigkeit hervorgebrachte Anstrengung ihnen nicht erlassen werden kann; auch der Ertrag der Kronjuwelen und der Silberanleihe hat nur nach ohngefährer wahrscheinlicher Schätzung angenommen werden können.

46

24. Dezember 1808

Mein Hauptbemühen muß dahin gerichtet sein, durch die Beischaffung von Hülfsmitteln auch nur auf kurze Termine die Last der Kontributionszahlung für das Land in den ersten Monaten möglichst zu erleichtern, um dadurch Spielraum zu weitern Operationen zu erhalten. Hiernach ist der ganze Zahlungsplan angelegt. Die Nachweisung wird E.K.M. die Beruhigung gewähren, daß, obschon beinahe die schlimmsten Fälle angenommen und auf fremde Hülfe nicht gerechnet ist, die Termine des ersten Jahres werden eingehalten werden. Inzwischen bleibt es von der entschiedensten Notwendigkeit, daß die Beschwerden, welche wir über die Art der Finalberechnung mit dem Generalintendanten Daru, über die Forderung der Zinsen von den zur Sicherheit angenommenen Pfandbriefen und über andere von dem auswärtigen Departement bereits gesammelte Gegenstände [haben], in Paris geltend gemacht und durch die kräftigste Verwendung des Petersburger Hofes unterstützt werden. Geruhen E.K.M., dem Kabinettsminister Grafen von der Goltz die erforderlichen Befehle deshalb allergnädigst zugehen zu lassen. Ich werde mich, soviel an mir ist, bemühen, daß alle von mir vorgeschlagenen Maßregeln, sobald sie E.K.M. Allerhöchste Genehmigung erhalten haben, in Ausführung gebracht werden, da bei den von Monat zu Monat eindringenden Zahlungen jeder Zeitverlust mit unabsehbar nachteiligen Folgen für den Kredit und die Wohlfahrt des Landes verknüpft ist.« 1

2 3 4

5

6

7

Immediatbericht Altensteins, Königsberg, 25. Dezember 1808 (Ausf., gez. Altenstein, Rep. 1 5 1 a Tit. 21 Nr. 72 Bd. 1 Bl. 36). Mit K . O. vom 26. Dezember 1808 werden Altenstein der gebilligte Plan und vollzogene E t a t übersandt (Ausf., Bl. 38). Altenstein wurde am 25. November 1808 zum Finanzminister ernannt. Liegt nicht vor. Zur hplländischen Anleihe vgl. Bassewitz 1809/10, S. 381—395. Vgl. K . O. an Voß vom 16. Dezember 1808 (Konzept, gez. Altenstein, Dohna, Rep. 89 A Tit. 38 Nr. 1 Bl. 44; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 3641) und K . O. an Sack vom 22. Dezember 1808 (Konzept, gez. Dohna, Bl.103). Minister Voß wird von den bisher von ihm geführten Geschäften entbunden, und Sack soll sofort seine Tätigkeit als Oberpräsident der Kurmärkischen, Neumärkischen und Pommerschen Kammer antreten und zugleich die Leitung der französischen Kontributionsangelegenheiten gemeinschaftlich mit dem Geheimen Oberfinanzrat L ' A b a y e übernehmen. »Verordnung über die Annahme der Tresorscheine in Zahlungen bis zur Wiedereröffnung ihrer Realisation«, Memel, 29. Oktober 1807, gez. Friedrich Wühelm, gegengez. v. Stein, und »Instruktion wegen des zur Bestimmung des Normalkurses der Tresorscheine auszumittelnden Börsenkurses«, Memel, 29. Oktober 1807, auf Spezialbefehl, gez. v. Stein, Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 19 und 20, S. 174 ff. Die »Verordnung wegen Ankauf des Gold- und Sübergeräts durch die Münzämter und wegen Besteuerung desselben und der Juwelen«, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Altenstein, Dohna, Beyme, erging Königsberg, den 12. Februar 1809, Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 67, S. 524 ff. Das »Lotterie-Edikt«, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. v. Altenstein, v . Dohna, Beyme, wird in Potsdam am 28. Mai 1 8 1 0 erlassen, Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 1 1 8 , S. 7 1 2 ff.

26. Dezember 1808 8

9 10

47

»Edikt und Hausgesetz über die Veräußerlichkeit der Königlichen Domänen«, vollzogen am 17. Dezember 1808, veröffentlicht am 6. November 1809, Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 93, S. 604 ff., siehe Nr. 14, 167. K. O. an Dohna vom 26. Dezember 1808, siehe Nr. 21. Liegt nicht vor.

2i. Kabinettsordre an den Minister Graf zu Dohna

gez. Friedrich Wilhelm Königsberg, 26. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 8 Bl. 98: Abschrift.

Beseitigung der Benachteiligung katholischer Bürger in ihren staatlichen Rechten aus Konfessionsgründen »Ich vernehme ungern, daß in einigen Meiner Provinzen der Konfessionsunterschied noch einige Verschiedenheiten im bürgerlichen Leben zum Nachteil Meiner katholischen Untertanen begründet. Diese widerstreiten den allgemeinen Grundsätzen Meiner Regierung; je mehr eine echte Religiosität über alles heilig ist und je mehr Ich dieselbe in jedem Staatsbürger und Staatsdiener ehre und geehrt wissen will, desto weniger kann Ich es dulden, daß die Verschiedenheit des Glaubens bei Meinen protestantischen und katholischen Untertanen irgend berücksichtigt werde. Ich will solche, wie auch die Städteordnung 1 bestimmt, ebenfalls in jeder andern bürgerlichen Beziehung vertilgt wissen und fühle mich dazu um so dringender verpflichtet durch die in der letzten unglücklichen Katastrophe auch von Meinen katholischen Untertanen betätigte treue Anhänglichkeit an den Staat und an Meine Person. Ihr habt demnach demgemäß das Weitere zu verfügen und daneben zu erkennen zu geben, daß nach Befriedigung der dringendsten Staatsbedürfnisse auch die Verbesserung der hin und wieder noch schlecht dotierten katholischen geistlichen und Schulanstalten ein Gegenstand Meiner besondern Fürsorge sein wird.«2 1 2

19. November 1808, siehe Bearbeitung in R M Stein III, Nr. 319, S. 1028 ff. Darunter befindet sich gleichfalls abschriftlich die Notiz: »Eine Abschrift dieser Kabinettsordre ist sämtlichen Herrn Geheimen Staats- und Staatsräten vom Ministerium des Innern zur Nachricht vorzulegen. Königsberg, den 27. Januar 1809. Friese.«

48

26. Dezember 1808

22. »Verordnung wegen verbesserter Polizei- und -Finanzbehörden«

Einrichtung

der Provinzial-

gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Altenstein, Dohna, Schroetter Königsberg, 26. Dezember 1808 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 192

Nr. 1 B d . 2

Bl. 28: revidiertes Reinkonzept mit umfangreichen Verbesserungen Frieses, gez. Schroetter, Altenstein 20.12., D o h n a 19. 12.; Bl. 118: erneut revidiertes Reinkonzept mit zahlreichen Verbesserungen Frieses und Bleistiftmarginalien Altensteins, gez. Altenstein 23., D o h n a 23., Schroetter 24. [12.]; Bl. 2 1 3 : D r u c k 1 ; Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 63, S. 464 ff.

»Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen etc. etc., tun kund und fügen hiermit zu wissen: Die bisherige Verfassung der Polizei- und Finanzverwaltung in den Provinzen hat den Zweck nicht erreicht, welcher ihr zum Grunde lag. Die einzelnen Zweige derselben waren unter mehrere nebeneinandergesetzte Behörden verteilt, wodurch Einheit und Übereinstimmung 2 behindert und der Geschäftsgang schleppend wurde. Die Krieges- und Domänenkammern waren mit Geschäften überladen, die zum Teil vor Justiz-, zum Teil vor Unterbehörden gehörten; es fehlte ihnen an der nötigen Selbständigkeit, und beides erschwerte ihnen häufig, mit Schnelligkeit und Energie zu wirken. Sämtliche Verwaltungsbehörden befanden sich in einer zu entfernten Verbindung mit der Nation selbst. Indem Wir Uns damit beschäftigen, die Wunden zu heilen, welche der Krieg dem Staate und Wohlstande Unsern getreuen Untertanen geschlagen hat, haben Wir beschlossen, in den Krieges- und Domänenkammern, rücksichts der ihrem Wirkungskreise anvertrauten Distrikte 3 , den Vereinigungspunkt der gesamten innern Staatsverwaltung in Beziehung auf die Polizei-, Finanz- und Landeshoheitsangelegenheiten zu bilden, weshalb sie auch nach § 53 von jetzt ab den Namen: Regierungen führen und unter diesem Ausdruck in der gegenwärtigen Verordnung verstanden werden sollen, denselben zugleich 4 eine Verfassung zu geben, nach welcher sie die verschiedenen Zweige der innern Administration 5 mit voller Teilnahme umfassen, sie zwar im einzelnen sämtlich mit Sorgfalt beachten und pflegen, aber auch in steter Ubereinstimmung zum Wohl des Ganzen leiten, alles einseitige zeither öfters stattgefundene Verwaltungsinteresse daraus entfernen, möglichst frei und selbständig unter eigener Verantwortlichkeit in ihrem Wirkungskreise fortschreiten, nicht durch den toten Buchstaben des formalen Geschäftsganges allein, sondern auch durch Männer, welche sie aus dem praktischen Leben und der Nation selbst in ihrer Mitte haben, lebendiger auf und für dieselbe wirken können und auf diese Weise mehr Einheit und Übersicht in der Anordnung, mehr Schnelligkeit und Energie in der Ausführung erhalten zur Beförderung der allgemeinen Wohlfahrt des Staats, Unsers Königlichen Hauses und Unserer getreuen Untertanen als dem höchsten Ziele ihrer Tätigkeit. Wir haben sie zu dem Ende mit einer besondern Geschäftsinstruktion versehen und verordnen für sämtliche Provinzen Unsers Königreichs folgendes : 6

26. Dezember 1808

49

§ 1 . Als Landeshoheitsbehörde verwalten die Regierungen 7 in ihrem Departement sämtliche vorbehaltenen Rechte des Staats, welche sich auf die innern Verhältnisse desselben zu seinen Untertanen beziehen. E s gehören daher vor die Regierungen die Landes-, Grenz-, Huldigungs-, Auswanderungs-, Abfahrts-, Abschoßsachen, die Führung der Vasallentabellen, die Erteilung der Pässe zu Reisen außerhalb Landes, die Standeserhöhungen, die Legitimationen zum bessern Fortkommen 8 , die Zensur aller Bücher, Schriften und öffentlichen Blätter, die Publikation der Edikte und Verordnungen, insofern solche nicht aus dem Justizdepartement allein ergangen, die Oberaufsicht über alle bereits vorhandenen oder noch zu errichtenden öffentlichen Anstalten, Gesellschaften und Korporationen. § 2. Hiervon werden ausgenommen und bleiben in ihrem bisherigen Ressort: a) die Rechtspflege und Lehnssachen b) das Vormundschafts- und Hypothekenwesen c) die Militärverfassung d) die Münzfabrikation e) die Bank- und Seehandlungsangelegenheiten. Auch werden f) die von den Erwerbern der Grundstücke zu leistenden Homagial-Eide von derjenigen Behörde abgenommen, die das Hypothekenbuch führt. 9 § 3. Als Landespolizeibehörde haben die Regierungen die Fürsorge wegen des Gemeinwohls Unserer getreuen Untertanen, sowohl in negativer als positiver Hinsicht 10 . Sie sind daher so berechtigt als verpflichtet, nicht allein allem vorzubeugen und solches zu entfernen, was dem Staate und seinen Bürgern Gefahr oder Nachteil bringen kann, mithin die nötigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung zu treffen, sondern auch dafür zu sorgen, daß das allgemeine Wohl befördert und erhöhet werde und jeder Staatsbürger Gelegenheit habe, seine Fähigkeiten und Kräfte in moralischer sowohl als physischer Hinsicht auszubilden und innerhalb der gesetzlichen Grenzen auf die ihm zuträglichste Weise anzuwenden. Die Regierungen haben daher auch die Aufsicht über Volksbildung, den öffentlichen Unterricht und Kultus. 1 1 § 4. Als Finanzbehörde verwalten die Regierungen sämtliche Domänen, landesherrliche Forsten, Regalien und Steuern, überhaupt das gesamte öffentliche Einkommen und die daraus zu bestreitenden Ausgaben. 12 Sie besorgen ferner auch die Fortifikationsangelegenheiten, die Verpflegungs-, Einquartierungs-, Marsch-, Mobilmachungs- und Kantonssachen des Militärs, soweit sie bisher ein Gegenstand der Kamerai Verwaltung gewesen. 13 S0 ^s. Die Behörden, welche die Landeshoheitssachen (S 1) verwalten, geben . ,

Ressort der

m

fachen Eigenschaft als

heitSbehörde

Ausnahmen

und Modifikationen

B

- Landespoii-

zeibehorde

c

- Finanzbe-

horde

Das Ressort wird also er-

selbige an die Regierungen ab, insofern diese solche nicht schon jetzt gehabt weitert mit den in haben. obigen Alle Zweige der Landespolizei, mithin auch die geistlichen und Schulangelegen- M'"^™11®®" heiten, ferner alle Zweige des Finanzwesens, welche bisher von den Regierungen trennt gewesegetrennt gewesen, gehen zu denselben über und die Behörden, welche bis jetzt nen Geschäf_ selbige verwaltet haben, entweder ein oder werden mit den Regierungen ver- hei[ bei dem einigt. 14 Medizinal-und § 6. Hierher gehören die Provinzial-Medizinal- und Sanitätskollegien, die Sanitätswesen Ha lun s Provinzial-Admiralitäts-,' Kommerzial-,' Wett- und Schiffahrtsbehörden,' im- und ^Schiffsgleichen das Chaussee-Baudepartement von der Kurmark und Pommern. fahrtswesen

50

Landarmenwesen Post- und Intelligenzwesen

Gestütswesen Lotteriewesen Bergwerksund Hüttenwesen

Ständische und Gemeindeverfassung Geistliche und Schulangelegenheiten

Modifikationen in Absicht der katholischen Geistlichen

der Universitäten

der Kunstschulen

26. Dezember 1808

Die landespolizeilichen Verwaltungszweige dieser Spezialbehörden gehen zu den Regierungen, die ortspolizeilichen zu den Ortspolizeiobrigkeiten und die Rechtspflege, insofern sie damit beauftragt gewesen, zu den kompetenten 1 , 5 Gerichten über. Ein Gleiches findet mit dem Landarmenwesen und den damit beauftragt gewesenen Provinzialbehörden statt. § 7. Auch wird den Regierungen die polizeiliche Aufsicht über das Post-, Intelligenz- und Adreß-Comptoirwesen beigelegt sowohl in Hinsicht der allgemeinen Grundsätze für dessen Betrieb und Ökonomie als auch in Rücksicht einer zweck- und polizeimäßigen Ausführung derselben, und insoweit werden ihnen auch sämtliche Postoffizianten ihres Departements untergeordnet. Es gebührt daher den Regierungen die Beratung und der Vorschlag über neue Posteinrichtungen und die Aufsicht, daß gegen die bestehenden Gesetze 16 weder von seiten des Publikums noch der Postbedienten Kontraventionen unternommen werden. Diese Aufsicht üben die Regierungen jedoch nicht selbst, sondern durch die Unterbehörden aus, und es gelangen an sie bloß die Beschwerden. Auch sind die Regierungen mit dem administrativen Detail des Postwesens nicht beauftragt, sondern dieses verwalten die Postämter unter Aufsicht eines in jedem Regierungsdepartement anzusetzenden Postdirektors. Unter gleichen Modalitäten wird den Regierungen das Gestütswesen zugeteilt. Auch erhalten sie die allgemeine polizeiliche Aufsicht über das Lotteriewesen. 17 § 8. Das Technische des Bergwerks- und Hüttenwesens verbleibet zwar in der Regel 18 den Bergwerksbehörden unter unmittelbarer Leitung der obersten Stelle für den Bergbau (§ 18 und 19 des Publikandums vom 16. d. M.), doch treten die Regierungen darüber in polizeilicher Beziehung und 19 in Ansehung der Bergwerks- und Hüttenoffizianten ganz in dasselbe Verhältnis, als § 7 wegen des Postwesens bestimmt ist, insofern ihnen eine weitere Einmischung nicht besonders übertragen worden. 20 § 9. Als Landespolizeibehörde haben die Regierungen gleichfalls die polizeiliche 21 Aufsicht über ständische und Gemeindeverfassung. § 10. Die Angelegenheiten des öffentlichen Kultus und Unterrichts und die damit in Verbindung stehenden Stipendiensachen gehören in Rücksicht sämtlicher Religionsverwandten ohne Unterschied, folglich auch der RömischKatholischen und Evangelisch- (deutsch und französisch) Reformierten, vor die Regierungen. 22 In Ansehung des Subordinationsverhältnisses der katholischen Geistlichkeit gegen ihre geistlichen Obern behält es zwar bei der bisherigen Verfassung sein Bewenden, jedoch hören die mit den in den abgetretenen Provinzen und Distrikten residierenden geistlichen Obern bisher bestandenen Diöcesan- und Ordensverhältnisse für die Zukunft gänzlich auf. In Rücksicht der Universitäten beschränkt sich die Mitwirkung der Regierungen nur auf die allgemeine polizeiliche Aufsicht. Die innere Einrichtung, die ökonomische Kuratel, imgleichen die Berufung und Anstellung der Lehrer besorgt das Kuratorium, und Wir behalten Uns vor, den jedesmaligen Kurator besonders zu ernennen. Ebenso behält es unter der vorgedachten Modifikation bei der bisherigen Ein-

26. D e z e m b e r 1808

51

richtung wegen der Provinzial-Kunst- und Bau-Gewerks- Schulen sein Verbleiben. § 1 1 . Die Provinzial-Akzise-und Zoll-Direktionen, in Rücksicht welcher solches Akzise-und noch nicht der Fall gewesen, namentlich auch die zu Brandenburg und Neiße, ZoUsachei1 imgleichen die Domänenkammern23 zu Wusterhausen und Schwedt, werden mit Domäninden kompetenten Regierungen vereinigt. Verwaltung § 12. Die Verwaltung der Kriegsmagazin-Angelegenheiten gehet ebenfalls zu den MagaziaangeRegierungen über, und die deshalb angesetzt gewesenen Provinzialbehörden lesenheiteQ werden mit denselben vereinigt, namentlich das Ost- und Westpreußische Magazin direktorium mit der Regierung hieselbst. § 13. Die Verwaltung des gesamten Kommunal-, Sozietäts- und Korporations- 2. Es scheiden Vermögens, mithin auch die der Kämmerei- und allgemeinen kaufmännischen aus dem bishe" Schiffahrts- und Handlungskassen, imgleichen die Verwaltung der innern ^die KommüKommunal-, Sozietäts- und Korporationsangelegenheiten überlassen Wir, nai-, sozietätsinsofern beides bis jetzt zum Kameralressort gehört hat, für die Folge den nnd K o r P° r a einzelnen Kommunen, Sozietäten, Korporationen und Stiftungen, die solches g e n heiten in angehet, und behalten den Regierungen darüber bloß die polizeiliche Aufsicht admmistratiV

0r.24

§ 14. Die den Landespolizei- und Finanzbehörden zeither übertragen gewesene Rechtspflege gehet ohne Ausnahme zu den kompetenten25 Gerichten über. Die Kammerjustizdeputationen26 werden daher aufgehoben, und die Gerichtsbarkeit der Akzise- und Zolldirektionen, der Post-, Gestüts-, Lotterie-, Bergwerks- und Hüttenbehörden hört auf. Die kompetenten25 Gerichte erhalten die ungeteilte Verwaltung des richterlichen Amts in Rücksicht sämtlicher Angelegenheiten des Kameralressorts ohne Ausnahme, sie mögen dazu schon gehört haben oder jetzt erst gelegt werden, es mag dabei auf Entscheidung eines Zivilanspruchs oder einer Kontravention ankommen, Fiskus bei der Sache interessiert sein oder nicht. Welches Gericht für kompetent zu achten, ist nach § 34 zu beurteilen.27 § 15. Auch hört die bisher stattgefundene Konkurrenz der Regierungen in Absicht der Wahl, Prüfung, Bestätigung und Dienstführung der Domänenjustizbeamten oder anderer Unterrichter auf, und sämtliche Untergerichte werden in ihren Dienst Verrichtungen lediglich den Landesjustizkollegien untergeordnet, die jedoch von jeder Dienstveränderung den Regierungen Nachricht geben müssen. § 16. Das bisherige Departement einer jeden Regierung macht auch künftighin den Geschäftsbezirk derselben in Rücksicht ihres gesamten neuen Ressorts aus, und insofern solcher bei den Spezialbehörden, welche zu den Regierungen übergehen, damit nicht übereingestimmt hat, wird er hiernach reguliert. Die Akzise-, Zoll- und damit in Verbindung stehenden Salzsachen von Litauen werden daher z. B. auch bei der Regierung in Gumbinnen, die vom Oberlande bei der hieselbst und die von der Stadt Tolkemit bei der Westpreußischen Regierung verwaltet werden. Auch sind die Gerichtsbezirke der Landesjustizkollegien, wo deshalb noch eine Verschiedenheit stattfindet, nach den Regierungsdepartements abzugrenzen, welches jedoch auf die Landesjustizkollegien28 zu Brieg und zu Köslin keinen Einfluß hat. 5

Stein/Hardenberg

ver

Hinsicht

B. die bei Finanz-undPoii-

heu"^^"^ fundenen Spezialiurisdiktio "

c-die

MitwirBesft^g und Dienstführung

der Unterse-

n-

Geschäfts-

bezirk

52 I I I . Organisation 1. Personal und insonderheit a) Teilnahme landständischer Repräsentanten Bestimmung derselben

Zahl und Wahl der ständischen Repräsentanten

Ihr Verhältnis im Kollegium

Verantwortlichkeit derselben

Ihre Verpflichtung

26. Dezember 1808

§ 17. Außer dem Präsidium, welches aus dem Präsidenten und zweien bis dreien Regierungsdirektoren bestehet und einer angemessenen Anzahl von Räten und Assessoren, nehmen auch landständische Repräsentanten an den Geschäften der Regierungen 29 Anteil. § 18. Ihre Bestimmung ist, die öffentliche Administration mit der Nation in nähere Verbindung zu setzen, den Geschäftsbetrieb mehr zu beleben und durch Mitteilung ihrer Sach-, Orts- und Personenkenntnis möglichst zu vereinfachen; die Mängel, welche sie in der öffentlichen Administration bemerken, zur Sprache zu bringen und nach ihren aus dem praktischen Leben geschöpften Erfahrungen und Ansichten Vorschläge zu deren Verbesserung zu machen, sich selbst von der Rechtlichkeit und Ordnung der öffentlichen Staatsverwaltung näher zu überzeugen und diese Überzeugung in der Nation gleichfalls zu erwecken und zu befestigen. § 19. Ihre Zahl wird für jede Regierung vorläufig auf neun30 bestimmt, kann jedoch auf den Antrag derselben in Kriegszeiten vermehrt werden. Die Generalversammlung der Provinz 31 bringt zu jeder Stelle zwei Subjekte in Vorschlag, aus denen Wir Uns die Wahl und Bestätigung des einen vorbehalten. Die Wahl gilt auf drei Jahre, und alle Jahr[e] scheidet der dritte Teil 32 aus, und zwar jedesmal die Ältesten im Dienst. Wer das erste und zweite Jahr austreten soll, entscheidet im Fall keiner Übereinkunft das Los; im zweiten Jahre gilt solches bloß von denen, welche die Stelle schon zwei Jahre versehen haben. Wahlfähig ist der, welcher zu der Generalversammlung der Provinz wahlfähig ist 33 . § 20. Die landständischen Repräsentanten haben eine volle Stimme in dem versammelten Kollegium und erhalten ihren Sitz nach den Regierungsdirektoren zur linken Seite des Präsidenten hintereinander nach der Anziennität im Dienst und, wenn diese gleich ist, nach dem Los, insofern sie sich darüber nicht vereinigen 34 . Ein spezielles Departement kann ihnen wegen ihrer kurzen Dienstzeit nicht angewiesen werden. Sie sind aber die gewöhnlichen 35 Korreferenten in den wichtigem Verwaltungszweigen und können dem Regierungspräsidium die Fächer vorschlagen, in denen sie vorzüglich beschäftigt zu sein wünschen. Ihr näheres Verhältnis bestimmt die § 32 gedachte Instruktion. 36 §21. Die ständischen Mitglieder werden durch ihr Votum nur insofern verantwortlich, als ihnen böser Wille oder grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann. wie sind aber verpflichtet, in einzelnen Fällen Aufträge anzunehmen, und haften wegen deren zweckmäßigen Ausführung gleich jedem andern Staatsbeamten. § 22. Bei ihrem Eintritt in das Kollegium werden die ständischen Repräsentanten mittelst Handschlages an Eides Statt, welches aber die volle Wirkung eines körperlichen Eides hat, verpflichtet, ihr Amt gewissenhaft und vorschriftsmäßig zu verwalten 37 , von den ihnen bekannt werdenden Dienstsachen keinen unerlaubten Privatgebrauch zu machen und insbesondere davon nichts eher in das Publikum kommen zu lassen, als bis solches auf dem offiziellen Wege geschiehet, auch ebensowenig die Stimmen und Äußerungen der einzelnen Mitglieder bekannt werden zu lassen38.

26. Dezember

53

1808

§23. D a es bei mehrern Gegenständen der Polizei- und Finanzverwaltung 39 b) wissenauf besondere wissenschaftliche oder technische Kenntnis ankommt, so nehmen schaftliche und an derselben ferner Anteil: Räte für a) .die geistlichen Konsistorial- und Schulenräte. besondere Bei jeder Regierung soll auch ein reformierter Geistlicher und bei denen zu Facber Königsberg, Marienwerder, Breslau und Glogau ein römisch-katholischer Geistlicher als Konsistorialrat angesetzt werden; b) die Oberforstmeister c) die Landstallmeister d) ein Medizinalrat e) die § 7 gedachten Postdirektoren f) die Bauräte und Wasserbaudirektoren g) die technischen und nur praktisch gebildeten Ober-Akzise- und Zollräte h) ein mit dem bergmännischen Torfstich bekannter Torfinspektor. Das nähere Verhältnis derselben in dem Kollegium ist in der § 32 erwähnten c) wissen . Instruktion bestimmt. schädliche und §24. Unter dem Vorsitz eines Mitgliedes der Regierung wird jedem Departe technische Kommissionen ment

^

a) eine besondere Kommission, bestehend aus einigen ausübenden Ärzten, Chirurgen und Apothekern, gebildet, welche in wissenschaftlich und techni•

j n Absicht

des Medizinal*

und Sanitäts

wesens

-

scher Rücksicht über Medizinal- und Sanitätsangelegenheiten die Regierung mit ihrem Gutachten unterstützt und durch einige Mitglieder40 die Prüfung der Chirurgen und Apotheker besorgt, insoweit solche zeither den ProvinzialMedizinal- und Sanitätskollegien zugestanden. Für das Ostpreußische und Litauische Regierungsdepartement wird jedoch vorläufig eine gemeinschaftliche Kommission in Königsberg niedergesetzt. b) In gleicher Art wird ferner in jedem Regierungsdepartement, mit Ausnahme des HanddesNeumärkschen, rücksichts der Handlungs- und Schiffahrtsangelegenheiten lun s s " und eine technische Handlungskommission errichtet, bestehend aus dem Wasser- wesgns r s bau direkter der Provinz, einigen Kaufleuten, einem Kunstverständigen zu Ajustierung der Maße und Gewichte und in den Seestädten auch wenigstens einem praktischen Seemann und einem Reeder. 41 Diese Kommission prüft die von der Kaufmannschaft zu wählenden und anzustellenden Mäkler, gibt der Regierung auf Erfordern Gutachten in Handlungsangelegenheiten, macht Vorschläge zu Verbesserung und Abstellung von Mißbräuchen in denselben und hat die Aufsicht über die zur Ajustierung der Maße und Gewichte einzurichtenden Comptoirs. Die Kaufmannschaft des Orts hat die Wahl der technischen Mitglieder42 in der Art, daß sie zu jeder erledigten Stelle zwei Subjekte in Vorschlag bringt, von denen die Regierung eins auswählt und bestätigt. Diese Mitglieder sind verpflichtet, die Stelle drei Jahre zu verwalten. Alle Jahre scheidet nur ein verhältnismäßiger Teil43 von ihnen aus. Für Westpreußen wird die Kommission in Elbing, für Litauen in Memel und für das Glogausche Regierungsdepartement in Hirschberg errichtet.44 § 25. Diese Kommissionen stehen zwar in unmittelbarer Verbindung mit den Verhältnis der Regierungen durch das Mitglied derselben, welches in ihnen den Vorsitz führt; ^ " " " ^ ' r T 1 sie machen inzwischen keinen integrierenden Teil derselben aus; doch hängt es, gierungen s

54

26. Dezember 1808

wenn aus ihrem F a c h Sachen von Wichtigkeit vorkommen und deren Vielseitigkeit eine mündliche Beratung anrätlich macht, von dem Ermessen des Präsidiums ab, sie zur Teilnahme an den Sitzungen besonders einzuladen. Alsdann nehmen die einzelnen Mitglieder 45 ihren Platz nach den landständischen Repräsentanten und haben gleich denselben 46 bei dem Beschluß über diese Angelegenheit eine volle Stimme. § 26. Die gesamten Geschäfte der Regierungen werden nach ihren HauptBranchen separiert und in besondern Abteilungen oder Deputationen verwaltet, tionen ^ * Vorläufig bestimmen Wir deren eine 1 . für das Polizeiwesen 2. für den Kultus und öffentlichen Unterricht 3. für das Finanz- und Kassen wesen und 4. für das Militär wesen. Auch wird noch das Akzise-, Zoll- und Salzwesen in einer besondern Deputation bearbeitet, welche jedoch einen Teil der 3. ausmacht. Äußere Verfas- § 27. Jede Deputation hält zwar unter dem Vorsitze eines Regierungsdirektors sung derselben i h r e besonderen Sitzungen und erläßt auch unter ihrem Namen die nötigen Verfügungen, z. B . 2. Einteilung

der Regierun-

Verbindung

derselben un-

tereinander Plenum

Ressort des pienums

versammiungen

Polizeideputation der Ostpreußischen Regierung Geistliche und Schuldeputation der Westpreußischen Regierung Finanzdeputation der Litauischen Regierung Akzise- und Zolldeputation der p.p. Militärdeputation der p.p., welche gleich den Verfügungen des ganzen Kollegiums befolgt werden müssen. § 28. Sämtliche Deputationen stehen indessen untereinander in der genauesten Verbindung und machen zusammen das Plenum aus, in welchem der Regierungspräsident den Vorsitz führt, der jedoch so befugt als verpflichtet ist, abwechselnd ein Gleiches bei den einzelnen Deutationen zu tun. § 29. Vor das Plenum gehören alle Gegenstände, welche in mehrere Deputatioeingreifen, Hauptgrundsätze der Administration, neue Einrichtungen und n e n Gesetze betreffen. § 30. Die einzelnen Deputationen sowie das Plenum, in welchem sie sich vereinigen, versammeln sich, so oft es nötig ist. Nach dem Umfange der bei jeder

Regierung vorkommenden Geschäfte müssen hiezu bestimmte Sessionstage in jeder Woche festgesetzt werden. 3. Art des Ge- § 3 1 . Der Geschäftsgang sowohl im Plenum als in den einzelnen Deputationen schäftsganges z w a r der Regel nach kollegialisch; jedoch soll ein jedes Mitglied, soweit es angeht, einen besondern genau abgegrenzten Geschäftskreis zugeteilt erhalten, für dessen prompten, zweck- und ordnungsmäßigen Betrieb es vollständig verantwortlich ist, worin es aber auch möglichst frei wirken kann. 47 § 3 2 . Durch die schon im Anfange erwähnte 48 , von Uns heute vollzogene Instruk' tion ist nicht allein der Geschäftsgang möglichst vereinfacht und abgekürzt, sondern auch den Regierungen innerhalb der bestehenden Gesetze und Vor4. unzulässig- Schriften unter voller Verantwortlichkeit mehr Selbständigkeit in ihrem Wirke« des Rekungskreise beigelegt worden. v o n Deputationen11 § 33" den Verfügungen der einzelnen Deputationen an das an das Plenum Plenum findet nicht statt, sondern wer sich dabei nicht beruhigen zu können

26. Dezember 1808

55

glaubt, muß seine Beschwerde bei den kompetenten, den Regierungen vorgesetzten höheren Behörden 4 9 in der vorschriftsmäßigen A r t anbringen. Dem pflichtmäßigen Ermessen der Regierungspräsidien wird aber überlassen, eingegangene Beschwerden in dem Plenum zum Vortrag bringen zu lassen. Auch wollen wir niemandem den Weg der Beschwerde an Uns Selbst benehmen; er muß aber dabei gleichfalls die deshalb 50 erlassenen Vorschriften beobachten und keine der angeordneten Instanzen vorbeigehen. § 34. Fiskus entsagt in Absicht der Zivilprozesse gänzlich seinem bisherigen iv. Verhältnis privilegierten Gerichtsstande und ist daher bei demjenigen Gericht zu klagen oder sich einzulassen verbunden, vor welches die Sache gehören würde, wenn sie hoher Beziebloß zwischen Privatpersonen schwebte. Wird Fiskus als Beklagter in Anspruch hun e genommen, so muß dies nur in dem Fall bei dem Obergericht geschehen, wenn der ^ . ^ " u n d i n Gegenstand des Streits unter unmittelbarer Verwaltung der Regierung stehet. stanzenzug bei Dieses findet ebenfalls bei den moralischen Personen statt, die mittelbar oder ^ s k a U s c h e a ^ unmittelbar unter Verwaltung der Regierungen stehen. 5 1 untersuchunVergehungen gegen Hoheitsrechte und Landespolizeiverordnungen, imgleichen gen Dienst vergehungen 5 1 gehören vor das kompetente Obergericht. Wegen der lokalpolizeilichen Kontraventionen behält es einstweilen bei der bisherigen Verfassung sein Bewenden 5 2 . Über Defraudationen landes- und grundherrlicher Nutzungen, überhaupt wegen Vergehungen gegen Finanzgesetze sind die Untergerichte zu erkennen berechtigt, im Fall die darauf gesetzte Strafe nicht fünfzig Taler oder eine dieser gleichgestellte Gefängnisstrafe 53 überschreitet. Eine jede Sache, in welcher die Regierung von der ihr § 45 nachgelassenen Befugnis Gebrauch gemacht und eine vorläufige Resolution abgefaßt hat, gehet jedoch sogleich an das Obergericht über, wenn der Kontravenient auf förmliches rechtliches Gehör anträgt. 5 4 Der weitere Instanzenzug bleibt überall der ordentliche, wie er bisher bei jedem Gericht stattgefunden h a t ; die Sachen gehen daher nicht mehr an das Oberrevisionskollegium, die Oberrevisionsdeputation und die übrigen für die zweite und dritte Instanz über Rechtsangelegenheiten von besondern Gegenständen angesetzte Spruchbehörden, als welche nach dem Publikandum vom 16. d. M. bereits aufgehoben sind 55 . »,

2. Wegen Zulässigkeit laUICAVl i. von T

§ 3 5 . Uber Gegenstände und Angelegenheiten indessen, welche nach den Geset- Zivilklagen zen und allgemeinen Grundsätzen Unserer Staats- und Landesverfassung zur ü b c r Anse'«richterlichen Erörterung bisher schon nicht geeignet gewesen, kann auch ferner- ^ i ^ ^ 6 3 hin kein Prozeß zugelassen werden. 56 ressorts im all§ 36. E s findet derselbe daher weder über wirkliche Majestäts- und Hoheits- 8 ™ e i n e n besonders aber rechte, noch gegen allgemeine in Gegenständen der Regierungsverwaltung er- A. rücksichts gangene Verordnungen, der LandeshoAllgemeines Landrecht Einleitung § 70 5 7 , T . 1, Tit. 1 1 , § 4 bis 10, heitssachen und einiger T . 2, Tit. 1 3 , § 5 bis 1 6 , Spezialfälle noch über die Verbindlichkeit zur Entrichtung allgemeiner Anlagen und A b gaben, denen sämtliche Einwohner des Staats oder alle Mitglieder einer gewissen Klasse derselben nach der bestehenden Landesverfassung unterworfen sind, Allgemeines Landrecht T . 2, Tit. 1 4 , § 78 statt und ebensowenig in den besondern Fällen, wo die Gesetze ihn ausdrücklich ausgeschlossen haben, wie z. B .

56

Modifikationen

B. WEGEN DER

Pohzeisachen

Modifikationen

26. D e z e m b e r 1 8 0 8

erster Anhang zum Allgemeinen Landrecht § 6 1 ; allgemeine Gerichtsordnung T. 1, Tit. 43, § 6.58 § Jedoch verstehet sich dieses nur unter den im Allgemeinen Landrechte Einleitung § 71 59 , T. 1, T. 11, § 11 und T. 2, Tit. 14, § 79 festgesetzten Modifikationen; und in den dahin gehörigen Fällen soll der Weg rechtens niemandem versagt werden. § 38. Über polizeiliche Verfügungen der Regierungen, von welcher Gattung sie s e j n m ö g e n , stehet gleichfalls der Weg rechtens unbedingt sowohl über die Verpflichtung als den Schadensersatz jedem offen, sobald entweder die Verfügung einer ausdrücklichen Disposition der Gesetze direkte entgegenläuft oder die Klage auf einen speziellen Rechtstitel gegründet wird, vermöge dessen der Kläger das der durch die Polizei Verfügung angeordneten Verbindlichkeit entgegenstehende Recht gültig erworben zu haben behauptet. In dem letztern Fall erstreckt sich die richterliche Beurteilung jedoch nur über die Gültigkeit des speziellen Rechtstituls an sich und die daraus entstehenden rechtlichen Folgen. Insofern aber der spezielle Rechtstitul unbegründet befunden wird und es auf Prüfung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Polizeiverfügung ankommt, tritt die Bestimmung des § 40 ein.60 § 39. Die Regierungen sind jedoch im zweiten Falle des vorigen § gleichmäßig, als nachstehend § 42 festgesetzt worden 61 , berechtigt, des Widerspruchs ungeachtet, mit der Ausführung sofort vorzugehen und die Exekution zu verfügen, wenn ihrem pflichtmäßigen Ermessen nach und damit ohne Nachteil des Allgemeinen bis zur richterlichen Entscheidung nicht gewartet werden kann. § 40. Wird die Klage hingegen nicht speziell auf eines der vorerwähnten beiden Fundamente (§38), sondern nur auf die allgemeine bürgerliche Freiheit und die Prinzipien vom freien Genuß seines Eigentums gegründet, so stehet den Gerichten keine Kognition über die Notwendigkeit zum allgemeinen Besten und die Zweckmäßigkeit der polizeilichen Anordnung zu, es wäre denn; daß eine richterliche Erörterung darüber in den Gesetzen, wie z. B. § 8, Tit. 1 der Forstordnung für Westpreußen vom 8. Oktober 1805, ausdrücklich nachgelassen worden. Ist solches nicht geschehen, so kann in diesem Fall niemals über die Verpflichtung zur Befolgung der Polizeiverfügung, sondern nur darüber eine rechtliche Klage gestattet werden, ob und inwieweit sonsten, jedoch unter vorausgesetzter Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Verfügung, ein Entschädigungsanspruch wegen derselben dem Kläger nach den Gesetzen zustehe. Die richterliche Einwirkung tritt jedoch im vollen Umfange ein, wenn entweder von der höhern Polizeibehörde die Verfügung gemißbilligt worden oder der letzteren grobe Fahrlässigkeit oder gar vorsätzliche Beeinträchtigung zum Grunde liegt. Auch ist62 dieser § nur von Polizeiverfügungen für einzelne Fälle zu verstehen, nicht von solchen, durch welche etwas im allgemeinen festgesetzt wird. Zu den letztern müssen die Regierungen jedesmal die Genehmigung der höhern Polizeibehörde haben. Ist diese aber erfolgt, so findet auch wider Polizeiverfügungen der letztern Gattung nur unter den vorher festgesetzten Modalitäten der Weg rechtens statt. 63

26. Dezember 1808

§ 41. Gegen Verfügungen der Regierungen, welche sie in ihrer Eigenschaft als c. i n Ansehung Finanzbehörde erlassen (§ 4), sich mithin auf die Vermögensverwaltung des g^j^euen Fiskus beziehen, ist einem jeden, der seine Rechte dadurch gekränkt glaubt, der Weg rechtens unbenommen, insofern der Fall nicht zu den § 35 und 36 gemachten Ausnahmen gehört. Ein Gleiches findet in Absicht der Vermögensverwaltung anderer den Regierungen untergeordneten moralischen Personen statt; und ebenso stehet es unter den gedachten Modalitäten jedem frei, sein Privatinteresse über Gegenstände der Post- und Bergwerksadministration (§ 7 und § 1 1 ) bei dem kompetenten Gericht geltend zu machen.64 § 42. Damit indessen durch frivole Klagen keine Verwirrung und Stockung in die Modmkationen Finanzverwaltung gebracht werden kann, so autorisieren Wir hiemit die Regierungen, des gegen ihre Verfügung erhobenen Widerspruchs ungeachtet, 1) alle landes- sowohl als grundherrliche Revenüen, Abgaben und Dienste unbeschränkt zur Leistungszeit beizutreiben oder durch die Domänenpächter, Administratoren oder dazu angesetzte Offizianten beitreiben zu lassen, jedoch mit Beobachtung der deshalb Allgemeines Landrecht T. 2, Tit. 14, § 80 und 83 festgesetzten Modifikationen ; 2) insofern von Erfüllung der vom Fiskus mit Privatpersonen eingegangenen Verträge die Erreichung bestätigter Etats abhängt (wie vorzüglich bei Pachtungen von Domänen und Regalien der Fall ist) und die Erfüllung der kontraktmäßigen Verbindlichkeit verweigert wird, nach vorheriger summarischer Vernehmung des Weigernden ein vorläufiges Liquidum pflichtmäßig festzusetzen und dasselbe vom Schuldner sogleich einziehen zu lassen; 3) die verpachteten, ihrer Administration unterworfenen Grundstücke und Gerechtsame unter Sequestration zu setzen, wenn die Pachtgelder rückständig bleiben oder die Pächter schlecht wirtschaften; 4) die Verpflichtung der Pächter oder Nießbraucher von dergleichen Grundstücken oder Rechten zur Räumung nach abgelaufener Pachtzeit und beendigtem Besitzrechte auf den Grund einer summarischen Untersuchung durch eine Resolution festzusetzen und diese sogleich vollstrecken zu lassen. Vor beendigter Pacht oder Besitzzeit kann aber die Exmission nicht anders als durch Urteil und Recht festgesetzt werden und erfolgen; 5) wenn bei andern, über Gegenstände des Regierungsressorts geschlossenen Verträgen, besonders bei Kriegslieferungen und wichtigen Entreprisen die Erfüllung nach dem Verlangen der Regierung verweigert wird und daraus ihrem Ermessen nach ein unwiederbringlicher Schaden sich besorgen läßt, für welchen der Weigernde dem Staate nicht würde gerecht werden können, denselben zu der von ihm verlangten Verbindlichkeit durch Zwangsmittel anzuhalten. In allen diesen Fällen sind die Regierungen berechtigt, die Sache, mit Vorbehalt desRechts des Widerspreche nden, zur Exekution bringen zu lassen. Auch wird die Bestimmung, ob solches notwendig sei, lediglich ihrem pflichtmäßigen Ermessen überlassen. Die Gerichte sind65 verpflichtet, keine Hindernisse in den Weg zu legen. Es sind daher auch keine Possessorienklagen über dergleichen exekutivische Maßregeln der Regierungen zulässig, weder gegen den Fiskus noch gegen Korporationen oder Privatpersonen. Auch muß es bei denselben so lange



3. Konkurrenz der Regierungen bei fißkaliscben Zivilprozessen

26. Dezember 1808

verbleiben, bis die Sache im Petitorium völlig rechtskräftig entschieden ist, im Fall die betreffende 66 Regierung nicht selbst deren Abänderung für zuträglich erachtet. § 43. In allen fiskalischen Zivilprozessen steht es den Regierungen frei: 1) nach der Analogie der Allgemeinen Gerichtsordnung T. 1, Tit. 3, § 2 1 , ohne daß dadurch jedoch der Gang der Instruktion aufgehalten oder der Gegenpartei Kosten verursacht werden muß, außer dem gewöhnlichen Stellvertreter des Fiskus noch einen andern Deputierten abzuschicken, welcher der Instruktion beiwohne und darauf sehe, daß die Tatsachen überall richtig, deutlich und vollständig auseinandergesetzt, nichts von Erheblichkeit übergangen und bei Aufnehmung der Beweise mit genauer und gründlicher Sorgfalt verfahren werde; sich übrigens aber in die Leitung des Verfahrens nicht mischen oder eine Direktion desselben sich anmaßen, sondern den eigentlichen Instruenten bloß kontrollieren und sich überhaupt in den durch die Allgemeine Gerichtsordnung T. 1, Tit. 10, § 198 vorgeschriebenen Grenzen halten muß. 2) Vor Abfassung des Erkenntnisses ein schriftliches Gutachten zu den Akten zu geben, worauf, insofern es auf besondere landespolizeiliche oder finanzielle Verhältnisse und Verfassungen 67 , nicht aber auf bloße Rechtsfragen ankommt, von den Gerichten 68 gebührende Rücksicht genommen, auch nach Befinden von ihnen die betreffende Regierung ersucht werden soll, einen Deputierten zu ernennen, der dem Vortrage der Sache bei dem Spruch 69 beiwohne.

4. desgleichen bei Privatpersonen

5. Verfahren bei Polizeiund andern Kontraventionen

§ 44. Wenn in Prozessen zwischen Privatpersonen Gegenstände und Rechtsfragen zur Sprache kommen, welche auf Prinzipien der Landesverfassung, Staatsverwaltung, Staatswirtschaft, Polizei- und Gewerbekunde Einfluß haben und durch klare Gesetze nicht bestimmt sind, so sind die Gerichte 70 verpflichtet, über dergleichen Rechtsfragen von den Regierungen ein Gutachten einzuholen und sich darnach als einem konsultativen Votum 7 1 gebührend zu achten. § 45. Bei Kontraventionen gegen Finanz- und Polizei- und andere zum Ressort der Regierungen gehörige Gesetze, imgleichen bei Defraudationen landesherrlicher den Regierungen zur Verwaltung übergebenen Gefälle und nutzbaren Regalien sind die Regierungen berechtigt, nach einer summarischen Untersuchung die Sache durch eine Resolution zu entscheiden, auch die festgesetzte Strafe vollstrecken zu lassen, wenn der Beschuldigte nicht binnen 10 Tagen nach Empfang der Resolution auf förmliches rechtliches Gehör und Erkenntnis bei dem kompetenten Obergericht 72 anträgt. Zu dem Ende muß es in der Resolution hm auch jedesmal bekanntgemacht werden, daß er diese Befugnis habe, ihrer aber verlustig gehe, wenn er binnen 10 Tagen vom Empfange keinen Gebrauch davon mache. Geschieht aber dieses, so geben die Regierungen sogleich die Akten an das Landesjustizkollegium 73 zur weitern rechtlichen Einleitung ab, können jedoch die nötigen Verfügungen wegen Sicherstellung der vorläufig festgesetzten Geldstrafe treffen, wenn sie solches für nötig erachten. Wird die von den Regierungen festgesetzte Strafe hinterher im rechtskräftigen Erkenntnis bestätigt oder gar geschärft, so muß der Denunziat jedesmal die Kosten der vorläufigen Untersuchung tragen. Wird sie hingegen gemildert, so bleibt er.

26. Dezember 1808

59

im Fall er nicht von sämtlichen Gerichtskosten entbunden wird, nur insofern dazu verbindlich, als von der summarischen Untersuchung bei der rechtlichen Einleitung hat Gebrauch gemacht werden können, welches das Landesjustizkollegium 73 nach pflichtmäßigem Ermessen festsetzt. Auf die von den Regierungen mit höherer Genehmigimg in Polizei- und Landesangelegenheiten erlassenen Publikanda sind die Landesj ustizkollegien74 bei ihren Entscheidungen insofern Rücksicht zu nehmen verbunden, als darin keine härtere Strafe wie in den Gesetzen festgesetzt ist; in welchem Fall die Strafe nach diesen zu bestimmen ist. 75

6. Befugnis der Regierungen bei Dienstvergehungen der § 46. Die Dienstdisziplin über sämtliche Offizianten ihres Ressorts verbleibt ihr subordinierten Offiden Regierungen nach wie vor. Sie sind daher auch berechtigt, Ordnungsstrafen zianten 76 wider sie festzusetzen und zu vollstrecken, ohne daß die Landesjustizkollegien Disziplinarsachen sich darin mischen dürfen.

Auch behalten die Regierungen die Befugnis, die ihnen untergeordneten Offizianten aus gesetzlichen Ursachen von ihrem Dienst zu suspendieren. In Ansehung ihrer Entlassung behält es aber bei den Vorschriften des Allgemeinen Landrechts T. 2, Tit. 10, § 98 bis 1 0 1 sein Verbleiben. 77 § 47. Wenn gegen einen den Regierungen untergeordneten Offizianten Regreßund Injurienklagen aus Veranlassung seines Amts angebracht oder gegen Kassenbediente des Regierungsressorts Geldforderungen eingeklagt werden oder gegen Regierungsoffizianten eine fiskalische oder Kriminaluntersuchung eingeleitet werden soll, so muß das Gericht 78 solches sogleich von Amts wegen der betreffenden Regierung bekanntmachen. Ein Gleiches muß geschehen, wenn ein Regierungsbedienter zum persönlichen Arrest gebracht werden soll; der Exekutor muß das Notifikatorium dem Amtsvorgesetzten einhändigen, zugleich aber den, welcher in Arrest gesetzt werden soll79, so lange unter Observation nehmen, bis wegen Verwaltung seines Amtes die nötigen Vorkehrungen getroffen sind. Untersuchungen gegen Regierungsoffizianten über bloße Dienstvergehungen können die Gerichte 80 nicht anders als auf einen vorher ergangenen Antrag der betreffenden Regierung einleiten; es wäre denn mit dem Vergehen ein solcher Exzeß verbunden, der den Täter, auch wenn er nicht Offiziant wäre, schon der Beahndung der Gesetze schuldig macht. Soll ein Regierungsbedienter81 als Zeuge, Sachverständiger oder aus einem andern Grunde außerhalb seinem Wohnorte vor Gericht erscheinen, so muß davon bei der Vorladung die betreffende Regierung oder unmittelbar vorgesetzte Behörde desselben gleichfalls benachrichtigt werden. Auch bei Versiegelungen des Vermögens oder Nachlasses von Regierungsoffizianten ist die betreffende Regierung zu benachrichtigen und befugt, an denjenigen Zimmern und Behältnissen, worin Amtsakten zu vermuten sind, ihre Siegel mitanlegen zu lassen. Bei der Entsiegelung müssen dergleichen Akten und Papiere mit Zuziehung eines Abgeordneten der Regierung abgesondert und dem Abgeordneten ausgehändigt, auch zu dem Ende die Entsiegelung vorzüglich beschleunigt werden. Das Vorstehende ist gleichfalls zu beobachten, wenn der Offiziant zwar an sich ein Justizbeamter, aber in anderer Rücksicht einer Regierung zugleich untergeordnet ist und Geschäfte in Händen hat, welche zu ihrem Ressort gehören.82

Dienstsuspensionen Dienstentlassungen 7. Modalitäten bei Prozessen und Untersuchungen gegen Regierungsoffizianten

6o

8. Modalitäten bei Ausübung der exekutiven Gewalt der Regierungen

V. Verhältnis der Regierungen gegen die obern Staatsbehörden

V I . Verhältnis derselben gegen Unterbehörden

26. Dezember 1808

In allen vorbenannten Fällen sind endlich den Regierungen die ergangenen Erkenntnisse von Amts wegen mitzuteilen. § 48. Bei Ausübung der ihnen verliehenen exekutiven Gewalt müssen die Regierungen zwar 83 die in den Gesetzen vorgeschriebenen Grade beobachten; inzwischen sind dieselben befugt: 1) in Fällen, wo die verlangte Verpflichtung auch durch einen dritten geleistet werden kann, solches nach fruchtlos gebliebener Aufforderung des Verpflichteten für dessen Rechnung bewirken sowie ferner bei Lieferungen, wo es nicht gerade auf einzelne im Besitz des Verpflichteten sich befindende Stücke ankommt, die zu liefernden Gegenstände für dessen Rechnung ankaufen und in beiden Fällen den Kostenbetrag von ihm exekutivisch beitreiben zu lassen.84 2) Strafbefehle können die Regierungen im Wege des exekutivischen Verfahrens bis zur Summe von 100 Rtlr. oder vierwöchentlichem 85 Gefängnis erlassen und vollstrecken. 8fi 3) Militärische Exekution findet nur bei hartnäckigem Ungehorsam oder wirklicher Widersetzlichkeit 87 nach fruchtlos gebliebener Zivilexekution und vorheriger Androhung statt. Auch müssen die Regierungen vorher die Genehmigung der höhern Behörde nachsuchen oder derselben wenigstens gleichzeitig Anzeige machen, wenn bei der Sache Gefahr im Verzuge ist. 4) Kommt es bei der Exekution auf den Verkauf eines Grundstücks an, so wird selbiger zwar von dem ordentlichen Gericht, unter welchem dasselbe belegen ist, im Wege der notwendigen Subhastation bewirkt. Die Subhastation kann aber von den Gerichten nicht verweigert werden, sobald die Verbindlichkeit des Schuldners außer Zweifel ist.88 5) Der Verkauf abgepfändeter Effekten geschieht jedesmal mit Zuziehung eines Justizbedienten. Es versteht sich übrigens von selbst, daß die Regierungen die Befugnis haben, zur Sicherstellung des zu erstattenden Kostenbetrages oder der Geldstrafe die nötigen Vorkehrungen zu treffen. § 49. Die Regierungen sind in Absicht der einzelnen Zweige ihres Ressorts denjenigen Staatsbehörden untergeordnet, denen die höhere Leitung dieser Zweige nach dem Publikandum vom 16. d. M.89 anvertraut ist, und hiernach bestimmt sich zugleich 90 die Kompetenz über die Beschwerden, welche höhern Orts über 91 die Regierungen angebracht werden. Das gedachte Publikandum setzt ebenfalls das Verhältnis der Regierungen gegen die Oberpräsidenten fest. 92 § 50. Inwieweit die den Regierungen untergeordneten Orts- und Kreisbehörden bei Ausrichtung ihres Amts selbständig verfahren können und in welchen Fällen sie die Genehmigung der Regierungen haben müssen, wird bei Organisation dieser Behörden bestimmt werden. Die Regierungen sind übrigens befugt, in Angelegenheiten ihres Ressorts auch den Justizunterbehörden Aufträge zu machen und sie zu deren Befolgung anzuhalten. Eine gleiche Befugnis steht aber auch den Landesjustizkollegien 93 in Ansehung der Unterbehörden der Regierungen zu. Sind Reisen mit den Aufträgen verknüpft, so sorgt das auftragende Kollegium für das Fortkommen 94 und berichtigt die Diäten und Wagenmiete sogleich nach Eingang der Verhandlung.

26. Dezember 180

61

§ 5 1 . Die Regierungen und die Landesjustizkollegien teilen sich gegenseitig V I I . Verhältdie in ihrem Ressort ergehenden Verordnungen 95 mit. Die bei einer Behörde nisse gegen die Landesjustizeinkommenden, zur andern gehörigen Eingaben müssen sofort ohne besonderes kollegien in formaler Schreiben abgegeben werden. Rücksicht Beide Landeskollegien müssen sich durchaus in Ansehung ihrer gegenseitigen Geschäftsverwaltung keine Hindernisse in den Weg legen oder Verfügungen Jurisdiktionsstreitigkeiten erlassen, durch welche die der andern Behörde aufgehoben werden. Glaubt eine von ihnen, daß die andere die Grenzen ihrer Befugnis überschritten habe, und bleiben die dagegen gemachten Vorstellungen ohne Erfolg, so sind sie verpflichtet, die Sache höhern Orts zur Sprache zu bringen und ihre Zweifel zur Entscheidung vorzutragen. § 52. Die Regierungen haben gleichen Rang mit den Landesjustizkollegien. Rang In Verordnungen, Reskripten p. des Justizdepartements wird das Landesjustizkollegium, in denen der andern Departements aber die Regierung zuerst genannt. Bei gemeinschaftlichen Berichten unterschreibt sich jedes Kollegium auf der Halbscheide, und die Oberstelle bestimmt sich darnach, wie das Reskript, wodurch der Bericht oder die Verfügung veranlaßt worden, adressiert ist oder zu wessen Erbrechung der von Amts wegen zu erstattende Bericht gehört. 96 Die einzelnen Präsidenten, Direktoren und Räte von beiden Landeskollegien unter sich rangieren nach dem Tage ihres Patents sowohl in als außer dem Dienst. § 53. Die Landesjustizkollegien legen ihre verschiedenen bisherigen Namen 97 ab Benennung und nehmen allgemein den Titul Oberlandesgerichte 98 an; mit Ausschluß des Kammergerichts, welches seinen Namen behält. 99 Die Kammern hingegen sollen künftighin Regierungen genannt werden, und darnach ändern sich auch 100 die bisherigen Titulaturen der Präsidenten, Direktoren, Räte, Assessoren und Subalternen von beiden Landeskollegien. 101 § 54. Da wegen Aufhebung derjenigen Spezialbehörden, welche nach der jetzigen vm. ü b e r Verordnung mit den Regierungen vereinigt werden oder eingehen, wegen der de ° neuen Organisation ihrer bisherigen Geschäftsverwaltung in den Regierungen fuhrung der und wegen Unterbringung oder Pensionierung der dabei angestellt gewesenen neuen EmOffizianten besondere Pläne gefertigt werden müssen, so wird in jedem Regie- rlchtung rungsdepartement von dem Minister des Innern 102 durch die öffentlichen Blätter 103 bekanntgemacht werden, von welchem Zeitpunkt ab die neue Einrichtung ihren Anfang haben soll. Die § 53 bestimmten Namen 104 nehmen aber zu Vermeidung alles Mißverständnisses die Landeskollegien und dabei angestellte Offizianten sogleich von Publikation der jetzigen Verordnung an. 105 Dies ist Unser gnädiger und ernstlicher Wille, wornach sich ein jeder, insonderheit aber die öffentlichen Beamten gebührend zu achten haben. Urkundlich mit Beifügungen Unsers Königlichen Insiegels von Uns Allerhöchst Selbst eigenhändig vollzogen. Gegeben Königsberg, den 106 26. Dezember 1808.«

62 1

26. Dezember 1808

Der nachfolgend wiedergegebene Text entspricht dem Druck, die Anmerkungen bringen Konzeptvarianten, wobei das erste revidierte Reinkonzept als Fassung A, das zweite revidierte Reinkonzept als Fassung B bezeichnet wird. Zur Vorgeschichte der Verordnung vgl. Reformministerium Stein III., Nr. 265, 308, 317, 318 und Meier, Die Reform der Verwaltungsorganisation S. 191 ff., zur weiteren E n t wicklung S. 228 ff. 2 In A folgte ursprüngl.: »in der öffentlichen Administration«, schon dort gestrichen. 3 In B verbessert: »ihrem Wirkungskreise anvertrauten Distrikte« statt A: »der ihnen anvertrauten Departements«. 4 In B nach »zu bilden« die Zufügung: »weshalb sie ... den Namen Regierungen führen ... denselben zugleich« s t a t t A: »zu bilden und ihnen eine Verfassung zu geben«. Dementsprechend wird im weiteren Text die Bezeichnung »Kammern« in A durch »Regierungen« in B ersetzt. 5 Verbessert in B : »der inneren Administration« statt A: »derselben«. 6 Zufügung in B : »Wir haben ... versehen und verordnen ... folgendes:« statt A: »Wir verordnen demnach ... Königreichs:« 7 In B »Regierungen« verbessert statt »Kammern«; neben dem § 1 in B der Randvermerk von Friese: »Note für die Kanzlei: Sollte aus einem Versehen in der Folge dieser Verordnung der Ausdruck: Kammern noch irgendwo stehengeblieben sein, so wird statt dessen jedesmal gesetzt: Regierungen Fr.« 8 Verbesserung in B : »die Legitimationen zum bessern Fortkommen«. Vorliegende Fassung des Paragraphen ergab sich durch nochmalige Verbesserungen und Streichungen Frieses, der bereits in A Änderungen vorgenommen hatte, nach denen die Passage dort lautete: »... Abschoßsachen, die Erteilung der landesherrlichen Genehmigung zu Errichtung oder Aufhebung von Majoraten, Fideicommissen und Familienstiftungen, die Führung der Vasallentabellen, die Erteilung der Pässe zu Reisen außerhalb Landes, die Standeserhöhungen, die Erteilung von Dispensationen zu ungleichen Ehen, die Legitimation unehelicher Kinder ohne Unterschied des Zwecks, wozu selbige geschiehet, die Zensur ...«. 9 Dieser Paragraph war in A von Friese neu formuliert worden; ursprünglich wurde dort zur Zuständigkeit der »Landesjustizkollegien« auch »die Prüfung des Adels«, »die Majorennitätserklärungen« und »die Publikation der aus dem Justizdepartement allein ergangenen Verordnungen« gezählt. Dagegen kommt in der Neufassung das Verbleiben von »Militärverfassung«, »Münzfabrikation« und »Bank- und Seehandlungsangelegenheiten« in »ihrem bisherigen Ressort« hinzu. Änderung in B, ursprünglich: »sowohl im ganzen als im einzelnen, in negativer 10 und positiver Hinsicht«. 11 § 3 wurde bereits in A von Friese neu gefaßt. Dabei erweiterte er den Grundsatzteil, der ursprünglich nur lautete: »Die p. Kammern erhalten die Verwaltung der Landespolizei in ihrem ganzen Umfange, und die für einzelne Zweige derselben in den Provinzen befindlich gewesenen Spezialbehörden gehen ein.« Aus den nachfolgenden Einzelbestimmungen des alten § 3 und des Anfangs von alt § 9 werden die §§ 4, 5, 6 der Neufassung Frieses. Demzufolge ändert sich die ursprüngliche Paragraphenzählung. 12 Aus der Neufassung des Paragraphen in A wurde von Friese das Satzende »jedoch in Absicht des Post- und Bergwerksregals nur unter den § 7 und 11 bestimmten Modalitäten« in B gestrichen. 13 In A: »soweit sie ein Gegenstand ... sein können« wurde in B verbessert. 14 Neufassung des § 5 durch Friese bereits in A, vgl. Anm. 11. 15 Bereits in A verbessert s t a t t »ordentlichen«. 16 »Gesetze« steht nur im Druck und in der Gesetzsammlung. 17 Da Friese in B noch eine Umnumerierung der Paragraphen 8 bis 11 vornimmt.

26. Dezember 1808

63

macht er dort den Randvermerk: »Siehe § 8 auf der zweiten folgenden Seite«. Ursprünglich § 1 1 . 18 »zwar in der Regel« in B verbessert statt »jedoch« in A. 19 »obersten Stelle für den Bergbau ... in polizeilicher Beziehung und«, Änderung in B statt der Fassung A : Leitung der »hohem technischen Behörden mit Ausnahme des Torfstichbetriebes, welcher mit der Forstpartie bei den p. Kammern verbunden wird. Auch werden die Kalkbrennereien künftig bei den Domänen verwaltet. Außerdem treten die Kammern in Ansehung der Bergwerks- und Hüttenangelegenheiten und der dabei angestellten Offizianten ...«. 20 Wegen der Umnumerierung in B dort der Hinweis Frieses : »Siehe 8, 9 auf der zweiten vorherigen Seite«. 21 »polizeiliche« bereits in A zugefügt. 22 In A : »Armen- und Stipendiensachen« ; außerdem wurde bereits dort das ursprüngliche Ende des Paragraphen gestrichen: »Die Behörden, welche die Verwaltung dieser Angelegenheiten bisher in der Provinz gehabt haben, geben solche in ihrem ganzen Umfange an die p. Kammern ab« und weiter oben durch die Wendung ersetzt: »gehören ... vor die p. Kammern«. 23 Dazu in B der Vermerk Frieses : »Note für die Kanzlei. Hier bleibt der Ausdruck : Kammern«. 24 Bereits in A wurde der Schlußabsatz gestrichen, er lautete: »Die näheren Bestimmungen hierüber werden indessen durch besondere Verordnungen festgesetzt werden, bis wohin es bei der bisherigen Verfassung sein Bewenden behält«. 25 Bereits in A stets geändert statt »ordentlichen«. 26 Dazu in B der Randvermerk Frieses : »Pro Canon, hier bleibt gleichfalls : Kammer«. 27 Der letzte Satz wurde schon in A zugefügt. 28 In B : »Landesjustizcollegia« verbessert statt in A : »Oberamtsregierung zu Brieg und auf das Hofgericht zu Köslin«. 29 In B : »den Geschäften der Regierungen« verbessert statt A : »der Kameralverwaltung«. 30 In A ursprügl. : »8«, bereits dort in »9« verbessert. 31 In A ursprüngl. : »der Generallandtag«, bereits dort in »Generalversammlung der Provinz« verbessert. 32 In A : »der dritte Teil« verbessert statt ursprünglich : »die Hälfte«, der anschließende Text war in A von Friese zugefügt worden, dagegen strich er dort den Schlußabsatz: »So lange, bis die erste Wahl bewürkt ist, vertreten in Ostpreußen die Mitglieder des ständischen Comité, in Litauen die Mitglieder der Landschaftsdirektion zu Angerburg und in Westpreußen die Mitglieder der Landschaftsdirektion in Marienwerder, jedoch von letzteren nur die, welche Unsere Vasallen geblieben, die Stelle der landständischen Repräsentanten«. 33 In B »wahlfähig ist« von Friese nach dem gleichlautenden Bleistiftmarginale Altensteins verbessert statt »eine Stimme hat«. 34 »insofern . . . vereinigen« Zufügung in A, 35 »gewöhnlichen« in B verbessert statt »natürlichen«. 36 Der letzte Satz wurde von Friese in A zugefügt, der folgende Text wurde dort gestrichen: »Bei jeder Deputation werden zwei von ihnen angestellt; doch es steht jedem von ihnen frei, auch den Sitzungen der übrigen Deputationen beizuwohnen und an den Geschäften derselben teilzunehmen. Jeder Repräsentant hat aber nur in der Deputation eine Stimme, bei welcher er angestellt ist. Das Ausscheiden muß in der Art reguliert werden, daß alle Jahr in jeder Deputation nur einer austritt. Wer das erste Jahr austreten soll, bestimmt das Los, im Fall die Repräsentanten darüber sich nicht unter sich vereinigen.« 37 »ihr A m t . . . verwalten« in B zugefügt.

64

26. Dezember 1808

»bekannt werden zu lassen« in A verbessert statt »zu verraten«. »Polizei- und Finanzverwaltung« in B verbessert statt »Kameralverwaltung« in A . 40 »durch einige Mitglieder« ist in B von Friese nach dem gleichlautenden Bleistiftmarginale Altensteins zugefügt. 41 Auf Grund des Bleistiftmarginale Altensteins in B : »Die Zahl nicht zu sehr zu beschränken« verbessert Friese »einigen« Kaufleuten statt »zweien« und ändert die ursprüngliche Fassung: »auch einem praktischen Seemann, der, w o möglich, Reeder ist«. 42 »Die K a u f m a n n s c h a f t . . . technischen Mitglieder« analoge Verbesserung in B statt »Die beiden K a u f l e u t e und der praktische Seemann werden von den K a u f mannschaften erwählt«. 43 Verbesserung in B : »ein verhältnismäßiger Teil« statt »einer«. 44 In A bereits Neufassung des letzten Satzes ab »für das«, dafür wurde dort gestrichen :»rücksichts des Breslauschen Kammerdepartements zwar in Breslau errichtet; jedoch bleibt der für die Gebirgsstädte besonders errichtete HandlungsComite in Hirschberg auch noch fernerhin bestehend, nur wird die Verfassung desselben revidiert und der neuen Einrichtung anpassend gemacht.« 45 »die einzelnen Mitglieder« in B verbessert statt »sie«. 46 »gleich denselben« Zufügung in B. 47 E s folgte in A noch ein Paragraph Stimmenrecht, der bereits dort gestrichen wurde: »Sämtliche R ä t e und mit V o t u m angesetzte Assessoren, imgleichen die Mitglieder des Präsidiums und die ständischen Repräsentanten haben sowohl im Plenum als' den einzelnen Deputationen, bei denen sie angestellt sind, eine gleiche Stimme; die in § [Lücke] gedachten Mitglieder jedoch nur über Angelegenheiten, welche sich auf ihr F a c h beziehen und damit in Verbindung stehen. B e i Gleichheit der Stimmen entscheidet die Meinung des Präsidenten oder des Vorsitzenden Direktors.« 48 »die schon im Anfange erwähnte« in B verbessert statt A »eine besondere«. 49 Im Gegensatz zum Druck und der Gesetzsammlung in A und B Singular: »der kompetenten Behörde«. 50 »deshalb« bereits in A zugefügt. 51 »Wird Fiskus . . . der Regierungen stehen«. Diese Randergänzung Frieses in B erfolgte vermutlich entsprechend einem Bleistiftmarginale Altensteins, das, verblaßt und überschrieben, nicht mehr lesbar ist. Der T e x t lautete vor der Verbesserung: »Ein Gleiches gilt bei Rechtshändeln der übrigen unter unmittelbarer Verwaltung der p. K a m m e r n stehenden moralischen Personen«. Ebenso beruht der Einschub »imgleichen Dienstvergehungen« auf dem Marginalhinweis Altensteins. 52 In B verbessert: »behält es . . . sein Bewenden« statt der Änderung in A : »werden besondere Bestimmungen ergehen«; ursprüngl. hieß es dort, daß lokalpolizeiliche Kontraventionen »vor das Untergericht in erster Instanz« gehören. 53 »eine dieser gleichgestellten Gefängnisstrafe« in B verbessert statt »verhältnismäßiges Gefängnis«. 54 »Eine jede Sache . . . Gehör anträgt« wurde bereits in A zugefügt. 55 »als welche . . . aufgehoben sind« Zufügung in B . 56 Neben diesem A b s a t z völlig verblaßtes Bleistiftmarginale von Altenstein in B , e t w a : »Gegenstände und Angelegenheiten der höchsten Gewalt, die Verfassung nach dem Besten des Staates zu bestimmen«. 57 Nach § 70 in A gestrichen: »T. 1, Tit. 8, § 29, 30, 33 und 34«. 58 In A gestrichen: »Verordnung v o m 27. Juli d. J. wegen Verleihung des Eigentums von den bäuerlichen Immediat-Grundstücken in den Domänen § 11, 14 und 16«. 59 Nach § 71 in A gestrichen »T. 1, Tit. 8, § 31«. 6° »In dem letztern F a l l . . . Bestimmung des § 40 ein« wurde bereits in A zugefügt. 38

39

26. Dezember 1808 61

62

63 64

65 66

67

68 69 70 71

72 73 74

75

76

77

78 79

80 81 82

83

65

»Die Regierungen sind . . . gleichmäßig . . . § 42 festgesetzt worden« wurde in B verbessert statt: »Im letzteren Fall ist die p. Kammer jedoch in eben dem Umfange, als nachstehend § 40 festgesetzt worden,«. . . »Die richterliche Einwirkung tritt jedoch . . . Auch ist« in B verbessert statt »Ist die Verfügung aber von der höhern Polizeibehörde gemißbilligt worden, so tritt die richterliche Einwirkung in vollem Umfange ein. Übrigens i s t . . .« Der letzte Absatz wurde bereits in A zugefügt. Der § 41 wurde in A von Friese statt der inhaltlich ähnlichen, aber sprachlich ungeschickten Vorlage ausführlicher neu formuliert. A und B bringen im Gegensatz zum Druck den Singular: »unter der gedachten Modalität«. »Gerichte sind« in A verbessert statt »Regierung ist«. »betreffende« in B meist zugefügt, wenn in A Kammer im Singular oder p. K a m mer stand. »landespolizeiliche oder finanzielle Verhältnisse und Verfassungen« in B verbessert statt »besondere Kameralverhältnisse, Landes- oder Finanz-Verfassungen«. In A »von den Gerichten« verbessert statt »von der Regierung«. »bei dem Spruch« in A zugefügt. In A »sind die Gerichte« verbessert statt »ist die Regierung«. Änderung Frieses in A statt »Voto consultativo« im Bemühen um einen Abbau der reinen lateinischen Formulierungen. »dem kompetenten Obergericht« in A verbessert statt »der Regierung«. »das Landesjustizkollegium« in A verbessert statt »die Regierung«. »sind die Landesjustizkollegien« Verbesserung in B ; in A verbesserte Dohna am R a n d : ist »das Landesjustizkollegium in seinen« Entscheidungen statt: »ist die Regierung bei ihren« Entscheidungen. »in welchem Fall die Strafe nach diesen zu bestimmen ist« in B verbessert statt »alsdann selbige nach diesen zu bestimmen«. »Landesjustizkollegien« Verbesserung in B ; folgt der Randverbesserung Dohnas in A : »das Landesjustizkollegium« statt »die Regierung sich darin mischen darf«. Die Passagen über Dienstsuspensionen und -entlassungen lauteten vor den durch Friese in B vorgenommenen Änderungen wie folgt: „Auch gestatten Wir hiermit den Kammern in Absicht derjenigen Bedienungen, deren Besetzung ihnen ohne höhere Genehmigung in der § 32 gedachten Instruktion nachgegeben ist, die Befugnis, die darauf jetzt angestellten oder in der Folge anzustellenden Subjekte wegen Dienstvergehungen oder gänzlicher Unbrauchbarkeit ihres Dienstes ohne Anfrage zu entlassen. E s muß jedoch der zu Entlassende über die ihm zur Last gelegten Beschuldigungen vorher mit seiner Verteidigung ordnungsmäßig gehört, die Sache von den Justitiarien vollständig im Plenum vorgetragen und die Entlassung durch die Mehrheit der Stimmen darin beschlossen sein. In Ansehung derjenigen Offizianten, zu deren Ansetzung aber auch künftighin höhere Bestätigung notwendig ist, behält es rücksichts ihrer Entlassung bei den Vorschriften des Allgemeinen Landrechts T. 2, Tit. 10, § 98—101 sein Verbleiben.« »das Gericht« in A verbessert statt »die Regierung«. »welcher in Arrest gesetzt werden soll« von Friese in A eingedeutscht statt »den Arrestandum«. »können die Gerichte« in A verbessert statt »kann die Regierung«. Statt »Regierungsbedienter« steht in B versehentlich noch „Kameralbedienter". In A wurde danach gestrichen: »Wenn ein ansässiger Bürger oder Bauer im Wege der Exekution oder Untersuchung arretiert werden soll, so ist jedesmal der Ortspolizeiobrigkeit davon Nachricht zu geben.« In A das folgende »der Regel nach« gestrichen.

66 84

26. Dezember 1808

E s wurde in B von Friese folgender Absatz gestrichen: »Ist es dem Verpflichteten in der Aufforderung ausdrücklich bekanntgemacht worden, daß dieses geschehen würde, wenn er in der ihm gesetzten Frist seiner Verbindlichkeit nicht nachkommt, so verliert derselbe zugleich alle Einwendungen in Hinsicht des Betrages der Kosten [statt A : »des Quanti des Kostenbetrages«], wenn ihm auch gleich in Ansehung der Verbindlichkeit selbst noch der Weg rechtens offen wäre.« 85 Gemeint ist vierwöchigem. 86 E s wurde in B gestrichen: »ohne daß den Gerichten darüber eine Einmischung zusteht«. 87 E s wurde in B gestrichen: »ganzer Gemeinen«. 88 »Die Subhastation kann . . . außer Zweifel ist« Änderung in B statt: »den p. K a m mern gebührt aber die Beurteilung, ob zu dem Verkauf geschritten werden müsse, und die Subhastation kann daher auf ihren Antrag nicht versagt werden.« 89 Zufügung in B : »nach dem Publikandum vom 16. d. M.« 90 »zugleich« in B verbessert statt »daher auch«. 91 In den Konzepten A und B : »wider«. 92 »Das gedachte Publikandum . . . die Oberpräsidenten fest« Zusatz in B . 93 In A : »den Landesjustizkollegien« verbessert statt »der Regierung«. 94 »das Fortkommen« in B verbessert statt »den Vorspann«. 95 »in ihrem Ressort ergehenden Verordnungen« geändert in A, ursprüngl.: »ihr Ressort angehenden Verordnungen«. 96 Vor den Änderungen Frieses in B lautete der Text: »Als Kollegium genommen, gebührt den p. Kammern der Rang vor den Landesjustizkollegien. Sie werden daher auch in Verordnungen, Reskripten p. zuerst genannt und unterschreiben sich bei gemeinschaftlichen Berichten auf der ersten Halbscheide des Bogens.« 97 »Namen« in B verbessert statt »Titul«. 98 Der Name »Oberlandesgerichte« steht im Druck und in der Gesetzsammlung, in den Reinkonzepten dagegen »Tribunal«, in B von Friese gestrichen mit dem Vermerk : »NB: bleibt offen«. 99 »mit Ausschuß . . . Namen behält« wurde in B zugefügt. 100 »auch« in B verbessert statt »nicht allein«. 101 Friese strich in B den zu »nicht allein« gehörenden Nachsatz: »sondern auch die im § 27 angegebenen Unterschriften der einzelnen Deputationen«. Der Paragraph endete ursprünglich wie in A : »Die Mediatregierungen in Schlesien heißen in der Folge: Justizcollegia, z. B . Bischöfliches Justizcollegium in Breslau, und die Mitglieder werden Justizpräsidenten, Justizdirektoren, Justizräte genannt«. Friese strich »Justizcollegia«, machte den Vermerk: »NB bleibt gleichfalls offen« und änderte den Schluß: »und hiernach wird auch die Benennung ihrer Mitglieder abgeleitet«. Diese Passage wurde nicht in die endgültige Fassung der Verordnung aufgenommen. 102 »dem Minister des Innern« verbessert in B statt »der höheren Behörde«. 103 In A folgte: »dem Publikum besonders«. 104 »Namen« in B verbessert statt »Titul«. 105 »werden müssen, so wird . . . von Publikation der jetzigen Verordnung an« wurde schon in A von Friese zugefügt. Diese Ergänzung ersetzt die Aussage des in A gestrichenen Anfangssatzes dieses Paragraphen: »Die neue Einrichtung nimmt vom 1 . Januar künftigen Jahres ihren Anfang.« 106 In den Reinkonzepten ist das Vollzugsdatum offen gelassen.

26. Dezember 1808

23. »Geschäftsinstruktion für die Regierungen in sämtlichen vinzen«

67 Pro-

gez. Friedrich Wilhelm; gegengez. Altenstein, Dohna, Schroetter Königsberg, 26. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 192 Nr. 1 Bd. 2 Bl. 47: revidiertes Reinkonzept mit zahlreichen Verbesserungen Frieses (20. Dezember 1808); Bl. 1 3 7 : erneut revidiertes Reinkonzept mit zahlreichen Verbesserungen Frieses u. Bleistiftmarginale Altensteins (23-/24 Dezember 1808); Bl. 238: Druck; Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 64, S. 481 ff.

Zu der am gleichen Tage vollzogenen »Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialpolizei- und -finanzbehörden« erhalten die Regierungen eine 108 Paragraphen umfassende Geschäftsinstruktion nach folgender Gliederung: I. Wegen des Ressorts des Plenums und der einzelnen Deputationen a) Plenum, b) Polizeideputation, c) Geistliche- und Schuldeputation d) Finanzdeputation, e) Akzise- und Zolldeputation, f) Militärdeputation; Regel für zweifelhafte Fälle II. Über den formalen Geschäftsgang Allgemeine Regel in Absicht der Departementsverteilungen Verhältnis der Justitiarien und Bauräte Besondere Vorschriften in Absicht a) des Erbrechens und Zuschreibens der Sachen b) des Vortragens derselben welche Sachen ohne Vortrag abgemacht werden können, welche vorgetragen werden müssen; Ausnahmen hiervon; Privatkorrespondenz; Annotation, ob die Sache vorgetragen sei; Stimmrecht bei dem Vortrage; Sitz und Unterschrift; Untersagung von Arbeiten während des Vortrages c) bei Sachen des Plenums spezielle Konkurrenz der Polizeideputation d) bei Sachen, die in mehrere Deputationen eingreifen, wenn sie direkte an das Plenum gelangen e) der persönlichen Anwesenheit der Mitglieder auf dem Konferenzhause f) des Geschäftsganges mit den wissenschaftlichen und technischen Kommissionen g) der Korrelatur Verantwortlichkeit des Korreferenten; Stellvertreter desselben; Korrelatur der ständischen Repräsentanten; besonders ernannte Korreferenten ; Korrevision der Kontrakte und Konzessionen; Gutachten der Justitiarien; Kassensachen; Holzanweisungen; bei Gegenständen mehrerer Deputationen h) der Superrevision der Ausfertigung k) der Unterschrift bei Berichten an höhere Behörden 6

Stein/Hardenberg

68

26. Dezember 1808

1) der Subalternen Modifikation wegen des Plenums m) der Geschäfts] ournale III. Allgemeine Bestimmungen über den materiellen Geschäftsbetrieb und das Verhältnis darin gegen die höheren Behörden Fundamentalgrundsatz [siehe unten § 34] Allgemeine Regeln [§§ 3 5 - 3 7 ] a) bei klaren und bestimmten Vorschriften b) in Ermangelung derselben c) bei neuen Einrichtungen oder Abänderungen von schon bestehenden Besondere Vorschriften über einzelne Gegenstände 1 . über solche, die bei allen Deputationen vorkommen a) Dienstbesetzungen Verfahren dabei; Auswahl der Subjekte; insonderheit wegen der Forst bedienten und Invaliden; Veränderungen mit den Gehältern und Stellen; Nachweisung der angesetzten Offizianten; Konduitenlisten b) wegen Behandlung und Entlassung der Offizianten [§ 44] c) wegen Rechtsstreitigkeiten d) wegen Eingehung von Kontrakten und wegen Entsagungen e) wegen des Sportulwesens [§ 48] 2. über Gegenstände einzelner Deputationen A . der Polizeideputation Polizeisachen; allgemeine Grundsätze über Gewerbepolizei [§ 50]; Konzessionen zu Gewerben; Dispensation der Maurer- und Zimmergesellen von der Wanderschaft; Comptoirs zu Ajustierung der Maße und Gewichte; allgemeine Anlagen und Landeslasten; statistische Nachrichten; Judensachen; Postwesen; Lotteriewesen; Gestütswesen; Landeshoheitssachen; Gnadensachen B . der Geistlichen- und Schuldeputation [§ 62] C. der Finanzdeputation Allgemeine Regeln in Absicht der Domänenverwaltung; Bausachen; Akzise- und Zollsachen; Stempelsachen; Etats-, Kassen- und Rechnungswesen ; Revision der bisherigen Etats; Einrichtung der künftigen Etats und einer Hauptkasse; Bauetat; Buch- und Rechnungsführung; Befugnis der Regierung zu etatsmäßigen Ausgaben; Verpflichtung derselben wegen der Etatserfüllung; Depositen- und fremde Gelder; Kommunal- und Sozietätskassen; Hauptkassenkurator und seine speziellen Verpflichtungen, deren Grenzlinien; Kassenrevisionen; Organisationsplan zu der neuen Einrichtung D. der Militärdeputation Allgemeine Schlußregeln [§ 83] I V . Verantwortlichkeit, Dienstverhältnis und besondere Pflichten der Regierungsbeamten Prinzipale Verantwortlichkeit des Departementsrats oder Dezernenten, sie wird durch den Beitritt des Kollegiums nicht aufgehoben, Fall der Abstimmung; Modifikation in Ansehung der prinzipalen Verantwortlich-

26. Dezember 1808

69

keit; wer subsidiarisch verhaftet sei; gemeinschaftliche Vertretung des Kollegiums; jährliche Departementsberichte; Verhältnisse der Regierungen gegen die Oberpräsidenten Besondere Rechte und Pflichten der Regierungsbeamten [§§ 93, 99, 100] a) des Präsidiums, b) des Präsidenten, c) der Direktoren, d) der landständischen Repräsentanten, e) der Räte und Assessoren, insonderheit f) der Domänen-Departementsräte, g) der Justitiarien, h) des Oberforstmeisters, i) des Landstallmeisters, k) der geistlichen und Schulräte, 1) des Medizinalrats, m) der Bauräte, n) der Oberakziseräte, o) des Postdirektors, p) des Rechnungsrats, q) des Obertorfinspektors Verhältnis der Referendarien [§ 106] Verhältnis der Regierungssubalternen [Bestimmung] wegen der bisherigen Instruktionen Einige Paragraphen sind durch die sich darin zeigenden Grundsätze über das sonstige Detail hinaus von allgemeinem Interesse, sie werden darum nachfolgend im Wortlaut gebracht. »§ 34. Bei allen Ansichten, Operationen und Vorschlägen der Regierungen muß der Grundsatz leitend bleiben, niemanden in dem Genuß seines Eigentums, seiner bürgerlichen Gerechtsame und Freiheit, solange er in den gesetzlichen Grenzen bleibt, weiter einzuschränken, als es zur Beförderung des allgemeinen Wohls nötig ist; einem jeden innerhalb der gesetzlichen Schranken die möglichst freie Entwickelung und Anwendung seiner Anlagen, Fähigkeiten und Kräfte in moralischer sowohl als physischer Hinsicht zu gestatten und alle dagegen noch obwaltenden Hindernisse baldmöglichst auf eine legale Weise hinwegzuräumen. § 3 5 . In dem speziellen Geschäftsbetrieb müssen überall die bestehenden Gesetze und Vorschriften beobachtet werden. Sind diese klar und bestimmt oder kann der Natur der Sache nach keine andere Verfügung getroffen werden, so sind die Regierungen nicht allein berechtiget, sofort das Nötige zu erlassen und auszuführen, sondern es werden ihnen in dergleichen Fällen sogar alle Anfragen und Berichte an die höhern Behörden ausdrücklich untersagt. N u r aus höchst dringenden Veranlassungen, und wenn Gefahr im Verzuge ist, können sie bei ihrem Verfahren sich Abweichungen und Ausnahmen von den Vorschriften erlauben; sie müssen dazu aber denselben T a g an die höhere Behörde vollständig berichten. Niemals können sie etwas verfügen, was einem ausdrücklichen Landesherrlichen Gesetz geradezu entgegenläuft. Die Bestimmung des § 1 Lit. f verstehet sich dahero auch nur von solchen Vorschriften, welche nicht auf ausdrücklichen Landesgesetzen beruhen. § 36. In zweifelhaften Fällen, welche dringend sind, haben die Regierungen gleichfalls ohne Anstand nach der Analogie der Verfassung und geläuterten staatswirtschaftlichen Grundsätzen zu verfahren; sie müssen aber solches sofort anzeigen und begründen, ist die Sache aber nicht dringend, vorher anfragen und vorschlagen. § 3 7 . Auf keinen Fall dürfen sie sich neue Einrichtungen oder Abänderungen von schon bestehenden Verfassungen ohne höhere Genehmigung erlauben oder allgemeine Verbote und Pönal-Sanktionen erlassen. Wohl aber steht ihnen frei, schon vorhandene gesetzliche Vorschriften von neuem ohne Anfrage publizieren zu lassen, wenn sie solches nötig finden.« 6*

70

26. Dezember 1808

»§ 44. Gegen Offizianten, welche lau in Erfüllung ihrer Pflichten sind, sie gar absichtlich verletzen oder vernachlässigen oder ihr Amt vollends zum Vorschub gebrauchen, um ihren Eigennutz oder andere Privatleidenschaften und Nebenrücksichten zu befriedigen, muß ohne die geringste Nachsicht, ohne den mindesten Unterschied, wes Standes und Ranges sie sind, mit aller Energie und Strenge verfahren, und ebensowenig müssen Subjekte in öffentlichen Bedienungen gelitten werden, die durch ihr Privatleben Gleichgültigkeit gegen Religion und Moralität an den Tag legen oder sich sonsten durch ihren Wandel verächtlich machen, wozu auch Trunkenheit und Spiel gehört. Es bedarf darüber zu ihrer Entfernung keines strengen rechtlichen Beweises; es ist hinreichend, sobald sie die pflichtmäßige moralische Überzeugung des Kollegiums gegen sich haben. Sie entehren das Vertrauen, welches der Staat in sie bei ihrer Wahl gesetzt hat, und sind unwert, der öffentlichen Sache zu dienen. Offizianten, welche mit Treue, Wärme und Fleiß ihre Berufspflichten üben, müssen aber auch mit Diskretion und Aufmunterung behandelt, dem mehr oder mindern Grade ihres Diensteifers und geleisteten Arbeiten nach ausgezeichnet und bei sich ereignenden Gelegenheiten nach Möglichkeit für ihre Beförderung oder.,Verbesserung gesorgt werden. Jeder Vorgesetzte muß vorzüglich auf das Ehrgefühl seiner Untergebenen zu wirken suchen, es zu wecken und zu beleben wissen und nur dann Strafe anwenden, wenn das erste Mittel fruchtlos versucht worden oder böser Wille klar ist. Jeder Offiziant muß dem Dienst volle Anstrengung seiner Kräfte und einen reinen rechtlichen Sinn widmen; eben darum müssen die Regierungen das Dienstverhältnis aber auch gegen ihre Untergebenen nicht zu einem Mietskontrakt und öffentliche Beamte nicht zu Mietlingen herabwürdigen, indem ein jeder von ihnen nach dem Verhältnis des ihm angewiesenen Berufs zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohls beitragen soll und darum nicht minder Mitglied der Nation selbst ist. Die einzelnen Deputationen können zwar in Rücksicht der ihnen subordinierten Offizianten Untersuchungen wegen Dienstvergehungen oder anderer Umstände, die sie des Dienstes unwürdig machen, verfügen; Suspensionen können aber nur im Plenum beschlossen werden, und wegen der Entlassungen tritt die Bestimmung des § 46 der Verordnung 1 ein. In welcher Art bei den Suspensionen und Entsetzungen der Geistlichen und Schullehrer zu verfahren, wird besonders bestimmt werden.« »§ 48. Es ist eine neue, dem jetzigen Ressort der Regierungen angemessene Sportultaxe zu entwerfen. Die Sportuln sollen zu einem Prämienfonds gesammelt und aus demselben ausgezeichneten Offizianten Gratifikationen und extraordinäre Belohnungen gegeben werden. Nach Ablauf jeden Jahres wird die Nachweisung des Bestandes und Verhältnisses, in welchem derselbe bei den einzelnen Deputationen aufgekommen, von dem Regierungspräsidium den Ministern des Innern und der Finanzen eingereicht mit einer Anzeige, welche Offizianten sich vorzüglich ausgezeichnet haben und worin die Auszeichnung bestehe. Diejenigen Offizianten, welche gegenwärtig noch Sportulanteile genießen, sollen damit nach der Fraktion von den drei letzten Jahren vor dem Kriege fixiert und auf den Etat gebracht werden.« »§ 50. Die Wirksamkeit der Regierungen bei Ausübung der Polizeigewalt muß

26. Dezember 1808

71

nicht bloß auf die Abwendung von Gefahren und Nachteilen und Erhaltung dessen, was schon da ist, sondern auch auf die Mehrung und Beförderung der allgemeinen Wohlfahrt sich erstrecken. Dieses kann nur durch eine feste Ausübung des § 34 enthaltenen Grundsatzes und durch die möglichste Gewerbefreiheit sowohl in Absicht der Erzeugung und Verfeinerung als des Vertriebs und Absatzes der Produkte geschehen. Es ist dem Staate und seinen einzelnen Gliedern immer am zuträglichsten, die Gewerbe jedesmal ihrem natürlichen Gange zu überlassen, das heißt: keine derselben vorzugsweise durch besondere Unterstützungen zu begünstigen und zu heben, aber auch keine in ihrem Entstehen, ihrem Betriebe und Ausbreiten zu beschränken, insofern das Rechtsprinzip dabei nicht verletzt wird oder sie nicht gegen Religion, gute Sitten und Staatsverfassung anstoßen. Es ist unstaatswirtschaftlich, den Gewerben eine andere als die eben bemerkte Grenze anweisen und verlangen zu wollen, daß dieselben von einem gewissen Standpunkt ab in eine andere Hand übergehen oder nur von gewissen Klassen betrieben werden. Neben dieser Unbeschränktheit bei Erzeugung und Verfeinerung der Produkte ist Leichtigkeit des Verkehrs und Freiheit des Handels sowohl im Innern als mit dem Auslande ein notwendiges Erfordernis, wenn Industrie, Gewerbefleiß und Wohlstand gedeihen soll, zugleich aber auch das natürlichste, wirksamste und bleibendste Mittel, ihn zu befördern. Es werden sich alsdann diejenigen Gewerbe von selbst erzeugen, die mit Vorteil betrieben werden können, und dieses sind wieder diejenigen, welche dem jedesmaligen Produktionszustande des Landes und dem Kulturzustande der Nation am angemessensten sind. Es ist unrichtig, wenn man glaubt, es sei dem Staate vorteilhaft, Sachen dann noch selbst zu verfertigen, wenn man sie im Auslande wohlfeiler kaufen kann. Die Mehrkosten, welche ihm die eigene Verfertigung verursacht, sind rein verloren und hätten, wären sie auf ein anderes Gewerbe angelegt worden, reichhaltigen Gewinn bringen können. Es ist eine schiefe Ansicht, man müsse in einem solchen Fall das Geld im Lande zu behalten suchen und lieber nicht kaufen. Hat der Staat Produkte, die er ablassen kann, so kann er sich auch Gold und Silber kaufen und es münzen lassen. J e vorteilhafter der Produzent und Fabrikant seine Erzeugnisse absetzen kann, je mehr bestrebt er sich, sie hervorzubringen, und je mehr davon hervorgebracht wird, um so weniger läßt sich Mangel davon besorgen. Ausfuhrfreiheit ist also gerade dahin gerichtet, dem Mangel vorzubeugen, statt, wie man gewöhnlich glaubt, ihn herbeizuführen. Freiheit des Handels macht den Spekulationsgeist des Kaufmanns rege. Dieser wird seine Waren nicht sofort absetzen, wenn er noch Aussicht hat, solches vorteilhafter tun zu können, oder gerne das Steigen der Preise abwarten wollen, wenn er sie höher eingekauft hat; er wird sie also auch nicht ausführen, wenn er sie im Lande selbst noch mit Vorteil abzusetzen hoffen darf. Auf diese Weise schafft sich der Staat Vorräte und Magazine im Lande, ohne daß er besondere Kosten darauf verwenden darf. Leichtigkeit des Verkehrs und der Kommunikation wird die Waren im Lande jedesmal dahin bringen, wo sie am nötigsten sind, weil sie da am teuersten bezahlt werden. Es ist nicht notwendig, den Handel zu begünstigen, er muß nur nicht erschwert werden. Eben diese Freiheit im Gewerbe und Handel schafft zugleich die möglichste

72

26. Dezember 1808

Konkurrenz in Absicht des produzierenden und feilbietenden Publikums und schützt daher das konsumierende am sichersten gegen Teurung und übermäßige Preissteigerung. Es ist falsch, das Gewerbe an einem Ort auf eine bestimmte Anzahl von Subjekten einschränken zu wollen. Niemand wird dasselbe unternehmen, wenn er dabei nicht Vorteil zu finden glaubt; und findet er diesen, so ist es ein Beweis, daß das Publikum seiner noch bedarf; findet er ihn nicht, so wird er das Gewerbe von selbst aufgeben. Man gestatte daher einem jeden, solange er die vorbemerkte Grenzlinie hierin nicht verletzt, sein eigenes Interesse auf seinem eigenen Wege zu verfolgen und sowohl seinen Fleiß als sein Kapital in die freieste Konkurrenz mit dem Fleiße und Kapitale seiner Mitbürger zu bringen. Dieses sind die Grundzüge, nach denen die Regierungen bei Verwaltung der Gewerbe- und Handelspolizei zu verfahren haben. Nicht staatswirtschaftliche, sondern bloß politische Gründe (oder allenfalls Bedürfnis des Augenblicks, welchem aber, wenn diese Maximen befolgt werden, der Regel nach immer wird vorgebeugt werden können) können es nötig und rätlich machen, anderweite Maßregeln zu ergreifen. Von einem solchen Falle werden die Regierungen aber jedesmal höhern Orts benachrichtiget werden, vorzüglich in Absicht der Getreideausfuhr. Ihr Augenmerk muß dahin gehen, die Gewerbe und Handelsfreiheit soviel als möglich zu befördern und darauf Bedacht zu nehmen, daß die verschiedenen Beschränkungen, denen sie noch unterworfen ist, abgeschafft werden, jedoch nur allmählich auf eine legale Weise und selbst mit möglichster Schonung des Vorurteils, da jede neue Einrichtung mit Reibungen verbunden ist und ein zu schneller Übergang von Zwang zur Freiheit manchmal nachteiligere Folgen hervorbringt als der Zwang selbst. Auf keinen Fall aber müssen die Regierungen von jetzt ab Konzessionen oder Berechtigungen zu Gewerben, von welcher Gattung diese sein mögen, erteilen, durch welche ein Exklusiv- oder gar Zwangsund Bannrecht begründet werden soll. Letztere sollen von jetzt ab unter keinen Umständen mehr verliehen und Exklusivrechte gleichfalls soviel als möglich vermieden, höchstens nur dann und nur auf gewisse Jahre gegeben werden, wenn bei einem neuen Gewerbe der Versuch gemacht werden soll, ob es gedeihen werde. Es ist dazu auch jedesmal die Genehmigung der höhern Behörde notwendig.« »§ 62. Zum Amte der Geistlichen- und Schuldeputation gehört es, dafür vorzüglich zu sorgen, daß der öffentliche Schul- und geistliche Unterricht und Kultus sowohl seinem Innern als Äußern nach verbessert und zweckmäßiger eingerichtet werde, um Religiosität und Moralität, Duldungsgeist und Annäherung zwischen den verschiedenen Glaubensverwandten, Bürgersinn und Teilnahme für die öffentliche Sache, Anhänglichkeit an Vaterland, Verfassung und Landesherrn, Achtung und Ausübung der Gesetze zu befördern. Es werden sehr gerne Vorschläge, welche zu diesem Zweck führen können, angenommen werden. Allein ohne höhere Genehmigung dürfen sich die Geistlichen- und Schuldeputationen Abweichungen von generellen Anordnungen, als Lehrplänen, vorgeschriebenen Schulbüchern und dergleichen, nicht erlauben. Dagegen wird denselben die Besetzung sämtlicher dem landesherrlichen Patronatrechte unterworfenen Geistlichen- und Schullehrerstellen, imgleichen die

26. Dezember 1808

73

Bestätigung der von Privatpatronen zu dergleichen Stellen erwählten Subjekte unter den im § 39 bestimmten Modifikationen beigelegt mit Ausnahme derjenigen, in Rücksicht welcher nach § 38 höhere Genehmigung 2 notwendig ist. Es wird den Geistlichen- und Schuldeputationen ferner die Revision und Decharge der Kirchen- und Schulrechnungen ohne Unterschied, ob sie bisher an die Oberrechenkammer haben eingesandt werden müssen oder nicht, sowie die Entwerfung der denselben zum Grunde liegenden Etats überlassen. Dismembrationen von Schulsozietäten, wo Ortschaften sie wünschen oder Lokalumstände sie nötig machen, können die Regierungen gleichfalls ohne höhere Genehmigung nach den bestehenden Vorschriften vornehmen sowie Parochien zusammenziehen oder dismembrieren, wenn die Gemeine und Patronen darin willigen, auch unter dieser Bedingung einzelne DorfSchäften umpfarren. In allen übrigen Fällen, wo bisher die Berichtserstattung an das geistliche Departement nötig gewesen, ist solche auch in Zukunft bis auf weitere Bestimmung fortzusetzen. Auch haben es die Regierungen zu einem besondern Gegenstande ihrer Aufmerksamkeit zu machen, für die baldige Hinwegräumung derjenigen Hindernisse zu sorgen, welche die bisherige Patronatverfassung dem Kirchenund Schulwesen in den Weg gelegt hat. Wenngleich wegen der besseren Übersicht bei der Kassenverwaltung die Provinzial-Schulfonds nach § 71 und 72 durch die Hauptkasse gehen sollen, so ist doch nichts weniger als die Absicht, darum von ihnen irgend etwas zu einer andern Bestimmung zu nehmen, vielmehr werden die Geistlichen- und Schuldeputationen ausdrücklich verantwortlich gemacht, darauf zu wachen, daß die Schul- und geistlichen Fonds nicht gekürzt oder verdunkelt werden.« »§ 83. [. . .] Die Regierungen werden wegen ihres materiellen Betriebes auf die darüber bestehenden Verordnungen und Vorschriften verwiesen. Nach diesen können sie frei und selbständig handeln und dürfen nur dann an die höheren Behörden berichten, wenn die allgemeinen Bestimmungen dieses Abschnitts solches nötig machen. Doch haben die Regierungen und ihre einzelnen Deputationen von allen an sie unmittelbar ergehenden Kabinettsbefehlen und den darauf erstatteten Berichten gleichzeitig Abschrift der höhern Behörde einzureichen. In jedem Fall aber, wo sonst eine Berichtserstattung an die höhere Behörde nötig ist und der Bericht nicht bloß in einer Anzeige besteht, muß derselbe nicht eher erstattet werden, bis die Sache zu einem Definitivbeschluß völlig reif ist, übrigens zwar möglichst kurz und gedrängt, dessenungeachtet aber vollständig, bestimmt und völlig erschöpfend abgefaßt sein. Der Bericht wird jedesmal an diejenige höhere Behörde erstattet, welcher die oberste Leitung des vorliegenden Gegenstandes nach dem Publikandum vom 16. d. M. 3 übertragen worden.« »§ 93. Die Bestimmung und Verhältnisse der landständischen Repräsentanten sind bereits vorher und in der Verordnung festgesetzt. Sie werden übrigens in der Art verteilt, daß in die Polizeideputation drei und in jede andere zwei Repräsentanten kommen. Die aus der Finanzdeputation sind zugleich Mitglieder der Akzise- und Zolldeputation. Ihr Ausscheiden (§ 19 der Verordnung) 4 muß so reguliert werden, daß auf keinen Fall sämtliche Repräsentanten einer Deputation auf einmal ausscheiden. Seine Königliche Majestät hegen das feste Vertrauen zu denselben, daß sie alles anwenden werden, den ihnen angewiesenen hohen

74

26. Dezember 1808

Beruf ganz auszufüllen, und daher nicht allein so wenig als möglich die Sitzungen der Regierung und ihrer einzelnen Deputationen, denen sie zugewiesen sind, versäumen, sondern auch mit Eifer und Treue der Geschäfte selbst sich annehmen, von der ganzen Administration genau und gründlich sich zu unterrichten suchen, die Mängel, welche sie zu bemerken glauben, zwar mit bescheidener Freimütigkeit anzeigen, aber auch alles ohne Vorurteil, ohne Privat- und Nebenrücksichten prüfen und mit vollen Kräften zum allgemeinen Wohl des Staats und seiner Glieder beizutragen bemühet sein werden. Die Dienstordnung erfordert es, daß, wenn sie zu Besorgung ihrer Privatangelegenheiten vom Sitz des Kollegiums verreisen müssen, sie es nur mit Vorwissen des Präsidenten tun. Der Urlaub soll ihnen indessen nur dann versagt werden, wenn gerade zu der Zeit Angelegenheiten von Wichtigkeit in der Deputation verhandelt werden, in welcher sie angestellt sind.« »§ 99. Es ist besondere Pflicht der geistlichen und Schulräte dazu vorzüglich beizutragen, daß der § 62 aufgestellte Zweck der geistlichen und Schulbehörde erreicht werde. Sie haben die besondere Aufsicht über sämtliche Geistlichen und Schullehrer und die Verpflichtung, sie sowohl in ihrem Privat- als amtlichen Leben fortwährend zu beobachten und Amtsverletzungen zur Sprache zu bringen. § 100. Da von dem Medizinalrat nicht verlangt werden kann, daß er seine volle Zeit den kollegialischen Arbeiten widme, so ist seine Bestimmung vorzüglich die, die nötige wissenschaftliche und technische Auskunft über Gegenstände der Arzeneikunde, Chirurgie und Apothekerkunst bei vorkommenden Gelegenheiten zu geben und den Departementsrat der Medizinalpolizei in seinen Geschäften möglichst zu unterstützen, insonderheit dafür zu sorgen, daß die Apotheker das Publikum nicht übermäßig verteuern und von Zeit zu Zeit gehörig revidiert werden. Die Revision muß jedoch jedesmal von einem Arzt oder Kreisphysikus geschehen, der nicht selbst an dem Orte wohnt, wo die Apotheke sich befindet. Die Revision und Festsetzung der Liquidationen der Ärzte und Chirurgen, imgleichen der Apothekerrechnungen ist übrigens Sache des Medizinalrats. Auch hat derselbe die Verpflichtung, in besondern Fällen Aufträge des Kollegiums anzunehmen und sie gehörig auszurichten.« »§ 106. Die Referendarien müssen die Staatswirtschaft und die übrigen darauf Einfluß habenden Hülfswissenschaften, insbesondere Polizei Wissenschaft, Technologie, Statistik, Experimentalphysik und Chemie, Botanik und Ökonomie usw. auf einer Universität gründlich studiert haben, auch, wenn sie angestellt sein wollen, nachweisen, daß sie wenigstens ein Jahr hindurch Gelegenheit gehabt haben, praktische Kenntnis von den vorzüglichsten Gewerben, besonders der Landwirtschaft sich zu erwerben. Daß sie gerade auf einem Domänenamt gewesen sein müssen, ist nicht weiter notwendig. Sie werden vor ihrer Anstellung mündlich sowohl als schriftlich geprüft und nur dann angenommen, wenn sie gründliche Theorie in den benötigten Wissenschaften mit einer richtigen, wohlgeübten Beurteilung vereinigen. Jeder Referendarius muß in sämtlichen Deputationen, mit Inbegriff der Akziseund Zolldeputation, eine angemessene Zeit arbeiten und mit den eigentümlichen Geschäften einer jeden derselben sich gründlich bekannt machen, in der Polizeideputation aber anfangen. Er wird in jeder Deputation einem oder auch mehre-

26. Dezember 1808

75

ren Räten besonders zugeordnet, welche die nächste Verpflichtung haben, für seine zweckmäßige und vollständige Ausbildung zu sorgen. E r ist daher auch verbunden, den Anweisungen dieser Räte Folge zu leisten und die ihm von ihnen übertragenen Dienstgeschäfte zu übernehmen. E r kann aus einer Deputation nicht eher in eine andere übergehen, als bis er nicht nur ein Attest der Räte, welchen er zugeordnet gewesen, beigebracht hat, daß sie mit ihm zufrieden gewesen und ihn für tüchtig halten, sondern auch von dem Direktor der Deputation, aus welcher er abgeht, und einem andern Rat derselben in ihren einzelnen Geschäftszweigen noch besonders geprüft und tüchtig befunden worden. Alle diese Atteste werden bei dem höhern Examen beigebracht, und man wird in Vergleichung mit den Resultaten, die der Referendarius alsdann an den Tag legt, die Mühe beurteilen, welche die einzelnen Räte sich für die Ausbildung desselben gegeben, und die Gründlichkeit, mit welcher man bei den frühern Prüfungen zu Werke gegangen. Bei diesen kann zwar noch keine ganz genaue und vollendete Kenntnis des ganzen technischen Details der einzelnen Geschäftszweige, wohl aber von den Quellen, aus denen solche zu schöpfen, den allgemeinen organischen sowohl als administrativen Prinzipien, welche ihnen zum Grunde liegen, und den darüber bestehenden Vorschriften und Landesverordnungen verlangt werden. Das Präsidium ist besonders dafür verhaftet, daß die Referendarien gründlich und zweckmäßig gebildet und künftig unreife und schwache Subjekte weder angenommen noch viel weniger zum großen Examen geschickt werden. Dasselbe muß daher auch, sobald es den Mangel der gehörigen Eigenschaften oder gar des Fleißes und guten Willens an ihnen bemerkt, sie nicht bloß selbst darauf aufmerksam machen und dem Befinden nach zur Ergreifung einer andern Laufbahn anraten, sondern solches auch ihren Eltern oder Vormündern anzeigen. Die Referendarien müssen den Sitzungen des Plenums und der einzelnen Deputationen, bei denen sie angestellt sind, jederzeit beiwohnen, erhalten aber nur in den letztern Vorträge, welche sie sowie ihre sämtlichen Geschäfte jedesmal unter Aufsicht, Zeichnung und Verantwortung des Rats, dem sie beigeordnet sind, bearbeiten, welcher sie auch wegen Nachlässigkeiten und Versehen zurechtweisen und in Ordnungsstrafen nehmen kann, so wie überhaupt die Referendarien der Dienstdisziplin gleich den angestellten Offizianten unterworfen sind. Ihre Ansetzung sowohl als Entlassung ist übrigens Sache der Regierungen. Bei der erstem muß jedoch auch darauf gesehen werden, daß sie die Mittel nachweisen, sich bis zu ihrer Anstellung mit Gehalt anständig erhalten zu können. Auch müssen die Referendarien gehörig vereidiget werden. Die Justitiarien, denen die Referendarien gleichfalls eine Zeitlang beizuordnen sind, sorgen dafür, daß sie richtige Ansichten und Kenntnisse des Rechts und der Ressort Verhältnisse erlangen.« 1 2

3

Siehe Nr. 22. Unter diese Genehmigungspflicht fielen: Superintendenten und die mit ihnen in gleichem oder höherem Rang stehenden katholischen und reformierten Geistlichen, Professoren auf den Universitäten, Rektoren und obere Lehrer von Gymnasien und Gelehrten-Schulen. 4 Siehe RM Stein III, Nr. 333, S. 1149 ff. Siehe Nr. 22.

76

27. Dezember 1808

24. »Reglement über den Geschäftsgang bei den Ministerien untereinander !« Königsberg, 27. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 182 Nr. 35 Bd. 1 Bl. 2: Konzept mit Verbesserungen Dohnas, Altensteins und Frieses.

»Nachdem Sr. Königl. Majestät den Geschäftsgang bei den unterzeichneten Ministern und Ministerialchefs 2 durch die Ordre vom 6. d. M. 3 bereits im allgemeinen angeordnet und ihnen die weitere Bestimmung des Betriebs zu überlassen geruht haben, so sind sie übereingekommen, Nachstehendes über diesen Gegenstand festzusetzen. 1. Die Kommunikation der einzelnen Ministerien und Sektionen unter sich geschieht auf dem möglichst einfachsten und kürzesten Wege mit Vermeidung aller unnützen Förmlichkeiten und Kurialien, der Regel nach daher auch durch bloße Abschrift des Dekrets oder Vorlegung. Es wird zwar jeder Behörde überlassen, auch den Weg des Anschreibens zu wählen, doch ist selbiger möglichst zu vermeiden und vorzüglich nur dann zu wählen, wenn er nach dem Gegenstande der Sache der schicklichste und kürzeste ist. 4 Wegen unterlassener Kurialien darf der Gang der Sache nie aufgehalten werden. 2. Die Abschriften des Dekrets werden in dem obigen Fall von dem betreffenden Ministerial- oder Sektionschef und in dessen Abwesenheit durch den ältesten Rat der Sektion vollzogen. Bei Vorlegungsdekreten und schriftlichen Votis aber ist es hinreichend, wenn sie von dem Dezernenten vollzogen sind. 5 Nur wenn die Sache zur Deliberation zwischen einer Sektion und der Hauptsektion eines andren Ministeriums 6 oder zur Deliberation sämtlicher Ministerien kommen soll, zeichnet solche der Minister der Departementssektion mit. 7 Es wird jedesmal in dem Voto oder Vorlegungsdekret derjenigen Behörde, Von welcher die Sache ausgeht, bemerkt, bei welchen mehreren Behörden sie8 zirkulieren soll, und selbige an den folgenden 9 Ministerial- oder Sektionschef geschickt, welcher alsdann den Dezernenten für sein Departement oder Sektion ernennt, der nach gemachtem Vortrage die nötig befundenen Bemerkungen 10 beifügt und solche, in der vorher bestimmten Art vollzogen, mit der Sache weiterschickt. Hat dieselbe auf diese Weise sämtliche Behörden passiert, so kommt sie an den ersten Dezernenten wieder zurück. 3. Sind die verschiedenen Behörden 11 über die Sache einverstanden oder diese gleich im Anfange so klar, daß sich eine Verschiedenheit der Meinung darüber nicht besorgen läßt 12 , so werden die nötigen Verfügungen sogleich bei derjenigen Sektion, an welche die Sache eingegangen, ausgefertigt, die Konzepte von den konkurrierenden Ministerial- und Sektionschefs und Räten, die Reinschriften aber nur von den Ministern und Ministerialchefs vollzogen. Es wird in diesem Fall unten am Schluß der Reinschrift jedesmal bemerkt 13 , welche Departements oder Sektionen bei der Sache konkurriert haben, z. B. Generaldepartement des Innern und Justizdepartement. Ist bei der Sache keine Hauptsektion eines Ministeriums 14 interessiert, so wird die Verfügung im Namen der betreffenden Sektionen, z. B . Sektion der Ge-

27. Dezember 1808

77

werbepolizei im Ministerio des Innern und Sektion für die Domänen und Forsten im Ministerio der Finanzen, ausgefertigt und die Reinschrift von den Sektionschefs vollzogen. Diejenige Sektion wird vorgesetzt, bei welcher die Ausfertigung geschieht. Die ausfertigende Behörde gibt auch in jedem Fall von A m t s wegen Abschrift der Konzepte an die übrigen konkurrierenden Behörden. 1 5 4. Ergibt sich aber schon nach dem ersten Umlauf der Sache eine Verschiedenheit der Meinung, so hört alle schriftliche Kommunikation sogleich auf, und die Sache wird zur mündlichen Beratung verwiesen. 5. Behufs derselben soll des Donnerstags 16 um 1 1 Uhr vormittags eine gemeinschaftliche Konferenz zwischen den betreffenden Ministern und Ministerialchefs stattfinden, wozu auch die Sektionschefs, in deren Wirkungskreis die vorliegenden 1 7 Gegenstände eingreifen, nebst den die Sache bearbeitenden Räten eingeladen werden. E s kommen in dieser Konferenz aber bloß Gegenstände vor, welche mehr als zwei Ministerien betreffen. Konferenzen zwischen einzelnen Chefs werden besonders zwischen denselben bestimmt und der T a g und Ort dazu sogleich bei dem ersten Umlauf der Sache auf den Fall'einer Verschiedenheit der Meinung in Vorschlag gebracht. 6. E s wird bei dem Ministerio des Innern, und zwar in dessen Generalsektion, ein besonderes Vortragsjournal über die zur Beratung mehrerer Minister geeigneten Gegenstände geführt und daraus den betreffenden Ministerial- und Sektionschefs spätestens dienstags abend ein E x t r a k t über diejenigen Gegenstände zugestellt, welche das nächste Mal aus ihrem Ressort zum Vortrag kommen. Jeder Sektionschef benachrichtigt davon die Räte seiner Sektion, welche bei dem Vortrage konkurrieren. Auf dem vorgedachten E x t r a k t wird zugleich der Ort bemerkt, wo die Zusammenkunft gehalten werden soll; der Regel nach geschieht sie bei dem ältesten konkurrierenden Minister. 18 Die übrigen Ministerien und Sektionen werden 1 9 dafür sorgen, daß die aus ihrem Geschäftskreise zum Vortrag kommenden Gegenstände zeitig genug bei der Generalsektion des Innern abgegeben werden, damit sie in das Journal eingetragen und die betreffenden Behörden benachrichtigt werden können. 7. Der Vortrag der Sache geschieht jedesmal durch den Dezernenten derjenigen Sektion, von welcher sie ausgegangen ist. Der älteste Minister oder Ministerialchef, welcher bei der Sache konkurriert, leitet denselben und führt ihn zum Beschluß. Die betreffenden Minister und Ministerialchefs haben dabei eine volle Stimme, von den Sektionschefs solche aber nur diejenigen, in deren Würkungskreis die Sache eingreift. 20 Die hiernach sich ergebende Stimmenmehrheit bestimmt den Beschluß. Doch sind die abgestimmten Minister oder Ministerial- sowie die Sektionschefs befugt, ihr Votum schriftlich abzugeben und darauf anzutragen, daß die Sache mit demselben zur unmittelbaren Entscheidung vorgelegt werde. Die Ausführung selbst wird dadurch nur dann verschoben, wenn selbige ohne Nachteil bis zum Eingang der höchsten Entscheidung ausgesetzt werden kann. I m Fall der Abwesenheit oder Krankheit der Minister, Ministerial- oder Sektionschefs geht deren Stimme mit voller Würkung auf denjenigen Staatsrat über, welcher in der betreffenden Sektion die Sache bearbeitet. Außer diesem Fall konkurrieren die betreffenden Staatsräte nur konsultativ

78

27. Dezember 1808

bei der Diskussion. Sie sind zwar befugt, im Fall sie sich von dem Beschluß nicht überzeugen können, ihre Meinung Sr. Majestät unmittelbar anzuzeigen, die Ausführung selbst darf aber darum niemals aufgeschoben werden. Wenn bloß zwei Minister oder Ministerialchefs bei der Sache interessiert sind und zwischen ihnen keine Einigung stattfindet, so wird selbige sofort zur unmittelbaren Entscheidung mittelst gemeinschaftlichen Berichts vorgetragen. Konkurrieren bei derselben aber mehrere Minister oder Ministerialchefs, so entscheidet die Mehrheit der Stimmen und 21 bei einer Stimmengleichheit gibt die Meinung des ältesten Ministers den Ausschlag, und es wird unter den obigen Modifikationen darnach verfahren. 8. Der Beschluß wird von den Staatsräten unterschrieben, welche in den konkurrierenden Sektionen die Sache bearbeiten. Eben darum muß bei jeder auch angemerkt werden, welcher Rat die Sache bearbeitet. Auch muß der vortragende Rat in der Regel schon den Entwurf zum Beschluß mitbringen, damit solcher im Fall der Einigung sogleich bei dem Vortrage vollzogen werden kann. Die Expedition, Ausfertigung und Unterschrift geschieht in gleicher Art als § 3 bestimmt ist. Ehe die Sache indessen zur Expedition gegeben wird, muß sie in dem gemeinschaftlichen Journal (§ 7) abgeschrieben werden, wofür der vortragende Rat Sorge trägt. Die Sache wird übrigens zu den Akten derjenigen Sektion genommen, von welcher sie ausgegangen ist. 9. Wenn die Sache keine Hauptsektion eines Ministeriums22 angeht und die konkurrierenden Sektionschefs sich darüber nicht vereinigen können, so wird sie den ihnen vorgesetzten Ministern zur Entscheidung vorgelegt. Konkurriert ein Minister oder ein Ministerialchef mit einem oder mehreren Sektionschefs eines andern Ministeriums, so wird die Sache bei Verschiedenheit der Meinung gleichfalls dem diesen Sektionschefs vorgesetzten Minister zur Entscheidung vorgelegt. Sind auch die Minister oder Ministerialchefs verschiedener Meinung, so nimmt die Sache den § 4 bestimmten Gang. 10. Die Minister und Ministerialchefs sowie die Chefs einzelner Sektionen und die Räte werden dafür sorgen, daß weder Eingriffe in die gegenseitigen Ressorts geschehen, noch Sachen einseitig ohne Zuziehung der übrigen mit interessierenden Ministerien oder Sektionen abgemacht werden. Welche Sachen zu einer gemeinschaftlichen Beratung und Entscheidung mehrerer Ministerien gehören, bestimmt teils die Geschäftsinstruktion der obersten Staatsbehörde, teils ergibt solches der Gegenstand jedes einzelnen Falls von selbst, und haben die Ministers und 23 Ministerialchefs darüber die Bestimmung im zweifelhaften Fall. 1 1 . Alle Gesetzentwürfe, von welchem Ministerio sie auch in Vorschlag gebracht werden, zirkulieren, ehe sie an die Gesetzgebungssektion gelangen, bei sämtlichen Ministern, Ministerial- und Sektionschefs, auf deren Verwaltungskreis die Sache Einfluß hat, um, wenn sie dagegen etwas zu erinnern finden, ihre Bemerkungen beizufügen. Mit diesen wird sie, wenn sie sämtliche Behörden passiert hat, an den Minister des Innern abgegeben, welcher sie der Sektion der Gesetzgebung vorlegt und deren Gutachten bei den Behörden, welche früher etwas zu erinnern gehabt, wiederum zirkulieren läßt. Dieser zweite Umlauf geschieht aber bloß nachrichtlich, damit sich jede Behörde auf den Vortrag vorbereiten kann, daher auch dasjenige, was sie etwa über das Gutachten der Gesetzkommission oder

27. Dezember 1808

79

derjenigen Behörden, bei welchen die Sache im ersten Umlauf später gewesen, zu erinnern findet, der Erörterung bei dem mündlichen Vortrage vorbehalten bleibt, welcher durch den ersten Dezernenten § 7 gehalten wird. Sr. Königl. Majestät machen es sämtlichen Chefs und Räten zur besondern Pflicht, den einzelnen Sachen hiebei alle Beschleunigung angedeihen zu lassen, welcher sie nach der Beschaffenheit ihres Gegenstandes fähig sind. 1 2 . Die itzige Instruktion bezieht sich auf die Verwaltungszweige sämtlicher Ministerien (§ 2 des Publikandums vom 16. d. M.) 24 ohne Ausnahme, und es treten daher auch die Bestimmungen derselben inAbsicht derjenigen Gegenstände der beiden Abteilungen des Kriegsministeriums ein, bei welchen andere Ministeria oder Sektionen konkurrieren und eine Verschiedenheit der Meinung vorkommt. Namentlich ist solches bei allen Gesetzen und neuen Einrichtungen der Fall, welche nicht ausschließlich die Formation der Armee betreffen oder rein militärisch sind. Gegenstände der letztern Gattung werden jedesmal directe Sr. Majestät zur Entscheidung eingereicht.« 1

2 3

4

5 6

7 8

9 10

11 12 13

14

15 16

17

»untereinander« Zufügung Frieses. Gezeichnet haben Goltz, Altenstein und Dohna. »und Ministerialchefs« Zufügung Dohnas. K . O. an Altenstein und Dohna, Königsberg, 6. Dezember 1808 (Ausf., gez. Friedrich Wilhelm, Rep. 1 5 1 a Tit. 21 Nr. 72 Bd. 1 Bl. 12). »Es wird . . . kürzeste ist« Änderung Frieses, ursprüngliche Fassung: »Förmliche Anschreiben werden so viel als möglich vermieden und nur in besonders dazu geeigneten Fällen erlassen, vorzüglich in solchen, wo dadurch dem Dezernenten die Arbeit erleichtert wird oder es notwendig ist, eine ganz vollständige Notiz über die Sache bei den Akten zu behalten.« Marginale Frieses: »Neuer Absatz!« »der Hauptsektion . . .« Änderung Frieses, ursprünglich: »und einem Ministerialdepartement«. Marginale Frieses: »Neuer Absatz!« »mehreren Behörden sie « Änderung Frieses, »sie« offentsichtlich von Altenstein hineinverbessert; ursprüngliche Fassung: »bei welchen Ministerialdepartements oder Sektionen die Sache zirkulieren soll«. Gestrichen: »betreffenden«. »die nötig befundenen Bemerkungen « Änderung Frieses, ursprüngliche Fassung: »oder seine Sektion ernennt, der seine Bemerkungen nach gemachtem Vortrage in seiner Sektion beifügt und . . .«. »Behörden« Änderung Frieses statt: »Departements oder Sektionen«. »oder diese . . . besorgen läßt« Zufügung Frieses. Der Anfang dieses Satzes ist von Altenstein geändert, er lautete ursprünglich: »Da die Verfügungen in diesem Fall auf Spezialbefehl ausgefertigt werden, so wird unten am Schluß . . .«, daneben kaum lesbares Bleistiftmarginale Altensteins. »keine Hauptsektion eines Ministeriums« Änderung Frieses, ursprünglich: »kein Ministerialdepartement«. »Behörden« Änderung Frieses statt: »Ministerialdepartements und Sektionen«. »des Donnerstags« Änderung Frieses statt: »soll regelmäßig Donnerstag um 1 1 Uhr ...«. »vorliegenden« Änderung Frieses statt: »die zur mündlichen Beratung verwiesenen Gegenstände«.

8o

28. Dezember 1808

18

»Jeder Sektionschef ... Minister« Zufügung Frieses.

19

Gestrichen: »daher auch«.

20

Der von Friese stark geänderte letzte Satz lautete ursprünglich: »Nur die betreffenden Minister und die sonst an der Spitze von Ministerien stehenden und die Stelle eines Ministers, z. B. des Kriegs- oder Justizministers, vertretenden Chefs haben dabei eine volle Stimme, die betreffenden Sektionschefs aber selbige nur in dem Fall, wenn sie gegen keinen ihrer vorgesetzten Minister konkurrieren.«

21

»so entscheidet die Mehrheit der Stimmen und ...« Änderung Altensteins s t a t t : »so gibt bei einer Stimmengleichheit die Meinung des ältesten Ministers den A u s schlag«.

22

»keine Hauptsektion eines Ministeriums« Änderung Frieses s t a t t : »kein Ministerialdepartement«.

23

»Ministers und« Zufügung Altensteins.

24

»Publikandum« v o m 16. Dezember 1808, siehe R M Stein I I I , Nr. 333, S. 1149 f f .

25. Immediatbericht des Staatsrats Nicolovius Königsberg, 28. Dezember 1808 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 2.2.1. Nr. 24729 Bl. 2: Ausf., gez. Nicolovius 1 (alt: Rep. 89 A L 2).

Antrag wegen Ankaufs versität

astronomischer

Instrumente für die Königsberger

Uni-

»E.K.M. haben in mehreren Cabinetsordres bereits Allerhöchstselbst gelegentlich zu äußern geruhet, daß die hiesige Universität wesentlich verbessert werden müsse. Um diesen, insonderheit in der gegenwärtigen Zeit, wo die innern Kräfte der Nation geweckt und die intellektuelle Bildung derselben kräftig gefördert werden soll, wichtigen Zweck vollständig zu erreichen, ist dem Curatorio der Universität aufgegeben worden, mit Zuziehung des akademischen Senats die gesamten Bedürfnisse der Universität anzuzeigen und zur zweckmäßigsten Abhelfung derselben Vorschläge zu machen. Diese werden noch abgewartet und zu seiner Zeit zu E.K.M. Allerhöchster Genehmigung vorgelegt werden. Ein Punkt aber kann bis dahin nicht ausgesetzt werden, und die Sektion des öffentlichen Unterrichts erlaubtes sich daher, solchen schon jetzt E.K.M. ehrerbietigst vorzutragen. Es ist nämlich der gänzliche Mangel einer Sternwarte hier schon längst gefühlt worden, und es wird auf Abhelfung desselben bei dem allgemeinen Plan zur Verbesserung der Universität Bedacht genommen werden. Es bietet sich aber jetzt eine seltene Gelegenheit dar, zum Besitz schöner astronomischer Instrumente für sehr billige Preise zu gelangen, indem der astronomische Apparat des verstorbenen Landmarschalls von Hahn zu Remplin im Mecklenburgschen zum Verkauf ausgeboten wird, [. . .]« Nicolovius nennt sechs für die Sternwarte daraus beantragte unentbehrliche Instrumente und die dafür geforderte Summe. Außerdem schlägt er aus Vorsicht

28. Dezember 1808

81

wegen des äußerst billigen Preises vor dem Kauf eine sachkundige Überprüfung der Geräte und schließlich den Fonds vor, aus dem die Anschaffungs- und Transportkosten bezahlt werden sollten. 2 1

2

Der Königsberger Konsistorialrat Nicolovius war, entsprechend den Vorschlägen Dohnas im I. B . vom 4. Dezember 1808 (siehe Nr. 5) am 8. Dezember zum Staatsrat und Direktor der Kultusabteilung in der Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts ernannt worden (vergl. Gebhardt I, S. 114 ff.). Altenstein und Dohna befürworteten in einem I. B . vom 30. Dezember 1808 die Anträge von Nicolovius (Ausf., gez. Altenstein, Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 1). Das Blatt trägt einen Vermerk Naglers, daß die entsprechende K . O. an die Minister vollzogen und abgesandt worden sei, St. Petersburg, den 16. Januar 1809.

26. Minister Graf zu Dohna an den Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten Sack Königsberg, 2. Januar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 299 B Bd. 1 Bl. 18: Konzept, gez. Dohna.

Beibehaltung der Bürgergarden, Gendarmerieeinrichtungen französischer polizeilicher Anordnungen

und

zweckmäßiger

»Schon wegen des für die nächste Zukunft äußerst 1 beschränkten Militäretats unseres Staats ist 2 die Beibehaltung sowohl der Bürgergarden, wo dergleichen jetzt existieren, als der allgemein im besten Ruf stehenden in den letzten zwei Jahren etablierten 3 Gendarmerieeinrichtungen, bei welchen man die französischen trefflichen Einrichtungen dieser Art zum Muster genommen zu haben scheint 4 , ratsam, um die öffentliche Ruhe und Sicherheit aufs zweckmäßigste zu sichern 5 , und ich fordere Ew. pp. daher hierdurch auf, mir von den in Ihrem Oberpräsidialgeschäftsbezirk vorhandenen Anstalten der Art, ihrer Verfassung pp. vollständige Kenntnis zu geben, auch dafür zu sorgen, daß sie nicht aufgehoben werden. Die diesfälligen Nachrichten, begleitet mit dem Gutachten E w . Hochwohlgeb. über deren möglichste Vervollkommnung 6 , wünsche ich möglichst bald zu erhalten. Zugleich empfehle ich die von den französischen Autoritäten getroffenen polizeilichen Anordnungen, welche der Regel nach wirkliche Verbesserungen sind, Ihrer besondern Aufmerksamkeit, damit die Behörden nicht gleich unangemessene Abänderungen aus eigener Bewegung vornehmen. Insofern im einzelnen gegen deren Fortdauer Bedenken obwalten, müssen sie ausführlich erörtert und zur Entscheidung des Ministeriums des Innern vorgetragen werden.«7

1 2

3 4 5 6 7

»äußerst« von Dohna dazwischengeschrieben. Hier folgte ursprünglich der gestrichene Satz: »abgesehen von andern sehr wesentlichen Veranlassungen und Motiven — « . »in den letzten zwei Jahren etablierten« von Dohna am Rande zugefügt. »bei welchen ... scheint« von Dohna am Rande zugefügt. »um die öffentliche ... zu sichern« von Dohna am Rande zugefügt. »begleitet... Vervollkommnung« von Dohna am Rande zugefügt. Ein gleichlautendes Schreiben soll an den Geh. Staatsrat und Oberpräsidenten von Massow in Breslau gehen.

26. Minister Graf zu Dohna an den Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten Sack Königsberg, 2. Januar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 299 B Bd. 1 Bl. 18: Konzept, gez. Dohna.

Beibehaltung der Bürgergarden, Gendarmerieeinrichtungen französischer polizeilicher Anordnungen

und

zweckmäßiger

»Schon wegen des für die nächste Zukunft äußerst 1 beschränkten Militäretats unseres Staats ist 2 die Beibehaltung sowohl der Bürgergarden, wo dergleichen jetzt existieren, als der allgemein im besten Ruf stehenden in den letzten zwei Jahren etablierten 3 Gendarmerieeinrichtungen, bei welchen man die französischen trefflichen Einrichtungen dieser Art zum Muster genommen zu haben scheint 4 , ratsam, um die öffentliche Ruhe und Sicherheit aufs zweckmäßigste zu sichern 5 , und ich fordere Ew. pp. daher hierdurch auf, mir von den in Ihrem Oberpräsidialgeschäftsbezirk vorhandenen Anstalten der Art, ihrer Verfassung pp. vollständige Kenntnis zu geben, auch dafür zu sorgen, daß sie nicht aufgehoben werden. Die diesfälligen Nachrichten, begleitet mit dem Gutachten E w . Hochwohlgeb. über deren möglichste Vervollkommnung 6 , wünsche ich möglichst bald zu erhalten. Zugleich empfehle ich die von den französischen Autoritäten getroffenen polizeilichen Anordnungen, welche der Regel nach wirkliche Verbesserungen sind, Ihrer besondern Aufmerksamkeit, damit die Behörden nicht gleich unangemessene Abänderungen aus eigener Bewegung vornehmen. Insofern im einzelnen gegen deren Fortdauer Bedenken obwalten, müssen sie ausführlich erörtert und zur Entscheidung des Ministeriums des Innern vorgetragen werden.«7

1 2

3 4 5 6 7

»äußerst« von Dohna dazwischengeschrieben. Hier folgte ursprünglich der gestrichene Satz: »abgesehen von andern sehr wesentlichen Veranlassungen und Motiven — « . »in den letzten zwei Jahren etablierten« von Dohna am Rande zugefügt. »bei welchen ... scheint« von Dohna am Rande zugefügt. »um die öffentliche ... zu sichern« von Dohna am Rande zugefügt. »begleitet... Vervollkommnung« von Dohna am Rande zugefügt. Ein gleichlautendes Schreiben soll an den Geh. Staatsrat und Oberpräsidenten von Massow in Breslau gehen.

3- Januar 1809

83

27. Minister Freiherr von Hardenberg an den Minister Freiherr von Altenstein Berlin, 3. Januar 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein B Nr. 14 Bl. 132: eigh. Brief.

Besorgnis wegen einer Nachfolge Beymes; Vorsichtsmaßnahmen gegen einer Fronde

Bildung

»Ich mache noch einen Nachtrag zu meinem vorgestrigen Schreiben 1 , wertester Freund. Der Gr[oß]k[anzler] B[eyme] geht übermorgen bestimmt nach Königsberg ab. Er sagt, der König habe ihm geschrieben, es tue ihm leid, seine erste Reise abgestellt zu haben, und es werde von ihm abhängen, noch jetzt zu kommen oder nicht. Man sagt, daß er sich mit Tadel über die neuesten Dinge äußere, den Minister] v. Voß als den nenne, den der König wählen müsse, und überhaupt keineswegs vorsichtig in seinen Reden sei, sich des entschiedensten Einflusses auf den König rühme und schmeichle pp. Sein ehemaliges Betragen rechtfertigt Besorgnis und Vorsicht, zumal es gewiß ist, daß andere alles anwenden, ihn durch Aufforderung, seinen Einfluß gelten zu machen, zu exaltieren. Von K . aus: Schön, der sonst so äußerst verächtlich von ihm sprach, der Kanzl[er] Schroetter, Klewitz, Herr vom Stein hat hier geäußert, gegen seine Kategorie als Kab[inetts]r[at] habe er zwar geeifert, aber jetzt sei er der Mann, der ihn allein ersetzen und das Ruder als erster mit Kraft führen müsse. Überhaupt ist es ganz unverzeihlich, daß H[err] v[om] St[ein] ihn zu seiner gegenwärtigen Stelle vorschlug, wozu, wie man sagt, der Gen[eral] Scharnhorst mitwirken mußte, so wie es nachteilig ist, daß H[err] v[om] St[ein] so lange hier bleibt und eine Art von Opposition bildet. Sacks Anstellung hört B[eyme] nicht auf, laut zu tadeln. Alles dieses schließt meines Erachtens nicht aus, zuerst die Grundsätze zu beobachten, die zur Einheit und Einigkeit führen können, aber es ist gewiß nötig, sich im voraus de toutes pièces zu waffnen, um einer starken Opposition, der Kabale und der Schwäche allenfalls zu begegnen. Die Pflicht der Freundschaft erfülle ich dadurch, daß ich Sie auf die Lage der Dinge, wie ich sie hier sehe, bekanntmache [!]. Rechtschaffenheit, Klugheit und Festigkeit werden schon Ihre Maßregeln leiten. Es hat einmal nicht anders sein können, aber es wäre äußerst zu wünschen gewesen, daß die obersten Behörden und der König hätten früher hierher kommen und würken können, wodurch die Fronde am besten wäre niedergeschlagen worden. [. . .]« 1

7

Hardenberg an Altenstein, Berlin, 1. Januar 1809 (eigh. Brief, i. gl. Fasz. Bl. 129).

Stein/Hardenberg

84

8. Januar 1809

28. Geheimer Staatsrat von Klewitz an Baron von Rehdiger Königsberg, 8. Januar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 14: Konzept eigh.

Bitte um Gutachten über die beste Einrichtung examinationskommission

der Gesetzkommission

und Ober-

»Ew. Hochwohlgeboren lebten seither dem Nachdenken über bessere Gesetzgebung und Staatseinrichtungen; ich sah interessante Resultate davon bei dem verehrten Manne 1 , dessen Verlust wir beide betrauern, und bitte hierin die Entschuldigung dafür zu finden, daß ich mit angelegentlichen Wünschen mich an Sie wende. Des Königs Majestät haben bei der neuen Geschäftsverteilung die Sektion der Gesetzgebung mir anzuvertrauen geruhet. So schwierig es sein wird, dem Ideal, welches dieser Sektion zum Grunde liegt, sich zu nähern, so glaube ich doch, meinem Könige und dem Gehorsam diesen Versuch schuldig zu sein, und unternehme ihn in Hoffnung auf die Hilfe von Männern, die mit ihrer Liebe für König und Vaterland tiefe Einsicht und Wissenschaft verbinden. E w . p. erraten nunmehr meine Wünsche: ich bitte um Ihr Gutachten über die beste Einrichtung der Gesetzkommission sowohl als der Oberexaminationskommission, die beide mir als Hauptbehörden zugeordnet sind. 2 Soweit ihre und der ganzen Sektion Bestimmung vorläufig feststeht, ist sie in der Anlage ausgesprochen; indes hat auch diese noch keine gesetzliche Kraft, so daß also Ew. p. dadurch ebensowenig in Ihren Vorschlägen gebunden sind, als ich mir diesen durch irgendeine Äußerung vorzugreifen erlaube. Noch einen Wunsch kann ich jedoch nicht unterdrücken. Des Herrn St[aats]m[inisters] vom Stein Exzellenz hofften, daß Sie an den Gesetzgebungsgeschäften teilnehmen würden; und ich freute mich schon damals hierüber, ohne noch mein näheres Interesse dabei zu ahnden. Erlauben Sie, daß ich jetzt um diese Teilnahme bitte. 3 Ich weiß wohl, daß der Reiz des wissenschaftlichen Lebens und Güterbesitz Sie abhalten könnten; aber jene Teilnahme selbst wird nur wissenschaftliche Wirksamkeit für Ihr Vaterland sein, und E w . haben vielleicht selbst die Gefälligkeit, mir das ansprechendste Verhältnis anzudeuten [. . .]« 1

Freiherr v o m Stein.

2

Siehe die A u f s ä t z e Rehdigers Nr. 29, 30, 31.

3

Die Ernennung Rehdigers zum Staatsrat bei der Gesetzgebungssektion erfolgte am 4. März 1809, siehe Nr. 44 A n m . 3. Zu weiteren Vorschlägen für die Benennung von Mitgliedern für die Gesetzkommission äußern sich auf Ersuchen von K l e w i t z am 13. Januar der Geh. Obertribunalsrat Klein, am 19. Januar der Geh. Obertribunalspräsident

von

Grolman und

am

20. Januar

1809 der Geh. R a t

Schmalz (sämtliche Schreiben in Rep. 77 Tit. 950 Nr. 5 B d . 1 Bl. 9, 1 1 , 12).

[Januar 1809]

85

29. »Einige Ideen über das Departement der allgemeinen Gesetzgebung und die Gesetzkommission« von Baron von Rehdiger undatiert [Januar 1809] Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 19: Konzept eigh.

»§ 1 Die Departementsabteilung der allgemeinen Gesetzgebung (zu welcher auch noch die militärische 1 und diplomatische 2 Gesetzgebung gerechnet werden möchte) besteht aus einem Vorsitzenden Geheimen Staatsrat 3 Staatsräten 2 Expedienten 3 2 Kanzlisten, wovon der eine zugleich Registrator ist, nebst den Referendarien, welche beim Staatsrat arbeiten. (Die 3 Staatsräte würden sich den Gesetzgebungsarbeiten ausschließend zu widmen haben, und jeder derselben würde in irgendeinem Zweig der Legislation vorzügliche Kenntnisse aufweisen müssen, der eine z. B. in der Staatswirtschaft und Polizei — der andre in der politischen Architektonik und den höhern Staatsverhältnissen — der dritte endlich im Zivil- und Kriminalrecht. Dieser letztre, bei dessen Wahl nach p. 4) der Verordnung vom 24. November wohl auch der Großkanzler konkurrieren möchte, könnte allenfalls auch statt Staatsrat Geheimer Justizrat heißen.) § 2 Unter dem Departement der allgemeinen Gesetzgebung steht zunächst die Gesetzkommission. Sie wird präsidiert von dem Geheimen Staatsrat der allgemeinen Gesetzgebung und enthält außer ihm die 3 vorerwähnten Staatsräte, 20 ordentliche Beisitzer und 15 ständische Repräsentanten, in allem also ohngefähr 39 Mitglieder. Mit ihr verbunden sind noch eine unbestimmte Anzahl von Ehrenmitgliedern und auswärtigen Mitgliedern sowohl des In- als Auslandes. Auch könnten vielleicht die Referendarien des Staatsrates hier ebenfalls mitarbeiten. Ordentliche Beisitzer würden solche sein, wie sie bisher in der Gesetzkommission stattfanden — nämlich Staatsbeamte von vorzüglichen Kenntnissen, die sich indessen dem Fache der Gesetzgebung nur als Nebensache bei andern Hauptbeschäftigungen gegen eine mäßige Besoldung 4 widmen. Unstreitig würde es unendlich mehr Geist und Leben in die Gesetzgebung bringen, wenn alle ihre Mitglieder das Gesetzgebungsfach als Hauptsache betreiben könnten. Dadurch würde indessen das Gesetzgebungsdepartement zu kostspielig werden und auch der Administration zu viele gute Köpfe entziehen. Bei der Wahl der ordentlichen Mitglieder müßte darauf gesehn werden, daß die verschiednen Fächer der Gesetzgebung mit Männern, die in ihnen exzellieren, möglichst gleich besetzt würden. Indessen müßten doch alle T

86

[Januar 1809]

für das Allgemeine und nicht für besondre Fächer berufen und bestallt sein. Übrigens frägt sich, ob nicht bei den künftigen häufigem Sessionen bisweilen die Gesetzgebungssachen mit der Hauptbeschäftigung in Widerstreit kommen könnte? Bisher soll monatlich ohngefähr nur eine Session stattgefunden haben. Uber die Wahl der Repräsentanten siehe den Anhang I. Was die auswärtigen Mitglieder betrifft, so erhalten sie gar keine Besoldung, sondern werden nur für die jedesmal bestellte und gelieferte Arbeit remuneriert. Es frägt sich, ob die auswärtigen Mitglieder bei ihrer zufälligen Anwesenheit in Berlin so wie die ordentlichen Beisitzer Sitz und Stimme in der Gesetzkommission haben sollen. Ehrenmitglieder sind solche anwesenden oder auch entfernten Mitglieder, die durch ihre Verhältnisse oder Stand eine höhere Auszeichnung als diejenigen der bloßen Associés verdienen. § 3 Die Gesetzkommission hält ihre Sitzungen unter dem Präsidio des Geheimen Staatsrates in einem Pleno ohne alle Abteilungen und so, daß alle Mitglieder — die Staatsräte, ordentliche Beisitzer und Repräsentanten — gleiche Rechte haben. (NB. Übelstand des Präsidii des Geheimen Staatsrates bei Prüfungen der Gesetzentwürfe, die seine Vorschläge sind.) Nach der Wichtigkeit der Sache werden 2, 3 bis 4 Referenten entweder von dem Geheimen Staatsrat als Präsidenten oder auch durch kollegialische Majorität ernannt. Letzteres ist zwar eine ungewöhnliche Form, würde aber, da auf die Wahl der Referenten so viel ankömmt, der Gesetzkommission einen höhern Anschein von Unabhängigkeit und Selbständigkeit gewähren. Unter den Re- und Korreferenten muß jedesmal wenigstens ein Repräsentant sein. Über wichtige Gesetzgebungssachen muß, ehe es zum Conclusum kömmt, wenigstens an drei verschiednen Tagen debattiert worden sein. Zwischen diese Debattentage noch einen Zwischenraum z. B. von acht Tagen gesetzlich zu machen scheint überflüssig zu sein, da sowohl die geringe Anzahl von Mitgliedern als auch ihre Komposition keinen allzu heftigen Ausbruch von Leidenschaft oder Parteibewegungen befürchten läßt. Wenn ich es — jedoch unmaßgeblich — für nachteilig halte, die Repräsentanten von den ordentlichen Beisitzern zu trennen und beide besondere Deputationen bilden zu lassen, so bestimmt mich dazu die Besorgnis, daß dadurch eine sich schon von selbst einfindende Opposition gleichsam organisiert und durch eine solche Absonderung höchst nachteilig werden möchte. Außerdem möchten wohl die Repräsentanten an Maß und Umfang von Kenntnissen (deren Ganzes wenigstens sicher lückenhaft sein würde) den ordentlichen Beisitzern bei weitem nachstehn. Diese Mängel würden sich in der Verschmelzung mit dem Ganzen verlieren, bei einer Absonderung nach Deputationen aber sehr hervorstechend erscheinen. § 4 Außer dem Plenum der Gesetzkommission gibt es nur einen zu besondern beratschlagenden Versammlungen berechtigten permanenten Ausschuß. Er

87

[Januar 1809]

besteht aus den mit Konkurrenz des Großkanzlers 5 zu ernennenden juristischen Mitgliedern der Gesetzkommission (deren es vielleicht 6—8 geben möchte) und versammelt sich unter dem Vorsitz desjenigen Staatsrates oder Geheimen Justizrates, der nach § 1 an der Spitze der juristischen Gesetzgebungspartie stehn soll. Von diesem Ausschuß ressortiert die Entscheidung der im Wege des Rechtsganges veranlaßten Interpretationsfragen, wenn anders ein solches jus interpretandi künftighin bei der Gesetzkommission noch stattfinden soll. (In der bisherigen Gesetzkommission hat, wie ich höre, die juristische Abteilung diese Fragen auch nur allein entschieden.) Vielleicht wäre diesem Ausschuß auch noch die einleitende Bearbeitung aller solcher prüfenden Gutachten zu überlassen, die das eigentliche Ziviloder Kriminalrecht oder die Prozeßordnung zum Gegenstand haben. § 5 Für das Gesetzgebungsdepartement incl. der Gesetzkommission gehört im Wege der Prüfung oder des Vorschlags dreierlei 1.) Gesetze 2.) neue allgemeine Einrichtungen 3.) größere Staatsoperationen.

Unter Gesetzen sind Vorschriften der höchsten Gewalt zu verstehn, insofern dadurch irgend etwas Wesentliches in den Sozialverhältnissen bestimmt und reguliert wird. Zur Rechtfertigung dieser Definition beziehe ich mich auf die Anmerkung 1 zu der Verordnung v. 24. Nov. [i8o]8. (NB Stand — Bezirk —) Neue allgemeine Einrichtungen sind allgemeine dauernde Maßregeln des Staats, wodurch die Verfassung seiner Administration wesentlich modifiziert wird. Größere Staatsoperationen — Unter diesen sind allgemeine Staatsmaßregeln zu verstehn, die — wie z. B. Anleihegeschäfte — zwar nur vorübergehend in die Verwaltung und Verfassung eingreifen, aber doch die wichtigsten Interessen der Nation berühren und mit der Nationalprosperität in wesentlicher Verbindung stehn. § 6 Der sämtliche Geschäftskreis des Gesetzgebungsdepartements incl. der Gesetzkommission konzentriert sich im wesentlichen auf zweierlei auf ein Vorschlags- und auf ein Prüfungsrecht. In beiden Fällen hat das Departement die Einleitung (zu welcher im Falle des Vorschlages auch noch der Gesetzentwurf gehört) und dagegen die Gesetzkommision die Prüfung und — was das Resultat davon sein muß — das abzugebende Gutachten. § 7 Was den zweiten Teil des Geschäftskreises, nämlich das Prüfungsrecht betrifft, so scheint mir folgendes der natürlichste Gang der Sachen zu sein, a) Jeder Minister oder Departementschef, der ein Gesetz, Reglement, Publikandum, Verordnung oder Gesetzerklärung emanieren lassen will, ist verbunden, dasselbe dem Gesetzgebungsdepartement nebst den darüber vorhandenen Akten einzuschicken, sobald er nur irgend glauben kann, daß in dem zu Erlassenden etwas vorkomme, das den Charakter eines Gesetzes habe oder als allgemeine neue Einrichtung oder als größere Staatsoperation angesehn werden könne.

88

[Januar 1809]

b) Der Geheime Staatsrat der Gesetzgebung entscheidet hierauf mit Zuziehung der § 3 erwähnten Staatsräte, ob das ihm Zugefertigte durchaus und in seinem Ganzen den Charakter des Gesetzes, der allgemeinen Einrichtung oder der großem Staatsoperation habe, oder ob ihm dieser Charakter zur zum Teil zukomme und inwieweit, oder ob er ihm ganz und gar ermangle. c) Im letztern Falle — wo das Zugefertigte bloße administrative Verfügungen enthält — remittiert der Geheime Staatsrat den ihm zugeschickten Entwurf unmittelbar an den Departementschef mit dem Bemerken, daß darin nichts in die eigentliche Gesetzgebungssphäre Einschlagendes enthalten und also über den Gegenstand weder Prüfung noch Gutachten der Gesetzkommission noch Vortrag im Staatsrate erforderlich sei. Im zweiten Falle — wo der Entwurf nur zum Teil in die Gesetzgebungssphäre einschlägt — bezeichnet der Geheime Staatsrat bloß die concernierenden Stellen und überschickt bloß diese der Gesetzkommission zur Prüfung und zum Gutachten. Alles übrige bleibt durchaus der Administrationswillkür des Departementschefs überlassen, denn auch dies außer der Gesetzgebungssphäre Liegende zur Kritik zu ziehn würde, wenn diese auch noch so treffend wäre, doch den Nachteil einer beständigen Zurechtweisung und Verengung der Administrationsselbständigkeit nicht aufwiegen können. Im ersten Falle wird der ganze Entwurf der Gesetzkommission zur Prüfung und zum Gutachten vorgelegt. d) Nachdem die Kommission ihn entweder ganz oder quoad passus concernentes geprüft und ihr Gutachten darüber abgegeben hat, wird letzters unverzüglich dem betreffenden Minister oder Departementschef zugefertigt. e) Dieser ist hierauf verbunden, die Sache jedesmal im Staatsrate zur Sprache zu bringen, daselbst seine Übereinstimmung oder seinen Widerspruch mit dem Gutachten auseinanderzusetzen und die Sache sofort der Entscheidung des Staatsrates zu überlassen. Nur in dem Fall, wenn er auf die Verwerfungsgründe des Gutachtens seinen Entwurf ganz zurücknimmt, ist natürlich weiter keine Anregung davon im Staatsrate zu machen. § 8 Was den ersten Teil des Gesetzgebungsdepartements, nämlich das Vorschlagsrecht betrifft, so hängt dessen Ausübung lediglich von dem Geheimen Staatsrate ab. Die Bemerkungen, die er den verschiednen Departements wegen neuer Einrichtungen, Staatsoperationen oder Gesetzen zukommen lassen will, entwirft er mit den ihm untergeordneten Staatsräten oder auch mit Zuziehung von Mitgliedern der Gesetzkommission, die er außerordentlich dazu beruft. (Jedem Mitgliede der Gesetzkommission steht es übrigens frei, seine Bemerkungen wegen neuer Gesetze oder Einrichtungen dem Geheimen Staatsrat zukommen zu lassen. Das Gebrauchmachen davon hängt indessen ganz von seiner Willkür ab.) Sind die Bemerkungen oder die Gesetzesvorschläge in dem Gesetzgebungs-

[Januar 1809]

89

departement einmal concludiert und redigiert worden, so sind sie sofort dem betreffenden Minister oder Departementschef mitzuteilen. Dieser kann die ihm zugefertigten Bemerkungen oder Entwürfe in keinem Falle stillschweigend beseitigen oder eigenmächtig ad acta legen lassen, sondern muß jedesmal im Staatsrate darüber Vortrag halten. Ist er gegen die ihm zugeschickten Bemerkungen und Entwürfe, so gibt es zweierlei Wege, um im Staatsrate auf ihre Verwerfung, und daß sie ihm nicht obtrudiert werden, anzutragen. a) Entweder er zeigt, daß der Vorschlag des Geheimen Staatsrates nach den Bestimmungen des § 5 ganz außer der Gesetzgebungssphäre liege und daß man seine Administrationsselbständigkeit unbefugt verringern wolle. {Uberzeugt sich der Staatsrat von dieser Ansicht der Sache, so wird er den Entwurf de facto ohne alle weitere Deliberation über das Materielle desselben als inkompetent in seinem Ursprung entfernen und verwerfen.) b) Oder eine solche Inkompetenz quoad der Form kann nicht nachgewiesen werden. (Alsdann muß der Minister oder Departementschef sich im Staatsrate auf die Materie des Entwurfes einlassen und durch daher resultierende Gründe auf die Entfernung des Entwurfes antragen.) In diesem Falle jedoch, wo nämlich der Minister oder Departementschef dem gemachten Vorschlage widerspricht, sowie auch in jenem, wo er vollkommen damit übereinverstanden ist, muß doch noch immer ein Gutachten der Gesetzkommission verlangt und dem Staatsrate vorgelegt werden. Nur in dem Falle, wo auf Verwerfung des Vorschlags wegen Inkompetenz im Staatsrat angetragen wird, ist die vorläufige Einforderung eines solchen Gutachtens nicht nötig. § 9 Es muß dem Geheimen Staatsrat der Gesetzgebung freistehn, die Data und Nachrichten, die er zum Zweck seiner Bemerkungen von den verschiednen Departements benötigt, auf dem kürzesten Wege einzuziehen. Er muß ohne Requisition der obern Behörden unmittelbar (rescribendo) von den Unterbehörden oder von einzelnen Mitgliedern derselben Nachrichten in der Art einziehen können, daß sie nicht erst durch das Medium der vorgesetzten Departements gehen dürfen. Auch müßte er vielleicht befugt sein, zur Vermeidung weitläuftiger Hinund Herkorrespondenzen von den concernierten Departements zu verlangen, daß sie ihm eigne Kommissarien ad conferendum deputieren. § 10 Die von dem Departement der Gesetzgebung eigentlich ressortierenden Sachen sind also 1. currente Sachen 2. Einleitung der eingeschickten Gesetzesvorschläge, Reglements etc. zur Prüfung und zum Gutachten der Gesetzkommission dadurch, daß bestimmt wird, ob der eingeschickte Entwurf ganz oder zum Teil oder ganz und gar nicht Gesetz sei. § 7. 3. Entwurf der Bemerkungen und Gesetzes Vorschläge, welche der Geheime Staatsrat der Gesetzgebung proprio motu andern Departements mitteilt. (Auf diesem Wege und unter dieser Rubrik würde das projektierte Polizeigesetzbuch in Gang zu bringen sein.)

[Januar 1809]



4. Oberaufsicht über die Oberexaminationskommission. 5. Vielleicht Redaktion eines Gesetzgebungsblattes, in dem sich Extrakte aus den Verhandlungen der Gesetzkommission befänden. — Ein solches Blatt scheint (da die Kommission keine öffentlichen Sitzungen hat) zur Rechtfertigung der Schritte und Verhandlungen der Kommission nötig zu sein, ohngeachtet der Einwand des Herrn Geheimen Staatsrats v.Klewitz, daß ein solches Blatt schädlich sein könnte, indem es als Kommentar gebraucht wird, sehr wahr und sehr erheblich ist. Das eigne Interesse des Departements und der Kommission möchte dabei doch wohl das Entscheidende sein. 6. Jährliches Aussetzen von Prämien auf die beste Beantwortung vorgelegter jedesmal interessanter Gesetzgebungsfragen a) jährlich ein Prämium von 100 Dukaten über ein bestimmtes Thema b) vielleicht noch 100 Dukaten auf das unbestimmt beste einlaufende Projekt. (Allerdings wäre indessen hiervon eine Überschwemmung von Projekten zu befürchten.)« 1

2

3

4 5

A m Rande von Rehdiger zugefügt: »z. B. Kriegsartikel, Avancementverordnungen, Konskriptionen«. Desgleichen: »Vorschriften, z. B. für Konsulate, Organisation des auswärtigen Departements selbst«. Desgleichen: »wäre nicht vielleicht ein Expedient hinlänglich, da man ja die Referendarien mit zum Expedieren gebrauchen könnte.« Verbessert statt ursprüngl.: »eine nötige Besoldung«. A m Rand von Rehdiger zugefügt: »nach der Verordnung vom 24. Nov. 1808 p. 41«, siehe die Bearbeitung in R M Stein III, Nr. 328, S. 1088 ff.

30. »Anmerkung, die Repräsentanten in der Gesetzkommission betreffend« von Baron von Rehdiger

undatiert [Januar 1809] Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 27: Konzept eigh.

»Unmittelbar vom König ernannte Repräsentanten (wie es in der Verordnung heißt)1 ist ein offenbarer Widerspruch. Wahrscheinlich ist nur gemeint, daß die Nation die Ernennung der Repräsentanten in der Regel haben solle, daß sich aber der König, weil noch keine Wahlform vorhanden, die ersten Ernennungen vorbehalte und gleichsam mandato populi vorläufig die Repräsentantenstellen besetzen wolle. Sollen indessen die Repräsentanten irgend ihren Zweck erreichen und die Arbeiten der Gesetzkommission ein Nationalvertrauen gewinnen helfen, so muß die Nation auch notwendig zu ihrer Ernennung konkurrieren, vornehmlich bei uns und in unseren Zeiten, wo das Vertrauen an so manchem gesunken ist.

[Januar 1809]

91

Übrigens glaube ich, daß die von mir selbst vorgeschlagenen Formen zur Wahl einer großen Nationalrepräsentation hier durchaus unbrauchbar sind. Denn sie sind von der Art, daß sie in der Monarchie wenigstens 2 bis 300000 Menschen in Bewegung setzen, mancherlei Operationen der obern Behörden nötig machen und Ideen aufregen würden, deren Erwachen unsere Zeiten gar nicht erlauben. Dies alles steht aber in gar keinen Verhältnissen mit einem Dutzend Repräsentanten, die in die Gesetzkommission eingemischt werden sollen. Meines Erachtens müßten daher die vorläufigen Formen zu ihrer Herbeischaffung die kurzmöglichsten sein. Ich submittiere dazu folgendes]: a) Die drei Residenzstädte Berlin, Breslau und Königsberg ernennen jede einen Repräsentanten. Die Wahl geschieht nach den Formen der Städteordnung, so wie die Magistratspersonen ernannt werden, ich glaube von den Stadtverordneten, und hat insofern gar keine Schwierigkeit oder Weitläufigkeit — weiterhin wäre ein Wahlturnus konkurrent mit den übrigen Städten festzusetzen. Durch diese städtische Repräsentation würde Handel, Fabrikationen und städtischer Grundbesitz gleichsam repräsentiert. b) Die Akademie der Wissenschaften ernennt einen Repräsentanten gleichsam als Stellvertreter des ganzen gelehrten Standes der Nation. c) In jedem der acht Kammerdepartements versammeln sich die größern Gutsbesitzer in jedem landrätlichen Kreise nach der Form der hergebrachten Kreistage. Auf dem Kreistage jedes Kreises wird ein Kandidat zur Repräsentantschaft in der Gesetzkommission ernannt, dieses gibt in jedem Kammerdepartement so viele Kandidaten, als dieses Kreise hat. Aus diesen Kandidaten ernennt der König einen zum Gesetzgebungsrepräsentanten für das Departement, und so entstehen auf diesem Wege 8 Repräsentanten für die größern Gutsbesitzer in den 8 Kammerdepartements. d) Sofort wäre nur noch eine Repräsentation für die kleinern Gutsbesitzer oder den angesessenen Bauernstand nötig. Da es aber für diesen gar keine hergebrachten Formen für staatsbürgerliche Zusammenkünfte gibt und auch die Frage, wie und in welchem Maße er zu einer Repräsentation beizutragen habe, unstreitig die schwierigste und verwickeltste ist, so möchte es wohl ratsam sein, ihn vorderhand noch als Bevormundeten von der Regierung anzusetzen und demzufolge den König die ihm gebührenden Repräsentanten ernennen zu lassen. Ich glaube, daß deren nach der Zahl der Provinzen oder Oberpräsidentschaften 3 genug sein möchten: einer für Schlesien der zweite für Pommern und die Marken der dritte für Ost- und Westpreußen und Litauen. Demnach ergeben sich von den Großstädten 3 Repr. Von dem gelehrten Stand durch die Akademie der Wissenschaften 1 Repr. Von den größern Gutsbesitzern nach den acht Kammerdepartements 8 Repr. Von den kleinern Gutsbesitzern oder dem Bauernstand nach den drei Provinzen 3 Repr. s.summarum

15 Repr.

92

[Januar 1809]

Weiterhin könnte diese bloß provisorische Wahlform in eine bessere, dauernde, gerade durch Zuziehung der erst gewählten Repräsentanten, und indem man vorzüglich ihre Meinung darüber beachtete, verwandelt werden. Man kann von den wählenden Städten oder Departements gerade nicht verlangen, daß diese Stadt einen Finanzier, jene einen im Polizeifach Erfahrenen usw. ernennen solle, denn das würde ihre Wahlfreiheit unstreitig zu sehr genieren, aber das kann man ihnen wohl unbezweifelt zur Pflicht machen, daß sie dem gewählten Kandidaten das Prädikat eines gewissen Gesetzgebungsfaches beilegen, in dem er vorzüglich erfahren sein soll und das der Kandidat nur annehmen soll, indem er sich zu diesem Prädikat wirklich bekennt, conf.: abgeänderter Entwurf der Repräsentation § 13. Das Eindringen von bloßen Schreiern und Parteischwätzern würde dadurch einigermaßen erschwert. Vielleicht könnte die Wahlform auch eingerichtet werden nach der Analogie derjenigen, wodurch die Repräsentanten in die Kammern kommen.« 1

Siehe R M Stein I I I in der Verordnung vom 24. Nov. 1808 die betreffende Passage S. 1 1 1 5 , desgl. im Publikandum vom 16. Dez. 1808 S. 1 1 5 6 .

31. Bemerkungen des Barons von Rehdiger zur »Oberexaminationskommission« undatiert [Januar 1809] Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 29: Konzept eigh.

»Jede Prüfung der Staatsbeamten soll zu einem Urteil führen über das Verhältnis der Anlagen und der Bildung zu den verschiednen Wirkungskreisen im Staate. Insofern nun das eine Glied des Verhältnisses zur Oberaufsicht der Prüfung das Departement des Unterrichts und das andre dasjenige bezeichnet, in welchem sich die mehreste Vielseitigkeit des politischen Wissens zusammendrängen soll, ist die Idee, die Oberexaminationsbehörde unter die Konkurrenz der Geheimen Staatsräte des Unterrichts und der Gesetzgebung zu stellen, allerdings als sehr glücklich anzusehen. Vielleicht möchten vor dem Entwurf eines Planes über die Oberexaminationskommission noch zweierlei Gutachten eingeholt werden: 1. Eins von dem Unterrichtsdepartement: über die beste Methode im allgemeinen, die höhern Staatsbeamten zu examinieren. 2. Ein Gutachten besonders von den verschiednen Departements: in welchen Fächern und in welcher Art die bei ihnen resp. Anzustellenden zu prüfen seien.

g. Januar 1809

93

Schwierigkeit, die Militärprüfungen mit der Oberexaminationskommission zu verbinden, weil es da nicht bloß auf Wissen, sondern auch auf Charakter und körperliche Eigenschaften ankomme.«

32. Assessor David Friedlaender an den [Geheimen Staatsrat von Klewitz] Berlin, 9. Januar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 19: eigh. Brief.

Anfrage wegen der Möglichkeiten einer Regulierung der Verhältnisse der Judenschaft »Mit mehreren Freunden von hellem Kopf und reinen Sitten habe ich mich vereinigt, und wir haben gemeinschaftlich die Stellen als Älteste der hiesigen Judenschaft übernommen, zu welchen uns die freiwillige Wahl unserer Glaubensgenossen berufen hat. — So wie ich die Ehre habe, Ew. Hochwohlgeb. hohe Einsichten und wohlwollende Gesinnungen zu kennen, wird Ihnen diese Nachricht nicht gleichgültig sein. Wir haben die Absicht, dem Staat zu dienen und unsrer Gemeinde nützlich zu sein, und ich kann mit Zuversicht versichern: daß gegenwärtig, wenn jemals, alle Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt werden können, welche uns als weniger brauchbare Untertanen haben erscheinen lassen. Um so wichtiger ist es für uns, daß im Staatsrat keine allgemeinen Grundsätze aufgestellt werden, die unsre Absichten hindern könnten, und deswegen erkühne ich mich, Ew. Hochwohlgeb. weisen Rat mir zu erbitten. Es soll kein Schritt ohne Dero Leitung geschehen. Selbst an den Minister des Innern, der mich persönlich kennt, wollt' ich mich nicht, wenn auch nur vorläufig, wenden, ohne dazu einen aufmunternden Wink zu erhalten. — Ew. Hochwohlgeb. verehren wir als einen der Wiedererbauer des Staats. — Pflicht und Klugheit raten mir also, keinen Vorschlag zu tun: wie die Ruine zum allgemeinen Bau nützlich verwendet werden könne, der nicht die Beistimmung des Baumeisters hat. — Ich bedarf nicht hinzuzusetzen, wie angenehm mir ein paar Worte von Ew. Hochwohlgeb. sein werden, so wie ich glauben darf, daß meine Diskretion mit Recht vorausgesetzt wird. Ew. Hochwöhlgeb. kennen meine Verehrung und meine treue Anhänglichkeit an alles, was Sie umgibt. — Erhalten Sie mir Ihr geneigtes Andenken und bewahren Sie mir's auch bei Ihrer würdigen und edlen Gemahlin. Herzlich freue ich mich, daß doch endlich der Zeitpunkt herannahet, wo ich Sie und die werten Ihrigen sehen und mündlich meine Hochachtung und Dienstbeflissenheit werde versichern können.«1 1

Weiteren Schriftwechsel siehe Nr. 39.

io. Januar 1809

94

33. Minister Graf zu Dohna an den Geheimen Staatsrat von Klewitz Königsberg,

10.

Januar

1809*

Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 6 Bl. 8: Ausf., gez. Dohna.

Übersendung von Aufsätzen des Staatsrats Friese zur Verwendung für eine Revision der Polizeigesetze

»Die von Ew. Hochwohlgeboren in dem vorletzten Pleno gemachte Äußerung, daß Sie eine Revision der Polizeigesetze einzuleiten beabsichten, veranlaßt mich, Ihnen einen Auszug aus dem von dem Staatsrat Friese über die früher eingeleitete neue Ressorteinrichtung in Westpreußen am 9. September v. J. erstatteten kommissarischen Berichte 2 nebst einem von demselben über die gerichtliche Einmischung in Polizeimaßregeln übergebenen Aufsatz 3 , letztern unter Bitte um Rückgabe, anliegend mitzuteilen. Es sind darin bereits mehrere Ideen und Vorschläge in Beziehung auf die von Ew. Hochwohlgeboren beabsichtete ebenso notwendige als wohltätige Operation geäußert, und ich überlasse Ihnen, ob und inwieweit Sie davon zu jenem Zwecke Gebrauch machen können.«4 Das Aktenstück trägt, auf eine Unachtsamkeit des Schreibers zurückzuführen, die Jahreszahl 1808. Als Beweis für die richtige Umdatierung gilt der Eingangsvermerk von Klewitz: »Pr. 13. Jan. 1809.« 2 Extrakt i. gl. Fasz. Bl. 9. 3 Siehe Nr. 34. * Auf gleichem Blatt folgt das eigh. Antwortkonzept von Klewitz, datiert Königsberg, 18. Februar 1809. Darin dankt er für die Aufsätze Frieses, die für die Revision der Polizeigesetze »mehrere sehr schätzbare Ideen und Vorschläge enthalten«. 1

34. Aufsatz des Staatsrats Friese Königsberg, undatiert

[10.

Januar

1809]1

Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 6 B l . 1 2 : Abschrift.

»Über die Frage, inwieweit gegen Verfügungen und Maßregeln der pp. Kammern der Weg rechtens zugelassen werden könne, mit besonderer Rücksicht auf das Ostpreußische Ressortreglement vom 2 1 . Juni [ I 8 O ] 4 beurteilt« Einleitend wird ausführlich nachgewiesen, daß das Ostpreußische Reglement, »ungeachtet seiner Vorzüge vor älteren Ressortreglements, dennoch in betreff der obigen Frage, welche in den beiden §§ 8 und 9 desselben verhandelt wird, sehr wesentliche Mängel« hat. Bei Untersuchung der Ursachen für die Schwierigkeit einer klaren Festlegung kommt Friese zu folgenden prinzipiellen Ausführungen :

lo. Januar 1809

95

»Ein Grund, weshalb es so schwierig ist, die Frage genau zu bestimmen: inwieweit eine richterliche Kognition über polizeiliche Verfügungen nachgegeben werden könne, liegt zunächst darin, daß das Gesetz den Begriff der Polizeigerichtsbarkeit enger angibt, als in dieser Hinsicht der Würkungskreis der p. Kammern nach der Landesverfassung würklich ist: Das Allgemeine Landrecht bestimmt T. 2 Tit. 17 § 10 das Amt der Polizei dahin: die nötigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung und zur Abwendung der dem Publico oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen. Allein der Würkungskreis der p. Kammern, welchen sie in polizeilicher Beziehung nach der Landesverfassung haben, geht weiter, und diese Verfassung muß doch zum Grunde gelegt werden, wenn man eine richtige Grenzlinie der richterlichen Kognition über die Ausübung ihres polizeilichen Amts ziehen will. Weder die öffentliche Ruhe, Sicherheit oder Ordnung leidet darunter, noch wird dadurch von jemandem eine ihm bevorstehende Gefahr abgewendet, ob in einer Stadt 15 oder 20 Schuster, in einer Gegend 5 oder 8 Mühlen existieren. Gleichwohl wird es ein jeder eine polizeiliche Maßregel nennen, wenn die Kammer die Verfügung trifft, daß in einer Stadt, wo bisher nur 15 Schuster waren, mehrere angesetzt werden, oder wenn sie jemandem die Erlaubnis zur Anlegung einer neuen Mühle erteilt. Man kann höchstens sagen, es sei dadurch dem Publikum mehr Erleichterung geschafft, es sei ihm durch die vermehrte Konkurrenz der Verfertiger mehr Gelegenheit zu Erlangung einer besseren und wohlfeileren Ware gegeben, also ein Nachteil von ihm abgewendet worden. Aber Gefahr, wie das Gesetz verlangt, kann man es noch nicht nennen, und ebenso würde man der Interpretation Gewalt antun, wenn man eine solche Maßregel unter die Kategorie von Erhaltung der öffentlichen Ordnung bringen wollte. Das Allgemeine Landrecht bestimmt ferner das Amt der Polizei nur negativ. Sie soll bloß zu erhalten suchen, was schon da ist; sie soll bloß abwenden, was die öffentliche Ruhe, Sicherheit und Ordnung verletzen und jemandem Gefahr bringen könnte. Allein die Polizeiverwaltung der p. Kammern hat auch eine positive Seite. Es ist nicht genug, wenn sie bloß erhalten, sondern sie sollen auch mehren und fördern. Nicht bloß das, was Nachteil und Gefahr abhält, sondern auch das, was direkten Nutzen schafft und das gemeine Beste vermehrt, gehört in das Gebiet ihres Würkens. Selbst das Allgemeine Landrecht verweiset auf die positive Seite, obgleich es ihrer bei Definierung des polizeilichen Amts nicht erwähnt. Es setzt T. 1 Tit. 8 § 29 fest, daß nicht bloß wegen Abwendung eines Schadens von dem Staat und seinen einzelnen Bürgern, sondern auch „wegen Erlangung eines Vorteils" das Privateigentum eingeschränkt werden könne; es erlaubt gleich darauf im § 33, die Zerstörung einer Sache zu untersagen, wenn deren Erhaltung auf „Beförderung" des gemeinen Wohls von Einfluß sei, und damit stimmt gleichfalls der § 74 in der Einleitung über ein. Man wird vielleicht sagen, die positive Seite gehöre nicht zur Polizei, sondern zur Staats Wirtschaft. Allein die Staatswirtschaft dehnt sich sowohl über das

96

io. Januar 1809

Finanz- als über das Polizeiwesen aus und ist mit beiden auf das engste verwandt. Insoweit eine zweckmäßige und richtige Verwaltung der Domänen und Finanzen gleichfalls zur Vermehrung des gesamten Nationaleinkommens beiträgt, insofern ist Staatswirtschaft die Grundlage der Finanzverwaltung. Insofern aber eine auf Vermehrung des Nationaleinkommens und das allgemeine Wohlbefinden abzweckende Leitung der Tätigkeit und Kräfte der einzelnen Staatsbürger das gemeine Wohl befördert und dadurch zugleich ein Mittel wird, den Schaden und Nachteil abzuwenden, welcher dem gemeinen Wesen aus der unterlassenen Vorsorge darüber erwachsen sein würde, insofern mischt sich die Staatswirtschaft auch in die polizeiliche Verwaltung. Eine genaue wissenschaftliche Abgrenzung der Staatswirtschaft von der Polizei hat überdem auf die Bestimmung der in Rede stehenden Frage durchaus keinen Einfluß. Daß die Funktion der p. Kammern dahin gehe, nicht bloß negativ, sondern auch positiv zum gemeinen Besten zu würken, kann und wird an sich niemand bestreiten, und wollte man daher bei ihnen noch eine dritte Eigenschaft, nämlich die als staatswirtschaftliche Behörde annehmen, so würde alsdann dieselbe Frage entstehen: inwieweit nämlich gegen ihre Verfügungen, welche sie in dieser Eigenschaft erlassen, der Weg rechtens nachgegeben werden könne, deren Beantwortung gewiß ebenso schwierig sein möchte, als bei der ihnen übertragenen Polizeigerichtsbarkeit, auch wenn man diese auf den in dem Allgemeinen Landrecht darüber aufgestellten Begriff beschränken will. Es scheint mir daher am einfachsten und deutlichsten zu sein, bei dem vorher angeführten Unterscheidungszeichen allein stehenzubleiben, ob nämlich die Verfügung der p. Kammern bloß die Wahrnehmung des Privatinteresses oder die Vermögensverwaltung des Fiskus oder einer andern ihnen untergeordneten moralischen Person betrifft, oder ob derselben die Vorsorge für das allgemeine öffentliche Interesse zum Grunde liegt. In dem letztern Fall würde ich durchweg eine jede Anordnung eine polizeiliche Maßregel nennen, gleichviel, ob sie eine negative oder positive Tendenz hat, ob sie bloß Erhaltung und Abwendung oder auch Förderung und Vermehrung beabzweckt. Der Charakter dieser Abzeichnung springt zu sehr in die Augen, als daß in der Anwendung ein Fall vorkommen könnte, bei welchem es zweifelhaft sein würde, ob er in die erste oder letzte Kategorie gehöre. Indessen leuchtet es ein, daß schon dadurch, daß das Gesetz den Begriff der Polizeigerichtsbarkeit enger begrenzt, als nach der Landesverfassung der Würkungskreis der mit Verwaltung derselben beliehenen Behörden würklich bestimmt ist, die Lage derselben äußerst prekär sein würde, sobald man gegen jede ihrer polizeilichen Anordnungen den Weg rechtens ohne weitere Einschränkung nachlassen wollte. Noch mehr würde sie aber solches werden, wenn man auch die Beurteilung der von der Polizei zu Erreichung ihres Amtes erwählten Mittel uneingeschränkt der richterlichen Kognition unterwerfen wollte, da, wie ich schon vorhin erwähnt habe, die Form des Verfahrens bei Ausübung der Polizeigewalt gar zu wenig bestimmt und in dieser Hinsicht so sehr vieles dem pflichtmäßigen Ermessen der Polizeibehörden überlassen ist. Obgleich ich glaube, daß in Beziehung dessen schon ungleich mehr hätte geschehen können, als bis jetzt würklich geschehen ist — der Menge von Polizeiverordnungen und Publicanda, Reglements

io. Januar 1809

97

und Instruktionen, welche wir haben, ohnerachtet —; so liegt es dennoch in der Natur der Sache, daß über die Verfahrungsart der Polizei unmöglich so genaue und bestimmte Vorschriften erteilt werden können als in Ansehung der der Justiz, und gleichwohl hat man es auch bei dieser noch nicht einmal erreichen können, die Sache auf einen ganz festen Fuß zu bringen, wie jeder Jahrgang der Ediktensammlung solches darlegt. Der Gesichtskreis der Justiz, als richterliches Amt betrachtet, hat seine festen und bestimmten Grenzen. Sie setzt der Regel nach eine schon begangene Handlung oder ein sonst existierendes Ereignis zum voraus. Ihre Beurteilung dabei ist darauf beschränkt: ob Rechte oder Verbindlichkeiten daraus entspringen, abgeändert werden oder verlorengehen, oder: inwiefern der Handelnde sich nach den Gesetzen straffällig gemacht habe. Nur insofern, als sie in beiderlei Rücksicht über die Befolgung der Gesetze wacht, würkt sie auf die Zukunft. Sie hat es der Regel nach nur mit dem Menschen allein oder solchen Dingen, denen eine subjektive Eigenschaft ausdrücklich beigelegt worden, — (moralische Personen) — zu tun. Sie betrachtet das Individuum nur im Verhältnis gegen ein anderes einzelnes Subjekt; das Verhältnis des Einzelnen gegen das Ganze und den Staat kommt bloß bei Ausübung ihres Strafamtes zur Sprache. Weiter geht ihr [!] der Staat als solcher nichts an. Ereignisse, Anordnungen und Konjunkturen in auswärtigen Staaten sind gänzlich außer ihrem Gebiet. Einen ihr angehörigen Fall richtet sie nur nach bestehenden Gesetzen; neue Vorschriften zu geben ist nicht ihres Amts. Das ausgedehntere Feld, welches unserer Verfassung nach die Justizbehörden gewöhnlich haben, gehört — wie ich wohl nicht erst 2 bemerken darf — nicht zum Wesen der Justiz, sondern ist gleichfalls schon ein Ausfluß der Landeshoheits- und Polizeigewalt. Aber auch dies größere Feld beschränkt sich doch nur auf die Handlungen des Menschen, seine Rechte und Verbindlichkeiten, auf sein diesfälliges Verhältnis gegen ein anderes Individuum oder höchstens nur gegen unsern Staat allein. Die Tendenz der Polizei geht hingegen mehr auf die Zukunft als die Vergangenheit. Der Justiz ist der Fall schon gegeben, die Polizei muß ihn gewöhnlich sich aufsuchen oder gar vorhersehn. Das ganze Gebiet der Möglichkeit bei den Handlungen der Menschen gehört zu ihrem Geschäftskreise. Sie soll nicht sowohl Vergehungen richten und strafen als vielmehr ihnen vorbeugen und sie in der Geburt ersticken. Ihr ist es ganz gleich, wer von beiden Teilen die 1000 rt., um welche ein Prozeß schwebt, erhält, und ob der, welcher Unrecht getan, zu zwei oder drei Jahr Festung verurteilt wird; ihr liegt nur daran, daß Recht und Gerechtigkeit überhaupt gepflegt und ein jedes Vergehen nach seiner Verschuldung geahndet werde. Der Mensch und sein Wohlbefinden ist zwar gleichfalls das höchste Ziel ihres Strebens; allein nicht bloß er oder seine Handlungen, sondern die ganze physische Natur sind in dieser Hinsicht ihrer Aufmerksamkeit unterworfen. Es gibt keine Sache in der Schöpfung, woran menschliche Tätigkeit sich äußern kann, welche nicht einen mehr oder minderen Einfluß auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen hätte, wenn auch nicht immer absolut, so doch hypothetisch durch das Zusammentreffen anderer Umstände oder durch die Art und Weise, wie sie gebraucht und ange-

9

8

io. Januar 1809

wendet wird. Die tiefsten Verborgenheiten der Erde, selbst Luft und Wetter und jede Naturerscheinung liegen insoweit nicht außer den Grenzen ihrer Beobachtung. Sie hat es mit dem Menschen zwar auch in seinem Verhältnisse zu einem einzelnen Individuo, mehr aber doch in seiner Beziehung auf die Gesamtheit der Staatsbürger zu tun. Weniger die Rücksicht des einzelnen als der Einfluß auf das Allgemeine und den ganzen Staat muß ihre Anordnungen regeln und bestimmen. Auch das politische Verhältnis des Staats darf von ihr nicht unbeachtet bleiben. Was zur Kriegszeit nützlich und notwendig ist, kann im Frieden überflüssig und schädlich sein. Insofern Ereignisse, Anordnungen und Konjunkturen in auswärtigen Ländern unseren Staatsbürgern Vorteile oder Schaden erwecken, auf ihre Freiheit, ihr Vermögen, Verkehr und Gewerbe Einfluß haben können, insofern muß die Polizei sie gleichfalls berücksichtigen. Die Justiz hat jedesmal einen festen Punkt, an welchen sich ihre Beurteilung anschließt, nämlich das Gesetz. Sie hat daher eine gewisse, absolute, keinem Zufall unterworfene Seite, wornach sie ihre Operationen abmessen kann. Allein die Polizei kann ihrem Wesen nach keinen so festen Punkt haben. Lokalität, Zeitumstände und zufällige Ereignisse haben den entschiedensten Einfluß auf die Bestimmung ihrer Maßregeln. Je nachdem jene verschieden sind und sich abändern, je nachdem müssen auch diese verschieden sein und sich verändern. In eben dem Grade, als eine polizeiliche Verfügung an einem Ort notwendig und nutzbar sein kann, kann sie es an einem andern überflüssig oder schädlich sein, und eine Anordnung, welche heute notwendig wird, kann es in einigen Tagen nicht mehr sein. Also objektivisch sowohl als subjektivisch betrachtet, ist es nicht möglich, die Verfahrungsart der Polizei bei Verwaltung ihres Amts so genau zu regeln. Bei der unabsehbaren Masse von Abänderungen und zufälligen Ereignissen, welche Natur und menschliche Tätigkeit hervorbringen können, werden immei Fälle übrigbleiben, in denen die Polizei bei ihren Operationen keine Vorschrift vor sich hat, sondern wo sie ganz nach ihrer eigenen Einsicht handeln oder auf der Stelle gar selbst Vorschriften geben muß, und insofern ist ein gewisser Grad von gesetzgebender Macht unzertrennbar von der Polizeiverwaltung, wie das Allgemeine Landrecht in Beziehung auf die pp. Kammern durch die Disposition in § 425 Tit. 8 T. 2 sogar selbst anerkennt. Der Richter kann gleichwohl nur nach den bestehenden Gesetzen erkennen. Alles, was darin nicht verboten ist, muß er für erlaubt halten. Allein in sehr vielen Fällen muß die Polizei auch erlaubte Handlungen einschränken oder etwas zu tun befehlen, wozu die Gesetze keine Zwangsverbindlichkeiten festgesetzt haben. Und hat es wohl ja schon eine polizeiliche Maßregel gegeben, die bei dem steten Entgegenstreben des Privatinteresses gegen das allgemeine Beste nicht ihre Tadler gefunden hätte? Sollte es nun einem jeden, der öfters bloß aus Mangel an Einsicht, öfters aber auch aus Eigensinn oder bösem Willen sein Privatinteresse oder seine bürgerliche Freiheit, zu handeln, durch eine solche polizeiliche Verfügung, welche keine besondere gesetzliche Sanktion vor sich hat, gekränkt glaubt, uneingeschränkt freistehen, auf richterliche Entscheidung darüber anzutragen, so würc)e sie in jedem Fall umgeworfen werden, weil der Richter darauf nicht erkennen kann, da sie kein Gesetz vor sich hat. In einem solchen Fall würden die Operationen der Polizei jedesmal vereitelt werden.

io. Januar 1809

99

Man wird vielleicht einwenden, die Polizei kann sich über die Gründe ihres Verfahrens jedesmal vor dem Richter vollständig rechtfertigen, und man muß es diesem nach der ihm gleichfalls obliegenden Verbindlichkeit, zum öffentlichen Wohl beizutragen, zutrauen, daß er ebensogut das allgemeine Beste berücksichtigen und nicht ohne Grund die von der Polizei getroffenen Anordnungen aufheben oder einschränken werde. Allein einmal kann es bei der so großen Verschiedenheit der menschlichen Ansichten und Meinungen, Fähigkeiten und Kenntnisse nicht fehlen, daß der Richter eine andere Maßregel für den konkreten Fall zweckmäßiger findet, als welche von der Polizei getroffen ist, folglich diese über den Haufen wirft, obgleich dabei der Polizei kein Vorwurf einer Übereilung oder zu sorglosen Prüfung gemacht werden kann und obgleich es dadurch noch gar nicht ausgemacht ist, daß die Maßregel, welche der Richter seiner Ansicht nach für zweckmäßiger hält, es auch würklich sei. Zweitens würde es die Polizeioffizianten mutlos und in ihren Dienstverrichtungen furchtsam machen, wenn sie sich über jeden einzelnen A k t derselben vor Gericht stellen müßten. Es würde ferner dadurch eine unversiegbare Quelle zu Reibungen und Streitigkeiten zwischen den Polizei- und Justizbedienten, zumal in den kleinen Städten, wo die Justizbehörde gewöhnlich nur aus einem Subjekt besteht, organisiert werden; das polizeiliche Amt durchaus alle Selbständigkeit verlieren, die ihm so notwendig ist, und im Grunde der Justiz ganz untergeordnet werden, obgleich diese ein Ausfluß der Polizeigewalt ist. Drittens kann es auch Fälle geben, wo die polizeiliche Maßregel geradezu ihren Zweck verfehlen würde, wenn die Gründe, welche dazu motiviert haben, ins Publikum kommen, wie bei einer förmlichen richterlichen Erörterung unvermeidbar ist, und wollte Gott! die Justiz würde nie anders als öffentlich gepflegt. Die bisherige Betrachtung ergibt es, wie ich glaube, zur Genüge, wie notwendig es sei, das Ostpreußische Ressortreglement in Ansehung der in Rede stehenden Frage näher zu bestimmen. Der Gesichtspunkt, welchen man dabei nur zum Grunde legen kann, ist sehr leicht angegeben. Es kann kein anderer sein, als daß auf der einen Seite durch die Einmischung des Richters die Würksamkeit der Polizei nicht beengt und ihre dazu durchaus notwendige Selbständigkeit nicht zu sehr geschwächt werde, auf der andern Seite aber auch jedes Individuum gegen Willkür möglichst gesichert sei und in dem Genuß seiner bürgerlichen Freiheit und Gerechtsame nicht weiter eingeschränkt werden könne, als das gemeine Wohl solches erheischt. Allein, welches ist nun die Grenzscheide hierbei zwischen Willkür und Notwendigkeit oder doch wenigstens Nutzbarkeit? — und woran kann man es unbezweifelt erkennen, daß das gemeine Beste die Polizei Verfügung auch würklich erfordere? — Ein allgemeines Unterscheidungszeichen, welches in jedem Fall zuträfe, gibt es meiner Uberzeugung nach hierüber nicht. Bei einer jeden polizeilichen Verfügung lassen sich zwar drei Rücksichten unterscheiden : A. ihre Rechtlichkeit, ob das Individuum die Verpflichtung habe, sich der8

Stein/Hardenberg

100

io. Januar 1809

selben zu unterwerfen, oder, insofern nicht mehr res integra vorhanden ist, was für ein weiteres Interesse ihm dagegen zustehe, B. ihre Notwendigkeit, ob das allgemeine Beste die in der Verfügung liegende Beschränkung auch würklich notwendig mache und davon Nutzen habe, C. ihre Zweckmäßigkeit, ob die in der Verfügung gewählten Mittel auch hinreichend sind, den vorgesetzten Zweck zu erreichen, oder ob nicht durch andere Mittel derselbe Zweck mit einer minderen Beschränkung des Individuums erreicht werden könne. Man würde indessen die Grenzlinie wegen Einmischung der Justiz nicht richtig ziehen, wenn man sie dahin bestimmte: Sie prüfe und entscheide die Rechtlichkeit, die p. Kammer hingegen die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Maßregel. Durch diesen Grundsatz würde der p. Kammer in einem Betracht zu viel, in dem andern zu wenig eingeräumt werden. In sehr vielen Fällen läßt sich die Beurteilung der Rechtlichkeit von der ihrer Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit nicht trennen, und die Verbindlichkeit des Individui, sich derselben zu unterwerfen, hängt häufig nur allein davon ab, daß die Verfügung notwendig und zweckmäßig sei, da jeder Staatsbürger schon die allgemeine Verpflichtung hat, das Wohl und die Sicherheit des gemeinen Wesens nach Verhältnis seines Standes und Vermögens zu unterstützen, und einzelne Rechte und Vorteile den Pflichten des gemeinschaftlichen Wohls bei einem sich ereignenden Kollisionsfall nachstehen müssen. Allgemeines Landrecht Einleitung § 73 und § 74. Gemeinhin hängt die Beurteilung der Rechtlichkeit von der ihrer Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit in solchen Fällen ab, worin die Gesetze eine Handlung unbestimmt gelassen haben oder wo nur durch das Eintreffen gewisser Umstände — (hypothetisch) — eine Beschränkung der bürgerlichen Freiheit notwendig wird. Dieses sind aber gerade diejenigen, wo der Regel nach die Polizei bloß nach ihrem pflichtmäßigen Ermessen handeln kann und für welche, wie ich vorher ausgeführt zu haben glaube, es am nötigsten ist, ihr eine selbständige Funktion zu sichern. Dasjenige, was unter jeden Umständen — (absolut) — dem gemeinen Wohl schadet oder Nutzen bringt, haben die Gesetze selbst schon ausdrücklich untersagt oder geboten, und in den hierher gehörigen Fällen kann es wohl niemals zweifelhaft sein, was die Polizei zu tun habe. Auf der andern Seite würde man aber wieder zu weit gehen, wenn man die Bestimmung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer polizeilichen Verfügung unbedingt der Kameralbehörde beilegen wollte. In allen denjenigen Fällen, wo davon die Bestimmung ihrer Rechtlichkeit abhängt, würde sich die richterliche Einmischung alsdann nur darauf beschränken, was unter vorausgesetzter Verbindlichkeit, sich der Maßregel zu unterwerfen, für weitere Rechte dem klagenden Individuo zustehen können, also nur auf die Beurteilung seines Interesses oder Schadenersatzes. In diesen Fällen wäre es also dem Individuo benommen, auch in Hinsicht der ihm durch die Polizeiverfügung auferlegten Verbindlichkeit an sich auf richterliche Remedur anzutragen, und gleichwohl kann ihm häufig mehr daran liegen, von der Verbindlichkeit selbst frei zu kommen, als entschädigt zu werden. Er würde vielleicht gern allen Schadenersatz fahren lassen und noch dazuzahlen, wenn er jenes erlangte.

io. Januar 1809

101

Der vorbemerkte Grundsatz muß daher notwendig noch näher bestimmt werden, ob er gleich immer die Hauptbasis bleibt, nach welcher man die Grenzlinie über die Zulässigkeit rechtlicher Klagen gegen polizeiliche Anordnungen nur abmessen kann. Die nähere Bestimmung hierüber läßt sich meiner Überzeugung nach auch nicht anders treffen, als wenn man auf die Hauptbestandteile zurückgeht, die einer jeden Rechtsklage wesentlich sind, und darnach die Sache in ihrem Ursprünge analysiert. Diese Bestandteile sind nun a. der Antrag und b. das Fundament der Klage. Jener konstituiert gleichsam den Berührungspunkt, durch welchen das Interesse des Individui mit der polizeilichen Anordnung in Kollision kommt. Dieses gibt den Maßstab ab, um die Rechtmäßigkeit der Klage zu beurteilen. Der Klageantrag wider die polizeiliche Maßregel kann nur darauf gerichtet werden, daß entweder selbige ganz oder zum Teil aufgehoben werde, also gegen die Verbindlichkeit, derselben sich zu unterwerfen, oder er betrifft das weitere Interesse unter vorausgesetzter Fortdauer der Polizeiverfügung, also den Schadensersatz, oder endlich beides zugleich. Der letzte Fall reguliert sich indessen nach dem, was bei den ersten beiden Alternativen festgesetzt werden wird, von selbst. Der Grund der Klage kann hingegen entweder nur darin bestehen, daß jemand die polizeiliche Verfügung des allgemeinen Besten wegen nicht für notwendig oder zweckmäßig hält, oder er führt außerdem noch ein besonderes Rechtsfundament an. Im ersten Fall liegt der Klage jedesmal das Prinzip zum Grunde, daß ohne Not durch die Polizeiverfügung eine nach dem Gesetz nicht eingeschränkte Handlung beschränkt werde, also das Prinzip der allgemeinen bürgerlichen Freiheit und des freien Genusses seines Eigentums. In dem letzteren Fall kann es um das besondere Fundament entweder in einer ausdrücklichen gesetzlichen Disposition beruhen oder in einem andern speziellen Rechtstitel, vermöge dessen jemand das der durch die Polizeiverfügung festgesetzte Verbindlichkeit gegenüberstehende Recht ausdrücklich erworben haben will. Die verschiedenen Quellen, aus welchen rechtliche Klagen entspringen können, zerfallen in dem vorliegenden Fall daher eigentlich in drei Hauptkategorien: A. ausdrücklich gesetzliche Disposition B. spezieller Rechtstitul C. die allgemeine Befugnis eines jeden Staatsbürgers, insoweit über sein Eigentum und seine Handlungen nach Gefallen zu verfügen, als solches die Gesetze nicht beschränkt und darüber etwas ver- oder geboten haben. 8*

10. Januar 1809

102

Diese drei Kategorien geben nur mit Rücksicht auf den Klageantrag den Maßstab zur Entscheidung der vorliegenden Frage ab. A. Bei der ersten Kategorie kann es wohl gar nicht zweifelhaft sein, ob und wie weit der Weg rechtens gestattet werden könne. Unverletzbarkeit der Gesetze ist die erste und heiligste Garantie, welche jedes Individuum rücksichts der öffentlichen Verwaltung von dem Staat verlangen kann und durchaus von keiner Verwaltungsbehörde angetastet werden muß. Haben die Gesetze etwas ausdrücklich bestimmt, haben sie dem Staatsbürger ausdrücklich die Befugnis beigelegt, eine Sache zu tun oder zu unterlassen, so ist der Einfluß dieser Bestimmung für das Allgemeine schon erwogen und als unschädlich anerkannt worden, oder das Gesetz selbst hat schon die nötigen Modifikationen deshalb beigefügt. „Die Gewalt einer Polizeibehörde kann daher nie so weit gehen, etwas zu verfügen, was einer ausdrücklichen Disposition des Gesetzes geradezu entgegenlaufen und selbig aufheben würde." Nur durch ein neues Gesetz kann ein älteres aufgehoben werden, und haben die Umstände sich würklich in der Art verändert, daß solches des gemeinen Besten wegen notwendig wird, so kann nur allein der Landesherr, nicht aber eine Verwaltungsbehörde diese Veränderung vornehmen. Die Umstände können nie so dringend sei, als daß nicht jedesmal so viel Zeit noch wäre, die unmittelbare Landesherrliche Bestimmung erst darüber einzuholen, und auf jeden Fall kann der durch diesen Aufschub entstehende Nachteil nie so groß werden als der, welcher daraus erwachsen könnte, wenn man diese Beschränkung der Polizeigewalt nicht anlegen wollte. Hieraus ergibt sich nun der Grundsatz: I. daß gegen eine Polizeiverfügung, welche einer ausdrücklichen gesetzlichen Disposition entgegenläuft, durchaus niemandem der Weg rechtens beschnitten werden müsse. Es kann meiner Meinung nach dabei auch gar kein Unterschied stattfinden, wohin die Klage gerichtet wird, ob gegen die Verbindlichkeit an sich oder bloß auf das weitere Interesse — (Schadensersatz) — oder auf beides zugleich. Es ist ebenfalls ganz gleich, ob in possessorio oder in petitorio geklagt wird. B. Wird die Klage hingegen auf ein spezielles Fundament gegründet, so läßt sich bei ihrer Beurteilung und Entscheidung jedesmal die polizeiliche von der rechtlichen Seite absondern, und letztere ist ganz unabhängig von der ersteren. Wenn jemand aus einem Privilegium oder Vertrage oder durch Verjährung die Immunität von Unterhaltung eines Dammes, der seinen Ländereien Schutz gewährt, erworben zu haben behauptet, so kommt es bei Beurteilung der Rechtsgültigkeit des angeführten speziellen Fundaments und bei Feststellung der daraus entspringenden Folgen gar nicht darauf an, ob die Besserung des Dammes, wenn ihm solche von der Polizeibehörde aufgegeben worden, auch würklich notwendig oder die Art, wie er sie bewerkstelligen soll, zweckmäßig sei. Erst wenn der Richter fände, daß das angeführte spezielle Fundament nicht hinreichend sei, um den Klageantrag zu begründen, würde die letztere Rücksicht in Betrachtung kommen. Aber alsdann geht die Sache auch schon aus der zweiten in die dritte Kategorie über, und wenn der Richter sich zugunsten des Klägers entschließt, so ist es nicht mehr das angeführte spezielle Fundament, sondern

10. Januar 1809

103

das allgemeine jedem Staatsbürger zustehende Recht, in dem Genuß seiner bürgerlichen Freiheit nicht weiter eingeschränkt werden zu können, als das gemeine Beste solches erfordert, welches ihn dazu bestimmt. Der Würkungskreis der Polizeibehörde kann sich nie so weit erstrecken, wohlerworbene und in einem speziellen gesetzlichen Fundament gegründete Gerechtsame zu schmälern. Ist dies des allgemeinen Besten wegen notwendig, so kann es nur die höchste Gewalt, nur der Landesherr selbst tun. Die Freiheit des Eigentums — die ersten Grundsätze eines wohlorganisierten Staats — würde nicht mehr gesichert, wenn man die Befugnis einer Verwaltungsbehörde dahin ausdehnen wollte. Ich habe daher kein Bedenken, den Grundsatz gleichfalls festzustellen : II. daß, insofern jemand aus einem speziellen rechtlichen Fundament, die der durch die Polizeiverfügung verlangten Verbindlichkeiten entgegenstehende Befugnis erworben zu haben behauptet, ihm der Weg rechtens sowohl über die Verpflichtung an sich als auch über den etwanigen Schadensersatz uneingeschränkt gestattet werden müßte. In dieser Kategorie kann es sich indessen häufig ereignen, daß das Allgemeine gar zu sehr leiden würde, wenn die Vollstreckung der Polizeiverfügung so lange ausgesetzt bleiben sollte, bis die Sache vor dem Richter ausgemacht ist. Es würde vielleicht die ganze Gegend der größten Gefahr ausgesetzt werden, wenn die Instandsetzung des Wasserdammes so lange aufgeschoben werden sollte, bis der angrenzende Gutsbesitzer, welchem selbige befohlen worden, seine vermeintlich rechtsgültigerweise erworbene Immunität von diesem Onere im Wege rechtens ausgeführt hat. Es muß meines Dafürhaltens daher dem pflichtmäßigen Ermessen der p. Kammer überlassen werden, ob die Vollstreckung so lange ausgesetzt werden kann, und ich würde dem obigen Grundsatz die Modifikation hinzufügen, daß jedoch die p. Kammern mit Vorbehalt des Rechts des Widersprechenden die polizeiliche Verfügung ohne Anstand zur Ausführung bringen können, wenn ihrem Ermessen nach die richterliche Entscheidung ohne Nachteil des Allgemeinen nicht abgewartet werden kann, folglich, daß in dieser Kategorie gegen polizeiliche Verfügungen nur quoad petitorium, nicht quoad possessorium Klagen zulässig sind, eine Modifikation, welche auch schon das Ostpreußische Reglement angenommen hat. C. Jetzt bleibt mir noch die dritte Kategorie zu untersuchen übrig. Diese enthält aber auch gerade dasjenige Feld, in welchem ein freier und von Einmischung der Justiz unabhängiger3 Würkungskreis der Polizei am notwendigsten ist. Wenn nämlich die Klage bloß auf den allgemeinen Grundsatz fundiert wird, daß keiner in dem Genuß seines Eigentums und seiner bürgerlichen Freiheit weiter eingeschränkt werden könne, als das gemeine Beste solches erfordere, so hängt die Beurteilung ihrer Erheblichkeit jedesmal von der Beurteilung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der verfügten Polizeimaßregel ab, und jene

104

io. Januar 1809

läßt sich von dieser gar nicht trennen. Steht die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit erst fest, so hat, wie schon oben ausgeführt ist, auch die Rechtlichkeit der polizeilichen Verfügung oder die Verpflichtung des Klägers, sich derselben zu unterwerfen, kein Bedenken weiter, und diese fällt von selbst weg, sobald das erste Erfordernis nicht vorhanden ist. Es frägt sich nur hiebei: 1. von wem kann man eine richtigere Beurteilung der Frage erwarten, ob eine polizeiliche Verfügung des gemeinen Besten wegen notwendig und in sich zweckmäßig sei, von der Justiz- oder der Polizeibehörde? — Ich sage: von der Polizeibehörde. Es scheint mir schon in der Natur der Sache zu liegen, daß diejenige Behörde, welche unmittelbar mit der Verwaltung und Ausführung einer Angelegenheit beauftragt ist, auch zugleich näher die Motive über die darin zu treffenden Anordnungen kennen und in deren Beurteilung ungleich richtiger eingreifen wird als eine andere, die mit diesen Angelegenheiten nichts zu tun hat. Es kommt hinzu, daß es, wie ich schon vorher bemerkt habe, in Polizeisachen Fälle geben kann, wo die Bekanntmachung der Motive sogleich den ganzen Zweck der Verfügung vereiteln würde; 2. aber kann man auch, ohne das Publikum zu sehr der Willkür preiszugeben, der Polizeibehörde diese Beurteilung anvertrauen? — Ich habe kein Bedenken, diese Frage zu bejahen; a. die Polizeioffizianten sind ebensogut in Eid und Pflicht stehende Staatsbeamte als die Justizbedienten, und man muß es ihnen daher ebenso wie diesen zutrauen, daß sie nach wahrer pflichtmäßiger Überzeugung handeln und das Publikum nicht ohne Not in seiner bürgerlichen Freiheit beschränken werden. b. habe ich bereits oben ausgeführt, daß eine jede polizeiliche Verfügung schon an sich eine richterliche Entscheidung involviert, und es ist durchaus eine ganz falsche Ansicht, wenn man glaubt, daß die offiziellen Schritte der Polizeibehörden Verfügungen in einer eigenen Sache sind. Die Funktion der p. Kammern als Polizeibehörde ist wesentlich verschieden von der als Finanzbehörde. Alles was sie in jener Hinsicht anordnen, ist schon eine Entscheidung zwischen dem Interesse desjenigen Subjekts, welches die Verfügung befolgen soll, und dem Gesamtinteresse der übrigen Staatsbürger. c. ist das Publikum durch den Grundsatz zu I. gesichert, daß von Polizei wegen nichts gegen ausdrückliche Gesetze verfügt werden kann. Der Grundsatz zu II. gestattet jedem, der die der Verfügung entgegenstehende Befugnis aus einem speziellen rechtlichen Fundament erworben zu haben behauptet, selbige im gerichtlichen Wege geltend zu machen. Es bleibt also nur der Fall übrig, wo eine auf die allgemeine bürgerliche Freiheit sich gründende Befugnis beschränkt werden soll, und soviel kann man doch wohl dem pflichtmäßigen Ermessen eines Landescollegii zutrauen. d. bleibt ja einem jeden ohnehin auch der Weg der Beschwerde bei der höheren Polizeibehörde offen. 3. Soll nun aber gegen dergleichen Polizei Verfügungen gar keine richterliche Einmischung stattfinden? O! ja — aber meiner Meinung nach: III. nicht wegen Aufhebung der Maßregel oder über die Verpflichtung an sich zur Befolgung derselben, sondern nur über das weitere Interesse des klagenden Individui und in dieser Rücksicht auch nur:

lo. Januar 1809

105

unter vorausgesetzter Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der polizeilichen Verfügung, folglich, insofern dieselbe nicht von der höheren Polizeibehörde gemißbilligt worden, bloß auf die Erörterung und Entscheidung der Frage, ob und inwieweit der Kläger bei vorausgesetzter Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der polizeilichen Verfügung nach den Gesetzen Entschädigung zu verlangen berechtigt sei. Daß auch nur die Schadensklagen unter der gedachten Voraussetzung zugelassen werden können, ist aus dem Grunde notwendig, weil durch selbige sonsten sehr leicht der ganze Zweck der in Vorschlag gebrachten Bestimmung vereitelt werden kann. Wenn indessen die Verfügung von der höheren Polizeibehörde gemißbilligt worden, so tritt natürlich die richterliche Funktion in ihrem vollen Umfange ein. Auch glaube ich es nicht erst erwähnen zu dürfen, daß der obige Grundsatz nur mit der Modifikation verstanden werden kann: daß, wie es jetzt schon Verfassung ist, die Landesjustizkollegia, sobald sie durch eine polizeiliche Anordnung das Publikum ohne Not in seiner bürgerlichen Freiheit zu sehr benachteiligt glauben, ebenso befugt als verpflichtet sind, die Sache höhern Orts zur Sprache zu bringen. Durch diese Grundsätze scheint mir nun die in Rede stehende Frage vollständig erledigt zu sein, und wenn ich das Resultat der bisherigen Darstellung zusammenfasse, so kömmt es darauf hinaus: Gegen Verfügungen der p. Kammern über Finanzgegenstände ist, insofern sie nicht einen A k t der Landeshoheit und höchsten Gewalt ausmachen, der Weg rechtens unbedingt zulässig sowohl über die Verpflichtung an sich als das weitere Interesse und den Schadensersatz. In den § 9 Nr. 1—5 des Ostpreußischen Reglements bestimmten Fällen sind die p. Kammern jedoch berechtigt, mit der Vollstreckung auch schon vor beendigter Sache vorzugehen, damit nicht durch frivole Klagen Verlegenheit und Stockung in die Finanzverwaltung gebracht werden kann, und in diesen Fällen ist daher keine Possessorienklage zulässig. Uber polizeiliche — (man füge allenfalls auch hinzu: und staatswirtschaftliche) — Verfügungen der p. Kammern, von welcher Gattung sie sein mögen, steht gleichfalls der Weg rechtens unbedingt offen sowohl über die Verpflichtung als den Schadensersatz, wenn entweder die polizeiliche Verfügung direkt einer ausdrücklichen Disposition der Gesetze entgegenläuft oder die Klage auf ein spezielles rechtliches Fundament gegründet wird, vermöge dessen der Kläger das entgegenstehende Recht der durch die Verfügung festgesetzten Verbindlichkeit gültig erworben zu haben behauptet. Doch werden in dem letzteren Fall die p. Kammern gleichfalls berechtigt, mit der Ausführung vorzugehen, wenn ihrem pflichtmäßigen Ermessen nach mit derselben bis zur richterlichen Entscheidung ohne Nachteil des Allgemeinen nicht gewartet werden kann, und es findet daher in einem solchen Fall auch keine Possessorienklage statt. Im Fall aber die Klage auf keines der beiden vorher speziell angegebenen Fundamente, sondern nur in der allgemeinen bürgerlichen Freiheit und dem

io6

18. Januar 1809

freien Genuß seines Eigentums gegründet wird, so beurteilt lediglich die höhere Polizeibehörde die Notwendig- und Zweckmäßigkeit der polizeilichen Anordnung, und insoweit ist wider selbige auch nur der Weg der Beschwerde offen, es wäre denn, daß eine richterliche Erörterung darüber in den Gesetzen ausdrücklich vorgeschrieben worden, wie z . B . im §8 Tit. 1 der Forstordnung von Westpreußen vom 8. Oktober 1805. Ist solches aber nicht geschehen, so kann in diesem Fall keinesweges über die Verpflichtung zur Befolgung der polizeilichen Anordnung, sondern nur darüber der Weg rechtens stattfinden, ob und inwieweit dem Kläger, jedoch bei vorausgesetzter Notwendigund Zweckmäßigkeit der polizeilichen Anordnung, sonsten ein Entschädigungsanspruch wegen derselben nach den Gesetzen zustehe. Ist jedoch die Verfügung von der höheren Polizeibehörde gemißbilligt worden, so tritt natürlich die richterliche Kognition in vollem Umfange ein. Auch sind die Landesjustizkollegia so befugt als verpflichtet, die Sache höheren Orts zur Sprache zu bringen, wenn sie glauben, daß durch die polizeiliche Anordnung das Publikum in seiner bürgerlichen Freiheit zu sehr beschränkt sei.« Des weiteren faßt Friese verkürzt zusammen, worin also »bei Vergleichung der bisher ausgeführten Grundsätze mit denen des Ostpreußischen Ressortreglements« seine Vorschläge abweichen. Um Mißverständnissen oder dem Vorwurf der Unvollständigkeit vorzubeugen, fügt er abschließend noch einige ergänzende Bemerkungen zu. 1

Der A u f s a t z wird mit einem Begleitbrief dieses D a t u m s an K l e w i t z geschickt, siehe Nr. 33.

2

In der A b s c h r i f t : »einst«.

3

In der A b s c h r i f t : »abhängiger«.

35. »Promemoria« über die bisherige Verfassung der französischen Kolonie Königsberg, 18. Januar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium

des Innern, Rep. 77 Tit.

83 Nr. 1 Bd. 1

Bl. 1 7 : Reinschrift, ungez.

Gesondertes Oberkonsistorium, Obergericht und Oberdirektorium; Besoldung der französischen Kolonieoffizianten »Die französische Kolonie in den preußischen Staaten hat bekanntlich seit der Einwanderung der im 17. Jahrhundert der Religion wegen aus Frankreich geflüchteten Réfugiés ihre eigene Verfassung; gegründet auf die Privilégia, durch deren Ankündigung sie zur Ansiedelung eingeladen worden waren und die ihnen auch sukzessive erteilt und unter allen nachfolgenden Regierungen bestätigt wurden. Sie bestehen vorzüglich in einer besondern kirchlichen Verfassung unter

i8. Januar 1809

107

der Oberaufsicht eines Oberconsister ii und in einer eigenen Jurisdiktion unter einem Obergericht in Berlin, von wo die Revision an das Obertribunal geht, bei welchem zu dem Ende einige französische Revisionsräte arbeiten. Die Oberaufsicht über alle Collegia, die Leitung der allgemeinen Angelegenheiten der Kolonie und die Verwaltung ihrer Kasse hat das französische Oberdirektorium, welches aus einigen weltlichen und geistlichen Geheimen Räten besteht und jederzeit einen Staatsminister zum Chef hatte. Die Anzahl der französischen Kolonieoffizianten, zivil- und geistlichen Standes, kann hier nicht genau angegeben werden. Viele "darunter lebten bloß von diesen Stellen. Die an sich sehr geringen Besoldungen wurden fast alle aus einer allgemeinen französischen Staatskasse (État français) ausgezahlt, welche zu dem Ende aus der Generaldomänen- und Dispositionskasse mit etwa 70000 Reichstaler jährlich alimentiert wurde. Noch ist zu bemerken, daß davon ohngefähr der dritte Teil zu bloßen Gnadenpensionen, die S.K.M. bei entstehenden Vakanzen selbst vergaben, bestimmt war. Über die künftige Kolonieeinrichtung scheint noch nichts festgestellt zu sein. Auf alle Fälle würde es für diejenigen ihrer Offizianten, welche auf diese Stellen ganz oder größtenteils beschränkt waren, sowie für die mit jenen Pensionen begnadigten hülfsbedürftigen Personen ein sehr hartes, von S.K.M. Absicht gewiß weit entferntes Schicksal sein, ihre Besoldungen oder Pensionen ganz oder zum Teil einzubüßen und sich also mit ihren Familien dem Mangel überlassen zu sehen. Sie vertrauen der Gerechtigkeit und Menschenfreundlichkeit der Regierung, daß sie nach ihrer Weisheit ein so bittres Los von ihnen abwenden werde. Seit dem Ende 1806 haben sie, soviel man weiß, nur ein einziges Quartal Besoldung erhoben.« 1 1

Unter dem Promemoria folgt auf gleichem Blatt der eigh. Entwurf Frieses zu dem Schreiben an Sack vom 28. Januar 1809; vgl. Sack an Dohna, 5. März 1809, siehe Nr. 58.

36. »Gutachten über die beabsichtete Verordnung wegen Besteurung oder Darleihe des Gold- und Silbergeräts« Königsberg, 18. Januar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 16: Konzept, eigh. u. gez. Klewitz.

Erweiterungsvorschläge zur Vermehrung der Zirkulationsmittel Kredits

und Hebung des

»Das von S. E. von Altenstein nach dem Schreiben vom 11. d. M. beabsichtete Finanzgesetz 1 hat einen doppelten Hauptzweck: einmal das Gold- und Silbergerät und die Juwelen des Privatmannes selbst dem Staate zum Gebrauch zu verschaffen; und dann das zurückbleibende sowohl als den Luxus mit neuem Gerät und mit goldnen und silbernen Tressen zu besteuern. Diese Steuer soll

io8

18. Januar 1809

zugleich zur Überlassung des Geräts selbst mehr vermögen und für dessen Bezahlung einen Fonds bilden. Mit der Besteurung bin ich nicht bloß einverstanden, sondern ich würde sie sogar auf alle durch andre Abgabesysteme betroffenen Luxusgegenstände ausdehnen. Warum sollen namentlich nicht auch die Juwelen diese Steuer geben? Die Eitelkeit wird sie schon zum Vorschein bringen und eine hohe Steuer sie desto sichrer in die Hände des Staats liefern. Ein Steuersatz von 33^3 statt 25 Prozent dürfte für sie und für Gold- und Silbergerät auch künftig nicht zu hoch, der Satz für eine jede Livree mit Gold- und Silbertressen aber von 5 auf 10 rt. zu erhöhen sein, um das finanzielle und staatswirtschaftliche Interesse miteinander zu vereinigen. Wichtiger als diese Steuer, besonders in der jetzigen Finanz Verlegenheit, ist aber für den Staat der Naturalgebrauch selbst, und zwar nicht bloß von Gold- und Silbergerät und Edelsteinen des Privatmannes, sondern auch besonders von seinem baren Gelde; und insofern scheint mir das Gesetz nicht groß und weit genug zu greifen, an dem ich übrigens den liberalen Geist, welcher die Ausführung leiten soll, ehre und in dem ich den Zwang nicht finden kann, welchen die Herren Geheimer Staatsrat v. Schön und Staatsrat Hoffmann besorgen. Daß Geld im Lande zu haben ist, wenn nur annehmliche Bedingungen geboten werden, bewies ganz neuerlich die Stadt Berlin, als sie nach etwa Monatsfrist schon eine zweite Anleihe eröffnen konnte, weil die erste beim gewöhnlichen Zinsfuß von 5 Prozent bloß durch den Reiz der teilweisen Annahme von Tresorscheinen schnell sich gefüllt hatte. Durch höhere Zinsen wird dieses Geld zur Disposition des Staats kommen; er eröffne daher eine Anleihe im Einlande und biete dabei den Zinsfuß so hoch, als es die Rücksicht auf seine Darlehnsnegotiationen im Auslande gestattet. Natürlich muß dann auch für das Privat verkehr die gesetzliche Zinsbestimmung aufgehoben werden; aber wie notwendig und nützlich dies sein werde, hat schon der Herr Staatsrat Hoffmann in seinem Gutachten ausgeführt. Freilich wird alsdann der geldsuchende Privatmann mit dem Staat in Konkurrenz treten, um so mehr, als er spezielle Sicherheit geben kann; aber diese Konkurrenz existiert im Grunde schon jetzt ganz; und der Staat kann dadurch den Vorzug gewinnen, daß er einen Teil des Darlehns in Tresorscheinen annimmt. Auf diese Weise hebt er zugleich den Kredit der Tresorscheine. Die Anleihe dürfte auf zehn Jahr zu stellen sein, weil früher an eine Rückzahlung wohl nicht zu denken sein wird; für die Zwischenzeit aber müßte schon der Tilgungsfonds besonders durch jene Luxussteuer gesammelt und dies ausdrücklich erklärt werden. Einer besondern Anleihe vom Gold- und Silbergerät und Juwelen bedarf es alsdann nicht; und es würde sogar nichts weniger als ratsam sein, für diesen kleineren Gegenstand noch besondre Schuldscheine zu schaffen. Das Gerät wird nach seinem Metall- und die Edelsteine werden nach ihrem Taxwert statt baren Geldes bei der allgemeinen Anleihe angenommen; ohne alle Vergütung auf die Verarbeitungsform, welche der Besitzer gern schwinden lassen wird, wenn er diese toten Kapitalien nicht allein lebendig, sondern so hoch nutzbar machen kann. Tut er es nicht, so steht ihm die Steuer bevor, und ich müßte sehr irren, wenn nicht diese und der höhere Zinsfuß alles Gold- und Silbergerät nebst Juwelen in die Hand des Staats liefern sollte. Sichrer wenigstens als durch

23. Januar 1809

109

das beabsichtete Gesetz wird es geschehen, welches doch auch einen Teil des höheren Zinsfußes durch die Vergütung der Verarbeitungsform geben will. So groß auch der Reiz dieser Anleihe für die Inhaber von Gold- und Silbergerät und Edelsteinen sein wird, so gibt es doch gewiß noch patriotische Herzen, die alles dieses dem Staate lieber als Opfer zum Geschenk oder die Juwelen zum Gebrauch bei Verpfändungen darbringen. Die bisherigen Erbietungen berechtigen zu dieser Hoffnung; und es scheint mir sogar hochratsam, diese zu hegen und den Patriotismus selbst des weiblichen Geschlechts in Anspruch zu nehmen. Ich würde daher raten, gerade mit jenen Erbietungen das ganze Gesetz zu motivieren, also zu erklären: daß der Staat dem Wunsche nachgebe; jedoch, wo dieser durch Vermögensumstände oder andre Rücksichten beschränkt werde, das Gerät und die Edelsteine auch gern als zinsbares Darlehn zur Vermehrung der Zirkulationsmittel annehme; daß er die letzte selbst durch eine Steuer von dem ferneren Gebrauch des Gold- und Silbergeräts und der Juwelen befördere und dem Verbrauch des edlen Metalls sowie jeder unnützen Konsumtion durch Luxussteuern überhaupt begegnen zu müssen glaube. Eine solche Einleitung wird, glaube ich, für die Nation ansprechender und für den Kredit unschädlicher sein.« Nach dieser allgemeinen Stellungnahme folgen Bemerkungen zu einzelnen Abschnitten und Paragraphen des Gesetzentwurfs. Abschließend wird die Frage gestellt: »Zu welchem Zweck soll die Bekanntmachung geschehen? Soll das Publikum wissen, wer schenkte und darlieh oder wer verkaufte oder wer versteuerte? Das wird den edlen Patrioten verletzen, dem minder Begüterten, welcher nicht schenken konnte, Unrecht tun und die Eitelkeit nähren, auch Vermögensverhältnisse in das Publikum bringen.« 1

E s tritt als »Verordnung wegen Ankauf des Gold- und Silbergeräts durch die Münzämter und wegen Besteuerung desselben und der Juwelen« am 12. Februar 1809 in K r a f t (Gesetzsammlung 1806— io, Nr. 67, S. 524 ff.).

37. Geheimer Staatsrat Sack an den Minister Freiherr von Altenstein in Königsberg Berlin, 23. Januar 1809 Z S T A Merseburg, Immediatkommission zur Vollziehung des Tilsiter Friedens, Rep. 72 Nr. 104 Bl. 38: Konzept Semler, gez. Sack, L ' A b a y e .

Bitte um baldigen Beschluß über die Grundsätze für eine Silberabgabe »Die Ausführbarkeit einer gezwungenen Gold- und Silberanleihe beschäftigte schon früher unter meinem damaligen Präsidio 1 die Aufmerksamkeit der Immediatkommission, welche mittelst Berichts vom 25. Januar v. J. einen detaillierten Plan 2 zu dieser Anleihe allerhöchsten Orts einreichte. E s ward schon damals der aufgestellte Grundsatz genehmigt, damit nicht eher hervorzutreten.

HO

24. Januar 1809

als bis das Land von französischen Truppen geräumt sein würde. Dies ist geschehen, und es scheint nun dringend notwendig, baldmöglichst in dieser Angelegenheit einen definitiven Beschluß zu fassen. Denn mehrere Juden und reiche Particuliers, ich weiß nicht, ob aus Furcht vor der Silberrequisition oder vielmehr aus Not und Geldmangel, die auch den Wohlhabendem hart zu drücken anfängt 3 , haben bereits ihr Silber einschmelzen lassen und wollen es exportieren, zu welchem Ende der Geh. S. R. L'Abaye aber die Pässe bereits verweigert hat und verweigern wird. In Dänemark hat der Patriotismus der Dänen sich bei Hergebung ihres Silberzeugs zur Wiederanschaffung der Marine von einer schönen Seite gezeigt. Man hat viel Silber geliefert, und das Edikt der dänischen Regierung 4 nebst einem dadurch veranlaßten Promemoria 5 , welches ich Ew. Exzellenz beides 6 gehorsamst abschriftlich überreiche, ergibt den Gebrauch, den man davon zu machen beabsichtet. Bei uns möchte diese imposante Maßregel aus natürlichen Gründen nicht ganz zweckmäßig sein, da wir schon geringhaltige Münze genug und mehr als zuviel haben. Inzwischen gebe ich mir die Ehre, Ew. Exzellenz hiermit gehorsamst zu ersuchen, in betreff einer Silberrequisition und der dabei aufzustellenden Grundsätze baldigst einen Beschluß zu fassen und mich davon in Kenntnis zu setzen.7« 1 2 3 4 5

6 7

»unter meinem damaligen Präsidio« Zufügung Sacks. Konzept Semler, gez. Sack, L'Abaye, Nagler (i. gl. Fasz. Bl. 17). »oder vielmehr ... anfängt« Zufügung Sacks. Erlaß von König Frederik VI., Kopenhagen, 24. Dez. 1808 (Abschrift Bl. 37). »nebst... Promemoria« Zufügung Sacks. Abschrift des „Promemoria" von Seniler (Bl. 33), mit Begleitbrief, Berlin, 21. Januar 1809 (Bl. 32) an L'Abaye eingereicht. »beides« Zufügung Sacks. Vergl. Nr. 36 Anm. 1.

38. Minister Graf zu Dohna an den Geheimen Staatsrat Freiherr von Humboldt Königsberg, 24. Januar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 183 Nr. 7 Bl. 5: Konzept Prillwitz mit Verbesserungen von Dohna und Friese.

Informationen über den Zustand der Geistlichen- und Schulangelegenheiten »Mit sehnsuchtsvoller Erwartung und mit der innigsten Freude sehe ich dem Augenblick entgegen, in welchem Ew. Hochwohlg. den wichtigen Posten, zu welchem Dieselben durch das ausgezeichnete Vertrauen des Königs Majestät berufen worden sind, antreten und dadurch zugleich den Wunsch des teuren deutschen Vaterlandes und aller derer, welche sich auch im fernen Auslande mit heiliger Wärme und Gründlichkeit für die höhere Bildung der Menschheit, für Wissenschaft und Kunst interessieren, erfüllen werden.

24. Januar 1809

111

Bis zu diesem ersehnten Augenblick, in welchem Ew. 1 die spezielle Leitung der Geschäfte der Ihnen anvertrauten Sektion im Ministerio des Innern für den öffentlichen Unterricht und Kultus übernehmen, dürften Dieselben wahrscheinlich geneigt sein, sich von dem Zustande der Geistlichen- und Schulangelegenheiten, den darüber obwaltenden Bedürfnissen und vorhandenen Hülfsmitteln gehörig zu unterrichten. In der abschriftlichen Anlage beehre ich mich, Ew. Hochwohlgeb. dasjenige mitzuteilen, was in dieser Hinsicht an sämtliche Konsistorien und an die vorzüglichsten wissenschaftlichen Behörden 2 in Preußen, Pommern, den Marken und Schlesien, auch gleichlautend an das evangelisch-lutherische, ingleichen an das französische Oberkonsistorium zu Berlin heute erlassen worden ist 3 , und bemerke dabei, daß bis jetzt die Konsistorien (mit Ausnahme des Kurmärkschen, welches für sich besteht, und des Ostpreußischen und Litauischen, die schon mit den Kammern hieselbst und in Gumbinnen vereinigt worden) noch mit den Provinzialjustizkollegien vereinigt sind. Die Verbindung des Westpreußischen Konsistorii mit der Kammer zu Marienwerder soll jedoch in kurzem geschehen, und in den übrigen Provinzen wird solche gleichfalls eintreten, sobald die von des Königs Majestät bereits vollzogene und im Druck befindliche Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-Polizei- und -Finanzbehörden 4 zur Ausführung kommt. Dem Vernehmen nach soll der ehemalige Chef des Geistlichen Departements, Herr Staatsminister v. Massow Exzellenz, bereits eine sehr ausgebreitete Sammlung von gar mannigfaltigen 5 Materialien zur Reform und Verbesserung der Geistlichen- und Schulangelegenheiten veranstaltet haben, welche Ew. auf Dero Aufforderung durch das Oberschulkollegium oder durch den Herrn Präsidenten v. Scheve werden vorgelegt werden können6. Auch sind während der interimistischen Verwaltung der Geistlichen- und Schulsachen von Ost- und Westpreußen im vormaligen preußischen Provinzialdepartement mehrere Nachrichten über das Schulwesen nach der abschriftlichen Anlage erfordert, jedoch noch nicht eingekommen. Sobald dieses geschieht, werde ich nicht ermangeln, Ew. Hochwohlgeb. davon Mitteilung zu machen. Es ist jetzt die Absicht, ähnliche Nachrichten aus den übrigen Provinzen zu erfordern. 7 Ich werde, wie es sich ganz von selbst versteht, bis zu dem Augenblick, in welchem Ew. Hochw. ganz die Geschäfte übernehmen, Dieselben 8 von den vorkommenden erheblichen Gegenständen jedesmal Kenntnis geben, vorzüglich keine irgend 9 wichtige Stelle ohne Ihre Zuziehung besetzen und überhaupt mich beeifern 10 , alles beizutragen, um Ihr künftiges Verhältnis zu Ihrer Zufriedenheit einzurichten.« 11

1

Bis hierher T e x t von Dohna formuliert.

2

»und an die vorzüglichsten wissenschaftlichen Behörden« Zusatz von Dohna.

3

Reskript an die Konsistorien, 24. Januar 1809 (Konzept Prillwitz i. gl. Fasz. Bl. 5 nach den Anweisungen Frieses Bl. 3).

4

V o m 26. Dezember 1808, siehe Nr. 22.

5

»gar mannigfaltigen« Zusatz von Dohna.

6

»veranstaltet haben ... vorgelegt werden können« von Dohna zugefügt.

112 7

2g. Januar 1809

Neben diesem A b s a t z Marginale Frieses: »Die hierüber sprechenden A k t e n sind vorher dem Dezernenten vorzulegen, u m die Abschriften zu bestimmen, welche mitgehen sollen.«

8

»werde, wie es ... Dieselben« Ergänzung von Dohna.

9

»irgend« von D o h n a zugefügt.

10

»mich beeifern« Zusatz von Dohna.

11

A n t w o r t H u m b o l d t s an Dohna, Berlin, 4. Februar 1809 (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 12). H u m b o l d t regt darin an, das Rundschreiben v o m 24. Januar (siehe A n m . 3) auch an die Akademien der Wissenschaften und Künste zu richten. Als vornehmliche A u f g a b e n der Sektion nennt er: »Data zu sammeln für die Wiederherstellung in Verfall geratener oder die Errichtung neuer Institute an Stelle verlorengegangener und Nachrichten über die Beschaffenheit aller Schulanstalten überhaupt einzuziehen.«

39. Geheimer Staatsrat von Klewltz an den Assessor David Friedlaender Königsberg, 29. Januar 1809 ZSTA

Merseburg, Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1

Bl. 24: K o n z e p t Klewitz.

Vorschläge für eine Eingliederung der Juden als Staatsbürger »Noch vor Ew. Wohlgeb. sehr wertem Briefe vom 9. d. M. 1 hatte ich Abschrift Ihrer Erklärung vom 5. v. M.2 über die Wahl zum Ältesten und Vorsteher erhalten, und mein erster Gedanke dabei war, daß es nun Zeit sei, mit Ihrer Hülfe zu vollenden, was schon längst hätte vollendet sein sollen — eine bessere Verfassung für Ihre Nation. Unsre Gedanken begegneten sich also, und Ihr gütiges Vertrauen fordert meinen verbindlichsten Dank. Der Staat selbst verdarb Ihre Nation mehr durch die bisherige Verfassung. Das Bedürfnis einer neuen wird daher allgemein gefühlt; sie wird beabsichtet, und es liegen sogar schon Ideen zur Prüfung vor. Kommen Sie daher mit Ihren Vorschlägen entgegen und lassen Sie darin nichts, weder die bürgerlichen Verhältnisse noch den kirchlichen Zustand noch die Schulen fehlen. Mit der Religion selbst zwar hat das Gesetz nichts zu tun. Aber daß z. B. der Rabbiner ein auf Universitäten gebildeter Mann sei, wünschen gewiß auch Sie. Bei dem Schulwesen dürfte es ratsam sein, sich an die allgemeinen Schulen anzuschließen und dem Rabbiner den Religionsunterricht besonders vorzubehalten. Nirgends aber wird das Anschließen an die allgemeinen Verhältnisse ratsamer sein als für das bürgerliche Leben. Die Gleichheit der Pflichten motiviert dann auch die Gleichheit der Rechte. Will also der alttestamentarische Glaubensgenosse Staatsbürger sein, so wird er sich Familiennamen, deutsche Geschäftsführung und Kleidung, besonders das bürgerliche Gesetz und die Militärpflicht gefallen lassen müssen. Dagegen fragt es sich, ob unter den gegenseitigen Rechten die Teilnahme an den Staatsämtern und an dem Besitz ländlicher Grundstücke nicht noch in der Beschaffenheit der Majorität der jetzigen Generation selbst Schwierigkeiten finden und ob nicht in gleicher Rücksicht für jetzt noch

3 i . Januar 1809

113

mancher Handlungszweig, der Betrieb von Mühlen, Schänken, Krügen auf dem Lande zu verschränken sein möchte. Die Heiraten zwischen Juden und Christen sollten wohl ohne alle Religionsveränderung stattfinden können. J e vollständiger und annähernder Ew. Vorschläge sein werden, desto besser. Bei der Wichtigkeit der Sache für den Staat selbst muß es Ihnen ganz überlassen sein, ob Sie solche dem Könige oder dem Minister des Innern übersenden wollen. In beiden Fällen werde ich nicht unbekannt damit bleiben; wollen Sie aber zugleich mir durch Abschrift Kenntnis davon geben, so werde ich auch hierdurch mich sehr verpflichtet fühlen.«3 1 2 3

siehe Nr. 32. Abschrift im gleichen Faszikel Bl. 20. Auf der linken Spalte des Schreibens hat Klewitz stichwortartig einen Konstitutionsentwurf skizziert, dessen Punkte im vorliegenden Brief ausgeführt sind.

40. Promemoria des Geheimen Oberfinanzrats und Kammerpräsidenten von Auerswald Gumbinnen, 31. Januar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 1 3 6 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 95 : Auerswald eigh.

Stellungnahme zu den Plänen für die künftige Einrichtung der Kreisverwaltungsbehörden »1. Da die bisherigen Kreise so sehr zerstückelt werden müssen, wodurch eine sehr schwierige Begrenzung derselben und eine noch schwierigere Trennung der Registraturen entsteht, so zweifele ich, daß bis zum Juni die Organisation beendigt sein wird, wenn nicht der anzufertigende Plan noch in diesem Monat immédiat genehmigt und mit den Vorarbeiten schon im Anfange des künftigen der Anfang gemacht wird. Kömmt die Organisation aber nicht vor dem 1. funi d. J . zustande, so häufen sich die Schwierigkeiten in Ansehung der Organisation des Kassenwesens ins Unendüche. Ich beziehe mich dieserhalb auf die Beilage zu meinem Organisationsplan der Ostpreußischen Regierung, die anderweite Organisation des Kassenwesens betreffend. 1 2. Im ganzen halte ich den v. Schönschen Plan 2 für den bessern, weil er — wie selbst der Herr Minister v. Schroetter in seinen Gegenbemerkungen3 zu 3. (abgesehen von den etwanigen Mehrkosten) selbst eingesteht — dem Ideal einer zweckmäßigen Polizeiverwaltung näher kömmt als der Schroettersche. 3. Die Intendantur Elbing gehört nicht zur Stadt, es kann also die Absicht des Herrn v. Schön nicht gewesen sein, diese von der Kreiseinteilung auszuschließen, sondern wohl nur die Stadt allein. Ich würde die Städte Königsberg, Elbing und Memel innerhalb den Toren und die dazugehörigen Vorstädte4 ausschließen, weil sie völlig eingerichtete Polizeibureaus haben. Die Polizeidirektoren vertreten die Stelle der Landräte und stehen un-

H4

31. Januar 1809

mittelbar unter der Regierung. Die Königlichen Gefälle in diesen Städten fließen zur Akzisekasse, es bedarf also keines besondern Einnehmers derselben. 4. Die Domänenbeamten müssen als solche ganz aufhören, Rendanten der Königlichen Gefälle zu sein. Die Kreissteuereinnehmer können bei ihren kleinen Kreisen unbedenklich die Königlichen Gefälle aus den Domänen mit übernehmen, ohne daß es besonderer Intendanturen bei den Kreiskassen bedarf. 5 5. Die Umwandlung der Kreisdeputierten in Friedensrichter in dem v. Schönschen Plan finde ich vortrefflich. Ihr Wirkungskreis kann meines Erachtens sehr genau bestimmt werden, ohne gerade sie zu einer Zwischenbehörde, wie der Herr Minister v. Schroetter befürchtet 6 , zu machen. 7 6. Die Landräte setze wenigstens fürs erste Mal die Staatsbehörde an. Bei der großen Menge von jetzt zu versorgenden Subjekten, über deren Qualifikation, da sie schon gedient haben, man sehr genau unterrichtet sein kann, können die Befürchtungen des Ministers v. Schroetter in seinen Gegenbemerkungen ad 1—16 nicht eintreten. 8 Die Friedensrichter lasse man wählen. 9 Die Kreissteuereinnehmer und Unterbedienten werden für immer von der Staatsbehörde angestellt. Ob für die Folge die Landräte gewählt werden sollen, ist mir noch zweifelhaft. 1 0 Was Herr v. Schön dagegen sagt, fließt unleugbar aus der Natur ihrer Verhältnisse. Dagegen ist allerdings eine große Sensation zu befürchten, wenn die Wahl ganz aufgehoben werden sollte. Auch ist das v. Schroettersche Bedenken ad 4—16 b, daß die vom Staate auf 10 Jahre angesetzten Landräte nach Ablauf ihrer Dienstzeit dem Staate mit Pensions zur Last fallen würden, sehr erheblich. Wählt dagegen der Kreis drei Subjekte zur Auswahl und übernimmt den bisherigen Landrat nicht darunter, so muß er ihn pensionieren, ad analogium der Städteordnung. 11 Wenn der Kreis bei einer Landratswahl in der Folge drei Subjekte zur Auswahl vorschlüge, so wäre dies vielleicht ein gutes Ausgleichungsmittel 12 , besonders wenn man sich vorbehält, alle drei Kandidaten zu verwerfen und eine neue Wahl zu veranlassen. 13 Den Kreisen fürs erste Mal drei Subjekte zur Auswahl zu präsentieren, würde großen Schwierigkeiten unterworfen sein, da man 162 Subjekte präsentieren müßte, von denen der bei weitem größeste Teil den Kreisen ganz unbekannt wäre. 7. Die Bedenklichkeiten des Herrn Ministers v. Schroetter gegen das Präsidium von Friedensrichtern über die Schulzengerichte (Ortsbehörden) ad 4—16 in den Gegenbemerkungen lassen sich leicht heben durch genaue Bestimmungen, wie dies Präsidium geführt werden soll.14 8. Ganz zweckwidrig und unangemessen finde ich den Vorschlag des Herrn Ministers v. Schroetter, daß die Gutsbesitzer — wenn sie wollen — die Ortspolizeibehörde sein sollen. 15 Geschieht dies, so ist an eine Verbesserung des bisherigen Polizeiunwesens nicht zu denken. Die Landrats- und Friedensrichter(Kreisdeputierten)stellen würden dadurch Zivil-Kriegesposten. Um offner Fehde auszuweichen, würden die mehresten Landräte pp. in den mehresten Fällen, wo sie Renitenz zu befürchten hätten, ihre Pflichten unerfüllt lassen, besonders wenn es darauf ankäme, ihren Verfügungen durch

31. Januar 1809

9.

10.

11.

12. 13.

14.

15.

1

2

3

4 5

6 7

9

115

Strafbefehl Wirksamkeit zu schaffen. Man muß die Menschen nehmen, wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. Manche Verfügung, die unbedenklich an das Schulzengericht erlassen wäre, bleibt gewiß zurück, wenn sie an den Gutsbesitzer unmittelbar erlassen werden soll. Zu 17—20 in den Gegenbemerkungen trete ich der Meinung des Herrn Minister v. Schroetter bei, den Unterschied bei den Geldstrafen betreffend. Die dafür angeführten Gründe scheinen mir sehr erheblich. 16 Zu 21 pp. Allerdings werden 100 rt. den Friedensrichter nicht vollständig entschädigen, doch muß man auch etwas auf das Ehrenvolle eines solchen Postens rechnen. 17 Zu 22 pp. Die Kreiskommunalangelegenheiten betreffend, bin ich der Meinung, daß es füglich jedem Kreise überlassen bleiben könne, ob er solche den Kreisdirektionsoffizianten übertragen wolle oder nicht. 18 Soll aber bloß der Steuereinnehmer das Kommunal&assewwesen verwalten, so muß auch der Landrat allerdings davon genaue Kenntnis erhalten, weil sonst seine Kassenkontrolle unvollkommen wird. 19 Zu 23. ad a pp. beziehe ich mich auf 4. dieses P.M. Zu 27. in p. Gegenbemerkungen. Wenn die Intendantur zu Elbing zur Kreisorganisation gezogen wird (3.) und die Domänengefälle den Beamten abgenommen und den Kreissteuereinnehmern übertragen werden (4.), so fallen die in der Beilage zu den Gegenbemerkungen des Herrn Minister v. Schroetter berechneten Mehrkosten weg. 20 Der Entwurf zur Organisation der Ortsbehörden auf dem platten Lande (Beilage A zu den Gegenbemerkungen) 21 erleidet nach obigem einige Modifikation. 22 In dem Plan des Herrn v. Schön sind die Landräte mit 600 rt., in der demselben beigefügten Berechnung mit 7 bis 800 rt. Gehalt angenommen. 23 Die letztere Bestimmung scheint mir die bessere.«

»Entwurf zum E t a t der Landrätlichen Kreisorganisationskasse des Ostpreußischen Kammerdepartements auf das Jahr v o m 1. Juni 1807 bis dahin 1808«, A b s c h r . i. gl. Fasz. Bl. 27. »Erläuterungsprotokoll des Entwurfs zum E t a t der Landrätlichen Kreisorganisationskasse des Ostpreußischen Departements f ü r das Jahr v o m 1. Juni 1807 bis ult. Mai 1808, verhandelt Königsberg, d. 6. A u g u s t 1806«, gez. Stehr, Abschr. i.gl. Fasz. Bl. 33. Beides wurde v o m Ostpreußischen Kriegs-und Domänenkammerpräsidium mit Begleitschreiben vom 5. September 1806 an den König eingereicht, Ausf., gez. Auerswald, Salis, Stolterfoth, i. gl. Fasz. Bl. 25. Schön eigh., Königsberg, 14. November 1808, i. gl. Fasz. Bl. 77; siehe R M Stein I I I , Nr. 309, S. 1016 ff. Ausf., gez. Schroetter, Königsberg, 24. November 1808, i. gl. Fasz. Bl. 81; siehe R M Stein I I I , Nr. 323, S. 1065 ff. »und die dazugehörigen Vorstände« unter Fehlzeichen am Rande zugefügt. Daneben Marginale von Schön: »Sehr gut. Ich habe den K a m m e r n bloß die Wahllasten und den Domänenbeamten die Verbindlichkeit vorbehalten wollen.« »wie der Herr Minister v. Schroetter befürchtet« von Auerswald am R a n d zugefügt. Neben diesem Abschnitt Marginale von Schön: »Eine Zwischenbehörde können sie nach meinem Plan so wenig werden, als der Präsident eines Collegii Zwischenbehörde sein kann.« Stein/Hardenberg

n6

31. Januar 1809

»Bei der großen Menge ... eintreten« unter Fehlzeichen von Auerswald am Rand zugefügt. 9 Daneben Marginale von Schön: »Einig«. 10 Daneben Marginale von Schön: »Für die Folge, vorderhand«. 11 »Auch ist... Städteordnung« unter Fehlzeichen von Auerswald am Rande zugefügt. Darunter anschließend von der Hand Schöns: »würde ich nicht annehmen, denn der Landrat ist kein Kommunaloffiziant, kein Bürgermeister. Aber den tüchtigen Mann wird man wieder nehmen oder nicht verlassen, wenn er hülflos ist. Man setzt ihn vorderhand auf Lebenszeit, bis in Absicht aller Staatsdiener ein festes System dasteht.« Bearbeitung der Städteordnung vom 19. November 1808 siehe RM Stein III, Nr. 319, S. 1038 ff. 12 .Daneben von Schön: »Sehr gut«. 13 Neben diesem Satz von Schön: »Examiniert müssen sie werden, wenn sie noch nicht gedient haben«. 14 Neben diesem Abschnitt von Schön: »Einig«. 15 Neben diesem Satz von Schön: »Einig«. 16 Neben diesem Abschnitt das Marginale von Schön: »habe ich in der v. Schroetterschen Widerlegung das Nötige bemerkt, Gleichheit der Strafe scheint mir durchaus notwendig.« 17 Daneben von Schön: »Sehr wahr«. 18 Daneben Marginale von Schön: »Dafür stimme ich nicht. Die Staatsdiener werden dadurch Nationaldiener, die Größe 3 wird 1, weniger als 2«. 19 Daneben von Schön: »richtig«. 20 Neben diesem Abschnitt von Schön: »Einig«. 21 undatiert, Ausf., gez. Schroetter, i. gl. Fasz. Bl. 89; siehe RM Stein III, Nr. 324, S. 1077 ff. 22 Neben diesem Abschnitt von Schön: »Einig«. 23 Daneben Marginale von Schön: »Mit vielen Domänengeschäften 800 rt. u. weniger 700 rt. Auch unbedingt 7 bis 800 rt«. 8

4 i . Immediatbericht des Ministers Graf zu Dohna

Königsberg, 1. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 89 A Tit. 25 Nr. 7 Bl. 53: Ausf., gez. Dohna (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 14153).

Antrag auf Ausnahmeregelung für einzelne schlesische Städte bei der Klassifikation hinsichtlich der Einwohnerzahl nach der neuen Städteordnung »Die Verordnung vom 19. November v. J. wegen der verbesserten Verfassung des städtischen Gemeinwesens1 bestimmt § 9 und 10 Tit. II die Einteilung sämtlicher Städte in große, mittlere und kleine nach Maßgabe der Einwohnerzahl, so daß namentlich alle diejenigen, welche unter 3500 Seelen enthalten, zur dritten Klasse gehören sollen. Gegen die uneingeschränkte Anwendung dieses Klassifikationsprinzips auf Schlesien hat die Breslauische p. Kammer insofern Vorstellungen gemacht, als dadurch mehrere Städte, die bisher nach der Wohlhabenheit der Kommunitätsmitglieder bei ansehnlichen Kämmereien (bis zu 25.000 rt. jährlicher Einnahme) unter angesehenen Magisträten in der zweiten Klasse gestanden, jetzt in die dritte heruntergesetzt werden würden und bei diesen also die neue Einrichtung, statt Gemeinsinn zu wecken und zu befördern, unausbleiblich geradezu das Gegenteil — Gleichgültigkeit rücksichtlich des Gemeinwesens und Zurückziehung der bessern und angesehenem Bürger von aller Teilnahme an dessen Verwaltung, die so nach den Ansichten der einzelnen nicht für ehrenvoll genug gehalten werden möchte — bewirken dürfte. Diese Meinung verdient, da das vollkommenere oder unvollkommenere Gedeihen der den Städten gegebenen Verfassung von ihrer mehrern oder mindern Wertschätzung wesentlich abhängig ist, an und für sich Rücksicht; es vereinigt sich damit aber noch eine andere, nämlich die, daß Städte, welche nach der Einwohnerzahl zu den kleinen gerechnet werden sollen, bei Fabriken, Handel und sonst bedeutenden Gewerben ein mehr umfassendes und kompliziertes Gemeinwesen haben können als größere Städte nach demselben Maßstabe ohne den bemerkten Gewerbeumfang und daß jene mithin für die Verwaltung ihrer Kommunalangelegenheiten nicht nur ebensosehr, sondern vielleicht noch dringender als letztere einer zahlreichen Repräsentation, imgleichen einer wohlbesetzten Magistratur bedürfen, damit einesteils die gute Verwaltung des Gemeinwesens gehörig sichergestellt und andernteils eine zu große Belästigung einzelner Mitglieder der Kommune bei der Übertragung öffentlicher Stadtämter vermieden werde. Im Breslauschen Kammer-Departement würden hiernach namentlich Ohlau, Münsterberg, Patschkau, Landeshut, Reichenbach, Namslau, Gleiwitz und 9*

4 i . Immediatbericht des Ministers Graf zu Dohna

Königsberg, 1. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 89 A Tit. 25 Nr. 7 Bl. 53: Ausf., gez. Dohna (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 14153).

Antrag auf Ausnahmeregelung für einzelne schlesische Städte bei der Klassifikation hinsichtlich der Einwohnerzahl nach der neuen Städteordnung »Die Verordnung vom 19. November v. J. wegen der verbesserten Verfassung des städtischen Gemeinwesens1 bestimmt § 9 und 10 Tit. II die Einteilung sämtlicher Städte in große, mittlere und kleine nach Maßgabe der Einwohnerzahl, so daß namentlich alle diejenigen, welche unter 3500 Seelen enthalten, zur dritten Klasse gehören sollen. Gegen die uneingeschränkte Anwendung dieses Klassifikationsprinzips auf Schlesien hat die Breslauische p. Kammer insofern Vorstellungen gemacht, als dadurch mehrere Städte, die bisher nach der Wohlhabenheit der Kommunitätsmitglieder bei ansehnlichen Kämmereien (bis zu 25.000 rt. jährlicher Einnahme) unter angesehenen Magisträten in der zweiten Klasse gestanden, jetzt in die dritte heruntergesetzt werden würden und bei diesen also die neue Einrichtung, statt Gemeinsinn zu wecken und zu befördern, unausbleiblich geradezu das Gegenteil — Gleichgültigkeit rücksichtlich des Gemeinwesens und Zurückziehung der bessern und angesehenem Bürger von aller Teilnahme an dessen Verwaltung, die so nach den Ansichten der einzelnen nicht für ehrenvoll genug gehalten werden möchte — bewirken dürfte. Diese Meinung verdient, da das vollkommenere oder unvollkommenere Gedeihen der den Städten gegebenen Verfassung von ihrer mehrern oder mindern Wertschätzung wesentlich abhängig ist, an und für sich Rücksicht; es vereinigt sich damit aber noch eine andere, nämlich die, daß Städte, welche nach der Einwohnerzahl zu den kleinen gerechnet werden sollen, bei Fabriken, Handel und sonst bedeutenden Gewerben ein mehr umfassendes und kompliziertes Gemeinwesen haben können als größere Städte nach demselben Maßstabe ohne den bemerkten Gewerbeumfang und daß jene mithin für die Verwaltung ihrer Kommunalangelegenheiten nicht nur ebensosehr, sondern vielleicht noch dringender als letztere einer zahlreichen Repräsentation, imgleichen einer wohlbesetzten Magistratur bedürfen, damit einesteils die gute Verwaltung des Gemeinwesens gehörig sichergestellt und andernteils eine zu große Belästigung einzelner Mitglieder der Kommune bei der Übertragung öffentlicher Stadtämter vermieden werde. Im Breslauschen Kammer-Departement würden hiernach namentlich Ohlau, Münsterberg, Patschkau, Landeshut, Reichenbach, Namslau, Gleiwitz und 9*

n8

2. Februar 1809

Frankenstein als Städte zweiter Klasse zu betrachten sein, ungeachtet sie unter 3500 Einwohner haben, und ich erbitte mir dahero im allgemeinen E.K.M. gnädige Erlaubnis, bei einzelnen Städten, wo die berührten Verhältnisse stattfinden, auf den eigenen Wunsch der Bürgerschaften von den vorgeschriebenen Klassifikationsgrundsätzen Ausnahmen machen zu dürfen.«2 1

Städteordnung siehe R M Stein I I I , Nr. 319, S. 1038 ff.

2

Auf

gleichem

Blatt

die A n t w o r t - K . O. an Dohna

als Konzept,

gez. Klewitz,

8. Februar 1809. E s wird die Erlaubnis erteilt, bei einzelnen Städten, den U m ständen

entsprechend,

auf

ihren eigenen Wunsch

von

den

vorgeschriebenen

Klassifikationsgrundsätzen Ausnahmen zu machen. V o n anderer H a n d darübergeschrieben: »Königsberg, den 11. Februar 1809«.

42. Promemoria des Kammerpräsidenten von Broscovius zur Einrichtung der Kreisverwaltungsbehörden in Preußen Gumbinnen, 2. Februar 1809 ZSTA

Merseburg, Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 136 Nr. 3 Bd. 1

Bl. 97: Ausf., gez. Broscovius.

»Im ganzen scheint mir der v. Schönsche Plan 1 gleichfalls der vorzüglichere zu sein, weil er ganz im Geist der beabsichtigten neuen Verfassung und mit ihr überall im Einklänge ist. ad 2. des gedachten Plans. Die Kreise können, wenn der Zweck erreicht werden soll, nicht füglich größer sein. In Schlesien müssen sie jetzt noch kleiner sein. ad 7. Daß der König den Landrat bestimmt, ist ganz zweckmäßig. Er ist künftig bloß Polizei-Offiziant. Ehemals war es anders. Der Landrat war noch eine Mittelsperson zwischen den Kreisständen und der Landespolizeibehörde und mußte sich der ersteren sogar gegen die letztere annehmen. Es mußte also ein Subjekt sein, zu dem die Stände ein besonderes Zutrauen hatten. Künftig haben die Stände Mitglieder in den Regierungen selbst, mithin ist vorauszusetzen, daß ihr Bestes schon bei den getroffenen Verfügungen berücksichtigt ist. Um Sensationen zu vermeiden, könnte indessen auch immer eine solche Wahl stattfinden, als in dem Promemoria des Herrn Geheimen Staatsrats v. Auerswald sub 6 bemerkt ist. 2 Die erste Besetzung aber würde notwendig vom Könige geschehen müssen, weil in der ersten Zeit unumgänglich sachkundige Subjekte erforderlich sind3, besonders wo viel Domänen zu den Kreisen geschlagen werden. Sollten da nicht auch tüchtige Intendanten als Landräte angestellt werden können? ad 11. Die Ansetzung der Friedensrichter (oder wie sie sonst noch benannt werden mögen) ist eine äußerst zweckmäßige Anordnung. Nach dem Plan soll und muß der Friedensrichter keine Zwischeninstanz bilden. Er ist

2. Februar 1809

119

eigentlich nur Commissarius perpetuus und Kontrolleur der Ortspolizeibehörden seines Bezirks. Die geordneten Ortspolizeibehörden sind ohne ihn selbständig. Dies hindert aber nicht, daß er in Fällen, wo er es für nötig findet, der Ortspolizei als Präses beitritt, um ihrer etwanigen Unfähigkeit nachzuhelfen oder ihren Anordnungen Nachdruck zu geben; und insoweit gehört er zur Ortspolizeibehörde.4 Konsequent ist es, daß er als Polizeiöffiziant nicht von seinem Bezirk gewählt werden darf. Bloß um Sensationen zu vermeiden und um das Vertrauen der Bezirksbewohner zu gewinnen, könnte eine bedingte Wahl gestattet werden.5 Auch scheint es zweckmäßig und notwendig zu sein, daß jeder, wes Standes er sei, der Ortspolizeibehörde unterworfen ist. 6 Durch das Gegenteil würde die Wirksamkeit der Kreispolizeibehörde gelähmt werden. Unzufriedenheit wird es freilich hin und wieder anfänglich erregen.7 Die Sache scheint sich aber nicht abändern zu lassen, und ich beziehe mich auf das Promemoria des Herrn Geheimen Staatsrats v. Auerswald sub No. 6. ad 23. Die Bemerkung ad 6 wegen der Steuerverteilung steht hier wohl bloß nachrichtlich.8 ad 24. Es ist wohl zweckmäßig, daß die Beamten aufhören, besondre9 Polizeioffizianten und Rendanten der Königlichen Domänengefälle zu sein. Das erstere kann der Landrat und das letztere der Kreissteuereinnehmer ganz füglich übernehmen. In Litauen sind die Ämter in einigen Gegenden sehr nahe aneinander belegen, und da könnte wohl an einigen Orten der Fall vorkommen, daß der Kreissteuereinnehmer wenigstens in der ersten Zeit nicht imstande sein könnte, alles allein zu bestreiten. In solchen Fällen könnten ihnen ad tempus Hülfsarbeiter beigeordnet werden. 10 Übrigens stimme ich den Bemerkungen des Herrn Geheimen Staatsrats v. Auerswald ad 3, 7, 9, 1 1 , 1 3 , 14, 1 5 überall bei. Schwer wird es aber unter allen Umständen sein, die neue Organisation bis zum 1. Juni zu beendigen, ohne alles zu übereilen. 11 Besonders aber wird die gänzliche Umformung der Abgaben der Domäneneinsassen Schwierigkeiten machen. Ob bis dahin alles so weit sein wird, daß die Einhebung den in der Sache ganz neuen Kreissteuereinnehmern wird übergeben werden können, und ob überhaupt die Angelegenheiten schon so ganz berichtigt sein werden, daß die Regierung der bisherigen Beamten dazu nicht mehr bedarf, steht noch dahin. Wenn aber die Beamten nicht entbehrt werden können, so fehlt es an Fonds zur ganzen neuen Organisation.12« 1

2

3 4 5

Votum Schöns zum Schroetterschen Plan vom 13. Oktober 1808, Königsberg, 14. November 1808., eigh. i. gl. Fasz. Bl. 77. Siehe Bearbeitung in RM Stein III, Nr. 309, S. 1016 ff. Promemoria Auerswalds, Gumbinnen, 31. Januar 1809, eigh., i. gl. Fasz. Bl. 95, siehe Nr. 40. Marginale Schöns: »Sehr richtig«. Marginale Schöns: »Sehr gut gefaßt«. Marginale Schöns: »Vorschlag«.

120

3. Februar 1809

6

Marginale Schöns: »Durchaus notwendig, ist aber klar auszusprechen«.

7

Marginale Schöns: »Schadet nichts, wenn die Notwendigkeit die Sache fordert«.

8

Marginale Schöns: »als gute Sache«.

9

»besondre« nachträglich zwischengeschrieben.

10

Marginale Schöns: »Auch gut«.

11

Marginale Schöns: »Durch eine Kommission, welche von Ort zu Ort zieht«.

12

Marginale Schöns: »Die Erhebung ad tempus werden die Beamten noch gerne fortsetzen, wenn sie nur die Polizei- und alle Kommunalangelegenheiten, Lieferungen p. loswerden. Wenn die Kommunalvorsteher nur gleich gewählt werden, wird die Sache sehr einfach. U n d diese W a h l ist leicht. Jeder wählt, der mehr als 3 Hufen Magdeburg. L a n d besitzt, und die Städte stellen im Verhältnis der Bevölkerung v o n ihren Stadtverordneten eine Rata.«

43. Immediatbericht der Gesetzkommission Berlin, 3. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 59 Nr. 26 B d . 2 A c t a adh. Bl. 1: Ausf., gez. die gesamte Gesetzkommission.

Gutachten zum Reglementsentwurf über die Ausgleichung Ost-, Westpreußen und Litauen

der Kriegsschäden

in

»E.K.M. ist es gefällig gewesen, uns mittelst Reskripts vom 8. November 1 et präsent, den 10. Dezember 1808 das in rubro benannte Reglement 2 nebst den zu diesem gehörigen in jenem spezifizierten 17 losen Piecen 3 zuzufertigen, um darüber unser Gutachten zu erstatten, welches wir hiermit gehorsamlich befolgen, und bemerken also I. im allgemeinen wie es uns in Absicht der Form demselben an logischem Zusammenhang zu fehlen scheinet; besonders vermissen wir im ersten Abschnitt, welcher doch den allgemeinen Grundsätzen gewidmet ist, gerade die allgemeinen Principia und Sätze, welche den speziellen Vorschriften zum Grunde liegen und woraus letztere abgeleitet und gefolgert werden sollten. Außerdem besorgen wir mit der Ostpreußischen Kammer und mit der Ostpreußischen und Litauischen Landesdeputation (Beilage X I und X I V ) 4 , daß auch die einzelnen Vorschriften zu manchen Weiterungen Anlaß geben, Streitigkeiten erregen dürften, welche ohne dasselbe nicht entstanden wären, besonders wenn das Reglement, so wie es gefaßt ist, bleiben sollte. So wünschenswert auch eine allgemeine Ausgleichung der Kriegsschäden mit der Regierung, den Kommunen und Privatpersonen wäre, so übersteigt doch solche menschliche Kräfte. Um diese vollständig zu bewirken, müßte ein jeder Staatsbürger das liquidieren dürfen, was er im Kriege durch freundliche, eigene oder feindliche Truppen verloren hat, und dann müßte der ganze Betrag des Schadens auch auf alle Staatsbürger nach Verhältnis ihres Vermögens oder Einkommens gleich verteilet werden. Es leuchtet von selbst ein, daß in einem

3- Februar 1809

121

Staate, wie der preußische noch immer ist, eine solche Ausgleichung nur in der Idee, nicht aber in der Wirklichkeit stattfinden kann. Um so sorgfältiger muß man aber auch darauf bedacht sein, durch das Reglement nicht Ansprüche rege zu machen, welche schon beseitiget sind, oder welchen man doch kein Genüge leisten könnte. In Absicht des Staats enthält zwar der § 3 die Regel, daß vom Staate kein Ersatz gefordert werden könne, allein aus den von der Ostpreußischen Kammer in der Beilage X I angeführten Gründen dürfte überhaupt die Bestimmung, ob und welche Gegenstände der Staat ersetzt, um so weniger für dieses Reglement gehören, als die Komiteen, welche nach dem § 30 zu Ausgleichung der Kriegsschäden und zu Regulierung der Schulden unter Leitung der Kammern ernannt werden sollen, darüber doch nichts bestimmen können, und als dadurch wegen der der russischen Regierung liquidierten und von derselben zu ersetzenden Gegenstände leicht Verlegenheit entstehen möchte. Die Bestimmungen des Reglements im zweiten Abschnitt, welche Schäden vergütiget, wie sie ausgemittelt und ersetzet werden sollen, sind zu speziell, ohne eine allgemeine Übersicht und ohne Gewißheit, daß sie das Ganze umfassen, zu gewähren, auch scheinen sie die Rechte der Beschädigten und die Mittel zu ihrer Entschädigung zu sehr einzuschränken. Ferner ist dieses Reglement äußerst bedenklich, soweit es nicht bloß die Konstitution und Instruktionen der Komiteen zu Ausgleichung der Kriegsschäden unter den Gemeinen, sondern zugleich materielle Entscheidungen enthält; denn insofern enthält es Gesetze auf vorhergehende Fälle oder wiederholt nur das, was schon durch Gesetze festgesetzet ist und keiner neuen Festsetzung bedarf. Nur die Eigenheiten des letzten Krieges und des darauf folgenden Mittelzustandes zwischen Krieg und Frieden kann neue materielle Entscheidungen rechtfertigen. Auf diese sollte man sich also in kurzen Sätzen einschränken, und auch hierbei dürfte es meistenteils besser sein, die etwa entstehenden Streitigkeiten von dem Richter nach der Analogie entscheiden zu lassen, als willkürlich etwas festzusetzen, was erworbene Rechte stören oder schon vergessene Ansprüche wecken könnte. So wie nun dies Reglement seine eigentliche Bestimmung überschreitet, so fehlt es ihm auch an allgemeinen Grundsätzen. Unsers Erachtens muß man von folgenden allgemeinen Sätzen ausgehen: 1. Die Verbindlichkeit zum Ersatz der Kriegsschäden kann nur entstehen aus verbindlichen Willenserklärungen oder aus Gesetzen. 2. Hat der Gesetzgeber für den besondern Fall keine Vorschrift gegeben, so kann die Entschädigungsverbindlichkeit nur auf eine nützliche Verwendung oder auf ein mit oder ohne Auftrag zum Besten des Staats oder einer Provinz oder eines Kreises oder einer Gemeine oder einer gewissen Klasse der Staatsbürger oder eines einzelnen unternommenes Geschäft gegründet werden, und es muß sodann die Entschädigung nach näherer Vorschrift des Allgemeinen Landrechts T. I Tit. X I I I von demjenigen geleistet werden, dessen Geschäft besorgt oder dessen Nutzen befördert wurde.

3. Februar 1809

122 3-

Allein aus dem Grunde, daß jemand mehr Schaden erlitten hat als andere, kann er keine Ausgleichung mit den übrigen Mitgliedern des Staats oder der Gemeine fordern, z. B. weil jemand mehr geplündert worden als andere; weil der Brand eben sein Haus getroffen hat usw. [• • •]

Dahingegen das Allgemeine Landrecht T. I Tit. X I I I § 236 verordnet, daß der, welcher etwas zu Abwendung des Schadens von andern getan hat, Entschädigung fordern kann, wenn auch die Sache nachher ohne Schuld des Besorgers annoch verlorengegangen ist. Es ist daher gewiß kein Grund vorhanden, die Entschädigungsverbindlichkeit weiter auszudehnen, als im Allgemeinen Landrecht geschehen ist. Die Nützlichkeit besonders des 3. Satzes wird sich in der Folge noch zeigen. Nimmt man diesen Satz an, so hat man gar nicht nötig, den so hart klingenden 3. Paragraphen des vorliegenden Entwurfs einzurücken. Aus diesem und mehrern in der Sache selbst liegenden Gründen dürfte der Entwurf des Reglements manchen Abänderungen unterworfen sein. Sollte er keiner gänzlichen Umarbeitung bedürfen, so werden wir doch größtenteils für die in der Beilage X V I I vorgeschlagenen Abänderungen 5 stimmen müssen. Dies vorausgeschickt, bemerken wir I I . i m Speziellen [...]« Es folgen einzelne Bemerkungen zur Einleitung und zum § 2. »ad § 3 und 4: Die §§ 3 und 4 dürften aus den oben im allgemeinen angeführten Gründen füglich ganz wegfallen können. Die Verbindlichkeiten des Staats und des Repräsentanten desselben sind kein Gegenstand des Gesetzes. Es klingt hart, wenn der Staat von aller Verbindlichkeit zum Schadensersatz freigesprochen wird; vielmehr erfordert Billigkeit und Politik, daß auch von Seiten des Staats alle Kräfte angewandt werden, den erlittenen Schaden wieder gutzumachen, wie nach dem Siebenjährigen Krieg geschehen ist. Soll daher dennoch dieser Paragraph beibehalten werden, so dürfte es ratsam sein, ihn etwa dahin zu fassen: So geneigt S. K. M. auch wären, zur Wiederherstellung der durch den Krieg erlittenen Schäden behülflich zu sein, so erlaubten doch dieses die den Franzosen zu bezahlenden Kontributionen und andere notwendige Ausgaben des Staats nicht, daher kein anderes Mittel als eine Ausgleichung zwischen den Untertanen übrigbleibe. ad. § 5: Auch der § 5 wird zessieren können. Nicht jede Beschädigung und Verwüstung, welche eine unmittelbare Folge der Kriegsoperationen war, qualifiziert sich zur Entschädigung. Denjenigen, welchen in der Nähe der Festungen Gebäude zu errichten erlaubt ist, ist gewöhnlich die Bedingung gemacht, daß solche bei einer bevorstehenden Belagerung demoliert werden müßten, und wo diese Bedingung nicht ausdrücklich gemacht ist, lag sie in der Natur der Sache. Der Erbauer mußte sie vorhersehen. Wer sich aber um seines Gewinstes oder um seines Vergnügens willen der Gefahr des Verlustes aussetzet, kann dafür weder vom Staat noch von seinen Mitbürgern Entschädigung verlangen. Nur wenn an Orten, wo keine Festung gewesen ist, neue Befestigungen

3. Februar 1809

123

angeleget werden, kann eine Entschädigung stattfinden; daher allenfalls der Paragraph folgendergestalt gefasset werden könnte: Wenn der Zweck der diesseitigen Kriegsoperationen neue Befestigungen an Orten, die nicht befestiget gewesen sind, erfordert hat und diese Befestigungen nur durch Zerstörung oder Verwüstung des Privateigentums haben erreichet werden können: So behält das Oberhaupt des Staats sich vor, nach näherer Erwägung aller Umstände den Leidenden aus den Beiträgen, die von dem Ganzen zu den Staatslasten aufgebracht werden, zu entschädigen.«6 1

gez. beide Schroetter, Abschrift in Rep. 77 Tit. 59 Nr. 26 Bd. 2 S. 1 1 0 . Undatiert und ungezeichnet, Abschrift in Rep. 77 Tit. 59 Nr. 26 Bd. 2 Acta adh. Bl. 120. 3 Sämtlich im gleichen Faszikel. 4 Beilage X I : Bericht der Ostpreußischen Kammer über den Entwurf zu einem Reglement über Ausgleichung der Kriegsschadenstände, Königsberg, 24. August 1808 (Ausf., gez. 7 Unterschriften, i. gl. Fasz. Bl. 143, mit Anlagen). Beilage X I V : Immediateingabe der ostpreußischen und litauischen Landesdeputation, Königsberg, 24. August 1808 (Ausf., gez. 8 Unterschriften, i. gl. Fasz. Bl. 1 8 1 ) . 5 Beilage X V I I : Minister Schroetter an Kanzler Schroetter, betr. Sammlung des Materials für die Bearbeitung des Kriegsschädenreglements und die inhaltlichen Abweichungen, Königsberg, 3. November 1808 (abschriftl. E x t r a k t i. gl. Fasz. Bl. 244; Konzept Morgenbesser, gez. Schroetter, in Rep. 77, Tit. 59 Nr. 26 B d . 2 S. 76). ® Großkanzler Beyme führt in seinem Gutachten zum Reglementsentwurf, Königsberg, 2 1 . J u n i 1809, aus: »Was die materiellen gesetzlichen Bestimmungen betrifft, so trete ich ganz dem Sentiment der Gesetzkommission bei, daß mit Ausnahme der nähern Bestimmungen, die die Eigenheiten des letzten Krieges nötig machen, es keiner neuen Festsetzungen bedürfe. Zu den von der Gesetzkommission angeführten Gründen kömmt noch der hinzu, daß seit der nach der gänzlichen Evakuation des Landes verflossenen Zeit die mehrsten Fälle bereits gütlich oder im Wege rechtens ausgeglichen sein werden.« (Eigh. u. gez. Beyme, in Rep. 77 Tit. 59 Nr. 26 Bd. 2 Acta adh. Bl. 251.) Die im Votum des Staatsrats Koehler, 19. J u l i 1809, geforderte Prüfung des Entwurfs durch das Finanzministerium (Bl. 253) wird im Votum des Staatsrats Jaeschke abgelehnt, da es dieses Ministerium nicht tangiere (undatiert, Bl. 254). 2

6. Februar 1809

124

44. Geheimer Staatsrat von Klewitz an den Minister Graf zu Dohna 1 Königsberg, 6. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 T i t . 183 Nr. 6 Bl. 5: A u s fertigung, gez. K l e w i t z ; Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 30: K o n z e p t eigh.

Einsendung des Einrichtungsplans für die Gesetzgebungssektion, Gesetzkommission und Oberexaminationskommission und Vorschlag zur Berufung Rehdigers in das Gesetzgebungsfach »Ew. Exzellenz lege ich den Einrichtungsplan für die Gesetzgebungssektion, Gesetzkommission und Oberexaminationskommission ganz gehorsamst vor. Wo er die Grundzüge der Königlichen Verordnungen vom 24. November und 16. Dezember v. J. 2 nur ausführt und ausfüllt, ist dies hoffentlich im Geiste dieser Vorschriften; wo er aber davon abweicht, ist es in der reinen Überzeugung geschehen, daß die Abweichung das Bessere sein könne und des Königs Majestät bei einer ganz neuen Einrichtung gerade das Beste wollen. Da der Plan hiernach in alle Ministerien eingreift, so bitte ich Ew. Exzellenz ganz gehorsamst, ihn selbst und durch die übrigen Ministerien prüfen, nach Errichtung des Staatsrats aber an diesen gelangen zu lassen. Seine Ausführung kann, insofern er angenommen und von des Königs Majestät vollzogen wird, nach und nach geschehen. Ich wünsche sogar noch die Verzögerung einer vollständigen Ausführung, um erst in Berlin noch persönlich Rücksprachen und Rücksichten über das dazugehörige Personal, besonders über die Mitglieder der Gesetzkommission zu nehmen und darauf meine Vorschläge der Personen zu gründen. Was jedoch schon jetzt Ew. Exzellenz gewiß ebenso wichtig als mir selbst sein wird, ist: dem Gesetzgebungsfache die Mitwirkung des Baron von Rehdiger zu sichern. Ew. Exzellenz kennen ihn aus seinen scharfsinnigen Vorschlägen zu einer Nationalrepräsentation und andern Aufsätzen, auch als Schriftsteller; er hat namentlich zu diesem Einrichtungsplan Beiträge geliefert, und seine Ideen vorzüglich liegen zum Grunde. Ich wünsche daher, daß er von Ew. Exzellenz Sr. Majestät dem Könige zum Staatsrat bei der Gesetzgebungssektion mit 2. 500 rt. Gehalt vorgeschlagen werde, und bitte hierum ganz gehorsamst.3«

1

I m K o n z e p t ursprünglich auch an den Minister Freiherr von Altenstein gerichtet; die dementsprechende Pluralform Exzellenzien wurde schon dort verbessert.

2

»Verordnung, die veränderte Verfassung der obersten Verwaltungsbehörden in der preußischen Monarchie betreffend«, Königsberg, 24. N o v e m b e r 1808, siehe Bearbeitung in R M Stein I I I , Nr. 328, S. 1088 ff. »Publikandum, betreffend die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden der preußischen Monarchie in Beziehung auf die innere Landes- und Finanz Verwaltung«, Königsberg, 16. Dezember 1808, siehe Bearbeitung in R M Stein I I I , Nr. 333, S. 1149 ff.

3

K l e w i t z wird am 9. März 1809 von D o h n a benachrichtigt, daß die Ernennung Rehdigers unter den vorgeschlagenen

Bedingungen

durch

K . O. vom 4. März

erfolgt ist. (Ausf., gez. Dohna, in Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 43.)

6. Februar 1809

125

45. »Einrichtungsplan für die Gesetzgebungssektion, Gesetzkommission und Oberexaminationskommission« Königsberg, 6. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 31: Konzept Klewitz.

§ 1. Der Zeitgeist und die Lage des preußischen Staats macht es dringend ratsam, daß die Regierung die Nation in sich aufnehme und ihre Intelligenz durch eine Stellvertretung um sich versammle. Eine solche Repräsentation ist also das Bessere, worauf hingearbeitet werden muß, und die jetzige Anordnung von ständischen Repräsentanten in der Gesetzgebung und Verwaltung 1 nur eine Vorbereitung dazu, ein Übergang, ein Interimistikum. § 2. Selbst diese einstweilige Einrichtung muß aber allgemein und nicht teilweise sein. Ist eine Gesetzgebungsbehörde mit ständischen Repräsentanten für die Ministerien des Innern und der Finanzen wünschenswert, so muß sie es auch für die Ministerien der Justiz-, Militär- und auswärtigen Angelegenheiten sein, soweit diese in das Interesse der Nation eingreifen 2 . Die Justizgesetzgebung ist daher wirklich 3 durch die Verordnungen vom 24. November und 16. Dezember v. J . 4 dahin gewiesen. Aber für die Militär- und des auswärtigen Departements innere Verhältnisse 5 fehlt den Ministerien, dem Könige selbst und der Nation eine solche Behörde; und doch ist allen Teilen die Prüfung von z. B. Konskriptionsgrundsätzen, Kriegsartikeln, Vorschriften für die Konsulate gewiß nicht minder wichtig. Daß viele dieser Gegenstände in das Innere und Finanzwesen 6 eingreifen, ist zufällig; dem Zufall aber darf 7 hierbei nichts überlassen werden; und soll in der Gesetzgebung nicht Mißverhältnis 8 entstehen, so muß sie eine einzige allgemeine Behörde sein und diese von allen Fächern Mitglieder in sich aufnehmen.

»DieEinrich^eif eiMt"01 weMg;

aber allgemein,

Auch die höheren Staatsbeamten müssen in ihrer Fähigkeit zum Dienst gleichen Schritt halten. Das läßt sich aber nicht erwarten, solange für das diplomatische Fach gar keine und für die Justiz eine besondre Prüfungsbehörde dasteht. Diese sollte daher für die Ministerien des Innern und der Finanzen, der Justiz und der auswärtigen Verhältnisse eine einzige allgemeine sein, aber von allen diesen Fächern Mitglieder erhalten, so daß bloß das Militär wegen der gänzlichen Ungleichartigkeit seiner Bestimmung isoliert bliebe und es also eine einzige oberste Prüfungsbehörde für das ganze Zivil gäbe. Darauf ist denn auch dieser Plan gerichtet.9 § 3. Die Gesetzgebungssektion hat zu ihrem Wirkungskreise Wirkungskreis 1. die Prüfung der neuen Gesetze, allgemeinen Einrichtungen und größeren Staatsoperationen; auch ein Vorschlagsrecht zu solchen. 10 2. Die Prüfung der künftigen höheren Staatsdiener im Zivil; 3. die Redaktion der Gesetzsammlungen, namentlich der beabsichteten Polizeigesetzsammlung aus den schon vorhandenen Gesetzen; 11

126

Was ist Gesetz, allgem. Einrichtung u. Staatsoperation?

§ 4.

Geschäftsgrenze zwischen

§

5.

a) der Gesetzkommission

§

6.

b) der Oberexaminationskommission

§ 7.

c) der Gesetzgebungssektion selbst

§ 8.

6. Februar 1809

4. die Herausgabe eines periodischen Gesetzblattes zur allgemeinsten Kundmachung der neuen Gesetze; 5. die jährliche Aufgabe und Beurteilung von Preisfragen über wichtige Gesetzgebungsgegenstände. Erteilt der Staat Vorschriften, die irgend etwas Wesentliches in den Sozialverhältnissen bestimmen und regulieren kraft der gesetzgebenden Gewalt, so sind dies Gesetze; erteilt er sie kraft der ausübenden Gewalt, so sind dies, je nachdem sie dauernd oder vorübergehend sein sollen, Staatseinrichtungen oder Staatsoperationen 12 . Neue allgemeine Einrichtungen sind also allgemeine dauernde Maßregeln des Staats, wodurch die Verfassung seiner Administration wesentlich modifiziert wird; größere Staatsoperationen aber allgemeine Staatsmaßregeln 13 , die (wie z.B. Anleihegeschäfte) zwar nur vorübergehend in die Verwaltung oder Verfassung eingreifen, aber doch die wichtigsten Interessen der Nation berühren und mit der National Wohlfahrt in wesentlicher Verbindung stehen. Ob und wie weit eine Vorschrift oder Maßregel zu diesen Kategorien gehöre, beurteilt, insofern sie von den Verwaltungsbehörden beabsichtet wird 14 , die Gesetzgebungssektion, insofern aber von dieser selbst der Vorschlag dazu herrührt, der Staatsrat. Die Gesetzgebungssektion betreibt ihre Geschäfte teils selbst, teils durch die ihr untergeordnete Gesetzkommission und Oberexaminationskommission. Der Gesetzkommission gebührt die Prüfung und als Resultat davon das Gutachten über alle neuen Gesetze, also auch über Abänderung oder Abschaffung der alten 15 . Was als dahin gehörig anerkannt ist, es rühre von den Verwaltungschefs oder der Gesetzgebungssektion selbst her, muß ihrer Prüfung vorgelegt werden. Der Oberexaminationskommission gebührt die Prüfung zu den höheren Zivilstellen und als Resultat dieser Prüfungen das Gutachten über die Qualifikation der Geprüften. Ohne ihre Prüfung und ihr Zeugnis kann niemand zu einem solchen Posten 16 gelangen. Alle Ratsstellen bei den Provinziallandeskollegien und solche Posten, die ihnen gleich oder höher sind, erfordern eine solche Prüfung. 17 Der Gesetzgebungssektion selbst bleiben also zu ihrem eignen 18 Geschäftskreise : 1. die Einleitung zu den Prüfungen beider Kommissionen und die Beförderung ihrer Gutachten; 2. die Aufsicht auf beide Kommissionen; 3. die Liste der geprüften Personen; 19 4. die Beurteilung, ob und was nicht zur Kompetenz der Sektion gehöre, mit der im § 4 bestimmten Ausnahme 20 ; 5. die Prüfung der von den Verwaltungsbehörden beabsichteten neuen allgemeinen Einrichtungen und größeren Staatsoperationen; 6. der eigene Vorschlag von neuen Gesetzen, von Abänderung oder Abschaffung der alten, von allgemeinen Einrichtungen und größeren Staatsoperationen nebst den Entwürfen dazu; 21 7. die Gesetzsammlungen 22 ,

6. Februar 1809

127

8. das Gesetzblatt, 9. die Preisfragen, 10. laufende Korrespondenz wegen aller dieser Gegenstände und wegen Hülf snachrichten. § 9. Zum lebendigen und gehörigen Betrieb aller dieser so wichtigen Geschäfte Personal sind wenigstens einige Männer nötig 23 , die sich dem Gesetzgebungsfache a> der Sektion ausschließlich widmen und wovon jeder in einem Hauptzweige desselben vorzügliche Kenntnis besitze. Die Gesetzgebungssektion selbst bedarf daher unter dem Vorsitz des Geh. Staatsrats 3 Staatsräte, die zugleich Mitglieder der Gesetzkommission sind: a) für Staatswirtschaft und Polizei, b) für politische Architektonik und die höhern Staatsverhältnisse, c) für Zivil- und Kriminalrecht; an Subalternen aber, die zugleich beiden Kommissionen dienen: 3 Expedienten mit Inbegriff des Journalisten 6 Kanzleibeamte mit Inbegriff des Registrators. 24 Hülfsarbeiter sind: Die Geheimen Referendarien des Staatsrats, auf welche wegen ihres Wechsels und wegen Ungewißheit ihres Fachs doch nicht bestimmt zu rechnen ist. Das bleibende Personal wird vollständig besoldet. Die Staatsräte schlägt der Geheime Staatsrat dem Minister des Innern und dieser dem Könige vor; bei dem juristischen Staatsrat tritt an die Stelle des Ministers des Innern der Großkanzler. Die Staatsräte werden künftig aus der Gesetzkommission genommen. 25 Die Subalternen bestallt der Geheime Staatsrat. § 1 0 . Die Gesetzkommission besteht aus b) der Gesetzordentlichen Mitgliedern kommission auswärtigen Mitgliedern und Ehrenmitgliedern. Auch arbeiten die Geheimen Referendarien des Staatsrats bei derselben. Die Subalternen der Sektion dienen auch hier. 26 Ordentliche Mitglieder sind die obgedachten 3 Staatsräte 20 Beisitzer und 15 ständische Repräsentanten 38 überhaupt; also 39 mit Inbegriff des Vorsitzenden Geheimen Staatsrats. Auswärtige Mitglieder werden sowohl vom Ein- als Auslande genommen. Ihre Zahl ist unbestimmt. Ehrenmitglieder sind solche anwesenden oder entfernten Mitglieder, die nach Verhältnissen oder Stand eine höhere Auszeichnung als bloße Beigesellung erwarten dürfen. Ihre Anzahl läßt sich nicht bestimmen, darf aber nicht groß sein 27 . § 1 1 . Zu den ordentlichen Beisitzern werden Staatsbeamte von vorzüglichen 1. ordentliche Kenntnissen genommen, und zwar so, daß die verschiednen Fächer der Beisitzer Gesetzgebung mit ausgezeichneten Männern möglichst gleich besetzt sind.

128

6. F e b r u a r 1809

Sie werden aber nicht für diese besondern Fächer, sondern für das Ganze berufen und mit einem Nebengehalt (etwa 300 rt.) versehen. Auch dazu geeignete Militärpersonen sind unter ihnen. Die ordentlichen Beisitzer ernennt der König auf den Gesamtvorschlag der Minister im Staatsrat. Den Ministern schlägt die Gesetzkommission selbst die Kandidaten vor, und jene hören über diese noch besonders das Gutachten des Geheimen Staatsrats.28 2. ständische § 12. Zur Ernennung der ständischen Repräsentanten konkurriert des NationalRepiaseotanVertrauens wegen die Nation selbst; und es muß dabei unbewegliches und bewegliches Eigentum und Geisteskraft, also der große Landbesitz, der angesessene Bauernstand, der städtische Grundbesitz, der Handel, die Fabrikation und der gelehrte Stand nach Möglichkeit repräsentiert werden. Dies geschieht, da die jetzigen Ständeverfassungen der Provinzen unvollständig und fehlerhaft, weitläuftige Formen aber nicht ratsam sind, bis zur Einrichtung einer bessern Repräsentation durch 1 Repräsentanten (für den gelehrten Stand), welchen die Akademie der Wissenschaften ernennt, 3 Repräsentanten (für Handel, Fabrikation und städtischen Grundbesitz) für jetzt von den 3 Hauptstädten29 Berlin, Königsberg und Breslau ernannt, so daß eine jede einen gibt. Die Wahl geschieht nach den Formen der Städteordnung wie bei den Magistratspersonen durch die Stadtverordneten. In der Folge wird ein Wahlturnus mit den übrigen Städten festgesetzt. 8 Repräsentanten (für die größeren Gutsbesitzer) von den acht Kammerdepartements. Jeder Kreis'ernennt auf seinem Kreistage einen Kandidaten, und aus allen diesen Kandidaten ernennt der König jene 8 Repräsentanten. 3 Repräsentanten (für die kleineren Gutsbesitzer oder den angesessenen Bauernstand) nach den 3 Oberpräsidialbezirken für jetzt noch vom Könige ernannt, bis eine Wahlform vorhanden und die Bevormundung aufhören kann, jedoch schon, wo möglich, aus diesem Stande selbst30. Die ständischen Repräsentanten können nicht ausschließlich für bestimmte Fächer der Gesetzgebung, der eine für dieses, der andre für jenes, ernannt werden. Das würde die Wahl zu sehr beschränken; es ist genug, daß die ernennende Behörde31 ihren Repräsentanten in irgendeinem Gesetzgebungsfache vorzügliche Erfahrenheit beilege und daß er sich zu dieser bekenne. In der Folge kann durch Beratung mit den ersten Repräsentanten die ganze Wahlform für die neue Ernennung verbessert werden. Die Repräsentanten werden des ersten Versuchs wegen auf ein Jahr ernannt und von den ernennenden Behörden oder, soweit dies noch nicht die Nation ist, von den Ständen, welche durch sie repräsentiert werden, unterhalten. 3. auswärtige § 13. Die auswärtigen Mitglieder vom Ein- und Auslande müssen als SchriftMitglieder steller oder Geschäftsmänner im Gesetzgebungsfach sich besonders ausgezeichnet haben. Ihre Ernennung geschieht wie bei den ordentlichen

6. Februar 1809

129

Beisitzern. 32 Gleich ihnen haben sie auch Sitz und Stimme in der Kommission, so oft sie darin persönlich erscheinen. Sie werden nicht besoldet, erhalten aber, insofern sie es verlangen, für Gutachten, die von ihnen eingezogen sind, Remuneration. § 14. Bei den Ehrenmitgliedern verhält es sich mit ihren Eigenschaften, ihrer Ernennung und ihrem Recht zu Sitz und Stimme wie bei den auswärtigen 33 Mitgliedern. In Fällen, wo der Geheime Staatsrat der Gesetzgebung den Vorsitz selbst zu führen behindert wird (z. B. § 18), kann solcher einem anwesenden Ehrenmitgliede übertragen werden. § 15. Die Staatsräte werden künftig aus den ordentlichen Beisitzern oder auswärtigen Mitgliedern genommen; auch sie gelangen also nur durch die Gesetzkommission selbst zur Mitgliedschaft in derselben.34 § 16. Die Oberexaminationskommission hat teils allgemeine, teils besondre Mitglieder, jene für alle, diese für einzelne Zivilministerien. Allgemeine Mitglieder sind: 2 Staatsräte von den 2 Unterrichts- und Gesetzgebungssektionen; besondre Mitglieder aber: a) für die Ministerien des Innern und der Finanzen: 4 Staatsräte von den 4 Sektionen der allgemeinen Polizei, Gewerbepolizei, Domänen und Abgaben nebst 1 Justitiarius dieser Sektionen; b) für das Justizministerium: 2 Geheime Justizräte und c) für das Ministerium der auswärtigen Verhältnisse: 1 Geheimer Legationsrat

4. Ehrenmitglieder

5. Staatsräte

c) der Oberexaminationskommission

10, jedoch so, daß die Kommission sich nach den Hauptfächern in 3 Deputationen teilt und von diesen die polizeilich-finanzistische35 aus 7, die juristische aus 4 und 36 die diplomatische aus 3 Mitgliedern37 besteht. Die Subalternen hat die Kommission und eine jede Deputation mit der Gesetzgebungssektion gemein. Den Vorsitz führt der Geheime Staatsrat der Gesetzgebung. Er wohnt in der Regel den Prüfungen bei; das Recht hierzu haben auch die übrigen Chefs bei Kandidaten ihres Ressorts; bei allen aber und sogar die Verbindlichkeit zur öfteren Ausübung desselben hat der Geheime Staatsrat des Unterrichts38, damit er stets das gehörige Verhältnis zwischen der Bildung für die verschiedenen Wirkungskreise und diesen Wirkungskreisen selbst erhalte39. § 17. Der Geschäftsgang und -betrieb schließt sich an den allgemeinen an, Geschäfts40 soweit nicht Eigentümlichkeiten des Verhältnisses nähere Bestimmung betrieb a) bei der Sekfordern. tion selbst Die Gesetzgebungssektion hat nach § 3 bei den Gesetzen, Staatseinrichtun- 1. Prüfungsrecht gen und Operationen ein Prüfungs- und ein VorschlagsrecAi. Kraft des 41 ersten müssen ihr nach § 4 alle von den Verwaltungschefs beabsichteten Vorschriften und Entwürfe 42 , die nur irgend den Charakter eines Gesetzes, einer allgemeinen neuen Einrichtung oder größern Staatsoperation haben

130

6. Februar 1809

können, nebst den Akten 4 3 vorgelegt werden. Sie entscheidet darauf, ob sie diesen Charakter ganz und durchaus oder nur zum Teil oder gar nicht haben. Soweit dieser Charakter nicht vorhanden ist, darf die Freiheit der Administration nicht beschränkt werden. Die Sektion teilt also im letzten Fall sogleich dem Verwaltungschef 44 ihre Überzeugung mit und gibt den Entwurf zurück; zeichnet im zweiten Fall bloß 45 die zur Prüfung geeigneten Stellen des Entwurfes aus und übergibt diese so wie im ersten Fall den ganzen Entwurf der näheren Prüfung. Diese geschieht bei Gesetzen von der Gesetzkommission, bei Einrichtungen und Operationen von der Sektion selbst durch die Staatsräte mit oder ohne Zuziehung von sachkundigen Mitgliedern der Gesetzkommission. Das Resultat der Prüfung wird als Gutachten durch die Gesetzgebungssektion dem Verwaltungschef überschickt und von ihm nebst seinem Entwurf in den Staatsrat zur Entscheidung gebracht, insofern der Chef nicht etwa zur gänzlichen Zurücknahme des Entwurfs sich veranlaßt findet. 46 2. Vorschlags- § 18. Bei dem Vorschlagsrechte der Sektion steht es zwar einem jeden Mitgliede recht der Gesetzkommission frei, seine Bemerkungen und Wünsche wegen neuer Gesetze, Abänderung oder Abschaffung der alten, selbst wegen Staatseinrichtungen und Staatsoperationen vorzulegen; das Recht selbst aber übt der Geheime Staatsrat der Gesetzgebung in folgender Art aus. Ihm werden jene Bemerkungen vorgelegt, und es hängt von ihm ab, davon Gebrauch zu machen. Findet er dies ratsam oder selbst Vorschläge zu tun, so berät er sich darüber mit den ihm untergeordneten Staatsräten mit oder ohne Zuziehung von Mitgliedern der Gesetzkommission, und nachdem sie beschlossen und abgefaßt sind, teilt er sie dem betreffenden Verwaltungschef mit. 47 Dieser bringt sie in den Staatsrat zum Vortrag und zu dessen Entscheidung, ob sie zur Sphäre der Gesetzgebungssektion gehören oder nicht. Im letzten Fall werden sie als inkompetent vom Staatsrat verworfen, im ersten aber von demselben zwar die Gesetzesvorschläge an die Gesetzkommission und Einrichtungs- und Staatsoperationsvorschläge an die Gesetzgebungssektion geschickt; jedoch muß dann in der Kommission sowohl als Sektion bei der Prüfung statt des Geheimen Staatsrats ein anwesendes Ehrenmitglied präsidieren; auch muß die Sektion die sachkundigen Mitglieder der Gesetzkommission dabei zuziehen. 48 b) bei der Ge- §19. In der Regel führt bei der Gesetzkommission der Geheime Staatsrat der setzkommission Gesetzgebung den Vorsitz und hat Stimme gleich den Mitgüedern, so daß die Stimme des Präsidenten 49 nur bei Stimmengleichheit entscheidend ist. Alle Mitglieder ohne Unterschied haben, insofern sie in der Versammlung anwesend sind, gleiches Stimmrecht. Zu den Sitzungen treten sie alle ohne Abteilung zusammen, bilden also ein Plenum. Für eine jede Gesetzgebungssache werden nach Verhältnis ihrer Wichtigkeit 2, 3 bis 4 Mitglieder zur Prüfung ernannt, und zwar, insofern nicht Eile der Sache davon abhält 50 , durch kollegialische Majorität; unter ihnen muß jederzeit wenigstens ein ständischer Repräsentant sein. Sie geben einzeln und schriftlich ihre Gutachten ab, und über diese wird sodann mündlich debattiert.

6. Februar 1809

§ 20.

§21.

§ 22.

§ 23.

10

131

Ist die Gesetzgebungssache besonders wichtig, so muß darüber mehrmals und an verschiedenen Tagen 51 debattiert werden. Den Beschluß entscheidet die Stimmenmehrheit. Die Gesetzkommission genießt für solchen die höchste Freiheit und Unabhängigkeit; sie ist dafür bloß dem Könige verantwortlich. Die Beschlüsse befördert der Geheime Staatsrat weiter. Durch ihn gelangen die Sachen an die Gesetzkommission und aus derselben; Ausnahmen davon macht § 18 und etwanige Korrespondenz. 52 Außer diesem Plenum gibt es nur noch einen bleibenden 53 juristischen 2. juristischer Ausschuß von den juristischen Mitgliedern zu speziellen Versammlungen. A t m c h u a Er hat alle Vorarbeiten zu den Gutachten über das eigentliche Zivil- und Kriminalrecht und die Prozeßordnung; auch die Entscheidung der im Wege des Rechtsganges veranlaßten Interpretationsfragen, solange dieses Erklärungsrecht der Gesetzkommission nicht aufgehoben wird. Der juristische Staatsrat (§ 9) präsidiert darin. 54 Für die Oberexaminationskommission läßt sich über die Art und die c) beideroberGegenstände der Prüfung für jetzt nur vorschreiben, daß diese zweck- examinationskommission mäßig und vollständig sein müsse. Die beste Methode der Prüfung muß mit der Unterrichtssektion und die Fächer selbst müssen mit den Verwaltungschefs verabredet werden. Die Fassung der Zeugnisse folgt aus den Prüfungen selbst als Resultat, und hierüber haben alle Mitglieder der Oberexaminationskommission gleiches Stimmrecht. Bei Gleichheit der Stimmen gilt das strengere Urteil. Der Vorsitzende Geheime Staatsrat stimmt nicht mit, weil er nicht mitprüft. Die Prüfungen selbst und was ihnen vorangeht verfügt die Sektion; sie erhält auch die Zeugnisse, befördert sie weiter und führt darnach die Liste der Geprüften. Von einer jeden Versorgung zu höheren Zivilstellen 55 bekömmt sie Nachricht, um dadurch jene Liste sowohl, als daß kein Ungeprüfter sich einschleiche, zu kontrollieren. Soweit zur Redaktion der Gesetzsammlungen56 und des Gesetzblattes die GesetzsammKonkurrenz der Gesetzkommission oder einzelner Mitglieder nötig oder langen« und nützlich ist, kann die Sektion solche verlangen. Gesetzblatt Ein jeder Zusammentrag von vorhandenen Gesetzen zu einer Gesetzsammlung muß der Gesetzkommission und den Verwaltungschefs vorgelegt werden, bevor ihr Druck veranlaßt wird. 57 Das periodische Gesetzblatt dient hauptsächlich zur allgemeinsten Kundbarmachung der neuen oder abgeänderten 58 Gesetze, kann aber auch Auszüge aus den Verhandlungen der Gesetzkommission darüber oder andre offizielle Äußerungen deshalb aufnehmen, darf dagegen keine Privatäußerungen darüber enthalten; über jene Aufnahme entscheidet der Geheime Staatsrat der Gesetzgebung selbst. Alle zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Hülfsnachrichten nicht durch Hülfsnachdie Dazwischenkunft der vielleicht interessierten Oberbehörden, sondern richten unbefangen auf dem kürzesten Wege zu erhalten, ist besonders für die Gesetzgebungssektion wichtig. Sie ist daher berechtigt, solche unmittelbar von den nächsten Behörden oder einzelnen Mitgliedern derselben 59 zu verlangen, und diese sind verbunden, sie ihr unmittelbar zu geben. Fordert

Stein/Hardenberg

132

Preisfragen

§ 24.

Wissenschaftliehe Verbindung

§ 25.

Pepiniire für Staatsbeamte

§ 26.

6. Februar 1809

die Wichtigkeit, Verwickelung oder Eile der Sache mündliche Erläuterung, so kann die Sektion einen Deputierten zur persönlichen Rücksprache verlangen. Wäre von unbestimmten Projekten nicht eine Überschwemmung zu besorgen, so würde vielleicht eine Prämie von 100 Dukaten gerade ohne alle Bestimmung bloß auf das beste Projekt überhaupt zu etwas Vorzüglichem führen. Wenigstens aber wird über einen bestimmten Gesetzgebungsgegenstand jährlich ein Preis, und zwar von 100 Dukaten, auszusetzen sein, um dadurch gute Köpfe zu reizen. Zur gegenseitigen Mitteilung und Benutzung der Kenntnisse, Bücher- und anderer Sammlungen wird die Gesetzkommission mit dem Plenum der wissenschaftlichen und technischen Deputation aller obersten Verwaltungsbehörden 60 in Verbindung gesetzt. Die Beschäftigung der Geheimen Referendarien im Staatsrat, in der Gesetzgebungssektion und Gesetzkommission gewährt ihnen die Ubersicht von den wichtigsten allgemeinsten und mannigfaltigsten Gegenständen der Verwaltung sowohl als Gesetzgebung in allen Geschäftszweigen. Sie bildet also die zweckmäßigste Pflanzschule für höhere Staatsbeamte. Nur Räte aus den Landeskollegien und ihnen gleich oder mehr geltende Beamte werden darin aufgenommen. Ihre Beschäftigung darin ist nur einstweilig und gibt noch kein Recht, wohl aber Anspruch auf jene höhere Beförderung. Sie behalten daher inzwischen ihr eigentliches Amt und können zu demselben zurückkehren und zurückgesandt werden.«61

Ursprüngl.: »Verwaltung wohl nur«, dabei wurde »wohl« erst zugefügt, dann wieder gestrichen. 2 Der letzte Nebensatz ist am Rande zugefügt. 3 Lautete ursprüngl.: »die ersten sind auch wirklich schon«. 4 Siehe Nr. 44 Anm. 2. 5 Lautete ursprüngl.: »Aber für die Militär- und auswärtigen Verhältnisse«. 6 Nur aus dem Inhalt zu erschließen, da das Blatt am Rand beschädigt ist. 7 Ursprüngl.: »aber kann«. 8 Ursprüngl.: »und sollen . . . Mißverhältnisse«. 9 Der letzte Satz ist zugefügt. 10 Punkt 1 lautete ursprünglich: »die Prüfung und der Vorschlag von Gesetzen, neuen Einrichtungen und größeren Staatsoperationen;« 11 Lautete ursprünglich: »die Redaktion der Gesetzbücher, namentlich des beabsichteten Polizeigesetzbuches aus den vorhandenen Gesetzen;« 12 »Staats« ist zugefügt. 13 Bis hierher neue Fassung des § 4 statt der folgenden Streichung: »Unter Gesetzen sind Vorschriften der höchsten Gewalt zu verstehen, insofern dadurch irgend etwas Wesentliches in den Sozialverhältnissen bestimmt und reguliert wird. Neue allgemeine Einrichtungen sind allgemeine dauernde Maßregeln des Staats, wodurch die Verfassung seiner Administration [dafür darübergeschrieben und wieder gestrichen: »seine Verfassung oder Verwaltung«] wesentlich modifiziert wird. Unter größeren Staatsoperationen sind allgemeine Staatsmaßregeln zu verstehen,« 1

6. Februar 1809 14

15

16 17 18 19 20 21 22 23 24 25

26 27 28

29 30 31

32

33 34 35 36 37 38

39

40 41 42 43 44

45 46

133

Verbessert s t a t t : »insofern sie zur Prüfung der Gesetzgebungsbehörde vorgelegt wird oder kommen sollte«. Verbessert s t a t t ursprüngl.: »über neue Gesetze, Abänderung der alten, allgemeinen Einrichtungen und größeren Staatsoperationen.« Mehrfach verbessert, und zwar: »einer solchen Bedienung«, »einer solchen Stelle«. Dieser Satz ist am Rande zugefügt. Verbessert statt ursprüngl.: »verbleiben also zu ihrem Geschäftskreise«. Dazwischengeschobener P u n k t , stand weiter unten unter 4. »mit der im § 4 bestimmten Ausnahme« ist zugefügt. 5. und 6. sind zum größten Teil am Rande zugefügt. S t a t t ursprüngl.: »die Gesetzbücherredaktion«. Lautete ursprüngl.: »Zum Betrieb aller dieser Geschäfte sind Männer nötig«. In dieser A u f z ä h l u n g zahlreiche Streichungen und Verbesserungen. Lautete ursprüngl.: »Die Staatsräte schlägt der Geheime Staatsrat unter Zustimmung des Ministers des Innern oder im Justizfach des Großkanzlers dem Könige vor. Sie werden . . .«. Der letzte Satz ist zugefügt. »darf aber nicht groß sein« ist zugefügt. Der T e x t lautete ursprüngl.: »Den Ministern schlägt künftig die Gesetzkommission die K a n d i d a t e n vor, und jene hören über diese das Gutachten des Geheimen Staatsrats. D a die Staatsräte künftig aus den ordentlichen Beisitzern genommen werden sollen, so gelangen auch jene nur durch die Gesetzkommission selbst zur Mitgliedschaft in derselben.« Ursprüngl.: »3 Repräsentanten (. . .) von den 3 Residenzstädten«. »jedoch schon, wo möglich, aus diesem Stande selbst« ist zugefügt. Lautete ursprüngl.: »der andre für jenes, ernannt werden; es ist genug, daß der ständische Repräsentant«. Der Paragraph begann ursprüngl.: »Die auswärtigen Mitglieder werden v o m Einund Auslande genommen und müssen als Schriftsteller oder Geschäftsmänner im Gesetzgebungsfach sich ausgezeichnet haben. Ihre Ernennung geschieht wie bei den ordentlichen Mitgliedern.« Ursprüngl.: »außerordentlichen«. Dieser Paragraph ist am R a n d e zugefügt. Verbessert statt ursprüngl.: »kameralistische«. Verbessert statt »aus 3 und«. Verbessert statt »aus 2 Mitgliedern«. Der T e x t lautete ursprüngl.: »die übrigen Chefs und die Verbindlichkeit zur öfteren Ausübung desselben besonders der Geheime Staatsrat des Unterrichts«. Ursprüngl.: »zwischen der Bildung zu den verschiedenen Wirkungskreisen und diesen selbst aufrechterhalte.« Verbessert s t a t t : »Geschäftsgang und -betrieb«. Bis hierhin ist der A b s a t z a m Rande zugefügt. Verbessert s t a t t : »beabsichteten Vorschriften und Maßregeln«. »nebst den Akten« ist zugefügt. Verbessert statt ursprüngl.: »Die Sektion gibt also im letzten Fall dem Chef ihre Überzeugung mit«. »bloß« ist zugefügt. Der T e x t ist v o n »näheren Prüfung« bis »als Gutachten« am Rande zugefügt statt der ursprünglichen Fassung: »den ganzen Entwurf der Gesetzkommission zum Gutachten. Dieses wird . . . und von ihm, insofern er nicht dadurch zur Zurück-

10*

134

6. Februar 1809

nähme des Entwurfs nebst seinem Entwurf«; davon ist »insofern er nicht dadurch zur Zurücknahme des Entwurfs« gestrichen. 47 Der Text dieses Paragraphen ist vom Anfang bis »so berät er sich darüber mit« am Rande zugefügt statt des gestrichenen Anfangs: »Das Vorschlagsrecht der Sektion zu Gesetzen, Staatseinrichtungen und -Operationen übt der Geheime Staatsrat der Gesetzgebung in der Art aus, daß er sich über solche Vorschläge mit den ihm untergeordneten Staatsräten . . .«. 48 Dieser Absatz ist von »und zu dessen Entscheidung« am Rande hinzugefügt. Davor ist folgender Absatz gestrichen: »Jedem Mitgliede der Gesetzkommission steht es frei, seine Bemerkungen oder Vorschläge wegen neuer Gesetze oder Einrichtungen dem Geheimen Staatsrat mitzuteilen; ob aber davon auf jenem Wege Gebrauch gemacht werden soll, hängt von diesem ab.« Der nach dem. hinzugefügten Absatz gleichfalls gestrichene Text lautete: »Dieser bringt sie in dem Staatsrat zum Vortrag, wo sie dann, je nachdem der Staatsrat sie als zur Gesetzgebungssphäre gehörig oder nicht gehörig anerkennt, entweder an die Gesetzkommission befördert oder als inkompetent verworfen werden. [Von diesem Satz blieb ungestrichen: »Dieser bringt sie in dem Staatsrat zum Vortrag«.] Bei ihrer Prüfung in der Gesetzkommission präsidiert sodann ein anwesendes Ehrenmitglied.« 49 »die Stimme des Präsidenten« ist zugefügt. 50 »insofern nicht Eile der Sache davon abhält« ist zugefügt. 51 Lautete ursprüngl.: »und wenigstens an drei verschiedenen Tagen«. 52 Dieser Absatz ist am Rande zugefügt. 53 »bleibenden« ist verbessert statt »besondern«. 64 Dieser Satz ist zugefügt. 55 Verbessert statt ursprüngl.: »Staatsstellen«. 56 Verbessert statt ursprüngl.: »Gesetzbücher«. 67 Dieser Satz ist zugefügt. Er enthält mehrere stilistische Änderungen. 68 »oder abgeänderten« ist zugefügt. 59 »oder einzelnen Mitgliedern derselben« ist zugefügt. 60 Verbessert statt ursprüngl.: »sämtlicher Verwaltungsbehörden«. 61 Vor Fixierung des Einrichtungsplans war auf Anforderung von Nachrichten über die Verfassung und Verbesserung der Gesetzkommission durch Klewitz vom 29. Dezember 1808 von dem Geh. Tribunalspräsidenten v. Grolman ein Votum »über die Einrichtung, Verfassung und Geschäftsverwaltung der Gesetzkommission« am 12. Januar 1809 vorgelegt worden. Dazu erfolgten die Stellungnahmen der Mitglieder der Kommission, und zwar des Geh. Tribunalsrats Pfeiffer vom 14., des Geh. Oberfinanzrats v. Scheibler vom 15., des Justizministers v. Kircheisen vom 16., des Direktors und Geh. Oberfinanzrats v. Beyer sen. vom 19., der Geh. Oberfinanzräte Ransieben vom 21., Gerhard vom 23., Wilckens vom 23. und Goecking vom 25. Januar 1809 (sämtliche eigh. Schreiben in Rep. 84 Tit. I X ad Nr. 3 Bl. 9 ff.). Die gemeinsame Stellungnahme der gesamten Gesetzkommission zu ihrer Neuorganisation vom 10. Februar 1809 ging als Ausfertigung an Klewitz, der am Kopf des Blattes vermerkte: »Bei dem heutigen Vortrag in Pleno ist beschlossen, diese Korrespondenz als erfolglos einzustellen und für jetzt zu den Akten zu nehmen, bis der Inhalt bei dem vorgelegten Organisationsplan mit erwogen werden kann. Königsberg, 23. Februar 1809, Klewitz« ( Rep. 77 Tit. 950 Nr. 5 Bd. 1 Bl. 14).

9- Februar 1809

135

46. Immediatbericht des Großkanzlers Beyme Königsberg, 9. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 89 A Tit. 26 Nr. 4 Bd. 2 Bl. 27: Ausf., gez. Beyme (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 31858).

Bedenken gegen die Extradition von Domänenpfandbriefen an die Landschaft »E.K.M. haben in einer an die Ostpreußische Generallandschaftsdirektion erlassenen Höchsten Kabinettsordre vom 8. Juli v. J. 1 derselben zuzusichern geruhet, daß der Landschaft behufs ihrer Kreditoperationen für den nächsten Weihnachtstermin Domänenpfandbriefe im Betrage von 300.000 rt. zum einjährigen Gebrauch überlassen werden sollen. Auf den Grund dieser Zusicherung hat jetzt die Landschaft für 300.000 rt. Pfandbriefe auf die Domänenämter Caymen, Mehlaucken, Saalau und Taplaken verfertigt und solche der Hypothekenbehörde zur Eintragung eingereicht. Die Eintragung ist erfolgt, die Pfandbriefe sind der Landschaft zurückgegeben und von dieser bereits dem Landschaftsagenten Caspar ausgehändigt, der sie schleunigst nach Berlin expediert hat. E.K.M. haben in dem Edikt und Hausgesetze über die Veräußerlichkeit der Domänen 2 ausdrücklich zu bestimmen geruhet, daß die Verschuldung der Domänen nur dann geschehen soll, wenn das wahre Bedürfnis des Staats eintritt und mit dem geliehenen Kapitale Schulden des Staats bezahlt werden, die in Erhaltung desselben entstanden sind. In solchen Fällen soll die Schuldurkunde nicht nur von E.K.M. Höchstselbst, sondern auch von dem Thronfolger und den ältesten Prinzen des Königlichen Hauses vollzogen werden. Nur in Rücksicht derjenigen Schulden, die jetzt zur Erfüllung der gegen Frankreich übernommenen Verbindlichkeiten kontrahiert werden müssen, ist von dieser Form eine Ausnahme gemacht, indem ein allgemeiner Schuldentilgungsetat von dem Minister der Finanzen E.K.M. zur Vollziehung vorgelegt werden soll und die Verschuldung der Domänen in den einzelnen Provinzen auf den Grund der von mir als Großkanzler zu beglaubigenden Extrakte jenes Etats gültig geschehen kann. Da bei den 300.000 rt. Pfandbriefen, welche die Landschaft verlangt, die Erfordernisse gültiger Staatsschulden hiernach nicht vorhanden sind, so trug ich Bedenken, die Pfandbriefe der Landschaft extradieren zu lassen, und eröffnete meine Bedenken dem Staatsminister Freiherrn von Altenstein. Inzwischen hatte aber das Oberlandesgericht hieselbst als Hypothekenbehörde die Pfandbriefe bereits ausgeliefert, weil dasselbe die Höchste Kabinettsordre vom 8. Juli v. J. für hinreichend annahm, die Landschaft zur Empfangnahme derselben zu legitimieren. E.K.M. dieses alleruntertänigst anzuzeigen, halte ich mich bei der Existenz des Hausgesetzes vom 17. Dezember v. J. verpflichtet, welches die Formen zur gültigen Eintragung von Schulden auf die Domänen bestimmt vorschreibt. Ich stelle die weitere Verfügung an den Finanzminister E.K.M. höchster Entschließung ehrfurchtsvoll anheim. Meiner Meinung nach werden die 300.000 rt. auf die Summe der nach dem

136

io. Februar 1809

Schuldentilgungsplan auf die Domänen in Ostpreußen zu kontrahierenden Schulden abzurechnen und dem Finanzminister wird zu überlassen sein, sich deshalb mit der Landschaft zu arrangieren.« 3 1

Konzept i. gl. Fasz. Bl. 22.

2

»Edikt und Hausgesetz über die Veräußerlichkeit der Königlichen

Domänen.

Gegeben und geschehen in Königsberg, den 17. Dezember 1808« mit den Unterschriften von Friedrich Wilhelm und der Prinzen von Preußen: Heinrich, Wilhelm, Ferdinand und A u g u s t ; gegengez. Schroetter. Die obervormundschaftliche A u t o risation für die von Prinz Ferdinand durchzuführende Mitvollziehung für die minorennen Prinzen des Königlichen Hauses wurde am 26. Dezember 1808 gegeben und von Schroetter, interimistisch mit der Verwaltung der Geschäfte des Chefs der Justiz betraut, gezeichnet. N a c h d e m auch die Stände in den Provinzen der Monarchie unterschrieben hatten, wurde das E d i k t am 6. November

1809

vollzogen, gez. v o n Friedrich Wilhelm, gegengez. v o n Goltz, Altenstein, Dohna, Beyme. Unter diesem D a t u m bringt es die Gesetzsammlung

1806—10, Nr. 93,

S. 604 ff. Siehe Nr. 167. 3

Als A n t w o r t erging am 15. Februar 1809 eine Kabinettsordre an B e y m e , in der bewilligt wird, die »300.000 rt. Domänenpfandbriefe auf die Summe der nach dem Schuldentilgungsplan auf die Domänen in Ostpreußen zu kontrahierenden Schulden« abzurechnen (Konzept Albrecht i. gl. Fasz. Bl. 28).

47. Assessor Friedlaender an den [Geheimen Staatsrat von Elewitz] Berlin, 10. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 B d . 1 Bl. 26.

Grundsätzliche Bemerkungen zur geplanten Eingliederung der Juden in die Staatsverfassung »So höchst erfreulich mir E w . Hochwohlgeb. gnädiges Schreiben vom 29. Januar 1 gewesen ist, so wenig war es mir unerwartet. Und wenn ich die Empfindungen des Dankes darüber unterdrücke, so geschieht es nur, um auch den Anschein zu vermeiden, als hätt' ich durch diese Äußerungen einen Teil meiner Schuld abtragen wollen. — In Absicht der in Rede stehenden Angelegenheit sind E w . Hochwohlgeb. mit mir und den mir zugesellten Freunden in vollkommener Einstimmung: was ich darüber schreibe, ist aus ihrer Seele, aus ihrem Herzen geschrieben. — Nie war ein Zeitpunkt gelegener, nie einer dringender als der jetzige, um die Aufnahme der Alttestamentarier in die große Gesellschaft der Staatsbürger zu bewirken. — Der Krieg hat selbst die wohlhabendsten Häuser erschüttert, und für die mittlere und arme Klasse bleibt kein Weg zur Erhaltung als der des Erwerbes durch Ackerbau, Handwerke und städtische Erwerbzweige. Da, wie Ew. Hochwohlgeb. bereits wissen, die jetzigen Ältesten und Vorsteher von der Majorität im allgemeinen mit einer unumschränkten Vollmacht ver-

io. Februar 1809

137

sehen sind, so kann und soll die ganze offene, redliche und unumwundene Erklärung von uns erfolgen: daß wir bereit sind, dem Staat und dem Vaterland alle Pflichten eines getreuen Untertanen ohne irgendeine Ausnahme zu leisten, weil es weder in unsrer Religion noch in dem Zeremonialgesetz irgendein Hindernis gibt oder für uns ferner geben darf, das jenen Pflichten entgegensteht. Darauf würden sich die Ansprüche gründen: daß diejenigen, die alle Pflichten übernehmen, auch alle[r] Rechte eines Staatsbürgers in ihrem ganzen Umfange teilhaft werden. Da wir keine Morgenländer, sondern in Deutschland geboren sind; da wir nicht erst einwandern und uns in diesem Lande niederlassen wollen, sondern längst etabliert und dem preußischen Szepter Untertan sind: so bedürfen und fordern wir auch keine Autonomie, keinen besondern Gerichtshof oder eigentümliche Gesetze. Das Landesgesetz sei überall für uns gültig, und wir nehmen es unbedingt als für uns verbindlich an. Der Name Jude als Religionsname ist für uns durch die erweckten Nebenbegriffe drückend geworden; dieser sowohl als alle übrigen größtenteils undeutschen Benennungen als: Ältester, Rabbiner, Beglaubter, Publikbedienter pp., verschwinde aus Gesetzbuch und öffentlichen Verordnungen, so wie hingegen alle Transaktionen, unter Religionsverwandten und Freunden geschlossen, bei allen Behörden und Gerichtshöfen nur dann Gehör und Glauben finden werden, wenn sie in der deutschen Sprache verfaßt sind. Das letzte findet um so weniger Schwierigkeit, da, wie ich offiziell weiß, die Ritualgesetze aufgehoben und deutsche Sprache, Familiennamen pp. eingeführt werden sollen, der Entwurf liegt zur Vollziehung bereit. So wie aber diese sehr wichtige Veränderung ohne Zuziehung der gesamten Judengemeinde nur mit Teilnahme der Sachverständigen stattgefunden hat, ebenso wesentlich notwendig ist es, daß die Hauptreform von der Regierung ohne weitere Anfrage ausgehe. Genug, die Männer aus ihrem Mittel, welche die wohltätigen Absichten der Regierung auf alle Weise unterstützen wollen, sind da, die größere Menge hat alle Empfänglichkeit für die Reform, und alle sind bereit, das Ihrige dazu mit allen Kräften beizutragen. Ganz einverstanden sind wir auch mit der Idee, daß die Aufgenommenen keine besondern Schul- und Erziehungsanstalten gebrauchen, sondern sich an die bereits vorhandenen anschließen können. Es bedarf nur eines vernünftigen, auf die Autorität des alten Testaments sich gründenden, von der Regierung genehmigten Lehrbuchs der Religion. Hieraus soll der Alttestamentarier vorzüglich am Sonntag seine religiöse Bildung erhalten. Dazu werden sich die Lehrer bald finden; Rabbiner dürfen es nicht sein. — So wie nach Ew. Hochwohlgeb. die Religion kein Gegenstand des Gesetzes ist, so ist das Zeremonialgesetz in Absicht der erlaubten und unerlaubten Speisen pp. kein Gegenstand des Lehrbuches. Dieser Unterricht bleibe jedem Hausvater überlassen, um ihn

138

io. Februar 1809

nach Einsicht und Gewissen erteilen zu lassen. — Doch dieses gehört schon zum Detail, das ich lieber hier unberührt lasse. — Übrigens kann sich die Regierung darauf verlassen, daß sie von unsrer Seite alle Bereitwilligkeit finden wird, die für uns so wichtige Angelegenheit auf das kräftigste zu befördern. W i r werden uns bestreben, Gewerblust, Arbeitsamkeit und Fleiß zu erwecken, die Jugend durch alle Macht, welche Erziehung und Gewohnheit geben kann, v o m Kleinhandel und dem damit verbundenen Schachergeist abzuziehen und selbst jedes Beförderungsmittel dazu an die Hand geben. — Der H a u p t s t a d t werden die andern Städte folgen, und der Mitwirkung der würdigsten Mitglieder derselben sind wir beinahe gewiß. Ist die Gleichheit der Rechte und Pflichten einmal sanktioniert und verschwindet die Verschiedenheit der Religion bis auf die leiseste Spur, so bleibt es der General-Polizei dennoch immer überlassen, wenn sie in den ersten Zeiten bei gewissen Individuen in Absicht von Staatsämtern oder Besitztümern oder Gewerben Bedenken findet, diese einzelnen Hausväter nach ihrer Machtvollkommenheit zu beschränken, ohne deswegen die Allgemeinheit und Gleichheit der Befugnisse im ganzen, wenn auch nur auf einige Zeit, zu begrenzen. — Sollte die Regierung in solchen einzelnen Fällen Gutachten erfordern, so werden diese, wie ich überzeugt bin, nach strengen Grundsätzen verfaßt und auf Wahrheit gegründet sein. — Indem ich mein Schreiben überlese, finde ich, daß ich E w . Hochwohlgeb. schon den ganzen Plan in seinem Grundriß mitgeteilt habe, den wir zu überreichen haben würden. In ein genaues Detail würden wir uns doch nicht einlassen können, und zur Begründung unserer Vorschläge im allgemeinen bedarf es bei der Weisheit und den liebreichen Gesinnungen unserer Staatsverweser wahrlich keiner weitläuftigern Ausführung. — Überhaupt, darf ich einem Staatsmanne von Ihren Einsichten und Welterfahrenheit auseinandersetzen: wie mächtig Zeit und Gewohnheit wirken, wenn die Gesinnungen der Regierung ihnen zu Hülfe kommen? Schon das Gesetz, das die Heiraten unter den verschiedenen Religionsgenossen erlaubt, muß durch seine weitgreifende Tendenz schnell zum Zwecke führen; und vielleicht wird dieses überaus wirksame Mittel die Vereinbarung schneller zustande bringen, als man glaubt: mir wenigstens scheint von beiden Seiten alles dazu vorbereitet zu sein. —« 1

Siehe Nr. 39.

I i . Februar 1809

139

48. Reskript an das Kammergericht zu Berlin Königsberg, 11. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 192 Nr. 1 Bd. 3 Bl. 10: Konzept, nach der eigh. Anweisung Frieses Bl. 2. Leicht abweichender Druck bei Bassewitz 1809/10, S. 148 ff.

Beschlüsse zur Abänderung der Ressortverhältnisse der Provinziallandeskollegien »Zur Ausführung der Verordnung vom 26. Dezember v. J. 1 , insofern sie die bisherigen Ressortverhältnisse der Provinziallandeskollegien abändert, haben Wir folgendes beschlossen. 1. Die Landeshoheits-, geistlichen und Schulangelegenheiten werden einstweilen noch bis zur erfolgten neuen Organisation der Regierungen von den bisherigen Behörden 2 verwaltet, welche jedoch von den Registraturen vollständige Repertorien anfertigen und überhaupt deren Abgabe möglichst vorbereiten sollen, damit letztere zu seiner Zeit desto schneller erfolgen könne. 2. Alle neu einkommenden, zur rechtlichen Erörterung und Entscheidung geeigneten Sachen des bisherigen Cameral- und Akzise-Justizressorts mit Inbegriff der Medizinalrechtssachen 3 sollen von jetzt ab schon bei den ordentlichen Gerichten (§ 34 der Verordnung) eingeleitet und von den Kammerjustizdeputationen und Akzise- und Zolldirektionen imgleichen von den Collegiis medicis4 dahin abgegeben, auch von ihnen keine Sachen weiter an das Oberrevisionscollegium oder die Oberrevisionsdeputation und Obercollegium medicum 5 eingesandt, sondern solche bei derjenigen Behörde zum Spruch vorgelegt werden, welcher nach der künftigen Einrichtung die Abfassung des Erkenntnisses gebührt. Es versteht sich natürlich von selbst, daß hiebei diejenigen Modifikationen zu beobachten sind, welche der IV. Abschnitt § 34 und ff. 6 der gedachten Verordnung in Absicht der Rechtspflege über fiskalische Rechtshändel und Kontraventionen anordnet. 7 3. Die bisherige Justizverwaltung in Absicht der Kommerzial-Wett- und Schiffahrtsangelegenheiten, desgleichen wegen des8 Gestüts-, Post-, Lotterie-, Bergwerks- und Hüttenwesens p. p. 9 bleibt jedoch einstweilen noch in statu quo, und wegen der Französischen Koloniegerichte werden Wir zu seiner Zeit noch besonders verordnen. 10 Hiernach habt Ihr Euch Eurerseits zu achten und Eure Unterbehörden zu instruieren, auch in einem kurzen, mit der dortigen Regierung gemeinschaftlich zu erlassenden Publikandum solches 11 allgemein 12 bekanntzumachen. Was aber die definitive Ausführung der neuen Einrichtung 13 anbelangt, so ist ferner beschlossen, 14 4. daß durchweg in Rücksicht sämtlicher Gegenstände, welche ein verändertes Ressort erhalten, keine Nachrechnungen wegen der Sportuln gemacht werden, sondern selbige der neuen Behörde ungekürzt von allen Sachen zufallen sollen, welche an sie übergehen. Es sind daher vorzüglich auch nur drei Rücksichten bei der Sache in Erwägung zu ziehen:

140

I i . Februar 1809

a) wie es mit den Offizianten künftighin gehalten werden solle, welche die abzugebenden Sachen in der bisherigen Behörde bearbeitet haben, b) das Arrangement wegen der Registraturen, der Salarien-, Vorschuß- und übrigen Kassen, c) diejenigen Einrichtungen, welche in der neuen Behörde durch die künftige Erweiterung des Geschäftskreises nötig werden. 5. Mit Zugrundelegung dieser Gesichtspunkte ist a) ein Plan zu Aufhebung der Kammerjustizdeputation von Eurem und dem dortigen Regierungspräsidio auszuarbeiten und baldigst einzureichen. 15 Ferner habt Ihr b) durch eine gemeinschaftliche Kommission aus beiden Landeskollegien die nötigen Pläne zu Aufhebung der vorhandenen Admiralitäts-, Wett-, Handlungs- und Schiffahrtsbehörden, insofern solche mit Jurisdiktion beliehen gewesen, entwerfen zu lassen und gemeinschaftlich mit der Regierung einzureichen. 16 c) Ein Gleiches ist in Ansehung der Gestüt- und Bergwerksgerichte, jedoch mit Zuziehung des Landstallmeisters und der bisherigen Provinzialbergwerksbehörde zu bewirken. 17 Die Pläne zu a, b, c müssen gemeinschaftlich an die Ministerien des Innern, der Finanzen und den Chef der Justiz 1 8 eingesandt werden. 6. Wegen Übernahme der Justizverwaltung rücksichtlich des Akzise- 19 , Medizinal- 20 , Post-und Lotteriewesens oder sonstiger besonderer Jurisdiktionen (als z. B. der Porzellanmanufaktur- und der Baugerichte in Berlin und der Chausseejurisdiktion in der Kurmark) 2 1 scheint es keines besondern Plans zu bedürfen, da die Anzahl der dahin gehörigen Rechtssachen von keiner Bedeutung sein kann, jedoch wird deshalb Euer Gutachten und Anzeige 22 erwartet. 7. Ebensowenig wird die Abgabe der Landeshoheitssachen an die Regierung eine Veränderung in dem Personal Eures Collegii anscheinend nötig machen. Sollte jenes indessen der Fall sein, so sehen Wir darüber einem gemeinschaftlichen Berichte der beiden Präsidien entgegen. Wohl aber wird der Punkt zu Nr. 4 23 lit. b wegen der Salarien-, Vorschuß- 24 , Geistlichen-, Stipendien, und Schulkassen einer nähern Erörterung bedürfen. In der Regel werden alle Kassen und Fonds an Gehältern und Sportein zugleich mit den abzugebenden Angelegenheiten, wozu sie gehören, an die neuen Behörden übergehen und bis dahin unter der gemeinschaftlichen Disposition der Ministerien des Innern, der Finanzen und der Justiz bleiben. 25 Ihr habt daher durch eine gemeinschaftliche Kommission deshalb das Nötige projektieren zu lassen und mittelst gemeinschaftlichen gutachtlichen Berichts einzureichen. 26 8. In Absicht derjenigen Offizianten, mit deren Dienst durch die neue Einrichtung eine Veränderung vorgehet, muß den Vorschlägen zugleich eine Nachweisung ihres Diensteinkommens beigefügt und das Accidentelle nach einer Fraktion der drei letzten Jahre vor dem Kriege ausgemittelt, jedoch, insofern durch den Krieg in der Einnahme eine an sich fortdauernde Verminderung hervorgebracht ist, dies berücksichtigt werden. 9. Damit ein Gegenstand durch den andern nicht aufgehalten werde, so sind

i i . Februar 1809

141

dieselben jeder besonders zu bearbeiten und über jeden, sobald er dazu reif ist, einzeln zu berichten.27 Wir empfehlen Euch die möglichste Beschleunigung und bemerken noch, daß an die Regierungen, Akzisedirektionen und das französische Obergericht zu Berlin, insoweit die Sache sie interessiert, das Nötige gleichfalls28 erlassen worden ist.«29 1 2 3 4 5 6 7

8 9

10

11

12 13 14

15

16

17

Siehe Nr. 22. »bisherigen Behörden« von Friese geändert statt »Oberlandesgerichten«. »mit Inbegriff der Medizinalrechtssachen« Zufügung Beymes. »imgleichen von den Collegiis medicis« Zufügung Beymes. »und Obercollegium medicum« Zufügung Beymes mit Rotstift. »§ 34 und ff.« Zufügung Beymes. Dieser Satz ist eine Zufügung von Friese. In seiner eigh. Anweisung zu diesen Konzepten (i. gl. Fasz. Bl. 2) folgt: »In den Reskripten nach Stettin, Küstrin und Glogau ist diese Bestimmung dahin zu ändern, daß sogleich die ganze Geschäftsverwaltung der Kammerjustizdeputation an das Oberlandesgericht übergeht und die Registratur und Kasse derselben ihm übergeben werden.Das Oberlandesgericht zu Stettin soll dabei die Akten absondern, welche vor das zu Köslin gehören, und dahin absenden.« Ursprüngl. des »Medizinal-, . . .« von Beyme gestrichen. Eingeklammertes Marginale Beymes: »das hinzugefügte Signum ampliandi bezieht sich auf mehrere Spezialjurisdiktionen bei der Münze, Porzellanmanufaktur, Chausseen p.p.« »und wegen . . . verordnen« Zufügung Beymes, ursprünglich folgte im T e x t : »4. Die französischen Koloniegerichte nehmen fernerhin nichts mehr an, sondern alle neuen Sachen werden schon in dem ordentlichen kompetenten Gerichtsstande eingeleitet. Dies erstreckt sich sowohl auf die judiciellen als Pupillensachen, und insonderheit sollen keine neuen Eintragungen und Hypothekenactus weiter bei den französischen Koloniegerichten vorgenommen werden.« Beyme verbesserte erst: »(statt dessen schlage ich folgende Fassung vor:) die französische Koloniegerichtsbarkeit bleibt vor der Hand noch in ihrer bisherigen Verfassung außer, daß die Koloniegerichte von nun an kein neues Grundstück in ihre Hypothekenbücher mehr eintragen sollen.« Marginale des Konzipienten: »bei dem Oberlandesgericht zu Stettin und Breslau wird bei [solches] zugesetzt „zugleich hinsichts des Oberlandesgerichts zu Köslin/ Brieg"«. »allgemein« Verbesserung Frieses statt »dem Publikum«. »der neuen Einrichtung« Verbesserung Frieses statt »dieser Maßregeln«. Änderung der nachfolgenden Numerierung (4.-9.) durch Wegfall des ursprünglichen Abschnitts 4. »ist a) . . . einzureichen« Verbesserung Frieses statt: »soll. . . ausgearbeitet und . . . eingereicht werden«. In der Anweisung Frieses (Bl. 2) folgt der Vermerk: »In den Reskripten nach Brieg und Köslin fällt diese Bestimmung weg.« »Ferner habt Ihr b) . . . mit der Regierung einzureichen« Verbesserung Frieses statt ursprüngl.: »Ferner sollen b) . . . entworfen und von beiden Kollegien gemeinschaftlich eingereicht werden«. In der Anweisung Frieses folgt der Vermerk: »Das Oberlandesgericht zu Brieg soll die Gegenstände zu b und c mit der Breslauer Regierung und das zu Köslin mit der Stettiner regulieren.«

142 18

I i . Februar 1809

E s folgte die Streichung: »die zu d aber dem letztern«. Der betreifende Absatz d) lautete ursprünglich: »d) habt Ihr gleichfalls die erforderlichen Pläne zu Aufhebung der französischen Koloniegerichte und ihrer Einverleibung mit den ordentlichen Gerichten Eures Orts zu entwerfen und dabei das französische Obergericht zuzuziehen.« In der Anweisung Frieses folgt noch der weitere Vermerk: »An die schlesischen Oberlandesgerichte ist aber die Bestimmung zu d ganz wegzulassen.« Beyme änderte zunächst: »d) Es ist beschlossen, daß mit den Angelegenheiten, welche eine Behörde an die andre abgibt, auch die zu den abzugebenden Angelegenheiten gehörigen Kassen und Fonds an Gehältern und Sportein abgegeben werden sollen. Die Ausführung dieses Beschlusses habt Ihr gleichfalls gemeinschaftlich mit der Regierung zu beraten und die Auseinandersetzungspläne mit einem gemeinschaftlichen gutachtlichen Bericht einzureichen. Bis zur endlichen Bescheidung darüber bleibt die Kassenverwaltung unter gemeinschaftlicher Disposition der Ministerien des Innern, der Finanzen und der Justiz, wo nicht in besondern Fällen etwas andres angeordnet ist, auf dem bisherigen Fuß.« Schließlich wurde auch diese Fassung gestrichen, vermutlich von Beyme. 19 »Akzise-« Zufügung Frieses. 20 »Medizinal-« vermutlich von Beyme erst mit Rotstift gestrichen, dann wieder gültig gemacht. 21 »oder sonstiger . . . in der Kurmark« Zufügung Beymes. 22 »und Anzeige« von Beyme zugefügt. 23 Von Beyme verbessert aus »5«. 24 »Salarien-, Vorschuß-« von Beyme zugefügt. 25 Dieser Satz wurde von Beyme zugefügt. 26 In Frieses Anweisung stehen hinter diesem Absatz, der dort mit 8 numeriert ist, folgende Vermerke: »In dem Reskript an das Kammergericht fällt die Bestimmung wegen der Konsistorial- und Schulsachen weg. Dem Oberlandesgericht zu Brieg und Köslin ist zu sagen, daß das Präsidium mit dem Regierungspräsidium in Breslau und Stettin kommunizieren und gemeinschaftlich berichten solle, wie es wegen der geistlichen Konsistorialräte zu halten sei. Ebenso haben diese 4 Landeskollegien das Übrige zu 8 resp. unter sich schriftlich zu regulieren.« 27 Änderungen Frieses in diesem Satz, ursprünglich: »so sollen dieselben besonders bearbeitet und . . . einzelne Berichte erstattet werden.« 28 »gleichfalls« von Friese zugefügt. 29 Anschließend stehen im gleichen Faszikel bis Bl. 33 die Konzepte folgender Reskripte: An das Pommersche Oberlandesgericht zu Stettin, das Neumärkische Oberlandesgericht zu Küstrin, das Schlesische Oberlandesgericht zu Glogau, das Schlesische Oberlandesgericht zu Breslau, das Schlesische Oberlandesgericht zu Brieg, das Ostpreußische Oberlandesgericht hieselbst [Königsberg], das Westpreußische Oberlandesgericht zu Marienwerder, das Oberlandesgericht zu Insterburg, das französische Obergericht zu Berlin; dieses Konzept ist gestrichen, Marginale Beymes: »bleibt ganz ausgesetzt«; an das Oberrevisionskollegium zu Berlin, die Oberrevisionsdeputation zu Berlin, das Oberregiegericht zu Berlin, das Oberlotteriegericht zu Berlin, den Generalpostmeister v. Seegebarth zu Berlin, die Bergwerks- und Hüttenadministrationsjustizdeputation zu Berlin, die Akzise- und Zolldirektion zu Berlin, die Akzise- und Zolldirektion zu Küstrin, zu Glogau, zu Breslau, zu Neiße, die Akzise- und Zolldeputation zu Marienwerder,die Kurmärkische Kammerjustizdeputation zu Berlin, die Schlesi-

14. Februar 1809

143

sehe Kammerjustizdeputation zu Breslau, die Pommersche Kammerjustizdeputation zu Stettin, die Neumärkische Kammerjustizdeputation zu Küstrin, die Schlesische Kammerjustizdeputation zu Glogau, an die Kurmärkische Regierung zu Berlin [Druck: Bassewitz 1809/10 S. 151 ff.], die Schlesische Regierung zu Breslau, die Pommersche Regierung zu Stettin, die Neumärkische Regierung zu Küstrin, die Schlesische Regierung zu Glogau, die Ostpreußische Regierung hieselbst [Königsberg], die Litauische Regierung zu Gumbinnen, die Westpreußische Regierung zu Marienwerder. Dohna übersandte diese Reskripte im Konzept zur Durchsicht und Zeichnung an Altenstein und Beyme mit einem Begleitschreiben vom 11. Februar 1809 (Konzept Bl. 7; die eigh. Anweisung Frieses hierzu Bl. 1, die Ausf. Bl. 9). A m 23. Februar 1809 schickte Beyme die Konzepte mit seinen Zusätzen und A b änderungen zurück, sein eigh. Begleitschreiben befindet sich ebenfalls im gleichen Faszikel Bl. 8.

49. Immediatbericht des Kammerherrn Troschke Ostrowe bei Herrnstadt in Schlesien, 14. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 489 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 21: Ausf., gez. Troschke.

Beunruhigung wegen des Aufschubs ständischer Versammlungen in Schlesien «Anfangs vorigen Jahres wünschte man ständische Versammlungen, welche auch späterhin für Ostpreußen stattfanden und für die andern Provinzen durch öffentliche Bekanntmachungen angekündiget wurden. Für Schlesien entwarf ich meine Ansichten über ständische Versammlungen und schickte sie dem damaligen Ministerio Euer Königlichen Majestät mit dem Bemerken ein, daß, was die Formen beträfe, solche leicht abgeändert werden könnten und ich sehr gern erbötig sei, sobald man mir die Abänderungen im allgemeinen andeutete, das Nähere auszuarbeiten. Auf diese meine Eingabe habe ich indessen weiter keine Antwort erhalten, jedoch nach den Bekanntmachungen, welche man als offiziell ansehen mußte, vermutet, daß ständische Versammlungen eingeführt werden würden. Was bei mir Vermutungen waren, hielt indessen ein großer Teil der Schlesier für Gewißheit, und da darüber nichts festgesetzt ward, so fing man an, besorgt zu werden. Dem Befehle Euer Königlichen Majestät vom 14. März 1807 getreu, suchte ich, soweit es in meinen Kräften stand, alle zu beruhigen. Als aber die Ministerialveränderungen erfolgten, neue Verordnungen erschienen und von den ständischen Versammlungen nicht die Rede war, fand ich die Gemüter noch mehr beunruhiget. Diese Gärung hat zugenommen, und als ich im Monat Januar nach Schlesien zurückkam, fand ich sie so bedeutend, daß es nötig war, soviel als nur möglich dahin zu würken, daß man wenigstens mit ruhiger Überlegung bedenke, was man wolle. Seit dieser Zeit habe ich nicht unterlassen, das mir Mögliche zu tun, und ich glaube nicht ohne Erfolg gehandelt zu haben.

144

i6. Februar 1809

Euer Königlichen Majestät glaube ich, der Wahrheit getreu, sagen zu müssen, daß ich fast durchgängig bei denjenigen, mit welchen ich zu tun gehabt habe, keinen bösen Willen und nur unrichtige Ansichten gefunden habe, welche berichtiget werden mußten, und daß es den Anschein hat, als ob diese unrichtigen Ansichten von einigen Offizianten unterhalten werden. Ebensowenig kann ich unterlassen, Euer Königlichen Majestät zu sagen, daß einige Forderungen, welche jedoch nur wenige vom Adel machen, mir ganz unerfüllbar scheinen, wenn die Würde des Staatschefs nicht darunter leiden soll, als worüber ich mich denn auch ganz offen erklärt habe. Den Entwurf selbst 1 überreiche ich Euer Königlichen Majestät allergehorsamst wörtlich, wie ich ihn dem ehemaligen Ministerio eingeschickt habe. Ich bin dabei besonders darauf bedacht gewesen, daß die Rechte des Throns und die Autorität des Souveräns keinen Eintrag leiden. Euer Königlichen Majestät diesen Entwurf zuzuschicken, eile ich um so mehr, als ich überzeugt bin, daß binnen kurzem darüber Anträge bei Euer Königlichen Majestät geschehen werden.« 1

Ausfertigung, gez. Troschke, datiert Ostrowe, im März 1808 (i. gl. Fasz. Bl. 23).

50. Promemoria des Geheimen Staatsrats von Heydebreck Königsberg, 16. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 1 Bl. 12: v. H e y d e breck eigh.

Gedanken über die Methode zur endgültigen Fassung von Gesetzentwürfen

»Bei einem neu zu gebenden Gesetze ist es zwar nicht besonders schwer, daß acht oder zehen gebildete Männer über die Hauptidee, welche dadurch realisiert werden soll, sich miteinander verständigen. Dagegen ist die Vereinigung über die Modifikation der Hauptidee und über die Modalitäten ihrer Ausführung deswegen so schwer zu hoffen, weil die anschauliche Kenntnis — oder Vorhersehung möchte ich sagen — von dem Eingreifen der neuen Einrichtung in die mannigfachen Detailverhältnisse des würklichen Lebens und in die bestehenbleibenden alten Einrichtungen, ferner von der relativen K r a f t der zur Ausführung zu Gebote stehenden Mittel keinesweges abhängig ist von dem Maße des allgemeinen Verstandes und Bildung, welche man allenfalls bei den Mitgliedern eines Staatsrates als ungefähr gleich voraussetzen möchte, sondern von einem Verein ganz anderer Eigenschaften, nämlich von erworbener Kenntnis des würklichen Lebens und der bestehenden Einrichtungen, verbunden mit einer lebhaften Einbildungskraft. Dieser Verein wird höchst selten nur bei zwei Individuen in ungefähr gleichem Grade gefunden werden. Was das Schlimmste ist — seine Produkte, gleichsam aus zahllosen von dem Rechner selbst großenteils nur durch dasjenige, was man

16. Februar 1908

145

Takt nennt, zusammengefaßten Faktoren entstanden — werden nicht demonstriert und daher andern nur selten einleuchtend gemacht werden können. Nach dem Vorstehenden scheint es mir nicht zuträglich zu sein, die Gesetzesentwürfe promiscue von allen Mitarbeitern der Ministerien ausarbeiten und hiernächst über ihren Tenor eine allgemeine Abstimmung zuzulassen. Dieses führt entweder zur Indifferenz oder zu endlosen Weitläuftigkeiten und verwirrenden Mißverständnissen. Inter pares ist eine kurz und gute Abänderung nicht einmal in der (auch nicht ganz unwichtigen) Fassung, geschweige denn in dem Sinne zulässig. Abhandlungen über jede nötig geglaubte Abänderung zu schreiben ist schon des Zeitgebrauchs halber nicht möglich, und wer würde hiernächst gar die Zeit haben, aus allen diesen Streitschriften, wohin sie bald ausarten würden, das Facit zusammenzusetzen. Ich schlage daher Ew. Exzellenz ganz gehorsamst und unmaßgeblich vor, bei denjenigen Gesetzesentwürfen, welche aus dem Finanzministerio ausgehen sollen, nachdem die Hauptidee und deren Hauptmodifikationen in der Generalkonferenz der Ministerien concludiert und mit dem concluso die diesem nicht entgegenlaufenden, jedoch darin nicht aufgenommenen speziellen Forderungen der Finanzpartie sowie deren Sentiment über die Mittel der Ausführung von dem Referenten der Sache angegeben worden, hiernächst die Abfassung der Gesetzesformul selbst mit eigener Beachtung und Einschaltung aller durch wichtige Staats- und Humanitätsrücksichten empfohlnen Beschränkungen des Gesetzes, ein- wie allemal dem Geheimen Staatsrate für die Gesetzgebung zu übertragen und die von demselben abgefaßte Formul nur noch einer einzigen Rezension und letzten Berichtigung entweder Ew. Exzellenz eigenen oder desjenigen Individui, dem Sie solche specialiter aufzutragen geruheten, zu unterziehen und damit das Geschäft des Finanzministerii ratione der Abfassung des Entwurfs für beendigt zu erklären. Ich kann es nicht bergen, daß der mir gestern zugestellte Entwurf wegen der Silberanleihe diese Bemerkungen veranlaßt hat. Meine Ideen mit denen des Herrn Präsidenten] v. Vincke in Übereinstimmung zu setzen, fand ich nicht möglich; eine ausführliche Rezension zu schreiben, wegen der gewünschten Eile nicht tunlicli, auch, da sie zweifelsohne aus einem andern Departement nicht ausbleiben wird, überflüssig; die meinigen den seinigen aber de facto zu substituieren, ebensowenig meinen Verhältnissen als meinen Gesinnungen gegen diesen höchst achtbaren und verdienstvollen Mann angemessen. Ich unterwerfe indes diese meine von der Pflicht eingegebenen, durch das größte persönliche Vertrauen von aller Besorgnis befreieten offenherzigen Äußerungen lediglich Ew. Exzellenz höherem Ermessen.«1 1

Altenstein macht am Kopf

des an ihn gerichteten

Schreibens den

»Reponat. bis zu schicklicher Gelegenheit, Alt[enstein]«.

Vermerk:

i8. Februar 1809

146

51. Das französische Oberdirektorium an den Minister Graf zu Dohna Berlin, 18. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 83 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 27: Ausf., gez. Humbert, Le Coq, v. Lancizolle, Erman, Ancillon, Beguelin. Bitte um Unterstützung zur Erhaltung der Privilegien der französischen Kolonie »Ew. Exzellenz sagen wir für die in dem hochgeehrtesten Schreiben vom 6. d. M. 1 geäußerten gnädigen und wohlwollenden Gesinnungen den allergehorsamsten Dank. Die Französische Kolonie ist gewiß sehr bereit, dem allgemeinen Wohl des Staats alle nötigen Opfer zu bringen; wir halten uns jedoch überzeugt, daß die Aufrechthaltung der Privilegien, welche derselben bei ihrer Niederlassung bewilligt worden und deren sie bis jetzt ununterbrochen genossen hat, mit dem Wohl des Staats in keinem Widerspruch stehen, und haben es daher unsrer Pflicht gegen dieselbe schuldig zu sein geglaubt, uns dieser halb mit einer alleruntertänigsten Vorstellung an des Königs Majestät zu wenden. E w . Exzellenz geben wir uns die Ehre, eine Abschrift davon 2 anliegend untertänig zu überreichen und fügen die gehorsamste Bitte hinzu, daß E w . Exzellenz geruhen mögen, sich derselben gnädigst anzunehmen und ihren Erfolg durch Dero so viel vermögende Unterstützung hochgeneigtest befördern und sichern zu wollen.«3 1

2

3

Antwort Dohnas auf ein Schreiben des französischen Oberdirektoriums vom 22. Januar 1809 (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 23), das ebenfalls die Aufrechterhaltung der Privilegien betraf. Dohna betont, daß die staatlichen Maßnahmen einen engeren Zusammenschluß zwischen Kolonie und Nation bezwecken (Konz. Bl. 24 nach der Anweisung Frieses Bl. 23). Abschrift der in französischer Sprache abgefaßten Vorstellung der Räte des Direktoriums der französischen Kolonie vom 18. Februar 1809 i. gl. Fasz. Bl. 28. Zu den Eingaben der französischen Koloniebehörden und den daraufhin ergangenen Bescheiden vgl. auch Bassewitz 1809/10, S. 194 f f . ; darunter die K . O. an den Oberkonsistorialrat und Professor Geh. R a t Erman vom 30. Oktober 1809, in der ihm der von ihm im August wegen der neuen Organisationsbestimmungen erbetene Abschied mit anerkennendem Dank unter »Fortdauer seiner zeitherigen Besoldung« gewährt wird.

i g . Februar 1809

147

52. »Publikandum, betreffend die äußern Verhältnisse des Kriegsministeriums oder des Kriegsdepartements« gez. Friedrich Wilhelm; gegengez. v. Scharnhorst, Gr. v. Lottum Königsberg, 18. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 334 Sect. 2 Pars 1 Nr. 1 Bl. 1 : D r u c k ; Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 69, S. 536 f f . ; Altmann, Ausgewählte Urkunden, S. 75 ff.

Geschäftskreis des Kriegsministeriums. Seine Einteilung in das Allgemeine Kriegsdepartement und das Militärökonomiedepartement und deren Untergliederung in drei bzw. vier Divisionen. Stellung des Kriegskommissariats, seine Arbeitsweise in Kriegs- und Friedenszeiten. Zuordnung eines Justitiarius und Rechtsbeistandes für das gesamte Kriegsdepartement. Aufstellung der dem Kriegsministerium unmittelbar untergeordneten Behörden.

53. Großkanzler Beyme an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 19. Februar 1809 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 7 B d . 1

Bl. 41: Abschrift.

Vorschlag zur Einrichtung eines offiziellen Regierungsblattes »Ew. Exz. kann ich nicht umhin, zur näheren Beurteilung anheimzugeben, ob es nicht zweckmäßig sein dürfte, neben den Zeitungen und Intelligenzblättern ein offizielles Blatt redigieren zu lassen, in welchem alles, was die Regierung dem Publikum sowohl als den einzelnen Unterbehörden mitzuteilen hat, aufgenommen würde. Ich hatte diese Idee schon früher aufgefaßt, und jetzt veranlaßt mich eine Anfrage des Kammergerichts, ob und wie die außerordentliche Schreiberei, die daraus entstehet, wenn irgendein Publikandum, eine Gesetzeserklärung usw. sämtlichen einzelnen Untergerichten offiziell bekanntgemacht werden soll, vermieden werden könne, zu ihrer Äußerung. Die Zeitungen und Intelligenzblätter sind meines Erachtens nicht dazu geeignet, das, was die Regierung, namentlich was jedes Departement dem Volk und besonders auch den Behörden bekanntzumachen hat, aufzunehmen; beide, das Publikum sowohl als die Mitglieder der Behörden, halten und lesen diese öffentlichen Blätter nur wegen der Neuigkeiten des Tages, und die offiziellen Bekanntmachungen werden als Nebensachen beseitigt; auch gehen die Zeitungen ins Ausland, und nicht jede offizielle Mitteilung der Regierung eignet sich dazu, ganz allgemein verbreitet zu werden. Wenn dagegen ein Blatt redigiert würde, das lediglich den Mitteilungen und Anweisungen des Gouvernements gewidmet ist, und jeder Behörde es zur Pflicht gemacht würde, dieses offizielle Blatt zu halten und aufzubewahren, so scheint 11

Stein/Hardenberg

148

20. Februar 1809

mir das Mittel gefunden zu sein, sich von seiten der Regierung mit den sämtlichen Behörden und einzelnen Stellen ihrer Departements ohne alle Schreiberei in Verbindung zu setzen und die Aufmerksamkeit des Publikums in Absicht alles dessen, was ihm mitgeteilt werden soll, auf dieses Blatt zu richten. Ich überlasse Ew. Exz. erleuchtetem Ermessen, dies näher in Erwägung zu ziehen und mir das Resultat davon gefälligst mitzuteilen.« 1 1

Antwort von Dohna, Königsberg, 9. März 1809, Abschrift im gleichen Faszikel Bl. 42; siehe Nr. 63.

54. Kabinettsordre an den Geheimen Staatsrat Freiherr von Humboldt Königsberg, 20. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 183 Nr. 7 Bl. 18: A b schrift.

Beweise des königlichen Wohlwollens bei Humboldts Übernahme der Direktion der Sektion für den Kultus und den öffentlichen Unterricht »Ich habe mit vieler Zufriedenheit vernommen, daß Ihr, Eurer Neigung zum diplomatischen Fache ungeachtet, Meinem in Euch gesetzten Vertrauen entsprochen und in dem Ministerio des Innern die Direktion der Sektion für den Kultus und den öffentlichen Unterricht übernehmen wollt. Um Euch einen Beweis Meines Wohlwollens und Meiner Rücksicht auf Eure Wünsche zu geben, werde Ich Eurem Dienstnachfolger, wozu Ich vorläufig den Geheimen Kriegsrat Uhden in der Eigenschaft eines Residenten p. bestimmt habe, ausdrücklich bei seiner Beglaubigung eröffnen lassen, daß Euch vorbehalten sei, nach einiger Zeit, wenn Ihr darum nachsuchen solltet, in Euern Gesandtschaftsposten in Rom wieder einzutreten. Ich werde auch, wenn Eure Neigung für eine gesandtschaftliche Stelle überwiegend sein sollte, bei vorkommenden Erledigungen bedeutender Missionen sehr gern auf Eure Wünsche Rücksicht nehmen [. . .]«

55. Promemoria des Generalmajors von Scharnhorst Königsberg, 20. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I 24 Bl. 53: Scharnhorst eigh.

Betrachtungen über die Folgen einer Parteinahme für oder gegen Frankreich in der preußischen Politik »Die Verhältnisse Preußens sind in politischer Hinsicht so unglücklich, daß selbst • die klügsten Maßregeln wenig Hoffnung zu einer glücklichen oder auch nur erträglichen Zukunft versprechen.

20. F e b r u a r 1809

149

Der Vorschlag Sr. Majestät zu einer Tripelallianz kann nur einen guten Erfolg haben, 1. wenn Rußland ihn annimmt und 2. wenn Österreich keinen Krieg jetzt anfängt. Wahrscheinlich bricht aber jetzt ein Krieg zwischen Österreich und Frankreich aus, und es frägt sich, welche Partie ergreift nun Preußen? 1. Verlangt es, neutral zu bleiben, so wird, wenn Österreich nicht ganz außerordentlich glücklich den Krieg führt, S. M. gezwungen werden, die französische Partie zu ergreifen. Teils sind Allerhöchstdieselben dazu durch Traktate verbunden, teils werden die Kriegeskontributionen nicht erfolgen können, und endlich werden die Franzosen Gelegenheit haben, die preußischen Länder im Gefolge der Operationen in Besitz zu nehmen. Die Abgeneigtheit Preußens gegen Frankreich würde Napoleon schon allein zu dieser Maßregel verleiten. Jetzt aber, da er ein Recht, wenigstens der Form nach, für sich hat, und da er ohnehin erfahren wird, daß man mit Österreich eine Art Unterhandlung angeknüpft hat, daß man höchstwahrscheinlich mit England einige Kommunikationen gehabt, daß man eine Tripelallianz (grade dasjenige, was den Eroberungsplanen Napoleons die größten Hindernisse im Weg legen würde und der Form nach als ein Bruch der Traktate mit ihm betrachtet werden kann) habe zustande bringen wollen, wird sein Haß oder auch seine Rache so weit gehen, als es nur die übrigen Umstände erlauben. Wir haben gesehen, was Napoleon mit Hessen unter ungefähr ähnlichen Umständen getan hat. Hier waren weniger Ursachen zur Rache als bei Preußen vorhanden. Und wenn Preußen bei einer Neutralität, während Österreich unterliegt, die Provinzen diesseit der Weichsel behält: so wird es schon glücklich genug sein, und auch dieser Besitz wird nur so lange dauren, als es die Rücksichten gegen Rußland erfordern, die in dieser Lage (nach der Besiegung Österreichs) weder groß noch daurend sein werden. 2. Die gänzliche Hingebung an Frankreich hat bei der spanischen Regentenfamilie einen unglücklichen Ausgang gehabt. Ich rate nicht zu derselben, allein ich ziehe sie dennoch der Neutralität vor, vorausgesetzt, daß man bei jener nicht zweideutig zu Werke gehet. Ich rate aber deswegen nicht dazu, weil sie den Charakter des Königs Majestät in ein ewiges nachteiliges Licht stellt — und im glücklichsten Fall höchstwahrscheinlich die Vernichtung nur weiter hinaussetzt. 3. Das System, mit Österreich gemeinschaftliche Sache zu machen, scheint den Vorzug vor allen andern Systemen zu haben; denn mit Österreich fällt Preußen, und durch Preußens Beistand kann nur Österreich erhalten werden,-wenn dies sonst möglich ist. — Wenn Preußen mit Österreich gemeinschaftliche Sache macht, so erwachsen dadurch folgende Vorteile für Österreich: a) Es wird sogleich durch eine Macht von 50000 Mann ins Feld gestellt verstärkt, die durch englische Subsidien sehr leicht bis zu 100000 Mann vermehrt werden kann. Bei einer Neutralität Preußens treten dagegen sogleich 12 bis 18000 Mann gegen Österreich auf und in der Folge noch mehr. — Dies macht also überhaupt genommen einen Unterschied für Österreich gleich im Anfange von 62 und in der Folge von 118000 Mann im freien Felde. ii«

150

20. Februar 1809

b) Unsere Festungen sind in Schlesien den Österreichern zur Führung des Krieges unter manchen Umständen wichtig und den Franzosen in den Operationen gegen Mähren von dem größten Nutzen. Unsere Festungen werden also den Österreichern auf eine doppelte Art durch die Neutralität nachteilig. Österreich dienen unsere Festungen auf seiner rechten Flanke bei einem unglücklichen Kriege zum Bollwerke. Die Einsperrungen oder Beobachtungen unsrer Festungen inkl. Kolbergs usw. würden immer ansehnliche Corps erfordern, welche der Streitmasse, die gegen Österreich agieren kann, abgehen wird. c) Wenn Preußen teil am Kriege nimmt, so kann man erwarten, daß das nördliche Deutschland nach Umständen mit aller Aufopferung teil am Kriege nehmen wird. England wird dadurch Gelegenheit haben, auf dem kürzesten Wege den Krieg auf dem Kontinent mit Streitmitteln zu unterstützen, wenn sonst dazu schleunig die Einleitung getroffen wird. Im Verlauf des Krieges kann diese Unterstützung von der größten Wichtigkeit werden und bedeutende Mittel des Widerstandes herbeiführen. Wollte man die Partie ergreifen, mit Österreich gemeinschaftliche Sache zu machen: so würde es von der größten Wichtigkeit sein, sich schnell mit England und Österreich in die intimste Verbindung zu setzen; schleunig seine Streitmittel auf den höchsten Punkt der Stärke zu bringen. Tut man dies nicht, so verliert man eine Menge Vorteile, und dann wird der glückliche Ausgang so ungewiß, so unwahrscheinlich, daß die gänzliche Hingebung an Frankreich den Vorzug zu verdienen scheint. Tritt man nicht kühn und schnell mit Österreich auf und gewinnt man nicht einige Vorteile, ehe die Macht Frankreichs sich in Deutschland entwickeln kann, facht man nicht hierdurch den Mut der Deutschen (Landbewohner und Soldaten) an, erweckt man nicht dadurch bei dem Kaiser Alexander Zutrauen zu den Kräften Österreichs und Preußens, so ist höchstwahrscheinlich Österreich verloren — und Preußen der Diskretion Napoleons, so wie Spanien nach dem Tilsiter Frieden, übergeben. Der Entschluß zum Kriege mit Österreich gleicht dem eines Kranken, bei dem der Tod gewiß langsam erfolgt, wenn er sich nicht eines Mittels bedient, welches, wenn es ihn nicht heilt, sogleich tötet. Wenn Ew. Majestät in einem Kriege mit Österreich untergehen, so geschiehet es ehrenvoll, und höchste Achtung und Verehrung werden Ihnen [!] im Privatleben begleiten — bei jedem andern unglücklichen Ausgange möchte dies weniger der Fall sein. Preußen wagt 1809 bei einem Kriege mit Frankreich bei weitem das nicht, was es 1806 wagte; Frankreich führt 1809 Krieg mit Spanien, Österreich und Preußen zugleich und ist durch den Feldzug in Spanien geschwächt — 1806 hatte Preußen die ganze Macht allein gegen sich. Preußen konnte 1806 einer erträglichen Zukunft voraussehen, 1809 drohet Rache und Vernichtung.

Dies ist den 20. Februar geschrieben; seit dieser Zeit haben sich die Verhältnisse mit Rußland näher entwickelt. Diese Verhältnisse verdienen E. M. Aufmerksamkeit im höchsten Grade.

20. Februar 1809

151

Kaiser Alexander wünscht E. M. nicht in den Bund der drei Kaiserhöfe mit aufzunehmen. Und warum nicht? Weil Frankreich dann Schwierigkeiten machen möchte — den Vorschlag einzugehen! Was kann von dieser Ausschließung die Ursach sein? Keine andere, als daß entfernte Plane oder Äußerungen von seiten Napoleons dies nicht erlauben. Vielleicht hat diese Kaiser Alexander nicht ganz eingewilligt, aber doch auch wahrscheinlich nicht widersprochen, und wenn auch seine Absicht, wie ich dies überzeugt bin, dahin gehet, E. M., soviel er kann, in dem Besitz der Länder zu erhalten, welche jetzt die Monarchie ausmachen, so kann man dennoch wenig oder vielmehr nichts von ihm erwarten. Als diese Stelle aus dem Schölerschen Briefe, worin der Kaiser sich äußerte, daß er riete, daß die Verbindung der drei Kaiserhöfe ohne E. M. ausgeführt würde, in der MinisterialVersammlung vorgelesen wurde, war eine Meinung, daß dies das sicherste Zeichen sei, daß man von Rußland bei der Schwäche des Charakters des Kaisers nichts Gutes oder wenigstens nichts Kräftiges zu erwarten habe und daß es höchst gefährlich sei, sich auf eine Macht zu verlassen, die nicht viel tun könne und nichts tun wollte. Es ist nicht zu leugnen, daß bei einem Kriege Preußen von Rußland, wenn das letztere für Frankreich tätig auftreten wollte, viel zu befürchten hat. Gezwungen kann dies Rußland nicht tun, und aus freiem Willen wird es nicht so leicht feindselig auftreten, denn mit der Vernichtung Preußens und Österreichs und der Aufstellung eines polnischen Reichs unter Frankreichs Abhängigkeit würde Rußland nicht lange bestehen können. Dies sehen gewiß alle klugen Russen und der Kaiser voraus. Wie aber dem nach sei, ist es festgestellt, daß mit Österreich auch Preußen fällt, so muß man Österreich zu erhalten suchen, welche Gefahr auch damit, es sei von Rußland oder Frankreich, verknüpft sein mag. E. M. befinden sich in politischer Hinsicht in einer höchst gefährlichen Lage und grade dadurch, daß man sich an Rußland schließt in dem Augenblick, wo seine Plane höchst zweideutig zu sein scheinen, daß man sich von Österreich entfernt und mit England die angefangenen Kommunikationen aufhebt, da doch die letztere Macht die sicherste Stütze aller von Frankreich verfolgten Regenten ist. Dabei ist man in den Händen Frankreichs (an den man nur noch einige Monate seine Verbindlichkeiten zu halten imstande ist), ohne daß man sich dieser Macht so weit hingegeben hat, daß man von ihr Begünstigungen und Nachsicht erwarten dürfte. Welche Betrachtungen man auch anstellen mag, zwei Partien finden nur statt, für oder gegen Frankreich — eine dritte könnte vielleicht eine Zeitlang stattfinden, wenn die preußische Monarchie eine andere geographische Lage hätte, im entfernten Osten oder Norden läge. Dies ist das Resultat meiner politischen Ansichten, das ich nie wagen würde, E. M. vorzulegen, wenn es nicht mit den Ansichten so vieler Männer übereinstimmte, zu dessen Beurteilung ich das größte Zutrauen habe.«

152

25. Februar 1809

56. Immediatbericht des Ministers Freiherr von Altenstein Königsberg, 25. Februar 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 2.2.1. Nr. 24729 Bl. 4: Ausf., gez. Altenstein (alt: Rep. 89 A L 2).

Vorschläge zur Unterbringung ehemaliger Soldaten »Es hat sich aus dem Bayreuthschen eine Anzahl vormaliger Soldaten in Schlesien eingefunden, welche zum wirklichen Militärdienst aber größtenteils nicht mehr zu gebrauchen ist. Ebenso befindet sich in den vormaligen Garnisonorten der abgetretenen Provinzen noch eine Menge von Soldaten, welche die Absicht hegen, in E . K . M . Staaten zurückzukehren, und die man ohne Härte nicht zurückweisen kann, da sie so lange treu ausgehalten und den Versuchungen zur Anwerbung für fremde Dienste widerstanden haben. Aber auch unter diesen sind mehrere wegen Alters, zahlreicher Familie pp. zum wirklichen Dienste unbrauchbar. Es scheint mir angemessen zu sein, dergleichen Subjekte bei den Invalidenkompanien anzustellen, diese aber in solche kleine Städte zu verlegen, wo königliche Domänenämter sind und die Möglichkeit entsteht, einzelne Individuen ohne große Kosten und Vorschüsse durch ländliche Etablissements allmählich unterzubringen, wenn sie sich erst an die Landesart gewöhnt haben und man ihre Qualifikation entweder als Handwerker oder Ackerleute besser kennengelernt hat. Auf diese Weise würden mehrere Zwecke miteinander vereinigt werden. Ich unterwerfe diese Idee ehrfurchtsvoll E.K.M. Höchsten Beurteilung und trage, im Fall mein Vorschlag bei Höclistdenenselben Eingang finden sollte, ehrerbietigst darauf an, 1. mich huldreichst zu autorisieren, vorerst durch die drei preußischen Regierungen einen vollständigen Plan zur Ausführung desselben bearbeiten zu lassen, und 2. Allerhöchst zu genehmigen, daß nach Maßgabe dieses Plans und nach vorgängiger Vereinbarung der Zivil- und Militärbehörden die Verlegung der Invalidenkompanien erfolgen könne. 1 Dabei wird zugleich den Zivilbehörden Gelegenheit verschafft werden müssen, sich von der Individualität der Invaliden nähere Kenntnis zu verschaffen, um darnach die zweckmäßige Unterbringung der dazu geeigneten Subjekte berücksichtigen zu können.« 1

Hierzu eigenhändige Randbemerkung von K l e w i t z : »S. K . M. genehmigen vorläufig die Idee und übertragen dem Staatsminister v. Altenstein, darnach diesen Plan und die nötige Rücksprache mit den Militärbehörden zu veranlassen. Sobald er vollständig vollendet, erwarten S. M. denselben. Königsberg, 27. Februar 9.«

28. Februar 1809

153

57. Immediatbericht der Minister Freiherr von Altenstein, Graf zu Dohna und Großkanzler Beyme Königsberg, 28. Februar 1809 ZSTA

Merseburg, Geheimes Zivilkabinett,

Rep. 89 A

Tit. 44 Nr. 4

Bl.i:

Ausf., gez. Altenstein, Dohna, B e y m e (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 312).

Vorschlag zur Anstellung gemeine Gesetzgebung

von Rehdiger als Staatsrat bei der Sektion für die all-

»Nach der von E . K . M . am 24. November v. J. allerhöchst vollzogenen Verordnung über die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden 1 ist für die Sektion der allgemeinen Gesetzgebung im Ministerio des Innern kein Staatsrat angenommen. Wir halten es jedoch für äußerst wichtig und wünschenswert, daß neben dem Geheimen Staatsrat von Klewitz, welcher dieselbe leitet, wenigstens ein Staatsrat angesetzt werde, der das Fach der Gesetzgebung, ohne sich an die bisherigen Formen zu binden, ungeteilt mit voller Kraft und freiem Willen bearbeite. Zu diesem Zwecke wissen E . K . M . wir kein qualifizierteres Subjekt als den Baron von Rehdiger devotest in Vorschlag zu bringen. E r hat sich schon durch verschiedene dem Staatsminister Freiherrn vom Stein früher mitgeteilte Ausarbeitungen über die Gesetzgebung von einer äußerst vorteilhaften Seite bekannt gemacht und mehrere Proben seines Scharfsinnes und umfassenden Geistes an den Tag gelegt, so daß sich von seiner Mitwirkung in diesem Fache die ersprießlichsten Folgen mit Zuversicht erwarten lassen. Bei E.K.M. tragen wir daher alleruntertänigst an, die Anstellung eines Staatsrats bei der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung in der Person des Barons von Rehdiger mit dem Jahrgehalte von zweitausendfünfhundert Taler huldreichst zu genehmigen.« 2

1 Siehe R M Stein I I I , Nr. 328, S. 1088 ff. 2

Die Genehmigung erfolgt durch K . O. an Altenstein, Dohna und B e y m e , Königsberg, 4. März 1809 (Konzept eigh. u. gez. Klewitz, i. gl. Fasz. Bl. 2). A m 6. März bedankt sich Rehdiger bei K l e w i t z »sowohl für die gestrige vertraute Mitteilung als auch für den großen Anteil, den Ihre wohlwollende Mitwirkung an dem gehabt hat, wovon Sie mich zu benachrichtigen die G ü t e gehabt haben.« (Rehdiger eigh. in Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 42) Offiziell teilt D o h n a am 9. März K l e w i t z die Ernennung Rehdigers m i t : »Der letztere ist davon bereits unterrichtet und aufgefordert worden, am künftigen Donnerstag, den 16. d. M., im Plenum des Ministeriums des Innern zur Vereidigung zu erscheinen.« (Ausf., gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 43)

58. Geheimer Staatsrat und Oberpräsident Sack an den Minister Graf zu Dohna Berlin, 5. März 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 83 Nr. 1 B d . 1 Bl. 58: Ausf., gez. Sack.

Übermittlung von Unterlagen über die Verhältnisse der französischen

Kolonie

»Ew. Exzellenz sehr geehrte Schreiben vom 28. Januar 1 und 22. v. M. 2 in betreff der französischen Kolonie habe ich zu erhellten die Ehre gehabt. Allerdings haben das Publikandum vom 16. Dezember v. J. 3 und die Städteordnung 4 wesentliche Abänderungen der französischen Kolonieverfassung hervorgebracht und die Kolonie selbst in eine genauere Verbindung mit den deutschen Behörden zu bringen beabsichtet. Die Kolonie und vorzüglich die älteren Mitglieder derselben und die Prediger sind gegen diese Absicht vorzüglich eingenommen, deren Zweckmäßigkeit und natürliche Notwendigkeit jedoch mehrern Mitgliedern der Kolonie wohl einleuchtet und von dem übrigen Teile der Einwohner schon längst eingesehen ist. Übrigens werde ich aus dem mir in E w . Exzellenz verehrlichem Schreiben vom 22. v. M. eröffneten Gesichtspunkte dahin sehen, daß bei Einführung der Städteordnung die Sozialverhältnisse der Kolonie nicht gestört werden, und der mir in dem gedachten Schreiben versprochenen näheren Eröffnungen gewärtig sein. Auf Erfordern hat mir das französische Oberdirektorium mittelst des abschriftlich anliegenden Schreibens vom 27. v. M. 5 das gleichfalls in Abschrift beigefügte Tableau der Verhältnisse der französischen Behörden, des Personals derselben, ihrer Besoldungen und der Fonds, woraus solche bestritten wurden 6 , eingesandt, welches, wie ich hoffe, Ew. Exzellenz die in dem Schreiben vom 28. Januar d. J. gewünschten D a t a näher angeben wird. Zugleich habe ich aus einigen Gelegenheitsschriften des französischen Collège pp. die Übersicht der Entstehung und allmählichen Ausbildung der Kolonie zusammentragen lassen, welche ich in der Meinung, daß solche Ew. Exzellenz vielleicht nicht unangenehm sein dürfte, in Abschrift 7 hierneben ganz ergebenst beifüge.« 1

Konzept Prillwitz mit Verbesserungen Dohnas, i. gl. Fasz. Bl. 19.

Konzept Prillwitz mit Verbesserung Dohnas, i. gl. Fasz. Bl. 25. 3 Siehe R M Stein I I I , Nr. 333, S. 1149 ff. 2

4

V o m 19. November 1808, siehe R M Stein I I I , Nr. 319, S. 1038 ff.

5

Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 61

6

Abschrift des Tableau Bl. 62.

7

»Etwas über die Entscheidung und den Fortgang der französischen Berlin, 4. März 1809, gez. Semler (Abschrift Bl. 59).

Kolonie«,

58. Geheimer Staatsrat und Oberpräsident Sack an den Minister Graf zu Dohna Berlin, 5. März 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 83 Nr. 1 B d . 1 Bl. 58: Ausf., gez. Sack.

Übermittlung von Unterlagen über die Verhältnisse der französischen

Kolonie

»Ew. Exzellenz sehr geehrte Schreiben vom 28. Januar 1 und 22. v. M. 2 in betreff der französischen Kolonie habe ich zu erhellten die Ehre gehabt. Allerdings haben das Publikandum vom 16. Dezember v. J. 3 und die Städteordnung 4 wesentliche Abänderungen der französischen Kolonieverfassung hervorgebracht und die Kolonie selbst in eine genauere Verbindung mit den deutschen Behörden zu bringen beabsichtet. Die Kolonie und vorzüglich die älteren Mitglieder derselben und die Prediger sind gegen diese Absicht vorzüglich eingenommen, deren Zweckmäßigkeit und natürliche Notwendigkeit jedoch mehrern Mitgliedern der Kolonie wohl einleuchtet und von dem übrigen Teile der Einwohner schon längst eingesehen ist. Übrigens werde ich aus dem mir in E w . Exzellenz verehrlichem Schreiben vom 22. v. M. eröffneten Gesichtspunkte dahin sehen, daß bei Einführung der Städteordnung die Sozialverhältnisse der Kolonie nicht gestört werden, und der mir in dem gedachten Schreiben versprochenen näheren Eröffnungen gewärtig sein. Auf Erfordern hat mir das französische Oberdirektorium mittelst des abschriftlich anliegenden Schreibens vom 27. v. M. 5 das gleichfalls in Abschrift beigefügte Tableau der Verhältnisse der französischen Behörden, des Personals derselben, ihrer Besoldungen und der Fonds, woraus solche bestritten wurden 6 , eingesandt, welches, wie ich hoffe, Ew. Exzellenz die in dem Schreiben vom 28. Januar d. J. gewünschten D a t a näher angeben wird. Zugleich habe ich aus einigen Gelegenheitsschriften des französischen Collège pp. die Übersicht der Entstehung und allmählichen Ausbildung der Kolonie zusammentragen lassen, welche ich in der Meinung, daß solche Ew. Exzellenz vielleicht nicht unangenehm sein dürfte, in Abschrift 7 hierneben ganz ergebenst beifüge.« 1

Konzept Prillwitz mit Verbesserungen Dohnas, i. gl. Fasz. Bl. 19.

Konzept Prillwitz mit Verbesserung Dohnas, i. gl. Fasz. Bl. 25. 3 Siehe R M Stein I I I , Nr. 333, S. 1149 ff. 2

4

V o m 19. November 1808, siehe R M Stein I I I , Nr. 319, S. 1038 ff.

5

Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 61

6

Abschrift des Tableau Bl. 62.

7

»Etwas über die Entscheidung und den Fortgang der französischen Berlin, 4. März 1809, gez. Semler (Abschrift Bl. 59).

Kolonie«,

5. März 1809

155

59. Minister Freiherr von Hardenberg an den Geheimen Oberfinanzrat von Prittwitz Berlin, 5. März 1809 Z S T A Merseburg, Staatskanzleramt, Rep. 74 H V I I Nr. 13 Bd. 1 Bl. 160: Abschrift, desgl. in Rep. 92 Hardenberg H 3 Bl. 2 u. 22.

Stellungnahme zu den Verhandlungspunkten des Landtags über Abtragung der Kontribution an Frankreich und Regulierung des Schuldenwesens; Vorschlag einer Assoziation aller Grundbesitzer zu einer Nationalbank »Nicht leicht wird ein Landtag zu Beratungen von größerer Wichtigkeit zusammenberufen sein als der gegenwärtig versammelte, zu dem E. Hochwohlgeb. als Deputierter des Lebusischen Kreises auch meine Vollmacht mit dem gerechtesten Vertrauen erhalten haben. Die Abtragung der Kontribution an Frankreich und die Regulierung des durch die Invasion veranlaßten Schuldenwesens sind die Hauptgegenstände, womit er sich beschäftiget. Von ihrer Behandlung, von den Beschlüssen, welche dieserhalb gefaßt werden, hängt das Wohl oder Weh des Ganzen, aber auch des einzelnen ab. Die Gefahr ist groß, die Sache hat das allgemeinste Interesse; nicht auf das Beste einer einzelnen Provinz, eines Standes, einer Korporation, auf die Aufrechterhaltung besonderer Vorrechte oder Privilegien darf der Patriot sein Augenmerk richten; in der Rettung des Ganzen liegt das Heil seiner Teile. Das Übel kann nicht durch halbe Maßregeln bekämpft und überwunden, es muß aus dem Grunde gehoben werden, ungewöhnliche Mittel und Anstrengungen sind unerläßlich nötig, um den Zweck zu erreichen; man darf sich nicht damit begnügen, einige Wunden zu heilen, während andere fortbluten und dem Körper mit gänzlichem Verderben drohen. Treue Anhänglichkeit an den König und an den Staat entfernt jede Eingebung eines engherzigen Egoismus. Man wird nur wetteifern, die kräftigsten und sichersten Rettungsmittel ausfindig zu machen, und Aufopferungen nicht scheuen, wenn sie nur zum Zweck führen. Mir scheint es Beruf für die Stände und höchst verdienstvoll für sie, nicht nur die obengenannten Gegenstände, sondern alles, was damit verwandt und ihrem Gesichtskreise nicht fremd ist, mit Umsicht und Energie zu ergreifen und dem Könige auch unaufgefordert ehrerbietige Anträge zu machen. Durch dieses Entgegenkommen können sie ihren Patriotismus am besten betätigen; keine Bedenklichkeit darf sie dabei zurückhalten. Der König nimmt ja Vorschlägee auch des Geringsten seiner Untertanen mit Huld auf. Sollte er denen keine Aufmerksamkeit schenken, die die Repräsentanten einer ganzen Provinz an Ihn gelangen lassen? Das ist gar nicht zu befürchten und Seine Weisheit wird denn beschließen. E. Hochwohlgeb. haben mich nebst einigen verehrten Mitständen aufgefordert, Ihnen meine Ansichten mitzuteilen. Beehrt durch dieses Vertrauen und von dem Gefühl durchdrungen, daß es Pflicht sei, auch durch Äußerung einzelner Uberzeugung die Erreichung des Zweckes möglichst zu befördern, unterwerfe ich meine Gedanken Ihrer einsichtsvollen Prüfung und überlasse es ganz Ihrem Ermessen, welchen Gebrauch Sie davon machen wollen.

156

5. März 1809

Wenn ich mich dabei auf die Kurmark beschränke, so glaube ich dennoch, daß meine Ansichten im allgemeinen auch auf die andern Provinzen des preußischen Staats passen, denn die Verhältnisse sind ähnlich, und wo Abweichungen stattfinden, können einzelne Modifikationen nötig werden, die aber die allgemeinen Grundsätze nicht antasten. Diese sind überall gültig. Um richtig zu urteilen, müssen wir suchen, soviel möglich das Ganze vor unser Auge zu rücken, was die Regierung in Absicht auf die Finanzlage des Staats wahrscheinlich beabsichtiget. Sie wird, wie es mir scheint, hauptsächlich folgende Punkte in Betracht ziehen: 1. die Anschaffung der noch an Frankreich zu zahlenden ansehnlichen Kontribution, a. teil vorerst durch Pfandbriefe, die bald mit barem Gelde wieder einzulösen sein werden, b. teils durch bares Geld. 2. Die Erhaltung im Wert der bisherigen Staatspapiere. Hierher gehören: a. die bisherigen Pfandbriefe, b. die Obligationen und Noten der Königlichen Bank, c. die Seehandlungsobligationen, d. die Tresorscheine, e. die Obligationen öffentlicher Institute. 3. Die rückständig gebliebenen Besoldungen und Pensionen, 4. die Fundierung und Abtragung der Schulden, die während des letzten Krieges gemacht worden sind; sowohl a. der einzelnen Kommunitäten als b. der Kreise, c. der ganzen Provinzen, 5. die Mittel ausfindig zu machen: die zu allen diesen Zwecken sowie auch noch zu andern dringenden Staatsbedürfnissen, insonderheit zum Retablissement der wesentlichsten Gegenstände, ohne die der Staat nicht bestehen, ohne die er seine Selbständigkeit nicht wiedererlangen kann, erforderlichen Fonds herbeizuschaffen, Vertrauen und Kredit herzustellen und zugleich zu verhüten, daß durch den Ausfluß einer so äußerst beträchtlichen Summe von barem Gelde, als vermittelst der französischen Kontribution aus dem Lande geht, nicht alle Zirkulation stocke, wodurch die nachteiligsten tötendsten Folgen für Gewerbe und Industrie entstehen würden, wodurch Ackerkultur und Fabriken vernichtet und die Erholung des Staats unmöglich gemacht werden würden. Summen, die das zirkulierende Numerär, dessen Betrag jetzt fast unmöglich scheint, mit irgendeinem Grade von Zuverlässigkeit anzugeben, vielleicht übersteigen, sollen bar bezahlt oder gedeckt werden, und zwar von einem Volke, welches noch die Wunden des Kriegs höchstschmerzlich fühlt, dessen Gewerbe vermindert sind, dessen Handel Störungen und äußere Hemmungen erleidet und dessen Kredit im Auslande beinahe vernichtet ist. Die Aufgabe ist schwer, aber sie steht zu lösen. Nur reicht der allgemeine Staatsverein dazu nicht hin. Ein engerer Verein muß stattfinden unter denen, die eigentlich den Staat konstituieren und die an dessen Erhaltung das nächste

5. März 1809

157

und innigste Interesse haben; die Eigentümer aller Art müssen zusammentreten und gemeinschaftlich ein Gebäude stützen, was sonst unfehlbar zusammenstürzt und sie dann alle unfehlbar erdrückt. Unsere Kreditlosigkeit beruhet vorzüglich auf drei Umständen: 1. Auf dem Mangel an Kenntnis des Umfanges des in den Domänen steckenden unmittelbaren Staatsvermögens und der daher rührenden Meinung, daß es nicht hinreiche, die unmittelbaren Staatsschulden zu decken; 2. darauf, daß man den sonach auf das mittelbare Staatsvermögen zurückfallenden Teil der Staatsschulden nebst denjenigen Schulden, welche einzelne Provinzen und Kommunen kontrahiert haben, für so höchst bedeutend hält, daß man glaubt, bei einer Reparation auf die Grundstücke werde der Wert derselben oft nicht hinreichen, die Quote zu decken; 3. auf Mutlosigkeit und Mangel an Gemeingeist und Energie. Die Umstände zu 1 und 2 sind ganz irrig, wie sich leicht überzeugend dartun läßt. Der Mutlosigkeit und dem Mangel an Energie arbeite man auf alle Weise und besonders dadurch entgegen, daß man dieses zeige, man belebe den Gemeingeist, und der Kredit wird hergestellt sein. Aber auch auswärts finden wir die bei uns herrschenden Verlegenheiten, das Geld fehlt überall, und selbst bei hergestelltem Kredit würden wir unsere Rettung nicht auf auswärtige Hülfe durch hinreichende Anleihe bauen können; sie muß hauptsächlich aus uns selbst hervorgehn. Im Innern ist jedoch der Grad des Geldmangels so groß, daß die Zirkulation schon jetzt zum Betriebe derjenigen Gewerbe nicht mehr hinreicht, von deren Fortgange und Flor das Einkommen der Nation und die Mittel abhängen, die notwendigen oder nützlichen Importen zu bezahlen oder auszugleichen. Schon um deswillen also würde das Bedürfnis, die Zirkulationsmittel zu vermehren, eintreten. Aber die ungeheure Verminderung, welche die Bezahlung der Kontribution an Frankreich verursachen wird und die durchaus bares Geld erfordert, macht jenes Bedürfnis so dringend, daß solchem schlechterdings auf irgendeine Art genüget werden muß, wenn nicht unser gänzlicher Ruin erfolgen soll. Unsere Zirkulation verliert auf diesem Wege binnen 30 Monaten 33 Millionen Rtlr. So viel Numerär ist schwerlich noch im Lande vorhanden, und wie ist es zusammenzubringen ? Nur auswärtige Anleihe oder Exportation könnten überdies das Fehlende decken und den Abgang ersetzen, und da dieses in hinreichendem Maße nicht möglich ist, so müssen durchaus noch andere Mittel ergriffen werden: 1. das bare Geld zu den Zahlungen nach Frankreich zu erhalten, 2. für das innere Bedürfnis die Wertrepräsentation auf andere Art zu ersetzen, und zwar in einem solchen Umfange, als es die Herstellung, Erhaltung und Erweiterung des städtischen und ländlichen Gewerbbetriebs erfordert. Freiwillige Anleihn im Innern so wenig als im Auslande werden den Zweck zu 1. erfüllen. Die Veräußerung eines Teils der Domänen kann etwas bewirken, besonders wenn Ausländer kaufen und wenn man sie nicht übereilt. Inländer, die solche erwerben, entziehen das dazu zu verwendende Geld der inneren Zirkulation, insofern sie solches nicht im Auslande borgen. Daß dieses, wenn es von vielen einzelnen unternommen wird, ein günstigeres Resultat geben werde, als wenn

158

5- März 1809

es abseiten der Regierung geschieht, läßt sich wohl voraussetzen, aber dennoch wird es nicht hinreichen. Es bleibt also bei der dringenden Eile und Notwendigkeit nichts übrig, um das im Lande vorhandene bare Geld herbeizuziehen, als ein allgemeines Zwangsdarlehn, das aber dergestalt anzuordnen ist, daß das Nachteilige und Widerwärtige, was damit verknüpft ist, möglichst entfernt oder doch vermindert werde und daß das Band der Liebe und des Zutrauens unter der Regierung und dem Volke nicht leide. Wenn die Landstände die dazu erforderlichen Maßregeln sowie die zu 2. selbst in Antrag bringen, so bewirken sie dieses am sichersten. Sie ersparen dem Regenten den Schmerz, ein empfindliches Opfer zu verlangen, und mildern in dem Gefühl der Staatsbürger den üblen Eindruck, sie erhalten in Absicht der Modalitäten freiere Hände, beweisen ihren Patriotismus und beleben den so nötigen Gemeingeist. Indem sie den Kredit des Ganzen befestigen, indem sie von diesem sonst unausbleibliche Gefahren entfernen, befestigen sie ihren eigenen und wenden diese auch von sich ab. Außer den Zahlungen nach Frankreich ist das Provinzial- und Kommunitätsschuldenwesen zu beherzigen. Der Wert der Güter und der Kredit wird dadurch beinahe noch mehr als durch die unmittelbaren Staatsschulden verdunkelt. Die Zahlungen oder Bewilligung eines Aufschubs derselben sind um desto dringender, da außerordentlich hohe Zinsen bezahlt werden und Pfänder zu einem doppelt- und mehrfachen Belauf gegeben sind, deren Veräußerung im Nichtzahlungsfalle nicht nur die Papiere, aus denen sie bestehen, äußerst herunterbringen, sondern den Kredit ganz zugrunde richten und den empfindlichsten Schaden verursachen würden. Zweckmäßige Maßregeln sind also auch dieserhalb unumgänglich notwendig. Das einzige Mittel, alle Zwecke möglichst zu erreichen, scheint mir in der Konstituierung eines Fonds zu liegen, der mehr wert sei, als der Betrag aller mittelbaren und unmittelbaren Staatsschulden ausmacht, so daß diese daraus teils gedeckt, teils getilgt werden können. Zu dem Ende würden die Stände Sr. Königlichen Majestät eine Assoziation zu einer von der Regierung des Kredits wegen ganz unabhängigen Nationalbank vorschlagen, zu der auch der Beitritt der übrigen Provinzen der Monarchie bewirkt werden müßte. Diese Bank würde folgendermaßen eingerichtet: 1. Das Grundeigentum aller Art würde nach richtigen Grundsätzen abgeschätzt. Hiezu würden erforderlich sein a. die Festsetzung dieser Grundsätze, wozu die schon bestehenden Taxreglements und die bei Regulierung der Einkommensteuer in Preußen angenommenen Prinzipien Anleitung geben, welche jedoch sorgfältig zu revidieren und zu berichtigen sein würden. b. Die Anordnung passender Kommissionen hiezu. 2. Die auf den Grundstücken haftenden hypothekarischen Schulden würden abgerechnet und dann ein gewisser näher auszumittelnder Teil des frei übrigbleibenden Werts 1/6 oder f/4 in das betreffende Hypothekenbuch mit dem Vermerk eingetragen, daß solcher zu der assoziierten Nationalbank gehöre und alle nachfolgende Kapitalaufnahme diesem Ansprüche der Bank nachstehen müsse.

5. März 1809

159

3. Die Bank erhält darüber den Hypothekenschein und gibt dem Eigentümer für den Belauf ein Guthaben in ihren Büchern. 4. Will der Interessent den auf dasselbe habenden Kredit realisieren, welches jeder schon seines eigenen Vorteils wegen tun wird, um für den nicht disponiblen assoziierten Teil seines Eigentums disponible Effekten zu erhalten, so muß er über das, was er verlangt, eine zinsbare Obligation übergeben. Der Betrag wird von seinem Guthaben gelöscht. Der Überrest desselben trägt der Bank keine Zinsen. 5. Gegen jene Obligation, die von der Bank nicht in Kurs gebracht wird, sondern bei derselben deponiert bleibt, gibt sie zweierlei Bankpapiere, wofür die ganze Assoziation solidarisch haftet und mit Sicherheit haften kann, weil sie immer das spezielle Unterpfand dafür hat 1 , nach dem Verlangen des Assoziierten aus. Entweder a. Papiere, die von ihr verzinset werden und zessionsfähig sind. Diese werden unter 100 rtlr. nicht ausgestellt, auch muß die darüber hinausgehende Summe 1 / i , oder 3/4 vom Hundert betragen — oder b. insofern der Assoziierte zum kleinen Vorlehn geringerer Summen bedarf oder es sonst wünscht, Bankzettel au porteur, die bis zu dem Belauf von 1 rtlr. kreiert werden. Diese schreibt die Bank zwar auch von seinem Guthaben ab, aber er braucht keine Obligation darüber auszustellen. Er zahlt für den Betrag, solange er ihn nicht ersetzt, jährlich 1 pro Cent Provision. Zu jeder Zeit kann er gegen dergleichen Zettel auch Bankobligationen erhalten, nur versteht es sich, daß er solchenfalls seine Obligation zu dem Belauf deponiere, wie oben bestimmt ist. 6. Das Vorstehende gilt von den Bankgeschäften, wie sie unter allen Umständen betrieben werden können. Für die Zwecke, welche zunächst erreicht werden sollen, sind andere Bestimmungen erforderlich. Diese bestehen darin: a. der Regierung zu der baren Zahlung der Kontribution an Frankreich und Einlösung der Pfandbriefe bare Fonds zu verschaffen, b. der Zirkulation diesen Abgang an Numerär durch anderweite sichere Repräsentationsmittel zu ersetzen, c. die Provinzialkriegsschulden sowie die der Kommunitäten zu bezahlen oder zu decken. Zu Erreichung des Zwecks zu a. wird das schon erwähnte Zwangsdarlehn in klingendem Gelde oder Metall auf alle Grundbesitzer ohne Ausnahme ausgeschrieben, wobei die Grundsätze der Einkommensteuer die Norm geben. Das Darlehn soll den Charakter eines bloßen Vorschusses haben, denn es werden Bankobligationen dafür gegeben, ohne daß der Betrag von dem Guthaben auf dem Bankfolio abgeschrieben wird. Die Bank leihet der Regierung die eingehenden Gelder und erhält dafür von derselben Pfandbriefe auf die jetzt nicht von den Ständen verpfandbrieften Domänen, die ebenfalls abgeschätzt und in die Hypothekenbücher eingetragen werden müssen, und von diesen Pfandbriefen aus den Einkünften der Domänen die Zinsen. Mit diesen zahlt sie diejenigen, welche der Zwangsdarleiher auf die

i6o

5. März 1809 für den baren Vorschuß empfangene Bankobligation erhalten muß. Will dieser stattdessen Zettel au porteur nehmen, so werden 4 % Zinsen vergütet. Die Bank erhält aus den Domänen 5 % und erspart dadurch 1 % , welches statt der Provision dient, die für solche Zettel zu zahlen ist. Übrigens tragen diese Zettel, welche den oberwähnten sub 5 b gleich sind, keine Zinsen, diese aber werden auf einen besonderen Revers ausgezahlt, den die Bank in allen diesen Fällen erteilt, wo statt verzinslicher Obligationen Billets au porteur gegeben werden. Um das Zwangsdarlehn desto weniger lästig zu machen, könnte man auch die Differenz, welche etwa nach dem Kurs zwischen den Bankobligationen und dem baren Gelde stattfinden würde, aus der Einkommensteuer vielleicht vergüten.

Zu b. dienten die Billets au porteur zum kleinem Geldverkehr und die Obligationen zu größeren Zahlungen; beide ergänzten mithin in der Zirkulation den Abgang des Numerärs. Übrigens bleibt das Konto des Interessenten bei der Bank mit der Quote desselben am Zwangsdarlehn so lange belastet, bis er solches bar abgeführt hat, wozu er außerdem angehalten wird. Zu c. Das Verfahren in Hinsicht auf die Provinzial- und Kommunitätsschulden wird folgendes sein. Diese würden in 2 Klassen geteilt a. solche, die in bestimmten Terminen bar abgeführt werden müssen, b. solche, wo dieses durch ein successives Amortissement geschehen kann. E s ist höchst wichtig, daß die Summe zu a. durch Prolongationen möglichst vermindert werde, wozu also alle Kräfte aufzubieten sind, da die Aufbringung des Zwangsdarlehns das bare Geld größtenteils konsumieren wird und das Land doch nicht ganz davon entblößt werden darf, um die nötigen Zahlungen in das Ausland, wozu die Bankpapiere nicht geeignet sind, bestreiten zu können. Was indessen unumgänglich nötig ist, um Treu und Glauben zu erhalten und den Kredit zu retten, muß durchaus angeschafft werden. Hiebei scheint es aber rätlich, lieber die Zinsenzahlungen auf die kursierenden Papiere aufzuschieben, welches dem Kredit weniger nachteilig sein wird, als wenn die Pfänder unabgelöset blieben und verkauft würden. Man wird sich leicht hievon überzeugen, wenn man erwägt, daß es eine Ruin bringende Operation ist, zu sehr hohen Zinsen das Geld anzuschaffen, womit Zinsen bezahlt werden sollen. Die Repartition würde demnach teils auf bares Geld, teils auf Sicherheitsbestellung für den successiv zu amortisierenden Teil der Schulden gerichtet. Sobald sie gemacht ist, wird das Bankkonto jedes Interessenten mit dem Betrage belastet, d. i. von seinem Guthaben abgeschrieben. Erfolgt der bare Abtrag, so wird solcher dem Guthaben wieder zugesetzt. Zugleich erhält der Kontribuent entweder verzinsliche Obligationen oder Zettel au porteur mit einem Zinsrevers in eben der Art, wie solches oben in Absicht der Zwangsdarlehne behufs der Kontributionszahlung bemerkt ist. In Absicht des nicht bar erforderlichen Teils der Schulden wird den Interessenten die Alternative überlassen, entweder bar zu zahlen oder mit dem

5. März 1809

161

erforderlichen Teile seines Guthabens verhaftet zu bleiben, bis das Amortissement bewirkt ist. Im ersten Falle findet alles das Anwendung, was soeben wegen der notwendigen baren Zahlung angeführt ist; im letzten Falle tut der Interessent nichts weiter, als daß er sich das Abschreiben seiner Quote von seinem Bankguthaben gefallen läßt. Zu einer Zinszahlung von diesen Provinzialschulden beider Klassen, desgleichen zur Aufbringung des Amortissementsfonds für die letztere sind die Assoziierten in dieser Eigenschaft nicht verpflichtet. Die Last muß auf alle Einwohner des Staats, auch auf die Nichtgrundeigentümer, auf die Kapitalisten, fallen. Zu beiden Behufen wird eine Einkommensteuer ausgeschrieben und so lange erhoben, bis das Amortissement bewirkt ist. Diese Steuer, die mit einem zu bestimmenden Teile bar, übrigens aber in Bankpapieren zu entrichten ist, wird von den Einhebern an die Bank abgeführt. Diese zahlt davon an die Inhaber der ständischen Schuldobligationen die Zinsen und kauft jährlich behufs der Vernichtung so viel von jenen, als der Amortissementsfonds, der in 2 % des Kapitals bestehen müßte, gestattet. In Absicht der Kommunitätsschulden findet dieselbige Einrichtung wie mit den Provinzialschulden statt, nur mit der sich von selbst verstehenden Abänderung, daß jede Kommune den Ausschlag ihrer Schulden unter sich selbst macht und daß sie und nicht die Bank die Zinsen berichtiget. Der Betrag nur kommt zur Repartition auf die Mitglieder, der nicht durch das Kommunvermögen gedeckt werden kann, und diese werden mit ihrer Quote bei der B a n k ebenso wie mit der Provinzialschuldenquote belastet und bleiben es so lange, bis das Amortissement bewirkt ist. U m den Nachteil zu mindern, der für die Interessenten daraus entsteht, daß sie den Teil ihres Bankguthabens, welcher für die Provinzial- und Kommunitätsschulden haftet, nicht benutzen können, wird festzusetzen sein, daß jedesmal, wenn davon amortisiert ist, ihnen solches kreditiert werde. 7. Jeder Interessent ist verpflichtet, sein Guthaben zuerst zur Deckung der Landesprovinzial- und Kommunitätsschulden zu verwenden. Erst wenn der Betrag davon ausgemittelt ist, kann er über dasjenige, was von dem versicherten Anteile seines schuldenfreien Vermögens übrigbleibt, zu andern Behufen disponieren, so wie er dieses auch in Absicht der Summen kann, die seinem Guthaben durch bare Abführung seiner Schuldenquoten oder durch Amortissement aus der Einkommensteuer zuwachsen. 8. Letztere hört mit der Schuldentilgung ganz natürlich auf. Mit dieser endet denn auch die Beschränkung der Disposition über das Guthaben bei der Bank, und dieses wird ganz dem freien Verkehr gewidmet. Dagegen kann ein Zurücktritt von der Assoziation nur dann erst gestattet werden, wenn sich in der Folge ergeben sollte, daß es für den Staat der Zirkulation der Bankpapiere nicht weiter bedarf, das heißt, wenn das für solchen erforderliche Numerär vorhanden und die Beibehaltung solcher Papiere nicht dennoch nützlich wäre. 9. Die Verwaltung der B a n k würde so zu organisieren sein, daß a. in irgend beträchtlichen Provinzialstädten Bankcomptoirs, b. in jeder Provinz in dem Hauptorte ein Hauptbankcomptoir, c. in der Residenz die Hauptbankdirek-

1Ö2

10.

11.

12.

13.

5. März 1809

tion, welche aus Deputierten jeder Provinz und einem von ihnen gewählten Vorsteher bestände, eingerichtet würden. Die Administrationskosten würden nicht unbedeutend sein, inzwischen wahrscheinlich mit dem 1 % bestritten werden, welches für die Ausgabe der Billets au porteur erlangt würde. Sollte aber etwas fehlen, so müßte es von der Einkommensteuer mit gestanden werden. Es versteht sich von selbst, daß sich die Assoziierten verpflichten müssen, die Bankpapiere in allen Zahlungen als bares Geld anzunehmen, auch wird die Regierung zu ersuchen sein, zu gestatten, daß 3/4 der öffentlichen Abgaben in dergleichen Papieren entrichtet werden dürfen und nur bar. Sie kann dieses unbedenklich tun, da ihre notwendigen Zahlungen ins Ausland durch das Zwangsanleihen gesichert sind und zu den Zahlungen im Inneren die Bankpapiere hinreichen. Sie muß es aber auch tun, einesteils weil sonst der Kredit der Bankpapiere leidet und sie kein hinlängliches Substitut des baren Geldes sein würden, andernteils weil letzterer nicht in dem Maße vorhanden sein dürfte, um mehr als 1/4 der Abgaben bar prästieren zu können. Die Bankiers werden sich wahrscheinlich nicht weigern, ein allgemein gültiges Repräsentationsmittel auch in ihren Zahlungen anzunehmen; wären sie aber unpatriotisch genug, um zu widerstreben, so würde ein Zwang nicht ratsam sein. Sie sind zwar die Mittelspersonen zwischen Kaufleuten, Fabrikanten und Gutsbesitzern in Absicht auf das Geldverkehr derselben, aber da sich dieses nicht bloß auf das Inner-, sondern auch auf das Ausland erstrecket, wohin zur Ausgleichung bares Geld erforderlich ist, so müssen ihnen zu dessen Erlangung die Mittel unbenommen bleiben. Wird nur der Flor der Gewerbe gesichert, bleibt uns dadurch eine vorteilhafte Handelsbalance oder wird sie vielmehr wieder hergestellt, so wird das Geld, da es im innern Verkehr nicht unumgängliches Bedürfnis ist, nicht sehr gesucht sein, und indem es nur die Eigenschaft einer Ware behält, wird es denen, die es brauchen, nicht schwer werden, es zu erhalten. Indessen wird das Benehmen des Bankiers im Anfange auf den Wert der Bankpapiere von Einfluß sein, und man wird daher sehr wohltun, sie zu tätiger Mitwirkung bei Gründung des Instituts besonders einzuladen und den Rat derjenigen Männer dabei zu benutzen, welche sich in dieser Klasse durch Kopf und Patriotismus auszeichnen. Um zu vermeiden, daß die Billets au porteur nicht unter 1 rtlr. kreiert werden müssen, bleibt die Scheidemünze in Metall ein Bedürfnis. Es dürfte daher kaum rätlich sein, sie vorderhand zu einem höheren Wert umzuprägen, zumal da, wenn das bare Kurantgeld noch bedeutender steigen sollte, auch ein Ausfluß der Münze stattfinden möchte, welches noch üblere Folgen haben würde als der gegenwärtig noch etwas geringere innere Gehalt der Münze gegen Kurant. Die bäurischen bisher unfreien Besitzungen müssen ebenfalls abgeschätzt in die Hypothekenbücher und in die Bankassoziation mit aufgenommen werden. Zuvor aber sind die Bauern zu Eigentümern zu erklären. Die Gutsherren haben von ihrem bisherigen Eigentumsrechte an diesen Besitzungen zu wenig Vorteil, um solche bei der Assoziation zu vertreten, wozu auch die Mittel wohl fehlen möchten.

5. März 1809

163

Eine Freilassung dieses beträchtlichen Grundvermögens von den Kriegskosten ist auch nicht tunlich, die Schwierigkeiten werden alle gehoben, wenn die Gutsherren selbst ihre Laßbauern mit Vorbehalt der Dienste und Abgaben für Eigentümer erklären und sich dadurch ein bleibendes großes Verdienst erwerben. Die Vorteile, welche sie dadurch aufzugeben scheinen, sind größtenteils eingebildet und werden durch die Rückwirkung überwogen, welche auch für den Gutsherrn durch die allgemeine Verbesserung des Kultur- und Vermögenszustandes daher zu erwarten sind. Dienste und Abgaben müßten nach festzusetzenden Prinzipien erbauet werden können. Die also zu Eigentümern erklärten Laßbauern werden indessen mit den bisher freien Gutsbesitzern nicht ganz überein behandelt werden können, da sie größtenteils in zu schlechten Umständen sind und diese nur nach und nach verbessert werden können. Besonders wird es den mehrsten schwer, ja unmöglich werden, bares Geld zum Zwangsdarlehn beizutragen. Wieviel ihnen davon aufzulegen sei und wieviel sie zu der Einkommensteuer zu übernehmen haben werden, ist einer näheren Prüfung zu unterziehen. Übrigens ist es wohl keinem Zweifel unterworfen, daß die Königliche Regierung nicht einwillige, daß die Königl. Bauern völlig so wie die der Gutsbesitzer behandelt werden. 14. Die Güterschätzung kann behufs des schuldenfreien Bankanteils für die Einkommensteuer und für das Zwangsdarlehn auf einmal geschehen. 15. Zu der Einkommensteuer werden die Kapitalisten ohne allen Zweifel mit beigezogen, ob sie aber auch zu dem Zwangsdarlehn beigezogen werden können, ist zweifelhaft. Solange der Indult existiert 2 , ist der Fall nicht, daß sie imstand sind, am vorzüglichsten Geld vorzuschießen, bis dahin aber, daß dieser zu Ende gehe, muß das Zwangsdarlehn bezahlt sein. Überdies vermehrt eine milde Behandlung der Kapitalisten den Kredit und hindert ihre sonst zu besorgende Auswanderung. 16. Etwas über 19 Millionen Rtlr. von der Kontribution an Frankreich, wofür Pfandbriefe ausgefertigt werden, sind mit Rücksicht auf die in den Provinzen belegenen Domänen auf diese repartiert. Dieses Verhältnis kann aber keinesweges in Absicht auf das Zwangsdarlehn stattfinden. Hierbei müssen die wahren Vermögenskräfte der Einwohner das Anhalten geben. Ich will nun die Vorteile der vorgeschlagenen Assoziation aller Grundbesitzer zu einer Nationalbank hier noch kurz aufzählen. a. Wir sichern unserm Gewerbe mithin den eigentlichen Reichtum, der darin besteht, daß wir uns mehr verkäufliche Produkte und verarbeitete Sachen verschaffen, als wir brauchen. b. Indem wir unser totes Kapital ins Leben rufen, vermehren wir unser Betriebskapital, mithin auch jenen Überschuß. Der Handel mag bald wieder frei werden oder nicht, so werden wir doch immer besser daran sein als andere Völker, die in den jetzigen Zeiten keine Fabriken einrichten können. Mittlerweile kann sich der Ackerbau, wenn die Hindernisse, die seinem Emporkommen entgegenstehen, gehoben werden, durch Konservation und Vermehrung des Betriebskapitals auf eine höhere Stufe schwingen. c. Durch die Einrichtung der Nationalbank wird die Überzeugung öffent12

Stein/Hardenberg

5. März 1809

164

d.

e.

f.

g.

h.

i.

lieh gegeben, daß das Staatsvermögen die Staatsschulden sehr weit übersteigt und daß die zirkulierenden Papiere, indem sie schuldenfreie Wertobjekte repräsentieren, auf das solideste fundiert sind, so daß die Inhaber vor Verlust gesichert werden. Zur Herstellung des Vertrauens muß nicht minder die Gewißheit wesentlich beitragen, daß die französische Kontribution von 33 Millionen Taler den Privatvermögen gar nicht zur Last fällt und den Gewerben keine Fonds entzieht, daß die Domänen sowohl das Kapital als die Zinsen tragen, während das nach Frankreich gehende bare Numerär in der innern Zirkulation durch die Bankpapiere ersetzt wird. Dieses muß noch mehr durch die Betrachtung gestärkt werden, daß jene 33 Millionen bei weitem nur den geringeren Teil des Werts der Domänen, die Forsten mit eingeschlossen, absorbiert, so daß 1. für die der neuen Nationalbank für ihre Vorschüsse zu gebenden Domänenpfandbriefe, 2. zu Fundierung und successiver Tilgung der ältern Staatsschulden, 3. der Obligationen und Noten der Königlichen Bank, der Seehandlung, der von anderen Instituten und der Tresorscheine, 4. um die Forderungen der Dienerschaft und der Pensionärs zu berücksichtigen, noch immer ein hinreichender Fonds übrigbleiben wird, zumal da die Pfandbriefe für die 19 nach Frankreich zu zahlenden Millionen von jetzt an in 26 Monaten auch wieder eingelöst sein sollen. Werden die vorerwähnten älteren Staatsschulden und Institutspapiere würklich auf Domänen fundiert und wegen der rückständigen und laufenden Zinsen zweckmäßige Anstalten getroffen, in welcher Hinsicht mir Plane möglich scheinen, deren ich hier nicht näher erwähnen will, um dem Königlichen Finanzministerio, welches alle diese Gegenstände gewiß beherziget, nicht vorzugreifen, so müssen Kredit und Vertrauen ganz befestiget werden. Die Bäuerschen Besitzungen waren dem allergrößten Teile nach bisher in der Zirkulation nicht repräsentiert. Indem dieses jetzt geschieht, tragen sie nicht nur zu deren Belebung wesentlich bei, sondern die Besitzer erhalten zugleich die nötigen Mittel, eine bessere Kultur anzufangen und dadurch ihre Umstände dauernd zu verbessern. Die Veredlung dieser nützlichen Klasse der Staatsbürger wird die ganze Nation auf eine höhere Stufe heben und auf den Kredit eben auch wohltätig wirken. Gegen mehrere benachbarte Länder wird mittelst der Einrichtung dieser Nationalassoziation immer ein günstiges Verhältnis sowohl für den Gutsbesitzer als für den Bürger und Bauer bleiben, die fast allenthalben härter angelegt sind, als es bei uns der Fall sein wird. Die Einrichtung der Bank ist sehr einfach, wie es ihre Operationen sein werden. Obgleich ihre Bestimmung zunächst nur die Beförderung des innern Verkehrs ist, so wird sie doch nach und nach auch im Auslande Ansehen und Kredit erlangen, und es wird ihr alsdann nicht schwer werden, in nötigen Fällen auch daher Geld zu beziehen. Ein wesentlicher Vorteil des Bankinstituts wird auch noch durch den Einfluß entstehen, den sie auf das Wechselverkehr und den Kurs erhalten

5. März 1809

165

wird. Direkt wird dieser Einfluß durch ihr Ansehen statthaben, indirekt aber noch wesentlicher durch eine vorteilhafte Handelsbalance. Ich halte es für ganz unwidersprechlich, daß, wenngleich gar leicht durch bessere Einsichten andere Vorschläge als die meinigen oder Modifikationen derselben hervorgebracht werden können, dennoch durchaus irgendein Plan dieser Art angenommen werden muß, um behufs unsrer inneren Zirkulation Surrogate für das ausgehende bare Geld zu schaffen. Alle Einwendungen, die man gegen Papiergeld macht, fallen weg, sobald dieses solide gedeckt ist. Ich kenne Länder wie z. B. Dänemark, wo seit vielen Jahren fast nichts als Papiergeld existiert, wo es sogar einen gezwungenen Kurs im Inlande hat und auf gar nichts als auf das Gesetz und Wort des Staats beruhet, wo die Genußmittel für alle Klassen von Untertanen reichlich vorhanden sind, die Gewerbe blühen und insonderheit der Ackerbau seit 30 Jahren einen immer höher steigenden Grad der Kultur erlangt hat. Sollte denn dieses nicht noch weit mehr der Fall sein, wenn man dem zirkulierenden Papier ein so sicheres Fundament gibt, als ich beabsichtige? Für meine Ideen spricht es, daß mehrere gute Köpfe damit im allgemeinen übereinstimmen. Ich bitte E. Hochwohlgeb., gelegentlich das kleine Werk eines pommerschen Gutsbesitzers, des Herrn Haese zu Ganskow bei Kolberg, das mir erst vor wenig Tagen zu Gesicht gekommen ist: Über die Nützlichkeit, Notwendigkeit und Ausführbarkeit eines Kreditsystems für die bürgerlichen Besitzer der Grundstücke. Stargard 1799 bei Hendes, 8 desgl. eine vor kurzem erschienene Schrift eines einsichtsvollen Kaufmanns und Bankiers aus Danzig, den ich persönlich kenne, des Herrn Kabrun Ideen eines Geschäftsmannes über öffentliche Bedürfnisse und Geldmangel. Weimar. Industriecomptoir 1809, 8 nachlesen zu wollen. Es bleibt mir nun nur noch übrig, mich über einige verhältnismäßig weniger wichtige Gegenstände zu äußern. A. Der König übernimmt die Zahlung der ganzen Kontribution an Frankreich auf seine Domänen, da sie doch eigentlich Sache des ganzen Landes sein würde. Würklich und unverkennbar eine unschätzbare Wohltat! Die Stände sollen Pfandbriefe nach der bei dem Ritterschaftlichen Kreditsystem üblichen Form über 70 Millionen Francs dieser Schuld ausstellen und hievon die Kurmark für 5 Millionen Taler. Dafür will der König derselben für y 1 ^ Millionen an Wert Domänen verpfänden; die Pfandbriefe müssen binnen 30 Monaten, vom November 1808 an gerechnet, wieder eingelöset werden. Von den Ständen wird also, wenn alles in der Ordnung bleibt, gar kein Opfer verlangt. Kapital und Zinsen sollen aus den Königlichen Domänen erfolgen. Alles, was von ihnen gefordert wird, ist, gegen die erwähnte Verpfändung durch die Pfandbriefe den König vorerst zu vertreten. Die Assoziation der erwähnten Domänen für 71/2 Millionen zu dem Ritterschaftlichen Kreditinstitute, wogegen dieses die Pfandbriefe ausstellen würde, scheint mir weder der Natur der Sache gemäß noch ganz unbedenklich. Dieses Institut ist eine vom Landesherrn bestätigte Privatkorporation, zu der 12*

i66

5. März 1809

nur der kleinere Teil der Rittergutsbesitzer gehört. Die älteren Pfandbriefe auf ihre Besitzungen, zu 3 Millionen gerechnet, würden nur 3/a, die neueren auf die Domänen 5/gdes Ganzen betragen, und es lassen sich Unglücksfälle denken, wo es für das Kreditinstitut gefährlich werden könnte, für den letztgedachten größern Anteil allein mitzuhaften. Treten diese Unglücksfälle ein, so ist es der Natur der Sache gemäß, daß das Ganze sie trage. Der zugleich beabsichtigte Wieder kaufskontrakt, wodurch die erwähnten Domänen dem Kreditinstitut förmlich überlassen werden sollen, ist manchen Schwierigkeiten unterworfen. Der König wird sich die eigentlichen Bedingungen eines Wiederkaufs nicht gefallen lassen. Und wozu die Anordnung einer eigenen Verwaltung, die kaum die Zeit haben wird, sich zu orientieren, da die ganze Sache, weil mehrere Monate seit November 1808 verfließen, bis sie nur zustande kommen kann, nicht zwei Jahre dauern wird? Einfacher und doch ganz sicher könnte dieser Gegenstand meines Erachtens auf folgende Weise eingerichtet werden. Das Ritterschaftliche Kollegium, welches unstreitig diejenige Behörde ist, die sich vorjetzt am besten dazu eignet, prüfte den Wert der von des Königs Majestät zu benennenden und zu verpfändenden Domänen unter Zuordnung zweier Deputierter, die von den zum Landtage versammelten Ständen sogleich gewählt würden, eines nicht zur Kreditsystemsassoziation gehörenden Gutsbesitzers und eines städtischen Deputierten. Die Eintragung in das Hypothekenbuch geschähe der Königlichen Willensmeinung gemäß bei dem Kammergerichte. Wenn alles, was das Geschäft vorher erfordert, von dem Ritterschaftlichen Kollegio und den erwähnten Deputierten berichtigt wäre, fertigen sie die Pfandbriefe ganz nach der Form, worüber man mit dem Generalintendant Daru übereingekommen ist, aus, aber im Namen der Kurmärkischen ganzen Landschaft und unter Mitunterschrift der gedachten Deputierten. Hiebei kann man französischerseits unmöglich einen Anstoß finden, da die Sicherheit, welche die ganze Provinz gewährt, unstreitig größer ist als die einer einzelnen Korporation. Die Rücksicherheit erhält das Land durch die Verpfändung der Königlichen Domänen, die im Hypothekenbuche bemerkt wird. Es bedarf keiner besondern Administration der verpfändeten Domänen, die Zinsenzahlung und die Einlösung können von den den Regierungen beizugebenden Landschaftlichen Repräsentanten kontrolliert und diese darauf besonders verpflichtet werden. So wie die Pfandbriefe eingelöset sind, besorgen diese die Zurückgabe an die oben benannte Behörde, weisen die Zahlung der Zinsen nach, und es erfolgt die Löschung im Hypothekenbuche. Jede weitere Formalität oder Prätension scheint mir würklich eine unnötige Erschwerung der so höchst eiligen und auch für das allgemeine Interesse so dringenden Sache, die, soviel ich weiß, in keiner der andern Königlichen Provinzen gemacht worden ist. B. Eine zweckmäßige künftige Organisation der Landschaftlichen Repräsentation wird erforderlich sein. C. Desgl. der Administration, wobei zur Frage kommt, ob die Verwaltung der bisherigen landschaftlichen Fonds, die ich, die neueren Kriegsschulden aus-

6. März 1809

167

genommen, als gut fundiert betrachte, mit der neueren zu vereinigen, und was überhaupt in dieser Hinsicht für Einrichtungen für rätlich erachtet werden möchten? D. Was die Revision der Taxprinzipien betrifft, ist schon oben berührt worden. Ich habe die Ehre, mit vorzüglichster Hochachtung und Ergebenheit zu sein E . Hochwohlgeb. p.« 1 2

»wofür die ganze . . . dafür hat« von Hardenberg zugefügt. »Verordnung zur Konservation der Schuldner im Besitz- und Nahrungsstande«, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Schrötter, Stein, Schrötter II. Memel, 24. November 1807, Druck in Rep. 77 Tit. 114 Nr. 14 Bd. 1 Bl. 32. Gesetzsammlung 1806—10 Nr. 22 S. 179 ff.

60. Minister Freiherr von Hardenberg an den Minister Freiherr von Altenstein Berlin, 6. März 1809 Z S T A Merseburg, Staatskanzleramt, Ausf., gez. Hardenberg.

Rep. 74 H V I I Nr. 13 Bd. I Bl. 159:

Übersendung seiner Ausführungen für die laufenden Landtagsverhandlungen über Abtragung der Kontribution und Schuldenregulierung »Verschiedene achtbare Mitglieder der hiesigen Landstände haben mich aufgefordert, an den wichtigen Beratschlagungen des gegenwärtigen Landtages teilzunehmen. Da ich dieses verschiedener Verhältnisse wegen für bedenklich hielt, so haben sie mich ersucht, ihnen wenigstens meine Meinung mitzuteilen, und diesem habe ich geglaubt, mich als Mitstand nicht entziehen zu dürfen, zumal da mich Nachdenken über eine Materie, welche jetzt ein so allgemeines Interesse hat als die Verlegenheit, in die der Staat durch die traurigen Folgen des Kriegs und insonderheit durch die Zahlung der so ansehnlichen Kontribution nach Frankreich versetzt ist, schon längst beschäftigt hatte. Ich halte es für Pflicht, E. Exzellenz eine Abschrift desjenigen Schreibens hiebei ganz ergebenst mitzuteilen, welches ich an den Herrn Geheimen Finanzrat von Prittwitz als den Deputierten des Lebusischen Kreises, zu dem ich gehöre, erlassen habe 1 , und bemerke nur, daß ich darüber auch mit dem Herrn Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten Sack Rücksprache nahm, weil ich wünschte, nichts darin zu äußern, was vielleicht den Endzwecken hinderlich sein könnte, die der König und E. Exzellenz beabsichtigen. Ich bitte Sie, die Gedanken, welche in dem erwähnten Schreiben enthalten sind, für das zu nehmen, was sie sein können, da ich das Ganze unserer Lage jetzt nicht überschaue. Nachteil kann es nicht bringen, daß ich solche an die Stände gelangen ließ. Ob sie etwas nützen, ob sie Gemeingeist und Entgegenkommen zu den Absichten des Königs und Seines Ministerii wecken werden, steht dahin.

i68

7. März 1809

Für diese Ideen sowie für andre ähnliche, die eine bessere Einsicht hervorbringen möchte, dürfte vielleicht die gegenwärtige ständische Repräsentation nicht empfänglich und daher das erste und dringendste sein, eine recht zweckmäßige ständische Repräsentation zu organisieren.« 1

Berlin, 5. März 1809, Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 160; siehe Nr. 59.

61. Immediatbericht der Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 7. März 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 89 A Tit. 5 Bd. 3 Bl. 201: Ausf., gez. Altenstein, Dohna,

dort

fälschlich

1808 (neu: Rep. 2.2.1. Nr.

25337)-

Übersicht über die Einkommensteuerbeträge für die Kriegskontributionszahlungen und eine Bewertung der Einkommensteuergesetzgebung »E. K . M. werden Sich aus den frühern vorgekommenen Verhandlungen gnädigst zu erinnern geruhen, daß zur Abführung der den Provinzen Ostpreußen und Litauen auferlegten französischen Brandschatzung von 12 Millionen Franken die Einführung der Einkommensteuer Allerhöchst beliebt und dieses Geschäft einer Deputation von Landesdeputierten unter der Leitung des Regierungsrats Grafen v. Dohna Wundlacken übertragen wurde. Der Zweck ist damit vollkommen erreicht, wie wir uns verpflichtet halten, E . K . M. durch eine Übersicht von der Lage des Geschäfts ehrerbietigst darzulegen. Die Einkommensteuerbeiträge nach den reglementsmäßigen Sätzen betragen nach den eingegangenen Fassionen zum einfachen Satze - 395 246 rt. 14 g. 151/2 Pf- Hiezu tragen bei: 1. die Stadt Königsberg 90.721 rt. 48 g. i o 1 ^ Pf. 2. die adligen Güter a) in Ostpreußen 49.088 rt. 28 g. 6 Pf. b) in Litauen 14-897 rt. 70 g. 9 Pf. 63.986 rt.

8 g. 15

Pf.

126.247 rt. 18 g. 14

Pf.

82.239 rt- 2 9 g - 1 5

Pf-

3. die Domänenpächter, Köllmer und Bauern a) in Ostpreußen 55.200 rt. 5 g. 15 Pf. b) in Litauen 7 1 0 4 7 rt. 12 g. 17 Pf. 4. die kleinen Städte a) in Ostpreußen 39.205 rt. 80 g. 9 Pf. b) in Litauen 43-033 rt. 39 g. 6 Pf.

7. März 1809

169

5. der Fiskus von den Domänen und Forsten 6. die Königsbergschen Kämmereigüter 7. die Pupillenmassen

30.853 rt. 77 g. 12 Pf. 423 rt. 55 g. 6 Pf. 774 rt. 45 g- 15 P f 395.246 rt. 14 g. 151/2 PfBei dem Abmarsch der französischen Truppen wurde nur ein kleiner Teil der Provinzialschuld an die französischen Behörden bezahlt, für die Berichtigung des Rückstandes stellten die angesehensten hiesigen Handelshäuser Promessen aus, welche in neunmonatlichen Terminzahlungen vom 15. Oktober 1807 bis incl. d. 15. Juni 1808 eingelöst werden mußten. Da zu Abzahlung der Kriegesschuld in den bestimmten kurzen Terminen ohne gar zu harten Druck der Kontribuenten nicht ein hinlänglicher barer Fonds beschafft werden konnte, obgleich im Laufe des einzigen Jahres 1808 die Einkommensteuer viermal ausgeschlagen worden ist, so war der Dirigent der Landesdeputation gleich anfangs auf die Negotiierung einer bis dahin immer vergeblich von der hiesigen Stadt versuchten Anleihe im Auslande bedacht, und es gelang ihm, von dem Handlungshause Heckscher & Compagnie in Hamburg ein Darlehen von — 500.000 Mk. Banco mit allen Unkosten gegen 10 pro Cent Zinsen zu erhalten. So hart diese Bedingung war, so haben dennoch die Kur- und Neumärkschen Stände bei ihren ähnlichen Negocien bis 20 pro Cent bezahlen müssen, und so ist hier doch dieser Nachteil gar nicht mit dem zu vergleichen, wenn die Termine nicht pünktlich eingehalten worden wären oder die Kriegssteuerbeiträge mit einer wahrscheinlich in den meisten Fällen für den Zweck erfolglosen Härte von den Kontribuenten hätten erpreßt werden müssen. Damit aber diejenigen nicht darunter leiden dürfen, die ihre Obliegenheit erfüllt haben, so sind die Restanten, bei denen keine gänzliche Zahlungsunfähigkeit stattfindet, höchst zweckmäßig verpflichtet worden, von ihrem Rückstände ebenfalls 10 pro Cent Verzugszinsen zu entrichten. Durch die erwähnte Hamburger Anleihe konnte nun der 7. und ein Teil des 8. Termins berichtigt werden, und der Rest vom 8. Termine wurde durch Verwendung aller beizutreibenden Steuergefälle mit Zuhülfenahme von Wechseln, die auf Zeit gekauft und aus später eingehenden Geldern zur Verfallzeit bezahlt wurden, abgeführt. Für den 9. Termin fehlten alle Ressourcen, und nur durch die bis dahin beobachtete Pünktlichkeit in Erfüllung übernommener Verbindlichkeiten hatte die Landesdeputation so viel Kredit erlangt, daß sie, ungeachtet der damaligen sehr schwierigen Verhältnisse, auch auf diesen Bedarf langsichtige Wechsel erhielt. Von diesen auf Zeit gekauften Wechseln wurde die 1. Hälfte (130.000 rt) durch einkommende Steuergefälle berichtigt, die 2. durch einen in Dukaten ä 11 f. vom Staate gemachten im Monat Oktober v. J . völlig getilgten Vorschuß, und so ist es bewirkt worden, daß außer dem Zwangsdarlehen, wofür Stadtobligationen gegeben und die halbjährig mit 35.000 rt. zu verzinsen sind, nur noch die Hamburger Anleihe am Ende des abgelaufenen Jahres zu berichtigen blieb. Zur Abzahlung dieses Kapitals hat die Landesdeputation zur Erleichterung derjenigen Kontribuenten, denen die vierfache Steuererhebung noch jetzt zu schwerfällt, eine sechsmonatliche [ = ige] Prolongation ausgewirkt, sich aber dabei Partialzahlungen vorbehalten. Die frühere sogenannte extraordinäre Kriegessteuer, welche vor Genehmigung und Regulierung der Einkommensteuer als Vorschuß erhoben wurde, ist auf dem

170

7- März 1809

Lande nach Hufenzahl und in den Städten teils nach der Akzise- oder Servisanlage, teils nach gutachtlicher Abschätzung repartiert. Die daraus entstandenen bedeutenden Mißverhältnisse wären ohne den Maßstab der Einkommensteuer nie zu heben gewesen, und das nach der Theorie feststehende Prinzip, daß die Versteuerung der Rente auf den Nationalwohlstand nicht den verderblichen Einfluß äußert, den die Besteuerung des Kapitals mit sich führt, hat sich, insofern als die extraordinäre Kriegssteuer mehr das Kapitalvermögen als die Rente traf, praktisch bestätigt. Die Ausmittelung des Vermögens ist einesteils schwankender und weniger zuverlässig als die des Einkommens, andernteils war die Kontributionssumme zu groß, um von dem so sehr erschöpften Lande auf den Grund einer allgemeinen Repartition in den bestimmten Terminen bar aufgebracht werden zu können. Bei der Einführung einer Vermögenssteuer würde man nicht zum Zweck gekommen sein, weil diejenigen, welche Vermögen besitzen, besonders alle ländlichen Grundbesitzer, wegen der nachteiligen Konjunkturen es nicht insoweit in bares Geld hätten verwandeln können, als es nötig gewesen wäre, dagegen ein mehr bedeutender Teil der Staatsbürger, die kein Vermögen, wohl aber (und oft ein bedeutendes) Einkommen besitzen, steuerfrei geblieben wären. Auf diese Weise hat sich die Einkommensteuer vollkommen bewährt, und da so häufig behauptet wird, daß dieselbe nicht ausführbar sei, so ist der hier aufgestellte Beweis: daß solche ausführbar, daß solche die einzig angemessene, leichteste und gerechteste Methode ist, die aus dem Kriege entstandenen Schuldenlasten der Provinzen zu tilgen, von der größten Wichtigkeit, um so mehr, als durch die hier gemachten Erfahrungen sich das System im Laufe der Ausführung selbst fester ausgebildet hat. Die Grundsätze sind dadurch berichtigt, die Ausführungsmittel sind vervollkommnet, und es wird davon ein erwünschter Gebrauch in den andern Provinzen zu machen sein, welche diese Erfahrungen ohne Zeit- und Kostenaufwand jetzt benutzen können. Dieser erwünschte Erfolg ist insbesondere des Regierungsrats Grafen v. Dohna Wundlacken Beharrlichkeit, Tätigkeit, Sachkunde und geschickter Benehmungsweise mit den Deputierten zu verdanken, ihm ist der gute Fortgang daran vornehmlich zuzuschreiben, und er hat sich dadurch ein unverkennbar bleibendes Verdienst nicht bloß um die hiesigen Provinzen, sondern um die ganze Monarchie erworben, welches uns auffordert, ihn E. K . M. Allerhöchsten Gnade zii empfehlen.1« 1

Dazu Marginale von K l e w i t z : »S. M a j . haben den guten Erfolg der E i n k o m m e n steuer, und daß solcher besonders den Bemühungen des Gr. Dohna Wundlacken zu verdanken ist, gern ersehen. Königsberg, 11. März 1809«.

171

g. März 1809

62. Minister Graf Dohna an den Geheimen Staatsrat von Klewitz Königsberg, 9. März 1809 ZSTA

Merseburg, Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1

Bl. 40: Ausf., gez. Dohna.

Bitte um Gutachten zur Einrichtung eines offiziellen

Regierungsblattes

»Ew. Hochwohlgeboren wollen nach dem Plan zu Einrichtung der Ihrer Leitung anvertraueten Gesetzgebungssektion zwar dem schon lange gefühlten Bedürfnis abhelfen und die Redaktion eines offiziellen Regierungsblatts einleiten, welches gewiß von sehr "großem Nutzen sein wird. Indessen wird es gleichfalls nötig sein und zur Vermeidung der Schreiberei bei den Landeskollegien sehr viel "beitragen, wenn man auch in jeder Provinz ein offizielles Blatt veranstaltet, in welches die Provinzial- und Lokalbehörden ihre zur Kenntnis des Publikums geeigneten allgemeinen Verfügungen einrücken lassen. Ich beehre mich, die deshalb mit des Herrn Großkanzlers Beyme Exzellenz gepflogene Korrespondenz Ew. Hochwohlgeboren hiebei abschriftlich mitzuteilen 1 , und ersuche Sie, Ihre Ideen über eine zweckmäßige Einrichtung und Ausführung der Sache 2 mir bald beliebig zu äußern. 3 « 1

B e y m e an Dohna, 19. Februar 1809, Abschrift im gleichen Faszikel Bl. 4 1 ; D o h n a an B e y m e , 9. März 1809, Abschrift Bl. 42, siehe Nr. 53 und 63.

2

Gutachten über ein offizielles Regierungsblatt, Königsberg, 26. März 1809, K o n zept Rehdiger, gez. von K l e w i t z unter dem 28. März 1809, Bl. 43, siehe Nr. 80.

3

Auf gleichem B l a t t eigh. Konzept von K l e w i t z v o m 28. März 1809 für das B e gleitschreiben, mit dem er das Gutachten (Anm. 2) an D o h n a übersendet.

63. Minister Graf zu Dohna an den Großkanzler Beyme Königsberg, 9. März 1809 ZSTA

Merseburg, Ministerium

des Innern,

Rep. 77

T i t . 950 Nr. 7 Bd. 1

Bl. 42: Abschrift.

Stellungnahme zur Notwendigkeit Regierungsblattes

und, Durchführung

der Einrichtung

eines

»Mit Ew. Exz. bin ich in ganz ergebenster Beantwortung des gefälligen Schreibens vom 19. v. M. 1 über die Nützlichkeit und Notwendigkeit eines offiziellen Regierungsblatts vollkommen einverstanden, und Dieselben werden auch aus dem Ihnen bei einer anderen Gelegenheit von hieraus zugekommenen Einrichtungsplan der Gesetzgebungssektion 2 Sich zu überzeugen beliebt haben, daß die Redaktion desselben bereits zur Sprache gebracht ist. In dieses Regierungsblatt werden jedoch nur gesetzliche Verordnungen und Erlasse der obersten Staatsbehörden aufgenommen werden können, weil es an ihrem Sitze redigiert werden wird und viele Sachen einem zu langen Aufenthalte unterworfen sein möchten.

172

io. März 1809

wenn man auch Bekanntmachungen der Provinziallandeskollegien darin übernehmen wollte. Für diese werden immer die Provinzialintelligenzblätter bestimmt bleiben müssen, und man wird die Sache in der Art arrangieren können, daß man den Bekanntmachungen der Landeskollegien, welche keine Privat-, sondern das öffentliche Interesse betreffen, eine besondere Beilage des Intelligenzblatts widmet und selbiger eine eigene fortlaufende Nummer gibt. Das Intelligenzblatt muß jetzt schon von den öffentlichen Behörden gehalten werden und kann auch nicht eingehen, weil darauf der Fonds des Potsdamschen Militärwaisenhauses mitgegründet ist. Diesen Interessenten wird also die neue Einrichtung wenig kosten, und andere, welche das Intelligenzblatt nicht halten wollen, können auch bloß auf die gedachte Beilage abonnieren. Ich habe den Herrn Geheimen Staatsrat Freiherrn von Humboldt bereits aufgefordert, seine Meinung über die Verbesserung des Intelligenzblatts abzugeben, und werde nicht außer acht lassen, auch auf diesen Gegenstand dabei zu rücksichtigen. Der Herr Geheime Staatsrat von Klewitz ist davon ebenfalls in Kenntnis gesetzt, und ich behalte mir vor, deshalb mit Ew. E x z . zu seiner Zeit weiter zu concertieren.3« 1 2

Abschrift im gleichen Faszikel Bl. 41, siehe Nr. 53. »Einrichtungsplan für die Gesetzgebungssektion,

Gesetzkommission und

Ober-

examinationskommission«, Königsberg, 6. Februar 1809, K o n z e p t Klewitz, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 3 1 ; an Dohna übersandt mit Schreiben gleichen D a t u m s (i. gl. Fasz. Bl. 10 Konzept); siehe Nr. 45 und 44. 3

D a s Gutachten der Gesetzgebungssektion erfolgt am 28. März 1809, K o n z e p t z. T . Rehdiger, gez. Rehdiger, 26. März 1809, siehe Nr. 80.

64. Minister Freiherr von Schroetter an den Minister Freiherr von Altenstein Berlin, 10. März 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein B Nr. 37 Bl. 134: eigh. Brief.

Silberverkäufe aus Besorgnis vor dem erwarteten Publikandum besteuerung; Anleiheaussickten

über die Silber-

[...] »Ich komme jetzt auf die Ablieferung des Silbers. Man sagt, bestimmt morgen wird das Publikandum in den Zeitungen erscheinen, allein man hat hiervon schon seit wenigstens 14 Tagen als von einer ganz bestimmten Sache gesprochen. 1 Die Folge davon ist gewesen, daß, da man das Ding unter so viel und mancherlei Gestalten dargestellt hat, ein großer Teil des Silbers schon nach Hamburg gegangen und ein bei weitem größerer Teil sich schon in den Händen der Juden und Goldschmiede befindet, die hierbei ungemein gewinnen. — Heute z. B. ist ein solcher Zudrang zum Verkauf gewesen, daß das Lot zu 9 gg. verkauft worden; ich wollte dies nicht glauben und schickte vor einer Stunde zu einem

lo. März 1809

173

Goldschmiede, als ob ich selbst Silber verkaufen wollte, und mein Kammerdiener war bei vieren gewesen, und man hatte ihm nur 7 g. geboten. Kommt nun morgen eine in der Sache irgend günstige Deklaration heraus, so schreien natürlich alle diejenigen, die sich durch falsche Gerüchte haben betrügen lassen, Zeter und Mordio, und dies ist jetzt der ärmste Teil des Publikums. Leider ist dies nun gar nicht mehr zu ändern, allein unglücklich genug, daß solche Dinge aus den geheimsten Konferenzen transparieren, so wie ich bestimmt weiß, daß hierüber schon seit einigen Posttägen Briefe aus Königsberg eingegangen sind. — Solche Finanzoperationen müßten wie die geheimen Negotiationen allein durch den Minister gehen, der der Sache voransteht und hiervon die Verantwortlichkeit übernimmt. — Darauf, dächte ich, müßten Ew. Exz. hinwürken, sonst werden Sie in vielen Ihrer Finanzoperationen gelähmt werden. [. . .] Nachsatz Gestern war ich mit dem holländischen Gesandten, Herrn von Goldberg, in Gesellschaft, und er führte von selbst das Gespräch auf den König und äußerte so ganz offen den Wunsch, ihn balde hier zu sehen. Natürlich erwiderte ich, daß wir hiezu balde Hoffnung hätten. Da meinte er hierauf, es möchte auch wohl unseres Kredits wegen gut sein, denn ehe der König nicht hier wäre, möchte man an keine Anleihe denken. Man verlangte zwar etwa viel — ich glaube, er nannte 20 Millionen —, allein zu einem Teil der Summe möchte doch wohl Rat werden, denn unser Kredit wäre noch sehr in der Opinion der Holländer fundiert. H. v. G. scheint ein ruhiger, gerader, offener Mann zu sein. Ich glaube, ich habe Ew. Exz. dies schreiben müssen.« 1

Die Verordnung vom 12. Februar 1809 wurde tatsächlich am 1 1 . März in der Zeitung abgedruckt. Schroetter schreibt dazu an Altenstein am 1 3 . März (i. gl. Fasz. Bl. 136): »Die Bedingungen sind würklich annehmlich, besonders für den, der viel Silber hat und die Scheine anwenden kann oder dazu wenigstens Hoffnung hat.« In einem Brief aus Königsberg vom 6. März rechnet der Geh. Oberfinanzrat Staegemann seiner Frau folgendes Beispiel vor: »Am besten ist es wohl, alles zu verkaufen und sich Münzscheine dafür geben zu lassen. Oder man verkauft einen Teil und bezahlt mit den Münzscheinen, die man erhält, die Abgabe des Teils, den man behalten will; auf diese Art bezahlt man nur 25 p. C. vom Ganzen, statt 33V3 p. C. Zum Exempel von 1 2 Löffeln verkaufe ich dem Staat 3 Stück gegen Münzscheine, und mit diesen Münzscheinen mache ich die andern 9 frei. Denn angenommen, daß jeder Löffel 4 Taler wert ist, so bezahlt mir der Staat in Münzscheinen 1 2 Taler, und gerade soviel macht die Abgabe von 9 Löffeln. Die Abgabe kostet mir also von 1 2 Löffeln immer nur 25 p. C. Da man bis zum 14. April Zeit hat, so werde ich Dir meine weitern Betrachtungen noch darüber schreiben. Hoffentlich bin ich jedoch vor dem 14. April in Berlin.« (F. A . v. Staegemann, Aus der Franzosenzeit. Ergänzungsband, hrsg. Franz Rühl, Leipzig 1904, S. 125)

io. März 1809

174

65. Minister Freiherr von Hardenberg an den Minister Freiherr von Altenstein Berlin, 10. März 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein B Nr. 14 Bl. 139: eigh. Brief.

Veranlassung und Entstehung der finanzpolitischen Denkschrift für Prittwitz

»[. . .]

Die Anlage an Sie N. 3 betrifft meine an den H[errn] von Prittwitz als ständischen Deputierten gebrachten Ideen wegen der Geldverlegenheiten des Staats und Abhelfung der Folgen, welche der Ausfluß der ungeheuren Summen baren Geldes in Absicht auf das innere Gewerbe p. haben muß, wenn nicht geholfen wird. 1 Ich halte es für meine erste Pflicht, sie Ihrer geprüften Einsicht zu unterwerfen und zu Ihrer Wissenschaft zu bringen. Nachteilig kann ich dadurch nicht wirken, sehr problematisch ist es, ob vorteilhaft, da so wenig Menschen selbst unter gescheuten Leuten dergleichen Dinge begreifen und so viele gar keinen Gemeinsinn haben. Die Veranlassungen, daß ich über diese Materien mit größter Aufmerksamkeit nachdachte, gab außer dem allgemeinen Interesse zuerst der Aufsatz des Kr[iegs]r[ats] Scharnweber, den er über die Mobilisierung eines Teils der bäuerlichen Besitzungen und dadurch zugleich zu bewirkenden Verbesserung der Kultur dem Minister Stein übergeben hatte und von dem ich Ihnen, wenn ich nicht irre, einmal schrieb; nachher der Umstand, daß mich der Banquier Freye in Leipzig mit großen Lobeserhebungen auf eine kleine Schrift des Banquiers Kabrun aus Danzig „Ideen eines Geschäftsmannes p." aufmerksam machte; daß ich diesen letzten, den ich von Danzig her kannte, wo ich bei ihm logierte, selbst in Leipzig fand und seine Schrift von ihm mitgeteilt erhielt, auch mit ihm darüber sprach; endlich daß Itzenplitz, der Domdechant Schulenburg und Prittwitz mich dringend aufforderten, meine Meinung über die Gegenstände des Landtags abzugeben. Ich schrieb hierauf meine Ideen nieder, gab sie Scharnweber zur Erwägung, dieser kommunizierte mir die seinigen, und so ist mein Aufsatz entstanden, der vielleicht noch manchen Verbesserungen unterworfen ist. Aber etwas dergleichen muß doch durchaus geschehen und beabsichtigen Sie gewiß. Es scheint mir unerläßlich, statt des verschwindenden baren Geldes andere Repräsentationsmittel zu substituieren und besser, daß eine große Radikalkur ergriffen werde als einzelne Mittel, die den Schmerz immer aufs neue aufreizen. Wäre es möglich, dem Bedürfnis durch freiwillige Darlehen statt des gezwungenen zu genügen, so würde es allerdings eine große Wohltat sein. Das übersehen Sie besser als wir. [. . .]«

1

Vom 5. März 1809, siehe Nr. 59.

12. März 1809

175

66. »Promemoria [der Gesetzgebungssektion] in Beziehung auf die von den Deputierten der Schlesischen Stände sub Dato Berlin, den 25. Februar a. c. eingereichte Immediatvorstellungbetreffend das Edikt vom 9. Oktober 1807« Königsberg, 12. März 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 34: Abschrift; H. A. Rep. 49 E III Nr. 5 Bl. 241: Reinschrift.

Gegenüberstellung der durch das Oktoberedikt beibehaltenen und der aufgehobenen Rechtsansprüche der Gutsherren; Erläuterung von Ursprung und juristischer Grundlage des Loskaufsgeldes; begründete Ablehnung von Entschädigungsforderungen »Die Deputierten der Schlesischen Stände erklären selbst, daß sie von der Notwendigkeit der in dem Allerhöchsten Edikte vom 9. Oktober 1807 ausgesprochenen Aufhebung der Erbuntertänigkeit und des Zwangsgesindedienstes 2 überzeugt sind. A. Sie wollen aber demungeachtet ihre zeither an die persönliche Erbuntertänigkeit geknüpft gewesenen Rechte nicht aufgeben oder für den etwanigen Verlust vollständig entschädigt werden. Beides ist der Landesväterlichen Absicht des Edikts geradehin entgegen. Keines von beiden dürfte bewilligt werden können, ohne das ganze Wesen des Edikts selbst wieder zu zerstören, dessen Aufrechthaltung durchaus notwendig ist, wenn das Gesamtwohl der Untertanen aus allen Ständen und die ohnedies unerreichbaren Fortschritte der Kultur der Menschen und des Bodens befördert werden sollen. Durch das Edikt vom 9. Oktober 1807 wird den Rittergutsbesitzern a) nicht das mindeste an Grund und Boden entzogen; b) sie behalten alle dem Grund und Boden anklebenden nutzbaren Rechte, c) sie behalten alle Real- oder dinglichen Rechte, welche ihnen an die Grundstücke ihrer ehemaligen Untertanen zustehen, mithin auch d) alle Geldzinsen, Naturalzinsen und alle Hand- und Spanndienste, welche ihnen die Bauern, Gärtner und Häusler zeither leisten mußten und die auch fernerhin jeder Besitzer eines solchen bäuerlichen Grundstücks um deshalb leisten muß, weil die Pflicht dazu auf der Stelle haftet und der Besitzer diese Leistungen mit der Stelle zugleich als eine dingliche Last rechtsgültig übernommen hat. e) Endlich behalten sie alle Früchte der Gerichtsbarkeit, als bei Besitzveränderungen das Recht, Laudemium, Lehnware einer Abgabe von 10 p. C. vom Kaufwerte des Grundstücks, zu fordern; ferner f) das Recht, von außer Landes ziehenden Untertanen Abfahrtsgeld, nämlich 10 p. C. vom Vermögen, und von außer Landes gehenden Erbschaften Abschoß mit 10 p. C. von Erbschaft zu nehmen, solange mit dem jenseitigen Staate keine wechselseitige Abschoßfreiheit abgeschlossen ist, und sie können auch

176

12. März 1809

g) soweit sie ein Recht dazu haben, von den auf ihren Gütern wohnenden Handwerkern Handwerkszins, mithin auch Weberzins und h) von bloßen Einliegern, im Dorfe zur Miete wohnenden sogenannten Schutzuntertanen, als Beihülfe zu den Lasten der Gerichtsbarkeit jährlich ein gewisses Schutzgeld fordern. Durch die geschehene Aufhebung der persönlichen Untertänigkeit, einer anerkannten Tochter der aus dem preußischen Staat gesetzlich verbannten Knechtschaft, verlieren die Gutsherren folgende nutzbaren Rechte: 1. Das Recht, zu verlangen, daß alle Kinder ihrer Untertanen drei Jahre lang gegen ein geringes Lohn und schlechte Kost auf dem Hofe dienen, wobei diese Dienstboten zeither nicht bestehen konnten. 2. Das Recht, von denjenigen Untertanenkindern eine Geldentschädigung einzuziehen, welche die eben erwähnten Zwangsgesindedienste nicht in Natur geleistet haben. 3. Das Recht, die Kinder aller Untertanen noch nach beendigtem dreijährigen Zwangsdienste zu nötigen, daß sie der Herrschaft oder auch selbst solchen Bauerwirten, welchen die Gutswirtschaft sie zuweiset, gegen einen ebenfalls bestimmten, den jetzigen Preisen aller Bedürfnisse noch immer ganz unangemessenen Lohnsatz ferner dienen. 4. Das in der neuern Zeit erst usurpierte Recht, von den außerhalb des Dorfes dienenden Untertanen für die Erlaubnis, auswärts zu dienen und sich anderswo ihren Unterhalt zu verschaffen, eine Geldentschädigung, uneigentlich auch Schutzgeld genannt, zu fordern. 5. Das Recht, von ganz freien Leuten, welche auf das Gut anziehen und keine Untertanen waren, dennoch Zwangshofedienste bloß um deshalb zu fordern, weil sie sich im Dorfe und nicht anderswo aufhalten. 6. Das Recht, von denjenigen Untertanen, welche ihre Freiheit zeither erkaufen wollen, ein persönliches Losgeld, 2 Dukaten vom Mann, vom Weibe 1 Dukaten, von jedem Kinde unter 14 und resp. 12 Jahren, wenn es ein Sohn ist, 1 Dukaten, wenn es ein Mädchen ist, */2 Dukaten zu fordern. 7. Das Recht, von jedem aus der Untertänigkeit sich loskaufenden Untertan außer dem persönlichen Loskaufsgelde noch eine Abgabe von 10 p. C. von dem ganzen Werte seines Vermögens zu fordern, welche Abgabe aus Unverstand lytrum reale genannt worden und doch weiter nichts ist als eine erst durch das Loslassungsedikt vom Jahre 1748 eingeführte Vermögenssteuer, die jeder seine Freiheit erkaufende Untertan, ja sogar jede abziehende Magd ihrem Dominio zeither zahlen mußte, wenn sie sich auch nur auf das nächste Dorf verheiratete. Da diese Abgabe zu derjenigen gehört, auf deren Beibehaltung die Rittergutsbesitzer das meiste Gewicht legen, so wird folgende Erläuterung notwendig. Die Rittergutsbesitzer wollen behaupten, daß diese Abgabe eine auf bäuerlichen Grundstücken ruhende, nicht aber eine der persönlichen Untertänigkeit anklebende Last sei, welches jedoch in der Tat, und zwar die für den gemeinen Landmann allerdrückendste ist. Dieses Loskaufsgeld für das im Stande der Untertänigkeit erworbene Ver-

12. März 1809

177

mögen, nämlich das lytrum reale, ist in alten Zeiten nie gefordert noch bezahlt worden, sondern erst durch einen Irrtum in dem Loslassungsedikte vom Jahre 1748 zur großen Belästigung des Landmannes eingeführt worden, wie klar erwiesen ist. Es ist dieses lytrum reale keine auf der bäuerlichen Stelle haftende Last, sondern eine bloße Folge der persönlichen Erbuntertänigkeit und hat mit derselben zugleich aufgehört. Daß diese Abgabe wirklich ein Loskaufsgeld für Erlangung der persönlichen Freiheit war, gehet hervor a) aus dem Allgemeinen Landrecht, wo es in § 117 im 17. Titel des 2. Teils ausdrücklich heißt: Loskaufsgelder von Personen und Vermögen fließen aus dem Grundherrschaftlichen Rechte, d. h. aus der Untertänigkeit. Es beweiset sich ferner dadurch b) daß freie Leute in Schlesien nirgends eine ähnliche Abgabe zahlen. c) Daß diese Abgabe nicht bloß vom Werte liegender Gründe, sondern auch von dem beweglichen Vermögen bezahlt wird, folglich keine Abgabe vom Grund und Boden ist, wozu die Gutsherrn sie gerne machen wollen. d) Daß der Erbuntertan, der seine Stelle verkauft, aber im Dorfe und in der alten Untertänigkeit verblieb, diese Abgabe ebenfalls nicht bezahlen dürfte, welches doch hätte geschehen müssen, wenn das lytrum reale eine Abgabe vom Grund und Boden wäre, welches bei jeder Besitzveränderung müßte entrichtet werden. Dieses sind die nutzbaren Rechte, welche die Gutsherrn durch die erfolgte Aufhebung der Erbuntertänigkeit verloren haben. Für den daraus ihnen erwachsenden Verlust fordern dieselben Schadenersatz. Die Summen, die sie liquidieren, sind, wie zu erweisen steht, sehr übertrieben. Wenn sie künftig dem frei gewordenen Gesinde mehr Lohn und nahrhafte Kost reichen müssen, so können sie dafür keinen Ersatz verlangen, weil es offenbar eine schreiende Ungerechtigkeit war, dem Gesinde nicht den wahren Wert seiner Hände Arbeit zu vergütigen, ja, ihm oft nicht so viel Lohn zu reichen, daß es sich bekleiden konnte. Dieses kann klar bewiesen werden. Es kommt aber auf diese Schadensberechnung gar nicht an, weil nach dem strengen Rechte für den Staat durchaus keine Verbindlichkeit vorhanden ist, die Gutsherrn für den Verlust zu entschädigen, welcher durch die notwendige Aufhebung der Erbuntertänigkeit für sie entstehen könnte. Die Erbuntertänigkeit ist von allen preußischen Regenten nie für etwas anders anerkannt worden als für eine polizeiliche Anordnung, welche nach dem Kulturstande der Nation modifiziert und abgeändert werden könnte und oft modifiziert und abgeändert worden ist. Des Königs Friedrich des II. Majestät hat dieses Untertänigkeitsverhältnis schon verschiedentlich modifiziert, ohne daß die Gutsherrn es sich nur beikommen ließen, eine Entschädigung zu fordern. Das Loslassungsedikt vom Jahre 1748 und unzählige andere auf seinen Befehl erlassene Verfügungen beweisen dies.

178

12. März 1809 Das Allgemeine Landrecht enthält ebenfalls zahlreiche Einschränkungen der ehemaligen gutsherrlichen Befugnisse, ohne daß dafür den Gutsherrn eine Entschädigung zugestanden worden wäre, und in der von des jetzt regierenden Königs Majestät unterm 18. Juli 1799 gegebenen Verordnung wegen Erleichterung der Untertanen ist das Untertänigkeitsverhältnis ebenfalls bedeutend modifiziert, niemals aber den Dominien eine Entschädigung für ihren vermeintlichen Verlust zugestanden worden, kurz, soviel ist gewiß, daß der Preußische Staat zu allen Zeiten das Erbuntertänigkeitsverhältnis polizeilichen Anordnungen zum gemeinen Besten unterworfen hat, ohne daß die Gutsherrn an eine Entschädigung hätten denken dürfen. Das Erbuntertänigkeitsverhältnis ist eine polizeiliche Anordnung; polizeiliche Anordnungen sind keine bleibenden Verhältnisse, woraus einige Rechte entstehen.

Sie bestimmen sich nach dem Bedürfnis der Zeit. Die Vorteile, welche die Gutsherrn aus der Untertänigkeit zogen, waren daher auch nur zeitig und konnten nur zeitig sein, weil sie bloß davon abhingen, wie lange der Staat das Untertänigkeitsverhältnis noch notwendig oder doch verträglich erachtete mit dem Gesamtwohle aller Staatsbürger. Dies ist der Fall nicht mehr. Der Staat ist also auch berechtigt, die schädlich gewordene polizeiliche Anordnung aufzuheben, ohne daß die Gutsherrn Entschädigung fordern können. Wollte man dies nicht annehmen, so würde a) der bloße Verlauf finstrer Jahrhunderte die abscheulichsten Gebräuche zu verjähren imstande sein, b) kein untaügliches, der Kultur des Menschengeschlechtes nachteiliges Fundamentalgesetz würde aufgehoben, und c) unter dem gleisnerischen Deckmantel von Eigentumsrecht würde jede Ungerechtigkeit erlaubterweise begangen werden können, wenn auch die Menschheit darunter erseufzt. Überdem gewinnen die Gutsbesitzer und werden durch das Edikt vom 9. Oktober reell wesentliche Vorteile gewinnen. 1. Werden die Güter durch den nunmehr freigegebenen Verkauf derselben an Staatsbürger aus allen Klassen durch Konkurrenz der Käufer im Preise steigen. 2. Ist denselben nachgelassen, ihre Güter zu zerteilen und in kleinen Teilen zu verkaufen, welches zeither verboten war, auch dies wird den Ertrag und Wert der Güter steigern. 3. Wird das Landvolk veredelt; und dem guten Landwirt ist die Möglichkeit eröffnet, gutes Gesinde zu mieten, welches ihm jetzt unmöglich war. 4. Freier Verkehr und Anmehr seiner Produkte wird eintreten, welches zeither durch unzählige Zwangsgesetze gehindert wurde. 5. Er kann auch Bauerstellen zum Gute einziehen und sich dadurch besser arrondieren und mit den Dorfbewohnern wegen der Robotdienste leichter auseinandersetzen. 6. Die unseligen Unmöglichkeitsprozesse mit den Untertanen hören auf; er darf auch nicht mehr

12. März 1809

179

7. als Grundherr die Kriminalkosten tragen, sondern nur als Gerichtsherr wie die Städte und ebensowenig 8. die armen Untertanen ferner allein unterhalten wie zeither. Diese Vorteile, ob sie gleich nicht sofort ins Geld geschlagen werden können, werden unstreitig wichtiger und überwiegender werden, besonders in der Folgezeit, als der jetzige Verlust. B. Die Gutsherrn fürchten, daß Ungebundenheit und Vagabondität unter dem Landvolk entstehen und persönliche Sicherheit würde gefährdet werden. Dies ist ungegründet. J e freier ein Volk wird, desto sittlicher. Das beweisen alle Länder, woraus die Untertänigkeit verschwunden ist. Wo dies der Fall nicht ist, ist der rohe gemeine Mann viel geneigter zu Unruhen. Dies beweiset Schlesien. Die fast alljährlich daselbst mehr oder weniger stattgefundenen Bauernunruhen waren einzig und allein Folge des drückenden Zustandes, worin die Untertanen schmachteten. Der Starrsinn und die Roheit des Bauernvolkes ist Folge seiner Sklaverei. Daß keine Unruhen eintreten oder doch einzelne Unruhstifter im Zaum gehalten werden, dafür wird und muß die Landespolizei Sorge tragen. C. Die Schlesischen Stände wünschen Teilnahme an der Innern Staatsverwaltung, diese ist ihnen eröffnet durch die neue Organisation der Kammern (Regierungen), in welche künftig neun ständische Mitglieder eintreten.3 D. Sie wünschen Abstellung des nachteiligen Verhältnisses der Scheidemünze. Daß in Schlesien der Produzent die reduzierte Scheidemünze noch immer in ihrem alten Nominalwert genommen hat, daran ist er größtenteils selbst schuld. Doch sind die Behörden auch neuerdings streng angewiesen worden, darauf zu halten, daß die Scheidemünze nicht anders als im reduzierten Werte angenommen und ausgegeben werde.« 1

2

3

13

Ausfertigung mit 6 Unterschriften in Rep. 89 A Tit. X X I I Nr. 6 Bd. 2 (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 30614) Bl. 108. Das Antwortreskript an die Deputierten der schlesischen Rittergutsbesitzer, datiert Königsberg, 15. März 1809, befindet sich als Konzept, gez. Dohna, Beyme, i. gl. Fasz. Bl. 1 1 0 . »Edikt, den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums sowie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner betreffend«, siehe die Bearbeitung in R M Stein I, Nr. 7, S. 1 1 ff. Vgl. §§ 17—22 der Verordnung vom 26. Dezember 1808, siehe Nr. 22.

Stein/Hardenberg

i8o

14. März 1809

67. Immediatbericht des Oberlandesgerichtes Breslau Breslau, 14. März 180g Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 146 Nr. 13 Bd. 1 Bl. 12 und 24: Abschriften 1 .

Begründung »der gegen mehrere Gemeinden namentlich im Gebirge veranlaßten militärischen Exekution« »E. K. M. hatten wir bereits in mehreren frühern Berichten angezeigt, daß die unrichtige Deutung des Edikts vom 9. Oktober 1807 besonders in den Gebirgskreisen2 unsers Departements eine namhafte Anzahl von Gemeinden veranlaßt hatte, die Dienste, die auf ihren Stellen hafteten, den Grundherrschaften zu verweigern. Da andere Mittel nicht fruchteten und an einem Orte sogar ein der persönlichen Sicherheit des Grundherrn bedrohender Zusammenlauf stattgefunden hatte, so mußten wir uns des Beistandes des kaiserlich französischen Militärs bedienen, und seitdem war, wenigstens scheinbar, die Ruhe wieder hergestellt, da einige Gemeinden sich entschlossen, ihre Dienste nach wie vor zu leisten, die meisten Dominia nicht mit Strenge auf alle ihre Rechte bestanden oder auch da, wo die Gemeinden ungehorsam blieben, nicht erst Beschwerden führten, sondern die völlige Wiederherstellung der Ordnung und die Räumung der Provinz von fremden Truppen abwarteten, um alsdann ihre Rechte geltend zu machen. Nachdem jetzt dieser Zeitpunkt eingetreten war, so nahmen die dringendsten Beschwerden der Grundherrschaften wiederum ihren Anfang, und wir wurden mit Bittschriften um Zurechtweisung der Dorfgemeinden und eventualiter um nachdrückliche Maßregeln gegen dieselben überhäuft. Wir erließen in diesen Fällen umständliche Verfügungen an die Gemeinden, in welchen wir ihnen auf eine ihrer Fassungskraft angemessene Art den Unterschied anschaulich zu machen bemüht waren, der zwischen den aus der persönlichen Untertänigkeit herrührenden Verpflichtungen und denen obwalte, die aus dem Besitze des Grundstücks ohne alle Hinsicht auf die persönlichen Verhältnisse des Besitzers folgten, und bedeuteten sie, daß an die Aufhebung der ersten gar nicht gedacht worden sei. Wir ließen ihnen diese Verfügung teils durch Kommissarien förmlich publizieren, teils, da nach der Meinung mancher Kommissarien dieses hin und wieder noch von besserer Wirkung sein würde, schickten wir sie ihnen unmittelbar zu. An einigen Orten hatte dieses eine gute Wirkung, an anderen fruchtete es nichts. Die Kommissarien konnten kaum ihren Auftrag mit Ruhe erfüllen und überführten uns, daß ohne militärischen Beistand nichts auszurichten sein werde, daß damit schleunig vorgegangen werden müsse, weil die dergleichen hartnäckigen Gemeinden angrenzenden Ortschaften nur auf den Ausgang warteten, um, wenn jene die Weigerung durchsetzten, ihrem Beispiel zu folgen. Wir schritten daher zu dieser Maßregel, [. . .]« Es folgt die Darstellung der durchgeführten Exekutionen und eine Entlastung des beschuldigten Zivilkommissars Justizrat Steinbeck, der nicht gleichzeitig bei zwei voneinander entfernt operierenden Kommandos habe anwesend sein können.

14. März 1809

181

»Wir halten es jedoch für dringend nötig, daß der gegen das Militärkommando denunzierte Exzeß auf das schleunigste untersucht und, wenn er sich so, wie er denunziert worden, ergibt, auf das nachdrücklichste geahndet werde, um Folgen vorzubeugen, die der Ruhe der ganzen Provinz nachteilig sein könnten. Übrigens äußert sich im allgemeinen fortdauernd eine große Renitenz der Dorfgemeinden gegen die Leistung der ihren Dominiis schuldigen Dienste und gegen die Entrichtung der Zinsen nach dem Realwerte der Münze, so daß wir ganz neuerlich gegen einzelne Gemeinden im Löwenberger, im Nimptscher, im Frankensteiner und im Namslauer Kreise Exekutionen durch militärischen Beistand haben veranlassen müssen, über deren Erfolg wir jetzt den Berichten unsrer Kommissarien entgegensehen. Wir haben aus denen früheren Berichten entnommen, daß außer dem Mißverstehen des Edikts vom 9. Oktober 1807 in Absicht auf die jetzt bestehenden Verhältnisse, welches uns veranlaßt hat, bei E . K . M. ganz neuerlich auf eine Allerhöchsteigne Deklaration desselben3 anzutragen, jetzt ein neues uns ganz unerwartetes Mißverständnis von Übelgesinnten aufgebracht wird und bei dem roheren Haufen Eingang findet, daß nämlich, wenn auch jetzt noch E. K . M. Wille dahin gehe, daß die Besitzer der Stellen die auf denselben haftenden Dienste leisten sollen, dennoch mit dem Martinitage 1810 jede diesfällige Verbindlichkeit aufhöre und von diesem Tage an keine Dienste weiter würden geleistet werden dürfen. Wir glauben jedoch, daß, da dieser Zeitpunkt noch entfernt ist, es nicht ratsam sein dürfte, jetzt deshalb etwas zu verfügen, sondern nur auf deren mehrere oder mindere Verbreitung zu merken sein dürfte, um, wenn nur jetzt die Gemüter beruhigt werden, künftig in Zeiten die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Wir haben es für unsere Schuldigkeit geachtet, E. K . M. hierüber vorstehende Anzeige zu machen.« 1

2

3

Beide Abschriften gingen an Dohna, und zwar als Anlagen zum Schreiben Beymes, Königsberg, 26. März (eigh. u. gez., Bl. 11) und zum Schreiben Massows, Breslau, 25. März 1809 (Ausf., gez. Massow, Bl. 23). In einem Bericht des Generalleutnants von Grawert aus Breslau vom 6. März 1809 werden als renitente Gemeinden genannt: Wiesenberg und Simsdori im Bolkenhain-Landeshuter Kreis, Öls und Ullersdorf im Striegauer Kreis, Pfaffendorf, Nieder-Haselbach und Weißbach bei Schmiedeberg, Ottendorf im Löwenberger Kreis, Schwarzwaldau und Konradswaldau (Abschriften i. gl. Fasz. Bl. 1 und 9). Zur Behebung der Mißverständnisse erging am 8. April 1809 ein Publikandum, siehe Nr. 88.

182

14. März 1809

68. Minister Freiherr von Hardenberg an den Minister Freiherr von Altenstein Berlin, 14. März 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein B Nr. 14 Bl. 145: eigh. Brief; Rep. 92 Hardenberg H 3 Bl. 42: eigh. Konzept.

Ausführungen über die Finanzlage-, Ursachen für das Mißtrauen der Bevölkerung-, Kritik am Silberedikt »Der Finanzminister wird es dem alten treuen Freunde nicht als Zudringlichkeit deuten, wenn dieser ihm einige Ansichten über die gegenwärtige Finanzlage und die -öffentliche Stimmung mitteilt. Letzterer hält es sogar für Pflicht, dem Freunde Winke über diese Dinge zu geben.Unvermögend, die Plane richtig zu beurteilen, welche der Finanzminister hegt, weil er sie nicht durchschaut, überläßt er seiner ihm bekannten Einsicht ganz, dasjenige zu würdigen, was er seiner Prüfung unterwirft. Die Staatspapiere sind wieder außerordentlich gesunken, das Courant wird immer teurer, so daß man schon 23 % Münze, den rt. zu 36 gr. dafür gegeben hat. Die Stimmung des Publikums, so vortrefflich sie anfangs war, wird von Tag zu Tag übler, sie verschlimmert sich in fürchterlicher Progression. Worin liegen diese Erscheinungen? 1. In den Besorgnissen wegen eines neuen Krieges und in der Ungewißheit, darin man sich in Absicht auf die Rolle befindet, die Preußen dabei spielen wird, in der Furcht, daß es sich den Feinden Frankreichs anschließen und dann seiner Vernichtung entgegeneilen möchte. 2. In der verzögerten Ankunft des Königs und der obersten Behörden, die man als Bestätigung aller dieser Besorgnisse betrachtet. 3. In der verlängerten gänzlichen Ungewißheit, darin man sich wegen der Absichten befindet, welche die Regierung wegen Erfüllung ihrer Geldverbindlichkeiten hat. 4. In der immer allgemeiner werdenden Meinung, daß der Staat bankerott sei, daß man nicht zahlen könne noch wolle, daß es nur darauf angesehn sei, nach und nach durch einzelne Maßregeln alles habhaft zu werden, was Geldwert hat. 5. In dem bösen Willen und den Kabalen der Übelgesinnten und Unzufriedenen, die die Besorgnisse zu 1, 2, 3 geflissentlich erhöhen, darunter sich ganze Behörden mit wenigen persönlichen Ausnahmen befinden; in der Wirkung, welche die Äußerungen und Handlungen dieses kleinen Haufens auf den größeren an sich ganz unschuldigen hervorbringt und wodurch das Mißtrauen gegen die Maßregeln der Regierung erregt wird. 6. In der Mißdeutung der Anleihe von einer Million durch eine Lotterie 1 , der Verordnung wegen der Tresorscheine 2 und der wegen der Zinsen 3 wie auch der Juwelen-, Gold- und Silberoperation 4 . 7. In der dem Vernehmen nach von den hiesigen Banquiers beschlossenen Versagung einer beträchtlichen Geldzahlung auf die Kontribution nach Frankreich. 8. In dem Wuchergeist, der von allen diesen Umständen allein Vorteil zieht, während andere empfindlich leiden.

14. März 1809

183

Alles dieses würde gar nicht oder doch in weit geringerem Maße existieren, wenn der König und seine obersten Behörden hier wären, wenn da, wo noch keine Gewißheiten gegeben werden mögen, Worte der Hoffnung, der Beruhigung, des Trostes ausgesprochen würden, wenn man die Stimmung näher beobachten, die Kabale und den bösen Willen ernstlich rügen, mit Strenge ahnden und bei dem guten größten Haufen Vertrauen und Beruhigung erhalten könnte. Nur die allerwichtigsten Gründe können meines Erachtens dieses lange Zurückbleiben veranlassen und rechtfertigen, darüber ich mir gar kein Urteil anmaße. Aber die üble Stimmung geht jetzt und wächst jetzt durch alle Stände. Einsichtsvolle, unparteiische und wohlwollende Männer bemerken, daß von den zu 6. genannten'Operationen die Lotterie-Anleihe und die mit dem Golde und Silber dem Kredit, als zu kleinlich und gleichsam den Mangel* an größeren Ressourcen anzeigend, schädlich sind. Dieses war z. B. in Absicht auf die Lotterie-Anleihe die Meinung des Kammerrats Freye in Leipzig, den ich dort sprach. Ich selbst glaube, daß eine allgemeine Radikalmaßregel wie die, welche ich in meinem Schreiben an den Herrn v. Prittwitz 5 in Vorschlag gebracht habe, alle solche speziellen unnötig gemacht haben würde, daß wenn auch dergleichen durchaus erforderlich gewesen wären, weil jene allgemeine erst Vorbereitungen erforderte und inmittelst doch Hülfe unumgänglich gesucht werden mußte, um augenblickliche Zwecke zu erreichen — daß auch solchenfalls schon die bloße Ergreifung der Radikalmaßregel, ohne die wir verloren sind, und ihre Bekanntwerdung die durchaus notwendigen und mit letzterer in Verbindung zu setzenden speziellen begünstiget und wirksamer gemacht haben würde. Die Verordnung wegen der Tresorscheine kann ihren Zweck nicht erreichen, weil man diese Scheine, vielleicht aus Mißdeutung der Behörden, nur zu einem sehr kleinen Teile bei den öffentlichen Abgaben gebrauchen kann, bei weitem nicht zu einem Viertel, wie die Verordnung besagt. Folgende Berechnung zeigt dieses: Von 108 rt. Abgaben nehmen die Akzisebehörden */4 in Golde 27 rt. 3/ in Münz Courant den rt. zu 36 gr. 40 i j 2 rt. g 3/ in Courant 4q1/2 r t8 und von diesen letzten 3/8 das Viertel in Tresor scheinen, also 10^4 rt., mithin nur etwas über 10 % , welches nicht genug ist, um sie zu heben. Dazu kommen die andern erwähnten Umstände und bewirken ihren Fall. Die Verordnung wegen der Zinsen finde ich gut; sie wird nur nicht recht verstanden, und ihr Hauptzweck, der, wie es mir scheint, dahin geht, dem Wucher mit Staatspapieren Geld zu entziehen und es lieber dem nützlichen Gewerbe zuzuwenden, wird nicht eingesehen. Die Gold- und Silberoperation würde ich, ich gestehe es, nicht gemacht haben. Nicht, daß ich nicht ebenfalls dafür halte, daß der Luxus und der Reichere für entbehrliche Genüsse vorzüglich besteuert und zu Opfern angezogen werden müßten, aber a) weil diese Maßregel der oben schon erwähnte Vorwurf, daß sie dem Kredit schade, noch stärker trifft als das Lotterie-Anleih; b) weil sie eine unglaublich böse Sensation im Publikum macht und die Unzufriedenheit selbst bei dem Mittel- und gemeinen Mann, verbunden mit der Ungewißheit, über die ich mich schon herausgelassen habe, aufs höchste spannt;

184

14- März 1809

c) weil sie den Zweck verfehlt. Die Defraudation] ist erstaunend groß. Unverzeihlicher- und höchst strafbarerweise ist diese dadurch von der Kurmärkischen Regierung noch vermehrt worden, daß sie mehrere Tage vor der Publikation die Verordnung bekannt werden ließ und mehrere Exemplare in das Publikum brachte. Über 500000 rt. Wert soll verkauft und eingeschmolzen, versteckt und außer Landes fortgeschafft worden sein. Der Wuchergeist ist hiebei ebensosehr rege gewesen als die Schändlichkeit, mit der gerade Reichere ihr Silbergeschirr den Juden aufgedrängt haben, die furchtsame Besorgnis, mit denen zum Teil Arme ihr Weniges unter dem Preis verschleuderten. Anstatt dem Staat Zahlungsmittel in Metall zu gewähren, ist wenigstens hier in Berlin bewirkt worden, daß eine ansehnliche Menge edlen Metalles aus dem Lande ausgegangen ist. d) Weil nicht der Reichere, sondern eben der Mittelmann, der Arme durch solche am mehrsten gedrückt wird. Diese letzteren haben vielleicht bei gänzlichem oder großem Mangel an Gelde noch irgendein Stück Schmuck, Gold oder Silber, das sie als den letzten Notpfennig sorgfältig bewahrten. Dieses sollen sie jetzt weggeben für Zettel, die wahrscheinlich im Anfang einen sehr schlechten Cours haben werden, die man schon im voraus fast allgemein diskreditiert. e) Weil der Wucherer, der Unredliche, der defraudiert oder verheimlichet, gewinnt oder leer ausgeht und die Auflage bloß den Redlichen, der treu, angibt und abliefert, überhaupt nicht verhältnismäßig mit dem Vermögen trifft. f) Die Gold- und Silberoperation hat auch darum den Cours des Courants erhöht und die Staatspapiere fallen machen, weil so viel bares Geld in Courant auf einmal zum Ankauf von Gold, Silber p. verwendet wurde. Ein Zwangsdarlehen in Gelde auf das schuldenfreie Vermögen oder Einkommen hat alle diese Mängel nicht. E s ist immer eine unangenehme Maßregel, aber ein jeder trägt verhältnismäßig dazu bei; es beleidigt die Opinion bei weitem nicht so sehr. Der Mensch unterwirft sich den Aufopferungen, welche man von ihm fordert, weit lieber, wenn man ihm nur in Absicht auf die Art und Weise, wie er sie bewerkstelligen kann, Freiheit läßt. Eine Familienmutter soll z. B . 200 rt. beitragen; sie hat das Geld nicht, aber ein Stück Silber, das sie von ihren Voreltern ererbte und auf ihre Kinder bringen will; sie spart kärglich, verkauft andre entbehrliche Gegenstände oder zwingt sich solche ab, leiht vielleicht und zahlt die 200 rt., indem sie ihr Silber behält, gern. Ich würde ein allgemeines Zwangsdarlehn vorgezogen und dabei gestattet haben, freiwillig statt baren Geldes zu gewissen Preisen Metall zu geben. Überhaupt scheint es mir durchaus rätlich: A. soviel immer möglich, allgemeine große Maßregeln zu nehmen, wobei das Publikum das Ganze übersehen kann. — Sie geben allein Vertrauen. Fast niemand schätzt unsre Domänen so hoch, als sie würklich wert sind. Man vergißt die beträchtlichen geistlichen Güter, besonders die in Schlesien. — Will man denn diese nicht benutzen? Ich habe sie noch nirgend in Anschlag bringen hören. — Einzelne Maßregeln, ohne Übersicht dem Publikum zu verschaffen, erneuern immer die üble Sensation und sind dem Kredit nachteilig. * Mein Ihnen, liebster Freund, mitgeteiltes Schreiben an den Herrn von Prittwitz

185

14. März 1809

gibt zu interessanten schriftlichen Diskussionen Anlaß, besonders da Herr Kabrun hier angekommen ist und seine Meinung auf mein Bitten speziell und schriftlich abgibt. 6 Ich werde Ihnen das alles schicken. B. Die Ungewißheit möglichst zu heben. Ich würde es für weit unschädlicher halten, geradeheraus zu sagen, die und die Verbindlichkeit kann ich erst spät oder sogar gar nicht erfüllen, wogegen ich die und die gewiß und zu der und der Zeit und auf die und die Art erfüllen werde, als länger zu schweigen. Wenn man in Absicht auf die Papiere der Bank und der Seehandlung auch nur sagen könnte: Vorerst ist sowohl die Kapitalzahlung als die Zinsenzahlung in klingendem Gelde unmöglich, insonderheit, weil man uns unsre Forderungen im Herzogtum Warschau zurückhält, aber den Inhabern sollen die rückständigen Zinsen so wie die laufenden in Kassenscheinen au porteur entrichtet werden, die, nachdem die Kontribution an Frankreich bezahlt sein wird, also etwa nach 2lj2 oder 3 Jahren, in gewissen jährlichen Quantis mit dem Kapital nach dem Lose bezahlt werden sollen, währenddem gewisse zu benennende Gegenstände oder auch nur der Staat im allgemeinen dafür hafteten; so wäre, dünkt mich, schon viel gewonnen. Die Papiere würden vorerst gewiß verlieren, aber doch nicht nach einem so schwankenden Cours und nicht so viel. Am wenigsten würde ich jetzt für die Idee sein, die, wenn ich nicht irre, Niebuhr hatte, daß man die Papiere der Bank ad modum der englischen Stocks unablöslich machen und bloß dem Markt überlassen könne. Eben diese Einrichtung, die ich wegen der Bank- und Seehandlungsobligationen vorschlage, müßte mit den rückständigen Pensionen und Besoldungen gemacht werden, wenn es nicht möglich ist, den Ärmsten wenigstens teilweise bares Geld zu geben. Die Banquiers sind Menschen wie die andern. Nur sehr wenige verbinden staatswirtschaftliche Kenntnisse mit kaufmännischen, und nur wenige unter andern sonst klugen Köpfen sind empfänglich für Finanzgegenstände. Die Banquiers teilen das allgemeine Mißtrauen, die allgemeine Stimmung und versagen deshalb die Hülfe. Sie, liebster Freund, haben persönlich Vertrauen, können also viel würken, aber ich wünschte, Sie wären hier, sähen und hörten, prüften und handelten danach. Vergessen Sie doch ä propos des Gold und Silbers nicht, daß in dem Archive ein sehr großer Schatz von goldenen und silbernen Kapseln ist, der ganz und gar keinen Nutzen und kein Vergnügen gewährt. Mein noch übriges Silber habe ich mit Ausnahme des wenigen, was ich bei mir habe, in Königsberg in meinem verschlossenen Koffer bei Wallmüller, dazu ich den Schlüssel niemand anvertrauen kann, weil noch andere Sachen darin sind. Ich werde dieses hier angeben, aber bevorworten, daß ich die 10 % nicht verliere, wenn der Koffer vor dem 14. April nicht hier wäre. Orden und Ehrenzeichen sind ausgenommen. Ist darunter mein russischer Brillantenorden begriffen? Ich möchte in nichts fehlen oder zurückbleiben.« 1

»Patent

wegen E r ö f f n u n g einer Anleihe mit Prämienzinsen«, Königsberg, den

27. Dezember

1808, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. v. Altenstein — D r u c k :

Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 65, S. 51g f.

15. März 1809

i86 2

3

4

5 6

»Verordnung wegen Wiederherstellung der Tresorscheine«, Königsberg, den 1 1 . Februar 1809, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Altenstein, Dohna, Beyme — Druck: Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 66, S. 5 2 3 f. »Gesetz über die bei Darlehns- und andern rechtlichen Geschäften bis zum letzten Dezember 1 8 1 0 anzunehmenden beliebigen Zinsen«, Königsberg, den 15. Februar 1809, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Dohna, Beyme — Druck: Gesetzsammlung 1806—10. Nr. 68, S. 5 3 5 f. »Verordnung wegen Ankauf des Gold- und Silbergeräts durch die Münzämter und wegen Besteuerung desselben und der Juwelen«, Königsberg, den 12. Februar 1809, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Altenstein, Dohna, Beyme — Druck: Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 67, S. 524 ff. Vom 5. März 1809, siehe Nr. 59. Kabrun an Hardenberg, 15. März 1809, siehe Nr. 69.

69. Bankier Kabrun an den Minister Freiherr von Hardenberg [Berlin], 15. März 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Hardenberg H 3 Bl. 4 7 : eigh. Brief.

Bedingungen für die Errichtung einer Nationalbank »Ew. Exzellenz mir so schmeichelhaften Aufforderung1 gemäß habe ich die mitgeteilten Aufsätze aufmerksam gelesen, und wenn es mir erlaubt sein soll, meine unmaßgebliche Meinung zu äußern, so kann es doch nur im allgemeinen geschehen, weil Zeit und Zerstreuungen jede weitere Umständlichkeit untersagen. Ew. Exzellenz haben es schon so unwidersprechlich deutlich dargetan, wie ein enger patriotischer Verein durchaus geschlossen werden müsse, um den Staat durch Vorbeugung der gänzlichen Entziehung alles Aktivvermögens vom Untergange zu retten, daß zur Hauptsache fast gar nichts mehr zu sagen möglich ist. Jedoch es scheint, als wenn die Stände auch fernerhin große Bedenklichkeiten äußern werden, ehe sie zu einer auf diese Weise vorgeschlagenen nützlichen Assoziation sich vereinigen möchten, weil sie a) diese neu zu übernehmende Verbindlichkeit irrigerweise als eine additionelle Last, aber keinesweges als das unter gegenwärtigen Umständen noch einzig übrigbleibende Rettungsmittel anerkennen, und zwar dadurch, daß sie, wie es mir scheint, b) die Beschaffenheit einer Nationalbank, die eine große Wohltat für jeden Staat werden muß, wenn solche zweckmäßig organisiert wird (wenn ich mich so ausdrücken darf) nicht kaufmännisch übersehen. Meiner unvorgreiflichen Meinung nach möchte die Entstehung einer solchen Bank viel leichter zustande gebracht werden können, wenn solche zu einem gänzlich abgesonderten und durch keine Nebenverbindungen mit allgemeinen oder Provinzial- und Kommunitätsverbindlichkeiten komplizierten Institut geschaffen werden könnte, weil eine solche Nationalbank, um das erforderliche uneingeschränkteste Vertrauen zu erlangen, nicht allein von allem und jedem

15. März 1809

187

Einfluß der Regierung, sondern auch von jedem allzu speziellen Interesse abgesondert stehen muß. Sie müßte, denke ich, gemeinschaftlich vom Adel, der Kaufmannschaft und dem dritten Stande des Handwerkers und Bürgers nicht allein organisiert, sondern auch fernerhin administriert werden. Der Zweck der Nationalbank, unabgesehen von allen anderen Verhältnissen, müßte einzig und allein der sein, die dem baren Reichtum substituierte Garantie aus dem noch vorhandenen stehenden Vermögen sowohl an Domänen als Privateigentum in Zirkulation zu bringen und zu erhalten, ohne daß irgend jemand den Abgang dieses seines Eigentums vermissen könnte, wenn die Regierung nur unausbleiblich gewiß die laufenden Interessen in klingender Münze bezahlt. Bloß im Anfange möchte es erforderlich sein, durch Zwang (der freilich allgemein sein müßte) für die neu kreierten repräsentativen Zeichen des Werts der Dinge bares Geld herbeizuziehen; späterhin, wenn nur die Interessen richtig bezahlt werden, würde es, wo nicht ganz entbehrlich, so doch anderweitig leicht anzuschaffen möglich sein. Meiner Ansicht nach schwächt es schon wesentlich das Vertrauen beim großen Publikum, daß nur der unbelastete Teil des Grundeigentums haften sollte, denn in manchen Fällen ist dies der kleinere Teil und nur eine zweite hypothekarische Klasse, und man hat Beispiele, daß Kreditoren schon in der zweiten Klasse keinen Ersatz haben finden können, wenn die Umstände wider Erwarten unglücklich sich wenden. Die zum Grunde gelegte Hypothek müßte dahero wohl in die erste Klasse gebracht werden, und die auf alle Landgüter engrossierten Kapitalien (auch die schon laufenden Pfandbriefe) müßten des allgemeinen Vertrauens wegen ebenso gut haften als der Überrest des darin steckenden Werts. Ferner müßte die Verhaftung solidarisch sein und es jedem Kreditor freistehen, unter dem Schutz der Hypothekengesetze nur auf den einzigen Fall, wenn die Zinsen nicht exakt abgetragen werden sollten, um seine Wiederbezahlung zu erhalten, jedes beliebige Grundeigentum zusubhastieren, dessen Eigentümer dann seinen Regreß an die übrigen wie die Endossenten eines Wechsels unbenommen bliebe. Könnte jemals dieser Fall eintreten, so würde es alsdann wieder eine allgemeine Sache, und der gegenwärtige Status quo träte wieder vor, nur mit dem Unterschiede, daß es wahrscheinlich zu einer Zeitperiode geschehen würde, wo mehr Raum und Zeit zu ruhigen Deliberationen übrigbliebe als in diesem Augenblick. Wird die Nationalbank unter ähnlichen Modifikationen unabhängig von jedem speziellen Interesse mit den angedeuteten Bedingungen errichtet, dann ist es nicht zu bezweifeln, ja fast mit mathematischer Gewißheit zu verbürgen, daß ihre repräsentativen Zeichen, sie mögen nun als Guthaben oder Billets au porteur erscheinen, durchaus dieselbe Gültigkeit als klingende Münze haben müssen, weil es immer Leute geben wird, die lieber sichere Interessen nehmen als ihre Fonds fruchtlos liegen lassen werden. — Nur kein Indult irgendeiner Art muß jemals im Wege kommen können, der die hauptsächlichste Grundursache ist, weswegen selbst die Pfandbriefe bei aller möglichen Spezialsicherheit dennoch schon so viel verlieren müssen. Die Bemerkungen und die Replik des H[errn] v. P[rittwitz] 2 beweisen bloß, daß die Stände den wohltätigen Vorschlag Ew. Exzellenz größtenteils aus falschen

15. März 1809

i88

Gesichtspunkten betrachten, aber die Entgegnungen des H[errn] K[riegsrats] v. S[charnweber] sind mit so vielem Scharfblick, Wärme und Sachkenntnis geschrieben, daß sie meine höchste Achtung und Bewunderung für den Verfasser erregt haben. Wenn lauter solche hellsehenden Staatsmänner als Ew. Exzellenz und der Bemerker Preußens Angelegenheiten lenkten, dann könnte keine Besorgnis der geäußerten Art jemals stattfinden. [. . .]« 1

Vgl. den Brief Hardenbergs v o m Vortage, Nr. 68 A n m . 6.

2 Prittwitz teilt Hardenberg a m 14. März 1809 mit, daß er diesem Brief seine Replik auf Scharnwebers Widerlegung beifügen will (eigh. Brief i. gl. Fasz. Bl. 41). Die Aufstellung eines Vergleichs der Vorschläge Kabruns und Hardenbergs durch Scharnweber siehe Nr. 70.

70. Auswertung von Ausführungen des Ministers von Hardenberg und des Bankiers Kabrun

Undatiert, [nach dem 15. März 1809] Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Hardenberg H 3 Bl. 58: Scharnweber eigh.

Vergleichung der Ansichten zur Planung einer Nationalbank »Nach dem Schreiben des Herrn Kabrun vom 15. d. an Sr. Exzellenz v. Hardenberg 1 ist in der Hauptsache keine Verschiedenheit. Nur darin ist Abweichung: a) Daß nach dem Plan des Herrn v. Hardenberg die Nationalbank nicht nur Mittel werden sollte, einen Teil des vorhandenen stehenden Vermögens in Zirkulation zu bringen, sondern auch Mittel, dagegen den zur Kontributionszahlung erforderlichen Teil des Numerairs (d. h. den größten Teil desselben) aus der Zirkulation zu ziehen und solches überhaupt für das innere Verkehr entbehrlich zu machen, in welchem es sodann bloß als Ware vorkommen würde. b) Daß die Fundierung der Bankpapiere nach Herrn v. Hardenberg auf den schuldenfreien Teil des Grundvermögens beschränkt — nach Herrn Kabrun aber auf die darauf eingetragenen Kapitale ausgedehnt werden soll. c) Daß die Verzinsung der Bankpapiere nach Herrn Kabrun in barem Gelde geleistet — nach Herrn v. Hardenberg in Bankpapier bewerkstelligt werden soll, insofern nicht von auswärtiger Zinszahlung die Rede ist, die nur für einen Teil der Provinzialschulden erforderlich sein kann. d) Daß nach Herrn Kabrun der Inhaber eines Bankpapiers, wenn die Zinsen nicht gezahlt werden, sich nach freier Wahl an irgendein verpfändetes Grundstück halten kann, nach dem Plan des Herrn v. Hardenberg hingegen dieser Fall nicht eintreten

189

17. März 1809

würde, indem die Zinszahlung der Bank resp. durch Domänenpfandbriefszinsen und die Einkommensteuer gesichert wird, für diejenigen Zinsen aber, welche von den übrigen Bankobligationen gezahlt werden, diejenigen Interessenten haften, denen diese Obligationen auf ihr Bankguthaben gegen ihre Privatobligationen gegeben sind, e) Daß nach Herrn v. Hardenberg ein Zwang[s]kurs bis zu Erfüllung des in der Schuldentilgung bestehenden Zwecks — nach Herrn Kabrun nur im Anfange erforderlich erachtet wird. Der Herr Geh. Oberfinanzrat von Prittwitz ist ebenfalls a) gegen eine Einmengung der Regierung und b) gegen Bewürkung der Zwangsanleihe durch die Nationalbank.« 1 Siehe Nr. 69.

71. An den Minister Freiherr von Hardenberg eingereichte Vorschläge 1 des Geheimen Oberfinanzrats von Prittwitz Berlin, 17. März 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Hardenberg H 3 Bl. 56: Ausf., gez. Prittwitz.

Erwägungen zur Schaffung eines fundierten

Papiergeldes

»Der Zweck der projektierten Nationalbank in Verbindung mit einer Zwangsanleihe ist 1. Ausmittelung eines zweckmäßigen Repräsentationsmittels des Numerairs durch Kreierung von Bankpapieren und 2. Anschaffung des Numerairs selbst zur Berichtigung der 30 Millionen mittelst Zwangsanleihe auf den Grundbesitz! ad 1. Je vollkommner, je zuverlässiger das Repräsentationsmittel fundiert ist, je allgemeiner wird der Kredit desselben sein, je weniger wird man des so gefährlichen revolutionären Mittels eines Zwangskurses bedürfen. Unleugbar sind die Pfandbriefe das vorzüglichste und am vollkommensten fundierte Papier unsers Landes. Wozu nun neues Papier, dessen Kredit problematisch ist, kreieren, da, wie gesagt, die Pfandbriefe das beste fundierteste Papier, auch das zweckmäßigste Repräsentationsmittel des fehlenden Numerairs sein können, sowie man sie nur ihrer neuen Bestimmung aneignet. Heute sind die Pfandbriefe freilich zur Zirkulation, um bares, klingendes Geld zu ersetzen, zu groß, man zerteile sie also bis zu 25 Reichstaler, und selbst diese verstatte man gegen Außerkurssetzung und Deponierung wieder in 25 einzelnen Talerstücken auszutauschen. Reicht die Summe der Pfandbriefe für die Zirkulation nicht zu, so steht es dem Könige frei, selbst mit denen Domänen in die Kreditassoziationen zu treten, die er den Ständen nicht überlassen hat; es steht ihm frei, erst die Domänen

igo

17. März 1809

mit Pfandbriefen zu belegen und sie dann zu verkaufen. Einmal wird die Summe der achtbaren Repräsentationsmittel des Numerairs hierdurch vermehrt, andernteils der Verkauf der Domänen erleichtert. Bei Kreierung des Bankpapiers stützen wir uns auf spekulativische Grundsätze, bei Annahme der Pfandbriefe als Ersatzmittel des baren Geldes auf den Erfahrungsgrundsatz, daß die Pfandbriefe für das bestfundierteste Papier unsers Landes gelten und daß sie daher den besten Kurs unter allen Papieren unsers Landes haben, nicht zu gedenken, daß die Erschaffung eines neuen Papiers allemal dem Kredit des Papiers im allgemeinen nachteilig ist. ad 2. Um Geld durch Zwangsanleihen zusammenzutreiben, muß auch Geld da sein; da dies aber nun nicht daist und nicht da sein wird: so helfen alle auf den Grundbesitzer gelegten Zwangsanleihen in barem Gelde nichts, sie können nicht realisiert werden, denn der Grundbesitzer hat nur Sicherheit zu geben und nicht Geld. Man begnüge sich daher damit, daß man nur vom Grundbesitzer Sicherheit verlange, um Geld darauf zu leihen. Durch eine Kredit-National-Assoziation, wo jeder einen gewissen Teil seines unverschuldeten Privateigentums dem Allgemeinen als Bürgschaft zediert, negotiiere man aber das Geld im Auslande, da man doch das im Lande selbst platterdings, es sei auf welche Art es wolle, nicht erheben kann, was darin nicht vorhanden ist.« 1

Mit Begleitbrief gleichen Datums (Prittwitz eigh. u. gez., i. gl. Fasz. Bl. 55). A m Kopf des Schreibens vermerkt Hardenberg am 18. zwecks Beantwortung, daß er diese Ideen dem Herrn Geheimen R a t Scharnweber gegeben habe, »der sich j e t z t beschäftige, die Resultate der bisherigen Überlegungen zusammenzustellen, u m sie dabei zu benutzen«.

72. Der Geheime Oberfinanzrat und Oberpräsident von Auerswald an die Ostpreußische Generallandschaftsdirektion Königsberg, 17. März 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett,

Rep. 89 A

Tit. 26 Nr. 4 B d . 2

Bl. 30: Abschrift (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 31858).

Zurechtweisungen wegen Weigerung der Inkurssetzung der

Domänenpfandbriefe

»Die Königlichen Ministerien der Finanzen und des Innern haben mir aufgetragen, Einer Königlichen Ostpreußischen Generallandschaftsdirektion in betreff der Ausfertigung der Domänenpfandbriefe zu erkennen zu geben, wie Eine Königliche Generallandschaftsdirektion und insbesondere die Königsbergsche Departementsdirektion in den Berichten vom 8. und 11. d. M. von einer falschen Ansicht des vorliegenden Gegenstandes ausgehe. Die Landschaft vergesse, daß nicht die Person Seiner Majestät des Königs, sondern das Landeigentum Schuldner derjenigen 7 Millionen Taler sei, welche in

17- März 1809

191

Pfandbriefen an Frankreich als Kriegskontribuiion bezahlt werden müssen, und daß der Landesherr die Domänen des Staats nur zur Spezialhypothek hergebe. Von einer Verpfändung der Pfandbriefe mittelst eines darauf zu negotiierenden Darlehns, welche der Vorwand der Generallandtagsverhandlung sei, könne jetzt die Rede weiter nicht sein, da der Staat durch die Pariser Konvention vom 8. September 1808 eine neue Kriegskontribution habe übernehmen müssen 1 , welche mit 70 Millionen francs Pfandbriefen sämtlicher Provinzen der Preußischen Monarchie abzutragen und mit 7 Millionen Taler auf Ostpreußen und Litauen verteilt worden sei. Die Landschaft werde, wenn sie dieses Verhältnis gehörig betrachte, gewiß das Wohlwollen Sr. Majestät, dem Lande die Herbeischaffung dieser Kontribution aus dem Privateigentum zu ersparen, mit ehrerbietigem Dank anerkennen und sich gegen die getroffenen Maßregeln keine weiteren Einwendungen erlauben, daß, wenn ein Generallandtag gehalten werden sollte2, die Pfandbriefe nicht bis zum 1. Mai d. J . in Paris sein könnten, liege am Tage, es sei also darauf gar nicht einzugehen, da es zwecklos sein würde, wenn auch die widersprechenden Individuen mit ihren Personen und ihrem Vermögen für die Nachteile, die dem Lande aus der nicht zeitig erfolgenden Ablieferung der Pfandbriefe ganz unvermeidlich entstehen müssen, verantwortlich gemacht werden sollten. Die Aufnahme der Domänen in den Kreditverein sei einmal geschehen. Es könnten daher auf selbige Pfandbriefe unter denjenigen Modifikationen ausgefertigt werden, welche bei der Ausfertigung der Pfandbriefe auf Privatgüter reglementsmäßig stattfänden. Die Landschaft habe dies selbst zugegeben, indem sie die ihr geliehenen 300.000 rt., ohne eine Rückfrage bei dem Generallandtage nötig gefunden zu haben, umgefertigt habe. Es sei, wenn sie konsequent verfahren wollen, kein Grund vorhanden, in Ansehung der zur Kriegskontribution erforderlichen 7 Millionen Taler etwas anderes annehmen zu wollen. Die der Landschaft geliehenen 300.000 rt. wären für ein Bedürfnis des Landeigentums bestimmt worden; die 7 Millionen hatten dieselbe Bestimmung, die vom Generallandtage konkludierten Modalitäten wären nur auf diejenigen Pfandbriefe gegangen, welche bei einem im Auslande zu negotiierenden Darlehn verpfändet werden sollten. Bei dieser hätte eine Außerkurssetzung geschehen müssen, daher des Königs Majestät auch kein Bedenken habe tragen können, die gemachte Bedingung zu ratihabieren. Durch die Pariser Konvention vom 8. September 1808 sei die Sache ganz verändert, da der Kaiser von Frankreich eine Kontribution in Pfandbriefen fordere, die nicht außer Kurs gesetzt wären. Von dieser Kontribution würden alle Provinzen gleich betroffen, und die Lage der Sache erlaube gar keinen Widerspruch dagegen. Es beruhe in einer absoluten Notwendigkeit, sich den Gesetzen des Siegers zu unterwerfen, der, wenn es nicht geschehe, die Erfüllung der gegen ihn übernommenen Verpflichtungen aus dem Privateigentum sämtlicher Untertanen des Staats zu erzwingen wissen würde. Ein Widerspruch der Landschaft führe also so wenig zu einem Zwecke, als der Widerspruch des Generallandtages denkbar sei3. Es würde ebensoviel sein, als ob man die Pariser Konvention von der Ratihabition des Generallandtages abhängig machen wollte. Hätte der Kaiser von Frankreich 7 Millionen Taler bares Geld von den Grundbesitzern in Ostpreußen gefordert, so würde der Generallandtag darüber nicht haben gefragt werden

192

17- März 1809

können. Jetzt wären Pfandbriefe gefordert, zu denen des Königs Majestät in den Domänen den Fonds anweise, und die Landschaft konkurriere hier nur als Behörde, die zur Ausfertigung der Pfandbriefe konstituiert sei. Eine andere Eigenschaft habe sie im vorliegenden Falle gar nicht geltend zu machen, und weder die Kreise noch der Generallandtag könnten darüber gehört werden. Auf allen Fall werde die Landschaft sich überzeugen, daß des Königs Majestät die Ausfertigung der Pfandbriefe in der verlangten Form befehlen könne und müsse, weil das Schicksal des ganzen Landes nicht von dem Wollen oder Nichtwollen einiger weniger Individuen abhängig gemacht werden, daß mithin die Landschaft kein Vorwurf treffen könne, wenn sie sich füge. Daß ein solcher Befehl aber mit Beweisen der Königlichen Ungnade verknüpft sein würde, denen man — insoweit S. M. die Mitglieder der Landschaft für das Organ der gesamten Landeigentümer zu halten veranlaßt sein dürften — die Provinz auszusetzen Bedenken trage. Nach Vorstehendem hoffe ich, daß Eine Königliche Generallandschaftsdirektion nicht länger Anstand nehmen wird, den ergangenen Aufforderungen Genüge zu leisten, um die bei fernerer Weigerung notwendige Anzeige an des Königs Majestät zu vermeiden, welche unausbleiblich das Allerhöchste Mißfallen, besonders gegen die Offizianten Einer Königlichen Generallandschaftsdirektion und der Departementsdirektionen würde erregen müssen. Ich erwarte daher auf das allerschleunigste bestimmte Erklärung und trage Einer Königlichen Generallandschaftsdirektion schließlich auf ausdrückliches Verlangen der Königlichen Ministerien nur noch auf, die hiesige Departementsdirektion ernstlich anzuweisen, daß sie in ihren Berichten, wie in dem vom 1 1 . d M. geschehen, ihre Verhältnisse nicht aus den Augen setze.«4 1

Die vorläufige Konvention zwischen Stein und Daru vom 9. März 1808 war von Napoleon nicht genehmigt worden; Prinz Wilhelm unterzeichnete die verschärften Zahlungsforderungen (vgl. Ranke, Hardenberg 4, S. 153 ff.). 2 Der Generallandtag des Ostpreußischen Kreditsystems hielt seine Sitzungen vom 5. bis 13. Mai 1809; abschließender Bericht von Auerswald an Altenstein und Dohna, Königsberg, 14. Mai 1809 (Ausf., gez. Auerswald, in Rep. 77 Tit. 149 Nr. 1 Bd.i Bl. 60). 3 Er erfolgte doch am 13. Mai 1809, siehe Nr. 1 1 1 . 4 Im Immediatreskript, Königsberg, 27. März 1809, erhielt die Ostpreußische Generallandschaftsdirektion die Weisung, »ohne Verzug im verfassungsmäßigen Gange diejenigen Maßregeln zu ergreifen und miteinander zu verbinden, welche sie auf der einen Seite dem Staate und auf der andern ihrem eignen Verhältnis zu ihrer Deckung schuldig ist« (Konzept, gez. Altenstein, Dohna, Beyme, Klewitz, in Rep. 89 A Tit. 26 Nr. 4 Bd. 2 Bl. 32). Diese Weisung wurde den Ministern Altenstein und Dohna und dem Großkanzler Beyme in einer K. O. gleichen Datums mitgeteilt. Darin steht folgende Begründung: »In der jetzigen Krise führt es vieleicht zu einem nützlichen Zeitgewinn, wenn die ostpreußischen Domänenpfandbriefe über .7 Millionen Taler, ohne daß sie zum Kurs und zur Realisation geeignet sind, nach Paris abgehen.« (Konzept auf gleichem Blatt)

ig. März 1809

193

73. »Votum über die Organisation des Polizeiwesens« des Kammerpräsidenten von Vincke Königsberg, 19. März 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 100: Vincke eigh.

»Der Widerstreit in den vorliegenden Verhandlungen reduziert sich vornehmlich auf die verschiedenen Ansichten: 1. Über die den Gutsherrn zu belassende oder ihnen zu entziehende polizeiliche Gewalt, 2. über die Substitution von Friedensrichtern für Kreisdeputierte, 3. über deren Anstellung durch die regierende Gewalt oder durch Wahl der Kreiseingesessenen, 4. über die Konstitution der Kreisstände, 5. über den Umfang der Kreise, 6. über die Erhebung der Domänengefälle durch die Steuereinnehmer mit Beseitigung der Intendanten und Domänenpächter. Hauptsächlich entscheidend für die ganze Sache ist die Bestimmung des erstem Punkts von der größten Wichtigkeit, und hier kann meines Erachtens in der Sache selbst die Frage nicht zweifelhaft sein; die Regierung kann sich der polizeilichen Gewalt nicht begeben, die bisherige Inkonsequenz nicht fortdauern lassen, denn sie ist der wesentlichste Ausfluß der exekutiven Gewalt. Aber es scheint mir, daß die Anwendung des Grundsatzes sich so bestimmen läßt und nach der Natur des Verhältnisses so bestimmt werden muß, daß aller Widerspruch dagegen aufhört. Es ist meines Erachtens nicht zu billigen, daß beide Plane die Schulzen zu erkennenden, richtenden und strafenden Behörden erheben, sie sollen zu 5 rt. Geld- oder 8 Tage Gefängnisstrafe kompetent gemacht werden, und daraus entstehet eine unverkennbare Härte, das wird einen der Sache höchst nachteiligen Widerstand erzeugen, wenn der Gutsherr, der bisher die polizeiliche Gewalt ausübte und der nicht etwa die Eigenschaften oder den Willen hat, das neue Schulzenamt zu übernehmen, künftig einen seiner bisherigen Untertanen als seinen Richter erkennen, sich von solchem bestrafen lassen soll. Das ist unpassend und muß der Sache selbst nachteilig werden in Provinzen, wo die Klasse, aus denen man die Schulzen in der Regel nehmen wird, kein Eigentum besitzt, als kurzer Zeitpächter im abhängigen Verhältnis vom Gutsherrn stehet. Das dürfte bedenklich sein, weil die Anzahl von Menschen, denen man solche Gewalt ohne Gefahr übertragen kann, nur wenig zahlreich sein wird: in Westfalen, wo die bäuerliche Klasse gewiß sehr viel kultivierter, verständiger — weil sie wohlhabender — ist, wo mein früheres landrätliches Verhältnis mir Gelegenheit zur genauen persönlichen Kenntnis dieser Klasse führte, wäre es mir unmöglich gewesen, so viel tüchtige, vertrauenswerte Subjekte aufzufinden — hier muß ich es noch schwieriger erachten.

194

ig. März 1809

Das führt auch zu einer äußerst gefährlichen und inkonsequenten Vermischung der ausführenden und richterlichen Wirksamkeit: der Schulze, die unterste öffentliche Behörde, soll die Befehle des Richters ausführen, er soll auch seine Autorität geltend machen, um Ruhe zu halten, die Ruhestörer ergreifen, sichern; aber er kann nicht zugleich Richter und Exekutant sein, er muß das Erkennen dem Richter überlassen. Dieser Ubelstand wird auch durch die vorgeschlagenen inspizierenden, kontrollierenden, abwechselnd bei 50—200 Schulzengerichten präsidierenden Friedensrichter nicht gehoben, diese können nicht allgegenwärtig sein, und wer wird dieses Amt unentgeltlich 1 übernehmen, welches alle persönliche Unabhängigkeit aufhebt 2 , nicht als Nebengeschäft betrieben werden kann, weil es allen Nahrungserwerb unmöglich macht, zu beständigem Herumreisen nötigt? Bei den britischen Schulzen (Constables) ist beides genau unterschieden: sie müssen auf dem Lande wirken, öffentliche 3 Ruhe zu erhalten, alle Störer derselben in ihrer Gegenwart festmachen oder auf ihnen geschehene Anzeige sie verfolgen; aber sie dürfen nicht richten, nicht einmal Bürgschaft annehmen, sondern sie müssen ihn unmittelbar vor den Friedensrichter führen, und es würde in England sowie hier schwer durchzusetzen sein, wenn man den Schulzen größere Befugnis einräumen wollte. Beschränkt man sie aber auf ihre eigentliche Bestimmung ausführender Beamten, die Vergehen gegen die öffentliche Ordnung bloß ausspähend und hinter- t treibend, soweit es für den Augenblick nötig ist, vornehmlich bei Feld- und Viehschäden pp., so kann hierin kein Gutsherr Anstoß nehmen; und gestattet man diesem, wie es meines Erachtens bei Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit durchaus notwendig ist, ein Exekutionsrecht auf kontraktmäßige Forderungen, wobei die Schulzen nur konkurrieren, wenn die Exekut[ions]objekte zum Verkauf kommen, und diesen dirigieren: so wird kein Geschrei darüber erhoben, der Grundsatz behauptet, ein durchaus konsequentes Verfahren geordnet werden. Aber es ist eine große Anomalie unvermeidlich, wenn nicht gleichzeitig die Gutsherrn der Patrimonialgerichtsbarkeit entledigt werden, wie es die Verständigen unter ihnen auch wünschen — von welcher die Ausübung 4 polizeilicher Gewalt bloß ein Annexum wäre. ad 2) Es bleiben sodann die Kreisdeputierten oder Friedensrichter (der Name ist gleichgültig, aber ich halte den letztern mit dem K[ammer]pr[äsidenten] v. Broscovius doch bedenklich, weil man von britischen Friedensrichtern keinen Begriff hat, die höchst verschiedenartigen französischen aber eine sehr korrupte, wo sie angeordnet, gerecht verhaßte Institution sind, die unsrigen aber, für Nachäffung letzterer geachtet, dadurch nicht sonderlich zu Ehren kommen würden) die eigentliche richtende Behörde und beide alsdann eigentlich nur im Namen verschieden. Ich hatte früher vorgeschlagen, diesen keine bestimmten Distrikte, sondern einer größern Anzahl derselben konkurrente Jurisdiktion im ganzen Kreise einzuräumen; ich kann mich durch dasjenige, was der Herr Minister] v. Schroetter dagegen angeführt, auch noch nicht für überzeugt erachten, ich glaube, daß durch die Bindung an Ort, Zeit und Geschäfte große Unbequemlichkeiten, bei der Zerteilung in bestimmte Distrikte viele Konflikte notwendig entstehen werden, daß auch dadurch dies Mittel, die Übel zunächst

ig. März 1809

195

unvermeidlicher unglücklicher Wahlen unschädlich zu machen, verlorengehet: allein ich muß mich bescheiden, daß nach dem Kulturstande der drei preußischen Regierungsdepartements die Ausführung vorerst 5 unmöglich ist und bestimmte Distrikte notwendig sind. In diesen würde sodann den Kreisdeputierten (Friedensrichter), mit Ausnahme der dem Landrat vorbehaltenen militärischen Geschäfte, die Handhabung der Polizei im vollsten Umfange, die richtende Gewalt in allen Polizeikontraventionen, die erste 6 Konstatierung des Tatbestandes bei peinlichen Vergehen, die Aufsicht des Kommunalwesens pp. übertragen. Von ihren Bestimmungen würde eine Berufung an die Quartalversammlung aller Kreisdeputierten und des Landrats (welcher in solchen präsidiert, neben dem Distrikt, dem er als Kreisdeputierter vorstehet, alle Militaria im Kreise allein dirigiert, weil Einheit und Schnelligkeit da wesentlich notwendig sind) stattfinden, übrigens jeder in seinem Bezirke durchaus selbständig sein. Die nähern Bestimmungen hierüber enthält der v. Schroettersche Plan, in welchem ich mit dem Herrn p. v. Schoen 7 hauptsächlich 8 nur gegen die angenommene Ungleichheit der Strafen monieren würde und einige allgemeine Bemerkungen zum Schlüsse vorbehalte. Da die Gutsherrn den Landrat bisher als ihren polizeilichen Vorgesetzten respektiert, so können sie diesen Respekt auch den solchen repräsentierenden Kreisdeputierten, in welche der Landrat nur zur bessern Geschäftsführung zerlegt wird, nicht versagen, sie werden es auch gewiß nicht, da es in der Natur der Sache beruhet, daß die meisten Kreisdeputierten aus ihrer Mitte entnommen werden, überdem ein gewisses Vermögen dazu erfordert wird (144 v. Schroetter), und ich bezweifle nicht, daß dieses Amt bald ebensosehr in Ansehen kommen, ebenso eifersüchtig gesucht werden wird als das friedensrichterliche in England, weil es einen wirklichen bedeutenden Einfluß und Gelegenheit zu sehr nützlicher Geschäftigkeit gibt, ohne die persönliche Unabhängigkeit zu zerstören, zur Aufgebung der eigentlichen Nahrungsgewerbe zu nötigen. Aber eben dieser Unabhängigkeit und dieses Ansehns wegen würde es mir sehr dringend scheinen, die Kontrolle der Departementsräte ganz entfernt zu halten, eben wie die persönliche Einmischung des Landrats in Distriktsgeschäfte 9 außerhalb der Quartal(Kreis) Versammlung. Die Appellationen an diese letztern sichern hinlänglich gegen willkürliches, mangelhaftes Verfahren neben der allgemeinen Kontrolle, welche das Publikum gewöhnt werden muß und bald sich einüben wird, zu führen. Ich stelle sodann noch anheim, ob nicht allen Kreisdeputierten der Name: Landrat, dem Landrat der Name: Kreisdirektor beizulegen sein dürfte; beide sind bekannte, gewöhnte und angesehene Benennungen, sie bringen den Posten zu Ehren, und dieser ist ja wirklich eine Partikel des alten Landrats. ad 3. In Ansehung der Bestellung dieser Beamten scheint die letztstattgefundene Einigung nach dem Vorschlage des Herrn G[eheimen] Staatsrats] v. Auerswald, daß der Landrat vom Könige zu ernennen, zu den Kreisdeputierten drei tüchtige Subjekte von den Kreiseingesessenen vorerst vorzuschlagen, mir sehr angemessen: eigentlich kann die Bestellung nur vom Könige ausgehen, und dieses muß für die Folge Regel werden, vorerst aber, bis die Sache im Gange ist und damit sie in Gang kömmt, würde die Auswahl des 14

Stein/Hardenberg

196

19. März 1809

Landesherrn aus drei für jede Stelle 10 dargestellten Kandidaten unbedenklich sein; was irgend brauchbar in der Provinz ist, wird dazu schon präsentiert werden und das Beste daraus zu entnehmen in der Hand der Regierung sein; aus den Gründen des Herrn Minister] v. Schroetter dürfte vom E x a men zu abstrahieren sein, da so viel Personalkenntnis von den im Lande vorhandenen vorzüglichen Subjekten jedem Regierungscollegio notwendig beiwohnen muß, um Fehlgriffen vorzubeugen, ad 4) In Ansehung der Kreisständischen Konstitution muß ich von beiden Meinungen abweichen, die ganze Sache stehet noch nicht fest, so sehr auch deren gleichzeitige, wenigstens interimistische Organisation der Provinzialstände 1 1 zu wünschen ist; allein das scheint gewiß, daß künftig vorhanden sein sollen: a) allgemeine Reichsstände b) Provinzialstände c) Ständische Repräsentanten bei der Gesetzgebungsbehörde d) Ständische Repräsentanten bei jedem Regierungscollegio — eine fünfte Art von Repräsentation scheint mir unnötig, überflüssig, verwickelt. Die allgemeinen Gegenstände, welche die Provinz angehen, ressortieren von den Prtwwzi'a/ständen, diese respizieren zugleich die Provinzialkommunitätskassen und -anstalten, sie repartieren allgemeine Bedürfnisse auf die Provinz etc. Für die .Kmsstände würde nur übrigbleiben: Spezielle 12 Kommunitätsanstalten des Kreises und Verwaltung der nach v. Schön den Kreisen von den Regierungen zu überweisenden Quote vom Kommunitätsfonds; 1 3 sub Repartition der Kreisbedürfnisse und der Quoten zu dem 1 4 Provinzialbedarf auf die Kommunen, welche Geschäfte jedoch sehr füglich von den @Marfa/(Kreis)versammlungen wahrgenommen werden können, und dieses um so mehr, als sich erwarten läßt, daß die verständigsten und bedeutendsten Kreiseingesessenen schon durch das konkurrierende Vertrauen des Königs und der Eingeseßnen zu Kreisdeputierten berufen werden, dieselben eigentlich stimm/wAr¿»(leiten) den dirigierenden Personen sowohl im Kreisdirectorio als in den Kreisständischen Versammlungen sich zusammenfinden werden. Solange die Kreisdeputierten von den Eingeseßnen präsentiert werden, scheint es unbedenklich, diesen die wenigen 1 5 kreisständischen Angelegenheiten zu übertragen; wird ersteres künftig abgeändert, so wird es alsdann zu einigem Trost und Entschädigung gereichen, wenn besondre Kreisstände konstituiert werden. Je einfacher die Sache jetzt ist, desto besser wird sie gelingen, wozu dann noch kömmt, daß der vollkommenen Einrichtung die äußerst schwierige Regulierung der Kreisbeitragsquoten zum Provinzialbedarf, dieser die Regulierung 1 6 der Kommunalquoten zum Kreisbedarf, beidem die Rektifikation des Steuerkatasters vorausgehen muß, bis alles gehörig geordnet werden kann, dieses aber sehr weitaussehend noch ist. — ad 5) Bei Bestimmung des Umfangs der verschiedenen Bezirke (statt des undeutschen: Distrikt) kömmt es meines Erachtens insbesondre auf zweckmäßige Begrenzung der Kommunen und der landrätlichen (Kreisdeputierten, Friedensrichter) Bezirke an: die ersten dürfen nicht zu klein, die letztern nicht zu groß sein, das erstere nicht

19- März 1809

197

a) weil in allzu kleinen Kommunen die Auswahl von Schulzen und Geschwornen oder Vorstehern sich auf zu wenige Personen beschränkt, b) weil der zu geringe Umfang keine zweckmäßigen Kommunalanstalten gestattet, c) weil dabei auch die Konstituierung einer Kommunalkasse äußerst schwierig wird, keine Übertragung, wechselseitiger Beistand in Unglücksfällen etc. möglich ist, d) weil eine große Vervielfältigung der Kommunen auch die Aufsicht auf Personal, Anstalten, Kassen etc. äußerst erschwert. Daher scheint mir das v. Schroettersche Minimum von 50 Seelen viel zu gering; ohne die Einlieger zu rechnen, würden solche höchstens 10 Feuerstellen, ist zufällig ein Vorwerk darunter, vielleicht nur 5 Feuerstellen konstituieren; hiervon nun abgerechnet die zu keinem öffentlichen Amte wegen ermangelnder Vermögensqualifikation geeigneten Hausväter, würde die Auswahl oft kaum die darin öffentliche oder Kommunalbeamtenzahl erreichen, ad b und c die Schwierigkeiten noch größer sein. Mir scheint es angemeßner, hier Feuerstellen zum Grunde zu legen und das Minimum mindestens auf 80 — 100 zu bestimmen: dann nur lassen sich die Bedingungen sub a, b, c erfüllen, oder man bestimme auf dem Lande jedes Kirchspiel, Sprengel, Pfarre zur Kommune, welches in Absicht der schon vorhandenen Verbindung, der gemeinschaftlichen Schul- und Kircheneinrichtungen, das angemessenste scheint, und teile nur die größesten Sprengel in mehrere Kommunen in der Folge ab. Daß dagegen die landrätlichen (friedensrichterlichen) 1 7 Bezirke nicht zu groß sind, ist deshalb wünschenswert, weil der Landrat allen Eingeseßnen leicht zugänglich sein muß; es tritt nur die Schwierigkeit ein, daß, da dieser notwendig im Bezirke wohnen muß 18 , bei zu geringem Umfange taugliche Subjekte schwer zu finden, ihre Wahl äußerst beschränkt, daher oft mangelhaft sein würde. In dieser Hinsicht würden mir die v. Schroetterschen 10 000 Seelen oder 2000 Feuerstellen zwar nicht zu groß dünken; 8 • Meilen im Durchschnitt geben jedoch eine zu weite mittlere Entfernung, daher ich vorschlage 1 500 Feuerstellen oder 7 500 Seelen zum Maßstab zu nehmen, der nach der Lokalität noch große Modifikationen und bei den konkurrierenden Städten wahrscheinlich keine die v. Schroettersche Anzahl der Landräte überschreitende Zahl geben wird. Wenn Schulzen- 19 und Landratsbezirke angemessen bestimmt worden sind, so scheint mir die Bestimmung der Kreise von keinem so großen Gewichte und eine allgemeine Norm hier äußerst schwierig, da Lokalität, Städte pp. hier so wesentlich modifizieren müssen: man nehme die v. Schönschen 22 • Meilen und 33 000 Seelen als Minimum, die v. Schroetterschen 35 • Meilen und 45 000 Seelen als Maximum, so wird sich das Ganze ausgleichen und der vorrätige disponibel Fonds in jedem Falle zureichen, ad 6) Die Erhebung der Domänengefälle durch die Kreiskassen hat nach dem 14'

198

ig. März 1809

Urteile des sachkundigen Herrn v. Auerswald und v. Broscovius keine Schwierigkeit, die Domänenbeamten (und Intendanten) sind dafür entbehrlich; ich glaube daher, daß solche stattfinden kann und Schwierigkeiten nicht zu besorgen stehen, sobald nur die jetzt im Werke begriffene Reduktion aller vielnamigen Domänengeldgefälle und aller Naturalien, Dienste auf einen reinen Geldbetrag realisiert sein wird; dies läßt sich innerhalb eines Jahres gewiß in den drei hiesigen Regierungsdepartements erwarten: bis dahin könnte man das gegenwärtige Verhältnis bestehen lassen, als Regel nur bestimmen, daß, sobald die Operation in einem Amte vollendet worden, die Domänengefälle desselben der Kreiskasse überwiesen werden. Vorausgesetzt, daß in jedem Dorfe ein Sammler, der sämtliche Schulzungs(Abgaben) und Domänenintraden bestimmt und diesem ein ordentlicher Hebezettel behändigt 3P wird, werden die Geschäfte des Kreiskassenrendanten höchst unbedeutend sein: der erstere wird vom Landrat, der letztere vom Kreisdirektor kontrolliert, diese Kontrolle aber sehr unbedeutend sein, wenn für Kaution gesorgt ist und für erstem die Kommune haftet, welche ihn zur Kaution anhalten könne. — Vieleicht wäre es zweckmäßig, diesem Prozente der Einnahme zu bestimmen, kein Fixum: in England hat der Collector l1/^ der Kreisempfänger 5/6 pro Cent, die erstrer dem letztern, dieser der Hauptkasse 21 bei Ablieferung der Gelder gleich zurückhält, die Hebezettel werden von den Steuerkommissarien beglaubigt, von Rechnungslegung, Kassenrevisionen pp. ist keine Rede, und von Defekten wird nichts vernommen; aber für Kautionen wird gesorgt, bei ausbleibenden Zahlungen die Steuerkommissarien von der Hauptkasse benachrichtigt, auch haben die Collectors unmittelbares Exekutionsrecht. Ich sehe nicht ab, warum diese einfache Methode nicht bei uns sollte angewendet werden können, nur die Prozente würden bei unsern weniger ergiebigen Einnahmen erhöhet werden müssen und, um der Rechnungslegung überhoben zu sein, die Quittungen über Zahlungen aus den Spezialkassen von diesen statt bar eingesendet.

Hiernach scheinen mir die beiden verschiedenen Meinungen in Ansehung der Hauptstreitfragen geeiniget; unter Voraussetzung des Vorstehenden erlaube ich mir aber noch einige Bemerkungen zu dem Plane des Herrn Ministers] v. Schroetter vom 13. Oktober pr., welche aus Obigem und aus eignem praktischen Betriebe des landrätlichen Geschäfts während fünf Jahren entnommen sind22. [. . .]« 1

»unentgeltlich« nachträgl. dazwischengeschrieben.

2

»aufhebt« statt ursprüngl. »stört« darübergeschrieben.

3

»öffentliche« nachträgl. zugeschrieben.

4

»Ausübung« nachträgl. zugeschrieben.

5

»vorerst« nachträgl. zwischengeschrieben.

6

»erste« nachträgl. zwischengeschrieben.

7

Votum

Schöns v o m 14. November 1808, K o n z e p t eigh., i. gl. Fasz. Bl. 77 zum

199

21. März 1809

Plan Schroetters vom 13. Oktober 1808, Ausf., gez. Schroetter, i. gl. Fasz. Bl. 45; siehe RM Stein III, Nr. 309, S. 1016 ff. u. Nr. 279, S. 914 ff. 8 »hauptsächlich« nachträgl. zwischengeschrieben. 9 »in Distriktsgeschäfte« nachträgl. zwischengeschrieben. 10 »drei für jede Stelle« nachträgl. zwischengeschrieben. 1 1 »der Provinzialstände« nachträgl. zwischengeschrieben. 12 »Spezielle« nachträgl. zwischengeschrieben. 13 »der nach ... Kommunikationsfonds« unter Fehlzeichen am Rande zugefügt. 14 »Quoten zu dem« nachträgl. zwischengeschrieben. 15 »wenigen« nachträgl. zwischengeschrieben. 16 »die Regulierung« nachträgl. zwischengeschrieben. 17 »(friedensrichterl.)« nachträgl. zwischengeschrieben. 18 »da dieser ... wohnen muß« am Rande hinzugefügt. 19 »Schulzen« über ein unleserliches Wort geschrieben. 20 »und diesem ... behändigt« unter Fehlzeichen am Rande zugefügt. 21 »erstrer ... Hauptkasse« unter Fehlzeichen am Rande zugefügt. 22 »Obigem und aus ... sind« nachträgl. zwischengeschrieben. Es folgen detaillierte Ausführungen zu einzelnen Paragraphen des Schroetterschen Plans. Besonders ausführlich geht Vincke dabei auf die §§ 84 bis 97 ein, die sich mit der Bestimmung der richterlichen Wirksamkeit der Landräte befassen.

74. Votum des Justizministeriums an das Ministerium des Innern Königsberg, 21. März 1809 ZSTA Merseburg, Justizministerium, Rep. 84 a I B S Nr. 68 Bd. 1 (neu: Rep. 2.5.1. Nr. 514) Bl. 33: Konzept Diederichs, gez. Beyme. Richtlinien für »die durch die Städteordnung nötig werdenden der Justizverwaltung in den Städten«

Veränderungen

»Die anliegenden Berichte: 1) der Westpreußischen Landeskollegien vom 14. Januar c. 1 2) des Ostpreußischen Oberlandesgerichts vom 3. Februar c. 2 3) des Breslauischen Oberlandesgerichts vom i 3 . Februar c. 3 4) des Glogauischen Oberlandesgerichts vom 17. Februar c. 4 5) des Kammergerichts vom 27. Februar c. 5 und 6) des Glogauischen Oberlandesgerichts vom 10. März c. 6 sind mit den anliegenden Akten, worin sich der Bericht des Insterburgischen Oberlandesgerichts vom 2. Januar c. 7 befindet, dem Herrn Staatsminister Grafen zu Dohna Exzellenz brevi manu sub voto remissionis vorzulegen. Da nach dem Inhalte dieser Berichte beinahe in allen Provinzen über die interimistische Justizverwaltung in den Städten bis zur definitiven Organisation der Justizverfassung zwischen den Regierungen und Oberlandesgerichten bereits korrespondiert ist, so wird es der nach dem Schreiben Sr. Exzellenz v o m 26. Januar c. 8 gewünschten Anweisung an die Oberlandesgerichte nicht mehr bedürfen; vielmehr hält das Justizministerium dafür, daß schon jetzt allgemeine

200

21. März 1809

Grundsätze über diesen Gegenstand den Provinzialcollegiis zur Richtschnur vorgeschrieben werden können. Sie würden nach Anleitung desjenigen, was in den verschiedenen Berichten zur Sprache gebracht ist, in folgendem bestehen: 1. Bis zur definitiven Organisation der Justizverwaltung in den Städten wird die Justiz auch nach Einführung der neuen Städteordnung 9 von dem bisherigen Personale verwaltet, und zwar unter dem Namen des Gerichts der Stadt N. N. 2. Das bisherige Wahlrecht des Magistrats in Rücksicht der städtischen Justizoffizianten hört auf. Erledigte Stellen werden auf den Vorschlag des Provinzialjustizcollegii von dem Großkanzler besetzt. 3. Alle zum Justizressort gehörigen Geschäfte gehen in die Verwaltung der städtischen Justizbehörde über. Also auch a) die Justiz in den Kämmereidörfern und Kolonien, wenn sie bisher von dem Magistrate verwaltet worden ist; b) das Vormundschafts-, Hypotheken-, Deposital- und Sportelkassenwesen, wenn dabei bisher eine Konkurrenz des Magistrats stattgefunden hat. Der Magistrat ist jedoch verpflichtet, der Justizbehörde qualifizierte Subjekte zu dem Amte eines Depositalkandidaten, zweier Kassenkuratoren, den Taxatoren bei Abschätzungen von Grundstücken und zu Gerichtsbeisitzern, wo dieselben erfordert werden, aus der Bürgerschaft vorzuschlagen, welche diese Ämter zu übernehmen schuldig sind. 4. An Orten, wo das Vormundschaftswesen bisher von einem besondern mit dem Magistrat verbunden gewesenen Waisenamte verwaltet ist, geht die Direktion von jetzt an auf den Direktor des Stadtgerichts oder den JustizBurgermeister über. Die Mitglieder des Waisenamts sind verbunden, ihre Geschäfte vorläufig und so lange fortzusetzen, bis deshalb in jeder Stadt unter Genehmigung der vorgesetzten Behörden eine veränderte Einrichtung getroffen wird. 5. Wenn an einem oder dem andern Orte besondre Behörden zur Bearbeitung des Hypothekenwesens existiert haben, so wird es damit ebenso gehalten. 6. Die bisherigen städtischen Justizoffizianten behalten ihr ganzes Gehalt aus den Kämmereien, auch wenn sie bis jetzt zugleich bei dem Polizeimagistrate mitgearbeitet haben. Ebenso setzen die bloß interimistisch angestellten Justizoffizianten die Verwaltung ihres Amts mit Beibehaltung der bisherigen Einnahme fort. 7. In den größern Städten, wo besondre Stadtgerichte sind, die einen fixierten Zuschuß aus den Kämmereien erhalten, bleibt dieser Zuschuß unverändert. W o bisher gemeinschaftliche Sportelkassen für den Magistrat und das Stadtgericht gewesen sind, werden die Gehalte der Magistratsmitglieder abgesetzt, und der künftige Zuschuß der Kämmerei wird auf dem Besoldungsetat der Mitglieder des Stadtgerichts und den übrigen Bedürfnissen desselben vergütet, dergestalt, daß dasjenige Quantum, was durch die Justizsporteln nach einem sechsjährigen Durchschnitte nicht gedeckt wird, aus der Kämmerei gezahlt oder von der Kommune aufgebracht werden muß. Die Regulierung dieses Zuschusses erfolgt in jeder Stadt durch die Provinziallandescollegia unter Genehmigung der vorgesetzten Behörden. 8. In kleinen Städten, wo der Justiz-Burgermeister zugleich Stadtschreiber

21. März 1809

201

gewesen ist, werden seine Emolumente als Stadtschreiber nach einem sechsjährigen Durchschnitte in ein Fixum verwandelt, welches ihm mit seinem bisherigen Gehalte aus der Kämmerei gezahlt werden muß. c[on]f[er] Schreiben der litauischen Kammer vom 1 3 . Dezember pr. Beilage 1 0 des Berichts des Insterburgischen Oberlandesgerichts. 9. Da wo Justiz- und Magistratssporteln bisher gemeinschaftlich verrechnet und verteilt sind, hört dieses auf. Die Justizbedienten erhalten die Justizsporteln allein, jedoch mit Vorbehalt der Verwandlung derselben in ein Fixum. 10. Die Justiz wird der Regel nach in dem bisherigen Lokale verwaltet, und es muß zwischen dem Magistrat und den Justizbedienten eine Vereinigung getroffen werden, an welchen Tagen das Lokale von dem einen oder dem andern gebraucht werden soll. Kann das bisherige Lokale der Justiz nicht ferner eingeräumt werden, so muß der Magistrat für ein anderes Lokale sorgen. Das Justizministerium erbittet sich über die aufgestellten Punkte das erleuchtete Sentiment eines hochlöblichen Ministerii des Innern und erbietet sich zu einer Konferenz, in der dieser Gegenstand weiter erwogen werden kann. 11 « 1

Bericht der Westpreußischen Regierung und Kriegs- und Domänenkammer, Marienwerder, 14. Januar 1809 (Ausf., gez. 8 Unterschriften, i. gl. Fasz. Bl. 1 1 ) , mit eingereichtem Konferenzprotokoll, Marienwerder, 30. Dezember 1808 (gez. Würtz, Oelrichs, Sietze, Rothe, Abschrift i. gl. Fasz. Bl.12). 2 Bericht der Ostpreußischen Regierung, Königsberg, 3. Februar 1809 (Ausf., gez. 1 3 Unterschriften, u. a. Morgenbesser, Gossow, i. gl. Fasz. Bl. 16, mit Anlagen). 3 Bericht der Breslauschen Oberamtsregierung, Breslau, 3. Februar 1809 (Ausf., gez. 16 Unterschriften, u. a. Danckelman, Kospoth, Dannenberg, i. gl. Fasz. Bl. 22, mit einer Vorstellung des Stadt- und Justizdirektors Grofe vom 30. J a nuar 1809 (Abschrift Bl. 23). 4 Bericht der Glogauschen Oberamtsregierung, Glogau, 17. Februar 1809 (Ausf., gez. 8 Unterschriften, u. a. Jagwitz, v. Ledebur, v. Herford, i. gl. Fasz. Bl. 24). 5 Bericht des Kammergerichts, Berlin, 27. Februar 1809 (Ausf., gez. 8 Unterschriften, u. a. Kircheisen, i. gl. Fasz. Bl. 25, mit Anlagen). 6 Bericht des Glogauschen Oberlandesgerichts, Glogau, 10. März 1809 (Ausf., gez. 8 Unterschriften, u. a. Jagwitz, v. Ledebur, Friedel, i. gl. Fasz. Bl. 28) mit Schreiben der Glogauschen Regierung an das Glogausche Oberlandesgericht, Glogau, 7. März 1809 (gez. Kieckhoefer, Fabricius, Sack, Abschrift Bl. 29). 7 Bericht des Ostpreußischen Hofgerichts, Insterburg, 2. Januar 1809 (Ausf., gez. 7 Unterschriften, i. gl. Fasz. Bl. 2, mit Anlagen). 8 Minister des Innern Graf zu Dohna an den Großkanzler Beyme und an Kanzler v. Schroetter, Königsberg, 26. Januar 1809 (Ausf., gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 8). 9 Siehe R M Stein I I I , Nr. 319, S. 1038 ff. 10 Schreiben der Litauischen Kriegs- und Domänenkammer, Gumbinnen, 1 3 . Dezember 1808 (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 4). 11 Die vom Justizministerium vorgeschlagenen Richtlinien werden in der am 16. April stattfindenden Konferenz zwischen Altenstein, Dohna und Beyme unter Berücksichtigung des Votums des Ministeriums des Innern vom 12. April (Ausf., gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 41) mit einigen Modifikationen genehmigt. Die nach

202

21. März 1809

dem Conclusum des Justizministeriums, Königsberg, 16. April 1809 (Konzept Diederichs, gez. Beyme, Bl. 42) entworfenen Verfügungen gehen unter gleichem Datum an sämtliche Oberlandesgerichte und Regierungen (Konzept Diederichs, gez. Dohna, Beyme, i. gl. Fasz. Bl. 45, Abschrift Bl. 52).

75. Immediatbericht des Ministers Graf zu Dohna und des Großkanzlers Beyme Königsberg, 21. März 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 2.2.1. Nr. 30614 Bl. 116 (alt: Rep. 89 A Tit. 22 Nr. 6 Bd. 2): Ausf., gez. Dohna, Beyme.

Einreichung eines auf Grund verschiedener Gutachten ausgearbeiteten Entwurfs zur Zusammenziehung der bäuerlichen Grundstücke in Schlesien »Die von E. K. M. unterm 14. Februar v. J. allergnädigst vollzogene Verordnung: wegen Zusammenziehung bäuerlicher Grundstücke oder Verwandlung derselben in Vorwerksland für die Provinzen Ostpreußen, Litauen und Westpreußen 1 ist dem Inhalte des Edikts vom 9. Oktober 1807 gemäß 2 unterm 27. Februar v. J. dem Geheimen Staatsrat v. Massow als damaligem Generalzivilkommissario in Schlesien mitgeteilt worden, um durch die dortigen Regierungen eine ähnliche, den örtlichen Verhältnissen angemessene Verordnung für Schlesien entwerfen zu lassen. Hierauf haben die Regierungen zu Breslau und Glogau Entwürfe zu einer solchen Verordnung ausgearbeitet und mit ausführlichen erläuternden Gutachten begleitet. Da beide Arbeiten wesentlich verschiedene Ansichten enthielten, so hat der Regierungspräsident v. Bismarck in einem sehr vollständigen Gutachten beide verglichen und auf den Grund derselben und seiner Bemerkungen ein drittes Projekt entworfen. Alle diese Vorarbeiten sind hier einer sorgfältigen Prüfung und auch der der Abteilung für allgemeine Gesetzgebung unterworfen worden, deren Resultat wir nunmehr in dem anliegenden Entwürfe E. K . M. zur allergnädigsten Vollziehung alleruntertänigst vorlegen. 3 Es ist dabei von der Ansicht ausgegangen, die von E. K . M. unterm 14. Februar v. J. sanktionierten Grundsätze auch für Schlesien so weit geltend zu machen, als es die Verschiedenheit der Verfassung und des Kulturzustandes der Provinz nur immer gestattet, um auch hier die so unentbehrliche Einheit der Regierungsprinzipien mit dem mannigfaltigen Provinzialinteresse zu vereinigen. Wenn übrigens in der erwähnten Verordnung den Gutsbesitzern nur die Befugnis eingeräumt worden ist, die Hälfte von Bauerländereien in Vorwerksland zu verwandeln, so hat diese Einschränkung zur Erhaltung des Bauerstandes zwar als Regel müssen aufgestellt werden, doch werden Fälle eintreten, wo es

25. März 1809

203

der Kultur vorteilhaft und dem beiderseitigen Interesse der Herrschaft und des Bauerstandes zuträglich sein wird, einzelne Ausnahmen zu gestatten. E. K. M. bitten wir daher alleruntertänigst, es huldreichst zu erlauben, daß wir in solchen Fällen, wo es der gemeinsame Vorteil erfordern möchte, Ausnahmen gestatten dürfen.« 1

2 3

Konzept Schön i. gl. Fasz. Bl. 32; siehe Bearbeitung in R M Stein I, Nr. 116, s! 369 ff. Bearbeitung des Oktoberedikts siehe R M Stein I, Nr. 7, S. 11 ff. Die Verordnung wird am 27. März 1809 vom König vollzogen (siehe Nr. 81) und mit K. O. vom 28. März 1809 an Dohna und Beyme zur weiteren Veranlassung übersandt (Konzept, gez. Klewitz, Bl. 117).

76. »Promemoria« des Präsidenten vonVincke, »betreffend die Gemeindeverfassung auf dem Lande«

Königsberg, 25. März 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 108: Vincke eigh.

»Der von dem Herrn Minister v. Schroetter dargelegte Plan zur Organisation der Ortsbehörden auf dem platten Lande1 ist meines Erachtens zu beschränkt, unbestimmt 2 und unvollständig, er gehe auch von unrichtigen Gesichtspunkten aus. Meines Erachtens würde § 1 es erst näherer Angabe bedürfen, was unter Ortspolizei zu begreifen: soll aber von KowwMwa/verwaltung hier die Rede sein, so gehört gar nichts von Polizei hierher, dieses bloß in die Polizeiordnung, daher auch §§10 bis 14,17 ganz dahin zu verweisen sind (obwohl auch die Städteordnung die Distinktion zwischen Polizei- und Kommunalgegenständen nicht in der zu wünschenden Schärfe abgeschieden hat). Ad § 6, 9, 15, 16, 18, 19 ist nichts zu erinnern — § 2 an sich gut, stehet mit § 21 und dieser mit dem Fundamente jeder zweckmäßigen Kommunaleinrichtung im Widerspruch — § 3, 7, 20, 25 beruhen auf näherer Bestimmung der Polizeiordnung, gehören aber zum Teil 3 zunächst hierher — § 5, 23 die Anzahl der Geschwornen (Vorsteher) muß mit der Größe der Gemeinden in Verhältnis stehen — § 23 ist nicht bestimmt, wie die Gemeindeglieder konkurrieren sollen. § 8 der Gutsherrschaft, welche zumal § 21 ganz von der Kommune ausgeschlossen wird, den Vorschlag der Schulzen einzuräumen, würde wider die ersten Grundsätze anlaufen: sie konkurriert zur Wahl gleich andern Eingesessenen, wo sie mehr oder ebensoviel Grundbesitz hat, würde derselben jedoch ein Protestationsrecht zur definitiven 4 Entscheidung des Landrats (Kreisdeputierten) einzuräumen sein wegen ihres überwiegenden Interesses bei guter Wahl — § 25 versteht sich von selbst, ist also überflüssig —

204

25. März 1809

Sicher dürfte im ganzen von diesem Plane nur äußerst beschränkter Gebrauch zu machen sein: zweckmäßiger dürfte es meines Erachtens sein, die Dorf Ordnung der schon vorhandenen Städteordnung möglichst zu analogisieren, was aus dieser auf das Land anwendbar ist, geradezu zu übernehmen, was in die Polizeiordnung gehört —soweit es nun einmal in die Städteordnung mit aufgenommen ist — in die Dorfordnung zu verweben, übrigens aber die äußerst abweichenden Gewerbsund Kulturverhältnisse der ländlichen Gemeinden gehörig zu berücksichtigen. 5 Als anwendbar zu übernehmen für die Dorfordnung scheint mir aus der Städteordnung Tit. I, II excl. § 3, 7, Tit. III excl. 35, IV, V ; alles mutatis mutandis, durchweg aber im wesentlichen unverändert, nur einfacher und kürzer und mit steter Abänderung in den Worten: von Stadtrecht in v Dorf recht Gemeinde recht (ich würde Bauer recht Bürgerrecht wählen, um unnötigen Anstoß zu meiden) Stadtgemeinde Dorfsgemeinde Magistrat Schulzenamt Stadtverordnete Vorsteher Bürger Gemeindeglieder Schutzverwandte Einlieger Schützengilde Landwehr und einigen andern Abweichungen in der Sache, auf welche ich späterhin zurückkommen werde. Dagegen sind Tit. V I und folgende der Dorfordnung 6 meines Erachtens im ganzen nicht anwendbar, nur einzelne Absätze für die Dorfsordnung zu gebrauchen : bei den viel einfachem und gleichförmigem Verhältnissen des platten Landes, dem geringem Umfange und den wenigem Bedürfnissen der ländlichen Gemeinden 7 ist eine größere Einfachheit der ganzen Einrichtung möglich, und sie ist notwendig, weil es äußerst schwierig sein würde, hinlänglich geschickte Personen zur Ausführung verwickelter Einrichtungen — mit Ausnahme eines Teiles von Schlesien und der Niederungen — ausfündig zu machen. Diese Erwägung dürfte dahin führen, auf den Dörfern zwar das Schulzenamt an die Stellen der städtischen Magisträte zu setzen, dagegen an die Stelle der Stadtverordneten die sämtlichen stimmfähigen Dorfseingesessenen treten zu lassen. Der Dorfgemeindenbegriff dürfte am zweckmäßigsten nach Feuerstellen und als Minimum 75, wenigstens 50 zu bestimmen sein: der Umfang erstreckte sich auf sämtliche- in deren Grenzen belegene Grundstücke und ansässige Personen 8 , denn es liegt in der Sache, daß gemeine Sachen allen ohne Ausnahme gemein sein müssen, status in statu hier gerade am allernachteiligsten sein würden: ein Unterschied zwischen großen und kleinen Dörfern scheint auch hier angemessen (ad analog. § 9 , 1 0 Städteordnung), erstere zu 100 Feuerstellen und darüber, letztere von 50 bis 100 Feuerstellen sowie die Bestimmung, daß je 25 einen Dorfsbezirk ausmachen (wo die Lokalität eine andre Absonderung nicht besser macht, für alle abgesonderten kleinen Dörfer von 10 bis 25 Feuerstellen) und jeder Bezirk einen Vorsteher (Geschworne, Bauermeister, Achtsmann, oder wie sie localiter sonst heißen mögen) 9 haben soll. Soviel Bezirke also, soviel Vorsteher und über alle einer Gemeinde ein Schulze als Vorstand des aus demselben und den Vorstehern zusammengesetzten Schulzenamts (lieber als Schulzen-

25. März 1809

205

gericht, weil der letztre Ausdruck zu Mißdeutung führt). Verrichtungen des Schulzen als Polizeibehörde gehören nicht hierher, es würde indessen so viel davon in die Dorfordnung übertragen, als die Städteordnung nun einmal den Magisträten als solchen bestimmt (§ 165 und folgende), nur mit dem Unterschiede, daß a) die Dorfschulzen die einzige Polizeibehörde ungeteilt darstellen, da sich deren Wirksamkeit bloß auf Ausführung beschränkt, wozu sie die Vorsteher, aber auch jeden andern Einwohner tätig machen können, dagegen dafür auch allein verantwortlich sein müssen; in Krankheit und Abwesenheit nur vertritt sie der älteste Vorsteher oder der dazu von ihm designiert worden ist ; was dem Schulzen als ausführende Polizeigewalt zunächst obliegt, als Aufsicht auf alle Dorfspolizeianstalten, Verhütung von Verbrechen, Ergreifung der Verbrecher, Visitation der Herbergen und Schenken, Gegenwart beim Verkauf von Pfandstücken etc., bestimmt die Polizeiordnung; — eigne Entscheidung, wenn sie ihm beigelegt werden sollte, in ganz kleinen Sachen, Garten- und Felddiebe, wenn unter 2 rt. Feldschäden, Zauneingriffe pp. dürfte nur unter Zuziehung der Vorsteher stattfinden —10 b) daß die Dorfschulzen ihr A m t unentgeltlich verwalten (167 Städteordnung), doch nur auf 6 Jahre und gegen die im Aufsatze v. 4. Juni 1 1 bezeichneten, nach dem Geiste der Einwohner in jeder Provinz näher zu bestimmenden, möglichst zu vermehrenden 1 2 Begünstigungen. Freiheit von Einquartierung und Kommunalpflichten, welche in Natura geleistet werden müssen, würde ich noch hinzufügen, denn es entstehen Ubelstände 1 3 , die unangenehmsten Kollisionen und Städtebeschwerden daraus, wenn derjenige, welcher dergleichen verteilt, darüber Kontrolle und Aufsicht führt, sich selbst etwas zuteilen und eine Kontrolle von andern dabei ausstellen 1 4 soll, und es ist billig, daß derjenige bei solchen Gelegenheiten verschont wird, dessen überall mühevolles undankbares Amt dann vornehmlich im äußersten Grade verleidet wird; man wird auch ohnedies keine willigen tüchtigen Leute dazu finden. — Die Geschäfte der Schulzen dürften sich meines Erachtens vornehmlich auf ihre polizeiliche Qualität beschränken, in Ansehung der Gemeindesachen dirigierten und kontrollierten sie lediglich die Vorsteher, dem solche zunächst übertragen würden, dem einen als Rechnungsführer des Gemeindesäckels (wo dieser Schreibens unerfahren, unter Assistenz des Dorfschullehrers), dem andern als Aufseher über Gemeindenutzungen, Dorfstraße, Dorfwege und als Vorstehende der besondern Deputationen von Gemeindegliedern für Kirche Schule, Armen, Feuergeräte, Brunnen etc. Die allgemeinen Eigenschaften der Vorsteher sind § 163, 164, 182 Städteordnung richtig bezeichnet — über die Deputationen] vid. § 175 und 177, 179, 180, 181. Die Hauptsache indessen sind die Eingesessenen selbst, ihre tätige Teilnahme, im allgemeinen zur Feststellung und Kontrolle der Verwaltungsregeln (183, 184), im speziellen durch eigne Verrichtung bestimmter Geschäfte in den eben genannten Deputationen — (185). In der Städteordnung sind die Bürger bloß auf die Wahl der Stadtverordneten beschränkt, von anderer Teilnahme ausgeschlossen; ob diese sowie Anzahl und Wirksamkeit der Bezirks Vorsteher 15 nicht künftig zweckmäßig auszudehnen, dagegen das zahlreiche in großen Städten 1 6 schwer deliberationsfähige Corpus der Stadtverordneten zu beschränken, wird Erfahrung lehren; in den Dörfern ist die Zwischeninstanz von Dorfverordneten 1 7 schon deshalb unmöglich, weil

206

25. März 1809

die kleinern Gemeinden nicht hinlängliche Anzahl geeigneter Personen geben würden und hier eine allgemeine Konkurrenz aller verständigen Leute mehr wirken wird, Gemeindesinn zu erzeugen, der noch gar nicht existiert, weil das bisherige lockere Band der ländlichen Korporationen ihn völlig ausschloß, hier auch in jeder Beziehung ein einfacheres System notwendig ist. Es ist hier zuvörderst zu bestimmen: welche Gemeindeglieder sollen stimmfähig sein? Die besondern bäuerlichen Verhältnisse in jeder Provinz müssen für solches den Maßstab geben, im allgemeinen dürfte jeder Eigentümer und Zeitpächter von 20 Morgen Magdeburgisch oder, wer 12 rt. jährlich Kontribution (Grundsteuer) zahlt (in Preußen 6 rt.) 18 , für stimmfähig zu erklären sein; diese treten jährlich zusammen, um für Schulzen, Vorsteher, welche ihre Jahre vollendet, andere zu wählen oder die frühern zu bestätigen und diejenigen andern Mitglieder zu bestimmen, welche die vorbemerkten Deputationen konstituieren sollen. Diese geben in der jährlichen Versammlung Rechenschaft, was sie getan oder welche Hindernisse sie gefunden, zugleich wird die Gemeinderechnung dem auf mindestens 10 Jahre stets erwählten Rechnungsführer (Sammler, Rezeptor) 19 abgenommen, nachdem sie 14 Tage vorher zu eines jeden Einsicht offen gelegen hat, in der Schule oder beim Schulzen. In dieser jährlichen Versammlung präsidiert der Landrat, unter seiner Konkurrenz und Genehmigung wird der Etat der Gemeindeausgaben festgestellet und, wo sich kein Fonds dazu im Gemeindevermögen findet, solcher auf alle liegenden Gründe ausgeschlagen. Wenn kein Kataster vorhanden ist, so wird dieses Geschäft die erstem Male allerdings etwas schwierig sein, allein nicht unmöglich und der künftigen allgemeinen Katastrierung dadurch vorgearbeitet. Es ist billig, daß auch diejenigen Einwohner, welche keinen Grundbesitz eigentümlich oder als Pächter unter [sich] haben, einen Beitrag zu den Gemeindelasten entrichten, dieser wird bei der jährlichen Rechnungslegung ebenfalls bestimmt und die Rolle der Gemeindeglieder und Einlieger sowie der Hebezettel jedesmal revidiert. Sehr zweckmäßig ist es, die Beiträge zu Gemeindebedürfnissen, die Beiträge zu den Kreislasten und die Grundsteuerabgaben 20 an den Staat miteinander zu verknüpfen, für alle nur eine Kasse und nur einen Erheber zu bestimmen. Die letztern geben die Grundlage, es wird ein Hundertzettel formiert, wieviel jeder Eingesessene dazu beiträgt, wenn 50 oder 100 rt. zu öffentlichem Bedarf aufgebracht werden müssen, dieser dann hinzugefügt und nach gleichem Verhältnis verteilt, was zu Kreislasten und zu Gemeindebedarf in jedem Jahre 2 1 erfordert wird; sind Gemeindefonds vorhanden, so wird deren Ertrag sowie die Beiträge von den nicht begüterten Beisassen bei dem allgemeinen Ausschlage berücksichtigt. Über alles wird nur eine Rechnung geführt, die Abführung der Gemeindequote 22 zu öffentlichen und Kreislasten darin ebensowohl als die Verwendung zu Gemeindebedürfnissen nachgewiesen, der Landrat hat dadurch die Ubersicht des Ganzen, es werden drei besondre Rechnungen vermieden und auch die öffentlichen Abgaben richtiger eingehen, wenn an solchen die Kommunalabgaben haften, bei deren richtigem Eingang jeder Einwohner interessiert ist; dem Gemeinderezeptor wird Exekutionsgewalt eingeräumt, dann allen Resten vorgebeugt, weil dieser, stets gegenwärtig, ganz anders gescheuet wird als ein entfernter Kreisrezeptor, den man eher mit Vorspiegelungen hintergehen kann; ein Exemplar der Rechnung erhält der Landrat, eins wird aufbewahrt, ein drittes 23

25. März 1809

207

gehet zur bestimmten Zeit bei der Quartalversammlung ein und kontrolliert des Kreiseinnehmers Rechnung; in Ansehung des Remissionswesens (wenn dies nicht ebensogut ganz zessiert, und dieses vielleicht das beste) 24 stehen alle Gemeinden eines jeden Kreises in einer Sozietät, der Landrat konstatiert die Wirklichkeit des Remissionsfalles, die Quartalversammlung das Maß der Vergütung und den dazu nach dem Kreishundertzettel von jeder Gemeinde zu leistenden Beitrag. Doch dieses gehört zur Kreiskommunalverwaltung25, da diese aber einmal berührt, so bemerke ich, daß solche sich sehr einfach darstellen dürfte, unter Leitung der Quartal- oder Kreisversammlungen zur Beschaff ung der den ganzen Kreis betreffenden Bedürfnisse und deren Ausschlag auf die städtischen und ländlichen 26 Gemeinden nach dem auf die öffentliche Abgabensumme einer jeden gegründeten Kreishundertzettel unter notwendiger Berücksichtigung, daß die Akzise großenteils vom Lande mit bezahlt wird, daher nur auf einen zu bestimmenden Teil den städtischen Beiträgen zur Kreiskasse zum Maßstabe dienen kann. Die Kreiskasse vereinnahmt alle Grundsteuern und die Kreislastenbeiträge der Gemeinden von den Gemeinderezeptoren, sie stellet solche in einer Rechnung in Einnahme und Ausgabe, von welcher der Provinzialregierung ein Exemplar eingereicht wird, und die Quartal (Kreis)versammlung überzeugt sich auch hier mit einem Blick, wieweit das eine und andre berichtigt ist. Bleibt ein Rezeptor in Rückstand, so hält sich der Kreiseinnehmer27 an den Bezirkslandrat, und dieser kann dem erstem Exekution zulegen, dem bei eigner exekutiven Gewalt alle Vorwände benommen sind. Der Kreiseinnehmer zahlt die Kreisesquoten von öffentlichen Abgaben 28 direkt zur Hauptregierungskasse sowie die Domänengefälle, deren Erhebung 29 ihm übertragen werden, welche aber auf allen Stationen separate Berechnung erfordern, weil nur ein Teil der Grundsteuerpflichtigen zu Domänengefällen verpflichtet ist, welches jedoch ihre Aufnahme unter besondern Titeln in die eine Rechnung nicht hindert: den Beitragsbetrag zu allgemeinen Provinzialkommunallasten aber, z. B. Feuersozietätsbeiträge, Landarmenhausbeiträge etc.30, zahlet der Kreiseinnehmer an die von den Provinzialständen 31 ressortierenden Kassen und führt solche unter besondern Titeln durch seine Rechnung, welche auch zur Abnahme der Oberrechenkammer, nicht aber die Gemeinderechnungen, mit den Approbatoriis und Revisionsprotokollen der Kreisversammlung durch die Regierung abgehet. Die Hauptsache bleibt indessen immer und das Fundament des Ganzen die zweckmäßige Anordnung des Kommunalwesens und, wenn es irgend möglich, die Begründung desselben auf die Grundsteuer oder doch auf Grundbesitz. Die dazu dargelegten Vorschläge, welche ich früher in einem jetzt hier beigefügten, neuerlich hier, wo er tot gelegen, wieder aufgefundenen Aufsatze S. 4 folgende ausführlicher entwickelt, sind nicht bloße Ideen, sondern bestehen wirklich seit Jahrhunderten mit augenfälligem Nutzen in einem großen Teile von Altwestfalen, und die Marginalbemerkung des Herrn St[aats]m[inisters] v. Stein, dem diese Verfassung genau bekannt war (S. 6 des Aufsatzes) bestätigt die Vorteile, welche solche gewähren muß. Es wird zwar in den drei preußischen Regierungsdepartements32, wo meines Wissens die bäuerliche Klasse noch nicht einmal so weit gediehen, daß sie ihre Grundabgaben 33 an den Staat direkt, sondern vermischt mit der Pacht und großenteils in Naturaldiensten dem Gutsherrn

208

25. März 1809

zahlt, sehr viel schwieriger sein: aber doch nicht unmöglich, wenn nur der Land (Grundbesitz)fuß dem SteueriuQ substituiert wird. Die Domänenba.uem werden künftig schon direkt ihre Steuer zahlen, eben dieses würde in Ansehung der übrigen möglichst zu befördern sein; es wird auch bei Einziehung von Bauerhöfen unstreitig geschehen, da hierbei die bleibenden ein reines Verhältnis erhalten, es sollte aber in aller Art dahin gewirkt werden und wird um so dringender, da die bisherige Befreiung der Gutsherrn und ihrer Bauern von Vorspann, Naturallieferung pp. ein Ende haben. Aus der Städteordnung würden übrigens noch für die Dorfordnung nach diesen Voraussetzungen mehrere einzelne Stücke zu benutzen sein mutat. mutd., und mehrere sind oben bereits angezogen worden. —« 1

Vom 24. November 1808, i. gl. Fasz. Bl. 89; siehe R M Stein I I I , Nr. 324, S. lojjii. »unbestimmt« nachträgl. dazwischengeschrieben. 3 »aber zum Teil« nachträgl. dazwischengeschrieben. 4 »definitiven« nachträgl. dazwischengeschrieben. 5 Neben diesem Absatz Bleistiftmarginale Dohnas: »Die Verhältnisse des platten Landes sind so ganz anders und zum Teil den städtischen Verhältnissen entgegengesetzt und erfordern mehr K r a f t und Einheit in der Organisation«. 6 Muß Städteordnung heißen. 7 »dem geringem ... Gemeinden« am Rande zugefügt. 8 »und ansässige Personen« am Rande zugefügt. 9 Das Eingeklammerte am Rande zugefügt. 10 »als ausführende Polizeigewalt... stattfinden« am Rande zugefügt. 11 Denkschrift des Kammerpräsidenten von Vincke: »Über die Organisation der Unterbehörden zunächst für die Polizeiverwaltung«, Ausf., gez. Vincke, i. gl. Fasz. Bl. 62, siehe R M Stein II, Nr. 179, S. 585 ff. 12 »möglichst zu vermehrenden« nachträgl. zugeschrieben. 13 »Übelstände« nachträgl. zugeschrieben. 14 »und eine Kontrolle ... ausstellen« am Rande zugefügt. 15 »sowie Anzahl... Bezirksvorsteher« am Rande zugefügt. 16 »zahlreiche in großen Städten« ist eingefügt. 17 Verbessert statt ursprünglich: »in Dörfern sind Dorfverordnete«. 18 »(in Preußen 6 rt.)« am Rande zugefügt. 19 »dem auf ... Rezeptor« am Rande zugefügt. 20 »Grundsteuer« zwischengeschrieben. 21 »in jedem Jahre« zwischengeschrieben. 22 »Abführung der« zwischengeschrieben. 23 »erhält ... ein drittes« am Rande zugefügt. 24 Das Eingeklammerte ist am Rande hinzugefügt. 25 »-Verwaltung« verbessert statt ursprüngl.: »-Verfassung«. 26 »städtischen und ländlichen« nachträgl. zwischengeschrieben. 27 »der Kreiseinnehmer« dazwischengeschrieben statt ursprünglich: »so hält er sich«. 28 »Abgaben« statt ursprüngl. »Lasten« darübergeschrieben. 29 »Erhebung« statt ursprüngl. »Berechnung« darübergeschrieben. 30 »z. B. Feuersozietätsbeiträge ... etc.« am Rande zugefügt. 31 »Provinzial« zugefügt. 32 »den drei« zugefügt. 33 »Grund—« nachträgl. zwischengeschrieben. 2

25. März 1809

209

77. »Gutachten 1 über die von der westpreußischen Regierung vorgeschlagene Abstellung der kirchlichen Publikationen von Gesetzen und Verordnungen« Königsberg, 25. März 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 48: Konzept Rehdiger, gez. Rehdiger.

»In dem Schreiben der Regierung an das Oberlandgericht zu Marienwerder vom 18. Juni v. J. 2 werden die bisher in den Kirchen oder an den Kirchtüren stattgefundenen Publikationen, auf deren Abschaffung man anträgt, in drei Klassen eingeteilt, nämlich i m o in Publikationen gewisser Landesherrlicher Edikte, welche, indem sie jedermann im Staate und namentlich den großen Haufen konzernieren, der allgemeinsten und eindringlichsten Kundmachung bedürfen ; 2 d0 in Publikationen von mancherlei größtenteils polizeilichen Verordnungen, 3 ti0 in Privatbekanntmachungen von Auktionen, verlorengegangenen Sachen usw. Was die letztern betrifft (ad 3), so müssen die weiter nicht zu bestimmenden Mittel und Wege, dergleichen Privatsachen zur Kenntnis des Publikums zu bringen, durchaus der Willkür derjenigen, die etwas bekanntmachen wollen, überlassen bleiben. Soll dies indessen auf einem andern publiken Wege als durch die öffentlichen unter Zensur stehenden Blätter geschehn, so ist davon jedesmal der Ortspolizei vorher Anzeige zu machen, welche die Verpflichtung hat, jedes Bekanntmachungsmittel zu inhibieren, das mit der öffentlichen Ruhe nicht verträglich sein oder sonst nachteilig oder anstößig wirken könnte. Aus diesem Grunde wären Privatbekanntmachungen in oder an den Kirchen als offenbare Gottesdienststörungen wohl nie zu gestatten. Ebenso würde — vorzüglich in enggebauten und volkreichen Städten oder in unruhigen Zeiten — das vorgeschlagene Ausdrommeln wohl nicht zuzulassen sein, weil es Zusammenläufe veranlaßt, die Straßen obstruiert und durch Neugier die Menschen von ihrer Arbeit lockt. Indessen wäre doch hierbei größtenteils alles dem Ermessen der Polizei nach der Lage der Umstände anheimzustellen, als welche ohne Not in ihrer schirmenden und fürsorgenden Selbständigkeit durch bestimmte Vorschriften nicht zu beengen ist. Nur mit den oben erwähnten Privatkirchenpublikationen könnte eine Ausnahme gemacht werden. Es läßt sich durchaus kein Fall gedenken, wo diese anderwärts gar nicht üblichen und mit aller gottesdienstlichen Dezenz unvereinbaren Bekanntmachungen zu entschuldigen sein könnten, und so wären sie denn ein für allemal unbedingt zu verbieten. 3 Was ferner (ad 1) die zu allgemeiner und feierlicher Kundmachung in den Kirchen verordneten Edikte sowie (ad 2) die mancherlei Verordnungen betrifft, die bisweilen kirchlich publiziert werden, so muß man unsers Erachtens in bezug auf die Frage: ob dergleichen kirchliche Publikationen sogleich abzustellen seien — zwischen Stadt und Land unterscheiden. In den Städten ist eine zweckmäßige Polizei- und Kommunalverfassung, von welcher alle Gesetzpublikation ausgehen muß, schon vorhanden, und so ist der Vorschlag der westpreußischen Regierung, alle fernere kirchliche Publikation

210

25. März 1809

aufhören zu lassen und die Magisträte damit zu beauftragen, vollkommen zu billigen. Nur gegen die Art und Weise, wie dies bei den feierlichen Ediktspublikationen (ad 1) geschehn soll (nämlich von den Magisträten an die Stadtverordneten), läßt sich manches einwenden; denn die letztern sind gerade diejenigen, von welchen sich eine Bekanntmachung mit den Gesetzen auch ohne mündliche Publikation am ersten erwarten läßt, sowie auch diejenigen, welche in Schwangerschaftsedikten und dergl. am wenigsten betroffen zu sein vermutet werden müssen. Dagegen hat der große Haufen (Dienstboten, Tagelöhner usw.) am wenigsten Lust und Liebe, Edikte zu lesen (wenn er überhaupt lesen kann) und ist präsumiert, der Einschärfung dabei am meisten zu bedürfen. Insofern nun gerade hierauf die bisherige kirchliche Publikation vorzüglich berechnet war, muß die Kundmachungsform, die sie ersetzen soll, so sein, daß sie möglichst alle und vornehmlich den rohen und leseunlustigen großen Haufen auf eine würdige Art anspricht. Dies könnte allenfalls mittelst einer Generalversammlung der Einwohner geschehn, indem man dergleichen entweder expreß zusammenberiefe oder die Gesetzpublikation an eine zu andern Zwecken stattfindende allgemeine Zusammenkunft annektierte. Nun findet aber in den Städten ein allgemeines Zusammensein der Menschen ohne Unterschied des Standes und des Geschlechts außer den Kirchen nicht statt, und es besonders bloß zum Zweck eines zu publizierenden Ediktes zu veranstalten würde mit mancherlei Inkonvenienzen, Unschicklichkeiten, Arbeitsstörungen und Weitläuftigkeiten verbunden sein. In einem dergleichen sich auf dem Rathause versammelnden Cötus möchte wohl wenig Ordnung, Ruhe und Würde herrschen, und es wäre z. B. wahrlich hart, gesitteten Frauen zuzumuten, sich zur Anhörung des Schwangerschaftsediktes in solch einen Haufen zu mischen. So möchte es wohl geratner sein, zu allen mehr vereinzelt zu sprechen und demnach die Kundmachung und Einschärfung der erwähnten Edikte den Haus- und Familienvätern auf eine offizielle Art nach gewissen Vorschriften zu übertragen. Einige unmaßgebliche Vorschläge zu solchen häuslichen Gesetzespublikationen in den Städten befinden sich hier am Schlüsse. — Was dagegen die westpreußische Regierung wegen der bisher in den Kirchen publizierten polizeilichen Verordnungen u. dergl. (ad 2) vorschlägt — wie dieselben auf einem andern Wege zur Wissenschaft des Publikums zu bringen seien, nämlich dadurch, daß jedem Stadtverordneten ein Exemplar der Verordnung zugestellt und ihm deren Asservation sowie die möglichste Verbreitung ihres Inhalts zur Pflicht gemacht werden solle, so läßt sich daran im ganzen nichts Erhebliches aussetzen. Demnach würde es unsers Erachtens — jedoch mit den hier angegebenen Modifikationen — wohl unbedenklich sein, die kirchliche Publikation von Gesetzen und Verordnungen in den Städten sogleich abzuschaffen und sie mit der vorgeschlagenen anderweitigen Bekanntmachungsart zu vertauschen. Auf dem Lande hingegen, wo die Polizei- und Kommunalverfassung noch fehlt, möchte die kirchliche Publikation wohl vorderhand noch beizubehalten sein und die weltliche erst dann an ihre Stelle treten, wenn jene Verfassung organisiert sein wird; denn wollte man mit dieser Substituierung gleich jetzt vorschreiten und nach dem Vorschlag der westpreußischen Regierung die Schulzen,

26. März 1809

211

Gerichtsgeschwornen, Schulhalter, Beamten usw. damit beauftragen, so könnte man sehr leicht eine Einrichtung treffen, die zu der künftigen Landpolizeiorganisation nicht paßte und, wenn diese Platz griffe, wieder verändert werden müßte. Ein solches Verändern wirkt aber immer höchst nachteilig, und so scheint das vorläufige Beibehalten des alten — ob es schon an sich selbst sehr verwerflich ist — zweckmäßig und gut und um so geratener zu sein, als die neue Landpolizeiund Kommunalordnung hoffentlich 4 nicht mehr lange ausbleiben wird. 5 « 1

»Gutachten« von K l e w i t z verbessert statt »Votum«.

2

Abschrift im gleichen Faszikel Bl. 46.

3

Bis hierher sieht das K o n z e p t wie von anderer Hand geschrieben aus.

4

»hoffentlich« von K l e w i t z dazwischengeschrieben.

5

Daran anschließend von K l e w i t z ' bungssektion.

Klewitz.« Darunter

H a n d : »Königsberg, 28. März 1809, Gesetzgefolgen »Unmaßgebliche

Vorschläge zu

einer

häuslichen Gesetzpublikation in den Städten«.

78. Geheimer Staatsrat von Humboldt an den Minister Graf zu Dohna Berlin, 26. März 1809 ZSTA

Merseburg,

Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 10 Bd. 1

Bl. 1 1 : Abschrift.

Vorschläge für die verbesserte Einrichtung blattes

der Beilage des Berliner

Intelligenz-

»Ew. Exz. haben in dem geehrten Schreiben vom 22. Februar mir aufgetragen, Vorschläge einzureichen, auf welche Art dem Berliner Intelligenzblatt und besonders der demselben seit dem Jahr 1802 beigefügten außerordentlichen Beilage mehrere Gemeinnützigkeit gegeben werden könne. So gewiß es auch ist, daß auf keinem frühern und unfehlbareren Wege gemeinnützige Kenntnisse und Wahrheiten unter das Volk ausgebreitet werden können als gerade durch eine solche einem ohnehin schon dasselbe in mannigfaltiger Rücksicht interessierenden Blatte unentgeltlich zugegebene Beilage, so sind doch gegenwärtig die darauf zu wendenden Kosten gegen den jetzigen beschränkten Ertrag des Intelligenzwesens zu groß, als daß an eine Fortsetzung derselben in der Art wie bisher gedacht werden darf, zumal da ein bedeutender Ausfall der Einnahme des Militär-Waisenhauses zu Potsdam, welches auf die Intelligenzkasse mit angewiesen ist, vermieden werden muß. Dazu scheint besonders in den letzten Jahren vor der französischen Invasion der Inhalt der Aufsätze nicht immer dem eigentlichen Zweck dieses Blattes zu entsprechen, öfters mangelten jene, es entstanden Verlegenheiten, welche eine sorgfältigere Wahl verhinderten. Indessen halte ich dafür, daß mit vorsichtiger, der Sache unschädlicher Ersparnis und bei einer veränderten Organisation der Bearbeitung der gedachten Beilage diese bald wiederum angefangen und ununterbrochen fortgesetzt werden könne. Hiezu würde ich folgende Mittel vorschlagen, 15

Stein/Hardenberg

212

26. März 1809

1. statt des bis zum Jahre 1806 ausgegebenen ganzen Bogens der besondern Beilage wöchentlich nur einen halben Bogen derselben, und zwar dem Sonnabendsintelligenzblatte beizulegen. Der nahe geschäftslosere Sonntag sichert das Durchlesen des Blattes mehr als jeder Arbeitstag, und wenn nur der halbe Bogen ganz vollgedruckt ist, so wird selbst an der Quantität der bisherigen Aufsätze auch wenig fehlen, indem diese doch kaum dreiviertel eines Bogens im Durchschnitt wöchentlich anfüllten. An Druckkosten würde mehr als die Hälfte gespart, indem man von den bisher von der Beilage besonders abgezogenen 300 Exemplaren ganz abstrahieren kann, welche mit einem besondern Titel ausgegeben werden sollten; da die Erfahrung gezeigt hat, daß von diesen kaum der zwanzigste Teil abgesetzt wurde, so daß der ganze übrige Vorrat einem Buchhändler unter sehr unvorteilhaften Bedingungen in Kommission gegeben werden mußte. 2. Da ferner die Erfahrung gezeigt hat, daß ein Redakteur nicht imstande gewesen ist, von den aufgeforderten Gelehrten die Beiträge zu dem gedachten Blatte regelmäßig und in hinreichender Anzahl zu erhalten, so ist vielleicht ratsamer, mehrere Gelehrte, wie einen Prediger, einen Arzt und einen Chemiker, durch den Chef der Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts aufzufordern und zu verpflichten, gemeinschaftlich für die Beiträge zu der. besondern Beilage des Berliner Intelligenzblattes zu sorgen. 3. Jedem dieser dreien Gelehrten würde dafür eine Remuneration von 50 rt. jährlich aus der Hauptintelligenzkasse zugesichert. Dagegen 4. ihnen zur Pflicht gemacht: dafür zu sorgen, daß die für die Beilage zu liefernden Aufsätze immer zu[r] rechten Zeit und ohne Stockung vorhanden wären, welches durch eine gegenseitige Verabredung unter ihnen leicht veranstaltet werden kann; die von jedem gelieferten Aufsätze mit der Namensunterschrift zu versehen und von den Ideen, auch Aufsätzen inländischer und auswärtiger Gelehrten, die dem Zwecke des Blattes angemessen sind, Gebrauch zu machen, damit Einseitigkeit vermieden werde, Mannigfaltigkeit und Zweckmäßigkeit immer genau verbunden bleiben. 5. Die sämtlichen Kosten der gemeinnützigen Beilage des Berliner Intelligenzblattes würdjen nach dieser Einrichtung höchstens 500 Taler jährlich betragen. Diese mäßige Summe würde freilich den Überschüssen abgehen, welche Ew. Exz. dem Potsdamschen Militär-Waisenhause angewiesen haben; jedoch dürfte, wie es scheint, dieser Ausfall nicht gegen die vielfachen Vorteile und gegen den Gewinn in Betracht kommen, der durch ein allgemeinnützliches, zweckmäßig bearbeitetes Volksblatt für die Kultur des Ganzen gemacht wird. Sollten Ew. Exz. diesen Vorschlägen zu einer neuen Einrichtung der besondern Beilage des Berliner Intelligenzblattes beistimmen, so würde ich die Einleitung treffen, daß die Beilage mit dem dritten Kalendervierteljahr auf Johannis vom 1. Julius d. J. an ausgegeben werden könnte.«

213

26./28. März 1809

79. Votum des Geheimen Staatsrats von Klewitz Königsberg, 26. März 1809 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 7 B d . 1

Bl. 39: Ausf., gez. Klewitz.

Grundsätze für die Geschäftsverteilung in den Deputationen »Die gestern erhaltenen Akten haben mich überzeugt, daß beide Geschäftsverteilungen, die der litauischen und die der ostpreußischen Regierung, einander ganz nachgebildet sind. Beide haben ein und dasselbe Verzeichnis der Gegenstände zum Grunde gelegt und diese nur nach der Individualität ihres Personals etwas anders verteilt und kombiniert. Für den ersten Versuch des neuen Geschäftsbetriebs und für sein Gedeihen mit den gegebenen Personen mag es allerdings ratsamer sein, den persönlichen Maßstab zum Verteilungsgrunde zu machen; für die Zukunft aber wird man doch darauf hinarbeiten müssen, die Verwaltungsgegenstände bei jeder Deputation mehr wissenschaftlich abzuteilen. Dies wird nicht allein mehr Ubersicht und Vollständigkeit gewähren, sondern auch für die Sache selbst in die Verwaltung mehr Einheit bringen und Widersprüche, Kollisionen, Doppelverfügungen, Schreibereien p. verhüten. Wird von den angehenden Geschäftsleuten, wie dies geschehen soll, mehr gefordert, so werden sie auch mehr leisten und eine vielseitigere Bildung mitbringen, man wird ihnen ein ganzes in sich geschlossenes Fach zur Bearbeitung anweisen können und nicht mehr so ängstlich fragen dürfen, ob sie auch diesem oder jenem einzelnen Teile des Ganzen gewachsen sein werden. [. . .]«

80. »Gutachten 1 über ein offizielles Reglerungsblatt« Königsberg, 26-/28. März 1809 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 7 B d . 1

Bl. 43: Konzept Rehdiger, gez. Rehdiger 26. März, gez. Gesetzgebungssektion K l e w i t z 28. März.

Begründung der Vorschläge der Gesetzgebungssektion für die Art der Veröffentlichung von Bekanntmachungen gesetzlichen Inhalts »Zuvörderst pflichten wir 1 ' der Meinung des Herrn Staatsministers Grafen zu Dohna E x z . darin vollkommen bei, daß das verlangte offizielle Regierungsblatt nur gesetzliche Verordnungen und Erlasse der obersten Staatsbehörden enthalten könne und die Bekanntmachungen der Provinziallandeskollegien in eignen Beilagen der Intelligenzblätter abzudrucken seien. 15*

214

26-/28. März 1809

Dies vorausgesetzt, bemerken wir, daß das erwähnte Regierungsblatt füglich nur von dreierlei Art sein könnte. Es würde nämlich entweder nur den Text der erlassenen Gesetze, Edikte usw. pure et nude enthalten oder ihn, begleitet von Belehrungen, Anempfehlungen, Ermahnungen, allgemeinen Räsonements u. dergl. liefern oder ihn in Verbindung mit einem Extrakte aus den darüber verhandelten Akten usw. mitteilen. Ein Regierungsblatt, das bloß den Text der Gesetze, Edikte usw. enthielte, scheint uns durchaus überflüssig, denn da dergleichen in allen privilegierten Zeitungen und Intelligenzblättern aufgenommen werden und in ihnen aufgenommen werden müssen, so wäre durch Etablierung eines eignen bloßen Gesetzbulletins durchaus nichts gewonnen. Ein solches Blatt würde gegen die Zeitungen und Intelligenzen immer den Nachteil haben, daß ihm der Nebenreiz politischer Neuigkeiten und interessanter Privatanzeigen abginge, und so würde es wenig Abgang finden oder, wenn man ihm wie den Intelligenzen einen gezwungenen Absatz zusichern wollte, dem Publikum nur eine neue Last werden. Trifft man übrigens die Einrichtung, daß die Edikte und Verordnungen vorgeschlagenermaßen auf eignen Beilagen mit fortlaufenden Nummern abgedruckt — und daß diese Beilagen vielleicht auch einzeln oder heft- und bandweise abgelassen werden, so findet der eigentliche Geschäftsmann schon hier alles, was er braucht, und kann des Gesetzbulletins völlig entbehren. Nützlicher wäre schon ein Gesetzblatt, das außer dem Text der Edikte usw. noch Belehrungen, Erläuterungen und Räsonements zur Aufstellung eines wichtigen Gesichtspunktes für deren Beurteilung enthielte. Ein solches Blatt kann aber nur als Privatunternehmung, die die Regierung allerdings zu begünstigen und zu befördern haben würde, von mehrerm Vorteil sein. Mit einem offiziellen Charakter bekleidet, würde es dagegen nur schädlich wirken, denn die Regierung muß sich über ihre Werke nicht zuviel aussprechen — sie muß dem schon an sich selbst verständlich sein Sollenden, dem Gesetz, nicht noch Supplemente zur Verständlichmachung selbst hinzufügen wollen, und da sie mit der Voraussetzung eines unbedingten Vertrauens in ihre Schritte immer zu verfahren hat, kann sie durch Anempfehlungen, Rechtfertigungen, mit einem Worte durch zu viele Mühe, die sie sich gibt, Vertrauen zu gewinnen, sehr leicht nur dahin kommen, es zu verscherzen. Was endlich ein offizielles Gesetzblatt mit hinzugefügtem Extrakt aus den verhandelten Akten und stattgehabten Debatten beträfe, so möchte dies wohl gerade das sein, was not täte. Ein solches Blatt wäre ein schickliches Surrogat für die dem Staate 3 noch fehlende Öffentlichkeit der Verhandlungen in den der Nation so höchst wichtigen Gesetzgebungsangelegenheiten und, indem es die Vorwürfe, die fast j edem Gesetze gemacht werden, als habe man dies nicht bedacht oder die Sache nicht aus jenem Gesichtspunkte angesehn, dokumentierend widerlegte, würde es die Schreier und Schwätzer gleichsam offiziell beschämen und verstummen machen und das alles auf eine Art, die von Seiten der Regierung keine eigentliche Rechtfertigungstendenz, als welche eben getadelt worden,

26./28. März 1809

215

verriete, sondern nur den Anschein hätte, der Publizität zu huldigen. — Zwar darf man sich auch hier einen kleinen Nachteil nicht verhehlen. Der Blick desjenigen, der ein Gesetz anwenden soll, wird allerdings unbefangner und das Subsumieren einzelner Fälle unter die Regel weit mehr selbständiges Produkt der Urteilskraft sein, wenn er nur das reine Gesetz vor sich hat und von seinen Motiven sowie von dem Gegenstoß der Meinungen nichts weiß, aus dem es hervorging. Dieser den Kommentaren schon längst gemachte und den vorgeschlagenen Aktenextrakten auch einigermaßen gelten könnende Vorwurf betrifft indessen mit Ausnahme der administrativen und finanziellen größtenteils nur die eigentliche Justizgesetzgebung. So könnte nur — ob die Sache auch gut? — Bedenklichkeit in bezug auf den Richter vorwalten, in keinem Falle indessen eine so bedeutende, daß nicht immer das hohe Interesse der Gesetzgebungspublizität für das ganze Volk den Ausschlag geben und die Aktenmitteilung als ganz unbedenklich erscheinen lassen sollte. Nach dem allen glauben wir, darauf antragen zu müssen 4 : daß den Redaktoren der Zeitungen und Intelligenzblätter sofort aufgegeben werde, nicht nur die allgemeinen gesetzlichen Verordnungen der obersten Staatsbehörden, sondern auch die Bekanntmachungen der Landeskollegien und öffentlichen Autoritäten der Provinzen, für welche jene Blätter insbesondre bestimmt sind, in besondern Beilagen abdrucken zu lassen (weil die Einschiebung der Gesetze mitten zwischen lügenhafte Zeitungsberichte oder abgeschmackte Privatannoncen durchaus unschicklich sei) und daß ihnen zugleich die separierte Ablassung dieser unter eignen Nummern fortlaufender Beilagen sowohl einzeln als heft- und bandweise zur Pflicht gemacht werde; sodann aber das projektierte offizielle Gesetzblatt, welches zugleich Extrakte aus den Gesetzgebungsakten, soweit sich diese mitteilen lassen, enthalten solle — weil diese sonst nicht vollständig sein würden —, bis zur völligen Besetzung und Einrichtung der Gesetzgebungssektion und Gesetzkommission, von welcher auch die Redaktion füglich nur abhängen kann, verschoben sein zu lassen.« 1 2

»Gutachten« von K l e w i t z verbessert statt »Votum«. Klewitz, der für die Gesetzgebungssektion zeichnet, ändert daher das im Konzept ursprünglich

singularisch verwendete

Personalpronomen

durchgehend

in den

Plural um. 3

»dem Staate« von K l e w i t z verbessert statt »uns«.

4

V o n K l e w i t z verbessert s t a t t »Nach dem allen wage ich es, unmaßgeblich darauf anzutragen«.

2l6

27. März 1809

81. »Verordnung wegen Zusammenziehung bäuerlicher Grundstücke oder Verwandlung derselben in Vorwerksland mit Bezug auf die § § 6 und 7 des Edikts vom 9. Oktober 1807, den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums betreffend. Für das Herzogtum Schlesien und die Grafschaft Glatz« gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Dohna, Beyme Königsberg, 27. März 1809 D r u c k : Gesetzsammlung 1806—1810 Nr. 75, S. 552 ff.

»Seine Königliche Majestät von Preußen etc. bestimmen wegen Zusammenziehung bäuerlicher Grundstücke oder Verwandlung derselben in Vorwerksland mit Bezug auf die §§ 6 und 7 des Edikts vom 9. Oktober 1807, den erleichterten Besitz und freien Gebrauch des Grundeigentums betreffend, zur allgemeinen Achtung und zur Instruktion für die Regierungen in Schlesien 1 folgendes: 1. Ohne Erlaubnis der Regierung darf keine Veränderung in Absicht der Zusammenziehung bäuerlicher Ländereien oder deren Benutzung als Vorwerksland bei fünfzig bis einhundert Taler Strafe vorgenommen werden. Die Landräte sind besonders deshalb verantwortlich. 2. Will ein Gutsbesitzer bäuerliche Grundstücke zusammenziehen oder deren Ländereien in Vorwerksland verwandeln, so ist zu Begründung seines Konsensgesuches, insofern es vor Martini 1810 angebracht wird, wesentlich erforderlich die Beibringung a) entweder eines Zeugnisses des Gerichtsamtes, daß auf dem Gute, wozu die Ländereien, mit welchen eine Veränderung vorgenommen werden soll, gehören, keine Erbuntertänigkeit stattfinde, b) oder, wenn noch Erbuntertanen da sind, eines Reverses, in welchem der Gutsbesitzer mit Erlangung des Konsenses alle noch vorhandenen Erbuntertanen ohne alles Loskaufgeld für freie Leute erklärt. Konsensgesuche, welche nicht in dieser Art begründet sind, sollen von der Regierung sogleich zurückgewiesen werden. 3. Wird das eine oder das andere bei dem Gesuche eingereicht, oder wird das Gesuch erst nach Martini 1810 angebracht, so ist die Regierung verpflichtet, durch den Landrat des Kreises mit Zuziehung des Gerichtsamts durch Untersuchung der Patrimonialgerichtsverhandlungen, der Hypothekenbücher, der Besitz- oder Annehmungsbriefe und Urbarien, auch durch Vernehmung der bisherigen Besitzer solcher Bauerländereien untersuchen zu lassen: a) ob an dem Lande, womit die Veränderung vorgenommen werden soll, dem bisherigen Besitzer oder dessen Erben oder sonst jemandem ein Erbrecht, Erbpacht- oder Erbzinsrecht zusteht oder nicht? Zu solchen Erbrechten gehört auch das Recht, welches die Besitzer der in Schlesien unerbliche Stellen genannten Rustikalgrundstücke auf die Erhaltung des Besitzes des Nutzungsrechts für ihre hinterlassenen Witwen und Kinder haben. b) Ob das erwähnte Land erst seit dem 14. Julius 1749 oder schon früher als Bauerland benutzt worden ist?

27. März 1809

217

4. Wird durch diese Untersuchung erwiesen : a) daß auf das Land, womit die Veränderung vorgenommen werden soll, weder dem Besitzer noch einem Dritten ein Erbrecht, Erbpacht- oder Erbzinsrecht zusteht b) und daß solches erst seit dem 14. Julius 1749 als Bauerland benutzt worden ist, so hat die Regierung unter dem Vorbehalt, daß das etwa stattfindende zeitliche Besitzrecht des bisherigen Besitzers auch beendigt sei, den Konsens zur Zusammenziehung solcher Ländereien zu andern Besitzungen oder zu einem Vorwerke zu erteilen. 5. Mittelt sich aber bei dieser Untersuchung aus, daß auf das erwähnte Land, welches erst seit dem 14. Julius 1749 Bauerland ist, irgend jemandem ein Erbrecht, Erbpachts- oder Erbzinsrecht zustehet, so ist der Gutsherr in Gemäßheit des § 7 des Edikts vom 9. Oktober 1807 verbunden, bevor ihm der Konsens zu der Veränderung, die er zu machen wünscht, erteilt werden kann, nachzuweisen, daß diejenigen, welchen nach der gehaltenen Untersuchung Ansprüche auf den erblichen Besitz solcher Ländereien zustehen, auf diese gerichtlich Verzicht geleistet haben. Nur erst alsdann, wenn diese Verzichtleistung beigebracht ist, darf in diesem Falle der Konsens unter dem § 4 bemerkten Vorbehalte wegen der Zeitbesitzer erteilt werden. 6. Ergibt sich bei der Untersuchung (§3), daß auf das erwähnte Bauerland niemandem ein Erbrecht, Erbpachts- oder Erbzinsrecht zustehet, oder ist die gerichtliche Verzichtleistung auf solche Rechte nachgewiesen und ist dieses Land schon vor dem 14. Julius 1749 Bauerland gewesen, so ist die Regierung gehalten, unter dem Vorbehalte der Gerechtsame derer, die etwa auf den Zeitbesitz dieses Landes Ansprüche haben, a) die Zusammenziehung mehrerer Bauerhöfe in dem Falle zu gestatten, wenn von den dadurch entstehenden Etablissements keines mehr als sechs bis zwölf Huben Magdeburgisch nach der größern oder geringem Güte des Bodens und dem Ermessen der Regierung enthält. b) Falls aus dem Bauerlande Vorwerksland werden soll, so kann die Regierung den Konsens dazu nur erteilen, wenn von dem Bauerlande, welches eingezogen werden soll, wenigstens die Hälfte erbzins- oder erbpachtsweise oder auch als eigentümliche Besitzung, frei von Dienst-, Mühlen- und Getränkezwang, insofern die Zwangsgerechtigkeit dem Gutsherrn und nicht etwa einem Dritten zustehet, und frei von Schaftrift und andern Hütungsservituten in Etablissements, wovon der Flächeninhalt eines jeden nach Verschiedenheit des Bodens höchstens sechs bis zwölf Huben Magdeburgisch beträgt, ausgetan wird und Annehmer dazu nachgewiesen werden. 7. Es kann dem Gutsbesitzer, wenn er es zuträglich findet, zwar nachgelassen werden, von dem in einem einzelnen Bauerdorfe einzuziehenden Lande mehr als die Hälfte und selbst das Ganze zu Vorwerksland zu verwenden; er muß aber alsdenn auf einem andern ihm zugehörigen Gute oder Vorwerke ein dem Flächeninhalte, um welches er in jenem Dorfe die Hälfte überschritten hat, an Größe und Güte möglichst gleiches Grundstück zu den nach § 6 b auszutuenden oder zu veräußernden Etablissements hergeben, so daß im allgemeinen die Regel

218

27. März 1809

beobachtet wird, daß von den vor dem 14. Julius 1749 vorhanden gewesenen Bauerländereien nur die Hälfte in Vorwerksland verwandelt werden kann. 8. Doch kann in den Fällen § 6 b und § 7 der Mangel an gleicher Güte des Bodens durch Zusatz an dem Flächeninhalte und umgekehrt nach dem Ermessen der Regierung ausgeglichen werden, indem es bei der Verteilung des einzuziehenden Landes nur darauf ankommt, daß der zu Etablissements zu verwendende Teil dem zu Vorwerken zu legenden an Ertragsfähigkeit wenigstens gleichkomme. 9. In jedem Falle, wo die Regierungen den Konsens erteilen und ein Revers wegen Aufhebung der Erbuntertänigkeit deshalb eingereicht ist, hat die Regierung die Pflicht, die Aufhebung der Erbuntertänigkeit bei Erteilung des Konsenses allen Gutseinsassen bekanntzumachen. 10. Die Regierungen sind verpflichtet, wenn ein Gutsbesitzer die Erfüllung der § 6 b vorgeschriebenen Bedingung nicht binnen sechs Monaten durch Beibringung der gerichtlichen Kontrakte nachgewiesen hat, nach Ablauf dieser Zeit die Einteilung der Etablissements aus den für sie bestimmten Ländereien vorzunehmen und die einzelnen Etablissements frei von Dienst-, Trift- und Hütungsservituten, auch, wo der Herrschaft der Getränke- und Mühlenzwang zustehet, frei von Getränke- und Mühlenzwange öffentlich im Wege der Subhastation an den Meistbietenden eigentümlich verkaufen zu lassen. Der Gutsbesitzer muß sich nicht allein die Einteilung der Regierung gefallen lassen, sondern auch mit dem Meistgebote zufrieden sein. 1 1 . Die Zusammenziehung städtischer Ländereien wird ohne alle Einschränkung gestattet. Auf die schon bestehenden städtischen Kämmerei- oder Bauerdörfer finden aber obige Vorschriften wegen Zusammenziehung einzelner Bauerhöfe Anwendung. 12. Die Regierungen sorgen dafür, daß durch die vorgenommenen Veränderungen keine Vermischung oder Verdunkelung in Rücksicht der öffentlichen Gefälle, Prästationen und Sozietätslasten sowie in Rücksicht der Qualität der Grundstücke entstehe. 13. Alle Verfügungen der Regierungen und Unterbehörden in den hier bestimmten Fällen sind mit Ausnahme der Diäten der Kommissarien bei Lokaluntersuchungen kostenfrei zu erlassen. Hiernach haben sich die Landeskollegia in Schlesien zu achten.«2 1

2

Der Entwurf dieser Verordnung wurde am 2 1 . März 1809 zur Vollziehung vorgelegt, siehe den begleitenden Immediatbericht von Dohna und Beyme Nr. 75. Mit K. O. vom 28. März 1809 wird die Verordnung an Dohna und Beyme zur weiteren Veranlassung übersandt (Konzept, gez. Klewitz, Rep. 89 A Tit. 22 Nr. 6 Bd. 2 Bl. 1 1 7 ; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 30614). A m 9. Januar 1 8 1 0 ergeht obige Verordnung von Berlin aus auch »für die Provinzen Kur- und Neumark und Pommern«. Der Text bleibt, abgesehen vom Austausch der Provinznamen und Weglassung des nur für Schlesien gültigen Zusatzes bei 3 a, wörtlich gleichlautend (Druck: Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 100, S. 626 ff.).

3o. März 1809

219

82. Geheimer Staatsrat von Klewitz an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 28. März 1809 ZSTA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 45: Konzept eigh. und gez. Klewitz. Übersendung von Gutachten über künftige Bekanntgabe von Gesetzen und richtung eines offiziellen Regierungsblatts

Ein-

»Der am 16. v. M. abschriftlich mitgeteilte Vorschlag der Westpreußischen K a m mer (jetzt Regierung) die Publikation der Gesetze, Verordnungen p. von den Kanzeln abzuschaffen, hat die Gesetzgebungssektion veranlaßt, hierüber sowohl als über eine verbesserte Kundbarmachung der Gesetze p. überhaupt das anliegende Gutachten abzufassen. 2 Ich fühle mich um so mehr verpflichtet, es zu gleicher Zeit mit dem besonders eingereichten Gutachten über ein offizielles Regierungsblatt 3 vorzulegen, da beide mit ihren Vorschlägen eine vollständigere, bessere Gesetzespublikation beabsichten und insofern gewissermaßen ein Ganzes bilden. Doch fehlt zu einem ganz vollendeten System hierüber noch die Organisation der Polizei- und Kommunalverfassung auf dem Lande, die in so vielen andern Rücksichten dringend wird.« 1

2 3

Marienwerder, 18. Juni 1808 (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 46), übersandt mit Begleitschreiben, Königsberg, 16. Februar 1809 (gez. Wlocha, i. gl. Fasz. Bl. 45). siehe Nr. 77. Siehe Nr. 80.

83. Kabinettsorder an den Minister des Innern Graf zu Dohna Königsberg, 30. März 1809 ZSTA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 4 Bd. 1 Bl. 6: Ausf., gez. Friedrich Wilhelm. Drucke: Bassewitz 1809/10, S. 233ff., Meier S. 379 fEinstweilige wesens

Maßregeln bis zu einer besseren Organisation des ländlichen

Polizei-

»Auf Euren Bericht vom 28. d. M. 1 genehmige Ich bis zur Ausführung einer bleibenden bessern Organisation des ländlichen Polizeiwesens, damit wenigstens den dringendsten Mängeln bald abgeholfen werde, folgende einstweilige Maßregeln : Den Landräten ist für jetzt ohne Veränderung der Kreiseinteilung auch die polizeiliche Aufsicht über die Domänenämter und diejenigen Städte, in welchen

220

30. März 1809

keine eigene Polizeibehörde angesetzt wird, in der Art beizulegen, daß die Domänenbeamten und Magisträte zwar die eigentliche Ausführung behalten, jedoch unter Direktion der Landräte und ihrer Gehülfen kommen. Mehrere für jeden Landrätlichen Kreis mit Beobachtung der bisherigen Form anzustellende Kreisdeputierte; ferner andere von den Landräten vorzuschlagende Gutsbesitzer, welche ein besonderes Vertrauen genießen, unter Bestätigung der Regierungen; imgleichen die Steuerräte, insofern sie dazu geeignet, vorzüglich tätig, auch kraftvoll sind, und inaktive Offiziere mit sorgfältiger und vorsichtiger Auswahl der besten und brauchbarsten sollen diese Gehülfen sein, durch deren gehörige Verteilung in den einzelnen Kreisen, die den Oberpräsidenten und Regierungen überlassen bleibt, eine wirksame Polizeiverwaltung wesentlich befördert werden wird. 2 Für die durch diese Einrichtung in Tätigkeit kommenden, bei Dienstvernachlässigungen oder sonstigem unangemessenem Benehmen ohne Weitläuftigkeit zu entlassenden inaktiven Offizieren bewillige Ich an Remuneration täglich 16 gg bis 1 rt aus den Provinzialeinkünften. Ihr habt hiernach das Weitere zu verfügen.« 1

2

I. B. von Dohna, Königsberg, 28. März 1809, Konzept Prillwitz mit Zusätzen von Dohna, gez. Dohna, im gleichen Faszikel Bl. 4; Entwurf zu diesem I. B. von Friese, Bl. 2. Der folgende Satz fehlt bei Bassewitz.

84. Minister Graf zu Dohna an den Geh. Staatsrat und Ober Präsidenten Sack Königsberg, 2. April 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 4 Bd. 1 Bl. 9 : Konzept Prillwitz mit zahlreichen Zusätzen von Dohna, gez. D o h n a ;

Ent-

wurf dazu von Friese Bl. 7.

Durchführung interimistischer Maßnahmen zur Verbesserung der Polizeiverwaltung auf dem Lande »Zu den beabsichteten neuen Einrichtungen gehört auch eine verbesserte Organisation der Polizeiverwaltung auf dem platten Lande. Es sind dieserhalb auch bereits Vorarbeiten im Werke, allein die mannigfachen Rücksichten, welche dabei in Erwägung zu ziehen sind, und die Wichtigkeit des Gegenstandes an sich selbst erfordern eine sehr reifliche Beratung der Sache, so daß wahrscheinlich noch einige Zeit hingehen wird, ehe der neue Organisationsplan emaniert werden kann. Unterdessen ist es ratsam und notwendig, wenigstens so viel zu tun, als sich für den Augenblick tun läßt, da die Klagen über die schlechte Polizeiverwaltung auf dem platten Lande, vorzüglich in Rücksicht der öffentlichen Sicherheit, immer dringender werden. Aus diesem Grunde ist bei des Königs Majestät die Genehmigung zur Regulierung eines Interimistikums nachgesucht worden 1 und diese in der abschriftlich beigefügten Kabinettsorder vom 30. v. M. 2 enthalten. Danach sollen zwar die jetzigen Landrätlichen Kreise einstweilen noch verbleiben, jedoch die Landräte darin mit Ausnahme derjenigen Städte, welche besondere Polizeibehörden haben, durchweg die polizeiliche Aufsicht besorgen in der Art, daß ihnen die Domänenbeamten und Magisträte untergeordnet und mehrere Kreisdeputierte, die Steuerräte, erfahrne Gutsbesitzer und brauchbare inaktive Offiziere zur Hülfe gegeben werden. E w . Hoch wohlgeboren werden daher hiedurch beauftragt, mit der Ausführung dieses Interimistikums nach den vorgedachten und in jener Kabinettsorder aufgestellten Gesichtspunkten schleunigst vorzugehen, damit in den Regierungsdepartements Ihres Oberpräsidialbezirks übereinstimmend verfahren werde. In welcher Art dabei das Verhältnis der Domänenbeamten und Magisträte gegen den Landrat und seine Gehülfen, der Geschäftsgang zwischen denselben und den Regierungen und wiederum zwischen ihnen untereinander zu bestimmen sei, bleibt Ew. p. pflichtmäßigem Ermessen 3 überlassen, da Lokalität und besondere Verfassung dabei so sehr in Betrachtung kommen; und Sie werden

222

2. April 1809

dieserhalb die Regierungen mit näherer Instruktion zu versehen, auch davon gleichzeitig Abschrift dem Ministerium des Innern einzureichen haben. Es muß dabei ein möglichst einfacher und abgekürzter Geschäftsgang angenommen und darauf gerücksichtigt werden, daß die polizeilichen Maßregeln mit der allerhöchsten 4 Schnelligkeit und Energie zur Ausführung kommen und es in keinem Distrikte an der gehörigen ganz zweckmäßigen 5 polizeilichen Aufsicht fehle. Es ist ferner auf jede Art der Vermutung vorzubeugen, als ob diese provisorische Einrichtung bleibend sein werde, und daher auch den Kreisdeputierten, Gutsbesitzern und inaktiven Offizieren, welche dabei angestellet werden, ausdrücklich bekanntzumachen, daß bei Einführung der definitiven Organisation ihre Beschäftigung aufhöre. Bei Auswahl der Gehülfen und namentlich der inaktiven Offiziere ist mit großer Vorsicht zu Werke zu gehen, und es sind letztere bei ihrer Anstellung auf die in der Kabinettsorder geäußerte allerhöchste Willensmeinung aufmerksam zu machen, im Fall sie sich nicht zur Zufriedenheit benehmen. Insofern bei der Auswahl der als Gehülfen der Landräte anzustellenden inaktiven Offiziere nur mit vollkommner Umsicht und höchster Sorgfalt verfahren wird und insofern ferner dergleichen Offiziere pp., wenn sie sich nicht ganz vollkommen zur Zufriedenheit der Landräte oder deren Vorgesetzten benehmen, nur augenblicklich wieder entlassen werden, läßt es sich erwarten, daß gerade aus der Klasse der inaktiven Offiziere die kraftvollsten, unermüdlichsten und in jeder Hinsicht qualifiziertesten Gehülfen werden ausgemittelt werden können. Der große Hauptzweck bei dieser ganzen Einrichtung ist, dadurch zu der zweckmäßigsten und insbesondere zur allerschleunigsten und energischsten Verwaltung der Landespolizei auf dem platten Lande und in den kleineren Städten zu gelangen, von dem Eifer Ew. [Hochw.] für das allgemeine Beste bin ich überzeugt, daß Dieselben mit der regsten Tätigkeit alles aufbieten werden, um diesen großen Zweck möglichst zu befördern. Übrigens kann ich nicht dringend genug empfehlen, die Ausführung dieser Maßregel aufs äußerste zu beschleunigen, und sehe ich von dem Erfolg Dero Anzeige 6 bis zum 20. huj. unfehlbar entgegen1?. Zugleich wollen Ew. Hochwohlgeboren die Regierungen wegen Auszahlung der Diäten für die angestellten inaktiven Offiziere anweisen und nach erfolgter Ausführung eine Nach Weisung darüber aus jedem Regierungsdepartement einreichen, damit selbige dem Finanz-Ministerium mitgeteilt werden können.«8 1 Mit I. B. von Dohna, Königsberg, 28. März 1809, K o n z e p t Prillwitz mit Zusätzen von Dohna, gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 4. 2 K . O. an Dohna, Königsberg, 30. März 1809, Ausf., gez. Friedrich Wilhelm, Bl. 6; siehe Nr. 83. 3

»bleibt E w . p. pflichtmäßigem Ermessen« am R a n d ergänzt.

»der allerhöchsten« am R a n d von Dohna ergänzt. 5 »ganz zweckmäßigen« von D o h n a dazwischengeschrieben. 6 Sack an Dohna, Berlin, 11. April 1809 (Ausf., gez. Sack, i. gl. Fasz. Bl. 37), Mel4

dung und Überreichung seiner Verfügung an die Königlichen Regierungen der Kurmark, Neumark und Pommern (Abschrift, Bl. 38). ? »Insofern bei der ... unfehlbar entgegen« von Dohna am Rande ergänzt. 8

Unter dem Reskript steht: »In gleicher A r t

223

6. April 1809

an den Königl. Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten H. v. Massow Hochwohlgeb. zu Breslau, an den Königl. Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten H. v. Auerswald Hochwohlgeb. hieselbst.« Darunter von Dohnas H a n d : »NB. in der Verfügung an H. Auerswald wird der Termin zur Anzeige

v[om]

Erfolg auf den 15. hu jus bestimmt«. Im gleichen Faszikel sind enthalten: Das Schreiben Massows an D o h n a

vom

19. April über die Durchführung des Auftrages (Ausf., gez. Massow, Bl. 32); Massows »Instruktion für die Königliche Regierung zu Breslau zur Ausführung des von des Königs M a j e s t ä t mittelst Kabinettsordre v o m 30. März 1809 verordneten Interimistici der ländlichen Polizeiverfassung«, Breslau, den 19. April (Abschrift, Bl. 33); 15. April

die Vollzugsmeldung

von

Auerswald

1809 (Ausf., gez. Auerswald,

Westpreußische,

Ostpreußische

(Abschrift, BL 42) und

an

Dohna,

Marienwerder,

Bl. 41); Auerswalds V e r f ü g u n g an

und Litauische

den die

Regierung v o m gleichen T a g e

die Antworten Dohnas an Massow und an Sack

vom

9. Mai 1809 (Konzepte Prillwitz, gez. Dohna, Bl. 36 und Bl. 40).

85. Minister Graf zu Dohna an den Großkanzler Beyme Königsberg, 6. April 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 148 Nr. 1 Bl. 1 1 : K o n z e p t Prillwitz, gez. D[ohna], nach dereigh. Anweisung von Friese Bl. 9.

Beurteilung der bäuerlichen Unruhen zu Blüthen in der Prignitz »Ew. Exzellenz finde ich mich veranlaßt, denjenigen Bericht 1 nebst seiner Beilage unter Bitte um Rückgabe hiebei ganz ergebenst mitzuteilen, welchen die Kurmärkische Regierung zu Berlin wegen der zu Blüthen in der Prignitz stattgefundenen unerlaubten Zusammenkunft von Deputierten aus etwa 70 Dörfern 2 und der dabei vorgekommenen Exzesse am 23. v. M. hieher erstattet hat. Der Form nach haben die Einsassen allerdings gefehlt. Der Kreisdeputierte v. Petersdorff würde indessen besser getan haben, wenn er, statt den Lieutenant v. Ziethen sogleich um Aufhebung der Zusammenkunft 3 zu requirieren, welches, wenn dieser zur gehörigen Zeit eingetroffen wäre, leicht sehr unangenehme Folgen hätte haben können, sich zuvörderst um den bei der Zusammenkunft beabsichteten Zweck bekümmert und sich Mühe gegeben hätte, einen oder mehrere Mitglieder der Versammlung zu gewinnen, um durch sie die Gegenstände der Beratung 4 zu erfahren. Sind diese keine andere, als welche das dem Berichte beigefügte Protokoll 5 angibt, so finde ich dabei nichts Unerlaubtes, am wenigsten kann man daraus aufwieglerische und unruhige Absichten folgern, wie die Regierung und der Bürgermeister Stenger zu Perleberg es tun, vielmehr glaube ich mit mehrerem Rechte annehmen zu können, daß den Leuten Unrecht geschehen sei, da der Landmann zu sehr an Ruhe gewöhnt und der Regel nach zu friedlich gesinnet ist, um ohne Not sich in Gefahr und Unruhe zu begeben. Auch finde ich die Forderungen, welche die Bauern in Perleberg an den p. Stenger und p. v. Ziethen gemacht, keinesweges so strafbar, als man selbige zu schildern sich bemühet, und wahrscheinlich würde

6. April 1809

224

die Sache nicht so weit gekommen sein, wenn der p. Stenger nicht so furchtsam, wie es dem Anscheine nach geschehen, sich benommen hätte. Aus diesen Gründen halte ich dafür, daß, ehe die Untersuchung gegen die Einsassen wegen ihres Benehmens fortgesetzt wird, man zuvörderst die Gründe gehörig aufklären lasse, welche die Einsassen zu der Konvokation veranlaßt, und ob und inwieweit sie jnit Recht sich zu beschweren Veranlassung gehabt haben, und schlage E w . Exzellenz ergebenst vor, solches durch eine gemeinschaftliche Kommission von seiten der Kurmärkischen

Regierung und

des

Kammergerichts tun zu lassen. Den beiden Präsidenten wird die Auswahl der Kommissarien überlassen und, wenn E w . Exzellenz mit meinem Vorschlage einverstanden

sind, gemeinschaftlich das Nötige erlassen 6 werden

können,

worüber ich Dero baldgefälligen Erklärung 7 entgegensehe.«

Bericht der Kurmärkischen Regierung, Berlin, den 23. März 1809 (Ausf., gez. Grothe, Meinhart, Bonsen [od. Bonsey], i. gl. Fasz. Bl. 1). 2 Die Konvokation der Gemeinden erfolgte durch Umläufe. 3 »um Aufhebung der Zusammenkunft« am Rande ergänzt. 4 Die Beratungsgegenstände umfaßten laut Protokoll folgende Punkte: »1. die Bezahlung der rückständigen Kriegeskontribution, 2. Ausgleichung wegen der gehabten Einquartierung und besonders mit den Gutsbesitzern, 3. Erleichterung des Hofedienstes«. 5 Abschrift des Verhandlungsprotokolls vom 17. März 1809, Attestierung des gleichlautenden Textes durch Stenger, Bürgermeister, Perleberg, den 18. März 1809 (Bl. 3). Perleberg führte die Städteordnung am 1. Oktober 1809 ein auf Grund der Kammerverordnung vom 26. Januar 1809, Stenger blieb Bürgermeister (vgl. Bassewitz 1809/10, Nachweisung zu S. 238). 6 »und, wenn ... erlassen« am Rande ergänzt. 7 Sie erging unter Billigung der Ansichten Dohnas in Form eines Commissoriums vom 8. April 1809 an die Präsidien der Kurmärkischen Regierung und des Kammergerichts (Abschrift Bl. 14) und wurde von Beyme zur Mitvollziehung an Dohna geschickt (Ausf. des Begleitschreibens vom 8. April, gez. Beyme, Bl. 13). Am 20. Juni erfolgte auf königlichen Spezialbefehl eine Mahnung, gezeichnet von Dohna und Beyme, an beide Präsidien: »Wie lassen Euch hiedurch erinnern, über den Euch unterm 8. April c. erteilten Auftrag wegen der zu Blüthen in der Prignitz stattgefundenen Versammlung von Gemeindedeputierten aus mehreren Dorfschaften vordersamst zu berichten.« (Abschrift Bl. 16) 1

86. Generalmajor von Scharnhorst an Friedrich Wilhelm III. Königsberg, 6. April 1809

ZSTA Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I 24 Bl. 74 : eigh. u. gez. Scharnhorst. Klarstellung seiner Kontakte zu dem österreichischen Gesandten »Ew. Majestät lege ich hier das Blatt des Volksfreundes zu Füßen, es ist mit höchst elenden Gemeinplätzen angefüllt. Uns fehlt ein Mann, welcher

die

polizeiliche Aufsicht über alle Zeitungen und andere Schriften hat und zugleich die Bearbeitung der öffentlichen Meinung besorgte. 1

7- April 1809

225

Nach dem von Ew. Majestät vorgestern abend erhaltenen allerhöchsten Schreiben und den demselben beigefügten Memoire sollte ich eine Antwort an den Gesandten von Wessenberg geben; diesem gemäß hatte ich heute Allerhöchst denenselben einen Entwurf vorgelegt. Soll indessen jetzt, wie ich von Ew. Majestät nachher vernommen, die Antwort durch den Staatsminister Grafen von Goltz erteilt werden, so bitte ich untertänigst um die Erlaubnis, daß ich den Gesandten von Wessenberg benachrichtigen darf, daß ich keine Erlaubnis erhalten hätte, ihm eine Antwort zu erteilen. Ich bin dies um so mehr zu tun schuldig, da ich ihm gestern abend bei dem Souper geschrieben habe, daß ich seinen Brief beantworten würde; ich wurde zu dieser Zusage durch Ew. Majestät gnädiges Schreiben veranlaßt. Der Gesandte von Wessenberg hatte sich vielleicht deswegen an mich gewandt, weil er geglaubt, daß auf diesem Wege er beruhigend für Österreich günstige nicht Ew. Majestät kompromittierende Erklärungen oder Nachrichten erhalten könnte. Von dem völlig offiziellen und diplomatischen Wege hatte er sich wahrscheinlich, da er ehender kompromittiert und [?] mehr bindet, wenigere günstige Aussichten versprochen. Dies ist meine Ansicht gewesen, und aus diesem Grunde habe ich mich verpflichtet gefunden, die mir mitgeteilten Anträge Ew. Majestät vorzutragen; ich habe dies weder gewünscht noch vermeiden können. Wenn Ew. Majestät die Wessenbergschen Betrachtungen durch das auswärtige Departement jetzt beantworten lassen, so ist dies eine Mißbilligung des eingeschlagenen Wegs und für mich eine Demütigung, die mir in den Verhältnissen, in denen ich bei Ew. Majestät zu stehen die Allerhöchste Gnade habe, um so schmerzhafter sein muß, da ich an Treue und an redlicher Befolgung der Allerhöchsten Befehle niemandem nachzustehen glaube.«2 1

2

Vgl. die Debatte über ein allgemeines Regierungsblatt im Februar/März 1809, siehe Nr. 53, 62, 63, 80, 82. Die Antwort des Königs siehe Nr. 87.

87. Friedrich Wilhelm III. an Generalmajor von Scharnhorst Königsberg, 7. April 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I 24 Bl. 76: eigh. Konzept.

Hinweis auf Korresponienzvor Schriften in auswärtigen Angelegenheiten »Ich begreife nicht, wie Ihnen eine so allgemein bekannte Observanz unbekannt geblieben ist, daß es keinem Minister oder andern Untertan verstattet ist, mit dem Minister einer auswärtigen Macht über Staatsangelegenheiten zu korrespondieren, ja, daß dieses selbst überall als ein Staatsverbrechen angesehen wird und daß nur lediglich durch den Minister der auswärtigen Angelegenheiten dergleichen Gegenstände abgemacht werden dürfen, wenn nicht eine allgemeine

226

8. April 1809

Verwirrung der Staats Verhältnisse daraus entstehen soll. Wie Sie also in dem, was ich Ihnen heute morgen gesagt, eine Demütigung suchen wollen, ist mir unerklärlich.iAuch soll der Graf Goltz, um Ihnen [!] nicht zu kompromittieren, keineswegs dem Herrn v. Wessenberg eine Antwort auf sein Mémoire überreichen, er soll nur von Ihnen in diesem Sinn instruiert werden, damit er davon den gehörigen Gebrauch zu machen imstande sei. Dem Herrn v. Wessenberg haben Sie nur in allgemeinen Ausdrücken für sein Zutrauen zu danken und ihm bemerklich zu machen, daß Ihre Stelle sich nicht dazu eigne, mit ihm in Details einzugehen, daß der Graf Goltz jedoch von mir instruiert sei, ihm auf alle seine Anfragen gehörige und vollständige Auskunft zu geben, insoweit sich solches überhaupt jetzt tun lasse.«2 1

Siehe das Schreiben Scharnhorsts Nr. 86.

2

Weitere Korrespondenzvorschriften enthält die an das Allgemeine Kriegsdepartement gerichtete K . O. v o m 18. April 1810, »betreffend die Beförderung der von Offizieren, an

Gesandtschaften und

auswärtige

Behörden

gerichteten

Privat-

schreiben durch das Allgemeine Kriegsdepartement«, gez. Friedrich Wilhelm (Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 115, S. 692).

88. »Publikandum, betreffend die durch das sub dato Memel, den 9. Oktober 1807 ergangene Edikt erfolgte Auflösung der persönlichen Erbuntertänigkeit in der Provinz Schlesien und in der Grafschaft Glatz« gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Graf zu Dohna, Beyme Königsberg, 8. April 1809 D r u c k : Gesetzsammlung 1806—10 Nr. 77, S. 557 f f . ; vgl. K n a p p II, S. 174 ff.

»Seine Königliche Majestät von Preußen etc. haben mißfällig in Erfahrung gebracht, daß über die richtige Deutung der durch das sub dato Memel, den 9. Oktober 1807 über den erleichterten Besitz und freien Gebrauch des Grundeigentums ergangene E d i k t 1 in den §§ 10, 11 und 12 erfolgten Auflösung der persönlichen Erbuntertänigkeit der Landbewohner in der Provinz Schlesien verschiedentlich Zweifel obwalten. Allerhöchstdieselben verordnen daher zur Beseitigung der zwischen Gutsbesitzern und mehreren Dorfgemeinden an verschiedenen Orten darauf entstandenen Irrungen 2 hiermit folgendes: § 1. Jeder Einwohner eines Dorfes, welcher ein Rustikalgrundstück besitzt, ist, der erfolgten Aufhebung der persönlichen Untertänigkeit ungeachtet, nach wie vor verbunden, alle und jede auf seinem Besitztume haftenden gutsherrlichen Dienste, Lasten und Abgaben, namentlich alle Hand- und Spanndienste, desgleichen auch alle Geld-, Getreide- und sonstigen Naturalzinsen und Leistungen in der nämlichen Art, wie er solche dem Gutsherrn nach Inhalt seines Kaufbriefes oder nach Ausweis des Urbarii oder kraft rechtsgültiger Verträge und Observanzen zeither zu leisten und zu entrichten verpflichtet war, auch in Zukunft fernerhin ohne Widerrede zu leisten und prompt zu entrichten.

8. A p r i l 1809

227

§ 2. Überall, wo bei Besitzveränderungen der Käufer einer solchen Rustikalstelle sogenanntes Laudemium, Marktgroschen oder eine ähnliche Abgabe vom Kaufwerte des Grundstücks dem Gutsherrn als Inhaber der Gerichtsbarkeit zeither zu entrichten verbunden war, ist derselbe solche auch fernerhin unweigerlich zu entrichten verbunden. § 3. Jeder mit der Patrimonialgerichtsbarkeit beliehene Gutsherr hat, insolange als wegen Verwaltung derselben nicht etwas anderes verordnet worden, auch hinfüro das Recht, von allen seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Dorfbewohnern, wenn dieselben außerhalb Landes in fremde Staaten ziehen, das sogenannte Abzugs- oder Abfahrtsgeld mit 10 Prozent vom Vermögen des Auswandernden, desgleichen auch von allen aus seiner Gerichtsbarkeit ins Ausland fallenden Erbschaften landüblichen Abschoß unter der im § 152 des ersten Anhangs zum Allgemeinen Landrechte vorgeschriebenen Einschränkung zu fordern. § 4. Überall, wo es zeither noch stattgefunden haben dürfte, ist auch der Gutsherr fernerhin berechtigt, von den auf seinem Gute wohnenden Handwerkern herkömmlichen Handwerkszins, insbesondere also auch Weberzins, jedoch insofern nur zu fordern und zu erheben, als derselbe die Befugnis dazu durch rechtsgültige Privilegien oder durch den ungestörten Besitz seit dem Jahre 1740 rechtlich darzutun imstande ist. § 5. Es stehet auch jedem Gutsbesitzer, insolange nicht wegen Verwaltung der Patrimonialgerichtsbarkeit etwas anderes verordnet worden, in Zukunft ferner die Befugnis zu, von allen auf das Gut anziehenden Schutzverwandten, namentlich von den sogenannten Hausleuten und Inliegern, desgleichen auch von Ausgedingern als Beihülfe zu den Lasten der Gerichtsbarkeit ein jährliches Schutzgeld zu fordern. § 6. Dagegen sind durch die in den §§ 10, 11 und 12 des sub dato Memel, den 9. Oktober 1807 ergangenen Edikts erfolgte Aufhebung der persönlichen Erbuntertänigkeit auch alle und jede aus der persönlichen Erbuntertänigkeit der Dorfbewohner herfließenden Gerechtsame der Gutsbesitzer für zugleich mit aufgehoben zu achten. § 7. Für völlig aufgehoben sind daher zu achten: a) das den Gutsherren zugestandene Recht, für die Loslassung aus der Erbuntertänigkeit persönliche und dingliche Loslassungsgelder (lytrum personale et reale) zu fordern; b) das Recht des Gutsherrn, zu verlangen, daß alle Kinder der zeitherigen Untertanen drei Jahre lang gegen das Zwangsgesindelohn auf dem herrschaftlichen Hofe dienen; c) das Recht, von denjenigen Untertanenkindern eine Geldentschädigung zu fordern, welche die (sub b) erwähnten Zwangsgesindedienste nicht in Person geleistet haben; d) das Recht, die Kinder der zeitherigen Untertanen und Schutzverwandten auch noch nach beendigtem dreijährigen Zwangsgesindedienste zu nötigen, daß sie dem Gutsherrn auf dem Hofe oder auch den Hofe- und Dreschgärtnern, welchen die Gutsherrschaft selbige als Gesinde überläßt und zuweiset, gegen das sogenannte Fremdenlohn fernerhin zwangsweise dienen müssen; e) das Recht, von den auswärts dienenden Untertanen für die Erlaubnis, 16

Stein/Hardenberg

228

8. April 1809

außerhalb des Dorfes sich Unterhalt zu suchen, ein bestimmtes Schutzgeld zu fordern; f) das Recht, von den sogenannten Schutzuntertanen außer dem § 5 den Gutsherren einzuheben nachgelassenen Schutzgelde noch gewisse observanzmäßige Dienste zu fordern und zu verlangen, daß sie der Gutsherrschaft vorzugsweise dienen müssen. Hierbei versteht es sich jedoch dagegen auch von selbst, daß die Gutsherrschaft dergleichen Schutzuntertanen auch fernerhin nicht die denselben zeither etwa zugestandenen Vorteile, wie beispielsweise an verschiedenen Orten mit Raff- und Leseholz der Fall gewesen ist, weiter zukommen lassen darf; g) das Recht, jedweden Untertan nach zurückgelegtem 24. Jahre zur Annahme einer dienstpflichtigen Stelle im Dorfe zu nötigen; h) das Recht, zu bestimmen, welches unter mehrern Kindern die von den Eltern nachgelassene bäuerliche Stelle in der Erbschaft übernehmen solle ; i) das Recht, auf Ermäßigung des von dem Erblasser eines robotpflichtigen Grundstücks in seinem letzten Willen angeblich zu hoch veranschlagten Werts der Stelle anzutragen. Alle vorstehend ausgeführten zeitherigen Rechte der Gutsherren als Folgen und Ausflüsse der Eigenbehörigkeit müssen mit der Erbuntertänigkeit zugleich für aufgehoben geachtet werden. 3 Es versteht sich aber von selbst, daß diese Rechte in Hinsicht derjenigen Untertanen, welche es erst mit dem Martini-Tage 1810 zu sein aufhören, auch fernerhin bis zu diesem Zeitpunkte von dem Gutsherrn in Ausübung gebracht werden können und sollen.

§ 8. Zur Veräußerung und Verpfändung eines erb- und eigentümlich, erbpachtoder erbzinsweise besitzenden Grundstücks und zur Belegung des Guts mit Dienstbarkeits- und andern fortwährenden Lasten bedarf der bäuerliche Grundbesitzer nach erfolgter Auflösung der Erbuntertänigkeit des gutsherrschaftlichen Konsenses weiter nicht. § 9. Kein Dorfbewohner, sobald derselbe aufgehört hat, erbuntertänig zu sein, ist fortan zur vorhabenden Verheiratung und ebensowenig zur Erlernung eines bürgerlichen Gewerbes die herrschaftliche Genehmigung nachzusuchen verbunden. § 10. Dagegen ist jeder Dorfbewohner dem Gutsherrn, insbesondere als Inhaber der Zivil- und Polizeigerichtsbarkeit, solange noch hierunter keine andere Einrichtung getroffen worden ist, alle Folgsamkeit und pünktlichen Gehorsam fernerhin zu beweisen schuldig und deshalb auch hinfüro verbunden, sich mittelst Handschlages dazu ausdrücklich zu verpflichten. § 11. Es ist daher auch jeder Dorfein wohner, welcher, insofern er aufgehört hat, erbuntertänig zu sein, seinen Wohnort verlassen will, um sich sein Unterkommen im Lande anderwärts zu suchen, den schon bestehenden Polizeigesetzen gemäß verbunden, das zum Ausweis seiner Unverdächtigkeit erforderliche Zeugnis bei dem Gutsherrn als Inhaber der dermaligen Polizeigerichtsbarkeit des Orts, den er verlassen will, nachzusuchen. § 12. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Dienstherrschaften und des Landgesindes müssen auch hinfüro nach den bereits bestehenden Vorschriften des Allgemeinen Landrechts T. II, Tit. V, insoweit solche auf das Landgesinde

8. April 1809

229

Anwendung finden, beurteilt werden. In Rücksicht des den Gutsbesitzern gegen faules, unordentliches und widerspenstiges Gesinde zustehenden Züchtigungsrechts soll es auch vor der Hand bei den gesetzlichen Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts T. II, Tit. VII, § 227 bis 230 und des § 125 im ersten Anhange zum Allgemeinen Landrechte fernerhin sein Bewenden behalten.4 Nach vorstehenden Bestimmungen haben sich denn auch für die Zukunft Gutsherren und Dorfsgemeinden in der Provinz Schlesien und in der Grafschaft Glatz auf das allergenaueste zu achten. Seine Königliche Majestät wollen demzufolge auch zuversichtlich gewärtigen, daß keine Dorfgemeinde sich es jemals noch unbesonnenerweise beikommen lassen wird, dem Gutsherrn die Ableistung der auf den robotpflichtigen Rustikalstellen haftenden Dienstleistungen aller Art, insbesondere der Hand- und Spanndienste, desgleichen auch die Entrichtung der schuldigen Geld-, Getreide- und Naturalzinsen, wie sie auch immer benannt sein mögen, ungehorsamlich zu verweigern. Seine Königliche Majestät ermahnen sämtliche Dorfgemeinden zur unweigerlichen, pünktlichen Erfüllung und Leistung aller ihnen vermöge des Besitzes robotpflichtiger Grundstücke obliegenden Verbindlichkeiten, Dienste, Lasten und Abgaben auf das ernstlichste und befehlen denselben, insbesondere aber auch dem Landgesinde nachdrücklichst, die ihnen obliegenden Dienste treu, fleißig und unverdrossen zu verrichten und niemals die Ehrerbietimg und den Gehorsam, welche jeder Untergebene seinem Vorgesetzten, noch auch die Folgsamkeit und Treue, welche jeder Dienstbote seiner Dienstherrschaft zu bezeigen schuldig ist, aus den Augen zu setzen, wenn sie sich anders Seiner Majestät Gnade und fortgesetzten Fürsorge für das Beste der Landbewohner wahrhaft würdig machen wollen. Diejenigen, welche sich nichtsdestoweniger beikommen lassen sollten, den Gutsherren die Ableistung der schuldigen Dienste zu versagen und, der von Seiner Majestät Oberlandesgerichten und Regierungen ihnen dieserhalb zugehenden Weisungen und Belehrungen 5 ungeachtet, die öffentliche Ruhe, Sicherheit und Ordnung frecherweise zu stören, sollen als Unruhestifter und unwürdige Bürger des Staats nach der ganzen Strenge des Gesetzes bestraft werden6.« 1 Siehe R M Stein I, Nr. 7 S. 1 1 ff. Vgl. den I. B. des Oberlandesgerichts Breslau vom 14. März 1809, siehe Nr. 67. 3 Vgl. die entsprechenden Ausführungen der Gesetzkommission vom 12. März 1809 zu den aufgehobenen Rechtsansprüchen der Gutsherren, siehe Nr. 66. 4 Diese Anordnung folgt offensichtlich dem Gutachten der Gesetzgebungssektion »über eine Deklaration des Allgemeinen Landrechts in betreff des Züchtigungsrechtes der Grundherrschaften«, Königsberg, 30. März 1809, in dem es heißt: »Noch bemerken wir, daß jede deklaratorische Bestimmung über das Züchtigungsrecht — weil es als polizeiliche Selbsthülfe vorzüglich durch den mehr oder minder leicht und bequem zu erlangenden obrigkeitlichen Beistand bedingt wird — vor Erscheinung der neuen Landpolizeiverfassung wohl immer zu frühzeitig kommen möchte. Erst wenn diese da ist, wird man die Sache im ganzen und im großen 2

anfassen und die Frage aufwerfen dürfen: ob nach den in der neu angeordneten Landpolizei enthaltenen kräftigern und schleunigem Mitteln, um die Unordnungen des Gesindes usw. zu reprimieren, das Züchtigungsrecht der Dienstherrn 16*

230

5

6

[9.] April i8o9 ;

überhaupt noch nötig und — wenn dies ja wäre — in welchen Grenzen es zulässig und wie es im Fall des Mißbrauchs zu ahnden und zu bestrafen sein möchte. Die sich aus der Beantwortung dieser Frage ergebenden Resultate würden sofort erst dann in das Allgemeine Landrecht übergehen und zugleich die Grundsätze sein müssen, worauf eine neue besondere Dorfpolizei- und Gesindeordnung zu erbauen und zu entwerfen wäre.« (Konzept, gez. Rehdiger, Klewitz, in Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 57). Vgl. die Richtlinien für die schlesischen Regierungen vom 12. April 1809, siehe Nr. 90. Vgl. den Bericht der Breslauschen Regierung vom 8. März 1 8 1 0 über ihre Maßnahmen gegen die Dienstverweigerungen, siehe Nr. 205.

89. Entwurf zur »Verordnung wegen Aufhebung der Zahlen- und Klassenlotterie« Königsberg, [9.] April 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 6 1 : Abschrift.

»Wir, Friedrich Wilhelm pp., tun kund und fügen hiermit zu wissen: Da die Zahlenlotterie für den Nahrungsstand und die Moralität der geringem Volksklasse, welche den geringfügigen Einsatz ihrem täglichen Erwerbe entziehn, um sich in der beträchtlichen Hoffnung des Gewissens, dem Müßiggang ergeben zu können, für die gegenwärtige Zeit besonders verderblich wird und da auch die Klassenlotterie in ihrer bisherigen Verfassung manche Nachteile mit sich führt, so haben Wir beschlossen und verordnen hierdurch: 1. Die Zahlenlotterie wird mit Vollendung der 256. Ziehung in Unsern Staaten abgeschafft, und es soll eine weitere Ziehung nicht stattfinden. 2. Die Klassenlotterie wird nach Beendigung der 28. Ziehung eingestellt. Wir behalten Uns jedoch vor, in deren Stelle eine neue Lotterie nach einem Plan einzurichten, der zu seiner Zeit zur Kenntnis des Publikums gebracht werden soll. 3. Die Unternehmung von Privatlotterien ohne besondere Erlaubnis des Staats und das Spielen in auswärtigen vom Staat nicht genehmigten Lotterien bleibt so nach wie vor untersagt, und die Übertreter werden mit den im Allgemeinen Landrecht §§ 248, 249 Tit. X X . P. II angeordneten Strafen belegt. Gegeben Königsberg, den . . . April 1809. Ich finde bei diesem Entwurf der Verordnung nichts zu erinnern. Albrecht d. 9. April. 1 Ich kann diesem Voto nicht beitreten, vielmehr muß ich ad 3. der entworfenen Verordnung bemerken, daß Privatlotterien durch das Allgemeine Landrecht nicht untersagt sind. Der Strafcodex desselben redet in den Paragraphen nur von öffentlichen Lotterieunternehmungen ohne besondere Erlaubnis des Staats, und auch P. I Tit. 1 1 § 547 ist bloß verordnet, daß nur mit ausdrücklicher

12. April 1809

231

Genehmigung des Staats öffentliche Lotterien, Glücksbuden und andere dergleichen Glücksspiele unternommen werden können. Das Lotterie-Edikt 2 selbst, welches ich nicht gleich bei der Hand habe, hat zwar in Fällen alle Ausspielungen verboten, aber auch darunter wohl nur öffentliche verstanden. Wenigstens sind Privatausspielungen auf die in den Lotterien gezogenen Nummern sehr häufig geschehen und geschehen noch täglich, ohne daß die je gerügt werden, wenn sie nicht öffentlich angezeigt waren. So ist auch das Lotteriespiel selbst in vielen Gesellschaften eingeführt und nur als Hazardspiel verboten. Ich würde daher vorschlagen, den Paragraphen so zu fassen: Die Unternehmung von öffentlichen Lotterien ohne besondere Erlaubnis des Staats und das Spielen in auswärtigen, vom Staate nicht besonders genehmigten Lotterien bleibt so nach wie vor untersagt, und die Übertreter werden mit den im Allgemeinen Landrecht P. II, Tit. 20 § 248 und 249 angeordneten Strafen belegt. 2. Dieses Gesetz würde denn auch diejenigen treffen, welche Lose von auswärtigen Lotterien (die nicht besonders genehmigt sind) im Lande verteilen (absetzen, debitieren). Diese Kontravention ist aber in sich größer als das bloße Spielen in auswärtigen Lotterien. Diese Verteiler sind die Verführer, die Spieler aber nur die Verführten. Es müßte also eine härtere Strafe gegen erstere als gegen die letztern angeordnet werden. Man hat dies auch durch die Auflegung des doppelten Ertrages des gezogenen Vorteils beabsichtigt. Dieser wird aber selten von einiger Bedeutung auszumitteln sein. Bei der neuen Lotterie dürfte der Reiz zum Absatz von Losen auswärtiger Lotterien vermehrt werden. Deswegen müßte diesem die Besorgnis einer härteren Strafe entgegengesetzt werden, deren Vorschlag ich dem Ermessen des Finanzministeriums anheimstelle. 3. Da die Allerhöchste Kabinettsordre vom 25. v. M. ausdrücklich befiehlt, daß die etwanigen Rechte des bisherigen Entrepreneurs der Klassenlotterie vor der Ausführung erörtert und beseitiget werden sollen, so setze ich voraus, daß solches vor der Publikation der Verordnung 3 geschehen wird, um so mehr, als solches m. E. nicht sehr schwierig sein dürfte. Königsberg, den 12. April 1809. Beyme« 1 2 3

Für die Datierung des Stückes als Anhaltspunkt genommen. Lotterie-Edikt vom 20. Juni 1794. Wegen Kriegsunruhen wurde das Lotterie-Edikt erst in der auf 12 Paragraphen erweiterten Fassung am 28. Mai 1810 vollzogen; gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. v. Altenstein, v. Dohna, Beyme (Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 118, S. 712ff.).

90. Oberpräsident von Massow an beide schlesischen Regierungen Breslau, 12. April 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 146 Nr. 13 Bd. 1 Bl. 33: Abschrift.

Richtlinien zur Verhinderung von Unruhen unter dienstpflichtigen Dorfbewohnern »Der Exzeß, welcher in Ober-Haselbach bei Absendung eines Exekutionskommandos vorgefallen, hat den höchsten Unwillen Unsers Souveräns erregt i , und haben Sich Seine Majestät vorbehalten, nach Beendigung der dem Obrist-

12. April 1809

232

Lieutenant von Gneisenau, Oberlandesgerichtsrat Baron von Kospoth und Regierungsrat Geier unmittelbar aufgetragenen Untersuchung 2 die Schuldigen auf das strengste zu bestrafen. Ebenso sind Anordnungen getroffen, daß widerspenstige Gemeinden durch militärische Hülfe, deren Leitung ebenfalls dem Obrist-Lieutenant von Gneisenau übertragen worden, sofort zu ihrer Pflicht zurückgeführt und die Gutsbesitzer überall in denen vom Staat anerkannten Rechten geschützt werden. Durch diese Vorkehrungen ist nun die Ordnung und Ruhe im allgemeinen gesichert und auch das besondere Interesse der Gutsbesitzer berücksichtiget. Dagegen wird es aber auch notwendig, dafür zu sorgen, daß die dienstpflichtigen Dorfseinwohner nicht gedrückt und dadurch zu Exzessen gereizt werden, welche alsdenn mit Strenge gerügt werden müssen. Euer pp. Regierung fordere ich daher hiermit auf, die Landräte gemessenst dahin zu instruieren, daß sie diesem Gegenstand ihre höchste Aufmerksamkeit widmen und genau darüber wachen, daß die Gutsbesitzer keine Veranlassung zur Widerspenstigkeit geben, jede bedenkliche Gärung unter den Dorfsbewohnern aber sogleich in der Geburt erstickt werde. Demnach ist es der Landräte unerläßliche Pflicht, Anordnungen zu treffen, daß sie von jeder Differenz zwischen der Gemeinde und dem Gutsbesitzer zeitig unterrichtet werden, damit sie durch Ermahnungen und Ratschläge diese beseitigen können, ehe solche in förmliche Widersätzlichkeit ausartet. Übrigens versteht es sich von selbst, daß sie bei wirklichen Unruhen wenigstens den Versuch machen müssen, solche zu stillen, um nicht ohne Not den meist bloß irregeführten Landmann der unerbittlichen Strenge der Gesetze auszusetzen. Besondere Aufmerksamkeit müssen sie aber denjenigen Gutsbesitzern widmen, welche zu keiner Nachsicht geneigt sind und schon Proben ihrer Strenge gegeben haben 3 , und solche vorerst warnen, wenn dies aber nicht fruchtet, zur weitern Rüge anzeigen. Damit dies aber ohne Eklat geschehe, sind dergleichen Anzeigen an mich zu richten.« 1

Siehe

K . O. an General-Lieutenant

von

Grawert,

Königsberg,

22. März

1809

(Konzept i. gl. Fasz. Bl. 5). 2

Siehe die entsprechende K . O., Königsberg, 22. März 1809 (Konzept Bl. 4). E s heißt darin: »Ich will, daß diese Sache in Verbindung mit den frühern Militärexekutionen in dieser Gegend, wobei auch Pflichtwidrigkeiten besonders v o n dem Zivilcommissarius vorgefallen sein sollen, aufs allerernstlichste untersucht und daß jeder, der auf nähere oder entferntere A r t sowohl bei der Verwechselung der Ortschaften als durch unmittelbare Teilnahme an den vorgefallenen Exzessen oder durch Vernachlässigung seiner Amtspflichten verschuldet ist, ohne alles Ansehn der Person v o m ersten bis zum letzten aufs nachdrücklichste bestraft werde.«

3

I m Schreiben Dohnas an Massow, Königsberg, 3. April 1809, das die Richtlinien vorzeichnete, wird als Beispiel der Landschaftsdirektor v. Crausz genannt (Konzept Bl. 29). Vgl. auch R M Stein I I I , Nr. 247, S. 800 über Maßnahmen zur schnellen Unterdrückung v o n Bauernunruhen in Schlesien. I m übrigen findet D o h n a aufs neue bestätigt, »daß die Einwohner Schlesiens keinesweges zu Unruhen geneigt, vielmehr durchgängig ein gutes biederes V o l k sind und also alles von ihrer Behandlung abhängt.«

22. April 1809

233

91. »Votum der Gesetzgebungssektion über die Verordnung Aufhebung der Zahlen- und Klassenlotterie«

wegen

Königsberg, 22. April 1809 ZSTA

Merseburg, Ministerium

des

Innern,

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 7 B d . 1

Bl. 62: K o n z e p t Rehdiger, gez. Rehdiger, Klewitz.

Befürchtung mungen

nachteiliger Folgen bei Duldung außerstaatlicher

Lotterieunterneh-

»Da der § 1 und 2 der Verordnung wegen Aufhebung der Zahlen- und Klassenlotterie schon durch die Allerhöchste Kabinettsordre vom 25. v. M. feststeht und die Anträge und Vorschläge des Finanzministerii, welche dieselben veranlaßt haben, nicht zur Kenntnis der Gesetzgebungssektion gelangt sind, so bleibt für dieselbe nur § 3 zum Gutachten übrig. In bezug auf diesen Paragraphen müssen wir der Hauptsache nach dem Sentiment des Herrn Großkanzlers Beyme Exzellenz 1 vollkommen beistimmen. Indessen erlauben wir uns hier noch einige Bemerkungen. 1. Könnte nicht rücksichtlich auf T. II Tit. 20 § 248 des Allgemeinen Landrechts als jetzt [für die] zu bestimmende Strafe der heimlichen Collecteurs fremder Lotterien außer den 50—100 rt. fiskalischer Geldbuße der einfache oder gar doppelte Betrag der erweislich abgesetzten Lotteriebillets angenommen werden? 2. Ist nicht zur Bezeichnung dieser unerlaubten Erwerbskategorie anstatt Unternehmung öffentlicher vom Staat nicht erlaubter Lotterien ein andrer Ausdruck zu wählen? — Denn der Collecteur oder Absetzer von Lotteriebillets ist doch nur Vermittler oder Beförderer, aber nicht Unternehmer der Lotterie. 3. Nach der Meinung des Herrn Großkanzlers Exzellenz sind Privatlotterien, d. h. solche, die nicht öffentlich angekündigt werden, bisher nicht verboten gewesen. Es frägt sich indessen, ob nicht jetzt, wo die von Staats wegen nicht weiter befriedigte Spielsucht des großen Haufens nach Privatgelegenheiten, das Glück zu versuchen, begieriger sein wird, ein solches Verbot geraten und nützlich sein möchte? Hierher würden Ausspielungen gewisser Sachen, Annahme von Einsätzen auf fremde Lotterieziehungen für des Unternehmers eigne Rechnung oder Wetten und Assekuranzen über das Herauskommen der einländischen Klassen-Lottonummern, z. B. am ersten oder zweiten Ziehungstage gehören, wie denn mit letzterm Spiele trotz aller Strenge der Polizei in England insgeheim großer Unfug in eigens dazu bestimmten Bureaux getrieben wird. Dergleichen Privatanstalten können nun zwar, wenn sie weder durch Zeitungen und Intelligenzblätter noch durch Affichen zur Kenntnis gelangen, kein großes Publikum und kein sonderliches Vertrauen gewinnen. Durch ihre Menge können sie indessen doch schädlich werden, um auf das Volk sogar noch nachteiliger zu wirken als die Staatslotterien selbst. Hat man nun diese aus Rücksichten auf Volksmoralität und Wohlstand abgeschafft, so muß man auch alle Nebenwege, diesen Zweck zu vernichten, abzuschneiden suchen, weil es sonst für den Staat, sich in dem Vorteil des einmal nicht ausbleibenden Übels zu erhalten, um so geratener gewesen wäre, als er doch — durch das beabsichtete Surrogat der

26. April 1809

234

Klassenlotterie nicht aufhört, seinen Untertanen Bank zu halten. Demnach möchten wohl Unternehmer und Beförderer von solchen nicht öffentlich angekündigten und vom Staat nicht besonders erlaubten Privatlotterien sowie auch die Spieler darin ebenfalls gewissen Strafen zu unterwerfen, endlich auch noch die Glücksbuden abzuschaffen sein, die für den großen Haufen vielleicht noch nachteiliger sind als wie die Zahlenlotterie selbst.« » Siehe Nr. 89.

92. Fragen des Königs über die von selten Preußens zu ergreifenden Maßregeln Königsberg, 26. April 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I 24 Bl. 78: eigh. Reinkonzept, nach eigh. Entwurf Bl. 80. Erwägungen für den Fall eines Kriegseintritts gegen Frankreich

»I. Welche Maßregeln sind ohne Zeitverlust sowohl im Innern des Landes als das Ausland betreffend dem jetzt gefaßten Entschluß zufolge zu ergreifen, damit Preußen, sobald seine politische Lage es verstattet, mit der größtmöglichsten Anstrengung seiner Kräfte aufzutreten imstande sei?, wobei nicht außer acht zu lassen ist, daß diese Vorkehrungen für jetzt nicht weiter gehen dürfen, als insoweit es, ohne Frankreich Verdacht zu geben und dessen Aufmerksamkeit zu erregen, geschehen kann. Hierbei kommt in Betrachtung, daß wir 1. nur auf 40000 Mann Feldtruppen zu rechnen haben, die noch nicht einmal mit allem gehörig versehen sind. 2. Daß diese geringe Macht im ganzen ausgedehnten Lande zerstreut ist und daß eine nicht unbedeutende Zeit dazu erforderlich sein wird, diese Truppen an den entferntesten Endpunkten von Preußen und Oberschlesien zu konzentrieren. 3. Daß wir Festungen haben, worunter verschiedene eine ziemlich beträchtliche Garnison erfordern, die man doch nicht gänzlich bloßen Invaliden und Rekruten anvertrauen kann. 4. Daß wir im Lande incl. Danzig 4 Festungen, und rechnet man Magdeburg hinzu, 5 Festungen haben, die mit feindlichen Truppen besetzt sind, die also nicht unbeobachtet bleiben können. 5. Daß in dem Herzogtum Warschau, wenn die Österreicher es verlassen sollten, eine nicht unbedeutende bewaffnete reguläre Macht wird bleiben müssen, um diese Nation in Zügel zu halten. 6. Daß es für eine künftige beträchtliche Vermehrung unserer Streitkräfte gewiß an brauchbaren Waffen und Munition gebrechen wird. Bei allen diesem gehe ich von dem Gesichtspunkte aus, daß Rußland bestimmt neutral bleibt. Geschieht dies nicht, so bleibt alles übrige unausführbar. II. Wenn der Zeitpunkt günstig ist, um uns gegen Frankreich zu erklären, was werden alsdann für Mittel anzuwenden sein?

26. April 1809

235

1. Uns Geld zu verschaffen. 2. Die Relationen mit dem Auslande enger und fester zu knüpfen. 3. Die Streitkräfte des Staats auf den möglichst höchsten Grad zu bringen und sie so zu ordnen, daß keine Anarchie im Lande entstehe und keine Räuberhorden statt disziplinierter Armeecorps herumziehen und in befreundeten Ländern überall Schrecken und Verwirrung erregen und als regellose Haufen, die zwar von kühnen Parteigängern angeführt, aber ohne eigentlichen Plan, nach bloßer Willkür handelnd, zu entscheidenden Hauptschlägen unzureichend bleiben. Zu diesem dritten Punkt muß vorher schon alles so vorbereitet sein, daß nur noch der Befehl zur Ausführung erforderlich bleibt. Hierher gehört die Einteilung der bestehenden Feldtruppen und ihrer vorläufig zu bestimmenden Versammlungspunkte, um sich in Corps zu formieren; diejenigen der neu zu formierenden, was davon gegen den Feind selbst zu rücken bestimmt ist oder aber zu Observationscorps oder Besatzungen erforderlich ist. Ferner die Anschaffung der Pferde, die Bedürfnisse an Montierungs-, Armatur- und Munitionsgegenständen, die alsdann ohne Zeitverlust müssen herbeigeschafft werden können. Ebenso muß für die Subsistenz der Armee gesorgt sein. Die Generale und Offiziere, die zu employieren oder neu anzustellen sind, müssen alle schon vorher auf den Papieren eingeteilt sein, damit keine Zeit auch hierbei verlorengehen könne und sich nichts kreuze. Nicht minder wichtig ist es, daß der Gang und der Zweck der Operationen, sobald die Streitkräfte beisammen sind, völlig bekannt und mit den Verbündeten übereinstimmend zur Ausführung gebracht werden können. Noch ein wichtiger und vielleicht der wichtigste Gegenstand hierbei ist das Generalkommando der Armee. Zuvörderst die Wahl des Individuums und dann ein wohlorganisierter Geschäftsgang von Seiten des Hauptquartiers. Die oberste Leitung der Kriegsoperationen muß aber, wenn anders ein Ganzes hineinkommen soll, schlechterdings von dem österreichischen Oberstfeldherrn ausgehen, so manches Unangenehme dies auch für manchen haben mag. Meine eigene Erfahrung und Überzeugung aber spricht zu sehr für die Wichtigkeit der Sache.«1 1

Vorstehende Ausführungen richtete der König am 28. April an das Staatsministen rium: »Hierbei erhalten Sie die zu beantwortenden Fragen und zu erwägendeh Gegenstände, über die ich mich bereits mündlich einigemal geäußert; und obgleicn sie größtenteils militärisch sind, so greifen sie dennoch sehr genau in die übrigeStaatsverhältnisse ein, u m auch dem Ministerio mitgeteilt zu werden, u m d e m nächst gemeinschaftlich und ohne Zeitverlust ein Gutachten darüber zu verfassen. Sie haben das N ö t i g e dieserhalb zu veranlassen. Die Ansichten des Grafen Kalckreuth, die ich ihm abgefordert hatte, erfolgen a n bei, u m selbige gleichfalls den übrigen Herrn mitzuteilen; ich erbitte sie mir aber sodann zurück.« (Eigh. und gez. Konzept i. gl. Fasz. Bl. 77)

236

28. April 1809

93. »Votum über die künftigen Verhältnisse der französischen Kolonie« Königsberg, 28. April 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 83 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 76: Konzept eigh. u. gez. Friese, gegengez. Dohna.

Zulässige Berücksichtigung Befugnisse

nur der eigentlichen Korporationsrechte und privater

»Die französische Kolonie übte bisher in Rücksicht ihrer Mitglieder und Angelegenheiten nicht bloß die gewöhnlichen Korporationsrechte, sondern sogar das oberste Aufsichts- und Verwaltungsrecht des Staates aus. Sie bildete also förmlich einen Staat in dem Staate. Es ist einleuchtend, daß diese Verfassung mit der neuen Einrichtung der Dinge durchaus unverträglich sei, die Einheit in der Verwaltung und Aufsicht, ein allgemeines Annähern und inniges Anschließen aller Stände und Klassen der einzelnen Staatsbürger aneinander beabsichtiget, damit ein gemeinsamer fester und kraftvoller Volkssinn hervorgehe. Zu dem Ende bestimmt das Publikandum vom 16. Dezember 1808, daß die oberste Leitung der öffentlichen Verwaltung in ihren einzelnen Zweigen nur von Einem Punkt ausgehen solle und die verschiedenen früher stattgefundenen obersten Verwaltungsbehörden aufhören. 2 Hieraus folgt: daß weder von einem französischen Koloniedepartement noch von einem französischen Oberdirektorium künftig mehr die Rede sein könne. Mit dem obigen Grundsatz übereinstimmend setzt die Verordnung vom 26. Dezember v. J. 3 fest, daß die gesamte Polizei- und Finanzverwaltung in den Provinzen sich in den Regierungen konzentrieren solle. Namentlich bestimmt der § 10 derselben, daß alle geistlichen und Schulangelegenheiten „in Rücksicht sämtlicher Religionsverwandten ohne Unterschied, folglich auch der römisch-katholischen und evangelisch-(deutsch und französisch) reformierten" vor die Regierungen gehören sollen. Hieraus folgt: daß die besondern Konsistoria, geistliche und Schulaufsichtsbehörden, welche die Kolonie bis itzt gehabt hat, namentlich das französische Oberkonsistorium in der Folge eingehen. Die Städteordnung 4 beruht gleichfalls auf dem Grundsatz: es könne an jedem Ort nur Eine Stadtgemeinde, nur Ein Bürgerrecht existieren, das besondere französische Bürgerrecht, welches die Kolonie bis itzt gegeben, muß also wegfallen, in der T a t auch die größte Anomalie, die man sich denken kann, in dem preußischen Staat ein französisches Bürgerrecht! Dieses ist bis itzt geschehen! Es kann wohl nicht die Frage sein, ob der Staat berechtigt war, es zu tun. Sehr unrichtig schiebt die Kolonie den Verordnungen über ihre Fundation den Begriff Privilegien unter. Sie sind Landesgesetze, die in Beziehung auf die Kolonie gegeben sind, also gleich jedem andern Gesetz von der höchsten Gewalt abgeändert werden können. Nur diejenigen Bestimmungen daraus können höchstens die Natur von Privilegien haben, die überhaupt der

28. April 1809

237

Gegenstand eines Privatinteresses sein können. Dahin gehören die bei der ersten Niederlassung versprochenen Benefizien, die Bestimmungen wegen der Gewerbe und des Fortkommens der Koloniemitglieder und die versprochenen Geldunterstützungen ; aber keineswegs Bestimmungen über die Organisation der inneren Landesverwaltung, wovon hier nur die Rede ist. Dergleichen zu erteilen ist ein Majestätsrecht, und weder der Landesherr noch der Staat kann sich dessen je entäußern. Bei Regulierung der weiteren Verhältnisse der Kolonie für die Zukunft kann füglich nur der Grundsatz zum Leitfaden dienen: es können derselben nur die eigentlichen Korporationsrechte und solche Befugnisse gelassen werden, welche sich nach der Landesverfassung in Privathänden befinden können. Es kommen hiebei vorzüglich folgende Gegenstände in Erwägung: 1. Die Gerichtsbarkeit, welche die Kolonie noch ausübt, 2. ihre Kirchen und Schulanstalten, 3. ihre Armenanstalten und milden Stiftungen. Zu 1. Das Ministerium des Innern kann nicht anders als wünschen, daß diese Gerichtsbarkeit bald aufhöre. Sie ist von der gewöhnlichen Patrimonialjurisdiktion wesentlich unterschieden, und die Gründe, die sich für letztere allenfalls noch — wiewohl auch nicht mit Haltbarkeit — anführen lassen, treffen auf jene nicht zu. Sollte es bedenklich sein, die Gerichtsbarkeit der Kolonie auf einmal ganz aufzuheben, so könnte man sie wenigstens auf die Grenzen der gewöhnlichen Patrimonialjurisdiktion beschränken, mithin nur auf Untergerichte, und das Obergericht eingehen lassen. Auch würde es wohl einer näheren Ausmittelung wert sein, ob an den Orten, wo jetzt noch Koloniegerichte existieren, die Zahl der Gerichtseingesessenen von dem Belange sei, daß es lohne, ihnen ein eignes Gericht zu lassen. Am wesentlichsten möchte eine Reform wegen des Hypothekenwesens der Koloniegerichte nötig sein. Dies könnte wohl ohne Schwierigkeit sogleich zu den ordentlichen Gerichten übergehen. Das Ministerium des Innern unterwirft indessen diese Ansichten dem erlauchten Ermessen Sr. Exzellenz des Chefs der Justiz. Zu 2. Mag die Kolonie ihre Ältesten, ihre Kirchen- und Schulvorsteher, ihre Prediger und Schullehrer sich immer wählen, mag jede Gemeinde ihre inneren Korporationsangelegenheiten, mithin auch das Vermögen, verwalten. Nur der Staat kann sich der polizeilichen Aufsicht darüber nicht begeben. Den ordentlichen Behörden desselben muß es also auch vorbehalten bleiben, zu bestimmen, was und wie in den Kirchen und Schulen gelehrt werden soll, und nachzusehen, ob die Vorschriften befolgt werden. Sie müssen das Prüfungsund Bestätigungsrecht der Prediger und Schullehrer und die Kontrolle über die Verwaltung der Kirchen- und Schulenvermögen haben. Denn Kirchen- und Schulenzucht greifen zu tief in das allgemeine Wohl des Staats ein, um sie den Gemeinden allein überlassen zu können. Zu 3. Mag die Kolonie gleichfalls das Vermögen ihrer Armenanstalten und milden Stiftungen verwalten. Mag sie oder die von ihr erwählten Vorsteher bestimmen, we r hülfsbedürftig und genußfähig sei und wie lange er die Unterstützung genießen solle. E s kann nicht die Absicht sein, sie wider ihren Willen zu nötigen, auch Personen Unterstützung zufließen zu lassen, welche nicht zur Kolonie gehören.

238

28. April 1809

Allein dem Staat und seinen Behörden 5 muß die Befugnis bleiben, darauf zu sehen, daß die Verwaltung nicht nach Grundsätzen geschehe, die dem Allgemeinen nachteilig sind. Der Staat und seine Behörden müssen schlichten und entscheiden können, wenn Streit entsteht, daß fundationswidrig verfahren sei. Dagegen erfordert es die Gerechtigkeit, daß der Staat alle seine Bürger nach gleichen Grundsätzen behandele und die Verpflichtungen erfülle, welche er gegen sie oder einzelne Klassen von ihnen übernommen habe. Hieraus folgt aber: 1. daß die Offizianten der Verwaltungsbehörden der Kolonie, welche eingehen, ebenso in Ansehung ihrer weiteren Anstellung oder Pensionierung behandelt werden müssen als die Offizianten aller übrigen Behörden, welche nach der neuen Einrichtung aufgelöst werden; 2. daß diejenigen Summen, welche der Staat einmal zur Salarierung der Prediger und Schullehrer der Kolonie und zur Unterhaltung ihrer Kirchen, Schulen und Armenanstalten übernommen, nach wie vor ungekürzt gezahlt werden. E s ist auch wohl nie die Absicht gewesen, in dieser Hinsicht der Kolonie etwas zu entziehen. Im Gegenteil ist es bereits zur Sprache gekommen, Mitglieder aus dem französischen Oberkonsistorium in der Geistlichen- und Schuldeputation der Kurmärkschen Regierung auch dem Befinden nach in der Sektion für den öffentlichen Unterricht und Kultus anzustellen. In Absicht des zweiten Umstandes (zu 2.) kann aber nur Unvermögen des öffentlichen Einkommens oder dringenderes Bedürfnis eine Änderung begründen. Nach der Meinung des Ministeriums des Innern möchte es kein Bedenken haben, die vorbemerkten Grundsätze schon jetzt Sr. Majestät zur Genehmigung vorzutragen. Vielleicht würde es aber die Gemüter eher 6 beruhigen, wenn man die Kolonie vorher noch früge und sie ihr Herz ausschütten ließe, was sie eigentlich haben wolle. Vielleicht hat sie manche Wünsche, auf welche sie einen hohen Wert legt, die ihr unbeschadet der neuen Einrichtung gewährt werden können. Man erhält dadurch auch Gelegenheit, auf die Prediger der 7 Kolonie näher zu würken, die in Berlin sowie hier die Haupttriebfeder der Sollizitationen sind. E s könnte der Auftrag zu diesem Geschäfte dem Geh. Staatsrat Sack gemacht 8 und dabei zugleich der von ihm in seiner vorliegenden Auskunft uner[k]lärt gebliebene Bestand aufgeklärt werden, worauf die von der Generaldomänenkasse zur französischen Etatskasse jährlich gezahlte Summe von 5 3 060 rt. 1 6 gg beruhe, denn nach dem in den Akten befindlichen Edikt vom 29. Februar 1 7 2 0 § 3 sind nur 1 5 600 rt. für die Geistlichen und eine angemessene Summe für die Justizbedienten versprochen worden.«9 1

Das Votum trägt auf der ersten Seite den Randvermerk von Friese: »Ihro Exzellenzien dem Herrn Staatsminister von Altenstein und dem Herrn Großkanzler Beyme mit den Akten des Ministeriums des Innern unter ergebenster Zurückerbittung vorzulegen!« Darunter vermerkt Friese am 31. August: »Note: Nach einem spätem Beschluß ihrer Exzellenzien soll der in Antrag gekommene Auftrag an Herrn p. Sack cessieren und sogleich an des Königs Majestät zur Entscheidung berichtet werden.« 2 Siehe RM Stein III, Nr. 333, S. 1149 ff. 3 Siehe Nr. 22. * Siehe RM Stein III, Nr. 319, S. 1038 ff. 5 ursprüngl.: »Allein den Staatsbehörden«.

28. April 1809 6 7 8 9

239

»eher« zugefügt. »Prediger der« ergänzt. Siehe dazu Anm. 1. Unter dem Votum steht die eigenhändige und gezeichnete Stellungnahme Altensteins vermutlich vom 25. Mai 1809: »Ich bin mit Vorstehendem im allgemeinen einverstanden und halte es gleichfalls für ratsam, eine weitere Verhandlung mit der Kolonie durch Herrn Geh. Staatsrat Sack nach vorstehenden Gesichtspunkten zu veranlassen. Nur in Ansehung des Kirchenwesens kann, glaube ich, der Staat der französischen Kolonie sehr weit nachgeben, wenn sie sich selbst in das Verhältnis einer bloß geduldeten Kirche versetzen will. Sie erhält dann keine Unterstützung von Seiten des Staats. Dieser übernimmt keine oberste Leitung, sondern bloß die Kontrolle, daß nichts dem Staate Gefährliches sich einschleiche. In Ansehung aller Institute kann der Kolonie, glaube ich, die höchste Freiheit in Beibehaltung ihrer eigenen Behörde gelassen werden, wenn solche nur selbst den gewöhnlichen Behörden des Staats da, wo die Einrichtung in das Ganze eingreift, unterworfen sind. Alles dieses wird bei weiteren Unterhandlungen die Kolonie überzeugen, daß sie großenteils nur um einen Schatten kämpft und daß solcher von dem Isolieren nur Nachteile, nicht aber Vorteile, diese letztern wohl aber durch die in Vorstehendem bemerkten Einrichtungen zuwachsen können.«

94. Immediateingabe des Kurmärkischen Regierungspräsidiums Berlin, 28. April 1809 ZSTA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 192 Nr. 4 Bd. 1 Bl. 56: Ausf., gez. Vincke 1 . Anfrage wegen Bearbeitung geheimzuhaltender Gegenstände »E. K . M. Befehle v o m 23. dieses 2 gemäß, werden wir nicht ermangeln, geheime Gegenstände zu unserer ausschließlichen Bearbeitung zu ziehen. Die Unruhen in der A l t m a r k 3 aber haben eine solche Publizität gehabt und ihrer Natur nach haben müssen, daß eine Geheimhaltung ganz unmöglich war. Wir bitten daher um allergnädigste Bestimmung, ob der § 90 der Geschäftsinstruktion auch auf solche Gegenstände zu beziehen sein wird, welche zwar an sich nicht publik werden sollten, aber durch die Umstände bereits öffentlich und allgemein bekannt geworden sind?«4 1

Vincke zeichnete als Präsident der Kurmärkischen Regierung. Zum allseitigen Bedauern wirkte er insgesamt nur ein Jahr in diesem Amt. Sein erstes Entlassungsgesuch vom 17. Juli 1809 begründete er mit seiner aus dreimonatigen Erfahrungen gewonnenen Überzeugung, daß seine »Kräfte der Aufgabe nicht gewachsen sind, die Erhaltung der Provinz in ihrem höchst erschöpften Zustande mit den dringenden Anforderungen des Staats und den Anforderungen der frühern unglücklichen ständischen Verwaltung zu vereinigen.« Auf Wunsch des Königs verschob er mehrmals seinen Abschied. Erst nach dringlicher Wiederholung der Eingabe unter Hinweis auf seine zerrüttete Gesundheit erhielt Vincke durch K. O.

240

30. April 1809

vom 31. März 1810 die erbetene Dimission (Druck der Gesuche und der Antworten des Königs bei Bassewitz 1809/10, S. 176 ff.). 2 Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 54. 3 Siehe Nr. 85. 4 Auf gleichem B l a t t steht die Marginalanweisung Frieses für die A n t w o r t ; das danach angefertigte Reskript an das Präsidium der Kurmärkischen Regierung, Königsberg, 20. Mai 1809, steht als Konzept, gez. Dohna, im gleichen Faszikel Bl. 57. Darin wird festgestellt, daß sich im allgemeinen nichts bestimmen lasse, sondern das Präsidium nach Beschaffenheit des einzelnen Falls den Grad der Geheimhaltung entscheiden müsse.

95. Kabinettsordre an den Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten von Auerswald gez. Friedrich W i l h e l m Königsberg, 30. A p r i l 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 103: Abschrift. Übertragung des Vorsitzes auf dem Generallandtage

von Ostpreußen

und

Litauen

»Es ist bereits w ä h r e n d E u r e r A b w e s e n h e i t in Marienwerder d e m Generallandschaftsdirektor Freiherrn v . K o r f f als Vorsitzer der ständischen K o m i t e e 1 und dem Regierungsrat Grafen z u D o h n a wegen der L a n d e s d e p u t a t i o n der A u f t r a g erteilt worden, den v o n Mir befohlnen L a n d t a g des K r e d i t s y s t e m s m i t einem ständischen L a n d t a g e z u verbinden u n d sowohl die D e p u t i e r t e n der L a n d eigentümer als der S t ä d t e zusammenzuberufen. I h r h a b t auf diesem L a n d t a g e der als Oberpräsidenten der P r o v i n z E u c h obliegenden V e r p f l i c h t u n g g e m ä ß den V o r s i t z z u führen, und Ich v e r t r a u e E u r e m E i f e r f ü r Meinen D i e n s t und f ü r das Interesse des Landes, d a ß Ihr die B e r a t s c h l a g u n g e n der D e p u t i e r t e n z w e c k m ä ß i g leiten werdet. N a c h v o l l e n d e t e m Geschäft h a b t Ihr die V e r h a n d l u n g e n des L a n d t a g e s an die Minister der F i n a n z e n und des Innern einzureichen. 2 « 1

In einer K . O. an Auerswald vom 27. Februar 1809 (Konzept Staegemann in Rep. 89 A Tit. 26 Nr. 4 Bd. 1 Bl. 81; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 31857) war Korff der Vorsitz vom König beigelegt worden. In der K . O. an Auerswald vom 13. Mai 1809 (Abschrift in Rep. 77 Tit. 149 Nr. l Bd. 1 Bl. 27) teilt der König mit, daß er Korff »auf dessen Immediatantrag, welcher von ihm bei Euch hätte schriftlich geschehen und von Euch mir vorgetragen werden sollen« dispensiert habe und dem Vorschlag entsprechend der Vorsitz dem Geheimen Justizrat v. Brandt einstweilen zu übertragen sei. »Für die Zukunft behalte Ich Mir aber vor, den Vorsitzenden R a t bei der ständischen Komitee auf dem Generallandtage nach Meiner Wahl aus den Mitgliedern derselben zu bestimmen.«

2

Bericht von Auerswald an Altenstein und Dohna vom Verlauf der Verhandlungen über die ständischen Angelegenheiten, Königsberg, 12. Mai 1809 (Ausf., gez. Auerswald, i. gl. Fasz. Bl. 89); sein Bericht über die Beratungen des Ostpreußischen Kreditsystems, Königsberg, 14. Mai 1809 (Ausf., gez. Auerswald, Bl. 60).

30. April 1809

241

96. Immediatbericht des Geheimen Staatsrats und Oberpräsidenten Sack Berlin, 30. April 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 4 Bl. 5: Abschrift.

Bericht über die Verhandlungen des Generallandtags der Kur- und Landstände

Neumärkschen

»E. K . M. allergnädigstem Befehle gemäß ist hieselbst ein Generallandtag der Kur- und Neumärkschen Landstände gehalten — am 27. Februar d[ieses] J[ahres] eröffnet und am 1. d[ieses] M[onats] geschlossen — auch hiernächst noch mit einem zurückgelassenen kleinen Ausschusse desselben das Übriggebliebene nun völlig beendigt worden. Die Deputierten zu diesem Landtage waren mit freier Vollmacht über alle das Beste der Provinz betreffenden, zur Beratung kommenden Gegenstände abzustimmen berufen. Es sind daher auch außer der Haupt veranlassung des Landtages, der Bepfandbriefung der Domänen, noch mehrere teils mehr, teils minder wichtige Gegenstände zur Diskussion gekommen und vollständig bearbeitet worden. Für die hauptsächlichsten derselben wurden gleich bei Eröffnung des Landtages auf meine Veranstaltung einzelne Sektionen gewählt, welche die Sachen vorarbeiteten und demnächst nur die Resultate in pleno zur Beratung brachten, in welchem ich dann die weitern Verhandlungen leitete. In der sehr zahlreichen Versammlung von etlichen 50 Personen waren mehrere sehr kluge, von Patriotismus und Eifer für das Gute beseelte Mitglieder; der ganzen Versammlung muß ich das Zeugnis geben, daß sehr wesentliche gute Beschlüsse in derselben gefaßt und sehr zweckdienliche Ausarbeitungen zustande gebracht worden sind und daß dieselbe im ganzen von einem sehr guten Geist für das gemeine Wohl beseelt gewesen ist, wenngleich hie und da einseitige Ansichten und die Ungewohnheit, dergleichen Geschäfte zu behandeln — denn ein solcher Generallandtag hat in sehr langer Zeit nicht stattgefunden —, besonders in dem ersten Anfange die Verhandlungen schwierig machten. Über die wiederkäufliche Überlassung und Bepfandbriefung der Domänen 1 habe E . K . M. ich bereits am 22. d[ieses] M[onats] ausführlich Bericht erstattet. E s liegt mir noch ob, auch von den übrigen auf dem Landtage verhandelten Gegenständen das Resultat Allerhöchstdenenselben alleruntertänigst vorzulegen. Außer jenem I. Gegenstände ist II. die von E. K. M. befohlene Einverleibung der diesseit der Elbe gelegenen drei magdeburgischen Kreise zur Kurmark vollständig zustande gekommen.« [...] Es folgen Einzelheiten über die hierzu getroffenen Bestimmungen. »III. ist das Schuldenwesen der Kurmark genau geprüft worden. [. . .] Hauptsächlich aber hat man auf die Beschaffung einer ganz zweckmäßigen alles umfassenden künftigen Erhebungsmethode Bedacht genommen und diese

242

30. April 1809

IV. nur in der Einkommensteuer finden zu können sich überzeugt. [. . .] V. hat man sich auf dem Landtage damit beschäftigt, die Verhältnisse mit den abgetretenen Provinzen, der Altmark, dem Magdeburgschen jenseits der Elbe und dem Kottbuser Kreise — soweit letzterer hier in Betracht kam — ganz aufzuklären, um diese Aufklärung bei den künftigen diplomatischen Auseinandersetzungen anwenden zu können. [. ..] VI. sind mehrere das allgemeine Beste des Landes betreffende Gegenstände auf dem hiesigen Landtage zur Sprache gekommen. Dahin gehört 1. das Edikt vom 9. Oktober 1807 wegen erleichterten Besitzes des Grundeigentums2 und dessen noch notwendige Deklaration in Absicht der Ein- und Zusammenziehung bäuerlicher Grundstücke. Der Landtag hat dieserhalb in Absicht der Kur- und Neumark sein Gutachten abgegeben; ich habe das Gutachten der Pommerschen Stände ebenfalls eingefordert; die Ausarbeitungen der Pommerschen Regierung sind mir von E. K. M. Ministerium des Innern bereits zugefertigt, und ich erwarte nur noch die Ausarbeitung der hiesigen Regierung, um dann ein gemeinschaftliches Regulativ für sämtliche Provinzen meines Oberpräsidialbezirkes in Antrag bringen zu können. 2. eine verbesserte Gemeinheitsteilungsordnung für die Kurmark, deren Notwendigkeit für die fortschreitende Kultur allgemein gefühlt wird. Der Justizdirektor Struve zu Prenzlau, ein erfahrener Separationscommissarius, hat eine Ausarbeitung deshalb geliefert; der Landtag konnte indessen noch nicht zu einem allgemeinen bestimmten Gutachten gelangen, und es ist deshalb nähere Rücksprache der Ständischen Deputierten mit den Kreiseingesessenen und Übergebung finaler Vorschläge sowohl über eine den hiesigen Provinzialverhältnissen angemessene Gemeinheitsteilungsordnung als auch über ein Reglement wegen der Verhütung der Versandungen und Verschaffung der Vorflut bei der nächsten Ständischen Versammlung, die im künftigen Monat statthaben wird, vorbehalten worden. 3. ist darauf von Seiten der Ritterschaft angetragen worden, daß die Exportation von Getreide, Holz, Tabak, insonderheit aber und zunächst der Wolle nachgegeben werden möge, um dem Landmanne Gelegenheit zu geben, seine Produkte besser anzubringen, die Landeskultur mehr anzuspornen und besonders mehr Geld in das Land zu ziehen, worauf es doch jetzt hauptsächlich ankomme. Von seiten der Städte ist zwar hie[r]gegen ein lebhaftes Bedenken in Absicht der Konservation der Fabrikarbeiter geäußert worden. Indes halte ich doch dafür, daß unter den jetzigen Umständen die Kraft des Staats mehr durch Beförderung des Landbaues als der Fabriken zu beleben sei und daß in dieser Hinsicht wohl für den ersten etwas Wesentliches geschehen muß, da auf ihn fast alle Abgaben und Kriegeslasten gefallen sind und noch lasten. Die Exportation von Getreide, Holz und Tabak würkt auch wenigstens nicht direkt auf den Fabrikarbeiter. Dagegen ist dies in Absicht der Wolle allerdings der Fall. Grobe Wolle exportieren zu lassen möchte auch in mehrerer Beziehung nicht ratsam sein; die mehresten Fabriken hiesiger Gegend beschränken sich auch wohl nur auf diese. Dagegen feine Wolle allenfalls gegen einen verhältnismäßigen Import — exportieren zu lassen scheint mir unbedenklich. Da der Wollmarkt in einigen

30. April 1809

243

Wochen hier bevorsteht und die Ausfuhrerlaubnis der feinen Wolle hierauf sehr wesentlichen Einfluß haben würde, so bitte ich alleruntertänigst, daß E. K. M. das Gutachten der betreffenden Sektion des Ministerii hierüber zu erfordern und eventualiter die nötigen Befehle auf das schleunigste zu erlassen geruhen wollen, damit auf solche Weise dem Lande wieder einigermaßen geholfen werde, dem es jetzt so sehr an Gelde fehlt. 4. ist in Antrag gekommen, daß jetzt, wo der Staat nicht imstande sei, auf Wege, Kanäle, Brücken usw. bedeutende Kosten zu verwenden, die Erlaubnis gegeben werden möchte, daß auch Privatpersonen und Gesellschaften dergleichen gemeinnützige Anlagen machen und dagegen der Ertrag des Wege-, Brücken-, Chausseegeldes pp. gewisse Jahre einziehen dürften. Ich halte dies für höchst zweckmäßig, da in England sich diese Maßregel als solche längst bewährt hat, und stelle alleruntertänigst anheim, ob E. K. M. dieserhalb nach dem Wunsche der hiesigen und der Neumärkschen Stände etwas Allgemeines zu verordnen geruhen wollen. 5. wünschen die Städte, daß der gehässige und drückende Zwang der Schweineschneiderei, Musikpächterei, Scharfrichterei aufgehoben werde, wofür die Kommunen den Ausfall an Einkünften sehr gern decken würden. Ob E. K. M. wegen dieses Gegenstandes eine nähere Bearbeitung zu befehlen geruhen wollen, muß ich alleruntertänigst anheimstellen. 6. Die Aufhebung der Majorate, Fideikommisse und Lehne ist zur Sprache gekommen; man hat dieselbe zwar allgemein zur Beförderung der Landeskultur wesentlich diensam gefunden, jedoch hielten die Deputierten sich zu einem Antrage deshalb nicht hinlänglich bevollmächtigt. Ich habe ihnen daher nur versprechen müssen, Ew. Königl. Majestät Allerhöchste Willensmeinung, ob überhaupt hierauf jetzt eingegangen werden solle, alleruntertänigst einzuholen, damit demnächst nähere Vorschläge getan werden könnten. E. K . M. allergnädigstem Befehl sehe ich daher hierüber entgegen. 7. ist in Absicht der Repräsentation von seiten der Städte darüber geklagt worden, daß sie gegen die Ritterschaft zu wenig Stimmen führen. Der Landtag hat für jetzt nur der Stadt Potsdam für die Zukunft eine eigene Stimme noch eingeräumt, da teils ihre Wichtigkeit, teils ihre durch den jetzigen Krieg so sehr zerrütteten Verhältnisse eine engere Vertretung derselben nötig machen. Wegen der sonstigen Anträge der Repräsentanten ist aber noch eine nähere Vereinigung vorbehalten worden. E . K . M. werden diese der Stadt Potsdam für die Zukunft eingeräumte und auch schon auf dem jetzigen Landtage stattgefundene Repräsentation hoffentlich zu genehmigen geruhen.3 Mehrere sonst noch auf dem Landtage zur Sprache gekommenen minder wichtigen oder nicht zur Reife gediehenen Gegenstände übergehe ich hier und behalte mir wegen einiger derselben noch, wenn sie weiter ausgearbeitet sein werden, meine ferneren Anträge vor. E . K . M. Ministerio werde ich die vollständigen Verhandlungen über alle auf diesem Generallandtage vorgekommenen Gegenstände einreichen; Allerhöchstdenenselben hoffe ich in diesem meinem Berichte eine genügende Übersicht des Ganzen geliefert und durch mein Bestreben, für das allgemeine Beste der mir 17

Stein/Hardenberg

30. April 1809

244

anvertrauten Provinz zu wirken, Allerhöchstdero landesväterlichen Willensmeinung entsprochen zu haben. Ich bitte, über die E. K . M. zur Entscheidung und Bestätigung hiermit vorgelegten Gegenstände mich sobald als möglich mit allergnädigster Resolution versehen zu lassen.« 1

Siehe Nr. 109 A n m . 3.

3

Zu der Tatsache, daß der Stadt Potsdam »durch die freiwillige Vereinigung der Stände

bei

der

2

Siehe Bearbeitung in R M Stein I, Nr. 7, S. 11 ff.

Provinzialrepräsentation

eine

Stimme

eingeräumt

worden«,

nimmt der Minister des Innern Graf zu Dohna im Schreiben an den Geh. Staatsrat und Oberpräsidenten Sack, Könisgberg, 16. Juli 1809, Stellung: »[...] Ich h a b e zwar dagegen gar nichts zu erinnern, nur muß ich bemerklich machen, daß überhaupt eine wesentliche Umwälzung und Verbesserung des landständischen Repräsentationssystems intendiert werde, die sich nur nicht so bald zustande bringen läßt. Die gegenwärtige Vereinigung ist also immer nur als ein Interimisticum anzusehen, und ich m u ß wünschen, daß auch die gesamten Stände der K u r m a r k selbst die Sache aus keinem andren Gesichtspunkt betrachten mögen.« (Konzept, gez. D[ohna], 20. in Rep. 77 Tit. 149 Nr. 4 Bl. 29 nach der eigh. Anweisung Koehlers, Bl. 28).

97. Stellungnahme des Ministers Freiherr von Altenstein Königsberg, 30 April 1809 ZSTA

Merseburg,

Nachlässe,

Rep. 92

Friedrich Wilhelm

III.

B V I 24

Bl. 100: Altenstein eigh. u. gez.

Finanzierungsmöglichkeiten für defensive oder offensive Rüstung bei Reduzierung der Kontributionszahlungen »In Beantwortung der von S. Majestät über die Finanzpartie in Beziehung auf die dermalige politische Lage des Staats und der sonach zu ergreifenden Maßregeln aufgestellten Fragen 1 scheint es mir erforderlich, nachstehende Sätze vorauszuschicken. 1. Die Bezahlung der Kontribution an Frankreich in den jetzt bestimmten Terminen ist in der Länge, ohne daß eine sehr bedeutende Anleihe zustande kommt, unmöglich. Bei dem ausgebrochenen Kriege, welcher allen Kredit lähmt, läßt sich mit Sicherheit voraussehen, daß die Bezahlung der vollen Kontribution nur höchstens noch ein paar Monate möglich sein wird. Das schon sehr mitgenommene Land würde durch diese Fortzahlung fürchterlich erschöpft und beinahe allen baren Geldes beraubt werden. 2. Wenn die Kontribution sonach in wenig Monaten durchaus nicht mehr entrichtet werden kann, so hat Preußen eine feindliche Behandlung von Frankreich zu befürchten, wenn nicht die politischen Verhältnisse den Augenblick des Angriffs hinaussetzen. Da Frankreich kaufmännische Promessen über den größten Teil der Kontribution in Händen hat und Pfandbriefe für den andern Teil erhalten soll, durch deren Verkauf es, im Fall die Kontribution nicht entrichtet wird, die Kaufmannschaften und Landschaften zugrunde richten könnte, so müssen von Preußen Schritte geschehen, um solche außer Cours zu setzen

30. April 1809

245

welche den feindlichen Angriff beschleunigen könnten. Nichts schützt in diesem Augenblick den Preußischen Staat gegen diese Besorgnisse. a) Die Hoffnung, daß eine bedeutende auswärtige Anleihe binnen einigen Monaten zustande kommen und Hülfe geben werde, ist so entfernt, daß sich darauf gar nicht mit Sicherheit rechnen läßt. b) Es ist möglich, daß der Kaiser Napoleon die Termine verlängern und überhaupt nicht mit Strenge auf der Kontributionszahlung bestehen werde. Sicher ist solches aber nur der Fall, solange er durch die Gewalt der Umstände dazu genötigt wird, und es läßt sich darauf gleichfalls nicht mit Sicherheit rechnen, höchstens nur bei den jetzigen Verhältnissen ein Aufschub hoffen. c) Preußen kann so, wie es jetzt steht, auf keinen fremden Schutz zählen, wenn Frankreich solches wegen Nichtbezahlung der Kontribution vernichten wollte, da Rußland schon erklärt hat, in diesem Fall nichts tun zu können oder tun zu wollen, und da sein ganzes Benehmen bisher nur zu sehr bewiesen hat, daß es Wort halten werde, — wenn es nicht sein ganzes System ändert. 3. Unter diesen Umständen bleibt Preußen daher nichts übrig, als sich in den Stand zu setzen, auf den Fall eines Angriffs von Frankreich wegen Nichtbezahlung der Kontribution seine Existenz möglichst teuer zu verkaufen. Hierzu gehört vor allen Dingen militärische Rüstung und die möglichste Erhöhung der Streitkräfte zur Verteidigung. Das Anknüpfen politischer Verbindungen, um für diesen Fall auch auf fremden Schutz rechnen zu können, würde sehr wünschenswert sein, es läßt sich aber nicht leugnen, daß solches nicht möglich ist, ohne daß Preußen dagegen auch wieder Verpflichtungen übernimmt, die solches weiter verwickeln. Es gehört mehr für die politische Partie, zu untersuchen, wie das Verhältnis am vorteilhaftesten bewirkt werden kann und wie sich diese Hülfe für den Fall der Not bedingen läßt, ohne zu frühzeitig in Verwicklungen zu geraten. 4. Es ist durchaus in der jetzigen Lage des Preußischen Staats unmöglich, daß er sich militärisch rüste und daß er dabei zugleich auch nur einige Monate lang die volle Kontribution pünktlich an Frankreich entrichte. Mit der äußersten Anstrengung nur und bei harter Bedrückung des Landes hat bisher schon kaum das bestehende Militär in einem noch keineswegs vollendeten Zustand erhalten und zugleich die Kontribution entrichtet werden können. Es ist ganz unmöglich, daß jetzt mehr geschehe, denn a) lähmt der Krieg alle auswärtigen Ressourcen, b) nimmt die Erschöpfung des Landes mit jedem Monat bei dem ganz gesperrten Handel jetzt vor der Ernte in starker Progression zu, c) läßt sich bei der allgemein verbreiteten Mutlosigkeit über die Kontributionszahlung an Frankreich auf keine freiwillige außerordentliche Anstrengving behufs solcher rechnen. d) Es sind nicht nur keine bedeutenden Ersparnisse in der Administration zur Erhöhung des Überschusses möglich, sondern sogar noch erhöhte Aus. gaben erforderlich, wenn die Maschine nicht ganz zerrüttet werden soll, da in dem Grade, wie der Wohlstand zerrüttet wird, die Zügel schärfer angezogen werden müssen. 5. Will der Preußische Staat daher das letzte und einzige Mittel zu seiner Erhaltung nicht unberücksichtigt lassen, so muß 17*

246

3o. April 1809

a) mit der Kontributionsentrichtung jetzt sogleich so weit gezögert werden, als es nur immer geschehen kann, ohne Frankreich zu einem augenblicklichen Angriff zu veranlassen. Frankreichs politische Lage wird entscheiden, inwieweit dieses der Fall sein kann. In diesem Augenblick ist es außerstand, Preußen zu überfallen, und die Kontributionsentrichtung läßt sich unter sehr schicklichem Vorwand, ohne ein verändertes politisches System ahnden zu lassen, verzögern. Täglich kann sich diese Lage ändern, allein mit der größten Wahrscheinlichkeit läßt sich annehmen, daß doch noch mehrere Monate lang die Lage Frankreichs gegen Preußen in dieser Art bleiben wird, und binnen dieser Zeit können und müssen die Defensionsanstalten mit den sonach ersparten Ressourcen vollendet sein. Es steht zu hoffen, daß sich Rußland doch nicht so weit vergessen werde, wenn es auch Österreichs Partie nicht ergreift, daß es sich von Frankreich gebrauchen lasse, Preußen zur Bezahlung der Kontribution mit Gewalt anhalten zu wollen. Sollte solches aber auch der Fall sein, so wird Rußlands eigne Lage und Österreichs Waffenglück entscheiden, ob und inwieweit eine solche Drohung zu fürchten sei. Es läßt sich nicht mißkennen, daß Österreich, wenn solches das Glück begünstigt, es nicht gleichgültig mit ansehen könnte, daß Preußen Frankreich durch die Bezahlung der Kontribution im Kampfe gegen solches unterstütze. b) Zugleich mit der Zögerung bei der Kontributionsentrichtung müssen alle Mittel, Preußens militärische Macht zu erhöhen, so rasch und kräftig als möglich ins Werk gesetzt werden. In dem Grade, daß diese Erhöhung rasch und bedeutend eintritt, kann auch die Kontributionszahlung mehr beschränkt werden und in ebendem Grade, als dieses der Fall ist, können auch wieder mehr Ressourcen der Geldpartie für das Militär in Tätigkeit gesetzt werden. 6. Die politischen Begebenheiten begünstigen in diesem Augenblick dieses Verzögern der Kontributionsentrichtung und die militärischen Rüstungen so sehr, daß gar keine Gefahr dabei sein kann, wenn mit Ordnung und zweckmäßig verfahren wird. Frankreich muß Preußen notwendig vor der Hand schonen. Auch bei dem glücklichsten Erfolg für Frankreich wird es doch durch den jetzigen Kampf so sehr geschwächt werden, daß es geraume Zeit hindurch das so gerüstete und fest entschlossene Preußen, wenn dieses sich seinen Verbindlichkeiten nicht ganz entziehen will, sondern nur auf deren Milderung besteht, nicht angreifen wird. Es dürfte freiwillig dann bessere Bedingungen zugestehen. 7. Das Land wird sich bei den Anstrengungen behufs dieser Defensivrüstungen mehr als bei einer fortgesetzten Kontributionszahlung erholen, da das Geld größtenteils in der Zirkulation bleibt. Die kräftigere Entschließung wird den Mut und den Willen im Innern beleben, und der Krieg zwischen Frankreich und Öst[er]reich mag sich beinahe endigen, wie er will, so wird Preußen doch leichter sodann Ressourcen für die zu übernehmenden mäßigern Verbindlichkeiten gegen Frankreich finden als dermalen in dem Zustand allgemeiner Spannung und durchaus gestörter Handelsverhältnisse. 8. Es läßt sich nicht leugnen, daß bei diesem System der Preußische Staat bei der jetzigen politischen Lage der Dinge Störungen und Verwicklungen zu befürchten hat und daß sich solcher bei denselben vorerst nur notdürftig erhalten,

30. April 1809

247

nicht aber sich eine bessere Existenz verschaffen kann. Dieses zu umgehen und das letztere zu bewirken, scheint das Anknüpfen politischer Verhältnisse und eine auf die Offensive berechnete Rüstung durchaus erforderlich. Immer bleibt die erste Rüstung zur Defensive unvermeidlich und wird die Grundlage alles Folgenden. Das Anknüpfen politischer Verhältnisse kann sich nach den weitern Ereignissen richten. Die Unterstützung von fremden Mächten wird erst ausgedehntere Rüstungen möglich machen. Die Mittel zur Ausführung ergeben sich größtenteils erst durch das Ergreifen des politischen Systems. Der Standpunkt für die Finanzpartie und für die Militär partie, insoweit solche von der erstem abhängig ist, scheint mir hiernach folgender: a) In dem Gradé, als in dem gegenwärtigen Augenblick die Kontributionszahlung an Frankreich umgangen werden kann, lassen sich die Fonds zu einer solchen Erhöhung der Militärmacht beischaffen, daß Preußen einem Angriff mehr als jetzt widerstehen kann. Läßt sich voraussehen, daß bei gänzlicher Sistierung der Kontributionszahlung die Rüstungen sogleich so weit gebracht werden können, daß letzteres der Fall ist, so scheint es ratsam, das Sichere zu wählen, die Kontributionszahlungen so weit einzustellen, als die Fonds zur Militärrüstung nötig sind, und diese mit voller Kraft zu betreiben. Außerdem müssen sich solche nach dem richten, was an der Kontributionszahlung erspart werden kann. b) Die Erhöhimg der Militärmacht zur bloßen Defensive muß die Grundlage zur Verstärkung derselben bis zu dem Punkt sein, wo solche offensive wirken kann, und die wirkliche Ergreifung der Offensive kann daher erst der Vollendung der erstem Art von Rüstung folgen. c) Dann erst, wenn die weitere Entwicklung der politischen Verhältnisse die Änderung des politischen Systems Preußens und dessen öffentliche Bekennung gestattet, wird durch diesen Schritt selbst die Beischaffung von Ressourcen möglich, die außerdem nicht zu bewirken sind. Um mich speziell über die Finanzpartie zu äußern, muß ich mir vor allen Dingen allgemeine Kostenanschläge über folgende Punkte erbitten. 1. Den ungefähren Kostenbetrag einer Erhöhung der Militärkraft für den erstbemerkten Fall der Defensive, und zwar a) der Aufstellungs- und ersten Anschaffungskosten b) der Unterhaltungskosten oder des stehenden Fußes mit möglichst genauer Angabe der Zeit, binnen welcher die ad a) bemerkten Summen erforderlich sind. 2. Eine Veranschlagung der erhöhten Bedürfnisse für den zweiten Fall der Offensive. Inzwischen bemerke ich vorläufig: ad. 1. Daß ich, wenn an dem jetzt zu bezahlenden Mai-Termin der Kontribution nichts oder nur höchstens 100000 bis 150000rt. gezahlt werden dürfen und für den Juni-Termin, der am 20. Mai für Paris und am 8. Juni für Magdeburg in Bereitschaft gehalten werden muß, nur abermals höchstens 200000 rt. beizuschaffen sind, a) behufs der Aufstellungskosten teils sogleich, teils binnen 4 Wochen 250000 bis 300000 rt. und ebensoviel binnen anderweiter 2 bis 4 Wochen, also im ganzen binnen 6 bis 8 Wochen ohngefähr 600000 rt., und wird die Kontribution ganz sistiert, noch etwas mehr werde leisten und außerdem monatlich

248

3o. April 1809

b) an Unterhaltungskosten 250000 bis 300000 werde aufbringen können. Im Verhältnis zu den jetzigen Aufstellungs- und Unterhaltungskosten wird dieses nahehin reichen, die Armee auf das Doppelte zu bringen. Im Notfall werde ich auch noch mehr zu leisten imstande sein, vorzüglich bei einer herannahenden Gefahr eines Angriffs, wo zu außerordentlichen Hülfsmitteln geschritten werden kann. Die Kontributionszahlung beträgt zwar monatlich über 1 Million Taler, allein es läßt sich über solche nicht behufs der Rüstung disponieren, da sie nur durch auswärtige Kredite aufgebracht werden kann. Ich kann in diesem Augenblick nur auf einen Bestand von 4 bis 500000 rt. und eine monatliche Einnahme von 300000 rt. rechnen. E i n großer Teil obiger Summen muß daher schon aus der Silberanleihe und einem vorsichtigen Verkauf von Staatspapieren gedeckt werden. E s sind bedeutende Rückstände auf die Kontribution, welche Auswärtige vorgeschossen haben, zu decken. Die Erschöpfung des Landes ist sehr groß. E s muß manche erhöhte Ausgabe zur weitern Belebung der Administration gemacht werden. Auf inländische Anleihen, neue Auflagen, Lotterien, Papieremission ist gar nicht zu rechnen. Um das Vorstehende beizuschaffen, bedarf ich vieler Unterstützung. Ich muß ganz freie Hand behalten, um rasch und mit Geheimnis operieren zu können. Ich würde zu dem Ende 1 . stets die klarste Übersicht des Zustandes aller Kassen, vorzüglich auch der Militärkassen, haben müssen, damit nirgends unnötig Bestände angehäuft werden könnten. 2. E s würde mir eine Mitwirkung bei der Abschließung der Militärkontrakte zuzugestehen sein, um zu veranlassen, daß gegen verhältnismäßige Preiserhöhung längere Zahlungstermine oder die Bezahlung in Papier bedungen würden. 3. Ich müßte eine Dispositionskasse anlegen können, deren Zustand bloß Sr. Majestät und mir bekannt wäre, damit die Anhäufung barer Geldbestände nicht mit den Klagen über Geldmangel gegen Frankreich in Widerspruch steht. 4. Ein Teil der Bestände würde zu mehrerer Sicherheit in Festungen zu verteilen und dahin auch die gesammelten Silberbarren zu bringen sein. 2 6. Müßte ich eine freie Disposition über die Münze erhalten, um zwar den bestehenden Münzregulativen, allein doch nach dem Bedürfen schnell und mit Geheimhaltung des Betrags münzen lassen zu können. Der Plan, Privatpersonen unter gehöriger Aufsicht das Münzen nachzulassen, wird diese Operationen erleichtern. 7. Das Justiz-Departement würde von Sr. Majestät anzuweisen sein, die betreffenden Landesjustizkollegien im Fall der Not zu instruieren, keine Klagen aus allenfalls protestierten Wechseln der Kaufmannschaften anzunehmen. Diese Maßregel müßte im Fall der Not gegen Frankreich mit der gänzlichen E r schöpfung entschuldigt werden. 8. Ratsam dürfte es sein, den Handel in den Ostseestädten möglichst zu begünstigen und so viel Seehandel zu gestatten, als nur immer gegen Frankreich gerechtfertigt werden könnte, um mehr bares Geld in das L a n d zu ziehen. Im Verfolg wird sich erst ergeben, ob und wieweit eine weitere Operation mit den Tresorscheinen, namentlich die Einziehung der größern und die Emission kleinerer, die Ausstellung von Kassenobligationen auf mehrere Monate rätlich

30. April 1809

249

sein dürfte. Überall wird nur bei solchen Operationen rasch und mit der größten Geheimhaltung verfahren werden müssen. ad 2. Der Fall der Offensive bedarf wohl vorerst nur einer kurzen Erwähnung. Sobald Sr. Majestät sich für solche erklärt haben, eröffnen sich auch im Lande noch Ressourcen. Es kann zu Zwangsanleihen auf kurze Zeit geschritten werden, welche sich durch eine mit Rücksicht auf das Vermögen auszuschreibende Klassen- oder Personensteuer decken lassen. Die Papiere können einen festen gezwungenen Cours erhalten,welches die Stelle von sehr ausgedehnten Requisitionen vertritt. Es kommt auf die Art der Operationen an, um zu beurteilen, ob und welche Ressourcen die Gegenden geben werden, in welche der Kriegsschauplatz verlegt werden soll. Auf jeden Fall müssen sodann auswärtige Anleihen oder Subsidien zu Hülfe kommen. Auf auswärtige Anleihen ist nicht viel zu rechnen, da Holland dann wahrscheinlich, den ganz unwahrscheinlichen Fall einer gänzlichen Veränderung des politischen Systems ausgenommen, wahrscheinlich jede Anleihe verbieten dürfte. Es ist daher von der größten Wichtigkeit, für diesen Fall Subsidien anzuschaffen. Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, daß wir solche, wenn auch nicht reichlich, doch hinlänglich erhalten werden, sobald wir uns fest erklären, allein es ist doch auf deren Auszahlung unter 3 Monaten von jenem Zeitpunkt an nicht zu rechnen und daher, sowie der Fall einer solchen Anstrengung wahrscheinlich wird, auch kein Augenblick Zeit zu verlieren, die nötigen Einleitungen zu treffen.« 1

Die Fragen des Königs vom 26. April 1809, siehe Nr. 92.

2

E i n 5. A b s a t z fehlt, es handelt sich vermutlich um ein bloßes Verzählen.

98. Stellungnahme des Ministeriums des Innern zur politischen Lage

Königsberg, 30. April 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm I I I . B V I 24 Bl. 106: Dohna eigh. u. gez.

Maßnahmen zur Verbesserung des Polizeiwesens in den Provinzen; Vorbereitungen für den Mobilmachungsfall »Die durch die Verordnung vom 26. Dezember v. J. 1 den Provinziallandesadministrationsbehörden erteilte selbständigere Verfassung und die Erweiterung des Wirkungskreises dieser Behörden führt für dieselben die Möglichkeit herbei, in verhängnisvollen Augenblicken mit Energie und Zweckmäßigkeit zu verfahren. Es ist jedoch unumgänglich erforderlich, daß die Regierungspräsidia mit Personen besetzt sind, von welchen man sich ein dergleichen Benehmen versprechen darf; in dieser Rücksicht ist eine schleunige Veränderung insbesondere bei dem Regierungspräsidio in Breslau nötig, weshalb eben jetzt der nötige Antrag bei E. K . M. geschieht.

25o

3o. April 1809

Die schleunigste Entfernung derjenigen Polizeidirektoren in den Städten und derjenigen Landräte auf dem platten Lande, welche entweder unfähig oder zweideutig sind, muß in dem jetzigen Augenblick ein Hauptgegenstand der Bemühungen des Ministerii des Innern sein. Mit Ausnahme von Schlesien leidet in den übrigen Provinzen der Monarchie die Verfassung der landrätlichen Offizien und der Ortspolizeibehörden an wesentlichen Mängeln, und in Schlesien selbst sind in dieser Hinsicht Verbesserungen wünschenswert. In vergangenem Herbst beabsichtete man, die Polizei des platten Landes auf eine dem französischen und westfälischen System ähnliche Weise umzuschaffen; nach der Überzeugung des Ministerii ist eine dergleichen Umschaffung in vielen Beziehungen keineswegs ratsam, es ist vielmehr eine Vervollkommnung des bisher bestandenen landrätlichen Systems, welches bei der Nation in Ansehn steht und worauf dieselbe vertrauet, vorzuziehn. Der Plan dazu wird E. K . M. binnen kurzem vorgelegt werden, die Ausführung wird allerdings Ruhe und Zeit erfordern; für die Bedürfnisse des Augenblicks und für die wahrscheinlich auf jeden Fall zu erwartenden Ereignisse ist durch die einstweiligen Maßregeln gesorgt, welche Allerhöchstdieselben mittelst Ordre vom 30. v. M.2 zu befehlen geruhet haben. Die Bemühungen, die Geheime Polizei besser einzurichten und derselben eine höhere Richtung zu geben, sind in Berlin und Breslau von ziemlich gutem Erfolg gewesen und werden angelegentlichst fortgesetzt werden müssen. Die ganz neuerdings in Schlesien stattgefundene Arretierung mehrerer italienischer Bettelmönche beweiset in Verbindung mit früheren geheimen Anzeigen aus Pommerellen, daß die Mönche überhaupt, die Bettelmönche aber ganz insbesondere aufs schärfste beobachtet und ihr Einfluß auf das Volk möglichst gemildert und eingeschränkt werden muß, gegen die ausländischen Mönche wird man ohne Schonung verfahren können. Mehrere Personen, welche sich während der Zeit der Okkupation des Landes durch fremde Truppen mehr als zweideutig benommen haben, werden fortwährend genau beobachtet; in einem entscheidenden Augenblick würde es notwendig sein, dieselben arretieren und nach Kolberg abführen zu lassen; das Ministerium des Innern wird mit dem Justizministerio konzertieren, ob solches in Rücksicht einzelner Subjekte noch früher geschehen muß. Ohnerachtet mit jedem Tage beim Ministerio sich die Überzeugung mehr begründet, daß in E. K. M. Staaten keine Verbindungen bestehn, welche in irgendeinem Sinne gegen Allerhöchstdieselben gerichtet wären, so wird es dennoch von Nutzen sein, am Sitz eines jeden Regierungscollegii Kommissarien zu bestellen, welche gegen alle diejenigen, welche die öffentliche Ruhe und Sicherheit stören, aufs schleunigste und nachdrucksvollste verfahren können; die Ernennung und Instruktion dieser Kommissarien gehört principaliter zum Ressort des Justizminist erii. Die Anordnungen, welche von Seiten der Zivilbehörden behufs der Vorbereitung zu einer künftigen Mobilmachung getroffen werden müssen, sind bereits mit möglichster Bündigkeit und Nachdruck seit 4 Wochen erlassen. Von dem Augenblick an, in welchem man eine entschiedene Partie öffentlich ergreift, ist die schleunigste Errichtung einer Miliz notwendig, welche sowohl

3o. April 1809

251

für die innere Ruhe und Sicherheit sorgt als wie auch geeignet ist, ihren Herd zu verteidigen und teilweise sogar mit den Linientruppen äußerstenfalls dem Feinde über die Grenzen der Provinz entgegenzugehen; die Entwerfung des Plans dazu und die Ausführung ist zwar vorzüglich Sache des Allgemeinen Kriegsdepartements, das Ministerium des Innern wird jedoch dazu mitwirken müssen. Von vielen Seiten zeigt sich die größte Bereitwilligkeit in der Nation zur lebendigsten Teilnahme an der Errichtung einer dergleichen Miliz. Die Vorbereitungen und die vorläufigen Entwürfe zur Verpflegung der Armee gehören zwar ganz eigentlich zum Ressort des Militärökonomie-Departements, das Ministerium des Innern wird jedoch dabei konkurrieren müssen. Man darf es sich nicht verhehlen, daß die Verpflegung einer Armee zwischen dem Pregel und der Oder vor der Ernte, vorzüglich in Rücksicht des Hartfutters, mit den größten Schwürigkeiten verknüpft sein wird, es ist jedoch ebenso entschieden gewiß, daß bei Anwendung der letzten und äußersten Anstrengungen auch diese Schwürigkeiten überwunden werden können. 1 2

Siehe Nr. 22. K. O. an Dohna, siehe Nr. 83.

99. Stellungnahme des Großkanzlers Beyme zur politischen Lage Königsberg, 30. April 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I 24 Bl. 109: Beyme eigh. u. gez.

Unterstützung bereits vorliegender Anträge der Minister; Erhaltung von Ruhe und Ordnung

Justizmaßnahmen

zur

»Die von meinen hochzuehrenden Herren Kollegen, von jedem in seiner Partie, auf die von Sr. Majestät aufgestellten Fragen 1 gegebenen Antwort sind m. E . ganz in dem Systeme, wie S. M. der König es festgestellt haben. Mir bleibt darnach nur übrig, die Anträge 1. auf höchstmögliche Anstrengung und Schnelligkeit in den vorgeschlagenen Rüstungen, 2. auf sofortige Hinhaltung und demnächst gänzliche Einstellung der Kontributionszahlungen , 3. auf schleuniges eventuelles Einverständnis mit Österreich aus vollkommner Überzeugung zu unterstützen. In Hinsicht der Rüstungen und Truppenzusammenziehungen muß ich besonders erinnern, daß wir nach Maßgabe der Ereignisse im Süden von Deutschland täglich Nachrichten von Begebenheiten jenseits der Elbe in den ehemaligen preußischen Provinzen entgegensehen können, die einen schleunigen und entscheidenden Entschluß fordern werden. Sollten die französischen Truppen sich

252

30. April 1809

von der Elbe zurückziehen müssen, so ist eine allgemeine Insurrektion in den Provinzen jenseits der Elbe sehr wahrscheinlich. Die ehemaligen preußischen Provinzen werden laut ihren geliebten König proklamieren. Wenn dies im großen und mit Erfolg geschieht, wird man sie ohne Antwort lassen oder gar von sich weisen können? Dadurch würden sie unwiederbringlich für Preußen verlorengehen. Es müssen vielmehr Truppen in der Nähe sein, u m diese Provinzen besetzen, ihre Insurrektion unterstützen und ihre reichen Mittel aller Ort für Preußen benutzen zu können. V o r allen Dingen aber scheint es mir wichtig, darauf gefaßt zu sein, daß S. M. der König in dem ersten günstigen Augenblick selbst in die Nähe dieser abgetretenen Provinzen eilen können, ad 2. ist alles von des Herrn Freiherrn v. Altenstein Exzellenz erschöpft. 2 ad 3. kann ich dem vorliegenden Entwurf zur Instruktion für des Herrn Grafen v . d. Goltz Exzellenz nichts hinzusetzen, als daß S. M. die in Beziehung auf Rußland gemachte Bedingung nicht als conditio sine qua non aufstellen mögen. Wird Österreich von entschiedenem Glück begünstigt, so wird Rußland auch durch dasselbe, die Türkei und Schweden genug beschäftiget werden, wenn es nicht selbst auf diesen Fall sich für die gemeine Sache erkläret. Wollte Preußen aber dieses abwarten, so würde es den einzigen ihm günstigen Moment verlieren. Ich komme nun zu dem in dem Voto des Ministers des Innern berührten Gegenstand der Konkurrenz des Justizdepartements zu den im Innern zu treffenden Anstalten für Erhaltung der innern Ruhe und Ordnung. 3 Die an dem Sitze jeder Regierung zu etablierenden Kommissionen von Justizpersonen habe ich in der Konferenz selbst vorgeschlagen und stimme daher dem Antrage des Ministers des Innern vollkommen bei. Ihre Geschäfte werden N in der Führung aller Untersuchungen gegen alle Störer der öffentlichen Ruhe, ohne Unterschied des sonstigen Gerichtsstandes der Angeklagten, bloß mit Ausnahme der aktiven Militärpersonen, auf Requisition der Landespolizeibehörden bestehen. Das Erkenntnis wird dem Obergerichte der Provinz unter Zurücklegung aller übrigen Geschäfte, soweit es die notwendige Beschleunigung dieser Sachen erfordert, zu überlassen und die Obergerichte werden anzuweisen sein, sich alles Vorgriffs in solchen Sachen ohne Requisition der Landespolizeibehörden zu enthalten und sich bei Vorfällen der A r t , die zu ihrer Kenntnis kommen, auf die Anzeige davon an die Landespolizeibehörden zu beschränken. Diese Beschränkung ist unter den jetzigen Zeitumständen notwendig, weil sonst die Obergerichte in Befolgung des Buchstabens der Gesetze weiter gehen könnten, als es die innere und äußere Politik erfordert.« 1

V o m 26. April 1809, siehe Nr. 92.

2

Stellungnahme Altensteins v o m 30. April 1809, siehe Nr. 97.

3

Stellungnahme des Ministeriums des Innern v o m 30. April 1809, siehe Nr. 98.

ioo. Geheimer Staatsrat von Klewitz an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 2. Mai 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 3 Bl. 4: Konzept Klewitz, gez. Klewitz; Rep. 77 Tit. 183 Nr. 6 Bl. 23: Ausf., gez. Klewitz; Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 50: Abschrift.

Monatsbericht der Gesetzgebungssektion für April; Besorgnisse wegen Auswirkungen der Verfassungslosigkeit auf die Sektion »Die Gesetzgebungssektion hat im vorigen Monat mit Gutachten oder als Teilnehmer bei folgenden Verordnungen konkurriert: 1. wegen Ankauf von den Schiffern 2. wegen der Lotterieaufhebung 3. wegen Mortifikation und Aufgebot von Privatschuldverschreibungen und Urkunden 4. wegen Amortisation der Pfandbriefskupons; auch hat sie auf S. K . M. Befehl 5. wegen Erweiterung des schwarzen Adler-Ordens einen zweiten und dritten Entwurf zur Beratung der Königlichen Ministerien vorgelegt. Dagegen sind Prüfungen von angehenden Staatsbeamten nicht vorgefallen; vielmehr die Kandidaten noch mit den schriftlichen Probearbeiten beschäftigt. Uber die zweckmäßigste Prüfungseinrichtung sind Gutachten eingezogen, deren Ideen weiter verfolgt werden. Je kürzer hiernach die Rechenschaft von den Geschäften der Sektion ausfallen muß, desto dringender fühle ich mich verpflichtet, gegen E w . Exz. meine Besorgnisse über die Möglichkeit ihrer Wirksamkeit überhaupt nicht länger zu unterdrücken. Noch immer hat der schon am 6. Februar d. J. E w . Exzellenz vorgelegte Einrichtungsplan für die Gesetzgebungssektion und ihre Behörden 1 zu keinem Resultat geführt. Die Verfassungsgesetze vom 24. November und 16. Dezember v. J. 2 und mit ihnen jener Plan setzen für die Sektion über ihr einen Staatsrat, der nicht bloß aus Administratoren bestehe, und unter ihr eine Gesetzkommission, an der die Nation teilnehme, voraus. Beide fehlen bis jetzt und scheinen in dem ursprünglichen Geist auch für die Zukunft nicht entstehen zu sollen. Je mehr diese Wahrscheinlichkeit zur Gewißheit sich erhebt, desto problematischer wird der Nutzen einer Gesetzgebungssektion überhaupt. Die jetzige verhängnisvolle Zeit ist allerdings nicht geeignet, darüber einen endlichen Beschluß zu fassen. Aber auch die einstweilige Verfassungslosigkeit

ioo. Geheimer Staatsrat von Klewitz an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 2. Mai 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 3 Bl. 4: Konzept Klewitz, gez. Klewitz; Rep. 77 Tit. 183 Nr. 6 Bl. 23: Ausf., gez. Klewitz; Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 50: Abschrift.

Monatsbericht der Gesetzgebungssektion für April; Besorgnisse wegen Auswirkungen der Verfassungslosigkeit auf die Sektion »Die Gesetzgebungssektion hat im vorigen Monat mit Gutachten oder als Teilnehmer bei folgenden Verordnungen konkurriert: 1. wegen Ankauf von den Schiffern 2. wegen der Lotterieaufhebung 3. wegen Mortifikation und Aufgebot von Privatschuldverschreibungen und Urkunden 4. wegen Amortisation der Pfandbriefskupons; auch hat sie auf S. K . M. Befehl 5. wegen Erweiterung des schwarzen Adler-Ordens einen zweiten und dritten Entwurf zur Beratung der Königlichen Ministerien vorgelegt. Dagegen sind Prüfungen von angehenden Staatsbeamten nicht vorgefallen; vielmehr die Kandidaten noch mit den schriftlichen Probearbeiten beschäftigt. Uber die zweckmäßigste Prüfungseinrichtung sind Gutachten eingezogen, deren Ideen weiter verfolgt werden. Je kürzer hiernach die Rechenschaft von den Geschäften der Sektion ausfallen muß, desto dringender fühle ich mich verpflichtet, gegen E w . Exz. meine Besorgnisse über die Möglichkeit ihrer Wirksamkeit überhaupt nicht länger zu unterdrücken. Noch immer hat der schon am 6. Februar d. J. E w . Exzellenz vorgelegte Einrichtungsplan für die Gesetzgebungssektion und ihre Behörden 1 zu keinem Resultat geführt. Die Verfassungsgesetze vom 24. November und 16. Dezember v. J. 2 und mit ihnen jener Plan setzen für die Sektion über ihr einen Staatsrat, der nicht bloß aus Administratoren bestehe, und unter ihr eine Gesetzkommission, an der die Nation teilnehme, voraus. Beide fehlen bis jetzt und scheinen in dem ursprünglichen Geist auch für die Zukunft nicht entstehen zu sollen. Je mehr diese Wahrscheinlichkeit zur Gewißheit sich erhebt, desto problematischer wird der Nutzen einer Gesetzgebungssektion überhaupt. Die jetzige verhängnisvolle Zeit ist allerdings nicht geeignet, darüber einen endlichen Beschluß zu fassen. Aber auch die einstweilige Verfassungslosigkeit

254

2. Mai 1809

dauert doch zu lange, um nicht zu Mißverhältnissen zu führen, die ich Ew. Exzellenz als dem Chef von dem ganzen Ministerium des Innern nicht verschweigen darf. Folgen der Verfassungslosigkeit waren es: daß Gutachten der Gesetzgebungssektion nicht immer gefordert wurden, z. B. nicht über die Zurücknahme der geheimen Instruktion für Schlesien wegen der Unmöglichkeitsklagen; nicht über die Frage: Ob? bei der Lotterieaufhebung und dem Silberedikt; daß die gegebenen Gutachten der Sektion stets nur gleich den Ratsvotis behandelt, stillschweigend beachtet oder nicht beachtet wurden, indes den Berichten und Ansichten der Sektionschefs nach der Allerhöchsten Kabinettsordre vom 20. Februar d. J . 3 S. K. M. mit vorgelegt werden sollen; daß die ehemalige Gesetzkommission, obgleich durch die Verordnung vom 24. November und 16. Dezember v. J . schon aufgehoben, doch seitdem noch Gutachten gab, z. B. wegen Amortisation der Pfandbriefskupons und wegen Mortifikation von Privatschuldverschreibungen. Bei einem kurzen Zwischenzustand kommt auf einen solchen einzelnen Fall vielleicht nichts an; bei einem langen werden die wiederholten Fälle zu einer Verfassung, die den Zweck der Gesetzgebungssektion aufhebt. Ew. Exz. selbst und der von des K. M. mir anvertrauten Sektion bin ich es schuldig, in der letzten Rücksicht diese meine Besorgnisse unverhohlen auszusprechen. Können Ew. Exz. sie heben, so bitte ich darum gehorsamst, da nicht mein, sondern der Sektion Schicksal mir am Herzen liegt.«4 1

Siehe Nr. 45. Siehe die Bearbeitung in R M Stein I I I , Nr. 326, S. 1088 ff. und Nr. 333, S. 1149 ff. 3 Vgl. K. O. s an Schön (Abschr. Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 45) und an Altenstein und Dohna (Abschr. Rep. 1 5 1 a Tit. I Sect. I Nr. 9 Bd. 1 Bl. 115). Der König legt Wert darauf, bei bis zu ihm gelangten Verwaltungsangelegenheiten die Ansicht des dafür verantwortlichen Sektionschefs und das Urteil des allgemeinen Departementschefs zu kennen. E r bestätigt den von Altenstein und Dohna »beobachteten bisherigen Geschäftsgang als völlig zweckmäßig. Der Sektionschef erstattet Mir also zwar Bericht, der Departementschef überreicht ihn aber und begleitet ihn mit seiner Erklärung darüber. Ich erteile darauf dem Departementschef Meine Antwort, und diese wird von ihm dem Sektionschef urschriftlich mitgeteilt.« 4 Als am 18. Mai 1809 Dohna den Monatsbericht für April von Klewitz anforderte (Ausf., gez. Dohna, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 3 Bl. 13), schrieb Klewitz auf gleichem Blatt unter gleichem Datum das Antwortkonzept: »Mein Monatsbericht für den April ist von mir am 2. d. M. erstattet, an Ew. Exz. unterm 3. des Monats abgegangen und gewiß abgegeben, da ich ihn seines Inhalts wegen meinem zuverlässigen Kanzleidiener noch ausdrücklich empfohlen hatte. Um so mehr muß ich es bedauern, wenn er, nach Hochdero heutiger Erinnerung zu schließen, nicht in Ew. Exz. Hände gekommen sein sollte. Ich eile, ihn anderweit mundiert und unterzeichnet hierbei gehorsamst zu übersenden, und werde mich durch Ew. E x z . gefällige Antwort darauf sehr verpflichtet fühlen.« 2

255

4- Mai 1809

101. Immediatbericht der Staatsminister Königsberg, 4. Mai 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm I I I . B V I 24 Bl. 84: Ausf. gez. Nagler für den abwesenden

Goltz,

Altenstein,

Dohna,

Beyme,

Scharnhorst.

Stellungnahme zur Anknüpfung gegen Frankreich

auswärtiger Beziehungen im Falle eines Krieges

»E. K . M. haben die Gutachten Ihrer sämtlichen Ministerien über die auf den Fall eines Krieges gegen Frankreich anzuwendenden Mittel zu erfordern 1 und bis zu Einlangung der schriftlichen Meinungen Allerhöchstihrer Herrn Brüder Königlichen Hoheiten die Bescheidung des Staatsministers Graf von Goltz über die Anträge des österreichischen Gesandten auszusetzen geruhet. Gestern wurden uns mit Eröffnung, daß des Prinzen Heinrich Königliche Hoheit den anliegenden Materialien zu gedachter Bescheidung beistimme 2 , das ebenfalls beistimmende Gutachten des Prinzen Wilhelm Königliche Hoheit 3 , ein von dem Prinzen August Königliche Hoheit eingesandtes 4 , auch das uns bereits bekannte des Feldmarschall Graf von Kalckreuth 5 zur Lesung mitgeteilt. Wir eilen, E. K . M. ohne Verzug diese drei Gutachten zurückzureichen. Da die Meinung des Departements der auswärtigen Angelegenheiten in den Berichten des Staatsministers Grafen von Goltz auch in jenen Materialien entwickelt ist, so glauben wir uns in Absicht auf die Frage: welche Relationen mit dem Auslande im Falle eines Krieges gegen Frankreich enger zu knüpfen seien? darauf beschränken zu müssen, daß eine bedingte, E. K . M. Teilnahme an dem Kriege auf gewisse Sukzesse Österreichs zusichernde Unterhandlung in England wenig Eingang finden werde, zumal da diese Macht für Spanien, Portugal, Österreich und Sizilien p. bedeutende Geld- und Waffenlieferung zu leisten hat. Sobald jedoch E. K . M. dem österreichischen Kaiser, sei es auch nur bedingt — auf den Fall bestimmter österreichischer Sukzesse — Ihre Teilnahme an seinem Kriege gegen Frankreich zusichern, so wird zugleich eine vertraute Militärperson nach England zu senden sein, um dort mit Freunden des Ministers von Jacobi und mit dem österreichischen Gesandten zu Erlangung angemessener Geldunterstützung und Armatur, auch Munitionsvorräte Einleitung zu treffen. Für jetzt würde es hinreichen, wenn der Minister p. von Jacobi auf vertrautem Wege veranlaßt würde, sich in die Nähe, etwa nach Elbing zu begeben. Da er mit Urlaub außer Landes —, dieser abgelaufen und der von p. Jacobi von Geburt ein Ostpreuße ist, so wird leicht dieser Reise ein angemessener Vorwand gegeben und alles Aufsehen vermieden werden können. Die Nützlichkeit seiner Teilnahme an obiger Einleitung ist einleuchtend. Die weiteren Schritte wegen andrer politischer Relationen wird der Moment darbieten, wo E. K . M. den Krieg gegen Frankreich erklären werden. Uber die für diesen Fall in Absicht auf die Finanzen, die Polizei, Justiz und besonders des Militärwesens vorzubereitenden und zu ergreifenden Maßregeln haben wir, die unterzeichneten Chefs dieser Verwaltungszweige, die anliegenden

256

4- Mai 1809

Abstimmungen 6 schriftlich abgefaßt und überreichen solche mit ehrfurchtsvoller Beziehung auf ihren Inhalt, indem wir die Prüfung und Genehmigung unsrer Vorschläge E . K . M. alleruntertänigst anheimstellen.« 1 2

3

4

5

6

Am 26. April 1809, siehe Nr. 92. Eigenhändige Zustimmung des Prinzen Heinrich vom 27. April 1809 (i. gl. Fasz. Bl. 86). Eigenhändiges und gezeichnetes Gutachten des Prinzen Wilhelm, Königsberg, 1. Mai 1809, mit eigh. Begleitbrief an den König vom 2. Mai 1809 (i. gl. Fasz. Bl. 88). Mémoire des Prinzen August »Über Preußens politische und militärische Lage im Anfange des Aprils 1809« (Abschrift mit eigh. Unterschrift: August Prinz von Preußen, i. gl. Fasz. Bl. 92), mit eigh. und gez. Begleitbrief an den König, Berlin, 25. April 1809, eingereicht (Bl. 91). Gutachten Kalckreuths zur Lage Preußens, Königsberg, 26. April 1809 (eigh. u. gez. Bl. 98) mit eigenhändigem und gezeichnetem Begleitschreiben gleichen Datums an den König (Bl. 97). Siehe die Gutachten vom 30. April 1809, Nr. 97, 98, 99.

102. Immediateingabe des Generallandschaftsdirektors von Korff Königsberg, 4. Mai 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 89 A Tit. 26 Nr. 4 Bd. 2 Bl. 3 4 a : Ausf., gez. Korff (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 31858). Niederlegung des Vorsitzes im Ständischen Komitee »E. K . M. werden mir gnädigst erlauben, Denenselben in aller Untertänigkeit anzuzeigen, daß ich aus überwiegenden Gründen bei dem Landtage die mir laut Kabinettsordre 1 als Generallandschaftsdirektor zukommende Stelle des Vorsitzenden Rats in der Ständischen Comité förmlich und unwiderruflich niedergelegt und bis zur nähern Disposition S. K . M. diese Funktion dem ältesten Rat, dem Geheimen Justizrat v. Brandt, einem sehr würdigen Manne, übertragen habe und daß ich für die Zeit, da ich noch Generallandschaftsdirektor bin, auf diese Stelle in der Comité Verzicht tue. Ich bemerke noch, daß ich deshalb bei E . K . M. unmittelbar diese Anzeige mache, weil der Königliche Commissarius diese Abdankung nicht auf dem Generallandtage hat annehmen wollen, indem S. M. mich unmittelbar zu diesem Posten bestimmt haben und nicht der Generallandtag.«2 1

2

Gemeint ist die K . O. an Auerswald vom 27. Februar 1808 (Konzept Staegemann in Rep. 89 A Tit. 26 Nr. 4 Bd. 1 Bl. 8 1 ; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 31857). Neben diesem Text steht die Marginalanweisung von Klewitz f ü r den königlichen Bescheid an Korff, Auerswald und Dohna. Diese Konzepte vom 1 3 . Mai 1809 stehen im gleichen Faszikel Bl. 35. In der K . O. an Auerswald (Abschrift in Rep. 77 Tit. 149 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 27) genehmigt der König die Dispensierung K o r f f s und

4. M a i 1809

257

die einstweilige Übernahme des Postens durch Brandt, setzt jedoch fest: »Für die Z u k u n f t behalte ich mir aber vor, den Vorsitzenden R a t bei der

Ständischen

Comité auf dem Generallandtage nach meiner W a h l aus den Mitgliedern derselben zu bestimmen.« D a m i t wird die Anordnung in der K . O. v o m 27. Februar 1808, wonach an der Spitze des Komitees »der jedesmalige Generallandschaftsdirektor stehen soll«, abgeändert.

103. Immediatbericht der Deputierten der Städte von Ostpreußen und Litauen

Königsberg, 4. Mai 1809 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 149 Nr. 1

Bd. 1

Bl. 104: Abschrift.

Antrag auf NichtVerlängerung des GeneralinduUs und Beibehaltung der Freiheit des Zinsfußes »Auf dem Generallandtage ist die Frage zur Sprache gebracht, ob des Königs Majestät zu bitten seien, den den Grundstücksbesitzern bis Johann 1810 bewilligten Generalindult 1 zu verlängern und zugleich das Gesetz wegen der freien Zinsen nach Ablauf der bereits festgesetzten Zeit nicht länger fortdauern zu lassen, oder ob das Gegenteil von diesem geschehen solle. Land und Stände 2 standen hierbei in einem entgegengesetzten Interesse, und da die Zahl der ländlichen Grundstücksbesitzer auf dem Generallandtage die der städtschen Deputierten an Mehrheit bedeutend überwog, so war es natürlich, daß die ersten der obengenannten Alternativen mit einer bedeutenden Mehrzahl angenommen wurden. Die Städte glauben aber mit Recht, daß in einem solchen Falle die Stimmenmehrheit nichts entscheiden könne, weil sonst die Städte jedesmal verlieren würden, und wagen daher über diesen Gegenstand ehrerbietigst zu den Akten des Generallandtages einzureichen in der festen Hoffnung, daß des Königs Majestät auch auf das Interesse der Städte huldreichst herabsehen werde. E s würde eine unnütze Weitläuftigkeit herbeiführen, wenn wir unsern Antrag, den erwähnten Indult mit Ablauf der gesetzlich bestimmten Zeit aufzuheben und Freiheit des Zinsensatzes fortdauern zu lassen, dadurch begründen wollten, daß wir hier auseinandersetzten, wie sehr ein freier und ungezwungener Verkehr das Wohl des Landes befördert, da von der Richtigkeit dieses Satzes bereits ein jeder überzeugt ist. Es sei uns daher nur erlaubt, einige Punkte,welche den Indult näher angehen, zu berühren. 1. Der bewilligte Generalindult ist kein Mittel, einen ruinierten Grundstücksbesitzer zu konservieren. Wenn ein Grundbesitzer noch in sich selbst Kräfte genug hat, sich zu erholen, und nur temporär in Verlegenheit kommt, diese Verlegenheit auch ohne sein Verschulden herbeigeführt wird, so bedarf er des erwähnten Generalindultes nicht, denn in diesem Falle kann er schon nach der Allgemeinen] G[erichts]o[rdnung] auf den allen Schuldnern zustehenden General- und Spezialindult

258

4. Mai 1809

Anspruch machen. Es ist weder ungerecht noch unbillig, daß man in solchem Falle von dem Schuldner den Nachweis fordert, daß er durch Unglück in diese Verlegenheit geraten sei, daß er ohne seinen Ruin jetzt nicht zahlen könne, aber dem Gläubiger doch vollständige Sicherheit gewähre, da der Gläubiger, der durch den Indult so viel leidet, wenigstens fordern kann, daß dies nicht ohne Grund geschehe, mithin der Schuldner, der auf diese Rechtswohltat Anspruch macht, ihm das Dasein der gesetzlichen Gründe beweise. Es ist ferner weder ungerecht noch unbillig, daß man die Sicherheit eines Schuldners nach Gründen bestimmt, welche eine wahre Sicherheit, die auch bei veränderten Umständen noch eine solche ist, erzeugen, wie denn der Fall ist, wenn die ländlichen Grundstücke nur 2/3 und bei städtischen nur die Hälfte des Werts diese Sicherheit ausmachen. Die in dem bekannten Indult Indikto festgesetzte Sicherheit innerhalb des ganzen Werts der Grundstücke ist an sich keine Sicherheit, weil es keines Beweises bedarf, daß der Wert der Grundstücke schwerlich die vorige Höhe wieder erreichen wird, zumalen mehrere Grundstücke mit einem übertriebenen Werte auf Spekulation und häufig mit fremdem Gelde gekauft sind. Das Obige ergibt also, daß für den Schuldner, der auf eine solide Weise noch zu retten ist, das Gesetz bereits ein Schutzmittel gibt, der Indult mithin für diese nicht besonders festgesetzt werden darf. Jeder andere Schuldner aber, welcher in sich keine Fonds zur Konservation hat, wird auch nicht durch jenen Indult konserviert werden. Die Güter, worauf es hier vorzüglich ankommt, sind in der Regel mehr oder weniger ruiniert und bedürfen einer bedeutenden Summe zur Wiederherstellung eines guten Zustandes. Schwerlich wird der Kapitalist den Gutsbesitzern Geld borgen, wenn er fürchten muß, durch ein Indultedikt die Disposition über sein Vermögen zu verlieren. Leihet er würklich Geld, so will er natürlich dabei Vorteil haben und wird sich einen solchen Zinsfuß versprechen lassen, wobei die Gutsbesitzer nicht bestehen, geschweige sich erholen können. Wollte man nun auch annehmen, daß der gesetzliche Zinsfuß wieder hergestellt werden müsse, so kann auch dies nichts helfen, da die Gutsbesitzer auf der gestrigen Versammlung selbst laut erklärt haben, daß sie 6 p. Ct. zu geben nicht imstande wären; es ist also keine Möglichkeit abzusehen, wie ein Gutsbesitzer, welcher nicht selbst einen hinreichenden Fonds hat, sich durch fremden Kredit konservieren könne. Unmöglich wird man annehmen, daß die Erzeugnisse des Gutes selbst die Instandsetzung desselben herbeiführen würden, man müßte dann, wie einige Gutsbesitzer spekuliert haben, glauben, daß ein Betsand von drei Kühen durch sich selbst wieder einen Bestand von 80 herbeiführen würde. Die Preise des Getreides sind gefallen, die Preise des Viehes gestiegen, wo soll nun die Aussicht sein, nach einiger Zeit durch das Gut selbst sich erholen zu können, wenn man nicht zu dem Mittel, durch eine vorzügliche Geldverwendung das Gut in eine vorzüglich verbesserte Lage zu setzen, schreitet. 2. Der erwähnte Generalindult kommt auch den Unwürdigsten zustatten. Nach dem bekannten Indultedikte bedarf es keines Beweises des Unglücks, vielmehr hat auch der Grundstücksbesitzer dieselbe Wohltat, welcher, nachdem er mehrenteils mit fremdem Gelde Grundstücke erkauft hatte, sich kein Gewissen daraus macht, auf Kosten seiner Gläubiger zu verschwenden, denn das Gesetz macht hierbei keinen Unterschied. Zu den Unwürdigen gehörten in dieser Hinsicht auch diejenigen, welche, wenn sie gleich rechtschaffene Leute sind,

4. Mai 1809

259

doch, über die Gebühr verschuldet, sich bereits in materieller Konkurse befinden, deren Konservation während einiger Zeit nur den Zweck haben kann, sie noch zum Schaden ihrer Gläubiger nach Gefallen disponieren und das Vermögen derselben nach Belieben verzehren zu lassen. Zu diesen gehören diejenigen, welche so viele Schulden haben, als der Wert ihrer Grundstücke beträgt, weil dieser Wert nur imaginär ist und ohne eine besondere Kraftanstrengung und ohne völlige Umwälzung des Laufes der Dinge nicht mehr zur Wirklichkeit gebracht werden kann. 3. Der erwähnte Indult ist ein Ruin für alle Kapitalisten. Die jetzigen Zeiten sind von der Art, daß der Kapitalist mit seinen Zinsen nicht auskömmt, daher er das Kapital angreifen muß, zumal er Kontribution und andere außerordentliche Ausgaben zu bestreiten hat; über sein Kapital kann er nicht disponieren, daher er, wenn er nicht Not leiden will, Geld aufnehmen muß. Hierbei muß er ungeheure Zinsen und Abzüge bezahlen und vermindert am Ende sein Kapital so, daß ihm nichts übrigbleibt, er wird also ruiniert, damit ein anderer Ruinierter auf seine Kosten noch einige Zeit erhalten werde. Man kann nicht einwenden, daß der Kapitalist durch einen feststehenden Zinsenfuß vor diesem Unglücke geschützt werden kann, weil er dann, wo ein jeder sein Geld besser zu benutzen weiß, gar nichts zum Darlehn erhält, seine Verlegenheit also größer ist. 4. Der mehrerwähnte Indult ist eine Ungerechtigkeit wider alle Erwerbstände. Jeder Erwerbsmann kann in seinem Erwerbe Unglück haben, und doch rettet kein Gesetz den Kaufmann und den Handwerker, welcher durch Unglück ruiniert wird und erhalten werden würde, wenn man ihm zum Nachteil der übrigen Staatsuntertanen eine so bedeutende Rechtswohltat geben wollte. 5. Jener Indult ist ein Ruin des Landes. Das Land ist durch die Kriegsbegebenheiten ruiniert und kann nur durch Kraftanstrengung in den vorigen Zustand hergestellt werden. Diese kann der schon ruinierte Gutsbesitzer nicht leisten, und deshalb wird das Elend des Landes täglich größer. Schon nach Jahren ist der Krieg beendet, und doch finden sich mehrere Felder, welche nicht bestellt sind, mehrere Gegenden, wo die Menschen dem Hungertode nahe sind, dies alles geschah, als der Indult, welcher das Land retten sollte, existierte. Dauert er fort, so steigt mit jedem Jahre das Elend des Landes, bis es nicht weiter steigen kann. Treten an die Stelle der ruinierten Gutsbesitzer andere mit neuen Kräften, so werden die Güter bald ihren verlorenen Flor wieder erhalten, wodurch das Land gerettet wird. Freilich werden einzelne unglücklich, allein sie sind überdies nicht zu retten, und durch ihre auf eine kurze Zeit stattfindende Konservation werden andere ebenfalls unglücklich. Unmöglich kann der Staat beabsichtigen, das Unglück, welches den einen getroffen hat, vorsätzlich auf den andern zu leiten und dadurch alle unglücklich zu machen. Wir könnten noch mehrere Gründe anführen, wenn das Gesagte nicht vollkommen hinreichend wäre, unsern Antrag zu unterstützen, und wir von der Gnade unseres Königs nicht alles hoffen könnten, da derselbe keinen Stand zum Vorteil des andern drücken will. Wir wiederholen daher ehrerbietigst unsern Antrag, den Generalindult nicht über die Zeit von Johanni 1810 zu verlängern 3 sowie die Freiheit des Zinsenfußes nicht zu beschränken.« 18

Stein/Hardenberg

2Ö0

4- M a i 1809

1

»Verordnung über den bewilligten allgemeinen Indult zur Konservation der Schuldner im Besitz-und Nahrungsstande«, Memel, den 24. November 1807, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Schroetter, Stein, Schroetter I I ; Üruck Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 22, S. 179 ff.

2

Vermutlich Fehler des Abschreibers, müßte logischerweise »Städte« heißen. Am 14. Juni 1810 erging die »Verordnung wegen Verlängerung des allgemeinen Indults bis zum 24. Juni 1811«, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. v. Hardenberg, v. d. Goltz, v. Dohna, v. Kircheisen; Druck Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 119, S. 715.

3

104. Immediatvorstellung der Köllmischen Repräsentanten Königsberg, 4. Mai 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 89 A Tit. 26 Nr. 6 Bl. 24: Ausf., gez. von 11 Repräsentanten des Köllmerstandes (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 31859)-

Beschwerde über die Ungleichheit der Repräsentation des Köllmerstandes Verhältnis zu derjenigen des Adels

im

»E. K . M. sehen wir, endesunterzeichnete Köllmische Repräsentanten des jetzigen Generallandtages, uns notgedrungen, folgendes alleruntertänigst vorzustellen und unsere Zuflucht zu Allerhöchstdero allgemein verehrten Gerechtigkeitsliebe zu nehmen, der sich ja jeder getreue Untertan ohne Unterschied unverkürzt erfreuen und rühmen kann. Die Repräsentation der adeligen und köllmischen Stände ist bis jetzt noch nach keinem richtigen Maßstabe reguliert. Der vorjährige Generallandtag setzte dieses Verhältnis ohne Maßstab nur eventuell und provisorisch fest, so daß der Adel bei jeder Gelegenheit 2/3, oft sogar 3/4, der Köllmerstand dagegen nur das fehlende !/3 oder der Repräsentanten zu gesteilen befugt ist. E. K . M. geruheten zwar, diese vorläufige Repräsentationsweise zu genehmigen; unserm Stande blieb indes dabei das beruhigende Bewußtsein der nur augenblicklichen, temporellen Dauer dieser Schmälerung seiner Rechte und der ihm äußerst fühlbaren Wunde der überwiegenden Mehrheit der adeligen Stimmen bei jeder ständischen Versammlung. Zur baldigsten Abhelfung dieser so nachteiligen als kränkenden Mängel waren wir nun von unsern sämtlichen Kommittenten beauftragt, diese Angelegenheit bei dem jetzigen ständischen Generallandtage in Anregung zu bringen und auf eine der gegenseitigen Hubenzahl beider Stände jedes landschaftlichen Departements verhältnismäßige Repräsentation anzutragen. 1 Was kann wohl gerechter, was billiger sein? Bestätigt und begründet nicht, nach strengstem Recht, der Maßstab der Tragung aller Lasten auch den des Genusses jeder Art? — Unser Antrag wurde indes durch die Stimmenmehrheit der adeligen Herren Repräsentanten verworfen. Dieses scheint uns das hellste Licht über die Absicht der adeligen Stände bei unserer nähern Verbindung miteinander zu verbreiten; Ehrfurcht für E. K . M. hält indes jede weitere Äußerung darüber zurück, und

5- Mai 1809

261

wir sehen unser Rettungsmittel nur allein darin, daß wir namens unserer Kommittenten die ehrfurchtsvollste Bitte an E . K . M. unmittelbar Selbst wenden: Geruhen Allerhöchstdieselben, die Repräsentation des Adel- und Köllmerstandes bei denen landschaftlichen Repräsentationen sowohl als auch bei jeder andern Art ständischer Repräsentation nach dem gegenseitigen Verhältnis der Hubenzahl jedes landschaftlichen Departements besonders, nicht aber nach bloßer Willkür Allerhuldreichst regulieren und festsetzen zu lassen. [. . .]«2 1

Im Protokoll der Sitzung des Ostpreußischen Generallandtages vom 6. Mai 1809 heißt es in Punkt V I I : »Herr Generallandschaftsrat Brausewetter proponiert, daß die köllmischen Gutsbesitzer in Ansehung des Repräsentationssystems eine Abänderung des Reglements, und zwar das Verhältnis der Hubenzahl in votis hätten. Der Herr Commissarius Regius erwidert jedoch, daß er diesen Antrag nicht übernehmen könne, da die geschehene Festsetzung sich auf eine Immediatentscheidung gründe.« (Gedruckte Abschrift in Rep. 77 Tit. 149 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 50.)

2

Am Kopf des Blattes Marginale von Klewitz: »An den Staatsminister Grafen von Dohna zum baldigen Gutachten. Königsberg, 6. Mai 1809.« Danach erfolgte Gutachten von Dohna, Königsberg, 16. Juni 1809 (Ausf. in Rep. 89 A Tit. 26 Nr. 6 Bl. 23; neu: Rep. 2.2.1. Nr. 31859). Das Kabinettsreskript »an die gewesenen Repräsentanten des Ostpreuß. Litauischen Köllmerstandes«, Königsberg, 10. Juli 1809, bestätigt ihnen »die Notwendigkeit einer allgemeinen Reform des ständischen Repräsentationssystems«. Durch diese Reform würde auch die Beschwerde »von selbst mit erledigt werden«. (Konzept, gez. Klewitz, i. gl. Fasz. Bl. 26.)

105. »Promemoria« des Staatsrats Koehler »zu den Akten wegen O r g a nisation der Unterpolizeibehörden« Königsberg, 5. Mai 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 125: eigh. u. gez. Koehler.

»Ehe ein vollständiger Plan zur Organisation der Unterpolizeibehörden entworfen werden kann, müssen meines Erachtens die Hauptgrundideen, auf welchen er beruhen soll, durch höchste Entscheidung festgestellt werden. Sind für den Zweck, jenen Plan bis ins Detail hin auszuarbeiten, diese Grundideen nicht gegeben, so beruht die ganze Arbeit auf Voraussetzungen, die durchaus ungewiß sind, und kann also nicht allein großenteils unnütz werden, sondern würkt auch insofern nachteilig, als selbst nach Feststellung der ersten Prinzipien fast jeder einzelne Satz des Detailplans doch noch einer sehr genauen Überlegung bedarf, angefochten und modifiziert werden kann und angefochten werden wird und folglich jetzt das Detail jedes vollständigen Entwurfs unendlich weitläuftige Diskussionen vor der Zeit veranlaßt, welche den Anfang des Geschäfts, die Feststellung der ersten Grundsätze aufhalten, erschweren und verwirren. Uberdem ist die Ausarbeitung eines solchen Plans oder auch nur eine gutachtliche Prüfung der vorgelegten Pläne ein Geschäft von viel zu großem Umfange, 18*

2Ö2

5. Mai 1809

als daß ich in der gegebenen kurzen Frist mich daran wagen könnte, und täte ich das auch, so würde das Resultat doch kein anderes sein, als daß neben den schon vorhandenen Plänen noch ein neuer davon verschiedener aufgestellt würde, der die Sache aber nicht weiterbrächte, weil sich alle Pläne miteinander, solange sie nicht eine gemeinschaftliche Basis haben, nicht mit Effekt vergleichen lassen. Im allgemeinen sieht man wohl, daß die Aufsätze der Herren pp. von Schroetter, v. Schön, v. Vincke, Broscovius etc. 1 sehr viel vortreffliche Gedanken enthalten, die bei der Ausarbeitung des zur Ausführung bestimmten Plans, je nachdem sie mit dessen Grundlagen übereinstimmen, benutzt werden können: allein woran man sich zu halten, welchen Ideengang man mit Konsequenz zu verfolgen hat, das ist bei der großen und wesentlichen Verschiedenheit unter den schon bis jetzt zu den Akten debitierten Meinungen vorherzusehen unmöglich, solange nicht die ersten Prinzipien festgestellt, d. h. gegeben sind. Meines Ermessens kann daher die Sache, wenn sie überhaupt und zumal wenn sie bald ein in sich konsequentes Resultat gewähren soll, welches der Ausfluß der besten Organisationsideen ist, keinen andern Gang nehmen, als daß zuvörderst allein die Hauptgrundzüge einer Organisation der Unterpolizeibehörden, welche ich hier zusammenzustellen die Ehre haben werde, von den höchsten Behörden in einer gemeinschaftlichen Konferenz in Überlegung genommen und darüber Beschlüsse gefaßt, diese auch, wofern es die Verfassung so mit sich bringt, von Sr. Königlichen Majestät vorläufig bestätigt werden: und alsdenn erst, wenn dies geschehen, wird sich auf den Grund dieser Beschlüsse ein eigentlicher Organisationsplan ausarbeiten lassen, der dann freilich noch abermals der Prüfung der versammelten höchsten Behörden bedürfen wird, ehe er von Sr. Königlichen Majestät Höchstselbst vollzogen werden kann. 2 Wie aber auch die künftige Organisation der Polizeibehörden beschaffen sein mag, so wird die Revision und Reformation unserer ganzen polizeilichen Gesetzgebung oder mit andern Worten die Emanierung eines umfassenden Polizeigesetzbuchs eins der ersten und wesentlichsten Bedürfnisse sein; doch gehört das hier nicht eigentlich zur Sache und ist ein Gegenstand, welcher zu seiner besondern sorgfältigen Bearbeitung eine eigene Kommission und vielleicht die Frist mehrerer Jahre erfordert. Die erste allgemeine Frage demnach ist: A. „Wie soll jede Provinz des Staats rücksichtlich der Polizeiverwaltung eingeteilt werden?" Schon bis jetzt besteht zwar die allgemeine Einteilung in Kreise: allein diese sind in den verschiedenen Provinzen und selbst in jeder einzelnen Provinz für sich von sehr verschiedenem Umfang; sie haben höchst unregelmäßige, nicht durch Grundsätze der Verwaltung, sondern durch zufällige politische Umstände bestimmte Grenzen; und innerhalb derselben bestehen wieder neben der Kreispolizeigewalt diejenige der Domänenbeamten u. resp. Intendanten in den Domänen und der Magistraturen in den Städten und Städteeigentumsgütern, wodurch die Kreise mehrenteils vollends zerstückelt werden. Mit Rücksicht darauf und in der nicht zweifelhaften Voraussetzung, daß die Abteilung der Provinzen in Kreise als die natürlichste und einfachste festgehalten werden soll, fragt sich nun:

5. Mai 1809

263

1. soll die selbständige, d. h. unmittelbar unter der Provinzialregierung ressortierende, Polizeigewalt der Domänenbeamten, Magisträte und geistlichen Stifter weg- und mit der Kreispolizeigewalt zusammenfallen? 2. soll sodann die gemeinschaftliche Kreispolizeigewalt sowohl selbst als durch ihre untergeordneten Werkzeuge sich über alle und jede Güter und Personen erstrecken, die innerhalb der Kreisgrenzen befindlich und resp. wohnhaft sind, und soll es durchaus keine Exemtion von derselben geben? und 3. sollen bei Abgrenzung der neuzubildenden Kreise die bisherigen Kreisgrenzen berücksichtigt, oder soll ganz unabhängig davon lediglich der Zweck der für die Verwaltung bequemsten, d. h. der geographischen, Regelmäßigkeit festgehalten werden? Diese Punkte etwa sind es, über welche meines Erachtens in bezug auf die erste allgemeine Frage Entscheidung nötig ist, ehe man weiter bauen kann. Zu 1. sind alle Votanten wesentlich über die Bejahung einig, und ich weiß den Gründen, womit dies bereits ausgeführt ist, nichts beizufügen. Nur scheint mir das platte Land bisweilen zu ausschließlich der Hauptgegenstand der Verhandlungen gewesen zu sein und gleichwohl hier der Grundsatz: daß rücksichtlich der Polizei der Kreis alles, was in seinen Grenzen liegt, es sei Stadt oder Land, einschließen soll, durchaus in seiner vollen Klarheit zur höchsten Entscheidung aufgestellt werden zu müssen. E r hat die höchste Einfachheit und Natürlichkeit für sich; denn aus eben dem Grunde, aus welchem der Begriff „Provinz" alles Territorium in sich faßt, welches durch die äußern Grenzen eingeschlossen wird, muß auch der Begriff „Kreis" alles umfassen, was innerhalb seiner äußern Grenzen liegt. Die Städte sind die Hauptpunkte für die Tätigkeit der Polizei. Je enger und in je größerer Anzahl die Menschen beisammen wohnen, desto mehr bedarf es ihrer Würksamkeit; wo die Menschen zerstreut wohnen und weniger unmittelbar in Berührung stehen, da hat sie selten und wenig zu tun. Es ist also das Natürlichste, daß die Polizeigewalt in jedem Kreise gewissermaßen von der Kreisstadt ausgeht und sich auf die nächsten Umgebungen des platten Landes und auf die kleinern noch im Kreise belegenen Flecken und Städte verbreitet. Auch davon abgesehen aber gewährt die Kombination von Stadt und Land rücksichtlich der Polizei den augenscheinlichen Vorteil, daß die Gewalt derselben innerhalb der einmal festgestellten äußern Grenzen des Kreises keine Schranken hat, die in tausend Fällen, z. B. bei Verfolgung der Bettler, Verbrecher und Vagabunden, bei Epidemien, Viehsterben usw. äußerst verderblich sind. D a ß die Polizeigewalt der Domänenbeamten der Kreispolizeibehörde mit übertragen werden kann, ist wohl am wenigsten zu bezweifeln. Will man auch ja noch in Erwägung ziehen, daß die Konservation der Untertanen und die Aufsicht auf ihre Wirtschaftsführung einen Teil der bisherigen Geschäfte der Domänenbeamten ausmachte, der zum Teil polizeilicher Natur ist, so kann darin doch keine Schwierigkeit für die Sache selbst liegen, da die Verhältnisse der Domäneneinsassen durch die neuere Gesetzgebung schon so weit geändert worden sind, daß sie bald den übrigen Kreiseinsassen gleich behandelt werden können und bis dahin die Kreispolizeibehörden die sich

264

5. Mai 1809

hierauf beziehenden wenigen Geschäfte zu besorgen genug imstande sein werden, eventualiter aber sich noch der Hülfe der Domänenbeamten, solange diese bestehen, bedienen können. Sind erst die Domänen veräußert, so hebt sich jedes Bedenken von selbst. Zu 2. Dieser Grundsatz ist wohl an sich nicht bezweifelt, solange von dem Haupt der Kreispolizeigewalt, von dem Kreislandrat, die Rede ist. Allein dieser bedarf gewisser Unterbehörden als Werkzeuge seiner Tätigkeit, der Ortspolizeioffizianten (in den Städten Polizeiinspektionen oder -kommissionen, auf dem Lande Schulzenämter). Hier trägt sich's nun: sollen auch diese Werkzeuge der Kreispolizeigewalt in den intensiven Grenzen ihrer Würksamkeit alles ohne Gestattung einer Exemtion umfassen? — Dagegen haben des Herrn p. v. Schroetters Exzellenz in Rücksicht der Gutsbesitzer, welche bisher die Ausübung der Ortspolizei als jus reale hatten, Bedenken erhoben und dieselben so erheblich gefunden, daß sogar die Beibehaltung der ebengedachten Anomalie vorgeschlagen worden, bloß um der Besorgnis derjenigen Inkonvenienzien auszuweichen, welche durch die Kollision der Schulzenämter als öffentlicher Behörde mit den Gutsbesitzern als einer höhern Staatsbürgerklasse entstehen könnten. Allein diese Besorgnis würde meines Erachtens ganz offenbar, wie auch der Herr p. von Vincke bemerkt, nur den Grund haben, wenn man die Schulzenämter zu etwas mehrerem als zu Werkzeugen der Landräte machen und ihnen namentlich die Gewalt, zu entscheiden und zu strafen, beilegen wollte. Geschieht nur das nicht (und dies ist ein Punkt, der erst weiter unten näher berührt werden kann), so läßt sich eine schädliche Kollision nicht absehen. Zu. 3 ist nicht zu leugnen, daß die möglichste Berücksichtigung der alten Kreisgrenzen in der Ausführung, bei der Teilung der Archive, bei Einrichtung der Kreiskommunalinstitute und in manchen andern Rücksichten große Bequemlichkeiten mit sich führen würde: es ist aber auch nicht zu verkennen, daß sie, wenn doch einmal die Provinzen eine neue Einteilung erleiden müssen, dabei sehr genieren wird, und auf alle Fälle zu erwägen, daß, wo schon so von Grund aus reformiert wird, als ohne Zweifel geschehen soll, eine Unbequemlichkeit mehr nicht eine überwiegende Rücksicht verdient.

Die zweite allgemeine Frage ist: B. „Wie groß sollen die Kreise sein? Durch welch ein Personal soll die Polizei in denselben verwaltet werden? In welche Unterabteilungen sollen sie für diese Verwaltung zerfallen?" 3 Über diese genau ineinandergreifenden Fragen ist die Verschiedenheit der Meinungen sehr groß. Der Herr p. von Vincke stimmt im allgemeinen für die Formation großer Kreise und will, daß darin mehrere, ja sogar möglichst viele aus den vermögenden Einsassen zu Landräten bestellt werden, die einzeln, in Deputationen, nebeneinander und gemeinschaftlich, kurz, wie und wo sie es für gut finden, möglichst unabhängig handeln und nur einigemal im Jahr zu einer allgemeinen Konferenz zusammentreten und in dieser gewisse genau zu bestimmende Gegenstände ausschließlich abzumachen verpflichtet sein

5. Mai 1809

265

sollen. Sie sollen unbesoldet, ihre Werkzeuge bloß die gleichfalls unbesoldeten Polizei- und Schulzenämter sein und keine Zwischengewalten weiter stattfinden. Hingegen läßt sich sagen und ist gesagt worden, daß die Konkurrenz mehrerer Landräte in einem Kreise, deren Geschäftskreis nicht bestimmt geschieden ist, notwendig Eifersucht und Kollisionen aller Art hervorbringen, den guten Einfluß der öffentlichen Meinung, da jeder einzelne in seinen Kollegen eine Rückenlehne hat und Ehre und Schande so sehr geteilt wird, schwächen und die Tätigkeit aller um so mehr zweifelhaft machen wird, als die ganz zersplitterte Verantwortlichkeit, zumal unbesoldeter Offizianten, die ohnehin nicht einmal bestimmt sind, dem Dienst ihre volle Tätigkeit zu widmen, wenn auch nicht für das, was sie tun, doch für das, was sie unterlassen, bis in nichts zerfließen wird. Unbesoldete Offizianten können als selbsttätige Werkzeuge der Polizeiobrigkeit höchst schätzbar sein; die mit ihrem A m t verbundene öffentliche Achtung ist ein kräftiger Sporn zum nützlichen Würken; allein, es darf ihnen auch nicht zuviel zugemutet, sie dürfen nie mehr als mäßig beschäftigt werden; und die auf jeden Fall nötige allgemeine Übersicht des ganzen Kreispolizeiwesens, die stete Aufmerksamkeit auf alles, was dahin gehört, welche doch nicht unter viele teilbar ist, erfordert wohl einen Mann, der daraus seine einzige oder doch seine Hauptbeschäftigung macht, und das kann man von keinem andern als einem besoldeten Staatsdiener verlangen oder erwarten. Der Herr p. von Schroetter Exzellenz bestimmt für die Größe eines Kreises das (noch immer sehr beträchtliche) Maximum von 35 • Meilen und 45 000 Seelen. Nach seinem Plan soll aber ein solcher Kreis noch nicht die letzte Einheit bleiben, mit welcher die Ausübung der Polizeigewalt verbunden wird und die unmittelbar die Ortsbehörden leitet, sondern es soll noch eine Zwischenabteilung in Bezirke stattfinden, deren jeder, bis 8 • Meilen oder 10000 Seelen groß, von einem Kreisdeputierten verwaltet wird. Diese Kreisdeputierten sollen im wesentlichen in ihren Bezirken alle Funktionen des eigentlichen Landrats, der ihr Präses ist, haben, dergestalt, daß dem letztern für den ganzen Kreis nur einige Generalia, z. B. Militärsachen und dergleichen besonders reserviert bleiben. Außerdem sollen der Landrat und die gesamten Kreisdeputierten eines Kreises noch ein Plenum (die Kreisdirektion) bilden, welches sich zu gewissen Zeiten zu versammeln hat, dessen Beschlüsse dann für jedes einzelne Mitglied verbindend sind und dessen Gewalt also wesentlich über derjenigen der Individuen steht. 4 Hier scheint sich mir das Übel zu vieler Behörden und einer unvermeidlichen Ressortverwickelung unter den verschiedenen Offizianten zu erneuern. Sehr wahrscheinlich würden dieselben bald genug, man mag auch ihr Verhältnis zueinander stellen, wie man will, in Ressortstreit, Kollisionen, Zänkereien und dergleichen geraten, und das Ende davon würde trotz aller Gegenerklärungen ein Instanzenzug sein, welcher die Tätigkeit der Polizei in Fesseln legte. Könnten alle nach dem Vorschlag des Herrn p. von Schroetter anzustellenden Offizianten verständig genug supponiert werden, um ihre Stellung ganz zu begreifen, so möchte diese Besorgnis grundlos sein: allein, so wie die Menschen einmal sind, würde sie sich nur zu früh bestätigen.

266

5. Mai 1809

Man würde es sehr bald versuchen und mit der Zeit es gewohnt werden, von dem Kreisdeputierten an den Landrat oder an die Kreisdirektion zu appellieren, und die neue Instanz wäre gebildet, ohne daß man sich dessen versähe. In der Kreisdirektion selbst könnten auch die Arbeiten gar leicht eine kollegialische Form gewinnen, und dies würde den Gang der Polizeiwürksamkeit unsicher und schleppend machen. Die Justiz bedarf überall der bedächtigen Überlegung, da ist die kollegialische Form auch bei den Unterbehörden an ihrer Stelle; die Polizei aber bedarf gerade in ihren letzten untersten Gliedern der freien regen Tätigkeit, und diese kann nur von einem Mann gefordert werden, der in seinem Verhältnisse von nichts als den Gesetzen und der darauf basierten Verantwortlichkeit gegen die obere Provinzialbehörde abhängig ist. Der Plan des Herrn p. von Schön steht der Einfachheit näher. Er bestimmt das Maximum eines Kreises auf 24 c Meilen oder 33000 Seelen und will darin nur einen besoldeten Landrat angestellt haben, unter welchem die resp. Polizeiinspektionen und Schulzenämter unmittelbar ressortieren sollen. Allein diese letztern sollen doch noch unter ihm würkliche entscheidende und strafende Behörden sein, und darum schiebt er noch eine Mittelgattung von Offizianten, die er Friedensrichter nennt, dazwischen, welche indessen keine Zwischeninstanz bilden, sondern bloß die Schulzenämter ihres Friedensrichterbezirks (dessen Größe auf das Maximum von 5 000 Seelen gesetzt ist) abwechselnd präsidieren und mit ihrer Einsicht unterstützen sollen. Hier leuchtet zuvörderst die Absicht ein, daß der Landrat wesentlich die ganze Polizei seines Kreises unter unmittelbarer Aufsicht haben und überall, wo es nötig ist, unmittelbar tätig sein soll. Darnach ist die Größe der Kreise passend abgemessen. In einem Bezirk von 20 bis 240Meilen, wenn dessen Figur nicht gar zu unregelmäßig ist, kann die mittlere Entfernung des landrätlichen Wohnsitzes von den äußersten Punkten seines Würkens nicht leicht über 2 bis 3 Meilen betragen, und sowohl diese Fläche als die darauf befindliche Menschenzahl muß sich genug von einem tätigen Offizianten bis in jedes Detail übersehen und alle dahin gehörigen Geschäfte bearbeiten lassen. Selten wird es auf einer solchen Fläche mehr als zwei unbedeutende Städte geben, und große Städte verursachen gar keine Schwierigkeit, weil sie entweder allein oder, je nachdem die Lokalität es will, mit einer geringen Umgebung des platten Landes einen eignen Kreis formieren werden. Aber sollten jene Friedensrichter und die sogenannte Kreispolizeibehörde des Herrn p. von Schön (welche letztere aus der Vereinigung des Landrats, der Polizeidirektoren aus den Städten und der Friedensrichter zu einem Plenum entsteht), da sie doch unleugbar in die Verhältnisse der Offizianten schon einige Verwickelung bringen, nicht auch noch entbehrlich sein? Gesetzt, es gäbe in einem Kreise nichts weiter als den Landrat und unter ihm die Ortspolizeioffizianten (Polizeikommissionen in den Städten und Schulzenämter auf dem Lande); die letztern wären nichts weiter als die ausführenden, zunächst inspizierenden, ausspähenden und rapportierenden Werkzeuge des Landrats, und alle (in Streitfällen) entscheidende und exekutive und (in Kontraventionsfällen) strafende Gewalt beruhte allein in seinen Händen: sollte diese ganz einfache Organisation nicht auch ausführbar sein? 5

5. Mai 1809

267

Das Amt der Friedensrichter, Kreisdeputierten, oder wie man sie sonst nennt, wird hauptsächlich nur dann wünschenswert, wenn schon den Schulzenämtern die Gewalt, zu entscheiden und zu strafen, beigelegt wird; man kann von den Schulzen nicht überall, wenngleich für sie die Klasse der Gutsbesitzer, Pächter und überhaupt der Gebildetem vorzüglich in Anspruch genommen werden dürfte, die nötige Bildung für so wichtige Geschäfte erwarten; auch ihre etwanige Unfähigkeit, vorläufige Untersuchungen anzustellen, soll in den Friedensrichtern eine Stütze erhalten. Gleichwohl würden auch diese Friedensrichter nur aus der Masse des Volks genommen werden können, und der einzige Grund, sie von höherer Bildung als die Schulzen zu supponieren, bliebe nur der, daß man ihrer in geringerer Anzahl bedarf und also eine mehrere Auswahl hat. Ist aber die eigentlich entscheidende und strafende Gewalt in die Hände des Kreislandrats allein gegeben, so läßt sich bezweifeln, daß das Amt der Friedensrichter notwendig sei. Aber wird etwa dafür gehalten, daß in diesem Fall der Geschäftskreis eines Landrats zu umfassend und zu groß für einen Mann sein würde, wiewohl nur für einzelne Kreise, z. B. wo sich große Städte befinden, für gewiß anzunehmen ist und in den meisten Fällen noch dahin steht, also erst durch die Erfahrung sich ergeben würde: wäre es denn nicht genug und zugleich einfacher, ihm in einigen Kreispolizeiassistenten Gehülfen zu geben, die, ihm durchaus subordiniert, von ihm nach den Umständen und seinem Gutfinden bald als seine Subdelegierten in einigen vereinigten Ortschaften und Distrikten, bald als seine Kommissarien zu einzelnen Geschäften, zu vorläufigen Untersuchungen und dergleichen und überhaupt als seine Assistenten ohne bestimmten eignen Würkungskreis gebraucht werden könnten? Am würksamsten ist die Polizei gewiß, wenn sie vollkommen einfach organisiert ist, und dazu ist meines Erachtens die erste Bedingung, daß der Kreispolizeiverwalter (Landrat) würklich und allein die unterste und letzte Polizeiinstanz sei und daß es unter ihm nicht mehr andere Behörden, sondern in den Polizeiinspektionen und resp. Schulzenämtern nur die nötigen Werkzeuge für seine Tätigkeit gebe. Bei ihm allein muß noch der Fall schriftlicher Verhandlungen, Berichtserstattungen usw. möglich sein; was unter ihm ist, muß in eignem Namen nie schriftlich verhandeln, sondern nur nach den ein für allemal bestehenden oder besonders erteilten Anweisungen des Landrats tätig handeln und mündlich, nur ausnahmsweise schriftlich rapportieren dürfen. Dies große Raisonnement beruht indessen wesentlich auf der doppelten Voraussetzung, daß einesteils der Kreispolizeiinstanz eine gewisse richtende, exekutive und strafende Gewalt überhaupt beigelegt und andern teils diese bloß dem Landrat und nicht schon den Schulzenämtern anvertraut werde. Über das letztere sind aber die Meinungen sehr verschieden. Dagegen scheint so viel außer Zweifel, daß die Kreispolizeiverwaltung mit einer richterlichen und Strafgewalt versehen und darin von den Justizbehörden in den ihr angewiesenen Schranken unabhängig sein müsse. Diese Schranken lassen sich festsetzen. Zwar wird eine solche Bestimmung immer mehr oder weniger willkürlich sein; denn sie läßt sich nicht mit vollkommener Präzision aus der Natur der Sache folgern; allein es kommt darauf auch nicht viel an; es ist

268

5. Mai 1809 genug, daß sich die Grenze bestimmen läßt, und das Weitere gehört zum Detail des künftigen Organisationsplans. Sehr wesentlich aber ist die Vorfrage: „ob diese Dezisiv- und Strafgewalt a. allein den Landräten oder b. schon den Schulzenämtem oder c. den Friedensrichtern, Kreisdeputierten pp., sofern dergleichen angestellt werden, beigelegt werden soll?" und darüber muß meines Erachtens feste Bestimmung vorhanden sein, ehe sich die weitern Grundsätze des Verfahrens bei den kreispolizeilichen Offizii entwickeln lassen.

Die dritte allgemeine Frage ist: C. „Wie und auf wie lange sollen die Kreispolizeioffizianten bestellt — und sollen sie besoldet werden oder nicht?" Hierüber sind die Vota abermals sehr verschieden. Der Herr p. von Vincke will wesentlich unbesoldete Offizianten, die aber gleichwohl nicht von den Kreisständen gewählt, sondern von Sr. Majestät, aber in dessen [! deren] Namen bestellt werden sollen. Der Herr p. von Schroetter Exzellenz beabsichtigt, daß der bisherigen Verfassung analog die Landräte zwar (und besser wie bisher) besoldet, aber gleichwohl von den stimmfähigen Kreiseinsassen gewählt werden sollen.6 Der Herr p. von Schön stimmt damit überein, daß die Besoldung der Landräte nötig sei, glaubt aber, daß ihre Bestellung durchaus vom Staat allein und nicht von der Wahl der Stände abhängen müsse. Der Hauptgrund dieser Meinungsverschiedenheiten liegt wohl in den bisherigen Verhältnissen der Kreislandräte; diese vereinigten in sich zwei Qualitäten, die gleichwohl durchaus voneinander verschieden sind. Sie waren einerseits als Polizeioffizianten Staatsdiener und andererseits zugleich die beständigen Repräsentanten der Kreisstände selbst. Diese repräsentative Qualität war ihre ursprüngliche und älteste und wurde von ihnen jederzeit als die vorzüglichere angesehen. So verhält sich's wenigstens in den Provinzen, deren Verfassung ich genauer kenne. Das Herkommen, daß die Landräte gewählt wurden, ist aber ohne Zweifel eine Folge bloß ihrer repräsentativen Qualität und in dieser Beziehung sehr natürlich; die Verwaltung der Polizei hingegen und die Bestellung der Polizeioffizianten als solcher ist aber ein unveräußerliches Majestätsrecht, welches nicht ohne Inkonsequenz von der Wahl irgendeiner dritten Autorität abhängig gemacht werden kann. Mir scheint nichts dringender, als die Verwaltung der Kreispolizei von der Kreisrepräsentation und von jeder repräsentativen Qualität gänzlich abzusondern; diese Kombination war bisher ein Hauptmangel unserer Verfassung. Wir hatten Männer zu Polizeioffizianten,welche neben dem Interesse ihres Amts noch ein anderes Interesse und dies mit einem Teil ihrer Amtsuntergebenen gemein hatten, ein Interesse, welches mit ihrem Amt oft in Kollision kam und in Hinsicht dessen sie von ihren repräsentierten Mitständen, deren Gemeinwille nur in ihnen lag und die also, sobald sie versammelt

5- Mai 1809

269

waren, über ihnen, obgleich rücksichtlich ihres Polizeiamts unter ihnen standen, abhängig waren. Es leuchtet nicht allein von selbst ein, wieviel Widersprechendes in diesen Verhältnissen liegt, sondern es scheint auch überhaupt eine Anomalie, die Existenz einer Polizeiperson von der Wahl derer, über die sie gesetzt ist, abhängen zu lassen. Eine solche Wahl mag an ihrem Orte sein, wo von Administration gemeinschaftlicher Güter und Institute die Rede ist: bei der Polizei ist sie aber nicht wohl angebracht; denn der tüchtige Polizeioffiziant handelt zwar für das Interesse aller, aber mehrenteils mittelbar nur dadurch, daß er dem Interesse der einzelnen, wo sie über die Schranken der Gesetze hinausgehen wollen, durch sein Veto und durch seine strafende Gewalt in den Weg tritt. Sobald auch nur die vorbemerkte repräsentative und die polizeiamtliche Beziehung, in denen bisher die Landräte standen, deutlich unterschieden wird, ist schwerlich zu fürchten, daß die Aufhebung der bisherigen Verfassung, wornach die Landräte von den Ständen gewählt wurden, eine unangenehme Sensation hervorbringen werde: die Stände werden ja künftig ihre Repräsentation in den Prov^nzialregierungen selbst haben und sind dadurch mehr als entschädigt. Dieselben Gründe sprechen dafür, daß auch die Schulzen auf dem Lande und die Polizeikommissarien in den Städten nicht gewählt, sondern auf den Vorschlag der Landräte bestellt werden; doch könnte hier, da diese Posten eigentliche Ehrenposten werden, eher eine gewisse Teilnahme der Gemeinden an dem Rechte, vorzuschlagen, nachgelassen werden. Den Punkt der Besoldung betreffend, so habe ich schon oben erwähnt, daß nur der Herr p. von Vincke dagegen, der Herr p. von Schroetter und Herr p. von Schön aber dafür stimmt. Die Gründe der letztern scheinen überwiegend; und dann, wenn der Landrat die würkliche Polizeigewalt in sich vereinigen und alle Geschäfte in einem Bezirk von 20 bis 24 • Meilen allein leiten soll, ist seine und noch dazu eine nicht gar kärgliche Besoldung durchaus nötig; denn alsdann ist von einem Geschäft die Rede, welches die ganze Tätigkeit eines Mannes fortdauernd erfordert. Ohnedem würde man dann auch die Freiheit haben müssen, dem Kreislandrat seinen Wohnsitz im Kreise — in der Regel in der beträchtlichsten, d. h. der Kreisstadt — anzuweisen, und das wäre ein Grund mehr für die Notwendigkeit seiner Besoldung. Die Posten der ihm etwa beigegebenen Kreispolizeiassistenten könnten schon füglich eher als Ehrenposten behandelt werden, wie dies auch der Herr p. von Schroetter und p. von Schön mit ihren Kreisdeputierten und Friedensrichtern beabsichtigt haben. Noch weniger dürfte dies bei den Schulzen auf dem Lande und bei den Polizeikommissarien in den kleinen Städten bedenklich sein. In großen Städten wird es ohnehin die Notwendigkeit mit sich bringen, daß der Landrat ein ganzes vollständiges und besoldetes Bureau um sich habe. Außer Vorstehendem bleibt dann als zu den ersten Prinzipien gehörig nur noch eine Entscheidung darüber nötig, ob und welche von den Kreispolizeioffizianten lebenslänglich oder nur auf gewisse Jahre anzustellen sein würden? Die Feststellung dieser Dienstfristen im letztern Fall ist mehr oder weniger willkürlich und gehört zum Detail.

270

5- Mai 1809

Was nun hier weiter zuvörderst die Landräte betrifft, so hat sich Herr p. von Vincke darüber nicht mit ausgelassen; Herr p. von Schön und Herr p. von Schroetter stimmen aber für eine temporäre Dienstzeit resp. von 6 oder 10 Jahren. Der Gesichtspunkt, aus welchem ich oben die Verhältnisse der Landräte angesehen habfc, würde — beinahe notwendig — für eine lebenslängliche Dauer ihres Amts, d. h., solange sie dessen nicht unwürdig oder unfähig gefunden werden, bestimmen. Alles aber, was als Ehrenposten behandelt werden soll, würde meines Ermessens auf die Dauer gewisser Jahre beschränkt werden müssen. Dies wären meines Erachtens die Hauptpunkte, über welche es vorweg einer Entscheidung bedürfen möchte, ehe der würkliche Organisationsplan verarbeitet werden kann. Man stößt zwar in den Akten noch auf Meinungsverschiedenheiten über mehrere andere Hauptpunkte, z. B. über die Frage: wie die öffentlichen direkten Steuern in den Kreisen erhoben und - verwaltet werden sollen? indem hier der Herr p. von Schroetter noch außer den Kreissteuereinnehmern sogenannte Kreisintendanten ansetzen will, die aber der Herr p. von Schön und p. von Vincke, wie ich auch glaube, entbehrlich halten; auch frägt sich noch: wie die Kreiskommunalverwaltungssachen bearbeitet, und überhaupt: wie die ländlichen Gemeinden gebildet werden sollen? Indessen ist jenes erstere ganz eigentlich Sache des Details, und die letztern Fragen gehören nicht einmal eigentlich hieher, sondern würden besonders und nur gleichzeitig erörtert werden müssen. Ohnedem können bei der Bildung der ländlichen Gemeinden wohl keine erheblichen Zweifel mehr obwalten, nachdem die städtischen Gemeinden durch die neue Städteordnung 7 schon gebildet sind. Schon der Konsequenz wegen wird man bei jenem Gegenstande die möglichste Analogie mit diesem intendieren, und die Städteordnung wird also von selbst das Modell der künftigen ländlichen Gemeindeordnung sein. Der Herr Präsident von Vincke hat sich darüber auch schon sehr umständlich ausgelassen 8 , und sein Votum wird füglich die Basis dieses Teils der künftigen Verhandlungen sein können.« 1

Schroetter: »Plan zur Einrichtung der Kreisverwaltungsbehörden in Preußen«, 13. Oktober

1808

eingereicht,

Ausf.,

gez. Schroetter,

i. gl. Fasz.

Bl. 45; Schön:

V o t u m zu obigem Plan, Königsberg, 14. November 1808, eigh., i. gl.

Vincke:

»Über die Organisation der Unterbehörden zunächst für die Polizei-

Fasz. Bl. 7 7 ; verwaltung«,

Berlin,

4. Juni

1808,

Ausf.,

gez. Vincke,

i. gl. Fasz.

Bl. 62 ; Broscovius: Promemoria

zur

Einrichtung

der

Kreisverwaltungsbehörden

in

Preußen, Gumbinnen, 2. Februar 1809, Ausf., gez. Broscovius, i. gl. Fasz. Bl. 97; Vincke:

V o t u m über die Organisation des Polizeiwesens, Königsberg, 19. März 1809, eigh., i. gl. Fasz. Bl. 100.

271

6. Mai 1809

Zu den genannten Aufsätzen siehe die Bearbeitung in R M Stein I I I , Nr. 279, S. 914 ff., Nr. 309, S. 1016 ff., R M Stein II, Nr. 179, S. 585 ff. und im vorliegenden Band Nr. 42 und 73. 2

Neben diesem Abschnitt Bleistiftmarginale von D o h n a : »alle Lokalsachen v o m Schulzengericht abmachen lassen geographisch topographischer Teil«.

3

Daneben Bleistiftmarginale v o n Dohna: »Organisation des Landratsofficii«.

4

Neben diesem Abschnitt

Bleistiftmarginale von

Dohna:

»Kreisdeputiert.

Ge-

Neben diesem Abschnitt Bleistiftmarginale von D o h n a : »Bagatell-Sachen

ab-

hülfen«. 5

machen«. 6

Daneben Bleistiftmarginale von Dohna: »Stadt und L a n d wählen«.

7

»Ordnung für sämtliche

Städte der preußischen Monarchie mit

dazugehöriger

Instruktion behufs der Geschäftsführung der Stadtverordneten bei ihren ordnungsmäßigen

Versammlungen«,

Königsberg,

19. November

1808,

siehe

die

Bearbeitung in R M Stein I I I , Nr. 319, S. 1038 ff. 8

»Promemoria, betreffend die Gemeindeverfassung auf dem Lande«, Königsberg, 25. März 1809, Vincke eigh., i. gl. Fasz. Bl. 108, siehe Nr. 76.

106. Geheimer Staatsrat von Heydebreck »an Ein hohes Staatsministerium« Königsberg, 6. Mai 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 T i t . 192 Nr. 1 Bd. 3 Bl. 94: Ausf., gez. v. Heydebreck.

Unterbreitung von Vorschlägen zur Vereinigung der Akzisedirektionen Hauptkollegien der Provinzialregierungen

mit den

»Der kurmärkische Regierungspräsident v. Vincke hat mir verschiedene, sich auf die bevorstehende Vereinigung der Akzisedirektionen mit den Hauptcollegiis der Provinzialregierungen beziehende Desideria mitgeteilet, welche ich glaube Euren Exzellenzien und Einem hohen Staatsministerio vorlegen zu müssen. 1. scheint es demselben zweckwidrig, daß besage der Geschäftsinstruktion für die Regierungen die Verwaltung der direkten Steuern den Domänendeputationen beigelegt worden, anstatt daß nach seiner vorzüglich auf der Analogie der Einteilung der Ministerialsektionen gestützten Meinung solche von ebenderselben Deputation, welcher die indirekten Abgaben anvertrauet sind, verwaltet werden müßten. 2. Außerdem äußert derselbe noch die Besorgnis, daß § 23 der Verordnung vom 26. Dezember 1808 wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialpolizei- und -Finanzbehörden und §§ 16, 26, 67 und 102 der Geschäftsinstruktion für die Regierungen de eodem dato 1 dahin gedeutet werden könnten, als ob die Mitglieder der Regierungsakzisedeputationen nicht als wirkliche und eine allgemeine Stimme habende Mitglieder der Regierungen, sondern nur als technische Gehülfen derselben anzusehen wären, wodurch, anderer Nachteile zu geschweigen, die bisher gewöhnliche

272

6. Mai 1809

gegenseitige Unwissenheit und Vorurteile über die verschiedenen Verwaltungsfächer unter den Hauptabteilungen der Regierungen perpetuiert werden würden. Folgendes ist meine unmaßgebliche Meinung von der Sache, ad 1. bin ich mit dem Präsidenten v. Vincke dahin einverstanden, daß die Verwaltung der direkten Steuern weder nach einer richtigen logischen Teilung der Begriffe noch nach einer vorauszusetzenden vorzüglichen Aptitüde des Personals der Domänen- und Forstdeputationen diesen letztern zukommen dürfte. Inzwischen sehe ich die diesfallsige Zuteilung nur für provisorisch an auf so lange, bis die hie und da in den Domänen noch miteinander vermischten grundherrlichen Abgaben und landesherrlichen Steuern rein voneinander gesondert sein werden; fürchte auch daraus so lange, als mit dem Steuersystem selbst keine erheblichen Veränderungen vorgehen, gerade kein großes inconveniens. Weiterhin aber scheinet auch mir eine andere Verteilung, wenigstens eine deutlichere Bestimmung der konkurrierenden Verhältnisse der verschiedenen Regierungsdeputationen bei den direkten, namentlich den Grundsteuern nötig zu werden. Die allgemeine Landeskenntnis, das direkte Verhältnis zu den bei der Anlage der Steuern gewöhnlich konkurrierenden Ständen und Korporationen; die Feststellung der Grundsätze, wonach allgemeine Lasten und Abgaben aufzubringen; welches alles, meines Bedünkens passend, laut Instruktion resp. bei den Polizeideputationen vorausgesetzt und ihnen zur Pflicht gemacht ist; und hierneben die Mißlichkeit, dem einen die Aufstellung, dem andern die Anwendung von Grundsätzen aufzutragen, welche diesem sich oft erst bei der Anwendung selbst als wirklich unanwendbar zeigen; endlich die nicht selten stattfindende und allgemein zu wünschende Verbindung in Form und Erhebung solcher allgemeinen Landeslasten, welche nicht landesherrliche Steuern sind, mit den Steuern: scheinen mir anzuraten, das direkte Steuerwesen den Polizeideputationen wo nicht ganz und gar beizulegen, doch wenigstens sie bloß von der unmittelbaren Erhebung und Berechnung des baren Einkommens aus demselben zu dispensieren und alsdann allenfalls letzteres einzig und allein den Akzisedeputationen unter der Benennung Abgabendeputationen zu übertragen. Ich würde überhaupt es weit passender finden, die Akzisedeputationen für eine Unterabteilung der Polizeideputation als für eine durch den ganz willkürlichen Namen Finanzdeputation verbundene Gefährtin der Domänendeputationen zu erklären. Mit jener hat sie alle Tage, mit dieser fast nie zu tun. Die Funktionen beider sind ein Ausfluß der Landeshoheit, und die beiderseitigen Offizianten bedürfen täglich gegenseitiger Unterstützung. Ich stelle inzwischen dieses weiserem Ermessen anheim. ad 2. rechtfertigen die allegierten Stellen der Verordnung und Instruktion allerdings die Besorgnisse des von Vincke vollkommen. Ich weiß nicht, welche Gründe zu deren Fassung in dieser Art vorhanden gewesen sein mögen. Es scheint mir aber unvorgreiflich, daß die Tendenz derselben nicht gut ist. Bekanntlich gehört derjenige Grad von wissen-

6. Mai 1809

273

schaftlicher Bildung, welcher dem Staatsdiener als solchem einen eminenten Wert erteilt (denn die Halbwisser und Nachbeter, welche ein paar modische Bücher über Staatswirtschaft gelesen und nicht verdauet haben, halte ich mehr für schädlich als nützlich) ebensowohl in den bisherigen Kammern als in den Akzisedeputationen zu den seltenen Ausnahmen. Wenn an sich die Zwecke der Akzise- und Zollverwaltung nicht minder wichtig als die der Domänen-, Forsten- etc. Verwaltung angesehen werden müssen, wenn durch die hie und da gemachten Versuche bei weitem nicht erwiesen worden, daß die in den alten Kammern gebildeten Offizianten, wenn man sie bei jenem an sich gleich wichtigen Teil der Staatsverwaltung anstellte, darin mehr als die bisherigen Offizianten leisten würden und der Grund der Zurücksetzung der letztern: daß sie die alten Kammergeschäfte nicht verstehen, gewiß mit noch weit mehrerem Rechte umgekehrt werden kann, so scheint mir diese Zurücksetzung nicht nur eine ungerechte Kränkung zu enthalten, sondern auch auf den Dienst nichtfs] anders als fortwährende Nachteile hervorbringen zu können. Ich trage daher gehorsamst darauf an, nicht nur die angezogenen Stellen dahin zu deklarieren: daß den Direktoren und Mitgliedern der Akzisedeputationen ein gleiches Stimmrecht wie den übrigen Regierungsräten zustehe, sondern auch zugleich festzusetzen: daß die jetzt erst mit den Regierungen zu vereinigenden Akzisedirektoren und Oberakziseräte in denselben diejenige Anciennität erhalten sollen, welche sie erhalten haben würden, wenn ihre Vereinigung zu der Zeit geschehen wäre, wo die desfallsige Königliche Absicht zuerst publiziert und in einzelnen Provinzen ausgeführt wurde.«2 1

Siehe Nr. 22 und Nr. 23.

2

Zu den Vorschlägen Heydebrecks nimmt das Justizministerium am 13. Mai 1809 Stellung (Diederichs eigh. i. gl. Fasz. Bl. 100). Die v o n Vincke gemachten

An-

träge gehörten zunächst zur Beurteilung an die Ministerien der Finanzen und des Innern. Das Justizministerium sei mit den Ansichten Heydebrecks einverstanden »bis auf die am Schlüsse in Anregung gebrachte Bestimmung, [ . . . ] . Diesem V o r schlage kann das Justizministerium nicht beitreten, da erst j e t z t die Vereinigung erfolgen soll und die Akzise- und Zollräte vorher nicht den vollen R a n g der Mitglieder der Landeskollegien hatten.«

g. Mai 1809

274

107. »Bemerkungen« des Regierungsrats Merckel »zu dem von des Herrn Staatsministers von Schroetter Exzellenz unterm 13. Oktober 1808 eingereichten Plane zur Einrichtung der Kreisverwaltungsbehörden mit Rücksicht auf die dazugehörigen Beilagen« Breslau, 9. Mai 1809 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 136 Nr. 3 Bd. 1

BI. 1 5 1 : Ausf., gez. Merckel.

»Nichts scheint auch mir wichtiger, nichts aber auch schwieriger als eine zweckmäßige Organisation der Unterverwaltungsbehörden. Darüber kann nirgends ein Zweifel obwalten, daß die zeitherige Verfassung auch hierin einer Verbesserung um so mehr bedürftig sei, als die veränderte Organisation der Obernverwaltungsbehörden solche ohnedies notwendig macht und jedermann bei sich vollkommen überzeugt sein muß, daß insbesondere die Polizeiverwaltung, wie sie zeither stattfand, ihren Zweck weder erreicht hat noch erfüllen konnte. Eines der wesentlichsten Hindernisse einer konsequenten und tätigen Polizeiverwaltung lag unstreitig in der Existenz des Herrenrechtes, nämlich in der Befugnis der Rittergutsbesitzer, die Polizei auf denen [!] ihnen gehörigen Dorfe auszuüben, welches Recht an den Besitz des Rittergutes geknüpft war ohne Rücksicht auf die persönliche Qualifikation des Gutsbesitzers zum Posten eines Polizeibeamten. Die treue Schilderung der Mängel unsrer zeitherigen Kreisverwaltungsbehörden, welche in den verschiedenen Aufsätzen des Herrn Präsidenten von Vincke enthalten ist, überhebt mich einer langweilenden Wiederholung. Dagegen halte ich es vielmehr für notwendig, nicht unbemerkt zu lassen, daß in der zeitherigen Verfassung Schlesiens mehrere derjenigen Mängel, welche in andern Provinzen, insbesondere in Preußen, stattfinden, schon längst nicht existiert haben. Die unakzisbaren Städte, ungefähr 35 an der Zahl, alle Vorstädte und sämtliche Dörfer wurden im Gegensatze von den akzisbaren geschloßnen Städten unter der allgemeinen Benennung des platten Landes begriffen. Dies platte Land war in 48 Kreise geteilt, derer 32 im Departement der Breslauischen und 16 im Departement der Glogauischen Regierung belegen sind. Jedem Kreise ist ein Landrat und ein Marschcommissarius nebst zwei Kreisdeputierten vorgesetzt, welche den Landrat unterstützen und, weil sie eine besondere Instruktion nicht besitzen, sich nach derjenigen richten, welche unterm 17. März 1778 den Landräten ist erteilt worden. Der Landrat in Schlesien ist die einzige Kreispolizeibehörde, welcher alles, was zum platten Lande gehört, mithin auch die Domänen, sämtliche Stifter, Rittergutsbesitzer, rittermäßige Frei- und Erbscholtiseibesitzer sowie endlich alle Bauerländereibesitzer ohne Unterschied unterworfen waren. Die Domänenpächter standen daher auch von jeher zu dem Landrate in dem nämlichen Verhältnisse, in welchem Privatrittergutsbesitzer gegen den Landrat stehen, und waren so wie die Domänen selbst, welche in polizeilicher Hinsicht ebenso wie in Hinsicht der öffentlichen Lasten und Abgaben jedem andern

9- Mai 1809

275

Rittergute völlig gleich behandelt wurden, den landrätlichen Befehlen und Anordnungen in polizeilicher Rücksicht unterworfen. Daher müssen auch die Domänen laut Zirkulär vom 18. Juli 1743 gleich andern Rittergütern die seit 1748 regulierten Steuern entrichten und die Naturallieferungen leisten. Jeder Kreis hat übrigens einen besondern Steuereinnehmer, welchem in den größern Kreisen noch ein Kontrolleur beigeordnet ist. An denselben führen die Rittergutsbesitzer monatlich vom 14. bis zum 20. jeden Monats ihre Stenern unmittelbar, die übrigen steuerpflichtigen Bauerländereibesitzer aber solche bei der Gemeinde ab, welche sodann die gesamten Steuern der ansässigen Dorfbewohner in folle durch den Schulzen an den Steuereinnehmer berichtigt. Dafür, daß die Steuern alle Monate ordentlich und richtig abgeführt werden, müssen die Landräte haften und dafür sorgen, daß der Steuereinnehmer die eingehobenen Gelder zur bestimmten Zeit mit einem Extrakte der Kriegskasse ohne Abzug einsendet, welche die Bruttosumme in Einnahme stellt. Jährlich war der Steuereinnehmer im Beisein des Landrates und einiger Kreisdeputierter Rechnung zu legen und die gelegte Rechnung an die Kammer zu senden verbunden, wo sie revidiert und sodann der Oberrechenkammer zugefertigt wurden. Die Domänenpachtgelder entrichteten in vierteljährigen Ratis die Domänenpächter kontraktmäßig an die Domänenkasse. Hieraus gehet hervor, daß die Kreisverwaltung in Schlesien schon seit Anbeginn der Preußischen Regierung besser als in Preußen organisiert war, indem die Polizeigewalt der Landräte sich auf alles, was zum platten Lande gehört, mithin auch auf die Domänen erstreckte, welche mit den andern Rittergütern durchaus in einer Kategorie standen, Steuern gaben gleich den andern Domänen, ebenso leisteten wie diese und deren Untertanen gleich den Untertanen andrer adliger Gutsbesitzer Steuern entrichteten und zum Fisco oder dessen Stellvertreter, dem Domänenbeamten, in keinem andern Verhältnisse standen als die Untertanen andrer Rittergüter zu ihrem Dominio. Aber hievon hinweggesehen, so war der Regel nach die Polizeiverwaltung auf dem platten Lande ebenso schlecht als in den andern Provinzen, und zwar aus den nämlichen Gründen; ich beziehe mich hiebei auf dasjenige, was ich in der von mir zu Königsberg angefertigten Ubersicht von dem Zustande der Provinz Schlesien hierüber des mehreren gesagt habe. Insofern nun jetzt von Verbesserung der Polizeiverwaltung die Rede sein soll: so darf ich nicht leugnen, daß ich mich jetzt wenigstens nicht gewachsen fühle, einen eigentümlichen Plan zur bessern Organisation derselben vorzulegen, der mir selbst genügen würde. Niemand verkennt die hohe Wichtigkeit der sogenannten niedern Polizei, deren inniges Zusammenwirken mit der höhern Landespolizei allein vermögend ist, den großen Forderungen Genüge zu leisten, welche an dieses wichtigste Hoheitswohl gemacht werden. Noch so gut möge die höhere Landespolizei organisiert sein, die durchdachtesten Verordnungen möge sie erlassen, nichtsdestoweniger wird es nur Stückwerk bleiben, wenn die niedere Polizei nicht unablässig der höhern in die Hände arbeitet und auf das sorgfältigste dahin strebt, daß die von der Landespolizei erlassenen Verordnungen in dem Lokalpolizeibezirk auf das genaueste beobachtet und streng in Ausübung gebracht werden. 19

Stein/Hardenberg

276

g. Mai 1809

Um aber der (niedem) Lokalpolizei eine dem großen Zwecke genügende Verfassung zu geben, erscheint mir als das 1. Erfordernis dringend notwendig zweckmäßige Organisation der Nationalrepräsentation. Erst dann, wenn die Verfassung die Stände nicht mehr unterscheidet vor dem Gesetz, erst dann, wenn die Nation nur ein Interesse kennt und nur von einem Gemeingeiste belebt ist, läßt sich auch in der Verwaltung der Polizei Einheit der Maßregeln, Schnelle in der Ausführung, worauf es doch hauptsächlich ankommt, erwarten. Wenig versprechen neue Formen der Verwaltung, wenn sie die alten Ausmarkungen der verschiedenen Interesse[n] anerkennen, die jeder neuen Einrichtung und einer gemeinsamen Verwaltung geradezu entgegenstrebt [!]. Die Einführung eines wohlgeordneten Repräsentativsystems ist unujngänglich notwendig zur zweckmäßigen Verwaltung der Distrikts- und Kommunalangelegenheiten, wovon wiederum die Möglichkeit einer guten Polizeiverwaltung abhängig ist. Die höchsten Behörden haben auch diesen Grundsatz in Rücksicht der Städte durch Einführung der neuen Städteordnung bereits ausdrücklich anerkannt; und ich denke nicht zu irren, wenn ich behaupte, daß der Organisation der niedern Polizei auf dem Lande, wenn sie der Absicht entsprechen soll, ebenfalls die Organisation der ländlichen Kommunalverfassungen vorausgehen oder doch gleichzeitig folgen muß. Diesem aber stellen sich gerade die größten Hindernisse entgegen. Noch immer kleben den sogenannten Rittergütern (Dominien) große Vorrechte an; der Steuerfuß, nach welchem dieselben die landesherrlichen Abgaben entrichten müssen, ist verschieden von den Grundsätzen, nach welchen die Bauerländereien besteuert werden. Nach dieser Verschiedenheit des Steuerfußes werden zwar die Naturallieferungen geleistet, allein die Vorspanngestellung ist vorzüglich drückend für den Bauerländereibesitzer, und zu den Kommunallasten der Dörfer und Gemeindearbeiten konkurrieren die Vorwerker teils gar nicht, teils nach andern Anlageprinzipien. Mit wenigen Ausnahmen sind sämtliche Bauerländereien (Bauergüter sowie die Stellen der sogenannten kleinen Leute) den Rittergütern zu Spann- und Handdiensten und vielerlei Geld- und Naturalzinsen und Arbeiten (Gespinste) verpflichtet und hierdurch, der erlangten persönlichen Freiheit ungeachtet, immer noch außerordentlich von den Dominiis abhängig. Diese Verhältnisse machen es zur Zeit geradehin unmöglich, dem platten Lande eine gemeinsame Kommunalverfassung zu geben; das Interesse der Rittergutsbesitzer ist durchaus getrennt von dem der Rustikalstellenbesitzer; sie konkurrieren zu den öffentlichen und Gemeindelasten nach verschiedenen Sätzen und können daher auch das gemeinsame Beste nicht nach einerlei Grundsätzen, nicht aus einerlei Gesichtspunkten in Beratung ziehen. — Eben diese Verschiedenheit macht es auch schwierig, die Polizei- und Kommunalbeamten aus dem Stande der Rittergutsbesitzer oder aus dem des Landmannes zu bestellen. Verbleibt die Kreis- und Lokalpolizeiverwaltung in den Händen jener: so bleiben damit auch alle die zeither daraus entsprungenen Nachteile, daß der Gutsherr zugleich Polizeibeamter und mithin, wie meist der Fall war, nur Verwalter der Polizei zu seinem eigenen Vorteil ist, indem das eigne Interesse ihm keine unter allen Umständen vorurteilsfreie Würdigung seines Standpunktes verstattet.

g. Mai 1809

277

Dem (gemeinen) Landmanne die Handhabung der ^Polizei anzuvertrauen, dies findet Schwierigkeiten in dem bei der größern Mehrzahl des Landvolks stattfindenden Mangel an Bildung; auch möchte es jedem Unbefangenen fast hart dünken, zu wollen, daß der zeitherige Knecht seines Herren Vorgesetzter werde; und der durch jahrhundertelangen Druck verschroben gewordene Charakter des Bauerstandes widerrät es auch geradezu, diesem auf einmal die Mittel in die Hand zu geben, den vorigen Gerichts- und Polizeiherrn das erlangte Recht fühlen zu lassen. Wollte man aber auch gerade diesen Mißbrauch nicht besorgen: so wäre doch andrerseits zu befürchten, daß der zum Polizeibeamten ernannte Bauer, der in Hinsicht seiner noch fortdauernden Realdienstbarkeit noch immer in großer Abhängigkeit von seinem dienstberechtigten Gutsherrn verbleibet, sich, um Diensterleichterungen und Vorteile zu erhalten, leicht könnte verleiten lassen, bei Handhabung der Polizeigesetze eine Nachsicht gegen seinen Dienstherrn zu üben, welche unverträglich ist mit dem Wesen einer guten Polizei, welche ihren Zweck erfüllen soll. Aus allem diesen folgt, wie mir scheint, unbedenklich, daß, solange noch nicht die Verhältnisse der Abhängigkeit, in welcher der Bauerstand den Rittergutsbesitzern gegenüber sich befindet, mehr, als jetzt noch der Fall ist, gelöset sein werden, noch keine Polizeieinrichtung wird stattfinden können, welche dem wünschenswerten Ideal der Vollkommenheit möglichst nahe kommt. Zwar dürfte man einwenden, daß diesem Mißverhältnisse dadurch aus dem Wege gegangen werden könne, wenn die Kreis- und Lokalpolizeiverwaltung reinen Staatsbeamten anvertraut würde; aber abgesehen davon, daß eine so höchst kostenspielige Verwaltung der erschöpfte Staat anzuordnen außerstande ist, würde auch der wohltätige Zweck, den durch die neuen Einrichtungen der Staat beabsichtigt: Erweckung des public spirit, ganz verlorengehen und die Nation einer höhern Stufe der Kultur und der Fähigkeit, sich selbst nach dem Gesetz zu regieren, niemals nähergerückt werden können. Von diesem Auswege wird daher verständigerweise schwerlich Gebrauch gemacht werden können, vielmehr wird man sich, bis durch die Zeit und allmähliche Anordnungen die bis jetzt noch stattfindende Rechts- und Abgabenverschiedenheit unter den Landbewohnern wird ausgeglichen sein, begnügen müssen, solche Anordnungen] zu treffen, welche das unvermeidliche Übel am wenigsten fühlbar machen und einer guten Polizeiverwaltung so wenig als möglich hinderlich werden. Damit aber dieses Hindernis einer guten Polizeiverwaltung doch endlich beseitigt werde, bleibt es, wie mir scheint, doch immer ein höchst dringendes Bedürfnis, daß der Staat, soviel an ihm liegt, nichts versäume, dazu auf das tätigste hinzuwirken. a) durch Einführung eines gleichen Steuer- und Abgabensystems, b) durch baldige systematische Organisierung einer Nationalrepräsentation, welche in ihren Unterstufen durch Departementsstände die Kommunalangelegenheiten des Departements, durch Kreisstände die Kommunalangelegenheiten der Kreise und durch Repräsentanten der einzelnen Kommunen die Kommunalangelegenheiten der Ortschaften zu verwalten autorisiert und verpflichtet wird. 19*

278

9. Mai 1809

Als 2. Erfordernis einer möglichst zweckmäßigen Organisation der Polizeiunterverwaltungsbehörden stellt sich mir dar: die Aufhebung der zeitherigen Patrimonialgerichtsbarkeit, welche notwendig gleichzeitig erfolgen muß mit der Organisation der Polizeibehörden. Die Mängel und Gebräucher der zeitherigen gutsherrlichen Gerichtsbarkeit sind hinreichend erörtert, und ich beziehe mich dieserhalb unter andern lediglich auf den unterm 19. Oktober v. J. von dem Geheimen Finanzrat von Bismarck erstatteten Bericht über die Vorschläge der ölsischen Stände zur bessern Verwaltung der Justiz und der Polizei auf dem Lande.1 Daß die Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit und die Einführung einer zweckmäßigen Justizverwaltung an deren Stelle gleichzeitig mit der Organisation der neuen Kreispolizeiverwaltung erfolgen müsse, ergibt sich übrigens, wie mir scheint, schon von daher, weil a) zwischen der künftigen Polizei- und Zivilgerichtsbarkeit eine neue bestimmte und scharfe Grenzlinie gezogen und genau festgesetzt werden muß, worüber der Polizei hinfüro die Kognition zustehen soll oder nicht; b) weil die Patrimonialgerichtsbarkeit, welche zugleich auch meist die Kriminaljurisdiktion in sich schloß, einer Verbesserung selbst dringend bedarf und c) die Justiz ebenfalls allgemeine Vorschriften zur Direktion ihres Benehmens im allgemeinen erhalten muß, die mit den Ansichten der veränderten Staatsverfassung zusammentreffen und vorzüglich den in die Justiz eingeschlichnen schon von p. Klein, Rehberg und andern gerügten Geist: Regieren zu wollen oder, was dasselbe ist, die Mängel in der Gesetzgebung und Verfassung durch richterliche Anordnungen (Justiz mit Rücksichten, wie bei den Unmöglichkeitsklagen und Untertanenstreitigkeiten oft der Fall war) verbessern zu wollen, wiederum daraus verbannen. England ausgenommen, dessen Justizverfassung bekannt ist, haben Frankreich und sämtliche Filialstaaten desselben, als Italien, Spanien, Bayern, Baden, Westfalen und das Herzogtum Warschau, den Grundsatz aufgestellt, daß — außer einem Kassationstribunale und den ziemlichen Gerichtshöfen für gewisse Distrikte — für das ganze Reich ein Appellationsgerichtshof, dann für jedes Arrondissement oder für jeden Distrikt ein bürgerliches Tribunal erster Instanz existieren müsse, welchem alle und jede Personen in allen persönlichen, dinglichen und gemischten Klagen unterworfen sind, mit Ausnahme aller derjenigen Sachen, welche vor die Friedensrichter gehören, derer in jedem Kanton (Unterdistrikt) einer existiert, welcher 1) in Bagatell-Zivilsachen, 2) in Entschädigungsklagen wegen beschuldigter Feldfrüchte, 3) bei Grenzverrückungen und andern Störungen im Besitze während des Laufs des letzten Jahres, 4) über Reparaturen, die dem Pächter oder Mietsmann obliegen, 5) über Arbeitslohn- und Gesindedienststreitigkeiten und 6) in kleinen Injuriensachen erkennt, auch 7) die actus voluntariae jurisdictionis verrichtet. Das Oberschlesische Oberlandesgericht zu Brieg hat in seinem unterm November 1808 dem hohen Ministerio eingereichten Plan dieselben Grundsätze adoptiert;

g. Mai 1809

279

und es ist daher, bevor mit Organisation der Polizeibehörden vorgegangen wird; wie es scheint, schlechterdings erforderlich,, daß zuvor höhern Orts von den verschiedenen Ministerien darüber eine definitive Bestimmung gefaßt werde, ob die Patrimonialgerichtsbarkeiten abgeschafft, an deren Stelle Landgericht^ eingeführt und zugleich Friedensrichter nach dem Beispiel der in den Rheinbundesstaaten angestellten Friedensrichter introduziert werden sollen? Wäre dies, wie ich jedoch nicht wünschen möchte, der Fall: so würde diesen Friedensrichtern auch die Entscheidung aller derjenigen Streitigkeiten zugewiesen werden müssen, welche polizeilicher Beschaffenheit sind und ihrer Natur nach, wie z. E. Gesindedienststreitigkeiten, schleunige Erledigung fordern. Meiner Uberzeugung nach kann zwar die Gerichtsbarkeit, insoweit sie bis jetzt den Gutsherrn über ihre Eigenbehörigen noch eingeräumt war, ohne die auffallendste Inkonsequenz und ohne den augenscheinlichen Nachteil für das allgemeine Beste nicht länger bestehen bleiben; auch wird darüber jedermann mit mir einverstanden sein, daß in jedem wohlgeordneten Staate nur einerlei Gesetzgebungsgrundsätze, nur ein Gesetz für alle, nur eine nach einerlei Grundsätzen angelegte Steuer (und was alles in diese Kategorie gehört), einerlei staatsbürgerliche Rechte und Pflichten, ein Bürgersinn und ein Bürgerinteresse vorhanden sein müssen; aber was in der gewohnten Form mit den allgemeinen Gesetzgebungsgrundsätzen vereinbaret werden kann, was, durch innere Güte bewährt, noch brauchbar und anwendbar ist, das bloß der Uniformität wegen aufzuopfern, dazu scheint kein hinreichender Grund vorhanden zu sein. Nicht die gewiß höchst schädliche Patrimonialgerichtsbarkeit, nämlich nicht das Recht eines Gutsherrn, über die Inwohner seines Dorfes Recht zu sprechen, wohl aber die Art, wie sie verwaltet wurde, hatte viel Empfehlungswertes, war dem Kultur- und Gewerbezustande unserer Landbewohner vollkommen angemessen und eine Eigentümlichkeit unsrer Verfassung, welche ihren Entstehungsgrund zugleich in der erprobten Nützlichkeit hatte. Landgerichte als beratschlagende, aus mehrern Mitgliedern bestehende Gerichtshöfe tragen allerdings zur Verwaltung einer unparteiischen Justiz sehr viel bei, indem sie eine vielseitigere Erwägung möglich machen und gegen Willkür des einzelnen Richters sichern. Für die höhern Gerichtshöfe als Appellations- und erste Instanz, für diejenigen Staatsbürger, deren mannigfaltigen Verhältnisse auch verwickelte Rechtsfälle herbeiführen, ist daher auch eine kollegialische Bearbeitung der Rechtssachen von entschiedner Nützlichkeit und Notwendigkeit. Aber die unter den Landleuten vorkommenden Rechtshändel sind der Regel und aller Erfahrung nach ebenso einfach als leicht zu schlichten. Ihre Prozesse bedürfen weniger Mittel für die Unterscheidung des Rechts, und daher liegt auch dem Landmann, dessen Zeit so sehr gemessen und der so wenig geschickt ist, auf Rechtsfreil^eiten einzugehen, nichts mehr am Herzen als möglichst schnelle Entscheidung seines Zwistes und möglichst einfache Formen des prozessualischen Verfahrens. Kurz, der Bauer, dessen Rechtsangelegenheiten meist von der Art sind, daß sie ohne Weitläuftigkeit, ohne Zeitversäumnis schnell an Ort und Stelle abgemacht werden können, ist bei uns gewohnt, daß die fustiz zu ihm komme. Daß der Justitiarius an gewissen Tagen im Jahre sich persönlich an den Gerichtsort

28o

9. Mai "1809

begab, um Gerichtstag zu halten, war gewiß eine ihrer Simplizität wegen allgemein beliebte und sehr wohltätige Einrichtung. Ich würde aufrichtig wünschen, daß diese Einrichtung nicht aufgegeben werde, und daher aus voller Überzeugung den Vorschlägen beitreten, welche von dem Geheimen Oberfinanzrate von Bismarck in seinem dieserhalb unterm 19. Oktober a. pr. erstatteten Berichte sind gemacht worden: Die Anstellung eines Distriktsrichters zur Verwaltung der Justiz auf allen in einem gewissen Bezirk liegenden Dörfern, der, in der Mitte seines Gerichtssprengeis wohnhaft, der Landjustiz ausschließend seine volle Tätigkeit widmete 2 und an gewissen Tagen auf jedem Dorfe an Ort und Stelle Justiz administrierte, scheint mir eine ebenso einfache als durch zeitherige Erfahrung als nützlich anerkannte und beliebte Einrichtung zu sein, wodurch zugleich eine gehässige Nachahmung der Justizverwaltung in den neuern Rheinbundesstaaten vermieden und die Anstellung besonderer Friedensrichter (die, wie sie in Frankreich, Westfalen und Warschau existieren, in der Tat nichts anders als Unterrichter und mit den englischen Friedensrichtern nicht zu verwechseln sind) unnötig gemacht werden würde. E s würde diese Einrichtung auch nach der in der jetzigen Zeit in der Tat nicht außerwesentlichen Vorteil bei sich führen, daß dem Landmanne, schon bekannt mit dieser Art der Justizverwaltung, das Ungewohnte und mithin wenigstens im Anfange Unangenehme eines neuen Geschäftsganges erspart würde. Ein von dem Gutsherrn zu entrichtender jährlicher Beitrag von etwa 16 gg. . für jede Possession würde in einem Gerichtssprengel von etwa 30 Dörfern, jedes im Durchschnitt zu 40 bis 50 Feuerstellen gerechnet, dem Bezirksrichter einen anständigen Gehalt gewähren und würde selbst bei der Berechnung der Gerichtsgebühren für den Gutsherrn immer noch weniger kosten als die zeitherige Besoldung eines Privatjustitiarii, der für ein Dorf von der angegebenen Größe in der Regel bis 30 rt. Besoldung und nebenbei noch alle Sportein (Laudemien ausgenommen) bezog. Oder es könnten auch mit Ausnahme der dem Gutsherrn zu belassenden Laudemien die Gerichtsgebühren und Sportein wohl noch zweckmäßiger zur Distriktsjustizsportelkasse berechnet und das zur Besoldung des Bezirksrichters etwa noch fehlende Quantum von den Kommunen des Distrikts, und zwar gemeinschaftlich von den Gutsherren und Eingesessenen nach einem billigen von der Distriktsversammlung selbst zu bestimmenden Verhältnis aufgebracht werden. Erst dann, wenn definitiv entschieden sein wird, in welcher Art für die Zukunft die Justiz auf dem Lande verwaltet werden wird, dürfte sich bestimmen lassen, welche Entscheidungen der Justiz überwiesen oder der Polizei überlassen werden sollen. Denn sollte befunden werden, nach Analogie der französischen Friedensrichter anzuordnen: so würde auch diesen die Kognition in den meisten Streitigkeiten polizeilicher Natur zugewiesen werden müssen; wohingegen im entgegengesetzten Falle die Entscheidung in (sogenannten) Polizeirechtssachen den Polizeibeamten zu übertragen sein würde. Die Bestimmung: welches von beiden Platz greifen solle, ist von hoher Wichtigkeit, sobald von der Organisation der Ortspolizei die Rede ist; und darin liegt meines Erachtens auch mit der Beweisgrund für die Behauptung, daß die

g. Mai 1809

281

Organisation der Justiz mit der Anordnung der Polizeiverwaltung auf dem Lande gleichzeitig erfolgen müsse. Besonders scheint mir dies die gewiß nicht zweckmäßige Vorschrift des § 14, 34 und 45 in der Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialpolizei- und -Finanzbehörden vom 26. Dezember a. pr.3 notwendig zu machen; denn wofern nicht die Polizei alles Ansehens verlustig gehen soll, muß derselben auch wenigstens in allen Fällen, wo dem Polizeivergehen die Strafe schnell auf dem Fuße nachfolgen muß, wenn der Zweck des polizeilichen Strafrechts soll erreicht werden, das Recht zu strafen ohne Einmischung der Justiztribunale zugestanden werden, so daß ein Rekurs an die Justizinstanz weiter nicht stattfindet. Von der Notwendigkeit einer solchen Einrichtung bin ich bei mir dergestalt überzeugt, daß ich nichts dringender wünschen kann als eine Abänderung der obengedachten § 14, 34 und 45 der allegierten Verordnung und eine genaue Bestimmung derjenigen Gegenstände, in Hinsicht welcher den Polizeibehörden das summarische Strafrecht ausschließend vorbehalten bleiben soll. Die Bestimmung des § 45 der neuen Verordnung, wonach von den polizeilichen Strafverfügungen der Regierungen der Reversur [!] des Landesgerichts stattfinden soll, muß zuletzt alle Polizei lähmen, indem die Regierungen der auffallendsten Kompromittierung durch Abänderung ihrer Resolutionen im ordentlichen Wege rechtens ausgesetzt und um alles Ansehn und Vertrauen gebracht werden, während die Oberlandesgerichte ein entschiedenes Ubergewicht über die Regierungen durch häufiges Reformieren der Resolutionen sich zu verschaffen bald verleitet werden würden. Ich bitte daher angelegentlichst und untertänigst : auf Abänderung jener Gesetzstelle hochgeneigtest Rücksicht zu nehmen. Was nun, dies alles vorausgesetzt, den von des Herrn Minister von Schroetter Exzellenz unterm 13. Oktober v. J. entworfenen Plan zur Einrichtung der Kreisverwaltungsbehörden4 im A. allgemeinen anlangt: so wird, hinweggesehen von jedem einseitigen Interesse, sich nicht verhehlen lassen, daß jener Plan weder als ein vollendetes für sich bestehendes Ganzes angepriesen werden kann, noch auch mit einer entschiedenen Konsequenz in allen seinen Anordnungen durchgeführt ist. Da er früher erschien als die nachherige neue Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Finanz- und Polizeiverwaltung und zugleich auch früher als die neue Städteordnung5: so hat auch natürlicherweise auf die darin herrschenden Grundsätze nicht überall eine hinlänglich zusammenstimmende Rücksicht können genommen werden. Die beiden Hauptgebrechen, woran der Plan zu laborieren scheint, liegen jedoch vorzüglich in dem Umstände 1. daß die Ortspolizeibehörden nicht gehörig und vollendet konstruiert und 2. daß den Gutsherren die polizeiliche Gewalt ganz in der zeither bestandenen Art überlassen worden ist. Beides sind sehr wesentliche Dinge, besonders kann, wenn sich im Gemein-

282

g. Mai 1809 wohle alles wie in einem Punkte vereinigen soll, die ortspolizeiliche Gewalt nicht ausschließend in den Händen der Rittergutsbesitzer gelassen werden. Gilt es darum, einem kalten Brande vorzubeugen, so kann kein schadhaftes Nebenglied geschont werden. Auf der andern Seite hingegen wird jeder Parteilose eingestehen müssen, daß, so sehnlich auch gewiß jeder Patriot eine Verbesserung der Kreisverwaltungsbehörden wünschen muß, man demnach auch zuverlässig mit mir die Überzeugung teilen wird, daß damit nur stufenweise und allmählich nach Verhältnis des sich verbessernden Kulturzustandes der großen Masse in der Nation vorgeschritten und daß die jetzt zu konstruierende Verfassung dem Genius des Landes und der Bildung der Nation, wie sie dermalen ist, angemessen sein müsse, wenn das Gute wurzeln und der Nation nicht durch zu große plötzliche Ansprüche an Kultur und Kenntnisse, die sie im allgemeinen noch nicht besitzt, die neue Organisation, deren sie in vollendeter Ausbildung noch nicht empfänglich ist, gleich anfangs verleidet werden soll. U m fertig zu laufen, muß man erst sicher gehen lernen; und die innere Verwaltung Englands als das Resultat einer Jahrhunderte sicher bestehenden Repräsentativ-Verfassung, das Produkt eines lang genährten Freiheitssinnes, kann ohne offenbare Gefahr für innere Ordnung und Ruhe unmöglich plötzlich auf einen Boden verpflanzt werden, an welchem noch vor einem Jahre Eigenbehörigkeit klebte. Keine vernünftige Vormundschaft erteilt dem Knaben, wenn er aufhört, Knabe zu sein, die Rechte der Großjährigkeit. Erst muß er die Jahre der Minorennität unter Aufsicht zurücklegen; erst die Revenuen seines Vermögens vernünftig anzuwenden lernen, ehe ihm die freie Verwaltung des ganzen Vermögens anvertraut wird. Niemals wird man ohne Gefahr der Verblendung den Blinden auf einmal das volle Sonnenlicht erblicken lassen dürfen, und ich kann daher meiner innigsten Überzeugung nach dem Plane des Herrn Ministers von Schroetter insofern nicht anders als vollkommen beipflichten, insoweit demselben die Absicht zum Grunde liegt, an die Stelle der zeitherigen Einrichtung etwas Besseres zu setzen, wie es das Bedürfnis der Zeit erfordert, soweit es ohne gewaltsame Zerstörung aller noch bestehenden Verhältnisse, ohne den Ruin des Privatwohles vieler und ohne die überdem schon aufgeregten Gemüter des Adelsstandes durch die wenngleich ungegründete Besorgnis, daß es auf seine Vernichtung abgesehn sei, noch mehr zu erbittern, geschehen könne. Wenn das Ziel alles Strebens Erreichung des möglichst Vollkommenen ist, so ist es doch immer bedingt durch Ort, Zeit und Umstände und insbesondere durch die verschiedenartige K u l t u r der Menschen. K a n n man den Staat eine fortgesetzte Erziehungsanstalt der Menschen nennen, so werden auch darin die Disziplinaranstalten und Lehrkursus nur mit der Ausbildung der Fähigkeiten des Geistes und der Gefühle des Herzens gleichen Schritt halten dürfen. Überzeugt, daß, wenn ich auch hierunter nicht faßlich genug auszusprechen vermag, was ich meine und fühle, den erleuchteten Einsichten der höchsten Behörden die richtige Würdigung meiner eigentlichen Ansichten doch nicht

g. Mai 1809

283

entgehen wird, enthalte ich mich billigerweise aus Gerechtsbesorgnis, weitläuftig zu werden, einer weiten Entwickelung dieser allgemeinen Sätze. Was ich angeführt habe, hat keinen andern Zweck, als zur Entschuldigung zu dienen für mein Urteil: Wenn ich in dem Plan des Herrn Ministers von Schroetter das sichtbare Bestreben, bei der Anordnung der neuen Kreisverwaltungsbehörden die Bildung des jetzt lebenden Geschlechts nicht unbeachtet zu lassen, ehre und selbst der Meinung bin, daß dieser Plan, wenn er erst in seinen Teilen gehörig ausgearbeitet, von mehrern Inkonsequenzen gereinigt und mit den neuen Verordnungen, wodurch die Obernverwaltungsbehörden, die Städteverwaltung neu organisiert worden, in Übereinstimmung gebracht sein wird, mit Nutzen so lange in Ausübung wird gebracht werden können, bis a) der Bauernstand, welcher durch Erbuntertänigkeit zu lange in allgemeiner Bildung zurückgehalten worden, höhern persönlichen Wert erlangt, b) der Nationalgeist und Gemeinsinn sich besser ausgebildet haben und c) das Volk überhaupt bei den Fortschritten in der Kultur, welche aus den neuen Fundamentaleinrichtungen notwendig folgen müssen, geschickt sein wird, in noch freiem Formen sich zu bewegen und, nach allgemeinen Gesetzen sich noch mehr selbst überlassen, sich selbst zu regieren. Wahr ist's, auf diese Weise wird vielleicht manches noch eine Zeitlang bestehen bleiben, was die Prüfung der reinen Vernunft nicht aushalten kann und als unzweckmäßig hinweggeräumt werden sollte; es ist auch ebenso unleugbar, daß die Hinwegräumung dieser Unvollkommenheiten nichts als den Willen des Souveräns kosten würde, wenn man die Zufriedenheit der Staatsbürger und die Meinung eines ganzen Standes nicht in Anschlag bringen will; aber es ist auch ebenso gewiß, daß aus vorangeführten Gründen und um die Fortschritte zum Bessern nicht durch gewaltsames Aufzwingen des Besten zu hemmen, es zweckmäßig scheint, nur so viel wegzuräumen, als notwendig ist, damit der Zweck des Staats erreicht und Fortgehn in der Vervollkommnung nicht unmöglich werde, wie solches zeither besonders für den ganzen großen Bauernstand in der Erbuntertänigkeit unmöglich war. In einem revolutionären Zustande, oder wenn von Organisation eroberter Provinzen die Rede ist, verhält sich die Sache anders. Wenn durch solche Ereignisse ganze Stände (wie in Frankreich) auf einmal aus der Mitte der Nation verschwinden; wenn das Untere erst einmal gewaltsam hinaufgetreten, wenn die ganze Verfassung zerstört und dadurch für den Reformator oder auch für den Despotismus die Möglichkeit herbeigeführt ist, rohe Massen gleichsam neu zu formen, aus dem Chaos alles neu zu sondern, dann würde man ihn wenigstens der Inkonsequenz zeihen müssen, wenn er in dem allgemeinen Ruine alte Ruinen noch stehenlassen wollte. Der Regent hingegen, dem nicht schon Zerstörung auf die angeführte Weise

284

9- Mai 1809

vorgearbeitet hat, der nicht bloß Neues schaffen, sondern selbst erst zerstören muß, um neu aufzubauen, der den alten Grund nicht einreißen kann, sondern weiter darauf fortbauen muß, wird, wie mir scheint, schwerer zum Ziele gelangen, wenn er, vorausgesetzt daß, wie sich von selbst versteht, er alles dasjenige einreißt, was durchaus morsch ist und dem Neubau im Wege steht, dasjenige stehen läßt, was ihn nicht hindert, zweckmäßig zu bauen, wenigstens so lange, bis das Gebäude vollendet und ausgetrocknet ist und er die alten Seiten wände oder Stützen vollends hinwegräumen kann, ohne daß es kaum noch jemand bemerkt, ohne daß nicht jedermann der Symmetrie wegen es selbst für zweckmäßig anzuerkennen genötigt ist. Soviel über den vorliegenden Plan im allgemeinen. Ich will damit keinesweges behaupten, daß es nicht möglich sein sollte, Formen auszusinnen, die selbst unter den gegebenen Umständen und mit Berücksichtigung der bestehenden Verhältnisse zur Erreichung des beabsichtigten Zwecks noch wirksamer sein könnten; aber ich getraue mir nicht, mit voller Überzeugung im Ganzen jetzt bessere Vorschläge zu machen, wenn mir dazu nicht ein Zeitraum von wenigstens einem Jahre vergönnt würde, um zuerst das dazu erforderliche Studium kritisch zu vollenden. Erlaubten es die Umstände, so würde ich daher überhaupt auch nichts sehnlicher wünschen, als daß der Entwurf eines Plans zur Organisation der untern Polizeibehörden einer irgend dazu niederzusetzenden Kommission, aus philosophisch gebildeten, gelehrten und verfassungskundigen Männern bestehend, anvertraut und denselben dazu wenigstens ein Zeitraum von einem Jahre verstattet würde, um alles, was die Gesetzgebung alter und neuer Zeiten in allen Ländern Gutes und Brauchbares darbietet, zusammenstellen und auf diese Art eine Verfassimg konstruieren zu können, welcher der allgemeine Beifall nicht entgehen könnte, wenngleich immer bei aller Vollkommenheit noch manche Stellen dieser Verordnung nichtsdestoweniger uns erinnern würden, daß die Verfasser Menschen waren. Aber die größte Vorsicht, die reiflichste Erwägung und die Anstrengung der genialsten Köpfe erfordert doch unstreitig eine neue Einrichtung, die so tief ins bürgerliche Leben eingreift und wovon Ruhe und Ordnung im Staate und die Zufriedenheit seiner Bürger, kurz, wovon die allgemeine Wohlfahrt so ganz abhängig ist. Höherem Ermessen muß ich untertänigst anheimstellen: inwiefern die Umstände es erlauben möchten, auf diese Art die Verfassung der untern Verwaltungsbehörden zustande zu bringen. Was nun B. den v. Schroetterschen Plan mit Rücksicht auf den Gegenplan des Geheimen Staatsrates Herrn von Schoen 6 insbesondere anbetrifft: so hat der Herr Präsident von Vincke in seinem unterm 19. März c. darüber abgegebenen Voto 7 sehr richtig die verschiedenen Ansichten unter 6 Nummern aufgefaßt, worauf es vorzüglich hier ankommen kann. Vor allem wichtig ist 1. die Bestimmung des Punktes wegen Verwaltung der Ortspolizei, welche des Herrn Ministers von Schroetter Exzellenz noch fernerhin den Gutsherren belassen wissen will.

g. Mai 1809

285

In der Sache selbst kann nach der vollkommenen richtigen Bemerkung des Herrn Geheimen Staatsrats von Schoen und des Herrn Präsidenten v. Vincke die Frage gar nicht zweifelhaft sein. Die polizeiliche Gewalt ist ein unveräußerliches Hoheitsrecht; es ist die höchste Inkonsequenz, sie an Grund und Boden dergestalt zerstückelt zu knüpfen, daß sie wie die Braugerechtigkeit gekauft und an jeden Dritten wieder veräußert werden kann. Die Inkonsequenz wird jetzt noch um so viel auffallender, nachdem der Ankauf von Rittergütern jedem Staatsbürger ohne Unterschied des Standes freigegeben worden ist. Überdem lag schon zeither ein großer Nachteil für eine zweckmäßige Ortspolizeiverwaltung darin, daß die meisten Gutsherren die Polizei durch ihre Amtleute oder Pächter verwalten ließen, welche notorisch nicht selten über die Untertanen eine despotische Herrschaft geltend machten. Auf den meisten verpachteten Gütern und überall, wo der Gutsherr, Eigentümer mehrerer Güter, nicht selbst domizilierte, war dies in der Regel der Fall. Auch bekümmerten sich ehedem höchst wenige Dominia um die Handhabung einer guten Polizei, kaum mit ihren ersten Pflichten als Inhaber der Polizeigerichtsbarkeit bekannt. Das ganze Wesen einer guten Polizeiverwaltung reduzierte sich meist auf strenge Fürsorge, daß die Gemeinde nur ja alle Dominialprästationen genau erfüllte. Daher hielten auch die Gemeinden alles Polizeirecht für nichts als Herrenrecht, und so, wie sie der Natur der Sache nach dieses letztere als harten Druck zu betrachten gewohnt waren, so erstreckte sich ihr Widerwille notwendigerweise auf jenes mit, weil sie nie die wohltätigen, sondern immer nur die drückenden Wirkungen davon erfahren hatten. Dahero auch die häufige Abneigung der Untertanen gegen alle etwanigen polizeilichen Anordnungen und Maßregeln der Herrschaft und der Mangel an Bereitwilligkeit, zur Ausführung derselben mitzuwürken. Würde die Handhabung der Ortspolizei den Gutsherrn fernerhin belassen: so würde dieser trostlose Zustand der Landpolizei nicht nur fortdauern, sondern immer mehr einwurzeln. Andererseits ist es einleuchtend, daß es einen der Förderung der guten Sache höchst nachteiligen Unmut erzeugen würde, wenn die Person des Gutsherrn, der bisher die Polizeigerichtsbarkeit über seine vormaligen Untertanen ausübte, jetzt als bloßes Mitglied der Dorfgemeinde einem seiner ehemaligen Untertanen in polizeilicher Hinsicht untergeordnet werden sollte. Der üble Eindruck, der hieraus hervorgehen muß, würde auch meines Erachtens durch den Vorschlag des Herren Geheimen Staatsrates von Schoen, den Schulzenämtern ambulierende Friedensrichter vorzusetzen, nicht gehoben werden, ich stimme daher lediglich allem demjenigen bei, was von dem Herrn Präsidenten von Vincke in seinem Voto vom ig. dieses dagegen ist erinnert worden. Dagegen kann ich aber auch dem Vorschlage des letztern: die Schulzen bloß zu ausführenden und aufsehenden, nicht aber zugleich zu strafenden Behörden zu machen, um dem gerügten Übelstande dadurch auszuweichen, nicht ganz beipflichten.

286

g. Mai 1809

Wenn einmal der Gutsbesitzer als ehemaliger Polizeigerichtsherr unter die Aufsicht und vollziehende Gewalt des Schulzen gestellt wird: so liegt schon hierin für den ersteren alles Drückende, indem der Fall, daß wegen Übertretung der innern Polizeiordnung der Gutsbesitzer von dem Schulzen in Strafe zu nehmen wäre, immer nur höchst selten vorkommen dürfte. Auch bin ich der Meinung, daß dem Schulzenamte alles und jedes polizeiliche Entscheidungs- und Strafrechte in Erwägung des jetzigen Kulturzustandes des Landmannes, besonders in Oberschlesien, nicht genommen werden könne, wenn diese unterste Polizeibehörde nicht um alles Ansehn kommen und ihre Wirksamkeit ganz verlorengehen soll. Selbst das Allgemeine Landrecht hat den Dorfgerichten bei Übertretungen der innern Dorfspolizeiordnüng im § 8 1 Tit. 73 II ein Straf recht beigelegt; und es würden, auch die Landräte und Kreisdeputierten mit einer Menge Sachen belästigt und ihre auf wichtigere Gegenstände zu richtende Tätigkeit ganz von dem Hauptpunkte entfernt werden, wenn alle und jede, auch die geringsten Vorfälle erst zur Entscheidung des Kreisdeputierten gebracht werden müßten; ungerechnet der Nachteil, der doch bisweilen daraus entstehen würde, daß die örtliche Entfernung des Landrats oder Kreisdeputierten immer eine unvermeidliche Verzögerung mit sich führen muß. Ich bin der Meinung, daß dem Schulzenamte durchaus der Gebrauch von Zwangsmitteln zur Erhaltung der Ordnung, Ruhe und Tätigkeit und bei Übertretung der Lokalvorschriften das Recht, die angedrohten Strafen zu verhängen, bis zu einem gewissen Grade und Maße, z[um] E[xempel] zwölfstündiger Arrest und bis 2 rt. Geldstrafe, eingeräumt werden müsse. Es versteht sich, daß hierbei bestimmte und scharfe Grenzlinien zu ziehen sein werden. Auch wird der Bestrafte sich über die erlittene Strafe bei dem Kreisdeputierten zu beschweren unbedenklich das Recht haben, ohne daß jedoch dadurch die sofortige Vollstreckung der Strafe aufgehalten werden könne. Es kann daraus auch, vorausgesetzt daß, wie bei allen Polizeistrafverordnungen immer der Fall sein muß, nur sehr gelinde Strafen angedroht werden, kein Nachteil erwachsen, weil für den Bestraften aus der erlittenen Strafe niemals ein unwiederbringlicher Schade entstehen kann. In wichtigern polizeilichen Kontraventionen gehört alsdann die Entscheidung vor die Kreisdeputierten, und die Beschwerden darüber gehen an die Regierung. Polizeiliche Kontraventionen, woraus wirkliche Verletzungen am Vermögen oder an Personen entstehen, gehören vor die Justiz und sind nach Bewandtnis der Umstände fiskalisch oder criminelle. Die Beahndungen der Kontraventionen gegen Finanzgesetze und gegen die Rechte des Fiskus überhaupt würden dagegen immer vor die Justiz und nach Beschaffenheit und Wichtigkeit der Sache vor das Untergericht oder Oberlandesgericht ressortieren. Auf diese Art, denke ich mir, würde die Handhabung der Unterpolizei wohl zweckmäßig organisiert werden können, nur würde die den Schulzämtern zu erteilende Instruktion deutlich, möglichst bestimmt und kurz gefaßt werden müssen. Damit aber die Eigenliebe der Gutsherrn bei dieser Einrichtung soviel als möglich (und bis die Zeit das Andenken an die vormaligen Herrenrechte

9- Mai 1809

287

verwischt und die neue Ordnung der Dinge annehmlicher gemacht haben wird) geschont, andererseits aber auch dieselben von der Einwirkung auf die Ortspolizeiverwaltung möglichst entfernt und unschädlich gemacht werden, würde ich vorschlagen, die Gutsherren, insofern sie sich am Orte aufhalten, als kontrollierende Behörde der Schulzenämter (Ortspolizei) noch einstweilen existieren zu lassen. Sie würden daher an der Polizeiverwaltung ausübend keinen Teil nehmen, aber das Recht haben, das Benehmen der Schulzenämter im Ganzen zu beobachten, die wahrgenommenen Mängel dem Kreisdeputierten anzuzeigen und zu dem Ende, ohne jedoch selbst zu verfügen, von den einzelnen Sachen Kenntnis zu nehmen und darüber von dem Schulzenamte Auskunft zu verlangen. Ob in ganz dringenden Fällen denselben verstattet sein sollte, auf eigene Verantwortung das Nötige zu veranlassen, davon aber sofort gleichzeitig dem Kreisdeputierten Anzeige zu machen, submittiere ich höherem Ermessen. Es versteht sich aber nach der Idee, die diesem Vorschlage zum Grunde liegt, von selbst, daß das Recht zu solch einer Kontrolle schlechterdings an die Personen des Gutsbesitzers selbst gebunden sein und ihm niemals freistehen müsse, solches irgendeinem seiner Wirtschaftsbeamten oder sonst einem Dritten zu übertragen. Auf Dörfern also, wo der Gutsbesitzer sich nicht selbst aufhalte, fällt diese Kontrolle weg; nur da, wo dieselbe anwesend, nur dann, wenn er es ist, ist er für seine Person niemals durch einen Dritten befugt, sich als kontrollierende Behörde zu gerieren. Diese Einrichtung würde, denke ich, keine Nachteile, wohl aber folgende Vorteile bei sich führen: a) das persönliche Ansehen der (adeligen) Gutsbesitzer wird geschont, b) an allen Orten, wo keine Gutsherren domizilieren, (deren es doch sehr viele, vielleicht die meisten gibt) tritt die neue Ordnung der Polizeiverwaltung mit voller Unabhängigkeit in Wirkung und faßt Wurzel[n], die sich bald überall verbreiten und auch nach und nach an den Orten, wo Gutsbesitzer domizilieren, solche von den jetzt noch eingeräumten Kontrollen verdrängen werden; c) da, wo die Gutsherren auf ihren Gütern sich aufhalten, kann für den ersten Anfang, besonders in Oberschlesien, durch die Kontrollen der Gutsherren manches Gute für eine strenge Polizeiverwaltung bewirkt werden. Dann, ausgeschlossen von der tätigen Teilnahme an der ausübenden Polizeiverwaltung und eifersichtig auf die neue Ordnung der Dinge, läßt sich faßt erwarten, daß die Gutsherren mit genauer Aufmerksamkeit die Amtsführung der Schulzen kontrollieren und allen Mängeln nachspüren werden, wäre es auch nur, um durch häufige Rügen den Satz, den man gar zu gern gegen Neuerungen verteidigt, zu behaupten: daß es durch die neue Einrichtung um nichts besser geworden sei.

288

g. Mai 1809

Höherm Ermessen submittiere ich diese meine unmaßgebliche Idee als Auskunftsmittel, das persönliche Ansehn des Adels zu erhalten und andrerseits doch jeden Übelstand zu beseitigen, welcher eine gute Polizeiverwaltung unmöglich macht. Das weitre Detail wegen der Wahl und Amtierung der Schulzen und ihrer Gehülfen wird weiter unten seine nähere Erläuterung finden, wenn ich über den Plan des Herrn Ministers v. Schroetter Exzellenz im einzelnen nach den speziellen Paragraphen meine Meinung äußern werde. Ich begnüge mich daher hiebei, nur noch dies in Anregung zu bringen, ob nicht den Schulzenämtern für den Fall, daß nicht etwa (wofür ich jedoch nicht sentiere) besondere Distriktsfriedensrichter zur Entscheidung der kleinen Zivilbagatellsachen eingeführt werden sollten, den Schulzen die Berechtigung erteilt werden möchte, dergleichen kleine Streitigkeiten ex aequo et bono zu schlichten, so daß solche kleinen Sachen allemal zuvörderst zur gütlichen Abmachung vor das Schulzenamt gebracht werden müssen und den Parteien erst dann, wenn sie bei dessen Ausspruche nicht acquiescieren wollten, der ordentliche Weg rechtens freistehen würde. Niemand verstehet mit dem Bauer[n] besser umzugehen als der Bauer; der Schulze versteht am besten, was die Partei will; er kennt die Neigungen seiner Gemeindeglieder; er weiß auf sie zu wirken, und die Erfahrung in so vielen Fällen beweiset, was ein vernünftiger und angesehener Schulze oder Gerichtsmann vermag. Ich bin überzeugt, daß auf diese Art viele Streitigkeiten in Güte leicht abgemacht werden würden. Kommt die Sache erst vor das Gericht (in Schlesien nennt der Bauer den Gerichtshalter häufig: der Justiz), dann werden alle Leidenschaften, besonders Halsstarrigkeit rege, zumal da der Bauer bekanntlich zu jedem höhern feiner gebildeten Beamten wenig Vertrauen hat. Ein Wort des angesehenen Gemeindegliedes (und ein solches gibt es in den meisten Gemeinden), eine Mißbilligung von ihm gilt mehr als das schönste Urtel, das der Bauer nicht versteht und gegen welches er, sei es noch so gerecht, immer Mißtrauen hegt. Höherm Ermessen und dem erleuchteten Befinden des hohen Justizdepartements submittiere ich jedoch auch diese unmaßgebliche Meinung zur nähern Prüfung untertänigst. Auf alle Fälle würde es mir wenigstens rätlich scheinen, dem Schulzenamte die Schlichtimg der Gesindedienststreitigkeiten anzuvertrauen. Dies würde auch, weil dabei das Interesse der Bauern mit subversieret, auf das Gesinde des Gutsherrn vorteilhaft einwirken und diese Klasse von Untertanen in guter Zucht und Ordnung halten. Die Ortspolizeibehörden durch Errichtung von Schulzenämtern nach Anleitung des p. von Schoetterschen Planes (von dessen Detail weiter unten die Rede sein wird) auf diese Art organisiert, wird es auch ad 2. der Anstellung sogenannter Friedensrichter nach dem Gegenplane des p. Herrn von Schoen nicht weiter bedürfen. Friedensrichter im Sinne der Briten würden diese Beamten ebensowenig sein als Friedensrichter, wie die Franzosen solche geschaffen haben. Ich

g. Mai 1809

289

würde daher lieber neben dem Landrat die Kreisdeputierten in der Art, wie solche von des Herrn v. Schroetter Exzellenz vorgeschlagen worden, bestehen lassen mit dem Bemerken, daß es sehr zweckmäßig scheint, nach dem Vorschlage des Herrn Präsidenten von Vincke dem Landrat den Charakter als Kreisdirektor beizulegen und dagegen alle übrigen Kreisdeputierten Landräte zu nennen. Uber die nähern diesfälligen Bestimmungen in dem von Schroetterschen Plane werde ich weiter unten ebenfalls meine unmaßgebliche Meinung zu äußern mir nicht versagen dürfen. Hier sei es mir erlaubt, nur so viel zu bemerken, daß es mir, weil in der Polizeiverwaltung alles auf Einheit der Absicht und auf Schnelligkeit der Ausführung ankommt, durchaus notwendig scheint, daß jeder Landrat (Kreisdeputierter) in dem Distrikte, welchem er vorstehet, unabhängig von dem Kreisdirektor (Landrat) mit gleicher Gewalt wie dieser sein A m t verwalte und daß diesem nur in solchen Generalangelegenheiten, welche alle Distrikte des Kreises zugleich angehen (wie z. E . in allen Militärangelegenheiten und Steuersachen), das' Nötige für den ganzen Kreis in generalibus allein zu verfügen überlassen bleibe. Der Idee des von Schroetterschen Planes, die Kreisdeputierten dem Landrate oder, wie sie besser zu nennen, die Landräte dem Kreisdirektor gewissermaßen unterzuordnen, scheint die französische Einrichtung zum Grunde zu liegen, nach welcher der Unterpräfekt dem Präfekten untergeordnet ist. Man hat aber vergessen, zu erwägen, daß nach unserer Einrichtung die Regierungen eigentlich das sind, was in Frankreich, Westfalen, Warschau pp. die Präfektur. E s müssen daher auch, wenn man nicht den Geschäftsgang aufs neue schleppend machen und eben das vermeiden will, was gerade die Aufhebung der Steuerräte wünschenswert macht, die Landräte (Kreisdeputierten) unmittelbar den Regierungen untergeordnet und nicht erst an eine Zwischeninstanz (der Kreisdirektor) gebunden werden. Sollen aber die Regierungen nicht die unmittelbaren Vorgesetzten der Landräte sein, soll nicht von den Regierungen der Impuls auf diese Kreisbehörden ausgehen: so würde es zweckwidrig scheinen, ein aus 20 und jetzt noch mehr Mitgliedern bestehendes Kollegium, welches viel Geld kostet, fortexistieren zu lassen, während in den obengenannten Ländern ein Präfekt, ein einziges Individuum, alle Verrichtungen versiehet, welche in Preußen nur einer beratschlagenden Versammlung von Staatsdienern (den Regierungen) anvertraut worden. F ü r die Geschäfte der Regierungen würden alsdann, wenn der Kreisdirektor der unmittelbar Vorgesetzte der Landräte sein sollte, offenbar zuviel Mitglieder sein, die nicht gehörig mit Nutzen beschäftigt sein würden. Ebensowenig kann ich daher auch für die im von Schroetterschen Plane vorgeschlagene Einrichtung stimmen, wonach Quartalversammlungen der Landräte unter dem Vorsitz des Kreisdirektors stattfinden sollen, welche .zugleich bestimmt sind, die Rekursinstanz zu bilden in allen Fällen, in denen Beschwerden über die Verfügungen der einzelnen Landräte eingehen. Diese Einrichtung scheint mir ein unglücklicher Vorschlag zu sein, wovon sich nur Nachteile und wenig Nutzen erwarten läßt.

290

9- Mai 1809

Allerdings ist es zwar an und für sich in der Verwaltung vorteilhaft, von der Verwaltung selbst das Streitige zu sondern, aber in Ausübung der Lokalpolizei ist solches höchst schwierig und viel zu kostspielig, als daß es sich mit Zweckmäßigkeit möglich machen ließe, die Polizeigerichtsbarkeit noch wieder einem besondern Collegio anzuvertrauen, welches die Bestimmung hätte, über die Beschwerden zu urteilen, welche die Verwaltung der Landräte veranlassen dürfte, und die Strafbescheide in Kontraventionssachen abzufassen. Wohl noch in keiner Verfassung hat man ein Institut angetroffen, wonach die einzelnen Beamten zusammentreten, um die Beschwerden zu schlichten, die ein jeder von ihnen binnen einem gewissen Zeiträume veranlaßt haben könnte. Ein Collegium, dazu bestimmt, die Kontestationen zu schlichten, welche durch seine Mitglieder entstanden sind, ist unstreitig eine noch sonst nirgends gewagte Idee. Über sich selbst muß niemand richten dürfen. Ein so konstruiertes Collegium würde in kurzem unter sich einverstanden sein; jeder würde, um selbst geschont zu werden, den andern schonen, und das Publikum würde unmöglich Vertrauen fassen können zu einer Versammlung, welche die Beschwerden untersuchen und darüber entscheiden soll, die gerade gegen jedes einzelne Mitglied dieser Versammlung geführt werden und der Gegenstand dieser Distriktsversammlung sein sollen. • Dies Mißverständnis, dieser Übelstand scheint mir so in die Augen springend, daß ich kaum noch nötig erachte, des Zeitverlustes zu erwähnen und der Verschleppung, welche entstehen würde, wenn alle über die landrätliche Polizeiverwaltung eingehenden Beschwerden immer drei Monate, nämlich bis zur Quartal Versammlung, verschoben bleiben sollen. Wenn endlich die Schlichtung aller Kontestationen, welche die Vollziehung der Maßregeln der Landräte veranlassen könnte, Bestimmung der landrätlichen Quartalversammlung sein soll, was für Geschäfte würden denn zuletzt den Regierungen verbleiben? Wenigstens würde man alsdann doch nicht Provinzialpolizei- und -Verwaltungsbehörden bedürfen, die aus einer so großen Anzahl von Mitgliedern bestehen als unsere kostspieligen Regierungen. Aus diesen Gründen kann ich der von des Herrn Ministers von Schroetter Exzellenz vorgeschlagenen K reisdirektionsversammlung in der projektierten Art nicht acclamieren und eine solche Versammlung der Kreislandräte nur alsdann für zweckmäßig erachten, wenn außerordentliche Fälle eine gemeinschaftliche (schleunige) Beratung aller Kreislandräte mit dem Kreisdirektor notwendig machen sollten, in welchem Falle letzterem das Recht zustehen müsse, die Landräte bei sich zu versammlen. Der 3. Streitpunkt betrifft die Frage, ob die Kreispolizeibeamten von dem Staat ernannt oder aber von den Kreiseingesessenen gewählt werden sollen? Auch ich kann, an und für sich und a priori geurteilt, nicht anders als der

g. Mai 1809

291

Meinung derjenigen beipflichten, welche behaupten, daß die Bestellung der Kreispolizeibeamten nur vom Staate ausgehen müsse. Da jedoch des Königs Majestät in verschiedenen vor nicht gar langer Zeit erst auch an die Rittergutsbesitzer in Schlesien erlassenen Kabinettsordren denselben die Wahl der Landräte mit Vorbehalt der Allerhöchsten Bestätigung ausdrücklich zugesichert haben: so würde, um nicht Mißvergnügen zu erregen und um den anzustellenden Landräten die unentgeltliche Übernahme ihres Amts nicht zu verleiden, welches besonders im Anfange vermieden werden muß, vorerst noch den Kreiseingesessenen nachgegeben werden können, zur Besetzung der Landratsstellen 3 Subjekte, welche die erforderlichen Eigenschaften besitzen, durch Wahl zu präsentieren. Die Ernennung des Kreisdirektors aber, welcher, da er die Militär- und Steuersachen ausschließend respizieren soll, ein vorzüglich verlaßbares Subjekt sein muß, würde des Königs Majestät ausschließend ohne W a h l und Präsentation vorbehalten bleiben müssen. Was 4. die Konstitution von Kreisständen anlangt: so habe ich darüber schon im Anfange dieses Gutachtens meine Meinung dahin geäußert : daß ich die Formierung von Kreis- und Ortskommunalverwaltungsversammlungen für notwendig erachte. Denn richtige Verteilung der Kommunalauflagen ist eines der dringendsten Bedürfnisse. Verhältnismäßige Gleichheit der Lasten trägt am meisten dazu bei, sie weniger fühlbar zu machen; und williger leistet der Staatsbürger das Notwendige, wenn Männer aus der Mitte der Kommune, bezeichnet durch allgemeines Vertrauen, die Reparation der Abgaben und Lasten unter ihre Mitbürger besorgen und die Rechnungen abnehmen. Indessen habe ich auch schon oben die Schwierigkeiten nicht unbemerkt gelassen, welche einer solchen Einrichtung entgegenstehen, solange nicht alle Abgabenverschiedenheit zwischen den Rittergutsbesitzern und Rustikalstellenbesitzern zessieret und für beide nur ein gemeinsames Interesse existieret. Immer aber würde es doch zweckmäßig scheinen, die Besorgung der Kreiskommunalangelegenheiten, soweit es angeht, schon jetzt einem Ausschusse der Kreisstände anzuvertrauen und zu überlassen, dessen Formation jedoch abhängig ist von den Grundsätzen, nach welchen eine Nationalrepräsentation gebildet werden soll. In dieser Hinsicht stimmen meine Ideen durchaus mit denjenigen zusammen, welche der Herr Staatsrat] von Rehdiger bereits früher in verschiedenen Memoires entwickelt hat, auf welche ich hier um so mehr Bezug nehmen muß, als es ein hors d'cevre sein würde, den Plan zu Bildung einer Repräsentationsverfassung hier einzuschalten. Sollten aber Umstände vorwalten, welche solche Einschränkungen, wonach die Verwaltung der Kommunalangelegenheiten auf dem Lande gleichwie in den Städten den Kreiseinsassen selbst zu überlassen wäre, jetzt unmöglich machen: so würde freilich nichts übrigbleiben, als auch die Besorgung der Kreiskommunalangelegenheiten den Kreispolizei- und -Verwaltungsbehörden nach dem Vorschlage des Herrn Präsidenten von Vincke in seinem Voto vom 19. März c. zu überlassen. 20

Stein/Hardenberg

292

9- Mai 1809

Der 5. Gegenstand betrifft den Umfang der Kreise und Bezirke und ist wichtiger und in der Bestimmung schwieriger, als dem ersten Anblicke nach es scheinen möchte. Was die Begrenzung der Kommunen anlangt, so läßt sich m[eines] E[rachtens] ohne Mißgriffe im allgemeinen darüber nichts festsetzen; vielmehr wird erst nach erfolgter Organisation der neuen landrätlichen Einrichtung den Landräten überlassen bleiben müssen, Vorschläge zu machen, wie etwa zu große Kommunen zweckmäßig getrennt, zu kleine nützlich zusammengeschlagen werden können. In Schlesien, wo die Dörfer schon für sich bestehende Kommunen ausmachen, läßt sich über ihre Größe etwas Allgemeines schon um deshalb nicht festsetzen, weil die Verschiedenheit der Klassen der Dorfbewohner, je nachdem sie Bauern, Gärtner oder Häusler sind, sehr groß ist und der Dienstnexus, nämlich das Robotverhältnis, welches gleichsam das Interesse ist, welches eine Gemeinde zur Gemeinde macht, die genaueste Berücksichtigung erfordert. Einstweilen wird man also auch wohl in Schlesien jedes Dorf als eine für sich bestehende Kommune gelten lassen müssen, bis die Landräte im einzelnen darüber zweckmäßige Vorschläge, dem Lokalbedürfnis angemessen, zu machen imstande sein werden. Was die Bestimmung der Größe der Kreise und der Größe der landrätlichen Unterabteilungen (Bezirke) anbetrifft: so würde man wohl, die Volksmenge in Schlesien inclusive der Städte mit Ausnahme der (einen eignen Kreis bildenden) Stadt Breslau auf 1800 000 Menschen und die Zahl der Dörfer auf 6000 angenommen, in Schlesien 60 Kreise, jeder Kreis zu30000 Menschen, etwa ad 90 Dörfer gerechnet, können stattfinden lassen. Statt der jetzt existierenden 48 Kreise würden also hinfüro deren 60, mithin 12 mehr eingerichtet werden. Der Kreisdirektor, in Militärangelegenheiten der Hauptbenannte des ganzen Kreises, würde dann einem Distrikt desselben auch als Landrat vorstehen und neben sich noch zwei Landräte haben. Auf diese Art würden mit Einschluß des Kreisdirectoris, welcher auch einem Distrikt als Landrat vorsteht, im ganzen Kreise drei Landräte, mithin drei Bezirke, jeder im Durchschnitt zu 10000 Seelen und 30 Dörfer gerechnet, existieren. Die Hauptschwierigkeit, welche dieser neuen Einrichtung entgegentritt, liegt in der jetzigen Kreissteuerverfassung. Immer also würde, bevor die neue Abgrenzung der Kreise erfolgen könnte, eine Abänderung der Steuerkatastern notwendig sein, in der für jetzt noch alle Anlagen nach den Kreissteuercatastris repartiert werden, und eine grausame Verwirrung entstehen würde, wenn nicht zuvor für jeden Kreis, wie er in seinen neuen Grenzen bestehen soll, neue Kreissteuercatastra reguliert würden. Es versteht sich übrigens von selbst, daß die Abgrenzung der Kreise vorzüglich nach der geographischen Lage erfolgen, und daher so genau es nicht darauf ankommen müsse, ob ein Kreis einige Tausend Seelen mehr umfasse als der andere. Einen Plan zu dieser neuen Kreiseinteilung zu liefern ist mir jedoch jetzt unmöglich, weil mir besonders aus dem Departement der Regierung zu Liegnitz die erforderlichen Details dazu fehlen; weil ich ohne Hülfsarbeiter diese

9- Mai 1809

293

neue geographische Einteilung nicht vollbringen kann und keine Autorisation habe, jene Nachrichten mir einzufordern und diese Arbeiter zu wählen. Ich submittiere daher untertänigst : ob nicht den Regierungen aufzugeben sein würde, eine Kommission zur Regulierung der neuen Kreiseinteilung niederzusetzen. Ich lege übrigens eine Ubersicht der Kreise, wie sie jetzt sind, nach ihrer Flächengröße und nach der Menschenzahl sub Litt. A. untertänigst bei. 8 Was den 6. von dem Herrn Präsidenten von Vincke in seinem Voto vom 19. März c. aufgestellten Streitpunkt, nämlich die Frage: Wie es mit Erhebung der Domänengefälle gehalten werden soll? anlangt, so ist derselbe in Hinsicht der Schlesischen Domänen nicht von Wichtigkeit. Die Geldzinsen, Ehrungen und sonstigen etwanigen Hebungen, welche die Domänenamtsuntertanen zu entrichten haben, entrichten selbige an die Domänenamtspächter, denen auch diese Revenuen mit verpachtet sind und wofür dieselben den stipulierten Pachtcanon in folle erlegen. Die Steuern und übrigen etwanigen außerordentlichen Landesherrlichen Abgaben werden von der Domänenamtsgemeinde wie von allen übrigen Gemeinden durch den Schulzen an die Kreissteuerkasse abgeführt. Der Amtspächter und Domänenbeamte hat damit gar nichts zu schaffen, auch bedarf es zur Erhebung dieser öffentlichen Abgaben der Domäneneinsassen keines Intendanten. Die ganze einfache Methode, welche der Herr Präsident von Vincke hiebei anrühmt, findet in Schlesien wirklich schon Anwendung, und dabei wird es denn auch meines Erachtens vorderhand sein Bewenden haben müssen. Nach diesen allgemeinen Voraussetzungen wende ich mich nunmehr C. zu den einzelnen Sätzen des von des Herrn Minister von Schroetter unterm 13. Oktober v. J. eingereichten Plans, indem ich mir es erlaube, zu einigen Paragraphen dieses Planes das Erforderliche zu bemerken.« Es schließen sich detaillierte Ausführungen zu verschiedenen Punkten folgender Sachgebiete des Schroetterschen Planes an: II. Bestimmung der Kreisverwaltungsbehörde, IV. Wirkungskreis der Kreisverwaltungsbehörden, V. Ressort der Kreisdeputierten, VII. Ressort des Landrates, VIII. Von Einrichtung der Kreisdirektion, IX. Einrichtung der Kreiskasse, X . Verhältnis der Kreisbehörden zu den Ortsbehörden, X I . Ressortverhältnis der Kreiszu den Justizbehörden, X I I . Verhältnis zum Kreis- und Generallandtage, X I I I . Verhältnis gegen die Regierungen, X I V . Geschäftsgang, X V . Kreisverwaltungspersonal, X V I . Besetzung des Kreisamtes. Was nun zuletzt D. die Organisation der Ortsbehörden auf dem Lande nach dem Vorschlage des Herrn Ministers von Schroetter Exzellenz vom 24. November a. pr.° anlangt, so trete ich im Ganzen demjenigen bei, was von dem Herrn Präsidenten von Vincke in seinem Pro Memoria vom 25. März c. 10 dagegen ist erinnert worden. Die Vorschriften und Organisationsgrundsätze, die Ortspolizei betreffend, gehören offenbar in das allgemeine Reglement wegen Organisation der Unterbehörden überhaupt.

g. Mai 1809

294

Wie die Ortspolizeibehörden zu organisieren sein möchten, darüber habe ich schon oben am betreffenden Orte meine unmaßgebliche Meinung geäußert; erlaube mir daher auch nur, um nicht noch weitläuftiger zu werden, folgende Bemerkungen zu den einzelnen Sätzen in den Vorschlägen des Herrn von Schroetter Exzellenz vom 24. November a. pr. Litt. A, die Organisation der Ortsbehörden auf dem platten Lande betreffend. [. ..] Ich lege schließlich ein Exemplar der schlesischen Dorfordnung und Instruktion für die Dorfschulzen bei.11« 1 Siehe R M Stein III, Nr. 282, S. 939 ff. 2 Siehe R M Stein III, S. 944. 3 Die Verordnung vom 26. Dezember 1808, siehe Nr. 22. « Siehe R M Stein III, Nr. 279, S. 914 ff. 5 Die Daten der Dokumente: 13. Oktober 1808, 26. Dezember 1808, 19. November 1808. 6 Königsberg, 14. November 1808, siehe R M Stein III, Nr. 309, S. 1016 ff. 7 Königsberg, 19. März 1809, siehe Nr. 73. 8 Beilage A »NachWeisung der in den Kreisen im Jahr 1801 befindlichen Menschenzahl und der Größe der Kreise nach • Meilen im Herzogtum Schlesien«, i. gl. Fasz. Bl. 199.

9 Siehe R M Stein III, Nr. 324, S. 1077 ff. "> Siehe Nr. 76. 11 »Dorfpolizeiordnung für das Herzogtum Schlesien und die Grafschaft Glatz«, Breslau, 1. Mai 1804, Druck i. gl. Fasz. Bl. 215. »Instruktion für die Dorfscholzen in Schlesien und der Grafschaft Glatz«, Breslau, 1. Mai 1804, Druck i. gl. Fasz. Bl. 201.

108. Minister Graf zu Dohna an den Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten Sack Königsberg, 9. Mai 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 4 Bd. 1 Bl. 40: Konzept Prillwitz, gez. Dohna.

Abgrenzung der Funktion der Landräte und ihrer Gehilfen »Bei der von Ew. Hochwohlgeboren nach der Anlage des Schreibens vom 11. v. M.1 an die Regierungen Ihres Oberpräsidialbezirks erlassenen Verfügung 2 wegen verbesserter Einrichtung der Polizei-Verwaltung auf dem platten Lande finde ich zu bemerken, a) daß bei den Gehülfen der Landräte auch vorzüglich auf die Steuerrätlichen Offizien, insofern dabei ganz vorzüglich 3 tätige und zuverlässige Offizianten angestellet sind, desgleichen auf brotlose Offizianten dieser vorzüglich ausgezeichneten 4 Gattung aus den abgetretenen Provinzen Rücksicht zu nehmen, b) daß den Magisträten in den Städten und den Beamten in den Domänen die

g. Mai 1809

295

eigentliche Ausführung zu überlassen ist, auch die Verfügung der Regierungen direkte an sie ergehen und die Landräte und deren Gehülfen bloß revidieren, kontrollieren und in einzelnen wichtigen und dringenden Fällen anordnen müssen 5 , indem sonst der Geschäftsgang statt vereinfacht, kompliziert werden und in den Landräten eine ganz förmliche 6 Zwischeninstanz für alle und jede Landespolizeiangelegenheiten7 entstehen würde. Hienach wollen Ew. Hochwohlgeboren die Regierungen Ihres Oberpräsidialbezirks also noch nachträglich instruieren, übrigens aber die allerschleunigste und zweckmäßigste Ausführung dieser Anordnung aufs äußerste und angelegentlichste befördern8.« Sack an Dohna, Berlin, den 11. April 180g (Ausf., gez. Sack, i. gl. Fasz. Bl. 37). 2 Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 38. 3 »ganz vorzüglich« von Dohna am Rande ergänzt. 4 »vorzüglich ausgezeichneten« von Dohna hinzugefügt. 5 »und in einzelnen . . . müssen« von Dohna am Rande ergänzt statt der Streichung: ». . . müssen, daß die Verfügungen gehörig zur Ausführung kommen«. 6 »ganz förmliche« von Dohna ergänzt. 7 »für alle und jede Landespolizeiangelegenheiten« von Dohna ergänzt. 8 »übrigens aber . . . befördern« von Dohna am Rande ergänzt. 1

109. Der Geheime Staatsrat und Oberpräsident Sack an den Finanzminister Freiherr von Altenstein und Minister des Innern Graf zu Dohna Berlin, 9. Mai 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 4 Bl. 4: Ausf., gez. Sack.

Einsendung von Unterlagen über den Generallandtag in Berlin »Von den mit dem hier gehaltenen Generallandtage 1 gepflogenen Verhandlungen habe ich unter dem 30. v. M. den abschriftlich beiliegenden Bericht an des Königs Majestät 2 erstattet, der mit heutiger Post abgeht. Ew. Exzellenzien werden darin außer dem Gegenstande der Bepfandbriefung der Domänen 3 , wovon ich bereits unter dem 22. v. M. berichtet habe, außer dem Gegenstande der einzuführenden Einkommensteuer 4 und Deklaration des Edikts vom 9. Oktober 1807 wegen Ein- und Zusammenziehung von bäuerlichen Grundstücken 5 , — über welche beiden Gegenstände ich noch die Berichte mir vorbehalte — alles auf dem bisherigen Generallandtage Vorgekommene vollständig und gedrängt beisammen finden.

296

9. Mai 1809

Zu noch vollständigerer Übersicht bis in die kleinsten Details füge ich Hochdenenselben jedoch auch noch die von mir mit dem Generallandtage gepflogenen Verhandlungen 3-. 4-. 5- und 7. Mai 1809. Der Bericht über die Beratungen des landschaftlichen Generallandtages erfolgte am 14. Mai 1809 (Ausf., gez. Auerswald, i. gl. Fasz. Bl. 60) mit Beilage der gedruckten Abschriften der das Kreditsystem betreffenden Protokolle vom 5., 6., 7., 8., 10. und 13. Mai 1809. 3 Lautete ursprüngl.: ». . . und wir leben der Hoffnung, daß E. K. M. kein Bedenken finden, . . .«. 4 Es folgte ursprünglich folgende Streichung: »Bei diesem Punkt aber finden wir uns veranlaßt, mit Übergehung des Detailinhalts der darüber stattgefundenen Debatten alleruntertänigst darauf anzutragen, daß E. K. M. die Wahl und Bestallung der nach der neuen Organisation der Provinzialregierungscollegien in die Ostpreußische und Litauische Regierung einrückenden Landständischen Repräsentanten vorderhand noch auszusetzen und Höchstdero Resolution auf die Generallandtagsverhandlungen, insoweit sie diesen Punkt betreffen, bloß auf diese Festsetzung zu beschränken geruhen mögen«. Neben dieser Streichung steht von Koehlers Hand: »Note: Nach dem anderweitigen Beschluß Sr. Exzellenz, des Herrn Staatsministers Grafen zu Dohna, ist die Fristung des Berichts bei diesem Punkt geändert und unten bei dem Zeichen 0 der auf dem beiliegenden besondern Blatte befindliche Nachtrag zugesetzt worden. Koehler, 14. Juni.« 5 Lautete ursprüngl.: ». . . einging, wurde angenommen, daß die Wahl der ständischen Repräsentanten ausgesetzt bleiben sollte, . . .«. * »ganz« ist vermutlich vom Konzipienten selbst zugefügt. 7 »Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-Polizei- und -Finanzbehörden«, siehe Nr. 22.

328 8

i 6 . J u n i 1809

Dieser Absatz lautete ursprüngl.: »Gut wäre es gewesen, wenn die Wahl der ständischen Repräsentanten noch nicht veranlaßt worden, indem sich leider auch in dem jetzigen Generallandtage der Kastengeist, der so lange schon das Emporstreben aller geistigen und physischen Kräfte unterm Druck gehalten hat, nur zu laut ausgesprochen hat.« 9 Lautete ursprüngl.: »Es sollen nicht Repräsentanten . . .«. 10 Dieser Satz wurde von Koehler unter Fehlzeichen am Rande zugefügt. 11 »erst weggeschafft« verbessert statt »zerstört«. 12 Lautete ursprüngl.: ». . . Stand verschiedene Gesetze, verschiedene nutzbare Rechte und Verfassungen . . .«. 13 Von »läßt« bis »erwarten« ist unter Fehlzeichen am Rande zugefügt statt der Streichung: ». . . bleibt alles nur eine einstweilige Maßregel.« Dieser Zufügung folgt gleichfalls am Rande die Bemerkung Koehlers: » 0 (NB. Hier folgt der Nachtrag, welcher unter nebenbemerktem Zeichen auf einem besondern Blatt niedergeschrieben ist).« 14 Von »aus« bis »Subjekten« ist am Rande zugefügt. 15 Vgl. die Vorschläge Auerswalds vom 12. Mai 1809 (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 89 u. 129) und die Staegemanns vom 17. Mai 1809 (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 108) und vom 18. Juni 1809 (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 106). 16 Statt der Streichung »Kriegsrat Hahn auf Stein«. 17 Statt der Streichung »Kriminalrat Hardt«. 18 Statt der Streichung »Kommerzienrat Prin«. 19 Vgl. die Vorschläge von Regierungsdirektor Nicolovius, Gumbinnen, 1 3 . Mai 1809 (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 135) und den Bericht von Auerswald, Königsberg, 12. Mai 1809 (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 89). 20 Der Satz lautete ursprüngl.: »Für die ostpreußische Regierung fehlen noch diejenigen zwei Repräsentanten, welche die Städte hätten bestellen sollen.« 21 Vgl. Immediatbericht der Stadtverordneten von Memel, 19. April 1809 (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 132). 22 »Auch lassen wir . . . bedürfen würde« wurde am Rande hinzugefügt. 23 Königsberg, 26. Dezember 1808, siehe Nr. 22 und Nr. 23. 24 Hier endet der auf einem besonderen Blatt geschriebene Nachtrag. An seiner Stelle stand ursprünglich folgender gestrichener T e x t : »Diese Rücksichten haben uns zu dem vorbemerkten alleruntertänigsten Antrage, daß die Einführung der ständischen Repräsentanten annoch ausgesetzt werde, um so mehr vermocht, als solches in Ansehung Litauens von dem Generallandtage selbst gewünscht worden, es auch keinesweges die Absicht ist, daß Justizkommissarien oder a;ndere Offizianten als Bevollmächtigte der Stände in die Regierungen kommen, sondern Männer, die selbst Mitstände sind und zur praktischen gewerbetreibenden Klasse gehören, denn es kömmt nicht darauf an, die Ansichten von Justizkommissarien und andern Offizianten in die Administration zu erhalten, und es würde daher ohnehin kein einziger der von den ostpreußischen kleinen Städten erwählten Kandidaten zu bestätigen sein.« 25 »immer« von Koehler zugefügt. 26 »Wenn indessen hierüber . . . aufnehmen zu lassen« wurde am Rande zugefügt statt des ursprünglichen nun gestrichenen Textes: »Weil nun der Generallandtag über die Remuneration keinen allgemeinen Grundsatz aufgestellt hat, so dürfte dies ein Grund mehr zur dermaligen Aussetzung der Bestätigung der Repräsentanten sein.« 27 Siehe R M Stein I, Nr. 1 1 6 , S. 369 ff. 28 Lautete ursprüngl.: »daß es bei jener Verordnung bewenden müsse,« 29 »dahin modifiziert werde, daß« ist am Rande zugefügt.

23- Juni 1809 30 31

32

33

34

35

36

329

»Diese letztern drei Anträge . . . verdient« ist am Rande zugefügt. Betrifft »die Angelegenheit wegen eines privilegierten Gerichtsstandes der Kölmer«. Betrifft »die Gegenstände wegen der Natural-Mahlmetze imgleichen wegen Verlängerung des Idults und Herstellung des freien Zinsfußes«. Vgl. I. B. der Deputierten der Städte von Ostpreußen und Litauen, Königsberg, 4. Mai 1809, siehe Nr. 103. Betrifft »die Gegenstände wegen Abfindung der Weideberechtigten, wegen der Strafgesetze bei Holzdefraudationen, wegen der Kosten in Kriminalsachen und wegen der bei Abfindung der Holzberechtigten anzunehmenden Grundsätze«. Betrifft »die Sache wegen der von Rußland auf dieseitige Forderungen bezahlten, davon verteilten und noch im Bestände verbliebenen Gelder und wegen Zahlung eines Teils der ordinären Kontribution und Domänenzinsen in Münzscheinen nach dem Nominalwerte«. Betrifft »den P u n k t der bis zur Entlassung der neuen Gesindeordnung zu verschärfenden Strafen gegen das Entlaufen des Gesindes und dessen Annahme ohne Attest«. Die »Gesindeordnung für sämtliche Provinzen der Preußischen Monarchie«, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. v . Hardenberg, Kircheisen, wurde am 8. November 1810 erlassen (Gesetzsammlung 1810—13, Nr. 13, S. 101 ff.). Die auf Grund dieses vorliegenden Immediatberichts an Auerswald gerichtete K . O. erging am 10. Juli 1809 (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 144). Darin werden die Gesuche hinsichtlich der Beiträge zu den Festungs-Approvisionnementskosten bewilligt. Die im I. B. angeführten Mängel bei der Repräsentantenwahl rügt auch der König; er bestätigt die Repräsentanten für die ostpreußische Regierung, während er, dem Wunsch der litauischen Stände entsprechend, die Anstellung von deren nur vorsorglich nominierten Repräsentanten aussetzen läßt und für die von den Städten außer Königsberg vorzuschlagenden Repräsentanten eine neue Wahl anordnet. Auch zu den allgemeinen Anträgen der Stände bezüglich der Repräsentanten und zu den verschiedenen Spezialanträgen folgen die Beschlüsse des Königs den Vorschlägen des Immediatberichts. Unter gleichem D a t u m ergeht eine K. O. an Altenstein, Dohna und Beyme, der Original und Abschrift des Landtagsabschieds beigelegt sind, mit dem A u f t r a g zur Weiterleitung des Originals an Auerswald und Ausführung der königlichen Beschlüsse in den zuständigen Sektionen (Ausf., gez. Friedrich Wilhelm, Bl. 143).

123. »Gutachten der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung über die Verordnung w e g e n Ausrottung der natürlichen Pocken«

Königsberg, 23. Juni 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 88: Konzept teils Rehdiger eigh., gez. Rehdiger, Klewitz.

Bewertung der Hindernisse und möglichen Maßnahmen bei Durchführung von Schutzimpfungen und polizeilichen Vorkehrungen gegen die Krankheitsausbreitung »Der Ende vorigen Jahrhunderts unter teutschen Ärzten so oft zur Sprache gekommene Ausrottungsplan der Pocken, welcher in möglichst allgemeiner Impfung derselben, verbunden mit polizeilichen Vorkehrungen gegen ihre Ver-

33°

2

3- Juni 1809

breitung bestand, ist durch die Vaccine keineswegs überflüssig, sondern grade durch sie erst ausführbar gemacht worden. Der Antagonismus in der Verbindung beider Mittel — indem die polizeiliche Beschränkung der äußern Mitteilung des Übels im Widerspruch steht mit der durch Impfung zu beschränkenden Rezeptivität dafür — ist erst durch jene Entdeckung dahin gediehn, vermittelt und behoben werden zu können. Außerdem war die ehemalige Pockenimpfung nie ohne alle Gefahr und durch körperliche Konstitution, durch Alter, atmosphärische Beschaffenheit, herrschende Contagion usw. so mannigfaltig bedingt, daß es an einem leichten, durchaus unschädlichen und immer anwendbaren Mittel fehlte, sich den Härten zu entziehn, welche allerdings in der polizeilichen Pestbehandlung der Pocken liegen. Substituiert man nun in jenem Plane die Vaccine der eigentlichen Pockenimpfung, so verändert sich die Lage der Sachen durchaus. Alles gewinnt nun ein andres Ansehn: alles greift dann, ohne sich abstoßend zu berühren, ineinander. Der Impfarzt gießt nicht mehr ö l in die Flamme, die die Polizei zu ersticken bemüht ist, und die Territion der Pestbehandlung treibt jetzt zu andern vorbeugenden Sicherungen als solchen, die wie die ehemaligen Impfungen noch immer von einigen Schaudern des Todes umfangen waren. Über polizeilich verhängte Ungemächlichkeiten bei Pockenkrankheiten, über Beschränkungen des Verkehrs und der elterlichen Zärtlichkeit, wenn Absonderungen nötig sind, kann sich jetzt niemand mehr beklagen, wo der Staat, um sich dem allen zu entziehen, ein durchaus gefahrloses, kaum den Krankheitsnamen verdienendes und durch seine Wohltätigkeitsevidenz alle Vorurteile besiegendes Mittel ohne alle Kosten jedem anbieten kann und will. Auf diesen Ideen und Kombinationen beruht die vorliegende Verordnung. Sie ist zunächst und vorzüglich auf allgemeine Schutzpockenimpfung berechnet und erbaut und nur, insofern die Wirksamkeit derselben noch Lücken lassen und die Totalität der Pockenfähigen nicht ganz umfassen könnte, will sie polizeiliche Vorkehrungen gegen die wirklichen Pocken als Supplement jener Impfungen subsidiarisch gebraucht wissen. Diesen Gradzügen der Verordnung pflichtet die Sektion für allgemeine Gesetzgebung vollkommen bei. Jetzt, da die Mittel gefunden sind und bereitet, ist es endlich doch wohl Zeit, einer Europa jährlich 400000 Menschen kostenden Seuche kräftig in den Weg zu treten: es ist ganz angemessen, bei dem ersten Erwachen zu einem neuen politischen Leben auch die Sorgfalt für das Physische in einem großen humanen Sinne zu Herzen zu nehmen und der die Ausrottungsidee gewiß einmal — wenn es auch jetzt nicht geschieht — realisierenden Nachwelt das Verwundern zu ersparen, warum man denn nicht schon früher darauf bedacht gewesen, zu tun, was zu tun so leicht und so dringend war. Die Gesetzgebungssektion sieht sich indessen ihrer Überzeugung nach doch genötigt, mit dieser vollkommensten Billigung der Verordnung im allgemeinen noch einige bedeutende Ausstellungen zu verbinden. I. scheint die Verordnung darin zu fehlen, daß sie, um die Impfung mächtiger zu fördern, aus den Grenzen, wo sich in der Verbindung ihrer Mittel schon alles gegenseitig die Hand bietet und von selbst hinlänglich unterstützt, herausgeht und außer dem Lästigen, das schon in der Pestbehandlung der Pocken liegt, noch durch andre Benachteiligungen zu jenem Zwecke hinzuwirken sucht. Indem sie dieselben nun als direkte und positive Strafen

23. Juni 1809

331

gegen die Impfungssäumigen förmlich aufstellt, konstituiert sie einen Impfzwang, der nach den im Anhang A entwickelten Gründen 1 ebensowenig als eine Impfgewalt mit dem Rechtsbegriffe des Staats verträglich ist. Der Impfzwang möchte daher wohl aus der Verordnung ganz verbannt werden und kann dies um so eher, als er bei mehrern weiterhin anzugebenden einladenden Motiven zur Impfung und bei der Einrichtung, daß das Lästige in der Pestbehandlung der Pocken ganz vorzüglich die Widerspenstigen gegen die Schutzanstalt treffe, vollkommen zu entbehren ist. Fällt aber der Impfzwang weg, so wie er § 14—16 der Verordnung enthalten ist, so beseitigen sich damit auch alle die Einwürfe, die in den abgegebenen Gutachten gegen die Schicklichkeit und Zweckmäßigkeit der gewählten Strafmittel mit vielem Rechte erhoben worden sind, als z. B . gegen den angedrohten Verlust der Befreiungen von öffentlichen und Gemeindelasten, daß es deren nach der Städteordnung 2 gar nicht mehr gibt, gegen die Ausschließung von Gemeindeversammlungen und Beförderungen, daß diese Strafe die niedrigsten Volksklassen, die doch die mehresten Antriebe bedürfen, grade am wenigsten treffe, endlich gegen die Nichtannahme der Ungeimpften in die Schulen und zur Konfirmation, daß man damit die schuldlosen Kinder, nicht die schuldigen Eltern strafe und dies auch den vom Staat zu befördernden Religions- und Bildungszwecken durchaus entgegen sei. II. Nicht ganz tadelsfrei erscheint ferner die Verordnung in Absicht der politischen Pestbehandlung der Pocken. Die von ihr vorgeschriebenen Maßregeln möchten wohl hin und wieder zu hart, den öffentlichen Widerwillen, die Klippe aller Gesetzgebung, zu aufregend, nicht ganz im Geiste der Schonung elterlicher Gefühle und zum Teil sogar unausführbar sein. Dahin ist die gewaltsame Umschaffung von engen dumpfigen Bauernwohnungen in allgemeine Pesthäuser (§ 21), die in selbigen zum Zweck der eignen Kinderpflege, wie es scheint, nicht stattfinden sollende Aufnahme der Eltern und Verwandten — die Ausschließung Vertrauen habender Hausärzte von der Behandlung der Pockenkranken — die auf dem Lande gar nicht zulässige Verpflegung derselben im eignen Hause und endlich auch dies zu rechnen, daß auf die mit Pocken Befallenen, die doch nach den Impfungsvorschriften nicht für säumig zu achten sind, keine Rücksicht von Begünstigung genommen worden ist. Allerdings scheint hier wie überall die höchste Kraft der Mittel in der größten ausnamenlosen Strenge zu beruhn. Zu bedenken ist indessen, daß das Volk öffentlichen Maßregeln um so mehr zu widerstreben pflegt, je gewaltsamer sie sind, oder wenigstens in eben dem Maße lässiger und gleichgültiger in sie eingreift. Daher muß sich jene Strenge nachlassend zur Schonung und zum Rücksichtnehmen bis dahin herabstimmen, wo sie durch den Widerstand und die Passivität der Gemüter in sich selbst gelähmt zu werden nicht weiter befürchten darf. So ist, was die Pockenverbreitung betrifft, das grell abschneidenste Hemmungsmittel gewiß nicht immer das beste und nicht durchaus das, was zu wählen sein möchte. Auch können die gelindern Mittel, selbst wenn sie ein Durchschleichen des Krankheitszunders hin und wieder noch immer befürchten ließen, hier um so eher Platz greifen,

332

23. Juni 1809 als die äußre Ansteckungsverbreitung der Pocken mit der beschränkten Empfänglichkeit dafür im umgekehrten Verhältnis steht und also im Maße der Verallgemeinerung der Vaccine als Hauptbasis der Verordnung auch ihr subsidiarischer Teil, die polizeiliche Pockenbehandlung, wieder durchgreifend sein darf. In Gemäßheit der soeben (in Nr. I und II) entwickelten und mit Benutzung desjenigen, was in den verschiedenen Gutachten mit ihrer Überzeugung zusammenstimmt, hat die Gesetzgebungssektion sich eine Umarbeitung der Verordnung (im Anhang B) 3 erlaubt. Sie hat damit einen Versuch machen wollen, die auseinandergehenden Meinungen wieder versöhnend zu einigen und dahin mitzuwirken, daß nicht durch die vielerlei Ausstellungen und Vorschläge ein ungünstiger Gesichtspunkt für den Definitivbeschluß entstehe und dadurch ein völliges Beseitigen einer der Menschheit so wichtigen Angelegenheit vielleicht veranlaßt werde. Zu demselben Zweck glaubt sie hier noch einige Einwendungen der Gutachten , die nach ihrer Meinung entweder unpassende 4 Ansichten enthalten oder die Schwierigkeiten des Plans zu hoch anschlagen, näher beleuchten zu müssen. 1. Der Geheime Staatsrat Herr Baron v. Humboldt ist der Meinung, daß bloß durch Einladungen, durch Antriebe lockender Art ohne allen Zwang, selbst ohne indirekten (denn gegen den direkten, positiven hat sich die Gesetzgebungssektion schon selbst erklärt) sich die Schutzblatternimpfung bis zur Allgemeinheit fördern lasse. Wenn ein ganzes Dorf — sagt er — nur ein Jahr geimpft habe, werde es gewiß im zweiten gern fortfahren und im dritten den Arzt dazu vielleicht schon selbst bezahlen. Diese Behauptung widerspricht aber aller Erfahrung. Was den gemeinen Mann von der Impfung abhält, ist nicht sowohl Vorurteil dagegen oder Unglaube daran (obschon auch dies bisweilen vorkömmt), sondern vielmehr Indolenz und dann auch leider nach der sehr richtigen Bemerkung in dem Aufsatz des Herrn Geheimen Rat Hufeland der im Dunkeln der Seele sich regende Gedanke: wie man dem Himmel, der den oft lästigen Ehesegen wieder zu sich nehmen will, die Mittel und Wege dazu nicht allzusehr verengen müsse. Daher kömmt es, daß, wenn man dem gemeinen Mann die Impfung ohne Kosten und Beschwerden gleichsam entgegen und ins Haus bringt, er den Zuredungen, vorzüglich wenn sie mit Geschenken begleitet sind, wohl Gehör gibt, aber doch — wie dies die geringe Zahl der Gratisimpfungen in den Instituten beweist — von selbst nur selten einen auch noch so unbedeutenden Schritt dazu tut. Soll er nun bloß durch persuasorische Gründe dazu bestimmt werden, so frägt sich: wer der Zuredende sein solle? — Die Arzte, Pfarrer, Gutsherrschaften, Polizeibehörden. — Wie aber, wenn diese die Sache nicht genug zu Herzen nehmen? — Soll dann den Zuredenden wieder vom Staate zugeredet werden? — Das möchte wohl wenig fruchten. — Oder will man durch Prämien ihren Eifer wecken? — Auch das würde bei aller Kostspieligkeit wenig leisten. — Oder will man strafen, wenn, worauf es vorzüglich ankömmt, nicht recht und nicht genug zugeredet worden? — So frägt sich wieder, wo sich das genug von dem zu wenigen scheide? — Und wie endlich, wenn bei aller angewandter Mühe den Zuredenden das Überreden doch nicht gelingen will? — Aus dem allen erhellt, daß auf die Wirksamkeit der übrigens nicht zu vernachlässi-

23. Juni 1809

333

genden Empfehlungen und Aufmunterungen nicht allein zu rechnen ist und daß es zu einer allgemeinen Förderung der Vaccine noch gegen die Recalcitranten selbst der kräftigern Antriebe von unangenehmer Art bedürfe. Dazu aber sind, weil direkte Strafmittel nicht stattfinden können, die aus der polizeilichen Pestbehandlung der Pocken resultierenden Unannehmlichkeiten wohl am besten geeignet. 2. Obschon in betreff der von ihren Eltern in den Pockenhäusern abzusondernden Kinder die Verordnung einiger mildernden Modifikationen und Ausnahmen bedurft hätte — wie sie denn auch dergleichen in der Umarbeitung erhalten hat —, so verdient eine solche Absonderung an sich selbst genommen doch wohl 5 keineswegs den ihr in den mehrsten votis gemachten Vorwurf der Grausamkeit und des schreienden Unrechts. Die Liebe einer Mutter, die sich trotz der Gefahr, womit sie Tausende von Kindern bedroht, doch von dem ihrigen nicht trennen will, ist so gemeintierischer, so antihumaner Art, daß sie dem Staat, der nicht auf Tränen, die aus solcher Quelle fließen, sondern vielmehr auf die Todeskämpfe der Vergifteten sehn muß, als ein achtbares Gefühl unmöglich erscheinen kann. Eine solche Liebe zu berücksichtigen ist eigentlich unrecht und sie zu begünstigen Grausamkeit. So ist von Rechts und Billigkeits wegen für den Staat gar keine Schonungsverbindlichkeit, wohl aber eine Klugheitsregel für ihn vorhanden, dergleichen unüberlegten Zärtlichkeitstrieben, soweit es irgend ohne Gefahr geschehn kann, lieber nachzusehn als sich in ihnen allzu heftige Gegner in bezug auf seine ohne allgemeine Mitwirkung nicht gut auszuführenden Maßregeln zu erschaffen und herbeizurufen. Nur auf solche Rücksichten beziehn sich die nachgiebigen Bestimmungen, die die Umarbeitung (im Anhang B) verglichen mit der Verordnung enthält. Übrigens ist der in einigen Gutachten — um die Härten der Verordnung hervorzuheben — vorzüglich bemerkte Fall einer von ihrem Säugling getrennten Mutter größtenteils gar nicht vorhanden, denn § 23 der Verordnung wird die Zulassung ins Pockenhaus der zur Wartung und Heilung notwendigen Personen ausdrücklich festgesetzt. Dazu aber gehört doch offenbar die stillende Mutter, und könnte diese vielleicht wegen bedeutender Krankheit, z. B. im Wochenbette, dem Kinde nicht folgen, so wäre dies ja ganz natürlich, weil beide in der Periode des Stillens noch für identisch gelten müssen, als ein die Transferierung nicht erlaubender Krankheitszustand des Kindes selbst anzunehmen, und so läge in der Verordnung eigentlich nichts, was ihre Trennung irgend erforderte. Außerdem möchte ein solcher Fall — weil die Pocken im ersten Lebensjahre höchst ungewöhnlich sind — sehr selten vorkommen. Auch ist der Verordnung rücksichtlich hierauf in der Umarbeitung durch mildere Bestimmungen in den §§ 27, 32, 25 a, b, d noch möglichst nachgeholfen worden. 3. Herr Geheimer Staatsrat v. Humboldt glaubt, daß alle polizeilichen Pockenvorkehrungen, die nicht wie bei der levantischen Pest zugleich gegen alle Orte, wo es keine Gegenseitigkeit derselben gibt, gerichtet wären, wenig wirksam sein und so bei der ungünstigen Grenzlage unsers Staats nur zu vielen nichtsfruchtenden und das Volk mißvergnügt machenden Sperren und Verkehrshemmungen führen würden.

334

23. Juni 1809

Bei diesem Vergleich mit den polizeilichen Vorkehrungen und Quarantäneanstalten gegen die Pest scheint folgendes nicht genug erwogen zu sein. a) Jeder einmal gepockte oder vaccinierte Mensch ist gegen die Pockenansteckung gesichert: gegen die Pestansteckung gibt es aber keine Versicherung durch schon gehabte Anfälle oder Präservative. Die Population eines Staats bietet daher dem Giftpfeil der Pest eine unendlich größere Fläche dar, als die Bloße ist, die sie den Pocken gibt. b) Aus eben dem Grunde ist bei der Pest durchaus jedemann für einen Träger des innern Ansteckungsstoffes, der sich in einem andern Lande vielleicht in ihm zur Krankheit entwickeln kann, zu achten. Bei den Pocken können dafür nur die Ungepockten oder Unvaccinierten gelten, also bei weitem die Minderzahl der Menschen und noch dazu diejenigen, die als Kinder oder Unerwachsene in dem ausländischen Verkehr am wenigsten begriffen sind. c) Der äußerlich von Ort zu Ort überbrachte Krankheitszunder, wenn sich z. B. Schweiß, Speichel oder Schorfe der Pockenkranken an anderwärts hingebrachte Kleider, Utensilien, Tiere und dergleichen gehangen haben, zerstört sich sehr bald in der Berührung mit der Luft und ist, mit ähnlichen Peststoffen verglichen, in seiner Ansteckungskraft bei weitem nicht so heftig. Was aber die atmosphärische Pockenansteckung betrifft, so ist sie auf zu kleine Räume begrenzt, als daß sie irgend von Grenzort zu Grenzort noch wirksam sein könnte. Nach dem allen wird man sich leicht überzeugen, daß derselbe Grad von Sicherang gegen ausländische Ansteckung bei den Pocken durch weit mindere Strenge der polizeilichen Anordnungen wie bei der Pest zu erreichen ist. Allerdings möchten anfangs zunächst an den Grenzen des Staats die Pocken wohl etwas häufiger erscheinen als in seinem Innern, indem dies aber nur dazu beitrüge, die Schutzimpfungen dort noch allgemeiner als hier sein zu lassen, würde sich das Gleichgewicht sehr bald wieder herstellen. Und bekämpfte man nur jeden Pockenausbruch sogleich mit gehöriger Absonderung oder Unterbringung der Kranken im Pockenhause, so würde die Ansteckung immer bald abgeschnitten sein und nie eine bedeutende Verkehrshemmung oder gar eine allgemeine Ortssperre daraus entspringen, die außerdem nur auf dem Lande (§ 29 der Umarbeitung) stattfinden soll und der man sich dort, wenn sie ja einmal einträte, gewiß ebenso willig wie jetzt den Viehpestsperren unterwerfen würde. Daß der Volkswiderwille gegen polizeiliche Krankheitsausrottungen nicht durchaus unüberwindlich sei, beweisen die — weil sie ihren Zweck erreicht haben — jetzt leerstehenden Aussatzhäuser in den Niederlanden am besten und sprechendsten. 4. Was endlich der Herr Geheime Staatsrat Baron v. Humboldt in seinem Gutachten 6 noch anzudeuten scheint, daß man nämlich, um das Vaccinieren zu fördern, doch einigermaßen mit den Pockenepidemien als der kräftigsten Antriebe dazu schonend verfahren müsse, ist wohl nicht zu den bedeutenden Einwürfen gegen die Verordnung zu rechnen und dürfte mit der bekannten Apologie der Krankheiten, ohne welche die Arzneiwissenschaft in Verfall kommen würde, zusammenfallen. Man darf nicht vergessen, daß der letzte, freilich noch sehr entfernt liegende Zweck der Vaccine grade der sein muß.

23. Juni 1809

335

sich selbst überflüssig zu machen. Offenbar ist hier die Sache zu sehr aus dem Gesichtspunkte und nach dem Interesse des Impfarztes genommen. Aus dem allgemein Guten resultierende Nachteile für den einzelnen verdienen aber nicht, beachtet zu werden. Sonst könnte auch die Beschwerde jener Polizeiobrigkeit sich geltend zu machen suchen, die die Vaccine verboten haben wollte, weil sie dadurch die Pockennarben als das bezeichnendste Merkmal zur Verfolgung der Diebe und Mörder in Steckbriefen völlig zu verlieren besorgen müsse. Wie alles wird indessen auch die vorliegende Verordnung ihre Schwierigkeiten haben. Die Gesetzgebungssektion findet sie A) in den nicht ganz unbeträchtlichen Kosten, die sie dem Staat jetzt, wo seine Finanzen so beschränkt sind, verursachen wird; B) in dem unglücklichen Zustand des Staats überhaupt, wo jede scheinbar lästige Anordnung übler aufgenommen und schlechter befolgt wird als in Zeiten ungestörten Wohlstandes und allgemeiner Ruhe; C) in der besonders auf dem Lande so mangelhaften Verfassung der Polizei, von deren kräftiger Mitwirkung der Pockenausrottungsplan vorzüglich abhangt; D) in den in einigen Provinzen, namentlich in Litauen, gewiß nicht zureichenden Ärzten und Wundärzten, um die nötigen Impfdistrikte mit tauglichen Subjekten besetzen zu können; (Diesem Mangel könnte indessen wohl durch Prediger abgeholfen werden, die in dem Impfgeschäft gehörig zu unterrichten wären.) E) in der Unmöglichkeit, vorzüglich bei der langsamen Impfmethode von Arm zu Arm in den ersten Jahren selbst in sehr kleinen Impfdistrikten alle diejenigen vaccinieren zu können, die nach der Verordnung dazu gestellt werden sollen. (Die in dem Gutachten der breslauischen Regierung über den Plan des dasigen Medizinalcollegii ad Tit. 1 § 14—30 angelegte Berechnung ist in dieser Hinsicht merkwürdig, ob sie schon die vorliegende Verordnung nicht ganz trifft, nach welcher in den Kreisen weit mehr Impfärzte sein sollen, als jenes Collegium dazu in Vorschlag bringt.) Schwierigkeiten sind indessen nicht immer Hindernisse. Die eben erwähnten gehören dazu noch gar nicht; höchstens können sie nur verursachen, daß sich der ausgeführte Plan nicht so ganz und so geschwind, wie es ohne sie möglich wäre, in dem vollen Umfang seiner zu bezweckenden Wirkungen darstellen möchte. So sind sie durchaus nicht abschreckender Art, und ein fester Wille der Regierung wird sie immer zu überwinden wissen.« 7 1

2 3 4 5 6

»A. Gründe, warum die Schutzpockenimpfung durch eigentlichen direkten Zwang (durch Strafen) nicht gefördert werden darf« wird am 28. Juni nachgereicht; siehe Nr. 124. Vom 19. November 1808, siehe RM Stein III, Nr. 319, S. 1038 ff. Anhang B, Klewitz, 23. Juni 1809, i. gl. Fasz. Bl. 97. Von Klewitz verbessert statt »falsche«. »wohl« von Klewitz zugefügt. Humboldts gutachtliche Tätigkeit auf medizinischem Gebiet erklärt sich aus der Tatsache, daß er außer für die im Publikandum vom 16. Dezember 1808 dem

23-/28. Juni 1809

336

Innenministerium unterstellte 3. Sektion (Kultus und öffentlicher Unterricht) auch für dessen 5. Sektion (Medizinalwesen) als Geheimer Staatsrat vorgesehen war. Die laut § § 1 6 und 17 des Publikandums zu erwartende besondere Verordnung für das Medizinalwesen wurde von Altenstein und Dohna dem König am 6. November 1809 eingereicht. Nach geforderter und erfolgter Beratung der beiden Minister mit Generalmajor von Scharnhorst wegen der medizinischen Belange des Militärs wurde auf ihren entsprechenden Bericht hin der Plan zur Organisation der Medizinalsektion durch K . O. vom 13. Dezember 1809 genehmigt und Humboldt zu ihrem Chef ernannt (Druck: Bassewitz 1809/10, S. 1 1 1 ; vgl. auch Gebhardt I, S. 338 ff.). 7

Das von Dohna mit Schreiben, Königsberg, 12. Juni 1809 (Ausf., gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 83) angeforderte Gutachten wurde von Rehdiger am 22. Juni Klewitz übersandt (Rehdiger eigh., Bl. 84), das nochmals abgeänderte Gutachten am 26. Juni (Bl. 85), der Anhang A folgte am 28. Juni (Bl. 86). Überreichung des Gutachtens mit Anlagen A und B und sämtlichen dazugehörigen A k t e n am 29. Juni 1809 (Konzept, gez. Klewitz, Bl. 87). Im deutschen Reichsimpfgesetz vom 8. April 1874 wurde die allgemeine Impfung und Wiederimpfung gegen Pocken verfügt. E s bestand Impfzwang, Geld- und Haftstrafen waren bei Zuwiderhandlung vorgesehen.

124. »Gutachten der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung über die Verordnung wegen Ausrottung der natürlichen Pocken« (Anhang A . ) 1

Königsberg, 23-/28. Juni 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 95: Konzept, gez. Klewitz 23. Juni, Rehdiger 28. Juni.

»A. Gründe, warum die Schutzpockenimpfung durch Zwang (durch Strafen) nicht gefördert werden darf«

eigentlichen

direkten

»Die Polizei als Organ der Lebendigkeit im Staate hat Glück, Wohlstand, Geistesbildung, Sittlichkeit usw. größtenteils nur negativ zum Zweck. Insofern sie also vorzüglich nur sichern soll gegen alles, was das Gleichgewicht der Berechtigungen aller auf diese Güter stören könnte, sind ihre meisten Ansprüche nur verbietender und ihre mehrsten Anordnungen nur hindernder Art. Geht sie ja über diese Grenzen hinaus ins Positive, so kann in der Regel ihr Handeln nur i m zwanglosen Fördern, Bereiten, Veranstalten — und ihr Ausspruch nur im Einladen, Ermahnen und Belehren bestehn. Positiv eine Handlung zu gebieten (durch Zwang) ist ihr nur in den Fällen vergönnt, wo die Unterlassung der Handlung offenbar und unmittelbar die allgemeine Sicherheit und die Wohlfahrt des Zusammenlebens gefährden würde. Deshalb trifft die Polizei Anstalten zur sittlichen Erziehung der Menschen, sondert auch die notorisch Verdorbenen, deren schädliche Influenz auf die Gesellschaft entschieden ist, von ihr ab, unterwirft aber die bloß unsittliche Anlage, die bloße Möglichkeit eines künftigen Nachteils für die öffentliche Moral noch keinem beschränkenden Zwange. Ebenso — haltend auf Zucht und Sittsamkeit — verbietet und bestraft sie z. B .

23-/28. Juni 1809

337

das Nackendgehn, gebietet aber aus Besorgnis einer solchen möglichen Anstößigkeit keinem, selbst wenn er als unverschämt bekannt ist, sich Hemden und Kleider machen zu lassen. Aus eben dem Grunde ist sie auch berechtigt, gegen Pockenkranke durch Quarantäne, Sperrungen, Kontumaz, Pockenhäuser sich wie bei der Pest jeden Zwang zu erlauben, den die Abwendung der wirklich eingetretenen Ansteckungsgefahr nötig macht: zum Hinwegtilgen der Möglichkeit dieser einmal kommen könnenden Gefahr — zur Förderung der Vaccine — darf sie sich aber keinen Zwang erlauben, denn was gegen die Gefahr gilt, gilt deshalb noch nicht gegen die Gefahr der Gefahr, und obschon das wirklich eingetretene Übel auf Kosten der Freiheit beseitigt werden mag, muß doch die Achtung vor dieser immer noch vorgehn der Rücksicht, die auf das bloß entfernt besorgliche Übel zu nehmen ist. Ohne diese scharf gezogene Grenzlinie würde das Zwangrecht des Staats allzu unbedingt erscheinen und sich selbst gefährlich ausdehnen lassen ins Unendliche. Diese Grenzlinie ist also auch auf den vorliegenden Fall streng anzuwenden und demnach der Impfzwang als unzulässig zu erklären, weil er sonst im Wege der Exemplifikation zu Verrückung der rechtlichen Schranken, aus denen die Staatsgewalt nicht herausgehn darf, nur allzu leicht führen könnte. Die Erhaltung der Grundsätze ist hier höhere Pflicht als die der Menschen. In des Herrn Geheimen Rat Hufeland sehr schätzbaren Aufsatz wird — weil es in beiden Fällen auf Sicherstellung gegen auswärtige Feinde ankomme — der Impfzwang mit der militärischen Konskription verglichen, um durch letztre, die sogar Leben und Gesundheit in Anspruch nimmt, jenen, der bei weitem nicht solche Opfer verlangt, zu verteidigen und zu rechtfertigen. Abgerechnet indessen, daß dies Argument nur ein Gleichnis ist, scheint auch die Verschiedenheit der zu bekämpfenden Feinde nicht genug in ihm erwogen zu sein. Die Schutzimpfung hat es nämlich mit einem die Staatsbevölkerung dezimierenden — die Konskription aber mit einem, wenn er nicht aufgehalten wird, den Staat selbst und seine ganze Verfassung vernichtenden Feinde zu tun. So ist in dem letzten Falle, in dem der Selbsterhaltung des Staats, ein unbedingtes Aufgebot aller Mittel durchaus zulässig und die persönliche und bürgerliche Freiheit in einem Kampfe, wo sie selbst auf dem Spiele steht, ganz und gar nicht zu beachten; eine Berücksichtigung, die sie jedoch in dem ersten Falle verdient, wo es nur auf ein Mehr oder Minder der Population ankömmt und also die Form durch die Sorgfalt, den Stoff in ihr anzuhäufen, nicht verletzt werden darf. Ungegründet ist übrigens wohl in demselben Aufsatze die Behauptung, daß der Staat den Gutsbesitzern gewaltsame Züchtigungen zur Einführung der Vaccine erlaube. Wo dergleichen stattfand, geschah es wohl nicht aus Befugnis dazu, sondern nur durch groben Mißbrauch der gutsherrlichen Rechte.« 1

Der A n h a n g A wurde am 28. Juni 1809 nachgereicht.

30. Juni 1809

338

125. Geheimer Staatsrat von Klewitz an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 30. Juni 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 494 Nr. 1 Bd. I Bl. 1: Ausf., gez. Klewitz; Rep. 77 Tit. 950 Nr. 3 Bl. 5: Konzept eigh. Klewitz, gez. Klewitz; Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 60: Abschrift.

Notwendigkeit der Vollstreckung des Organisationsgesetzes vom 24. November 1808 zur Behebung der Lähmung der Behörden; Ausführungen über die Wirksamkeit von Staatsrat, Staatsministern, Geheimen Staatsräten, Nation und Oberpräsidenten »Die Gesetzgebungssektion hat in dem ablaufenden Monat sämtlichen Sektionen ihre Ideen über die Prüfung zu den höheren Staatsämtern vorgelegt und das von ihr verlangte Gutachten über ein neues Gesetz wegen der Schutzblatternimpfung abgegeben. Hierauf beschränkt sich die vollständige Rechenschaft von ihren Geschäften. Ihre Wirksamkeit nahm zuletzt mit jedem Monate ab. Wenn ich in meinen bisherigen periodischen Berichten darüber Ew. Exz. dieses als Tatsache und als Ursache davon 1. die Verfassungslosigkeit der Gesetzgebungssektion selbst, 2. die Lähmung der übrigen Sektionen und andrer Behörden darstellte, so hat das vielleicht nur darum keinen Erfolg gehabt, weil 3. mit diesen Mängeln nicht zugleich die Gegenmittel angezeigt waren. Ich habe hierin nicht vorgreifen wollen, glaube aber nunmehr auch darüber meine Überzeugung unverholen aussprechen zu müssen, um hierdurch für die von des Königs Majestät mir anvertraute Sektion die letzte mir übrige Pflicht gegen Ew. Exz. zu erfüllen. So wie jene Verfassungslosigkeit und Lähmung in der bloß teilweisen und abweichenden Ausführung des ursprünglichen Organisationsgesetzes vom 24. November v. J. 1 ihren Grund haben, so werden sie auch mit voller und getreuer Vollstreckung dieses Gesetzes von selbst verschwinden. Wenn ich den Beweis hiervon versuche, so darf ich den Vorwurf der Anmaßung wohl um so weniger besorgen, als es schon überhaupt zu dem Berufe der Gesetzgebungssektion und ihres Chefs gehört, auch unaufgefordert über Staatseinrichtungen sich zu äußern, wieviel mehr also, wenn davon die Wirksamkeit der Sektion selbst abhängt. Gerade das Wesen der neuen Organisation besteht darin, daß: 1. ein Staatsrat zur obersten Leitung sämtlicher Regierungsgeschäfte existiere und darin die unbefangene Ansicht von Nichtadministratoren die Verwaltungschefs vor Einseitigkeit bewahre; 2. die Staatsminister die Administration nur leiten, aber nicht selbst führen; 3. die Verwaltung unter ihrer Aufsicht von den Geheimen Staatsräten mit Selbständigkeit und voller Verantwortlichkeit geführt werde; 4. die Nation an der Gesetzgebung und Verwaltung teilnehme. Alles dieses ist bis jetzt teils gar nicht, teils anders ausgeführt.

3o. Juni 1809

339

1. Der Staatsrat existiert gar nicht, und ich habe mein Bedauern hierüber sogleich beim Antritt meines neuen Verhältnisses am 10. Dezember v. J. Ew. Exz. und dem Herrn Staatsminister Freiherrn von Altenstein geäußert 2 , seitdem auch immer der Errichtung desselben mit Sehnsucht entgegengesehen, da solche von der zögernden Rückkehr nach Berlin nicht mehr abhängig sein kann. Wäre er vorhanden, so hätten 1. des Königs Majestät eine vielseitigere unbefangene Beratung überhaupt, sowohl besonders über die für die ganze Zukunft entscheidende erste Organisation und Stellenbesetzung als über die einzelne Wirksamkeit Ihrer Staatsminister, die bei dem höchsten Vertrauen, welches allerdings nicht fehlen darf, doch zuletzt durch das jetzige Detail der Verwaltung einseitig werden müssen; und namentlich dürften alsdann Dienstentlassungen nicht wie jetzt auf den Antrag des einzelnen Staatsministers, sondern könnten gesetzmäßig auf das Gutachten des Staatsrats beschlossen werden. Weder das Ministerium noch das Kabinett können diesen Mangel ersetzen. Jenes besteht höchstens aus 5 und jetzt nur aus 3 anwesenden Personen; diese sind sämtlich Verwaltungschefs, und ein jeder wird in seinem Fache durch Sachkunde stets das Übergewicht über die andern haben. — Im Kabinett tragen Räte und Offiziere verschiedener Grade die einkommenden Sachen, auch Berichte der Staatsminister in deren Gegenwart Sr. Majestät dem Könige vor; mögen sie es mit der redlichsten Unbefangenheit tun, so wird doch in zweifelhaften Fällen Sr. Majestät dem Könige die Ansicht des zur Ausführung bestimmten Staatsministers mehr gelten, und sie selbst werden als verständige Männer sogar darauf antragen müssen. Dabei macht die kritische Lage des Staats es vielleicht unvermeidlich, daß der einzelne Minister gerade die wichtigsten Angelegenheiten seines Faches nicht in dem versammelten Kabinett, sondern allein bei des Königs Majestät zur Sprache bringt und dadurch die vielseitigere Beratung eben da selbst ausschließen kann, wo sie am wünschenswertesten sein möchte. Für solche Fälle und für die zweifelhaften hatten Seine Majestät — ohne dem einzelnen Minister Mißtrauen zu beweisen — in der vorigen Verfassung mehrere Instanzen, teils den damaligen Staatsrat, teils das Generaldirektorium, Oberkriegskollegium, Justizdepartement p.: Behörden, die als Gesamtheiten bei allen ihren Mängeln doch immer besser waren als gar keine. Existierte dagegen der allerdings zweckmäßigere neue Staatsrat, so würden darin auch 2. die Staatsminister selbst einen Vereinigungspunkt zur vielseitigsten Beratung finden, die bei ihrer Verantwortlichkeit gegen König und Nation für Hauptoperationen, Rechenschaften, Entlassungsanträge p. ihnen selbst nicht anders als beruhigend sein könnte; 3. die Geheimen Staatsräte als einzelne Verwaltungschefs würden darin das Ganze der Administration, die Tendenz und den Geist der Regierung kennenlernen, darnach ihre Ansichten berichtigen, Uberzeugungen aber selbst erläutern oder vertreten können; 4. der Nation im ganzen und den Staatsbürgern im einzelnen würde die Beruhigung werden, daß auch da, wohin ihres Königs Fürsorge nicht reichen kann, 2 3 " Stein/Hardenberg

34°

30. Juni 1809

ihr Wohl nicht in die Hand des einzelnen Staatsdieners gegeben sei. Möge der einzelne Minister das volle Vertrauen von seinem Landesherrn und von der ganzen Nation verdienen, so läßt sich dieses bei ihr doch nicht erzwingen, und so wird für sie die Gesamtheit eines Staatsrats stets ein Bedürfnis sein. Der Nutzen desselben für alle Teile ist hiernach außer Zweifel, ein Mißbrauch aber unter dem Vorsitz Seiner Majestät des Königs gar nicht und eines kräftigen Stellvertreters kaum denkbar. In keinem Fall dürfte wohl einer bloßen Besorgnis die Sache selbst aufzuopfern, vielmehr der eintretende Mißbrauch durch Entfernung der veranlassenden Person zu heben sein. 2. Die Staatsminister leiten jetzt die Verwaltung nicht bloß, sondern führen sie auch selbst. Zu bedauern ist es in dieser Hinsicht, daß schon die Organisationsgesetze vom 24. November und 16. Dezember v. J. 3 ihnen besondre Abteilungen zur Detailadministration anweisen. Woher soll bei so wenigen Ministerien und ihren umfassenden Würkungskreisen der Staatsminister die Zeit nehmen, um den fast täglichen Kabinetts vortragen beizuwohnen, die bei ihm eingehenden Sachen selbst zu lesen, sie in den mannigfaltigen Sitzungen der gesamten Ministerien, seines einzelnen Ministeriums und seiner einzelnen Sektion zu erwägen, die abgehenden zu prüfen, seine Beamten zu kontrollieren, dabei zu repräsentieren und Personen selbst zu sprechen, Einrichtungen und Grundsätze zu überdenken, mit der Wissenschaft aber und dem Zeitgeiste fortzuschreiten? Das eine kann nicht ohne den Nachteil des andern und vielleicht keines dabei ganz geschehen. Die Verwaltung wird gegen die Leitung ihr besondres Recht geltend machen, daß sie fortgerollt sein will; und so werden im Laufe der Zeit auch die fähigsten, tätigsten Staatsminister einseitig werden, als Administratoren nicht vollständig orientiert sein, bessere Einrichtungen im großen täglich verschieben müssen und diese darüber mehr und mehr unterbleiben. Noch schwieriger und ganz unausführbar wird die Verbindimg von Administration und Leitung in der Person so weniger Staatsminister, wenn sie, wie doch notwendig, Bereisungen anstellen sollen. Alsdann wird die Verwaltung des Abwesenden doch den Räten überlassen werden müssen, da es für jedes Fach nur einen einzigen Minister gibt und dieser mit dem seinigen vollständig beschäftigt, in den andern Fächern aber meistens fremd ist. Durch andre aber, z. B. die Oberpräsidenten, reisen, an Ort und Stelle sein wollen, hieße: stets durch ein fremdes Glas und nie mit eigenen Augen sehn. Die Leitung nur ist es, welche von den Staatsministern gefordert werden sollte, um so mehr, als 3. die Geheimen Staatsräte jetzt ohne selbständige volle Verwaltung ihres Fachs vielleicht mehr schädlich als nützlich sind. Sie finden für ihre Würksamkeit keine bestimmte Grenze, sind ohne diese stets in Gefahr, zuviel oder zuwenig zu tun, nie sicher, ob nicht dasselbe oder gar das Entgegengesetzte schon von andern geschehen sei; der Staatsrat könnte sie hierüber belehren, könnte sie mit dem Ganzen der Verwaltung in Harmonie und zugleich in Kraft für ihren Würkungskreis setzen; aber er fehlt; und dennoch sollen sie die volle Verantwortlichkeit haben. Jeder redliche Mann wird das gern, wenn er leisten und sein kann, was er soll, aber muß darauf denken, sich zurückzuziehen, wenn er das nicht kann.

30. Juni 1809

341

Der Geheime Staatsrat der Gesetzgebungssektion hat zwar keinen in die Administration selbst eingreifenden Würkungskreis. Aber teils hängt von dem Gedeihen aller Verwaltungszweige seine Wirksamkeit ab, teils soll er das Ganze der Verwaltung des Innern und der Finanzen übersehen und vorzüglich über neue Einrichtungen, Gesetze und größere Staatsoperationen seine Überzeugung aussprechen. Wie kann er das letzte mit Erfolg und das erste nur überhaupt, ohne in dem Staatsrat den Stütz- und Vereinigungspunkt zu finden? Ich habe Ew. Exz. bereits am 2. Mai d. J . nachzuweisen die Ehre gehabt 4 , daß diese Sektion schon seither nicht immer, wo sie sollte, befragt und über den Wert oder Unwert ihres Gutachtens von dem einzelnen Verwaltungschef abgesprochen ist — ein Schicksal, welches die ehemalige Gesetzkommission so unkräftig machte, und wozu wahrlich das neue größere Gebäude nicht beabsichtigt sein kann. 4. Der Nation ist weder in der Gesetzkommission, welche noch nicht einmal wieder existiert, noch in der Verwaltung bei den Regierungskollegien eine Teilnahme bis jetzt angewiesen. Sie mag dazu nicht reif sein, auch ihre Teilnahme die vorsichtigste Beschränkung erheischen. Aber gab es je einen Moment, wo die Regierung der Nation bedurfte, so ist es der jetzige; und soll je ihre Teilnahme stattfinden, so wird doch einmal zu ihrer Bildung dafür der Anfang gemacht werden müssen. Vielleicht ist ein solcher Versuch nicht so gar gefährlich, wenn nur die Maßregeln der Regierung diese und die Nation nicht entzweien. Minder wesentlich für die neue Organisation sind 5. die Oberpräsidenten. Ursprünglich sollten sie wohl nur ein Provinzialband für die Geschäftszweige bilden, als diese gar nicht mehr nach Provinzen, sondern rein nach Gegenständen abgeteilt wurden, und so die kleineren Vorteile der vorigen Provinzialdepartements mit den größeren Vorzügen der neuen Realdepartements zusammen vereinigen. Das erste Organisationsgesetz vom 24. November v. J . gedenkt ihrer noch gar nicht; das zweite vom 16. Dezember v. J . bestimmt sie zur mehreren Belebung des Geschäftsganges in den Provinzen; die Instruktion vom 23. desselben Monats5 gibt ihnen die dreifache Eigenschaft einer ausführenden, kontrollierenden und konsumtiven Behörde, jedoch so, daß nur wenige Gegenstände zu ihrer Ausführung gewiesen sind; in ihrer kurzen Geschäftsführung aber haben sie vielfältig in fremdes Gebiet, besonders der Regierungen und Sektionen eingegriffen, lähmen diese dadurch und klagen dabei selbst über Ohnmacht. Nach meiner Überzeugung sind die Oberpräsidenten, so wie sie jetzt bestehen, mehr schädlich als nützlich, kräftig genug, um nach oben und unten zu lähmen, und doch zu ohnmächtig, um selbständig zu wirken. Es kann daher nur die dreifache Wahl bleiben: sie entweder mit Macht und Repräsentation zu versehen oder ganz aufzuheben oder auf das Gesetz vom 16. Dezember v. J . zurückzuführen. Aber 1. mit Macht und Repräsentation werden sie Zwischeninstanzen zwischen den obersten und Provinzialbehörden; sie machen also den Geschäftsgang länger und schwerfälliger, rivalisieren mit den Staatsministern, unterdrücken die Sektionen, vernichten die Kraft der Regierungen und können doch selbst 23*

342

3o. Juni 1809

nicht würksam sein, weil ihre Bezirke viel zu groß sind, um sogar als Zivilgouverneurs das zu leisten, was auf einem kleineren Raum die Regierungen vermögen. Kein russischer Zivilgouverneur, kein französischer oder westfälischer Präfekt hat eine solche Volksmenge unter sich als der Oberpräsident; dabei würde das Verhältnis der Präfekten für die Nation so wenig erträglich als wohltätig, des russischen Zivilgouverneurs aber schon darum nicht passend sein, weil er dem Militärgouverneur untergeordnet ist. — Besser scheint daher die 2. Alternative: die Oberpräsidenturen lieber den Regierungen aufzuopfern und diese in ihrer vollen Würksamkeit nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern ihre Kraft noch zu verstärken. Soll es alsdann für größere Angelegenheiten, z. B. Mobilmachung, Krieg, auch ständische Verfassung, in der Provinz selbst einen Vereinigungspunkt zwischen ihren mehreren Regierungsdepartements geben, so läßt sich dazu auch der Präsident einer Regierung statt des besondern Oberpräsidenten bestimmen; und es wird am ratsamsten sein, den Auftrag dazu stets an die Person des fähigsten, kräftigsten und tätigsten zu knüpfen, so daß dieser deshalb zu derjenigen Regierung versetzt werde, welche dem Mittelpunkt der Provinz und dem Sitz des Militärgouverneurs die nächste ist. — Sollte jedoch von dieser Einrichtung nach den Erfahrungen mit den ehemaligen Oberpräsidenten ein Übergewicht desjenigen Regierungsbezirks, welchem der beauftragte Oberpräsident zugleich als Regierungspräsident vorsteht, eine Begünstigung desselben und eine Zurücksetzung der übrigen Bezirke zu besorgen sein, so bliebe dann freilich nur die 3. Alternative übrig: den Beruf der Oberpräsidenten ganz auf das Gesetz vom 16. Dezember v. J . zurückzuführen und sie ganz eigentlich zur lebendigen Kontrolle der Sachen und Personen an Ort und Stelle zu bestimmen. Diese Kontrolle wird auch um so notwendiger und sogar unvermeidlich, wenn die Staatsminister nicht reisen können oder sollen. Aber alsdann werden die Oberpräsidenten nicht sich und die Regierungen mit Schreiberei behelligen, sondern selbst überall sein, sehen und hören müssen; so werden sie erfahren, wovon keine Akten und keine Berichte sprechen; fern von Papieren und Registraturen, aber umgeben von den Gegenständen der Verwaltung selbst und von unbefangenen Personen aus der Nation, werden sie gerade am nützlichsten sein; und der Königliche Wille, dem Bauern Eigentum und dem Eigentum den freiesten Gebrauch zu gewähren, sowie die übrigen weisen Gesetze der neueren Zeit werden in den Oberpräsidenten die kräftigsten Wächter finden.

Sollte ich im Laufe dieser Äußerungen gegen meinen Vorsatz doch über die Grenzen meines Berufs hinausgegangen sein, so werden Ew. Exz. wenigstens meiner reinen Absicht Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ich wünsche nichts als das Wohl der mir anvertrauten Sektion, und darin können Sie als oberster Chef kein Interesse haben, das von dem meinigen getrennt oder ihm gar entgegengesetzt wäre. Auch möchte ich Ew. Exz. nichts verschwiegen haben, was Pflicht und Verhältnis Seiner Majestät dem Könige zu sagen mich auffordern könnten.«6

30. J u n i 1809

343

1 Siehe R M Stein I I I , Nr. 328, S. 1088 ff. 2 Siehe Nr. 9. 3 Publikandum, siehe Nr. 12. 4 Monatsbericht der Gesetzgebungssektion für April 1809 (Ausf., gez. Klewitz, Rep. 77 Tit. 183 Nr. 6 Bl. 23). 5 Siehe Nr. 18. 6 Humboldt, der den Aufsatz von Klewitz »mit dem größesten Interesse« gelesen hat, schickt ihm diesen am 2. J u l i 1809 mit folgender Stellungnahme zurück: »Ich stimme, wie E w . Hochwohlgeboren schon aus den meinigen bekannt ist, mit den Ideen auf das genaueste überein, und die Sprache könnte nicht bündiger, bestimmter und eindringender sein. Ich [...] muß aber E w . Hochwohlgeb. leider frei gestehen, daß ich mir, wenigstens für jetzt, wenig Erfolg von unsern Bemühungen verspreche, so einleuchtend, richtig, so dringend notwendig die Sache auch ist.« (Humboldt eigh., Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 59.) Die Antwort Dohnas an Klewitz vom 12. Juli siehe Nr. 129. Friese pflichtet am 1 . 9. 1809 in einem Schreiben an Klewitz dessen obigen Ausführungen grundsätzlich bei, äußert aber auch Bedenken: »Es bleibt allerdings sehr wünschenswert, daß den Oberpräsidenten auf einmal ein Ende gemacht und diese Zwitterbehörde sogleich aufgehoben werde. Aber wird man damit auch bei dem Könige durchkommen, würde es ihm nicht zu sehr auffallen, itzt schon eine so auffallende Veränderung in der neuen Organisation zu machen? — [...] Über die Organisation der Gesetzgebungssektion werde ich mir die Ehre geben, mit E w . Hochwohlgeboren gelegentlich nähere Rücksprache zu nehmen. E s ist nicht gut, daß sie einem einzelnen Ministerio einverleibt ist. Sie muß wie die Oberrechnungskammer ganz unmittelbar dastehen und sämtliche Ministerien umfassen« (eigh. in Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 58).

126. Geheimer Staatsrat von Humboldt an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 2. Juli 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 494 Nr. 1 Bd. I Bl. 16: Humboldt eigh.

Dringende Notwendigkeit einer Beseitigung der Nachteile der unvollkommenen Verfassung »Ew. Exz. verzeihen, wenn ich mich veranlaßt sehe, meinem Gerneralbericht zu diesem Monat noch einen besondern, aber gleich offiziellen Nachtrag beizufügen. Ich habe jetzt die Geschäfte meiner Sektion beinahe drei Monate unter den Augen Ew. Exzellenz geführt und dadurch Gelegenheit gehabt, die Mängel zu bemerken, die sich bei dem gegenwärtig eingeführten Geschäftgange bereits wirklich zeigen und noch für die Zukunft besorgen lassen, und daher über die Unvollkommenheit desselben und die Unmöglichkeit, ihn ohne die wichtigsten Nachteile lange unverändert fortdauern zu lassen, mit Sicherheit aus der Erfahrung zu urteilen. Der Aufsatz, den ich Ew. Exz. privatim übergeben und sogar auf Ihre Veranlassung gemacht habe, setzt dies und die Gründe ausführlich auseinander. Er enthält zugleich Vorschläge zur notwendigen Abhülfe. Alle diese Vorschläge laufen auf die Errichtung des Staatsrat auf eine oder die andere Weise hinaus. Ew. Exz. sind mit mir jedoch mehr, wie es scheint, über die Zulässigkeit als die Notwendigkeit einer solchen Einrichtung einverstanden. Allein eben deswegen muß ich hier wiederholen, daß, wenn der Staatsrat nicht so eingerichtet wird, daß nun wirklich Einheit und Regelmäßigkeit in den Geschäftsgang eingeführt, das Eingreifen einer Behörde in die andre verhindert und Willkür vermieden wird, derselbe mehr schädlich als nützlich sein muß, indem er die alsdann immer nötig bleibende Hauptreform aufhält und erschwert. Auch hierüber habe ich meine Ansicht in dem eben angeführten Aufsatz ausführlich und bestimmt auseinandergesetzt. Es bleibt mir jetzt nichts übrig, als Ew. Exz. gehorsamst zu ersuchen, denselben als eine Ihnen offiziell vorgelegte pièce zu betrachten, und Ihnen diese ganze Sache dringend ans Herz zu legen. Ich mache es mir zu einer sehr angenehmen Pflicht, bei dieser Gelegenheit zu bezeugen, daß ich mit dankbarem Vergnügen die Sorgfalt bemerkt habe, mit welcher Ew. Exz. bemüht sind, das Verhältnis meiner Sektion zu Ihrem Ministerio dem in der Grundverordnung vom 24. November pr[aecedens] fest-

126. Geheimer Staatsrat von Humboldt an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 2. Juli 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 494 Nr. 1 Bd. I Bl. 16: Humboldt eigh.

Dringende Notwendigkeit einer Beseitigung der Nachteile der unvollkommenen Verfassung »Ew. Exz. verzeihen, wenn ich mich veranlaßt sehe, meinem Gerneralbericht zu diesem Monat noch einen besondern, aber gleich offiziellen Nachtrag beizufügen. Ich habe jetzt die Geschäfte meiner Sektion beinahe drei Monate unter den Augen Ew. Exzellenz geführt und dadurch Gelegenheit gehabt, die Mängel zu bemerken, die sich bei dem gegenwärtig eingeführten Geschäftgange bereits wirklich zeigen und noch für die Zukunft besorgen lassen, und daher über die Unvollkommenheit desselben und die Unmöglichkeit, ihn ohne die wichtigsten Nachteile lange unverändert fortdauern zu lassen, mit Sicherheit aus der Erfahrung zu urteilen. Der Aufsatz, den ich Ew. Exz. privatim übergeben und sogar auf Ihre Veranlassung gemacht habe, setzt dies und die Gründe ausführlich auseinander. Er enthält zugleich Vorschläge zur notwendigen Abhülfe. Alle diese Vorschläge laufen auf die Errichtung des Staatsrat auf eine oder die andere Weise hinaus. Ew. Exz. sind mit mir jedoch mehr, wie es scheint, über die Zulässigkeit als die Notwendigkeit einer solchen Einrichtung einverstanden. Allein eben deswegen muß ich hier wiederholen, daß, wenn der Staatsrat nicht so eingerichtet wird, daß nun wirklich Einheit und Regelmäßigkeit in den Geschäftsgang eingeführt, das Eingreifen einer Behörde in die andre verhindert und Willkür vermieden wird, derselbe mehr schädlich als nützlich sein muß, indem er die alsdann immer nötig bleibende Hauptreform aufhält und erschwert. Auch hierüber habe ich meine Ansicht in dem eben angeführten Aufsatz ausführlich und bestimmt auseinandergesetzt. Es bleibt mir jetzt nichts übrig, als Ew. Exz. gehorsamst zu ersuchen, denselben als eine Ihnen offiziell vorgelegte pièce zu betrachten, und Ihnen diese ganze Sache dringend ans Herz zu legen. Ich mache es mir zu einer sehr angenehmen Pflicht, bei dieser Gelegenheit zu bezeugen, daß ich mit dankbarem Vergnügen die Sorgfalt bemerkt habe, mit welcher Ew. Exz. bemüht sind, das Verhältnis meiner Sektion zu Ihrem Ministerio dem in der Grundverordnung vom 24. November pr[aecedens] fest-

345

io. Juli 1809

gesetzten so nahe zu bringen, als es bei der jetzt freilich, wie man freimütig gestehen muß, höchst unvollkommenen Verfassung möglich ist. Allein ich brauche Ew. E x z . nicht zu sagen, daß diese bloß persönlichen Verhältnisse wohl persönliche Beruhigung für den Augenblick einflößen, allein den Geschäften weder Sicherheit für die Folge noch einmal Schutz gegen mancherlei Nachteil jetzt gewähren können, da auf den festen Gang in diesen nur die Überzeugung wirkt, daß sie nach Grundsätzen geführt werden, die, wie auch die persönlichen Gesinnungen sein möchten, befolgt werden müssen und ohne die Allerhöchste Zustimmung nicht abgeändert werden können.« 1 1

Marginale Frieses: »Diese Sache werde itzt bearbeitet, und man hoffe, daß sein Wunsch bald erreicht sein werde. Fr. 27.« Die entsprechende Antwort,

datiert

27. Juli 1809 (Konzept, i. gl. Fasz. Bl. 18), wurde von Dohna am 31. gezeichnet.

127. Kabinettsorder an den Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten von Auerswald gez. Friedrich Wilhelm Königsberg, 10. Juli 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 2 Bl. 1 1 3 : Abschrift.

Bescheid auf die Landtagsverhandlungen über das Westpreußische

Kreditsystem

»Auf Euren an das Ministerium der Finanzen und des Innern erstatteten Bericht vom 23. Mai d. J. 1 eröffne Ich Euch wegen der auf dem Landtage zur Sprache gekommenen Angelegenheiten des Westpreußischen Kreditsystems folgendes: 1. Die Absonderung der durch den Tilsiter Frieden abgetretenen zum Westpreußischen Kreditsystem gehörig gewesenen Güter ist allerdings notwendig; sie muß aber, um dem Kredit der Pfandbriefssysteme im allgemeinen nicht zu schaden, auf dem diplomatischen Wege vermittelt werden. Hierzu sind indessen die jetzigen Zeitumstände nicht günstig, und die Sache muß daher wenigstens öffentlich für jetzt in ihrem bisherigen Zustand gelassen werden, bis jene diplomatische Unterhandlung zu gelegener Zeit angeknüpft werden kann. Ich habe das auswärtige Departement angewiesen, mit den Ministerien des Innern und der Finanzen über die zu seiner Zeit mit dem Warschauer Hofe anzuknüpfende Unterhandlung in Konferenzen zu treten, um die Sache vorzubereiten. Bis dahin aber muß die Westpreußische Landschaft die notwendig bevorstehende Trennung im Auge behalten und, ohne sich öffentlich zu erklären, doch bei allen ihren Operationen schon im Geiste derselben handeln, hauptsächlich aber müssen die von den Warschauer Güterbesitzern eingezahlten Zinsen ausschließlich zur Bezahlung der Zinsen von den auf denselben Warschauer Gütern eingetragenen Pfandbriefen und nur diese dazu verwendet werden, um

346

IO. Juli 1809

dadurch künftige Berechnung zu erleichtern und den aus den Privatansprüchen der Pfandbriefsinhaber erwachsenden Kollisionen vorzubeugen. Dies habt Ihr daher den Ständen zu eröffnen. Da der Landtag eine Trennung des Danziger Gebiets vom diesseitigen Kreditsystem nach dem bisherigen Benehmen der Danziger Regierung zur Zeit nicht nötig gefunden hat, so behält es bei dem diesfälligen Landtagsbeschlusse vorderhand sein Bewenden. 2. genehmige Ich, daß das Publikandum wegen des Beitritts der Westpreußischen Domänen und bürgerlichen Güter und ihrer Verbindung in der Kreditassoziation mit denen nach dem Tilsitschen Friedensschlüsse dem preußischen Anteile verbliebenen adeligen Gütern in der projektierten Art durch die Generallandschaftsdirektion öffentlich bekanntgemacht werde. 3. Die Anträge der Stände wegen des Verfahrens bei Amortisation der Pfandbriefe und Zinskupons habe Ich an die Ministerien des Innern und der Justiz, da beide hierin schon wesentlich vorgearbeitet haben, verwiesen. 4. Die Beschlüsse wegen der Zinsenzahlungen will Ich sämtlich, so wie sie in Eurem Bericht unter 4. angegeben sind, als der Sache angemessen genehmigen, so wie Ich auch 5. gegen die Beschlüsse über die Bepfandbriefung der Domänen und Forsten und die dabei gemachten Vorbehalte und Bedingungen überall nichts zu erinnern finde. 6. Die Aufnahme eines Darlehns durch vier Landschaftsbevollmächtigte zur Bezahlung der Zinsen an die Pfandbriefsinhaber auf Kosten derjenigen Gutsbesitzer, die mit ihren Zinszahlungen rüchständig geblieben sind, bewillige Ich in der angetragenen A r t ; 7. die Vorschläge der Stände hingegen wegen des übrigen Verfahrens der Landschaft gegen ihre Schuldner fordern eine nähere Beratung zwischen der Gesetzgebungssektion und dem Justizministerio, weshalb Ich solche an diese beiden Behörden verwiesen habe. 8. Die Vereinigung, daß auch bürgerliche Gutsbesitzer in das Provinzial-Kreditsystem aufgenommen werden, ist an sich und in ihren Folgen so wichtig, daß Ich Mir die Bestätigung derselben noch vorbehalte und diese Angelegenheit zuvor zur gemeinschaftlichen Beratung des Justiz- und Ministerii des Innern verwiesen habe. 9. Bei den Beschlüssen des Landtages wegen der Organisation des künftigen Landschaftlichen Kreditsystems in Westpreußen finde Ich überall nichts zu erinnern. Dagegen habe Ich 10. die Beschlüsse des Landtages zu 18, 19, 20 und 21 des Landtagsprotokolls wegen Ausdehnung des Indults auch auf die während der Indult] ahre ausgefertigten Landschaftlichen Pfandbriefe, wegen Umarbeitung des Landschaftlichen Reglements, wegen Abänderung der landschaftlichen Abschätzungsgrundsätze und wegen Errichtung einer allgemeinen Feuersoziatät für das ganze platte Land mit Einschluß der Domänen und mit Ausschluß der Städte an die allgemeine Polizei- und Gesetzgebungs-Sektion und zu 23. wegen der auf den ganzen Complexus der zum Teil nur preußisch gebliebenen Herrschaften ausgestellten Pfandbriefe an die Ministerien des Innern und der Justiz zur näheren Beratung verwiesen.

347

i o . Juli 1809

11. Wegen der dem Minister von Massow ausgesetzten Pension von 800 R t . habt Ihr die Stände auf Meine deshalb bereits erfolgte, abschriftlich anliegende Entscheidung zu verweisen.« 2 1

Ausf., gez. Auerswald, Marienwerder, den 23. Mai 1809 (i. gl. Fasz. Bl. 40—54); dazu in Anlage Abschrift sämtlicher Verhandlungsprotokolle v o m 15. bis 21. Mai (Bl. 5 5 - 8 1 ) .

2

Vorstehende

K . O. erfolgte auf

Immediatbericht

der Minister Altenstein

und

Dohna, Königsberg, 16. Juni 1809, Überreichung des »westpreußischen L a n d t a g s protokolls über die Angelegenheiten richt des Oberpräsidenten

des dortigen Kreditsystems« m i t dem B e -

Geh. Staatsrat v. Auerswald v o m 23. Mai und

ihre

Stellungnahme dazu, Konzept Koehler, gez. Altenstein, Dohna, am 14.6. (Bl. 98). Stellungnahme des Geh. Oberfinanzrates Staegemann zum Auerswaldschen B e richt, Königsberg, 31. Mai 1809, eigh. und gez. (Bl. 96). Abschrift und Original des königlichen Bescheides wurden mit K . O. v o m 10. Juli 1809 Altenstein,

Dohna

und B e y m e zugeferigt, um das Original Auerswald auszuhändigen und entsprechend der Order das Weitere zu verfügen (Ausf., gez. Friedrich Wilhelm, Bl. 112).

128. Kabinettsorder an den Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten von Auerswald Königsberg, 10. Juli 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 2 Bl. 1 1 9 : Abschrift.

Bescheid auf den Bericht über die auf dem Westpreußischen Generallandtag verhandelten ständischen Angelegenheiten »Auf Euren an die Ministerien der Finanzen und des Innern über den Westpreußischen Generallandtag erstatteten Bericht vom 22. Mai d. J. 1 erteile Ich Euch folgenden Bescheid. Was I. die Aufbringung der Beiträge zu den Festungsapprovisionementskosten betrifft, so verweise Ich: a) den Antrag wegen Abänderung der Generalrepartition an die Ministerien der Finanzen und des Innern, welche sich darüber beraten und die Stände darauf bescheiden werden, welches Ihr letztern vorläufig zu erkennen zu geben habt. Für jetzt hat es b) bei dem Abkommen der Städte und des platten Landes, daß jede Klasse ohne weitere Folge die Hälfte der Provinzialrate übernimmt und dann jede für sich über die Grundsätze der Subrepartition sich vereinigt, sein Bewenden. c) Den Antrag, daß auf dem nächsten Landtage eine Übersicht von der Verwendung der zu den Approvisionementskosten aufgebrachten Gelder vorgelegt werde, habe Ich an die beiden gedachten Ministerien zur weitern Verfügung verwiesen.

34-8

io. Juli 1809

II. Die Bestellung der Repräsentanten für die Westpreußische Regierung will Ich nach dem Wunsche der Stände für jetzt noch ausgesetzt sein lassen 2 , setze aber im voraus nach den von den Ständen genommenen Beschlüssen für die Zukunft fest, a) daß zu den Remunerationen für die Repräsentanten alle Volleigentümer auf dem platten Lande und alle Bürger oder Grundbesitzer in den Städten beitragspflichtig sind und b) daß die Leitung der Einhebung und Verwaltung der Remunerationsgelder den gesamten Repräsentanten im Regierungskollegio selbst zu überlassen ist sowie auch c) die Grundsätze zur Aufbringung dieser Remunerationsgelder, über welche die Stände sich geei[nig]t haben, genehmige.3 Die Regulierung des künftigen Remunerationssatzes aber habe Ich an die Ministerien der Finanzen und des Innern zurückgewiesen. III. Was die vorgekommenen Spezialgegenstände betrifft, so habe Ich 1. mit Wohlgefallen bemerkt, daß nach dem Beschlüsse der Stände die Stadt Dirschau für das erste Jahr von den Beiträgen zu den Festungsapprovisionementskosten gänzlich entbunden und von der Provinz übertragen werden soll. 2. Auf den Antrag zu 9. des Landtagsprotokolls, jedes neue Gesetz künftig erst dem Landtage zum Gutachten vorzulegen, kann Ich noch nichts beschließen, sondern will dies der bevorstehenden Reform der ständischen Verfassung vorbehalten. 3. Die Anträge zu 10. undii., den Generalindult bis zur Wiederherstellung des freien Handels zu verlängern und den neuen Mobilmachungsplan dem künftigen Generallandtage zum Gutachten vorzulegen, finde Ich keinesweges zulässig. Dagegen habe Ich 4. gegen die Vereinigung des Marienwerderschen Kreises auch in betreff des Landarmenwesens mit der übrigen Provinz, seine Auseinandersetzung mit dem Tapiauschen Institut und seine Beilegung zum Landarmenhause zu Graudenz nichts zu erinnern, auch soll es 5. den Ständen überlassen sein, durch besonders ernannte Deputierte vom Zustande des Landarmenhauses zu Graudenz sich zu unterrichten. Den übrigen Inhalt des Landtagsprotokolls habe Ich zu Meiner Beachtung noch nicht geeignet gefunden und insbesondere die Anträge zu 7. wegen Vergütung der vom Dirschauschen Kreise geleisteten Lieferungen zur näheren Verfügung an das Finanzministerium, zu 8. wegen eines Handelsvertrags mit der Stadt Danzig über eine Ermäßigung der derselben zu entrichtenden Akzisegefälle, auch wegen Getreide- und Wollausfuhre an die Sektion der Abgaben und der Gewerbepolizei unter Kommunikation mit dem auswärtigen Departement, zu 12. wegen Anwendung der Strafgesetze für die Holzdefraudationen an die Gesetzgebungssektion, zu 13. wegen der Patrimonialgerichtsbarkeit an das Justizministerium und die allgemeine Polizeisektion, zu 14. wegen Aufhebung des Mühlenzwanges an die Sektionen der Gewerbepolizei, der Domänen und Forsten, der Abgaben und der Gesetzgebung,

349

12. Juli 1809

zu 16. wegen Authebung des freien Zinsfußes an die Gewerbepolizeisektion und zu 17., 18. und 19. wegen der Bannmeile, der Kompetenz der Städte und Abschaffung der Landjahrsmärkte an die Sektionen der Abgaben und der Gewerbepolizei verwiesen, welches Ihr den Ständen zu eröffnen habt.« 4 1 2

Ausf., gez. Auerswald, i. gl. Fasz. Bl. 101. Für den Fall der Nichtgenehmigung des Antrags der Stände stellte Auerswald eine Namensliste der für die Auswahl vorgeschlagenen Vertreter auf. Königsberg, den 29. Mai 1809 (Reinschrift, gez. Auerswald, B l . 100).

3

Die unter I I . genannten Beschlüsse entsprechen dem A n t r a g der Stände in ihrem Immediatbericht über »Die Verhandlungen des landschaftlichen und ständischen Westpreußischen Generallandtags im Mai 1809«, Königsberg, 16. Juni 1809 ( E x trakt in Rep. 77 Tit. 192 Nr. 89 Bl. 1).

4

Obiger Bescheid, der den Vorschlägen im I. B . v o m 16. Juni 1809, mit denen Altenstein und Dohna den Auerswaldschen Bericht eingereicht hatten (Konzept Koehler, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 2 Bl. 110), folgte, ging in Original und Abschrift mit K . O. v o m 10. Juli 1809 an Altenstein, Dohna und B e y m e mit dem Auftrag, das Original auszuhändigen und bei den an ihr Ressort verwiesenen Gegenständen das Nötige einzuleiten

und zu verfügen (Ausf., gez. Friedrich Wilhelm, i. gl.

Fasz. Bl. 118).

129. Minister Graf zu Dohna an den Geheimen Staatsrat von Klewitz Königsberg, 12. Juli 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 494 Nr. 1 Bd. I Bl. 5 : Konzept Friese mit Änderung Dohnas: Rep. 77 Tit. 950 Nr. 3 Bl. 16: Ausf., gez. Dohna.

Notwendigkeit der Vollendung der Organisation des Staatsrats und der Gesetzgebungssektion »Ew. p. haben mich durch die schätzbaren Bemerkungen in Ihrem gefälligen Schreiben vom 30. v. M. über die in der Organisation der oberen Verwaltungsbehörden noch vorhandenen Lücken 1 recht sehr verbunden. Sie haben um so mehr Wert für mich, als ich mit Ew. p. über die Notwendigkeit vollkommen einverstanden bin, daß die Organisation des Staatsrats und der Gesetzgebungssektion bald vollendet werde. In Ansehung des letzteren Gegenstandes wäre die Sache auch schon weiter, wenn Ew. p. mir bei Übergabe Ihres diesfälligen Organisationsplans nicht den Wunsch zu erkennen gegeben hätten, daß die Deliberation bis zur Einsetzung des Staatsrats ausgesetzt werden möge. 2 Gegenwärtig ist die Sache wieder aufgenommen, und ich hoffe, daß sie bald vollendet werden soll. 3 Mit der Organisation des Staatsrats wurde aber bisher aus unmittelbarer Veranlassung Sr. Majestät des Königs nicht vorgegangen. Ich bin indessen überaus

350

15- Juli 1809

lebhaft und innigst überzeugt, daß nunmehr unverzüglichst mit Organisation des Staatsrats vorgegangen werden muß; ich werde dieserhalb meine Ideen in diesen Tagen des Herrn Staatsministers Frh. v. Altenstein und Großkanzlers Beyme Exzellenzien mitteilen und gewiß alles anwenden, um auch hierin die Wünsche E w . p. zu befördern. 4 « 1

Siehe Nr. 125.

2

Siehe Nr. 44 und 45.

3

In der Ausfertigung steht neben diesem Abschnitt das Marginale von K l e w i t z : »Aber schon früher und stets hatte ich die Einsetzung des Staatsrats als dringend empfohlen«.

4

Der letzte Satz wurde von D o h n a formuliert, ursprünglicher T e x t : »Ich bin indessen mit des Herrn Staatsministers Frh. v. Altenstein und des Herrn Großkanzlers B e y m e Exzellenzien bereits übereingekommen,

Sr. Majestät die Gründe vorzu-

legen, welche nunmehro die Einrichtung des Staatsrats anrätlich machen [von Friese selbst verbessert aus: »welche uns zur entgegengesetzten Meinung bestimmen«], und insoferne Allerhöchstdieselben solche zu genehmigen geruhen, werden hoffentlich E w . p. Wünsche auch von dieser Seite bald zur Erfüllung kommen.«

130. Immediatbericht des Staatsministeriums Königsberg, 15. Juli 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm I I I . B V I 24 Bl. 1 2 1 : Ausf., gez. Nagler in Abwesenheit von Goltz, Altenstein, Dohna,

Beyme,

v. Scharnhorst.

Gutachten über die außen- und innenpolitische Lage Preußens Ersuchen um eine feste Entschließung des Königs

und

dringendes

»E. K . M. haben uns das Resultat der Unterhandlungen mit dem Baron Wessemberg 1 mitteilen zu lassen geruhet,bei welcher Gelegenheit der mitunterzeichnete Geheime Legationsrat Nagler auch Allerhöchstdero Aufsatz v o m 24. v. M. über die jetzige politische L a g e 2 nebst der darin angezogenen Depesche von Petersburg uns bekanntgemacht sowie auch Allerhöchstdero neuesten Briefwechsel mit dem Kaiser Alexander vom 30. April und 7./19. Mai d. J. nebst der Korrespondenz mit dem Kaiser und den Erzherzögen von Österreich zu unserer Kenntnis gebracht hat. Wir würden E. K . M. erhabene Gesinnungen strafbar mißkennen und uns des Vertrauens E . M. und Ihres Volkes unwert achten, wenn wir unsern ehrfurchtsvollen Gehorsam durch Verschweigung der höchst dringenden und schwierigen Lage des Staates und der Gefahren, die demselben und E. M. drohen, beweisen wollten und nicht mit treuer Offenheit unsere Besorgnisse und Ansichten, wie wir sie aus den Details der uns anvertrauten Administrationszweige schöpfen, vor Allerhöchstdero Throne niederlegten. Hierzu verpflichtet uns innige Überzeugung von der Größe der Gefahr um so mehr, als der unbeschränkte Herrscher-

15. Juli 1809

351

wille wegen der in gleichem Verhältnisse unbeschränkten Verantwortlichkeit bei der Welt und Nachwelt für Handlung sowohl als für Unterlassung den erhabensten Beruf des Regenten zum schwersten macht. E. K. M. Absicht gehet dahin: „zuvörderst noch eine entscheidende Schlacht abzuwarten, wenn sie für Österreich unglücklich ausfällt, nichts zu unternehmen, im Falle eines glücklichen, — die Armee Napoleons zum Rückzüge zwingenden Erfolgs aber der österreichischen Partie durch eine Diversion im Norden von Deutschland beizutreten, nachdem die Rüstung vollendet sein wird, wozu E. K. M. noch drei Monate außer der zur Vereinigung der Truppen nötigen Zeit zu erfordern scheinen." Unter diesen Umständen würde im glücklichen Falle Österreich erst gegen Ende dieses Jahres auf eine Diversion von seiten E. M. rechnen können und Allerhöchstdero Kooperation mit der Winterkampagne beginnen. Es scheint gefährlich zu sein, einen großen Entschluß, für welche Partie er auch ausfalle, von einer Schlacht abhängig zu machen. Ein Verlust im Westen kann durch einen Sieg im Osten sehr ersetzt werden. Da beide Teile Gründe zu längerer Vermeidung einer Hauptschlacht haben können, so könnte leicht der Fall einer langen Verzögerung der diesseitigen Erklärung gegen Österreich eintreten, deren Abgabe unmittelbar nach Einlangung der Wessembergischen Note ausdrücklich zugesichert worden ist. Was daher auch E. K . M. beschließen, so erfordert es nach unserer Uberzeugung das gegebene Versprechen, daß die Erklärung Allerhöchstihres Entschlusses baldmöglichst erfolge. Wir glauben daher: „daß unverzüglich der Flügeladjutant Graf Dohna mit solcher in das österreichische Hauptquartier abzusenden sei." Daß diese Erklärung offen sei, entspricht E. K . M. Charakter ohnehin. Dazu fordert aber besonders die Sache auf, wofür Österreich kämpft. Preußen mag auch eine Partie ergreifen, welche es wolle, so kann es nicht mißkennen, daß Österreich für die allgemeine Befreiung aller Kontinentalstaaten vom französischen Joche, da solche sämtlich von einem allgemeinen Feinde und Unterdrücker mehr oder minder unterjocht oder abhängig sind, mit großer Anstrengung kämpft, daß dieser Kampf also für eine gute Sache unternommen und sein Zweck heilig sei. Eine dunkle, zweideutige oder vage Erklärung wäre daher nach unserer Überzeugung mehr als jemals in der Geschichte Versündigung am Guten und Widerspruch mit allem Geschehenen. Wir sind vollkommen überzeugt, daß E. K. M. bevorstehende Erklärung offen, treu und bestimmt und von jeder Art täuschender Ungewißheit frei sein werde. Eine desto größere Beschleunigung und Offenheit der an Österreich zu erteilenden Erklärung scheint uns auch um deswillen dringend nötig zu sein, weil des Herrn Prinzen von Oranien Durchlaucht nach seiner unmittelbaren mündlichen Rücksprache mit E. M. Allerhöchstdero Teilnahme an Österreichs Krieg dem Kaiser und den Erzherzögen so bestimmt zugesichert hat, daß man in den österreichischen Hauptquartieren nur noch die Verabredung der Operationen für übrig hielt, wie dieses die Schreiben des Kaisers, der Erzherzöge Carl und Ferdinand p., die Sendung des p. von Steigentesch, des Majors von Valentini Erscheinung in österreichischer Uniform, die er Allerhöchstdero Intension gemäß hielt, — und andere Umstände beweisen. Die Verlegenheit des Staats-

352

15- Juli 1809

ministers Graf Goltz und noch mehr die des Herrn Prinzen von Oranien ist nicht zu bezweifeln. Die einzige wesentliche Bedingung der Kooperation E. K. M. war bei Abreise des Herrn Prinzen von hier: „Vollendung der Rüstung." Der Obristlieutenant Roedlich erhielt daher den Auftrag, dem Erzherzog Ferdinand zu erklären: „daß E. K . M., sobald Ihre Rüstung vorgerückt und Ihre Armee in schlagfertigem Stande sein wird, an Österreichs Krieg teilnehmen würden." Abgesehen von dem Beispiel anderer Länder und von den unten folgenden pflichtmäßigen Nachrichten über die jetzige Lage dieser Rüstung, dringt sich jedem, welchem die Unmöglichkeit derselben in einem früheren Zeiträume als bis gegen den Winter zu erkennen gegeben wird, die Überzeugung auf, daß wenn Napoleon eine bedeutende Armee von Preußen binnen kurzer Frist am Main oder an der Donau forderte, seinem Verlangen, wenn er auch nur seinen Kriegsminister oder einen Marschall nach Berlin oder hieher sendete, genüget werden könnte. Wir halten das jetzige Verhältnis gegen Österreich wegen Wichtigkeit und Heiligkeit der Sache —, wegen der diesseits in Anspruch genommenen Geheimhaltung und gegenseitiger Offenheit und Treue auf mündliches Wort und persönliche Gesinnungen — für eines der delikatesten und edelsten in der Geschichte der neuern durch Napoleon so untreu gewordenen Zeit; aber wir können bei der strengsten Prüfung die Äußerungen des Herrn Prinzen von Oranien, nur zu früh geschehen, nicht für eine Überschreitung erklären, indem wir sämtlich bei seiner Abreise E. K. M. Absicht zur Kooperation für entschieden und einen dreimonatlichen 3 Zeitraum für das späteste Ziel ihres Anfanges hielten. Übrigens kann nur E. K. M. eigene Überzeugung die zu ergreifende Partie bestimmen. Jede fremde, durch künstliche Überredung veranlaßte oder beförderte scheitert in der Ausführung, wie durch unzählige Erfahrungen in der Geschichte und vielleicht durch die neueste in der Geschichte des Vaterlandes bestätigt wird. Unsere ehrfurchtsvolle Meinung kann daher um so weniger Tadel finden oder E. K . M. Mißfallen erregen, als wir ausdrücklich beteuern, daß wir jede Maßregeln und Entschlüsse, solange sie nicht aus E. K. M. Seele selbst hervorgegangen sind und von Allerhöchstihnen Selbst mit Eifer, innigem Gefühle und Wunsche gewollt und beharrlich und unabänderlich verfolgt werden, — für halb, fehlerhaft und unglücklich halten. Unsere heißesten und treuesten Wünsche und ehrfurchtsvollen Bitten stimmen daher ganz mit der Aufforderung des von der Vorsicht E. K . M. gegebenen großen Berufes überein, daß Sie Allerhöchstselbst fest und ganz bestimmen, was Ihr Wille sei und was geschehen soll, dergestalt, daß der Ausführung dieses Willens alles untergeordnet und alles demselben Widerstrebende ohne Rücksicht entfernt werde. Wir berühren hier die Frage nicht, ob sich seit der Abreise des Herrn Fürsten von Oranien Durchlaucht und seit der Erteilung der Instruktion zur Unterhandlung mit dem Baron von Wessemberg des österreichischen oder französischen Kaisers Lage verschlimmert habe, und bekennen frei, daß wir eine gänzliche Länderberaubung der erhabenen Dynastie E. K. M. durch den Kaiser Napoleon für vorzüglicher halten als die allmähliche Abtretung einer Provinz nach der andern bis etwa auf einen kleinen Überrest. Portugal, Spanien, Hessen, Braunschweig, ja Deutschland, Etrurien, Sardinien, Neapel und der Kirchenstaat selbst und alle von ihm beraubten Staaten und Regenten, die nicht vom Meere geschützt sind.

15- Juli 1809

353

beweisen übrigens, daß Napoleon, der nichts halb oder zum Teile tut, auch nicht zum Teile beraubt. Obige an sich sehr wichtigen Punkte haben nach unserer Ansicht keinen entscheidenden Einfluß auf die Hauptfrage: Ob eine und welche Partie zu ergreifen sei? Es sei uns die ehrfurchtsvolle Bemerkung erlaubt, daß, wenn Preußen in seiner früheren selbständigen Lage durch Schwanken sein Unglück befördert hat und dieses in gefahrvollen Zeiten überhaupt und besonders in der jetzigen Epoche nach dem Geiste der Zeit sowohl als nach Napoleons Charakter, der nur tätig handelnde Festigkeit achtet und scheut, unübersehbar gefährlich ist, — ein solches Schwanken jetzt für Preußen verderblicher als jemals und als für irgendeinen andern Staat sein müsse. Napoleon gegenüber haben die beiden, Kaiser Franz und Alexander, ihre Partie fest und ganz ergriffen. Der erstere kräftig und ganz diejenige, welcher — mag man auch Resultate berechnen, welche man will — jeder Edlere den Sieg im Herzen wünscht. Kaiser Alexander verfolgt seit der freilich höchst unedlen Ergreifung seiner neuen Partie unerschütterlich, ganz und mit Entfernung des Widerstrebenden den Glauben, wozu er sich öffentlich seit dem Frieden von Tilsit bekannt hat. Sehr richtig nannte dieser Souverän das sich und mehreren seiner Diener gewaltsam und unnatürlich aufgelegte System großer, aber doch nicht ganz undurchsichtiger Täuschung bei vertraulicher Gelegenheit — vielleicht zum Tadel der divergierenden oder minder zusammengehaltenen Tendenzen im preußischen Staate und seines vorleuchtenden Beispiels in seinem Systeme sich bewußt —: «l'art d'agir par une masse de conduite.» Welchem von beiden Systemen E. K. M. Sich zu widmen beschließen, so hängt aller Erfolg davon ab, daß Allerhöchstdieselben in festem Willen sowohl als auch in Energie und Anstrengung, die das österreichische System — oder in Geschmeidigkeit und Gewandtheit, die das andere, das russische — fordert, jene Regenten nicht bloß erreichen, sondern wegen der nähern Gefahr, wegen der beschränkteren Mittel Preußens — und wegen Napoleons persönlicher Abneigung noch bei weitem übertreffen. Die Lage Preußens ist höchst gefahrvoll, und der Staat stehet am Abgrunde, in welchen Nichthandeln oder langes Zögern solchen nach unserer Überzeugung — indem Zufälle wie Napoleons Tod oder dergleichen nicht in Anschlag kommen können — unvermeidlich und mit Schande stürzen, dagegen nur rasche und volle Anschließung an Österreich oder Frankreich vielleicht davon retten kann. Bei diesen beiden Partien — (da Nichthandeln keine Partie ist und eine Verbindung mit Rußland, das eine solche Allianz nicht lebhaft zu wünschen scheint, so wenig als überhaupt Abhängigkeit vom Abhängigen eine Partie geben kann) — waltet der erhebliche Unterschied ob, daß die Verbindung mit Österreich — führe sie auch zum Untergange, doch die Ehre, Teilnahme und der unglücklichen Regenten Dynastie Achtung unter den Feinden und Hülfe eines Freundes, auch Liebe im verlornen Lande erhält, dagegen die Verbindung mit Frankreich wenigstens schmachvoll, — vielleicht noch sicherer zum Verderben führt, ohne Ansprüche auf Liebe und Bedauern und ohne ein Asyl für den Fall einer möglichen Flucht zu lassen. Denn leider kam es — welcher Preuße, für den dieser Name Wert hat, könnte schlaff genug sein, es zu vergessen? — dahin, daß Preußen, das wie Spanien vor allen andern Staaten Bereitwilligkeit und Nachgiebigkeit gegen Napoleon be-

354

15. Juli 1809

wiesen hatte, von ihm vor allen besiegten Staaten den längsten und härtesten Qualen und Demütigungen unterworfen wurde. Diese erzeugten aber eine so allgemeine Erbitterung, daß jeder in E. K. M. Volke — nur einzelne verächtliche Individuen ausgenommen — gegen Napoleon und die Franzosen mehr oder minder feindselig und abgeneigt gesinnt ist und daß z. B. derjenige, der aus freier Neigung und Wahl in französische Dienste treten wollte, wie viele in österreichische Dienste gingen, die allgemeine Verachtung sich zuziehen würde. Wir halten für Pflicht, E. K. M. diese Volksstimmung nicht zu verbergen. Wir selbst sind alle ohne Ausnahme und aus inniger Uberzeugung darin einig, daß wir, ohne E. K . M. vorgreifen zu wollen, die schleunigste und kräftigste Unterstützung Österreichs gegen Frankreich dem Interesse E. M. und des Staates sowie den bisherigen Schritten und allen Verhältnissen gemäß und für das einzige Mittel der Rettung, wenn sie möglich ist, halten. Indessen wiederholen wir, daß ohne Rücksicht auf diese unsere Privatüberzeugung, womit bekanntlich auch die der Prinzen Königlichen Hoheiten übereinstimmt, nur E. K . M. Wahl und Gesetz und der Gegenstand unserer treuesten Befolgung und eifrigsten Sorgfalt, soweit es nur irgend in unsern Kräften steht, sein kann und wird. Zum Behuf der Beantwortung der Hauptfrage : „Ob eine und welche Partie zu ergreifen sei?" oder zur Vorbereitung der Wahl der zu ergreifenden Partie glauben wir eine I. Übersicht der politischen Lage Preußens im allgemeinen und der wahrscheinlichen Veränderungen derselben nach Verschiedenheit der Erfolge Napoleons im Kriege gegen Österreich E. K. M. alleruntertänigst vorlegen und hiemit eine II. Übersicht der finanziellen Lage des Staates, III. der des Militärwesens sowie IV. der des Innern verbinden zu müssen. I. Die politische Lage des Preußischen Staates im allgemeinen muß bei jedem wichtigen Entschlüsse nach folgenden im Kriege zwischen Frankreich und Österreich zu erwartenden Ereignissen, wovon einer oder der andere Fall unausbleiblich eintreten muß, berechnet werden. 1 . Wenn Napoleon ganz und entscheidend siegt und Österreich ganz unterliegt oder gar seine Umgestaltung zu einem kleinen ohnmächtigen Herzogtume oder Titular-Königreiche und zum Vasallen Napoleons ertragen sollte. In diesem Falle halten wir Preußens gänzlichen Untergang für wahrscheinlich, ja für unzweifelhaft. Napoleons Weltbeherrschungssystem ist auf den Sturz aller alten Herrscherdynastien — wenigstens derer, die seine Gnade nicht durch Standeserhöhung erniedrigt hat — gegründet, weil solche die Prärogative der Geburt vor ihm voraus haben. Dieses System wird durch das Interesse und die Ähnlichkeit des Gefühles seiner Verwandten, Kriegsgefährten, gekrönten und ungekrönten Schützlinge unterstützt. J e mehr Napoleon zu neuen wundervollen Abenteuern durch neue Siege gereizt wird, desto mehr bedarf er Mittel, seine Generale durch neue Belohnungen zu fesseln und seine Vasallen des Rheinbundes durch Verleihung neuer Kräfte zu neuen Opfern auszurüsten. Preußen und Österreich sind die nächsten und passendsten Mittel zu diesem

15- Juli 1809

355

Zwecke und werden dazu zerstückelt und ihre Regenten vertrieben werden, wenn sie nicht gemeinschaftlich beide durch einen Kampf auf Leben und Tod der drohenden Gefahr und Schmach widerstreben, dieser Besorgnis nicht mit Entschlagung aller Ruhe und aller minderwichtigen Gegenstände alle Zeit, K r a f t und Anstrengung widmen, wenn sie die Gefahr für gering oder entfernt halten und sich durch die gefährlichsten Waffen Napoleons, durch seine ränkevolle Kunst, andere zu lähmen und entweder in Untertänigkeit oder Zwist zu bringen, besiegen lassen. Die Notwendigkeit des Bankrotts des verschuldeten Königreichs Westfalen ohne neuen großen Länderzuwachs ist allgemein bekannt, — eine Notwendigkeit, die E. K. M. verbliebene Staaten bei unerschwinglicher Kontribution, bei Staatsschulden, die von dem vorigen weit größern Umfange der Monarchie auf den jetzigen weit beschränkteren übergingen, und bei der Warschauischen Vorenthaltung von 25 Millionen Taler preußischen Privateigentums leicht in gleicher Art treffen kann, so daß man die Coexistenz zweier solcher Königreiche Westfalen und Preußen nebeneinander schon jetzt für unnatürlich und beinahe unmöglich ansehen kann. — Ein ähnliches Verhältnis bestehet zwischen Preußen und Sachsen, dessen Wunsch, wenn es einer Vergrößerung bedarf, wie solches unzweifelhaft ist, eine Acquisition Schlesiens gegen Abtretung von Warschau unfehlbar sein würde. Von Seiten dieses Herzogtums endlich drohen Preußen, wenn Napoleon siegt, die größten Gefahren. Polen hatte er gleichsam zum Gärungsmittel vom Anfang an ausersehen, um seinen Plan der Kontinentalunterjochung zur Reife zu bringen. In seiner Politik liegt die Verbindung von Ost- und Westpreußen mit Polen, das er auf diese Art zum Zwischenstaat gegen Rußland bildet, dadurch die Küste immer mehr beherrscht und zugleich Rußland desto sicherer in Fesseln legt. Hierzu und zum Ersätze für den ungeheuern Verlust in Spanien, Italien und Deutschland p. bedarf Polen eines bedeutenden Länderzuwachses. Napoleon wird bei dieser Formation die Nachbarschaft Rußlands ebensowohl als bei der früheren Bildung und verhältnismäßig größern Ausdehnung des Bayrischen Staats die Nachbarschaft von Österreich berechnen. Galizien, Warschau und Preußen bedürfen sich wechselseitig. Denn die beiden Ufer der Weichsel sind für den polnischen Handel und die polnischen Produkte für den preußischen zum dringenden und verjährten Bedürfnis geworden. Man hört jetzt schon — wie fast alle Ereignisse dieser Art bisher durch Volksgerüchte jahrelang vorher verkündet wurden, eben als wenn die Vorsicht durch diese Stimmen hätte warnend die Kräfte wecken und prüfen wollen — in Polen allgemein von dieser Vereinigung mit Preußen oder dessen Einverleibung sprechen, wozu die ältere Geschichte so gut und noch besser als bei dem Kirchenstaate und früheren ähnlichen Fällen Napoleon mit hinreichend pomphaften Motiven zur Ausführung versehen wird. Preußens Untergang wird von fremder Hand nicht abgehalten werden. Die einzige Hülfe, die etwa von Rußlands Seite erwartet werden könnte, halten wir nach allen Erfahrungen seit dem Waffenstillstände und dem darauf erfolgten Frieden von Tilsit für die täuschendste aller Hoffnungen, zumal da selbst der Moment, wo Napoleon in Spanien und Österreich schweren Kampf zu kämpfen hat, des Kaisers Alexander Mut nicht belebt. Dieser Souverän wird zwar, obgleich er die in Preußen aufgeriebene Armee, die Kosten jenes Krieges, seine Unterstützungen, Verwendungen und Gefälligkeiten aller Art im Herzen hoch anschlagen mag und es in 24

Stein/Hardeaberg

356

15- Juli 1809

Ansehung vieler dieser Punkte mit Recht tun kann, neue Verwendung nicht versagen. Allein er selbst spricht darüber offen. Sein bester Wille ist ohne Kraft. Ist Österreich besiegt, so hat Napoleon schnell neue Kräfte zu Gebote, während Rußland für ihn selbst, besonders aber gegen die Türken und Schweden seine Kräfte geopfert hat. Will Napoleon Polen zum Zwischenstaate erheben, so wird Rußland — wie es zu seiner Herabwürdigung das unbedeutende Bialystoker Geschenk annahm — die Memel zu seiner natürlichen Grenze und den Memeler Distrikt — ein zweites Geschenk gleicher Absicht und Art und von ähnlichem, jedoch für Napoleon von weit höherem Werte — nach erfolgter vielleicht lauer Verwendung für E. K. M. in den kaiserlichen Titel aufnehmen und E. M. und sich wegen des Verlustes gegenseitiger Nachbarschaft bedauern. Preußens gänzlicher Untergang nach Österreichs Fall wird durch Napoleons persönliche gehässige Gesinnungen gegen E. K. M. höchst wahrscheinlich, und es dürfte wichtig sein, daß E. M. seine Äußerungen über Allerhöchstdieselben offen und ganz vollständig von Allerhöchstdero eigenen Verwandten und von befreundeten Prinzen erführen, da der Kaiser Napoleon sich auch über Souveräns mit einer wenig erhabenen, oft unedlen Freimütigkeit äußert und seinen Äußerungen gewöhnlich Folge gibt. Besondere Gründe zur Rechtfertigung der gänzlichen Beraubung E. K. M. Dynastie werden dem Kaiser Napoleon nicht fehlen, und es wird ihm leicht werden, von einer Zweideutigkeit Preußens Beweise zu erhalten und zu geben. Wenn man sich auch in Widerlegungen erschöpfen wollte und wirklich beweisen könnte, daß gegen Frankreich durchaus seit dem Frieden nur Gesinnungen der Freundschaft und Neigung, das Interesse Frankreichs zu befördern, in der Seele E. K. M. und in Ihren Untertanen geherrscht haben, so wird es an dem Richter fehlen, der die Geduld hat, diese Verteidigung und Beweise zu hören, und den Willen, sie zu berücksichtigen. Von solchen besondern Gründen, die die gänzliche Beraubung E. K. M. Dynastie veranlassen können und wahrscheinlich machen, heben wir folgende aus: Die von dem Staatsminister Freiherrn von Stein teils mit, teils ohne Wissen E. K. M. geschehenen Einleitungen und Schritte zur Wiedererkämpfung einer Selbständigkeit; die Eröffnungen, die in deren Verfolg an Österreich, an England und in Rußland geschehen sind und wovon einige, wie in solchen Fällen häufig zu geschehen pflegt, verraten sein können; die allgemein laut erklärte Stimmung des ganzen Volkes gegen Frankreich, besonders in den Marken und in Berlin, in Pommern und Schlesien, noch mehr das Benehmen des Militärs und vieler Offiziers; die Aufnahme des Barons von Wessemberg, auf dessen Entfernung der Graf St. Marsan nach dem Kriegsausbruche gewiß gerechnet hatte; die aus der fortdauernden Verbindung zwischen Österreich und Preußen entstandene Verbreitung der für Österreich günstigen Nachrichten und Kommunikation zwischen Österreich und England — Folgen, die Napoleon, der nichts mehr und unversöhnlicher haßt und fürchtet als: Publizität und England, allein bestimmen können, den Untergang Preußens zu beschließen. Ferner die Reisen des Herrn Prinzen von Oranien und sein Aufenthalt im österreichischen Hauptquartier — die Sendungen des Obrist von Steigentesch, der Rittmeister von Hettenfeld und von Falkenhausen, des Obristlieutenants Roedlich, der lange Aufenthalt des Oberstlieutenants von Knesebeck in Böhmen und seine darauf erfolgende Hieherreise, die Mitteilung der geheimen Artikel des

15- Juli 1809

357

Pariser Vertrags an Österreich, die Sendung des Majors Graf Goltz nach Wien, die Negoziation mit dem p. von Wessemberg, der auf E. K. M. Instruktion Ihres bevollmächtigten Kabinettsministers und nach Allerhöchstdero Wunsch seine Note entworfen und abgeändert hat; die mannigfaltigen militärischen Rüstungen, Schills Unternehmungen und Ankündigungen, die Milde gegen ihn und sein Corps, da man wenigstens auf Verfolgung durch E. K . M. Truppen, auf gleiches oder noch kräftigeres Benehmen gegen diese Abtrünnigen, als Dänemark und Holland p. anwendeten, auf Niederschießung und schwere Bestrafung der Teilnehmer, wie solche im Westfälischen bestraft wurden, gerechnet hat; die Unternehmung des Herzogs von Öls und seine Werbung, seine und des p. von Nostiz Proklamationen und laute Beziehungen auf Preußens Hülfe p.; die Aufnahme österreichischer Artikel und Bulletins in preußische Zeitungen, des Erzherzogs Ferdinand Benehmen und Beziehung oder Anspielung auf preußische Hülfe, der Anteil der vormals preußischen Offizianten im Warschauischen an den Operationen der Österreicher, worüber die an aller Wahrheit untreuen Polen gewiß die verfänglichsten Anzeigen liefern; die zwar unter voller Begünstigung der reichlich dafür bezahlten französischen Agenten fortgesetzten Handelsgeschäfte mit England; das lange Zurückbleiben E. K . M., Ihres Hofes und der ersten Staatsbehörden und ziemlich sichtbare Vermeiden französischer Nachbarschaft und mehr als alles die Nichtzahlung der unerschwinglichen Kontribution, welche Rußland selbst für eine Kriegsursache gehalten hat. Nähere Anzeigen und Vorboten der unglücklichen Absicht Napoleons finden wir in seinem verstockten Schweigen. Er holt Verstärkungen aus allen Orten und Enden und fordert doch nicht die traktatenmäßige Hülfe, weil er E. K. M. und dem Hülfscorps nicht trauet. Wird er solche Hülfe, gegen die er Observationscorps stellen, den Herzog von Abrantes kommandieren muß, nicht auflösen? — Er ist in dringender Geldverlegenheit, hat zu wichtigen Zwecken gegen Österreich und Preußen den Polen Geld angewiesen, das aus der preußischen Kontribution gezahlt werden soll, welche nicht geleistet wird. Sollte er dieses nicht schwer ahnden? — Wir halten sein und des Ministers Champagny Stillschweigen über diesen Punkt auf alle Anträge und Schreiben — während Napoleon zu Antworten über kleine Gegenstände, wie zur Beraubung des Papstes und zur Errichtung von Observationscorps, sich Zeit nimmt — für eine bedeutungsvolle Antwort. Wir finden einen weitern Vorboten der obengedachten Absicht Napoleons in dem Glimpfe seiner Behörden, die gegen Natur und Gewohnheit den zum Grundsatz erhobenen Übermut unterdrücken, leiser sich beschweren und milder drängen als sonst und als selbst die warschauischen, sächsischen und westfälischen Behörden in ebendenselben Fällen. Hieher gehören ferner die Besorgnisse, die der Graf St. Marsan bei jeder Gelegenheit gleichsam zur Warnung durchscheinen läßt, die Äußerungen des sächsischen und westfälischen Gesandten, die Gerüchte in Westfalen von Abtretung der Marken und Verlegung der Residenz nach Berlin sowie die Gerüchte in Sachsen und Glogau von Abtretung von Schlesien. Noch bestimmtere Anzeigen geben die geheimen Polizeirapporte, die wir in dieser Hinsicht für höchst wichtig halten, — und was lassen die zweideutigen Äußerungen Rußlands erwarten, das von Anfang an Preußen zur gänzlichen Hingebung an Frankreich riet und sich, seiner Verwickelungen bewußt und bei der persönlichen panischen Furcht Alexanders vor Napoleon vielleicht 24*

35«

15- Juli 1809

unserer vielen Reklamationen etwas müde, vorsichtig gegen Hülfsleistung verwahrt, die Preußen gegen französische Gewalt in Anspruch nehmen könnte, wenn diese etwa wegen Nichtzahlung der Kontribution oder wegen anderer unerschwinglicher Forderungen erfolgen sollte, die sich aus den zwölf mit Frankreich seit dem Frieden von Tilsit geschlossenen Verträgen folgern lassen. Alles dieses läßt uns das schreckliche Los, das E. K. M. Dynastie bevorsteht, ahnden und leider! mehr fürchten als bezweifeln. Und in diesem schrecklichen Falle steht Preußen, wenn es an Österreichs Krieg nicht Anteil nimmt, allein, ohne Unterstützung und im Verhältnis gegen andere Fürsten, die ihr verlornes Erbe zu erhalten oder zu erkämpfen suchen und den Untertanen, die sie verloren, dadurch einen Beweis der Liebe geben, wenig geachtet, vielleicht verhaßt. Der höchste Ruhm in der Regierungsperiode E. K. M., den Allerhöchstdieselben durch den beharrlichen Kampf zwischen der Weichsel und Memel Sich errungen und zugleich das gesunkene Vertrauen zu Preußen wiederhergestellt haben, stehet auf dem Spiele. Wir glauben, daß es sehr gefährlich sei, die Politik nach Gefühlen zu berechnen, aber noch weit gefährlicher, dabei auf allgemeine Gefühle obiger Art nicht zu achten und in Zeiten der höchsten Gefahr statt der Waffen Schlauheit im Benehmen und Dulden als Schild gegen Napoleon zu ergreifen, der im Benehmen und Handeln alle Schlauheit übertrifft und bis jetzt alles, nur nicht „öffentliche Meinung, Mut und Verzweiflung" zu verachten kühn genug gewesen ist. Wenn man aber auch den scheinbar mildern Fall annehmen wollte, daß Napoleon nicht sofort oder überhaupt nicht die gänzliche Beraubung E. K. M. Dynastie vollstrecken, sondern Allerhöchstdenenselben noch irgendeinen Teil Ihres Reiches lassen sollte, so sind wir, wäre solches auch zu verbürgen, doch nicht minder in Sorgen. Denn diese partielle Erhaltung ist bloß ein langsamerer schmach- und qualvollerer Untergang. Eine Abtretung ohne Schwertschlag empört alle Gemüter, die die Abtretung trifft, wie die des bleibenden Staates, die durch die Tat gleicher Besorgnis ausgesetzt werden, und raubt besonders im Auslande Ansehen, Kredit, Vertrauen und Achtung. Der Länderteil, den Napoleons Großmut läßt, wird alsdann nicht in Jahren, sondern in Monaten für angedichtete Fehler oder Vergehen gegen ihn oder einen seiner geringsten Agenten oder gegen einen seiner verbündeten Schützlinge dem beraubten Regenten, wenn solcher ihm zuviel oder zuwenig schmeichelt, nicht durch zahlreiche Armeen, sondern durch einen übermütigen Kommissär genommen, und wer bürgt dafür, daß der Haß und die Weltdespotie Napoleons, die mit Ländern, Freiheit und Leben der Souveräne nach Willkür waltet, nicht Plane zu erfinden weiß, an die wir mit Schrecken denken und die seine Schlauheit gleichsam als gerechte Strafe darstellen kann, ohne nur den Trost des Bedauerns zuzulassen. Wer wird ihn, der schon durch den vorjährigen Erfurter Konvent sein Vorladungsrecht sehr bewiesen hat, wenn er der jetzigen Verlegenheit siegreich entgeht, hindern, sein rastloses Bestreben vollkommen zu befriedigen, Regenten vor den Augen ihrer Völker herabzuwürdigen, zu berauben, zu entsetzen? — Wenn die Franzosen jemals wieder E. K. M. Provinzen besetzen sollten, welche Schmähungen gegen E. K. M. Höchste Person und gegen der Königin Majestät wären zu erwarten? Welche Kunstgriffe, das Volk zu verführen und vorzuspiegeln, daß das Gouver-

15. Juli 1809

359

nement das Interesse der Untertanen nicht beraten noch im günstigen Moment unterstützt habe? Nach dieser Ausführung des Falles, wenn Napoleon ganz siegt — würden wir zu dem entgegengesetzten uns zu wenden haben, wenn er ganz besiegt wird. Leider! überhebt die Unwahrscheinlichkeit desselben der Ausführung. Der Fall aber wäre sehr möglich, 2. daß Napoleon sehr geschwächt, zurückgetrieben und zum Frieden veranlaßt würde. Dieser Fall eröffnet für Preußen keine günstigere Aussicht. Napoleon, nie geneigt noch gewohnt, nachzugeben, wird alles anwenden, Österreich zu einigem Opfer — sei es auch gegen doppelten Ersatz — zu bereden, um seine Lage vor der Welt und der Nachwelt zu maskieren und die Wirklichkeit oder den Schein erlangter politischer Vorteile, bewirkter Einleitung neuer Plane und errungener Abtretungen, z. B. von Galizien gegen Schlesien und dergleichen, zu retten. Diese Rücksicht, seine Neigungen und Bedürfnisse werden ihn zwingen, sich anderwärts nach Ländern umzusehen, die vor allen andern — Preußen wird geben müssen und um so weniger der gänzlichen Beraubung entgehen wird, als die obenerwähnte Notwendigkeit preußischer Zessionen zur Rettung von Westfalen, zur Entschädigung von Polen und Sachsen sowie zu der mit Napoleons Eroberungen fortschreitenden Verbindlichkeit, seine Gehülfen zu belohnen, in jedem Falle unvermeidlich ist. Rußland wird mit den kaum disponiblen 30000 Mann Truppen und unter den oben ausgeführten Umständen Preußen bedauern, nicht helfen. Österreich aber wird eher zu der Ausführung eines solchen Planes, um Frieden zu bekommen, beitragen als sie hindern. Mag es auch in vielleicht zu voreiliger, doch immer auf Gemeinschaft des Interesse, der Rettung und der Notwehr gegründeten Hoffnung auf Preußens Mitwirkung den Krieg eröffnet haben, so hat solches doch neuerlich nicht mehr ohne Grund auf baldige Mitwirkung gerechnet, da sein Zweck Preußen zur Teilnahme und sein offenes Benehmen zu offner Erklärung aufforderte, auch die diesseitigen Schritte und Eröffnungen — wir bekennen es frei — uns selbst an der Absicht einer Kooperation nicht zweifeln ließen. Österreich wird sich daher, wenn solche unterbleibt, über Täuschung und Untreue beklagen und die Gelegenheit, sich zu rächen und seinen Verlust auf Preußens Kosten zu mindern, gerne — und vielleicht mit Zustimmung vieler benützen, die Österreichs Sieg im Herzen und nach Preußens Wiederherstellung am meisten und lebhaftesten wünschen und solchen, wenn Preußen mitwirkt, auch hoffen. Wir fürchten für Preußen eine solche Katastrophe, die, wenn nicht das Inland, doch das Ausland für verdient erklärt, mehr als jede und wüßten kein schrecklicheres Los, als wenn alle Stimmen, die jetzt Österreich Unterstützung und Sieg wünschen, und ebensoviele Vorwürfe sich gegen Preußen vereinigten. Wir wiederholen, daß wir auch im schlimmsten Falle eine schnelle gänzliche Beraubung für wohltätiger als die allmähliche Ausplünderung halten. Jene wie diese wird und muß gänzlich sein. Die Erfahrung hat uns hinreichend belehrt, daß eine Abtretung nicht bloß Verlust an Kräften und Ressourcen, sondern zugleich ein Zuwachs an Lasten und Schulden sei, indem jede abgetretene Provinz zu der ungeheuren Summe der gegen Preußen aufgetürmten Forderungen ihre Beiträge liefert. So wird das Los des bleibenden Teils mit jeder Verminderung desselben härter, und die Untertanen, die immer

360

15. Juli 1809

zu neuen und großen Opfern gezwungen werden müssen, haben für alle Opfer keinen Trost als die unglückliche Aussicht, daß sie am Schlüsse des Schauspiels gleichfalls zum Opfer gebracht werden müssen. E. K. M. Untertanen werden den Krieg gegen die Franzosen, von welchen sie mit Bedrückungen und Schmach aller Art gequält worden sind, weit lieber und leichter als den gegen verwandte Völker führen, und die Opfer für Existenz und Ehre können nicht so schwer als die für fremde Eroberungssucht, vielleicht in fremden Weltteilen, noch die Kämpfe gegen Napoleon schauderhafter als die unter seinen Befehlen in Ostindien, in Spanien p., gegen England, Rußland p. sein. Wir wiederholen, daß wir die Gefahr für sehr groß und sehr nahe halten und außer dem obigen Auswege keinen kennen. Napoleon, der bei Austerlitz Preußens Demütigung, an der Weichsel Spaniens Unterjochung und bei Wien den Raub des Kirchenstaates und die Errichtung der Elbe(Observations)armee ausbrütete, wird letztere schnell zur Operation an der Spree und Oder zu beleben und durch Verstärkung der Garnisons in fünf Festungen mit Hülfe der Polen und Westfalen E. M. Armee zu entwaffnen wissen. Er hat seine Plane gerade durch die Festungen — Gebiete und Straßen, die er sich vorbehielt, gleichsam im Grundrisse, mit keckem Vertrauen angekündigt, daß sein Zeitalter und die Furcht vor seinem Genie die Ausführung nicht erschweren lassen werden. Wäre die Schillsche Unternehmung, die Schlacht von Aspern, die ihn zur Einberufung der Reserven zwang, und der österreichische Streifzug nach Sachsen nicht dazwischengekommen, so würde die Besorgnis wegen jener Elbarmee sich schon mehr entwickelt haben. Die Ernennung des Herzogs von Abrantes zum Chef derselben, die Versammlung vieler Polen an der schlesischen Grenze fordern zur tätigsten Aufmerksamkeit auf und raten, den Angriffen zuvorzukommen. Wir berühren hier noch einen möglichen Einwurf, der von den mit Frankreich geschlossenen, zum Teil feierlich ratifizierten Verträgen hergenommen werden könnte. Sie sind erzwungen mit einer Exekutionsarmee von 170000 Mann. Sie sind ebensoviel Friedensbrüche als Konventionen — 12 an der Zahl. Wer den Stand der Dinge im Frieden von Tilsit mit demjenigen vergleicht, den die nachfolgenden Konventionen bestimmen, eine Vergleichung, die in der Anlage detailliert ist 4 , wer erwägt, daß die Lasten des Krieges noch 18 Monate nach diesem beispiellosen Frieden fortgedauert haben un d daß 20 bis 25 Millionen Taler preußisches Privatvermögen im Warschauischen dem unglücklichen mißhandelten Preußischen Staate — um solchen desto sicherer und schneller zu vernichten — durch die französisch-sächsische Konvention von Bayonne und gegen den klaren Inhalt der französisch-preußischen Verträge, wodurch bloß das preußische Staatseigentum im Warschauischen abgetreten wurde, geraubt worden sind, der wird den Vorwurf eines Vertragsbruches, wenn er Preußen gemacht würde, verlachen und sich durch Pflicht und Gewissen aufgefordert fühlen, zum Schutze der vielen unglücklichen Beraubten in E. K. M. Staaten zu raten und beizutragen. Am wenigsten würde er sich hie von durch Gewissenhaftigkeit gegen Napoleon abhalten lassen, der an der Weichsel den Raub der spanischen Krone dekretierte und im Wechsel zu Bayonne durch jene Konvention im Augenblick jenes unerhörten Raubes die Hand nach der Krone E. M. gewissenlos ausstreckte. Die üble Absicht Frankreichs in Ansehung dieses geraubten Privateigentums

15- Juli 1809

361

erhellet aus nachstehendem Extrakte eines merkwürdigen Berichts des Ministers von Brockhausen vom 23. April d. J . Après cette déclaration je commençai par lire l'extrait des ordres de Votre Majesté. Au premier article qui est rélatif à la saisie des capitaux que la Prusse a placés dans le Duché de Varsovie, le Comte de Champagny s'échauffa et me répliqua avec une vivacité qui n'est pas dans son caractère : «Comment Vous voulés mettre des conditions à l'éxécution du Traité de Paris? Vous rompés donc tous les engagements. Vous voulés profiter de la circonstance? C'est équivalent à une déclaration de guerre. Autant voudrait il déchirer tout le traité.» — J'avais toutes les peines imaginables pour calmer son agitation et pour pouvoir continuer ma lecture. J e ne lui repliquai autre chose si non que la spoliation de nos capitaux était postérieure au Traité, était même au mépris de ce Traité et qu'il était évident, qu'elle nous ôtait le moyen de payer la France, que par l'enchainement des malheurs particuliers, cette crise préparait l'épuisement et la banqueroute de l'état, qu'il était clair comme le jour, que si l'on ôte à un individu ce qu'il devoit payer à un tiers, il se trouvait hors d'état de faire face à ses engagements. Il me dit: «Vous savez que cette réclamation ne nous regarde pas, que la Prusse peut s'adresser au roi de Saxe qui y fera peut être droit, si elle est fondée.» Das russische Ministerium schien bisher wenigstens die letzte Ansicht, daß Preußen bei Sachsen Hülfe als eine Gefälligkeit nachsuchen müsse, zu teilen. Dieses, allergnädigster König, sind die Ansichten und Besorgnisse, die uns der Überblick der jetzigen allgemeinen politischen Lage Preußens aufdringt. Wären seine übrigen Verhältnisse glücklich, die Finanzlage nur einigermaßen erträglich, so würden wir ein Abwarten zufälliger Ereignisse — jedoch in jedem Falle nicht ohne tätigste Vorbereitung zum Kampfe der Verzweiflung — und eine Fortzahlung der Kontribution für weniger gefährlich halten, so hart es auch ist, die letzten Kräfte eines erschöpften Landes bis zur gänzlichen Erschöpfung in fremde feindselige Hände zu liefern. Allein die von dem unterzeichneten Finanzminister hiebeigefügte II. „Übersicht des jetzigen Finanzzustandes" 3 liefert den Beweis, daß die finanzielle Lage des Staates ebenso unglücklich als die politische ist, und enthält nachfolgende Rekapitulation in vollständiger Ausführung : Daß es die Kräfte des Staates übersteigt und den härtesten Druck, gänzliche Zerrüttung und die traurigsten Folgen aller Art herbeiführen muß, sich in einen Zustand der Rüstung gegen Frankreich zu versetzen und in solchem zu bleiben, zugleich aber die Kontribution an Frankreich zu entrichten oder sich zu deren Entrichtung in steter Bereitschaft zu halten, daß solches von jeher anerkannt und nur beabsichtigt worden sei, so lange die Kontribution zu zahlen, als es die zur Rüstung nötige Zeit erfordert und bis ein günstiger Moment erscheint, um sich jener auf immer zu entziehen oder wenigstens nicht ungerächt unterzugehen ; — daß jetzt die Unmöglichkeit der Fortzahlung eintrete, sowie die Rüstung vollendet sei, daß nicht leicht ein günstigerer Moment zu erwarten stehe, mithin eine entscheidende Partie zu nehmen sei; — daß vielleicht bei einem gänzlichen Hingeben an Frankreich Rettung in finan-

362

15. Juli 1809

zieller Hinsicht möglich, keinesweges wahrscheinlich sei, daß aber auch der Zustand der Finanzen bei einem festen Entschlüsse zur Erklärung gegen Frankreich sich bessern werde und daß sich die hiezu erforderlichen Mittel würden anschaffen lassen; — daß der ausgebrochene Krieg, der dadurch gestörte Kredit, das durch Preußens schwankendes Benehmen im In- und Auslande entstandene Mißtrauen die Finanzlage täglich für jede zu ergreifende Partie dergestalt verschlimmern, daß für solche sowie für das Land nicht gesorgt werden könne. Außerdem kommt jetzt noch in Betrachtung, daß die französischen Behörden wegen unterbleibender Kontributionszahlung bereits drohen, die kaufmännischen Wechsel einzuklagen, und daß, wenn dieser Fall eintritt, der Kredit der Kaufleute sehr leiden muß und zu ihrer Rettung nichts übrigbleibt, als die Gerichte anzuweisen, solche Wechselklagen gegen die Kaufleute nicht anzunehmen, welches einer Kriegserklärung gegen Frankreich gleich ist. Ebensosehr ist der Umstand zu berücksichtigen, daß Frankreich auf die Betreibung der holländischen Anleihe besteht, die zur Kontributionszahlung unentbehrlich ist, Preußen aber, wenn es gegen Frankreich auftritt, in die größten Verwickelungen versetzt, indem wir die Pfandbriefe auf Domänen an Frankreich und an die holländischen Darleiher aushändigen müßten, mithin beinahe auf den doppelten Betrag, wodurch E. K. M. fast alle Disposition über Allerhöchstdero Domänen entzogen würde. III. In Absicht auf das Militärwesen ist eine Übersicht der wirklich nach pflichtmäßiger Versicherung vorhandenen Streitmittel sowie der ersten Anordnungen, die im Falle eines Krieges zu treffen sein würden, auch getroffen werden könnten, in dem von dem mitunterzeichneten Generalmajor von Scharnhorst beigeschlossenen Aufsatze 6 enthalten, den wir mit folgenden Bemerkungen begleiten. Es ist höchstwahrscheinlich und beruht auf vorläufiger direkter sowie auf mittelbar durch Österreich gegebener Zusicherung, daß England Preußen im Kriege gegen Frankreich mit Geld, Waffen und Munition unterstützen werde. Wenn E. K . M. Armee sich jetzt, unterstützt von den österreichischen Armeecorps, nicht im Kriege übt, so wird sie künftig, selbst bei verdoppelter Zahl und noch so gut gerüstet, wenn sie allein im Kampfe auftreten sollte, welches jedoch an sich nicht möglich zu sein scheint, nichts leisten. Träte ein solcher Kampf der Verzweiflung ohne fremde Hülfe ein, so würde es nach versäumtem glücklichern Zeitpunkte an Bereitwilligkeit zu Opfern fehlen. Wir halten die jetzige Gelegenheit, diese Armee im Kriege zu üben, für die vorteilhafteste, indem die Hauptmacht des Gegners in Österreich, Ungarn und Spanien beschäftigt ist und der Krieg für E. K . M. mehr mit Vernichtung und Entziehung vieler dem Feinde wichtiger Hülfsmittel und Verstärkungen als mit Bekämpfung überlegener Heere beginnt. Die Lage, worin Napoleon jetzt sich befindet, ist die schwierigste aller bisherigen, indem er noch nie auf mehrern sehr entfernten Punkten zugleich zu kämpfen hatte. Der militärische Geist geht, wenn in solcher Not und Gefahr des Staates das Heer sich ohne Nutzen und ohne Beruf fühlt, verloren, die besten Individuen werden es verlassen oder mißmutig erschlaffen. Die Nation wird das Militär weit mehr als sonst für eine drückende Last halten, die richtige Ansicht und Würdi-

15- Juli 1809

363

gung der Stände wird sich verwirren und dieses Übel mit jedem Tage steigen so wie die Zerrüttung zunimmt und die Stimmung sich verschlimmert. Was endlich IV. die Lage des Innern betrifft, so existieren und drohen auch in dieser Beziehung Gefahren, die nur durch Ergreifung einer festen Partie entfernt, wenigstens gemindert werden können. Die schädlichen Einwirkungen Frankreichs nehmen im jetzigen Zustande immer mehr überhand, ohne daß bei der notwendigen großen Schonung und Rücksicht dem Übel kräftig begegnet werden kann; Insinuationen aller Art, Spionerie, Benutzung der Not, des Leichtsinns, der Treulosigkeit zu Ausführung und zu Einleitung der französischen Plane, zu Herabsetzung des Gouvernements und Verschlechterung der Nation, zu Erregung einer verwerflichen Gleichgültigkeit und Auflösung der edelsten Bande zwischen Regent und Untertanen, eine der gefährlichsten französischen Tücken, die, wie wir zur Ehre Allerhöchstdero treuen Untertanen und zu unserer innigsten Freude und Beruhigung versichern können, bis jetzt sehr wenig gelungen ist. Der Nachteil, der aus notwendiger Schonung schlechter Menschen, aus mühsamer Observation derer, die man aus politischen Gründen nicht ohne weiteres unschädlich machen darf, entsteht, ist einleuchtend und wächst immer mehr. Dagegen wird die Administration in den Augen des Volkes immer mehr herabgesetzt, da man fast keine laute oder kräftige Äußerung zugunsten dessen, was groß und edel ist, gestatten oder ermuntern darf. Das Gouvernement erscheint daher dem Volke in Schwäche und Abhängigkeit, wovon Mißtrauen und Untreue die Folge zu sein pflegt. So verbannt der französische Einfluß das Heiligste und raubt dem Gouvernement Achtung und Kraft, damit solches im entscheidenden Moment hülflos stehe oder der Verwirrung preisgegeben sei. Es ist die höchste Zeit, kräftige Anstalten zur Landesverteidigung und zur Sicherung gegen innere wie gegen äußere Feinde zu treffen. Napoleon, um seinen offenen Vernichtungsplan sicher und ungescheut vorzubereiten, erklärte im Frieden von Tilsit Verbrechen gegen den Staat für niedergeschlagen, setzte die Verbrecher unter seinen Schutz und E. K . M. zu Aufrechthaltung der innern und äußern Sicherheit solche Schranken, wie sie in der Geschichte fast noch keinem Souverän gesetzt wurden. Es ist dringend, Anstalten für den Zweck dieser Sicherheit zu treffen. Ohne Aufsehen sind sie nicht möglich, ohne festen Entschluß nicht rätlich. Sobald dieser gefaßt ist, können die Plane rasch entworfen und ausgeführt werden. Diese Übersicht der Lage des Staates nach allen Beziehungen der Administration gibt die Überzeugung, daß die Ergreifung einer Partie, da die bisherigen Maßregeln keine bestimmte Partie voraussetzen, noch weniger selbst eine ausmachen, höchstnötig und unaufschieblich sei, und wir bitten daher E. K . M. mit dem treuesten Gehorsam und mit wiederholtem Gelübde, Allerhöchstihren Willen, wohin solcher auch sich erkläre, soweit wir es nur irgend vermögen, zu unterstützen, hierdurch alleruntertänigst: daß E. K . M. nach höchstem Gutfinden eine Partie fest und ganz ohne Verzug zu ergreifen geruhen. Je nachdem hierüber E. K . M. Ausspruch erfolgt, werden die Maßregeln der Ausführung zu bestimmen sein. Sollten E. K . M. Krieg gegen Frankreich beschließen, so würde eine Unterhandlung mit England behufs der Unterstützung

364

15- Juli 1809

mit Geld und Waffen p. zu den dringendsten Maßregeln gehören. In jedem Falle aber, wohin auch E. K. M. Wille sich ausspreche, wird 1. schleunig der Staatsminister Graf Goltz und durch ihn der Baron von Wessemberg zu bescheiden sowie der Hauptmann Graf Dohna zu dem Kaiser Franz zu senden, 2. der Major von Schoeler mit einer dem Resultate gemäßen Instruktion nach Petersburg zurückzuschicken, 3. E. K. M. Rückkehr nach Berlin — wenigstens eine Reise durch Westpreußen, Pommern über Berlin und Breslau hieher baldmöglichst anzutreten sein. Diese ist zur Aufhülfe des Staatskredits, zu Belebung der gesamten, hier immer nur mangelhaften und erschwerten Staatsverwaltung nötig und eine Wohltat und Gerechtigkeit, wonach sich jahrelang Millionen treuer Untertanen innigst sehnen. Geruhen E . K . M., ihnen diesen Trost und Lohn für viele redlich und standhaft ertragene Leiden und Drangsale zu gewähren. Wir halten solches für eine Pflicht, die E. K. M. treuer Vaterliebe zu Ihren Untertanen entspricht, und würden eine längere Trennung E. K. M. von Ihren Untertanen jener Provinzen für bedenklich halten, da solche bei der Entfernung der größern Kriegstheater und bei der wenigen Gefahr, die jetzt, wenn nicht die nötige Vorsicht ganz vernachlässiget wird, zu Berlin zu besorgen sein würde, nicht länger politischen Ursachen, sondern — wenn irgend französische Kunstgriffe sich in das Spiel mischen, welche nie untätig bleiben — einem Hange zu ruhigem bequemeren Privatleben oder einer Abneigung gegen jene vorzüglich den Kriegsdrangsalen ausgesetzt gewesenen Untertanen zugeschrieben werden dürfte. Durch dieses Wiedersehen würden selbige zu den Pflichten und Opfern, wozu die nächste Zeit sie unvermeidlich auffordern wird, sich belebt und ermuntert fühlen. J e gefahrvoller die Zeit und je rastloser das Bestreben fremder Bosheit zu Auflösung der Bande zwischen Regenten und Untertanen ist, desto heiliger und dringender ist E. K. M. Beruf, diese Versuche zu vereiteln, welches Allerhöchstdenenselben bei der erprobten Treue Ihres Volkes so wenig als nach den väterlichen Gefühlen Ihres Herzens schwer sein kann. Geruhen E . K . M., unsere Ansichten, Äußerungen und Anträge, womit der Geheime Staatsrat Graf Lottum, der Obristlieutenant von Knesebeck und der Major von Schoeler, die wir damit und mit den darauf Beziehung habenden Aktenstücken vollständig bekanntgemacht haben, ganz einverstanden sind, als den Ausdruck der tiefsten Ehrfurcht und des reinsten Pflichtgefühls mit gewohnter Huld und mit derjenigen gnädigen Nachsicht aufzunehmen, die Allerhöchstihrer erhabenen Seele Eigentum und Zierde ist.« 1

2

3 4

5

Der Name des österreichischen Diplomaten lautet richtig: von Wessenberg, er ist im vorliegenden Bericht durchgängig fälschlich mit m geschrieben. Zu den Kontakten zwischen Wessenberg und Scharnhorst siehe Nr. 86 und 87. Aufsatz des Königs über die politische Lage, Königsberg, 24. Juni 1809 (eigh. Reinschrift i. gl. Fasz. Bl. 1 1 7 , nach dem eigh. Konzept Bl. 119). Gemeint ist „dreimonatigen". »Französische Abweichungen vom Frieden von Tilsit«, Königsberg, 15. Juli 1809 (Reinschrift, gez. Nagler, i. gl. Fasz. Bl. 138). »Uber die dermalige Lage des Finanzwesens des Preußischen Staats, vorzüglich in Beziehung auf die politischen Verhältnisse und der rücksichtlich solcher zu fas-

ig. Juli 1809

6

365

senden Entschließungen«, Königsberg, 15. Juli 1809 (Reinschrift, gez. Altenstein, Bl. 144). »Uber die militärischen Anordnungen und die aufzustellenden Streitmittel bei dem Ausbruch eines Krieges«, Königsberg, 15. Juli 1809 (Reinschrift, gez. Scharnhorst, Bl. 157).

131. Kabinettsorder an Großkanzler Beyme gez. Friedrich Wilhelm Königsberg, 19. Juli 1809 Z S T A Merseburg, Justizministerium, Rep. 84 a I B M Nr. 52 Bd. 1 (neu: Rep. 2.5.1. Nr. 7198) Bl. 173, 207, 2 1 1 : Abschriften; Bl. 2 1 0 : Druck; Gesetzsammlung 1806—1810, Nr. 86, S. 579 f.

Aufhebung der MilitärJurisdiktion »Mein lieber Großkanzler Beyme! Nachdem nunmehr die dem Kanzler Freiherrn von Schroetter und dem Generalauditeur von Koenen zur näheren Prüfung hingegebene Frage: ob es ratsam sei, die MilitärJurisdiktion gänzlich aufzuheben und das Strafamt des Militärs bloß auf die Disziplinarsachen einzuschränken vollständig erwogen und von den Beauftragten sowohl als auch von Euch gutachtlich darüber berichtet worden 2 , so setze Ich hiemit folgendes fest: 1) Der Militärgerichtsstand in allen Angelegenheiten der bürgerlichen Gerichtsbarkeit wird aufgehoben; 2) dasselbe findet also auch in Ansehung der Ehescheidungs-, Sponsalien- und Alimentationsprozesse unehelicher Kinder, welche bisher vor das Kriegeskonsistorium gehörten, statt; 3) dagegen wird der Militärgerichtsstand in Angelegenheiten der Kriminalgerichtsbarkeit und in den Injuriensachen rücksichtlich aller im Dienst befindlichen Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten, desgleichen wirklicher Militärpersonen, die nicht Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten sind, beibehalten. a) Pensionierte Offiziere weden den im Dienst befindlichen gleichgesetzt; b) in Ansehung der im Dienst befindlichen Offiziere macht es keinen Unterschied, ob sie wirklich in Diensttätigkeit angestellt, mit Wartegeld oder halbem Sold versehen sind oder nicht, indem nur die wirkliche Dienstentlassung den Kriminalmilitärgerichtsstand aufheben kann; c) alle anderen Militärpersonen, die nicht Offiziere sind, haben den Militärgerichtsstand in Kriminal- und Injuriensachen nur dann, wenn sie im Dienst wirklich angestellt sind. 4) Die Ehefrauen, Familien, das Gesinde und die Angehörigen der Offiziere, Unteroffiziere, Soldaten und Militärpersonen haben den Militärgerichtsstand auch in Kriminal- und Injuriensachen nicht. 5) Der Militärgerichtsstand der Offiziere vom höchsten bis zum untersten

366

ig. Juli 1809

Grade, imgleichen der Unterstabsbedienten und anderer im Range ihnen gleich zu achtender Militärpersonen, ihrer Frauen und Familien, soweit derselbe nach obigen Bestimmungen aufgehoben ist, gehet auf die Landesjustizcollegia der Provinz über. Feldwebel, Wachtmeister, Feuerwerker, Portepeefähnriche, Unteroffiziere und Gemeine, Kompaniechirurgen, Stallmeister, Küster, Fahnschmiede etc. werden, insofern sie nicht wegen ihres Standes einen andern Gerichtsstand haben, der Gerichtsbarkeit der Untergerichte der Garnisonstadt untergeordnet. Eine gleiche Bewandtnis hat es mit ihren Frauen und Familien, wenn selbige in der Garnisonstadt sich aufhalten; wohnen sie aber anderwärts, so bleiben sie nach Vorschrift des Allgemeinen Landrechts Teil 2, Tit. 10, § 43 unter der Gerichtsbarkeit ihres Wohnorts. 6) Die bisherige dingliche Gerichtsbarkeit, welche einigen Militärgerichten zustand, gehet auf die ordentliche bürgerliche Gerichtsbarkeit über, vor welche andere Grundstücke gleicher Art der Provinz oder des Orts gehören. 7) Alle bei den Militärgerichten schwebenden gerichtlichen Angelegenheiten des aufgehobenen Militärgerichtsstandes werden an die gehörigen Zivilgerichte abgegeben, neue dieser Art aber von den Militärgerichten nicht mehr angenommen. Hiernach habt Ihr das Weitere gemeinschaftlich mit dem Chef des Allgemeinen Kriegsdepartements, an welchen Ich einen gleichlautenden Befehl erlasse, zu verfügen 3 , und Ich verbleibe Euer wohlaffektionierter König.« Siehe K. O. an den Kanzler Freiherrn von Schroetter, Königsberg, 21. Januar 1808, R M Stein I, Nr. 100, S. 334 f. 2 I. B. des Kanzlers von Schroetter und Koenens, Königsberg, 19. Dezember 1808 (Konzept, gez. Schroetter, Koenen, i. gl. Fasz. Bl. 136); I. B. Beymes, Königsberg, 14. Juli 1809 (eigh. Konzept u. gez. Beyme, Bl. 168). 3 Der Geheime Oberjustizrat und Generalauditeur v. Koenen und der Kammergerichtspräsident von Kircheisen werden am 25. Juli 09 um ihre Meinung gebeten, wie die in der K. O. vom 19. Dezember 08 enthaltenen Modifikationen der Militärjurisdiktion am besten und leichtesten auszuführen seien (Konzept Diederichs, Unterschriften herausgeschnitten, vermutlich von Beyme und Schroetter gez., Bl. 177). Der Antwortbericht erfolgt am 7. August 1809 (Ausf., gez. Kircheisen, Koenen, Bl. 180). Diesen Bericht über die verminderte Militärjustizverfassung sendet Beyme am 15. August 1809 an den Generalmajor von Scharnhorst und schlägt eine Konferenz für den 18. August vor (Konzept Diederichs, gez. Beyme, Bl. 184). Die endgültige Instruktion an die Militärgerichte vom 15. September 1809 siehe Nr. 145. 1

21. Juli 1809

367

132. Immediatbericht der Staatsminister Königsberg, 21. Juli 1809 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I 24 Bl. 195: Ausf., gez. Nagler (in Abwesenheit von Goltz), Altenstein, Dohna, Beyme, v. Scharnhorst.

Gutachten über zu ergreifende Maßregeln nach dem französisch-österreichischen Waffenstillstand »E. K. M. haben mündlich heute unser Gutachten über die Maßregeln zu erfordern geruhet, die nach dem am 12. d. M. geschlossenen französisch-österreichischen Waffenstillstände zu ergreifen sein möchten. Wir haben diesen wichtigen Gegenstand sorgfältig beraten und nachdem der Oberlieutenant von Knesebeck uns gestern durch ein Schreiben einen E. K. M. überreichten Aufsatz „über die Notwendigkeit der unverzüglichen Ergreifung einer festen Partie" mitgeteilt hat 1 , so erhalten wir heute den von demselben E. K. M. eingereichten Aufsatz 2 über die jetzt nach jenem Waffenstillstand notwendigen Schritte Preußens. Dieser Aufsatz erschöpft obigen Gegenstand, und wir stimmen sämtlich dem p. von Knesebeck vollkommen bei. — Wir haben diesen Waffenstillstand nach dem verschlossenen zögernden Benehmen Preußens — und nach den doppelten von einer an seltene Treulosigkeit grenzenden Schritten Rußlands erwartet und können nach ruhiger Uberzeugung und Erwägung der bisherigen Schritte und der ganzen jetzigen Lage der Dinge nur dem Rate des p. von Knesebeck beistimmen. Wir berühren hier ohne weitere Ausführung, daß wir bei der Anwesenheit des Herrn Prinzen von Oranien sämtlich der Überzeugung waren, daß E. K. M. fester Wille dahin gehe, Österreich spätestens binnen 8 Wochen von damals — tätig zu unterstützen, und wir glauben, daß wenn E. K . M. mit Österreich gemeinschaftlich jetzt den Waffenstillstand einzugehen gehabt hätten, die Lage Preußens dadurch und durch einen etwa darauf folgenden Frieden nicht schlimmer, sondern minder schwankend und gefährlich sein würde, als sie jetzt ist, der politischen Achtung gar nicht zu gedenken. — Wir bitten E. K . M. wiederholt alleruntertänigst, statt der bisherigen Unentschiedenheit eine feste Partie zu ergreifen. Wir können mit dem p. von Knesebeck nur zur vollen und gänzlichen Vereinigung mit Österreich in der von demselben vorgeschlagenen Art raten. Wir halten die höchste Beschleunigung für dringend nötig, da in solchen Lagen an Minuten das Schicksal von Staaten und von Regenten geknüpft ist. E. K . M. müssen in jedem Falle Ihrem Versprechen gemäß über die von Wessembergsche Négociation Allerhöchstihre Erklärung in das österreichische Hauptquartier durch einen vertrauten Offizier, wozu wir den p. von Knesebeck vorzüglich geeignet halten, nunmehr ohne längern Verzug absenden. Wohin E. K. M. höchste Entschließung ausfallen wird, darnach wird der Major von Schoeler, dessen Sendung nach Petersburg wir ebenfalls für sehr dringend halten, zu instruieren und mit Autographen-Schreiben E. K. M. an den Kaiser Alexander zu beauftragen sein.

368

24. Juli 1809

Sollte dieser Souverän während des österreichischen Waffenstillstandes den Frieden mit Schweden zustande bringen, so würde zu hoffen sein, daß seine jetzigen Demonstrationen ohne Blutvergießen sich in wirkliche Feindseligkeiten gegen Frankreich verwandeln und eine Änderung seiner verblendeten und unedlen Politik erfolgen.« 1

»Promemoria« Knesebecks v o m 20. Juli 1809 (i. gl. Fasz. Bl. 184), Begleitbrief an den K ö n i g (Bl. 182).

2

»Gedanken über die eingelaufene Nachricht des Waffenstillstandes«, Königsberg, 21. Juli 1809, gez. v. d. Knesebeck (Bl. 189), Begleitbrief an den König (Bl. 187).

133. »Materialien zur Beratung über die Organisation des Staatsrats« [Königsberg], 24. Juli 1809 ZSTA

Merseburg,

Bl. 1 1 :

Konzept,

Ministerium des Innern,

Rep. 77

Tit. 494 Nr. 1 Bd. 1

gez. Friese, mit eigh. Zusätzen Dohnas,

Verbesserungen

Frieses und umfangreichen Bleistiftstreichungen.

»1) Der Staatsrat ist der Vereinigungspunkt der gesamten innern Staatsverwaltung. Er hat die oberste Leitung und 1 Kontrolle derselben. Er sorgt dafür, daß keine Willkür und Einseitigkeit sich in die Administration einschleiche und die einzelnen Zweige derselben stets in Übereinstimmung mit dem Wohl des Ganzen geleitet werden. Er ist zugleich der oberste Ratgeber des Königs. 2) An ihn gelangen daher sämtliche Berichte der Minister und Sektionschefs an des Königs Majestät. Insbesondere müssen alle Verwaltungsgrundsätze, alle neuen Gesetze und allgemeinen Einrichtungen oder Veränderungen bestehender Anordnungen, alle Dienstentlassungen, auch alle Dienstbesetzungen, die ersteren ohne Ausnahme, die letzteren von den höchsten Stellen bis inklusive 2 zu den Räten bei den Landeskollegien oder den damit in gleicher Kategorie stehenden Stellen, vor ihrer Ausführung im Staatsrat vorgetragen und beraten werden sowie diejenigen besondern Gegenstände, welche in einzelnen Gesetzen zur Entscheidung des Staatsrats verwiesen wurden. 3) Hiervon werden ausgenommen und v o n den Chefs direkt an Seine Majestät gebracht: a) bloße Gnadensachen, b) die politischen und auswärtigen Angelegenheiten, c) das Detail der Militärverwaltung, d) alle Gegenstände, welche auf die auswärtige Kontribution Bezug haben, e) alle gewöhnlichen Berichte des Justizministerii, f) die geheimen Polizeiangelegenheiten. 3 Diese Gegenstände gelangen nur dann in den Staatsrat, wenn des Königs Majestät dessen Gutachten ausdrücklich erfordert haben. Die Grundsätze hingegen zur Organisation der Militärverfassung, insoferne sie nicht das rein

24. J u l i 1809

369

Technische derselben betreffen, mithin alle Einrichtungen, die das Verhältnis der bewaffneten Macht gegen die übrigen Staatsbürger und die staatsbürgerlichen Verhältnisse der 4 Militärs selbst, ferner die Art der Rekrutierung des stehenden Heeres, dessen Verpflegung, Einquartierung und Mobilmachung angehen, müssen gleichfalls dem Staatsrat zur Beratung übergeben werden, und in dieser Hinsicht sind die Chefs der beiden Militärdepartements denselben Regeln unterworfen als die Chefs der Ziviladministration. 4) Gegenstände, die in mehrere Ministerien eingreifen, werden dem Staatsrat zur Entscheidung vorgelegt, wenn die betreffenden Minister sich darüber nicht vereinigen können. 5) Jeder Minister ist befugt, Gegenstände von besonderer Wichtigkeit im Staatsrat zum Vortrag bringen zu lassen, auch wenn sie sein Ministerium nur allein angehen. 6) Jeder Minister legt dem Staatsrat jährlich eine allgemeine Übersicht von dem Verwaltungszustande seines Ressorts vor, und der Staatsrat befördert dann den generellen Bericht über das Ganze der innern Verwaltung an des Königs Majestät. Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten sowie die Chefs der beiden Militärdepartements sind von Vorlegung einer solchen Übersicht nicht ausgenommen ,5 7) Der Staatsrat besteht: a) aus sämtlichen Prinzen des Königlichen Hauses, welche das 18. Jahr zurückgelegt haben, b) sämtlichen Ministern und den Chefs der beiden Militärdepartements, c) sämtlichen Geheimen Staatsräten, d) dem Geheimen Staats- und Kabinettssekretär, e) denjenigen, welche des Königs Majestät aus besonderm Vertrauen zu Mitgliedern des Staatsrats berufen haben. Hiervon hat jeder eine Stimme, und der Beschluß geschiehet durch Mehrheit der Stimmen. Nota. Zu wünschen wäre es, daß des Königs Majestät geruhen möchten, in der Kategorie zu e) einige der eminentesten Köpfe aus der Nation selbst, zum wenigsten aus jeder Provinz einen, auf jeden Fall aber solche Subjekte zu ernennen, die durchaus mit der Administration selbst nichts zu tun haben. 6 8) Den Vorsitz im Staatsrat führt derjenige, welchen des Königs Majestät dazu ernannt haben, im Fall Höchstdieselben ihn nicht selbst zu führen geruhen. 9) Die Staats-, Geheimen Oberjustiz-, Geheimen Legations- 7 und die vortragenden Räte aus dem Kriegsministerium haben den Vortrag im Staatsrat und in denjenigen Sachen, wobei sie konkurrieren, gleichfalls eine volle Stimme. Der Abkürzung wegen bemerkt jeder Minister oder Sektionschef auf den Sachen, welche von ihm an den Staatsrat kommen, denjenigen Rat, der bei dem Vortrag in demselben aus seinem Ressort konkurrieren soll. Wenn Gesetzentwürfe zum Vortrag kommen, so nimmt außer dem Chef

37°

10)

n)

12)

13)

14)

24. Juli 1809

der Gesetzgebungssektion auch noch ein Staatsrat derselben mit voller Stimme an dem Vortrage teil. Das A m t des Geheimen Staats- und Kabinettssekretäxs ist, dafür zu sorgen, daß die Ausfertigungen dem Beschluß gemäß gefaßt werden und der formelle Geschäftsgang im Staatsrat in Ordnung bleibe. E r trägt die Berichte der Administrationschefs und die Beschlüsse des Staatsrats Sr. Majestät zur höchsten Entscheidung und Vollziehung vor. Es kann ein Mitglied irgendeines Departements oder einer Sektion sein. An ihn werden sämtliche Sachen, die an den Staatsrat gelangen, abgegeben. E r präsentiert sie, läßt sie eintragen und legt sie dem Vorsitzenden vor, der, insoferne mehrere Ressorts in der Sache interessieren, aus den nach § 9 benannten Räten denjenigen ernennt, welcher den mündlichen Vortrag halten soll, wozu der Regel nach der R a t desjenigen Ministeriums zu wählen ist, welches am wesentlichsten bei der Sache interessiert. Gesetzentwürfe, von welcher Behörde sie auch in Vorschlag gekommen und eingeleitet worden, werden jedesmal durch den Staatsrat der Gesetzgebungssektion vorgetragen — § 9. Nota. Es ist hierbei billig 8 vorausgesetzt, daß die bisherige Verfassung, nach welcher die Verfügungen und Immediatberichte in Sachen, die mehrere Ministerien angehen, gemeinschaftlich von den Chefs derselben vollzogen werden, fortdauern. Der Staatsrat kommt regelmäßig alle Woche einmal zusammen. Die eingegangenen Sachen müssen der Regel nach a m nächsten Sessionst'age schon vorgetragen werden und, insofern sie in mehrere Departements einschlagen, bis dahin bei den betreffenden Räten zirkuliert haben, welche nach vorherigem Vortrag bei 9 ihrem Chef ein V o t u m beifügen, wenn solches für nötig erachtet wird 1 0 . A n denjenigen R a t , der nach § 1 1 den mündlichen Vortrag der Sache im Staatsrat hat, gelangt sie zuletzt. Die Diskussion nimmt erst dann ihren Anfang, wenn die Sache vollständig vorgetragen ist. Der Regel nach ist ihr kein zu großer Spielraum einzuräumen, sondern wenn das Sachverhältnis mit den Gründen und Gegengründen vorgetragen worden und die Meinungen sich nicht bald vereinigen, so leitet der Vorsitzende die Abstimmung § 7 ein mit kurzer Wiederholung der Differenzpunkte, worauf es ankommt. 1 1 Der Geheime Staats- und Kabinettssekretär notiert sogleich im Vortragszettel bei jeder Sache ganz kurz den Beschluß. Dieser wird i m Konzept und Reinschrift von den bei der Sache konkurrierenden Räten gezeichnet und von dem Geheimen Staats- und Kabinettssekretär beglaubigt. Bei den Sachen, die an des Königs Majestät gelangen, geschieht solches unten, der Beschluß wird dem §3 gedachten Bericht beigefügt und im Fall der höchsten Genehmigung von Sr. Majestät samt denen in Gemäßheit des Beschlusses erforderlichen Verfügungen, die gleichfalls eventualiter schon ausgefertigt beigelegt werden, vollzogen. Bei Sachen, die aus dem Staatsrat remittiert werden, wird der Beschluß von den betreffenden Ministern, wenn solcher von den vortragenden Räten und dem Geheimen Staats- und Kabinettssekretär in obiger A r t kontrasigniert ist, vollzogen und vertritt die Stelle der Antwort. 1 2 Ein förmlicher Schriftwechsel findet zwischen den Mini-

24. Juli 1809

371

sterien und dem Staatsrat nicht statt, und die Sachen, die aus jenen in diesen gelangen, werden bloß mit einem Vorlegungsdekret, welches der betreffende Chef jedoch selbst unterzeichnet, abgegeben und die an des Königs Majestät gerichteten Berichte wiederum in der Reinschrift, wie schon § 3 bestimmt worden. 15) Jedes Mitglied des Staatsrats hat die Befugnis, dem Bericht an des Königs Majestät ein Votum beizufügen, wenn es sich von dem Beschluß desselben nicht überzeugen zu können glaubt. Betrifft die Sache einen Gegenstand, worin der Staatsrat aus eigner Macht verfügen kann, ohne daß es der unmittelbaren Genehmigung bedarf, so wird zwar nach dem Beschluß verfahren, der Dissentierende ist indessen berechtigt, seine Bedenklichkeiten des Königs Majestät unmittelbar vorzustellen. 13 16) Jeder Minister, Departements- und Sektionschef macht in Hinsicht seines Ressorts spezielle Vorschläge über diejenigen Gegenstände, welche der Staatsrat aus eigner Macht ohne höchste Genehmigung zu entscheiden befugt sein soll, insofern solches nicht schon in den Gesetzen bestimmt ist, wie z. B. bei Dienstentlassungen solcher Staatsbeamten, zu deren Anstellung nicht unmittelbare Genehmigung nötig ist. 14 17) Der Staatsrat ist nicht befugt, die an ihn nach § 3 gelangenden Berichte der Minister zurückzuweisen, wenn er gleich selbige für unbegründet oder unnötig hält, sobald der berichtende Minister seinen Antrag nicht freiwillig zurücknimmt; vielmehr kann der Staatsrat alsdann in dem Beschluß bloß seine Einwendungen gegen die Sache beifügen. 18) Jedes Mitglied des Staatsrats ist nicht bloß befugt, sondern verpflichtet, wenn es Irregularitäten in der Administration bemerkt oder gar von einer Behörde gegen Vorschriften und allgemeine Grundsätze verfahren wird, solches in dem Staatsrat zur Sprache zu bringen. Dieser überzeugt sich alsdann von dem Sachverhältnis, und wenn er den Vorwurf gegründet findet, so trifft er, je nachdem die Sache sich dazu eignet, entweder sofort die nötige Remedur oder berichtet darüber an des Königs Majestät. Die Verfügungen werden zwar im Namen des oder derjenigen Chefs, zu dessen oder deren Ressort die Sache gehört, erlassen, auch von ihm oder ihnen vollzogen, so daß der Staatsrat äußerlich als keine besondere Behörde im Publikum erscheint, jedoch werden die Verfügungen jedesmal im Büro des Staatsrats aus- und abgefertigt, auch im Konzept von dem Geheimen Staats- und Kabinettssekretär gezeichnet, welcher dafür sorgt, daß Abschrift derselben an die betreffende Verwaltungsbehörde abgegeben wird. 15 19) Ein gleiches Verfahren findet bei Beschwerden statt, welche bei dem Staatsrat angebracht werden. Sie werden jedoch nicht eher angenommen, sondern sogleich an das betreffende Ministerium remittiert, wofern ihm nicht die Resolution desselben beigelegt ist. 16 20) In diesem sowie in dem vorigen Fall (§ 18) findet jedoch, wie auch schon bemerkt worden, kein Schriftwechsel zwischen dem Staatsrat und dem betreffenden Ministerium statt, sondern der Staatsrat ernennt durch Mehrheit der Stimmen einen oder mehrere Räte, welche die Sache aus den Akten des betreffenden Ministeriums am nächsten Versammlungstage vortragen. 25

Stein/Hardenberg

372

21)

22)

23) 24)

24. Juli 1809

Bei diesem Vortrage wird jedoch jedesmal derjenige Rat mit voller Stimme zugezogen, der die Sache in dem Ministerium bearbeitet hat und dem der vortragende Rat davon Nachricht gibt. Da der Staatsrat die oberste Kontrolle der gesamten innern Staatsverwaltung führen und, wenn Einheit in selbige kommen soll, kein Verwaltungszweig seiner Einwirkung entzogen werden kann, so folgt es, daß in beidem Betracht § 18 und 19 auch sämtliche Militärautoritäten ihm untergeordnet sein müssen, ausgenommen, was Dienstdisziplin und das rein Technische angeht, in welcher letztern Rücksicht sie lediglich den militärischen Oberen und unmittelbar des Königs Majestät untergeordnet bleiben. Es kann demnach der Staatsrat alle Verhältnisse der Militärpersonen zum Zivil, insofern darüber Beschwerden eingehen, zu seiner Kognition ziehen in der vorgedachten Art. 1 7 Der Vorsitzende und der Geheime Staats- und Kabinettssekretär sind für die gehörige Befolgung der § 18 bis 21 enthaltenen Bestimmungen besonders verantwortlich. 18 In dem Kabinett werden künftig nur die Beschlüsse des Staatsrats und die § 3 gedachten Gegenstände vorgetragen. 19 Der Staatsrat erhält ein eignes Subalternpersonal, die Registratur desselben ist mit der Kabinettsregistratur, die § 3 Litt, b und e gedachten Gegenstände ausgenommen, stets vereinigt und samt dem ganzen Subalternpersonal dem Geheimen Staats- und Kabinettssekretär untergeordnet.

Wenn diese Vorschläge genehmigt werden, so dürfte darnach die über die organische Verfassung und äußeren Verhältnisse des Staatsrats zu publizierende Verordnung und die nötige Dienstinstruktion über den formellen Geschäftsgang auszuarbeiten sein.« »Leitung und« wurde gestrichen. Zusatz von Dohna, ursprüngl. Text: »alle Dienstbesetzungen bis zu den Räten«. 3 Der Text von d), e) und f) wurde von Dohna zugefügt. 4 »der« von Friese verbessert, ursprüngl.: »des«. 5 Dieser Satz wurde gestrichen. 6 Diese Note wurde gestrichen. 7 »Geheimen Legations-« gestrichen. 8 »billig« gestrichen. 9 Von Friese verbessert, ursprüngl.: »vorheriger Rücksprache mit«. 10 Zusatz Frieses: »wenn solches ... wird«. 1 1 Der Absatz 13) wurde gestrichen. 12 Dieser Satz wurde gestrichen. 13 Dieser Absatz wurde gestrichen. 14 Der Abschnitt 16) wurde gestrichen. 15 A b »Dieser überzeugt sich alsdann« gestrichen. 16 Der Abschnitt 19) wurde gestrichen 17 Der Abschnitt 21) wurde gestrichen. 18 Der Abschnitt 22) wurde gestrichen. 19 Der Abschnitt 23) wurde gestrichen. 1

2

373

25. Juli 1809

134. Assessor David Friedlaender an den [Geheimen Staatsrat von Klewitz] Berlin, 25. Juli 1809 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des

Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1

Bl. 1 1 1 : eigh. und gez.

Darlegung der mißlichen Finanzlage der Berliner Judenschaft, Verbesserungen durch anzustrebende Gleichstellung mit allen anderen Staatsbürgern »Ew. Hochwohlgeboren haben durch Dero gütiges und wohlwollendes Schreiben vom 13. dieses Monats meine Erwartung übertroffen; ich werde ein immer größerer, aber auch immer dankbarerer Schuldner. — Die Reise nach Königsberg] unterbleibt vorderhand, aber ich mache von der gnädigen Erlaubnis Gebrauch, um Ew. Hochwohlgeboren die Gründe anzugeben, warum uns in der jetzigen kritischen Lage des Ganzen eine gänzliche Umwandelung der Verfassung der Judenschaft in B [erlin] so dringend schien und noch scheint. — Uber die Bevölkerung Berlins als eine Folge der Zerstörung alles Handels und fast aller Fabriken (die größer ist, als man vielleicht in Königsberg] glaubt) enthalte ich mich, weitläuftig zu sprechen. Das täglich zunehmende Elend tragen wir mit allen Einwohnern Berlins, wenn es auch die Gemeinde stärker drückt, da sie bloß auf den Handel eingeschränkt ist. Schwerer lastet auf uns die akkreditierte Meinung: die Judenschaft sei im Besitz eines großen Geldvermögens und der Mehrteil habe in den Jahren des Krieges große Reichtümer erworben oder sie doch beträchtlich vermehrt. Diese Meinung schadet uns bei den hohen Behörden außerordentlich; verursacht einesteils, daß man verhältnisweise größere Forderungen an uns macht, andernteils, daß die Weigerungen für bösen Willen oder wohl gar für Mangel an Anhänglichkeit aufgenommen werden. Meine Freunde und ich haben Veranlassung gehabt, in das Innere des Familienzustandes unsrer Hausväter einzudringen, und wir können vor Gott! versichern, daß, vier, höchstens sechs Familien in B[erlin] ausgenommen, alle Hausväter, die noch wohlhabend sind, den dritten und vierten Teil ihres Vermögens verloren haben, wenn auch ihre Besitztümer in Hypotheken, Staatspapieren, Banco- und Seehandlungsobligationen pp. für den vollen Wert und nicht nach dem Kurs des Tages angenommen werden. Ich würde mir selbst verächtlich vorkommen, wenn ich einen Mann von Ihrer Würde, dessen Zutrauen ich für alles in der Welt nicht aufopfern möchte, auch nur durch eine Übertreibung des Verfalls der Geldkräfte meiner Mitbrüder täuschen wollte. In dieser mißlichen Lage fordern seit dem Anfange des Jahres die obersten Behörden dreijährige rückständig gebliebene Abgaben, die der Judenschaft jederzeit als außerordentliche, andern Stadteinwohnern nicht obliegende Lasten schwer geworden und jetzt unerschwinglich sind. So wurden z. B. im April Servisgelder aus der Zeit der Anwesenheit des Feindes von den Stadteinwohnern, wie billig ist, nicht verlangt, von uns aber wegen der traurigen solidarischen Kette gefordert; auf Berufung rechtlichen Gehörs antwortete man den Ältesten mit — militärischer Exekution. Diese Forderung betraf indessen eine mäßige Summe. Nun kam die Reihe an 25»

374

25. Juli 1809

rückständige Schutz- und sogenannte Silberlieferungsgelder. Diese betragen für die Judenschaft in B[erlin] nahe an Rt. 45000. — Diese sollen bezahlt und auch die laufenden Abgaben unter Androhung der strengsten Maßregeln entrichtet werden. Die Ältesten sahen sich also zu einer genauen Untersuchung über die Möglichkeit der Ausführung veranlaßt, und diese fiel selbst gegen ihre eigene Erwartung so überaus traurig aus, daß kein Mittel übrigblieb, als bei dem General-Fiscalat sowohl wie bei der Kurmärkischen Regierung die Resultate mit der Erklärung niederzulegen: wenn man auf die Einzahlung mit Androhung exekutivischer Mittel beharrte, so müsse die Gemeinde durch Deputierte Schutz bei dem Throne suchen und die Ältesten ihre Ämter niederlegen. Um diese Zeit nahm ich mir die Freiheit, an Ew. Hochwohlgeboren zuschreiben. 1 Die Resultate sind kürzlich folgende: Seit 1806 ist die Zahl der Judenfamilien von 453 auf 405 mangels neuer Ansetzungen gesunken, also um 48 Familien. Anno 1806 war die Zahl der Dürftigen, von Almosen und Unterstützung der Verwandten Lebenden 135, itzt 175, also um 40 vermehrt. Von diesen 230 [nämlich 405 minus 175] sind 130 und jene von Verarmten 40 zusammen Rt. 35000 im Rückstände. Die übrigen 100 haben zwar bezahlt, aber mehreren von ihnen hat */3 bis 1/2 der Abgaben erlassen und Terminalzahlung bewilliget werden müssen. Ferner der Rückstand von Rt. 35000. — kann zwar mit Ausschluß der völlig Verarmten zum Teil gezahlt werden, aber die Zahlungsfähigen können auf der Stelle nichts geben: sie bestehen in Witwen und Minorennen, die keine Revenüen zur Stunde haben, in Hausvätern, welche im Konkurse oder sonst verwickelt sind, in Rentenierern oder sonst Hypothekenbesitzern pp. Dieses traurige Tableau haben wir bei beiden Behörden niedergelegt und unsre Angaben eidlich zu erhärten uns erboten. Zugleich haben wir den ganzen mit Anstrengung zusammengebrachten Vorrat der Kasse, ungefähr Rt. 7000, bezahlt und uns erboten, das noch Einzuziehende getreulich abzureichen. — Das Generalfiscalat hat darauf die Exekution sistiert, und eine gleiche Willfahrung erwarten wir von der Kurmärkischen Regierung. Vorderhand können wir also ruhig sein; aber welche Zukunft erwartet uns ? — Die Rede ist nicht allein von der Abbezahlung der schuldigen Posten, sondern von der Existenz der Judenschaft überhaupt. — Wie kann sie bei dem gesunkenen Wohlstande, bei dem zerrütteten Zustande der Handlung und der Fabriken, bei außerordentlichen Abgaben, bei den neu hinzukommenden Lasten als Stadtbürger und bei dem Glauben an ihren Reichtum, den man hegt, fortdauern? — Ist es nicht äußerst dringend, ihren Verfall zu den Ohren der Allerhöchsten Behörden zu bringen und, wenn eine Untersuchung so streng wie möglich die Angabe bestätiget, vorerst auf Aufhebung der solidarischen Verbindung in 1. Absicht der Abgaben, dann: 2. auf Gleichstellung mit allen andern Staatsbürgern und Eröffnung anderer Erwerbsquellen zu bestehen? Nach meiner Meinung ist von unsrer Seite gegenwärtig, wenn jemals, die schicklichste Zeit dazu. In dem Drange der Umstände hat uns die Kommission der

[29. Juli 1809]

375

Siebenundzwanziger, welche mit den Ältesten die ganze Gemeinde repräsentieren, mit Vollmacht versehen, alles zu tun, was uns der Bürgerrechte würdig machen kann, so daß die Regierung in uns keine Schwierigkeit und kein Widerstreben finden wird, eine andere Verfassung mit Begierde anzunehmen. Ich enthalte mich, edler Menschenfreund! Sie mit einer noch ausführlicheren Beschreibung dieses traurigen Gegenstandes zu behelligen. Nur an die Gefahr, die uns durch das Ausscheiden der wohlhabendsten Mitglieder durch Emigration droht, die durchaus, wenn keine Abänderung unsrer Verfassung eintritt, erfolgen muß, will ich noch erinnern und dann jeden Wink, den mir E w . Hochwohlgeboren zu geben die Gnade haben werden, mit Sehnsucht und Vertrauen erwarten. In dem Schiffbruche, der das ohnedies lecke Fahrzeug, worin wir Juden uns seit so langen Jahren befinden, betroffen hat, zu wem soll man den Blick hinwenden als zum vielerfahrnen Steuermann?« 2 1

Friedlaender an [Klewitz], Berlin, 9. Januar 1809, siehe Nr. 32.

2

A m 3. A u g u s t schickt K l e w i t z dieses Schreiben an Dohna zur

Kenntnisnahme

und evtl. weiteren Veranlassung (Konzept, gez. K l e w i t z i. gl. Fasz. Bl. 1 1 6 ) ; die A n t w o r t Dohnas v o m 18. A u g u s t siehe Nr. 141.

135. Eingabe ostpreuBischer Gutsbesitzer an den Innenminister Graf zu Dohna undatiert [29. Juli 1809] Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 6 Bl. 1: Ausf., gez. Woisky, Podewils, Krockow, Dohna, Domhardt, Dohnen, Reichertswalde, Brederlow, Sydow, Dönhoff, Sydow, Schimmelpenink, Groeben,

Kalckstein.

Beschwerden wegen Einrichtung einer neuen Polizeiverwaltung auf dem Lande »Ew. Exzellenz sind berufen, die Stütze eines Vaterlandes zu sein, dessen Söhne wir sind. — Von Ihnen erwarten wir die Aufrechthaltung unserer alten Verfassung. — Lassen Sie uns nicht das Opfer eines Systems werden, welches keinen andern Zweck hat, als die Gutsherren ihren Bauern gleich zu machen und jede Ordnung aufzulösen, die bisher in unserm Staate bestand. Wir haben unsern Patriotismus bewährt, indem wir ohne Murren so manches Opfer brachten, welches die Not des Vaterlandes und der Drang der Umstände erheischte. — Aber nur dann bringt man freiwillig und gerne solche Opfer, nur dann erwacht jener Enthusiasmus, der die Wiedergeburt eines am Abgrunde stehenden Staates möglich macht, wenn Sicherung der teuersten Rechte, Auf rechthaltung der alten Verfassung der Zweck und die Belohnung dieser Opfer ist. Durch die schnell aufeinanderfolgenden Verordnungen, Maßregeln und Ankündigung noch anderer bevorstehender Maßregeln, die einzig auf das Nivellierungssystem einer allgemeinen Gleichheit und Aufhebung des Unterschieds der Stände berechnet sind, — sind wir zu Boden gebeugt, und nichts gleicht unserm schreckensvollen Erstaunen, da wir nun auch erfahren müssen, daß man uns die Polizeigewalt in unsern eigenen Gütern einschränken, ja vielleicht bald ganz entreißen will. Was ist ein Gutsbesitzer ohne Polizeigewalt? — Urteilen E w . Exzellenz selbst. In welche Lage muß ein Gutsbesitzer geraten, wenn noch ein anderer außer ihm selbst das Recht hat, die Polizei in seinen Gütern unmittelbar

376

[29. Juli 1809]

wahrzunehmen und vielleicht wohl gar unter diesem Vorwande die unerträglichsten Schikanen auszuüben. — Wir erklären, daß wir kein Mißtrauen in den Charakter der beiden Männer setzen, die dem Landesdirektor von Jaski als Assistenten zugeordnet worden — wir kennen sie nicht. — Aber das System ist es, gegen welches wir ebenso ehrfurchtsvolle als feierliche Vorstellungen einlegen müssen; das System, nach welchem Männer, die nicht aus unserer Mitte gewählt, Männer, die nicht in unserm Kreise angesessen sind, Männer, die keinen andern Anspruch auf einen solchen Posten haben als den Anspruch einer Versorgung, solche Männer durch ein bloßes Dekret der Landesregierung dem Landrat als Assistenten zugeordnet und bevollmächtigt werden, in unsern Gütern Polizeianstalten zu treffen. — Muß sich der Adel nicht für tief erniedrigt halten, wenn zu eben der Zeit, wo der Staat den Bürgern in den Städten Wahlrechte bewilligt, die sie weder hatten noch begehrten, wenn zu eben dieser Zeit das Wahlrecht der Stände, welches ihnen verfassungsmäßig zustehet, beschränkt wird. Und ist es nicht in der Tat unverträglich mit dem repräsentativen System selbst, wenn es doch zufolge der neuern philosophischen Theorien die Grundlage aller neuen Verfassungen sein soll, wenn es Assistenten des Landrats gibt, die nicht der Wahl des Kreises überlassen bleiben? — Wir halten uns für ebenso verpflichtet als berechtigt, die Polizei in unsern Gütern wahrzunehmen. Jeder Gutsherr ist die seinen Gütern vorgesetzte Polizeibehörde, und wenn er seine Pflichten in dieser Hinsicht versäumt: so ist er unbedenklich zunächst dem Landrätlichen Officio dafür verantwortlich. — Doch war bisher das Landrätliche Officium nicht befugt, irgendeine Polizeimaßregel in einem adeligen Gute unmittelbar zu treffen; es hatte nur die Verpflichtung auf sich, die Polizeiverordnungen durch Circularien den Gutsherren bekanntzumachen und darauf, daß sie befolgt würden, zu wachen. Doch war das Landrätliche Officium bisher nicht eine vom Staate directe ernannte Behörde; den Ständen stand verfassungsmäßig das Recht zu, den Landrat aus ihrer Mitte unter Bestätigung des Staats zu wählen. — Wir getrauen uns zu behaupten, daß es keiner beständigen Assistenten des Landrats in Ansehung der Polizei in adeligen Gütern bedarf; und daß die Kreisdeputierten hinlänglich imstande sein werden, dem Landrat in Bekanntmachung und Kontrolle der Polizeiverordnungen zu assistieren, wenn nur die Ausführung derselben den Gutsherrn selbst, einem jeden in seinen Gütern, wie bisher überlassen bleibt. — Und wenn es notwendig ist, Unterbediente anzusetzen und dem Landrate und den Kreisdeputierten die Kontrolle der Polizei des Kreises zu erleichtern, so würde es schicklicher und zweckmäßiger sein, diese Unterbedienten den Kreisdeputierten lieber unterzuordnen, als sie zu Vorgesetzten des Kreises zu machen. Um die Aufrechthaltung unserer alten Verfassung bitten wir ebenso ehrfurchtsvoll als dringend, und das tröstende Bewußtsein, daß Ew. Exzellenz mit dem eifrigsten Patriotismus den lebhaften und innigen Wunsch verbinden, Ihre Administration ebensosehr durch Gerechtigkeit als durch Milde auszuzeichnen, läßt uns hoffen, keine Fehlbitte getan zu haben. Mit der vollkommensten Hochachtung und wahren Verehrung haben wir die Ehre zu sein Ew. Exzellenz ganz gehorsamste [. . -]«1 1

Die Antwort Dohnas erfolgt am 13. A u g u s t 1809, siehe Nr. 140.

376

[29. Juli 1809]

wahrzunehmen und vielleicht wohl gar unter diesem Vorwande die unerträglichsten Schikanen auszuüben. — Wir erklären, daß wir kein Mißtrauen in den Charakter der beiden Männer setzen, die dem Landesdirektor von Jaski als Assistenten zugeordnet worden — wir kennen sie nicht. — Aber das System ist es, gegen welches wir ebenso ehrfurchtsvolle als feierliche Vorstellungen einlegen müssen; das System, nach welchem Männer, die nicht aus unserer Mitte gewählt, Männer, die nicht in unserm Kreise angesessen sind, Männer, die keinen andern Anspruch auf einen solchen Posten haben als den Anspruch einer Versorgung, solche Männer durch ein bloßes Dekret der Landesregierung dem Landrat als Assistenten zugeordnet und bevollmächtigt werden, in unsern Gütern Polizeianstalten zu treffen. — Muß sich der Adel nicht für tief erniedrigt halten, wenn zu eben der Zeit, wo der Staat den Bürgern in den Städten Wahlrechte bewilligt, die sie weder hatten noch begehrten, wenn zu eben dieser Zeit das Wahlrecht der Stände, welches ihnen verfassungsmäßig zustehet, beschränkt wird. Und ist es nicht in der Tat unverträglich mit dem repräsentativen System selbst, wenn es doch zufolge der neuern philosophischen Theorien die Grundlage aller neuen Verfassungen sein soll, wenn es Assistenten des Landrats gibt, die nicht der Wahl des Kreises überlassen bleiben? — Wir halten uns für ebenso verpflichtet als berechtigt, die Polizei in unsern Gütern wahrzunehmen. Jeder Gutsherr ist die seinen Gütern vorgesetzte Polizeibehörde, und wenn er seine Pflichten in dieser Hinsicht versäumt: so ist er unbedenklich zunächst dem Landrätlichen Officio dafür verantwortlich. — Doch war bisher das Landrätliche Officium nicht befugt, irgendeine Polizeimaßregel in einem adeligen Gute unmittelbar zu treffen; es hatte nur die Verpflichtung auf sich, die Polizeiverordnungen durch Circularien den Gutsherren bekanntzumachen und darauf, daß sie befolgt würden, zu wachen. Doch war das Landrätliche Officium bisher nicht eine vom Staate directe ernannte Behörde; den Ständen stand verfassungsmäßig das Recht zu, den Landrat aus ihrer Mitte unter Bestätigung des Staats zu wählen. — Wir getrauen uns zu behaupten, daß es keiner beständigen Assistenten des Landrats in Ansehung der Polizei in adeligen Gütern bedarf; und daß die Kreisdeputierten hinlänglich imstande sein werden, dem Landrat in Bekanntmachung und Kontrolle der Polizeiverordnungen zu assistieren, wenn nur die Ausführung derselben den Gutsherrn selbst, einem jeden in seinen Gütern, wie bisher überlassen bleibt. — Und wenn es notwendig ist, Unterbediente anzusetzen und dem Landrate und den Kreisdeputierten die Kontrolle der Polizei des Kreises zu erleichtern, so würde es schicklicher und zweckmäßiger sein, diese Unterbedienten den Kreisdeputierten lieber unterzuordnen, als sie zu Vorgesetzten des Kreises zu machen. Um die Aufrechthaltung unserer alten Verfassung bitten wir ebenso ehrfurchtsvoll als dringend, und das tröstende Bewußtsein, daß Ew. Exzellenz mit dem eifrigsten Patriotismus den lebhaften und innigen Wunsch verbinden, Ihre Administration ebensosehr durch Gerechtigkeit als durch Milde auszuzeichnen, läßt uns hoffen, keine Fehlbitte getan zu haben. Mit der vollkommensten Hochachtung und wahren Verehrung haben wir die Ehre zu sein Ew. Exzellenz ganz gehorsamste [. . -]«1 1

Die Antwort Dohnas erfolgt am 13. A u g u s t 1809, siehe Nr. 140.

136. Minister Graf zu Dohna an den Vizepräsidenten Borsche zu Stargard Königsberg, 1. August 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 121: Konzept Koehler, fortgesetzt von Dohna.

Bitte um Bericht über die Organisation der Polizeiverwaltung im Westfalen

Königreich

»Ich bin soeben damit beschäftigt, die polizeilichen Unterbehörden im Geiste unserer neuern Verwaltungsgrundsätze zu organisieren oder vielmehr erst einen Plan dazu zu entwerfen. Da dieser Teil unserer vormaligen innern Verwaltung bekanntlich der am meisten vernachlässigte war, so ist dies Geschäft eins der schwierigsten, und desto mehr also liegt mir an Rat von allen Seiten, an klaren Ideenentwickelungen über die Einrichtungen, welche zu jenem Zweck stattfinden können oder anderswo und mit welchem Erfolg stattgefunden haben. Ew. Hochwohlgeb. sind im Königreich Westfalen in einer Geschäftslage gewesen, die nicht vorteilhafter sein konnte, um sowohl gerade diesen Teil der innern Administration von Westfalen aufs genaueste kennenzulernen als auch die Materie überhaupt zum Gegenstande Ihres Nachdenkens zu machen; dieser Umstand und das besondere Vertrauen, welches ich in Ew. p. Einsichten setze, veranlassen mich, Sie mit dem Gesuch um eine instruktive Darstellung der Art und Weise, wie die Verwaltung der eigentlichen Polizei, und zwar vornehmlich in den untern Behörden, organisiert war, zu beschweren. Zwar kennt man wohl aus öffentlichen Nachrichten im allgemeinen die neuen Einrichtungen, welche das Königreich Westfalen bei und seit seiner Bildung erhalten hat, und darnach schon läßt sich voraussetzen, daß gerade die Materie, auf welche es mir jetzt ankommt, vielleicht diejenige ist, in Absicht deren das gedachte Reich gegen seine vormaligen Einrichtungen gewonnen haben kann. Allein diese öffentlichen Nachrichten sind teils nicht instruktiv genug, teils bleibt man über die Würkung der einzelnen Anordnungen im dunkeln. Namentlich stoße ich schon auf Zweifel über den Zweck der Landeseinteilungen. Die Departements sind offenbar unsere Provinzen, und die Präfekten darin nebst dem Präfektur- und Generaldepartementsrat vertreten ungefähr die Stelle unserer jetzigen Provinzialregierungen. Aber nun sind wieder die Departements in Distrikte, die Distrikte in Kantons und die Kantons in Gemeinden abgeteilt. Auf den ersten Anblick scheinen die Distrikte mit ihren Unterpräfekten und Distriktsräten etwan mit unsern Kreisen verglichen werden zu können; allein in diesem Betracht scheinen sie teils sehr groß, teils auch die Existenz der

378

l. August 1809

Kantons namentlich für die Polizei und innere Verwaltung ohne Bedeutung und nur auf die Justizorganisation berechnet zu sein. Das letztere kann ich mir aber auch aus anderen Gründen wieder nicht als wahrscheinlich denken, zumal die in den Kantons angeordneten Friedensgerichte, obgleich sie hauptsächlich in den Verhältnissen würklicher Justizbehörden zu stehen scheinen, doch wieder offenbar wesentlich in die Polizei Verwaltung eingreifen und im Grunde alle polizeiliche Dezisiv- und Strafgewalt in streitigen und in Kontraventionsfällen in sich zu vereinigen scheinen. In welchem innern Zusammenhange also jene verschiedenen Landesabteilungen stehen, wie die darin angeordneten Behörden {rücksichtlich der Polizei Verwaltung) ineinandergreifen, wie die Größe der Distrikte und der Kantons abgemessen ist und welche Würkung von dem allen Ew. Hochwohlgeb. erfahren haben, darüber wünsche ich Dero belehrende nähere Auseinandersetzung sobald als möglich zu haben. Die Maires in den Gemeinden nebst ihren Adjunkten vertreten wesentlich die Stelle unserer Magisträte in den Städten und derjenigen Behörden, die noch analogisch auf dem platten Lande geschaffen werden dürften, sowie die Munizipalitätsräte ungefähr das sind, was unsere Stadt- und künftig vielleicht auch die Dorfsverordneten sein werden, das heißt, sie sind hauptsächlich die lokal-administrativen Behörden. Allein jene, die Maires, haben wohl ohne Zweifel auch nebenbei die Ortspolizei zu verwalten? Und in welchem Verhältnis stehen sie in dieser Hinsicht, namentlich wie weit erstreckt sich ihre Straf- und Dezisivgewalt und inwiefern stehen sie dieserhalb vielleicht mit den Friedensrichtern oder mit dem Munizipalitätsrat in Berührung? Dies sowie auch, ob nicht bei der Bildung der Gemeinden (Mairien) ein Minimum ihrer Größe festgesetzt ist, ob also nicht benachbarte Dörfer und Kolonien zu einer Mairie vereinigt und überhaupt nach welchen Grundsätzen die Gemeinden gebildet sind sowie mehreres, was ich nicht sogleich besonders aufstellen kann, um nicht zu weitläufig zu werden, sind frühstens Fragen, die ich von Ew. p. beantwortet wünsche; und überhaupt werde ich es mit Dank erkennen, wenn dieselben mir über diese ganze Materie Ihre Ansicht mitzuteilen die Güte haben wollen. 1 Die detaillierteste Nachricht über die innerste Verfassung der einzelnen Gemeinden des platten Landes und über die Verhältnisse und Rechte der einzelnen Mitglieder dieser Gemeinden ist für mich gleichfalls von der größten Wichtigkeit. Die "Lokalkommunal- und Polizeiverfassung der Städte scheint mir nach der Städteordnung vom 19. November v. J. 2 bei uns zweckmäßiger und liberaler bestimmt zu sein als im Königreich Westfalen, doch sehe ich auch hierüber dem ausführlichen Sentiment Ew. Hochwohlg. entgegen. Außer den vorstehend erbetenen instruktiven Erläuterungen und Auseinandersetzungen ersuche ich Ew. Hochwohlg. aufs dringendste, mir Ihre Ideen 1) über eine bei uns zu bewirkende möglichst vollkommene Kommunalverfassung des platten Landes 2) über eine bei uns einzuführende möglichst vollkommene Landespolizeiverwaltung in Rücksicht der den Provinzialregierungen untergeordneten Behörden ganz ausführlich mitzuteilen. Am zweckmäßigsten scheint es zu sein, die großen Städte, welche ohnehin beson-

l. August 1809

379

dere Polizeipräsidenten oder Polizeidirektoren haben, mit einem angemessenen Arrondissement als für sich bestehende Kreise zu betrachten, sonst aber die kleineren Städte und das platte Land in zweckmäßigen Arrondissements (Ämsabteilungen) unter eine gemeinschaftliche (Kreis) Landespolizeibehörde zu stellen, welche zwischen der ProvinzialxegieTxmg und den LoAa/polizeibehörden stehn würde. Hiebei fragt es sich nur, A) wie groß diese Kreise sein sollen und ob es nicht ratsam sein dürfte, unter gewissen Modifikationen die jetzige landrätliche Kreiseinteilung beizubehalten, um nicht bei der Ausführung in zu große Schwürigkeiten, Verzögerungen und Verwickelungen zu geraten. B) Wie diese ifmsbehörden organisiert werden sollen? Wobei wiederum die Frage entsteht, ob und inwiefern die bisherige landrätliche Verfassung zum Teil als Fundament angenommen und nur möglichst vervollständigt und vervollkommnet werden soll? Ob es vielleicht, da die bisherige landrätliche Verfassung doch einiges Gute hat und ein sehr bedeutender Teil der Nation mit Achtung und Vertrauen an derselben hängt, nicht ratsam sein dürfte, dieselbe insofern beizubehalten, daß die erste Person in dem künftig zu bildenden Kreis oder landrätlichen Behörden den Titel Landrat führen und unter den eigentümlichen ländlichen Grundbesitzern des Kreises (ohne Unterschied des Standes) gewählt werden müßte. Die Form, wie dergleichen Wahlen und andere gemeinschaftliche Angelegenheiten des Kreises verhandelt werden und auf welche Weise die im Kreise belegenen städtschen und ländlichen Kommunen dabei konkurrieren könnten, würde gleichfalls ein Gegenstand des Gutachtens Ew. Hochwohlg. sein. C) Ganz vorzüglich aber interessiert es mich, das Gutachten Ew. Hochwohlg. über die Organisation der ländlichen Lo^a/polizeibehörden zu erhalten. Es scheint mir bei weitem am schwierigsten, bei dem Grade von Bildung, in welchem sich unser Landmann größtenteils befindet, und bei den sonst bei uns stattfindenden Verhältnissen diese ländlichen Lo&a/polizeibehörden recht zweckmäßig zu organisieren. Will man den Gutsherren alle bisher denselben zustehende Polizeiaufsicht auf ihren Vorwerkern und Dörfern nehmen und dieselbe den neu zu bildenden Schulzenämtern übertragen, so läuft man Gefahr, zum größten Nachteil des allgemeinen Besten den patriotischem und gebildetem Teil der Bewohner des platten Landes im höchsten Grade mißvergnügt, denselben von dem ungebildetem Teil abhängig zu machen und den größeren Produzenten die nachteiligsten Hindernisse in der Ausübung ihres Gewerbes in den Weg zu legen. Von vielen Seiten habe ich vernommen, daß gerade die Organisation der Mairien auf dem platten Lande im Königreich Westfalen auch alle diese Nachteile und den höchsten Mißmut wirklich hervorgebracht hat, und es ist mir überaus wichtig, auch hierüber umständlich die Erfahrungen und Ansichten Ew. zu vernehmen. D) Wenn endlich eine verbesserte Einrichtung des ländlichen Kommunal- und Polizeiwesens einen wesentlichen Nutzen haben soll, so dürfte es wohl auch noch darauf ankommen, sowohl den neu zu bildenden Schulzenämtern als wie auch den neu zu bildenden Kreispolizeibehörden die Fakultät beizulegen,

38o

2. August 1809

in gewissen kleinen Polizei vergehungen, gemeinen leichten Injurien, Grenzund Pfändungssachen usw. ohne Rekurs zu entscheiden, auch hierüber bitte ich E w . Dero Gutachten abzugeben. Unendlich würde mich E w . durch eine möglichst vollständige, ausführliche und schleunige Genügung meiner vorstehenden Aufforderungen verpflichten.« 3 1 Hier endet das Konzept Koehlers. 2 Siehe R M Stein III, Nr. 319, S. 1038 ff. 3 Im gleichen Faszikel Bl. 248—264 steht der Aufsatz von Borsche: »Über die neue Organisation des Königreichs Westfalen mit Rücksicht auf die Anwendung derselben im Preußischen«, undatiert, vermutlich im September 1809 eingereicht. Dohna übersandte diesen Aufsatz Koehler mit der Bitte, seine an den Rand geschriebenen »Ideen über diesen Gegenstand [...] sehr strenge zu prüfen«. Dieses Begleitschreiben Dohnas, gleichfalls undatiert, i. gl. Fasz. Bl. 247.

137. Die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna an den Großkanzler Beyme Königsberg, 2. August 1809 Z S T A Merseburg, Bl. 37: Abschrift.

Schritte zur Domänen

Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 86 Nr. 13 Bd. 1

Veröffentlichung

des Hausgesetzes über die Ver Äußerlichkeit

der

»Ew. p. geben wir uns die Ehre, zum Behuf der nunmehr zu veranlassenden Promulgation des von des Königs Majestät Allerhöchst vollzogenen Hausgesetzes über die Veräußerlichkeit der Domänen 1 das Schreiben des Herrn Geheimen Staatsrats v. Auerswald vom 26. Januar d. J. und dessen sämtliche Beilagen ganz ergebenst zu remittieren. Es wird auf das Ausbleiben der Deputierten des Croneschen Kreises und auf die in der Vollmacht der Deputierten des Dirschauschen Kreises enthaltenen Einschränkungen nicht ankommen, da die Zuziehung der Stände nicht als ein in der Staatsverfassung gegründetes Erfordernis, sondern in der Absicht angeordnet worden, den Untertanen das Vertrauen und Wohlwollen Sr. Majestät offen darzulegen, und da, was Westpreußen betrifft, die Zuziehung von Deputierten der Kreise um so weniger erforderlich gewesen wäre, als das Hausgesetz nur von Ständen spricht, die in Westpreußen nicht existieren. Wenn E w . Exzellenz daher kein anderweitiges Bedenken bei der Promulgation des Hausgesetzes finden, so überlassen wir E w . ganz ergebenst, das Erforderliche gefälligst zu veranlassen.«2 1 2

Die Vollziehung war am 17. Dezember 1808 erfolgt, siehe Nr. 14. Beyme teilt in seinem Schreiben, Berlin, 30. September 1809, Altenstein und Dohna die von ihm eingeleiteten Schritte zur Publikation des Gesetzes mit, bittet um Kontrasignatur von Konzept und Reinschriften und deren Vorlage beim König zur Vollziehung des Publikandums (Ausf., gez. Beyme, i gl. Fasz. Bl. 43). Friedrich Wilhelm autorisiert durch K . O., Königsberg, 6. November 1809, die Minister Goltz, Altenstein, Dohna und Beyme, das von ihm vollzogene Edikt und Hausgesetz allgemein bekanntzumachen (Abschrift Bl. 44).

4- August 1809

381

138. Immediatbericht der Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 4. August 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 2.2.1. Nr. 24729 Bl. 10: Ausf., gez. Altenstein, Dohna (alt: Rep. 89 A L 2).

Ablehnung einer Exemtion der Militärpensionäre kontribution

von Beiträgen zur Kriegs-

»E. K . M. verfehlen wir nicht, die uns mittelst höchster Cabinetsordre vom 25. v. M. zur Berichtserstattung allergnädigst zugefertigte Eingabe des Generalfeldmarschalls Grafen von Kalckreuth vom 20. ejusdem mensis 1 hierneben alleruntertänigst zurückzureichen und dabei ehrerbietigst anzuzeigen, daß das darin angebrachte Gesuch, die Militärpensionärs von allen Beiträgen zur Kriegskontribution zu entbinden, mit der hierunter bestehenden Einrichtung nicht wohl verträglich ist. Es wird nämlich alles Einkommen ohne Unterschied zur Einkommensteuer gezogen, und das Militär hat schon dadurch eine nicht unbedeutende Begünstigung erhalten, daß von jener Steuer die Salarien und Wartegelder der Militärpersonen ausgenommen sind. In Absicht der in Reih und Glied stehenden Soldaten hat dies rücksichtlich ihrer geringen Besoldung so viel scheinbare Gründe für sich, daß die öffentliche Meinung durch dieselben wohl befriedigt sein möchte, obgleich bei der britischen Einkommensteuer sowie überall keine Exemtion, so auch diese nicht einmal stattfindet; es sind jedoch die Inkonvenienzien davon, daß diese Exemtion selbst auf die Offiziere von allen Graden ausgedehnt worden, schon fühlbar. Eine weitere Ausdehnung auf die Militärpersonen aber durfte sie ganz augenscheinlich machen; denn es läßt sich zwischen Zivil- und Militärpensionärs nicht wohl ein wesentlicher Unterschied finden, und der von dem Generalfeldmarschall Grafen von Kalckreuth angeführte Grund, daß die Pensionen der Militärpersonen nur ein notdürftiges Auskommen gewähren und daß dieselben ursprünglich für ersprießlich geleistete Dienste bewilligt worden, dürfte auf beide Klassen von Pensionärs im ganzen gleich anwendbar sein, ließe sich auch mit gleichem Recht selbst auf die Gehalte aller Offizianten ohne Ausnahme anwenden. Nach unserm alleruntertänigsten Dafürhalten würde sich auch gegen Anwendung dieses Grundes selbst in der vorbemerkten Art nichts erinnern lassen, wenn nicht das Gehässige der Exemtionen von allgemeinen Lasten und das nicht zu unterdrückende Vorurteil des Publici, daß die Ursache davon in Begünstigungen liege, entgegenstände. Weil wir aber glauben, daß dies Vorurteil Rücksicht und Schonung verdiene, so können wir nicht anders als für die abschlägige Bescheidung des p. Grafen von Kalckreuth devotest sentieren, stellen jedoch letztere E. K. M. allerhöchstem Ermessen alleruntertänigst anheim.«2

3«2 1 2

I i . August 1809

Ausf., gez. Kalckreuth, i. gl. Fasz. Bl. 9. Der Bericht trägt den Genehmigungsvermerk von Klewitz vom 15. August 09; danach ergeht unter gleichem Datum der abschlägige Bescheid durch K. O. an Kalckreuth und an die Minister Altenstein und Dohna (Konzept, gez. Klewitz, i. gl. Fasz. Bl. 8).

139. Behördenreskript an das Präsidium der Litauischen Regierung zu Gumbinnen Königsberg, 11. August 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. 1 Bl. 2: Konzept Koehler, gez. Dohna 18.

Gesichtspunkte bei Projektierung einer neuen

Kreiseinteilung

»Die definitive Organisation der Polizei auf dem platten Lande und der polizeilichen Unterbehörden überhaupt macht eine neue Einteilung der Provinzen in Kreise durchaus notwendig, und selbst für die Einrichtung des ländlichen Gemeinde- und Kreis-Kommunalwesens ist dieselbe ganz unentbehrlich. Vorzüglich ist es die unverhältnismäßige Größe vieler Kreise und die Trennung in den polizeilichen Verhältnissen von Stadt und Land und auf dem Lande selbst von Ämtern, Stadteigentums- und andern Privatgütern, was eine zweckmäßige Organisation der Polizeibehörden nach der dermaligen Lage der Sache behindert, und diese Hindernisse wegzuräumen ist der Hauptzweck einer neuen Kreiseinteilung. In Euerm Departement findet sich unter allen diesen Hindernissen eine durchaus unförmliche Größe der bisherigen Kreise in ganz vorzüglichem Grade, und selbst die früherhin schon projektierte Zerschlagung der letztern hilft dem Bedürfnis noch bei weitem nicht ab. Die Gesichtspunkte, welche bei Projektierung einer neuen und zweckmäßigem Kreisabteilung festzuhalten sind, lassen sich zwar für jetzt nur im allgemeinen angeben und sind überdem, wie in der Natur der Sache liegt, im einzelnen denjenigen Modifikationen unterworfen, welche die Lokalität mit sich führt, und eben die Notwendigkeit, diese Rücksichten gegen die allgemeinen hier aufzustellenden Gesichtspunkte mit Umsicht und Sorgfalt abzuwägen, wozu es hier durchaus an den erforderlichen Spezialdatis fehlt, ist die Veranlassung der gegenwärtigen Verfügung. Zu Eurer Direktive wollen wir Euch inzwischen folgendes eröffnen : 1. Stadt und Land werden rücksichtlich der Polizeiverwaltung und der Kreiseinteilung durchaus nicht voneinander abgeschieden werden, vielmehr soll zu jedem Kreise alles gehören, was innerhalb seiner äußern Umgrenzungen liegt. 2. Jeder Kreis m u ß 1 seine Kreisstadt haben, und diese wird in der Regel als der Hauptsitz der Kreispolizei angesehen.

I i . A u g u s t 1809

383 3-

Wenn mehrere Städte in einen Kreis zu liegen kommen, so muß in der Regel die durch Bevölkerung und Gewerbe bedeutendste unter ihnen die Kreisstadt sein und die Abrundung des Kreises möglichst dergestalt geschehen, daß dieselbe ungefähr in der Mitte des Kreises zu liegen kommt. Mehrenteils werden in dem vorgesetzten Fall alle zu einem und demselben Kreise gehörigen Städte nicht bedeutend sein, und dann ist bei der Bestimmung darüber, welche als die Kreisstadt angesehen werden soll, auf die Lage in der Mitte des Kreises uberwiegend Rücksicht zu nehmen. 4Das Maximum jedes Kreises in Absicht seiner Größe wird auf 20 bis 25 Quadratmeilen (welche Größe aber auch nur in schwächer bevölkerten Gegenden stattfinden darf) und auf eine Bevölkerung von 30000 Seelen angenommen. Beide Maßstäbe sind nach den Umständen alternativ oder kumulativ anzuwenden. 5Ausnahmen in Hinsicht des ersten Maßstabes, d. h. die Konstituierung von Kreisen, die noch mehr als 25 Quadratmeilen Flächeninhalt haben, können nur aus ganz besonders triftigen Lokalgründen und höchstens in einigen wenigen Gegenden dann zugelassen werden, wenn ein verhältnismäßig sehr großer Teil der Kreisfläche mit Wald oder Gewässern bedeckt ist. 2 6. Eine Ausnahme in Absicht des zweiten Maßstabes und Überschreitung der Seelenzahl von 30000 findet gleichsam aus erheblichen Lokalgründen nur höchst selten, regelmäßig aber überall oder mehrenteils da statt, wo große Städte zum Kreise gehören. In Litauen könnte vielleicht nur Memel oder Tilsit 3 mit seinen Umgebungen in beiderlei Rücksicht eine Ausnahme dieser Art begründen. 7Große Städte machen überhaupt in der Regel mit einem im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Größe größern oder geringem Umkreise ihrer nächsten Umgebungen, bei dessen Abmessung aber auch auf die übrigen hier anzugebenden Momente zu sehen ist, einen eigenen Kreis aus, und selbst den größten Städten, dergleichen es bei Euch nicht gibt, soll als Kreisen ein angemessener Teil ihrer Umgebungen beigelegt werden. 8. Ein Minimum in Absicht der Größe der Kreise gibt es für ihren äußern Umfang nicht; für die Einwohnerzahl aber dahin, daß möglichst darauf zu sehen ist, daß jeder Kreis der Seelenzahl von 30000 nahe und in der Regel, d. h. ohne besonders überwiegende Gründe, nicht unter 20000 Seelen zu stehen komme. 9Bei Projektierung der Grenzen jedes neuen Kreises ist darauf zu achten, daß a) Güter, die vermöge eines fideikommissarischen, Lehns- oder sonstigen Nexus zusammen oder einem Gutsbesitzer gehören oder bei der Bewirtschaftung in Verbindung stehen, ferner namentlich zusammen verpachtete Domänen-Vorwerker 4 und die einer Stadt zugehörigen Pertinenzien und Kämmerei- oder Bürgergüter, ferner Güter, die durch Dienste, Servituten, Zwangsgerechtig-

384

l i . August 1809

keiten und dergleichen zusammenhängen, nicht in verschiedene Kreise zerstückelt werden; wenigstens müßte eine Abweichung von dieser Regel sehr erhebliche Motive haben. b) Die Feldmark oder diejenigen Feldmarken, welche künftig eine ländliche Gemeinde konstituieren werden, dürfen niemals getrennt und durchschnitten werden. Zwar steht noch nicht fest, wie die künftigen Gemeindegrenzen gehen werden, indessen könnt Ihr doch vorläufig schon übersehen, welche Grundfläche in dieser Absicht wahrscheinlich zusammenbleiben wird: und auf jeden Fall gibt dafür nicht allein schon die vorher sub a aufgestellte Betrachtung Anleitung, sondern es muß auch wenigstens, was ohnehin nötig ist, c) alles, was zu einem Kirchspiel gehört, der Regel nach in einem und demselben Kreise beisammenbleiben.5 10.

Mit diesen Maßgaben muß freilich jeder Kreis, soviel als irgend möglich, eine regelmäßige in sich gehörig abgerundete Figur erhalten. Insofern es der obigen Hauptzwecke unbeschadet oder doch wenigstens ohne erheblichen Nachteil für dieselbe[n] geschehen kann, sind indessen die bisherigen Kreisgrenzen möglichst zu respektieren, damit die Ausführung erleichtert wird.6 Unser Wille ist nun, daß Ihr ein Mitglied aus Eurer Mitte oder aus Eurem Collegio, zu welchem Ihr gerade für dies Geschäft ein vorzügliches Zutrauen habt, besonders beauftragt, nach vorstehenden Gesichtspunkten die neue Einteilung Eurer Provinz in Kreise zu projektieren und sich dazu die erforderlichen Data, als die besten vorhandenen Spezialkarten, Seelenlisten und Nachrichten, welche auf die kirchlichen, gutsherrlichen und Besitzverhältnisse der einzelnen Güter Bezug haben, selbst zu beschaffen. Dieser Entwurf muß dann auf eine zu dem Zweck zu kopierende Provinzialkarte sauber und genau aufgetragen, von Euch mit dem Commissario sorgfältig durchgegangen und in aller Beziehung erwogen und dazu einige verständige und mit der Lokalität und Verfassung der Provinz genau bekannte Männer aus den Ständen derselben, oder wie Ihr sonst zu diesem oder jenem ein besonderes Vertrauen habt, zugezogen, demnächst aber das Resultat zu unserer Prüfung eingereicht werden. Wir gewärtigen, daß Ihr auf diese äußerst wichtige und in ihren Folgen auf Eure ganze Geschäftsverwaltung tief eingreifende Sache nicht allein alle pflichtmäßige Sorgfalt und Aufmerksamkeit wenden, sondern Euch auch der möglichsten Beschleunigung derselben befleißigen werdet und sind [. . .]«7 1

2

3 4

5

Punkt 2 lautete ursprünglich: »Die Polizeiverwaltung wird hauptsächlich von den Städten ausgehen und sich auf das platte Land, welches zum Kreise gehört, umher verbreiten. Jeder Kreis also muß ...«. Es folgt ein wieder gestrichener Satztorso: »Ein Fall, der in Litauen allem Anschein nach«. »oder Tilsit« am Rande zugefügt. »zusammen verpachtete Domänen-Vorwerker« von Friese am Rande zugefügt statt der Streichung: »Ämter«. »der Regel nach« von Friese verbessert statt ursprüngl.: »jederzeit«. A m Rand vermerkt Friese dazu: »Note: Es unbedingt festzusetzen scheint mir nicht rats am, da mit den Kirchspielen selbst, besonders in Litauen, noch manche Veränderungen werden vorgenommen werden müssen.«

13- August 1809

385

»Insofern ... erleichtert wird« von Friese am Rand konzipiert statt des ursprüngl. Textes: »Damit jedoch auch die Ausführung nicht erschwert werde, so sind, insofern nicht in einzelnen Fällen größere Inkonvenienzien es ratsam machen, diese Rücksicht beiseite zu setzen, die bisherigen Kreisgrenzen dergestalt zu konservieren und zu respektieren, daß die ganze Operation der neuen Kreiseinteilung mehrenteils nicht sowohl ein Zusammensetzen der neuen Kreise aus Teilen, die bisher zu verschiedenen Kreisen gehörten, als vielmehr ein Zerschlagen der bisher zu großen Kreise wird.« ' Dieses Reskript erging mit kleinen örtlich bedingten Varianten gleichzeitig an die Präsidien der ostpreußischen Regierung zu Königsberg, der westpreußischen zu Marienwerder, der pommerschen zu Stargrad, der neumärkischen zu Königsberg N/M., der kurmärkischen zu Potsdam, der niederschlesischen zu Liegnitz, der oberschlesischen zu Breslau. In der Untersuchung von Berthold Schulze: Die Reform der Verwaltungsbezirke in Brandenburg und Pommern 1809—1818, Berlin 1931, ist im Aktenanhang Seite 102 ff. der für die Kurmärkische Regierung bestimmte Text des Reskripts abgedruckt. 6

140. Minister Graf zu Dohna an die Gutsbesitzer Herr von Woisky, Graf von Podewils, Graf von Krockow Königsberg, 13. August 1809 ZSTA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 6 Bl. 8: Reinkonzept, gez. Dohna, mit eigh. Änderungen Dohnas; Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 11. Widerlegung der Besorgnisse der ostpreußischen Gutsbesitzer wegen Beschränkung ihrer Befugnisse bei Einführung der neuen Polizeieinrichtungen »Ew. Hoch- und Hochwohlgeboren äußern in dero den 6. d. M. bei mir eingegangenen gefälligen Schreiben 1 sehr lebhafte Besorgnisse über einige in Rücksicht auf die Ausübung der Landespolizei in den Kreisen teils bereits getroffene, teils mutmaßlich noch zu treffende Einrichtungen. Eine nähere Darstellung des wahren Zusammenhangs der Sache dürfte diese Besorgnisse jedoch größtenteils heben. Bisher erstreckte sich in der hiesigen Provinz die Autorität des Landrats in der Regel nur auf die adeligen Güter, wogegen die Königlichen Domänen, die städtischen und Kämmereigüter und die Städte selbst auch in Rücksicht der Landespolizeiangelegenheiten teils unter den Domänenbeamten, teils unter den Magisträten und Krieges- und Steuerräten standen; überdies waren die Landrätlichen Kreise von einer höchst unverhältnismäßigen Ausdehnung, wodurch ohnehin schon auch dem tätigsten Landrat die erforderliche Übersicht und die zweckmäßige Ausübung seiner Berufspflichten durchaus unmöglich wurde. So gehäufte und außerordentliche Gebrechen in der Verwaltung der Landespolizei können unmöglich in einem Zeitpunkt unbeachtet gelassen werden, in welchem man mehr wie jemals bemüht ist, auf den Grund der geprüftesten

386

13- August 1809

Erfahrungen eine wesentliche Verbesserung der bisherigen Verfassung herbeizuführen; es wird daher eine tiefeingreifende, die Mängel der bisher bestandenen Polizeieinrichtungen abstellende Reform allerdings stattfinden. Es darf keinem Zweifel unterworfen sein, daß derjenige Teil der Nation, dessen Bestimmung es ist, sich durch Bildung, durch die treueste Beförderung der edlen Zwecke der Regierung und durch Aufopferungen für dieselbe vorzugsweise rühmlich auszuzeichnen, daß der Adel nicht freudig dazu beitragen sollte, auch diesen Fortschritt zum Besseren zu befördern, wenngleich manche Modifikationen der neuen Einrichtung von der bisherigen abweichend sein sollten. Eine dergleichen Reform ist jedoch keineswegs das Werk eines Augenblicks, vielmehr dürften, der tätigsten Bemühungen ohnerachtet, noch mehrere Monate vergehn, ehe der Entwurf dazu, von allen Seiten sorgfältigst geprüft, denjenigen Grad von Vollendung und Reife erhält, welcher erforderlich ist 2 , um zur allerhöchsten Vollziehung des Königs Majestät vorgelegt zu werden. Vorläufig kann ich Ew. Hoch- und Hochwohlgeborn die Versicherung erteilen, daß es durchaus nicht die Absicht ist, den Gutsbesitzern absolut und gänzlich die Einwirkung auf 3 die Polizeiverwaltung auf ihren Gütern zu entziehen. In mehrerer Hinsicht war es dringend notwendig, schon jetzt und ohne den Zeitpunkt einer definitiven gänzlichen Reform der Landespolizeiverwaltung in den Kreisen abzuwarten, wenigstens4 die drückendsten und dem allgemeinen Besten nachteiligsten der oben berührten Mängel abzustellen; dieserhalb geruheten des Königs Majestät unterm 30. März c. 5 zu genehmigen, daß interimistisch und bis zum Eintritt der oft gedachten verbesserten Einrichtung der Landespolizeiverwaltung in den Kreisen sofort 1. die Städte, welche nicht neuerdings mit besondern Polizeipräsidenten oder Direktoren versehn worden sind, desgleichen die Kämmerei- und städtischen Landgüter und die Domänen in Rücksicht der Landespolizei den Landräten untergeordnet, 2. daß teils, um die dadurch sich vermehrenden Geschäfte der Landräte zu bestreiten, teils, um die schon früherhin viel zu großen Kreise zweckmäßig übersehen zu können, den Landräten Gehülfen zugeordnet werden sollten; diese Assistenten sollen bestehen a) aus den bisherigen Kreisdeputierten; da deren Zahl jedoch offenbar unzureichend war und viele unter denselben teils nicht vollkommen qualifiziert sind, teils durch die Beschäftigung mit der Bewirtschaftung ihrer Güter besonders in den jetzigen Zeiten verhindert werden, sich hauptsächlich den öffentlichen Geschäften zu weihen und sehr häufige Reisen zu machen, so sollen b) noch mehrere Kreisdeputierte gewählt oder anderweitige Gutsbesitzer zum interimistischen Beistande der Landräte disponiert werden; da aber in dem gegenwärtigen Zeitpunkt auch in Rücksicht dieser Personen dieselben Besorgnisse eintreten, deren soeben vorstehend erwähnt ist, so sollen c) ferner die bisherigen steuerrätlichen oder anderweitige brotlose Offizianten oder inaktive Offiziere zu Assistenten der Landräte beigeordnet werden; in Rücksicht dieser letztern Gattung von Assistenten ist den Behörden zur angelegentlichen Pflicht gemacht, nur solche Subjekte zu wählen, von deren musterhaften Aufführung und vollkommenen Qualifikation sie überzeugt

13- August 1809

387

wären und denselben sogleich bei dieser interimistischen Anstellung zu eröffnen, daß sie augenblicklich entlassen werden würden, sobald sie sich nicht durchaus zweckmäßig benähmen, endlich daß sie aus dieser interimistischen Anstellung durchaus keine Hoffnung zu einer bleibenden Anstellung schöpfen möchten. Aus dem vorstehend Angeführten ergibt sich von selbst das ganze Verhältnis der Landrätlichen Gehülfen; es ergibt sich gleichfalls ganz von selbst, daß sowohl die bisherigen als die jetzt neu zu wählenden Kreisdeputierten während dieser interimistischen Einrichtung 6 im wesentlichen in ihren bisherigen Befugnissen bleiben. Diejenigen Gehülfen, welche dem Landrat 7 — auf den Fall die Kreisdeputierten nicht zur Verwaltung der Geschäfte hinlänglich qualifiziert oder auf den Fall 8 selbige nicht zureichend oder endlich durch die gegenwärtigen Zeitumstände vorzüglich an ihre Landwirtschaft gefesselt sind — interimistisch zugeordnet werden sollen9, müssen in jeder Beziehung sofort von den Regierungen angestellt werden; es ist dies 10 um so unbedenklicher und um so weniger auffallend, da bisher die dem Landrat untergeordneten Offizianten sogar bleibend ohne Zuziehung der Kreisstände angesetzt worden sind 1 1 . Sollten Ew. Hoch- und Hochwohlgeboren glauben, daß die Wahl mehrerer Kreisdeputierter in dem dortigen Kreise zweckmäßig wäre, so werden dieselben dieserhalb die nötigen Anträge bei der hiesigen Königlichen Regierung zu machen und deren Resolution abzuwarten haben. Von der Entscheidung der hiesigen Königlichen Regierung wird es gleichfalls auch lediglich abhängen, ob die bereits gewählten oder noch zu wählenden Kreisdeputierten Geschicklichkeit und rastlose Tätigkeit genug besitzen, um ganz dem beabsichteten Zweck gemäß den Landräten bei Verwaltung der Landespolizei assistieren zu können.12 Bei reiflicher Erwägung dieser wahren Auseinandersetzung der Umstände werden Ew. Hoch- und Hochwohlgeboren sich überzeugen, daß die oftgedachte interimistische Einrichtung der Landespolizeiverwaltung in den Kreisen, wodurch überdies die Autorität der Landräte noch bedeutend vermehrt wird 13 , Denselben keine Veranlassung zur Beunruhigung geben kann und daß die definitive Organisation mit schuldigem Vertrauen auf die edlen und reinen Absichten und auf die 14 wohlerwogenen Maßregeln der Staatsbehörden abgewartet werden muß. Sollte irgendeine Unterbehörde sich bei Ausführung der interimistischen Einrichtung Willkürlichkeiten erlaubt haben oder sollte irgendeins der angestellten Subjekte gegründete Veranlassung zur Unzufriedenheit geben, so bitte ich mir Spezialfälle anzuzeigen, und werde ich sodann eilen, das Nötige zur zweckmäßigsten Abhülfe des Mißstands zu verfügen. Ich schließe dieses Schreiben mit der Bemerkung, daß, wenn Ew. Hoch- und Hochwohlgeboren das Beispiel der Bürgerschaften zitieren, denen erst neuerlich Wahlrechte eingeräumt worden sind, die sie bis dahin nicht besaßen, dies Zitat wohl nicht zum Beleg für dasjenige dienen kann, was Ew. Hoch- und Hochwohlgeboren dadurch zu belegen beabsichtigen. Die Gerechtsame und Wahlrechte der Bürgerschaften beziehen sich ganz ausdrücklich nur auf alles, was zur Kommunalverwaltung gehört, allein sowohl die ausübende Polizei als die Justiz sind ausdrücklich davon ausgenommen.«15 26

Stein/Hardenberg

388 1 2

3 4 5 6 7

8 9 10 11 12

13 14 15

i8. August 1809

Undatiert [29. Juli 1809] (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 1), siehe Nr. 135. »welches erforderlich« die einzige Ergänzung vom Kanzlisten, die weiteren Änderungen hat Dohna vorgenommen. »die Einwirkung auf« am Rande ergänzt. »und ohne ... wenigstens« am Rande ergänzt. K. O. an Dohna, Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 6; siehe Nr. 83. »während dieser interimistischen Einrichtung« am Rande ergänzt. Ursprüngl.: »interimistisch zugeordnet werden, müssen«, an dieser Stelle gestrichen, vgl. Anm. 9. »auf den Fall« geändert statt ursprüngl.: »wenn«. »interimistisch zugeordnet werden sollen« am Rande ergänzt. »es ist dies« geändert statt ursprüngl.: »es wäre dies sogar ...«. Geändert statt »wären«. »Sollten Ew. Hoch- und Hochwohlgeboren ... assistieren zu können« am Rande ergänzt. »wodurch überdies ... vermehrt wird« ergänzt. »die« zwischengeschrieben. Unter dem Schreiben steht von Dohnas Hand: »Abschrift des vorstehenden Schreibens und der Eingabe v. [Lücke] dem Herrn Geh. Staatsrat u. Oberpräsidenten von Auerswald zur Nachricht u. Achtung. D. 21.«

141. Minister Graf zu Dohna an den Geheimen Staatsrat von Klewitz Königsberg, 18. August 1809 ZSTA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 118: Ausf., gez. Dohna. Vorbereitimg einer bürgerlichen Konstitution der Juden «Ew. Hochwohlgeboren erwidere ich auf das gefällige Schreiben vom 3. d. M. 1 ergebenst, wie ich damit einig bin, daß die Erfüllung der von dem Herrn Assessor Friedlaender in dem Schreiben an Dieselben vom 27. v. M. 2 geäußerten Wünsche von der beabsichtigten neuen bürgerlichen Verfassung der Juden abhängig ist, und eben deshalb kann ich auch jetzt auf die Anträge des p. Friedlaender nichts weiter veranlassen. Jene Angelegenheit wegen bürgerlicher Konstitution der Juden ist aber von der allgemeinen Polizeisektion schon vorgearbeitet worden, auch deren Votum bereits die Sektion der Gewerbepolizei passiert und liegt jetzt noch bei der Sektion für den Kultus und öffentlichen Unterricht vor, welche heute um die möglichste Beschleunigung ersucht ist. Demnächst muß die Sache noch die Sektion für die direkten und indirekten Abgaben, das Militär- und das Justiz-Departement passieren, und wenn sie von dort zurückkommt, so wird der nach der Vereinigung gedachter Departements und resp. Sektionen abzufassende neue Gesetzentwurf E w . Hochwohlgeboren zur gutachtlichen Prüfung und Erklärung vorgelegt werden.« 3 1 Konzept, gez. Klewitz, i. gl. Fasz. Bl. 116. 2 Das Datum ist falsch; das Schreiben Friedlaenders vom 25. Juli 1809 siehe Nr. 134.

i8. A u g u s t 1809 3

389

Mit dem »Edikt, betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate« v o m 11. März 1812 (gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Hardenberg, Kircheisen) kommen die Bemühungen um die Eingliederung zum gesetzlichen Abschluß

(Druck:

Gesetzsammlung

1810—13,

Nr. 8o = Nr. 5 von

1812,

S. 17 ff.).

142. Minister Freiherr von Altenstein an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 18. August 1809 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern, Rep. 77 Tit. 183 Nr. 7 Bl. 76:

Ausf., gez. Altenstein; nach den Bleistiftmarginalien Altensteins auf den A n trägen Humboldts abgefaßt.

Einwände gegen Humboldts Anträge zur Organisation Deputation und des Unterpersonals der Sektion

der

wissenschaftlichen

»Bei den mir von Ew. Exzellenz mittelst gefälligen Schreibens vom 29. v. M. kommunizierten Anträgen des Herrn Geheimen Staatsrats von Humboldt in Betreff der Organisation der wissenschaftlichen Deputation der Sektion des öffentlichen Unterrichts und des Unterpersonals der Sektion 1 finde ich so erhebliche Bedenken, daß ich mich verpflichtet halte, solche Demselben ganz ergebenst mitzuteilen. Was zuvörderst die im Eingange des nebst seinen Anlagen hier ergebenst beigefügten Schreibens des Herrn p. von Humboldt erwähnte Organisation der Sektion selbst betrifft, so scheint es mir unumgänglich nötig, daß die darüber zu erwartenden Anträge so vollständig geschehen, daß nicht etwa wegen irriger Voraussetzungen [ . . .] gegründete Beschwerden und nachholende Anträge zu befürchten sind. [. . .] Hiernächst aber scheint 1. die von dem Herrn p. von Humboldt beabsichtigte Organisation der wissenschaftlichen Deputation dem Zweck und Plane zuwider zu sein, welcher ursprünglich bei diesen Vereinen zu Grunde gelegen hat. Es war dabei durchaus nicht von einer besoldeten Behörde und von einem Unterschiede der Gelehrten und des Geschäftsmannes die Rede, ein Unterschied, durch dessen Anerkennung der Zwiespalt in den Geschäften der Deputation organisiert und der Zweck derselben, welcher wesentlich auf die innigste Vereinigung der wissenschaftlichen und Staatsansichten hingehet, gänzlich vernichtet werden würde. Nur gelehrte Geschäftsmänner und Gelehrte, welche Sinn für Geschäfte haben, sollten diese Deputation bilden; denn nur von ihnen können wir diejenige Vertrautheit mit dem Staatszweck, welche mächtig genug ist, ihm die Wissenschaft anzueignen, erwarten. Der Gelehrte an sich wird nie den Kampf für die Reinheit der Wissenschaft aufgeben, und durch seine unmittelbare Einwirkung auf die Maximen erwächst für den Staat anstatt Hoffnung neuer Stärke die Gefahr der Auflösung. Geschäftsmänner, die nicht zugleich wissenschaftliche Männer sind, werden nie die wissenschaftlichen Mitglieder verstehen und also, was diese 26*

390

i8. August 1809

geben, nicht anwenden können, das bloß Wissenschaftliche aber immer nur in der Theorie schweifen und ihre Idee nicht in der Wirklichkeit einführen können. Auch war es nie die Absicht, die Mitglieder der wissenschaftlichen Deputation mit ordentlichen Besoldungen zu versehen. E s ist nicht zu leugnen, daß dieses Institut dadurch sogleich zu einem Gegenstand gemeiner Spekulation, zu einer Versorgungsanstalt ausarten würde; und schon hierdurch würde der Zweck jener liberalen Wirksamkeit' vernichtet werden. E s sollten nur Männer dazu gewählt werden, welche sich glücklich schätzen, eine solche Wirksamkeit zu erhalten, die sie als Gewinn für ihre Ausbildung, ihr Fortschreiten in der Kunst und Wissenschaft und für die Verbreitung derselben anschlagen. Die Hauptlast der Geschäftsführung sollte von nur wenigen wissenschaftlichen Geschäftsmännern, besoldeten Mitgliedern der Sektion, übernommen werden. Nur unter besondern persönlichen Verhältnissen, nur für die, welche jenem Zweck ihrer Lage wegen Aufopferungen machen müßten, die von ihnen nicht gefordert werden können, halten wir die Bewilligung von Remunerationen als Entschädigung für zulässig erklärt; und diese Einschränkung muß ich um so mehr für ratsam halten, da überdem die Besoldung der in so großer Ausdehnung projektierten wissenschaftlichen und technischen Deputationen die Fonds des Staats ganz außer allem Verhältnis belästigen würde. Ich muß daher, insofern E w . Exzellenz mit der Sektion für den öffentlichen Unterricht die Organisation der wissenschaftlichen Deputation derselben schon jetzt für dringend nötig erachten, hiedurch ganz ergebenst anheimstellen, solche hiernach zu modifizieren, die Sektion vollständig zu organisieren und die erforderliche Anzahl von Mitgliedern mit der Deputation zu vereinigen, außerdem aber nur Männer beizuziehen, welche schon diese Beiziehung als Gewinn betrachten. 2. Über die Organisation des Unterpersonals der Sektion bin ich verpflichtet zu bemerken a) daß die als Normalsätze ausgeworfenen Gehälter nicht wohl höher angenommen werden können, als solche für das bereits organisierte Unterpersonal des Justizministeriums bestimmt worden. E s sind bei selbigem vier Expedienten mit resp. 1 5 0 0 rt., 1200, 1000 und 800 rt., ein Kanzleidirektor mit 1 2 0 0 rt., zwei Registratoren mit 800, zwei Registraturassistenten mit 400 rt., zwei Journalisten mit 400 rt., zwei Kanzlisten mit 800 rt. und zwei dergleichen mit 700 rt. Gehalt angestellt. Diese Sätze würden in dem Besoldungsetat der Sektion nicht überstiegen werden dürfen; was aber einzelne Offizianten bisher mehr gehabt haben, würde ihnen als Pension dabei zu belassen sein. b) Neue Offizianten, das heißt solche, die noch bisher nicht gedient haben, anzustellen, geht wohl nicht an, solange die notwendige Rücksicht auf Ersparung von Wartegeldern und Unterstützungen für die durch die politischen Veränderungen brotlos gewordenen ältern Offizianten eintritt. Die Sektion wird daher anstatt der beiden Kanzlisten, welche sie neu anzustellen beabsichtigt, zwei dergleichen aus der Zahl jener zu versorgenden Offizianten wählen müssen. Wenn nun durch diese Bemerkungen auch die Organisation des Subalternpersonals der Sektion freilich verzögert wird, so hindert dieses doch nicht,

i8. August 1809

39 1

denen in Aktivität stehenden Offizianten der Sektion ihren Gehalt anweisen zu lassen, und ich bin dazu, so wie bei allen andern aktiven Dienern, vom 1. März d. J . ab bereit. Ich sehe hierüber, um die Verfügung treffen zu können, einer speziellen Liquidation von seiten der Sektion entgegen, wünsche jedoch, daß die zu pensionierenden oder auf Wartegeld zu setzenden Subjekte bald mit dieser Bestimmung bekannt gemacht werden mögen, damit selbigen vom 1 . September ab nicht mehr das volle Gehalt, sondern nur die Pension oder das Wartegeld, welche in der Regel nicht höher als auf den halben Betrag des Gehalts zu bestimmen sein werden, ausgezahlt werden dürfe. Was die Besoldungsrückstände für das Personal der Sektion betrifft, so muß es damit wie überhaupt in Absicht aller Besoldungsrückstände so lange ganz auf sich beruhen, bis die zu hoffende günstigere Wendung der äußern Angelegenheiten den Staat in die Lage setzen wird, jene Rückstände mit der Hoffnung, sie zu tilgen, für seine Schulden anzuerkennen. Früher würde eine solche Anerkennung den vorausgesetzten wohltätigen Effekt nicht erlangen können, vielmehr würden diese neuen Staatsschulden, indem sie die Masse der bisherigen noch vermehren, nicht nur deren Schicksal teilen, sondern zum Nachteil aller solche unter den jetzigen Umständen im Kredit noch tiefer herabwerfen. Die Feststellung von Grundsätzen über die Bezahlung der Besoldungsrückstände wird daher nicht eher stattfinden können, als bis die politischen Verhältnisse in Absicht des Staatsschuldenwesens allgemeine sichere Maßregeln anzuordnen erlauben. Ich kann mir auch hierüber E w . Exzellenz gefälliger Zustimmung schmeicheln.«2 1 2

Humboldt an Dohna, Königsberg, 18. Juli 1809, i. gl. Fasz. Bl. 78. Im Gegensatz zu Altenstein ist Dohna mit Humboldts Vorschlägen vom 18. Juli einverstanden und rät ihm im Schreiben vom 26. August 1809 die unmittelbare Rücksprache mit Altenstein. Zu den Einwänden des Finanzministers gegen die Anforderung der von Humboldt benötigten Fonds bemerkt Dohna: »Zu 1 . ist es E w . p. Absicht wohl nicht gewesen, diese Separation zwischen Geschäftsmann und Gelehrten aufzustellen, und was die Bemerkung betrifft, daß die Mitglieder der wissenschaftlichen Deputation ohne Gehalt angestellt werden sollen, so glaube ich teils, daß der Zweck, den man durch die Deputation erlangen will, sehr leiden würde, wenn man den Mitgliedern kein Gehalt geben wollte, teils ist es mir auch nicht bekannt, daß dies Absicht gewesen sei; im Gegenteil entsinne ich mich, daß in dem Plan, den der Geheime Staatsrat v. Bost zur Organisation des wissenschaftlichen Plenums gefertigt hat, gleichfalls schon eine Besoldung für die Mitglieder angenommen und dagegen nichts erinnert worden. Zu 2. a) finde ich die hier vorgeschlagenen Gehälter, besonders bei der Registratur und Kanzlei, zu niedrig, wobei der Dienst gerade nicht vorteilen dürfte. Dann kommt aber auch in Betrachtung, daß das Justizministerium nicht allein die Sportein behält, sondern auch die Generaljustizsalarienkasse, mithin noch anderweite Mittel in Händen hat, durch extraordinäre Remunerationen die wohlgedienten Offizianten auszuzeichnen und aufzumuntern, wogegen bei dem Ministerium des Innern mit dem 1. Juli d. J . sämtliche Sportein zur Hauptstaatskasse fließen, auch kein anderweiter Hilfsfonds existiert. Zu b) ist es wohl bloß übersehen, daß E w . p. in dem E t a t es bemerkt haben, zu den noch nicht besetzten Stellen Offizianten des vormaligen Hoheitsdepartements nehmen zu wollen.« (Konzept Friese i. gl. Fasz. Bl. 85)

143- Behördenreskript an das Ostpreußische Regierungspräsidium Königsberg, 7. September 1809 ZSTA

Merseburg,

Bl. 9: Konzept,

Ministerium

gez. Dohna

des Innern, Rep. 77 Tit. 136

Nr. 5

Bd. 1

14., mit stilistischen Verbesserungen Koehlers.

Anraten eines modifizierenden Vorgehens bei Veränderungen der Kreisgrenzen »Wir haben aus Euerm über die neue Kreiseinteilung in der Provinz Ostpreußen unterm 4. dieses Monats erstatteten Bericht 1 mit Vergnügen ersehen, daß Ihr diese wichtige Angelegenheit mit Eifer ergriffen habt, und erwarten von Euch deren möglichste Beschleunigung, insoweit diese sich mit der erforderlichen Gründlichkeit und Genauigkeit der Arbeit vereinigen läßt; denn daß letztere nicht unter der Beschleunigung wesentlich leiden muß, verstehet sich von selbst. Was insbesondere das Ermeland betrifft, so ist zwar in polizeilicher Hinsicht nicht eben notwendig, auf dessen bisherige Grenzen ängstlich Rücksicht zu nehmen. Wie es indessen überall wünschenswert ist, daß die Veränderung, welche mit den Kreisgrenzen notwendig vorgehen muß, so gering als möglich sei und nirgends ohne Not angebracht werde, und wie überhaupt die sonst ganz hauptsächlich zu beachtende Rücksicht auf Bildung der neuen Kreise in möglichst abgerundete und reguläre Figuren sich auch nach den übrigen Umständen modifizieren muß und nur bis auf einen gewissen Grad, den allein eine gesunde und unbefangene Einsicht in die Verhältnisse auffinden kann und der sich nicht in abstracto bezeichnen läßt, festzuhalten ist, indem man natürlich nicht lauter Vier- oder Sechsecke haben und nicht überall die größte Länge und Breite der Kreise gerade einander gleich sein kann: so ist es insbesondere in Rücksicht auf den schroff abweichenden Religionszustand des Ermelands auch wünschenswert, daß letzteres so viel, wie es gehen will, zusammengehalten wird, ohne daß jedoch die oben gedachte andere Hauptrücksicht deshalb ganz aufzuopfern ist. Ihr müßt nach Erwägung aller Umstände dasjenige rechte medium zu treffen suchen, wobei die meisten Vorteile, welche man intendiert und die E u c h bekannt sind, vereinigt werden.« 1

Bericht des Ostpreußischen Regierungspräsidiums wegen der neuen Kreiseinteilung an das Ministerium des Innern, Königsberg, 4. September 1809, Ausf., gez. Wißmann,

Stolterfoth, Frey, i. gl. Fasz. Bl. 7. Darin wird auf

Schwierigkeiten

durch das bisherige Ordnungssystem der statistischen Nachrichten und durch die Sonderstellung des Ermlands verwiesen. Auf gleichem B l a t t hat Koehler das v o r liegende Antwortreskript eigenhändig entworfen.

143- Behördenreskript an das Ostpreußische Regierungspräsidium Königsberg, 7. September 1809 ZSTA

Merseburg,

Bl. 9: Konzept,

Ministerium

gez. Dohna

des Innern, Rep. 77 Tit. 136

Nr. 5

Bd. 1

14., mit stilistischen Verbesserungen Koehlers.

Anraten eines modifizierenden Vorgehens bei Veränderungen der Kreisgrenzen »Wir haben aus Euerm über die neue Kreiseinteilung in der Provinz Ostpreußen unterm 4. dieses Monats erstatteten Bericht 1 mit Vergnügen ersehen, daß Ihr diese wichtige Angelegenheit mit Eifer ergriffen habt, und erwarten von Euch deren möglichste Beschleunigung, insoweit diese sich mit der erforderlichen Gründlichkeit und Genauigkeit der Arbeit vereinigen läßt; denn daß letztere nicht unter der Beschleunigung wesentlich leiden muß, verstehet sich von selbst. Was insbesondere das Ermeland betrifft, so ist zwar in polizeilicher Hinsicht nicht eben notwendig, auf dessen bisherige Grenzen ängstlich Rücksicht zu nehmen. Wie es indessen überall wünschenswert ist, daß die Veränderung, welche mit den Kreisgrenzen notwendig vorgehen muß, so gering als möglich sei und nirgends ohne Not angebracht werde, und wie überhaupt die sonst ganz hauptsächlich zu beachtende Rücksicht auf Bildung der neuen Kreise in möglichst abgerundete und reguläre Figuren sich auch nach den übrigen Umständen modifizieren muß und nur bis auf einen gewissen Grad, den allein eine gesunde und unbefangene Einsicht in die Verhältnisse auffinden kann und der sich nicht in abstracto bezeichnen läßt, festzuhalten ist, indem man natürlich nicht lauter Vier- oder Sechsecke haben und nicht überall die größte Länge und Breite der Kreise gerade einander gleich sein kann: so ist es insbesondere in Rücksicht auf den schroff abweichenden Religionszustand des Ermelands auch wünschenswert, daß letzteres so viel, wie es gehen will, zusammengehalten wird, ohne daß jedoch die oben gedachte andere Hauptrücksicht deshalb ganz aufzuopfern ist. Ihr müßt nach Erwägung aller Umstände dasjenige rechte medium zu treffen suchen, wobei die meisten Vorteile, welche man intendiert und die E u c h bekannt sind, vereinigt werden.« 1

Bericht des Ostpreußischen Regierungspräsidiums wegen der neuen Kreiseinteilung an das Ministerium des Innern, Königsberg, 4. September 1809, Ausf., gez. Wißmann,

Stolterfoth, Frey, i. gl. Fasz. Bl. 7. Darin wird auf

Schwierigkeiten

durch das bisherige Ordnungssystem der statistischen Nachrichten und durch die Sonderstellung des Ermlands verwiesen. Auf gleichem B l a t t hat Koehler das v o r liegende Antwortreskript eigenhändig entworfen.

14. September 1809

393

144. Immediatbericht der Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 14. September 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 2.2.1. Nr. 24729 Bl. 16: Ausf., gez. Altenstein, Dohna (alt: Rep. 89 A L 2).

Beurteilung der Beschwerde der Kurmärkischen Regierung gegen Befugnisse des ständischen Komitees bei Kontributionserhebungen »E. K . M. verfehlen wir nicht, die uns zum gutachtlichen Bericht allergnädigst zugefertigte Immediatvorstellung der Kurmärkschen Regierung vom 9. v. M. 1 alleruntertänigst hierneben zurückzureichen und dabei Nachstehendes gleichmäßig anzuzeigen. Die Beschwerde der gedachten Behörde hat zum Gegenstande: 1. die Anordnung der Instruktion vom 29. März d. J. § 5 Nr. 1, durch welche dem ständischen Comité die Befugnis eingeräumt wird, die Reste aller bisher — von dem aufgelösten Comité — erlassenen Kontributionsausschreiben strenge beizutreiben, 2. die Maßregel, daß das Schuldenwesen der Provinz von einer besondern ständischen Kommission ohne Teilnahme der Regierung bearbeitet werden soll. Ihre Anträge gehen dahin, ad 1. daß diese dem Comité erteilte Befugnis aufgehoben oder modifiziert werde: daß die Exekution nur unter ihrer Mitwürkung und Leitung verfügt werden könne, und ad 2. daß bestimmt werde: in welcher Art sie künftig sowohl bei Festsetzung der von der Provinz zu erhebenden Summen als auch bei Stundungen und Niederschlagungen mit dem Comité kommunizieren solle. Die von der Regierung aufgestellten Gründe, womit sie ihre Anträge motiviert, sind nicht von gleichem Gewicht, in der Sache selbst aber ihre Besorgnisse nicht ganz ungegründet, da sich, wenngleich die von derselben eingemischten persönlichen Beschuldigungen wider den Comité nur die Mitglieder des aufgelösten Comité treffen, doch auch bei dem neuen Comité schon verschiedentlich eine tadelhafte Tendenz geäußert und sich zutage gelegt hat, daß der an die Spitze gestellte Commissarius dieser Tendenz hinlänglich entgegenzuwirken verhindert wird. Hierzu kommt die fehlerhafte Repräsentation, indem gerade der kontribuable Stand, auf welchem die mehrsten Lasten ruhen, gar nicht repräsentiert wird und die Städte nicht im richtigen Verhältnis, ein Übelstand, welchem sich füglich nicht eher abhelfen läßt, als bis ein neues Repräsentationssystem, woran schon gearbeitet wird, organisiert worden. Wichtig und notwendig bleibt es daher, den Besorgnissen der Regierung Remedur zu schaffen, welches sich auch wohl bewerkstelligen lassen wird, denn ad 1. die Beschwerde betreffend, daß der Comité die Reste aller bisher erlassenen Kriegskontributionsausschreiben strenge beitreiben soll, so entstehet die Frage:

394

14- September 1809

ob von diesen Ausschreibungen noch die Rede sein kann, sobald die Einkommensteuer eingeführt ist? Diese Frage wird bejahend zu beantworten sein, insoweit von solchen Kriegskontributionen, welche durch die Einkommensteuer nicht ausgeglichen werden, sondern den Kontribuenten ohne künftigen Ersatz zur Last bleiben, und von solchen Kontribuenten, welche sich ihrer Verpflichtung hätten entledigen können und sich derselben zum Nachteil ihrer Mitverpflichteten entzogen haben, die Rede ist. Ob dieses der Fall ist, läßt sich hier nicht beurteilen. Nach der Behauptung der Regierung sind Reste von 10 Ausschreiben einzuziehen, welches auch nicht unwahrscheinlich ist, obwohl die gedachte Behörde sich sehr hyperbolisch ausdrückt. Soviel ist aber wohl immer anzunehmen, daß der vorige Comité mehrenteils nur dem begünstigten Stande gestattet haben werde, im Rückstände zu bleiben, und daß da, wo der Rückstand den nicht begünstigten kontribuablen Stand und die Städte trifft, in der Regel absolutes Zahlungsunvermögen zum Grunde liegt. Hiernach finden wir kein Bedenken, bei E. K . M. alleruntertänigst darauf anzutragen : die Befugnis des Comité, die Reste der bisherigen Kriegeskontributionen strenge beizutreiben, jedoch ohne Beziehung auf die kürzlich erfolgte und aus Not bereits genehmigte neue Ausschreibung von 300000 Talern, welche nur auf Abschlag der noch nicht regulierten Einkommensteuer vorschußweise eingezogen wird und nach Einführung derselben den Zahlern wieder zugute kommt, sofort huldreichst zu suspendieren 2 und zu erlauben, daß wir darüber zunächst eine gründliche und vollständige Untersuchung veranlassen können 3 , ob und welche Arten der Reste auch bei der Erhebung der Einkommensteuer von den restierenden Kontribuenten noch eingezogen werden müssen. Diese Untersuchung würde der Regierung und dem Comité gemeinschaftlich unter dem Vorsitz des Geheimen Staatsrats Sack zu übertragen sein.4 Wo sich bei dieser Untersuchung die Zahlungsverpflichtung und das Zahlungsvermögen ausmittelt, werden wir es demnächst für unzweifelhaft annehmen, dem Comité die Einziehung zu übertragen. Daß den einzelnen Kontribuenten Beschwerden über Prägravationen unbenommen bleiben, bedarf keiner ausdrücklichen Versicherung, es muß jedoch, um dieses zu entscheiden, eine Instanz bestimmt werden, die finaliter spricht. 5 Wir werden mit E. K. M. Allerhöchster Genehmigung den Geheimen Staatsrat Sack auffordern, über das hierbei zu beobachtende Verfahren seine gutachtlichen Vorschläge abzugeben. Der Regierung nach ihrem Antrage eine willkürliche Niederschlagung und Befristung hierbei einzuräumen dürfte nicht ratsam sein 6 , da dieses, zumal bei der einmal eingetretenen animosen Stimmung, die Wirksamkeit des Comité ganz lähmen und es ebensoviel sein würde, als wenn der Regierung das Ganze übertragen und der Comité außer Aktivität gesetzt würde. Hiernach wird sich auch der zweite Antrag der Regierung beseitigen lassen.

395

14- September 1809

Derselbe hat besonders auf die Einkommensteuer Bezug, und da diese Operation als eine Kommunalsache behandelt wird 7 , so läßt sich die Ausschließung der Regierung eher rechtfertigen als tadeln, indem sich die Staatsverwaltung durch einen zu ernennenden Commissarius die oberste Leitung des Geschäfts vindiziert: denn daß der ständische Comité neben der Regierung das Geschäft betreibt, stehet ohne Lähmung des Ganzen nicht auszuführen. Die Wirksamkeit des Comité würde ganz aufhören müssen und die Regierung allein handeln. Es ist auch kein Grund abzusehen, weshalb die Wirksamkeit der Regierung hier eintreten soll. Sobald die Grundsätze der Steuer richtig bestimmt sind, lassen sich Prägravationen und Begünstigungen des einen zum Nachteil des andern nur einzeln denken. Diesen kann durch die Einwürkung des Commissarii und durch die Berufung auf eine rechtliche Instanz in der Regel begegnet werden, und Stundungen und Niederschlagungen, die als Regel gar nicht eintreten müssen, muß der Comité selbst unter Leitung des Commissarius beschließen. Von dem Gange des Ganzen erhält die Regierung durch ihre zum Comité deputierten Mitglieder Kenntnis. Sobald der Comité, wenigstens dessen Majorität, aus tätigen, redlichen und einsichtsvollen Männern bestehet und die Leitung des Commissarius nicht kraftund zwecklos ist, läßt sich alles Ersprießliche davon erwarten. Zu wünschen wäre es gewesen, daß die Regierung, statt in allgemeinen Ausdrükken eine Kommunikation mit den Ständen, eine Einheit der formellen Administration zu desiderieren, bestimmte und namhafte Vorschläge gemacht hätte, in welchen einzelnen Befugnissen ihre Teilnahme bestehen soll und in welcher Form sie mit dem ständischen Comité kommunizieren will. Denn da sie zwei Deputierte zu Mitgliedern des Comité gewählt hat, so tritt eine solche Kommunikation doch wirklich ein. Diese beiden Regierungsdeputierten werden zwar von den übrigen mehrern Mitgliedern des Comité überstimmt, aber diese können doch nicht so ausgeartet gedacht werden, daß nicht die Ratschläge Sachverständiger und wohlgesinnter Männer Eingang bei ihnen finden sollten. E. K. M. stellen wir alleruntertänigst anheim, hiernach die Kurmärksche Regierung huldreichst bescheiden zu lassen.8« 1

Ausfertigung, 8 Unterschriften, u. a. Vincke, i. gl. Fasz. Bl. 18.

2

Hierzu Marginale von K l e w i t z : »Genehmigt«.

3

Hierzu Marginale von K l e w i t z : »desgl.«

4

Hierzu Marginale v o n K l e w i t z : »desgl.«

5

Hierzu Marginale v o n K l e w i t z : »desgl.«

6

Hierzu Marginale v o n K l e w i t z : »Allerdings nicht«.

7

Hierzu Marginale v o n K l e w i t z : »Allerdings«.

8

Schlußmarginale von K l e w i t z : »Genehmigt und also hiernach der 1. Kurm[ärkischen]

Reg[ierung],

2. St[aats]m[inister]

K ö n i g s b e r g ] , 20. September 1809«.

v. Alt[enstein]

u. Gr[af]

Dohna,

396

15. September 1809

145. »Instruktion für die Militärgerichte wegen künftiger Einrichtung der Militärgerichtsbarkeit« Königsberg, 15. September 1809 Z S T A Merseburg, Justizministerium, Rep. 2.5.1. Nr. 7198 (alt: Rep. 84 a I BM Nr. 52 Bd. 1) Bl. 218: Abschrift, Bl. 240 u. 247: Drucke; Gesetzsammlung 1806-10, Nr. 88, S. 581 ff.

»In Gemäßheit der Allerhöchsten Königl. Kabinettsorder vom 19. Juli d. J . 1 wird hiedurch nach vorhergegangener Kommunikation mit dem Justizdepartement folgendes zur Achtung der Militärgerichte festgesetzt: 1. Da der Gerichtsstand über die Militärpersonen in allen Angelegenheiten der bürgerlichen Gerichtsbarkeit auf die Zivilgerichte übergeht, so haben die Militärgerichte vom Empfange dieser Instruktion an keine neuen Klagen dieser Art mehr anzunehmen, die schon anhängigen Prozesse aber fördersamst in der bei ihnen schwebenden Instanz abzumachen und alsdann die Akten an das betreffende Zivilgericht zur weitern Fortsetzung abzugeben. Dieses muß sobald als möglich, spätestens aber bis zum 1. Dezember dieses Jahres geschehen, welcher späteste Termin besonders in Rücksicht auf die in Zivilprozessen erlassenen Ediktalzitationen festgesetzt wird. Ist eine oder die ändere Sache bis dahin nicht in der schwebenden Instanz zu beendigen, so sind die Akten, wie sie liegen, gegen den 1. Dezember d. J . an die Zivilgerichte abzugeben. 2. In gleicher Art ist es mit den Kriminal- und Injurienprozessen gegen Ehefrauen, Familien, Gesinde und Angehörige der Offiziere, Unteroffiziere, Soldaten und sonstigen Militärpersonen, desgleichen gegen die nicht wirklich im Dienste angestellten Militärpersonen, welche keine Offiziere sind, zu halten, da diese Personen nach den Bestimmungen der Höchsten Kabinettsorder No. 3 Lit c. und No. 4 künftig auch in Kriminal- und Injuriensachen der Gerichtsbarkeit der Zivilgerichte unterworfen sind. 3. Zugleich mit den kurrenten Prozeßakten sind auch die etwanigen gerichtlichen Deposita an die betreffenden Zivilgerichte zu übergeben und denselben gehörig nachzuweisen. 4. Die kurrenten Vormundschaftsakten sind mit den dazugehörigen und aktenmäßig nachzuweisenden Depositis sobald als möglich und spätestens gegen den 1. Dezember dieses Jahres an die betreffenden vormundschaftlichen Gerichte abzugeben. 5. Da auch die bisherige dingliche Gerichtsbarkeit, welche einigen Militär-, besonders Gouvernementsgerichten zustand, nach der Bestimmung No. 6 der Höchsten Kabinettsorder auf die ordentliche bürgerliche Gerichtsbarkeit übergehet, so haben die Militärgerichte dif diesen Gegenstand betreffenden Akten und Hypothekenbücher fördersamst und spätestens gegen den 1. Dezember dieses Jahres dahin abzugeben. 6. Bei Bestimmung derjenigen Zivil- und vormundschaftlichen Gerichte, an welche die Militärgerichte ihre Akten, Deposita und Hypothekenbücher abzuliefern haben, sind die Vorschriften No. 5 und 6 der Höchsten Kabinettsorder zu befolgen. ,

15. September 1809

397

7. Auch haben die Militärgerichte die Parteien von der geschehenen Überlieferung der dieselben betreffenden Akten und Depositen an die Zivilgerichte gehörig zu benachrichtigen. 8. In Festungen, wo keine Zivilgerichtsbarkeit existiert, wie dieses bei der Festung Graudenz der Fall ist, wird dem Gouvernementsauditeur die Zivilgerichtsbarkeit über Militärpersonen und die Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit über die in der Festung wohnenden Zivilpersonen und deren Grundstücke per modum delegationis übertragen. Die Appellationen gehen an die betreffenden Oberlandesgerichte, deren Aufsicht auch die Gouvernementsauditeure in diesen Angelegenheiten als Commissarii perpetui derselben unterworfen sind. 9. Was die reponierten Zivilprozeß- und Vormundschaftsakten betrifft, so bleiben die des Generalauditoriats und des Kriegeskonsistorii im Verwahrsam und unter Aufsicht des Generalauditoriats, welches aus denselben den Behörden und Parteien in einzelnen Fällen auf Erfordern Auskunft geben wird. In gleicher Art behalten die Gouvernementsgerichte die reponierten Zivilprozeß- und Vormundschaftsakten unter ihrer Aufsicht und Verwahrsam. Dahingegen haben die Regiments- und Bataillonsgerichte ihre reponierten Zivilprozeßund Vormundschaftsakten an das Stadtgericht der Garnisonstac^t zur fernem Verwahrung fördersamst abzuliefern. 10. Bei der Gebührenfreiheit der Unteroffiziere und Soldaten in Prozessen behält es wie bisher sein Bewenden. In Ehescheidungssachen derselben dürfen die Zivilgerichte nur diejenigen Kostensätze ansetzen, welche bisher beim Kriegeskonsistorium nach der von des Königs Majestät unterm 20. Oktober 1800 Allerhöchst vollzogenen Dienstinstruktion für das Generalauditoriat und resp. Kriegeskonsistorium2 stattgefunden haben, nämlich 1 Rtlr. 14 Gr. in einer gewöhnlichen Ehescheidungssache, in welcher auf Trennung der Ehe erkannt wird, und 3 Rtlr. 10 Gr. in einer Ehescheidungssache, in welcher wegen böslicher Verlassung eine öffentliche Vorladung hat erlassen werden müssen. Von diesen Gebührensätzen müssen die etwanigen baren Auslagen mit bestritten werden, und findet, wenn eine Ehe nicht wirklich getrennt worden, keine Gebührenansetzung statt. 1 1 . Die Militärgerichte bleiben nach wie vor der Kriminalgerichtsstand sämtlicher im Dienst stehenden sowie der auf Wartegeld gesetzten und der pensionierten Offiziere, desgleichen aller im Dienst befindlichen Unteroffiziere, Soldaten und wirklichen Militärpersonen, und diese Kriminalgerichtsbarkeit ist überall in der bisher vorgeschriebenen Art ohne Einmischung der Zivilbehörden auszuüben, wie denn auch das Generalauditoriat dieserhalb in seinen bisherigen Verhältnissen bleibt. Gleichermaßen bleiben die Militärgerichte der Gerichtsstand aller dieser vorgenannten Militärpersonen in allen und jeden Injuriensachen.^ 12. Auch dürfen die Exekutionen von dem Zivilgerichte gegen Militärpersonen mit Ausnahme der Fälle, wenn Grundstücke des Schuldners oder ausstehende Forderungen desselben in Beschlag genommen werden, nicht unmittelbar, sondern nur durch Requisition der Militärgerichte und beziehungsweise des Generalauditoriats, insofern die Schuldner der Gerichtsbarkeit desselben bisher unmittelbar untergeordnet gewesen sind, vollstreckt werden. Es ist daher die Vorschrift der Allgemeinen Gerichtsordnung T. i , Tit. 24,

39«

15. September 1809

§ 26 von seiten des Justizdepartements dahin näher bestimmt worden, daß bei Exekutionen gegen Militärpersonen die Zivilgerichte den Zahlungsbefehl erlassen, gleichzeitig aber das Militärgericht um die Vollstreckung der Exekution nach Ablauf der im Zahlungsbefehl bestimmten Frist ersuchen. Dieses Requisitoriale wird dem Extrahenten zugestellt, um davon nach Ablauf der Frist, wenn keine Zahlung erfolgt, Gebrauch zu machen. Die Militärgerichte haben, wenn dergleichen Requisitoriale der Zivilgerichte bei ihnen eingeht, sofort die Exekution in den gesetzlich vorgeschriebenen Wegen zu veranlassen und sich hiebei nach der Verordnung vom 3. Dezember 1791, nach dem Zirkular des Generalauditoriats4 vom 1. Mai 1798 und nach der Höchsten Kabinettsorder vom 1 1 . Januar 1800 gemessenst zu achten. 13. Wenn künftig ein Regiment oder ein sonstiges Militärinstitut in den Fall kömmt, als Kläger oder als Beklagter einen Zivilprozeß führen zu müssen, in welchem es auf militärische Verfassung ankömmt, so steht es demselben frei, über letztere ein schriftliches Gutachten zu den Akten zu geben und sich durch Rechts- und Sachverständige vertreten zu lassen. Auch sind die Zivilgerichte von seiten des Justizdepartements dahin angewiesen worden, sich, wenn sie bei Einleitung und Entscheidung von Prozessen gegen Militärinstitute und Militärpersonen eine Auskunft über Militärökonomie oder sonstige militärische Dienstverhältnisse bedürfen, nach Analogie der Verordnung vom 26. Dezember 1808 5 §§ 43, 44 an die betreffende Division des Allgemeinen Krieges- oder des Militärökonomiedepartements zu wenden und von dieser Auskunft einzuholen. 14. Der Generalauditeur und das Generalauditoriat bleiben in dem hiernach näher bestimmten Wirkungskreise sowie überhaupt die vorgesetzte Dienstbehörde der Militärgerichte. Sollten daher letztere bei Ausführung dieser Anordnungen in einzelnen Fällen in Ansehung des Ressorts oder sonst Schwierigkeiten finden, so haben sie darüber an das Generalauditoriat zu berichten, welches sich mit dem betreffenden Oberlandesgerichte über die Hebung dieser Schwierigkeiten vereinigen oder allenfalls die Sache zur höchsten Entscheidung bringen wird. Sämtliche Militärgerichte haben sich nach diesen auf Sr. Königl. Majestät Allerhöchsten Befehlen beruhenden Anordnungen auf das genaueste zu achten.«6 1

2 3

4

K . O. an Beyme, Königsberg, 19. Juli 1809, Abschriften in Rep. 2.5.1. Nr. 7 1 9 8 Bl. 173, 207, 2 1 1 , Druck Bl. 2 1 0 ; Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 86, S. 579 f. Druck i. gl. Fasz. Bl. 257. In seinen Tagebuchaufzeichnungen vom 17. September 1809 berichtet Sack darüber: »Mit Recht hat die gestern promulgierte Bekanntmachung wegen Aufhebung der Militärgerichtsbarkeiten Interesse und als ein großer Schritt zum Besserwerden Freude erregt, obgleich man von Einsichtsvollen die Bemerkung hört: daß man dadurch zum Ziel nur den halben Schritt getan habe, indem gerade die Injuriensachen diejenigen sind, die den Militärgerichten nicht hätten belassen werden sollen, wenn man eine gerechte Beurteilung und Entscheidung und die Abschaffung von Insulten gegen den Zivilstand erwarten und so beiden Ständen die nötige Achtung gegeneinander und Vertragsamkeit unter sich bewirken will« (Granier, S. 5 1 8 f.). Druck i. gl. Fasz. Bl. 275.

i8. September 1809 5 6

399

Siehe Nr. 22. Diese Instruktion ist von Koenen entworfen und von ihm an Scharnhorst am 5. September 1809 gesandt worden. Vollzogen wurde sie am 15. September 1809, in der Gesetzsammlung mit der Unterschrift: »Königl. Preuß. Allgem. Kriegesdepartement und Generalauditoriat v. Scharnhorst, v. Koenen.«

146. Minister Graf zu Dohna an den Grafen zu Doenhoff, Herrn von Domhardt und übrige adelige Gutsbesitzer des Mohrungschen Kreises Königsberg, 18. September 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 6 Bl. 18: Reinkonzept mit Ergänzungen Dohnas, gez. Dohna.

Kritik an argwöhnischen Unterstellungen adeliger Gutsbesitzer am Beispiel der Kreisdeputiertenwahl »Ich habe soeben die Ehre gehabt, das Schreiben Ew. Hoch- und Hochwohlgeborn vom 11. hujus 1 und die Abschrift des von Denselben an des Königs Majestät gerichteten Vorstellens 2 zu erhalten. Es ist nunmehr meine Pflicht, in treuer Untertänigkeit den Allerhöchsten Befehlen S. M. entgegenzusehen, und ich bin für jetzt jeder direkten Äußerung in Rücksicht des in Rede stehenden Hauptgegenstandes überhoben. Die besondere Verehrung und Ergebenheit, welche ich denjenigen unter Ihnen geweihet habe, welche persönlich zu kennen ich den Vorzug genieße, bestimmt mich jedoch, eine Bemerkung in Rücksicht des an mich gerichteten Schreibens vom 11. hujus nicht zu unterdrücken. Mit sehr innigem und herzlichem Bedauern habe ich aus jenem Schreiben abermals die unglückliche Tendenz Ew. Hoch- und Hochwohlgebornen entnehmen müssen, sich, sobald es auf Würdigung der Schritte der Regierung und ihrer Beamten ankömmt 3 , durch willkürliche selbstgeschaffene Suppositionen 4 zum Teil ohne alle, zum Teil ohne zureichende Veranlassung die peinigendsten Vorstellungen zu bilden. Um durch ein kleines Beispiel das soeben Angeführte zu belegen, nehme ich auf die Stelle des Schreibens Ew. Hoch- und Hochwohlgeborn vom 11. hujus Bezug, in welcher Dieselben behaupten, ich habe in dem meinigen vom 13. August c. 5 die Wahl eines Kreisdeputierten an die Bedingung eines Examens geknüpft, und daraus ferner folgern, dieses Examen werde keine Grenzen haben und könne sich nach Willkür des Examinators über mehrere Zweige der Staatswirtschaft erstrecken. Insofern es Ew. Hoch- und Hochwohlgeborn gefällig ist, sich zu bemühen, mein Schreiben vom 13. Auguste, nachzulesen, so werden Dieselben Sich überzeugen, daß darin durchaus weder überhaupt von einem Examen des Kreisdeputierten noch von einem solchen, wie befürchtet wird, die Rede ist. Die Königliche Ostpreußische 6 Regierung ist des Königs Majestät zunächst

400

i8. September 1809

für die zweckmäßige Verwaltung der Landespolizei in der Provinz (welche bisher durch die Trennung der Städte von dem platten Lande zum großen Druck des letzteren wesentlich behindert ward) verantwortlich, es versteht sich daher allerdings ganz von selbst und bedarf eigentlich keiner weiteren Erwähnung, daß es lediglich von der Entscheidung der Königlichen Ostpreußischen Regierung abhängt, ob die gewählten oder noch zu wählenden Kreisdeputierten Geschicklichkeit und rastlose Tätigkeit genug besitzen, um in den jetzigen höchst verhängnisvollen Zeiten ganz dem beabsichteten Zweck gemäß den Landräten bei Verwaltung der Landespolizei assistieren zu können. Auf welche Weise die Königliche Ostpreußische Regierung sich die Data zu dieser Entscheidung verschafft, muß einem in jeder Hinsicht so ausgezeichneten Collegio, welches sich auf dem Standpunkt befindet, eine große und gründliche Übersicht zu haben, mit Vertrauen überlassen werden, und läßt es sich am wenigsten voraussetzen 7 , daß die Königliche Ostpreußische Regierung ihre Entscheidung über die rastlose Tätigkeit eines Kreisdeputierten lediglich auf ein theoretisches Examen gründen wird. Das schöne und eigentümliche Erbteil des Adels besteht in hoher Liberalität, in dem offenen zuvorkommenden Vertrauen zur Regierung und in dem treuen und freudigen Eifer, die großen Zwecke derselben zu unterstützen und zu befördern; daß jene unglückliche Tendenz gewiß nicht zur Belebung dieser Eigenschaften beiträgt, sondern daß selbige vielmehr die rechtschaffensten und edelsten Gemüter sehr, sehr weit führen kann, bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung.8« 1

Ausf., gez. von 18 Gutsbesitzern, i. gl. Fasz. Bl. 14.

2 Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 16. 3 4

»sobald . . . ankömmt« von Dohna am Rande ergänzt. Ursprüngl.: »möglichst gehässige Suppositionen«, die beiden ersten Wörter von Dohna gestrichen.

5

Reinkonzept mit zahlreichen Ergänzungen Dohnas, gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 8.

6

»Ostpreußische« v o n Dohna hier und nachfolgend zur genaueren Bezeichnung der Regierung zugefügt.

7 8

Von Dohna geändert statt »annehmen«. »Das schöne und eigentümliche E r b t e i l . . . Auseinandersetzung« v o n D o h n a zugefügt statt der Streichung: »Daß jene unglückliche Tendenz auch die rechtschaffensten und edelsten Gemüter sehr weit führen kann, bedarf keiner weitern Auseinandersetzung, am wenigsten entspricht dieselbe derjenigen hohen Liberalität, dem offenen zuvorkommenden Vertrauen und dem treuen und freudigen Eifer, die großen Zwecke der Regierung zu unterstützen und zu befördern, welche Eigenschaften das schöne und eigentümliche Erbteil des Adels ausmachen sollen.«

401

20. September 1809

147. Kabinettsordre an die adligen Gutsbesitzer des Mohrungschen Kreises Grafen Dönhoff zu Hohendorf und übrige Königsberg, 20. September 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium Abschrift.

des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 6 Bl. 21:

Zurückweisung der Einmischungsversuche maßnahmen

uneinsichtiger Adliger in Verwaltungs-

»Seine Königliche Majestät von Preußen Allerhöchstselbst haben der Nation eine engere Teilnahme an Gesetzgebung und Administration eröffnet, können aber die adligen Gutsbesitzer überhaupt nur als einen Teil derselben und keinesweges als die ganze Nation oder deren Repräsentanten anerkennen. A m wenigsten sind zu solchen Repräsentanten der Nation Gutsbesitzer des Mohrungschen Kreises geeignet, die nach ihrer Eingabe vom 11. d. M. 1 sich erlauben, in S. M. wohltätigen Maßregeln und Absichten ein revolutionäres Zerbrechen aller Formen zu finden und voreilig ohne gehörige Bekanntschaft mit der Lage der Dinge sowie ohne gründliches Nachdenken über die Grenzen jener Nationalteilnahme sich gern in bloße Verwaltungsmaß regeln mischen möchten.« 1

Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 16, eingesandt von den Gutsbesitzern mit ihrer Eingabe an Dohna vom 11. 9. 1809, i. gl. Fasz. Bl. 14. Dohnas Antwort vom 18. 9. auf diese Eingabe siehe Nr. 146.

148. Minister Graf zu Dohna an die Gesetzgebungssektion Königsberg, 20. September 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium Bl. 90: Ausf., gez. Dohna.

des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 2

Übersendung des Entwurfs einer Verordnung über das Verfahren bei ländlichen Gemeinheitsteilungen und Ablösungen; erläuternde Bemerkungen dazu mit der Bitte um ein Gutachten »Einer Hochlöblichen Sektion im Ministerio des Innern für die Gesetzgebung beehre ich mich, in der Anlage zur gefälligen Prüfung den Entwurf einer „Verordnung über das Verfahren bei ländlichen Gemeinheitsteilungen und Ablösungen von Servituten, Diensten und Abgaben in sämtlichen Preußischen S t a a t e n " 1 mit dem ganz ergebensten Bemerken vorzulegen, daß derselbe gleichzeitig auch des Herrn Großkanzlers Exz. und der Sektion für die Domänen und Forsten mitgeteilt worden ist und daß ich dem dringenden Bedürfnisse einer neuen Gemeinheitsteilungsordnung es sehr wünschen muß, daß der vorliegende Ent-

402

20. September 1809

wurf dazu spätestens im Januar des Königs Majestät zur Vollziehung vorgelegt und mithin die Publikation noch vor Anfang des Frühjahrs vollendet sein könnte. Es ist bei der Abfassung dieses Entwurfs von folgenden Ansichten ausgegangen worden. 1. Alle gesetzlichen Vorschriften über das Materielle bei Auseinandersetzungen sind höchst schädlich. a) Denn sind sie unbedingtes Gesetz, so müssen die Teilungskommissarien sie überall vollziehen, wo ihre Vollziehung nur irgend möglich ist: mithin nicht nur da, wo sie wirklich das Beste sind, was geschehen könnte, sondern auch da, wo es ein Besseres gibt, und sogar da, wo sie das Schlechteste sind, was nur noch ausführbar ist. Bei der unendlichen Mannigfaltigkeit der örtlichen und selbst persönlichen Verhältnisse aber darf man nicht hoffen, jemals im allgemeinen materielle Vorschriften aufzustellen, welche auch nur in den mehrsten konkreten Fällen die bestmöglichsten wären. b) Sind solche Vorschriften nicht unbedingtes Gesetz, sondern nur beispielsweise der Verordnung beigefügt, so sind sie nicht minder schädlich: denn einerseits wird nun auch nicht einst der Zweck dadurch erreicht, die Parteien gegen Willkür zu sichern, und andererseits schwächen und vernichten sie beinahe die Tätigkeit und Verantwortlichkeit der Auseinandersetzungskommissarien, indem diese in allen etwas schwierigen Fällen es immer bequemer finden werden, auf die gesetzliche Vorschrift, wie wenig passend sie auch sei, zurückzugehen, als mit Anstrengung aller Kräfte die bestmöglichste Auskunft zu ermitteln; das Publikum und die Oberbehörden solche Sorglosigkeit aber nicht leicht rügen können, da niemand eines Fehlers bezüchtigt werden kann, wenn er in zweifelhaften Fällen sich an das hält, was offiziell als Muster und Beispiel aufgestellt worden ist. c) Vornehmlich aber kompromittiert es die Regierung vor der Nation, wenn sie übernimmt, allgemeine Vorschriften für etwas zu geben, was seiner Natur nach nur nach örtlichen und individuellen Verhältnissen beurteilt werden kann; und sie verliert dadurch an Vertrauen und Achtung um so mehr, als ihr dabei nicht nur alle Nachteile, welche aus ihren Vorschriften unmittelbar fließen, sondern auch alle, die von dem Benehmen der Kommissarien abhängen und so leicht mit ihrer Beschränkung durch das Gesetz entschuldigt werden können, zur Last gelegt werden, und als es gerade der ungebildeteste, mithin auch unbilligste und leidenschaftlichste Teil der Nation, der gemeine Landmann ist, dessen hundert kleine Rücksichten am wenigsten im allgemeinen beachtet werden können und der sich daher durch solche Vorschriften am stärksten verletzt findet. 2. Auch bloß leitende Ideen können nicht gesetzlich promulgiert werden. a) Die Schwierigkeit bei Auseinandersetzungen liegt überhaupt keinesweges in dem Mangel allgemeiner Ansichten, sondern ganz eigentlich darin, daß es so äußerst mißlich bleibt, die verschiedenen allgemeinen Anforderungen, welche an den Kommissarius mit Fug gemacht werden können, mit den örtlichen und persönlichen Verhältnissen zu vereinigen. Diese leitenden Ideen erleichtern also die Arbeit in keinem nur irgend erheblichen Grade.

20. September 1809

403

b) A b e r sie schaden insofern, als sie ebensowohl wie im vorigen Falle (1 b) die aufgestellten Beispiele nachlässigen, unentschlossenen oder unwissenden Kommissarien dazu dienen, sich von der unangenehmen Notwendigkeit, selbst zu prüfen und zu wählen, und von der Verantwortlichkeit für diese eigene Wahl zu befreien und ihre Fehler unter dem Vorwande, das Gesetz sei befolgt worden, zu verbergen. c) A b e r auch selbst wohlwollenden und tätigen Kommissarien werden solche leitenden Ideen weit häufiger nachteilig als vorteilhaft sein. Die Personen, welche zu solchen Geschäften gebraucht werden können, haben bei weitem der größten Mehrzahl nach keine allgemeine Bildung erhalten. Sie haben aus ihrer Erfahrung sich gewisse praktische Regeln abstrahiert, die, obwohl höchst einseitig, doch in Lagen, die von den ihrigen nicht viel verschieden sind, sehr anwendbar bleiben. Nach diesen werden sie in der Nachbarschaft, im Kreise ihrer Bekannten meist ganz vernünftige Einrichtungen machen können. Aber sie haben nicht das Vermögen, aus allgemeinen Gesetzen Vorschriften für einzelne Fälle herzuleiten, denn dies setzt schon einen bedeutenden Grad von allgemeiner Bildung voraus; und sie werden vielmehr, indem sie ehrlich die gesetzlichen Anordnungen anzuwenden vermeinen, auf die sonderbarsten und widernatürlichsten Auslegungen derselben geraten und sich dadurch sogar verpflichtet achten, so verkehrt zu verfahren, als niemals in ihren Sinn gekommen wäre, wenn sie unbefangen bloß ihrer Erfahrung und ihrem praktischen Urteile gefolgt hätten. 3. In Auseinandersetzungsangelegenheiten darf gar keine andere Entscheidung als die schiedsrichterliche stattfinden. a) Dies folgt schon aus dem notwendigen Mangel materieller Vorschriften. Denn der v o m Staate bestellte Richter darf nicht anders als nach dem Gesetze sprechen, und es wäre ein rein despotischer A k t , wenn v o m Staate gesetzte Richter in einer Sache, wo kein bestimmtes Gesetz gebbar ist, nach ihrer reinen Willkür zu sprechen autorisiert würden. Dagegen hat es kein Bedenken, Schiedsrichter, welche die Parteien selbst und nur für ein einzelnes bestimmtes Geschäft wählen, zu autorisieren, daß sie ohne Gesetz so sprechen, wie sie es vor ihrem Gewissen und dem Publikum verantworten zu können glauben. b) Die schiedsrichterliche Entscheidung hat überdies schon an sich die Präsumtion für sich, daß sie zweckmäßiger ausfallen könne als die obrigkeitliche. Denn die Schiedsrichter werden ganz natürlich gewählt aus Personen, welche die Lokalität, die Wirtschaftsart der Gegend, die Vermögensumstände der Interessenten und überhaupt alle die kleinen Verhältnisse kennen, die der Obrigkeit entweder gar nicht oder doch nicht dergestalt bekannt werden, daß sie offiziellen Gebrauch davon machen kann. Sie haben das Vertrauen der Parteien, sonst würden sie überall nicht gewählt sein: sie erhalten daher auch von ihnen unbefangenere Auskunft, und ihre Vorstellungen und Vorschläge machen mehr Eindruck. Sie beschäftigen sich endlich während einer gewissen Zeit, wo nicht ausschließlich, so doch vorzüglich mit der Sache ihrer Parteien, während die obrigkeitlichen Personen gleichzeitig durch sehr mannigfaltige Geschäfte zerstreut werden. 27

Stein/Hardenberg

404

20. September 1809

c) Es läßt sich in das schiedsrichterliche Verhältnis ein sehr hoher Grad von Publizität legen, welcher gewiß auf die Rechtlichkeit der ganzen Verhandlung einen äußerst wichtigen Einfluß äußern muß. Ist in den Parteien noch eine Spur von Ehrliebe, so werden sie anstehen, die gehässigen Insinuationen, die Winkelzüge und Verdrehungen, welche sie vor Gericht sich so oft und so ungescheut erlauben, vor die öffentliche Session der Schiedsrichter zu bringen, und nicht minder darf man erwarten, daß der Schiedsrichter durch eben diese Publizität selbst so billig, gemäßigt und zweckmäßig, als es ihm nur immer möglich ist, zu verfahren gezwungen werde. Es gibt allerdings Länder, in welchen auch das gerichtliche und überhaupt das obrigkeitliche Verfahren einen so hohen Grad von Publizität hat, als man nur immer wünschen mag. Bei uns wird es aber immer leichter bleiben, diese Publizität bei einer neuen — hier der schiedsrichterlichen — Behörde einzuführen als unter den obrigkeitlichen Personen, welche eines ganz andern Geschäftsganges gewohnt sind, auch bei der zeitigen Verfassung sich nicht einst auf eine größere Publizität einlassen können. 4. Aber dem Schiedsrichter muß es nicht an Mitteln fehlen, sich selbst gegen Einseitigkeit der Ansicht zu verwahren. a) Daher es ihnen nachgegeben, sich bei ihrem Geschäfte der Hülfe jedes Sachverständigen, dessen sie zu bedürfen glauben, zu bedienen. b) Sie sind sogar verpflichtet worden, alle Messungen und Abschätzungen durch andere verrichten zu lassen, damit die Resultate dieser Arbeiten durchaus rein und ohne die Farbe ihrer Meinung zu tragen an sie gelangen möchten. c) Es ist ihnen zur Pflicht gemacht worden, die aufgenommene Taxe mit den Parteien öffentlich durchzugehen, nachdem diese Zeit genug gehabt haben, sie durchzusehen. Auf diesem Wege kann jedes Bedenken dagegen zur Sprache kommen, und sie sind durch die Öffentlichkeit der Sitzung selbst genötigt, darauf genau zu achten. d) Es ist als Regel angenommen, daß nicht sie, sondern ein von ihnen gewählter ökonomiekommissarius den Auseinandersetzungsplan anlegen müsse. Dies bringt nicht allein eine Ansicht mehr in das Geschäft, sondern sie können auch mit kälterm Blute einen Plan verbessern, der nicht ihr Werk ist. e) Auch diesen Plan müssen sie öffentlich mit den Parteien zur Stelle durchgehen. Es ist ihnen gestattet, denselben so oft zurückzunehmen und zu verbessern, als sie es nötig finden. Dabei wird jede andere Ansicht, die sich irgend nur in der Gegend findet, zur Sprache kommen können. Es dürfte schwer sein, ohne unverhältnismäßige Weitläuftigkeit die Mittel zu vermehren, welche zur Belehrung der Schiedsrichter über das eigentliche SachVerhältnis und zu Aufstellung einer unbefangenen Ansicht davon führen könnten. 5. Bei dieser scheinbaren Anteillosigkeit der Regierung kann und muß dieselbe doch tätig wirken, daß bessere Maximen über Auseinandersetzung allgemeiner werden. a) Schon die Öffentlichkeit der Form führt dahin, indem sie ein allgemeineres

2o. September 1809

405

Interesse für den Gegenstand aufregt, auch Landwirten Gelegenheit gibt, viele Auseinandersetzungen, bei welchen sie gar nicht interessiert sind, mit kaltem Blute zu beobachten und zu vergleichen. b) Noch mehr kann dadurch geschehen, daß die Regierung nur anerkannt geschickten Landwirten das Prädikat als Ökonomiekommissarius gibt, auch wohl in bessern Zeiten damit bare Vorteile verbindet oder gar berühmte Wirte als Ökonomiekommissarien aus dem Auslande an sich zieht. c) Das Mehrste werden wenigstens anfangs belehrende Schriften ohne offiziellen Charakter, ähnlich den englischen Guide's, bewürken. Der Staatsrat Thaer hat bereits übernommen, eine solche Anleitung zum Auseinandersetzen für die Mark zu bearbeiten, und sobald der Entwurf zu der vorliegenden Verordnung so weit die Revisionen passiert ist, daß er ohne Voreiligkeit Privatwirten kommuniziert werden kann, soll die Ausarbeitung solcher Guide's auch für die andern Provinzen veranlaßt werden. d) Endlich werden, wenn Auseinandersetzungen häufiger werden sollten, manche gute Wirte es wohl geraten finden können, sich ganz eigentlich auf das Geschäft, das durch gute Diäten lukrativ genug werden kann, zu legen und es förmlich als Gewerbe zu treiben. So wird Übung und Erfahrung zuletzt Meister auch in diesem Fache bilden können. Einer Königlichen Sektion habe ich diese zum Grunde liegenden Ansichten um so mehr ergebenst mitteilen wollen, als es nicht möglich ist, die Akten, welche über die Fassung des Entwurfs verhandelt sind, beizufügen, da derselbe zur Ersparung von Zeit gleichzeitig bei des Königlichen Großkanzlers Beyme Exz. und bei der Sektion für die Domänen und Forsten zur Revision vorliegt.«2 1 2

Undatierte Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 94. Im weiteren Verlauf dieser Angelegenheit übersendet Dohna mit Schreiben vom 15. Februar 1810 (Ausf., gez. Dohna, Bl. 109) der Gesetzgebungssektion eine Erklärung Beymes zu obiger Verordnung vom 29. Januar 1810, die eine ablehnende Haltung Beymes zum Ausdruck bringt, sowie Abschrift eines Schreibens von Dohna an den Staatsrat Thaer vom 7. Februar 1810 (Abschriften Bl. 110 bzw. 112). A m 17. August 1810 teilt Rehdiger Klewitz mit, daß er ein Gutachten zum Gemeinheitsteilungsreglement seitens der Gesetzgebungssektion für überflüssig halte, da, wie er gehört, die Gewerbssektion das Reglement auf Grund eines von der Domänensektion abgegebenen Gutachtens ganz umgearbeitet und dem Staatsrat Thaer zur Begutachtung zugeschickt hätte (Rehdiger eigh., Bl. 115). Klewitz gibt Dohna Kenntnis von den Ausführungen Rehdigers und dem sich daraus ergebenden Aufschub der Prüfung seitens der Gesetzgebungssektion, bis alle Verhandlungen darüber geschlossen und ihr diese mit den vollständigen Akten übermittelt werden können. Berlin, 18. August 1810 (Konzept, gez. Klewitz, Bl. 116).

27'

406

20. September 1809

149. Immediatbericht der wegen Errichtung einer Gendarmerie g e bildeten Kommission Königsberg, 20. September 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 299 B Nr. 1 Bd. 2 Bl. 2: Ausf., gez. v. Boguslawski, Friese, Hoffmann, v. Rehdiger, Ribbentrop, v. Boyen.

Allgemeine Darstellung der Grundsätze beim Entwurf einer Verordnung zur Bildung einer Landgarde »E. K . M. erteilten uns mittelst Kabinettsordre vom 15. Juli durch den Staatsminister Grafen zu Dohna und Generalmajor von Scharnhorst den Befehl, einen Plan zu Errichtung einer Gens d'armerie zu dem Zwecke, wie sie in Frankreich besteht, gemeinschaftlich zu entwerfen und unmittelbar zu überreichen. Bei Vollziehung dieses Befehls glaubten wir annehmen zu dürfen, daß eine Auswahl von zuverlässigen und kräftigen, im Militär gebildeten Männern die Zwecke, für welche E. K . M. diese Gens d'armerie zu bestimmen geruhen, am sichersten erfüllen werde. Auch schien es uns unerläßlich, ihr durchaus militärische Uniform, Bewaffnung und Disziplin zu geben. Dagegen aber fanden wir Bedenken, sie ein selbständiges Korps durch den ganzen Staat bilden zu lassen, wie dies in Frankreich geschieht, und glaubten vielmehr folgende Einrichtung unmaßgeblich vorschlagen zu müssen. Vorausgesetzt, der ganze Staat sei in Polizeikreise dergestalt geteilt, daß die größten Städte mit ihren nächsten Umgebungen eigene Kreise bilden, die übrigen Städte aber mit dem benachbarten platten Lande zu Kreisen von 25 bis 30 000 Menschen vereinigt werden: so erhält der Polizeidirigent jedes solchen Kreises zu Vollziehung der Polizei in demselben eine der Bevölkerung angemessene Abteilung von Gens d'armen, die Unteroffizieren militärisch subordiniert sind. Eine bequem übersehbare Abteilung von Kreisen bildet eine Landhauptmannschaft, in deren Mitte ein distinguierter Oberoffizier mit einer Reserve von Gens d'armen angestellt ist. Dieser Offizier hat keine Polizeiaufsicht, wohl aber die Inspektion über die militärische Disziplin und Organisation sämtlicher Gens d'armen in den ihm untergeordneten Kreisen, die er wenigstens alle zwei Monate einmal bereisen muß. Die Reserve von Gens d'armen, welche unmittelbar unter ihm steht, ist bestimmt, die dienstfähige Mannschaft in den Kreisen stets vollzählig zu halten und Kommandos zur Verstärkung der Kreisgens d'armerie in außerordentlichen Fällen abzugeben. Wenn die Armee mobil wird, stoßen die Reserven zusammen und bilden den Stamm einer militärischen Gens d'armerie, welche nach den Befehlen des kommandierenden Generals die Polizei der mobilen Armee in Lägern und auf den Märschen besorgt. Wir glauben hierdurch die Reibungen zu vermeiden, die unvermeidlich sein dürften, wenn die Gens d'armerie wie in Frankreich auch in Friedenszeiten ein selbständiges Korps bilden sollte, das aus eigener Autorität, unabhängig von der Kreispolizei polizeiliche Geschäfte verwaltet. Der Kreispolizeidirigent kann schneller und kräftiger würken, wenn er nicht erst Gens d'armen requirieren darf,

2o. September 1809

407

sondern eine seinen gewöhnlichen Bedürfnissen angemessene Abteilung derselben unmittelbar unter seinem Kommando steht. Die Tätigkeit der Gens d'armen wird der Nation weniger gewaltsam und unterdrückend erscheinen, wenn es die gewöhnliche Zivilobrigkeit ist, die über sie disponiert. Demohngeachtet wird die Disziplin unter den Gens d'armen selbst strenge gehandhabt und ihre Ausartung in ein Korps von Häschern verhütet werden können, wenn der Offizier, welcher die Disziplinaraufsicht in der Landhauptmannschaft führt, Tätigkeit mit Umsicht verbindet. Die Reserven bilden so viel Mittelpunkte, von welchen Disziplin und Ordnung ausgeht und an welche sich die Mannschaft aus den Kreisen anschließen und größere Massen formieren kann, wenn dies irgend nötig werden sollte. Diese Einrichtung spart endlich die beständige Unterhaltung einer größern Anzahl von Offizieren der Gens d'armerie, die bei einer andern Einrichtung unvermeidlich sein dürfte, und macht es zugleich möglich, in den Kreisen mit einer kleinern Anzahl von Gens d'armen auszureichen, als ohne die bereite Hülfe der Reserve tunlich wäre. Die Kreise dürften ebenso füglich verpflichtet werden können, ihre Gens d'armerie selbst reglementsmäßig zu unterhalten, als die Städte verpflichtet worden sind, den Aufwand für ihre Polizei zu bezahlen. Es wird demnach bloß die Unterhaltung der Reserven und der Oberoffiziere den Staatskassen unmittelbar zur Last fallen. Wir haben ganz unmaßgeblich angenommen, daß auf eine Bevölkerung von drei- bis sechstausend Menschen, im Durchschnitte also von viertausendfünfhundert, ein Gens d'arme und im Durchschnitt auf vier Gens d'armen ein Unteroffizier nötig sei. Hieraus folgt nach Anlage I, daß die Kosten, welche die Gens d'armerie den Kreisen verursachen möchte, jährlich auf jede Familie von fünf Personen im Durchschnitte eilf gute Groschen acht Pfennige betragen dürften. 1 Dies ist an sich für keine bedeutende Belästigung zu achten. Indessen stellen wir alleruntertänigst anheim, inwiefern für einige Kreise, welche durch den Krieg vorzüglich gelitten haben, die Gens d'armerie während der ersten drei Jahre aus den Staatskassen zu unterhalten und dadurch dem üblen Eindrucke vorzubeugen sein dürfte, welcher eine neue, wenn auch sehr mäßige Abgabe auf dieselben machen dürfte. Wenn auf 4500 Menschen ein Gens d'arme kommt, so kommen auf fünf Millionen als die ohngefähr wahrscheinliche jetzige Bevölkerung des Staats 1 1 1 1 Gens d'armen und 278 Unteroffiziere derselben. Wir haben für die Reserven die Stärke von i j 5 dieser Anzahl angenommen, sie bestehe daher aus 222 Gens d'armen und 55 Unteroffizieren derselben. Die Stärke des ganzen Korps dürfte also wahrscheinlich betragen 1666 Mann. Hiernach läßt sich berechnen, was diese Reserven ohngefähr dem Staate kosten dürften. Dies beträgt nach Anlage I I 2 84,436 rt. 6 g 5 pf Da die Kreise noch nicht formiert sind, so läßt sich die Zahl der Landhaupt-

408

20. September 1809

mannschaften noch nicht bestimmt übersehen. Vorläufig scheinen uns indessen derselben 5 für Preußen 5 für die Marken und Pommern 6 für Schlesien Summa 16 erfoiderlich zu sein. Was diese nebst drei Stellvertretern auf Krankheits- und Urlaubsfälle nach unsern unmaßgeblichen Vorschlägen dem Staate kosten dürften, ist in der Anlage I I I detailliert auf 39,630 rt. 4 g 6 pf nachgewiesen.3 Die ganzen Kosten der Gens d'armerie würden daher für die öffentlichen Kassen zusammen 124,066 rt. 10 g 1 1 pf und für die Kreise überhaupt auf 278 Rotten nach Anlage I zu 1750 rt. 18 g also im ganzen

486,708 rt. 12 g 610,774rt-22 s

1 1

pf

betragen. Wir bitten um Erlaubnis, hierbei noch alleruntertänigst bemerken zu dürfen, daß wir zwar nicht geglaubt haben, das Gehalt der Landhauptleute niedriger als das eines Stabsoffiziers der Kavallerie annehmen zu können, um gewiß zu sein, daß solche Offiziere, von welchen eine energische Aufrechthaltung der Disziplin unter den Gens d'armen und ein vorsichtiges Betragen bei größern Exekutionsfällen und Unruhen mit Überzeugung zu erwarten stehet, es nicht unangemessen finden könnten, zur Gens d'armerie überzugehen. Indessen stellen wir in Rücksicht auf den jetzigen Zustand der öffentlichen Kassen und die außerordentlichen Zeitumstände, in welchen so viele brauchbare Offiziere auf halbem Sold stehen und daher auch eine minder einträgliche Anstellung wünschenswert finden könnten, ehrfurchtsvoll anheim, inwiefern interimistisch für die ersten drei Jahre ein ermäßigter Etat für die Landhauptleute und VizeLandhauptleute anzunehmen sein möchte. Nicht nur der ausländische Ursprung des Namens „Gens d'armerie" dürfte dem Volke anstößig sein, sondern die ausländische Schreibart desselben würde auch sonderbare Verstümmelungen verursachen. Wir haben uns daher erlaubt, den Namen Landgarde unmaßgeblich vorzuschlagen, der in der Ähnlichkeit mit dem schon allgemein bekannten Worte Bürgergarde seine Rechtfertigung finden dürfte. Für die Vereinigung mehrerer Kreise hat uns der Name Landhauptmannschaften und für den darin kommandierenden Offizier der Name Landhauptmann um so zweckmäßiger geschienen, als man damit in mehrern Provinzen den Begriff einer sehr ausgezeichneten Würde zu verbinden gewohnt ist und nichts Äußeres vernachlässigt werden zu dürfen scheint, um der-Nation einen sehr hohen Begriff von dem neuen Institute zu geben. Die Wahl der Uniform der Landgarde haben wir um so mehr auf E . K . M. besondere Bestimmung aussetzen zu müssen geglaubt, als wir in dem uns erteilten

[22. September 1809]

409

Auftrage keinen Wink fanden, ob dieselbe sich mehr oder minder der Polizeiuniform nähern dürfe. Wir enthalten uns nach dieser allgemeinen Darstellung, in ein weiteres Detail über den mit 3 Beilagen anliegenden Entwurf der Verordnung wegen Errichtung einer Landgarde 4 einzugehen, da wir bemühet gewesen sind, in demselben selbst eine vollständige Ubersicht unserer auf obige Voraussetzungen gegründeten unmaßgeblichen Vorschläge aufzustellen. Diesem Entwürfe dürfte nun noch das Projekt eines Reglements für die in Kriegszeiten zusammenzuziehende Gens d'armerie bei der mobilen Armee beizufügen sein, welche in dieser Beziehung in ganz veränderte Verhältnisse tritt. Wir sind jetzt noch mit der Bearbeitung dieses Projekts beschäftigt, haben aber auf dessen Vollendung die Einreichung des vorliegenden Entwurfs einer Verordnung für die polizeiliche Gens d'armerie um so weniger aussetzen zu dürfen geglaubt, als derselbe für sich ein Ganzes bildet und die Einführung dieser so äußerst wichtigen Anstalt, welche allein die Vollziehung der Polizeigesetze sichern können dürfte, ein dringendes und unaufschiebliches Nationalbedürfnis zu sein scheint.« 1 2 4

Anlage I i. gl. Fasz. Bl. 5. 3 Anlage III i. gl. Fasz. Bl. 7. Anlage II i. gl. Fasz. Bl. 6. Entwurf der »Verordnung wegen Errichtung einer Landgarde«, Reinschrift Bl. 8. Der Entwurf umfaßt 97 Paragraphen und ist wie folgt thematisch gegliedert: Anzahl und Einteilung der Landgarde. Persönliche Eigenschaften und Wahl der Landgarde. Besoldung und Verpflegung der Landgarde. Dienstgeschäft der Landgarde. Ressort und Disziplinarordnung der Landgarde. Entlassung von der Landgarde außer den Straffällen § 73, 74. Verhältnis der Landgarde im Kriege. Dazu: Beilage A »Verzeichnis des Sattel-, Reit- und Stallzeuges, welches die Land-und Obergardisten erhalten« (Bl. 17); Beilage B »Nachweisung der Stücke, welche der Landgardist für die ihm nach § 40 monatlich bewilligten 3 rt. 2 gg. 8 pf. anzuschaffen und zu unterhalten hat« (Bl. 18); Beilage C »Auszug aus den Kriegsartikeln vom 3. August 1808, welcher die § 70, 71 72 der Verordnung wegen Errichtung der Landgarde angeführten Stellen derselben zu bequemerer Übersicht enthält« (Bl. 20); Beilage D »Zusätzliches Votum von Boyen, Königsberg, 25. September 1809, eigh. und gez. (Bl. 24); Beilage E Votum von Ribbentrop, Königsberg, 26. September 1809, eigh. und gez. (Bl. 26); Beilage F Bemerkungen des Obristen Boguslawski und der Staatsräte Friese, Hoffmann und v. Rehdiger zu den Separatvoten, Königsberg, 29. September 1809 (Bl. 30), siehe Nr. 156.

150. An den König eingereichtes Memoire von Hofrat Adam Müller Undatiert [22. September 1809]1 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 10 Bd. 1 Bl. 2: Abschrift.

»Redaktion eines Preußischen Regierungsblattes unter dem Titul: Preußische Chronik oder Preußische Hof- und Nationalzeitung« »Es ist unter der Würde der Souveränität, ihre Befehle und Beschlüsse zu motivieren; nichtsdestoweniger verlangt der Zeitgeist und eine immer weiter sich verbreitende politische Geschwätzigkeit der Nationen, die von ihren Fort-

410

[22. September 1809]

schritten in der Kultur unzertrennlich ist, die Motive der Regierungen zu wissen; jeder einzelne Untertan möchte über die Maßregel der Regierungen befragt werden; jeder glaubt, der Regierung mit seinen individuellen Ansichten und Erfahrungen dienen zu können. Frivolität und Arroganz haben großen Anteil an diesen Bestrebungen der Individuen, aber ebensowohl auch Besorgnis und Liebe für das Vaterland. Die Regierung kann also diese öffentlich politische Meinung nicht verachten; sie kann das Gespräch mit ihren Untertanen über die Gesetze und Beschlüsse nicht ganz zurückweisen; sie muß sich mit den bessern verständigen; sie muß selbst der wahren, gründlichen und patriotischen Opposition gegen ihre Maßregeln einen gesetzmäßigen Weg eröffnen, auf welchem ihr begegnet und sie beantwortet werden könne. Die geheime Opposition, die nicht öffentlich zum Worte kommen kann, ist die gefährlichste, sie nagt am meisten an dem Leben des Staats. — Wenn wie dermalen in unserm preußischen Vaterlande eine Reform der Verfassung durch die Umstände herbeigenötigt wird, wenn ganz neue Institutionen an die Stelle der alten gesetzt werden und noch überdies mannigfaltiger Verlust und unvermeidliche Not die Gemüter beunruhigen, die nur auf das Nächste und Gegenwärtige achten, während die Regierung entfernte Gefahren und zukünftiges Glück im Auge haben muß — dann darf die öffentliche Meinung noch weniger vernachlässigt werden. Die Regierung muß durch irgendein Organ dem beschränkten Vorwitz der Untertanen die wahren und populär vorgetragenen Gesichtspunkte ihres erhabenen Verfahrens entgegenstellen lassen. In England wird, was wir hier verlangen, durch die Redner des Parlaments und durch Preßfreiheit bewürkt. Das Beispiel von England paßt aber durchaus nicht für die Preußischen Staaten: Große über die allgemeinen Maßregeln der Regierung deliberierende Körperschaften, wenn ihnen auch nur ein vereintes Votum consultativum eingeräumt wird, können ohne die äußerste Gefahr des Staates nicht errichtet werden; nur durch die hundertjährige Gewohnheit wie in England gewinnen sie jene ernsthafte Gestalt, bei der der Bonsens im Durchschnitt die Oberhand behält über die Leidenschaften und Privatrücksichten, welche in Frankreich, und wo sonst man diese Institution nachahmen wollte, allein das Wort führt. Auch in England entweicht der alte gute Geist derselbigen mehr und mehr. — Preßfreiheit ist der dermaligen Lage des Preußischen Staates, wie von selbst in die Augen springt, durchaus unzulässig. — In Frankreich hat man in den neuesten Zeiten die Maßregeln der Regierung vor den Repräsentanten des Volks durch Redner der Regierung verteidigen lassen, die, mit den Motiven vollständig bekannt, ohne der Souveränität etwas zu vergeben, ihre geläuterte Privatmeinung ausdrückten. Nicht um auf das Beispiel von Frankreich irgendeine innere Institution zu begründen, welches keinesweges unsere Absicht ist, sondern um den nachfolgenden Plan zu erklären, ist dieses Beispiel beigebracht worden.

[22. September 1809]

411

I. Von den Qualifikationen des Wortredners des Staatsrats, Herausgeber des Regierungsblattes Nämlich: wie der Souverän nach altpreußischen Ansichten bei Eigentums- oder privatrechtlichen Verhältnissen zu seinen Untertanen unbedenklich, und ohne seiner Souveränität etwas zu vergeben, vermittelst eines Wortredners dem Untertan gegenüber vor seinem eignen Gerichtshof, Kammergericht usf. in die Schranken trat — so kann er auch vermittelst seines eignen Wortredners seine Maßregeln wie sein Eigentum verteidigen lassen, ohne dem Geist der Verfassung und der unbeschränkten Souveränität zu widersprechen. Der Redner wendet sich durch die Presse an die ganze Nation, weil es ein allgemeines Interesse gilt; er verteidigt die Conseils des Königs und nicht den König, der über die Verteidigung und Verantwortlichkeit erhaben ist. Ein Privatschriftsteller, wie die Regierung ihn auch insgeheim begünstigen, wie ihn auch sein eigenes Talent und die Liebe zum Vaterlande unterstützen und befeuern möge, kann sich nie zu einem solchen Wortredner der Regierung eignen, kann nie ein wahres Aszendent über die öffentliche Meinung gewinnen. Es ist wahr, er scheint unparteiischer, wenn er die Regierungsbeschlüsse verteidigt; aber eine Regierung wie die Preußische, die auf Wahrheit und Vaterlandsliebe beruht, bedarf solcher kleinlichen Präkautionen nicht. — Dagegen fehlt es dem Privatschriftsteller 1. an hinreichender Instruktion über die Absichten der Regierung. Er kennt die Conseils, welche er verteidigt, immer nur oberflächlich. 2. an einer gesellschaftlichen Position, um sich mit den bedeutendsten und bestgesinnten Männern des Königreichs in Konnektion zu setzen, d. h., es fehlt ihm an gehöriger Instruktion über den wahren Zustand der öffentlichen Meinung, die er nur aus Broschüren und Winkelkonversationen kennt. — Folglich 3. weiß er nie, wo zu schweigen ist und wo zu reden, er kennt das Zuviel und Zuwenig nicht und gerät in unvermeidlichen Zwiespalt mit der Zensur. Endlich 4. vertragen sich die tausendfältigen kleinen ökonomischen Rücksichten, denen der Privatschriftsteller unterworfen ist, nicht mit den viel umfassenden Geschäften dieses wichtigen Berufs und des dazu erforderlichen Anstandes. Aus allen diesen Gründen scheint notwendig, das dazu sich qualifizierende Subjekt dem Staatsrate zu annektieren, wo sich in der Sektion der allgemeinen Gesetzgebung die natürlichste darbietet. II. Von der Reform des Regierungsblattes A. Offizieller Teil desselbigen Das Organ, durch welches der Wortredner des Staatsrates auf die öffentliche Meinung wirkt, ist ein Amtsblatt, welches folgende höchst wesentliche Dienste leistet. 1. Die vollständige authentische Mitteilung aller bisher erschienenen, die Reform des Preußischen Staats betreffenden Aktenstücke und Reglements, die bis jetzt an keiner Stelle gesammelt in den Händen des Publikums und der niedern Staatsbehörden existieren. Diese könnten dem Amtsblatte zu einer Einleitung dienen, indes die folgenden etwa mit dem 1. Januar 1810 beginnenden Jahrgänge regelmäßig alle neu erscheinenden sogenannten organischen und

412

[22. September 1809]

administrativen Gesetze nachlieferten und das Blatt demnach durch ein am Ende des Jahres anzufertigendes Register zu einem Repertorium jener Gesetze diente. 2. Die vollständige Mitteilung aller auswärtige, innere und Provinzialverhältnisse betreffenden Offizialberichte wie auch der Offizialberichte, die im Fall der Neutralität durch die Gesandten der kriegführenden Mächte zur Kenntnis des preußischen Publikums gebracht werden. 3. Die vollständige Mitteilung aller das Königliche Haus betreffenden Nachrichten sowie alle Standeserhöhungen usw., kurz, aller zum Wesen einer Hofzeitung gehörigen Artikel, diese sowie alle Offizialberichte und Reglements einen Zeitungstag vor den Berliner Zeitungen. 4. Die amtliche Mitteilung von Berichten über den Gang wichtiger Kriminal-, auch anderer zur Publikation geeigneter Prozesse. Es wird seine Wirkung nicht verfehlen, wenn das vaterländische Publikum in beständigem lebhaftem Anteil an die [!] musterhafte preußische Justizpflege erhalten wird. B. Halboffizieller, räsonierender Teil des Amtsblattes Von diesen vier ersten offiziellen Funktionen des Amtsblattes werden die folgenden von dem Wortredner des Staatsrats größtenteils besorgten halboffiziellen Funktionen durch Verschiedenheit und Stellung des Druckes oder auf andere Weise scharf abgesondert: 1. Die Erläuterung und Motivierung der resp. Gesetze und Verordnungen, inwiefern schwierige Gewohnheiten oder irgend andre Skrupel der öffentlichen Meinung zu bekämpfen sind, in höchst populärer, praktischer und dem Sinn der Nation entsprechender Form und gründliche und respektvolle Kritik des Alten, welches beiseite gesetzt werden soll; alles dies mit beständiger Rücksicht auf die dermaligen drei Hauptparteien der Opposition in den preußischen Staaten, a) der hitzigen und enragierten Köpfe, welche dem Schicksal von Europa durch irgendeinen unerhörten Schlag begegnen möchten. b) Der nüchternden, die sich von dem Mißverhältnis mancher altpreußischen Institutionen zu dem gegenwärtigen Zeitalter und der veränderten Lage [der] . Dinge, sei es aus Gewohnheit oder sei es aus achtungswürdiger Vorliebe für das Alter, immer noch nicht überzeugen können; endlich c) der Partei der Meinung, nur von dem Zustand der Staatsfonds und von dem Schicksale des Privatbesitzes abhängig, der größten, obgleich aus dem Gesichtspunkte des Staatsmanns unwürdigsten Partei. — Es bliebe dem Wortredner des Staatsrats überlassen, diese Parteien, es versteht sich mit Anstand und unter Aufsicht der Zensur, von welcher weiter unten die Rede sein wird, sprechen zu lassen, indem er entweder die patriotischen Einwendungen namhafter Korrespondenten würklich einführte oder selbst eine Opposition fingierte, die dann mit Kraft, Vorsicht und Überlegenheit des Urteils niedergeschlagen würde: kurz, alles dies, um die Opposition vorwegzunehmen und aller gründlichen Kritik auf eine gründliche und offensive Weise im voraus zu begegnen, 2. und dies mit besonders vorsichtiger Erwägung der Umstände, vorbereitende Winke über künftig zu errichtende Institutionen, überhaupt über Maßregeln, bei welchen die Conseils des Königs die öffentliche Meinung verhören oder stim-

[22. September 1809]

413

men wollen. Der ähnliche Vorteil der französischen halboffiziellen Kommunikationen ist allgemein anerkannt. Die öffentliche Meinung ist zwar bei dem Egoismus dieser Zeiten an und vor sich nicht fürchtbar, aber sie wird es in den Händen konsequenter Feinde, welche leicht durch die bloße Benutzung des Zwiespalts zwischen dem Vorwitz der Untertanen und der allzu stillen, zu wenig ruhmredigen Weisheit der Regierung der ganzen Staatsverbindung gefährlich werden können. Deshalb muß 3. mit größerer Betriebsamkeit, als es bis jetzt in den öffentlichen Blättern geschehn, alles was den alten Nationalstolz nähren oder anfrischen und die öffentliche Meinung durch ein Nationalselbstgefühl beleben und veredeln kann, versammelt werden, nicht bloß patriotische Handlungen, die ausgezeichneten Patrioten aller Stände und aller Provinzen selbst müssen in ihrer kleinem und größeren Wirksamkeit dem Publikum bekannt werden; es muß eine namhafte und öffentliche Verbindung zwischen ihnen bestehen. 4. Was von dem Geist vaterländischer Bestrebungen gilt, das gilt auch von den Werken und Produkten, die daraus hervorgehen. Alle Erzeugnisse des vaterländischen Kunstfleißes müssen gerühmt, bekannt und dem In- und Auslande empfohlen, jedes Monatsheft des Amtsblattes mit einer großen Kupfertafel begleitet werden, welche zu einer Ausstellung der technischen und ästhetischen Fortschritte der Privatindustrie dienen kann und die, da sie vor den Augen des gesamten preußischen Publikums daliegt, gehörig angeordnet, mehr Nutzen stiften kann als eine wirkliche nur dem Publikum der Hauptstadt zugängliche ; 5. müssen diejenigen politischen Objekte, welche der Entstellung, der Mißdeutung oder dem Mißverstande besonders ausgesetzt sind, die Finanzen, die öffentlichen Fonds und die auswärtigen Verhältnisse der Preußischen Monarchie mit Vorsicht und allmählich einer populären Erörterung unterzogen werden. Endlich 6. mit Rücksicht auf die auswärtigen Verhältnisse muß der Preußische Staat, in dessen Bezirk noch immer der Schwerpunkt der deutschen Kultur fällt, einen beständigen direkten Einfluß auf die öffentliche Meinung von Deutschland behaupten: auch in dieser Rücksicht könnte das erste wahre Amtsblatt einer deutschen Regierung unberechenbare Vorteile stiften, und da ist es die Sache des Redakteurs, mit Schonung der politischen Beziehungen das deutsche Nationalinteresse nicht zu verabsäumen. Ebenso für den Fall eines Krieges muß das Blatt dazu geeignet sein, vor der öffentlichen Meinung von Europa die Sache des Vaterlandes mit der Lebendigkeit und der kommunikativen Betriebsamkeit zu führen, welche die französischen Publikationen so furchtbar und wirksam gemacht hat, es versteht sich von selbst, ohne sich ihres Geistes und ihrer Manieren teilhaftig zu machen. Alle diese Zwecke können nur erreicht werden dadurch, daß sich der Wortredner des Staatsrats in wahre Bekanntschaft sowohl mit der öffentlichen Meinung in den preußischen Staaten als mit der von Europa versetzt und fortdauernd darin beharrt; daß er durch Korrespondenz, Tagesblätter und Flugschriften, auch persönlichen Umgang beständig instand gesetzt wird, den wirksamsten, treffendsten, am meisten in das Bedürfnis des Augenblicks einschlagenden Gegenstand zu wählen und diesen auf die gemütlichste und kräftigste Weise zu behandeln, und daß er besonders von dem Gange der Geschäfte im Staatsrate fortlaufend und so viel, als die Umstände nur erlauben, unterrichtet sei. —

414

[22. September 1809]

III. Ökonomische Verfassung des Regierungsblattes So nun, wenn das sehr umfassende Geschäft von einer einzigen Person dirigiert werden soll, gehört dazu außer dem Aufwände der Korrespondenz, der europäischen Zeitungen, der Flugschriften noch der besondere Aufwand eines kleinen aus einem Sekretär, Kopisten und Boten bestehenden Bureau. Daß die Einkünfte des Blattes, wann demselben 1. die Verpflichtung aller Korporationen pp. des ganzen Landes, selbiges zu halten, 2. die Mitteilung aller offiziellen Aktenstücke und Nachrichten einen vollen Zeitungstag vor den übrigen Zeitungen und 3. die Postfreiheit innerhalb der Preußischen Staaten zugestanden würde, mehr als hinreichend würden, jene Kosten zu decken, ist klar. Den Preis des wohlgedruckten Jahrgangs von dem wöchentlich dreimal an den Berliner Zeitungstagen erscheinenden, einen Bogen starken Blatte zu 4 Taler und den Absatz auf 3000 Exemplare angenommen, würden die Revenuen nach abgezogenen Ausfällen und Kommissionskosten sich etwa auf 10,000 Taler belaufen, die Kosten dagegen für Papier, Druck usw. etwa nur auf 6 bis 7000 Taler, so würde immer ein mehr als genügender Überschuß zurückbleiben. Es fragte sich nur, welche Art der Administration des in dem Amtsblatte ruhenden Fonds zu künftigen patriotischen Zwecken der Überschüsse die bessere wäre? — Da nun aber solche Unternehmungen im Anfang besser gedeihen, wenn sie einstweilen der Privatindustrie überlassen werden, bis sie in vollen Gang gebracht sind, so könnte vermittelst eines Königlichen mit 5 pro Cent zu verzinsenden Vorschusses von 5000 rt. das Eigentum des Blattes auf die ersten fünf Jahre dem Redakteur überlassen weiden unter der Bedingung, 1. daß dieser das nötige Bureau und die gesamten Kosten für Zeitungen, Korrespondenz und Flugschriften nebst den Unkosten des Papieres und Druckes wie auch allen andern Aufwand des Instituts trüge; 2. daß er nach Verlauf von fünf Jahren den geleisteten Vorschuß zurückzahlte und zugleich die darüber geführten Bücher der vorgesetzten Behörde überlieferte, wonach denn die neue Administration eingerichtet und der sich dann auf mehre[re] tausend Taler belaufende Gewinn irgendeiner religiösen oder milden Stiftung übertragen werden könnte. Erwägt man, daß der Redakteur und vorläufige Eigentümer des Blattes, überhäuft von Geschäften, wie er sein würde, doch einen unterrichteten und rechtschaffenen Buchhändler dabei zuziehen müßte, daß der Gewinn solcher Unternehmungen in den ersten Jahren lange so bedeutend nicht ist, als er auf den ersten Anblick scheinen mag, so wird man in dem daraus für den Redakteur erwachsenden Vorteil nichts weiter finden als ein Mittel der Anfeuerung für denselben, dem Amtsblatte noch außer der in diesem Entwürfe verzeichneten Pflicht diejenige außerordentliche innere und äußere Vollendung zu geben, die es auch dem Auslande annehmlich macht und den Debit in allen Wegen befördert. — Sollte hingegen der Königliche Vorschuß unausführbar befunden werden, so würde die Erweiterung des Eigentums von fünf auf zehn Jahre mit der gegen-

23. September 1809

415

wärtigen Schwürigkeit, Kapitalien zu acquirieren und Vorschüsse zu tun, in Verhältnis stehn. — Die Hauptbedingung der Ausführbarkeit dieser dringenden Unternehmung bleibt aber immer die ämtliche und gesellschaftliche Stellung des Redakteurs und die dadurch bewürkte Zugänglichkeit zu der Regierung und zu den Edelsten im Volke. Von Privatentreprisen der Art ist das Publikum schon ermüdet; selbst die vortrefflichen patriotischen Blätter für den Österreichischen Kaiserstaat haben sich aus Mangel der Sanktion von seiten der Regierung nie ein wahres Publikum bilden können; wenn aber der Staat seinem Wortredner eine öffentliche Bedeutung geben will, so ist diese noch wichtiger als Geld: sie bewaffnet sein Talent, sie läßt seine Feder jene Stellen der öffentlichen Meinung erreichen, zu denen der bestgemeinte Privatschriftsteller aus seinem Winkelgesichtspunkte nie hindringt. D a ß übrigens dieses Institut seine eigne Zensur, etwa in der Person des Chefs der Sektion des Staatsrats für die allgemeine Gesetzgebung, erhalten müsse, versteht sich nach seiner ganzen Natur von selbst. Wer den Gedanken dieser Unternehmung und das Bedürfnis der Stunde erkennt, wird in diesem Entwurf Spuren weder des Eigennutzes noch des Ehrgeizes finden. Welcher gutgesinnte Preuße würde nicht seinen Stolz darin finden, dem vortrefflichsten Monarchen unbekannt und als schlichter Bürger zu dienen, wenn das Wesen eines weitschichtigen, würksamen Geschäfts, welches er unternimmt, nicht eine Art von äußerer Auszeichnung unbedingt verlangte.« 1

Datum des Begleitschreibens, erwähnt in der K . O. an Dohna vom 25. Oktober 1809 (Abschrift der K. O. i. gl. Fasz. Bl. 7).

151. Gutachten der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung über die Patronatsrechte bei Besetzung von Schulstellen Königsberg, 23. September 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 148: Konzept, gez. Rehdiger, 22. Sept. 09, gez. Klewitz, 23. Sept. 1809.

»Da bei Patronatswahlen das Besetzungsrecht der Regierungen oder der Sektion des öffentlichen Unterrichts nur ein Bestätigungsrecht jener Wahlen ist, so folgt aus ihm nur die Befugnis, die gewählten, aber untauglich befundenen Subjekte zu verwerfen. Ihnen aber ohne die mindeste Rücksicht auf Willen und Wunsch der Wahlbefugten andre zu substituieren ist ein offenbarer Eingriff in die Rechte der Patronen, die, solange sie der Staat noch anerkennt, auch geachtet werden müssen, und es ist nicht abzusehn, wie ein Wahlrecht, das der Willkür einer Staatsbehörde durchaus preisgegeben ist, demohngeachtet den Patronen — nach dem Ausdruck der Verordnung — unbenommen bleiben solle. Dieser Eingriff in die Patronatsrechte ist im vorliegenden Falle um so bedenklicher, als er nicht in dem frommen Sinne liegt, womit die Nachwelt den frommen Sinn alter Stiftungen ehren und erwidern muß, als er dazu beitragen kann, das Interesse und den Eifer der Kommunen und Privatpersonen für Schulen und gelehrte Institute zu schwächen, und als es hart ist, die Patronen, die sich auf die

416

23. September 1809

Zeugnisse der wissenschaftlichen Deputationen verließen, die Schuld oder Nachlässigkeit dieser büßen und mittragen zu lassen. Die Gesetzgebungssektion verkennt übrigens die Nachteile nicht, die aus den Patronatswahlen für das Interesse des öffentlichen Unterrichts entspringen können. Nur glaubt sie, daß, wenn ihnen ja durch ein jedesmaliges Verwerfen (oder Nichtbestätigen) schlechter Wahlen nicht abzuhelfen sein sollte, es besser wäre, sie völlig aufzuheben, weil ein offner, grader, durch die Forderungen des allgemeinen Besten motivierter Umsturz des fremden Rechts weit weniger kränkend erscheint als öffentliche Anerkennung desselben mit dem Vorbehalt jedesmaliger Vereitelung im Falle des Gebrauchs. Sollte indessen wider Erwarten und dieser Gründe ohngeachtet die Verordnung noch für nötig befunden werden, so würde die Gesetzgebungssektion doch immer noch folgende Abänderungen unmaßgeblich in Vorschlag bringen müssen. 1. Da die günstigen Zeugnisse der wissenschaftlichen Deputationen den Patronen keine Versicherung geben, daß nicht demohngeachtet ihre Wahl verworfen werden könne, so möchte es zweckmäßig sein, ihnen die Wahl mit solchen Zeugnissen versehener Subjekte nicht anzubefehlen, sondern höchstens nur anzuraten. Dies scheint um so nötiger zu sein, als sonst die schon vor Errichtung der wissenschaftlichen Deputationen ins Schulamt Eingetretenen sowie auch die Ausländer bei Patronatswahlen so gut wie ausgeschlossen sein würden und es doch höchst wichtig ist, im Fall von Verdiensten die letztern ins Land zu ziehn und die erstem durch Beförderungen zu belohnen. 2. Um die Anmaßung der Selbstwahl im Fall der Untauglichkeit der vorgeschlagenen Subjekte zu motivieren, möchte ohngefähr folgende Fassung ratsam sein: daß, wenn ein Patron so gewissenlos oder doch so nachlässig sein sollte, um drei für die vakante Stelle gar nicht qualifizierte Subjekte vorzuschlagen, er es sich selbst zuzuschreiben haben würde, wenn sich der Staat für befugt hielte, seinen Mangel an Sorgfalt für das Beste des öffentlichen Unterrichts und also den Mißbrauch seines Wahlrechtes mit einer Suspension desselben für den vorliegenden Fall in der Art zu ahnden, daß er — jedoch ohne Präjudiz für die Zukunft — das Wahlrecht statt seiner ausübte. 3. Da sich die Verwerfungsgründe sehr oft zu einer Bekanntmachung gar nicht eignen, den Patron auch selten überzeugen und von unangenehmen Reklamationen abhalten, vielmehr dazu bewegen möchten (indem man sich das Verschwiegene noch erheblicher als das laut Ausgesprochene vorzustellen pflegt), da endlich für die zurückgewiesenen Wahlkandidaten ein substantiiertes Mißfallen immer noch kränkender als ein unbestimmtes sein würde: so möchte es wohl geraten sein, das Versprechen der mitzuteilenden Verwerfungsmotive lieber aus der Verordnung ganz wegzulassen.« 1 1

Das von Humboldt mit Schreiben vom 20. September 1809 (eigh., i. gl. Fasz. Bl. 145) angeforderte Gutachten wurde von Klewitz am 24. September übersandt (Konzept, gez. Klewitz, Bl. 150). A m 12. Juli 1810 erging das »Edikt wegen einzuführender allgemeiner Prüfung der Schulamtskandidaten«, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. v. Hardenberg, v. Dohna (Druck: Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 121, S. 717 ff.).

24. September 1809

417

152. Schriftliches Gutachten der kurmärkischen Landräte von Bredow, von Zieten, von Pannwitz und von Rochow Dyrotz, 24. September 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. I Bl. 124: Ausf., gez. von den vier Landräten.

Einwände gegen den Plan zur neuen Einteilung der Kreise »Der Plan zu einer veränderten Einteilung der kurmärkschen Kreise, den Eine Königliche Hochlöbliche Kurmärksche Regierung uns in der Konferenz vom 17. d. M. bekanntgemacht, scheint uns mit so bedenklichen Folgen verbunden zu sein, daß wir uns verpflichtet halten, ein gemeinschaftliches Gutachten über diesen Gegenstand einzureichen.« Die Landräte verweisen 1. auf die in den einzelnen Kreisen voneinander abweichenden Grundabgaben und die Art der Unterstützungen gegenüber den jeweiligen Untertanen in Notfällen, 2. auf den sehr verschiedenen Schuldenzustand der kurmärkischen Kreise, 3. auf das durch die gegenwärtige Verbindung der Kreise begründete Landschaftliche Verhältnis, von dem der Quotisationsmaßstab für die Verteilung von Lieferungen, Marsch- und Fuhrkosten abhänge, und 4. auf die gleichfalls dadurch bisher gegebene Grundlage des Pfandbriefsystems und des neuen Schuldenwesens. Durch Zerstückelung bestehe die Gefahr, daß der ständische Kredit sinke. 1 »Ebenso gefährlich scheint es uns, unter gegenwärtigen Umständen eine Veränderung zu machen, die ohnfehlbar allgemeine Unzufriedenheit nach sich ziehen und die Quelle von Verwirrung sein wird. Noch arbeitet ein jeder mit Anstrengung, um die Geschäfte aus dem Chaos zu reißen, worin der Drang der Umstände sie gestürzt hat. Die gegenwärtige Veränderung ist indessen so erschütternd, daß es uns nicht absehbar zu sein scheint, wie es gut auseinandergehen kann. Die Endzwecke, die mit den Abänderungen der Kreise beabsichtiget werden, können wir nicht beurteilen, da sie uns nicht bekannt geworden sind. Wir beschränken uns daher darauf, derjenigen zu erwähnen, die nach einer allgemeinen Übersicht in dem Plane liegen könnten. Sollte der Endzweck der sein, daß die Kreise durch eine gleichmäßige Einteilung an Flächeninhalt und Seelenzahl unter sich mehr in ihren Kräften egalisiert würden, so dürfte dieser Zweck verfehlet werden, weil Flächeninhalt und Seelenzahl nicht ein Maßstab sind, auf welche[n] die intensiven Kräfte eines Bezirks sich auf eine gründliche Weise einteilen lassen. Ein bloß oberflächlicher Überblick in der Einteilung nach diesem Maßstabe wird die große Verschiedenheit der innern Kräfte der neuen Bezirke unter sich ergeben, wird dartun, daß die gegenwärtig größeren Bezirke als die Uckermark und die Priegnitz durch die Zerstückelung an innern Kräften sehr verlieren würden; daß Bezirke, die zum größten Teil aus Sandschollen und Heide bestehen, nicht mit andern Bezirken verglichen werden können, in welchen gute Ackergrundstücke den größten Teil des Flächeninhalts ausmachen; daß die bei den Hauptstädten belegenen Bezirke zur Klasse der erstem gehören, daß diese außerdem noch mit Lasten belegt sind,

418

24. September 1809

welche ihre Lage an den Hauptstraßen mit sich bringt. Selbst eine Bestimmung von gegenseitigen Beihülfen, eine Ausgleichung nach wirklichen intensiven Kräften, kann diese Lasten nicht ausgleichen, weil es nicht möglich ist, bei allen dringenden Fällen sie mit Sicherheit herbeizuschaffen. Man kann sicher von dem Grundsatz ausgehen, daß eine Einteilung in zu kleine Distrikte nachteilig sei. Die Administrationskosten häufen sich, die Kräfte werden zersplittert, und die Erfahrung hat gelehrt, daß im Augenblick der Not jeder mit sich selbst zu tun hat und sich um seine Nachbaren wenig bekümmern oder ihnen nützen kann. Ist also die Korporation, Kreis genannt, nicht von einiger Bedeutung, so ist sie bald erdrückt. Die Größe der Kreise macht auch die Geschäfte nicht schwüriger, sondern die Verschiedenartigkeit derselben ist es, die es bewürkt. Sollte die neue Einrichtung eine Erleichterung in dem Geschäftsgange und besonders in der Polizeiverwaltung bewirken, so würde sich dieser Endzweck sehr leicht ohne eine solche allgemeine Veränderung durch Ansetzung von Deputierten, denen unter Leitung des Landrats Bezirke zur Aufsicht übertragen werden könnten, erreichen lassen. Und sollte der Endzweck auch vielleicht dahin gehen, daß den Vorstehern der Bezirke sogenannte Kreisstädte in der Mitte des Bezirks zum Wohn- und Geschäftsort angewiesen würden, um von diesen nach allen Punkten seines Bezirks gleich entfernt zu sein, so würde nach unserm Dafürhalten die Bestellung von Kreisdeputierten, die unter Leitung des Landrats an schleunigen Geschäften Anteil nehmen, den Endzweck, die Geschäfte zu fördern, ebenfalls erfüllen können. Dagegen würde aber das ganze Verhältnis der Landräte durch die Entfernung von ihrem bisherigen Wohnorte verändert. Die Landrätliche Stelle bringt jetzt das Vorrecht mit sich, daß der Landrat mit seinen öffentlichen Geschäften zugleich seine eignen Gutsgeschäfte wahrnehmen kann. Er bleibt dadurch vertrauet mit dem Zustande, mit dem individuellen Verhältnisse des Landmannes, wird in gewisser Art als ein Gefährte des Lebens von den Kreiseinwohnern betrachtet; gleiche Verhältnisse und Schicksale, die er mit einem jeden teilt, schaffen und erhalten das Vertrauen, er bleibt mit allen Teilen der Landwirtschaft in Verbindung und kann deshalb würklich als Sachverständiger bei allen Lokaluntersuchungen nützen, so wie sein Beispiel in ökonomischer Hinsicht viel und Gutes bewirken kann. Versetzt man denselben aus dieser Lage, so würde sich sein Geschäftskreis mehr auf Bureauarbeiten verändern, und wir stellen es gehorsamst anheim, ob dabei das Ganze gewinnen kann. Überdem würde in Rücksicht der Kreise, die an die Hauptstädte [!] liegen, sich diesem Endzwecke noch die Schwierigkeit entgegenstellen, daß die Kasse und das Bureau des Landrats, solange die Vorspann- und Marschangelegenheiten nicht ganz abgeändert worden, ohne Stockung in diesen Geschäften von den Hauptstädten sich nicht entfernen lassen werden. Zuletzt sei es uns noch erlaubt, folgende Bemerkungen vorzulegen: A) Die mancherlei neuen Einrichtungen, die Verwickelungen, welche durch die Kriegesunruhen entstanden, haben eine Menge von Arbeiten zur Folge gehabt, welche die Kräfte der jetzigen Offizianten schon übersteigen. Die beabsichtigte Einrichtung würde aber auch mit vielfältigen Arbeiten ver-

419

27. September 1809

bunden sein, denen die gegenwärtigen Offizianten bei dem besten Willen nicht vorstehen könnten; es würde daher eine Menge von kostbaren Kommissionen angesetzt werden müssen, wenn nicht eine allgemeine Stockung der Geschäfte entstehen sollte. B) Die Einwohner der hiesigen Provinz sehen die Erhaltung der gesellschaftlichen Verbindungen, worin sie seit Jahrhunderten gestanden, gewiß als ein kostbares Kleinod an, denn wer sieht gern die Auflösung von langen und wohlbestandenen Verbindungen, man hat sich gegenseitig in Not und Elend geprüft, und man würde empfindlich bekümmert sein, wenn dieses Band getrennt werden sollte, da man Zeuge von den vielen unglücklichen Folgen gewesen, welche die Umwälzungen in den benachbarten Staaten haben, und da sie die Erhaltung ihrer Verfassung als eine Wohltat ansehen, die ihnen dadurch wird, daß sie das Glück haben, ihren angebornen Landesherrn zu behalten und unter dessen Regierung sowie unter der Regierung seiner glorreichen Vorfahren sie und ihre Voreltern so viele Jahre glücklich gelebt haben.« 1

Ähnliche Beweggründe bringt der Engere Ausschuß der Neumärkischen Stände — B. v. Oelßen, v. Rathenow, Birdemann — in seiner Eingabe, Königsberg, den 22. September 1809, an den Vizeregierungspräsidenten Troschel vor. Das Schreiben endet mit dem Ersuchen: »bei einem Hohen Ministerio des Innern die Beibehaltung der Kreiseinteilung der Provinz für so lange zu bewirken, bis die Resultate der Schuldenrevisionskommission und der eingeführten Einkommensteuer vorliegen und die von uns aufgestellten Schwierigkeiten entfernen.« (Abschrift in Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. 2 Bl. 191)

153. Immediatbericht Kreditsystems

des Engern

Ausschusses des

ostpreuBischen

Königsberg, 27. September 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 89 A Tit. 26 Nr. 4 Bd. 2 Bl. 99: Ausf., gez. von den Mitgliedern (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 31858).

Eingabe der Stände gegen die Beschränkung ihres Wahlrechts »Mit tiefgefühltem Schmerz haben wir aus E . K . M. Allerhöchsten Kabinettsordres vom 10. Juli 1 und 6. September c. 2 das Mißfallen ersehen, welches E . K . M. unsern Ständen wegen der vom Landtage verweigerten Inkurssetzung der Domänenpfandbriefe 3 zu erkennen zu geben geruhet haben, und die Beschränkung ihres Wahlrechts zu den landschaftlichen Oberoffizianten, welche durch das Benehmen der landschaftlichen Behörde herbeigeführt sein soll. Ohne uns in ein Detail darüber einzulassen, ob die Inkurssetzung der Domänenpfandbriefe mit der Fortdauer der Kreditsysteme vereinbar war oder nicht, erlauben E. K . M. uns nur die ehrfurchtsvolle Bemerkung, daß der Widerspruch der Landtagsdeputierten keinesweges aus zu weniger Beherzigung des allgemeinen Interesses oder aus Privatabsichten, sondern nur aus der reinen Überzeugung entstand, 28

Stein/Hardenberg

420

27. September 1809

daß in der Voraussetzung, daß durch diese Inkurssetzung der Kredit aller Pfandbriefe im Publico verlöre, diese Maßregel dem Staate nichts helfen und die Kreditsysteme umstürzen würde. Ob diese Voraussetzung richtig war oder nicht, darauf kam es nicht an; sie war aber der Uberzeugung der Deputierten und ihrer Kommittenten völlig gemäß, und es war der erstem Pflicht, ihr Votum ihrer Uberzeugung gemäß abzugeben, sobald sie in dem Gewicht der Gegengründe kein Ubergewicht antrafen. E. K. M. haben das Repräsentationssystem der Regierung dem Vaterlande geschenkt, und die Welt und Nachwelt wird den Monarchen segnen, der sein Volk nach Gesetzen regieren will, die unter seiner Mitwirkung gegeben sind und ausgeführt werden. Soll diese Mitwirkung wesentlich sein, so ist die Freiheit des Voti der Deputierten der Nation das wesentlichste Erfordernis und eine Verleugnung eigner Überzeugung das größte Verbrechen eines Deputierten; kann ihre Überzeugung mit höhern Rücksichten auf Staatswohl nicht in Übereinstimmung gebracht werden, so wird die diesfällige Belehrung über die überwiegenden Gegengründe völlig hinreichen, um die Ansichten zu berichtigen und eine mehrseitige Prüfung veranlaßt haben. Aus einem andern Gesichtspunkte, Sire! war die Erklärung der Landesdeputierten nicht anzusehen, und E. K. M. haben dieses in der Kabinettsresolution vom 12. Mai c. Allerhöchstselbst anzuerkennen geruhet. War dieses der Fall, so erfüllten die Deputierten nur ihre Pflicht, und E . K . M. Allerhöchstes Mißfallen muß um so schmerzhafter für uns und unsere Brüder sein, da es unverdient uns trifft, die wir Gut und Blut für E. K . M. und das Vaterland opferten und ferner zu opfern bereit sind. Gesetzt aber, die Deputierten fehlten — würde dieses nicht nur die Deputierten verantwortlich machen, und würde dieses wohl hinreichen, um die Strafe statt ihrer den Ständen dadurch fühlen zu lassen, daß diesen ihr heilig versprochenes Wahlrecht entzogen oder beschränkt wird? Sire! dem Vergehen folge die Strafe! allein nach vorgängiger Untersuchung und Erkenntnis der Behörde: dieses fordert E. K . M. unbedeutendster Untertan, und wodurch sollten wir uns dieser verfassungsmäßigen Wohltat unwert gemacht haben? Die Beschränkung des Wahlrechts, Sire! ist aber auch in anderer Hinsicht höchst bedenklich. Kreditsysteme erhalten ihren Kredit und durch diesen ihr Dasein nur durch die unwandelbare Uberzeugung des Publikums und der garantierenden Gutsbesitzer, daß sie nach Vorschrift der bestehenden Gesetze verwaltet werden und daß geschlossene Verträge heilig sind. E. K. M. haben in der Konfirmation des Landschaftsreglements vom 24. Dezember 1808 ausdrücklich die Vorschriften des Reglements 4 und durch diese das Wahlrecht der Stände dergestalt zu bestätigen geruhet, daß zu jeder Stelle nur einer gewählt werden dürfe, auch haben E . K . M. ein gleiches Versprechen ausdrücklich in dem Vertrage zu erklären geruhet, durch den die Stände die Mitgarantie für die assoziierten Domänen freiwillig übernahmen und den die Landtagsverhandlungen de 1808 enthalten. Bleibt ein Teil dieses Versprechens unerfüllt — mit welcher Sicherheit wird das Publikum auf die Erfüllung der übrigen vielleicht wesentlichern Teile rechnen? Und wie können die Stände eine Garantie für die Geschäfte eines Instituts ferner übernehmen, wenn die Grund-

421

27. September 1809

sätze, nach denen es bearbeitet wird, Abänderungen ohne ihre Zuziehung unterworfen bleiben sollen ? Und wenn der wesentlichste Grundsatz, daß Bestimmungen des Reglements nur durch einen Generallandtag abgeändert werden können, umgestoßen werden soll? Eine Analogie mit städtischen Korporationen findet mit unserer Verfassung nicht statt, und woher sollte unsere ältere garantierte Verfassung nach dem Maßstabe neuerer völlig verschiedener Institute gemessen werden? Wir sprechen hiebei nicht bloß von Voraussetzungen, sondern sämtliche Kreise haben sich bereits in Absicht ihrer Garantie in dieser Art erklärt. Wird der Gegenstand wichtig genug sein, um Folgen dieser Art, welche dem Systeme und mit ihm dem Flor des Königreichs Gefahr drohen, herbeizuführen? Soll die Präsentation von drei Kandidaten zu jeder erledigten Stelle verbleiben, so wird auch ein großer Teil der sonst vorzüglich qualifizierten Grundbesitzer sich von allen Wahlen gänzlich ausschließen lassen, da die landschaftlichen Oberstellen minder lukrativ als [h]onoreuse sind und der bisherige Bewegungsgrund zur Annahme, der Gemeinsinn, durch die Besorgnis sehr geschwächt werden wird, sich bei der Präsentation von drei Kandidaten gegen seine Mitbrüder zurückgesetzt zu sehen. Wir werden dahero öfters in den Fall kommen, wegen unsers Vorschlags in Verlegenheit zu geraten oder Männer in Vorschlag bringen zu müssen, welche nur aus Mangel besserer Subjekte die Stimme ihrer Kreise für sich haben. E. K . M. sind zu sehr Landesvater, um unverdient und ohne Erkenntnis zu strafen, und zu gerecht, um den zu strafen, der nicht sündigte. E. K. M. sind aber auch gewiß weit entfernt, durch Abänderungen des Reglements ein Institut seiner Auflösung nahe zu bringen, welches auf das Wohl der Grundbesitzer so bedeutend einfließt und daher für den Flor des Staats so wesentlich wird. Reformen bestehender Verfassungen sind vielleicht überhaupt wie Gifte in der Arzenei nur spärlich und mit Vorsicht zu brauchen — sie sind aber bei Instituten, die auf den Kredit des Publikums begründet sind, doppelt bedenklich. Unser eignes Interesse wird es erfordern, E. K. M., auch wenn wir nur einen zu jeder Stelle in Vorschlag bringen, den Würdigsten zu präsentieren, und durch die E. K . M. zustehende Bestätigung ist aller Gefahr bei einem gegenseitigen Verfahren bereits vorgebeugt; um so mehr dürfen wir uns daher den Antrag erlauben 5 , es bei der bisherigen Wahl eines Subjekts zu jeder landschaftlichen Oberstelle huldreichst zu belassen und uns hiedurch einen Beweis E. K. M. fernem Gnade zu geben, der wir würdig zu sein lebenslang bemüht sein werden.«

1

K . O. an Auerswald; Bescheid auf die in bezug auf das Kreditsystem bei dem ostpreußischen Generallandtag vorgekommenen Verhandlungen

(Konzept,

gez.

Klewitz, i. gl. Fasz. Bl. 79). K . O. an die ostpreußische Generallandschaftsdirektion (Konzept, gez. Klewitz,

2

Bl. 87) als A n t w o r t auf deren Eingabe v o m Bl. 86). Die K . O. erfolgte auf

den

hierzu

11. A u g u s t 09 (Ausf., gez. Korff, erstatteten

gutachtlichen

Bericht

Altensteins und Dohnas v o m 2. September (Ausf., gez. Altenstein, Dohna, Bl. 85). 3

Die Verhandlungen zogen sich über mehrere Tage hin und führten zur mehrheit-

28»

422

4

5

27. September 1809

liehen Ablehnung in der Sitzung vom 13. Mai 1809 (gedruckte Abschrift des Protokolls Bl. 77). Revidiertes Ostpreußisches Landschaftsreglement, Königsberg, 16. Februar 1808, und seine Bestätigung durch den König, Königsberg, 24. Dezember 1808, siehe Nr. 19. Ganz im Gegensatz zu dieser Ansicht erhielt Auerswald in der K. O. vom 18. Oktober 1809 den Auftrag zur Zurechtweisung der Repräsentanten: »Die ständischen Repräsentanten bei der hiesigen Regierung verkennen ihr Verhältnis ganz, wenn sie zu solchen Vorstellungen wie die anliegenden sich berufen und berechtigt glauben und als eine Behörde sich betrachten. Ihr habt sie daher auf ihr verfassungsmäßiges Verhältnis zu verweisen, in welchem Ich ihre persönlichen Eigenschaften und Gesinnungen [. . .] gern achte.« (Konzept, gez. Altenstein, Dohna, Klewitz, in Rep. 89 A Tit. 26 Nr. 4 Bd. 2 Bl. 97 nach der eigh. Anweisung von Klewitz Bl. 96 (neu: Rep. 2.2.1. Nr. 31858).

154. Kommentierender Aufsatz des Staatsrats Koehler zu zwei Gesetzentwürfen über das ländliche Kommunalwesen und die Repräsentativverfassung Königsberg, 27. September 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 289: Koehler eigh.

»Ew. Exz. hatten mich gnädigst beauftragt, einen Entwurf zur Organisation der Polizeiunterbehörden zu bearbeiten und alles, was dazugehört, einzuleiten. Ich habe mich schon seit längerer Zeit mit diesem Gegenstande, soviel die Bearbeitung der übrigen kurrenten Sachen es gestattet hat, beschäftigt und — aus Gründen, die schon mehrmals zur Sprache gekommen sind und welche ich daher nicht besonders zu entwickeln haben werde — mich überzeugt, daß es immöglich ist, mit der Entwerfung eines Plans zur Organisation der eigentlichen Kreis/>oWz«'behörden voranzuschreiten, wenn nicht zuvor die vollständige Organisation des Kommunalwesens, welche erst bei den Städten geschehen und bei den Gemeinden des platten Landes noch ganz im Rückstände ist, beendigt und zugleich das ganze System der künftigen Repräsentativbehörden aufgestellt ist. Es ist gerade nicht nötig, daß dies beides vorher ausgeführt werde; die Ausführung und selbst die Emanation der auf alle diese miteinander innig verwandten Gegenstände sich beziehenden Verordnungen kann demnächst gleichzeitig geschehen; allein, diejenigen Verordnungen, durch welche das Kommunalwesen auf dem platten Lande und die Kreis- und Provinzialrepräsentation reguliert werden soll, müssen meines Ermessens durchaus zuerst abgefaßt, geprüft und überhaupt bis zur höchsten Bestätigung vollendet werden, weil die Organisation der Polizei durch sie fast auf allen Seiten und notwendig bedingt wird. Ich habe mich daher zuvörderst damit beschäftigt, folgende zwei Verordnungen: a) Ordnung für sämtliche Gemeinden des platten Landes in der preußischen Monarchie 1 und

27- September 1809

423

b) Edikt wegen Anordnung einer zweckmäßigem Repräsentation aller Staatsbürgerin der preußischen Monarchie 2 zu entwerfen und übergebe hiebei beide Verordnungen zur vorläufigen Prüfung, um demnächst auf den Grund derselben auch den Entwurf zur Organisation der Unterpolizeibehörden, womit ich inzwischen allmählich vorzuschreiten nicht verabsäumen werde, vorlegen zu können. Insoweit einzelne Bestimmungen in jenen beiden Entwürfen mit Hinsicht auf die Gesichtspunkte, aus welchen ich die Polizeiorganisation angesehen habe, aufgenommen sind, werde ich dies vorläufig in dieser gehorsamsten Anzeige bemerken. Im allgemeinen glaube ich vorausschicken zu müssen, daß die ganzen beiden Entwürfe von Anfang bis zu Ende nicht gerade das Resultat meiner Ansichten sind, sondern ich die letztern durch die Voraussetzung, daß im Staat ein Kommunal- und Repräsentativsystem eingerichtet (oder vielmehr das schon vorhandene erhalten und nur gekräftigt und verbessert) werden solle, bedingt und jene Voraussetzung für gegeben gehalten habe. Die Frage „ob?" ist hier sehr zweifelhaft, und ich gestehe, daß ich für mein Teil nicht bloß in abstracto für ein großes Reich, sondern auch mit Rücksicht auf die besondern Orts- und Verfassungsverhältnisse gerade für den preußischen Staat die Konstruierung einer reinen Monarchie mit voller Würksamkeit von den obersten bis zu den untersten Behörden aller Art vielleicht vorziehen und nur etwa in den (freilich vorübergehenden) Zetiverhältnissen Gründe zur Adoption der entgegengesetzten den Repräsentativformen günstigen Meinung finden würde. Allein dergleichen Betrachtungen scheinen mir nicht mehr de tempore zu sein. Denn die Städteordnung 3 und die Regierungsinstruktion vom 26. Dezember v. J. 4 spricht meines Erachtens jene Voraussetzung und die ganze Tendenz der Regierung zur Erschaffung eines Kommunal- und Repräsentativsystems ganz deutlich aus, und wenn die Gesetzgebung konsequent bleiben und etwas Ganzes, etwas Symmetrisches konstruiert werden soll, so muß auch alle Behördenorganisation in demselben Geiste gedacht werden, der jene beiden organischen Gesetze hervorgebracht hat. Daraus folgt dann meines Erachtens die Notwendigkeit der Organisation einer Kommunalverwaltung für das platte Land, welches darauf nicht mindere Ansprüche hat als die Städte, und einer gleichmäßigen Repräsentation von Stadt und Land — beides basiert auf das Prinzip der natürlichen Gleichheit der staatsbürgerlichen Rechte — von selbst. Inzwischen hat auch nach dieser Voraussetzung die Einrichtung des Kommunalwesens ländlicher Gemeinden allerdings große Schwierigkeiten. Schon bei den kleinen Städten hat man von Anfang an die Besorgnis gehegt, daß der gegenwärtige Kulturzustand des großen Haufens nicht ganz zu den Absichten und Zwecken der Städteordnung passen werde, und die bisherige Erfahrung hat wohl keineswegs diese Besorgnis entfernt. Allein man hat (und meines Erachtens mit Recht, wenn man es dahin bringen will, daß wenigstens einst eine Kommunalverwaltung bei uns gedeihe) sich damit getröstet, daß, welche vorübergehenden Unbequemlichkeiten auch die Städteordnung vornehmlich in den kleinen Städten herbeiführen möchte, doch aber die Mißgriffe, welche die Nation gleichsam beim ersten Anlauf zu ihrem eigenen Schaden macht, sie nach und nach zu der Fähigkeit, ihre Gemeinangelegenheiten selbst zu verwalten, bilden, sie

424

27. September 1809

dazu erziehen würden. Auf dem platten Lande sind freilich die Gründe für dieselbe Besorgnis noch größer; die Bildung des Landmanns steht im Durchschnitt, wenigstens in den meisten Provinzen, noch tiefer, und es kommt aus der Existenz der sogenannten Herrenrechte oder aus dem Verhältnis fast aller Bewohner des platten Landes zu den Gutsherrn noch eine eigentümliche sehr erhebliche Schwierigkeit hinzu. Allein was den ersten Punkt betrifft, so kann man demselben den nämlichen Trostgrund wie bei den kleinen Städten vielleicht mit nicht geringerem Recht entgegenstellen: denn wenn auf der einen Seite die Ansicht, den Landmann durch die Praxis für die Zwecke der Regierung auszubilden, entfernter ist, so leuchtet auf der andern Seite die Notwendigkeit, das schwere Werk einer solchen Ausbildung mit Mut und (in bezug auf die möglichen Unruhen und Zügellosigkeiten, die in einzelnen Fällen nicht ausbleiben dürften) mit Resignation anzugreifen, desto klarer ein; und wenn durch gehörige Sorge für das Schulwesen nur die Hauptsache geschafft wird, so darf man nicht eben an dem guten Erfolg verzweifeln. Und was den zweiten Punkt betrifft, so darf dieser wohl die Absichten der Regierung nicht gänzlich unterdrücken, teils weil die Regierung offenbar die große in jeder Rücksicht ersprießliche Tendenz hat, unter den verschiedenen Klassen von Staatsbürgern die Gleichheit der natürlichen staatsbürgerlichen Rechte herzustellen, sie folglich den Zustand der Unabhängigkeit der verschiedenen im Staate vorhandenen Grundstücke und Grundstücksbesitzer voneinander wünschen und dazu, daß dieser Zustand allmählich eintrete, nicht allein die Möglichkeit geben, sondern auch gern die Würklichkeit der Ausführung begünstigen muß und mithin am wenigsten eine Begünstigung der gutsherrlichen Rechte in ihren Planen liegen kann; teils weil es auch keinesweges unmöglich ist, trotz der Erschaffung eines Kommunalwesens, in welchem der Bauer unter gewissen Voraussetzungen eine Stimme neben dem Gutsherrn hat, dem letztern dennoch sein ganzes rechtlich begründetes pekuniäres Interesse zu erhalten und jede Vermögensumwälzung, die freilich abscheulich sein würde, zu verhüten. Freilich wird sich der Gutsherr notwendig in seiner coercitiven Gewalt oft mehr wie bisher geniert finden müssen, allein wesentliche Nachteile lassen sich doch von ihm abwenden. Das Nähere hierüber wird sich hauptsächlich erst bei der Organisation der Polizeibehörden ergeben; hier wird es nur in bezug auf die Kommunalrechte beider Klassen an der Bemerkung genügen, daß die Dienst- und sonstigen Verpflichtungen der bäuerlichen Landsassen gegen ihre Gutsherrn, sobald jene sonst nur persönlich frei und würkliche Herren ihrer Grundstücke oder wenigstens regelmäßige Pächter und nicht in ihrem Besitzstande durchaus von dem Gutsherrn abhängig sind, sich füglich unter dem Gesichtspunkt von Real-Servituten — oder vielmehr der juristischen Definition nach von Real-Zwangsgerechtigkeiten — bringen lassen, welche ein Grundstück gegen das andere hat, und daß sie in der Tat nach Aufhebung der vormaligen persönlichen Verhältnisse der Bauern auch juristisch richtig allein unter diesem Gesichtspunkte betrachtet werden können. Diese Ansichten sind es, welche mich überwiegend (denn freilich scheinen mir die Gegengründe auch nicht so ganz unbedeutend) zu der Meinung bestimmt haben, daß das Kommunalwesen des platten Landes ganz analog der Städteordnung konstruiert werden müsse. Dagegen hat sich aktenmäßig bis jetzt niemand erklärt; denn der Staatsminister v. Schroetter hat in seinen Projekten 5 ,

27. September 1809

425

die polizeilichen Einrichtungen betreffend, das eigentliche Kommunalwesen gar nicht oder doch nur gelegentlich und oberflächlich berührt; und dafür sind die V o t a der Herrn Präsidenten v. Vincke und Merckel. 6 Ich habe geglaubt, die neue Kommunalordnung für das platte Land nicht allein genau nach dem Plan und Ideengange der Städteordnung bilden, sondern auch alles, was aus der letztern paßt, wörtlich übertragen zu müssen, um desto weniger Möglichkeit zu verschiedenen Auslegungen zu geben, wo keine Verschiedenheiten beabsichtigt werden. Auf dem platten Lande muß die Organisation nur einfacher sein, und diese Einfachheit kann meines Erachtens wesentlich nur bei der Bildung des Schulzenamts als der eigentlich allein sichtbar tätigen Behörde erreicht werden, wo alles, aber ohne entbehrliche Formen und mehrenteils nur mündlich zu verhandeln sein wird, ohne daß es der Deputationen bedarf, von welchen die Städteordnung spricht. Im übrigen füge ich zum Gebrauch bei Prüfung der Anlagen nur noch folgende Bemerkungen bei: ad § 3 und 4 der Gemeindeordnung 7 Denselben Grundsatz stellt auch der Herr Staatsminister von Schroetter in seinem Entwurf im Anfange, nimmt aber demnächst in demselben die Bestimmung auf, daß adelige Güter und Vorwerker mit ihren Leuten in der Regel von dem Kommunalwesen ausgeschlossen bleiben sollten. Schon der Herr p. v. Vincke hat diesen Widerspruch mit Recht gerügt, die letztere Bestimmung getadelt und die unumgängliche Notwendigkeit, daß jedermann, wer er auch sei, zu irgendeiner Gemeinde gehöre, verteidigt. Hier äußert sich nun gleich und ganz vorzüglich die Schwierigkeit, welche das bisherige Herrenrecht in den Weg legt. Die Gutsbesitzer sollen aus eigentlichen Herren für sich Mitglieder einer Gemeinde werden; sie, die sonst allein das Recht ausübten, sich repräsentieren zu lassen, sollen nun dies Recht mit den Gemeinden teilen. Unrecht geschieht ihnen in Absicht ihres Vermögens und ihrer Freiheit, darüber zu disponieren, dadurch nicht; denn das Recht, zu repräsentieren, war rechtlich bisher nur ein Standes- und ¿TArewrecht; und wenn es ja zur Bedrückung des nicht repräsentierten Standes gebraucht wurde, wenn dem letztern allein oder zum größten Teil Lasten zugewälzt wurden, die gemeinschaftlich und verhältnismäßig getragen werden sollten, so war dies ohne Zweifel Mißbrauch. Auch wird dadurch die natürliche Freiheit der Gutsbesitzer, in den Schranken der Gesetze über ihre Güter zu disponieren, gar nicht beschränkt; denn die Begriffe Gemeinde und Gemeinheit dürfen nicht verwechselt werden; nichts von der letztern Gattung wird notwendig durch die Kommunalordnung zwischen den Gutsherrn und Gemeinden hervorgebracht. Allein das Vorurteil steht mächtig entgegen, und es ist vorherzusehen, daß dieser Grundsatz bei einer obgleich nicht zahlreichen Klasse von Untertanen Mißvergnügen erzeugen wird. Indessen mir scheint dagegen keine Hülfe zu sein. Sollen einmal Gemeinden gebildet werden, die ihre Kommunalangelegenheiten allein verwalten, so muß diesen auch die selbständige Vereinigung über die Art und Weise, ihre Gemeindelasten zu tragen, überlassen werden; die Kreisrepräsentation oder sonstige Kreisbehörde muß sich darauf beschränken, die allgemeinen Lasten des Kreises

426

27- September 1809

nur unter die denselben konstituierenden Kommunen zu verteilen; sie darf aus keinen andern heterogenen Teilen als aus Gemeinden bestehen — denn ein Kreis ist ein Kongregat von einzelnen Gemeinden wie diese ein Kongregat von Individuen ; die Kreisbehörde darf also nicht weiter, nicht unmittelbar auf die Individuen würken; sie kann also auch nur aus Repräsentanten der Kommunen bestehen ; mit diesen können nicht einzelne Personen für sich zu gleichem Stimmrecht konkurrieren, und wenn also der Gütsbesitzer als Repräsentant erscheint, wie allerdings der Mehrzahl nach noch ferner der Fall sein wird, so repräsentiert er dann doch nicht sich noch seinen Stand, sondern seine Kommune: eine andere gerechte und gleiche Kreisrepräsentation ist unmöglich, sobald Stadt- und Landgemeinden in dem Verhältnis der Gleichheit in eine Repräsentativversammlung zusammentreten sollen. Reißt man aus diesem Ideengange ein Glied heraus, so wird durchaus die ganze Konsequenz des Systems, eben desjenigen, worauf schon die Städteordnung beruht, zerrissen: und allen diesen Ideen liegt das im § 3 und 4 ausgesprochene Prinzip notwendig zum Grunde. Denn wie sollte ein einzelnes Individuum, welches zu keiner Gemeinde gehörte, repräsentiert und wie zu den Kreislasten angezogen werden können? ad § 6 ibid. 8 Diese Bestimmung ist rein willkürlich; ich sage daher nichts, um gerade die von mir gewählte zu verteidigen. Nur muß ich bitten, diesen Paragraphen mit den §§ 15, 17 und 21 zusammenzuhalten 9 , um teils den Begriff festzuhalten, daß hier nur davon die Rede ist: wer Gemeindeglied sein muß} wo dann freilich selbst alle Grundbesitzer, die nicht den Ackerbau mit Gespann, das heißt: als ein sie ausschließlich oder hauptsächlich ernährendes Gewerbe treiben, mit gutem Bedacht ausgeschlossen sind, weil sonst auch alle sogenannten kleinen Leute, Büdner, Gärtner und Tagelöhner, zu einem Stimmrecht gelangen würden, zu welchem sie mir nicht zu passen scheinen, obwohl sie es auch erhalten können, wenn ihnen nicht der § 17 und § 68 no. 4 entgegensteht 1 0 , teils nicht zu übersehen, daß durch diese Bestimmung und den § 17 mit Vorsatz alle diejenigen bäuerlichen Einsassen von dem Gemeinderecht ausgeschlossen werden, die mit ihren Gutsherrn in dem Verhältnis einer reinen Abhängigkeit von deren Willkür stehen und nicht füglich neben diesen stimmen können. Dieser Fall tritt sehr häufig und überall ein, wo das Grundeigentum der Bauerhöfe ganz dem Gutsherrn zusteht und der Bauer nur Kulturbesitzer auf Lebenszeit oder so lange ist, als es dem Gutsherrn gefällt. ad § 8 ibid. 11 Hier ist der Grundsatz, welcher das Realinteresse der Gutsbesitzer sichert, nur im allgemeinen ausgesprochen, und dies ist wohl nötig, um allen grundlosen Deutungen und Besorgnissen vorzubeugen; das Nähere darüber, auf welche Weise die Gutsherrn in dem sichern Genuß ihrer Rechte geschützt werden, gehört in das Reglement wegen Konstitution der Polizeibehörden und bedarf hier zur Zeit wohl keiner weitern Beleuchtung.

27. September 1809

427

ad § 9 ibid.12 Diese Bestimmung ist wiederum willkürlich. Meine Absicht dabei ist gewesen: a) wo möglich, den Begriff Kirchspiel und Gemeinde, da das Kirchen- und Schulwesen auf dem Lande ein Hauptobjekt des Kommunalinteresses ist, zu amalgamieren und b) Gemeinden zu bilden, die groß genug sind, um teils die Aufbringung der Gemeindelasten zu erleichtern, teils die Vermutung zu begründen, daß man darin Subjekte finden werde, die einigermaßen Fähigkeit zur Erfüllung ihrer Amtspflichten haben. Zu a) kann es wohl sein, daß die jetzt bestehende Kirchspielsabteilung nicht überall zu der Gemeindebildung paßt; es wird aber nicht schwer und auf jeden Fall sehr nützlich sein, dann jene nach dieser zu reformieren. Natürlich würde auch ohnehin diese Amalgamation der Begriffe nur Regel sein, folglich Ausnahmen haben können, die aber nur sehr selten würklich notwendig sein werden; denn Provinzen oder nur Gegenden, die so große Kirchspiele hätten, daß eins davon in mehrere Gemeinden zerfallen müßte, gibt es außerhalb eines Teils Litauens wohl nicht. Zu b) halte ich es für durchaus vorteilhafter, große als kleine Gemeinden zu bilden. Teils läßt sich in letztern ein Repräsentativsystem nicht füglich ausbilden, und dies ist's doch nur, was den Gemeinsinn (public spirit) bildet, den zu erschaffen einmal Zweck ist; teils würde auch die Kreisrepräsentation, wenn jede Gemeinde wenigstens einen Repräsentanten haben soll (und das ist doch gerecht und billig) ein durchaus unbeholfener Körper von mehrern hundert Köpfen werden; teils wird es schwierig, in kleinen Gemeinden tüchtige Subjekte zu den Schulzen stellen, zumal wo die Bauerhöfe den Gutsherrn gehören, zu finden, sogar nur die verschiedenen Interessen, die sich hier gar zu einzeln entgegenstehen, zu vereinigen ; und endlich wird auch die Absicht, das Oberschulzenamt in der Regel, wo sonst keine Gründe entgegenstehen, durch Gutsbesitzer zu besetzen (conf. § 140) 13 , durch die zu große Kleinheit der Gemeinden oft unerreichbar, weil an so vielen Orten kein Gutsbesitzer wohnhaft, an andern beständig abwesend, mancher denn auch minorenn oder sonst unqualifiziert ist. — Daß man hiebei, wenn je zwei oder drei benachbarte Feldmarken eine Gemeinde konstituieren, nicht an den Begriff von Gemeinheit denken muß, darf ich wohl nicht erinnern; denn diese zwischen den konkurrierenden Feldmarken zu begründen ist gar nicht nötig, man müßte denn die Konkurrenz zu den Gemeindelasten so nennen, die doch gerade wieder den erheblichen Vorteil gewährt, daß sie durch die gleichere Verteilung auf eine größere Masse von Konkurrenten beträchtlich erleichtert wird. Es läßt sich darüber, wie groß oder wie klein eine Gemeinde sein kann oder sein muß, viel sagen, aber nichts, was ganz entschieden irgendeine Meinung vorzugsweise begründen könnte; ich beschränke mich daher darauf, nur noch zu bemerken: «) daß der Herr Staatsminister v. Schroetter auch ein Minimum (also in dem Prinzip mit mir übereinstimmend), aber nur auf 50 Seelen setzt, welches mir gar zu gering scheint; ß) daß der Präsident Borsche 14 gleichfalls meinem Grundsatz beistimmt und

428

27- September 1809

gerade auch die Gründe für die Bildung größerer Gemeinden sehr gut entwickelt (conf. acte). Er schlägt als Normalzahl eine Bevölkerung von 500 Seelen vor; indessen kann nicht sowohl diese Bestimmung als diejenige eines Minimi nach der Lage unserer Ortschaften von Effekt sein, und als Minimum scheint mir jene Normalzahl bei dem Mißverhältnis, welches in den meisten Provinzen noch zwischen Bevölkerung und Flächenraum stattfindet, zu groß; 7) daß auch der Herr Präsident v. Vincke beistimmt und nur die Fixation des Minimi bloß nach Feuerstellen, und zwar auf 75, wenigstens 50 will, wogegen ich cumulativ eine Bestimmung nach Seelenzahl und Feuerstellen, und zwar die Zahl von resp. 300 und 60 gewählt habe, weil mir eine solche Bestimmung vollendeter scheint. Zwar äußert der Herr p. v. Vincke auch gelegentlich etwas von einem nach Analogie der Städteordnung zu machenden Unterschiede zwischen großen und kleinen Landgemeinden; er will zu jenen solche zählen, die über, und zu diesen solche, die unter 100 Feuerstellen haben; ich gestehe aber, daß ich davon keinen praktischen Nutzen absehe und daher diese Spezialbestimmung der Städteordnung mit Fleiß habe fallen lassen. ad § 26 ibid. 15 stelle ich anlieim, ob der Zusatz wegen der Landesgarde hier an seinem Orte steht; es ist fast zu bezweifeln, da die Bildung derselben vielleicht nicht Sache der Gemeinden, sondern der Kreise sein wird. ad § 41 ibid. 16 Wenn hier der Begriff der Angemessenheit so deklariert wird, wie man jetzt beabsichtigt, so würde die erklärende nähere Bestimmung dieser Stelle hier gleich mit aufzunehmen sein und ist daher vorläufig eingeschaltet. ad § 44 ibid. 17 bitte ich bloß, die Bemerkungen zu § 122 — 135 zu conferieren. ad § 49 ibid. 18 Der Zusatz (conf. § 98)19 gibt gelegentlich ein Mittel mehr, die Teilung der Gemeinheiten zu befördern, und insofern scheint er mir, obgleich sonst dieser Gegenstand nicht eigentlich hieher gehört, nützlich; ich stelle aber lediglich höherm Ermessen anheim, ob er beizubehalten ist oder nicht? ad § 56 ibid.20 Dieser Grundsatz an sich und strenge nur auf Kommunallasten bezogen, dürfte wohl keinen Anstoß finden. Inzwischen ist es auf dem platten Lande vielleicht schwieriger, Kommunal- und würkliche Landeslasten zu scheiden. Manche ursprüngliche Kommunallast ist würkliche Landeslast geworden und so die Natur vieler sehr wichtiger Lasten jetzt sehr zweifelhaft, z. B. Postfuhrengestellung, Fouragelieferung usw. Indessen gehört die nähere Entwickelung des Begriffs „Gemeindelast" in dieser Beziehung wohl nicht hieher, sondern vielmehr in die in diesem Paragraphen vorbehaltene besondere Verordnung.

27- September 1809

429

ad § 63 und 64 ibid.21 Ob auf dem platten Lande überhaupt eine Repräsentation der Kommunen durch Landverordnete (ganz analog den Stadtverordneten) eingerichtet werden oder geradezu jedesmal da, wo in den Städten die Stadtverordnetenversammlung handelt, die ganze versammelte Gemeinde in deren Stelle treten soll, ist wiederum einer der Hauptpunkte, über welche erhebliche Zweifel stattfinden können. Werden große Gemeinden formiert, so scheint mir die Bildung einer Gemeinderepräsentation schon darum unentbehrlich, weil die Unmöglichkeit, vernünftige Beratungen zu halten und die äußerste Verwirrung, Tumult und Aufruhr ohne Zweck und alle daraus folgenden Inkonvenienzien zu vermeiden, überhaupt mit der Zahl der beratenden Personen und in einem unglaublich steigenden Verhältnis zunimmt, je ungebildeter die konkurrierenden Personen sind. Versammlungen ganzer und bedeutender Landgemeinden würden also, wenn sie nicht auf einen einzigen bestimmten Akt, z. B. den Wahlakt, eingeschränkt sind, fast ohne Ausnahme ärger wie polnische Reichstage werden. Dazu aber kommt, daß der Gemeingeist, nicht sowohl durch die unmittelbare Teilnahme aller als durch die Repräsentation erweckt, belebt wird und eine zweckmäßige Richtung bekommt, weil gerade die Eigenschaft eines Repräsentanten, zu deren Erlangung nichts als Sittlichkeit und Verstand gehört, ein neuer Gegenstand des Ehrgeizes aller wird und das öffentliche Urteil über das Betragen der Repräsentanten gerade die Haupttriebfeder des Gemeingeistes ist. Dieser Grund scheint mir nach der ganzen Tendenz unserer neuern Gesetzgebung so wichtig, daß eben um seinetwillen schon die Bildung großer statt kleiner Gemeinden vorzuziehen sein dürfte. Gleichwohl kann auch eine sehr volkreiche Landgemeinde sehr arm an stimmfähigen würklichen Gemeindegliedern sein, und diese Armut kann (bei dem aktuellen Zustand der Dinge in manchen unsrer Provinzen) so weit gehen, daß eine Repräsentation würklich zwecklos sein würde und es besser ist, die ganze Versammlung der stimmfähigen Gemeindeglieder an deren Stelle, wenigstens einstweilen und solange diese Verhältnisse fortdauern, treten zu lassen. Wo die Grenze zwischen beiden Fällen angenommen werden soll, ist sehr willkürlich. Ich habe sie auf die Zahl von (excl.) 20 Gemeindegliedern gesetzt und überlasse, ob diese Auswahl genehmigt wird. Der Herr Präsident v. Vincke glaubt zwar auch, daß es der Bildung einer eigentlichen Repräsentation in den Landgemeinden nicht bedürfen werde, sondern allemal die ganze versammelte Gemeinde deren Stelle vertreten könne: indessen gestehe ich, daß ich diese seine Meinung nicht wohl mit seiner Voraussetzung, daß die zu bildenden Gemeinden eine bedeutende Größe haben müssen, zu vereinigen weiß. Meinem Ermessen nach konsequenter stimmt der Präsident Borsche in der nämlichen Voraussetzung gleich mir für die Bestellung von Repräsentanten. ad § 66 ibid.22 Vorausgesetzt, daß die Bildung von Landverordneten-Versammlungen überhaupt gebilligt wird, habe ich doch nicht die Bestimmung der Städteordnung

430

27. September 1809

wegen Wahl der Stellvertreter auf das platte Land, wo es meines Erachtens dieser Verwickelung nicht bedürfen wird, übertragen zu dürfen geglaubt. Ich unterwerfe diese Abweichung höherer Prüfung. ad § 68 ibid.23 Dieser Paragraph ist ganz der Städteordnung analog gefaßt, und ich halte das auch für das beste. Der Herr Präsident Borsche will zwar bei den Wahlen auch den Schulzen das Stimmrecht lassen, und dies hat auch meines Bedünkens alles für sich, sobald nicht gerade von dem den ganzen Wahlakt dirigierenden Oberschulzen die Rede ist, allein auch diesem das Stimmrecht zu geben, würde ich doch eben wegen der ihm obliegenden Direktion, die ihm einen zu großen Einfluß in die Freiheit der Abstimmung gestatten könnte, Bedenken tragen. Bei no. 4 habe ich mich gleichfalls bloß an die Städteordnung gehalten und geglaubt, selbst die Steuern von 150 rt., durch welche auch auf dem platten Lande würkliche Ackerwirte in der Regel wohl nicht ausgeschlossen werden dürften, beibehalten zu können; indessen ist dies sehr willkürlich, und ich submittiere darüber gern auf bessere Bestimmungen. Herr Präsident v. Vincke will die Stimmfähigkeit nach dem Ackermaß oder Kontributionsfuß bestimmt wissen und sie jedem beilegen, der 20 M[agdeburgische] Morgen Ackerland besitzt oder 12 rt. jährliche Grundsteuer zahlt. Diese Bestimmung scheint mir aber relativer, bei der Verschiedenheit der Verhältnisse der ländlichen Einsassen unsicherer und eben deshalb unvollkommener. a d § 84 i b i d . " Bei dem Wahlakt können meines Erachtens auf dem platten Lande wesentliche Vereinfachungen statthaben. Die Bestellung eines Wahlaufsehers, dessen Pflichten der dirigierende Oberschulze füglich erhalten kann, und der Wahlbeisitzer würde hier mehrve rwirren als förderlich sein. Ein Protokollführer ist aber neben dem Oberschulzen nötig. Ich halte es für das einfachste, die Pflicht der Protokollierung dem Prediger aufzutragen, der derselben in der Regel allein gewachsen sein dürfte. Seine Amtswürde wird meines Erachtens durch einen solchen in der Kirche vorgenommenen feierlichen A k t nicht kompromittiert und selbst seine persönliche Würde nicht leiden, da in der Regel der Oberschulz aus der Klasse der Gutsbesitzer genommen sein wird. Glaubt man aber das Gegenteil, so kann allenfalls auch statt seiner der Dorfsschulmeister genommen werden; leider! sind unsere Dorfsschulmeister aber in der Regel zu einem solchen Geschäft noch nicht geeignet. Hierüber submittiere ich ganz auf höhere Bestimmung. ad § 104 ibid. 2 5 Aus einem gleichen Grunde der Vereinfachung habe ich dafür gehalten, daß der Vorsteher der Landverordnetenversammlung zugleich das Protokoll führe. In der Regel wird sich annehmen lassen, daß der Prediger der Gemeinde mit in der Landverordnetenversammlung sitzen und dann, daß er der Vorsteher sein werde, und dies scheint mir (bei der gegenwärtigen Lage der Dinge) sehr wünschenswert.

27. September 1809

431

ad Tit. VII, insbesondere ad § 122 und 135 Bei diesem 26 und dem folgenden Titel ist meines Erachtens eine Vereinfachung der Organisation in Vergleich mit der Städteordnung vorzugsweise möglich, und auf diesem Gesichtspunkt beruht das vorliegende Projekt. Die wesentlichsten Punkte sind: a) der Oberschulz wird nicht von der Kommune gewählt, sondern vom Staat bestellt; b) besoldeter Offizianten bedarf es gar nicht ; c) Unterbediente des Schulzenamts sind auch nicht nötig; d) die Stelle der Bezirks Vorsteher wird durch die Mitglieder des Schulzenamts, die neben dem Oberschulzen stehen, zugleich mit ersetzt. Zu a) ist eine der schwierigsten und wichtigsten Bestimmungen. Es hat allerdings den Anschein einer Inkonsequenz, der Gemeinde den unmittelbaren Einfluß auf die Anstellung gerade des wichtigsten Gemeindebeamten vorzuenthalten. Etwas Analoges geschieht zwar schon bei den großen Städten, wo die Gemeinden nicht zu wählen, sondern nur eine Mehrzahl zur Auswahl der Regierung zu präsentieren haben; so stark ist aber die Anomalie doch nicht wie hier. Allein ich halte hier einen Eingriff in das reine Kommunalverwaltungssystem für unvermeidlich. Denn 1. ist meines Erachtens zu bedenken, daß die Gemeinden des platten Landes bisher gar keine Teilnahme an der Verwaltung, eigentlich gar keine Rechte in diesem Bezüge hatten und das, was man ihnen just verleiht, ein durchaus reines Geschenk ist. Man kann einen Teil dieses Geschenks, wenn andere Umstände es nötig machen, wenigstens ohne Ungerechtigkeit zurückhalten, und dergleichen Umstände sind vorhanden, indem 2. im allgemeinen die Bildung des Landmanns in der Tat zu wenig vorgerückt ist, als daß man die ganze Verwaltung (denn die Wahl des Hauptverwalters ist im Grunde alles) seinen ungeübten Händen sogleich und ohne einen leichten Ubergang anvertrauen könnte. Schwerlich würde die Eifersucht des Bauern gegen den Gutsherrn, welche furchtbar erwachen könnte, es oft dahin kommen lassen, daß der letztere zum Vorsteher der Gemeinde gewählt würde, und doch ist, daß der Gutsherr in der Regel Gemeindevorsteher werde, 3. offenbar wünschenswert, a) weil dadurch der Ausbruch jener leidenschaftlichen Eifersucht gehindert, die bisher eingewöhnte persönliche Achtung gegen den Gutsherrn erhalten und nur in der Form modifiziert, die ganze Veränderung der Verhältnisse also weniger revolutionär und ß) weil sonst der Gutsherr von seinen bisherigen Verhältnissen zuviel und zu plötzlich verliert und die ganze neue Verfassung also den Widerstand einer Klasse von Untertanen zu erwarten hätte, die vielleicht die Ausführung bis zur Unmöglichkeit zu erschweren vermöchte, und y) weil am Ende würklich qualifizierte Subjekte zur Verwaltung des Oberschulzenpostens zur Zeit doch nur in der Klasse der Gutsherrn zu finden sein werden. 8) Die Hauptsache aber ist, daß der Oberschulze nicht allein Gemeindevor-

432

27. September 1809

steher, sondern notwendig auch Polizeioffiziant, Direktor der Ortspolizei, werden muß. Hier tritt eine doppelte Rücksicht ein. Zuerst das Interesse des Staats, daß dieser Posten tüchtig besetzt werde, und dann der Umstand, daß der Gutsherr bisher die Ortspolizeigerichtsbarkeit de jure hatte. Über den ersten Punkt sage ich nichts weiter. Was aber den zweiten anlangt, so behalte ich die nähere Ausführung, daß es durchaus unvermeidlich und notnotwendig sei, daß der Gutsherr die Polizeigerichtsbarkeit, wenigstens in der Form und als Gutsherr, verliere, bis dahin vor, daß von der Organisation der Unterpolizeibehörden die Rede sein wird, denn dahin gehört die Sache eigentlich; hier bitte ich um die Erlaubnis, sie voraussetzen zu dürfen. Allein alsdann leuchtet ein, daß der Staat ein von allen Seiten her konkurrierendes Interesse hat, den Gutsbesitzern jene Einbuße an ihren Rechten soviel als möglich zu erleichtern und selbst unmerklich zu machen. Dies behält derselbe allein in seiner Gewalt, wenn er die Oberschulzen bestellen und dann in der Regel (die Fälle ermangelnder Qualifikation, fortdauernder Abwesenheit etc. ausgenommen) den Gutsbesitzern dieses Amt auftragen kann. Sie müssen effektiv die Handhabung der Polizei unter Aufsicht der Kreispolizeibehörde behalten, allein in einer andern Form, nicht als Gutsherrn, sondern als Beamte. Man wird nicht sagen, daß, wenn der Staat sich strenge an jene Regel binde, dann in der Sache nichts gewonnen, sondern der bisherigen Einrichtung nur ein neues Gewand umgehängt werde. Es wird allerdings sehr viel, nicht allein für die Reinheit der Grundsätze, sondern auch für die Ausführung in der entferntem Zukunft gewonnen: denn wie weit der Staat seine Maximen bei Bestellung der Oberschulzen künftig ändern will, hängt jederzeit von den Umständen ab, es wird keines Angriffs auf hergebrachte Rechte mehr bedürfen; und auch jetzt wird das Verhältnis der Gutsbesitzer, wenn auch bloß durch die Form, doch sehr wesentlich verändert werden, indem sie als Gemeindevorsteher und Administratoren ganz neue Pflichten überkommen und diese mit ihren Rechten und mit den Rechten der Gemeinde als solcher kombinieren lernen müssen. Ich füge über diese ganze delikate Materie nur noch die Bemerkung bei, daß vornehmlich der Präsident Borsche im wesentlichen mit mir gleicher Meinung ist. Zu b) sind zwar der Präsident v. Vincke, die pommersche Regierung in einem von ihr erstatteten gutachtlichen Bericht 27 und auch der Präsident Borsche der Meinung, daß der Oberschulz, wenn auch nicht besoldet, doch durch Befreiung von Einquartierungs- und solchen Kommunalpflichten, die in natura zu leisten sind, von Vorspann, Kriegsfuhren und Fouragelieferung, remuneriert werden müsse. Ich kann diesem aber schon deshalb durchaus nicht beitreten, weil eine solche Remuneration zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten sehr ungleich sein und unter Umständen, wie sie uns noch in frischem Andenken sind, eine ganz ungeheure Wichtigkeit erhalten würde. Mit der Idee, in der Regel die Gutsherrn zu Oberschulzen zu bestellen, läßt sie sich überdem gar nicht vereinigen: denn dann würde die Prägravation der Gemeinde vermöge solcher Begünstigungen selbst in gewöhnlichen Zeiten ins Große gehen. Auch sind jene Vorschläge durchaus ohne Rücksicht auf diese letztere Idee suppedi-

27. September 1809

433

tiert: wohlhabende und rechtliche Gutsbesitzer werden den Posten eines Oberschulzen lieber wie einen Ehrenposten als mit Besoldung besitzen wollen. Zu c) und d) darf ich wohl nichts zur Verteidigung sagen. Soll ja der jedesmalige Dorfsschulmeister zugleich Gemeindeschreiber sein, wie der Präsident Borsche vorschlägt, so könnte dies allenfalls hier festgesetzt werden; ich halte es aber nach mehrerm Inhalt des § 144 für überflüssig 28 , zumal der Oberschulz, wenn er in der Regel aus der Klasse der Gutsbesitzer ist, sich auch wohl ohne Gemeindeschreiber zu helfen wissen wird. ad Tit. VIII. ibid.29 unterwerfe ich den Entwurf bloß höherer Prüfung und glaube, daß es wegen der gegen die Städteordnung eintretenden erheblichen Abweichungen, die hauptsächlich darin bestehen, daß a) die Bildung besonderer Deputationen (obgleich der Herr Präsident v. Vincke auch diese auf dem platten Lande nachgeahmt wissen will) für überflüssig gehalten und eben dadurch b) die ganze Organisation und das gegenseitige Verhältnis der Behörden durchaus vereinfacht ist, keiner speziellen Rechtfertigung bedürfen wird. In betreff des zweiten hiebeigefügten Gesetzentwurfs, der die Bildung eines neuen Repräsentationssystems zum Gegenstande hat, glaube ich nur, mit Übergehung der darin enthaltenen Detailbestimmungen einen allgemeinen Kommentar über die Hauptideen, welche mich dabei geleitet haben, beifügen zu dürfen. Die erste Frage, welche bei der Meditation über diese Materie aufstößt, ist sehr natürlich die: „wer soll repräsentiert werden?" Es gibt zwei Hauptwege, diese Frage aufzulösen. Man denkt sich a) entweder die verschiedenen Stände der bürgerlichen Gesellschaft wegen der Mannigfaltigkeit ihres — sei es bloß verschiedenen oder gar sich entgegenstehenden—Interesses in einer natürlichen Opposition; man will jeden Stand und jedes Interesse nach Verhältnis (nach welchem?, das ist dann freilich ein schwieriges Problem) auf die gemeinsame Gesetzgebung influieren und gleichsam durch den gegenseitigen Kampf aller Interessen dasjenige, was allen gemeinschaftlich konveniert, auffinden lassen: das führt dann auf die Repräsentation nach Stand, Würde und Gewerbe. Es wird der Adel, die Geistlichkeit, die großen Grundeigner, die kleinen Grundbesitzer, die Kaufmannschaft, die Handwerker-oder Zunftgenossenschaft etc. etc. mehr oder minder vollkommen repräsentiert, und dieses mehr oder minder hängt dann gewöhnlich von der würklichen oder angemaßten Wichtigkeit der einzelnen Stände ab, so daß (wie die Geschichte, mit Unbefangenheit betrachtet, fast durchgängig lehrt) die mächtigen Stände, Adel und Geistlichkeit, mehrenteils sehr vollkommen, die ohnmächtigem, aber zahlreichsten hingegen höchst unvollkommen repräsentiert werden. b) Aber man kann auch von allen Individualverhältnissen, in denen sich irgend die Staatsbürger befinden können, sie mögen sich auf Stand und Würden oder auf Gewerbe beziehen, gänzlich abstrahieren und dieselben bloß als

434

27. September 1809

Staatsbürger, als Menschen, repräsentieren lassen wollen. Alsdann stellt man sie massenweise, wie sie sich finden, in Gemeinden (Kantons, Bezirke pp.), Kreise (ein Aggregat von Gemeinden) und Provinzen (oder Departements, ein Aggregat von Kreisen) zusammen; man läßt die Individuen in den Gemeinden, die Gemeinden in den Kreisen und die Kreise in den Provinzen repräsentieren, und das Aggregat der Provinzen wird dann endlich der Vereinigungspunkt des ganzen Staats. Man wähle von beiden Methoden, welche man wolle, man wird bei der Ausführung immer auf eigentümliche Schwierigkeiten stoßen, und diejenigen der ersten Methode dürften schwerlich geringer sein als die der zweiten. Die Repräsentation nach Ständen, Würden und Gewerben hat, auch außer dem Analogon, welches für sie in dem Herkommen liegt, allerdings noch sonst etwas für sich. Es scheint nämlich auf den ersten Anblick, als ob es nicht sowohl zur Wahrnehmung derjenigen Menschen- und Bürgerrechte, die allen Staatseinwohnern ohne Rücksicht auf ihre Individual- und Klassenverhältnisse gemein sind, als vielmehr dazu einer Repräsentation bedürfe, daß die aus dem bürgerlichen Verein im großen entspringenden Individualverhältnisse einerseits durch das wechselseitige Gegengewicht bis auf den Punkt, wo sie sich dem Gemeininteresse unterordnen, im Zaum gehalten und doch andrerseits gegen die Beeinträchtigungen der entgegenstehenden Interessen vertreten werden. Allein eben der Kampf, die wechselseitige Opposition, die man dadurch ganz notwendig herbeiführt, kann nach der Natur der menschlichen Dinge nichts anders als in sehr kurzer Zeit ein Übergewicht einer Partei über die andere zur Folge haben, welche dann, da sie zu nichts anderm berufen ist, als gerade ihre Standes- und Gewerbesrechte zu verteidigen, mehr oder minder zur Bedrückung der unterliegenden Partei und den Fall herbeiführt, wo es allerdings der Vertretung der gemeinsten Menschen- und Bürgerrechte — gegen das alles verschlingende Individualinteresse der mächtig gewordenen Repräsentantenpartei — gar sehr bedarf. Überdem dürfte sich auch mit ziemlicher Bestimmtheit annehmen lassen, daß, wenn jeder Staatsbürger von so viel Wichtigkeit, daß er nur das Stimmrecht in seiner Gemeinde hat, seine /«¿mrfwa/verhältnisse und -interessen mögen auch sein, welche sie wollen, auf die Wahl der Repräsentanten in allen Klassen mittelbar oder unmittelbar seinen sichern Einfluß hat, sich die proportionale Vertretung alles vorhandenen wichtigen Interesses wohl von selbst einstellen und bei den unaufhörlich wechselnden und erneuerten Wahlen zuletzt das richtige Verhältnis gewissermaßen instinktmäßig finden lassen werde. Soviel ist gewiß, daß die Gleichheit der Teilnahme an der Repräsentation sich mit einiger Sicherheit nur dann erreichen läßt, wenn man bloß den Schutz der allgemeinen Menschen- und Bürgerrechte und die Tendenz, daß sich diesen alle Individualrechte unterordnen, zum Gegenstande und Zweck der Repräsentation macht: denn wenn die Individualrechte, d. h. diejenigen, die nicht allen, sondern nur gewissen Klassen gemein sind, wenn diese selbst vertreten werden sollen, wer wird es wagen können, zugleich a) auszumitteln und festzustellen, in welchem Verhältnis die verschiedenen Stände und Gewerbe zu der Repräsentation konkurrieren sollen? — und b) zu behaupten, daß er bei dieser Feststellung die gerechte und natürliche Gleichheit der Teilnahme an der Repräsentation wiedergefunden habe?

27. September 1809

435

Und dann — der Mensch selbst ist überall und in jedem Staat das größte und unzerstörbarste Nationalkapital-, als Mensch hat also jeder ohne Zweifel den begründetsten Anspruch darauf, an der öffentlichen Verwaltung der Gesetzgebung teilzunehmen oder sein Teilnahmerecht repräsentieren zu lassen. Setzt man aber eine Repräsentationsversammlung nach Stand und Gewerben zusammen, so wird der Mensch das untergeordnete Objekt der Repräsentation. Der Adelige repräsentiert dann principaliter den Stand, der Gutsbesitzer den Grund und Boden, der Kaufmann und Handwerker das Gewerbe, der Gelehrte die Geistesfähigkeiten und alle nur subsidiarisch und gelegentlich die Menschen selbst, denen jenes alles angehört, d. h., es wird nicht sowohl der Mensch, der eigentliche Bestandteil der Nation und ihr Hauptkapital, als vielmehr das Eigentum, ein untergeordnetes und durch den Menschen selbst bedingtes Kapital, repräsentiert. Ich darf diese Ideen nur andeuten, um verstanden zu werden: ich leugne nicht, daß schon sie allein meine Meinung über die Wahl zwischen den beiden oben aufgestellten Alternativen für die zweite fest bestimmen. Ich glaube aber auch, daß die Regierung selbst es bereits unverkennbar deutlich ausgesprochen hat, daß sie sich für die Repräsentation der Staatsbürger als solcher entscheiden und diejenigen der Stände verwerfen wolle. In dem Bericht an des Königs .Majestät vom 16. Juni c. (in betreff der Wahl der ständischen Repräsentanten, welche in die ostpreußische Provinzialregierung einrücken sollten) heißt es: „Leider! hat sich auf diesem Landtage der Isolierungstrieb oder Kastengeist, welcher das Emporstreben aller geistigen und physischen Kräfte hindert, laut genug ausgesprochen. E. K . M. Absichten gemäß sollen nicht Repräsentanten des Adels oder der adeligen Güter, nicht Repräsentanten des Cöllmer- und Bürgerstandes, nicht Repräsentanten der Städte oder einzelner Gewerbe in die Regierungen kommen, sondern Repräsentanten des Landes, des Allgemeinen, die großherzig genug und fähig sind, sich über das einzelne Interesse des Standes, dem ihr Individuum angehört, hinwegzusetzen, wenn von dem Wohl des Ganzen die Rede ist. — Um dahin zu kommen, ist es notwendig, daß die mannigfachen Scheidewände, welche bisher die einzelnen Stände voneinander trennten, erst weggeschafft und die Stände in die moralische Notwendigkeit versetzt werden, das gemeinschaftliche Interesse ins Auge zu fassen usw." 30 Die auf diesen Bericht erfolgte Kabinettsresolution vom 10. Juli c. 31 bestätigt ganz und zum Teil selbst wörtlich diese Äußerungen: Darin aber glaube ich im wesentlichen meine Ideen über die Natur und den Zweck der Nationalrepräsentation wiederzufinden. Man könnte nun noch beide Repräsentationsmethoden zusammenwerfen wollen, und in der Tat ist dies schon sonst wohl häufig und oft sonderbar genug geschehen ; selbst die englische Nationalrepräsentation ist solch ein mixtum compositum. Indessen dies hieße meines Erachtens nur mit Fleiß die Unvollkommenheiten häufen; denn darin gerade liegen wahrlich! die Vorzüge der englischen Verfassung nicht. So vielfach auch vor einigen Jahren diese Materie in Frankreich diskutiert und so oft auch eine neue Repräsentationsform dort erfunden worden ist, so ist man dort doch niemals wieder auf die Repräsentation von Stand und Würden und noch weniger auf den Abweg einer unnatürlichen und irrationellen Komposition verfallen. 29

Stein/Hardenberg

436

27. September 1809

Nach diesen Voraussetzungen erklärt es sich von selbst, warum ich von dem vor längerer Zeit entworfenen Plan des Herrn Staatsrats Freiherrn v. Rehdiger ganz abgewichen bin; denn diese Abweichung findet gerade bei den ersten Grundprinzipien statt. Der Herr p. v. Rehdiger hatte damals, vielleicht zum Teil nach den Ideen des Herrn Staatsministers vom Stein, auch eine ganz andere Tendenz 32 ; er wollte der königlichen Gewalt wie in England ein Parlament, eine Nationalrepräsentation zur Seite stellen, welche jene Gewalt in mehrern Regierungszweigen teilen sollte: diese Neigung ist aber jetzt wohl nicht von unserer Regierung vorauszusetzen. Schon dies macht den Plan des Herrn p. v. Rehdiger für diejenigen Zwecke, welche man zur Zeit nur bei der Bildung einer öffentlichen Repräsentation hat, unanwendbar; außerdem aber ist derselbe ganz auf die Idee gebaut, die Nationalrepräsentation aus den verschiedenen Ständen der bürgerlichen Gesellschaft zusammenzusetzen, und also ganz in dem Geist der oben aufgestellten ersten Alternative geschrieben. Ich fürchte nun noch den Einwurf, daß durch den von mir vorgelegten sehr einfachen Plan (was auf einer andern Seite auch ebensowohl durch den Plan des Herrn Staatsrats von Rehdiger geschehen würde) von dem, was an Repräsentation bisher bestand, zuviel verändert und insbesondere der ganze Ideeninbegriff der adeligen Gutsbesitzer, die bisher fast allein (natürlich nichts anders, als sich selbst) repräsentierten, zu sehr verletzt werden würde. Allein das weiß ich, ohne die innere Konsequenz des von der Regierung durch das Edikt vom 9. Oktober 33 , die Städteordnung und die Regierungsinstruktion schon sehr klar begründeten Systems ganz aufzugeben, nicht zu ändern. Diejenigen, welche bisher berechtigt waren, als Repräsentanten des Landes zu erscheinen, repräsentierten zum größten Teil — die wenigen Repräsentanten der Städte ausgenommen, die immer ohne alles Gewicht waren — nur sich selbst oder ihre Güter, das heißt eigentlich nichts; denn niemand braucht sich selbst zu repräsentieren. Wollte man dies Recht, so wie es ist, stehen lassen und es nur etwa noch auf die freien Eigentümer nicht adeliger Güter insofern, als sie ein gewisses beträchtliches Vermögen besäßen, ausdehnen, so würde dadurch rationell gar nichts gewonnen: denn immer blieben alle diese Berechtigten nicht sowohl Repräsentanten (weil sie, wie gedacht, nichts zu repräsentieren hätten) als vielmehr die Nation selbst, und das sind sie doch auch dann würklich noch lange nicht. Also gerade in der Idee über Repräsentation muß alles geändert werden, weil es darüber eben nichts als augenscheinlich unrichtige Ideen unter dem großen Haufen der bisherigen Berechtigten gibt. In der Würklichkeit wird in der Tat viel weniger verändert, als es den Anschein hat. Denn ein anderes ist das Recht, sich repräsentieren zu lassen, und ein anderes, zum Repräsentanten ernennungsfähig zu sein. Bei Bestimmung der Ernennungsfähigkeit hat man den Gesichtspunkt, die größtmöglichste Intelligenz der Nation zu sammeln und zu nutzen; und da diese wesentlich mit dem Wohlsstande zusammenhängt, so wird am Ende jede repräsentative Versammlung doch immer nur aus den wohlhabendsten Klassen der Staatsbürger zusammengesetzt werden können: indem also der Adel nebst den sonstigen großen Gutsbesitzern in diesen Klassen eine so überwiegende Zahl ausmacht, so wird effektiv immer ein sehr ansehnlicher Teil jener Versammlungen aus ihm bestehen. Aber dann ist er nicht für sich, nicht für seine Individualrechte, sondern für seine Gemeinde, seinen Kreis etc. zugegen,

27. September 1809

437

und dies Verhältnis gibt jedem rechtschaffenen und verständigen Mann (man muß doch wünschen und hoffen, daß nur solche gewählt werden) gewisse sehr bald gefühlte Pflichten, die kein Gutsbesitzer hat, dem sein Eigentum selbst die Repräsentationsqualität gibt. Dies eben ist meines Erachtens die Beziehung, in welcher ohne Gefahr für das allgemeine Beste die Oberschulzenämter in den Gemeinden ganz oder fast ganz in die Hände der Gutsbesitzer gegeben werden können: und dieser Vorzug, zu jenem hinzugenommen, reicht ohne Zweifel hin, die Klasse der Gutsbesitzer an reellen, nicht bloß eingebildeten Rechten gegen ihren bisherigen Zustand so weit zu entschädigen, als es mit der Wohlfahrt der Nation irgend vereinbar ist. Soll aber trotz allem diesem dennoch dem Adel als Stand eine Prärogative bei der Repräsentation beigelegt werden, so überlasse ich es höherm Ermessen, wie dies eingerichtet werden soll; denn ich gestehe, daß ich es mit unserm dermaligen Verfassungssystem nach dem Geiste desselben nicht zu vereinigen weiß. Man kann freilich leicht ein Oberhaus bilden und dazu etwa die Standesherren (dergleichen es in Schlesien dem Namen nach schon gibt und die sich auch in den übrigen Provinzen aus den reichsten und geehrtesten Familien des hohen Adels wohl auswählen ließen) berufen: allein es wird nur die Verlegenheit darüber schwer zu lösen sein, welche Rechte und welche Pflichten ein solches Oberhaus erhalten soll. — Die abgedroschene Floskel, daß der Erbadel eine notwendige Stütze der erblichen Monarchie sei und daher notwendig einen überwiegenden Anteil an der Regierung haben müsse, würde meines Erachtens zwar am allerwenigsten geeignet sein, die Bildung eines solchen Oberhauses zu motivieren; sie ist vielleicht das Allerun wahrste von allem, was jemals über, für und wider den Erbadel gesagt worden ist. Allein in dem großen Einfluß und in den Reichtümern des Adels könnte allerdings ein Motiv dazu liegen, etwas zu tun, um die Eitelkeit zu befriedigen und den mutmaßlichen versteckten Widerstand desselben gegen die Maßregeln der Regierung zu beseitigen. Es kommt dann darauf an, wieviel Vertrauen die Regierung in ihre eigene Kraft setzt, und ob sie sich diesem Widerstande, ohne die Eitelkeit zu Hülfe zu rufen, gewachsen fühlt? Steht nun fest, daß in den Stadt- und Landverordnetenversammlungen (nach der Städte- und der Landgemeindenordnung) die Individuen, in den Kreisversammlungen die Gemeinden, in den ProvinzialVersammlungen die Kreise und durch die Reichsstände die Provinzen repräsentiert werden sollen, so kommt es dann darauf an, für diese Repräsentation den Maßstab zu finden. Der einfachste ist — die Bevölkerung, und dieser scheint mir auch der beste. Es ist außerdem auch das Verhältnis der Einkommensteuer34, die jede Gemeinde entrichtet, in Vorschlag gekommen; aber teils ist diese Steuer — hoffentlich — vorübergehend und gibt also keine permanente Norm, teils würde der Maßstab auch hier wieder mehr nach dem Eigentum, dem accidenteilen, als nach den Menschen selbst, dem Hauptkapital, genommen werden. Die Bevölkerung kann man zu allen Zeiten leicht und durch die künftig zu führenden Bürger-, Gemeindeglieder- und Einwohnerlisten noch sichrer wie vormals erfahren; und der darnach genommene Maßstab ist aller Modifikationen fähig, die die Zeit und die Kultur herbeiführt, ohne doch jemals zweifelhaft werden zu können. Ich habe a) zur Kreisversammlung auf 300 Seelen 1 Deputierten, b) zur Provinzialversammlung auf 9000 Seelen 1 Deputierten, 29*

438

27. September 1809

c) zur Reichsversammlung auf 100000 Seelen 1 Deputierten gerechnet, so daß diese Versammlungen im Durchschnitt aus ungefähr resp. 60 bis 80, 30 bis 60 (in Schlesien freilich bis über 100) und 50 Köpfen bestehen würden. Die Zahlen sind willkürlich, außer daß die erste (300) eine Art von Notwendigkeit in dem von mir angenommenen Minimo der Größe einer Landgemeinde für sich hat. Daß diese Deputierten nur auf drei Jahr gewählt und jährlich zum dritten Teil erneuert werden, hat nicht allein die Analogie der Städteördnung und der Regierungsinstruktion für sich, sondern ist auch außerdem höchst wünschenswert, um die Gelegenheit zu Redressierung der bei den Wahlen im einzelnen stattgefundenen Mißgriffe, an denen es nicht fehlen kann, recht oft wiederkehren zu lassen: das ganze Repräsentationssystem greift dann mit Konsequenz ineinander. „Wer soll wahlfähig zu einer Repräsentantenstelle sein?" Es kann zwar an sich kein Zweifel darüber obwalten, daß in der Regel jeder, der würklicher Bürger des Staats, d. h. in seiner Gemeinde stimm- und wahlfähig ist, diese Wahlfähigkeit auch zu den höhern Repräsentantenwürden habe; denn alle Staatsbürger sind als solche untereinander gleich. Allein es bleibt dennoch sehr natürlich zu wünschen, daß, je größer der Würkungskreis einer repräsentativen Versammlung ist, in ihr auch desto mehrere und höhere Intelligenz sich vorfinde. Die Kreisversammlung soll die einsichtsvollsten Männer des Kreises, die Provinzialversammlung schon in einer höhern Auswahl diejenigen Männer, welche sich in allen Kreisversammlungen der Provinz als einsichtsvoll auszeichnen, in sich konzentrieren und die Versammlung der Reichsstände gewissermaßen die Quintessenz der Nationalkultur enthalten. Nun kann man wohl als regelmäßige Wahrscheinlichkeit voraussetzen, daß die Wähler bei ihren Wahlen denselben Gesichtspunkt im Auge haben und also der Tendenz der Regierung, die vorzüglichsten Einsichten, die sich in der Nation vorfinden, für das öffentliche Beste fruchtbar zu machen, von selbst entsprechen werden; denn ihr Interesse trifft hier mit dem Interesse des Staats zusammen, oder vielmehr beides ist eins. Unsere Nation aber ist nicht geübt darin, ihr Interesse und den Grad der Qualifikation, welchen ein Individuum zum Repräsentanten hat, richtig zu taxieren; die mehrere Intelligenz liegt doch unverkennbar vorzugsweise in den höhern und mittlem Ständen, und zur Zeit ist noch das Mißtrauen des großen Haufens gegen diese zu groß, um zu erwarten, daß sie nicht Vorurteile in Menge in die Wahlversammlungen bringen sollten; zudem ist der ganze Wahlakt für unsern gemeinen Mann etwas ganz Neues. Es kann also nicht allein nützlich, sondern es dürfte, wenigstens für den Anfang, auch notwendig sein, den Wahlen durch vorgezeichnete Schranken bestimmt diejenige Richtung zu geben, welche sie wahrscheinlich bei mehrerer Übung ganz von selbst nehmen würde. Es fragt sich nur, wie kann das geschehen? Die Bildung der Menschen hängt mit nichts so wesentlich als mit ihrem Wohlstand zusammen: daß der Verstand eines Menschen von der höchsten Armut ausgebildet sei, kann nur eine höchst seltene Ausnahme sein; denn die Bildung

27. September 1809

439

selbst eröffnet, zwar in verschiedenen Graden, aber unfehlbar bis zu einem gewissen nicht geringen Grade den Zugang zur Wohlhabenheit. Alle äußern und von heterogenen allgemeinen Bestimmungen entlehnten Zeichen der Verstandesbildung sind mehr oder minder unsicher; unter ihnen ist meines Dafürhaltens die Wohlhabenheit das zuverlässigste. Hierauf habe ich die beiden Bestimmungen gebaut: „daß, wer zur Kreisversammlung wahlfähig sein solle, ein Einkommen von 500 rt., und wer Provinzialstand werden könne, von 1000 rt. besitzen müsse." Ich unterwerfe dieselben höherer Prüfung. Daß sodann aus den Provinzialständen, die schon insgesamt gebildete Wähler sind, die beste Wahl für die Reichsstandschaft, welche nach den jedesmaligen Umständen möglich ist, werde getroffen werden, hat wohl schon in sich so viele Wahrscheinlichkeit, daß es deshalb keiner weitern Bestimmung nach dem Maßstabe der Wohlhabenheit bedarf, die auch über ein Einkommen von 1000 rt. ohnehin nicht füglich würde ausgedehnt werden können, ohne wieder eben dadurch eine beträchtliche Masse von Intelligenz geradezu von der Konkurrenz zur Wahl auszuschließen. Ich habe damit noch das Erfordernis der Angesessenheit verbunden, weil diese gewissermaßen ein festeres Band zwischen dem Staat und dem einzelnen Staatsbürger knüpft; es ist außerdem auch schwerlich schädlich, da es wohl wenig Gewerbsleute aller Art von dem vorausgesetzten Einkommen gibt, die nicht auf irgendeine Weise angesessen wären, mithin unter den gebildetem Klassen nur etwan diejenigen der Staatsdiener, Geistlichen und Schulmänner als solche angesehen werden können, aus denen viele Individuen durch dieses Erfordernis ausgeschlossen werden. Gerade diese Klassen aber eignen sich durch ihre Verhältnisse auch weniger zur aktiven Teilnahme an der Nationalrepräsentation und gehören daher einem großen Teil nach schon nicht einmal zu der Bürger-, sondern Schutzverwandtenklasse. In den Akten liegt noch der Vorschlag, das Stimmrecht oder vielmehr die Wahlfähigkeit 35 — auf dem platten Lande wenigstens — mit dem Besitz einer gewissen Hufenzahl zu verbinden; wahrscheinlich liegt diesem Vorschlage die Idee zum Grunde, die Erfordernisse des Wohlstandes und der Angesessenheit in einem und demselben Requisit zu kumulieren. Indessen halte ich das nicht für gut, sondern ziehe die obigen Bestimmungen vor, teils weil der Maßstab nach Hufen bei der unendlichen Verschiedenheit des Werts derselben an sich höchst schwankend und ungleich ist, teils weil derselbe gar leicht dazu verführen könnte, die ganze reine Idee der Repräsentation zu degravieren und die Meinung zu erneuern, daß das Stimmrecht oder die Wahlfähigkeit eigentlich in den Hufen selber oder auf ihnen hafte, und endlich, weil dadurch auch zufällig eine große Anzahl von sehr gebildeten und wohlhabenden Männern ausgeschlossen werden könnte, indem es unter diesen nicht selten solche geben wird, die trotz eines nicht unbedeutenden Vermögens und bei würklicher Wohlhabenheit doch ein kleines Eigentum zu erwerben und dies mit desto mehr Liebhaberei zu kultivieren vorziehen. Endlich könnte noch die Frage aufgeworfen werden: wer soll im zweifelhaften Fall bestimmen, ob ein Individuum das erforderliche Vermögen hat? r- Es hat mir am schicklichsten geschienen, die Entscheidung

440

27. September 1809

derselben in dem Gesetzesentwurf selbst ganz zu übergehen: wer gewählt wird, hat die Präsumtion für sich, und die Art und Weise, wie im streitigen Fall zu verfahren ist, um zu einem entscheidenden Resultat zu gelangen, wird sich immer analogisch aus der Städte- und ländlichen Gemeindeordnung, deren Tendenz eine durchaus ähnliche ist, leicht entwickeln lassen. Noch hätte ich wohl einiges über die eigentliche Bestimmung der repräsentativen Behörden auf dem Herzen: indessen habe ich vielleicht schon zu wortreich kommentiert, und es scheint mir daher Zeit zu sein, daß ich diesen Aufsatz schließe und die weitere Prüfung Ew. Exz. untertänigst anheimstelle.« 1

Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 302; die daraus kommentierten Paragraphen werden als Anmerkungen im Wortlaut gebracht. Vollständiger Druck der Verordnung bei Keil, Anlage F, S. 22 ff. 2 Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 316. Beide Gesetzentwürfe — unter a und b — und der vorliegende kommentierende Aufsatz wurden mit einem Begleitschreiben vom 27. September 1809 (Koehler eigh., i. gl. Fasz. Bl. 288) dem Minister Graf zu Dohna eingereicht. 3 Vom 19. November 1808; siehe RM Stein III, Nr. 319, S. 1038 ff. 4 »Geschäftsinstruktion für die Regierungen in sämtlichen Provinzen« vom 26. Dezember 1808, siehe Nr. 23. 5 »Plan zur Einrichtung der Kreisverwaltungsbehörden in Preußen« (Ausf., gez. Schroetter, i. gl. Fasz. Bl. 45), eingereicht am 13. Oktober 1808 mit Begleitschreiben an Stein (Ausf., gez. Schroetter, Bl. 39). Gegenbemerkungen über den Plan zur Einrichtung der Kreisbehörden, Königsberg, 24. November 1808 (Ausf., gez. Schroetter, Bl. 81), dazu als Beilage A : »Vorschläge für die Organisation der Ortsbehörden auf dem platten Lande« (Ausf., gez. Schroetter, Bl. 89). Siehe RM Stein III, Nr. 278, S. 906 ff., Nr. 279, S. 914 ff., Nr. 323, S. 1065 ff., Nr. 324, S. 1077 ff. 6 »Promemoria, betreffend die Gemeindeverfassung auf dem Lande« von Vincke, Königsberg, 25. März 1809 (eigh., Bl. 108), siehe Nr. 76. Bemerkungen Merckels zu dem Schroetterschen Plan vom 13. Oktober 1808 (Ausf., gez. Merckel, Breslau, 9. Mai 1809, Bl. 151), siehe Nr. 107. 7 »§ 3. Das Gemeinderecht erstreckt sich auf den ganzen Umfang der im Besitz der Landgemeinde befindlichen Feldmark und aller dazugehörigen Grundstücke; einzelne abgesondert liegende ländliche Etablissements sowie auch Dörfer, die zu klein sind, um eigene Gemeinden zu bilden, werden der nächsten Landgemeinde beigelegt und mit der letztern in allen Gemeindeangelegenheiten als ein Ganzes betrachtet ringt Rolf Grabower: Preußens Steuern vor und nach den Befreiungskriegen, Berlin 1932, S. 215 ff. »oder vielmehr die Wahlfähigkeit« ist nachträglich am Rande zugefügt.

155. Entwurf des Staatsrats Koehler zu einem »Edikt wegen Anordnung einer zweckmäßigem Repräsentation aller Staatsbürger in der preußischen Monarchie« undatiert [27. September 1809] ZSTA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 316: Abschrift.

»Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen pp. tun kund und fügen hiermit zu wissen: Es ist Unsere landesväterliche Absicht, daß künftig alle Unsere getreuen Untertanen durch eine zweckmäßige Repräsentation an der öffentlichen Verwaltung selbst Anteil nehmen und zu diesem Zweck mit Unsern Allerhöchst angeordneten Staatsverwaltungsbehörden in die engste Verbindung treten sollen, um den Geschäftsbetrieb desto lebhafter und durch Mitteilung ihrer Sach- und Ortskenntnis einfacher zu machen, die etwanigen Mängel in der öffentlichen Verwaltung zur Sprache zu bringen, zu deren Verbesserung Vorschläge zu machen, sich selbst von der Rechtlichkeit und Ordnung derselben zu überzeugen und dadurch diese Überzeugung auf die ganze Nation zu übertragen. Wenn es inzwischen Unserer Aufmerksamkeit nicht hat entgehen können, daß die bisherigen in Unsern verschiedenen Provinzen stattgefundenen ständischen oder andern repräsentativen Verfassungen für so hohe Zwecke nicht geeignet und in gar vieler Hinsicht mangelhaft sind, so haben Wir Uns bewogen

[27- September 1809]

445

gefunden, aus Allerhöchster Königlicher Macht mit gänzlicher Aufhebung derselben behufs der künftigen Nationalrepräsentation folgendes zu verordnen: Titel I [handelt] Von der Bildung der repräsentativen VerSammlungen«. Er umfaßt 23 Paragraphen. 1 »Titel II Von der Geschäftsführung der ständischen Behörden § 24. Jede ständische Versammlung hat vermöge ihrer Wahl die völlig uneingeschränkte Vollmacht, denjenigen Kreis oder Provinz, welche sie repräsentiert, in allen Angelegenheiten des gemeinen Wesens vollständig zu vertreten und namens derselben verbindende Erklärungen abzugeben. Dasselbe findet bei den Reichsständen in Rücksicht des ganzen Landes statt. § 25. Sie bedürfen in keinem Fall einer besondern Instruktion, Vollmacht oder Rücksprache mit ihren Kommittenten, noch sind sie verpflichtet, denselben über ihre Beschlüsse Rechenschaft zu geben. Das Gesetz und ihre Vollmacht, ihre Überzeugung und Ansicht vom gemeinen Besten ist ihre Instruktion und ihr Gewissen die alleinige Behörde, welcher sie Rechenschaft zu geben haben. § 26. Die einzelnen ständischen Mitglieder repräsentieren aber in der betreffenden Versammlung nicht mehr diejenige Gemeinde, denjenigen Kreis oder diejenige Provinz, von welcher sie deputiert worden, insbesondere, sondern ungeteilt den ganzen Kreis und die ganze Provinz, zu deren Ständen sie gehören, sowie jeder einzelne Reichsstand das ganze Reich. Sie haben daher auch niemals einzeln, sondern nur in der Gesamtheit die Befugnis, die ihnen als Ständen zustehenden Rechte auszuüben.« Die Paragraphen 27 bis 31 befassen sich mit Titeln, Unterschriften und finanziellen Entschädigungen der ständischen Vertreter. »§ 32. Der engere Ausschuß der Provinzialstände besteht aus denjenigen neun oder etwanigen mehrern aus ihrer Mitte gewählten 2 Mitgliedern derselben, welche nach Vorschrift der Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialpolizei- und -Finanzbehörden vom 26. Dezember 1808 in die Provinzialregierung mit Sitz und Stimme eintreten 3 , und diese vertreten gleichergestalt die gesamten Provinzialstände in allen gewöhnlichen und solchen Angelegenheiten, wo es nicht wegen ganz neuer Bestimmungen der Zusammenberufung der letztern bedarf. Außerdem wählt die Versammlung der Provinzialstände aus sich ihren Präsidenten und zwei Vizepräsidenten auf ein Jahr, welche aber zugleich Mitglieder des engem Ausschusses sein und in jedem Fall ihre Präsidialfunktion nur bei den Versammlungen der gesamten Provinzialstände ausüben können. § 33. Ordentliche Sitzungen der gesamten Kreis- und resp. Provinzialstände finden nicht anders als behufs der jährlichen Wahlen statt, und soviel als möglich sollen in diesen, nachdem der Hauptgegenstand, das Wahlgeschäft, beseitigt ist, auch die übrigen unterdessen zur Beratschlagung der versammelten Stände gewiesenen und geeigneten Gegenstände mit abgemacht werden. § 34. In dringenden Fällen aber kann mit Zustimmung des Kreislandrats oder sonstiger erster Kreispolizeibeamten der Kreisdirektor auch außerdem eine Kreisversammlung ausschreiben; die Ausschreibung der Provinzialständeversammlung steht aber nur der Provinzialregierung zu; und die Reichsstände können sich niemals anders als auf ausdrückliche von Unserer Allerhöchsten Person oder namens derselben erfolgte Einladung versammeln.

446

[27- September 1809]

§ 35. In den Kreisversammlungen steht es jedem Mitgliede frei, über alle das Gemeinwesen des Kreises betreffenden Gegenstände mündlich oder schriftlich Vorschläge zu machen, Gutachten einzureichen oder Mängel zu rügen, und auf sein Verlangen muß darüber diskutiert und abgestimmt werden. § 36. Bei Provinzialständeversammlungen findet zwar dasselbe statt; doch müssen zunächst und hauptsächlich diejenigen Gegenstände in Beratschlagung genommen und abgestimmt werden, worüber die Provinzialregierung die Erklärung der Stände verlangt. § 37. Die Reichsstände aber dürfen unter keinerlei Vorwande andere Gegenstände zu ihrer Beratung ziehen, als welche denselben zu diesem Zweck von Uns Höchstselbst vorgelegt oder deren Diskussion von Uns Höchstselbst auf gebührende Anfrage genehmigt worden. § 38. Zur Gültigkeit eines ständischen Beschlusses ist wesentlich erforderlich, daß bei dessen Diskussion wenigstens zwei Drittel der gesamten Mitglieder gegenwärtig gewesen sind und darüber abgestimmt haben. Deshalb muß in jedem Beschluß die Zahl der anwesend und die Zahl der abwesend gewesenen Mitglieder genau vermerkt werden. § 39. Die Beschlüsse werden durch absolute Stimmenmehrheit gefaßt. Im Fall der Stimmengleichheit entscheidet bei den Beschlüssen der Kreisversammlungen die Provinzialregierung, bei den Beschlüssen der Provinzialversammlungen das Ministerium des Innern und bei den Beschlüssen der Reichsstände Unsere Allerhöchste Person. § 40. Die Beschlüsse werden von den resp. Direktoren und Vizedirektoren der Kreis-, von den Präsidenten und Vizepräsidenten der Provinzialversammlungen und außerdem in jedem beider Fälle noch von wenigstens sechs Mitgliedern der betreffenden Versammlungen unterschrieben; die Beschlüsse der Reichsstände aber müssen von Unsern Immediatkommissarien und allen anwesenden Ständen vollzogen werden. § 41. Die Beschlüsse der Kreis- und Provinzialversammlungen verbinden alle Einwohner und Gemeinden des resp. Kreises oder derjenigen Provinz, welche von den Beschließenden repräsentiert werden, so wie die Beschlüsse der Reichsstände gegen Unsere gesamten Untertanen von vollständig verbindender Kraft sind. § 42. Die Ausführung der Beschlüsse steht aber niemals der ständischen Versammlung als solcher zu: vielmehr müssen die Kreisversammlungen ihre Beschlüsse ohne Ausnahme der Kreispolizeibehörde und die Provinzialversammlung der Provinzialregierung zufertigen und dieser in der Regel die Ausführung auf ihre Verantwortlichkeit, dergleichen die Stände überall nicht haben, überlassen. § 43. In den Kreisen kann jedoch die Ausführung bei Gegenständen der Administration durch den Eintritt einer Delegation von seiten der Kreispolizeibehörde, zu deren Erteilung aber allein die Provinzialregierung und höhere Behörden berechtigt sind, dem Kreisdirektorio, welches in diesem Falle unter seinem eigenen Titel verfügen und Ausfertigungen erlassen kann, ganz oder zum Teil überlassen werden, und es wird vorbehalten, diejenigen Gegenstände ein für allemal oder nach gewissen vorausgesetzten Umständen zu bestimmen, bei welchen eine perpetuierliche Delegation dieser Art stattfinden soll. In diesem

[27. September 1809]

447

Fall überkommt das Kreisdirektorium die Verantwortlichkeit für seine Administration. § 44. Ob, wie und durch wen die Ausführung der auf dem Generallandtage von den Reichsständen gefaßten Beschlüsse stattfinden soll, hängt lediglich von Unserer Allerhöchst eigenen Bestimmung ab. § 45. Die äußeren Geschäftsverhältnisse der ständischen Behörden sind hiernach ganz einfach, indem alle Kreisversammlungen in der Regel allein mit den Kreispolizeibehörden, die Provinzialstände allein mit den Provinzialregierungen und die Reichsstände allein mit Unserm Ministerio des Innern dadurch in Verbindung stehen, daß sie ihre Beschlüsse zur weitern Verfügung an die benannten Staatsbehörden abgeben. § 46. Die Beratschlagungen der verschiedenen ständischen Versammlungen werden von deren resp. Direktoren und Präsidenten oder in deren Abwesenheit den nächsten, d. h. mit den meisten Stimmen gewählten, Vizedirektoren und Vizepräsidenten mit der vollen Autorität jener geleitet. Die Führung des Beratschlagungsprotokolls muß einer der Vizedirektoren und resp. Vizepräsidenten übernehmen und wer unter ihnen in Entstehung einer gütlichen Vereinigung durch Stimmenmehrheit der Versammlung festgestellt werden. § 47. Der Dirigent der Versammlung hat das Recht und die Pflicht, die Gegenstände, über welche beratschlagt werden soll, nach der Reihe anzuzeigen, den ersten Vortrag derselben auf die Mitglieder zu verteilen oder selbst zu übernehmen, die Stimmen zu sammeln und für die denselben genau angemessene Abfassung des Beschlusses zu sorgen, Ruhe und Ordnung in den Debatten zu erhalten und erforderlichenfalls beides zu gebieten und überhaupt alles zu tun oder zu besorgen, was zu einem zweckmäßigen Gange der den Versammlungen obliegenden Geschäfte gehört.« § 48 gibt Richtlinien für die Ausfertigung und Vollziehung von Beschlüssen. »§ 49. Bei den Beratschlagungen selbst kann jeder Mitstand über jeden zur Votierung kommenden Gegenstand seine Meinung frei äußern; jedoch steht es dem Dirigenten nicht allein zu, die Reihenfolge zu bestimmen, in der ein jeder seine Meinung vorzutragen hat, sondern er kann auch und muß die Ableitung der Diskussion auf Gegenstände untersagen, welche der Angelegenheit, worüber die Beratschlagung stattfindet, nicht angehören. § 50. E r kann ferner in der Regel bestimmen, wann die förmliche Abstimmung vor sich gehen soll; und wenn bei etwa langwierigen und hartnäckigen Debatten darüber Streit entsteht, ob es zu dieser Handlung schon Zeit sei oder nicht, so kann er verlangen, daß über diese Frage präjudiziell abgestimmt und durch absolute Stimmenmehrheit entschieden werde. § 51. Alles Vorstehende (§ 46 seq.) gilt auch von den Beratschlagungen und Beschlüssen der Reichsstände: nur wohnen der Versammlung der letztern zwei von Uns Höchstselbst ernannte Immediatkommissarien bei, wovon der eine die Direktion der Beratschlagungen und der Versammlung überhaupt und der andere die Führung des Protokolls, keiner von beiden aber in irgendeinem Fall eine Dezisivstimme hat, welche bei der Abstimmung mitgezählt werden könnte. § 52. Jedes Mitglied einer ständischen Versammlung ist verpflichtet, allen Sitzungen derselben beizuwohnen. Nur notwendige Geschäftsreisen, K r a n k heiten und andere dringende Veranlassungen können das Ausbleiben aus den-

44 8

[27. September 1809]

selben entschuldigen und müssen dem Dirigenten der Versammlung angezeigt und auf Erfordern bescheinigt werden. § 53- Wer mehrere Male mutwillig und ohne gesetzliche Ursachen die Sitzungen verabsäumt oder wiederholentlich Ruhe und Ordnung in denselben stört, kann von der Versammlung durch Stimmenmehrheit ausgeschlossen und es muß dann seine Stelle von derjenigen Gemeinde, Kreis oder Provinz, auf deren Wahl seine ständische Qualität beruht, durch einen andern Deputierten ersetzt werden. § 54. Alle Ausfertigungen der ständischen Behörden müssen ganz kostenfrei besorgt werden. § 55. Für Geschäftsvernachlässigungen sind die resp. Direktoria, Präsidia und Immediatkommissarien verantwortlich. § 56. Die Kosten des Geschäftsbetriebes werden aus den resp. Kreis-, Provinzial- und Landeskassen angewiesen werden. § 57. Das Gelaß zu den Versammlungen sich zu beschaffen und auszuwählen ist Sache der ständischen Versammlungen selbst, der Ort ihrer Versammlungen muß nur der resp. Kreis- oder Provinzialpolizeibehörde angezeigt werden. Den Versammlungsort für die Reichsstände behalten Wir Uns vor, jederzeit besonders anzuweisen. Titel III Von der Bestimmung der repräsentativen Versammlungen § 58. Die Reichsstände haben nur die einzige Bestimmung einer ratgebenden und Unserer Allerhöchsten Person ihr Gutachten zur allerhöchsten Entschließung vorlegenden Behörde. § 59. Die Gegenstände ihrer Beratung sind hauptsächlich alle Handlungen der Gesetzgebung, insoweit darüber ihre gutachtliche Erklärung und ihr Beschluß von Uns verlangt oder ihnen die Diskussion darüber und Vorlegung des Resultats derselben nachgelassen wird. Uber neue allgemeine und bleibende Landeslasten aber sollen sie jederzeit zur Beratschlagung berufen und mit ihrem Gutachten gehört, darauf auch den Umständen nach gebührend geachtet werden. § 60. Gegenstände eigener Verwaltung gibt es für sie gar nicht. § 61. Die Provinzialstände haben gleichfalls die Eigenschaft der ratgebenden Behörde in allen legislatorischen Angelegenheiten, welche sich auf die betreffende Provinz besonders oder doch mit beziehen, soweit darüber ihre Erklärung verlangt wird. Sie können aber auch ohne diese Aufforderung nach eigener Willkür über Angelegenheiten der öffentlichen Verwaltung und der Gesetzgebung beratschlagen und Beschlüsse fassen, um letztere als das Resultat ihrer Beschäftigung der Provinzialregierung zur weitern Verfügung vorzulegen. § 62. Sie müssen jederzeit gehört werden: a) über die Grundsätze, nach welchen neue allgemeine Provinziallasten überhaupt und insbesondere auf die Kreise der Provinz zu verteilen und nach welchen dieselben aufzubringen und zu verwalten sind, und b) wenn die Grundsätze der Verteilung überhaupt auf Beschlüssen der Reichsstände oder sonst höhern Verfügungen schon beruhen, doch über die A r t ihrer Ausführung und über die Grundsätze der Verwaltung, c) über neue Administrations-, Polizei- und Justizbehörden-Organisation, sobald Angelegenheiten dieser Art über die Grenzen einer bloßen Erläuterung

[27- September 1809]

449

schon vorhandener Einrichtungen oder Abstellung der bei Ausführung derselben sichtbar gewordenen und nicht wesentlich aus der Einrichtung selbst folgenden Mängel hinausgehen. § 63. Eigene unmittelbare Verwaltung von Provinzialfonds gebührt auch ihnen nicht; allein sie konkurrieren bei der Verwaltung aller Provinzialfonds durch den engern Ausschuß, welcher mit Sitz und Stimme, also mit voller Wirkung an der Geschäftsführung der eigentlich verwaltenden Provinzialregierung teilnimmt. § 64. Die Kreisständ.e haben a) über die Subrepartition allgemeiner Landes- oder Provinziallasten, soweit dieselben auf den betreffenden Kreis ausgeschrieben sind, unter die einzelnen den Kreis konstituierenden Gemeinden und über die Grundsätze derselben, soweit solche nicht höhern Orts vorgeschrieben oder durch die Beschlüsse höherer Ständeversammlungen festgestellt sind, in jedem Fall aber über die Art und Weise der Ausführung dieser Subrepartitionen, b) über die Grundsätze und Methoden, nach welchen die öffentlichen Kreisbedürfnisse und vorzüglich die Kosten der Kreispolizei- und KreisjustizVerwaltung, soweit solche nicht aus den sonst bestehenden Unterhaltungsquellen erfolgen können, aufzubringen und unter die einzelnen Gemeinden zu verteilen sind, zu beschließen und zu beratschlagen; sie können c) dasselbe in Rücksicht jedes vermeintlichen Mangels und Mißbrauchs in der öffentlichen Verwaltung der Kreisangelegenheiten tun, auch Einführung neuer und Abänderung bestehender Einrichtungen im Gemeinwesen in Antrag bringen und haben d) die öffentlichen gemeinen Kreisfonds und Kreisanstalten durch das Kreisdirektorium selbst zu verwalten. § 65. Es steht ihnen jedoch gegen die Anforderungen der Polizei- und Justizbehörden über dasjenige, was die Verwaltung der Polizei und Justiz erfordert, kein Widerspruch zu, sondern sie haben da nur die Rechte der beratenden Behörde. § 66. Als Verwalter der Kreisfonds und Kreisinstitute müssen die Kreisdirektoren ihre Rechnung der Kreisversammlung vorlegen. Hier wird über die zu machenden Erinnerungen durch Stimmenmehrheit beschlossen und der darüber gefaßte Beschluß der Kreispolizeibehörde, wie gewöhnlich, zugefertigt, welche die Decharge ausfertigt, sofern sie nicht selbst noch Erinnerungen zu machen findet. § 67. So wie endlich die Stände auf eine vorzügliche ehrenvolle Auszeichnung überall Anspruch haben, so sollen dieselben, insbesondere bei Ausübung ihres Amts und solange sie dasselbe verwalten, folgende Uniformen tragen können: ppp.« 1

2 3

Sie zu bringen erübrigt sich durch die Entwicklung der Hauptgesichtspunkte im kommentierenden Aufsatz Koehlers, siehe Nr. 154. »aus ihrer Mitte gewählten« von Koehler am Rande zugefügt. Siehe Nr. 22.

2g. September 1809

45°

156. Bemerkungen zu den vom Kommissionsbericht abweichenden Voten wegen Errichtung einer Gendarmerle Königsberg, 29. September 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 299 B Nr. 1 Bd. 2 Bl. 30: Ausf., gez. Boguslawski, Friese, Rehdiger, Hoffmann.

Begründete Bedenken gegen eine militärisch eingerichtete Gendarmerie »Bei Unterzeichnung des E. K . M. über die Einrichtung einer Gens d'armerie von der dazu allergnädigst angeordneten Kommission eingereichten Berichts fanden der Generalkriegskommissarius Ribbentrop und der Major v. Boyen sich veranlaßt, separate Vota beizulegen. 1 So sehr wir gewünscht hätten, E. K. M. einen auf allgemeine Ubereinstimmung gegründeten Bericht zu überreichen: so überzeugt sind wir doch, daß wiederholte Konferenzen keine Einigung, sondern nur einen fruchtlosen Zeitverlust verursachen würden, und wir bitten daher nur' untertänigst um Erlaubnis, die Gründe vorzulegen, welche uns nötigen, auf unsrer ehrfurchtsvoll vorgetragenen Meinung zu verharren. 1. Eben das machte bisher die Polizeiverwaltung größtenteils fruchtlos, daß es den Polizeiobrigkeiten selbst an einer physischen Kraft gebrach, wodurch die Befolgung ihrer Anordnungen gesichert werden konnte; indem die Polizeiunterbedienten — Gerichtsdiener, Landreuter oder wie sie sonst genannt werden mochten — teils zu geringe der Zahl nach, teils zu wenig diszipliniert und geachtet waren, um die Polizei Verfügungen mit Nachdruck geltend zu machen, und es demohngeachtet vermieden wurde, anders als im äußersten Notfalle militärische Assistenz herbeizurufen. Denn jede Obrigkeit trug billig Bedenken, sich einer Macht zu bedienen, die nicht unter ihren Befehlen stand, der sie bei der Ausführung der Polizeiverfügungen nicht Maß und Ziel vorschreiben konnte und die sie bei der Überschreitung der Aufträge nicht selbst zur Rechenschaft ziehn durfte. Sobald die Gens d'armerie nichts anders wird als ein rein militärisches Korps, das bloß zunächst bestimmt ist, teils selbständig Polizei zu verwalten, teils auf Requisition der Zivilbehörden die Polizeiverwaltung derselben zu unterstützen: so ist dadurch die Landespolizei nicht nur nicht verbessert, sondern sogar bedeutend verschlimmert. Denn die Zivilbehörden werden sich ebensosehr und aus eben denselben Gründen scheuen, sich dieser militärischen Gens d'armerie zu bedienen, als sie bisher sich scheueten, sich der militärischen Assistenz überhaupt zu bedienen. Die selbständige Einwürkung der Gens d'armerie in die Polizei wird aber bloß dazu führen, beständige Reibungen und Kollisionen mit der Zivilpolizei zu veranlassen, alle Einheit in den polizeilichen Maßregeln zu zerstören und den Untertan, der sich unaufhörlich einer militärischen Gewalt preisgegeben sieht, gegen die Polizei und gegen das Militär zu erbittern. — Selbst die Absicht, über das traktatenmäßige Militär in dieser Gens d'armeiie noch ein Korps zu besitzen, welches im Notfalle das aktive Militär verstärken könnte, dürfte nicht erreicht werden. Eine so ganz militärisch eingerichtete Gens d'armerie, wie der Generalkriegskommissarius Ribbentrop will, wird auch unbedenklich zum stehenden Militär gerechnet, und es dürfte zeitig genug für

29- September 1809

451

einen Bruch der Traktaten angesehen werden, wenn noch über die traktatenmäßige Anzahl von Militär eine solche militärische Gens d'armerie errichtet würde. Überdies ist die Hülfe, welche der Staat von etwa 1600 Mann Reuterei in Notfällen erhalten kann, noch immer zu wenig entscheidend, als daß deshalb einerseits die beßre polizeiliche Anwendbarkeit der Gens d'armerie aufgegeben und andrerseits die Aufregung von auswärtigem Argwohne gewagt werden könnte. Erlauben E. K . M. es uns, freimütig zu sagen, daß in einer Konskription, welche der aktiven Armee eine unversiegbare Quelle der Rekrutierung und Verstärkung so lange sichert, als überhaupt noch eine Nation vorhanden ist, das einzige große Hülfsmittel für solche Fälle liegt, wo es darauf ankäme, die Integrität und Selbständigkeit des Staats bis auf den letzten Mann zu verteidigen. Wir können auch der Meinung des Generalkriegskommissarius Ribbentrop darin nicht beipflichten, wenn derselbe glaubt, daß die Befugnis des Polizeidirigenten, gemeine Gens d'armen und Unteroffiziere derselben mit Verweisen und anständigem 24stündigem Arreste zu belegen, ihr militärisches Ehrgefühl vernichten würde. Abgesehen davon, daß es eigentlich die schlechte Tat und nicht die darauf folgende Strafe ist, was entehrt, und daß Ehrgefühl unter allen Klassen der Nation, nicht unter dem Militär allein, herrschend bleiben muß, wenn dieselbe ihre Nationalrechte und ihre Selbständigkeit noch ferner aufrechterhalten soll: so ist es auch eine alle Bande der innern Ordnung auflösende Ansicht, wenn ein so angesehner Offiziant, als ein Kreispolizeidirigent ist, für so verächtlich gehalten werden soll, daß der Gens d'arme, der seine Befehle zu vollziehn bestimmt ist, sich entehrt finden kann, wenn er ihn durch Verweise und durch anständigen Arrest, welche er doch angesehnen Zivilpersonen in Sachen seines Amts unbedenklich auflegen darf, zu Ordnung anhält. Ganz dieselbe Ansicht hindert uns, dem Major v. Boyen beizutreten, wenn derselbe nicht verstatten will, daß der Gens d'arme sich auch der Militärpersonen jedes Grades auf eine anständige und angemeßne Art versichre, wenn er sie über offenbarer Störung der öffentlichen Sicherheit auf frischer Tat ertappt. Aller Anspruch auf öffentliche Sicherheit ist prekär, wenn es im Staate eine Klasse von Personen gibt, die von der Polizeigewalt selbst auf frischer Tat nicht angehalten werden darf. Wir stellen indessen anheim, die Bestimmung noch allenfalls zu genehmigen, daß der Gens d'arme Personen, welche durch eine militärische Offizier- oder Ziviluniform oder ein andres vom Staate verliehnes Abzeichen sich als Männer von Ansehn auszeichnen, nur in dem Falle auf frischer Tat arretieren könne, wenn sie sich weigern, ihm ihren Namen und Wohnort zu sagen oder auf seine Anmahnung von der Fortsetzung ihres Frevels abzustehen.« 1

30

Siehe Nr. 149 Anm. 4.

Stein/Hardenberg

i57> Geheimer Staatsrat und Oberpräsident von Auerswald an die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 13. Oktober 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 155: Ausf., gez. Auerswald.

Übermittlung von Anträgen des Komitees Stände und der Generallandschaftsdirektion

der ostpreußischen

und

litauischen

»Obgleich der am 25. v. M. und in den folgenden Tagen hier versammelt gewesene Engere Ausschuß des Ostpreußischen Kreditsystems eigentlich nur sich mit landschaftlichen Gegenständen zu beschäftigen befugt wai, hat derselbe sich nicht hierauf beschränkt, sondern seiner Bestimmung ganz entgegen auch ständische Angelegenheiten verhandelt und Beschlüsse darüber gefaßt. Dies unbefugte Verfahren verdient Rüge; denn bei dem Engern Ausschusse waren bloß Deputierte des Kreditsystems, die über ständische Angelegenheiten Anträge zu machen durchaus nicht autorisiert waren. Dergleichen Anträge hätten vielmehr bei dem hiesigen Comité der Ostpreußischen und Litauischen Stände, in welchem alle Stände beider Provinzen ihre Repräsentanten haben, zum Vortrage gebracht und dann von diesem unter dessen Namen an die Behörde befördert werden müssen. Ein Teil der über die Beschlüsse in ständischen Angelegenheiten aufgenommenen Protokolle ist zwar vom Engern Ausschusse dem Ständischen Comité mit dem Auftrage übergeben, solche mir vorzulegen. Indes ist diese Form immer nicht hinreichend. Denn die Beratung ist doch nur von dem Engern Ausschuß des Kreditsystems gepflogen, und die Protokolle sind nur von den bei diesem zugegen gewesenen Deputierten des Kreditsystems unterschrieben. Auch hatten diese durchaus kein Recht, dem Ständischen Comité, der eine ganz für sich bestehende Behörde ist, Aufträge zu erteilen. Einige Anträge in ständischen Angelegenheiten sind überdies in die von landschaftlichen Gegenständen handelnden Protokolle gemischt und sogar durch die Generallandschaftsdirektion an mich befördert. Ich würde diese Beratungen über ständische Angelegenheiten beim Engern Ausschuß gar nicht zugegeben, sondern die Proponenten sogleich an den Ständischen Comité gewiesen haben. Eine heftige Augenkrankheit indes, die mich nicht allein das Zimmer zu verlassen, sondern auch irgendein Geschäft vorzunehmen hinderte, erlaubte mir nicht, der Versammlung beizuwohnen, sondern ich war genötigt, die Direktion dem Generallandschaftsdirektor Freiherrn v. Korff zu übertragen. Die Sache ist nun einmal geschehen und, wenngleich der Engere Ausschuß über

i57> Geheimer Staatsrat und Oberpräsident von Auerswald an die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 13. Oktober 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 155: Ausf., gez. Auerswald.

Übermittlung von Anträgen des Komitees Stände und der Generallandschaftsdirektion

der ostpreußischen

und

litauischen

»Obgleich der am 25. v. M. und in den folgenden Tagen hier versammelt gewesene Engere Ausschuß des Ostpreußischen Kreditsystems eigentlich nur sich mit landschaftlichen Gegenständen zu beschäftigen befugt wai, hat derselbe sich nicht hierauf beschränkt, sondern seiner Bestimmung ganz entgegen auch ständische Angelegenheiten verhandelt und Beschlüsse darüber gefaßt. Dies unbefugte Verfahren verdient Rüge; denn bei dem Engern Ausschusse waren bloß Deputierte des Kreditsystems, die über ständische Angelegenheiten Anträge zu machen durchaus nicht autorisiert waren. Dergleichen Anträge hätten vielmehr bei dem hiesigen Comité der Ostpreußischen und Litauischen Stände, in welchem alle Stände beider Provinzen ihre Repräsentanten haben, zum Vortrage gebracht und dann von diesem unter dessen Namen an die Behörde befördert werden müssen. Ein Teil der über die Beschlüsse in ständischen Angelegenheiten aufgenommenen Protokolle ist zwar vom Engern Ausschusse dem Ständischen Comité mit dem Auftrage übergeben, solche mir vorzulegen. Indes ist diese Form immer nicht hinreichend. Denn die Beratung ist doch nur von dem Engern Ausschuß des Kreditsystems gepflogen, und die Protokolle sind nur von den bei diesem zugegen gewesenen Deputierten des Kreditsystems unterschrieben. Auch hatten diese durchaus kein Recht, dem Ständischen Comité, der eine ganz für sich bestehende Behörde ist, Aufträge zu erteilen. Einige Anträge in ständischen Angelegenheiten sind überdies in die von landschaftlichen Gegenständen handelnden Protokolle gemischt und sogar durch die Generallandschaftsdirektion an mich befördert. Ich würde diese Beratungen über ständische Angelegenheiten beim Engern Ausschuß gar nicht zugegeben, sondern die Proponenten sogleich an den Ständischen Comité gewiesen haben. Eine heftige Augenkrankheit indes, die mich nicht allein das Zimmer zu verlassen, sondern auch irgendein Geschäft vorzunehmen hinderte, erlaubte mir nicht, der Versammlung beizuwohnen, sondern ich war genötigt, die Direktion dem Generallandschaftsdirektor Freiherrn v. Korff zu übertragen. Die Sache ist nun einmal geschehen und, wenngleich der Engere Ausschuß über

13. Oktober 1809

453

sein Verhältnis zu belehren sein dürfte, so kann ich jetzt doch keinen Anstand nehmen, die nach dén gefaßten Beschlüssen teils durch den Ständischen Comité, teils durch die Generallandschaftsdirektion mir vorgelegten Anträge zur höhern Entscheidung zu bringen. Die Anträge sind folgende: 1. daß es zu mehrerer Beförderung der Kommunikation mit dem Lande denjenigen Kreisen, welche aus ihrer Mitte noch keinen Deputierten im Ständischen Comité haben, gestattet werde, einen solchen Deputierten zu wählen, und daß diejenigen Kreise, welche der Entfernung wegen keinen besondern Deputierten absenden wollen, befugt seien, ihre Stimme und Vertretung einem andern Mitgliede des p. Comité zu übertragen. Dies geht meines Erachtens nicht an. Wenn ein jeder Kreis einen Deputierten bei dem Comité haben sollte, so würde bei der bevorstehenden Vermehrung der Kreise der Comité, welcher Ostpreußen und Litauen repräsentiert, aus beinahe 50 Deputierten incl. der städtischen und köllmischen bestehen und also stärker werden als ein Generallandtag. Überdies würden dann auch die Städte mehrere Deputierte zu haben verlangen und dadurch die Zahl derselben bis über 100 steigen. Überdem ist es gar nicht abzusehen, welches besondere Interesse ein jeder einzelne Kreis haben kann, einen eigenen Deputierten bei einem Comité zu haben, der sämtliche Gutsbesitzer und Städte der Provinz und also gewissermaßen das Ganze der Provinz repräsentiert und dessen Mitglieder von allen Kreisen und Städten gewählt werden. 2. ist in Anregung gebracht, daß mehrere landständische Repräsentanten im hiesigen Regierungscollegio einen langwierigen Urlaub genommen hätten und deren nur zwei oder drei anwesend wären. Es ist deshalb darauf angetragen, daß den Ständischen Repräsentanten nicht ohne erhebliche Gründe und nicht auf so lange Zeit ein Urlaub bewilligt werde, indem solches der Absicht Sr. Majestät des Königs zuwider sein müsse. Wahrscheinlich ist hierbei insbesondere der Herr von Bardeleben auf Rienau gemeint, welchem von E. Exz., dem Herrn Minister des Innern Grafen zu Dohna, ein sechsmonatlicher 1 Urlaub bewilliget ist. Indes erlauben sich hierbei die Stände eine Einmischung in Sachen, die sie nichts angehen, da es von der Bestimmung E. Exz. und der Regierung lediglich abhängt, ob und wie lange die Repräsentanten Urlaub haben sollen. 3. ist darauf angetragen, daß die köllmischen Güter von der Polizeiaufsicht der Domänenämter eximiert und der des Landrats untergeordnet, selbigen überhaupt die Prärogative der adeligen Güter und namentlich Befreiung von der Fouragelieferung zugestanden werde. Über den ersten Punkt wird wohl bei der neuen ländlichen Polizeiorganisation das Erforderliche von selbst bestimmt werden. Der zweite Punkt aber ist meines Dafürhaltens nicht ausführbar und ebenso unstatthaft 4. das Gesuch um Wiederaufhebung der seit einigen Jahren verschiedenen Gütern und Grundstücken für die Befreiung vom Getränkezwang auferlegten Abgaben. Dagegen ist 5. mit Grunde bemerkt, daß der Dr. Jachmann als landständischer Repräsentant bei der hiesigen Regierung bestätigt worden ist, ungeachtet ihn der General30*

454

14. Oktober 1809

landtag gar nicht präsentiert hat. Die Stände bitten deshalb, daß künftig kein nicht gewählter Repräsentant angestellt werde, und dies Gesuch finde ich nicht unbillig.« Punkt 6 befaßt sich mit der Verpflegungspflicht für hilflos gewordene Menschen, Wahnsinnige und Vagabunden, Punkt 7 mit dem Transport der Vagabunden. Punkt 8 bringt die Einwendungen des Engern Ausschusses gegen eine Aufhebung der Naturalprästationen. Punkt 9 enthält Vorschläge für die Behandlung von Kapitalskündigungen bei Aufhebung des Generalindults, Punkt 10 den Antrag auf Herabsetzung der Sportelsätze bei Schuldprozessen. Unter Punkt 11 unterstützt Auerswald den Antrag auf Bau und Unterhaltung von Brücken über öffentliche Flüsse seitens der früher dafür zuständigen Behörden oder Korporationen. In Punkt 12 wird die Bitte der Stände um Vergütung der preußischen Lieferungen wiedergegeben. Abschließend bittet Auerswald um baldigen Bescheid auf die in seinem Bericht enthaltenen Anträge. 2 1 2

Gemeint ist »sechsmonatiger«. Dohna und Altenstein antworteten am 1. November 1809 (Konzept, gez. Altenstein, Dohna, mit zahlreichen Verbesserungen Koehlers, i. gl. Fasz. Bl. 164). Diesem Antwortschreiben sind die Voten des Innenministeriums und des Finanzministeriums zu dem Bericht Auerswalds vom 13. Oktober zugrunde gelegt; für das Innenministerium Koehler eigh., Königsberg, 27. Oktober 1809, gegengez. Dohna (Bl. 162), für das Finanzministerium Staegemann eigh., 29. Oktober 09, gegengez. Altenstein (Bl. 163). A m 8. November 1809 meldete Auerswald den Ministern Altenstein und Dohna die Weiterleitung ihrer Beschlüsse an das Komitee der Ostpreußischen und Litauischen Stände und an die Landschaft (Ausf., gez. Auerswald, Bl. 168). Darin widerlegt Auerswald die bei Punkt 5 den Ständen von den Ministern vorgeworfene Unregelmäßigkeit bei der Repräsentantenwahl. In den übrigen Punkten entsprechen die Beschlüsse fast gänzlich den Vorschlägen von Auerswald.

158. Kabinettsorder an die Minister Freiherr von Altenstein, Graf zu Dohna und den Generalmajor von Scharnhorst Königsberg, 14. Oktober 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 299 B Nr. 1 Bd. 2 Bl. 1: Ausf., gez. Friedrich Wilhelm.

Beratung wichtiger Gesichtspunkte bei Planung einer Gendarmerie »Ich finde den Plan zur Errichtung einer Gens d'armerie, welchen Mir die Kommissarien in ihrem mit seinen Anschlüssen beigefügten Bericht vom 20. v. M. 1 vorgelegt haben, zu Meiner Entscheidung noch nicht geeignet. Je wesentlicher dieser Plan in die Polizeiverfassung und -Verwaltung eingreift, desto notwendiger ist es, daß darüber und über das deshalb erforderliche Gesetz das Ministerium des Innern und die Gesetzgebungssektion gehört werde. Haupt-

i8. Oktober 1809

455

zweck dieser Gens d'armerie, welchem sich alle übrigen Rücksichten unterordnen müssen, ist zuverlässige Vollstreckung der Polizeigesetze. Da ihr jedoch eine militärische Disziplin gegeben werden soll, so muß die Grenze zwischen dieser und dem polizeilichen Gebrauche der Gensdarmen äußerst sorgfältig und so gezogen werden, daß dabei die höchste Kraft stattfinde. Auch die großen Kosten, welche teils dem Lande, teils Meinen Kassen zur Last fallen sollen, fordern Erwägung. Die Beratung über alle diese wichtigen Rücksichten und mit der Gesetzgebungssektion trage Ich Euch daher auf; es muß jedoch dadurch diese dringende Angelegenheit nicht aufgehalten werden, vielmehr will Ich das Gutachten und den vollendeten Plan nebst Zubehör baldigst erwarten. Übrigens wird der schon gewöhnliche Name Gens d'armerie weniger auffallen als jeder neue und ist also beizubehalten.« 1

Siehe Nr. 149.

159. Reskript an das Litauische Regierungspräsidium zu Gumbinnen Königsberg, 18. Oktober 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. 1 Bl. 75: Konzept Koehler, gez. Dohna 27. (mundiert 24. Okt., abgeg. 28.).

Stellungnahme zum Entwurf einer künftigen Einrichtung der Polizeiverwaltungsbehörden in der Provinz Litauen »Wir haben Euren Bericht vom 28. v. M.1 wegen zweckmäßigerer Einteilung Eurer Provinz in Kreise erhalten und können nicht anders, als Euch sowohl wegen der Promptitude als auch wegen der ausgezeichneten Gründlichkeit und Sorgfalt, womit Ihr diese allerdings höchst wichtige Angelegenheit bearbeitet habt, unsere ganz besondere Zufriedenheit zu erkennen geben.2 Die Ausführung Eurer Vorschläge, auch wenn es dabei sein endliches Verbleiben haben müßte, kann indessen doch so schleunig nicht geschehen, als Ihr es nach Euerm Berichte vorauszusetzen scheint. Teils erfordert die Berichtigung der Provinzialgrenzen zwischen Litauen und Ostpreußen eine zusammenstimmende Einleitung von Seiten Eurer und der hiesigen Regierung, teils und hauptsächlich hängt die definitive Regulierung der Kreisgrenzen selbst wesentlich und notwendig mit der Bildung der ländlichen Gemeinden (in Analogie der städtischen Gemeinden) dergestalt zusammen, daß jene nicht füglich vor dieser und am zweckmäßigsten beides gleichzeitig erfolgen muß. Wir sind jetzt damit beschäftigt, die Grundsätze der ländlichen Kommunalbildung festzustellen, und die Ausführung dieser Grundsätze, sobald solche feststehen werden, wird notwendig mit der endlichen Feststellung der Kreisgrenzen zu kombinieren sein. Hiemächst aber, und wenn alle Vorarbeiten so weit vorgerückt sind, wird es äußerst zweckmäßig sein, überall zur Ausführung der Kreis- und Gemeindeabteilungen nach Euerm Vorschlage aus den Regierungen eigene Kommis-

456

i8. Oktober 1809

sionen niederzusetzen, u n d Wir werden darüber zu seiner Zeit Euren nähern Vorschlägen mit Vergnügen entgegensehen. Zur Zeit aber ist es auf alle Weise eben wegen der durchgreifenden Wichtigkeit der Sache nicht ratsam, dieselbe in der Ausführung zu übereilen. W a s insbesondere die Provinzialgrenze zwischen Ostpreußen u n d Litauen anlangt, so steht zwar Euren Vertauschungsvorschlägen nicht das mindeste B e d e n k e n entgegen, allein sie scheinen U n s bei w e i t e m nicht genügend, u m dieser Grenze nur eine einigermaßen erträgliche Regelmäßigkeit zu verschaffen. Wir werden Euch weiter untern Unsere Gedanken darüber detaillierter eröffnen, es versteht sich indessen v o n selbst, daß Ihr dieselben überall nur als vorläufige Bemerkungen anzusehen habt, worüber Wir erst Eure gutachtliche Erklärung u m so mehr verlangen, als dabei auch die hiesige Regierung gehört werden muß, deren Vorschläge bisher noch nicht eingegangen sind, obgleich in kurzem gleichfalls erwartet werden. 3 [. . .]« E s folgen die detaillierten Ausführungen zu den litauischen Vorschlägen. 4 1

»Das Litauische Regierungspräsidium berichtet über die künftige Einrichtung der Polizeiverwaltungsbehörden in der Provinz Litauen«, Gumbinnen, 28. September 1809, abgegangen 3. Oktober (Ausf., gez. Schön, Nicolovius, mit zahlreichen Marginalien Koehlers, i. gl. Fasz. Bl. 28—49), dazu als Anlagen detaillierte Nachweisungen in Abschrift (Bl. 50—74). 2 Das Litauische Regierungspräsidium war das einzige, das nicht am 18. Oktober 1809 gemahnt werden mußte (vgl. Nr. 204 Anm. 1). Ein Zwischenbescheid über den Stand der Arbeiten war sogar bereits am 13. September aus Gumbinnen erfolgt (Ausf., gez. Schön, Nicolovius, i. gl. Fasz. Bl. 24). 3 Regierungspräsident Wißmann berichtete am 18. Oktober 1809 vor Erhalt der Mahnung gleichen Datums, die aber erst am 23. Oktober abgegangen war, an Dohna: »Wie ich zufällig erfahren habe, sind die Arbeiten wegen der neuen Kreiseinteilung von den Westpreußischen [dessen »vorläufiger« Bericht vom 10. September 1809 i. gl. Fasz. Bl. 1 1 , der »fernerweite« vom 1 1 . Januar 1 8 1 0 mit umfangreichen Anlagen in Bd. 2 Bl. 1—122] und Litauischen Regierungspräsidien schon eingegangen, indem das hiesige erst frühestens innerhalb vierzehn Tagen imstande sein wird, dieselben vorzulegen« (Ausf., gez. Wißmann, in Rep. 77 Tit. 1 3 6 Nr. 5 Bd. 1 Bl. 82). Als Begründung für die Verzögerung führt Wißmann die mühsamen topographischen Vorarbeiten an. Den »Entwurf zur neuen Kreiseinteilung der Provinz Ostpreußen« reicht er mit 39 Beilagen am 19. November 1809 ein (Ausf. des Begleitschreibens und Reinschriften von Entwurf und Beilagen i. gl. Fasz. Bl. 153—308). 4 Vom 25. November 1809 datiert ein weiterer Bericht des Litauischen Regierungspräsidiums »über die neue Einteilung der Polizeiverwaltungsbehörde in der Provinz«, der am 28. an das Ministerium des Innern abging (Ausf., gez. Schön, Nicolovius, in Rep. 77 Tit. 1 3 6 Nr. 5 Bd. 2 Bl. 197—199), mit einer »Beschreibung der neu zu machenden Grenze zwischen dem ostpreußischen und litauischen Regierungsdepartement« (Bl. 200).

18. Oktober 1809

160. Minister Freiherr L'Abaye]

457 von Altenstein an [den Geheimen

Staatsrat

Königsberg, 18. Oktober [1809] Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 1 Bl. 52: A b schrift.

Bemühungen um eine Beeinflussung Napoleons zwecks günstigerer verhandlungen

Kontributions-

»Ew. Hochwohlgeborn benachrichtige ich hiedurch vertraulich, daß der Herr Obrist v. Krusemarck, welcher Ihnen gegenwärtiges Schreiben überbringt, beauftragt ist, ein eigenhändiges Schreiben Sr. Majestät des Königs an den Kaiser Napoleon zu überbringen. Dieses Schreiben hat den Zweck, bei dem Kaiser Napoleon unser bisheriges Benehmen in das vorteilhafteste Licht zu stellen, die Stockung unserer Kontributionszahlung zu rechtfertigen und ein Abkommen über die künftige Kontributionszahlung einzuleiten. Ungeachtet sich nach der Natur eines solchen Schreibens über alles dieses nicht sehr tief in das Detail hat eingehen lassen, so ist doch in solchem alles angedeutet, was des Kaisers Aufmerksamkeit soweit wenigstens erregen kann, daß er nicht mit Gewalt, um die Kontribution zu erzwingen, vorschreitet, sondern eine weitere Verhandlung zu einem gütlichen Übereinkommen nachgibt. E s ist zu dem Ende die große Anstrengung erwähnt, welche stattgefunden hat, um dasjenige an der Kontribution zu bezahlen, was wirklich abgeführt worden ist — z.B. der Einschmelzung der Königlichen Gold- und Silbergeräte, der Einziehung des edlen Metalls im Lande. 1 E s ist die große allgemein herrschende Erschöpfung kurz geschildert und gezeigt, wie der ausgebrochene Krieg solche veranlaßt, allen Kredit vernichtet und alle Hülfsmittel, wie z. B. den Domänenverkauf, gestört habe; endlich aber ist geäußert, daß jetzt, wenn Frankreich uns mit Milde und Vertrauen behandlen würde, durch Befestigung des ausländischen und innern Kredits p. einige Zahlung möglich werde, daß wir alles aufbieten würden, soviel möglich zu leisten, und daß bei der Rechtlichkeit, Ökonomie und Ordnung in der Administration von uns mehr würde geleistet werden können, als nach der Lage des Landes zu erwarten sei und selbst durch den äußersten Zwang außerdem nicht würde geleistet werden. D a zu vermuten ist, daß der Kaiser Napoleon in dem gegenwärtigen Augenblick vielleicht ganz vorzüglichen Wert auf die Erlangung bedeutender Zahlungen auf die Kontribution setzen dürfte, so ist dazu einige Hoffnung leicht hingeworfen, wenn derselbe Preußen die dazu erforderlichen Bedingungen gewährt und eine Unterhandlung hierüber stattfinden lassen wollte. E s ist erwähnt, daß das Holländische Anleihen soweit abgeschlossen sei, daß es dem Kaiser an Zahlungs Statt abgetreten werden könne, wenn er veranlasse, daß der König von Holland seine Einwilligung gebe. 2 D a endlich der Kaiser Napoleon vielleicht in diesem Augenblick zur Belohnung seiner Generale über Domänen disponieren zu können wünschen dürfte, so ist auch leicht hingeworfen, daß des Königs Majestät auch das Opfer ihrer Überlassung nötigenfalls bringen würde. Es kommt nunmehr darauf an, ob der Kaiser Napoleon hierauf eingeht und

458

i8. Oktober 1809

sich in der Überzeugung, daß er mit Gewalt von Preußen nicht so viel würde herauszwingen können, als er bei einiger Nachsicht und Schonung erhalten werde, dazu entschließt, über die Tilgung des Restes der Kontribution eine weitere Verhandlung stattfinden zu lassen. Kommt es zu solcher, es sei zu Paris oder zu Berlin, so beabsichtigt Sr. Majestät der König, Ew. p. mit zu den Verhandlungen zu bevollmächtigen.3 Vorläufig bin ich autorisiert, Sie von Vorstehendem in Kenntnis zu setzen und Ihnen anheim zu geben, ob Sie es nicht für ratsam finden, durch den Herrn v. Krusemarck privatim an Herrn Gen[eral]int[endanten] Daru, und an wen Sie es noch außerdem für gut halten, zu schreiben und, ohne sich merken zu lassen, daß Sie von Vorstehendem Kenntnis haben, ungefähr das nämliche zu äußern und diese Personen, welche der Kaiser vielleicht zu Rate ziehen dürfte, vorzubereiten und bei dem Gewicht, welches sie auf Ihre Darstellung und Vorschläge legen, für unsere Absicht zu gewinnen. Sie werden sehr leicht einen Vorwand finden, an diese Personen zu schreiben, über die Sorge zu klagen, welche Ihnen die Aufbringung der Kontribution macht, und zu äußern, daß Sie glaubten, es würde sich, wenn der Kaiser nur etwas für Preußen tun wollte, ein solches Arrangement treffen lassen, welches, indem es Preußen rette, auch des Kaisers wahres Beste befördere. Ew. p. können vielleicht den Wunsch äußern, daß es Ihnen möglich sein möchte, Ihre Ideen näher vorzulegen und zu zeigen, wie sich durch einen Beweis des Vertrauens des Kaisers der Kredit im Inlande so weit heben werde, daß eine bedeutende Abschlagszahlung, wenn auch mit großer Anstrengung, sogleich werde möglich werden; das Anlehen in Holland werde zediert werden können und sich ein Abkommen durch die Zession von Domänen oder durch Anweisung von [Lücke]4 auf solche so werde treffen lassen, daß die Kontribution größtenteils sogleich ganz werde berichtigt werden. Ich überlasse nunmehr alles lediglich Ew. p. gefälliger Erwägung im vollen Vertrauen auf Ihren erprobten treuen Eifer und Ihre vollständige Sachkenntnis. Von dem, was Sie allenfalls hiernach zu schreiben sich veranlaßt sehen sollten, erbitte ich mir gefällige Nachricht.« 1

1

3

4

»Verordnung wegen Ankauf des Gold- und Silbergeräts durch die Münzämter und wegen Besteuerung desselben und der Juwelen«, Königsberg, 12. Februar 180g, Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 67, S. 524 ff. Die Zustimmung des Königs von Holland zur preußischen Anleihe erfolgte am 5. Januar 1810. Zur Regulierung der Zahlung der Kontribution wurde mit Vollmacht vom 30. August 1810 (vgl. Bassewitz 1809/1810, S. 417) der Geheime Staatsrat L ' A b a y e nach Paris geschickt; daraus läßt sich folgern, daß er auch der Adressat des vorliegenden Altensteinschen Schreibens ist. Auslassung vom Abschreiber.

22. Oktober 1809

459

161. Sektion für die allgemeine Gesetzgebung an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 22. Oktober 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 59 Nr. 26 Bd. 2 Acta adh. Bl. 255: Ausf., gez. Klewitz; Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 175: Konzept, gez. Klewitz, nach seiner Anweisung Bl. 174.

Übersendung ihres Gutachtens zum umgearbeiteten Reglementsentwurf zur gleichung der Kriegsschäden

Aus-

»Indem die Sektion für die allgemeine Gesetzgebung sich beehrt, E. E x z . auf Dero geehrtestes Schreiben vom 24. Juli d. J. 1 ihr Gutachten 2 über das Reglement zur Ausgleichung der Kriegsschäden 3 mit Wiederbeifügung sämtlicher kommunizierter Aktenstücke und Gutachten 4 hierbei zu übersenden, muß sie mit Rücksicht auf die in dem Gutachten enthaltenen Erinnerungen gehorsamst darauf antragen: 1. das Reglement selbst noch modifizieren zu lassen; alsdann 2. es den noch nicht darüber gehörten Behörden der erst später geräumten übrigen Provinzen 5 zur Erklärung zuzufertigen und 3. die dadurch entstehenden neuen Verhandlungen zuletzt der Gesetzgebungssektion zum Finalgutachten mitzuteilen; außerdem aber nach den allgemeinen Schlußbemerkungen ihres jetzigen Gutachtens 4. wegen Aufstellung der Grundsätze für zukünftige Kriege 6 und 5. wegen nachträglicher Berichtigung der Kataster 7 als des wichtigsten Ausgleichungsgeschäfts das Nötige zu veranlassen. Die unterzeichnete Sektion verkennt freilich nicht, daß die Maßregel zu 4. in diplomatischer und politischer Rücksicht jetzt Bedenken haben kann und insofern aufzuschieben sein würde; zu 2. aber noch einen nicht unbeträchtlichen Zeitverlust herbeiführen wird 8 . Sie hält jedoch dafür, daß eben die Gründe, weshalb die preußischen Provinzen und ihre Behörden befragt wurden, auch bei den übrigen eintreten und daß eine Rückfrage schon deshalb nötig sei, um zu erfahren, ob denn nach einem schon verflossenen Zeitraum von beinah drei Jahren das beabsichtete Reglement wirklich noch so notwendig sei oder ob es nicht vielleicht zu spät komme und die Mehrzahl der Differenzen in der Zwischenzeit schon ausgeglichen worden. Ob das der Fall sei, darüber werden vorläufig schon die bei den obersten Verwaltungsbehörden vorgekommenen Reklamationen urteilen lassen. 6. darf die unterzeichnete Sektion die Verlegenheit nicht unbemerkt lassen, worin das Zurückbleiben der ländlichen Kommunalorganisation gegen die städtische setzt und wovon auch das vorliegende Reglement Beispiele liefert. 9 Nur diesem Zurückbleiben ist es beizumessen, daß auf dem Lande nach § 17 (oder 23 der Umarbeitung) in die Wahl und Geschäftsführung der Regulierungskommissarien von Seiten des Staats eingegriffen und § 42 (oder

460

22. O k t o b e r 1809

51 der Umarbeitung) die Rechnungsrevision den Regierungen aufgebürdet werden muß, indes in den Städten die Stadtverordneten dazu vorhanden sind.« 1 2

3

4 5

6

Ausf., gez. Dohna, in R e p . 77 T i t . 950 Nr. 7 B d . 1 Bl. 172. K o n z e p t , gez. Rehdiger 4. September, K l e w i t z 22. O k t o b e r 1809, i. gl. F a s z . Bl. 176. »Reglement über die A u s g l e i c h u n g der Kriegsschäden, gegeben K ö n i g s b e r g , den . . .« (in R e p . 77 T i t . 59 N r . 26 B d . 2 A c t a adh. Bl. 256). Siehe G u t a c h t e n der Gesetzkommission v o m 3. F e b r u a r 1809, Nr. 43. D e r »Entwurf z u m R e g l e m e n t über die A u s g l e i c h u n g der K r i e g s s c h ä d e n in den P r o v i n z e n O s t p r e u ß e n und L i t a u e n und in d e m e v a k u i e r t e n Teil v o n W e s t p r e u ßen« (Abschr. gl. F a s z . B l . 120) w u r d e n a c h allen eingelaufenen G u t a c h t e n in der U m a r b e i t u n g auf d e n g a n z e n S t a a t ausgedehnt. D a s G u t a c h t e n der K o m m i s s i o n stellt hierzu die F r a g e : »ob nicht für zukünftige Kriege grade die entgegengesetzten Grundsätze im voraus aufzustellen sein möchten, solche nämlich, vermöge welcher möglichst alles zur weitesten Kommunal-, d. h. zur Staatsausgleichung zu ziehn sein würde. Ohne eine solche gleichsam solidarische V e r h a f t u n g aller f ü r jeden und eines jeden f ü r alle scheint kein wahrer Gemeingeist bestehn, kein k r ä f t i g e r K r i e g g e f ü h r t und das W i e d e r k o m m e n jener häßlichen P h ä n o m e n e nicht vermieden werden zu können, die jeden V a t e r l a n d s f r e u n d tief und innig b e t r ü b e n mußten.[. . .]«

7

Die B e g r ü n d u n g im G u t a c h t e n b e g i n n t : »Wie m a n c h e r Grundbesitzer h a t n i c h t bei der R e k a p i t u l a t i o n und nähern B e t r a c h t u n g seiner Kriegsschäden gefunden, d a ß i h m sein K a t a s t e r w e i t mehr S c h a d e n z u g e f ü g t h a t als der F e i n d selbst? — E s ist auffallend, d a ß diese aus der M a n g e l h a f t i g k e i t der K a t a s t e r entspringende P r ä g r a v a t i o n v o n nirgends her bei den V e r h a n d l u n g e n über das g e g e n w ä r t i g e R e g l e m e n t als ein Gegenstand z u r A u s g l e i c h u n g in A n r e g u n g g e b r a c h t worden ist, u m so mehr, als sie zu den schreiendsten unter allen gehört und n a m e n t l i c h in Schlesien v o n solcher B e d e u t u n g ist, d a ß z. B . sehr niedrig k a t a s t r i e r t e oberschlesische G ü t e r o f t nur den f ü n f z e h n t e n Teil der K r i e g s k o n t r i b u t i o n u n d der Lieferungen v o n niederschlesischen G ü t e r n gleichen W e r t s g e t r a g e n u n d bei ersterer sogar noch bisweilen gewonnen haben, [. . .]«

8

Hierzu f ü h r t Koehler, d e m wie a u c h K a h l e das R e g l e m e n t zur weiteren B e a r b e i t u n g zugewiesen wurde, in seinem V o t u m v o m 15. N o v e m b e r folgendes a u s : »Wenn nun noch erst die Regierungen jenseits der Weichsel m i t ihren G u t a c h t e n gehört werden sollen, so wird das ganze Gesetz gewiß überflüssig u n d k o m m t zu spät. E s m ö c h t e das a u c h a m E n d e kein so großer Schaden sein, und d a s G e s e t z k ö n n t e also allenfalls g a n z zurückbleiben [...] — w e n n nicht in h u n d e r t Bescheiden seit länger als J a h r und T a g B e h ö r d e n u n d P a r t e i e n darauf verwiesen u n d vertröstet w o r d e n wären, mithin man notgedrungen ist, anzunehmen, d a ß wenigstens viele B e h ö r d e n und Individuen auf dessen E r s c h e i n u n g warten. [...]« (eigh. i. gl. Fasz. Bl. 292).

9

Diesen Unterschied e r w ä h n t auch K a h l e in seinem V o t u m v o m 21. N o v e m b e r 1809: »Auch ich bin der Meinung, d a ß d a s R e g l e m e n t j e t z t unterbleiben k a n n . B e i den S t ä d t e n sind j e t z t die Behörden hinlänglich organisiert, u m ihre K o m m u n a l schulden zu regulieren. Jeder K o m m u n a l g l ä u b i g e r wird a u c h schon selbst die i h m v e r p f l i c h t e t e K o m m u n e finden können. I n P r e u ß e n wenigstens sind s c h o n eine Menge dergl. Prozesse im Gange, u n d es w e r d e n die z u errichtenden C o m i t e e n d e m L a n d e neue Molestien machen. H i e r n a c h scheint mir eine R ü c k f r a g e a n die Oberpräsidenten, o b sie das Gesetz noch f ü r n ö t i g halten, nötig zu sein. N e u e G u t a c h t e n

461

22. Oktober 1809

über die einzelnen Contenta halte ich nicht für nötig. Dagegen könnte man N a c h richt über die etwa früher schon in diesen Beziehungen für die einzelnen Provinzen ergangenen gesetzlichen Vorschriften erfordern« (eigh. i. gl. Fasz. Bl. 294).

162. Die Sektion für die allgemeine Gesetzgebung an die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 22. Oktober 1809 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1

Bl. 205: Konzept, gez. K l e w i t z ; nach einer Anweisung von Klewitz gleichen D a t u m s Bl. 204.

Vorschlag für einen reibungslosen Geschäftsgang bei Erteilung von Gutachten »Die Gutachten der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung über Gesetzesentwürfe und Deklarationen sind bisher bald gleichzeitig mit den Meinungen anderer Behörden, bald nachher gefordert und in diesem letztern Falle alle übrigen Vota zugleich mitgeteilt. Das letzte hat offenbar den großen Vorzug, daß alsdann gleichsam nach geschlossenen Akten die Sektion alle übrigen Verhandlungen mit berücksichtigen und ihren Gutachten eine höhere 1 Vollendung geben kann, auch würde sie sonst oft ohne Akten, insofern diese anderswohin geschickt werden, also ohne vollständige Übersicht 2 urteilen müssen, was doch ihrer Bestimmung widerspricht 3 . Für den künftigen Geschäftsgang erlaubt sich daher die unterzeichnete Sektion den gehorsamsten Vorschlag, daß, so oft über einen Gesetzgebungsgegenstand mehrere Behörden gehört werden müssen, diese mit Ausschluß der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung zu gleicher Zeit 4 aufgefordert, ihre einzeln eingehenden Erklärungen gesammelt und demnächst sämtlich auf einmal der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung zum letzten vollständigsten Gutachten nebst allen Akten mitgeteilt werden. Eine solche Stellung der Gesetzgebungssektion scheint doch auch in der Tat ihrem Beruf und Verhältnis 5 am gemäßesten zu sein; zugleich hat diese Einrichtung den Vorteil, daß alle andern Behörden unabhängig voneinander desto unbefangener ihre Meinungen abgeben und die Sektion den festen Beruf erhält, diese zusammenzustellen und zu benutzen. Wollte man, was auch wohl geschehen ist, alle Gutachten einzeln nacheinander fordern und jedes frühere zum Behuf des spätem mitteilen, so entstehen statt reiner Ansichten oft nur gemischte, statt bestimmter Meinungen oft nur Widerlegung und Zweifel auf Zweifel, in jedem Falle aber ein solcher Zeitverlust, daß Gesetzesentwürfe zum Umlaufe oft Jahre bedürfen würden, bevor sie zum Gesetz reifen könnten. Auch erlaubt sich die unterzeichnete Sektion noch den Wunsch, daß ihr gesetzliche Verfügungen, welche beabsichtet werden, sogleich im Entwurf selbst und

462

22. Oktober 1809

nicht bloß den allgemeinen Grundsätzen nach (wie auch wohl geschehen) vorgelegt werden möchten, weil sonst in Ermangelung der materiellen Ausführung kein bestimmtes und über die Form des Gesetzes gar kein Urteil möglich ist.6« Von Klewitz verbessert statt: »die höchste«. »also ohne vollständige Übersicht« von Klewitz ergänzt. 3 »was doch ihrer Bestimmung widerspricht« von Klewitz ergänzt. * Von Klewitz verbessert statt: »auf einmal«. 5 »Beruf und Verhältnis« von Klewitz verbessert statt: »Bestimmung«. 6 »Auch erlaubt sich ... möglich ist« von Klewitz am Rande zugefügt. Ein Votum Rehdigers (Bl. 206) zu obiger Frage ist von Klewitz in diesem Schreiben mit verwendet worden. 1

2

163. Sektion für die allgemeine Gesetzgebung an die Sektion für den öffentlichen Unterricht Königsberg, 22. Oktober 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 73: Konzept, gez. Klewitz.

Bitte um den Plan zur Errichtung der Berliner Universität und Bekanntgabe der zu berufenden Lehrer im Hinblick auf deren künftige Betätigung in Gesetzgebungssektion und -kommission »Des Königs Majestät hatten die Errichtung einer allgemeinen und höhern Lehranstalt in Berlin schon im Jahre 1807 zu genehmigen geruht, und nur hierin liegt es wahrscheinlich, daß die würkliche Stiftung dieser neuen Universität und ihre Verbindung mit den dort vorhandenen Akademien und sämtlichen wissenschaftlichen Instituten zu einem organischen Ganzen, welche jetzt in den öffentlichen Blättern verkündet wird, nicht zur Beratung mit der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung gekommen ist, zu der sie als eine der wichtigsten allgemeinsten neuen Staatseinrichtungen, die gedacht werden kann, nach den Organisationsgesetzen vom 24. November und 16. Dezember vorigen Jahres 1 unwidersprechlich gehört. Bei dem hohen Interesse, welches diese neue wissenschaftliche Organisation für die Sektion der allgemeinen Gesetzgebung hat, muß diese daher wenigstens noch über die Art der Ausführung unterrichtet zu werden wünschen, um so mehr, als namentlich die Wahl der akademischen Lehrer ihr nicht bloß für die Bildung der künftigen höhern Staatsdiener, sondern selbst für die Mitglieder der Sektion und Gesetzkommission wichtig ist. Aus dem abschriftlich anliegenden Einrichtungsplan für die Gesetzgebungssektion und ihre Behörden 2 wird Eine Königliche Hochlöbliche Sektion für den öffentlichen Unterricht sich näher überzeugen, daß für Staatswirtschaft und Polizei, politische Architektonik und die höhern Staatsverhältnisse, Zivil- und Kriminalrecht Männer von vorzüglicher Kenntnis in der Sektion und Gesetz-

25. Oktober 1809

463

kommission nötig sind; und da die Geschäftswelt diese nicht gar häufig liefert, vielmehr sie wohl oft verdirbt, so wird es höchst wünschenswert, bei Berufung der akademischen Lehrer in Berlin solche zu wählen, die auch der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung und der Gesetzkommission nützlich werden können. Der Universität selbst muß es willkommen sein, wenn ihre Lehrer auch außer dem Kreise der Theorie mit Staat und Nation durch Teilnahme an den Erörterungen der Gesetzgebungsbehörden in Berührung stehen. Die unterzeichnete Sektion wünscht daher und trägt darauf an, daß Eine Königliche Hochlöbliche Sektion für den öffentlichen Unterricht ihr den Plan zur Ausführung wegen der Berliner Universität und Ihre Ideen wegen der zu berufenden Lehrer gefälligst mitteile.3« » Siehe R M Stein III, Nr. 328, S. 1088 ff. u. Nr. 333, S. 1149 ff. Königsberg, 6. Februar 1809, siehe Nr. 45. 3 Die Antwort erfolgt am 2. November 1809, siehe Nr. 166. 2

164. Kabinettsordre an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 25. Oktober 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 10 Bd. 1 Bl. 7: Abschrift.

Auftrag zur Prüfung der Vorschläge Adam Müllers zur Einrichtung eines schon länger geplanten Regierungsblatts »Die anliegende Eingabe des Hofrats Adam Müller zu Berlin vom 22. v. M. mit dem beigefügten Aufsatze 1 , welcher den Vorschlag zu einem Regierungsblatt enthält, veranlaßt Mich zu wiederholen, daß Ich ein Blatt zur Bekanntmachung der Gesetze und Verordnungen, zur Verständigung und Belehrung des Publikums durch angemessene Auszüge aus den Verhandlungen darüber und durch Aufsätze von Sachkundigen, allenfalls auch, wiewohl bei höchster Vorsicht, zur Vorbereitung und Sondierung des Publikums nützlich finde, daß Ich es stets vermißt habe und daher dessen baldigste Einrichtung will. Ich vernehme auch, daß schon im Anfange dieses Jahres teils von dem Großkanzler, teils und besonders von der Gesetzgebungssektion diese Angelegenheit zur Sprache gebracht ist 2 , und will um so mehr, daß sie nicht länger verzögert werde. Wie weit dabei von dem Plan des p. Müller und von ihm selbst Gebrauch zu machen, habt Ihr ohne Zeitverlust zu erörtern und dabei nicht bloß mit der Gesetzgebungssektion, sondern auch mit den Staatsministern Grafen v. d. Goltz, Freiherrn v. Altenstein und Großkanzler Beyme Rücksprache 3 zu nehmen, da der Müllersche Plan auch diplomatische Rücksicht fordert, das Finanz- und Justizministerium aber bei dem Gesetzblatt wesentlich interessiert. Zur Führung

464

25. Oktober 1809

der ganzen Angelegenheit ist die Gesetzgebungssektion ihrer Bestimmung nach geeignet, und es entspricht daher Meiner Absicht, daß sie diesen Gegenstand in dem sich vorgezeichneten Plan schon mit aufgenommen hat.« 1

2 3

»Alleruntertänigstes Memoire, überreicht Sr. Majestät dem Könige, betreffend die Redaktion eines Preußischen Regierungsblattes unter dem Titul: Preußische Chronik oder Preußische Hof- und Nationalzeitung« von Hofrat Adam Müller, undatiert, Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 2, siehe Nr. 150. Siehe Nr. 82. Der entsprechende Schriftwechsel liegt abschriftlich im gleichen Faszikel vor: am 7. November Dohna an Klewitz (Bl. 1), an Altenstein (Bl. 8), an Beyme, an Scharnhorst und Lottum und an das Departement für auswärtige Angelegenheiten (Bl. 10). Die Antworten: Altenstein an Dohna, Königsberg, 25. November (Bl. 20), Scharnhorst und Lottum an Dohna, Königsberg, 2. Dezember (Bl. 23), Beyme an Dohna, Berlin, 4. Dezember (Bl. 24), Departement für auswärtige Angelegenheiten, gez. Nagler, Königsberg, 10. Dezember 1809 (Bl. 17); siehe Nr. 176 und 179.

165. Promemoria des Geheimen Staatsrats von Klewitz »Sr. Exz. dem Herrn Staatsminister Grafen von Dohna zuzustellen nebst Einlage« Königsberg, 2. November 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 75: K o n z e p t eigh.

Berücksichtigung der Bedürfnisse der Gesetzgebungssektion bei Berufungen Gelehrten an die Berliner Universität

von

»Die Gesetzgebungssektion hat bereits in der Person des Herrn Baron v. Rehdiger einen Staatsrat erhalten, wird bis zu einer vollständigeren Organisation mehrerer Mitglieder nicht bedürfen und wünscht sodann als Mitarbeiter besonders auch die künftigen Professoren der neuen Universität in Berlin zu benutzen. Ich habe deshalb schon den Herrn Geheimen Staatsrat v. Humboldt ersucht, bei der Wahl der noch zu berufenden Gelehrten auf das Bedürfnis der Gesetzgebungssektion Mitrücksicht zu nehmen 1 und bin überzeugt, daß bei einer solchen Vereinigung der Wissenschaft und Anwendung beide Teile gewinnen werden. Auf die künftige Bestimmung des Herrn Geheimen Oberfinanzrats von Gökingk dürfte daher die Gesetzgebungssektion keinen Einfluß haben, obgleich ich mir vorbehalte, von ihm über die Verfassung der russischen Gesetzkommission, deren auswärtiges Mitglied er ist, nützliche Nachrichten einzuziehen. Die diesseitige, bei der er auch stand, muß ich als durch die Organisationsverordnung vom 16. Dezember v. J. 2 aufgehoben betrachten.« 1

H u m b o l d t antwortet am 4. Dezember 1809 Klewitz, daß er »soeben einen Versuch mache, den Professor S a v i g n y in Landshut für die neue Universität zu gewinnen. Ich halte ihn für den gelehrtesten Juristen, welchen Deutschland besitzt, und glaube, daß er auch in der Gesetzkommission

gegenwärtig

äußerst

nützliche

Dienste leisten würde. D a ich indes weit entfernt bin, hierin E w . Hochwohlgeborn Urteil vorgreifen zu wollen, so würden Sie mich ausnehmend

verbinden,

wenn Sie mir sobald als möglich privatim sagen wollten, ob Sie glauben, Herrn S a v i g n y bei der Gesetzkommission anstellen zu können.« (Ausf., gez. Humboldt, i. gl. Fasz. B. 77) 2

D a s »Publikandum« siehe R M Stein I I I , Nr. 333, S. 1149 ff.

165. Promemoria des Geheimen Staatsrats von Klewitz »Sr. Exz. dem Herrn Staatsminister Grafen von Dohna zuzustellen nebst Einlage« Königsberg, 2. November 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 75: K o n z e p t eigh.

Berücksichtigung der Bedürfnisse der Gesetzgebungssektion bei Berufungen Gelehrten an die Berliner Universität

von

»Die Gesetzgebungssektion hat bereits in der Person des Herrn Baron v. Rehdiger einen Staatsrat erhalten, wird bis zu einer vollständigeren Organisation mehrerer Mitglieder nicht bedürfen und wünscht sodann als Mitarbeiter besonders auch die künftigen Professoren der neuen Universität in Berlin zu benutzen. Ich habe deshalb schon den Herrn Geheimen Staatsrat v. Humboldt ersucht, bei der Wahl der noch zu berufenden Gelehrten auf das Bedürfnis der Gesetzgebungssektion Mitrücksicht zu nehmen 1 und bin überzeugt, daß bei einer solchen Vereinigung der Wissenschaft und Anwendung beide Teile gewinnen werden. Auf die künftige Bestimmung des Herrn Geheimen Oberfinanzrats von Gökingk dürfte daher die Gesetzgebungssektion keinen Einfluß haben, obgleich ich mir vorbehalte, von ihm über die Verfassung der russischen Gesetzkommission, deren auswärtiges Mitglied er ist, nützliche Nachrichten einzuziehen. Die diesseitige, bei der er auch stand, muß ich als durch die Organisationsverordnung vom 16. Dezember v. J. 2 aufgehoben betrachten.« 1

H u m b o l d t antwortet am 4. Dezember 1809 Klewitz, daß er »soeben einen Versuch mache, den Professor S a v i g n y in Landshut für die neue Universität zu gewinnen. Ich halte ihn für den gelehrtesten Juristen, welchen Deutschland besitzt, und glaube, daß er auch in der Gesetzkommission

gegenwärtig

äußerst

nützliche

Dienste leisten würde. D a ich indes weit entfernt bin, hierin E w . Hochwohlgeborn Urteil vorgreifen zu wollen, so würden Sie mich ausnehmend

verbinden,

wenn Sie mir sobald als möglich privatim sagen wollten, ob Sie glauben, Herrn S a v i g n y bei der Gesetzkommission anstellen zu können.« (Ausf., gez. Humboldt, i. gl. Fasz. B. 77) 2

D a s »Publikandum« siehe R M Stein I I I , Nr. 333, S. 1149 ff.

466

2. November 1809

166. Sektion für den öffentlichen Unterricht an die Sektion für die allgemeine Gesetzgebung 1

Königsberg, 2. November 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 76: Ausf., gez. Humboldt.

Beteiligung der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung bei Errichtung einer Universität in Berlin »Die Sektion des öffentlichen Unterrichts kann zwar die Frage über den von Einer Königlichen Hochlöblichen Sektion für die allgemeine Gesetzgebung in dem geehrtesten Schreiben vom 22. v. M.2 geäußerten Anspruch auf Teilnahme an den Beratungen wegen Errichtung einer Universität in Berlin und Verbindung der übrigen dort befindlichen höhern wissenschaftlichen Institute zu einem organischen Ganzen, welchen Dieselbe aus den Verordnungen vom 24. November und 16. Dezember pr[aecedens]3 herleitet, für jetzt unerörtert lassen, da die Ausführung dieser Idee schon im Jahre 1807 von des Königs Majestät beschlossen worden, muß jedoch ganz ergebenst bemerken, daß die Ausdrücke der erstgedachten Verordnung, womit Eine Königliche Hochlöbliche Sektion für die allgemeine Gesetzgebung diesen Anspruch unterstützt, ihn nicht so unzweideutig begründen, daß gar nichts gegen ihn eingewendet werden könnte. Eine Königliche Hochlöbliche Sektion hat in dem abschriftlich mitgeteilten Einrichtungsplan diese Ausdrücke nicht so verstanden, daß die Errichtung einer Universität, welche zwar eine durch die ganze Monarchie und auf Nationalbildung tief würkende Anstalt, aber doch nicht ein in Verfassung und Verwaltung des Staats direkt eingreifendes Institut ist, unter die Kategorie der neuen allgemeinen Staatseinrichtungen oder Operationen — nach Ihrer eigenen Deutung — gebracht werden könnte. Das Interesse, welches Eine Königliche Hochlöbliche Sektion an zweckmäßiger Auswahl der für die neu zu errichtende Universität bestimmten Lehrer nimmt 4 , haben mehrere in Berlin befindliche Staatsbehörden mit Derselben gemein. Der Sektion des öffentlichen Unterrichts ist es aber ebensowenig möglich, mit Einer Königlichen Hochlöblichen Sektion als mit den übrigen interessierten Staatsbehörden über alle zu berufenden Professoren zu kommunizieren, obwohl sie Männer, die Derselben besonders nützlich werden können, bei ihrer Berufung Ihr zu nennen gern bereit ist. Eine Königliche Hochlöbliche Sektion wird sich indessen leicht überzeugen, daß keiner Behörde so sehr daran gelegen ist, die vorzüglichsten Gelehrten, die nur zu erhalten sind, für die Universität in Berlin zu gewinnen, als der unterzeichneten Sektion selbst, nicht nur, weil sie bei den mit ihr zusammenhängenden Behörden der tüchtigsten Männer bedarf, sondern auch, weil ohne dieses der ganze Plan, in Berlin eine Universität zu gründen, durchaus unhaltbar sein würde. Das Statut der Universität wird die unterzeichnete Sektion durch die kompetentesten Männer ausarbeiten lassen und, nachdem sie es selbst geprüft, auch Einer Königlichen Hochlöblichen Sektion zur Prüfung nicht in wissenschaftlicher 5 , sondern in rechtlicher und sozialer Hinsicht vorlegen. Daß Derselben

6. November 1809

467

die letztere Art der Prüfung zukomme, ist jederzeit die Meinung der Sektion des öffentlichen Unterrichts gewesen, die sich überhaupt allemal ein lebhaftes Vergnügen daraus macht, mit Einer Königlichen Hochlöblichen Sektion für die allgemeine Gesetzgebung in diejenige Verbindung zu treten, welche der Verordnung vom 24. November 1808 und der durch sie begründeten Verfassung gemäß ist.« 1

A m Kopf des Schreibens steht die eigenhändige Bemerkung von Klewitz: »Zu den Akten, da bis zur endlichen Feststellung des Ressorts bei Organisation der Gesetzgebungspartie ein Streit darüber nicht helfen und vieleicht schaden kann. Königsberg, 10. November 1809. Klewitz.« A m Fuß des Blattes steht gleichfalls von Klewitz' Hand: »Pr. 7. Nov. 1809 mir. Vorher Herrn Staatsrat v. Rehdiger vorzuzeigen.« 2 Konzept i. gl. Fasz. Bl. 73, nach der eigh. Anweisung von Klewitz, Bl. 72; siehe Nr. 163. 3 Beide Verordnungen von 1808 siehe R M Stein III, Nr. 328, S. 1088 ff. u. Nr. 3 3 3 , S. 1 1 4 9 ff. * Vgl. Nr. 165. 5 »nicht in wissenschaftlicher« ist, vermutlich vom Empfänger, unterstrichen worden und daneben am Rand ein Fragezeichen gesetzt.

167. Publikandum von »Edikt und Hausgesetz über die Veräußerlich keit der Königlichen Domänen« Königsberg, 6. November 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 86 Nr. 1 3 Bd. 1 Bl. 5 5 : Druck; Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 93, S. 604 ff.

»Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen, Markgraf zu Brandenburg etc. etc. tun kund und fügen hiermit zu wissen: Nachdem Wir ein Edikt und Hausgesetz über die Veräußerlichkeit der Königlichen Domänen folgenden Inhalts: [. . .] 1 zu Königsberg am 17. Dezember 1808 Allerhöchstselbst vollzogen haben, und nachdem dasselbe auch von allen Prinzen Unsers Königlichen Hauses und dem für die minorennen Prinzen bestellten Vormunde mit vollzogen, die obervormundschaftliche Genehmigung nach gesetzmäßiger Prüfung deshalb erteilet, wie auch dieses Unser Edikt und Hausgesetz von den Ständen in den Provinzen Unserer Monarchie unterschrieben und Unser, der Prinzen und der Stände Siegel darunter gedruckt worden, so befehlen und gebieten Wir hiermit allen und jeden Unsern Fürsten, Prälaten, Grafen, Herrn, Rittern, Edelleuten, Vasallen und Untertanen wie auch allen Unsern Hof-, Kriegs- und Staatsbeamten, Befehlshabern, Räten, Unserm Obertribunal, Kammergericht, Unsern Ober-Landesgerichten und Landesregierungen, Obrigkeiten, Gerichten und die Hypothekenbücher führenden Behörden, überhaupt jedermänniglich, sich nach diesem Unserm Edikt und Hausgesetz auf das pünktlichste zu achten und solches fest und unverbrüchlich zu halten. Wir befehlen und gebieten auch den sämtlichen obgedachten Obrigkeiten, 31

Stein/Hardenberg

468

7. November 1809

solches ordentlich zu publizieren, zur allgemeinen Kenntnis und Wissenschaft zu bringen, es zu handhaben und nicht zu gestatten, daß von irgend jemand demselben zuwidergehandelt werde. Dessen zu Urkund haben Wir das gegenwärtige Publikandum Höchsteigenhändig vollzogen und mit Unserm anhangenden Königlichen Insiegel bestärken lassen. 2 So geschehen und gegeben Königsberg, den sechsten November des Eintausend achthundert und neunten Jahres, unserer Königlichen Regierung im zwölften Jahre.« 1

Ausgelassen wurde der an dieser Stelle eingefügte Gesetzestext, der aus chronologischen Gründen als Nr. 14 gesondert wiedergegeben ist. Daran schließen sich im

Druck

außerdem

die von

Schroetter

gezeichnete

obervormundschaftliche

Autorisation (siehe Nr. 14 A n m . 3) und Unterschriften und Siegel von 151 Ständevertretern und Deputierten. 2

Die Gegenzeichnung erfolgte v o n Goltz, Altenstein, Dohna, B e y m e .

168. Minister Graf zu Dohna an den Minister Freiherr von Altenstein Königsberg, 7. November 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 10 B d . 1 Bl. 8: Abschrift.

Stellungnahme zu dem von Adam Müller eingereichten Plan eines Regierungsblatts

offiziellen

»Der Hofrat Adam Müller zu Berlin hat Seiner Majestät dem Könige den abschriftlich anliegenden Plan zu einem Regierungsblatt eingereicht, und nach der in Abschrift angebogenen deshalb an mich ergangenen Kabinettsordre 1 soll die Sache unter Kommunikation sämtlicher Ministerien durch die Gesetzgebungssektion zum definitiven Entschluß vorbereitet werden. Diese Sektion hat jedoch selbst schon früher ein Gutachten über die Einrichtung eines offiziellen Blatts eingereicht 2 , welches ich gleichfalls in Abschrift beifüge und worüber bisher bloß der Drang der übrigen Geschäfte die Diskussion behindert hat. Beide Pläne weichen sehr wesentlich voneinander ab. Unter einigen Modalitäten würde ich indessen dem der Gesetzgebungssektion unbedenklich den Vorzug geben. Die Idee mit dem Wortredner des Staats, welche Adam Müller aufstellt, ist meiner Meinung nach teils nicht ausführbar, teils kann sie sogar sehr gefährlich werden, insofern die Funktion des Wortredners, wie es die Absicht des Verfassers ist, nur Einer Person anvertraut würde. Es ist nicht möglich, daß ein einzelner Mann auch von den hervorstehendsten Talenten in sämtliche an sich so heterogene Zweige der Staatskunst so tief eindringen kann, um jede Operation der Regierung mit Würde und Überzeugung zu motivieren. Auch alle die Mittel, welche Adam Müller vorschlägt, werden dazu nicht hinreichen. Die Verteidigung würde daher öfters sehr mangelhaft, flach und unbefriedigend ausfallen, und eine schlechte Verteidigung ist jedesmal ungleich nachteiliger als

7. November 1809

469

gar keine. Nicht viel glücklicher scheint mir der Vorschlag wegen des halboffiziellen Teils zu sein. Es ist allerdings die Pflicht der Regierung, auf die Stimme des Volks zu achten, dasselbe auf ihre Maßregeln vorzubereiten und von deren Zweckmäßigkeit zu überzeugen, nicht, wie Adam Müller will, um der Frivolität und Arroganz unsers Zeitalters zu begegnen, welches, so wünschenswert es an sich auch wäre, dadurch doch nie erreicht werden möchte, sondern um die öffentliche Meinung zu ehren und das Vertrauen der Nation gegen die Regierung zu befestigen. Dieses indessen durch ein offizielles oder auch nur halboffizielles Blatt zu tun würde dem Zweck gerade entgegenwürken. Jedermann weiß dann sogleich die Quelle und Absicht eines jeden Aufsatzes, der in diesem Blatt an Tageslicht kommt. Achtet die Regierung auf den Widerspruch nicht, der sich dagegen im Publikum zeigt, so vermehrt ein solches Blatt nur den Widerwillen und die Erbitterung gegen die Regierung. Achtet sie aber auf den Widerspruch, so läuft sie häufig Gefahr, sich zu kompromittieren und den Verdacht von unüberlegten und voreiligen Absichten auf sich zu bringen. Ganz anders stellt sich die Sache, wenn die Regierung den vorgedachten Zweck auf einem Wege zu erreichen sucht, wo man es gar nicht vermutet, daß sie im Spiele sei, wenn sie jedes öffentliche Blatt, von welchem man vermuten kann, daß es in den großen Haufen kommt, selbst öfters den Namen eines Privatmannes, dem sie sich darüber anvertrauen kann, benutzt und bald hier, bald dort dasjenige einrücken läßt, welches sie für ihren Zweck bekanntmachen will. Es würde allerdings dabei nach einem gewissen Plan zu verfahren und die Leitung der Sache am zweckmäßigsten der Gesetzgebungssektion zu übertragen sein, welche ich daher auch aufgefordert habe 3 , den Gegenstand in nähere Überlegung zu nehmen und mir ihre Ideen darüber mitzuteilen.4 Wollte man, was mir am zweckmäßigsten und in der Tat dringend nötig scheint, eine einzelne Zeitschrift zu dem obigen Behuf wählen, um dadurch den Vorteil zu erlangen, daß man dergleichen Aufsätze beisammen hätte, so würde es doch nicht ratsam sein, ihr auch nur einen halboffiziellen Charakter zu geben und dem Publikum es irgend wissen zu lassen, daß die Regierung daran Anteil nehme. Sie könnte sich zwar einen Gelehrten zur Redaktion einer solchen Zeitschrift besonders engagieren, auch demselben unter der Bedingung, daß er seine Aufätze einer besonders strengen, nicht bloß der gewöhnlichen Zensur unterwürfe, einige Unterstützungen, z. B. daß sie ihm Materialien aus offiziellen Aktenstücken suppeditiere und dem Journal innerhalb dem Staate Postfreiheit bewillige, zufließen lassen; allein die Sache müßte dessen ungeachtet immer eine Privatunternehmung bleiben und die Unterstützungen auch nur bedingungsweise auf so lange bewilligt werden, als das Journal sich durch seinen innern Gehalt und durch das Interesse seiner Darstellung ein bedeutendes Publikum zu erhalten wisse. Ob nun Adam Müller der rechte Mann sei, den man dazu wählen könnte, darüber behalte ich mir noch nähere Erklärung vor. Es ist indessen keineswegs meine Meinung, daß ein offizielles Regierungsblatt darum entbehrlich und ohne Nutzen sei. Allein ich würde dabei das Bayersche Regierungsblatt zum Muster nehmen und dasselbe darauf beschränken, der Nation eine vollständige authentische Sammlung aller ergehenden Gesetze und allgemeinen Anordnungen der höchsten Gewalt in die Hände 31*

470

7- November 1809

zu geben und sie auf eine offizielle Weise sowohl von den zur Publizität geeigneten und für das Publikum Interesse habenden Verhältnissen des Staats zu auswärtigen Mächten als auch von interessanten Vorfällen der innern Landesverwaltung, von erheblichen Fortschritten der einländischen . Kultur, des Kunst- und Gewerbefleißes, selbst von merkwürdigen Ereignissen und Erfindungen des Auslandes, insofern sie für den Preußischen Staat von Einfluß sein können, zu unterrichten. Auch die Motive der Gesetze könnten dem Publikum darin vorgelegt werden, jedoch nur auf die Weise, welche die Gesetzgebungssektion vorschlägt, und auch dabei müßte mit großer Auswahl und Vorsicht zu Werke gegangen werden. Ich würde daher in dieses Blatt aufnehmen lassen: a) alle neuen Gesetze und allgemeinen Einrichtungen. Von diesen müßte durchaus kein einziges übergangen werden, welchem Ressort es sich auch originiere, mithin keine Ausnahme in Absicht der Militärgesetze stattfinden, denn nur unter dieser Bedingung kann das Amtsblatt zugleich die offizielle Publikation der Gesetze vertreten. b) Extrakte aus den den Gesetzen zum Grunde liegenden Verhandlungen unter der vorgedachten Einschränkung. c) Die das Königliche Haus betreffenden Nachrichten — Standeserhöhungen — Beförderungen im Zivil, z. B. von solchen Stellen, die entweder unmittelbar von des Königs Majestät oder doch von den Ministerien besetzt werden, im Militär vom Stabsoffizier an gerechnet — Ausgezeichnet patriotische und verdienstvolle Handlungen sowohl von öffentlichen Staatsbeamten als privaten Personen — Gegenseitig die Strafen pflichtwidriger Offizianten und erheblicher Kriminalvergehungen, welche rechtlich erkannt worden — Veränderungen in den Landes-Administrationsstellen — interessante Nachrichten über das Erziehungswesen, über Bevölkerung, Ackerbau, Fabriken und Handel — erprobte Mittel beim Ausbruch ansteckender Krankheiten, Seuche pp. d) Die politischen Verträge unseres Staats mit auswärtigen Mächten, insoweit sie bekannt werden können, z. B. Friedensschlüsse, Handelstraktaten — merkwürdige Ereignisse, Erfindungen und Einrichtungen des Auslandes, welche entweder in wissenschaftlicher oder polizeilicher Hinsicht ein Interesse für das Inland haben. Endlich könnte das Blatt auch e) benutzt weden, um solche administrativen Verfügungen der obersten Staatsbehörden aufzunehmen, die das ganze Land oder einzelne Provinzen betreffen und von den Landeskollegien zur allgemeinen Kenntnis gebracht werden müssen. Die Verfügungen würden dadurch nicht allein ungleich schneller bekannt, sondern auch sehr viel Schreiberei erspart werden, wenn man erwägt, durch wie viele Stationen und Hände eine solche Sache gehen muß, ehe sie sämtliche Behörden von den Ministerien ab bis zur untersten Stufe durchläuft. Die Redaktion dieses Blattes kann füglich nur bei der Gesetzgebungssektion sein, welche auch dafür Sorge trägt, daß mit jedem Jahrgange ein vollständiges Sach- und chronologisches Register erscheine. Eines direkten Zwanges, daß jede Kommune und Behörde sich dieses Blatt halten müsse, bedarf es nicht. Es darf nur als Gesetz festgesetzt werden:

7. November 1809

471

daß niemand sich mit Unwissenheit der Gesetze und Verfügungen entschuldigen könne, welche in dem Blatt gestanden haben. Um dieses aber festsetzen zu können und dem Amtsblatt überhaupt eine desto größere Nutzbarkeit zu geben, ist es wesentlich nötig, daß dasselbe so wohlfeil als irgend möglich geliefert werde, damit besonders auch der gemeine Mann, in Rücksicht dessen die Gesetzpublikation bisher so äußerst mangelhaft gewesen, selbiges sich halten kann. Der Preis würde im Lande höchstens auf 2 rt. für den Jahrgang zu bestimmen sein, und wenn es dafür bei der ihm zu bewilligenden Postfreiheit durch sich selbst nicht geliefert werden kann, so würde die Staatskasse doch immer viel ersparen, wenn sie das Fehlende auch zulegte, denn sie darf künftig nicht mehr die Verordnungen behufs ihrer Publikation und Verteilung besonders abdrucken lassen, wie es bisher geschehen, und sie erspart manchen Kanzelisten, wenn der Vorschlag zu e) angenommen wird. Gut würde es sein, wenn das Blatt schon vom 1. Januar kommenden Jahres seinen Anfang nehmen könnte; doch müßten darin alle seit der Reorganisation des Staats ergangenen Verordnungen nachträglich aufgenommen werden, also das Edikt vom 9. Oktober 1807 den Anfang machen.5 Endlich scheint es mir zweckmäßig, mit dem Regierungsblatt eine Verbesserung des Intelligenzwesens in Verbindung zu setzen. Das Regierungsblatt könnte das Allgemeine enthalten, das Intelligenzblatt das Provinzielle. Bisher wurden die Intelligenzblätter ohne Ordnung und Plan redigiert, und ihr Inhalt zerfiel in drei Hauptartikel: a) gesetzliche Verordnungen b) Verfügungen und Publikanda öffentlicher Behörden c) Privatannoncen. Es scheint mir zweckmäßig, jeden dieser Artikel abgesondert von den andern unter eigenen für sich fortlaufenden Nummern erscheinen zu lassen, so daß sie sowohl zusammen als auch getrennt ein Ganzes ausmachen. Es kann sich alsdann jeder einen oder mehrere Artikel halten, je nachdem sein Bedürfnis es erfordert, und es darf niemand für Sachen bezahlen, welche kein Interesse für ihn haben. Der Artikel zu b) könnte, wenn er auf eine analoge Art, wie oben bei dem Regierungsblatt zu e) vorgeschlagen worden, zweckmäßig von den Regierungen und öffentlichen Behörden benutzt wird, eine große Menge von Schreiberei bei den Landeskollegien ersparen. Die Ausführung der Sache hat insoweit auch keine Schwierigkeit, da sich der Regel nach am Sitz jeder Regierung eine Druckerei befindet. Die Postbehörde kann zwar die Distribution des Intelligenzblattes behalten, die Redaktion und Anordnung desselben würde aber unter nähere Aufsicht der Regierungen zu setzen sein. Dieses sind vorläufig meine Ansichten über die Sache, und ich nehme mir die Erlaubnis, Ew. Exz. erleuchtetes Sentiment darüber mir ergebenst zu erbitten.6« » Siehe Nr. 164. 2 Siehe Nr. 80. 3 Dohna an Klewitz, Königsberg, 7. November 1809, Ausf., gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 1.

13. November 1809

472 4

»Gutachten der Gesetzgebungssektion über das von dem Hofrat A d a m

Müller

beabsichtete A m t s b l a t t ; begleitet mit andern Vorschlägen«, Berlin, 23. Junius 1810, K o n z e p t eigh. und gez. Klewitz, i. gl. Fasz. Bl. 29. 5

»Edikt, den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums sowie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner betreffend.« (Druck Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 16, S. 170 ff.) Die Publikation der »Gesetzsammlung für die Königlichen Preußischen Staaten« wird anbefohlen durch die »Königliche Verordnung über die Erscheinung und den Verkauf der neuen

Gesetzsammlung«,

Potsdam, den 27. Oktober 1810, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Hardenberg (Druck Gesetzsammlung 1810, Nr. 1, S. 1 f.) Die Sammlung wurde bis zu einem Gesetz v o m 14. April 1806 rückgeführt. 6

Siehe Nr. 176.

169. Immediatbericht der Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 13. November 1809 ZSTA

Merseburg, Geheimes

Zivilkabinett,

Rep. 2.2.1.

Nr. 24729

Bl. 34:

Ausf., gez. Altenstein, Dohna (alt: Rep. 89 A L 2).

Vorschläge für eine beschleunigte Einführung der geplanten

Einkommensteuer

»Ob die auf die Einsassen des Breslauschen Kreises repartierten Beiträge zu den durch den Krieg verursachten Auflagen in dem Grade unverhältnismäßig und drückend sind, als in der von E . K . M. uns gnädigst zugefertigten hierbei zurückgehenden Eingabe vom 30. September d. J. 1 geschildert worden ist, läßt sich in Ermangelung eines zuverlässigen Maßstabes jetzt noch nicht beurteilen. In dem über die von den Gutsbesitzern der schlesischen Fürstentümer Schweidnitz und Jauer bei E . K . M. unter dem 4. September d. J. angebrachten Beschwerde von uns unter dem 10. desselben Monats erstatteten Bericht 2 haben wir schon Gelegenheit gehabt, ehrerbietigst zu bemerken, daß die bisherige Repartitionsart dieser Auflagen in Schlesien sehr ungleich gewesen ist. U m dabei überall jedes Mißverhältnis zu heben, haben E. K . M. bereits durch die Kabinettsordre vom 22. Februar d. J. 3 die Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer allergnädigst zu approbieren geruht, und es sind die Oberpräsidien derjenigen Provinzen, wo diese Steuer noch nicht eingeführt war, desfalls von uns angemessen instruiert worden. Nach der von dem Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten v. Massow neuerlich eingegangenen Anzeige hat derselbe zwar die ihm zur Benutzung für Schlesien kommunizierten für Ostpreußen und Litauen ergangenen Reglements und Regulative der dortigen Regierungen zu Abgebung ihrer Gutachten mitgeteilt, sonst aber noch keine weitern Vorbereitungen zur Einführung der Einkommensteuer getroffen. Damit nun ohne weitern Zeitverlust eine zweckmäßigere Repartitionsmethode in Schlesien ausgemittelt und den Prägravationsbeschwerden der dortigen

13- November 1809

473

Gutsbesitzer soviel möglich vorgebeugt werde, ist unsere Absicht, den vor einiger Zeit durch den Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten Sack bei uns zur Prüfung eingereichten Entwurf der Grundsätze 4 , betreffend die in der Kurmark einzuführende Einkommensteuer, der sehr sorgfältig erwogen ist und bei dessen Prüfung man auf allgemeine Anwendbarkeit in allen Provinzen der Monarchie Bedacht genommen hat, zu benutzen. Wir halten den bei uns geschehenen Antrag des Geheimen Staatsrats p. Sack für angemessen, den gedachten Entwurf, bevor er E. K . M. als ein zu sanktionierendes Gesetz vorgelegt werden kann, in der Kurmark wegen der Gefahr im längern Verzuge sofort als vorläufige Norm befolgen zu lassen, und sind hiernächst des un vorgreif lichen Dafürhaltens, daß es ratsam sein wird, diesen Entwurf als Interimistikum auch für Schlesien mit Vorbehalt der dort im Breslauschen und Liegnitzschen Departement etwa erforderlichen Modifikationen anzuwenden. Die Leitung dieses Geschäfts dürfte am zweckmäßigsten dem Vizepräsidenten Merckel bei der Breslauschen Regierung zu übertragen und bei dieser die Sache zuerst einzuleiten sein. Die Bittsteller werden sich bei dieser zu verheißenden Einführung der Einkommensteuer, womit schon im Laufe des künftigen Monats vorzugehen sein würde, beruhigen können, indem ihnen das, was sie nach dem neuen bessern Maßstabe etwa jetzt zuviel entrichten müssen, bei den künftigen Ausschreibungen zugute gerechnet werden wird. E. K . M. stellen wir ehrerbietigst anheim, die Bittsteller hiernach allergnädigst bescheiden zu lassen.«5 1

Immediateingabe: »Die Insassen des Breslauschen Kreises bitten alleruntertänigst um Milderung der unerschwinglichen außerordentlichen Lasten« (Ausf. mit 23 Unterschriften i. gl. Fasz. Bl. 35); sie geht laut Vermerk von K l e w i t z am 18. O k t o ber 1809 an Altenstein und Dohna zum Bericht.

3

Vgl. dazu Grabower, Preußens Steuern, S. 243.

3

Gedruckt bei Bassewitz 1809/10, S. 305 f.

4

Der Entwurf wurde im April 1809 fertiggestellt und nach eingehender Prüfung am

5

A m R a n d des obigen Berichts stehen jeweils an der Bezugsstelle eigenhändige

n . März 1810 vollzogen; vgl. Grabower, S. 249 f. Bemerkungen von Klewitz, die zusammenhängend lauten: »Noch unbekannt mit diesem Entwurf können S. M. die darin vorgeschlagenen Grundsätze zwar noch nicht als Interimistikum für die Kurmark und Schlesien Allerhöchstselbst bestätigen, vielmehr nur den beiden Ministerien die Einleitung hiernach überlassen; beruhigen jedoch die Einsassen des Breslauschen Kreises mit der H o f f n u n g zur baldigen Einführung der Einkommensteuer und erwarten deshalb fördersamst die nähern Anträge. Hiernach den 1. St[aats]m[inistern] v. Alt[enstein] und Gr[af] zu Dohna, 2. E i n sassen des Bresl[auschen] Kreises. K ö n i g s b e r g ] , 18. Nov[ember] 1809.«

474

14. November 1809

170. Oberbürgermeister, Bürgermeister etc. an den Geheimen Staatsrat Sack gez. von Gerlach 1 Berlin, 14. November 1809 ZSTA

Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 4 Bl. 37:

Abschrift.

Verweigerung der unumschränkten Vollmacht für einen städtischen und Protest gegen der Stadt nachteilige Abmachungen

Deputierten

»Ew. Hochwohlgeboren ermangeln wir nicht, auf Dero geehrtes Schreiben vom 6. d. M. 2 wegen eines von uns zum Generallandtage mit freier Vollmacht zu ernennenden Deputierten hiedurch ganz ergebenst anzuzeigen, daß, wenn die Gegenstände, welche auf dem Landtage behandelt werden sollen, uns nicht bekanntgemacht werden 3, wir uns keinesweges auf Ernennung eines Deputierten mit Vollmacht zur Abschließung dieser vorkommenden Angelegenheiten einlassen und ihn am allerwenigsten mit ganz freier und uneingeschränkter Vollmacht versehen können. Dies darf uns auch unsers Ermessens gesetzlich nicht zum Nachteil gereichen, und wenn daher bis jetzt noch unbekannte Gegenstände, welche die Stadt betreffen, auf dem Landtage zum Nachteil der Stadt abgemacht werden sollten, so glauben wir keinesweges, unbedingt daran gebunden zu sein. Wir protestieren vielmehr hiemit schon vorläufig dagegen und bemerken zugleich in Ansehung der in dem Reskripte vom 8. Oktober a. c. benannten Angelegenheiten, wobei die hiesige Stadt ein Interesse hat, daß, da kein anderer als ein mit freier Vollmacht versehener Deputierter angenommen werden soll, wir von unsern bisherigen Forderungen nichts nachlassen können, vielmehr zuförderst die fernem Propositionen zu unserer anderweitigen Erklärung darüber gewärtigen müssen.« 4 1

Auf ein Gesuch der Stadtverordneten, das auch der Oberpräsident Sack unterstützte, hatte der König durch K . O. v o m 8. Mai 1809 den Präsidenten v. Gerlach als Oberbürgermeister

der

Stadt

Berlin

bestätigt

(siehe

Bassewitz

1809/10,

S. 214 f.). 5

Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 36 v ; es ist die A n t w o r t auf die Anfrage des Berliner Magistrats v o m 25. Oktober 1809 (Abschr. Bl. 36).

3

Die Begründung Sacks hierfür lautete: »Alle Gegenstände zu benennen, die auf dem Landtage vorkommen können, ist nicht möglich, wie sich auch leicht ermessen läßt, da ich nicht voraussehen kann, was von den verschiedenen Deputierten alles zum Vortrag gebracht werden wird.«

4

Eine Antwort ergeht durch das Reskript v o m 4. Dezember 1809, siehe Nr. 175 Anm. 2.

14. November 1809

475

17z. Immediatbericht der Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Königsberg, 14. November 1809 Z S T A Merseburg, Geheimes Zivilkabinett, Rep. 2.2.1. Nr. 25337 (alt: Rep. 89 A Tit. V Bd. 3) Bl. 203: Ausf., gez. Altenstein, Dohna.

Bedenken gegen die im Kriegssteuerreglement verfügte Begünstigung des Militärs im Verhältnis zur Belastung der übrigen Stände »Da das Ostpreußische Kriegssteuerreglement vom 23. Februar 1808 1 E. K . M. allerhöchste Absicht, bei der Krieges- und Einkommensteuer dem Militär, jedoch auch bloß rücksichtlich dessen Soldes und Wartegeldes, eine Steuerexemtion zu gestatten, an sich deutlich, obgleich nur für die Provinzen Ostpreußen und Litauen, ausgesprochen hatte, so konnten wir, als derselbe Gegenstand auch in andern Provinzen und namentlich in der Kurmark zur Sprache kam, uns nichts anders als die Festsetzung jenes Reglements zur Richtschnur dienen lassen und haben also auch dort die Steuerfreiheit des Militärsoldes und der Militärwartegelder als Grundsatz angenommen, weil offenbar kein Grund vorhanden ist, das Militär jenseits der Weichsel anders als das diesseitige zu behandeln. Dies ist es, was die von E. K . M. uns zum Bericht und Gutachten allergnädigst zugefertigte und hierbei wieder zurückgehende Gegenvorstellung der Kurmärkischen Regierung vom 27. September c. 2 veranlaßt hat; die Begründung unserer von derselben angefochtenen Verfügung ist rein positiv und insofern durch das Kriegessteuerreglement vom 23. Februar 1808 gerechtfertigt. Wenn E. K. M. aber gegenwärtig über den Vortrag der Kurmärkischen Regierung und hauptsächlich also über die Frage: ob der Militärstand von der Einkommensteuer zu eximieren sei oder nicht? unser Gutachten befehlen, so können wir dies nicht anders als dahin erstatten, daß bei der absoluten Allgemeinheit, welche die eigentliche Natur der Kriegessteuern und namentlich der in deren Stelle tretenden Einkommensteuer ausmacht, die Exemtion des Militärstandes rücksichtlich seiner Besoldung und resp. Wartegelder unserer Ansicht nach wirklich nicht rationell begründet und folglich die Aufhebung dieser Exemtion, welche dann aber auch namentlich für Ostpreußen und Litauen mit geschehen müßte, sehr zu wünschen sei. Denn allerdings ist die Begünstigung eines Standes, da wo alle leiden, anormal und wird dem großen Publikum um so leichter gehässig, als es insbesondere als hart auffällt, daß auch der Offizier in allen Graden und selbst der vornehmste Offizier von seinem ansehnlichen Einkommen nicht steuert, wenn doch der geringste Bürger und der unterste Zivilbeamte nicht verschont wird. Um so viel, als das Militär durch diese Begünstigung gewinnt, wird notwendig das übrige Publikum prägraviert, und diese Prägravation würde sich da, wo die Einkommensteuer nach Verschiedenheit der Totalhöhe des Einkommens der Individuen in verschiedenen Prozentsätzen erhoben werden sollte, noch verdoppeln, indem alsdenn das Militär nicht allein mit seinem Solde und resp.

476

14. November 1809

Wartegeld frei ausgehen, sondern auch noch sein übriges Vermögen nach geringem Prozentsätzen als jeder andere von gleichem Toia/einkommen versteuern würde. E. K. M. stellen wir also alleruntertänigst anheim: die in dem Kriegessteuerreglement vom 23. Februar 1808 festgesetzte Exemtion des Militärstandes rücksichtlich seines Soldes und Wartegeldes von der Einkommensteuer gänzlich aufzuheben, alsdenn sich auch in Rücksicht aller übrigen Provinzen jede Beschwerde über diese Exemtion von selbst erledigen würde. Ein eigentlicher Grund, zum wenigsten die untern Grade der Militäpersonen von der gedachten Steuer zu eximieren, ist zwar ebensowenig vorhanden, indem ihnen alle Ermäßigungen und Begünstigungen, welche die Einkommensteuerreglements dem geringen Einkommen überhaupt und namentlich dem Einkommen aus Besoldungen gestatten und resp. noch gestatten werden, ohnehin zustatten kommen und ihre Besteuerung also an sich äußerst geringfügig sein würde: inzwischen überlassen wir es E . K . M. allerweisestem Ermessen, doch auch für den Fall, daß Allerhöchstdieselben die Exemtion der untern Militärpersonen aufrechterhalten wissen wollen, wenigstens dieselbe in Absicht des Offiziergra.des allergnädigst aufzuheben. Hiernach unterwerfen wir die Entscheidung lediglich E. K. M., würden jedoch eventualiter selbst denn, wenn Allerhöchstdieselben es ganz bei der Festsetzung des Kriegessteuerreglements vom 23. Februar 1808 zu belassen geruhen wollten, den letzten Antrag der Kurmärkschen Regierung: alsdenn auch die Zivilbeamten und Pensionärs einer gleichen Begünstigung zu würdigen, nicht unterstützen können, weil mit der Zahl der Exemtionen nur die Prägravation der belasteten Stände und folglich die Beschwerdeführung von deren Seite zunehmen würde.«3 1

2 3

»Reglement, das Kriegsschuldenwesen der Provinz Ostpreußen und Litauen und der Stadt Königsberg insbesondere betreffend«, Königsberg, 23. Februar 1808, gez. Friedrich Wilhelm, Schroetter, Stein, Schroetter II (Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 27, S. 193 ff.); Bearbeitung in R M Stein I, Nr. 122, S. 397 ff. Ausfertigung, gez. 8 Unterschriften, u. a. Vincke, i. gl. Fasz. Bl. 206. Auf gleichem Blatt eigh. Anweisung von Klewitz für die Antwort an Altenstein und Dohna sowie an die Kurmärkische Regierung, Königsberg, 20. November 1809. Die Konzepte der K. O. an Altenstein und Dohna und das Immediatreskript an die Kurmärkische Regierung, gez. Klewitz, stehen auf Bl. 208. Darin wird die Exemtion des Militärs beibehalten mit Rücksicht auf seine »individuelle Bestimmung« und »seine beabsichtete öftere Ortsveränderung«. Eine Ausdehnung der Exemtion auf Zivilbeamte und Pensionäre wird aus Gründen der Vermehrung der Prägravation der belasteten Stände abgelehnt.

15- November 1809

477

172. »Votum über den Entwurf des Herrn Staatsrats Koehler zu einer ländlichen Gemeinde- und einer ständischen Verfassung« 1 Königsberg, 15. November 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 3 Bd. 1 Bl. 327: Konzept Friese eigh.

Unterschiedliche Meinung über das Grundprinzip beim Aufbau der ländlichen Kommunalverfassung und Bedenken gegen einzelne Bestimmungen; Vorschläge hinsichtlich einer weiteren Bearbeitung des Gegenstandes »Sehr wahr ist es, daß der Plan zu einer angemessenen Polizeiverwaltung nicht eher projektiert werden kann, als bis die Grundzüge der ländlichen Kommunal-, der Kreis- und ständischen Verfassung feststehen. Die Entwerfung und Feststellung derselben gehört daher unstreitig zu den wichtigsten und dringendsten Operationen unserer Staatsverwaltung, um welche es itzt not tut. Der Entwurf des Herrn Staatsrats Koehler zu einer ländlichen Kommunalverfassung gründet sich durchweg auf ein Repräsentativsystem und die Analogie der Städteordnung 2 . So zweckmäßig diese zu einer städtischen Gemeindeverfassung auch sein mag und so wenig ich es bestreiten will, daß einzelne Bestimmungen daraus auch für das platte Land mit Nutzen angewandt werden dürften, so kann sie doch meines Erachtens nicht die Grundlage zu einer ländlichen Gemeindeverfassung abgeben. Die Verhältnisse in den Städten sind noch 3 so wesentlich und in so vielfachem Betracht von denen auf dem platten Lande verschieden, daß man unmöglich einerlei Grundsätze bei Bildung der Kommunalverfassung für beide annehmen kann. In den Städten zwingt die Natur der Sache, und ich möchte sogar behaupten: die absolute Notwendigkeit, die Einwohner in eine Gemeinde zusammen, und solange es Städte gibt, sind sie daran gewöhnt. Es gibt da keine gutsherrlichen Rechte, keine solche Abhängigkeit einzelner Einwohner voneinander als auf dem platten Lande. Der Kulturzustand der Einwohner ist nicht so gifell verschieden, das Grundeigentum bei weitem 4 nicht so ungleich verteilt. W o findet man in beiderlei Hinsicht eine solche Verschiedenheit in den Städten, als wenn man auf dem platten Lande den Besitzer einer Herrschaft auf die eine und den Besitzer einer Dorfskate auf die andere Seite setzt? — Es gibt unter den Einwohnern in den Städten kein so entgegengesetztes, sich widersprechendes Interesse als auf dem platten Land. Auch das soziale Verhältnis und die verschiedenen daraus entspringenden Berührungspunkte sind ganz anders. Die Verschiedenartigkeit der Gewerbe mag ich nicht einmal in Anrechnung bringen, da es klar ist, diesen Unterschied allmählich aufzulösen. E s ist ferner die Notwendigkeit gleichfalls und allein, welche in den Städten die Einführung einer Repräsentation zur Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten gebietet, weil es unmöglich ist, alle Bürger daran teilnehmen zu lassen. Auf dem platten Lande waltet aber keine solche Notwendigkeit ob. Nur die Einwohner einer und derselben Ortschaft sind in einer ähnlichen Lage.

478

15- November 1809

Gerade der begüterte und bis itzt der Regel nach doch auch der gebildetste Teil der Landbewohner — der größere Gutsbesitzer — steht gegenwärtig ganz selbständig da. Warum soll er nun mit seinen Nachbarn in eine Gemeinschaft gebracht werden, die, werde sie auch noch so schonend organisiert, doch immer sehr viel 5 Gehässiges hat? zumal keine absolute Notwendigkeit solches gebietet. Warum soll er sich dem Zufall preisgegeben sehen, daß die Verwaltung des Kommunalinteresses seiner Besitzung 6 in fremde Hände komme, da er solches doch selbst verwalten kann? —7 Gemeinde und Gemeinheit sind allerdings an sich zwei verschiedene Begriffe; allein jener läßt sich ohne dieser nicht gedenken, und von 8 jeder Gemeinde ist unzertrennbar eine Gemeinheit, denn sonst gäbe es kein Gemeinwesen zu verwalten. Auch der Bauernstand möchte mit der vorgeschlagenen Gemeindeverfassung schwerlich zufrieden sein. Der Bauer ist bis itzt von jeher daran gewöhnt, in seinen Dorfsangelegenheiten überall selbst mitzureden, und in den Gegenden, wo er nicht mehr auf der untersten Stufe der Kultur steht, setzt er — und mit vollem Recht — einen hohen Wert auf diese Befugnis. E r wird sich schwer sie nehmen lassen und gegen die neue Einrichtung um so stärker eingenommen werden, als sie von den Kreis- und Landtagen ihn beinahe ganz ausschließt. Erst bei der Kreisverfassung und den Provinzialständen tritt eine notwendige Genossenschaft der verschiedenen Landbewohner ein, und von da ab wird in Hinsicht des platten Landes ein Repräsentativsystem erst notwendig. Bei dieser Verschiedenheit unserer Meinung in Absicht des Grundprinzips, auf welches die ländliche Kommunalverfassung gebaut werden kann, würde es überflüssig sein, in das Detail des Entwurfs weiter einzudringen, und ich begnüge mich daher bloß mit der Bemerkung, daß ich auch da mehrere einzelne Bestimmungen für sehr bedenklich halte, insonderheit den § 14, 24, 30, 3 1 , 45, 46, 47, 60, 61, 108, 147 ec. Die Verordnung wegen der ständischen Repräsentation basiert sich gänzlich auf die vorgeschlagene ländliche Kommunalverfassung und ändert sich natürlich gleichfalls, sobald bei dieser eine andere Basis angenommen wird. Doch bin ich dabei in zwei Hauptprinzipien schon nicht einverstanden: a) scheint es mir nicht ratsam, die Ansässigkeit zur notwendigen Bedingung der Kreis- und Landtagsfähigkeit zu machen; auch scheint mir das erforderliche Einkommen dabei zu hoch angenommen zu sein. Man schließt dadurch viele Subjekte aus, welche sehr nutzbar sein würden, namentlich fast den ganzen Gelehrtenstand und sämtliche Pächter, bei welchen letztern man nicht selten gebildetere Subjekte antrifft als bei den Gutsherrn selbst. Es scheint mir obige Bedingung auch mit dem Prinzip der Gleichheit der staatsbürgerlichen Rechte nicht übereinzustimmen. b) Zur Verwaltung des Kommunalinteresses brauchen wir eigentlich bloß Kreisstände. Selbst die Provinzialstände wären 9 dazu nicht notwendig, wenn nicht temporelle Bedürfnisse der Gegenwart, wie z. B. das Kriegsschuldenwesen, in einigen Provinzen dazu anrieten. Reichsstände gebrauchen wir für diesen Zweck aber gar nicht; ihre Tendenz kann nur die Gesetzgebung sein. So innig ich nun die Notwendigkeit von Reichsständen anerkenne, wenn die — leider

15. November 1809

479

noch nicht genug erkannten — inneren Gebrechen unseres Vaterlandes geheilt werden sollen, und so vereinbar ich ferner die Organisation von Reichsständen mit der Grundverfassung unseres Staats halte, ebenso notwendig scheint es mir darum zu sein, die Reichsstände nach ganz andern und höheren Gesichtspunkten zu konstruieren als die Provinzial- und Kreisstände, und der Nutzen dürfte verfehlt werden, wenn man das nämliche System überall durchführen wollte. Ich schlage nun gehorsamst vor: daß zuvörderst mit Zuziehung der Gesetzgebungssektion das Grundprinzip, von welchem man bei der Sache ausgehen könne, in Beratung genommen und von E. Exz. entschieden werde. Zu dem Ende scheint es mir zweckmäßig, daß E. Exz. geruhen, eine Kommission aus beiden Sektionen zu ernennen, welche die bisherigen Verhandlungen durchgehe und den Vortrag zu einer Hauptkonferenz vorbereite. Meine übrigen Geschäfte haben es mir nicht gestattet, meine Ansichten über die Sache vollständig zu ordnen und zu Papier zu bringen. Auch muß ich geradehin gestehen, daß ich beider Vielseitigkeit des Gegenstandes mit mir selbsten über einige Hauptpunkte noch nicht einig bin. Ob folgende Ideen daher der Beachtung und weiteren Bearbeitung wert sind, stelle ich ganz gehorsamst anheim: 1 . Jede Ortschaft des platten Landes, die bisher nöch mit keiner andern in einer Kommunalverbindung gestanden hat, bildet für sich eine Gemeinde. 2. Die Ortschaft ist entweder a) ein Vorwerk — ein einzelnes für sich bestehendes und einem Herrn zugehöriges Grundstück b) oder ein Bauerndorf —10 c) oder es befinden sich Besitzungen beiderlei Art darin. 3. Im ersten Fall — (2 a) — verwaltet der Gutsbesitzer das Kommunalinteresse allein 11 , natürlich mit Beobachtung des Rechtsverhältnisses, in welchem er gegen die Ortsbewohner steht. 12 (Inwieweit es den Dorfbewohnern nachgegeben werden kann, unter sich Gemeinden zu bilden, kann bloß in polizeilicher Hinsicht in Betrachtung kommen.) 4. Auf die Qualität des Vorwerks kommt es dabei nicht an, und als Gutsbesitzer ist hier jeder zu betrachten, dem ein erbliches irrevocables Besitzrecht auf das Vorwerk zusteht. (Mithin gehören die einzeln belegenen 13 Köllmischen Güter, die Erbpachtsvorwerker pp. gleichfalls in diese Kategorie.) 5. Im zweiten Fall — (2 b) — nehmen an der Kommunal Verwaltung ihres Orts 14 sämtliche Gemeindeglieder teil, jedoch der gutsherrlichen Rechte unbeschadet. 6. Im dritten Fall — (2 c) — kommt es darauf an, ob ein gutsherrliches Verhältnis zwischen dem Vorwerksbesitzer und den Bauern stattfinde oder nicht. 7. Ist jenes, so verwaltet der Gutsherr gleichfalls die Kommunalangelegenheiten allein, wenn die Bauern bloß ein temporelles Besitzrecht haben 15 . Haben sie aber ein erbliches und irrevocables Besitzrecht, so steht es ihnen frei, auf Separa-

480

15. November 1809

tion mit dem Gutsbesitzer anzutragen und die Verwaltung ihrer Kommunalangelegenheiten selbst zu übernehmen. 8. Findet in dem gedachten Fall — (2 c) — kein gutsherrliches Verhältnis statt, so ist der Vorwerksbesitzer gehalten, in eine Gemeindeverfassung mit den übrigen Ortseinwohnern zu treten 16 , wofern sein Vorwerk nicht von der Bedeutung ist, daß ihm davon eine Zivilstimme bei den Wahlversammlungen zu den Kreisverordneten zusteht. Ist dieses, so steht es ihm frei, eine eigne Gemeinde zu bilden. 17 9. Haben mehrere Ortschaften zeither schon in einer Kommunalverbindung gestanden, so bleiben sie darin. 10. Einzelne Krüge, Mühlen pp., überhaupt kleinere detachierte Grundstücke, die sich nicht als Vorwerker betrachten lassen, werden den nächsten Gemeinden einverleibt. 18 1 1 . Diese verschiedenen Verhältnisse dürften bei Organisation der ländlichen Kommunen zu unterscheiden, auch in den Fällen zu 5 und 7 die Grenzlinie der gutsherrlichen Rechte in Beziehung auf die inneren Kommunalverhältnisse des Orts gehörig festzustellen sein. Ist die Ortschaft zu groß, so kann sie auch in mehrere Gemeinden geteilt werden. Dies scheint mir besser zu sein, als bei den ländlichen Gemeinden eine Repräsentation einzuführen. Auch würde ich in Absicht der Art, wie zeither die Gemeinelasten an jedem Orte getragen werden, nichts ändern. Es würde zu weit führen, wenn alle Gemeinden ihre Statuten einreichen sollten. 12. Eine Gemeinde, welche befugt ist, einen Deputierten zu den Wahlen der Kreisstände 19 abzuschicken, heißt eine Landgemeinde und der Deputierte Landverordneter. 20 13. Nur Gemeinden von einer gewissen Größe, deren Mitglieder ihre Grundstücke eigentümlich oder doch wenigstens zu erblichen irrevocablen Rechten besitzen, haben diese Befugnis. 14. Gemeinden, welche zwar nicht das erste, aber das zweite Erfordernis haben, können sich untereinander assoziieren. 15. Von Gemeinden, die dem gutsherrlichen Verhältnis gegen einen Privatmann unterworfen sind, ist der Gutsherr als solcher der jedesmalige Landverordnete, es wäre denn, daß die an dem Orte befindlichen eigentümlichen und erblichen Grundbesitzer in ihrer Gesamtheit schon die zu 17. erforderliche Größe konstituierten, in welchem Fall diese Befugnis haben, sich einen Landverordneten zu wählen. 16. Einzelne Grundeigentümer oder erbliche Besitzer in adligen Gütern können von der Befugnis zu § 14 gleichfalls Gebrauch machen. 17. Den Maßstab zu der Größe (§ 13) würde ich nach der Bevölkerung bestimmen, jedoch nicht unbedingt, sondern in der Art, daß nach ökonomischen Grundsätzen ein möglichst zutreffendes Verhältnis derselben bei Bauern- und Vorwerksländereien ausgemittelt und darnach die Stimmfähigkeit bestimmt werde. Mittelt es sich dabei z. B. aus, daß unter gleichen Voraussetzungen die Population in Bauerdörfern gegen die auf Vorwerkern der Regel nach 2 zu 1 sich verhalte, so würde, wenn man ein Bauerndorf von 100 Seelen zu einer Landgemeinde konstituierte, jeder Besitzer eines Vorwerks eine Zivilstimme haben, auf welchem wenigstens 50 Seelen sich aufhielten. 21

15. November 1809

481

18. Zum Landverordneten kann jedes Mitglied einer Landgemeinde gewählt werden, in den Fällen, wo es nicht der Gutsherr selbst ist. 19. In jedem Kreise wird das platte Land nach Verhältnis der Größe und Bevölkerung in mehrere Wahlbezirke geteilt. Jede Stadt bildet für sich einen Wahlbezirk. 22 20. Drei Vierteile der für jeden Kreis nach der Population angenommenen Zahl von Kreisständen 23 werden auf die einzelnen Wahlbezirke und bei dem platten Lande wieder nach dem Prinzip zu 17. auf die Gutsbesitzer und bäuerlichen Landgemeinden repartiert. 21. Die Gutsbesitzer wählen für sich ihre Zahl, die bäuerlichen Landverordneten desgleichen, die Städte desgleichen. 22. Zum Kreisstand 24 ist jeder Gutsbesitzer wahlfähig, der eine Zivilstimme in der Wahlversammlung hat; desgleichen jedes Mitglied einer Land- oder Stadtgemeinde, welches ein Einkommen von wenigstens 300 rt. hat; außerdem aber auch jeder andere Einwohner des Kreises, dem in moralischer Rücksicht keine Land- oder Stadtgemeinde die Mitgliedschaft verweigern könnte und der ein Einkommen von 500 rt., sei es aus Grundstücken oder im erlaubten Gewerbe, hat. Bei Pächtern von Vorwerkern, deren Besitzer eine Zivilstimme haben, bedarf es dieses Nachweises nicht. 23. Die Wahl geschieht auf dem platten Lande in jeder Klasse § 21 unter Vorsitz des Kreisdeputierten nach der Stimmenmehrheit, in den Städten von den Stadtverordneten. 24. Die erwählten 3/4, § 20, wählen, wenn sie durch den Landrat oder Kreisdirigenten zu einer gemeinschaftlichen Versammlung 25 konstituiert sind, sich das letzte 4/4 nach der absoluten Stimmenmehrheit zu. Es kommt dabei auf die § 21 bemerkten Klassen gar nicht weiter, sondern bloß die § 22 bestimmten Eigenschaften an. Die Kreisversammlung kann jedoch eher keine Beschlüsse außer der Wahl fassen, bis das 1/4 eingetreten ist. 25. Die Stände jedes Kreises 26 wählen 3 Deputierte zu den Provinzialständen nach der Stimmenmehrheit. Es kommt dabei auf Stand, Wohnort, Klasse ec. nicht weiter an. 27 26. Wahlfähig zum Provinzialstand ist jeder Gutsbesitzer, der bei der Wahlversammlung § 21 eine Stimme hat, und jedes Mitglied irgendeiner Stadt oder Landgemeinde, welches ein Einkommen von 500 rt. hat; außerdem bei einem Einkommen von 800 rt. jeder andere Einwohner der Provinz, der die Eigenschaften § 22 besitzt.28 27. Es ist nicht notwendig, daß der Gewählte in dem Kreise wohne oder angesessen sei, von welchem er gewählt wird, nur in der Provinz muß er wohnen. 28. Die Eigenschaft eines Kreis- und Provinzialstandes ist sehr gut vereinbar. 29. Hält man die nach § 25 herauskommende Zahl von Provinzialständen nicht für hinreichend, so kann die Versammlung selbst sich wie in § 24 komplettieren. 30. Sowohl die Landverordneten als die Kreis- und Provinzialstände sind durchaus selbständig, können ganz nach ihrer eignen Einsicht wählen und handeln, ohne ihren Konstituenten verantwortlich zu sein. 3 1 . Die bäuerlichen Landverordneten werden nur für jedesmal, die Kreis- und Provinzialstände aber auf drei Jahr[e] gewählt.29 32. Von den letzten beiden scheidet alle Jahr 1fa aus, in den ersten beiden Jahren

482

15- November 1809

nach dem Los, in den folgenden nach Ablauf der Zeit. Die Ergänzung geschieht jährlich gleichfalls in der oben bestimmten Art: 20, 24, 25 und 29. 33. Die Kreis- und Provinzialstände vertreten nur das Ganze, keine einzelne Kommune, keinen Bezirk oder Stand. 34. Die Provinzialstände wählen die ständischen Repräsentanten bei den Regierungen, welche ihren engern Ausschuß bilden. 35. Gültige abgefaßte Beschlüsse der Provinzialstände verbinden die ganze Provinz; ebenso die Beschlüsse der Kreisstände die Einwohner des Kreises. 36. Bei der großen Ungleichheit in Absicht der Beitragspflichtigkeit zu öffentlichen Lasten, bei der immer noch sehr mangelhaften Gewerbefreiheit und hauptsächlich bei unserm unvollkommenen Steuersystem wird man indessen für itzt die Bestimmung des Repartitionsprinzips bei vorkommenden Kommunal-, Kreis- und Provinziallasten wohl noch nicht ganz der Bestimmung der Stände überlassen können, ohne ihnen dabei wenigstens sehr bestimmte Normen zu setzen. Auch wird es sich durchaus nicht vermeiden lassen, daß in einigen Kreisen die Städte, in andern die Gutsbesitzer, in andern die bäuerlichen Landgemeinden das Ubergewicht haben werden, und so sehr man den Ständen auch ihren hohen Beruf, daß sie nur das Beste des Ganzen mit Beobachtung des Rechtsprinzips vor Augen haben sollen, vorhalten möchte, so wird ihr Einzeln-Interesse doch immer einen sehr großen Einfluß auf ihre Ansichten und Meinungen behaupten. Vielleicht würde es daher nützlich sein, wenn man festsetzte: daß in jeder Angelegenheit, wo Stadt und Land oder der Gutsbesitzer und die bäuerlichen Landgemeinden in Kollision kommen, die Kreisund Provinzialstände einen Ausschuß, wo jede der in Kollision kommenden Klassen eine völlige Stimmengleichheit hat — (jede Klasse etwa 3 bis 5) —, aus sich zu wählen und diesem Ausschuß ihre Funktion zu delegieren verpflichtet wären, daß die Beschlüsse des Ausschusses zwar im Plenum vorgetragen und diskutiert werden müßten, jedoch, wenn das Plenum mit der Majorität des Ausschusses sich nicht vereinigen könne, die Entscheidung den Regierungen und dem Befinden nach dem Ministerium des Innern zu überlassen sei.« 1 J 3 4 5 6 7

8 9

Siehe Nr. 1 5 5 . Vom 19. November 1808, siehe R M Stein III, Nr. 319, S. 1038 ff. »noch« von Friese zwischengeschrieben. »bei weitem« von Friese zwischengeschrieben. »sehr viel« von Friese verbessert statt »etwas«. »seiner Besitzung« von Friese am Rande hinzugeschrieben. Neben diesem Abschnitt von Friese: »Note: Ich rede hier bloß in Beziehung auf Kommunal-, nicht auf Polizeiverfassung. Bei der letztern ist die Sache allerdings anders, wiewohl ich auch da eine unbedingte Konsolidation nicht für notwendig, selbst bei der dermaligen Lage der Dinge kaum für rätlich halte. Ich verkenne übrigens die Vorzüge der vorgeschlagenen Kommunalverfassung keinesweges. Ich wünschte sogar, daß wir schon so weit wären, sie einführen zu können; allein rebus sie stantibus kann ich dafür noch nicht stimmen.« »von« verbessert statt »in«. »wären« verbessert statt »sind«.

13- November 1809

483

10 Daneben von Friese: »Note: Unter Bauerndorf ist von mir hier jede Ortschaft verstanden, die von kleineren Ackerwirten, Häuslern pp., kurz von solchen Grundbesitzern bewohnt wird, von deren Besitzung sich keine als ein Vorwerk betrachten läßt.« »Quaer[itur], was macht man mit den Fischerdörfern am H a f f e oder gar auf den Nehrungen, die noch von Halbwilden bewohnt werden, desgleichen mit den [unleserliches Wort] in Westpreußen?« 11 Lautete ursprünglich: »Im ersten Fall — (2a) — wird der Gutsbesitzer das Kommunalinteresse in Beziehung auf benachbarte Ortschaften allein wahren«. 12 »natürlich m i t . . . steht« von Friese am Rande ergänzt. 13 »einzeln belegenen« von Friese am Rande ergänzt. 14 »ihres Orts« von Friese am Rande ergänzt. 15 Lautete ursprünglich: »wenn es bloße Zeitpachtsbauern sind, überhaupt wenn sie [...]«. 16 Daneben von Friese: »Note: In Westpreußen ist dieser Fall sehr häufig.« 17 Daneben von Friese: »Note zu 8. und 3. Ich weiß es sehr gut, daß der Ausdruck: Gemeinde bei einem einzelnen Vorwerk sehr uneigentlich gebraucht ist, und ich habe ihn auch bloß der Kürze wegen gewählt. Insofern auf diese Vorschläge weiter eingegangen wird, ist ein passenderer Ausdruck zu substituieren.« 18 Daneben von Friese: »Unter Vorwerk versteht man gewöhnlich ein solches Grundstück, wo die Aufsicht über die Wirtschaftsführung allein den Besitzer beschäftigt und ernährt, wo er also, um zu bestehen, nicht mehr mitarbeiten darf.« 19 »Kreisstände« verbessert statt »Kreisverordneten«. 20 Daneben von Friese: »Gemeinde ist hier in der dreifachen § 1 und 2 vorausgesetzten Bedeutung genommen.« 21 Neben diesem Abschnitt von Friese: »Die Bevölkerung scheint mir zwar nicht der wichtigste, aber der einfachste Maßstab zu sein, und bei jedem andern treten ungleich mehrere Schwierigkeiten ein. Auf eine ganz genaue Gleichheit kommt es ohnehin bei der Sache nicht an, und es läßt sich auch quoad materiam sehr vieles für die Bevölkerung sagen. Quaer[itur], ob die Zahl der Deputierten und bei den Vorwerksbesitzern die Zahl der Stimmen im Verhältnis der größeren Bevölkerung steigen soll? — Wird mein Vorschlag, daß die Gutsbesitzer für sich und die Bauern auch f ü r sich wählen, angenommen, so würde ich die Frage verneinend, sollen sie aber zusammen wählen, bejahend entscheiden.« 22 Am Rand von Friese: »Zu 19. Hiedurch wird auch die Pol[izei]-Einrichtung erleichtert. Man darf sich ferner bei der Kreisabteilung nicht mehr so genau an die Kirchspiele binden und kann viel regulärere Kreise bilden«. 23 »Kreisständen« verbessert statt »Kreisverordneten«. 24 »Kreisstand« verbessert statt »Kreisverordneten«. 25 Am Rande verbessert statt »zu einer Kreisversammlung«. 26 Verbessert statt vermutlich »die Kreisstände«. 27 Daneben von Friese: »Die Kreis-, auf jeden Fall die Provinzialstände würden wegen ihrer Reisen wohl hinreichend entschädigt werden müssen.« 28 Daneben von Friese: »Wünschenswert wäre es, wenn man den Gelehrten als solchen die Wahlfähigkeit zu Provinzialständen einräumte, ohne auf ihr Einkommen zu sehen.« 29 Am Rande dazu von Friese: »Man könnte auch der Versammlung der Landverordneten einen größern Würkungskreis außer den Wahlen einräumen, und dann würden die bäuerlichen Landverordneten gleichfalls auf 3 J a h r e zu wählen sein. Doch würde ich sie bloß zur Ausführung und Subrepartition gebrauchen und ihnen keinesweges die Befugnis einräumen, für ihren Bezirk Beschlüsse zu geben.« 32

Stein/Hardenberg

484

17. November 1809

173. Votum des Ministeriums des Innern zu der Kabinettsorder vom 30. Oktober 1809 über die künftige Verfassung der französischen Kolonie 1 Königsberg, 17. November 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 83 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 102: Konzept eigh. u. gez. Friese, gegengez. Dohna.

Übergabe der Geschäfte der aufzulösenden Koloniebehörden Finanzangelegenheiten

und Regelung ihrer

»Es kommt jetzt auf folgende Gegenstände an: I. Die Auflösung der französischen Koloniebehörden II. Die Überweisung ihrer Geschäfte an die ordentlichen Behörden III. Die Unterbringung oder Pensionierung der bei ersteren angestellt gewesenen Offizianten und IV. Die Regulierung des Etatswesen für die Kolonie rücksichts der ihr aus Staatskassen zu gewährenden Zuschüsse. Die Ausführung hierüber 1. in Ansehung des französischen Revisionstribunals, Obergerichts und der Koloniegerichte in den Provinzen sowie die Anstellung der Friedensrichter dürfte des Herrn Großkanzlers Exzellenz unter dem Vorbehalt der nötigen Kommunikation zu überlassen sein, insofern im Verfolg der Sache Gegenstände vorkommen, bei denen es der Konkurrenz des Ministeriums des Innern oder des der Finanzen bedarf. 2. Ebenso gehört die Ausführung in Absicht des französischen Oberkonsistoriums, der Konsistorien in den Provinzen und der französischen Schulanstalten vor die Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts, welcher solche unter einem gleichen Vorbehalt um so mehr zu überlassen sein wird, als durch eine deshalb an sie ergangene besondere Kabinettsordre die Sache schon vorbereitet ist, auch die Sektion deshalb bereits Vorschritte gemacht hat. Es bleibt daher 3. noch das französische Oberdirektorium übrig. Dieserhalb dürfte nun dem Geh. Staatsrat Sack der Auftrag zu machen sein, solches aufzulösen 2 und wegen Unterbringung der Registratur das Nötige zu regulieren. Dem Oberdirektorium wird dieses, was überhaupt von des Königs Majestät rücksichts der künftigen Verhältnisse der Kolonie festgesetzt sei, und daß solches zu 1 und 2 durch die daselbst benannten Behörden ausgeführt werden würde, mit dem Auftrage bekanntzumachen sein, davon sämtlichen Koloniegemeinden Kenntnis zu geben und sie zugleich zu unterrichten, daß sie in Beziehung auf ihre Gemeinde- und Armenverfassung den ordentlichen Behörden des Staats untergeordnet wären und in Beziehung auf Gerichts-, Kirchen- und Schulenverfassung bei Ausführung der Bestimmungen zu 1 und 2 untergeordnet werden würden. Zu II. bedarf es rücksichts des Oberdirektoriums keiner Verfügung, denn es war vorzüglich nur das Band, durch welches die einzelnen Gemeinden ein Ganzes ausmachten, und bestimmt, für die Aufrechthaltung der Kolonialverfassung

17. November 1809

485

zu sorgen, welches für die Zukunft wegfällt. Inzwischen ist es wahrscheinlich, daß das Oberdirektorium seit dem Abgange des Herrn Staatsminister v. Thulemeyer Exzellenz auch die Geschäfte des vormaligen französischen Koloniedepartements versehen hat. Hierauf wird Herr p. Sack aufmerksam zu machen sein, um eventualiter das Nötige zu veranlassen, auf jeden Fall aber die Registratur des vormaligen Koloniedepartements mit denen der übrigen aufgelösten Ministerialdepartements zu vereinigen. Zu III. ist es in Absicht der französischen Oberbehörden notwendig, die Sache gemeinschaftlich mit Zuziehung des Herrn Großkanzlers Exzellenz und der Sektion für den Kultus und öffentlichen Unterricht, selbst mit Zuziehung des Departements der auswärtigen Angelegenheiten und der Sektion für die Gewerbepolizei zu regulieren, da, wie es das vom Geh. Staatsrat Sack unterm 5. März d. J . eingereichte Tableau 3 ergibt, die bei gedachten Behörden angestellten Offizianten durchweg bei mehreren Ressorts fungieren. Es scheint daher zweckmäßig, daß diejenige Behörde, in deren Ressort die Hauptfunktion des Offizianten gehört, die Fürsorge seinetwegen übernehme, dabei aber 4 auch seine Nebenverhältnisse bei den übrigen Koloniebehörden in Erwägung ziehe, und daß demnächst der definitivfe] Beschluß darüber gemeinschaftlich gefaßt werde. Zu dem Ende wird des Herrn Großkanzlers Exzellenz, imgleichen dem Departement der auswärtigen Angelegenheiten und den beiden vorgedachten Sektionen Extrakte aus dem Tableau mitzuteilen und sie in der vorgeschlagenen Art zu ersuchen zu sein. In Hinsicht einiger Subjekte scheint die Sache schon abgemacht zu sein, als der Geh. Oberlegationsräte v. Raumer, le Coq und der Geh. Oberkonsistorialräte Erman, Ancillon sen. et jun., v. Lancizolle, worüber in dem Anschreiben Auskunft zu erbitten sein wird. Dem Oberdirektorium kann daher in der Verfügung an dasselbe auch bloß gesagt werden, daß in Absicht des künftigen Schicksals der bei demselben angestellten Offizianten das Nötige besonders verfügt werden wird, insofern solches nicht schon bestimmt worden. Das Etatswesen zu IV. betreffend, so erledigt sich die Sache nach dem Obigen von selbst, denn was a) die Besoldungen und Pensionen anbetrifft, welche den Kolonieoffizianten gegeben worden, so können erstere bei den Etats derjenigen Behörde, bei welcher die Offizianten bleiben, letztere aber bei dem allgemeinen Pensionsetat übernommen werden. b) In Ansehung der Zuschüsse, welche zeither zu den Kirchen-, Schul- und Armenanstalten und den übrigen milden Stiftungen der Kolonie aus Staatskassen gegeben worden, scheint es am zweckmäßigsten zu sein, die Sache durch die Provinzialbehörden konstatieren zu lassen, und sobald es feststeht, was für die Folge gebraucht wird und gegeben werden kann, das bewilligte Quantum in die betreffenden Provinzialetats übernehmen zu lassen. Es würden daher c) nur noch die 12 405 rt. 12 g., welche nach dem vorerwähnten Tableau 5 zu Gnadenpensionen verwandt werden, und die extraordinaire aus der Dispositionskasse der Kolonie bewilligten 3000 rt. übrigbleiben. Da jedoch schwerlich beide Summen in Zukunft mehr gegeben werden dürften, so möchte es nur darauf ankommen, ob etwa daraus noch Pensionärs vorhanden sind, die auf die Fortdauer ihrer Pension Anspruch machen können, und was in Rücksicht derselben 32*

486

17- November 1809

zu beschließen wäre. Dieserhalb könnte dem Herrn pp. Sack der A u f t r a g gemacht werden, das Nötige bei Aufhebung des Oberdirektoriums auszumitteln. E s scheint also keines E t a t s für die Kolonie zu bedürfen; doch stellt das Ministerium des Innern seine in dieser Hinsicht gemachten Bemerkungen lediglich der Entschließung E[ines] Hochlöblichen Finanzministeriums anheim. Übrigens werden a) die betreffenden 5 Regierungen (Potsdam, Stargard, Königsberg N/M. und in Pr. und Gumbinnen) über die künftigen Verhältnisse der Kolonie zu benachrichtigen und nach Anleitung des Obigen zu instruieren, b) ein Gleiches in Absicht des Berliner Armenwesens der Kolonie an das dasige Armendirektorium zu erlassen 6 und c) sämtliche Verfügungen mit Ausnahme derer, die in Preußen bleiben, unter abschriftlicher

Mitteilung

der

Kabinettsordre 7

des

Herrn

Großkanzlers

Exzellenz 8 zur Mitvollziehung zu übersenden sein.«9

K. O. an Altenstein, Dohna und Beyme (beglaubigte Abschriften i. gl. Fasz. Bl. 99); Druck Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 92, S. 601 ff. 2 Reskript an Sack, Königsberg, 1. Dezember 1809 (Konzept i. gl. Fasz. Bl. 148). Beyme meldet Dohna am 19. März 1810, »daß die gänzliche Auflösung des bisherigen französischen Obergerichts nunmehr erfolgt ist« (Ausf., gez. Beyme, i. gl. Fasz. Bl. 136). 3 »Tableau der Verhältnisse der französischen Behörden, des Personale derselben, ihrer Besoldungen und der Fonds, woraus selbige bisher bestritten worden« (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 62), von Sack an Dohna übersandt, das Begleitschreiben vom 5. März 1809 siehe Nr. 58. 4 »die Fürsorge seinetwegen übernehme, dabei aber« am Rande ergänzt. 5 »nach dem vorerwähnten Tableau« am Rande ergänzt. 8 Konzept der Reskripte vom 1. Dezember 1809 an die Regierungen und die Armendirektion zu Berlin i. gl. Fasz. Bl. 153. 7 »der Kabinettsordre« am Rande ergänzt; es ist die vom 30. Oktober 1809, siehe Anm. 1. 8 Altenstein und Dohna an Beyme, Königsberg, 1. Dezember 1809 (Konzept, gez. Altenstein, Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 106). 9 Unter dem vorliegenden Konzept steht von Staegemanns Hand: »Das Finanzministerium findet die vorgeschlagenen Verfügungen der Allerhöchsten Kabinettsordre vom 30. v. M. in der Sache gemäß und überläßt das Weitere dem H[ohen] Ministerium des Innern«, gez. Staegemann und Altenstein. 1

174. Großkanzler Beyme an den Minister Graf zu Dohna Berlin, 17. November 1809

ZSTA Merseburg, Ministerium des Innern Rep. 77 Tit. 87 Nr. 3 Bl. 1: Ausf., gez. Beyme. Anfrage wegen weiteren Drucks der unterbrochenen

Ediktensammlung

»Der sonst jährlich erfolgte Abdruck der Ediktensammlung ist seit dem Kriege unterblieben. Nach den hiesigen A k t e n ist zuletzt dem Kammergerichtspräsidenten von Kircheisen die Zensur der in die Ediktensammlung aufzunehmenden

22. November 1809

487

Verordnungen in Justizsachen übertragen worden. Die Redaktion des Ganzen ist von der Akademie der Wissenschaften geschehen. E w . E x z . ersuche ich ganz ergebenst, mir Ihr erleuchtetes Sentiment darüber gefälligst zu eröffnen, wie es hiermit künftig zu halten sein wird, und ich bin bereit, den Präsidenten von Kircheisen anzuweisen, das Nötige zur Sammlung der in den letzten Jahren erschienenen Verordnungen in Justizsachen zu besorgen.« 1 1 Dazu Marginale von Friese: »Die Sache sei durch den Plan wegen Emanation eines offiziellen Regierungsblatts in eine ganz andere Lage gekommen und werde auf jeden Fall so lange ausgesetzt werden müssen, bis darüber etwas bestimmt sei. Fr. 7. Dezbr.«

175. Geheimer Staatsrat und Oberpräsident Sack an Minister Graf zu Dohna Berlin, 22. November 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 4 Bl. 34: Ausf., gez. Sack.

Notwendigkeit einer freien Vollmacht für Deputierte der Städte auf den Landtagen Sack berichtet über die Schwierigkeiten, die ihm bei Zusammenberufung eines Landtags der Kurmärkischen Stände zum 19. Dezember 1809 seitens des Magistrats von Berlin unter Berufung auf die Städteordnung gemacht werden, und legt die darüber geführte Korrespondenz bei. 1 Als weiteres Beispiel für die Vorbehalte bei Bevollmächtigung eines Deputierten führt er das Verhalten des Magistrats zu Ruppin anläßlich einer geplanten Versammlung ständischer Repräsentanten, »mit denen die Mittel zur Deckung der von der Kur- und Neumark gegen Frankreich garantierten 8 Millionen Taler in Überlegung genommen werden sollten«, an. »Ich darf es nicht weiter erörtern, daß alle ständischen Versammlungen das Zweckloseste auf der Welt sein müßten, wenn jede repräsentierte Kommune ihren Deputierten bloß dahin bevollmächtigen wollte, daß er bloß über solche Dinge, die vorher in der Kommune selbst bestimmt beschlossen worden, die Meinung derselben der Versammlung vortragen — über alle nicht vorher in seiner Kommune concludierten Sachen aber gar kein entscheidendes Votum haben sollte. Man könnte, wenn dies zur Regel würde, die Kosten der Landtage füglich sparen und alle einzelnen Meinungen der Kommunen per circulare einholen. Dabei fiele aber natürlicherweise der ganze Vorteil des Austausches der Ideen, der mündlichen Erörterung und Überzeugung weg, und fast nie dürfte über wirklich zweifelhafte Sachen ein wirkliches Conclusüm zustande kommen. Sollen einmal die einzelnen Kommunen einer Provinz auf gemeinschaftlichen Landtagen das gemeinsame Beste überlegen und gemeinsame Einrichtungen treffen, so müssen notwendig Männer zu Deputierten gewählt werden, die das

488

22. November 1809

volle Vertrauen ihrer Kommittenten besitzen, und diese müssen dann auch mit freier Vollmacht ihrer Uberzeugung gemäß das Beste zum gemeinsamen Wohl — verbindlich für ihre Kommittenten — beschließen. E s gehen schon jetzt und immerfort bis zur Eröffnung des Landtages allerlei Anträge zur Diskussion auf dem Landtage ein. Auf dem Landtage selbst werden von einzelnen Deputierten Gegenstände zur Diskussion gestellt. Unmöglich ist es daher, alle auf dem Landtage zu besprechenden Gegenstände den sämtlichen corporibus vorher zu benennen, um ihre Deputierten darauf instruieren zu können, und wäre dies auch möglich und dürfte dann kein Deputierter von seiner Instruktion nur im mindesten abweichen — so käme doch nie eine Vereinigung aller oder nur der mehrsten Deputierten zustande. Ein solches System kann daher, solange überhaupt noch Landtage von Repräsentanten der einzelnen Kommunen stattfinden, schlechterdings nicht angenommen werden. Jede Stadt in specie muß — ebensowohl wie ihre Stadtverordneten mit freier Vollmacht gewählt sind und ihre Richtschnur nur in ihrem besten Wissen und Gewissen haben — aus dem Magistrat allenfalls mit Beitritt der Stadtverordneten Deputierte zu den Landtagen erwählen, die mit freier Vollmacht die Repräsentation des Magistrats und der Stadtverordneten in sich vereinigen und für ihre Kommunen überlegen, votieren und beschließen können. Ew. Exzellenz bitte ich, hierüber ein für allemal und so schleunig wie möglich eine Generalbestimmung ergehen zu lassen und mir mitzuteilen, damit der Nutzen des nächsten hieher ausgeschriebenen Landtages nicht durch die Bedenklichkeiten einiger zu ängstlicher Magisträte größtenteils, wo nicht ganz verlorengehe. 2 Schließlich bitte ich, dasjenige, was auf dem am 4. kommenden] M[onats] zu Königsberg in der Neumark zu haltenden Neumärkschen und am 19. ejusd. hier zu haltenden Landtagen von Ew. Exzellenz und des Herrn Finanzministers Exzellenz zu proponieren gewünscht werden möchte, vor diesen Terminen, und zwar ersteresdirecte nach Königsberg in der Neumark mir zugehen zulassen.« 1

2

Eingabe des Magistrats von Berlin vom 25. Oktober 1809, gez. v. Gerlach (Abschr. i. gl. Fasz. Bl. 36); Antwort Sacks vom 6. November (Abschr. Bl. 36 v); abermalige Eingabe des Magistrats vom 14. November, siehe Nr. 170. A m 4. Dezember 1809 ergeht ein Reskript an den Magistrat zu Berlin mit der Forderung, »daß ein Deputierter mit uneingeschränkter Vollmacht zu dem ausgeschriebenen Landtage ernannt werden muß. Erscheint ein solcher nicht, so ist davon die Folge, daß die Beschlüsse des Generallandtags in contumaciam auch gegen die Stadt Berlin ebenso angewandt werden, als ob sie ihre Rechte gehörig wahrgenommen hätte.« Dieses Reskript wird mit Schreiben vom gleichen Tage Sack übersandt mit der Weisung, es dem Magistrat auszuhändigen und »auch den andern Magisträten, die etwa gleiche Bedenken äußern, davon Abschrift zu ihrer Belehrung zukommen zu lassen« (Konzept, gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 38).

25. November 1809

489

176. Minister Freiherr von Altenstein an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 25. November 1809 ZSTA

Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 10 B d . 1

Bl. 20: Abschrift.

Stellungnahme zu den bereits vorliegenden unterschiedlichen offizielles Regierungsblatt

Vorschlägen für ein

»Ew. p. Exz. habe ich die Ehre, auf das gefällige gestern bei mir eingegangene Schreiben vom 7. d. M. 1 über den Vorschlag des Herrn Hofrats Müller zu einem Regierungsblatt 2 und über die anderweitigen Vorschläge E w . p. und der Königlichen Sektion für die Gesetzgebung meine unvorgreifliche Meinung ganz ergebenst mitzuteilen. Ich bin mit Ew. p. darin einverstanden, daß ein offizielles Regierungsblatt von Nutzen sei. Die Vorschläge des Hofrats Müller weichen in dieser Hinsicht auch nur darin von dem Sentiment Ew. p. wesentlich ab, daß E w . pp. ad litt, b den Vorschlag der Gesetzgebungskommission aus dem Gutachten vom 20. Mart. d. J. 3 aufgenommen haben: in dieses offizielle Blatt Extrakte aus den den Gesetzen zum Grunde liegenden Verhandlungen vorsichtig aufzunehmen. Stattdessen will der p. Müller den halboffiziellen Teil des Amtsblatts für die Erläuterung und Begründung der Gesetze und Verordnungen bestimmen (N. 1). Ich bin der Meinung, daß in das offizielle Blatt keine E x t r a k t e aus den Verhandlungen über die Gesetze aufgenommen werden müssen, weil es nicht geschehen kann, ohne den Zweck darzustellen, daß die Regierung die Gesetze motivieren und gegen die Untertanen rechtfertigen wolle, und weil, wenn nur Extrakte, nicht vollständige Verhandlungen mitgeteilt werden, das Vertrauen mehr vermindert als befestiget wird. E w . p. sind hiernächst der Meinung, daß die Redaktion dieses Blatts füglich nur bei der Gesetzgebungssektion sein könne. Erlauben mir E w . p., meine Gegengründe anführen zu dürfen. a) Insoweit bloß von einem Abdrucke der Gesetze, Verordnungen die Rede ist (litt, a und e der Vorschläge Ew. p., No. 1 des Müllerschen Aufsatzes), scheint es mir unter der Würde der Gesetzgebungssektion, das A m t eines Korrektors zu verrichten. Denn mehr ist in dieser Beziehung nicht nötig. b) Bei Anfertigung der Extrakte aus den Gesetzesverhandlungen würde sie von Nutzen sein, da ich aber die Bekanntmachung solcher Extrakte für schädlich halte, so würde ihre Einrichtung auch hier nicht erforderlich sein. c) Nachrichten zu sammeln, die ein allgemeines Interesse haben (litt, c, letzter Absatz litt, d; N. 3,4), ist ebensowenig eine der Gesetzgebungssektion würdige Beschäftigung und entzieht sie unnötig ihrem Beruf. d) Sobald das A m t des Schriftstellers eintritt, ist die Gesetzgebungssektion nicht an ihrem Platz. Sie taugt zur Schriftstellerei nicht, damit sie sich nicht gewöhne, aus ihrem kalten und nüchternen Charakter herauszutreten, und damit sie nicht als Schriftstellerin ein Gegenstand der Kritik werde, welches bei dem großen Haufen das Urteil über die Gesetzgebung selbst korrumpieren und ihre Amtsarbeiten sehr leicht unehrerbietigem Tadel preisgeben würde.

490

25- November 1809

Eben daher bin ich auch nicht der Meinung, daß dem Schriftsteller, der die Redaktion des offiziellen Blatts übernimmt, seine Stelle bei der Gesetzgebungssektion angewiesen werde, wie der Hofrat Müller vorschlägt. Diese beiden Bemerkungen ausgenommen, daß die Extrakte aus den Gesetzesverhandlungen nicht in das offizielle Blatt aufzunehmen sind, und daß die Gesetzgebungssektion nicht zur Redaktion dieses Blatts qualifiziert sei, bin ich mit Ew. p. über denjenigen Teil der Müllerschen Vorschläge, der das offizielle Blatt zum Gegenstand hat, einverstanden. Aber auch die Müllerschen Vorschläge stimmen hiermit überein. Was diese Vorschläge zu einem halboffiziellen Blatt betrifft, worin allein die Funktion eines Wortredners des Staats würksam werden kann (denn der offizielle Teil des Blatts soll sich auch nach dem Müllerschen Plan nicht mit Raisonnements beschäftigen), so halten Ew. Exz. solche a) nicht ausführbar, weil ein einzelner Mann nicht mit allen Zweigen der Staatsverwaltung so gründlich vertraut sein könne, daß er die Operationen der Regierung mit Uberzeugung und Würde motivieren könne. Ich räume ein, daß die Sache nur ein Versuch sei, der auch mißlingen könne. Aber unausführbar dürfte er aus dem von Ew. Exz. aufgestellten Grunde auch wohl dann nicht zu nennen sein, wenn er von einer einzigen Person unternommen wird. Es versteht sich von selbst, daß der Schriftsteller, von welchem die Rede, mit den Behörden des Staats, deren Operationen motiviert werden sollen, in so genauer Beziehung stehe, daß sie selbst die Motive ihres Verfahrens, soweit er solche zu wissen nötig hat, ihm anvertrauen werden. Es kommt daher nur darauf an, daß die Funktion des Wortredners oder des Redakteurs eines halboffiziellen Blatts einem Schriftsteller von Talent und vielseitiger Bildung anvertraut werde, der seiner Sprache Herr ist, um sich mit Freiheit, Klarheit und Würde in ihr bewegen zu können. b) sind Ew. p. der Meinung, daß ein halboffizielles Regierungsblatt dem Zwecke, die Stimme des Volks zu ehren und selbiges auf die Maßregeln der Regierung vorzubereiten, deshalb entgegenwürke, weil alsdann die Quelle und Absicht jedes Aufsatzes sogleich verraten werde. Ew. Exz. besorgen, daß die Regierung in diesem Falle, je nachdem sie auf den Widerspruch des Publikums gegen die Operation achte oder nicht, kompromittiert oder verhaßt werde. Ich räume dieses ein von einer schlechten Regierung. Ist es der Regierung ein Ernst, durch ihre Operationen das öffentliche Wohl zu befestigen und die Wohltäterin der Nation zu sein, stehen an ihrer Spitze redliche, tätige, einsichtsvolle und entschlossene Männer, so wird keines von beiden eintreten, vielmehr wird die Regierung an Vertrauen gewinnen, wenn sie bei einem würklichen Fehlgrifi ihre Maßregel vorsichtig ändert und, sofern die Maßregel mit Unrecht getadelt wird, bei ihrer Vollziehung beharret. An einer Nation, die solche Regierung hassen oder verachten kann, ist nichts verloren und ihr Untergang nicht zu bedauern. Ich finde es, wie Ew. p. gefälligst äußern, ganz zweckmäßig, daß die Regierung jedes öffentliche, sich rühmlich auszeichnende und selbst vom großen Haufen

25- November 1809

491

gelesene Blatt zur Beförderung ihrer Maßregeln benutze, aber dieses kann angemessen auch neben der Existenz eines halboffiziellen Regierungsblatts geschehen. Nur wiederhole ich hierbei ganz ergebenst, daß die Sektion der Gesetzgebung mit der Leitung dieser Maßregel nicht beauftragt werden könne. Ew. p. scheinen jedoch selbst mehr für die Meinung sich zu entscheiden, daß zu diesem Zwecke, das Große und Gute, was die Regierung würdig tut, auch würdig gegen die Nation auszusprechen (welches Ew. Exz., ganz mit mir einverstanden, für dringend nötig erklären), eine einzelne Zeitschrift gewählt und daß ein Gelehrter zur Redaktion derselben besonders engagiert und unterstützt werde. Ich finde hierin ganz den Vorschlag des Hofrats Müller, dessen Unternehmung, wenn sie gleich halboffiziell genannt wird, doch immer nur eine Privatunternehmung bleibt, so wie die Zeitschrift, deren Redaktion Ew. p. für den bemerkten Zweck wünschen, bei dem Publikum unfehlbar sofort den Charakter eines halboffiziellen Blatts erhalten würde, wie es nicht anders sein kann und für die Absicht selbst nötig ist, wenn es wirksam sein soll. Ich finde daher auch in Rücksicht des halboffiziellen Blatts keine Verschiedenheit unserer Meinung, als insoweit ich die Einwirkung der Sektion der Gesetzgebung hier, wo es ganz auf die freie Bewegung des Schriftstellers ankommt, durchaus für nachteilig halte. Höchstens könnte man ihr eine Teilnahme an der Zensur übertragen. Von dem Vorschlage des Hofrats Müller weichen Ew. p. darin ab, daß Sie, um den Schein eines Anteils der Regierung zu vermeiden, eine besondere Zeitschrift redigieren lassen wollen und Hofrat Müller den Anteil der Regierung insofern geradehin einräumen will, als er für den halboffiziellen Teil dasselbe Blatt bestimmt, in welchem der offizielle Teil erscheinen soll, nur unterschieden durch den Druck. Mir scheint dieses auch zweckmäßiger. Daß der Anteil der Regierung an der Zeitschrift, die Ew. pp. für dieselben Zwecke bestimmen wollen, nicht verschwiegen bleiben könne, darf ich unbedenklich voraussetzen. Diese Tendenz der Regierung, ihre Teilnahme zu verbergen, dürfte im allgemeinen nicht von guter Wirkung sein. Aber nicht allein dieses, sondern ich glaube auch, daß es für die Absicht des Blatts vorteilhaft und notwendig sei, das Publikum über den Anteil der Regierung gar nicht im Zweifel zu lassen, bin daher für den Plan des Hofrats Müllei:, das offizielle mit dem halboffiziellen Blatt zu verbinden, und finde vorzüglich nur ratsam, dahin zu würken, daß dieses Blatt nicht eine polemische Tendenz gegen die unberufenen Schriftsteller annehme, welche nicht aufhören werden, unsere Institutionen und Anordnungen mit ihrem Tadel zu belegen. Gegen diese muß das Blatt ein festes und würdiges Stillschweigen beobachten, dagegen wider eine selbst geschaffene Opposition die Verteidigung der Operationen und Verordnungen der Staatsbehörden richten. In Ansehung der Zensur versteht es sich von selbst, daß nur das auswärtige Departement solche zweckmäßig führen könne und die Gesetzgebungssektion nur bei Gegenständen ihres Ressorts eingreife. Ew. p. ersuche ich hiernach ergebenst, den Plan des Hofrats Müller Ihrer gefälligen Aufmerksamkeit wert zu achten, so wie ich rücksichtlich seiner Person

492

26. November 1809

nichts gegen ihn zu erinnern finde, da er zu unsern geistreichsten, einsichtsvollsten und wohlgesinntesten Schriftstellern gehört, der mit einer blühenden Diktion Klarheit der Gedanken verbindet. Die hin und wieder zu tadelnde Üppigkeit seines Stils wird durch die Gegenstände, die er bearbeiten wird, von selbst beschränkt werden und ist oft, wo auch zur Fantasie der Menge gesprochen werden muß, an ihrer Stelle. Daß er seinen pekuniären Vorteil nicht aus den Augen setzt, ist ihm nicht zum Vorwurf zu machen, weil er dieser Unternehmung alle seine Kräfte und seine Zeit widmen muß und weil er nur von seinem literarischen Fleiße lebt.« 1 Siehe Nr. 168. 2

Siehe Nr. 150.

3

Falch datiert, siehe Nr. 80.

177. Die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna an den Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten Sack Königsberg, 26. November 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern: Rep. 77 Tit. 149 Nr. 4 Bl. 33: Abschrift.

Regelungen für die Einberufung eines Landtages »Auf Ewr. Hochwohlgeb. geehrtes Schreiben vom 16. v. M. haben wir zunächst die Allerhöchste Genehmigung des kurmärkischen Landtages, den Sie auf den 19. Dezember d. J. ausgeschrieben haben, bei des Königs Majestät nachgesucht 1 und übersenden Ewr. p. jetzt die deshalb an uns erlassene Kabinettsordre vom 18. d. M. in der anliegenden beglaubten Abschrift 2 , wobei wir allgemein bemerken, daß ein Landtag, es sei ein ständischer in allgemeinen Angelegenheiten der Provinz oder ein ritterschaftlicher in Angelegenheiten des Kreditsystems, niemals ohne vorhergegangene ausdrückliche und unmittelbare Genehmigung Sr. Majestät ausgeschrieben und gehalten werden darf. Es scheint auch angemessen, mit Vermeidung der Benennung eines Generallandtages, womit die Kreditsysteme ihren größern Ausschuß — nicht zweckmäßig — bezeichnen, den bisherigen alten Namen eines Landtages beizubehalten. Daß Ewr. p. in Rücksicht auf die Festungsverpflegungs- und Schifftransportsachen auch Deputierte der Neumark aus Pommern eingeladen haben, genehmigen wir, wogegen wir die Erscheinung preußischer und schlesischer Deputierter, die den Provinzen nur entbehrliche Kosten verursachen würden, nicht erforderlich halten und deshalb nichts veranlaßt haben, da die Festungsverpflegungsrechnungen durch die Oberpräsidien der beiden Provinzen füglich den Ständen vorgelegt werden können.« 1

Immediatgesuch des Ministers des Innern und des Finanzministers, den 13. November 1809 (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 32).

2

Liegt nicht bei.

Königsberg,

178. Reskript an das französische Oberdirektorium zu Berlin Königsberg, 1. Dezember 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 83 Nr. 1 B d . 1 Bl. 143: K o n z e p t Prillwitz mit Verbesserungen Frieses.

Bekanntgabe notwendig gewordener Veränderungen bei Eingliederung der französischen Kolonie in die neue Verwaltungsorganisation »Um die künftigen Verhältnisse der französischen Kolonie mit möglichster Schonung ihrer bisherigen Einrichtung den neuen Organisationsgrundsätzen der innern Landesverwaltung gemäß zu bestimmen, haben Wir Allerhöchstselbst die Verfassung der Kolonie, wie sie ursprünglich war, wie sie allmählich sich gewandelt und worauf sie fundationsmäßig und überhaupt rechtlicherweise Anspruch hat, sorgfältig zu erwägen geruhet. Nach dem Inhalte der deshalb am 30. Oktober d. J. an die Ministerien des Innern, der Finanzen und der Justiz ergangenen Kabinettsordre 1 hat dies zu dem Resultate geführt, daß mit den neuen Staatseinrichtungen nur die ursprüngliche Verfassung der Kolonie bestehen kann und auf sie der Anspruch der Kolonie sich begrenzt. Unverträglich mit der neuern Organisation ist dagegen die isolierte Verfassung der Kolonie in sich, besonders die Vereinigung der einzelnen Gemeinen zu einem abgesonderten Ganzen; diese lag keinesweges in ihrer Stiftung, welche durch das Edikt vom 29. Oktober 1685 bestimmt wird. Jene Organisation erfordert Einheit der Verwaltung, so daß diese überall in ihren verschiedenen Zweigen nur von Einem Punkte ausgehe und eine jede Behörde den ihr angewiesenen Wirkungskreis in ihrem ganzen Umfange erhalte. Nach dem Publikandum vom 16. Dezember v. J. wegen der obersten Staatsbehörden 2 kann es also kein besonderes französisches Kolonie-Departement und kein französisches Oberdirektorium mehr geben. Die Verordnung vom 26. desselben Monats wegen der Provinzialverwaltungsbehörden 3 legt alle geistlichen und Schulangelegenheiten in Rücksicht sämtlicher Religionsverwandten ohne Unterschied den Regierungen bei, ihnen also sind auch die besondern geistlichen und Schulaufsichtsbehörden der Kolonie untergeordnet, und es fällt dagegen das französische Oberkonsistorium in Berlin hinweg. Nach eben dieser Verordnung gehet die Gerichtsbarkeit, welche die Kolonie bisher ausübte, namentlich die Funktion des Obergerichts und Revisionstribunals zu den ordentlichen Gerichten über. Die Städteordnung vom 19. November v. J/> erkennt in jeder Stadt nur Eine Stadtgemeinde, nur Ein Bürgerrecht. Das besondere Bürgerrecht, welches die französische Kolonie erteilte, muß also aufhören. Gleiche Rechte und Freiheiten mit' den Eingebornen gewährte das Edikt von 1685 den französischen

178. Reskript an das französische Oberdirektorium zu Berlin Königsberg, 1. Dezember 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 83 Nr. 1 B d . 1 Bl. 143: K o n z e p t Prillwitz mit Verbesserungen Frieses.

Bekanntgabe notwendig gewordener Veränderungen bei Eingliederung der französischen Kolonie in die neue Verwaltungsorganisation »Um die künftigen Verhältnisse der französischen Kolonie mit möglichster Schonung ihrer bisherigen Einrichtung den neuen Organisationsgrundsätzen der innern Landesverwaltung gemäß zu bestimmen, haben Wir Allerhöchstselbst die Verfassung der Kolonie, wie sie ursprünglich war, wie sie allmählich sich gewandelt und worauf sie fundationsmäßig und überhaupt rechtlicherweise Anspruch hat, sorgfältig zu erwägen geruhet. Nach dem Inhalte der deshalb am 30. Oktober d. J. an die Ministerien des Innern, der Finanzen und der Justiz ergangenen Kabinettsordre 1 hat dies zu dem Resultate geführt, daß mit den neuen Staatseinrichtungen nur die ursprüngliche Verfassung der Kolonie bestehen kann und auf sie der Anspruch der Kolonie sich begrenzt. Unverträglich mit der neuern Organisation ist dagegen die isolierte Verfassung der Kolonie in sich, besonders die Vereinigung der einzelnen Gemeinen zu einem abgesonderten Ganzen; diese lag keinesweges in ihrer Stiftung, welche durch das Edikt vom 29. Oktober 1685 bestimmt wird. Jene Organisation erfordert Einheit der Verwaltung, so daß diese überall in ihren verschiedenen Zweigen nur von Einem Punkte ausgehe und eine jede Behörde den ihr angewiesenen Wirkungskreis in ihrem ganzen Umfange erhalte. Nach dem Publikandum vom 16. Dezember v. J. wegen der obersten Staatsbehörden 2 kann es also kein besonderes französisches Kolonie-Departement und kein französisches Oberdirektorium mehr geben. Die Verordnung vom 26. desselben Monats wegen der Provinzialverwaltungsbehörden 3 legt alle geistlichen und Schulangelegenheiten in Rücksicht sämtlicher Religionsverwandten ohne Unterschied den Regierungen bei, ihnen also sind auch die besondern geistlichen und Schulaufsichtsbehörden der Kolonie untergeordnet, und es fällt dagegen das französische Oberkonsistorium in Berlin hinweg. Nach eben dieser Verordnung gehet die Gerichtsbarkeit, welche die Kolonie bisher ausübte, namentlich die Funktion des Obergerichts und Revisionstribunals zu den ordentlichen Gerichten über. Die Städteordnung vom 19. November v. J/> erkennt in jeder Stadt nur Eine Stadtgemeinde, nur Ein Bürgerrecht. Das besondere Bürgerrecht, welches die französische Kolonie erteilte, muß also aufhören. Gleiche Rechte und Freiheiten mit' den Eingebornen gewährte das Edikt von 1685 den französischen

494

i. Dezember 1809

Eingewanderten; in einem Staate, der diese mit solchen Gesinnungen aufnahm und behandelte, können und werden auch ihre Nachkommen nichts anders als preußische Untertanen sein wollen. Gern bewahrt Unsere Allerhöchste Person der französischen Kolonie ihre Urverfassung. Wo also französische Kolonisten besondere Kirchen haben, da bilden die Mitglieder der Kolonie eine besondere Kirchengemeine; sie wählen ihre Ältesten, ihre Kirchen- und Schulvorsteher, ihre Prediger und Schullehrer und verwalten ihr Kirchen- und Korporationsvermögen. Aber die polizeiliche Aufsicht über die Kirchen und Schulen und deren Vermögensverwaltung, die Disziplin über die Prediger und Schullehrer, die Prüfung 5 und Bestätigung derselben kann nur den ordentlichen Schulbehörden zustehen. Das französische Gymnasium stehet gleich den übrigen Gymnasien in Berlin unter der unmittelbaren Aufsicht der Sektion für den öffentlichen Unterricht. Die Koloniegemeinen verwalten das Vermögen ihrer Armenanstalten; sie bestimmen Hülfsbedürftigkeit, Genußfähigkeit und Dauer der Unterstützung. Sie sollen nicht genötigt werden, Personen, die nicht zur Kolonie gehören, in ihre Armenanstalten aufzunehmen. Allein den Staatsbehörden stehet die Befugnis zu, darauf zu sehen, daß die Verwaltung nur nach solchen Grundsätzen geschehe, die für das Allgemeine nicht nachteilig sind, und sie entscheiden bei Streitigkeiten, die nicht gütlich zu beseitigen sind. Dagegen werden wegen der kirchlichen und Schulverfassung auch Mitglieder der Kolonie in die Sektion für den Kultus und öffentlichen Unterricht und in den geistlichen und Schuldeputationen derjenigen Regierungen aufgenommen werden, wo sich bedeutende Gemeinden der Kolonie befinden 6 , womit auch bereits der Anfang gemacht ist. Auch bei der Gerichtsverfassung läßt Unsere Allerhöchste Person die ursprünglichen Friedens- und Schiedsrichter nach ihrer damaligen Bestimmung gern stattfinden. Allein die Entscheidung zum förmlichen Prozeß gediehener Angelegenheiten, die Führung des gesamten Hypothekenwesens und die Kriminalgerichtsbarkeit stehet nur den ordentlichen Gerichten unter Zuziehung des Koloniefriedensrichters zu. Ebensowenig kann den ordentlichen Behörden des Staats die obere Aufsicht über die Verwaltung der nach dem Vorstehenden der Kolonie zu belassenden Gerichtsbarkeit, imgleichen die Prüfung und Bestätigung der von der Kolonie erwählten Friedensrichter entzogen werden. Die brauchbaren Offizianten der Koloniegerichte werden dagegen bei den ordentlichen Gerichten angestellt 7 , und ebenso wird auch für die übrigen 8 Offizianten der bisherigen Behörden der Kolonie gesorgt werden. Die Zuschüsse, welche ihre Kirchen, Schulen und milden Stiftungen aus Staatskassen erhalten, werden, insoweit solches irgend geschehen kann und das Bedürfnis es erfordert 9 , fernerhin gezahlt, und es sollen 10 überhaupt so wenig die Offizianten, Prediger und Schullehrer der Kolonie als ihre Institute und milden Stiftungen gegen die übrigen Staatsbehörden, Institute und milden Stiftungen der Art irgend zurückgesetzt werden. Zur Ausführung dieser durch die neue Organisation in Absicht der französischen Kolonie notwendig gewordenen Veränderungen, wobei es nach dem erklärten festen Willen Unserer Allerhöchsten Person unabänderlich verbleibt, so daß also auch die abgesonderte Verfassung, welche die Kolonie in ihrer Gesamtheit gehabt hat, aufhören muß, den einzelnen Gemeinen dagegen ihre besondere

l . Dezember 1809

495

Gemeineverfassung und die Ausübung der eigentlichen Korporationsrechte darin nach den obigen Bestimmungen, und wie es die Grundverfassung der Kolonie bei ihrer Stiftung auch nur mit sich bringt, nach wie vor gestattet ist, wird rücksichtlich des französischen Revisionstribunals, des Obergerichts und der Koloniegerichte in den Provinzen, imgleichen wegen Anstellung der Friedensrichter von Unserm Justizministerio, in Absicht des französischen Oberkonsistoriums, der Konsistorien in den Provinzen und der Schulanstalten aber von der Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts das Erforderliche veranlaßt werden. Wegen Auflösung Eures Kollegiums und Unterbringung der Registratur ist dagegen dem Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten Sack heute der nötige Auftrag gemacht worden welcher auch zugleich wegen der Geschäfte des vormaligen französischen Koloniedepartements und der Registratur desselben das Weitere einrichten wird. In Absicht des künftigen Schicksals der bei Eurem Kollegio angestellten Offizianten wird das Nötige besonders verfügt werden, insofern solches nicht schon früher bestimmt worden. Was die Regulierung des Etatswesens für die Kolonie rücksichtlich der ihr aus Staatskassen zu gewährenden Zuschüsse, und zwar zuerst 12 die Besoldungen und Pensionen der Kollonieoffizianten betrifft, so werden erstere bei den Etats derjenigen Behörde, bei welcher die Offizianten bleiben, letztere aber in dem allgemeinen Pensionsetat übernommen werden. Wegen der Zuschüsse, welche zeither zu den Kirchen-, Schul- und Armenanstalten und den übrigen milden Stiftungen der Kolonie aus Staatskassen gegeben worden, wird das Erforderliche durch die Provinzialbehörden ausgemittelt und das für die Folge zu bewilligende Quantum in die betreffenden Provinzialetats übernommen werden. Dagegen ist rücksichtlich der 12 405 rt. 11 gg., welche zu Gnadenpensionen verwandt worden, und der extraordinaire aus der ehemaligen Dispositionskasse der Kolonie bewilligten 3000 rt., da selbige in der bisherigen Art weiter nicht erfolgen können 13 , noch eine nähere Ausmittelung durch den Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten Sack insofern veranlaßt worden, ob darauf noch Pensionärs angewiesen sind, die auf die Fortdauer ihrer Pension Anspruch haben, und es wird deshalb das Weitere demnächst bestimmt werden. Hiernach habt Ihr nun sämtliche Koloniegemeinden sowie die betreffenden Offizianten und Pensionärs zu benachrichtigen, sie anzuweisen, daß sie ihre Anträge wegen der ihnen aus Staatskassen zu gewährenden Leistungen bei den ordentlichen Behörden anbringen, übrigens aber wegen Eurer Auflösung den Anweisungen des Geheimen Staatsrats Sack überall gehörige Folge zu leisten. 14 «

'Beglaubigte

Abschriften i. gl. Fasz. Bl. 99;

Druck

Gesetzsammlung

1806—10,

Nr. 92, S. 601 ff. 2 Siehe R M Stein I I I , Nr. 333, S. 1149 ff. 3

Siehe Nr.22.

^ Siehe R M Stein I I I , Nr. 319, S. 1038 f f . 5 6

»die Prüfung« Zufügung von. Friese. Ergänzung Frieses s t a t t ursprüngl.:

»der Regierungen auf gen ommen .werden

womit...«. 7

Verbesserung statt der ursprüngl. Fassung: »Die Offizianten der Koloniegerichte

496

4. Dezember 1809

. werden dagegen, insofern sie irgend brauchbar sind, bei den ordentlichen Gerichten untergebracht«. 8 »übrigen« von Friese zugefügt. 9 »und das Bedürfnis es erfordert« Zufügung von Friese. 10 »es sollen« von Prillwitz zugefügt. 11 Reskript an Sack, Konzept Prillwitz (i. gl. Fasz. Bl. 148); entsprechende Reskripte (Konzepte Prillwitz, gez. Altenstein, Dohna) gehen an die Sektion für den Kultus und öffentlichen Unterricht (Bl. 149), an das Departement der auswärtigen Angelegenheiten (Bl. 152), an die kurmärkische Regierung zu Potsdam, die pommersche zu Stargard, die neumärkische zu Königsberg, die litauische zu Gumbinnen, die ostpreußische zu Königsberg (Bl. 153) und an das Armendirektorium zu Berlin (Bl. 154 v.). 12 »zuerst« von Friese zugefügt. 13 »da selbige ... erfolgen können« von Prillwitz am Rande ergänzt. 14 Dieser Absatz von Friese neu formuliert statt der Streichung: »Von den hierin enthaltenen Bestimmungen habt Ihr sämtlichen Koloniegemeinden sofort Kenntnis zu geben und sie zugleich zu unterrichten, daß sie in Beziehung auf ihre Gemeine- und Armenverfassung den ordentlichen Behörden des Staats nunmehr untergeordnet sind und in Beziehung auf Gerichts-, Kirchen- und Schulenverfassung bei Ausführung der diesfälligen Anordnungen Unsers Justizministeriums und der Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts untergeordnet werden sollen.«

179. Großkanzler B e y m e an den Minister Graf zu Dohna Berlin, 4. D e z e m b e r 1809 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 10 Bd. 1 Bl. 24: Abschrift. Beurteilung der Zweckmäßigkeit auf das Publikum

von Gesetzesveröffentlichungen

und ihrer

Wirkung

In seiner Stellungnahme z u den i h m abschriftlich übersandten V e r h a n d l u n g e n über den Plan z u einem R e g i e r u n g s b l a t t 1 unterscheidet B e y m e vier Gesichtspunkte : »1. die B e k a n n t m a c h u n g der Gesetze selbst 2. die Belehrung des P u b l i k u m s d a r ü b e r 3. die V o r b e r e i t u n g und Sondierung des P u b l i k u m s wegen der z u t r e f f e n d e n neuen E i n r i c h t u n g u n d 4. die S t i m m u n g des P u b l i k u m s f ü r die schon getroffenen Einrichtungen.« N a c h seinen A u s f ü h r u n g e n z u P u n k t 1 über eine zweckentsprechende V e r öffentlichung v o n Gesetzen oder deren Auszügen g e h t B e y m e z u den F r a g e n hinsichtlich der W i r k u n g auf das P u b l i k u m über: »II. W a s m u ß geschehen, u m alle K l a s s e n des V o l k s m i t den Gesetzen, soviel als nötig u n d möglich ist, b e k a n n t u n d die Gesetze ü b e r h a u p t verständlicher z u machen. D a z u scheint

4- Dezember 1809

497

1. die Bekanntmachung der Verhandlungen über die Gesetze erforderlich zu sein, wovon uns die französische Gesetzgebung das Beispiel liefert. Mir scheint es ein Mangel des Gesetzes zu sein, wenn es einer solchen künstlichen Auslegung bedarf. Besser ist es, wenn da, wo es nötig scheint, der Eingang des Gesetzes selbst die Absicht und den Geist des Gesetzes zu erkennen gibt. Damit aber das Publikum gewöhnt werde, diese Eingänge nicht für ein leeres Geschwätze zu achten, müßten sie nur selten vorkommen und mit Vorsicht abgefaßt werden. Die Bekanntmachung der Verhandlung über das Gesetz ist sehr bedenklich. Ein Blatt, welches die Geschichte dieser Verhandlungen lieferte, würde sehr bald zu einem Kampfplatze der Ministerien unter sich werden. Gleichwohl liegt dem Staate daran, daß sämtliche Ministerien das Vertrauen des Publikums genießen. In einer für die Nachwelt bestimmten Geschichte des Staats würden diese Verhandlungen eine wichtige Rolle spielen; aber die Geschichte des Tags ist ihrer Natur nach ein Tummelplatz der Leidenschaften und Kabale. Empfehlungswürdiger scheint mir 2. eine zweckmäßige Bekanntmachung der verschiedenen Stände mit den Gesetzen, die sie zu wissen brauchen. Beispiele von solchen Belehrungen enthielt der historisch geographische Kalender vom Jahre 1808. Da man Kalender für verschiedene Stände hat, so läßt sich dadurch für die verschiedenen Stände am besten sorgen. Was III. die Vorbereitung und Sondierung des Publikums wegen vorhabenden Veränderungen betrifft, so dürfte diese wohl zuweilen nützlich sein; aber sie geschieht am zweckmäßigsten durch die Korrespondenz mit dem Präsident[en] oder andern Mitgliedern des Collegii; aber die Regierung selbst muß sich nie dem Publikum gegenüberstellen und sich mit ihm in Disputierübungen einlassen. Es würde also immer ein Privatschriftsteller dazu gebraucht werden müssen. Wie dies am zweckmäßigsten geschehen kann, davon werde ich weiter unten Gelegenheit haben, ein Mehreres zu sagen. IV. Die Stimmung des Publikums für die Maßregeln der Regierung ist in Deutschland schwieriger als in Frankreich, wo man von jeher gewohnt war, sich nach dem Hofe zu richten; dahingegen selbst unter der Regierung des großen Friedrichs die deutsche Literatur ihren eigenen Gang nahm. Wenn indessen die Regierung sich durch einen ernsten festen Willen Achtung verschafft, so wird sich nicht leicht eine ihr gänzlich entgegengesetzte öffentliche Meinung bilden. Läßt man nun den wissenschaftlichen Spekulationen freies Spiel, so wird es auch der Regierung an Kämpfern auf ihrer Seite nicht fehlen. Das beste Mittel, der Regierung die öffentliche Meinung zu gewinnen, wäre, wenn Berlin durch Hülfe der Akademie und Universität zum Sammelplatz der vorzüglichsten Köpfe und Gelehrten Deutschlands gemacht würde. Denn nicht zu gedenken, daß eine Regierung, welche Wissenschaften und Gelehrte schützt, ein vorteilhaftes Vorurteil für sich erregt, so ist es auch natürlich, daß der Umgang der Gelehrten mit unsern Staatsmännern sie diesen und ihren Maximen geneigt machen wird. Hätte sich auf diese Weise die hiesige Akademie eine vorzügliche Achtung erworben, so könnte sie wöchentlich ein akademisches Intelligenzblatt herausgeben, in welchem die Hauptmerkwürdigkeiten im Reiche der Wissenschaften bekanntgemacht würden. Dahin würden auch merkwürdige Ereignisse im Reiche

498

7. Dezember 1809

der Gesetzgebung gehören. Geistreiche Vergleichungen der alten und neuen, der ausländischen und inländischen Gesetze würden bessere Dienste leisten als gedungene Lobredner. Gibt der Staat schlechte Gesetze, so ist es ein Glück für ihn, wenn sie als solche anerkannt werden. Sind sie gut, so wird ihre Güte einsichtsvollen Männern nicht entgehen. Die bloße ehrenvolle Erwähnung eines merkwürdigen Gesetzes in einem geschätzten Blatte wird im In- und Auslande mehr würken als die geflissentlichste Apologie. Von Seiten des Staats würden also nun die Gesetzsammlungen, deren Auszüge und die Belehrungen des Publikums durch die Kalender besorgt. Ob es ratsam sei, mit den Gesetzsammlungen die Bekanntmachung merkwürdiger Ereignisse, z. B. die Ankunft und Abreise des Königs, der Minister usw., die Beförderungen, Belohnungen und ähnliche Begebenheiten zu verbinden, ist zweifelhaft. Diese Nachrichten füllen die Bogenzahl und machen das Werk teuer; sie gehören für die Zeitungen, Intelligenzblätter, Adreßkalender und ähnliche Institute und würden nur gebraucht werden können, um etwa die letzte halbe Seite des monatlichen oder wöchentlichen Heftes zu füllen. Wird bei dem Druck der Gesetze für die möglichste Ersparung gesorgt, so wirdes nicht nötig sein, daß der Staat Aufopferungen mache, um die Gesetze wohlfeiler zu liefern; sonst möchten die Makulaturhändler die Gesetze als wohlfeile Makulatur auf Kosten des Staats an sich bringen. Die zweckmäßigste Aufopferung des Staats würde darin bestehen, daß er den Offizianten, welche sonst die Gesetze ohne Bezahlung erhielten, diese unentgeltlich lieferte. Übrigens würde wohl jedes Ministerium bestimmen müssen, welche in seinem Fache ergangenen Verordnungen und in welcher Art sie bekanntgemacht werden sollten und inwiefern es eines Auszuges daraus bedürfe. Über die Person, welche sodann den Druck und die Herausgabe des Werks zu besorgen hätte, würde man sich leicht vereinigen können. Dieses sind meine Ansichten eines Gegenstandes, über welche man sich bei einer mündlichen Konferenz leicht wird vereinigen können.« 1

Siehe Nr. 150, 164, 168, 176.

180. Geheimer Finanzrat und Oberpräsident von Auerswald an den Minister Graf zu Dohna Königsberg, 7. Dezember 1809 ZSTA

Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 59 Nr. 26 Bd. 2

S. 172: Ausf., gez. Auerswald.

Begründung seiner Ablehnung des Kriegsschädenreglements »E. E x z . haben mir durch das verehrliche Schreiben vom 30. v. 1 , eingegangen den 5. d. M., den Entwurf zu einer Verordnung über die Regulierung der Kommunalschulden und Ausgleichung der Einquartierungskosten bei verpachteten und vermieteten Grundstücken 2 mitgeteilt und meine Meinung über den Inhalt

7. Dezember 1809

499

derselben und vorzüglich darüber, ob es nötig zu achten sei, daß ein solches Gesetz jetzt noch erscheine, gefordert. Seit der Räumung der preußischen Provinzen ist ein so bedeutender Zeitraum verflossen, daß irgend erhebliche Ansprüche an Kommunen teils durch Zahlung, Vergleich, Erlaß usf. berichtigt, teils mindestens bekannt geworden sind und entweder jetzt schon im Prozesse schweben oder noch durch Unterhandlungen und Verfügungen der Regierungen beseitigt werden. Mehrere Anforderungen haben Gläubiger fallenlassen oder in der Überzeugung größern erlittenen Unrechts nicht angebracht. Uberstiege es nicht die Kräfte des Staats und die menschlichen Kräfte, eine allgemeine Ausgleichung für möglich zu achten, so würde auch ein Reglement, was zu jenem Zweck mitwirken soll, von Nutzen sein. Jetzt muß ich es nicht nur für entbehrlich, sondern für schädlich halten. Die entstehenden Bemerkungen über den Inhalt des Entwurfs werden als Bestätigungen dieser Behauptung dienen. 1. Die im ersten Abschnitt enthaltenen allgemeinen Grundsätze lassen sich sehr wohl aus den bestehenden Gesetzen herleiten und dürfen daher dem Richter nicht besonders bekanntgemacht werden. Wo sie neue Gesetze für ältere Fälle errichten, dürfte ihre Anwendung schon deshalb zu tadeln sein. 2. Der im § 8 festgestellte Begriff der Kommunen ist insofern nicht ganz erschöpfend oder deutlich, als die französischen Befehlshaber und Behörden nicht die Grenzen der bis dahin üblichen Einteilungen beobachtet, sondern nach Ämtern requiriert haben. 3. Die Bestimmungen der Preise der Lieferer und des Schadens, der ersetzt werden muß, können in einzelnen Fällen unbillige Härte enthalten, und ihre Festsetzung scheint nicht genugsam begründet. 4. Das Verfahren bei Ausgleichung der Kriegsschäden und Regulierung des Schuldenwesens (Abschnitt 2) geht von einer öffentlichen Vorladung aller derjenigen aus, welche an Kommunen etwas zu fordern haben; demnächst sollen die verschiedenen Kriegsschuldensysteme abgesondert, Regierungskommissarien und Repräsentanten der Kommunen gewählt, von diesen die Forderungen anerkannt oder abgewiesen, letzternfalls aber die Sache auf richterliches oder schiedsrichterliches Erkenntnis ausgesetzt werden. Es ist ohne Zweifel, daß durch die öffentliche Vorladung längst vergessene und frivole Ansprüche aufgeweckt und die Schuldenregulierungskommissionen schon eine Masse von Arbeit haben werden, grundlose Ansprüche zurückzuweisen und doch das Kreditwesen einer Kommune erst durch Prozesse, zu welchen sogar die Gegner bei Zögerungen provoziert werden müßten, berichtigt und geschlossen werden kann. Für die Regierungen wird es schon ungeheure Arbeit sein, das Chaos zu lichten und die verschiedenen Schuldsysteme festzusetzen, in Absicht welcher das Reglement dennoch unbestimmt läßt, wie es gehalten werden soll, wenn die Gläubiger, eine Kommune oder einzelne Klassen der Mitglieder gegen diese Entscheidung protestieren. Es wird sehr schwer halten, die Repräsentanten der Kommunen, besonders in Absicht des Landes und wo Land und Städte konkurrieren, nach den erforderlichen Eigenschaften aufzufinden, noch schwerer aber, sie zusammenzubringen und sie eine solche Zeit zusammenzuhalten, als die Erörterung des 33

Stein/Hardenberg

500

7. Dezember 1809

Schuldenwesens nötig macht, zu geschweigen, daß, wenn man auch guten Willen voraussetzt, doch ihre Reisekosten und baren Auslagen sowie die Diäten der Regierungskommissarien sehr beträchtliche Ausgaben machen. Werden die Forderungen abgewiesen, so gehen die Liquidanten ohne Zweifel an die Richterstühle, und auch durch die Wahl von Schiedsrichtern ist wenig geholfen, weil diese schwerer zu haben sind als Richter und von ihren Ansprüchen ebenfalls Rechtsmittel stattfinden. 5. Die Mittel der Befriedigung der Gläubiger durch Kommunalobligationen sind manchen Schwierigkeiten unterworfen, hauptsächlich der, daß Obligationen von Kommunen, die man nach ihren Grenzen nicht genau kennt, deren Einwohner mithin auch im allgemeinen unbekannt und die auf bloßen Personenkredit berechnet sind, sehr wenig Kredit haben können. Sie müssen aber durchaus allen Kredit verlieren und können nicht aus einer Hand in die andere gehen, wenn nach § 41 ihre Realisierung selbst bei der Behörde, von welcher sie ausgingen, nur unter der Bedingung bald zu hoffen ist, wenn sich der Gläubiger den größten Abzug vom Kapital von seinem Mitgläubiger gefallen läßt, andernfalls aber bis zuletzt warten muß. 6. Über die Ausgleichung der Einquartierungslast zwischen Mietern und Pächtern und Vermietern und Verpächtern haben gewiß schon so viele Prozesse geschwebt, daß die Gerichte Präjudikate und einen Mittelsatz für Beköstigungskosten angenommen haben. Dieser Abschnitt des Reglements gehört indes wohl nicht ganz zu meiner Beurteilung, daher ich ihn übergehe. Ich halte dafür, daß bei dem gegenwärtigen Kriegsschuldenzustande der Provinzen ein Reglement darüber entbehrlich sei und daß man den Stadtkommunen und den Regierungen in Hinsicht der Landkommunen überlassen könne, in einzelnen Fällen, wie es bisher geschehen, Resolutionen zu erteilen, diejenigen aber, welche sich dabei nicht beruhigen, zum Prozesse zu verweisen. Die letztere Art, zum Recht zu kommen, war bisher an die Zulassung der Obersten Behörden gebunden, sie dürfte indes im allgemeinen nicht verwehrt werden. Ein Mittel, die Beiträge zu schaffen, könnte für das Land der Fassionsfuß geben.3« 1 2

3

Konzept vom 30. November 1809, gez. Dohna, i. gl. Fasz. S. 168. I. gl. Fasz. S. 184. Diese Benennung des Reglements wurde am 2 1 . November 1809 von Kahle vorgeschlagen (vgl. sein Votum zum Reglement in Rep. 77 Tit. 59 Nr. 26 Bd. 2 Acta adh. Bl. 294). A m 30. November 1809 forderte Dohna vom Kammerpräsidenten von Massow ein Gutachten zum Verordnungsentwurf an unter Berücksichtigung des Lastenausgleichverfahrens in Schlesien (Konz., gez. Dohna, Rep. 77 Tit. 59 Nr. 26 Bd. 2 S. 169). In Massows Beurteilung der Grundsätze des Entwurfs, von dem er einzelne Bestimmungen zweckmäßig findet, äußert er Bedenken gegen eine Ausgleichung der Kriegslasten nach dem Prinzip der Einkommensteuer, da die Einführung einer neuen Auflage mehrfache Schwierigkeiten bereiten würde (Breslau, 23. Dezember 1809, Ausf., gez. Massow, i. gl. Fasz. S. 176). Vgl. das Ostpreußische Kriegsschuldenreglement, Nr. 226.

i i . Dezember 1809

501

181. »Verordnung wegen Aufhebung der Haupt- und Kreis-UrbarienKommission in Schlesien« gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Dohna, Beyme Königsberg, 9. Dezember 1809 D r u c k : Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 97, S. 623.

»Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen etc. etc. tun kund und fügen hiermit zu wissen: Wir haben Uns überzeugt, daß die bisherigen Haupt- und Kreis-Urbarienkommissionen von Schlesien den Nutzen nicht leisteten, den Wir Uns von ihnen versprochen hatten. Wir haben daher die Geschäfte, welche sie bisher besorgt haben, der alleinigen Anordnung und Leitung der Landesjustizkollegien übertragen, welche nicht ermangeln werden, sich der sachverständigen Männer, welche sich in diesen Kommissionen befanden, ferner zu bedienen, ohne auf sie in ihrer Wahl beschränkt zu sein. Auch erwarten Wir von gedachten Landeskollegien, daß sie bei diesem Geschäfte nach Erfordernis der Umstände auch verständige Männer aus dem Bauerstande mit zuziehen und so das Interesse der Dienstherren und der dienenden Klasse, der Gerechtigkeit gemäß, auf gleiche Weise wahrnehmen werden. Wenn also Dienstherren oder Dienstleute auf Errichtung eines neuen oder Vervollständigung eines schon bestehenden Urbariums antragen wollen, so haben sie sich mit diesem Gesuche an die erwähnten Justizbehörden zu verwenden.«

182. »Deklaration des § 44 der Städteordnung vom 19. November 1808« Königsberg, 11. Dezember 1809 Z S T A Merseburg, Bl. 170:

Ministerium

des Innern,

undatierte A b s c h r i f t ; D r u c k :

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 7

Gesetzsammlung

1806—10,

Bd. 1 Nr. 98,

S. 623 f.»

Beitrag der Schutzverwandten zu den städtischen Lasten und

Pflichten

»Es ist zwar in dem § 44 der Städteordnung vom 19. November 1808 deutlich festgesetzt worden, daß die Schutzverwandten zu den städtischen Lasten und Pflichten, imgleichen zu den öffentlichen Anstalten, und zwar a) nach Maßgabe ihres Gewerbes und ihrer Vermögensumstände in einem angemessenen Verhältnisse mit den Bürgern und b) zu den letztern nur dann, wenn sie den Vorteil derselben mitgenießen, beitragen sollen. 2 Da aber bei der Auslegung dieser Gesetzesstelle hauptsächlich über den Begriff der Angemessenheit desjenigen Verhältnisses, welches zwischen den Beiträgen der Bürger und der Schutzverwandten zu beobachten ist, vielfache Zweifel 33*

502

i i . Dezember 1809

stattgefunden haben, so haben Wir Allerhöchstselbst für nötig gefunden, zur nähern Erläuterung des gedachten § 44 folgendes zu verordnen: 1. Ein jeder Schutzverwandte hat als solcher zu allen städtischen Lasten und Pflichten und zu den öffentlichen Anstalten, deren Vorteil er mitgenießt, zwei Dritteile desjenigen Satzes beizutragen, auf welchen sich sein Beitrag nach Maßgabe seines Gewerbes und seiner Vermögensumstände belaufen würde, wenn er Bürger wäre. 2. Die Gehalte aller Unserer würklichen und unmittelbaren Staatsdiener dürfen hierbei nicht mit zur Beschatzung gezogen, sondern davon soll zu den Kommunallasten ihres Wohnorts ein fester und gleichmäßiger Beitrag entrichtet werden, den Wir hiermit für jetzt mit Einschluß des bisherigen Gehaltsservises auf zwei Prozent des Gehalts festsetzen und Uns nach Umständen zu ermäßigen und zu erhöhen vorbehalten. Es versteht sich von selbst, daß Unsere Offizianten in Absicht ihres etwanigen sonstigen Vermögens gleich andern Schutzverwandten zu behandeln sind.3 3. Von diesen Festsetzungen bleibt jedoch die Angelegenheit wegen Bezahlung der außerordentlichen Kriegessteuer und sonstigen Kriegesschulden, zu deren Tilgung die Einkommensteuer allgemein eingeführt ist oder noch eingeführt werden wird, ausdrücklich ausgenommen, und behält es in Absicht derselben bei den emanierten oder noch zu emanierenden Kriegsschulden- und Einkommensteuerreglements lediglich sein Bewenden. Hiernach hat jedermann und insbesondere Unsere Provinzialregierungen, die Magisträte und Stadtverordnetenversammlungen sich gebührend zu achten.« 1

Lautet dort: »Deklaration des § 44 der Städteordnung vom 19. November 1808 in Betreff des Beitrags der Schutzverwandten zu den städtischen Lasten und Pflichten. D. d. den 1 1 . Dezember 1809«, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Altenstein, Dohna. 2 Siehe R M Stein III, S. 1044. 3 Von den drei Anordnungen, die in der Gesetzsammlung als Paragraphen bezeichnet werden, erhielt die zweitedort folgende Fassung: »§ 2. Die Gehalte aller vom Staat unmittelbar angestellten Beamten, die in Unserm wirklichen Dienst stehen, sie mögen übrigens Bürger oder Schutzverwandte sein, dürfen hiebei nicht mit zur Beschatzung gezogen, sondern davon soll zu den Kommunallasten ihres Wohnorts ein fester und gleichmäßiger Beitrag entrichtet werden, den Wir hiemit für jetzt mit Einschluß des bisherigen Gehaltsservises bei Gehalten unter 250 Rtlr. auf 1 Prozent, bei Gehalten von 250 Rtlr. bis 500 Rtlr. exclusive auf anderthalb Prozent und bei allen Gehalten von 500 Rtlr. und darüber auf 2 Prozent des Gehalts festsetzen und Uns nach Umständen zu ermäßigen und zu erhöhen vorbehalten. E s versteht sich von selbst, daß in denjenigen Orten, wo zu dem obgedachten Behuf geringere Beiträge hinreichend sein sollten, nicht mehr erhoben werden darf, als das Bedürfnis erfordert, und daß Unsere Offizianten in Absicht ihres etwanigen sonstigen Vermögens gleich andern Bürgern oder Schutzverwandten, je nachdem sie zu der einen oder der andern Klasse gehören, zu behandeln sind.«

17. Dezember 1809

503

183. Geheimer Oberfinanzrat von Prittwitz an [den Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten Sack] Berlin, 17. Dezember 1809 Z S T A Merseburg, Immediatkommission zur Vollziehung des Tilsiter Friedens, Rep. 72 Nr. 134 Bl. 134 Bl. 127: eigh. Brief.

Gerechtere Zinsregelung als Voraussetzung für Beratungen über den Indult »Ew. Hochwohlgeboren frühere Mitteilung der Troschel- und Betheschen Gutachten Weranlaßte mich, die anliegenden Bemerkungen anzufangen, allein;— i ch kann sie nicht vollenden! Zu mächtig dringt sich die Überzeugung mir auf, daß wir auf diesem Wege bloß zwecklos Tinte verspritzen! Wir streiten mehr oder weniger über die Vollkommenheit der Reize einer verschleierten Dame, und die meisten bedenken gar nicht, einige nur obenhin, daß das schneidende Mittel zum Zweck — das natürliche, einfache — Entschleierung der Dame ist. Will der Staat zweckmäßige achtungswerte Gutachten über den Indult haben, so muß er vor allen die Hypothek feststellen, deutlich und bestimmt sagen, was er als der größte Debitor des Publikums tun wird! a) Ob und wie er zahlen wird, b) ob er bei dem freien Zinsen-Edikt beharrt und doch — sich das Recht vorbehält, den Zinsfuß für seine Schulden festzustellen! Daß der Staat nicht Kapital und Zinsen sogleich klingend zahlen kann, davon sind wir beide gewiß überzeugt; sollen seine Kreditoren nicht zu direkten und das ganze Publikum zu indirekten Opfern geweiht werden, so muß also der Indult wenigstens mit Modifikationen fortdauren, so kann es platterdings bei diesem ungeregelten Zinsfuß fürs Publikum und bei diesen so niedrig bestimmten in Rücksicht der Bank- und Seehandlungsschulden nicht bleiben. 2 Doch wie der Indult zu modifizieren, läßt sich nicht eher bestimmen, bevor man nicht weiß, wie — der Staat zahlen wird.« 1

2

Abschrift des Gutachtens von Troschel i. gl. Fasz. Bl. 128 und des Gutachtens des Assist. Rats Bethe Bl. 129 v. Vgl. den I. B. Hardenbergs vom 28. Mai 1810, siehe Nr. 263 Anm. 19 u. 20.

184. Minister Graf zu Dohna an die Minister Graf von der Goltz, Freiherr von Altenstein und Großkanzler Beyme Berlin, 1. Januar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 10 Bd. 1 Bl. 18: Abschrift.

Anregung einer Konferenz zur Beseitigung Fragen des geplanten Regierungsblattes

der Meinungsverschiedenheiten

in

»Sowohl der Umstand, daß gerade jetzt der Jahreswechsel als ein vorzüglich günstiger Zeitpunkt eintritt, als auch daß der Hofrat Adam Müller darüber, ob er bei uns eine bleibende Bestimmung erhalten werde, dringend baldige Entscheidung verlangt, lassen wünschen, daß die ohnehin von S. K . M. Höchstselbst urgierte Angelegenheit wegen Herausgabe eines offiziellen Regierungsblatts aufs schleunigste zu einer definitiven Regulierung gedeihe. Schriftlich habe ich bereits die Ehre gehabt, mit Ew. p. über diese Angelegenheit zu kommunizieren 1 , und die dabei zum Vorschein gekommene Meinungsverschiedenheit scheint mir nicht so erheblich, daß dieselbe noch der Sache Hindernisse in den Weg legen dürfte. Sie reduziert sich vornehmlich auf folgende Punkte: 1. ging mein Vorschlag dahin, a) ein ganz offizielles Blatt für sich bestehend durch die Gesetzgebungssektion herausgeben zu lassen, b) das Intelligenzwesen in den Provinzen so einzurichten, daß auch jede Provinzialregierung für sich in den Intelligenzblättern ein besonderes Offizialblatt besitze, c) eine Zeitschrift ohne allen offiziellen Charakter oder durch einen Privatmann, jedoch unter spezieller Aufsicht des Staats, radizieren zu lassen. Die Äußerungen des Herrn Großkanzlers E x z . treffen im wesentlichen hiermit zusammen, denn wenn dieselben statt des zu 3 gedachten Journals belehrende Kalender für die verschiedenen Stände im Staate abgefaßt wünschen, so bezieht sich diese Idee bloß auf die Form in der Ausführung, worüber wir uns leicht vereinigen dürften. Des Herrn Staatsministers Freiherrn von Altenstein E x z . dagegen ziehen den Vorschlag des p. Adam Müller 2 , den offiziellen Teil ad a mit dem nicht offiziellen ad c in Ein Journal darzustellen, daß beides nur durch den Druck sichtbar unterschieden werde, vor. Ich würde mich auch diesem erforderlichenfalls zu konformieren nicht abgeneigt sein.

184. Minister Graf zu Dohna an die Minister Graf von der Goltz, Freiherr von Altenstein und Großkanzler Beyme Berlin, 1. Januar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 10 Bd. 1 Bl. 18: Abschrift.

Anregung einer Konferenz zur Beseitigung Fragen des geplanten Regierungsblattes

der Meinungsverschiedenheiten

in

»Sowohl der Umstand, daß gerade jetzt der Jahreswechsel als ein vorzüglich günstiger Zeitpunkt eintritt, als auch daß der Hofrat Adam Müller darüber, ob er bei uns eine bleibende Bestimmung erhalten werde, dringend baldige Entscheidung verlangt, lassen wünschen, daß die ohnehin von S. K . M. Höchstselbst urgierte Angelegenheit wegen Herausgabe eines offiziellen Regierungsblatts aufs schleunigste zu einer definitiven Regulierung gedeihe. Schriftlich habe ich bereits die Ehre gehabt, mit Ew. p. über diese Angelegenheit zu kommunizieren 1 , und die dabei zum Vorschein gekommene Meinungsverschiedenheit scheint mir nicht so erheblich, daß dieselbe noch der Sache Hindernisse in den Weg legen dürfte. Sie reduziert sich vornehmlich auf folgende Punkte: 1. ging mein Vorschlag dahin, a) ein ganz offizielles Blatt für sich bestehend durch die Gesetzgebungssektion herausgeben zu lassen, b) das Intelligenzwesen in den Provinzen so einzurichten, daß auch jede Provinzialregierung für sich in den Intelligenzblättern ein besonderes Offizialblatt besitze, c) eine Zeitschrift ohne allen offiziellen Charakter oder durch einen Privatmann, jedoch unter spezieller Aufsicht des Staats, radizieren zu lassen. Die Äußerungen des Herrn Großkanzlers E x z . treffen im wesentlichen hiermit zusammen, denn wenn dieselben statt des zu 3 gedachten Journals belehrende Kalender für die verschiedenen Stände im Staate abgefaßt wünschen, so bezieht sich diese Idee bloß auf die Form in der Ausführung, worüber wir uns leicht vereinigen dürften. Des Herrn Staatsministers Freiherrn von Altenstein E x z . dagegen ziehen den Vorschlag des p. Adam Müller 2 , den offiziellen Teil ad a mit dem nicht offiziellen ad c in Ein Journal darzustellen, daß beides nur durch den Druck sichtbar unterschieden werde, vor. Ich würde mich auch diesem erforderlichenfalls zu konformieren nicht abgeneigt sein.

i. Januar 1 8 1 0

505

Die zu b erwähnte Verbesserung des Intelligenzwesens, worüber wir, wie ich glaube, nicht uneins sind, bliebe immer eine Sache für sich, so wie auch die von Sr. Exz. dem Herrn Großkanzler gewünschte Veranlassung eines akademischen Intelligenzblatts zu seiner Zeit immer noch besonders eintreten könnte. 2. finde ich mehrere Erklärungen gegen die ursprünglich von der Königlichen Gesetzgebungssektion aufgestellte Idee, auch in dem ganz offiziellen Teil des Blatts zur Belehrung des Publikums über den Geist und die wahre Absicht der erscheinenden neuen Gesetze Extrakte aus den über die Abfassung dieser Gesetze vorhergegangenen Verhandlungen mitzuteilen, und werde daher dieselbe meinerseits aus den mannigfachen nicht unerheblichen Gründen, die dagegen aufgestellt sind, gern nachgeben. 3. sind wir noch über den Anteil nicht einig, welchen die Gesetzgebungssektion an der Redaktion dieser Blätter nehmen soll. Mein Vorschlag ging dahin, den offiziellen Teil geradezu von dieser Sektion radizieren zu lassen: des Herrn Staatsministers von Altenstein Exz. dagegen stimmen nicht nur hiegegen, sondern glauben auch, daß die Zensur des Regierungsblatts hauptsächlich von dem Königlichen auswärtigen Departement ressortieren und die Königliche Gesetzgebungssektion nur für Sachen ihres Ressorts dabei konkurrieren müsse. Wenn ein Journal den offiziellen und nicht offiziellen Teil des Regierungsblatts umfassen soll, so wird wohl freilich die Redaktion desselben Privatsache des Unternehmers bleiben müssen, doch möchte ich es umgekehrt für passender halten, daß die Zensur und spezielle Oberaufsicht über das qu[ästionierte] Journal der Königlichen Gesetzgebungssektion beizulegen sei und das auswärtige Departement nur in Sachen seines Ressorts konkurriere. Dies scheint auch den schon in der Kabinettsordre vom 25. Oktober v. J . 3 enthaltenen Bestimmungen konformer zu sein. 4. endlich über die Wahl der Person des p. Adam Müller zum Unternehmer dürften wir wohl einverstanden sein und über die ihm zuzustehenden Bedingungen uns leicht vereinigen können. Überhaupt wird das letztere hoffentlich in Absicht aller Differenzpunkte, die ich soeben aufgestellt habe und sonst noch vorkommen möchten, keine Schwierigkeiten finden; nur scheint es wohl, wie auch des Herrn Großkanzlers Exz. vorgeschlagen haben, zur Beschleunigung der Sache und um bald zu einem Resultat zu gelangen, rätlich, daß wir mündlich konferieren und über die bei des Königs Majestät zu machenden Anträge einen gemeinsamen Beschluß fassen. Dies ist, was Ew. Exz. ich ganz ergebenst habe in Vorschlag bringen und mir von Denenselben Ihre gefällige Meinung hierüber, wo und wann wir am bequemsten zusammenkommen können, erbitten wollen, es werden demnächst zu dieser Konferenz unmaßgeblich auch noch der Herr Geheime Staatsrat von Klewitz, der Herr Generalmajor v. Scharnhorst, Geheimer Staatsrat Graf von Lottum einzuladen sein'1. Die schleunigste Regulierung auch dieser sehr interessanten Angelegenheit ist mir überaus wichtig, und ich bin bereit, jede nur irgend angemessene Modifikation einzugehen, um endlich zum Zweck zu gelangen.5« 1

Dohna an das Departement der auswärtigen Angelegenheiten, Königsberg, 7. November 1809 (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 10 v); dessen Antwort, Königsberg, 10. De-

5o6

i . Januar 1810

zember 1809 (Abschrift Bl. 17). Dohna an Altenstein, Königsberg, 7. November 1809 (Abschrift Bl. 8); dessen Antwort, Königsberg, 25. November 1809 (Abschrift Bl. 20). Dohna an B e y m e , Königsberg, 7. November 1809 (Abschrift Bl. 10); dessen Antwort, Berlin, 4. Dezember 1809 (Abschrift Bl.24). 2 Memoire [22. September 1809] des Hofrats A d a m Müller (Abschrift Bl. 2), siehe Nr. 150. 3 K . O. an Dohna (Abschrift Bl. 7), siehe Nr. 164. 4 Scharnhorst und L o t t u m hatten am 2. Dezember 1809 auf das Schreiben Dohnas v o m 7. November (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 10) ihm ihre Stellungnahme zum Plan eines offiziellen Regierungsblattes dahingehend abgegeben, daß er ihnen »sehr zweckmäßig zu sein scheint und, wenn die ad a in Absicht der Militärgesetze angeführte Vorsicht beobachtet wird, die Militärverwaltung sich für die Entstehung eines solchen Amtsblatts erklären muß.« (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 23) 5 Die Gesetzgebungssektion erwägt in ihrem Gutachten v o m 23. Juni 1810 noch einmal ausführlich die v o n Hofrat Müller gemachten Vorschläge und die darauf erfolgten Stellungnahmen aus den verschiedenen Ressorts. Sie resümiert: »Klar ist es durch diese Erörterung der v o n dem H o f r a t A d a m Müller mit seinem A m t s b l a t t beabsichteten Zwecke, daß sie keinesweges alle zu billigen und noch weniger miteinander zu vereinbaren sind; daß die von ihm vorgeschlagenen Mitteilungen und Erörterungen zum Teil gar nicht, zum Teil nur auf sehr verschiedenen Wegen stattfinden können; daß sie sich also in ein solches Amtsblatt, wie er es bezweckte, nicht zusammendrängen lassen und dieses dadurch in sich selbst zerfällt.« Dringendste Bedenken äußert die Sektion gegen die Absicht A d a m Müllers, Verfasser des Amtsblatts zu werden: »Er hat in seinen Elementen der Staatskunst und andern öffentlichen Vorlesungen sich überhaupt und namentlich für die Institute des Mittelalters zum Schutz des Feudalismus, der Majorate, Zünfte p. auf eine Weise ausgesprochen, daß sich damit die Grundsätze der neuesten preußischen Gesetzgebung und Verwaltung und ihre Verteidigung (gerade von dem Edikte v o m 9. Oktober 1807 an) gar nicht vereinigen lassen. E r kann ihre Verteidigung mit gutem Gewissen und Erfolg nicht übernehmen; der S t a a t kann sie v o n ihm mit Zuversicht nicht erwarten, und das Publikum müßte gegen beide argwöhnisch werden, nachdem beide sich so bestimmt ausgesprochen und schon mehrere der geschätztesten Literaturzeitungen an dem Hofrat Müller jene Grundsätze, Einseitigkeit und Anmaßung, gerügt haben.« Die Sektion wiederholt ihre schon früher geäußerten Ansichten, die mehr oder weniger mit den eingegangenen gutachtlichen Erklärungen übereinstimmen, und schließt: »Wesentlich zusammentrifft aber die Überzeugung der Gesetzgebungssektion besonders mit den von des Königs Majestät in der Allerhöchsten Kabinettsordre v o m 25. Oktober , v. J. [siehe Nr. 164] ausgesprochenen Absichten« (Klewitz eigh., i. gl. Fasz. Bl. 29).

6. Januar 1810

507

185. Großkanzler Beyme an die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Berlin, 6. Januar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 114 Bd. 1 Bl. 194: Ausf., gez. Beyme.

Vorschläge zur Modifikation

des Indultgesetzes bei Verlängerung

»Die Einforderung der Gutachten von Seiten der Oberlandesgerichte über die Verlängerung des Indults mit oder ohne Beibehaltung des Zinsgesetzes 1 vom 15. Februar 1809 hat keine fruchtbare Folge gehabt, weil sie sich nicht auf genau ausgemittelte Tatsachen, sondern auf bloße Ansichten des Gegenstandes gründete — und diese sehr verschieden ausgefallen waren. Gründlicher ist das von dem Tribunalsrat Hecker ausgearbeitete Gutachten 2 ausgefallen, welches ich mir die Ehre gebe, Ewr. Exzellenzien unter ergebenster Zurückerbittung nach gemachtem Gebrauch anbei zu übersenden. Ich bin darin mit ihm einverstanden, daß der Grund des Indults im Mangel des baren Geldes liege3 und daß dieses so lange fortdauern müsse, als der Grund desselben nicht gehoben worden. Da nun dieser Mangel des baren Geldes aufhören wird, sobald die Staatspapiere wiederum die Stelle des baren Geldes vertreten können, so muß ich es hauptsächlich Ewr. Exzellenzien Beurteilung überlassen: wie Dieselben hoffen können, diese Absicht zu erreichen. Auf den Fall, daß Ewr. Exzellenzien die Verlängerung des Indults nicht ratsam finden sollten, würde doch nach dem Heckerschen Vorschlage dem Schuldner erlaubt werden müssen, die Zahlung des Kapitals in Pfandbriefen zu leisten; nur würde diese Befugnis auf die Pfandbriefe derselben Provinz zu beschränken sein, weil sonst der Schuldner diese Rechtswohltat mißbrauchen und die eben am niedrigsten stehenden Pfandbriefe einwechseln würde. Auch darin muß ich von dem Heckerschen Vorschlage abweichen, daß dem Schuldner nicht erlaubt werden könne, bloße Hypothekeninstrumente, wenn sie auch bei Landgütern innerhalb der ersten 2/3 und bei städtischen Grundstücken innerhalb der ersten Hälfte des Werts versichert wären, wider den Willen des Gläubigers an Zahlungs Statt zu geben, weil es solchen Privatschulden an einem öffentlich anerkannten Werte mangelt und sie unter keinerlei Umständen gleich dem baren Gelde in Kurs gesetzt werden können. Es versteht sich übrigens von selbst, daß, wenn der Gläubiger sich über die Annahme solcher Hypothekeninstrumente an Zahlungs Statt mit dem Schuldner geeiniget hätte, aller Streit wegfallen würde; für diesen Fall bedarf es aber auch keines Gesetzes. Wird aber auch das Indultgesetz 4 wirklich verlängert, so wird doch diese den Schuldnern günstige Rechtswohltat so modifiziert werden müssen, da ß sie nicht in Härte gegen die Gläubiger ausarte. Diesem zufolge würde d aher 1 .dem Gläubiger die Kündigung des Kapitals freistehen müssen, welcher sich zufolge des obigen Vorschlags bereit erklärt, Pfandbriefe derselben P r o v i n z an Zahlungs Statt anzunehmen. 2. würde der Schuldner, der sich zum allgemeinen ediktmäßigen oder dem be-

508

6. Januar 1810

sonderen Moratorio der Prozeßordnung qualifizieren wollte, nachweisen müssen, daß der Gläubiger innerhalb der ersten Zweidritteile des Werts eines Landgutes oder innerhalb der Hälfte des Werts eines städtischen Grundstükkes oder durch Staats- und andere öffentliche Papiere innerhalb ihres Nominalwertes gesichert sei. 3. Während der verlängerten ediktmäßigen Indultzeit würde der, welcher das allgemeine Indult der Prozeßordnung nachsucht, auch an die Vorschriften der Prozeßordnung gebunden sein; doch würde bei jeder Art des Moratorii der Schuldner von dem in der Prozeßordnung Teil 1 Tit. 47 § 3 Nr. 2 und 3 erforderten Nachweise befreit bleiben. 4. Überhaupt würden während der verlängerten Indultzeit die im 2. Abschnitt des Indultedikts vorgeschriebenen Modifikationen des in der Prozeßordnung Tit. 47 nachgelassenen Moratorii wegfallen und nur die unter Nr. 5 und 6 aufgeführten stehenbleiben und dahin bestimmt werden müssen, daß das Spezialmoratorium bis zum Ablaufe der verlängerten Indultzeit erstreckt werden könne. 5. Der dritte Abschnitt des jetzigen Indultedikts würde zufolgedessen, was schon bei Nr. 2 vorgekommen ist, in das künftige übergetragen werden. 6. Dagegen würde der ganze 4. Abschnitt des Indultedikts hin wegfallen, weil der § 19 schon seine Würkung geäußert hat und den Gläubigern, deren Schuldner sich nicht zu dem verlängerten Indult qualifiziert, nicht zuzumuten ist, daß sie es bei der den Interessenten und dem Gemeinen Wesen gleich nachteiligen Sequestration länger belassen sollen; nur würde in Übereinstimmung mit dem oben § 2 aufgestellten Grundsatze anzunehmen sein, daß sowohl bei adligen als anderen Gütern die Sicherheit des Gläubigers nur innerhalb der ersten 2/3 des Werts der Landgüter und innerhalb der ersten Hälfte des Taxwerts der städtischen Grundstücke anzutreffen sei und daß also ein diesen Wert erreichendes oder übersteigendes Gebot auf Andringen der vorgesetzten Gläubiger angenommen werden müsse, dahingegen die nachgesetzten Gläubiger oder auch der Schuldner selbst befugt sein würde, gegen ein Gebot zu protestieren, welches die oben erwähnte Hälfte oder 2/3 des Taxwertes nicht erreichte. Was die Bestimmung des Zinssatzes betrifft, so beziehe ich mich auf mein Schreiben vom 19. November v. J . Was man aber auch übrigens für eine Meinung hierüber haben mag, so wird man doch zugeben, daß nicht alle die Gründe mehr vorhanden sind, welche zur Zeit, als das Gesetz über die Zinsen vom 15. Februar v. J . gegeben wurde, obwalteten.5 Besonders aber würde sich die uneingeschränkte Zinsenfreiheit mit den vorgeschlagenen Modifikationen des Indultgesetzes nicht vertragen. Da manche Schuldner, welche durch das jetzige Indultgesetz geschützet werden, nach dem jetzt in Vorschlag gebrachten Indultgesetz Kündigung des Kapitals und Exekution zu erwarten haben und die in der Prozeßordnung über die Exekution gegebenen Vorschriften mit aller Strenge wieder eintreten sollen, so würde die Anzahl der Geldsuchenden sehr vermehrt werden. Die Zinsen würden also noch höher steigen, als sie jetzt schon gestiegen sind. Diese hohen Zinsen können von dem Besitzer eines über 2/3 und resp. über die Hälfte verschuldeten Grundstücks ohne seinen gänzlichen Ruin nicht aufge-

6. Januar 1810

509

bracht werden. Hat er aber noch persönlichen Kredit, so kann er wohl noch einen ehrlichen Kapitalisten finden, der sich lieber mit geringeren Zinsen begnügen als sich auf gewagte oder gesetzwidrige Geschäfte einlassen will. Hierdurch würde sich nun auch zugleich der Antrag im ostpreußischen und litauischen Generallandtagsprotokoll vom 3. Mai 1809, welches Ewr. Exzellenzienin der Anlage im Original empfangen 6 , erledigen. Eine gleiche Bewandtnis hat es mit dem Schreiben der Ostpreußischen Generallandschaftsdirektion vom 9. Dezember 1809, welches ich ebenfalls nebst dessen Anlage zu übersenden die Ehre habe 7 . Was das hiermit ebenfalls in Verbindung stehende Schreiben der Ostpreußischen Generallandschaftsdirektion vom 13. November 1809 und das Schreiben ebendieser Direktion vom 12. Dezember 1809 anbelangt, welche beiden Schreiben hier ebenfalls beigefügt sind 8 , so werden alle Bedenklichkeiten und Anträge gedachter Direktion behoben sein, wenn das Moratorium in der eben vorgeschlagenen Art verlängert wird; die Anträge aber, welche darauf gerichtet sind, daß das Generalindult auch auf diejenigen Gutsbesitzer, welche ihre Güter nach dem Kriege an sich gebracht haben, auszudehnen sei oder daß den Kreditdirektionen vergönnt werden möge, die aufgekündigten Kapitalien in Staatspapieren nach dem Nominalwerte zu bezahlen, sind den obigen Grundsätzen zuwider. Auch bedarf es dieser Anträge nicht, wenn den Kreditdirektionen als moralische Personen der Indult erteilt wird, weil es alsdann nicht auf die Person des jetzigen Besitzers ankommt. Dagegen aber könnte man den Gläubigern das Recht geben, zu fordern, daß ihnen die größeren Pfandbriefe gegen kleinere umgetauscht würden, deren sie sich bei ihren Geschäften oder sonst zu ihren Bedürfnissen als Geldes bedienen könnten. Hierbei muß ich aber auf den Antrag zurückkommen, daß es Ewr. Exzellenzien gefallen möge, die Zerteilung der größeren Pfandbriefe in kleinere bei allen landschaftlichen Systemen zu veranstalten. 9 Diese kleineren Pfandbriefe wären kein bloßes Papiergeld, weil sie wirklich den Wert des Landgutes, worauf sie haften, in sich schließen, und würden zugleich wegen ihrer größeren Brauchbarkeit zu Zahlungen aller Art, besonders zu den kleineren, dem Geldmangel wenigstens zum Teil abhelfen.« 1

»Gesetz über die bei Darlehns- und andern rechtlichen Geschäften bis zum letzten Dezember 1810 anzunehmenden beliebigen Zinsen«, Gesetzsammlung

1806—10,

Nr. 68, S. 535 f. 2

Gutachten von Hecker, Königsberg, 27. November 1809, gez. Hecker, i. gl. Fasz. Bl. 198.

3

Die kursiv gesetzten Wörter sind im Manuskript unterstrichen, vermutlich von Koehler, der dazu folgendes Marginale bringt: »Das ist schwerlich zuzugeben: Bar Geld ist (verhältnismäßig nach Größe und Bevölkerung des Landes) noch in diesem Augenblicke gewiß mehr in Preußen als in England.«

4

»Verordnung zur Konservation der Schuldner im Besitz- und Nahrungsstände«, Memel, 24. November

1807 (Druck i. gl. Fasz. Bl. 32; Gesetzsammlung 1806—10,

Nr. 22, S. 179 ff.). 5

Dieser

Satz seitlich angestrichen, dazu Marginale von

Koehler:

»Umgekehrt,

damals waren auch keine Gründe vorhanden, das Gesetz während eines Generalindults erscheinen zu lassen.«

5io 6 7

8 9

8. Januar 1810

Extrakt des Protokolls i. gl. Fasz. Bl. 220. Schreiben an Beyme, Ausf., gez. v. Korff (Bl. 222), dazu als Anlage Bericht der ostpreußischen Generallandschaftsdirektion an den Geh. Staatsrat und Oberpräsidenten von Auerswald wegen der Verlängerung des Indults, Königsberg, 4. Dezember 1809, gez. v. Korff u. ? (Abschrift Bl. 223). Ausfertigungen Bl. 225 u. Bl. 233. Dieser Satz seitlich angestrichen, dazu Marginale von Koehler: »In Pommern ist die Erfahrung gemacht worden, daß die Würkung dieser Maßregel höchst unbedeutend ist.«

186. Immediateingabe der Deputierten zum Generallandtage Berlin, 8. Januar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 114 Bd. 1 Bl. 237: Ausf., gez. 20 Unterschriften.

Ursachen für die Verschuldung der Rittergutsbesitzer, Zinsfußes und Verlängerung des Indults

Bitte um Regelung des

*Die herablassende väterliche Huld und Gnade, mit der E. K . M. sich die Not unserer Provinz von unsern Deputierten haben vortragen lassen, gibt uns den Mut, uns nochmals E . K . M. Allerhöchstem Throne zu nähern und vertrauensvoll auf Allerhöchstdero Nachsicht eine treue und gewissenhafte Schilderung unserer Lage zu machen. Wir können uns kühn auf E. K . M. persönliche Kenntnis der Provinz berufen, daß wir Rittergutsbesitzer nicht zu dem Adel gehören, der als staatsverderblich verschrien wird! Wir haben größtenteils unsere Güter von unsern Voreltern ererbt, und die uns belastenden Schulden sind vorzüglich der Vermögensanteil von Geschwistern und andern Erben, die wir nach dem Willen unserer Voreltern haben übernehmen müssen. Wir verprassen unser Vermögen nicht im Müßiggange, wir sind arbeitsame, feißige gewerbtreibende Menschen, die den höhern Beruf fühlen, zur Vervollkommnung der Landeskultur mitzuwirken, ein Beruf, der vielleicht nie so lebhaft in unserer Provinz als jetzt empfunden worden ist. Doch der größte Eifer scheitert an dem Mangel eines zureichenden Betriebskapitals, da das frühere der Krieg verzehrte, und nötiget uns, ein Opfer des augenblicklichen Besitzers des klingenden Geldes zu werden. Wir bebauen eine arme Grundfläche; vier- bis fünffältige Früchte sind im Durchschnitt der höchste Ertrag unsers Gewerbes, von denen uns oft kaum ein Korn als Überschuß verbleibet. Wie können wir mit diesem beschränkten Einkommen den unbeschränkten Forderungen der Geldbesitzer die Waage halten ? Unser Untergang ist unvermeidlich! Diese Lage wird jetzt durch den Ablauf des Indults am 1. Julius d. J. noch trauriger ! Wäre nie, frühere Jahrhunderte lang, der Zinsfuß geregelt worden, wäre nie ein Indult bewilligt worden, so wollen wir nicht ableugnen, daß in glücklichen Zeiten Gewerbe und Grundbesitz sich dieser Einrichtung hätten aneignen können. Das Schreckliche bei der Fortdauer des ungeregelten Zinsfußes und bei

8. Januar 1810

511

Aufhebung des Indults lieget daher vorzüglich im Momente, da nämlich aller Seehandel gesperrt ist, wo eine so bedeutende Summe klingenden Geldes außer Landes gehet und wo nur Lieferanten, Agioteurs und Wechsler Gelegenheit gehabt haben, bei den großen Unglücksfällen des Allgemeinen ihr Vermögen zu vermehren. Einige theoretisch aufgestellte Hypothesen sprechen gegen uns, allein es ist die Frage: ob die Staatswirtschaft nicht waget, wenn sie diesen vertraut, und niemand kann ableugnen, daß wir die Erfahrung von Jahrhunderten für uns haben und daß selbst der wohlwollende Versuch Kaiser Joseph des II., dem Zinsfuß freien Lauf zu lassen, so unglücklich ausgefallen ist, daß er aufgegeben werden mußte. Wird der Indult aufgehoben, wird der Zinsfuß nicht wieder geregelt, so sind die Eigentümer ohnfehlbar gestürzt! Wir wissen sehr wohl, daß mehrere Schriftsteller es für gleichgültig halten, ob die Person der Grundbesitzer gewechselt werde und ob der größte Teil der jetzt wirkenden zugrunde gehe. Nie wird aber der Staat wohl eine solche Katastrophe ohne großen Nachteil zulassen dürfen, denn wenngleich die durch das Unglück anderer reich Gewordenen vielleicht ebenso gute Landwirte werden können als wir, so wird doch die Zahl derer, welche verarmen, zu groß sein, als daß das Ganze diesen Nachteil ertragen könne. Auch vertrauen wir auf E. K. M. Gnade, daß Allerhöchstdieselben Familien nicht zugrunde gehen lassen wollen, welche unter E . K . M. und Allerhöchstdero Vorfahren Augen Gut und Blut für ihre Landesherrn aufgeopfert haben. Es scheint überdem, als wenn man bei Erwägung der Gründe für oder wider den Indult und den ungeregelten Zinsfuß die Gefahr, in welche die Kapitalisten selbst gesetzt werden, übersehen habe. Bei allen Konkursen, welche entstehen, werden die Grundstücke weit unter ihrem Wert verkauft, einer, der nicht Gläubiger war, oder aber einer der Gläubiger wird es acquirieren, und die mehrsten Gläubiger werden mit ihren Forderungen leer ausgehen oder nur den kleinsten Teil ihres Kapitals zurückerhalten. — Also auch diese Familien, die dies trifft, werden der Armut und dem Mangel preisgegeben. Daneben ist der Verlust, den der Staat bei der Produktion und Kultur aller derer erleidet, die, barer Mittel beraubt, schwankend stehen bleiben und einen kraftlosen langsamen Todeskampf bestehen müssen, überaus groß. So verderblich die Aufhebung des Indults für die ländlichen Grundbesitzer sein würde, ebenso verderblich würde er für den städtschen und für das Gewerbe sein. Die städtschen Grundstücke sind größtenteils mit Hypotheken belastet, und der Bürger, der zur Beschaffung der Einquartierungs- und anderen den Städten zugefallenen Lasten in den letzten Jahren alles willig aufgeopfert hat, würde jetzt bei Aufhebung des Indultedikts Haus und Hof für die Hypothek aufgeben und rein ausgehen müssen. Entweder es finden sich gar keine Käufer zu den Häusern, oder sie gehen in die Hände irgendeines Kapitalisten über. Der vorige Besitzer, der in der Regel zugleich gewerbtreibender Bürger war, ist ruiniert und unfähig, es fortzusetzen, fällt er der Kommune zur Last. Der Nachteil fürs Gewerbe und der Industrie der Städte ist gar nicht zu berechnen. Vertrauensvoll auf E . K. M. väterliche Huld und Gnade waget Stadt und Land daher die ehrfurchtsvolle Bitte:

8. Januar 1810

512

den Zinsfuß wiederum zur Rettung des Grundbesitzers, Gewerbes und des Kapitalisten nach den frühern gesetzlichen Bestimmungen des Landes zu regeln und den Indult zu verlängern.«

187. Immediatvorstellung der Deputierten zum Generallandtage Berlin, 8. Januar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. 3 Bl. 22: Ausf., 20 Unterschriften; Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. 1 Bl. 139: Abschrift.

Bedenken gegen den Vorschlag einer Zerstückelung der kurmärkischen wegen der zu befürchtenden Folgen

Kreise

»Bei der gegenwärtigen Landtagsversammlung sind die Folgen einer Zerstückelung der kurmärkischen Kreise zur Erörterung und Erwägung gekommen. In die Zwecke, welche mit diesem Vorschlage beabsichtet werden, dürfen wir zwar nach unsern Verhältnissen nicht eindringen, aber dennoch haben wir bei der Aufmerksamkeit, welche Euer Königliche Majestät der Wohlfahrt Ihrer Untertanen widmen, Allerhöchstdero Mißfallen nicht zu fürchten, wann wir es wagen, Euer Königlichen Majestät unsere Besorgnisse und unsere Bedenken bei Ausführung dieses Vorschlages vor Augen zu legen. Die Aufrechthaltung des allgemeinen ländlichen Kredits, der Kredit des Pfandbriefsinstituts, dieses Kleinods der Provinz, die Wiederherstellung einer genauen Ordnung in allen Teilen der Verwaltung scheinen uns besonders unter den gegenwärtigen schwierigen Verhältnissen die wesentlichsten Bedürfnisse zu sein. Hierauf würde aber, fürchten wir, eine Zerstückelung der Kreise sehr nachteilig würken. Der Landeskredit sowohl im allgemeinen als insbesondere der Kredit des Pfandbriefsinstituts beruht auf zwei Grundpfeiler[n]: auf richtige[n] Abschätzungsgrundsätze[n] und auf pünktliche[r] Ordnung in den Hypothekenbüchern. — Beide werden aber durch eine Zerstückelung der Kreise erschüttert. Denn jeder Kreis hat seine Spezial-, den Lokalverhältnissen angemessene Abschätzungsgrundsätze, worauf die Pfandbriefe und jetzt auch die Domänenpfandbriefe beruhen und ausgefertigt sind; wird diese Einteilung aufgehoben, so werden auch diese Detaxationsgrundsätze mit aufgehoben. Die Hypothekenbücher sind auf den Grund der jetzigen Kreiseinteilung angelegt. Wird diese verändert, so folgt auch daraus die gänzliche Umwälzung derselben und mit dieser unzählige Verwickelungen und sehr bedeutender Kostenaufwand. Ebenso, fürchten wir, wird eine Zerstückelung der Kreise, statt eine größere Ordnung zu bewürken, unzählige Verwickelungen in die Geschäftsverwaltung der Kreise und in die individuellen Verhältnisse der Kreiseinwohner nach sich ziehen, denn 1. viele Kreise haben bei dem letzten Kriege bedeutende Schulden kontrahiert, andere sind der ganzen Provinz noch mit ansehnlichen Rückständen verpflichtet;

8. Januar 1810

513

soll nun ein Teil des Kreises vom Ganzen getrennt und mit einem anderen Kreise verbunden werden, so wird dies nicht allein sehr schwierig, sondern auch in manchen Fällen fast unmögliche Auseinandersetzungen erfordern. 2. hat jeder Kreis seine besondere Steuerverfassung, solange daher nicht eine allgemeine Steuerlast eingeführt ist, so wird auch daraus eine große Verwickelung entstehen, wann die bisher gleichmäßig steuernden getrennt und mehrere verschiedenartig steuernde zusammengelegt werden. Überdem ist das Band der in einem Kreise verbundenen Einwohner als ein seit einer langen Reihe von Jahren bestandenes Familienband anzusehen, dessen Trennung jedes [!] Mitglied sehr schmerzlich fallen würde. 1 Geruhen Euer Königliche Majestät nach Ihrer Landesväterlichen Huld uns die Gnade zu erweisen, diese Gründe und diese Besorgnisse zu erwägen, und wenn demohnerachtet Euer Königliche Majestät überwiegende Bestimmungsgründe für Ausführung dieser Vorschläge haben sollte, so bitten wir alleruntertänigst, solche so lange auszusetzen, bis über den Schuldenzustand der Provinzen, über die Aufrechthaltung des Pfandbriefsinstituts, über die Einrichtung des Steuerfußes angemessene Maßregeln getroffen und die Mitglieder der Kreise, die voneinander getrennt werden sollen, in ihren Verhältnissen auseinandergesetzt sind, da wir, wann vorher diese Ausführung erfolgen sollte, einen Zustand der Auflösung des Kredits und der Kreisverhältnisse befürchten, der Euer Königlichen Majestät und Ihrer Provinz sehr nachteilig werden dürfte.« 1

Demgegenüber liegen Anträge von Gutsbesitzern vor, ihre Güter zu anderen Provinzen zu schlagen, z. B. der Antrag des Geh. Justizrats und

westpreußischen

Landschaftsdirektors von Arnim, Heinrichsdorf bei Tempelburg, 26. Januar 1810 (Ausf., Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. 1 Bl. 143); Befürwortung im Schreiben Sacks an Dohna, Berlin, 2. Februar 1810 (Ausf., Bl. 146).

188. Großkanzler Beyme an die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Berlin, 8. Januar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 83 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 140: Ausf., gez. B e y m e .

Vorschlag zur Bildung einer Kommission Anträgen der französischen Kolonie

wegen Prüfung

von Wünschen

und

»Gleichzeitig mit dem von Eurer Exzellenzien wegen der künftigen Verfassung der französischen Kolonie unter dem 1. Dezember v. J. an mich erlassenen geehrtesten Schreiben 1 ist auch der in originali beigeschlossene Aufsatz 2 bei mir eingegangen, worin über die der hiesigen französischen Kolonie durch die allerhöchste Kabinettsresolution vom 30. Oktober v. J. 3 schon bekannt gewordenen Bestimmungen Bemerkungen und Anfragen gemacht und Wünsche geäußert

514

8. Januar 1810

werden. Der Inhalt dieses Aufsatzes verdient bei der Ausführung der durch die allerhöchste Kabinettsordre vom 30. Oktober v. J . bestimmten Veränderungen berücksichtiget zu werden, und die darin enthaltenen Wünsche und Anträge scheinen sämtlich von der Art zu sein, daß sie mit der allerhöchsten Königlichen Entschließung mehr oder weniger bestehen können. Auf jeden Fall scheint die Sache eine nähere Überlegung zuverdienen. Ich habe daher die Mit Vollziehung der mir von Eurer Exzellenzien mit dem obangezogenen geehrtesten Schreiben übersandten Verfügungen noch ausgesetzt und bedauere es, daß verschiedene diese Angelegenheit betreffende Verfügungen, nämlich die an das Hochlöbliche Auswärtige Departement, an die Sektion für den Kultus und öffentlichen Unterricht und an die Regierung zu Königsberg, ohne meine Mitvollziehung schon abgegangen sind. Mein Vorschlag gehet dahin, eine Kommission, bestehend aus zwei Kommissarien, niederzusetzen, wovon des Königlichen wirklich Geheimen Staatsministers und Ministers des Innern, Herrn Grafen zu Dohna, Exzellenz den einen und ich den andern ernenne. Von meiner Seite wird dazu der Kammergerichtspräsident von Kircheisen oder, wenn dieser durch überhäufte Dienstgeschäfte verhindert sein sollte, der Geheime Oberjustizrat von Koenen bestimmt werden. Diese Kommissarien werden die Ausführung des Königlichen Beschlusses vom 30. Oktober v. J . in allen Beziehungen vorzubereiten und dabei unterrichtete Mitglieder der französischen Kolonie zuzuziehen haben, wozu der Geheime Rat von Lancizolle und die beiden Geistlichen Erman und Ancillon der jüngere sich qualifizieren würden. Die Kommissarien hätten bei ihren Verhandlungen die Königliche Kabinettsordre vom 30. Oktober v . J . zum Grunde zu legen, sie prüften Punkt für Punkt die Desiderata in dem diesem Schreiben beigefügten Aufsatze, entwürfen ein Regulativ über die künftige Verfassung, legten solches den beiden kommittierenden Ministern vor, welche darüber mit des Königlichen wirklichen Geheimen Staatsministers und Ministers der Finanzen, Herrn Freiherrn von Altenstein, Exzellenz konferierten und gemeinschaftlich mit denenselben die allerhöchste Bestätigung des Regulativs einholten. Erst wenn diese erfolgt wäre, würden die Veränderungen realisiert und die französischen Koloniebehörden aufgehoben. In betreff der Justizverfassung der Kolonie werden die Kommissarien besonders in Erwägung zu ziehen haben, in welcher Art die Wahl, Prüfung und Bestätigung der zu bestellenden Friedensrichter anzuordnen sei. Die Oberaufsicht über sie wird dem Staate bleiben, und ihre Kompetenz wird auf Stiftung von Vergleichen zu beschränken sein, so daß sie keine schiedsrichterlichen Aussprüche, die die Kraft richterlicher Erkenntnisse hätten, abfassen können. Actus voluntariae jurisdictionis werden vor ihnen jedoch mit Ausschluß derer, die in foro rei sitae aufgenommen werden müssen, verrichtet, aber keine Testamente und letztwillige Dispositionen aufgenommen werden können. Das Vormundschaftswesen wird an die gewöhnlichen Gerichte zu verweisen, der Kolonie jedoch jeder wohltätige Einfluß, den sie durch Bestimmung ihrer Armen- und anderer Fonds oder sonst zum Besten der Pupillen ausüben kann, nachzulassen und zu erleichtern sein. Der Gerichtsstand der Koloniemitglieder, der bisher ohne Exemtion für alle gleich gewesen ist, wird künftig nach den allgemeinen Grundsätzen von der Exemtion anderer Staatsbürger zu bestimmen sein.

8. Januar 1 8 1 0

515

Die Vorrechte, welche das Consistoire ordinaire in Rücksicht der Stempel-, Sportel- und Portofreiheit bisher genossen hat, würden als heilsam beizubehalten sein. Der Abschoß innerhalb Landes, von dem die Koloniebürger frei gewesen sind, wird auch künftig nicht stattfinden, da das Recht der Kommunen, Abschoß zu fordern, nicht zu begünstigen oder auszudehnen ist. Euer Exzellenzien ersuche ich ganz ergebenst, diese Bemerkungen und Vorschläge zur weitern Einleitung der Sache gefälligst in Erwägung zu ziehen ; und ich schmeichle mir, daß Dieselben damit einverstanden sein werden, daß noch eine nähere Erörterung nötig ist und daß eine kommissarische Behandlung am sichersten zum Ziele führen werde. Unabhängig von den Verhandlungen der Kommissarien sind aber einige Gegenstände, das Justizwesen betreffend, weshalb schon jetzt die Verfügungen erlassen werden können. Dieses sind: 1. Die Anordnung, daß keine Grundstücks mehr von neuem unter die Realjurisdiktion der Koloniegerichte gelangen, wenn sie von Koloniebürgern acquiriert werden, 2. daß die Aufsicht über die Koloniegerichte an die Landesjustizcollegia Übergehn, 3. daß schon von jetzt an die Appellationen und Revisionen von den Koloniegerichten an die gewöhnlichen Appellations- und Revisionsinstanzen gehen und 4. daß also das französische Obergericht außer Wirksamkeit gesetzt werde4. Wegen dieser Punkte ist heute das Nötige erlassen und das Obergericht zugleich angewiesen worden, genaue Verzeichnisse von dem Personale und dem Diensteinkommen sämtlicher bei dem Obergerichte und den Koloniegerichten angestellt gewesenen Offizianten einzureichen, da dieses die einzigen Beamten der Kolonie sind, für deren Unterbringung ich zu sorgen haben werde, und auch dieses nur insofern, als nicht ihr Amt bei dem Gerichte bloß Nebenamt gewesen ist. Indem ich mir die Ehre gebe, Eurer Exzellenzien hiernach die mir unterm 1. Dezember v. J . mitgeteilten Verfügungen im Konzept und Reinschriften 5 zu remittieren, übersende ich Denenselben annoch die zu dem eingangs erwähnten Aufsatze gehörende Schrift, betitelt Règlements pour la Compagnie du Consistoire de l'Église française de Berlin zu gefälligem Gebrauche.« 1 2 3

4

5

34.

Konzept, gez. Altenstein, Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 106. Der Aufsatz und die dazugehörige Schrift über die Règlements liegen nicht bei. K . O. an Altenstein, Dohna und Beyme (beglaubigte Abschriften i. gl. Fasz. Bl. 99); Drück Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 92, S. 601 ff. Beyme meldet Dohna am 19. März 1810, »daß die gänzliche Auflösung des bisherigen französischen Obergerichts nunmehr erfolgt ist« (Ausf., gez. Beyme, i. gl. Fasz. Bl. 136). Dazu Marginale Frieses : »Diese Reinschriften sind von mir kassiert worden, damit die Akten nicht zu volumineuse werden.«

Stein/Hardenberg

516

9- Januar 1810

189. Geheimer Staatsrat und Oberpräsident Sack an den Minister Graf zu Dohna Berlin, 9. Januar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 114 Bd. 1 Bl. 110: Ausf., gez. Sack.

Übersendung und Bewertung eingeholter Gutachten über Aufhebung oder Verlängerung des Generalindults »Ew. Exzellenz haben unter dem 30. Oktober v. J. 1 mein Gutachten darüber zu fordern geruhet, ob das General-Indult-Gesetz 2 vom 24. November 1807 nach seinem w ö r t lichen Inhalte mit dem 24. Juni 1810 pure ablaufen oder ob und unter welchen Modifikationen etwa eine Verlängerung des General-Indults stattfinden solle. Ich habe darüber die Gutachten der mir untergeordneten Regierungen gefordert, bei einer unlängst gehaltenen Provinzialbereisung die Stimme des Publikums erforscht und besonders die Meinung der Landstände eingeholt — und überreiche nunmehr die Resultate von allem diesem mit noch einigen hinzugekommenen Aufsätzen in dem hiebeiliegenden Aktenstück, aus 79 Blättern bestehend. Unter Nr. I findet sich darin (von fol. 1 bis 18) ein Aufsatz des hiesigen Stadtgerichtsassessors Langerhans 3 , der bei Gelegenheit der Vollziehung des Edikts und Hausgesetzes über die Veräußerlichkeit der Domänen und Bepfandbriefung derselben 4 schon im Januar v. J. von den Deputierten der kurmärkschen Städte in Beantwortung des Antrags der ritterschaftlichen Deputierten um Versicherung der Fortdauer des Indults übergeben wurde und dessen Tendenz dahin geht, daß der Indult so bald als möglich gänzlich aufgehoben werden müsse, weil er dem Ganzen nachteilig und kein Zeitpunkt abzusehen sei, wo er besser aufgehoben werden könnte. Unter Nr. II, fol. 19 und 20, ein Aufsatz des Geheimen Finanzrats von Prittwitz auf Quilitz 5 , den Vorschlag enthaltend, um die Aufhebung des Indults zu erleichtern, die Masse des kursierenden Geldes dadurch zu vermehren, daß man kleine Pfandbriefe kreiere und diesen einen gezwungenen Kurs in allen Zahlungen, gleich dem baren Gelde, gebe. Unter Nr. III, fol. 21 bis 26, einige Bemerkungen des verdienten Beamten Baath zu Sachsendorf im Oderbruche 6 , worin derselbe das Nachteilige eines allgemeinen Moratorii zu beweisen und die Notwendigkeit dessen Aufhebung — verbunden mit einer allgemeinen Ausgleichung aller getragenen und noch zu tragenden Kriegeslasten — darzutun sucht. Unter Nr. IV, fol. 27, ein Auszug aus den Verhandlungen des engern Ausschusses der Pommerschen Kreditassoziation vom Oktober v. J. 7 , den Antrag eines Departementsdeputierten (des Landrats v. Dewitz) enthaltend, daß der Indult nicht pure auf einmal, sondern nur sukzessive in einer be-

9- Januar 1 8 1 0

517

stimmten Reihe von Jahren aufgehoben, jährlich nur ein Kündigungs- und ein Zahlungstermin bestimmt und in Absicht der Staatspapiere eben das gültig gemacht werden möge, was für Privatschuldner gelte. Unter Nr. V , fol. 28 bis 33, der Bericht der Neumärkschen Regierung 8 nebst dem besondern Voto des Vizepräsidenten Troschel 9 mit dem Vorschlage, den Indult noch auf 2 Jahre zu verlängern und während der Zeit die Zinsen allenfalls bis 8 p. Ct. zu erhöhen, bei einer etwanigen noch fernem Verlängerung des Indults über 2 Jahre hinaus aber auch eine jährliche Kündigung von etwa 1 j 6 des Kapitals nachzugeben, wenn diese nicht etwa gleich stattfinden könnte, übrigens auch die Erhöhung der Zinsen und teilweise Kapitalsabzahlung auf die Pfandbriefe auszudehnen und bei ausbleibender Zinszahlung ohne alle Zögerung Subhastation nachzugeben. Unter Nr. V I , fol. 34 bis 44, der Bericht der Pommerschen Regierung 10 mit einem besondern Voto des Regierungsrats Bethe 1 1 , den Vorschlag enthaltend, daß der Indult aufgehoben werde, jedoch mit der Maßgabe, daß, wer im ersten Jahre nach dessen Aufhebung kündigt, nur */3 bar Geld und V 5 Staatspapiere, wer im 2. Jahr kündige, 2 / 5 bar Geld und 3 / 5 Staatspapiere und so fort, bis im 5. Jahre die ganze Schuld in barem Gelde getilgt werden müsse, empfange; die Differenz zwischen dem Nominal- und Kurswert der Staatspapiere aber als eine neue Schuld von dem Schuldner jährlich mit 1 / 5 des Betrags und mit 6 p. Ct. Zinsen nachgezahlt werden müsse. Unter Nr. V I I a und b, fol. 45 bis 57, der Bericht der Kurmärkschen Regierung 1 2 mit dem Voto, daß der Indult pure je eher je lieber aufgehoben werden müsse, der Staat jedoch auch in Absicht seiner Papiere davon keine Ausnahme machen dürfe. Unter Nr. V I I I , fol. 58 bis 6 3 , Abschrift der im Mecklenburgschen im Jahr 1807 wegen Einführung und im vorigen Jahre wegen sukzessiver Wiederaufhebung des Indults daselbst ergangner Verordnungen. 13 Unter Nr. I X , fol. 64 bis 79, endlich ein Votum des Regierungsrats von Balthasar 1 4 , folgende Vorschläge enthaltend: 1. Das Indultedikt höre mit dem 24. Juni d. J . auf. 2. Jeder notwendige Verkauf von Grundstücken werde ohne Rücksicht auf den bei der Subhastation erreichten mehrern oder mindern Betrag des Meistgebots zugeschlagen. 3. Jeder Grundstücksbesitzer dürfe im ersten Jahre nur im zweiten Jahre nur 2 / 1 0 im dritten Jahre nur 3 / 1 0 im vierten Jahre nur 4 / 1 0 oder allenfalls wieder nur 2 / 1 0 und dann im 5. J a h r nur i l i 0 im 6. J a h r nur i j i 0 des Kapitals nach Ordnung der hypothekarischen Versicherung abtragen. 4. Man bestimme die Fälle allgemeiner und genauer, wo Spezialmoratorien für Institute und Individuen gegeben werden; Haupterfordernisse dazu müssen sein richtige Zinszahlung und Vorlegung eines Amortisationsplans. 34*

518

g. Januar 1810

5. Demgemäß gebe man der Bank, der Seehandlung, den Pfandbriefsinstituten und den Korporationen ebensowohl wie 6. den Privatpersonen, welche dessen bedürfen und jenen beiden Erfordernissen genügen, Spezialmoratorien — lege, namentlich von Seiten jener öffentlichen Institute, den Amortisationsplan frei und offen dar und mache zu Bezahlung der laufenden Zinsen Anstalt. 7. Man bestimme wieder ein gesetzliches Maximum für die Zinsen, allenfalls auf 6 p. Ct., und verpöne alle Umgehung des Gesetzes auf das strengste, wo möglich, mit Infamie — und dieser Zinssatz gelte 8. auch für die während des Krieges kontrahierten zu höhern Zinsen stehenden Schulden vom 24. Juni d. J . an dergestalt, daß von da an keine derselben höher als zu jenem Satze verzinset werden dürfe. Die aus Pommern unlängst in Königsberg gewesenen ständischen Deputierten, Graf Blankensee und Landschaftsdirektor v. Krause, haben ausdrücklich um Verlängerimg des Indults gebeten 15 . Auf dem vor kurzem gehaltenen Neumärkschen Landtage haben die Stände ebendiesen Wunsch dringend vorgetragen. Aus dem jetzt hier versammelten Kurmärkschen Landtage haben mehrere Deputierte diesen Antrag — vereinigt mit der Bitte um Wiedereinführung eines fixierten Zinsfußes — auf ausdrückliche Instruktion ihrer Kommittenten dringend vorgestellt, und der gesamte Landtag hat dem beigepflichtet. Ich glaube unter diesen Umständen allerdings, daß eine pure Aufhebung des Indults mit der Endschaft seiner jetzigen Dauer nicht stattfinden kann, ohne das Privatwohl einer sehr großen Menge von Grundstücksbesitzern wesentlich zu erschüttern und einen großen, wo nicht den größten- Teil derselben von seinen Besitzungen zu vertreiben; daß dagegen eine ganz unmodifizierte Fortdauer des jetzigen Indultedikts ebenfalls nicht stattfinden darf, weil sie allen Verkehr zu nachteilig hemmt und den Kredit des Ganzen und jedes einzelnen immer mehr untergräbt; daß aber bei einer teilweisen modifizierten Fortdauer des Indults — welche auch eigentlich die Stände nur wünschen — auch die völlige Freiheit des Zinsfußes, die ohnedies nur auf eine bestimmte Zeit vorläufig nachgegeben ist, wieder suspendiert werden muß, bis überhaupt wieder ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Geldverkehr und allem andern Gewerbe durch die Umstände und Mitwirkung des Staats herbeigeführt worden und dann auch unbedenklich der Zinsfuß freigegeben werden kann, der jetzt und bei allmählicher Aufhebung des Indults alle Grundbesitzer umwerfen und jeden Calcul auf den Ertrag eines zum Teil mit fremdem Gelde zu kaufenden Grundstücks oder anzufangenden Gewerbes vernichten würde. Nach diesen Gesichtspunkten finde ich die Darstellung und die Vorschläge des Regierungsrats v. Balthasar ganz zweckmäßig und pflichte denselben bei, bemerke jedoch, daß eine Verpönung der Umgehungen des wiederherzustellenden Zinsgesetzes mit Infamie in mehrern Beziehungen bedenklich scheint und ich dafür als eine zu gewaltsame Maßregel nicht stimmen kann. —

9. Januar 1 8 1 0

519

Die von den übrigen Behörden und Personen gemachten Vorschläge erschöpfen die Sache weniger; der Aufsatz des p. Langerhans ad 1 war zu einer Zeit geschrieben, wo alle hiebei obwaltenden Verhältnisse noch nicht so nahe zu übersehen waren wie jetzt. Der Vorschlag des Herrn p. v. Prittwitz ad 2 ist durch die jetzige Einführung kleiner Tresorscheine zum Teil erfüllt, und eignen sich diese unbezweifelt weit leichter zum gewöhnlichen Kurs als kleine Pfandbriefe. Die Vorschläge des p. Baath ad 3 und das Gutachten der Kurmärkschen Regierung ad 7 wegen unbedingter Aufhebung des Indults sind bloß theoretisch, ohne Rücksicht auf die Lage des Staats und der öffentlichen Kreditinstitute abgefaßt und also insofern mangelhaft und unanwendbar. Die Anträge des p. v. Dewitz ad 4 und der Neumärkschen Regierung ad 5 sowie das Verfahren im Mecklenburgschen ad 8 kommen mit den Vorschlägen des p. v. Balthasar in der Haupttendenz überein. Der Vorschlag der Pommerschen Regierung ad 6 ist zu künstlich und hilft der Verlegenheit dessen, der kein Geld und kein Papier — wenn auch nur zum Teil verschuldetes Vermögen in Grundstücken — hat, doch nicht ab. Somit glaube ich, daß nur auf dem ad 9 von dem p. v. Balthasar vorgeschlagenen Wege der allgemeinen Stockung abgeholfen, dem Untergange vieler einzelner vorgebeugt und dem Wunsche aller Stände der mir untergeordneten drei Provinzen genügt werden kann — wobei es unerläßliche Bedingung ist, daß die Freiheit des Zinsfußes je eher je lieber und gleichzeitig mit Ablauf des jetzigen Generalindults und Einführung eines neuen modifizierten Indultgesetzes suspendiert werden muß, ohne welche Maßregel alle übrigen Mittel zu beiden Zwecken doch unwirksam sein würden. Die nähere Modifikation dieser Vorschläge stelle ich Ew. Exzellenz erleuchtetem Ermessen anheim, bitte jedoch, die höchste Entscheidung möglichst zu beschleunigen, da man überall sehr gespannt darauf und es auch gut ist, wenn noch vor Eintritt des Termins der neuen Bestimmung jedermann sich einigermaßen darauf vorbereiten kann. Die Anlagen erbitte ich mir hiernächst ganz ergebenst zurück.« 1 2

3 4

5 6 7 8

9 ,0 11

Konzept Koehler, gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 60. »Verordnung zur Konservation der Schuldner im Besitz- und Nahrungsstande«, Memel, 24. November 1807, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Schroetter, Stein, Schroetter I I , Druck i. gl. Fasz. Bl. 32; Gesetzsammlung 1 8 0 6 - 1 0 , Nr. 22, S. 179 ff. Berlin, 29. Januar 1809, eigh. u. gez. Langerhans, i. gl. Fasz. Bl. 1 1 5 . Königsberg, 6. November 1809, Gesetzsammlung 1 8 0 6 - 1 0 , Nr. 93, S. 604 ff., siehe Nr. 167. Undatiert, ungez., i. gl. Fasz. Bl. 133. Aufsatz des Oberamtmanns Baath, undatiert, ungez., Bl. 135. Stettin, 16. Oktober 1809, Extrakt, ungez., Bl. 1 4 1 . Königsberg N/M., 18. November 1809, Ausf., gez. 6 Unterschriften, u. a. Troschel, Bl. 142. Königsberg N/M., 19. November 1809, Ausf., gez. Troschel, Bl. 145. Stargard, 17. November 1809, Ausf., gez. 5 Unterschriften, Bl. 148. Stargard, 14. November 1809, gez. Bethe, Abschrift Bl. 152.

g. Januar 1810

520

12 Potsdam, 2. Dezember 180g, Ausf., gez. Vincke, Wilkens, Triest, Bl. 160. Anschreiben gleichen Datums und mit gleichen Unterschriften Bl. 15g. 13 Verordnung vom 24. Dezember 1807, Abschrift Bl. 172; Verordnung vom 12. Januar 180g, Abschrift Bl. 175. 14 Berlin, 14. Dezember 180g, Ausf., gez. v. Balthasar, Bl. 178. 15 »Verlängerung des Indults gebeten« von Koehler unterstrichen, am Rand angestrichen und daneben die Bemerkung: »Dem ist nicht also. Ihr Antrag ist ganz anders gestellt.«

190. Kabinettsorder an den Minister Graf zu Dohna und den Großkanzler Beyme Berlin, 9. Januar 1810 Z S T A Merseburg, Justizministerium, Rep. 84 a B, I B S Nr. 68 Bd. 2 (neu: Rep. 2.5.1. Nr. 515) Bl. 8: Ausf., gez. Friedrich Wilhelm.

Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit in den Mediatstädten »Einverstanden mit dem von Euch in dem Bericht vom 27. v. M.1 vorgetragenen Grundsatz, daß die Gerichtsbarkeit in den Städten nur in Meinem Namen ausgeübt werden dürfe und daß daher die Patrimonialgerichtsbarkeit über die sogenannten Mediatstädte sowie diejenige, welche in mehreren Immediatstädten über gewisse Grundstücke, Bürger und Einwohner ausgeübt wird, aufhören müsse, dabei aber mit gehöriger Umsicht und unter möglichster Berücksichtigung der etwanigen Vorteile, welche die Privilegierten davon gehabt haben, zu verfahren sei, will Ich Euch hiedurch autorisieren, die Oberlandesgerichte anzuweisen, daß sie den Umfang und die äußern Verhältnisse einer jeden solchen Gerichtsbarkeit, deren gegenwärtige und künftige Einrichtung, die jetzigen und künftigen Fonds zur Bestreitung der Kosten der Gerichtspflege ausforschen und die etwanige Entschädigung der bisherigen Gerichtsherren auszumitteln suchen. Daß es hiebei keinen Unterschied macht, ob die Gerichtsbarkeit über Städte und in Städten von physischen oder von moralischen Personen, z. B . von Dom-Kapiteln, Kirchen usw., ausgeübt wird, versteht sich von selbst, und Ich überlasse Euch demgemäß die weitere Verfügung 2 als Euer wohlgeneigter König.« 1

2

I. B. von Dohna und Beyme, Berlin, 27. Dezember 180g (Konzept, gez. Dohna, Beyme, in Rep. 2.5.1. Nr. 514 Bl. 33g). Am 16. Januar 1810 ergehen entsprechende Zirkulare an sämtliche Landesjustizcollegia und eine Bekanntmachung »des Inhalts dieser Zirkularverfügung« an die Regierungen (Reinschriften, gez. Dohna, Beyme, in Rep. 2.5.1. Nr. 515 Bl. 15).

521

15. Januar 1810

191. Publikandum gierung

der

Königlich-Preußischen

Kurmärkischen

Re-

Potsdam, 15. Januar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern,

Rep. 77 Tit. 148 Nr. 1 Bl. 18:

Abschrift.

Androhung leistungen

von

Bestrafung

bei weiterer Verweigerung gutsherrlicher

Dienst-

»Wir haben mißfällig in Erfahrung gebracht, daß mehrere Dorfschaften der Prignitz auf vorherige Zusammenberufung sich am 27. Dezember v. J. im Hause des Branntweinbrenner^] Bartels zu Pritzwalk 1 versammelt, dort den Beschluß gefaßt haben, den ihren Gutsherrschaften schuldigen Hofedienst vom 1. Januar d. J. an nicht weiter zu leisten und auch einige Gemeinden wirklich die fernere Leistung dieses Dienstes verweigert haben. Schon an sich ist eine jede von der obern Landesbehörde nicht genehmigte Zusammenberufung und Versammlung von Gemeinden gesetzwidrig und strafbar, und sie wird um so strafbarer, wenn sie mit einer gesetzwidrigen Absicht verbunden und eine widerrechtliche Aufkündigung des Gehorsams der Untertanen zur Folge hat. Wir würden mit Strenge sofort die Verhaftung, Untersuchung und Bestrafung gegen die Rädelsführer und Mitschuldige[n] bei jener unerlaubten Versammlung in Pritzwalk verfügen, hoffen indessen, daß die daran teilgenommenen Gemeinen nur durch Mißverständnis und Irrtum verleitet sind, ihre Untertanenpflichten einen Augenblick zu vergessen und sich in diese strafbare Handlung einzulassen. Das Edikt vom 9. Oktober 1807 entbindet die Untertanen nur von persönlichen aus der Erbuntertänigkeit entspringenden Pflichten 2, keinesweges aber von den auf ihren Gütern ruhenden Lasten und Abgaben, vielmehr ist nach ausdrücklicher Vorschrift des Gesetzes jeder Hofbesitzer nach wie vor verbunden, alle und jede auf seinem Grundstücke haftenden gutsherrlichen Dienste, Lasten und A b gaben, namentlich alle Hand- und Spanndienste, desgleichen alle Geld-, Getreideund sonstigen Naturalzinsen und -leistungen, wie er solche zeither zu leisten und zu entrichten verpflichtet war, auch in Zukunft ohne Widerrede zu leisten und prompt zu entrichten. Haben die Untertanen aber Beschwerden über ihre Gutsherrschaften wegen zuviel oder mit Unrecht abgeforderter Abgaben und Dienste, so steht jeder einzelnen Gemeine oder jedem einzelnen Dienstpflichtigen die Beschwerde bei der vorgesetzten Behörde frei, keinesweges aber dürfen sie sich eigenmächtig gegen die gesetzliche Ordnung auflehnen, den schuldigen Dienst aufkündigen und verweigern und sich einen strafbaren Ungehorsam gegen ihre Obrigkeit erlauben. Ein solches Betragen zieht ohnfehlbar strenge gesetzliche Bestrafung nach sich. Wir erwarten, daß diejenigen Gemeinden in der Prignitz, welche sich dieses Vergehens schuldig gemacht haben, sofort zu ihrer Untertanenpflicht zurückkehren und den verweigerten Hofedienst sofort unweigerlich leisten und dadurch einen Beweis ablegen werden, daß sie nur aus Irrtum gefehlt haben.

522

25. Januar 1810

Sollten dieselben dieser Ermahnung und Zurechtweisung aber nicht sofort folgen und den Hofedienst sofort wieder leisten, so wird mit aller Strenge der Gesetze gegen sie als ungehorsame und strafbare Untertanen verfahren werden.«3 1

Pritzwalk hatte die Städteordnung am 31. Juli 1809 eingeführt (Bassewitz 1809/ 10, I. Nachweisung, zu S. 238).

2

Siehe R M Stein I, Nr. 7, S. 11 ff.

3

Vorliegende Abschrift wurde als Anlage dem Bericht der Kurmärkischen Regierung an das Ministerium des Innern v o m

15. Januar 1810 (i. gl. Fasz. Bl. 17)

beigegeben.

192. »Gutachten der Sektion für allgemeine Gesetzgebung über die Instruktion für die wissenschaftliche Deputation bei der Sektion des öffentlichen Unterrichts« Berlin, 25. Januar 1810 ZSTA

Merseburg, Ministerium

Bl. 4:

K o n z e p t z . T . eigh. Rehdiger, gez. Rehdiger, 20. Jan. 1810,

des Innern,

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 7 B d . 2 Klewitz,

25-

Bedenken hinsichtlich der Zweckmäßigkeit wissenschaftlicher Deputationen, schläge zu ihrer Begrenzung auf konsultative Betätigung

Vor-

»Die Staatsbehörden, denen sonst die oberste Leitung wissenschaftlicher Fächer oder solche Verwaltungszweige übertragen waren, zu denen besondre Kunstoder technische Kenntnisse gehören, hatten zum Teil eine solche Zusammensetzung, daß sie einer eignen wissenschaftlichen Beihülfe wohl bedurften. Größtenteils aus bloßen Geschäftsmännern bestehend, die in dem, was sie in und vor dem Staate vertreten sollten, keine eigentliche Virtuosität besaßen, beruhte alles auf der mehr oder minder engherzigen Würdigung und Verarbeitung der eingeholten Gutachten und auf der Quelle, aus der letztre flössen. Rein und ungetrübt konnte diese schon deshalb nicht sein, weil bloße Geschäftsmänner geneigt sein mußten, sich vorzugsweise bei solchen Sachverständigen Rats zu erholen, die sich ihnen durch vorherrschende Praktik verähnlicht hatten und ihnen die Mühe ersparten, aus dem Kreise ihrer Einseitigkeit herauszutreten. So war es allerdings sehr natürlich, den Behörden, wovon oben die Rede gewesen, zur Reinerhaltung des theoretischen Gesichtspunktes eigne wissenschaftliche oder technische Deputationen an die Seite zu wünschen. Die Zweckmäßigkeit derselben, so wie sie in die Verordnung vom 24. November 1808 übergegangen 1 , möchte indessen doch wohl von einer Voraussetzung, die nicht in dem Plane des Gesetzgebers hätte liegen sollen, von der nämlich bedingt sein, daß es noch fernerhin für wissenschaftliche Fächer unwissenschaftliche Staatsbehörden geben werde. Insoweit diese aufhören, insoweit (wie dies bei der in Rede stehenden Sektion der Fall ist) eine Behörde aus Männern besteht, die in dem wissenschaftlichen von Staats wegen zu leitenden Fache wahrhaft ausgezeichnet sind, scheint die Bei-

25. Januar 1810

523

Ordnung eines besondern wissenschaftlichen Beratungscollegii in gewisser Art überflüssig, ungerecht und sogar nachteilig — überflüssig, weil das Dunkle wohl, nicht aber Licht des Lichtes bedarf — ungerecht, weil das der Deputation verliehene Prädikat: wissenschaftlich einen unverdienten Vorwurf für die Sektion enthält — nachteilig endlich, weil die amtliche Sanktionierung eines in so mancher Rücksicht schädlichen Trennungsbegriffes, wie der zwischen Theorie und Praxis ist, der Sektion nur allzu leicht eine überwiegende Hinneigung zu letztrer geben könnte, so daß sie, zur bloßen Geschäftsempirie am Ende wieder herabsinkend, auch die Deputation als das Werk ihrer Wahl in ihren verengten Gesichtskreis hineinzöge und Zweck und Bestimmung dieser untergehn ließe in ihrer nequen Entartung. Nicht in der Theorie selbst Fortschritte zu machen — denn das kann nicht die Sache einer Behörde sein —, sondern nur die gemachten zu registrieren ist der Deputation angewiesene Bestimmung. Von allem, was auf dem Felde jener gewonnen wird, soll sie die Aufbewahrerin sein — sie soll es sichten, ordnen, nach dem Grade seiner Anwendbarkeit prüfen, was irgend das Beste ist, und das Brauchbarste der Sektion darbieten, ihr aushelfen mit allem, was sie aus diesem Vorrat bedarf, und zugleich für jedes vorzügliche in Wirkung zu setzende Talent die Vermittlerin bei ihr sein. Insofern es nur (wie dies billig vorauszusetzen)dauernde Regierungsmaxime wird, die Sektion mit ebenso wissenschaftlich gebildeten Männern wie die Deputation selbst zu besetzen und also die Fähigkeit, die theoretischen Fortschritte zu verfolgen, zu würdigen und sich anzueignen, da wie dort gleich hoch anzunehmen ist, gibt es auch an sich selbst eigentlich keinen Grund, die der Deputation jetzt angewiesenen Geschäfte von dem Wirkungskreise der Sektion abzusondern. Aller Grund dazu kann (so wie er auch zum Teil in der Instruktion angegeben) nur darin liegen, daß die Sektion bei ihrer Beschränkung auf nur wenige Mitglieder die Universalität der Kenntnisse, die ihr zu wünschen ist, nicht in sich fassen und in ihrer Überhäufung mit kurrenten Geschäftsarbeiten die nötige Muße und Geistesunbefangenheit verlieren könnte, um sich auf dem reinen Standpunkte der Theorie zu erhalten. Es ist indessen sehr begreiflich, daß, wenn man die Mitglieder der Deputation — wenn auch nicht ganz unter denselben Bedingungen wie die übrigen — zu Beisitzern der Sektion machte und dann die laufenden Arbeiten unter diese alle verteilte, dadurch der nötige Umfang des Wissens gewonnen werden und allen jener Grad von Muße und geistiger Selbständigkeit zuwachsen würde, den man jetzt der Deputation beilegt und, da ja auch ihre Mitglieder durch andre Verhältnisse unter dem Banne der Praxis stehn, vielleicht in zu hohem Maße bei ihr voraussetzt. Offenbar könnte dann das, was man von der Beiordnung der wissenschaftlichen Beratungsbehörde erwartet, ebenso gut von der Sektion selbst geleistet werden, und der nicht hoch genug anzuschlagende Vorteil der Verwaltungseinheit wäre noch obendrein gewonnen. Eine solche, das nötige Stammgut von Geist, Wissen und Muße immer rein in sich bewahrende Staatsbehörde würde unleugbar sich selbst zu raten wohl genug sein. Die ganze gelehrte Welt im Erziehungsfache wäre ihre Deputation, an die sie sich unmittelbar anschlösse, und ein Mitglied dieser jeder die Wissenschaft fördernde Kopf. Jeder Leiter zwischen der wissenschaftlichen und Geschäftswelt wird immer nur nützlich sein, insofern er in der Art die Geister unmittelbar verbindet und nicht bloß äußerlich angebracht und von Amts wegen da ist. Um sich der Regeneration eines Staats mit Erfolg zu unterziehn, muß man

524

25. Januar 1810

zuvörderst von den bestehenden und zu behebenden Gebrechen und Mängeln innigst durchdrungen sein. So natürlich und zweckdienlich dies Gefühl auch sein mag, so ist es, zu weit getrieben, doch wohl von schädlichem Einfluß, und es hat allerdings das Ansehn, als wenn hin und wieder unsre Reformpläne mit Vernachlässigung des höhern Standpunktes zu sehr aus diesem Gefühl und zunächst nur aus dem Unwillen über die unmittelbar wahrgenommenen Übel herausgearbeitet wären. Dahin ist vielleicht die (durch die Erfahrung jetzt schon abgeurteilte) Einführung der Oberpräsidenten, die ständische Repräsentation in den Regierungen und endlich auch die hier in Rede stehende Einrichtung zu rechnen, deren Konzeption gewiß hervorgegangen ist aus der widrigen Empfindung, in so manchen unsrer Staatsbehörden weiter nichts als rein mechanische Geschäftstriebwerke zu sehn. Solchen Körpern — meinte man — müsse vor allen Dingen ein Geist gegeben werden. Ob dies Geben in einem Einhauchen, Einflößen oder in einem Zur-Seite-Stetten bestehn solle — diese Frage wurde nun im ersten, immer die kürzesten, wenn auch nicht die besten Auskunftsmittel ergreifenden Eifer in der letztern Art gelöst. So glaubte man da, wo nur die Regierungsmaxime in Besetzung der Staatsbehörden zu ändern nötig war, eine neue Form aufstellen und diesen Behörden — gleichsam als sollten sie bleiben, was sie waren — den Geist und das Wissen daneben hinzukonstruieren zu müssen. So verwechselte man den eigentlichen Quell des Übels, die mangelnde Empfänglichkeit für Belehrung, verursacht von Indolenz, Unwissenheit und dergleichen, mit dem Mangel an Belehrungsmitteln, durchaus übersehend, daß es — wenn man anders nur den Willen, um die Weisheit zu fragen, gehabt hätte — an Mitteln und Wegen, sich zu beraten, gewiß nicht gefehlt haben würde. So gewann es das Ansehn, als habe man über dem Palliativ, das sich in den wissenschaftlichen Deputationen gegen den Geschäftsschlendrian darbot, den gründlichem Heilplan nicht genug beachtet. Unstreitig möchte dieser wohl darin bestehn, das Intelligenteste in jedem von Staats wegen zu leitenden Fache in den obern Behörden zu sammeln, die Tätigkeit der da Angestellten mit der Muße auszustatten, die dem Geiste und mit der Sorgenlosigkeit, die dem Gemüte Freiheit bewahrt, jede da schlummern wollende Kraft immer anzuregen durch Beispiel und Aufsicht von oben, jede notwendig zur Ruhe tendierende, weil sie Alter oder Krankheit abgestumpft, beizeiten der Ruhe ganz zu überliefern, nicht schüchtern zurückzuhalten mit den Verfassungsformen, aus denen sich nationaler Gemeingeist entwickeln kann, und dann unter dessen Kontrolle und allbelebendem Einfluß jede Sphäre amtlicher Wirksamkeit zu stellen. So gebildeten und gehaltenen Staatsbehörden möchte wohl mit nichts Besserm gedient werden können als mit der unumschränktesten Freiheit, sich, wenn sie je einmal Rats bedürfen, denselben einzuholen, von wo und von wem sie nur immer wollen. Durch die Organisationsakte der obern Staatsbehörden sind indessen die wissenschaftlichen Deputationen einmal festgesetzt. Insofern also die Untersuchung der Frage: ob dergleichen Institute auch überhaupt nützlich und zweckmäßig sein möchten, einer Hochlöblichen Sektion für den öffentlichen Unterricht nicht weiter zustand, sind auch die eben gemachten Ausstellungen nicht von der Art, sie irgend berühren zu können. Als ihr Werk ist nicht das Institut selbst anzusehen, dessen Schöpfung ihr schon geboten war, sondern nur die Organisation und Stellung, die sie ihm gegeben.

25. Januar 1810

525

Rücksichtlich hierauf erlaubt sich die Gesetzgebungssektion folgende Bemerkungen. Nach § 12, 23, 31 der Instruktion 2 soll die wissenschaftliche Deputation eine öffentliche Behörde sein und demgemäß sowohl mit dem Publikum als mit andern Staatsbehörden in unmittelbarer Berührung stehn. Dadurch erhält die Deputation, wenn sie bisweilen in den Fall kommen sollte, sich gegen ihre Oberbehörde in einem Zustande von Opposition zu befinden, die Mittel und Wege, ihre desfallsige Meinung laut und auf eine offizielle Art in das große Publikum auszusprechen. So heilsam nun unter gewissen Umständen ein Meinungswiderspruch auch sein könnte, so möchte doch eine solche Kundmachung desselben immer nachteilig und dem öffentlichen Vertrauen, das der Sektion möglichst zu erhalten ist, in jedem Falle nachträglich sein. Ausgenommen z. B., letztre wolle die Pestalozzische Methode zur Elementargrundlage des öffentlichen Unterrichts machen, die Deputation aber halte sie nicht dazu geeignet, so würde diese jeden ihr über dergleichen Gegenstände von Privatpersonen zur Prüfung eingeschickten Plan oder Vorschlag benutzen können, um im Wege der Beantwortung desselben ihre von den Grundsätzen der Sektion divergierende Meinung amtlich und öffentlich an den Tag zu legen. Ebenso könnte die Deputation, wenn ihr von einer andern Staatsbehörde — vielleicht in der Absicht, die Gewerbtätigkeit zu fördern — Pläne zu einer möglichst realistischen und technischen Nationalerziehung eingereicht würden, sie zu derselben Zeit billigen und mit Beifall aufnehmen, wo sich die Sektion das Prinzip der allgemeinen und rein humanen Bildung zum Zweck gemacht hätte. Beide Fälle — und es lassen sich dergleichen so viele denken — würden unangenehme Verhältnisse herbeiführen, und die abweichende Meinung der Deputation müßte, da die Sektion selbst auf sie einen hohen Wert zu legen einladet und sich gewissermaßen ihren Einsichten selbst unterordnet, allerdings dazu beitragen, den günstigen Erfolg ihrer Bemühungen und Arbeiten zu schwächen. Nun hat sich zwar die Sektion in der Vorkehrung, die Deputation immer neu zu beleben, in der Befugnis nämlich, die Mitglieder derselben bei Bildung der jährlichen Listen auszustreichen, zugleich ein Mittel vorbehalten, um allen sich in jener Art in der Deputation äußernden Widerspruchsgeist in Schranken zu halten. Dies Mittel möchte indessen wohl über seinen Zweck hinauswirken, nicht bloß die nachteilige, sondern auch die wohltätige Opposition hemmen und, da es mit dem Verlust von Emolumenten und auch mit Nachteilen für die öffentliche Achtung droht, die Meinung der Deputation sich zu sehr anschmiegen lassen an jene ihrer Oberbehörde. Da also in der Stellung der Deputation gegen die Sektion bald zuviel, bald zuwenig Abhängigkeit und doch in diesem Zuviel und Zuwenig keine gegenseitige Korrektur zu sein scheint, so erlaubt sich die Sektion für allgemeine Gesetzgebung unmaßgeblich vorzuschlagen: „die wissenschaftlichen Deputationen bloß auf die Grenzen rein konsultativer Behörden zu beschränken, ihnen alle unmittelbare Kommunikation mit dem Publikum und andern Staatsbehörden zu nehmen und demgemäß die Anordnung zu treffen, daß alle eingeschickten Schriften, Pläne und Vorschläge an die Sektion oder an die geistlichen und Schul-Regierungsdeputationen adressiert und nur von jener oder von diesen beantwortet

526

25. Januar 1810

werden müssen, wozu dann jedesmal, jedoch nicht unnotwendig davon Gebrauch zu machen, das Gutachten der wissenschaftlichen Deputationen einzuholen sein würde". Diese haben indessen den Charakter öffentlicher Behörden höchstwahrscheinlich in der Absicht erhalten, um sie bei einer vollen Selbsttätigkeit ihre Bestimmung desto besser erfüllen zu lassen. So gebührt ihnen, wenn dieser beabsichtigte, allerdings sehr wichtige Zweck verlorengeht, ein Ersatz, d. h. ein Zuwachs von selbständiger Existenz von einer andern Seite her. Dieser ließe sich vielleicht erlangen, wenn statt der Willkür, die Deputationsmitglieder jährlich zu ändern (§5), festgesetzt würde: „daß nach dem Eintrittsalter jährlich eins derselben — jedoch immer wieder wählbar — ausscheiden und das eine Jahr von dem Sektionschef und das andere durch die Wahl der Deputation alternierend ersetzt werden solle". Diese Einrichtung würde zugleich, wenn die Sektion wider Erwarten künftig einmal durch eine der gegenwärtigen sehr unähnliche Zusammensetzung in Schlaffheit versinken sollte, einigermaßen verhindern können, daß wenigsten die ihr zugesellte Deputation nicht sogleich (wie dies sonst wohl möglich wäre) ihr Schicksal teilte und auf einmal ein Ansiedlungsplatz für die Geistessippschaft derer würde, die in der Oberbehörde unwürdigerweise Platz genommen.«3 1 Siehe R M Stein III, Nr. 328, S. 1088 ff. Den Entwurf der Instruktion für die wissenschaftliche Deputation hatte die Sektion für den öffentlichen Unterricht an die Sektion für allgemeine Gesetzgebung mit der Bitte um Begutachtung übersandt, Königsberg, 30. November 1809 (Ausf., gez. Humboldt, i. gl. Fasz. Bl. 1).

2

3

Das vorliegende Gutachten wurde mit Begleitschreiben, Berlin, 29. Januar 1810 (Konzept, gez. Klewitz, Bl. 3) der Sektion für den öffentlichen Unterricht zugestellt.

193 • Immediatbericht des Staatsministeriums Berlin, 4. Februar 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I 26 Bl. 2: Ausf., gez. Goltz, Altenstein, Dohna, Beyme, Scharnhorst; Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 1 Bl. 56: Konzept Altenstein eigh.

Außenpolitische Lage, Einsparungsvorschläge, Zweige der Staatsverwaltung

Grundsätze für

die

wichtigsten

»Die neuesten Pariser Depeschen und die uns in deren Verfolg von dem ehrerbietigst mit unterzeichneten Finanzminister vorgelegten Anträge bei E. K . M. zur Berichtigung der Kontribution verpflichten uns zu nachstehendem ehrfurchtsvollem Vortrag. Der Kaiser Napoleon fordert die pünktliche Bezahlung der Kontribution, er drohet im Fall der Nichterfüllung unserer Verpflichtungen mit strengen Maßregeln und äußert, daß E. K . M. die Militärmacht beschränken möchten, teils weil sie ihm Besorgnisse einflöße, teils aber auch, weil der durch sie veranlaßte Kostenaufwand die Mittel zu seiner Befriedigung erschweren. Die Drohungen des Kaisers Napoleon scheinen bei der Zusammenhaltung aller Umstände noch nicht ganz ernstlich, es läßt sich zur Abwendung des drohenden Ungewitters in diesem Augenblick dasjenige leisten, was die, welche die Verhältnisse genau kennen, für hinreichend halten; es ist Hoffnung vorhanden, daß durch die holländische Anleihe noch mehr für diesen Zweck getan werden kann, und es können dem Kaiser Napoleon Gründe zur Widerlegung seiner Äußerungen über die Militärmacht entgegengesetzt werden, mit deren Darstellung der Generalmajor von Krusemarck beauftragt ist. Es scheint uns inzwischen doch höchst wichtig, die sich aus Vorstehendem ergebende Lage Preußens klar und ohne Täuschung zu durchschauen und nach dem Ergeben den Hauptgesichtspunkt für die ganze Staatsverwaltung und alle Hauptverwaltungszweige so festzustellen, daß wir zusammen und jeder von uns in der ihm anvertrauten Partie, indem wir uns solchen zur Richtschnur nehmen, E. K . M. Allerhöchste Willensmeinung zu befolgen versichert sein können. Alle Äußerungen des Kaisers Napoleon, sprechen sie auch nicht dessen offene Feindschaft gegen Preußen aus, zeigen doch, daß er gegen solches nichts weniger als freundlich gesinnt sei und Groll im Herzen trage. Das einzige Mittel, diesen vielleicht zu vertilgen, ein gänzliches Hingeben an Frankreich, erforderlichenfalls sogar ein Aufdringen und das Entgegenbringen eines jeglichen Opfers, scheint uns nicht in E . K . M. Planen zu liegen. Wir wagen auch nicht, dazu zu raten. Sollte dieses System von Nutzen sein, so müßte es ganz und groß ergriffen

193 • Immediatbericht des Staatsministeriums Berlin, 4. Februar 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I 26 Bl. 2: Ausf., gez. Goltz, Altenstein, Dohna, Beyme, Scharnhorst; Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 1 Bl. 56: Konzept Altenstein eigh.

Außenpolitische Lage, Einsparungsvorschläge, Zweige der Staatsverwaltung

Grundsätze für

die

wichtigsten

»Die neuesten Pariser Depeschen und die uns in deren Verfolg von dem ehrerbietigst mit unterzeichneten Finanzminister vorgelegten Anträge bei E. K . M. zur Berichtigung der Kontribution verpflichten uns zu nachstehendem ehrfurchtsvollem Vortrag. Der Kaiser Napoleon fordert die pünktliche Bezahlung der Kontribution, er drohet im Fall der Nichterfüllung unserer Verpflichtungen mit strengen Maßregeln und äußert, daß E. K . M. die Militärmacht beschränken möchten, teils weil sie ihm Besorgnisse einflöße, teils aber auch, weil der durch sie veranlaßte Kostenaufwand die Mittel zu seiner Befriedigung erschweren. Die Drohungen des Kaisers Napoleon scheinen bei der Zusammenhaltung aller Umstände noch nicht ganz ernstlich, es läßt sich zur Abwendung des drohenden Ungewitters in diesem Augenblick dasjenige leisten, was die, welche die Verhältnisse genau kennen, für hinreichend halten; es ist Hoffnung vorhanden, daß durch die holländische Anleihe noch mehr für diesen Zweck getan werden kann, und es können dem Kaiser Napoleon Gründe zur Widerlegung seiner Äußerungen über die Militärmacht entgegengesetzt werden, mit deren Darstellung der Generalmajor von Krusemarck beauftragt ist. Es scheint uns inzwischen doch höchst wichtig, die sich aus Vorstehendem ergebende Lage Preußens klar und ohne Täuschung zu durchschauen und nach dem Ergeben den Hauptgesichtspunkt für die ganze Staatsverwaltung und alle Hauptverwaltungszweige so festzustellen, daß wir zusammen und jeder von uns in der ihm anvertrauten Partie, indem wir uns solchen zur Richtschnur nehmen, E. K . M. Allerhöchste Willensmeinung zu befolgen versichert sein können. Alle Äußerungen des Kaisers Napoleon, sprechen sie auch nicht dessen offene Feindschaft gegen Preußen aus, zeigen doch, daß er gegen solches nichts weniger als freundlich gesinnt sei und Groll im Herzen trage. Das einzige Mittel, diesen vielleicht zu vertilgen, ein gänzliches Hingeben an Frankreich, erforderlichenfalls sogar ein Aufdringen und das Entgegenbringen eines jeglichen Opfers, scheint uns nicht in E . K . M. Planen zu liegen. Wir wagen auch nicht, dazu zu raten. Sollte dieses System von Nutzen sein, so müßte es ganz und groß ergriffen

528

4- Februar 1 8 1 0

und auf das unablässigste verfolgt werden, kein fehlgeschlagener Versuch dürfte abschrecken, und kein Mittel müßte unversucht bleiben, den Zweck zu erreichen, in nähere Verbindung mit Frankreich zu treten. Es dürfte nicht gescheuet werden, dem Kaiser Napoleon den größten Teil der vorhandenen Truppen anzubieten, und es müßte nötigenfalls sogar klar ausgesprochen werden, daß E. K . M. im Fall einer Kollision die Freundschaft Rußlands hintenansetzen und ganz aufopfern würden. E. K . M. werden Sich hierzu nicht entschließen. Auch bei der kühnsten Ausführung bleibt der Erfolg immer ungewiß. Ein solches Hingeben an Frankreich ist mit unendlichem Schmerz verknüpft. Als halbe Maßregel wird dieser ohne allen Nutzen früher herbeigeführt, als später er freilich auch eintreten kann, wenn Frankreich geradezu fordert, was ihm jetzt anzubieten Bedenken getragen wird. Wegen dieser letztern Möglichkeit, deren Eintritt unter den verschiedenen möglichen Fällen beinahe noch die am wenigsten nachteilige Auflösung des jetzigen gespannten Zustandes scheint, dürfte sich das obige System am allerersten rechtfertigen lassen. Wir können pflichtmäßig nicht verschweigen, daß wir unbedingt dazu raten würden, da wir überzeugt sind, daß nur die mit Frankreich bewirkte Vereinigung Preußen dessen Existenz sichern kann, wenn wir hoffen könnten, daß solches ganz werde durchgeführt und das Ziel erreicht werden und daß Preußen dabei den höhern Zweck verfolgte, sich nicht bloß die Existenz kümmerlich zu sichern oder klein durch Teilnahme an Ungerechtigkeit zu gewinnen, sondern sich als eine Stütze für Recht und Wahrheit zu erhalten. Die Verfolgung dieses Zwecks unter solchen Verhältnissen ist unendlich schwer. Sie erfordert im Innern eine hohe Kraft, welche alles opfert, um das mehr Gute unter aller Verunreinigung zu erhalten. E. K. M. System ist, das von Frankreich drohende Ungewitter soviel möglich zu beschwören und zu mildern, soviel möglich dabei sich von Frankreich unabhängig zu erhalten und sich an Rußland anzuschließen und sich, im Fall es früh oder spät zum Bruch zwischen Frankreich und Rußland kommt, an letzteres ganz anzuschließen. Das Mißliche dieses Systems ist einleuchtend. Preußen ist außerstand, den Anforderungen Frankreichs, seine Verpflichtungen zu erfüllen, ein Genüge zu leisten; es hat auf keinen kräftigen Schutz Rußlands zu rechnen, ehe dieses aus andern Gründen mit Frankreich bricht, und es ist ungewiß, ob letzteres Preußen auf diesen Fall die Zeit läßt, im entscheidenden Augenblick Rußlands Sache zu teilen. Dieses System inzwischen einmal angenommen, dessen Gelingen bloß von äußern Zufällen abhängt und welches nur für sich hat, daß Zeit dabei gewonnen wird, muß solches möglichst konsequent durchgeführt werden. Dieses scheint uns folgendes zu erfordern. Es muß allen Anforderungen Frankreichs möglichst genüget werden, in Kleinigkeiten mit großer Zuvorkommenheit, in größern Dingen, soweit es geschehen kann, das ist, soweit es die physischen Kräfte erlauben und so, daß es das System nicht erschüttere. Die Erhaltung der innern Kraft und der Möglichkeit, im Fall der Not sich kräftig zu widersetzen und sich an Rußland anzuschließen, darf nicht ohne die größte Not aufgeopfert werden. Alles Nachgeben hierunter muß nur Schritt vor Schritt geschehen und die Weigerung soviel möglich unter dem Schein der größten Willfährigkeit versteckt werden. Es läßt sich nicht ganz verhüten, daß diese sonach versteckte Kraft und deren Schonung für die Selb-

4- Februar 1810

529

ständigkeit oder das Anschließen an eine andere Macht durchblicke. Es ist solches auf der einen Seite gefährlich, auf der andern Seite aber auch minder schädlich und beinahe notwendig, da, solange nicht Zuneigung und gemeinschaftliches Interesse Frankreich gegen Preußen Grenzen setzt, bloß Scheu vor solchem — so besonders dieses auch klingt — Napoleon einigermaßen in Schranken halten kann. Beruht diese Scheu auch gleich nicht auf Preußens Macht allein, sondern auf Umständen, die solche unterstützen, so bleibt die Sache doch immer wahr. Preußen darf daher bei diesem System nicht ganz als Null in Ansehung der Kraft und des Willens erscheinen, wenn diese Scheu, solches anzugreifen, fortdauern soll. J e weniger Preußen den Anforderungen an solches ganz genügen kann, desto wichtiger ist es, daß solches einiger Achtung in dieser Beziehung genieße. Aus diesen allgemeinen Gesichtspunkten, über deren Richtigkeit wir uns E. K . M. ausdrückliche Willensmeinung als allgemeine Norm für unser Verfahren ehrfurchtsvollest erbitten, fließen die Regeln für die sämtlichen Verwaltungszweige in dem gegenwärtigen Augenblick. Die Leitung der sämtlichen auswärtigen Verhältnisse bestimmt sich durch diese allgemeinen Gesichtspunkte schon hinreichend. Das Wichtigste in solchen scheint uns die Sorge, die Bande mit Rußland so enge als möglich zu knüpfen, da E. K . M. fest entschlossen sind, Sich an solches durchaus fest zu halten und keine anderweite Verbindung als mit dessen Zustimmung und nach dessen System einzugehen. Bis jetzt existieren für den Fall des gänzlichen Hingebens an diese Macht bloß allgemeine, sehr beschränkte Zusicherungen. Es scheint uns wichtig, für diesen Fall im voraus gewisse Bestimmungen zu treffen. Das System Preußens würde dadurch wenigstens eine feste Basis erhalten. Jetzt steht es so isoliert und isolierter noch als 1806 und hat dem ersten Anfall nicht einmal die damalige Kraft mehr entgegenzusetzen. Vielleicht könnte Rußland durch eine neue vorsichtige Anregung aufmerksam gemacht werden, für den Fall einer Änderung seiner Verhältnisse mit Frankreich doch selbst einige Plane zu entwerfen, um Verbindungen zu seiner und Preußens Unterstützung einzugehen oder vorzubereiten, da eine solche Änderung solches außerdem überraschen und Preußen ganz als Opfer fallen dürfte. Nach den bisherigen Erfahrungen wird solches sehr schwerhalten, inzwischen dürfte der Versuch doch immer zu wiederholen sein. Es wird so durch Rußland vielleicht das Verhältnis mit England und Österreich berücksichtigt werden können, welches ganz zu vernachlässigen und aus den Augen zu verlieren uns bedenklich scheint. Außerdem halten wir für wichtig, das Großherzogtum Warschau oder vielmehr die Polen zu berücksichtigen. Da solche vor der Hand die Organe Frankreichs sind, so scheint es uns wichtig, sie genau zu beobachten. Es wird sich dabei ergeben, ob nach ihrer Stimmung und nach ihren Verhältnissen zu Rußland vielleicht mehr Sicherheit von dieser Seite für Preußen bewirkt werden kann. Es würde der Mühe lohnen, ein oder ein paar Personen für diesen Zweck im Herzogtum Warschau zu halten. J e schwieriger die Aufgabe des auswärtigen Departements ist, wenn es das aufgestellte System überall durchführen soll, desto mehr bedarf solches angemessener Hülfsmittel hiezu. Die Wahl des Personale und die Beischaffung der Hülfsmittel zur kräftigen Wirksamkeit für solches sind so wichtig, daß jede persönliche Rücksicht und Schonung sowie jede Ersparnis, die den Zweck er-

53o

4- Februar 1810

schweren könnte, höchst nachteilig sein müßte. Es hängt jetzt mehr als je vielleicht von der Geschicklichkeit eines Gesandten, von den Hülfsmitteln, die ihm zu Gebote stehen, um sich Nachrichten zu verschaffen, und von seinen Konnexionen ab, wo nicht dem Staate die Existenz zu sichern, doch wenigstens ihm Millionen zu ersparen. Die Finanzpartie hat große Ressourcen herbeizuschaffen, um ungeheure Anstrengungen im Auslande und, was damit in der engsten Verbindung steht, auch im Innern zu machen und dadurch den manchfaltigen Anforderungen im Inund. Auslande zu genügen. Daß sie dieser Aufgabe mit Aufopferung alles dessen, im Fall es nötig ist, was nur geopfert werden kann, ohne gänzlich zu zerstören, genüge, ist die solcher durch die politischen Verhältnisse gegebene Regel. Die Grundsätze einer höhern Finanzwissenschaft, die allein solchen Anforderungen genügen kann und die keineswegs bloße Haushaltungskunst oder Hauswirtschaft ist, welche nur untergeordnete Dienerinnen derselben sind, ergibt, so wie es das Beispiel aller Zeiten und Länder gleichfalls lehrt, daß in einer solchen Lage nur ein möglichst großes Fassen des Gegenstandes, mehr das Erschaffen der Ressourcen durch Belebung und Erhebung des Kredits und Gewerbes, durch zweckmäßige Erhebung des Bedürfnisses und durch angemessene Leitung der Zirkulation in der Ausgabe als ein ängstliches und langsames Abmessen der Hülfsmittel und als ein kleines Ersparen retten kann. Die Hülfe größtenteils vom letztern erwarten zu wollen macht, daß das Größere versäumt und gelähmt wird, indem die Hülfsmittel gespart werden. Mit gehörigem Ziel und Maß und nach richtigen Grundsätzen gehört solches zur Vollendung und Durchführung, zur Befestigung und Sicherung der Schöpfung einer größern Verwaltung und wird von solcher nie übersehen werden. Bei der Leitung eines solchen größern Finanzwesens und in solchen Bedrängnissen muß der Zweck klar vorschweben. Dieser allein gibt die Regel, welche in der Ausführung eine unendliche Beweglichkeit nach dem jedesmaligen augenblicklichen Bedürfen erheischt und nur mit solcher erreicht werden kann. Dieses augenblickliche Bedürfen schreibt die Maßregeln vor und gibt an, ob und inwieweit alle andern Rücksichten untergeordnet werden müssen, ob dem Vorurteil nachgegeben werden könne oder ob solchem getrotzt werden müsse. Die einzelnen Regeln lassen sich nuir in dem Augenblick angeben, wo der Fall eintritt; sie fließen dann natürlich aus der allgemeinen Regel. Ihre Notwendigkeit und Richtigkeit läßt sich aber größtenteils nur dadurch, daß man das Ganze durchschauet, prüfen und erkennen. Dieses Ganze ist eine Kunst, die bloß aus dem Erfolge beurteilt und nur von dem Eingeweihten in der Kunst ganz und richtig gewürdigt werden kann, wenn solcher auf den richtigen Standpunkt gestellt wird. Der Künstler muß für »seine Operationen, bis sie aus dem Erfolge einigermaßen wenigstens beurteilt werden können, so wie jeder Künstler für seine Arbeit, bis sie vollendet hervortritt, das vollste Vertrauen in Anspruch nehmen. Im Laufe der Operationen kann nur die vollständigste Bekanntschaft mit der Kunst und ihr Besitz sowie die Umfassung des Ganzen mit allen Verhältnissen einen Dritten zur Beurteilung in den Stand setzen. Das bloße Nehmen und das Nichts-Ausgeben ist durchaus keine Kunst und führt bei dem Bedürfen großer Ressourcen nicht zum Zweck. Sie bringt, als Regel aufgestellt oder als Maßstab zur Beurteilung der Operationen angewendet, den

4- Februar 1810

531

Untergang, indem die ganze Kraft und Aufmerksamkeit auf Kleinigkeiten gerichtet und verschwendet wird. Die ängstliche Sorgsamkeit und Ungeübtheit in Finanzoperationen stellen solches inzwischen auf der einen Seite häufig so sehr als einziges Rettungsmittel dar, als auf der andern Seite Leichtsinn und Verschrobenheit das Verschleudern mit vollen Händen, um wieder viel einziehen zu können, lobpreiset und jede auch noch so zweckmäßige Sparsamkeit tadelt. Die oben ehrerbietigst angegebene Regel wird mit voller Anerkennung dieser Wahrheiten der Finanzpartie zur Richtschnur und als Maßstab zur Beurteilung ihrer Operationen dienen müssen. Die augenblicklichen Verhältnisse mit Frankreich erheischen die Aufbringung einer bedeutenden Summe von 5 Millionen Francs zur Kontributionszahlung in sehr kurzer Zeit. Der mitunterzeichnete Finanzminister hat E . K . M. in einem besondern Bericht die Art der Aufbringung vorgeschlagen, und wir sind von der Richtigkeit des Vorschlags so sehr überzeugt, daß wir kein Bedenken getragen haben, das Allerhöchstdenenselben zu diesem Behuf zur Vollziehung vorgelegte E d i k t 1 mit zu contrasignieren. Wir halten uns nur verpflichtet, E. K . M. auch noch unsre Überzeugung wegen der in solchem gedachten allgemeinen Ersparnisse ehrfurchtsvollest näher auseinanderzusetzen, da dieses ein Gegenstand ist, der an sich schon häufig bei Allerhöchstdenenselben zur Sprache gebracht worden ist und der noch vielfach in Anregung kommen wird. Das Vorstehende enthält schon großenteils unsre Ansicht über diese Ersparnisse im allgemeinen in dem gegenwärtigen Augenblick. Die Gründe, welche veranlaßt haben, daß der Ersparnisse bei den Zivil- und Militärausgaben in dem Edikt erwähnt worden, sind: um dadurch vorzüglich Frankreich einen Beweis der Größe der Anstrengung zu geben, zu verhüten, daß die neuen Auflagen nicht als zu ergiebig erscheinen, da dieses Frankreich veranlassen könnte, den Versuch zu wiederholen, neue Zahlungen auf die Kontribution herauszuzwingen und E. K . M. Geneigtheit und Willen, dem Lande alle mögliche Erleichterung angedeihen zu lassen, im allgemeinen stärker auszudrücken. Rücksichtlich der Ersparnisse bei dem Militär und Zivile glauben wir im allgemeinen den Grundsatz annehmen zu müssen, daß alle Ersparnisse durchaus schädlich sind, welche mit irgendeinem erheblichen Nachteil für einen an sich unentbehrlichen oder überwiegend, es sei direkte oder indirekte, nützlichen Gegenstand verknüpft sind. Es entsteht dadurch immer etwas Halbes oder Verkrüppeltes, was durchaus schädlich ist und was in der Regel besser ganz aufgegeben wird, als daß man sich auf solches verlasse, ohne des Erfolgs gewiß zu sein. Nur diejenigen Ersparnisse sind wohltätig, welche das Überflüssige, scheine es auch noch so wichtig, treffen, und dazu gehört das, was bloß zur Annehmlichkeit oder zur Bequemlichkeit ohne einen andern wichtigern Nebenzweck diente. Dieser wichtige Nebenzweck wird aber nur gar zu leicht übersehen, und seine Berücksichtigung erschwert jedes Urteil. Vorzüglich deshalb kann über die Ersparnisse durchaus nur bei ganz genauer Kenntnis des Gegenstandes und mit Berücksichtigung des Ganzen geurteilt werden. In der Regel kann daher das Publikum hierunter gar keines Urteils fähig sein. Es ist daher auch höchst mißlich, bei solchem die Idee zu erwecken, 35

Stein/Hardenberg

532

4. Februar 1810

als dürfe es sich ein Urteil erlauben, und solches wohl gar in den Stand zu setzen, sich ein Urteil anmaßen zu wollen. Was nun speziell die Ersparnisse bei dem Hof und dem Zivile betrifft, da wir weiter unten der Ersparnisse bei dem Militär gedenken werden, so sind wir des ehrerbietigsten Dafürhaltens, daß 1. bei E. K . M. Hofstaat im allgemeinen keine weitre Ersparnis ohne erheblichen Nachteil stattfinden könne. Allerhöchstdieselben haben bereits früher die sämtlichen Hofstaatsausgaben möglichst beschränkt und lassen diese Beschränkung auch hier noch fortdauern. Alles, was noch hier und da an zu zahlreichem Personale p. zu ersparen sein dürfte, wird erforderlich sein und kaum zureichen, um das ganz Zerstörte oder das noch Fehlende zu verbessern und soweit herzustellen daß der Anstand nicht leide. Die sämtlichen Ausgaben für alle Hofstaaten und zu allen Hofausgaben betragen monatlich inklusive aller Appanagen 51, 908 rt. 18 gr. —, im ganzen also nicht viel über eine halbe Million jährlich und gewiß weniger als in irgendeinem bestehenden Staat von der Größe wie der preußische, wenn man erwägt, daß hierunter alles begriffen ist, was in andern Staaten bei dem Zivil-Etat versteckt noch auf andere Fonds verwiesen ist. Bei der Beurteilung aller Staatsausgaben in dem Preußischen Staat darf nicht außer Augen gelassen werden, daß es schon längst das eifrigste Bestreben der Finanzverwaltung war, alle Ausgaben rein und vollständig übersehen zu können, während in andern Staaten ein großer Teil unter dem Titel von Emolumenten und Nebenvorteilen versteckt ist, und daß bei der jetzigen neuen Herstellung der Finanzverwaltung sowie bei der fortschreitenden Organisation des Zivile und Militärs auch die letzte Verdunklung und Täuschung gar verschwindet, so daß hierdurch die Ausgaben immer stärker hervortreten und auffallender erscheinen, als es in andern Staaten und früher selbst noch im Preußischen Staate der Fall war. Es scheint uns höchst wichtig, daß bei E. K. M. Hofstaat bei der schon stattfindenden Einfachheit wenigstens der höchstmöglichste Anstand herrsche und daß durch keine Ersparnis solchem direkte oder indirekte zu nahe getreten oder dazu Veranlassung gegeben werde. Es ist hierzu ein gewisser Wohlstand, der bei zu kleinlicher Sparsamkeit nicht stattfinden kann, vor allem nötig. Es darf die letztere nicht durchblicken, wenn sie auch wirklich herrscht, und soll dieses der Fall sein, so muß die Verwaltung nicht zu sehr beschränkt sein. Nur dadurch wird die Einfachheit dann ehrwürdig. Dieses ist aber höchst wichtig, damit das in einer Monarchie so außerordentlich wichtige Ansehen des Thrones nicht leide. Es ist doppelt wichtig in einer Zeit, wo sich unter so manchen Begebenheiten im In- und Auslande alle Bande so sehr gelöst haben und wo so manche unrichtigen Ansichten und Gefühle entbunden worden sind, die durch fortdauernden, zum Teil noch zu erhöhenden Druck neue Nahrung erhalten. Die Wichtigkeit des Hofwesens wird unter diesem Gesichtspunkt gewöhnlich verkannt. Dem großen Haufen muß durchaus imponiert werden. Des Königs Friedrich des Zweiten Majestät hat dieses, und wie wenig ein größerer Aufwand bei Hofe, wenn er zugleich Fremde anzieht und das Gewerbe in Bewegung setzt, als Verlust zu betrachten sei, richtig erkannt; und sind gleich die jetzigen Verhältnisse des Staats etwas verschieden, so darf doch nach unserm ehrfurchtsvollsten Dafürhalten sein Beispiel nicht ganz aus den Augen verloren werden, wenn es darauf

4- Februar 1810

533

ankommt, die Anschaffung größerer Ressourcen durch erhöhte Tätigkeit und Zirkulation im Inlande zu erleichtern und unschädlicher zu machen. Wir hegen nach diesem allen die pflichtmäßige Überzeugung, daß wir E. K. M. keine größere Einschränkung bei Allerhöchstdero Hofstaat und Hofökonomie ehrfurchtsvollest vorschlagen und im Gegenteil die vorstehenden Gesichtspunkte als die wichtigern anerkennen müssen. Es wird daher auch der Ersparnisse, welche in dieser Hinsicht stattgefunden haben, nur mit Vorsicht öffentlich gedacht werden können und einem nur teilweise auf einem sehr beschränkten Standpunkte herrschenden Vorurteil nur mit Vorsicht geschmeichelt werden dürfen. 2. Bei dem Zivile findet rücksichtlich des anscheinend größern Aufwandes durch die bewirkte bessere Übersicht der Gehälter größtenteils alles statt, was wir im Vorstehenden ehrerbietigst angeführt haben. Daß der Vorwurf, den man der neuen Organisation macht, daß sie kostbarer sei als die frühere Einrichtung, ungegründet sei, ist E. K. M. durch die Übersicht der Organisation der Regierungen bereits ehrfurchtsvollest nachgewiesen. Das weitere Fortschreiten der Organisation wird das nämliche Resultat geben. Wenn solches aber auch nicht der Fall wäre, so würde solches doch noch nichts entscheiden und keineswegs für einen Beweis, daß Ersparnisse stattfinden können, anzunehmen sein. E. K. M. werden uns allergnädigst vertrauen, daß wir Allerhöchstdenenselben keinen erhöhten Aufwand und namentlich keine erhöhten Besoldungen aus irgendeinem andern Grund als aus der vollen Überzeugung der Notwendigkeit vorschlagen, und uns, daß wir solches richtig zu beurteilen imstande sind, gleichfalls allerhuldreichst zutrauen. Die spezielle Rechtfertigung eines jeden einzelnen Falls ist allerdings schwierig, da der einzelne Fall giößtenteils nur aus den Resultaten früherer Erfahrungen und bei einer ganz detaillierten Kenntnis des Wesentlichen der Administration beurteilt werden kann. Um desto mehr halten wir uns verpflichtet, hierüber einiges im allgemeinen anzuführen. Der Hauptgrund des früher so sehr gesunkenen Zustandes der Administration hat größtenteils in einer zu großen Zahl zum größten Teil unzulänglich bezahlter Offizianten bestanden. Dieses hat zum Teil vorzüglich nebst einigen Nebengründen, wie die Versorgung des Militäis im Zivile, nicht wegen der Qualifikation des Anzustellenden, sondern um eine Pension zu ersparen, veranlaßt, daß das ganze Dienstwesen auch als Versorgungswesen betrachtet wurde. Die ganze Anstrengung war bloß darauf gerichtet, sich Gehalt und Zulage zu verschaffen, da solche zu erhalten nicht auch zugleich feste Bedingung der Erhaltung des Geschäfts war und sich nicht von selbst verstanden hat. Nach der Bezahlung wurde großenteils nur der Dienst und nicht gänzliche Hingebung an solchen gefordert. Es war ein ewiges Handeln und Markten über Zulagen und Gehalt von den Dienern und ihren Vorgesetzten für solche. Neue Mittel dazu aufzufinden, das Ganze zu verstecken, war ein Hauptbestreben und oft der Hauptgrund einer vorgeschlagenen neuen Einrichtung, die, wenn sich solche der Vorschlagende auch nicht klar gestanden hat, doch zum Grunde gelegen ist. Wo dieses weniger der Fall war und wo das Ganze eine festere Regel hatte, die Abweichung daher leichter entdeckt und ernster gestraft wurde, wie bei dem Justizwesen, hat das Verderben nicht so sehr um sich gegriffen. 35*

534

4- Februar 1810

Diesem Übel kann nur durch eine feste Bestimmung ausreichender Besoldungen, eine strenge Auswahl des übrigens zu vermindernden Personals und eine ernste Anforderung an solches, sich dem Dienste ganz hinzugeben, vorgebeugt werden. Nur dadurch läßt sich das bloße Lohnarbeiten mit Gerechtigkeit abstellen. Nur dadurch läßt sich auch das Übel gründlich heilen und ein besserer künftiger Zustand begründen. Auf kurze Zeit läßt sich ohne solches durch fürchterliche Strenge auch ein Effekt hervorbringen, aber nur auf so lange, bis die wenigen noch vorhandenen brauchbaren Subjekte ein Opfer geworden sind, da sich niemand einem solchen Dienst weihen wird, solange ihm noch eine Wahl freisteht und die Schlechtem neue Schleichwege gefunden haben. Ganz andere Verhältnisse haben früher unter der Regierung des Königs Friedrich II. Majestät stattgefunden. Die Besoldungen waren für die damalige Zeit auskömmlicher. Es wurde mit Nebenaccidentien im ganzen nicht so genau genommen, und das ganze Geschäft war nach den Zeitverhältnissen und der nach solchen möglichen Verhältnisse weit einfacher, so daß mit weniger gebildeten Individuen ausgekommen werden konnte. Der Staat war im Emporsteigen. Es wird hiebei getragen und läßt sich ausführen, was in einem schwankenden Zustande nicht möglich ist, da das allgemeine Band der Gemüter in solchem fehlt und künstlich ersetzt werden muß. Bei einem emporsteigenden Staat hat der Diener mit dem Aufblühen des Ganzen, der Verbesserung seiner Lage Hülfe für seine Zurückgelassenen und die Belohnung, welche in dem Gelingen liegt, zu erwarten. Von allen dem ist in einer zerrütteten ungewissen Lage für den Diener nichts zu hoffen, und er muß täglich erwarten, sich mit dem Ganzen geopfert zu sehen. Wir sind pflichtmäßig bemüht, bei unsern Vorschlägen diese Zwecke zu erreichen. Wir haben mit dem Mangel an Individuen, mit der Erschöpfung des Privatvermögens eines großen Teils derselben und mit unendlichen Hindernissen überhaupt zu kämpfen. Sollten wir in der einzigen Bedingung, die wir noch stellen können, den Administrationskosten, ängstlich beschränkt sein, so würden wir den Schwierigkeiten erliegen müssen. Wir glauben der Aufgabe bisher möglichst genügt zu haben. Die größte Vollkommenheit können wir noch nicht erreicht haben. Es ist möglich, daß wirklich hier und da ein Fehlgriff nachgewiesen werden kann, allein er wird sicher von uns zweckmäßig gutgemacht werden, wenn wir freie Hand in der Wahl der Mittel behalten und bloß für den Erfolg verantwortlich bleiben. Der Unverstand oder die Bosheit, welche einzelne Mängel zu Insinuationen und Deklamationen über das Ganze benutzt, gewöhnlich um die eigene Blöße zu decken, darf uns nicht irremachen, wenn wir nicht schwach auf halbem Wege stehenbleiben sollen, und E. K . M. Vertrauen wird uns die Kraft geben, durchzuführen, was wir angefangen haben. Die allgemeine Stimme der Einsichtsvollen, die nicht von Persönlichkeit bloß geleitet werden und die auf einem Standpunkt stehen, von welchem sie einen solchen Gegenstand beurteilen können, hat sich bereits für die Sache erklärt. Bei den Zivilbesoldungen verdient Erwägung, daß solche größtenteils nur nach einem von den Individuen für ihre Bildung aufgewendeten beträchtlichen Kapital, und nachdem sie jahrelang ganz umsonst gedient haben, erlangt wird, daß solche, wie wir sogleich weiter anführen werden, mit nicht unbedeutenden Abzügen belegt sind, daß auf die [!] Besoldeten, da ihr Einkommen unversteckt vorliegt, bedeutendere Kommunal- und Kriegslasten, als beinahe kein anderer

4- Februar 1810

535

Staat zu tragen hat, ruhen und daß in einem Zustand allgemeiner Erschöpfung auch der reichern Klassen der Staatseinwohner höhere Besoldungen der Staatsdiener beinahe das einzige Mittel sind, gewisse Gewerbe noch indirekte aufrechtzuerhalten, die ungleich wohltätiger auf das Ganze wirken und wiederum das untere Gewerbe mehr unterstützen als der große Haufe, welcher den Zusammenhang nicht kennt, es einsieht, mithin wesentlich beitragen, das Ganze zu erhalten. In einem natürlich blühenden Zustande ist solches ungleich weniger wichtig und erforderlich, und der ganze Gegenstand der Besoldungen erheischt überhaupt weit weniger Rücksicht. Ohngeachtet wir sonach des pflichtmäßigen Dafürhaltens sind, daß die Organisation nicht aufgehalten und ein wesentlicher Punkt derselben, die Festsetzung angemessener Besoldungen, nicht gestört werden darf, so wird sich doch bei deren Vollendung noch manche nicht unerhebliche Ersparnis durch Pensionierung älterer nur halb beschäftigter Diener und Verminderung des zum Aufarbeiten noch erforderlichen Hilfspersonals ergeben. Wir haben aber bereits der bestehenden Besoldungsabzüge ehrerbietigst gedacht. Es bestehen solche, wie E. K . M. allergnädigst bekannt ist, in der Zurücklassung von gewissen Prozenten von den Besoldungen, und zwar 1 Prozent von 300 bis 1000 rt. und sodann mit jedem 1000 1 Prozent mehr. Allerhöchstdieselben haben solche behufs eines Fonds für die brotlosen Offizianten bestimmt. Die in höherer Besoldung stehenden Diener haben bisher zum Teil bedeutend mehr an freiwilligem Abzug zu diesem wohltätigen Zweck übernommen. Es würde sich der Abzug behufs der jetzigen Staatsbedürfnisse bei den höhern Klassen der Besoldung noch etwas ohne großen Nachteil erhöhen lassen. Es würde kein Bedenken haben, den Abzug in jeder Klasse — mit Freilassung der ersten bis 1000 rt. — um 1 Prozent bis unter 5000 und mit 5000 und darüber um 2 Prozent zu erhöhen, so daß 5000 rt. künftig 7 Prozent, 6000 rt. aber 8 Prozent und so fort entrichtete, allein es würde dadurch wahrscheinlich nicht mehr aufkommen, als durch die freiwilligen Abzüge, welche sodann wegfallen würden, aufkommt. Das Ganze würde also bloß eine Täuschung des Publikums sein. Zu stärkern Abzügen können wir nicht raten, da mit solchen alle die Nachteile verknüpft sein würden, deren wir bei der Aussetzung unzureichender Besoldungen bereits ehrerbietigst gedacht haben. Sie scheinen uns überhaupt ungerecht, wenn die Staatsdiener zugleich mit zu andern Abgaben direkte und indirekte angezogen werden, wie solches der Fall ist, wenn jetzt die indirekten Abgaben überhaupt erhöhet werden, das Einkommen der Staatsbürger aber nicht auch vom Staate mit Abgaben belegt wird. Es könnte noch eine Ersparung dadurch bewirkt werden, wenn der Beförderte bei Avancements eine bestimmte Zeitlang sich mit dem Gehalt seiner vorigen Stelle begnügen müßte. Wir halten solches aber auch für verderblich. Gemeiniglich sind mit dem Avancement Einrichtungskosten veranlaßt, welche dem Beförderten ohnedies sehr schwerfallen. Wenn sonach alle Ersparnisse bei dem Ziviletat außer denen, welche sich in Verfolg der Organisation von selbst und unschädlich ergeben, nachteilig sein würden, so konnte von solchen und ihrer öffentlichen Erwähnung bloß noch aus nachstehenden Gründen die Rede sein: a) Um Frankreich die Erschöpfung aller Ressourcen noch mehr zu belegen. Wir

536

4. Februar 18IO

glauben, daß dieses durch die allgemeine Fassung* des Edikts schon hinreichend geschieht und daß eine jede spezielle noch anzugebende Ersparnismaßregel so unbedeutend erscheinen würde, daß es den Eindruck eher mindern als erhöhen dürfte. b) Zur Beruhigung des Publikums. Wir halten es sogar für gefährlich, diesem irgend etwas spezieller über die Ersparnisse anzugeben. Soll solchem Rechenschaft abgelegt werden, so muß es im Großen geschehen. Das Detail eignet sich nie für solches. In einer Monarchie muß wenigstens für dieses Detail der Administration, wenn auch nicht für das Ganze, das unbedingteste Vertrauen der Nation gefordert werden. Eine größere allgemeine Rechenschaft ist noch nicht möglich. Ein politisch so schwankender Zustand wie der gegenwärtige gestattet solches nicht, ohne entweder der Wahrheit zu nahe zu treten oder dem öffentlichen Kredit zu schaden. Zu Unwahrheiten die Zuflucht zu nehmen, wie es in andern Staaten geschehen ist, scheint uns unwürdig und verfehlt den Zweck, da man die beabsichtigte Täuschung bald durchschauet. Durch einzelne Angaben über die Resultate der Verwaltung wird bloß die Unbescheidenheit des Publikums aufgeregt. Weit entfernt, daß solches durch dergleichen Mitteilungen befriedigt würde, geht es in seinem Tadel und Anmaßungen immer weiter. c) Zur Beruhigung des Militärs, insofern bei diesem Ersparnisse für erforderlich gehalten werden sollten. Der ehrerbietigst mitunterzeichnete Generalmajor von Scharnhorst hält es für wichtig, und wir sind mit ihm einverstanden, wenn der bei dem Militär teilweise herrschende Geist berücksichtigt werden soll. Inzwischen würde es dann immer besser sein, solches nicht öffentlich bekanntzumachen, sondern es dem Militär nur allein mit Vorsicht besonders zu eröffnen. Diese Vorsicht halten wir für erforderlich, damit es nicht das Ansehen gewinne, als habe das Militär ein Recht, sich gegen Ersparnisse bei solchem zu setzen, wenn solche nicht allgemein eintreten. Wir können nicht verschweigen, daß sich dieser Geist leider einzeln schon wieder regt. Es dürfte sich aber nicht rechtfertigen lassen, solchen zu schmeicheln und die Idee aufkommen zu lassen, als sei das, was diejenigen, welchen E. K . M. die Leitung des Militärwesens anvertrauen, vorschlagen und Allerhöchstdieselben genehmigen, das Werk des Hasses gegen das Militär. Wir glauben daher, daß, zumal wenn E. K . M. unsre Vorschläge wegen der Zivilersparnisse zu genehmigen geruhen, die Fassung des Edikts hierüber ganz genüge. Die Militärangelegenheiten und die ganze Militärpartie erhalten gleichfalls ihre Regel durch den allgemeinen Gesichtspunkt über die Lage Preußens. Der mitunterzeichnete Generalmajor von Scharnhorst hatte uns schon früher das anliegende Memoire'2 über die für die Militärpartie zu erteilenden Grundsätze vorgelegt. Sie stimmen vollkommen mit dem von uns entwickelten Gesichtspunkt überein, nämlich die Erhöhung der verborgenen Streitkräfte, und zwar vorzüglich solcher, die nicht sogleich in Bereitschaft gesetzt werden können, und die Deckung des hierzu erforderlichen Kostenaufwandes durch Verminderung der in die Augen fallenden Streitkräfte, insoweit sie im Fall der Not bei gehöriger Vorbereitung schleunig in Bereitschaft gesetzt werden können. Wir wagen uns auf den Aufsatz selbst lediglich um so mehr

4- Februar 1810

537

zu beziehen, da das Detail eine Kunstsache betrifft, über die wir uns kein Urteil anmaßen dürfen. Es bleiben uns nur noch zwei Punkte übrig, die wir berühren müssen. 1. Die Forderung Frankreichs, daß E . K . M. die Militärmacht beschränken möchten. E . K . M. haben Sich bereits zui Verminderung des Militärs durch längere Beurlaubungen p. p. aus dem Gesichtspunkt der Ersparnis bereitzuerklären geruhet. Wir müssen ehrerbietigst anheimstellen, ob Allerhöchstdieselben nicht gnädigst geruhen wollen, solchen den Namen und die Form einer Reduktion zu geben. Die Verminderung der Diensttuenden bei den einzelnen Eskadrons und Kompanien könnte vielleicht zur Reduktion einer ganzen Eskadron oder Kompanie zusammengezogen und als solche angekündigt werden. Eine solche Reduktion würde auch künftig bei einer Aufforderung Frankreichs zu einer militärischen Hülfsleistung zum Vorwand der Verzögerung gebraucht werden können. Deren Ankündigung würde mehr Eindruck im In- und Auslande machen als die bloße Bekanntmachung der Ersparnisse. Es müßte alles so eingerichtet werden, daß die Herstellung der Eskadronen und Kompanien leicht möglich wäre. 2. Die Ersparungen an sich. Es finden hierbei ganz die allgemeinen Grundsätze wie bei den Hof- und Zivilersparnissen statt. Sie müssen mit keinem erheblichen Nachteil für das Wesentliche und Unentbehrliche verknüpft sein. Wir haben den mitunterzeichneten Generalmajor von Scharnhorst aufgefordert, uns als Kunstverständiger die Data zu den speziellen Ersparungsvorschlägen zu geben, er glaubt sich aber verpflichtet, vorerst E. K . M. allerhöchste Bestimmung über die allgemeinen Grundsätze und über den Umfang der Ersparnisse erwarten zu müssen, und wünscht wohl mit Recht, daß Allerhöchstdieselben sodann dem ganzen Militär-Departement die bestimmteste Willensmeinung hierüber im allgemeinen zu erkennen zu geben und bestimmte Vorschläge zur Ausführung mit aller Strenge zu befehlen geruhen möchten, damit das Bemühen des gesamten Militärs dahin gerichtet sei, solche zu bewerkstelligen und sie nicht als erschlichen zu betrachten. Wir werden uns daher nur über einige Punkte nach seinen mündlichen Äußerungen noch einiges beizufügen erlauben. Der ganze Aufwand für das Militär beträgt dermalen 7,038,000 rt. jährlich ohne die besondern Zuschüsse und die Militär-Brot- und Fourageverpflegung, welche über 500,000 rt. aus E. K . M. Kassen erfordert. Wir stellen E. K . M. ehrfurchtsvollest anheim, ob es nicht ratsam sein dürfte, daß Allerhöchstdieselben dem Militär-Departement zur Pflicht machten, wenigstens 1 Million, welches noch nicht voll 1 j 1 des Kostenaufwandes ist, an Ersparnissen vorzuschlagen. Es sind davon sodann doch wieder im ersten Jahr zu den in dem Memoire besonders vorgeschlagenen neuen Ausgaben gegen 600,000 rt. erforderlich, so daß eigentlich nur 400,000 rt. wirklich erspart werden. Wir stellen ferner E . K . M. ehrerbietigst anheim, ob nicht der Militärbehörde folgende Ersparungsvorschläge bei dieser Ausmittlung über Ersparnisse zur gutachtlichen Äußerung zu empfehlen sein dürfte: 1 . die größtmöglichste Beurlaubung mit Zurücklassung aller, auch der kleinen Montierungsstücke. Sie würde Entlassung in das Kanton zu benennen sein.

538

4. Februar 1810

um Frankreichs Verlangen mehr zu befriedigen, wenn E . K . M. nicht die Idee der Reduktion zu verfolgen geruhen sollten. 2. Der Reduktion der Eskadrons auf 100 Pferde. 3. Die Bestimmung, daß die große Montierung um i / 3 länger getragen werden soll und daß dagegen die Truppen im Sommer, wie es auch bei der französischen Armee stattfindet, in leinenen Kitteln exerzieren. Es wird vorzüglich die teuere Kavalleriemontierung geschont werden. 4. Auch die kleine Montierung und die Pferde-Equipage wird um */6 länger aushalten können als den bisher bestandenen Zeitraum. 5. Die Pensionierung aller ältern Offiziere, welche nicht aktiv sind und ganze Besoldung haben. 6. Die Pensionierung der halb besoldeten Offiziere, welche schon so alt sind, daß sie in wenigen Jahren keine Dienste mehr leisten können. 7. Die Festsetzung einer bestimmten nicht zu überschreitenden Summe zu extraordinären Gnadenbewilligungen. 8. Die Aufhebung oder wenigstens sehr starke Beschränkung des Kadetteninstituts. Die Kosten sind bedeutend. Für die Bildung tüchtiger Offiziere wird anderweit durch die militärischen Lehrinstitute gesorgt werden. Es wird Verlegenheit entstehen, sie in der Armee unterzubringen. Für die Kinder der Offiziere kann durch Pensionen, bei welchen noch bedeutend gegen den jetzigen Kostenaufwand erspart wird, besser gesorgt werden. Die Militärbehörde dürfte die Zahl dieser Ersparungsmittel noch vermehren können. Es wird nur darauf zu sehen sein, daß das Wesentliche nicht leide. Aus den nämlichen Gründen wie bei dem Zivile halten wir die Belegung der höhern Militärgehälter mit stärkern Abzügen, und daß die Offiziere bei Avancements geringere Gehälter als die der Stelle erhalten, nicht für ratsam. Es erregt dieses letztere Unzufriedenheit und führt zu Nachteilen, die mit dem Gewinn der Ersparnis nicht in Verhältnis steht. Die Verwaltung des Innern außer den Finanzen wird nach den allgemeinen Gesichtspunkten über die Lage des Staats alles aufbieten müssen, um die innern Kräfte zu wecken und bei dem zunehmenden Druck Ordnung zu erhalten. Das Fortschreiten der Organisation ist für deren Wirksamkeit ganz vorzüglich wichtig. Es ist unerläßlich, daß kein Schritt zurück geschehe, wenn auch das Fortschreiten nur mit Vorsicht und größtmöglichster Ruhe und Festigkeit stattfinden darf. Ein jeder Rückschritt und jedes Wiederhervortreten des Alten sowie selbst nur der Glaube, daß solches möglich und daß es mit der neuen Einrichtung nicht ganz ernst sei, führt eine gefährliche alle Kraft lähmende Auflösung herbei. Die ganze Kraftanstrengung zur Bewirkung der Umschaffung geht dann verloren, und es läßt sich für keinen Erfolg mehr einstehen. Es fordert dieser Verwaltungszweig in allen seinen Teilen beinahe erhöhten Kostenaufwand, da er früher so sehr vernachlässigt worden ist. Der Aufwand zur Verbesserung des niedern Schulwesens und für alle Anstalten, welche auf die Beförderung der Religion Bezug haben, wird nicht sehr bedeutend sein und ist unerläßlich. Es wird dadurch der Nation geschafft, was sie allein für den Druck der gegenwärtigen Zeit entschädigen kann und ihr die Kraft erhalten wird, sich von solchem wieder zu erholen. Der Kostenaufwand für höhere Bildungs-

4- Februar 1810

539

anstalten ist an sich nicht bloß, sondern wegen seines Einflusses auf die Beiziehung von Fremden und zur Behebung und Vervollkommnung höherer Gewerbe, welche auf alle Fabrikation und Produktion wohltätig zurückwürken, höchst wohltätig. Alle Anstalten, welche dazu dienen, für den Fall der Not eine große Kraftanstrengung zu erleichtern, wozu unstreitig eine gute Polizeiorganisation mit nicht zu sehr beengten Hülfsmitteln gehört, dürfen nicht aus den Augen verloren werden, und es ist wichtig, solche durchzusetzen, wenn sie auch Mißvergnügen und Klagen über den Kostenaufwand und vermehrten Druck veranlassen sollte. J e schwankender die politische Lage Preußens ist oder es werden kann, desto wichtiger ist es auch, daß die Polizei in höchster Wirksamkeit sei, da sich bei einem solchen Systeme leicht hier und da ein Geist bildet, der mit der wahren Absicht der Regierung in Widerspruch steht. Es ist solches um so wichtiger, je stärker der von den Zeitumständen im Innern herbeigeführte Druck lastet und je mehr sich früher schon bei der Nation oder einem Teil derselben die Idee von der Notwendigkeit, ein eigenes politisches System zu verfolgen, festgesetzt hatte. Die Verwaltung des Justizwesens erhält gleichfalls bei dem für die Lage des Staats aufgestellten Gesichtspunkt doppelte Wichtigkeit. Sie ist bei dem allgemeinen Schwanken in allen Verwaltungspartien, welches mehr oder weniger durch die Zeitumstände herbeigeführt wird, das einzige fest Stehende, auf sich Beruhende, einer der wichtigsten Grundpfeiler des Ganzen. Sie sichert unter dem augenblicklich eintretenden oder zunehmenden Druck jedem das Kostbarste, das Recht, und es erhält sich durch deren feste Übung unter aller anderweiten Veränderung der Begriff und das Gefühl des Rechts, ohne welches Erziehung und Religion nicht wirksam sein können. Die Verwaltung der Justiz wird unter den noch fortdauernden Zeitumständen schwieriger. Diese machen Ansprüche auf Veränderungen in der Rechtsübung, denen nachzugeben, soweit es das Ganze erfordert, ohne das Recht zu erschüttern und ohne die Rechtspflege ganz zu isolieren, die Schwierigkeiten sehr vermehren. Nur langsam können unter diesen Verhältnissen Reformen fortschreiten. Wo diese aber sowie die Verbesserung des Zustandes der Rechtspflege, damit sie nicht gegen andere Verwaltungszweige zurückgesetzt erscheine, die Unterstützung des Staats in Anspruch nimmt, da ist es wichtig, ihr solche ohne Schwierigkeit zu gewähren und [um] der Ersparnis willen nicht einen so sehr wichtigen Gegenstand der Staatsverwaltung an sich, der wegen der einer guten Polizei von solcher zuteil werdenden Unterstützung dermalen gerade doppelt wichtig ist, irgendeiner Gefahr auszusetzen. Wir schmeicheln uns ehrerbietigst, durch die E. K. M. in Vorstehendem freimütig vorgelegte Überzeugung über die wichtigsten Gegenstände der Staatsverwaltung, wenn Allerhöchstdieselben uns Allerhöchstdero Willensmeinung darüber zu erkennen zu geben geruhen, alle Ungewißheit, die uns zusammen oder jeden einzeln in der ihm anvertrauten Partie das Verfahren erschweren dürfte, gehoben zu sehen. Wir werden mit ungleich mehr Kraft und Sicherheit in der uns übertragenen Verwaltung vorschreiten können. Vorschläge zu Maßregeln wie die des Zwangsdarlehens und der Auflegung neuer Abgaben können wir nur wagen, wenn ein bestimmtes System uns die Sicherheit gibt, E. K. M.

540

8. Februar 1810

Absicht nicht zu verfehlen, auf Allerhöchstdero kräftige Unterstützung rechnen und so für das wahre Beste der Sache wirksam sein zu können. Wir schmeicheln uns, durch unsern Vortrag E . K . M. in den Stand zu setzen, einzelne Zweifel über die Richtigkeit und Notwendigkeit einiger Hauptverwaltungsgrundsätze und notwendige Einrichtungen mit voller Überzeugung zu begegnen, wenn hier und da versucht werden sollte, solche bei E . K . M. geltend zu machen, und zugleich Allerhöchstdero Beruhigung bei E. K . M. landesväterlichen Bemühungen zum Wohl des Ganzen zu bewirken.« »Edikt wegen eines Darlehns von 1. 500. 000 Rtlr. auf sämtliche Provinzen der Preußischen Monarchie«, Berlin, 12. Februar 1810, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Goltz,

Altenstein,

Dohna,

Beyme

(Gesetzsammlung

1806—10,

Nr. 106,

S. 638 ff.). 2

Liegt nicht bei.

194. Ministerium des Innern an den Großkanzler Beyme Berlin, 8. Februar 1810 ZSTA

Merseburg, Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 192 Nr. 1 B d . 3

Bl. 173: Konzept, nach der eigh. Anweisung Frieses Bl. 172.

Gehaltsverhältnisse der Offizianten bei den Regierungen »Es scheint vorzüglich nur auf einem Mißverständnisse zu beruhen 1 , wenn nach dem Inhalte E w . Exzellenz geehrtesten Schreibens vom 27. Dezember v. J. 2 von mehreren Landesjustizkollegien behauptet wird, daß die Gehälter der Mitglieder der Regierungen ansehnlich verbessert worden. Bei Organisation der letztern sind nämlich 3 sämtliche Sportulanteile und zufällige Nebeneinkünfte in Gemäßheit des § 48 der Regierungsinstruktion 4 abgeschafft und in fixes Gehalt verwandelt, teils um eine Übersicht zu erhalten, wieviel die Besoldungen überhaupt dem Staate kosten und wie hoch jeder einzelne sich stehet {damit nicht weiter, wie vorher sehr häufig der Fall gewesen, einzelne Offizianten bei einem anscheinend niedrigen Fixo sich durch Accidenzien ein übermäßiges und mit ihren Leistungen in keinem Verhältnisse stehendes Einkommen verschaffen können), teils weil es an sich selbst unschicklich ist, öffentliche Staatsbeamte auf dergleichen Emolumente anzuweisen, solches auch zu manchen Mißbräuchen und Unlauterkeiten im Dienst nur gar zu leicht Anlaß geben kann. Dadurch ist natürlich der etatsmäßige Gehaltsbetrag aller der Offizianten erhöht worden, welche zu dieser Kategorie gehören; allein diese Erhöhung ist keine Zulage, sondern bloß eine Entschädigung für den Verlust jener Emolumente gewesen, welche dafür zur Königlichen Kasse eingezogen werden, indem die Bestimmung der Regierungsinstruktion am angeführten Orte, daß aus den Sportuln ein Prämienfonds für die sich besonders auszeichnenden Offizianten gebildet werden solle, auf einen Zeitraum von drei Jahren bei den gegenwärtigen Umständen suspendiert ist. Dies ist der eigentliche Zusammenhang der Sache und die Ursach, welche das

8. Februar 1 8 1 0

541

Gerücht wegen der den Regierungsoffizianten vermeintlich übermäßig gegebenen Zulagen veranlaßt hat. Zwar sind allerdings den verdienten und ausgezeichneten Offizianten auch Zulagen gegeben, jedoch der Regel nach nur aus den schon vorhanden gewesenen Salarienfonds, indem bis zur neuen Organisation alle entstandenen Vakanzen nur interimistisch besetzt, mithin mehrere Gehälter während dem Kriege erledigt gewesen. Bei Salarierung der Offizianten ist man von dem Grundsatze ausgegangen, einen jeden so zu setzen, daß er im Verhältnis seines Standes bei gehöriger Wirtlichkeit ohne drückende Nahrungssorgen bestehen kann, die unerläßliche Bedingung, unter welcher sich vom Offizianten eine freudige und vollständige Erfüllung seiner Pflichten verlangen läßt. Das niedrigste Ratstraktement beläuft sich auf 7 und resp. 800 rt., das höchste bei der Kurmärkischen Regierung au 1700 rt. bei der Neumärkischen Regierung au 1800 rt. bei der Pommerschen Regierung au 1800 rt. bei der Westpreußischen Regierung au 1400 rt. bei der Ostpreußischen Regierung au 1500 rt. bei der Litauischen Regierung au 1300 rt. bei der Breslauischen Regierung au 1900 rt. bei der Liegnitzschen Regierung au 1600 rt. im Durchschnitt aber kommt jeder Ra zu stehen bei der Kurmärkischen Regierung au 948 rt. 8 gr. bei der Neumärkischen Regierung au 911 rt. 181/3 bei der Pommerschen Regierung au 851 rt. 171/2 bei der Westpreußischen Regierung au 747 rt. 193U bei der Ostpreußischen Regierung au 750 rt. 8 % bei der Litauischen Regierung au 775 rt. 171/7 bei der Breslauschen Regierung au 1068 rt. bei der Liegnitzschen Regierung au 860 rt. Der Grund dieser Differenz liegt vorzüglich in den ältern Besoldungsetats, indem da, wo die Gehälter bereits höher reguliert waren, solche auch höher belassen wurden. Im ganzen kostet dessen ungeachtet die neue Einrichtung ungleich weniger als die vorige, obgleich die Regierungen einen so bedeutenden Zuwachs von Geschäften erhalten haben und dabei noch nicht der Betrag zur Balance gezogen ist, welchen die jetzt mit den Regierungen kombinierten Separatbehörden gekostet haben. In dieser Hinsicht beehre ich mich, das des Königs Majestät vor einiger Zeit übergebene Generaltableau 5 zu Ew. Exzellenz geneigten Einsicht abschriftlich ganz ergebenst beizufügen und bemerke dabei, daß die in der Kolonne III lit. a nachgewiesenen 40.971 rt. 12 gr. größtenteils aus solchen Besoldungszuschüssen bestehen, welche die jetzt angestellten Offizianten über das mit ihren Stellen pro futura bleibend 6 verbundene Einkommen schon vorher 7 genossen haben und die mit ihrem Abgange aufhören. [. . .]« 1 2 3

Änderung Frieses statt: »Es kann nur auf einem Mißverständnisse beruhen«. Ausf., gez. Beyme, i. gl. Fasz. Bl. 1 7 1 mit Marginalien Koehlers. »nämlich« von Friese zugefügt.

542

14. Februar 1810

4

Siehe Nr. 23.

5

Dazu Marginale von gleicher H a n d : »Beilage A des Berichts v o m 9. Dezember v. J.«

6

»bleibend« v o n Friese zugefügt.

7

»schon vorher« von Friese zugefügt.

195. »Votum, die Verhältnisse der französischen Kolonie betreffend« Berlin, 14. Februar 1810 ZSTA

Merseburg, Ministerium

des

Innern,

Rep. 77

Tit. 83

Nr. 1

Bd. 1

Bl. 158: Ausf., gez. Humboldt.

Befürwortung einer Kommission zur Behandlung von Anfragen der französischen Kolonie »Die Anordnung einer Kommission zur detaillierten Festsetzung aller neuen Verhältnisse der Französischen Kolonie scheint mir eigentlich nicht nötig, allein wenn die gehörige Behutsamkeit dabei beobachtet wird, insofern allerdings zweckmäßig, als ohne eine solche einzelne Anfragen, die notwendig noch einkommen müssen, vielleicht mangelhaft beantwortet werden könnten und eine eigene zu diesem Geschäft errichtete Kommission sich besser und mit leichterer Mühe eine deutliche und vollständige Übersicht der ganzen Lage der Kolonie verschaffen kann. Auch mache ich von dem Anerbieten des Herrn Staatsministers Grafen zu Dohna Exzellenz, an dieser Kommission teilzunehmen 1 , mit Vergnügen Gebrauch und bitte Sr. Exzellenz, das Nötige deshalb einzuleiten. Ich halte diese Teilnahme, da der größte Teil der Bedenken der Kolonie den Kultus und Unterricht betrifft, sogar für notwendig. 2 Sehr zu hüten wird sich aber die Kommission aufs neue haben, daß man nicht, wohin schon beinahe unwillkürlich die Tendenz des Aufsatzes geht, gewissermaßen nun einen neuen Kontrakt mit der Kolonie schließe. Der Grundsatz, daß die Kolonie von jetzt an keine abgesonderte Korporation mehr bildet und daß ihre Gemeinen und einzelnen Mitglieder nun wie andre Gemeinen und Individuen im Staate existieren, wenn sie gleich wie ja auch sonst Bürger einzelne Privilegia besitzen, muß immer die Grundlage aller Verhandlungen der Kommission sein. Über einzelne Punkte in dem Aufsatz sich schon jetzt bestimmt zu erklären ist an sich jetzt teils überflüssig, teils setzt es eine genauere Prüfung des gedruckten Reglements voraus, als gegenwärtig die Kürze der Zeit vorzunehmen erlaubt. Um indes einen sehr wichtigen Punkt gleich zu berühren, so kann die Aufsicht auf die französischen Schulen den Mitgliedern der Kolonie nur in dem Grade überlassen bleiben, in welchem sie bloße Vorstände dieser oder jener Kirche sind.« 1

Die Teilnahme Humboldts an der Arbeit der Kommission war in dem V o t u m des

i8. Februar 1810

2

543

Ministeriums des Innern vom 13. Februar 1809 vorgeschlagen worden (Konz, eigh. u. gez. Friese, gegengez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 156). A m 24. Mai 1809 wird die Zusage Humboldts begrüßt und ihm eine Rücksprache mit den weiteren Kommissionsmitgliedern Sack und Kircheisen anheimgestellt (Konz. Pöllwitz, gez. Dohna, Bl. 165 nach der eigh. Anweisung Frieses Bl. 160). Die Ausfertigung gleichen Datums, gez. Dohna (Bl. 166), wurde durchgestrichen und trägt den Vermerk Frieses vom 11. Juli: »Zu den Akten, da die Sache sich itzt ändert«.

196. »Gutachten der Sektion für allgemeine Gesetzgebung über das Reglement wegen Einführung der Einkommensteuer in der Kurmark und den magdeburgischen Kreisen« Berlin, 18. Februar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 2 Bl. 17: z. T. eigh. Rehdiger, gez. Rehdiger, Klewitz.

Begrenzte Beurteilungsmöglichkeit wegen Unkenntnis der Voraussetzungen und Beweggründe für den Reglementsentwurf »Unbekannt mit dem Umfange des Bedürfnisses, das die gegenwärtige Einkommensteuer veranlaßt hat, unbekannt mit dem Grade der erschöpften Hülfsmittel der Provinz, für die sie bestimmt ist, unbekannt mit allen jetzigen finanziellen Verhältnissen, mit denen sie in wesentlicher Verbindung steht, unbekannt überhaupt mit allen Daten, Motiven, Ansichten, Einwendungen und Berichtigungen, aus denen sie in ihrer Fassung hervorgegangen, kann sich die Gesetzgebungssektion, die bloß den Entwurf dazu vor Augen hat, weder über die Zweckmäßigkeit und Ratsamkeit der Operation an sich selbst, noch über die Hauptmomente ihrer Einrichtung irgendein Urteil erlauben. 1 Wollte sie z. B., was letztre betrifft, dies tadeln, daß eine Art revolutionärer Maßregel in der progressiven Steigerung der Taxe zu liegen scheine, so müßte sie fürchten, nur einen schon sehr sorgfältig erwogenen Gegenstand zu berühren, für den man sich nicht ohne sehr überwiegende Gründe und also nicht etwa bloß deshalb entschieden hätte, weil die indirekten Auflagen den reichern Teil der Nation bisher zu wenig progressiv in Anspruch genommen. Gewiß hat man sich nicht verhehlt, was dieser reichere Teil hier einwenden könnte, nämlich daß er die Kriegslasten, wenn auch nicht in allen, doch in den meisten Fällen der Einquartierung, der gezwungenen Anleihe und dergleichen schon vorzugsweise übertragen habe, und so waren es sicher andre Ursachen — vielleicht die Betrachtung, daß sonst die Hebungen überhaupt wenig Erkleckliches liefern und bei öfterer Wiederholung das Volk allzu mißvergnügt machen könnten —, in denen sich die Annahme jener Maßregel begründete. Ebenso möchte die Rüge: als sei das Arbitrium der Kreis- und Spezialkommissionen, das doch allein nur gegen Irrtum Gewähr leisten könne, durch materielle Dislokationsnormen und Abschätzungsprinzipien allzu sehr beengt worden,

22. Februar 1810

544

wieder nur das t r e f f e n , w a s gar nicht u n b e a c h t e t geblieben ist. Gewiß h a t m a n die Vorteile der durch keine bestimmten Vorschriften gebundenen A b s c h ä t z u n g s willkür bei redlichen und m i t der L o k a l i t ä t vertrauten Männern nicht übersehn: nur der U n g e w o h n t h e i t der Nation, in dergleichen Verhandlungen u n d Geschäfte einzugreifen, mochte man mißtrauen. Nur deshalb — nur wegen solcher g e w i ß nicht zu peinlich erwogenen R ü c k s i c h t e n wurden höchstwahrscheinlich dem freien Spielraum jener Kommissionen hin u n d wieder ziemlich beengende Grenzen gesetzt. U n t e r diesen U m s t ä n d e n beschränkt sich die Gesetzgebungssektion nur auf einige unbedeutende B e m e r k u n g e n , z u denen sie sich bei der D u r c h s i c h t des mit sehr vielem Fleiß u n d Gründlichkeit entworfenen Reglements hin u n d wieder v e r a n l a ß t g e f ü h l t hat.« E s folgen B e m e r k u n g e n z u den einzelnen P a r a g r a p h e n des E n t w u r f s . 2 1

Das Gutachten wurde von Altenstein und Dohna mit Schreiben, Berlin, 11. Januar 1810, unter Übersendung eines Einkommensteuer-Reglements-Entwurfs für die Kurmark und die magdeburgischen Kreise angefordert (Ausf., gez. Altenstein, Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 12). A m 7. Februar 1810 wurden von den beiden Ministern noch Ergänzungen zum Einkommensteuer-Reglements-Entwurf nach einem Gutachten von Sack nachgereicht (Ausf., gez. Altenstein, Dohna, Bl. 13). Klewitz überreicht das Gutachten der Gesetzgebungssektion am 18. Februar 1810 mit dem Ausdruck des Vorwurfs und Bedauerns, daß bei Forderung eines Gutachtens die Sektion für die Gesetzgebung nicht die nötigen Akten über die gehabten Verhandlungen und eine vollständige Übersicht des Vorganges miterhält, und bittet, in ähnlichen Fällen dieses zu berücksichtigen (Konzept eigh. u. gez. Klewitz, Bl. 16).

2

Eine alle Untertanen umfassende Steuergesetzgebung erfolgte am 24. Mai 1812 mit dem »Edikt wegen Erhebung einer Vermögens- und Einkommenssteuer« der »Instruktion und Anweisung wegen Ausführung des Edikts [. . .]« und dem »Edikt wegen Ausfertigung von Anweisungen auf die Vermögens- und Einkommenssteuer« (Druck: Gesetzsammlung 1810—13, Nr. 98, 99 100 = Nr. 13 von 1812, S. 49 ff.). Während die beiden ersten dieser in Potsdam erlassenen Gesetze die Unterschriften von Friedrich Wilhelm, Hardenberg und Kircheisen tragen, ist das dritte nur von Hardenberg gegengezeichnet. Die weiteren Ausführungsbestimmungen vom 6. Juni 1812 (in Nr. 14 der Gesetzsammlung von 1812, S. 69 ff.) wurden ausschließlich von Hardenberg unterschrieben,

1 9 7 . Kabinettsorder an die Minister Graf zu Dohna und G r o ß k a n z l e r Beyme Berlin, 22. F e b r u a r 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 147 Nr. 34 Bl. 25: Abschrift. Forderung

eines Verbots von

Bürgerversammlungen

»Aus der gegen den G a s t w i r t Genz hieselbst eingeleiteten Untersuchungssache ist Mir b e k a n n t geworden, d a ß eine beträchtliche A n z a h l hiesiger B ü r g e r sich bei d e m Genz v e r s a m m e l t haben, u m über eine gemeinsame Angelegenheit

545

24. Februar 1810

und über die in derselben den Behörden zu proponierenden Maßregeln zu deliberieren. Dergleichen Zusammenkünfte eines Teils der Bürgerschaft können unmöglich gestattet werden. Zur Deliberation über Stadtangelegenheiten sind die Stadtverordneten bestellt, und wenn daher die Städteordnung vom 19. November 1808 nichts darüber enthält, so muß ein diesfälliges ausdrückliches Verbot an die Magisträte zur Bekanntmachung in den Städten erlassen, überhaupt solche Verfügung getroffen werden, daß die Versammlung von Bürgern zu gemeinschaftlichen Deliberationen über ihre Kommunalangelegenheiten, die sie für erlaubt halten mögen, als der allgemeinen Ordnung nachteilig verpönt werde. Ich überlasse Euch, dies gemeinschaftlich in Überlegung zu nehmen 1 und das Weitere meiner Intention gemäß anzuordnen im Namen Euers wohlgeneigten Königs.« ' Vgl. Gutachten der Gesetzgebungssektion vom 14. April 1810 über das Verbot von Zusammenkünften, Nr. 238.

198. Geheimer Staatsrat Sack an die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Berlin, 24. Februar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 149 Nr. 4 Bl. 46: Ausf., gez. Sack.

Bericht über die Verhandlungen auf dem Kurmärkschen

Landtage

»Euer Exzellenzien überreiche ich hiebei die mit dem neulich hier versammelt gewesenen Kurmärkschen Landtage 1 gepflogenen Verhandlungen in Abschrift, die Beilagen dazu aber, soweit sie nötig, originaliter unter Bitte der Rückgabe. Uber die Angelegenheiten ad I wegen Verpflegung der französischen Besatzungen in den Oderfestungen ad I I I und I V wegen des Finanzzustandes der Kurmark ad X V I wegen der bepfandbrieften und den Ständen wieder käuflich überlassenen Domänen ad X V I I I wegen des kurmärkschen Landarmenwesens habe ich bereits unter Einreichung der deshalb speziell gepflogenen Verhandlungen besondre Berichte erstattet; auf diese darf ich mich daher hier beziehen und nun nur noch die übrigen auf dem Landtage verhandelten Gegenstände berühren. ad II war der Beitrag der Kurmark, Magdeburgs, der Neumark und der Stadt Berlin zu den während der französischen Besetzung des Landes aufgelaufenen und bereits durch eine förmliche Rechnungslegung dokumentierten Schifffrachtkosten bisher noch streitig. Der Streit ist auf dem jetzigen Landtage gütlich so abgemacht und ausgeglichen worden, daß dabei nichts zu erinnern bleibt.

546

24- Februar 1810

ad III und IV muß ich rücksichtlich des Finanzzustandes der Kurmark nur noch erwähnen a) daß mehrere Gläubiger der Provinz, welche bei dem Drucke der Zeiten noch nicht haben befriedigt werden können, beim Kammergericht klagbar geworden sind. Die Justizbehörde erkennt natürlicherweise gegen die Provinz und wendet sich dann an mich, um die Exekution auf die zu Befriedigung der Gläubiger zu zahlende Summe einzuleiten. Ein solcher Antrag findet sich unter den eben allegierten Beilagen des Landtagsprotokolls ad IV. Ich habe ihn dem Landtage vorgelegt, und dieser hat im Protokoll vom 10. v. M. dringend dahin angetragen, daß bei der Unmöglichkeit, allen Gläubigern der Provinz auf einmal gerecht zu werden, die Suspension dergleichen gegen dieselbe anhängig gemachten Klagen höhern Orts möchte extrahiert werden. — Ich muß diesem Antrage beitreten und füge zur nähern Substantiierung desselben einen Bericht des Kurmärkschen Comité vom 20. d. M.2, der mir zur weiteren Beförderung eingereicht worden, bei. — b) haben die Stände dringend um Bewilligung der Stempelfreiheit gebeten, und ich glaube, mich mit vollem Recht dafür verwenden zu dürfen, da sie die gegründetsten Ansprüche auf Beihülfe des Staats, folglich auch auf Erleichterung und dergleichen Nebensachen haben. — c) Auf Instanz des Postdirektor Kliner zu Rastenberg haben Ewr. Exzellenzien verordnet, daß die Zinsensteuer nur von den innerhalb jeder Provinz wohnenden Personen gefordert werden könne. — Ich habe das Comité danach instruiert. Dieses hat aber die Sache bei dem jetzigen Landtage zur Sprache gebracht und in einem besondern unter den allegierten Beilagen des Landtagsprotokolls befindlichen Berichte an Ewr. Exzellenzien, der mir übergeben worden, seine Gründe und Anträge dagegen vorgebracht. Der Landtag hat gegen jene Festsetzungen protestiert und sogar den Antrag hinzugefügt, daß auch bei der Einkommensteuer jedes Kapital nur da, wo es belegt sei, besteuert werden möchte. — Ich halte diesen Antrag für ganz unstatthaft und glaube übrigens, daß die erste Zinsensteuer der Kur- und Neumark bloß eigentlichen Ausländern, nicht den Einwohnern anderer Provinzen zurückgegeben werden darf, weil letztres damals noch nicht durch die allerhöchste Festsetzung befohlen war, auch beim Ausschreiben jener ersten Steuer noch nirgend die Einkommensteuer wirklich bestanden haben wird — wogegen die 2. Zinsensteuer unbedenklich bloß von innerhalb der Provinz selbst wohnenden Leuten erhoben werden darf. — Die Einkommensteuer ergibt die Besteuerung jedes Kapitalisten an seinem Wohnorte schon von selbst. — Ewr. Exzellenzien bitte ich, diese meine Ansichten zu bestätigen und mich zu deren weitern Verfügungen darnach zu autorisieren. ad V Bekanntlich hat das ritterschaftliche Kreditinstitut der Bank und diese wiederum den kurmärkschen Ständen 600.000 rt. Pfandbriefe dargeliehen 3 , welche in Hamburg für ungefähr die Hälfte bares Geld verpfändet sind, so die kurmärkschen Stände darauf angeliehen haben. Die Anleihe hat noch nicht abgezahlt werden können, sondern prolongiert werden müssen, und dies ist nicht anders zu bewirken gewesen, als daß die Zinscoupons zu den Pfandbriefen ausgehändigt werden. Daraus entsteht also für das ritterschaftliche Kreditinstitut die Gefahr, daß, wenn die Anleihe nicht regelmäßig abgelöset oder mit den Coupons unvorsichtig umgegangen würde, dieselben zur Zinszahlung

24. Februar 1810

547

präsentiert und dadurch große Verlegenheit für das Institut bewirkt werden könnte. Man hat sich jetzt vereinigt, daß jedesmal nur ein halbjähriger Zinscoupon zu den Pfandbriefen ausgegeben und zugleich der halbjährige Zinsbetrag zur Disposition der Hauptritterschaftsdirektion gestellt werden soll. Zugleich ist aber auch der Antrag geschehen, daß entweder statt der 600000 rt. Pfandbriefe eine damit nach dem Kurs in Verhältnis stehende Summe Bank- und Seehandlungs-Obligationen von seiten des Staats hergegeben — oder daß aus einem Teile der von den Ständen für die wiederkäuflichen Domänen gegebenen Obligationen der 4 Millionen Taler kleine Obligationen gemacht und damit die 600000 rt. Pfandbriefe eingelöset werden möchten. In beiden Fällen würde man auf diese Weise die Pfandbriefe zurückerhalten, die Bank wieder zum Besitz derselben gelangen und die jetzige gefährliche Verwickelung in Absicht derselben aufhören. Mir scheinen diese Anträge sehr wohl begründet, und muß ich Ewr. Exzellenzien gehorsamst anheimstellen, dieselben in Erwägung zu ziehen und sich, wo möglich, für einen derselben zu entscheiden, wodurch allen interessierten Behörden und besonders dem Pfandbriefsinstitut wesentlich geholfen und dem letztern Sicherheit verschafft werden würde. «[. . .] Die unter V I bis X V I I mitgeteilten Verhandlungspunkte gehen in zeitlich und lokal zu begrenzte Detailfragen. »ad X V I I I sind mehrere auf dem vorigen Landtage verhandelte Gegenstände wieder vorgekommen, insofern sie damals noch nicht völlig erledigt worden. — Ich hebe nur die wichtigeren aus, in denen etwas Bestimmtes jetzt beschlossen worden ist. Es sind solches: die Anträge wegen Abschaffung des Vorspanns, weshalb die Abgebung der nähern Vorschläge an die Regierung verwiesen worden; die Verbesserung des Landarmenwesens, weshalb ich bereits besonders berichtet habe; die Aufhebung der Lehne, Majorate und Fideikommisse, weshalb der Landesdirektor von Arnim Vorschläge abgegeben hat, die in den Kreisen zirkulieren sollen. — Ich wünschte, daß Ewr. Exzellenzien sich gewogentlich darüber äußerten, ob überhaupt auf diese Sache eingegangen werden soll, in welchem Falle ich die desfallsigen Vorschläge mehr zur Reife befördern und die Resultate zu seiner Zeit vorlegen, sonst aber alle weitern Diskussionen hierüber beseitigen werde. Eine Veränderung hierunter halte ich indessen nicht nur aus allgemeinen. Gründen, sondern auch besonders in der Hinsicht für zweckmäßig, daß in dem benachbarten Königreich Westfalen alle Lehns- und Fideikommißansprüche über den 2. Anwärter aufgehoben sind, wodurch die diesseitigen Lehns- und Fideikommißberechtigten ihr Recht verlieren und die jenseitigen in unserm Lande das ihrige behalten. Die auf dem vorigen Landtage vorgekommenen Streitigkeiten wegen der Repräsentation zwischen Ritterschaft und Städten sind gegenwärtig unter beiden selbst beseitigt worden. Im allgemeinen soll alles beim alten bleiben. [. . .]« Es folgen Einzelheiten der allerdings durch den Abgang der Altmark notwendig gewordenen Veränderungen. »ad X I X haben die Deputierten der diesseitigen Magdeburgschen Kreise 36

Stein/Hardenberg

548

24. Februar 1810

mehrere Anträge vorgebracht, die sich jedoch sämtlich durch eine genaue Erklärung der obwaltenden Verhältnisse — des die ritterschaftlichen Deputierten mehrenteils sehr unkundig waren — erledigten bis auf den schon in meinem Berichte wegen der kurmärkschen Einkommensteuer vom 10. v. M. berührten Wunsch der Ritterschaft, eine indirekte Steuer statt der Einkommensteuer einführen zu dürfen, dessen Entscheidung Ew. Exzellenzien ich anheimstellen muß; [. ..]« Die Ausführungen unter X X bis X X I V bringen nichts von weiterreichender Bedeutung. »ad X X V ist bestimmt worden, daß das Comité ohne Rücksicht auf Exigibilität oder Inexigibilität der Reste die Kreis- und Stadtkommunen mit ihren anzurechnenden Forderungen darauf anweisen, den Kommunen jedoch vorbehalten bleiben soll, nach Jahresfrist die etwanigen Prägravationen nachzuweisen und auf Vergütigung deshalb anzutragen. Es war dies der einzige Weg, um endlich mit den Abrechnungen aufs reine zu kommen, und die bald einzuführende Einkommensteuer wird hiernächst den Ausgleichungsmaßstab an die Hand geben, soweit dieselbe überhaupt anwendbar und notwendig ist. [. . .]« Der Bericht ist von ad X X V I bis ad X X X kaum von allgemeinem Interesse, »ad X X X I haben mehrere Deputierte erklärt, daß sie instruiert wären, ihre Anträge wegen Verlängerung des Indults, wegen Aufhebung der Zinsenfreiheit, wegen Befreiung der Eximierten von der Natural-Fourage-Lieferung des Königs Majestät unmittelbar vorzulegen 4 , und ich habe ihnen solches, da besonders der Landrat von Ziethen als Deputierter des Ruppinschen Kreises darauf bestand und sich durch die Vorstellung, daß ihre Anträge zunächst auf dem verfassungsmäßigen Wege an die höchste Behörde gelangen müßten, nicht davon abbringen lassen wollten, überlassen müssen. Sie haben darauf auch wirklich eine Vorstellung deshalb abgehn lassen, deren Erfolg mir aber noch nicht offiziell bekannt geworden ist. — [. . .]« ad X X X I I und ad X X X I I I können übergangen werden, »ad X X X I V haben die Stände mehrere spezielle Anträge zusammengefaßt als a) daß nunmehr nach vollendeter Ausfertigung der Domänenpfandbriefe die von den Ständen an Frankreich ausgestellten Versicherungen zurückgegeben werden möchten. Ich konnte sie damals damit beruhigen, daß die Pfandbriefe noch hier im Depot sich befänden; da jedoch nunmehr, wie ich vernehme, darüber behufs der Anleihe in Holland disponiert wird, so ist es wohl allerdings notwendig, entweder jene ständischen Versicherungen von Frankreich zurückzuerhalten und den Ständen zu retradieren, oder den letztern wenigstens, wenn jenes noch nicht möglich sein sollte, irgendeine beruhigende Versicherung deshalb zu geben. b) ist beschlossen worden, daß, weil vermöge der wiederkäuflichen bepfandbrieften Domänen jetzt eigentlich alle Stände zum Kreditinstitut assoziiert sind, künftig die zum engern Ausschuß des letztern kommenden Deputierten auf den Kreistagen — also von allen Ständen — jedoch jedesmal aus der Zahl der speziell assoziierten Gutsbesitzer — gewählt und bevollmächtigt werden sollen, wobei nichts zu erinnern ist. c) ist die baldige Erscheinung der Deklaration des Edikts vom 9. Oktober 1807 gewünscht worden, die nunmehr erfolgt ist.

24. Februar 1810

549

d) hat man eine neue Dorf- und Gesindeordnung gewünscht, sich jedoch von mir mit der Aussicht auf ein baldiges allgemeines Polizeireglement beruhigen lassen, welches Ewr. Exzellenzien ich zu beschleunigen gehorsamst bitten muß, da der Nachteil des Mangels desselben allgemein sehr fühlbar wird. e) und f) wünschen die Stände — vorzüglich die Ritterschaft, die Fortdauer des Indults und eine Beschränkung des freien Zinsfußes. Ewr. Exzellenzien ist meine Ansicht darüber aus meinem ausführlichen Bericht bekannt, und ich kann dem hier nichts hinzusetzen, als daß nur unbedingte Fortdauer des Indults von dem einsichtsvolleren Teile der Stände nicht verlangt wird; vielmehr wenn nur keine unbedingte Aufhebung und eine Beschränkung des ungeregelten Zinsfußes erfolgt, ihren Wünschen genügt sein wird. g) wünschen die Stände eine baldige Erklärung, bis wohin der Beitrag der eximierten Grundstücksbesitzer zu den Naturallieferungen noch fortdauern soll, und künftig wieder ihre Zuziehung bei Repartition der Fouragelieferungen. Euer Exzellenzien muß ich anheimstellen, hierüber zu entscheiden, da mir nicht bekannt ist, welche Bestimmungen wegen des Fouragelieferungswesens überhaupt intendiert worden. h) haben die Stände einstimmig gegen die intendierte und von der Kurmärkschen Regierung mit einigen Landräten beratene neue Kreiseinteilung protestiert 5 und im Protokoll vom 29. Dezember vorigen Jahres Gründe dagegen angeführt, die mir im höchsten Grade relevant und entscheidend scheinen. Wäre das ganze Schuldenwesen der einzelnen Kreise schon fundiert und auf die einzelnen Kommunen verteilt; wäre ein allgemeines gleichförmiges Abgabensystem eingeführt; nähme man zugleich eine allgemeinere zweckmäßigere Einteilung der Provinzen nach Zusammenwerfung derselben in die gesamte Masse des Staats und nach Einführung eines gleichförmigen Repräsentationssystems vor — dann, aber auch nur dann würde eine neue Kreiseinteilung ganz zweckdienlich sein; bis dahin und für jetzt aber kann ich unmöglich glauben, daß sie nützlich und möglich und von Ewr. Exzellenzien wirklich beabsichtigt sein sollte. Hochdieselben bitte ich daher, die Stände mit der Versicherung zu beruhigen, daß die neue Kreiseinteilung in der vorgewesenen Art nicht stattfinden solle. i) Dem Wunsche besonders der Magdeburgschen Stände um Erlaubnis zur freien Exportation des Holzes daselbst nach dem jenseitigen Magdeburg ist seitdem genügt. Inwiefern jedoch eine allgemeine Holzexportationsfreiheit zugestanden werden kann mit Rücksicht auf das hiesige Brennholzinstitut und das Nutzholzinstitut, stelle Ewr. Exzellenzien näherer Erwägung ich gehorsamst anheim.« Die Ausführungen zu ad X X X V bis ad X X X X I sind für die größeren Zusammenhänge unwesentlich. »ad X X X X I I endlich haben die französischen Behörden mehreren Berliner Kaufleuten eine bedeutende Quantität Pottasche weggenommen und die Bezahlung dafür auf das Comité der Kurmärkschen Stände angewiesen; dieses hat dieselbe aber nicht geleistet, und die Kaufleute machen daher noch fortwährend Ansprüche darauf. Ich habe inzwischen eingeleitet, daß diese Summe den französischen Behörden durch den Geheimen Finanzrat L'Abaye auf die Kontribution angerechnet worden ist. Der Erfolg davon muß abgewartet werden, und hat der Landtag beschlossen, die Sache bis dahin noch auf sich beruhen zu lassen. 36«

550

24. Februar 1810

Euer Exzellenzien bitte ich nun gehorsamst, über die hierin zu Hochdero Genehmigung, Bestimmung oder Entscheidung gestellten Punkte baldmöglichst sich zu äußern6, vorzüglich aber wegen des Kurmärkschen Landschuldenwesens, worüber ich besonders berichtet habe, mir die gefaßten Beschlüsse bald zukommen zu lassen, da hie von alle weitren Einleitungen abhängen und die größte Verlegenheit entstehen muß, wenn jene Sache noch länger unentschieden bleibt und die Einkommensteuer nicht bald eingeführt wird, auf die bisher alles vertröstet ist.« Kurmärkischer Landtag vom 19. Dezember 1809 bis 10. Januar 1810 (siehe Bassewitz 1809/10, S. 251 f.). 2 Ausf., i. gl. Fasz. Bl. 56. 3 Dazu das Marginale Staegemanns: »Die Bank hat dem ritterschaftlichen Kreditinstitut diese 600 000 rt. geliehen und das Kreditinstitut dafür so viel Pfandbriefe verpfändet. Die Pfandbriefe hat die Bank auf Höhere Anordnung den Ständen, mit Bewilligung des ritterschaftlichen Kreditinstitutes, geliehen.« 4 Immediatvorstellung der Deputierten zum Generallandtage, Berlin, den 8. Januar 1810 (21 Unterschriften, Abschrift, i. gl. Fasz. Bl. 63) und vom 7. Januar 1810 (21 Unterschriften, Abschrift, Bl. 67). 5 Eine entsprechende Immediatvorstellung der Deputierten zum allgemeinen Landtage erfolgte am 8. Januar 1810 (20 Unterschriften, Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 65); siehe Nr. 187. Abschriften der drei Eingaben übersandten die Deputierten an den Finanzminister von Altenstein und baten in einem Begleitschreiben vom 10. Januar 1810 um die Unterstützung dieser Gesuche (Ausf., gez, 16 Unterschriften, i. gl. Fasz. Bl. 62). 6 Sacks Bericht ist zeitweilig auf dem Instanzenweg unauffindbar gewesen, wie einige Aktennotizen melden, so daß sich die Bearbeitung verzögerte. Das Votum Staegemanns liegt vom 6. August 1810 vor (Konzept eigh. und gez., i. gl. Fasz. Bl. 74). Die endgültige Antwort ist im Konzept mit 17. November 1810 datiert und beginnt: »Ew. p. sind bisher aus Zufall auf Ihr gefälliges an die vormaligen Staatsminister Frh. v. Altenstein und Grafen zu Dohna gerichtetes Schreiben vom 24. Februar c., womit Sie als Oberpräsident die Verhandlungen des letzten Kurmärkischen Landtages einreichten, noch ohne Antwort geblieben. In der langen Zwischenzeit bis jetzt sind jetzt aber die meisten Gegenstände teils schon erledigt, teils ist die Genehmigung der gemachten Anträge unbedenklich, und teils sind die Sachen in eine dergestalt andere Lage gekommen, daß es einer speziellen Beantwortung Ihres vorgedachten Schreibens nun nicht mehr bedürfen wird.« (Konzept Koehler eigh., gez. Sack, Staegemann, Oelßen, i. gl. Fasz. Bl. 76) 1

27. Februar 1810

551

199. Minister Graf zu Dohna an den Großkanzler Beyme Berlin, 26. Februar 1810 ZSTA

Merseburg, Ministerium

des

Innern,

Rep. 77

Tit. 192 Nr. 1 B d . 3

Bl. 179: K o n z e p t Staatsrat K a h l e ' .

Zuständigkeit für Prozesse gegen Stadtkommunen »Ew. Exzellenz erleuchteten in dem verehrlichen Schreiben vom 15. Januar c. 2 geäußerten Meinung, daß eine konforme Praxis rücksichtlich des Gerichtsstandes, vor welchem die gegen Stadtkommunen zu richtenden Klagen zu verhandeln sind 3 , nötig sei, trete ich mit völliger Überzeugung bei. — E s mag zweifelhaft sein, ob durch die neuern organischen Gesetze der bisherige privilegierte Gerichtsstand der Stadtkommunen aufgehoben sei oder nicht. Inzwischen scheint es in keinem Falle ratsam zu sein, erwähnte Prozesse vor die Untergerichte, so wie sie jetzt bestehen, zu ziehen. Wenn ein Grund der bisherigen Exemtion gewisser Sachen und Personen von dem gewöhnlichen Gerichtsstande in der Wichtigkeit sotaner Personen und Sachen zu finden ist, so ist dieser Grund bei den Prozessen gegen die einzelnen Stadtkommunen in vorzüglichem Grade zu finden. Hauptsächlich aber scheint mir es deshalb bedenklich, jene Sachen vor die Ortsgerichte zu ziehen, weil diese jedesmal, wenn nicht als Bürger, doch als Schutzverwandte unmittelbar selbst Partei sein müssen. Ich ersuche daher E w . Exzellenz, es dabei zu belassen, daß die Klagen gegen Stadtkommunen nach wie vor bei den Oberlandesgerichten erörtert werden. In den Fällen, wo das Oberlandesgericht in der in Anspruch genommenen Stadt seinen Sitz hat, dürfte die Sache einem andern nicht interessierten Oberlandesgerichte oder nach E w . Exzellenz gefälligem Ermessen einem andern Untergerichte zu kommittieren sein.«4 1

Die ausführlichere eigh. Stellungnahme Kahles zur Anfrage Beymes steht i. gl. Fasz. Bl. 177.

2

Ausf. Bl. 176.

4

Die A n t w o r t Beymes datiert v o m 18. April 1810 (Ausf. Bl. 203), die darin er-

3

»zu verhandeln sind« von Koehlers Hand ergänzt.

betene Rücksendung des Berichts des Kammergerichts v o m 4. Januar erfolgte namens Dohnas am 2. Mai 1810 (Konz. Bl. 204).

200. Geheimer Staatsrat und Oberpräsident Sack an die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Berlin, 27. Februar 1810 ZSTA

Merseburg, Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 149 Nr. 3 Bl. 5:

Ausf., gez. Sack.

Bericht über den ab 4. Dezember 180g gehaltenen Neumärkischen

Landtag

»Auf dem im Dezember vorigen Jahres unter meinem Vorsitz gehaltenen Neumärkischen Landtage sind die in Abschrift beiliegenden Verhandlungen gepflogen worden. 1

552

27. Februar 1810

Der wesentliche Inhalt dieser Verhandlungen ist folgender : I. sind die nähern Bestimmungen wegen des zu bildenden Ständischen Comité und des bei demselben zu bestellenden Königlichen Commissarii, worüber bis jetzt noch allerlei Differenzen obwalteten, besprochen worden. Bis die Einkommensteuer völlig eingeführt und ein darauf zu gründender Mortifikationsplan der Provinzialschulden angefertigt sein wird, soll nämlich ein Comité aus dem Landesdirektor und zwei Deputierten mit Zuziehung eines Königlichen Comissarii wegen der Domänen die Geschäfte des bisherigen Comité fortführen — demnächst aber eine förmliche ständische Deputation unter einem Königlichen Commissario für die Verwaltung der Einkommensteuer bestehen. Die ständische Repräsentation soll permanent durch den Landesdirektor und ein paar Mitglieder der Schuldenkommission geführt werden. Dies sind die ständischen Beschlüsse, und so besteht für den Augenblick noch die zuletzt von den Ständen im März v. J . beliebte, obgleich seitens der Regierung nicht anerkannte Verfassung des ständischen Comité oder sich selbst so genannten Engern Ausschusses. Meines Erachtens ist der letztre, als in der bisherigen Provinzialverfassung nicht gegründet, unnötig, da der Landesdirektor eigentlich die Repräsentation der Landesstände außer dem versammleten Landtage zu führen hat. Ein administrierendes Comité der Stände kann aber nicht sein, ohne an seiner Spitze einen Königlichen Commissarius zu haben, da der Landesherr als solcher, nicht bloß als Domänenbesitzer, das Erste Interesse dabei hat, daß die wichtigen Schuldenangelegenheiten des Landes gehörig verwaltet werden. So ist es daher hier in der Kurmark eingerichtet, und wenn die Neumärkschen Stände ihren vorigen Stand eines Status in Statu fortsetzen wollen, so ist es nach meinem und dem Urteile der beiden Provinziallandeskollegien eine verfassungswidrige Anmaßung, die ihnen nicht zugestanden werden kann. Indessen habe ich auf dem Landtage nicht weiter darin mit ihnen kommen können, indem sonst die Absicht war, ihrem Comité den Vice-Präsidenten Troschel als Königlichen Commissarius vorzusetzen. Hierauf zu bestehen, fehlte es mir an Autorisation, da Ew. Exzellenzien vielmehr in ihrer Antwort vom I i . April pr. 2 auf meine Anträge deshalb nach den damaligen Landtagsverhandlungen dafür gehalten hatten, daß man die eigene Anstrengung der Stände bei Abwickelung ihres Schuldenwesens nicht beschränken dürfe, wenn die Provinz nicht in große Verlegenheit kommen solle. Dieses hat allerdings jetzt noch vielen Grund für sich, da bis zur Fundierung des Schuldenwesens auf die einzuführende Einkommensteuer eine tätige Anstrengung erfordert wird, um dasselbe durch Verlängerung und Deckung der fortlaufenden Zahlungsverbindlichkeit mittelst neuer Anleihen vor dem gänzlichen Zusammenfallen zu sichern. Ungeachtet daher die Verfassung des Comité so nicht bleiben kann, so habe ich doch für den Augenblick geglaubt, den Ständen, die ein großes Gewicht darauf legen, das Schuldenwesen der Provinz durch eine eigene einem Königlichen Commissario nicht geradezu untergeordnete Comité zu führen, um so mehr hierin nachgeben zu können, da teils das Schuldenwesen der dortigen Provinz recht gut und ordentlich geführt wird, teils aber auch die ganze Einziehung der Kontributionsreste — die einzige Revenue des Comité — durch die Regierung geleitet und besorgt wird, und insbesondere, da bei der nahe bevorstehenden Einführung der Einkommensteuer sich das ganze Verhältnis doch ändert.

27. Februar 1810

553

Bis dahin bitte ich es also bei der bisherigen Verfassung des Ständischen Comité ohne Abänderung nach den jetzigen Anträgen stillschweigend zu belassen. Ich werde, sobald das Einkommensteuer-Reglement 3 nur vollzogen erfolgt, gleich auch für dessen Anwendung in der Neumark seinem ganzen Inhalte nach sorgen und wegen Abwickelung des Schuldenwesens und der Geschäfte des bisherigen Comité nähere Vorschläge tun, indem die Bestimmungen darüber alsdann nur von oben her verfassungsmäßig erfolgen können. II. sind einige nähere Bestimmungen wegen der Zinsensteuer beredet worden, und gilt im allgemeinen dieserhalb in der Neumark eben das, was ich in meinem Berichte vom 26. d. M.4 wegen der Kurmärkschen Landtagsverhandlungen angeführt habe. III. ist über den Geschäften bei der zu etablierenden Schuldenrevisionskommission gesprochen worden. Man glaubte anfangs, das vorhin beliebte Verfahren abkürzen zu können, allein bei näherer Erwägung ist die Instruktion vom 19. März v. J . 5 von neuem bestätigt und der darin vorgeschriebene Gang der Geschäftsführung für durchaus notwendig erachtet worden, wenn der Zweck erreicht werden soll. Indessen muß ich bei dieser Gelegenheit und auf Veranlassung mehrerer Anträge der Neumärkschen Regierung wegen Revision und Berichtigung mehrerer dortiger Kreis- und Kommunalkassen meinen Antrag um endliche Bestätigung des Königlichen Commissarii für diese Kommission hiermit nochmals auf das dringendste wiederholen, da die Revisionskommission erst dann ihre Geschäfte anfangen kann, bei der langen Verzögerung aber manches in Vergessenheit gerät und sich verdunkelt, es auch im ganzen eine sehr üble Sensation macht, daß diese allgemein als nützlich anerkannte und gewünschte Einrichtung in so langer Zeit gar nicht zur Ausführung kömmt. IV. haben die Neumärkschen Stände auf dem dortigen Landtage wegen der Festungssteuer die Protestationen praeleviert, welche hiernächst auf dem hiesigen Landtage von ihren Deputierten ausführlicher vorgebracht sind und weshalb ich mich auf meinen Bericht wegen der hiesigen Landtagsverhandlungen beziehe. V. hat man um baldige Publikation der Deklaration des Edikts vom 9. Oktober 1807, welche nun erfolgt ist 6 , imgleichen um eine neue Polizei- und Gesindeordnung 7 gebeten, sich auch vorbehalten, wegen dieses letztern Gegenstandes durch einen besonderen Ausschuß Vorschläge abzugeben. VI. wünschen die Stände eine mehrere Gewerbefreiheit 8 , Aufhebung des Handwerkszwanges in den Städten, des Mühlenzwanges9 und mehrerer ähnlicher Beschränkungen. — Dieser Antrag stimmt ganz mit den jetzigen Maximen und Ew. Exzellenzien Absichten überein, ich kann daher nur bitten, die deshalb zu treffenden Einrichtungen hochgefälligst beschleunigen zu wollen, da man allgemein die Notwendigkeit der Lösung des so vielfältig bestehenden Zwanges fühlt. V I I . haben die Neumärkschen Stände gebeten, daß die Übungsläger, welche in vorigem 10 Jahre grade zur Erntezeit gehalten worden sind, nicht alljährlich angeordnet werden möchten, da sie dem Lande einen zu großen Druck sowohl in Absicht der Lieferungsbedürfnisse als besonders der Fuhren verursachten. — Ich muß darüber das Weitere anheimstellen und bemerke nur, daß es allerdings wünschenswert ist, diese Übungen wo möglich vor oder nach der Ernte halten zu lassen, wo denn doch die Fuhren weniger drückend sind.

554

27. Februar 1810

VIII. wünschen die Neumärkschen Stände, daß der Indult nicht auf einmal und unbedingt aufgehoben werde — weshalb ich mich auf meinen deshalb erstatteten besondern Bericht beziehe und eine baldige Bestimmung darüber um so mehr für nötig halte, als die Zeit des Ablaufs des bisherigen Generalindults immer näher heranrückt und behufs der nötigen Dispositionen, die auf jedem Fall getroffen werden müssen, zu wünschen ist, daß solche dem Publico je eher je lieber bekannt werden. 11 I X . ist gebeten worden, daß ferner keine Naturallieferungen auf die ritterfreien Grundstücke mehr ausgeschrieben werden möchten. Ich habe deshalb einen besondern Bericht von der Neumärkschen Regierung gefordert und lege die von derselben erhaltene Berechnung in Abschrift bei 12 , wonach in diesem Jahre von sämtlichen Grundstücken der Neumark weit weniger nur geliefert werden darf, als im Jahre 1804/5 von den contribuablen Grundstücken allein geliefert worden ist. Danach hat der Antrag der Stände sehr viel für sich; da jedoch Ew. Exzellenzien im allgemeinen eine andere Einrichtung des Lieferungswesens beabsichtigen, so muß ich auch diesen Antrag zur nähern Erwägung anheimstellen. X . ist um Vergütigung der Lieferungsforderungen des Landes aus den Jahren 1805/9 gebeten worden, die jetzt nach Ew. Exzellenzien Bestimmung eingeleitet ist. X I . ist sehr über den Mangel des Courants in der Neumark geklagt worden und deshalb der Vorschlag geschehen, alle Zahlungen an Landesherrliche und Kreiskassen ganz in Münze geschehen zu lassen, jedoch in Absicht des eigentlich in Courant abzuführenden Quanti ein Agio entweder ein für allemal oder immer von drei zu drei Monaten nach dem Durchschnittsbetrage der verflossenen Monate zu nehmen. Ich habe dieserhalb einen Bericht der Neumärkschen Regierung gefordert, den ich in der abschriftlichen Anlage 1 3 beifüge. Sie ist danach mit der Maßregel einverstanden, und ich bemerke nur, daß bei einem fixierten Agio allerdings 1 1 Procent, wie bei Einwechselung der Tresorscheine bestimmt worden, zuviel und drückend sein würden. — Ew. Exzellenzien bitte ich dringend, auf diese Anträge wegen Erleichterung der Courantzahlungen sowohl in der Neumark als Kurmark einzugehen, da auch die letztre besage meines Berichts wegen der bisherigen Landtagsverhandlungen denselben Antrag 14 gemacht hat.« Es folgt X I I . eine Darlegung des Finanzzustands der Neumark, »der sich aus den angezogenen Beilagen des Landtagsprotokolls [. . .] ergibt, [. . .] Die Neumark ist hiernach in ziemlich leidlichen Umständen und wird sich mit einiger Unterstützung des Staats wegen der jetzigen dringendsten Wechselund Pfandschulden recht gut selbst helfen können, da die fortwährende Bezahlung der Zinsen ihren Kredit ziemlich erhalten hat und der Baron von Oelssen, wenn er gleich aus dem Comité selbst ausgetreten ist, dennoch als ihr Bevollmächtigter mit der größten Anstrengung noch immer ihre Geldgeschäfte führt. Behufs der jetzigen Zinsenzahlung von ungefähr 51000 rt. und behufs der nötigen Festungsverpflegungsgelder ist beschlossen worden, i/6 der altern Kontributionsreste jetzt vorzugsweise einzuziehen, und dies ist auch bereits ins Werk gerichtet und wird von der Regierung mit geleitet.«

27. Februar 1 8 1 0

555

Im folgenden geht Sack noch auf die Regelung eines Zahlungsrückstands vom Cottbuser Kreis ein. »Die übrigen Gegenstände der Landtagsverhandlungen ergeben sich aus den obigen Protokollen, bedürfen aber keiner weiteren Erörterungen und Anträge; daher ich mich auf letztere lediglich beziehe.« 1

Protokolle vom 4., 5. und 6. Dezember 1809 (Abschriften i. gl. Fasz. Bl. 9—21); dazu Beilagen A—D, u. a. : C »Summarische Übersicht des Kriegsschuldenzustandes der Provinz Neumark ult. November 1809« (Abschrift Bl. 26) ; D »GeneralTableau über die Einnahmen und Ausgaben des Comité der Neumark Brandenburg vom 1. Januar 1807 bis ultimo Oktober 1809« (Abschrift Bl. 28). 2 Altenstein, Dohna und Beyme an Sack, Königsberg, 1 1 . April 1809 (Abschrift Bl. 2) auf dessen I. B . vom 24. März 1809 über die Verhandlungen des Neumärkischen Landtages (auf den I. B . vom 22. März über den Pommerschen Landtag Abschr. Bl. 1). Die auf die Rolle der Stände eingehende Passage lautete: »b) Den bisherigen Comité der Stände aufzulösen, finden wir bedenklich und die Bearbeitung der unvollendeten Geschäfte desselben durch die Regierung unter Beitritt eines ritterschaftlichen und eines städtischen Deputierten durch das Beispiel von Pommern nicht motiviert. DieProvinz Pommern hat keine bedeutenden Schulden, aber in der Neumark erfordert das Schuldenwesen eine fortdauernde Tätigkeit und Anstrengung, welche besonders bei der von E w . Hochwohlgeboren selbst bedauerten Spannung zwischen den Ständen und der Regierung durch die überwiegende Einwürkung der letzten auf die ständischen Deputierten eher vereitelt als befördert werden dürfte. Wir befürchten nicht ohne Grund, daß die Provinz bei Nichterfüllung ihrer fortlaufenden Zahlungsverbindlichkeiten in große Verlegenheit geraten werde, wenn man die eigne Anstrengung der Stände beschränkt und sie einer Behörde unterordnet, die mit ihnen nicht harmoniert. Wir würden es daher weit zweckmäßiger finden, wenn E w . Hochwohlgeboren die Comité, statt sie aufzulösen nur gereinigt und sie in eine Verbindung mit der ad a erwähnten Kommission gesetzt hätten, welcher sie ohnehin Rechenschaft und Auskunft zu geben haben wird. Man kann in einer solchen Kommunalsache der Kommune, auf deren Kosten das Geschäft ohnehin betrieben wird, wohl freiere Hand lassen.« 3

4

5

6

Erst zwei Jahre später ergeht das »Edikt wegen Erhebung einer Vermögens- und Einkommensteuer, vom 24. Mai 1812« (Gesetzsammlung 1810—1813, Nr. 98 — von 1 8 1 2 in Serie Nr. 1 3 , S. 49). Der Bericht Sacks über den Kurmärkischen Landtag trägt das Datum: »Berlin, den 24. Februar 1810«; siehe Nr. 198. In der K . O. an Sack, Königsberg, 19. Mai 1809 (Abschrift in Rep. 77 Tit. 149 Nr. 4 Bl. 21 und Bl. 26 mit dem Datumsfehler 19. März 1809), die auf seinen über die Verhandlungen des Kur- und Neumärkischen Generallandtages erstatteten Bericht vom 30. April (siehe Nr. 96) erfolgt war, führte der König aus: »Ich will, daß die ganze Verfahrungsart der Comité um das Rechnungswesen derselben [bezieht sich auf die Kurmark] durch eine eigene Revisionskommission, welche statt der Oberrechnungskammer befugt ist, die berichtigten Rechnungen gleich zu dechergieren, geprüft werde, genehmige die von den Ständen zu dieser Kommission gewählten Mitglieder und bestätige die f ü r dieselben entworfene Instruktion, welche Ihr hierbei zurückerhaltet [. . .]« (siehe Nr. 1 1 3 ) . Das Oktober-Edikt, siehe R M Stein I, Nr. 7, S. 1 1 ff. ; »Verordnung wegen Zusammenziehung bäuerlicher Grundstücke oder Verwandlung derselben in Vorwerksland, mit Bezug auf die §§6 und 7 des Edikts vom 9. Oktober 1807 f ü r die

556

7

8

9

10 11

12

13

14

28. Februar 1810

Provinzen K u r - und Neumark und Pommern, vom 9. Januar 1810« (Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 100, S. 626 ff.). V o m 8. November 1810 datiert die »Gesinde-Ordnung für sämtliche Provinzen der Preußischen Monarchie« (Gesetzsammlung 1810—13, Nr. 13, S. 101 ff.). »Edikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbe-Steuer«, Berlin, den 2. November 1810 (Gesetzsammlung 1810—13, Nr. 9, S. 79 ff.). »Edikt wegen der Mühlen-Gerechtigkeit und A u f h e b u n g des Mühlenzwangs, des Bier- und Branntwein-Zwangs in der ganzen Monarchie«, Berlin, den 28. Oktober 1810 (Gesetzsammlung 1810—13, Nr. 10, S. 95 ff.). »vorigem« wurde über das fälschliche »diesem« geschrieben. Es handelte sich um die »Verordnung zur Konservation der Schuldner im Besitzund Nahrungsstande«, Memel, den 24. November 1807 (Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 22, S. 179 ff.). Der Ablauf des Indults war darin auf den 24. Juni 1810 festgesetzt. A m 14. Juni 1810 erfolgte die »Verordnung wegen Verlängerung des allgemeinen Indults bis zum 24. Juni 1811« (Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 119,

s. 715)»Nachweisung und Balance, wie sich die aufgebrachten Lieferungsquanta aus den Jahren 1804/5 gegen 1809/10 verhalten« (Abschrift in Rep. 77 Tit. 149 Nr. 3 Bl. 30). Es liegt hinsichtlich des Agio nur das Schreiben der Regierungsfinanzdeputation von der Neumark an Sack, Königsberg in der N/M., den 18. Januar 1810, vor (Abschrift Bl. 32). Siehe P u n k t X X X in Sacks Bericht an Altenstein und Dohna über die Verhandlungen des Kurmärkischen Landtags, Berlin, den 24. Februar 1810 (Nr. 198).

201. Immediatbericht des Großkanzlers Beyme Berlin, 28. Februar 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 147 Nr. 34 B l . 5: Abschrift.

Maßnahmen gegen gesetzwidrige Volksversammlungen; Einsendung eines Entwurfs zu einer entsprechenden Verordnung »E. K . M. haben in der allerhöchsten Kabinettsordre vom 22. Februar d. J. 1 uns allergnädigst befohlen, den gesetzwidrigen Zusammenkünften der Bürger in den Städten zu steuern, und wir haben, nachdem wir gemeinschaftlich diese wichtige Angelegenheit erwogen, eine an sämtliche Oberlandesgerichte und Regierungen zu erlassende Verordnung 2 entworfen, welche, wenn dieselbe E. K . M. allerhöchste Billigung erhält, wir nicht säumen werden, abgehen zu lassen. Wir haben dabei auch auf den Umstand Rücksicht genommen, daß, wie die wegen der Volksversammlungen bei dem Gastwirt Genz verhandelten Akten zeigen, zuweilen die Obrigkeiten selbst dazu unbehutsamerweise Erlaubnis erteilen. Dies haben wir aber untersagen zu müssen geglaubt, weil — einesteils nach der Städteordnung 3 diese Versammlungen unzulässig sind und andernteils nie vorauszusehen ist, wozu die in einer Volksversammlung erhitzten Gemüter aufgereizt werden können. Wir haben aber auch auf die jetzt im Schwange gehenden Vereinigungen mehrerer Dorfgemeinen zu gemeinschaftlichen Vorstellungen Rücksicht nehmen müssen. Obgleich zuweilen

28. Februar 1810

557

gemeinschaftliche Rechtsangelegenheiten eine gemeinschaftliche B e r a t s c h l a g u n g mehrerer Gemeinen erfordern können, so m u ß doch v e r h ü t e t werden, d a ß nicht eine Gemeine die andere z u Prozessen u n d Widersetzlichkeiten aufreize, damit die gemeinschaftlichen B e r a t s c h l a g u n g e n mehrerer verschiedenen Gemeinen nicht in eine gegenseitige V e r h e t z u n g ausarten. Noch weniger dürfen solche V e r s a m m l u n g e n mehrerer Gemeinen g e s t a t t e t werden, wenn sie nicht Privatangelegenheiten, sondern das öffentliche Interesse z u m Gegenstande haben. Mit dieser R ü c k s i c h t haben wir die anliegende V e r o r d n u n g e n t w o r f e n , welche wir E . K . M. zur allerhöchsten P r ü f u n g alleruntertänigst vorlegen.« 4 1 2 3 4

K . O. an Beyme und Dohna, Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 25. Verordnungsentwurf Beymes, Berlin, 28. Februar 1810, Bl. 26. Vom 19. November 1808, siehe R M Stein I I I , Nr. 319, S. 1038 ff. In einem ähnlich lautenden Schreiben an Dohna, Berlin, 28. Februar 1810, bittet Beyme, den Entwurf zu prüfen, abweichende Meinung mitzuteilen, bei Einverständnis aber die Konzepte von Verordnung und Bericht an den König mitzuzeichnen (Ausf., gez. Beyme, i. gl. Fasz. Bl. 3). Auf die Einwände von Friese hin (Bl. 1) verfügte Dohna am 26. März 1810, daß der Entwurf der Verordnung der Sektion der Gesetzgebung zum Gutachten vorgelegt werden soll (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 8). Das Gutachten erfolgte am 15. April 1810 (Ausf., gez. Klewitz, Bl. 9). A m 18. April 1810 teilt Dohna dem Großkanzler Beyme mit, daß er das Gutachten der Gesetzgebungssektion angefordert habe und es ihm in Abschrift zur Einsicht und Stellungnahme übersendet (Konzept Prillwitz, gez. Dohna, Bl. 13, nach der Anweisung Frieses, Bl. 7). A m 23. Mai 1810 teilt Beyme seine Stellungnahme zum Gutachten der Gesetzgebungssektion Dohna mit (Ausf., gez. Beyme, Bl. 16). Im Gegensatz zu Dohna, der dem Gutachten beipflichtet, bringt B e y m e zum Ausdruck, daß seine »Meinung über die Zulässigkeit der Zusammenkünfte der Bürger in den Städten« durch das Gutachten nicht geändert werde, erklärt sich aber einverstanden, »daß eine angemessene Anweisung an die Behörden, die unzulässigen Zusammenkünfte nicht zu gestatten, hinreichend sein dürfte«. Seinen Entwurf zu einem entsprechenden Bericht an den König legt er bei (Anlage nicht vorhanden).

202. Verordnungsentwurf des Großkanzlers B e y m e »an das K a m m e r gericht et in simili an sämtliche Oberlandesgerichte, desgleichen an sämtliche Regierungen« Berlin, 28. F e b r u a r 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 147 Nr. 34 Bl. 26: Abschrift. Strafandrohungen gemeinden

bei ungesetzmäßigen

Zusammenkünften

von Bürgern und

Land-

»Wir haben m i t Mißfallen in E r f a h r u n g g e b r a c h t , d a ß nicht nur die B ü r g e r in den S t ä d t e n ungesetzmäßige Z u s a m m e n k ü n f t e halten, sondern a u c h mehrere L a n d g e m e i n e n sich eigenmächtig z u m Betriebe gewisser Angelegenheiten verbinden.

55«

28. Februar 1 8 1 0

Was nun besonders die Versammlungen der Bürger in den Städten betrifft, so ist in dem § 67 der Städteordnung ausdrücklich festgesetzt, daß sogar die Gesamtheit der Bürger sich nur zur Wahl der Stadtverordneten versammeln soll, alle übrigen Angelegenheiten der Stadt aber sollen nach § 68 allein von den Stadtverordneten in Überlegung gezogen und durch deren Beschlüsse besorgt werden, und was die Bürger über die das Gemeinwesen der Stadt angehenden Gegenstände anzubringen haben, das sollen selbige nach § 120 einzeln und schriftlich den Stadtverordneten zur Überlegung anheimstellen.1 Wir verbieten daher hiermit alle die Stadtangelegenheiten betreffenden Zusammenkünfte der Bürger, und diejenigen, welche an einer solchen Versammlung teilnehmen, sollen allein dadurch eine achttägige bis sechswöchentliche2 Gefängnisstrafe verwirkt haben. Liegt dabei eine unerlaubte Absicht zum Grunde, so haben die, welche sich derselben schuldig machen, auch als Teilnehmer eines solchen bösen Vorhabens die dadurch verwirkte gesetzliche Strafe zu erwarten. Es soll auch keine Polizei- oder andere Obrigkeit solche gesetzwidrigen Zusammenkünfte bei Strafe der Kassation dulden oder gestatten. Was aber die Landgemeinen betrifft, so können nur die Teilnehmer an einem gemeinschaftlichen Rechte sich auch zu einer gemeinschaftlichen Ausführung desselben im Wege Rechtens verbinden. Wer eine andere Gemeinde oder deren Mitglieder zum Prozesse oder zur Widersetzlichkeit gegen ihre Grundherrschaft zu verhetzen sucht, hat ein- bis dreimonatliche 3 Zuchthausstrafe verwirkt, und es ist, um diese Strafe zu bestimmen, nicht erforderlich, daß eine vorhergehende Warnung nachgewiesen werde. Wegen der im Staate getroffenen Einrichtungen aber ist auch auf dem Lande keine Beratschlagung zulässig, und nur, soweit das besondere Interesse einer Gemeine dabei leidet, ist es ihr erlaubt, eine gemeinschaftliche Gegenvorstellung einzureichen (Allgemeines Landrecht T. II, Tit. 20, § 156). Mehrere Gemeinen aber dürfen sich zu diesem Ende nicht verbinden, sondern es soll eine dergleichen Vereinigung mit einer drei- bis sechsmonatlichen4 Zuchthaus- oder Festungsstrafe belegt werden, wofern nicht wegen des Reizes zu einer gewaltsamen Widersetzlichkeit die im § 168, Tit. 20, T. I des Allgemeinen Landrechts bestimmte Strafe des Aufruhrs eintritt. Übrigens habt Ihr für eine hinlängliche Bekanntmachung dieser Verordnung in den Städten und auf dem Lande zu sorgen.«5 1 2 5

Wortlaut der Paragraphen siehe Gesetzsammlung 1806—io, S. 332, 340. Gemeintistsechswöchige. 3 Gemeint ist dreimonatige. 4 Gemeint ist sechsmonatige. In einer Stellungnahme zum Verordnungsentwurf Beymes äußert der Staatsrat Friese am 25. März seine Bedenken gegen die Strafandrohungen: »Meiner Meinung nach schadet die Verfügung dem Gemeingeist, welchen man doch wecken will, auf das empfindlichste und wird überall die nachteiligste Sensation erregen. Sie ist ohnehin nicht zu kontrollieren, und bei dergleichen Gesetzen vergibt sich das Gouvernement jedesmal an seiner Würde. Ist die Polizei gehörig organisiert und gut verwaltet, so können dergleichen Versammlungen auch nie schädlich werden. Da indessen die questio: an? schon entschieden zu sein scheint, so muß ich freilich submittieren; dürfte es indessen nicht notwendig sein, die Sache der Gesetzgebungssektion vorzulegen? —« (eigh. ,u. gez. Friese, i. gl. Fasz. Bl. 1) A m 26. März verfügte Dohna, die Gesetzgebungssektion zwecks Gutachten einzuschalten (Bl. 8).

203. »Über die Errichtung einer Gens d'armerie für den preußischen Staat« Berlin, 2. März 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 299 B Nr. 1 Bd. 2 Bl. 62: Ausf., gez. Borsche, mit Marginalien Dohnas.

Von dem französischen Muster abweichende Forderungen für Aufbau und Befugnisse einer Landgarde »Wie der Name und die Idee der Gendarmerie aus Frankreich nach Deutschland gekommen ist, so tritt bei der Entwerfung des Plans zu einem ähnlichen Institut für unsern Staat zuerst die Frage hervor: ob es ganz nach dem französischen Muster eingerichtet werden soll oder nicht? In Frankreich bildet die Gendarmerie ein besonders unter sich in engem Zusammenhange stehendes Korps, welches nur von dem Generalpolizeiminister und dem Kriegsminister des Reichs, von ersterm in Absicht seines eigentlichen Zwecks und seiner Wirksamkeit, von letzterm in Absicht seiner militärischen Haltung, abhängig ist. Den niedern Polizei- und andern Behörden ist sie nicht untergeordnet, sondern nur zur Hülfe auf Requisition derselben verpflichtet. Der Grund zu dieser Einrichtung liegt in der neuesten Geschichte Frankreichs. Das Gouvernement dieses Landes, in öfterm Wechsel, jung und noch nicht durch die Zuneigung der Gemüter eines großen Teils der Nation befestigt, bedurfte eines Instituts, wodurch es imstande war, jeden Plan zu einer Unternehmung gegen die aufgedrungene Ordnung der Dinge aufzuspüren und in seinen ersten Anfängen zu ersticken. Wenn die Gendarmerie zu diesem Zwecke dienen sollte, so durfte dieselbe nur von dem Gouvernement in seinen höchsten Behörden abhängig und für deren Impuls empfänglich sein, da sie ursprünglich und hauptsächlich nichts anders als ein kräftiges Werkzeug der Staats- oder geheimen Polizei war. Den untern Behörden konnte keine gebietende Einwirkung auf dieselbe eingeräumt werden, da die Regierung auch diesen nicht vertrauete und sich der Gendarmerie auch zu ihrer Kontrolle bedienen wollte. Nach diesem ist also die ebengedachte, von der gewöhnlichen Staatsordnung abweichende Einrichtung der französischen Gendarmerie ganz aus der eigentümlichen Lage des dortigen Gouvernements hervorgegangen, und es ist weder notwendig noch ratsam, sie nachzuahmen in Ländern, in welchen sich die Regierung nicht in so kritischen Umständen befindet. Dadurch würden die Übel erst hervorgerufen werden, gegen welche man in Frankreich stets gerüstet sein mußte.

203. »Über die Errichtung einer Gens d'armerie für den preußischen Staat« Berlin, 2. März 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 299 B Nr. 1 Bd. 2 Bl. 62: Ausf., gez. Borsche, mit Marginalien Dohnas.

Von dem französischen Muster abweichende Forderungen für Aufbau und Befugnisse einer Landgarde »Wie der Name und die Idee der Gendarmerie aus Frankreich nach Deutschland gekommen ist, so tritt bei der Entwerfung des Plans zu einem ähnlichen Institut für unsern Staat zuerst die Frage hervor: ob es ganz nach dem französischen Muster eingerichtet werden soll oder nicht? In Frankreich bildet die Gendarmerie ein besonders unter sich in engem Zusammenhange stehendes Korps, welches nur von dem Generalpolizeiminister und dem Kriegsminister des Reichs, von ersterm in Absicht seines eigentlichen Zwecks und seiner Wirksamkeit, von letzterm in Absicht seiner militärischen Haltung, abhängig ist. Den niedern Polizei- und andern Behörden ist sie nicht untergeordnet, sondern nur zur Hülfe auf Requisition derselben verpflichtet. Der Grund zu dieser Einrichtung liegt in der neuesten Geschichte Frankreichs. Das Gouvernement dieses Landes, in öfterm Wechsel, jung und noch nicht durch die Zuneigung der Gemüter eines großen Teils der Nation befestigt, bedurfte eines Instituts, wodurch es imstande war, jeden Plan zu einer Unternehmung gegen die aufgedrungene Ordnung der Dinge aufzuspüren und in seinen ersten Anfängen zu ersticken. Wenn die Gendarmerie zu diesem Zwecke dienen sollte, so durfte dieselbe nur von dem Gouvernement in seinen höchsten Behörden abhängig und für deren Impuls empfänglich sein, da sie ursprünglich und hauptsächlich nichts anders als ein kräftiges Werkzeug der Staats- oder geheimen Polizei war. Den untern Behörden konnte keine gebietende Einwirkung auf dieselbe eingeräumt werden, da die Regierung auch diesen nicht vertrauete und sich der Gendarmerie auch zu ihrer Kontrolle bedienen wollte. Nach diesem ist also die ebengedachte, von der gewöhnlichen Staatsordnung abweichende Einrichtung der französischen Gendarmerie ganz aus der eigentümlichen Lage des dortigen Gouvernements hervorgegangen, und es ist weder notwendig noch ratsam, sie nachzuahmen in Ländern, in welchen sich die Regierung nicht in so kritischen Umständen befindet. Dadurch würden die Übel erst hervorgerufen werden, gegen welche man in Frankreich stets gerüstet sein mußte.

56O

2. März 1810

Der Charakter des Volks würde durch ein solches Institut verdorben, die alte angeborne Anhänglichkeit an Regenten und Regierung erschüttert, Vertrauen in Mißtrauen verwandelt werden. Zu diesen Ländern gehört auch die Preußische Monarchie; sie bedarf keiner Gendarmerie zu dem Zweck, welchen das französische Gouvernement vor Augen hatte, und daher wird auch der hier zu errichtenden Gendarmerie durchaus nicht die Einrichtung der französischen, „eines isolierten, lediglich von dem Gouvernement in seinen höchsten Behörden abhängigen Korps" gegeben werden müssen. Wenn wir aber auch nicht zu dem Zweck einer so organisierten Gendarmerie bedürfen, so ist doch nicht zu verkennen, daß die Polizeiverwaltung in unserm Staat eine Verbesserung und Kräftigung erfordert und daß sie besonders bei einer nicht zweckmäßigen Einteilung der Monarchie in Provinzen und Kreise, bei einem vielleicht fehlerhaften und lückenvollen System von Polizeiverordnungen und bei einer schlechten Organisation der Polizeibehörden der kleinen Städte und des platten Landes, auch durch den Mangel der Polizeibehörden an hinreichenden und kräftigen Exekutivmitteln leidet. Diesem Mangel soll durch Errichtung einer Gendarmerie abgeholfen werden. Ihre Bestimmung in unserm Staat kann keine andere sein als 1. Handhabung der Sicherheitspolizei, daher Aufmerksamkeit auf verdächtige Personen, sowohl In- als Ausländer, sowohl in den Städten als auf dem platten Lande. 2. Entdeckung der Verbrechen und der Verbrecher und Verhaftung der letztern. 3. Aufmerksamkeit auf die Befolgung der Gesetze überhaupt und besonders der Polizeiverordnungen. 4. Kraftvolle Ausführung der Anordnungen der Polizei- und andern Behörden, wenn solche notwendig wird. Damit die Gendarmerie diese Bestimmung ganz erfüllen könne, ist wesentlich erforderlich, daß die Gendarmen a) unter keinen andern als den Polizeibehörden stehen; denn da ihre Bestimmung vorzüglich die Polizei zum Gegenstande hat, so können sie auch nur den Behörden, welchen die Verwaltung derselben vom Staate anvertraut ist, untergeordnet sein, b) stets mit geladenen Pistolen und scharfen Säbeln bewaffnet und zu deren Gebrauch nötigenfalls befugt sind. c) Jede Widersetzung gegen dieselben im Dienst muß als ein Kriminalverbrechen betrachtet und schärfer als jede andere Widersetzlichkeit bestraft werden. d) Es muß ihnen Ansehen und e) eine militärische Organisation und Uniform gegeben werden. f) Sie müssen jede Person, welche die öffentliche Ruhe stört oder bei Begehung eines Verbrechens betroffen oder sonst verdächtig ist, ohne Unterschied des Standes und des Berufs verhaften dürfen. g) Sie sind nicht als gemeine Polizeiunterbeamten zu betrachten und daher nur

2. März 1810

56l

den Kreis- und höheren, nicht den Ortspolizeibehörden unterzuordnen. Diese sind selbst von ihnen in Absicht der Befolgung der Polizeiverordnungen zu kontrollieren. h) Das Militär und die Ortsbehörden sind verpflichtet, ihnen auf Erfordern die nötige Hülfe zu geben. i) Jeder Gendarme muß einen starken gesunden Körper, Fertigkeit im Lesen, Schreiben und Gebrauch der Waffen, richtige Beurteilung und einige Bildung besitzen, vorzüglich aber Beweise einer untadelhaften moralischen Aufführung und, wenn sie aus dem Militär genommen werden, auch des Mutes gegeben haben. Dieses sind die wesentlichen Forderungen für das Institut einer Gendarmerie, wie wir sie in unserm Staat bedürfen, sie liegen auch dem von der dazu niedergesetzten Kommission Sr. Majestät dem Könige eingereichten Entwurf wegen Errichtung einer Landgarde 1 zum Grunde, und man mag ihr übrigens eine äußere Einrichtung geben, welche man will, so wird sie immer auf ihnen beruhen müssen, wenn der für das Ganze so wohltätige Zweck erreicht und über denselben, was gleich schädlich sein würde, nicht hinausgegangen werden soll. Wenn diese erst eingeräumt und als Prinzipien festgesetzt sind, so kann man zur Entwerfung eines Plans zur nähern äußern Einrichtung der Gendarmerie schreiten. Ich finde den in der Verordnung der gedachten Kommission im ganzen sehr zweckmäßig und erlaube mir bei demselben nur folgende vorläufige Bemerkungen. 1. halte ich dafür, daß mit einer gering[r]en Anzahl von Gendarmen, als in der gedachten Verordnung angenommen sind, der Zweck erreicht werden kann. Die Erfahrung, welche ich darüber in dem Königreich Westfalen gemacht habe, bestimmt mich zu dieser Meinung. In diesem wurden auf eine Bevölkerung von etwa 2 Millionen Seelen 144 Gendarmen mit Einschluß der Offiziere usw. errichtet. In dem Harz-Departement, welchem ich als Präfekt vorstand, betrug die Anzahl der Gendarmen auf eine Bevölkerung von 207000 Seelen 18, und sie haben den Dienst mit Erfolg versehen. In der Folge ist das Korps zwar vergrößert worden; die Veranlassung dazu lag aber in den besondern Umständen der dortigen Regierung, welche durch die eingetretenen Zeitereignisse herbeigeführt wurden. Nun ist zwar jenes Land im Verhältnis seines Flächeninhalts bevölkerter als das unsrige, allein auch darauf gesehen, wird meines Erachtens bei uns auf circa 6000 Seelen nur ein Gendarme, mithin auf eine Bevölkerung von 5 Millionen für die ganze Monarchie die Anzahl der Gendarmen auf etwa 840 zu bestimmen sein. Hierdurch würde auch die Absicht Sr. Majestät des Königs und des Finanzministeriums auf Kostenverminderung erreicht werden. Nach diesem Vorschlage würden jedem Kreise von resp. 25 bis 30000 Seelen 4 bis 5 Gendarmen inkl. des Brigadiers zuzuteilen sein. 2. scheint mir die nach dem Plan angenommene Reserve nicht hinreichend beschäftigt und daher auch nicht ganz notwendig zu sein. Ihre Bestimmung soll die sein, a) jeden Abgang bei den in den Kreisen stationierten Brigaden sogleich zu ersetzen und

2. März 1810

b) in die Gegenden, wo es die Umstände erfordern, Verstärkungen hinzusenden. Zu a) kann meines Erachtens bei Krankheiten durch die aktiven Gendarmen unter sich, besonders durch den Brigadier, und bei einem wirklichen Abgange durch Tod oder sonst dadurch geschehen, daß Verzeichnisse von qualifizierten Kandidaten zur Gendarmerie aus dem Militär und sonst gehalten werden, aus welchen ohne Aufenthalt der neue Gendarme gewählt werden kann. Z u b) Wenn hier oder da eine Verstärkung erfordert wird, kann solche durch Zusammenziehung der nächsten Brigaden bewirkt werden. Auch hierdurch wird ein Bedeutendes an Kosten erspart werden. 3. trete ich der Meinung des Finanzministeriums dahin bei, daß für jedes Regierungsdepartement ein Hauptmann hinreichen würde und daß der Vizehauptmann ganz wegfallen könne. Nur in den größern, nicht gut arrondierten Departements der K u r m a r k , Pommern und Schlesien würde noch in jedem in den entlegensten Kreisen ein Unterhauptmann aufzustellen sein, auch das Gehalt des Hauptmanns wird herabgesetzt werden können, das des Brigadiers aber würde meines Erachtens keine Verminderung erleiden dürfen. 4. bin ich auch darin der Meinung des Finanzministeriums, daß ein Teil der Gendarmen in den großen Städten unberitten sein könne, und füge noch hinzu, daß solches auch für die gebürgigten Gegenden, als in Schlesien, zulässig sein dürfte. Wenigstens müßten die dort zu stationierenden Gendarmen verpflichtet werden, auch zu F u ß zu dienen, wo das Terrain solches fordert. 5. würden noch ausführlichere besondere Dienstinstruktionen für die Gendarmen jeden Grades zu entwerfen sein. 6. Der Hauptmann scheint mir nach dem Plan nicht genug beschäftigt zu sein; ich würde daher vorschlagen, ihn an der Verwaltung der Sicherheitspolizei selbst unter Leitung des Regierungspräsidenten teilnehmen zu lassen 2 , jedoch würde er angewiesen werden müssen, bei strenger Ahndung nichts ohne Vorwissen und Genehmigung des letztern dahin Einschlagendes zu veranlassen. A m zweckmäßigsten würde es überhaupt sein, dem Regierungspräsidenten und nicht der Polizeideputation der Regierung die Verwaltung der Sicherheitspolizei zu übertragen, da diese ihrer Natur nach sich mehr zum Ressort eines Einzelnen als eines Kollegiums eignet. In dem Fall würde dem Präsidenten durch den Gendarmerie-Hauptmann des Departements eine große Unterstützung und Erleichterung gegeben werden können 3 — auch muß ich bemerken, daß, um diese Absicht zu erreichen, auch die Gendarmerie-Hauptleute durchaus die dazu erforderlichen Eigenschaften besitzen müssen. Endlich bemerke ich noch, daß in Westfalen jeder Gendarme in der Regel sich Pferd, Equipage usw. anschaffen und zum Beweise, daß er die Mittel dazu habe, 300 rt. bei der Kasse niederlegen muß. Gut würde es sein, wenn unter diesen Bedingungen auch hier sich Kompetenten zur Gendarmerie fänden, indem dadurch ein Bedeutendes an Kosten für den Staat und das Land erspart und eine größere Gewißheit erhalten werden würde, anständigere und zuverlässigere Gendarmen zu bekommen.« 4 1

»Entwurf der Verordnung wegen Errichtung einer Landgarde« (Reinschrift im gl. Fasz. Bl. 8), eingereicht mit Schreiben der Kommissarien v o m 20. September 1809, siehe Nr. 149.

8. März 1810

563

2 Dazu Marginale Dohnas: »Vollkommen einverstanden«. 3 Dazu Marginale Dohnas: »Vollkommen einverstanden«. 4 Auf der ersten Seite des Aufsatzes beurteilt ihn Dohna mit folgendem Marginale : »Mit dem Inhalt dieses sehr zweckmäßigen Aufsatzes bin ich durch aus einverstanden. Dohna«.

204. Immediatbericht der Breslauschen Regierung von Schlesien Breslau, 8. März 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. 3 Bl. 45: Ausf., 12 Unterschriften.

Vorlage der »bei der Kreiseinteilung des hiesigen Departements zu treffenden Abänderungen« »Daß den Befehlen Eurer Majestät vom 11. und 31. August und vom 18. Oktober vorigen Jahres 1 , Vorschläge zur neuen Kreiseinteilung unseres Departements zu machen, erst jetzt genügt wird, hat hauptsächlich darin seinen Grund, daß, um uns von der Ausführbarkeit unserer Vorschläge auch in Ansehung jedes einzelnen Dorfes zu überzeugen, bei den mancherlei zu berücksichtigenden, oft sich widerstrebenden Umständen Rückfragen an die Unterbehörden gemacht werden müssen. Nach der Festsetzung des Allerhöchsten Reskripts vom 11. August vorigen Jahres im 10. Paragraphen, daß, um die Ausführung zu erleichtern, die bisherigen Kreisgrenzen möglichst respektieret werden sollen, insofern es, den Hauptzwecken unbeschadet oder doch ohne denselben sonderlichen Eintrag zu tun, geschehen kann; und nach dem im Eingange dieses allerhöchsten Reskripts gegebenen Winke, daß im hiesigen Regierungsdepartement allem Anscheine nach nur unbedingt eine Verkleinerung des Bolkenhaynschen, Breslauschen, Glatzer, Leobschützer, Neißer, Neustädter, Oppelnschen, Plessischen, Rattibor und Schweidnitzschen Kreises und nur vielleicht einiger andern ratsam sein würde, ist im hiesigen Departement nicht von einer ganz neuen Kreiseinteilung, sondern nur von einer Revision der bestehenden und von den Abänderungen, welche die angegebenen Zwecke erheischen, die Rede. Die Ausführung würde noch mehr erleichtert werden, wenn selbst die Kreise, die nach den festgesetzten Bestimmungen von zu großem Umfange sind oder eine zu starke Bevölkerung haben, in ihrer jetzigen Größe belassen und nur in so viele Distrikte, als ihr Flächenraum und ihre Volksmenge notwendig machen, eingeteilt würden. Dann würden sich die Abtrennung und Zuschlagung von Dörfern auf die wenigen, welche Arrondissement, Kommunal- und krirchliche Verhältnisse fordern, beschränken. Allein unbekannt mit der künftigen Organisation der Kreisbehörden, sind wir ungewiß, ob mit derselben dieser Vorschlag vereinbar sein dürfte. Zur kräftigen Handhabung der Polizei, dem Hauptzwecke der künftigen Kreiseinrichtung, soll 37

Stein/Hardenberg

564

8. März 1810

1. das Arrondissement der Kreise ins Auge gefaßt werden, 2. die Kreisstadt ungefähr in die Mitte des Kreises zu liegen kommen, 3. ein Kreis nicht über 20 bis 25 • Meilen groß sein, 4. in der Regel nicht über 30000 und nie unter 20000 Seelen enthalten. Was 1. die Abrundung der Kreise betrifft, so wird schon durch die oblonge Gestalt des hiesigen Departements, daß es wegen derselben von allen Seiten in beträchtlicher Länge mit den benachbarten Provinzen und dem Liegnitzschen Departement grenzt und daß die Grenzen an vielen Stellen tief in das hiesige Departement einspringen, verhindert. Andere unübersteigliche Hindernisse sind, daß einige Kreise, z. B. der Falkenbergsche, einen langen Schweif bilden und daß Kommunal- und wirtschaftliche Verhältnisse der zunächst belegenen Dörfer der angrenzenden Kreise ihre Zuteilung, mithin die Abrundung verhindern. Soviel möglich, ist auf die zweckmäßigere Gestaltung der Kreise Bedacht genommen worden. 2. In einigen Kreisen ist nur eine Stadt und diese, zum Beispiel Nimptsch, ganz an einem Ende gelegen. Dieser Lage wegen den ganzen Kreis aufzulösen und zu verteilen ist teils nicht ratsam, teils nicht ausführbar. Derselbe Fall tritt selbst bei Kreisen, in denen mehrere Städte liegen, z. B. im Neustädtschen und Creuzburgschen, ein. Selbst diese Lage wird aber die Handhabung der Polizei um deswillen nicht hemmen, weil die Kreise zum Teil einen geringen, zum Teil einen mäßigen Flächenraum haben. Bei den Nach Weisungen derjenigen Kreise, deren Kreisstadt nicht in der Mitte situiert ist, haben wir darüber unsere Meinung geäußert. Die 3. Vorschrift, daß das Maximum eines Kreises in Ansehung des Flächeninhalts 20 bis 25 • Meilen sein soll, ist leicht zu befolgen, da nur die Grafschaft Glatz und der Oppelnsche Kreis, eisteie 30, letzterer 28^2 und der Plessische 25, alle übrigen weniger und einige sogar nur 9, 8, 7 und 6 • Meilen enthalten. Der zu starken Bevölkerung wegen müssen ohnedem die Kreise von beträchtlichem Flächenraum entweder geteilt oder verkleinert werden. Desto schwieriger ist bei dei starken Bevölkerung des hiesigen Departements die Befolgung der vierten Vorschrift, nach welcher einem Kreise in der Regel nicht über 30000 Seelen zugeteilt werden sollen. Mehrere Kreise, Dörfer und Städte zusammengenommen, enthalten bei weitem eine größere Volksmenge, und ihre Verkleinerung bis auf die Normalsumme läßt sich nicht bewerkstelligen, weil Dörfer, die ihrer Lage nach sich abtrennen ließen, durch Kommunal-, Wirtschafts- und kirchliche Verhältnisse mit andern in Verbindung stehen, die ihrer Situation wegen nicht abgerissen werden können. Auch würden, wenn auf der Zahl von 30000 bestanden würde, noch mehrere neue Kreise als diejenigen, die wir in Vorschlag bringen, errichtet werden müssen. Dadurch würden unserer Einsicht nach die Administrationskosten unnötigerweise vermehrt und die uns gewordene Weisung: die jetzigen Kreisgrenzen möglichst zu beachten, unbefolgt bleiben müssen.2 Eine Ausdehnung von 20 bis 25 • Meilen erschwert allerdings die Übersicht und die schnelle und kräftige Einwürkung auf 40000 Menschen; aber eben diese Zahl auf 15, 10 oder noch wenigem Quadratmeilen ist leicht zu beobachten und zu handhaben. Aus diesen Gründen wollen Eure Majestät zu genehmigen geruhen:

8. März 1 8 1 0

565

daß bei einigen Kreisen, wo die Verkleinerung nicht weiter sich bewerkstelligen ließ, die Seelenzahl bis auf 40000, wohl auch etwas darüber hinanläuft. Bei keinem Kreise außer etwa dem Strehlenschen ist die Völksmenge unter 20000. Außer dem Hauptzwecke, nämlich der Handhabung der Polizei, sind bei den projektierten Veränderungen die übrigen Vorschriften des Allerhöchsten Reskripts beobachtet worden, wonach Güter, die in irgendeiner Verbindung stehen, von einem gemeinschaftlichen Herrn besessen werden, durch wirtschaftliche Verhältnisse, Parochialnexus usw. zusammengehören, in einen Kreis zu liegen kommen sollen. Der Kantonverhältnisse, der Landesabgaben und Prästationen erwähnt das Allerhöchste Reskript nicht. Wir vermuten, daß nach den jetzigen Verwaltungsgrundsätzen künftig auch hierunter eine auf Gleichheit sich gründende Einrichtung getroffen werden wird und daher auf die jetzt stattfindende nicht Rücksicht genommen werden darf. In Ansehung des Hypothekenwesens und des Schlesischen Landschaftssystems glauben wir zwar, daß sich daran bei der künftigen Kreiseinteilung nicht gebunden werden darf und daß, selbst wenn eine ganz neue beschlossen würde, selbige beide Verhältnisse nicht beachten dürfte und bei dem Landschaftssystem und Hypothekenwesen ferner die bestehende Kreiseinteilung beibehalten werden könnte. Allein da sich, den angegebenen Zwecken unbeschadet, die Grenzen der Fürstentümer, besonders aber von Ober- und Niederschlesien fast unverrückt haben beibehalten lassen, so haben wir in der landschaftlichen Verbindung und in dem Hypotheken wesen einen neuen Grund gefunden, diese Grenzen bis auf kleine unbedeutende Abweichungen zu respektieren. Die projektierten Veränderungen selbst ergeben sich aus anliegenden Nachweisungen.3 Über einen jeden Kreis nämlich ist eine besondere Nachweisung gefertiget worden. Aus dieser ergibt sich dessen bisherige Größe, die Dörfer und Städte, die in demselben liegen, die Seelenzahl eines jeden Dorfes, einer jeden Stadt und des ganzen Kreises, die Städte und Dörfer, die demselben abgenommen werden, und diejenigen, die ihm zuwachsen, wie groß der Abgang und Zutritt von Menschen und wie stark die künftige Volksmenge sein wird. Bei denjenigen Kreisen, bei denen Bemerkungen und Erläuterungen nötig erachtet werden, sind diese angegeben worden. Die allgemeinen Gründe von Abtrennung und Zuschlagung einzelner Dörfer sind die Verkleinerung einiger, die Vergrößerung anderer Kreise nach den erteilten Vorschriften. Wo also kein besonderer Grund angeführt ist, finden diese statt. Wird aber die Veränderung durch irgendein bindendes Verhältnis veranlaßt, so ist dieses genau bezeichnet. Wir bemerken, daß, wo eine Änderung irgend bedenklich war, wir davon abstrahiert haben und also um desto mehr von der Ausführbarkeit der vorgeschlagenen Abänderungen überzeugt sein können. 37*

566

8. März 1 8 1 0

Die künftige Form und Begrenzung der Kreise, wenn unsere Vorschläge die Allerhöchste Zustimmung erhalten sollten4, ist in anliegenden Fürstentumskarten angegeben worden. Wir können uns also in diesem Berichte auf die notwendigen allgemeinen Bemerkungen bei diesem oder jenem Kreise beschränken. [.. ,] 5 Noch fügen wir zwei Verzeichnisse, eines von den Nachweisungen6, das andere von den Karten7, welche mitfolgen, untertänigst bei.« 1

2

3

4

5 6 7

Sämtliche Konzepte in Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. 1 , und zwar Bl. 2, Bl. 6 und Bl. 81. Auf die letzte Mahnung vom 18. Oktober war Zwischenbescheid des Präsidiums der Breslauischen Regierung, 1 . November 1809, erfolgt. Die Verzögerung des Plans beruhte auf Fehlerhaftigkeit der Unterlagen, speziell der Karten, weshalb die Landräte erst noch vor Beendigung des Entwurfs die projektierte Kreiseinteilung nach dem Dörferverzeichnisse zu überprüfen und Berichte und Vorschläge einzureichen hätten. »Früher haben wir nach dem 83. § der Dienstinstruktion mit einer bloß vorläufigen Berichtserstattung Euer Majestät nicht behelligen wollen, zumal da in dem Zeitungsbericht pro September c. von der Lage der Sache vorschriftsmäßig Anzeige gemacht worden« (Ausf., gez. Bismark, Merckel, Reichenbach, i. gl. Fasz. Bl. 94). Mit entsprechenden Schwierigkeiten sah sich die Kurmärkische Regierung konfrontiert. Sie hatte am 4. Oktober mit einem Bericht gleich zwei Pläne eingereicht, nämlich A »Beschreibung der Kreisgrenzen bei Einteilung der Kurmark Brandenburg in 1 6 Kreise«, B bei Einteilung in 1 3 Kreise (Ausf. des Berichts und Abschrift der Pläne in Rep. 77 Tit. 1 3 6 Nr. 5 Bd. 1 Bl. 98—119). In einem Reskript vom 15. November 1809 an das Präsidium der Kurmärkischen Regierung wurde an beiden Plänen wegen Überschreitung der Vorschriften hinsichtlich Kreisgrößen und Bevölkerungszahl starke Kritik geübt und die Ausarbeitung eines diese Gesichtspunkte berücksichtigenden Kreiseinteilungsprojekts gefordert (Konzept Koehler, gez. Dohna, i. gl. Fasz. Bl. 130). Das Ergebnis, »Die Kurmärkische Regierung überreicht anderweit zwei Projekte zu Einteilung der Provinz Kurmark in Kreisen«, Potsdam, 1 2 Januar 1 8 1 0 , ging am 22. Januar ab mit Plan A f ü r 22 Kreise, Plan B für 23 Kreise (Ausf. und Reinschriften in Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. 3 Bl. 4 - 3 8 ) . »Nachweisung der Städte, Dörfer und Menschenzahl« in den einzelnen Kreisen (Reinschrift in Rep. 77 Tit. 136 Nr. 5 Bd. 3 Bl. 55-288). Auf der ersten Seite des Berichts der Breslauschen Regierung steht von Frieses Hand der Randvermerk: »Zu den Akten, welche vorzulegen sind, wenn über die beabsichtigte neue Departementaleinteilung von des Königs Majestät definitiv entschieden sein wird«. (Abgez. von Sack 30., Friese 29. März, Hoffmann 30.) Sie folgen anschließend von Bl. 48—52. »Verzeichnis der mitfolgenden Nachweisungen« i. gl. Fasz. Bl. 53. »Verzeichnis der mitfolgenden Karten« i. gl. Fasz. Bl. 54. E s werden darin 1 1 K a r ten aufgeführt, die aber nicht mehr beiliegen; sie wurden meist als Unterlagen für die weitere Bearbeitung zurückgegeben, wie z. B . aus dem Reskript an die K u r märkische Regierung vom 15. November 1809 hervorgeht.

8. März 1810

567

205. Die Breslausche Regierung von Schlesien an das Ministerium des Innern Breslau, 8. März 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 146 Nr. 13 Bd. 1 Bl. 36: Ausf. mit 11 Unterschriften.

Bericht über die »planmäßige Dienstverweigerung mehrerer Gemeinden der Grafschaft Glatz und die dagegen genommenen Maßregelm »Nach Anzeige des landrätlichen Officii der Grafschaft Glatz haben mehrere Gemeinden in der Grafschaft Glatz sich zu einer planmäßigen Verweigerung aller auf ihren Stellen haftenden Dienste vereinigt. Ein gewisser Gemsjäger aus Ober-Hannsdorf, einer der Deputierten, welche im vorigen Jahre im Namen von 52 Gemeinden Euer Majestät Allerhöchste Person mit einer Immediatbeschwerde zu behelligen und fälschlich die Kenntnis des Publicandi vom 8. April v. J., die durch das Edikt vom 9. Oktober 1807 erfolgte Auflösung der persönlichen Untertänigkeit betreffend 1 , zu leugnen sich unterstanden, hat zu diesem Behuf eine Versammlung von 100 Menschen in der Stadt Glatz veranstaltet. In derselben sind die Grundsätze der Verbindung verabredet und Strafen für jeden, der sich von derselben ausschließen würde, bestimmt und niedergeschrieben, auch die schriftlichen Erklärungen an die Gutsherrschaften wegen Verweigerung der Dienste gefertiget, welche nachher überreicht und durch würkliche Verweigerung realisiert worden sind. Die Zulassung der unbefugten geheimen Zusammenkunft so vieler Landleute in einem Schankhause zu Glatz haben wir bereits gerügt. Desgleichen haben wir am 23. v. M. durch ein Publikandum 2 an die widerspenstigen Gemeinden dieselben ermahnt, zu ihrer gesetzlichen Schuldigkeit zurückzukehren, widrigenfalls außer der Rüge ihres gesetzwidrigen Verfahrens auch strenge Zwangsmittel und nötigenfalls militärische Exekution gegen sie angewendet werden würde. In der Hauptsache hat das Oberlandesgericht mit unserer Zustimmung beschlossen, den Justizrat von Reibnitz zu beauftragen, daß er mit Begleitung eines starken Militärkommandos von einer der renitenten Gemeinden zu der andern sich begebe, sie durch zweckmäßige Bedeutungen zu ihrer Pflicht zurückzuführen suche und darüber ad Protocollum stipulieren lasse; bei etwaniger Weigerung aber die sich auszeichnenden Renitenten aus allen Klassen aufheben und bis zur Leistung der Stipulation in Festungsarrest bringen lasse. Nach einer gestern eingegangenen Anzeige hat der Justizrat von Reibnitz am 5. dfieses] M[onats] nach vorgängiger Verabredung des Plans mit dem landrätlichen Officio die Vollziehung seines Auftrages zu Ober-Hannsdorf als dem Hauptsitze der Unruhestifter angefangen. Schon vorher sind auf landrätliche Verfügung der erwähnte Gemsjäger und neun andere Wirte, welche teils in ihren Häusern geheime Zusammenkünfte gehalten, teils den mündlichen und schriftlichen Aufruf an die Gemeinden befördert, teils die Grundsätze behufs der zu schließenden Verbindung angegeben haben, bereits aufgehoben und in gefängliche Verwahrung gebracht worden. '

12. März 1810

568

Von dem Erfolg werden wir Euer Majestät ferner alleruntertänigst Bericht zu erstatten nicht verfehlen.3« 1 Siehe Nr. 88. 2

Vgl. Publikandum

der Kurmärkischen

Regierung v o m

15. Januar

1810,

siehe

Nr. 191. 3

Bereits am 13. März 1810 gibt die Breslauer Regierung von Schlesien einen B e richt an das Ministerium des Innern, der »den Erfolg der gegen die zur Dienstverweigerung vereinigten Gemeinden in der Grafschaft G l a t z genommenen Maßregeln« meldet (Ausf., 14 Unterschriften, i. gl. Fasz. Bl. 38). E i n weiterer Bericht folgt am 15. März, in dem die bisherigen Phasen des Vorgehens v o n Reibnitz, der seine Operation bis zum 18. März zu beenden hofft, mitgeteilt werden (Ausf., 10 Unterschriften, i. gl. Fasz. Bl. 41).

206. Immediatbericht des Staatsministeriums Berlin, 12. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm I I I . B V I 26 Bl. 20: Ausf., gez. Goltz, Altenstein, Dohna, B e y m e , Scharnhorst.

Ergebnis der Beratung über die Notwendigkeit einer Territorialabtretung; Vorschlag zur Entsendung des Grafen Goltz nach Paris »In einer heute abgehaltenen Konferenz haben wir die letzten Eröffnungen Frankreichs und die Beschlüsse, welche sie von Seiten E. K. M. notwendig zu erfordern scheinen, in nochmalige reifliche Erwägung gezogen, und wir eilen, unserer Pflicht gemäß Allerhöchstdenenselben das Resultat unserer Beratschlagung in Folgendem alleruntertänigst vorzutragen. E. K. M. geruhen sich zurückzuerinnern, daß wir bereits in unserm letzten Berichte den Grundsatz aufgestellt haben: daß die Existenz des Preußischen Staates nur durch die engste Verbindung mit Frankreich gesichert werden könne und für diesen Zweck jedes Opfer gerechtfertiget sei. Von diesem Grundsatze sind wir auch bei unserer gegenwärtigen Beratung ausgegangen. Der Kaiser Napoleon bestehet in Ansehung der Kontributionen auf strenge Erfüllung der Traktate. Diese ist, zumal bei der durch die Konjunkturen mißlich gewordenen Holländischen Anleihe, deren Erfolg ganz in seinen Händen stehet, schlechterdings unmöglich. Daß Preußen das Verlangte in der Art, wie es verlangt wird, nicht zu leisten vermöge, kann dem französischen Hofe selbst nicht unbekannt sein. Wahrscheinlich war dessen geheime Absicht schon längst darauf gerichtet, E. K. M. zu dem Anerbieten einer Territorialzession als letzten Auskunftsmittels zu bewegen. Wenigstens ist, daß jetzt diese Absicht obwalte, durch die mündlichen Äußerungen des Herzogs von Cadore gegen den General von Krusemarck fast

12. März 1810

569

außer Zweifel gesetzt. Indessen bleibt doch noch die Möglichkeit des Gegenteils. Auf die sichere Erforschung dieses Punkts kommt alles an. Preußen hat weder durch sich selbst noch durch seine politischen Verbindungen die Macht, jene Absicht, falls sie, wie wir besorgen, würklich vorhanden ist, zu vereiteln, denn Rußland, sein einziger Alliierter, wird es gegen Frankreich, welches den Schein des Rechts für sich hat, nicht in Schutz nehmen wollen und würde es nach unserm Dafürhalten auch nicht können. Ein Zerfallen dieser beiden Mächte wäre unter den gegenwärtigen Umständen für uns das größte Unglück. Ist nun aber einmal einer Loskaufung Preußens durch eine Territorialabtretung auf keine Weise auszuweichen, so scheint es uns von der höchsten Wichtigkeit, 1. alles aufzubieten, damit der Wert derselben den Betrag unserer Schuld möglichst wenig übersteige; wir sagen möglichst wenig, weil so, wie die Dinge sich zu gestalten drohen, bedeutender Nachteil wohl auf jeden Fall unabwendbar sein dürfte ; 2. sie dazu zu benutzen, die engste Verbündung mit Frankreich zu begründen und ein völlig reines Verhältnis Preußens nicht nur mit diesem KaiserStaate, sondern auch mit seinen Verbündeten, namentlich mit Sachsen und dem Herzogtum Warschau, wieder herzustellen. Unter dieser Bedingung wäre eine Territorialzession, so wenig wir auch sonst dazu raten könnten, allerdings sehr zu verantworten. Beides, sowohl die Erforschung der wahren Absicht des Kaisers als eventualiter die Erreichung der eben angeführten Zwecke, erfordert aber die ganze Kunst eines geübten, besonnenen, von dem Gange der bisherigen Unterhandlungen gründlich unterrichteten, dem Interesse des Königlichen Hauses und des Staats treu und gewissenhaft ergebenen Négociateurs. Nur einem solchen könnten E. K. M. mit Ruhe die uneingeschränkte Vollmacht anvertrauen, mit der er durchaus ausgerüstet sein muß, wenn er ohne Zeitverlust handeln, abschließen und so retten soll, was bei der kritischen Lage, worin wir uns befinden, und der zu immer ausgedehnterer Benutzung derselben geneigten Sinnesart des Kaisers noch möglicherweise zu retten ist. Wäre der Zweck der engsten Verbindung mit Frankreich, einer Verbindung, die ohne alle Ausnahme, also auch gegen Rußland, wenn es gefordert würde, geschlossen werden müßte, auf andere Bedingungen als die einer Territorialzession, z. B. durch Zahlungsmodalitäten, MinisterialVeränderungen, Armeereduktionen pp. zu erhalten, so würde dieses unbedenklich vorzuziehen und also der Auftrag des Négociateurs hierauf mit zu richten sein. Immer wäre demselben aber für alle Fälle die unbeschränkteste Autorisation und Vollmacht zu erteilen. Zu diesem eminent wichtigen Auftrage, mit welchem jener, dem Kaiser zu seiner Vermählung Glück zu wünschen, leicht zu vereinigen wäre, können wir E. K. M. niemand mit pflichtmäßiger Überzeugung in Vorschlag bringen als einzig unsern mitunterzeichneten Kollegen, den Grafen von Goltz. Sollten E. K. M. seine Sendung nach Paris zu beschließen geruhen, so würde in der dem Grafen von St. Marsan auf dessen Note vom 7. März 1 zu erteilenden Antwort der Punkt eines für die restierenden Kontributionsgelder zu gebenden Äquivalents gar nicht berührt, sondern auf jene Sendung bloß hingewiesen und

12. März 1810

570

die weitere Verhandlung ganz dem Grafen von Goltz vorbehalten bleiben können. Wir legen einen in dieser Voraussetzung abgefaßten Entwurf zur Antwort zu E. K . M. höchsten Prüfung alleruntertänigst hiebei. 2 So sehr übrigens ich, der Kabinettsminister Graf von Goltz, durch das ehrenvolle Vertrauen meiner Kollegen gerührt bin, so wenig kann ich verschweigen, daß ich die Übernehmung jener Mission, deren Resultate sich nur zu leicht berechnen lassen, als ein dem Dienste E. K . M. gebrachtes schmerzhaftes Opfer ansehen müßte. Mit Resignation werde ich es aber bringen, wenn Allerhöchstdero Befehl mich dazu beruft.« 1

2

In der Note wird festgestellt: «S. M. l'Empereur et Roi ne forme aucune prétention nouvelle. Il ne désire, il ne demande que l'exécution des traités —», siehe die Bleistiftbemerkungen Hardenbergs zu Altensteins Finanzplan, Nr. 246. Der Entwurf liegt nicht bei.

207. Fürst zu Sayn-Wittgenstein an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 12. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I I a 10, Bl. 1: eigh. und gez. Wittgenstein; Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 1: Abschrift.

Finanzdenkschrift tionszahlungen

mit Vorschlägen zur Beschaffung der Gelder für die

Kontribu-

»Das gnädigste Vertrauen, das mir E. K . M. zu bezeigen geruhen, und meine treue und innigste Anhänglichkeit für Allerhöchstdieselben muß mir zur Entschuldigung dienen, wenn ich es heute wage, E . K . M. über einen Gegenstand zu unterhalten, der wichtige Staatsangelegenheiten betrifft. Die Verlegenheiten des Staates in Rücksicht der Finanzen und vorzüglich der Kontributionszahlungen sind mir nicht unbekannt. Der Nachdruck, mit dem letztere nach der Bestimmung der Konvention von dem französischen Hofe gefordert werden, ist sehr beunruhigend und verdient die höchste Aufmerksamkeit: die durch die Schwürigkeit der Geldanschaffungen herbeigeführte Idee einer neuen Territorialabtretung ist für jeden Patrioten beugend und eine Gelegenheit, dem Staate seinen Patriotismus nicht mit Worten, sondern mit Aufopferungen und Entbehrungen zu betätigen. Ich bin weit entfernt, diejenigen Maßregeln, die bis jetzt zur Berichtigung der Kontributionszahlungen und zur Wiederauflebung unserer Finanzen ergriffen worden sind, zu tadeln. Die Planen, die E. K . M. Finanzminister hegt, sind mir unbekannt. Ich darf mich der Vermutung überlassen, das E. K . M. Staatsminister die Uberzeugung hegen: 1. daß der Kaiser Napoleon eine Territorialabtretung beabsichtiget und der Nachdruck, mit dem gegenwärtig die Kontributionszahlung betrieben wird, dieses erwarten ließe;

12. März 1810

571

2. daß die Anschaffung der nötigen Gelder zur Berichtigung der rückständigen und laufenden Kontribution nicht möglich ist. E. K . M. werden es meiner treuen Aufrichtigkeit nicht ungnädig nehmen, wenn ich, was den ersten Punkt betrifft, hier die Bemerkung wage, daß Allerhöchstdieselben als Landesherr Pflichten gegen Höchstdero Untertanen und als König Pflichten gegen Höchstdero Königliches Haus haben, die eine solche Überzeugung nur alsdenn erlauben, wenn sie durch die Gewalt der Waffen errungen oder durch eine eigenmächtige Besitznahme nicht abzuwenden ist. E. K . M. väterliches Herz gegen Höchstdero Untertanen würde sich gewiß nie beruhigen können, wenn eine solche Abtretung durch eine zu große Hingebung, durch die Hoffnung etwas mehrerer Ruhe oder durch zu große Besorgnisse herbeigeführt worden wäre. Der Kaiser Napoleon hat, soviel mir bekannt ist, E. K . M. zu erkennen geben lassen, daß er keine weiteren Ansprüche hegte und nur die bestimmte Zahlung der Kontribution verlangte. E. K . M. müssen sich daher der Uberzeugung überlassen, daß das Unglück einer Territorialabtretung abzuwenden ist, und Allerhöchstdieselben werden sich gewiß verpflichtet fühlen, alle Mittel, über die Höchstdieselben nur immer disponieren können, zu diesem Zweck aufzubieten. Was der zweite Punkt, die Unmöglichkeit der Anschaffung der notwendigen Gelder, betrifft, so erlauben E. K. M., daß ich diese Unmöglichkeit in Zweifel ziehen darf. Dieser letztere Punkt ist auch eigentlich der Gegenstand, der mich zu dieser ehrerbietigen Vorstellung veranlaßt. Indem ich diesen Schritt wage, so gehe ich von der Überzeugung aus, daß E. K . M. Finanzminister die Anschaffung der rückständigen Kontributionszahlungen in einem Zeiträume von 4 Monaten, die Anschaffung einer Summe von 4 Millionen Taler in 6 Wochen oder 2 Monaten und die Fortzahlung der durch die Konvention festgesetzten monatlichen Zahlungen als unmöglich betrachtet. Ich gehe ferner von der Überzeugung aus, daß der Kaiser Napoleon zu keiner Nachsicht zu bewegen ist. Auf diesen Fall wage ich, E. K. M. den untertänigsten Antrag zu machen, alle, auch die strengsten Maßregeln nicht unversucht zu lassen, um den nötigen Zweck zu erreichen. Kleine und gleichsam den Mangel an größern Ressourcen anzeigende Operationen dürfen nicht unternommen werden, Rücksichten gegen die augenblickliche Lähmung der Landeskultur und Industrie dürfen nicht eintreten. Geldaufopferungen, zu denen E. K. M. ohnedies geneigt sind, da mit der holländischen Anleihe nicht unbedeutende Aufopferungen verbunden sind, verdienen bei solchen wichtigen Gegenständen keine Rücksichten und dürfen nur als Mittel betrachtet werden, um größere Zwecke zu erreichen. Die Hemmung oder vielmehr der Stillstand der steigenden Landeskultur und Industrie verdient eine größere Beherzigung: Die Folgen davon sind unterdessen nie so nachteilig als die Territorialabtretung eines noch sehr unbestimmten Teils derjenigen Provinz, die durch ihre Industrie und Handelsverhältnisse den gesunkenen Wohlstand der übrigen Provinzen vorzüglich wieder herbeiführen kann. Von anderen kleinlichen Rücksichten als von einem augenblicklichen Druck, den vielleicht von 400 Untertanen einer leidet, kann, wo es auf die Erhaltung

572

12. März 1 8 1 0

des Staats ankommt, ebensowenig die Rede sein als zu einer Zeit, wenn sich der Staat in einem Kriegszustand befindet und der Feldherr in widrigen Fällen genötiget ist, zur Rettung der Armee oder andern militärischen Operationen ganze Provinzen der Willkür des Feindes preiszugeben. Können sich E. K . M. von der Notwendigkeit, ja, selbst von der Pflicht überzeugen, alle Maßregeln zu ergreifen, um eine Territorialabtretung abzuwenden, und hat E. K . M. Finanzminister nicht die Uberzeugung, daß die notwendigen Mittel herbeizuschaffen sind und in diesem letzteren Fall eine Territorialabtretung unvermeidlich, ja, selbst schon so gut als beschlossen ist, so geruhen E. K. M. mir das gnädigste Vertrauen zu schenken, die Maßregeln und Leitung, die die Anschaffung der erforderlichen Gelder nötig macht, mir zu übertragen. E . K. M. werden sich mit Recht über die große Kühnheit — vielleicht selbst über die Verwegenheit verwundern, daß ich mich anbiete, mich an die Spitze eines solchen Unternehmens zu stellen. Ich kann E. K. M. nur meine devote und treue Anhänglichkeit für Höchstdero Person und für Höchstdero Königliches Haus, meinen Wunsch, einem Staate nützlich zu werden, in dem ich als Fremder — durch E. K . M. Gnade eine der ersten Würden begleite [bekleide], zum Unterpfand anbieten. Ich besitze nicht diejenigen gelehrten Kenntnisse, die für einen Staatsmann erforderlich sind. Ich habe aber vielen guten Willen, Tätigkeit, einige Erfahrungen und, ich darf es sagen, vielleicht einiges Zutrauen bei denjenigen Männern, die vorzüglich dazu würken müssen, um das öffentliche Vertrauen herzustellen und die zur Anschaffung der nötigen Mittel behülflich sein müssen. Ich mache mir bei der Ausführung dieses Geschäfts die Bedingung, daß mir dasselbe nur allein übertragen wird und daß ich die Bearbeitung desselben denjenigen Staatsbeamten übertragen darf, die ich E. K . M. in Vorschlag bringe: ich unterstelle hierbei, daß meine Wahl nur auf solche fällt, die Allerhöchstdenenselben nicht unangenehm sind und gegen deren Rechtlichkeit nichts einzuwenden ist. E. K . M. haben die Gnade, mich zu autorisieren, diejenigen Bankiers Höchstdero Staaten und andere einsichtsvolle und solche Männer hierher zu berufen, die das Vertrauen ihrer Provinzen besitzen und mit denen ich mich zu unterhalten notwendig finde. E. K. M. sind so gnädig, mir diejenigen Vollmachten und auch öffentliche Autorisationen zu erteilen, die erforderlich sind. E. K. M. geruhen zu genehmigen, daß ich, mit Übertragung auf Reichere, 25.000 Personen oder Familien in Höchstdero Staaten ausmittele, die nach einer zu entwerfenden Klassifikation eine Kopf- oder Vermögenssteuer von 4000 rt. bezahlen. E . K. M. genehmigen, daß diese 4000 rt. mit 25 % bar angeschafft und 75 % in eigentlichen Staatspapieren, Bank-, Seehandlungs- und anderen von dem Staate ausgefertigten Obligationen, auch rückständigen Zinsen als Zahlung angenommen werden dürfen. E. K. M. genehmigen, daß dieses Zwangsanlehn von 100 Millionen Taler mit 5 % verzinst und nach einem besonderen Plan amortisiert werden darf. E. K. M. genehmigen, daß sämtliche Domänen, die geistlichen Güter in Schlesien und auch noch andere Steuern zum Unterpfand gegeben werden. E. K. M. erlauben, daß diese Schuld von 100 Millionen Taler in eine Nationalschuld

12. März 1810

573

verwandelt wird. E. K. M. erlauben, daß eine Nationalbank errichtet und ihre Administration und Leitung Männern übertragen wird, die das öffentliche Vertrauen besitzen und nicht in E. K . M. Pflichten stehen. Genehmigen E. K. M. dieses alles, so glaube ich mich der Überzeugung überlassen zu dürfen, daß die Kontributionsgelder angeschafft werden können, der Kredit des Staats und, fast dürfte ich sagen, der Anfang des Wohlstandes desselben wieder hergestellt werden wird. Wollen E. K. M. diese Maßregeln ergreifen, so ist es von der höchsten Wichtigkeit, daß E. K . M. demjenigen, den Allerhöchstdieselben in diesem Augenblick mit einer außerordentlichen Sendung nach Paris schicken, keine Art von Vollmacht geben, um eine Konvention abzuschließen oder eine Unterhandlung einzuleiten, die eine Territorialabtretung herbeiführen könnte. Eine solche Vollmacht ist ebensogut als die Abtretung selbst zu betrachten — sie ist alsdenn unvermeidlich. E. K. M. haben in neueren Zeiten höchst merkwürdige Erfahrungen mit Konventionen gemacht. Man wird sich mit einer unbedeutenden oder wenig nachteiligen Territorialabtretung schmeicheln. Man wird sich hierin irren, und sobald die Unterhandlungen eingeleitet sind, so wird es zu spät werden, auf andere Maßregeln, zu denen nur noch in diesem Augenblick Zeit ist, zurückzukommen. Geruhen E. K. M., diesem abzusendenden Gesandten die bestimmteste Abneigung gegen eine jede Territorialabtretung zu erkennen zu geben, ihn aber im Gegenteil dahin zu instruieren, daß sich E. K . M. mit den ernstlichsten und nachdrücklichsten Maßregeln beschäftigten, die Kontribution abzuführen. Ist wegen der Zeit der Abführung eine Nachsicht zu erreichen, so dürfte ihm dieser Gegenstand wohl nicht dringend genug empfohlen werden können. Das Vertrauen, das E. K . M. in die Talente, der Redlichkeit und den Erfahrungen des Ministers von Hardenberg setzen, verpflichtet mich, Allerhöchstdenenselben untertänigst zu bemerken, daß derselbe mit meinen Ansichten in Beziehung auf die Ergreifung der nötigen Maßregeln mit mir vollkommen einverstanden ist. Finden E. K . M. gnädigst für gut, diese Maßregeln zu genehmigen und mir ihre Leitung zu übertragen, so würde ich mich bei der Ausführung vorzüglich seines Rats bedienen, den ich auch bei seiner Entfernung immer einzuholen die Gelegenheit finden würde. Es würde für mich die größte Beruhigung sein, wenn E. K. M. geruhen wollten, dem Minister von Hardenberg dieses ehrerbietige Schreiben zu übersenden und meine Vorschläge seinem Gutachten zu übergeben. Betrachten E. K . M. diesen Aufsatz nur als eine höchst unvollkommene Ausarbeitung. Sie ist das Werk von einigen wenigen Augenblicken und in einem Gemütszustand abgefaßt, der mir nicht die Wahl der Worte erlaubte 1 . Auf keinen Fall darf ich wohl besorgen, daß E. K . M. meine gute Absicht verkennen. Höchstdero Gnade ist mir dafür Bürge.« 1

Leider auch nicht der richtigen Deklinationsendungen, die wegen der häufigen Fehlerhaftigkeit ohne Kennzeichnung berichtigt worden sind.

574

13- März 1810

208. Minister Graf zu Dohna an den Geheimen Staatsrat von Klewitz Berlin, 13. März 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 2 Bl. 37: Ausf., gez. Dohna.

Übersendung des Entwurfs eines Reglements für das Bürgermilitär zur Kenntnisnahme und Bitte um Bewilligung des Vollzugs »Die zur Prüfung und Ausarbeitung des Plans behufs der allerhöchst befohlnen verbesserten Einrichtung der hiesigen Bürgergarde von dem Ministerio des Innern und dem Königlichen allgemeinen Kriegsdepartement niedergesetzte gemeinschaftliche Kommission zu welcher Ew. Hochwohlgeboren nach dem Inhalte des gefälligen Schreibens vom 30. November v. J . 2 seitens der Königlichen Gesetzgebungskommission den Herrn Staatsrat Baron von Rehdiger zu deputieren beliebt, hat jetzt den Entwurf eines Reglements für das Bürgermilitär hieselbst übergeben. Der Herr Generalmajor von Scharnhorst ist mit diesem Entwurf nicht allein völlig einverstanden, sondern auch in Rücksicht der ihm zum Grunde liegenden Prinzipien mit den übrigen Herren Ministern bereits ein Übereinkommen bewirkt und daher nicht nötig gefunden worden, noch eine besondere Konferenz darüber zu veranlassen, vielmehr der diesfällige Immediatbericht bereits entworfen, welcher jetzt bei den Herren Ministern zur Vollziehung zirkuliert. Hoffentlich werden Ew. Hochwohlgeboren von Seiten der Königlichen Gesetzgebungssektion nichts dagegen haben, daß die Sache nicht erst bei derselben besonders vorgelegt worden, zumal ein Mitglied der Königlichen Sektion der Kommission beigewohnt hat und den Resultaten überall beigetreten ist. Ich glaube voraussetzen zu dürfen, daß Ew. Hochwohlgeboren für Ihre Person damit gleichfalls beliebigst einverstanden sein werden, und da es Ihnen vielleicht interessant sein wird, von der Sache vor ihrem Eingange bei dem Königlichen Kabinett unterrichtet zu sein, so beehre ich mich, vorläufig das Konzept von dem von der Kommission gefertigten Entwurf anliegend unter der Bitte um Rückgabe ergebenst zu übersenden.«3 1

2 3

Durch K. O. vom 15. Juli 1809 an den Minister Graf zu Dohna und an den Generalmajor von Scharnhorst; vgl. Meier, Die Reform der Verwaltungsorganisation, S. 389 ff. Konzept, gez. Klewitz, in Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 1 Bl. 214. Die Antwort siehe Nr. 225.

[14./15. März 1810]

575

209. Fürst zu Sayn-Wittgenstein an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 14. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I I a 10 Bl. 10: eigh. und gez. Wittgenstein.

Aussprache mit Berliner Bankiers »Ich halte mich verpflichtet, E. K. M. untertänigst anzuzeigen, daß ich noch diesen Abend die Gelegenheit gehabt habe, mich mit denen beiden geschicktesten und auch vorzüglichsten hiesigen Banquiers, dem alten Levy und Benecke, zu unterhalten. Ich habe ihnen meine Ansicht über die Möglichkeit der Herbeischaffung der nötigen Geldern, jedoch nur als eine Idee, mitgeteilt. Diese beiden Männer, denen man nicht Fähigkeit absprechen kann, einen solchen Plan zu beurteilen, sind vollkommen mit mir einverstanden 1 , und ich glaube fast, behaupten zu dürfen, daß der ganze hiesige Handelsstand, wenn ihm mein Plan vorgelegt werden sollte, meiner Ansicht beistimmen wird.« 1

Gutachten von W. C. Benecke vom 20. März und von M. L e v y vom 22. März 1810 befinden sich im gleichen Faszikel Bl. 50 und Bl. 51.

210. Geheimer Staatsrat Niebuhr an den Minister Freiherr von Altenstein [Berlin, 14./15. März 1810] Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 9: eigh. u. gez. Niebuhr.

Rücksprachen über die Finanzierungsvorschläge Wittgensteins »Ich habe mich auch verschlossen, mein Teuerster, und denke nur an die Sache, welche für uns ernst, aber für das Volk fürchterlich ist. Benecke, den ich gestern morgen sah, spielte allerdings auf die Sache an: aber so, daß es evident war, daß ihm die Sache von der fürchterlichen Seite verschleiert gezeigt worden ist. Ich fragte ihn: ob er denn alles bare Geld aus seiner Kasse hergeben wolle und Papiere annehmen? Darauf meinte er — wir beide nannten weder Wittgenstein noch detaillierter den Plan —, davon könne ja gar nie die Rede sein; der Handel müsse bar Geld oder Bankvaluta behalten. Levi war schon vor vierzehn Tagen von der Sache unterrichtet und wahrscheinlich als Emissär bei mir; ich hielt es aber damals bloß für die Aufwärmung eines alten Breis und behandelte die Sache gar nicht ernsthaft. Wenn man diesen Bankiers zeigt, daß sie nur 4000 Rtlr. zahlen sollen, und ihnen dabei immense Wuchervorteile andeutet, so gehen sie allerdings anfangs blind in alles hinein. Diese Verbreitungen sind aber noch nicht das Schlimmste: ich halte es wirklich

576

[15. März 1810]

für möglich, daß Wittgenstein, der keine innere Angst über den Erfolg und die Folgen kennt, seine Idee für ausführbar hält. Das Schändlichste ist, daß er ausbreitet, die Minister hätten, ohne daß Frankreich je ein Wort über Zessionen geäußert habe, darauf angetragen, dem Kaiser Schlesien anzubieten-, vielleicht mit Vorbehalt einer Lisière. Dies ward mir so erzählt, und doch von einem Manne, der so wenig wie ich an die Möglichkeit der Kontributionszahlung glaubt, dennoch aber hierin das Höchste des Verrats sah. Ich werde sehen, ob Oelßen zu Hause ist, um von ihm Hardenbergs Aufsatz auf eine Art mündlich zu fordern, die den sehr Klugen nicht aufmerksam machte.«

211. Geheimer Staatsrat Niebuhr an den Minister Freiherr von Altenstein [Berlin, 15. März 1810] Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 10: eigh. u. gez. Niebuhr.

Arbeit an den Gegenbemerkungen zu Wittgensteins Plan »Sie hätten meine Bemerkungen über den Plan des Fürsten Wittgenstein 1 schon erhalten, mein Teuerster, wenn ich nicht den ganzen Tag durch die Zeremonie des Verbrennens, dann durch die Erfüllung eines heilig an Oelßen gegebenen Versprechens, dann durch Geschäfts- und andre Besuche gestört worden wäre. Noch ist das Zimmer voll, und ich muß mir erst freies Feld machen. Sobald mir das gelungen ist, unternehme ich die Arbeit, welche äußerst einfach ist. Sie haben vollkommen recht, daß sie ohne älle Leidenschaft und ohne alles Mißvergnügen abgefaßt sein muß. Wir zeigen dem Könige die Sache, wie sie ist: dann wähle er zwischen dem Fürsten und uns beiden; zwischen Rebellion und Unterhandlung. Denn gewiß ist nie eine furchtbarer ernste Sache aus der Hölle ans Licht gekommen. Sie wird verbreitet: man hört das Wort Nationalbank von mehreren, hört auch, wie entbehrlich das Metallgeld für die Zirkulation sei. Ich sende Ihnen morgen früh, was ich fertig habe ;2 und wir werden uns wohl morgen vormittag auch sehen, wenigstens versuche ich es.« 1

V o m 12. März 1810, siehe Nr. 207.

2

Niebuhr übersendet »den ersten Teil des E n t w u r f s einer A n t w o r t auf W i t t g e n steins Diatribe« mit einem Begleitbrief v o m 15./16. März nachts (i. gl. Fasz. Bl. 11). Darin schreibt er: »Vielleicht ist alles, was Sie j e t z t erhalten, überflüssig, oder Sie schweigen lieber. Aber die ärgste Bosheit liegt eben in dem hier Beantworteten, denn die innere L ü g e ist hier am höchsten. E r mag glauben, wirklich Geld zusammenzubringen, und das Elend kümmert ihn nicht. A b e r hier mußte er fühlen, daß er log, um dem Sinn des Königs zu schmeicheln.«

15. März 1810

577

212. Minister Freiherr von Altenstein an den Minister Graf von der Goltz Berlin, 15. März 1810, nachts Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 7: Abschrift.

Vorbehalte gegenüber der in der Note an den Grafen von St. Marsan Kontributionszahlung

zugesicherten

»Ew. Exzellenz übersende ich anliegend ganz ergebenst die dem Herrn Grafen v. St. Marsan zu übergebende N o t e 1 über die mir erforderlich scheinenden Abänderungen und Zusätze und gebe solche E w . [Exzellenz] gefälligen Prüfung ganz ergebenst anheim. Ganz besonders halte ich mich aber verpflichtet, hier wegen der zugesicherten Zahlung von 48 Millionen Francs binnen 14 Monaten folgendes ausdrücklich zu bemerken und E w . Exzellenz ganz ergebenst aufzufordern, solches Sr. Majestät dem König bei der Vorlegung der Note ehrerbietigst vorzutragen: 1. daß es eine große Frage noch ist, ob Frankreich die holländische Anleihe annimmt und ob es solche nicht absichtlich heimlich untergräbt, um eine unerschwingliche Geldforderung zu machen und dafür ein Äquivalent zu fordern, daß mithin auch mit der Beischaffung der 48 Millionen Francs noch nicht alles beseitiget ist; 2. daß ich nicht verbürgen kann, ob sich 48 Millionen Francs in 14 Monaten, auch bei dem gänzlichen Ruin des Landes, der Zerstörung alles Wohlstandes und aller daraus entstehenden Folgen, beischaffen lassen, daß ich alles, was man Sr. Majestät dem Könige über die Möglichkeit, solches mit Sicherheit zu bewürken, bisher vorgeschlagen hat, für eine vielleicht gutgemeinte Täuschung, entsprungen zum Teil aus zu weniger Kenntnis des Gegenstandes und aus der Absicht, dem Könige einen augenblicklichen Schmerz zu ersparen, halte und deshalb des Nähern nachweisen werde, daß ich eine solche Täuschung für Unrecht halte, da, wenn eine feste Hoffnung darauf gebauet und solche nicht erfüllt ist, andere Maßregeln versäumt sind und ein durch gewaltsame Mittel zugrunde gerichtetes Land doppelt unglücklich wird, daß ich alles pflichtmäßigst und mit der Anstrengung, die ich bisher rücksichtslos der Sache gewidmet habe, aufbieten werde, das Unmögliche möglich zu machen, daß ich aber für den Erfolg nicht einstehen kann. Ich muß dieses ausdrücklich erklären, um mich gegen Vorwürfe zu decken, wenn ich jetzt die Wahrheit verhielte oder leichtsinnig eine Bürgschaft übernehmen wollte, die niemand, der die Sache kennt und gewissenhaft ist, übernehmen wird. 3. Daß ich demohngeachtet aber glaube, daß, sobald Sr. Majestät der König nicht entschlossen ist, sich ganz in die Arme von Frankreich zu werfen, nichts übrigbleibt, als durch das Versprechen, so wie es gefaßt ist, Zeit zu gewinnen, da vielleicht glückliche Umstände die Möglichkeit der Erfüllung begünstigen. Gern werde ich die Schuld der Nichterfüllung, wenn solche nicht möglich war, tragen, wenn ich dadurch Sr. Majestät dem König nützen kann.

578

i6. März 1810

Nie wird die bloße Zahlung der Schuld an Frankreich und ein abgemessenes Benehmen gegen solches die Annäherung desselben an Preußen bewirken. Der Kaiser wird dazu größere Opfer und andere Bürgschaften verlangen. Durch diese Zahlung wird aber auch für diese Annäherung Zeit gewonnen. In dieser Beziehung, aber auch allein nur in dieser, hat solche Wert und kann als Gewinn betrachtet werden. Ich werde, was meine Partie anbetrifft, sowie die Note übergeben ist, sogleich neue kräftige Anstalten treffen, um soviel möglich in Paris durch einige stärkere Zahlungen Vertrauen zu unsern Zusicherungen zu bewirken.«2 1

2

Da in diesem Faszikel Altensteins Schreiben nur als Abschrift vorliegt, ist die Note hier nicht beigefügt. Am Kopf der Abschrift steht der eigh. Vermerk Altensteins: »Gutachten, welches angeblich den Fürsten Wittgenstein veranlaßt haben soll, zuzutreten.«

213. Aufsatz des Fürsten zu Sayn-Wittgenstein Berlin, 16. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I I a 10 BI. 1 3 : eigh. u. gez. Wittgenstein. Druck: Bassewitz 1809/10, S. 402 f.

»Ideen, die Anschaffung der erforderlichen Gelder zur Berichtigung der Kontribution und Festsetzung des ganzen Staatsschuldenwesens« betreffend »Es werden, mit Übertragung auf Reichere, 25 000 Personen ausgemittelt, die nach einer zu entwerfenden Klassifikation eine Kopf- oder Vermögenssteuer von 4000 rt. bezahlen. Es wird genehmiget, daß diese 4000 rt. mit 25 % bar angeschafft und 75 % i n eigentlichen Staatspapieren als Bank-, Seehandlungs- und jede von dem Staate ausgefertigte Obligationen, auch rückständige Zinsen als Zahlung angenommen werden. Es wird genehmiget, daß dieses Zwangsanlehn von 100 Millionen Talern mit 5 % verzinset und nach einem besonderen Plan amortisieret werden darf. Es wird genehmiget, daß sämtliche Domänen und auch andere Steuern zum Unterpfand gegeben werden. Es wird genehmiget, daß diese Schuld von 100 Millionen Talern in eine Nationalschuld verwandelt wird. Es wird genehmiget, daß eine Nationalbank errichtet und ihre Administration und Leitung Männern übertragen wird, die das öffentliche Vertrauen besitzen und nicht in Pflichten Sr. Majestät stehen. Die angesehensten Bankiers des Staats und andere einsichtsvolle und solche Männer werden hierher berufen, die das Vertrauen ihrer Provinzen besitzen, um mit ihnen die Ausarbeitung des nötigen Plans und die Maßregeln zur Anschaffung der Gelder zu verabreden. Es ist vorauszusetzen, daß die Summe von 100 Millionen Talern zur Berichtigung des ganzen Staatsschuldenwesens und der Kontributionszahlung bei weitem

16. März 1810

579

nicht erforderlich ist und daß diese Ideen noch mancherlei Modifikationen und Verbesserungen fähig sind als unter andern : ob es bei dieser Zwangsanleihe ratsamer wäre, auch geringere bare Beiträge als zu 1000 rt. festzusetzen und den Beitrag von Staatspapieren ganz der eigenen Willkür anheimzustellen, ohne jedoch den Plan in Rücksicht der Staatspapiere abzuändern. Auch: ob es nicht ratsamer wäre, den baren Beitrag gleich zur Hälfte und über die andere Hälfte Wechsel ohne Zinsen, die in 6 Monaten zahlbar sind, anzunehmen. Diese letztere Bestimmung dürfte das Ganze sehr erleichtern. Ferner: ob es ratsam wäre, das Provinzialschuldenwesen jetzt gleich mit zu berücksichtigen und in diese große Maßregel mit aufzunehmen, oder diesen Gegenstand wegen des Widerspruchs, den diese Frage in denjenigen Provinzen, die ihre Bedürfnisse aus eigenen Mitteln aufgebracht haben, finden dürfte, so lange beruhen zu lassen, bis der Hauptzweck, nämlich die dringende Notwendigkeit der Kontributionszahlungen, erreicht ist.«1 1

Wittgenstein stellt diesen Aufsatz dem König mit einem Schreiben gleichen Datums zu (i. gl. Fasz. Bl. 12). Er führt darin aus: »Ich habe diese Ideen auch einigen Geschäftsmännern und Bankiers mitgeteilt. Ich bitte um die gnädigste Erlaubnis, das Gutachten dieser Männer E. K. M. ebenfalls untertänigst vorlegen zu dürfen [von M. L e v y und W. C. Benecke i. gl. Fasz. Bl. 50 und 51]. Solange ich nicht von der Unmöglichkeit überwiesen bin, daß mein Plan unausführbar, und solange nicht ein zweckmäßiger — und dem Erfolg mit Sicherheit entsprechender Plan entworfen ist, bei dem zugleich das allgemeine öffentliche Vertrauen mehr, als bis jetzt geschehen ist, berücksichtigt wird, so muß ich E. K. M. wiederholt untertänigst bitten, meinen Plan nicht ganz zu verwerfen.«

214. Immediatschreiben des Fürsten zu Sayn-Wittgenstein Berlin, 16. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I I a 10 Bl. 15: eigh. u. gez. Wittgenstein; Rep. 92 Altenstein A IV Nr. 11 Bd. 1 Bl. 14: Abschrift.

Unterredung mit dem Großkanzler über die Durchführbarkeit des Geldbeschaffungsplanes für die Kontributionszahlung »E. K . M. haben mir den gnädigsten Befehl erteilt, mich über den Allerhöchst denenselben vorgelegten Plan wegen Anschaffung der notwendigen Gelder zur Zahlung der Kontribution 1 mit Höchstdero Großkanzler zu unterhalten. Dem Herrn Großkanzler war dieser Plan noch unbekannt. Er betrachtet seine Ausführbarkeit nach den angenommenen Berechnungen des seit dem Jahr 1740 38

Stein/Hardenberg

58O

16. März 1810

ausgeprägten baren Geldes für unwahrscheinlich, ohne diese Ausführbarkeit jedoch auch ganz in Abrede zu stellen, da neuere Erfahrungen gezeigt hätten, daß man sich in dergleichen Berechnungen und Voraussetzungen öfters geirrt habe. Der Herr Großkanzler findet es vorzüglich schwierig, die Zahl von 25000 Personen auszumitteln, die eine bare Zahlung von 1000 rt. würklich leisten können, und ist der Meinung, daß in andern weniger dringenden Fällen Versuche dieser Art nur mit großer Vorsicht eingeleitet werden, jedoch bei einer solchen dringenden Lage wie die heutige auch andere Rücksichten eintreten müssen.« 1

Wittgensteins Plan vom 12. März 1810, siehe Nr. 207.

215. Großkanzler Beyme an den Minister Graf zu Dohna Berlin, 16. März 1810 ZSTA

Merseburg, Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 59 Nr. 26 Bd. 2

S. 220: Ausf., gez. Beyme.

Anfrage nach dem Stand, der Reglementsverhandlungen über die Ausgleichung der Kriegsschulden »Ew. Exz. in Dero geehrtestem, mir am 19. Dezember v. J. zugekommenen Schreiben vom 30. November 1 geäußerten Wunsche gemäß, habe ich mit möglichster Beschleunigung meine Gedanken über den mir gefälligst mitgeteilten Entwurf einer Verordnung über die Regulierung der Kommunalschulden und Ausgleichung der Einquartierungslasten bei verpachteten und vermieteten Grundstücken 2 bereits am 29. Dezember v. J. mitzuteilen die Ehre gehabt. Seitdem ist mir von dem Fortgange dieser Angelegenheit keine fernere Nachricht zugekommen. Ohne Zweifel werden aber nunmehr die von Ew. Exz. erforderten Gutachten sämtlicher Oberpräsidenten 3 über die Frage: ob es noch ratsam sei, eine solche Verordnung zu erlassen? eingegangen sein und Ew. Exz. in Absicht Ihres damals für die Bejahung der Frage ausgefallenen Sentiments näher bestimmt haben. Einige bei meinem Departement vorgekommene Fälle, welche Streitigkeiten zwischen Pächtern und Verpächtern über die Ausgleichung der Einquartierungslasten zum Gegenstande haben, machen mir es aber wünschenswert, von dem Resultate baldmöglichst unterrichtet zu sein, daher ich Ew. Exz. hierdurch ganz ergebenst ersuche, mich damit gefälligst bekannt zu machen.«4 1

Konzept, gez. Dohna, i. gl. Fasz. S. 168.

2 I. gl. Fasz. S. 184. 3

Siehe das Gutachten v o n Auerswald Nr. 180.

4

Auf gleichem B l a t t steht die Marginalanweisung: »Zu antworten, Sr. Exzellenz halten sich nach der Meinung des Herrn Großkanzlers überzeugt, daß es besser sei, von dem Reglement gänzlich zu abstrahieren. E s läge indes die Sache noch beim Finanzministerio vor, sobald sie von demselben zurückkomme, werde man

17. März 1810

58l

nicht ermangeln, Sr. Exzellenz weitere Nachricht zu geben. Kahle, 24. März 10.« Danach Antwortkonzept gleichen Datums, gez. Dohna, S. 221. Vgl. zur Ablehnung des Reglements auch den I. B. Altensteins und Dohnas vom 26. Mai 1810 (Abschrift S. 228): »[. . .] E s ist der Plan gewesen, ein allgemeines Kriegesschuldenausgleichungsreglement zu entwerfen. Bei der E n t w e r f u n g desselben haben sich aber so viele Schwierigkeiten gezeigt, daß zuletzt einstimmig dahin sentiert worden ist, rücksichtlich der Vergangenheit, auf die es immer hart ist, ein neues Gesetz anzuwenden — davon zu abstrahieren. [. . .]«

216. Immediatbericht des Staatsministeriums Berlin, 17. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm I I I . B V I 26 Bl. 22: Ausf., gez. Goltz, Altenstein, Dohna, Beyme, Scharnhorst.

Bedenken gegen die Einrichtung eines Staatsrats, Vorschläge für den Geschäftsgang im Staatsministerium »E. K . M. haben durch die beiden Allerhöchsten Kabinettsordres vom 6. Dezember 1808 über die Ausführung 1 des von Allerhöchstdenenselben im allgemeinen verfügten Plans zu einer veränderten Verfassung der obersten Verwaltungsbehörden 2 verordnet: daß die Einrichtung eines förmlichen Staatsrats bis nach der Rückkunft nach Berlin ausgesetzt bleiben, die Vervollständigung des ganzen Planes aber, vorzüglich in der Hinsicht, dem Geschäftsbetrieb einen kräftigen und raschen Gang zu geben, von uns gemeinschaftlich erwogen und danach weiterer Vorschlag gemacht werden solle. Wir haben diese Befehle keinen Augenblick aus dem Gesichte verloren, aber die eingetretenen außerordentlichen und verwickelten Verhältnisse, welche E. K . M. Rückkehr nach Berlin verzögerten und öftere und langwierige Trennungen der Minister veranlaßten, haben auch verhindert, daß wir früher als jetzt zu einem Resultate unserer gemeinschaftlichen Beratung haben gelangen können. Dagegen sind wir desto gewissenhafter beflissen gewesen, die Allerhöchsten interimistischen Vorschriften für den Geschäftsgang bei dem Staatsministerium, wonach diejenigen Geschäftsgegenstände, welche nur einzelne Departements betreffen, auch nur von den betreffenden Ministerien, diejenigen aber, welche in sämtliche Ressorts eingreifen, von sämtlichen Ministerien unter der Firma Staatsministerium beraten und geleitet werden sollten, soweit es unter den erwähnten Umständen nur irgend möglich gewesen ist, auf das genaueste zu befolgen. In einer auf einen festen Tag bestimmten wöchentlichen Konferenz sind die an jedem Orte anwesenden Minister über die gemeinschaftlichen Gegenstände zusammengekommen, und außerdem haben, so oft Veranlassung dazu vorhanden war, häufige außerordentliche Konferenzen unter Zuziehung der Geheimen Staatsräte und Staatsräte, deren Geschäfte dabei vorkommen, stattgefunden, so daß wir oft in Verlegenheit gewesen sind, die dazu und zu den eignen sehr überhäuften Geschäften der Ministerien nötige 38«

582

17- März 1810

Zeit gehörig einzuteilen. Wir haben indessen durch verdoppelte Anstrengung unserer und der Räte, was an Zeit fehlte, durch Fleiß zu ersetzen gesucht, und wenn wir auf diese Weise nicht alles und so geleistet haben, als es zu wünschen gewesen wäre, so haben wir uns wenigstens pflichtmäßig bestrebt, alles und so zu leisten, als es unter den obgewalteten Umständen nach dem Maße unserer angestrengtesten Kräfte geleistet werden konnte. Jetzt sind die hauptsächlichsten Hindernisse der Geschäfts- und Zeiteinteilung, die aus der Entfernung vom Sitze der Archive und der öfteren Trennung der Ministerien entstanden, überwunden. Die Ordnung in den Registraturen und in dem mechanischen Geschäftsbetrieb, der einen entschiedenen Einfluß auf die Geschäftsleitung hat, kehrt allmählich zurück, und wir säumen nun keinen Augenblick, E. K. M. den befohlenen Bericht über die Vervollständigung des im allgemeinen genehmigten Plans alleruntertänigst zu erstatten. Dieser Plan gehet von dem Satze aus: Des Königs Majestät ordnet einen Staatsrat an, der unter dessen Allerhöchstunmittelbarem Vorsitz oder im Falle eintretender Hindernisse unter dem Vorsitz eines dazu ernannten Stellvertreters die oberste Leitung sämtlicher Regierungsgeschäfte besorgt. Wir können unmöglich glauben, daß der Urheber dieses Planes in der Tat dasjenige bezweckt habe, was in dem Sinne und Ausdrucke dieses Satzes liegt. Nach der glücklichen monarchischen Verfassung des Staats sind E. K . M. der Gebieter und Beherrscher desselben. Dieser Satz beschränkt Allerhöchstdieselben nur auf den Vorsitz in einem Staatsrate, der selbst die oberste Leitung sämtlicher Regierungsgeschäfte besorgen soll. Es wird darin der Vorsitz E. K . M. dem Vorsitze des ernannten Stellvertreters gleichgesetzet, welches ebenfalls dem Geiste der monarchischen Regierungsform widerspricht. In den diesem Satze untergeordneten besonderen Vorschriften ist bestimmt, daß die Deliberationen ganz in kollegialischer Form geschehen sollen, daß jedes Mitglied eine volle Stimme haben, die Mehrheit der Stimmen aber den Beschluß des Staatsrats ausmachen soll. Daß in dieser Einrichtung die Gewalt des Monarchen nicht bestehen konnte, mußte dem Urheber des Planes einleuchten. Gleichwohl hat er zur Rettung derselben nur festgesetzt: daß des Königs Majestät über den Beschluß des Staatsrats entscheiden soll, im Fall der Anwesenheit mündlich, im Fall der Abwesenheit aber, wenn der Gegenstand die Allerhöchste Sanktion bedarf, schriftlich. Diese vorbehaltene Entscheidung des Staatsoberhaupts über die Beschlüsse des Staatsrats, zumal bei der schwankenden Bestimmung derjenigen Gegenstände, welche die Allerhöchste Sanktion bedürfen, ist aber bei weitem nicht die dem Monarchen allein zustehende Regierung und Herrschaft im Staate. In Rücksicht dieser bleibt der obige Grundsatz des Planes höchst gefährlich. Im Widerspruche mit dem Wesen und Geiste der Monarchischen Verfassung, wie er ist, kann er, wenn der Staatsrat einmal organisiert ist und wenn die Reichsstände, wie es in der Idee des Planes liegt, organisiert würden, zu den verderblichsten Auslegungen führen, wozu die Zeitereignisse eine Veranlassung über die andere darbieten könnten. Hiernach verbieten uns also unsre heiligsten Pflichten, E. K . M. zu Anordnung eines förmlichen Staatsrats als oberste Behörde zu Leitung sämtlicher Re-

17. März 1810

583

gierungsgeschäfte zu raten. Überdem aber sind wir vollkommen überzeugt, daß eine aus so vielen und ungleichartigen Mitgliedern komponierte Behörde nicht geeignet ist, das Staatsruder im Sturme der Zeiten mit Kraft zu führen. Dies hat der Urheber des Planes früher auch wohl eingesehen und darum ursprünglich durch die Vereinigung des Ministeriums des Innern und der Finanzen in einer Person dem Staatsminister, welcher diese Stelle bekleidete, eine so überwiegende Stellung gegeben, die ihn der Tat nach zum Premierminister gemacht und in den Stand gesetzt haben würde, den Staatsrat nach seinen Absichten zu lenken. In dem jetzigen hieraus erwachsenen Plane ist diese Vereinigung durch die Trennung der gedachten beiden Ministerien aufgehoben und dadurch die überwiegende Kraft zerstört, welche allein vermögend ist, die Nachteile und Beschwerden zu verhüten und zu überwinden, welche der Natur der Sache nach mit einer Geschäftsleitung verbunden sind, welche auf dem höchsten Standpunkte einem noch dazu aus verschiedenartigen Mitgliedern zusammengesetzten Staatskörper beigelegt wird. Wir dürfen hierbei nur auf einen Hauptpunkt aufmerksam machen, daß nämlich die Geheimen Staatsräte als Sektionschefs den Anordnungen der Staatsminister Folge leisten, als Mitglieder des Staatsrats aber mit den Ministern eine gleiche Stimme haben sollen. Diese Einrichtung allein müßte mit der Zeit das Grab aller Subordination werden und die ganze Kraft der Minister lähmen. Wir können also auch in dieser wichtigen, wenngleich der ersteren untergeordneten Rücksicht zu Anordnung eines Staatsrats als oberster Staatsverwaltungsbehörde nicht raten. Dagegen finden wir die Anordnung eines Staatsrats als beratendes Conseil für die Gesetzgebung, für neue allgemeine Einrichtungen und Abschaffung oder Veränderung alter dergleichen Anordnungen an und für sich sehr heilsam. Wenn eine solche Institution aber nicht auf leeres Wortgepränge hinauslaufen soll, so müssen die Mitglieder dieses Conseils nicht bloß aus der Klasse der Staatsdiener, sondern hauptsächlich aus den aufgeklärtesten Männern der ganzen Nation und aller Provinzen gewählt werden. Denn die Beratung mit denjenigen Staatsdienern, deren Erfahrungen und Kenntnisse über die zu beratenden Gegenstände benutzt werden sollen, kann auf einem kürzeren und wohlfeileren Wege erreicht werden. Zur Versammlung der aufgeklärtesten Männer aus der ganzen Nation in ein beratendes Gesetzgebungsconseil aber halten wir die Sache noch nicht reif. Denn noch sind nicht in allen Provinzen ständische Korporationen organisiert. Schlesien und Westpreußen haben noch gar keine ständische Verfassung. Wo aber auch wie in Preußen, den Marken und Pommern ständische Einrichtungen existieren, bedürfen diese einer sehr wesentlichen Veränderung. Zu dieser Organisation und Reform der ständischen Verfassung sind von mir, dem Staatsminister Grafen Dohna, bereits seit Anfang v[origen J[ahres] vorbereitende Einleitungen getroffen, die indessen unter den eingetretenen ungünstigen Ereignissen nicht lebhaft haben verfolgt werden können, zumal die neue Organisation der Regierungen erst vollendet werden müßte, ehe man sich von denselben die unumgänglich nötige Mitwirkung zu diesem Zweck versprechen konnte. Diese ist nun in allen Provinzen zustande gekommen, und wir werden nun die Bildung und Reform der ständischen Provinzialeinrichtungen zum

584

17. März 1810

Gegenstand unserer ununterbrochenen gemeinsamen Beratung machen. Bis dahin aber, daß mit E. K . M. Allerhöchsten Genehmigung diese Einrichtungen ausgeführt werden, bitten E. K . M. wir allerüntertänigst: die Einrichtung eines förmlichen Staatsrats als beratendes Gesetzgebungsconseil allergnädigst auszusetzen. Dagegen müssen E. K. M. wir auf andere Unvollkommenheiten in der obersten Geschäftsführung aufmerksam und zu deren Abstellung ehrerbietigst Vorstellung machen. Die Festsetzung in der Allerhöchsten Kabinettsordre vom 6. Dezember 1808, daß nur diejenigen Gegenstände, welche in sämtliche Ressorts eingreifen, auch von sämtlichen Ministerien unter der Firma Staatsministerium gemeinschaftlich beraten, darüber verfügt und berichtet werden soll, ist für den Zweck, daß alles, was ein allgemeines Interesse für den ganzen Staat hat, von dem gesamten Staatsministerium in gemeinschaftliche Erwägung gezogen werden muß, zu beschränkt. Jene Festsetzung setzte die tägliche Versammlung der Minister in E. K . M. Kabinett, wodurch sie in den Stand gesetzt wurden, von allen Gegenständen von allgemeinem Interesse Kenntnis zu nehmen, voraus. Diese tägliche Anwesenheit der Minister im Kabinett raubt ihnen zum Nachteil der ihnen anvertraueten Administration zuviel Zeit und hat daher schon von E. K. M. beschränkt werden müssen. Die Zeit nahet heran, wo E. K . M. Ihren Aufenthalt nach Potsdam verlegen, und für diese ist eine noch größere Beschränkung der Kabinettsvorträge der Staatsminister notwendig, wenn nicht durch das öftere Hin- und Herreisen noch mehr Zeit verlorengehen soll. Überdem aber konnten die Minister nur in den seltensten Fällen auf die nicht besonders zu eines jeden Ressort gehörigen Kabinettsvorträge gehörig vorbereitet sein, ohne diese Vorbereitung aber keinen gründlichen Rat geben. Wir bitten daher E. K. M. allerüntertänigst, zu genehmigen und zu befehlen: daß das Staatsministerium, wozu auch der Chef des Algemeinen Kriegsdepartements zu rechnen, sich wöchentlich regelmäßig an einem bestimmten Tage auf dem Königlichen Schlosse zur gemeinsamen Beratung über alle Gegenstände von allgemeinem Interesse für den ganzen Staat versammle, darüber gemeinschaftlich verfüge und berichte und dazu diejenigen Geheimen Staatsräte und Räte zuziehe, welche bei der Bearbeitung der vorkommenden Gegenstände konkurrieren. Welche Gegenstände namentlich dahin zu rechnen sind, kann dem pflichtmäßigen Ermessen jedes Staatsministers überlassen werden. Als Regel aber dürften sämtliche Geschäfte dazu gerechnet werden, welche im Plane dem Plenum des Staatsrats zugewiesen worden. Von diesen Geschäften werden sich diejenigen, welche Gegenstände der Gesetzgebung und neue allgemeine Einrichtungen oder Abänderungen in den schon bestehenden dieser Art betreffen, der Regel nach zur Beratung mit sämtlichen Geheimen Staatsräten eignen. Da diese aber nicht so oft vorkommen können, so wird es hinreichend, zugleich aber auch des Anstandes und der Ordnung wegen heilsam sein, deswegen einen bestimmten Tag, etwa jeden ersten Montag in jedem Monate, auf dem Königlichen Schlosse zur Versammlung sämtlicher

17- März 1810

585

Staatsminister und Geheimen Staatsräte unter Zuziehung der betreffenden Geheimen Oberjustiz- und Staatsräte ein für allemal auszusetzen; dabei aber anzuordnen, daß die Geheimen Staatsräte in den Angelegenheiten ihres besonderen Ressorts ein volles Votum, in den übrigen aber gleich den Staats- und Geheimen Oberjustizräten nur ein Votum consultativum haben und die Ausfertigungen nur unter der Unterschrift der Staätsminister geschehen sollen. Diese Einrichtung wird eine gehörige Vorbereitung der Minister auf den Vortrag im Kabinett und zugleich eine für E. K. M. und die Minister gleich wünschenswerte Abkürzung und Zusammenziehung desselben möglich machen. Wir erlauben uns zu diesem Zwecke folgende alleruntertänigste Vorschläge: E. K. M. lassen alle wichtigen Angelegenheiten, besonders alle Berichte der Minister durch die betreffenden Minister selbst oder in deren Gegenwart vortragen. Allerhöchstdieselben versammeln aber sämtliche Minister in Höchstdero Kabinett nur über Gegenstände von gemeinsamem oder allgemeinem Interesse und lassen dabei die übrigen Staatsdiener, welche Vortrag im Kabinett haben, abtreten. In allen übrigen Fällen lassen E. K. M. auch die Staatsminister nur einen nach dem anderen zum Kabinettsvortrage zu. Dazu bestimmen Allerhöchstdieselben wöchentlich einen Tag, erlauben aber den Ministern, besonders dem des Auswärtigen Departements und dem Chef des Allgemeinen Kriegsdepartements, in außerordentlichen Fällen auch an anderen, besonders den gewöhnlichen Kabinettsvortragstagen den Zutritt. Zum Vortrag der minder wichtigen Angelegenheiten mit Ausnahme der oben bestimmten erheblichem und der Stellenbesetzungen beim Militär, vom Kommandeur aufwärts gerechnet, wird für die Militärsachen der Direktor der ersten Division des Allgemeinen Kriegsdepartements auf dem bisherigen Fuß bestimmt. Für die Zivilangelegenheiten aber wird ein Staatsoder Geheimer Oberjustizrat bestellt. Letzterer besorgt auch die Ausfertigung der auf seinen Vortrag ergehenden Königlichen Befehle, legt aber solche, ganz unbedenkliche Fälle allein ausgenommen, den betreffenden Ministern vor der Vollziehung im Konzepte vor. E r f ü h r t endlich die Aufsicht auf den kleinen Geschäftsgang und über das Subalternen-Personale unter der Oberaufsicht der Minister. Zu Abkürzung der Ausfertigungen geruhen E. K. M. in den dazu geeigneten Fällen durch kurze Marginalien Ihre Bewilligungen oder Verwerfungen auf den Berichten der Minister zu setzen. Zur Verteilung der eingehenden Kabinettssachen auf den bisherigen Fuß unter E. K. M. Befehlen und zum Depechieren derselben an die Minister bestellen E. K. M. einen Geheimen Kabinettssekretär, der zugleich kleine HofSachen expedieren kann. Der Direktor der Ersten Division des Allgemeinen Kriegsdepartements und der zum Vortrag im Kabinett bestimmte Rat und der Geheime Kabinettssekretär befinden sich stets in der Nähe E. K. M. Wenn E. K. M. diese Vorschläge genehmigen, so wird mit der bestmöglichsten

586

[17. März 1810]

Zeiteinteilung, selbst bei Veränderung Allerhöchstdero Aufenthalts, für einen bedachtsamen und doch raschen Geschäftsbetrieb gesorgt sein. Zur Vervollständigung der ganzen Geschäftsorganisation bis zur Einrichtung eines Staatsrats als beratendes Gesetzgebungsconseil ist dann nur noch die Reorganisation der Gesetzkommission unter dem Praesidio des Geheimen Staatsrats von Klewitz notwendig. Derselbe hat darüber und über die Organisation der Gesetzgebungssektion schon längst seine Vorschläge übergeben. Wir konnten aber darüber vor Allerhöchster Entscheidung über den Staatsrat E. K. M. keinen Vortrag machen. Wenn diese Entscheidung jetzt nach unsern alleruntertänigsten Vorschlägen erfolgen sollte, so werden wir unverzüglich über die Reorganisation der Gesetzkommission berichten, wobei wir nur die musterhafte Einrichtung der bisher bestandenen auf die neuen Anordnungen anzupassen und die Mitglieder aus der Zahl der ausgezeichnetesten Staatsdiener vorzuschlagen haben werden. Hierzu erbitten wir uns E. K. M. allergnädigste Erlaubnis und wagen zugleich den Vorschlag, den Plan zur veränderten Verfassung der obersten Verwaltungsbehörden darin abzuändern, daß die Gesetzgebungspartie nicht bloß zum Ministerium des Innern und gewissermaßen der Jastiz gerechnet, sondern unter das gesamte Staatsministerium gestellt werde. Auf den Fall, daß E. K. M. unsere alleiuntertänigsten Vorschläge zu genehmigen geruhen sollten, legen Allerhöchstdenenselben wir einen Entwurf zur Allerhöchsten Vollziehung vor.«3 1

Siehe I. B. v o m 4. Dezember 1808, Nr. 5 Anm.

2

Die Verordnung v o m 24. November 1808, siehe R M Stein I I I , Nr. 328, S. 1088 ff.

3

Obiger I. B. des Staatsministeriums k o m m t der v o m König in einer K . O. an Altenstein, Dohna und B e y m e v o m 8. Dezember

1809 ausgesprochenen

Erwartung

nach, von den Ministern Vorschläge für die Vervollkommnung der erst teilweise ausgeführten neuen Organisation zu erhalten (vgl. Gebhardt I, S. 345). Die Vorschläge werden durch K . O. v o m 31. März 1810 genehmigt, siehe Nr. 230.

217. Geheimer Staatsrat Niebuhr an den Minister Freiherr von Altenstein Undatiert, [etwa 17. März 1810] Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 B d . 1 Bl. 1 5 : eigh. u. gez. Niebuhr.

Maßnahmen schläge

zur Verhinderung

einer Annahme der Wittgensteinschen

Finanzvor-

»Das Unerhörte, daß die Annahme des Plans eines Agioteursder einen ganzen Staat zerstören würde, von der blinden Wahl eines Fürsten ohne Konsultation der ersten Staatsdiener abhängt, steht mir ohne Unterlaß vor Augen. Ich habe diesen Nachmittag mit Beyme geredet, ihm die Greuel so klar als möglich gemacht und ihn der Überzeugung sehr offen gefunden. Aber niemand wird mit dem König zeitig genug reden, wenn die Entscheidung so nahe ist; und wenn hernach auch alles abgehen wollte, so ist damit nichts gebessert.

[17. März 1810]

587

Es ist nicht die Rede davon, ob wir bleiben oder nicht, kaum, was unser Schicksal nachher wird, sondern es ist davon die Rede, daß wir auf alle zulässige Weise die Ergreifung eines verruchten Entschlusses hindern. Dazu muß Zeit gewonnen werden. Gelingt dies, so kann dem König die Wahrheit so vielseitig dargelegt werden, daß es kaum möglich ist, daß er bei seinem Beschluß beharren sollte. Die Einstimmigkeit der Überzeugung muß ihn ahnden lassen, was er bei der Ausführung zu erwarten haben wird. Ich bitte Sie und beschwöre Sie, mein Teuerster, dieses zu beherzigen, und wenn man von der einen Seite auf Beschleunigung dringt, um durchzusetzen, alles dagegenzuwenden, um eine kostbare Woche zu gewinnen. Ich bitte Sie, mit Ihren Kollegen übereinzukommen, morgen vormittag entweder Audienz bei dem König zu suchen und ihn mündlich zu bitten, in einer das Ganze so umfassend ergreifenden Sache keinen Entschluß zu fassen, ehe ihm ein Gesamtvotum vorgetragen werde — oder diese Bitte schriftlich an ihn zu richten. Alsdann müßte eine Konferenz der Minister, der anwesenden Geheimen Staatsräte und einer Anzahl anderer von den angesehensten Staatsdienern stattfinden, deren Resultat von allen — die Dissentierenden separat — unterzeichnet und dem König eingereicht würde. Das Resultat der Abstimmung, wobei Schultz sehr zweckmäßig das Protokoll führen könnte, kann wahrlich nicht zweifelhaft sein. Man könnte immerhin auch Kircheisen, Gerlach und 2 andre, dem neuen System keineswegs mit Vorurteil gewogne ehrliche Männer zuziehen. Ich scheue es nicht, als jüngster Geheimer Staatsrat zuerst zu votieren. Entfernen Sie geflissentlich alles, wodurch die Neigung des Königs genährt werden könnte, die Sache anzusehen für das, was sie nicht ist, für eine persönliche zwischen Ihnen und Wittgenstein. Fordern Sie bestimmt im Namen des belognen Hardenberg, daß der König die Sache nicht als von ihm genehmigt protegiere, ehe er sich aus seinem eignen Munde überzeugt habe, daß er diesen Plan genehmige. Lassen Sie Oelßen oder Scharnweber zu ihm reisen, ihm den Plan überbringen und seine Antwort zurücke. Ich bitte und beschwöre Sie, gewinnen Sie diese kostbare Zeit und ergreifen Sie beide Maßregeln. Von Dohna sind wir ja sicher, und auch Beyme wird gewiß sowohl für den ersten Schritt bei dem König als für eine große Konferenz stimmen und mit uns sein. Sie sind sich, ihren Freunden, vor allem der Sache diese Schritte schuldig. So treten wir denn mit dem vollen Bewußtsein ab, alles getan zu haben, um dem König Überzeugung beizubringen, ihn und das Land vom Greuel zu retten, wenn wir es auch nicht vom Unglück vermögen. Ich bin so tief von der Richtigkeit meiner Meinung überzeugt, daß ich Sie Ihnen nicht heftig genug ans Herz legen kann. Lassen Sie doch auch ja in Ihren kürzern Auszug (in den kleinen Katechismus für Ungelehrte) der Reihe nach die Quintessenz aller meiner zehn Artikel kommen; jeden mit drei Zeilen. Es hat Eile! dringende Eile! Gott gebe Ihnen Gesundheit und eine gute Nacht.« 1

Die Vorschläge Wittgensteins siehe Nr. 207 und 213.

2

E s folgt das gestrichene W o r t »viele«.

588

17. März 1810

218. Kriegsrat Scharnweber an den Fürsten zu Sayn-Wittgenstein Lichtenberg, 17. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 B d . 1 Bl. 1 7 : Abschrift.

Bedenken gegen die Durchführbarkeit schaffung

des Wittgensteinschen

Plans zur Geldbe-

»Es ist eine große umfassende Idee, in einem halb zerronnenen Staate, wo man verlegen ist, einige Millionen Taler zusammenzubringen, durch eine Operation, die sich mit fünf Zeilen ausspricht, wie durch einen Zauberschlag 100 Millionen zu schöpfen und damit das ganze Staatsschuldenwesen auf einen einfachen und festen Fuß zu bringen. Es ist eine mächtige Versuchung, hierbei zu würken und selbst das Heiligste und Teuerste nicht zu achten und aufzuopfern, was mit dem hohen Zwecke in Kollision kommen könnte. Gern folgte ich dem innern Rufe, der mich hier ergreilt und Ew. Hochfürstl. Durchlaucht entgegenführt. Aber so groß meine Freude war, wie Sie mir sagten, daß Sie ein sicheres Mittel wüßten, den Staat aus allen Verlegenheiten zu ziehen, so einfach und bequem das Mittel schien, welches Sie mir im allgemeinen angaben, so sehr ich auch jetzt noch zu der Hoffnung geneigt bin, daß der Rekurs auf den reichern Teil der Staatsbürger vieles bewürken werde, so stellt sich doch unwillkürlich die Besorgnis ein, daß die Zahl derselben nicht groß genug sein werde, um der Operation den bezweckten Umfang geben zu können. Zu dieser Besorgnis führt mich die Reflexion, daß in Berlin vielleicht nicht 200 Familien sind, die sich imstande befinden, auf der Stelle 4000 rt. zusammenzubringen. In der Provinz möchten kaum doppelt soviel vorhanden sein. Das wären dann 600 Personen. Liefert Preußen ebensoviel, Pommern die Hälfte und Schlesien das Doppelte, so hätten wir 2700 Kontribuenten und durch diese eine Summe von 3,700,000 Geld und 8,100,000 rt. Papiere. Nehmen wir nur auch an, daß die Zahl doppelt so groß sein kann, so kommen wir auf 5,400,000 rt. Geld und 16,200,000 rt. Papiere, mithin zum 5. Teil dessen, was desideriert wird. Macht dies Mißverhältnis der Wahrscheinlichkeit zu dem Bedarf es nicht wünschenswert, sich vor allen Dingen von dem letztern genau zu unterrichten und sich überhaupt der Elemente des Planes vorläufig zu versichern ; mir scheint das1 Bedürfnis, wenn man nicht riskieren will, gleich beim ersten Auffluge zu dem schönen Ziel die Flügel gelähmt zu sehen; wenigstens fühle ich mich unfähig, ein bestimmtes Sentiment zu äußern, bevor ich belehrt werde, a) wie groß die Schuldenmasse des Staats und die der Provinzen ist? b) Wie groß die Masse der zirkulierenden Staatspapiere? c) Auf wie hoch die bare Zirkulation mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist? d) Wieviel die französische Kontribution noch beträgt und in welchen Terminen sie bezahlt werden muß? e) Ob, wieviel und zu welcher Zeit Zahlungen von Staatsschulden bevorstehen?

18. März 1810

589

Mein Geschäftsverhältnis ist nicht von der Art, um hierüber Anfragen bei dem Herrn Staatsminister v. Altenstein Exzellenz machen zu können. Ohne Zweifel besitzen aber Ew. H. Durchlaucht die erforderlichen Data oder können sich solche leicht verschaffen. Ich stelle dies ehrerbietig anheim, indem ich mit der Hoffnung, daß wir lange nicht 75 Millionen Staatspapiere überhaupt haben werden, die Besorgnis verbinde, daß unser gesamtes Numerair keine 20 Millionen Taler beträgt und daß mithin gar keine Möglichkeit vorhanden ist, 25 Millionen bar und 75 Millionen Papier aufzubringen. Diese trübe Aussicht dürfte sich nun zwar mit der Hoffnung ausgleichen, daß wir keine 100 Millionen brauchen werden; aber immer ergibt sich doch daraus, wie unerläßlich es sei, sichere und zuverlässige Data zu haben. Mit dem herzlichen Wunsche, daß aus der entworfenen Idee alles das Gute hervorgehen möge, welches E w . H. Durchlaucht wünschen und erwarten, verbinde ich den geziemendsten Dank für das mir geschenkte schmeichelhafte Zutrauen und beharre respektvoll [. . .]«2 1

Hervorhebung des Bearbeiters zwecks richtiger Betonung zum Verständnis des

2

Diese Abschrift legte Scharnweber seinem Brief vom 18. März an Altenstein bei

Satzes. als vorläufige Antwort auf dessen Anfrage: »auf welche Weise 25 Millionen bares Geld und 75 Millionen Staatspapiere in kurzer Zeit aufgebracht werden können?« Erst nach Mitteilung »desiderierter Data« könne er das geforderte Gutachten zufertigen (Scharnweber eigh. i. gl. Fasz. Bl. 16).

219. Königin Luise an den Geheimen Staatsrat Nagler Berlin, 18. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 19: Abschrift von Altensteins Hand. Druck: Griewank, Königin Luise, Nr. 310, S. 443, ohne die Nachschrift.

Bitte um Beeinflussung planung

Altensteins in der Auseinandersetzung

um die

Finanz-

»Haben Sie sich meines Auftrags entledigt? Es liegt mir, wie Sie leicht denken können, alles daran, da jetzt muß gehandelt werden und nicht die alte Leier abgedudelt, die zu nichts hilft. Geld will der Mensch, und Geld zu schaffen muß jetzt das Augenmerk Ihres Schwagers sein. Ich bin überzeugt, spricht er mit Fürst von Wittgenstein, diskutieren sie beide, wechseln ihre Ideen, so kann etwas Ganzes und Gutes herauskommen. Daß Minister Altenstein mit seinen Financiers und Sektionschefs den Plan des Fürsten wird gehörig geprüft haben, läßt sich voraussetzen mit Gewißheit; daß er meinen Wunsch, der eigentlich der seine sein muß, mit dem Fürsten Rücksprache zu nehmen sowie mit den beiden Bankiers, die ich Ihnen gestern nannte, erfüllen werde, läßt auch keinen Zweifel. Tut er aber dieses nicht, erschöpft er nicht alle Quellen, woraus ihm Rat und Licht kommen kann, so genügt er nicht seiner Pflicht und handelt eigensinnig. Bis

590

[i8. März 1810]

gestern hatte er den F[ürsten] Wittgenstein noch nicht gesprochen und sprach dennoch am Morgen dem König von einer Deduktion der Unmöglichkeit. Tragen Sie alles dazu bei, ehrlicher Freund des Guten, damit das Gute geschehe. Nachschrift. Hierbei ein kleines Memoire meiner Ansicht. Ich sprach zwar darüber und in dem Sinn [?] gestern, fürchte aber, nicht deutlich genug gewesen zu sein.«

220. Memoire der Königin Luise [Berlin, 18. März 1810] Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 20: Abschrift von Altensteins H a n d ; leicht abweichender Druck bei Griewank, Königin Luise, Nr. 309, S. 442 f.

Aufforderung zur Opferbereitschaft in der Notlage des Staats »Ich gehe von dem Grundsatz aus, daß der Mensch, der sich dem Gedanken überläßt: „Preußen ist doch verloren", ein Mensch ist, der zu gar keinen großen Vorkehrungen taugt und es der unrichtigste Gesichtspunkt ist, den man nur haben kann und der mit Recht ein kleinlicher Gesichtspunkt genannt werden kann. Dieser Gedanke wird nicht nur alle großen Maßregeln hemmen, sondern er macht den Menschen, der davon ausgeht, ganz unbrauchbar, weil er immer in sein Nichts zurückfällt, da er sich immerhin sagt: „deine Mühe ist doch umsonst." Dieser Mensch also wird nur, statt große Maßregeln zu ergreifen, nur kleine oder halbe in Gang bringen und so den geraden Weg auf Preußens Untergang einschlagen, statt sich dem entgegenzustellen. Es ist leider so weit in unsern Tagen gekommen, daß man sich auf alles gefaßt machen muß. Wer sich aber das Traurigste denkt und es zum Leitfaden seiner Handlungen macht, der handelt auch gewiß sehr traurig, der verfehlt (besonders — stehen solche Menschen an der Spitze der Geschäfte —) ganz den hohen Beruf, zu welchem er eigentlich da ist, nämlich statt zu helfen, hilft er am Untergange arbeiten. Ein wahrer Staatsdiener muß von dem Geiste beseelt sein, Mittel erstlich aufzufinden und zweitens im Gang zu bringen, um den Forderungen, die dem Staate gemacht werden und obliegen, Genüge zu leisten, damit aller Vorwand schwinde, der nur einigermaßen einen gewaltsamen Schritt des Feindes gegen denselben rechtfertigen könnte. Er muß von dem großen und einzig wahren Gesichtspunkt ausgehen, daß vor allen Dingen die Nationalität gerettet werden muß, daß der Nation alles daran liege, unter dem Szepter eines tugendhaften Königs vereinigt zu bleiben, daß, um diesen Vorzug und dieses Glück zu genießen, das Volk gewiß bereit sei, große Opfer zu bringen. Dieser Gedanke also, dem König das gesamte Volk und dem gesamten Volke seinen rechtmäßigen König zu erhalten, dieser Gedanke also ist es, der die Seele aller Staatsmänner

[i8. März 1810]

591

anfeuern muß und der einzig und allein den Leitfaden ihrer Handlungen ausmachen müsse. Dann werden sie sich aus den kleinlichten Ansichten herauswinden können. Dann werden sie Stoff finden, diese Gedanken laut und allgemein zu verbreiten und den Mut den Gemütern einzuflößen, große Opfer zu bringen und zu tragen, um große Vorteile zu sichern.« 1 1

Hierzu ging an Nagler folgende Mitteilung der Königin: »Mit der höchsten Anstrengung schrieb ich Ihnen heute morgen dieses Billet; lasse es von treuer Hand kopieren, und diese schickt Ihnen die Kopie und mein Billet. Ist es möglich!!! Schicken Sie mir die Kopie zurück, ich habe nicht die Kraft, es abzuschreiben.« (Abschrift von Altenstein i. gl. Fasz. Bl. 21)

221. Geheimer Staatsrat Nagler an Königin Luise [Berlin, 18. März 1810] Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 22: Abschrift von Altensteins Hand.

Rechtfertigung Altensteins, Bestürzung über das Mißtrauen der Königin »E. K . M. Befehl habe ich befolgt, wie Allerhöchstsie von mir überzeugt sein werden. Der Minister v . A[ltenstein] will vor allem Sr. Majestät dem Könige berichten, was er von den für ihn recht schwer begreiflichen Vorschlägen des Fürsten Wittgenstein und wie er sie ausführbar hält, und wird sich sodann keiner Rücksprache entziehen, die Sr. Majestät der König oder E. K . M. befehlen. Eine Rücksprache mit dem Fürsten von Wittgenstein habe ich ihm nicht sowohl als eine mit Benecke und L e v y empfohlen. Dieses war gestern E . K . M. Absicht. Ich habe jetzt etwas mehr Kenntnis von der Sache als gestern und bürge dafür, daß der Minister v. Altenstein jede Quelle der Hülfe ohne eitle Rücksicht, ob er oder wer sonst sie gefunden hat, benützen wird, wo nicht Vernunft, Ehre und Menschlichkeit ihn hindert. Mehr fordern und erlauben E . M. so wenig als unser edler, gerechter über alle Dinge so richtig urteilender König. Wenn E . K . M. nicht allen Glauben an meinen rechtlichen Willen verloren haben, so erhören Sie meine treue Bitte, eine Sache, die das Höchste betrifft und wovon die Erfüllung unsers leidenschaftlichen Wunsches — Hülfe und Rettung — abhängt, in der Beurteilung ohne Leidenschaft zu behandeln und nicht über Dinge, die nach allgemeinem Glauben schwer sind, zu leicht und zu kühn zu urteilen, weil sie leicht oder einfach erscheinen. Nie, gnädigste Königin, gab Ihre große edle Seele rechtliche Männer dem Zweifel preis, daß E. M. durch irgendeinen Einfluß vermocht werden können, Staatsdiener, welchen Sie ehrlichen Willen und Verstand zugetrauet haben, auf einmal für eigensinnig und für so verabscheuungswürdigen Herzens und Sinnes zu halten, daß sie nur mehr, daß doch alles verloren sei, aufhören — mit K r a f t , Eifer und Ehre zu denken und zu handeln.

i8. März 1810

592

Ich werde von der Anlage 1 Ihres gnädigsten Schreibens keinen Gebrauch machen, als wann und wo E. M. es bestimmen werden, und solche nur in E. M. Hände zurückgeben. Soeben erhalte ich E. M. zweites Billet, das die Abschrift des ersten zurückfordert, das mir einige Zweifel und Verlegenheit erregt hatte. Ich leide bei der Nachricht von E . K . M. Anstrengung und wegen der Spuren von Vorsicht und Mißtrauen schmerzlicher, als E. M. glauben. Nach Befehl sende ich die nach 2 Uhr erhaltene verwechselte Kopie hierbei zurück und bitte E . M., keiner dritten Person außer Sr. Majestät dem Könige, vor dem ich nichts verberge, Äußerungen dieser Art bekanntwerden zu lassen.« 1

Das Memoire der Königin, siehe Nr. 220.

222. Immediateingabe des Ministers Freiherr von Altenstein Berlin, 18. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V l l a 10 Bl. 17: Ausf., gez. Altenstein; Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 2 Bl. 72: Konzept teils Niebuhr, teils Altenstein eigh.; Rep. 92 Hardenberg H 3V2 Bd. 1 Bl. 18: Abschrift mit Marginalien Hardenbergs 1 .

Abwertende Begutachtung des Finanzplanes

von Wittgenstein

»Der Aufsatz, welchen der Fürst von Wittgenstein 2 E . K . M. überreicht hat, betrifft einen Gegenstand von so entscheidender allgemeiner Wichtigkeit, daß es für den letzten im Volk keiner Entschuldigung bedurft haben würde, wenn er, getrieben von der Angst über das Schicksal des Staats und dem Glauben, die Mittel zur Rettung angeben zu können, sich gedrungen gefühlt hätte, seine Gedanken zur Kenntnis E. M. zu bringen. Noch weniger bedarf dies für einen Mann einiger Entschuldigung, den E . M. Gnade in den ersten R a n g Ihrer Untertanen und Diener erhoben hat. 3 Ob es aber eben von diesem so schuldlos gehandelt ist, als es von einem nach seinem Rang und Verhältnis unbedeutenden Untertan sein würde, wenn er denjenigen 4 Diener E. M. umgeht, dessen Pflichten am nächsten und ausschließendsten auf den Gegenstand gerichtet sind, da ich nur E . M. Gnade verdanke, Kenntnis von seinem Plan erhalten zu haben; ob, wie sein böses Gewissen es nur zu klar verraten hat, seine Schuld nicht eben durch die Wichtigkeit des Gegenstandes erhöhet wird, wenn er leichtsinnig, ohne sich die nötigen Nachrichten zu verschaffen 5 , an die Lösung einer Aufgabe sich wagt, die bei den vollständigsten Materialien den geübtesten Staatsmann in Verlegenheit setzen würde, und sich zur Ausführung zudringt, ohne daß er für die Ausführbarkeit eine Bürgschaft nachzuweisen imstande ist und sich daher mit der Lüge der Zustimmung eines sehr achtbaren Mannes hilft, die er nicht hat 6 , — dieses lasse ich der eignen Beurteilung E. M. ehrerbietigst anheimgestellt. Auch lasse ich es unerörtert, ob die Kenntnis dieses Plans auf E . M. und durch Allerhöchstdieselben auf das Ministerium beschränkt bleiben kann, und

i8. März 1810

593

welche Folgen es für E. M. Selbst und Ihren Staat haben möchte, wenn es verlautete, — das Mittel, die Kontribution mit allen Rückständen zu zahlen, sei nicht nur längst vorhanden gewesen, sondern auch vollständig angezeigt 7 , und es werde sich jetzt bewähren, ob E. M. wenigstens jetzt die Konvention erfüllen wollten oder nicht wollten, indem Sie jenes Mittel wählen oder solches verwerfen und bei der bisher beteuerten Unmöglichkeit beharren, deren Nichtigkeit dargetan sei. Es sei mir erlaubt, E. M. freimütig zu erklären, daß niemand sich einer größern Verantwortlichkeit gegen Allerhöchstdieselben unterziehen kann als der Urheber eines solchen Plans, welcher sich dadurch zum Schiedsrichter über das Schicksal der Monarchie aufwirft und kaum eine andere Wahl als die Annahme seiner Plane läßt, mögen sie heilsam und ausführbar oder verderblich und chimärisch sein: in diesem Fall kann Irrtum zum Verbrechen werden. Er wird es doppelt nach so langem Schweigen, das er, sogar bei der Aufforderung zu reden 8 , beobachtete, und da er schon so lange von dem — angeblich Hardenbergischen Plane Kenntnis hatte. 9 Die Äußerungen des p. von Wittgenstein gegen alle Territorial-Zessionen treffen unsere Anträge nicht, so gegründet sie auch fast in allen andern Fällen sein mögen. In diesem Falle glaube ich in meinem und meiner Kollegen Namen sagen zu können, daß wir die persönlichen und allgemeinen Pflichten des Fürsten und Landesherrn nicht weniger kennen und ebenso hoch anschlagen als der Fürst von Wittgenstein. Mit diesen Gefühlen streiten aber unsere Anträge keinesweges, wenn wir uns auch in einem Zeitpunkt zwingender Übermacht und unverhohlener Ohnmacht über die Notwendigkeit, diese und ähnliche Gefühle zu unterdrücken, wenig geäußert haben, indem es uns überflüssig schien, Worte zu machen. Wir betrachten das Verhältnis E. M. zum Kaiser Napoleon als einen durch die von der Unmöglichkeit herbeigeführte Nichterfüllung der Konventionen wieder eingetretenen Kriegszustand, der freilich nur einseitig da ist, allein es der Willkür Frankreichs überläßt, die Bedingungen eines endlichen Friedens zu bestimmen. Daß Frankreich es in seiner Gewalt hat, die Kontributionszahlung unerfüllbar zu machen, wenn es die holländische Anleihe nicht annimmt und Nachforderungen macht, zu denen es sich mehr als einen Weg offen behalten hat, glaube ich nicht ausführen zu dürfen und ebensowenig, daß es dieses beabsichtige, da es bisher alle Zahlungsvorschläge verworfen hat. Daß der Kaiser Napoleon keine Territorial-Zessionen beabsichtige, ist eine falsche Behauptung, indem der bekannte vorsichtige Charakter des Herzogs von Cadore es gar nicht zuläßt, seine bestimmten Äußerungen über diesen Gegenstand für unveranlaßt zu halten, wie sehr er sie auch in diesem Lichte darzustellen suchen mag: überdies aber ist E. M. eine eigne Äußerung des Kaisers gegen den General-Major von Krusemarck selbst hierüber zuverlässig im Andenken. Wir haben nicht etwas mehr Ruhe und Wohlbefinden für die Untertanen beabsichtigt, wenn wir bei E. M. darauf angetragen haben, Anträge, die wir als unausbleiblich voraussahen und deren Ausführung ohne oder nach einer Anforderung E. M. stillschweigend an unsern neulichen und meinen heutigen Bericht erinnern wird, je eher je lieber zu einer Entscheidung zu bringen, sondern wir haben es für eine sehr untergeordnete Rücksicht gehalten, den Untertanen, welche E. M. geliebter Regierung vielleicht entrissen werden, das Glück, welches ihnen unter aller Not noch teuer ist,

594

i8. März 1 8 1 0

einige Wochen länger zu erhalten, wenn dadurch das Ganze endlich einmal zu einem Zustand von Stabilität gelangen könnte, ohne den es in sich rettungslos vergehen muß. Wir haben vorausgesetzt, daß es E. K. M. Fürsorge für die abzutretenden Untertanen nicht unwert sei, sie nicht vorher durch Opfer zu ihrer Rettung zugrunde zu richten und sie denn doch ohne Schwertschlag abzugeben, ihr Schicksal bei einer Überlassung zu mildern, die zugleich das Pfand einer genauen Verbindung mit Frankreich sein sollte und die Hoffnung erlaubt, ihnen ihre schlimme Lage etwas erleichtern zu können. Wir haben mit dem Fürsten von Wittgenstein vorausgesetzt, daß E. M. einer wirklichen Besitznahme keine Maßregeln der Verzweiflung entgegensetzen werden, und wir haben geglaubt, daß der Verlust für das Ganze sehr gemildert werden könnte, wenn das Unglück nicht durch Gewalt, sondern, sobald die Unabwendbarkeit desselben ganz evident ist, durch eine treue und mit Einsicht gepflogene Unterhandlung, deren Opfer in der öffentlichen Meinung vielleicht die Unterhändler gewesen sein würden, entschieden worden wäre. Wir haben geglaubt, daß das Maß des Verlusts nur auf diesem Wege beschränkt werden könne, welches sich durch den Betrag der Kosten der Wegnahme vermehren würde, und daß nur auf diesem Wege die Fortdauer einer preußischen Monarchie durch einen entschiedenen Bund mit Frankreich gesichert werden könne, während eine gewaltsame Wegnahme alle Garantie raubt. Wir halten es für unbezweifelt, daß es für den Kaiser Napoleon wahren Wert habe, das, was er über den preußischen Staat verhängt haben mag, nicht mit direkter Gewalt auszuführen, daß aber diese Rücksicht ihn auf die Länge nicht zurückhalten und der Staat ihm eben dafür werde büßen müssen, wenn er den Weg erwählen muß, den er lieber vermieden hätte. Wir sind überzeugt, daß auch die pünktlichste Kontributionszahlung E . M. und den Staat nie vor ihm vollkommen gerechtfertigt erscheinen lassen wird und kann und daß dies allein durch System und gegenseitig veränderte Gesinnungen und Interesse zu bewirken ist. Dies kann nicht mit Überzeugung von dem Fürsten von Wittgenstein geleugnet werden. So wenig aber nach unserer Überzeugung auch die Berichtigung der Kontribution nach allen frühem Vorgängen entschieden sichern würde, so entschieden finde ich mich befugt 10 , nach der ruhigsten und vorurteilslosesten Prüfung zu erklären, daß sein Plan nicht zum Zweck führen und nur das unbegrenzteste Elend über das Land verbreiten würde. Der Plan des Fürsten Wittgenstein enthält keine neue Idee, sondern benutzt nur die von mehreren in Vorschlag gebrachte, sich alles baren Geldes im Lande zu bemächtigen, um es zur Kontributionszahlung zu verwenden. Diese Idee ist auch für den Ungeübtesten auffallend und klar unausführbar. Das bloße Nehmen des Geldes, wo man es findet, ohne alle Rücksicht und Schonung, ist eine so schlechte Kunst, daß dazu jeder gemeine Taglöhner qualifiziert ist. Ich setze voraus, daß der Fürst in einem zur unmittelbaren Einsicht E . M. bestimmten Aufsatz nicht die allerwesentlichsten Punkte anzugeben versäumt haben werde, und dann unterscheidet sich sein Plan nur dadurch von andern Planen, daß er die ganz eingezogene Geldzirkulation nicht einmal durch ein Papiergeld ersetzt, sondern nur mit zinsbaren Obligationen bezahlt. 11 Dies erhellt auch daraus, daß er das ganze Kapital zu 5 p. Ct. mit 5 Millionen verzinset annimmt. Zinsbare Obligationen, die als Geld dienen, sind ein Unding,

i8. März 1810

595

und man muß also voraussetzen, daß wenigstens ein Teil derselben in ein gewöhnliches Papiergeld verwandelt werden würde; denn womit sollten sonst auch nur die Zinsen bezahlt werden, da gar kein bares Geld, weder Gold noch Courant noch Münze, mehr vorhanden sein würde? Vielleicht wird der Fürst antworten: Das Bedürfnis werde die Inhaber der Obligationen zwingen, sie gegen unverzinsbares Papiergeld auszutauschen, und dies wäre ebensoviel an den Zinsen erspart, — eine Idee, die auch in dem Kabrunschen Plane 12 , der öffentlich und allgemein gehörig gewürdigt worden ist, liegt, aus dem diese und die ähnlichen Projekte entstanden sind 1 3 : allein die Vernachlässigung dieses Hauptpunkts beweist den Leichtsinn und die Flüchtigkeit, womit das Ganze ohne ernstliche Prüfung und Nachdenken auf das Papier geworfen ist. Ein ähnlicher unwiderleglicher Beweis dieses Leichtsinns findet sich in der Behauptung, es würde nur ein Individuum von 400 durch die vorgeschlagene Maßregel, 25000 Personen in der Nation aufzusuchen, getroffen werden. 14 Weiß der Fürst Wittgenstein nicht, daß die Bevölkerung der Monarchie durch den Tilsiter Frieden auf wenig mehr als fünf Millionen eingeschränkt ist, also nach seinem eigenen Plan ungefähr einer aus 200 das erwähnte Schlachtopfer werden würde? Ich führe diese Umstände nur an, um den Grad des Zutrauens zu würdigen, den die allgemeinen Angaben und die Verheißungen eines solchen Plans verdienen. Wer über Gegenstände, die unmittelbar vor Augen liegen, so falsch und unbedachtsam schreibt, dessen Verheißungen über den Ausgang von Maßregeln, die sich auf ganz unbestimmte, durch keine Berechnung auszumittelnde Gegenstände beziehen, verdienen gewiß keinen Glauben. E. M. wollen die Prüfung von Finanzplanen nicht Selbst übernehmen; aber es bedarf keiner Beschäftigung mit der Finanzkunst, um die Wahrheit oder Falschheit folgender Sätze zu beurteilen. 1. Von dem Augenblick an, da eine Maßregel beschlossen wird, die gradehin auf nichts anders geht, als dem Lande alles bare Geld zu entziehen, muß das holländische Anleihen scheitern 15 , und es kann kein andres im Auslande eingeleitet werden: denn nirgends täuscht man sich über die tödliche Entkräftung, welche den Staat in die vollkommene Unmöglichkeit versetzt, nachher seine eingegangenen Verbindlichkeiten zu erfüllen. 2. Denn es ist gar keinem Zweifel unterworfen, daß die plötzliche Substitution eines innerlich ganz wertlosen 16 Papiergeldes in einer so großen Masse den Wert desselben gegen bares Geld ganz außerordentlich herabsetzen wird. Es ist evident, daß dies sich besonders im Wechselcours äußern muß und daß, wenn die holländische Anleihe sonst etwas über eine Million Taler Courant jährlich kosten würde, es nun dem Staat wenigstens drei bis vier Millionen Taler Papiergeld kosten müßte. Denn es ist ebenso evident, daß der Cours dieses Papiergeldes nach der allergünstigsten Berechnung wenigstens ebenso tief sinken würde als der des österreichischen17, weil es in einer ungeheuren Masse auf einmal erschiene und die Ressourcen und die Handelsbalance des Preußischen Staats 1 8 gar nicht mit denen Österreichs verglichen werden können. Dies wird um so mehr der Fall sein, da verständige Beurteiler die Überzeugung hegen müssen, es reiche doch nicht hin und man werde das an der Kontri39

Stein/Hardenberg

596

i8. März 1810

butionssumme Fehlende entweder gar nicht zahlen können 19 , der Staat also doch entweder neue Abtretung leisten oder durch neue französische Okkupation untergehen, oder Wechsel zu jedem Cours anschaffen müssen. Es ist aber auch evident und durch die Erfahrung aller Staaten bewiesen, daß die Einnahme des Staats nicht in dem Verhältnis durch Erhöhung der Abgaben gesteigert werden kann, wie das Papiergeld im Wert sinkt: denn die Preise der Produkte, welche nur im Inlande verkauft werden, steigen nicht in gleichem Verhältnis, also auch nicht die Fähigkeit der Untertanen, Steuern zu zahlen. Dies weiß der Ausländer sehr wohl; er beurteilt darnach die Zahlungsfähigkeit des Staats und betrachtet sie also nicht nur als um ebensoviel unsichrer, als wenn die Anleihe drei- oder viermal größer wäre, sondern noch um soviel mehr, als die Möglichkeit eines noch weit tiefern Falls des Courses beträgt. 3. Man würde also auf jede fremde Anleihe Verzicht tun und sich nur allein auf die bare Aufbringung im Lande beschränken müssen.20 Durch diese müßten denn nicht nur die vom Fürsten Wittgenstein berechneten 25 Millionen bares Geld, sondern noch darüber herbeigeschafft werden: Gold, Courant und Münze zusammengerechnet. Es ist nämlich zu erwägen, daß bei weitem der größte Teil der Zirkulation in Münze besteht, welche teils von der Ausmünzung her, teils durch die beigemischte falsche Münze mit nicht weniger als 10 p. Ct. Verlust eingeschmolzen werden müßte, und das Courant größtenteils aus 2-Groschenstücken, die ebenfalls um 6 bis 8 p. Ct. zu geringhaltig sind. 21 Die aufzubringende Summe wäre wenigstens — (denn auf Kostenberechnungen aller Art, Verzugszinsen usw. muß man im voraus gefaßt sein) 90 Millionen Franken oder über 27 Millionen Taler Courant. Rechnet man nun, wie man dies unstreitig tun muß, daß von den einzuziehenden 25 Millionen Talern — da das Gold und der größte Teil des Courants vergraben oder weggeschleppt werden würde — doch noch höchstens 17 Millionen in Münze und 8 Millionen in Courant einkommen könnten, so wäre auf jenen ein Verlust von 1.700.000 rt., auf diesen von etwa 300.000 Reichstalern, so daß man nur 23 Millionen an Silber erhielte und die noch fehlenden 4 Millionen schon auf andre Weise gedeckt werden müßten, wozu die Kronjuwelen, das bei Hofe und bei der Nation noch übrige kostbare Geschirr eine ärmliche Aushülfe abgeben und jedem im Fall eines neuen Unglücks nur den Bettelstab übriglassen würde. Ob der Fürst Wittgenstein wohl eine klare Idee von der Möglichkeit haben mag, die ganze kursierende Geldsumme mit Gewalt einer Nation auf einmal wegzunehmen? Ob ersieh wohl schon klar vorgestellt hat, was das Resultat ist, wenn diese Wegnahme nicht an einem Tage erfolgt und jeder vergräbt und verbirgt, was er kann, sobald er den ersten Wink von der Operation erhält. Die Einführung bei der Gold- und Silberanleihe ist doch ganz neu und das Verhältnis um noch viel leichter 22 . E. M. könnten also weder Sich noch Ihren Untertanen sagen, daß mit dieser fürchterlichsten aller Anstrengungen alles abgemacht sei, noch dem Kaiser Napoleon in Wahrheit die beabsichtigte vollständige Zahlung versprechen. 4. Der Fürst von Wittgenstein nimmt als ausgemacht an, daß wenigstens

i8. März 1810

597

25 Millionen bares Geld im Staate umlaufen, und von der Wahrheit dieses Satzes hängt die Richtigkeit seines ganzen Raisonnements auch nach seinen eignen Voraussetzungen ab. Diese Annahme ist willkürlich wie alle Abschätzungen der zirkulierenden Geldmassen und durch nichts als willkürliche Voraussetzungen begründet. Solange diese Berechnungen eine müßige Beschäftigung theoretischer Staatswirte sind, können sie als ein Spiel des Geistes gleichgültig sein, sollen aber Folgerungen daraus gezogen werden, muß die Gültigkeit der Data geprüft und bewiesen werden, aus denen man folgern will. Ich halte eine Abschätzung der Geldzirkulation bis auf mehrere Millionen für unmöglich, die besten Data indessen gewähren die Übersicht des Kassenroulements und eine Abschätzung des in den Hauptstädten und Großhandel umlaufenden Kapitals, und diese geben mir die ziemlich gewisse Uberzeugung, daß die Zirkulation an allen Münzsorten zusammengenommen lange nicht 25 Millionen Taler Nominalwert erreicht 23 . Demnach würde diese Maßregel noch unzulänglicher ausfallen und der Ruin, den sie verursacht, ganz fruchtlos der Nation zugezogen sein. Nur die Erfahrung kann die Wahrheit dartun, aber in diesem Fall wie in vielen andern wird die Belehrung der Erfahrung furchtbar sein und eine gänzliche Auflösung bewirken. 5. Die Rückstände (32 Millionen Franken oder 9 Millionen Taler) sollen innerhalb vier Monaten, 4 Millionen Taler aber in 6 bis 8 Wochen aufgebracht werden; also in vier Monaten 13 Millionen Reichstaler 24 oder ein ansehnliches Mehr, als jetzt jährlich - mit Einschluß der bedeutenden auf das Ausland fallenden Zollgefälle — die Einkünfte des gesamten Staats betragen, von denen der größte Teil nur durch die größte Strenge beigetrieben werden kann, nicht bloß wegen der großen Verarmung, sondern weil die Geldzirkulation durch das Unglück des Staats sehr vermindeit ist. Aus der reichsten Provinz, aus Schlesien, sind die Klagen über Mangel an Courant schon oft genug vor E. K. M. Thron gekommen. Ebenso arg sind sie in Preußen. Dort hält es schwer, den Betrag für 50.000 rt. Wechsel an der Börse zu erhalten. E. M. werden mir aus tausend Berichten einige genauere Kenntnis dieses Gegenstandes zutrauen, als derjenige besitzen kann, der höchstens den baren Geldvorrat einiger Juden und Kaufleute kennt. Diese Summe von 13 Millionen soll neben den gewöhnlichen und neben den Kommunalabgaben aufgebracht werden. Es ist hier nicht zunächst die Frage von dem entsetzlichen Zustande, welcher dadurch hervorgebracht werden wird, sondern von der Möglichkeit der Ausführung. 6. Man muß sich die Ausführung so vorstellen, so wie sie allein stattfinden könnte. Die Beiträge, die gefordert werden sollen, sind große Summen, wofür Obligationen ausgestellt werden, die das bare Geld gar 25 nicht ersetzen können. Zu der Anfertigung eines Papiergeldes und der Kupferscheidemünze, wogegen ein Teil dieser Obligationen sogleich umgesetzt oder die anstatt des durch die Abgaben eingehenden baren Gelds, welches alles zur Fortsendung verwandt werden müßte, ausgegeben würden, gehört eine sehr lange Zeit: da z. B. die jetzt sehr vervollkomm[ne]te Fabrikation 39'

598

i8. März 1810

der Talerscheine doch nur 240.000 Stück monatlich liefern kann, denn E. M. würden Ihr gegebenes Königliches Wort heilig halten und die Tresorscheine nicht zu diesem Zweck gebrauchen, sondern ein anderes Papiergeld einführen. Dies müßte bis auf 4 Groschen eingeteilt werden 26 , weil die Ausmünzung von Kupfergeld für größere Teile des Talers als Groschen das Land ganz mit falscher Münze überschwemmen würde. Also würde niemand ein Geldmittel haben, um die laufenden Ausgaben des täglichen Lebens zu bestreiten und die Abgaben zu zahlen, zu gleicher Zeit würden alle Dinge mehr oder weniger im Preise steigen, so wie das Papiergeld gegen Courant verliert, und also jeder mehr Geldzeichen als bisher bedürfen. Dies ist ein noch weit fürchterlicherer Zustand als ein allgemeiner Bankerott. Selbst in der Schreckenszeit von Frankreich war das Übel nicht so groß, als es hier werden würde, und wer kann die Folgen verbürgen? 7. Ich bin weit entfernt, von den Blößen Vorteil ziehen zu wollen 27 , die ein jeder roh entworfener Plan darbietet, wenn seine Grundzüge nicht scharf bestimmt sind, und will daher die Bestimmung der neuen Nationalschuld auf 100 Millionen Reichstaler und ihre Verteilung in Quoten von 4000 rt. nicht rügen, obgleich sich diese Summe von 100 Millionen Reichstalern nicht findet 28 , wenn man auch die Provinzialschulden zu den Bänke-, Seehandlungs- und andern Staatsschulden und der aus der Zirkulation zu ziehenden 25 Millionen schlägt. Irrtümer von 20 Millionen Talern sind nicht anständig, aber ich will sie hier nicht als wesentlich betrachten. Die Idee, 25.000 Personen, deren jedem eine Zahlung von 1000 Reichstalern bar und — seien es 2 oder 3000 Reichstaler in Papieren — aufgelegt wird, im ganzen Lande auszuwählen ist eine furchtbare Willkürlichkeit. 29 Um die Ausführbarkeit oder Nichtausführbarkeit dieser Idee entscheidend beurteilen zu können, muß ich E. M. ehrerbietigst ersuchen, zu gleicher Zeit von zwanzig oder dreißig glaubwürdigen und E. M. Zutrauen genießenden Männern in Kreisen und Städten der verschiedenen Provinzen einen Bericht zu fordern, wieviele unter den Einwohnern ihres Kreises oder ihrer Stadt imstande wären, innerhalb vier Monaten, ohne Geld zu leihen30, 500 rt. und darüber bar aufzubringen, und in welchem Verhältnis diese Zahl zur Zahl der Einwohner steht. Ich nehme hier nur auf das Nächste Rücksicht, nicht auf die übrige in Terminen aufzubringende Hälfte, obgleich auch diese im Verhältnis, wie jeder nur Papiergeld einnimmt und doch Silber zahlen soll, unerschwinglich fallen wird, und sage: ohne Geld zu leihen, weil, sobald eine Maßregel promulgiert wird, die eingestanden alles bare Geld aus der Zirkulation bringt, an kein Anleihen für irgend jemanden ferner zu denken ist, indem a) das bare Geld vergraben und versteckt werden würde, weil es gegen ein notwendig mit jedem Tage sinkendes Papiergeld in sich die höchsten Zinsen trägt; b) Verschreibung von barem Courant, um konsequent zu verfahren, untersagt werden müßte oder doch ein Unding würde, sobald keins mehr vorhanden ist. Wäre dieses nicht und könnte die Rückzahlung nach dem Course einge-

18. März 1810

599

fordert werden, so würden allerdings reiche Wucherer, wenn sie mit einem für ihr Vermögen geringen Einschuß freikämen, den Plan des Fürsten vortrefflich finden, indem sie ihn benutzen könnten, um Zinsen zu fordern, die sogar jetzt unerhört sind; denn eine solche Not um Geld würde bei keiner feindlichen Brandschatzung jemals geherrscht haben. 31 Sollte der Fürst Wittgenstein, so geübt in solchen Künsten, dieses nicht durchschauet haben; sollte er den Kaufleuten diese Aussicht nicht als Lockspeise gezeigt haben? Sollte der Fürst Wittgenstein nicht gewußt haben, daß gerade wegen dieses Umstandes diese vertrauten Männer keine Stimme in der Beurteilung haben können? 32 Diejenigen Landschaften, welche durch den Krieg ganz zugrunde gerichtet sind, müssen bei einer Berechnung dieser Art ganz ausfallen; und in vielen andern Gegenden wird es sich ergeben, daß nicht einer unter 2000, vielleicht 10 000 imstande wäre, in der genannten Zeit 500 rt. bar herzugeben. Welche Orte und Gegenden sollen aber die ausfallenden übertragen? Berlin würde wohl im Verhältnis seiner Bevölkerung und vermittelst Übertragung durch Reichere 700 Personen zählen können, welche imstande wären, zusammengenommen es zu leisten, vor allem, solange noch ein Teil der Gehälter bar gezahlt würde; aber Berlin würde Potsdam und die kleinen Städte nicht übertragen und ein mehreres nicht leisten können. Man kann voraussehen, mit welcher Willkürlichkeit, welcher Begünstigung und Ungerechtigkeit die Listen verfaßt werden würden; hierüber ist die Erfahrung bei dem letzten Berliner Ausschreibungsentwurf im frischen Andenken, welche doch nur bestätigt, was man während des ganzen Kriegs in ähnlichen Fällen gesehen hat. 8. Ist es die Absicht, die ganze Zirkulation zu erschöpfen, so muß das Mittel, wenn es auch abscheulich ist, wenigstens zum Ziel führen. 33 Dies ist hier unmöglich. An der zirkulierenden Geldmasse hat nicht nur der präsumierte Wohlhabendere, sondern jeder, bis zum Bettler herab, seinen Anteil. Das Geld befindet sich nicht wie Korn, Waren, bewegliches Eigentum bei den Wohlhabenderen in Massen, wo es in Requisition gesetzt werden könnte, sondern es läuft auch bei ihm nur durch. Bare Bestände von verhältnismäßiger Bedeutung, welche unangetastet liegen, sind allenthalben höchst selten, und das Geld, welches der Reichste einnimmt, geht im täglichen Verkehr in die Hände der Ärmsten über, bei denen man auf dem vorgeschlagnen Wege sich desselben nicht bemächtigen kann. Diese glücklichen Ärmexen würden so viel, als sie sich nur abdarben könnten, vergraben und verstecken, oder die Juden und Wechsler würden es ihnen gegen Papiergeld ablocken und ihren Fang ins Ausland zum Einschmelzen senden, wohin auch die Banquiers ihre baren Bestände, welche die auf sie ausgeschriebenen Quoten nicht erreichen, fortschicken würden, um ihr Vermögen in Wechseln auf fremden Plätzen zu halten. Dadurch würde die anfangs vorrätige Masse an barem Gelde so vermindert werden, daß, wenn auch alles eingezogen wird, dessen man habhaft zu werden vermag, der Ausfall gegen die Summe, welche man zu erhalten bezweckt, über alles Erwarten groß würde. Es ist sehr möglich, ich möchte sagen, höchst wahrscheinlich, daß man kaum die Hälfte der benötigten Summe auftreiben würde.

6oo

18. März 1810

9. Dann aber wäre das Unglück schon in seinem höchsten Maße da und unheilbar: in den politischen Verhältnissen stünden inzwischen E . M. auf demselben Punkt wie heute. Bis dahin würde die ganz beispiellose Härte und Unleidlichkeit der Maßregeln schon die gräßlichsten, unter der Regierung eines so gütigen Königs unnatürlichsten Vorfälle erzeugt haben, und je entschiedener die Unmöglichkeit würde, das Geforderte zu leisten, je schrecklicher die Verantwortlichkeit der Ratgeber dieses Plans gegen E . M. und gegen Ihr Volk, um so schrecklichere Auftritte würde der Kampf unerbittlicher Härte, die das Unmögliche fordert, und der Verzweiflung, die es verweigert, hervorbringen. Aufstand und Empörungen sind unvermeidlich, und E . M. würden den Jammer erleben, daß Sie es hätten gestatten müssen, daß das Blut Ihrer Untertanen fruchtlos vergossen wäre und daß, was jetzt nicht nur der Leiden wegen, die daraus entstehen, sondern aus treuer Anhänglichkeit und Liebe jedem Untertan als das schrecklichste Übel erscheint, eine endliche allgemeine Katastrophe, die Besetzung durch fremde Gewalt, dem Volk als eine Erlösung erwünscht kommen würde. 10. Die Modifikation, neben den baren 1000 rt. von jedem in das Blutbuch Eingezeichneten 3000 rt. in Staatspapieren zu fordern, soll wahrscheinlich als eine Erleichterung gelten, denn sonst wäre es sinnlos, den Staat zu verpflichten, Papiere, die er nur mit 2 bis 4 p. Ct. verzinset, mit 5 pro Cent zu verzinsen. Sie ist aber das Gegenteil: denn in Preußen und Schlesien sind Bank- und Seehandlungsobligationen nur in sehr wenigen Händen, und auch hier in Berlin und in der Kurmark, wo diese Papiere in den größten Summen vorhanden sind, würde es sich sehr häufig treffen, daß der zum Zwangsdarleihen Verpflichtete keine besäße. Er müßte sie also kaufen, bares Geld dazu anschaffen neben dem, welches er bar hingeben muß; dies würde der Empfänger vergraben oder teils bar, teils in Wechseln fortschicken und also der Ausfall des Ertrags und die Zwecklosigkeit um so viel vermehrt werden, als die Schrecklichkeit des Zwangs steigen würde. Da nun aber hieraus auf allen Seiten für die Banquiers und die Agioteurs ein gewaltiger Gewinn entstünde, so wäre es wohl kein Wunder, wenn sie, selbst scharfsichtig genug auf ihren Vorteil, obgleich erbärmliche Finanzverständige und gleichgültig für E. M. und das Königliche Haus wie für das Volk, solchen Planen Beifall gäben, besonders wenn die Mitteilung mit verständlichen Winken begleitet würde.34 Andern Beifall außer von ganz losen Schwätzern wird dieser Plan nicht finden, solange er noch als eine wage Idee dasteht, welche gewöhnlich nicht so geprüft wird als die Wirklichkeit. Beifall überhaupt entscheidet nur, wenn er von Sachkundigen und Redlichgesinnten gegeben wird: die Kenntnisse der Berliner Juden erstrecken sich nicht über die alltäglichen Geschäfte hinaus, und ihre Loyalität hat wohl die gemeine Tücke, womit jede Maßregel aufgenommen wird, neben vielen andern E. M. nicht unbekannten Umständen erprobt. 35 Was aber würde in Hinsicht der übrigbleibenden Obligationen, die nicht in den Händen der nicht Besteuerten sind, geschehen? Sollen sie ganz wertlos sein? 36 1 1 . Sicherheit der neuen National-Obligationen (und des ihnen vermutlich zu

i8. März 18x0

601

substituierenden Papiergelds) soll auf die Domänen geistlicher Güter usw. begründet werden. Dies setzt auch voraus, daß jede fremde Anleihe und ganz vorzüglich die holländische aufgegeben 3 7 wird, denn sonst wäre es eine doppelte Verpfändung; der in den altern bereits existierenden StaatsObligationen enthaltenen allgemeinen und speziellen Verpfändungen gar nicht zu gedenken. Diese allgemeine Sicherheit würde aber auch dem Wert des Papiergeldes nicht die allergeringste Haltung geben, welcher nur allein durch Realisation, die durch die Möglichkeit, bares Geld dafür zu erhalten, oder durch den Wechselcours 3 8 bestimmt wird. Ist dieser schon sehr ungünstig bei einer Zirkulation von barem Gelde, was muß er werden, sobald er nicht durch Barsendungen ins Ausland reguliert werden kann? Der Wert dieses Papiergeldes wird sich so bestimmen, daß, wenn die ganz kleine Kupferscheidemünze nicht außerordentlich leicht 3 9 ausgeprägt wird, auch diese ins Ausland gehen muß. Alle Verschreibungen, die auf Courant nach dem Münzfuß von 1 7 6 4 lauten, müssen durch einen Machtspruch in Papiergeld nach dem Nominalwert zahlbar gemacht werden. 40 Die Revenüen werden gar nicht oder nur um sehr weniges gespannt werden können; ich will nicht davon reden, daß alle Besoldeten von den ersten im Staat bis zum Soldaten verhungern müssen, aber aus den Ausgaben, die nicht in festem Gehalt bestehen oder an das Ausland entrichtet werden müssen, würde ein Defizit entstehen, welches nur durch neue Emissionen von Papiergeld gedeckt werden könnte; dies heißt aber, den Schlund immer erweitern. Läßt sich an Revenüen mit Einschluß 4 1 des Salzregals, welches bei den jetzigen aus dem Kriege entstandenen Verhältnissen der Partie nicht als reine Revenü betrachtet werden kann, doch nur auf höchstens 1 2 Millionen rechnen, eine Summe, deren Ertrag bei den stets anwachsenden Ausfällen in den Kontributionsgefällen nur durch einigen Handel realisiert werden kann, so bleiben nach Abzug der 5 Millionen Nationalzinsen nur 7 Millionen Reichstaler Papiergeld an Einnahme übrig 4 2 , welche wahrscheinlich bald auf dem Cours der österreichischen Banknoten, also unter einem Dritteil des Nominalgehalts stehen und nur ohngefähr 2.333.000 rt. an Metallgeld wert sein würden. Von dieser Summe müßte E . M. Hofstaat, der Zivil- und Militär-Etat bestritten werden, von denen der letzte nicht weniger als 7 Millionen an Metallgeld erfordert. Ich darf E . M. diese Rücksichten nicht verschweigen und muß daran erinnern, daß die Tresorscheine, von denen kaum 2 ^ 2 Millionen im Publikum waren 4 3 , ehe es unternommen ward, ihren Wert herzustellen, auf 3 6 p. Ct. standen. W a s würde der Stand von wenigstens 2 5 Millionen Papiergeld 4 4 , also einer zehnfach großem Summe, sein? Ich lege indessen auf diese Einwendungen vorzüglich nur insofern Gewicht, als diese Folgen aus dem Plan des Fürsten in einem weit größern Umfang hervorgehen müssen, als wenn sonst die Erschöpfung der baren Zirkulation zur Einführung eines auch nicht realisablen Papiergelds nötigt. Solange die äußern Verhältnisse nicht einigermaßen feststehen, würde ich E . M. getäuscht und mich an Allerhöchstdenenselben und an dem Lande versündigt haben, wenn ich

602

18. März 1 8 1 0

einen nur auf den Fall einer bestimmten Zukunft haltbaren Plan vorgelegt hätte, die unvermeidlich aber allmählich erschöpfte Zirkulation durch ein Papiergeld zu ersetzen, welches von den Nachteilen seiner Natur nicht frei, aber wahrlich gegen das des Fürsten von Wittgenstein nur mit sehr geringen behaftet gewesen sein würde.45 Ich darf mich aber verbinden, E . M. alsdann einen mit sehr leidlichem Nachteil verbundenen Plan vorzutragen. Ich werde dieses Hülfsmittel benutzen, sobald nur eine Aussicht zu einiger Festigkeit des Verhältnisses da ist.46 Stets werde ich solches E. M. aber als Finanzminister, d. i. als Staatsmann, und nicht so vorschlagen, wie Juden und Schwachköpfe es E . M. schon längst vorgeschlagen haben 47 . 12. Die Tresorscheine waren ein Staatspapier so gut wie das, welches aus dem Wittgensteinschen Plane hervorgehen würde, für welches als Papiergeld keine spezielle Verpfändung würksam ist. Es war nur der zehnte Teil der Masse vorhanden, und doch standen sie so niedrig, wie ich angeführt habe. Was würde der Name eines Nationalpapieres nutzen? Wenn es nicht zu leugnen ist, daß die Pfandbriefe zum Teil darum höher stehen, weil Provinzen einen Staat überleben und als Ganzes übrigbleiben können48, wenn dieser zerstückelt wird, so besteht doch die preußische Nation als ein Ganzes nur durch den Thron, und mit der Vernichtung des Throns hört ihr Dasein auf 49 . Ein Nationalpapier ist also in nichts von einem königlichen unterschieden 50 ; beide gehen im Fall einer Teilung und Zersplitterung des Ganzen zugrunde 51 . Es wäre denn, daß man auf eine Fortdauer des preußischen Staats unter einer veränderten Dynastie rechnete, wo man denn die jetzt in der Benennung von Nationalpapier liegende Verleugnung des Namens E. M. als Empfehlung zum Schutz der Papiere gebrauchen möchte 52 . Ich bin weit entfernt, dem Fürsten Wittgenstein solche Absichten beizumessen, ihn verleitet hierzu nur seine Kurzsichtigkeit, aber sie würden weit und breit vorausgesetzt und die Bande zwischen E. M. und Ihrem Volk dadurch in der allgemeinen Meinung aufgelöst werden 53 . E. M. sind daran erinnert worden, was Sie Sich und Ihrem Königlichen Hause schuldig wären, nicht nur Sich, nicht nur dem Königlichen Hause, sondern auch dem Volk sind E. M. verpflichtet, die Souveränität nicht unter selbstberufene Vormünder zu stellen, als die Direktion der neuen Nationalbank sein würde, die für unabhängig von E. M. erklärt werden soll.54 Den verständigern Teil der Nation 55 wird der leere Laut einer Nationalbank nicht täuschen: wer die Vorfälle in fremden Ländern kennt, wird wissen und sich erinnern, daß die schwedische Nationalbank unter der Anarchie von 1720 bis 1772 mit der größten Schändlichkeit administriert 56 ward und in den tiefsten Verfall kam; daß sie Kredit gewann, hergestellt ward und mit Achtung bestand unter souveränen Königen und daß der jetzige Reichstag die erneuerte Nationalbank gebraucht, um Banknoten als Assignaten auszugeben, um jetzt keine neuen Steuern zu bezahlen, die alten künftig bei gestiegenen Preisen der Produkte leichter zu bezahlen ohne Rücksicht darauf, daß ein Zeitpunkt kommen wird, aus dem man zu spät aus dem Traum in Armut und Ruin — wahrlich nicht in einer neuen Epoche von Wohlstand — erwacht.

i8. März 1810

603

Allein der Plan einer Nationalbank wird auf eine Nationalversammlung führen 57 , die solchen genehmigt und garantiert. Es ist dieses ganz unvermeidlich und liegt mehr oder weniger in allen Planen zu einem solchen Institut. Eine Versammlung der Reichsstände wird zu diesem Zweck schon hie und da mehr oder minder stark gefordert. 58 Man scheint absichtlich die öffentliche Meinung hiezu bearbeitet zu haben, und spricht der vorliegende Plan dieses nicht klar aus, so ist es bloß, weil der Verfasser E. M. Abneigung hierunter kennt und überzeugt ist, daß solcher schon von selbst zur Ausführung kommen werde.59 Er mag zwar die Anmaßung besitzen, ohngeachtet nicht Staatsmann, wie er von sich selbst sagt, mit einer solchen Nationalversammlung zu verhandeln und sie unschädlich für E. M. nach seinem Zwecke zu leiten. Was die Geschichte aber aller solcher Volksversammlungen nachweist, wenn der Regent in Zeiten der Not sich ihnen hingegeben hat, daß sie beinahe stets Revolution 60 und wenigstens die schrecklichsten Szenen für die regierende Familie zur Folge hatten 61 , mag er nicht kennen. Ein neues Beispiel 62 sollte ihm doch bekannt sein, und ich überlasse E. M. Beurteilung, wozu solcher Unverstand und Leichtsinn führen. Selbst der sehr kräftige Minister von Stein schauderte vor einem solchen Vorschlag, und was er für die Bank beabsichtigte, war eine ganz hievon verschiedene Sache. Hat denn der Fürst bei der frevelhaften Publizität, welche er diesem Plan gab, bei dem Namen, den er dabei mißbrauchte 63 , gedacht, welchen Brand er in das Volk werfe, ob er nicht den glimmenden Funken, da schön hie und da von einem Reichstage und von einer Nationalversammlung gesprochen wird, anfache? Hat er schon daran gedacht, ob und wie sich solcher wieder auslöschen lasse und was die Folge sei? Weiß er, was früher schon auf Landtagen deshalb zur Sprache gekommen ist? — Aber was weiß ein solcher Mann und was kümmert ihn alles, wenn er seinem Egoismus frönt, wenn er nur bei dieser Gelegenheit eine Stelle oder ein Geschäft erhält, die er lange sucht, und wenn er dabei sein Vermögen errettet und vermehrt. Ist ihm dieses nur gesichert, so ist ihm gleichgültig, wie er vom Schauplatz abtritt. 64 13. Daß der Plan des Fürsten Wittgenstein derselbe sei, den der Minister v. Hardenberg dem Kurmärkischen Landtage mitgeteilt habe 65 , erkläre ich für eine dreiste Unwahrheit 66 , zu der ein sehr trügerischer Schein benutzt ist. Diesen Hardenbergischen Plan, über den eine ganz abweichende Ansicht und meine Achtung für den vortrefflichen Urheber desselben mir nicht erlaubt hat, E. M. zu seiner Zeit meine Meinung zu äußern67, weil ich ihn für unausführbar, aber auch, weil es nicht dahin kommen konnte, daß von seiner Annahme die Rede sei, für nicht bedenklich hielt, überreiche ich E . M. hiebei ehrerbietigst mit dem Schreiben, mit welchem er mir solchen kommuniziert hat 68 . E. M. werden darin finden, daß wenn auch der Minister v. Hardenberg der Einziehung des Numerairs durch Zwangsdarleihen erwähnt, er in die Modalitäten so wenig hineingegangen ist, daß dieser Hauptpunkt des Wittgensteinischen Planes, auf dem alles beruhet, in der Ausarbeitung des von Hardenberg ganz fehlt. Dieses ist freilich ein sehr großer Fehler des Plans 69 , aber es ist klar, daß der Minister von Hardenberg den Mut nicht hatte, diesen Gegenstand, vor dessen Entwickelung ihm schaudern

6Q4

18. März 1810

mochte 70 , in der Nähe zu betrachten; hätte er dies getan, so würde er bei dem Anblick sich entsetzt haben, den ich E. M. treu enthüllt habe. Der Minister v. Hardenberg war so weit entfernt, das Geld durch Feuer und Schwert und Folter 7 1 herauspressen zu wollen, daß er sogar die Kapitalisten nicht zu Zwangsanleihen anziehen wollte, sondern nur die Grundeigentümer; freilich die Klasse, welche nach den obigen Entwicklungen am wenigsten dazu geeignet ist, indem sie nur durch Anleihen oder nur sukzessiv durch den Verkauf ihrer Produkte und den Umsatz des ihr eingehenden Gelds in Banknoten bares Geld erhalten könnte. Dieses letzte wäre auch der einzige Ausweg geblieben, denn an Anleihen wäre für sie nicht zu denken gewesen. 72 Der Minister v. Hardenberg beabsichtigte eine sehr langsame 73 Operation und setzte ohne Zweifel voraus, daß sie größtenteils durch die Kassen geführt werden würde; wodurch wenigstens das Gewaltsame und Grausame sehr gemindert worden wäre. Er schrieb in einem Zeitpunkt, wo eine endliche feste Entscheidung unserer äußern Verhältnisse höchst wahrscheinlich war. 74 Er irrte sich in dem Vertrauen auf die Solidität 75 des nun zu substituierenden Papiergeldes, aber er gab nur ein votum eines Privatmannes; er drang es nicht seinem Könige so wie der v. Wittgenstein auf 7 6 . Geruhen E. M. die bescheidene Äußerung jenes großen Mannes 77 in seinem Schreiben an mich mit der Dreistigkeit des Fürsten Wittgenstein in seinem Schreiben an E. M. zu vergleichen; geruhen E. M. darauf aufmerksam zu sein, mit welcher Vorsicht und zarter Sorgfalt für Allerhöchstderoselben Regentenrecht er bemüht war, nicht eine Nationalversammlung herbeizuführen 78 , sondern einzelne Kreise zu veranlassen, zu ihrem Besten die Errichtung einer Bank nachzusuchen und E. M. zu erleichtern, sich dabei für die Domänen zu interessieren und so eine Beihülfe zu der Kontributionsentiichtung zu erhalten. Nie ist wohl je ein ehrlicher Name freventlicher gemißbraucht und entweihet worden als der des Ministers v. Hardenberg in dieser Sache. Daß der Plan dieses edlen Mannes so himmelweit von dem des Fürsten von Wittgenstein verschieden ist wie ihre beiden Charakter, der sich in beiden ausspricht, liegt zu E. K. M. eigener Beurteilung vor. 79 Daß das, was der Fürst von Wittgenstein über das Einverständnis des Ministers von Hardenberg mit seinem Plan, und daß er auf seine Mitwirkung zu dessen Ausführung rechnen könne, anführt, erkläre ich hiemit für die gröbste Unwahrheit und den Fürsten, bis er sich von letztei Beschuldigung durch das Zeugnis des Ministers von Hardenberg reinigt, für einen Lügner 80 . Es dürfte dieses an sich genügen, da es aber E. K. M. Existenz betrifft, der Abgrund nahe und eine jede Verschweigung der Wahrheit Verbrechen ist, so muß ich den Ekel überwinden, Allerhöchstdenenselben diese Lüge noch mehr in ihrer Blöße darzustellen. 81 Der Fürst wollte die Leitung der Geldpartien — dieses hat er früher geäußert — nicht 82 , wie es einem ehrlichen Manne geziemet, gegen mich, da ich mit ihm über seine Plane gesprochen habe, sondern teils versteckt, teils offen gegen andere. Ob er es gegen E. K . M. geäußert hat, stelle ich anheim, daß er es jetzt beabsichtigt, hat er klar ausgesprochen. 83 Er wußte, daß er E. K . M. Vertrauen nur durch die Lüge,

i8. März 1810

605

sein Plan sei der des Ministers von Hardenberg, dieser sei mit ihm einverstanden, dieser werde ihn mit seinem Rat unterstützen, erschleichen konnte. 84 Er wählte einen E. M. anscheinend Gefahr drohenden Moment, Allerhöchstdero Aufmerksamkeit durch diese Unwahrheit auf sich zu ziehen. Ihm war bekannt, daß ich diese Lüge sogleich durchschauen mußte, daß ich mit dem Plan nicht einverstanden sein konnte und daß ich gewissenhaft abtreten würde. 85 Da er seine Unfähigkeit fühlte, an die Spitze zu treten, und für seinen Kopf etwas bange sein mochte, mußte er auf einen andern Minister, der mit ihm in Einverständnis sei, rechnen 86 , und daß dieses nicht der Minister von Hardenberg sein könne, wußte er gewiß, da er diesen so wenig als mich der Zustimmung fähig halten konnte. Geruhen E. M., Sich den von ihm ausersehenen Minister nennen zu lassen 87 , und es wird Allerhöchstdenenselben der ganze Plan noch klarer werden. Ich hoffe E. K . M. durch Vorstehendes ehrerbietigst in den Stand gesetzt zu haben, über den Allerhöchstdenenselben von dem Fürsten von Wittgenstein vorgelegten Plan Allerhöchstselbst ein vollständiges Urteil zu fällen, E. M. werden Sich zu überzeugen geruhen, daß das vorgeschlagene Mittel a) furchtbar ist, wenn man es in seiner ganzen Gräßlichkeit kennt. b) Daß es an sich in diesem Zeitraum und zu dem angegebenen Zweck durchaus unausführbar ist 88 , wenn man auch gewissenlos genug sein wollte, auf die Folgen gar keine Rücksicht zu nehmen, — daß es unausführbar ist, weil es auf ganz falsche Data über die zirkulierende Masse baren Geldes gebaut ist, weil es nicht möglich ist, es zu erpressen, und es an Sicherheitsobjekten für das neu zu schaffende Papier fehlt und weil mehr als die Hälfte dessen, was geschafft werden soll, auf einer andern Seite verlorengeht, indem die holländische Anleihe sogleich zusammenstürzt 89 . c) Daß das bloße Aussprechen des Planes und noch weit mehr ein Versuch der Ausführung Frankreich den Glauben geben muß, daß alles, was solchem bisher gesagt worden, falsch gewesen sei; 90 daß die politische Existenz Preußens hierdurch auf das Spiel gesetzt wird; daß die Grundfesten des Throns durch das bloße Eingehen auf solchen erschüttert werden, indem es den Weg zu einer Nationalversammlung bahnt 9 1 ; daß — wenn auch Blut zur Ausführung geflossen ist, um Rebellion und Verzweiflung mit Kartätschen zu unterdrücken 92 , und der Fluch des Volks erzwungen ist — bei der letzten fehlenden halben Million, bei einer jeden neuen Forderung Frankreichs 93 und der dann vorhandenen gänzlichen Unmöglichkeit, irgendein Hülfsmittel beizuschaffen, für die Abwendung einer Territorialzession 94 noch gar nichts geschehen ist; daß denn der bleibende Rest nicht mehr imstande ist, E. K . M. für Hunger zu schützen 95 , und daß, wenn große Unglücksfälle noch folgen sollten, Allerhöchstdenenselben auch der Trost entstehen wird, nur der Tränen der Teilnahme Ihres Volkes oder eines Mitleidens in der Geschichte versichert zu sein. Daß dieses meine Uberzeugung, nicht etwa eine Redensart, sondern buchstäblich sei, dieses beteuere ich E. K. M. im Angesicht des Himmels und bei dem Verlust dessen, was mir das Heiligste ist. Ich beteuere E. K . M., daß dieses meine innigste Überzeugung sei. Keiner meiner Kollegen und Geschäftsmänner wird einen Augenblick anstehen,

6o6

i8. März 1810

dieses, wenn er es vollständig liest, E . K. M. ebenso feierlich zu erklären, wie es hier geschrieben steht, wenn sie dessen Unterschrift fordern. 96 Ich will E. K. M. Überzeugung nicht beschleichen. Was hiernach noch von E. K. M. erfordert wird und in den Grenzen der Möglichkeit liegt, werde ich gerne tun, Allerhöchstdero Überzeugung zu bewirken, und des Schmerzes nicht achten, daß sich etwas und ein solches Etwas zwischen Allerhöchstdenenselben und mir in dem entscheidenden Augenblick gestellt hat, um Ihr Vertrauen zu schwächen und Allerhöchstdenenselben Mißtrauen in meine Kenntnisse, meinen Eifer 9 7 oder meinen Willen zu geben. Ich habe ehrerbietigst geäußert, daß ich erbötig sei, alles zu tun, was in den Grenzen der Möglichkeit liegt 9 8 . E. K . M. scheinen zu wünschen 99 , daß ich mit dem Fürsten von Wittgenstein verhandle. Dieses liegt außer den Grenzen der Möglichkeit. 100 Der Fürst von Wittgenstein hat die Gesetze der Ehre zu sehr gegen mich, gegen den Minister von Hardenberg und im allgemeinen beleidigt, als daß ich mich noch mit ihm einlassen könnte oder glaubte, daß irgend jemand sich mit ihm mehr einlassen wird. 101 Was würde es auch nützen. Er würde mich zu beschleichen und zu belügen suchen, wie er den Großkanzler, die hiesigen Banquiers und andere zu beschleichen suchte, er wüide, was ich ihm sagte, verdrehen, um E. K . M. weiter zu täuschen und um mir schon durch eine auch nur entfernte Teilnahme an seinem Plane die Ehre mit zu rauben, deren Verlust unwiederbringlich mit einer solchen Wahrheit 102 verknüpft ist. Dieses kann und werden E . M. nicht verlangen. Der Fürst von Wittgenstein gestehet selbst zu, daß er kein Staatsmann sei. E s ist hier von dem höchsten Punkt der Staatskunst die Rede, nicht von einfacher kaufmännischer Operation, in welcher ich ihm ganz gemeine Fertigkeiten zugestehe. 103 Er kann mich nicht fassen, da nur der wahre Staatsmann die Gründe 104 , welche ich außer dem, was in Vorstehendem enthalten ist, noch anführen kann, zu fassen vermag. Hätte er mir nicht zuviel Scharfblick und Rechtlichkeit zugetraut, auf diesen Plan einzugehen, warum hat er nicht vorher mir seine Idee mitgeteilt, sich nicht wenigstens, wenn auch nur leicht, über Hardenbergs Plan früherhin geäußert 105 , da ich so oft mit ihm über Finanzgegenstände und über seine von dem v. Hardenberg mir zugesicherte kaufmännische Unterstützung gesprochen habe 1 0 6 . Ich darf nicht mit ihm verhandeln, denn ich würde meine Wirksamkeit verlieren, sobald man nur glauben könnte, daß ich mit ihm etwas zu tun habe. 107 E s ist auch nichts zu verhandeln. Des Fürsten Plan liegt vor — meine Erklärung liegt gleichfalls vor: Geruhen E. M. zu entscheiden. E. K. M. wünschen vielleicht, daß ich mit den Juden und Banquiers sprechen möge, welche der Fürst Wittgenstein angeblich in Gutachten gehört haben will. Ich habe solches nicht gesehen 108 . Ich bin dazu bereit, wenn ich E. K . M. Automation dazu erhalte, nachdem Allerhöchstdenenselben das Sachverhältnis klar vorliegt. Schon längst war es einigen hiesigen Juden, die früher Einfluß hatten 1 0 9 , Beschwerde, daß sie keinen vertrauten Zutritt bei mir hatten. Sie suchten mit ihren Freunden und Genossen die Idee zu verbreiten, daß ich durch sie große Hülfsquellen erhalten würde. Alle, die sich früher mit Juden eingelassen hatten, waren dadurch mehr oder weniger in den Augen des Publikums befleckt wor-

i8. März 1810

607

den. 110 Ich ohne Vermögen würde der Bosheit noch weniger entgangen sein, da jeder ganz genau kennt, daß auch nur ein zweckdienlicher Wink des Ministers an Juden in solchen Zeiten wie der gegenwärtigen diesen Tausende einträgt, welche er gerne teilt und dazu leicht einen schicklichen Vorwand findet. 1 1 1 Der Ruf eines Finanzministers muß rein sein. 112 Ich wußte wohl, daß ich von ihnen Hülfe 1 1 3 für den Staat erhalten könne, allein nur auf Kosten E. M. Interesse 114 und ganz unzulängliche Hülfsmittel. Was ich außerdem von ihnen zu erwarten hatte, belehrte mich manchfaltige Erfahrung in dem häufigen Geschäftsverkehr mit solchen. Ich mußte sie im Notfall strenge und stark anziehen 115 . Es wäre unrecht gewesen, mich durch kleine Opfer von ihnen abkaufen zu lassen. Über wichtige Fragen habe ich die Meinung der Banquiers immer erhalten. Meine Geschäftsmänner sind genau mit solchen bekannt, konnten ganz unbefangen ihre Meinung einholen und haben es getan. llu Das Resultat war stets die Erlangung ihres eigenen Vorteils, eine Denkungsart, die dem Kaufmann an sich keine Schande bringt, aber nicht Einfluß auf meine Maßregeln gewinnen darf. 1 1 7 Der vorliegende Gegenstand ist gar nicht 118 kaufmännischer Art, sondern im Gegenteil der Kaufmann muß dabei ein einseitiges und falsches Gutachten geben 119 , zumal wenn man ihm die Sache nicht klar, sondern sie ihm so trügerisch vorlegt, wie es in dem Plan des Fürsten von Wittgenstein der Fall ist. Mit bloßen Diskursen und mit dem Meinen und Glauben der einzelnen 120 ist noch nie mehr als Unglück in einem Staat bewürkt worden. Zu einer ernstlichen Unterhandlung müssen denen, welche befragt werden sollen, Data mitgeteilt werden und in dem vorliegenden Fall solche, welche sich nicht zur Kenntnis von Kaufleuten eignen. 121 Uber kaufmännische Verhältnisse kann der Finanzminister Kaufleute hören, über die Verwaltung des Staats aber und über die wichtigsten das Ganze betreffenden Operationen hat man wohl noch in keinem Staat einem Finanzminister zugemutet, sich in die Hände von Kaufleuten zu geben und von diesen Rat zu verlangen 122 . Auch hier hat man E. K . M . zu beschleichen und mir eine Falle zu stellen gesucht, entweder den Anschein zu gewinnen, als sei ich abgeneigt, guten Rat anzunehmen, oder mich verleiten zu lassen, gewissenlos bekanntzumachen, was Geheimnis bleiben muß. Geruhen E. K . M. nach diesem allen zu befehlen, daß ich die hiesigen Banquiers oder andere Männer über den Plan hören darf, so werden Allerhöchstdieselben mich dazu auch autorisieren 123 , ihnen die Fragen, so wie sie in dem Bericht entwickelt sind, vorzulegen, ihnen alle nötigen Data mitzuteilen, sie feierlich mit Einschärfung ihrer Untertanenpflicht gegen E. K. M. und ihrer Verantwortlichkeit zu hören 124 . Ich werde Allerhöchstdenenselben das Protokoll vorlegen. Ich werde dafür sorgen, daß ich über mein ruhiges unbefangenes Verfahren hiebei Zeugen habe 125 . Die Folgen der bisherigen und der weitern Publizität solcher Plane im In- und vorzüglich im Auslande kann ich E. K. M. nicht verschweigen. Geruhen Allerhöchstdieselben Selbst Allerhöchstdero Ansicht 126 zu erwägen, wenn ich Allerhöchstdenenselben raten wollte, Allerhöchstdero Privatvermögen in einem Lande anzulegen, wo man mit solchen Maßregeln umgeht, und zu ermessen, was der Holländer, der Allerhöchstdenenselben 12 Millionen Taler anvertrauen soll, dabei fühlen und was er tun wird. Da ich E. K . M. feierlichst erkläre, daß ich den Plan, so wie er vorliegt, für unaus-

6o8

18. März 1810

führbar und für den Staat für höchst verderblich halte, sich nur damit zu beschäftigen, und mit meinem Gewissen ganz unvereinbar, an der Ausführung teilzunehmen, so sollte ich Allerhöchstdenenselben auch im Gegenteil den Plan vorlegen, den ich für die Lösung Allerhöchstdero Verpflichtungen auf andere Art entworfen habe 1 2 7 . E s würde diese ehrerbietigste Berichterstattung zu lange anhalten, Allerhöchstdenenselben im Detail auseinanderzusetzen, warum ich solches zu tun außerstande bin 1 2 8 . E s liegt schon der größte Teil in den ausführlichen Berichten sämtlicher Ministerien über die neueste politische Lage Preußens. Ich fasse daher die Hauptsätze kurz zusammen: 1. Ich bin außerstande, einen Plan vorzulegen, durch welchen E . K . M. binnen 4 Monaten 1 3 Millionen Taler und binnen 12 Monaten über 27 Millionen Taler, wie sich der Fürst von Wittgenstein anheischig macht, ich aber mit meinem Kopf verbürge, daß es unmöglich sei, ohne daß die holländische Anleihe zustande kommt 129 , an Frankreich zu bezahlen. Ich verbürge auch, daß kein Mann, der die Sache kennt, imstande ist, einen Plan dazu zu entwerfen. 2. Daß ich aber versichert bin, wenn Frankreich, um eine Territorialzession zu erzwingen, Schwierigkeiten in den Weg legt, welches auch den Fürst Wittgensteinschen Plan sogleich ganz aufhebt, und wenn die holländische Anleihe — des jetzigen, wenn er bekannt wird, höchst gefährlichen Vorfalls ungeachtet — erfüllt wird und Frankreich deren Zession annimmt, imstande zu sein, die 1 2 Millionen Taler binnen 14 Monaten mit Fortsetzung und E r weiterung der bisherigen Maßregeln, durch die Ausführung der schon vorgeschlagenen Ersparnisse, durch die Wahl zwar auch strenger, aber durch die Art der Einleitung ebenso unschädlicher Operationen als die bisherigen, durch die das Land bisher erhalten worden ist, und durch den dadurch gewonnenen und noch mehr zu erweiternden Kredit, wozu bereits nicht unbedeutende Einleitungen größtenteils getroffen sind, beizuschaffen. 130 Meinen Plan muß ich nach den jedesmaligen Umständen modifizieren. 131 Daß ich E . K . M. damit bisher nicht mehr behelligt habe, beruht auf Allerhöchstdero mir oft zu erkennen gegebenen Abneigung, in das Detail einzugehen, und Allerhöchstdero mir bisher bewiesenem, ich glaube sagen zu dürfen, durch den Erfolg gerechtfertigtem Vertrauen. 132 Ich getraue ohne Selbstliebe bei dem Besitz der Hülfsmittel, in welchen ich für meine Person bin, Allerhöchstdenenselben verbürgen zu können, daß das, was ich zu schaffen imstande bin, kein anderer zu schaffen imstande ist. 1 3 3 Hätte ich einen Augenblick eine andere Uberzeugung gehabt, ich hätte E . K . M. dringend gebeten, meine Stelle demjenigen zu geben, der im Besitz eines solchen Hülfsmittels gewesen wäre. Da ein Mann wie Fürst Wittgenstein von der notwendigen Erhöhung des öffentlichen Vertrauens zu sprechen sich erlaubt, so muß ich ihn auffordern, ob es ihm denn in den Zeiten des größten Wohlstandes des preußischen Staats gelungen ist, eine Anleihe wie die holländische zustande zu bringen, und ob sich ihm auch nur die Möglichkeit zu solcher gezeigt hätte oder ob er glaubt, daß das Zustandebringen einer solchen Anleihe in solcher Zeit kein Beweis von Vertrauen sei und dem, der sich in Besitz desselben gesetzt hat, nicht Operationen möglich werden, die ein befleckter Ruf gewiß nicht zustande bringt. 134 Da er von der Notwendigkeit strengerer Maßregeln spricht, so muß ich E . K . M. ehrfurchtsvollest anzeigen, daß schon die gewöhnliche Administration jetzt

i8. März 1810

609

täglich tausend Tränen auspreßt, und E. M. Gefühl anheimstellen, ob Sie mit deren Vermehrung bis zur allgemeinen Verzweiflung fortschreiten möchten. Ich habe bisher die Last dieser Klagen, Tränen und Seufzer auf mich genommen und meine Existenz aufgeopfert, um sie zu mildern, Ausbrüchen vorzubeugen und E . M. nicht durch diese Schreckbilder mutlos zu machen. Jetzt aber, so herausgefordert, muß ich E . M. sagen, daß Ihr Volk nicht auf Rosen schläft und daß, wenn einige Schlemmer noch in der Verzweiflung prassen oder das Elend nicht ganz allgemein gleich verteilt ist, daß doch ein großer Teil schon am Hungertuche nagt. Gewissenlos ist der, welcher E. M. ein anderes Bild macht und Allerhöchstdenenselben vorspiegeln will, alle Verlegenheit sei zu Ende, wenn man das Volk nur gehörig angreife. 135 Ein Mann wie der Fürst von Wittgenstein wagt es, E. M. von notwendiger Erhöhung des Vertrauens zu sprechen, während unter dem schrecklichsten Druck der Kontributionszahlung in Ihrem erschöpften Reiche viele Papiere beinahe im Steigen waren, zu einer Zeit, wo sie in andern Staaten gefallen sind 136 . Mit Gottes Beistand hoffe ich das unternommene schwere Werk auch bei starken Anstrengungen zu erhalten, ohne zerstörend zu wirken, wenn nicht solche Vorfälle wie der gegenwärtige, welche so in der Geschichte nicht vorgekommen sind, meine Wirksamkeit lähmen. 137 Ist, was Frankreich fordert, nicht zu erfüllen, so werde ich die Unmöglichkeit nachweisen, und es wird sich solche der ganzen Welt vorlegen lassen. E . K . M. werden das eintretende große Unglück mit der beruhigendsten Uberzeugung erwarten können, ohne daß ein Fluch auf Allerhöchstdero Maßregeln haftet. 138 Ungeachtet ich alles aufgeboten habe, E . K. M. die Sache klar darzustellen, so könnte es doch möglich sein, daß ich bei Allerhöchstdenenselben keine Überzeugung bewirkte 139 . Sollten E . K. M. nicht für diesen Fall eine dritte ganz unbefangene Person, wie der Minister von Hardenberg, auf den wir uns beide beziehen und dessen Entscheidung ich mich gerne unterwerfe 140 , ungeachtet ich mich gegen den ihm angedichteten Plan erkläre 141 , zu Rate zu ziehen und solchem unsere beiderseitigen Berichte vorzulegen geruhen wollen? Ich glaube dieses von E . M. Gerechtigkeit ehrfurchtsvollest fordern zu können, und ich glaube, Allerhöchstdieselben sind es dem Minister von Hardenberg schuldig 142 . Die übrigen Minister haben meine Ansichten bisher gebilligt und mich unterstützt. E. K. M. sind es ihnen, glaube ich, gleichfalls schuldig, da auch sie des Leichtsinns, wo nicht des Verrats 1 4 3 vom Fürsten Wittgenstein angeklagt sind und Allerhöchstdieselben solchen doch wohl als Staatsmänner mehr Urteil über diesen Gegenstand zutrauen werden als einem Mann wie Fürst Wittgenstein. Können E . M. Sich zu diesem allen nicht entschließen, so bitte ich ehrfurchtsvollest, geruhen Allerhöchstdieselben lediglich nach Ihrem Gefühl, aber schnell und ganz entscheidend zu wählen. 144 Um E. K . M. diese Entschließung zu erleichtern, muß ich zwei Punkte berühren, über die ich früher geschwiegen habe und die Allerhöchstdero Gefühl bestimmen dürften. 1. E. K . M. bitte ich, Sich überzeugt zu halten, daß nur Pflichtgefühl 145 mich an meine Stelle fesseln kann. Es schmerzt das Aufgeben alles dessen, was Wert für das Leben hat, der Gedanke der Pflichterfüllung ist aber doch süßer. Mit Freudigkeit habe ich mich daher der Sache ganz hingegeben. Freudig opfere ich auf dieser Stelle den größten Teil meiner Gesundheit, Ruhe, Vermögens und

6io

18. März 1810

jeden Lebensgenusses mit der Aussicht, vielleicht mit zerrüttetem Körper, arm und hülflos einem harten Schicksal preisgegeben zu werden t46. Da mein Inneres mich zu dieser Hingebung treibt und mir solches zur Gewissensruhe, zu dem Köstlichsten, was der Mensch hat, unentbehrlich ist, so ist es mir kein schmerzliches Opfer, so lange bei E. K. M. auszuhalten, als ich etwas hinzugeben habe 1 4 \ Nie habe ich dessen daher gegen E . K. M. erwähnt. Jetzt muß ich dessen aber gedenken, damit Allerhöchstdieselben, sollte ich Ihr Vertrauen nicht ganz besitzen, Sich desto eher entschließen, lediglich Allerhöchstdero Gefühl zu folgen 148 . 2. muß ich noch etwas über den Mann beifügen, dem E. K. M. Ihr Vertrauen in einem ungleich größeren Grade als bisher und in dem Wichtigsten, was nur in diesem Augenblick existiert, geben wollen. Ich habe mich über ihn schon im Vorstehenden erklärt, wo es meine Pflicht erforderte. Was ich gegenwärtig beifüge, erheischt nicht minder meine Pflicht. Ich übergehe seine frühern Verhältnisse. Er hat sich stets durchgewunden und bis auf den gegenwärtigen Fall, wo man ihn vielleicht zum ersten Mal für eine Lüge zur Rechenschaft ziehen kann, durchzuhelfen gewußt. 149 Ich übergehe seinen Ruf als Geschäfts- und Kaufmann im Auslande. Geruhen E. M. hierüber von einem dritten unparteiischen Mann nähere Nachrichten einziehen zu lassen, ehe Allerhöchstdieselben Sich mit ihm weiter einlassen.150 Ich führe es an, weil der Ruf desjenigen, dem E. K . M. den wichtigsten Teil Allerhöchstdero Finanzen — die Geldpartie — übertragen, ganz rein sein muß, wenn nicht mit seinem Namen auch die Sache fallen soll. Den Kaufmann und verständigen Ausländer täuscht kein Fürstentitel. Sagen muß ich aber E. M. hier, was er bisher in den Geldgeschäften geleistet hat, da dieses Allerhöchstdieselben in den Stand setzen wird, zu beurteilen, was von ihm zu erwarten ist. 1 5 1 Der Minister von Stein, der ihn wegen seiner Intrigen und Judenkonnexionen früher verachtete, ließ sich durch den Wunsch, E. K . M. Hülfe zu verschaffen, bei des Fürsten dreister Behauptung, daß ihm solche zu Gebot stünde, verleiten, sich mit ihm einzulassen. Zuerst fing er damit an, ihn mit Hoffnungen auf eine Unterstützung Preußens durch den Kurfürsten von Hessen hinzuhalten 152 . Sowie dieser Sache nähergetreten wurde, zeigte sich die Nichtigkeit aller gegebenen Hoffnung. 153 Inzwischen fing der Fürst an, dem Minister von Stein mit Anerbietungen zu Anleihen in Hamburg zu schmeicheln und hinzuhalten und ihm die Mitteilung großer Finanzplane zu versprechen. Die Anleihen waren unbedeutend, und der Finanzplan reduzierte sich auf ein Projekt, die Tresorscheine wahrscheinlich zum Besten einiger Juden zu steigern und, was E . K . M. bei Allerhöchstihrer biedern Denkungsart wohl kaum glauben würden, nicht emittierte, zu der Wittgensteinischen Anleihe gehörige Obligationen mit den nachgemachten Handschriften der schon längst verstorbenen oder verschollenen Notarien zu versehen und auf diese Art verfälscht in Umlauf zu setzen 154 . Ich gebe gerne zu, daß er die beste Absicht 155 dabei hatte. Mit einer solchen guten Absicht wird er aber gewiß nichts Großes schaffen, aber bald Preußens guten Namen öffentlich brandmarken. 156 Dieser Fürst gab, seinen Kopf zu retten, einen Brief auf die Post, wodurch er E. K. M. Finanzen und der Administration mit Benützung der ihm anvertrauten, aber entstellten Nachrichten außer Kredit setzte. 157

18. März 1810

611

Mich bestimmten vorstehende Erfahrungen, alles Zudringen des Fürsten, mit mir in Geschäftsverbindung ,zu kommen, abzulehnen.158 Endlich wußte er den Minister von Hardenberg zu veranlassen, eine Art von Empfehlung für ihn bei mir zu übernehmen.159 Offen und ehrlich habe ich dem Fürsten gesagt, ungeachtet alles dessen, was gegen ihn spräche, es doch auf diese Empfehlung mit ihm versuchen zurollen 1 ®*. Er suchte sich zu der neuen Tresorschein-Operation zu drängen. Er war beschuldigt und von der Polizei gewarnt, daß er wie ein gemeiner Agioateur d£n Wert der Tresorscheine künstlich geworfen habe, und suchte sich hierauf durch einen starken Einkauf bei mir zu rechtfertigen und zu empfehlen. 161 Ich konnte mich in diese schmutzige Sache nicht weiter einlassen, behandelte ihn höflich 16 ?, ging aber auf nichts ein. E r proponierte, eine Anleihe in Hamburg zu unternehmen, wodurch er sein Comptoir in die Geldgeschäfte ziehen wollte 163 . Dieses konnte bei mir Mißtrauen erwecken. E r hatte sich über die Möglichkeit, die Anleihe zu schaffen, hier schon geäußert. Es mußte bei der französischen Gesandtschaft den übelsten Eindruck machen, wenn ich nicht darauf einging, so sehr ich auch überzeugt war, daß sein Name der Sache schaden müsse. Ich hoffte durch Vorsicht den üblen Eindruck zu mindern. E r ersuchte mich, E. K . M. zu sagen, daß er, diese Anleihe zu negotiieren, nach Hamburg gehe.164 Ich habe es getan, und seit diesem Augenblick hat der Fürst Wittgenstein geschwiegen.165 Hätte ich darauf gerechnet, auch nur einen Groschen von ihm zu erhalten, so war ich verloren 166 Kurz vor der Ubergabe seines Plans sprach ich nochmals mit ihm über die Möglichkeit, einige Millionen zu schaffen; er äußerte sich wenig und schien absichtlich abzubrechen, da das böse Gewissen ihn doch schon etwas quälen und ihm sagen mußte, was er von einem Mann wie ich zu erwarten habe. 167 Urteilen E. K . M. hiernach Allerhöchstselbst, was Allerhöchstdieselben von diesem Manne zu erwarten haben und wozu er fähig ist. Geruhen E . K. M. nach diesem und nach allem,, was Allerhöchstdieselben von ihm gehört haben, zu ermessen, ob die früher mir über ihn gegebene Meinung, daß er kabaliere, sich eine Stelle, die seinen zerrütteten Kredit herstelle, zu verschaffen und einen dergleichen Mann nach seinem Sinn mit Hülfe einiger Juden an die Spitze der Finanzgeschäfte zubringen suche 168 , Glauben verdiente und ob nicht alle Schritte, die er für den Minister v. Hardenberg etwa getan haben möchte, da er des Mittels, ihn auch sogleich wieder zu entfernen, sicher war, nicht ein ganz gemeiner Kunstgriff gewesen sind 169 . Soll ich länger E . K . M. Finanzen in dieser schwierigen Periode leiten, so muß dem beispiellosen Unwesen des Fürsten von Wittgenstein sogleich ein Ende gemacht werden, da ich unter den jetzigen Umständen für nichts einstehen und nicht verantworten kann, wenn ich einen Augenblick ohne solches meine Stelle länger behalte 170 : Schnell muß das wankende Vertrauen im In- und Auslande hergestellt werden. 171 Das Maß meiner Kräfte reicht kaum zu, Allerhöchstdero Interesse ganz, so wie es erforderlich, in dieser fürchterlichen Zeit zu wahren. Die Tage, welche ich darauf wenden müssen, Unsinn zu widerlegen und Schlechtigkeit darzustellen, sind Allerhöchstdero Geschäften entzogen worden. 172 E . K . M. werden mix das Zeugnis nicht zu versagen geruhen, daß ich mit Ruhe 40

Stein/Hardenberg

612

18. März 1810

in Allerhöchstdero Gegenwart des Fürsten Plan aufgenommen. Daß ich jetzt mich über ihn so stark äußere, beruht sowohl in meiner Verachtung gegen schleichende Intrige, die desto gefährlicher ist, je mehr sie sich hinter Kälte und Uneigennützigkeit zu verhüllen sucht, als auch noch mehr in meiner Überzeugung, daß es Pflicht sei, solchen Projekten so zu begegnen. 173 Wieviel davon der Kurzsichtigkeit, wieviel wirklicher Schlechtheit zuzuschreiben sei, vermag ich nicht zu bestimmen 174 . Die Folgen sind gleich. Ich kann nicht schließen, ohne mich noch einer wichtigen Pflicht gegen E. K . M. zu entledigen. Seit geraumer Zeit hat sich das Alte, und ich darf dreist behaupten, nicht das alte Gute, sondern das Schlechte in Allerhöchstdero Staat durch einige Individuen wieder gewaltig geregt. 175 Es haben diese nicht offen, sondern auf Nebenwegen das Neue anzugreifen und Besorgnisse zu erregen gesucht. Rechtliche, aber ängstliche oder beschränkte Männer 176 auf einem Standpunkte, wo sie das Wahre von dem Falschen nicht unterscheiden konnten, ließen sich zum Teil in redlicher Absicht als Werkzeug dieser Menschen gebrauchen. E. K. M. kennen dieses alles so genau, daß ich keinen Namen zu nennen nötig habe. Es konnte nicht fehlen, daß E. M. durch die anscheinende und wirkliche, zum Teil auch ganz natürliche und unvermeidliche Verwirrung, welche eine gänzliche Umformung im Innern in einer so furchtbaren Zeit, wo nichts als Trümmer zum neuen Bau vorhanden sind 177 , zum Teil beunruhigt wurden und diese Unruhe vielleicht bisweilen mit Mißmut sogar äußerten 178 . Es wurde dieses aufgegriffen, für Mißtrauen E. K . M. gegen das Neue, für ein Schwanken zwischen dem alten Schlechten und neuen Guten oder gar für eine Vorliebe für das Alte ausgegeben und so dem alten Schlechten Mut gegeben, sich zu rühren, das Neue aber, im Fortschreiten mißtrauisch und furchtsam gemacht, aufgehalten. 179 So erzeugte sich nach und nach eine Mittelmäßigkeit und Krüppelei, die rasch zunehmen muß, da schon wieder der größte Teil der Kräfte, die zum Fortschreiten bestimmt sein sollten, wie vor der letzten Unglücksperiode im Kampfe mit dem Schlechten, welches Unterstützung sucht und findet, unnütz verschwendet wird 180 . Mehrere kräftige, reine, E. M. und der Sache ohne allen Egoismus ganz ergebene Männer haben sich bereits zurückgezogen, und es möchten die Bessern sämtlich folgen. 181 Der einzige Lohn, auf den sie Anspruch machen, E. K . M. Vertrauen, ist oder scheint ihnen entzogen 182 oder wankend. Es ist ihnen nicht möglich, E. K . M. wahre Gesinnungen zu kennen. 183 Alles, was dieses andeuten kann, wird ihnen boshaft und vergrößert hinterbracht, und es darf niemand eine Bürgschaft des Gegenteils aussprechen, da etwas Wahres gewöhnlich in der Sache liegt. Als Männer von Ehre und feinem Gefühl, die nicht um gemeinen Lohn dienen, müssen sie abtreten. Nur denn, wenn E. M. höhere Diener in ihrer Wirksamkeit ganz als eins mit Allerhöchstdenenselben betrachtet werden, kann kein Zweifel entstehen, ob das, was sie ausführen, E. K . M. ernstlicher und unerläßlicher Wille sei, da sie, wäre solches der Fall nicht, auch die Stelle nicht behalten würden, wenn keine heimliche Instruktion ihnen daher schaden kann und von Wirkung ist, nur dann können sie wirksam sein. Sobald ein Zweifel über E. K . M. Überzeugung und Wille entsteht, sind die ersten Staatsdiener gelähmt. Geruhen E. K . M. einen Blick auf alle Staaten zu werfen, und Allerhöchstdie-

i8. März 1810

613

selben werden diese Wahrheit bestätigt finden. Ich habe bisher geschwiegen. E . K . M. haben Selbst gegen das Unwesen der heimlichen Insinuationen gekämpft 1 8 5 und einige mir wohlbekannte schöne Beispiele ihrer Unwirksamkeit auf Höchstsie 186 gegeben; allein da Allerhöchstdieselben Versuche dieser Art nur verachten und nicht strenge bestrafen, bei Allerhöchstdero biederm Charakter aber schwer schlechte Motive solcher Insinuationen vermuten, so muß das Übel immer mehr zunehmen 1 8 7 . Geruhen E. K . M. den innern Kampf, der unfehlbar die Auflösung herbeiführt, zu enden. 188 Der vorliegende Fall kann und wird Allerhöchstdenenselben dieses bestätigen. Die mir von E. K . M. gnädigst mitgeteilten Berichte des Fürsten von Wittgenstein reiche ich Allerhöchstdenenselben anliegend ehrfurchtsvollest zurück und bemerke ehrerbietigst, daß ich von der Beantwortung der von dem Fürsten mehreren Personen vorgelegten Fragen 1 8 9 weder durch Allerhöchstdieselben noch durch den Fürsten etwas erhalten habe.« Die Richtigkeit dieser Abschrift ist auf der letzten Seite unten von dem Geheimen Kanzleidirektor Wenckstern attestiert worden. Die in diesem Exemplar von Hardenberg eingetragenen Bleistiftmarginalien werden in den folgenden Anmerkungen gebracht. Da Hardenberg außerdem viel mit Unterstreichungen, zeilenweisen Anstreichungen mit zwei kurzen Parallelstrichen, den Text seitlich begleitenden Wellenlinien und seinem nebengesetzten N B (=nota bene) arbeitet, läßt sich gerade daraus die Intensität seiner Beurteilung — nicht zuletzt bei Verwendung gleich mehrerer Bleistiftzeichen zu einer Stelle — ablesen. Diese Markierungen werden deshalb ebenfalls in den Anmerkungen wiedergegeben, um so mehr als sie den Werdegang des Hardenbergschen Schreibens an Altenstein vom 5. April 1810 (siehe Nr. 232) verdeutlichen. 2 Wittgensteins Plan vom 16. März 1810, siehe Nr. 213. 3 Neben diesen einleitenden Sätzen steht das Marginale: »Warum diese Vorrede?« 4 Von dem in der Abschrift fälschlich stehenden »diejenigen« streicht Hardenberg »die« und schreibt darüber »den«, dazu das Marginale: »Es wäre allerdings besser gewesen, A. nicht zu umgehen. W. konnte die Königin und den König ja avertieren, damit kein Nachteil durch den Verzug entstand.« 5 »leichtsinnig, ohne sich die nötigen Nachrichten zu verschaffen« unterstrichen, die folgende Zeile angestrichen, dazu Marginale: »Ein gegründeter Vorwurf, wenn man bedenkt, daß der Plan auf bestimmte Summen gerichtet war.« 6 »Lüge der Zustimmung eines Mannes hilft, die er nicht hat«, diese Stelle wurde unterstrichen, außerdem angestrichen, dazu Marginale: »Meiner Zustimmung konnte er jedoch in tantum versichert sein. Die Ausdrücke entscheiden. Er sagt: p. p. Der Ausdruck Lüge ist hier sehr hart.« 7 Daneben das Marginale: »Es wird nicht mehr verlauten als bisher schon geschehn.« 8 Daneben Fragezeichen, außerdem ab »doppelt nach so langem« Anstreichung der Zeilen; dazu am Fuß des Blattes: »? Ist er denn vorher aufgefordert worden, zu reden?« 9 Der anschließende Text fehlt in der vorliegenden Abschrift und setzt erst wieder bei den Worten: »entschieden finde ich mich befugt« ein. 10 Mit diesem Satz Wiederbeginn der Abschrift. Im folgenden Absatz »Das bloße Nehmen des Geldes« angestrichen. 11 »dann unterscheidet sich sein Plan« und ab »daß er die ganz« bis »bezahlt« unterstrichen. 1

40*

i8. März 1810 12 13

»in dem Kabrutischen Plane« unterstrichen; neben dem anschließenden Relativsatz Anstreichung und Fragezeichen, dazu Marginale: »ubi?« »aus dem diese und ähnliche Projekte entstanden sind« unterstrichen, nachfolgend »beweist den Leichtsinn und die Flüchtigkeit« angestrichen.

25 400 10000000 im Folgesatz angestrichen: »einer aus 200 das erwähnte Schlachtopfer«. 15 Lautet in der Abschrift: »alles bare Geld zu entziehen, muß die holländische Anleihe scheitern«, seitlich mit Längsstrich und Fragezeichen versehen. 16 »ganz wertlosen« unterstrichen, am Rande Fragezeichen. 17 Zur Behauptung des Sinkens am Rande ein Fragezeichen. 18 Zur Handels-Balance am Rande ein Fragezeichen. 19 Zur Zahlungsunfähigkeit am Rande ein Fragezeichen. 20 Zu diesen beiden Behauptungen am Rande zwei Fragezeichen. 21 Neben dem Ende dieses Absatzes das Marginale: »Alles Vorhergehende scheint mir nur dann zu passen, wenn jnan alles bar auf einmal und ohne die gehörigen Modifikationen, die W. vorbehielt, zusammenpressen und Papiere ohne Hypothek creieren wollte«. In den beiden folgenden Absätzen sind die Zeilen »oder über 27 Millionen Taler Courant« und »einer Nation auf einmal wegzunehmen« angestrichen. 22 »leichter« unterstrichen, dahinter Fragezeichen. 23 Diese Angabe ist angestrichen, daneben Marginale: »Aber wieviel denn?« Im ersten Absatz unter 4, sind angestrichen: »Diese Annahme ist willkürlich« und »diese Berechnungen eine müßige Beschäftigung«. 24 »in vier Monaten 13 Millionen Reichstaler« unterstrichen und angestrichen, die folgende Zeile gleichfalls angestrichen. 25 »gar« unterstrichen. 26 Neben dieser angestrichenen Aussage ein Fragezeichen. 27 Hierzu Marginale: »Und doch tut dieses H. v. A.« 28 Diese Zeile angestrichen, dazu Marginale: »Desto besser«. 29 Dazu Marginale: »Dieses ist sehr gegründet, aber es gibt ja andre Mittel. — Prozente vom reinen Vermögen z. B. — wobei es nur auf nähere Bestimmung der Ausmittelung ankommt«. 30 Dazu Marginale: »Das tut nichts — Laß sie leihen — Sie leihen vielleicht mit gutem Erfolg auswärts«. 31 Neben diesem Absatz das Marginale: »Der Plan ist darin auch äußerst unbillig, daß 25 000 Menschen alle gleich und sehr unverhältnismäßig kontribuieren sollen«. 32 In diesem Absatz sind angestrichen: »so geübt in solchen Künsten«, »diese Aussicht nicht als Lockspeise gezeigt haben«; zur abschließenden Frage das Marginale: »Warum nicht? Nur muß allerdings die Stimme konsultativ sein«. 33 Dazu Marginale: »Das kann und darf die Absicht nicht sein, als insofern andre gute Wertrepräsentation an die Stelle kommt«. 34 Ab »selbst scharfsichtig genug« sind diese Zeilen angestrichen. 35 Dazu Marginale: »Benecke ist ja kein Jude, und es scheint mir nicht angemessen, hier der ganzen Berliner Judenschaft diese Hiebe zu geben«. 36 Dazu Marginale: »Dieses verstehe ich nicht. Sie würden ja ebenso gut als alle andren gehoben«. 37 »vorzüglich holländische aufgegeben« unterstrichen, am Rande Fragezeichen und dazu Marginale: »Warum das? Sind dann keine mehr übrig? Die geistl. Güter auch mit verpfändet ? —Und werden die an Frankr. verpfändeten denn nicht wieder frei?« 14

Dazu am Rande die Zahlnotiz:

i8. März 1810

615

Die Zeilen mit dem Hinweis auf Realisation und Wechselkurs angestrichen. »leicht« unterstrichen, dazu Marginale: »soll wohl heißen schlecht oder geringhaltig*. 40 Dazu Marginale: »Warum?« 41 »Einschluß« unterstrichen, dazu Marginale: »soll wohl Ausschluß heißen, wenn der Nachsatz richtig ist«. 42 Dazu Marginale: »In unserm Plan war besondre Fundation der Zinsen durch die Einkommensteuer«. 43 Der Hinweis auf die Tresorscheine angestrichen. 44 »25 Millionen Papiergeld« angestrichen. 45 Die Zeilen dieses Satzes angestrichen; die beiden folgenden Sätze unterstrichen. 46 Dazu Marginale: »Es kommt aber jetzt vor allem darauf an, dieses erst zu begründen«. 47 »wie Juden und Schwachköpfe . . .« unterstrichen, daneben »NB«. 48 Diese Zeilen ab »Pfandbriefe« angestrichen. 49 »durch den Thron, und mit der Vernichtung des Throns hört ihr Dasein auf« angestrichen, dazu Marginale: »Contradictio«. 50 Neben dieser Zeile zwei Ausrufungszeichen. 51 Dazu Marginale: »Sind denn die Landesschulden der zersplitterten, Westfalen incorporierten Provinzen nicht übernommen«. 52 Die Zeilen ab »wo man denn . . .« angestrichen, daneben Marginale: »hämisch!« 53 Neben »aufgelöst werden« zwei Ausrufungszeichen. 54 Die Zeilen ab »Souveränität« angestrichen, daneben Marginale: »Leere captatio bene volentiae«. 55 Daneben Ausrufungszeichen; die Zeilen sind bis »wird wissen und sich erinnern« angestrichen. 56 Neben »mit der größten Schändlichkeit administriert« ein Fragezeichen, dazu Marginale: »Beweiset nichts«. 57 Dazu Marginale: »Ist auch gut —Ist es etwas anders als der R[eichs]tag in Kassel?« 58 Dazu Marginale: »bene. Schadet unter einer kräftigen Regierung nichts«. 59 A b »es bloß, weil. . .« Wellenlinie am Rande; die folgenden Zeilen bis »und sie unschädlich für E. M.« angestrichen. 60 »hingegeben hat« und »beinahe stets Revolution« unterstrichen, neben dem zweiten ein Fragezeichen und außerdem Marginale: »Ist das nötig? vide Kassel«. 61 »die schrecklichsten Szenen für die regierende Familie zur Folge hatten« unterstrichen, dazu Marginale: »War ja bloß in Frankreich der Fall!« 62 »neues Beispiel« unterstrichen, dazu Marginale: »Welches sollte das sein — In Schweden stürzte die Nationalversammlung] den Thron nicht«. 63 »bei dem Namen, den er dabei mißbrauchte« unterstrichen, daneben »NB«, außerdem sind die Zeilen des Satzes bis dahin angestrichen. 64 Ab »Aber was weiß ein solcher Mann . . .« sind die Zeilen angestrichen, dazu Marginale: »harte und zu ungerechte Ausfälle!« 65 Diese Zeile ist angestrichen; gemeint ist der Plan für Prittwitz, siehe Nr. 59. 68 »erkläre ich für eine dreiste Unwahrheit« unterstrichen, daneben »NB«. C7 A b »ganz abweichende Meinung . . .« unterstrichen, dazu Marginale: »Warum nicht?« 68 Siehe Nr. 60. 60 »Dieses ist freilich ein sehr großer Fehler des Plans« unterstrichen, die Zeilen davor und dahinter sind bis Ende des Abschnitts angestrichen. 70 Die Zeile mit dieser Wendung doppelt angestrichen, dazu Marginale: »Ganz irrig«. 38

39

6i6

18. März 1810

»Geld durch Feuer und Schwert und Folter« unterstrichen, dazu Marginale: »Wo will denn das W . ?« 72 Die Zeilen ab »Grundeigentümer« angestrichen, dazu gleich anfangs das Marginale: »Warum? Dieses alles ist ein ganz falsches Raisonnement«. Neben der Zeile »denn an Anleihen wäre für sie nicht zu denken gewesen« wieder die Frage: »Warum?« 73 »sehr langsame« unterstrichen, dazu Marginale: »Gar nicht, aber keine tumultuarische«. 74 Neben diesem Satz das Marginale: »Ist sie das jetzt nicht mehr«. 75 Neben dieser Behauptung zwei Fragezeichen. 76 »drang es nicht seinem Könige auf« unterstrichen, dazu Marginale: »Das t a t W . auch nicht«. 77 »großen Mannes« unterstrichen, daneben Ausrufungszeichen. 78 Der Hinweis auf die Nationalversammlung ist angestrichen, die folgenden Zeilen mit Wellenlinie am Rande versehen. 79 Die Zeilen dieses Satzes sind angestrichen. 80 A b »erkläre ich h i e r m i t . . .« sind die Zeilen angestrichen. 81 Wellenlinie neben diesem Absatz, die Zeilen »so muß ich den E k e l überwinden« und »Blöße darzustellen« sind angestrichen. 82 Diese Feststellung angestrichen. 83 Dieser Satz angestrichen. 8/' Dieser Satz unterstrichen. 85 Dieser Satz angestrichen. 86 A b »mußte er auf . . .« mit Wellenlinie versehen und angestrichen. 87 Dieser Satz bis hierher mit Wellenlinie versehen und angestrichen. 88 Neben den Zeilen a) und b) Anstreichungen. 89 Neben der in der Abschrift lautenden Zeile: »indem das holländische Anleihen sogleich zusammenstürzt« zwei Fragezeichen. 90 Daneben Marginale: »Das glaubt F r a n k r e i c h ] ohnehin«. 9 1 Daneben Fragezeichen. 92 Daneben zwei Ausrufungszeichen. 93 »jeder neuen Forderung Frankreichs« angestrichen. 94 »für die A b w e n d u n g einer Territorialzession« angestrichen. 95 »E. K . M. für Hunger zu schützen« angestrichen. 96 A b »der Trost entstehen wird« sind die Zeilen angestrichen und von einer seitlichen Wellenlinie begleitet. 97 A b »Allerhöchstdero« seitliche Wellenlinie. 98 Die Zeile »erbötig s e i . . .« angestrichen. 99 Angestrichen. 100 Dieser Satz ist unterstrichen. 101 Dieser Satz mit Anstreichung, Wellenlinie und drei untereinanderstehenden Fragezeichen am Rande versehen. 102 »Wahrheit« unterstrichen, darüber »Wagstück« geschrieben und an den R a n d ein Fragezeichen gesetzt. Die voraufgehenden Zeilen mit seitlicher Wellenlinie. 103 Neben diesem Satz Wellenlinie. 104 Diese Zeilen des Satzes angestrichen. 105 In der Abschrift »leicht früherhin über Hardenbergs Plan geäußert«, angestrichen. 106 »Zugesicherte kaufmännische Unterstützung gesprochen habe« angestrichen. 107 Dieser Satz seitlich mit Wellenlinie versehen, zwei Zeilen angestrichen und neben der letzten ein Fragezeichen. 108 »gesehen« von Hardenberg gestrichen und das vermutlich richtige »getan« drübergeschrieben. 71

i8. März 1 8 1 0 109

617

»die früher Einfluß hatten« angestrichen. Die beiden vorstehenden Sätze angestrichen; neben dem letzten das Marginale: »Das kommt doch sehr auf die Art an«. 111 An diesem Satz seitliche Wellenlinie. 112 Dieser Satz angestrichen. 113 Neben dieser Zeile Wellenlinie. 114 »auf Kosten E . M. Interesse« angestrichen, dazu Marginale: »Herz Samson — oder Jacob S.« 115 »im Notfall strenge und stark anziehen« angestrichen. 116 Die Zeilen dieses Satzes angestrichen. 117 Dieser Satz mit seitlicher Wellenlinie, darin ist »war stets« unterstrichen. 118 »gar nicht« unterstrichen, neben der Zeile Fragezeichen. 119 Hierzu Marginale: »Aber doch ein einsichtsvolles, wenigstens teilweise«. 120 Diese Formulierung angestrichen. 121 Die Zeilen dieses Satzes angestrichen. 122 »zugemutet, sich in die Hände von Kaufleuten zu geben und von diesen R a t zu verlangen« angestrichen, zusätzlich unterstrichen »sich in die Hände«, »und von diesen«; dazu Marginale: »2 sehr verschiedene Dinge«. 123 In der Abschrift noch die ursprüngliche Fassung: »so geruhen ... zu autorisieren«. 124 Die Zeilen ab »Männer« angestrichen. 125 »über mein ruhiges unbefangenes Verfahren Zeugen habe« angestrichen. 126 »Ansicht« unterstrichen. 127 Ab »so sollte ich« begleitet den Satz eine seitliche Wellenlinie; neben »auch im Gegenteil den Plan vorlegen« steht »NB«, neben »Verpflichtungen auf andere Art« noch ein »NB«, dazu Marginale: »Mein Gott, ist das denn nicht geschehen?!« 128 »warum ich solches zu tun außerstande bin« unterstrichen, daneben Wellenlinie und zwei Ausrufungszeichen. 129 »ohne daß die holländische Anleihe« unterstrichen, dazu Marginale: »Soll denn die umgeworfen werden?« 130 Die Ausführungen unter 2. sind bis hierher mit Wellenlinie und Anstreichungen versehen. 131 Dieser Satz ist unterstrichen, außerdem Wellenlinie. 132 An diesem Satz Anstreichungen, neben »durch den Erfolg gerechtfertigten« zusätzliche Wellenlinie. 133 Dieser Satz von Wellenlinie begleitet, zusätzlich Anstreichung ab »verbürgen zu können«. 134 Dieser Satz mit Wellenlinie und Anstreichung jeder Zeile versehen, neben »ein befleckter Ruf« außerdem »NB«. 135 Dieser Absatz von Wellenlinie begleitet; außerdem die Zeilen mit folgenden Formulierungen angestrichen: »strengerer Maßregeln«, »schon die gewöhnliche Administration jetzt täglich tausend Tränen auspreßt«, »E. M. Gefühl anheimstellen«, »meine Existenz geopfert, um sie zu mildern«, »daß das Volk nicht auf Rosen schläft«, »schon am Hungertuche nagt«, »gehörig angreife«. 136 A b »wagt es« seitliche Wellenlinie, dazu Anstreichung neben »erschöpften Reiche viele Papiere beinahe«. 137 Die Zeilen dieses Satzes angestrichen, darin unterstrichen: »welche so in der Geschichte nicht vorgekommen sind«, daneben Ausrufungszeichen. 138 Dieser Satz mit Wellenlinie versehen, außerdem die einzelnen Zeilen angestrichen. 139 »ich bei Allerhöchstdenenselben keine Überzeugung bewirkte« angestrichen. 140 Ab »Fall« Wellenlinie, zusätzlich angestrichen bis einschließlich »Hardenberg«. 141 »ungeachtet ich mich gegen den ihm angedichteten Plan erkläre«, angestrichen. 1,0

6i8

18. März

dazu Marginale: »Aber auch gegen den wahren. Warum teilte er mir denn die Gegengründe nicht mit? Das wäre wahre Achtung gewesen«. 142 »Allerhöchstdieselben sind es dem Minister von Hardenberg schuldig« angestrichen. 143 »da auch sie des Leichtsinns, wo nicht des Verrats« angestrichen, daneben Ausrufungszeichen. 144 Dieser Satz mit Wellenlinie und jede Zeile mit Anstreichung versehen. 145 »daß nur Pflichtgefühl« angestrichen, daneben »NB». 146 »einem harten Schicksal preisgegeben zu werden« angestrichen, daneben »NB«. 147 Ab »zu dem Köstlichsten« Wellenlinie und Anstreichung. 148 Ab »Allerhöchstdieselben« mit Wellenlinie, »nicht ganz« nur in der Abschrift mit Tinte doppelt unterstrichen, diese Zeile angestrichen. 149 Ab »Was ich gegenwärtig beifüge« Anstreichung der Zeilen. 150 Ab »Ich übergehe seinen Ruf« Wellenlinie und Anstreichung. 151 Ab »Ich führe es an« Anstreichung jeder Zeile. 1 5 2 »ihn mit Hoffnungen auf eine Unterstützung Preußens durch den Kurfürsten von Hessen hinzuhalten« ist unterstrichen, der Text ab »Der Minister von Stein« mit Wellenlinie und Anstreichung versehen. 153 »die Nichtigkeit aller gegebenen Hoffnungen« außer Anstreichung mit Marginale versehen: »Aber durch wessen Schuld?« Begleitung des anschließenden Textes mit Wellenlinie und Anstreichungen, doppelt bei »wahrscheinlich zum Besten einiger Juden zu steigern«. 154 Der Text ist ab »nicht emittierte« unterstrichen und am Rand mit Wellenlinie versehen. 155 »daß er die beste Absicht« unterstrichen, dazu Marginale: »Kontrastiert mit den vorigen Beschuldigungen«. 156 Erster Teil des Satzes mit Wellenlinie, zweiter Teil angestrichen. 157 Dieser Satz mit Wellenlinie und zeilenweiser Anstreichung versehen. 158 Wellenlinie neben diesem Satz. 159 Dieser Satz mit Wellenlinie und Anstreichung versehen. 160 Ab »gegen ihn spräche« Anstreichung. 161 Dieser Satz mit Wellenlinie und Anstreichung versehen. 162 Neben »behandelte ihn höflich« Wellenlinie. 163 Ab »in Hamburg« Wellenlinie und Anstreichung. 164 Ab »Es mußte bei der französischen Gesandtschaft« neben dem Text Wellenlinie und bei erster und letzter Zeile noch Anstreichung. 165 Neben diesem Satz Anstreichung. 166 Ab »einen Groschen« Wellenlinie und Anstreichung. 167 Satz mit seitlicher Wellenlinie versehen, zusätzliche Ankreuzung bei den Formulierungen: »einige Millionen zu schaffen«, »äußerte sich wenig und schien absichtlich abzubrechen«, »von einem Mann wie ich zu erwarten habe«. 168 Ab »daß er kabaliere« begleitende Wellenlinie. 169 Ab »und ob nicht alle Schritte« Wellenlinie und Anstreichung, daneben zweimal untereinander »NB«, nämlich zu den Schritten für Hardenberg und zu den Mitteln, ihn zu entfernen. 170 Ab »Unwesen des Fürsten« unterstrichen, außerdem diese Zeilen angestrichen. 171 Zu diesem Satz das Marginale: »Ist es denn durch diese Sacne wankend geworden?« 1 7 2 Neben diesem Satz ein Längsstrich. 173 Dieser Satz ist unterstrichen und Zeile für Zeile angestrichen. 174 »vermag ich nicht zu bestimmen« unterstrichen, dazü da!s Märgifiale: »Und doch! doch solche harte, unerhört harte Ausfälle«.

21. März 1810 175

619

In diesem Satz'sind'unter strichen: »geraumer Zeit«, »das Schlechte«, »durch einige Individuen«, »gewaltig geregt«.

176,

»Rechtliche, abpr ängstliche oder beschränkte Männer« unterstrichen.

177

A b »anscheinende und wirkliche« seitliche Wellenlinie.

178

»Unruhe vielleicht bisweilen mit Mißmut sogar äußerten« angestrichen.

179

Neben diesem Satz Wellenlinie.

189

A b »der letzten Unglücksperiode« begleitende Wellenlinie und Anstreichung.

181

Neben diesem Satz Wellenlinie, »und es müssen die Bessern sämtlich folgen« außerdem angestrichen.

182

»E. K . M. Vertrauen, ist oder scheint ihnen entzogen« angestrichen.

183

Neben diesem Satz Wellenlinie.

184

»Über E . K . M. Überzeugung und Wille« angestrichen.

185

A b »Selbst« die Zeilen angestrichen.

186

»auf Höchstsie« unterstrichen, daneben Fragezeichen.

187

A b »schlechte Motive« die Zeilen angestrichen.

188

Neben diesem Satz Wellenlinie und Anstreichung.

189

Zu »von dem Fürsten mehreren Personen vorgelegte Fragen« das Marginale: »Was ist das?«

223. Kabinettsorder an das Staatsministerium Berlin, 21. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 38: Konzept, gez. Dohna, Altenstein, Beyme.

Anforderung eines Finanzplans zur Aufbringung der Kontributionszahlungen an Frankreich unter Prüfung der Vorschläge Wittgensteins »S. K . M. lassen dem Staatsministerio anliegend Abschrift der Note zufertigen, welche heute Allerhöchstdero Minister der auswärtigen Angelegenheiten dem K. K. französischen Gesandten Grafen St. Marsan über die Bezahlung der Kontribution zugestellt hat. 1 Nach solcher haben S. K. M. dem Kaiser Napoleon die Zusicherung gegeben, auch die letzten Kräfte aufbieten und kein Opfer scheuen zu wollen, welches Allerhöchst dieselben oder Allerhöchstdero Untertanen nur immer bringen könnten, und binnen 14 Monaten vom 1. d. M. an 48 Millionen Francs als den Rest der Kontribution nach Überweisung der holländischen Anleihe mit Übernahme der Disconto-Kosten an Frankreich zu bezahlen. Da es durch die bisherigen Bemühungen und Einleitungen so weit gebracht worden ist, daß mit einer letzten Anstrengung zur Aufbringung dieser Summen in dem bemerkten Zeitraum der Staat gerettet werden kann, so ist es S. K. M. ernstlicher Wille, daß selbst das anscheinend Unmögliche durch die Aufbietung aller Kräfte möglich gemacht und bei der Wahl der Mittel sowohl als auch bei deren Anwendung buchstäblich befolgt werde, was die Note zusichert. S. K. M. befehlen hierdurch Allerhöchstdero Finanzminister, den Allerhöchstdenenselben zugesicherten Plan, wie Vorstehendes am sichersten und zweckmäßigsten zu bewirken sei, schleunig auszuarbeiten 2 , inzwischen alles

Ö20

21. März 1810

aufzubieten, um die Kontributionszahlungen in Gang zu halten und den vollständig entworfenen Plan dem Staatsministerio zur Prüfung vorzulegen. Allerhöchstdieselben erwarten die genaueste und sorgfältigste Prüfung dieses Plans von dem Staatsministerio 3 und fordern solches, im Fall der Finanzminister die Erfüllung des von ihm entworfenen Planes nicht ganz sollte verbürgen können, ausdrücklich auf, Allerhöchstdenenselben alle die Mittel vorzuschlagen, welche demselben außerdem noch vorhanden zu sein scheinen und welche zum Zweck führen könnten. S. K. M. erklären hierdurch zum voraus, daß Allerhöchstdieselben, um das gegebene Wort zu erfüllen und den Staat zu retten, alle Mittel, die zum Zweck führen können, sie seien auch noch so hart, insofern sie nur nicht ohne Nutzen zerstörend wirken, alle Ersparnisse und Einschränkungen ohne Ausnahme, welche für erforderlich gehalten werden, und alle einzelnen und allgemeinen Anordnungen, welche hiezu nötig 4 sind, genehmigen; und haben solche Allerhöchstdero Genehmigung erhalten, ohne alle Schonung und irgendeiner Beschwerde und Klage zu achten, wollen ausführen lassen, fest vertrauend, daß der Finanzminister und das Staatsministerium in der Wahl der Mittel mit all der Vorsicht verfahren werden, welche die Erreichung des Zwecks erlaubt. Schließlich fertigen S. K . M. auch dem Staatsministerio anliegend den Auszug eines Allerhöchstdenenselben übergebenen Finanzplanes 5 zu, welcher die Beischaffung einer ungleich größeren Summe in einer weit kürzeren Zeit noch zum Gegenstand hat, und überlassen dem Staatsministerio nach Würdigung desselben, darauf Rücksicht zu nehmen.« 1 2

Vgl. Nr. 206 und 212. Plan des Finanzministers Frh. v. Altenstein: »Plan zur Aufbringung der Kontribution an Frankreich nach den diesseitigen Anerbietungen in der N o t e

vom

21. März, wie solches die Kabinettsordre v o m gleichen Tage an das Staatsministerium solchem zur Pflicht macht«, Berlin, im April 1810, Ausf., gez. Altenstein, in Rep. 92 Friedrich Wilhelm I I I B V I I a 10 Bl. 55—73 v . ; »Darstellung des Finanzwesens des Preußischen Staates im April 1810«, Ausf., gez. Altenstein, i. gl. Fasz. Bl. 74—101 v . ; eigh. Konzept von Altenstein in Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 67, fortgesetzt in Bd. 2; siehe Nr. 246. 3

Unter Fehlzeichen am Rand in anderer Schrift: »mit Zuziehung der Geheimen

4

In anderer Schrift verbessert statt der Wiederholung »erforderlich«.

5

Die Vorschläge Wittgensteins siehe Nr. 207 und 213.

Staatsräte«. Diese Ergänzung wurde wieder gestrichen.

21. März 1810

621

224. Minister Freiherr von Altenstein an den Großkanzler Beyme Berlin, 21. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A IV Nr. 11 Bd. 1 Bl. 40: Abschrift.

Beschwerde über, die Stockung seiner Finanzmaßnahmen durch die Erörterungen um den Gegenplan »Ew. Exzellenz habe ich vergessen, gestern bei der Menge der Gegenstände, auf die wir bei unserer Unterredung kommen mußten, einen mehr, als es geschehen ist, herauszuheben, die Notwendigkeit: einer schleunigen endlichen Bestimmung über den anzunehmenden Plan und die Person, welche solchen ausführen soll. Es ist ein unbeschreibliches Unglück, wenn ein Mann in einer Stelle noch nötig hat, den geringsten Beweis zu führen, daß bei einem so unerhörten Vorfall wie der gegenwärtige seine Wirksamkeit im In- und Ausland ganz gelähmt ist und daß die Finanzgeschäfte in einem Zeitpunkt und in einer Lage wie die gegenwärtige nicht 24 Stunden stocken dürfen, ohne daß ein unwiederbringlicher Nachteil daraus entsteht, daß bei der Publizität der Sache nicht nur meine Person, sondern alle meine in gleichem Grade angegriffenen ersten Geschäftsmänner in ihrer Wirksamkeit gelähmt sind, daß jeder Tag dem König bedeutende Summen kostet, die verlorengehen, da ich mit nichts vorschreiten darf, was bloß zu meinem Plan paßt und den König bei einem andern Plan kompromittieren müßte, und daß endlich der neue P l a n s o l l er angenommen werden, die schleunigsten Anstalten erfordert, teils weil er an und vor sich Monate zur Vorbereitung nötig macht, teils weil er die Zurücknahme einer Menge jetzt in Gang befindlicher Dinge, wie z. B. der freiwilligen und gezwungenen Anleihe, erforderlich macht. Es ist für mich höchst niederschlagend, wenn hierüber nur ein Zweifel sein kann und wenn man glauben sollte, ich hätte meine Erklärung auf den neuen Plan schneller abgeben können oder sie habe weniger Wert und führe weniger zur Entscheidung, als wenn ich mit einer Menge ganz ununterrichteter Personen gesprochen und mir ihren falschen, absichtlichen und ganz unbrauchbaren Rat zu verschaffen gesucht hätte. Kann ich etwas dafür, daß in diesem Fall über Dinge ernsthaft verhandelt worden ist, die in keinem Staate der mindesten Aufmerksamkeit wert gefunden worden wären und die, hätte man sie gleich in den gewöhnlichen Gang verwiesen, ganz verdient abgefertigt worden wären. Ich habe dieses alles größtenteils in meinem Bericht 2 auseinandergesetzt. Auch ohne daß Ew. Exzellenz diesen Bericht kennen, sind Sie gewiß von allen diesem durchdrungen. Sie werden sich gewiß ein wesentliches Verdienst um die Sache erwerben, wenn Sie bei der Ihnen aufgetragenen Einwirkung in die Sache dieses alles mit der Ihnen eigenen Klarheit und Kraft auseinandersetzen und solcher Eingang verschaffen. Daß von meiner Person nicht die Rede ist, das darf ich Ihnen nicht wiederholen. Ich würde mich in Ihnen geirrt haben, wenn Sie solche mehr schonten, als die

622

21. März 1810

Sache erfordert. Diese Sache, daß es des Königs Existenz nicht bloß, sondern daß es auch die Erhaltung dessen gilt, was seine ganze Regierung ihm bisher erworben und erhalten hat, ist Ihnen Aufforderung genug. Ihnen wird man nicht Leidenschaftlichkeit zutrauen, da es mit zu dem großen Unglück unserer Lage gehört, daß wenn man nicht kalt das Unglück des Staats recht frevelhaft herbeiführen lassen sehen kann, sobald man die nächste Verpflichtung, es zu verhüten, nach Eid und Pflicht hat, für parteiisch ausgegeben und gehalten wird. Ew. Exzellenz sind glücklich, daß es wohl doch nicht so bald dazu kommen dürfte, daß man Ihnen zumutete, über eine Reform des ganzen Justizwesens mit einigen Mäklern zu konferieren, daß man mithin Ihren Beruf doch wenigstens noch für etwas hält, was man nicht jedem zutrauen kann. Doch ich habe dem König geschrieben, ich wolle keines auch noch so gerechten Schmerzes achten und alles tun und mir gefallen lassen, was möglich sei. Dieses will ich halten. Das, was möglich ist, werden Ew. Exzellenz richtig beurteilen. Dieses ist das Wichtigste. Verzeihen Sie diese Mitteilung. Sie ist durch denVersuch, ernsthaft zu arbeiten und an Geschäfte zu gehen, veranlaßt worden, da ich dabei überall fand, daß mit Nutzen ich nichts tun könne«. 4 2

Wittgensteins Plan vom 12. März 1810, siehe Nr. 207. Immediatbericht Altensteins vom 18. März 1810, siehe Nr. 222.

225. Geheimer Staatsrat von Klewitz an den Minister Graf zu Dohna Berlin, 21. März 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Bl. 38: eigh. u. gez. Klewitz.

Rep. 77 Tit. 950 Nr. 7 Bd. 2

Zurückreichung des Entwurfs zum Reglement für das Bürgermilitär, ergänzende Bemerkungen dazu »Ew. Exz. bin ich für die gefällige Mitteilung des Entwurfs zum Reglement für das hiesige Bürgermilitär 1 recht sehr verpflichtet; mit dem verbindlichen Dank gebe ich ihn hierbei auf Hochdeio geehrtestes Schreiben vom 13. d. M.2 ganz gehorsamst zurück. Gegen das von dem Herrn Staatsrat Baron v. Rehdiger mit entworfene Reglement finde ich an sich nichts zu erinnern. Soll es jedoch bei der Bekanntmachung eine nicht gar zu ungünstige Sensation machen, so scheinen mir dabei noch folgende drei Gegenstände Beherzigung zu verdienen: 1. Das Reglement behält sich vor, in besondern Instruktionen und Verordnungen viele das Interesse der Bürgerschaft und der einzelnen Mitglieder vom Bürgermilitär sehr wesentlich berührende Bestimmungen noch festzusetzen, z. B. Beiträge, Uniform, Schießübungen, Wachtdienst, Patentgebühren, Disziplin und Verhältnis mit dem Gouvernement. Wird nicht die Ungewißheit hierüber das Berliner Publikum um so mehr beunruhigen, als selbst die Militärpflicht, welche das Reglement ausspricht, wenigstens in dieser Allgemeinheit neu ist?

21. März 1810

623

Wird es daher nickt fätsam sein, mit der Pflicht selbst {wenigstens so weit es irgend möglich ist) sogleich alle ihre näheren Bestimmungen auszusprechen und bei diesen sich möglichst an das, wotan man einmal gewöhnt ist und worauf man Wert legt, anzuschließen?3 Eine ungünstige Sensation auf einmal scheint mir immer erträglicher als viele nacheinander, wovon jede nachfolgende stets den Eindruck der früheren nicht allein erneuert, sondern sogar verstärkt. Dieses Bedenken hebt sich jedoch, wenn die Absicht nur sein sollte, jene näheren Details in Beilagen zu verweisen und diese zugleich mit dem Reglement bekanntzumachen. Alsdann aber fordert 2. außer der einheimischen Sensation Frankreich gewiß die höchste Vorsicht; und ich kann nicht bergen, daß hier ein so bestimmt in Zahlen ausgesprochenes sehr großes Bürgermilitär mannigfaltige Verlegenheiten besorgen läßt, besonders seitdem manche auswärtigen Zeitungen und Zeitschriften einen so gehässigen Charakter annehmen.4 3. kann die Frage entstehen, ob neben dieser Bürgermilitärpflicht künftig auch Konskription eintreten wird; und ein mißtrauisches Publikum könnte vielleicht beide Sachen sogar miteinander verwechseln. Sollte es daher nicht ratsam und billig sein, von den 200 rt., welche bei Gewinnung des Berliner Bürgerrechts für die Kantonfreiheit gezahlt werden müssen, einen Anteil zur Kasse des Bürgermilitärs zu überlassen? Dies würde mit der Militärpflicht, welche ausgesprochen werden soll, sehr versöhnen und ihre Kosten erleichtern. Der Herr Generalmajor Graf v. Lottum hat früherhin, wenn ich mich recht erinnere, diese Idee nicht unpassend gefunden. Uber den Geschäftsgang für die Gesetzgebungssektion erlaube ich mir hierbei nur noch einen Wunsch ganz gehorsamst. Mit Dank erkenne ich es, wenn zu Konferenzen über Gesetzesentwürfe die Sektion durch ein Mitglied derselben konkurriert. Da jedoch sie selbst und nicht bloß dieses gehört werden, vielmehr bei ihr eine Beratung stattfinden muß, so dürfte doch in der Regel ihr Gutachten zu fordern sein, mit welchem sich sodann ihr Geschäft endigt, so daß in einer nachherigen Konferenz darüber allenfalls nur zur Erläuterung der Verfasser desselben noch gehört werden könnte.5 Fordert Eil eine Ausnahme, so wird die Sektion um so weniger Schwierigkeit machen, als sie jetzt nur aus mir und dem Herrn Staatsrat Baron v. Rehdiger besteht und wir beide in unseren Ansichten leicht zusammentreffen.« 1

Entwurf liegt nicht bei.

2

Siehe Nr. 208.

3

»und bei diesen ... anzuschließen« nachträgliche Zufügung.

4

»Dieses Bedenken hebt sich jedoch ... Charakter annehmen« am R a n d e hinzugesetzt statt der Streichung: »und selbst die Rücksichten auf Frankreich möchten auch hier wohl Vorsicht erfordern.«

5

Dieser Satz lautete ursprünglich: »Da jedoch sie selbst und nicht bloß dieses gehört werden muß, vielmehr bei ihr eine Beratung stattfinden muß, so scheint es mir wohl in der Regel, zuvörderst ihr Gutachten zu fordern und alsdann in der Konferenz bei dem Beschluß über dieses der Verfasser desselben m i t Nutzen oder der Sektionschef zuzuziehen sein.«

624

22. März 1 8 1 0

226. »Deklaration des Ostpreußischen Kriegsschuldenreglements vom 23. Februar 1808, die abgeänderten Besteuerungsgrundsätze für die Haupt- und Residenzstadt Königsberg betreffend« gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Altenstein, Dohna Berlin, 22. März 1810 Gesetzsammlung 1806—1810, Nr. 1 1 1 , S. 673 ff.: Druck.

»Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen pp., haben eine Revision des Kriegssteuerwesens Unserer Haupt- und Residenzstadt Königsberg verfügt, da ein großer Teil der dortigen steuerpflichtigen Einwohner laute Klagen über den großen Druck und vornämlich über die ungleiche Verteilung der zu zahlenden Kriegssteuer geführt hat, bei welcher Anstrengung dennoch der Zweck, die Kriegsschuld zu tilgen, nur so wenig erreicht worden ist, daß bei dem geringen Überschuß der nach dem bisher angewandten Verfahren einkommenden Kriegssteuer nach Abzug der zu zahlenden Zinsen und zu bestreitenden Administrationskosten die Berichtigung der Kriegsschuld nur nach einer langen Reihe von Jahren würde erfolgen können. Den über die Untersuchung erstatteten Bericht haben Wir Uns vortragen lassen und daraus entnommen, daß diese Beschwerden nicht ungegründet befunden worden, sondern teils durch die nicht überall eine verhältnismäßige Heranziehung bewirkenden Steuergrundsätze, vorzüglich aber durch eine nicht allgemein zweckmäßig eingerichtete Administration und durch ein schwankendes Verfahren bei der Einkommensermittelung der Steuerpflichtigen entstanden sind. Diesen Umständen ist es neben andern Ursachen vorzüglich beizumessen, daß die völlige Abbezahlung der Königsberger Kriegsschuld in der durch Unser Patent vom Dezember 1807 bestimmten Frist nicht ohne zu schwere Bedrükkung der Einwohner möglich und eine geräumigere festgesetzt werden muß, worüber Wir die mit gleicher Rücksicht auf das Interesse der Gläubiger und die Erhaltung der Königsberger Stadteingesessenen von Uns zu treffenden Bestimmungen des ehesten erlassen werden. Wir haben daher aus landesväterlicher Fürsorge und Machtvollkommenheit beschlossen, die durch Unser Kriegssteuerreglement vom 23. Februar 1808 vorgeschriebenen Besteuerungsgrundsätze und die Vorschriften wegen des bei der Ausführung anzuwendenden Verfahrens 1 durch folgende Bestimmungen zu ergänzen und abzuändern«. In 12 Paragraphen werden die allgemeinen Grundsätze und speziellen Anordnungen bei Besteuerung des Einkommens der steuerpflichtigen Einwohner festgesetzt. »§ 13. In denjenigen in Unserm Reglement vom 23. Februar 1808 und in gegenwärtiger Deklaration unerwähnt gebliebenen Fällen, über welche das von Uns für die Kurmark erlassene und zur Einführung in den übrigen Provinzen Unseres Reichs bestimmte Einkommensteuerreglement ergänzende Festsetzungen enthält, findet dasselbe auch für Unsere Stadt Königsberg subsidiarische Anwendung. Unsere Minister der Finanzen und des Innern beauftragen Wir, nicht nur diese

625

23. März 1810

Unsere höchste Bestimmung zur gehörigen Publikation und Ausführung zu bringen, sondern auch für eine zweckmäßige Administration des Kriegsschuldenund für ein richtiges Verfahren bei dem Kriegssteuerwesen Unserer Haupt- und Residenzstadt Königsberg Sorge zu tragen. 2 Unser Kommissarius hat auf die genaue Befolgung dieser Unserer Verfügung zu halten und darauf zu sehen, daß derselben in allem getreulich nachgekommen werde. Alle, die es angeht, haben sich hiernach auf das allergehorsamste zu achten«. 1

»Reglement, das Kriegsschuldenwesen der Provinz Ostpreußen und Litauen und der S t a d t Königsberg insbesondere betreffend«, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Schroetter,

Stein, Schroetter I I ; Gesetzsammlung

1808—10, Nr. 27, S. 193 f f . ;

siehe R M Stein I, Nr. 122, S. 397 ff. 2

D e m Reglement schließen sich zwei Tabellen a n : Nr. 1 »Tabelle, nach welchen Prozentsätzen das Einkommen in der Stadt Königsberg zu besteuern ist«, Nr. 2 »Tabelle über die Klassifikation der gewerbetreibenden

Personen,

welche

ihr

reines Einkommen nicht vollständig nachzuweisen imstande sind«. A m 26. März 1810 ergeht auf Allerhöchsten Spezialbefehl die »Anweisung für die Kriegssteuerbehörden der H a u p t - und Residenzstadt Königsberg, wie sie bei dem ihnen übertragenen Geschäft zu verfahren haben«, gez. Altenstein, Dohna (Gesetzsammlung 1806—10, Nr. 112, S. 681 ff.).

227. Geheimer Staatsrat von Klewitz an die Minister Freiherr von Altenstein und Graf zu Dohna Berlin, 23. März 1810 ZSTA

Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 950 Nr. 2 Bl. 96:

K o n z e p t eigh.

Schwierigkeiten des Doppelverhältnisses als Sektionschef und als vortragender Rat des Königs »Von E w . Exzellenzien Gesinnungen durfte ich mit Zuvericht hoffen, daß Sie dem Wirkungskreise der Gesetzgebungssektion gern Gerechtigkeit widerfahren lassen; dies schließt aber den Dank nicht aus, wozu ich mich durch Dero geehrtestes Schreiben vom 6. d. M. 1 , die Deklaration des Königsbergischen Kriegsschuldenreglements betreffend, verpflichtet fühle. Die darüber veranlaßte Konferenz und besonders der von E w . E x z . , dem Herrn Staatsminister Grafen zu Dohna, mir gefälligst mitgeteilte modifizierte Entwurf des Reglements für die kurmärkische Einkommensteuer haben mich davon überzeugt, daß auf die Bemerkungen der mir anvertrauten Sektion Rücksicht genommen ist. Was mir daher auf Ew. E x z . geehrtestes Schreiben noch übrigbleibt, sind Wünsche für mein doppeltes Verhältnis als Sektionschef und als vortragender Rat des Königs, solange für mich beide Eigenschaften überhaupt noch und nebenein-

626

24- März 1810

ander existieren. Ich habe sie bisher mit der größten Gewissenhaftigkeit voneinander geschieden und die Rechte der nicht selten übergangenen Sektion nur gegen Ew. Exzellenzien und nie als vortragender Rat des Königs zur Sprache gebracht, weil ich es für unpassend halte, vor dem Regenten mit seinen ihm verantwortlichen Verwaltungschefs über Kompetenz und über ein Detail von Meinungen zu rechten, das eigentlich in den Staatsrat gehören würde. Außerdem kommen im Kabinett nicht alle Gegenstände zu meiner Kenntnis; auch sind Sektion und ihr Chef, ihr Resultat einer Beratung und seine individuelle Ansicht doch auch noch verschieden ;2 und Ew. Exzellenzien werden daher meinen Wunsch um so gerechter finden, daß nicht die Gesetzgebungssektion in einzelnen Fällen deshalb übergangen werden möge, weil diese doch noch beim Kabinett in die Hände ihres Chefs vielleicht gelangen. Meine zwiefache Stellung hat in so vieler Hinsicht ihre Dornen, daß Ew. Exzellenzien so gerechte und billige Wünsche zu berücksichtigen gewiß gern geneigt sein werden«.3 1

Die Ausfertigung gez. Altenstein, Dohna, steht im gleichen Faszikel B L 94.

2

Dieser Satzteil von Semikolon zu Semikolon zugefügt.

3

Auf dem gleichen B l a t t folgt das eigenhändige Konzept eines Schreibens an Dohna, in dem K l e w i t z ihm die Rücksendung des Entwurfs des Reglements für die kurmärkische Einkommensteuer nebst Zubehör mitteilt. Folgender T e x t ist darin gestrichen: »Die dabei befindlichen V o t a werden gewiß auch E w . E x z . die Überzeugung erneuern, wie notwendig der Staatsrat und wie dringend eine Verfassung auch für die Gesetzgebungssektion ist, um nicht mehr von Meinungen abzuhängen.«

228. Großkanzler Beyme an den Minister Freiherr von Altenstein Berlin, 24. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 B d . 1 Bl. 49: eigh. u. gez. Beyme.

Sicherheitsratschläge für die Weiterleitung von Materialien zur Wittgensteinschen Finanzplanung an Hardenberg »Ew. Hochfreiherrlichen Exzellenz habe ich die Ehre, in ganz ergebenster Antwort zu erwidern, daß ich in dem anliegenden Entwürfe zu dem Schreiben an den Herrn v. Hardenberg Exzellenz die Materialien ganz der Allerhöchsten Intention konform finde. In Ansehung der Form aber scheint es mir höchst bedenklich zu sein, so wichtige Geheimnisse, als dieses entworfene Schreiben und dessen Beilagen enthüllen, an einen Privatmann im Auslande durch einen Privatverwalter desselben gelangen zu lassen. Wenn er Koppes Schicksal 1 hätte, was könnte das wieder für Folgen haben? Dieses Bedenken spricht gegen die ganze Maßregel. Da diese aber einmal nach dem ausdrücklichen Willen Sr. Majestät durchaus stattfinden soll, so scheint es mir, daß die Mitteilungen an den Herrn Freiherrn v. Hardenberg sich auf das zu dem aufgesteckten Ziele

24. März 1810

627

unentbehrlich Notwendige beschränken müssen. In dieser Hinsicht stelle ich ganz ergebenst zu Ew. Exzellenz sorgfältigsten Erwägung anheim, 1. von der politischen Veranlassung nur so viel zu sagen, daß Frankreich so ernsthaft auf die pünktlichste Kontributionszahlung bestehe, daß das Äußerste aufgeboten werden müsse, um einen Versuch zu machen, diese Zahlungen im Lande selbst mit der höchsten Anstrengung, die nur nicht ohne Nutzen zerstörend wirke, aufzubringen; 2. auch aus den mitzuteilenden Abschriften alles wegzulassen, was das politische Geheimnis betrifft und nicht unmittelbar zu Beurteilung des Planes des Fürsten v. Wittgenstein gehört. 2 « 1

2

Zur Verhaftung Koppes und Beschlagnahme des Stein-Briefes siehe Bötzenhart II/2, Nr. 798, S. 839 f. u. Nr. 827, S. 869 ff. Das auf diese Vorschläge hin umgearbeitete Schreiben an Hardenberg siehe Nr. 229. Das Konzept trägt von Altensteins Hand den Vermerk, daß das Schreiben durch den Herrn Kriegsrat Scharnweber, »der alle Vorsicht zugesichert hat,« den 25. März nachmittags abgegangen ist.

229. Minister Freiherr von Altenstein an den Minister Freiherr von Hardenberg zu Grohnde im Hannöverischen Berlin, 24. März 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 56: Konzept, gez. Altenstein, Beyme.

Übersendung von Unterlagen zur Prüfung der Anwendbarkeit des Finanzplans Wittgenstein

von

»Zufolge des von Sr. Majestät dem Könige erhaltenen Auftrags gebe ich mir die Ehre, Eur p. anliegend folgende Aktenstücke ganz ergebenst zu übersenden: 1. vier Schreiben des Herrn Fürsten von Wittgenstein an Sr. Majestät den König vom 12., 14., 16. und nochmals den 16., die Aufbringung der an Frankreich zu bezahlenden Kontribution betreffend 1 , 2. meinen hierauf unterm 18. d. M. auf Erfordern erstatteten Bericht 2 , 3. eine von Sr. Majestät dem König hierauf an das Ministerium erlassene Ordre 3 , und zwar alle diese Piecen in vidimierter Abschrift. 4 Sr. Majestät der König wünschen, daß Sich Eur p., da der Fürst v. Wittgenstein sowohl als ich uns auf dieselben in vorstehenden Verhandlungen auf sehr verschiedene Art und in ganz entgegengesetztem Sinn beziehen, über die Richtigkeit dieser Beziehungen und die Sache im allgemeinen gegen Allerhöchstdieselben äußern und bei dem Ihnen von Sr. Majestät gewidmeten innigen und unbeschränkten Vertrauen Allerhöchstdenenselben zugleich baldmöglichst, und zwar durch den Überbringer dieses, Ihr Gutachten über die Anwendbarkeit des Planes des Fürsten von Wittgenstein mitteilen möchten. Ich schätze mich 41

Stein/Hardenberg

628

24. März 1 8 1 0

glücklich, mit diesem Auftrag beehrt worden zu sein, und benutze diese Gelegenheit, Eur p. die Versicherung meiner Ihnen gewidmeten innigsten Verehrung ganz ergebenst zu erneuern.« 1

Sämtlich eigenhändig in Rep. 92 Friedrich Wilhelm I I I . B V H P 10 Bl. 1 , 10, 12, 1 3 ; die Abschriften in Rep 92 Altenstein A I V Nr. 1 1 Bd. 1 ; siehe Nr. 207, 209, 2 1 3 , 214. 2 Siehe Nr. 222. 3 K . O. an das Staatsministerium, Berlin, 2 1 . März 1810, siehe Nr. 223. * Auf Anraten Beymes wurde nachfolgender Text gestrichen: »Ehe ich mich des weitem Auftrages Sr. Majestät des Königs entledige, halte ich mich verpflichtet, Eurer Exzellenz die Veranlassung zu diesen Schreiben und zu dem Bericht kürzlich noch etwas genauer mitzuteilen, als solches aus den vorbemerkten Aktenstücken hervorgeht. Der diesseitige Gesandte zu Paris, Herr Generalmajor v. Krusemarck, hatte Sr. Majestät dem König eine Note des Herzogs von Cadore übersandt, in welcher dieser erklärte, daß der Kaiser alle ihm vorgeschlagenen Modalitäten bei der Kontributionszahlung verworfen habe und strenge auf der Erfüllung der Verpflichtungen Preußens bestehe, so daß er die Zahlung von 4 Millionen Francs monatlich vom 1 . Januar an und die Überweisung der holländischen Anleihe außerdem noch verlange. Der Generalmajor von Krusemarck zeigte zugleich an, daß der Herzog von Cadore in einer Unterredung auf die frühere, wenngleich nicht offizielle Äußerung zurückgekommen sei, daß er Preußen rate, alles aufzubieten, um sich von der Kontributionsentrichtung in dem gegenwärtigen Augenblick zu befreien, und zu dem Ende lieber eine mäßige Territorialzession allenfalls in Schlesien anzubieten. Die frühern Äußerungen des Kaisers über eine Territorialzession, im Fall Preußen die Bezahlung zu schwer werde, der harte Ton in der offiziellen Note, die ganz bestimmte Äußerung des Generalmajors von Krusemarck, daß eine solche Territorialzession Preußen allein retten könne, veranlaßten das Ministerium, die Frage, ob und unter welchen Umständen auf die letztere einzugehen sein dürfte, in nähere und ernstliche Überlegung zu nehmen. Die Schwierigkeit, die Kontributionszahlung auch bei der größten Anstrengung aufzubringen, die Unmöglichkeit, solches zu verbürgen, sobald der Kaiser Napoleon die Absicht habe, eine Territorialzession indirekte zu erzwingen, und die Notwendigkeit, in welche sich Preußen versetzt sehe, bei der jetzigen politischen Lage Europens die Freundschaft Frankreichs zu gewinnen, sei es auch durch große Opfer, veranlaßten das Ministerium, bei Sr. Majestät dem König darauf anzutragen, bei der Gelegenheit, daß ein Gesandter, um dein Kaiser zur Vermählung Glück zu wünschen, nach Paris gesendet werde, solchem, wenn es ein zuverlässigerMann und geschickter Negotiateur sei, die Vollmacht zu erteilen, im Fall er bemerke, daß die Territorialzession unabänderlich von dem Kaiser gefordert werde, darauf einzugehen und durch ein geschicktes Nachgeben zu bewirken, daß diese Abtretung so wenig nachteilig als möglich werde und daß der Nachteil wenigstens durch die Herstellung eines sehr freundschaftlichen Verhältnisses mit Frankreich aufgewogen werde. Sr. Königliche Majestät ließen mich hierauf zu Sich rufen, erklärten Aller höchstdero feste Entschließung, auf keine als eine durch Gewalt abgedrungene Territorialzession eingehen zu wollen, und äußerten, daß da sonach alles auf die Zahlung der Kontribution ankomme, diese aber von mir f ü r so schwierig gehalten werde, so hätten Allerhöchstdieselben den Fürsten von Wittgenstein, der einen Plan, wie die Zahlung bewirkt werden könne, entworfen habe, kommen lassen, um mit

31. März 1810

629

mir darüber zu sprechen. Der Fürst äußerte bei seinem Erscheinen, daß er den Plan nicht bei sich habe, mir aber solchen zusenden wolle, und da hierauf Sr. Majestät der König das Schreiben des Fürsten vom 12. d. M. herbeiholten, so erklärte ich, nachdem ich ihn flüchtig durchlaufen hatte, sogleich, daß ich nicht damit einverstanden sein könne, und behielt mir vor, meine Gründe schriftlich auseinanderzusetzen. Dieses wird Euer Exzellenz die Veranlassung zu den vorliegenden Verhandlungen, wie ich mir schmeichle, hinreichend auseinandersetzen. Ich enthalte mich alles Details, so wesentlich solches auch zum Teil ist, um den Standpunkt ganz richtig anzugeben.«

230. Kabinettsorder an das Staatsministerium Berlin, 31. März 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 494 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 19: Ausf., gez. Friedrich Wilhelm; Rep. 92 Altenstein A IV Nr. 11 Bd. 1 Bl. 62: Abschrift.

Reform der Provinzialstände als Voraussetzung für die Errichtung des Staatsrats; sofortige Reorganisation der Gesetzkommission', Anordnungen für den Geschäftsbetrieb im Staatsministerium »Auf Euern Bericht vom 17. d. M. 1 wegen Vervollständigung des Planes zu der veränderten Verfassung der obersten Verwaltungsbehörden habe Ich beschlossen, daß der Staatsrat, dessen förmliche Anordnung noch bis nach beendigter Reform und Organisation der Provinzialstände ausgesetzt bleibt, nur als beratendes Conseil für Gegenstände der Gesetzgebung und für neue allgemeine Einrichtungen oder für Abschaffung und Abänderung alter dergleichen Anordnungen eingerichtet werden soll. Damit aber diese Einrichtung sobald als möglich zustande komme, so befehle Ich Euch, den Plan zur Bildung und Reform der Provinzialstände unausgesetzt zu bearbeiten und so bald, als es sein kann, vorzulegen. Alsdann erst kann die Gesetzgebungspartie, die Ich unter das gesamte Staatsministerium stelle und darin den obigen Plan, welcher solche nur zu dem Ministerium des Innern und gewissermaßen der Justiz gerechnet hat, abändere, vollständig organisiert werden. Die Reorganisation der Gesetzkommission unter dem Präsidium des Geheimen Staatsrats von Klewitz aber darf so lange nicht ausgesetzt bleiben, sondern muß nunmehr unverzüglich erfolgen. Was den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb der Minister betrifft, so erweitere Ich die Bestimmungen in der Kabinettsordre vom 6. Dezember 1808 dahin 2 , daß alle Gegenstände von allgemeinem Interesse für den ganzen Staat, die auswärtigen Angelegenheiten jedoch nur, soweit Ich es besonders befehle, von dem gesamten Staatsministerium, wozu auch der Chef des allgemeinen Krieges departements zu rechnen, gemeinschaftlich beraten, darüber verfügt und berichtet werden soll. Ich befehle Euch, daß Ihr deswegen regelmäßig an einem bestimmten Tage in der Woche auf dem Königlichen Schlosse zusammenkommt und zu diesen Versammlungen diejenigen Geheimen Staatsräte und Räte zuziehet, 4»*

630

31. März 1810

welche bei der Bearbeitung der vorkommenden Gegenstände konkurrieren. Welche Gegenstände nach obiger Bestimmung zu den gemeinschaftlichen zu rechnen sind, will Ich dem pflichtmäßigen Ermessen eines jeden Staatsministers anvertrauen. Als Regel aber könnt Ihr Euch an diejenigen Bestimmungen halten, die in dem Plane zu einer veränderten Verfassung der obersten Verwaltungsbehörden für das Plenum des Staatsrats gegeben sind. Von diesen an das gesamte Staatsministerium gewiesenen Geschäften werden sich diejenigen, welche Gegenstände der Gesetzgebung und neue allgemeine Einrichtungen oder Abänderung alter Anordnungen dieser Art betreffen, der Regel nach zur Beratung mit sämtlichen Geheimen Staatsräten eignen. Damit nun auch darin eine gewisse Regelmäßigkeit komme, so befehle Ich Euch, daß Ihr deswegen an jedem ersten Montage des Monats mit den sämtlichen Geheimen Staatsräten auf dem Königlichen Schlosse zusammenkommen und dazu die betreffenden Räte Eurer Ministerien zuziehen sollet. Bei diesen allgemeinen Versammlungen sollen die Geheimen Staatsräte in den Angelegenheiten ihres besondern Ressorts ein volles Votum, übrigens aber gleich den Staats- und Geheimen Oberjustizräten ein Votum consultativum haben und die Ausfertigungen von sämtlichen Staatsministern gezeichnet werden.3 Durch diese Einrichtungen wird die Abkürzung und Zusammenziehung des Vortrags in Meinem Kabinett, welche besonders für die Zeit Meiner Abwesenheit von Berlin höchst notwendig ist, möglich. Zu dem Ende werde Ich alle wichtigen Angelegenheiten, besonders alle Berichte der Minister durch die Minister selbst oder in deren Gegenwart vortragen lassen. Nur über Gegenstände von gemeinsamem oder allgemeinem Interesse werde Ich die Minister sämtlich in Meinem Kabinett versammeln und dabei die übrigen Staatsdiener, welche Vortrag im Kabinett haben, abtreten lassen.4 Ich setze dazu regelmäßig den Donnerstag in jeder Woche aus, behalte Mir aber vor, den Umständen nach die Minister samt oder sonders auch außerdem zu Mir zu entbieten, so wie Ich denselben, besonders dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten und dem Chef des allgemeinen Kriegesdepartements, auch in außerordentlichen Fällen freien Zutritt, besonders an den gewöhnlichen Kabinettsvortragstagen gestatten will. Zum Vortrag der minder wichtigen Angelegenheiten mit Ausnahme der oben bestimmten erheblichen und der Stellenbesetzungen, beim Militär vom Kommandeur aufwärts gerechnet, wird für die Militärangelegenheiten der Direktor der ersten Division des allgemeinen Kriegesdepartements auf dem bisherigen Fuß bestimmt. Für die minder erheblichen Zivilangelegenheiten aber werde Ich einen Rat aus der Zahl der Staats- oder Geheimen Oberjustizräte auf unbestimmte Zeit auswählen. Für jetzt bestimme Ich dazu den p. Albrecht, dieser soll auch die Ausfertigung Meiner Befehle besorgen, solche aber, wenn Ich es nicht anders bestimme, ganz unbedenkliche Fälle allein ausgenommen, den betreffenden Ministern vor der Vollziehung im Konzept vorlegen. Ich übertrage ihm endlich die Aufsicht auf den kleinen Geschäftsgang und das Subalternenpersonale unter der Oberaufsicht der Minister. Mit Verteilung der eingehenden Kabinettssachen werde Ich es wie bisher halten und dazu einen Geheimen Kabinettssekretär, jetzt den Niethe, brauchen, der solche an die Minister depeschieren5 soll.

3 1 . März 1 8 1 0

631

Damit aber diese Geschäfte ihren ununterbrochenen raschen Gang gehen, so sollen der Direktor der ersten Division des allgemeinen Kriegsdepartements, der zum Vortrage im Kabinett bestimmte Rat und in Potsdam oder Charlottenburg der Geheime Kabinettssekretär beständig in Meiner Nähe sich befinden. Hiernach befehle Ich Euch, Euch nicht nur selbst auf das genaueste zu achten, sondern auch alle anderen, die es angeht, demgemäß anzuweisen.« 1 2

3

4

5

Siehe Nr. 216. Die hier erweiterte Bestimmung hatte in der K . O. vom 6. Dezember 1808 an die Minister Goltz und Altenstein folgenden Wortlaut: »Nur diejenigen Gegenstände, welche in sämtliche Ressorts eingreifen, werden auch von sämtlichen Ministerien unter der Firma „Staatsministerium" gemeinschaftlich beraten, und wird von Euch auch gemeinschaftlich darüber verfügt und berichtet.« (Druck: Bassewitz 1809/10, S. 105 f.) Zu diesen Bestimmungen über das Votum der Geheimen Staatsräte siehe die Stellungnahme Dohnas, Altensteins und Beymes vom 14. und 15. April 1 8 1 0 (Nr. 239). E s folgte ursprünglich noch: »In allen übrigen Fällen sollen auch die Minister nur einer nach dem andern zum Vortrag kommen«. E s folgte ursprünglich noch: »und zugleich die kleinen Hofsachen expedieren«.

231. Gutachten des Geheimen Staatsrats Niebuhr Undatiert [nach dem 4. April 1810] Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 2 Bl. 131: eigh. u. gez.

Vorschläge für die Beschaffung von Ersatz für das in der Zirkulation bare Geld

fehlende

»Die von Ew. Exzellenz mir zur Einreichung eines Gutachtens vorgelegten Fragen 1 über die Einrichtung eines Surrogats, welches die stets zunehmende Erschöpfung der baren Zirkulation unerläßlich zu fordern scheint, würden nicht schwer zu beantworten sein, wenn die Nation guten Sinn und guten Willen hätte, ihr eignes Interesse mit dem der höchsten Staatsregierung zu verbinden, und wenn die innere Fortdauer des Staats, wie er gegenwärtig ist, so gesichert wäre, daß man mit sanften Künsten und Klugheit die nur nicht absolut böse Gesinnten gewinnen könnte. Leider aber bewährt es sich täglich mehr, daß es hier keinen Instinkt gibt, welcher die einzelnen antriebe, bei dringenden Verlegenheiten Heilmittel aufzusuchen und die ihnen angebotenen zu benutzen; vielmehr sucht man ausschließlich die Nachteile oder die Schwächen der gefaßten Maßregeln auf und benutzt diese, um sie zu verschreien, so wie man ihnen alles mögliche in den Weg legt, wenn sie auch für den einzelnen gar keinen Nachteil enthalten. Obgleich es also ganz entschieden ist, daß ohne die Einführung eines Surrogats an Papier- und Kupfergeld aHes innere Verkehr ganz stocken und das schrecklichste Elend eintreten wird, so ist es doch nichts weniger als ausgemacht oder auch nur wahrscheinlich, daß nicht Verstocktheit den rettenden und einzig möglichen Hülfsmitteln denselben gehässigen Übeln Willen entgegensetzen wird, womit man eine Veränderung der Zirkulation in Zeiten, wo jede Veränderung Besorgnis erregen kann, weil alles wohlsteht, aufnehmen würde. Man kann es sich nicht verhehlen, daß die Masse des Publikums Vergnügen darin findet, die Regierung zu stören und ihre Unternehmungen zu vereiteln, welches sich sogar in Hinsicht der Talerscheine zeigt. Nach diesen vorläufigen Äußerungen meiner Besorgnisse über das Schicksal, welches jedes Papiergeld bei uns zu erwarten hat, werde ich mich der Erlaubnis bedienen, welche Ew. Exzellenz mir gestatten, die folgenden Ansichten punktweise in großer Kürze aufzustellen. 1 Eine Vermehrung der realisabeln Talerscheine bis zu der Summe von 3 Millionen ist nicht möglich; — nämlich während des ersten Jahres nicht — weil a) die Ausgabe jedes Papiers, welches nicht im Wege des Disconto emittiert

231. Gutachten des Geheimen Staatsrats Niebuhr Undatiert [nach dem 4. April 1810] Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 2 Bl. 131: eigh. u. gez.

Vorschläge für die Beschaffung von Ersatz für das in der Zirkulation bare Geld

fehlende

»Die von Ew. Exzellenz mir zur Einreichung eines Gutachtens vorgelegten Fragen 1 über die Einrichtung eines Surrogats, welches die stets zunehmende Erschöpfung der baren Zirkulation unerläßlich zu fordern scheint, würden nicht schwer zu beantworten sein, wenn die Nation guten Sinn und guten Willen hätte, ihr eignes Interesse mit dem der höchsten Staatsregierung zu verbinden, und wenn die innere Fortdauer des Staats, wie er gegenwärtig ist, so gesichert wäre, daß man mit sanften Künsten und Klugheit die nur nicht absolut böse Gesinnten gewinnen könnte. Leider aber bewährt es sich täglich mehr, daß es hier keinen Instinkt gibt, welcher die einzelnen antriebe, bei dringenden Verlegenheiten Heilmittel aufzusuchen und die ihnen angebotenen zu benutzen; vielmehr sucht man ausschließlich die Nachteile oder die Schwächen der gefaßten Maßregeln auf und benutzt diese, um sie zu verschreien, so wie man ihnen alles mögliche in den Weg legt, wenn sie auch für den einzelnen gar keinen Nachteil enthalten. Obgleich es also ganz entschieden ist, daß ohne die Einführung eines Surrogats an Papier- und Kupfergeld aHes innere Verkehr ganz stocken und das schrecklichste Elend eintreten wird, so ist es doch nichts weniger als ausgemacht oder auch nur wahrscheinlich, daß nicht Verstocktheit den rettenden und einzig möglichen Hülfsmitteln denselben gehässigen Übeln Willen entgegensetzen wird, womit man eine Veränderung der Zirkulation in Zeiten, wo jede Veränderung Besorgnis erregen kann, weil alles wohlsteht, aufnehmen würde. Man kann es sich nicht verhehlen, daß die Masse des Publikums Vergnügen darin findet, die Regierung zu stören und ihre Unternehmungen zu vereiteln, welches sich sogar in Hinsicht der Talerscheine zeigt. Nach diesen vorläufigen Äußerungen meiner Besorgnisse über das Schicksal, welches jedes Papiergeld bei uns zu erwarten hat, werde ich mich der Erlaubnis bedienen, welche Ew. Exzellenz mir gestatten, die folgenden Ansichten punktweise in großer Kürze aufzustellen. 1 Eine Vermehrung der realisabeln Talerscheine bis zu der Summe von 3 Millionen ist nicht möglich; — nämlich während des ersten Jahres nicht — weil a) die Ausgabe jedes Papiers, welches nicht im Wege des Disconto emittiert

[nach dem 4. April 1810]

633

werden kann — welches bei diesen Scheinen unmöglich war —, nie die Mittel gewährt, dasselbe einzuziehen und seiner Realisation vorzubeugen, welche eigentliche Banknoten gewähren; b) folglich ein verständiger Sinn des eignen Bedürfnisses und Gemeinsinn einerseits und eine große und zuverlässige Kraft der Regierung andrerseits erfordert wird, um ein solches Papier in einiger bedeutenden Masse in Umlauf zu bringen und zu halten; c) der Unverstand und böse Wille des Publikums und die anscheinende Schwäche der Staatsverwaltung — welche daher in diesem Fall zu rühren scheint, daß viele Behörden in Hinsicht ihrer Stimmung zum Publikum gehören — es schon jetzt notwendig machen werden, mit der Emission eine Zeitlang einzuhalten und auf andre Mittel bedacht zu sein, die Zirkulation der Talerscheine zu fördern. 2. Alles nicht realisable Papiergeld wird hier nur mit der allergrößten Schwierigkeit in Umlauf gebracht werden können, ja ich sehe nicht ein, wie man ihm überhaupt Zirkulation verschaffen kann; wahrscheinlich wird sich alles eben, wie es das Schicksal der alten Tresorscheine war, in wenigen Händen sammeln und nur eine neue Masse negociabler, aber daher äußerst schlecht im Preis stehender Staatspapiere ausmachen. 3. Am entschiedensten wird dieses der Fall mit Kassenbillets sein, wenn man sie auch bei den Kassen für voll annimmt; diese allein wären jedoch eine Finanzressource, indem man dadurch die Lücke etwas anfüllen könnte, welche daraus entstehen müßte, wenn man die laufenden Revenüen zur Zahlung der Kontribution verwendete. Ich nenne nämlich Kassenbillets und glaube auch, Ew. Exzellenz Meinung darüber richtig zu fassen, was man in Sachsen so nennt, — hier würde auch noch die wesentliche Bedingung der Einlösbarkeit mit Discont wegfallen. 4. Eher könnten noch wohl Pfandbriefscheine in Umlauf kommen, wenn die Provinzen selbst den großen Vorteil beherzigen wollten, der für sie daraus entstehen könnte, dieses ist aber keine Ressource für den Staat. 5. Wäre indessen a) diese Maßregel zuerst angenommen, b) ist es den höchsten Behörden möglich, auf den Geist des Publikums zu wirken, c) ist man einer Kraft bei der Ausführung versichert, auf die man einigermaßen rechnen kann, so möchte ich als das leidlichste Mittel folgendes vorschlagen: 6. a) die sämtlichen baren Revenüen werden zur Kontributionszahlung verwandt mit Beseitigung derjenigen Summen, welche zur Zinsenzahlung vom holländischen Anleihen 2 gebraucht werden. b) Alle Auszahlungen der Staatskassen geschehen in einem neuen Papiergeld, in Scheinen auf 10, 5 und 1 Reichstaler lautend. c) Die größeren Scheine sind bei allen Kassen gegen l-Reichstalerscheine (nicht realisable Tresorscheine) umsetzbar, und diese bei gewissen Kassen gegen eine neue Kupfermünze, von der für eine Million Taler ausgemünzt wird. d) Es werden ebensoviel Domänenpfandbriefe in gewissen Kassen deponiert,

634

5. April 1810

als Papiergeld ausgegeben wird, und diese kann sich jeder Inhaber von 100 Reichstaler Papier eintauschen. Es wäre zu wünschen, daß die Zinsen von diesem Papier auf Silber gestellt werden könnten. e) Umgekehrt kann sich jeder Inhaber von Domänenpfandbriefen dagegen Zettel eintauschen. f) Die Domänenpfandbriefe werden bei der Ablösung von Gefällen, Kontribution usw. für voll angenommen und in diesem Fall nicht weiter emittiert. g) Das neue Papiergeld wird bei gewissen Abgaben für den ganzen Betrag, bei andern bis zur Abzahlung der Kontribution nur in gewissem Verhältnis — dann aber ohne Beschränkung angenommen. h) Die ersparten Zinsen von den gegen Scheine empfangnen Pfandbriefen werden zum Tilgungsfonds oder vielmehr zu einem Akkumulationsfonds verwandt. i) In allen Privatzahlungen muß dieses Papiergeld gezwungnen Cours haben — eine schreckliche Maßregel, die aber dann ganz unvermeidlich ist. k) Alle in den Kassen vorrätigen Privatpfandbriefe werden zur Kasse neben den Domänenpfandbriefen gelegt. 7. Der Wiedergebrauch der alten Tresorscheine ist in jedem Fall gewiß unzulässig. 8. Mit dem neuen Papiergeld würden die rückständigen Zinsen der Seehandlungsobligationen usw. abgezahlt. E w . Exzellenz höherem Ermessen stelle ich diese Punkte mit dem gehorsamsten Beifügen anheim, daß dies zwar sehr gefährliche Maßregeln sind, sobald sie nicht durch guten Willen des Volks unterstützt werden — andre aber meiner Meinung nach nicht leicht werden entdeckt werden können.« 1

Eigh. Brief Altensteins an Niebuhr, Berlin, 4. April 1810 (i. gl. Fasz. Bl. 129).

2

E s folgt eine unleserliche Abkürzung.

232. »Offizielles Schreiben« des Ministers Freiherr von Hardenberg an den Minister Freiherr von Altenstein Nordhausen, 5. April 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Hardenberg H 3V2 B d . I I Bl. 2: Bleistiftkonzept eigh. Hardenberg; Bl. 13: Reinkonzept Hardenberg

eigh. und

gez.; Bl. 19: Abschrift Hardenberg eigh. u. gez.

Begutachtung des Wittgensteinschen Plans im Zusammenhang früheren Vorschlägen

mit Hardenbergs

»Ew. Exzellenz geehrtestes Schreiben vom 24. v. M. 1 habe ich durch den Kriegsrat Scharnweber auf der Reise erhalten und möglichst geeilt, den Inhalt der mit solchem mitgeteilten Aktenstücke zu erwägen. So sehr ich das Vertrauen tief verehre, welches S. M. der König mir bei dieser Gelegenheit zu beweisen geruhen, so schmerzlich sind die Empfindungen, womit

5- April 1810

635

ich die Feder ergreife, um mich über die entstandene Uneinigkeit in einer Sache zu äußern, bei der die eifrigsten Bemühungen der Patrioten vereint in einem Punkte zusammentreffen müßten und wobei keine andere Rücksicht stattfinden sollte als auf die Sache selbst. Ich soll nach Ew. p. Schreiben 2 über die Anwendbarkeit des an S. M. eingereichten Plans des Fürsten von Wittgenstein mein Gutachten abgeben und mich dabei 1. über die Richtigkeit der Beziehung auf mich, 2. über die Sache selbst im allgemeinen äußern. Was den ersten Punkt anbelangt, so ist es vor allen Dingen nötig, hier vorauszuschicken, wie der Fürst sich auf mich bezogen hat. Er sagt in seinem Schreiben vom 12. März 3 an den König: „Das Vertrauen, welches S. M. in mich setze, verpflichte ihn, zu bemerken, daß ich mit seinen Ansichten in Beziehung auf die Ergreifung der nötigen Maßregeln mit ihm vollkommen einverstanden sei; — wenn der König für gut fände, diese Maßregeln zu genehmigen und ihm die Leitung zu übertragen, so würde er sich bei der Ausführung vorzüglich meines Rats bedienen, den er auch bei meiner Entfernung immer einzuholen Gelegenheit finden werde. — Es würde die größte Beruhigung für ihn sein, wenn der König geruhen wolle, mir sein Schreiben zu übersenden und seine Vorschläge meinem Gutachten zu übergeben." Der Fürst kann bei seiner Beziehung auf mein Einverständnis nur 4 zweierlei im Sinn gehabt haben: 1. Ein Schreiben, welches ich am 5. März 1809 an den Deputierten des Lebuser Kreises, in dem mein Gut Tempelberg liegt, Geheimen Finanzrat von Prittwitz 5 , abließ 6 , 2. Mitteilungen, die während meiner Anwesenheit in Berlin stattfanden. Er kann unmöglich gemeint haben, daß ich mit den einzelnen Anträgen seines Aufsatzes vom 12. März d. J. einverstanden sei, da ich sie nicht kannte, da er selbst am Schlüsse dieses Aufsatzes S. M. bat, „ihn als eine höchst unvollkommene Ausarbeitung zu betrachten, und anheimgab: seine Vorschläge meinem Gutachten zu übergeben"; er kann nur gemeint haben, daß ich mit den Ansichten übereinstimme, die seine speziellen Anträge motivierten, und im allgemeinen mit den Maßregeln, welche er vorgeschlagen hat. Zu der Zeit, als ich jenes Schreiben an den Herrn von Prittwitz erließ, und kurz vorher, im Februar 1809, herrschte im In- und Auslande das allgemeinste Mißtrauen in die Zahlungsfähigkeit des Staats und der Staatsbürger. Man hielt die Staats- und Provinzialschulden für so enorm und die Kräfte der Eigentümer für so erschöpft, daß man wähnte, das Privatvermögen sei unzureichend, neben jenen Staats- und Provinzialschulden die Kommunalschulden und die französische Kontribution zu bezahlen. Man sähe nicht, daß ab Seiten der Administration etwas geschähe, dieser Meinung entgegenzuwirken. Sie zahlte so wenig Kapital als Zinsen, die unglücklichen Offizianten, die seit der Invasion keinen Gehalt erhalten hatten, blieben auch nach der Evakuation ohne Hülfe. Pensionen wurden nicht entrichtet und für die Zukunft bedeutend reduziert. Ein gänzliches Stillschweigen bei allen Klagen gab der stillen Verzweifelung immer mehr Nahrung. Durch die aus den Staatseinkünften präsentierten und fort-

636

5. April 1810

gehenden Kontributionszahlungen wurde die Zirkulation, die durch die Invasion und ihre Folgen schon so sehr gelitten hatte, immer mehr geschwächt. Der Fortgang dieser Zahlungen schien sie ganz töten zu müssen, da sie mehr betrugen als das gesamte zirkulierende Numerair, wenn nicht für Ersatzmittel gesorgt wurde. Indem so Geldmangel überhand nahm, mußte es den Gewerben immer mehr an Betriebskapital 7 fehlen, und nun sanken auch sie immer mehr zurück. Die Folge war, daß unser Verkehr mit dem Auslande mehr noch litt, als es in den Zeitumständen lag, und daß die sinkende Handelsbalance den Geldausfluß von Tag zu Tag vermehrte. Ein Wort des Trostes von seiten des Gouvernements hätte die allgemeine Mutlosigkeit vermindern können. Maßregeln von Umfang und Kraft brauchten nur verheißen zu werden, und Hoffnung und Vertrauen würden zurückgekehrt sein. Ich wage es nicht, über Dinge zu urteilen, die ich nicht ganz kenne, also auch nicht über die Ursache, warum die Regierung sich fortwährend in einem Dunkel verhüllte, wovon das Schauerliche durch ihre beinahe hundert Meilen weite Entfernung noch vermehrt wurde. Man betrachtete sich wie abgeschnitten und verstoßen. Der Mißmut war aufs höchste gestiegen. In dieser Lage wurde der Landtag in Berlin versammelt und ich von mehreren Gliedern desselben dringend aufgefordert, an den Beratschlagungen teilzunehmen. Aus vielen Gründen hielt ich es für bedenklich, öffentlich hiebei aufzutreten, aber dennoch für Pflicht, meinerseits, soviel ich vermochte, jenen nachteiligen Umständen entgegenzuwirken, den Patriotismus und den Mut zu heben und dahin zu arbeiten, daß die Stände durch freiwillige, kräftige Hülfe es dem Könige und der Administration erleichtern möchten, das große Ziel bald und sicher zu erreichen. Bekannt mit den Hülfsquellen, die dem Staat in seinen Domänen und in dem noch zu erhöhenden Flor der Gewerbe immer noch geblieben waren, glaubte ich mir das Stillschweigen der Administration über die Lage der Dinge und das Ergreifen bloßer Palliative nur dadurch erklären zu können, daß die Regierung Bedenken trage, die Opfer auszusprechen, welche zu Beseitigung der allgemeinen Not unvermeidlich gefordert werden mußten, und daß sie einen üblen Eindruck, vielleicht Gärungen besorgte. Alles dieses führte mich auf die Idee, eigene Anerbietungen der Stände einzuleiten. So entstand das erwähnte Schreiben. Ich ging dabei von dem Gesichtspunkte aus, daß vor allen Dingen der gefährlichen und ganz irrigen Meinung entgegengewirkt werden müsse, daß unsre Schulden und Verpflichtungen das Vermögen überstiegen. Ich hielt eine Maßregel für nötig und nützlich, die gleichzeitig Mittel zur Kontributionszahlung und zur Belebung der Gewerbe verschaffte. Sie konnte nach meiner innigsten Uberzeugung nur in einem allgemeinen Zwangsdarlehn, daß aber dergestalt anzuordnen sei, daß das Nachteilige und Widerwärtige, was damit verknüpft ist, möglichst entfernt wurde und daß das Band der Liebe und des Zutrauens unter der Regierung und dem Volke nicht leide, und in Herstellung und Erweiterung des Kredits der Grundbesitzer bestehen. Nie ging meine Meinung dahin, durch ersteres das Land vom Numerair, am wenigsten auf einmal zu entblößen. Es sollte nurmehr entbehrlich gemacht werden und dadurch die Möglichkeit entstehen, einen bedeutenden Teil zu der Kontributionszahlung zu verwenden. Kam diese so in den Zug, daß die Gewerbe nicht litten, so konnten wir auch teils im Inlande auf Wiederanfüllung der Hülfs-

5. April 1810

637

quellen rechnen, teils auf Erfolg bei auswärtigen Anleihen, ja auf vorteilhaften Cours. Durch alles dieses, vorzüglich durch eine allgemein verbreitete Kenntnis von unsern Ressourcen, mußten unsre Staatspapiere steigen. Deren Verkauf ins Ausland durch das Gouvernement und von Privatpersonen gab die Aussicht, auch auf diesem Wege fremdes Geld zu erhalten. Etwas konnte auch noch der Domänen verkauf hiezu beitragen. Auf solche Weise durften wir nicht besorgen, daß die Kontributionszahlung unser zum inneren und äußeren Geldverkehr unumgänglich erforderliches Numerair konsumieren würde. Ich beziehe mich, um nicht 8 zu weitläuftig zu werden, auf das mehrerwähnte Schreiben vom 5. März 1809 selbst, welches ich eilte, Ew. Exzellenz am 6. mitzuteilen 9 . In Ihrem Berichte an des Königs Majestät vom 18. v. M. 10 rechnen Sie es meinem Plan als einen mit dem des Fürsten von Wittgenstein gemeinschaftlichen sehr großen Fehler an, daß ich in die Modalitäten der Einziehung des Numerairs durch das Zwangsanleih so wenig hineingegangen sei als der Fürst, und setzen hinzu, daß es klar sei, ich habe den Mut nicht gehabt, diesen Gegenstand, vor dessen Entwickelung mir schaudern mochte, in der Nähe zu betrachten. Allein ich habe ja ganz ausdrücklich gesagt: „daß bei dem auf alle Grundbesitzer ohne Ausnahme auszuschreibenden Zwangsdarlehn die Grundsätze der Einkommensteuer, die man eben damals zu bearbeiten anfing, die Norm geben sollten". Hier ist ja die Grundlage der Modalität! Die näheren Details mußte ich notwendig den weiteren Diskussionen über die Sache überlassen, denen ich ja alle Teile des Plans unterwarf, wobei ich mit Vergnügen und Eifer mitgewirkt haben würde. Die Zinsen für das Zwangsdarlehn, welches den Charakter eines bloßen Vorschusses haben sollte, waren nach meinem Plan gesichert. Die Papiere, welche ich für die Zirkulation beabsichtigte, waren unsern jetzigen Pfandbriefen gleich — keinesweges wertlos; ich konnte also unmöglich vor den Folgen meines Plans schaudern. Ew. Exzellenz sagen in Ihrem Berichte an den König ferner: daß Ihre Überzeugung von der Unausführbarkeit jenes Plans, Ihre ganz abweichende Ansicht und Ihre Achtung für mich Ihnen nicht erlaubt hätten, S. M. früher Ihre Meinung darüber zu äußern. Aber durch so viele Erfahrungen wußten Sie ja, wie wenig ich auf meiner Meinung bestehe, wenn man mir überzeugende Gegengründe anführt; wie weit entfernt ich bin, durch eine abweichende Ansicht gekränkt zu werden. Ich gestehe also aufrichtig, daß Sie mir Ihre Achtung, auf die ich einen so großen Wert setze, weit mehr würden bewiesen haben, wenn Sie mir Ihre Ansicht mitgeteilt hätten. Vermutlich waren Ihre überhäuften Geschäfte und vorzüglich die stets von einem Tage zum andern genährte Hoffnung: daß wir uns bald näher sein würden, daran schuld, daß Sie eine weitere Diskussion und jede Äußerung über meinen Plan vermieden, die doch vielleicht nicht unnütz gewesen wäre. Willig und gern unterwerfe ich ihn besserer Einsicht; ich erkenne auch an, daß er auf die gegenwärtigen Umstände nur mit großen Abändenmgen passen mag, aber ich habe noch keine Gründe gegen das Wesentliche desselben vernommen, die mich zu einer anderen Überzeugung bestimmt hätten, und bis dahin halte ich auch dafür, daß die Errichtung einer Nationalbank nicht nur unbedenklich, sondern wegen ihres unfehlbar größeren Kredits höchst wünschenswert sei, und bekenne, daß ich die schlimmen Folgen auch gar nicht fürchte, die Ew. Exzellenz von einer Konkurrenz einsichtsvoller

638

5. April 1810

Glieder der Stände und Bankquiers oder von einer Nationalrepräsentation ahnen und mit so starken Farben schildern. Ein anderes ist es, sich in die Hände der Stände und der 1 1 Banquiers geben oder ihre Einsichten und Konkurrenz zu benutzen und die Entscheidung sich dabei vorzubehalten. Die Beispiele, welche Ew. Exzellenz von Frankreich und von Schweden anführen, scheinen mir auf uns gar nicht zu passen. Man sieht ja an den Beispielen in Kassel, ob die Reichsstände, ob eine ihnen gegönnte, sei es auch nur äußerliche Konkurrenz, ob Publizität in Absicht auf die Finanzen gefährlich sind. Alles dieses werde nur zweckmäßig und kräftig geleitet, und das Schreckbild wird verschwinden. Ew. Exzellenz waren ja sonst mit den Grundzügen, die ich hier hinwarf, ganz einverstanden! Ich äußerte schon in meinem Schreiben vom 6. März v. J. an Sie, daß eine wohlgeordnete neue ständische Repräsentation vor der Ausführung der von mir angegebenen Maßregeln zu wünschen sei. Die damals und noch jetzt vorhandenen Stände verfolgen einseitige Interessen, und angeborne Vorurteile ließen und lassen bei manchen Gliedern derselben nicht die Unbefangenheit und den Gemeingeist erwarten, ohne welchen auf Entgegenkommen und tätigen Eifer nicht gerechnet werden kann. Aber auch in dieser Beziehung erfolgte von oben herab keine Aufforderung und Ermunterung; die Sache kam bei den Ständen nicht zur Deliberation, und da Ew. Exzellenz dadurch, daß Sie die Mitteilung meiner Ideen ganz unbeantwortet ließen, auf eine sehr deutliche Weise zu erkennen gaben, daß sie von seiten der Administration keine Unterstützung finden würden, so mußte ich sie notwendig auf sich beruhen lassen. Bei der Überzeugung, daß ohne Zwangsdarlehn und fundierte Zirkulationsmittel die Kontributionszahlung nicht zu bewirken und neben derselben die Gewerbe zu erhalten sein werden, würde mich die Nichtbeachtung meiner Vorschläge mit Betrübnis erfüllt haben; aber ich fand bisher in Ew. Exzellenz Stillschweigen selbst Beruhigung, indem ich daraus folgern zu können glaubte, daß Sie andere und sichere Mittel und einen wohldurchdachten allgemeinen Plan hatten, den Verlegenheiten abzuhelfen, oder doch die gewisse Hoffnung, die Kontributionszahlung abzuwenden. Aus dem, was ich bisher auseinandersetzte, eihellet schon, worin ich mit dem gegenwärtigen Plan des Fürsten von Wittgenstein übereinstimme und von ihm abweiche. Allgemeine kräftige Maßregeln, ein Zwangsdarlehn, eine Nationalbank, die Zuziehung einsichtsvoller und redlicher Glieder der Stände und der mit Geldgeschäften bekannten und täglich damit umgehenden Banquiers halte ich mit ihm für rätlich und jetzt vielleicht notwendiger als je. Aber ich bin nicht mit ihm einverstanden, daß das Zwangsdarlehn auf die Weise aufgebracht werden könne noch der Folgen wegen aufgebracht werden dürfe, wie er es vorgeschlagen hat; ich glaube, daß weit mehrere und wichtigere Data dazu gehören, als er hatte und benutzen konnte, um die Modalitäten zu bestimmen. Bei der Wahl der zuzuziehenden Glieder der Stände und Handelsleute ist auch allerdings die größte Sorgfalt nötig, damit dazu nur einsichtsvolle, patriotische und entschlossene Männer auserkoren werden. Ew. Exzellenz fordern von mir ein Gutachten im allgemeinen über den wichtigen Gegenstand, darauf es ankommt. Aber dieses im allgemeinen abzugeben würde

5- April 1810

639

ein gewagtes und vorwitziges Unternehmen sein. Sollte ich darüber meine Meinung äußern, so müßte solches so gründlich, als ich es nach meinen Einsichten vermag, sein, und das kann nicht anders als mit genauester Kenntnis der Lage und des Details sowohl in politischer als in finanzieller Rücksicht geschehen. Die mir mitgeteilten Tatsachen xmd allgemeinen Umstände sind bei weitem nicht hinreichend; ich müßte die neueren Verhandlungen mit Frankreich und bestimmte Berechnungen der Schuldenlasten des Staats von aller Art, auch außer der französischen Kontribution 12 , die möglichst genaue Ausmittelung der zirkulierenden Geldmasse und Papiere, welche man sich ohne Zweifel verschafft haben wird, die Bezeichnung der Hülfsquellen, welche man eröffnet hat, worunter genaue Details über 1 3 das holländische Anlehn gehören sowie derer, die man noch zu haben glaubt, den Etat der gegenwärtigen Staatseinnahme und Ausgabe, mit einem Worte, alle die Data vor Augen haben, ohne welche ein solches Gutachten nur ein unbrauchbares Machwerk sein würde. Der vollständige 14 Plan, den S. K . M. durch die höchste Kabinettsordre vom 21. März 15 von Ew. Exzellenz gefordert haben und der vom Staatsministerio genau und sorgfältig geprüft werden soll, wird ohne Zweifel auf alle diese Data gebauet sein. Dabei sollen auch die Vorschläge des Fürsten von Wittgenstein, welche dem Ministerio im Auszuge mitgeteilt sind, mit gewürdiget werden. 16 Alles dieses wird mit genauer Kenntnis aller Umstände geschehen. Wie könnte ich dem Ideen zur Seite stellen, die auf einem seichten, unzuverlässigen Grunde gebauet wären? Soviel scheint mir gewiß: 1. daß kein Mittel unversucht bleiben müsse, um eine weitere Territorialabtretung zu verhüten, 2. daß es auf keinen Fall rätlich sein könne, irgendeine Unterhandlung unsrerseits darauf anzulegen. Auch das vorsichtigste Sondieren scheint mir höchst gefährlich. Gesetzt, der Kaiser Napoleon beabsichtige weitere Abtretungen, so kann ich mich nicht überzeugen, daß man bessere Bedingungen durch solche Anträge erlangen werde, als wenn man erwartet, daß er sie seinerseits, seinen Versicherungen entgegen, mache. Ich kann mich nicht überzeugen, daß der Kaiser Napoleon durch solche Anträge bewogen werden könnte, in nähere freundschaftliche Verbindungen mit Preußen hineinzugehen, die freilich nach der jetzigen Lage der Dinge, wo man sich wohl vergeblich nach anderen Stützen umsehen würde 1 7 , der Zweck unserer Politik sein müssen. Hat Napoleon den Plan, Preußen noch tiefer herunterzubringen, so werden jene Anträge ihn gewiß nicht davon abhalten; sie dürften die Ausführung vielmehr befördern und beschleunigen. Hat er jenen festen Plan, so wird er leicht Vorwände dazu finden, wenn auch die Kontribution richtig bezahlt wird. Dann würde er meines Erachtens besonders 18 die Zuvorkommenheit, mit welcher man ihm Abtretungen anböte, nur mißbrauchen, um noch weiter zu gehen. Es scheint — mit Vorbedacht sage ich immer es scheint, um nicht, unbekannt mit den Verhältnissen, ein voreiliges Urteil zu wagen — es scheint 19 mir rätlich, nachdem jetzt alles geprüft sein wird, was dahin führen kann, den Forderungen des Kaisers in Absicht auf die Kontribution zu genügen, ihm die Resultate und das, was ausführbar oder nicht ausführbar ist, durch eine eigene 20 Mission eines

640

5. April 1810

hiezu zu erwählenden völlig unterrichteten Mannes oder auch eines Paars solcher Männer ganz offen darzulegen und durch diese einen Plan zu einer Ubereinkunft hiernach 2 1 in Paris vorlegen zu lassen, dann aber den Erfolg standhaft 2 2 zu erwarten. Sollte denn der russische Hof nicht zu bewegen sein, sich für Rücksicht auf solche Darstellungen zu verwenden? Zugleich müßte getrachtet werden, jene nähern freundschaftlichen Verhältnisse anzuknüpfen. 23 Hat man bewiesen, daß man alles, was immer24 möglich ist, sorgfältig hervorsuchte und daß man den aufrichtigen und ernstlichen Willen hat. es anzuwenden, so kann man nachher desto eher Beruhigung vor der Mit- und Nachwelt 2 5 finden, wenn man der Gewalt weichen muß, und auch die herbesten Opfer werden dann zwar immer schmerzlich bleiben, aber doch ein reines und dem Ehr- und Pflichtgefühl nicht entgegenstrebendes 26 Bewußtsein hinterlassen. Diese Empfindungen sind gewiß die des Königs 2 7 . E w . Exzellenz bitte ich, S. M. das gegenwärtige Schreiben ehrerbietigst vorzulegen. Ich kenne übrigens E w . Exzellenz redlichen Charakter zu lange, um mir nicht noch folgende Bemerkungen zu erlauben. Es ist nicht zu verkennen, daß Ihr Gefühl dadurch gereizt werden mußte, daß der Fürst von Wittgenstein über den S. M. dem Könige einzureichenden Plan nicht vorher Rücksprache mit Ihnen nahm, vorzüglich darüber, daß er sich zu der Ausführung des Plans erbot und, falls ihm solche aufgetragen würde, die Bedingung hinzufügte 28 , daß ihm solche alsdann allein überlassen werden möchte. Allein es kommt doch auch in Betracht, daß der Fürst diesen Antrag ganz 2 9 ausdrücklich nur auf den Fall machte, „daß E w . Exzellenz nicht die Überzeugung hätten, daß die notwendigen Mittel herbeizuschaffen wären und daß in diesem Falle eine Territorialabtretung unvermeidlich sei." Ich kann mich nicht der Überzeugung erwehren, daß Ihr Gefühl in Ihrem Bericht an den König vom 18. v. M. Äußerungen hervorbrachte, die Sie vielleicht selbst schon als zu hart und als ungerecht anerkennen, daß Sie meines Erachtens einen Ihrem Charakter sonst so angemessenen 30 schönen Beweis von Gleichmütigkeit und Entfernung von aller persönlichen Rücksicht gegeben hätten, wenn Sie dem Wunsche des Königs gemäß mit dem Fürsten über die Sache konferierten. Gewiß von dem gerechten 3 1 Vertrauen S. M., würden Sie solches dadurch noch fester begründet haben, und ich darf nach der Kenntnis und den Erfahrungen 3 2 , die ich von der edlen und billigen Denkungsart des Monarchen habe, auch gewiß voraussetzen, daß S. M. E w . Exzellenz auch jetzt nichts davon entziehen, sondern bei der gänzlichen Hingebung, mit welcher Sie ihm dienen, und bei den obenerwähnten Veranlassungen jene Gefühle richtig würdigen werden. Ich bitte Ew. p., die Versicherung meiner vorzüglichsten Hochachtung und Ergebenheit anzunehmen.« 1 3 4 5 6

2 »nach Ew. p. Schreiben« am Rande ergänzt. Siehe Nr. 229. Siehe Nr. 207. »nur« nachträglich zugefügt. Siehe Nr. 59. Es folgte ursprünglich der gestrichene Satz: »als mehrere Mitglieder der Stände mich aufgefordert hatten, an ihren Deliberationen Anteil zu nehmen«.

6. April 18x0

641

Im Reinkonzept: »Betriebsfonds«. Im Reinkonzept: »um hier nicht«. 9 Siehe Nr. 60. 10 Siehe Nr. 222. 11 »Stände und der« am Rande zugefügt. 12 »von aller A r t . . . Kontribution« am Rande ergänzt. 13 »genaue Details über« am Rande ergänzt. 14 »vollständige« am Rande ergänzt. *5 Siehe Nr. 223. 16 Siehe die Denkschrift Altensteins vom 30. April 1810, Nr. 246. 17 »wo man sich ... umsehen würde« am Rande ergänzt. 18 »besonders« zugefügt. 19 »— mit Vorbedacht... wagen — es scheint« am Rande ergänzt. 20 »eine eigene« zugefügt. 21 »hiernach« zugefügt. 22 »standhaft« zugefügt. 23 Dieser Satz am Rande des Konzepts zugefügt. 24 »immer« zugefügt. 25 »vor der Mit- und Nachwelt« am Rande des Konzepts ergänzt. 26 »... strebendes« verbessert statt »... seiendes«. 27 Ursprüngl.: »Sr. Majestät des Königs«. 28 »hinzufügte« verbessert statt »machte«. 29 »ganz« zugefügt. 30 »einen Ihrem Charakter sonst so angemessenen« Verbesserung statt der Streichung: »wohl mit dem Fürsten einen«. 31 »gerechten« am Rande ergänzt. 32 »und den Erfahrungen« am Rande ergänzt. 7

8

233. Minister Freiherr von Hardenberg an den Fürsten zu Sayn-Wittgenstein Sangerhausen, 6. April 1810 ZSTA Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Hardenberg H 3V2 Bd. II Bl. 28: Abschrift; Bl. 26: Bleistiftkonzept Hardenberg eigh. Druck: Branig, S. 45 ff., nach anderer Vorlage. Kritik an der Übergehung des

Finanzministers

»Ich kann es Ihnen nicht beschreiben, liebster Fürst, wie sehr mich der Vorfall in so manchem Betracht schmerzt und beunruhigt, um deswillen Sie von der einen Seite, der Minister v. Altenstein von der andern sich an mich gewendet haben. Und was mögen der König und die Königin bei der Sache empfinden!! Ihre Emissarien trafen mich nicht mehr in Grohnde, sondern schon auf der Reise an; ich habe möglichst geeilt, mich mit dem wichtigen Inhalt der mir mitgeteilten Papiere bekannt zu machen, und teile Ihnen hiebei sowohl das offizielle Schreiben, welches ich von dem Minister v. A[ltenstein] erhielt 1 , als meine Antwort darauf 2 in Abschrift mit. Hoffentlich werden Sie den Inhalt der

642

6. April 1810

letzteren der Sache und der Offenheit und Unparteilichkeit angemessen finden, die in meinem Charakter liegen und die hier vorzüglich heilige Pflicht sind. Sie verlangen von mir auch gewiß nichts anders als Aufrichtigkeit und Wahrheit, wie sie mir meine Überzeugung und Einsicht darstellen; wo Sie daher auch Abweichung von Ihrer Meinung, ja selbst Tadel Ihres Verfahrens finden, da zürnen Sie darüber doch gewiß nicht, denn Sie wollen ja nur das Gute und Heilsame. Der Inhalt Ihrer Aufsätze 3 und der ruhige leidenschaftslose Ton, welcher darin herrscht, zeigen das schon, aber ich kann Ihnen nicht verhehlen, liebster Fürst, daß ich wünschte, Sie hätten dem M. v. A. Ihre Ideen mitgeteilt, bevor Sie solche an des Königs Majestät brachten; Sie antworten hierauf, daß Sie voraussehen konnten, daß solches vergeblich sein werde und daß dadurch bei der Gefahr, die auf dem Verzuge haftete, Ihre gute Absicht hätte ganz verfehlt werden können. Aber der letzteren Besorgnis konnten Sie ja dadurch vorbeugen, daß Sie den König oder die Königin davon unterrichteten, wie Sie im Begriff seien, über den bekannten wichtigen Gegenstand Vorschläge einzureichen, und daß Sie nur vorläufig mit dem Minister darüber reden wollten, um ihn in einer Sache, die ganz eigentlich zu seinem Ressort gehört, nicht vorbeizugehn; was aber den ersten Punkt anbetrifft, so mußte Sie meines Erachtens diese Betrachtung nicht hindern, die Sache erst dem Minister bekanntzumachen. Weigerte er sich, mit Ihnen in solche hineinzugehen, so hätten Sie sein Gefühl geschont und ihm jeden vernünftigen Grund zur Beschwerde genommen. So aber konnten Ihre Anträge und besonders der, daß der König Ihnen die Leitung der vorgeschlagenen Maßregeln allein anvertrauen möchte, wohl keine anderen als sehr lebhafte Empfindungen bei ihm hervorbringen. Diese lagen in der Natur der Sache, aber sie rechtfertigen es darum nicht, daß der Minister seiner Empfindlichkeit so weit Gehör gab, daß er sich heftigen und ungerechten Ausdrücken in seinem Berichte überließ, obwohl sie ihm zur Entschuldigung dienen können. Er mußte dennoch den ihm so angelegentlich bezeigten Wunsch des Königs und der Königin befolgen und mit Ihnen über den Plan konferieren. Sie sehen aus meiner Antwort, was ich ihm darüber sage, und ebenso meine Ansicht der Sache selbst, bei der ich insonderheit wünschte, daß Sie Ihre speziellen Anträge nicht gemacht hätten, ohne richtigere und vollständigere Data zu haben. Haben Sie die Güte, den anliegenden Brief 4 der Königin Majestät einzuhändigen. Zu Ihrer Nachricht füge ich eine Abschrift desselben bei. Ihre Majestät scheinen zu wünschen, daß ich meine Ankunft in die dortige Gegend beschleunigen möchte. Von Grohnde aus wäre es noch möglich gewesen, dieses zu veranstalten. Jetzt kann ich unmöglich früher als den 13. dieses in Tempelberg sein. In Weißenfels und in Leipzig habe ich einige dringende Geschäfte und Leute dahin bestellt, die ich nicht mehr früher bescheiden kann. Meine Reise über Berlin zu machen und mich dort aufzuhalten, trage ich Bedenken. Viele wissen, daß ich den graden Weg über Torgau und durch die Lausitz nach Tempelberg gehen will. Eine Abänderung und ein Aufenthalt in Berlin, wodurch ich ein paar Tage früher in Ihre Nähe käme, könnten Aufsehen machen. Und je ungewisser die Verhältnisse mit N[apoleon] sind, desto mehr ist es Pflicht für mich, dieses zu vermeiden. Er ließ in Tilsit dem König sagen: ich müsse 40 Meilen vom Hofe entfernt bleiben. Noch nie hat er seine Äußerungen über mich widerrufen. Die 40 Meilen sind wohl eine façon de parier, aber das Wesentliche ist, daß ich nicht

6. April 1810

643

in der Nähe des Königs sei. Wie leicht könnte ich zum Prätext dienen oder, wenn etwas Unglückliches geschähe, wenigstens von Übelgesinnten der Vorwurf gemacht werden, daß ich mit daran schuld sei. Mein letztes Nachtquartier werde ich in Beeskow haben, wo ich also den 12. ankomme. Das wäie Ihnen der nächste Ort, 9 Meilen von Berlin, wenn Sie etwa des Aufsehens wegen auch vorzögen, nicht sogleich zu mir nach Tempelberg zu eilen, wo ich Sie natürlich am liebsten sehe. In der Hoffnung, Sie bald zu umarmen, darauf ich mich innigst freue, setze ich nichts weiter hinzu als die Versicherung meiner herzlichen Ihnen gewidmeten Gesinnungen.« 1 2 3 4

Altenstein an Hardenberg, 24. März 1810, siehe Nr. 229. Hardenberg an Altenstein, 5. April 1810, siehe Nr. 232. Aufsätze Wittgensteins vom 12. und 16. März 1810, siehe Nr. 207, 213. Es handelt sich um die unter Berücksichtigung des napoleonischen Verbots von Hardenberg am 6. April geschriebene bedauernde Antwort (gedruckt bei Ranke, Bd. 4, S. 219) auf den Brief der Königin vom 15. März, worin sie Hardenberg bald in der Nähe wünscht (gedruckt bei Griewank, Königin Luise, Nr. 307, S. 441).

234. Freiherr von Hardenberg an den Minister Freiherr von Altenstein Sangerhausen, 6. April 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 2 Bl. 140: eigh. Brief.

Kritik an der Unbeherrschtheit Adensteins in der Auseinandersetzung mit Wittgenstein »Nicht leicht hätte mir etwas Schmerzlicheres und Unangenehmeres begegnen können, liebster Freund, als der Vorfall, welcher die Sendung des Kriegsrats Scharnweber veranlaßt hat. Sie kennen meine Freundschaft, Liebe und Achtung gegen Sie. Um desto inniger betrübt es mich, daß, obgleich ich es sehr tadle, daß Fürst Wittgenstein], ohne Sie davon zu unterrichten, ohne vorherige Überlegung mit Ihnen handelte 1 ; obgleich ich mit seinen speziellen, von ihm nicht genug geprüften Anträgen nicht einverstanden bin, welches alles ich ihm selbst nicht verhehle 2 ; daß ich dennoch auch Ihr Verfahren nicht völlig gutheißen und auch mit Ihren Ansichten nicht ganz übereinstimmen kann. Sie würden mich verachten, mich selbst nicht mehr Ihres Zutrauens und Ihrer Freundschaft würdig halten, liebster Freund, wenn ich nicht unparteiisch die Wahrheit sagte, wie ich sie einsehe und fühle, sowohl in Absicht auf Ihre Streitigkeit mit dem Fürsten als wegen des Hauptgegenstandes selbst. Dieses ist hier in allem Betracht vorzüglich heilige Pflicht. Daß Ihr Gefühl gereizt werden mußte, empfinde ich ganz mit Ihnen, abei Sie nahmen in Ihrem Berichte an den König 3 doch Dinge auf, die teils zu hart und unerwiesen, auf bloßen Voraussetzungen beruhen, teils bloß persönlich sind. Sie konnten die Ausdrücke mehr mäßigen; Sie mußten es, insonderheit bei der 42

Stein/Hardenberg

644

8. April 1810

Kenntnis von dem Charakter des Königs, schon der Sache wegen und wenn Sie nicht fest entschlossen waren, diese sogleich ganz zu verlassen, welches Sie rühmlich nicht beschlossen. Sie konnten und mußten, soviel ich einsehe, den so angelegentlichen Wunsch des Königs und der Königin 4 erfüllen, mit Fürst Wittgenstein] konferieren. Sie geben ja dadurch allen Ihren Gründen ein desto größeres Gewicht, erschienen Ihres Charakters ganz würdig und entfernten auch den leisesten Verdacht von Persönlichkeit. Ich beziehe mich auf mein offizielles Schreiben 5 und setze, da ich die Hoffnung hege, Ihnen in wenigen Tagen näher zu sein, indem ich den 13. ! d. zu Tempelberg eintreffe, dahin ich von Leipzig aus über Torgau und durch die Lausitz gehe, alles übrige bis zu einer andern Gelegenheit und dem Vergnügen, Sie zu umarmen, aus, welches ich einstweilen von ganzem Herzen in Gedanken tue.« 1

Finanzdenkschrift Wittgensteins für den König, 12. März 1810, siehe Nr. 207.

2

Hardenberg an Wittgenstein, 6. April 1810, siehe Nr. 233.

3

V o m 18. März 1810, siehe Nr. 222.

4

Königin Luise an Nagler, 18. März 1810, siehe Nr. 219.

5

V o m Vortage, siehe Nr. 232.

235. Immediatbericht des Ministers Freiherr von Altenstein Berlin, 8. April 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe,

Rep. 92 Friedrich Wilhelm I I I . B V I I a 10

Bl. 54: Ausf., gez. Altenstein.

Übermittlung einer Stellungnahme Hardenbergs zu Berichten Wittgensteins Altensteins über einen Plan zur Aufbringung der Kontribution

und

»E. K . M. mir durch die Staatsminister Grafen von der Goltz und Beyme erteiltem Befehl zufolge habe ich dem Staatsminister von Hardenberg die von dem Fürsten von Wittgenstein unterm 12., 14., 16. und nochmals unter dem 16. v. M. und von mir darüber unterm 18. v. M. erstatteten Berichte, einen Plan zur Aufbringung der Kontribution an Frankreich betreffend, durch den Kriegsrat Scharnweber als einen ganz sichern und zuverlässigen Mann in vidimierter Abschrift zugeschickt und ihn durch das abschriftlich ehrerbietigst beigefügte Schreiben 1 in Allerhöchstdero Namen aufgefordert, sich siegen E. K . M. über den Fürsten von Wittgenstein sowohl als meine Beziehung auf ihn und über die Sache im allgemeinen zu äußern. Allerhöchstdenenselben überreiche ich anliegend ehrfurchtsvollest das von solchem an mich hierauf erlassene Schreiben, welches seine Äußerungen auf diese Aufforderung enthält. 2 Zu meinem Bedauern hat der Staatsminister von Hardenberg in meiner Äußerung über seinen Plan einen Vorwurf zu finden geglaubt, da es doch gewiß nicht meine Absicht war, ihm solchen auch nur entfeint zu machen oder eine Diskussion über solchen zu veranlassen, sondern um dessen Verschiedenheit von dem des Fürsten von Wittgenstein zu zeigen.

g. April 1810

645

Das Hauptresultat in dem Schreiben des Staatsministers v. Hardenberg, daß man ohne die genaueste Kenntnis von der Lage der Sache keine solchen allgemeinen Finanzplane anfertigen könne und kein Urteil über allgemeine Finanzgegenstände fällen dürfe, bestätigt, glaube ich, meine frühern ehrfurchtsvollsten Äußerungen insoweit, daß ich nichts beifügen darf, wenn Allerhöchstdieselben mir nicht eine weitere Äußerung ausdrücklich zu befehlen geruhen sollten. Übrigens gereicht es mir zur Beruhigung, daß der Staatsminister von Hardenberg, wenn er auch meiner Heftigkeit gegen den Fürsten von Wittgenstein gedenkt, doch nicht mißkennt, wie unentbehrlich mir zu meinem Beruf E . K . M. volles allergnädigstes Vertrauen ist. Dieses zu verdienen wird stets mein höchster Stolz und das Ziel meiner unermüdlichen Anstrengung sein, wozu mich die F . K . M. gewidmete tiefste Ehrfurcht und Treue belebt und verpflichtet.« 1

Altenstein an Hardenberg, 24. März 1810, siehe Nr. 229.

2

Hardenberg an Altenstein, 5. April 1810, siehe Nr. 232.

236. Protokoll von der Konferenz der Minister Graf von der Goltz, Freiherr von Altenstein, Graf zu Dohna, Großkanzler Beyme und des Generalmajors von Scharnhorst Berlin, 9. April 1810 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Bl. 30: Reinschrift, gez. von den Teilnehmern;

Tit. 494 Nr. 1 Bd. 1

Konzept

Dohna1,

Bl. 23;

Abschrift Bl. 72.

Stand der Behördenreform; Durchführungsbestimmungen für die Konferenzen des gesamten Staatsministeriums und für die Zusammenkünfte mit sämtlichen Geheimen Staatsräten »In der heutigen Konferenz ward über die Ausführung der Allerhöchsten an das gesamte Staatsministerium gerichteten Kabinettsordie vom 31. v. M. et praesent. den 7. hujus, betreffend die Vervollständigung des Planes zu der veränderten Verfassung der obersten Verwaltungsbehörden 2 , beratschlagt. I. Die Bildung des Staatsrats ist bis nach erfolgter Reform und Organisation der Provinzialstände ausgesetzt. Der Plan zur Reform und Organisation der Provinzialstände wird bereits beim Ministerio des Innern bearbeitet und dürfte im Verlauf des gegenwärtigen oder des nächsten Monats zur gemeinschaftlichen Beratung des Staatsministeriums gebracht werden, bis nach erfolgter Feststellung dieses Plans lassen sich keine Einleitungen behufs der Einrichtung des Staatsrats treffen. Was dagegen die Reorganisation der Gesetzkommission betrifft, so werden dieserhalb die Vorschläge des Geheimen Staatsrats von Klewitz zu erfordern sein. II. Die in Gemäßheit der Allerhöchsten Kabinettsordre vom 31. v. M. wöchent42'

646

9. April 1810

lieh einmal auf dem Königlichen Schlosse zu haltenden Konferenzen des gesamten Staatsministerii erstrecken sich über die in vorgedachter Kabinettsordre teils bestimmt erwähnten, teils angedeuteten Gegenstände der Administration, welche ein gemeinsames Interesse haben. Man ist übereingekommen, sich an jedem Montage um [Lücke] Uhr vormittags zu versammeln. Einem jeden Minister bleibt überlassen, diejenigen Geheimen Staats-, Staatsräte und Geheimen Oberjustizräte oder deren Stellvertreter in diese Konferenzen mitzubringen, welche derselbe zur Erläuterung oder zum Vortrag der vorkommenden Sachen nötig findet. Man überzeugt sich jedoch, daß die möglichste Vereinfachung auch hierin sehr wünschenswert ist, man ist daher übereingekommen, in der Regel nur einen Staatsrat oder Geheimen Oberjustizrat aus jedem Ministerio mit zur Konferenz zu bringen. Zum Generalsekretär in dieser Versammlung wird der Kriegsrat Kunowski 3 bestimmt, welchem obliegen soll, das Journal und Protokollbuch zu führen. Die vorzüglich wichtigen, weitläuftigen und verwickelten Sachen sollen, ehe sie zur Konferenz gebracht werden, zirkulieren, zu diesem Behuf werden dieselben an den Kriegsrat Kunowski gesandt, welcher selbige ins Journal einträgt, in Umlauf setzt, jedoch der möglichsten Beschleunigung wegen nur erst wieder erhält, nachdem der Umlauf vollendet ist, und sodann demjenigen Ministerio zustellt, welches die Sache in der gemeinschaftlichen Konferenz zum Vortrag bringen muß. Die minder wichtigen und verwickelten Sachen zirkulieren nicht vor der Konferenz, es ist genügend, daß ein Verzeichnis derselben von jedem Ministerio in vierfacher Abschrift jeden Sonnabend mittag an den Kriegsrat Kunowski gesendet wird, welcher die darin aufgeführten Sachen journalisiert, den Vortragszettel anfertigt und denselben eiligst unter sämtlichen Ministerien zirkulieren läßt. Dem Kriegsrat Kunowski wird ein Kanzleidiener bewilligt. Außerdem gibt es kein Personal beim gesamten Staatsministerio. Ebensowenig gibt es außer dem Aktenstück über die Organisation des Staatsministerii, dem Journal und dem Protokollbuch irgendein gemeinschaftliches Aktenstück beim gesamten Staatministerio, indem eine jede in der Konferenz vorgetragene Sache bei dem Ministerio, zu welchem sie gehört, bearbeitet wird, über die in einer dergleichen Sache gefaßten Beschlüsse des gesamten Staatsministerii werden die erforderlichen Konzepte und Reinschriften bei dem konzernierenden Ministerio besorgt und zur gemeinschaftlichen Revision und Vollziehung befördert. Die gründlichste und zweckmäßigste Führung des Protokolls ist ein Gegenstand von Wichtigkeit, und es ist erforderlich, daß am Tage nach der Konferenz das Protokoll zur Revision und Unterzeichnung bei allen Personen zirkuliert, welche in der Konferenz votiert haben. Extrakte aus diesem Protokoll werden alsdann sofort zu den Spezialakten der konzernierenden Ministerien gegeben. III. Von diesen für die oberste Leitung der Administration bestimmten Konferenzen des Staatsministerii werden nach der oftgedachten Allerhöchsten Kabinettsordre unterschieden die Zusammenkünfte mit sämtlichen Geheimen Staatsräten, welche über Gegenstände der Gesetzgebung und neue allgemeine Ein-

13- A p r i l 1810

647

richtungen oder Abänderungen alter Anordnungen dieser Art in der Regel am ersten Montage im Monat auf dem Königlichen Schlosse stattfinden sollen. Diese Zusammenkünfte werden in die Stelle des Staatsrats bis zu dessen künftiger Organisation treten. I V . Was endlich die in der Allerhöchsten Kabinettsordre vom 31. v. M. enthaltenen Vorschriften über die Abkürzung und Zusammenziehung des Kabinettsvortrags betrifft, so sind keine besondern Beschlüsse zur Ausführung dieses Befehls für nötig erachtet worden.« 1

2 3

D o h n a übersendet diesen Protokollentwurf a n die übrigen Mitglieder des S t a a t s ministeriums m i t einem Schreiben, dem a u c h P l ä n e wegen des Geschäftslokals beigelegt sind und in d e m D o h n a Termine f ü r die nächsten K o n f e r e n z e n v o r schlägt (Dohna eigh., 14. A p r i l 10, mit Marginalien Altensteins und B e y m e s v o m 15., i. gl. Fasz. Bl. 26). Siehe N r . 230. I h m wird zu seiner näheren Instruktion ein E x t r a k t des K o n f e r e n z p r o t o k o l l s zugef e r t i g t . In der begleitenden V e r f ü g u n g v o m 17. A p r i l 1810 ( K o n z e p t i. gl. F a s z . Bl. 34, A b s c h r i f t Bl. 75) werden K u n o w s k i z. T . die R e f e r e n t e n genannt, die er in der R e g e l auf dem V o r t r a g s z e t t e l verzeichnen soll, und z w a r »bei Sachen a) a u s d e m Ministerium des Innern den S t a a t s r a t Friese, b) aus d e m Finanzministerium den S t a a t s r a t [Name fehlt], c) aus dem Ministerium der a u s w ä r t i g e n A n g e l e g e n heiten den Geheimen S t a a t s r a t Nagler, d) aus d e m Kriegsministerium den Obersten u n d Geheimen S t a a t s r a t v o n H a c k , e) aus d e m Justizministerium den Geheimen O b e r j u s t i z r a t Diederichs«.

237. K a b i n e t t s o r d e r an den M i n i s t e r G r a f z u D o h n a gez. Friedrich Wilhelm Berlin, 13. April 1810 D r u c k : G e s e t z s a m m l u n g 1806—10, Nr. 114, S. 691.

Zulassung des Besuchs fremder Schulen und Universitäten »Mein lieber Staatsminister Graf zu Dohna! Ich finde Mich auf den Bericht der Unterrichtssektion vom 4. und den Eurigen vom 6. d. M. veranlaßt, das bis jetzt bestehende Verbot des Besuchens fremder Schulen und Universitäten unbedingt aufzuheben, und überlasse Euch deshalb die weitere Verfügung als Euer wohlaffektionierter König.«

648

14- April 1810

238. »Gutachten der Sektion für die allgemeine Gesetzgebung über die Verfügung wegen der zu verbietenden Zusammenkünfte von Bürgern oder Landgemeinden zum Zweck der Beratschlagung über Kommunaloder Staatsangelegenheiten« Berlin, 14. April 1810 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 7 Bd. 2

Bl. 58: Konzept, gez. Rehdiger 11. April, K l e w i t z 14. A p r i l 1810; Rep. 77 Tit. 147 Nr. 34 Bl. 9: Ausf., gez. Klewitz.

Begründete Ablehnung eines völligen Versammlungsverbots', Vorschlag gesetzlicher Bestimmungen zur Verhinderung von Unruhen

milderer

»Das absolute Verbot aller Bürgerzusammenkünfte, um über Staatsangelegenheiten zu beratschlagen, läßt sich wohl nicht aus der Städteordnung 1 deduzieren, denn daraus, daß es nach § 120 jedem Bürger freistehen soll, seine Vorschläge über das Gemeinwesen der Stadtverordnetenversammlung schriftlich einzureichen, folgt noch gar nicht, daß dies nicht auch von mehrern gemeinschaftlich geschehn könne, und die unumschränkte Vertretung der Stadtgemeinden durch die Stadtverordneten § 67, 68 schließt nur jede unmittelbare Zusammenkunft der Bürger insofern aus, als sie in der Eigenschaft einer Stadtgemeinde oder Behörde beratschlagen oder Beschlüsse fassen wollte. Hat eine solche Versammlung hingegen nur den Zweck, sich über einzureichende Vorschläge, Bitten oder Beschwerden zu beraten, so ist sie den Vorschriften und dem Geiste der Städteordnung wohl nicht zuwider, denn die Berechtigung dazu kann in den Rechten der Bürgerschaft, die ausschließend auf ihre Stellvertreter übergegangen, um so weniger als mitbegriffen angesehn werden, als sehr oft gerade die letztern es sein können, gegen die sie in Anwendung zu bringen ist, und wenn z. B. die Stadtverordneten sich Prägravationen erlauben oder die Grenzen ihres Strafrechts überschreiten und also (selbst nach der Städteordnung § 57, 65) in dem Falle der Verantwortlichkeit sind, so wird den mehrern, die darunter gelitten, doch eine Gesamtbeschwerde und also auch eine gemeinschaftliche Beratung, wie und auf welchem Wege sie am besten einzuleiten sei, ganz unbezweifelt zugestanden werden müssen. Dies Recht der gemeinschaftlichen Beschwerdeführung wird aber durch die Festsetzung der Verordnung: daß die Teilnehmer an einem gemeinschaftlichen Rechte sich auch zu einer gemeinschaftlichen Ausführung desselben im Wege Rechtens verbinden können, den Stadtbürgern gar nicht einmal versichert, denn sie bezieht sich nur auf die Landgemeinden und scheint auch außerdem die bei den Provinzialpolizeibehörden anzubringenden Klagen völlig auszuschließen. Ebenso verhält es sich auch mit dem Rechte, gemeinschaftlich den Stadtverordneten Vorschläge einzureichen. Auch dies scheint — insbesondre betrachtet — dem Geiste der Städteordnung eher angemessen als entgegen zu sein, denn die Stadtverordneten haben als Organe der Bürgerschaft ein Interesse und eben deshalb, weil sie ohne äußere Verantwortung sind, eine innere Pflicht, die Einsichten dieser, insofern sie eine geläuterte öffentliche Meinung darstellen, in sich zu sammeln, und würden, wenn

14. A p r i l 1 8 1 0

649

sie immer nur die Einseitigkeit der einzelnen und nie die Gesamtresultate aus der Beratung vernehmen dürften, fast nie mit einiger Sicherheit zu diesem Zweck gelangen können. Uberhaupt wird bei Beschränkung des Rechts der Bitte, der Vorstellung und Beschwerde um so vorsichtiger zu Werke gegangen werden müssen, als dieses sowohl einzeln als gemeinschaftlich zu übende Recht noch von allen Völkern immer als ihr schätzbarstes Gut angesehn wurde und selbst die behutsamsten Schriftsteller über Polizei (z. B. Berg in seinem teutschen Polizeirecht T. 1 S. 244) der Meinung sind, daß Versammlungen zu diesem Zwecke, wenn sie nur nicht in tumultuarische und ruhestörende Verbindungen ausarten, gar nicht verhindert werden dürfen. Zwar ist dies Recht allerdings nach den Zeitumständen und der individuellen Lage des Staats der polizeilichen Fürsorge für die aufrechtzuerhaltende öffentliche *Ruhe mehr oder minder unterzuordnen, und so kann es nach Maßgabe der Stimmung der Gemüter und der mehrern oder mindern Sicherheitsverhältnisse des Staats unter die Kontrolle der Polizeibehörden (so daß diese entweder bloß von den Versammlungen zu unterrichten sind — oder ausdrücklich Erlaubnis dazu geben — oder ihnen gar beiwohnen müssen) näher oder entfernter gestellt und mit mehrerer oder minderer Verantwortlichkeit im Mißbrauchsfalle verbunden werden. Bis zu einem absoluten Verbot wird diese Unterordnung aber niemals gehn dürfen, und selbst der schlimmste Fall — der der höchsten Gärung der Gemüter — würde immer nur eine temporäre Suspension rechtfertigen können. Dieser schlimmste Fall ist aber bei weitem noch nicht der unsrige, und so verdient die Frage wohl eine sorgfältige Erwägung: ob durch allzu durchgreifende Maßregeln, einem besorglichen Übel zu steuern, nicht andre weit wichtigere herbeigeführt werden könnten? — ob nicht die auf Vollendung der angefangenen Reformen gespannte Nation die in Rede stehende Verordnung als einen ihre Hoffnungen niederschlagenden Rückschritt ansehn könnte? — ob nicht jeder so veranlaßte Abbruch an dem möglichst zu weckenden Gemeingeiste höher anzuschlagen sein möchte als einige Bauernunruhen und Mißhelligkeiten zwischen Rat und Bürgerschaft? — und ob also nicht, wenn gelindere Mittel zur Beseitigung dieser allerdings wegzuwünschenden Nachteile da sein sollten, es geraten sein möchte, ihnen vor einer Verfügung den Vorzug zu geben, die, wie es die gegenwärtige tut, fast alles gemeinsame Petitionsrecht mit einem verpönenden Interdikte belegt? Die Gesetzgebungssektion glaubt diese gelindern Mittel in den folgenden gesetzlichen Bestimmungen zu finden. 1. Ohne Anzeige bei der Polizeibehörde darf, um über Kommunal- oder dahin einschlagende Staatsangelegenheiten zu beratschlagen, weder in den Städten noch auf dem Lande eine außerordentliche Zusammenkunft von Mitgliedern ein und derselben oder mehrerer Gemeinden stattfinden. 2. Die bloße Teilnahme an einer solchen der Polizei nicht angezeigten Zusammenkunft hat acht- bis vierzehntägige Gefängnisstrafe zur Folge. 3. Alle Teilnehmer einer solchen selbst der Polizei bekanntgemachten Zusammenkunft sind für alle die Störung der öffentlichen Ruhe, Widersetzlichkeiten oder Prozeßaufwiegeleien veranlassenden Äußerungen und Beschlüsse in der Art verantwortlich, daß, wenn sie zu ihrer Verhinderung nicht die möglichste Sorgfalt angewendet, auch sie die ebenerwähnte Strafe 2 noch außer jener

650

14- April 1810

trifft, die sie vielleicht im Falle eines erweislich bösen Vorhabens (z. B . nach § 168 Tit. 20 T. 2 des Allgemeinen Landrechts) verwirkt haben könnten. Durch diese Anordnungen und Strafbestimmungen würden alle leidenschaftlichen Bewegungen oder Versuchungen, die öffentliche Ruhe zu stören, gewiß in den gehörigen Schranken gehalten und so alle Besorgnisse entfernt werden. — Würde dies indessen ja noch zu dem Zweck für unzulänglich gehalten, so wäre allenfalls noch folgendes hinzuzufügen: „Wenn die Polizeibehörde wegen des Gegenstandes der Beratung oder wegen andrer Umstände tumultuarische oder sonst nachteilige Folgen aus der nachgesuchten Zusammenkunft zu besorgen Ursache hat, so muß sie — sowie auch allemal in dem Falle, wo mehrere Gemeinden zusammentreten wollen — das desfallsige Gesuch zur Entscheidung: ob es überhaupt und unter welchen Modalitäten es stattfinden lcönnc, an die Provinzialpolizeibehörde gelangen lassen". Denn diese ist auf ihrem höhern Standpunkte, wo sie dergleichen Zusammenkünfte minder ängstlich als die Lokal- und Kreispolizeibeamten ansehn darf, zur Entscheidung über ihre Zulässigkeit nicht nur am geeignetsten, sondern besitzt auch mehrere Mittel als jene, um sie auf eine unschädliche Art stattfinden zu lassen oder es durch Beseitigung der Veranlassungsgründe dahin einzuleiten, daß sie sich von selbst beheben und überflüssig werden. Diese hier in Vorschlag gebrachten Bestimmungen scheinen übrigens der allerhöchsten Kabinettsordre vom 22. Februar d. J. 3 , welche alle deliberierenden Bürgerversammlungen als der allgemeinen Ordnung nachteilig zu verpönen aufgibt, insofern ganz angemessen zu sein, als man annehmen darf, daß unter den der allgemeinen Ordnung nachteiligen Versammlungen nur solche zu verstehn sind, die ohne Vorwissen und Aufsicht der Obrigkeit stattfinden. 4 Übrigens hat sich die Gesetzgebungssektion nur in der Voraussetzung, daß des Königs Majestät in dieser Angelegenheit neue gesetzliche Bestimmungen wollen, die von ihr vorgeschlagenen darzustellen erlaubt. Sie selbst würde sonst in dieser sehr delikaten Sache sich aller neuen gesetzlichen Bestimmungen zu enthalten geraten und bloß anheimgestellt haben, sämtlichen Landeskollegien in allgemeinen Ausdrücken aufzugeben, daß sie die Magisträte und Polizeibehörden an die ihnen obliegende Pflicht, tumultuarische Bürger- und Landgemeindenversammlungen nicht zuzulassen, erinnere und ihnen auf Veranlassung einiger solcher neueren Vorfälle die Wahrnehmung dieser Pflicht nach Maßgabe der schon bestehenden Gesetze und Verordnungen nachdrücklichst einzuschärfen.« 4

V o m 19. November 1808, siehe R M Stein III, Nr. 319, S. 1038 ff.

2

Hier folgte ursprünglich in Klammern und wurde später ausgestrichen: » (oder die Strafe des Polizeibeamten, der hier seine Pflicht nicht getan hätte)«.

3

Siehe Nr. 197.

4

A n dieser Stelle endete das K o n z e p t von Rehdiger. Der folgende T e x t wurde von K l e w i t z anschließend daruntergeschrieben. D a v o n entspricht der letzte Satz teilweise wörtlich den Bemerkungen Rehdigers zum Konzept des Gutachtens, die er am 11. 4. Klewitz zugestellt hatte (eigh. i. gl. Fasz. Bl. 57).

14- April 1810

651

239. Minister Graf zu Dohna an den Minister Freiherr von Altenstein und den Großkanzler Beyme [Berlin], 14. April 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 494 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 28: Dohna eigh.

Stellungnahme zur Fixierung des Votums der Geheimen Staatsräte in den Versammlungen des Staatsministeriums Dohna findet bei Beurteilung der Bestimmungen in der Kabinettsorder vom 31. März 1810 wünschenswert: »daß in den großen monatlichen Afowiagsversammlungen den Geheimen Staatsräten ein votum decisivum eingeräumt worden wäre. D a in diesen Versammlungen nicht Administrations-, sondern nur Gesetzgebungsgegenstände vorkommen, so scheinen mir die Hauptbedenken gegen die vota decisiva der Geheimen Staatsräte wegzufallen. Dagegen bin ich fortwährend überzeugt, daß es nachteilig sein könnte, wenn den Geheimen Staatsräten bei den im gesamten Staatsministerio vorkommenden Beratungen über allgemeine Administrationsangelegenheiten ein votum decisivum in Rücksicht aller, auch solcher Gegenstände beigelegt würde, welche nicht zu ihrem Ressort gehören, und bin ich in diesem Punkt ebensosehr mit den Bestimmungen der Kabinettsordre vom 31. v. M. 1 einverstanden, als ich eine Modifikation in Rücksicht des ersteren Punkts in vielfacher Beziehung für höchst wünschenswert halte.« Dazu Votum Altensteins 15. 4.: »Ich kann dieser Meinung nicht ganz beitreten. Auch bei der Gesetzgebung muß der Geist der ganzen Administration einen entschiedenen Einfluß äußern können. Diesen können nach der ganzen Lage der Dinge bloß die Minister auffassen. Ihr Gutachten muß daher mehr Gewicht haben. Sollte je eine Bestimmung erfolgen, wodurch den sämtlichen Geheimen Staatsräten ein volles Gutachten und votum decisivum gegeben würde, so müßte wenigstens das Gutachten sämtlicher Geheimen Staatsräte als ein Votum und das sämtlicher Minister als ein Votum gezählt werden. Die Wahl würde sodann aber Sr. Majestät dem König schwer werden. Ich glaube nicht, daß wir eine Einrichtung veranlassen dürfen, wodurch wir es zweifelhaft machen, ob wir die Majorität entschieden für unsre Überzeugung bewirken können. Erst wenn ein förmlicher Staatsrat organisiert wird, scheint es mir weniger bedenklich, hierüber eine Anordnung zu treffen, und erst dann werden auch die Geheimen Staatsräte eine solche volle Stimme fordern können.« Votum Beymes 15.4.: »Accedo«. 1

Siehe Nr. 230.

i g . April 1810

652

240. Die Minister Graf von der Goltz, Freiherr von Altenstein, Graf zu Dohna, Großkanzler Beyme und Generalmajor von Scharnhorst an den Geheimen Staatsrat von Klewltz Berlin, 17. April 1810 ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 950 Nr. 5 Bd. 1

Bl. 19: Ausf., gez. von den Absendern.

Auftrag sion

zur Ausarbeitung

des Plans

wegen Reorganisation

der

Gesetzkommis-

»Mit B e z u g auf das heute an Ewr. Hochwohlgeboren und des Herrn Geheimen Staatsrats Freiherrn von Humboldt besonders erlassene Schreiben über die Vervollständigung der Organisation der obersten Staatsbehörde und die demselben beigefügte Kabinettsordre ersuchen wir E w r . Hochwohlgeboren, den vollständigen Plan wegen Reorganisation der Gesetzkommission gefälligst auszuarbeiten und uns einzureichen. 1 D a auch der Entwurf zu einer verbesserten ständischen Verfassung, woran jetzt im Ministerium des Innern gearbeitet wird, seiner Vollendung nahe ist, so wird die bis dahin von des Königs Majestät ausgesetzte vollständige Organisation der Gesetzgebungssektion keinen erheblichen Anstand mehr erleiden.« 1

Siehe Nr. 279. A m 6. Juni 1810 sandte Rehdiger den ihm von Klewitz mitgeteilten Einrichtungsentwurf der Gesetzkommission an diesen zurück. In seinem Begleitbrief (Ausf. i. gl. Fasz. Bl. 39) schreibt er: »Ich finde ihn durchaus erschöpfend und vorzüglich die Idee sehr glücklich, ihn überall durch das Patent der ehemaligen Gesetzkommission sowie durch das neue Organisationsgesetz zu begründen. In den Hauptgrundsätzen völlig mit ihm einverstanden, sind es nur Nebensachen, über die ich Erinnerungen zu machen mich veranlaßt fühlen möchte.« Rehdigers eigh. Bemerkungen zu den einzelnen Paragraphen des E n t w u r f s mit zahlreichen Marginalien von K l e w i t z folgt im gl. Fasz. Bl. 40.

241. Anlage zum Schreiben des Generalsekretärs Kriegsrat Kunowski an den Minister Graf zu Dohna Berlin, 19. April i 8 i o ZSTA

Merseburg,

Ministerium

des Innern,

Rep. 77

Tit. 494 Nr. 1 B d . 1

Bl. 44: Kunowski eigh.

»Summarischer Inhalt der wegen der Ausführung des Plans zu der veränderten Verfassung der obersten Staatsbehörden auf den Grund des Beschlusses in der Ministerialkonferenz vom 9. April d. J. unterm 17. ej. erlassenen Verfügungen« »Erstlich sind sämtliche Herrn Geheimen Staatsräte und der Herr Staatsrat Nicolovius unter abschriftlicher Mitteilung der allerhöchsten Kabinettsordre vom 31. März 1810 wegen Vervollständigung des Plans zu der veränderten

i g . April 1810

653

Verfassung der obersten Staatsbehörden, desgleichen des Konferenzprotokolls vom 9. April c. zu ihrer Kenntnis und Bekanntmachung an die Herrn Staatsräte ihrer Sektionen benachrichtiget worden, daß die erste über Gegenstände der Gesetzgebung oder allgemeine neue Einrichtungen zu haltende allgemeine Versammlung am 7. Mai um . . . . Uhr stattfinden und damit regelmäßig jeden ersten Montag im Monat fortgefahren werden solle, im Falle aber dergleichen Gegenstände der Beratung nicht vorhanden seien, ihnen davon von Seiten der Herrn Departementschefs Nachricht werde gegeben werden. 1 Zweitens ist der Herr Geheime Staatsrat von K l e w i t z ersucht worden, den vollständigen Plan wegen Reorganisation der Gesetzkommission auszuarbeiten mit dem Beifügen, daß, da der Entwurf zu einer verbesserten ständischen Verfassung seiner Vollendung nahe sei, die vollständige Organisation der Gesetzkommission keinen erheblichen Anstand mehr finden werde. 2 Drittens ist der Herr Generalpostmeister von Seegebarth ersucht worden, sich nach der Verordnung vom 24. November 1808 in Rücksicht des Postwesens zu achten, insonderheit seine Immediatberichte an das Ministerium des Innern abgehen zu lassen, damit selbige, bevor sie an das Kabinett gelangen, vor dem Ministerio erwogen werden können. Viertens sind sämtliche Regierungen und Oberlandesgerichte unter B e k a n n t machung der eintretenden neuen Einrichtung mit der Bemerkung, daß dadurch in dem eigentlichen Ressort der einzelnen Ministerien, deren Sektionen und Divisionen und in der Ausführung der genommenen Beschlüsse nichts geändert werde, angewiesen worden, die auf die von dem gesamten Staatsministerio ergehenden Reskripte zu erstattenden Berichte nicht an dasselbe, sondern an den betreffenden Minister, Sektions- oder Divisionschef zu richten. Fünftens ist eine völlig gleiche Verfügung an die drei Polizeipräsidenten Gruner, v. Stein und Streit erlassen und sechstens von der Zirkularverfügung an die Landeskollegia und an die eben genannten Polizeipräsidenten den Herrn Geheimen Staatsräten v . Auerswald, Sack und v. Massow zur Nachricht und Achtung Abschrift mitgeteilt worden. 3 « 1

Verfügung an Klewitz, Humboldt, Nicolovius, Berlin, 17. April 1810, Ausf., gez. Goltz, Altenstein, Dohna, Beyme, Scharnhorst (Rep. 77 T i t . 950 Nr. 2 Bl. 104).

2

Verfügung an Klewitz, Berlin, 17. April 1810, siehe Nr. 240.

3

Sämtliche oben erwähnten Verfügungen v o m

17. April

1810 befinden sich in

Rep. 77 Tit. 494 Nr. 1 B d . 1 als Konzept Bl. 32—36, als Abschriften Bl. 74—76.

2i. April 1810

654 242. Minister Freiherr von Hardenberg Scharnhorst

an den Generalmajor von

Tempelberg, 21. April 1810 Z S T A Merseburg, Abschrift.

Nachlässe,

Rep. 92 Hardenberg

H

3V2 Bd. 2 Bl. 41:

Bedenken gegen gemeinsame Beratungen in der Finanzplanung menden Distanzierung Altensteins

wegen der zuneh-

»Erst heute befinde ich mich imstande, Ew. Hochwohlgeboren geehrtestes Schreiben i , welches ich vorgestern durch den Kriegsrat Scharnweber erhielt, zu beantworten. Gleich nach meiner Ankunft von Beeskow überfiel mich ein heftiges Fieber, von dem ich erst jetzt anfange, mich etwas wieder zu erholen — unstreitig eine Folge des innigen Kummers und der schmerzlichen Gefühle, welche die bewußten Angelegenheiten in ihrer Beziehung auf den König und den Staat und meine Pflichten gegen beide, auf meine Verhältnisse zu den handelnden Personen und auf ihr Verfahren bei mir hervorbrachten. Wie lebhaft und tief ich das Vertrauen S. K . M. verehre, bedarf keiner Kontestation. Ich bin fest entschlossen, solchem nach meinen Kräften zu entsprechen, so stark der Kampf ist, den es mich in Absicht auf alte persönliche Verbindungen kostet, die mir teuer waren, und so sehr meine Neigung mich von allen Staatsgeschäften entfernt. Der höheren entschiedenen Pflicht müssen hier alle Betrachtungen weichen. Nach dieser Vorrede darf ich es um desto dreister sagen, daß ich wünschte, der den Ministern von des Königs Majestät erteilte Befehl wäre unterblieben, ohne zu fürchten, deshalb mißdeutet zu werden. Ich will einmal annehmen, daß die Herren Minister die aufrichtige Neigung hätten, sich mit mir über Staatsachen zu beraten, welches ich doch von dem Herrn v. Altenstein aus gleich näher auszuführenden Gründen bezweifeln muß. Ich will hier beiseite setzen, warum es überhaupt gar nicht zum Zweck führen kann, daß es von den Ministern abhänge, worin sie mich zu Rate ziehen sollen, und daß ich dann einzeln mein Gutachten äußere, ohne in stetem Zusammenhange unterrichtet zu sein noch die Mittel z u besitzen, die Befolgung zu beobachten. Das alles nicht angesehen, kommt es gegenwärtig noch gar nicht auf eine Beratung, sondern erst auf Vorfragen an, ohne die ich gar keinen Rat geben kann und ohne deren Erledigung ich mich nicht mit strafbarem Leichtsinn in Dinge einlassen werde, die von der höchsten Verantwortlichkeit sind. Vor allem muß ich instand gesetzt werden, meine eigene Überzeugung nach genauer und ruhiger Prüfung der erforderlichen Tatsachen über das bisher Geschehene und die gegenwärtige politische und finanzielle Lage der Sachen sowohl objektiv als subjektiv zu fixieren, dann über die Fragen, was in Absicht auf die Sache und auf die Personen, die den Zweck erfüllen sollen, zu beschließen rätlich sei. Persönliche Konferenzen sind hiebei nicht nur unnütz, sondern schädlich; sie würden den Gesichtspunkt verrücken, welcher bloß das Beste des Königs und des Staats sein muß. Gefühle dürfen hier nicht entscheiden, sondern ganz bestimmte D a t a und Berechnungen. Diese zu liefern ist die Sache und die Pflicht des Finanz-

21. April 1810

655

ministers. Daß er einen Plan vorlege, kann von ihm gefordert werden und ist durch die Kabinettsordre vom 21. März 2 von ihm gefordert. Mit Erstaunen erfuhr ich am 14. d. M., daß noch keiner eingereicht sei. Heute ist es ein voller Monat, daß dieses so ernstlich befohlen wurde, und nach Ew. Hochwohlgeboren Schreiben zweifelten Sie vorgestern an der Existenz eines Plans. Ich gestehe, daß es mir ganz unbegreiflich ist, daß der Minister die Verantwortlichkeit einer solchen Verzögerung auf sich laden konnte — und doch soll er selbst der Verfasser jener Kabinettsordre sein, die demnach nur scheint zu einem Hülfsmittel gedient zu haben, Zeit zu gewinnen und den König vorerst zu beruhigen. Die Nichtexistenz eines Plans, der das Ganze unsrer Finanzen umfaßte, konnte bis zum österreichischen Frieden ihre Rechtfertigung in der Ungewißheit der äußerlichen Verhältnisse finden, aber seitdem fällt jede Entschuldigung weg, und ich würde es nicht glauben, daß Herr v. Altenstein keinen Plan habe, wenn er es nicht selbst sagte und die Vorlegung jetzt nicht so lange unterbliebe. Wollte er sich jetzt erst mit mir über die Entwerfung eines solchen Plans beraten oder einen Entwurf mir vorlegen, der etwa nach einer mündlichen Rücksprache darüber hier und da modifiziert würde, so muß ich solches bestimmt ablehnen und bitten, daß die Kabinettsordre vom 21. März erst schleunig befolgt werde. Nur über den darin geforderten vollständigen Plan werde ich mich dann, wenn der König es befiehlt, äußern, nachdem ich solchen ruhig werde geprüft haben. Ich setze voraus, daß mir zugleich alle Data mitgeteilt werden, auf die der Plan gebauet ist oder die dabei in Betracht zu ziehen sind. Soviel ich einsehe, sind es vornehmlich diejenigen, die in der Anlage enthalten sind. Befördern Sie also, verehrtester Gernerai, die Einreichung des Plans und die Mitteilung dieser Daten, wenn ich weiter wirksam sein soll. Ich muß billig voraussetzen, daß die auf der Anlage verzeichneten Dinge bekannt und vorhanden sind. Sollte aber etwas fehlen, so halte man ja das Vorhandene nicht danach auf und schaffe jenes nach. Bin ich nach geschehener Prüfung mit meiner Uberzeugung im reinen und ganz informiert, so bin ich auch zu jeder nützlichen persönlichen Beratung gern bereit und modifiziere meine Meinung, sobald ich eine richtigere höre. Den Herrn v. Altenstein liebte ich wie meinen Sohn, ja, noch mehr als einen Freund, dem ich mit gänzlicher Hingebung, mit seltener Achtung und Liebe, mit vollem Vertrauen mich überließ. Es tat mir sehr weh, von ihm und noch mehr von dem Herrn p. Nagler seit ihren neuen Anstellungen mit einer ganz ungewohnten Zurückhaltung behandelt zu werden. 3 Selten erhielt ich statt der sonst posttäglich unter uns gewechselten vertraulichen Korrespondenz Briefe von ihnen. Diese waren wie sonst mit zärtlichen Versicherungen von Zuneigung und Ergebenheit angefüllt, aber höchst unbedeutend in Absicht auf die Angelegenheiten des Staats, ohnerachtet sich mehrere sehr sichere Gelegenheiten darboten und des Königs Absicht bekannt war. Gern schob ich dies auf die überhäuften Geschäfte beider Männer und war ganz ruhig bei dieser Unterlassung, da ich aus Grundsatz jede Einmischung ohne höhere Aufforderung, zumal in politische Gegenstände, vermeiden zu müssen glaubte. Über unsere Finanzangelegenheiten dachte ich indessen bei einigen besonderen Veranlassungen mich gegen den Herrn v. Altenstein äußern zu können, wurde aber sehr bald zu dem festen Entschlüsse gebracht, auch diese Korrespondenz gänzlich

656

2 i . April 1 8 1 0

fallenzulassen und mich ganz allein auf Privatangelegenheiten und unsere persönlichen freundschaftlichen Verhältnisse zu beschränken, weil Herr v. Altenstein ganz deutlich zeigte, daß er die Äußerungen meiner Meinung, obgleich sie den bescheidenen herzlichen Freund mehr als den Ratgeber bezeichneten, wenigstens für ganz unnütz hielte und daß er über solche Dinge mit mir zu korrespondieren nicht wünsche. Denn auf keinen einzigen der von mir in Anregung gebrachten Gegenstände erhielt ich eine Antwort. Die allgemeine, sehr verspätete und bei Gelegenheit erteilte Anzeige des Empfangs, der Dank dafür, ohne irgend in die Sache hineinzugehen, kann nicht dafür gelten. Es schmerzte mich, ich gestehe es, aber mein Herz und meine Freundschaft für Herrn v. Altenstein waren seine besten Verteidiger. Sie waren es dieserhalb, sie waren es wegen seines Stillschweigens überhaupt, wie ich es ihm selbst einmal sagte, ohne die leiseste Klage darüber laut werden zu lassen, daß er meine Meinungen in Dienstsachen so gänzlich unbeachtet ließ. Ich schob dieses auf die so vielen Menschen eigene Eifersucht gegen die Einmischung eines andern in ihren Wirkungskreis, die freilich bei mir und nach der Kenntnis, die Herr v. Altenstein von meinem Charakter haben mußte, nicht hätte stattfinden sollen. Ich suchte alle möglichen Entschuldigungsgründe für Altenstein selbst hervor und wurde um desto mehr in dem Entschlüsse befestiget, mich sorgfältig von allem entfernt zu halten, was Dienstangelegenheiten beträfe, um die persönlichen freundschaftlichen Verhältnisse desto weniger zu stören, die mich an Herrn v. Altenstein knüpften und die durch das Gefühl der Dankbarkeit für seine Verwendung bei den von des Königs Majestät mir erwiesenen Gnadenbezeigungen noch mehr erhöhrt worden waren. 4 Ich hoffte, er würde die Geschäfte des Staats zweckmäßig leiten, und das war mir genug. Fern war ich von dem eitlen Ehrgeiz, teil daran haben zu wollen. Urteilen Sie nun nach dieser aus der Tiefe des Herzens geflossenen wahrhaften Darstellung, was ich bei den gegenwärtigen Verhältnissen empfinden muß!! Als eine Abweichung von jenen Grundsätzen wird Herr v. Altenstein nicht anführen dürfen, daß ich ihm mehrere Empfehlungen zugehen ließ. E r wird dieses nicht als ein Protektionssystem darstellen mögen. E r selbst möge sagen, was es für Gesuche waren, die ich ihm empfahl, ob sie wichtige Anstellungen im Staat oder andere wichtige Dinge betrafen, mit welcher bescheidenen Anheimstellung an seine Einsicht und Gerechtigkeit es jedesmal geschähe. Nur in Absicht auf einen Mann — den Herrn v. Oelßen — mußte ich mit Wärme und wiederholt sprechen, weil ich mich von seinen großen Verdiensten um eine ganze Provinz, von seiner musterhaften Tätigkeit, von seinem feurigen Patriotismus und Eifer für das Gute selbst und durch genaue Kenntnis der Tatsachen und Akten überzeugt hatte, weil ich dennoch sähe, daß man diesen Mann fortdauernd kränkte und zurücksetzte anstatt ihn zu belohnen und auszuzeichnen, statt ihn für den Staat zu benutzen, dem er noch viel nützen konnte, weil man anonymen Anzeigen gegen ihn — das Bubenstück durch ihn entlarvter Bösewichter — Gewicht gab und dagegen keines auf das Zeugnis rechtschaffener, einsichtsvoller Königlicher Diener legte. Das war doch wohl heilige Pflicht! Ich kann es nach dem bisher Gesagten gar nicht bezweifeln, daß der Herr v. Altenstein eine wirksame Beratung mit mir über Dienstgeschäfte seines Ressorts nur immer höchst ungern stattfinden lassen werde, so wie es mir längst

21. April 1810

657

klar wie der Tag gewesen ist, daß er sowohl wie der Herr Nagler, seitdem sie ihre jetzigen Posten erhielten, das System gehabt haben, mich von den Königlichen Geschäften ganz entfernt zu halten. Dieses konnte ich ganz unbemerkt lassen; wir konnten dennoch Freunde bleiben. Aber nicht so kann ich die Anmaßung aufnehmen, daß es ein Verbrechen sei, ihrer Meinung und ihrem Benehmen meinen Beifall nicht unbedingt zu geben, wo jene von meiner Überzeugung abweicht und dieses Tadel verdient. Sie wissen es beide, daß ich alles vermied, was mich in ihren Wirkungskreis führen konnte, aber vom König aufgefordert, konnte ich nur Wahrheit, wie ich sie sähe, sagen. Das mußten beide auch wissen und hätten also in dieser Hinsicht allerdings besser getan, nach dem Rat des Großkanzlers, wenn sie konnten, es zu verhindern, daß mein Gutachten nicht[!] gefordert wurde. Amicus Plato sed magis amica veritas! Herr von Altenstein mag ermessen — ich traue es seinem Gefühle zu —, was mich diese Sache kostet, wie tief sie mich verwundet. Was kann aber aus einer Beratung mit ihm werden? Mit welchem Zutrauen werde ich ihm Rat geben können? Was sollte ich von der Erfüllung hoffen? Auf welche Weise man dem Kaiser Napoleon bisher die Unzulänglichkeit unsrer Kräfte, die Kontribution in der bestimmten Zeit zu bezahlen, darstellte, wie man ihm die Bereitwilligkeit und den ernstlichen Willen zeigte, solches in verlängerten, aber bestimmt benannten Terminen zu tun — darauf kommt sehr viel an, und ich bin deshalb begierig, die Unterhandlungen einzusehen, bis dahin ich mir auch kein Urteil anmaße. Ich vermute indessen, daß hierin noch nicht alles erschöpft sei, und kann noch keinesweges der Hoffnung entsagen, daß eine richtige Anwendung unsrer innern Kräfte, verbunden mit einer zweckmäßigen Unterhandlung in Paris, den Staat nicht noch retten und neuen Abtretungen vorbeugen sollte. Und daß Napoleon die Absicht hege: Preußen zu vernichten oder noch mehr herunterzubringen, es erfülle seine Verbindlichkeiten oder nicht, ist doch weder klar noch als Regel unsers Benehmens anzunehmen. Übrigens scheint mir, daß nach der gegenwärtigen Lage der politischen Verhältnisse von Europa die Politik Preußens nie leichter zu übersehen gewesen sei als jetzt. Was sonst für Meinungen und Rücksichten stattfinden mochten, darauf kommt es bei gänzlich veränderten Umständen gar nicht mehr an. Diese schreiben uns unbedingt vor: dem französischen System uns anzuschließen und das treu und ungeteilt zu befolgen, dem Kaiser Napoleon dieses überzeugend durch die Tat zu beweisen und uns ja keinem schwankenden System, keinen halben Maßregeln hinzugeben, die uns schon so oft schadeten. Hiebei ist nur dahin zu streben, die Selbständigkeit des Staats für die Zukunft möglichst zu verwahren, mithin wohl auf eine Allianz, aber nicht auf einen Beitritt zum Rheinbunde hinzuarbeiten. Was wir von allen übrigen Mächten zu erwarten haben würden, wenn wir uns in neuen Streit mit Frankreich einließen, können wir meines Ermessens ohne irgendeine Mitteilung oder Eröffnung ganz bestimmt wissen, und es muß jetzt unsere höchste Politik sein, jeden Schritt gegen andere Mächte, selbst gegen Rußland zu vermeiden, wodurch wir mit Frankreich irgend kompromittiert werden könnten. Rußlands, Englands und Österreichs Interesse erfordert es ja schon an sich, daß Preußens Unabhängigkeit und Integrität möglichst erhalten werden. Von Österreich ist freundschaft-

658

27. April 1810

liehe Verwendung noch wohl am ersten zu erwarten und wirksam. Doch hängt unser Heil hauptsächlich von Napoleon selbst ab. Verzeihen Sie meinen langen Brief. 5 Es war mir Bedürfnis, mich so umständlich gegen Sie herauszulassen. Ich schließe mit der Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung und Ergebenheit.« 1 Vom 18. April 1810 (i. gl. Fasz. Bl. 37). K. O. an das Staatsministerium, siehe Nr. 223. 3 Hardenberg nennt an anderer Stelle Nagler und Altenstein seine „Pflegesöhne" und versichert: »Mein Bewußtsein sagt mir, daß ich nichts tat, um ihren Gesinnungen gegen mich eine andre Richtung zu geben. Noch nie verlor ich einen Freund durch meine Schuld. Wohl aber habe ich gerechte Beschwerden über ihr Benehmen gegen mich, das so ganz anders wurde, als ich nach meiner Überzeugung eine Meinung hatte, die von der ihrigen abwich. Bei dem allen gebe ich Nagler indessen weit mehr Schuld als Altenstein, und Groll habe ich gegen beide nicht, liebe vielmehr letzteren noch jetzt, kann aber ersterem nicht trauen.« (Undatiertes Einzelblatt in Rep. 92 Altenstein B Nr. 14 Bl. 164) 2

4

5

Vgl. Briefe Hardenbergs von Februar bis Mai 1809 an Altenstein über seine finanzielle Notlage mit Vorschlägen zu deren Abhilfe und der Bitte um Weiterleitung, die dann zu materiellen Bewilligungen führte (in Rep 92 Altenstein B Nr. 14). Am 24. April 1810 teilt Scharnhorst den wesentlichen Inhalt vorstehenden Briefes Altenstein mit (Scharnhorst eigh. in Rep. 92 Altenstein A I V Nr. 11 Bd. 1 Bl. 64).

243. Generalmajor von Scharnhorst an den Freiherrn von Hardenberg Berlin, 27. April 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Scharnhorst eigh. u. gez.

Rep. 92 Hardenberg H

3V2 Bd. 2 Bl. 52:

Bewertung des Ministeriums und der möglichen Verhaltensweisen gegenüber Frankreich »Ew. Exzellenz sehr gnädiges Schreiben von dem 21. dieses 1 habe ich gestern richtig erhalten; ich habe sogleich dem Herrn von Altenstein bekannt gemacht, daß Dieselben einen Finanzplan, wie ich ihm anfangs angezeigt, zu haben wünschten, ehe Sie eine mündliche Unterredung nützlich fänden. 2 Er hat mir diesen Morgen geantwortet, daß er diesen mit den geforderten Beilagen in einigen Tagen Ew. E. überschicken würde. 3 Ich will den Herrn v. Altenstein über die verspätete Einreichung seines Plans nicht entschuldigen, doch muß ich bemerken, daß bei unsern schwankenden Verhältnissen von außen und nicht völlig organisierten im Innern ein solcher Entwurf mit vielen Schwierigkeiten verbunden ist, um so mehr, wenn man fürchten muß, daß er kein Geheimnis bleibt und ein jeder Irrtum nachher dem öffentlichen Vertrauen sehr schadet. Im ganzen genommen muß man unserm Ministerium die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie [!] bei den vielen

27. April 1810

659

außerordentlichen Ausgaben im Innern des Landes, bei der Wiederretablierung der Armee, die sehr viel gekostet hat, dennoch beträchtliche Summen an Frankreich abgetragen hat, und zwar von einem durch Krieg erschöpften, von allen Hülfsquellen des Handels beraubten Lande. — Hiermit will ich nicht sagen, daß nicht größere oder doch mehr die Meinung gewinnende Plane hätten stattfinden können und daß der Herr von Altenstein nicht unrecht getan hat, sich hierin der Leitung Ew. E. zu entziehen, und ich glaube sehr gern, daß er auf seine eigene Meinung einen zu hohen Wert gelegt hat; jedoch halte ich mich überzeugt, daß er in Hinsicht der Ew. E. schuldigen Dankbarkeit nicht absichtlich, sondern durch das Ungewisse und das Schwanken der Plane und der Umstände gefehlt hat und daß er, wo er gefehlt hat, seine Fehler gewiß gegen seinen Wohltäter wieder gutmachen wird, seine Äußerungen und seine Stimmung bei allem, was jetzt vorgefallen, bürgt, hat mich hiervon überführt. In Hinsicht der Politik unterstehe ich mich nicht, eine Meinung zu haben, aber ein Bekenntnis meiner Ansichten werden Ew. E. nicht ungnädig aufnehmen. Sollte ein Anschließen an Frankreich ohne gänzliches unbedingtes Hingeben, ohne Aufgebung aller Selbständigkeit, ohne Beitritt zum Rheinbunde nicht eine halbe Maßregel und für Preußens Erhaltung äußerst gefährlich sein? Sollte K[aiser] N[apoleon] bei unsrer geographischen und politischen Lage, bei dem, was bisher vorgefallen ist, bei der Abneigung, welche er bei Hofe und in der Nation wahrnehmen wird und welche unabänderlich ist, uns wohl ohne unbedingte Hingebung, ohne daß wir unsere Truppen in seine Gewalt geben (nach Spanien und so weiter schicken), ohne daß wir unsere bisherige Widersetzlichkeit bereuend erkennen, ohne daß die königliche Familie sich, wie die Fürsten des Rheinbundes, in seine Gewalt begeben, aufrichtig annehmen? Dies zu glauben scheint mir Täuschung zu sein. Und wer kann dem König raten, seine Person und Familie hinzugeben, riachdem man die Verhaftung der etrurschen und spanischen Regentenfamilie gesehen hat? Hatten diese nicht mehr für Napoleon getan als wir? Hatte Napoleon nicht mehr Ursach, mit ihnen zufrieden zu sein als mit uns? Ist er nicht gegen unsern Hof mehr erbittert, als er gegen jene Höfe war? Eine Hingebung an Frankreich im ganzen Umfange des Worts kann für die Erhaltung des Staats vielleicht die beste Partie sein, dann aber muß die Regentenfamille schlechterdings ihre Freiheit aufs Spiel setzen. Wer wird, ich wiederhole es, dazu dem König raten, und wird er es ohne Rat, ohne dringendes Bitten tun? Vielleicht hätte eine gänzliche Hingebung an Frankreich in diesem Augenblick, in dem die Angelegenheiten in Spanien schlecht für Frankreich stehen, noch Wert für Kaiser Napoleon, werden aber Seine Majestät der König sich dazu, auch selbst ohne Hingebung der höchsten Person im ganzen Umfange entschließen ? Die Minister haben dazu früher geraten, allein dieser Rat ist nicht gut aufgenommen. Diese Ansichten sind nicht bloß die meinigen, ich höre sie von allen den Männern, welche unsere Verhältnisse im Innern und Äußern beobachtet haben, — und ich begnüge mich, nur noch den Hergang der politischen Verhältnisse nach Ew. E. Abgange kurz darzustellen. In Tilsit wuchs die Erbitterung, und ich glaube die persönliche, der Monarchen; Napoleon gab uns davon gleich nachher durch das Bulletin von Königsberg, durch die Reden an die Landschaften (in denen er sich über des Königs Majestät auf eine ihm selbst unwürdige Art äußerte) die offenbarsten 43

Stein/Hardenberg

66o

27. April 1810

Beweise. Der Friede wurde nicht gehalten, die französischen Truppen blieben an der Passarge stehen, die Grenzen wurden anders bestimmt. Ohngeachtet alle möglichen Zahlungen geleistet wurden, so kam es doch nur durch die gänzliche Auszehrung des Landes zwischen der Weichsel und Passarge, durch den schrecklichsten Mangel an Lebensmitteln und durch die daher entstandenen Epidemien dahin, daß die französischen Truppen das Land bis an der Weichsel einräumten. Nun war keine weitere Evakuation mehr zu hoffen. Man bot damals Frankreich eine Verbindung an, so wie der Kaiser Napoleon sie diktieren würde. Stein arbeitete aus allen Kräften zu diesem Zweck, im Innern geschah nichts, was diesen Absichten nicht entsprach; man häufte aber von französischer Seite Forderungen auf Forderungen. Endlich sah der Kurzsichtigste ein, daß Napoleon Preußen noch durchaus in Besitz behalten wollte. Dies verursachte im Innern den Gedanken, man müsse sich selbst helfen, Deputation[en] kamen nach Königsberg und forderten dazu auf. Der Gedanke, sich endlich der Verzweifelung zu überlassen, verbreitete sich durch alle Klasse[n], Dies brachte die Franzosen auf, denn es blieb ihn[en] natürlicherweise kein Geheimnis — der Krieg in Spanien, aber noch mehr, und hier halte ich mich von überzeugt, der Geist der Verzweifelung und des Muts in den preußischen Staaten veranlaßte Napoleon, endlich unter der bekannten Kovention den Truppen den Befehl zu geben, Preußen zu verlassen. Was nachher geschehen, werden die Papiere des Grafen von Goltz Ew. E. darlegen. War aber Napoleons Plan vor der Konvention von Paris und Erfurt, die preußischen Staaten in Besitz zu behalten, und wurde er nur durch die Umstände gedrungen dazu gezwungen, sie zu räumen, so muß der Plan durch alles, was nachher geschehen ist, durch die Reise nach Petersburg, durch unser Benehmen während des österreichschen Krieges usw. noch mehr gereift und befestigt sein und daher so, wie es die Umstände leiden, zur Ausführung kommen. Das ganze gegenseitige Benehmen in seinem Zusammenhange und Folgen kann uns nur in den Schlüssen auf die Zukunft leiten — und stehet bis jetzt in den Hauptperioden in der genauesten Übereinstimmung. Vor 6 bis 8 Wochen wurden Provinzen verlangt, mit Eindringen der Truppen, Entwaffnung der unsrigen gedrohet — gleich darauf, als die Angelegenheiten in Spanien schlecht gingen, änderte sich der Ton. Vielleicht haben auch selbst die Holländer die Zurückkunft ihres Königs den spanischen Angelegenheiten zu verdanken. Durch diesen Hergang der Sache sind zwei Meinungen entstanden. Die eine, man müsse sich dem Kaiser Napoleon unbedingt in die Arme werfen und übergeben — die andere, man müsse sich mit Österreich, wo möglich, aufs innigste verbinden, durch innere Stärke und äußere Verbindungen es dahin bringen, daß Napoleon uns nicht in Besitz nehmen könne, ohne in die Gefahr zu kommen, einen neuen Krieg, welchen er zu vermeiden suchen wird, anfangen zu müssen. Nur diese Gefahr, meint man, würde ihn zurückhalten, uns sogleich zu vernichten. Alle Mittelwege werden für zum Unglück Preußens führende halbe Maßregeln erklärt. Aus einer Stelle von Ew. E. verehrtem Schreiben schließe ich, daß Sie eine Beurteilung der Minister bei der Übergabe des neuen Finanzplans beabsichtigen. Wie dies auch ausfallen möge, so scheint es mir doch auf jeden Fall von der äußersten Wichtigkeit zu sein, die jetzigen Minister in der jetzigen Krisis nicht

27. April 1810

661

allein beizubehalten, sondern das Vertrauen zu ihnen herzustellen und davon neuen öffentlichen Beweis den Bewohnern des Landes zu geben. Sie sind das Band zwischen dem Volk und dem König, ihre Achtung und Autorität ist die des Königs. Ich halte es für meine heiligste Pflicht, Ew. E. zu sagen, daß die jetzigen Mißverhältnisse zwischen den Ministern und dem König für die Ehrerbietung des Königs ebenso nachteilig als für die Achtung der Minister gewirkt haben. Nur eine politische Absicht könnte die Veränderung der Minister in dem Fall, daß man sich unbedingt an Frankreich hingeben will, rechtfertigen, indem man sagte, daß man nicht mit ihnen zufrieden wäre, weil sie nicht in der Herbeischaffung der Mittel zur Bezahlung der Kontribution der Erwartung des Königs entsprochen hätten. Es schien mir, als wenn Ew. E. der Meinung, ich meine selbst auf Angabe des Herrn von Altenstein oder Nageler, wäre, daß der Graf Dohna weniger seinem Posten als der Herr von Altenstein entspreche; Nageler hat zu mir selbst schon vor langer Zeit in diesem Sinn gesprochen, auch habe ich gehört, daß diese Meinung bei Hofe existiere. Ich muß aber Ew. E. sagen, daß der Graf Dohna fast immer der Meinung des Herrn von Altenstein gefolgt ist, weil Sie dies ihm in Marienwerder bei dem Antritt seiner Ministerstelle geraten haben 4 , und also, um die Einheit zu erhalten, nichts ohne Altenstein in Hauptsachen getan hat und daß ich bei allen Konferenzen bemerkt habe, daß die Beurteilungen des Grafen von Dohna und seine anspruchlosen und vorurteilsfreien Ansichten, vergleichungsweise mit dem Herrn von Altenstein, durchaus mit jener Meinung in Widerspruch stehen. Wollte man sich nach dem Gerede richten, so hat der Herr von Altenstein wohl mehr nachteilige Beurteiler als der Graf Dohna. Ich könnte hierüber aufhellende Aufschlüsse geben, wenn Dohna nicht mein Verwandter wäre und ich nicht mit dem größten Widerwillen von dieser Sache spreche, die in mehrer Hinsicht das Gefühl empört. Dohna hat sich keine Partei zu machen gesucht, Dohna hat keine Gefälligkeit mancher Leute von Einfluß auf die Hof- und öffentlichen Meinungen sich erlaubt, wo sie dem Interesse des Königs nur entfernt nachteilig sein können; Dohna ist bei der Besetzung der Offizianten mit einer Vorsicht, Auswahl und Unparteilichkeit zu Werke gegangen, wovon es selten Beispiele gibt; Dohna hat den höhern Ständen Trotz geboten, wenn sie zum Nachteil der untern Forderungen machten ; Dohna hat, ohne Rücksicht zu nehmen, die Ansichten und die Hülfe seiner Untergebenen genutzt und ist nur daran zuweilen durch andere gehindert. — Dohna ist kein großer Kopf, aber sein Eifer, seine Kenntnisse, seine Aufopferung, seine Güte des Herzens machen ihn zu einem Staatsdiener, der die höchste Achtung verdient. 5 Ew. E. haben weit mehr Gelegenheit gehabt, Menschen kennenzulernen, als ich, aber ich unterstehe mich dennoch, Sie auf Ihr Zutrauen aufmerksam zu machen. Ihr allzu gutes Herz reißt Sie hin, und ich glaube z. B., daß Sie von dem Fürst von Wittgenstein eine zu gute Meinung haben, obgleich ich nichts anders von ihm weiß, als was man allgemein von ihm spricht — in jedem Fall ist er intrigant — und das ist schon sehr übel. — Ich mag keine anderen Personen nennen, ich fürchte, daß ich jemand unrecht tue; so viel aber ist gewiß, daß unser König, von so seltener Güte des Herzens und so hellem Verstände, dennoch mit Kabale umgeben ist und daß diese seit einiger Zeit bei uns zugenommen hat. Ich bitte Ew. E. nicht zu glauben, daß ich irgendeine Absicht bei meinen Dar43*

662

28. April 1810

Stellungen gehabt hätte — ich muß ja ohnehin jetzt bald abtreten und noch mehr, ich freue mich dazu.« 1 2 3 4

5

Siehe Nr. 242. Schreiben Scharnhorst an Altenstein vom 24. April 10, siehe Nr. 242 Anm. 5. Die Übersendung an Hardenberg erfolgt am 1. Mai 10, siehe Nr. 252. Vgl. dazu den Brief Hardenbergs an Altenstein vom 27. November 1808, siehe Nr. 3. In seinem Antwortschreiben an Scharnhorst, Tempelberg, 29. April 1810, führt Hardenberg hierzu aus: »Den Grafen Dohna schätze ich und liebe ich. Ew. Hochwohlgeboren können also seinetwegen völlig ruhig sein, sowie ich überhaupt überzeugt zu sein bitte, daß ich in dieser wichtigen und in so vieler Beziehung meine ganze Seele erfüllenden Angelegenheit gewiß mit äußerster Vorsicht und Unparteilichkeit zu urteilen und zu handeln mich bestreben werde.« (Abschrift i. gl. Fasz. Bl. 60)

244. Votum des Staatsrats Borsche Berlin, 28. April 1810 Z S T A Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77 Tit. 299 B Nr. 1 Bd. 2 Bl. 195: eigh. u. gez. Borsche.

Zusammenfassung der Ergebnisse der bisherigen Beratungen über die Errichtung einer Gendarmerie »Es steht durch den erklärten Willen Sr. Majestät des Königs und durch die Übereinstimmung aller Herrn Minister fest: daß eine Gendarmerie errichtet werden soll! Nur über die Einrichtung derselben sind die Meinungen verschieden. Die Mehrheit der Glieder der für Entwerfung des Planes niedergesetzten Immediatkommission haben dafür gestimmt, daß solche den Polizeibehörden, bis auf die Polizeibehörden der Kreise herab, untergeordnet werde. 1 Zwei Glieder derselben weichen davon ab 2 und wollen sie nach der Art der französischen Gendarmerie bloß den Ministern des Innern und des Kriegs untergeordnet wissen; doch geht aus dem Votum des einen derselben an einer Stelle hervor, daß sie auch den Polizeideputationen der Regierungen untergeordnet werden können. Des Königs Majestät haben in der Kabinettsordre vom 14. Oktober v. J.3 über diese Verschiedenheit der Ansichten nicht entschieden. Ich bin in meinem Gutachten 4 der Mehrheit der gedachten Kommission beigetreten und habe nur dabei noch bemerkt, daß dem Präsidenten der Regierungen die Verwaltung der Sicherheitspolizei übertragen werden und von ihm der Chef der Gendarmerie in seiner Provinz dabei zugezogen werden möge. Woraus denn, da die Gendarmerie besonders und vorzüglich zur Aufrechthaltung der Sicherheitspolizei dient, folgt, daß die Anwendung der Gendarmerie besonders und vorzüglich von dem Präsidenten der Regierung abhängig werden würde. 5

663

28. April 1810

Nachdem die Akten bei den verschiedenen Ministerien, mit Ausschluß des Departements der auswärtigen Angelegenheiten, zirkuliert haben, so hat sich das Finanzministerium über die gedachte Hauptfrage gar nicht erklärt. 6 Das Justizministerium aber ist der Meinung, daß die Gendarmerie ganz nach dem Muster der französischen eingerichet werde. Das Kriegsministerium scheint in seinem Votum derselben Meinung zu sein und fügt noch hinzu, daß sämtliche Herren Minister sich für die Meinung des Herrn Kriegskommissars Ribbentrop, welche eben dahin geht, in der letzten Konsequenz erklärt Iiaben. Ist dieses wirklich der Fall, so würde jene Frage bei den sämtlichen Ministerien schon als entschieden angenommen werden müssen und des Königs Majestät nur zur Entscheidung vorgelegt werden dürfen. 7 In der vorgeschlagenen Ministerialkonferenz würden dann nur einige Nebenumstände zur Verhandlung kommen können, und es scheint mir dazu solcher nicht zu bedürfen. In der Kabinettsordre ist aber noch von des Königs Majestät befohlen, daß die Gesetzgebungssektion über die Einrichtung der Gendarmerie gehört werden solle. Dieses ist noch nicht geschehen und würde m. E. noch geschehen müssen, um dem Befehl Sr. Majestät ganz zu genügen. Ich schlage daher dieses vor; und besonders würde sie zu veranlassen sein, die Gründe für die Errichtung der Gendarmerie nach dem Muster der französischen und die Gründe für eine Modifikation derselben nach der Lage unsers Staats, wie sie von der Mehrheit der gedachten Immediatkommission und mir vorgeschlagen worden ist, zu erwägen und ihre Meinung über die Vorzüglichkeit des einen oder des andern Vorschlags bestimmt abzugeben.«8 1

Plan der Kommissarien zur Errichtung einer Gendarmerie, Königsberg, 20. September 1809, siehe Nr. 149.

2

V o t u m von General von Boyen, Königsberg, 25. September 1809 (Ausf., gez. Boyen, i. gl. Fasz. Bl. 24). V o t u m des Generalkriegskommissars Ribbentrop, Königsberg 26. September 1809 (Ausf., gez. Ribbentrop, Bl. 26).

3 Siehe Nr. 158. 4

Gutachten Borsches vom 2. März 1810, siehe Nr. 203.

5

Hierzu Marginale Dohnas: »Vollkommen einverstanden Dohna«.

6

V o t u m des Finanzministeriums,

Berlin, 27. Januar 1810 (Ausf., gez. Wilckens,

Staegemann, i. gl. Fasz. Bl. 35). 7

Hierzu Marginale Dohnas: »ich bin nie dieser Meinung gewesen. D.«

8

Als Ergebnis aller Vorarbeiten wurde schließlich das 105 Paragraphen umfassende »Edikt wegen Errichtung der Kreisdirektorien und der Gendarmerie«, gez. Friedrich Wilhelm, gegengez. Hardenberg, am 30. Juli 1812 erlassen (Druck: Gesetzsammlung 1810—13, Nr. 127 = N r . 20 von 1812, S. 141 f f . ) ; vgl. auch die A u s f ü h rungen Meiers zum Gendarmerieedikt S. 388 ff.

2g. April 1810

664

245. Immediatgesuch des Geheimen Staatsrats Freiherr von Humboldt Berlin, den 29. April 1 8 1 0 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V l l a 10 Bl. 102: Ausf., gez. Humboldt. Begründung seines Entschlusses zur Amtsniederlegung »E. K . M. wagte ich im verwichenen Herbst in Königsberg mündlich meinen Wunsch zu äußern, aus meinem jetzigen Geschäftskreise in eine andere Laufbahn versetzt zu werden. E . K . M. geruhten mich damals mit Herablassung anzuhören und mir huldreichst zu versprechen, auf mein Gesuch Rücksicht zu nehmen. Die Gründe, welche dasselbe zu jener Zeit veranlaßten, haben sich seitdem in steigendem Maße vermehrt, und jetzt sind Umstände eingetreten, welche mich zu dem schmerzlichen Schritte nötigen, E . K . M. ehrfurchtsvoll um die Erlaubnis zu bitten, mein gegenwärtiges Amt als Chef der Sektionen für den Kultus, öffentlichen Unterricht und das Medizinalwesen völlig niederlegen zu können. Dasselbe ehrerbietige Vertrauen, das mich damals, leitete, macht mich auch jetzt so dreist, E . K . M. die Gründe auseinanderzusetzen, welche mich zu einem Entschlüsse bringen, der meinem Herzen, wie ich mit voller Wahrheit versichern kann, unendlich schwer wird. In einem mir von E . K . M. Staatsministerio offiziell angekündigten interimistischen Staatsrate sollen die Geheimen Staatsräte zwar in Angelegenheiten ihres besondern Ressorts ein volles Votum, übrigens aber (nach den ausdrücklichen Worten der Verfügung) gleich den Staats- und Geheimen Oberjustizräten nur ein Votum consultativum haben. 1 Diese unerwartete Anordnung ändert meine ganzen bisherigen Verhältnisse dergestalt ab und setzt den mir von E . K . M. allergnädigst anvertraueten Posten zu so etwas anderm herunter, als er bei meinem Antritt desselben war, daß es mir unmöglich ist, ihn ferner beizubehalten. Ich fühle lebhaft, wie wenig es fruchten kann, wenn bei Einrichtungen, welche E . K . M. auf Antrag Ihres Staatsministerii Allerhöchstselbst zu billigen geruhet haben, ein einzelner sich über erlittenes Unrecht beklagt; allein ich hege zu E . K . M. so oft bewiesener Gerechtigkeitsliebe das sichere Vertrauen, daß Sie diesem alsdann nicht übel deuten werden, wenn er bescheiden das einzige ihm übrigbleibende Mittel, das Zurücktreten aus dem umgeänderten Verhältnis, ergreift, und mein gegenwärtiger Entschluß wird meiner innersten Überzeugung nach durch die triftigsten mit E . K . M. Dienst selbst in der nächsten Verbindung stehenden Gründe gerechtfertiget. Ich kann einen Staatsrat, wie der beschlossene ist, nicht für denjenigen halten, dessen die allerdings noch sehr mangelhafte Verwaltung des Staats schon seit lange bedurfte und welcher den Erwartungen der Nation und den Hoffnungen des Besseren, die man noch allgemein auch von Preußens innerer Verwaltung hegt, entsprechen könnte; ich bin in meinem Innersten überzeugt, daß die veränderte Stellung der Geheimen Staatsräte im Staatsrat auch ihre Wirksamkeit als Sektionschefs vernichtet; und ich fühle mich endlich, wie ich freimütig

29- April 1810

665

eingestehe, tief gekränkt durch die Herabsetzung, mit welcher die Geheimen Staatsräte auf einmal im Staatsrat denjenigen gleichgesetzt werden, welche, der bisherigen Verfassung gemäß, keine Ansprüche auf eine regelmäßige und wirksame Teilnahme an demselben machen konnten und die in allen andern Hinsichten den Sektionschefs untergeordnet sind. Der Staatsrat, welchen die Verordnung vom 24. November 1808 festsetzte 2 und dessen Suspension im Publicando vom 16. Dezember ej. 3 gewiß von höchst nachteiligen Folgen gewesen ist, hatte offenbar zum Zweck, Einheit in die Maschine der Staatsverwaltung zu bringen und E . K . M. über diejenigen Angelegenheiten, welche zu Allerhöchst Ihrer eigenen Entscheidung gelangen, mit der Pluralität der Meinungen derer bekannt zu machen, welchen diese Verwaltung anvertrauet ist. E s waren daher nach einem einfachen, aber festen Prinzip die Staatsräte, welchen in der Tat in der Verwaltung keine selbständige Leitung eingeräumt ist, davon ausgeschlossen; die Sektionschefs hingegen hatten, da sie nach dieser Verordnung und auch nach dem bestehenden Gebrauch wahrhaft selbständige Administratoren — nur unter Kontrolle der Minister — sind, völlig gleiches Stimmrecht mit diesen darin. Zu dem nunmehr angeordneten Staatsrat sollen außer sämtlichen Geheimen Staatsräten noch Staatsräte, wie es scheint in unbestimmter Anzahl, entweder bloß aus den Ministerien oder auch den Sektionen zugezogen werden, alle aber nur beratende Stimmen haben. Der eine Zweck, E . K . M. mit der Meinung aller Administratoren bekannt zu machen, fällt daher von selbst hinweg, der andere der Einheit findet (auch vorausgesetzt, daß alle wichtigen Angelegenheiten wirklich vor den Staatsrat gebracht würden) nur insofern statt, als freilich alle Administratoren von jeder Sache Kenntnis empfingen, auch über jede, jedoch ohne weitere Wirksamkeit, ihre Meinung sagen könnten, womit sicherlich bei weitem nicht dasjenige erreicht wird, was man unter administrativer Einheit verstehen muß. Auch kommt noch überdies hinzu, daß es außer dem Staatsrat über viele-Gegenstände der Administration Ministerialkonferenzen geben soll, bei welchen die Geheimen Staatsräte nur einzeln und bisweilen zugezogen werden. Dieser Staatsrat kann daher höchstens so viel erreichen, daß bei mehr regelmäßiger mündlicher Beratung der Schriftwechsel vermindert wird und daß E . K . M. Staatsministerium die Vorschläge und Erinnerungen einer größern Anzahl von Personen als jetzt offiziellerweise vernimmt. Allein dies letztere wird auch schwerlich völlig erreicht werden, da sich nicht erwarten läßt, daß diejenigen, die mit dem Bewußtsein reden, daß ihre Meinung ebensogut verworfen als angenommen werden kann, mit Freimütigkeit und dem wahren lebhaften Interesse sprechen werden, ohne welche nicht recht Gutes zustande kommt. Ein solcher Staatsrat kann meiner Überzeugung nach nicht viel mehr als ein bloßer Name sein, wohl aber dadurch noch schädlich werden, daß er den Beschlüssen einiger wenigen scheinbar ein größeres Gewicht beileget. Ich empfinde es tief, wieviel ich wage, mich gegen eine Anordnung zu äußern, welche E . K . M. zu sanktionieren einmal geruhet haben. Ich fühle aber auch ebenso lebhaft, daß es nur aus Eifer für E . K . M. Allerhöchsten Dienst geschieht. Vielleicht reicht auch dieser kaum hin, eine solche Freiheit zu rechtfertigen, allein gewiß würde ich nichts von allem diesen zu erwähnen wagen, wenn es nicht meinem Herzen zugleich

666

2g. April 1 8 1 0

Pflicht und Bedürfnis wäre, mein Entlassungsgesuch in E. K . M. Augen aus den Gründen zu rechtfertigen, aus welchen es herfließt. Ich habe übrigens die obigen Behauptungen mit um so größerer Zuversicht gewagt, als auch bei den allgemeinen Vorträgen, welche im Jahre 1808 vor Einführung der jetzigen Verfassung stattfanden, außer den Ministern noch damals Geheime Finanzräte gegenwärtig waren und die Frage ausdrücklich debattiert ward, ob dieselben eine bloß beratende oder entscheidende Stimme haben sollten. Mit Unterstützung der Minister selbst wurde damals für das letztere aus dem Grunde entschieden, daß die volle Verantwortlichkeit auch volles Interesse und daher volle Teilnahme voraussetze, und es ist niemals ein Nachteil dieser Anordnung bemerkt worden. Es würde tief kränkend für diejenigen sein, welche der bisherigen Verfassung nach jetzt Mitglieder des Staatsrates sein sollten, wenn man ihrer Freimütigkeit nicht die Bescheidenheit und Mäßigung zutraute, welche die damaligen Mitglieder bewiesen und welche in jeder deliberierenden Versammlung gleich anständig und notwendig ist. Will ich aber auch nur streng auf die Erfüllung meiner Pflichten als Sektionschef sehen, so fühle ich mich auch in dieser durch die neue Anordnung gänzlich gehemmt. Denn wenn auch wirklich geäußert ist, daß die Sektionen in ihren übrigen Verhältnissen wie bisher verbleiben sollen, so ist dies, wenn man den Geist der Verordnung vom 24. November 1808 erwägt, doch in sich unmöglich; die gemachte Abänderung greift weit tiefer ein, als es beim ersten Anblick scheint, sie vernichtet nicht bloß die Vorrechte der Geheimen Staatsräte im Staatsrat, sondern sie untergräbt dieselben auch in den Sektionen und zerstört in der Tat das Wesen des durch jene Verordnung eingeführten Verwaltungssystems. Es ist nämlich eine Eigentümlichkeit von diesem, daß die Chefs der Sektionen wichtigen Partien der Administration nicht als bloße Organe der Minister, sondern selbständig und so vorstehen, daß sie nur der Kontrolle der Minister unterworfen sind, allein nur zu äußerst wenigen Dingen ihrer Zustimmung bedürfen. Diese Selbständigkeit ist mit dem vollen Anteil derselben am Staatsrat in so enger wechselseitiger Verbindung, daß die erstere nicht mehr mit Nutzen ohne den letztern bestehen kann. Werden dieselben nun im Staatsrat den bloßen Staatsräten gleichgesetzt, so verlieren sie notwendig, und ohne daß man es hindern kann, auch als Sektionschefs alles Ansehen und alles Gewicht; die Minister müssen mehr in ihre Verwaltung eingreifen, und da sie dieselbe doch nicht ganz übernehmen und nicht von jedem Detail unterrichtet sein können, so muß die Sache darunter leiden; es findet weder wahres gemeinschaftliches Handeln noch abgesondertes in rein geschiedenen Grenzen statt, und die wahre Verantwortlichkeit, an welcher allein E . K . M. gelegen sein kann und die unmöglich darin bestehen darf, daß jeder seine einzelnen beschränkten Maßregeln vertritt, sondern darin, daß er für eine mit Freiheit verwaltete Partie einsteht, fällt von selbst hinweg. Fühlten daher die Sektionen in ihrer Wirksamkeit bisher den Mangel eines Staatsrates, so werden sie noch weit nachteiliger den Einfluß eines solchen empfinden, in welchem ihre Vorsteher eine ihnen gänzlich unangemessene Stelle einnehmen. Die volle Stimme der Geheimen Staatsräte in ihren eigenen Angelegenheiten kann diesen Schaden nicht aufheben. Denn wenn damit auch eine wirklich entscheidende gemeint sein sollte, so ist sie immer nur eine einzelne, auch besitzen die Sektions-

29. April 1810

667

chefs diese von selbst dadurch, daß ihre Berichte E. K . M. vor Augen gelegt werden. Ich wage noch hinzuzufügen, daß die hier angeführten Nachteile meine Partie doppelt treffen, da die Überzeugungen von den in sie einschlagenden Gegenständen nur bei anhaltender Beschäftigung mit denselben richtig entstehen und sich abändern können, da es nicht immer möglich ist, sich mit Personen, die einmal von Grund aus andere Ansichten hegen, darüber durch bloße Gründe zu verständigen, auch die mit auswärtigen Gelehrten anzuknüpfenden Verhältnisse nur dann gelingen können, wenn dem Chef der Sektion das gehörige Gewicht zugetraut werden kann. Ich würde daher durchaus gegen meine Pflicht handeln, wenn ich E. K . M. nicht freimütig erklärte, daß ich außerstande bin, Geschäften ferner vorzustehen, die nach dieser Abänderung nur von dem Minister selbst mit Fortgang geleitet werden können. Freilich ist die neue Anordnung nur interimistisch; allein, sollte den Geheimen Staatsräten künftig zugestanden werden, was ihnen jetzt versagt wird, auf jeden Fall würde auch selbst in kurzer Zeit der Nachteil der Schwächung ihres Ansehens immer fühlbar sein, und endlich wird die Zurücksetzung durch den interimistischen Zustand um nichts weniger empfindlich und kränkend. Denn ich scheue mich nicht, vor E. K . M., Deren unparteiische Gerechtigkeitsliebe eine sichere Zuflucht für jeden Ihrer Untertanen ist, auch diesen Punkt zu berühren. Er bezieht sich allerdings auf etwas Persönliches. Allein es gibt bei dem Dienste im Staate ein Ehrgefühl, das mit dem Pflichtgefühl so enge verbunden ist, daß sich nicht das eine ohne das andere abstumpfen läßt, und wem E. K. M. einen Posten einmal zu erteilen geruhet haben, der würde E. K . M. huldreiches Vertrauen nicht ehren, wenn er sich mit Gleichgültigkeit plötzlich die wichtigsten Vorzüge desselben entreißen und sich denen gleichsetzen ließe, welche bis dahin unter ihm standen. Als E. K . M. die Gnade hatten, mir meinen jetzigen Posten zu verleihen 4 , mußte ich mit Recht diejenigen Vorrechte damit verknüpft glauben, welche die Verordnung vom 24. November 1808 ihm zusichert. E. K . M. hatten diese Verordnung Allerhöchstselbst vollzogen, das Publikandum vom 16. Dezember ej. war nur ein Auszug daraus; der Staatsrat war freilich suspendiert, allein nirgends verlautete, daß er überhaupt, geschweige denn in seinen wesentlichsten Bestimmungen geändert werden sollte. Jetzt verliere ich auf einmal das wichtigste Vorrecht meines Amtes; es bleibt nunmehr nichts als der bloße Vorsitz in der Sektion, den auch Staatsräte haben können und wirklich haben, übrig. E. K. M. sind zu gerecht, als daß Sie es ungnädig aufnehmen sollten, wenn ich unter diesen Umständen nicht weiter fortdienen kann, sondern um die Erlaubnis bitte, meinen Posten E. K. M. ehrfurchtsvoll zu Füßen legen zu dürfen. 5 Ich kann zwar, da E. K . M. geruhet haben, mich unverdienterweise immer persönlich einer Gnade zu würdigen, für welche meine tiefe Dankbarkeit unauslöschlich bleiben wird, nicht das Gefühl unterdrücken, daß der Ausgang meiner Dienstlaufbahn jetzt überaus traurig für mich ist. E. K. M. geruhen sich zu erinnern, daß ich meinen jetzigen Posten keinesweges suchte; ich wagte vielmehr die Bitte, mich in meinem alten Verhältnisse zu lassen. 6 Die Gewährung dieses Wunsches hätte mir die Kollisionen erspart, die mich jetzt gänzlich aus dem Dienst zu treten nötigen.

668

29. April 1810

Zwar dürfte ich es vielleicht wagen, E. K. M. jetzt an Ihr mir huldreichst gegebenes bestimmtes Versprechen zu erinnern, mich, wenn meine jetzige Lage meiner Neigung nicht angemessen sein sollte, in dem Auswärtigen Departement in meine vorige zurückzuversetzen. Allein es ist meinem Herzen zu wichtig, E. K. M. auf keine Weise über die wahren Gründe meines jetzigen Entschlusses zweifelhaft zu lassen, als daß ich auf diese Allerhöchste Gunst gegenwärtig Anspruch machen sollte. Ich bescheide mich daher gern, mich in die Einsamkeit zurückzuziehen. Da ich meine Kräfte immer nur habe ausschließlich E. K. M. und meinem Vaterlande widmen wollen, so wird meine Treue an Allerhöchst Ihre Person unerschütterlich dieselbe bleiben, und ich werde es zu meinem größten Glücke rechnen, wenn E. K. M. diese Gesinnungen anzuerkennen geruhen wollen. Ich darf mir alsdann mit der sichern Hoffnung schmeicheln, daß E. K. M. huldreichst verzeihen werden, wenn ich meine ehrfurchtsvolle Bitte wiederhole, mich nicht länger in einer Lage zu lassen, in der ich an sich den Geschäften nicht mehr nützlich werden kann, in der es mir außerdem nicht mehr möglich ist, mit Mut und Freudigkeit zu arbeiten und die aus diesen beiden Gründen mein Leben notwendig verbittern müßte.«7 K . O. an das Staatsministerium vom 31. März 1810, siehe Nr. 230. 2 Siehe R M Stein I I I , Nr. 328, S. 1088 ff. 3 Siehe R M Stein III, Nr. 333, S. 1149 ff. 4 Ernennung zum Geheimen Staatsrat und Chef der Sektion für Kultus und öffentlichen Unterricht durch K . O. vom 20. Februar 1809, siehe Nr. 54; vgl. auch Gebhardt I, S. 96 ff. 5 In dem Schreiben der Königin Luise an Wittgenstein v o m 30. April 1810 bittet sie ihn, ihre Freude über ein Wiedersehen mit Hardenberg am 2. Mai auf der Pfaueninsel diesem zu schildern. Außerdem wünscht sie: »daß Herr v. Hardenberg alle Erkundigungen wegen Humboldt einzöge, ob seine Fähigkeiten würklich so groß sind, als manche es sagen. Mir liegt daran, es zu wissen, da ich alle möglichen Gründe habe, zu vermuten, daß er abgehen will des neuen Conseils wegen. W i r haben leider keine eminenten Köpfe zuviel, es wäre daher schade, wenn wir diesen (bewährt er sich als solcher) verlören«. (Abschrift in Rep. 92 Hardenberg H 3V2 Bd. I I Bl. 64) 6 Humboldt an den König, Berlin, 17. Januar 1809; Teildruck in Freese, H u m boldt, S. 585 f. 7 Humboldt zeigt am 1. Mai 1810 Dohna an, daß er sich auf die »Mitteilung von der Errichtung eines interimistischen Staatsrates genötiget gesehen habe«, seine E n t lassung beim König nachzusuchen (Ausf., gez. Humboldt, in Rep. 77 Tit. 494 Nr. 1 Bd. 1 Bl. 60). Vgl. die Analyse des Entlassungsgesuches bei Gebhardt I, S. 347 f f ; worin er auf den fast vollständigen A b d r u c k in der Hist. Zeitschrift, Neue Folge, Bd. 38, S. 60 ff. verweist. 1

30. April 1810

669

246. Denkschrift des Ministers Freiherr von Altenstein 1 Berlin, 30. April 1810 Z S T A Merseburg, Nachlässe, Rep. 92 Friedrich Wilhelm III. B V I I a 10 Bl. 74: Ausf., gez. Altenstein; Rep. 92 Altenstein A IV Nr. 11 Bd. 1 Bl. 67: eigh. Konzept Altenstein, weiter in Bd. 2.

»Darstellung des Finanzwesens des Preußischen Staates im April 1810« »Bei der Vorlegung eines Planes zur Berichtigung der an Frankreich noch rückständigen Kontribution halte ich es der erhaltenen Aufforderung zufolge bei dem Gebrauch, der von diesem Plan gemacht werden soll, und bei den Verhältnissen, in welchen ich mich befinde, für erforderlich, den Finanzzustand des Preußischen Staates in dem gegenwärtigen Augenblick kürzlich so darzustellen, daß sich daraus die bisherige Finanzverwaltung in ihren wesentlichen Punkten sowie die zunächst beabsichtigte Leitung des Finanzwesens, unter welcher auch die Kontributionsentrichtung an Frankreich mitbegriffen ist, so weit übersehen läßt und sich rechtfertigt, als sich überhaupt mitten im Laufe einer solchen Verwaltung eine dergleichen Übersicht und Rechtfertigung geben läßt. Ich führe nichts über die Schwierigkeit einer solchen Darstellung und über die Gefahr, welche aus derselben für die Sache und den Staat bei einem unvorsichtigen Gebrauch entstehen muß, an, da solches von selbst einleuchtet und aus dem Verfolg sich sehr klar ergeben wird. 2

Standpunkt einer solchen Darstellung und ihre Beurteilung

Nur über den Standpunkt der Darstellung und über ihre Beurteilung halte ich für erforderlich, folgendes vorauszuschicken. Es würde nicht zu dem vorliegenden Zweck führen, wenn ich den dermaligen Zustand des preußischen Finanzwesens und, was dazu unumgänglich erforderlich ist, dessen Geschichte lediglich oder hauptsächlich durch eine große Menge trockener Zahlen in halb wahren und halb falschen oder wenigstens nur relativ wahren Zusammenstellungen und Tableaux liefern wollte. Eine solche mit großem Zeitaufwand zusammengebrachte tote Masse kann durchaus von keinem höhern praktischen Nutzen sein, da sich in solche kein wahres Leben bringen läßt. 3 Es ist ganz unmöglich, darauf eine große Ansicht und eine fruchtbare Beurteilung zu gründen. Der in der Finanzkunst nur einigermaßen Eingeweihte weiß, was er von solchen Darstellungen zu halten hat und was daran Wahres ist und Wahres sein kann. In gewöhnlichen Zeiten und im ordentlichen Verlauf reicht eine solche Darstellung noch allenfalls hin, vorzüglich wenn die ganze Aufgabe für das Finanzwesen in der Leitung eines bloßen Haushalts besteht. Dieses erstere war der Fall im Preußischen Staate von 1806, und leider war auch das letztere die ganze Aufgabe. Schon in gewöhnlichen Zeiten muß der, welcher das Finanzwesen nicht als bloßen Haushalt leiten soll, die äußern Verhältnisse, die Verhältnisse im Innern, die ganze Tendenz der Regierungsverwaltung kombinieren, und erst durch die Benützung des Resultats und dessen steter Beachtung bei der eigentlichen sogenannten Finanz- oder Geldpartie ergibt sich das, was man eine wahre Finanzleitung nennen kann. 4 Noch ungleich mehr ist solches der Fall in ungewöhnlichen Zeiten, wenn alle diese Verhältnisse ungewiß sind und wenn daher

6yo

30. April 1 8 1 0

mit solchen die Haupttendenz der Regierungsverwaltung stets schwanken und mit unendlicher Beweglichkeit jeden Augenblick die Gestalt ändern muß. Wer das, was die Leitung des Finanzwesens eines Staates überhaupt und ganz vorzüglich in einer solchen Zeitperiode erfordert, gehörig umfaßt und daher einen Plan zur Leitung eines Finanzwesens dieser Art von einem einzelnen Finanzprojekt nur abgerissenen Vorschlag richtig unterscheidet, wird anerkennen, daß es ganz unmöglich ist, den Finanzzustand eines solchen Staates in einem solchen Zeitpunkt ohne eine Arbeit, welche der, die die Administration selbst erfordert, beinahe gleich ist, auch so zu beschreiben, daß sich hiernach allein mit Sicherheit die Leitung sogleich übernehmen und, was dem gleichkommt, ein Plan zur Leitung entwerfen läßt. Wer leiten oder zur Leitung zweckmäßige Vorschläge machen will, muß aus dem Leben schöpfen und in dem Ganzen leben. Es muß sich aus dem Leben ein Gemälde des Ganzen in ihm gebildet und sich in ihm die Kraft, lebendig einzugreifen, dadurch erzeugt haben, daß er mit allen den unsichtbaren Fäden, welche das Ganze zusammenhalten, innigst vertraut ist. 5 Die lebendigste Darstellung kann allein den bloßen Zuschauer nie dazu in den Stand setzen. Eine solche lebendige Darstellung, diese aber auch nur allein und nicht eine tote Masse von Nachrichten, kann bloß so weit zur Beurteilung in den Stand setzen, daß sie Gelegenheit gibt, Zweifeln nachzuspüren und deren Lösung zu suchen. Eine lang fortgesetzte, einsichtsvolle und kräftige Beurteilung dieser Art führt endlich den, der sich ihr ganz hingibt, unvermerkt selbst in das Leben ein. Eine solche lebendige Darstellung werde ich versuchen, soweit meine von der Leitung der Administration ohnedies schon im Übermaß in Anspruch genommenen Kräfte es erlauben. Ich werde versuchen, einige Tatsachen hinzustellen, welche den Weg andeuten, und einige Resultate zusammenzustellen, welche den Plan der Leitung in seiner ganzen Beweglichkeit bezeichnen. Aus dieser Darstellung wird es dann möglich sein, mit Hülfe von Materialien Plane über einzelne Teile zu prüfen. Nur eine solche Darstellung ist der Sache würdig. Allgemeine Geschichte der Regierungsverwaltung in Beziehung auf das Finanzwesen Zur Darstellung des jetzigen Zustandes des Finanzwesens in dem Preußischen Staate ist es höchst wichtig, die Geschichte desselben in der innigsten Verbindung mit der Geschichte der äußern und innern Verhältnisse des Staats und der Haupttendenz der Regierungsverwaltung in den verschiedenen Zeitperioden kürzlich zusammenzustellen. Im Mai 1808 kehrte der Staatsminister von Stein von Berlin zurück. E r hatte dort vergeblich versucht, sei es auch auf harte Bedingungen, eine Konvention über die Räumung des Landes von Frankreich zu bewirken. E r brachte die Uberzeugung mit und überließ sich solcher täglich mehr, daß an keine gütliche Räumung des Landes zu denken sei und daß nur Gewalt Preußen befreien könne. Von diesem Augenblick an richtete er seine ganze Tendenz darauf, alles zu einem Kampf auf Leben und Tod einzuleiten.6 Alle Einrichtungen im Innern des Landes sollten hiernach getroffen werden. Der Kampf schien nur bei einer gänzlichen Veränderung aller innern Verhältnisse möglich. Sie sollten nicht unbemerkt umgeschaffen, sondern im entscheidenden Augenblick umgeworfen werden. Es sollte eine Revolution im Innern bewirkt und die sich dabei

30. April 1810

671

entwickelnde Kraft zum großen Kampf benützt werden. Mit Sicherheit konnte man zu diesem schrecklichen Mittel seine Zuflucht nehmen, da der Kampf mit dem Äußern gegen den Mißbrauch im Innern sicherte. Man rechnete auf eine große Anstrengung der Nation und vorzüglich der untern und mittlem Volksklassen, unter welchen man die meiste Kraft zu finden hoffte. Jeder wollte alles opfern müssen, aber auch alles gewinnen und erlangen können, was seiner persönlichen Neigung nur immer schmeichelte. Dieses wurde mehr oder minder deutlich ausgesprochen oder bloß angedeutet und von denen, welche das Ganze nicht fassen konnten, noch übertrieben in Gang gebracht. In diesem Geiste wurde eine nahe Organisation teils entworfen, teils wenigstens verkündet, ohne daß jedoch ein Projekt zu dem Ganzen und vorzüglich für die Hauptpunkte völlig ausgearbeitet wurde. 7 Die Beischaffung von Geldressourcen war bei dieser Lage des Staats kaum möglich, und es war vergeblich, Pläne dazu entwerfen oder ausarbeiten zu wollen. Der beginnende Kampf mußte die Hülfsmittel verschaffen, denn man war fest entschlossen, sogleich zu den gewaltsamsten Maßregeln zu schreiten. Alles kam nur darauf an, die militärischen Maßregeln zu treffen. E s wurde, soviel nur immer möglich, hierunter getan. Man suchte dabei die äußern Verhältnisse zu dem großen Zweck zu benützen und ging, um sich der [!] Hülfe von Österreich und England zu verschaffen, so weit als nur immer möglich. Ein unglücklicher Zufall veränderte plötzlich die Lage der Dinge und die ganze Tendenz. Der Abschluß der Konvention zu Paris war die Folge. Man hoffte Milderung der harten Bedingungen und durch Nachgeben Zeit zu gewinnen. E s erfolgte die Konvention zu Erfurt, welche das erstere nur teilweise bewirkte. Das Weitere hoffte man von einer klugen Benützung der Zeit. Der Staatsminister von Stein erklärte sogleich, daß es unmöglich sei, die Kontribution von 1 2 0 Millionen Francs in 3 1 Monaten zu bezahlen, es wurde weitläuftig auseinandergesetzt und allgemein als richtig anerkannt, daß kein Staat eine solche Summe baren Geldes in so kurzer Zeit aus der Zirkulation nehmen könne und daß es höchst ungewiß sei, ob bei einer solchen Lage des Staats die Erlangung einer Anleihe im Auslande möglich sei. Ich übernahm zu Ende Novembers das Finanzministerium. Die Kassen waren großenteils leer, die Räumung ging nur langsam vor sich, es kamen eine Menge Nachforderungen, es mußten neue lästige Konventionen über die Räumungen der Festungen geschlossen werden 8 , das Land war äußerst erschöpft und gedrückt, mit der Räumung erwachten eine zahllose Menge von Reklamationen, die Administration mußte beinahe aus dem entferntesten Punkt des Landes geführt werden, die obern Behörden waren alle aufgelöst, die untern Behörden mehr oder weniger außer aller Ordnung, überall fanden sich Menschen, denen man nicht ganz vertrauen konnte, es herrschten große Parteien, deren eine ein gänzliches Hingeben an Frankreich, die andere einen kräftigen Widerstand, die eine das Wiederkehren und Erhalten des Alten, die andere ein rasches Vorschreiten ohne alle Schonung als Bedingung des Heils mit Leidenschaft beabsichtigte und verlangte. Kein Verhältnis im Innern und Äußern stand fest oder konnte festgestellt werden. Ein gänzliches Hingeben an Frankreich war keineswegs die Absicht der Regierung. Die Räumung erfolgte mit den sichtbarsten Beweisen des größten Hasses

672

3o. April 1810

von Seiten Frankreichs. Der Marschall d'Avoust drohte beinahe öffentlich, bald wiederzukommen. Man mußte den Fall als leicht möglich voraussehen, daß es doch noch zum Kampf kommen werde, und alle früher zu diesem Behuf in Bewegung gesetzten Maßregeln durften nicht unterdrückt werden, man sollte daher den Geist des Widerstrebens gegen fremde Gewalt und die zu den eingeleiteten Verbindungen getroffene[n] Maßregeln unterhalten und nur die Ausbrüche verhüten. Dabei mußten aber doch Opfer des gänzlichsten Nachgebens gefordert werden, um die Kontributionszahlung möglich zu machen. Man durfte sie wenigstens nicht als fortdauernd fordern. Es sollte nun nicht mehr rasch auf einmal, sondern langsam so organisiert werden, daß beide Parteien befriedigt würden.9 Die Anstalten zur Verteidigung, die Herstellung des Militärs mußte für den anscheinend nahen Fall der Not fortgesetzt und dazu die Ressourcen geschafft und die öffentliche Meinung, daß Preußen sich bald wieder erheben werde, in allen Anstalten gezeigt werden10, teils um Vertrauen im Auslande, teils Ruhe im Innern bei denen, welche für kräftige Maßregeln waren, zu erhalten und neue zu schaffen. Es waren Monate nötig, um nur aus dieser Entfernung einige Nachrichten über den Zustand des Landes und der Kassen zu erhalten 11 und um nur einige Einleitungen für die Herstellung des Kredits im In- und Auslande zu treffen. Alle Versuche zu Anleihen im Auslande waren für die Stände und für den Staat beinahe ganz verschwunden, und im Innern herrschte Mißtrauen in jedes Wort, teils künstlich von den Franzosen und erhitzten Köpfen erregt, teils ganz natürliche Folge eines solchen Zustandes. Alles öffentliche große Auftreten 12 mußte von allen Seiten sogleich durchschauet werden und das Mißtrauen erhöhen, wäre es auch politisch erlaubt gewesen. Im Auslande konnte solches die Erbitterung Frankreichs vermehren, und im Inlande mußte es, erfolgte nicht zugleich eine gänzliche Umwälzung, diese herbeiführen. Das Benehmen der Ostpreußischen Stände einige Monate später, als sie die Garantie-Akten ausstellen sollten, läßt schließen, was damals der Erfolg gewesen sein würde. Mein ganzes Bestreben mußte sein, soviel möglich für alle die verschiedenen Zwecke zu handeln, durch dieses stille und sichere Handeln mit wenigen Winken über das, was kommen könne, — jedesmal mit Vorsicht nach den Umständen gegeben — Vertrauen zu erwecken und einen ebenso sichern größern Plan von jedem nach seiner individuellen Ansicht ahnden zu lassen.13 Dieses konnte mit großer Anstrengung auf kurze Zeit ausreichen, dieses mußte zu jeder Tendenz der Regierungsverwaltung, unter welcher solche nach der politischen Lage der Dinge damals beinahe schwanken mußte, passen und gestattete jeden Augenblick die Ergreifung eines ganz entgegengesetzten Systems, ohne ein gegebenes Wort zurückzunehmen und ausgesprochene Hoffnungen zu täuschen. So bezahlte ich gegen alle Erwartung ohne aufsehenerregende und drückende Maßregeln die ersten Monate pünktlich und schaffte für alle Bedürfnisse die erforderlichen Ressourcen wenngleich natürlich nur so weit an, daß die Tat den Anfang verkündete, beruhigte und Vertrauen bewirkte. Allein auch dieses System erhielt schon in den ersten Monaten eine veränderte, wenngleich noch nichts weniger als feste Richtung. Österreich nahm die Idee der mit solchem früher angeknüpften Unterhandlungen wieder auf, es wurde klar, daß Österreich sich

3. April 1810

673

zu einem großen Kampf rüste, daß dieser nahe sei und daß Preußen durch solches und durch die Umstände dringend zur Teilnahme aufgefordert werde. Alle Stimmen vereinigten sich, wenngleich unter mehr oder mindern Beschränkungen und Modifikationen, dafür. Es wurde immer mehr und mehr darauf eingegangen, und der Augenblick der gänzlichen Erklärung dafür hing beinahe bloß von dem Erfolge einer Schlacht oder von der Möglichkeit ab, sich in den Zustand zu versetzen, um Teil an dem Kampf nehmen zu können. 14 Darauf mußte also die größte Anstrengung gerichtet werden, alle Anstalten im Innern durften damit nicht in Widerspruch stehen, man konnte nicht die Hoffnung großer Ruhe, friedlicher Herstellung aller Verhältnisse aussprechen und Plane — darauf berechnet — anlegen oder bekanntmachen, wenn man auch gleich die gereizten Gemüter für den Augenblick nicht noch mehr reizen durfte und sogar ein stilles Dulden von ihnen fordern mußte. Es war notwendig, einige Finanzmaßregeln zu ergreifen, um den dringenden Bedarf zu decken. Sie mußten so gewählt werden, daß sie Frankreich eine große Anstrengung wahrscheinlich machten, das Verlangen nach Milderung der Kontribution unterstützten und ein vielleicht bald notwendiges Ausbleiben derselben noch einige Zeit entschuldigten, dem Volk das Gefühl dessen gaben, was es bei der Bezahlung der Kontribution noch zu erwarten habe, im Auslande aber doch nicht zu sehr den wahren Zustand aufdeckten. Es war alles dieses der Fall mit der Silberabgabe, die zugleich für den Fall des Kriegs einen manchfaltig zu benützenden Fonds gewährte. 15 Die Kontribution war indes bis zum April unter großen Protestationen gegen Frankreich, daß es nicht möglich sei, sie ferner so fortzubezahlen, pünktlich entrichtet worden. Diese pünktliche Bezahlung hatte auf den größern Handelsplätzen den Kredit gehoben. Man vermutete, und zum Teil wohl nicht ohne Grund, daß Preußen noch Ressourcen habe. Die große Holländische Anleihe war im wesentlichen schon zu Ende des Monats März zustande gebracht. Der Ausbruch des Kriegs zwischen Österreich und Frankreich erfolgte. Die Teilnahme Preußens mußte mit jeder Stunde erwartet werden. Eine jede seiner Zahlungen an Frankreich war Verlust. Alle Ressourcen mußten zu den Vorbereitungen bei dem Militär und im Innern verwendet oder in Bereitschaft gehalten werden. Ich stelle dieses, und wie höchst dringend das Ergreifen einer entscheidenden Partie sei, dringend vor. Es wurde damals anerkannt, daß es nicht möglich sei, sich zum Krieg zu rüsten und zugleich die Kontribution fortzubezahlen. Es wurde anerkannt, daß bei einem allgemein sich verbreitenden Krieg die Kontributionsentrichtung unmöglich fallen müßte, weil aller Kredit dadurch gar zerstört werde. E s wurde auch im Augenblick des Ausbruchs des Kriegs die Unmöglichkeit, die bisherigen Zahlungen fortzusetzen, in Paris erklärt und durch Vorschläge zu einer Moderation Zeit zu gewinnen gesucht. Da keine Erklärung erfolgte, so wurde mit der Bezahlung gezögert und nach dem Rate der dortigen Gesandtschaft nur in ganz kleinen Summen gezahlt 16 , um Bereitwilligkeit, zu zahlen, an den Tag zu legen. Frankreich ließ die verfallenen Wechsel der Banquiers protestieren, klagte sie aber nicht ein, und es kam nicht zur Ausführung der durch Kabinettsordre bereits genehmigten, einer Kriegserklärung beinahe gleichkommenden Maßregel, die Gerichtshöfe zu instruieren, keine Klage auf diese Wechsel anzunehmen. 17 Ich übergehe alles, was außerdem

674

30. April 1810

vorgefallen ist und was der Kaiser Napoleon mehr noch als die Nichtbezahlung der Kontribution als Beweis der feindlichen Absichten Preußens anführt. 18 Es läßt sich nicht leugnen, daß es die Absicht war, die Kontribution nicht zu bezahlen, und daß mit der öffentlichen Erklärung bloß gezögert wurde, um den Gang der politischen Begebenheiten abzuwarten. Dieser Zustand dauerte bis zum Abschluß des Wiener Friedens fort, und in dem letzten Augenblick war die Teilnahme Preußens an dem Krieg wahrscheinlicher als je. Nur auf die Holländische Anleihe konnte noch einige Hoffnung gesetzt werden, um mit solcher die Rückstände zu decken, und Frankreich, sollte es für den Reiz des Geldes empfänglich sein, in Erwartung einer so bedeutenden Summe, im Fall Österreich einen unglücklichen Frieden schließen sollte, beruhigen zu können. Der Friede kam endlich zustande. Die Politik erheischte, daß Preußen sein bisheriges Verfahren mit der gänzlichen Erschöpfung entschuldigte und die Unterhandlungen wieder in der Art anknüpfte, wie solche zuletzt gestanden hatten. Der Wiederanfang der Zahlungen mußte, sollte er nicht ein Zugeständnis einer absichtlichen Zurückhaltung enthalten, nur ganz klein geschehen.19 Man mußte Frankreich die Aussicht eröffnen, daß es durch Vergessen des Bisherigen, wenn es Preußen schone, nicht nur die Holländische Anleihe erhalten, sondern auch größere Summen zu erwarten haben werde. Hierauf waren die Anerbietungen berechnet. Es war die Absicht, dadurch einmal eine endliche Bestimmung dessen, was noch zu leisten sei, zu bewirken und sonach bei den zu ergreifenden Maßregeln freiere Hand zu erhalten und deren Ausführung durch Beendigung des schwankenden Zustandes erleichtern zu können.20 Die erste Sendung des Herrn Generalmajors von Krusemark unterstützte die Hoffnung, daß es gelingen werde. 21 In der täglichen Erwartung beinahe, daß die Negotiation nach diesen Grundsätzen gelingen werde, mußte die Ergreifung fernerer Maßregeln, vorzüglich solcher, welche mit der in Paris geführten Sprache in Widerspruch gestanden wären, gezögert werden. Die Rückkehr des Königs nach Berlin war inzwischen erfolgt, es waren einige einleitende Maßregeln getroffen, um mit dem Gelingen der Negotiation in der weitern Entwicklung des Planes das dann erforderliche Papiergeld zu schaffen. Die Tresorscheine wurden wiederhergestellt, auch über das Schicksal der Staatsgläubiger ward zum ersten Male gesprochen. Allein nun fing die Hoffnung auf ein solches Abkommen immer mehr an zu wanken, der Kaiser machte Schwierigkeiten, die Bedingungen anzunehmen, das Holländische Anleihen kam zwar zu mehrerer Festigkeit, allein die übrigen Bedingungen wurden von ihm verworfen. Das Ministerium äußerte sich gegen des Königs Majestät abermals über die Notwendigkeit einer entschiedenen Partie und stellte die Gesichtspunkte zusammen, nach welchen es glaubte, daß verfahren werden könne.22 Man gab in Paris die Hoffnung zu erkennen, daß eine Anstrengung von 4 bis 5 Millionen Francs als Abschlagszahlung auf die Kontribution die Unterhandlung erleichtern werde. Sie durfte nur mit Vorsicht geleistet werden, um nicht den Glauben der Zurückhaltung und der Leichtigkeit des Aufbringens großer Summen zu veranlassen 23 , und es wurde nur nach der reiflichsten Erwägung aller dieser politischen Verhältnisse das freiwillige Anleihen ausgeschrieben. Die neuesten Äußerungen des Herzogs von Cadore auf die Übernahme der Verpflichtung, zu

30. April 1810

675

bezahlen, zeigt, wie notwendig diese Vorsichtsmaßregel war. Inzwischen wurde die Sprache in Paris immer härter. Der König war weder entschlossen, sich ganz in die Arme von Frankreich zu werfen, noch auch eine Stellung anzunehmen, die ihm angemessene Sicherheit geben konnte.24 Mit der Gewißheit der Heirat Napoleons verschlimmerte sich die Lage der Sache noch mehr. Es wurden Äußerungen über Territorialzessionen hingeworfen, und die Absicht, daß es damit ernst sei, wurde immer wahrscheinlicher. Der Gesandte Bern, i Obgleich dieses Interpretationsrecht oder die Entscheidung zweifelhafter Rechtsfragen (nach Bern, a) die Kommission teils zum Richter, teils zum Gesetzgeber macht und daher wohl aufgehoben werden sollte, so ist es doch in das Allgemeine Landrecht und in die Prozeßordnung übergegangen und kann ohne Änderung in beiden nicht füglich wegfallen. Vorläufig ist es daher auch in den vorliegenden Plan wieder mit aufgenommen, um jedoch keine neuen Bestimmungen hinzubringen, dabei bloß auf das Allgemeine Landrecht und die Prozeßordnung selbst, auch auf das Patent von 1781 Bezug genommen, soweit es nicht schon durch Umstände modifiziert ist. Zu diesen gehören besonders die größere Einheit des Justizressorts und die neue Einrichtung der Gesetzkommission; die Maßgaben darnach ergeben sich von selbst und sind auch in Verfolg des vorliegenden Plans § 15, 17 und 20 angedeutet. 27 Personal § 6 Die Gesetzkommission besteht aus einem Präsidenten, ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedern. Ein eignes Subalternenpersonal hat sie nicht, vielmehr bedient sie sich der Kanzlei der Gesetzgebungssektion. Bern, k Die Verschiedenheit der ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder gründet sich auf die Organisationsverordnungen vom 24. November und 16. Dezember 1808. Bern. 1 Das Organisationsgesetz vom 24. November 1808 gibt der Gesetzkommission ein eignes Subalternenpersonal, eine eigene Kanzlei; sie bedarf aber deren in der Tat nicht, da schon die Gesetzgebungssektion damit versehen sein muß und die Sektionskanzlei sehr füglich auf die Expeditions-, Schreib- und Botengeschäfte und Bedürfnisse der Gesetzkommission mit eingerichtet werden kann. 28 § 7 Ihr Präsident ist der Geheime Staatsrat und Chef der Gesetzgebungssektion. Er hat nur volle Stimme gleich den ordentlichen Mitgliedern, die aber bei Stimmengleichheit entscheidend ist. Wird er durch Abwesenheit, Krankheit p. vom Vorsitz abgehalten, so ernennt er bei jedem einzelnen Fall einen Stellvertreter aus den ordentlichen Mitgliedern. 29 Bern, m Daß der Sektionschef auch Präsident der Kommission sei, gründet sich namentlich auf die Königliche Kabinettsordre vom 31. März d. J. Bei Abhaltungen des Präsidenten kann der Vorsitz nur auf ein ordentliches Mitglied übergehen, weil nur die ordentlichen Mitglieder volle 52

Stein/Hardenberg

79»

3o. Juni 1810

Stimme haben. Daß aber diese Stellvertretung nicht von der Anciennität, sondern von der Wahl des Präsidenten abhange, ist darum ratsam, weil er alsdann den für die jedesmalige Debatte fähigsten Stellvertreter wählen kann. Bern, n Die Gleichheit des Stimmrechts folgt schon aus dem gleichen Recht zur Beratung und ist für die Unbefangenheit der Erwägung ratsam Der Ausschlag des Präsidenten aber bei Stimmengleichheit ist, um zu einem Resultat zu gelangen, notwendig. § 8 Die ordentlichen Mitglieder müssen Anwesende sein, den Sitzungen, insofern nicht Krankheit oder dergleichen sie abhält, notwendig beiwohnen, haben volle Stimme und ein festes Gehalt. Bern, o Ihre regelmäßige Gegenwart in den Sitzungen folgt aus der Natur der Sache, ihr volles Stimmrecht aber teils daraus, teils aus dem Organisationsgesetz vom 24. November 1808. Bern, p Von dem Gehalt in der Folge § 11 §9 Zu den ordentlichen Mitgliedern gehören für die Bedürfnisse der verschiedenen Ministerien sowohl als der ständischen Repräsentation: 1 der Staatsrat oder, insofern mehrere angestellt werden sollten, die Staatsräte 30 bei der Gesetzgebungssektion, 4 Mitglieder für das Justizfach, 3 für das Finanzfach, 3 für das Fach des Innern, 2 für die Gesetzgebung des Militärwesens, 1 für die Gesetzgebung bei den auswärtigen Verhältnissen, 8 ständische Repräsentanten nach den 8 Provinzen des Staats 22 überhaupt.31 Für jetzt 32 treten an die Stelle der 8 ständischen Repräsentanten nur 3, von des Königs Majestät nach den drei Oberpräsidiaten ernannt; und es besteht bis dahin die Gesetzkommission nur aus 17 ordentlichen Mitgliedern. Bern, q Die Gesamtzahl der ordentlichen Mitglieder trifft mit der Stärke der ehemaligen Gesetzkommission ziemlich zusammen, welche mit Inbegriff zweier Direktoren zuletzt 21 betrug. — Die Zahl der nicht ständischen Mitglieder ist auf alle Fächer der Gesetzgebung nach Verhältnis ihres Umfangs berechnet und in Absicht des Justizwesens § 15 dieses Plans noch besonders gerechtfertigt.33 — Die Anstellung ständischer Repräsentanten gründet sich auf die Organisationsgesetze vom 24. November und 16. Dezember 1808, ist notwendig und nützlich; sie sind für die Gesetzgebung, um dabei das wirkliche Leben, die öffentlichen Wünsche und Bedürfnisse zu berücksichtigen, auch die Ausführbarkeit sichrer zu beurteilen, ungleich wichtiger noch als für die Verwaltung 34 ; und da sie für diese sich in den Provinzialregierungen zum Teil schon finden, so ist es um so weniger ratsam, für die Gesetzgebung ihre Anstellung noch länger auszusetzen35, als schon jene Organisationsverordnungen ihre Ernennung Seiner Königlichen Majestät Allerhöchsten Person vorbehalten haben und sie von einer ständischen Verfassung ganz und gar nicht abhängig, diese also auch keinesweges abzuwarten ist.36 Die geringe Anzahl 8 kann bei der so überwiegenden Anzahl

30. Juni 1810

791

der übrigen ordentlichen Mitglieder und des Präsidenten gar keine Bedenken haben; um jedoch jedes Mögliche zu haben und für den Anfang die Auswahl tauglicher Personen zu erleichtern, ist zum ersten Versuch die Minderzahl 3 statt 8 vorgeschlagen. § 12 dieses Plans wird alles dieses noch näher rechtfertigen. 37 § 10 Der Staatsrat bei der Gesetzgebungssektion ist als solcher, und solange er dies bleibt, Mitglied der Gesetzkommission. Da er in jener Eigenschaft schon für dieses Fach besoldet ist, so erhält er deshalb kein besonderes Gehalt. Sollten mehrere Staatsräte bei der Gesetzgebungssektion angestellt werden, so gilt von ihnen dasselbe. 38 B e r n , r Für das Ganze der Gesetzgebung, für politische Architektonik und die höheren Staatsverhältnisse ist diese Mitgliedschaft bei der Gesetzkommission wesentlich. 39 § 1 1 Zu den übrigen nicht ständischen ordentlichen Mitgliedern werden Männer von vorzüglichen Kenntnissen aus den Staatsbeamten oder sonst genommen, und zwar so, daß die verschiedenen Fächer der Gesetzgebung nach Verhältnis ihres Umfanges sämtlich mit ausgezeichneten Männern besetzt 40 sind. Sie werden aber nicht für diese besondern Fächer, sondern für das Ganze berufen. Zur höchsten Unbefangenheit ihres Gutachtens werden sie aus solchen Staatsbeamten nicht genommen, die schon in den verschiedenen Ministerien und Sektionen selbst zu den Gesetzes-, Einrichtungs- und Operationsentwürfen zu konkurrieren 41 verpflichtet sind. Ihre Berufung geschieht auf Zeit in der Art, daß jährlich zwei austreten und wieder ersetzt werden. Während ihres Berufs genießen sie jeder ein Jahrgehalt von 300 rt. 42 Ihr Austritt geschieht nach dem Alter der Mitgliedschaft, und sie gehen dadurch in die Klasse der außerordentlichen Mitglieder über. Bei diesen und andern Abgangsfällen schlägt für jeden einzelnen Abgegangenen die Gesetzkommission dem Staatsrat und dieser Seiner Majestät dem Könige zwei bis drei neue Kanditaten vor, die nebst den anwesenden außerordentlichen Mitgliedern die Kandidatenliste zur Auswahl des Königs bilden. Bei den juristischen Mitgliedern tut die Gesetzkommission ihre Vorschläge nicht ohne Zustimmung des Justizministers. 43 Ernannt werden diese sämtlichen nicht ständischen ordentlichen Mitglieder von des Königs Majestät Allerhöchstselbst auf den Vorschlag im Staatsrat. Für die erste Ernennung tritt an die Stelle der noch fehlenden Gesetzkommission die Gesetzgebungssektion; und es wird dabei für die ersten Mitglieder die Anciennität nach dem sonstigen Range und Dienstalter bestimmt. B e r n , s Der Beruf für ein einzelnes Fach würde zur Einseitigkeit führen, die nirgends mehr als in der Gesetzgebung zu vermeiden ist. Die Rücksicht auf das einzelne Fach bei dem Zahlverhältnis der Mitglieder hat also bloß zur Absicht, einem jeden Zweige der Gesetzgebung sein Bedürfnis an besondrer Sachkunde zu sichern. Das Organisationsgesetz vom 24. November 1808 selbst verlangt von jedem Mitgliede „eine vollständige Bildung 52'

3o. Juni 1810 als Staatsmann und den Besitz der hierzu erforderlichen allgemeinen staatswirtschaftlichen wissenschaftlichen Kenntnisse"; und obgleich bei der Wahl weniger auf ein solches Ideal als auf das Bedürfnis des einzelnen Fachs wird zu sehen sein, so würde es doch dem Geiste des Gesetzes widersprechen, die Berufung auf das einzelne Fach zu beschränken. B e m . t Die vorige Anmerkung besagt schon, daß das Organisationsgesetz vom 24. November 1808 nicht gerade den Besitz eines Staatsamtes, sondern nur Bildung als Staatsmann fordert. Es würde auch die Wahl der Mitglieder und die Mannigfaltigkeit ihrer Ansichten beschränken, wenn man bloß bei den eigentlichen Staatsdienern oder Geschäftsleuten stehenbleiben wollte. Auch Akademie, Universität pp. können Mitglieder liefern.44 So sehr es übrigens zu bedauern ist, daß durch die Ausschließung interessierter Personen die Räte der Ministerien und Sektionen, welche vor und nach der Gesetzkommission in diesen und im Staatsrat konkurrieren, für sie verlorengehen, so scheint das doch besonders45 nach der in der Königlichen Kabinettsordre vom 3 1 . März d. J . gegründeten Einrichtung des einstweiligen 45 Staatsrats unvermeidlich zu sein. Um so mehr werden andre Behörden, z. B. Tribunal, Kammergericht p., wie das auch sonst schon geschehen, zu benutzen sein. Bern, u Daß die Berufung nicht auf Lebenszeit, sondern auf periodische Zeiträume geschehe, ist, um stete Verbesserung des Personals möglich und etwanige Mißgriffe unschädlich zu machen, wünschenswert. Damit aber hierdurch nicht schätzbare Mitglieder verlorengehen, ist es notwendig, daß sie beim Austritt zur Klasse der außerordentlichen übergehen und aus diesen wieder sogleich oder in der Folge zu ordentlichen gewählt werden können.46 Bern, v Das Gehalt von 300 rt. wird für schon besoldete Staatsbeamte oder doch in Berlin lebende Personen als Nebengehalt genügen, aber auch nicht geringer sein dürfen, um dem Zuwachs ihrer Geschäfte zu entsprechen oder deren Wert auch dadurch mit anzuerkennen. Bei der ehemaligen Gesetzkommission waren 200 rt. Gehalt für die älteren Mitglieder und Gebühren bei den jüngeren für ihre Arbeit üblich; ihr Etat betrug 3800 rt. aus der Generaljustizsalarienkasse, und darunter waren 356 rt. 22 gr. zu jenen Gebühren ausgesetzt. Da die neue Gesetzkommission allen Ministerien angehört, so werden billigerweise jene 3800 rt., sowie sie erledigt werden, der Generaljustizsalarienkasse zurückfallen, und es wird für den neuen Kostenbedarf von der allgemeinen Zivilausgabekasse gesorgt werden müssen. Dieser wird auf 1 3 Mitglieder zu 300 rt. nur 3900 rt. und mit Inbegriff von 600 rt. zu Gebühren für außerordentliche Mitglieder (§ 1 3 dieses Plans) überhaupt 4500 rt. betragen, da die ständischen Mitglieder von den Provinzen bezahlt (§ 12), die Subalternen und Bedürfnisse aber von der Gesetzgebungssektion gegeben werden (§ 6). 47 Bern, w Die unmittelbare Ernennung der Mitglieder durch des Königs Majestät und der erste Vorschlag der Gesetzkommission gründen sich auf die Organisationsverordnungen vom 24. November und 16. Dezember 1808. Nach diesen soll der Vorschlag der Kommission an Seine Majestät durch den Minister des Innern zum Teil in Gemeinschaft mit dem Großkanzler

30. Juni 1810

793

gelangen; an beider Stelle tritt jedoch wegen des durch die Königliche Kabinettsordre vom 31. März d. J. aufgelösten speziellen Verhältnisses mit diesen Ministerien der Staatsrat; doch muß wegen des der Gesetzkommission einstweilen noch verbleibenden Interpretationsrechtes dem Justizminister noch eine vorzugsweise Konkurrenz bei Bestimmung der juristischen Mitglieder bleiben. 48 Die erste Kandidatenliste wird wegen der noch fehlenden Gesetzkommission am natürlichsten der ihr zunächst vorgesetzten Behörde, der Gesetzgebungssektion, überlassen, um so mehr als in dem Chef von dieser der Präsident von jener schon vorhanden ist. § 12 Die ständischen Repräsentanten werden von des Königs Majestät Allerhöchstselbst auf den Vorschlag des Staatsrats, welcher dabei auf das öffentliche Vertrauen Rücksicht nimmt, ernannt. Für jetzt wird die provisorische Zahl 3 aus den ständischen Deputierten der Provinzialregierungen und, wo dergleichen noch nicht sind, aus Männern genommen, die schon in ständischen Verhältnissen standen. Auch ihre Berufung geschieht auf Zeit, und zwar in der Art, daß, solange bei ermangelnder ständischer Verfassung nur drei Repräsentanten vorhanden sind, jährlich einer, künftig aber bei acht Repräsentanten jährlich zwei nach dem Alter der Mitgliedschaft ausscheiden und in die Klasse der außerordentlichen Mitglieder übergehen, weshalb für die ersten Mitglieder die Anciennität nach dem Rang bestimmt wird. Während ihres Berufs genießen sie ein Gehalt von ihren Provinzen, welches vorläufig auf 2000 rt. im Durchschnitt festgesetzt wird. 49 Bern, x Auf den Unterschied der Provinzen, der Stände und darauf, daß aus einem jeden Mitglieder vorhanden sind, kömmt es bei diesen Repräsentanten gar nicht an. Sie sollen nur Männer sein 50 , die ihrer Gesamtheit nach mit den verschiedenen Interessen der Nation und mit den Provinzialverfassungen bekannt sind und denen das öffentliche Vertrauen sowohl als ihr eignes Bewußtsein in irgendeinem Gesetzgebungsfache vorzügliche Erfahrenheit beilegt. Alle diese Eigenschaften und der davon unzertrennliche Grad von Geistesbildung können sich für jetzt besonders in ständischen Verhältnissen bewährt haben 51 , und es wird darüber vorzüglich der Minister des Innern dem Staatsrat die näheren Notizen mitteilen können. Für die Folge, wenn erst eine ständische Repräsentation zustande gekommen sein wird, dürfte es wohl passend und wünschenswert sein, von den Provinzialständen selbst zu den ständischen Mitgliedern der Gesetzkommission Subjekte dem Staatsrat präsentieren zu lassen und dazu eine Form aufzustellen. Bern, y Auch bei den ständischen Repräsentanten gründet sich ihre unmittelbare Ernennung durch des Königs Majestät auf die Organisationsverordnungen vom 24. November und 16. Dezember 1808; sie ist aber auch ebenso notwendig als die Berücksichtigung des öffentlichen Vertrauens 52 selbst. Seine Majestät werden mit diesen Personen, welche dieses öffentliche Vertrauen besitzen 53 , durch das Organ des Staatsrats bekannt 54 , wählen und ernennen aber dann daraus nach Ihrem eignen Allerhöchsten Vertrauen.

794

30. Juni 1810

Be m . z Zur temporellen Berufung und fortdauernden Ernennungsfähigkeit der ständischen Repräsentanten finden nicht allein dieselben Gründe statt wie bei den nicht ständischen ordentlichen Mitgliedern, sondern es ist auch ratsam, beide nach Möglichkeit gleiche Rechte genießen zu lassen. Bern, aa Bei den ständischen Mitgliedern, die wohl meistens aus den Provinzen von ihrer Privatbestimmung ab nach der Hauptstadt gerufen und gar nicht in andern Besoldungen stehen werden, kann nicht von bloßem Nebengehalt die Rede sein; sie müssen vielmehr vollständig entschädigt und ihrem Beruf zu leben in den Stand gesetzt werden. Die Pflicht dazu liegt denen ob, welche durch sie repräsentiert werden; und obgleich man diesen in der Folge billigerweise wird überlassen können, das Gehalt selbst zu bestimmen, so wird es doch ratsam sein, es vorläufig auf 2000 rt. im Durchschnitt festzusetzen.55 § 13 Alle außerordentlichen Mitglieder sind nur, insofern sie durch den Präsidenten eingeladen werden, in den Sitzungen zu erscheinen befugt und haben dann bloß eine beratende Stimme. Sie erhalten kein Gehalt, sondern bloß Remuneration für gelieferte Ausarbeitungen, insofern sie dies verlangen. Es können dazu An- und Abwesende, Ein- und Ausländer genommen werden ; nur müssen sie Männer von hervorstechendem Talent sein, als Schriftsteller oder Geschäftsmänner im Gesetzgebungsfach sich besonders ausgezeichnet haben. Dürfen sie nach Verhältnissen und Stand erwarten, höher als durch bloße Beigesellung ausgezeichnet zu werden, so geschieht dies durch Ehrenmitgliedschaft. Alle außerordentlichen Mitglieder, sowohl die gewöhnlichen als die Ehrenmitglieder, werden entweder als solche von des Königs Majestät ernannt oder gehen zur Klasse der bloß außerordentlichen durch den Austritt von den ordentlichen über. Im ersten Fall geschieht ihre Ernennung auf den Vorschlag des Staatsrats, welcher wieder die Vorschläge der Gesetzkommission zum Grunde legt. Bern, bb Die Anstellung von außerordentlichen Mitgliedern überhaupt, einheimischen und auswärtigen, gründet sich auf die Organisationsverordnungen vom 24. November und 16. Dezember 1808. Der besondern Ehrenmitglieder erwähnen diese zwar nicht, sie weisen aber doch das hervorstechende Talent gern der Gesetzkommission zu, und da mit diesem auch Verhältnisse und Stand verbunden sein können, die auf eine Auszeichnimg Anspruch machen, so scheint es ratsam, hierzu durch die Ehrenmitgliedschaft eine Gelegenheit zu eröffnen. Jedoch kann die Ernennung von solchen Ehrenmitgliedern sehr füglich noch ausgesetzt und darüber, wie es mit ihnen zu halten, die Gesetzkommission selbst noch gehört werden. Bern, cc Das bloße Konsultativvotum der außerordentlichen Mitglieder ist schon in der Organisationsverordnung vom 24. November 1808 gegründet und darf auch bei der stets anwachsenden Anzahl und Mischung von solchen Mitgliedern nicht weitergehen. Aus demselben Grunde können sie auch nur auf jedesmalige Einladung durch den Präsidenten zugelassen werden. Bern, dd Bei ungewisser Teilnahme an den Geschäften kann auch nur von

30. Juni 1810

795

einzelner Belohnung dafür und nicht von festem Gehalt die Rede sein. Auch muß den außerordentlichen Mitgliedern überlassen werden, ob sie jene verlangen wollen, welches z. B. bei den Ehrenmitgliedern wohl schwerlich der Fall sein wird. Bern, ee Auch die Allerhöchste Ernennung der außerordentlichen Mitglieder durch des Königs Majestät im Staatsrat und auf den ersten Vorschlag der Gesetzkommission folgt aus den Organisationsgesetzen vom 24. November und 16. Dezember 1808 und ist selbst insofern notwendig, als sie (nach § 11) zu der Kandidatenliste für die ordentlichen Mitglieder mit gehören sollen. § 14 In Rang, Sitz und Unterschrift folgen die ordentlichen Mitglieder aufeinander nach dem Alter der Ernennung, und über dieses entscheidet bei Wiederernennung die erste Ernennung. Die außerordentlichen Mitglieder haben keine Unterschrift; ihnen wird aber in den Sitzungen ein besondrer Platz, und zwar den Ehrenmitgliedern ein Ehrenplatz neben dem Präsidenten, angewiesen. Unter sich selbst folgen sie gleichfalls nach dem Alter der Ernennung, jedoch so, daß die Ehrenmitglieder für sich rangieren. Bern, ff Das Alter der Ernennung ist der natürlichste Maßstab, auch dem Patent für die ehemalige Gesetzkommission vom 29. Mai 1781 § 4 gemäß; und das Alter des ersten Eintritts erwacht billig bei jeder Wiederernennung, um auch dadurch dem erneuerten Vertrauen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Bern, gg Selbst die Mischung der ständischen und nicht ständischen ordentlichen Mitglieder durch Gleichheit der Rechte wird dazu beitragen, sie alle mehr zu den allgemeinen Rücksichten zu vereinigen und von den individuellen einseitigen abzuziehen. Bern, hh Das Recht zur Unterschrift folgt nur aus der vollen Stimme, muß also bei dem bloßen Konsulativvotum wegfallen. Geschäftsbetrieb § 15 Die Verhandlungen der Gesetzkommission geschehen der Regel nach bis auf eine einzige Ausnahme in voller Versammlung-, und es stimmen darin der Präsident und alle anwesenden Mitglieder vom jüngsten hinauf bis zum Präsidenten 56 , jedoch werden zuerst die konsultativen und dann die vollen Stimmen gesammelt. Die obgedachte einzige Ausnahme tritt bei der Auslegung von Gesetzen, solange sie noch der Gesetzkommission überlassen bleibt, ein. Hier treten der Präsident und die Justizmitglieder zu einem Ausschuß zusammen, müssen jedoch auch andre sachkundige Mitglieder zur Beratung und Abstimmung einladen, insofern sie deren zur vollständigen Beurteilung bedürfen. Bern, ii Das Patent vom 29. Mai 1781 für die ehemalige Gesetzkommission konstituierte darin zwar zwei besondre Deputationen, eine Justiz- und eine Finanzdeputation (§ 5 und 8), ließ aber selbst schon beide zu einem Plenum zusammentreten, sobald von Gebung eines neuen oder Abschaffung und Abänderung eines alten Gesetzes die Rede war (§ 23 und 32).

796

30. Juni 1810

Dieses ist nun gerade der Hauptprüfungsgegenstand der jetzigen Gesetzkommission und das Plenum als stete Regel durchaus notwendig und nützlich; ohne dasselbe ist die Erhaltung der Einheit in dem Gesetzgebungssystem gar nicht möglich; auch gibt es eine mannigfaltigere vielseitige Ansicht, die bei vollständig gebildeten Männern immer wünschenswert ist und nach den folgenden Bestimmungen durch die schriftliche Vorarbeit der sachkundigsten Mitglieder geleitet wird. 57 Die einzige Ausnahme ist für den Fall des Interpretationsgeschäfts zulässig, wo es nur auf die Entscheidung streitiger Rechtsfragen ankömmt und die Justizmitglieder allerdings einen besondern Einfluß haben müssen. Die Bestimmungen für den alsdann eintretenden Ausschuß gründen sich auf das Patent für die vorige Gesetzkommission vom 29. Mai 1781 § 11, 21, 22, 27, 29 und 30, verbunden mit dem Umstände, daß jetzt das Ressort der Justizbehörden allgemein ist. Übrigens scheint es ratsamer, auch in dem juristischen Ausschuß den Vorsitz lieber durch den Präsidenten als durch das älteste Justizmitglied führen zu lassen, weil jener allgemeinere Ansichten mit in die Versammlung bringt, dieser aber nicht füglich der Re- und Korrelatur entzogen werden kann. Eben damit der juristische Ausschuß um so vollständiger besetzt sei, sind 4 Justizmitglieder für die Gesetzkommission angenommen (§ 9 dieses Plans). 58 B e r n , k k Das Abstimmen von unten hinauf ist der Verfassung gemäß und schließt mehr als der umgekehrte Gang eine jede Autorität aus. 59 Daß dabei Konsultativvota früher als die vollen Stimmen gehört werden, folgt aus demselben Grunde und aus der Natur der Sache. Übrigens kömmt es bei den bloß beratenden Stimmen (nach § 13 dieses Plans) nur darauf an, daß sie gehört, nicht aber mitgezählt werden; auch deshalb ist es gut, daß sie vorangehen. § 16 Verhandelt und abgestimmt wird auf den Grund von zwei bis vier schriftlichen Vorträgen oder Gutachten der dazu ernannten zwei bis vier Mitglieder, wovon das eine Hauptreferent und die andern Korreferenten sind. Ihre Anzahl von 2 bis 4 richtet sich nach der Wichtigkeit und Vielseitigkeit des Gegenstandes. 60 B e r n . 11 Diese Einrichtung fand schon in der vorigen Gesetzkommission statt, jedoch machte damals bei gemischten Gegenständen die Verschiedenheit der beiden Deputationen 2 Referenten und 2 Korreferenten notwendig« § 17 Die Zahl und Person dieser Re- und Korreferenten wird für das Plenum in der Regel von der Gesetzkommission selbst durch kollegialische Majorität, im Fall der Eil aber von dem Präsidenten bestimmt. 62 Unter ihnen muß jederzeit ein ständischer Repräsentant sein, außerdem aber bei Gesetzesentwürfen, die aus dem Justizministerium kommen, die Hauptre- und -korrelatur juristischen Mitgliedern gegeben werden. Dem Präsidenten steht in allen Fällen frei, den Staatsrat der Gesetzgebungssektion, bei den aus dem Justizministerium kommenden Gesetzesentwürfen aber stattdessen auch ein andres ordentliches Mitglied der Gesetzkommission den erwählten Re- und Korreferenten hinzuzufügen. 63 Für den juristischen Ausschuß bestimmt entweder dessen Majorität oder

30. Juni 1810

797

im Fall der Eile der Präsident die Zahl und Person der Re- und Korreferenten aus seiner Mitte und den etwa zuzuziehenden andern sachkundigen Mitgliedern. Bern, m m Das Patent vom 29. Mai 1781 § 20,27 und 29 legte die Verteilung der Sachen dem Chef der Justiz auch des betreffenden Finanzdepartements bei; ein Reskript vom 22. März 1799 hat aber die Ernennung der Re- und Korreferenten in der Regel dem Direktor einer jeden Deputation überlassen. Besser und sichrer ist ihre Bestimmung durch das Kollegium 64 selbst, damit es auch selbst das Organ wähle, wodurch der Gegenstand seiner Erwägung vorbereitend geprüft und ihm vorgetragen werden solle. Es wird dann selbst die sachkundigsten Männer nach eigener Überzeugung dazu aussuchen, und nur dies ist dabei zu bevorworten, daß stets das Nationalinteresse und bei juristischen Sachen die besondre Rechtskunde gewiß berücksichtigt werde. Selbst das Patent vom 29. Mai 1781 § 22 hatte schon der Justizdeputation die Befugnis gegeben, andre sachkundige Mitglieder zu Korreferenten einzuladen. Damit jedoch durch kollegialische Ernennung eilige Sachen nicht aufgehalten werden und jene selbst noch einer Korrektur, besonders in Hinsicht auf das Ganze der Gesetzgebung fähig bleibe, ist es ratsam, dem Präsidenten für Fälle der Eile die Ernennung der Re- und Korreferenten, überhaupt aber nach den Umständen die Beifügung des Staatsrats von der Gesetzgebungssektion oder eines andern sachkundigen ordentlichen Mitgliedes vorzubehalten — Rechte 65 , die schon nach der Verfassung der vorigen Gesetzkommission ihm allgemein zustehen würden.66 Bei den Gesetzesentwürfen des Justizressorts muß der Präsident in der Beifügung eines Korreferenten nicht gerade auf den Staatsrat der Gesetzgebungssektion beschränkt werden, weil hier schon 2 juristische Re- und Korreferenten ernannt werden müssen und es alsdann ratsamer sein kann, irgendein andres ordentliches Mitglied als speziellen Sachkundigen beizugesellen. § 18 Die Re- und Korreferenten geben einzeln und schriftlich ihre Gutachten an den Präsidenten ab, sie verlesen solche demnächst in der Sitzung, und es wird alsdann darüber mündlich debattiert. Der Präsident leitet die Beratung. Hält er es bei verwickelten Gegenständen für nützlich, daß schon vor der Sitzung die Mitglieder damit bekannt werden, so teilt er ihnen die Gutachten vorher durch einen Umlauf zur Lesung mit. Bei wichtigen Gegenständen finden wiederholte Deliberationen statt, jedoch darf das Kollegium vor eröffneter Debatte darüber stimmen, ob nicht wegen Mangel an Wichtigkeit der Sache die Wiederholung der Deliberation wegfallen könne.67 Bern, nn Daß die Gutachten einzeln abgegeben und in der Versammlung vorgelesen werden, ist zur Unbefangenheit und Vollständigkeit der Erwägung notwendig; die einzelne Abgebung war auch bei der vorigen Gesetzkommission üblich.68 Bern. 00 Die Wiederholung der Deliberationen wird schon durch das Organisationsgesetz vom 24. November 1808 beabsichtet, ist aber auch teils zur vielseitigen Erörterung, teils damit nicht der Beschluß in einem Mo-

798

§ 19

§ 20

§ 21

§ 22

3o. Juni 1 8 1 0

ment von leidenschaftlicher Stimmung erfolge, nützlich. Um jedoch Wiederholungen ohne Not zu verhüten, scheint die Befugnis der Gesetzkommission ratsam, sich davon auch dispensieren zu können. Der vorherige Umlauf von Gutachten über verwickelte Gegenstände macht dies auch um so tunlicher.69 Den Beschluß entscheidet die Mehrheit der vollen Stimmen; und damit diese stets stattfinde, gibt bei Gleichheit die Stimme des Präsidenten den Ausschlag.70 Bern, pp Auch bei der ehemaligen Gesetzkommission entschied die Majorität, jedoch so, daß zwischen den beiden Deputationen eine itio in partes stattfinden konnte (Patent vom 29. Mai 1781 § 1 1 , 21 und 31), die aber den eigentlichen Zweck der Kommission, ein endliches Resultat aus vielseitiger Ansicht und Beratung, vereiteln mußte.71 Bern. qq Daß bei der Maj orität nur von vollen, nicht aber von bloß beratenden Stimmen die Rede sein kann, folgt aus der Natur der letzteren.72 Der Beschluß wird von allen Stimmenden, das darnach auszufertigende Gutachten aber von den zur Unterschrift Berechtigten unterzeichnet und dieses durch den Präsidenten von Seiten der Gesetzgebungssektion weiterbefördert. Jedoch hat jedes Mitglied das Recht, die Beifügung seiner abweichenden Stimme zu verlangen.73 Bei dem Justizausschuß wird das Konklusum von den zur Unterschrift berechtigten Teilnehmern unterzeichnet und von dem Präsidenten weiterbefördert. Bern, rr Die Unterschrift des Beschlusses geschah bei der vorigen Gesetzkommission durch die Direktoren. Bei so wichtigen Gegenständen, bei der Verantwortlichkeit der Mitglieder und zur Bezeichnung der gegenwärtig gewesenen Teilnehmer scheint es jedoch zweckmäßiger74, ihn durch diese alle unterzeichnen zu lassen.75 Bern, ss Die Beifügung seiner abweichenden Stimme konnte schon bei der ehemaligen Gesetzkommission jedes Mitglied verlangen, und das ist auch seiner Verantwortlichkeit angemessen.76 Teilt der Staatsrat nicht Gesetzesentwürfe, sondern nur Ideen dazu der Gesetzkommission mit, überläßt ihr also die Ausbildung und Fassung, so muß sie dem Gutachten, insofern sie nicht eine Gesetzgebung ganz widerrät, einen dadurch motivierten Gesetzesentwurf beifügen.77 Bern, tt Dieses ist auch von der ehemaligen Gesetzkommission zuweilen verlangt und geschehen.78 Außer den förmlichen Gutachten der Gesetzkommission und den Beschlüssen des juristischen Ausschusses bestehen die Geschäfte der Kommission nur noch in bloßen Beratungen über Gesetzes- und Einrichtungsvorschläge, welche von dem Chef der Gesetzgebungssektion oder der Sektion, der Kommission, einzelnen Mitgliedern oder andern herrühren und die er der Gesetzkommission zur Prüfung mitzuteilen für gut findet, noch ehe er sie an den Staatsrat oder die Ministerien abgehen läßt. Kommen solche jedoch nachher von diesen an die Gesetzkommission, so ist ihre eigentliche Prüfungsbefugnis durch jene bloße Beratung nicht ausgeschlossen.79

3o. Juni 1 8 1 0

799

Bern, uu Diese Rücksprache muß dem Sektionschef als vorgesetzter Behörde zustehen.80 § 23 Die Gesetzkommission versammelt sich auf dem Schlosse und der Regel nach in jedem Monat einmal, nach dem Bedürfnis aber auch öfter. 81 Bern, v v Vormals war dazu das Tribunalszimmer und durch das Reskript vom 20. Juni 1804 der erste Freitag in jedem Monat bestimmt. 82 § 24 Vierteljährlich legt sie durch den Sektionschef dem Staatsrat von den zu erteilenden und erteilten Gutachten und Beschlüssen eine Rechenschaft ab und weiset darin die Gegenstände, die Re- und Korreferenten, die Tage der Verteilung, der Relation, der Verlesung und der Absendung nach. 83 Bern, w w Ähnliche Nachweisungen mußten nach dem Reskript vom 28. Januar 1805 vierteljährlich von der vorigen Gesetzkommission dem Großkanzler überreicht werden.84« 1

Der Plan wurde am 17. April angefordert (siehe Nr. 240). Neben dem Textanfang des 1. Entwurfs steht das Marginale von Klewitz: »Die seitdem eingetretene Ernennung eines Staatskanzlers und dessen Erklärung, daß S. M. die treue Ausführung der Organisationsverordnung vom 24. November 1808, auch den Staatsrat nach derselben wollen, hat den anderweiten Entwurf nötig und zulässig gemacht. Klewitz.« 2 § 1 lautet im 1. Entwurf bis Bern, a wie folgt: »Die Gesetzkommission ist bestimmt, über die zur Beratung des künftigen Staatsrats und seines einstweiligen Stellvertreters, der monatlichen Generalkonferenz, gehörigen Gegenstände ihr Gutachten abzugeben. Ihr Wirkungskreis umfaßt daher alle Gegenstände der Gesetzgebung, neue allgemeine Einrichtungen, Abschaffung oder Abänderung der bestehenden ohne Unterschied der Ministerien. Bei der Gesetzgebung, folglich bei allen neuen Gesetzen, bei aller Abschaffung oder Abänderung der alten ist die Konkurrenz der Gesetzkommission notwendig; die Entwürfe dazu müssen ihr zur Prüfung vorgelegt werden. Bei allgemeinen Einrichtungen, sie mögen neu gemacht oder abgeändert oder abgeschafft werden sollen, hängt es von dem Ermessen des Staatsrats ab, die Entwürfe dazu zur Prüfung der Gesetzkommission oder bloß an die ihr zunächst vorgesetzte Gesetzgebungssektion oder deren Chef gelangen zu lassen. Die Gesetzkommission ist also in Verbindung mit der den sämtlichen Ministerien angehörigen und ihrer Gesamtheit untergeordneten Gesetzgebungssektion die wissenschaftliche Deputation des Staatsrats.« 3 Siehe R M Stein I I I , Nr. 328, S. 1088 ff. und Nr. 333, S. 1149 ff. 4 »oder Abschaffung« fehlt im 1. Entwurf, ebenso im Eingangssatz von Bern, a die Ergänzung »und 12«. 5 Statt des Textes nach dem Semikolon heißt es im 1. Entwurf: »mit gutem Grunde also ist davon abstrahiert worden«. In der Ausfertigung steht neben dem in Gedankenstrichen eingeschlossenen Satz das Marginale: »Vorlängst abgeschafft [. . .] 2 1 . März 1798 C. C. March 1798 Nr. 23«. 6 In beiden Entwürfen und in der Ausfertigung steht mehrmals irrtümlich 12. Dezember. 7 Siehe Nr. 230. 8 Vgl. Anm. 2 letzter Absatz; der anschließende Text von Bern, b »und seines . . . die Absicht gewesen sein kann« fehlt im 1. Entwurf. 9 Bern, c der Ausfertigung und des 2. Entwurfs entspricht Bern, b des 1. Entwurfs

8oo

10

11

12

13

14 15

16

17

18

30. Juni 1810

bis auf einige stilistische Abweichungen, von denen nur im ersten Satz anstelle von »stete gutachtliche Kompetenz« die Formulierung »notwendige Kompetenz« als inhaltliche Variante zu erwähnen wäre. Außerdem f ü g t der 2. Entwurf zur Charakterisierung der Gesetzgebung dem Begriff der Gleichförmigkeit noch »die Einheit« zu wie auch bereits in Bern. a. Die Bern, d entspricht inhaltlich der Bern, c des 1. Entwurfs, die folgendermaßen lautet: »Daß bei allgemeinen Einrichtungen die Konkurrenz der Gesetzkommission nicht notwendig ist, gründet sich gleichfalls auf die Organisationsverordnungen v o m 24. November und 16. Dezember 1808; diese legen eine solche Konkurrenz nur dem Chef der Gesetzgebungssektion selbst bei. E s h a t jedoch passender geschienen, dem Staatsrat lieber sogleich die jedesmalige W a h l zwischen der Gesetzgebungssektion oder ihrem Chef und zwischen der Gesetzkommission zu lassen, da der Sektionschef in beiden präsidiert und sich ihrer doch zur Beratung bedienen kann«. I m 1. Entwurf folgt eine Bern, d mit nachstehendem T e x t : »Da sich der Wirkungskreis der Gesetzkommission ganz nach dem Ressort des Staatsrats richtet, so bedarf es keiner näheren Bestimmung, was als Gesetz zu ihrer notwendigen und als allgemeine Einrichtung zu ihrer nicht notwendigen Prüfung sich eignet. D e r Staatsrat selbst wird dafür sorgen, daß er nicht bloße Maßregeln der Verwaltungsbehörden vor sich ziehe und dadurch diese in ihrer Wirksamkeit hemme. Worüber also die ehemalige Gesetzkommission klagte, daß sie mit bloß lokalen oder temporellen Vorschriften, Reglements, Instruktionen p. behelligt werde, ist nicht zu besorgen. A u c h scheint aus eben dem Grunde die Königliche Kabinettsordre v o m 31. März d. J. unter den Beratungsgegenständen des Staatsrats selbst der größeren Staatsoperationen nicht gedacht zu haben, bei welchen sonst die Organisationsverordnungen v o m 24. November und 16. Dezember 1808 dem Chef der Gesetzgebungssektion eine Kompetenz beigelegt hatten.« § 2 lautet im 1. Entwurf wie f o l g t : »Der Gesetzkommission steht bei aller Gesetzgebung und bei allgemeinen Einrichtungen, soweit sie bei ihnen zugezogen wird, nur ein Prüfungsrecht zu. Ein Vorschlagsrecht dabei h a t nur ihr Präsident als Chef der Gesetzgebungssektion; er kann sich mit der Gesetzkommission über seine Vorschläge zwar beraten, auch selbst dergleichen von ihr oder ihren Mitgliedern annehmen und verlangen; ob er aber davon Gebrauch machen will, hängt von ihm a b ; und ob seine Vorschläge zur Kategorie der Gesetze und allgemeinen Einrichtungen gehören, beurteilt der Staatsrat.« Bern, e des 1. Entwurfs enthält nur unwesentliche Abweichungen; es wurde im 2. Entwurf zugefügt »gutachtliche« Prüfungsbefugnis und weiter unten »den gutachtlichen Vorschlag«. I m 1. Entwurf heißt es: »Gesetzes- oder Einrichtungsentwurf«. I m 1. Entwurf lautet der Satz: »Diese Freiheit und Unabhängigkeit ist der Gesetzkommission schon in den Organisationsverordnungen v o m 24. November und 16. Dezember 1808 verheißen, aber auch ebenso notwendig als unschädlich, vielmehr nützlich«. Der anschließende T e x t des 2. E n t w u r f s bzw. der Ausfertigung fehlt von »Wozu auch sonst« bis »Freiheit und Unabhängigkeit«. Die entsprechende Passage lautet im 1. E n t w u r f : »Soll die Nation in der Gesetzkommission durch Repräsentanten gehört werden, so muß ihre Stimme sich in völliger Freiheit vernehmen lassen können.« I m 1. Entwurf heißt es: ». . . da die Kommission sowie der Staatsrat selbst j a nur zur Beratung bestimmt, . . .«. Sowohl die E n t w ü r f e als auch die Ausfertigung bringen noch den ursprünglichen Begriff »Auktorität«. Im anschließenden Satz fehlen beim 1. Entwurf der einschränkende Zusatz »sich übrigens immer in den Grenzen der Bescheidenheit

30. Juni 1810

19

20

21

22 23

24

25

26

27

801

haltende« und die Erweiterungen »neuen« allgemeinen Einrichtungen »und größern Staatsoperationen«. I m 1. Entwurf heißt es hier wie an den entsprechenden Stellen nur »Gesetzesoder Einrichtungsentwurf«. Im 1. Entwurf steht dafür nur: »für die gesetzliche Verfassung machen zu wollen«; im Verlauf des Satzes fehlen des weiteren die Zufügungen: »der doch in dem Kopf des Gesetzgebers selbst liegen muß« und »oder Gemeinplätzen«. I m 1. Entwurf steht: »Selbst bei Einrichtungsentwürfen kann das R e c h t einer freien Prüfung kein Bedenken erregen; denn teils hängt es j a hier von dem Staatsrat ab, die Gesetzkommission zur Prüfung überhaupt aufzufordern oder es zu unterlassen; teils liegt in dieser Aufforderung selbst schon das Vertrauen, davon ein nützliches Resultat zu erhalten; teils besitzt wohl keine Behörde . . .«. Im 1. u. 2. E n t w u r f : »aber noch gar nicht«. § 4 lautet im 1. E n t w u r f : »Zur Prüfung erhält die Gesetzkommission die Gesetzesund Einrichtungsentwürfe in der Regel von dem Staatsrat; an ihn gibt sie ihre Gutachten ab und von ihm erhält sie über das letzte Resultat derselben Nachricht; alles dieses geschieht jedoch durch die Zwischeninstanz der Gesetzgebungssektion oder ihres Chefs. Den einzelnen Ministerien und Sektionen stehet jedoch frei, über ihre Gesetzesund Einrichtungsentwürfe das Gutachten der Gesetzkommission durch die Gesetzgebungssektion oder deren Chef selbst einzuziehen; nur müssen alsdann die Verhandlungen darüber schon geschlossen sein und ihr vollständig mitgeteilt, demnächst aber von jenen Behörden bei Vorlegung ihrer Entwürfe im Staatsrat die Gutachten der Gesetzkommission beigefügt werden.« Bern, h lautet im 1. E n t w u r f : »Da der Wirkungskreis der Gesetzkommission nach dem Ressort des Staatsrats sich richtet und v o n dem Staatsrat ihre Konkurrenz bei Einrichtungsentwürfen abhängig ist, so würde eigentlich auch nur er sie zur Wirksamkeit auffordern können. Indes kann dem Staatsrat selbst, den Ministerien und Sektionen daran gelegen sein, daß die Erörterung der E n t w ü r f e im Staatsrat schon vorher durch das Gutachten der Gesetzkommission völlig vorbereitet sei, und es k ö m m t also nur darauf an, ihr auch f ü r solche Fälle vollständig geschlossene A k t e n und die Vorlegung ihres Gutachtens im Staatsrat zu sichern. Dies folgt selbst schon daraus, daß sie nur von ihm die gänzlich und vollständig geschlossenen A k t e n erhalten kann.« Im 1. Entwurf folgen hier noch Bern, i und Bern, k, die sich nicht mit den Bemerkungen i und k v o n § 5 der Ausfertigung decken, sondern lauten: »Bern, i Die Nachricht von dem endlichen Resultat ist der Gesetzkommission unentbehrlich, um darauf für die Z u k u n f t Rücksicht nehmen zu können. Bern, k D a ß die Aufforderungen und Gutachten durch die Gesetzgebungssektion oder ihren Chef gehen, ist darum nötig, weil sie als Zwischeninstanz nicht außer Kenntnis gelassen werden können und dieser zu ihren übrigen Berufsgeschäften bedürfen.« § 5 lautet im 1. E n t w u r f : »Über die Gutachten der Gesetzkommission, was davon angenommen oder verworfen und wie verändert werden solle, entscheidet der Staatsrat; doch kann sie in demselben durch ihren Präsidenten als Sektionschef und Geheimen Staatsrat darauf antragen, daß solche bei Gesetzesentwürfen ganz oder zum Teil mit diesen S. K . M. vorgelegt werden, wozu der Staatsrat sodann verpflichtet ist. B e i Einrichtungsentwürfen gebührt ihr dieses Recht nicht.« I m 1. Entwurf gehören statt der Bern, i zum § 5 zwei Bemerkungen 1 und m. Sie lauten: »Bern. I Das R e c h t der Gesetzkommission, ihre Gutachten über Gesetzesentwürfe

802

30. Juni 1810

zu S. M. Kenntnis bringen zu dürfen, folgt daraus, daß sie dafür des Königs Majestät Allerhöchstselbst verantwortlich ist. Ausgeübt durch den Sektionschef, ist es auch der Königlichen Kabinettsordre vom 20. Februar v. J. gemäß, wornach schon in Verwaltungsangelegenheiten die Berichte der Sektionschefs S. M. von den Departementschefs mit vorgelegt werden müssen, um dadurch die eigne Ansicht der dafür verantwortlichen Sektionschefs zur Allerhöchsten Kenntnis zu bringen. Dagegen kann sie darauf bei Gutachten über Einrichtungsentwürfe keinen Anspruch machen, weil hier ihre Befragung von dem Staatsrat selbst abhing. Bern, m zu § 4 u. 5. Die ehemalige Gesetzkommission führt in einem Schreiben vom 10. Februar v. J. wörtlich folgende Beschwerde: „Zuweilen sind auch Gesetze ganz gegen das Gutachten der Gesetzkommission abgefaßt, und doch ist im Eingang gesagt, das Gesetz werde nach erfordertem Gutachten der Gesetzkommission gegeben. Durch ein solches Verfahren verliert die Gesetzkommission alles Ansehen und Vertrauen, und es sieht aus, als wenn sie nur errichtet wäre, um dem Volke Staub in die Augen zu streuen. Besser dürfte es daher wohl sein, wenn anstatt dieser willkürlichen Änderung die entstandenen Bedenklichkeiten der Gesetzkommission eröffnet und ihr dadurch Gelegenheit gegeben würde, sie entweder zu widerlegen oder ihre Erheblichkeit anzuerkennen." In einer solchen Nichtigkeit mußte freilich das preiswürdigste Institut untergehen. Die künftige Gesetzkommission wird aber auch nach § 4 und 5 dieses Plans dergleichen Klagen nicht zu führen haben, und diese werden allerdings um so sorgfältiger noch zu vermeiden sein, da an ihr die Nation durch Repräsentanten teilnehmen soll.« Den Bern, k und 1 entsprechen im 1. Entwurf die Bern, n und o mit einer Abweichung im 1. Entwurf: »... und Bedürfnisse der Gesetzkommission sowohl als der Oberexaminationskommission ...«. 29 § 7 lautet im 1. Entwurf nur: »Ihr Präsident ist der Geheime Staatsrat und Chef der Gesetzgebungssektion.« Anstelle von Bern, m und n folgt: »Bent. p nach der Königlichen Kabinettsordre vom 31. März d. J.«. 30 »oder, insofern mehrere angestellt werden sollten, die Staatsräte« fehlt im 1. Entwurf. 31 Da auch § 8 der Ausfertigung mit Bern, o und p im 1. Entwurf wegfallen, wird der § 9 der Ausf. als § 8* im 1. Entwurf gezählt. Im 1. Entwurf sind nur 3 Mitglieder für das Justizfach vorgesehen, folglich vermindert sich dort die Summe der Beamten auf 21, die der ordentlichen Mitglieder auf 16. 32 Im 1. Entwurf beginnt der Satz: »Solange jedoch die ständische Verfassung noch nicht vollständig eingerichtet ist, treten ...«. 33 »und in Absicht... gerechtfertigt« fehlt im 1. Entwurf. 34 Der Text lautet im 1. Entwurf: »Die Anstellung ständischer Repräsentanten gründet sich auf die Organisationsgesetze vom 24. November und 16. Dezember 1808; sie sind für die Gesetzgebung wichtiger noch als für die Verwaltung; ...«. 35 Im 1. Entwurf steht: »ihre Anstellung ganz auszusetzen«. 36 »... und sie von« bis »abzuwarten ist« fehlt im 1. Entwurf. Der anschließende Satz lautet dort: »Ihre geringe Zahl 8 kann bei der so überwiegenden Anzahl von andern Mitgliedern, sowohl ordentlichen als außerordentlichen, und dem Präsidenten gar kein Bedenken haben; ...«. 37 Im 1. Entwurf lautet der Satz: »Die § § 1 1 bis 16 dieses Plans nebst den dazugehörigen Bemerkungen werden alles dieses noch näher rechtfertigen.« 38 Der § 10 wird im 1. Entwurf als § 9 gezählt und lautet dort: »Der Staatsrat bei der Gesetzgebungssektion ist als solcher, und solange er dies bleibt, Mitglied der Gesetzkommission und soll künftig aus dieser genommen werden. Eine besondere Besoldung erhält er deshalb nicht.« 28

30. Juni 1810

803

Im 1. Entwurf geht der Text noch weiter: »Dagegen wird es auch immer ratsam sein, dazu einen Mann zu berufen, der an ihren Geschäften schon teilgenommen, er möge nun ordentliches oder außerordentliches Mitglied gewesen sein.« Der nachfolgende § 11 wird im 1. Entwurf als § 10 gezählt. 40 Lautet im 1. Entwurf: »mit ausgezeichneten Männern möglichst gleich besetzt«. 41 Im 1. Entwurf: » ... zu den Gesetzesentwürfen zu konkurrieren«. 42 Dieser Absatz lautet im 1. Entwurf: »Ihre Berufung geschieht künftig auf drei Jahre, so daß jährlich ein Drittel austritt und wieder besetzt wird, für jetzt aber des Versuchs wegen auf ein Jahr. Während ihres Berufs genießen sie jeder ein Jahrgehalt von 300 rt. Jeder Abgehende ist wieder ernennungsfähig.« 43 »Ihr Austritt« bis »des Justizministers« fehlt im 1. Entwurf, und statt der beiden folgenden Absätze heißt es dort: »Ernannt werden sie von des Königs Majestät Allerhöchstselbst auf den Vorschlag des Staatsrats, welcher dabei eine Kandidatenliste der Gesetzkommission zum Grunde legt. Bei der ersten Liste tritt an die Stelle der Gesetzkommission die Gesetzgebungssektion.« 44 »Die vorige Anmerkung« bis »Mitglieder liefern« fehlt im 1. Entwurf. Die Bern, t beginnt dort erst mit: »So sehr es zu bedauern ist ... «. 45 »besonders« und »einstweiligen« fehlen im 1. Entwurf. 46 Bern, u lautet im 1. Entwurf: »Daß die Berufung nicht auf Lebenszeit, sondern auf kurze periodische Zeiträume geschehe, ist, um stete Verbesserung des Personals möglich und etwanige Mißgriffe unschädlich zu machen, wünschenswert und deshalb der Einrichtung bei den wissenschaftlichen Deputationen nachgebildet. Damit aber hierdurch nicht schätzbare Mitglieder verlorengehen, ist es notwendig, daß sie stets wieder ernennungsfähig bleiben.« 47 Im 1. Entwurf enthält der letzte Satz andere Zahlenangaben, und zwar: »Dieser wird auf 12 Mitglieder zu 300 rt. nur 3600 rt. und mit Inbegriff von 400 rt. zu Gebühren für außerordentliche Mitglieder (§ 15 dieses Plans) überhaupt 4000 rt. betragen, da die ständischen Mitglieder von den Provinzen bezahlt (§ 11), die Subalternen und Bedürfnisse aber von der Gesetzgebungssektion gegeben werden (§ 6).« Im 1. Satz der Bern, v fehlt der Zusatz »oder doch in Berlin lebende Personen«. 48 »doch muß wegen ... Mitglieder bleiben« fehlt im 1. Entwurf. 49 Der § 12 der Ausfertigung wird im 1. Entwurf als § 11 gezählt; er beginnt: »Durch die ständischen Repräsentanten muß unbewegliches und bewegliches Eigentum und Geisteskraft, also der große Landbesitz, der angesessene Bauernstand, der städtische Grundbesitz, der Handel, die Fabrikation und der gelehrte Stand nach Möglichkeit repräsentiert werden. In welcher Art dies geschehen soll, wird in Zukunft festgesetzt werden. Ihre Ernennung geschieht von des Königs Majestät Allerhöchstselbst auf den Vorschlag des Staatsrats, welcher dabei auf das Nationalvertrauen Rücksicht nimmt und deshalb künftig nach eingeführter neuer ständischer Verfassung durch diese Vorschläge empfängt. Für jetzt... «. Der zweite Absatz lautet im 1. Entwurf: »Auch ihre Berufung geschieht künftig auf drei Jahre, so daß von 8 in den ersten 2 Jahren jährlich 3, im letzten Jahr aber 2 austreten und wieder ersetzt werden müssen, jedoch auch wieder ernannt werden können; für jetzt geschieht sie bei der provisorischen Zahl 3 des Versuchs wegen auf ein Jahr. Während ... «. 50 Im 1. Entwurf steht: » ... dieser Repräsentation gar nicht an. Sie soll nur Männer stellen, die ... «. 51 Im 1. Entwurf endet Bern, x bereits hier, es fehlt in diesem letzten Satz außerdem die Zufügung »für jetzt«. 39

804 52 53 54 55

30. Juni 1810

Im 1. Entwurf steht: »des Nationalvertrauens«. Im 1. Entwurf steht: »welche das Vertrauen der Nation haben«. I m 1. Entwurf steht: »des Staatsrats und der ständischen Verfassung bekannt«. V o n dieser Stelle an bis zu § 15 der Ausfertigung, gleich § 17 des 1. Entwurfs, weichen die T e x t e so stark voneinander ab, daß die Fassung des 1. Entwurfs nachstehend im Wortlaut gebracht wird: »§12 Die Zahl der außerordentlichen Mitglieder ist unbestimmt und darf nicht groß sein. Sie zerfallen in solche, die entweder durch auswärtigen W o h n o r t abgehalten werden, an den Geschäften der Kommission regelmäßig teilzunehmen, und solche, die nach Verhältnissen und Stand eine höhere Auszeichnung als bloße Beigesellung erwarten dürfen, also in auswärtige und Ehrenmitglieder. Bern, bb Die Anstellung v o n außerordentlichen Mitgliedern überhaupt gründet sich auf die Organisationsverordnungen v o m 24. November und 16. Dezember 1808. Die Beschränkung ihrer A n z a h l rechtfertigt sich durch die Folge. § 13 Die auswärtigen Mitglieder werden v o m Ein- und Auslande genommen und müssen Männer von hervorstechendem Talent sein, als Schriftsteller oder Geschäftsmänner im Gesetzgebungsfach sich besonders ausgezeichnet haben. Bern, cc Dies ist zum Teil in der Organisationsverordnung v o m 16. Dezember 1808, zum Teil in dem Zwecke ihrer Beigesellung gegründet. § 14 Ebenso verhält es sich mit den Ehrenmitgliedern, die, soweit sie Einländer und anwesend sind, dazu benutzt werden, daß einer von ihnen in der Gesetzkommission den Vorsitz führe, wenn der Präsident daran behindert wird oder seine eignen Vorschläge zur Prüfung kommen. Ein solches Ehrenmitglied dazu aufzufordern ist Sache des Präsidenten. Bern, dd Die Organisationsverordnungen v o m 24. November und 16. Dezember 1808 erwähnen zwar der Ehrenmitglieder nicht, sie weisen aber das hervorstehende Talent gern der Gesetzkommission zu, und da mit diesem auch Verhältnisse und Stand verbunden sein können, die auf eine Auszeichnung Anspruch machen, so scheint es ratsam, hierzu durch die Ehrenmitgliedschaft eine Gelegenheit zu eröffnen und dadurch sich zugleich den Vorteil von Stellvertretern des Präsidenten für vorkommende Fälle zu verschaffen. D a ß eine solche Stellvertretung nur Einländern anvertraut werden könne und daß dafür im eintretenden Fall zu sorgen dem Präsidenten überlassen bleibe, liegt in der N a t u r der Sache. §15 A u c h sämtliche außerordentlichen Mitglieder werden von des Königs Majestät ernannt auf den Vorschlag des Staatsrats, welcher wieder die Vorschläge der Gesetzkommission zum Grunde legt. Ihre Berufung geschieht auf die bei den ordentlichen Mitgliedern stattfindende Zeit, kann aber wieder erneuert werden. Gehalt findet bei ihnen nicht statt, wohl aber Remuneration für Gutachten, die von ihnen eingezogen sind, insofern sie es verlangen. Bern, ee Die möglichste Gleichheit mit den ordentlichen Mitgliedern fordert diese Bestimmungen. Jedoch kann bei ungewisser Teilnahme an den Geschäften nur v o n einzelner Belohnung dafür und nicht v o n festem Gehalt die Rede sein. A u c h m u ß den außerordentlichen Mitgliedern überlassen werden, ob sie jene verlangen wollen, welches z. B . bei den Ehrenmitgliedern wohl schwerlich der F a l l sein wird. §16 Alle Mitglieder der Gesetzkommission ohne Unterschied, sowohl die ordentlichen als außerordentlichen und selbst der Präsident, haben gleiches Stimmrecht, können solches aber nur, insofern sie in der Versammlung anwesend sind, ausüben. Bloß bei Stimmengleichheit ist die Stimme des Präsidenten entscheidend. In R a n g und Unterschrift folgen aufeinander der Präsident, sodann die Ehrenmitglieder nach dem Alter der Ernennung und alsdann gleichfalls nach diesem alle

3o. Juni 1810

805

ordentlichen und auswärtigen Mitglieder ohne Unterschied. Bei Wiederernennungen entscheidet das Alter der ersten Ernennung. Bern, f f Die Gleichheit des Stimmrechts folgt schon aus dem gleichen Recht zur Beratung und ist für die Unbefangenheit der Erwägung ratsam. Sie könnte bedenklich sein bei ausländischen Mitgliedern; gegen deren Einfluß sichert aber teils ihre geringe Anzahl, teils ihre Abwesenheit, da nur zufällig einmal der eine oder andre gegenwärtig sein wird und nur an die Anwesenheit das Mitstimmen geknüpft ist. Aus diesen Gründen h a t man geglaubt, von dem in der Organisationsverordnung vom 24. Nobember 1808 den außerordentlichen Mitgliedern beigelegten bloßen Konsultativvotum abgehen zu dürfen. — Der Ausschlag des Präsidenten bei Stimmengleichheit ist, um zu einem Resultat zu gelangen, notwendig. Bern, gg Auch bei Rang und Unterschrift ist die möglichste Gleichheit wünschenswert. Der Vorzug des Präsidenten und der Ehrenmitglieder folgt aus ihrem Verhältnis. Übrigens aber ist das Alter der Ernennung der natürlichste Maßstab, auch dem Patent für die ehemalige Gesetzkommission vom 29. Mai 1781 § 4 gemäß; und das Alter des ersten Eintritts erwacht billig bei jeder Wiederernennung, u m auch dadurch dem erneuerten Vertrauen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Bern, hh Selbst die Mischung der ordentlichen und außerordentlichen, der ständischen und nichtständischen Mitglieder durch Gleichheit der Rechte wird dazu beitragen, sie alle mehr zu den allgemeinen Rücksichten zu vereinigen und von den individuellen einseitigen abzuziehen.« 56

§ 15, der im 1. Entwurf als § 17 gezählt wird, besteht dort nur aus folgendem Satz: »Alle Verhandlungen der Gesetzkommission geschehen in voller Versammlung ohne Unterabteilungen; und es stimmen darin der Präsident und alle anwesenden Mitglieder vom jüngsten hinauf bis zum Präsidenten.« 57 Bern, ii lautet bis hierher im 1. Entwurf: »Das Patent vom 29. Mai 1781 für die ehemalige Gesetzkommission konstituierte darin zwei besondre Deputationen, eine Justiz- und eine Finanzdeputation (§ 5 und 8), und ließ beide nur für gemischte Gegenstände zu einem Plenum zusammentreten. Allein dieses Plenum verdient stets den Vorzug; es gibt eine mannigfaltigere ... geleitet wird.« 58 Der Absatz: »Die einzige Ausnahme ... angenommen ( § 9 dieses Plans).« fehlt im 1. Entwurf. 59 Dieser Satz ist im 1. Entwurf der Schlußsatz von Bern, ii und beginnt dort: »Das Abstimmen darüber ... «. Der anschließende Text: »Daß dabei ... sie vorangehen« fehlt. 60 § 16 wird im 1. Entwurf als § 18 gezählt. 61 Bern. 11 wird im 1. Entwurf als Bern, kk bezeichnet. 62 Im ersten Satz von § 17, der im 1. Entwurf als § 19 gezählt wird, fehlt dort der Zusatz »für das Plenum«. 63 Dieser Satz lautet im 1. Entwurf: »Dem Präsidenten steht frei, den erwählten Re- und Korreferenten noch den Staatsrat der Gesetzgebungssektion beizufügen.« Der nachfolgende Absatz fehlt dort. 64 Im 1. Entwurf »die Gesetzkommission« statt »das Kollegium«. 65 Lautetim 1. Entwurf:»... von der Gesetzgebungssektion zu überlassen — Rechte,...«. 66 Die Bern, mm wird im 1. Entwurf als Bern. 11 bezeichnet und endet an dieser Stelle. 67 § 18 wird im 1. Entwurf als § 20 gezählt. Statt der beiden letzten Abschnitte: »Hält er es ... wegfallen könne« lautet der Text dort: »Ist der Gegenstand besonders wichtig, so werden die Gutachten vor der Sitzung den Mitgliedern durch einen Umlauf zur Lesung von dem Präsidenten mitgeteilt.« 68 Die Bern, nn wird im 1. Entwurf als Bern, mm bezeichnet. Daran schließt sich die 53

Stein/Hardenberg

8o6

30. Juni 1810

ursprüngliche Bern, nn mit folgendem Wotlaut: »Für wichtige Gegenstände scheint es ratsamer, die mündliche Deliberation lieber durch vorherige Mitteilung der Gutachten vorzubereiten als öfter zu wiederholen. Eine Wiederholung mit denselben Personen, wie sie in dem Organisationsgesetz vom 24. November 1808 vorläufig angedeutet ist, kann schwerlich zu einem andern Resultat führen, wenn die Personen gleich anfangs gehörig unterrichtet waren; und es kömmt also nur darauf an, dieses sogleich vor der ersten Deliberation zu bewirken. So urteilte auch die vorige Gesetzkommission auf den Grund ihrer Erfahrungen.« 69 Diese Bern. 00 fehlt im 1. Entwurf. 70 § 19 wird im 1. Entwurf als §21 gezählt. 71 Bern, pp wird im 1. Entwurf als Bern. 00 bezeichnet. 72 Diese Bern, qq fehlt im 1. Entwurf. 73 Der § 20 wird im 1. Entwurf als § 22 gezählt, er beginnt dort: »Der Beschluß und Gang der Deliberation wird von dem Hauptreferenten in ein Protokoll gefaßt, und darnach wird das Gutachten der Kommission ausgefertigt. Protokoll und Gutachten wird von allen Stimmenden unterzeichnet und ... «. Er endet bei »Stimme zu verlangen«. 74 Im 1. Entwurf lautet die Fortsetzung dieses Satzes: »sie sämtlich unterschreiben zu lassen, auch notwendig, den Gang der Debatte protokollarisch zu verzeichnen«. 75 Bern, rr wird im 1. Entwurf als Bern, pp bezeichnet. 76 Bern, ss wird im 1. Entwurf als Bern, qq bezeichnet. 77 Anstelle dieses § 21 steht im 1. Entwurf § 23 mit folgendem Wortlaut: »Dem Gutachten über einen Gesetzesentwurf muß zugleich, insofern es nicht das beabsichtete Gesetz ganz widerrät, sondern nur Erinnerungen macht, ein darnach abgeänderter Entwurf von der Gesetzkommission angehängt werden.« Es folgen im 1. Entwurf: »Bern, rr Durch einen solchen Gegenentwurf wird sie ihre Meinung stets am unzweideutigsten aussprechen; auch wird er ihr Gelegenheit geben, Mängel der Diktion und Form lieber sogleich abzustellen als kleinlich zu detaillieren. § 24 Hat der Staatsrat nicht Gesetzesentwürfe, sondern nur Ideen dazu der Gesetzkommission mitgeteilt, ihr also die Ausbildung und Fassung überlassen, so muß sie dem Gutachten, insofern sie nicht eine Gesetzgebung ganz widerrät, einen dadurch motivierten Gesetzesentwurf beifügen.« (Vgl. § 21 der Ausfertigung) 78 Bern, tt wird im 1. Entwurf als Bern, ss bezeichnet, die dort zu § 24 gehört. 79 Der § 22 entspricht inhaltlich annähernd dem § 25 des 1. Entwurfs, dem die Bern, tt folgt: »§ 25 Außer den förmlichen Gutachten und dazugehörigen Ausarbeitungen bestehen die Geschäfte der Gesetzkommission nur noch in bloßen Beratungen, welche der Chef der Gesetzgebungssektion über die zu seiner oder der Sektion Prüfung gelangenden Einrichtungsentwürfe, über Gesetzes- und Einrichtungsvorschläge und Ideen, welche von ihm, der Sektion, der Kommission, einzelnen Mitgliedern oder andern herrühren, veranlassen kann. Bern, tt Diese Rücksprache des Sektionschefs über Gegenstände seines Ressorts gibt der Gesetzkommission keine Rechte, ist also unbedenklich, für den Chef und die Sache aber nützlich, und es muß ihm daher um so mehr freistehen, sich der ihm zur Behörde untergeordneten Kommission auch hierbei zu bedienen.« 80 Diese Bern, uu fehlt im 1. Entwurf. 81 § 23 wird im 1. Entwurf als § 26 gezählt. 82 Bern, v v wird im 1. Entwurf als Bern, uu bezeichnet. 83 § 24 wird im 1. Entwurf als § 27 gezählt; er beginnt dort: »Vierteljährlich legt sie bei der ihr zunächst vorgesetzten Gesetzgebungssektion von den zu erstattenden und erstatteten Gutachten eine Rechenschaft ab . . .«. 84 Bern, ww wird im 1. Entwurf als Bern, v v bezeichnet.

Literaturnachweis

(Der Nachweis enthält nur die vollständigen Titel der verkürzt zitierten Quellensammlungen und Literatur)

Gesetzsammlung für die Königlichen Preußischen Staaten, Jahrgänge 1810 bis 1813, Berlin 1814. Sammlung der für die Königlichen Preußischen Staaten erschienenen Gesetze und Verordnungen von 1806 bis zum 27. Oktober 1810. Als Anhang zu der seit dem Jahre 1810 edierten Gesetzsammlung für die Königlichen Preußischen Staaten, Berlin 1822. Freiherr vom Stein. Briefwechsel, Denkschriften und Aufzeichnungen, bearbeitet von Erich Botzenhart. Neu herausgegeben von Walther Hubatsch: Freiherr vom Stein. Briefe und amtliche Schriften, B d . II, Teil2, neu bearbeitet von Peter G. Thielen, Stuttgart i960; Bd. III neu bearbeitet von Walther Hubatsch, Stuttgart 1961. Das Reformministerium Stein. Akten zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte aus den Jahren 1807/08, herausgegeben von Heinrich Scheel, bearbeitet von Doris Schmidt, Bd. I., Berlin 1966; Bd. II, Berlin 1967; Bd. III, Berlin 1968 (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Schriften des Instituts für Geschichte, Reihe I : Allgemeine und Deutsche Geschichte, Bd. 31/A/B/C); zitiert RM Stein. Hassel, Paul, Geschichte der Preußischen Politik 1807 bis 1815.1. Teil (bis Ende 1808), Leipzig 1881. Publikationen aus den K . Preußischen Staatsarchiven, Bd. 6. Berichte aus der Berliner Franzosenzeit 1807—1809. Nach den Akten des Berliner Geheimen Staatsarchivs und des Pariser Kriegsarchivs herausgegeben von Hertnan Granier, Leipzig 1913. Publikationen aus den K . Preußischen Staatsarchiven, Bd. 88. Ausgewählte Urkunden zur Brandenburgisch—Preußischen Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte. Zum Handgebrauch zunächst für Historiker, herausgegeben von Prof. Dr. Wilhelm Altmann. In zwei Teilen. II. Teil, 1. Hälfte 1806—1849, Berlin 1915. Denkwürdigkeiten des Staatskanzlers Fürsten von Hardenberg, herausgegeben von Leopold von Ranke. Bd. 3, Leipzig 1877. Aus der Franzosenzeit. Ergänzungen zu den Briefen und Aktenstücken zur Geschichte Preußens unter Friedrich Wilhelm III., vorzugsweise aus dem Nachlaß von F. A. Stägemann, herausgegeben von Franz Rühl, Leipzig 1904. Königin Luise. Briefe und Aufzeichnungen, herausgegeben von Karl Griewank, Leipzig 1925. 53*

8o8

Literaturnachweis

Die Briefe Barthold Georg Niebuhrs, herausgegeben von Dietrich Gerhard und William Norvin, 2 Bde., Berlin 1926, 1028. Classen, Johannes, Barthold Georg Niebuhr. Eine Gedächtnisschrift zu seinem hunderjährigen Geburtstage, Gotha 1876. Branig, Hans, Briefwechsel des Fürsten Karl August von Hardenberg mit dem Fürsten Wilhelm Ludwig von Sayn-Wittgenstein 1806—22, Köln, Berlin (West) 1972 (Veröffentlichungen aus den Archiv. Preuß. Kulturbesitz 9). Wilhelm von Humboldt. Sein Leben und Wirken, dargestellt in Briefen, Tagebüchern und Dokumenten seiner Zeit. Ausgewählt und zusammengestellt von Rudolf Freese, Verlag der Nation o. J . Bassewitz, Magnus Friedrich v., Die Kurmark Brandenburg im Zusammenhang mit den Schicksalen des Gesamtstaats Preußen während der Jahre 1809 und 1810. Aus dem Nachlaß herausgegeben von Karl von Reinhard, Berlin 1860. Bodelschwingh, E. v., Leben des Oberpräsidenten Freiherrn von Vincke. Nach seinen Tagebüchern bearbeitet. Teil 1 (1774—1816), Berlin 1853. Knapp, G. F., Die Bauernbefreiung und der Ursprung der Landarbeiter in den älteren Teilen Preußens (2 Bde. 1887). Keil, Friedrich, Die Landgemeinde in den östlichen Provinzen Preußens und die Versuche, eine Landgemeindeordnung zu schaffen, Leipzig 1890. Gebhardt, B., Wilhelm von Humboldt als Staatsmann, 1. Bd., Stuttgart 1896. Meier, Ernst v., Die Reform der Verwaltungsorganisation unter Stein und Hardenberg. Nach dem Tode des Verfassers herausgegebene zweite Auflage, mit Anmerkungen und einer Einleitung von Friedrich Thimme, München u., Leipzig 1912. Grabower, Rolf, Preußens Steuern vor und nach den Befreiungskriegen, Berlin 1932. Ritter, Gerhard, Stein. Eine politische Biographie, 2., neugestaltete Auflage, in einem Band, Stuttgart 1958. Kehr, Eckart, Preußische Finanzpolitik 1806-1810. Quellen zur Verwaltung der Ministerien Stein und Altenstein. Bearbeitet von Eckart Kehr, herausgegeben von Hanna Schissler und Hans-Ulrich Wehler, mit einer Einleitung von Hanna Schissler, Göttingen 1984. Erst nach Abgabe unseres Manuskripts zum Druck lag uns dieses Buch vor, dessen Dokumente Nr. 13, 16, 28, 34, 35, 40 sich mit den Nummern 20, 97, 193, 207, 209, 268 unserer Publikation überschneiden, wobei im Wortlaut allerdings stellenweise starke Abweichungen auftreten.

PERSONENREGISTER

A b r a n t è s siehe J u n o t A l b r e c h t , N e g o z i a n t 324 Albrecht, Daniel Ludwig, Geh. Kabin e t t s r a t . 1.36, 230, 308, 630 A l e x a n d e r I., Z a r v o n R u ß l a n d (1801 bis 1825) i 5 o f „ 350, 353, 355, 357, 367 f. Altenstein, Karl Siegmund Franz F r h . v o m Stein z u m , S t a a t s m i n i s t e r d e r F i n a n z e n 5 - 8 , 10, 1 3 ; 1 5 , 1 7 , 2 0 - 2 5 , 29, 3 1 - 3 3 . 3 6 - 3 9 , 4 6 . 48. 6 3 6 7 , 76, 7 9 - 8 1 , 83, 107, ì o g f . , 124, 1 3 5 f . , 1 4 3 , 145, 152t, 167t, 1 7 3 f., 182, 184—186, 192, 2 0 1 , 230, 238—240, 244, 252, 254Ì., 295f., 3 0 1 , 304, 3 1 9 , 3 2 1 , 327. 329. 336. 339, 347. 349f-, 365. 367, 3 8 0 - 3 8 2 , 389, 3 9 1 , 393, 395, 4 2 1 f., 443, 452, 454, 457f., 4 6 1 , 463f., 468, 4 7 2 f . , 475f-. 486, 4 8 8 ! , 492, 496, 502, 5 0 4 - 5 0 7 , 5 i 3 - 5 i 5 . 527. 5 3 1 . 5 4 ° . 5 4 4 - 5 4 6 , 5 5 o i . , 555 f - 568, 5 7 0 - 5 7 2 , 5 7 5 - 5 7 8 , 5 8 1 , 586, 5 8 9 - 5 9 2 , 608f., 6 1 3 ! , 619—622, 624—627,531 bis 633. 637*-. 640 f., 6 4 3 - 6 4 5 , 647, 651—659, 661 f., 669, 6 7 1 , 678f., 6 9 2 - 7 0 0 , 7 0 2 - 7 0 5 , 708, 7 1 0 , 7 1 3 - 7 1 5 , 7 2 2 - 7 3 3 , 7 3 7 - 7 3 9 . 741. 7 4 3 - 7 5 0 . 757Ì-. 7 7 ° . 772f-, 779, 782 Amelang, Justizkommissarius 14, 739 Ancillon, J e a n P i e r r e F r é d é r i c , G e h . O b e r k o n s i s t o r i a l r a t 146, 485, 7 2 1 , 783 Ancillon j u n . , Geh. K o n s i s t o r i a l r a t 485, 514. 783 A r n i m , v., Geh. J u s t i z r a t 5 1 3 , 547 A u e r s t a e d t siehe D a v o u s t A u e r s w a l d , H a n s J a k o b v., G e h . S t a a t s r a t , Ö b e r p r ä s i d e n t 3, 9, 27, 1 1 3 , i i 5 f . , n 8 f . , 190, 192, 195, 198, 223Ì., 240, 256, 300f., 305, 3 1 9 - 3 2 2 , 327, 329. 345. 347. 349. 380, 388, 421 f.,

443. 452, 454. 498, 510. 580, 653, 682 A u g u s t , P r i n z v o n P r e u ß e n 30, 1 3 6 , 255 fBaath, Oberamtmann 516, 519 B a l t h a s a r , v., R e g i e r u n g s r a t 517—520 B a r d e l e b e n , v., R i t t e r g u t s b e s i t z e r 306, 323. 453 B ä r e n s p r u n g , F r i e d r i c h W i l h e l m v., Regierungsassessor 303 Bartels od. Bartel, Branntweinbrenner 521 Barth, Akziserat u. Stadtinspektor 18 B a r t h , Carl F r i e d r i c h , B u c h h a n d l u n g in B r e s l a u 299 B a x , K r i e g s r a t , S t a d t p r ä s i d e n t 3, 5 Beguelin, i m O b e r d i r e k t o r i u m d. f r z . Kolonie 146 Benecke, Gebr., B a n k i e r s 40 Benecke, W i l h e l m C h r i s t i a n , B a n k i e r 575. 579. 589. 5 9 i . 6 1 4 Berg, S c h r i f t s t e l l e r 649 Bergau, A m t m a n n 323 B e t h e , R e g i e r u n g s r a t 503, 5 1 7 , 5 1 9 Beuth, Peter Christian Wilhelm, Regierungsrat 714 B e y e r , G e o r g E b e r h a r d F r i e d r i c h v., G e h . O b e r f i n a n z r a t 1 7 f. B e y e r , J o h a n n A u g u s t v . (sen.), D i r e k t o r u. G e h . O b e r f i n a n z r a t 134 Beyme, Karl Friedrich, Großkanzler i f . , 8, 1 3 , 22, 24, 29, 32 f., 46, 83, 1 2 3 , i 3 5 f . , 1 4 1 - 1 4 3 , 147, 1 5 3 , 1 7 1 , 179. 1 8 1 , 186, 192, 199, 201—203, 2 1 6 , 2 1 8 , 2 2 3 f . , 226, 2 3 1 , 233, 2 3 7 I , 2 5 1 , 255, 296, 304f., 307t., 3 1 0 , 329, 347, 349f., 3 6 5 - 3 6 7 . 380, 398, 4 0 1 , 405, 4 6 3 f . , 468, 484-486, 496, 5 0 1 , 5 0 4 - 5 0 7 , 5 i o , 5 1 3 . 5 1 5 . 520, 527, 540f., 544, 5 5 i . 5 5 5 - 5 5 8 , 568, 5 7 9 - 5 8 1 , 5 8 6 I ,

8io 606, 619, 621, 626—628, 631, 644f., 647, 6 5 1 - 6 5 3 , 657, 708, 7 1 0 - 7 1 2 , 715, 7 2 4 - 7 2 7 , 731, 7 3 9 f „ 755, 759, 770-773. 778. 782 Birdemann 4 1 9 Bismarck, Carl Wilhelm v., Geh. Oberfinanzrat 12, 202, 278, 280, 566 Blankensee, Graf v. 5 1 8 Boguslawski, v., Obrist 406, 409, 450 Bonsen od. Bonsey 224 Borgstede, August Heinrich v., Geh. Oberfinanzrat 22, 739 Borgstede, v. 783 Borsche, Samuel Gottfried, Regierungsvizepräsident 377, 380, 427, 42gf., 432f., 441, 559, 662f. Bost, v., Geh. Staatsrat 391 Boyen, Leopold Hermann Ludwig v., Major 406, 409, 45of., 663 Brandt, Ahasver v.. Geh. Justizrat 240, 256 f. Braunschweig, v., Oberlandesgerichtspräsident 740 Brausewetter, Generallandschaftsrat 261 Brederlow, ostpr. Gutsbesitzer 375 Bredow, v., kurmärk. Landrat 4 1 7 Brockhausen, Karl Christian Frh. v., preuß. Gesandter in Paris (bis J a n . 1810) 40, 361 Broscovius, v., Kammerpräsident 12, 1 1 8 , 194, 198, 262, 270 Cadore siehe Champagny Caspar, Isaac, Landschaftsagent 135 Chambrier d'Oleyres Baron v. 41 Champagny, Jean-Baptiste Nompere Comte de, Herzog von Cadore, frz. Außenminister 40, 357, 361, 568, 593. 628, 674, 717, 724 Clarke, Henri Jacques Guillaume, Herzog von Feltre, frz. General, Militärgouverneur von Berlin 16 Clerembault, Louis de, frz. Generalkonsul 18, 773 Crauß, Hans Wolfgang Moritz v., Landschaftsdirektor 232 Danckelman, v., in der Breslauschen Oberamtsregierung 201 Dannenberg, in der Breslauschen Oberamtsregierung 201

Personenregister Daru, Pierre Antoine Noël Bruno Comte de, frz. Armeegeneralintendant 16, 46, 166, 192, 458 Davoust (Davout), Louis Nicolas, Herzog von Auerstaedt, frz. Marschall 1 3 - 1 7 , 672 Dehne (Dehn), Salomon, Bankier 748 Deler 783 Dewitz, v., Landrat 516, 5 1 9 Diederichs, Friedrich Karl, Oberjustizrat 199, 202, 273, 366, 647 Dönhoff, Graf zu, ostpr. Gutsbesitzer 375, 399. 401 Dohna, Graf zu, Regierungsrat 240 Dohna-Finkenstein, Alexander Fabian Graf zu, Hauptmann u. Flügeladjutant 3 5 1 , 364 Dohna-Lauck, Graf zu 323 Dohna-Schlobitten, Friedrich Ferdinand Alexander Graf zu, Staatsminister des Innern 5—8, 10—13, 15, 17, 2of., 2 3 - 2 7 , 3 1 - 3 3 , 3 6 - 3 8 , 42, 46-48, 61, 65, 67, 76, 8 i f . , 93f., 107, 1 1 0 — 1 1 3 , i i 7 f . , 124, 135, 143, 1 4 6 - 1 4 8 , I 5 3 f . , 168, 1 7 1 f., 179, 1 8 1 , 186, 192, 199, 201—203, 208, 2 1 1 , 2 1 3 , 216, 218—224, 226, 2 3 1 ! , 236, 240, 244, 249, 251—256, 26of., 271, 294—296, 301, 304f., 3 0 7 f „ 310, 314, 319, 3 2 1 , 327, 329, 336, 338, 343-345, 347, 349f-, 367f-, 372, 375-377, 380-382, 385, 388f., 391-393, 395, 3 9 9 - 4 0 1 > 4°5 f-, 416, 421 f., 440, 443, 4 5 2 - 4 5 7 , 4 5 9 - 4 6 1 , 463-465, 468, 4 7 1 - 4 7 3 , 475f., 484, 486—489, 492, 496, 498, 500—502, 504-507, 5 1 3 - 5 1 6 , 5 i 9 f - , 527, 540, 542-545, 55°f-, 5 5 5 - 5 5 9 , 563, 566, 568, 574, 5 8 o f „ 583, 586f., 619, 622, 624-626, 631, 645, 647, 651, 653, 661—663, 668, 708, 710—713, 7 1 5 t . , 727, 731, 733, 739f-, 759, 763, 773Î-. 776, 778-780, 783 Dohna-Wundlacken, Heinrich Ludwig Adolf Graf zu, Regierungsrat 168,170 Dohnen, ostpr. Gutsbesitzer 375 Domhardt, v., ostpr. Gutsbesitzer 375, 399 Erman, Johann Peter, Geh. Oberkonsistorialrat 146, 485, 5 1 4 Fabricius, 201

Kriegs-

und

Domänenrat

Personenregister F a l k e n h a u s e n , v., R i t t m e i s t e r 356 F e r d i n a n d , P r i n z v o n P r e u ß e n 16, 30, 136 F e r d i n a n d , E r z h e r z o g v o n Österreich 3 5 0 - 3 5 2 , 357 F i n k e n s t e i n , K . F . A. Graf v., p r e u ß . G e s a n d t e r in W i e n 775 F i n k e n s t e i n , Graf v., o s t p r . R i t t e r g u t s besitzer 323 F r a n z I., K a i s e r v o n Österreich (1804 bis 1835) 255, 3 5 0 - 3 5 3 - 364 F r e d e r i k VI., K ö n i g v o n D ä n e m a r k (1808-1839) 110 F r e y , i m O s t p r e u ß . Regierungspräsid i u m 392 Frey, J o h a n n Gottfried, Geh. Kriegsrat, Polizeidirektor in K ö n i g s b e r g 3—5 F r e y e , K a m m e r r a t , B a n k i e r 174, 183 Friedel, O b e r a m t s r e g i e r u n g s r a t 201 F r i e d l ä n d e r , D a v i d , Assessor 93, 1 1 2 , 136, 373. 375, 388 Friedrich II., König von Preußen (1740-1786) 21, 177, 497, 532, 534 F r i e d r i c h A u g u s t I., König v o n Sachsen (1806-1827) 361 Friedrich K a r l A l e x a n d e r , P r i n z v o n P r e u ß e n (Sohn F r i e d r . W i l h . I I I . ) 30 F r i e d r i c h W i l h e l m I., K ö n i g v o n P r e u ß e n (1713—1740) 27, 29 Friedrich Wilhelm III., König von P r e u ß e n (1797—1840) 2, 5—16, 2of., 2 4 - 2 7 , 3 6 - 4 8 , 67, 73, 76, 78-80, 8 3 ! , 107, n o f . , 1 1 3 , 1 1 5 , 118, 120, 122, i 3 5 f - , 139, *43f-, 1 4 6 - 1 5 3 . 155. 158, 165—168, 170, 173, 178, 180—183, 185!, 189—192, 202 f., 216, 219, 221—226, 229—231, 234f., 238—244, 248—257, 259—262, 268, 291, 2 9 5 ! , 300, 304-308, 310, 3 1 9 - 3 2 7 , 329, 336, 3 3 8 - 3 4 0 , 342f., 3 4 5 - 3 4 7 , 3 4 9 - 3 5 8 , 360-369, 380f., 386, 389, 3 9 3 - 3 9 5 , 397—399, 401 f., 406, 408 f., 416, 4 1 9 - 4 2 2 , 435, 444-448, 4 5 o f „ 454, 458, 462, 464, 466—468, 472—476, 484, 492-494, 5 0 i f - , 5°5f-> 5 1 0 - 5 1 3 , 5 i g f . , 5 2 7 - 5 2 9 , 5 3 1 - 5 4 1 , 544f-, 548, 555 bis 557, 561, 563f-> 5 6 6 - 5 7 3 , 5 7 5 - 5 7 9 , 581 f., 5 8 4 - 5 8 7 , 5 9 0 - 5 9 8 , 600-613, 615—617, 619—622, 624—629, 634—637, 6 3 9 - 6 4 5 , 647, 650-652, 6 5 4 - 6 5 7 , 659, 661—668, 674f., 694—696, 705 bis 708, 7 1 3 - 7 3 7 , 7 4 1 - 7 4 9 , 751-754,

8ll 756, 758-760, 763, 7 6 5 - 7 6 7 , 7 7 0 - 7 8 3 , 799 Friedrich Wilhelm von Preußen, Kronp r i n z 30, 721 Friedrich Wilhelm Ludwig, Prinz von P r e u ß e n (Sohn F r i e d r . W i l h . I I I . ) 30 Friedrich Wilhelm Ludwig, Prinz von Preußen (Sohn des Prinzen Ludwig von Preußen, Bruders Friedr. Wilh. I I I . ) 30 Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig-öls 357 Friese, K a r l F e r d i n a n d , G e h . S t a a t s r a t 1, 10, 23—26, 47f., 62—67, 76, 79f-, 94, 106f., l i i f . , 139, 141—143, 146, 22of., 223, 236, 238, 240, 305, 327, 343, 345. 349f-, 368, 372, 3 8 4 ^ , 391, 406, 409, 450, 477, 4 8 2 - 4 8 4 , 487, 493, 495f-. 515. 5 4 0 - 5 4 3 . 5 5 7 f - 566, 647, 763 Geier, R e g i e r u n g s r a t 232 G e m s j ä g e r , G a s t w i r t 567 Genz, G a s t w i r t 544, 556 Georg, P r i n z v o n H e s s e n - D a r m s t a d t 752 Gerhard, Geh. Oberfinanzrat 134 Gerlach, K a r l F r i e d r i c h L e o p o l d v.. Geh. Oberfinanzrat, Oberbürgerm e i s t e r v o n Berlin 474, 488, 587, 739 Gneisenau, A u g u s t Graf N e i t h a r d t v., p r e u ß . O b e r s t 232 Goebel, L a n d s c h a f t s r a t 306, 323 G ö k i n g k (Goecking), L e o p o l d F r i e d r i c h G ü n t h e r v.. Geh. O b e r f i n a n z r a t 134, 465 Goldbeck, H e i n r i c h J u l i u s v.', G r o ß kanzler 15 Goldberg, v., holländischer G e s a n d t e r in B e r l i n 40, 1 7 3 Goltz, A u g u s t F r i e d r i c h F e r d i n a n d Graf v. d., S t a a t s m i n i s t e r f ü r a u s w ä r t i g e Angelegenheiten 8, 17, 19, 41, 46, 79, 136, 225f., 252, 255, 260, 350, 352, 364, 367, 463, 468, 504, 527, 540, 5 6 8 - 5 7 0 , 577, 581, 619, 631, 644f., 652f., 660, 708, 722, 7 2 5 ! , 73of., 744, 746, 7 5 8 1 , 772 f. Goltz, H e i n r i c h Graf v. d., M a j o r 357 Gosler, J u s t i z k o m m i s s a r i u s 739 Gossow, in d e r O s t p r . R e g i e r u n g 201 G r a u n , Geh. J u s t i z r a t 739

8l2 G r a w e r t , J u l i u s A u g u s t R e i n h o l d v., G e n e r a l l e u t n a n t 181, 232 Groeben, v. d., L a n d r a t 375 Grofe, S t a d t - u n d J u s t i z d i r e k t o r 201 G r o l m a n , H e i n r i c h D i e t r i c h v., Geh. O b e r t r i b u n a l s p r ä s i d e n t 84, 134 G r o t h e , J o h a n n W i l h e l m , Regierungsd i r e k t o r 224 Gruner, Karl Justus, Polizeipräsident v o n Berlin 653 H a g e n , G r a f e n v. 14 Haese, p o m m . G u t s b e s i t z e r 165 H a h n , K r i e g s r a t 328 H a h n , v., L a n d m a r s c h a l l 80 H a k e ( H a a k , H a c k ) , A l b r e c h t Georg E r n s t K . v., Oberst, Geh. S t a a t s r a t 647, 780—782 Hamilton, Alexander (Mitarbeiter George W a s h i n g t o n s ) 768 H a r d e n b e r g , K a r l A u g u s t F r h . v., S t a a t s m i n i s t e r 5f., 10, 15, 22, 26, 32f., 38, 83, 155, 167, 174, 182, 186, 188—190, 260, 296, 329, 389, 416, 472, 503. 544. 57°. 573. 576> 587. 592f., 603—606, 609, 611, 613, 616—618, 626f., 634, 641, 644f., 654, 658, 662f., 668, 692, 705, 708, 713—715, 719—722, 724-727, 7 2 9 - 7 3 3 . 736f-, 739, 7 4 1 — 743. 7 5 8 - 7 6 1 , 764. 77o, 775f-. 780-783 H a r d t , K r i m i n a l r a t 328 H a t z f e l d , F r a n z L u d w i g F ü r s t v., p r e u ß . General 14 H e c k e r , T r i b u n a l s r a t 507, 509 H e c k s c h e r & Compagnie, Handlungsh a u s in H a m b u r g 169 Heinrich, Prinz von Preußen (Bruder F r i e d r . W i l h . I I I . ) 30, 136, 255 f. H e m p e l , v., D i r e k t o r 740 Henry, Kommerzienrat igf. H e r f o r d , v., R e g i e r u n g s r a t 201 H e t t e n f e l d , v., R i t t m e i s t e r 356 H e y d e , F r i e d r i c h Christ. Kriegs- u n d Domänenrat 10 H e y d e b r e c k , Georg C h r i s t i a n F r i e d r i c h v., Geh. S t a a t s r a t 10, 19, 144, 271, 273 H i p p e l , v., R e g i e r u n g s r a t 323 H i r t , H o f r a t 783 H o c h e k o r n , P r e d i g e r 16 Hoffmann, Johann Gottfried, Staatsrat 108, 406, 409, 450, 566

Personenregister H o p e ( B a n k h a u s ) 40 H u f e l a n d , C h r i s t o p h W i l h e l m , Geh. O b e r m e d i z i n a l r a t 332, 337, 782 H u g o , Professor 782 H u m b e r t , Oberkonsistorialrat 146 H u m b o l d t , A l e x a n d e r v., N a t u r w i s s e n s c h a f t l e r 782 H u m b o l d t , W i l h e l m v., G e h . S t a a t s r a t 11, 110, 112, 148, 172, 211, 301, 315, 319. 3 3 2 - 3 3 6 . 3 4 3 f - 389, 391, 416, 465^, 526, 542f., 652f., 664, 668, 733, 735. 763. 774. 7 7 6 f - . 780, 782 f. H u n d t , Christian F r i e d r i c h , Hauptbankdirektor 14 Iffland, August Wilhelm, Theaterdirekt o r 14 I t z e n p l i t z , v., L a n d r a t 174 J a c h m a n n 323, 453 Jacobi-Kloest, Constans P h i l i p p W i l h e l m F r h , v., p r e u ß . D i p l o m a t 255 J a e s c h k e , K a r l Gottlieb, S t a a t s r a t 123 J a g w i t z , R e g i e r u n g s r a t 201 J a s k i , v., L a n d e s d i r e k t o r 376 J o r d a n , J o h a n n Ludwig, Geh. R a t 14I J o s e p h I I . , Kaiser v o n Österreich (1765-1790) 511 J u n o t , Andoche, H e r z o g v o n A b r a n t e s , f r z . Marschall 357, 360 K a b r u n , W i l h e l m Heinrich, K a u f m a n n u n d B a n k i e r 165, 174, 1 8 5 ^ , i88f., 595. 614 K a h l e , P h i l i p p Leopold, S t a a t s r a t 460, 500, 551 K a l c k r e u t h , Friedrich Adolf Graf v., preuß. G e n e r a l f e l d m a r s c h a l l 235, 2 5 5 f „ 381 f., 724, 773 Kalckstein, v., o s t p r . G u t s b e s i t z e r 375 K a n n e w u r f , v., H a u p t m a n n 323 K a r l , E r z h e r z o g v o n Österreich, Generalf e l d m a r s c h a l l 350 f. Kieckhoefer, R e g i e r u n g s d i r e k t o r 201 Kircheisen, Friedrich Leopold v., K a m m e r g e r i c h t s p r ä s i d e n t 38, 134, 201, 224, 260, 296, 329, 366, 389, 486f., 514, 543 i-, 587. 716, 759, 775. 778f., 783 Klein, E r n s t F e r d i n a n d , Geh. O b e r t r i b u n a l s r a t 84, 278 Klewitz, A n t o n W i l h e l m v., G e h . S t a a t s r a t 11, 2of., 23, 31 f., 37, 8 3 ! , 90, 93f.,

Personenregister

813

106f., 1 1 2 f . , 1 1 8 , 1 2 4 ! ,

136,

153,

170—172, 192, 2 1 1 , 2 1 3 , 2 1 5 , 2 1 8 f., 230, 233, 2 5 3 I , 256, 261, 307L, 3 1 0 ,

319, 329. 335*- 338. 343. 349f-» 372. 375. 382, 388, 395, 405, 4 i 5 f „ 4 2 1 I , 443. 459-462, 4 * H 4 6 7 . 472 f, 476. 505 f., 526,544, 574»586,622,6251,629, 645, 648, 650, 6 5 2 ! , 706, 708, 7 1 2 , 761, 763, 782, 784, 799

Kliner, Postdirektor 546 Knesebeck, Karl Friedrich Frh. v., Oberstleutnant 356, 364, 367!. Koehler, Christian Philipp, Staatsrat 123, 244, 261, 3 1 9 , 3 2 1 , 3 2 7 ^ , 347, 349, 377. 380, 382, 392, 422, 440, 444, 449,

454-456, 460, 477, 509, 5*9f- 541. 550I,566

16, 23

Levy, Salomon Moses, Bankier 575, 579, 589, 591 Lombard, August, Jurist 783 L o t t u m , Karl Friedrich Heinrich Graf v. Wylich und, Generalmajor, Geh. Staatsrat 8, 147, 364, 464, 505 f., 623 Louis Bonaparte, König von Holland (1806—1810)

40, 457, 722

Ludwig, Prinz von Preußen (Bruder Friedr. Wilh. III.) 30 Luise, geb. Prinzessin v. MecklenburgStrelitz, Königin von Preußen (Gemahlin Friedr. Wilh. III.) 6, 589 bis 591, 6 1 3 , 6 4 1 - 6 4 3 , 645, 668

Koenen, J o h a n n Friedrich v.. Geh. Oberjustizrat, Generalauditeur 365 f. 399, 514, 739 Koepken, Friedrich v., Geh. Finanzrat 3°4 Koppe, K. W., Assessor 626!. Korff, Frh. v., Generallandschaftsdirektor 240, 256, 4 2 1 , 452, 5 1 0 Kospoth, Friedrich August Carl Frh. v., Oberlandesgerichtsrat 201, 232 Krause, v., Landschaftsdirektor 518 Krockow, Graf v., ostpr. Gutsbesitzer 375, 385 Krusemarck, Friedrich Wilhelm Ludwig v., Generalmajor, preuß. Gesandter in Paris (ab Jan. 1810) 457f., 527, 568, 593, 628, 6 7 4 ! , 694

Kunowski,

L'Estocq, Anton Wilhelm v., preuß. Generalleutnant und Gouverneur 14,

Kriegsrat,

Generalsekretär

646f., 652

Maaßen, J . K. G., Regierungsdirektor 314 Massow, Ewald Georg v., Geh. Staatsrat, Oberpräsident 9, 82, 1 8 1 , 202, 223, 232, 472, 500, 653, 682

Massow, Eberhard Julius Wilhelm Ernst v., Justizminister 1 1 1 , 347 Meinhart, Karl Gottlieb, R a t bei der K u r m ä r k . Regierung 224 Meißner, Kommissionsrat 323 Merckel, Friedrich Theodor, Regierungspräsident 274, 314, 425, 440, 444, 473, 566 Meyer-Wulff (Wolff), Liepmann, Bankier 45. 740 Morgenbesser, E r n s t Gottlob, Geh. J u stizrat, Regierungsdirektor 1, 123, 201

Küster, Johann Emanuel, Geh. Staatsr a t 773

Müller, Adam, Hofrat, Publizist

L'Abaye, J o h a n n Baptiste, Geh. Staatsr a t 23, 46, l i o , 457f., 549, 714, 739,

Müller, 323

744, 760, 774

Lancizolle, Karl Wilhelm v., Geh. Oberkonsistorialrat 146, 485, 514 Langerhans, Stadtgerichtsassessor 516, 519 Le Coq, Ludwig Daniel, Geh. Oberlegationsrat 146, 485 Ledebur, v., Oberamtsregierungsrat 201 Lehndorf, Graf v., preuß. Gesandter in Spanien 775 Le Roux, Peter v., Geh. Legationsrat 10

409,

463, 468f., 4 7 1 , 489-492, 5 0 4 - 5 0 6

Johann

Friedrich,

Negoziant

Nagler, Karl Friedrich Ferdinand, Geh. Staatsrat 5f, 32, 81, 110, 255, 350, 364, 367, 464, 589, 5 9 1 , 644, 647, 655, 657f., 661, 7 2 5 ! , 737, 770, 772f.

Napoleon

I.,

Kaiser

der

Franzosen

( 1 8 0 4 - 1 8 1 4 / 1 5 ) 1 3 - 1 6 , 40, 1 4 9 - 1 5 1 , 1 9 1 f., 245, 3 5 1 - 3 6 0 , 362 t., 457f-, 5 2 7 - 5 2 9 , 5 6 8 - 5 7 1 , 576, 578, 593f., 596, 619, 628, 639, 642f., 657—660, 674L, 694-697, 7 0 1 , 703, 7 1 7 ! , 722, 724, 750. 760, 764, 773, 775

814 Necker, Jean Jacques, frz. Minister 721 Nicolovius, Georg Heinrich Ludwig, Konsistorialrat, Staatsrat 1 1 , 80f., 456, 652f., 776f. Nicolovius, Regierungsdirektor 328 Niebuhr, Barthold Georg, Geh. Staatsrat, Historiker 39f., 185, 575 f., 586, 592, 632, 634, 7 1 4 - 7 1 6 , 744f., 75°. 7 5 8 - 7 6 1 , 764, 770, 774, 783 Niethe, Johann Friedrich Ludwig Wilhelm, Geh. Kabinettssekretär 630 Nostiz, K a r l Graf, v., preuß. Offizier 357 Öls, Herzog von, siehe Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Öls Oelrichs, Regierungsrat 201 Oelßen, Johann Christian Magnus Baron v., Kammerherr, Geh. R a t 419, 550, 554. 576, 587. 656, 714, 746, 774, 780 Oranien, Wilhelm V I . , Prinz von (Schwager Friedr. Wilh. III.), preuß. General 3 5 1 f., 356, 367 Osten, v., Oberlandesgerichtspräsident 740 Pannwitz, v., kurmärk. Landrat 4 1 7 Pestalozzi, Johann Heinrich, Pädagoge 525 Petersdorff, v., Kreisdeputierter 223 Pfeiffer, Geh. Tribunalsrat 1 3 4 Pitschel, Geh. Kriegsrat 740 Pitt, William, engl. Schatzkanzler 767 Pius V I I . , Papst ( 1 8 0 0 - 1 8 2 3 ) 357 Plato, griech. Philosoph 657 Podewils, Graf, v., ostpr. Gutsbesitzer 375. 385 Prillwitz, Johann Karl, Kriegsrat 1 1 0 f. 154, 2 2 0 - 2 2 3 , 294, 493, 496, 543, 557, 7 1 1 , 716 Prin, Marquard Gottfried, Kommerzienrat 328 Prittwitz, Friedrich Wilhelm Bernhard v., Geh. Oberfinanzrat 155, 167, 174, 183 f., 1 8 7 - 1 9 0 , 503, 516, 519, 615, 635. 759 Ransieben, Ludwig, Geh. Oberfinanzrat 134 Rathenow, v. 4 1 9 Raumer, K a r l Georg v., Geh. Oberlegationsrat 485

Personenregister Reden (Rheden), Friedrich Wilhelm Graf, v., Minister 1 1 Rehberg, August Wilhelm, hannoverscher Geh. Kabinettssekretär 278 Rehdiger, K a r l Niklas Wilhelm v., Staatsrat 84^, 90, 92, 124, 1 5 3 , 1 7 1 t . , 209, 2 1 3 , 230, 233, 291, 3 0 7 ! , 329, 336, 405 f - 409, 415. 436, 444. 45o, 460, 462, 465, 467, 522, 543, 574, 622f., 648, 650, 652, 7 i 2 f . , 761, 763 Reibnitz, v., Justizrat 567 f. Reichenbach, Graf v., Kriegs- und Domänenrat 566 Reichertswalde, ostpr. Gutsbesitzer 375 Reinbeck, v., Geh. Oberfinanzrat 304f. Reinhard, Franz Volkmar, Oberhofprediger und Kirchenrat 777 Ribbentrop, Generalkriegskommissar. 406, 409, 450f., 663 Rochefoucault, Graf de la, frz. Staatsmann 7 1 7 Rochow, v., kurmärk. Landrat 4 1 7 Roedlich, Hieronymus Franz v., preuß. Offizier 352 Rothe, A . B., Justizrat 7 1 3 Rothe, Kriegs- und Domänenrat 201 R o u x siehe L e R o u x Sack, Johann August, Geh. Staatsrat, Oberpräsident 7, gf., 14—16, 22f., 27, 3of., 37, 40, 43, 46, 82f., 107, 109, 154, 167, 221—223, 2 3 8 ! , 241, 244, 294-296, 302, 304f., 394, 398, 473f-, 484-488, 492, 495f., 503, 5 1 1 , 5 1 6 , 5 4 3 - 5 4 5 . 55of-, 555f-, 566, 653, 682, 701, 714, 722, 736, 741 f., 744, 758t., 774 Sack, Kriegs- und Domänenrat 201 Saint-Hilaire, Louis Vincent Josephe Comte de, frz. Generalkommandant 16, 23 Saint-Marsan, Antoine-Marie Phil. Marquis de, frz. Gesandter in Berlin 35Öf., 569. 577. 619, 695, 722, 724, 744, 75of., 760, 768, 772, 774 Salis, v., Kammerdirektor 115 Sanden, v., Rittergutsbesitzer 323 Savigny, Friedrich K a r l v., Rechtswissenschaftler 465, 782 Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Wilhelm Ludwig Georg Fürst zu, Oberhofmeister, Hausminister 5 70, 575t., 578 bis

Personenregister 580, 586—596, 599, 602—609, 611—613, 616, 618—620, 622, 626—629, 634*-. 637—645, 661, 668, 708, 715, 722, 725f., 7 3 1 - 7 3 3 . 746' 758, 765. 767fScharnhorst, Gerhard Johann David v., Generalmajor 8, 83, I47f., 224—226, 336, 350. 362, 364-367, 399, 406. 454464, 505f., 527, 536f., 568, 574, 58Ì, 645, 652—655, 658, 662, 705, 708, 710, 722, 725, 727, 730f., 744L, 758, 774, 776, 780—782 Scharnweber, Christian Friedrich, Kriegsrat 22, 174, 188, 190, 587-589, 627, 634, 643f., 654, 714, 746 Scheibler, Johann Daniel v., Geh. Oberfinanzrat 134 Scheve, Adolf Friedrich v., Konsistorialpräsident 111 Schill, Ferdinand Baptiste v., Major 357. 36o Schimmelpenink, ostpr. Gutsbesitzer 375 Schleiermacher, Friedrich Ernst David, Theologe 14, 783 Schmager, Bankier 748 Schmalz, Theodor Anton Heinrich, Geh. Justizrat 14, i 6 f . , 84 Schöler (Schoeler), Friedrich v., Major, preuß. Diplomat 1 5 1 , 364, 367 Schön, Theodor Heinrich v., Geh. Staatsrat, Regierungspräsident 11, 19, 24, 83, 108, 1 1 3 — 1 1 6 , 118—120, 195—198, 203, 254, 262, 266, 268—270, 284^, 288, 310, 314, 456, 780 Schroetter, Friedrich Leopold Frh. v., Minister 5, 8f., 13, 37, 48, 67, 1 1 3 bis 1 1 5 , 1 1 9 , 123, 167, i 7 2 f . , 194—199, 203, 260, 262, 2 6 4 1 , 268—270, 274, 281—284, 288—290, 293t., 314, 424t., 427, 440, 468, 476, 519, 625 Schroetter, Karl Wilhelm Frh. v., Kanzler 2, 8, 23 f., 30, 83, 123, 136, 167, 201, 260, 365f., 476, 519, 625, 775 Schulenburg, von der, Domdechant *74 Schultz, Assistenzrat 323 Schultz 587 Schulz, Fr., Justizrat 13, 15, 30 Seegebarth, Johann Friedrich v., Generalpostmeister 653 Semler, K a r l Wilhelm Salomon, Geh. Oberfinanzrat 1 1 0 , 154

815 Sietze, Regierungsrat 201 Spener, Joh. K . Phil., Buchhändler, Zeitungsverleger 16 Staegemann, Friedrich August, Geh. Oberfinanzrat, Geh. Staatsrat i o f . , *3. 15. 2 3 f - . 30, 173. 24°. 2 5 6 . 3 ° ° . 3°5> 307, 327f., 347, 454, 486, 550, 663, 774 Stehr, Kriegs- und Domänenrat 115 Steigentesch, August Ernst Frh. v., österr. Oberst., Diplomat 3 5 1 , 356 Stein, Heinrich Friedrich Karl Reichsfrh. vom und zum, Staatsminister 5f., 9 - 1 1 , 1 3 - 1 7 , 19. 22f., 33, 4 1 , 46, 83f., 153» 167, 174, 192, 207, 260, 3 1 5 - 3 1 9 , 356, 436. 44°. 444. 476, 5 1 9 . 603. 610, 618, 625, 627, 660, 67of., 687, 693, 73&f-, 739. 750, 777 Stein, v., Polizeipräsident 653 Steinbeck, Justizrat, Zivilkommissar 180 Stenger, Bürgermeister 223f. Stolterfoth, Kammerdirektor 1 1 5 , 392 Streit, Polizeipräsident 653 Strick, v. 40 Struve, Justizdirektor 242 Sydow, v., ostpr. Gutsbesitzer 323, 375 Thaer, Albert, Agronom, Staatsrat 405, 782 Thulemeier, Friedrich Wilhelm v., Staatsminister 485 Triest, Regierungs- u. Baurat 520 Troschel, Friedrich Heinrich Gustav, Vizeregierungspräsident 419, 503, 5 1 7 . 519. 552 Troschke, Frh. v., Kammerherr 143 Trütschler, Christoph v., Kammergerichtspräsident 740 Uhden, Joh. Daniel Wilhelm Otto, J u rist und Archäologe, Staatsrat 148, 783 Valckenaer, Johan, holl. Bankier 717, 756. 759. 766 Valentini, v.. Major 3 5 1 Victor-Perrin, Claude, Herzog von Belluno, frz. Marschall, Generalgouverneur von Berlin 1 5 f. Vincke, Friedrich Ludwig Wilhelm Philipp Frh. v., Regierungspräsident 1 4 5 . *93. *99. 203, 208, 239, 262, 264,

8i6 268-274, 2 8 4 I , 289, 291, 293, 314, 395. 425. 428-430, 432f., 440, 476, 520, 763 V o ß - B u c h , Otto K a r l Friedrich Graf v., Staatsminister 14, 16, 22f., 30f., 40, 44, 46, 83 Wachsen, A g e n t 324 Wallmüller 185 Wenckstern, Geh. Kanzleidirektor 613 Wessenberg, Johann Frh. v., österr. Gesandter in Berlin 225t., 255, 350— 352. 356 f - 364. 367 Wilckens, Gustav Ferdinand, Geh. Oberfinanzrat 134, 520, 663 Wilhelm, Prinz von Preußen (Bruder Friedr. Wilh. III.) 30, 136,192, 2 5 5 !

Personenregister Wilhelm I., Kurfürst v o n Hessen-Kassel 41, 610, 618 Wißma.nn, K a r l Christ. Ferdinand, Regierungspräsident 12, 392, 456 Wlocha, Regierungsrat 219 Wloemer, L u d w i g Wilhelm, Geh. Kriegsund Domänenrat 10 W o i s k y . v., ostpr. Gutsbesitzer 375, 385 W o l f , Friedrich August, klassischer Philologe 783 Wülknitz, v., Kammerherr 14 W ü r t z , Kriegs- und Domänenrat 201 Zieten, v., kurmärk. L a n d r a t Ziethen, v., Leutnant 223

417

ORTSREGISTER

Die Städte Berlin und Königsberg sind aus den Datierungen wegen ihrer Häufigkeit nicht mit erfaßt. W o es der Inhalt rechtfertigt, wurde auch der attributivische Gebrauch von Ortsbezeichnungen in das Register aufgenommen. A l t m a r k 239, 242, 547 A l t o n a 748 Amsterdam 41, 718 Angerburg (Ostpreußen) Aspern 360 Austerlitz 360

Brieg 51, 63, 141 f., 7 1 1 Burgos 14 63

B a d e n 278 B a y e r n 278, 355 B a y o n n e 360 Bayreuth 152 Beeskow (a. d. Spree) 643, 654, 733 Berlin 7f., 11, 1 5 ! , 21, 24, 29, 31, 33, 37. 39f-, 91. 93. 107t., i n , 124, 128, 135. 1 3 8 - 1 4 3 . 173. 1 8 2 - 1 8 5 , 211 f., 218, 223, 238, 250, 295, 301, 303, 339, 352, 3 5 6 I , 364, 373 f., 4 1 2 - 4 1 4 , 458, 462f., 4 6 5 ! , 468, 474, 486—488, 493f., 496f., 515, 545. 549, 575. 581. 588, 599f., 614, 6 2 2 I , 635t., 642t, 670, 674, 682, 693, 721, 733, 737, 740, 755, 773. 780, 782, 792, 794, 803 Bern 41 Bialystock (Neuostpreußen) 356 Blüthen (Kr. Perleberg) 223f. Böhmen 356 [563 Bolkenhain — Landeshuter Kreis 181, Brandenburg (Mark) 385, 405, 467 Brandenburg (Stadt) 5, 51 Braunsberg 2, 6, 18 f. Braunschweig 352 Breslau (Stadt, Kreis) 12, 24, 29, 53, 64, 66, 82, 91, 117, 128, 141—143, 180, 199, 201 f., 223, 229—231, 2 4 9 I , 274, 292, 294. 299. 301. 335. 364. 385. 440, 472f., 541, 563, 566-568, 682, 711, 752, 754

Caymen ( K a y m e n , ostpr. Domänenamt) 135 Charlottenburg 631, 708, 775, 778 Creuzburger (Kreuzburger) Kreis 564 Cronesche Kreis (Kreis Deutsch-Krone, Westpr.) 380 D ä n e m a r k 110, 165, 357, 713 Danzig (Stadt, Festung) 12, 165, 174, 234. 346. 348 D a r m s t a d t 752 Deutschland 41, 137, 150, 251, 351 f., 355. 413. 465. 497. 766, 769 Dirschau (Stadt, Kreis) 348, 380 Donau 352 Dresden 777 D y r o t z (Dorf u. R i t t e r g u t i. d. Kurmark) 417 Eichwalde (im Lohfurter Kreis) 712 E l b e 241 f., 251, 302, 360, 680, 717, 722 Elbing 2f., 5, i8f., 24, 29, 53, 113, 115, 255, 682 England 17—19, 42, 149—151, 194t., 198, 233, 243, 255, 278, 282, 288, 297, 299, 302, 312, 3 5 6 ! , 360, 3 6 2 ! , 410, 435f-. 509. 529. 657, 671, 683, 701 E r f u r t 358, 660, 671 Ermland 44, 326, 392, 762 Etrurien 352, 659 Europa 330, 412—414, 628, 657 Falkenberger Kreis (Schlesien) Franken 688

564

Ortsregister

8i8

Frankfurt a/O. 24, 29, 301 Frankfurt a/M. 748 Frankenstein (Stadt, Kreis i. Schlesien) 118, 181

Frankreich

14, 16, 24, 28f., 40, 42, 45,

106, 122, 135, 1 4 8 - 1 5 1 , 155-Ì59. 1 6 3 - 1 6 5 , 167, 182, 185, 1 9 1 , 234, 2 4 4 - 2 4 8 , 255, 278, 280, 283, 2 8 8 I , 353f-. 356-358, 3 6 0 - 3 6 3 , 368, 406, 410, 435, 457, 487, 497. 5 2 7 - 5 2 9 . 5 3 1 . 535. 537 f -. 548, 559f-, 5 6 8 - 5 7 0 , 5 7 6 bis 578, 593f-> 598, 605, 608f., 6 1 4 - 6 1 6 , 6 1 9 ! , 623f., 627f., 6 3 8 I , 644, 657 bis 661, 6 6 9 - 6 8 1 , 6 8 4 - 6 8 6 , 692-698, 7 0 1 - 7 0 4 , 708, 710, 714, 7 1 8 , 725, 727, 729. 731. 739. 742, 744. 746, 749, 755,

772. 774

Galizien 355, 359 Ganskow (Ganzkow bei Kolberg) 165 Genua 41 Gilgenburg (Kr. Osterode) 323 Glatz (Stadt, Festung, Grafschaft) 216, 226, 229, 294, 296, 5 6 3 ^ , 5Ö7f.

Gleiwitz 117 Glogau (Stadt, Festung)

12, 53, 141 bis

143, 199, 201 f., 230f., 234, 274, 321,

357. 711 Göttingen 783 Graudenz (Stadt, Festung) 2, 348, 397 Grohnde (im Hannoverschen) 62 7, 641 f. Gumbinnen 2, 5, 12, 51, 111, 113, n8f., 143, 201, 270, 328, 382, 496

Hamburg

455f.,

486,

169, 172, 3 0 7 ! , 546, 6iof.,

618, 740, 748

Harzdepartement 561 Heinrichsdorf (bei Tempelburg) 513 Hessen 149, 352, 610, 618 Hirschberg (Schlesien) 53, 64 Hohendorf (Rittergut i. Kr. Mohrungen) 401

H o l l a n d (Niederlande)

39—41, 173, 334,

357, 362, 4 5 7 f . , 548, 568, 6 o 7 f „ 660, 680, 684, 686, 702 f., 7 1 7 — 7 1 9 , 722, 765

Insterburg (Ostpreußen) 201

Italien

41, 278, 355

Jauer (Schlesien) 472 Jerichow (Kreis) 303

2, 142, 199,

Kaigen (Ostpreußen) 5 Kassel 615, 638 Kirchenstaat 352, 355, 360 Kleszowen (Rittergut i. Kr. Darkehmen, Ostpr.) 323 Kloben (Rittergut i. Kr. Mohrungen) 323 Kolberg (Stadt, Festung) 18, 150, 250 Königsberg N/M. (Neumark) 385, 486, 488, 496, 5 1 9 , 5 5 6

Königsberg (Ostpreußen)

2—5, 12, 15!,

18, 24, 29, 3 1 - 3 3 . 5 1 . 53. 80 f . , 83, 9 1 , 1 1 1 , 1 1 3 , 128, i 4 2 f . , i 6 8 f . , 173, 185,

190, 223, 23of., 238, 275, 308, 323 bis 326, 329, 352, 373, 385, 444, 4 6 7 ! , 476, 486, 496, 5 1 4 , 518, 6 2 4 ! , 6 5 9 ! , 664, 682, 701, 739, 781

Konradswaldau (Kreis Landeshut) 181 Kopenhagen 110, 713 Köslin (Pommern) 51, 63, 141 f. Kottbuser (Cottbuser) Kreis 242, 555 Kurmark 13, 23, 45f., 49, 140, i42f., 156, 165—167, 169, 184, 218, 222—224, 2 3 8 - 2 4 4 , 2 9 4 - 2 9 6 , 3 0 2 - 3 0 5 , 314, 374,

385.393-395, 4 1 7.4 1 9.473,475f-.487i-. 492, 496, 510, 5 i 2 f . , 5 1 6 - 5 1 9 , 522, 5 4 1 ,

543i-, 545f-, 548-550, 552-556, 562, 566, 568, 600, 603, 624—626, 686, 735,

739Ì-. 763 Küstrin (Stadt, Festung)

141—143, 234,

321

Landeshut (Schlesien) 117 Lausitz 642, 644 Lebuser Kreis 155, 167, 635 Leipzig 174, 183, 642, 644, 748 Leobschützer Kreis 563 Lichtenberg 22, 588, 705, 7 1 3 — 7 1 5 , 725 f., 730, 743, 7 5 9

Liegnitz (Stadt, Kreis) 301, 385, 473, 541. 564. 711 Litauen 5, 23, 28, 51, 53f., 63, 91, 111, H9f., 123,143,168,191,195, i98,2oif., 207, 213, 223, 240, 257, 2 6 0 I , 3 0 5 ! , 319, 3 2 1 - 3 2 9 , 335. 3 8 2 - 3 8 4 , 427, 444, 4 5 2 f . , 4 5 5 f . , 459Ì-. 472, 4 7 5 f . , 496, 509, 5 4 1 , 625, 762 f.

Lohfurter Kreis 712 t. Löwenberger Kreis 181

Magdeburg (Stadt, Festung, Kreis)

234,

241 f . , 247, 3 0 2 - 3 0 4 , 5 4 3 f . , 545, 547, 549. 722

Ortsregister Mähren 150 Main 352 Marienburg 2 Marienwerder (Stadt, Kreis) 2, 5, 7, 10, 12, 53, 63, i n , 1421., 201, 209, 219, 223, 240, 3 4 7 I , 385. 661, 762 Marken (Kurmark, Neumark) 9, 30, 91, 1 1 1 , 356f., 408, 583, 682, 763 Mecklenburg 517, 519 Mehlau (c)ken (ostpr. Domänenamt) 1 3 5 Memel 2, 18, 24, 29, 46, 53, 1 1 3 , 167, 226f., 260, 324, 328, 356, 383, 509, 519, 556, 682, 701 Memel (Fluß) 356, 358 Mohrungen (Kreis) 308, 399, 401 Münsterberg (Schlesien) 117 Namslau (Stadt, Kreis) 1 1 7 , 1 8 1 Neapel 352 Neiße (Stadt, Kreis) 5 1 , 142, 563 Neuenburg (Neumark) 5 N e u m a r k 23, 40, 46, 53, 142 f., 169, 218, 222, 2 4 1 - 2 4 3 , 294-296, 302-305, 385, 419, 487f., 492, 496, 5 1 7 - 5 1 9 . 541, 545 f., 551-556, 739 7 6 3 . 774 N e u s t ä d t e r Kreis 563 f. Nieder-Haselbach (Kr. Landeshut) 181 Niederschlesien (siehe auch Schlesien) 385. 565 Nimptsch (Stadt, Kreis) 181, 564 Nördhausen 634 Ober-Hannsdorf (Grafschaft Glatz) 567 Ober-Haselbach (Kr. Landeshut) 231 Oberschlesien (siehe auch Schlesien) 234, 286f., 385, 565 Oder 2 5 1 , 360 Ohlau 117 Öls (Striegauer Kreis) 1 8 1 , 278, 357 Oppelner Kreis 563 f. Österreich 42, 149—151, 225, 234, 246, 251 f., 255, 350-359, 362, 367, 415. 529, 595, 655, 657, 660, 6 7 1 - 6 7 5 , 685, 693-696, 717, 749 Ostindien 360 Ostpreußen 2, 23, 28, 37f., 43, 5 1 , 53f., 63, 91, 94, 99, 103, 105, 1 1 1 , 1 1 3 , 1 1 5 , i2of., 123, i 3 5 f . , i42f., 168, 190—192, 195, 1 9 8 I , 201 f., 207, 2 1 3 , 223, 240, 255, 257, 260f., 300f., 305-307, 3 1 9 bis 329, 355, 375- 385, 387. 392, 399f-, 419,

819 4 2 l f „ 444, 452f., 455f., 459f., 472, 475i-, 496, 500, 5 0 9 ! , 541, 6 2 4 ! , 672, 686, 720, 762 f. Ostrowe (bei H e r r n s t a d t , Schlesien) i43fOstsee 18, 248 Ottendorf (Löwenberger Kreis) 1 8 1 Paris 40 f., 46, 1 9 1 ! , 247, 357, 361, 458, 527, 568f., 573, 578, 628, 640, 657, 660, 671, 673-675, 684, 694, 702, 717, 722-724, 756, 759, 766, 773 Passarge (Fluß) 660 Patschkau (Schlesien) 117 Perleberg (Westprignitz) 223t. Petersburg 32, 39, 46, 81, 350, 364, 367, 660 Pfaffendorf (Schlesien) 1 8 1 Pfaueninsel (bei Potsdam) 668 Pillau i 8 f . Plessischer Kreis 563 f. Polen 1 5 1 , 298, 355-357« 359f-, 4^9. 529 Pommerellen 250 Pommern 9, 23, 30, 45f., 49, 91, 1 1 1 , I42f., 218, 222, 242, 294—296, 304, 356, 364, 385, 408, 432, 492, 496, 510, 5 1 6 - 5 1 9 , 541, 5 5 5 ! , 562, 583, 588, 682, 739 f-, 763 Portugal 255, 352 P o t s d a m 46, 172, 2 i i f . , 2 4 3 ! , 385, 472, 486, 496, 52of., 544, 566, 584, 599, 631, 736, 742, 780L Pregel (Fluß) 251 Prenzlau 242 Preußen (Gesamtstaat) 1, 16, 26—28, 148—151, 176, 178, 182, 188, 1 9 1 , 230, 234, 236, 244-247, 252, 256, 270t., 289, 329, 350-362, 364, 367, 380, 389, 401, 409-414, 4 2 1 - 4 2 3 , 440, 444, 457f. 464, 467, 470, 472, 509, 527-529, 532, 536, 539f-, 556, 559f-> 568f., 578. 590, 594f., 602, 605, 608, 610, 618, 620, 628, 639, 657, 6 5 9 ! , 664, 6 6 9 ! , 672-677, 679, 685, 693-698, 709, 714, 717t., 72of., 726, 743f., 749-751, 758, 777 Preußen (Provinzen) 2,8—10, 1 1 1 , 158, 206, 208, 274^, 408, 459f., 486, 492, 499, 583, 588, 597. 600, 682 Prignitz (Priegnitz) 2 2 3 ! , 303, 417, 521 Pritzwalk (Ostprignitz) 521 f.

820 Quilitz (Kr. Glogau)

Ortsregister 516

Rastenberg (Rastenburg) 546 R a t t i b o r e r Kreis 563 Reichenbach (Schlesien) 117 Remplin (Mecklenburg) 80 Rheinbund 2 7 9 ! , 354, 657, 659 Ri(e)nau (Rittergut i. Kr. Königsberg) 323. 453 R u p p i n (Stadt, Kreis) 487, 548 Rußland 149—151, 234, 245 t., 252, 329. 353, 355-357. 359f-, 367, 569, 640, 657, 685, 696, 757 Saalau (ostpr. Domänenamt) 135 Sachsen 357, 3 5 9 - 3 6 1 . 5^9. 6 3 3 Sachsendorf (Kr. Lebus) 516 Sangerhausen 641, 643 Sardinien 352 Schwarzwaldau (Kr. Landeshut) 181 Schweden 17—19, 252, 2 9 7 ! , 356, 368, 602, 615, 638 Schwedt 51 Schweidnitz (Fürstentum, Kreis) 472, 563 Schweiz 4 1 Simsdorf (Schlesien) 181 Sizilien 255 Spandau 31 Spanien 150, 255, 278, 352f., 355, 360, 362, 6 5 9 ! , 677, 775 Spree 360 Stargard 165,377,385,486,496,519 Steglitz 2 Stein (Rittergut i. Kr. Preuß.-Holland) 328 Stettin (Stadt, Festung) 10, 12, 18, 1 4 1 - 1 4 3 , 234, 321, 519 Strehlener Kreis 565

Striegauer Kreis 181 Südpreußisches Departement

304

Tapiau (Ostpreußen) 326, 348 Taplacken (ostpr. Domänenamt) 135 Tempelberg (Kr. Lebus) 635, 642—644, 654, 662, 714 Tilsit 2, 150, 324, 345f., 353, 355, 358, 360, 3 6 3 1 , 383f., 595, 642, 659, 718, 740 Tolkemit (am Frischen Haff) 51 Torgau 642, 644 Türkei 252, 356 Uckermark 417 Ullersdorf (Striegauer Kreis) Ungarn 362

181

Warschau (Herzogtum = Duché de Varsovie) 12, 185, 234, 278, 280, 289, 345. 355>| 357- 36of., 529, 569. 686, 7 o 3 f „ 751, 758 Weichsel 2, 149, 355, 358, 360, 460, 475, 660 Weimar 165 Weißbach (bei Schmiedeberg, Schlesien) 181 Weißenfels 642 Westfalen 193, 207, 278, 280, 289, 355, 357. 359f-, 377-380, 547, 561 f., 615 Westpreußen 5, 24, 28, 44, 51, 53 t., 56, 12 63. 91. 94. l o 6 . ° . 142 f., 195. 198f., 201 f., 207, 209f., 219, 223, 345-349. 355. 364. 380, 385, 456, 459t., 483. 541. 583. 762f. Wien 357, 360, 674, 775, 780, 783 Wiesenberg (Schlesien) 1 8 1 Wusterhausen 5 1 Ziesar (Kreis) 303

F ü r die Registerarbeiten gilt besonderer D a n k der wissenschaftlich-technischen Assistentin F r a u Helga Gottfriedt, die auch wieder in bewährter Weise a n dieser Dokumentenpublikation in allen Stadien der E n t s t e h u n g mitgewirkt h a t .

DRUCKBERICHTIGUNG S. S. S. S. S. S. S. S. S. S. S. S. S.

54, § 28 letzte Zeile 88, Z. 1/2 v. o. 88, Z. 6 v. o. 301, Z. 3 v. u 399, Z. 4 v. u 430, ad § 84 Z. 4 432, Z. 6/7 v. o. 456, Z. 9 v. o. 532, Z. 1 1 / 1 2 v. o. 656, Z. 24 v. o. 682, letzte Zeile 791, § 1 1 Z. 18 8 1 3 bei Müller, Adam

Stein-Hardenberg 3083/34

richtig Deputationen Zuzie-hung nur zum Teil Deputation „ 13. August c. mehr verwirren und notwendig sei weiter unten „ herzustellen, daß „ erhöht worden waren „ namentlich „ Kandidaten S. 472 (statt 471)