Völkerrecht und internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit: Referate und Diskussionen eines Symposiums veranstaltet vom Institut für Internationales Recht an der Universität Kiel am 9. und 10.11.1976 [1 ed.] 9783428441426, 9783428041428


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Völkerrecht und internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit: Referate und Diskussionen eines Symposiums veranstaltet vom Institut für Internationales Recht an der Universität Kiel am 9. und 10.11.1976 [1 ed.]
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Völkerrecht und internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit

VERÖFFENTLICHUNGEN DES INSTITUTS FÜR INTERNATIONALES RECHT AN DER UNIVERSIT1tT KIEL

Herausgegeben von Prof. Dr. Wilhelm A. Kewenig

79

Völkerrecht und internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit Referate und Diskussionen eines Symposiums veranstaltet vom Institut für Internationales Redlt an der Universität Kiel am 9./10.11. 1976

Herausgegeben von

Prof. Dr. Wilhelm A. Kewenig

DUNCKER &

HUMBLOT

I

BERLIN

Gedruckt mit Unterstützung der Stiftung Volkswagenwerk

Alle Rechte, einschlleßllch das der Übersetzung, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus in irgendeiner Weise zu vervielfältigen. @ 1978 Duncker & Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1978 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlln 61 Prlnted ln Germany ISBN 3 428 04142 9

Inhaltsverzeichnis Vorwort ,. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Karl Matthias Meessen

Völkerrechtliches Enteignungsrecht im Nord-Süd-Konflikt . . . . . . . . . . 11 Thesen ..................... ... .....,. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Diskussion zum Referat von Karl Matthias Meessen . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Wilhelm A. Kewenig

Technologietransfer aus völkerrechtlicher Siebt . . . . . . . . . . . ... . . . . . . . . . Thesen . ... . . ... . . . . . . . . ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang I I Annex I: Revised draft outline for the preparation of an international code of oonduct on transfer of technology - Outline of a code of conduct consisting f guidelines for the international transfer of technology - Submitted by the expert from Japan on behalf of the experts from Group B ..................... . ......................,. . Anhang II I Annex II: Revised draft outline for the preparation of an international code of conduct on transfer of technology submitted by the expert from Brazil on behalf of the experts from the Group of 77 . Diskussion zum Referat von Wilhelm A. Kewenig . . . . . . . . . . . ... . . . . . . .

71 95

96 106 120

Christian Tomuschat

Internationale Abhängigkeiten im Rohstoffbereich 149 Thesen ............ ,. ... . ..... . .................. . ................... 174 Diskussion zum Referat Christian Tomuschat .. . ..................... 178 Hugo J. Hahn

Elemente einer neuen Weltwährungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Thesen . .,. .,.. . .................................................. . ... 241 Diskussion zum Referat von Hugo J. Hahn .......................... 243 Teilnehmerliste ............•... , . . . • • . . . . . . • • . . • . . . • . . . . • • . . • • • • . . • . . . 261

Abkürzungsverzeichnis a.A.

anderer Ansicht

ABlEG

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

Abs.

Absatz

AdG

Archiv der Gegenwart

AFDI

Annuaire

AJIL

American Journal of International Law

fran~ais

de droit international

Anm.

Anmerkung

ArchVR

Archiv des Völkerrechts

Art.

Artikel

ASIL

American Society of International Law

AWD

Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters ( = Recht der Internationalen Wirtschaft)

Bd.

Band

BGBI.

Bundesgesetzblatt

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Zivilsachen)

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

ColJTL

Columbia Journal of Transnational Law

COMECON

Council for Mutual Economic Assistance

EA

Europa-Archiv

FAZ

Frankfurter Allgemeine (Zeitung)

FW

Die Friedens-Warte

GA

General Assembly

GAOR

General Assembly Official Records

GATT

General Agreement on Tariffs and Trade Generalversammlung

GV GYIL

German Yearbook of International Law (Jahrbuch für Internationales Recht)

HarvintLJ

Harvard International Law Journal

ibid.

ibidem

ICJ

International Court of Justice

IGH

Internationaler Gerichtshof

ILC

International Law Commission

Abkürzungsverzeichnis

8 ILM

ILR IMF Int. Org. IWF JIR

International Legal Materials International Law Reports International Monetary Fund International Organization Internationaler Währungsfonds Jahrbuch für Internationales Recht (German Yearbook of International Law)

JWTL

Journal of World Trade Law

KIWZ

Konferenz über internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

KSZE LG NZZ OECD OLG OPEC RGDIP SGV UN UNCTAD UNESCO

Landgericht Neue Zürcher Zeitung Organization for Economic Cooperation and Development OberIandesgericht Organization of Petroleum Exporting Countries Revue general de droit international public Sonder-Generalversammlung United Nations United Nations Conference on Trade and Development United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization

UNIDO UNITAR v.a. vgl.

United Nations Industrial Development Organization United Nations Institute for Training and Research

VirJintL

Virginia Journal of International Law Vereinte Nationen (Zeitschrift)

VN

vor allem vergleiche

WuW

Wirtschaft und Wettbewerb

ZaöRV z.B. ZfgK

Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zeitschrüt für das gesamte Kreditwesen

Vorwort Das Institut legt mit diesem Band seiner Veröffentlichungsreihe das Protokoll eines im November 1976 veranstalteten Symposiums vor. Gegenstand des Symposiums waren vier Einzelthemen aus der immer weiter ausgreifenden Diskussion um die notwendige Veränderung der gegenwärtigen Weltwirtschaftsordnung. Mit diesen Themen schließt das Symposium einerseits an die vorausgegangene Veranstaltung des Jahres 1974 an, die den Vereinten Nationen und einigen wichtigen sich hier abzeichnenden Veränderungen gewidmet war. Andererseits führen die erörterten Themen unmittelbar zu Zentralfragen des internationalen Wirtschaftsrechtes und damit zu einem der Interessenschwerpunkte der Arbeit des Kieler Instituts. Das Institut hofft, daß die Diskussion in Kiel und die Vorlage des Protokolls auch über den Kreis der Teilnehmer hinaus in der deutschen Völkerrechtswissenschaft das Interesse an den Rechtsfragen des die internationalen Beziehungen zunehmend bestimmenden Nord-SüdKonflikts belebt. In der Themenauswahl dokumentiert sich darüber hinaus unser Bemühen, gegenwartsbezogene Problemstellungen und völkerrechtswissenschaftliche Forschungsmethoden zu verbinden. Das Institut dankt noch einmal allen Referenten und Teilnehmern für die Fülle der Gedanken und Anregungen, die sie nach Kiel mitgebracht und dort ausgebreitet haben. Das Institut dankt außerdem der Volkswagen-Stiftung, die auch dieses Symposium wieder finanziert hat. Für das späte Erscheinen dieses Bandes bitte ich insbesondere die Referenten um Nachsicht. Neben einigen technischen und administrativen Pannen ist der eigentliche Grund mein gegenwärtiges Engagement im Wissenschaftsrat. Ich habe deshalb die Verspätung auch zu verantworten. Kiel, im Februar 1978 Wilhelm A. Kewenig

Völkerrechtliches Enteignungsrecht im Nord-Süd-Konflikt Von Karl Matthias Meessen

I. Theorien zur Entschädigungspflicht im allgemeinen Völkerrecht 1. Am 7. August 1846 schrieb der britische Außenminister Lord Palmerstone an den britischen Botschafter in Athen1 : "Now in all countries it is understood that when land belanging to a private individual is required for purposes of great public utility or of national defense, private right must so far yield to public interest, that the individual is compelled by law to give up his land to the public, provided always that he shall receive for it from the public its full and fair value ..." Nahezu 130 Jahre später heißt es in einer Verlautbarung des amerikanischen Department of State2 : "Under international law, the United States has a right to expect: ... That its citizens will receive prompt, adequate, and effective compensation from the expropriating country."

Volle Entschädigung ist also zu zahlen, wobei eine Entschädigung, die nicht unmittelbar nach der Enteignung, sondern 30 Jahre später oder in einer nicht transferierbaren Währung gezahlt wird, keine volle Entschädigung darstellt. Die Merkmale "prompt" und "effective" besitzen nur eine klarstellende Bedeutung. Daß volle Entschädigung zu zahlen ist, und zwar bei Enteignungen aller Art, also auch bei Verstaatlichungen, ist der Standpunkt der herrschenden Meinung. Ich schätze, daß von 5 Metern Enteignungsliteratur seit 1945 4,50 Meter diesem Standpunkt zuzurechnen sind3 • Die theoretische Begründung der vollen Entschädigungspflicht ist nicht einheitlich. Neben der Theorie der wohlerworbenen Rechte hat man auf den völkerrechtlichen Mindeststandard, den allgemeinen Rechtsgrundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung und neuerdings Whiteman, Damages in International Law, Bd. 2, 1937, 1386. U. S. Department of State, Statement on Foreign Investment and Nationalization, 30. 12. 1975, ILM 15 (1976), 186. 1 Aus der neueren Literatur: Böckstiegel, Enteignungs- oder Nationalisierungsmaßnahmen gegen ausländische Kapitalgesellschaften, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 13 (1973), 7, 30; Delupis, Finance and Protection of Investments in Developing Countries, 1973, 78. 1

2

12

Karl Matthias Meessen

auf den völkerrechtlichen Schutz der Menschenrechte hingewiesen. Der menschenrechtliche Ansatz, der ja konsequenterweise den Schutz des Inländers einbeziehen müßte, vermag im allgemeinen Völkerrecht keine Pflicht zur vollen Entschädigung zu begründen4 • Die Theorie der ungerechtfertigten Bereicherung verhüllt das Problem in einer zivilrechtliehen Konstruktion, ohne auf die Frage, welche Bereicherung, sprich Enteignung, "gerechtfertigt" ist, eine Antwort auch nur zu versuchen5• Der völkerrechtliche Mindeststandard ist eine Leerformel, die die Höhe der Entschädigung offen läßt8• Die beste theoretische Erfassung einer Pflicht zur vollen Entschädigung stellt nach wie vor die Theorie der wohlerworbenen Rechte dar7 : Gesellschaftliche Kräfte schaffen im Rahmen einer staatlich gesetzten Ordnung durch Einsatz von Kapital und Arbeit Werte. Diese Werte sind nach Maßgabe der staatlichen Privatrechtsordnung Einzelpersonen zugeordnet. Die Zuordnung wird legitimiert durch private Leistung und Einhaltung der staatlichen Rahmenbedingungen. Um die staatliche Rahmenordnung insgesamt zu erhalten und zu stärken, können derartige Werte als Einzelobjekte entzogen werden, aber nur gegen einen vollen Wertausgleich, damit der innergesellschaftliche Leistungswettbewerb nicht verfälscht wird. Meine Erläuterungen sind auf das liberale Staats- und Wirtschaftsmodell bezogen. In der Tat ist der volle Wertausgleich um so weniger plausibel, je mehr der Staat durch planwirtschaftliche Datensetzung die Verantwortung für die Bewertung von Kapital und Arbeit übernimmt. In der Zentralverwaltungswirtschaft hat die Theorie der wohlerworbenen Rechte keinen Platz. Dies bedeutet jedoch nicht, daß beim Übergang zur Zentralverwaltungswirtschaft eine Pflicht zur Entschädigung auch der ausländischen Investoren entfallen muß, denn wir sollten uns immer wieder vergegenwärtigen, daß jede Wirtschaftsordnung nur auf einen Staat bezogen ist. Ausländer profitieren nicht von den erhofften Erfolgen der Zentralverwaltungswirtschaft und brauchen sich daher auch nicht eine Änderung in der Zuordnung der Werte entgegenhalten zu lassen. Es besteht kein Grund, die Eigentumsrechte von Ausländern in einem Staat mit zentraler Verwaltungswirtschaft nicht zu schützen. Selbst im Verkehr zwischen mehreren Staaten mit Zentralverwaltungswirtschaft behält die Theorie der wohlerworbenen Rechte ihre Funktionsfähigkeit8. 4

Hinweise zum schwächeren Schutz des Inländers unten S. 26 f.

e Vgl. hierzu Friedmann, The Changing Structure of International Law, 1964,206 f.

e Schwarzenberger, Foreign Investments and International Law, 1969, 4. Vgl. die Darstellung dieser Theorie bei Foighel, Nationalization and Compensation, 1964, 124 f. e A. A. Foighel (Anm. 7), 128. 7

Völkerrechtliches Enteignungsrecht im Nord-Süd-Konflikt

13

2. Gerade der Anspruch, Ausländer durch Zubilligung einer vollen Entschädigung zu privilegieren, ist in Enteignerstaaten nicht populär geworden und hat in Lateinamerika schon vor vielen Jahrzehnten zu der These geführt, daß Ausländern höchstens Inländerbehandlung zu gewähren sei, d. h. wenn bei Enteignungen eine Entschädigung von 100 Ofo des Wertes vorgesehen ist, werden auch Ausländer in dieser Höhe, sonst aber eben nur in Höhe von 80, 50, 20 oder 0 Ofo entschädigt werden9• Die sogenannte Theorie der Inländerbehandlung formuliert schlagwortartig eine rechtspolitische Forderung, trägt zu ihrer juristischen Begründung aber nichts bei. Diese Aufgabe suchen jedoch zwei andere Theorien, die auf die Problemsituation des Nord-Süd-Konflikts zugeschnitten sind, zu erfüllen: Die Theorie der wirtschaftlichen Souveränität und die Ausbeutungstheorie. Der "Abbau" völkerrechtlicher Pflichten läßt sich dadurch in ein günstigeres Licht setzen, daß man die Souveränität des Staates "ausbaut" und mit neuen Inhalten füllt. Diesen Weg haben die Staaten der Dritten Welt mit Hilfe von Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschritten. Ein Jahr, nachdem Mossadeq die AngloIranian-Company enteignet hatte, erkannte die Generalversammlung, daß die Staaten zur freien Verfügung über ihre Naturschätze berechtigt seien1o. Von Enteignung und deren möglicher Verknüpfung mit einer Entschädigungspflicht war in den Vorarbeiten, nicht aber in der Resolution 626 selbst die Rede. Zehn Jahre später, im Jahre der Verträge von Evian, ist das Recht zur freien Verfügung über die Naturschätze erneut bestätigt, jedoch mit der Pflicht zur Zahlung einer "appropriate compensation" im Einklang mit dem Recht der Enteignerstaaten und dem Völkerrecht verbunden worden11• Allerdings bleiben Investitionen, die vor Erlangung der Unabhängigkeit - z. B. die französischen Investitionen in Algerien - vorgenommen wurden, von einer Bestätigung des völkerrechtlichen Eigentumsschutzes ausgeklammert12• Die Bezugnahme auf das Völkerrecht wird seither abgebaut. Sie besteht zunächst in einem Präambelhinweis auf Resolution 180313 und entfällt schließlich ganz14• Mit dem Recht des Enteignerstaats tritt der Gedanke der 8 Bothe, Die Behandlung ausländischer Investitionen in Lateinamerika, ZaöRV 28 (1968), 731, 803 f.; Krakau, Lateinamerikanische Doktrinen zur Realisierung staatlicher Unabhängigkeit und Integrität, Verfassung und Recht in Ubersee 8 (1975), 117, 119 f. 10 Generalversammlung, Resolution 626 (VII) v. 21.12. 1952 (36 Ja: 4 Nein: 20 Enthaltungen); vgl. auch Resolution 523 (VI) v. 12. 1. 1952 (einstimmig). 11 Generalversammlung, Resolution 1803 (XVII) v. 14. 12. 1962 (87 : 2 : 12). 1z Abs. 5 der Präambel. 13 Generalversammlung, Resolution 2158 (XXI) v. 25. 11. 1966 (104 : 0 : 6); 2692 (XXV) v. 11.12. 1970 (100: 6: 3); 3016 (XXVII) v. 18. 12. 1972 (102: 0: 22); 3171 (XXVIII) v. 17. 12. 1973 (108 : 1 : 16).

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Karl Matthias Meessen

wirtschaftlichen Souveränität immer mehr in den Vordergrund. Den Endpunkt dieser Entwicklung markiert Art. 2 der am 12. Dezember 1974 verabschiedeten Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten15 : "1. Every State has and shall freely exercise full permanent sovereignty, including possession, use and disposal, over all its wealth, natural resources and economic activities.

2. Each State has the right: (c) To nationalize, expropriate or transfer ownership of foreign property, in which case appropriate compensation should be paid by the State adopting such measures, taking into account its relevant laws and regulations and all circumstances that the State considers pertinent. In any case where the question of compensation gives rise to a controversy, it shall be settled under the domestic law of the nationalizing State and by its tribunals, unless it is freely and mutually agreed by all States concerned that other peaceful means be sought on the basis of the sovereign equality of States and in accordance with the principle of free choice of means." Es zeigt sich, daß die Souveränität über die Naturschätze hinaus auf sämtliche Bereiche wirtschaftlicher Betätigung erstreckt wird. An der Entschädigungsklausel fällt auf, daß sie äußerst vage formuliert ist ("should be paid" statt "shall be paid" in Resolution 1803) und daß die Festsetzung der Entschädigungshöhe, auch durch den Ausschluß des völkerrechtlichen Rechtsweges, mehr oder weniger in das Belieben des Enteignerstaates gestellt worden ist. Eine theoretische Rechtfertigung dieses Standpunktes wird insbesondere in Arbeiten von Brehme und Novoa Monreal, Völkerrechtlern aus der DDR und aus Chile, versucht16• Zu demselben Ergebnis wie die Vertreter der Theorie der absoluten Souveränität gelangen die Vertreter der Ausbeutungstheorie durch Aufstellen einer Gegenrechnung: Die Industrieländer haben jahrhundertelang mit den Methoden des Kolonialismus und später des Neokolonialismus die Entwicklungsländer ausgebeutet. Etwaige Entschädigungsansprüche wegen Enteignungen sind daher mit gigantischen Scha14 Generalversammlung, Resolution 3201 (S -VI) v. 1. 5. 1974 (ohne Abstimmung angenommen, nachträgliche Vorbehalte von 5 Staaten). 15 Generalversammlung, Resolution 3281 (XXIX) v. 12. 12. 1974 (120 : 6 : 10). In der vorangehenden Einzelabstimmung hatte Art. 2 Abs. 2 c die größte Anzahl von Nein-Stimmen erhalten (104 : 16 : 6). 16 Brehme, Souveränität der jungen Nationalstaaten über Naturreichtümer, 1967; Novoa Monreal, Nacionalizaci6n y recuperaci6n de recursos naturales ante la Ley Internacional, 1974.

Völkerrechtliches Enteignungsrecht im Nord-Süd-Konflikt

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densersatzforderungen der Entwicklungsländer zu verrechnen. In der Enteignungspraxis spielt diese Argumentation eine gewisse Rolle. Erinnert sei an die von Chile erhobene Übergewinnabgabe und an die von Peru geltend gemachte Forderung, für das Rohöl, das in den der Enteignung vorangegangenen 48 Jahren - nach peruaniseher Auffassung ohne Rechtstitel - gefördert worden war, Schadensersatz zu leisten17. In der Wissenschaft verdanken wir eine Darlegung dieser Position einem Beitrag von Girvan18. Eine Entgegnung hat mir Herr SeidlHohenveldern freundlicherweise bereits vor Erscheinen zugänglich gemacht19. Die Ausbeutungstheorie sollte als politischer Problemhintergrund durchaus im Auge behalten werden. Ihre Verrechtlichung ist aus vielen Gründen- Höhe der Forderungen, Gegenseitigkeit der Forderungen usw.- problematisch. 3. Freilich fehlt es auch im völkerrechtlichen Enteignungsrecht nicht an vermittelnden Meinungen, die weder eine Pflicht zur vollen Entschädigung annehmen noch die Zahlung der Entschädigung in das Belieben des Enteignerstaates stellen. Hierzu gehört die bereits erwähnte Resolution 1803. Nachdem "adequate" als gleichbedeutend mit "full" angesehen wird20, läge es nahe, auch den Standard von "appropriate" mit "full" gleichzusetzen. Dies hat auch der amerikanische Delegierte in den Vereinten Nationen getan, nachdem er die übliche Formel "full, prompt and effective" nicht hatte durchsetzen können21 . Nach der Terminologie des völkerrechtlichen Enteignungsrechts ist jedoch "appropriate", wie Baxter bemerkt, weniger als "full" und mehr als nichts22• Für einen differenzierenden Standpunkt sollen aus der Literatur hier nur Hersh Lauterpacht, Katzarov und C. F. Amerasinghe genannt werden23. 17 Chile: Decree Concerning Excess Profits of Copper Companies v. 28. 9. 1971, ILM 10 (1971), 1235; vgl. aber die Billigung von Vergleichsvereinbarungen durch Decree Law v. 24. 7. 1974, ILM 13 (1974), 1189 und durch Decree Law v. 24. 10. 1974, ILM 14 (1975), 135. Peru: Decree Law v. 9. 10. 1968, ILM 6 (1968), 1257; Ministerial Resolution v. 5. 2. 1969, ILM 7 (1969), 297. 18 Girvan, Expropriating the Expropriators: Compensation Criteria from a Third World Viewpoint, in: Lillich (Hrsg.), The Valuation of Nationalized Property in International Law, Bd. 3, 1975, 149. 19 Seidl-Hohenveldern, Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums und dessen Schutz im heutigen Völkerrecht, in: Almanach 1977, 75. 20 Baxter, Vorwort zu: Lillich (Hrsg.), The Valuation of Nationalized Property in International Law, Bd. 2, 1973, VII, VIII. " AJC. 2/SR 850 (326 f.). n Baxter (Anm. 20). 13 Oppenheim I Lauterpacht, International Law, 8. Aufl., Bd. 1, 1955, 352; Katzarov, The Theory of Nationalization, 1964, 349; C. F. Amerasinghe, State Responsibility for Injuries to Aliens, 1967, 157 (zu unterscheiden von dem Vorsitzenden der U. N. Seerechtskonferenz H. S. Amerasinghe).

Karl Matthias Meessen

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Vermittelnde Rechtsansichten sind meist lebensnah. Um so schwerer lassen sie sich theoretisch erfassen, sofern man jedenfalls von einer Theorie eine Erklärungshilfe erwartet. Denkbar wäre die Bezeichnung "Theorie der begrenzten Souveränität". Dies würde den dogmengeschichtlichen Standort der Resolution 1803 kennzeichnen, ohne freilich über den Verlauf der Grenze etwas auszusagen. Ebensogut könnte man von einer modifizierten Theorie der wohlerworbenen Rechte, die die Existenz von Souveränitätsrechten des Enteignerstaats ja nicht prinzipiell leugnet, sprechen. Volle Entschädigung, Entschädigung nach Belieben des Enteignerstaats oder teilweise Entschädigung? Diese Kernfrage des völkerrechtlichen Enteignungsrechts stand im Hintergrund der Diskussion zu dem Referat von Herrn Böckstiegel vor der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht im Jahre 197324 und wurde immer wieder während der Kieler Tagung von 197425 angesprochen. Indem ich diese Frage in den Mittelpunkt meiner Ausführungen stelle, versuche ich, den Faden dieser Diskussion wieder aufzunehmen. Zur Präzisierung der Fragestellung möchte ich folgendes festhalten: 1. Es geht mir um das geltende Völkerrecht, also nicht um das Völkerrecht der guten alten Zeit oder um das Völkerrecht künftiger, besserer Zeiten. Einige rechtspolitische Bemerkungen am Ende meines Referats werde ich als solche kennzeichnen.

2. Ich behandle das Enteignungsproblem nur im Hinblick auf den Nord-Süd-Konflikt. Ausgangssituation ist also der Fall, daß ein Entwicklungsland aus wirtschaftspolitischen Gründen private lnve~ storen aus einem Industrieland enteignet. Der völkerrechtliche Schutz ausländischer Investitionen in Industrieländern oder in sozialistischen Ländern wird von mir ebensowenig wie die Rechtslage bei nicht wirtschaftspolitisch motivierten Einzelenteignungen zum Zwecke des Straßenbaus usw. -behandelt. 3. Mein Augenmerk gilt ausschließlich der Entschädigungsfrage. Freilich kann ich auch diese Frage nicht erschöpfend behandeln. Hinzufügen möchte ich, daß ich nur das allgemeine Völkerrecht, nicht aber das völkerrechtliche Vertragsrecht untersuchen werde. In der Praxis des Enteignungsrechts ist das allgemeine Völkerrecht wichtiger. Es gibt zwar viele völkerrechtliche Verträge über Enteignungsfragen: Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsverträge, Investitionsförderungsabkommen usw. Bei der Auslegung derartiger Verträge ist es aber 14 2

Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 13 (1973), 100 f.

5- Kewenig (Hrsg.), Die Vereinten Nationen im WandeL 1975.

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Völkerrechtliches Enteignungsrecht im Nord-Süd-Konflikt

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nur selten zu Streitigkeiten gekommen, sei es, weil die vertragliche Regelung Enteignungen verhindert hat, sei es, weil nur diejenigen Staaten derartige Abkommen abgeschlossen haben, die ohnehin nicht den Weg der Enteignung beschreiten wollten. Auch weist das Netz der völkerrechtlichen Verträge erhebliche Lücken auf. So beliefen sich die Direktinvestitionen aus der Bundesrepublik in Mittel- und Südamerika Ende 1974 auf 4,7 Mrd. DM oder 43,9 Ofo des Gesamtbestandes an Investitionen in Entwicklungsländern26 • Ecuador und Haiti sind jedoch die einzigen Staaten aus diesem Raum, mit denen die Bundesrepublik Investitionsförderungsverträge abgeschlossen hat27 • II. Pflicht zur Zahlung einer vollen Entschädigung? 4. Eine Pflicht zur Zahlung einer vollen Entschädigung könnte im allgemeinen Völkerrecht aus Völkergewohnheitsrecht, aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen im Sinne von Art. 38 Abs. 1 c des Statuts des Internationalen Gerichtshofs oder aus Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen entnommen werden.

Auf_ das Problem der rechtlichen Wirkung von Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen werde ich später noch zurückkommen28• Hier genügt es festzustellen, daß eine Pflicht zur vollen Entschädigung weder in Resolution 1803 noch in Resolution 2281 vorgesehen ist. Allein auf übereinstimmendes innerstaatliches Recht kann eine Begrenzung der staatlichen Souveränität, die ja in der völkerrechtlichen Entschädigungspflicht zu sehen wäre, auch nicht gestützt werden, denn Inhalt der innerstaatlichen Norm ist es nicht, die Souveränität des eigenen Staates zu begrenzen, sondern sie auszuüben. So kann es sich um zufällige Übereinstimmungen handeln, die es offen lassen, jederzeit auch abweichende Regelungen zu treffen. Übereinstimmendes innerstaatliches Recht kann also nur zur Ausfüllung einer anderweitig, z. B. im Völkergewohnheitsrecht, fundierten völkerrechtlichen Norm herangezogen werden29. So ist es völkergewohnheitsrechtlich geboten, einen Mindeststandard des Rechtsschutzes, dessen näherer Inhalt aus übereinstimmendem innerstaatlichen Recht zu ermitteln ist, zu wah26 Goltz, Förderung privater Kapitalanlagen (Direktinvestitionen) in Entwicklungsländern, 1975, 179. 27 Fundstellennachweis B, Beilage zum Bundesgesetzblatt, abgeschlossen am 31. 12. 1976, 407. 2a Unten S. 24 f. 29 Vgl. hierzu Meessen, Kollisionsrecht als Bestandteil des allgemeinen Völkerrechts: Völkerrechtliches Minimum und kollisionsrechtliches Optimum, in: Festschrift für F. A. Mann, 1977, 227, 229 f.

2 Symposion 1976

Karl Mattbias Meessen

18

ren30 • Gleiches für das völkerrechtliche Enteignungsrecht anzunehmen, dürfte angesichts der Zerstrittenheit der Meinungen in der Entschädigungsfrage nicht ohne weiteres möglich sein. Insbesondere ist nicht anzunehmen, daß der Mindeststandard des innerstaatlichen Enteignungsrechts eine Pflicht zur Leistung einer vollen Entschädigung enthielte. Selbst nach deutschem Recht ist die Entschädigung "unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen" und kann daher, wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt hat, unter dem Standard einer vollen Entschädigung liegen31• Nachdem Resolutionen der Generalversammlung und allgemeine Rechtsgrundsätze als Grundlage einer Pflicht zur vollen Entschädigung ausscheiden, müssen wir uns nunmehr dem Völkergewohnheitsrecht zuwenden. 5. Einegenaue Analyse der Enteignungspraxis der letzten Jahrzehnte steht noch aus. Sie kann auch von mir nicht erbracht werden. Es ist außerordentlich schwierig, die Fakten zu ermitteln. Dies fängt bei der geleisteten Entschädigung an. Die Höhe der geleisteten Entschädigung läßt sich zwar in einer bestimmten Geldsumme ausdrücken, dabei bleiben aber Nebenabreden- z. B. neue Aufträge des Enteignerstaats für das enteignete Unternehmen - unberücksichtigt. Bei der Ermittlung der für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht relevanten Praxis ist auch zu beachten, ob die Entschädigung aus Mitteln des Enteignerstaats oder, wie das gelegentlich geschieht, über den Umweg gleichzeitig gewährter Kapitalhilfe aus Mitteln des Heimatstaats des enteigneten Unternehmens geleistet wird32• Geradezu unmöglich ist es, den Soll-Wert der vollen Entschädigung im Einzelfall festzustellen. Die Forderungen der enteigneten Unternehmen werden aus verhandlungstaktischen Gründen nicht gerade zurückhaltend kalkuliert. So ergab sich verschiedentlich bei der Feststellung der Entschädigungsforderungen durch den Heimatstaat, wohlgemerkt durch den Heimatstaat und nicht durch den Enteignerstaat, daß der Entschädigungsanspruch auf 10 - 20 °/o des von dem Unternehmen ursprünglich verlangten Betrages festzusetzen war3s. Selbst bei einem Einsatz angesehener Wirtschafts30

Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des internationalen Kartellrechts,

1975, 239 - 251.

31 BVerfGE 24, 367, 421; vgl. auch Rüfner, Die Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung, in: Festschrift für U. Scheuner, 1973, 511, 528. az Mintz, An Economic Analysis of Aspects of International Expropriation of Property, in: Lillich (Anm. 20), 18. 88 Amann, Der Schutz ausländischer Privatinvestitionen in Entwicklungsländern aus völkerrechtlicher, volkswirtschaftlicher und betriebswirtschaftlieber Sicht, 1967, 94 f.

Völkerrechtliches Enteignungsrecht im Nord-Süd-Konflikt

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prüfungsgesellschaften- ich verweise nur auf die Auseinandersetzungen zwischen Arthur Anderson und Peat, Marwick im Barcelona-Traction-Fall34 - lassen sich große Differenzen in der Bewertung nicht vermeiden. Mir bleibt für heute nur, mich weniger auf eigene Case-Studies, als auf den Gesamttenor der Berichte anderer, wie er sich etwa aus dem von Lillich herausgegebenen dreibändigen Werk zur Bewertung von verstaatlichtem Vermögen ergibt35, zu stützen. Ob ein Entwicklungsland ausländischen Investoren wegen wirtschaftspolitischer Enteignungen jemals eine volle Entschädigung nicht nur zugesagt, sondern auch aus eigenen Mitteln geleistet hat, ist mir nicht bekannt. In vielen Fällen ist jedenfalls nur eine geringe oder gar keine Entschädigung gezahlt worden. Letzteres zum Teil mit der Begründung, daß eigentlich bestehende Entschädigungsforderungen mit den Gegenforderungen des Enteignerstaats - die Erhebung einer Übergewinnabgabe durch Chile und die Aufstellung einer Schadensersatzforderung durch Peru wegen des früher geförderten Rohöls erwähnte ich bereits36 - zu verrechnen seien. Einer gewissen Popularität erfreut sich neuerdings die Entschädigung zum Buchwert der Anlagen37• Auch dieser Wert bleibt, selbst wenn er allein maßgeblich wäre, in der Regel, da über den Wertverlust hinausgehende Abschreibungen zur Bildung stiller Rücklagen vorgenommen werden, hinter dem Marktwert zurück. Auch die Bedingungen der unter der versteckten oder offenen Androhung von Enteignungen abgeschlossenen Beteiligungsverträge - zum Beispiel die Chilenisierung der amerikanischen Kupferunternehmen unter Präsident Frei - sollen auf Bewertungen beruhen, die unterhalb des Marktwertes liegen38• Schließlich entspricht die auf Grund von Globalentschädigungsabkommen zu zahlende Entschädigung nicht dem 34 White, The Problems of Valuation in the Barcelona Traction Case, in: Lillich (Hrsg.), The Valuation of Nationalized Property in International Law, Bd. 1, 1972, 43. 33 Lillich (Anm. 18, 20, 34). Vgl. auch U. S. Department of State, Report on Nationalization, Expropriation, and Other Takings of U. S. and Certain Foreign Property since 1960, ILM 11 (1972), 84; Radman, Nationalizations in Bolivia: Gulf Oil Investments Negotiation Patterns and Settlement Agreements, Verfassung und Recht in Übersee 5 (1972), 277; Touscoz, La nationalisation des societes petroHeres fran~aises en Algerie et le droit international, Revue beige de droit international 8 (1972), 482; Litvak I Maule, Nationalization in the Caribbean Bauxite Industry, International Affairs 51 (1975), 43. Dokumente zur neueren Praxis werden laufend abgedruckt in: International Legal Materials. Zur älteren Praxis statt vieler: Foighel (Anm. 7), 64 f.

88

Anm. 17.

Vgl. z. B. Venezuela: Law on the Nationalization of the Petroleum Industry v. 29. 8. 1975, ILM 14 (1975), 1492. 38 An Analysis of the Expropriation of the Properties of Sociedad Minera EI Teniente by Chile in the Light of International Law Principles, in: Lillich (Anm. 20), 86, 110. 87

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Standard einer vollen Entschädigung39• Außerdem sind diese Abkommen, die freilich nur zum Teil Enteignungen im Nord-Süd-Konflikt betreffen, durchschnittlich 15 Jahre nach der Enteignung abgeschlossen und durchschnittlich in 5 weiteren Jahren abgewickelt worden, ohne daß aber der 20jährige Zinsausfall berücksichtigt worden wäre40• 6. In der Praxis der letzten Jahrzehnte hat sich eine Übung, volle Entschädigung zu leisten, nicht herausgebildet. Eine entsprechende gewohnheitsrechtliche Norm kann daher auch nicht entstanden sein. Es könnte aber sein, und damit ließe sich die eingangs erwähnte, überwiegende Meinung der völkerrechtlichen Enteignungsliteratur begründen, daß früher eine völkergewohnheitsrechtliche Pflicht zur Zahlung einer vollen Entschädigung bestanden hat und daß diese Pflicht in letzter Zeit gelegentlich verletzt, aber nicht abgeändert worden ist. Ich habe nicht vor, das Bestehen einer völkerrechtlichen Pflicht zur Zahlung einer vollen Entschädigungper 31. August 1939 zu prüfen, und unterstelle der Einfachheit halber, daß eine derartige Pflicht jedenfalls bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bestanden hat. Wäre diese Pflicht inzwischen abbedungen oder hätte sie nach wie vor Bestand? Wenn ich eben von gelegentlicher Verletzung sprach, so war das ein Euphemismus, und wir können durchaus die Frage stellen, ob eine zwar nicht in sich konsistente, aber doch kontinuierliche Abweichung vom Standard der vollen Entschädigung, die sich über mehrere Jahrzehnte hinweg erstreckt, den Bestand einer völkerrechtlichen Norm unberührt lassen kann. Man wird dies höchstens dann annehmen dürfen, wenn die Abweichungen nach einer einheitlichen Rechtsüberzeugung stets als solche empfunden worden sind, d. h. wenn wenigstens die frühere opinio iuris intakt geblieben ist. Die opinio iuris, derzufolge eine volle Entschädigung gezahlt werden müsse, kann sich aus Entscheidungen internationaler Gerichte und Schiedsgerichte sowie aus Stellungnahmen der Entwicklungsländer auf der einen und der Industrieländer auf der anderen Seite ergeben. Meines Wissens hat seit 1945 kein zwischenstaatliches Gericht oder Schiedsgericht, bezogen auf den Nord-Süd-Konflikt, eine Pflicht zur Zahlung einer vollen Entschädigung bei wirtschaftspolitisch motivierten Enteignungen festgestellt. Inwieweit Entscheidungen in Verfahren zwischen Entwicklungsländern und ausländischen Investoren - in den letzten Jahren sind einige schiedsgerichtliche Verfahren gemäß der Weltbankkonvention von 1965 eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen ao Lillich I Weston, International Claims: Their Settlement by Lump Sum Agreements, Teil I, 1975, 247 f . 4o Lillich I Weston (Anm. 39), 210, 212, 239.

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worden41 - sich zu einer Entschädigungspflicht äußern, konnte ich nicht feststellen. Zur opinio iuris der Entwicklungsländer ist zu erwähnen, daß viele Entwicklungsländer durch Erlaß von Investitionsschutzgesetzen und durch Abschluß von Investitionsförderungsverträgen eine volle Entschädigung bei Enteignungen zusagen42 • Diese Zusage darf jedoch nicht mit der Anerkennung einer entsprechenden Pflicht nach allgemeinem Völkerrecht gleichgesetzt werden, sondern deutet - in den Entwicklungsländern - wohl eher darauf hin, daß eine derartige Pflicht einer speziellen Rechtsgrundlage im Völkerrecht oder im innerstaatlichen Recht bedarf. Da die Geltung des allgemeinen Völkerrechts für die vielen neuen Staaten unter den Entwicklungsländern letztlich eines Konsenses in diesen Staaten bedarf, würde ich es für denkbar halten, daß das europäisch-amerikanische Völkerrecht der 50 Staaten im Jahre 1945 nur unter Abänderung der völkerrechtlichen Entschädigungspflicht bei Enteignungen zum universellen Völkerrecht der 150 Staaten von heute werden konnte. Zur Haltung der Industrieländer sollte ich noch einmal auf die eingangs erwähnte Verlautbarung des Department of State vom Dezember 1975 zurückkommen. In ihr heißt es43 : "The Department of State wishes to place on record its view that foreign investors are entitled to the fair market value of their interests." Ist diese förmliche Rechtsverwahrung noch Spiegel der wirklichen Rechtsüberzeugung der Industrieländer? Manches spricht dagegen. Ich erinnere nur an die Resolution 1803, die nicht als Festschreibung einer Pflicht zur vollen Entschädigung angesehen werden kann und dennoch seit sicherlich 10 Jahren die industriestaatliche Maximalforderung in den Vereinten N ationen markiert. So bleibt auch die Formulierung des von den Industrieländern vorgeschlagenen amendment zu Art. 2 Abs. 2 c der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten hinter einer Pflicht zur vollen Entschädigung zurück. In diesem amendment, das mit 19 gegen 87 Stimmen bei 11 Enthaltungen abgelehnt worden ist, heißt es44 : "Each state has the right: .. . (d) To nationalize, expropriate or requisition foreign property for a public purpose, provided that just compensation in the light of all relevant circumstances shall be paid." Hinzuweisen ist ferner auf die Entscheidungen innerstaatlicher Gerichte der Industrieländer, die sich mit Enteignungen durch Entwick41 Ryans I Baker, The International Center for the Settlement of Investment Disputes (ICSID), JWTL 10 (1976), 65, 67. 42 Statt vieler: Goltz, (Anm. 26), 59 f., 73 f.

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Vgl. Anm. 2.

A!C. 2/SR 1648 (438); A/C. 2/L./404.

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lungsländer befassen und keineswegs stets auf der Zahlung einer vollen Entschädigung bestehen. Ich nenne hier nur die Entscheidungen der Gerichte von Rom im iranischen Erdölfall, von Amsterdam und Bremen - insoweit übereinstimmend - im Tabakfall und von Harnburg im Kupferfal145 • Wenn man schließlich die allmählich stärker differenzierende Haltung der Literatur46 berücksichtigt, kann von einer einheitlichen opinio iuris noch nicht einmal in den Industrieländern die Rede sein. 7. Eine sich möglicherweise aus früherem Völkergewohnheitsrecht ergebende Pflicht zur Zahlung einer vollen Entschädigung besteht jedenfalls heute nicht mehr. Die Entwicklungsländer sind nicht verpflichtet, bei wirtschaftspolitischen Enteignungen ausländischen Investoren stets, d. h. in jedem Falle, eine volle Entschädigung zu zahlen.

111. Zahlung einer Entschädigung nach Belieben des Enteignerstaats? 8. In aller Regel haben Entwicklungsländer bei Enteignungen eine partielle Entschädigung vorgesehen und gezahlt. Diese Praxis läßt sich in verschiedener Weise deuten. Naheliegend ist die Annahme, daß zumindest in gewisser Höhe eine Entschädigung geschuldet wird. Rein logisch läßt sich aber auch nicht ausschließen, daß in all den Fällen, in denen eine Entschädigung gezahlt worden ist, dies aus freien Stücken oder unter politischem Druck, also jedenfalls nicht in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung geschehen ist. In der Tat ist Art. 2 Abs. 2 c der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten so formuliert, daß die Zahlung einer freiwilligen Entschädigung nahegelegt wird, ohne daß mit der Nichtzahlung irgendwelche Rechtsfolgen verknüpft wären47. Entscheidend ist wiederum das subjektive Element. Beruhen die regelmäßige Zusage und Zahlung einer Entschädigung auf der Rechtsüberzeugung, hierzu verpflichtet zu sein, oder nicht? Von einer einheitlichen Rechtsüberzeugung, daß keine Entschädigung geschuldet werde, kann schon wegen des Dissenses der Industrieländer keine Rede sein. Aber auch im Lager der Entwicklungsländer besteht weniger Einigkeit, als die Abstimmungserfolge in der Generalversammlung vermuten las4& Civil Court of Rome, Entscheidung v. 13. 9. 1954, ILR 22 (1955), 23, 41; Hof Amsterdam, Entscheidung v. 4. 6. 1959, Nederlandse Jurisprudentie 1959, 855, 857; OLG Bremen, Urteil v. 21. 8. 1959, ArchVR 9 (1961/62), 318, 358 f.; LG Hamburg, Urteil v. 22. 1. 1973, AWD 1973, 163, 164. 48 Vgl. etwa die Diskussion zu dem Referat von Böckstiegel (Anm. 24). 47 Vgl. oben S. 14.

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sen. So haben sich die Delegierten von Kuwait und vom Iran ("as a major exporter of capital") von der Enteignungsklausel vorsichtig distanziert und betont, daß die Gültigkeit abweichender bilateraler Vereinbarungen nicht berührt werde48 • Castafieda, der mexikanische Vorsitzende der Arbeitsgruppe, die die Charta entworfen hat, weist darauf hin, daß die Mehrzahl der Mitglieder der Gruppe der 77 die Anwendbarkeit des Völkerrechts auch in der Entschädigungsfrage nicht ablehne, vielmehr lediglich Extremlösungen für den Fall einer Eröffnung des völkerrechtlichen Rechtsweges zugunsten der Industrieländer befürchte49. Vielleicht ist man aus taktischen Gründen einen Schritt weitergegangen, als man der Rechtsüberzeugung nach gehen wollte. Darauf deuten auch die besonnenen Äußerungen prominenter Autoren aus den Entwicklungsländern - C. F. Amerasinghe aus Sri Lanka und Orrego Vicufia aus Chile - hin50• Bemerkenswert ist übrigens, daß entgegen dem sonstigen Brauch der Generalversammlung das Nichtbestehen einer Entschädigungspflicht in keiner weiteren Resolution seit dem 12. Dezember 1974 ausdrücklich postuliert worden ist51• Letztlich scheint mir das tatsächliche Verhalten, also die regelmäßige Zusage und Zahlung einer gewissen Entschädigung, die wirkliche Rechtsüberzeugung der Entwicklungsländer besser zum Ausdruck zu bringen als das Abstimmungsergebnis bei der Verabschiedung der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten52• Ich möchte daher annehmen, daß auch Entwicklungsländer bei wirtschaftspolitischen Enteignungen zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet sind. Jedoch sind Praxis und Rechtsüberzeugung so vielgestaltig, daß ein völkergewohnheitsrechtlich bestimmter Modus zur Berechnung der Höhe der Entschädigung nicht nachweisbar ist. Hierin spiegelt sich ein grundlegender Dissens zwischen Nord und Süd wider. Bleiben wir also bei den Worten Baxters "The measure of compensation should be less than full and more than nothing" stehen53? NC. 2/SR 1642 (411), 1650 (452). Castaiieda, La Charte des droits 'et des devoirs economiques des ~tats, AFDI 1974, 31, 56. 6° C. F. Amerasinghe, The Quantum of Compensation for Nationalized Property, in: Lillich (Anm. 18), 91, 124 f.; Orrego Vicuiia, The International Regulation of Valuation Standards and Processes: A Reexamination of Third World Perspectives, in: Lillich (Anm. 18), 131, 142 f.; vgl. auch Umozurike, Self-Determination in International Law, 1972, 222. 61 Weder die Grundsatzresolution 3362 (S-VII) v. 16. 9. 1975 über die Entwicklung und die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit noch die Resolution 3486 (XXX) v. 12. 12. 1975 über die Durchführung der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten gehen auf die Entschädigungsfrage ein. 62 Vgl. z. B. zur Haltung .Ägyptens das am 11. 6. 1975 mit Großbritannien abgeschlossene Investitionsförderungsabkommen, ILM 14 (1975), 1471. n Baxter (Anm. 20). '8

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IV. Kriterien der Entschädigungsbemessung 9. Die Bemühungen, die Entschädigungsfrage durch eine abstrakte Formel zu beantworten, müssen im Rahmen des Nord-Süd-Konflikts vorerst als gescheitert angesehen werden. Neben den verhärteten Fronten in der Kernfrage der Entschädigung hat sich aber ein Nord und Süd umfassender Konsens über eine Reihe von Gesichtspunkten, die die Bemessung der Entschädigung im Einzelfall leiten, herausgebildet. Dies ist meine zentrale These, die ich im folgenden zu erläutern und zu begründen suche. 10. Die relevanten völkerrechtlichen Gesichtspunkte, Topoi oder Richtlinien - es handelt sich nicht um vollständige Rechtsregeln - ergeben sich zwar nicht ausschließlich, aber doch ganz wesentlich aus Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Über die Geltungskraft von Resolutionen der Generalversammlung ist viel geschrieben worden54• Ich muß mich hier auf die Skizzierung meines eigenen Standpunkts beschränken. Ebenso wie dies Herr Simma während unserer vorigen Tagung in Kiel ausgeführt hat, halte ich es durchaus für denkbar, daß das Völkerrecht außerhalb der in Art. 38 aufgezählten Völkerrechtsquellen aufgrund eines formlosen Konsenses fortgebildet wird55• Meiner Ansicht nach können Resolutionen der Generalversammlung einen derartigen Konsens der Staatengemeinschaft artikulieren und insoweit rechtliche Wirkung erlangen. Rechtstheoretische Grundlage meiner Überlegungen ist, wie schon in einem früheren Beitrag, die generelle Anerkennungstheorie zur Geltung des Rechts58• Voraussetzung ist, daß sich z. B. anhand der einstimmig und vorbehaltlosen Verabschiedung von Resolutionen ein breiter Konsens nachweisen läßt. Einstimmigkeit wird man allerdings nicht immer verlangen dürfen. So konnte die Verrechtlichung des Grundsatzes der Selbstbestimmung durch Resolutionen aufu gegen den Widerstand einzelner alter Kolonialmächte, wie Portugals unter Salazar, vorangetrieben weru Statt vieler: Simma, Methodik und Bedeutung der Arbeit der Vereinten Nationen für die Fortentwicklung des Völkerrechts, in: Kewenig (Anm. 25), 79; Frowein, Der Beitrag der internationalen Organisationen zur Entwicklung des Völkerrechts, ZaöRV 36 (1976), 147; und zuletzt Tomuschat, Die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, Zur Geltungskraft von Deklarationen der UN-Generalversammlung, ZaöRV 36 (1976), 444. u Simma (Anm. 54), 97. u Meessen, Zur Theorie allgemeiner Rechtsgrundsätze des internationalen Rechts: Der Nachweis allgemeiner Rechtsgrundsätze des Europäischen Gemeinschaftsrechts, JIR 17 (1974), 283, 289 f.; vgl. auch meine Diskussionsbemerkung zu dem Referat von Simma, in: Kewenig (Anm. 25), 121 f.

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den57• Freilich erscheint es schwierig, die erforderliche Mehrheit zu quantifizieren. Für wichtiger würde ich es auch halten, zu verlangen, daß die Zustimmung über den Kreis der Interessenten an einer bestimmten Regelung hinausgeht. Das war ja beim Selbstbestimmungsrecht in dem Augenblick der Fall, in dem Frankreich, Großbritannien und andere frühere Kolonialmächte sich dem Kurs der Mehrheit der Staaten in den Vereinten Nationen angeschlossen hatten. Voraussetzung ist ferner, daß die Resolutionen Ausdruck einer "Rechts"überzeugung sind. Resolutionen, die der machtpolitischen Auseinandersetzung dienen, stehen mit der Fortentwicklung des Rechts in keinem Zusammenhang und besitzen daher keine rechtliche Bedeutung. Ich würde hier als Beispiel die Zionismus-Resolution vom November 1975 nennen58• Dieses Erfordernis impliziert eine Absage an alle Versuche, die Generalversammlung zu einem Weltgesetzgeber emporzustilisieren. Resolutionen der Generalversammlung sind nicht als solche Rechtsnormen, sondern leisten lediglich einen Beitrag zur Entstehung von Rechtsnormen und bedürfen der Grundlage einer bereits vorhandenen Rechtsüberzeugung. Die Funktion der Rechtsgestaltung, des social engineering, die der moderne Gesetzgeber in weitem Umfang wahrnimmt, ist der Generalversammlung verschlossen oder höchstens insoweit zugänglich, als sie die öffentliche Meinung beeinflussen und dadurch indirekt Rechtsüberzeugung gestalten kann. Ob der Inhalt von Resolutionen ohne das Hinzutreten von Praxis jemals die Qualität voll ausgebildeter Rechtsnormen erlangen kann, möchte ich offen lassen. Im Rahmen der Ausfüllung der Entschädigungspflicht genügt es, wenn auf den Inhalt von Resolutionen als völkerrechtlich verbindliche Topoi Bezug genommen werden darf. In dieser Eigenschaft hat der Internationale Gerichtshof Resolutionen der Generalversammlung zuletzt in dem West-Sahara-Gutachten vom Oktober 1975 herangezogen, indem er den Begriff "rechtliche Bindungen" ("liens juridiques") aus der Sicht allgemeiner und speziell auf die Sahara-Region bezogener Dekaionisierungsresolutionen interpretierte59• Trotz der geringen Anzahl von Entscheidungen kann die Rechtspre57 Vgl. zuletzt Partsch, "Selbstbestimmungsrecht", in: Handbuch Vereinte Nationen, hrsg. von Wolfrum I Prill/ Brückner, 1977, 392; Delbrück, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker im Völkerrecht der Gegenwart, Vereinte Nationen 1977, 6. 58 Generalversammlung, Resolution 3379 (XXX) v. 10. 11. 1975 (72 : 35 : 32). Der operative Teil der Resolution lautet: "The General Assembly .. . Determines that zionism is a form of racism and racial discrimination." 59 IGH, Gutachten v. 16. 10. 1975, West-Sahara-Fall, ICJ Reports 1975, 12, 31 f., 67 f. Zur früheren Rechtsprechung vgl. Frowein (Anm. 54), 155.

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chung des Haager Gerichts noch am ehesten als Beweis der "generellen Anerkennung" einer völkerrechtlichen Rechtsquelle und Rechtsfindungsmethode herangezogen werden60 • Insofern bildet sich allmählich ein Konsens über die Möglichkeit einer Fortentwicklung des Völkerrechts durch den in Resolutionen der Generalversammlung artikulierten Konsens der Staatengemeinschaft. Ich möchte nunmehr das Bestehen oder Nichtbestehen derartiger völkerrechtlicher Gesichtspunkte anhand einiger Probleme völkerrechtlichen Enteignungsrechts im Nord-Süd-Konflikt erörtern. 11. Auszugehen ist nach wie vor von dem erlittenen Schaden, d. h. von dem Vermögensverlust, den der Heimatstaat durch die Enteignung seines Staatsangehörigen erlitten hat. Dieser Ausgangspunkt läßt sich einerseits als Regel des völkerrechtlichen Deliktrechts herleiten61• Daneben möchte ich auf einen spezifischen Ansatzpunkt in der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten hinweisen. Dort heißt es in Art. 24, einer Bestimmung, die übrigens einstimmig angenommen worden ist: "All States have the duty to conduct their mutual economic relations in a manner which takes into account the interests of other countries. In particular, all States should avoid prejudicing the interests of developing countries." Daraus, daß nach Satz 2 die Interessen der Entwicklungsländer besonders zu beachten sind, darf im Rückschluß gefolgert werden, daß die Interessen von Industrieländern immerhin auch beachtet werden müssen. "Beachtung der Interessen" kann in unserem Zusammenhang nur bedeuten, daß das Interesse als solches, d. h. bei Enteignungen in Höhe des nach dem Marktwert berechneten Schadens, in Ansatz gebracht wird. Inwieweit dieses Interesse berücksichtigt wird, hängt nach Art. 24 wiederum von den Interessen des Enteignerstaats ab. Ich möchte diesen Hinweis auf Art. 24 nicht überbewerten, aber doch festhalten, daß sich hier eine Auffanglinie abzeichnet, die auf allgemeinem Konsens beruht. Die Entschädigungspflicht wird dann zwar nicht mehr als eine automatische Folge, die sich aus dem Schutz privater Rechte ergibt, verstanden, aber doch noch im Rahmen einer zwischenstaatlichen Interessenabwägungspflicht vorgesehen. 12. Manche Enteignungen in Entwicklungsländern - keineswegs alle - sind Bestandteile von Sozialreformprogrammen. Früher schon hat man die These vertreten, daß bei derartigen Verstaatlichungsmaßnahmen nur eine partielle Entschädigung zu leisten sei62• Aus der Sicht eo Meessen (Anm. 30), 73; vgl. auch oben Anm. 56. Statt vieler: Verdross I Simma, Universelles Völkerrecht, 1976, 629 f. sz Nachweise bei Burkhardt, Völkerrechtliche Aspekte der lateinamerikanischen Nationalisierung, Verfassung und Recht in Übersee 4 (1971), 283, 291 f. 81

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des innerstaatlichen Rechts ist eine Differenzierung zwischen Einzelenteignung und Verstaatlichung ganzer Industriezweige verständlich, nicht aber aus völkerrechtlicher Sicht, denn der enteignete Ausländer erhält - ich habe das bereits angesprochen -, anders als der enteignete Inländer, nicht die Möglichkeit, an den Vorteilen, die von der Überführung großer Vermögensmassen in Gemeineigentum erwartet oder erhofft werden, zu partizipieren, er trägt nur den Nachteil seines persönlichen Vermögensverlustes83• Es erscheint daher auch nicht richtig, die Zahlung von Enteignungsentschädigungen an Ausländer in einer Zeit, in der viele Staaten von der Marktwirtschaft zur mehr oder minder stark ausgeprägten Planwirtschaft überwechseln, als anachronistisch anzusehen. Die Enteignungsentschädigung hat die Funktion, im zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehr erlittene Vermögensverluste auszugleichen. Diese Funktion entfällt nicht auf Grund der innerstaatlichen Solidargemeinschaft, sie bleibt vielmehr solange erhalten, als es verschiedene staatliche Wirtschaftseinheiten gibt. Die Annahme einer zwischenstaatlichen Solidargemeinschaft von auch nur annähernd vergleichbarer Intensität ist zumindest verfrüht64 • Soweit nicht aus anderen Gründen eine Herabsetzung der Entschädigungspflicht gerechtfertigt ist, müßte Ausländern bei Verstaatlichung volle Entschädigung gewährt oder auf die Verstaatlichung verzichtet werden. Letzteres hat Giovanni Agnelli klar erkannt, wenn er, wie dies in der Neuen Zürcher Zeitung und im Handelsblatt berichtet worden ist, die Beteiligung an FIAT nicht nur wegen des hohen Verkaufspreises, sondern auch, um der Gefahr einer Verstaatlichung in Italien entgegenzuwirken, an Libyen verkauft hat65• - Mit dieser Bemerkung am Rande will ich natürlich nicht Italien im Nord-Süd-Konflikt der Südseite zuordnen. 13. Im Gegensatz zur sozialreformerischen Funktion der Enteignung, die keine Besonderheit des Nord-Süd-Konflikts darstellt, führt uns der Versuch, durch Enteignungen die Einkommensverteilung zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern zu ändern, in das Zentrum der Auseinandersetzung. Ich möchte hier von einer globalen Verteilungsfunktion der Enteignung sprechen. Die Industrieländer haben in unzähligen Resolutionen der Generalversammlung der Aufgabe, die Entwicklungsländer durch Kapitalhilfe, Zollpräferenzen, Technologietransfer usw. in ihrer Entwicklung zu unterstützen, zugestimmt66• Auch in Vgl. oben S. 12. Vgl. hierzu Knut Ipsen, Entwicklung zur ,.collective economic security" im Rahmen der Vereinten Nationen?, in: Kewenig (Anm. 25), 11; Scheuner, Solidarität unter den Nationen als Grundsatz in der gegenwärtigen internationalen Gemeinschaft, in: Festschrift für E. Menzel, 1975, 251. 85 NZZ v. 4.12. 1976, 13; Handelsblatt v. 6. 12. 1976, 11. 88 Vgl. z. B. Generalversammlung, Resolution 2626 (XXV) v. 24. 10. 1970; Resolution 3201 (S-VI) v. 1. 5. 1974; Resolution 3202 (S-VI) v. 1. 5. 1974; Reso83

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der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten heißt es in dem einstimmig angenommenen Art. 22: "All States should respond to the generally recognized or mutually agreed development needs and objectives of developing countries by promoting increased net flows of real resources to the developing countries from all sources, taking into account any obligations and commitments undertaken by the States concerned, in order to reinforce the efforts of developing countries to aceeierate their economic and social development." Die Pflicht zur Übertragung realer Ressourcen ist ebenso wortreich wie vorsichtig formuliert ("should respond to the needs"). Sie ist aber in ihren Grundlagen nicht umstritten. Ob man mit Maurice Flory bereits von einer selbständigen Pflicht zur Angleichung der wirtschaftlichen Bedingungen sprechen kann, möchte ich offen lassen87 • Zumindest erscheint es mir richtig, diesen Gesichtspunkt in die Kriterien zur Bemessung der Entschädigung mitaufzunehmen. Was folgt hieraus? Ich halte Enteignungen grundsätzlich nicht für ein geeignetes Mittel, die globale Einkommensverteilung zu korrigieren. Es ist jedoch bemerkenswert, daß die Gewinntransfederungen aus Entwicklungsländern in die Vereinigten Staaten und nach Großbritannien die Gesamtkapitalzuflüsse aus diesen beiden Staaten in Entwicklungsländer Anfang der 70er Jahre um das eineinhalb- bis dreifache überstiegen habenss. Anstatt also "reale Ressourcen" zur Verfügung zu stellen, kam es jedenfalls auf dem privaten Sektor zu Nettokapitalabflüssen. Da es sich um Durchschnittswerte handelt, kann man annehmen, daß einzelnen Entwicklungsländern in noch größerem Umfang Kapitalmittel entzogen worden sind. Freilich sind an Stelle einer Enteignung auch jetzt noch andere Maßnahmen, wie Besteuerung, Devisenregelung usw., denkbar. Auch wäre zu überlegen, ob nicht gerade die Enteignung derartig gewinnbringender Anlagen auch gegen eine Entschädigung, die aus künftigen Gewinnen finanziert wird, vorgenommen werden könnte. Soweit dies jedoch nicht möglich ist und soweit die sonstigen finanziellen Möglichkeiten des Gaststaates beschränkt sind, darf dem Gesichtspunkt eines ÜbermäßigenRessourcenentzugs nicht jede Berechtigung abgesprochen werden. Südamerikanische Staaten gestatten in dem Andean Investment Code von 1971 einen Gewinntransfer bis zur Höhe von 14 Ofo lution 3362 (S-VII) v. 16. 9. 1975 (sämtlich ohne Abstimmung - z. T. mit nachträglichen Vorbehalten- angenommen). 87 Flory, Inegalite economique et evolution du droit international, in: Pays en voie de developpement et transformation du droit international, 1974, 11, 33 - 40. 88 Bethke I Koopmann, Multinationale Unternehmen und Entwicklungsländer, 1975, 84 f.; vgl. auch Winfried Schneider, Direktinvestitionen und die Politik der Entwicklungsländer, 1974, 44 f.

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jährlich89• Ob eine prozentuale Festlegung möglich ist, erscheint mir angesichts der unterschiedlichen Investitionsrisiken zweifelhaft. Aber irgendwo gibt es, je nach den Umständen des Einzelfalles, eine Grenze, die auch bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigen ist. Die wirtschaftliche Macht multinationaler oder, wie sie neuerdings heißen, transnationaler Unternehmen ist oft mit staatlicher Macht verglichen worden. Mittelamerika gilt als United Fruit territory. Die amerikanischen Kupfergesellschaften in Chile, die internationalen Konzerne der Erdölindustrie am Persischen Golf, in Nordafrika, Nigeria, Venezuela und Peru sind weitere Beispiele noch bestehender oder erst vor kurzem abgelöster Machtverhältnisse, in denen den Gaststaaten kaum die Möglichkeit gegeben war, eine wirklich unabhängige Wirtschaftspolitik zu planen und zu vollziehen. Entwicklungsländer besitzen in vielen Fällen weder ausreichende Informationen über das wirtschaftliche Verhalten transnationaler Unternehmen noch das gesetzgeberische und administrative know how, um diese Unternehmen mit den Instrumenten des Steuerrechts, des Arbeitsrechts, des Kartellrechts, des Devisenrechts und der Wirtschaftsplanung zu kontrollieren und im Sinne ihrer eigenen wirtschaftspolitischen Ziele zu lenken. Die ultima ratio der Enteignung liegt nicht allzu fern und erhält vor allem dann den Applaus der breiten Öffentlichkeit in den Entwicklungsländern, wenn mehr oder weniger gerechtfertigte Vorwürfe der Korruption und der politischen Parteinahme gegen die Investoren erhoben werden können. Ich verweise nur auf die vom amerikanischen Senat angestellten Ermittlungen über das Verhalten des Konglomerates ITT in Chile70• Die Kontrollfunktion stellt die vielleicht wichtigste Funktion wirtschaftspolitisch motivierter Enteignungen in den Entwicklungsländern dar. Daß den Entwicklungsländern nicht nur die Verfügungsfreiheit über ihre Bodenschätze, sondern das Recht zur Wahl und Verwirklichung der von ihnen für zweckmäßig gehaltenen Wirtschaftspolitik zusteht, ist allgemein anerkannt. Art. 1 der Charta der wirtschaftlichen Rechte lautet: "Every State has the sovereign and inalienable right to choose its economic system as weil as its political, social and cultural systems in accordance with the will of its people, without outside interference, 89 Art. 37 des Andean Foreign Investment Code, Commission of the Cartagena Agreement, Entscheidung Nr. 24 v. 31. 12. 1970 in der Fassung vom 17. 7. 1971, ILM 11 (1972), 126. An die Stelle dieser Obergrenze für den Gewinntransfer, der außerdem einer besonderen Erlaubnis des Gaststaats bedarf, ist inzwischen ein Richtwert von 20 Ofo getreten (Art. 37 Andean Foreign Investment Code in der Fassung vom 30. 11. 1976, ILM 16 [1977] 138). 70 U. S. Senate, 93rd Congress, 2nd Session, Subcommittee on Multinational Corporations of the Committee on Foreign Relations, Hearings, Part 1 - 2.

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coercion or threat in any form whatsoever." Dieser Artikel ist in der Einzelabstimmung einstimmig verabschiedet worden. Freilich wird die Zustimmung um so geringer, je konkreter dieses Recht auf wirtschaftliche Souveränität gefaßt wird. Dies zeigt sich etwa darin, daß Art. 2 Abs. 2 a in der Einzelabstimmung nur noch mit 119 gegen 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen passieren konnte. In dieser Bestimmung ist das Recht, über ausländische Investitionen die Kontrolle auszuüben, verankert. In dieselbe Richtung zielt jedoch eine Erklärung der Mitgliedstaaten der OECD vom 21. Juni 1977, so daß von einem grundsätzlichen Dissens der Industrieländer nicht die Rede sein kann71• Auch die Resolution 3514 vom 15. Dezember 1975 ist durch Konsensus, also einstimmig, von der Generalversammlung verabschiedet worden72• In ihr werden korrupte Praktiken verurteilt. Zugleich werden sowohl der Heimatstaat als auch der Gaststaat transnationaler Unternehmen zu Gegenmaßnahmen aufgerufen. Die Beispiele ließen sich vermehren. Insgesamt kann eine Tendenz festgestellt werden, die Beziehungen zwischen transnationalen Unternehmen und Gaststaaten in Einzelfragen durch sogenannte Verhaltenskodizes zu regeln. Meiner Ansicht nach müssen sowohl die Grundsatzentscheidung für die wirtschaftliche Souveränität der Gaststaaten als auch die unstreitigen Details derartiger Verhaltensregeln als Bemessungskriterien bei Enteignungen anerkannt werden. Allerdings gilt dies nicht in dem Sinne, daß eine Enteignung als gerechte Strafe für unzulässige Einmischung in die Wirtschaftspolitik der Gaststaaten oder für kodexwidriges Verhalten angesehen werden darf. Vielmehr muß sich aus den Umständen ergeben, daß die Enteignung das einzig angemessene Mittel zur Beendigung des Abhängigkeitsverhältnisses darstellt und daß sich die Abstriche an der vollen Entschädigung aus der wirtschaftlichen Lage des Gaststaates rechtfertigen. Letzteres wäre bei den erdölexportierenden Staaten in aller Regel nicht der Fall. Bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung genügt die Unterscheidung zwischen Einzelenteignung und Verstaatlichung nicht. Im Einklang mit einer Tendenz in der neueren Literatur ist stärker zu differenzieren73• Um aber einer Ideologisierung der Diskussion ent71 Guidelines for Multinational Enterprises, enthalten in der Erklärung der Regierungen der OECD-Mitgliedstaaten (ohne Beteiligung der Türkei) vom 21. 6. 1976, ILM 15 (1976), 967; vgl. auch die einstimmig angenommene Resolution des Ständigen Rats der Organisation Amerikanischer Staaten v. 10. 7. 1975, ILM 14 (1975), 1326. 72 Generalversammlung, Resolution 3514 (XXX) v. 15. 12. 1975, vgl. auch die in Anm. 71 genannten Stellungnahmen. 73 Vgl. z. B. Touscoz, Le regime juridique international des hydrocarbures et le droit international de developpement, Journal du droit international 100 (1973), 296, 324 f.; C. F. Amerasinghe (Anm. 50); Orrego Vicuiia (Anm. 50).

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gegenzuwirken, erscheint es mir wichtig, die Differenzierungskriterien als vom Konsens der Staatengemeinschaft getragene Topoi nachzuweisen. Ich habe versucht, einige Ansatzpunkte zur Ermittlung von Kriterien, die bei der Berechnung der Höhe der Entschädigungen zu beachten sind, zu nennen. Freilich bedürfen diese Kriterien noch einer schärferen Konturierung anband der Resolutionen der Generalversammlung und auch anband der Enteignungspraxis der letzten Jahre, die auf ihre politischen Motivationen hin bisher wenig erforscht ist. Insgesamt fürchte ich aber, daß das allgemeine Völkerrecht zur Höhe der Entschädigung derzeit keine klaren Normen, sondern nur einen Argumentationsrahmen enthält.

V. Rechtspolitischer Ausblick 14. Enteignungen markieren Epochen des Umbruchs und der Neuordnung. Sobald sich die neue Ordnung konsolidiert hat, ist anzunehmen, daß sie mit derselben Zähigkeit verteidigt wird, mit der manche auch heute noch für eine volle Entschädigung von Auslandsinvestitionen in Entwicklungsländern, ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls, eintreten. In einigen Ländern der dritten Welt, die in die Rolle von Kapitalexportländern, zum Beispiel im Rahmen des recycling der Erdölgelder hineinwachsen, zeichnet sich eine derartige Änderung der Haltung bereits ab. Wechselseitige Investitionen sind der beste lnvestitionsschutz. Die Hoffnung auf ein Abebben der Enteignungswelle und auf eine erneute Konsolidierung des Entschädigungsstandards darf uns nicht genügen. Als Juristen und Völkerrechtler müssen wir uns überlegen, welchen Beitrag wir zur rechtspolitischen Gestaltung leisten können. Das Augenmerk galt in den vergangeneo beiden Jahrzehnten einer Positivierung und Effektuierung der Entschädigungspflicht, wohl in der Hoffnung, auf diese Weise von Enteignungen abzuschrecken74• Meiner Ansicht nach - dies ist meine rechtspolitische These - muß zusätzlich versucht werden, gegen die Ursachen von Enteignungen vorzugehen. Anzusetzen ist an den Enteignungsfunktionen. Der Einsatz von Enteignungen als Instrument der Sozialreform wird sich durch Rechtsnormen nicht ausschließen lassen. Auch die ungleichmäßige Einkommensverteilung zwischen Nord und Süd ist eher eine langfristige Aufgabe für den Wirtschaftspolitiker als für den Juristen. 14 Vgl. etwa Schwarzenherger (Anm. 6); zuletzt Juhl, Zur Bewältigung politischer Investitionsrisiken in den Entwicklungsländern, Das Konzept einer "Free Investment Area", Die Weltwirtschaft 1976. 191.

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Allerdings kann versucht werden, durch unterstützende rechtliche Maßnahmen das Auftreten neuer Ungleichgewichte, etwa durch Nettokapitalabflüsse, zu verhindern. Eine zentrale rechtliche Aufgabe sehe ich aber darin, daß die Kontrolle über transnationale Unternehmen intensiviert wird. Die Industrieländer haben sich allzu lange auf eine liberale Staatstheorie zurückgezogen und das Handeln transnationaler Unternehmen im Ausland als gesellschaftliches Handeln außerhalb ihrer Verantwortung angesehen. In Wirklichkeit haben die Industrieländer jedoch diese Freiräume selbst geschaffen und daher mitzuverantworten75. Als Heimatstaaten multinationaler Unternehmen besitzen sie zudem bessere Informations- und Kontrollmöglichkeiten als der Gaststaat. 15. Freilich ist es leichter, zur Kontrolle aufzurufen, als diesen Aufruf in die Praxis umzusetzen. Für Entwicklungsländer liegt das Haupthindernis, wie bereits erwähnt, in dem Mangel an Informationen und in dem Mangel an administrativem und gesetzgeberischem know how. Für die Industrieländer besteht das Problem darin, daß sie nicht befugt sind, die politischen Prioritäten in den Gaststaaten zu setzen, und daß sie auf der anderen Seite Schwierigkeiten haben, diese Prioritäten, wie sie von den Gaststaaten selbst gesetzt werden, zu erkennen. Hierin liegt auch ein Problem für diejenigen transnationalen Unternehmen, die sich bemühen, Politik und Recht der Gaststaaten zu beachten76. Verhaltenskodizes, die auf weltweite Anwendbarkeit ausgerichtet und daher notgedrungen allgemein gehalten sind, können keine Abhilfe schaffen. Meiner Ansicht nach, mit diesem praktischen Vorschlag möchte ich schließen, könnte die Einsetzung zwischenstaatlicher Ausschüsse zur Lösung des Kontrollproblems beitragen. In derartige Ausschüsse würden die Heimatstaaten Informationen und administrative Techniken und die Gaststaaten die politischen Richtlinien einbringen. Unter der freilich nicht überall gegebenen- Voraussetzung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit innerhalb des Ausschusses und mit den in dem jeweiligen Gaststaat tätigen transnationalen Unternehmen sollte es möglich sei, Politik und Recht des Gaststaates diesen Unternehmen deutlich und kalkulierbar zu machen. Das Rentabilitätsdenken der Unternehmen ließe sich auf diese Weise besser auf die von den Gaststaaten gesetzten wirtschaftlichen und politischen Prioritäten abstimmen, ohne daß das undifferenzierte Instrument der Enteignung - so 75 Meessen, ,.Souveränität", in: Wolfrum I Prill I Brückner (Anm. 57), 404, 407; vgl. auch die Erklärung des amerikanischen Deputy Secretary of State v. 5. 3. 1976 zur Mitverantwortung der USA für korrupte Praktiken multinationaler Unternehmen im Ausland, ILM 15 (1976), 469. 78 Vgl. U. S. Adress on Global Consensus and Economic Development v. 1. 9. 1975, 7. Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen, ILM 14 (1975), 1538, 1545.

Völkerrechtliches Enteignungsrecht im Nord-Süd-Konflikt

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hoffe ich - zum Einsatz käme. Für eine Verringerung des Enteignungsrisikos wäre dies kein zu hoher Preis. Schließlich sind die Unternehmen, die im Ausland investieren, letztlich nicht an einer Enteignungsentschädigung, und sei es auch an einer vollen Entschädigung, sondern an einer Weiterführung ihrer ausländischen Produktionsstätten im Rahmen einer langfristig angelegten Geschäftspolitik interessiert.

Thesen I. Theorien zur Entschädigungspflicht im allgemeinen Völkerrecht

1. Nach der Theorie der wohlerworbenen Rechte ist bei Enteignung ausländischen Vermögens eine volle Entschädigung zu leisten (prompt, adequate, effective).

2. Nach der Theorie der wirtschaftlichen Souveränität steht dem Enteignerstaat die Entscheidung darüber zu, ob und in welcher Höhe Entschädigung geleistet wird. 3. Eine Skala vermittelnder Ansichten läßt eine teilweise Entschädigung (appropriate compensation), vor allem bei Verstaatlichungen, genügen.

II. Pflicht zur Zahlung einer vollen Entschädigung? 4. Allgemeine, aus übereinstimmendem innerstaatlichen Enteignungsrecht hergeleitete Rechtsgrundsätze sind nicht geeignet, eine völkerrechtliche Pflicht zur Zahlung einer vollen Entschädigung zu begründen. 5. Eine Übung der Entwicklungsländer, bei wirtschaftspolitisch motivierten Enteignungen eine volle Entschädigung zu zahlen, besteht nicht. 6. Eine sich möglicherweise aus früherem Völkergewohnheitsrecht ergebende Pflicht zur Zahlung einer vollen Entschädigung besteht jedenfalls heute nicht mehr. 7. Die Entwicklungsländer sind nicht verpflichtet, bei wirtschaftspolitischen Enteignungen ausländischen Investoren stets eine volle Entschädigung zu zahlen. 3 Symposion 1976

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Karl Matthias Meessen

III. Zahlung einer Entschädigung nach

Belieben des Enteignerstaats?

8. Entwicklungsländer sind bei wirtschaftspolitischen Enteignungen zur Zahlung einer Entschädigung, deren Höhe völkergewohnheitsrechtlich nicht feststeht, verpflichtet.

IV. Kriterien der Entschädigungsbemessung 9. Neben dem Dissens in der Entschädigungsfrage hat sich ein völkerrechtlich relevanter Konsens über eine Reihe von Gesichtspunkten, die bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen sind, herausgebildet. 10. Der völkerrechtlich relevante Konsens kann zum Teil Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen entnommen werden. 11. Bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung ist vom vollen Wert (Marktwert) der enteigneten Wirtschaftsgüter auszugehen. 12. Nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des Enteignerstaats kann die Enteignungsentschädigung nicht allein deswegen herabgesetzt werden, weil die gegen Ausländer gerichteten Enteignungsmaßnahmen Teil einer allgemeinen Sozialisierungspolitik sind (sozialreformerische Funktion der Enteignung). 13. Eine Herabsetzung der Höhe der Entschädigung ist nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des Enteignerstaats möglich, wenn die Enteignung angezeigt war, - um einem übermäßigen Entzug finanzieller Ressourcen entgegenzuwirken (globale Verteilungsfunktion) oder - um Einwirkungen in die Wirtschaftspolitik des Gaststaats, die den Grundsatz der wirtschaftlichen Souveränität und die in Konkretisierung dieses Grundsatzes allgemein akzeptierten Verhaltensregeln verletzen, abzuwehren (Kontrollfunktion).

V. Rechtspolitischer Ausblick 14. Es muß versucht werden, gegen die Ursachen von Enteignungen insbesondere dadurch vorzugehen, daß die von dem Gaststaat und dem Heimatstaat über transnationale Unternehmen auszuübende Kontrolle intensiviert wird. 15. Zur Lösung des Kontrollproblems wird die Einsetzung bilateraler Kontrollausschüsse, in die die Heimatstaaten Informationen und administrative Techniken und die Gaststaaten politische Richtlinien einbringen, vorgeschlagen.

Diskussion zum Referat von Karl Mattbias Meessen Seidl-Hohenveldern:

Nachdem ich als erster das Wort habe, möchte ich zunächst einmal Herrn Meessen wirklich von Herzen für dieses sehr schöne Referat danken, das sich durch große Wirklichkeitsnähe auszeichnet. Bei meiner Zustimmung gehe ich von der Voraussetzung aus, daß ich Herrn Meessen richtig dahingehend verstanden habe, daß er zwar die Möglichkeit zugibt, daß sich aus Resolutionen der Vereinten Nationen ein Konsens und damit Völkergewohnheitsrecht bilden kann, daß aber jedenfalls für diese sog. Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten noch nicht einmal Spuren eines solchen Konsenses bestünden. Selbst die Worte "noch nicht" sind vielleicht unangebracht. Im Annuaire Fran~ais de Droit International 1975, S. 675 haben Kommentatoren geschrieben, daß im Hinblick auf die spätere Praxis nach 1974z. B. den Abschluß des österreichisch-tschechoslowakischen Global-Entschädigungsabkommens eine Woche nach der Annahme dieser Charta und den Abschluß von Investitionsschutzverträgen von Ägypten mit Frankreich und England ebenfalls nach dieser Charta, in denen am Grundsatz einer völkerrechtlichen Entschädigungspflicht festgehalten wird - , man gerade bei dieser Charta nicht von einem Recht in statu nascendi, sondern eher von einer Aspiration in statu moriendi sprechen könnte. Das mag zwar "wishful thinking" sein, aber ich wollte diesen Hinweis hier immerhin anbringen. Zu dem Konsensbegriff stimme ich grundsätzlich mit Ihnen überein, daß aus Resolutionen der Generalversammlung oder aus Teilen solcher Resolutionen Völkergewohnheitsrecht herausdestilliert werden kann. Allerdings muß der Konsensbegriff hier wohl anders verstanden werden, als er in der Geschäftsordnung der KSZE definiert war. Für die Zwecke der KSZE galt nur eine tatsächlich geäußerte Gegenstimme als Dissens. Das war für die Praxis einer Konferenz eine durchaus sachgemäße Regelung. Sie kann aber nicht Vorbild sein für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht. Hierfür ist dogmatisch gesehen immer das Vorhandensein einer Rechtsüberzeugung nachzuweisen. Hier kann daher eine Stimmenthaltung doch keineswegs als Bejahung der Rechtsüberzeugung gedeutet werden: Wenn ich von einem Recht überzeugt bin, dann bejahe ich es dadurch, daß ich dafür stimme. Dann enthalte

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ich mich doch nicht der Stimme. Die Stimmenthaltung ist zumindest ein Zeichen der Unsicherheit, d. h. der fehlenden Rechtsüberzeugung. Für den technischen Wissenschaftsbereich möchte ich anregen, daß wir Völkerrechtler in der Bundesrepublik Deutschland dann, wenn wir Textsammlungen mit Resolutionen der Vereinten Nationen herausgeben, dabei ersichtlich machen, welche Staaten sich der Stimme enthalten oder gegen die betreffende Resolution gestimmt haben. Wenn das systematisch genug gemacht wird, besonders auch in Texten für die Zwecke der Studenten, dann wird nämlich bei den Studenten und auch im größeren Publikum die Meinung etwas unterminiert werden, Resolution sei gleich Resolution und ihnen allen gebühre schuldige Ehrfurcht. Die Verwirklichung dieser technischen Anregung hätte nicht nur politisches Gewicht, sondern würde gleichzeitig auch dazu führen, Mißverständnisse über die Entstehung eines Konsensus hintanzuhalten. Über den Inhalt der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten besteht innerhalb der Völkerrechtsgemeinschaft gewiß kein Konsens. Ich bin hier ganz Ihrer Meinung. Man kann in dem Wortlaut dieser Charta, wenn man sie nur etwas dialektisch auslegt, gerade auch eine Stützung unserer eigenen Ansichten finden, obwohl das sicher nicht der Sinn ihrer Autoren war. Es heißt doch darin, daß "all economic wealth and all economic activities" geschützt werden sollen. Zu den economic activities gehört aber doch auch die Tätigkeit der Auslandsinvestoren. Auch die Bundesrepublik Deutschland hat also ein Recht auf den Schutz ihrer resources und ihrer economic activities, nicht nur im eigenen Land, sondern auch im Ausland. Natürlich kommt ein solches Schutzrecht in Konflikt mit dem Schutzrecht des Gastlandes. Beide Rechte engen sich notwendigerweise ein. Die Bejahung eines solchen Schutzrechtes des kapitalexportierenden Landes entspricht im übrigen eher sozialistischen als liberalen Auffassungen von der Wirtschaft. Gros hat in seiner concurring opinion zum Barcelona-TractionFall, ICJ-Reports 1970, S. 269, ja gerade auf diese Entwicklung hingewiesen, daß heute auch ein Staat, der nicht zentralwirtschaftlich organisiert ist, die Auslandsbeteiligungen seiner Staatsangehörigen viel stärker als Teil seiner national wealth und resources ansieht, als das etwa im liberalen 19. Jahrhundert der Fall war. Hinsichtlich einer Einengung des völkerrechtlichen Schutzes des Eigentums, der aber doch mit dieser grundsätzlichen Bejahung Hand in Hand geht, habe ich schon auf die Globalentschädigungsverträge hingewiesen. Ich glaube, daß Sie die Vertragspraxis vielleicht doch etwas zu leicht beiseite geschoben haben. Ihre Ausführungen über die Investitionsschutzverträge sind an und für sich zutreffend. Es gibt viele dieser Verträge, und sie sind praktisch insoweit tatsächlich nicht bedeutend

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geworden, als sich um diese Verträge nicht allzuviel case law gebildet hat. Was wir allerdings nicht wissen können, ist, inwieweit Investitionsschutzverträge einfach auch dadurch wirken, daß sie so wie die "fleet in being" eben da sind und daß sich ein Staat, der sich nun einmal verpflichtet hat, doch grundsätzlich etwas scheut, Verträge offen zu verletzen. Insoweit sind auch diese anscheinend nicht sehr praktisch gewordenen Verträge doch vielleicht manchmal von gewisser praktischer Bedeutung. Die Globalentschädigungsverträge könnten sogar Ausdruck einer Rechtsüberzeugung sein. Ich nehme hier die Gelegenheit wahr, von einer These abzugehen, die ich noch in meinem eigenen Völkerrechtslehrbuch vor zwei Jahren vertreten habe. Ich habe dort aufS. 290 gesagt, ein Globalentschädigungsabkommen wäre nichts als ein einseitiger Schuldnachlaß des Gläubigerstaates, ähnlich einer Bank, die einen in Schwierigkeiten geratenen Kunden nicht in den Konkurs treiben will. Ich glaube nunmehr, daß die große Zahl derartiger Verträge und auch die Motivenberichte, mit denen die Regierungen der Investorenländer derartige Verträge ihren Parlamenten vorlegen, nun doch wohl dazu führen, daß sich hier mehr oder minder eine Art von Gewohnheitsrecht heute schon langsam abzeichnet, demzufolge zwar eine Entschädigung gebührt, die aber eben weniger als voll sein kann. Für diese Ansicht gibt es möglicherweise sogar eine Art Gegenprobe. Lillich und Weston führen in ihrem Buch über Globalentschädigungsverträge (International Claims: Their Settlement by Lump Sum Agreements, 1976, Bd. I, S. 250- 251) gegen diese Schuldnachlaßtheorie an, ein Schuldnachlaß müsse auf Freiwilligkeit beruhen, damit man daraus auf das Bestehen einer diesbezüglichen Rechtsüberzeugung schließen könne. Diese Freiwilligkeit setze aber voraus, daß man überhaupt vor einen Richter gehen könne. Das trifft im Analogiefall der Banken natürlich zu, die den Konkursrichter ohne weiteres anrufen können. Im zwischenstaatlichen Verkehr ist es aber im allgemeinen nicht möglich, den Schuldnerstaat vor einem internationalen Gericht zu verklagen. Daher wäre also der Schuldnachlaß, den die Gläubigerstaaten hier gewähren, eben doch nicht eine Art freiwilligen Zugeständnisses, sondern doch eher ein Akt der Resignation, eben der Einsicht, daß man hier nicht mehr herausholen könne. Von dieser Resignation her baut sich dann natürlich leichter eine Brücke zum Gewohnheitsrecht als bei der innerstaatlichen Situation, in der eine Bank freiwillig im konkreten Fall auf ihr grundsätzlich bejahtes Recht verzichtet, das Gericht anzurufen. Sie unterscheiden ferner wirtschaftspolitisch motivierte Verstaatlichungen von Enteignungen, z. B. von 5 qm Grund für den Ausbau irgendeiner Bundesstraße. Wo bringen Sie die Eigentumsentziehungen unter, in denen die eingreifende Regierung nicht wirtschaftspolitisch,

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sondern rein politisch national argumentiert, also z. B. alles Eigentum, das den Asiaten oder den Weißen gehört, verstaatlicht oder statt einer Verstaatlichung bestimmt, diese Personen dürften kein Eigentum mehr haben, sie könnten es aber ruhig einem anderen Inländer verkaufen. Wenn derartige Tendenzen mit einer Verstaatlichung verfolgt werden, ist das eine wirtschaftspolitische Verstaatlichung im Sinne Ihrer Ausführungen oder nicht? Ihrer Ansicht, daß bei der Berechnung der Entschädigung grundsätzlich zunächst von der vollen Entschädigung auszugehen sei, kommt erstaunlicherweise auch wieder diese Charta zu Hilfe. In Art. 16, dem Artikel, der sich gegen die koloniale Apartheid, Ausbeutung usw. richtet, heißt es: "States which practice such coercive policies are economically responsible to the countries, territories and peoples affected for the restitution and full compensation for the exploitation and depletion of, and damages to, the natural and all other resources of those countries, territories and peoples." Hier ist also die Forderung nach voller Entschädigung, dort, wo es um Interessen heutiger Entwicklungsländer oder von Entwicklungsstaaten in statu nascendi wie Namibia usw. geht, in dieser seihen Charta ausdrücklich verankert. Daß die Bundesrepublik nach Art. 14 des Grundgesetzes unter Umständen weniger als volle Entschädigung zahlt, dafür gibt es einen schönen Beweis in BGH 19. 12. 1957, BGHZ 26, 200 (202). Darin hat der Bundesgerichtshof die Bestimmung des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Schiffahrts- und Handelsvertrages über full compensation dahingehend ausgelegt, daß die Regelung des Baulandbeschaffungsgesetzes vom 3. 8. 1953, nach der bei bombengeschädigten Grundstücken zur Ablöse nicht der volle Handelswert zu zahlen sei, zwar mit Art. 14 des Grundgesetzes, nicht aber mit Art. V Z. 4 dieses Vertrages übereinstimme. Daher gebühre einem Amerikaner, der Eigentümer eines solchen Ruinengrundstückes war, volle Entschädigung. Gegenüber corrupt practices von transnational corporations gäbe es Ihrer Meinung nach die Möglichkeit der Verstaatlichung als letzte Reaktion auf derartige Praktiken. Wer soll hier aber verstaatlichen? Der Sitzstaat oder einer der Staaten, in dem die Firma ihre Tätigkeit ausübt? Sie wissen, daß Schwarzenherger (Foreign Investments and International Law (1969), S. 193) den Gedanken der sog. protective counter-nationalization entwickelt hat. Die Heimatstaaten der Auslandsinvestoren sollten die Auslandsguthaben ihrer Staatsbürger verstaatlichen, um ihnen dadurch den Schutz der Staatsimmunität zu gewähren. Wollten Sie vielleicht auch anregen, daß die Heimatstaaten solche transnationalen Gesellschaften verstaatlichen sollten? Die Frage wäre nur, ob damit corrupt practices unterbunden wären, ob nicht Ministerialräte vielleicht genauso gut zu corrupt practices im Ausland fähig wären, wie irgendwelche Vorstandsmitglieder. So wurde etwa

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die WienerBauring AG, ein 100 °/o im Eigentum der öffentlichen Hand stehendes Unternehmen, u. a. dadurch an den Rand des Bankrotts gebracht, daß sie ausgerechnet saudiarabische Prinzen zu bestechen versucht hat. Ihren Vorschlag einer Kommission finde ich sehr glücklich. Die Problematik liegt natürlich darin, daß als Gegenleistung für die Informationen in verwaltungstechnischer, steuertechnischer usw. Hinsicht, die der Heimatstaat des Investors in so eine Kommission einbringt, (auch das wird Fragen aufwerfen, wie Steuergeheimnis usw., aber die lassen sich ja regeln, nötigenfalls eben durch eine Änderung der Steuergesetze) das Entwicklungsland seine Politik klar machen wird. Diese verdienstvolle Klarstellung kann sich aber natürlich immer nur auf die gegenwärtige Politik dieses Landes beziehen. Daß aber die Wirtschaftspolitik der Entwicklungsländer einem oft sehr raschen Wechsel unterworfen sind, haben Sie selbst schon gesagt. Auch wenn man von dieser Gefahr eines Wechsels absieht- die Zukunft kann in diesem Zusammenhang natürlich niemand voraussehen - wird doch kein Vertreter eines Entwicklungslandes sich hinstellen und sagen: "Ja, nach der nächsten Revolution wird die Sache anders aussehen." Aber, selbst wenn wir von einer solchen unrealistischen Forderung abgehen, dürfte selbst eine aufrichtige Darlegung der eigenen Politik der gegenwärtig an der Macht seienden Regierung eines solchen Staates in einem ausländischen Gremium vor Ausländern unter Umständen politische Schwierigkeiten in dem entsprechenden Gastland verursachen. Ich versuche, mich in die Lage eines Delegierten so eines afrikanischen Landes in dieser Kommission zu versetzen. Wird er wirklich ehrlich sprechen können? Er müßte ehrlich sprechen, damit das Ganze einen Sinn hat. Bewegt er sich dabei nicht manchmal am Rande des wirtschaftlichen Hochverrats, von seiner Seite aus gesehen? Wie steht es mit dem Bekanntwerden derartiger Informationen? Andererseits müßten diese Informationen doch bekannt werden. Der Zweck soll ja gerade sein, eine bessere Information für die Investoren zu schaffen. Die Leute in dem Land lesen aber auch Zeitungen oder haben zumindest Leute, die ihnen deutsche Zeitungen oder deutsche Rundbriefe des Bundesverbandes der deutschen Industrie wieder übersetzen. Solche technischen und praktischen Fragen dürften sich bei Erbringung dieser Gegenleistung stellen. Die Gegenleistung wird zumindest darin bestehen, daß die Gesetzgebung kommentiert und erläutert wird. Das mag allein schon sehr nützlich sein. Ich habe aber meine Zweifel, ob hier so tiefgreifende Aufschlüsse gegeben werden könnten, daß dadurch etwa Nationalisationen vermieden oder überflüssig gemacht werden könnten. Der erhoffte Erfolg dürfte durch derartige Informationen wohl kaum erreicht werden.

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Meessen: Aus der sehr reichen Intervention von Herrn Seidl-Hohenveldern möchte ich nur zwei kleine Fragen herausgreifen: Eine Verstaatlichung des Eigentums aller Asiaten wäre keine wirtschaftspolitisch motivierte Enteignung in dem Sinne, wie ich den Begriff verstehen würde. Sie wäre auch nicht zu rubrizieren unter die Gesichtspunkte, die eventuell eine Minderung der Entschädigungsleistung erlauben. Einem Vorschlag, daß die Heimatstaaten die transnationalen Unternehmen verstaatlichen sollen, würde ich mich nicht anschließen. Ich plädiere nur für eine engere begleitende Kontrolle, die die Tätigkeit transnationaler Unternehmen optimieren, nicht etwa behindern oder gar beenden soll.

Foighel: May I first express how grateful I am to be back again in Kiel and enjoy all the good remarks from my colleagues here from Germany. I also want to congratulate you to the choice of the subject. The subject we are discussing today is of great interest to all of us because it covers the vast field of the development of international law, not only the question of the North-South-conflict but also it goes deeply into the whole question: How is international law created and how is it changed? The discussion on the question of compensation has now been on the agenda for at least 50 years. It started in 1929 in the farnaus discussion of Fisher-Williams in the British Yearbook where he for the first time doubted the principle of prompt, effective and adequate compensation and it continued since then, I think it is absolutely pertinent to try to find out where we are today in this discussion. Prof. Meessen has stressed the question of United Nation resolutions. I share the view of Prof. Seidl-Hohenveldern that global treaties for global compensation also play a great role. I am not going into the question whether the resolutions create law or whether the global treaties create new law. But I think it is fair to state that both types of documents create something which is very important because those documents show the interests and the aspirations of the international community. And if we go deep into the question of international law, it is obvious that we can only have an international legal system, if this system expresses the interests and aspirations of the subjects. And what are those interests? It goes without saying that the creditor states, which means the investing states, have an interest in protecting their property. That is a banality. But it is also interesting that we are able to prove that the nationalizing countries have a deep interest in t>Ome way in protecting the invested capital. Capital has this peculiarity

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that it Iooks for work. Not only in countries where they get the highest interest, the highest turnover, but also in countries where they get the best protection. And it is impossible for any country to get loans from other countries or other investments if they do not secure a sort of security for the invested capital. Interesting in this respect are the debates in the United Nations. When it started- I think it was in 1959 when we had the first resolution- all the countries, the new countries at this time, voted in favour of the sovereign rights of natural resources. But when it was adopted with a great majority the next day all the countries who voted in favour stepped up to the rostrum and made speeches where they explained that even if they adhere to the principle, in their country they protect foreign investors according to their constitution and their municipal law. This development has continued and I am grateful for the example which Seidl-Hohenveldern gave about the treaties after 1974 which again proves that the principle that you could take foreign property without paying any sort of compensation is not a healthy principle for the countries which want to receive foreign investment. If this idea is correct, then I think, from a legal point of view, we have to approach the problern in the way which Herr Meessen did it. Without speculating on theories of acquired rights, and other legal theories which are not very pertinent to the day-to-day policy of the international community. But where we really try to uncover the real interests in the states and thereby try to formulate a rule, because only a rule which is based on the interest of the states will be accepted as law. I also want to put forward to you the idea that, when we have to solve the problem, we have in reality two sorts of problems. We have the general problem: What should be the rule in the international community if we look upon it from an economic point of view, from an investment point of view? And secondly what should be the individual problem? Which means that if we have a foreign company in a country will the general rules, the general ideology about protecting investment be sufficient? We had in last month an example from my country where we had a Danish company in Ghana. This company was suddenly confiscated. Now it will not help very much if we pointout to the government of Ghana that this would be against their general interest, because it might not be against their general interest to confiscate a specific Danish company, or a specific American company. Such a specific action might not have any repercussions on their international standing. In such a case I think it is absolutely important that we try to formulate some sort of arbitration as we have with The International Bank of Development. I think it is important for us to understand that there is a difference between the general view which necessitates some

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cooperation from the investing countries, and the individual process of any state, of any company where some sort of arbitration is necessary. And my last remark is that we can discuss this as lawyers and try to find out general rules and general procedures. But if we Iook at the practice of private companies, I think it is important to remernher that the private companies have solved a great deal of the problern we are discussing by making joint ventures with the developing countries whereby they share the capital investment, or at least share the control with the companies in order to avoid in this way any kind of nationalization. It might be much more important for international lawyers to find out rules for joint ventures then to formulate rules about questions of protecting investment which were made 30 to 40 years ago.

Rauschning: Herr Meessen, zunächst darf ich sagen, daß ich Bedenken habe, ein besonderes Völkerrecht für das Nord-Süd-Verhältnis aufzubauen. Ich meine, daß wir auch in Fragen der Entschädigung oder der Enteignung bei der beschränkten Zahl von Staaten nicht auf Beispielsfälle und auf die Rechtsbefolgungsfälle in anderen staatlichen Beziehungen als den Nord-Süd-Beziehungen zurückgreifen müssen. Die Staatengemeinschaft ist auch mit 150 Staaten noch verhältnismäßig klein, so daß wir dann, wenn wir Praxis nachweisen oder auch das Fortbestehen oder Nicht-Fortbestehen von Rechtssätzen prüfen wollen, auf die Beispielsfälle in allgemeinen zwischenstaatlichen Beziehungen nicht verzichten können. Selbst die Frage, ob sich das Völkerrecht von den 50 Staaten auf 150 Staaten ausgedehnt hat, möchte ich nicht vordringlich der Nord-Süd-Beziehung zuordnen. Sind Liberia und Äthiopien anderem Recht unterstellt als Senegal und Tansania? Mir scheinen hier gewisse Besonderheiten im Tatbestand zu liegen und nicht einmal in der geographischen Region und auch nicht darin, ob man später oder früher in die Völkerrechtsgemeinschaft eingetreten ist. Wir müssen auch die Staaten der südlichen Hemisphäre mit an der souveränen Gleichheit teilhaben lassen und insofern auch wenigstens an der formalen Beiderseitigkeit von internationalen Rechtssätzen festhalten. Sie haben ausgeführt, daß die angenommene Entschädigungsregel eigentlich nie befolgt worden ist, daß nie ein Entwicklungsland wirklich aus eigenen Mitteln eine Entschädigung gezahlt habe. Das ist zunächst auch ein praktisches Problem; wenn wir zur Zeit darüber reden, daß die meisten Kredite jetzt nicht nur storniert, sondern gestrichen werden müssen, dann kann man materiell über Entschädigungen sowieso kaum reden. Dennoch meine ich, daß eine solche allgemeine Aussage

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auch im Nord-Süd-Verhältnis nicht gilt. Natürlich müßten wir für das Aufarbeiten von Fällen festlegen, wo wir die Grenze Nord-Süd ziehen. Gehört die Entschädigungsleistung für die Enteignung des Suez-Kanals in den Nord-Süd-Konflikt noch hinein oder nicht? Ich meine, es gibt sicherlich eine ganze Reihe von Fällen, in denen auch eine Entschädigung nicht nur angeboten, sondern zum Teil auch bezahlt worden ist. Und wenn wir allgemein die Praxis für den Rechtssatz oder das Fortbestehen eines Völkerrechtssatzes untersuchen, dann müssen wir einschließen die freiwillig gezahlten Entschädigungen, und zwar auch die im Rahmen der westlichen Welt oder überhaupt im Rahmen der Staaten der Nord-Halbkugel gezahlten Entschädigungen. Wir können nicht sagen, daß eine freiwillige Rechtsbefolgung keine Rechtsbefolgung sei. Es läßt sich sogar die Frage aufwerfen, ob eine erzwungene Entschädigung heute als Praxis mitgerechnet werden soll. Ich meine, daß iede Rechtsbefolgung im Völkerrecht, aus welchen Motiven sie auch erfolgt sein mag, als Rechtsbefolgung gewertet werden muß. Wenn wir nur die Fälle rechnen, in denen man spontan unter der Erklärung .,Wir tun das von uns aus, weil es rechtens ist" zahlt, dann können wir allerdings überhaupt nur sehr wenig Fälle verzeichnen. Vielleicht pointiere ich diese Fragestellung zu sehr, aber ich wollte Ihnen die Gelegenheit geben, das Mißverständnis bei mir, was vielleicht noch anderweitig hätte aufkommen können, auszuräumen. Zur Rechtsbildung durch Konsens nur eine kurze Bemerkung. Der eigentliche Prüfstein ist trotz des Konsenses die irgendwo geübte Praxis. Es ist für die nichtbetroffenen Staaten leicht, rechtlichen Ausführungen oder Rechtshypothesen zuzustimmen; gewohnheitsrechtsbildend ist eine solche Zustimmung nur dann, wenn sich Praxis auch durch die Staaten aufweisen läßt, die durch eine solche neue Rechtsentwicklung belastet werden. Die Frage stellt sich, ob ein Staat, dessen Angehörigen oder dem Kapital dort enteignet wird, das hinnimmt und hinnehmen muß. Wenn sich eine solche Praxis nicht erweisen läßt, dann halte ich eine Rechtsbildung nur durch Konsens als Gewohnheitsrecht nicht für möglich. Krämer:

Ich wollte kurz zu bedenken geben, aus welchen wirtschaftlichen Gründen man wohl ein völkerrechtliches Enteignungsrecht braucht. Es geht ja nicht nur darum, daß Firmen, die irgendwo im Ausland in Entwicklungsländern investiert haben, einen Schutz brauchen, sondern von dem Standpunkt der Entwicklungsländer her gesehen geht es auch darum, Investitionen nicht abzuschrecken. Mir ist während Ihres Referats der Gedanke gekommen - Sie haben es auch ein bißchen anklingen lassen -, ob wir uns jetzt nicht in einem Übergangsstadium befin-

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den, ob man nicht trennen muß zwischen den Versuchen, die dominierende Stellung irgendwelcher internationaler Korporationen in Entwicklungsländern zu begrenzen, und der Position, die neue Investoren in den Entwicklungsländern in Zukunft wahrscheinlich haben werden. Es bestehen doch jetzt in vielen Entwicklungsländern Investitionsgesetze, nach denen solche Machtpositionen, wie sie früher ausländische Korporationen hatten, wohl nicht mehr zustande kommen können. Vielleicht wird in Zukunft - Sie sagten, es gehe darum, gegen die Ursache der Enteignungen vorzugehen,- eine solche Ursache gar nicht mehr bestehen, weil die internationalen Korporationen sich in die nationale Gesetzgebung einfügen müssen und das ja offensichtlich auch tun. Die bekannte Gesetzgebung der Andengruppe, die ja sehr restriktiv ist, hat keineswegs die internationalen Investoren vollständig abgeschreckt, denn sie hat immerhin für sie auch eine Situation geschaffen, in der sie ein höheres Maß an Rechtssicherheit hatten, und das haben viele Investoren offensichtlich positiv einkalkuliert. Es ist gut möglich, daß das für die Zukunft der entscheidende Punkt ist, daß das Risiko für neue Investitionen verringert oder kalkulierbar gemacht wird, indem man Rechtssicherheit schafft. Was in diesem Rahmen an Beschränkungen und Reglementierungen für Auslandsinvestitionen festgelegt wird, sollte wahrscheinlich auf dem Wege des internationalen Konsenses vereinheitlicht werden, u. U. auf der Basis der doch recht restriktiven Vorschriften in den Entwicklungsländern.

Ipsen: Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den drei Komplexen des Referats, und zwar zum einen zu der Theorie der wohlerworbenen Rechte, zum anderen zu dem nach dem Zweiten Weltkrieg erreichten Stand des Völkergewohnheitsrechts und schließlich zu dem Schlüsselproblem, ob im Nord-Süd-Verhältnis zumindest eine Entschädigungspflicht dem Grunde nach gegeben ist. Erstens zu der Theorie der wohlerworbenen Rechte: Herr Meessen hat in dankenswerter Deutlichkeit auf den ideengeschichtlichen Hintergrund verwiesen, vor dem diese Theorie zu würdigen ist, nämlich auf den diese Theorie legitimierenden Schutz der Eigentümerposition, den diese aufgrund der im Rahmen eines liberalen Staats- und Wirtschaftsmodells erbrachten privaten Leistung verdient. Hierzu eine kleine Ergänzung: Wir sollten auch die Maximalposition sehen, zu der die Theorie der wohlerworbenen Rechte in ihrer Anfangszeit geführt hat. In einem der vielen lateinamerikanischen Enteignungsstreitigkeiten vertrat das U. S. State Department 1917 die Auffassung, daß die Theorie der "vested rights" jegliche Enteignung überhaupt verbiete - eine Maximalposition, die heute sicher kein Staat mehr einnehmen würde.

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Wir finden sie heute auch nicht mehr in dieser Schärfe innerhalb der ersten 4,90 m unter den fünf Regalmetern Enteignungsliteratur, auf die Herr Meessen hingewiesen hat. Jedoch zeigt sie uns deutlich folgendes: Seinerzeit betrachtete man das Eigentumsrecht - eben absolut individualistisch - nahezu in der gleichen Weise als absolutes Recht, wie es nationale Rechtsordnungen zum Teil heute noch sehen, ohne dabei den sozialen Aspekt des Eigentums zu berücksichtigen. Angesichts wachsender sozialstaatlicher und sozialgerichteter internationaler Tendenzen stellt sich indessen die Frage, ob die Theorie der wohlerworbenen Rechte - wie vereinzelt schon im Schrifttum versucht - nicht mit einem Gedanken verknüpft werden sollte, der bereits vor zwölf Jahren von Herrn Scheuner auf der Jubiläumstagung dieses Instituts vorgetragen worden ist und der auf der Institutstagung vor zwei Jahren ebenfalls eine zentrale Rolle gespielt hat, nämlich der Gedanke, inwieweit die Theorie der wohlerworbenen Rechte eine Relativierung durch ein- im einzelnen noch zu präzisierendes- völkerrechtliches Soziaistaatsprinzip erfährt. Dies allerdings wirft die Frage auf, ob nicht die These 12 Ihres Vortrages, Herr Meessen, unter dem Bemessungsaspekt überdacht werden müßte. So könnte gerade eine allgemeine Sozialisierungspolitik unter Umständen doch dazu führen, daß neben den wohlerworbenen Eigentümerpositionen auch der soziale Zweck der Enteignung miteinzubeziehen ist und beträchtlich auf die Bemessung der Entschädigung zurückwirkt. -Dies soll mehr als eine gedankliche Anregung zur Weiterführung der Thesen eins und zwölf in ihrer Wechselwirkung verstanden werden denn als eine Kritik an den Thesen selbst. Zweitens zum Stand des Völkergewohnheitsrechts nach dem Zweiten Weltkrieg: Herr Meessen, Sie sprachen von den knapp 50 Staaten des anglo-amerikanischen-europäischen Völkerrechtskreises - oder dieser beiden Rechtskreise, sofern man eine solche Trennung korrekterweise vornehmen will -, für welche die Position der "prompt, adequate and effective compensation" jedenfalls 1945 als Völkergewohnheitsrecht gegolten haben könnte. Es gibt eine neuere Untersuchung - sicher nur Millimeter innerhalb der 5 Regalmeter Enteignungsliteratur ausmachend - die empirisch die Anwendung der sogenannten Hull-Formel ("prompt, adequate and effective compensation") untersucht hat. Diese Formel, von den USA während der Amtszeit des Außenministers Cordell Hull ständig und sehr massiv beispielsweise in dem mexikanischamerikanischen Enteignungsstreit 1938 vertreten, ist hinsichtlich ihrer Geltung als Völkergewohnheitsrecht seitens der lateinamerikanischen Staaten ebenso beständig und massiv bestritten worden. Somit ergibt sich die Frage: Kann für 1945 wirklich angenommen werden, daß die Hull-Formel schon Völkergewohnheitsrecht darstellte? Handelte es sich nicht vielmehr um eine politisch-doktrinäre Formel, die zwar von den

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kapitalexportierenden Ländern immer wieder einseitig vorgetragen, deren rechtliche Geltung jedoch seitens der betroffenen kapitalimportierenden Länder auch immer wieder bestritten worden ist? Namentlich in den Jahren 1945 bis 1960 haben die lateinamerikanischen Staaten nach und nach Dienstleistungsbetriebe nationalisiert, die sich in der Hand privater amerikanischer Investoren befanden, die indessen in den meisten kapitalexportierenden Ländern selbst bereits seit langem als staatliche oder jedenfalls als öffentliche Selbstverwaltungsbetriebe vorgehalten wurden. Hierzu gehörten beispielsweise die Post, das Fernmeldewesen, die Eisenbahn - Dienstleistungseinrichtungen also, die in kapitalexportierenden Staaten vielfach schon längst als öffentliche Daseinsvorsorge ohne Gewinnerzielungsabsicht eingerichtet waren, die aber in einigen lateinamerikanischen Staaten noch auf der Basis gewinnerzielender Investitionen ausländischer Kapitalgeber betrieben wurden. Angesichts der zahlreichen Kontroversen über die Nationalisierung solcher Dienstleistungsbetriebe zwischen den USA und lateinamerikanischen Staaten ergeben sich durchaus Zweifel, ob die RuHFormel von der "prompt, adequate and effective compensation" überhaupt schon im Jahre 1945 allgemeines Völkergewohnheitsrecht war oder ob sie nicht allenfalls partikuläres Völkergewohnheitsrecht darstellte, das nur für diejenigen Staaten galt, die diese Formel in ihren Beziehungen untereinander anerkannten und in gegenseitiger Enteignungspraxis als geltendes Recht anwendeten. Drittens zum Problem einer Entschädigungspflicht dem Grunde nach: Das Bochumer Institut für Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik führt gerade ein multidisziplinäres, mehrere Entwicklungsländer betreffendes Projekt durch, dessen Gegenstand die Untersuchung der Position dieser Staaten zur Nationalisierung ausländischen Eigentums ist. Hierbei hat sich - und ich muß dies vorerst zurückhaltend formulieren, da die empirischen Studien am Ort noch nicht abgeschlossen sind - hinsichtlich der Position der betreffenden Staaten zu bilateralen Investitionsschutzabkommen folgendes ergeben: Die Entwicklungsländer lassen sich im Rahmen derartiger Investitionsabkommen auf einen weitreichenden Kapitalschutz großenteils aus reinen Zweckmäßigkeitsüberlegungen ein, die von Interessen, wie sie Herr Foighel vorhin dargelegt hat - nämlich von realen pragmatischen Interessen an ausländischer Hilfe - getragen sind. Diese Interessen sind zumeist darauf gerichtet, daß neben Kapitalinvestitionen auch strukturelle Entwicklungshilfe geleistet wird, die in der Regel sehr viellangfristiger angelegt ist als Kapitalinvestitionen. Mit dieser strukturellen Entwicklungshilfe könnte es indessen sehr schnell zu Ende sein, wenn die Kapitalinvestitionen durch Nationalisierung gefährdet werden. Also akzeptiert man vertragliche Kapitalschutzbestimmungen, jedoch ohne Präju-

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diz für die grundsätzliche Position. Es gibt versöhnliche Positionen, die zusätzlich Billigkeitserwägungen erkennen lassen - einfach aus der Überlegung, daß eine Nationalisierung ohne eine irgendwie geartete Entschädigung unbillig wäre. Zurückhaltung allerdings gebieten die dargelegten Erkenntnisse gegenüber der These, daß die Position der Entwicklungsländer bereits auf eine Rechtsüberzeugung schließen lasse. Ich würde daher die These, daß gegenwärtig schon ein völkergewohnheitsrechtlicher Satz gilt, nach dem die Entwicklungsländer eine Entschädigungspflicht jedenfalls dem Grunde nach anerkennen, dahin relativieren, daß sich- um es mit der gebotenen Vorsicht zu formulieren - die Entwicklung zu einer solchen Rechtsposition abzuzeichnen beginnt. Ich würde jedoch gegenwärtig noch nicht bereit sein, festzustellen, daß die Entwicklungsländer bereits eine völkerrechtliche Entschädigungspflicht dem Grunde nach aus Rechtsüberzeugung anerkennen. Fischer: Ich möchte zu zwei Problemen Stellung nehmen: Das eine Problem betrifft das rechtserkenntnis-theoretische Problem der Frage nach dem Inhalt des gegenwärtigen Entschädigungs- und Enteignungsrechts und das zweite eine Frage der Kontrolle transnationaler Unternehmen. Zum ersten wurde darauf hingewiesen, daß heute wesentlicher Ansatz zur Erkenntnis die Resolutionen internationaler Gremien und auch die internationale Praxis ist. Wenn man diese beiden Faktoren miteinander vergleicht, muß man eine enorme Diskrepanz feststellen. Ich erinnere nur an die UNCTAD-Resolution 88 (XII) vom 19. Oktober 1972, in der brutal gesagt wurde, daß die Enteignung eine innere Angelegenheit des betreffenden Staates sei und die Entschädigungsfrage ausschließlich von nationalen Instanzen zu entscheiden wäre. Auf einer ähnlichen Linie liegen auch die jüngsten Forderungen über die neue internationale Wirtschaftsordnung bzw. die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten. Neben dieser Praxis im Rahmen der UNO-Gremien zeigt aber die field-Praxis dort, wo es wirklich um Enteignungen gegangen ist, ein anderes Bild: Selbst radikale und nationalistisch eingestellte Staaten wie Libyen und der Irak setzen nicht durch innerstaatliche Organe die Entschädigungssumme fest, sondern sie verhandeln, und manchmal unterwerfen sie sich sogar internationalen Schiedsinstanzen, was vielleicht weniger bekannt ist. Ich erinnere an den Schiedsgerichtsfall zwischen der BPLibya und Libyen, der im Jahre 1974 entschieden wurde und in dem gesagt wurde, daß der einseitige Bruch eines Konzessionsabkommens auch eine Völkerrechtsverletzung sei. Leider ist dieser Schiedsspruch nicht allgemein zugänglich, beide Parteien behandeln ihn vertraulich. Eine ähnliche Praxis finden wir im Irak, wo 1973 ein Entschädigungs-

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abkommen mit der IPC abgeschlossen wurde. Ähnlich auch SaudiArabien, das gerade dieser Tage den vollen Anteil der Aramco, des größten privaten Erdöl-Produzenten der Welt, übernimmt, eine Entschädigungssumme zahlt und darüber hinaus sich verpflichtet, den beteiligten Gesellschaften zu einem Diskontpreis Erdöl für eine bestimmte Zeit zu liefern. Also hier ist eine Methode der Entschädigung festzustellen, die auch auf die Zukunft gerichtet ist. Die Wirklichkeit sieht deshalb etwas anders aus: Es wird also hier nicht so heiß gegessen wie in den Resolutionen gekocht. Und das jüngste Dokument zeigt vielleicht schon eine Wendung: die Manila-Deklaration vom 12. Februar 1976, die nicht mehr von Nationalisierungen spricht, sondern nur mehr die transnationalen Unternehmen auffordert, ihre Tätigkeit nationalen Zielen des Anlagestaates zu unterwerfen. Zum zweiten die Kontrolle der transnationalen Unternehmen. Da würde ich sagen, daß gegen den Vorschlag des Referenten, hier ein zwischenstaatliches System einzuführen, doch gewisse Bedenken vorgebracht werden müssen. Denn wenn der Heimatstaat des Investors das transnationale Unternehmen kontrolliert, dann besteht doch eine gewisse Verpolitisierung des gesamten Rechtsverhältnisses, und da gibt es auch einen Präzedenzfall. Die amerikanische Regierung wollte im Jahre 1940 Anteile an der Aramco erwerben. Die Aramco hat das abgelehnt, sie wollte das Verhältnis mit Saudi-Arabien auf einer rein wirtschaftlichen Basis ohne politische Elemente durchführen. Der zweite Präzedenzfall ist die bereits angesprochene Weltbankkonvention zur Beilegung von internationalen Investitionsstreitigkeiten. Auch hier wird der Heimatstaat zurückgedrängt. Hier wird die Calvo-Klausel aufgenommen, die für die Dauer der Anhängigkeit des Verfahrens eine Intervention des Heimatstaates des Investors verbietet.

Meessen: Wenn ich nur kurz auf die bisherigen Interventionen unter vielleicht drei Gliederungspunkten eingehen darf: Zunächst zu der Praxis, die zum Nachweis von Völkergewohnheitsrecht zu berücksichtigen ist. Daß die Globalentschädigungsabkommen, Investitionsförderungsverträge und die innerstaatliche Investitionsschutzgesetzgebung hierbei eine Rolle spielen, glaube ich, auch in meinem Referat deutlich gemacht zu haben. Die Frage liegt meiner Ansicht nach nur darin, ob aus dieser Praxis eine derartig präzise Gewohnheit hergeleitet werden kann, daß man sagen kann, wie sich das Herr Lillich zu Beginn seiner drei Bände erhofft hat, es sei in voller Höhe abzüglich 10 Ofo, 20 °/o oder einem ähnlichen Abschlag zu entschädigen. Ein derartiger Gleichklang der Praxis scheint mir nicht feststellbar zu

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sein, so daß wir doch wieder nur zu einer sehr allgemeinen Aussage gelangen. Ob wir diese nun mit dem Begriff "appropriate compensation", "partial compensation" oder als Pflicht zur Entschädigung dem Grunde nach formulieren, ist letztlich gleichgültig. Die Schwierigkeit liegt darin, den Entschädigungsstandard auszufüllen. Meiner Ansicht nach ist es unmöglich, einen Einklang der Praxis festzustellen. Daher habe ich als Alternative versucht, die Gerechtigkeitskriterien, die bei der Entschädigungsbemessung zu berücksichtigen sind, irgendwie zu präzisieren anhand des Konsenses, der sich eben doch in manchen Fragen gebildet hat. Sehr wichtig und interessant war mir die Bemerkung von Herrn Rauschning. Ist es überhaupt zulässig, fragte Herr Rauschning, sich bei der Bewertung der Praxis auf die Praxis der Neuen Welt zu konzentrieren und andere Praxis, so wie ich es ja in der Tat getan habe, auszuklammern. Ich möchte diese Frage bejahen. Ich meine, daß eine völkerrechtliche Pflicht zur Entschädigung, wie das Herr Scheuner vor 12 Jahren in dem von Herrn lpsen erwähnten Vortrag für alle völkerrechtlichen Normen gefordert hat, von einem Rechtsbewußtsein getragen werden muß. Dieses Rechtsbewußtsein darf nicht nur das Rechtsbewußtsein eines Teils der Welt sein, sondern muß überall im Sinne eines gemeinsamen Nenners feststellbar sein. Daß es ein besonderes Völkerrecht des Nord-Süd-Verhältnisses gibt, habe ich nicht behauptet. Das ist eine Frage, die man erst dann beantworten kann, wenn man untersucht, welche Entschädigungsregeln nach allgemeinem Völkerrecht im West-West-Verhältnis und im Ost-West-Verhältnis gelten. Beides habe ich nicht untersucht. Daher bitte ich Sie, mir auch für heute eine Stellungnahme zu dieser Frage zu erlassen. Ich wollte also kein Sonderrecht postulieren, sondern das Sonderproblem einmal herausarbeiten, und habe, wenn Sie die Thesen anschauen, ja auch versucht, diese Thesen so zu formulieren, daß es zwar Probleme der Entwicklungsländer sind, die dort aufgegriffen werden, ohne aber von einem Sonderrecht des Nord-Süd-Verhältnisses zu sprechen. Dritter Punkt: Herr lpsen, was Sie zur Theorie der wohlerworbenen Rechte gesagt haben, möchte ich der Theorie nach in vollem Umfang übernehmen. In der Tat ist ja in dem Wort "wohlerworben" - die Franzosen sprechen von "droit regulierement acquis", also keineswegs nur von "droit acquis" - ein Bewertungsmoment vorhanden, das man ausbauen sollte. Hinsichtlich Ihrer Folgerung, bei Sozialisierungen den sozialen Zweck mit zu berücksichtigen, würde ich für Zurückhaltung plädieren. Ich will das nicht wiederholen, was ich während meines Referats gesagt habe, nur vielleicht auf eines zusätzlich hinweisen: Die praktischen Enteignungsfälle lassen sich auf die drei Enteignungsfunktionen, die ich aus einer Vielzahl von Funktionen nun herausgegriffen 4 Symposion 1976

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habe, nicht ganz genau zuordnen. Es gibt sehr viele Enteignungen, die in mehrfacher Hinsicht verwertbar wären. Dadurch würde sich das praktische Problem entschärfen. Vielfach sind Sozialisierungsenteignungen zugleich unter die globale Verteilungsfunktion, wie ich das hier einmal ganz vorläufig formuliert habe, einzuordnen und da kommt dann auch der Solidaritätsgedanke zum Ausdruck. Insofern meine ich, daß wir uns vielleicht im Ergebnis recht nahe stehen.

Bernhardt: Die Thesen von Herrn Meessen sind überzeugend und eindrucksvoll. Aber vielleicht sind einige Gesichtspunkte, die Herr Meessen aus verständlichen Gründen an den Rand verwiesen oder ganz unberücksichtigt gelassen hat, von größerer Bedeutung. Das gilt, meine ich, nicht zuletzt für die Investitionsschutzabkommen. Ohne daß ich die Praxis in allen Einzelheiten und ihren ganzen Umfang übersehe, wird man doch feststellen können, daß es sich um ein außerordentlich umfangreiches Netz von Vereinbarungen handelt, bei dem der Grundsatz der vollen Entschädigung dominiert. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, daß es sich überwiegend um Investitionsschutz pro futuro handelt. Wenn man die übrige Praxis, auf die Herr Fischer hingewiesen hat, hinzunimmt, spricht vielleicht doch viel dafür, daß der alte Grundsatz voller Entschädigung für den Teil der Investitionen gilt, der in der Gegenwart vorgenommen wird. Hier hätte ich die Frage an Herrn Meessen, ob wir nicht angesichts der zwischenstaatlichen Praxis, auch angesichts der Resolutionen internationaler Organisationen, stärker zwischen Alt- und Neu-Investitionen differenzieren müssen und ob nicht für Neu-Investitionen anders als für Alt-Investitionen weiterhin das Gebot voller Entschädigung gilt. Wenn man diese Unterscheidung für notwendig hält, kann sie auch für einzelne Thesen von Herrn Meessen von Bedeutung sein; so halte ich für Alt-Investitionen die These 12 für zweifelhaft, nach der ein Staat eine Sozialisierungspolitik dann nicht durchführen kann, wenn ihm die Mittel für eine volle Entschädigung fehlen. Ein anderer Gesichtspunkt ist eben angeklungen, die Frage partikulären Völkerrechts. Gilt der Grundsatz voller, effektiver und prompter Entschädigung auch heute noch im Verhältnis der Industriestaaten zueinander? Ich habe Zweifel, ob man das uneingeschränkt sagen kann. Wir haben auch insoweit keine nennenswerte neuere internationale Rechtsprechung. Wenn für das Verhältnis der Industriestaaten zueinander der alte Grundsatz nicht mehr in vollem Umfang gelten sollte, würde das natürlich wesentlich die Thesen von Herrn Meessen auch im Verhältnis zu anderen Staaten stützen.

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Kewenig: Wobei hier dann die große Frage ist: wann hört "alt" auf und wann fängt "neu" an?

Miehsler: Auch heute wieder ist die Entschädigungspflicht für die Enteignung ausländischen Privatvermögens nach allgemeinem Völkergewohnheitsrecht einmal bezweifelt und ein anderes mal bejaht worden. Daß zur Begründung jeder der beiden Auffassungen die Globalentschädigungsabkommen herangezogen wurden, fand ich interessant, doch bezweifle ich, daß sie zur Unterstützung beider Standpunkte in gleicher Weise geeignet sind. Für mich lautet daher die Frage, in welches Deutungsschema die Globalentschädigungsabkommen besser passen. Und da möchte ich an Herrn Ipsen anknüpfen. Ich glaube, man kommt der Antwort näher, wenn man strenger zwischen einer Entschädigungspflicht dem Grunde nach und der Höhe nach unterscheidet, wobei bezüglich der Höhe der Entschädigung die Kriterien, die zu ihrer Ermittlung maßgeblich sind, differe~ziert werden müssen und in Einzelheiten zweifelhaft sein mögen. Macht man eine solche aus der privatrechtliehen Wurzel des Völkerrechts naheliegende Unterscheidung, so scheinen mir die Globalentschädigungsabkommen - und übrigens auch die mir bekannten Investitionsschutzabkommen - eine Entschädigungspflicht dem Grunde nach qua_ Völkergewohnheitsrecht zu bestätigen. Im Globalentschädigungsabkommen wird dann diese Entschädigungspflicht der Höhe nach bestimmt und festgelegt. In diesem Zusammenhang ist von besonderem Interesse, daß auch kommunistische Staaten untereinander solche Globalentschädigungsabkommen abgeschlossen haben. Von der Möglichkeit, in solche Verträge ausdrücklich den gegenüber dem Westen stets vertretenen Standpunkt aufzunehmen, daß eine Verpflichtung zur Entschädigung auch dem Grunde nach nicht bestehe, haben sie in keinem Fall Gebrauch gemacht. Über diese Vertragspraxis gibt es meines Wissens nur einen einzigen Aufsatz, der trotz seiner Wichtigkeit keine große Beachtung gefunden hat. Ich erinnere mich jetzt nicht an Verfasser und Fundstelle, doch werde ich beides in der Druckfassung unserer Diskussion angeben (Alfred Drucker, Compensation Treaties Between Communist States, in: The International and Comparative Law Quarterly 10 (1961), 238- 254 und 904- 908; eine genauere inhaltliche Beschreibung mehrerer solcher Verträge hat Drucker in den "Law Times" vom 13. und 20. Mai 1960, 279 f. und 293 f. gegeben). Im Zusammenhang mit der skizzierten Deutung der Globalentschädigungsabkommen möchte ich noch etwas zu den Ausführungen von 4*

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Herrn Rauschning bemerken. Ohne Zweifel dienten die zwischen westund osteuropäischen Ländern abgeschlossenen Globalentschädigungsabkommen dazu, nach dem Zweiten Weltkrieg die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zu ordnen und wieder in Gang zu bringen, weil sich viele Staaten, deren Angehörige Vermögensverluste erlitten hatten, auf den Standpunkt stellten, die Wirtschaftsbeziehungen mit den Enteignerstaaten erst wieder voll aufzunehmen, wenn die Vermögensfragen bereinigt sind. Obwohl meist nicht ausdrücklich ausgesprochen, konnte dieses Motiv im Schrifttum oft nachgewiesen werden. An der Deutung der Globalentschädigungsabkommen in Bezug auf die völkergewohnheitsrechtliche Entschädigungspflicht dem Grunde nach scheint mir dies, vor allem wegen der Praxis der kommunistischen Staaten untereinander, nichts zu ändern.

Koppensteiner: Vielleicht darf ich mit einer etwas überpointierten Formulierung anfangen: Die Völkerrechtler nötigen dem Nichtvölkerrechtler eigentlich immer ein Gefühl kritischer Bewunderung ab, wie sie es nämlich schaffen, im mehr oder weniger normleeren Raum dennoch Rechtswissenschaft zu betreiben. Noch größer wird die Bewunderung freilich, wenn man einem Versuch beiwohnen kann wie dem von Herrn Meessen, diesen Raum mit Normen oder jedenfalls Normpartikeln auszufüllen. In der Tat hat mich sehr stark beeindruckt, wie Herr Meessen in methodischer Anknüpfung an Bemühungeft in seiner Habilitationsschrift den Versuch unternommen hat, hier Argumentationsgesichtspunkte als normativ vorgegebene Gesichtspunkte festzuschreiben und dadurch, wenn schon nicht zu Normen, so doch jedenfalls zu Annäherungswerten an Normen zu gelangen. Freilich steht und fällt dieser Versuch, jedenfalls in seiner konkreten Ausformung heute früh, mit der Richtigkeit der These 10 " . . . der völkerrechtlich relevante Konsens kann z. T. Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen entnommen werden". Und hier möchte ich einige Fragen deponieren: Herr Meessen hat bei der Erläuterung der These 10 zwischen zwei Resolutionskategorien unterschieden, nämlich einer Kategorie, die er mit Machtresolutionen, wenn ich mich richtig erinnere, bezeichnet hat und einer anderen Kategorie, die Rechtsresolutionen sein sollen, und nur die letztere Variante soll geeignet sein, den in These 10 beschriebenen Effekt zu produzieren. Nun stellt sich für mich zunächst die Frage, welches intersubjektiv verbindliche Kriterium gestattet es, zwischen diesen beiden Resolutionsarten zuverlässig zu unterscheiden. Und zum zweiten: Wenn diese Unterscheidung gelingt, dann stellt sich folgendes rechtstheoretische Problem: Herr Meessen hat gesagt, diese Rechtsresolutionen haben deklaratorischen Charakter, die seien nichts anderes als

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der Ausdruck dessen, was ohnehin schon Recht ist, was vorher schon Recht war. Hier habe ich Schwierigkeiten. Welcher Art soll dieses Recht sein, das vorher von niemandem gekannt werden kann, das sich erst sozusagen wie der Phönix aus der Asche im Zeitpunkt der Resolution produziert. Mir scheint, hier ist eine bedenkliche Affinität zu naturrechtlichen Vorstellungen zu konstatieren, die im Ergebnis dann doch darauf hinausläuft, dem Resolutionsakt selbst Rechtsquellencharakter beizulegen, eine These, die Herr Meessen ja ausdrücklich abgelehnt hat. Nun noch eine Bemerkung zu These 13: Danach ist eine Herabsetzung der Höhe der Entschädigung unter anderem dann möglich, wenn die Enteignung angezeigt war, um einem übermäßigen Entzug finanzieller Ressourcen entgegenzuwirken. Sie haben das sehr überzeugungskräftig dargestellt, insbesondere mit den Zahlen zu dem Verhältnis der Kapitalinvestitionen und der Devisenabzüge durch amerikanische und britische Investoren seit 1960. Sie haben dann gleichzeitig diese These dadurch etwas modifiziert, daß Sie eine Art Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingeführt haben. Sie sagten, der erwähnte Legitimationsgrund für eine Enteignung und damit selbstverständlich auch für die Herabsetzung der Entschädigung komme nur dann in Betracht, wenn die Enteignung ein "means of last resort" ist, wenn es, mit anderen Worten, keine vernünftige Alternative dazu gibt. Nun frage ich mich, ob bei dieser Variante des übermäßigen Entzugs finanzieller Ressourcen eine derartige Situation überhaupt vorstellbar ist. Das mildere Mittel gegenüber der Enteignung müßte doch immer eine entsprechende Währungsgesetzgebung bzw. Devisengesetzgebung sein, die verhindert, daß Gewinne in den Heimatstaat transferiert werden könnten. So zu verfahren, stellt sich aus meiner Sicht doch immer als das mildere Mittel dar gegenüber der schlichten Globalwegnahme des investierten Vermögens, so daß ich mich im Ergebnis fragen muß, ob dieser Gesichtspunkt, so wie Sie ihn vorgetragen haben, letzten Endes wirklich etwas bringt. Es sieht so aus, als ob seine Voraussetzungen real nie gegeben sein werden. Eine dritte Bemerkung adressiert sich an Sie, Herr Seidl-Hohenveldern. Ich habe mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, daß Sie immerhin die Möglichkeit einer "protective nationalization" erwägen, und entnehme daraus, daß Sie Ihr bisheriges Insistieren auf den Territorialitätsgrundsatz als äußerste Schranke von Enteignungsmaßnahmen zu modifizieren beginnen. Ich begrüße dies als eine Art asymptotische Annäherung an eine, wie mir scheint, besser begründete Position. Seidl-Hohenveldern:

Es tut mir leid, so war es nicht gemeint.

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Wegener: Zu dem Problem der Rechtsbildung darf ich eine Beobachtung aus der Praxis beitragen, und zwar zu der hier schon mehrfach getroffenen Feststellung, daß die Resolutionstexte aus dem Apparat der Vereinten Nationen und die Praxis auseinanderfallen, daß also ein Gegensatz zwischen dem bilateralen und dem multilateralen Verhalten der Entwicklungsländer besteht. Das Mißverhältnis dieser beiden Verhaltensformen erklärt sich nach meiner Ansicht aus dem Konsensusverständnis der Entwicklungsländer, denen eben selbst bei dem, was hier als Rechtsresolution bezeichnet wurde, häufig der Rechtsbildungswille fehlt oder nur sehr bedingt vorhanden ist. Es handelt sich bei den 77 um eine riesige Staatengruppe, die unter ganz ungewöhnlichen Solidarisierungszwängen steht und nach diesen Solidarisierungszwängen agiert. Meine Beobachtung wird dadurch gestützt, daß mehrfach Kollegen selbst aus den Reihen der eloquenteren Befürworter gewisser Resolutionen auf uns zugekommen sind, um uns zu bedeuten, daß man sich natürlich in der bilateralen Praxis durchaus einigen werde, daß aber hier ein Mehrheitszwang innerhalb der Gruppe der 77 bestanden hätte, dem sie sich einfach hätten beugen müssen. Eine zweite Bemerkung: Eine Staatengruppe von Industrieländern haben Sie bisher aus der Beobachtung ausgelassen, obwohl sie insofern auch im Thema liegt, als die Entwicklungsländer betroffen sind. Es sind die Industrieländer des sozialistischen Osteuropa, die den Entwicklungsländern ebenfalls als Entwicklungshilfegeber gegenübertreten. Zwar ist die Konfiguration hier anders, das gebe ich zu, aber das Problem stellt sich für die Entwicklungsländer doch häufig ähnlich dar. Die Oststaaten geben Entwicklungshilfe als Ressourcentransfer nur in kläglichster Form, verweisen aber, wenn sie zunehmend unter Druck kommen, gerade in der gegenwärtigen Phase auf ihre umfassende industrielle Zusammenarbeit. Hier treten die Äquivalente von Multinationalen in Form von großen Staatsinvestitionsgesellschaften in den Entwicklungsländern auf und gehen dort auf ganz ähnlich konfigurierte Projekte ein, etwa in Form von joint ventures, wobei der Partner auf der anderen Seite in der Regel eine Staatsgesellschaft ist. Hier ist die Frage: wie stellen sich die osteuropäischen Staaten, die bei sämtlichen genannten Resolutionen nicht nur begeistert zugestimmt, sondern mindestens in einer früheren Phase die Entwicklungsländer auch noch zu solchen Formulierungen angestachelt haben, zu enteignungsgleichen Eingriffen durch die Entwicklungsländer, etwa, wenn die Lieferung von Kompensationsware gesperrt wird, wenn ihnen durch lndigenisierung die Mitwirkung im Management bei solchen joint ventures versagt wird, wenn ihnen die Rückflüsse finanzieller Art, eine Form von Gewinntransfer natürlich, aus dem Funktionieren dieser joint ventures

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entzogen werden? Nach dem Satz "volenti non fit iniuria" müßten die osteuropäischen Staaten solche Enteignungseingriffe eigentlich mit Jubel begrüßen. Oppermann:

Obwohl ich mich tendenziell gerne in den Kreis der N ostalgiker nach der guten alten Enteignungszeit einreihen würde, möchte ich doch Herrn Meessen bescheinigen, daß man sich der faktischen Kraft des nüchternen Tableaus, das er uns vorgelegt hat, schwer entziehen kann. Also der Weg von der alten Hull-Formel, wie weit sie auch immer gegolten hat, zu einer Art von vermittelnden Theorie - wie Sie es in These I 3 genannt haben - liegt ziemlich zwangsläufig vor uns. Insofern hätte ich noch eine oder zwei erläuternde Fragen zu Ihrer Grundposition. Wenn ich es richtig sehe, sind Sie eigentlich auch in die Skala vermittelnder Ansichten mit einzureihen. Wie ist das im Näheren gemeint? War das, was Sie uns vorgetragen haben, ein spezielles Enteignungsrecht des Nord-Süd-Bereiches? Oder darüber hinaus der Stand des allgemeinen Völkerrechts? Ich vermute das Letztere, da Sie darauf abzielten mit dem, was auf der zweiten Seite Ihrer These hier geboten wurde. Wenn dem so ist, hätte ich noch die Frage an Sie, in der völkerrechtlichen Rechtsquellenlehre gesprochen: Auf welcher Höhe siedeln Sie diesen Argumentationsrahmen unter IV eigentlich an? Ist das, was ich am ehesten vermuten würde und auch als plausibelste Ansicht ansehen würde, eine Art neuer Mindeststandard auf völkergewohnheitsrechtlicher Ebene? Oder sind das etwa schon allgemeine Rechtsgrundsätze? Insoweit wäre ich für eine Aufklärung ausgesprochen dankbar. Ich meine nicht, daß man so weit gehen sollte wie HerrIpsen und auch die These III 8, also die Verpflichtung, dem Grunde nach Entschädigung zu zahlen, auf Grund der aktuellen Haltung der "Gruppe der 100", also von irgendwo zwischen 50 und 150 Staaten, bereits anzweifeln sollte. Es macht doch einen Unterschied bei der inzwischen stattgefundenen Erweiterung des Kreises der Völkerrechtssubjekte von 50 auf 150 Mitglieder, daß es sich bei den 100, die sich ja bilateral zum Teil auch ganz anders äußern und bewegen als im Konsens der UN-Generalversammlung, um "Newcomer" in der Statengemeinschaft handelt. Sie stießen auf einen bereits vorhandenen Konsens, der entweder im Sinne der vollen Hull-Formel oder so ungefähr nahe der Hull-Formel lag. Wie weit nun die derogatorische Kraft dieses sehr partiellen und partikularen Willens einzelner dieser 100 neuen Völkerrechtssubjekte ausreichen kann, das bisherige Enteignungsrecht sozusagen vom Punkte 100 auf den Punkt 0 zurückzustufen, dahinter würde ich doch einige Fragezeichen setzen! Insofern würde ich letztlich an Ihrer vermittelnden Sicht festhalten, Herr Meessen.

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Im übrigen habe ich nur noch zwei oder drei kleine Dinge anzumelden. Ich war etwas überrascht gerade von Ihrem Ansatz her, insofern ähnlich wie auch Herr Ipsen, daß Sie die sozialreformerische Motivation der Enteignung, wie Sie es genannt haben, oder was Herr Ipsen das völkerrechtliche Sozialstaatsprinzip nannte, nicht bereit sind, in Anrechnung zu bringen, etwa zugunsten gewisser Herabsetzungen der "vollen" Entschädigung. Ich weiß nicht, ob sich eine Einbeziehung dieses Faktors nicht doch, wenn man von dem vermittelnden Ansatz ausgeht, unter Mitberücksichtigung der Globalentschädigungsfälle nahe legt. Ein kleiner Exkurs, den ich mir als Verfassungsrechtier erlauben darf: Mir scheint es bis heute eine offene Frage zu sein, ob bei Art. 15 in dem Verweis dieses Art. 15 GG auf die "gerechte" Entschädigungshöhe des Art. 14, wenn es da einmal zum Schwur käme, nicht eine gewisse Flexibilität im Sinne einer legitimen Mitberücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Staates liegt. Art. 15 GG will doch wohl nicht über die Entschädigungshöhe eine Art "kalter" Sozialisierungssperre errichten. Muß nicht Ähnliches bei völkerrechtlichen Nationalisierungen mit erheblicher Breitenwirkung gelten? Insoweit würde ich noch einmal, ähnlich wie Herr Ipsen, um eine Erläuterung bitten. Freilich sagte Herr Scheuner vorhin, bei den Globalentschädigungen nach 1945 - etwa der Tschechoslowakei an Großbritannien - seien manchmal nur 5 °/o des Wertes gezahlt worden. In solchen Fällen bewegt man sich natürlich in die Richtung des anderen Extrems, wo der Gesichtspunkt des völkerrechtlichen Sozialstaatsprinzips sozusagen zum Fei.(1enblatt oder zu einem rein verbalen Lippenbekenntnis zugunsten der Enteignungsentschädigungsprinzipien wird. Ob das noch in die vermittelnde Ansicht einzuordnen wäre, möchte ich stark bezweifeln. Dritter Gesichtspunkt, der mit zu beachten ist: Wie ist es mit dem Gesichtspunkt der Inländerdiskriminierung? Wenn bestimmte Staaten sich nach nationalem Recht herausnehmen können, ihre eigenen Staatsangehörigen entschädigungslos zu enteignen - muß das tendenziell in die Frage der Höhe ihrer völkerrechtlichen Entschädigungspflichten gegenüber Ausländern mit einfließen? Schließlich noch der Asiaten-Fall, der von Herrn Seidl-Hohenveldern eingeführt wurde. Bei derart rein politischen Enteignungen muß man die Frage stellen: Sind das überhaupt völkerrechtlich zulässige Enteignungen, oder muß man hier nicht an Verletzungen des Menschenrechtsgedankens im Sinne des Verbotes des Rassismus und des umgekehrten Rassismus denken? Wenn man hierbei Kategorien des nationalen Enteignungsrechtes anwendet und völkerrechtlich transponiert, kann man nicht mehr von einer Enteignung sprechen, sondern von enteignungs~leichem Eingriff1 schuldhaft rechtswidrigem Eingriff oder etwas Ähn-

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lichem. Vielleicht ergeben sich in solchen Fällen bereits Entschädigungspflichten aus völkerrechtlichem Deliktsrecht Schließlich als letztes: Es führt über Ihr Thema eigentlich hinaus, Herr Meessen, aber vielleicht könnten Sie dies kurz beantworten: Würden Sie außerhalb der vermittelnden Ansicht für das allgemeine Völkerrecht weiterhin die Möglichkeit der Existenz regionalen Völkerrechts annehmen und es im amerikanisch-europäischen Rechtskreis weiterhin für denkbar halten, daß man dort die alte Hull-Formel noch so einigermaßen als in Kraft befindlich ansehen kann?

Meessen: Da ich durch Herrn Oppermann um em1ge Erläuterungen gebeten worden bin, möchte ich darauf rasch antworten. Ich würde mich in der Tat im Bereich der vermittelnden Theorien ansiedeln. Was die Frage eines Sonderrechts zum Nord-Süd-Verhältnis angeht, so habe ich bereits auf die Intervention von Herrn Rauschning hin gesagt, daß mir die Frage offen erscheint. Diese Frage ist von mir - auch von der Praxis her - nicht genügend erforscht worden. Zur Rechtsquelle würde ich sagen, daß eine Pflicht zur Entschädigung dem Grunde nach gewohnheitsrechtlich gesetzt ist, daß aber dann die Frage, wie hoch die Entschädigung im Einzelfall zu bemessen ist, gewohnheitsrechtlich nicht vorentschieden ist. Dann muß der Begriff "appropriate compensation" durch einzelne "Normpartikel", Herr Koppensteiner, ausgefüllt werden, also durch jene Topoi, die als Richtlinien oder Riebtstrahlen zu berücksichtigen sind. In diesem Zusammenhang bin ich auch Herrn Seidl-Hohenveldern für seinen Hinweis dankbar, daß der Gesichtspunkt der "full compensation" aus der Sicht der Entwicklungsländer in Art. 16 der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten verankert sei. Zu der These 12, die von Ihnen, Herr Oppermann, mit einigen Erläuterungsfragen und kritischen Hinweisen versehen worden ist und die auch sonst Kritik hervorgerufen hat von Herrn Ipsen und Herrn Bernhardt. Ich war da offenbar nicht progressiv genug. Ich möchte aber dennoch die terms of reference noch einmal klären. Ich habe das Problem nur im Nord-Süd-Verhältnis untersucht und habe daher die ganze Praxis der Globalentschädigungsabkommen zwischen sozialistischen Staaten und westlichen Staaten nicht als Grundlage meiner Darlegungen verstanden. Im Nord-Süd-Verhältnis scheint mir die sozialreformerische Absicht als isolierter Gesichtspunkt ein Zurückbleiben hinter der vollen Entschädigung nicht zu rechtfertigen. Außerdem ist meiner Ansicht nach streng zu unterscheiden zwischen dem innerstaatlichen So-

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zialverband und dem zwischenstaatlichen Sozialverband. Im innerstaatlichen Sozialverband - Art. 14, Art. 15 - ist ein Zurückbleiben hinter der vollen Entschädigung eher angezeigt, weil zumindest zu unterstellen ist, daß alle Mitglieder dieses innerstaatlichen Verbandes an den Vorteilen der Überführung in Gemeineigentum partizipieren. Im zwischenstaatlichen Verhältnis scheint mir die These, einen derartig dichten und engen Sozialverband anzunehmen, doch erheblich verfrüht zu sein, denn hier dominiert immer noch die Zuordnung auf einzelne Volkswirtschaften. Auf der Linie des Clubs of Rome ein Weltgemeinschaftsrecht zu konzipieren, da hätte ich in der Tat - Herr Koppensteiner, es gibt auch Völkerrechtler, die irgendwann auf Grenzen zu stoßen meinen - keine Grundlage, um hier zu sagen, daß normative Ansatzpunkte vorhanden seien, die eine Herabsetzung der Entschädigungspflicht rechtfertigten, es sei denn, im Rahmen der globalen Verteilungsfunktion wären einzelne Abstriche möglich. Herr Koppensteiner, Sie sagten, das mildere Mittel der Besteuerung stehe immer zur Verfügung. Es steht, meine ich, nur theoretisch immer zur Verfügung. Theoretisch einmal deswegen, weil die Besteuerung selbst auf Schwierigkeiten stößt. Ich nenne nur die Methoden des transfer pricing und ähnliche Techniken. Auch müssen wir uns immer wieder vergegenwärtigen, daß die Besteuerung als Mittel der Umver~ teilung von der Ausgabenseite her noch nicht voll bewältigt werden kann. Hier sind in vielen Entwicklungsstaaten die administrativen Strukturen nicht weit genug entwickelt, etwa im Vergleich zur Bundesrepublik, in der ja Sozialreform aus Steuermitteln finanziert wird. Schließlich stößt auch das Mittel der Besteuerung irgendwann an die Grenze einer erdrosselnden Besteuerung und wirft damit ähnliche Fragen auf, wie wir sie bei der Enteignung behandeln. Auch wenn Entwicklungsländer das Unternehmen nicht selbst enteignen, sondern die Besteuerung so hoch ansetzen, daß sich eine Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit erübrigt, würde ich Enteignungsgrundsätze mit Modifikationsmöglichkeiten, wie sie in dem ersten Teil der These 13 angedeutet sind, für anwendbar halten. Simma:

Lassen Sie mich die Meessen'sche Hauptthese durch eine Beobachtung zur Theorie des Völkergewohnheitsrechts unterstützen: Die Formel von der prompten, effektiven und adäquaten Entschädigung bei Entziehung ausländischen Eigentums war ursprünglich ohne Zweifel im allgemeinen Völkergewohnheitsrecht verankert. Herr Böckstiegel hat dies in seinem Referat 1973 vor der Gesellschaft auch noch als geltendes Recht angesehen - eine Auffassung, der man wohl nicht mehr so ohne weiteres wird folgen können. Denn die ehemals allgemeine Praxis und

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Rechtsüberzeugung hat sich seither in einem Umfang und mit solcher Deutlichkeit aufgelöst, so daß man heute wohl von zwei partikulären Rechtskreisen in unserer Frage ausgehen muß (da sich der Nord-SüdKonflikt doch ganz überwiegend als ein Interessengegensatz zwischen den westlichen Industriestaaten und den Entwicklungsländern darbietet, möchte ich die Haltung der sozialistischen Staaten außer Acht lassen). Im "West-West-Verhältnis" gilt der Hull-Standard weiterhin, im "Nord(West)-Süd-Verhältnis" ist er durch einen neuen, tieferen Standard ersetzt worden. Die Frage ist nunmehr: Was gilt auf universeller Ebene? Ich würde meinen, ein gewisser Rahmen (ähnlich wie wir ihn bei der Bemessung der Küstenmeerbreite zwischen 3 und 12 Seemeilen vor uns haben), innerhalb dessen die konkreten Entscheidungen und bilateralen Verträge sich einordnen. Seine obere Begrenzung bildet der Hull-Standard. In unserem Zusammenhang ist aber allein die untere Grenze von Interesse. Sie ist Gegenstand eines jeweiligen "bargaining process", und in einem solchen Prozeß werden eingangs natürlich von beiden Seiten Maximalpositionen eingenommen, von denen man sich dann im Lauf der Verhandlungen mehr oder weniger abbringen läßt. In diesem Sinne setzt sich der westliche Industriestaat mit dem RuHStandard an den grünen Tisch, sein Partner aus der Dritten Welt leugnet etwa jede ins Gewicht fallende Entschädigungspflicht ab. In der Folge kommt es zu einem Kompromiß, dessen Verwirklichung die Gestalt neuer Staatenpraxis und Rechtsüberzeugung annimmt. Mindestinhalt eines solchen Kompromisses ist die von Herrn Meessen herausgearbeitete Anerkennung einer Entschädigungspflicht dem Grunde nach - und damit haben wir einen (neuen) universell geltenden gemeinsamen Nenner, den man m. E. als Völkergewohnheitsrecht ansehen darf. Frank:

Ich möchte einige Bemerkungen machen, die zur Praxis hinüberleiten sollen, auch auf die Gefahr hin, daß ich vielleicht nicht für ausreichend progressiv gehalten werde. Erstens eine Bemerkung zum Grundsatz der Auslandsinvestitionen. Ich gehöre einem erwerbswirtschaftlich orientierten Haus an, auch wenn rund 90 Ofo der Anteile der Robert Bosch GmbH von einer gemeinnützigen Stiftung gehalten werden. Wir sind der Überzeugung, daß Auslandsinvestitionen primär privatwirtschaftlich orientiert sind, auch in Entwicklungsländern. Ein anderes Verfahren wäre auch unternehmensfremd und würde das Unternehmen selber, das diese Investitionen vornimmt, grundsätzlich in Frage stellen. Wenn man diesen normalen Satz, der auf einem marktwirtschaftliehen Grundsatz beruht, akzeptiert, so können wir aus der Sicht unseres Hauses, und das gilt sicher

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für viele andere Unternehmen ebenso, eigentlich nicht mehr so wie in der Vergangenheit zwischen Inlands- und Auslandsgeschäftstätigkeit trennen. Um Ihnen das zu erläutern (alle Zahlen beziehen sich auf das Geschäftsjahr 1975): Der Exportanteil unseres Hauses liegt deutlich über 50 °/o, oder eine andere Bemerkung dazu, von den 70 Geschäftsbereichen der Bosch-Gruppe sind 40 in Bereichen außerhalb der Bundesrepublik tätig. Oder noch eine Vergleichszahl: Von rund 110 000 Mitarbeitern sind heute 50 000 direkt oder indirekt mit dem Auslandsgeschäft verbunden, sei es durch Produktion für den Export oder sei es durch Produktion im Ausland direkt. Bei einer derartigen strukturellen Abhängigkeit vom Auslandsgeschäft, die in der Zukunft eher zunimmt als abnimmt, glauben wir, daß das Infragestellen einer gewissen Mindestgarantie für Auslandsinvestitionen eigentlich nicht in Betracht kommen darf. Für unsere Arbeit im Bereich der Auslandsinvestitionen ist der ordnungspolitische Rahmen wichtig. Dieser heißt Rechtssituation in den kapitalaufnehmenden Ländern, wobei ich sagen möchte, wir haben uns hier primär über Auslandsinvestitionen auf der Kapitalseite zu unterhalten. Entsprechendes gilt aber auch für jeden Lizenzvertrag oder für sonstige Dienstleistungen. Wir sehen uns heute bei den Rahmenbedingungen in den Investitionsländern, den Entwicklungsländern einem Prozeß der Veränderung unterworfen. Da möchte ich an das anknüpfen, was Prof. Krämer gesagt hat: ich glaube nicht, daß wir die Situation in den wichtigen Entwicklungsländern, ich meine die Entwicklungsländer, die gleichzeitig auch ein Marktpotential haben, heute vergleichen dürfen mit früheren Situationen. Für ein Unternehmen, für das das Auslandsgeschäft die Erhaltung von Märkten bedeutet- unter starkem Wettbewerbsdruck übrigens, und zwar internationalem Wettbewerbsdruck -, ist das Hineingehen in eine Investition gar keine Frage des freien Willens, sondern häufig eine Frage des Zwanges. Der Zwang umfaßt nicht nur die Entscheidung, in einem Land tätig zu werden oder nicht, sondern auch die Investitionsbedingungen dieses Landes. Ich möchte Ihnen nicht den Iran als den typischen Fall der bargaining power eines Landes anführen, was er sicherlich ist, was seine Stärke anbetrifft. Z. B. die Türkei hat eine sehr strenge, schwer überschaubare Investitionsgesetzgebung, die es den einzelnen Investoren schwierig macht, das Kriterium der Rechtssicherheit in einem solchen Land zu quantifizieren. Solange die Situation in diesen Entwicklungsländern noch so ist (ich glaube, hier sind Verbesserungen im Gange), solange hier noch kein eindeutiger ordnungspolitischer Rahmen für Investitionen vorhanden ist, ist der kapitalentsendende Staat, hier die Bundesrepublik Deutschland, wohl beraten, den Investoren doch weiterhin auf bilateraler Ebene zur Verfügung zu stehen. Ich möchte die These unterstüt-

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zen, daß, obwohl es im bilateralen Bereich bisher wenig Konfliktfälle gegeben hat, die Notwendigkeit des Abschlusses von bilateralen Verträgen oder, wo das nicht vorhanden ist, mindestens gewisser Grundsatz-Garantien als Basis für die Erteilung von Bundesgarantien zu bejahen ist. Solche Mindestgarantien sind für Unternehmen, die jedes Risiko unternehmenspolitisch abwickeln müssen und keinerlei Subventionen für Auslandsinvestitionen bekommen, wichtig. Unser Haus hat z. B. rund 21 Bundesgarantien in verschiedenen Ländern übernommen, wobei wir uns darüber im klaren sind, daß auch das eine rein kaufmännische Frage ist, denn Bundesgarantien sind Versicherungen, kosten also Geld. Der dritte Aspekt, den Herr Prof. Meessen angesprochen hat, der rechtspolitische Ausblick, betrifft insbesondere die Kontrollen. Ich möchte hier nichts verharmlosen; ich möchte eigentlich nur vermeiden, daß verallgemeinert wird. Sie erwähnten die amerikanische Untersuchung über Kapitalerträgnistransfers von amerikanischen Investitionen in einem bestimmten Zeitraum. Sie wissen sicher, daß es auch entsprechende Untersuchungen der Bochumer Universität gibt, allerdings auch schon für die 60er Jahre, die bei den deutschen Kapitalinvestitionen einen Kapitaltransferanteil von 6,2 °/o auf die Investitionen gebracht haben. Für viele Unternehmen ist die Investition in Entwicklungsländern eine Investition, die nicht primär aus dem Grunde unternommen wird, weil dort mehr Geld verdient wird, im Gegenteil. Das Risiko ist höher, wir haben sehr viel längere Anlaufzeiten für den Abbau der Anlaufverluste. Wir sind der Meinung, daß hier eine bessere Information notwendig ist, um keine falschen Mutmaßungen und Schlußfolgerungen zuzulassen oder unzulässige Praktiken, transferpricing haben Sie genannt, zu vermeiden. Wir glauben aber, daß man sich sehr gründlich überlegen sollte, ob man eine Art Sonderkontrolle für multinationale Unternehmen einführen sollte. Schon bei der Frage, was ist ein multinationales Unternehmen, fängt die Problematik an, ist es der einzelne Lizenzgeber auch schon, er müßte das ja eigentlich auch sein, wenn er Zulieferung betreibt. Wir möchten also eigentlich aus der Praxis die Frage in den Raum stellen: Wäre ein solches Sonderkontrollrecht für international tätige Unternehmen nicht geradezu eine gewisse Diskriminierung dieses Bereichs? Ich frage, ob das rechtlich erwünscht ist. Wir sind vielmehr dafür, das in der offenen und fairen Weise zu betreiben, wie man es betreiben sollte. Sie wissen, es gibt den Zwang zur Publizität im deutschen Aktienrecht Es gibt eine Reihe von Unternehmen, die bereits jetzt, obwohl sie nicht dazu verpflichtet sind, Weltbilanzen aufstellen. Innerhalb dieser Weltbilanzen kann man den dafür meines Erachtens notwendigen Aufschluß geben. Das ist der Punkt der Transparenz im Bilanzbereich. Es gibt das Außensteuer-

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gesetz, es gibt also nationale Gesetze dieses Landes, die Kontrollen der Bereiche Steuern, Dividenden, Transferpreise ermöglichen. Freilich würde ich mich Verbesserungen dieser Gesetzgebung nicht entgegenstellen. Aber ich glaube, wir sollten eigentlich erst die praktischen Verbesserungsmöglichkeiten vom Gesetzgeber her ausnutzen, sicherlich in der grundsätzlichen Tendenz, die Partnerschaft zwischen den investierenden Ländern zu erhöhen, bevor wir rechtlich sozusagen ein Sonderstatut für gewisse Teile des Wirtschaftslebens der Bundesrepublik, und das ist ja für Auslandsinvestitionen der Fall, einführen. Ginther:

Ich möchte zur rechtsquellentheoretischen Problematik, die hier mehrfach angesprochen worden ist, einige Bemerkungen zur Frage der Entschädigungspflicht v. a. der Höhe nach machen. Mir scheint, daß man in der Gliederung von Herrn Meessen, wie sie auch von den anderen Herren hier nachvollzogen wurde: Rechtslage vor 1945 und danach, auch folgende Betrachtungsweise angebracht sein lassen kann. Bis 1945 erscheint, und wird das Problem völkerrechtlicher Enteignung und Entschädigung diskutiert und praktisch bewältigt, im größeren Kontext einer euro-amerikanisch determinierten Rechtslage. Ich meine das hier gar nicht in irgendeiner Weise revolutionär oder mit besonderer Betonung einer Kritik, sondern ganz einfach in dem Sinn, daß die besondere Interessensverfolgung des Schutzes von Kapitalexport im Enteignungsfall abgestützt wird auf ein im euro-amerikanischen Kontext begründetes Völkerrecht im Stile klassischer Völkerrechtsquellen, nach dem entsprechend der Hull-Formel "prompt, adäquat und effektiv" gezahlt werden müsse. Dies entsprach dem (politisch-sozialen) Kontext, wie ich das nennen möchte, um von dem Begriff des Konsenses abzurücken, in dem sich das Problem damals stellte ("Kontext" ist hier gemeint im Sinn des "contextual approach" von McDougal und Feliciano, Law and Minimum World Public Order (1961), oder auch im Sinn von J. Delbrück, in: W. Kewenig (Hrsg.), Die Vereinten Nationen im Wandel, 1974, S. 131 f.). Ich glaube nun, wir haben nach 1945 eine Übergangszeit, in der sich dieser Kontext ändert. Ich halte hier das Jahr 1958 für sehr markant. Herr Simma hat darauf thematisch auch Bezug genommen. Anläßlich der Beschlußfassung über die vier Genfer Seerechtskonventionen wurde am 27. April 1958 von der United Nations Conference on the Law of the Sea eine Resolution beschlossen, in gewissen Belangen unter Präferenzierung von Entwicklungsländern die berücksichtigungswürdige entwicklungspolitische Lage dieser Länder in einem Verfahren zu adjustieren. Man sprach von "conciliation and arbitral procedures" nach einem Grundsatz eines "just treatment". "Just treatment" und "arbi-

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tration" scheinen mir noch sehr typisch zu sein für die Übergangslage, in der noch an klassischen, legalistischen Denktraditionen festgehalten wird. In der Zwischenzeit, wie Sie wissen, gab es sehr bald darauf die Auflösungsbewegung des 1958 allerdings nur lose determinierten Seerechts-Regimes. Wir sind heute mit der Ergründung des (politischsozialen) Kontextes konfrontiert, in dem die Enteignungsproblematik künftig diskutiert und einer Lösung zugeführt werden soll, oder zumindest damit, die Anfangsgründe eines solchen Kontextes festzustellen. Ich möchte davon abrücken, daß durch die Generalversammlung konsensual, d. h . weiter gedacht im klassischen Rechtsquellenverständnis, ein neues Recht begründet wird; sondern ich würde eher sagen, die Relevanz der Generalversammlungsresolutionen besteht vor allem darin, in den aktuellen (politisch-sozialen) Kontext neue Topoi einzuführen bzw. schon in der Satzung angekündigte zu festigen. Solche Topoi sind anfänglich von Herrn Meessen sehr stark betont, aber im Laufe seiner Ausführungen etwas verschluckt worden, bis dahin, wenn ich Herrn Meessen richtig verstanden habe, daß schließlich aus sozialpolitischen Rücksichten getätigte Enteignungen völkerrechtswidrig sein sollten. Ich meine in den heute relevanten Kontext gehört auf Grund dessen, was sich in der Generalversammlung ereignet und diesbezüglich auch juristisch relevant geworden ist, der Selbstbestimmungsgrundsatz in seiner heutigen Ausprägung in der Diskussion um eine neue Weltwirtschaftsordnung. Auch in der Diskussion um ein neues Seerecht erhielt dieser Grundsatz eine Konkretisierung, bzw. Operationalisierung: In Gestalt des Grundsatzes der Präferenzierung einerseits, und andererseits in Gestalt des Grundsatzes von Billigkeit im Sinn von equitable distribution. Darauf wollte ich abzielen und fragen, ob wir nicht heute durch die Praxis der Generalversammlung im Ergebnis mit der "Etablierung" neuer materieller Grundsätze oder Rechtsnormen insofern konfrontiert sind, als heute ein Grundsatz der Billigkeit in die Überlegungen über die Entschädigung einzubeziehen ist; dies im starken Kontrast zu der Ausgangslage, in der eine bestimmte Interessenlage durch Vermittlung klassischer Rechtsquellenformen abgesichert werden sollte; nunmehr aber versucht wird, einer neuen Interessenlage unter Rückgriff auf den Grundsatz der Billigkeit gerecht zu werden. Ich wollte hier Herrn Meessen fragen, ob sich die von ihm unter Punkt 4 versammelten Gesichtspunkte in diesen Kontext soweit reduzieren lassen, daß man sagen könnte, das völkerrechtliche Enteignungsrecht stehe hier im Zeichen eines Grundsatzes von equitable compensation, wobei in einem Interessenausgleich unter Rückgriff auf equitable considerations - ich möchte hier das Reizwort Ausbeutungstheorie durchaus vermeiden- doch auch Renditen in der Vergangenheit dadurch berücksichtigt werden, daß heute in so vielen Fällen

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eben nur partiell entschädigt wird. Unter Rückgriff auf Billigkeit ließe sich die tatsächliche Praxis, nicht volle Entschädigung zu leisten, erklären, in dem wir sagen, es werde unter Billigkeitserwägungen doch praktisch berücksichtigt, daß gewisse Renditen vorweg gehabt waren. Schließlich ließe sich unter Billigkeitserwägungen auch Rücksicht nehmen auf das Leistungsvermögen des betroffenen Staates, das besonders dort aktuell wird, wo es um soziopolitisch determinierte Enteignungen geht, wie etwa im Prozeß der lndigenisierung, wie das hier erwähnt worden ist, oder im Fall der Afrikanisierung. Dies sind Rechtsbehauptungen, die von vielen Staaten doch erhoben werden und die zu einer bestimmten Praxis im Enteignungsverfahren geführt haben, ausmündend in Nullentschädigung. Dies würde ich nicht für gerechtfertigt halten; aber dort, wo es zu einem gewissen Ausmaß an Entschädigung kommt, könnte man doch sagen, es sei eine im heutigen Kontext billige Entschädigung geleistet worden. Fleischhauer:

Zwei Bemerkungen: Erstens, Herr Meessen hat uns in einer Weise, die auch mich sehr beeindruckt hat, vorgeführt, daß der Grundsatz der "full and effective compensation" heute im Völkerrecht nicht mehr so unangefochten gilt, wie das bis vor kurzem und zum Teil auch heute noch angenommen und behauptet wurde und wird. Auch ich bin der Meinung, daß sich heute Einschränkungen von dem Grundsatz der "full and effective compensation" nach allgemeinem Völkerrecht begründen und aufrecht erhalten lassen, ich würde aber gleichwohl die Ziffer 7 der Thesen von Herrn Meessen für zu weitgehend halten. Ich bin nicht der Meinung, daß der Grundsatz der "full and effective compensation" so kategorisch für tot erklärt werden kann, wie das hier geschieht. Ich komme zu diesem Ergebnis nicht auf Grund eines anderen methodischen Ansatzes, als Herr Meessen das getan hat, sondern auf Grund einer etwas unterschiedlichen Bewertung der Faktoren, die uns zur Verfügung stehen, um zu ermitteln, was das allgemeine Völkerrecht heute aussagt. Ich glaube, daß der bilateralen Praxis ein vergleichsweise größerer Stellenwert eingeräumt werden sollte, und zwar im Bereich der bilateralen Praxis nicht nur die Investitionsschutzverträge, sondern auch die Reaktion der jeweils von Enteignungen betroffenen Staaten im bilateralen Verhältnis. Umgekehrt würde ich den Resolutionen der Vereinten Nationen und anderer internationaler multilateraler Gremien ein vergleichsweise geringeres Gewicht einräumen. Diese Resolutionen können sicher Indikatoren für die Rechtsüberzeugung oder auch die Praxis der Staaten sein, aber wenn man sich die idealtypische Zielsetzung, die ideal-typische Motivierung des Vorgehens der Entwicklungsländer im multilateralen Rahmen vor Augen führt und

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die Art und Weise, wie auch die Weisungsgebung bei den Entwicklungsländern zwischen ihren Repräsentanten und den Hauptstädten funktioniert, dann muß man die Bewertung solcher Resolutionen ganz außerordentlich cum grano salis vornehmen. Die zweite Bemerkung ist eine Bemerkung de lege ferenda. Herr Vorsitzender, wo wollen wir de lege ferenda hin, soweit das de leg~ ferenda in unserer Macht steht? Hier ist erwähnt worden der Gedanke des Verteilungsausgleichs. Gewiß ist der Gedanke eines vernünftigen und gerechten Ausgleichs des Vorhandenen eine Zielsetzung, die anzustreben ist. Ich frage mich aber, ob nicht dem Ziel der größtmöglichen Vermehrung des Vorhandenen der Vorrang gebührt. Und wenn man von dem Ziel der größtmöglichen Vermehrung des Vorhandenen zwecks Ausgleichs des Sozialgefälles von Norden nach Süden ausgeht, dann brauchen wir Investitionen, und zwar Investitionen mit einem höchstmöglichen Schutz. Darum haben wir, glaube ich, zunächst einmal ein Interesse daran, das vorhandene Völkerrecht nach Möglichkeit im Sinne des Investitionsschutzes auszulegen. Zum zweiten habe ich den Gedanken, der hier von Herrn Prof. Foighel ins Spiel gebracht worden ist, sehr interessant gefunden, dort wo Einschränkungen vorgenommen werden können und müssen, aber keine konkreten materiellen Kriterien vorliegen, nach denen Einschränkungen vorgenommen werden können, zu prozeduralen Hilfsmitteln, wie etwa der arbitration, · zu greifen. Rudolf:

Der von Herrn Rauschning zurückgewiesene und von Herrn Meessen offen gelassene Gedanke, ob es ein Nord-Süd-Sondervölkerrecht in dem Bereich gibt, hängt nur teilweise mit der Frage der neu entstandenen Staaten seit 1945 zusammen. Denn wir dürfen nicht vergessen, daß unter den Altstaaten, die ebenfalls Enteignungen gegen nur eine angemessene Entschädigung vorzunehmen geneigt sind, auch etwa 20 südund mittelamerikanische Staaten, also Altstaaten, sich befinden. Im übrigen meine ich, daß wir nicht nur in diesem Bereich, sondern insgesamt das Phänomen beobachten, daß einige Staaten, die nicht in dem Maße industrialisiert sind wie die westlichen Industriestaaten, auch wenn sie selbst Altstaaten sind, an dem tradierten Völkerrecht zu rütteln beginnen. Denken Sie beispielsweise im Seerecht an die Fischereizonen. Es waren immerhin Staaten, die vor 1945 entstanden sind, die solche weitgehenden Fischereizonen eingerichtet haben. Denken Sie etwa an Peru oder denken Sie an Island. Wenn wir nun im Völkerrecht tatsächlich den Gedanken des Sozialstaatsprinzips einführen, dann werden wir natürlich, Herr Rauschning, schon wieder das Nord-SüdGefälle und auch ein Sonderrecht zwischen Nord und Süd zu beobach5 Symposion 1976

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ten haben. Dann müßten wir natürlich nun nachweisen, daß die HullFormel, wenn sie je gegolten hat, durch desuetudo im Verhältnis zu den ärmeren Staaten inzwischen nicht mehr gilt, ein Nachweis, der ja bei Gewohnheitsvölkerrecht nicht ganz einfach zu führen ist. ber von Herrn Bernhardt in die Debatte gebrachte Gedanke, die wohlerworbenen Rechte danach zu unterscheiden, ob sie in Zukunft oder gerade jetzt erworben werden, bzw. ob es sich um alterworbene Rechte handelt aus der Zeit der Kolonialisation, betrifft wohl nur die Neustaaten. Und da meine ich, daß man dann in der Tat wird unterscheiden müssen, ob es sich um Investitionen handelt, die nach der Entstehung des Neustaates in dem Staate vorgenommen worden sind oder um Investitionen - denken Sie beispielsweise an Rinderfarmen oder Tabakplantagen - die unter Ausnutzung des Kolonialstatus in dem betreffenden - damals noch kolonialisierten- Neustaat gemacht worden sind. Ich halte auch von der These etwas, daß man diejenigen Investitionen anders behandeln muß, die aus dem Lande wieder herausgeholt werden, und solche Investitionen, wo die Gewinne im Lande wieder reinvestiert werden. Herr Frank hat ja schon auf die Untersuchung des Bochumer Instituts hingewiesen, die ergab, daß zum Beispiel von Unternehmen der Bundesrepublik nur unter 10 °/o aus dem Lande herausgeholt werden und der Rest wieder reinvestiert wird. Der zweite Punkt betrifft die Investitionsschutzverträge. Investitionsschutzverträge kann man nun nicht alle über einen Kamm scheren; sie sind ja inhaltlich recht unterschiedlich. Die älteren sehen vor, daß überhaupt keine Enteignungen stattfinden sollen. In neuerer Zeit gibt es dann einige, die bestimmen, daß voll entschädigt werden soll oder daß angemessen entschädigt werden soll. Die Frage nun, ob diese Investitionsschutzverträge überhaupt nur von solchen Staaten abgeschlossen werden, die nicht die Absicht haben, entschädigungslos zu enteignen, oder aber, ob Investitionsschutzverträge, wie Herr SeidlHohenveldern meint, so eine Art "Fleet in Being" sind, vermag ich hier nicht zu beantworten. Es gibt übrigens einige Fälle, wo eben keine Indigenisierung stattgefunden hat, sondern wo genau der umgekehrte Fall vorliegt. In Indien beispielsweise ist bei der Bankennationalisierung nur der indische Teil der Großbanken nationalisiert worden, während die ausländischen Banken von der Nationalisierung ausgeklammert worden sind. Ganz zum Schluß noch eine kurze Bemerkung: Ob eine Unterscheidung zwischen rein politischen und wirtschaftspolitischen Enteignungen exakt getroffen werden kann, erscheint mir sehr zweifelhaft.

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Wehser: Ich möchte zwei Bemerkungen machen. Die erste betrifft die Höhe der Enteignungsentschädigung. Traditionell gilt im Völkerrecht der Grundsatz der vollen Entschädigung. Ob dieser Grundsatz uneingeschränkt auch heute noch gilt, ist bekanntlich lebhaft umstritten. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf einen Aspekt aufmerksam machen, der möglicherweise Zweifel an der fortdauernden Berechtigung des Grundsatzes der vollen Entschädigung erwecken könnte. Die ausländischen Unternehmen in den Staaten der Dritten Welt haben sich nämlich angesichts der seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zunehmenden Zahl von Nationalisierungen mit dem Risiko einer möglichen Enteignung vertraut gemacht. Sie haben auch erfahren, daß die Enteignerstaaten nur selten zur Leistung einer vollen Entschädigung bereit waren. Auf diese Tatsachen haben die Unternehmen mit einer veränderten Kalkulation ihrer Preise reagiert. Sie versuchen heute, ihre Investitionen bereits in einigen wenigen Jahren seit der Niederlassung im Ausland hereinzuholen, bevor der betreffende Staat an eine Nationalisierung denkt. Untersuchungen der Wirtschaftswissenschaftler gehen davon aus, daß Investitionen in Entwicklungsländern normalerweise innerhalb eines Zeitraums zwischen zwei und acht Jahren von den Unternehmen wieder hereingeholt werden. Wird das Unternehmen dann später enteignet, so entsprechen die Verluste im wesentlichen nur dem für die Zukunft "entgangenen Gewinn". Wenn das aber so ist, wäre möglicherweise zu überlegen, ob nicht die Tatsache, daß die Unternehmen ihr Enteignungsrisiko über die Preise abgedeckt haben, sich auf die Höhe der Entschädigung für eine später tatsächlich erfolgte Enteignung auswirken müßte. Andernfalls würden die Unternehmen möglicherweise zweifach "voll" entschädigt: Einmal auf dem Weg über die dem Enteignungsrisiko angepaßten Preise, zum anderen über die übliche Enteignungsentschädigung. Mit meiner anderen Bemerkung möchte ich an Herrn Fischer anknüpfen. Ich glaube, daß der prozedurale Aspekt bei Enteignungen, nämlich wer über die Höhe der Enteignungsentschädigung zu befinden hat, zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die jüngsten UN-Resolutionen zur Schaffung einer N euen Weltwirtschaftsordnung zeigen einen deutlichen Trend in Richtung auf die sog. Calvo-Doktrin, die dem Territorialstaat die alleinige Entscheidung über die Modalitäten der Verstaatlichung zuweist. Möglicherweise werden daher die Auseinandersetzungen in der nächsten Zukunft weniger um die Höhe der Entschädigung als um die Frage, wer über die Höhe zu befinden hat, kreisen.

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Randelzhofer: Herr lpsen hat sich, unterstützt von Herrn Oppermann, letzteres hat mich außerordentlich verunsichert, gegen die These 12 von Herrn Meessen gewandt. Ich will dennoch gestehen, daß mir gerade diese These 12 durchaus sympathisch ist, weil ich es bisher immer als ein gewisses Problem empfunden habe, daß die Ansicht, es sei keine, jedenfalls keine prompte und volle Entschädigung zu bezahlen, wenn die Enteignung im Zuge einer globalen Umstrukturierung der nationalen Wirtschaftsordnung erfolgt, ganz eindeutig zu einseitigen Bevorzugungen bestimmter Wirtschaftsordnungen, etwa der sozialistischen, führt. Ich glaube, daß man ein solches einseitiges Ergebnis auch nicht - wie es Herr lpsen nur angedeutet, nicht etwa schon wirklich behauptet hat mit einem wie auch immer gearteten völkerrechtlichen Sozialstaatsprinzip rechtfertigen kann. Denn ein solches Prinzip, verstanden als Prinzip des allgemeinen Völkerrechts, könnte ganz bestimmt nicht eine einseitige Ausrichtung in Richtung Sozialismus oder ähnliches haben. Das würde dem Grundsatz der souveränen Gleichheit in Verbindung mit der inneren Selbstbestimmung der Staaten widerstreben. Ein zweiter Punkt: Auch nach der erneuten Stellungnahme von Herrn Meessen würde ich mich immer noch der Frage von Herrn Koppensteiner anschließen bezüglich der These 10, wie Herr Meessen denn nun wirklich die Position der Generalversammlung im Zusammenhang mit Resolutionen sieht. Er meinte, er schließe sich hier an die von Herrn Siroma vor zwei Jahren hier vertretene These an. Ich glaube, hier einen Unterschied festgestellt zu haben. Herr Siroma vertrat damals die These, daß dieser Konsens in der Generalversammlung erste Stufe eines Normschöpfungsprozesses sei, der nur dann wirklich zur Norm führe, wenn man sich danach konsensgemäß verhält, während Herr Meessen - ich glaube, hier wörtlich zu zitieren - sagte, Resolutionen der Generalversammlung machen nur bereits bestehende Normen sichtbar. Es ist hier also ganz sicher ein Gegensatz zur Simma'schen These und offen ist auch nach der erneuten Stellungnahme geblieben, welcher Art diese Normen, die die Resolution erst sichtbar machen soll, denn zuvor sind. Meessen: Herr Randelzhofer, ich habe Herrn Siroma nur insoweit in Anspruch genommen, als ich gesagt habe, daß ich mit Herrn Siroma glaube, daß es außerhalb des Rechtsquellenkataloges weiteres Völkerrecht geben kann. Die übrigen Ausführungen belasten Herrn Siroma nicht, sondern nur mich allein. Obwohl es mich sehr reizen würde, möchte ich aus

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Zeitgründen zu dieser rechtstheoretischen Vorfrage meiner Überlegungen nicht mehr sagen. Ich habe hier versucht, einen Neuansatz - natürlich vorgezeichnet durch Bemerkungen und Ausführungen anderer Autoren - zu strukturieren. Ich habe nicht den Eindruck, daß dieser Neuansatz insgesamt in Frage gestellt worden ist, und ich bin selbstverständlich dankbar und offen für jede Diskussion von Einzelheiten. Daß kein komplettes System geliefert werden konnte, versteht sich ja von selbst. Hierzu würde ich gerne das aufgreifen, was Herr Bernhardt zu Neu- und Altinvestitionen gesagt hat und was von Herrn Rudolf hinsichtlich kolonialer und nichtkolonialer Investitionen etwas modifiziert worden ist. Diese Unterscheidung würde sich sehr oft eingruppieren lassen einmal unter die Frage "globale Verteilungsfunktion" - es wurde eben früher unter so günstigen Bedingungen investiert, daß bestehende Mißverhältnisse perpetuiert und weiterhin verstärkt wurden - und zum anderen auch unter die Rubrik "Kontrollfunktion" -den Unternehmen, die sich vor längerer Zeit etabliert haben, ist es gelungen, sich in eine Kontrollposition hineinzuarbeiten. Dabei würde ich allerdings nicht unterscheiden zwischen Kolonialstaaten und Nichtkolonialstaaten, Chile war ja keine Kolonie der Vereinigten Staaten, aber es waren doch faktische Abhängigkeitsverhältnisse genutzt worden. Dennoch läßt sich diese, sehr häufig anzutreffende Erscheinung nicht als Kriterium akzeptieren, denn es gibt unzählige alte Investitionen, die eben weder einen Entzug finanzieller Ressourcen verursacht noch zum Entstehen übermäßiger Kontrollpositionen geführt haben. Ich habe gerade versucht, mich von diesen alten Kategorien des Kolonialismus und des Neo-Kolonialismus zu lösen und die Umstände in den Mittelpunkt der Kriterien zu stellen, die heute als Belastung fortwirken, wie auch immer sie verursacht sein mögen. Zu den transnationalen Unternehmen: Ich hatte sie aus den Zwischenbemerkungen ausgespart. Herr Fischer, Sie haben sich dafür eingesetzt, daß ausschließlich das transnationale Unternehmen mit dem Entwicklungsland verhandelt. Zur Begründung erwähnten Sie Maßnahmen der Aramco im Jahre 1940. Noch im Jahre 1956, ich denke an den Suez-Konflikt, ist sogar amerikanische Außenpolitik durch die Aramco betrieben worden, so daß diese Sonderstellung, die die Firma Aramco in der politischen Führung der Vereinigten Staaten erreicht hat, nicht gegen eine begleitende Kontrolle des Investors durch den Heimatstaat angeführt werden kann. Die Weltbankkonvention schließlich sollte nicht überbewertet werden. Aus Lateinamerika liegt meines Wissens keine einzige Ratifikation vor.

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Herr Fleischhauer, ich habe nur das allgemeine Völkerrecht behandelt. Insofern möchte ich meine These 7, in der ich auf das Wort "stets" hinweisen möchte, aufrechterhalten. Es kann durchaus öfter Inhalt eines Vertrages sein, daß eine volle Entschädigung gezahlt werden muß, aber daß sie stets bezahlt werden muß, kann meines Erachtens nicht aus der Vertragspraxis insgesamt entnommen werden und daher nicht Inhalt des Völkergewohnheitsrechts sein. Freilich sollten im Vertragsvölkerrecht andere und bessere Regelungen getroffen und ausgebaut werden. Ich habe die vielen dahingehenden Vorschläge hier nicht aufzählen wollen. Mein ergänzender Vorschlag einer begleitenden Kontrolle multinationaler oder transnationaler Unternehmen bei ihren Investitionen in Entwicklungsländern sieht, Herr Frank, kein materiellrechtliches Sonderstatut für multinationale Unternehmen vor. Das würde ich gerade nicht empfehlen, vielmehr beschränke ich mich auf den Vorschlag, die Verständigung zwischen Heimatstaat, Gaststaat und Investor besser zu organisieren. Dadurch kann die Politik des Heimatstaats den Unternehmen plausibel gemacht werden. Umgekehrt kann auch der Gaststaat Verständnis für die volkswirtschaftlich erwünschten Folgen einer Fortführung der Investition gewinnen. Ihren Hinweis, Herr Foighel, - und damit möchte ich schließen auf die joint ventures verstehe ich auch als ein Konzept der Enteignungsalternative. Freilich wird man einen absoluten Schutz nicht erwarten können. Zum Beispiel handelte es sich im Chile-Fall um ein joint venture der Firma Kennecott, das unter Bedingungen enteignet worden ist, die wir nicht begrüßen können.

Technologietransfer aus völkerrechtlicher Sicht Von Wilhelm A. Kewenig 1. Jeder, der sich etwas ausführlicher mit den Bemühungen um die sogenannte "neue Weltwirtschaftsordnung" befaßt, ist sehr bald gleichermaßen fasziniert und erschreckt ob der Fülle und des Facettenreichtums der Sachfragen, die unter dieser durchaus euphemistischen Überschrift erst seit wenigen Jahren Gegenstand intensiver diplomatischer und politischer, aber auch wissenschaftlicher Aktivitäten sind. Die Einzelthemen des diesjährigen Kieler Symposiums geben nur einen bescheidenen Eindruck von der Tiefe und dem Umfang der Gesamtproblematik. Ich möchte mich heute mit einem Aspekt dieser Gesamtproblematik befassen, der bisher kaum die Aufmerksamkeit der Völkerrechtswissenschaft auf sich gelenkt hat. Dabei ist der Technologietransfer mittlerweile zu einem der wichtigsten Themen in der Auseinandersetzung zwischen alter und neuer Welt um die Rekonstruktion der internationalen Wirtschaftsordnung geworden1 • Wenn die Völkerrechtswissenschaft sich trotzdem bisher abstinent gezeigt hat, so dürfte der Grund dafür neben der spröden Technizität des Problems vor allem der sein, daß der Völkerrechtler die auftauchenden Fragen vor allem als solche zwischen Lieferant und Abnehmer eingestuft und deshalb dem Privatrechtier bei ihrer Beantwortung den Vortritt lassen möchte. Es kommt hinzu, daß zumindest nicht unmittelbar einsichtig ist, warum die völkerrechtlichen Regeln des internationalen Handelsverkehrs, die für alle grenzüberschreitenden Geschäfte Geltung beanspruchen, und zwar unabhängig davon, was im Einzelfall von dem einen in das andere Land verkauft wird, nicht auch auf den Technologietransfer 1 Vgl. etwa Wegener, Technologietransfer von Industriestaaten in Entwicklungsländer, EA 1976, 527 ff. über das Umfeld der Diskussion über den Technologietransfer und konkret über den Verhaltenskodex informieren u. a. Cousin, Le Projet de la C. N. U. C. E. D. de Code international de Conduite pour le Transfert des techniques, GYIL 19 (1976), 199 ff.; Jequier, Code de conduite en matiere de transfert technologique: solution ou source de conflits?, Revue Tiers-Monde XVII (1976), 115 ff.; Menck, Technologietransfer in der Außenwirtschafts- und Entwicklungspolitik - eine Bestandsaufnahme, Vierteljahresberichte - Probleme der Entwicklungsländer 1976, 101 ff.; Patel, Code of conduct on transfer of technology, Foreign Trade Review IX (1974), 81 ff.

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Anwendung finden sollen. Mein Referat wird, so hoffe ich, den Nachweis führen, daß es höchste Zeit ist, die wie auch immer motivierte Zurückhaltung aufzugeben. 2. Zunächst ein Wort dazu, was mit "Technologietransfer" gerneint ist." Technologietransfer" bedeutet nichts anderes als Weitergabe technischen Wissens2 • Technisches Wissen wird heute in einem umfassenden Sinn verstanden. Darunter fallen wissenschaftliche Erkenntnisse vor allem aus dem Bereich der Naturwissenschaften ebenso wie Methoden zweckgerichteter Anwendung dieser Erkenntnisse in der Praxis, oder anders formuliert, der Technologietransfer erfaßt sowohl praktisch verwertbare Forschungsergebnisse wie das zu ihrer Urnsetzun~ erforderliche "know-how" und die dazugehörenden Produktionsverfahren3 . So weit und umfassend "Technik" oder "Technologie" in diesem Zusammenhang zu verstehen ist, so vielfältig sind auch die Methoden der in dem Begriff "Technologietransfer" angesprochenen Weitergabe. Sie reichen von dem Verkauf von Industrieprodukten und schlüsselfertigen Industrieanlagen über die Gründung von Tochtergesellschaften oder gemeinsamen Unternehmen (joint ventures), über den Verkauf von Patenten, Lizenzen, Handelsmarken und Gebrauchsmustern, über Management- und Beratungsverträge bis hin zum Informationsaustausch und zur Ausbildung qualifizierter Arbeitskräfte«. Wichtig ist in diesem Zusammenhang schließlich der Hinweis darauf, daß in jedem konkreten Fall des Technologietransfers bis zu vier "Parteien" beteiligt sind: das "source enterprise", der Technologieexporteur, und das "source country", das dazugehörende Land, auf der einen Seite, das "recipient enterprise", der Technologieirnporteur, und das "recipient country", das dazugehörende Land, auf der anderen Seite5•

t Zu den Definitions- bzw. Abgrenzungsproblemen vgl. z. B. Chudson, The international transfer of commercial technology to developing countries, New York 1971 (Unitar Research Reports No. 13), 3 ff., sowie UNCTAD, Guidelines for the study of the transfer of technology to developing countries, New York 1972 (TD/B/AC. 11/9), 5 ff. 3 Dazu etwa Johnson, Technology and economic interdependence, London 1975, 1 ff. ' Ähnlich etwa die Aufzählung der Erscheinungsformen bei Agarwal, Donges, Horn, Neu, Übertragung von Technologie an Entwicklungsländer, Tübingen 1975 (Kieler Studien, Bd. 132), 10 f. 5 Sehr klar unter Verwendung der zitierten Formulierungen wird die Unterscheidung zwischen den vier normalerweise an einem Technologietransfer-Geschäft Beteiligten gemacht in dem später noch ausführlich zu diskutierenden "Revised draft outline for the preparation of an international code of conduct on transfer of technology ... submitted by the expert from .Japan on behalf of the experts from Group B.", TD/B/C. 6/14, Annex 1, 1 ff. Der Text ist im Anschluß an dieses Referat (S. 96 ff.) abgedruckt. Vgl. hier konkret Kapitel II - Definitions and scope of application, 6.

Technologietransfer aus völkerrechtlicher Sicht

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Technologietransfer in diesem umfassenden Sinn findet ständig und überall, also auch zwischen hochindustrialisierten Staaten und innerhalb dieser zwischen einzelnen Unternehmen statt. Wenn allerdings im Rahmen der Vereinten Nationen von Technologietransfer die Rede ist, so wird der Begriff in der Regel in einem "räumlich" engeren Sinne verstanden. Er wird verstanden als der von den Industriestaaten erwartete Beitrag zur industriellen, zur wirtschaftlichen Entwicklung der Länder der Dritten Welt6 • Welche Schwierigkeiten sich daraus ergeben, daß der allgemeine Begriff des Technologietransfers beibehalten, tatsächlich aber nur die Weitergabe technischen Wissens von den Industriestaaten in die Entwicklungsländer gemeint ist, wird später noch zu demonstrieren sein. Der Völkerrechtler kennt vergleichbare Schwierigkeiten etwa aus der Diskussion über Begriffe wie Selbstbestimmung oder Nichtdiskriminierung in den Vereinten Nationen7 • 3. Versucht man, den Stellenwert auszumachen, den der Technologietransfer im Nord-Süd-Dialog bisher gehabt hat, so wird man zunächst feststellen, daß die frühen siebziger Jahre einen Wendepunkt darstellen. Zwar taucht der Technologietransfer als Stichwort auch in früheren Jahren auf den Tagesordnungen internationaler Konferenzen auf. Als Beleg erwähnt seien hier die von den Vereinten Nationen einberufene Konferenz "On Science and Technology for the Benefit of the Less Developed Areas" im Jahre 19638 und die im gleichen Jahr erfolgte Gründung eines ständigen Technologie-Beraterausschusses (ACAST) durch den Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen°. Trotz dieser bemerkenswerten Ansätze blieb die internationale Diskussion über den Technologietransfer insgesamt bis in die frühen siebziger Jahre erstaunlich farblos. Die Situation änderte sich spätestens 1972 mit der III. UNCTAD in Santiaga de Chile. Seither gehört der Wunsch nach einer Intensivierung des Technologietransfers zu den "Kernforderungen der Dritten Welt in der Auseinandersetzung um die sog. neue Weltwirtschaftsordnung" 10• 1 Als Beleg sei nur verwiesen auf Art. 13 der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, A/Res/3281 (XXIX), Entschließung der UN-Vollversammlung vom 12. 12. 1974, Text in EA 1975, D 365 ff. (369 f.). 7 Zur "Einäugigkeit" der Diskussion um die Selbstbestimmung in den Vereinten Nationen vgl. Thürer, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, Bern 1976, 106 ff. e Vgl. eine Kurzdarstellung der Ergebnisse mit weiteren Nachweisen in Yearbook of the United Nations 1963, 248 ff. • Eingesetzt durch einen Beschluß des UN-Wirtschafts- und Sozialrates vom 1. 8. 1963 (E/Res. 980); vgl. weiterhin zur Entwicklung des Themas in der internationalen Diskussion UNCTAD, An international code of conduct on transfer of technology, New York 1975 (TD/C. 6/AC. 1/2/Supp. 1/Rev. 1), mit weiteren Nachweisen. to So Wegener (Anm. 1), 527.

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Angesichts des Zeitlimits auch für dieses Referat kann ich die Entfaltung der Problematik des Technologietransfers als eines der zentralen Themen des Nord-Süd-Dialogs in den letzten Jahren nicht im einzelnen darstellen. Ich beschränke mich insoweit auf den Hinweis, daß sich nach der übereinstimmenden Bekundung der Experten gegenwärtig die Diskussion über den Technologietransfer vor allem auf drei Einzelthemen konzentriert, die in einem Bericht des UNCTAD-Sekretariats zum Tagesordnungspunkt "Transfer of technology" von UNCTAD IV wie folgt umschrieben werden: Notwendig sind danach: -

Action to strengthen the technological capacity of developing countries;

-

Decisions on a code of conduct for the transfer of technology and, in the light of those decisions, a decision on the modalities for its establishment;

-

Actiontobe undertaken by UNCTAD with respect to the economic, commercial and development aspects of the international patent system in the context of the on-going revisionofthat system11•

In N airobi hat man die Diskussion bei diesem Tagesordnungspunkt tatsächlich auf die Themen "Stärkung der technologischen Eigenkapazität", "Verhaltenskodex" und "Revision des internationalen Patentrechts" beschränkt und jeweils eine - ganz überwiegend Verfahrensfragen behandelnde- Entschließung verabschiedet12 • Die Resolution 89 {IV) zum "Verhaltenskodex" fordert die beschleunigte Ausarbeitung eines solchen Kodex und empfiehlt, daß die Vollversammlung der Vereinten Nationen für Ende 1977 eine internationale Konferenz zur Verabschiedung des Kodex einberuft13•

Es bedarf keiner Erläuterung, daß sich unter den drei genannten Stichworten eine Fülle unterschiedlicher Einzelprobleme verbergen, die allerdings vielfach ineinandergreifen. Akzeptiert man trotzdem schon aus praktischen Gründen die aufgezeigte Dreiteilung, so wird der Völkerrechtler anhand des bisher zum Stichwort "Stärkung der technologischen Eigenkapazität" vorliegenden Materials feststellen, daß insoweit für ihn eine Beteiligung an der gegenwärtigen Diskussion weder reiz11 Technological dependence: Its nature, consequences and policy implications, Report by the UNCTAD Secretariat, (TD/190, 31.12. 1975), 1. 12 Die drei zum Tagesordnungspunkt "Technologietransfer" verabschiedeten Resolutionen (87, 88 und 89 [IV]) machen mehr als deutlich, daß man über das "Verfahrensstadium" noch nicht hinausgekommen ist. 13 Die in Aussicht genommene Konferenz ist inzwischen, da die Vorarbeiten langsamer als geplant vorankommen, auf den Herbst 1978 verschoben worden.

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voll noch sinnvoll ist. Hier handelt es sich eindeutig um einen übergreifenden, vor allem für die Akteure bestimmten Problempunkta. Durchaus anders ist die Ausgangslage hinsichtlich des dritten Stichwortes, hinsichtlich der Forderung nach einer Revision des internationalen Patentrechts. Hier öffnet sich für den Juristen ein weites Betätigungsfeld. Wenn ich dieses Stichwort trotzdem nicht aufgreifen möchte, so vor allem deshalb, weil es sich hier um eine Rechtsmaterie handelt, die seit langem von Spezialisten betreut wird. Und diese Spezialisten haben sich neuerdings tatsächlich, wenn auch zögernd, ja häufig recht widerwillig, der Frage einer Reform des gegenwärtigen internationalen Patentrechts zugewendet15 • In diesem Bereich wird also juristisch gearbeitet. Ganz anders ist es in dem Bereich, der mit dem Stichwort "Verhaltenskodex" angesprochen ist. Er reizt als "Neuland" und bedarf außerdem dringend einer ersten völkerrechtlichen Bestandsaufnahme. Gestatten Sie mir trotzdem zwei kurze rechtspolitische Bemerkungen zum Thema "Reform des Patentrechts". Die eine gilt dem hartnäckigen Widerstand, den die meisten Industriestaaten bis vor wenigen Jahren gegen jeden Versuch leisteten, auch nur die Möglichkeit einer Korrektur des gegenwärtigen Rechtssystems zu diskutieren. Stattdessen wurde das geltende Patentrecht als eine Art "Naturrecht" angesehen, an das man nicht rühren dürfe, ohne die bestehende Weltwirtschaftsordnung von innen heraus zu zerstören16• Verantwortlich für diesen vielfach kompromißlosen Widerstand gegen jeden Reformgedanken war neben starken wirtschaftlichen Interessen wohl auch der Umstand, daß die Diskussion auf Seiten der Industrieländer den Vertretern der gewerblichen Wirtschaft und den Patent- und Urheberrechtsexperten im strengen Sinn überlassen wurde. Für Rechtsexperten ist in der Regel der status quo per definitionem erhaltenswert.Das gilt ganz besonders dann, wenn sie nicht wissen, was man sich für den status quo einhandelt. 14 Vgl. hierzu ausführlich die in Anm. 11 zitierte Studie des UNCTADSekretariats, 3 ff., sowie außerdem: Action to strengthen the technological capacity of developing countries: policies and institutions, Report by the UNCTAD Secretariat, Nairobi 1976 (TD/190/Supp. 1). 15 Für eine Übersicht vgl. etwa Anderfelt, International patent legislation and developing countries, Den Haag 1971; Mundorski I Seil, Patente und Entwicklungsländer, Kritische Bemerkungen zum Stand der Diskussion, Kiel 1976 (Diskussionsbeiträge aus dem Institut für Wirtschaftspolitik der Universität Kiel, Nr. B); UNCTAD, The role of the patent system in the transfer of technology to developing countries, New York 1975 (TD/B/AC. 11/ 19/Rev.l). 18 Den besten überblick über die Skala der von der wirtschaftlichen über die psychologische bis zur moralischen Ebene reichenden Argumente gibt Machlup, Patentwesen (I und II), Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 8, Stuttgart 1964, 231 ff. Vgl. auch Anderfelt (Anm. 15), 26 ff.; Bernhardt, Die Bedeutung des Patentschutzes in der Industriegesellschaft, Köln 1974.

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Außerdem war man im konkreten Fall lange Zeit nicht bereit, bei den Diskussionen in Rechnung zu stellen, daß sich die weltweite Interessenlage zu Lasten der Industriestaaten verändert hat und daß diese globale Gewichtsverschiebung als eine durchaus reale Größe in eine Verteidigungsstrategie einzubauen ist, wenn sie erfolgreich sein soll17• Die aus dieser Beobachtung zu ziehende Lehre scheint mir die, daß der Völkerrechtler, der von Berufs wegen ein entwickeltes Sensorium für weltweite Gewichtsverschiebungen und makroökonomische Zusammenhänge haben sollte, sich mehr als bisher in die Diskussion auch solcher Rechtsgebiete einschalten muß, die ihm auf den ersten Blick als Randgebiete erscheinen mögen. Die zweite Bemerkung gilt dem "backlash", der zumindest teilweise von dem starren Widerstand gegen jede Reform geradezu erzwungen worden ist, und der dahin geht, daß die Entwicklungsländer den Patentrechtsschutz insgesamt als ein Instrument der Ausbeutung abqualifizieren. Diese etwa in den Kreisen der UNCTAD weitverbreitete Auffassung18 ist mindestens ebenso kurzsichtig wie die kompromißlose Verteidigung des bisherigen Systems. Entscheidend scheint mir zu sein, daß in der gegenwärtig schon weit fortgeschrittenen Reformdiskussion die Einsicht hinreichend Berücksichtigung finden muß, daß der Schutz des Erfinders und die Bereitschaft, ihm einen finanziellen Nutzen aus seiner Erfindung zu sichern, nicht nur und auch nicht überwiegend auf einer überholten Ideologie von "geistigem Eigentum" oder auf einer Überbetonung der individuellen Rechtsposition zu Lasten der Interessen der Allgemeinheit, sondern vor allem auf auch heute noch gültigen Überlegungen wirtschaftspolitischer Art beruhen19• Will man zu weiteren Erfindungen und dazu anreizen, daß diese Erfindungen auch tatsächlich in der Praxis ausgewertet werden und damit der Allgemeinheit zugute kommen, so bedarf es eines herausgehobenen Erfinderschutzes, der nichts mit - ungerechtfertigter - Privilegierung gemein hat. 4. Es bleibt das Stichwort "Verhaltenskodex", auf das ich mich im folgenden konzentrieren möchte. Dabei geht es mir vor a:Uem darum, 17 Dazu sehr instruktiv Mundorski I Sell, Auswirkungen unterschiedlicher Patentsysteme auf die wirtschaftliche Entwicklung von Entwicklungsländern, Kiel 1976 (Diskussionsbeiträge aus dem Institut für Wirtschaftspolitik der Universität Kiel, Nr. 1), mit weiteren Nachweisen. 18 Typisch etwa die Argumente in: Report of the group of governmental experts on the role of the patent system in the transfer of technology on its meeting held at the Palais des Nations, Geneva, from 1 to 12 September 1975 (TDIB/C. 618), 5 ff. 11 Vgl. z. B. Taylor I Silberston, The economic impact of the patent system, a study of the British experience, Cambridge 1973; vgl. außerdem Machlup, Die wirtschaftlichen Grundlagen des Patentrechts, Weinheim 1962.

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auf die Fragen aufmerksam zu machen, die für den Völkerrechtler direkt oder indirekt von besonderem Interesse sind. Daß ich in meinem Referat nicht mehr als eine erste Bestandsaufnahme bieten werde, versteht sich fast von selbst. Grundlage für die weitere Diskussion ist nicht ein einheitlicher Text, Grundlage sind vielmehr zwei Entwürfe eines Verhaltenskodex, einer vorgelegt von den Experten der sogenannten Gruppe der 77 (A-Entwurf), der andere ausgearbeitet von den Experten der Industriestaaten (B-Entwurf) 20• Beide Entwürfe sind eingebracht worden in einer speziell mit der Ausarbeitung des Entwurfs für einen Verhaltenskodex beauftragten Arbeitsgruppe der UNCTAD, der "Intergovernmental group of experts on a code of conduct on transfer of technology" 21 • Beide Entwürfe entsprechen in der hier zugrundegelegten Form dem Diskussionsstand von Nairobi. Seither hat die Expertengruppe dreimal, und zwar im November 1976 sowie im März/April und im Juli 1977 in Genf getagt. Ausführliche Informationen über das Ergebnis dieser Gesprächsrunden liegen nicht vor. Jedenfalls ist es den Experten - bis heute - nicht gelungen, größere Partien eines gemeinsamen Entwurfs fertigzustellen22• Das ist kaum überraschend, wie ich noch belegen werde. Für die Diskussion in diesem Raum ist es allerdings von Vorteil, daß es noch keinen einheitlichen Text gibt. Mit Hilfe zweier Entwürfe, von denen jedenfalls einer die Maximalforderungen der einen Seite weitgehend ungeschminkt herausstellt, dürften sich die wichtigsten, auch völkerrechtlich relevanten Streitfragen der Diskussion über den Technologietransfer klar bezeichnen lassen. Bevor ich zu diesem Zweck die einzelnen Kapitel beider Entwürfe gegeneinanderstelle, möchte ich gleichsam vorweg eine Frage erörtern, die für beide Seiten - wenn auch mit verschiedenen Vorzeichen- eine besonders bedeutsame Rolle 20 Die offiziellen Titel der beiden Texte lauten: "Revised draft outline for the preparation of an international code of conduct on transfer of technology, submitted by the expert from Japan on behalf of the experts from Group B", und "Revised draft outline for the preparation of an international code of conduct on transfer of technology, submitted by the expert from Brazil on behalf of the experts from the Group of 77" (TD/B/C. 6/14, Annex I und II). Beide Texte sind im Anschluß an das Referat (S. 96 ff.) abgedruckt. 21 Vgl. zur Vorgeschichte und zur ersten Sitzung der Expertengruppe den "Report of the international group of experts on a code of conduct on transfer of technology" h€ld at the Palais des Nations, Geneva, from 5 to 16 may 1975 (TD/B/C. 6/1), 2 ff. 12 Nach Auskunft des bisherigen Ausschußvorsitzenden sind mindestens drei weitere Sitzungen im Laufe der Jahre 1977/78 notwendig, um eine abgestimmte Vorlage für die Abschlußkonferenz vorzubereiten. Zum weiteren Verlauf des Verfahrens auch Roffe, International Code of Conduct on Transfer of Technology, Journal of World Trade Law 11 (1977), 186 ff.

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gespielt hat. Es ist die Frage nach der Rechtsnatur, nach dem völkerrechtlichen Verbindlichkeitsgrad des beabsichtigten Verhaltenskodex. 5. Die Frage nach dem "legal character" des zu erarbeitenden Verhaltenskodex war von Anfang an einer der hauptsächlichen Streitpunkte zwischen den Entwicklungsländern und den lndustriestaaten23 • Während die Entwicklungsländer immer wieder betonten, daß der angestrebte Verhaltenskodex die Form eines "international legally binding instrument" annehmen müsse, um die ihm zugedachte Funktion zu erfüllen24, erklärten die Industriestaaten von Anfang an, daß sie ihre grundsätzlichen Vorbehalte gegen einen solchen Verhaltenskodex nur dann zurückstellen und an seiner Ausarbeitung nur dann mitarbeiten würden, wenn es sich bei ihm im Ergebnis um ein "international instrument of a non-binding character" handeln werde25• Bis heute zeichnet sich noch kein Kompromiß in dieser Frage ab26 • Im Gegenteil, die Experten aus den B-Ländern haben zu Beginn der Verhandlungsrunde im November 1976 erneut erklärt, daß sie zu einer inhaltlichen Diskussion der Entwürfe nur bereit sind, weil sie davon ausgehen, daß der Kodex in seiner endgültigen Form Empfehlungscharakter haben werde. Nach dem gegenwärtigen Stand der Diskussion wird diese Frage erst auf der geplanten internationalen "Kodifikationskonferenz" für den Verhaltenskodex entschieden werden. So sieht es jedenfalls die schon zitierte Entschließung 89 (IV) der UNCTAD ausdrücklich vor27• Die Gründe, die die Entwicklungsländer ein rechtsverbindliches Vertragsinstrument, die Industriestaaten dagegen einen rechtlich unverbindlichen Grundsatzkatalog fordern lassen, sind so offensichtlich, daß es sich nicht lohnt, sie hier näher zu erörtern. Im- wohlverstandenen - Interesse der Entwicklungsländer wird man an dieser Stelle höchstens darauf hinweisen, daß ein Verhaltenskodex, der vor allem die materiellen Forderungen der Entwicklungsländer an die Industriestaaten formuliert, als multilateraler Vertrag auch für die Entwicklungsländer nur dann wirklich interessant wird, wenn er von der Mehrzahl 28 Dazu ausführlich der in Anm. 21 zitierte Bericht über die erste Sitzung der Expertengruppe, 5 ff. Vgl. zu den Sachfragen auch den in Anm. 9 zitierten Bericht des UNCTAD-Sekretariats, 45 ff. 24 So schon der erste Sprecher der Entwicklungsländer in der ersten Sitzung der Expertengruppe, vgl. den in Anm. 21 zitierten Bericht, 5. 25 Ibid., 6. 28 Nach den vorliegenden Informationen hat man die Frage der Rechtsqualität des Kodex in den weiteren Verhandlungen zunächst bewußt ausgeklammert. 27 Die einschlägige Passage der Entschließung 89 (IV) von Nairobi lautet: "The group of experts shall be free to formulate the draft provisions ranging from mandatary to optional, without prejudice to the final decision on the legal character of the code of conduct." Einen Absatz später wird diese "final decision" ausdrücklich der Kodifikationskonferenz zugewiesen.

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der Industriestaaten tatsächlich ratifiziert ist. Man wird aber schon heute mit Sicherheit feststellen können, daß Chancen für die Ratifikation eines solchen Vertrages, der sich mit seinen Forderungen überwiegend an die Technologie exportierenden Firmen in marktwirtschaftlieh organisierten Industriestaaten richtet, einerseits aus rechtlichen, in der BRD im Zweifel sogar aus verfassungsrechtlichen Gründen, andererseits aber auch aus wirtschaftlichen Gründen praktisch nicht bestehen. Angesichts dieser sicheren Erwartung bietet ein rechtlich unverbindlicher Kodex, zu dem sich auch die Mehrzahl der Industriestaaten bekennt, im Ergebnis ohne Frage mehr als ein nicht allgemein ratifikationsfähiger Vertragstorso. Damit soll es für die konkrete Frage - verbindlicher oder unverbindlicher Verhaltenskodex- sein Bewenden haben. Ich möchte allerdings einige kritische Bemerkungen anfügen zu einem generellen Verhaltensmuster der Industriestaaten, das in der internationalen Auseinandersetzung mit den Entwicklungsländern zumindest bisher häufig praktiziert worden ist. Das Verhaltensmuster sieht so aus, daß man sich zunächst der Forderung der Entwicklungsländer widersetzt, mehr oder minder weitgehende materielle Wünsche dieser Länder in völkerrechtlich verbindliche, vorzugsweise in multilaterale vertragliche Absprachen umzusetzen. Hat dieser zunächst vor allem der angestrebten Rechtsform geltende Widerstand Erfolg, so zeigt man sich relativ konzessionsbereit, wenn es dann in einem zweiten Anlauf darum geht, die gleichen materiellen Forderungen etwa in einer Empfehlung der Vollversammlung der Vereinten Nationen oder eines vergleichbar "kompetenzschwachen" Beschlußorgans der internationalen Staatengemeinschaft unterzubringen. Die oft unerwartet große inhaltliche Konzessionsbereitschaft rechtfertigt man in den völkerrechtlich geschulten oder zumindest entsprechend beratenen Regierungskreisen der Industriestaaten dann gerne mit dem Hinweis, die in Frage stehende Empfehlung sei trotz ihrer inhaltlichen Fragwürdigkeit oder gar Unzumutbarkeit weitgehend ungefährlich, da ihr - unabhängig von der Zahl der zustimmenden Voten- keine Bindungswirkung, kein völkerrechtlich verpflichtender Rechtscharakter zukomme. Nach meiner Auffassung ist diese "Beruhigungstherapie" trotz zunehmender Warnungen schon viel zu lange praktiziert worden. Ihre Ergebnisse dürften uns alle noch teuer zu stehen kommen. Selbstverständlich wird niemand bestreiten, daß multilaterale Verträge für die Vertragsstaaten "gefährlicher" sein können als Empfehlungen der UN-Vollversammlung. Trotzdem ist es auf die Dauer gesehen falsch, wenn Industriestaaten sich bereiterklären, Konzessionen der Entwicklungsländer hinsichtlich der Rechtsform mit größerer Nach-

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giebigkeit in Sachfragen zu kompensieren. Christian Tomuschat hat neulich in einem Aufsatz über die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten auf die Bedeutung hingewiesen, die der effektiven Mitarbeit der Adressaten bei der Verwirklichung quasisozialstaatlicher internationaler Normen zukommt28• Und er "wagt" hierzu die These, "daß es im Grunde gleichgültig ist, ob ein Prinzipienkatalog von der Art des vorliegenden (nämlich der Charta) in Form eines völkerrechtlichen Vertrages - formell verbindlich - oder auf Grund einer Resolution der GA - formell unverbindlich - verabschiedet wird, denn auch die formelle Verbindlichkeit vermag an einem sachlichen Hindernis der mangelnden Vollzugsfähigkeit nichts zu ändern"29. Ich möchte diesen Gedanken, dem ich voll zustimme, fortführen und ihn wie folgt für den von mir behandelten Sachverhalt abwandeln: Der weite Bereich des internationalen Wirtschaftsrechts ist kein Richter-Recht, sondern Praktiker-Recht. Was hier "gilt", was hier tatsächlich befolgt wird, entscheiden ganz überwiegend die wichtigsten Akteure selbst. Damit aber verliert die klare Unterscheidung zwischen der lex lata und der lex ferenda die ausschlaggebende Bedeutung, die ihr in einem gerichtsähnlichen Verfahren zukommt. Es besteht vielmehr die Gefahr, daß sich jeweils das tatsächlich und auch rechtlich durchsetzt, was - mit oder auch ohne opinio juris - von der Mehrheit praktiziert wird. Es kommt hinzu, daß in der Nord-Süd-Beziehung die Entwicklungsländer heute nicht nur sehr schnell mit Sanktionen wegen angeblicher Rechtsverletzungen bei der Hand sind, die Sanktionen sind auch - vor allem, wenn sie sich als Verteuerung oder Verknappung von Rohstoffen darstellen- sehr schmerzlich und in ihren langfristigen negativen Auswirkungen kaum abschätzbar. Lassen Sie mich meine Warnung vor der politischen, aber auch völkerrechtlichen Gefährlichkeit unverbindlicher Verhaltensanweisungen mit einem weiteren Hinweis untermauern. Ich nehme Bezug auf die Art und Weise, in der zunehmend von Völkerrechtlern aus Entwicklungsländern argumentiert wird. Der "usus modernus", auf den ich mich beziehe, setzt sich häufig in einer für den Juristen geradezu unerträglichen Weise sowohl über die einfachen Regeln der Logik wie über die Mindestanforderungen an eine schlüssige rechtliche Argumentation hinweg. Als Beleg für diese Beobachtung sei etwa auf den Versuch von Elias 30 hingewiesen, die Bindungswirkung von Entschließungen der UN-Vollversammlung aus dem Demokratieprinzip abzuleiten, ZaöRVR 36 (1976), 444 ff. Ibid., 478. ao In seinem Aufsatz "modern sources of international law", Transnational Law in a changing society, essays in honor of Philip C. Jessup, New York 1972, 45. 28

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oder aber auf die Bemühungen von Okolie in seiner 1975 erschienenen Studie "Legal Aspects of the International Transfer of Technology to Developing Countries" 3 t, jedenfalls für den Bereich des Technologietransfers eine Verpflichtung der Industriestaaten zur Gewährung von Vorzugsbehandlung an die Entwicklungsländer zu konstruieren, und zwar einmal unter Hinweis auf das Abstimmungsverhalten der Industriestaaten bei bestimmten UN- bzw. UNCTAD-Entschließungen und das Estoppel-Prinzip, zum anderen mit der Behauptung, es gebe so etwas wie ein "general principle of welfare that dictates minimum resource-sharing norms". Ich versage es mir, die Kunstfehler dieser Argumentation aufzuzeigen. Stattdessen möchte ich die Behauptung aufstellen, daß derartige Argumentationen sicher nicht die Völkerrechtsberater der Industriestaaten, wohl aber die Regierungschefs und Außenminister der Entwicklungsländer zu überzeugen vermögen. Und allein der Umstand, daß derartige Argumentationen ohne jede Scheu vorgetragen werden, sollte demjenigen zu denken geben, der fehlerhafte Rechtsargumente grundsätzlich als ungefährliche weil stumpfe Waffen abtun möchte. Es genügt an dieser Front nicht, nachsichtig den Besserwisser zu spielen. 6. Wenden wir uns nun nunmehr konkret den beiden Entwürfen eines Verhaltenskodex für den Technologietransfer zu und stellen jeweils die wichtigsten Aussagen der einzelnen Kapitel gegenüber.

Die Präambel des Entwurfs der Entwicklungsländer ist außerordentlich wortreich32• Sie zeichnet nicht nur ausführlich die bisherige Geschichte des Verhaltenskodex auf, sie spricht auch eine Fülle von Hoffnungen, Wünschen und Forderungen an, die für die Entwicklungsländer den eigentlichen Hintergrund der Diskussion über einen Verhaltenskodex bilden. Dabei dürften zwei Forderungen deutlich im Mittelpunkt stehen. Sie ziehen sich wie ein roter Faden von der Präambel durch den gesamten Entwurf. In der Präambel finden sie sich in den Ziffern V und VIII. In Ziffer V ist zunächst die Rede von der Verpflichtung aller Staaten, sich für die Intensivierung des Technologietransfers einzusetzen. Mit der Wahl des Wortes "duty" wird nicht nur die zentrale politische Forderung der Entwicklungsländer umgemünzt in eine die Industriestaaten treffende Pflicht, diese Pflicht wird gleichzeitig auch auf einer sehr hohen - zumindest politisch-moralischen - Ebene angesiedelt. Darüber hinaus aber wird diese Pflicht in Ziffer V der Präambel auch noch inhaltlich gefüllt. Der Technologietransfer soll unter für die Entwicklungsländer möglichst günstigen preislichen und sonstiNew York 1975, 34 ff. Auf den folgenden Seiten wird ständig auf den auf S. 96 ff. abgedruckten Text der beiden Entwürfe verwiesen. 81

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6 Symposion 1976

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gen Geschäftsbedingungen erfolgen und soll sich außerdem nach den nationalen Entwicklungsplänen und den Prioritätsvorstellungen des jeweiligen Entwicklungslandes richten. Das bedeutet, daß mit dieser Formulierung nicht nur die Forderung nach verstärktem Technologietransfer im Grundsatz, als Prinzip, sondern in einer ganz konkreten, einseitig auf die Belange und Interessen der Entwicklungsländer abstellenden Weise zu einer mindestens politisch-moralischen Verpflichtung aller - und damit letztlich vor allem der Industriestaaten - gemacht wird. Verstärkt wird der Eindruck der "Einäugigkeit" dieses PräambelEntwurfs durch die in Absatz VII formulierte Feststellung, die Verhandlungsposition der Entwicklungsländer gelte es zu stärken. Daß die in dieser Feststellung stehende Behauptung, die "bargaining position" der Entwicklungsländer sei generell schwächer als die der Industriestaaten, schon heute nicht mehr voll mit der Realität übereinstimmt und ganz sicher kein Naturgesetz ist, bedarf wohl kaum konkreter Belege. Es verwundert deshalb auch nicht, daß der gedankliche Duktus in der Präambel des Entwurfs der Industriestaaten ein völlig anderer ist. Zwar werden die besonderen Bedürfnisse der Entwicklungsländer nach einem verstärkten, ihre finanziellen Schwierigkeiten in Rechnung stellenden Technologietransfer ausdrücklich anerkannt. Doch die Schwerpunkte sind unterschiedlich gesetzt. Im Vordergrund der Präambel des B-Entwurfs steht einmal das in Absatz 1, Ziffer II und in Absatz 3 sehr klar formulierte Bekenntnis zur Gegenseitigkeit, zur Beachtung der legitimen Interessen beider Seiten, und insbesondere dazu, daß der Technologietransfer sowohl den Abnehmern wie den Lieferanten Vorteile bringen muß, wenn er tatsächlich in dem gewünschten Umfange zunehmen soll. Darüber hinaus hebt die Präambel des B-Entwurfs vor allem zwei Gedanken mit aller Deutlichkeit als zentrale Bestandteile der Argumentationskette der Industriestaaten heraus: Einmal, daß es in aller Regel ein privates Rechtssubjekt und nicht der Staat selbst sein wird, der als Technologie-Lieferant gegenüber dem Entwicklungsland oder einer Firma in dem Entwicklungsland auftritt. Außerdem; daß ein funktionierender Technologietransfer Anreize voraussetzt, und zwar Anreize für die Grundlagenforschung, für die Umsetzung der Erfindung in verwertbare und exportierbare Technologie und schließlich für den eigentlichen Transfer, und daß einer der wesentlichen Anreize jeweils in einem wirksamen Eigentumsschutz besteht. Wie weit beide Entwürfe auseinander sind, dürfte schon dieser kurze Blick auf ihre Präambeln gezeigt haben. Dieser Eindruck wird sich bei der weiteren Durchsicht noch vertiefen.

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7. Das erste Kapitel des Kodex ist im A-Entwurf mit "Objectives and Principles", im B-Entwurf mit "Principles" überschrieben. Entscheidendes Kriterium der insgesamt vier "Objectives" des AEntwurfs ist der bei der Beschreibung jeder einzelnen Zielvorstellung fast wörtlich wiederkehrende Satzteil "particularly the needs of developing countries". Schon diese Wiederholung macht deutlich, daß es sich auch bei den Zielvorstellungen des A-Entwurfs fast ausschließlich um solche der Entwicklungsländer handelt, die dem ganzen Kodex als eine Art übergreifende politische Vorgabe vorangestellt werden sollen. Wenn es etwa unter 1.1 (III) heißt, der Verhaltenskodex solle die Zielvorstellung haben "to increase the contributions of technology to the identification and solution of specific problems of all countries, particularly the special problems of developing countries", so wird als eines der Charakteristika dieses Entwurfes der "double standard" deutlich, der auch die folgenden Kapitel prägt: Es wird zwar- wenn auch durchaus nicht in allen Fällen - daran erinnert, daß sich der Verhaltenskodex mit den unterschiedlichen Interessen aller am Technologietransfer Beteiligten auseinanderzusetzen hat und eigentlich zu einem möglichst gerechten Ausgleich beitragen sollte; im gleichen Atemzug aber werden immer wieder die Interessen der Entwicklungsländer als diejenigen hervorgehoben, deren Befriedigung vorab erste und unbedingte Priorität zukommt. Ganz anders liest sich die geradezu lakonische Beschreibung der dem Verhaltenskodex zugrundeliegenden Zielvorstellungen in dem einleitenden Satz zum Prinzipienkapitel des B-Entwurfs. Er lautet: For the maximum mutual benefit of all parties to international technology transfer agreements, the following principles are recognized as important. Auch hier also wieder die simple - aber doch recht einleuchtende Betonung des Gedankens der Gegenseitigkeit als Grundlage der Geschäftsbeziehungen auch im Bereich des Technologietransfers. Der Entwurf der Entwicklungsländer stellt sodann sechs Prinzipien auf, deren Beachtung zur Realisierung der vorher formulierten Ziele beitragen soll. Bei den vier wichtigsten dieser sechs "Prinzipien" handelt es sich bei näherem Zusehen um die folgenden politischen Forderungen: (1) Der Zugang zur Technologie "at fair and reasonable prices and costs, both direct and indirect", soll verbessert werden (I);

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(2) Alle Wettbewerbsbeschränkungen, die sich aus dem Technologietransfer ergeben oder ihn berühren, sollen abgeschafft werden (II); (3) Das Aufschnüren von Transaktionspaketen, oder, anders ausgedrückt, die Entzerrung von Technologie-Geschäften soll gefördert werden (III); (4) Das Garantieangebot zugunsten der Lieferanten und der Abnehmer soll erweitert werden, allerdings "taking fully into account the weaker position of recipient enterprises of developing countries" (IV). Vergleicht man diese vier "Prinzipien" des Entwurfs der Entwicklungsländer mit dem Prinzipienkatalog des B-Entwurfs, indem man jeweils die sich entsprechenden Forderungen gegenüberstellt, so ergibt sich folgendes Bild: Der Forderung nach "fair and reasonable prices and costs" der Entwicklungsländer steht im Entwurf der Industriestaaten der Grundsatz gegenüber, daß "access to technology should be based upon mutually-agreed terms and conditions, including price". Damit stellt der B-Entwurf dem inhaltlich unklaren Verlangen nach "vernünftigen" Preisen und Kosten- wer bestimmt nach welchen Kriterien darüber, was "fair and reasonable" ist? - mit aller Deutlichkeit den Grundsatz der Vertragsfreiheit gegenüber, der ausdrücklich auch auf die jeweilige Preisvereinbarung bezogen wird. Der B-Entwurf macht also keine- schwer einlösbaren - inhaltlichen Aussagen zur Preisgestaltung im internationalen Technologie-Geschäft, sondern er bekennt sich zu einem konkreten Verfahren der Preisfindung: zu dem des freien Aushandeins durch die am Geschäft beteiligten Partner. Der zweiten Forderung der A-Länder, nämlich der nach "Eliminierung" aller Wettbewerbsbeschränkungen, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem Technologietransfer stehen, setzt schon der Präambelentwurf der B-Länder zwei klare Grenzen. Einmal sollen nach diesem Vorschlag nur diejenigen Wettbewerbsbeschränkungen "vermieden" werden, die ausdrücklich in einem späteren Kapitel aufgezählt werden, und außerdem wird die Vermeidung dieser Praktiken nur insoweit gefordert, als sie den Technologietransfer - negativ beeinträchtigen. Der dritten Forderung der Entwicklungsländer, nämlich der nach einer Vermeidung von "Verpackungsgeschäften" im Technologietransfer steht im Prinzipienkatalog der B-Länder keine unmittelbar entsprechende Gegenposition gegenüber. Als "Antwort" ist vielmehr auch insoweit die ausdrückliche Bezugnahme auf die Vertragsfreiheit zu

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verstehen. Die B-Länder haben in den Diskussionen des Stichwortes "unpackaging of transactions" immer wieder darauf hingewiesen, daß an dieser Stelle ein Entgegenkommen der B-Länder grundsätzlich durchaus möglich sei und auch von ihnen selbst für vernünftig angesehen würde. Man müsse jedoch auf der Seite der A-Länder einmal berücksichtigen, daß der Technologietransfer auf der Lieferantenseite ganz überwiegend von Privatfirmen abgewickelt werde und insoweit eine direkte staatliche Einflußnahme auf den Inhalt des jeweiligen Vertrages kaum möglich sei. Außerdem aber sei zu beachten, daß die Preisgestaltung in jedem einzelnen Fall entscheidend von dem jeweiligen Umfang des Geschäftes abhänge, also aufgeschnürte und einzeln verkaufteTechnologienunter Umständen erheblichteurer seien. Auf die Forderung nach Berücksichtigung einer angeblich in jedem Fall schwächeren Position der Abnehmerfirmen in den Entwicklungsländern antworten die B-Länder in ihrem Prinzipienkatalog schließlich mit dem Hinweis auf die "diversity of the situations and the parties involved" und weisen gleichzeitig darauf hin, daß jeder Technologietransfer ein individueller Fall sei und auch nach den individuellen Bedingungen dieses Falles behandelt und abgewickelt werden müsse. Berücksichtigt man ferner, daß in dem Prinzipienkatalog des B-Entwurfs auf die Bindungswirkung und die Vorgängigkeit des Völkerrechts ebenso ausdrücklich hingewiesen wird wie auf die notwendige Respektierung bestehender Rechte und Verpflichtungen, und daß ein internationales Schiedsverfahren als eine der vertraglich auszuhandelnden Möglichkeiten der Streitschlichtung ausdrücklich genannt wird, so dürfte vollends deutlich werden, daß die beiden Entwürfe im gegenwärtigen Stadium jedenfalls auch hier - im Prinzipien-Kapitel mehr trennt als verbindet. Erkennbar wird auch hier die offensichtliche Intention der einen Seite, in ihrem Entwurf die eigene Verhandlungsposition mit aller Deutlichkeit abzustecken, offenbar allerdings ohne den Kompromiß in jedem Fall und unter allen Umständen von vornherein ausschließen zu wollen. Daß es angesichts derartig divergierender Verhandlungspositionen noch ganz erhebliche Mühe kosten wird, um schon im Grundsätzlichen zu für beide Seiten akzeptablen Kompromissen zu kommen, bedarf keines weiteren Belegs. 8. Das nächste, - zweite - Kapitel ist im A-Entwurf mit "scope of application", im B-Entwurf mit "definitions and scope of application" überschrieben. Ich kann hier nicht auf die Einzelheiten der unter dieser Überschrift in beiden Entwürfen zusammengestellten Definitionen und Umschreibungen eingehen. Es scheint mir aber auch ausreichend, an dieser Stelle drei Dinge konkret anzusprechen. Als erstes ist hervorzuheben, daß beide Entwürfe hinsichtlich des möglichen

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Anwendungsbereiches der Verhaltensregeln des Kodex übereinstimmend davon ausgehen, daß diese "universal" anwendbar sein sollen, also sowohl die jeweiligen Partner des Transferabkommens wie ihre Regierungen in Pflicht nehmen. Übereinstimmung herrscht auch insoweit, als der Begriff "Technologietransfer" in beiden Entwürfen sehr umfassend ausgelegt ist und grundsätzlich alle Abkommen und Absprachen erfaßt, die ihrem Inhalt nach die Überlassung technischen Wissens oder technologischer Erkenntnisse - in welcher Form auch immer - zum Gegenstand haben. Trotzdem gibt es einen entscheidenden - dritten - Punkt, in dem beide Entwürfe divergieren. Während der Entwurf der Entwicklungsländer auch diejenigen Geschäfte erfassen will, die innerhalb eines bestimmten Landes zwischen zwei Firmen abgeschlossen werden und einen Technologietransfer zum Gegenstand haben, beschränkt der Entwurf der B-Länder über seine Definition des "Technologietransfers" den Anwendungsbereich der Verhaltensregeln von vornherein auf den Technologieexport bzw. -import im eigentlichen Sinne: Nur der internationale, der grenzüberschreitende Technologietransfer wird nach der Vorstellung der B-Länder von dem Kodex erfaßt. Bedeutung hat diese Unterscheidung insbesondere im Hinblick auf die Aktivitäten der sogenannten multinationalen Unternehmen in Entwicklungsländern. Die Technologietransfer-Geschäfte der Tochtergesellschaft eines solchen Unternehmens in einem Entwicklungsland mit anderen Firmen im gleichen Land werden nach dem A-Entwurf erfaßt, nicht dagegen nach dem B-Entwurf. 9. Das nächste - dritte - Kapitel hat in beiden Entwürfen die Überschrift "National regulation of transfer of technology transactions". Dieser Feststellung wird man allerdings ohne Übertreibung hinzufügen müssen, daß es sich dabei um die einzige Gemeinsamkeit der beiden Entwürfe in diesem Kapitel handelt. In kaum einem Satz wird die unterschiedliche "Philosophie", die den jeweiligen Vertragsentwürfen zugrundeliegt, so greifbar wie in dem jeweiligen Einleitungssatz zu diesem Kapitel. Ich darf beide hier im Wortlaut zitieren. Im A-Entwurf heißt es: In exercising their right to adopt legislation, policies and/or rules for the regulation of transfer of technology Operations, States may adopt such measures as evaluation, negotiation, registration and renegotiation of agreements and arrangements involving technologytransactions. Im B-Entwurf heißt es dagegen: Source and recipient governments have the right to adopt legislation, regulations and policies pertaining to the transfer of technology

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within the framework of applicable international law, treaties and agreements. Schon der unterschiedliche Auftakt der beiden Einleitungssätze ist symptomatisch. Obwohl fast die gleichen Worte verwendet werden, betont der A-Entwurf das Recht der am Technologietransfer beteiligten Staaten, den Gesamtbereich durch gesetzgeberische und andere Maßnahmen in den Griff zu bekommen, während der B-Entwurf durch die gewählte Formulierung ("have the right to" .. . statt "in exercising their right . . . States may adopt") sich insoweit offenbar als ein Hinweis auf die unstreitig vorgegebene rechtliche Situation versteht. Während der B-Entwurf sich also damit begnügt, auf entsprechende Kompetenzen hinzuweisen, liest sich der A-Entwurf wie eine Aufforderung, diese Kompetenzen auch auszuüben. Und während der BEntwurf sich begnügt, die Kompetenzen als solche zu beschreiben, führt der A-Entwurf aus, was man mit ihnen- nach Auffassung der Verfasser - alles machen kann: Da ist nicht nur die Rede davon, daß die staatliche Verwaltung in den Abnehmerländern Technologieabkommen registrieren oder - etwa für steuerliche Zwecke - bewerten kann, der Entwurf spricht auch ausdrücklich von dem Aushandeln neuer, ja der erneuten Verhandlung über alte, bestehende Abkommen und Absprachen. Schließlich fehlt in dem A-Entwurf der Hinweis auf das geltende, den Handlungsspielraum der Staaten auch in diesem Bereich beschränkende Völkerrecht (insbesondere in der Form von Verträgen und Abkommen), der im B-Entwurf mit aller Deutlichkeit ausgedrückt ist. Sichtbar wird deshalb schon aufgrund dieses einzigen Satzes, daß für die Verfasser des A-Entwurfes - offenbar gestützt auf die Erfahrungen Brasiliens oder Mexikos bzw. der Mitglieder des Anden-Paktes in diesem Bereich33 - der Gedanke einer möglichst detaillierten staatlichen Reglementierung des Technologietransfers im Vordergrund steht, während der B-Entwurf dem die Betonung der durch das Völkerrecht der staatlichen Hoheitsgewalt gesetzten Grenzen gegenüberstellt. Noch deutlicher wird der tiefgreifende Unterschied der sich gegenüberstehenden Interessen und Rechtsauffassungen, wenn man sich den Inhalt der einzelnen Ziffern des dritten Kapitels in beiden Entwürfen as Vgl. dazu etwa "Policies relating to technology of the countries of the Andean Pact: their foundations", a study by the Junta del Acuerdo de Cartagena (TD/107 v. 29. 12. 1971), eine für die UNCTAD angefertigte Studie, sowie Heldt, Schwierigkeiten und Umstrukturierungstendenzen in der Lateinamerikanischen Freihandelszone, EA 1975, 337 ff.; Valdes, Der AndenVertrag, EA 1969, 699 ff.

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näher ansieht. Am weitestgehenden sind im A-Entwurf die Ziffern I und X. In Ziffer I werden die Staaten darauf hingewiesen, daß sie das Recht haben, die "terms and conditions" für Technologieabkommen durch gesetzgeberische oder sonstige Maßnahmen vorzugeben. Ziffer X geht soweit- und ist so explizit-, daß man seinem Wortlaut eigentlich nichts hinzuzufügen hat: Den Staaten wird das Recht zugesprochen "[to] define the scope and objectives of the transactions, the rights and obligations of the parties, the price and Ievels and modalities of payments, the duration and other relevant elements of the arrangements for the screening and registration of technology transactions". Es dürfte außer Frage stehen, daß, wenn dieser Ermächtigungsrahmen von einem Entwicklungsland voll ausgefüllt werden sollte, von Vertragsfreiheit und von Marktmechanismen für die dort operierenden einheimischen und ausländischen Unternehmen nicht mehr die Rede sein kann. Die staatliche Kontrolle des Technologietransfers wäre dann vollständig. Und nicht nur das: Der Technologietransfer in diesem Land würde im Zweifel sehr bald zum Erliegen kommen. Ganz anders der B-Entwurf. Ziffer 3.2. dieses Entwurfs stellt nicht nur klar, daß die gesetzgeberischen und sonstigen staatlichen Maßnahmen in diesem Bereich in erster Linie eine Hilfe für diejenigen Länder sein sollen, die als Abnehmer im Technologietransfer auftreten, sondern weist auch darauf hin, daß es für beide Seiten entscheidend darauf ankommt, durch geeignete gesetzgeberische und sonstige Schritte ein für den Technologietransfer möglichst günstiges wirtschaftliches und rechtliches Klima zu schaffen. Außerdem wird erneut ein Bekenntnis zu den Grundsätzen der Vertragsfreiheit und der Gegenseitigkeit abgelegt, und es wird hervorgehoben, welche Bedeutung gerade unter dem Gesichtspunkt einer möglichst starken Intensivierung des Technologietransfers dem Gebot der Rechtssicherheit und der Gewährleistung des Schutzes wohlerworbener Rechte zukommt. 10. Das nächste, vierte Kapitel im A-Entwurf- dem das fünfte Kapitel des B-Entwurfes entspricht - ist den Wettbewerbsbeschränkungen gewidmet. Auch hier ist es notwendig und fast auch hinreichend, den jeweiligen Einleitungssatz des Kapitels im Wortlaut zu zitieren. Im A-Entwurf heißt er: Transfer of technology arrangements shall not include clauses or practices which impose restrictions that directly or indirectly have or may have adverse effects on the national economy of the recipient country. Im B-Entwurf lautet dagegen der entsprechende Satz wie folgt:

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Taking into account the needs and aspiration of all countries, and especially the adverse effect on the attainment of economic and social development objectives which may be caused by restrictive business practices arising out of transfer of technology, parties to a technology transfer transaction should refrain from the following restrictive business practices relating to the use of patents and/or know-how licences as well as to the use of trademark licences including patents and/or know-how. Die vertragliche Vereinbarung irgendeiner Form von Wettbewerbsbeschränkungen, die auch nur möglicherweise und indirekt dem am Vertrag beteiligten Entwicklungsland schadet, ist in einem Abkommen über den Technologietransfer verboten: So lautet, etwas zugespitzt übersetzt, die "Botschaft" der Einleitung des Wettbewerbskapitels im A-Entwurf. Die Einseitigkeit dieses Vorschlags ist ebenso offensichtlich wie die nicht eingrenzbare Reichweite des mit aller Deutlichkeit ("shall not include") ausgesprochenen Verbotes. Dieser Einleitung folgt ein Katalog von insgesamt 40 Einzelfällen verbotener Wettbewerbsbeschränkungen, wobei zu Beginn der Aufzählung ausdrücklich hervorgehoben wird, daß es sich hier nur um Beispielsfälle und nicht um eine erschöpfende Aufzählung handelt. Abschließend werden alle Staaten ausdrücklich aufgefordert, die Einhaltung des ausgesprochenen Verbotes zu überwachen. Außerdem wird in einem letzten, immerhin mit sechs Beispielfällen ausgestatteten Absatz jede Form des horizontalen Kartells zusätzlich verboten. Demgegenüber ist das entsprechende Kapitel des B-Entwurfs außerordentlich zurückhaltend formuliert. Es findet nicht nur eine eindeutige Begrenzung des sachlichen Anwendungsbereichs statt, die jeweiligen Vertragsparteien werden auch nur zu einem Unterlassen entsprechender Praktiken aufgefordert. Aus dem beispielhaften Katalog von insgesamt acht Fällen wird außerdem deutlich, daß Wettbewerbsbeschränkungen nach den Vorstellungen derB-Länderjedenfalls nur dann unterbleiben sollen, wenn sie "unreasonably" oder "unjustifiably" die Marktsituation verzerren. Wurde aufgrund einer Auswertung des vorhergehenden Kapitels die jeweils hinter den beiden Entwürfen stehende "Philosophie" besonders deutlich, so bringt das Kapitel über die Wettbewerbsbeschränkungen die unterschiedlichen Interessen in aller Klarheit heraus. Während der A-Entwurf ohne jede Beschönigung ausschließlich, und zwar mit klaren Verbotsnormen, die Interessen der Entwicklungsländer abzudecken versucht, stehen im B-Entwurf die Interessen der Industriestaaten deutlich im Vordergrund - wobei allerdings hervorzuheben ist, daß

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in diesem Entwurf wenigstens der Versuch einer gleichzeitigen Berücksichtigung der Interessen der Entwicklungsländer gemacht wird. Diese extreme Interessendivergenz, die in beiden Entwürfen an dieser Stelle besonders deutlich wird, schließt allerdings selbst hier nicht aus, daß gewisse Vorschläge mit beinahe identischen Formulierungen von beiden Seiten gemacht werden. Vergleicht man etwa die Ziffern III, IV und VII des B-Entwurfs mit den Ziffern XX, XII und XIII des A-Entwurfes, so wird man in diesen Ziffern zumindest mögliche Ansätze eines Kompromisses im Bereich denkbarer Wettbewerbsbeschränkungen feststellen können. 11. Das nächste Kapitel trägt im A-Entwurf die Überschrift "Guarantees" (Kapitel V), im B-Entwurf die Überschrift "Responsibilities of source and recipient enterprises" (Kapitel IX). Im A-Entwurf hat das Kapitel drei Abschnitte. Der erste beschäftigt sich mit den von den Lieferfirmen zu erbringenden Garantien, der zweite mit den Garantieverpflichtungen der abnehmenden Unternehmen, und der dritte wird eingeleitet mit den Worten: Governments of technology-receiving countries may require, inter alia, that the following guarantees are included in technology transfer arrangements. Inhaltlich bedeutet dieser Abschnitt bei näherem Zusehen also nichts anderes als eine Verlängerung der Liste der Garantiepflichten der Lieferanten. Ohne an dieser Stelle in die Einzelheiten der von den Lieferanten bzw. Abnehmern abverlangten Garantien einsteigen zu können, fällt außer der eigenartigen Konstruktion dieses "Garantie-Kapitels" im A-Entwurf auf, daß die von den Lieferanten abverlangten Garantien die üblichen vertraglichen Verpflichtungen in ganz außerordentlicher Weise ausweiten. Es werden zusätzliche Leistungen gefordert, die nicht nur in zugespitzter Weise die Frage der Gegenseitigkeit aufwerfen, sondern auch die Zweifel verstärken, ob unter solchen Bedingungen überhaupt noch Technologietransfer stattfinden wird. Besonders auffällig ist andererseits, daß es sich bei den vier Garantien, die der A-Entwurf den "abnehmenden" Unternehmen abverlangt, ausschließlich um solche Verpflichtungen handelt, die sich sowieso schon aus dem jeweiligen Vertrag ergeben. Als Beispiel sei etwa zitiert: "All legitimate payments as specified in the arrangement shall be made to the technology supplier." Wenn eine solche "Garantie" überhaupt etwas bringt, dann höchstens Zweifel, ob hier nicht statt einer zusätzlichen Garantie in Wahrheit eine

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potentiell gefährliche Infragestellung der wichtigsten Vertragspflicht des Abnehmers vorgenommen wird: Die hier garantierte Zahlungspflicht bezieht sich nämlich nur auf "legitimate payments" und man kann sich zumindest vorstellen, wie interpretationsfähig eine solche Klausel ist. Anders auch hier der B-Entwurf. Das Wort "Garantie" kommt überhaupt nur einmal bei einer Einzelverpflichtung der Lieferfirmen vor. Im übrigen richtet der Entwurf einen Appell zu verantwortungsbewußtem Verhalten an alle Vertragsparteien und konkretisiert diese Aufforderung, indem er sowohl bestimmte Verpflichtungen der Lieferanten wie der Abnehmer wie beider gemeinsam formuliert. Auch wenn sich die ausgeworfenen Einzelverpflichtungen in beiden Entwürfen nicht decken, so wird doch auch in diesem Kapitel deutlich, daß der B-Entwurf einen Kompromiß zwischen den Interessen der Lieferanten und der Abnehmer herzustellen versucht, während der A-Entwurf auch insoweit ausschließlich die Interessen der Abnehmer artikuliert und bedingungslos zu schützen bemüht ist. 12. Die beiden nächsten Kapitel (VI und VII) im A-Entwurf bzw. das VI. Kapitel des B-Entwurfes beschäftigten sich mit der internationalen Zusammenarbeit im Bereich des Technologietransfers und insbesondere mit Maßnahmen zugunsten der ärmsten unter den Entwicklungsländern. Es handelt sich hier um zusätzliche Wünsche und Forderungen an die Industriestaaten, deren - erneute - Formulierung an dieser Stelle zumindest im A-Entwurf deshalb überrascht, weil sich diese Forderungen kaum von dem unterscheiden, was man schon vorher den Betroffenen für den "Normalfall" als mehr oder minder bindende Verpflichtung auferlegt hat. 13. Von Interesse für den Völkerrechtler ist dagegen die abschließende Regelung der Frage, welches Recht im Streitfall Anwendung finden und wie das Streitverfahren aussehen soll. Wie nicht anders zu erwarten ist, unterscheiden sich auch insoweit die beiden Entwürfe grundlegend. Während sich der B-Entwurf wiederum zur Vertragsfreiheit bekennt und den Parteien die freie Wahl der anzuwendenden Rechtsordnung ebenso überläßt wie die Bestimmung des Verfahrens, sieht der A-Entwurf vor, daß im Streitfalle das Recht des technologieempfangenden Landes Anwendung findet, und daß für das Verfahren zumindest in der Regel die Gerichte des gleichen Landes zuständig sind. Die sich aus diesen unterschiedlichen Positionen ergebenden Probleme sind allen Anwesenden so gegenwärtig, daß sich eine Kommentierung der unterschiedlichen Vorstellungen durch mich erübrigt. Wir werden sicher in der Diskussion auf diesen Punkt zurückkommen.

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14. Damit ist die Durchsicht der beiden Entwürfe abgeschlossen. Wenn diese Durchsicht auch nur wenige Probleme ansprechen konnte, so dürfte doch deutlich geworden sein, welche außerordentlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen A- und B-Ländern zu überwinden sind, bevor dem Auftrag von Nairobi entsprechend ein gemeinsamer Entwurf für einen Verhaltenskodex konzipiert, verabschiedet, ratifiziert und dann auch noch von der Mehrzahl der beteiligten Staaten tatsächlich praktiziert werden kann. Ich selbst möchte meinen Versuch, Ihnen den gegenwärtigen Stand der Diskussion und ihre Schwierigkeiten in diesem kleinen Teilbereich der Bemühungen um eine neue Weltwirtschaftsordnung vor Augen zu führen, abschließen mit einigen in Thesenform gekleideten Bemerkungen zu dem, was nach meiner Auffassung die wichtigsten Erkenntnisse aus der bisherigen Erörterung eines Verhaltenskodex für den Technologietransfer sind. 15. Als erstes wird man festzustellen haben, daß sich der Sachdialog zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern über die Grundstruktur der neuen Weltwirtschaftsordnung noch durchaus in den Anfängen befindet. Man ist noch, wie die Debatte um den Verhaltenskodex für den Technologietransfer zeigt, bei der Erarbeitung der wirtschaftspolitischen Grundannahmen, die dem gesamten neuen System zugrunde liegen sollen. Dabei geht es nicht nur um die Frage der plan- oder marktwirtschaftliehen Ausrichtung dieses neuen Systems, sondern insbesondere auch darum, wo die Schwelle liegen soll, auf der man die gegensätzlichen Interessen der beiden Seiten zum Ausgleich bringen will. Die materielle Auseinandersetzung ist noch so jung und der notwendige dauerhafte Kamprarniß noch in so weiter Ferne, daß die Rolle des Juristen jedenfalls im Zentralbereich der Auseinandersetzung gegenwärtig noch relativ bescheiden bleiben muß. 16. Die Rechtsgrundlagen der bisherigen Weltwirtschaftsordnung wie etwa das GATT, das Abkommen über den internationalen Währungsfonds oder auch eine Vielzahl wichtiger bilateraler Handelsverträge - bestanden im wesentlichen aus Verfahrensregeln. Die Meistbegünstigungsklausel, das Diskriminierungsverbot, aber auch etwa das Verbot mengenmäßiger Beschränkungen des Handels oder das Verbot der Devisenbewirtschaftung sind besonders wichtige Beispiele. Die Väter der bisherigen Weltwirtschaftsordnung waren der Überzeugung, daß - wenn diese Verfahrensregeln beachtet würden - nicht nur das freie Spiel der Kräfte zu einem sehr intensiven internationalen Warenaustausch bei marktgerechter Preisentwicklung und zu einer sinnvollen internationalen Arbeitsteilung führen würde, sondern auch,

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daß die Länder, die sie repräsentierten - und das waren vor allem die westlichen Industriestaaten unter der Führung der USA - bei dieser Ordnung der weltwirtschaftliehen Beziehungen materiell nicht zu kurz kommen würden. Es bestand deshalb für sie nicht die Notwendigkeit, Sachnormen aufzustellen und ihre Beachtung zu propagieren, um die gewünschten Resultate zu erreichen. Die Wunsch-Väter der neuen Weltwirtschaftsordnung sind da in einer durchaus schwierigeren Lage. Sie mißtrauen dem Markt, dem freien Spiel der Kräfte. Sie sind der Überzeugung, daß die meisten Entwicklungsländer zu schwach sind, um sich diesem Markt anvertrauen zu können, ohne erhebliche Nachteile zu erleiden. Sie halten es deshalb für notwendig, Eingriffe in den Markt vorzunehmen und das von ihnen erwünschte Ergebnis zu erreichen durch eine Kombination von Verfahrensregeln-etwa der Verpflichtung zur Vorzugsbehandlungund materiellen Regeln - etwa der Verpflichtung zum Technologietransfer, und zwar umsonst oder zu "angemessenen" Preisen - . Daß eine internationale Rechtsordnung, die sich nicht auf Verfahrensregeln beschränkt, sondern inhaltliche Aussagen zu machen versucht, dann außerordentlich schwer zu begründen und zu verteidigen ist, wenn die die Rechtsordnung tragenden Rechtssubjekte keine einheitlichen inhaltlichen Vorstellungen haben, liegt auf der Hand. Es kommt hinzu, daß Verfahrensregeln normalerweise keinen so großen lnterpretationsspielraum eröffnen wie materielle Rechtsnormen. 17. Das auffallendste Ergebnis der bisherigen Entwürfe und Diskussionen ist vielleicht, daß die Seite der Entwicklungsländer offenbar die Bedeutung des Gegenseitigkeitsprinzips als unverzichtbare Grundlage jeder auf Dauer angelegten völkerrechtlichen Übereinkunft verkennt. Anders ist es nicht zu erklären, daß im A-Entwurf alle Maximalforderungen der Entwicklungsländer aneinandergereiht sind, ohne daß der Entwurf auch nur andeutungsweise auf die gewichtigsten Wünsche der Industriestaaten eingeht. Einäugigkeit gepaart mit einem offenbar sehr starken Glauben an die - langfristige - Überlegenheit der eigenen Position: Anders läßt sich die Verhandlungslinie der Entwicklungsländer bei der Ausformulierung des Verhaltenskodex kaum rationalisieren. 18. Fast ebenso bemerkenswert ist der ebenfalls in dem A-Entwurf immer wieder feststellbare Hang, bestimmte für richtig erkannte Positionen möglichst 100 Ofoig durchzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob diese Durchsetzung dem eigentlichen Vertragszweck schadet oder nicht. Unstreitig ist der Sinn eines Verhaltenskodex für den Technologietransfer, daß der Technologietransfer gesteigert werden soll.

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Unstreitig ist ebenso, daß der einzelne Staat berechtigt ist, den seine Grenze überschreitenden Technologietransfer zu reglementieren. Daß aber die Begeisterung für die einzelstaatliche Souveränität und die Reglementierung des Gesamtbereichs der Technologie möglicherweise den internationalen Austausch von Technologie eher schwächt als steigert, ist den Entwicklungsländern offenbar noch nicht deutlich geworden. 19. Es ist offensichtlich, daß auch die Diskussion um den Verhaltenskodex für den Technologiestransfer ein Teil der Kodifizierungskampagne ist, die von der Dritten Welt seit einigen Jahren auf der internationalen Ebene geführt wird. Bei dem Versuch, die Frage zu beantworten, wie denn die Industriestaaten auf diese Kampagne reagieren sollten, ist zu beachten, daß mit dieser Kampagne ein dreifaches Ziel verfolgt wird. Die Entwicklungsländer wollen einmal dabei sein, wenn das geltende Gewohnheitsrecht festgeschrieben wird. Sie möchten auf diese Weise verhindern, daß möglicherweise auch solche Bestandteile des Gewohnheitsrechts zusätzliche Anerkennung erfahren, die nicht nur ohne ihr Zutun, sondern auch gegen ihre heutigen Interessen entstanden sind. Darüber hinaus aber soll die Kodifizierung Gelegenheit geben, das geltende Gewohnheitsrecht "progressiv" - und das heißt zumindest im Bereich des internationalen Wirtschaftsrechts "im Interesse der Entwicklungsländer" - fortzuentwickeln. Das dritte mit der Kodifizierung verfolgte Ziel ist schließlich, das derart fortentwickelte Recht als erga omnes und unmittelbar geltendes Recht zu behandeln, und zwar unabhängig davon, ob die Kodifizierung jemals tatsächlich völkerrechtliche Rechtskraft erlangt und auch unabhängig vom Kreis der jeweiligen Vertragspartner. Es liegt auf der Hand, daß die Industriestaaten dieser dreifachen Zielsetzung der Entwicklungsländer im Fortgang des völkerrechtlichen Entwicklungsprozesses nur dann etwas entgegenhalten werden können, wenn sie sich dazu entschließen, die eigenen materiellen und prozessualen Rechtspositionen mit der gleichen Hartnäckigkeit und Selbstverständlichkeit herauszuarbeiten und zu verteidigen wie ihre Kontrahenten. Nur eine relativ harte - wenn auch durchaus faire Verteidigung der eigenen Rechtsposition wird auf Dauer verhindern, daß das Völkerrecht in seiner Gesamtheit zur Disposition der mit einer eindeutigen Stimmenmehrheit in allen internationalen Organisationen und auf allen (Kodifikations-)Konferenzen ausgestatteten Entwicklungsländer steht und damit jedenfalls im Nord-Süd-Verhältnis die Chancen verspielt, einen vernünftigen Interessenausgleich zu ermöglichen.

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Thesen 1. Die gegenwärtige internationale Diskussion über den Technologietransfer konzentriert sich vor allem auf drei Themen. Stichwortartig lauten sie: "Stärkung der technologischen Eigenkapazität der Entwicklungsländer", "Revision des internationalen Patentrechts" und "Ausarbeitung eines Verhaltenskodex für den Technologietransfer".

2. Während das erste Thema eine Art übergreifendes Aktionsprogramm ist, das sich für eine Diskussion unter Völkerrechtlern nicht eignet, haben sich des zweiten Themas inzwischen die Spezialisten des internationalen Patent- und Urheberrechts angenommen. Das dritte Thema bietet sich dagegen als Gegenstand einer Betrachtung im Kreis von Völkerrechtlern an, da es infolge der vorliegenden zwei Entwürfe für einen Verhaltenskodex hinreichend konkret ist und außerdem für den Juristen weitgehend Neuland beinhaltet. 3. Die bisher nicht entschiedene Frage, welchen Rechtscharakter der in Aussicht genommene Verhaltenskodex haben soll, gibt Anlaß, vor einer Überbewertung des Unterschiedes von multilateralen Verträgen einerseits und Empfehlungen internationaler Organisationen weltweiten Zuschnitts andererseits zu warnen. Das gilt insbesondere, wenn die Empfehlungen in der Form einer Charta oder eines Kodex unter Zustimmung einer großen Mehrheit der Mitglieder verabschiedet und in der Praxis auch tatsächlich von dieser Mehrheit angewendet werden. 4. Im Prozeß des "progressive development of international law" besteht gegenwärtig die akute Gefahr, daß sich vor allem die Wünsche und Interessen der Dritten Welt artikulieren und mehrheitlich durchsetzen. Es kommt für die Industriestaaten darauf an, in diesem Prozeß zumindest keine Scheu zu haben, die eigene Position mit gleicher Deutlichkeit zu formulieren und in den Meinungsbildungsprozeß einzubringen. Geschieht dies nicht, so werden sich die tatsächlichen, aber auch die rechtlichen Strukturen der internationalen Beziehungen langfristig zum eindeutigen Nachteil der Industriestaaten verschieben. 5. Die gegenwärtige Auseinandersetzung um die sog. neue Weltwirtschaftsordnung berührt nicht nur Randfragen der geltenden Völkerrechtsordnung, sondern stellt eine Reihe ihrer Grundlagen in Frage. Dies gilt etwa hinsichtlich der Prinzipien der Gegenseitigkeit und der Vertragsfreiheit. Es bedarf sorgfältiger Beobachtung, ob

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es sich bei der "Einäugigkeit" bestimmter Forderungen der Dritten Welt um verständliche Aktionen in dem berechtigten Bemühen um einen möglichst raschen Abbau tatsächlich bestehender Diskriminierungen und damit um ein vorübergehendes Verhaltensmuster oder aber um den Versuch handelt, bestehende Diskriminierungen nicht abzubauen, sondern nur mit anderen Vorzeichen zu versehen. 6. Es ist ein Unding, gleichzeitig "sozialstaatlicher" Verantwortung füreinander auf internationaler, auf weltweiter Ebene und einer möglichst unbegrenzten Souveränität und Entscheidungsfreiheit des einzelnen Staates das Wort reden zu wollen. Die innerstaatliche Erfahrung mit dem Sozialstaatsgedanken hat gezeigt, daß Freiheit und Gleichheit nur dann zum Ausgleich zu bringen sind, wenn weder das eine noch das andere Prinzip voll ausgereizt wird.

ANHANG I Annex I Revised draft outline for tbe preparation of an international code of conduct on transfer of technology Outline of a code of conduct consisting of guidelines for tbe international transfer of technology Submitted by tbe expert from Japan on behalf of tbe experts from Group B

Introductory Note The experts from Group B, in accordance with the recommendations of the Intergovernmental Group of Experts on a Code of Conduct on Transfer of Technology at its meeting in May 1975, and in an effort to assist the Intergovernmental Group in the continuation of its work, submitted the draft text of an outline of a code of conduct on transfer of technology in document TD/B/C. 6/AC. 1/L. 5 and Corr. 1. The text is a revision and expansion of that submitted by the experts from Group B at the first meeting of the Intergovernmental Groupa). The revised text should be considered as part of the ongoing process of examination of the complex issues to be contained in a code of conduct, and should not be regarded as representing the final views of the experts on the issues. The text does not commit individual governments to all the provisions contained in the document. The text is intended to facilitate the work on the drafting of an outline of a code of conduct for the international transfer of technology in the fulfilment of the mandate previously given to the Intergovernmental Group. a) TD/B/C. 6/1, annex II.

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Draft text submitted by the experts from Group B

CONTENTS Preamble I. Principles II. Definitions and scope of application III. Nationalregulation of transfer of technology transactions IV. Responsibilities of source and recipient enterprise V. Restrictive business practices VI. International collaboration and special measures for developing countries VII. Applicable law and settlement of disputes VIII. Nature of the guidelines PREAMBLE The participating countries: 1. Desirous of establishing a code of conduct consisting of agreed guidelines for the international transfer of technology in order:

(i) To facilitate and encourage the growth of the scientific and technological capabilities of all countries, especially the developing countries, so as to assist them in their efforts to fulfil their economic and social development objectives; (ii) To set out general and equitable principles applicable to the trans-

fer of technology, taking into account the legitimate interests of all parties to the transfer, including their governments;

(iii) That all parties to the transfer should be aware of those conditions

and standards which would encourage, facilitate and maximize the orderly transfer of appropriate technology under mutually satisfactory terms and conditions.

2. Believing that guidelines may assist in the creation of a more favourable trade and investment climate and thereby encourage the transfer of technology, 3. Recognizing that mutual benefits must accrue to technology suppliers and recipients in order to maintain and increase the international flow of technology, 4. Convinced these guidelines can create an environment which will assist the developing countries in their selection and acquisition of technology appropriate to their needs in order to develop improved economic standards and living conditions, 7 Symposion 1976

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5. Cognizant of the fact that modern industrial technology is developed using primarily private resources and that, as a result, its transfer will be maximized by taking into account inter alia the following considerations: (i) Parties should be free to negotiate, conclude and perform agreements for the transfer of technology on mutually acceptable terms and conditions. (ii) As the transfer of technology is an ongoing and sequential process,

maximum flexibility in the transfer process is necessary and undue restrictions or limitations may serve to act as a disincentive to technology transfer.

(iii) To provide incentives for research, invention, development, dis-

closure and transfer of technology, respect by source and recipient enterprises and their governments for industrial property protection is necessary.

(iv) The terms on which technology is transferred should promote mutual confidence between source and recipient enterprises and their governments. (v) The special needs of developing countries, including the economic, financial and technological position of their enterprises. 6. Recognizing that for all parties the use of appropriate dispute settlement mechanisms, including international arbitration, is encouraged as a means of facilitating the resolution of problems arising from the transfer of technology; HEREBY SET FORTH, IN THE LIGHT OF THE FOREGOING, THE FOLLOWING GUIDELINES FOR THE INTERNATIONAL TRANSFER OF TECHNOLOGY: I. PRINCIPLES

For the maximummutual benefit of all parties to international technology transfer agreements, the following principles are recognized as important: 1.1. It ist desirable for governments to promote all appropriate means of facilitating the transfer of technology. International guidelines should recognize the right of each government to so act, with full and complete freedom of decision, including the right to legislate on the subject of transfer of technology, within the framework of international law and with due recognition of existing rights and obligations. 1.2. Guidelines for transfer of technology are of a general and voluntary nature and therefore do not derogate from the Obligations of States under customary internationallaw or as setforthin treaties or other international agreements. As a result of the diversity of the Situations and the parties involved, every transfer of technology is an individual case. 1.3. Guidelines for transfer of technology should distinguish between the responsibilities of the parties to a transfer of technology, indicating those matters which are the concern of enterprises and those which are more properly the concern of governments.

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1.4. Access to technology should be based upon mutually-agreed terms and conditions, including price. 1.5. Development of indigenous technological capabilities should be promoted. 1.6. Restrictive Business Practices, as defined in Chapter V of these guidelines, adversely affecting transfer of technology should be avoided. 1.7. The parties to a technology transfer agreement should be free to have recourse to international arbitration or other appropriate methods of dispute settlement, where they so agree. II. DEFINITIONS AND SCOPE OF APPLICATION

2.1. For the purposes of these guidelines, an international transfer of technology occurs between a "source enterprise" and a "recipient enterprise", which enterprises comprise the "parties" to the transaction. 2.2. The term "enterprise" includes corporations, partnerships, individuals, companies and other associations and organizations whether owned, controlled or created by governments, individuals, juridical persons or any combination thereof. 2.3. A "source enterprise" is an enterprise which exports technology; a "recipient enterprise" is an enterprise which imports technology; a "source country" is a country from which technology is exported; a "recipient country" is a country into which technology is imported; and similarly with "source government" and "recipient government". TECHNOLOGY

2.4. The subject matter of an international technology transfer is technology of a proprietary or non-proprietary nature, and rights related thereto, transferred from a source enterprise to a recipient enterprise. It does not include the mere sale of goods. 2.5. The international transfer of technology comprises any or a1l of the following: (i) Assignment, sale and licensing agreements covering legally protected inventions; (ii) Arrangements covering the provision of know-how and technical expertise in the form of feasibility studies, plans, diagrams, models, instructions, guides, formulae, service contracts, specüications andlor involving technical, advisory and managerial personne!, and personnel training as weil as equipment for training; (iii) Arrangements covering the provision of basic or detailed engineering designs, the installation and functioning of plant and equipment; 2.6. The international transfer of technology extends also to the following if they are an integral part of an agreement referred to in 2.5.: 7•

100

Wilhelm A. Kewenig (i) Assigrunent, sale and licensing agreements covering other forms

of industrial property;

'(ii)

Purchases, leases and other forms of acquisition of machinery, equipment, intermediate goods and/or raw materials.

2.7. These guidelines are universal in scope and are addressed to all parties and their governments and to all acts or agreements involving the international transfer of proprietary and non-proprietary technology, regardless of (a) the parties involved in the transactions, whether private or public, or (b) the type of economic and political system of the countries among which technology is transferred; and these guidelines are set forth taking into account the Ievels of development of all countries concerned with the transfer of technology. III. NATIONAL REGULATION OF TRANSFER OF TECHNOLOGY TRANSACTIONS

Source and recipient governments: 3.1. Source and recipient governments have the right to adopt legislation, regulations and policies pertaining to the transfer of technology within the framework of applicable internationallaw, treaties and agreements. 3.2. Laws, regulations and policies (including economic and social development objectives) should be premised upon recognition of the importance of: (a) the transfer, on reasonable and mutually-agreed terms and conditions, of technology to recipient countries for the purpose of assisting these countries to achieve their economic and social development objectives, and (b) the promotion of an economic and legal climate conducive to the flow of technology and permitting technology transfers to benefit to the utmost all parties concerned on an equitable basis. 3.3. Laws, regulations and policies (including economic and social development objectives) pertaining to the transfer of technology should be publicly available and provided, along with other relevant information in the area of technology transfer, to the parties engaged in transfer of technology transactions. 3.4. Laws, regulations and policies (including economic and social development objectives) pertaining to the transfer of technology should be applied predictably and equitably. 3.5. Changes in legislation, regulations and their implementation should be carried out with full regard for the existing rights of source and recipient enterprises where contractual and other legal Obligations are involved. 3.6. Source and recipient governments should provide through national legislation and regulation, and accession to relevant international agreements, appropriate systems for the legal protection of industrial property rights and for co-operation in exchanging information and experience in

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the transfer of these rights and the administration of these systems, thereby facilitating and encouraging the development and transfer of technology. IV. RESPONSIBILITIES OF SOURCE AND RECIPIENT ENTERPRISES

To ensure the maximum mutual benefit of all parties to technology transfer agreements. 4.1. Source enterprises should: (i) Be responsive, to the extent practicable, to the economic and social development objectives of recipient countries in planning the employment of appropriate technology; (ii) Agree to reasonable terms and conditions when technology is transferred, including licence fees, royalties and other charges; (iii) Be responsive to inquiries about the unpackaging of transferred technology by making known the various elements included in a particular technology, it being recognized that there are instances where the success of a technology rests in its application as a whole. (iv) Co-operate, to the extent practicable and appropriate, in the development of the scientific and technological resources of recipient enterprises, and the creation of innovative capacity, including, wherever practicable, the training of recipient enterprise employees; (v) Utilize, to the extent practicable, materials, labour and technology available in the recipient country with a view to supporting the recipient country's economic and social development objectives; (vi) Guarantee that (a) the technology meets the description contained in the technology transfer agreement; (b) the technology, properly used, is suitable for the use specifically set forth in the technology transfer agreement. 4.2. Recipient enterprises should: (i) When negotiating with potential source enterprises, provide appropriate information regarding relevant economic and social development objectives and legislation of the recipient country, and such other information as may be required so as to apprise potential source enterprises of all conditions and circumstances relevant to the transfer and use of technology, including the recipient enterprises ability effectively to utilize the technology transferred. 4.3. Source and recipient enterprises should: (i) Comply with all applicable laws and regulations: Respect their agreements related to the transfer of technology;

(ii)

102

Wilhelm A. Kewenig (iii) Agree to (a) appropriate dispute settlement arrangements such as

(iv) (v) (vi) (vii)

impartial fact-finding and arbitration procedures, and (b) applicable law tobe followed in connexion with such arrangements; Observe fair and honest business practices in all aspects of technology transfer transactions; Preserve the confidentiality and proprietary nature of trade secrets and know-how acquired in connexion with the transfer of technology; Preserve the confidentiality of all other secret information acquired in connexion with the transfer of technology; Take all steps which could reasonably be expected in order to enable themselves to carry out their Obligations under a technology transfer agreement including the obligation of recipient enterprises to effect full payment of the agreed price.

V. RESTRICTIVE BUSINESS PRACTICES

5.1. Taking into account the needs and aspiration of all countries, and especially the adverse effect on the attainment of economic and social development objectives which may be caused by restrictive business practices arising out of transfer of technology, parties to a technology transfer transaction should refrain from the following restrictive business practices relating to the use of patents and/or know-how licences as weil as to the use of trademark licences including patents and/or know-how: (i) Restrietions in patent or know-how licences which unreasonably prevent the export of unpatented products or components, or which unreasonably restriet export to countries where the product made pursuant to the licensed technology is not patented; (ii) Provisions in technology transfer agreements among or as to competing enterprises which unreasonably restrain or restriet competition; (iii) Provisions having the effect of causing tied sales, i. e. which oblige or impel the licensee to accept unwanted and unneeded licences, or purchase unwanted and unneeded goods or services from the licensor or bis designated source; (iv) Unreasonable restrictions on the freedom of the licensee to enter into sales or representation agreements related to similar or competing technologies or products; and should refrain from the following restrictive business practices relating to the use of patent or know-how licences: (v) Restrietions preventing the exploitation of a licensed process or product after the date of expiry of a patent under which the licence is granted, or requiring royalties to be paid for the use of these patents as such after that date;

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(vi) Unreasonable restrictions requiring the licensee not to challenge the validity of a patent under which a licence is granted or the validity of other patents owned by the licensor; recognizing that the licensor may terminate the specific licence upon the challenge of the licensed patent's validity; (vii) Unjustifiably requiring the licensee to give exclusive sales or representation rights to the licensor; (viii) Requiring the licensee to assign or grant back to the licensor exclusively all improvements discovered in working the subject matter of the licence, when the effect of this practice is to abuse a dominant position of the licensor. VI. INTERNATIONAL COLLABORATION AND SPECIAL MEASURES FOR DEVELOPING COUNTRIES

6.1. International collaboration among all Governments and international organizations should be increased to encourage and facilitate an expanded international flow of technology. Such collaboration on a multilateral or bilateral basis, should take, inter alia, the following forms: (i) Exchange of information leading to development and improvement of national legislation dealing with technology transfer. The present guidelines and principles could serve as a guide to the formulation of such legislation and help to establish harmonization, where appropriate, of national laws and policies in the area of technology transfer; (ii) Facilitation of the development of scientific and technological resources of recipient enterprises including, wherever practicable, the training of recipient enterprise employees and the establishment of facilities in recipient countries which will stimulate the development of indigenous technologies; (iii) Exchange of available information and experience in seeking solutions to problems arising out of restrictive business practices in the transfer of technology; (iv) Provision, to the extent practicable, to recipient countries, of appropriate information regarding the availability, description, and location of technologies; (v) Co-operation to develop appropriate systems for the legal protection of industrial rights and co-operation in exchanging information and experience in the transfer of these rights and the administration of these systems. To this same end, entrance into and accession to appropriate international agreements, and review of the operation of such agreements to take account of changed circumstances. Such agreements should provide equitable treatment for both source and recipient enterprises and governments; (vi) Action through international arrangements to avoid, as far as possible, imposition of double taxation on earnings and payments arising out of technology transfer arrangements.

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6.2. Governments of developed countries and international organizations, in order to facilitate and encourage the growth of scientific and technological capabilites of developing countries so as to assist them in their efforts to fulfil their economic and social objectives, should take the following measures: (i) Facilitate access by developing countries to information regarding the availability, description and location of technologies which might help those countries to attain their economic and social development objectives; (ii) Assist developing countries in the development of indigenous technologies by facilitating access to publicly available scientific and industrial research data; (iii) Encourage the development of scientific and technological resources in developing countries including the creation of innovative capacity of enterprises; 6.3. Governments of developed countries, directly or through appropriate international organizations, in assisting in the transfer of technology to the developing countries should, within their official development assistance programmes, take into account the requests from developing countries to: (i) Provide under development assistance or scientific and industrial research exchange programmes experts to make a contribution to the development of indigenous technology in developing countries; (ii) Train scientific and industrial research personnel engaged in the development of indigenous technologies in developing countries; (iii) Provide training in the development and administration of laws and regulations relating to the international transfer of technology and to the the provision of general assistance and advice in this field. VII. APPLICABLE LA W AND SETTLEMENT OF DISPUTES

7.1. The parties to a technology transfer agreement should be permitted freely to choose the law governing the validity, performance and interpretation of the agreement, provided that the State whose law is chosen either has a substantial relationship to the parties or to the transaction or there is other reasonable basis for the parties' choice. The parties should also be permitted to leave the issue of governing law for decision by the forum before which a dispute relating to a transfer of technology is tried. 7.2. In the absence of an effective choice of law by the parties, the substantive law governing the validity, performance and interpretation of the agreement should be that of the State which has the most significant relationship to the transaction and the parties, taking into account the following contacts:

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(i) Place of performance; (ii) Location of subject matter of contract; (iii) Place of contracting; (iv) Domicile, residence, nationality, place of incorporation and place of business parties; (v) Place of negotiation.

7.3. The parties to a technology transfer agreement should be freely permitted to choose the forum before which disputes relating to the agreement shall be tried, and any such choice should be given effect unless there is no reasonable basis for the selection and the choice places an onerous burden on one of the parties. 7.4. Parties to a technology transfer agreement should be permitted to provide in such agreements for the settlement, by arbitration or other thirdparty procedures, of disputes related to the agreement and any such choice should be given effect except where it was in violation of the law governing the agreement at the time such agreement was entered into. 7.5. Governments should endeavour to take all possible steps to promote the equitable resolution of disputes relating to technology transfer agreements, including: (i) Adherence to and use, where appropriate, of the facilities of the International Centre for the Settlement of Investment Disputes; (ii) The establishment or strengthening of mechanisms in their respective judicial systems for enforcing decisions resulting from third-party dispute settlement arrangements and, to this same end, adherence to the United Nations Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards. VIII. NATURE OF THE GUIDELINES

8.1. These guidelines are set forth in order that Governments may make known those standards which they believe should form the basis of the relationships between enterprises, between enterprises and source and recipient governments and between such governments themselves in the area of transfer of technology. 8.2. These guidelines are voluntary and legally non-binding. The guidelines neither alter nor in any way supersede national or international law nor the responsibilities of States thereunder or as set forth in international treaties or agreements. 8.3. The failure of parties to a mutually agreed technology transfer agreement to observe one or more of the guidelines should not, in and of itself, invalidate such agreement. Quelle: UN-Document TD/B/C. 6/14, Annex I.

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ANHANG li Annex ß Revised draft outline for the preparation of an international code of conduct on transfer of technology submitted by the expert from Brazil on behalf of the experts from the Group of 77 CONTENTS Chapter Preamble I. Objectives and principles II. Scope of application III. Nationalregulation of transfer of technology transactions IV. Restrictive business practices in transfer of technology transactions

V. Guarantees

VI. Special treatment to developing countries VII. International collaboration

VIII. Applicable Iaw and settlement of disputes IX. Final provisions (to be drafted) PREAMBLE The Contracting Parties,

(i) Recognizing the paramount role of science and technology for socio-economic development of all countries, and in particular, in the acceleration of the development of the developing countries; (ii) Convinced that technology is a part of universal human heritage and that all countries have the right of access to technology in order to improve the standards of living of their peoples; (iii) Recognizing the need to facilitate and encourage the growth of the scientific and technological capabilities of all countries, especially the developing countries; (iv) Believing that an adequate transfer of technology should become an effective instrument for the elimination of economic inequality among countries and for the establishment of a new and more just international economic order; (v) Believing further that it is the duty of all countries to promote the transfer of technology, whether proprietary or otherwise, on favourable terms, conditions and prices in accordance with the national policies, plans and priorities of the developing countries;

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(vi) Drawing attention to the need for e;~panding the unrestricted flow of necessary technological information and in particular to facilitate the flow of information on the availability of alternative technologies and for the selection of appropriate technologies suited to the specific needs of the developing countries; (vii) Considering the need to strengthen the bargaining position of the developing Countries vis-a-vis the suppliers of technology; (viii) Affirming that the Code of Conduct for the transfer of technology shall be universally applicable to all countries and calling upon all countries to ensure that their enterprises, whether private or public, shall conform in all respects to the provisions of the Code of Conduct in all transactions involving transfer of technology; (ix) Reaffirming their belief that an international legally binding instrument according to these principles is the only form capable of effectively regulating the transfer of technology; (x) Taking into account paragraph 9 of Conference resolution 39 (III) adopted in April 1972 asking for a study of possible bases for new international legislation regulating the transfer of patented and unpatented technology from developed to developing countries; (xi) Welcoming the agreement of the Heads of State of Governments of the Non-Aligned Countries in September 1973 to continue the efforts within international organizations to obtain easier and less costly access to modern technology and for the adoption of an international code, taking due account of the independence of the developing countries; (xii) Drawing attention to the October 1973 resolution of the Interparliamentary Council calling upon the Parliaments and Governments of all countries of the world, inter alia, to draw up new international legislation for the transfer of technology, including a code of conduct governing this transfer; (xiii) Bearing in mind the statement by the United Nations Advisory Committee on the application of Science and Technology (ACAST) in November 1973 emphasizing the great importance of moving rapidly towards the formulation of a code; (xiv) Taking into account the resolution 104 (XIII) adopted at the thirteenth session of the Trade and Development Board in September 1973 requesting the Intergovernmental Group on Transfer of Technology at its third session to study the possibility and feasibility of an international code of conduct on transfer of technology; (xv) Following the declaration adopted at the sixth special session of the General Assembly on the Establishment of a New International Economic Order (GA/3201, S-VI), particularly para. 4 (p) setting the principle of giving the developing countries access to the achievements of modern science and technology, and promoting

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(xvi)

(xvii)

(xviii)

(xix)

the transfer of technology and the creation of indigeneous technology for the benefit of the developing countries in forms and in accordance with procedures which are suited to their economies; Basing itself upon the Programme of Action adopted at the same special session of the General Assembly on the Establishment of a New International Economic Order, which in section IV on "Transfer of Technology" called for all efforts to be made "to formulate an international code of conduct for the transfer of technology corresponding to needs and conditions prevalent in the developing countries"; Being guided by resolution 3 (III) adopted in July 1974 by the Intergovernmental Group on Transfer of Technology requesting the Secretary-General of UNCTAD to convene an Intergovernmental Group of Experts to prepare a draft outline to serve as a basis for the preparation of a universally applicable code of conduct on transfer of technology; Bearing in mind paragraphs 5 and 20 of General Assembly resolution 3041 (XXVII) which noted with appreciation that intergovernmental action was being mobilized by UNCTAD in a nurober of fields including restrictive business practices and transfer of technology and recommended that the Trade and Development Board of UNCTAD should select the areas in which action can be initiated for the negotiation and adoption of multilaterallegal instruments within its field of competence; Recalling paragraph III (3) of resolution 3362 (S-VII) unanimously adopted at the seventh special session of the United Nations General Assembly which called upon all States to co-operate in evolving an international Code of Conduct for the transfer of technology corresponding in particular to the special needs of the developing countries;

Agree on the adoption of this internationallegally binding Code of Conduct on transfer of technology. Chapter I

OBJECTIVES AND PRINCIPLES 1.1. The Code of Conduct shall have the following objectives:

(i) To establish general equitable rules for the international transfer of technology, taking into consideration particularly the needs of developing countries and the legitimate interests of technology suppliers and technology recipients; (ii) To facilitate and increase the international flow of proprietary and non-proprietary technology under fair and reasonable terms and conditions to all countries particularly to and from the developing countries:

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(iii) To increase the contributions of technology to the identification

and solution of specific problems of all countries, particularly the special problems of developing countries; (iv) To strengthen the national technological and scientific capabilities of all countries, in particular of developing countries, for selecting imported technologies, assimilating them into their national economies and adapting them creatively to domestic conditions, as well as for ensuring the increasing participation of these countries in world production and exchange of technology.

1.2. Pursuant to these objectives, the Code of Conduct will give effect to the following principles: (i) Improving access to technology at fair and reasonable prices and costs, both direct and indirect, and regulating business practices particularly those arising from transfer pricing and transfer accounting; (ii) Eliminating restrictive practices arising out of or affecting technology transactions; (iii) Promoting unpackaging of transactions involving transfer of technology with regard to the choice of various elements of technology, evaluation of costs, organizational forms and institutional channels for the transfer; (iv) Establishing an appropriate set of guarantees to suppliers and recipients of technology, taking fully into account the weaker position of recipient enterprises of developing countries; (v) Facilitating an orderly implementation of national laws and policies on transfer of technology through the establishment of minimuminternational standards; (vi) Promoting the development of indigenous technologies particularly in developing countries.

Chapter II SCOPE OF APPLICATION 2.1. For the purpose of this Code of Conduct, the term "technology transfer" covers any kind of transfer of proprietary or non-proprietary technology irrespective of the legal form of such transfer, including technology transactions associated with the establishment and operation of wholly owned subsidiaries or affiliates of transnational corporations and other foreign enterprises, and of joint ventures with various degrees of foreign ownership. It includes, inter alia, the following: (i) Assignment, sale and licensing agreements covering all forms of industrial property including patents, inventors' certificates, utility models, industrial designs, trade marks, service names, and trade names;

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Wilhelm A. Kewenig (ii) Arrangements covering the provision of know-how and technical

expertise in the form of feasibility studies, plans, diagrams, models, instructions, guides, formulae, service contracts, specifications and/or involving technical, advisory and managerial personnel, and personnel training as weil as equipment for training; (iii) Arrangements covering the provision of basic or detailed engineering designs, the instailation and operation of plant and equipment; (iv) Purchases, leases and other forms of acquisition of machinery, equipment, intermediate goods and/or raw materials, in so far as they are part of transactions involving technology transfers; (v) Industrial and technical co-operation agreements of any kind including turn-key arrangements, international sub-contracting as weil as provision of management and marketing services. 2.2. The provisions of the Code of Conduct shail be universally applicable to all States and to ail acts or agreements involving implicitly or expliciUy the transfer of proprietary and non-proprietary technology, regardless of (a) the parties involved in the transactions, whether private, public, regional, or international; (b) the Ievels of development of the countries concerned; and (c) the type of economic and political system of the countries among which technology is transferred. Chapter III

NATIONAL REGULATION OF TRANSFER OF TECHNOLOGY TRANSACTIONS 3.1. In exerclSlng their right to adopt legislation, policies and/or rules for the regulation of transfer of technology operations, States may adopt such measures as evaluation, negotiation, registration and renegotiation of agreements and arrangements involving technology transactions. 3.2. In this connexion each State may, inter alia, adopt the following measures: (i) Regulation of terms and conditions of agreements and arrangements governing transfer of technology; (ii) Regulation for the prevention of ultimate loss of ownership and/or control of domestic recipient enterprises to foreign interests as a condition to or as a result of the transfer of technology; (iii) Stipulation that foreign collaboration arrangements must not displace national enterprises from the domestic market; (iv) Choice of channels, mechanisms and organizational forms for the transfer of technology; (v) Regulation of the level of domestic credit facilities that may be made available to foreign owned or controlled enterprises in-

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volved in the transfer of technology, as weil as requirement for adequate assurances of related foreign financing where it forms part of the transfer of technology arrangement; (vi) Requirement of specifying distinctly as far as may be deemed necessary, each item in a technology package for which payments have to be made by the recipient, and the duration and other modalities of such payments; (vii) Regulation of the Ievel and modalities of payments and remittances related to the transfer of technology operations, including foreign exchange Obligations, prices for imported inputs and the tax treatment to be accorded to such transactions. (viii) Treatment of payments for technology as profits where there exist relations between or among subsidiaries and parent companies, and also where the supplier and the recipient enterprises form an economic unit or have community of interest, as weil as when the effective technical, administrative, financial or commercial management is not exercised by local residents of the recipient country; (ix) Assist interested parties in the evaluation, negotiation and renegotiation of technology transactions in accordance with the socioeconomic conditions and needs, priorities, and laws, regulations, rules and policies of the recipient country; (x) Define the scope and objectives of the transactions, the rights and Obligations of the parties, the price and Ievels and modalities of payments, the duration and other relevant elements of the arrangements for the screening and registration of technology transactions; (xi) Establish or strengthen mechanisms in administrative systems for proper enforcement of the rights and Obligations flowing from the technology transfer transactions.

Chapter IV

RESTRICTIVE BUSINESS PRACTICES IN TRANSFER OF TECHNOLOGY TRANSACTIONS 4.1. Transfer of technology arrangements shall not include clauses or practices which impose restrictions that directly or indirectly have or may have adverse effects on the national economy of the recipient country. 4.2. The following clauses or practices, inter alia, whether part of written arrangements or not, shall be considered as restrictive business practices: (i) Restrietions on the recipient's volume, scope andlor range of production and/or field of activity;

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Wilhelm A. Kewenig (ii) Restrietions on obtaining competing or complementary technology

(iii)

(iv) (v) (vi)

through patents and know-how from other sources with regard to the sale or manufacture of competing products; Limitations by the supplier regarding the sources of supply of raw materials, spare parts, intermediate products and capital goods; Use of quality controls or standards by the supplier as a means of imposing unwarranted Obligations on the technology recipients; Limitations upon the diffusion and/or further use of technology already imported, and thus requiring additional payments for repeated use of the same technology; Requirements that the recipient pay royalties during the entire duration of manufacture of a product or the application of the process involved and, therefore, without any specification of time;

(vii) Prohibitions or restrictions on the use of the technology after the normal expiration of the arrangement; (viii) The use of the privilege granted under the trade mark system to restriet unduly the recipient's activities; (ix) Obligations to use a particular trade mark or trade name or

(x) (xi)

(xii) (xiii)

to mention the supplier's name together with the technology acquired; Restrietions on obtaining competing or complementary technology from other suppliers with regard to the sale or manufacture of products involving trade marks or trade names; Prohibitions or limitations of any type on the export of products manufactured on the basis of the technology supplied including restrictions on exports to certain markets, permission to export only to certain markets, and requirements of prior approval of the supplier for exports and prices of exported products; Restrietions on the freedom of the recipient to enter into sales or representation agreements related to similar technologies or products; Requiring the recipient of technology to give exclusive sales· or representation rights to the supplier, with due regard to subcontracting arrangements;

(xiv) Reservation of the right by the supplier to fix the sale or resale price of the products manufactured; (xv) Requirements prohibiting or restricting exports by the recipient of goods covered by a trade mark arrangement; (xvi) Tying the supply of imports of a product bearing a partiewar trade mark to the trade mark owner and thereby prohibiting imports from a third party or another licensee; (xvii) Regulations which restriet or subject to approval by the supplier, the publicity or advertisement to be carried out by the recipient;

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(xviii) Obliging the recipient to convert technology payments into capital stock; (xix) Continuation of payments for unused or unexploited technology; (xx) Requiring the acceptance of additional technology not desired by the recipient or needed in the recipient country, such as in consultancy services, international sub-contracting, turn-key projects and various forms of package arrangements, as a condition for obtaining the technology required; (xxi) Tying the imports of inputs, equipment and spare parts and technical and managerial personnel to a specific external source, and thus making it possible for enterprises to charge higher than normal prices for them; (xxii) Requiring payments by the recipient enterprise for technology imported by the enterprise under earlier arrangements or already available in the country; (xxiii) Increased rates of payments imposed by the technology supplier upon the technology recipient for output earmarked for export, vis-a-vis domestic sales, except in cases where such differential rates are in the interest of the recipient country; (xxiv) Charging fixed minimum royalty payments irrespective of production performance and/or increasing royalty rates progressively with the rise in the scale of output; (xxv) Charging royalties or fees for know-how or technical assistance in a cumulative way on parts as well as on the final product, so that the total charges are in fact !arger than if the same percentages were applied on a net value-added basis; (xxvi) Limitations on the research and development (R & D) policy and activities of the recipient enterprise; (xxvii) Grant-back provisions establishing a unilateral flow of technical information and improvements from the technology recipient without reciprocal Obligations from the technology supplier; (xxviii) Requirements to use personnel designated by the technology suppliers, beyond the period sufficient for the training of the recipient's personnel or limitations in the use of personnel of the recipient country; (xxix) Requirements by the supplier, except in management contracts, to participate in the management decisions of the recipient enterprise; (xxx) Obligation upon the recipient to purchase future inventions and improvements in the technology from the original supplier; (xxxi) Limitation upon the access of the recipient to new technological developments and improvements related to the technology supplied; 8 Symposion 1978

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(xxxii) Restrietion upon the recipient from adapting the imported technology to local conditions and innovating on the supplied technology; (xxxiii) Obligation upon the recipient to introduce unnecessary design changes and new material specifications imposed by the technology supplier; (xxxiv) Recipient's undertaking not to contest the validity of the patents involved; (xxxv) Unduly long duration of contractual agreements or arrangements; (xxxvi) Restricting the field of use of the subject matter of a patent and of any unpatented know-how licence, related to the working of the patent; (xxxvii) The charging of royalties on patents and other industrial property rights not registered in the recipients' countries; (xxxviii) The charging of royalties on patents and other industrial property rights after their expiration, termination or invalidation; (xxxix) Exempting the supplier from any liability consequent upon defects in the goods produced by the recipient with the help of the technology acquired; (xl) Other limitations having adverse effects on the recipient and imposed as a condition for obtaining the technology required. 4.3. States shall prohibit or otherwise control restrictive business clauses or practices in transfer of technology transactions. These provisions might include the ways and means for controlling and the establishment of general or specific exemptions in cases of public interest. 4.4. Horizontal cartel activities among technology suppliers involving restrictions on territory, quantity, prices and customers, having adverse effects on the transfer of technology, shall not be utilized including, inter alia, the following:

(i) import cartels; (ii) rebate cartels and other price fixing arrangements; (iii) national export cartels;

(iv) international cartels which allocate markets or control exports or imports; (v) private and semi-official agreements on certain standards in developed countries; (vi) specialization and rationalization cartels leading to a dominant position.

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Chapter V

GUARANTEES 5.1. The enterprises supplying technology shall guarantee that: (i) The technology acquired is suitable for the manufacture of products covered by the arrangement; (ii) The content of the technology transferred is full and complete for the purposes of the arrangement; (iii) The technology obtained will be capable of achieving a predetermined level of production under the conditions specified in the agreement; (iv) National personnel shall be adequately trained for service in the recipient country in the knowledge of the technology to be acquired including operation and management techniques of the enterprises; (v) The recipient shall have access to all improvements upon the techniques in question during the lifetime of the arrangement; (vi) Where the recipient of the technology has no other alternative than acquiring capital goods, intermediate inputs andlor raw materials from the technology supplier or any other enterprise designated by him, the prices of the articles shall not be higher than current international price levels; (vii) Where the recipient of the technology has no other alternative than selling his output to the technology supplier or any other enterprises designated by him, the prices of the articles shall not be lower than current international price levels; (viii) Spare parts, components and other requirements necessary for using the imported technology shall, if required by the recipient, be provided for a specified period of time and without additional charges for maintaining this guarantee; (ix) The technology suppliers, while drawing up the design specifications of plants, will take fully into account the possibility of utilizing locally available resources. 5.2. The enterprises receiving technology shall in accordance with the spirit and the standards of the Code, guarantee that: (i) The technology acquired will be used as specified in the arrangement; (ii) All legitimate payments as specified in the arrangement shall be made to the technology supplier; (iii) Technical secrets as defined in the arrangement shall be honoured during the duration of the arrangement; (iv) The quality standards of the products specified in the contract will be reached and maintained where the contract includes the

a•

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Wilhelm A. Kewenig use of suppliers' trade marks, trade name or similar identification of goodwill.

5.3. Governments of technology-receiving countries may require, inter alia, that the following guarantees are included in technology transfer arrangements: (i) The technology is the most adequate to meet the particular technological requirements of the recipient given the supplier's technological capabilities; (ii) Local consultancy organizations, technical skills and research and development experience will be fully utilized in the selection of the technology and engineering involved in the use of it; (iii) The undertaking to explore on a continuous basis the possibility of substituting local inputs for imported materials, equipment and spare parts used in the production process; (iv) More favourable terms granted by the supplier to a recipient should be extended to subsequent recipients in similar positions within the same country; (v) The parties make full use of the technology already available or being developed in the recipient country; (vi) The parties to the transfer of technology arrangement devote adequate resources to research and development activities in the recipient country; (vii) The achievement, as may be agreed, of a predetermined volume of exports; (viii) National personnel of the recipient country are involved in all the aspects of the technology transfer arrangement including the feasibility and design studies. Chapter VI

SPECIAL TREATMENT FOR DEVELOPING COUNTRIES 6.1. Taking into consideration the economic, financial and technological position of enterprises of developing countries, the governments of developed countries shall grant, or by every means available ensure that their technology supplying firms grant, special treatment to enterprises of developing countries in their technology transfer arrangements. Measures to this end shall include, i nter alia, (i) Preferential tax treatment in the country of the technology supplier of income arising from technology transfer arrangements to developing countries; (ii) Preferential arrangements ensuring that the industrial property rights granted to a patent holder in technology supplying countries

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(iii)

(iv)

(v)

(vi)

(vii)

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should not be used by him to restriet imports of products from developing countries; Untying of credits and granting of credits on terms more favourable than the usual commercial terms for financing the acquisition of capital and intermediate goods in connexion with technology transactions; Fiscal and other incentives to the technology exporting enterprises in developed countries for encouraging the adaptation of their R & D activities to conditions and factor endowments prevailing in developing countries; Fiscal and other incentives to the technology exporting enterprise for encouraging the development of technological capabilities of enterprises in developing countries, including special training as required by the recipient; Extending or strengthening assistance for the establishment of national, regional and/or international institutions, including technology transfer centres, to help the developing countries to obtain their technological requirements for the establishment, construction and operation of plants under the most favourable terms and conditions; Facilitating the access of enterprises of developing countries to technology covered by industrial property rights held by governments of developed countries.

6.2. The special treatment to developing countries shall be extended on a non-discriminatory basis, while giving particular consideration to the special problems and conditions of the least developed among the developing countries.

Chapter VII INTERNATIONAL COLLABORATION 7.1. States recognize the need for appropriate international collaboration among all Governments, intergovernmental bodies, and organs and agencies of the United Nations system with a view to facilitating an effective implementation of the provisions of this Code and accelerating the transfer of technology among all countries and particularly to the developing countries. Intergovernmental co-operation 7.2. In exercising their right to enter into bilateral, sub-regional, regional and inter-regional co-operation arrangements aimed at the implementation of this Code, States may takeinter alia the following measures: (i) Exchange of information relating to technological alternatives and terms and conditions of technology transfer; (ii) Harmonization of national laws and policies concerning registration, screening and monitaring of technology transfer agreements, and their implementation;

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(iii) Institutional arrangements for the implementation of policies and

legislation concerning technology transfer arrangements; (iv) The establishment of common policies and programmes for searching for, acquiring and disseminating technologies available at the national, regional or international Ievels; (v) Establishment and implementation of programmes for the adaptation, promotion and development of technology in the context of industrial and development objectives; (vi) Co-operation agreements for the promotion of technical assistance and of regional specialization, research and development, and production activities.

Jointaction 7.3. The States shall undertake joint action to attain the objectives set forth in this Code. Furthermore, States shall, inter alia: (i) Take action through international arrangements to avoid, as far as possible, imposition of double taxation on earnings and payments arising out of technology transfer arrangements; (ii) Revise regional and international conventions dealing with industrial property and other fields related to transfer of technology. 7.4. The appropriate organs to be established or designated by the States at the time when this Code will enter into force shall be responsible for reviewing the implementation of its provisions. 7.5. In support of the implementation of this Code, the appropriate organs of UNCTAD shall perform the following functions: (i) Gathering and disseminating information on technological alternatives and on terms and conditions of transfer of technology arrangements; (ii) Collecting and disseminating information on laws, regulations and policies pursued at the national, regional and international Ievels concerning technology transfer arrangements; (iii) Keeping under continuous review the structure of and current practices regarding technology transfer, with special reference to the developing countries; (iv) Providing a forum for the discussion of the issues dealt with in this Code and reviewing the reports received from governments on their implementation of the Code; (v) Undertaking systematic studies and research on the subject of the implementation of the principles and provisions of this Code and making appropriate recommendations to the States. 7.6. All international organizations, within the Iimits of their competence, in particular UNCTAD, shall assist developing countries in the application and effective implementation of the Code, through promoting and strength-

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ening national and regional arrangements for the implementation of this Code, including the training of national personnel and assisting in the evaluation and selecting of alternatives in transfer of technology. Chapter VIII

APPLICABLE LAW AND SETTLEMENT OF DISPUTES 8.1. Technology transfer arrangements shall be governed, with regard to their validity, performance and interpretation, by the laws of the technologyreceiving country. 8.2. The technology-receiving country shall exercise legal jurisdiction over the settlement of disputes pertaining to transfer of technology arrangements between the parties concerned. 8.3. If the laws applicable to the technology transfer arrangements do not exclude resource to arbitration in this field and the parties concerned agree to submit their possible disputes to arbitration, such disputes will be settled according to the procedures agreed by the parties concerned. Chapter IX

FINAL PROVISIONS (To be drafted)

Quelle: UN-Document TD/B/C. 6/14, Annex II.

Diskussion zum Referat von Wilhelm A. Kewenig Scheuner:

In den Auseinandersetzungen zwischen den Entwicklungsländern und den industriellen Staaten geht es vielfach, abgesehen von den deutlichen lnteressengegensätzen, auch um die Frage der Entwicklung grundsätzlicher Auffassungen und Begriffe. Das ist ein Vorgang, dem auch der Vortrag von Herrn Kewenig seine Beachtung geschenkt hat, denn er ist in der Tat von weitreichender Bedeutung. Es ist oftmals von großer Bedeutung, welche Grundbegriffe und Vorstellungen sich durchzusetzen vermögen. Die Entwicklungsländer haben, ausgehend von ihren besonderen Bedürfnissen, die Debatte in ganz bestimmte Bahnen gelenkt. Sie erstreben für sich Präferenzen, sie möchten, daß die herkömmlichen Grundsätze des Marktverkehrs unter den Nationen ergänzt werden durch eine dirigistische Steuerung der Weltwirtschaft, und sie fordern drittens, daß auch ältere Einrichtungen der internationalen Gemeinschaft in den Dienst der von ihnen bestimmten neuen Ziele gestellt werden. Man kann freilich nicht übersehen, daß in der Haltung der Entwicklungsländer sich auch Widersprüche bemerkbar machen. Sie stellen ab auf eine internationale Solidarität, aus der heraus den Industrieländern eine Pflicht erwachsen soll, den weniger entwickelten Nationen beizustehen. Auf der anderen Seite nehmen aber dort, wo es für sie günstig ist, diese Länder den Gedanken der Souveränität unbeschränkt in Anspruch, wo es sich etwa um die Verfügung über nationale Ressourcen handelt. Es wird nicht gesehen, daß auch die Industriestaaten etwa die technologischen Kenntnisse, die sie besitzen, als durch eigene lange Arbeit erworbene nationale Ressourcen ansehen könnten; sie · sollen vielmehr diese Kenntnisse umsonst hergeben. Es ist bezeichnend, daß im Abschnitt C 4 sich die Forderung findet, die Technologieübertragung solle vorgenommen werden "irrespective of the ownership of the technology". Hier wird also bei dieser Forderung sogar in in anderen Ländern begründete private Rechte eingegriffen, und die Industrieländer werden angehalten, ihre Rechtsordnung über den Schutz von Erfindungen zu ändern. Herr Kewenig hat es in seinen Ausführungen klar hervorgehoben, daß in dem Verlangen nach Übertragung von Technologien nach der Auffassung der Entwicklungsländer die Verfügung des Einzelnen

Diskussion

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zurückstehen solle hinter der Verfügung des Staates. Wenn dabei an die Übertragung solcher Rechte an eine Technologie-Bank gedacht wird, so wird es um so deutlicher, daß hier an Eingriffe in die Rechte der Inhaber von Patenten gedacht ist. Man kann gewiß diese Forderungen nur recht verstehen, wenn man sie als Programm, in gewissem Sinne als Maximalprogramm auffaßt. Die Entwicklungsländer erheben erst einmal diese Ansprüche als Verhandlungsgrundlagen. Aber andererseits ist es bezeichnend, daß die westlichen Länder dieser Situation kein einheitliches Verhandlungskonzept gegenüberzustellen haben, daß sie keinen eigenen Standpunkt entwickeln, sondern sich an die Grundlinien der ihnen begegnenden Forderungen anschließen. Man wird hier aber nur weiter gelangen, wenn man mit dem Gedanken der Solidarität unter den Nationen auch denjenigen der Verantwortung verbindet, die allen beteiligten Staaten obliegt und die daher auf eine Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen im Wege eines Ausgleichs hinführt.

Wegener: Für diejenigen von uns, die im operativen Bereich mit diesem Thema befaßt sind, darf ich besonders nachdrücklich meine Dankbarkeit für den ausgezeichneten Vortrag ausdrücken, der ganz genau und analytisch klar die juristischen Probleme aufgezeigt hat, die in diesen Dokumenten liegen. Die Befassung der deutschen Völkerrechtswissenschaft mit diesem Thema - die erstmalige Befassung - wird für die praktische Handhabung dieses Dossiers besonders nützlich sein, weil nach meiner Ansicht noch nicht überall die zentrale Bedeutung dieser spezifischen Verhandlung im Nord-Süd-Dialog klar geworden ist. Sie besteht gerade für uns, weil wir als ein rohstoffarmes, bevölkerungsreiches, technisch fortgeschrittenes Land natürlich für die Erwirtschaftung unseres künftigen Außenbeitrags besonders darauf angewiesen sind, daß unser Innovationspotential und unsere Fähigkeit zur Bereitstellung technischer Management-Leistung als Exportgut hoch bleiben und sich ungehemmt entwickeln können. Auf der anderen Seite ist aber die Technologie für uns Deutsche - wie für manches andere Industrieland auch - eines derjenigen Güter, mit dem wir der Dritten Welt wirksam helfen können. Wir haben dieses "Gut" Technologie auch in unserer bisherigen Verhandlung im Nord-Süd-Dialog mit in den Vordergrund gestellt, weil wir in einigen anderen Forderungsbereichen zwar die Berechtigung der Forderungen einsehen - ich nenne beispielsweise den Ressourcentransfer -, aber wegen mancher "constraints" diesen Forderungen nicht gerecht werden können. Weil in unserer Entwicklungspolitik die Technologie diese Stellung einnimmt, müssen wir auch bereit sein, gewisse Risiken auf uns zu neh-

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men. Aber ich glaube, die Völkerrechtswissenschaft kann einen besonders wirkungsvollen Beitrag leisten, um diese Risiken unter Kontrolle zu halten. Deshalb meine ich, daß alle diejenigen, die operativ mit dem Thema befaßt sind, sehr dankbar sein werden, wenn der Fokus der Wissenschaft für die Dauer des ganzen sich jetzt abzeichnenden Verhandlungsprozesses auf dieses Gebiet gerichtet bleibt. Ich darf Sie in diesem Zusammenhang noch auf eine Schrift aufmerksam machen, die mir gerade druckfrisch aus Amerika zur Hand gekommen ist, wo der Council of the Americas unter Beteiligung zahlreicher Wissenschaftler sich ebenfalls mit diesen beiden Kodexentwürfen beiaßt hat. Ich würde gern zwei Bemerkungen machen, eine zum Stand der Verhandlung, wie sie sich jetzt nach einer Sitzung im November in Genf darstellt, und dann zur weiteren, auch von Prof. Kewenig angerissenen Frage nach den Aussichten der gegenwärtigen Verhandlung. Zum Stand der Verhandlungen ist nur zu sagen, daß eine erste zweiwöchige Sitzung erlaubt hat, erstmalig die Kodexentwürfe zu erörtern und zu vergleichen. Dazu war bisher überhaupt noch keine Zeit; man hat sich zur Verhandlung einer eigentlich noch gar nicht verhandlungsreifen Materie entschlossen und nun erst einmal die Texte mit gegenseitigen Fragen und Antworten erforscht. Dabei haben die Entwicklungsländer auch neue Papiere eingereicht, die hier aber keine große Rolle spielen müssen, weil sie nur in einzelnen terminologischen Fragen Klärungen bringen und unter anderem auch ein Kapitel Definitionen hinzufügen. In diesem Kapitel ist übrigens noch einmal sehr deutlich die von Herrn Kewenig schon herausgestellte Absicht klargeworden, nicht nur grenzüberschreitenden Technologietransfer einzubegreifen, sondern auch Technologietransfer im eigenen Land, wenn der Technologiegeber eine transnationale Gesellschaft aus einem Industrieland ist; ein besonders gefährlicher Versuch, dem sicher entgegengetreten werden muß. Dann hat, und das ist vielleicht auch interessant, die Gruppe der sozialistischen Länder ebenfalls einen Entwurf vorgelegt, der aber lückenhaft ist, nur einzelne Teile abdeckt und uns nur als ein Verschleierungsmanöver für eine bestimmte Vorschrift erschien, nach der es nämlich den Ländern, - und gemeint sind insbesondere die sozialistischen Länder -, möglich sein soll, sich durch einseitige Erklärungen von einzelnen Vorschriften des Verhaltenskodex zu lösen. Ein ziemlich durchsichtiges Manöver der sozialistischen Staaten, die bei dem ganzen Unternehmen nur pro forma mitmachen wollen, um sich nachher den Verpflichtungen, die sie ja politisch nicht in der gleichen Härte treffen wie die westlichen Industrieländer, entziehen zu können. Was haben wir getan bei dieser zweiwöchigen Sitzung? Wir haben versucht, trotz der immensen Textunterschiede in Struktur und Ab~

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sichten einmal einen einheitlichen Verhandlungstext unter Aufrechterhaltung der Differenzen - mit eckigen Klammern, wie man das in der Verhandlung tut - zu erstellen, also die einzelnen Entwürfe so zu verhaken, daß man einen durchgehend lesbaren Text bekommt, der dann also jeweils bei den einzelnen kritischen Problemen zwei bestimmte Ausdrücke in eckigen Klammern gegenüberstellt. Dabei haben wir einigen Fortschritt gemacht, ohne daß vorerst in der Substanz irgendeine Annäherung erfolgt ist. Aber bei näherem Zusehen erwiesen sich einige der Unterschiede doch als nicht so groß, so daß wir jedenfalls einen Teil der Probleme schon als zweitrangig erkannt haben. Nun ein Wort zu den Aussichten dieses Verhandlungsprozesses: Es scheint ja zunächst, wenn man die beiden Texte analytisch liest, daß die Divergenzen hoffnungslos sind, und das zumal, weil der Zeitraum, der für die Verhandlung gegeben ist, außerordentlich eng ist. Es fragt sich, ob das Thema in diesem Zeitraum überhaupt verhandelbar ist. Wie in vielen anderen Bereichen haben die Entwicklungsländer in ihrem Entwurf das Prinzip der Maximierung und Kumulierung von Forderungen praktiziert, Forderungen, die zunächst einmal fast willkürlich aneinandergereiht worden sind, wenn auch eingegliedert in ein größeres Konzept. Diese Maximierung hat natürlich auch, worauf Herr Prof. Scheuner hingewiesen hat, taktische Bedeutung. Es ist sicher noch ein erheblicher Verhandlungsspielraum in diesen Texten. Wir haben in den letzten Sitzungen gesehen, wo sicher Abstriche von der Gruppe der 77 gemacht werden können. Aber wir dürfen uns nicht darüber täuschen, daß der Haltung der 77er ein ausgeprägter Zukunftsglaube zugrundeliegt. Sie glauben, daß sie letzten Endes mit diesen Positionen durchkommen können und das langfristig Richtige tun. Das zeigte sich insbesondere bei der Erörterung der Formel "right to access". Sie nehmen also ein Recht für sich in Anspruch, ein mindestens historisches Recht - aber, wie sie uns sagten, auch ein völkerrechtliches Recht auf die Technologie als ein gemeinsames Erbteil der Menschheit, das von der westlichen Ländergruppe nur willkurlieh monopolisiert worden sei. Diese Grundhaltung kam sehr stark zum Durchscheinen. Es sind aber doch Kompromißmöglichkeiten bezüglich der Rechtsnatur eines Verhaltenskodex erkennbar geworden, so daß diese- wie Prof. Kewenig ausgeführt hat - vielleicht letzten Endes doch ein sekundäres Problem ist. Man hat mit verschiedenen Möglichkeiten gespielt, z. B. Zweiteilung dieses Kodex: einem Teil wird Rechtskraft verliehen, nämlich den allgemeinen Grundsätzen, und den anderen schwierigeren Dingen erst einmal exploratorisch politische Kraft. Oder aber: man sieht eine Zeitsequenz vor. Man nimmt eben den

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Kodex politisch an, also z. B. als Resolution der Generalversammlung und wird ihn nachher überleiten in ein ratifiziertes Instrument. Das sind Ideen, die die 77er selbst entwickelt haben. Ein zweiter Streitpunkt, wo ich Verschiebungen sehe: die Entwicklungsländer gewinnen stärkeren Einblick in die Probleme der westlichen Länder bezüglich der Eigentumslage und der notwendigen Unterscheidung zwischen Regierungsverfügungsmacht und privater Verfügungsmacht. Sie haben das schon bei der 7. Sonder-Generalversammlung präfiguriert, wo ein Satz ja lautet "developed countries should give developing countries the freest and fullest access to technologies, whose transfer is not subject to private decision" und ein ähnlicher Satz wird sicher auch in diesen Kodex eingearbeitet. Schließlich haben die Entwicklungsländer uns in Aussicht gestellt, daß die grotesk lange Liste bis ins einzelne regulierter restrictive business practices noch stark zusammengestrichen werden kann. Und letzten Endes haben wir auch gesehen, daß man sich bei Prinzipien und Präambelsprache vermutlich einigen kann. Hier ist also nicht ganz auszuschließen, daß man schon in der nächsten Phase bei den Texten aufeinander zukommt. Dazu trägt auch bei, daß insgesamt wohl. das betrifft - glaube ich - den gesamten Nord-Süd-Dialog, heute den Entwicklun~sländern bewußter ist, das was man das "incentive/disincentive continuum" nennen kann. Wenn der Technologietransfer überreguliert wird, gibt es keinen mehr; wenn die transnationalen Unternehmen in ein starres Kleid eingespannt werden sollen, dann werden sie sich den Investitionen in Entwicklungsländern entziehen. Diese Einblicke sind heute deutlicher, und deshalb findet entlang des "incentive/disincentive continuum" schon heute eine erhebliche Verschiebung statt, wobei man noch nicht sagen kann, wie weit sie geht. Die Gefahr für den Westen liegt - wie ganz richtig beschrieben worden ist - darin, daß wir unklar sind in unserer Argumentation und unserer Konzeptionalisierung des Problems, sie liegt aber auch in dem nicht geschlossenen Auftreten. Hier ist ein Punkt, der generell zu beklagen ist, daß sich einige kleinere westliche Länder - die skandinavischen Länder und die Niederlande zumal, aber auch andere aus Unbedachtsamkeit hemmungslos und ohne intellektuelle Anspannung (die zu einer wirklichen Erkennung der Gefahren notwendig ist), die Forderungen der Entwicklungsländer zu eigen machen. Infolgedessen wird sich der Druck auf die wenigen großen Länder richten, die solchen überzogenen Forderungen zunächst einmal mit wohlerwogenen Gründen standhalten. Was wird passieren, wenn dieser Kodifizierungsversuch scheitert oder langfristig nicht zum Erfolg kommt? Dann besteht die Gefahr -

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wir sehen sie heute schon -, daß die Entwicklungsländer ihren eigenen Kodexentwurf zur Grundlage ihres Verhaltens bei der Beurteilung von Investitionen und Technologietransferaktionen machen. Schon heute wird unseren Firmen dieses Papier entgegengehalten und es wird verlangt, daß sich bestimmte Transaktionen danach richten. Wenn sich das als eine einseitige Bewegung der Dritten Welt zeigt, dann wird es eine ganz erhebliche Stagnation im Technologietransferbereich zum Schaden aller geben. Dem steht der Westen dann möglicherweise aufgesplittert, uneinig entgegen, und hier sollte in der Tat überlegt werden, ob man nicht auch von westlicher Seite wieder eine mit sorgfältiger völkerrechtlicher Beratung erstellte Rückfallposition erarbeitet. Ich denke beispielsweise daran, daß man im Falle eines Scheiterns dieser Kodifizierungskonferenz daran denken könnte, auch einen Kodex etwa anhand des B-Gruppen-Entwurfs, - wie er jetzt dasteht, aber bereinigt und vereinfacht - , in der OECD als eine "guideline" anzunehmen, wie wir das auch bei den transnationalen Gesellschaften gemacht haben.

Joetze: Die westlichen Industrieländer haben in der Auseinandersetzung zwischen Nord und Süd drei Optionen. Die erste ist die des "benign neglect". Sie wurde im wesentlichen bis 1973 bis zum Ölschock praktiziert und lief darauf hinaus, daß man die verbalen Exzesse in den Resolutionen in verschiedenen internationalen Gremien wohlwollend über sich ergehen ließ, ohne sich im wesentlichen darum zu kümmern. Diese Haltung war bis zum Ölschock machtmäßig möglich. Eine langfristig vernünftige Politik war sie schon damals nicht, und sie hat wesentlich beigetragen zur verbalen Aggressivität der Dritten Welt in der Periode von 1973 bis jetzt oder möglicherweise bis Nairobi. Die zweite Möglichkeit ist die des mannhaften Entgegenhaltens der eigenen Grundsatzpositionen. Diese Haltung war die, die z. B. die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere auf der 29. Vollversammlung der Vereinten Nationen, praktiziert hat. Sie hat gewiß sehr viel für sich, deshalb hat sie die Bundesrepublik auch damals sich eigen gemacht. Sie führt aber dann, wenn nicht viele Länder ihr folgen, dazu, daß ein Land sich isoliert, daß ein Land zum Sündenbock der internationalen Gemeinschaft wird. Sie hat im spezifischen Fall der Bundesrepublik Deutschland uns zweifellos zu einem gewissen, vermutlich temporären, und wieder heilbaren Verlust an goodwill in der Dritten Welt geführt. Die Wertung dieses Sachverhalts muß im Augenblick nicht vorgenommen werden.

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Die dritte Möglichkeit ist die, daß man in flexibler Weise verhandelt und versucht, die eigenen Positionen im Rahmen des Möglichen zu retten. Bei der Abwägung zwischen den Optionen - selbstverständlich sind es idealtypische Möglichkeiten, und es gibt Schattierungen - muß eines zunächst festgehalten werden. Wenn beide Seiten verbale Bekenntnisse gegen verbale Bekenntnisse in den Gremien gegenüberstellen, in denen der Abstimmungsmechanismus herrscht, setzen wir - setzen westliche Industriestaaten - keine eigene language durch. Es kommen die Ergebnisse heraus, wie wir sie in der "Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten" haben. Es würde dann zweifellos, wenn wir im Fall des Technologietransfers dasselbe Procedere ohne flexible Haltung verfolgen würden, eben einfach dieser Text der A-Gruppe mit seiner Forderungskumulation, mit seiner verbalen Aggressivität, mit seiner inhärenten Unvernünftigkeit passieren und wäre dann eines der Papiere mehr, mit deren Rechtsnatur man sich dann zu beschäftigen hat. Nachdem es eine große Zahl solcher Texte inzwischen gibt, nachdem sie die eben von Herrn Wegener nochmal aufgezeigte Wirkung der Vorzeigbarkeit als Präzedenzfall ja nun einmal zweifellos haben, ist im übrigen die Beschäftigung mit der Rechtsnatur dieser Art von Resolutionen doch auch für unsere overall-position so außerordentlich wichtig. Wenn ich da ganz schnell einen Bogen zu heute morgen schlagen darf, mir scheint, wenn man diese Frage erörtert, Rechtstatsachenforschung sehr wichtig. Man muß die Art untersuchen, wie diese Texte zustandegekommen sind. Herr Fleischhauer hat schon auf den sehr wesentlichen Gesichtspunkt hingewiesen, d~ß die meisten Vertreter in New York oder anderswo nicht einmal die technische Möglichkeit haben, Weisungen einzuholen, daß da im "caucus-System" unter Einfluß einzelner geschickter Delegierter eben gewisse radikale Texte zusammengeschrieben werden. Ein anderes ist die Forderungskumulation, wie man es in jeder Koalition verschiedener Interessen, und die Dritte Welt ist ja eine gigantische Koalition ganz verschieden gearteter Interessen, vorfindet. Diese Texte entstehen durch Forderungskumulation und, wie ich glaube, nicht etwa im B~wußtsein, Rechtsüberzeugung auszudrücken, sondern eher in dem Bewußtsein, daß diese Dinge doch in einen gewissen Rahmen des Unverbindlichen gestellt sind. Nur weil sie jedem Teilnehmer der Mehrheit etwas geben, aber keinen beunruhigen, finden sie jene gewaltige Mehrheit. Ferner gibt es Eigenarten beim Zustandekommen. In den Papieren, z. B. der UNCTAD, lesen Sie dann immer unten: "This resolutionwas

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adopted without dissent." Tatsächlich hat der Vorsitzende gesagt, "may I assume that this is the general consent", und es wurde überhaupt nicht abgestimmt. Es ist heute in manchen Gremien bereits ein Akt politischen Mutes für ein westliches Industrieland, überhaupt den Antrag auf Abstimmung zu stellen. Bereits diese Frage ob Antrag auf Abstimmung gestellt werden soll, wird in den Ministerien diskutiert und zum Beispiel im Kreise der "Neun" konsultiert. Wir hatten bereits beispielsweise Tendenzen, ich glaube, das war in der UNESCO bei einer ganz besonders ekelhaften Resolution, wo es schon fraglich erschien, ob der nach den Verfahrensvorschriften mögliche Antrag auf namentliche Abstimmung überhaupt noch eine Mehrheit findet. Das sind Teile der Realität und sie haben etwas zu tun mit dem Konsensbegriff; soweit dieser Begriff für die Rechtsquellenlehre relevant sein soll, nämlich als Indizierung einer Rechtsüberzeugung. Wenn wir diesen "materiellen" Konsensbegriff als Maßstab an die fraglichen Resolutionen anlegen, müssen wir sagen, daß Konsens in letzterem Sinne doch ein schöpferischer Prozeß des Interessenausgleichs, des Kompromisses sein müßte. In Körperschaften wie nationalen Parlamenten führt ja der Interessenausgleich zu einem Text. Diesen gibt es bei dieser Art von Resolutionen regelmäßig nicht. Es gibt kein do ut des, sondern nur die Annahme einer Forderungskumulation durch prästabilisierte, im Augenblick nicht aufbrechbare und für die westlichen Industriestaaten in keiner Weise erreichbare Mehrheiten. Ich glaube, daß diese Überlegungen über die Unterscheidung zwischen dem schöpferischen Prozeß, der normalerweise zu einer Rechtsüberzeugung führen muß, und dem Zustandekommen der Resolutionen durch vorgegebene Mehrheiten wesentlich ist; nach einer vertieften Tatsachenbeobachtung könnte sie auch Eingang in die Dogmatik finden. Wenn wir etwas anderes wollen als deklamatorische Resolutionen, und das müssen wir, seitdem wir wissen, daß auf seiten der Dritten Welt auch Macht zur Durchsetzung ihrer Forderung steht, müssen wir weder die Option des benign neglect noch die Option des alleinigen bloßen Entgegenhaltens unseres bewährten und selbstverständlich völlig richtigen und selbstverständlich nicht aufgehbaren Prinzipien setzen, sondern wir müssen einen anderen Weg gehen. Wir müssen flexibel verhandeln. Wir müssen die Verhandlungen in überschaubare Prozesse lenken, in denen dann auch der anderen Seite Perspektiven aufgezeigt werden. Selbstverständlich bedeutet das nicht, daß man nicht kontradiktorisch verhandelt und das Aktenstück, das wir vor uns haben, zeigt ja, daß kontradiktorisch verhandelt wurde. Es gab ja zwei Entwürfe. Aber es gibt, wenn wir Perspektiven aufzeigen und konkret

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verhandeln, auch durchaus Möglichkeiten, daß die Forderungskumulation auf der anderen Seite sich differenziert. Notwendig ist, daß man konkret verhandelt - z. B. wie gegenwärtig im Rahmen der KIWZ in Paris. Möglich ist auch, daß es langfristig Entwicklungstendenzen gibt, wie die, die wir andeuten mit dem Wort der Schwellenländer. Wenn ich z. B. sehe, daß der Verfasser des Entwurfs A ein Brasilianer ist und mir vorstelle, welche technologische Rolle Brasilien in etwa 20 Jahren spielen wird, so kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, daß dieser Herr, wenn er auch über wirtschaftliche Kenntnisse verfügt, all das, was er da schreibt, in 20 Jahren auf sein eigenes Land angewandt wissen will. Ähnliche Diversifikationen gibt es bereits in der Frage des Investitionsschutzes. Wenn reiche OPEC-Länder in noch stärkerem Maße in anderen Ländern investieren, so sieht selbstverständlich für sie die Frage des Investitionsschutzes ganz anders aus, und sie werden es sich überlegen, ob sie noch irgendwelche verbosen Erklärungen zur Enteignung unbesehen dann unterschreiben, wenn sie annehmen müssen, daß diese auch einmal operative Wirkungen erhalten könnten. Delbrück:

Wir sollten vielleicht bei der taktischen Überlegung, wie wir als westliche Verhandlungsgruppe vorgehen, auch das dahinterliegende Strukturproblem noch einmal in Erinnerung rufen. Ich meine die Asymmetrie, die in der Wirtschaftsordnung liegt, und das entsprechende Bewußtsein der Dritten Welt, die diese dazu führen sich so zu verhalten, wie sie es in allen einschlägigen Verhandlungen getan hat. Wir haben heute morgen ja Daten gehört, etwa für den Kapitalabflußtrotz Entwicklungshilfe oder, wie manche sagen, sogar wegen der Entwicklungshilfe- kurz, daß mehr zu uns zurückkommt, als wir investieren. Es ist dies ein Phänomen, das die Staaten der Dritten Welt zu ihrem gegenwärtigen Verhalten veranlaßt und das man bei unabhängiger Betrachtung vielleicht nicht immer als vernünftig ansehen mag, es aber doch als verständlich erscheinen läßt. Oppermann:

Ich möchte auf die allgemeinen Fragen im Zusammenhang mit den Resolutionen zurückkommen. Die älteren Verhandlungsweisen von Seiten der Industrieländer, aber auch von bundesrepublikanischer Seite, also "benign neglect", sind sicherlich in der UN nicht mehr das, was heute angebracht ist. Ich würde aber doch Ihre These 4, Herr Kewenig, sehr unterstützen, daß es vom völkerrechtlichen Standpunkt aus sehr wesentlich ist, jedenfalls in irgendeinem Stadium des Verfahrens, den

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eigenen Standpunkt, so wie er wirklich ist, deutlich zu präsentieren. Es gehört ja mit zu den Ausbildungszielen des Auswärtigen Amtes, Festigkeit in der Sache mit Geschmeidigkeit in der Form auf das allerbeste zu verbinden, so daß sich für eine solche Präsentation sicherlich die besten Wege finden lassen. Völkerrechtlich ist dies sehr wesentlich für die Frage des Präjudizes, also für die Frage der Berufungsmöglichkeiten auf einen vorhandenen oder nicht vorhandenen Konsens. Da ist doch wichtig, daß man sich gelegentlich auf eine klar artikulierte Meinung der Industrieländergruppe beziehen kann. Im übrigen schrumpft letztlich die Bedeutung, ob man sich zu "benign neglect", Mannhaftigkeit oder zu größerer Flexibilität bekennt, wieder in sich zusammen. Die Resolutionen werden in der UN-Praxis, wenn nur hartnäckiger politischer Wille dahintersteht, in der einen oder anderen Form letztlich verabschiedet. Weil dem so ist, wie man es auch bei der Charta der ökonomischen Rechte und Pflichten der Staaten 1974 wieder gesehen hat, ist die Auffassung über den Rechtscharakter der Resolutionen von einer überhaupt nicht zu unterschätzenden Bedeutung. Aus diesen Gründen kann man den Unterschied zwischen multilateralen Verträgen einerseits und Empfehlungen internationaler Organisationen andererseits niemals überbewerten! Was die UN-Generalversammlung betrifft, sollte man von der ebenso einfachen wie klaren und richtigen Position so wenig Abstriche wie möglich machen, daß Artikel 9 ff. der Satzung der Vereinten Nationen zunächst einmal so gelten, wie sie geschrieben sind, und daß darin von dem Empfehlungscharakter der Versammlungsbeschlüsse die Rede ist. Das hat seinen guten Sinn. Weswegen kommt es nämlich überhaupt zu dieser ausufernden Resolutionspraxis? Herr Dr. Wegener hat heute morgen diesen Solidarisierungszwang, der sich in der Generalversammlung ergibt, sehr deutlich aufgezeigt. Herr Dr. Fleischhauer hat von der sehr zweifelhaften Weisungs- oder vielmehr Nichtweisungspraxis zwischen den Delegationen in New York und ihren Heimatstaaten in vielen Fällen gesprochen. Im Grunde entsteht die Fülle dieser Resolutionen gerade deshalb, weil man sich bewußt ist, einer bloßen Empfehlung und nicht einem verbindlichen Akt zuzustimmen. Das gilt nicht zuletzt für das "Mitmachen" der Industrieländer bei allerlei Unsinn, den sie gar nicht ernsthaft wollen können. Als Ausdruck des Konsenses für die Bildung von Völkergewohnheitsrecht ist daher die UN-Resolutionspraxis nur ganz begrenzt tauglich. Der Konsens muß ein materieller Konsens sein und nicht lediglich ein Akt der Politesse, der aus irgendwelchen faktisch-politischen Zwangssituationen erfolgt, ohne daß man sich juristisch wirklich festlegen will. Die Zustimmungen zu den Resolutionen haben so nicht mehr als bestenfalls den Charakter einer ersten Vermutung für das Vorhanden9 Symposion 1976

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sein eines Konsenses. Der volle Beweis ist insoweit erst erbracht, wenn er sich in der anschließenden Staatenpraxis bestätigt. Sie kann individueller Art sein- dazu gehört das, was Herr Wegener über ihrem UN-Verhalten widersprechende Reaktionen der Entwicklungsländer in camera caritatis bilateraler Gespräche berichtete. Vor allen Dingen muß man aber die Vertragspraxis beachten. Da würde ich dem voll folgen, was heute morgen gesagt wurde, daß z. B. im Enteignungsrecht die bilaterale Vertragspraxis nicht nur für die bilateralen Beziehungen von Bedeutung ist, sondern daß sich indirekt in dieser Vertragspraxis etwas von der allgemeinen Opinio juris des betreffenden Staates wiederspiegelt.

Skubiszewski: First of all I would like to join my colleague, Prof. Foighel, in extending my thanks for making it possible forme to take part in this meeting and to listen to the papers and the discussion which is fascinating. Prof. Kewenig spoke about international law as law based on practice, a law the contents of which are formed and modified by the practice of states. I think that this fundamental statement by Prof. Kewenig gives us some insight into the resolutions of the United Nations bearing on vital problems of international economic cooperation such as the Charter of Economic Rights and Duties of States, the future instrument on transfer of technology, and some other resolutions. I don't think that we can analyse these documents along traditional lines and according to traditional criteria. I don't think one should Iimit oneself to looking at these resolutions as expressive of custom or expressive of agreement reached among states or as expressions of interpretation or as preparation of future rules of conduct for states. I think that the role of these resolutions consists in exercising an indirect impact on the patterns of behaviour by states within the international community, including the conduct of states which vote against those resolutions, which are opposed to these resolutions or some principles of those declarations. I think that the idea in the minds of some politicians and lawyers of the third world is that slowly but persistently the concepts of the Charter of Economic Rights and Duties of States and some other resolutions adopted within the United Nations will find their way into the practice of nations and consequently into the law of nations. My second point is the meaning of those resolutions. During the morning session today Prof. Seidl-Hohenveldern described the Charter of Economic Rights and Duties of States as an aspiration in statu moriendi. I don't think I would quite agree. I think that one must discern two trends in the behaviour of the states belanging to the Third World.

f>iskussiort

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First, we have the pragrnatic approach. We have the tact that certain wishes of industrialized and developed nations influence the behaviour of other countries. And this is the explanation for treaties to which Prof. Seidl-Hohenveldern referred this rnorning, sorne treaties between the eastern countries and the western countries and sorne agreernents between the Third World countries and the western countries. This is an attitude which is dictated by practical considerations, by the exigencies, I would say, of the rnornent, of the actual situation. But we also have the second trend, and I think this is rnore irnportant. This second trend, this second attitude, is not elirninated nor is it necessarily weakened by what is done because of pragrnatic and practical considerations. It finds arnple expression in resolutions such as the Charter of Econornic Rights and Duties of States and sorne other docurnents which airn at abolishing econornic inequality in the world. Now, here we face another problern which is to sorne extent technical, to sorne extent not; it is also basic. Should international law play a role in this sphere or should it rernain neutral, as it was neutral, as it still is largely neutral? This question brings rne to rny final point which is suggested by Prof. Kewenig's paper andalso by sorne of the rernarks andobservations rnade this rnorning, especially the problern raised by Mr. Fleischhauer. What is our airn de lege ferenda? What is the law which we want to create? I would agree with the view that the international cornrnunity of states today faces its social question which, if we are looking for an analogy, has been said to be cornparable to the social question faced by national states during the 19th century. The social question of the international cornrnunity is the problern of the distribution of wealth, the question of social unrest, how to solve problerns of poverty and rnisery, the great differences arnong levels of econornic developrnents of states, the problern of the rnenace to econornic resources and environrnent. The Charter of 1974, the draft codes of transfer of technology, and sorne other documents, they all try to solve these specific questions by adapting international law and its principles. On the other hand, I would not subscribe to the view that we now have an atternpt to create a special, a particular law governing relations between the countries of the South and the countries of the North. I think that the idea behind those resolutions is more general and rnore universal; it is perhaps the idea to which the late Dr. C. Wilfred Jenks referred as the idea of a welfare world. Prof. Kewenig was rather sceptical on this notion. But then I would repeat the opinion that economic self-interest is destructive. This we can very weil observe at the Law of the Sea Conference. The economic self-interest is destructive whether it is a motive behind the g•

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activities of the industrial nations or whether it dictates the goals and purposes of the underdeveloped countries.

Ipsen: Ich möchte die Anregung von Herrn Delbrück aufnehmen, der als Fixpunkt für die weitere Diskussion auf die Asymmetrie hinsichtlich der Bedürfnisse, der Auffassungen und der tatsächlichen Situation überhaupt hinwies. Ich will diese Asymmetrie hinsichtlich des Technologietransfers einmal anhand von zwei Komplexen verdeutlichen, die ich unter Inkaufoahme einer gewissen Verkürzung zum einen mit dem "Transfer von Teiltechnologien" und zum anderen mit der seitens der Entwicklungsländer gelegentlich unerwünschten Ersetzung eigener Rohstoffproduktion durch Technologietransfer bezeichnen möchte. Der Technologietransfer ist - und die Definition des B-Gruppenentwurfs kennzeichnet dies in den Abschnitten 2 und 3 deutlich - im Rahmen der strukturellen Entwicklungshilfe angesiedelt und folglich mit allen Problemen belastet, welche die strukturelle Entwicklungshilfe stets mit sich bringt, so auch mit dem Problem, ob die von den Geberländern anhand objektiver Kriterien bestimmten Positiva solcher strukturellen Entwicklungshilfe auch den subjektiven Bedürfnissen dieser Länder entsprechen. Um letzteres zunächst anhand des ersten Komplexes deutlich zu machen: die hochentwickelten Industriestaaten sind mehr und mehr dazu übergegangen - und die Bundesrepublik ist ein typisches Beispiel hierfür - Teiltechnologien zu transferieren, um bestimmte Produktionsabschnitte, etwa die Produktion von Teilaggregaten, aufgrund der ohnehin sehr hohen und ständig steigenden Kostenfaktoren der Inlandsproduktion ins Ausland zu verlagern. Diese Funktion einer "verlängerten Werkbank" stellt für die Entwicklungsländer eine ad hoc sehr wesentliche und auch geschätzte Hilfe dar. Auf der anderen Seite regt ein solcher "Teiltechnologietransfer" natürlich auch den Appetit der begünstigten Entwicklungsländer auf die Durchführung des gesamten Produktionsprozesses im eigenen Lande an und ist daher nicht geeignet, die harsche Position zu beseitigen, wie sie etwa in dem AGruppen-Entwurf eingenommen wird. Den zweiten Komplex, nämlich Ersetzung eigener Rohstoffproduktion durch Technologietransfer, darf ich an einem jüngeren Beispiel deutlich machen, das die Staaten betrifft, in deren Volkswirtschaft die Juteproduktion eine wesentliche Bedeutung hat. Seitens dieser Staaten ist die Forderung nach Kapitalhilfe zu dem Zweck gestellt worden, buffer stocks an Jute herzustellen und damit zu bewirken, daß der Weltmarktpreis für Jute nicht fällt. Die Einwände, die seitens der an-

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gegangenen Industrieländer geltend gemacht worden sind, sind durchaus einsehbar und objektiv zutreffend: Wird nämlich der Jutepreis künstlich durch derartige buffer stocks hochgehalten, dann wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Jute von den wenigen restlichen Märkten, auf denen sie noch eine Rolle spielt, durch synthetische Fasern verdrängt werden. Die Alternative, die sich stellte, bestand darin, anstelle der Kapitalhilfe zur Schaffung derartiger buffer stocks einen höheren als den erforderlichen Betrag aufzuwenden, um in den betreffenden Ländern durch Technologietransfer eine Produktion synthetischer Fasern aufzubauen, wozu die potentiellen Geberländer auch bereit waren. Diese Alternative stieß gleichwohl auf Ablehnung der juteproduzierenden Entwicklungsländer. - Hier zeigt sich, daß selbst die Bereitschaft zu einem Totaltechnologietransfer nicht immer auf Annahmebereitschaft auf seiten der Entwicklungsländer trifft.

Tomuschat: Ich möchte zunächst eine Feststellung treffen, die dieses Thema vom Thema des heutigen Morgens unterscheidet. Es geht hier wohl um den Aufbau einer Rechtsregel, die lauten würde: Die Entwicklungsländer haben einen Anspruch auf Technologietransfer, während es heute vormittag darum ging, wie weit noch eine überlieferte Regel des traditionellen Völkerrechts in Geltung steht. Also dort Angriffe auf eine Regel, die sich mehr oder weniger bewährt hat und angesichts deren wir überlegen, was noch aus dem Trümmerbestand zu retten ist; hier umgekehrt sehen wir Versuche, eine Rechtsregel durch allmähliche Versuche aufzubauen. Kurzum, es handelt sich eigentlich um einen Prozeß des peaceful change auf einem ganz bestimmten Teilsektor des Entwicklungsrechts. Zu dieser Frage des Entwicklungsrechts möchte ich anknüpfen an eine Bemerkung von Herrn Joetze. Wenn die Forderungen der Entwicklungsländer mehr an innerer Überzeugungskraft gewinnen sollen, dann wird es auch notwendig sein, schärfer den Kreis der Begünstigten abzugrenzen. Es erscheint mir - wie Ihnen - nicht richtig, daß bei Ländern wie Portugal und Brasilien, die zwei verschiedenen Ländergruppen angehören, Portugal ohne weiteres dem Kreis der potentiellen Geber zugeschlagen wird, während Brasilien ganz selbstverständlich mitläuft im Geleitzug der Begünstigten. Offenbar handelt es sich hier um gewisse Erbhöfe, wobei letzten Endes eine Art Gesinnungsprobe entscheidet, während es eher darauf ankommen würde, tatsächlich den bedürftigen Ländern, den countries in need, Hilfe zukommen zu lassen. Das Problem ist bisher auch mit einem gewissen benign neglect behan-

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delt worden, indem man teilweise sogar Selbsteinstufungen zugelassen hat. Wenn aber die Charakterisierung als Entwicklungsland oder als industrielles Land künftig mit noch bandfesteren wirtschaftlichen Vorteilen als bisher verbunden sein wird, dann muß dieser Frage eine vermehrte Aufmerksamkeit zuteil werden. Ich erinnere zum Beispiel daran, daß Portugal sehr lebhaft Einspruch dagegen eingelegt hat, daß es bei der Verteilung der Kosten für die UN-Friedenstruppen in die Beitragsklasse 2 - der industrialisierten Staaten- eingestuft worden war; es hat geltend gemacht daß sein Prokopfeinkommen es durchaus rechtfertige, in die Stufe 3 - der Entwicklungsländer - aufgenommen zu werden. Ich möchte sodann noch einmal anknüpfen an das Thema von heute morgen. Ebenso wie zunächst bei der rechtlichen Struktur Unterschiede auftreten, so auch im Grade der Durchsetzbarkeit. Entwicklungsländer haben es in der Hand, Enteignungsmaßnahmen einseitig durchzusetzen; sie müssen zwar mit bestimmten negativen Konsequenzen rechnen, doch das ist ihre Sache und fällt in ihre Verantwortung. Technologietransfer kann nicht einseitig durchgesetzt werden, es bedarf dazu des Konsenses der Geberländer. Insofern ist der bargaining power der industrialisierten Staaten besser, sie sollten ihn nutzen und sich dieser Tatsache bewußt sein. Man könnte überhaupt fragen, was letzten Endes die Bedeutung eines solchen Rechtsdokuments sein kann, wenn es doch nur auf Konsenslösungen ankommt. Aber ein Dokument, das in den UN-Gremien gemeinsam erarbeitet worden wäre, stellt bei künftigen Vertragsverhandlungen eine Vorgabe dar, von der man nicht mehr loskommt und auf die die Entwicklungsländer sich immer berufen werden. Die einmal erklärte Zustimmung kann politisch gesehen nicht mehr zurückgenommen werden. Gestatten Sie mir noch eine eher rechtssoziologische Bemerkung. Ich sehe in den Bestrebungen, wie sie in dem Entwurf der Gruppe 77 artikuliert sind, einen geradezu vermessenen Glauben an die Wirksamkeit des bürokratischen Prinzips. Man meint offenbar, man könne die gesamte Weltwirtschaft durchadministrieren und durchreglementieren bis in das letzte Detail. Es taucht anscheinend überhaupt kein Zweifel auf, ob das faktisch realisierbar ist. Die westlichen Staaten sollten es sich m. E. angelegen sein lassen, die Entwicklungsländer immer wieder darauf hinzuweisen, daß dieser utopische Glaube deutliche Gefahren in sich birgt. Herr Wegener, Sie haben ja auch tatsächlich davon gesprochen, daß die Spannbreite zwischen incentives und disincentives ein wenig in die politische Verhandlung eingebracht wird. Eine letzte Bemerkung, mit der ich, wie ich hoffe zu recht, Herrn Kewenig interpretieren und die Kritik von Herrn Oppermann aufgrei-

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fen möchte. Herr Oppermann, Sie haben gesagt, man solle die Unterscheidung zwischen Vertrag und Resolution um keinen Preis verwischen. Das ist durchaus richtig. Wenn man aber vor der politischen Alternative steht, ob man ein Vertragswerk ausarbeiten soll oder eine Resolution, dann hat man bei der Erarbeitung eines Vertragswerks noch ein Zwischenstadium, nämlich dann, wenn der Entwurf fertig redigiert vorliegt. Ein solches Vertragswerk ist zunächst einmal tot. Es erzeugt aus sich heraus keine Rechtswirkung. Der eigentliche Test kommt in der Wartezeit bis zur Ratifikation durch die vorgeschriebene Mindestzahl von Staaten, und es kann sein, daß über den Entwurf das Todesurteil gesprochen wird, indem die notwendige Mindestzahl sich nicht zusammenfindet. Ganz anders natürlich, wenn sie es mit einer Resolution zu tun haben. In dem ersten Stadium nach der Beschlußfassung durch die Generalversammlung ist die Resolution, die nicht abzielt auf einen späteren Vertrag, mehr wert. Denn sie kann mit höherer Plausibilität in eine rechtliche Argumentation eingebracht werden als eine Resolution, die lediglich einen Vertragsentwurf verabschiedet und zur Unterzeichnung auflegt.

Bothe: Es ist hier stellenweise beklagt worden, daß der westlichen Position in der Debatte um die neue Weltwirtschaftsordnung eine gewisse Konzeptionslosigkeit eigne. Dies scheint mir einerseits richtig zu sein, andererseits erklärbar aus einer Ambivalenz der westlichen Position, die im Grunde zwei verschiedene Rollen in einer vereint. Auf der einen Seite wird nämlich von den westlichen Ländern der von Herrn Skubiszewski so klar ausgedrückte Gedanke, daß wir vor der sozialen Frage der Welt stehen, durchaus anerkannt. Diese Anerkenntnis ist in gewisser Weise inkompatibel mit der Verteidigung mancher eigenen Interessen. Wieweit sie wirklich inkompatibel ist oder nicht, darüber kann man sich lange streiten, jedenfalls besteht eine gewisse innere Spannung in der westlichen Position, die westliche Position ist von des Gedankens Blässe angekränkelt. Damit komme ich zu meinem zweiten Punkt, der auf die Interessen abzielt und die häufig beschworene Frage der Gegenseitigkeit. Was heißt denn eigentlich Gegenseitigkeit im Nord-Süd-Verhältnis? Sie ist etwas anderes als die Gegenseitigkeit im West-West-Verhältnis. Sie ist etwas anderes als das Interessensynallagma: schütze ich Dein geistiges Eigentum, schützt Du mein geistiges Eigentum. Im Nord-Süd-Verhältnis ist das Austauschverhältnis ein anderes, es ist Export von Technologie gegen Import von Rohstoffen oder die Möglichkeit des Zugangs zu Rohstoffen als Gegenleistung. Das ist nicht das gleiche Gegenseitigkeits-

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verhältnis wie wir es eben in dem West-West-Verhältnis haben. Diese Unterschiede der Gegenseitigkeitssituation rechtfertigen m. E. auch das hier verschiedentlich kritisierte Sonderrecht. Das Recht soll den vorgefundenen sozialen Tatsachen adäquat sein und darum kann, so meine ich, das Recht, das aufgrund der Fakten von einer verschiedenen gegenseitigen Interessenlage ausgehen muß, nicht ohne weiteres dasselbe sein. Der Gleichheitssatz heißt: Gleiches gleich und Ungleiches nach seiner Eigenart zu behandeln. Eng mit dieser Frage der Verschiedenartigkeit der gegenseitigen Interessenpositionen ist auch dieses "incentive-disincentive continuum" zu beurteilen. Das ist in der Tat in der Verhandlung eine sehr wichtige Sache. Es wird ja immer wieder von westlicher Seite den Entwicklungsländern gesagt: "Ihr dürft uns nicht so schlecht behandeln, sonst be~ kommt ihr keine Technologie, sonst bekommt ihr keine Investitionen." Die Frage ist, wie glaubhaft dieses Argument ist. Herr Meessen hat heute früh zu recht hervorgehoben, daß ein erheblicher Teil beispiels~ weise der bundesdeutschen Investitionen in Länder geht, mit denen wir ein Investitionsschutzabkommen nicht abschließen konnten, obwohl wir das mit Verve versucht hatten. Ein weiterer Punkt, der hier angeklungen ist und insbesondere im Referat von Herrn Kewenig sehr stark betont wurde, ist die Frage der Vertragsfreiheit oder Durchnormierung des gesamten Ordnungsschemas. Traditionell bietet das Wirtschaftsvölkerrecht nur sehr magere Rahmenbedingungen des internationalen wirtschaftlichen Austausches. Aber ein Wandel ist nun hier nicht nur im Verhältnis des Nord-SüdGegensatzes zu erkennen, sondern nun auch in den West-West-Bedingungen, ähnlich dem Wandel, der sich- wie wir alle wissen- im Inneren unserer Staaten abgespielt hat. Wenn Sie beispielsweise das internationale Währungsrecht sich ansehen: traditionell haben wir im Gold-Standard und dann in dem Floating ein System, das nur ganz marginal und sehr beschränkt einen Rahmen setzte und im übrigen im Rahmen dieses Systems die sachliche Regelung den Kräften des Marktes überließ. Spätestens seit den Erklärungen von Rambouillet, die hier eine weitgehende kooperative Beeinflussung der Festsetzung von Währungsparitäten vorsehen, ist das nicht mehr so. Und noch ein Wort zu den Resolutionen und ihrem Rechtscharakter. Man muß zwischen ihren rechtlichen und ihren politischen Wirkungen unterscheiden, und spätestens seit der KSZE-Schlußakte kennen wir auch in dem engeren europäischen Bereich Dokumente, die nicht rechtlich, aber politisch verbindlich sind. Die KSZE zeigt, daß ein nicht rechtlich verbindliches Instrument im Rahmen der Lösung schwieriger Probleme durchaus einen sinnvollen Stellenwert haben kann - so

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haben wir es jedenfalls gesehen bei der KSZE-Schlußakte. Man sollte vielleicht von daher die Frage des Stellenwertes von Resolutionen neu überdenken. Wenn sie diesen hohen politischen Stellenwert wirklich haben sollen, dann müßte es sich allerdings um ausgehandelte Resolutionen handeln, ähnlich wie die KSZE-Schlußakte ja ein ausgehandeltes Dokument war. So viel zu der politischen Seite. Zu der rechtlichen Seite: Hier ist wohl immer noch das erhebliche rechtliche Element die Beweiskraft von Resolutionen für bestehendes Gewohnheitsrecht oder die Entwicklung von Gewohnheitsrecht. Dabei kommt sehr viel auf den Konsensbegriff an. Insofern möchte ich den Rednern beipflichten, die gesagt haben, man müsse den Kontext der Resolution sehr genau untersuchen. Annahme ohne Abstimmung kann echte Einstimmigkeit bedeuten, Annahme ohne Abstimmung kann auch bedeuten, daß in Wahrheit ein erheblicher Teil dagegen war. Dies muß man aus den umgebenden Erklärungen ableiten. Hier ist sehr viel von Grundsatzfragen gesprochen worden, ich hätte noch eine Frage an den Referenten und vielleicht an Herrn W egener in Bezug auf ein ganz konkretes Problem dieser beiden Entwürfe, nämlich bezüglich der Frage der Reichweite. Einmal ist im westlichen Entwurf nur der internationale Transfer gedeckt, während nach dem Entwurf der Entwicklungsländer auch der interne Transfer, insbesondere von der Tochter multinationaler Unternehmen auf indigene Unternehmen, erfaßt ist. Mir ist nicht ganz klar, weshalb das ein gefährlicher Punkt ist; denn letztlich wäre, wenn die Regelung insgesamt eine angemessene ist, durch den Entwicklungsländerentwurf die Regelung etwas dem nationalen Belieben des Empfangsstaates entzogen. Damit wäre eher eine Grenze gezogen für die sonst kraft Territorialhoheit vorhandene Regelungsbefugnis des Empfangsstaats. Aber vielleicht sehe ich das falsch. Fischer: Die Frage des Technologie-Transfers ist nicht, wie man immer annimmt, ein Problem aus jüngster Vergangenheit. Denn in zumindest einem Industriebereich, nämlich der Erdölindustrie, finden wir seit dem bekannten Knox d'Arcy-Vertrag 1901 mit dem Iran Verpflichtungen des ausländischen Investors zum Transfer von Technologie. Die juristische Verpackung erfolgt zumeist in der Form der training of personnel-clause, verbunden mit der Verpflichtung zur stufenweisen Ersetzung des ausländischen Personals durch Inländer. Diese t. o. p.clause wird später zu einem Gemeinplatz der großen, klassischen Konzessionen des Nahen Ostens, die immerhin die OPEC-Länder zu dem gemacht haben, was sie heute sind. Ein Fall ist bemerkenswert, das

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Aramco-Abkommen von 1933, wo der Konzessionär in Ausführung dieses Abkommens sogar eine eigene Hochschule für Erdöl-Wissenschaften in Dharan gründet. Heute ist in diesem Industriebereich eine solche Rechtsverpflichtung wesentlicher Bestandteilhunderter Verträge, das kann man nicht übersehen. Sie ist gleichzeitig wesentliche Bedingung für die Vereinbarung einer solchen Konzession überhaupt. Das geht in verschiedenen Formen vor sich: In der libyschen Praxis muß sich der Konzessionär verpflichten, jährlich die Ausbildung einer bestimmten Anzahl von Studenten, libyschen Staatsangehörigen, an ausländischen Universitäten und Technischen Hochschulen in Europa zu garantieren. Ein anderer Ausdruck einer solchen Verpflichtung erscheint in den joint venture-Abkommen, wo die nationale Erdölgesellschaft durch die Mitarbeit an den Erdöloperationen automatisch auch an der Erlangung der Technologie, dem Transfer von Technologie, teilnimmt. Aufgrund dieser Praxis, die weltweit ist, drängt sich die juristische Frage auf, ob sich nicht durch diese aus den Verträgen erkennbare Übung bereits ein gewisses Regime entwickelt hat, ein allgemeiner Rechtsgrundsatz - da möchte ich auch auf einen Gedanken zurückkommen, den Herr Oppermann ausgesprochen hat - des Inhalts, daß zumindest hier in der Erdölindustrie der ausländische Investor eine Rechtsverpflichtung zum Transfer der Technologie hat. Dafür spricht jedenfalls auch der dort feststellbare Meistbegünstigungsstandard, der Diskriminierungen des staatlichen Vertragspartners ausschließt. Wenn man diese Konzeption bejaht, dann muß man allerdings sagen, daß im Gegensatz zu Herrn Tomuschat hier keine Rechtsregel erst im Aufbau begriffen ist, sondern zumindest für diesen Rechts- und Industriebereich eine solche Regelung bereits besteht. Krämer: Ich halte das, was Herr Scheuner gesagt hat, für sehr wichtig und möchte noch einmal unterstreichen, daß unsere hochentwickelte Technik das wichtigste Gut ist, das wir in der Bundesrepublik und in den westlichen Ländern auf lange Sicht international anbieten können. Aus diesem Grunde finde ich es wünschenswert, in unserer Diskussion das Paket nicht auseinanderzureißen, das im Rahmen der gesamten Entwicklungshilfe besteht. Eine Forderung der Entwicklungsländer ist ja die, daß eine Reihe von Industrien langsam in die Entwicklungsländer verlagert werden sollen, nämlich die, in denen die Entwicklungsländer komparative Vorteile haben. Das ist nach dem Konzept der internationalen Arbeitstei-

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lung auch sinnvoll. Die Folge ist aber zwangsläufig, daß einerseits hier (in der Bundesrepublik und in anderen Industrieländern) Arbeitsplätze in den betreffenden Branchen verlorengehen und daß andererseits die betreffenden Produkte vollständig oder wenigstens in größerem Umfang als bisher aus Entwicklungsländern importiert werden müßten. Das gibt dort Arbeitsplätze und Exporterlöse - ganz im Sinne der allgemeinen Entwicklungsstrategie. Nur: was geschieht hier? Die verlorenen Arbeitsplätze sollen ja nicht zu Dauerarbeitslosigkeit in den Industrieländern führen. Und erhöhte Importe müssen bezahlt werden. Also müssen andere Arbeitsplätze bereitgestellt werden, und zum Zwecke des Bezahlens müssen an anderer Stelle Devisenerlöse erwirtschaftet werden. Für beides bietet sich eine verstärkte Tätigkeit in den Branchen an, in denen hier die komparativen Vorteile liegen. Diese Branchen sind aber genau die mit hoch entwickelter Technologie. Dazu kommt- und darum geht es hier in unserem Rahmen besonders- die Erarbeitung und die Entwicklung solcher Technologien selbst. Diese Ergebnisse häufig langwieriger und teurer Forschungstätigkeit sind somit ein wesentlicher Teil dessen, was angeboten - verkauft - werden kann als Gegenleistung für die geforderten Mehrimporte von gewerblichen Erzeugnissen aus Entwicklungsländern- und natürlich für die Rohstoffimporte von dort, von denen einige bekanntlich letzthin sehr viel teurer geworden sind. Fordert man nun, daß die Industrieländer die bei ihnen erarbeiteten Technologien kostenlos an die Entwicklungsländer übertragen, dann ist nicht recht einzusehen, wie dann die andere Hälfte des weltweiten Entwicklungsprogramms auf die Dauer finanziert werden soll. Man kann nicht gleichzeitig Produktionszweige in die Dritte Welt verlagern und die Importe von dort erhöhen und auf die Mittel, die man zum Ausgleich braucht, verzichten. Wenn man Technologien nicht ausnutzt (verkauft), sondern verschenkt, dann stehen nicht nur weniger Werte zur Verfügung, die als Gegenleistung für Importe eingesetzt werden können. Für die Entwicklung solcher Technologien kann dann auch keine große Zahl von zusätzlichen Arbeitsplätzen bereitgestellt werden, weil die Mittel zur Entlohnung dieser Arbeitskräfte nicht erwirtschaftet werden können. Das alles bedeutet nicht, daß auf die vorteilhafte Übertragung von Technologien an Entwicklungsländer verzichtet werden sollte. Nur müßte das jeweils von Fall zu Fall geprüft werden und dabei überlegt werden, ob und inwieweit andere entwicklungspolitische Ziele dadurch beeinträchtigt werden. Daher meine Aufforderung, diese Zusammenhänge im Auge zu behalten- insbesondere auchangesichtsder erhöhten und verteuerten Energieimporte, die ja mit irgendetwas bezahlt werden müssen.

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Koppensteiner: Die kartellrechtlichen Bestimmungen dieses B-Entwurfs sind m. E., weltwirtschaftlich gesehen, zu eng, zu restriktiv. Wenn man sich z. B. die erste Klausel V, 5.1. (i) anschaut, werden dort nur Bestimmungen verboten, "which unreasonably prevent the export of unpatented products". Das Verbot ist also nicht einmal bei unpatentierten Produkten unbedingt, nur "unreasonable" Behinderungen werden untersagt. Und dasselbe gilt hinsichtlich des Exportes eines patentierten Produktes in Länder, wo das Produkt selbst nicht patentiert ist. Demnach noch erlaubte Wettbewerbsbeschränkungen sind aber nach allgemein in Amerika, in Europa, insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland akzeptierten kartellrechtlichen Standards von vornherein unzulässig. Die einzige relevante Frage lautet also m. E. - und das wird ja nicht gesagt, höchstens impliziert -, was hinsichtlich des Reexports patentierter Produkte in Länder geregelt werden sollte, wo das Produkt seinerseits patentiert ist. Prof. Kronstein hat in seinem Buch über internationale Kartelle sehr eindringlich dargelegt, daß mit Mitteln des Patentschutzes eine Politik regionaler Preisdifferenzierung möglich ist, die von den Grundannahmen des internationalen Freihandels her gesehen disfunktional ist. Wenn man also wirklich etwas für die Entwicklungsländer tun will, wenn man ihnen die mit Technologietransfer bezweckten Vorteile - nämlich Stärkung ihrer Exportfähigkeit und damit Stärkung ihrer Zahlungsbilanzsituation - wirklich eröffnen will, dann müßte man den Reexport auf jeden Fall zulassen, und zwar generell auch für patentierte Produkte. Das liegt auch im Interesse der Industriestaaten. Denn nur auf die Art und Weise kriegt man längerfristig effektiven Preiswettbewerb im Inland bei diesen patentierten Produkten; dies gilt natürlich nur mit dem Vorbehalt der Bemerkungen von Herrn Krämer. Vielleicht ist die ganze Geschichte freilich auch so gedacht, daß man sich von Seiten der Industriestaaten einen Verhandlungsspielraum offenhalten will. Denn kartellrechtliche Verbote zugunsten der Entwicklungsländer zu akzeptieren, ist natürlich so lange problematisch, wie die Entwicklungsländer ihrerseits sogar das Recht beanspruchen, horizontale Kartelle massivster Art ungestört durchführen zu können. Das ist ja der Fall bei der . OPEC und den anderen Rohstoffkartellen, auf die wir morgen zu sprechen kommen werden. Vielleicht besteht hier ein verhandlungstechnischer Zusammenhang, vielleicht muß man das internationale Kartellrecht als Einheit sehen und sagen: Schön, wenn ihr eure horizontalen Kartelle aufgebt, dann sind wir bereit, ein zu euren Gunsten wirkendes liberales Kartellrecht einzuführen.

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Frank: Zum Technologietransfer einige Angaben aus unserem Hause, erstens zum Begriff der Technologie: Herr Koppensteiner hat richtig ausgeführt, daß Technologie im Grunde eine Einheit ist, das möchte ich bestätigen. Technologie ist nicht nur die Konstruktion, nicht nur die Anwendungstechnik und die Herstellung, sondern sie ist auch der Aufbau einer solchen Fertigung im Lande; das sind Führungsfragen, das sind Fragen des Services, das sind Fragen der Qualitätskontrolle, und das sind zunehmend auch Fragen der Vermarktung solcher Erzeugnisse im Export. Ich komme zum zweiten Gesichtspunkt: der Symmetrie zwischen Technologietransfer und Wettbewerbsfähigkeit. Aus der Sicht der Privatunternehmen läßt sich beides nicht trennen. Die Übertragung von Technologie in Form von Lizenzen, mit oder ohne Beteiligung, ist aufs engste damit verbunden, im Ausland wettbewerbsfähige Einheiten zu schaffen, was häufig bei der heutigen Größensituation der . Entwicklungsländer dazu führt, daß man Exportverpflichtungen auf sich nehmen muß oder bereit ist, freiwillig Exportverpflichtungen auf sich zu nehmen, um überhaupt in diesen Entwicklungsländern international wettbewerbsfähige Einheiten zu schaffen. Drittens, anknüpfend an Herrn Fischers Bemerkung: Es gibt für den Bereich Lizenzwesen/Lizenzverträge bereits heute meistens in allen Entwicklungsländern ein relativ genormtes Kontrollverfahren. Es gibt keine Lizenz, die unser Haus vergeben hat, sei es an eine Tochtergesellschaft oder an einen Lizenznehmer in einem Entwicklungsland, die nicht einem Genehmigungsverfahren unterliegt, in dem Fragen der Lizenzhöhe, Fragen der Neuentwicklung, Fragen der Exportauflagen, Fragen des Standes der Technologie geregelt sind. Wir haben, auch das ist kein Geheimnis, Lizenzsätze zwischen 1 und 2 - 2,5 °/o, wobei das in der Tat ein Paket ist, und zwar ein Paket möglicherweise von der Markenbenutzung bis hin zum Know-how, bis hin zur technischen Betreuung. Ein weiterer Punkt, der damit in Beziehung steht, nämlich die Fragen zwischen den Symmetriekosten der Forschung und Entwicklung hier im Stammhaus und dem Preis, den der ausländische Lizenznehmer oder die Tochtergesellschaft für diese Technologie zahlt: Die BoschGruppe hat im Jahre 1974 - neuere Zahlen habe ich nicht vorliegen im Inland rund 300 Mill. DM für Forschung und Entwicklung aufgewandt, das sind rund 6 Ofo auf den damaligen Umsatz. In der gleichen Zeit haben unsere ausländischen Gesellschaften gerechnet auf ihren Umsatz eine Lizenzgebühr von rund 3,6 Ofo im Schnitt bezahlt, d. h.

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rechnerisch haben unsere ausländischen Tochtergesellschaften die Tech~ nologie des Stammhauses zu einem Preis von etwa einem Drittel unter den Gestehungskosten verwendet. Das ist durchaus eine bewußte Politik, wir sind nämlich daran interessiert, daß die Tochtergesellschaften im Ausland sich integrieren. Zur Integration gehört die Kraft, sich selber auch zu innovieren. Wir haben zum Teil eigene Forschungsbereiche in den Gesellschaften eingerichtet, aber es hat nicht dazu ge~ führt - und es kann wohl auch nicht gemessen an den Umsatzgrößen, die zur Verfügung stehen, dazu führen -, daß man die Frage der Zukunftstechnologie bereits jetzt auf die Entwicklungsländer übertragen könnte, sondern hier müssen wir natürlich die komparativen Vorteile, die wir hier haben, voll ausnutzen. Ich sehe schließlich einen Widerspruch zwischen der Diskussion heute vormittagund dem Thema dieses Nachmittags: Es ist klar, die Entwicklungsländer wünschen einen Technologietransfer, die Industriestaaten sind dazu bereit. Auf der anderen Seite müssen wir feststellen, daß wir in der Frage des Eigentumschutzes und der Rahmenbedingungen für die Aushandlung von Verträgen zunehmend Probleme in den Entwicklungsländern haben. Es gibt Eingrenzungen des Patentschutzes die Frage der Zwangslizenz -, es gibt aber auch darüber hinausgehend schon seit Jahren praktizierte Begrenzungen des Transfers von Lizenz~ gebühren, die nach meiner Auffassung in einem gewissen Widerspruch liegen mit dem Wunsch nach Technologietransfer und dem dafür erforderlichen Eigentumsschutz.

Meessen: Einerseits besteht zwischen der Territorialität des gewerblichen Rechtsschutzsystems und dem Recht der Wettbewerbsbeschränkungen der von Herrn Koppensteiner aufgezeigte Zusammenhang. Andererseits ist aber auch eine Beziehung zum Investitionsschutz gegeben: Entwicklungsländer können ein transnationales Unternehmen, das sich weigert, die verlangte Technologie zu gewähren, enteignen und damit Zugriff auf die Technologie des Unternehmens nehmen. Freilich wirkt sich diese Maßnahme nur in dem enteignenden Staat selbst aus, denn die gewerblichen Schutzrechte bleiben in anderen Staaten aufgrund des Territorialitätsprinzips unangetastet, so daß auch der Export von Waren des enteigneten Unternehmens erheblich erschwert werden kann. Die Höhe der Lizenzgebühren an dem Maßstab des Wortes "legiti~ mate" zu messen, ist nicht ungefährlich. Allerdings sind ähnliche Begriffe- ich denke an die "arm's length"-Klauseln der Doppelbesteue~ rungsabkommen- nicht unüblich.

biskussl.on

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In einer der vielen Erklärungen zum Nord-Süd-Konflikt bestehen die Entwicklungsländer auf der "strict adherence to the principle of non-reciprocity". Auf der Grundlage eines formal verstandenen Gleichheitssatzes ist diese Forderung absurd. Sie ist jedoch weniger absurd, wenn man den Gleichheitssatz sozialstaatlich dynamisiert und als eine Pflicht zur Herstellung realer Gleichheit versteht. Ich möchte damit nur rechtliche Strukturen aufzeigen und keineswegs behaupten, daß ein derartiger Anspruch auf Herstellung von Gleichheit besteht. Rudolf:

Erlauben Sie, Herr Vorsitzender, daß ich noch einmal auf die Bedeutung von Resolutionen für Drittstaaten, die mit der Resolution nicht konsentieren, zurückkomme. Die Frage nach dem juristischen Stellenwert von Resolutionen ist m. E. die Frage nach der Völkerrechtskonzeption schlechthin. Geht man davon aus, daß Art. 13 der UNO-Satzung noch geltendes Recht ist, dann sind Resolutionen recommendations, worauf Herr Oppermann schon hingewiesen hat. Geht man weiter davon aus, daß Art. 38 des Statuts des Internationalen Gerichtshofes noch geltendes Recht ist, dann hat das Gericht anzuwenden "international custom, as evidence of a general practice accepted as law". Wenn wir jetzt sagen, Resolutionen müßten auch für Drittstaaten gelten, die nicht mit ihnen konsentieren, dann frage ich Sie: Was ist dann eigentlich noch die Bedeutung des Gewohnheitsvölkerrechts? Kann es dann überhaupt noch Gewohnheitsvölkerrecht geben? Gewohnheitsvölkerrecht beruht doch nach unserer Konzeption darauf, daß es die Souveränität der Staaten gibt und daß Gleichheit der Staaten besteht, daß Gewohnheitsrecht also durch Koordination und gemeinsamen Konsens entsteht, ebenso wie Vertragsrecht. Wird das alles nicht aufgegeben, wenn wir das Mehrheitsprinzip akzeptieren und Resolutionen als bindend für Drittstaaten anerkennen? Das wäre dann letztlich die Konsequenz einer internationalen Solidarität. Die Konsequenz wäre Aufgabe des Konsensprinzips und damit der Souveränität. Das wollen aber auch die Länder der Dritten Welt nicht; denn das wäre ein Aufgeben des Koordinationscharakters des Völkerrechts. Seidl-Hohenveldern:

Die ganze Debatte rund um die einschlägigen Resolutionen insbesondere der Generalversammlung der VN und die Gefahr, daß man z. T. sogar eine Bindungswirkung solcher Resolutionen für nicht zustimmende Länder fordert, bringen mich dazu, wie Herr Wegener die Notwendigkeit zu unterstreichen, dasselbe Spiel zu spielen. Die westliche Welt verfügt in der OECD ebenfalls über rubberstamp majorities. Man muß parallel- im bewußten Gegensatz zu den Arbeiten der Vereinten

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Nationen- entsprechende Resolutionen in der OECD ausarbeiten und dann von dieser Praxis aus in Verhandlungen eintreten. Die von der Dritten Welt diktierten Resolutionen wären dann nicht mehr die einzige, sondern nur noch eine alternative Verhandlungsgrundlage. Das ist eine sehr wichtige und handfeste Sache. Herr Krämer hat aufgezeigt, daß es eine Asymmetrie nun auch in der nördlichen Erdhälfte gibt, nämlich die Rohstoffarmut. Die Konzeption der Weltsozialpflichtigkeit stößt ins Leere, wenn nur eine Ungerechtigkeit ausgeglichen werden soll. Nun ist zwar die Not der Dritten Welt tatsächlich im Moment größer als unsere Angst, keine Rohstoffe zu haben. Selbst wenn wir deshalb der Beseitigung dieser Ungerechtigkeit einen Vorrang einräumen wollten, bestünden gegenüber einer so verstandenen Weltsozialpflichtigkeit immer noch zwei Hindernisse: die Angst vor der Weltbürokratie, die im Namen der Gleichheit dann auch den Eskimos Eisschränke geben würde, und das Problem, derartige Gedanken in einer unseren Konzeptionen entsprechenden Demokratie zu verwirklichen. Dieses Bewußtsein einer Weltzusammengehörigkeit besteht heute doch nur bei einer sehr kleinen Elite, zu der wir Völkerrechtler gehören. Aber versuchen wir einmal, der breiten Masse der Wähler klar zu machen, daß bei uns etwa eine Fleischrationierung eingeführt werden müßte, um irgendwelche hungernden Massen in Über.. see durchzufüttern. Damit ließen sich keine Wahlen gewinnen.

Kaiser: Mehrfach wurde heute nachmittag die Frage aufgeworfen, ob in dem Verhältnis der Industriestaaten zu den Entwicklungsländern ein partikuläres Völkerrecht in Entstehung begriffen sei; ich glaube, zuletzt hat Herr Skubiszewski diese Frage gestellt, und wenn ich mich richtig erinnere, wollte er sich eher dagegen als zugunsten eines solchen partikulären Völkerrechts aussprechen. Ich will einmal absehen von der Frage, ob eine solche Rechtsbildung wünschenswert wäre. Immerhin könnte ich mir vorstellen, daß in einem solchen partikulären Völkerrecht sich einige Instrumente sammeln würden, die mehr oder weniger geeignet sein könnten zur Lösung der sozialen Frage, mit der heute - Herr Skubiszewski, darin stimme ich Ihnen völlig zu- die gesamte Staatengemeinschaft konfrontiert ist. Ich würde gern auf ein paar Symptome hinweisen, die in Richtung auf die Entwicklung partikulären Völkerrechts weisen: im Vertragsvölkerrecht z. B. die Assoziation der AKP-Länder an die Europäische Gemeinschaft und die Rohstoffabkommen. Auch sonst könnte Rechtstatsachenforschung einiges zutage fördern, was als Elemente eines par-

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tikulären Völkerrechts zu würdigen wäre, insbesondere im Bereich der Bewilligung von Ausnahmen, namentlich innerhalb des GATT. Wenn eine internationale Wirtschaftsordnung unter konjunkturellen Stress gerät, gewinnen solche Ausnahmen eine besondere Bedeutung; das erkennen wir auch an der Situation innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Im GATT gilt ein Verhalten, das, wenn von Industrieländern praktiziert, einen waiver notwendig machen würde, insofern als prinzipiell regelwidrig; wenn von Entwicklungsländern praktiziert, findet es oft ohne waiver freundliche Nachsicht. Und wenn heute so großer Wert darauf gelegt wurde, festzustellen, was die Staatenpraxis ist, dann sehe ich in dieser Toleranz ein Zeugnis der Staatenpraxis. Die wirtschaftlichen Beziehungen innerhalb der westlichen Welt beruhen vor allem auf zwei Prinzipien: Meistbegünstigung und Nichtdiskriminierung. Im Schatten des Verhältnisses zu den Entwicklungsländern haben diese Prinzipien heute nach meiner Überzeugung bereits eine spezifische Färbung angenommen. Was ich vorgetragen habe, ist eine Diagnose und kein Plädoyer zugunsten eines partikulären Völkerrechts, das sich nach meinem Eindruck im Verhältnis zu den Entwicklungsländern bildet. Ein solches partikuläres Völkerrecht würde den Entwicklungsländern nicht nur Vorteile bringen. Herr Scheuner hat von dem tiefen Widerspruch in der Position der Entwicklungsländer gesprochen, dem Widerspruch zwischen Solidarität und dem Beharren auf Souveränität. Ein partikuläres Völkerrecht der Solidarität würde zur Auflösung dieses Widerspruchs tendieren, zugunsten eben der Solidarität.

Kewenig: Ich möchte zum Schluß kurz auf einige wenige Dinge eingehen. 1. Zum Stichwort "Naturrecht auf Zugang zur Technologie" und zur Frage, warum man nicht den Entwicklungsländern ein vergleichbares "Naturrecht" auf den Zugang zu Rohstoffen entgegenhält. Sie wissen vielleicht, daß der deutsche Delegationsleiter in Nairobi, Herr Botschafter Jänicke, in einer Pressekonferenz während der Sitzung diesen Gedanken angedeutet hat. Das Ergebnis war ein Eklat: Die Pressekonferenz mußte unterbrochen werden. Allein der Hinweis darauf, daß das "Gegenseitigkeitsprinzip" zu der Überlegung führen könnte, welche Leistungen denn die Industrieländer für die Technologie und welche Leistungen die Entwicklungsländer für das Öl erbringen und ob man nicht eigentlich zumindest gedanklich einen Anspruch auf kostenlose Hergabe des Öls leichter konstruieren könnte als einen Anspruch auf kostenlose Hergabe der Technologie, führte zu extremen Reaktionen. Trotzdem oder gerade deshalb würde ich anregen, solche Gedanken10 Symposion 1976

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gängeöfters auszusprechen; denn man gewöhnt sich ja auch an die unglaublichsten Dinge, wie gerade die "umgekehrte" Diskussion um den Technologietransfer uns beispielhaft lehrt. Die eine Seite hat keine Scheu, unglaubliche Dinge zu sagen, warum sollten wir sie haben, auch wenn das zu temporären Schwierigkeiten führt. 2. Herr Scheuner hat von der Problematik der Sozialverantwortung, von der Solidarität auf der einen und der Betonung der Souveränität auf der anderen Seite und von der Unvereinbarkeit dieser beiden Dinge gesprochen. Das ist der Gegenstand meiner These 6. Ich bin da haben wir ja nun wirklich aus dem innerstaatlichen Bereich genügend Erfahrung - in der Tat der Meinung, daß man weder die Freiheit noch die Gleichheit voll ausspielen darf. Das Unangenehme der Diskussion auf der internationalen Ebene ist ja wohl, daß auf der einen Seite von den Entwicklungsländern an unsere Solidarität appelliert wird und daß - man wird es feststellen dürfen - eine relativ große Bereitschaft zu dieser Solidarität auf Seiten der Industriestaaten besteht, daß andererseits aber im gleichen Atemzug die Entwicklungsländer da, wo an ihre Solidarität appelliert wird, für sich auf ihre absolute Freiheit und Souveränität pochen. Hier liegt das eigentliche Problem. 3. Ich unterscheide mich deutlich von Herrn J oetze, Herrn Oppermann und Herrn Rudolf, weil es nach meiner Auffassung nicht ausreicht, darauf hinzuweisen, daß ein himmelweiter Unterschied besteht zwischen einem multilateralen Vertrag und Resolutionen der Vollversammlung. Ich halte es zwar für vollkommen richtig, daß man auf diesen Unterschied immer wieder hinweist. Nach Herrn Joetze sollen wir einmal das tun und zum anderen darauf hoffen, daß möglichst bald möglichst viele Länder zur "richtigen" Einsicht finden. Auch wenn ich diese Hoffnung teile, mir dauert dieser Prozeß zu lange, um darauf zu warten und im übrigen auf unsere - gute - Rechtsposition und den Artikel 38 des IGH-Statuts zu verweisen. Wir müssen zusätzlich aktiv werden. Insofern stimme ich voll mit Herrn Skubiszewski überein. Denn die viel zitierten Resolutionen, so obskur auch das Organ sein mag, das sie verabschiedet und so obskur auch der Gegenstand sein mag, zu dem sie verabschiedet werden, verändern allmählich und unmerklich unser aller Bewußtsein. Zunächst mal glaubt man es nicht so recht, und dann passiert es doch und wird bei 50 oder 100 anderen Gelegenheiten wiederholt- wir kennen den Prozeß ja auch im innerstaatlichen Bereich - und dann ist es auf einmal so, daß wir auf der politischen Ebene - ich rede noch nicht von der rechtlichen - das Gefühl haben, wir müßten uns zumindest entschuldigen, wenn wir uns trotzdem anders verhalten, als es in den Resolutionen gefordert wird. Und dann fängt es auch schon an, rechtlich relevant zu werden. Um diesen auch rechtlich gefährlichen Prozeß beeinflussen zu können, reicht nicht

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die Hoffnung auf künftiges Wohlverhalten und das Beharren darauf aus, daß der Artikel 38 des IGH-Statuts eine saubere Trennungslinie zieht. 4. Ich bin mit Herrn Delbrück und mit Herrn Skubiszewski der Meinung, daß das eigentliche Strukturproblem die Frage der unterschiedlichen Ausgangslage der Dritten Welt und der Industriestaaten in den internationalen Beziehungen ist. Ich bin, Herr Skubiszewski, auch nicht so skeptisch wie Sie hinsichtlich der Entwicklung des internationalen Systems in Richtung auf die "welfare world" im Sinne von Wilfred Jenks. Nur meine ich, daß man auf internationaler Ebene nicht das praktizieren sollte, was wir ja auch im innerstaatlichen Bereich schon versucht haben, daß man nämlich nach einer Sozialisierung der Verluste ruft, eine Sozialisierung der Gewinne aber unter keinen Umständen stattfinden soll. Ich bin schon für den "Sozialstaat" auch auf internationaler Ebene, aber dann für einen Sozialstaat, der weder in der einen noch in der anderen Richtung einäugig ist, für den "Sozialstaat", der versucht, tatsächlich zu einem vernünftigen Ausgleich der mit so unterschiedlichen Ausgangsbedingungen ausgestatteten Entwicklungsländer auf der einen und Industriestaaten auf der anderen Seite beizu• tragen. 5. Eine letzte Bemerkung: Sie haben natürlich längst gemerkt, daß ich in meinem Referat zeitweilig bewußt provozierend formuliert habe. Ich halte es für unerläßlich, daß man für eine Diskussion die eigene Position wirklich deutlich macht. Ich bin darüber hinaus im konkreten Fall der Meinung, daß man selbst dann, wenn man nicht an all das glaubt, was ich gesagt habe, trotzdem die Verpflichtung hat, es einmal so hart zu sagen. Ich vermisse bisher die deutliche Formulierung dieser -unserer- Position in der internationalen Auseinandersetzung.

Internationale Abhängigkeiten im Rohstoffhereich Von Christian Tomuschat

I. Vorbemerkung Es gibt wohl kein Land der Erde, das von Rohstoffzufuhren völlig unabhängig wäre. Selbst die USA, die an sich mit Lagerstätten reichlich gesegnet waren, müssen wegen ihres hohen Verbrauchs heute zunehmend auf Einfuhren zurückgreifen. In besonderem Maße gilt die Abhängigkeit für dichtbesiedelte und hochindustrialisierte Länder mit geringer Bodenfläche wie vor allem die westeuropäischen Staaten und Japan, die sich neben den USA zu den Hauptlieferanten der Welt für Industrieprodukte entwickelt haben. Wenngleich die Bundesrepublik gegenüber Ländern wie Italien und Japan noch einen relativ günstigen Stand aufweist, ist ihr Bestand an Rohstoffen doch abgesehen von den Kohlevorräten allenfalls als bescheiden zu bezeichnen. Über diese prekäre Situation brauchen nicht viele Worte verloren werden; sie ist jüngst von Franz Jürgen Jägeler in einer wirtschaftswissenschaftlichen Studie1 ausführlich dargestellt worden. Nur beispielshalber seien daher einige Daten genannt. Der Selbstversorgungsgrad der Bundesrepublik belief sich im Jahre 1972 bei Rohöl auf rd. 5,2 Ofo, und nach einer vor kurzem veröffentlichten wissenschaftlichen Prognose wird er bis zum Jahre 1985 auf rd. 3,3 Ofo absinken2 • Auch bei Eisenerz lag der Selbstversorgungsgradder Bundesrepublik im Jahre 1972 nicht höher als 5 Ofo. Besonders ungünstig sind die Verhältnisse bei NE-Metallen. Blei, Kupfer und Zink werden in der Bundesrepublik nur in geringfügigen Mengen gefördert, während Zinn, Nickel und Bauxit überhaupt nicht vorkommen. Als zweitwichtigstes Industrie- und Welthandelsland nach den USA hat die Bundesrepublik ein natürliches Interesse an einer gesicherten Rohstoffzufuhr. Es ist die Aufgabe einer verantwortlichen nationalen Die Rohstoffabhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland, 1975. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Die künftige Entwick:lung der Energienachfrage und deren Deckung- Perspektiven bis zum .Jahr 2000 -, Abschnitt III: Das Angebot von Energie-Rohstoffen, März 1976, 1

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Christian Tomuschat

Wirtschaftspolitik, sich wenn nicht um eine Eliminierung, so doch um eine Eindämmung der möglichen Krisenfaktoren zu bemühen. Die nachfolgenden Ausführungen versuchen, zur Lösung dieses Problems einen Beitrag aus der Sicht des Juristen zu leisten.

II. Belieferungssicherheit kraft allgemeinen Völkerrechts? Das Thema "Internationale Abhängigkeiten im Rohstoffbereich" läßt sich unter durchaus verschiedenerlei Aspekten behandeln. Verständlicherweise steht namentlich bei den Entwicklungsländern das Streben im Vordergrund, für ihre Rohstoffexporte möglichst hohe und stabile Erlöse zu erzielen. Auf der anderen Seite ist den westlichen Industrieländern vornehmlich daran gelegen, daß die Rohstoffzufuhr sich als kontinuierlicher Fluß vollzieht und nicht überraschend unterbrochen wird, so wie dies während des arabischen Öl-Embargos im Spätherbst des Jahres 1973 geschah. Ferner besitzen sie ein vitales Interesse daran zu verhindern, daß die Rohstoffpreise in exorbitante Höhen klettern, da sonst ihre Wirtschaft in ernstliche Schwierigkeiten geraten müßte. Speziell diesen Belangen der westlichen Industriestaaten soll im nachfolgenden die Aufmerksamkeit gelten, obwohl, um es noch einmal hervorzuheben, das Thema ebensogut aus der Interessensicht der Entwicklungsländer angegangen werden könnte. Noch eine zweite Beschränkung meines Blickfeldes sei gleich zu Anfang unterstrichen. Es gibt viele Arten von Rohstoffen, und für jeden von ihnen müßte an sich eine gesonderte Analyse erstellt werden. Das UNCTAD-Sekretariat unterscheidet vier Hauptgruppen3 : Nahrungsmittel (1), mineralische Rohstoffe (2), agrarische Rohmaterialien (3) sowie schließlich tropische Getränke und Früchte (4); eine weitere, in die Rohstoffplanungen nicht einbezogene Kategorie bilden die fossilen Brennstoffe (5). In erster Linie sind die nachfolgenden Überlegungen auf die nicht erneuerbaren Rohstoffe, d. h. die Gruppen 2 und 5, abgestellt, da bei ihnen die Belieferungssicherheit der Industrieländer entweder bereits zum akuten Problem geworden ist oder doch in naher Zukunft werden wird. Einzelne Probleme meiner Ausführungen lassen sich freilich auch auf andere Rohstoffe übertragen. 1. Zunächst sei die Frage aufgeworfen, ob sich aus der weltwirtschaftliehen Interdependenz Folgerungen ableiten lassen, die geeignet sind, die Form rechtlicher Aussagen anzunehmen. Daß es eine gegenseitige Abhängigkeit aller Nationen gibt, die sich am internationalen s An Integrated Programme for Commodities, UN-Doc. TD/B/C.1/166, 9. 12. 1974, Nr. 50, 52, 56, 60.

Internationale Abhängigkeiten im Rohstoffbereich

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Wirtschaftsverkehr beteiligen, bedarf keines besonderen Beweises. Auch in dem Schrifttum, das sich mit den Problemen der Weltwirtschaft befaßt, wird diese elementare Tatsache immer wieder hervorgehoben. Die wohl pointiertesten Äußerungen dahin, daß sich aus dem empirischen Befund rechtliche Konsequenzen ergäben, stammen von US-Außenminister Kissinger. In seiner durch UN-Botschafter Moynihan verlesenen Rede vor der 7. Sondergeneralversammlung' wird zunächst die Feststellung getroffen, "the world economy isasingleglobal system of trade and monetary relations" 6, und dann im Sinne einer logischen Fortentwicklung dieses Gedankens hinzugefügt: "There must be consensus that acknowledges our respective concerns and our mutual responsibilities. All of us have rights and all of us have duties8 ." Von einem Politiker kann volle terminologische Klarheit nicht verlangt werden. Selbst wenn er von Rechten und Pflichten spricht, so kann eine solche Redeweise auch lediglich in einem politischen Sinne gemeint sein. Gegen diese Deutung läßt sich freilich vorbringen, daß eine Reihe von Entwicklungsländern sich wiederholt geradezu mit Erbitterung gegen den Begriff der Interdependenz oder seine mißbräuchliche Verwendung zur Wehr gesetzt haben7• Sie sehen in ihm eine zumindest auf die Erzielung von Rechtswirkungen ausgerichtete Argumentationswaffe, mit deren Hilfe die Struktur der gegenwärtigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen ihnen und den Industriestaaten gleichsam eingefroren werden solle8 • Und in der Tat wird man der 4 Global Consensus and Economic Development, The Department of State Bulletin 73 (1975 II), 425 - 441 = ILM 1975, 1538 - 1552. 5 Ibid., 426 bzw. 1539. 8 Ibid., 426 bzw. 1539. Als wesentlich abgeschwächt erscheinen hingegen die Formulierungen der durch Außenminister Kissinger abgegebenen amerikanischen Grundsatzerklärung vor der IV. UNCTAD-Konferenz in Nairobi am 6. 5.1976, deutsche Fassung in: Materialien zur Entwicklungspolitik Nr. 53, 30 - 54, 52. 7 So etwa während der speziell den Rohstoffproblemen gewidmeten 6. Sondertagung der UN-Generalversammlung (6. SVG): Argentinien, General Assembly Official Records, Sixth Special Session (GAOR [VI- S]), Plenary meetings (Plen.), 2208. Sitzung, 10. 4. 1974, Nr. 161; Peru, ibid., 2213. Sitzung, 12. 4.1974, Nr. 11; Burundi, ibid., 2221. Sitzung, 18. 4. 1974, Nr. 25. Eine "neue" Interdependenz haben gefordert: Senegal, ibid., 2221. Sitzung, Nr. 131; Philippinen, ibid., 2221. Sitzung, Nr. 211; Vereinigte Arabische Emirate, ibid., 2222. Sitzung, 19. 4. 1974, Nr. 45; Malaysia, ibid., 2222. Sitzung, Nr. 67. Während der Beratungen über die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten hat auch lf.gypten vor einer Fehlinterpretation gewarnt, GAOR (XXIX), Second Committee, 1601. Sitzung, 8. 10. 1974, Nr. 17. - Kategorische Ablehnung des Begriffs durch China: GAOR (VI - S), Plen., 2209. Sitzung, 10. 4. 1974, Nr. 203; ibid., 2229. Sitzung, 1. 5. 1974, Nr. 47; GAOR (XXIX), Second Committee, 1647. Sitzung, 6. 12. 1974, Nr. 37; Stellungnahme vor der IV. UNCTAD-Konferenz, 11. 5.1976, s. die deutsche Übersetzung in: Materialien zur Entwicklungspolitik Nr. 53, 52 - 64, 63. Wie China auch Albanien: GAOR (XXIX), Second Committee, 1647. Sitzung, 6. 12. 1974, Nr. 22.

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Interdependenz als solcher keine normative Bedeutung beimessen können. So zutreffend der Begriff als Charakterisierung der gegebenen weltwirtschaftliehen Lage sein mag, so wenig geht es doch an, ihn im Wege eines dialektischen Sprunges aus der Faktizität in die Normativität überwechseln zu lassen9 • Vielmehr können auch hier nur die strengen Maßstäbe von Art. 38 des IGH-Statuts maßgebend sein. Als völkerrechtliches Gewohnheitsrecht ist die Interdependenz schon deshalb nicht geeignet, weil sie kein staatliches Verhalten beschreibt, das entweder erlaubt oder verboten sein soll. Sie bildet ein geistiges Abstraktionsprodukt, das gewonnen ist aus einer Vielfalt von empirischen Beobachtungen. Gewohnheitsrechtssätze können aber wegen der von ihnen vorausgesetzten Übung immer nur an ganz konkrete staatliche Verhaltensweisen anknüpfen. So muß denn auch, wenn nach einer Regel des völkerrechtlichen Gewohnheitsrechts gefragt wird, stets sehr praxisnah untersucht werden, ob eine genau bestimmte Verhaltenstypik der allgemeinen Rechtsüberzeugung der Staatengemeinschaft entspricht. Für einen abstrahierenden Generalbegriff läßt sich eine solche Untersuchung gar nicht durchführen. Auch als allgemeiner Rechtsgrundsatz erweist sich die Interdependenz aus mehreren Gründen als ungeeignet. Hervorgehoben sei namentlich die bereits dargelegte Erwägung, daß Interdependenz als Sollensgebot nicht faßbar ist. Die Zustandsbeschreibung sagt nichts darüber aus, ob der Zustand erhalten oder modifiziert werden soll10• Schon angesichts dieser unübersehbaren normativen Unergiebigkeit der Interdependenz erübrigt es sich, weitere Überlegungen anzustellen.

8 Vgl. auch den Bericht von H. Faulwetter I G. Scharschmidt, Die IV. Tagung der UNCTAD im Zeichen antiimperialistischer Auseinandersetzungen, Deutsche Außenpolitik 1976, 1512 -1529, 1517. 9 Auch in der Erklärung über die Errichtung einer neuen Weltwirtschaftsordnung, UN-Generalversammlungs-Resolution (GV-Res.) 3201 (S- VI) vom 9. 5. 1974, Vorspruch sowie § 3, erscheint die Interdependenz im wesentlichen als eine Zustandsbeschreibung; a. A. allerdings M. Salem, Vers un nouvel ordre economique international. A propos des travaux de la 6e session extraordinaire des Nations Unies, Clunet 1975, 753 - 800, 762, während M. Virally, La Charte des droits et devoirs economiques des Etats. Notes de lecture, AFDI 1974, 57 - 77, 70, zutreffend bemerkt, daß der rechtliche Ausdruck der Interdependenz das Prinzip der Solidarität sei. - Bezeichnenderweise ist von Interdependenz in dem den "Grundlagen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen" gewidmeten Kapitel I der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, GV-Res. 3281 (XXIX) vom 12.12. 1974, nicht die Rede, obwohl eine ausdrückliche Nennung nicht nur in den einleitenden Erwägungsgründen (Abs. 4), sondern auch in der Präambel (Abs. 4) erfolgt. 10 So läßt sich Interdependenz von den Unzufriedenen auch in Chaosmacht ummünzen, vgl. K. Seitz, Die Dritte Welt als neuer Machtfaktor der Weltpolitik, EA 1975, 213 - 226, 220.

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2. Collective economic security11 ist bisher ein rechtspolitischer Wunschbegriff geblieben. Ebenso wie hinsichtlich der auf Existenz und Bestand der Staaten bezogenen kollektiven Sicherheit der allgemeinpolitischen Sphäre lassen sich auch im wirtschaftlichen Bereich effektive Gewährleistungen nur durch die Schaffung von sachgerechten Institutionen mit entsprechend zweckmäßigen Entscheidungsverfahren erreichen. Zwar gibt es bisher schon eine ganze Reihe von weltweit operierenden internationalen Organisationen wie insbesondere die Vereinten Nationen selbst mit ihren Sonderorganisationen und ihren Unterorganen UNCTAD und UNIDO, doch fehlt es gerade im Rohstoffbereich weitgehend an einer institutionell verfestigten Entscheidungsstruktur. Überdies betrachten die Entwicklungsländer das Konzept der collective economic security bisher einseitig nur als rechtspolitischen Argumentationsbehelf zur Wahrung der eigenen wirtschaftlichen Belange12. Insbesondere in der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten13 wird nur von "collective economic security for development" (Präambel, Abs. 2) gesprochen. In den Dokumenten des UNCTAD-Sekretariats über das integrierte Rohstoffprogramm trifft man hingegen durchweg auf eine sehr viel gemäßigtere und ausgewogenere Sprache14• 3. Als nächstes mag es sich anbieten, den im Seerecht entwickelten Gedanken des common heritage of mankind15 auch auf die Rohstoffvorräte der Erde zu übertragen. In der Tat läßt sich an bestimmten Grundgegebenheiten nicht vorbeikommen. Die Erde ist ein Planet mit endlichen Ressourcen, und diese Erkenntnis ist spätestens seit der Veröffentlichung der Studie des Club of Rome über "The Limits to Growth" (1972) zum Allgemeingut geworden. Alle Nationen sind auf 11 Nähere Konturierung in dem Bericht des UN-Generalsekretärs vom 6. 6. 1974, UN-Doc. E/5529; aus dem Schrifttum vgl. insbesondere K. Ipsen, Entwicklung zur "collective economic security" im Rahmen der Vereinten Nationen?, in: Kewenig (Hrsg.), Die Vereinten Nationen im Wandel, 1975, 11- 31; J. S. Nye, Kollektive wirtschaftliche Sicherheit, EA 1974, 650- 664. 11 Zu Recht ist in politischen Erklärungen von seiten westlicher Staaten - vgl. Kissinger (Anm. 4), 427 f. bzw. 1540 - wie auch im westlich orientierten juristischen Schrifttum - vgl. R. B. Lillich, Economic Coercion and the International Legal Order, International Affairs 51 (1975), 358- 371, 370 - die Forderung erhoben worden, daß kollektive wirtschaftliche Sicherheit zugunsten aller Staaten gelten müsse. 13 Anm. 9. 14 So heißt es gleich zu Beginn (Nr. 3 a) des Grundsatzdokuments TD/B/C. 11166 vom 9. 12. 1974, es gehe u. a. um "assurance of adequate supplies at all times for importing countries". 15 Grundlegend die GV-Res. 2749 (XXV) vom 17. 12. 1970; zur sachlichen Bedeutung vgl. etwa die knappe Charakterisierung durch E. Mann Borgese, A contribution for the oceans, in: Mann BorgeseI Krieger, The Tides of Change. Peace, Pollution, and Potential of the Oceans, 1975, 340-352, 345- 348.

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die Rohstoffreserven angewiesen. Während man bis vor wenigen J ahren noch die Reichtümer der Erde als prinzipiell unermeßlich ansah, ist es doch nunmehr zur unumstößlichen Gewißheit geworden, daß bei vielen Rohstoffen der Erschöpfungszustand allmählich heranrückt. Dies gilt nicht zuletzt für das Erdöl als den wichtigsten der gegenwärtigen Energieträger. Seine statistische Lebensdauer soll unter Zugrunderegung der nachgewiesenen Reserven bei gleicher Förderung wie heute nur noch rd. 34 Jahre betragen16• Die Folgen der Nichtmehrverfügbarkeit eines Rohstoffs treffen nicht allein das Land und die Bevölkerung des Landes, wo der Rohstoff gegenwärtig noch erzeugt wird, sondern auch die Abnahmeländer und über die lebende Generation hinaus alle künftigen Generationen. Insofern liegt es durchaus nahe, zunächst einmal in einem faktischen Sinne die Rohstoffvorräte der Welt als ein common heritage of mankind zu betrachten. Entsprechende Vorschläge und Anregungen tauchen im politischen und sogar im rechtswissenschaftliehen Schrifttum seit kurzem immer wieder auf. So heißt es z. B. in einem Aufsatz von Ivan L. Head aus dem Jahre 1975, anzustreben sei ein weltwirtschaftliches Gleichgewicht, bei dem "die Zufälle der geographischen Lage von Rohstoffen nicht mehr Gewicht haben" sollten als die "ungleichen Chancen für den Erwerb von Fähigkeiten in Technologie und Management" 17• Auch Jordan J. Paust und Albert P. Blaustein, die sich durch ihre Kontroverse mit Ibrahim F. I. Shihata18 über die Legalität des arabischen Erdölembargos eine gewisse Bekanntheit verschafft haben19, sind mehrfach mit Äußerungen hervorgetreten, in denen einer Beschränkung der nationalen Verfügungsmacht über wirtschaftliche Ressourcen das Wort geredet wird20 , ohne daß freilich die eher thesenhafte rechtliche Argumentation voll verständlich würde. Vor kurzem hat schließlich Jan Tinbergen in Zusammenarbeit mit einer Studiengruppe für Rohstoffe ein internationales Regime vorgeschlagen, das, soweit man aus einem Interview in der jugoslawischen Zeitschrift "Internationale Politik" 21 erkennen kann, ebenfalls seinen Ausgang vom Prinzip des common heritage nehmen soll22 • Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Anm. 2), 15, 142. Gefahren und Chancen des Rohstoffmangels, EA 1975, 261 - 268, 263. 18 Destination Embargo of Arab Oil: Its Legality under International Law, AJIL 68 (1974), 591 - 627. 19 The Arab Oil Weapon A Threat to International Peace, AJIL 68 18 17

(1974), 410- 439. 20 Ibid., 420- 423; The Arab Oil Weapon: A Reply and Reaffirmation of Illegality, ColJTL 15 (1976), 57 - 73, 66 (dort eher als rechtspolitische Wunsch-

vorstellung formuliert); Paust, International Law and the Food Crisis, ASIL Proceedings 1975, 45 - 52, 52. 21 Die notwendige neue Weltwirtschaftsordnung, Internationale Politik, Heft 638 (1976), 3 -7, 4. Die Arbeiten der Studiengruppen liegen jetzt vor

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So anregend sich manche dieser Äußerungen23 lesen mögen, so wenig überzeugen sie doch, soweit sie sich über die bloße rechtspolitische Forderung hinaus als Darstellung des geltenden Rechtszustandes ausgeben. Das Konzept des common heritage of mankind ist entwickelt worden für einen Raum, nämlich die Hohe See, der keiner ausschließlichen staatlichen Herrschaftsgewalt untersteht, sondern stets als res communis omnium betrachtet worden ist. Hingegen unterliegen die terrestrischen Rohstoffvorräte sämtlich der Gebietshoheit des jeweiligen Förderlandes, und es ist nicht ersichtlich, auf Grund welchen Rechtsgedankens hier eine Durchbrechung der damit gegebenen souveränen Verfügungsgewalt sollte eintreten können. Die Gemeinnützigkeit der Rahstoffvorräte eignet sich auch in diesem Zusammenhang lediglich als empirische Situationsbeschreibung, die für den Rechtspolitiker Anlaß sein kann und sollte, über die künftigen Verfahren und Institutionen der Rohstoffverteilung nachzudenken. Auch was die Hohe See angeht, stand von vornherein fest, daß der Gedanke des common heritage nur über neue Institutionen unter Mitwirkung aller Staaten der Erde zu verwirklichen sein würde. Derartiges ist für die terrestrischen Rohstoffe weder geplant, noch steht es in Aussicht, da kein Land bereit ist, auf die ihm durch das Vorkommen von Naturschätzen verbürgte wirtschaftliche Macht zu verzichten, um als Gegenleistung und Ausgleich ein höchst prekäres Recht der Beteiligung an den Entscheidungsverfahren einer internationalen Rohstofforganisation einzutauschen24• 4. Juristischer Konstruktionsgeist mag ferner die Überlegung anstellen, ob sich nicht aus dem Menschenrechtsgedanken rechtliche Konsequenzen auch für den Rohstoffbereich ableiten lassen25• Anzuknüpfen wäre dabei in erster Linie an die wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte, wie sie in dem entsprechenden Internationalen Pakt von 196628 einen positivrechtlichen Niederschlag gefunden haben. Eine ganze unter dem Titel "Reshaping the International Order", 1976; vgl. dort insbes. S.123. u Eine sektoral für Rohstoffe zuständige Weltregierungsbehörde skizziert als utopisches Modell auch Th. de Montbrial, For a New World Economic Order, Foreign Affairs 54 (1975/76), 61 - 78, 70 f. 13 Vgl. ferner C.-A. Colliard, Vers de nouveaux principes de droit international?, in: La crise de l'energie et le droit international, Colloque de la SFDI 1975, 281-293, 292: "richesse de l'humanite" (aber ohne klare Schlußfolgerung). 24 Energische Stellungnahme gegen jeden Versuch, die staatliche Verfügungsgewalt über gebietseigene Rohstoffe einzuschränken, durch den algerischen Staatspräsidenten Boumedienne, vgl. die bei Salem (Anm. 9), 757, referierte Äußerung aus einem der Zeitung "Le Monde" gegebenen Interview vom 5. 2. 1974. Ebenfalls ablehnend: Mali, GAOR (VI- S), Plen., 2220. Sitzung, 18. 4.1974, Nr. 94; Jamaica, ibid., 2223. Sitzung, 19. 4.1974, Nr. 166. 15 So in der Tat vor allem Paust und Blaustein (Anm. 19, 20). 18 BGBl. 1973 II, 1570.

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Reihe von Bestimmungen des Paktes enthält eine Verpflichtung der Vertragsstaaten, auf internationaler Ebene zusammenzuarbeiten, um die einzelnen Rechte zur vollen Entfaltung zu bringen. Hieran anknüp· fend könnte argumentiert werden, daß jede Unterbrechung der regel· mäßigen Rohstoffzufuhr zu einer Gefährdung der Zielvorstellungen des Paktes führe. Trotz der durch den Pakt in rechtlicher Hinsicht wohlfundierten Aus· gangsbasis wird man einer solchen Betrachtung nur einen geringen Wert beimessen können. Denn gerade im Rohstoffbereich geht es letz· ten Endes weniger um die Frage des Ob - ob nämlich ein rechtliches Gebot zur Belieferung der Industrieländer besteht - , sondern um die Frage des Wie - welche Preise nämlich für diese Lieferungen gelten sollen. Aus dem Pakt von 1966 läßt sich allenfalls eine allgemein gehal· tene Verpflichtung zur Zusammenarbeit ablesen, doch besagt der Pakt nichts über den materiellen Inhalt dieser Zusammenarbeit. Überdies sind menschenrechtliche Erwägungen außerordentlich ambivalent. Wenn etwa die Industrieländer geltend machen würden, daß durch eine Beschränkung der Rohstoffzufuhren wirtschaftliche und soziale Rechts· positionen ihrer Angehörigen in Gefahr gerieten, so könnten dem die Entwicklungsländer jederzeit mit der Replik entgegentreten, daß eine mit dem Mittel der Liefersperre angestrebte Preiserhöhung zu nichts anderem bestimmt sei, als den wirtschaftlichen und sozialen Status ihrer Völker zu heben27 • Insoweit verfügen in der Tat auch die Ent· Wicklungsländer wegen des nach wie vor krassen Wohlstandsgefälles über die besseren rechtlichen Karten, zumal es bei einer menschen· rechtlichen Argumentation nur auf den Menschen als Einzelwesen an· kommen kann27a. und der Prokopfvergleich die teilweise erschreckenden Diskrepanzen noch deutlicher hervortreten läßt28•

27 Die in der Dritten Welt vorherrschende Überzeugung, daß die Industriestaaten sich jedenfalls in der Vergangenheit die Rohstoffe der Entwicklungsländer zu einem dem wahren Wert in keiner Weise entsprechenden Preis verschafft hätten, spiegelt sich exemplarisch wieder in der Eröffnungs. rede des algerischen Staatspräsidenten Boumedienne zur VI. SGV, GAOR (VI- S), Plen., 2208. Sitzung, 10. 4. 1974, Nr. 35, 52, sowie in der Erklärung von Cocoyoc, 12. 10. 1974, EA 1975, D. 357 - 364, 358, auch abgedruckt in: Jonas I Tietzel (Hrsg.), Die Neuordnung der Weltwirtschaft, 1976, 207- 214,

207.

27& Scharfsichtig die Stellungnahme Senegals, GAOR (VI- S), Plen., 2221. Sitzung, 18. 4. 1974, Nr. 110. 28 So verbrauchen etwa die Industriestaaten gegenwärtig rd. 87 °/o aller genutzten Energie, während die übrige Menschheit sich mit spärlichen 13 Ofo begnügt, vgl. die Angaben in Nr. 64 des Berichts des UN-Generalsekretärs "Population, Resources and the Environment", in: The Population Debate: Dimensions and Perspectives. Papers of the World Population Conference Bucharest, 1974, Vol. 1, 1975, 77- 123.

lnternationale Abhängigkelten im Rohstoffbereich

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5. Ganz ähnliche Überlegungen sind anzustellen im Hinblick auf die Art. 55 und 56 der UN-Charta, die alle Staaten zu einer Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet verpflichten. In erster Linie sind die UN-Mitglieder auf Grund dieser Bestimmungen dazu angehalten, einvernehmlich nach akzeptablen Lösungen für die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen zu suchen, und es muß als äußerst gewagt erscheinen, für den Fall, daß ein gemeinsamer Interessenpunkt nicht aufgefunden werden kann, unter Berufung auf die Charta ein Wert- oder Unwert-Urteil über die im Verhandlungsprozeß verfochtenen Positionen abzugeben. 6. Unvermeidlich gelangt die Untersuchung damit zu dem Ergebnis, daß das maßgebende Rechtsprinzip für die Ausgestaltung der zwischenstaatlichen Rechtsbeziehungen, soweit nicht spezielle vertragliche Verpflichtungen eingreifen, das Souveränitätsprinzip ist, das selbstverständlich auch die Freiheit zur eigenständigen Regelung des wirtschaftlichen Sektors umfaßt. Bekanntlich hat die Generalversammlung, beginnend mit der Resolution 626 (VII) vom 21. 12. 1952, immer wieder unterstrichen, daß jeder Staat die volle Verfügungsmacht über seine natürlichen Ressourcen besitzt, wobei die Entwicklung nach der mit der GV-Res. 1803 (XVII) von 1962 erreichten Etappe in der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten von 1974 einen vorläufigen Schlußpunkt gefunden hat29 • In einer außerordentlich weiten Formulierung des sachlichen Bezugsfeldes der wirtschaftlichen Souveränität30 heißt es in Art. 2 Abs. 1: Jeder Staat hat die volle und ständige Souveränität einschließlich des Besitz-, des Nutzungs- und des Verfügungsrechts über alle seine Reichtümer, Naturschätze und wirtschaftlichen Betätigungen und übt diese Souveränität ungehindert aus. Zuzugeben ist, daß diese kaum noch zu überbietende Akzentuierung des autonomen staatlichen Entscheidungsrechts sich innerhalb der 18 Zu den Einzelheiten der Rechtsentwicklung vgl. insbesondere die monographischen Darstellungen von R. Kemper, Die Forderung nach permanenter Souveränität über natürliche Reichtümer und Ressourcen und die Neue Weltwirtschaftsordnung der Vereinten Nationen, 1976; A. J. Lleonart y Amselem, Derecho de los Estados a disponer libremente de sus recursos naturales, 1976. 30 Diese bereits in der Erklärung über die Errichtung einer neuen Weltwirtschaftsordnung (Anm. 9), § 4 e, programmatisch niedergelegte Ausdehnung des Geltungsbereichs ratione materiae ist auch im Schrifttum durchweg mit Aufmerksamkeit registriert worden, vgl. etwa G. Feuer, Reflexions sur la Charte des droits et devoirs economiques des Etats, RGDIP 1975, 273 306, 290 f.; Ipsen (Anm. 11), 28; Kernper (Anm. 29), 43 f.; Virally (Anm. 9), 68. Die freie Verfügungsgewalt über die Rohstofflager und -vorräte hat indes ihre Wurzeln im "traditionellen" und kaum noch angezweifelten Kernbereich des Rechtsbegriffs.

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"Neuen Weltwirtschaftsordnung" durch eine unverkennbare Widersprüchlichkeit charakterisiert31 • Wenn in der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten vor allem der Versuch unternommen wird, eine gewisse Verantwortlichkeit der Industriestaaten für die Entwicklungsländer rechtlich zu fixieren, so hätte man auf der Gegenseite erwarten können, daß auch die Entwicklungsländer, soweit dies überhaupt in ihren Kräften steht, aus dem gerade von ihnen beschworenen Geist der Kooperation heraus entsprechende Verpflichtungen zugunsten der Industrieländer übernehmen, und dies vor allem im Rohstoffbereich. Trotz der eher ausgewogenen Formulierungen in Art. 6 wird man aber als entscheidende Bestimmung den Art. 5 ansehen müssen, wo offenbar verlangt wird, daß alle Maßnahmen von Rohstoffkartellen hinzunehmen seien, womit wohl eine nachträgliche Billigung des Rohöl-Embargos vom Herbst 1973 ausgesprochen werden sollte. Mit anderen Worten, die in Art. 2 Abs. 1 so nachdrücklich betonte Rechtsmacht zur Verfügung über die natürlichen Ressourcen ist in Art. 5 im Hinblick auf den internationalen Handel mit Rohstoffen nochmals bestätigt worden. Angesichts dieses klaren Befundes erübrigt es sich daher im vorliegenden Zusammenhang, lange Erwägungen zur Rechtsverbindlichkeit der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten anzustellen32• Das Ergebnis lautet, daß sie gerade in diesem Punkt keine Abweichung vom traditionellen Völkerrecht herbeiführen sollte33, das mit seinem Souveränitätsaxiom Freiheit, aber auch Anarchie zu erzeugen vermag. Das Recht der Erzeugerländer, sich zu Anbieterkartellen zusammenzuschließen, ist allerdings von manchen Stimmen im westlichen Schrifttum in Zweifel gezogen worden. Es wird- ausgehend vom innerstaatlichen Wettbewerbsrecht - geltend gemacht, Kartelle seien schädlich, weil ihre Macht dazu führe, daß der Preis über den Wettbewerbspreis 81 Dazu etwa im neueren Schrifttum Ipsen (Anm. 11), 26; U. Scheuner, Solidarität unter den Nationen als Grundsatz in der gegenwärtigen internationalen Gemeinschaft, in: Recht im Dienste des Friedens. Festschrift für E. Menzel, 1975, 251-277, 253-255, 274- 276; Ch. Vallee, in: Thierry ICombacau I Sur I Vallee, Droit international public, 1975, 521. Eine dialektische Auflösung des Spannungsverhältnisses glaubt Virally (Anm. 9), 66 - 71, erreichen zu können. 32 Dazu zuletzt P.-M. Martin, Le nouvel ordre economique international, RGDIP 1976, 502- 535; A. Rozental, The Charter of Economic Rights and Duties of States and the New International Economic Order, VirJintL 16 (1976), 309- 322; C. Tomuschat, Die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, ZaöRV 36 (1976), 444- 491; G. White, A New International Economic Order? VirJintL 16 (1976), 323 - 345. as Als schlichte Ausprägung des Souveränitätsprinzips begreifen die Verfügungsgewalt über die natürlichen Ressourcen im engeren Sinne auch Colliard (Anm. 23), 287, und J. Combacau, La crise de l'energie au regard du droit international, in: Colloque de la SFDI 1975 (Anm. 23), 3-38, 18- 21; Kernper (Anm. 29), 78.

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hinaus nach oben gedrückt werde, was eine Verzerrung der Marktverhältnisse bedeute34 • Wer freilich solches behauptet, unterliegt einem grundlegenden Irrtum. Die "Schädlichkeit" von Kartellen kann nur vom Boden einer rechtlich fixierten Wirtschaftsordnung aus angenommen werden, die das Wettbewerbsprinzip als oberstes Regulativ anerkennt und auf die Ausschaltung jeglicher wirtschaftlichen Machtstellung bedacht ist34a. Eine international einhellig anerkannte Marktverfassung gibt es indes nicht35, und deswegen erscheint eine Übertragung von Vorstellungen des innerstaatlichen Wettbewerbsrechts auf die zwischenstaatlichen Verhältnisse von vornherein als verfehlt.

111. Schutz gegen plötzliche Liefersperren Lautet somit das vorläufige Fazit, daß es kraft allgemeinen Völkerrechts ein Recht auf die Belieferung mit Rohstoffen nicht gibt, so läßt sich gleichwohl die Frage stellen, ob nicht jedenfalls die überfallartige, als Schock geplante und auch in dieser Weise wirkende Einstellung der Belieferung einen Verstoß gegen völkerrechtliche Regeln bedeuten kann. 1. Daß der Einsatz "wirtschaftlicher Waffen" nicht unter das Gewaltverbot des Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta fällt, dürfte heute feststehen38•

u Prononciert in diesem Sinne Ch. N. Brower, The Charter of Economic Rights and Duties of States and the American Constitutional Tradition: A Bicentennial Perspective on the "New International Economic Order", The International Lawyer 10 (1976), 701 - 709, 704; Zweifel werden auch angedeutet von D. Carreau I J. de la Rochere I Th. Flory I P. Juillard, Chronique de droit international economique, AFDI 1975, 647 -700, 697; gegen die falsche Parallele warnt zu Recht B. Bollecker-Stern, L'O. P. E. P. et la crise de l'energie, in: Colloque de la SFDI 1975 (Anm. 23), 39 - 82, 76 f. 34a So ist die Ausnutzung der Oligopolistischen Stellung der OPEC-Staaten nicht ohne Logik als marktgerecht bezeichnet worden, vgl. Sri Lanka, GAOR (VI- S), Plen., 2219. Sitzung, 17. 4. 1974, Nr.145. u Gerade die gegenwärtig noch vorherrschende marktwirtschaftliche Verfassung der Weltwirtschaftsordnung wird von einer Vielzahl von Entwicklungsländern als Hauptgrund ihrer ökonomischen Notsituation betrachtet, vgl. dazu unten den Text zu Anm. 59. 88 Vgl. etwa D. W. Bowett, International Law and Economic Coercion, VirJintL 16 (1976), 245-259, 245; R. M. Derpa, Das Gewaltverbot der Satzung der Vereinten Nationen und die Anwendung militärischer Gewalt, 1971, 136 (mit zahlreichen Nachweisen 26 f.); W. Kewenig, Gewaltverbot und noch zulässige Machteinwirkung und Interventionsmittel, in: Schaumann (Hrsg.), Völkerrechtliches Gewaltverbot und Friedenssicherung, 1971, 175-213, 190; R. B. Lillich, Economic Coercion and the "New International Economic Order": A Second Look at some First lmpressions, VirJintL 16 (1976), 233-244, 235 f.; H. Thierry, in: Thierry I Combacau I Sur I Vallee (Anm. 31), 559; A. Verdross I B. Simma, Universelles Völkerrecht. Theorie und Praxis, 1976, 243; abweichend Paust I Blaustein (Anm. 19), 415 - 423, 439, auf Grund eines unklaren Globalansatzes.

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In der Generalversammlungs-Resolution (GV-Res.) 2625 (XXV) von 1970 wird höchst bezeichnenderweise das Verbot wirtschaftlichen Zwanges zwar in der Präambel erwähnt (Abs. 9), jedoch nicht im operativen Teil der Resolution zum ersten Prinzip, d. h. zum Gewaltverbot37• Auch die Definition der Aggression in der GV-Res. 3314 (XXIX), Annex, von 1974 erwähnt nur die militärische Gewalt und schließt damit wohl trotz mancher verbleibenden Zweifel andere Formen der Einflußnahme aus. 2. Zumindest zweifelhaft erscheint auch, ob die Einstellung von Rohstoffzufuhren den Tatbestand des Interventionsverbots zu erfüllen vermag. Die bereits genannte GV-Res. 2625 (XXV) spricht ausdrücklich davon, daß der Einsatz wirtschaftlicher Mittel unzulässig sei, soweit damit versucht wird, sich einen anderen Staat gefügig zu machen und von ihm Vorteile irgendwelcher Art zu erhalten; in der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten (Art. 32) ist das zweite Tatbestandselement weggefallen, so daß das Verbot Handlungen trifft, die ein Staat in der Absicht vornimmt, sich die Ausübung der souveränen Rechte eines anderen Staates unterzuordnen37a. Die ersten Schwierigkeiten setzen bei der Frage ein, ob diese Wendung überhaupt auf wirtschaftliche Auseinandersetzungen zwischen Staaten anwendbar ist oder ob lediglich illegalisiert werden soll der Einsatz wirtschaftlicher Mittel mit dem Ziel, einen Staat zu einem bestimmten politischen Verhalten in einer nicht konnexen anderen Materie zu zwingen37b. Selbst wenn man diese Frage aber bejahen wollte, so zeigt doch die Praxis, daß das Liefer-Embargo zu den Realitäten der Gegenwart gehört. Bernd Lindemeyer hat vor kurzem eine Untersuchung38 vorgelegt, welche aufzeigt, daß Staaten aus allen politisch-ideologischen Gruppen ohne jede Scheu ihre wirtschaftliche Macht zur Verfolgung politischer Ziele eingesetzt haben. So beginnen die USA erst jetzt, ihre vom Jahre 1960 an gegen Kuba verhängten Embargo-Beschlüsse zu lockern; in den sechziger Jahren hatten sie sogar den Export von Com37 Man mag es in der Tat als Ironie bezeichnen, daß gerade die westlichen Staaten sich bei den Vorarbeiten zur GV-Res. 2625 (XXV) um eine Einengung des Gewaltbegriffes bemühten, vgl. Lillich (Anm. 12), 361. 37a In anderen GV-Resolutionen finden sich wiederum abweichende Formulierungen. So verwendet die GV-Res. 2131 (XX) über das Interventionsverbot von 1965 die beiden genannten Tatbestandsvoraussetzungen alternativ, während die GV-Res. 3171 (XXVIII) von 1973 ganz generell, ohne weitere Qualifikation, von der Unzulässigkeit wirtschaftlichen Drucks spricht. Dieses ständige Schwanken ist ein deutlicher Beweis für die Unsicherheit der rechtlichen Beurteilung. 87 b Vgl. insbesondere die Erörterungen von Bowett (Anm. 36), 246, 248 f. und Lillich (Anm. 36), 240. Gegen das von Bowett vorgeschlagene Unterscheidungskriterium Combacau (Anm. 33), 36. 38 Schiffsembargo und Handelsembargo. Völkerrechtliche Praxis und Zulässigkeit, 1975.

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puternnach Frankreich verboten39, und im Jahre 1973 erst wurde von ihnen abrupt die Ausfuhr von Sojabohnen gestoppt40 • Aus der Geschichte der Bundesrepublik ragt das sog. Röhren-Embargo der Jahre 1962 -1966 41 heraus, wo bereits abgeschlossene Verträge der deutschen Stahlindustrie mit sowjetischen Import-Agenturen durch ein hoheitliches Verbot zunichte gemacht wurden. In die Preiskampf-Strategien der Dritten Welt ist das Liefer-Embargo mittlerweile fest eingeplant42 • Auch der Ostblock hat sich niemals gescheut, sich dieses Mittels zu bedienen, wenn sich gewisse Erfolgsaussichten abzeichneten43 • Vor allem diese Praxis muß gegen eine ausdehnende Interpretation des Interventionsverbots zu großer Vorsicht mahnen. Allerdings hat es bisher keine Fälle gegeben, wo ein Staat durch ein gegen ihn verhängtes Liefer-Embargo an den Rand der Existenzkrise getrieben worden wäre. Es mag sein, daß für diese besondere Konstellation die rechtliche Beurteilung nuanciert werden muß. Allenfalls aber könnte das betroffene Land verlangen, rechtzeitig in Kenntnis gesetzt zu werden von den beabsichtigten Maßnahmen, so daß ihm eine Übergangsfrist zur Umstellung auf die neue wirtschaftliche Lage bleibt43a. Eine permanente Lieferverpflichtung läßt sich aus dem Interventionsverbot kaum ableiten, zumal das völkerrechtliche Gewohnheitsrecht ein allgemeines Diskriminierungsverbot nicht kennt44 •

IV. Belieferungssicherheit durch Abschluß von Rohstoffabkommen Da das allgemeine Völkerrecht in seinen Konturen unscharf bleibt, läßt sich Belieferungssicherheit rechtlich nur durch den Abschluß von Rohstoffabkommen gewinnen. Ibid., 347 - 353 (Kuba); 431 (Frankreich). Von R. N. Gardner, The Hard Road to World Order, Foreign Affairs 52 (1973/74), 556-576, 567, und E. Rothschild, Food Politics, Foreign Affairs 54 (1975/76), 285- 307, 290, zwar durchaus kritisiert, aber lediglich als politischer Sündenfall. u Dazu ausführlich Lindemeyer (Anm. 38), 276 - 281. cz Nüchtern stellen B. Gosovic I J. G. Ruggie, On the creation of a new international economic order: issue linkage and the Seventh Special Session of the UN General Assembly, Int. Org. 30 (1976), 309-345, 342, fest: "Developing countries will seek to take advantage of their potential for disrupting certain international economic flows and the finely tuned economies of the developed countries ..." 43 über das Embargo gegen Jugoslawien in den Jahren 1948 - 1955 vgl. Lindemeyer (Anm. 38), 282 f. 4Sa In diesem Sinne jetzt auch C. Parry, Defining Economic Coercion in International Law, Texas International Law Journal12 (1977), 1 - 4, 4. 44 Vgl. W. Kewenig, Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung im Völkerrecht der internationalen Handelsbeziehungen, Bd. 1: Der Begriff der Diskriminierung, 1972, 32, 50 f.; s. auch Lindemeyer (Anm. 38), 411-431. as

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1. Vorausgeschickt sei den Überlegungen über die Opportunität des Abschlusses solcher Abkommen die schlichte Feststellung, daß die Effektivität wohl nicht allzu optimistisch beurteilt werden darf. Erfahrungen mit Lieferverpflichtungen liegen bisher nur in geringem Umfang vor45 , wohl aber lassen sich Aussagen über die bisherigen Versuche der Preisregulierung machen. Gezeigt hat sich, daß Rohstoffabkommen recht gut geeignet sind, Märkte zu stabilisieren, auf denen sich eine vorübergehende Nachfrageschwäche bemerkbar macht. So ist es namentlich dank der Mechanismen der aufeinanderfolgenden Zinnabkommen recht gut gelungen, ein Minimumpreisniveau zu verteidigen48, während eine Überschreitung der anvisierten Preisobergrenze nicht verhindert werden konnte47• Ohnehin liegt auf der Hand, daß ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch, zwischen Angebot und Nachfrage mit bloßen Korrekturen auf der Handelsebene nicht behoben werden kann48• Auf die Dauer lassen sich die Kräfte des Marktes nicht ausschalten. 2. Aus diesem Grunde ist es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, eine rechtliche Garantie für ein fixes Preisniveau zu geben. Eine der Quantität und dem Wert nach unbegrenzte Absatzgarantie, wie sie bisher noch zu Gunsten der Getreide- und Milcherzeuger in der EWG gilt, würde im Weltmaßstab angewandt Summen verschlingen, die sich schlechthin nicht aufbringen ließen49 • 45 Berichtet wird, daß während des steilen Anstiegs der Zuckerpreise während der Hausse der Jahre 1972/74 die Lieferung von Zucker zu den im Commonwealth Sugar Agreement von 1951 festgelegten Vorzugspreisen auf Schwierigkeiten gestoßen sei, vgl. Neunter Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften 1975, 1976, S. 176 Nr. 271. Dagegen sind offenbar die Lieferverpflichtungen nach Art. 30 des Internationalen Zuckerabkommens von 1968 auch hinsichtlich der dafür geltenden Höchstpreise stets korrekt eingehalten worden, vgl. International Sugar Organization, Annual Report for the Year 1972, 30; Annual Report for the Year 1973, 24. 48 Vgl. L. Ali, Principle of Buffer Stock and its Mechanism and Operation in the International Tin Agreement, Weltwirtsch. Archiv 66 (1966 I), 141 -187, 166 f.; W. Fox, Tin. The Working of a Commodity Agreement, 1974, 270. 47 Dies gilt für sämtliche bisherigen Zinnabkommen, vgl. Fox (Anm. 46), 311 (I. Abkommen), 319 f. (II. Abkommen), 373 (III. Abkommen), 383, 385 f. (IV. Abkommen); vgl. auch die statistische übersieht 388. Auch das KakaoAbkommen hat zu keiner Stabilisierung geführt; eine Baisse, während der das Ausgleichslager überhaupt erst einmal hätte aufgefüllt werden können, ist bisher nicht eingetreten. 48 So fiel namentlich der Zuckerpreis wegen permanenter Produktionsüberschüsse wiederholt unter das in den aufeinanderfolgenden Zuckerabkommen fixierte Minimum, vgl. M. A. G. van Meerhaeghe, International Economic Institutions, 2. Aufl., 1971, 140 - 143. 49 Alle bisherigen Planungen für die Errichtung eines "Common Fund" als Zentralelement eines künftigen integrierten Rohstoffprogramms sehen lediglich eine begrenzte Finanzausstattung vor, vgl. insbesondere das einschlägige UN-Doc. TD/B/C. 1/196 vom 6.10.1975, 7 Nr. 11: 6 Milliarden Dollar. Das

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a) Auf der Anbieterseite müßte folglich zur Limitierung des finanziellen Aufwandes eine Preisgarantie mit Exportquoten oder besser noch mit Produktionsquoten gekoppelt werden50• Denn vor allem die Praxis der verschiedenen Kaffeeabkommen hat gelehrt, daß die tatsächlich vorhandenen Erzeugnisse, für welche die Exportquoten bereits erschöpft sind, doch irgendeinen Weg auf den Weltmarkt finden51 • b) Was die Nachfrageseite angeht, so fällt hier entscheidend ins Gewicht, daß es einen Kaufzwang angesichts der Wirtschaftsstruktur der Hauptabnahmeländer mit ihrer ·durchweg freiheitlichen Verfassung nicht geben kann52• Aus diesem Grunde müßten auch alle Versuche scheitern, auf administrativem Wege Verbote der Verwendung von Substitutionsprodukten zu statuieren. Abgesehen von den verfassungsstrukturellen Hindernissen würde die Durchsetzung solcher Verbote auch die Leistungskraft des fähigsten Behördenapparates übersteigen. 3. Die dargelegten Bedenken würden nicht gegenüber einer Strategie gelten, die darauf angelegt wäre, kurzfristige Preisschwankungen zu unterbinden, ohne indes den Marktpreis langfristig in einer bestimmten Höhe fixieren zu wollen53• Bekanntlich lautet eine der vom UNCgern beschworene Schreckbild der EG-Agrarüberschüsse - vgl. etwa A. Lemper, Die "alte" und die "neue" Ordnung, in: Jonas I Tietzel (Anm. 27), 65 -71, 68 f.; J. G. Todenhöfer, Was kostet uns die freie Weltwirtschaft?, Die Zeit vom 30. 7. 1976, 14 - besitzt daher keine volle Überzeugungskraft zutreffend K. Seitz, Rohstoffversorgung und Rohstoffabkommen, EA 1975, 461-470, 469; ders., Ein deutscher Alptraum, Die Zeit vom 20. 8. 1976, 14 -, wenngleich nach einem Beginn des Programms sicherlich erheblicher politischer Druck ausgeübt würde, um eine laufende Aufstockung der Finanzmittel zu erreichen. 50 Die Vorliebe der Verfasser des Integrierten Rohstoffprogramms gilt zwar einem System von "multilateral trade commitments", doch wird an einzelnen Stellen durchaus zugegeben, daß auch weitergehende Maßnahmen erforderlich sein können, vgl. etwa UN-Doc. TD/B/C. 1/166 vom 9. 12. 1974, Nr. 49- 65; TD/B/C. 1/193 vom 28. 10. 1975, Nr. 34/35. 51 Zu den vielfältigen Umgehungsmanövern, insbesondere der Erscheinungsform des sog. "tourist coffee", B. S. Fisher, Enforcing Export Quota Commodity Agreements: The Case of Coffee, HarvintLJ 12 (1971), 401- 435; ders., The International Coffee Agreement. A Study in Coffee Diplomacy, 1972, 57 - 61, 81 - 91. 5 2 Dieses Hindernisses sind sich die Verfasser des Integrierten Rohstoffprogramms durchaus bewußt gewesen, vgl. UN-Doc. TD/B/C.1/166 vom 9.12. 1974, Nr. 36; TD/B/C. 1/166/Supp. 3 vom 13. 12. 1974, Nr. 32, 33. 53 So vor allem auch das politische Konzept der Bundesrepublik, vgl. etwa Bundesaußenminister H.-D. Genscher, Rede vor der VII. SGV am 2. 9.1975: "Von der Konfrontation zur Weltmarktwirtschaft", VN 1975, 129-134, 132; Staatssekretär P. Hermes, Die Bundesrepublik Deutschland im Nord-SüdDialog, Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung (Bulletin), Nr. 126 vom 30. 11. 1976, 1211 -1216, 1213 f.; UN-Botschafter R. v. Wechmar, Die nächste Runde der Verhandlungen über Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Eine Vorschau auf die 7. Sonder-Generalversammlung der Vereinten Nationen, EA 1975, 443 - 451, 450. 11*

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TAD-Sekretariat im Vorschlag eines integrierten Rohstoffprogramms erhobenen und von der Dritten Welt seither mehrfach bekräftigten Kernforderungen, daß für eine ganze Reihe von Rohstoffen - in der Resolution 93 (IV) der IV. UNCTAD-Konferenz vom 30. Mai 1976 werden in Abschnitt II 18 Rohstoffe genannt - Ausgleichslager ("bufferstock:s") eingerichtet werden sollten, deren Finanzierung ein gemeinsamer Fonds zu übernehmen hätte54• Der Jurist vermag zu diesen programmatischen Vorstellungen der Dritten Welt keine die bisherige Debatte bereichernden neuen Einsichten beizusteuern. Stichwortartig sei daher nur wiederholt, was bereits vielfach von sehr viel kompetenterer Seite geäußert worden ist, daß nämlich die Lagerhaltung auf jeden Fall unproduktive Kosten erzeugt und daß im übrigen auch völlig ungewiß ist, ob überhaupt die aufgewandten Mittel einen sinnvollen Effekt würden hervorrufen können, da offenbar die Ausgleichslager, um trotz einer echten Marktstörung die Preise stabilisieren zu können, außerordentlich voluminös sein müßten und dementsprechend auch hohe Kosten verursachen würden55• Sinn und Nutzen eines Ausgleichslagers müssen daher jeweils im Einzelfall mit großer Sorgfalt geprüft werden56. Für verderbliche Produkte scheidet diese Methode der Marktregulierung von vornherein aus. 4. Insgesamt ist es wohl auch für den Juristen kein Sakrileg, wenn er nüchtern feststellt, daß wirtschaftliche Zwänge hier wie auch Sachzwänge in anderen Bereichen57 die beste Garantie für die Einhaltung 54 Eine endgültige Entscheidung über die Errichtung dieses Fonds ist noch nicht gefallen. 55 Vgl. etwa die Kritik in der Stellungnahme der Wirtschaftsvereinigung Bergbau zu "rohstoffpolitisch relevanten Forderungen von UNCTAD IV in Nairobi", Oktober 1976, 19 f., 23- 26; M. E. Kreinin I J. M. Finger, A Critical Survey of the New International Economic Order, JWTL 10 (1976), 493 - 512, 503-506. - Die Schätzungen in dem einschlägigen UN-Doc. TD/B/C. 1/198 vom 29. 9. 1975 scheinen durchweg recht niedrig angesetzt zu sein. 58 Für einen "case-by-case approach" haben sich insbesondere auch ausgesprochen die Bundesrepublik - vgl. Bundeswirtschaftsminister H. Friderichs, Erklärung vor der IV. UNCTAD-Konferenz vom 7. 5. 1976, Bulletin Nr. 54 vom 14. 5. 1976, 512- 516, 514; ders., Nairobi und die Folgen, EA 1976, 517-526, 519; Staatssekretär Hermes (Anm. 53), 1213 - und die USA, vgl. Außenminister Kissinger (Anm. 4), 437 bzw. 1549; Assistant Secretary for Economic and Business Affairs J. A. Greenwald, Department Urges Support of Coffee and Tin Agreements and Protocols Extending Wheat Agreement, The Department of State Bulletin 75 (1976 II), 271-281, 272 f.; Assistant Secretary for Economic and Business Affairs J. L. Katz, Agricultural Trade and Commodity Agreements, The Department of State Bulletin 75 (1976 II), 483- 487, 485. 57 So sieht I. Kant gar den gegenseitigen Handel als einen Garant des Friedens, vgl. Zum ewigen Frieden, 1795, Weisehedei (Hrsg.), Bd. VI, 1964, 191-251, 226: "So wie die Natur weislich die Völker trennt, ... so vereinigt sie auch andererseits Völker, ... durch den wechselseitigen Eigennutz. Es ist der Handelsgeist, der mit dem Kriege nicht zusammen bestehen kann, und der früher oder später sich jedes Volks bemächtigt."

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eines angepeilten Rohstoffpreisniveaus darstellen. Eine starke Nachfrage wird tendenziell zu einer Befestigung der Preise führen, während umgekehrt bei einem Überangebot ein Abrutschen der Preise kaum verhindert werden kann. V. Der gerechte Preis Die gegenwärtigen Auseinandersetzungen über die angemessene Höhe der Rohstoffpreise müssen im Betrachter unweigerlich die Erinnerung an die mittelalterliche, jahrhundertelang mit großem Scharfsinn geführte Kontroverse über den gerechten Preis wachrufen58• Wie damals so erscheint den Kritikern auch heute das Ergebnis des Wirkens der Marktkräfte als ein Faktum, das jedenfalls im Regelfall bar aller inneren Gerechtigkeit sei. Gefordert werden stattdessen hoheitliche Festsetzungen, deren Realisierungschance nur ganz selten nüchtern eingeschätzt wird. 1. Fast unisono wird in den Ausführungen maßgebender Sprecher der Dritten Welt die internationale Marktwirtschaft als ein Übel bezeichnet, das es zu bekämpfen gelte. So heißt es etwa in der berühmt gewordenen Erklärung von Cocoyoc aus dem Jahre 1974: Der traditionelle Markt stellt Rohstoffe und Hilfsmittel eher denen zur Verfügung, die sie kaufen können, statt denjenigen, die sie benötigen. Der Markt schafft künstliche Nachfrage und bringt Vergeudung in die Produktionsvorgänge ... Im internationalen Marktsystem haben sich die mächtigen Länder die Rohstoffe der armen Länder zu niedrigen Preisen gesichert ... und den Mehrwert aus der Verarbeitung der Rohstoffe für sich vereinnahmt59 •

Vergessen wird bei alldem, daß der Markt den Entwicklungsländern auch große Chancen eröffnet, und zwar jeweils dann, wenn es sich um Produkte handelt, bei denen zumindest tendenziell die Nachfrage das Angebot übersteigt. Das beste Beispiel liefert der Erdöl-Markt, wo die OPEC-Länder seit dem Jahre 1973 systematisch angesetzt haben, ihre 58 Zutreffend 0. Schachter, Just Prices in World Markets: Proposals de Lege Ferenda, AJIL 69 (1975), 1 - 16, und an ihn anschließend aus der Sicht der OPEC-Staaten I. F. I. Shihata, Arab Oil Policies and the New International Economic Order, VirJintL 16 (1976), 261 - 288, 268 - 271. 58 Anm. 27, D 358 bzw. 207. Die Erklärung spiegelt die vor allem während der VI. SGV im April/Mai 1974 zutage getretene Grundstimmung wider, vgl. statt aller die Eröffnungsrede des algerischen Staatspräsidenten Boumedienne (Anm. 27), sowie jüngst die Begrüßungsansprache des mexikanischen Staatspräsidenten Echeverria bei der Konferenz der Entwicklungsländer über wirtschaftliche Zusammenarbeit vom 13.-22. 10. 1976, UN-Doc. TD/B/ 628/Add.1 vom 8.10. 1976, Annex III, 1, sowie das Schlußkommunique, UNDoc. TD/B/628 vom 7. 10. 1976, Annex, 11.

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Marktmacht auszuspielen. Es wurde bereits dargelegt, daß rechtliche Handhaben gegen eine solche Ausnutzung der Knappheitssituation nicht verfügbar sind. Die einzige Garantie gegen übermäßige Preisforderungen und sonstige Exzesse wie willkürliche Lieferstops besteht nach alledem nur in den wirtschaftlichen Zwängen, denen auch die OPEC-Länder ausgesetzt sind, da sie - mit Ausnahme der bevölkerungsschwachen Großproduzenten wie Kuwait und Saudi-Arabien auch ihrerseits auf die Erlöse aus den Ölverkäufen angewiesen sind60 • Zu Recht weisen allerdings die Entwicklungsländer darauf hin, daß die westlichen Staaten als die Hauptverfechter einer reinen, von dirigistischen Einflüssen unverfälschten Marktwirtschaft im innerstaatlichen Bereich keineswegs mit gleicher Konsequenz für marktwirtschaftliche Prinzipien eintreten, sondern sich durchaus bewußt sind, daß es zumindest in Teilbereichen hoheitlicher Korrekturen der natürlichen Wettbewerbsgegebenheiten bedarf. Vor allem dort ist das Wettbewerbsprinzip mit seiner ihm zweifellos auch innewohnenden Brutalität abgemildert worden, wo soziale Belange auf dem Spiele stehen61 • So gelten etwa in allen marktwirtschaftlieh verfaßten Ländern bestimmte Regelungen über Mindestlöhne. Auch bei hoher Arbeitslosigkeit sollen die Arbeitgeber nicht die Möglichkeit haben, die Löhne auf jenes Minimum herabzudrücken, das gerade noch zur Lebensfristung ausreicht und das von Ferdinand Lassalle als Ausdruck des sog. "ehernen Lohngesetzes" gekennzeichnet worden ist82 • Nicht zuletzt in der Landwirtschaft gelten weder in der EWG noch in den USA rein marktwirtschaftliche Prinzipien83 ; im Ge80 Die Erfolgsbedingungen von Erzeugerkartellen sind in den letzten Jahren geradezu zu einem bevorzugten Forschungsgegenstand geworden, vgl. etwa F. E. Banks, Economics and Politics of Primary Commodities, JWTL 10 (1976), 567- 575; F. Bergsten, The New Era in World Commodity Markets, in: ders., Toward a New International Economic Order, 1975, 287- 298; ders., Oil Is Not the Exception, ibid., 299 - 301; A. Edwards, The Potential for New Commodity Cartels, 1975; R. Jonas, Rohstoffkartelle und Entwicklungsfinanzierung, in: Jonas I Tietzel (Anm. 27), 100 -118; W. Hager, Angst vor der Dritten Welt?, EA 1975, 471- 476; K. A. Mingst, Cooperation or illusion: an examination of the Intergovernmental council of copper exporting countries, Int. Org. 30 (1976), 263-287, 264 f.; R. Senti, Monopolisierung im internationalen Rohwarenhandel, 1975, 18 ff. 81 Die Notwendigkeit einer zusätzlichen sozialen Komponente wird von der Bundesrepublik auch für den Weltmarkt jedenfalls im Grundsatz anerkannt, vgl. namentlich Bundesaußenminister Genscher (Anm. 53), 130; Staatssekretär Hermes (Anm. 53), 1212. 82 Offenes Antwortschreiben an das Zentralkomitee zur Berufung eines allgemeinen deutschen Arbeiterkongresses zu Leipzig, 1863, abgedruckt in: F. Jenaczek (Hrsg.), F. Lassalle, Reden und Schriften, 1970, 170- 201, 181- 186. n Von Sprechern der Dritten Welt werden die westlichen Industriestaaten denn auch stets auf die Widersprüchlichkelt ihrer Argumentation hingewiesen, vgl. etwa J. Amuzegar, The North-South Dialogue: From Conflict to

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genteil kann insbesondere der Agrarmarkt der EWG als Musterfall eines administrierten und durch hoheitliche Preisfestsetzungen um die gewünschte Elastizität gebrachten Marktes gelten. 2. Lehnt man den Marktmechanismus als Medium der Preisbestimmung ab, so öffnet sich nicht etwa ein unübersehbares Feld alternativer Möglichkeiten, vielmehr lassen sich im wesentlichen drei Verfahren ausmachen. a) Als rein theoretische Denkhypothese kommt die Preisfestsetzung durch eine übergeordnete, von den Staaten unabhängige Autorität in Betracht. Den unparteiischen Dritten, der im innerstaatlichen Bereich vielfältige Aufgaben der Streitschlichtung zu erfüllen hat, gibt es aber auf der völkerrechtlichen Ebene außerhalb der durch feste Solidaritätsbande zusammengehaltenen regionalen Zusammenschlüsse bisher nicht. Immer noch beruht die gegenwärtige Weltverfassung auf dem Prinzip der souveränen Gleichheit aller Staaten, und die Souveränität steht grundsätzlich einer von außen diktierten und nicht von den beteiligten Staaten selbst gefundenen und gebilligten Lösung im Wege. b) Auch die "demokratische" Mehrheitsentscheidung, derzufolge das letzte Wort von einer Mehrheit der 51 oder 67 Ofo gesprochen werden kann, ist in einer derart verfaßten Staatengesellschaft ein systemfremdes Element. Bis heute gibt es keinen internationalen Gesetzgeber. Auf Weltebene besitzt echte Entscheidungsbefugnisse allein der Sicherheitsrat, während die Generalversammlung auf den Erlaß von Empfehlungen beschränkt ist. Auch deshalb eignet sich ein von der innerstaatlichen Verfassung her inspiriertes Modell nicht für eine Übertragung auf die Weltebene, weil das demokratische Prinzip die Wurzel aller politischen Macht im Einzelmenschen und nicht im Staat sieht. Wegen der ungeheuren Unterschiede in der Bevölkerungsstärke der einzelnen Länder kann daher der Satz: "One State, one vote" nicht als demokratisch legitimiert angesehen werden; nur die Maxime: "One man, one vote", d. h., ein nach der Bevölkerungszahl abgestuftes Stimmrecht, ließe sich insoweit als systemgerecht betrachten. c) Versagen somit autoritative Entscheidungsverfahren, so bleibt als einzige Möglichkeit, den angemessenen Preis im Wege des Interessenausgleichs durch Verhandlungen und gegebenenfalls auch durch politische oder wirtschaftliche Pressionen durchzusetzen. Der Rohstoffbereich kennzeichnet sich durch die spezifische Eigenheit, daß ein zwiCompromise, Foreign Affairs 54 (1975/76), 547-562, 560; T. A. Kofi, The International Cocoa Agreements, JWTL 11 (1977), 37 - 51, 50. Ebenso das Memorandum der Gemeinsamen Konferenz der deutschen Kirchen für Entwicklungsfragen zur UNCTAD IV 1976 in Nairobi, Nr. 34, abgedruckt in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt vom 22. 2. 1976, Dokumentation.

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sehenstaatlicher Verkehr stattfinden muß, denn jede der beteiligten Staatengruppen ist auf die Leistung des anderen angewiesen, und der Handelsaustausch bildet einen unersetzlichen Baustein im jeweiligen nationalen Wirtschaftsgefüge. Auf anderen Lebensgebieten bedeutet vielfach das Scheitern einer einvernehmlichen Lösung, daß ein Austausch über die Grenzen hinweg nicht zustande kommt. Ein solcher rein negativer Ausgang ist gerade im Rohstoffsektor ausgeschlossen, sofern nicht die Erbitterung auf der einen oder der anderen Seite den Extrempunkt erreicht, der selbst das absolute wirtschaftliche Chaos als die bessere Alternative erscheinen läßt. Lieferanten und Abnehmer sind in gleicher Weise zusammengespannt wie Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Jeder von ihnen steuert einen Anteil zum wirtschaftlichen Gesamterfolg bei, und keiner von ihnen kann seine Leistung über längere Zeit hinweg verweigern, ohne daß schwere wirtschaftliche Schäden auch für ihn selbst auftreten würden84• Die Parallele zum gegenseitigen Verhältnis der Tarifpartner65 vermag im übrigen auch die Erkenntnis zu fördern, daß mangels gütlicher Einigung ein Ausweg nur über "Kampfmaßnahmen"- so die arbeitsrechtliche Terminologie - gefunden werden kann. Die Schöpfer der Arbeitsverfassung der freiheitlichen Staatenwelt haben durchaus zutreffend erkannt, daß die Normsetzung sich die Bewältigung einer unüberwindlichen Aufgabe anmaßen würde, falls sie fordern wollte, daß die sowohl bei Arbeitnehmern wie bei Arbeitgebern tatsächlich vorhandene wirtschaftliche Macht im Arbeitskampf nicht eingesetzt werden darf. Auch der relativ perfekte Sanktionsapparat eines behördlich durchstrukturierten Staatswesens vermag solchen Einsatz privater Macht nicht zu verhindern. Sinnvoller als unwirksame Verbote zu statuieren erscheint es daher, ein eigenständiges System der checks and balances aufzurichten und Macht durch Gegenmacht einzudämmen. Sofern ein vertragsloser Zustand herrscht, läßt sich auch im zwischenstaatlichen Bereich der Einsatz wirtschaftlicher Macht wirksam nur durch Gegenmacht konterkarieren. In der Tat sind die Verbrau" Freilich wird aller Voraussicht nach ein nicht erneuerbare Rohstoffe erzeugendes Land seine Lieferungen an die Abnehmer bereits lange vor dem Zeitpunkt der absoluten Erschöpfung drastisch einschränken oder gar völlig einstellen. Die Notwendigkeit einer bewußten Konservierungs-Politik ist besonders nachdrücklich betont worden von der Konferenz der Herrscher und Staatsoberhäupter der Mitgliedsländer der OPEC in ihrer Erklärung von Algier, 6. 3. 1975, ILM 1975, 566 - 576 = EA 1975, D 268 ff., Abschnitt VII. So schon vorher während der Debatten der VI. SGV, GAOR (VI- S), Plen.: Iran, 2209. Sitzung, 10. 4. 1974, Nr. 230, 238; Venezuela, 2213. Sitzung, 12. 4. 1974, Nr. 242; Saudi-Arabien, 2217. Sitzung, 16. 4. 1974, Nr. 106; Kuweit, ibid., Nr. 159; Bahrein, 2219. Sitzung, 17. 4. 1974, Nr. 37, 49. Vgl. auch Shihata (Anm. 58), 265 f. ' 6 Sie wird jetzt auch gezogen von Bowett (Anm. 36), 257.

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cherländer selbst dem OPEC-Kartell nicht schutzlos ausgeliefert. Es steht ihnen namentlich frei, ihren Verbrauch zu drosseln, eine Maßnahme, die gegenwärtig noch bei der Bevölkerung auf wenig Verständnis stößt, die aber doch wohl in der Krisensituation jedermann nahegebracht werden könnte. In der Tat haben ja auch die OECD-Länder mit der Gründung der Internationalen Energie-Agentur66 gezeigt, daß sie grundsätzlich bereit sind, sich bei einer Verknappung des Angebots einem Bewirtschaftungssystem zu unterwerfen. Damit haben sie erste Voraussetzungen geschaffen, um auch einen Preiskampf durchzustehen, der nicht bereits nach wenigen Tagen oder Wochen wegen Erschöp~ fung abgebrochen werden müßte67• Wie im innerstaatlichen Recht bereits geschehen, so wird man sich auch im Völkerrecht von dem Vorurteil freimachen müssen, daß Preiskämpfe, die auf der einen Seite mit Lieferstops und auf der anderen Seite möglicherweise mit einem Käuferboykott ausgetragen würden, zu den Anomalien gehörten, die um jeden Preis vermieden werden sollten. Gewiß verursacht jede Unterbrechung des regelmäßigen Produktionszyklus wirtschaftliche Schäden68 • Auf der anderen Seite indes führt zumindest bei gleichgewichtigen Kampf"partnern" die unter Einsatz der beiderseitig zur Verfügung stehenden Machtmittel ausgetragene friedliche Auseinandersetzung über den angemessenen Preis zu Ergeh88 Vgl. insbesondere den Gründungsbeschluß des OECD-Rats vom 15. 11. 1974, BGBl. 1975 li, 738, sowie das Übereinkommen vom 18. 11. 1974 über ein internationales Energieprogramm, BGBl. 1975 li, 702, sowie die Stellungnahmen von U. Lantzke, Die Internationale Energie-Agentur als Antwort auf die Energiekrise, EA 1975, 313- 324; :r. A. Malone, Die Internationale Energie-Agentur und die amerikanische Außenpolitik, EA 1975, 121 130; Ph. Manin, Les reactions des Etats victimes de la crise de l'energie, in: Colloque de la SFDI 1975 (Anm. 23), 137 - 190, 149 - 164. Auf eine Darstellung der strikt juristischen Gesichtspunkte beschränkt sich N. Rösiö, The Ernerging System of the International Energy Agency, Nordisk Tidskrift for International Ret 45 (1976), 111- 134. 87 Es ist an sich eine Selbstverständlichkeit, bedarf aber angesichts der Formulierungen in Art. 5 der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten (Anm. 9) sowie der darauf gestützten Algier-Erklärung der OPEC-Länder (Anm. 64), Abschnitt III Abs. 2, und der Resolution 1 der Rohstoffkonferenz der Entwicklungsländer von Dakar, 3. - 8. 2. 1975, ILM 1975, 534, der ausdrücklichen Hervorhebung, daß auch den Abnehmerländern das Recht der Kartellbildung zusteht, vgl. etwa Bowett (Anm. 36), 256; C. Tomuschat, Die neue Weltwirtschaftsordnung, VN 1975, 93 - 100, 96. 88 Zutreffend Bowett (Anm. 36), 257. Die diesem Modell innewohnende Gefahr weitergehender Verwicklungen, die bis zu einer Beeinträchtigung des Weltfriedens gehen können, unterstreicht im Hinblick auf die bekannte Kissinger-Erklärung über die Folgen eines Versuchs, die US-Wirtschaft zu "strangulieren" (Interview mit der Zeitschrift "Business Week" vom 23. 12. 1974, abgedruckt in: The Department of State Bulletin 72 [1975 I], 97-106, 101), E. U. Petersmann, Zur Inkongruenz zwischen völkerrechtlicher und tatsächlicher Weltwirtschaftsordnung, FW 59 (1976), 5-50, 42.

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nissen, denen eine echte Ausgleichsfunktion zukommt69• Zuzugeben ist allerdings, daß das antagonistische Modell keinerlei Aussichten auf einen befriedigenden Ausgleich eröffnet, sofern die Marktstärke der beiden Seiten gewichtige Unterschiede aufweist. Ein Produkt etwa, das leicht substituiert werden kann, würde schlechthin vom Markt verschwinden, falls die Erzeuger versuchen würden, Preisvorstellungen durchzusetzen, die außer Verhältnis zu den wirtschaftlichen Verwendungsmöglichkeiten des Produktes stehen70 • Noch unter einem weiteren Gesichtspunkt erscheint die Parallele zum nationalen Arbeitskampfrecht als aufschlußreich. Wie der Marsch in die jährlichen Lohnverhandlungen auf der Arbeitnehmerseite regelmäßig mit dem Hinweis auf die unaufhörlich fortschreitende Inflation eröffnet wird, so verlangen auch die Entwicklungsländer seit langem eine Kompensation für die Verluste, die ihnen durch die Inflation in den westlichen Industriestaaten entstehen71 • Vertraut man auf den Markt, so verliert das Problem an akuter Schärfe. Auch Marktpreise 69 So warnt auch das kirchliche Memorandum (Anm. 63), Nr. 23, davor, Erzeuger-Kartelle generell abzulehnen. Allerdings ist Voraussetzung eines Ausgleichs eine gewisse flexible Manövrierfähigkeit, die entscheidend behindert wird durch gesetzliche Festlegungen wie etwa den amerikanischen Trade Act of 1974, 19 U. S. C. § 2101-2487, § 2462 (b) Abs. 2, dessen gegen Mitgliedsländer von Erzeuger-Kartellen gerichtete Bestimmungen als starrer Sanktionsmechanismus konzipiert sind. 70 Hart bedrängt von der Substitutionskonkurrenz sind insbesondere die Hartfasern Sisal und Jute. - Wie weit es den Entwicklungsländern gelingt, eine globale Strategie für sämtliche von ihnen erzeugten Rohstoffe zu entwerfen und die "schwachen" Produkte durch Kopplung mit den nicht substituierbaren abzustützen, läßt sich gegenwärtig noch nicht absehen. Über die Pläne zur Gründung eines als Koordinationszentrum bestimmten Rates der Erzeuger-Kartelle vgl.: Aktionsprogramm der Rohstoffkonferenz der Entwicklungsländer, Dakar, 8. 2. 1975, ILM 1975, 520-533, Ziff. 1; Konferenzentschließung Nr. 6, 8. 2. 1975, ibid., 537 - 539; Aktionsprogramm für wirtschaftliche Zusammenarbeit, beschlossen von der Fünften Konferenz der Staats- bzw. Regierungschefs blockfreier Staaten in Colombo, 16. - 19. 8. 1976, deutsche Fassung in: EA 1976, D 580-588, Abschnitt I, a. Rohstoffe, d; Konferenz über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Entwicklungsländern, 13-22.9.1976, UN-Doc. TD/B/628 vom 7. 10. 1976, Annex, Nr. 10, 11 (19). 71 Bereits in der zur Vorbereitung der II. UNCTAD-Konferenz von der Gruppe 77 vorgelegten Charta von Algier, 24. 10. 1967, UNCTAD Proceedings, Second Session, Vol. I, 1968, 431- 455, Teil II, A, 1 d ; in der Folgezeit bekräftigt in der Erklärung über die Errichtung einer neuen Weltwirtschaftsordnung (Anm. 9), § 4 j, dem Aktionsprogramm über die Errichtung einer neuen Weltwirtschaftsordnung, GV-Res. 3202 (S- VI) vom 1. 5. 1974, Abschnitt I Ziff. 1 d, in der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten (Anm. 9), Art. 28, und auch seitdem noch mehrfach akzentuiert: Aktionsprogramm der Gruppe 77 für Rohstoffe, Handelsverhandlungen, Ressourcen- und Technologietransfer und wirtschaftliche Zusammenarbeit, beschlossen in Manila, 26. 1. -7. 2. 1976, ILM 1976, 421-468, Abschnitt I Ziff. 4 b, Ziff. 5 e; Aktionsprogramm für wirtschaftliche Zusammenarbeit von Colombo (Anm. 70), Abschnitt I, a. Rohstoffe, c.

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für Rohstoffe unterliegen einer Entwicklung, und speziell die Jahre 1972- 1974 wie auch die gegenwärtige Situation72 haben deutlich gemacht, daß der Preisanstieg bei Rohstoffen sich gar noch schneller als bei Industrieprodukten vollziehen kann. Wendet man sich vom Marktprinzip ab und versucht man, sich in einer heilen Welt der administrierten Preise einzurichten, dann muß auch ein Verfahren für den notwendigen Inflationsausgleich gefunden werden. Verständlicherweise lehnen die Industrieländer eine Indexierung der Rohstoffpreise auf der Basis der Preise für Industriegüter ab 73• Nicht deswegen ist aber einer solchen Automatik entgegenzutreten, weil sie in sich ungerecht wäre. Wenn sich aus dem Lebenshaltungsindex oder aus dem Exportgüterpreisindex entnehmen läßt, daß die Preise innerhalb eines bestimmten Zeitraums durchschnittlich um einen gewissen Prozentsatz angestiegen sind, so hat das für die Abnehmerländer dieselben Folgen, wie wenn umgekehrt die Entwicklungsländer die Preise für die von ihnen gelieferten Rohstoffe erhöhen, und der Unterschied besteht im Grunde nur darin, daß in den Industriestaaten die Preise Produkt für Produkt zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten angehoben werden, während auf der Gegenseite angesichts der Einheitlichkeit des Liefergegenstandes Zeitpunkt und Erhöhungssatz jeweils gleich sind. Aber auch der Jurist sollte sich dafür einsetzen, daß gegen die Inflation so viele institutionelle Barrieren wie nur irgend möglich errichtet werden. Länder, die von der Entwertung der Währungen der westlichen Welt nichts zu befürchten, sondern die sich im Gegenteil davon einen wirtschaftlichen Nutzen zu versprechen hätten, könnten geneigt sein, sämtliche Hemmungen gegen ein inflationsförderndes Verhalten abzulegen, wodurch dann letzten Endes die Währungen der westlichen Industriestaaten zur völligen Zerrüttung gebracht würden. Es ist mir bewußt, daß das hier skizzierte antagonistische Verfahrensmodell für die Bestimmung angemessener Rohstoffpreise gewisse Gefahren in sich birgt. Stehen sich die beiden Streitparteien ohne institutionelle Verbindung gegenüber74, so vermag der Preiskampf leicht eine Schärfe zu gewinnen, welche die Überschreitung der Schwelle von der 72 Im Dezember 1976 lagen die Rohstoff-Preisindices, auf Dollar-Basis bezogen, über den Höchstständen des Jahres 1974, vgl. FAZ vom 30. 12. 1976,

11 f.

73 So von Seiten der Bundesrepublik: Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit E. Bahr, Wirtschaftliche Entspannung, EA 1976, 283- 290, 288; Bundesaußenminister Genscher (Anm. 53), 131; Staatssekretär Hermes (Anm. 53), 1214; UN-Botschafter von Wechmar (Anm. 53), 450. 74 Eine solche Verbindung gewährleisten die traditionellen Rohstoffabkommen, die auf dem Grundprinzip der Parität von Erzeuger- und Verbraucherländern beruhen; die Havanna-Charta, der Gründungsvertrag der nicht zustandegekommenen Internationalen Handelsorganisation, sah in Art. 61 Abs. 2 die Parität als zwingendes Erfordernis vor.

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wirtschaftlichen Pression zur militärischen Gewalt als eine logische Konsequenz erscheinen läßt. Die Erdölkrise des Jahres 1973 hat zumindest einige in diese Richtung laufende verbale Drohungen provoziert75• Freilich handelte es sich damals nicht um einen bloßen Preiskampf, vielmehr war es eines der Hauptziele der von den arabischen OPECStaaten angewandten Strategie, durch das gegen die USA und die Niederlande verhängte Embargo Israel in die Knie zu zwingen. Vorzuziehen wäre daher auf jeden Fall, wenn es gelänge, in die nach der UNCTAD-Resolution 93 (IV) geplanten Rohstoffabkommen besondere Mechanismen einzubauen, die eine geregelte Austragung von Kontroversen über das angemessene Rohstoffpreisniveau ermöglichen76• VI. Ausblick

Mit wenigen Worten sei noch ein Ausblick gegeben auf einige Entwicklungstendenzen und langfristige Perspektiven, die sich aus der geschichtlichen Erfahrung der letzten Jahre deutlich ablesen lassen. 1. Bis vor kurzem wurde das Wirken der Marktkräfte gleichsam als ein Naturvorgang empfunden. Träger der Wirtschaftsbeziehungen waren jedenfalls außerhalb der Länder des Ostblocks durchweg private Wirtschaftssubjekte. Die Weltwirtschaft erschien als ein Netz privater Wirtschaftsbeziehungen, die nicht im unmittelbaren Verantwortungsbereich der beteiligten Staaten lagen. Die Aufgabe des Staates wurde unter dem Eindruck liberalistischer Vorstellungen vielmehr lediglich darin gesehen, die notwendigen Grundvoraussetzungen für die freie Entfaltung der privaten Wirtschaftsinitiative zu schaffen, so namentlich durch den Abbau von Zöllen und mengenmäßigen Beschränkungen sowie die Bereitstellung einer funktionierenden internationalen Währungsordnung. Zunehmend konzentriert sich indes die außenwirtschaftliehe Entscheidungsmacht in den Händen staatlicher Organe. Ganz abgesehen vom Ostblock betrachten es vor allem auch die Entwicklungsländer als einen wesentlichen Fortschritt, wenn es ihnen gelingt, über staatseigene Agenturen selbst zumindest den Handel mit denjenigen wirtschaftlich sensiblen Produkten abzuwickeln, welche die Hauptmasse der staatlichen Exporte ausmachen. Exemplarisch läßt sich dieser Prozeß in der jüngsten Geschichte der OPEC-Länder verfolgen, welche

Vgl. oben Anm. 68. Alle neueren marktregulierenden Rohstoff-Abkommen sehen eine laufende Anpassung der Preismargen an die Preisentwicklung auf dem Markt vor: Fünftes Internationales Zinn-übereinkommen vom 21. 6. 1975, BGBl. 1976 II, 1582, Art. 27 c); Internationales Kakao-übereinkommen von 1975 vom 10. 11. 1975, ABlEG Nr. L 321 vom 20. 11. 1976, 31, Art. 29 Abs. 2, 3; Internationales Kaffee-Übereinkommen von 1976 vom 31. 1. 1976, BGBl. 1976 II, 75

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1390.

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Schritt um Schritt die multinationalen Erdölkonzerne aus ihrer früheren Funktion als Konzessionsinhaber und Exporteure verdrängt haben77 • Auch in den Industrieländern ist es zum Tagesgespräch geworden, ob nicht der geballten Macht der Lieferländer wirksam nur mit einer gleichgewichtigen Gegenmacht entgegengetreten werden kann. Nicht zuletzt unter diesem Aspekt ist bekanntlich in der Bundesrepublik der Zusammenschluß von VEBA und Gelsenberg zu einem Unternehmen gebilligt worden78, welches eine beherrschende Marktposition im Mineralölbereich besitzt und das wegen des hohen Besitzanteils der öffentlichen Hand als parastaatliche Einrichtung angesehen werden kann79• Ob diese Akkumulation der wirtschaftlichen Macht bei wenigen Trägern anstelle der früheren dezentralisierten - freilich häufig auch Oligopolistischen - Marktverfassung speziell unter dem Gebot der Friedlichkeit der internationalen Beziehungen einen Fortschritt bedeutet, muß bezweifelt werden80• Was früher prinzipiell eine Auseinandersetzung zwischen privaten Wirtschaftssubjekten war und allenfalls in einem späteren Stadium, wenn staatliche Stellen sich zunächst durch Eingriffsmaßnahmen, auf der Gegenseite dann durch die Ausübung diplomatischen Schutzes eingeschaltet hatten, zu einer zwischenstaatlichen Auseinandersetzung werden konnte, beginnt heute bereits im Anlaufstadium als eine zwangsläufig im Höchstmaß politisierte Auseinandersetzung zwischenstaatlichen Charakters. Die marxistische Faktenanalyse wird diesen Wandel der Verhältnisse begrüßen, sieht sie doch ohnehin den Markt nur als eine geniale Erfindung der Kapitalisten an, mit deren Hilfe die wahren Machtverhältnisse verschleiert werden sollen81 - eine These, die sicherlich nicht völlig unrichtig ist, die ebenso gewiß aber die ganze Wahrheit verfehlt. Dazu die Darstellung von Bollecker-Stem (Anm. 34), 53 - 63. Die Ausnahmeentscheidung des Bundeswirtschaftsministers vom 1. 2. 1974, WuW/E BWM 147, bezieht sich auf die erste Etappe des Konzentrationsvorganges, den Erwerb eines Paketes von 48,3 Ofo der Gelsenberg-Aktien durch den Bund. 79 Zu den Vorgängen vgl. im übrigen den vorangegangenen Untersagungsbeschluß des Bundeskartellamts vom 7. 1. 1974, WuW/E BKartA 1457, sowie den Tätigkeitsbericht des Amtes für 1974, BT-Drs. 7/3791, 35. 80 Zur "Pufferfunktion" der multinationalen Gesellschaften vgl. insbesondere den der US-Energiebehörde vorgelegten Bericht vom 7. 2. 1975, ILM 1975, 1038- 1058, sowie D. L. Guertin, Diskussionsbeitrag, ASIL Proceedings 1975, 234-237, 236 f. Für die Ausschaltung der "Spekulationsgeschäfte" der transnationalen Gesellschaften sowie direkte Beziehungen zwischen Produzenten und Einfuhrländern DDR-Außenminister H. Sölle vor der IV. UNCTAD-Konferenz in Nairobi, 10. 5. 1976, Materialien zur Entwicklungspolitik Nr. 53, 60 f., 61; vgl. auch die Stellungnahme des Irak, GAOR (VI- S), Plen., 2217. Sitzung, 16. 4.1974, Nr. 53. 81 K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (Rohentwurf), 1857/58, ed. Berlin 1953, insbes. 160. Aus dem heutigen Schrifttum vgl. etwa E. Mandel, Der Spätkapitalismus, 2. Aufl., 1973, 434, 456. 77

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2. Nach dem Ergebnis der Überlegungen im ersten Abschnitt steht fest, daß Belieferungssicherheit keine Selbstverständlichkeit ist. Wer Belieferungssicherheit will, muß dafür wirtschaftliche Opfer bringen, indem er eine völkerrechtliche Sonderbindung durch Abschluß von Verträgen eingeht. Selbst dann aber bleibt, wie ebenfalls hervorgehoben wurde, der Warenfluß einigermaßen prekär. Größeren Erschütterungen der Marktszene vermögen auch Rohstoffabkommen wohl nur schwer standzuhalten. 3. Mit der letzten Bemerkung soll die Tatsache unterstrichen werden, daß im Grunde alle gegenwärtigen Überlegungen auf seiten der Industrieländer nur darauf ausgehen, kurzfristig die wirtschaftliche Entwick:lung abzusichern. Ein ernsthaftes langfristiges Konzept ist bisher von niemandem entworfen worden. Selbst an sich deprimierende Feststellungen wie diejenige, daß die Welterdölvorräte nur noch für eine Frist von rd. 34 Jahren ausreichen82, werden gleichsam wie eine Erfolgsmeldung begrüßt. Von welchen Ressourcen die Menschheit leben soll, wenn die kritische Zeitspanne abgelaufen ist, wird heute in den Industrieländern noch nicht als ein Problem der praktischen Politik behandelt. Es übersteigt offenbar das Planungs- und Gestaltungsvermögen einer jeden Regierung, Vorsorge über so lange Zeiträume hinweg zu treffenss. Stattdessen behilft man sich mit einem naiven und fast kindlich zu nennenden Glauben an die Wundermacht der Wissenschaft, der man es zutraut, irgendeinen Ausweg zu finden. Ob diese Hoffnung sich erfüllen wird, weiß mit echter wissenschaftlicher Verläßlichkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch niemand zu sagen.

Thesen I. Die Ausgangslage 1. Obwohl gegenwärtig wohl kein Land der Erde in der Rohstoffver-

sorgung autark ist, lassen sich doch hinsichtlich des Grades der Abhängigkeit von Rohstoffzufuhren deutliche Unterschiede ausmachen. In einer ungünstigen Position befinden sich namentlich die rohstoffarmen westeuropäischen Industriestaaten sowie Japan.

Vgl. oben Anm. 16. Schon wenige Monate, nachdem sie geäußert worden war, muß diese Bemerkung jetzt hinsichtlich des Energiebereichs teilweise revidiert werden, vgl. für die Bundesrepublik: Beschluß des Bundeskabinetts vom 23. 3. 1977, Grundlinien und Eckwerte für die Fortschreibung des Energieprogramms, Bulletin vom 25. 3. 1977, 266- 284; für die USA: Energie-Programm vom April1977, komprimierte Wiedergabe in FAZ vom 22. 4.1977, 5. 82

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Internationale Abhängigkeiten im Rohstoffbereich

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II. Belieferungssicherheit kraftallgemeinen Völkerrechts? 2. Der Begriff der Interdependenz beschreibt zutreffend eine gegebene faktische Situation, läßt sich indes nicht als Rechtsbegriff auffassen, wie dies in Erklärungen amerikanischer Regierungsvertreter zumindest anklingt. 3. Auch der Begriff der collective economic security hat bisher keine ausreichende normative Verfestigung erfahren. Überdies wird er von den Entwicklungsländern einseitig nur als rechtspolitische Argumentationswaffe zur Wahrung der eigenen wirtschaftlichen Belange verstanden. 4. Eine Übertragung der mit dem Begriff des common heritage of mankind verbundenen Rechtsvorstellungen auf die Rohstoffvorräte der Erde scheitert nach geltendem Völkerrecht an der staatlichen Souveränität, die jeder Art von Vergemeinschaftung nationaler Ressourcen entgegensteht. 5. Mit menschenrechtliehen Prinzipien läßt sich allenfalls eine allgemeine Verpflichtung der Staaten zur Zusammenarbeit begründen; spezifische Leistungspflichten indes können nur durch vertragliche Abmachungen entstehen, in denen die Kooperationspflicht sich im Wege des Konsenses konkretisiert. 6. Auch aus den Artikeln 55 und 56 der UN-Charta lassen sich ohne ein zwischengeschaltetes Verfahren der vertraglichen Konkretisierung keine fertigen Problemlösungen für komplexe weltwirtschaftliehe Interessenkonflikte ableiten. 7. Nach allgemeinem Völkerrecht bildet somit nach wie vor das Kernelement der gegenwärtigen Weltwirtschaftsordnung der Grundsatz der nationalen Souveränität. Mangels einer durch gegenseitige Solidarpflichten charakterisierten Weltwirtschaftsverfassung müssen daher auch die Bildung von Kartellen der rohstofferzeugenden Länder sowie die Führung einer entsprechenden Kartellpolitik als zulässig angesehen werden.

III. Schutz gegen plötzliche Liefersperren? 8. Selbst die überfallartige Einstellung der Belieferung mit Rohstoffen erfüllt nicht die Merkmale der verbotenen Gewaltanwendung im Sinne des Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta.

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9. Trotz der Resolution 2625 (XXV) der UN-Generalversammlung muß es wegen der den dort aufgestellten Anforderungen zuwiderlaufenden Staatenpraxis ebenfalls als höchst zweifelhaft erscheinen, ob ein Lieferembargo den Tatbestand des Interventionsverbots erfüllt. Rein wirtschaftlich motivierte Preiskämpfe sind jedenfalls durchweg als nicht mit dem Makel der Völkerrechtswidrigkeit behaftet zu erachten.

IV. Belieferungssicherheit durch den Abschluß von Rohstoffabkommen? 10. Die durch den Abschluß von Rohstoffabkommende iure zu gewinnende Belieferungssicherheit besitzt nach allen bisherigen Erfahrungen mit solchen Abkommen nur eine beschränkte faktische Effektivität, soweit es dabei gleichzeitig um die Garantie eines bestimmten Höchstpreisniveaus geht. 11. Die Gewährleistung eines bestimmten Mindestpreises kann von den Industrieländern aus finanziellen, administrativen und schließlich wohl auch verfassungsrechtlichen Gründen nicht übernommen werden. 12. Erstrebenswert erscheint es, durch geeignete Regelungsmechanismen kurzfristige Preisschwankungen zu unterbinden, ohne dabei langfristig der Bewegung des Marktpreises entgegenzusteuern. Zweifel erheben sich indes, ob die von der UNCTAD-Resolution 93 (IV) generell befürwortete Errichtung von Ausgleichslagern ein geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks darstellt. 13. Wirtschaftliche Sachzwänge vermögen aller Erfahrung nach sehr viel wirksamer die Einhaltung eines Vertragswerkes zu sichern als noch so ausgeklügelte hoheitliche Interventionstechniken, die lediglich Symptome bekämpfen, anstatt bei einem strukturellen Marktungleichgewicht die Ursachen dieses Mißstandes selbst auszuräumen.

V. Der gerechte Preis 14. Die- recht pauschale und in dieser undifferenzierten Form nicht haltbare - Ablehnung des Marktes als Preisregulator durch die Entwicklungsländer führt notwendig zu der Suche nach anderen Preisbestimmungsverfahren. 15. Das geltende völkerrechtliche Souveränitätsprinzip läßt - heute und in absehbarer Zukunft - die Preisfestsetzung durch eine unparteiische, den Staaten übergeordnete Autorität nicht zu.

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16. Das Souveränitätsprinzip steht auch einer Preisfestsetzung durch "demokratische" Mehrheitsentscheidungen in den bestehenden UNOrganen oder etwaigen neu zu errichtenden Sonderorganisationen entgegen. 17. Soweit nicht Preise im institutionalisierten Rahmen bestehender Rohstoffabkommen festgesetzt werden können, bleibt als einziger Verfahrensmodus die Austragung von Preiskämpfen im gegenseitigen Verhältnis zwischen den Gruppen der Erzeuger- und der Verbraucherländer nach dem Vorbild der innerstaatlichen Arbeitskämpfe. Freilich vermag dieses antagonistische Modell nur unter der Voraussetzung zu einem Interessenausgleich zu führen, daß die wirtschaftliche Stärke der Kontrahenten nicht allzu weit auseinanderklafft. VI. Ausblick

18. Die empirische Feststellung, daß in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen ein sich laufend beschleunigender Verstaatlichungsprozeß eingesetzt hat, gibt zu der Vermutung Anlaß, daß sich damit auch die Gefahr des Auftretens zwischenstaatlicher Auseinandersetzungen erhöht hat. 19. Belieferungssicherheit ist von den westlichen Industriestaaten allenfalls um den Preis substantieller wirtschaftlicher Opfer zu erlangen. 20. Alle von den politischen Akteuren bisher vorgelegten Planungen für den Rohstoffbereich sind kurzfristige Konzepte zur Lösung der Probleme des Augenblicks. Im Hinblick auf die nicht erneuerbaren Rohstoffe wird sich das Fehlen einer langfristigen, einvernehmlich festgelegten Strategie mit jedem Jahr deutlicher als Negativum bemerkbar machen.

Diskussion zum Referat von Christian Tomuschat Wegener: Ich möchte mich zunächst bei Herrn Tomuschat für dieses außerordentlich vollständige Referat bedanken. Das Referat hat sich mit dem allgemeinen Völkerrecht und den wenigen Möglichkeiten befaßt, die es gewährt, um Abhängigkeiten im Rohstoffbereich zu bewerten. Ich möchte kurz auf Versuche eingehen, die im Vertragsvölkerrecht - im kollektiven Völkerrecht - in dergleichen Richtung gemacht werden, zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß das GATT durchaus auch Vorschriften über Exportbeschränkungen und Exportkontrollen enthält, wenn sie auch in der Praxis nicht so ausgeformt worden sind wie die Parallel-Vorschriften über die Importkontrollen. Es ist aber dort ein ganz erheblicher Rechtsbestand zu finden, der kürzlich auch in der Literatur aufgezeigt worden ist. Die Diskussion um die Exportbeschränkungen oder Exportkontrollen ist - unter dem Stichwort des Supply-Management - nach dem Ölembargo in Gang gekommen und, soweit ich sehe, in besonders nachdrücklicher Weise von den Amerikanern gefördert worden. Die Amerikaner waren auch wohl die Initiatoren einer Behandlung dieses Themas im Rahmen der OECD. Dort hat sich die Diskussion zugespitzt auf die Erarbeitung eines Verhaltenskodex für Exportbeschränkungen, um damit also von der Einbindung der Lieferanten in ein Regelwerk her die Versorgungssicherung zu fördern. Diese Arbeiten sind insbesondere wegen kanadischer Bedenken nicht sehr weit gediehen. Es gibt aber bereits Texte, an denen seit ein bis zwei Jahren nachdrücklich gearbeitet worden ist. Im GATT ist im Rahmen der multilateralen Handelsverhandlungen die Diskussion jetzt erneut belebt worden, nachdem vor wenigen Wochen auf brasilianischen Vorschlag eine neue Untergruppe bei pen multilateralen Handelsverhandlungen die sog. Rechtsrahmengruppe - oder "framework-group" gebildet worden ist, die in ihrem Arbeitskalender auch die Möglichkeit vorgesehen hat, das Supply-Management rechtlich neu zu fassen und im GATT zu verankern, vermutlich in Form eines Verhaltenskodex. Die konzeptionelle Vorarbeit dafür ist geleistet worden - wie ich schon sagte, überwiegend auf amerikanischer Seite - und ich möchte insbesondere verwei-

Diskussion

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sen auf eine sehr ausführliche Studie de lege ferenda, die von Fred Bergsten bei der Brookings Institution bearbeitet worden ist. Schließlich gibt es auch im Rahmen des "Integrated Program for Commodities" einen Versuch, die Versorgungssicherheit miteinzubeziehen, natürlich um den Preis der Inthronisierung eines solchen Programms; der dritte Programmpunkt der UNCTAD-Programmliste heißt nämlich "Multilateral Commitments" - es ist dabei gedacht an multilaterale Liefer- und Abnahmeverpflichtungen mittelfristiger Natur. Die Texte des UNCTAD-Sekretariats sind nicht ganz klar. Die Commitments sollen aber wohl zunächst nur indikative Bedeutung haben, allerdings mit einer Pönalisierung, wenn ihnen nachher in der tatsächlichen Lieferung oder Abnahme nicht entsprochen wird. Schließlich möchte ich auch noch hinweisen auf das Kissingersche Konzept der International Resources Bank, deren Absicht es ja ist, von der Supply-Seite her das Angebot wesentlich zu vergrößern und zwar durch die Tätigkeit einer neutralen Finanzquelle, die den Entwicklungsländern bei der Vergrößerung der Rohstofferschließung in einer neutralen Weise gegenübertritt, unbelastet von den psychologischen Schwierigkeiten, die sich aus privatem Investment mit direktem Zufluß von privaten Geldern in die Entwicklungsländer ergeben. Das alles sind Versuche, das Problem einzufangen auf vertragsvölkerrechtlicher Basis und noch läßt sich nicht absehen, wie weit diese Versuche Erfolg haben werden. Ein ganz wesentlicher Hinderungstatbestand ist sicher der Widerspruch gerade derjenigen westlichen Industrieländer, die selbst primäre Rohstofflieferanten sind, insbesondere Kanada und Australien, sie wollen sich einer rechtlichen Fixierung entziehen und schaden damit dem Anliegen, das wir als großer Rohstoffimporteur haben müssen, nämlich unsere Versorgungslage zu festigen. Ich würde gern noch einen zweiten Gedanken anfügen. Herr Tomuschat hat sich beschäftigt mit der Versorgungssicherheit, weniger dagegen mit den Versuchen, den Rohstoffbereich insgesamt neu zu regeln etwa im Rahmen des lntegrated Program oder anderer Versuche, die jetzt als Alternativmodelle zirkuliert werden. Wir stehen in der UNCTAD im Verfolg der UNCTAD-Resolution 93 IV, die schon zitiert wurde, vor einer gewaltigen Verhandlungsserie, und dort stellen sich nicht nur die ökonomischen und ordnungspolitischen Probleme, sondern auch ganz erhebliche Rechtsprobleme. Ich würde meinen, daß sich die Völkerrechtswissenschaft, ähnlich wie es Professor Kewenig gestern mit einer Analyse der vorgeschlagenen Technologie-Texte getan hat, auch hiermit befassen sollte. Wenn ich beispielsweise die genannten Multilateral Commitments vor mir sehe oder die Vorschläge für einen gemeinsamen Rohstoffonds, der auch ganz erhebliche temporäre Interventionsrechte auf dem Weltrohstoffmarkt haben soll, dann sind das

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alles Rechtsfiguren höchst umfassender Art mit weitgehenden Befugnissen, die sicher auch eine sehr sorgfältige juristische Analyse als Zuarbeit für die Verhandler der westlichen Länder in der bevorstehenden Verhandlungsserie erforderlich machen. Scheuner:

Den Ergebnissen des ausgezeichneten Referates von Herrn Tomuschat vermag ich weitgehend beizustimmen und füge daher nur einige mehr flankierende Bemerkungen hinzu. Meine erste Bemerkung gilt dem von Herrn Tomuschat gestreiften Grundsatz der Souveränität. Kann dieser Begriff in Zukunft in seiner heutigen Stärke beibehalten werden? Ich habe schon gestern darauf aufmerksam gemacht, daß die Bestrebungen zu einer stärkeren Interdependenz innerhalb der Weltwirtschaft zu diesem Prinzip in einen gewissen Gegensatz treten. Das zeigt sich auch an dieser Stelle. Eine volle Souveränität jedes Nationalstaates über die Rohstoffvorkommen in seinem Gebiet bildet ein erstes Hindernis auf dem Wege einer Planung der nicht ersetzbaren Rohstoffe. Das gilt vor allem für diejenigen Rohstoffvorkommen, die nicht ersetzbar sind. Bei den Agrarprodukten liegt die Situation einfacher, als etwa bei Öl und Mineralien, weil hier das Produkt immer neu hervorgebracht werden kann. Soll allein denjenigen Staaten, die über Rohstoffvorkommen verfügen, die Befugnis zustehen, eine sinnvolle Streckung der Vorräte zu planen? Man wird rechtlich hier wohllediglich an eine Art sozialer Bindung des Staates denken können, der über Rohstoffe verfügt, den Zugang zu ihnen nicht zu verschließen und rechtzeitig Zukunftsentwicklungen zu beachten. Vertragliche Abmachungen liegen auf diesem Felde noch nicht vor. Andere Zukunftsfragen der Menschheit entziehen sich nicht weniger der internationalen Regelung. Der Umweltschutz dürfte sich im Wege des Nachbarrechts noch am ehesten als lösbar erweisen. Aber etwa die Frage der Bevölkerungsentwicklung dürfte sich internationalen Regelungen etwa in der Richtung auf eine Familienplanung entziehen, weil hierbei unvermeidlich menschenrechtliehe Probleme berührt würden. Ich möchte in dieser Hinsicht auf einen Punkt hinweisen, der die Ambivalenz der Lage deutlich hervortreten läßt. Wenn heute die Wirtschaftszone der Uferstaaten der Ozeane auf 200 Seemeilen erweitert werden soll, so scheint das zunächst dem Schutz der Fischerei zu dienen, die vor übermäßiger Ausbeutung geschützt werden soll. Aber könnten nun nicht doch Staaten, die auf diese Weise eine ausschließliche Verfügung erlangen, auch ihrerseits dazu neigen, eine übermäßige Ausnutzung der Bestände vorzunehmen oder - ggf. gegen Konzessionen- zuzulassen? Ist die nationale Verfügung hier zureichend, um die generellen Interessen an der Erhaltung der Reichtümer der Meere für alle sicherzustellen?

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Ein zweiter Punkt, auf den ich eingehen will, betrifft die Rohstoffe. Hier dürften Fortschritte wohl nur mit Verhaltenscodices und multilateralen Abkommen erreichbar sein. Moderne Rohstoffabkommen, die übrigens ein relativ einheitliches Bild in ihren Einzelbestimmungen aufweisen, zeigen, daß sich eine gemeinsame Struktur für die beiderseitigen Interessen von Erzeugern und Verbrauchern darin finden läßt, daß sie mit gleicher Stimmenzahl in den Organen der Organisation einander gegenübertreten, wobei für einzelne Länder auch Maximalanteile festgelegt werden können. Herr Wegener hat auf die Einzelbestimmungen hingewiesen, die ich hier nicht wiederholen will. Produktionsbeschränkungen sind dabei bei wirksamen Abkommen wohl fast unvermeidlich, weil nur über sie eine Regelung des Angebots erreicht werden kann. Es werden ferner Spannen festgesetzt, bei deren Überschreitung oder Unterschreitung dann jeweils die Intervention der Rohstofforganisation durch Abgabe von Vorräten bzw. Aufnahme von Überschüssen aus dem Markt einsetzt. Die Bildung von buffer-stocks kann hier eine nützliche Maßnahme sein, wenn man sie in Grenzen zu halten vermag. Freilich wäre es für die Völkerrechtswissenschaft auch notwendig, die europäischen Erfahrungen zu verwerten, die mit der Bildung solcher Rohstoffmengen, vor allem mit der Abgabe von Preis- und Abnahmegarantien gemacht worden sind. Sie können, wie die europäische Agrarmarktentwicklung gezeigt hat, zu erheblicher Produktionsausweitung führen, deren Übernahme und Absatz schließlich große Kosten verursacht. Das führt zu der dritten und letzten Bemerkung. Im Grunde führt die Rohstoffbewirtschaftung, darauf hat Herr Tomuschat am Schluß hingewiesen, zu einer umfassenderen Planung, die zugleich auch eine Verantwortung für die Erhaltung der künftigen Versorgung übernehmen muß. Der heutige Zustand der Völkergesellschaft schließt freilich eine so weitgehende Vorsorge vorerst noch weitgehend aus. Delbrück:

Obwohl ich auf dem Gebiet, das ich jetzt ansprechen will, kein Experte bin, möchte ich doch einige Anfragen an den Referenten und an die unter uns befindlichen Wirtschaftswissenschaftler richten. Anknüpfend an die These 17 von Herrn Tomuschat, wo er darauf hinweist, daß das antagonistische Modell, das er letztlich seiner Überlegung zugrundegelegt hat, eigentlich nur funktional ist, wenn die Partner in diesem Modell einigermaßen in ihren Angeboten ausgewogen sind, so daß eine Art "Marktgleichgewicht" gegeben ist, läßt doch die Frage aufkommen, wie die Verhältnisse heute auf dem Weltmarkt beschaffen sind. Wir haben gestern gehört - Herr Krämer sagte das, wobei ich nicht glaube, daß das das Ganze war, was er dazu zu sagen hätte-, daß im Grunde theoretisch ja doch eine solche Ausgewogenheit

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zwischen den Partnern (Nord und Süd) existiert. Die gleiche Ansicht klang auch in den Beiträgen der Diskussion gestern und heute an. Die einen haben das technologische Know-How, die anderen haben die Rohstoffe, und hier ließe sich doch so etwas wie ein ausgewogenes Modell für Preiskämpfe entwickeln. Mein Zweifel und meine Anfrage geht eigentlich dahin: ist das richtig, handelt es sich in diesem Sinne um eine auch für die Praxis relevante Ausgewogenheit von Angebot und Gegenangebot? Denn wenn wir in die Praxis sehen, sprechen wir doch vom "widening gap", das die Armen ärmer und die Reichen reicher werden. Wir haben zu differenzieren auf der Seite der Dritten Welt zwischen den Rohstoff-"have nots" und den -"haves", die aber ihrerseits noch nicht entwickelt sind. Wir sehen, daß sich bei den OPECLändern etwas verändert, aber nicht bei den absoluten "have nots", so daß mir Zweifel kommen, ob es eigentlich richtig ist, letztlich von diesem theoretischen Modell einer Ausgewogenheit von Angebot und Gegenangebot auszugehen, zumal uns ja auch ein Teil zumindest der Wirtschaftswissenschaft oder Entwicklungsländerforschung sagt, daß trotz der Aufwendungen, die wir bringen, das Verhältnis von Dritter Welt zur entwickelten Welt sich nicht zugunsten der Dritten Welt verändert, sondern daß wir nach wie vor relativ guten Gewinn daraus ziehen. Ich habe gestern in Gesprächen am Rande gehört, daß das nicht so sein soll, daß das nur falsche Berechnungen sind. Ich kann das nicht beurteilen. Ich wäre dankbar, wenn ich da Aufklärung erhielte. Das zweite, was ich dabei fragen möchte, ist: Werden eigentlich- abweichend von diesen integrativen Weltwirtschaftsmodellen - auch im Bereich der völkerrechtlichen Diskussion, die Sie, Herr Tomuschat, uns dargestellt haben, Gegenmodelle, die man grob bezeichnen könnte als dissoziative Modelle, diskutiert, wo es also um einen Austausch von Rohstoffen und Technologieübertragung und ähnliches geht, die nicht darauf hinzielen, in den Drittweltstaaten Wirtschaftsformen und -strukturen zu entwickeln, wie wir sie kennen, sondern die die Drittweltländer in die Lage versetzen, das was die Diskussion in der Entwicklungsländerforschung "self reliance"-Strukturen nennt, die den autochthonen Gegebenheiten, den sozialstruktureilen Bedingungen besser angepaßt sind als unsere Formen der wirtschaftlichen Entwicklung. Das bedingte dann die weitere Frage, ob man über diesen dissoziativen Weg vielleicht auch zu einer anderen Form der Festsetzung von Preisen und ähnlichem kommen könnte. Denn - wie gesagt - das, was wir jetzt diskutieren, bedeutet doch Übertragung unserer Wirtschaftsformvorstellungen auf die Dritte Welt, die dann nur im Wege einer Sozialbindung irgendwie an die Bedürfnisse der Dritten Welt ~ngepaßt werden sollen.

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Ich wäre dankbar, wenn ich auch hierzu Informationen erhalten könnte. Krämer:

Die Frage, die Sie soeben gestellt haben, läßt sich nur in einem Grundlagengespräch ausführlich beantworten; aber zu den Ausführungen, die Sie im Zusammenhang mit der These 17 machten, zur Verhandlungsstrategie, da ist in der Tat, meine ich, etwas zu ergänzen. In dem Vortrag ging es eigentlich immer nur um Angebot von Rohstoffen und Abnahme von Rohstoffen. In den Verhandlungen, die ja schon im Gange sind, wird aber auch ein Angebot seitens der Industrieländer eingebracht. Das geschieht im sogenannten Nord-Süd-Dialog und ich glaube, es ist sehr wichtig, das in unsere Überlegungen einzubeziehen. Deswegen wies ich auch gestern auf dieses "Paket" hin, also auf das ganze Bündel von Maßnahmen, das im Rahmen der Neuen Weltwirtschaftsordnung diskutiert wird: Öffnung von Märkten, Technologietransfer und alle diese Dinge. Hier gehört mit hinein, was von Anfang an z. B. von den Ölexportstaaten angestrebt wurde, daß man nicht unbedingt Geld haben will für das gelieferte Öl, sondern Know-How, Dinge, die man zur Entwicklung der eigenen Wirtschaft gebrauchen kann. Sie kennen alle die Argumentation des Schahs z. B.: Das Erdöl ist bald alle und bis das soweit ist, soll eine Wirtschaft aufgebaut werden, die ohne das Öl existieren kann. Was zu diesem industriellen Aufbau gehört ist das, was der Westen vor allen Dingen bieten kann- Technologie, Know-How -, und da scheint mir in der Tat die Möglichkeit von ausgewogenen Positionen zu existieren, zumal ja nicht so ganz krasse Abhängigkeitsverhältnisse bestehen, auch wenn Sie etwa an das Rohöl denken. Im Kreise der Ölverbraucherländer befinden sich immerhin auch die Vereinigten Staaten, die gleichzeitig Produzenten sind, so daß durchaus noch ein bißchen Bewegungs- bzw. Verhandlungsspielraum vorhanden ist. Der Westen befindet sich also nicht in einer Situation, wo man sofort zum Ergebnis kommen muß. Es kann recht lange Zeit verhandelt werden, und dabei dürfte dann wohl so etwas wie eine Kooperation herauskommen, wobei mir die interessanteste Variante das EWG-Konzept zu sein scheint. Hiermit ist gemeint die Kooperation mit den Ländern rund um den Mittelmeerraum - auch ausgedehnt auf die afrikanischen Länder im Rahmen des AKP-Abkommens, das vorwiegend als eine solche Art von Kooperation angelegt ist. Es gibt dort jeweils neben den Handelsvereinbarungen technische Hilfe, es gibt finanzielle Hilfe, und insgesamt soll auf die Dauer dann ein ausgewogenes Verhältnis unter Berücksichti·

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gung von Rohstofflieferanten herauskommen. Ich glaube, langfristig, Herr Delbrück, kann man schon sagen, daß Aussicht besteht, die Entwicklung der südlichen Länder so weit zu bringen, daß ein gewisses Gleichgewicht hergestellt wird. Natürlich darf man nun nicht in ein Perfektionsdenken verfallen. Es gibt Länder, die können einfach nicht industrialisiert werden. Da ist nichts zu entwickeln, und wenn dort der Lebensstandard gehoben werden soll, dann wird das nur durch dauernde Zuschüsse von außen möglich sein. Aber im großen und ganzen kann man sicherlich sagen, daß die Mehrheit der Entwicklungsländer wenn sie nicht so ganz winzig sind - oder wenn sie, um diese Winzigkeit zu bekämpfen, sich zusammenschließen - durchaus eine Chance haben, in absehbarer Zeit ein solches Wirtschaftswachstum zu erreichen, daß das Gleichgewicht, auf das sie hoffen, auf das wir alle hoffen, doch herzustellen ist.

Tomuschat: Ich möchte ganz kurz noch auf Herrn Delbrück eingehen. Eine ausgewogene wirtschaftliche Machtverteilung findet sich wohl im Augenblick nur im Verhältnis der OPEC-Staaten zu den Industriestaaten, da die übrigen Rohstofflieferantenländer nicht die gleiche Stärke aufweisen. Aus diesem Grunde wird ja auch die OPEC von den Entwicklungsländern gleichsam als Speerspitze vorausgeschickt und wird vor allem versucht, die Finanzierungskapazitäten der OPEC einzusetzen für die geplanten neuen Erzeugerkartelle. In der Tat gehört die Bildung solcher Kartelle zum Standardprogramm aller einschlägigen Erklärungen (z. B.: Erklärungen von Colombo und Manila). Sämtliche dieser Deklarationen betrachten Erzeugerkartelle als einen Bestandteil der künftigen Weltwirtschaftsordnung. Selbst wenn es darüber hinaus zum Abschluß umfassender Rohstoffabkommen käme, die auch die Abnahmeländer miteinbeziehen, sollen doch deswegen nicht die vorhandenen Anbieter-Kooperationen verschwinden. Ich meine also, daß das gegenwärtige weltpolitische Kalkül vor allem bei der Frage einsetzt, wie weit es den übrigen Rohstofferzeugern gelingt, die Solidarität der OPEC-Länder für sich zu erwerben und die Finanzreserven der OPEC auch für ihre Zwecke einzusetzen. Dieses Problem ist bisher wohl in der Dritten Welt selbst noch nicht ganz ausgetragen worden. Was das Konzept der "self-reliance" angeht, so umschließt es vor allem das verständliche Bestreben der Entwicklungsländer, aus der einseitigen Rolle als Lieferanten von Rohstoffen herauszukommen. Expansion of processing and diversification bildet einen Kernbestandteil des integrierten Rohstoffprogramms, das ja gerade ~uc;h darauf ausgeht, die traditionell strenge und für die Entwick-

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lungsländer ungünstige Arbeitsteilung zu durchbrechen und bei ihnen Strukturen entstehen zu lassen, die eine eigene Existenz ermöglichen. Wie weit andererseits den Entwicklungsländern der Vorschlag gemacht werden kann und sollte, eine eigenständige Wirtschaftszivilisation zu entwickeln, die nicht die unsere ist, stellt eine außerordentlich schwierige Frage dar, und selbst in Kreisen der Entwicklungsländer hat man darüber wohl durchaus keine konkordanten Vorstellungen. Die Furcht scheint begreiflicherweise recht verbreitet zu sein, daß ihnen irgendeine abgelegte Technologie zweiten Grades geliefert wird, so daß auf ewige Zeiten der technological gap festgeschrieben wäre, indem ihnen der Anschluß an die neueste Entwicklung vorenthalten bliebe. Im übrigen verdient besondere Beachtung das politische Programm der Zusammenarbeit unter den Entwicklungsländern selbst, die sich wesentliches erhoffen namentlich von der Solidarität in bestimmten Regionalgruppen, wobei vielen die EWG als Beispiel vor Augen steht. Diese Bestrebungen haben bisher noch kaum zu konkreten Realisationen geführt. Gegenwärtig verhält es sich bekanntlich noch so, daß etwa in Lateinamerika die Staaten sehr viel engere Beziehungen zum nordamerikanischen Kontinent und zu Europa unterhalten als unter sich selbst.

Krämer: Ich wollte etwas ergänzen in bezug auf die Kartelle. Es besteht wegen der Konkurrenzsituation zwischen den Partnerstaaten die starke Vermutung, daß die meisten der (gegründeten oder geplanten) Anbieterkarteile von Rohstoffländern nichts Dauerhaftes sein werden, daß nach den bisherigen Erfahrungen nur ganz geringe Aussichten für sie bestehen, selbst wenn die OPEC-Länder sich daran beteiligen. Das ist die Meinung von Ökonomen, die ziemlich allgemein vertreten wird.

Rauschning: Was nicht für die OPEC gilt. Die hält noch eine Weile durch.

Krämer: Die hält noch, ja, noch eine Weile.

Meessen: Herr Tomuschat hat mit Recht gesagt, daß man Vorstellungen wettbewerbspolitischer Art, die im innerstaatlichen Raum entwickelt worden sind, nicht auf völkerrechtliche Ebene projizieren und etwa am Maßstab unseres innerstaatlichen Kartellrechts die Zulässigkeit von

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Erzeugerkartellen, die zwischen Staaten abgeschlossen werden, messen darf. Dennoch glaube ich, daß Weltwirtschaft als Weltmarktwirtschaft organisiert sein kann, zumal wir verschiedene Marktteilnehmer - mag es sich um Privatunternehmen, um staatliche Unternehmen oder um Staaten handeln - haben, so daß der Mechanismus des Marktes, das Spiel von Angebot und Nachfrage, durchaus seine Funktionsfähigkeit behalten kann. In diesem Sinne verstehe ich auch die Thesen 14 f. von Herrn Tomuschat. Gerade von diesem Ausgangspunkt her erscheint mir jedoch die These 17 nicht besonders attraktiv. Die Organisation des Marktes nach der Art innerstaatlicher Arbeitskämpfe würde zu einer Verhärtung der Fronten, zu einer Politisierung der Preisauseinandersetzung und zu den gestern von Herrn Wegener mit Recht hervorgehobenen sachwidrigen Solidarisierungszwängen in den einzelnen Gruppen führen. Meiner Ansicht nach wäre ein aus vielen Anbietern und Nachfragern bestehender Markt vorzuziehen. Unsere Strategie sollte eher darin bestehen, den Marktmechanismus funktionsfähig zu erhalten und die sozialen Probleme der Ungleichheit auf andere Weise zu bekämpfen. Langfristig kann vor allem die Industrialisierung, über die wir ja gestern nachmittag im Rahmen der Technologieproblematik diskutiert hatten, weiterführen. Ob Art. 5 der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten zu entnehmen ist, daß die Industrieländer verpflichtet sind, Embargo-Maßnahmen der Rohstoffkartelle der Entwicklungsländer hinzunehmen, erscheint mir zweifelhaft. Art. 5 ist durchaus auch einer restriktiveren Interpretation zugänglich. Die dort postulierte Verpflichtung erstreckt sich nur auf die Hinnahme des Kartells und nicht auf die Hinnahme der von dem Kartell getroffenen diskriminierenden Maßnahmen. Die Hinnahme von Embargo-Maßnahmen ist meines Erachtens nicht vorgeschrieben. Retorsionsmaßnahmen wären also zulässig. Es fragt sich jedoch, ob die Embargo-Maßnahmen völkerrechtlich verboten sind, so daß auch Repressalien gegen sie ergriffen werden könnten. Herr Tomuschat hat hierzu auf Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta hingewiesen. Dieser Bestimmung kann selbstverständlich kein Verbot wirtschaftlicher Embargo-Maßnahmen entnommen werden. Auch die Resolution 2625 enthält kein eindeutiges Verbot wirtschaftlicher Intervention. Herr Joetze hat mich vorhin im privaten Gespräch auf einen Ansatzpunkt in der KSZE-Schlußakte hingewiesen. Ich möchte diesen Hinweis nur weitergeben, ohne selbst Stellung zu nehmen. Meinerseits würde ich eher bei der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten ansetzen wollen. Warum sollte nicht das in Art. 1 und in Art. 2 Abs. 1 gewährleistete Recht auf wirtschaftliche Souveränität auch von Industrieländern in Anspruch genommen werden können? Zusätzlich

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möchte ich auf die bereits gestern erwähnte Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, die in Art. 24 verankert ist, hinweisen. Interessant wäre es natürlich hierzu die Praxis genauer zu erforschen.

Skubiszewski: One general conclusion which follows from the excellent paper by Professor Tomuschat is that we need some central guidance and management in matters which he discussed. What I have at the back of my mind is primarily a negative consideration which is that problems relating to distribution and selling of raw materials should not be left in the hands of the producing countries alone, i. e. should not be their monopoly. Professor Tomuschat was right in emphasizing the continuing importance of national competence in deciding on problems of the use of raw materials. I think I understood his point of view weH, he did not overemphasize the principle of national decision but he simply referred to it in describing the state of the law as it is today. Nevertheless we can't discuss these problems simply in terms of positive law. Our attention should be directed to the possible changes of law, especially as some consequences which follow from the application of the principle of national decision are not satisfactory. We must, I think, count with an increase of international legal regulation with respect to the problems discussed by Professor Tomuschat, be it regulation through treaties or through instruments formally nonobligatory such as the United Nationsresolutions or documents such as the final act of the Helsinki conference. There are two trends or directions relating to national jurisdiction. When we regulate, or when we try to regulate, global economic issues, we cross the boundaries of national jurisdiction, and we broaden the scope of matters which are no Ionger of domestic concern. Think of such problems as monetary policies (Professor Hahn will discuss them this afternoon), prices of commodities, or transfer of technology (discussed by Professor Kewenig yesterday). Thus problems of jurisdiction in the field covered by Professor Tomuschat and generally, by this conference acquire a new dimension. This is one trend; the second trend, goes in the opposite direction: the curbing of international concern and the increase of domestic jurisdiction. There is much material illustrating this trend in the paper read yesterday by Professor Meessen and also in some contributions to the discussion on this paper, including that by Professor Foighel. Compensation for property that is taken away is becoming more and more of domestic concern, a matter which is decided by domestic laws and municipal laws and not through international negotiation and international decision. Another example, but

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it is rather intermediate, is the decisions on prices of certain commodities taken exclusively within a closed grouping of states, and that is the case of oil. A certain group of states takes the decision, and the decision influences the conduct and the behaviour, or the relationships, of other members of the international community. Whenever we regulate, especially on a global scale, economic issues, we face problems of jurisdiction, which have several facets.

Weber-Fas: Ich kann mich sehr kurz fassen, weil der Punkt, den ich ansprechen wollte, bereits von Herrn Scheuner behandelt wurde. Mit ihm bin ich im Ergebnis der Meinung, daß ein tiefer Widerspruch entstanden ist zwischen den herkömmlichen Prinzipien und normativen Mitteln des Völkerrechts einerseits und den gegenwärtigen Grundbedürfnissen der Völkergemeinschaft andererseits. Insoweit stimme ich ihm auch darin zu, daß das internationale Recht einem neuen Entwicklungsgedanken angemessen Rechnung tragen muß, unabhängig von der nach wie vor prinzipiell geltenden nationalen Souveränität: nämlich dem Gedanken einer gegenseitigen Verpflichtung und einer - noch auf den Begriff zu bringenden - Sozialität innerhalb der internationalen Sozietät. Indessen möchte ich meine Sorge nicht unterdrücken, als könnte man, was mir in der gestrigen Diskussion anzuklingen schien, mit Konzepten innerstaatlicher Art, wie etwa dem deutschen Sozialstaatsprinzip, bereits Problemlösungen finden. Das bezweifle ich doch sehr. Einmal deshalb, weil es mir grundsätzlich bedenklich erscheint, innerstaatliche Verfassungsformen, die doch Ausprägungen des nationalen pouvoir constituant sind, ohne weiteres auf die zwischenstaatliche Ebene zu übertragen. Und mein weiteres Bedenken, bezogen auf unser Sozialstaatsprinzip, ist ein eher technisches: Dieses Verfassungselement ist grundgesetzlich so schwach konturiert, daß man nicht leicht erkennen kann, welche praktische Ergiebigkeit seine Transposition auf die Ebene des internationalen Rechts haben würde.

Koppensteiner: Ihre Kritik an denjenigen Zeitgenossen, die den Standpunkt vertreten, daß Rohstoffkartelle wie die OPEC unzulässig sind, ist m. E. vollkommen zutreffend. Ich sehe absolut keine Möglichkeit, Herr Meessen, Sie haben es ja auch gesagt, das Gegenteil zu begründen. Das ist nicht die Revokation meiner gestrigen These zu den wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen der OPEC. Worum es mir gestern ging, war nur der Versuch, die kartellrechtlichen Probleme des Technologietransfers als Element, als Bestandteil eines allgemeinen Problems zu sehen, das man

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vielleicht mit der Herstellung der Voraussetzungen eines von Wettbewerbsbeschränkungen freien Welthandels bezeichnen kann. In diesen Bezugsrahmen gehört auch die OPEC. Konkret meinte ich, man sollte verschiedene kartellrechtliche Einzelprobleme, über die auf internationaler Ebene im Rahmen der UNCTAD, der OECD und anderen Organisationen verhandelt wird, in einen Gesamtrahmen einordnen und vielleicht auch integriert verhandeln. Meine zweite Bemerkung zielt auf die These 17. In der Tat- wenn und soweit kartellrechtliche Wettbewerbsbeschränkungen nicht abgebaut werden können, wenn insoweit auf der einen Seite Macht akkumuliert wird in der Form eines Rohstoffkartells, dann bleibt als Ordnungsprinzip ganz sicher nichts anderes übrig, als das Gegengewichtsprinzip, so wie es Herr Tomuschat präsentiert hat. Das ist ein Modell, das nicht nur im innerstaatlichen Arbeitsrecht eine Rolle spielt, sondern auch als Rechtfertigungsgrund im internationalen Kartellrecht. Nur muß man sich erstens darüber im klaren sein, daß das immer nur die zweitbeste Lösung sein kann, und zweitens hat dieses Modell bestimmte Funktionsvoraussetzungen, worauf Sie ja ausdrücklich hingewiesen haben, Herr Tomuschat. Und in einer anschließenden Bemerkung haben Sie festgestellt, in einer Diskussionsbemerkung, daß diese Voraussetzungen im Grunde im Moment nur bei OPEC realisiert sind, ganz schlicht deshalb, weil es bei den anderen Rohstoffen noch keine vergleichbaren Organisationen gibt, und Herr Krämer hat betont, und ich glaube, das ist mehr oder weniger communis opinio, daß es diese Voraussetzungen- nämlich ein funktionierendes Rohstoffkartell - wohl nicht geben wird, wenn überhaupt, dann nur temporär, weil einfach die zentrifugalen Kräfte zu stark sind. Wenn das so ist, dann glaube ich, dann muß man These 17 zwar theoretisch für richtig halten, aber ihre praktische Relevanz in Zweifel ziehen. Das Gegengewichtsprinzip als Machtausgleichsprinzip setzt eben Gleichgewichtigkeit auf beiden Seiten voraus und diese Gleichgewichtigkeit ist nicht garantiert, solange die Rohstoffexporteure sich nicht gegenseitig koordinieren. Wenn das richtig ist, dann stellt sich natürlich die Frage, wie und wo kann ein anderes Systemprinzip für die Organisation der internationalen Rohstoffbeziehungen gefunden werden. Ich glaube, die Antwort hat - jedenfalls im Grundsatz schon - Professor Scheuner geliefert. Auch wenn man Ihre Kritik an den Prinzipien der Rohstoffabkommen, an der Technik des bufferstocks und einigen anderen Elementen teilt, sehe ich doch im Moment keine richtige Alternative zu dem Modell, das den von Professor Scheuner erwähnten Zinn- und Kaffeeabkommen zugrunde liegt. Dieses Modell hat immerhin den Vorteil, daß es zwei Grundbedürfnissen Rechnung trägt: Dem Bedürfnis nach Verstetigung der Preise - also nach planbarem Einkommen auf Seiten der Rohstofflieferanten - und dem Bedürfnis nach Liefersicher-

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heit, und zwar zu einigermaßen kalkulierbaren Preisen auf Seiten der Abnehmer. Es werden also hier zwei elementare Bedürfnisse und zwar auf beiden Seiten der Interessenskala befriedigt, Bedürfnisse gewiß, deren Befriedigung ihren Preis kosten. Sie haben auf die Kosten dieser bufferstocks hingewiesen, sie haben zum Ausdruck gebracht, daß auf diese Weise Entwicklungshilfe im Ergebnis nur von denjenigen bezahlt wird, die Rohstoffimporteure sind. Das ist richtig, bezogen auf Entwicklungshilfe qua Rohstoffsubvention, wenn man es vielleicht mal so ausdrücken will. Aber das betrifft natürlich nicht das Problem der Finanzierung von Entwicklungshilfe insgesamt. Entwicklungshilfe wird ja nicht nur über den Einkauf von Rohstoffen geleistet, wenn überhaupt, sondern vornehmlich auch auf anderem Gebiet. Ich würde mich also im Ergebnis - trotz Akzeptierung Ihrer These 17 im theoretischen Bereich - dem anschließen wollen, was Herr Scheuner gesagt hat. Ich meine, daß eine einigermaßen befriedigende Lösung der Rohstoffbeziehungen wohl doch nur über Modelle möglich ist, die in etwa dem entsprechen, was schon auf dem Tisch ist.

Kewenig: Ich möchte einige etwas verstreute Bemerkungen zu den Thesen von Herrn Tomuschat machen. Zunächst aber im Anschluß an das, was Herr Scheuner und Herr Skubiszewski gesagt haben. Mir scheint in der Tat das Grundproblem der gegenwärtigen Entwicklungsphase des Völkerrechts das Gegeneinander von Gleichheit und Freiheit, von Solidarität und Souveränität zu sein. Es kommt allerdings hinzu - und das macht die eigentliche Problematik aus -, daß heute beide Rechtsgüter Gleichheit und Freiheit - gleichzeitig von den gleichen Staaten in Anspruch genommen werden. Unsere Gesprächspartner - die Entwicklungsländer - rekurrieren gleichzeitig, wenn es etwa um ihre Forderungen im Technologiebereich geht, auf die Solidarität, und wenn es um ihre Vorstellungen etwa im Rohstoffbereich geht, auf die Souveränität. Nun aber zu den Thesen. Zunächst zur These 3 oder insgesamt zu Abschnitt II. "Belieferungssicherheit kraft allgemeinen Völkerrechts?". Ich stimme nicht nur der Generallinie dieses Abschnitts, sondern auch allen Einzelthesen voll zu. Wenn uns dann die Frage gestellt würde, auf welcher "Schiene" nach unserer Ansicht die zukünftige Entwicklung laufen sollte, dann wäre mein Votum eindeutig für die "Schiene" der These Nr. 3. Nach meiner Auffassung sollte man über soziale Verantwortung im internationalen Bereich sprechen. Der Begriff der "collective economic security", den Herr Ipsen vor zwei Jahren in diesem Kreise vorgestellt und behandelt hat, scheint mir zur theoretischen Begründung dieser Schiene verwendbar. Ich gebe zwar zu, daß man

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aus dem Begriff der "collective economic security" im Moment noch keine konkreten, rechtlich faßbaren Folgerungen und Schlüsse ziehen kann. Aber in diesem Begriff stecken Entwicklungsmöglichkeiten. Zur These 7 möchte ich sagen, daß nach meiner Auffassung schon das geltende Völkerrecht gegen Extremfälle gewisse Handhabungen gibt. Zu These 8: Wir sind uns alle einig darüber, daß wirtschaftliche Pressionen nicht unter den Gewaltbegriff des Art. 2 Abs. 4 UN-Charta fallen. Andererseits steckt gerade hier ein gutes Belegexemplar dafür, wie gefährlich unverbindliche Resolutionen und Erklärungen der UNVollversammlung sein können. Ich bin sicher, daß, wenn das noch zehn Jahre so weitergeht, das weltweite Bewußtsein sich allmählich verändert. Und dann fällt auf einmal nach fast einhelliger Meinung die wirtschaftliche Gewalt doch unter Artikel2 Abs. 4 UN-Charta. Zu These 13: Ich stimme Ihnen vollkommen zu, wenn Sie auf die Bedeutung des peaceful change hinweisen und darauf, daß es sehr viel vernünftiger ist, die Ursachen statt der Symptome zu bekämpfen. Nur, wir sind uns doch wohl beide einig, daß bedauerlicherweise Fortschritte beim peaceful change noch schwieriger erreichbar sind als bei der Bekämpfung der Symptome. Daß der Gedanke des peaceful change letztlich aussichtsreicher und deshalb für den Völkerrechtler auch viel interessanter ist, versteht sich von selbst. Nur die außerordentlichen- nicht nur begrifflichen, sondern auch außerordentlichen sonstigen - Schwierigkeiten sind uns geläufig und trotzdem bleibt leider die These 13, so richtig sie ist, im gegenwärtigen Zustand der internationalen Solidarität überwiegend ein frommer Wunsch. Letzte Bemerkung zu der schon vieldiskutierten These 17: Ich würde meinerseits auch für das antagonistische Modell als Grundprinzip votieren, würde aber im Sinne der Bemerkung von Herrn Meessen und wohl auch von Herrn Koppeosteiner meinen, daß man genau wie im innerstaatlichen Bereich deutliche Korrekturen an diesem Grundmodell anzubringen hat. Und zwar einfach deshalb, weil Ungleichgewicht in den ökonomischen und politischen Strukturen noch größer ist als das Ungleichgewicht im nationalen Bereich. Und schon im nationalen Bereich ist es ja so, daß die Arbeitgeber davon überzeugt sind, daß sie eigentlich schwächer sind als die Gewerkschaften, und umgekehrt - wer da Recht hat, will ich hier nicht untersuchen.

Wehser: Ich möchte zwei kurze Bemerkungen machen. Mit der ersten möchte ich an Herrn Kewenig anknüpfen. Ich meine auch, daß man das Interventionsverbot mehr ausreizen könnte. Das Interventionsverbot ist ja

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ein sehr nebulöser Tatbestand. Seine Konturen sind äußerst vage und umstritten. Man hat einmal bemerkt, der Tatbestand der Intervention erfasse fast alles, angefangen von der Teilung Polens bis zu einer Rede Lord Palmerstone's im britischen Oberhaus. Ich meine jedenfalls, daß der arabische Erdölboykott tatsächlich den Tatbestand der (wirtschaftlichen) Intervention gegenüber einer Reihe von Staaten erfüllt hat. Sieht man einmal von den Fällen bewaffneter Gewalt ab, so läßt sich wohl kaum ein Tatbestand denken, durch den intensiverer Druck auf die staatliche Entscheidungsfreiheit ausgeübt wurde, als durch den Erdölboykott. So war z. B. Japan gezwungen, seine gesamte Handelspolitik, insbesondere gegenüber Israel umzustellen. Meine zweite Bemerkung gilt der Lagerhaltung im Rahmen von Rohstoffabkommen und insbesondere im Rahmen des Integrierten Programms. Hier wird häufig die Vision beschworen, daß diese Lagerhaltung - ähnlich wie im Rahmen der EG - zu überquellenden Scheuern führen müßte. Bei diesem Vergleich wird jedoch- möglicherweise bewußt - vernachlässigt, daß die Rohstoffabkommen im Unterschied zur Landwirtschaftspolitik der Gemeinschaft keine Abnahmegarantien kennen, sondern die Aufnahmekapazitäten der buffer-stocks beschränken. Die beiden aktuellen Beispiele für diese Beschränkungen sind die Ausgleichslager für Zinn und Kaffee mit einer Aufnahmekapazität von 25 000 bzw. 250 000 t. Sofern diese Kapazitäten erschöpft sind, sehen die Abkommen Produktionsbeschränkungen und andere Techniken vor, um Angebot und Nachfrage auf dem Markt in Übereinstimmung zu bringen. Insofern besteht also ein wesentlicher Unterschied zwischen der EG-Lagerhaltung und derjenigen der Rohstoffabkommen, so daß das Chaos der EG-Landwirtschaftspolitik nur sehr bedingt als Nachweis für die Untauglichkeit der Rohstoffabkommen geeignet ist.

Joetze: Drei kurze Punkte: Ich möchte für meinen ersten Punkt an eine Bemerkung von Herrn Kewenig anknüpfen. Herr Kewenig, der Ost-WestGegensatz besteht ja noch, und wenn jemandem die intellektuelle Beschäftigung mit dem Nord-Süd-Gegensatz zu schwierig wird, so ist es doch durchaus möglich, für eine Erholungspause sich zu den einfachen Problemen des Ost-West-Gegenstandes zurückzuziehen. Ernsthaft stimme ich Ihnen natürlich völlig zu. Die Probleme des Ost-WestGegensatzes sind in der Tat einfacher deshalb, weil unsere grundsätzliche Haltung in Übereinstimmung steht mit unseren Grundwerten und unseren politischen Grundauffassungen, jedenfalls in unserer Perzeption. Eines der Probleme, der unsere Staaten sich im Nord-Süd-Konflikt gegenübersehen, ist schlicht und einfach, daß nicht alles, was wir

t>fskuss{ort vertreten, in Übereinstimmung zu bringen ist mit dem, was wir seit der französischen Revolution als unsere Grundauffassung propagieren, und daß die andere Seite bei aller verbaler Aggressivität und bei aller Übertreibung gewisse Positionen besetzt, die eigentlich die unseren sein müßten. Das ist der Unterschied zum Ost-West-Gegensatz. Dies führt mich zu dem Problem der Gleichgewichtigkeit im Rahmen der These 17 von Herrn Tomuschat. Erste Bemerkung: Einer der wesentlichen Unterschiede zum innerstaatlichen Modell ist natürlich das Fehlen der staatlichen Überwölbung, aber das hauptsächliche Problem ist ja das des Kräfteverhältnisses. Dieses ist in einem politischen Verhältnis nicht rein objektiv feststellbar, sondern vornehmlich eine Frage der Perzeption. Die westlichen Gesellschaften nun perzipieren ihr Verhältnis zur Dritten Welt als belastet mit dem moralischen Handikap, das ich vorhin andeutete. Das schlägt sich nieder auch auf die unmittelbare operative Anwendung von "checks" und "balances". Theoretisch können Sie sagen, der West~n ist in einer viel stärkeren Position, rein machtmäßig, ganz nüchtern betrachtet; z. B. sind USA und Kanada die Hauptgetreidelieferanten. Solange das der Fall ist, kann uns Saudi Arabien überhaupt nichts anhaben, könnte man sagen. Aber da gibt es humanitäre Grenzen. Im Westen wäre es gegenüber der eigenen öffentlichen Meinung politisch einfach nicht möglich, gewisse Machtmittel hundertprozentig auszuspielen. Um ein anderes Beispiel heranzuziehen: Die Atombombe in der Hand der USA und anderer Mächte, die sie jetzt haben, ist etwas anderes als die Atombombe in der Hand von irgendwelchen anderen Staaten, in denen es eine öffentliche Meinung noch nicht gibt, oder wo andere Überzeugungen herrschen. Diese Gesichtspunkte müssen berücksichtigt werden bei der Frage des Kräftegleichgewichts und insbesondere muß dann auch berücksichtigt werden die Frage der verschiedenen Ebenen des Kräftegleichgewichts. Es gibt das Verhältnis OPEC-Staaten- Industriestaaten, da ist ein wirtschaftliches Gleichgewicht durch das Ölmonopol weitgehend hergestellt. Die anderen Staaten der Dritten Welt partizipieren unter dem gegenwärtigen Zustand der internationalen Beziehungen an diesem Machtzuwachs der OPEC-Staaten. Deshalb ist es wichtig, daß ein internationales Klima hergestellt wird, in dem es möglich ist, diese künstliche Situation, die mit der wirklichen Stellung dieser Länder nichts zu tun hat, zu ändern. Das geht aber nicht durch das gegenseitige Deklamieren von antagonistischen Thesen, sondern nur durch Verhandlungen, und für die ist beiderseitige Flexibilität nötig. Zweiter Punkt: Allen Respekt, Herr Professor Meessen, ich glaube immer noch, am besten sollten wir die "Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten" möglichst schnell vergessen, sie in die Obsolenz fallen lassen, die sie verdient als Ausdruck eines aggres13 Sympos.lon 1976

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siven Geistes in einer vorübergehenden Epoche der Nord-Süd-Auseinandersetzung. Versuche, sie umzufunktionieren in ein Instrument der internationalen Zusammenarbeit, werden angesichts des Überschusses an Aggressivität leider nicht möglich sein. Auch der geschickteste JudoKünstler wird nicht zum Zuge kommen, wenn die Gewichtsverhältnisse allzu unterschiedlich sind. Eine letzte Bemerkung zu der Frage "applied technology" bei verschiedenen Entwicklungsstufen: Ich habe zuletzt gedient in einem Staat, wo wirklich, wenn irgendwo, diese unterschiedliche Entwicklung ernsthaft zu überlegen war. Ich habe mich immer gehütet, entsprechende Äußerungen - auch damals maßgebender deutscher Politiker - in meinem kleinen Entwicklungsland zu verbreiten. Denn ich wußte, wenn die das hören, daß weiße Politiker so etwas vorschlagen, dann bekomme ich keinen Fuß mehr auf den Boden in dem Land. Es gibt auch da eben einfach psychologische Barrieren, die heute in der internationalen Auseinandersetzung ebenso Realität sind, wie Machtgleichgewichte und Machtungleichgewichte. Sie können heute niemandem mehr sagen, daß er nicht das Recht hat, daß er nicht die Möglichkeit hat, auf denselben zivilisatorischen Stand zu kommen wie die Vereinigten Staaten, und wenn es hundertmal die Wahrheit ist. Foighel:

Thank you, Mr. Chairman, I'll try to make it short. I feel that eloquent and instructive lecture which Mr. Tomuschat gave us this morning concentrates on the question: What can we as international lawyers do to solve one of the biggest problems of our time? To find out what we can do I think it is necessary to know a little about the technical facts which are involved in this question because the technical facts, they are there, and they might determine what we could go. I said yesterday that if international law wants to regulate a subject then you have two ways of doing it: either to adhere to power politics or to try to find out what are the common interest of the actors on the international scene. And allow me to use my 3 minutes to make some Observations about the common interest. For the industrialized world the interest is of course the fact that we know that the need for raw materials, and especially the need for energy, is growing. Then the question is: Is there sufficient energy in the world? And some of the optimistic oil experts, especially Professor Odell from the Netherlands, claim that there is sufficient energy in the world. If we add tagether the oil, the energy, the nuclear power and all that exists there will be sufficient energy at least for a thousand years. Now, this doesn't solve our problem, because we have a problern of distribution which is a

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long-run problem, and then we have a short-run problem. This shortrun problern is often forgotten because that's a purely technical problern. If we today found the biggest oil well in the world herein Kiel, it would take us at least ten years to get the oil up. It has something to do with the international shortage of drilling material and other technical instruments - not the know-how but the instruments - which means that for the first ten-year-period we are in great trouble in the Western world because there is only one country, as far as I know, which can enlarge its production of energy, and this is Saudi Arabia. I think this problern is serious because even if there is sufficient energy we cannot get it in the Western world except from one or two countries for a short-run period. This, of course, determines our negotiating position in the short-run. In the long-run we have the question of distribution. And there, I think, it is important to know that what we need in the first place is that the oil producers have a willingness to produce a sufficient amount of energy. Their willingness depends on several factors. One of the factors is a social factor. I will give an example. Norway found a huge quantity of oil in the North Sea, as you know, but the Norwegian government has a policy of restricting the production because if they don't restriet the production it will change the social picture of Norway. We might find the same picture elsewhere in the world, and my question is, what can lawyers do about this problem? How can we create a willingness if the unwillingness is motivated by social factors? Another factor is the question of environment. I can just mention that the environmental questions mean a great deal in the Arctic areas where there is great danger of pollution by production of energy. The third factor is an economic factor which we find in some countries, especially in Saudi Arabia, that is the question what can Saudi Arabians do with their money which is better than just keep the oil in the ground. And the fourth factor is, of course, a political factor. This is the picture which we internationallawyers have to deal with, and my question is, what can we do about these factors, how can we find a common interest, of course a common interest to be accepted in the international environment. I have another question which has to do with human rights. Today most of the raw material producing factors are nations and states. But we have a problern in Denmark with Greenland. In Greenland there might be sources of energy, and we are in the process of giving the Greenlanders local autonomy. They claimed that according to human 13•

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rights, Art. 2, I think, section 2, it is stated that all peoples have th~ 'SOVereign right to their natural resources. The Greenlanders are part of the Danish people, but they claim that ethnically and culturally and so on they are a special people. Now, the question is what does "people" mean? It has something to do with the problern we are discussing, of course, because if we divide the raw material producers in people which could be ethnical, which could be "Länder", which could be part of countries, it would be much more difficult to control the production of raw materials. That is at least one thing we international lawyers can help with that is not to make wrong and bad formulations in international instruments which might be detrimental to the all-over purpose of keeping up a higher living standard.

Ginther: Ich möchte an das anschließen, was Herr Scheuner gesagt hat, und dort fortfahren, wo Herr Kewenig in These 3 in der collective economic security ein Entwicklungspotential sieht. Ich glaube, man sollte im Zusammenhang damit auch die These 4 im Referat von Herrn Tomuschat, wo von common heritage die Rede ist, doch auch noch einmal befragen, ob da nicht ein Entwicklungspotential vorliegt. Wir bemühen uns hier - eine gute Anschauung für Herrn Koppensteiner, der sich gestern gefragt hat, wie es die Völkerrechtler nur machen, im normleeren Raum über gravierende Fragen lange zu diskutieren - nach Analogien oder Metaphern zu suchen. Eine Analogie war das Sozialstaatsprinzip, das in vielen Interventionen sehr kritisch bedacht bis abgelehnt worden ist. Ich würde auch meinen, daß die Analogie des Sozialstaatsprinzips nicht weiter führt. Ich glaube aber, wir könnten aus dem größeren Zusammenhang des Nord-Süd-Konflikts eine Analogie finden, um den Grundsatz des common heritage of mankind mit einiger Hoffnung auf Entwicklungsfähigkeit auszustatten. Ich denke an den Grundsatz des "sacred trust of civilization" des Artikel 22 der Völkerbundsatzung, der formuliert worden ist, ohne abzusehen, welche Folgen gegen die erwachsen werden, die diesen Grundsatz vorgeschlagen hatten. Wenn man in die Entwicklungsgeschichte des Artikel 22 schaut, war das ein Grundsatz, der von Südafrika sehr stark mitformuliert war und der letztlich in einer langen Entwicklungsreihe dazu geführt hat, daß eben mit diesem Grundsatz in der Dekolonisierungspolitik der Vereinten Nationen doch sehr massiv in Souveränitätsrechte von Südafrika eingegriffen werden konnte. Sicherlich muß man den institutionellen Rahmen dazu in Betracht ziehen, der damals gegeben war. Ich wollte nun fragen, ob wir nicht mit dem common heritage of mankind heute an einem vergleichbaren Punkt stehen, wo uns ein Begriff an die Hand gegeben wird, der letztlich doch auch dafür verwendet werden kann,

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eine Sozialbindung zu artikulieren und zwar gegen die Erfinder des Grundsatzes. Dieser Grundsatz ließe sich, was die Rohstoffversorgung anlangt, bemühen um die Position der least developped countries, die in einem antagonistischen Verhaltensmodell ja praktisch ausscheiden, zu stärken. Dabei könnte dieser Grundsatz, wenn er nicht von vornherein nur propagiert würde, um die Rohstoffversorgung der entwikkelten Staaten zu sichern, sondern um jede Staatengruppe in Gedanken von Solidarität und sozialer Bindung mit unter ein verteilungsgerechteres Verteilungsschema zu bringen, viel an Überzeugungskraft gewinnen. Sicherlich liegt da eine lange Entwicklung vor uns, die nicht absehbar ist. Aber ist es nicht in dieser Perspektive gerechtfertigt, diesen Grundsatz doch ernster zu nehmen, als Sie, Herr Tomuschat, es in Ihrer These getan haben? Wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie sagen, er gibt auch langfristig nichts her.

Fischer: Im Anschluß an die ganz vorzüglichen Ausführungen von Herrn Tomuschat in seinem Referat und auch an manche Gedanken der Herren Vorredner möchte ich kurz einige rechtstechnische Überlegungen zu den Rohstoffabkommen und Rohstoffkartellen anstellen. Beide, sowohl die Rohstoffabkommen als auch Rohstoffkartelle sind heute die wesentlichen Instrumente auf völkerrechtlicher Ebene zur Lenkung des Marktes. Sie unterscheiden sich aber sehr wesentlich. Vor allem, das hat schon Herr Scheuner angedeutet, sind Rohstoffabkommen Instrumente beider Marktpartner, also hier sind beide Marktpartner vertreten. Sie haben einen gewissen Prozeß einer Demokratisierung, eine Mitsprache. Das fehlt bei den Rohstoffkartellen, hier können die Konsumenten nicht mitsprechen. Auch in der Form der Marktbeeinflussung ist in den Rohstoffabkommen oft eine sehr detaillierte Regelung vorgesehen, die sich efwa auf das Kontingentsystem, buffer-stockSystem oder auf das Preisfestsetzungssystem erstreckt. In den Rohstoffkartellen hingegen wird nur ganz allgemein das Ziel festgesetzt, aber die Mittel können dann variiert werden. Man kann also nicht zu irgendwelchen Methoden gezwungen werden, sondern sie bleiben offen, werden in einem Generalplan festgesetzt. Wenn man daher eine Wertung anstellt, so sind die Rohstoffabkommen eher den gemeinsamen Interessen, wie sie von Herrn Foighel angesprochen wurden, der internationalen Gemeinschaft entsprechend. Zu einem Gedanken von Herrn Koppensteiner: Es gibt heute nicht nur die OPEC als RohstoffkartelL Sie ist vielleicht das wichtigste, aber gerade in jüngster Zeit sind weitere Kartelle gegründet worden. Ich erinnere nur an die IBA 1974, Internationale Bauxit Assoziation, oder

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die OAB, die Organisation Holz exportierender Länder Afrikas. Inwieweit diese funktionieren werden wie die OPEC, kann man im Augenblick noch nicht absehen. Nachteile der Rohstoffabkommen sind, daß sie kurzfristig sind. Daher müssen sie alle drei bis fünf Jahre neu verhandelt werden. Oft dauert die Verhandlungsphase länger als das Abkommen läuft, so daß eine gewisse rechtsleere Zeit dazwischen vorhanden ist. Nun noch ein Wort zur Erläuterung der OPEC: sie wurde vielfach auf das Erdölembargo angesprochen. Es ist so, daß das Erdölembargo nicht von der OPEC verhängt wurde, sondern vom kleinen Bruder der OPEC, der OAPEC, der Organisation erdölausführender arabischer Staaten. In der OPEC selbst wäre wahrscheinlich ein solcher Beschluß nicht möglich gewesen, da nicht nur die arabischen Staaten Mitglieder der OPEC sind, sondern etwa auch Venezuela oder Indonesien und ein solcher Beschluß die Einstimmigkeit aller Vollmitglieder erfordert.

Rauschning: Ich möchte mich auf die Lösungen, die von Herrn Tomuschat in Teil 5 angesprochen sind, konzentrieren. Ich gehe davon aus, daß wir trotz mancher Bedenken, wie sie in These 14 genannt werden, grundsätzlich daran festhalten, die internationale Marktwirtschaft möglichst weitgehend aufrecht zu erhalten; dabei soll die internationale Marktwirtschaft auch soziale Züge haben und ein gewisses allgemeines Interesse müßte darin berücksichtigt sein. Von dieser Basis aus zunächst eine Bemerkung zum Problem der Lösungsmöglichkeit über die Verhandlung zwischen Tarif- oder Sozialpartnern auf internationalem Feld: Mir scheint dabei kein Verhandlungsgegenstand zu sein die unterschiedliche Entwicklung des Sozialprodukts in beiden Lagern, weil das Sozialprodukt weitgehend nicht eine Funktion des Außenhandels, sondern gerade der innerstaatlichen Arbeitsteilung ist. Wenn wir innerstaatlich dazu übergehen, statt in den Haushalten durch haushaltseigene Kräfte zu putzen und abzuwaschen, nun Putzhilfen vom Arbeitsmarkt her zu beschäftigen oder Abwaschmaschinen zu kaufen, dann erhöht sich das Sozialprodukt wesentlich mehr als über den Außenhandel. Der Vergleich von Sozialprodukten setzt also einen annähernd gleichen Stand der innerstaatlichen Arbeitsteilung voraus. Ich glaube nicht, daß wir gleichzeitig die Frage nach einer eigenständigen Wirtschaftsordnung - will die Bevölkerung in den Entwicklungsländern überhaupt mit Abwaschmaschinen leben? - stellen und dann sagen können, es müßte sich aber das Sozialprodukt oder das Sozialprodukt pro Kopf einander annähern. Zum Arbeitskampfmodell möchte ich bemerken, daß wir die wirklich Armen sicherlich in dieses Modell nicht einbeziehen können. Wenn sich

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innerstaatlich die Sozialpartner treffen, dann stehen die Rentner und die Sparer vor der Tür; es mag beispielsweise beiden Tarifpartnern bei uns durchaus interessant sein, eine gewisse leichte Inflation mitzumachen, während es ganz weite Gruppen gibt, die darunter erheblich leiden. Vor allem läßt sich dieses Zweifronten-Modell nicht auf den Bereich des internationalen Handels übertragen, weil wir in der Wirklichkeit nicht die Front der Rohstoffländer und die der Rohstoffbedarfsländer haben. Wenn der Satz richtig war, daß kein Land rohstoffautark ist, dann haben wir von Produkt zu Produkt eine andere Front. Manche Staaten haben als Rohstoff nur das Öl anzubieten und sind auf Lebensmittel und auf andere Mineralien aus anderen Ländern angewiesen. Die vereinfachte Gegenüberstellung: hie Kapital - hie Arbeit - läßt sich nicht in den internationalen Bereich übertragen. Dem internationalen Handel ist wohl nur auch der multilaterale Verhandlungsweg angemessen, wie er z. B. in den GATT-Runden praktiziert wird: Der Staat A macht dem Staat B Konzessionen, damit dieser dem Staat C Konzessionen macht und jener wieder dem Staat A entgegenkommt, damit sich hieraus ein allgemeiner Ausgleich ergebe. In bilateralen Verhandlungen erreichen wir bestenfalls die Situation der Warenabkommen unmittelbar nach dem letzten Weltkrieg, die fast als Tauschabkommen ohne internationalen Ausgleich zu werten sind. Aber gerade auch der Blick auf das System des COMECON zeigt, daß ein solches Warenaustauschprinzip die wirtschaftliche Entwicklung nicht wesentlich voranbringen kann. Unter wirtschaftlichem Gesichtspunkt meine ich, daß wir den Hinweis von Herrn Wegener aufnehmen sollten. Das GATT mag in manchem überlebt sein, auch für die Nord-Süd-Beziehungen, aber gerade wenn die Länder der Dritten Welt die Öffnung des GATT oder eine generelle Ausnahme vom GATT erreichen wollen, dann müssen sie eben auch an Art. 11 mit dem Verbot von Ausfuhrbeschränkungen festgehalten werden. Ich meine, daß die größeren Verhandlungsrunden die Weltwirtschaft auch im Interesse der Entwicklungsländer am meisten fördern, wobei ich an die Entwürfe erinnere, die Herr Kewenig uns gestern vor Augen geführt hat. Rudolf:

Angesichts der vorgerückten Zeit nur eine Informationsfrage an die Handelspolitiker: Durch das Erdölembargo vom Spätherbst 1973 ist unser Blick sehr stark fixiert auf die rohstoffproduzierenden Entwicklungsländer. Ist es nun aber nicht so, daß von wenigen sehr, sehr wichtigen Rohstoffen wie Öl oder Zinn abgesehen, die Masse der in die westlichen Staaten zu importierenden Rohstoffe ihrerseits wieder aus Industriestaaten kommt? Denken Sie an die USA, Kanada, die Sowjetunion, an Süd-Afrika, an Australien. Wenn das so wäre, spielte sich die

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von Herrn Kewenig apostrophierte Dramatik des Nord-Süd-Konflikts jedenfalls hinsichtlich der internationalen Abhängigkeit im Rohstoffbereich nur auf einem Teil der Gesamtszenerie ab. Für die Verhältnisse der westlichen Staaten untereinander und der westlichen Staaten im Verhältnis zu den Ostblockstaaten bleiben natürlich die völkerrechtlichen Fragen bestehen.

Tomuschat: Eine ganz kurze Antwort nur: In der Studie von Jägeler vor allem wird das sehr sorgfältig aufgeschlüsselt, und ich habe auch andere Studien speziell über die Frage gelesen, von wem denn nun eigentlich die Rohstoffe produziert werden. Man muß hier wohl unterscheiden zwischen Produktion und Handel. Während der Produktionsanteil der westlichen Staaten allgemein sehr hoch liegt, wird ein Großteil des Welthandels von den Entwicklungsländern abgewickelt, weil die westlichen Staaten, vor allem die USA, sehr viel für sich selbst verbrauchen. Das gleiche gilt innerhalb des Ostblocks, für den teilweise noch nicht einmal genaue Produktionszahlen verfügbar sind. Es handelt sich um Produktionsmengen, die gar nicht für den Welthandel zur Verfügung stehen. Im wesentlichen konzentrieren wir uns auf die freien Mengen, die im Ursprungsland nicht benötigt werden.

Rudolf: Wieweit ist die Bundesrepublik in ihrer Einfuhr von Rohstoffen von Industriestaaten, wieweit von Entwicklungsländern abhängig?

Tomuschat: Das kann man wirklich nur für jedes Einzelprodukt durchzählen. Es gibt, wie gesagt, diese Studie vor allem von Jägeler, die speziell die Rohstoffabhängigkeit der Bundesrepublik untersucht hat, wo insoweit auch genaue Zahlen nach Ländergruppen gebracht werden. Ich habe sie leider nicht dabei, ich könnte sie ihnen vorlegen, und es ist dort nachzulesen. Frank:

Professor Rudolf hat die Blockbildung in Frage gestellt und das möchte ich auch. Ich glaube man darf nicht annehmen, daß der Block der Rohstofferzeuger- und der Rohstoffverbraucherländer identisch ist mit dem Block Entwicklungsländer/Industrieländer. Ich darf zu Ihrer Frage - es wurde Amerika und Weizen genannt - auch ergänzen, daß es auf der anderen Seite der Barriere bereits z. B. ein Land wie Brasi-

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lien gibt, das von dem wirtschaftlichen Wachsturn her heute schon auf der anderen Bank sitzt, nämlich diejenigen Länder, die Finanzprobleme wegen ihrer Erdöleinfuhren haben. Ich glaube hier sind die Dinge in Fluß, und bei anderen Rohstoffen mag das ebenso sein. Man sollte also gedanklich trotz OPEC von diesem Blockgedanken etwas stärker wegkommen und sich mehr an eine generell integrierte Betrachtung gewöhnen. Mein zweiter Hinweis kommt aus der marktwirtschaftliehen Ecke. Wir sollten auf Seiten der Industrieländer alles vermeiden, allem entgegenwirken, soweit wir es können auf der internationalen Ebene, was nach Verstaatlichungstendenzen des Risikos aussieht. Beispiel: Wenn dieser sogenannte Rohstoffonds der 18 wichtigsten Rohstoffe käme dies habe ich aus einem Zeitungsartikel entnommen -, müßte man in den nächsten fünf Jahren für Lageraufbau und Lagerhaltung, also noch ohne Inflation, in fünf Jahren ein Volumen von rund 20 Milliarden DM finanzieren, wobei - nach dem Verursachungsprinzip - die Bundesrepublik als einer der großen Hauptabnehmer der Rohstoffe einer der Hauptleidtragenden einer solchen Regelung wäre. Ich glaube also, daß wir gut beraten sind, in keiner Weise jetzt schon den Weg des integrierten Rohstoffprogramms zu gehen, das nach meiner Auffassung einen dirigistischen Einfluß ausübt. Drittens ein Gesichtspunkt, den man zu Gunsten der rohstoffproduzierenden Länder anführen sollte, soweit sie Entwicklungsländer sind: Wir sollten nicht einerseits von den Rohstoffländern das verlangen und erwarten, was wir andererseits als Industrieländer - z. B. bei der Gegenposition Technologietransfer- nicht bereit sind, global zur Verfügung zu stellen. Ich glaube hier gibt es einfach eine parallele Verpflichtung zur Rücksichtnahme. Vom Ausblick her kann ich nur fragen, was kann man tun? Ich glaube, man kann nur formulieren, was man nicht tun sollte. Ich glaube, die Dinge sind alle noch im Faktischen so sehr in Fluß, daß man zunächst einmal sich Zeit verschaffen sollte auf der internationalen Ebene, um die Sachverhalte sich stärker abklären zu lassen, bevor man in eine Regelung hineingeht. Ich glaube, die Vorschläge der Entwicklungsländer sind viel mehr politischer Natur und nicht wirtschaftlicher Natur. Auch sollten wir jetzt keine institutionalisierte Regelung akzeptieren, die primär dirigistischen Charakter hat. Ich glaube, mindestens die Industrieländer sollten ihre Hand dafür nicht reichen. Man sollte andererseits alle Wege fördern - insbesondere die der multilateralen Formen, Herr Dr. Wegener hat das GATT in diesem Zusammenhang genannt - die dem Ordnungsprinzip, dem "checks and balances", das hier in Ziffer 17 der Thesen anklingt, Rechnung tragen. Allerdings

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glaube ich, daß wir von den Industriestaaten her gewisse Ordnungsgedanken aus der sozialen Marktwirtschaft doch etwas gründlicher analysieren sollten, das wäre ja doch eine Aufgabe für uns Juristen, nämlich eine Art Selbstverpflichtung zum Interessenausgleich. Ich nenne einige mögliche Ansatzpunkte, die mir gerade eingefallen sind aus den Ordnungsprinzipien der sozialen Marktwirtschaft, z. B. die Frage des Mindestpreises, die heute schon von anderer Seite kam, dann die Frage der Strukturpolitik für sozial Schwache, dann ein weiterer ganz praktischer Gedanke, der in der Automobilindustrie eine große Rolle spielt, eine gewisse verbrauchsmindernde Pflicht, also Einsparungsmaßnahmen, was die Energieverbraucher anbetrifft. Das betrifft sowohl die Automobilindustrie - Sie wissen, es gibt amerikanische, japanische, europäische Vorschriften zur Erhöhung der "mileage" pro Auto -, es gibt aber auch möglicherweise erhebliche Reserven auf dem Sektor Heizung und ähnlichem. Das sind Bereiche, wo ich mir vorstellen könnte, daß Juristen auch heute schon anfangen könnten, Teilprojekte konkret auszuforschen. Aber ich würde vor jeder Globalisierung einer Regelung im derzeitigen Zeitpunkt warnen.

Krohn: Ich möchte zunächst um Entschuldigung und um Nachsicht bitten: Um Entschuldigung, weil es mir nicht möglich war, heute morgen den Vortrag von Herrn Professor Tomuschat mit anzuhören und um Nachsicht, weil ich ja in diesem Kreise ein Fremdkörper bin, ich bin weder Jurist noch Wirtschaftswissenschaftler. Ich bin in Brüssel bei der EG-Kommission Leiter der Abteilung, die sich mit Entwicklungspolitik befaßt. Meine Aufgabe liegt darin, die Gedanken, die verschiedentlich entwikkelt werden, zu einer politischen Konzeption zusammenzustellen und dann diese politische Konzeption in politische Wirklichkeit umzusetzen. So sehen Sie bitte mir nach, daß sicherlich mein Gedankenansatz und möglicherweise auch meine Terminologie sich etwas von der Ihrigen unterscheiden. Ich möchte zwei Bemerkungen machen und eine Frage stellen. Die Bemerkungen beziehen sich einerseits auf die Frage des Gesamtkomplexes der Rohstoffproblematik und zum anderen auf die Frage des Gleichgewichts der Partner, die hier aufgeworfen worden ist. Die Frage der Rohstoffe ist uns in sehr lebhafter Weise vor Augen geführt worden mit der Erdölkrise. Und sie hat dann eine Zuspitzung genommen in der internationalen Diskussion über den sog. gemeinsamen Fonds, über das von der UNCTAD vorgeschlagene integrierte Rohstoffprogramm. Diese Diskussion hat sich sehr verhärtet, weil man Schlagworte gebildet hat, und ich glaube, daß der richtige Weg für eine Lösung doch

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mehr darin liegt, daß man das Problem in seine Bestandteile zerlegt und dann Lösungen für die einzelnen Unterprobleme sucht, wobei sicherlich die politische gesamte Lösung dann wieder in einem Paket zu suchen ist. Ich glaube, damit stehe ich im Widerspruch zu einigem, was hier gesagt worden ist. Aber ich bin der Ansicht, daß es falsch war, die Problematik der Rohstoffe zu konzentrieren auf gewisse Thesen. Ich halte es für richtig, sie in Einzelprobleme zu zerlegen, aber ich bin überzeugt, daß die politische Endlösung darin liegen wird, daß man ein Gesamtpaket schließen muß, sei es, im Nord-Süd-Dialog, sei es woanders. Nun möchte ich aber ganz kurz sagen, wie ich diese Auseinanderlegung des Gesamtkomplexes Rohstoffe sehe. Es sind insgesamt wenn Sie wollen- fünf Punkte: Der erste ist die Frage der Sicherheit der Ausfuhrerlöse der rohstoffproduzierenden Länder; der zweite ist die Frage der Stabilisierung der Preise für Rohstoffe und damit verbunden die Frage, auf welchem Niveau -; der dritte ist die Frage der Verarbeitung von Rohstoffen, zumindest in der ersten Verarbeitungsstufe sollte sie in den Erzeugerländern selber erfolgen; der vierte ist die Erschließung neuer Rohstoffquellen, was sehr stark mit der Angebotsseite zusammenhängt, und schließlich fünftens die Frage der Belieferungssicherheit. Vielleicht darf ich ganz kurz zu den einzelnen Problemen etwas sagen: Die Sicherheit der Ausfuhrerlöse ist für die rohstoffausführenden Entwicklungsländer eine Lebensfrage. Viele von diesen Entwicklungsländern sind als Erbe der Kolonialzeit sehr einseitig auf die Ausfuhr des einen oder anderen Rohstoffes angewiesen, und ein Rückschlag in den Ausfuhrerlösen, sei es, daß er zurückzuführen ist auf einen Rückgang der Preise, sei es, was bei landwirtschaftlichen Produkten öfters der Fall ist, Mißernten usw., kann katastrophale Ergebnisse für die Wirtschaft dieser Länder haben. Wir haben in der EWG versucht, diesem Problem eine erste Lösung zu bringen, indem wir in der LerneKonvention, die heute schon erwähnt wurde, ein System zur Stabilisierung der Exporterlöse unserer Partnerländer eingeführt haben, es läuft unter dem Namen Stabex. Das Prinzip ist sehr einfach. Man geht von den Ausfuhrerlösen während einer Referenzperiode aus. Wenn in einem bestimmten Jahr diese Ausfuhrerlöse nicht erreicht werden, dann wird von der Europäischen Gemeinschaft dem betreffenden Land der Differenzbetrag als Kredit, im Prinzip, zur Verfügung gestellt. Dieser Stabex-Mechanismus hat in den letzten Monaten in der internationalen Diskussion, auch von seiten der Entwicklungsländer, eine große Anerkennung gefunden. Es ist ein Versicherungssystem, das jedoch nicht die Grundprobleme löst. Das zweite ist die Frage der Stabilisierung der Preise. Ich gebe zu, was hier gesagt worden ist, daß die Stabilisierung der Rohstoffpreise in

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erster Linie ein kurzfristiges Problem ist. Und ich möchte auch sagen, ohne in irgendeiner Weise mich mit dem integrierten Rohstoffprogramm der UNCTAD zu identifizieren, was ich im übrigen für schlecht konzipiert und falsch halte, daß die Frage der bufferstocks nicht grosso modo abgelehnt werden sollte. Es gibt mit Sicherheit einzelne Produkte, bei denen durch bufferstocks eine gewisse Preisstabilisierung erreicht werden kann. Voraussetzung dafür sind im wesentlichen zwei Sachen. Erstens muß es sich um Produkte handeln, die nicht verderblich sind, die also lagerfähig sind. Und zum zweiten muß es sich um Produkte handeln, deren Marktstruktur im Weltrahmen nicht so monopolistisch ist, daß jede Art von bufferstocks von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. BuHerstocks wären nicht auszuschließen, aber, damit kann und sollte man nur die kurzfristige Entwicklung der Preise beeinflussen. Das läßt natürlich völlig die Frage offen, die hier in Ihrem Papier eine große Rolle spielt, wie man denn und auf welchem Niveau man denn, überhaupt die Preise stabilisieren soll. Ich darf zu dieser Frage in einem späteren Zusammenhang vielleicht noch einmal zurückkommen. Ich bin nämlich nicht ganz der Ansicht, wie sie hier in Punkt 17 vorgetragen wird, daß es eine Austragung von Preiskämpfen sein muß. Ich glaube, daß es auf weltpolitischer Ebene andere Möglichkeiten gibt und geben sollte. Der dritte Punkt, den ich im Gesamtkomplex der Rohstoffe erwähnt habe, ist die Verarbeitung in den Erzeugerländern selber. Es ist ganz sicher, daß die Entwicklungsländer, die Rohstoffe exportieren und ausführen, ein vitales Interesse haben, zumindest die erste Stufe der Verarbeitung im Lande selber zu machen. Das ist erstens aus Gründen der Beschäftigungslage und zweitens aus Gründen des Wertzuwachses erwünscht, und wir sollten das fördern. Wir sollten das fördern durch Technologietransfer. Wir sollten das aber auch fördern - und da fängt natürlich ein politisches Problem an - durch Öffnung unserer Märkte für die dann in der ersten Verarbeitungsstufe transformierten Rohstoffe. Aber ich glaube mit Sicherheit, daß die Frage der Verarbeitung von Rohstoffen in den Erzeugerländern ein wichtiges Element ist. Und ich glaube, es ist heute auch schon hier angeklungen, daß in dem Maße, wie die Erzeugerländer die Rohstoffe in der ersten und zweiten Verarbeitungsstufe selber verarbeiten, die ganze Frage der terms of trade, nämlich des Preisverhältnisses zwischen Rohstoffen und Verarbeitungsprodukten, in der Sicht der Rohstoffländer eine ganz andere Optik bekommt. Um es kurz zu machen, komme ich also auf den vierten und fünften Punkt, die Erschließung neuer Rohstoffquellen. Ich glaube, man sollte dem Gedanken, den Kissinger mit seiner resource bank vorgestellt hat, durchaus nachgehen. Es ist ein Gedanke, der in Nairobi schlecht vorge-

Diskussion trage:n wurde und deshalb einen schlechten Start gehabt hat. Aber in Wirklichkeit werden wir doch bei vielen Rohstoffen nicht vor der Frage des Überangebots, sondern vor Fragen des mangelnden Angebots stehen, und damit wird sich die Frage aufwerfen, wie wir diese Erschließung neuer Rohstoffquellen finanzieren können und damit gleichzeitig auch eine Steuerung des Angebots. Es gibt heute eine große Anzahl von Rohstoffvorkommen in den Entwicklungsländern, die nicht ausgebeutet werden, um den Preis auf einem bestimmten Niveau zu halten. Und schließlich die Frage der Belieferungssicherheit, wie sie hier in dem Punkt 19 erwähnt worden ist. Ich bin allerdings der Ansicht, daß bei allen Konzessionen, die die Industrieländer in der gesamten Rohstoffpolitik machen müssen, unsere nachhaltige Forderung eine Belieferungssicherheit sein muß. Aber das muß Gegenstand von Verhandlungen sein. Ich darf noch einmal sagen, ich glaube, daß es in der internationalen Verhandlung einfacher wäre, wenn man den so schwierigen Komplex der Rohstoffe in seine Bestandteile auseinandernehmen und für die Probleme, die ich einzeln aufgeführt habe, jedes für sich eine Lösung finden würde, aber der politische Kompromiß wird dann meiner Ansicht nach dann doch wieder in einem Paket liegen. Ich darf dann ganz kurz etwas zum Gleichgewicht der Partner sagen. Ich glaube, daß es eine außerordentlich wichtige Frage ist, und ich bin sehr froh, daß sie hier angeschnitten wird. Sind denn die Partner, die sich gegenüberstehen, Entwicklungsländer und Industrieländer, sind das gleichwertige Partner, die einen Dialog überhaupt ermöglichen? Ich gebe hierauf eine sachliche - wirtschaftliche, statistische - Antwort und eine in den politischen Raum reichende Antwort. Sachlich ist festzustellen, daß wir in Europa - und das ist mit aller Deutlichkeit hier in Punkt 1 gesagt - abhängig von der Einfuhr von Rohstoffen sind. Für die Bundesrepublik Deutschland liegen mir keine Zahlen vor, ich kenne sie nur für den Bereich der Europäischen Gemeinschaften. Die Länder der Europäischen Gemeinschaften sind in ihrer Versorgung mit Rohstoffen zu 80 Ofo von Einfuhren abhängig, davon wieder 80 °/o aus Entwicklungsländern. Damit stehen die Europäischen Gemeinschaften in einem fundamentalen Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, die nur zu 20 Ofo von Einfuhren abhängig sind und 80 °/o im eigenen Wirtschaftsraum produzieren. Die Vereinigten Staaten haben dadurch eine andere Verhandlungsposition gegenüber den Entwicklungsländern. Eine Konfrontation können sich die Europäischen Gemeinschaften hingegen nicht leisten. Ihre Stärke liegt im know how, in den technischen Kenntnissen.

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Die Entwicklungsländer in ihrer Gesamtheit, und nicht nur die rohstoffexportierenden, sind jetzt, jedenfalls was den afrikanischen Kontinent anbetrifft, ungefähr seit zehn Jahren in die Selbständigkeit gekommen, und man muß sagen, daß sich in diesen Entwicklungsländern in diesen zehn Jahren etwas Besonderes abgespielt hat. Es ist eine Generation an die politische Macht gekommen, die nicht mehr im Kolonialzeitalter fußt. Und diese Generation, die heute so um die 35, 40 Jahre ist, die ist sich ihrer Macht bewußt geworden, und die Ölkrise hat ihnen das demonstriert. Wir haben es heute bei den Entwicklungsländern mit einer ganz neuen machtbewußten Generation zu tun. Es wurde heute hier formuliert, und ich habe die Formulierung heute das erste Mal gehört, aber sie hat mir sehr zugesagt, wir haben auf einmal in dem Nord-Süd-Dialog zu tun mit Leuten, die seit Jahrhunderten Freiheit und Gleichheit nur gehört haben, die aber jetzt sagen, Freiheit und Gleichheit auch für uns. Prinzipien, die Ihr für Euch seit mindestens einem Jahrhundert anwendet, wollen wir jetzt auch für uns haben. Ich würde nicht zögern, das was sich augenblicklich in der Welt abspielt, zu vergleichen mit dem, was sich im 19. Jahrhundert zwischen Armen und Reichen, zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in unseren Industrieländern abgespielt hat. Und ich sage das mit sehr großem Ernst. Die Frage ist, ob wir es in dieser Konfrontation, die sicherlich da ist, bei der Konfrontation bleiben lassen wollen. Wollen wir es zu einem Klassenkampf kommen lassen, oder gibt es Möglichkeiten, zum Dialog, zur konzertierten Aktion, oder wie immer man es nennen will, zu kommen? Und ich bin davon überzeugt, daß das möglich ist, daß wir nicht zu einer Konfrontation, die wir uns nicht leisten können, kommen müssen, sondern daß es andere Möglichkeiten gibt, und es sind heute hier die Lösungen der Europäischen Gemeinschaften erwähnt worden, die Konvention von Lome, die Abkommen, die wir mit den Maghreb-Ländern haben, die Abkommen, die wir mit den MaschrikLändern haben, die alle auf Dialog abgestellt sind. Und deswegen habe ich die Hoffnung, daß man in dieser Klassenkampfsituation, in der wir zweifellos heute sind, nicht zu einem offenen Klassenkampf kommen muß, sondern zu einem Dialog mit den Entwicklungsländern kommt. Ich möchte hier allerdings vor einem warnen, nämlich zu glauben, daß man den Block der Entwicklungsländer auseinanderbringen kann. Die OPEC-Länder wissen genau, daß sie die Armen brauchen - genau wie, entschuldigen Sie bitte, wenn ich das so sage, im innerpolitischen Bereich die größeren Agrarbetriebe die kleinen brauchen, um ihre Thesen politisch vertreten zu können - und die kleinen und ärmeren Entwicklungsländer wissen, daß sie nur mit der Speerspitze der Großen sich durchsetzen. Ich kann aus aller Verhandlungserfahrung, die ich persönlich habe, nur davor warnen zu sagen, die Interessenkonstellationen

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sind ganz anders für den einen Rohstoff als für den anderen, das ist alles richtig. Aber die politische Stoßrichtung liegt meiner Ansicht nach anders. Und jetzt möchte ich noch zurückkommen auf die Frage der Preise. Ich bin nach wie vor überzeugt, daß man auch in Bezug des gerechten Preises und des Preises, auf dem stabilisiert werden kann,· zu einer Verhandlungslösung kommen kann. Ich darf Ihnen als Beispiel anführen, was wir in der EG und in dem Lome-Abkommen für einen so wenig besprochenen und trotzdem so wichtigen Rohstoff wie Zucker gemacht haben. Wir haben in der Lome-Konvention mit 16 zuckerexportierenden Ländern eine Klausel drin, die besagt, daß jedes Jahr mit diesen Ländern der Preis besprochen wird, zu dem die Länder verpflichtet sind, bestimmte Mengen zu liefern und zu dem die Gemeinschaft gezwungen ist, bestimmte Mengen abzunehmen. Wir haben also durchaus Reziprozität drin. Und dieser Preis wird verhandelt im Rahmen der Preisspanne, die für den europäischen Erzeuger gilt. Und wenn Sie etwas von der europäischen Agrarpolitik wissen, dann werden Sie mir zustimmen, daß diese Spanne relativ groß ist. Aber damit ist schon für diese Verhandlung zwischen den zuckerexportierenden Entwicklungsländern und der EG jedenfalls eine Marge gesetzt. Die Verhandlungen sind hart, aber es sind Verhandlungen. Meine Frage, die ich in den Raum stellen möchte, ist folgende. Ich greife hiermit Bemerkungen auf, die vor mir gemacht worden sind bezüglich des Nord-Süd-Dialogs. Wir sprechen vom Nord-Süd-Dialog, und wir meinen den Dialog zwischen den Industrieländern im Norden und den Entwicklungsländern im Süden. Wir sprechen darüber, wie wir im Einvernehmen eine neue Weltwirtschaftsordnung machen sollen, wie wir die Rohstofflage regeln sollen, wie wir die Währungsfrage neu regeln sollen, und man muß sich die Frage stellen, ob das nicht alles etwas im luftleeren Raum ist, solange ein dritter großer Partner der Weltwirtschaft nicht mit am Tisch sitzt, das sind die Staatshandelsländer, das ist der sozialistische Block. Ist nicht der Dialog, den wir jetzt führen, eher ein West-Süd-Dialog, aber eine wichtige Komponente im ganzen Weltgeschehen-nämlich der Ostblock- fehlt. Und kann er fehlen, wenn wir über die Verteilung der Rohstoffe, wenn wir über eine neue Weltwirtschaftsordnung reden?

Randelzhofer: Ich befürchte, daß auch Herrn Joetzes vehementes Plädoyer dafür, diese Charter of Economic Rights and Duties zu vergessen, nicht verhindern wird, daß diese Charter auch in Zukunft noch eine beträchtliche Rolle spielen wird, und ich erlaube mir, deshalb auf einen Punkt

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in diesem Zusammenhang noch einmal zurückzukommen. Ich möchte die Ansicht von Herrn Meessen unterstützen, daß sich aus Art. 5 dieser Charta keine Pflicht der Industrieländer ergeben kann, etwaige Liefersperren, Embargomaßnahmen solcher zu Kartellen zusammengeschlossenen Rohstoffländer zu dulden. Man muß in diesem Zusammenhang auf den Wortlaut des Art. 5 hinweisen, in dem ja neben dem Schutz dieser Rohstoffstaaten ausdrücklich als ein Ziel auch genannt ist "the growth of the world economy" und solche Embargomaßnahmen oder Liefersperren würden natürlich gerade nicht zum "growth of the economy" beitragen. Herr Meessen untersuchte dann die Frage, welche Rechtstitel man denn als von einer solchen Liefersperre betroffener Staat eventuell dagegenhalten könnte und meinte, man sollte ruhig auch in diesem Zusammenhang sich auf das Prinzip der Souveränität berufen. Da hätte ich nun allerdings Zweifel, denn ich glaube, daß in diesem Zusammenhang das Prinzip der Souveränität ein außerordentlich ambivalentes Argument ist. Denn auf Souveränität würden sich im Zweifel wohl auch die Länder, die das Embargo verhängen, berufen. Es ist grundsätzlich von der Souveränität mit umfaßt, ob ich Handel treibe, mit wem ich Handel treibe und in welcher Weise ich Handel treibe. Wenn wir solche Rechtstitel zum Schutz gegen Liefersperren - gerade wenn sie plötzlich und überfallartig, wie Herr Tomuschat hier formuliert hat, eintretensuchen, so würde ich mich im Anschluß an Herrn Kewenig und an Herrn Wehser zu der Ansicht bekennen, daß aus dem Interventionsverbot wohl doch etwas mehr herauszuholen wäre, als Herr Tomuschat hier in seiner These 9 zugestehen will. Ja, ich würde es sogar wagen, noch einen Schritt weiterzugehen. Ich bin mir nicht ganz so sicher, ob, wie in der These 8 von Herrn Tomuschat, das Gewaltverbot hier in jedem Falle von vornherein auszublenden ist. Natürlich ist es so, daß nach unserer westlichen Völkerrechtsmeinung das Gewaltverbot nur die militärische Gewaltanwendung verbietet. Aber immerhin ist auch anerkannt, daß unter das Gewaltverbot auch Gewaltformen fallen, die wie militärische Gewalt wirken. Ein Beispiel, das dabei immer gegeben wird, ist etwa die Überflutung eines fremden Staates. Natürlich ist eine Liefersperre nicht das gleiche wie Überflutung. Aber ich würde nicht von vornherein ausschließen, daß extremste Fälle - ich könnte jetzt kein Beispiel dafür bilden - vielleicht doch sogar vom Gewaltverbot erfaßt wären.

Bothe: Ich möchte nur ganz kurz Herrn Tomuschat in Verteidigung seiner These 17, die hier verschiedentlich angezweifelt worden ist, etwas bei-

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springen. Wenn Herr Tomuschat in dieser These, ich möchte sie etwas fortführend interpretieren, das Beispiel des innerstaatlichen Arbeitskampfes anführt, dann ist das vielleicht etwas verkürzend und vereinfachend. Ich glaube, daß er es so einfach nicht gemeint hat. Was sicherlich notwendig ist, ist ein System des internationalen .. collective bargaining", weil auf andere Weise internationale Lösungen gar nicht erreichbar sind. Wir brauchen ein Verhandeln zwischen Gruppen, weil eine echte multilaterale Verhandlung zwischen 150 Staaten, die sich nicht in Gruppen gliedern, in der jeder Staat seinen eigenen Standpunkt vertritt, schlechthin unmöglich ist. Wir haben dieses internationale .. collective bargaining" bereits im Nord-Süd-Dialog, wo nicht bestimmte Erzeuger- und Verbraucherkartelle bestehen, sondern größere Interessengruppen. Wenn Sie internationale Verhandlungen in allen möglichen Gremien betrachten, so sind dies stets im wesentlichen eine Verhandlung zwischen Gruppen, eben eine kollektive Verhandlung. Und ein weiteres Korrektiv zu dem Bild von Herrn Tomuschat: Er sprach vom Arbeitskampf, andere sprachen von der konzertierten Aktion. Möglicherweise ist es nicht der Arbeitskampf, sondern die konzertierte Aktion, die uns hier als Lösung nähersteben sollte; aber auch das ist eine Form des .. collective bargaining".

Hahn: Es steht zu erwägen, ob man nicht auch den Gesichtspunkt des völkerrechtlichen Rechtsmißbrauchs als Maßstab zur Prüfung der juristischen Beschaffenheit sowohl von Liefersperren, wie, allerdings in geringerem Ausmaß, von exzessiven Preisforderungen verwenden mag. Mehr kann ich angesichts der fortgeschrittenen Zeit wohl nicht sagen, aber den Hinweis wollte ich gegeben haben. Vielleicht läßt sich damit ein Teil des rechtsleeren Raumes ausfüllen, der gelegentlich in der Aussprache Erwähnung fand.

Tomuschat: Lassen Sie mich in aller Kürze noch einige Bemerkungen zu den hier abgegebenen Stellungnahmen sagen. Ich wollte Ihnen einen nüchternen Befund vortragen. Auch meine These 17 ist nicht in irgendeiner Weise zu verstehen als rechtspolitischer Vorschlag, sondern als das Produkt einer Faktenanalyse im Hinblick auf die möglichen zu Gebote stehenden Verfahren. Und wenn hier irgendeine rechtspolitische Note anklingt, so wohl eher in dem Abschnitt 6, vor allem in den Leitsätzen 19 und 20. Dort schlägt also mein Herz, wenn Sie mir ein solches zugestehen. Herr Scheuner, Herr Skubiszewski und Herr Kewenig haben sehr treffend darauf hingewiesen, daß es im Grunde eine inhärente Wider14 Symposion 1976

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sprüchlichkeit gibt zwischen der Akzentuierung der nationalen Souveränität auf der einen Seite und den Bedürfnissen einer WeltstaatenGemeinschaft, die immer mehr wirtschaftlich zu einer Einheit zusammenwächst, auf der anderen Seite. Man müßte tatsächlich wohl zu einer Art Ressourcen-Sharing kommen, zu einem gemeinsamen Management, wobei die Leitideen für ein solches Konstruktionsgebäude sicher Freiheit und Gleichheit zu sein hätten. Das ist indes ein gigantisches Unterfangen, und was etwa Herr Foighel uns berichtet hat über die Autonomiebestrebung der Grönländer, zeigt, daß selbst ein bestehender staatlicher Rahmen möglicherweise aufgebrochen werden wird, nur weil es in einem Teil eines Staates bestimmte besondere Ressourcen gibt, welche die dort ansässige Wohnbevölkerung allein für sich ausnützen will. Man sieht also, wie gegenläufig die Entwicklungen sein können. Meine Bemerkungen in Abschnitt 2 sind wohl allgemein mit gewissen Abstrichen gutgeheißen worden, wobei mir nur Herr Kewenig zu bedenken gegeben hat, ob nicht der Begriff der collective economic security entwicklungsfähig sei, und Herr Ginther noch einen Schritt darüber hinausgegangen ist und gemeint hat, ob man nicht auch mit dem Gedanken des common heritage of mankind operieren könnte, zumindest in rechtspolitischer Sicht. Man sollte sich indes über die Konsequenzen einer solchen Argumentation im klaren sein. Wenn man mit diesen politischen Begriffen und Leitideen, die sie in erster Linie sind, operiert, dann wird ihre Tragweite nicht zu beschränken sein auf den Rohstoffbereich, vielmehr wird es erforderlich sein, auch andere wirtschaftliche Güter in ein allgemeines Ressourcen-Sharing einzubringen, was etwa heißen würde, daß von westlicher Seite die Technologie in den großen Topf hineingetan werden müßte. Wir sind vielleicht bereit, das zu tun. Aber die Logik des Gedankens reicht sehr viel weiter. Es würden nicht nur Nahrungsmittel miteinzubeziehen sein, sondern es würde ferner ganz brutal und mit noch viel größerer Schärfe die Frage gestellt werden, ob nicht etwa auch die Verteilung der Bevölkerung im Rahmen des Globus eines Tages nach gewissen Korrekturen verlangt und ob nicht schließlich, letzten Endes, eine Verteilung der Einkommen nach dem Pro-Kopf-Prinzip erfolgen soll. Das sind Fern-Vorstellungen, die sich aber durchaus nicht von der Hand weisen lassen, zumal wenn das Denken in menschenrechtliehen Bahnen immer mehr um sich greift. Dagegen lassen sich schwer grundsätzliche Einwendungen erheben, aber man muß sich doch bewußt sein, daß wir jedenfalls zu den beati possidentes gehören. In unseren Ländern ist es politisch allenfalls möglich, den Zuwachs an Einkommen und Reichtum zu verteilen. Unsere Völker werden nicht bereit sein, abzugeben, was sie gegenwärtig besitzen, und sich auf einen gleichen Weltstandard hinabdrücken zu lassen.

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Auch diese aus der innenpolitischen Szene erwachsenden Schwierigkeiten sollte man mit aller Nüchternheit abschätzen. Lassen Sie mich zu den Leitsätzen 8 und 9 noch kurz Stellung nehmen. Es ist nicht frei von einer gewissen Pikanterie, daß die westlichen Staaten sich in der Vergangenheit stets mit Vehemenz dafür eingesetzt hatten, daß wirtschaftlicher Druck nicht unter das Gewaltverbot eingereiht wird. Nun kommt es gewissermaßen zu einer Umkehrung der Schlachtordnung, nachdem wir erkannt haben, daß wir uns für das falsche Prinzip eingesetzt haben. Hinsichtlich des Punktes 9 ist mir vor allem entgegengehalten worden, daß ich die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten wohl mit einer gewissen Einseitigkeit interpretieren würde. Es ist richtig, daß Sie aus dem Wortlaut eigentlich nur ablesen können, daß die Empfängerstaaten, die Bezieherstaaten von Rohstoffen, die Bildung von Erzeugerkartellen - und nicht mehr als das hinzunehmen hätten. Wenn Sie aber z. B. die Erklärung, die die Rahstoffkonferenz der Entwicklungsländer in Dakar abgegeben hat, nachlesen, so werden Sie feststellen, daß dort die Charta in einem sehr viel weitergehenden Sinne verstanden worden ist, und meines Erachtens kommt es bei diesem Parteidokument ohnehin nur darauf an, was damit intendiert ist. In diesem Sinne meine ich, daß über den engen Wortlaut hinausgehend in der Tat sehr wohl die Absicht der Entwicklungsländer dahinter steckt, daß auch die Maßnahmen von Erzeugerkartellen schlicht hinzunehmen seien. Zur weiteren Klärung habe ich versucht, mich über die Tragweite des Interventionsverbots gründlich zu informieren. Herr Dicke hat jüngst eine Habilitationsschrift geschrieben über den wirtschaftlichen Druck, die ich glücklicherweise habe lesen können, ebenso wie die Arbeit von Herrn Lindemeier. Ich muß allerdings gestehen, daß ich trotz der Lektüre dieser zwei dickleibigen und erschöpfenden, sehr guten Arbeiten nicht zu völlig schlüssigen persönlichen Ergebnissen gekommen bin. Dankbar bin ich schließlich für den Hinweis von Herrn Hahn, daß man noch den Rechtsgedanken des abus de droit einbeziehen sollte in die Erwägungen, will aber doch in diesem Zusammenhang zu bedenken geben, daß wir das Problem als ein prozedurales ansehen müssen. Alle rechtlichen Begriffe, die einseitig eingeführt werden in die Debatte und die nicht eingebettet sind in einen strukturellen Verhandlungsrahmen, nützen letzten Endes sehr wenig. Ich komme nun schließlich zu meinem Leitsatz Nr. 17, dem antagonistischen Modell. Dazu noch einmal meine abwiegelnde Vorbemerkung, daß es sich hier um eine Situationsbeschreibung handelt und nicht um eine Befürwortung. Mir scheint, daß in der Tat der Kampf das zweitbeste Mittel ist. Ich befürworte die Verhandlungen, das ergibt

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sich aus den einleitenden Worten in Leitsatz 7. Herr Koppensteiner hat mir entgegengehalten, letzten Endes entbehre doch jenes Modell der praktischen Relevanz, weil es sich bisher seiner sachlichen Tragweite nach auf die OPEC-Länder beschränke und die übrigen Rohstofferzeugerländer noch nicht die nötige Macht hätten, um auf einem pied d'egalite mit den Industrieländern zu verhandeln. Auch Herr Krämer hat sich in diesem Punkt sehr dezidiert dahin geäußert, daß eigentlich die OPEC nicht sehr stark sei und man ihr kein langes Leben prophezeien könne und daß im übrigen wohl keine erheblichen Chancen für die Bildung von Erzeugerkartellen bestünden. Diesen Optimismus vermag ich nicht ohne weiteres zu teilen. In der Tat hat insoweit zutreffend Herr Joetze durch seinen Hinweis, daß es auf die Perzeption der Konfliktslage ankomme, eine wichtige Ergänzung gebracht. Und Herr Krohn hat ebenfalls zu Recht unterstrichen, daß die Entwicklungsländer sich als Einheit verstehen und daß die Speerspitze der OPEC wirksam ist. Von dieser allgemeinen politischen Konstellation werden in der absehbaren Zukunft auch die übrigen Erzeugerkartelle profitieren, zumal wir uns einem gewissen Endstadium nähern und bei vielen Rohstoffen der Erschöpfungszustand nun sehr schnell heranrückt. Das läßt sich statistisch ablesen und ist trotz aller optimistischen Prognosen gerade bei vielen NE-Metallen ein sehr drängendes Problem. Im Prinzip lehne ich Rohstoffabkommen durchaus nicht ab. Das mag vielleicht von mir in manchen Äußerungen mißverständlich zum Ausdruck gebracht worden sein. Bufferstocks werden ja in der Tat auch nach den Vorstellungen des UNCTAD-Sekretariats nicht nur als eine Garantie für die rohstofferzeugenden Länder angesehen, sondern gleichzeitig als ein Instrument, um Belieferungssicherheit zu gewährleisten. Von westlicher Seite ist deswegen vorgeschlagen worden, Bufferstocks auch auf westlichem Gebiet einzurichten, so daß man im Falle der Krise gleich den unmittelbaren Zugriff hätte. Nur muß man sich sehr sorgfältig überlegen, wie man den Kreis der Ausgleichslager begrenzt. Bauxit und Eisenerz etwa eignen sich offenbar überhaupt nicht für die Anlegung von Bufferstocks, gleichwohl sind auch sie in dem Kreis der 18 Produkte enthalten. Schließlich noch eine letzte Bemerkung zur Frage, wie sich die Bundesrepublik eigentlich zu dem integrierten Programm und zu dem Gedanken einer Neuordnung im Rohstoffbereich stellt. Ich habe bisher den Eindruck, daß wir den kühlen Standpunkt vertreten, so schlecht sei die gegenwärtige Weltordnung nicht, immerhin funktioniere sie. Die Forderungen, die an uns herangetragen werden, sind einigermaßen lästig. Wir geben gewisse Konzessionen, allerdings in nicht zu weitem Umfang. Wir befürworten eine Erlösstabilisierung nach dem Muster des Stabexsystems auch im weltweiten Umfang. Sehr viel mehr - so

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habe ich den Eindruck - will die Bundesrepublik offenbar im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht leisten. Die Frage bleibt, ob das ein abgewogener Standpunkt ist, der Aussichten hat, das Wohlergehen der Bundesrepublik auch in einer ferneren Zukunft zu sichern.

Elemente einer neuen Weltwährungsordnung Von Hugo J. Hahn Wer sich anschickt, "Elemente einer neuen Weltwährungsordnung" darzustellen und zu erläutern, mag den Einwand gewärtigen, der Titel setze bereits Einverständnis darüber voraus, daß die Reform der Satzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) durch deren nunmehr anstehende zweite Novelle die bisherige Regelung in entscheidenden Teilen verändere und daher die Bezeichnung als "neues" System angezeigt erscheine. Nun trifft es zu, daß einschneidende Wandlungen jedenfalls insoweit nicht zu erwarten sind, als die Änderung des Gründungsvertrages des IWF im wesentlichen die rechtsförmliche Bestätigung bereits geübten Verhaltens der Regierungen und Notenbanken verlautbart. Aus dem, was manchen Kritikern als ,.Wildwuchs" oder "Währungsanarchie" erschien, wird demnächst ein auch juristisch anerkanntes Gefüge. Schon darin liegt ein Merkmal, dessen Neuheit sich schwerlich bestreiten läßt. Überdies grenzt die Satzungsreform den Spielraum der Regierungen und Notenbanken beim Bewältigen der Anlässe und der Folgen flexibler Wechselkurse ein, schreibt also ihre Reaktionsmöglichkeiten bis auf weiteres fest. Auch das bildet einen neuen Zug des internationalen Währungssystems. Allerdings sind hier sogleich einige Vorbehalte anzubringen. 1. Weder das Bretton Woods-System von 1944 noch die auf ihm beruhende Satzungsreform von 1976 konnten eine universale Währungsordnung begründen, da der kommunistische Staatenblock - mit Ausnahme Jugoslawiens- dem IWF ferngeblieben ist. Ob und wie weit sich das Prinzip der Universalität- vergleichbar mit dem der UNO - als Rechtssatz im Recht des Internationalen Währungsfonds konkretisieren ließe1, mag hier offen bleiben. Da das satzungsgemäße Ziel der Universalität jedenfalls nicht erreicht wurde, sprach man bescheidener vom "Währungssystem des Westens" 2• Angesichts einer Mitgliederzahl von 132 Staaten, der Respektierung währungsrechtlicher Verhaltenspflichten auch durch Nichtmitglieder 1 Nach Stratmann ist das Universalitätsprinzip nur Zielansprache geblieben, Der Internationale Währungsfonds, 1971, 75. 2 Aschinger, Das Währungssystem des Westens, 1971, 11.

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HugoJ.Hahn (wie die Schweiz) und einer Kooperations- und Konsultationspflicht von Nichtmitgliedern mit dem IWF gemäß Art. XV GATT, erscheint aber der Begriff eines "Weltwährungssystems" dennoch vertretbar.

2. Wenn man von einer neuen Ordnung spricht, so ist diese zunächst mit der alten zu vergleichen; die festgestellten Unterschiede mögen dann die Begriffswahl rechtfertigen oder nicht. Zur Satzungsreform des Jahres 1976 hat man bereits darauf hingewiesen, daß es sich in weiten Teilen um eine Verfestigung des währungsrechtlichen "Status quo" handelt, wie er sich in der internationalen Praxis spätestens seit 1971 herausgebildet hatte. Diese Entwicklung wird in der Darstellung breiten Raum einnehmen, nicht hingegen die einzelnen Reformvorschläge, die Praxis und Wissenschaft in jahrelangem Bemühen entwickelt haben. Mit solcher Maßgabe läßt sich zusammenfassen, daß mit der jetzigen Satzungsreform ein Entwicklungsprozeß seinen formellen Abschluß gefunden hat, der die Umrisse einer neuen Währungsordnung erkennbar macht. Elemente einerneuen Weltwährungsordnung: Um diese Elemente eines neuen Weltwährungssystems zu verdeutlichen, seien vorab die Prinzipien des Bretton Woods-Systems aus der Sicht des Jahres 1944 in Erinnerung gebracht. Als seine drei wesentlichen Merkmale können gelten: 1. Feste Wechselkurse mit engen Bandbreiten.

2. Die Konvertibilität der Währungen, einschließlich der Gold-DollarKonvertibilität. 3. Der Gold-Dollar-Standard, wie er bereits in der Vorkriegszeit bestand und in der IWF-Satzung und teilweise in der Praxis seine Verankerung erfuhr. Es bleibt zu untersuchen, inwieweit sich diese drei grundlegenden Prinzipien im Laufe der mehr als 30jährigen Geschichte des IWF-Systems verändert haben. Darüber hinaus sind auch Struktur- und Funktionsveränderungen des IWF selbst zu berücksichtigen, und schließlich wird die veränderte Stellung dieser internationalen Finanzinstitution in der heutigen Weltwirtschaft kurz darzustellen sein. I. Das System der festen Wemseikurse 1. Die ursprüngliche Regelung des Wechselkursregimes

Einen Eckpfeiler des Bretton Woods-Systems und eine grundsätzliche Neuerung gegenüber der Vorkriegszeit stellte die vertragliche

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Fixierung der Paritäten dar8 • Nach Art. XX Abs. 4 IWF-Statut mußten alle IWF-Mitgliedstaaten eine Anfangsparität festsetzen, deren Wert nach Art. IV Abs. 1 entweder in Gold oder US-Dollar "im Gewicht und in der Feinheit vom 1. Juli 1944", das heißt 35 Dollar pro Unze Feingold, ausgedrückt wurde'. Das in der IWF-Satzung (Art. I Ziff. iii und Art. IV Abs. 4 a) niedergelegte Postulat stabiler Wechselkurse ließ jedoch eine gewisse Wechselkursflexibilität innerhalb enger Bandbreiten zu, indem für Devisenkassageschäfte eine Abweichung von 1 Ofo unter- oder oberhalb der Parität zulässig war, die allerdings in der vom IWF geduldeten Wechselkurspraxis~ nur gegenüber dem Dollar, nicht gegenüber den anderen Währungen eingehalten wurde, so daß die Wechselkurse der Nicht-Dollarwährungen um ± 2 Ofo untereinander schwanken konnten6 ; für Devisentermingeschäfte konnte der IWF auch eine höhere Marge beiderseits der Parität festsetzen7 • Die IWF-Satzung ließ darüber hinaus Paritätsänderungen zu, wenn ein "fundamentales wirtschaftliches Ungleichgewicht" bestand (fundamental disequilibrium). Eine Paritätsänderung durfte nur auf Vorschlag eines Mitglieds erfolgen; der IWF konnte sie nicht erzwingen8 , wenngleich eine Konsultationspflicht mit dem IWF bestand. Das Initiativrecht des Mitglieds bei einer Paritätsänderung gehörte zu den wenigen, nur mit Zustimmung aller Mitglieder abänderbaren Satzungsbestimmungen9 und erfuhr seine Ergänzung durch die Rechtspflicht des Fonds zur Stellungnahme. Er besaß bei Änderung von über 10 Ofo der ursprünglichen Parität regelmäßig ein Einspruchsrecht1°. Neben den individuellen Wechselkurskorrekturen erlaubte die Satzung eine einheitliche, proportionale Änderung aller Mitgliedsparitäten, wozu allerdings die Zustimmung von 85 Ofo aller Stimmengewichte erforderlich war11 • Ibid., 27. Parität ist dabei nicht mit Wechselkurs gleichzusetzen, sondern meint ein rechtlich direkt oder indirekt zum Gold festgelegtes Wertverhältnis einer Währungseinheit; zum rechtlichen Paritätsbegriff Hoffmann, Rechtsfragen der Währungsparität, 1969, 6. 5 Entscheidung des IWF Nr. 904 vom 24. 7. 1959, Selected Decisions of the International Monetary Fund and Selected Documents, 6. Aufl., 1972, 11. • Gold sieht in der Entscheidung 904 die zulässige Billigung einer multiplen Wechselkursparität, The Legal Structure of the Par Value System, Law and Policy in International Business, 1973, 187 ; Zehetner dagegen eine nicht genehmigungsfähige Vertragsverletzung, in: Die Sicherung der Goldkursstabilität im Statut des Internationalen Währungsfonds, A WD 1973, 666 ff. 7 Art. IV Abs. 3 (ii) der IWF-Satzung. Hiervon machte der IWF aber bisher noch keinen Gebrauch, Asehinger (Anm. 2), 33. 8 Ibid., 35. 8 Art. XVII (b) (iii) der Satzung. 10 Gemäß Art. IV Abs. 5 (f) mußte er aber zustimmen, wenn er von der Notwendigkeit der Paritätsänderung zur Behebung eines fundamentalen Ungleichgewichts überzeugt war. 11 Art. IV Abs. 6 der Satzung. 3

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2. Die Entwicklung des Wechselkursregimes Das IWF-Paritätensystem erfuhr im wesentlichen drei größere Änderungen: 1949 nach der Abwertung des Pfundes um 30,5 Ofo, dem 26 weitere Währungen folgten; 1967 nach einer erneuten Pfundabwertung um 14,3 Ofo, der sich 14 Länder anschlossen12 ; die dritte und wohlletzte Neufestsetzung der Paritäten erfolgte nach einer vorübergehenden Freigabe der Wechselkurse13 am 18. 12. 1971 durch das Washingtoner Smithsonian Agreement14, in dem sich die dem "Zehnerclub" angehörenden 10 wichtigsten Industriestaaten15 auf ein "Realignment" der Paritäten einigten, was im Ergebnis zu einer Dollarabwertung von 7,89 °/o gegenüber dem Gold führte 16• Das wohl eher als währungspolitische Absichtserklärung denn als völkerrechtliche Vereinbarung im vollen Wortsinn aufzufassende Agreement1 7 erweiterte überdies die Bandbreite gegenüber dem Dollar von ± 1 Ofo auf ± 2,25 Ofo, was angesichts der bereits erwähnten IWF-Praxis der Duldung erweiterter "cross rates" eine totale Schwankungsbreite der Nicht-Dollarwährungen von 9 Ofo erlaubte. Schließlich führte das Smithsonian Agreement sogenannte Leitkurse ("central rates") ein, die anstelle fixer Paritäten gewählt und einseitig ohne vorherige Konsultationspflicht gegenüber dem IWF widerrufen werden konnten18• Während die Neufestsetzung der Wechselkurse bald durch die Wechselkursfreigabe Großbritanniens und der meisten Sterlingländer am 23. 6. 1972 sowie schließlich durch das im März 1973 weltweit einsetzende Floaten der Wechselkurse Schiffbruch erlitt, hatten die Übergangsregelungen über die Leitkurse und die erweiterten Bandbreiten erhöhte Bedeutung gewonnen19, zumal sie durch die Entscheidung der IWF-Exekutivdirektoren vom 18. 12. 1971 über "Central Rates and Wider Margins: A Temporary Regime" eine gewisse rechtliche Bestätigung empfingen20 • Da die Einführung von Leitkursen und die Vgl. Asehinger (Anm. 2), 36 f. Nach der Aufhebung der Goldkonvertibilität des Dollars am 15. 8. 1971 unternahmen die USA auch keine Devisenmarktinterventionen, um den Dollar zu stützen, so daß der Dollar faktisch frei schwankte; vgl. auch International Financial News Survey, 1971, 261. 14 Text in International Financial News Survey, 1971, 417 f. 15 Hierzu näher unten, S. 236. 16 Und damit zu einer Aufwertung des Goldes: 38 Dollar pro Unze Feingold. 17 Petersmann, Zum Rechtswandel des IMF-Paritätensystems, Wirtschaftsrecht 1974, 137. 18 Der IWF wollte den Begriff der "central rate" als neuen Austauschwert einer Währung im Rahmen einer dem IWF notifizierten Bandbreitenerweiterung und nicht als neue Parität verstanden wissen, vgl. Communique on Exchange Margins vom 19. 12. 1971 in: Selected Decisions (Anm. 5), 12 ff. 19 Petersmann (Anm. 17), 137. 20 IMF Annual Report, 1972, 85 ff. 12

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Bandbreitenerweiterung den IWF-Statuten widersprachen2 1, hat das einschlägige Schrifttum immer wieder die Satzungswidrigkeit der Entscheidung betont22 • Mit der Zulassung größerer Bandbreiten hat der IWF ein begrenztes Floaten akzeptiert, das schließlich ab März 1973 zu einem freien, wenn auch schmutzigen, das heißt durch Devisenmarktinterventionen der Regierungen und Notenbanken beeinflußten Wechselkursfloaten führte. Das zeitweilig freie Schwanken der Wechselkurse hatte der IWF früher schon als eine vorübergehende Maßnahme toleriert23, wenngleich das Floaten keinerlei Erwähnung im IWF-Statut erfahren hat, vielmehr eindeutig als Satzungsverstoß gemäß Art. IV Abs. 3 zu qualifizieren ist24 • Völkerrechtlich stellt sich dabei die Frage, ob die Einführung der Leitkurse und der erweiterten Bandbreiten sowie die Duldung des Floating durch eine interpretative Rechtsfortbildung der Satzung überhaupt legalisierbar war oder ob Art. IV etwa eine Änderung durch eine sekundärrechtliche Norm oder in der Form eines "accord en forme simplifiee" erfahren konnte. Dies hat das Schrifttum wohl zu Recht verneint25. Dagegen spricht einiges für die Meinung, daß sich durch das allgemein praktizierte Floaten eine "opinio necessitatis" und eine "consuetudo" herausbildeten, die die Annahme eines das Fixkurssystem des IWF derogierenden Gewohnheitsrechts rechtfertigen mögen26 • Diese Annahme wird durch die Tatsache unterstützt, daß sich weder in der IWF- noch in der Staatenpraxis nennenswerter Widerspruch einstellte27. Zwar konnte der IWF das Floaten nicht legalisieren28, doch hatte er durch die ausdrückliche Duldung sowie durch den Versuch, das Floaten in bestimmten Grenzen zu halten, erheblichen Anteil an der Bildung einer Rechtsüberzeugung. Durch die "Guidelines for the Management of Floating Exchange Rates" vom 13. 6. 1974 empfahl der Art. IV Abs. 1 sowie Art. IV Abs. 3; Art. VIII Abs. 3 der Satzung. Gold (Anm. 6), 193; Petersmann (Anm. 17), 138. 23 Hierzu Asehinger (Anm. 2), 38 f.; dies findet seinen Ausdruck bereits im Jahresbericht des IWF von 1951, 36 ff. 2' Petersmann, Völkerrechtliche Fragen der Weltwährungsreform, ZaöRVR 34 (1974), 491; zur Frage, ob das Floating einen Vertragsbruch darstellt, vgl. Mann, The Binding Character of the Gold-Parity-Standard in: Festschrift für M. Rheinstein, 1969, 483 ff. 25 Petersmann (Anm. 24), 492 ff. 28 Ibid., 496; Hexner will bereits früher ein "Fonds-Gewohnheitsrecht" festgestellt haben, Das Verfassungs- und Rechtssystem des Internationalen Währungsfonds, 1969, 62 ff. 27 Siehe auch Gold, Unauthorized Changes of Par Value and Fluctuating Exchange Rate in the Bretton Woods-System, AJIL 65 (1971), 123 ff. 28 Der Fonds stützte seine Entscheidung auf die Rechtspflicht der Mitgliedstaaten zur Kooperation nach Art. IV Abs. 4 (a); vgl. Präambel der Entscheidung 3463 (71/126) vom 18. 12. 1971; Selected Decisions (Anm. 5), 12- 15. 21

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IWF29, zu starke und störende Fluktuationen der Wechselkurse durch Devisenmarktinterventionen einzudämmen sowie die Einhaltung von sogenannten Zielkurs-Zonen (target zones of rate) in Konsultation mit dem IWF vorzunehmen30• Diese Empfehlungen stellten ebenfalls die Bestätigung und Fortentwicklung einer teilweise bereits in der Praxis geübten Gewohnheit dar.

3. Die Satzungsreform Mit der nunmehr vom Gouverneursrat verabschiedeten Satzungsreform des IWF hat die gewohnheitsrechtlich begründete Praxis des Floating eine völkervertragsrechtliche Absicherung erfahren, so daß man insofern von einer "Legalisierung des Floatens" sprechen mag31 • Gleichwohl erwähnt der geänderte Satzungsartikel IV mit keinem Wort das Floaten, sondern überläßt den Mitgliedern die Wahl des Wechselkurssystems, sei es, daß sie den Wechselkurs ihrer Währung in Sonderziehungsrechten oder einer anderen Werteinheit außer Gold aufrechterhalten; sei es, daß sie ein individuelles Wechselkurssystem, wie z. B. unabhängiges Floaten ("Rundum-Floaten"), oder ein kollektives Wech29 Executive Board Decision vom 13. 6. 1974, Nr. 4232 (74/67); zugleich Anhang 4 der Rohskizze der Reform (Outline of Reform), 35, in: International Monetary Reform, Documents of the Committee of Twenty, IMF, Washington D. C., 1974. 3o Richtlinie 3 und 4 ibid. 31 Schiller, Das System der Weltwährung und die Inflation, in: Auszüge aus Presseartikeln der Deutschen Bundesbank Nr. 5 vom 22. 1. 1976, 8; Witteveen, auf einer Pressekonferenz des IWF am 2. 4. 1976, IMF-Survey vom 19. 4. 1976, 116. Zu den Vorteilen des Floatens vgl. Emminger, in: Hahn (Hrsg.), Währungsordnung und Konjunkturpolitik, 1977, 59 f.: "Zunächst ist positiv hervorzuheben, daß das flexiblere Wechselkurssystem über die schlimmen weltwirtschaftliehen Störungen seit 1973 ... ohne größere Währungskrise hinweggekommen ist. Der IWF selbst, der Gralshüter des Bretton Woods-Systems, faßte sein Urteil darüber in seinem Jahresbericht 1975 wie folgt zusammen: ,Im ganzen gesehen haben die flexibleren Wechselkurse es der Weltwirtschaft offenbar ermöglicht, eine Reihe von aufeinanderfolgenden Störungen zu überwinden sowie divergierende nationale Kosten- und Preistrends aufzufangen, und zwar mit weniger ungünstigen Wirkungen auf Handels- und Zahlungsverkehr, als es in einem Paritäten-System möglich gewesen wäre.' Es ist in der Tat bemerkenswert, daß selbst der internationale Kapitalverkehr, dem man für den Fall schwankender Wechselkurse eine besonders ungünstige Prognose gestellt hatte, in den letzten Jahren sich ungewöhnlich stark ausgedehnt hat." Weiter habe das Floaten mitgeholfen, einige tiefsitzende Verzerrungen in der internationalen Zahlungsbilanzstruktur - amerikanische Defizite, deutsche und japanische überschußpositionen - abzubauen. Dies sei freilich weniger dem Schwanken der Wechselkurse, als vielmehr den Niveauverschiebungen zwischen den betreffenden Wechselkursen zuzuschreiben, die ja zum großen Teil schon vor dem Übergang zum Floaten im März 1973 stattgefunden hatten. Das Floaten habe es erleichtert, von unrealistischen Wechselkursen wegzukommen und sich in flexibler Weise den "richtigen" Kursen zu nähern.

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selkurssystem, wie etwa das Gruppenfloaten des Europäischen W echselkursverbundes, wählen; dieser hatte ja bekanntlich seit April 1972 den europäischen Gemeinschaftswährungen untereinander die verengte Bandbreite von ± 2,25 °/o vorgeschrieben und damit die Spanne gegenüber dem Dollar auch unter den Mitgliedern der EWG, allerdings mit Ausnahme Großbritanniens, Irlands, Italiens, Dänemarks und schließlich Frankreichs, angewendet32 • Bei der Wahl oder Änderung des Wechselkurssystems besteht lediglich eine Notifizierungspflicht gegenüber dem Fonds, nicht aber hat jener ein Einspruchsrecht33• Dennoch bleibt ihm die Aufsichtsbefugnis zur Überwachung des internationalen Währungssystems, um die effektive Durchführung und die Vereinbarkeit mit den Zielen des Art. IV zu gewährleisten34• Hierzu kann der Fonds allgemeine Richtlinien über die Wechselkurspolitiken der Mitglieder erlassen, deren Spielraum nach Meinung des Geschäftsführenden IWF32 Nach Emminger (ibid., 62) wird das Wechselkurssystem auch künftig ein Mischsystem sein. "Nur eine relativ kleine Zahl von Ländern - etwa 20 läßt gegenwärtig ihre Währungen frei gegenüber allen anderen wichtigen Währungen floaten. Dazu gehören außer den Vereinigten Staaten noch mehrere andere wichtige Länder, wie Japan, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Italien und die Schweiz. Auf die Länder mit isoliert schwankenden Währungen entfallen immerhin rd. 50 °/o des gesamten Außenhandels der IWF-Mitglieder. Die zweite Gruppe von rund 100 vor allem kleineren Ländern haben ihre Währungen entweder an den Dollar oder andere Leitwährungen angehängt oder orientieren sich an einem abstrakten Wertmaßstab, wie dem Wert einer Einheit von Sonderziehungsrechten (SZR) oder einem ähnlichen Währungskorb. Dazwischen steht drittens die zahlenmäßig kleine Gruppe der Länder, die sich im Europäischen Währungsverbund, der "Schlange", zusammengetan haben. . . . Zur "Schlange" gehörten Mitte 1976, nachdem Frankreich sie im März . . . verlassen hat, noch die Bundesrepublik, die drei Beneluxländer und drei skandinavische Länder, zusammen also 7 Länder. Österreich hält, ohne Mitglied der Gruppe zu sein, seinen Wechselkurs de facto in einer stabilen Relation zu den "Schlange"-Währungen. Insgesamt vereinigten die Länder der Währungs"Schlange" (ohne Österreich) etwa 23 Ofo des Handels der IWF-Mitglieder auf sich." Zur Währungs-Schlange vgl. Petersmann (Anm. 17), S. 140 ff.; Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Januar 1976, Der Europäische Wechselkursverbund, 23 ff. sowie Emminger (Anm. 31), 63, der der Auffassung ist, daß die Minischlange zwar kaum noch politische Sonderrechte beanspruchen könne, aber für die Beteiligten noch genügend Vorteile und Attraktivität biete, um ihre Aufrechterhaltung zu rechtfertigen, unter der Voraussetzung, daß sie nicht selbst zu einer Quelle von Währungsunruhe und Unstabilität werde. So sollte bei einer etwaigen Erweiterung durch einen späteren Wiederbeitritt der anderen EG-Staaten beachtet werden, daß die WährungsSchlange auf die Dauer nur lebensfähig sein werde, wenn alle Mitglieder eine gleichgerichtete Wirtschafts-, Finanz- und Geldpolitik, und zwar in Richtung auf eine gemeinsame Stabilität, verfolgten. aa Vgl. Art. IV Abs. 2 (a) der Satzung n. F. Dagegen steht dem Fonds ein Einspruchsrecht bei Rückkehr zu einem Paritätensystem zu, vgl. Schedule C, Ziff. 4. u Art. IV Abs. 3 n. F.: Surveillance of exchange arrangements. Nach Pöhl, Von Bretton Woods nach Jamaica, EA 1976, 139 f. wird die Freiheit der Wechselkurssystemwahl und die Verpflichtung zur stabilitätsorientierten nationalen Wirtschaftspolitik die künftigen Wechselkursbeziehungen regeln.

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Direktors Witteveen weiter als die vorhin erwähnten "Guidelines for the Management of Floating Exchange Rates" reichen würde35• Solche Leitlinien dürften sich an den Zielen des neuen Art. IV der Satzung orientieren, stellt dieser doch in seinem ersten Absatz einen allgemeinen Pflichtenkodex auf, dem die Wechselkursordnung künftig unterworfen wird. An vorderster Stelle erscheint die Pflicht zur Zusammenarbeit mit dem Fonds, auf die sich schon bisher die IWFPraxis gegenüber Leitkursen, Bandbreitenerweiterung und Floaten stützte. Diese Kooperationspflicht soll "geordneten Währungsbeziehungen" dienen und ein "stabiles Wechselkurssystem" herbeiführen helfen. Als Verhaltensziele, an denen sich die Wirtschafts- und Währungspolitik künftig auszurichten hat, sind genannt: Geordnetes wirtschaftliches Wachstum bei sachdienlicher Preisstabilität36 ; allgemeine wirtschaftliche und monetäre Stabilität, um erratische Veränderungen zu unterbinden; die Vermeidung von Wechselkursmanipulationen mit dem Ziel, eine wirksame Zahlungsbilanzanpassung zu verhindern oder einen unfairen Wettbewerbsvorteil zu erlangen37• Während früher nur die Währungsstabilität und geordnete Währungsbeziehungen den Kern der mitgliedschaftsrechtlichen Verpflichtungen bildeten, rücken nun Wirtschaftswachstum, wirtschaftliche und monetäre Stabilität sowie die Zahlungsbilanzanpassung in den Vordergrund. Man könnte gar von einem "magischen Dreieck" sprechen, an dem künftig die Wechselkurspolitik auszurichten ist; damit ist gleichzeitig einer außenwirtschaftliehen Absicherung der nationalen Wirtschafts- und Währungspolitik indirekt Rechnung getragen. Schließlich verdient die Möglichkeit Beachtung, mit einer Stimmenmehrheit von 85 Ofo der gesamten Stimmengewichte ein allgemeines Wechselkurssystem einzuführen, z. B. ein Leitkurssystem38, oder zu Witteveen (Anm. 31), 117. Bei der Jahrestagung der Bretton Woods-Institute vom 4.-8. 10. 1976 wurde weitgehender Konsens über die Bedeutung binnenwirtschaftlicher Stabilitätspolitik erzielt, vgl. NZZ vom 10./11. 10. 1976, 11: "Der Geist von Manila". 37 Art. IV Abs. 1 (i) - (iv) der Satzung n. F. Auf den Einfluß der Gipfelkonferenz von Rambouillet für diese neu formulierten Satzungsziele weist besonders Emminger (Anm. 31), 64, hin, wonach Wechselkursstabilität Anstrengungen zur Wiederherstellung größerer Stabilität in den grundlegenden wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen voraussetzte. ,.Also nicht mehr, wie im früheren Bretton Woods-System, der Versuch, stabile Wechselkurse durch Festlegung von Interventionspunkten und internationalen Verpflichtungen zu erzwingen in der Hoffnung, daß die innere Wirtschafts- und Finanzpolitik sich dem schon anpassen werde, sondern umgekehrt: Wechselkursstabilität von innen her marktmäßig anzustreben. Dies stellt eine Art ,kopernikanische Wende' in der Konzeption der Wechselkurspolitik dar." (ibid., 64). 38 Witteveen (Anm. 31), 217. 35

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einem Fixkurssystem "stabiler, aber anpassungsfähiger Wechselkurse" (stable, but adjustable par values39) zurückzukehren. Eine solche Rückkehr würde die Freiheit einzelner Mitglieder unberührt lassen, ihr eigenes Wechselkurssystem beizubehalten40• Mit der Möglichkeit der Wiedereinführung fixer, aber anpassungsfähiger Wechselkurse ist auch ein wesentlicher Reformvorschlag der Rohskizze des IWF 1974 in seiner "Outline of Reform" berücksichtigt41 • Zusammenfassend läßt sich das neue Wechselkursregime vielleicht dahingehend charakterisieren, daß es unter Festsetzung wirtschafts- und währungspolitischer Prioritäten weitgehende Flexibilität im gegenwärtigen Weltwährungszustand erlaubt in der Hoffnung, später zu einem System fester, aber anpassungsfähiger Wechselkurse zurückzukehren. Völkerrechtlich wandelte sich so weitgehend bestehendes Gewohnheitsrecht zu Vertragsrecht, so daß künftig die Währungspraktiken wieder an der Satzung und dem Sekundärrecht zu messen sein werden42. II. Die Konvertibilität der Währungen

und die Gold-Dollar-Konvertibilität

Eines der Hauptziele des Bretton Woods-Systems war die Liberalisierung der Zahlungsbewegungen für den Waren- und Dienstleistungsverkehr. Hierzu waren im IWF-Statut der Verzicht auf Restriktionen im laufenden Zahlungs- und Überweisungsverkehr (Art. VIII Abs. 2), der Verzicht auf diskriminatorische Währungspraktiken und multiple Wechselkurse (Art. VIII Abs. 3) sowie die Konvertibilität der Währun39 Art. IV Abs. 4 n. F. Die Chancen für eine Rückkehr zu einem allgemeinen Paritätensystem hält Emminger (Anm. 31), 57 ff., allerdings bis auf weiteres für gering, wofür es zwei Gründe gebe: "Erstens das Inflationsgefälle zwischen den Industriestaaten, zweitens die destabilisierenden Geldund Kapitalbewegungen, die bei fixierten Wechselkursen einen unerträglichen Umfang annehmen können. . . . Es gibt noch andere Gründe, die einem System fester Paritäten heute entgegenstehen würden. Dazu gehört, daß immer mehr Länder, ähnlich wie die Bundesrepublik und die USA in den letzten drei Jahren, im Interesse einer Verstetigung der Konjunktur- und Stabilitätspolitik zu einer Geldmengensteuerung nach vorgegebenen Zielen übergegangen sind. Das macht ihre Geldpolitik besonders empfindlich gegen plötzliche Geldbewegungen von außen... . Eine andere Schwierigkeit besteht darin, daß wir heute gar nicht wüßten, wie wir weltweit ein einigermaßen symmetrisches Interventionssystem, - d. h. ohne Privilegien für den Dollar - konstruieren sollten und wie dabei die Interventionspflichten und der Saldenausgleich zu Lasten der Vereinigten Staaten geregelt werden sollten." 40 Vgl. Schedule C (Par Values), Ziff. 3. 41 International Monetary Reform, Documents of the Committee of Twenty, Outline of Reform, 1974, Ziff. 11, 11. 42 Darin mag man ein Beispiel für den "Beitrag der internationalen Organisationen zur Entwicklung des Völker rechts" i. S. der gleichnamigen Abhandlung von Frowein- ZaöRVR 36 (1976), 167- 187 - sehen; dort weitere Nachweise.

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gen (Art. VIII Abs. 4) niedergelegt43 • Die IWF-Satzung sah aber eine Ausnahme von diesen Verpflichtungen für eine Übergangszeit nach dem Krieg für Devisenverkehrsbeschränkungen vor. Davon machten zahlreiche Mitglieder Gebrauch, zu denen heute die meisten Entwicklungsländer gehören (sog. Art. XIV-Länder)u, so daß man von einer zu Gewohnheitsrecht erstarrten "ewigen Übergangsregelung" sprechen mag4s. 1. Die Gold-Konvertibilität des US-Dollars Die mit Art. VIII Abs. 4 eingeführte Konvertibilität der Währungen bedeutete aber keine Voll-, sondern nur eine Teilkonvertibilität: Jedes Land verpflichtete sich zur Konversion der ihm angebotenen Bestände seiner Währung in Gold oder in die Währung des anbietenden Landes, mußte daher nur Ausländerguthaben, nicht Inländerguthaben konvertieren46; zum anderen umfaßte die Konvertibilitätsverpflichtung nur die laufenden Transaktionen47, nicht dagegen Kapitaltransfers, die weitgehenden Restriktionen unterwerfbar waren48. Die Konvertibilitätsverpflichtung trat unter bestimmten Voraussetzungen nicht ein, so, wenn etwa der Fonds seine Zustimmung zu Devisenrestriktionen oder diskriminierenden Währungspraktiken erteilte oder die Währung des zum Kauf auffordernden Mitglieds für knapp erklärte49 • Eine andere Konvertibilitätsverpflichtung ergab sich für den Dollar durch die Pflicht der amerikanischen Währungsbehörden zur Einlösung der Dollarguthaben ausländischer Notenbanken und Devisensammelstellen in Gold. Diese sogenannte Gold-Dollar-Konvertibilität beruhte vorab auf dem am 31. 1.1934 von Präsident Roosevelt verkündeten "Gold Reserve Act" in Zusammenhang mit einer "Public Interpretation" des Schatzamtes vom 1. April 1934 zur Stützung des Dollars auf der neu festgesetzten Parität50, welche die freie Austauschbarkeit von Dollar in Gold und umgekehrt begründeten. Es ist im einzelnen umstritten, ob die Konversionsverpflichtung der USA allein in einem einseitigen HoheitsAsehinger (Anm. 2), 69. Ibid., 79 f. 4s Petersmann (Anm. 24), 500. 46 Asehinger (Anm. 2), 70. 47 Vgl. Art. VIII Abs. 4 (a), (i), (ii). 48 Vgl. Asehinger (Anm. 2), 71; vgl. z. B. Art. VI Abs. 3 IWF-Statut. 49 Vgl. Art. VII Abs. 3 der Satzung; eine Knappheitserklärung kam allerdings in der IWF-Praxis nicht vor. 60 Vgl. Zehetner, Die Suspendierung der Goldkonvertibilität des Dollars, Wien 1973, 19. Hoffmann, Change in the Par Value of the Dollar, Journal of Public Law 16 (1967), 51 ff., sieht bereits die Konvertibilitätsverpflichtungen im "Gold Reserve Act" begründet. 43

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akt51 oder einem einseitigen völkerrechtlichen Versprechen möglicherweise unter stillschweigendem Widerrufsvorbehalt52 - oder erst in der Ratifizierung des Abkommens über den IWF ihre Grundlage hatte53, oder ob die Gold-Dollar-Konvertibilität durch das amerikanische Vollzugsgesetz zum IWF-Abkommen (Bretton Woods-Agreements Act) mittelbar eine völkervertragliche Verankerung erfuhr54 • Immerhin sprechen nachhaltige Gründe dafür, daß es sich jedenfalls um eine völkerrechtliche Verpflichtung handelte55 • Damit ergibt sich, daß die von Präsident Nixon am 15. August 1971 verkündete Suspendierung der Goldkonvertibilität des Dollars in Gold oder andere Reservemedien56 schwerlich mit den diesbezüglichen Obliegenheiten der USA zu vereinbaren war. Die Aufhebung der Goldkonvertibilität verstieß nicht nur gegen ein durch den "Gold Reserve Act" verlautbartes einseitiges völkerrechtliches Versprechen und die völkerrechtliche Vertragspflicht gemäß Art. IV Abs. 4 b, Satz 2 IWF-Statut, sondern verletzte überdies die aus Art. VIII Abs. 4 resultierende Konvertibilitätsverpflichtung, die von ausländischen Währungsbehörden präsentierten Dollarbeträge in Gold oder die Währung des anbietenden Mitglieds einzulösen. Die USA konnten ja durch die Aufhebung der Goldkonvertibilität gleichzeitig ihren "normalen Konvertibilitätspflichten" für laufende internationale Zahlungen nicht mehr nachkommen, weil ihnen die entsprechenden Fremdwährungsbeträge nicht zur Verfügung standen57• Schließlich verstieß die Aufhebung der Eintauschbarkeit von Dollars in Gold in ihren Auswirkungen gegen die Verpflichtung der Mitglieder, ihren Kurs nicht frei schwanken zu lassen, sondern zur Einhaltung der Bandbreiten "geeignete Maßnahmen" zu ergreifen58• Immerhin verletzten die USA nicht das Verbot von Devisenrestriktionen im Zahlungsverkehr. Sie erklärten sich gegenüber dem IWF stets und ausdrücklich zur Kooperation bereit. Vgl. die bei Zehetner (Anm. 50), 19, Anm. 16, aufgeführte Literatur. Hoffmann (Anm. 4), 21. 53 Vgl. die bei Zehetner (Anm. 50), 19, Anm. 18, wiedergegebene Literatur. 54 Ibid., 25. 55 In diesem Sinne bereits Hahn, Das Währungsrecht der Euro-Devisen, 1973, 58, Anm. 222. Für die These, daß die Konversionsverpflichtung der USA sich auch aus dem Abkommen ergibt, spricht u. a. Art. IV Abs. 4 (b) Satz 2 des Statuts, wonach die USA durch die Konversion präsentierter Dollarguthaben in Gold von ihrer an sich nach Art. IV Abs. 4 (b) Satz 1 bestehenden Interventionspflicht frei werden konnten. Damit erweist sich die Konvertibilitätsverpflichtung der USA als Gegenstück zur Interventionsverpflichtung der Nicht-Dollarstaaten, die ja grundsätzlich den Dollar als Interventionswährung benutzten, vgl. Asehinger (Anm. 2), 110. 58 Text der Rede in EA 1971, D 425 ff. 57 Siehe Zehetner (Anm. 50), 6 f.; Petersmann (Anm. 17), 135; Asehinger (Anm. 2), 109. 58 Zehetner (Anm. 50), 8; anders Petersmann (Anm. 17), 135. 51 52

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Mit dieser Darstellung sollte kein währungsrechtliches Sündenregister der USA verfügbar gemacht werden; festzuhalten blieb aber der Einschnitt, den die Aufhebung der Goldkonvertibilität im System von Bretton Woods bedeutete. Sie versetzte diesem den ersten Todesstoß 59•

2. Die Konvertibilitätsregeln in der geänderten Satzung Mit der Aufhebung fester Paritäten und der Aufgabe der GoldDollar-Parität ist jedenfalls auch die Gold-Dollar-Konvertibilität satzungsrechtlich entfallen. Geblieben sind die allgemeinen Konvertibilitätsregeln des Art. VIII Abs. 2-4, um den freien Verkehr laufender internationaler Zahlungen sicherzustellen. Damit besteht grundsätzlich auch die Pflicht der Mitglieder weiter60, Beträge eigener Währung umzutauschen, die ausländische Währungsbehörden ihnen andienen, sei es in die Währung des anbietenden Mitglieds oder nunmehr auch in Sonderziehungsrechte statt wie bisher in Gold. Damit ist bereits die erweiterte Bedeutung der Sonderziehungsrechte als Zahlungs- und Reservemittel angedeutet, wie sie im neuen Art. VIII Abs. 7 Ausdruck findet 61 •

111. Vom Gold-Dollar-Standard zum SZR-Standard Nunmehr ist die verringerte Bedeutung sowohl des Goldes als auch des Dollars im gegenwärtigen Satzungsrecht zu beleuchten.

1. Das Gold im Bretton Woods-System Trotz des Verlustes mancher Funktionen nach Aufgabe des Goldstandards in der Zwischenkriegszeit waren dem Gold im IWF-System die drei wesentlichen monetären Teilfunktionen geblieben: 69 Auch nach Emminger (Anm. 31), 55, wurde mit der Aufhebung der Goldkonvertierbarkeit des Dollars ein nicht unwesentliches Stück des Bretton Woods-Vertrages suspendiert. Damit waren aber die festen Wechselkursparitäten, das Kernstück des Bretton Woods-Systems, noch nicht verschwunden. ,.Jedenfalls kann kein Zweifel bestehen, daß das System der fixen Paritäten, und damit das eigentliche Bretton Woods-System, erst im März 1973 zusammengebrochen ist." 60 Nach der amtlichen Erläuterung der Exekutivdirektoren zu der Satzungsänderung (Proposed 2nd Amendment to the Articles of Agreement of the International Monetary Fund, A Report by the Executive Directors to the Board of Governors, IMF, Washington, March 1976) hat man es bei den alten Bestimmungen belassen, da eine Änderung der Konvertibilitätsregeln im Lichte der Wechselkursentwicklung unter Art. IV zu prüfen sei; vgl. Commentary on the Proposed Amendment of the Articles of Agreement, ibid., 16. 61 Hierzu ausführlicher unten S. 231, insbes. Anm. 92.

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Das Gold als Zahlungsmittel, wie die 25 Ofoige Goldeinschlußpflicht der Quote oder die Möglichkeit der Mitglieder, vom Fonds eigene Währungsbestände gegen Gold zu erwerben, belegt62 •

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Das Gold als gemeinsamer Wertmesser, wie er sich in der in Art. IV Abs. 1 vereinbarten Gold-Dollar-Parität ausdrückt; dieser monetäre Wertmesser unterlag gemäß Art. IV Abs. 7 einer Änderung mit 85 Ofoiger Mehrheit der totalen Stimmengewichte; ferner kam den Sonderziehungsrechten eine absolute Goldwertgarantie zu83•

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Das Gold als Wertaufbewahrungsmittel bildete zunächst das Rauptreservemedium der Staaten64, da es neben seiner inneren Wertbeständigkeit in einer festen Parität zum Dollar stand, und die Gold-Dollar-Konvertibilität zumindest theoretisch die Eintauschbarkeit von Dollarguthaben garantierte63 •

Infolge der defizitären amerikanischen Zahlungsbilanzentwicklung zu Beginn der 60er Jahre kam es 1961 zur Gründung des sogenannten Goldpools von acht Notenbanken66 , in dem die Poolmitglieder sich zur Aufrechterhaltung des Goldpreises am Londoner Goldmarkt durch Goldver- oder -ankäufe verpflichteten. Durch diese gemeinsamen Interventionsabsprachen gelang es bis Anfang 1968, den Goldpreis am Londoner Markt in der Nähe des offiziellen Goldpreises zu halten87• Mit der Pfundabwertung im Herbst 1967 und weiterer Zahlungsbilanzverschlechterung der USA setzte jedoch erneut ein "Gold Rush" ein, der die Poolmitglieder am 16./17. März 1968 zur Aufgabe der Goldmarktstabilisierung zwang und zur Einführung eines gespaltenen Goldpreises führte ("two-tier market") 68 • Seit dieser Zeit existierten bis zur gegenwärtigen Satzungsreform8B ein offizieller Goldpreis für Transak82 Art. II Abs. 3 (b), (i), (ii); Art. V Abs. 6, 7 der Satzung; vgl Asehinger (Anm. 2), 115. Als weitere Belege ließen sich Art. V Abs. 8 (f), 9 (b), Art. VIII Abs. 4 (a) der Satzung sowie § 11 a S. 3 der Allgemeinen Kreditvereinbarungen anführen, wonach die Rückzahlung eines Kredits in Gold erfolgen kann. 83 Vgl. Art. XXI Abs. 2: 1 SZR entsprach 0,888671 Gramm Feingold. 84 Vgl. Lipfert, Einführung in die Währungspolitik, 1974, 248. 85 Zur Reservefunktion des Goldes vgl. Asehinger (Anm. 2), 110 ff.; ferner Halm, Probleme der internationalen Geldreform, 1975, 87 ff. 88 USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Schweiz, Niederlande und Belgien; Asehinger (Anm. 2), 125. Dazu auch Hahn, Das Geld im Recht der parlamentarischen Diplomatie, 1970, 29. 87 Carreau, Souverainete et cooperation monetaire internationale, Paris 1970, 388 ff.; Asehinger (Anm. 2), 125. 88 Carreau, L'Or, Journal du Droit International 99 (1972), 806 f.; Düver, Gold und Sonderziehungsrechte, 1975, 104 ff. 89 Teilweise noch nach dieser; vgl. die Absprachen zum Verkauf der IWFGoldbestände, IWF Press Release Nr. 76/34 Abschnitt 4: "The IMF, ... , will sell gold to creditor members at the present official price underthe Articles of Agreement to the Fund (i. e. SDR 35 per fine ounce) and these members

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tionen zwischen den Zentralbanken sowie ein freier Marktpreis, der sich durch Angebot und Nachfrage einstellte. Die Spaltung des Goldmarkts war ein deutliches Signal für eine künftige Demonetarisierung des Währungsgoldes70 • Das zeitweilige Absinken des freien Goldpreises, das Interesse zahlreicher Notenbanken an einer Regelung der Goldkaufpolitik sowie das Interesse Südafrikas an der Erhaltung der monetären Goldnachfrage führte Ende 1969 auch zu dem Goldabkommen zwischen dem IWF und Südafrika7t, worin dieser für Verkäufe an den IWF einen Abnahmepreis von 35 US-Dollar je Unze Feingold für den Fall garantierte, daß der freie Marktpreis unter diesen Betrag sinken sollte72 . Mit diesem Goldabkommen ließ sich die fortschreitende Demonetarisierung aber nur vorübergehend bremsen. Mit der Aufhebung der Gold-DollarKonvertibilität, dem Realignment der Währungen von 1971 erfolgte zunächst eine de-facto-Aufwertung des Goldes gegenüber dem Dollar auf 38 Dollar pro Unze, seit Februar 1973 auf 42,22 Dollar je Unze. Die Zahlungsbilanzdefizite der meisten Industrieländer - entstanden auf Grund der Ölpreisverteuerung - verlangten nach einer Mobilisierung des Währungsgoldes zum Ausgleich der Zahlungsbilanzen. So beschlossen die im Zehnerclub vertretenen Staaten am 13./14. Juni 1974 die Möglichkeit, Währungsgold an kreditgewährende Zentralbanken zu marktorientierten Preisen zu verpfänden. Diese "Mobilisierung des Goldes mit demonetisierender Wirkung" mittels Verpfändung von Goldbeständen dürfte mit dem IWF-Statut, insbesondere Art. IV Abs. 2, vereinbar gewesen sein73. Seit der faktischen Goldaufwertung und der zunehmenden Verringerung der offiziellen Goldbestände der Notenbanken war die Forderung nach einer endgültigen Demonetarisierung des Goldes unabweisbar, wenngleich sich Frankreich einer Entwertung längere Zeit widersetzte74, bis im Treffen von Martinique Ford und Giscard d'Estaing grundsätzliche Übereinstimmung erzielten75 • will transfer the gold to the Trust Fund at the same price against the payment of currency. The gold will be sold at auctions for the purpose of the Trust Fund." IMF Survey vom 17. 5.1976, 146. 70 Vgl. Halm (Anm. 65), 88 ; zur Entwicklung des freien Goldmarktes Asehinger (Anm. 2), 130 ff. 71 Das Abkommen basiert auf Art. V Abs. 6 (b) des IWF-Statuts, entstand durch Briefwechsel des südafrikanischen Finanzministers mit dem IWF und wurde durch Entscheidung des IWF vom 30. 12. 1969 in Kraft gesetzt; zur Rechtsnatur der Entscheidung vgl. v. d. Heydte, Das Goldabkommen von 1966 und das Völkerrecht, in: Jus et Commercium, Festschrift für F. Laufke, 1971, 345 ff., der es als Akt völkerrechtlichen Verwaltungsrechts einstufen will. 72 Die Republik Südafrika mußte aber hierbei Zahlungsbilanzbedürfnisse darlegen. 73Zehetner, Die Mobilisierung des Goldes mit demonetisierender Wirkung aus währungsrechtlicher Sicht, AWD 1974, 587 ff., 589.

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2. Die Demonetarisierung des Goldes als Zahlungsmittel und Wertmesser im neuen Satzungsrecht Wenn das Gold noch vor einigen Jahren als internationales Geld par excellence gelten konnte70, so hat es diese Rolle nach der Satzungsreform bis auf die Reservefunktion eingebüßt. Zunächst verliert das Gold die Funktion eines Zahlungsmittels im Recht des IWF, indem etwa die Transaktionen zwischen Fonds und Mitgliedern nicht mehr in Gold abgewickelt werden müssen77 und die Goldeinschußpflicht entfällt78 • Weiterhin büßt das Gold seine Funktion als Recheneinheit (Numeraire) für die Währungsparitäten ein, weil die Gold-Dollar-Parität entfällt; da auch die Definition der Sonderziehungsrechte in Gold wegfällt, kann künftig von einem offiziellen Goldpreis nicht mehr die Rede sein, selbst wenn später Paritäten in Sonderziehungsrechten ausgedrückt werden sollten79 • Dagegen verringert sich die Reservefunktion des Goldes durch den Verkauf von 1/a der IWF-Goldreserven im Gesamtbetrag von 50 Millionen Unzen Gold nur scheinbar. Die Hälfte hiervon will man innerhalb der nächsten vier Jahre an die Mitglieder zum Buchwert zurückgeben ("Restitution"), und zwar in jährlichen Abständen und zum bisherigen offiziellen Goldpreis von 35 Dollar je Unze80• Die andere Hälfte, also ebenfalls 25 Millionen Unzen, soll innerhalb einer Basisperiode von vier Jahren (1976- 80) versteigert werden, wobei man die erste Hälfte von 12,5 Millionen innerhalb der ersten zwei Jahre in 16 öffentlichen Auktionen in Abständen von je sechs Wochen abgeben will81 • Bis zum Inkrafttreten der Satzungsänderung darf sich kein IWF74 Zu den Verfechtern einer zentralen Rolle des Goldes, insbes. einer Aufwertung der Goldbestände, zählten insbes. Jacques Rueff, aber auch Währungstheoretiker wie Roy Harrod, Milton Gilbert und Don Humphrey. Hierzu Halm (Anm. 65), 91. 75 Treffen zwischen Ford und Giscard d'Estaing vom 14./16. 12. 1974 in Martinique, AdG 1974, 19141; EA 1975, D 136 ff. 78 Vgl. Carreau (Anm. 68), 807 ff.: "etalon de valeur" "instrument de reserve"- "instrument de paiement international". 77 Vgl. Art. V Abs. 6, 7 n. F .; nur mit einer 85 Ofo-igen Mehrheit kann eine Annahme von Zahlungen in Gold durch den IWF erfolgen, siehe Art. V Abs. 12 (b) und (d) n. F., Witteveen (Anm. 31), 117. 78 Art. III Abs. 1 n. F.; vgl. auch die übrigen Artikel, wo Gold als Zahlungsmittel verschwindet: Art. V Abs. 8 (e); Abs. 9 (d); Art. VIII Abs. 4 (a) n.F. 79 Vgl. den Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank, 1975, 67. 80 Vgl. IWF-Press Release Nr. 76/34, IMF-Survey vom 17. 5. 1976, 146. Die erste Restitution soll sechs Monate nach der ersten Auktion erfolgen; nach Inkrafttreten der Satzungsreform kann der Verkauf ebenfalls zum bisherigen Goldpreis erfolgen, vgl. Schedule B, 7 a der Amended Articles, 349. 81 Auf jeder Auktion werden 780 000 Unzen (= 24 260 kg) zum Kauf angeboten; die Auktion wird nach dem "holländischen Prinzip" durchgeführt, d. h. alle vom IMF akzeptierten Gebote werden zum gleichen Preis bedient; vgl. auch Press-Release, IMF-Survey vom 17. 5. 1976.

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Mitglied eo nomine an den Versteigerungen beteiligen, dagegen ist die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) als Bieter im eigenen Namen zugelassens2 • Der Erlös der Auktionen ist für die Entwicklungsländer bestimmt, wobei der ihren Quoten entsprechende Gewinnanteil der Versteigerungen ihnen direkt zufließen soll; den Rest vergibt ein neu errichteter "Trust Fund" mittels Darlehen zur Zahlungsbilanzhilfe unter großzügigen Bedingungen an 61 ausgewählte Entwicklungsländer83• Den verbliebenen Rest der Goldbestände von 100 Millionen Unzen kann der Fonds zum offiziellen oder zum Marktpreis verkaufen; bei derartigen Verkäufen muß der Fonds aber eine Fixierung oder Manipulation des freien Marktpreises vermeiden84• Es ist hier nicht weiter auf die Auktionsund Verkaufsmodalitäten einzugehen, die eine eigene Abhandlung rechtfertigen würden. Festzuhalten bleibt, daß das Gold seine Rolle als wichtiges Reservemedium im Währungssystem behalten wird, zumal mit der Aufhebung des offiziellen Goldpreises ein Zahlungsbilanzausgleich zwischen den Notenbanken durch den Verkauf von Gold zum freien Marktpreis möglich wird. Nach Auffassung der Bundesbank dürfte jedoch das Gold als Zahlungsmittel zwischen den Notenbanken geringere Bedeutung haben, dagegen eher als Sicherung für Zahlungsbilanzkredite Verwendung findens 5•

3. Die Stellung des Dollars Neben dem Gold hatte der Dollar die überragende Rolle als "internationales Geld" im Bretton Woods-System inne. Der Dollar war aufgrund seiner festen Parität zum Gold indirekt nicht nur Bezugswährung für alle Paritäten86 und der Sonderziehungsrechte, sondern gleichzeitig offizielle Interventionswährung der Nicht-Dollar-Staaten zur Aufrechterhaltung der Paritäten als Kehrseite der Konvertibilitäts82 IMF-Survey vom 17. 5. 1976, 146; zur Rolle der Notenbanken bei den künftigen Auktionen vgl. Frey, Das Gold nach den Abmachungen von Jamaica, NZZ vom 26. 3. 1976, 12. 83 Vgl. Decision and Instrument to Establish the Trust Fund, Decision No. 5069 (76172) vom 5. 5.1976; im ersten Jahr rechnet man mit einem Erlös von 500 Millionen Dollar für den Trust Fund, siehe NZZ vom 8. 5. 1976, 14. 84 Vgl. Art. V Abs. 12 (e) und (c) sowie Art. V Abs. 12 (a) n. F.; vgl. auch Commentary (Anm. 60), 43. 8s Vgl. Geschäftsbericht der Bundesbank für 1975, 67; Emminger, Auszüge aus Presseartikeln vom 19. 1. 1976, Nr. 4, 1; zum Gold als Reservemedium vgl. auch Polak, Der Fonds nach Jamaica, Finanzierung und Entwicklung, 1976, Nr. 2, 9. 88 Vgl. Asehinger (Anm. 2), 136 ff.; zur Diskussion der Einführung einer indirekten Recheneinheit neben dem Gold im Bretton Woods-System siehe bei Zehetner (Anm. 50), 9 ff.

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Verpflichtung der USA, Dollar in Gold einzutauschen87• Der Dollar war überdies die internationale Transaktionswährung der Nachkriegszeit, in der der internationale Zahlungs- und Finanzverkehr abgewickelt wurde88• Schließlich war der Dollar die Hauptreservewährung der Notenbanken, was auf dem Vertrauen in die Stabilität des Dollars, aber auch in dessen Konvertierbarkeit in Gold beruhte89• Die wiederholte Abwertung und das Sinken des Dollars nach dem Floaten sowie die Suspendierung der Gold-Dollar-Konvertibilität haben dieses Vertrauen freilich grundlegend erschüttert. Zwar blieb der Dollar weiterhin Leitwährung, doch büßte er schließlich seine Rolle als mittelbarer Wertmesser ein, erfuhren doch die Sonderziehungsrechte seit 1973 infolge des Floatens des Dollars eine Fluktuation, bis sie im Juli 1974 den Charakter einer Werteinheit verliehen erhielten90 • Im neuen Satzungsrecht hat der Dollar nun auch förmlich die Stellung des Wertmessers verloren, nachdem sich die Parität nicht mehr über die Gold-Dollar-Parität, sondern über die Sonderziehungsrechte ermittelt91 • Dagegen dürfte dem Dollar weiterhin eine wichtige Rolle als internationales Zahlungsmittel zukommen, was von seiner "Marktkonvertibilität" wie von seiner Vehikelfunktion abhängen wird. Schließlich mag der Dollar eine gewisse Rolle als Reservemedium in einem Multimediensystem behalten. wenn ihn auch das Gold und die Sonderziehungsrechte zunehmend abdrängen dürften92 • 4. Der "SZR-Standard" 93 Die Sonderziehungsrechte wurden 1969 durch die erste Änderung der IWF-Satzung aus Bedarf an zusätzlicher internationaler Liquidität als "ergänzendes Reservemedium" geschaffen94 , waren aber nicht primär Asehinger (Anm. 2), 136 ff. Diese Rolle des Dollars beruhte auf der starken Wirtschafts- und Welthandelsposition der USA, dem großen Finanzmarkt und einer starken, stabilen und konvertiblen Währung, vgl. Aschinger, ibid., 146; im IWF-Statut fand der Dollar als Zahlungsmittel zwar nicht ausdrücklich Erwähnung, ließe sich aber unter Umständen aus Art. IV Abs. 4 (b), 2 ableiten, da diese Bestimmung auf Wunsch der USA aufgenommen wurde. B9 Aschinger, ibid., 149 ff. &o Hierzu Halm (Anm. 65), 99 ff.; siehe auch Ith, Die Sonderziehungsrechte und die internationale Währungsreform, 1975, 260. 91 Vgl. Art. IV Abs. 2 (b), Art. V Abs. 10, 11 i. V. m. Art. XV Abs. 2 n . F . 92 Eine klare Prognose läßt sich freilich kaum wagen, hängt die Bewertung der Reservemedien doch von verschiedenen Faktoren, wie Verzinsung, Transferkosten, Konvertierbarkeitsrisiko, Wechselkursrisiko und dem Reserveverhalten der Währungsbehörden, ab; siehe hierzu Düver (Anm. 68), 201 ff.; die Rolle des Dollars wird vom amerikanischen Schatzsekretär Sirnon sehr positiv bewertet; vgl. Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 6 vom 27. 1. 1976, 3. 93 Der Begriff wurde hier nicht nur im Hinblick auf die Reservemedien verstanden, wie etwa bei Düver, ibid., 235. 87 88

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als Wertmesser gedacht. Es ist hier nicht möglich, auf das Funktionieren des SZR-Systems im einzelnen einzugehen; immerhin aber dienten die Sonderziehungsrechte als Liquiditätshilfen für Mitglieder, aber auch Nichtmitglieder des IWF, indem diese Beträge fremder Währungen durch Übertragung von Sonderziehungsrechten erwerben konnten, welche man den Teilhabern am SZR-Konto prozentual zu ihrer IWFQuote einräumte95• Es ist im einzelnen streitig, ob die Sonderziehungsrechte Geldfunktionen im strengen Sinne innehatten, da sie nur zum Teil als ein nicht ablehnbares Zahlungsmittel gelten konnten96• Doch stellen sie unzweifelhaft ein Zahlungsmittel im wirtschaftlichen Sinne dar, da sie durch Gut- und Lastschriften auf dem SZR-Konto international transferierbar waren, so daß man sie mit Recht als "internationales Giralgeld" bezeichnete97• Mit der bereits oben geschilderten Währungsentwicklung der westlichen Welt seit 1971 rückten die Sonderziehungsrechte zunehmend in den Mittelpunkt aller Reformbemühungen; man wollte ihnen die zentrale Rolle im künftigen Weltwährungssystem zugestehenos. Diese Rolle ist ihnen im neuen Satzungsrecht weitgehend zugefallen. So rücken die Sonderziehungsrechte zur offiziellen Recheneinheit auf, nachdem sie das Gold und den Dollar bereits seit 1971 indirekt verdrängt hatten99• Am 1. Juli 1974 hatte sich der IWF entschieden100, eine neue Bewertungsmethode einzuführen, die sogenannte "Standardkorbtechnik". Sie beruht darauf, daß ein Sonderziehungsrecht aus der Summe von 16 gewogenen Währungen zusammengesetzt ist, die während eines fünfjährigen Berechnungszeitraums durchschnittlich mit mehr als 1 Ofo am Welthandel- und zwar an der Ausfuhr- beteiligt sind. Da sich die Teilbeträge der Währungen zu ihrem Dollar-Marktkurs berechnen, ergibt die Summe der Teilgegenwerte einen Dollarkurs der Sonderziehungsrechte, der entsprechend dem freien Wechsel94 Vgl. Art. XXI der Satzung, Ith (Anm. 90), 52, der eine ausführliche Darstellung des SZR-Systems enthält (51- 173); Walter, Die Sonderziehungsrechte, 1974, 59 ff. sowie Gold, Special Drawing Rights, Character and Use sowie Special Drawing Rights, The Role of Language, IMF Pamphlet Series No. 13 and 15 (1971). 95 Art. XXIV Abs. 2 (b) der Satzung. 98 Zur Gelddefinition siehe Fögen, Geld- und Währungsrecht, 1969, 7 und Mann, The Legal Aspect of Money, 3. Aufl., 5 ff. Zum Rechtscharakter der SZR eingehend Walter (Anm. 94), 135 ff. 97 Vgl. Schlaeger, Die internationale Buchgeldschöpfung, 1971, 78; Düver (Anm. 68), 191. 98 Vgl. Outune of Reform 1974 (Anm. 29), 27: "The SDR will become the principal reserve asset and the role of gold and reserve currencies will be reduced." 99 Halm (Anm. 65), 418. 100 Presseverlautbarung des IWF vom 1. 7. 1974, Auszüge aus Presseartikeln der Deutschen Bundesbank Nr. 42/1974 vom 10. 7. 1974, 1.

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kurs von Tag zu Tag Schwankungen unterliegt101 • Diese Bewertungsmethode, die man auch als Währungskombinationsmethode bezeichnen kann102, hat unterdessen breitere Verwendung gefunden; so etwa auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaften, deren Recheneinheit auf einem Korb der 9 gewichteten Mitgliedswährungen ruht, und in zahlreichen internationalen Übereinkünften, die auf die Sonderziehungsrechte Bezug nehmen103 • Die Bedeutung, die man der Bewertung der Sonderziehungsrechte im neuen Satzungsrecht beimißt, spiegeln die besonderen Majoritätsregeln wider, die für eine Änderung erforderlich sind. Soll die Bewertungsmethode, d. h. die Zusammensetzung des Währungskorbs, geändert werden, so ist eine doppelte Mehrheit von 70 OJo der gesamten Stimmengewichte sowohl der IWF-Mitglieder wie der SZR-Teilnehmer erforderlich, während man für eine Änderung der Bewertungsgrundsätze oder einen grundsätzlichen Wandel der Anwendung der geltenden Methode eine 85 °/o-Mehrheit benötigt104 • Damit hat die geltende Standard-Korb-Methode, die als durch den IWF inauguriertes Sekundärrecht gelten mag105, indirekt in die Satzung Eingang gefunden106• Weiterhin haben die Sonderziehungsrechte als Zahlungsmittel im neuen System Anerkennung erlangt, indem beispielsweise bei Quotenerhöhungen 25 OJo in Sonderziehungsrechten zu entrichten sind107 oder der Fonds Sonderziehungsrechte gegen angeforderte Fremdwährungen kaufen oder verkaufen kann108 oder seine Bestände an Mitgliedswährungen unter Hingabe von Sonderziehungsrechten auffüllen mag109• 101 Zum Standardkorb vgl. ausführlicher Hahn, Geldwertsicherung im Recht der internationalen Wirtschaft; Festschrift für Bärmann, 1974, 419; zu den verschiedenen Gewichtungsmöglichkeiten siehe Ith (Anm. 90), 262 ff. 102 Hierzu Hahn (Anm. 101), 410 ff.; hierzu auch Report by the Committee on International Monetary Law, ILA, New Delhi-Conference, 1974, 11 ff. 103 Siehe hierzu "Notes on Recent Trends in Value Clauses for International Transactions by the Officers of the Committee on International Monetary Law", ILA, 1976, 4 ff. sowie Draft Resolution, ibid., 1976, II : Suggests: "Parties are well advised to prefer for the time being the kind of value clause based on combination of currencies units of account now in use in the IMF and the European Communities in lieu of the reference to gold in its several forms." Zu der Bedeutung der Sonderziehungsrechte als Numeraire vgl. auch Witteveen, The Ernerging International Monetary System, Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 43 vom 22. 6. 1976, 3. 104 Vgl. Art. XV Abs. 2 n. F . sowie Commentary on the Proposed Amendment (Anm. 60), 68. 105 Da eine interpretative Rechtsfortbildung wegen Art. XV Abs. 2 der Satzung nicht möglich erscheint. 108 Freilich nicht in ihrer konkreten mathematischen Formel; vgl. SChedule B, Abs. 6 sowie Commentary hierzu (Anm. 60), 77. 1o1 Art. III Abs. 3 (a) n. F. 108 Art. V Abs. 6 (a), (b) n. F. 108 Art. VII Abs. 1 (ii) n. F., weitere Beispiele Art. III Abs. 3 (c), XII Abs. 6 (e), VIII Abs. 4 (a) n. F.

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Das dritte wesentliche Merkmal des Geldes, die Wertaufbewahrungsfunktion, findet unmittelbar Ausdruck in Art. VIII Abs. 7 der Satzung, indem den Mitgliedern eine Kooperationspflicht mit dem Fonds zu dem Zweck auferlegt ist, die Sonderziehungsrechte zum Hauptreservemedium des internationalen Zahlungssystems zu machen110• Andere Neuerungen, die auf eine breitere Verwendung der Sonderziehungsrechte als Liquiditätsmittel hinauslaufen, seien hier nur angedeutet. So können Teilnehmer künftig auch ohne Einschaltung des IWF Transaktionen in Sonderziehungsrechten vornehmen111 und brauchen ihren Zahlungsbilanzausgleichsbedarf nicht mehr nachzuweisen112• Die Regeln über die Designation sind nun jederzeit überprüfbar, die über die Rekonstitution mit 70 °/oiger statt mit 85 °/oiger Mehrheit modifizierbar113. Auch läßt sich die Gruppe der anderen SZR-Teilnehmer um die Kategorie der "official entities" erweitern114 • Als Ersatz der "currency convertible in fact" gilt nunmehr die "freely usable currency" 115, deren Kriterien die häufige Verwendung im internationalen Zahlungsverkehr und an den wichtigsten Devisenbörsen sind. Diese frei verwendbaren Währungen dienen als Transaktionswährungen sowohl im "General Department" wie im "Special-Drawing-Rights-Department" 116 und sollen der freien Verwendbarkeit aller Währungen vorangehen117 • Wenn auch hier nicht alle Neuerungen Erwähnung finden konnten, so dürfte doch deutlich sein, daß die Sonderziehungsrechte im künftigen System die zentrale Rolle als internationales Zahlungsmittel spielen werden.

IV. Die institutionelle Reform Hierunter sind dreierlei Dinge zu verstehen: Organisatorische, institutionelle und Stimmrechtsregelungen. 110 Art. VIII Abs. 7 n. F.: ,. . .. and making the special drawing right the principal reserve asset in the international monetary system"; zu den SZR als Reservemedium siehe Düver (Anm. 68), 195 ff., Ith (Anm. 90), 208 ff. Ob die Sonderziehungsrechte künftig tatsächlich das Gold als Hauptreservemedium ersetzen können, erscheint manchen Autoren eher zweifelhaft; vgl. etwa die Autoren einer Studie der Princeton University : Reflexions on Jamaica, Essays in International Finance, 1976 (Bernstein, Machlup, Roosa, Triffin, Williamson), passim. t11 Art. XIX Abs. 2 (b) n. F. 112 Art. XIX Abs. 3 (c) n. F. 11 3 Art. XIX Abs. 5 (c), 6 (b) n. F. 114 Art. XVII Abs. 3 (i) (mit 85 %-Mehrheit). 115 Art. XXX (f); Commentary (Anm. 60), 71. m Art. V Abs. 3 (e), Abs. 7 (j): Danach haben die Mitglieder die Pflicht, ihre Währungen, die vom IWF verwendet oder gekauft werden, gegen frei verwendbare Valuten einzutauschen, soweit der Käufer dies verlangt. 117 Witteveen (Anm. 31), 118 f.

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1. Die organisatorischen Neuerungen a) In organisatorischer Hinsicht erfolgt zunächst eine Änderung der Nomenklatur der Konten; das "Generalkonto" nennt sich jetzt "Allgemeine Abteilung", das "SZR-Konto" "SZR-Abteilung". In der Allgemeinen Abteilung laufen drei neue Konton: Das "Allgemeine Konto der Allgemeinen Abteilung" (General Resources Account) führt unter Berücksichtigung der Abkommensänderung die bisherigen IWF-Transaktionen fort; das "Anlagekonto" (Investment Account) verfügt über die künftigen IWF-Investitionen, während das "Konto für Sonderverwendungen" (Special Disbursement Account) die Verwendung der Gewinne aus Goldverkäufen vornehmen wird, die auch dem "Allgemeinen Konto" zufließen können, was indirekt zu einer Quotenerhöhung der Mitglieder ohne neue Subskriptionsverpflichtung führen kann118• b) Der Gouverneursrat, der sich aus Vertretern aller Staaten zusammensetzt, kann künftig auch vom Exekutivdirektorium, vom "Rat auf Ministerebene" (Council) oder von 15 Mitgliedern einberufen werden, braucht aber nicht mehr unbedingt jährlich zusammenzutreten; die Ernennung der Gouverneure ist nicht mehr auf fünf Jahre beschränkt, sondern gilt bis zur Ernennung eines anderen Vertreters119• Das Exekutivdirektorium setzt sich - was der bisherigen Praxis entspricht aus 20 Mitgliedern zusammen, von denen, wie bisher, 5 durch die Mitglieder mit den höchsten Quoten zu ernennen sind; die übrigen Mitglieder wählen die restlichen 15 im Abstand von jeweils zwei Jahren neut2o.

2. Institutionelle Neuerungen: Der "CouncU" Die Satzungsreform läßt durch Beschluß des Gouverneursrates mit einer Mehrheit von 85 % der Stimmengewichte die Errichtung eines "Council" zu, den die amtliche deutsche Übersetzung als "Rat auf Ministerebene" bezeichnetl21 . Die mögliche Einsetzung dieses Organs Hierzu ausführlich Witteveen, ibid., 117 f. Art. XII Abs. 2 n. F.; Commentary (Anm. 35), 61. 12" Art. XII Abs. 3 (b), (d); diese Zahl kann mit 85 %-Mehrheit geändert werden. 121 Art. XII Abs. 1 und Schedule D; um eine Verwechslung mit dem Gouverneursrat (Board of Governors) zu vermeiden; eine amtliche deutsche Übersetzung, bei Abschluß dieser Darstellung noch nicht vorhanden, liegt nunmehr in der Bundesratsdrucksache 192/77 vom 22. 4. 1977 - Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds in der Fassung von 1976 (IWF-Gesetz) - vor. Diese Übersetzung erscheint desgleichen im Anhang zu der vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Schrift von E. Wagenhöfer, Unsere internationalen Währungsbeziehungen, 1977, S. 7111"

ll 9

104.

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ist nur vor dem Hintergrund der bisherigen institutionellen Entwicklung verständlich, so daß sich auch hier der Status quo bis zu einem gewissen Grade zu verfestigen scheint. Eine verhältnismäßige Institutionalisierung hatte bereits die seit Anfang der 60er Jahre außerhalb des IWF tagende "Zehnergruppe" erreicht, die sich aus Vertretern der zehn wichtigsten westlichen Industrieländer zusammensetzte122 und bedeutsame Vorentscheidungen in monetären Fragen zu treffen vermochte, die angesichts der Stimmenmehrheit im Fonds auch faktisch durchsetzbar waren123• Dem "selbsternannten Sicherheitsrat", wie ihn die Entwicklungsländer zu nennen pflegten, stellten diese in der sogenannten "Gruppe der 24" ein ebenfalls nicht satzungsgemäß vorgesehenes Gegengewicht gegenüber, was zu einer gemeinsamen Haltung und Stimmabgabe der neun von den Entwicklungsländern gestellten Exekutivdirektoren beitrug, die jene der Industriestaaten, vor allem des Gemeinsamen Marktes, bisweilen übertraf124 • Durch die drängende Reform des Weltwährungssystems angetrieben, schuf der IWF 1971 einen sogenannten "Zwanzigerausschuß" (Committee of Twenty), der genau die Zusammensetzung der Exekutivdirektoren widerspiegelte125• Die Aufgabe des Zwanzigerausschusses bestand in der Erarbeitung eines Reformentwurfs für das internationale Währungssystem; tatsächlich erfüllte ein Stellvertreterausschuß aus Währungsexperten in Zusammenarbeit mit dem Fonds den Auftrag 126• Mit der Erledigung dieser Aufgabe im Sommer 1974 (Vorlage der Outline of Reform) war das Mandat dieses Zwanzigerausschusses beendet; als Nachfolger trat der ebenso zusammengesetzte "Interimsausschuß" (Interim Committee) ins Leben127, dessen Aufgabe in der Beratung des Gouverneursrates in Fragen der Überwachung und Anpassung des internationalen Währungssystems, der Zahlungsbilanzanpassung und des Ressourcentransfers an die Entwicklungsländer bestand. Dem Interimsausschuß gelang es schließlich auch auf der Jamaika-Tagung im Januar dieses Jahres, sich über die grundsätzlichen Fragen der gegenwärtigen Satzungsreform einig zu werden128• Der Interimsausschuß ist der unmit122 USA, Kanada, Großbritannien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Holland, Belgien, Schweden und Japan. 123 Als Beispiele für den Einfluß seien die Initiativen zum Abschluß der Allgemeinen Kreditvereinbarungen sowie zur Schaffung der Sonderziehungsrechte genannt, vgl. Asehinger (Anm. 2), 241. 12' Vgl. Pierre Paul Schweitzer, Political Aspects of Managing the International Monetary System, International Affairs 52 (1976), 216. 125 Siehe Resolution Nr. 27- 10 des Gouverneursrats vom 26. 7. 1972 in IWF-Jahresbericht 1972, 160 ff. 128 P. P. Schweitzer (Anm. 124), 217. 127 Executive Board Decision No. 4231- 74/67 vom 13. 6. 1974, IWF-Jahresbericht 1974, 50; Anhang II, 110 ff.

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telbare Vorläufer des nunmehr zu errichtenden Council, der jenem nach Zahl, Zusammensetzung und Aufgabe gleicht129• Mitglieder des Council dürfen nur Gouverneure, Minister oder Personen vergleichbarer Stellung, etwa Notenbankpräsidenten, sein; sie dürfen nicht mehr als sieben Stellvertreter wählen130• Dem Council obliegen die bereits vorhin erwähnten Aufgaben131 sowie jene, die ihm der Gouverneursrat übertragen kann132• Durch die Möglichkeit weitgehender Delegationsbefugnis des Gouverneursrates dürfte der Council künftig das Gremium werden, das die meisten währungspolitischen Entscheidungen fällt, während dem Gouverneursrat eine verringerte Rolle zufallen mag. Der grundlegende Unterschied zum Interimsausschuß besteht nämlich in der Entscheidungsbefugnis des Council 133• Eine Neuerung gegenüber dem Abstimmungsverfahren im Exekutivrat enthält schließlich die Möglichkeit des "split voting" der Council-Vertreter; sofern diese nämlich mehrere Mitglieder vertreten, können sie die Stimmen der vertretenen Staaten künftig auch getrennt abgeben134• Dieser Abstimmungsmodus unterstreicht einmal mehr den politischen Charakter des neuen Gremiums135•

3. Abstimmungsregeln Das Stimmrechtsverfahren des "weighted voting" bleibt auch im neuen Satzungsrecht bestehen; es gilt gleichermaßen für Abstimmungen im Gouverneursrat, Exekutivdirektorium und im Council. Entscheidungen bedürfen grundsätzlich der Mehrheit der abgegebenen Stimmen; die Anzahl der Entscheidungen mit qualifizierten Mehrheiten hingegen erhöht sich. Diese "special majorities" reduzieren sich aber nunmehr auf zwei Gruppen: Mehrheiten von 70 Ofo der gesamten Stimmengewichte, die hauptsächlich für Operationelle Entscheide nötig sind; und Mehrheiten von 85 Ofo der Stimmengewichte, die - wie bereits erwähnt für die wichtigeren politischen Fragen vorbehalten bleiben136 • 128 Vgl. Press Release des IWF No. 76/1 vom 8. 1. 1976; IMF-Survey vom 19. 1. 1976, 18. 121 Vgl. Art. XII Abs.1; Schedule D; Commentary (Anm. 60), 65. tao Vgl. Schedule D (a) der Satzung n. F . m Schedule D, Abs. 2 und Abs. 5 (a) n. F. 132 Schedule D, Abs. 3 (a) n. F. 133 Vgl. etwa Witteveen (Anm. 31), 118. '" Schedule B , Abs. 3 (b); Witteveen, ibid., 118. 135 Vgl. Commentary (Anm. 35), 66; Witteveen, ibid., 118. 138 Vgl. Witteveen, ibid., 118. Eine Aufstellung der Special Majorities findet sich im Annex to Commentary on the Proposed Amendment (Anm. 60), 79 ff.

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V. Die Stellung des Internationalen Währungsfonds in der Weltwirtschaft Dem Verlangen der Entwicklungsländer nach einer erhöhten Beteiligung im IWF-Entscheidungsverfahren137 sowie der Forderung des "link", d. h. einer Verknüpfung von Sonderziehungsrechten und Entwicklungshilfe138, hat man bei der Satzungsreform zwar nicht direkt Rechnung getragen. Dennoch sind Tendenzen erkennbar, die den erhöhten Einfluß der Entwicklungsländer und die veränderte Stellung des IWF in der Weltwirtschaft deutlich machen. 1. Die Quotenerhöhung

Der Gouverneursrat hat mit der erforderlichen 85 °/o-Mehrheit bereits der sechsten allgemeinen Quotenerhöhung zugestimmt 139, die aber erst zusammen mit der Satzungsreform in Kraft treten soll. Danach werden die Gesamtquoten aller Mitglieder von 29,2 Milliarden auf 39 Milliarden Sonderziehungsrechte steigen, wobei sich der Anteil der OPEC-Staaten entsprechend ihrer gestiegenen Bedeutung in der Weltwirtschaft verdoppelt, der Anteil der Entwicklungsländer etwa unverändert bleibt, während der Quotenanteil der Industriestaaten absinkt140 • Durch die neue Quotenaufteilung kommen den Entwicklungsländern, zu denen auch einzelne OPEC-Staaten (etwa Algerien, Indonesien, Nigeria) zu rechnen wären, vermehrte Stimmengewichte zu. 2. Die Kreditfazilitäten

Besondere Bedeutung haben neben den allgemeinen Kreditvereinbarungen (GAB) die vom Fonds geschaffenen Sonderfazilitäten für Entwicklungsländer erlangt140a. Hierzu zählen die Finanzierungsfazilität für Rohstofflager (buffer stock financing facility), die 1969 zum ersten 137 Vgl. etwa Resolution 3362 (S- VII) der 7. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen; hierzu Weber, Die neue Weltwirtschaftsordnung Die Ergebnisse der 7. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen in AWD/RIW 1977,24, Anm. 58. 138 Zum "link" vgl. Report by the Secretariat of Unctad vom 15. 6. 1971; Outline of Reform von Juni 1974, Ziff. 29; beide abgedruckt auch bei Krägenau, Die Reform des internationalen Währungssystems, 1974, 427 ff. sowie 191; zu den Reformvorstellungen der Entwicklungsländer vgl. auch Clapham, Die Entwicklungsländer und die Reform des internationalen Währungssystems: Zur Neuordnung des internationalen Währungssystems, Beihefte zur Konjunkturpolitik, Heft 20, 1975, 156 ff.; Ith (Anm. 90), 224 ff. ; Halm (Anm. 65), 117. 139 IWF-Press Release No. 76/20 vom 1. 4. 1976, IMF-Survey vom 5. 4. 1976,

97.

140

Vgl. IMF-Survey vom 19. 1. 1976, 26 f.

:Elemente einerneuen Weltwährungsordnung

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Mal auf das Zinnabkommen angewendet wurde141 ; des weiteren die seit 1963 bestehende und 1966 verbesserte Fazilität zur Exporterlösstabilisierung (compensatory financing facility), die Rohstoffexportländern bei Exporterlösschwankungen seit der Liberalisierung dieser Fazilität im Dezember 1975 erweiterte Kredithilfen bis 75 Ofo ihrer Quote einräumt142. In diesem Zusammenhang wäre auch die Ölfazilität zu erwähnen, die Zahlungsbilanzkredite im Anschluß an die Ölpreisverteuerung gewährte und insbesondere auch den Entwicklungsländern zugute kam143 • Schließlich bestehen nunmehr um 45 °/o erweiterte Ziehungsmöglichkeiten in den Kredittranchen, die bis zum lokrafttreten der Satzungsreform in Anspruch genommen werden können144. Diese zeitweilige Ausweitung der Kreditziehungen ist als Finanzierung von Entwicklungshilfe mittels Kreditschöpfung wegen des Anwachsens von unkontrollierbarer Liquidität nicht unbedenklich145. Abschließend bleibt noch auf die Bedeutung der Versteigerung von einem Sechstel der IWF-Goldbestände zugunsten der Entwicklungsländer hinzuweisen116. Man wird daher sagen können, daß der IWF zunehmend auch Aufgaben der Entwicklungshilfefinanzierung mit übernimmt, um so den Bedürfnissen der Dritten Welt gerecht zu werden. Die Kehrseite dieser gewandelten Stellung des IWF bildet freilich die Frage, wie weit die internationale Liquidität noch kontrollierbar bleibt147• uoa Vgl. hierzu die aufschlußreiche Einführung von Stoffers I von Rosen, Die Kreditfazilitäten des Internationalen Währungsfonds in: Die Sparkasse 1976, 325 ff. iu Decision Nr. 27 - 72 (69/47) vom 25. 6. 1969, Jahresbericht des IWF 1970, 71. 142 Vgl. Decision vom 24. 12. 1975, IMF-Survey vom 5. 1. 1976, 5. Es ist auch bereits eine "Entwicklungssicherheitsfazilität" im Gespräch, die sämtliche Exporte der Entwicklungsländer einbeziehen soll und von IMF-Goldverkäufen mit finanziert werden soll, vgl. etwa NZZ vom 22. 5. 1976, 14. 143 Executive Decision vom 13. 6. 1974, Jahresbericht 1974, Appendix XII, 122 ff.; zur Einstellung der Ölfazilität siehe IMF-Survey vom 5. 4. 1976. Außerdem wurde im August 1975 als Hilfestellung für Zinszahlungen ein Subventionskonto für Entwicklungsländer geschaffen; vgl. hierzu 46. Jahresbericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, 118. 144 Vgl. IMF-Survey vom 2. 2. 1976, 33 ff. 145 NZZ vom 18./19. 1. 1976, 9. Polak (Anm. 85), 7, weist darauf hin, daß diese Ziehungen zeitlich begrenzt seien, in außergewöhnlichen Fällen auch eine höhere Inanspruchnahme möglich sei und die erweiterten Ziehungsmöglichkeiten allen Mitgliedern offen stünden, geht aber nicht auf das Liquiditätsproblem ein. Kritisch zum Inflationspotential der neuen Regelungen auch 0. Veit, Internationale Inflation, ZfgK 1976, 529 ff. 1 48 Siehe oben S. 230, insbes. Anm. 83. 147 Die Bedeutung der Kontrolle der internationalen Liquidität hat der Geschäftsführende IWF-Direktor Witteveen wiederholt unterstrichen, vgl. IMF-Survey vom 26. 5. 1975, 145 und vom 28. 10. 1975, 313.

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VI. Ausblick: Die Satzungsreform Provisorium oder Dauerlösung? Ob die Satzungsänderung eine dauerhafte Lösung der anstehenden Weltwährungsprobleme bringen wird, ist angesichts der Währungsentwicklungen der letzten Jahre nicht mit Sicherheit zu prognostizieren. Gleichgültig wie man die Satzungsänderung einstufen mag - ob als Reform, Teilreform148 oder als Nichtreform des internationalen Währungssystems149 - , so ist kaum zu verkennen, daß grundlegende Elemente des Bretton Woods-Systems einen Wandel erfahren haben. Diese neuen Elemente rechtfertigen es wohl auch, von einer "neuen Weltwährungsordnung" in Ansätzen zu sprechen. Wenn der in zähen Verhandlungen gefundene Kompromiß auch manche enttäuschen mag150, so dürfte er für die nahe Zukunft doch ein gangbarer Weg sein, um zu einer relativen Stabilität in den internationalen Währungsbeziehungen zurückzukehren1• 1 • 148 Vgl. etwa Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1975, 66. 149 De Vries, Jamaica or the Non-Reform of the International Monetary System, Foreign Affairs 54 (1976), 577 ff. 15° Ibid., 588. Zu diesen Reißbrettvorstellungen vgl. Emminger (Anm. 31), 53 f.: "Die hochfliegenden Pläne einer umfassenden Reform des internationalen Währungssystems, die von 1972 bis 1974 in dem sog. ,Zwanzigerausschuß' des IWF diskutiert wurden, mußten ad acta gelegt werden. Warum? In erster Linie, weil die wichtigsten der geplanten Neuerungen völlig auf ein weltweites System von ,festen, wenn auch anpassungsfähigen Währungsparitäten' abgestellt waren. Die Erfahrungen seit 1973 haben aber ein weltweites System fester Währungsparitäten in weite, ja vielleicht unerreichbare Ferne gerückt. Außerdem waren wichtige Teilstücke der angestrebten Generalreform von vornherein zu ambitiös und wären auch unter günstigeren Umständen kaum realisierbar gewesen. Ich erwähne als Beispiele hierfür die Konsolidierung des sog. Dollarüberhangs durch ein Substitutionskonto im IWF, die Beseitigung der Asymmetrie des früheren Deviseninterventionssystems durch ein weltweites System von Interventionen in allen wichtigen Teilnehmerwährungen (nach Art der europäischen Währungs,Schlange'), strikte Regeln für die Zahlungsbilanzpolitik auf Grund von sog. Reserve-Indikatoren usf. Diese theoretischen ,Reißbrettarbeiten' mußten den harten Realitäten, insbesondere der unausweichlich gewordenen Wechselkursflexibilität, weichen." 151 Nach Abschluß dieser Darstellung wurden dem Verfasser aus dem einschlägigen Schrifttum insbesondere folgende weitere Titel zugänglich: Stephen A. Silard, Money and Foreign Exchange, International Encyclopedia of Comparative Law XVII (1975), Kap. 20. R. W. Edwards, Jr., The Currency Exchange Rate Provisions of the Proposed Amended Articles of Agreement of the International Monetary Fund, AJIL 70 (1976), 722 - 62. R. C. Effros, Maintenance of Value in the General Account and Valuation of the SDR in the Special Drawing Account of the IMF, Georgia Journal of International and Comparative Law 6 (1976), 493 - 518. Joseph Gold, Floating Currencies, Gold, and SDRs: Some Recent Legal Developments, IMF Pamphlet Series No. 19 (1976); ders., A Report on Certain Recent Legal Developments in the International Monetary Fund, Vanderbilt Journal of Transnational Law 9 (1976), 223- 45 ; -ders., Law and Change in International Monetary Relations,

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Thesen 1. Das Bretton Woods-System ist kein "universales" Währungssystem,

da der kommunistische Staatenblock ferngeblieben ist.

2. Die 2. Satzungsnovelle schreibt den währungsrechtlichen "Status quo" fest, indem es Elemente der gewohnheitsrechtliehen Praxis in die Fondsstatuten aufnimmt. 3. Die 2. Satzungsreform ist Ausdruck des grundlegenden Wandels der drei Bauprinzipien des Bretton Woods-Systems (feste Wechselkurse mit engen Bandbreiten; freie Konvertibilität und GoldDollar-Konvertibilität, Gold-Dollar-Standard). 4. Die Satzungsreform "legalisiert" die bestehenden Wechselkurspolitiken, insbesondere das seit 1973 weltweit geübte Floating, schreibt aber kein bestimmtes Wechselkursregime vor. 5. Die Wechselkurspolitik der Mitglieder ist künftig stärkerer Überwachung durch den Fonds unterworfen und soll sich an binnenwirtschaftlicher Stabilität (Preisstabilität, wirtschaftliche und monetäre Stabilität) ausrichten. 6. Die Rückkehr zu einem anpassungsfähigen Fixkurssystem ("stable, but adjustable par-values") ist wegen der besonderen Stimmenmehrheit von 85 °/o der Stimmgewichte vorerst nicht zu erwarten (Vetomöglichkeit der USA). 7. Die Konvertibilitätsverpflichtung des Art. VIII Abs. 2-4 der Satzung bleibt erhalten. 8. Die Gold-Dollar-Konvertibilität ist nunmehr auch satzungsrechtlich entfallen. 9. Das Gold hat seine Geldfunktion als Zahlungsmittel und Wertmesser im Fondsrecht verloren, wird aber als Reservemedium noch eine wichtige Rolle spielen. 10. Der Dollar fungiert nicht mehr als indirekter Wertmesser, wird aber als internationales Zahlungsmittel und Reservemedium eine gewisse Bedeutung behalten. The Record of the Association of the Bar of the City of New York 31 (1976), 223- 38; ders., Floating Currencies, SDRs, and Gold: Further Legal Developments, IMF Pamphlet Series No. 22 (1977); ders., A Second Report on Some Recent Legal Developments in the International Monetary Fund, The World Association of Lawyers, Washington, D. C., 1977; ders., Internationales Recht und IWF, Finanzierung & Entwicklung 14 (1977), 35 - 37. International Monetary Fund, Selected Decisions of the International Monetary Fund and Selected Documents, 8. Aufl. (Washington D. C., 1976). A. Weber, Die zweite Satzungsnovelle des Internationalen Währungsfonds und das Völkerrecht, Festschrift für F . A. Mann, 807 - 846 (1977). 16 Symposion 1976

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11. Die Sonderziehungsrechte sind aufgrund der Satzungsänderung als Recheneinheit ("Währungskorbmethode"), Zahlungsmittel und Hauptreservemedium an die erste Stelle gerückt; ob ihnen diese Rolle tatsächlich zufällt, bleibt abzuwarten. 12. Auch im institutionellen Bereich zeichnet sich eine gewisse Verankerung des "Status quo" ab, indem ein "Council" (mit Entscheidungsbefugnissen) die Aufgaben des Interimsausschusses übernehmen soll. 13. Das Prinzip des "weighted voting" bleibt als Stimmrechtsgrundsatz im IWF erhalten; die Zahl der qualifizierten Mehrheitsentscheide wird erhöht. 14. Die Entwicklungsländer haben durch die 6. allgemeine Quotenerhöhung die Ausweitung der Kreditfazilitäten und die Errichtung eines Trust Fund verstärkte Berücksichtigung gefunden. 15. Die 2. Satzungsreform dürfte für die nahe Zukunft zu einer Restabilisierung der internationalen Währungsbeziehungen führen.

Diskussion zum Referat von Hugo J. Hahn Scheuner:

Wenn wir uns nicht so sehr auf die Geschichte, die uns der Vortrag sehr anschaulich vor Augen geführt hat, als auf die gegenwärtigen Probleme konzentrieren, so sollten wir vor allem von den Sonderziehungsrechten sprechen, die nun an die Stelle des Goldes getreten sind. Dabei wird erkennbar, daß die neue Entwicklung der Weltwährungsordnung nun stärker von dem Interesse der Entwicklungsländer bestimmt wird, die hier nach der Gewinnung von neuen Kreditlinien suchen. Ich darf dies nur kurz hervorheben, um für die Diskussion eine Anregung zu geben. Oppermann:

Ich möchte zunächst einige mehr allgemeine Bemerkungen machen und im Anschluß dann noch eine oder zwei Fragen an Sie, Herr Hahn, richten. Zunächst möchte ich mich bei Ihnen für das brillante Referat ganz außerordentlich bedanken. Gerade wenn man nicht Finanzexperte ist, ist es um so gewinnreicher, in diese spezielle Materie etwas eingeführt zu werden. Ich möchte insofern aber auch die Veranstalter des Kolloquiums dazu beglückwünschen, daß uns hier im Rahmen der Weltwirtschaftsordnung die Weltwährungsordnung als ein Eckstein und Markstein des Ganzen in dieser qualifizierten Art und Weise vor Augen geführt worden ist. Wir sollten jetzt vielleicht das Währungssystem in die Gesamtheit des Weltwirtschaftskomplexes, wie wir ihn seit gestern diskutiert haben, etwas einzuordnen suchen. In diesem Sinne weise ich als erstes auf die strikt-juristische Durchgebildetheit hin, die das internationale Finanzrecht, ähnlich wie das gestern von Herrn Meessen vorgeführte Enteignungsrecht, zu einer dogmatisch besonders fruchtbaren Provinz des internationalen Rechts macht. Zweitens beeindruckt, wie hier im internationalen Währungsrecht Rechtsfiguren im Zwang der Realitäten wie selbstverständlich praktiziert werden, um die anderwärts im Völkerrecht wer weiß welches Aufheben gemacht wird. Ich denke dabei z. B. an den Mehrheitsbeschluß. Wenn man bedenkt, wie in der EWG um Mehrheitsbeschlüsse herumgekaspert wird vor dem Hintergrund der Souveränitätswahrung, wenn man die diesbezügliche 16•

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Diskussion

französische Haltung sich ansieht und wenn man auf der anderen Seite dann die Praxis des Mehrheitsbeschlusses im IWF damit vergleicht - sie haben das mit den 85 °/o und 70 °/o Klauseln deutlich gemacht, Herr Hahn- also wie hier dieser Mehrheitsbeschluß von Staaten ohne weiteres gehandhabt wird, die ansonsten im allgemeinen politisch einander weit weniger verbunden sind als die EG-Staaten untereinander, so ist das sehr bemerkenswert. Das als allgemeine Bemerkung. Eine andere Feststellung, die ich hier gerne treffen würde, betrifft die großen politisch-wirtschaftlichen Gruppierungen im internationalen Währungsrecht. Wir haben bei den sonstigen Unterhaltungen immer vom Nord-Süd-Dialog gesprochen, in dem Sinne: Auf der einen Seite die Industrieländer, auf der anderen Seite die Entwicklungsländer. Es ist sicherlich nicht ohne Bedeutung zu vermerken, daß die Scheidungslinien im internationalen Finanzrecht etwas anders verlaufen. Kraft des IWF-Systems haben wir hier eine weitgehende Einbeziehung der Dritten Welt plus nichtsozialistische Industrieländer in einer größeren, lockeren Einheit. Auf der anderen Seite stehen die - im wesentlichen sozialistischen - Staaten, die sich außerhalb des IWF-Systems befinden. Das ist eine Grundfiguration, die man sich bei allen sonstigen Gegensätzen, die zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern bestehen, auch einmal vor Augen führen muß. Viele Grundfragen nicht nur der Währungsordnung, sondern der Wirtschaftsordnung überhaupt sind in einer sozusagen systemimmanenten Weise diskutierbar zwischen Dritter Welt und den westlichen Industriestaaten kraft dieser irgendwo noch bestehenden Einheit des IWF-Systems. Die dritte Bemerkung, und aus meiner Sicht die wichtigste: Welchen Sinn macht eigentlich diese zweite Satzungsreform des IWF-Systems im Gesamtkontext der Weltwirtschaftsordnung? Ist es nicht so, daß das Entscheidende an der Reform gar nicht so sehr darin liegt, daß man sich von dem einen oder anderen Prinzip von Bretton Woods abkehrt, sondern daß man den Kerngedanken von Bretton Woods, nämlich internationale Liquidität und internationale Konvertibilität, mit gewandelten Mitteln insbesondere über die Sonderziehungsrechte aufrechterhalten will? Wenn ich noch einmal an das sehr richtige Wort von Herrn Dr. Fleischhauer, das er gestern morgen sprach und das ich ungerne in Vergessenheit sehen würde, anknüpfen darf, geht es auch bei einer funktionierenden internationalen Währungsordnung vor aller sozial getönten "Redistribution des Reichtums" zuerst einmal darum, überhaupt den Kuchen möglichst groß werden zu lassen, um verteilbaren Reichtum zu schaffen. Eine konvertibel funktionierende Weltwährungsordnung ist dabei nach allen Erfahrungen sozusagen das A und 0, um überhaupt in diesem Bereich einigermaßen marktwirt-

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schaftlieh liberal und produktiv arbeiten zu können. Daher ist der Grundsinn dieser zweiten Satzungsänderung, daß man den Kerngedanken von 1944 ff. zu retten versucht, also auch unter den gewandelten Umständen nicht in eine Autarkie im Stile von 1929 ff. zurücksinken will, eine Entscheidung, die unter den Auspizien einer zukunftsträchtigen Weltwirtschaftsordnung sehr zu begrüßen ist. Schließlich eine weitere nunmehr im engeren Sinne völkerrechtliche Bemerkung: Ich finde es ausgesprochen interessant, Herr Hahn, Ihren Ausführungen der völkerrechtlichen Deutung des Überga~gs von festen Wechselkursen zum Floating einen sehr markanten Beitrag zum "Instant customary law" zu entnehmen. Das ist es wert, deutlich herausgestellt zu werden. Der Internationale Gerichtshof hat in dem NordseeUrteil seinerseits schon gesagt, Gewohnheitsrecht kann sich relativ schnell bilden. Aber das waren immerhin noch zehn Jahres-Fristen, in denen er damals dachte. Wenn man aber hier beim IWF dieser faktischen Entwicklung, der "necessity" des Übergangs zum Floating überhaupt noch ein rechtliches Mäntelchen umhängen kann, dann bietet sich seinerseits nur das "Instant customary law" an. Dann muß man aber bereit sein, für die Zeitspanne der Entwicklung der Opinio juris sogar in Fristen von zwei Jahren oder drei Jahren zu rechnen! Als letztes eine Frage: Wie steht es mit dem formellen ratifikationsmäßigen Abschluß der zweiten Satzungsänderung? Wie weit sind die Ratifikationen bereits erfolgt? Hahn:

Die deutsche Übersetzung dieser zweiten Novelle zur IWF-Satzung liegt noch nicht vor. Die einschlägige Parlamentsdrucksache geht demnächst dem Bundesrat zu. In manchen Staaten ist das Verfahren etwas weiter fortgeschritten. Man rechnet damit, daß es bis zum Ende des Jahres 1977 mindestens überall eingeleitet ist, so daß man also wohl 1978 mit dem Inkrafttreten zu rechnen hätte. Oppermann:

Also weltweiter Abschluß noch in den 70er Jahren? Hahn:

Ja. Aber darf ich vielleicht die Gelegenheit wahrnehmen, um zunächst auf Ihren zweiten Punkt einzugehen, nämlich das instant customary law. Das ist ein Gegenstand, der zwischen Herrn Tomuschat und

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mir zu einem höchst interessanten Ergebnis geführt hat, indem nämlich ich im Jahre 1969 der Deutschen Bundesbank und der Bundesrepublik bei dem ersten "schmutzigen" Floaten noch vorwarf, sie habe eine flagrante Völkerrechtswidrigkeit begonnen, womit ich mir einen bitteren Brief von Herrn Emminger einhandelte. Und ein halbes Jahr später, oder ein dreiviertel Jahr später, kam die Monographie von Herrn Tomuschat heraus, der anhand dessen, was an zusätzlichen Daten vor~ lag, zu dem entgegengesetzten Ergebnis kam, und ich muß sagen, völlig zutreffend, d~nn mittlerweile hatte sich wohl instant customary law bereits gebildet, jedenfalls waren die Ansätze sichtbar, anhand derer man heute zu dem Ergebnis kommen dürfte, daß es sich dabei um eine gewohnheitsrechtliche Bildung handelte, die dem Satzungsrecht vorgeht. Und damit ist eine Lösung gefunden, die jedenfalls sauberer und zufriedenstellender ist als die Annahme der Bildung von satzungswidrigem, satzungsänderndem Sekundärrecht. Das wäre m. E. eine recht unbefriedigende Deutung des Vorgangs. Bei den anderen Punkten, Herr Oppermann, habe ich nur noch diese eine Bemerkung: ich stimme Ihrer allgemeinen Beurteilung der Funktion des Währungsrechts und des Währungsfonds zu. In der Tat ist bei dem dritten Punkt, den Sie berührt haben, dem Motiv für die zweite Satzungsreform, ja wohl der Wunsch nach einer besseren Berücksichtigung der Inflationsdifferentiale zwischen den einzelnen Mitgliedern des Währungsfonds maßgeblich, deren Nichtberücksichtigung zu den krisenhaften Zuständen von den späten 60er Jahren bis in unsere Gegenwart geführt hat, das Festhalten an starren Fixkursen ohne die Möglichkeit der Änderung. Darüber gibt es eine Menge nationalökonomisches Schrifttum, darüber gibt es eine Menge von Dokumenten, die volkswirtschaftliches Gedankengut einschlägiger Art vortragen. Ich resümiere das, aber wir sind uns jedenfalls einig darüber, daß es sich tatsächlich bei dieser zweiten Reform der Satzung des internationalen Währungsfonds um das Bemühen handelt, den verschiedenen Inflationsraten in den verschiedenen Mitgliedsstaaten des Währungsfonds bei der Gestaltung oder auch der Nicht-Gestaltung der Wechselkurse besser, sachangemessener Rechnung zu tragen. Ob die Lösungen, die man jetzt gefunden hat, auf ewig, auf drei Jahre oder auf eine irgendwie dazwischenliegende Zeit gelten, kann man m. E. nicht beurteilen. Ich finde mich in dieser Vagheit nicht allein. Aber auf jeden Fall ist bislang das Funktionieren der Weltwirtschaft dadurch gewährleistet worden, daß man von der Starrheit, von den Fixkursen, einen Weg zu den nunmehr praktizierten und demnächst auch legalisierten Lösungen gegangen ist. Das wäre im Augenblick mein Kommentar zu Ihren Bemerkungen, Herr Oppermann, für die ich Ihnen sehr dankbar bin.

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Fleischhauer: Herr Vorsitzender, in unseren Beratungen von gestern und heute sind wir immer wieder, es zog sich wie ein roter Faden durch alle Themen hindurch, dem Drängen der Entwicklungsländer begegnet, im Rahmen der weiteren Ausgestaltung der Weltwirtschaftsordnung eine Präferenzposition eingeräumt zu bekommen. Und die drängende Frage ist: soll das sein, wenn ja- wie, und in welchem Ausmaß? Diese Fragestellung zog sich durch das Thema "Enteignung", es zog sich durch das Thema "Technologietransfer", das haben wir heute morgen bei den Rohstofffragen erfahren. Nun haben wir aus dem außerordentlich klaren und eindringlichen Vortrag von vorhin erfahren, daß die Entwicklungsländer im Bereich der Weltwährungsordnung bereits eine gewisse Präferenzposition haben. Herr Hahn hat gesprochen von den Versteigerungen der Goldbestände. In der Ziff. 14 der Thesen ist die Rede von der allgemeinen Quotenerhöhung, der Ausweitung von Kreditfazilitäten und der Errichtung eines Trust Fund, bei denen die Entwicklungsländer verstärkte Berücksichtigung gefunden haben. Meine Frage ist nun die, was ist diese gewisse Präferenzposition, die hier offenbar besteht, in Wirklichkeit wert für die Entwicklungsländer, und lassen sich daraus möglicherweise Ansatzpunkte gewinnen für die weitere Ausgestaltung der Weltwirtschaftsordnung im weiteren Sinne, also über den Bereich der Weltwährungsordnung hinaus. Rauschning: Zunächst darf ich um Belehrung in einer vielleicht einfachen Frage bitten: Geht mit einer Quotenerhöhung für die Entwicklungsländer nicht auch eine Erhöhung der Einzahlungspflicht einher und können die Entwicklungsländer einer solchen erhöhten Einzahlungspflicht nachkommen? Nach den mir vorliegenden, vielleicht ein wenig veralteten Texten scheint mir dieser Zusammenhang zu bestehen. Auch die Erhöhung der Sonderziehungsrechte müßte doch eigentlich den Glauben an die Zahlungsfähigkeit der Entwicklungsländer voraussetzen. Wenn die Sonderziehungsrechte deshalb erhöht werden, um den Entwicklungsländern mit insgesamt verhältnismäßig geringen Quoten einen höheren Kreditspielraum oder eine höhere Liquiditätsmasse zukommen zu lassen, dann ist in der Erhöhung der Sonderziehungsrechte doch auch allgemein eine Begünstigung aller übrigen Mitglieder des Systems eingeschlossen. Wenn alle übrigen Mitglieder in dem gleichen Umfang auf diese Sonderziehungsrechte zugreifen, dann müßte eine ganz erhebliche Vermehrung dieses Quasi-Geldes sich ergeben mit erheblichen inflationären Auswirkungen. Ist den Entwicklungsländern wirklich damit gedient. diese Art von Geld - die Möglichkeit der Son-

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derziehungsrechte - zu vermehren? Ich stelle mir das ein wenig vor wie bei einem Zentralbanksystem, in dem die einzelnen Mitgliedsbanken ab und zu ihr Konto auch wieder auffüllen müssen. Ist denn daran gedacht, daß die Entwicklungsländer ihre Sonderziehungsrechte auch zum Teil wieder zurückgeben, um sie in schwierigen Situationen wieder zur Verfügung zu haben? Wenn man gleichzeitig vom absoluten Streichen der Schulden spricht, dürfte wohl nicht daran gedacht werden. Dann allerdings erscheint es mir für das gesamte Währungssystem nicht glücklich, diese Art von Kreditversorgung zu wählen, in dem man bei allen Mitgliedstaaten diese Kreditmöglichkeiten erhöht, nur weil man die Entwicklungsländer begünstigen will. Die zweite Frage lehnt sich ein wenig an die Ausführungen von Herrn Oppermann an. Wenn eine funktionsfähige Weltwährung oder ein Weltwährungssystem mit Konvertibilität aufrecht erhalten werden soll, dann soll damit ja vor allen Dingen ein multilateraler Handel und nicht ein in einzelnen Warenabkommen festgelegter Warenaustausch ermöglicht werden. Ich habe Ihrem Referat entnommen, daß die Entwicklungsländer an einem funktionierenden Weltwährungssystem im Sinne allgemeiner Konvertibilität äußerst interessiert sind. Daraus läßt sich auch der Rückschluß ziehen, daß sie grundsätzlich an der Aufrechterhaltung einer multilateralen Marktwirtschaft interessiert bleiben. Und so sind alle Anstrengungen, die Voraussetzungen für einen allgemeinen Welthandel von der Geldseite her aufrecht zu erhalten, eben auch Mittel, eine mit ins Soziale gehende internationale Marktwirtschaft möglichst lange am Leben zu erhalten. Bedenken möchte ich anmelden gegen das "instant customary law" innerhalb eines Organisationsstatuts. Es wäre richtiger, andere Möglichkeiten der Vertragsauslegung zu Rate zu ziehen, als von seiten der Mitgliedsstaaten zu sagen, man halte sich nicht an das Organisationsrecht, es sei auch vernünftig, alle Leute sähen das auch ein, daß ein regelwidriges Verhalten vernünftig sei. Ich möchte in Zweifel stellen, daß ein solches Verhalten die Basis für die Schnellbildung von Völkergewohnheitsrecht sein kann; denn wenn sich diese Rezepte durchsetzen, daß jeweils ein vernünftiges Tun als Gewohnheitsrecht angesehen wird, dann ist die restliche Stabilität des Völkerrechts doch äußerst in Frage gestellt. Hahn:

Wenn ich zunächst zum letzten Punkt etwas sagen darf, Herr Rauschning, so ist Floaten nichts so Neues, das Floaten ist auch im Rahmen des internationalen Währungsfonds schon spätestens seit 1948 eine bekannte Größe. Es gibt aus der Feder von Joseph Gold juristische Nach-

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zeichnungen dieser Geschehensabläufe von Mexiko über Kanada bis zu anderen amerikanischen und nicht-amerikanischen Staaten. Die Frage, die sich hier mit dem Begriff des instant customary law zu identifizieren scheint, trat in dieser Schärfe ja erst etwa 1967/1968 mit der Zunahme des Euro-Devisen-, genauer des Euro-Dollar-Marktes, der amerikanischen Auslandsverschuldung und einigen anderen Dingen hervor. Und so instant, so plötzlich, war die Gewohnheitsrechtsbildung auch wieder nicht. Erst als Floaten ein generelles Phänomen wurde, von dem sich niemand mehr fernhalten konnte, nach der Methode "hit or run'' oder "hit and run", da kam es dann zu der Bildung eines customary law. Und ich glaube, der Vorgang zwischen Herrn Tomuschat und mir, den ich Ihnen vorhin schilderte, zeigt ungefähr den 12-Monatszeitraum auf, in dem der Umschlag geschah. Das wollte ich vorab sagen. Das andere, Herr Rauschning, kann ich Ihnen sehr detailliert erklären, ich glaube aber, wir sollten uns hier auf Grundprinzipien beschränken. Wir sind uns darüber einig, daß all das, was ich an Rechtstatsachen vorgetragen habe, die den Inhalt der Neuregelung bilden, zu einer relativ erheblichen Steigerung der internationalen Liquidität führen muß, z. T. bereits geführt hat, durch die verschiedenen Sonderfazilitäten des IWF. Ob das zum Nachteil der Industriestaaten wirkt, das weiß ich nicht. Wir sind auf jeden Fall zunächst einmal - Herr Prof. Krämer mag mich verbessern, wenn ich gegen nationalökonomische Axiome verstoßen sollte - mit der Situation konfrontiert, daß sich als Ergebnis der Summe und jeder einzelnen Maßnahme dieses Pakets die internationale Liquidität, und zwar insbesondere auch die Liquidität, über die die Entwicklungsstaaten verfügen, erhöhen wird. Diese Erhöhung der Liquidität in der Hand der Entwicklungsstaaten wird zunächst dazu führen, daß sie - vielleicht nur vermeintliche Steigerungen ihres Devisenzugangs erfahren. Da es sich aber letzten Endes um Kreditierungen handelt, soweit diese Staaten nicht ~elbst dafür etwas zu bieten haben, und da Schulden ein vorzügliches Mittel sind, insbesonders Schulden von Obrigkeiten, von Staatswesen, um weltweit Liquidität zu erhöhen, ist abzusehen, daß in der Tat von der Reform der IWF-Satzung auch ungünstige Auswirkungen ausgehen können, wenn nämlich Liquidität ungezügelt wachsen würde. Das habe ich vorhin mit einigen sehr dürren Worten angedeutet. Nachdem Sie durchaus legitimerweise auf diesen Punkt zu sprechen kommen, kann ich nur soviel sagen: ich stimme Ihnen zu in dieser Beurteilung. Simma:

Ich möchte einen Gedanken aufnehmen, den Herr Fleischhauer zurückgestellt und Herr Rauschning aufgeworfen hat: den Gedanken des

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instant customary law. Ich habe mit einer gewissen Erleichterung festgestellt, Herr Hahn, daß Sie in Ihrer letzten Stellungnahme das Wort "instant" bereits etwas zurückgenommen haben, und ich möchte jetzt vielleicht in die Richtung argumentieren, daß man sich überlegen sollte, auch die Bezeichnung "customary law" etwas zurückzunehmen. Es ist mir aufgefallen, das geht in meine Richtung, daß Sie sich in Ihrem Referat sehr vorsichtig ausgedrückt und nicht etwa von einer opinio juris gesprochen, sondern gesagt haben, wir haben eine Praxis und dazu eine opinio necessitatis. Nun, dieses Wort opinio necessitatis hat sicherlich auch eine gewisse Solemnität, aber ich würde meinen, daß auch Staaten, die sich etwa gezwungen sehen, das Gewaltverbot zu verletzen, so etwas wie eine opinio necessitatis haben, nur würden wir das dann auf deutsch ausdrücken. Ich würde unter opinio juris doch verstehen, entweder dieses etwas rätselhafte Bewußtsein oder die Anerkennung, daß etwas nicht nur geboten oder notwendig ist - man kann nicht anders-, sondern daß etwas Völkerrecht sein soll. Und ich glaube nun, daß man besonders in der Analyse der Gewohnheitsrechtsbildung contra tractatum, contra legem besonders vorsichtig sein muß. Ich möchte auf das Schicksal des Art. 38 im Entwurf der ILC über das Law of Treaties auf der Wiener Konferenz hinweisen, der ja bekanntlich als einziger Artikel im ILC-Entwurf nicht in die Wiener Konvention Aufnahme gefunden hat, weil diese Problematik, die Abänderung von Verträgen auf gewohnheitsrechtlichem Wege, in der Tat gewaltige Probleme aufwirft. Ich würde da Herrn Rauschning recht geben, der sagt, man müßte vielleicht ins Kapitel Vertragsinterpretation hineinsehen. Wir haben ja als legitimes Interpretationsmittel die subsequent practice. Ich würde die Situation auf diesem Sektor doch eher so sehen: man ist von der Praxis abgewichen, man war sich natürlich bewußt, daß das eine Abweichung war, aber man hat sich doch im Hintergrund immer gedacht, wir müssen dieses faktische Verhalten demnächst legalisieren. In der Tat war ja in der Presse immer zu lesen, daß diese Praktik des Floating legalisiert werden solle durch eine Anpassung der Satzung, wie es denn in Kingston auch geschah. Ich würde also eher meinen, daß man vielleicht, ähnlich wie im Sicherheitsrat in der Anwendung von Art. 27 (3), hier eine Art einvernehmliches Abweichen von einer geschriebenen Verfassung im Hinblick auf eine zu vereinbarende Satzungsänderung sehen könnte. Es ist doch so, daß instant customary law dort eine Rolle gespielt hat, wo es um die Ausfüllung rechtsleerer Räume ging. Nicht umsonst ist die Theorie beim Weltraumrecht aufgekommen, und hier lag eine ganz andere soziologisch-politische Situation vor. Zum zweiten wollte ich Sie fragen, ob Sie einige Worte über die Rolle der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich bei den Gold-

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käufen sagen könnten. Ich erinnere mich, daß in der Presse damals das Thema, ob die BIZ bei diesen Versteigerungen als Käufer auftreten darf, doch einigermaßen kontrovers war.

Wegener: Ich habe einige Schwierigkeiten, mich mit der Schlußthese des Referats zu befreunden, daß die Satzungsreform eine Restabilisierung für die Zukunft erreicht hätte. Und zwar leite ich meine Zweifel aus dem Forderungspaket der Entwicklungsländer ab, das noch unerledigt daliegt. Es ist kein Zufall, daß die Entwicklungsländer der Verlockung nicht widerstehen können, sich an die nach ihrer Vorstellung unerschöpflichen Geldschaffungsmöglichkeiten des Fonds zu wenden ·und ihm gegenüber Forderungen zu formulieren. Und gerade der revolutionäre Impetus der Entwicklungsländer, den wir ja in ihrem Ansturm gegen das, was wir für die etablierte und bewährte Ordnung gehalten haben, in diesen Tagen immer wieder beobachtet haben, macht es so besonders gefährlich, daß dieser Impetus sich nunmehr gegen den IMF richtet und dadurch unter Umständen die Währungshüterfunktion des IMF lahmlegen könnte. Ich will nicht ausschließen, daß einige Elemente der Satzungsänderung, die Sie so präzise und eloquent beschrieben haben, überdauern, aber der IMF in seinem Ganzen ist doch in einer eminenten Weise bedroht. Er ist einmal bedroht dadurch, daß ein Druck in Richtung auf eine Mitgliedschaftsveränderung stattfindet, ein Druck auf Quotenveränderung zugunsten ganz neuer Ländergruppen und damit eine fundamentale Umordnung des decision-making. Und hier haben wir selbst in der Entscheidung 3362 der 7. Sondergeneralversammlung weitgehend den Forderungen schon zugestimmt. Wenn die Entwicklungsländer diese Forderung noch nicht in aller Härte vorgetragen haben, dann ist es gleichwohl wahrscheinlich, daß sie das in sehr naher Zukunft tun werden. Neue Forderungen werden sich insbesondere richten auf den unmittelbaren Zugriff auf die Finanzierungsmöglichkeiten des Fonds. Wenn man in die Erklärung von Manila hereinsieht, die diese Forderungen ganz unverfälscht enthält, dann wird einem einigermaßen angst und bange. Vor allem soll der "link" geschaffen werden, also die bedingungslose Verwendung der Sonderziehungsrechte für Entwicklungshilfe. Schlimmer noch, die Zustimmung auch der Industrieländer zu einem link steht vor der Tür. Bei der 7. Sondergeneralversammlung haben nur noch die Amerikaner eine Vorbehaltserklärung dagegen abgegeben, während wir uns zu unserer eigenen Beruhigung in die Interpretation eines höchst dubiosen Textes flüchteten. Die Japaner haben nichts mehr gesagt, die anderen Länder der Europäischen Gemeinschaft auch nicht. Ich weiß nicht, wie wir den Forderungen nach einem link bei den nächsten Veranstaltungen des IMF

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überhaupt noch entgehen können; denn wir können uns in dieser Frage sicherlich eine Isolierung kaum leisten, und wie die Amerikaner sich dann verhalten werden, kann man noch nicht wissen. Schließlich steht in der Manila-Erklärung geschrieben, wie nunmehr sämtliche Auflagen, die der IMF bei Ziehung stellen könnte, zugunsten der Entwicklungsländer entfallen sollen. Ebenso sollen die Grenzen bei den "tranches" dramatisch erhöht werden. Schließlich soll der "compensatory financing facility" erhöht werden - praktisch ohne Grenzen -, wobei die Ziehungen im Falle gravierender Untererlöse beim Export sogar als "grants" hingegeben werden sollen und nie wieder zurückkehren. Zu alledem soll ein System der Zahlungsbilanzstützung zugunsten der Entwicklungsländer eingeführt werden, wieder ohne jede Auflage, wieder ohne jede Grenzen. Ich sehe einfach nicht, wie unter diesen Umständen, angesichts dieser umfassenden Forderungen, wo man eigentlich den Ansturm auf die Bollwerke schon akustisch vernimmt, von einer Restabilisierung des Gesamtsystems gesprochen werden kann. Schließlich habe ich noch eine besondere Frage. Wir lesen in der Manila-Erklärung und in anderen Forderungserklärungen der 77er auch das Verlangen nach einer "universality of the monetary system", wo also "all interested countries without exception" in den monetären Verbund einbezogen werden. Aber gleichzeitig wird auf der Konferenz für Nichtgebundene in Colombo im letzten August und dann erneut im September auf der Konferenz der 77 in Mexiko eine besondere Währungseinheit der Entwicklungsländer vorgeschlagen, die offensichtlich auch - ich will über die Erfolgsaussichten nicht urteilen - als eine Art Kampfinstrument für die collective self-reliance gedacht ist. Da scheint mir ein interessanter Widerspruch zu liegen, der von den Entwicklungsländern selbst noch nicht aufgeklärt worden ist. Hahn:

Eine Reihe von Folgerungen, die Sie gezogen haben, lassen sich nicht bestreiten. Ich habe sie selbst in meinem Referat anklingen lassen. Aber man darf vielleicht eines nicht vergessen: Die programmatischen Erklärungen, insbesondere der Entwicklungsstaaten, bedürfen des Vollzuges in verbindlichen Beschlüssen der Organe des internationalen Währungsfonds, um zu wirken. Diese Beschlüsse stehen aus, und soweit man das überblickt, ist das Ausbleiben solcher Beschlüsse, das weitere Ausbleiben dieser Beschlüsse die Hoffnung, ja die Erwartung derjenigen, die auf dieser Seite der Barriere stehen. Es gibt auch und gerade in diesem Bereich der Entwicklungshilfe die Art von Selbstbetäubung durch Worte, die man aus der Ölkrise und aus ähnlichen Situationen

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kennt. Gelegentlich gelingt es doch, mit dem Gewicht des Sachverstandes Debatten so zu lenken, daß der gesunde Hausverstand der Notenbankiers zum Tragen kommt. Darin muß man eben seine Hoffnung setzen und das muß man erwarten. Mehr kann ich leider nicht sagen. Normalerweise, auch ich habe das schon erlebt, ist es sehr viel leichter, mit den einschlägigen Fachressorts, auch von Entwicklungsstaaten, zu sprechen als mit denjenigen, die die politischen Wortführer sind und die für die Innenpolitik sorgen müssen. Zu der Frage, die Herr Kollege Simma gestellt hat: Ich bin gern bereit, die Überlegungen im einzelnen zu rekonstruieren, die die Exekutivdirektoren und z. T. auch die Mitglieder des Gouverneursrates des IMF in den einschlägigen Phasen der Entwicklung, die Herr Tomuschat so und ich damals anders behandelt haben, darzulegen. Vielleicht läßt sich daraus etwas entnehmen. Auf jeden Fall, Herr Simma, ist eines sicher: mindestens drei westeuropäische Notenbankgouverneure haben ausdrücklich erklärt, es handele sich nur noch um eine rein formelle Unregelmäßigkeit, und dann kommt's: wir können das internationale Währungssystem nur um den Preis des Floatens retten, auch wenn einstweilen dafür die Texte nicht nur nichts hergeben, sondern es ausschließen.

Bernhardt: Ich möchte noch e1mge Bemerkungen zu der völkerrechtsdogmatischen Frage des instant customary law machen. Dabei kann ich mich im wesentlichen an das anschließen, was Herr Simma gesagt hat. Die Frage ist deshalb wichtig, weil die Gefahr besteht, daß in einem partiellen und temporären. Abweichen von Verträgen eine Quelle neuen Völkerrechts gesehen wird. Das halte ich nicht für richtig. Es handelt sich auch nicht um eine Interpretationsfrage, weil der Wortlaut eindeutig verlassen wird. Ich meine, daß wir es mit dem Problem einer konkludenten Vertragsänderung zu tun haben, die möglicherweise nur für eine begrenzte Zeit gilt. Nun noch eine ganz andere Frage. In Leitsatz 14 wird in einer vorsichtigen Formulierung gesagt, die Entwicklungsländer hätten durch verschiedene Maßnahmen verstärkte Berücksichtigung gefunden. Wenn ich es richtig sehe, ist seinerzeit das Weltwährungssystem im wesentlichen konzipiert worden, um primär den Handel zwischen den Industrieländern zu fördern und ihn monetär abzusichern. Meine Frage geht dahin, ob durch die vorgesehenen Änderungen der Satzung ein wesentlich neuer Gesichtspunkt vordringt. Die Entwicklungsländer versuchen wohl, den Weltwährungsfonds für ihre speziellen Anliegen zu aktivieren und neu zu orientieren. Und das ist ihnen offensichtlich

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partiell gelungen. Ist das nur eine begrenzte Neuorientierung, die den Interessen der Entwicklungsländer etwas entgegenkommt, oder handelt es sich um eine neue Grundkonzeption im Rahmen des Nord-SüdKonflikts? Hahn:

Um einmal mit Schlagworten zu antworten, ich werde gleich die Dinge noch etwas im einzelnen darlegen: von einer Machtergreifung durch die Entwicklungsländer ist bislang noch nichts zu sehen. Die Vorkehrungen, die im Recht des Fonds bestehen und die, die neu geschaffen werden, lassen das nicht zu. Man muß hinzufügen, daß die Wünsche und die Bedürfnisse der Entwicklungsländer ja nur einen Teil, und vielleicht einen kleineren Teil dessen darstellen, was Anlaß zu der zweiten Satzungsreform gab. Was Anlaß gab, war die Unordnung, die dauernde katastrophale Unordnung der amerikanischen Zahlungsbilanz, und der Rest, soweit ich das sehe, ergab sich als eine Folge von Sekundäreffekten dieses Überhangs des Dollardefizits, das immer noch anwuchs und durch alle möglichen Maßnahmen nicht in Kontrolle genommen werden konnte. Zu der Frage, die Sie zuerst berührt haben, Herr Bernhardt. Ich habe in meinem Referat bewußt den Ausdruck "instant customary law" nicht verwandt. Er taucht bei mir nicht auf. Ich bin, ich habe das ja verschiedentlich anklingen lassen, auch nicht der Auffassung, daß sich der Geschehensablauf plötzlich oder auch nur kurz vollzog. Vielmehr glaube ich, daß das eine Entwicklung war, die über fast zwei Jahrzehnte hinreichte und die einschlägige Regelhaftigkeit letzten Endes über die vier, fünf letzten Jahre dieses Zwanzigjahrzeitraums die Rechtssatzqualität erlangte, die sie heute besitzt. Es mag dahinstehen, ob man eine konkludente Vertragsänderung annimmt oder eine gewohnheitsrechtliche Bildung, die einen Teil der Satzung außer Kraft setzt, aber ich wiederhole, daß das Geschehen keinen Ablauf von besonderer Plötzlichkeit darstellte. Kewenig:

Ich schließe mich in der Argumentation Herrn Simma an und kann mich höchstens so weit vorwagen wie Herr Bernhardt, aber selbst das bereitet mir schon gewisse Schwierigkeiten. Wenn man nämlich mit dem "instant customary law" zu großzügig ist, dann läuft einem nicht nur das Gewohnheitsrecht unter den Fingern weg, auch das Vertragsrecht fängt an, sich in seinen Konturen aufzulösen. Warum sollte man nicht auch im Völkerrecht einmal sagen können, daß es noch Vertragsbrüche gibt, und zwar auch Vertragsbrüche, die zehn Jahre andauern.

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Außerdem habe ich eine Frage an den Referenten: Ich möchte gerne wissen, woher Sie den Optimismus nehmen, daß es im internationalen Währungssystem bei dem bleibt, was man bisher den Entwicklungsländern konzediert hat. Denn es ist ja ganz deutlich, auch wenn wir uns nicht mit Einzelheiten abgeben, daß die Konzessionen, die man bisher in diesem Bereich gemacht hat, weit hinter dem zurückbleiben, was man in anderen Bereichen schon konzediert hat. Sie haben das, worauf Herr Wegener hingewiesen hat, charakterisiert als eine Art Selbstbetäubung durch Worte, die man nicht zu ernst nehmen sollte. Aber, um Ihre Formulierung aufzunehmen, es gibt auch eine Selbstbetäubung durch Sachverstand oder durch blindes Vertrauen auf den Sachverstand. Der Sachverständige sagt: Also, das kann gar nicht sein, das geht nicht. Er setzt sein Vertrauen in die Abwehrkräfte des Systems, in die Sachzwänge. Aber auf einmal, aber leider zu spät, muß er feststellen, daß das ganze System auf eine schiefe Ebene geraten ist und gefährlich nahe an den Abgrund gerät. Ich wäre deshalb dankbar, wenn Sie noch weitere Belege für Ihren doch recht eindrucksvollen Optimismus vortragen könnten. Hahn:

Dazu nur so viel: nach 10 Jahren in der Praxis der Entwicklungshilfe, allerdings im Rahmen der OECD und nicht des IWF, habe ich immer wieder festgestellt, daß in monetären Angelegenheiten der Retardationseffekt des Sachverstandes größer ist als irgendwo sonst, ja daß man mit solch heilsamer Bremswirkung rechnen darf.

Kewenig: Aber Retardation heißt: kommt später ... Hahn:

Ja, durchaus, daß also gewisse Dinge sich etwas verzögern lassen und daß dann mit dem Anwachsen des Volkseinkommens und mit der Verbesserung der Infrastruktur der Volkswirtschaft Hemmungseffekte auch auf Seiten der Nehmerländer eintreten, die sich anderwärts bereits gezeigt haben.

Kewenig: Insofern, Herr Hahn, wenn ich das einwerfen darf, treffen Sie sich mit dem Sachverständigen aus dem Auswärtigen Amt, mit Herrn Joetze, der hofft nämlich darauf, daß, wenn man noch ein bißchen wartet, Brasilien und ich weiß nicht, welche sonstigen Blumenländer

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auf der Seite der Technologie exportierenden Länder sind, daß sich dann auch in dem Bereich die Probleme weitgehend lösen. Hahn:

Ich habe das in Fällen erlebt, die jetzt nicht mehr in aller Munde sind, aber die es damals waren, von Spanien über Griechenland bis zu Island, gewiß kleine Staaten, aber in diesen Fällen habe ich es sur le tas erlebt. Aber auf der anderen Seite ist es in der Welt, in der wir leben, auf die Dauer nicht möglich, auf jeden Fall nicht empfehlenswert, die Entwicklungsländer stets und immer mit Ablehnungen abzuspeisen, sondern es kommt doch wohl im Laufe der Zeit immer wieder auch zu Zugeständnissen. Ich hoffe nur, daß die schon erwähnten Hemmungsfaktoren mit der Zeit stärker werden, weil sie sich dann einzustellen pflegen, wenn mehr Wohlstand eingekehrt ist. Bothe: Ich möchte noch einmal an der letzten These anknüpfen, die besagt, daß für eine nahe Zukunft eine Restabilisierung der internationalen Währungsbeziehungen durch die Satzungsreform herbeigeführt worden sein soll. Wir haben auf der anderen Seite in dieser Diskussion um das sog. "instant customary law" gesehen, wie schnell sich die Dinge gerade im internationalen Währungsrecht ändern können. Dies ist par excellence ein Bereich, für den zutrifft, was Herr Kewenig gestern für das internationale Wirtschaftsrecht allgemein gesagt hat, nämlich daß es ein Recht sei, welches in großem Maße von dem bestimmt ist, was die Praktiker daraus machen. Ich habe gerade im Bereich des Wäh.:. rungsrechts den Verdacht, daß die Ökonomen sich einen Teufel um die Juristen scheren und einfach das tun, was sie im Moment für wirtschaftlich notwendig und sinnvoll halten. Und letzten Endes ist es ja auch ein mögliches Ergebnis einer solchen Debatte, daß man feststellt, wir haben hier einen Sachverhalt, der ist sachlich nicht regelbar. Dann müssen wir Juristen uns zurückziehen, auf Sachregelung verzichten. Ein gewisser Ersatz eines sachlichen Regelwerks für den internationalen Geldaustausch ist das Zurverfügungstellen gewisser Verfahrensmechanismen, nach denen ad hoc doch mit Entscheidungen auf Probleme reagiert werden kann, also Verfahrensregelung statt materieller Regelung. Eine weitere Frage: Beruht nicht die Prognose, daß eine Stabilisierung eingetreten sei, darauf, daß dieses System eigentlich gar keines ist. Die Tatsache, daß durch die Satzungsreform jedem Staat eine weitgehende Freiheit eingeräumt wird, sein Währungssystem einzurichten

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wie er will, bedeutet ja im Grunde schon einen gewissen Rückzug hinsichtlich der rechtlichen Regelung überhaupt. Und wenn man dann noch eine gewisse Sicherheit in diesem System haben will, muß irgendwo ein Verfahren bestehen, das wenigstens sicherstellt, daß diese Prozesse einigermaßen verantwortlich gesteuert werden. Meine Frage geht dahin, wieweit das System, welches die Satzung vorsieht, wieweit möglicherweise auch Abreden, die außerhalb der Satzung bestehen, etwa im Anschluß an die Erklärung von Rambouillet, gewisse Mechanismen zur Verfügung stellen, die uns zu der Hoffnung berechtigen, daß das, was hier geschaffen wurde, nicht die legalisierte Anarchie ist.

Ginther: Zwei Fragen an Herrn Hahn: Warum haben Sie so sehr betont, daß die Suspendierung der Dollarkonvertibilität durch die USA eine Verletzung von Art. 4 der IMF-Statuten war? Ergeben sich daraus Folgerungen für die ~ukunft oder wurde in der Praxis tatsächlich von den Vereinigten Staaten eine Konversion verlangt, die diese dann nicht geleistet haben? Zur nächsten Frage: Joseph Gold hat in seinem Buch "Membership and Non-membership in the International Monetary Fund" gemeint, die Abwesenheit politischer Brisanz in dieser Organisation sei vor allem darauf zurückzuführen, daß eine homogene Mitgliederstruktur gegeben sei und bei der Aufnahme neuer Mitglieder von der Organisation die Konditionen diktiert werden könnten; weiters verfüge die Organisation auch über ein effizientes Ausschlußverfahren. Haben diese Feststellungen auch heute noch ihre Gültigkeit, und wird die Ruhe innerhalb des IMF, die Joseph Gold im Vergleich zur UNESCO sehr begrüßt, auch weiterhin dadurch gewährleistet sein?

Hahn: Weithin ist das, was Herr Gold gesagt hat, als Gesamteindruck nämlich, daß es sich um eine Organisation handele, in der relative Ruhe herrsche, auch heute noch zutreffend. Das ist so, weil in diesem Kreise der Sachverstand seine beruhigende und lenkende Eigenschaft und Beschaffenheit ausübt. Zur Suspendierung der Dollarkonvertibilität kam es, weil bei dieser Gelegenheit mehrere Fälle anstanden, in denen es zu einer glatten Weigerung der Vereinigten Staaten gekommen wäre, Dollarguthaben ausländischer Zentralbanken anzunehmen und sie in der gewünschten Weise zu kompensieren, sei es mit Gold, sei es mit der Währung des anbietenden Landes, und weil der Druck der Großmacht USA schlicht 17 Symposlon 1916

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und einfach dazu geführt hat, daß es in der Welt der Tatsachen nicht dazu kam. Ich wollte keine Schelte der Amerikaner betreiben, sondern die währungstechnische Ursächlichkeit vergegenwärtigen. Aber die Amerikaner sind sich über diese Dinge wohl auch im klaren, gerade im Zentralbanksystem, gerade im Board of Governors of the Federal Reserve System. Die legalisierte Anarchie, Herr Bothe: ich weiß nicht, wieviel Prozent der Rechtsmasse, die das internationale Währungsrecht darstellt, von diesen Dingen weithin unbelastet und unberührt geblieben sind. Aber denken Sie daran, daß es heute nicht nur Kleinstaaten sind oder relativ überschaubare Staaten- auch wenn sie große Flächen haben, wie etwa die Türkei - die an der Quelle, nämlich beim Internationalen Währungsfonds, den Lebensstoff hernehmen, den monetären Lebensstoff, den sie brauchen. Diese Ausgleichsfunktion des internationalen Währungssystems und des Internationalen Währungsfonds, diese Ausgleichsfunktion ist nach wie vor effizient geblieben, sie bleibt auch heute effizient und wenn man unter diesem Aspekt die verschiedenen Änderungen betrachtet, die die 2. Satzungsreform vornimmt, dann kann man sagen, daß es sich ebenfalls darum handelt, diese dauernde Unterstützungs- und Ordnungsfunktion des internationalen Währungsfonds weiterhin verfügbar zu halten. Diese Funktion wäre bei dem, was sich an Bräuchen, gar Mißverständnissen zwischen 1968 und 1971, auch noch bis 1974, eingestellt hatte, schlicht und einfach nicht mehr möglich gewesen. Die Steigerung der internationalen Liquidität in Gestalt der Sonderziehungsrechte hat ja nicht nur negative und schädliche Auswirkungen, indem sie zur Preissteigerung und damit zur Wertminderung des nationalen Geldes führen mag, sie hat auch den großen Vorteil, daß sie die Lebensfähigkeit bedrohter Nationalwirtschaften, jedenfalls über begrenzte Zeiträume, weiterhin aufrechterhält. Ob das das gültige Rezept für alle Zeit ist, weiß ich nicht. Ich hatte vor kurzem in Würzburg einen sehr bekannten Währungsfachmann zu Gast, der sowohl in der Praxis wie in der Theorie seinen Teil geleistet hat zu dem, was an monetärem Wohlstand auch in der Bundesrepublik vor aller Augen ist, dessen Antwort ebenso lautete. Wohl niemand hat eine bündige Antwort. Wir sind in der Tat im Augenblick dabei, nur noch für begrenzte Zeiträume zu planen. Aber wir wünschen, daß der grenzüberschreitende Güteraustausch, der grenzüberschreitende Dienstleistungsverkehr und der grenzüberschreitende Kapitalverkehr andauert, und zwar zum Nutzen aller Beteiligten. Das ist bislang gelungen. Ob die Rezepte, die wir heute vorsehen, auf Dauer diesem Ziel angemessen sind, das weiß ich nicht. Aber ich weiß eines, Nichtstun wäre noch schlimmer gewesen, und das, was getan wird, ist unter den

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gegebenen Umständen das, was man nach den Erfahrungen von mehr als 30 Jahren für sachdienlich halten konnte. Und in diesem Sinne bin ich Ihnen für die Aufmerksamkeit, die Sie unserem Thema zugewandt haben, sehr dankbar und fühle mich Ihnen für diese Geduld und diese Ausdauer in einem komplexen Bereich verpflichtet.

Teilnehmerliste Prof. Dr. Rudolf Bernhardt, Max-Planck-In.stitut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg Priv.-Doz. Dr. Michael Bothe, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg Prof. Dr. Jost Delbrück, Universität Kiel Priv. Doz. Dr. Wilfried Fiedler, Universität Kiel Prof. Dr. Peter Fischer, Universität Wien Dr. Karl-August Fleischhauer, Auswärtiges Amt, Bonn Prof. Dr. Isi Foighel, Universität Kopenhagen Horst Frank, Robert Bosch AG, Stuttgart Prof. Dr. Konrad Ginther, Universität Graz Prof. Dr. Hugo J. Hahn, Universität Würzburg Prof. Dr. Knut Ipsen, Universität Bochum Dr. Günther Joetze, Auswärtiges Amt, Bonn Prof. Dr. Dr. Joseph H. Kaiser, Universität Freiburg Dr. Hans-Gerd Kausch, Universität Kiel Prof. Dr. Wilhelm A. Kewenig, Universität Kiel Prof. Dr. Hans-Georg Koppensteiner, Universität Salzburg Prof. Dr. Hans R. Krämer, Institut für Weltwirtschaft, Kiel Dr. Hans Broder Krohn, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Brüssel Dr. Siegfried Magiera, Universität Kiel Prof. Dr. Karl Mattbias Meessen, Universität Augsburg Prof. Dr. Herbert Miehsler, Universität Salzburg Prof. Dr. Thomas Oppermann, Universität Tübingen Prof. Dr. Albrecht Randelzhofer, Freie Universität Berlin Prof. Dr. Dietrich Rauschning, Universität Göttingen Dr. Eibe Riede!, Universität Kiel Prof. Dr. Walter Rudolf, Universität Mainz Prof. Dr. Ulrich Scheuner, Universität Bonn Dr. Hans-Joachim Schütz, Universität Kiel Prof. Dr. Ignaz Seidl-Hohenveldern, Universität Köln Prof. Dr. Bruno Simma, Universität München

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Teilnehmerliste

Prof. Dr. Krzysztof Skubiszewski, Universität Posen Prof. Dr. Christian Tornuschat, Universität Bonn Prof. Dr. Rudolf Weber-Fas, Universität Mannheim Dr. Henning Wegener, Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Internationalen Organisationen, Genf Dr. Eckart Wehser, Universität Kiel Dr. Rita Wichardt, Universität Kiel