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German Pages 132 [119] Year 2009
Jean-Manuel Leonardi
Viral Marketing im E-Business
Diplomica Verlag
Jean-Manuel Leonardi Viral Marketing im E-Business ISBN: 978-3-8366-1520-4 Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008 Zugl. Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, Deutschland, Fachbuch
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INHALTSVERZEICHNIS Abkürzungsverzeichnis ...........................................................................................III Abbildungsverzeichnis ........................................................................................... IV Tabellenverzeichnis ................................................................................................. V Einleitung ...................................................................................................................1 Teil A: Online-Marketing ...........................................................................................3 1
Grundlagen zum Online-Marketing ..................................................................4 1.1 Online-Marketing im Kontext der Mediennutzung.............................................4 1.2 Online-Marketing im Überblick .........................................................................5 1.3 Akteure.............................................................................................................9 1.4 Targeting ........................................................................................................10
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Ausgewählte Online-Marketing-Methoden im Detail.....................................12 2.1 Affiliate-Marketing...........................................................................................12 2.2 Keyword-Advertising ......................................................................................15 2.3 Suchmaschinenoptimierung (SEO) ................................................................17 2.4 Online-Werbung (Advertising Exchange) .......................................................20
Teil B: Viral Marketing.............................................................................................24 1
Grundlagen zum Viral Marketing ....................................................................25 1.1 Die Mund-zu-Mund-Propaganda ....................................................................25 1.2 Definition und Abgrenzung des Viral Marketings............................................28 1.3 Entstehung und Anfänge des Viral Marketings ..............................................30 1.4 Viral Marketing im Marketing-Mix ...................................................................31 1.5 Mathematische Abstraktion des Viral Marketings...........................................31
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Aktuelles Erklärungsmodell zum Viral Marketing .........................................34 2.1 Ein Überblick ..................................................................................................34 2.2 Die Memetik – Theorie der Replikation von Botschaften................................34 2.3 Der Tipping Point – Die Regeln einer Epidemie .............................................39 2.3.1 Die Definition des Tipping Points .............................................................39 2.3.2 Der Verankerungsfaktor...........................................................................40 2.3.3 Die Macht der Umstände .........................................................................40 2.3.4 Das Gesetz der Wenigen.........................................................................41 2.4 Soziale Netzwerke..........................................................................................42 2.4.1 Definition und Einführung ........................................................................42 2.4.2 Vom Zwei-Stufen- zum Mehr-Stufen-Modell der Kommunikation ............43 2.4.3 Die Netzwerkperspektive .........................................................................44 2.4.4 Die Relevanz der sozialen Netzwerke .....................................................48 2.5 Terminologie – Ordnung der Begriffe .............................................................48
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Kernelemente des Viral Marketings ...............................................................50 3.1 Das Kampagnengut........................................................................................50 3.1.1 Grundlegende Eigenschaften eines viralen Kampagnengutes ................50 3.1.2 Emotionen als Auslöser eines viralen Effektes ........................................51 3.1.3 Der Container einer viralen Botschaft ......................................................54 3.2 Seeding ..........................................................................................................55 3.3 Rahmenbedingungen und Weiterempfehlungsanreize...................................59
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Kampagnenprozess des Viral Marketings .....................................................60 4.1 Der Aufbau .....................................................................................................60 4.2 Die Kampagnenentwicklung ...........................................................................61 4.2.1 Ziele.........................................................................................................61 4.2.2 Zielgruppen..............................................................................................62 4.2.3 Kampagnengut ........................................................................................63 4.2.4 Testlauf/Optimierung ...............................................................................66 4.3 Kampagnenumsetzung ..................................................................................66 4.4 Kampagnenanalyse........................................................................................70 4.4.1 Quantitative Methoden.............................................................................70 4.4.2 Qualitative Methoden...............................................................................73
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Aktuelle Entwicklungen des Viral Marketings ..............................................75 5.1 Die aktuelle Wirkung des Viral Marketings .....................................................75 5.2 Big Seed Marketing ........................................................................................76
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Chancen und Risiken des Viral Marketings...................................................79
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Fallbeispiel – Nissan Qashqai ........................................................................80 7.1 Kampagnenüberblick......................................................................................80 7.2 Kampagnenentwicklung .................................................................................80 7.2.1 Ziele / Zielgruppe .....................................................................................80 7.2.2 Kampagnengut ........................................................................................81 7.3 Kampagnenumsetzung ..................................................................................84 7.4 Kampagnenanalyse........................................................................................85 7.5 Kampagnenfazit .............................................................................................89
Fazit ..........................................................................................................................90 Schlussbetrachtung................................................................................................91 Literaturverzeichnis ................................................................................................92 Anhang .....................................................................................................................98
II
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ASP
Application Service Provider
CPC
Cost per Click
CPM
Cost per Million
CPV
Cost per View
CTR
Click trough Rate
DIGA
Dynamic Ingame Advertising
MNV
Minimum Number of Views
MZMP
Mund-zu-Mund-Propaganda
NPS
Net Promoter Score
P2P
Peer to Peer
RSS-Feed
Really Simple Syndication Feed
SEO
Search Engine Optimization
TKP
Tausender Kontakt Preis
URL
Uniform Resource Locator
VM
Viral Marketing
III
ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Vergleich Medienanteile an Nutzung und Werbemarkt in % (ohne Plakat)........................................................................................4 Abbildung 2: Online-Marketing im Überblick .............................................................5 Abbildung 3: Funktionsweise des Affiliate-Marketings ............................................12 Abbildung 4: Funktionsweise des Keyword-Advertisings am Beispiel GOOGLE (Adwords)...........................................................................................16 Abbildung 5: Möglichkeiten des SEO’s ...................................................................18 Abbildung 6: Funktionsweise einer Börse für Online-Werbung ...............................20 Abbildung 7: Berechnungsschema des NPS ..........................................................26 Abbildung 8: Abhängigkeit des NPS zum Umsatzwachstums am Beispiel der amerikanischen Flugzeuggesellschaften ...........................................27 Abbildung 9: Die drei Ausprägungen des Viral Marketings .....................................29 Abbildung 10: Verlauf der Reproduktionsrate (R) als Funktion .................................32 Abbildung 11: Das 3-Säulen-Modell des Viral Marketings ........................................34 Abbildung 12: Ausschnitt eines sozialen Netzwerks .................................................45 Abbildung 13: Adaptionsgruppen im Diffusionsprozess ............................................47 Abbildung 14: Verschiedene Kampagnengüter (bzw. Container) und dessen Erfolge................................................................................................55 Abbildung 15: Viral Marketing im Überblick...............................................................60 Abbildung 16: Der virale Kampagnenprozess ...........................................................61 Abbildung 17: Kampagengutentwicklung ..................................................................63 Abbildung 18: Beispiel eines Semiogramms .............................................................64 Abbildung 19: Seedingstrategie bei einer weit umfassten Zielgruppe.......................66 Abbildung 20: Seedingstrategie bei einer eng umfassten Zielgruppe .......................69 Abbildung 21: Die Mircosite der Qashqai Kampagne................................................81 Abbildung 22: Seedingverlauf der Qashqai Kampagne ............................................84 Abbildung 23: Tägliche Views der Qashqai Kampagne ............................................86 Abbildung 24: Kumulierte Anzahl der Views der Qashqai Kampagne.......................87 Abbildung 25: Verlauf der CPV (Qashqai).................................................................88
IV
TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4:
Aufgaben der Akteure des Affiliate-Marketings......................................14 Aufgaben der Akteure bzgl. der Börse für Online-Werbung...................22 Terminologie – Ordnung der Begriffe.....................................................49 Ergebnis der 9 Kampagnen (Studie – Emotionen).................................52
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EINLEITUNG Werbung in all ihrer Ausführung ist dem Verbraucher im TV, Radio, in den Zeitungen und Zeitschriften gegenwärtig. Etwa 2.500- bis 5.000-mal wird jeder Konsument täglich mit ihr konfrontiert, ob bewusst oder unbewusst. Diese Zahlen lassen schon erahnen, dass die klassische Massenwerbung ein erhebliches Problem mit ihrer Effizienz hat. Konsumenten sind negativ gegenüber der Werbung eingestellt, weshalb sie eine Abwehrhaltung aufgebaut haben. Zudem ist es nicht möglich, diese Masse an Werbung aufzunehmen.1 Ein Beispiel zu dieser Problematik liefert „e•on“, welche 90 Millionen Euro in eine Kampagne (u. a. TV-Spots) mit Arnold Schwarzenegger investierte, um für ihr Stromprodukt „MixPower“ zu werben. Schlussendlich entschieden sich darauf nicht einmal 1.000 Konsumenten für das umworbene Produkt. Experten vermuten, dass 75% der Kampagnen kein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis haben. Quantitativ „versickern“ hiernach 22 der jährlich in Deutschland 29 Milliarden Euro für Werbung.2 Dieses Buch beschäftigt sich mit dem Viral Marketing im E-Business und stellt alternative Formen des Marketings im Internet vor. Für den Begriff „E-Business“ gibt es keine einheitliche Definition. Hier wird E-Business (Electronic Business) als ein Sammelbegriff für alle elektronisch ausgeführten Geschäftsaktivitäten (wie z. B. das Marketing) verstanden.3 Das Viral Marketing (VM) im Sinne der elektronischen Geschäftsaktivitäten im Rahmen des Internets behandelt wird. Dargestellt wird das VM ausschließlich im B2C-Bereich (business to customer). Der Teil A befasst sich mit dem Online-Marketing. Einleitend wird ein Überblick geboten um später einige Aspekte im Detail zu erläutern. Das Online-Marketing wird aufgrund von begrenzten Kapazitäten nicht ausführlich behandelt. Vielmehr soll dieser Teil einen Rahmen vermitteln, in dem sich das VM abspielt. Im Teil B weist den Schwerpunkt dieses Buches auf. Die Literatur beschäftigt sich erst seit kurzer Zeit mit der Thematik des VM. Besonders auf die theoretischen Grundlagen wird in der Literatur zumeist noch unbefriedigend eingegangen. Teil B beginnt mit diesem Punkt in Kapitel 1, in dem die Mund-zu-Mund-Propaganda und ihre Auswirkung auf den unternehmerischen Erfolg erläutert werden. Darauf aufbauend wird das VM definiert und dessen Anfänge aufgezeigt. Der aktuelle Forschungs-
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Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 13. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 14. Vgl. ITWissen, E-Business, URL: http://www.itwissen.info/definition/lexikon/_ebusinessebusiness_ebusinesselectronic%20business ebusiness_ebusinesse-business.html, Zugriff am 15.11.2007.
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stand wird betreffend der Grundlagen des VM in seinen verschiedenen Facetten beleuchtet und in einem Gesamtmodell (Kapitel 2) skizziert. Im Kapitel 3 werden die Kernelemente des VM identifiziert und ausführlich beschrieben. Alle zuvor herausgearbeiteten Aspekte werden im Kapitel 4 dann in einem Modell eines Kampagnenprozesses zusammengeführt. Im Anschluss an das Kapitel 4 wird die Sicht auf die Praxis gelenkt und die aktuellen Entwicklungen betrachtet (Kapitel 5). Zum Ende dieses Buches wird die Kampagne von Nissan zur Einführung ihres „Qashqai“ aufgegriffen. Ziel ist es das gesamte Konzept des VM im Detail vorzustellen und einen allgemeinen Aufklärungsbeitrag zu leisten.
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TEIL A: ONLINE-MARKETING
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GRUNDLAGEN ZUM ONLINE-MARKETING
1.1
Online-Marketing im Kontext der Mediennutzung
Von Jahr zu Jahr steigt die Nutzung des Internets in Deutschland. Die Internetnutzung verzeichnete vom Jahr 2000 bis 2006 einen Zuwachs von 108%. Folglich waren 2006 bereits 59,5% der Bevölkerung online.4 Im Vergleich zu der gesamten Mediennutzung ist das Internet jedoch lediglich auf Platz drei mit 14,6% (Abbildung 2). Das Radio und das Fernsehen dominieren weiterhin. Das Internet hat jedoch nur ca. 9% Anteil am Werbemarkt, was nicht in einem ausgeglichenen Verhältnis zur Mediennutzung steht. Aktuell wird der Werbemarkt weiterhin von TV, Zeitungen und Zeitschriften dominiert. Es kann jedoch aufgrund der stetigen Zunahme der Internetnutzung davon ausgegangen werden, dass sogleich auch der Anteil des Internets am Gesamtwerbeetat weiter steigen wird. Abbildung 1: Vergleich Medienanteile an Nutzung und Werbemarkt in % (ohne Plakat)
Quelle: BVDW, Online – Nutzung, URL: http://www.bvdw.org/fileadmin/downloads/marktzahlen/basispraesentationen/ bvdw_basisppt_online-nutzung_20061113.pdf, Zugriff am 01.11.2007.
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4
Vgl. BVDW, Online – Nutzung, URL: http://www.bvdw.org/fileadmin/downloads/marktzahlen/basispraesentationen/bvdw_basisppt_ online-nutzung_20061113.pdf, Zugriff am 01.11.2007.
1.2
Online-Marketing im Überblick
Das Online-Marketing umfasst alle Methoden (sowie auch die Online-Werbung) die darauf abzielen, Besucher auf die eigene oder einer bestimmten Internetpräsenz zu lenken, auf der ein Verkaufsprozess angebahnt werden kann.5 Das Online-Marketing obliegt im Zuge der Weiterentwicklung des Internets und dessen Technologien einer fortwährenden Veränderung. Der Begriff Web 2.0 ist allgegenwärtig. Neben den technologischen Aspekt wird unter diesem Begriff auch das so genannte „Mitmach-Internet“ verstanden. Dies ermöglicht, dass Internetbenutzer aktiv in die Gestaltung der Internetangebote mit einbezogen werden. Eine sehr bekannte Ausprägung des Web 2.0 sind sicherlich die so genannten Weblogs oder kurz Blogs.6 Blogs sind eine Art im Internet geführte Tagebücher, welche eine chronologische Aufzeichnung von Ereignissen aufweisen, und zusätzlich durch Besucher kommentiert werden können.7 Das folgende Schaubild (Abbildung 2) gibt einen groben Überblick über Methoden des Online-Marketings, auf die in der Literatur oft anzutreffen ist. Abbildung 2: Online-Marketing im Überblick
Quelle: eigene Darstellung
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Vgl. Lammenett, Erwin, Praxiswissen Online-Marketing, 2006, S. 17. Vgl. Sturm, Patrick, Was ist das „Web 2.0“ und was bedeutet es für die deutsche Wirtschaft?, URL: http://www.bvdw.org/fileadmin/downloads/fachgruppen/E-Content-EServices/20061024_ak_web20_praesentation.pdf, Zugriff am 10.11.2007. Vgl. Schmahl, Diana, Moderne Online-Marketing-Methoden, 2007, S. 82.
5
Das Affiliate-Marketing, die Suchmaschinenoptimierung (SEO) und das KeywordAdvertising werden im Kapitel 2 näher beschrieben und definiert, da diese Methoden zu den Wachstumsstärksten gehören und von aktueller Relevanz sind.8 Auf das Konzept des Viral Marketings wird im Teil B eingegangen. Im weiteren Verlauf des Kapitels werden die übrigen Methoden des Online-Marketings (siehe Abbildung 2) kurz beschrieben. Zu den Methoden des Online-Marketings (Abbildung 2) gehören viele Instrumente, die sich bereits seit Jahren bewährt haben. Ein solches Instrument ist u. a. das EMail-Marketing welches sich zum Ziel setzt Benutzer bzw. Mitglieder einer Zielgruppe per E-Mail auf die Webseite des werbenden Unternehmens zu „locken“. Unter Mobile-Marketing wird ein Instrument verstanden, welches sich auf Marketingmaßnahmen unter Verwendung drahtloser Telekommunikation und mobilen Endgeräten (z. B. Handy) bezieht.9 Unterschieden wird nach der Initiierung zwischen der Push und Pull Variante. Bei Push-Kampagnen wird eine eigene oder die von einem Dienstleister gemietete Adressliste zur Versendung von Werbebotschaften an mobile Endgeräte benutzt, während bei Pull-Kampagnen der Endverbraucher selbst den Dialog mit dem werbenden Unternehmen sucht, jedoch zuvor vom Unternehmen dazu motiviert wurde. Ein Beispiel für eine Pull-Kampagne wäre ein Gewinnspiel, bei dem eine Person durch das Versenden einer SMS teilnimmt.10 Gemäß einer Umfrage hat das Mobile-Marketing in der Praxis so gut wie keine Bedeutung.11 Beim Blog-Marketing können sowohl Blogs beworben, als auch eigene Blogs zur Erreichung verschiedener Ziele erstellt werden. Die von einem Unternehmen erstellten Blogs werden auch als Corporate Blogs bezeichnet. Mit z. B. speziellen Themenblogs können Themenfelder angesprochen werden, auf denen sich das werbende Unternehmen mit Lösungen in Form ihrer Produkte und Dienstleistungen präsentiert. Solche Blogs vermitteln dem Kunden spezielles Wissen und Beratung, ohne dabei massiv für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen zu werben. Ziel des Unternehmens ist es dem Kunden seine Kompetenz zu demonstrieren und gleichzeitig dadurch indirekt Kundenakquise zu betreiben.12
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Vgl. Schmahl, Diana, Moderne Online-Marketing-Methoden, 2007, S. 114. Ebenda, S. 32. Vgl. Pousttchi, Key und Wiedemann, Dietmar G., Mobile Marketing, URL: http://www.wimobile.de/fileadmin/Papers/MM/Mobile-Marketing-Begriffsklaerung-und-Kategorisierung_ 46-21.pdf, Zugriff am 10.11.2007. Vgl. Schwarz, Thorsten, Online-Marketing Trends nach Unternehmensgröße, URL: http://www.marketing-boerse.de/Fachartikel/details/Trends-07, Zugriff am 10.11.2007. Vgl. absatzwirtschaft, Online-Marketing-Wissen, URL: http://www.absatzwirtschaft.de/Content/OnlineMarketing/Wissen/_pv/doc_page/5/_p/1003198/nc/1/_t/ft/_b/47292/default.aspx/ erfolgreiche-weblogs-haben-gute-konzepte.html, Zugriff am 07.11.2007.
Ein innovativer Ansatz stellt das Virtual-World-Marketing dar. Das Virtual-WorldMarketing befasst sich mit Marketingaktivitäten in virtuellen Welten13 im Internet wie z. B. dem „Second Life“ oder „Taatu“. Laut herrschender Meinung wird dem VirtualWorld-Marketing prophezeit, dass auf diesem Gebiet noch viele Möglichkeiten und Chancen gegeben sind, wobei dieser Meinung auch in gleichem Verhältnis Kritiker gegenüberstehen. Laut einer Studie sind allerdings 72% der Besucher, so genannte „Avatare“, enttäuscht von den Aktivitäten der Unternehmen in Second Life. Dabei werden große Defizite seitens der Second Life Besucher in der Betreuung in der zu geringen Interaktion zwischen den Unternehmen und den Besuchern selbst gesehen. So versuchen Unternehmen Werbekampagnen eins zu eins auf die virtuelle Welt zu übertragen. Solch einmalige Werbekampagnen werden langfristig mit Nichtachtung bestraft. Vielmehr muss dauerhaft das Interesse des Besuchers aufrechterhalten werden (z. B. Events).14 Aus unterschiedlichen Branchen sind bereits namhafte Unternehmen, wie z. B. Adidas mit einem virtuellen Schuhgeschäft präsent.15 Bisher gibt es weder genaue Methoden wie in virtuellen Welten als werbendes Unternehmen zu agieren ist, noch gibt es standardisierte Werbeprogramme, welche den Zugang zu diesen Welten erleichtern würde. Die Auftritte der bisherigen Unternehmen sind eher von experimenteller Art. Die Erwartungen an die Zukunft sind dennoch ungebrochen. So erwartet GARTNER (Unternehmensberater) gemäß einer Studie, dass bis Ende 2011 80% aller Internetbenutzer an virtuellen Welten teilnehmen werden.16 Unter Online-Werbung (siehe Abbildung 2) wird das Platzieren von Werbemitteln auf Webseiten zur Unterstützung von Kommunikationszielen verstanden. Als Werbemittel können z. B. Banner17 dienen. Online-Werbung ist nicht mit OnlineMarketing-Methoden wie bspw. E-Mail-Marketing, Affiliate-Marketing oder Keyword-
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Vom Computer simulierte Welten die der realen Welt nachempfunden ist und jeder Benutzer sich in dieser Welt bewegen und mit anderen Benutzern kommunizieren kann. Vgl. Komjuniti, Erste Kundenzufriedenheitsstudie in Second Life, URL: http://www.komjuniti.com/newsdetail.php?id=13, Zugriff am 07.11.2007. Vgl. Martell, Maren, Deutsche Unternehmen entdecken Second Life, URL: http://www.stern.de/computer-technik/internet/:Onlinewelten-Deutsche-Firmen-SecondLife/583766.html, Zugriff am 07.11.2007. Vgl. Business Wire, Gartner Says 80 Percent of Active Internet Users Will Have A ``Second Life'' in the Virtual World by the End of 2011, URL: http://home.businesswire.com/portal/site/google/index.jsp?ndmViewId=news_view&newsId=20070 424006287&newsLang=en, Zugriff am 07.11.2007. Grafische (statisch oder animierte) Elemente mir hinterlegten Link des Werbetreibenden; eine Vielzahl von Formaten sind verfügbar, Vgl. Lammenett, Erwin, Praxiswissen OnlineMarketing, 2006, S. 132ff.
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Advertising gleichzusetzen oder als Oberbegriff für diese zu verwenden. Die OnlineWerbung ist entsprechend der Kommunikationspolitik eines Unternehmens der Werbung zu zuordnen, wobei z. B. das Affiliate-Marketing eher zu der Verkaufsförderung zu zählen ist.18 Die klassische Online-Werbung bezieht sich auf die Platzierung von Werbemitteln auf Webseiten, was im Kapitel 2.4 aufgrund des Aufkommens einer neuen Art der Durchführung (Advertising Exchange) einer Kampagne noch näher erläutert wird. Eine junge Variante ist das Ingame-Advertising, mit dem Ziel es Platzierens von Werbemitteln in Videospielen.19 Besonders dem Dynamic Ingame Advertising (DIGA) wird laut Experten großes Potential nachgesagt. Dabei geht es um die Platzierung von Werbemitteln innerhalb von Onlinespielen auf vordefinierten Werbeflächen, welche in zeitlichen Abständen aktualisiert werden können.20 Das IP-TV21 Advertising, setzt auf die Möglichkeit von Werbeeinblendungen beim Fernsehen im Internet. IP-TV befindet sich noch im Ausbau. Ein bekannter Anbieter ist z. B. Joost22. Beim Podcast Advertising handelt es sich ebenfalls um Werbeeinblendungen. Podcasts sind multimediale Inhalte in Audio- wie auch im Videoformat für mobile Endgeräte oder Computer.23 Zuletzt ist das RSS-Feed Advertising zu benennen. RSS-Feed (Really Simple Syndication Feed) ist ein elektronisches Nachrichtenformat, wodurch Inhalte oder Teile einer Webseite auf einen Titel, einer Zusammenfassung und einem Link zu der entsprechenden Seite komprimiert werden. Integriert werden die RSS-Feeds z. B. im Browser und aktualisieren sich bei Änderungen auf der Webseite automatisch, folglich können sie als dynamische Lesezeichen angesehen werden.24 RSS-Feed Advertising beschäftigt sich mit der Platzierung von Werbebotschaften in den ‚RSS-
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Vgl. Lammenett, Erwin, Praxiswissen Online-Marketing, 2006, S. 122. Vgl. Mahrdt, Niklas, Begriffserklärung "In-Game-Advertising", URL: http://www.crossmedia-zentrum.de/de/cross-media-glossar/definition.php?id=323, Zugriff am 11.11.2007. Vgl. Von Rauchhaupt, Jens, Spielplatz Berling, URL: http://adzine.de/de/site/contentfcmsv44612a5d68c61f/artikel.xml, Zugriff am 11.11.2007. Digitale Übertragung des Fernsehens über das Internet, Vgl. ITWissen, Internet-Fernsehen, URL: http://www.itwissen.info/definition/lexikon/_iptviptv_iptvinternet%20protocol% 20televisioniptv_iptvinternet-fernsehen.html, Zugriff am 18.11.2007. URL: http://www.joost.com Vgl. Renommee agent, Musik-Medien Podcast, URL: http://agent.renommee.net/definition/musikmedien/podcast.html, Zugriff am 11.11.2007. Vgl. ITWissen, RSS-Feed, URL: http://www.itwissen.info/definition/lexikon/ _rssrss_rssreally%20simple%20syndicationrss_rssrss-feed.html, Zugriff am 12.11.2007.
Feeds. Der Suchmaschinenbetreiber GOOGLE befindet sich derzeit in einer Testphase für das Bewerben von RSS-Feeds in dessen Adsense Programm. Auf das Adsense Programm wird im Kapitel 1.4 aufgegriffen.25
1.3
Akteure
In den Methoden des Online-Marketings gibt es verschiedene Akteure die unterschiedliche Rollen einnehmen. Grundsätzlich gibt es fünf Rollen: die als Werbetreibender, Agentur, Vermarkter, Vermittler, oder Publisher. Die Unternehmen sind die Werbetreibenden, welche durch die Online-Marketing-Methoden ihre Marketingziele erreichen möchten. Beim Publisher handelt es sich um den Inhaber einer Webseite auf die ein Werbemittel geschaltet wird. Falls die Publisher die Vermarktung derer Werbeflächen nicht selbst übernehmen wollen, können sie professionelle Vermarkter damit beauftragen.26 Vermittler sind Akteure die zwischen, Werbetreibende und Vermarktern oder Publisher, die jeweiligen Werbeflächen vermitteln. Eine Unterscheidung zwischen den Rollen des Vermittlers und des Vermarkters wird in der Literatur nicht vorgenommen, doch ist sie für eine klarere Rollenverteilung sinnvoll. So steht bei Vermittlern die eigentliche Vermittlung zwischen verschiedenen Akteuren im Vordergrund. Bei den Vermarktern wiederum liegt die Zentrale Aufgabe in der Vermarktung der Werbeflächen der Publisher. Agenturen kümmern sich um die Entwicklung, Planung sowie der Schaltung (über Vermarkter, Vermittler oder direkt beim Publisher) und dem Controlling einer Kampagne. Auf Agenturen wird in der Praxis hauptsächlich bei mittleren und großen Werbekampagnen zurückgegriffen.27 Darüber hinaus tauchen auch ASP (Application Service Provider) auf, die Technologien (Software) und Infrastruktur für den Ablauf von Kampagnen bereitstellen. Ein Beispiel hierfür ist die Firma ADTECH, die Software-Lösungen für Vermarkter bereitstellt.28 Im Kapitel 2 werden die einzelnen Rollen der Akteure durch die dort beschriebenen Online-Marketing-Methoden ersichtlich.
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Vgl. Google, What is AdSense for feeds?, URL: http://www.itwissen.info/definition/lexikon/ _rssrss_rssreally%20simple%20syndicationrss_rssrss-feed.html, Zugriff am 12.11.2007. Vgl. Lammenett, Erwin, Praxiswissen Online-Marketing, 2006, S. 122. Ebenda, S. 126. Vgl. ADTECH, Lösungen für Vermarkter, URL: http://www.adtech.de/de/vermarkter.html, Zugriff am 13.11.2007.
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1.4
Targeting
Damit das Online-Marketing möglichst zielgerichtet abläuft, wird das so genannte Targeting eingesetzt. Alle Targeting-Methoden setzten sich zum Ziel, möglichst genau die gewünschte Zielgruppe zu erreichen zu können um dadurch Streuverluste zu minimieren. Im Folgenden wird auf vier zentrale Methoden eingegangen. Diese sind: Contextual-, Behaviour-, Geo- und Demographic-Targeting.29 Das Contextual-Targeting (oder auch Contextual-Advertising) platziert ein Werbemittel bei thematischer Übereinstimmung auf die jeweilige Webseite des Publishers.30 So erscheint z. B. bei einer Webseite welche sich mit Haushaltsgeräte beschäftigt ein Banner, der auf die Webseite von einem entsprechenden Anbieter verlinkt. Der Suchmaschinenanbieter GOOGLE realisierte das Contextual-Targeting mit dem ADSENSE Programm. Über ADSENSE können sich Publisher registrieren um auf den Content abgestimmte Werbung zu erhalten. Die Webseiten der Publisher werden mit Hilfe von Crawlern (siehe Kapitel 2.3) auf deren Content hin analysiert. Im ADWORDS Programm (wird im Kapitel 2.2 näher erläutert) gibt es für den Werbetreibenden neben dem KeywordAdvertising die Option des Contextual-Advertising über die registrierten Publisher (u. a. über ADSENSE). Somit ist ADWORDS die Schnittstelle der Werbetreibenden und ADSENSE die der Publisher.31 Des Weiteren gibt es das Behaviour-Targeting, was nicht auf dem Content basierende Werbung schaltet, sondern auf das Verhalten des Kunden abzielt. So wird das Verhalten der Besucher bzw. Kunden auf der Webseite des Werbetreibenden analysiert (z. B. das Leseverhalten). Aus den gewonnenen Daten können Verhaltensmuster sowie Interessen erkannt werden, an denen eine Kampagne optimiert werden kann. Ein Beispiel hierfür: Ein Besucher „surft“ auf einer Webseite für Immobilien im Gebiet Münster. Danach begibt er sich auf die Webseite seiner Hausbank und dort wird ihn ein Banner für Immobilien im Raum Münster angezeigt.32 Die dritte Methode ist das Geo-Targeting. Diese kann eine Kampagne anhand einer bestimmten Region oder eines bestimmten Landes schalten. Dadurch können nur Besucher aus einer genau definierten Region z. B. den Banner zu Gesicht bekom-
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Vgl. Eugster, Jörg, Online-Marketing- Grundlagen, URL: http://www.onlinemarketingbuch.info/onlinemarketinggrund.html, Zugriff am 13.11.2007. Ebenda. Rüttinger, Stefan, Google Adsense – Wie funktioniert es? URL: http://www.kontextbezogene-werbung.de/werbung-anzeigen-google-adsense-2.html, Zugriff am 13.11.2007. Vgl. Eugster, Jörg, Online-Marketing- Grundlagen, URL: http://www.onlinemarketingbuch.info/onlinemarketinggrund.html, Zugriff am 13.11.2007.
men. Daneben werden bei der letzten Methode, dem Demographic-Targeting demographische Daten (z. B. Alter, Geschlecht) für ein zielgruppengerechteres Schalten von Kampagnen zu Grunde gelegt.33
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Vgl. Eugster, Jörg, Online-Marketing- Grundlagen, URL: http://www.onlinemarketingbuch.info/onlinemarketinggrund.html, Zugriff am 13.11.2007.
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AUSGEWÄHLTE ONLINE-MARKETING-METHODEN IM DETAIL
2.1
Affiliate-Marketing
Im Afilliate Marketing erfolgt das Werben über Vertriebs- oder Netzwerkpartner. Ein Affiliate (Partner) bewirbt Produkte oder Dienstleistungen von anderen Merchants (Unternehmen) auf seiner oder einer bestimmten Webseite. Der Merchant ist somit der Werbetreibende und der Affiliate ist demnach der Publisher. Ein Partnerprogramm stellt demnach die Schaltung einer Kampagne des Merchant über eine Anzahl von Affiliates dar. Der Affiliate erhält für jede erfolgsorientierte Aktion (z. B. Verkauf) eine Provision.34 Der Merchant kann entweder selbst ein eigenes Affiliate-Programm starten oder er greift auf einen Dienstleister, den Affiliate-Netzwerkbetreiber (Vermittler) zurück. Der letztere Fall wird durch die folgende Abbildung veranschaulicht.35 Abbildung 3: Funktionsweise des Affiliate-Marketings
Quelle: eigene Darstellung
Der Merchant meldet sich zum Start seines geplanten Partnerprogramms bei einem Affiliate-Netzwerkbetreiber (z. B. www.affilinet.de) an. Alle registrierten Affiliates können danach an dem Partnerprogramm teilnehmen. Der Netzwerkbetreiber nimmt
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12
Vgl. Lammenett, Erwin, Praxiswissen Online-Marketing, 2006, S. 23. Ebenda, S. 25.
so die Rolle eines Vermittlers ein und stellt zusätzlich die Infrastruktur zur Verfügung. Der Merchant kann so die komplette Kampagne (bzw. das Partnerprogramm) über das vom Netzwerkbetreiber bereitgestellte Management System abwickeln. Die Vergütung des Affiliate-Netzwerkbetreibers für dessen Dienstleistung ist ein prozentualer Anteil der Provision, welche an den Affiliate geht. Die vom Affiliate benötigten Werbemittel werden vom Merchant auf einen Adserver des Netzwerkbetreibers hochgeladen und von daraus auf die Webseiten der Affiliates integriert. Adserver speichern und steuern Werbeeinblendungen auf Webseiten. Es können verschiedenste Arten von Werbemitteln zur Verfügung gestellt werden. Hierbei sind die gängigsten Formate einfache Text-Links sowie Banner.36 Im Allgemeinen kann die Vergütung der Affiliates unterschiedlich ausfallen. Einer der gängigsten Formen ist die Vergütung nach „Pay per Click“, bei der nur eine Provision anfällt, wenn ein Besucher auf der Webseite des Affiliates das Werbemittel (z. B. Banner) angeklickt hat. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit des „Pay per Sale“ oder des „Pay per Lead“. Im erstgenannten wird eine Provision erst durch einen erfolgreichen Verkauf ausgelöst. In der letztgenannten Möglichkeit geschieht dies erst wenn ein Lead generiert wurde. Der Begriff „Lead“ wird ursprünglich im klassischen Marketing als ein potenzieller Kunde verstanden. Beim Affiliate-Marketing wird Lead eher als ein Interessent interpretiert, welcher eine im Vorfeld vordefinierte Aktion durchführen muss. Dies kann in Form einer Mitgliedschaft, eines Abonnement eines Newsletters oder das Ausfüllen eines Formulars sein.37 Als Grundlage der Provision der Affiliates wird auf Statistiken zurückgegriffen. Inhalt der Statistiken ist die Identifikation bzw. die Zuordnung von Aktionen (z. B. das Klicken auf einen Banner) verschiedener Besucher zu den betreffenden Affiliates. Je nachdem welche Technologie vom Netzwerkbetreiber verwendet wird, gibt es das URL-, Cookie-, Session- und das Datenbank Tracking (Nachverfolgung). Beim URL Tracking wird beim Link, zu der Webseite des Merchant führt, die entsprechende ID des Affiliate integriert. Falls die Art der Provision als „Pay per Lead“ oder „Pay per Sale“ gewählt wurde, muss der Besucher auch entsprechend eine Handlung (bspw. Kauf) auf der Webseite des Merchant vorgenommen werden. Die ID des Affiliate steht ausschließlich nur während der Zeit zur Verfügung, in welcher der Besucher über den z. B. Banner des Affiliates auf der Webseite des Merchant navigiert. Geht der Besucher zu einem späteren Zeitpunkt direkt auf die Webseite des Merchant, dann ist die Information (ID des Affiliates) nicht mehr vorhanden und eine
36 37
Vgl. Lammenett, Erwin, Praxiswissen Online-Marketing, 2006, S. 25ff. Vgl. Schmahl, Diana, Moderne Online-Marketing-Methoden, 2007, S. 54.
13
Aufnahme in die für die Provisionsfindung relevante Statistik kann somit nicht mehr ermöglicht werden. Das Cookie-Tracking erfolgt über Cookies, welche Dateien auf dem Computer des Besuchers darstellen, in denen Informationen (wie z. B. die ID des Affiliates) abgespeichert werden. Nach der Erstellung des Cookies kann unabhängig vom Zeitpunkt, der Affiliate zu dem Besucher zugeordnet werden. Das Cookie-Tracking ist nur möglich, wenn grundsätzlich das Speichern von Cookies im Browser des Besuchers erlaubt ist. Daneben kann durch das Session-Tracking eine Session (Sitzungen) beim Aufrufen des Besuchers der Webseite des Merchant erstellt werden. Auf Basis der eindeutigen Session-ID sind alle Aktionen des Besuchers gespeichert. Sessions werden beim ersten Aufrufen einer Webseite erstellt und deren Daten (in diesem Fall die ID des Affiliates) serverseitig abgespeichert. Auf die Daten der Session kann nur solange zugegriffen werden, bis der Besucher den Browser neu startet. Das Datenbank-Tracking basiert auf den erläuterten Methoden, mit dem Unterschied, dass die Daten (z. B. ID des Affiliates) in einer Datenbank abgespeichert werden. Hier auch zu einem späteren Zeitpunkt der Besucher zu einem Affiliate aufgrund der Datenhaltungen zugeordnet werden.38 Die Aufgaben der Akteure, der bereits oben erläuterte Abwicklung eines Partnerprogramms über Netzwerkbetreiber, sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Tabelle 1: Aufgaben der Akteure des Affiliate-Marketings Affiliate
Merchant (werbendes Unt.) Affiliate-Netzwerkbetreiber
• Bereitstellung des Werbeplatzes
• Bereitstellung von Werbemitteln (Banner etc.)
• Stellt technologische Infrastruktur bereit
• Sicherstellung für qualitative Inhalte der Webseite
• Bezahlung einer Gebühr des Affiliate - Netzwerkbetreibers sowie der Provision des Affiliates
• Bietet Standardverträge (rechtl. Basis)
Aufgaben
• Vermittlung zwischen Affiliate und Merchant (Einrichtung der Partnerprogramme) • Controlling und Erstellung von Statistiken • Organisation der Bezahlung der Affiliates
Quelle: eigene Darstellung
38
14
Vgl. Lammenett, Erwin, Praxiswissen Online-Marketing, 2006, S. 28ff.
Weitere Dienstleister in der einfachsten Form sind die PartnerprogrammVerzeichnisse. Der grundlegende Unterschied zu den Affiliate-Netzwerkbetreibern liegt darin, dass die Partnerprogramm-Verzeichnisse keine Infrastruktur zur Verfügung stellen, sowie auch keine operativen Aufgaben z. B. Zahlung der Provisionen an Affiliates, übernehmen. Inhalte der Verzeichnisse sind hauptsächlich Partnerprogramme, welche in Eigenregie erstellt werden, wobei bei einigen Verzeichnissen auf Partnerprogramme von Affiliate-Netzwerkbetreibern auftauchen.39
2.2
Keyword-Advertising
Als Keyword-Advertising wird die entgeltliche Platzierung von Anzeigen in die Suchergebnisanzeigen einer Suchmaschine bezeichnet. Oftmals wird das KeywordAdvertising auch als „Paid Placement“, „Sponsored Links“ oder „Performance Marketing“ benannt. Die Anzeigen sind im Vorfeld mit bestimmten Suchwörtern (Keywords) verknüpft, sodass sie nur erscheinen sobald jemand Keywords die im Zusammenhang der Keywords stehen in die Suchmaschine eingibt. Die Abrechnung mit dem Suchmaschinenanbieter erfolgt über die CPC (Kosten pro Klick), also reicht es nicht, dass die Anzeige lediglich durch einen Besucher gesichtet wird.40 Auf den Ergebnisanzeigen der Suchmaschinen werden mehrere Anzeigen geschaltet. GOOGLE zum Beispiel integriert hauptsächlich rechts neben der Liste mit den Suchergebnissen die Anzeigen, seltener geschieht dies über der Liste mit den Suchergebnissen. Die Position (Rang) der Anzeigen wird durch eine Art Auktionsmodell festgelegt, welches sich nur in Nuancen bei den einzelnen Suchmaschinenanbietern unterscheidet.41 Im Vorfeld muss sich der Werbetreibende darüber klar werden welche Keywords optimal in Verbindung mit den angebotenen Produkten oder Dienstleistungen stehen. Bei der Auswahl der Keywords muss darauf geachtet werden, dass diese ein hohes Suchvolumen bieten. Im zweiten Schritt muss, unter Berücksichtigung des zuvor erwähnten Suchvolumens einzelner Keywords, entschieden werden, über welche Suchmaschine eine Kampagne gestartet werden soll. Vom Suchmaschinenbetreiber kann nach einer Benutzerkontoeröffnung innerhalb eines Kampagnen- Managementsystems auf eine Keyword- Datenbank zugegriffen werden. Aus der Datenbank werden nach Eingabe des gewünschten Keywords statistische Daten zur Verfügung gestellt. Am Beispiel GOOGLE kann dies das durchschnittliche Suchvolumen pro Monat sein, dies sagt aus wie oft Besucher das Keyword als Suchbegriff verwendet haben. 39 40 41
Vgl. Lammenett, Erwin, Praxiswissen Online-Marketing, 2006, S. 45. Ebenda, S. 83 ff. Ebenda, S. 87.
15
Weiterhin stellt GOOGLE den werbenden Unternehmen die so genannte Mitbewerberdichte zur Verfügung, welche anzeigt wie viele Mitbewerber das Keyword verwenden.42 Das Funktionsprinzip am Beispiel von GOOGLE (ADWORDS) wird anhand Abbildung 4 noch mal verdeutlicht. Abbildung 4: Funktionsweise des Keyword-Advertisings am Beispiel GOOGLE (Adwords)
Quelle: eigene Darstellung
Im Kampagnen-Managementsystem wird nun die Kampagne geplant. Nachdem die gewünschten Keywords feststehen, wird eine Anzeige im Managementsystem kreiert. Die Anzeigen (mit entsprechender Verlinkung) sind auf die Textform beschränkt und sollten kurz und knapp aber präzise den Werbetext des werbenden Unternehmens enthalten.43 Nun werden Angebote je Keyword abgegeben. Damit dennoch diese Anzeige grundsätzlich geschaltet werden kann, muss das Angebot über dem Mindestgebot liegen um an der späteren Auktion um die Positionierung (Rang) teilnehmen zu können. Das Mindestgebot zu einem Keyword wird aus dem Qualitätsfaktor eines Keywords
42
43
16
Vgl. Google, Keyword-Tool, URL: https://adwords.google.de/select/ KeywordToolExternal?defaultView=0, Zugriff am 04.11.2007. Vgl. Google, Verfassen von Anzeigetexten mit einer bestimmten Zielsetzung, URL: http://www.google.de/adwords/learningcenter/64365.html, Zugriff am 15.11.2007.
berechnet, welcher abhängig von der CTR44 (Click-Trough-Rate) des Keywords sowie von der bisherigen Leistung des Keywords und der Relevanz der Anzeige bzw. der damit verbunden Webseite zu den Keywords ist. Schlussendlich wird die Position der Anzeige anhand des höchsten CPC und des Qualitätsfaktors ermittelt. Je höher der CPC und der Qualitätsfaktor sind, desto weiter oben wird die Anzeige auf der Ergebnisseite (Abbildung 4) der Suchmaschine angezeigt. Jedoch ist der Qualitätsfaktor ausschlaggebend für die Position der Anzeige. GOOGLE möchte damit dem Besucher nur die qualitativ hochwertigsten Anzeigen präsentieren. Somit kann nicht alleine über den CPC die Position der Anzeige gesteuert werden.45 Durch eine Suchanfrage eines Besuchers wird diese auf eine Übereinstimmung mit den gewählten Keywords untersucht und hiernach der Auktionsprozess für die Schaltung der Werbeanzeige gestartet.46
2.3
Suchmaschinenoptimierung (SEO)
Im Gegensatz zum Keyword-Advertising ist der Gegenstand des SEO (search engine optimization) eine möglichst gute Platzierung der Webseite des werbenden Unternehmens in der organischen Ergebnisliste47 eines Suchmaschinenbetreibers. Alleine in Deutschland werden etwa pro Monat 3,2 Milliarden „Suchen“ gestartet, bei denen es meistens um Produkte, Nachrichten und Personen geht. Weltweit kumuliert sich die Summe auf etwa 61 Milliarden „Suchen“ pro Monat.48 Gemäß einer Studie von DOUBLECLICK im Jahre 2005 spielt die Recherche über eine Suchmaschine bei etwa 50% aller Online-Käufe von Konsumenten eine Rolle.49 Diese Fakten verdeutlichen die Chancen und die Relevanz des Suchmaschinen-Marketings um Produkte und Dienstleistungen optimal in Suchmaschinen zu präsentieren und positionieren zu können. Damit eine Webseite bei einer bekannten Suchmaschine auf der organischen Ergebnisliste erscheint, wird diese im Vorfeld in einem Index gespeichert. Die Suchmaschinen durchsuchen das Internet nach Webseiten mit so genannten Crawlern (oder auch Robots oder Spider). Dabei analysieren die Crawler Webseiten anhand ihrer 44
45
46
47
48
49
Anzahl der Klicks im Verhältnis zu den Schaltungen auf eine Anzeige, Vgl. Google, Klickrate (CTR), URL: http://adwords.google.com/support/bin/answer.py?hl=de&answer=6305, 15.11.2007. Vgl. Google, Anzeigenrang, URL: http://www.google.de/adwords/learningcenter/18722.html, Zugriff am 04.11.2007. Vgl. Google, Lektion 3a: Anzeigenverteilung, URL: http://www.google.com/intl/de/adwords/learningcenter/print-18970.html, Zugriff am 04.11.2007. Ergebnisliste betreffend der Suchanfrage, Vgl. Schmahl, Diana, Moderne Online-MarketingMethoden, 2007, S.42. Vgl. BITKOM, Internet: Monatlich 3,2 Millarden Suchabfragen aus Deutschland, URL: http://www.bitkom.org/de/presse/8477_48481.aspx, Zugriff am 05.11.2007. Vgl. DoubleClick, Search Before the Purchase, URL: http://www.lunapark.de/fileadmin/studien/DE_search_0502_rv2.pdf, Zugriff am 05.11.2007.
17
Verlinkungen. Sollte die eigene Webseite eingehende Links von bereits indexierten Webseiten enthalten, so wird diese auch von Crawlern entdeckt. Crawler rufen ständig automatisch Webseiten auf, analysieren und indexieren sie. Handelt es sich bei dem werbenden Unternehmen um eine neue Webseite, so kann diese z. B. bei Verzeichnissen eingetragen werden. Verzeichnisse sind redaktionell betreute Listen in denen die Webseite mit passender Kategorie und Beschreibung aufgenommen wird.50 Das SEO kann in zwei grundsätzlichen Aktivitäten eingeteilt werden, der On-Siteund Off-Site-Optimierung (Abbildung 5). Abbildung 5: Möglichkeiten des SEO’s
Quelle: eigene Darstellung
50
18
Vgl. Suchmaschinen-Doktor.de, Robots / Crawler, URL: http://www.suchmaschinendoktor.de/optimierung/robots-crawler.html, Zugriff am 05.11.2007. Vgl. Suchmaschinen-Doktor.de, Anmeldung bei Verzeichnissen, URL: http://www.suchmaschinendoktor.de/verzeichnisse.html, 05.11.2007.
Die gesamten Schritte der SEO (siehe Abbildung 5) werden auch von speziellen Dienstleister angeboten (z. B. SEOPT51). Die On-Site-Optimierung bezieht sich auf die eigene Webseite. Zu aller erst müssen Keywords und Kombinationen von Keywords die im Zusammenhang mit der Thematik der Webseite stehen, identifiziert werden. Im einen nächsten Schritt muss überprüft werden, ob die identifizierten Keywords und Keyword-Kombinationen ein hohes Suchvolumen auf der gewünschten Suchmaschine vorweisen. Dafür stehen einige spezielle Keyword-Datenbanken zur Verfügung (z. B. wordtracker52). Um eine Vergleichbarkeit zu schaffen, sollten mehrere Keyword-Datenbanken zur Hand genommen werden. Hierdurch besteht der Vorteil sich ein genaueres Bild verschaffen zu können, da die Angaben von Datenbank zu Datenbank abweichen können.53 Nachdem die endgültigen Keywords und Kombinationen derselben feststehen, wird die eigene Webseite optimiert. Nun müssen die Keywords in den Texten und den Titeln der Webseiten integriert werden. Es ist zu beachten, dass bei der Integration der Keywords auch auf bspw. Grafiken verzichtet werden muss, da die Crawler nur Texte durchsuchen können. Zentral ist auch die Qualität des Contents der Webseite, da nur neuer und relevanter Content für die Crawler und zuletzt für den Besucher von Interesse ist.54 Die Off-Site-Optimierung befasst sich mit allen Optimierungsmöglichkeiten, welche außerhalb der eigenen Webseite liegen. Hierbei handelt es sich darum, die Linkpopularität der eigenen Webseite zu erhöhen, dies kann erreicht werden durch eine möglichst hohe derselben. Die Platzierung der Webseite bei der Suchmaschine hängt von ihrer Beliebtheit ab, welche durch die Linkpopularität ermittelt wird. Eine Verlinkung von einer populären Webseite zählt dabei mehr als die von einer Unbekannten Webseite.55 Um nun die Linkpopularität zu erhöhen, kann die eigene Webseite bei Verzeichnissen oder Branchenportalen eingetragen werden. Auch das Kommentieren in Foren oder Blogs unter Angabe der eigenen Webseite (Link) kann förderlich sein.56 Im Allgemeinen ist das Ziel des SEO die eigene Webseite unter den ersten drei Ergebnisseiten einer Suchmaschine zu bekommen. Gemäß einer Studie lesen
51 52 53 54 55 56
http://www.seopt.de http://www.wordtracker.com Vgl. Lammenett, Erwin, Praxiswissen Online-Marketing, 2006, S. 156f. Vgl. Schmahl, Diana, Moderne Online-Marketing-Methoden, 2007, S. 47f. Ebenda, S. 48f. Ebenda, S. 49.
19
81,7% der Besucher nicht über die dritte Ergebnisseite hinaus, wenn sie bis dahin keine zufrieden stellende Suchresultate erhalten.57
2.4
Online-Werbung (Advertising Exchange)
Ursprünglich buchen Werbetreibende über Agenturen oder beim Vermarkter bzw. Publisher ihre gewünschten Werbeflächen. Beim Advertising Exchange handelt es sich um eine internetbasierte Börse für Online-Werbung. Ziel dieser Börse ist es, dass der Publisher seine Werbeflächen zum maximalen Preis verkaufen und der Werbetreibenden aus einer größeren Auswahl Werbeflächen zu günstigeren Preisen kauf kann.58 Die prinzipielle Funktionsweise ist in einer vereinfachten Abbildung 6 dargestellt. Abbildung 6: Funktionsweise einer Börse für Online-Werbung
Quelle: eigene Darstellung
Drei Akteure operieren bei einer Advertising Exchange, der Werbetreibende (gegebenenfalls Agentur), der Publisher sowie die Börse selbst als Vermittler. Das gesamte Konzept der Börse basiert auf einem Echtzeitprinzip, d.h. dass jedes Mal wenn ein
57
58
20
Vgl. iProspect, Search Engine User Attitudes, URL: http://www.iprospect.com/premiumPDFs/iProspectSurveyComplete.pdf, Zugriff am 05.11.2007. Vgl. AdECN, The AdECN Exchange, URL: http://www.adecn.com/resources/070504%20AdECN%20Presentation.pps, Zugriff am 07.11.2007.
Besucher die Webseite eines registrierten Publishers der Börse aufsucht, wird in Echtzeit die Werbeflächen über die Börse versteigert.59 Im ersten Schritt muss sich ein Publisher an der Börse registrieren. Danach definiert er über ein auf dem Publisher zugeschnittenes webbasiertes Managementsystem der Börse die zu versteigernden freien Werbeflächen. Hierzu kann er selbst Restriktionen bezüglich des Formats des Werbemittels (z. B. nur Text-Links) sowie des Contents und einem Mindestgebot festlegen.60 Von der anderen Seite registrieren sich die Werbetreibenden bzw. Agenturen an der Börse und nehmen in einem speziellen webbasierten Kampagnen-Managementsystem ihre Einstellungen vor. So wird hier eine Kampagne definiert bezüglich des Werbemittels und des Zielverlinkung zur Webseite des Werbtreibenden (z. B. Banner), ebenso wie der Inhalt der Kampagne selbst. Zudem können, abhängig vom Anbieter, einige Targeting-Methoden integriert werden, wie z. B. das Geo-, Demographic-, und Contextual-Targeting. Zum Schluss muss der Werbetreibende sein Maximalgebot abgeben. Die Preisangaben sind zumeist entweder in CPC oder CPM61 angegeben.62 Nun gelangt ein Besucher auf die Webseite des Publishers A (siehe Abbildung 5). Darauf wird anhand der im Vorfeld vorgenommenen Restriktionen des Publishers A und aller registrierten Werbetreibenden nach Übereinstimmungen gesucht. Die eigentliche Auktion startet nachfolgend der Auswahl der passenden Werbetreibenden und des Publishers A. Der Werbetreibende C mit dem höchsten Gebot bekommt den Zuschlag und kann die Werbefläche sofort nutzen. Die Börse kann hierbei optional die Funktion eines Ad-Servers übernehmen, wobei teilweise auch auf Dritte zurückgegriffen werden kann. Der Prozess, beginnt von dem Moment, an dem der Besucher zur Seite des Publisher gelangt bis zur Schaltung der versteigerten Webseite. Dies läuft innerhalb weniger Millisekunden automatisch ab. Im Fall, dass alle Gebote der Werbetreibende unter dem Gebot des Publishers liegen, stellen die Börsen häufig zusätzlich die Option eines Verkaufs über Vermarkter.63 Die Börse übernimmt zusätzlich die Funktion einer zentralen Abrechnungsstelle. So bekommt der Werbetreibende eine Rechnung für einen bestimmten Abrechnungs-
59
60
61
62
63
Vgl. AdECN, The AdECN Exchange, URL: http://www.adecn.com/resources/070504%20AdECN%20Presentation.pps, Zugriff am 07.11.2007. Vgl. Vgl. AdScale, Publisher Präsentation AdScale, URL: http://www.adscale.de/bin/articles/20070920-Publisher_Praesentation_AdScale.pdf, Zugriff am 07.11.2007. Cost per Million; Kosten für tausend Schaltungen eines Werbemittels, Vgl. marketingterms, CPM, URL: http://www.marketingterms.com/dictionary/cpm/, Zugriff am 18.11.2007. Vgl. AdScale, Advertiser Präsentation AdScale, URL: http://www.adscale.de/bin/articles/20070920-Advertiser_Praesentation_AdScale.pdf, Zugriff am 07.11.2007. Vgl. AdECN, The AdECN Exchange, URL: http://www.adecn.com/resources/070504%20AdECN%20Presentation.pps, Zugriff am 07.11.2007.
21
zeitraum, simultan erhält der Publisher eine Zahlung. Bedenkt man, dass eine Kampagne bei einer Vielzahl von Publishern geschaltet wird, so dient eine kumulierte Rechnung der Verringerung der Komplexität des Prozesslaufs. Die Börse selbst erhält eine Gebühr für Ihre Vermittlungstätigkeit sowie der zu Verfügungsstellung der technologischen Infrastruktur.64 Die folgende Tabelle 2 fasst die jeweiligen Aufgaben und einige Vorteile der Akteure zusammen. Tabelle 2: Aufgaben der Akteure bzgl. der Börse für Online-Werbung Werbetreibende
Publisher
• Erstellung der Kampagne • Bereitstellung freier (Werbemittel, Targeting) Werbeflächen
• Vermittlung zwischen Werbetreibende und Publisher
• Bereitstellung der Werbemittel
• Angabe evtl. Restriktionen (Format, Content)
• Bereitstellung der technologische Infrastruktur (Managementsysteme sowie ggf. AdServer) • Funktion als zentrale Abrechnungsstelle (incl. Erhebung der erforderlichen Statistiken)
• ggf. Kosteneinsparungen aufgrund eines höheren Wettbewerbs (mehr Angebot), sowie dynamischen Preisen auf Basis der Auktion
• Komplexitätsabbau bei der Abrechnung (eine Forderung pro Zeitraum an die Börse)
• Einbehaltung eines Teils der Forderungen des Publishers als Gebühren
• Komplexitätsabbau bei der Abrechnung (eine Rechnung pro Zeitraum von der Börse)
• Erhöhung des Werbeumsatzes durch die Buchung von bisher ungebuchten Werbeflächen
Aufgaben
• Bezahlung für die Schaltung einer Kampagne (meist in CPC oder CPM) an die Börse
Vorteile
Börse für OnlineWerbung
Quelle: eigene Darstellung
Die Börse für Online-Werbung bietet allen Beteiligten einen transparenten Marktplatz, sodass sie verfolgen können mit wem sie agieren. Gemäß einer Umfrage durch Forrester Research werden 72% der Akteure der Online-Werbung (sowohl Werbetreibende, Agenturen als auch Publisher) in naher Zukunft mit einer Börse für OnlineWerbung arbeiten.65
64
65
22
Vgl. AdECN, The AdECN Exchange, URL: http://www.adecn.com/resources/070504%20AdECN%20Presentation.pps, Zugriff am 07.11.2007. Vgl. DoubleClick, Advertising Exchange, URL: http://www.doubleclick.com/insight/pdfs/dc_adxoverview_0704.pdf, Zugriff am 07.11.2007.
Anbieter einer solchen Börse für Online-Werbung sind z. B. ADECN, DOUBLECLICK Advertising Exchange, ADBRITE oder ADSDAQ. Die Anbieter unterschieden sich teilweise bei deren Zulassung zur Börse, manche beschränken den Zugang z. B. nur für große Werbetreibende. Eine deutsche Börse für Online-Werbung wird z. B. durch ADSCALE verkörpert.
23
TEIL B: VIRAL MARKETING
24
1
GRUNDLAGEN ZUM VIRAL MARKETING
1.1
Die Mund-zu-Mund-Propaganda
Die scheinbar effektivste und älteste Form des Marketings stellt die Mund-zu-MundPropaganda (MZMP) dar. Ein bedeutendes Merkmal der MZMP ist, dass sie nichts kostet und von selbst abläuft. MZMP bedeutet, ist die ungesteuerte Informationsweitergabe zwischen zwei oder mehreren Personen, wobei bewusst oder unbewusst über etwas Interessantes (Geschichte, Produkt etc.) berichtet wird.66 Das Verbreitungsmuster der MZMP gleicht dabei einer Epidemie. Wenn beispielsweise fünf Personen ein Produkt fünf weiteren Personen empfehlen und diese jeweils erneut fünf Personen dieses Produkt empfehlen, so haben schon 125 Personen die Empfehlung erhalten. Dieses Beispiel veranschaulicht das epidemische Verbreitungsmuster der MZMP.67 Der amerikanische Ökonom Fred Reichheld entwickelte 2003 ein sehr einfach zu berechnendes sowie transparentes Modell einer Kennzahl. Hierbei handelt es sich um den Net-Promoter-Score kurz NPS, welcher die MZMP in eine Zahl umsetzten kann und somit quantifizierbar macht.68 Zur Berechnung der Kennzahl wird eine repräsentative Gruppe von Kunden eines Unternehmens befragt, ob sie das Unternehmen bzw. dessen Leistungen weiterempfehlen würden. Die Frage kann dann anhand einer 10er Skala von 0 = „unwahrscheinlich“ und 10 = „äußerst wahrscheinlich“ beantwortet werden (siehe Abbildung 7). Nach Erhebung der Daten werden alle Befragten gemäß deren Antworten in drei Gruppen unterteilt. Unterschieden wird nach Promotoren, Kritikern und passiv Zufriedenen, wobei die letztere Gruppe bei der Berechnung des NPS keine Rolle spielt.69
66
67 68
69
Vgl. BusinessVillage, Virales Marketing – Experten Interview mit Sascha Langner, URL: http://www.businessvillage.de/mag-114.html, Zugriff am 18.09.2007. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 16. Vgl. LSE, The economics of buzz – word of mouth drives business growth finds LSE study, URL: http://www.lse.ac.uk/collections/pressAndInformationOffice/newsAndEvents/archives/2005/Word_ ofMouth.htm, Zugriff am 18.09.2007. Vgl. Vocatus, Die Aussagekraft des Net Promoter Score, URL: http://www.vocatus.de/pdf/Feedback-042007-Die_Aussagekraft_des_Net_Promoter_Score.pdf, Zugriff am 18.09.2007.
25
NPS lässt sich nach folgender Formel berechnen: NPS = Anteil von Promotoren (%) ./. Anteil von Kritikern (%)72 Abbildung 7 veranschaulicht einen NPS von 15. Der NPS kann einen Wert von 100 im positiven bis 100 im negativen Bereich haben. Hieraus folgt, dass je höher die Zahl des NPS ist, desto positiver dies für das betreffende Unternehmen ist. Reichheld bewies empirisch, dass eine Korrelation zwischen dem NPS und dem Unternehmenserfolg besteht.73 In einer Studie der amerikanischen Unternehmensberatung SATMETRIX, wurde diese Korrelation in enger Zusammenarbeit mit Reichheld noch weiter erforscht. Ein Beispiel dieser Studie zeigt den Zusammenhang zwischen den jeweiligen NPS zum Umsatzwachstum amerikanischer Flugzeuggesellschaften bezogen auf fünf Jahre (siehe Abbildung 8). Abbildung 8: Abhängigkeit des NPS zum Umsatzwachstums am Beispiel der amerikanischen Flugzeuggesellschaften
Quelle: SATMETRIX, The Power Behind a Single Number, URL: http://www.satmetrix.com/pdfs/NetPromoterWPfinal.pdf, Zugriff am 20.09.2007.
72
73
Vgl. Satmetrix, The Net Promoter Score Calculation, URL: http://www.netpromoter.com/calculate/nps.php, verfügbar am 18.09.2007. Vgl. Vocatus, Die Aussagekraft des Net Promoter Score, URL: http://www.vocatus.de/pdf/Feedback-042007-Die_Aussagekraft_des_Net_Promoter_Score.pdf, verfügbar am 18.09.2007.
27
Es wurde ein Korrelationskoeffizient74 von r=0,89 ermittelt. Nun ist deutlich erkennbar, dass ein recht starker Zusammenhang zwischen einem hohen NPS Wert und dem Umsatzwachstum besteht. Die Fluggesellschaft SOUTHWEST hat den höchsten NPS zwischen 50% und 60% und somit auch das höchste Umsatzwachstum von ca. 11%. Anhand der Arbeiten von Reichheld lässt sich der Einfluss positiver MZMP auf den Unternehmenserfolg nachvollziehen. Viele Werbefachleute sind der Meinung, das MZMP die letzte verbliebene Art der Überredung geworden ist, auf die die Menschen noch reagieren. Diese Annahme basiert auf der Tatsache, dass Werbung und Marketing unseren Alltag bestimmen.75
1.2
Definition und Abgrenzung des Viral Marketings
„Viral Marketing umfasst das gezielte Auslösen und Kontrollieren von Mund-zuMund-Propaganda zum Zwecke der Vermarktung von Unternehmen und deren Leistungen“.76 Diese Definition ist nur eine von vielen. Eine wirklich einheitliche und genaue Definition was Viral Marketing alles umfasst, ist bis dato sehr schwierig zu formulieren. Häufig wird VM im englischsprachigen Raum auch als Word-of-MouthMarketing bezeichnet. Es setzt sich langsam die Überzeugung durch, dass feine Unterschiede existieren, in welcher Form ein Unternehmen sich selbst und dessen Leistungen viral vermarktet. Hauptsächlich im englischsprachigen Raum (USA und England) basiert die allgemeine Auffassung, dass Viral Marketing schwerpunktmäßig auf die „Werbe-basierte“ Anregung von Mundpropaganda setzt. Diese Form definieren viele Funktionäre des Marketings sowohl in der Literatur als auch im Alltag als Viral Marketing. Hierbei wird auf die virale Verbreitung der Werbung abgezielt. Nach Fertigstellung eines Produktes wird versucht eine virale Werbeidee zu konzipieren. Diese soll sich eigendynamisch verbreiten und dadurch die Bekanntheit der Marke erhöhen. Aktuell geschieht dies hauptsächlich durch die Produktion von viralen Videoclips.77 Es scheinen sich aber noch andere Wege der viralen Vermarktung herauszukristallisieren. Schon bei der Entwicklung eines Produktes, kann ein viraler Effekt, welcher in das Produkt integriert wird, berücksichtigt werden. Hieraus resultiert, dass sich das
74
75
76 77
28
Der Korrelationskoeffizient wird definiert als „[…] das Maß für die Stärke des Zusammenhangs zwischen statistischen Merkmalen.“, Kobelt, Helmut und Wicht, Wolfgang und Westerheide, Peter, FOSAM, 2003, S. 153. Vgl. Gladwell, Malcolm, Der Tipping Point, 2002, S. 45. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 25. Vgl. Oetting, Michael, Viral Marketing – Mythos und Klarheit, 2008, S. 67 - 78.
Produkt von selbst durch dessen Nutzung bzw. Kauf verbreiten kann. Dies stellt den „Produkt-basierten“ Ansatz zur Anregung von MZMP dar. Sehr bekannte Beispiele hierfür sind STUDIVZ, SKYPE und YOUTUBE. In der „offline“ Welt kann auch APPLE mit seinem iPod oder aktuell mit dem iPhone dazugezählt werden. Diese Produkte haben einen „wow“ Effekt, da sie am Beispiel von APPLE ein einmaliges Design aufweisen. Die letzte Ausprägung des VM ist die „Beziehungs-basierte“ Anregung von Mundpropaganda. Hier liegt der Ansatz darin, einen authentischen Dialog zwischen dem Unternehmen und dem Kunden zu ermöglichen, was nun verstärkt über Blogs versucht wird. Bereits etabliert hat sich, bestimmten Kunden einen exklusiven Zugang und Informationen zu Produkten vor Markteinführung zu gewähren. Bekannt sind so genannte Betatests z. B. von MICROSOFT oder GOOGLE, welche Vorversionen ihrer Software an ausgewählte Kunden zum Testen verteilen.78 Die vorgestellten Ausprägungen oder auch Ansätze des VM lassen sich wie folgt darstellen: Abbildung 9: Die drei Ausprägungen des Viral Marketings
Quelle: Oetting,
Michael, Viral Marketing – Mythos und Klarheit,
in: Focus-Jahrbuch 2008.
78
Vgl. Oetting, Michael, Viral Marketing – Mythos und Klarheit, 2008, S. 67 – 78.
29
Die verschiedenen Überschneidungsbereiche stellen Kombinationen der Methoden dar. Eine Kampagne, in der Kunden aufgefordert werden selbst Werbung (bspw. Videoclips) für eine Marke zu produzieren, liegt im Überschneidungsbereich der „Werbe-“ und „Beziehungs-basierten“ Anregung von MZMP. Hierdurch werden die Kunden involviert und ernst genommen. Es entsteht ein Dialog dessen Ergebnis Werbung ist, welche die Kunden in besonderem Maße anspricht.79 Des Weiteren wird innerhalb des VM zwischen aktivem und passivem VM unterschieden. Das aktive VM setzt eine direkte und aktive Konsumentenbeteilung voraus, z. B. die Empfehlung eines Werbeclips einer Person an Freunde oder Bekannte. Die passive Form hingegen zeichnet sich durch eine indirekte Konsumentenbeteiligung aus. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Werbeaktionen von Hotmail. In den frühen Jahren von Hotmail wurde ein Hinweis unter jede verschickte E-Mail gehängt, dass ein kostenloses E-Mail-Konto für den Nutzer verfügbar ist. Unweigerlich betrieb somit jede Person mit jeder verschickten E-Mail indirekt Werbung.80 Aufgrund des begrenzten Rahmens und der aktuellen Popularität, wird VM lediglich im engeren Sinne der ansteckenden Werbung behandelt.
1.3
Entstehung und Anfänge des Viral Marketings
Erstmalig tauchte der Begriff VM vermutlich 1989 in der Zeitschrift PC User auf. In dem Artikel wurde eine epidemieartige Ausbreitung des Apple Macintosh SE (Computer) innerhalb des Unternehmens ERNST & WHINNEY (heute ERNST & YOUNG) beschrieben. Der CITYBANK Mitarbeiter John Bownes beschrieb diesen Prozess folgendermaßen: "It's viral marketing. You get one or two in and they spread throughout the company."81 Erst 1996 wurde der Begriff VM in dem Artikel „The Virus of Marketing“ in der amerikanischen Zeitschrift Fastcompany von Jeffrey Rayport näher spezifiziert. In seinem Artikel beschrieb Rayport die Idee eines Virus als das ultimative Marketingprogramm mit minimalem Budget und maximalen Effekt. Er forderte die Marketing Funktionäre auf, von den biologischen und digitalen (Computer-) Viren zu lernen. Genau wie diese Viren sollte auch das Marketingvirus so konzipiert sein, dass es sich unbe-
79 80 81
30
Ebenda. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 28f. WordSpy, Viral Marketing, URL: http://www.wordspy.com/words/viralmarketing.asp, Zugriff am 19.09.07.
merkt in den Wirten (Menschen) einnistet und sich von dort innerhalb kürzester Zeit von Wirt zu Wirt überträgt und somit verbreitet.82
1.4
Viral Marketing im Marketing-Mix
Der klassische Marketing Mix ist die Kombination verschiedener absatzpolitischer Instrumente. Dazu gehören die so genannten vier Ps: Produktgestaltung (Product), Preispolitik (Price), Kommunikationspolitik (Promotion) und Distributionspolitik (Place). Die Produktgestaltung befasst sich mit dem Design eines Produktes, um die Befriedigung der Konsumentenbedürfnisse gewährleisten zu können. Die Preispolitik definiert den optimalen Preis, welchen die Konsumenten akzeptieren. Durch die Distributionspolitik wird der beste Weg des Produktes zum Kunden gewählt (bzgl. Kosten und Zeit). Letztendlich bemüht sich die Kommunikationspolitik, die Aufmerksamkeit des Kunden auf das Produkt zu lenken. Dazu gehört z. B. die Werbung, der persönliche Verkauf oder die Verkaufsförderung.83 Aufgrund der Fokussierung auf das VM im engeren Sinne (ansteckende Werbung), betrifft diese nur die Kommunikationspolitik. Ansteckende Werbung stellt somit nur einen Teil der Kommunikationspolitik, die des vierten Ps dar.
1.5
Mathematische Abstraktion des Viral Marketings
VM lässt sich mathematisch darstellen. Die Annahme für das Standardmodell des VM ist, dass ein Unternehmen mit einer Kampagne einige wenige Konsumenten infiziert. Die Erstinfizierten empfehlen das Kampagnengut in ihrem sozialen Netzwerk84 im weiteren Verlauf weiter. Ein Kampagnengut stellt einen „Köder“ (bspw. Videoclip) da, der in der Regel nicht den eigentlichen Leistungen des Unternehmens entspricht.85 Im einfachsten Fall wird ein solches Kampagnengut mit einer Wahrscheinlichkeit von β weitergeleitet. Sollte nun jeder beteiligte Konsument die Kampagne zu z anderen weiterleiten, so ergibt sich eine erwartete Anzahl von Neuinfizierten, generiert von jedem ursprünglich beteiligten Konsument von R = βz. Bei R handelt es sich um die so genannte „Reproduktionsrate“. Dies ist ein vereinfachtes Modell, welches andere Variablen wie z. B. die individuelle Speicherkapazität (Gehirn), außer Acht lässt. 82
Vgl. Jeffrey Rayport, The Virus of Marketing. When it comes to getting a message out with little time, minimal budgets, and maximum effect, nothing on earth beats a virus, URL: http://www.fastcompany.com/online/06/virus.html, Zugriff am 03.09.2007. 83 Vgl. Meffert, Heribert, Marketing, 2000, S.969ff. 84 Im Kapitel 2.3.1 definiert. 85 Vgl. BusinessVillage, Virales Marketing – Experteninterview mit Sascha Langner, URL: http://www.businessvillage.de/mag-114.html, Zugriff am 18.11.2007.
31
Dadurch können einige Aussagen über die Reproduktionsrate gemacht werden. Ist R>1 dann leitet jeder Konsument der die Kampagne erhält sie durchschnittlich an mehr als eine zusätzliche Person weiter. Dies führt zu einem exponentialen Zuwachs der Konsumenten, welche die Kampagne erhalten haben (Abbildung 10: siehe gepunktete Linie). Sollte allerdings R1 ist.
87
Vgl. Watts, Duncan J. und Peretti, Jonah und Frumin, Michael, Viral Marketing for the Real World, URL: http://cdg.columbia.edu/uploads/papers/watts2007_viralMarketing.pdf, Zugriff am 11.10.2007.
33
2
AKTUELLES ERKLÄRUNGSMODELL ZUM VIRAL MARKETING
2.1
Ein Überblick
VM greift zur Erklärung verschiedener Wissenschaftszweige auf die Psychologie, die Sozialwissenschaften oder die Evolutionstheorie (Memetik) zurück.88 In der Literatur werden häufig einzelne Aspekte aufgegriffen, welche zum Grundmodell des VM gehören. Somit ist ein Gesamtüberblick nur durch die Erschließung verschiedener Quellen möglich. Dieses Kapitel zielt darauf ab, ein möglichst vollständiges Erklärungsmodell aufzuzeigen, soweit es der bisherige Stand der Forschung erlaubt und es gewährt so einen Einblick in die Zusammenhänge des VM. Die verschiedenen Aspekte können wie in Abbildung 11 durch ein 3-Säulen-Modell dargestellt werden. Abbildung 11: Das 3-Säulen-Modell des Viral Marketings
Quelle: eigene Darstellung
2.2
Die Memetik – Theorie der Replikation von Botschaften
Die Memetik ist eine junge Wissenschaft, die noch viele Lösungen auf Problemstellungen sucht. Zunächst soll jedoch ein kurzer Blick auf die Genetik einen Einstieg in die Thematik erleichtern. Das Forschungsgebiet der Genetik in der Biologie befasst sich mit der Weitergabe von Erbinformationen von einer Generation auf die Nächste (in der Humangenetik
88
34
Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 25.
z. B. Haarfarbe, Nasengröße). Dies geschieht durch die DNA89, welche die Erbinformationen enthält.90 Der genaue Vorgang dieses Geschehens ist in diesem Rahmen nicht weiter relevant. So wie die Genetik den Vererbungsprozess von körperlichen Merkmalen beschreibt, versucht die Memetik in Analogie, die Beschaffenheit und Wirkungsweise der so genannten Meme (Träger kultureller Entwicklung) und deren Replikation (Vervielfältigung) zu beschreiben.91 Aufgrund der Analogie wird versucht die Memetik teilweise mit der Genetik zu beschreiben. Der Ursprung der Memetik geht in das Jahr 1976 zurück, als Richard Dawkins, ein Zoologe an der Oxford Universität, das erste Mal in seinem Buch „Das egoistische Gen“ von Memen spricht.92 Ein Mem ist eine Einheit der kulturellen Vererbung. Solch eine kulturelle Einheit kann z. B. eine Melodie, ein Gedanke, ein Schlagwort, eine Idee oder Kleidermoden sein. Die Mem-Replikation geschieht durch die Imitation, welche die Überspringung der Meme von Gehirn zu Gehirn aussagt.93 Er stellt in seinem Buch die Hypothese auf, dass die Evolution als Wettstreit zwischen den Genen zu verstehen sei. Damals waren sich jedoch Biologen einig, dass die Evolution auf die Erhaltung einer Art abzielt und keinen exakten Mechanismen folgt. Dawkins behauptet, dass Gene ein einziges Interesse verfolgen: Ihre eigene Replikation, welche im Übrigen auch ihre einzige Fähigkeit darstellt.94 Dawkins ging weiter, indem er zunächst den Begriff Replikator in diesem Zusammenhang einbrachte. Replikatoren sind jegliche Art von Informationen die durch Variation und Selektion kopiert werden. Es sind also die Informationen, welche einen Evolutionsprozess durchlaufen. Ein Evolutionsprozess kennzeichnet sich dadurch, dass unter dem Rahmen der Variation und Selektion, Informationen vererbt werden. Diesen Prozess entdeckte Charles Darwin (1859) und beschrieb ihn anhand einiger Beispiele. Der bekannteste Replikator ist das biologische Gen. Das Konzept des Replikators ist nun nicht mehr nur auf die biologische Evolution anwendbar, sondern universal. Folglich war der universelle Darwinismus geboren, welcher besagt, dass die Regeln
89
90 91
92 93 94
Englisch: desoxyribonuclein acid, deutsch: Desoxyribonucleinsäure, Vgl. Campbell, Neil A. und Reece, Jane B., Biologie, 2006, S. 340. Vgl. Campbell, Neil A. und Reece, Jane B., Biologie, 2006, S. 340ff. Vgl. VIRAL MARKETING.DE, Memetik, URL: http://www.viralmarketing.de/2006/10/06/memetik/, Zugriff am 29.09.2007. Vgl. Blackmore, Susan, Die Macht der Meme, 2000, S. 29. Ebenda, S. 31. Ebenda, S. 29f.
35
des Evolutionsprozesses auch außerhalb der Biologie zu finden sind. Es kristallisierte sich hierdurch nun ein neuer Replikator heraus: das Mem.95 Ein Beispiel wird dies verdeutlichen: Wenn Herr X Ihnen eine interessante Geschichte erzählt, dann könnte es gut möglich sein, dass Sie diese einer weiteren Person erzählen. Sie werden es also imitieren, wobei Sie sicherlich nicht die Geschichte exakt wiedergeben werden können, sondern nur das Wesentliche. Deshalb ist in der Memetik die Imitation im weitesten Sinne gemeint. Das Beispiel verdeutlicht, dass es keine eins zu eins Imitation vorliegen kann (S.32, S).96 Meme sind also all diese Informationen, die durch Imitation weitergegeben werden.97 Es gibt durchaus mehr Definitionen, aber diese erscheint als die in sich geschlossenste. Das wohl bekannteste Mem ist der Ohrwurm. Dieser kann bspw. durch eine prägnante Kurzmelodie, welche nur schwer „aus dem Kopf“ zu kriegen ist hervorgerufen werden. Diese Melodie wird in Gedanken oder auch laut singend mehrfach in einer Endlosschleife wiederholt. Durch die so laut gesungene Melodie können Zuhörer innerhalb der direkten Umgebung wortwörtlich „angesteckt“ werden. Genau ein solches Phänomen soll anhand der Memetik erklärt werden können (S. 104, S).98 Um ein solch soeben beschriebenes Phänomen erklären zu können, muss eine andere Sichtweise angenommen werden. Meme in Form von Gedanken, Liedern, Ideen etc. müssen im Inneren unseres Gehirns um die knappen Verarbeitungsressourcen „kämpfen“. Aus Sicht des Mems wird jede erdenkliche Chance genutzt, sich selbst erfolgreich zu kopieren. Dabei versucht das Mem die Ressourcen des Gehirns zu kontrollieren und es dazu zu veranlassen, sich selbst zu wiederholen, wodurch es einen Vorteil gegenüber den anderen Memen erlangt. Somit gehen uns solche Meme im Kopf herum und werden im besten Fall noch an die Gehirne anderer Menschen weitergegeben.99 Ein Ohrwurm ist vorteilhaft für das Mem, welches sich durch die ständige Wiederholung selbst replizieren und später auf andere Menschen „überspringen“ kann. An diesem Punkt werden die Grenzen und die Probleme der Memetik aufgezeigt. In der Memetik wird versucht anhand von Hypothesen und Vermutungen Phänomene, wie das oben aufgeführte Beispiel des Ohrwurms, zu beschreiben. Eine wissen-
95
96 97 98 99
36
Vgl. Greif, Hajo, Evolution und Meme, URL: http://www.susanblackmore.co.uk/Translations/CyberGerman.htm, Zugriff am 29.09.2007. Vgl. Blackmore, Susan, Die Macht der Meme, 2000, S. 32. Ebenda, S. 120. Ebenda, S. 104 Ebenda, S. 82.
schaftliche Erklärung und Beweisführung für Phänomene dieser Art gibt es bisher allerdings nicht. Im Zuge der Analogie zur Genetik stellt sich nun die Frage nach dem Aufbau und den Bestandteilen eines Mems. Der Aufbau eines Gens ist bekannt, nur beim Mem wurden die einzelnen Bestandteile noch nicht entdeckt.100 Eine weitere Frage der Memetik beschäftigt sich mit der Speicherung und Kopie eines Mems. In der Genetik wird eine DNA eins zu eins kopiert, was für eine hohe Kopiergenauigkeit spricht, wobei auch Mutationen vorkommen können. Der Kopierprozess läuft digital ab. Ein Mem dagegen wird mit einer höheren Kopierungenauigkeit kopiert, da es oft analog abläuft.101 Jedoch ist der Funktionsablauf in den weiteren Verlauf dieses Buches nicht weiter relevant. Bedeutend ist, dass eine ungenaue Kopierfähigkeit das Mem verändern kann und es im Zweifelsfall verschwinden lässt. Beispielsweise kann bei einem Witz der wesentliche Bestandteil durch das Weitererzählen verloren gehen, sodass die Pointe an Humor verliert und dadurch bedingt nicht mehr gegeben ist. Letztlich kann es zum Verlust des Mems (hier der Witz) kommen. Dies sei nur als Beispiel gedacht, um die weit reichende Problematik der Memetik zu veranschaulichen. Das VM basiert auf den Grundlagen der Memetik.102 Erfolgreiche virale Kampagnen integrieren ein besonders ansteckendes Mem als Kampagnengut, welches sich genauso wie andere Arten von Memen durch das natürliche Selektionsverfahren (Kampf um die knappen Ressourcen im Gehirn) erfolgreich durchgesetzt hat. Die Kernfrage des VM besteht darin, wie ein erfolgreiches Werbe-Mem für eine Kampagne erstellt werden kann. Um der Antwort dieser Frage näher zu kommen, sind die Selektionskriterien von erfolgreichen (im Gehirn gespeicherten) Memen gemäß Francis Heylighen hilfreich: 1. Kohärenz: Ein Mem ist in sich widerspruchsfrei (konsistent) und widerspricht sich nicht mit schon vorhandenen Überzeugungen eines Individuums. 2. Neuigkeitswert: Ein Mem entspricht etwas Neuem, Bemerkenswerten. 3. Einfachheit: Ein Mem lässt sich einfach erfassen und behalten. 4. Individuelle Nützlichkeit: Ein Mem nützt der Person, dessen Ziele zu verwirklichen.
100 101 102
Vgl. Blackmore, Susan, Die Macht der Meme, 2000, S. 100f. Vgl. Wegener, Franz, Memetik, 2001, S. 56f. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 24.
37
Heylighen führt noch weitere Kriterien an, die speziell die Übertragung (Imitation) fördern können: 1. Auffälligkeit: Leichte Wahrnehmung eines Mems (z. B. großes Plakat). 2. Ausdrückbarkeit: Ein Mem ist leicht in Kommunikationscodes auszudrücken (z. B. Sprache). 3. Formalisierungsgrad: Die Interpretation eines Mems ist unabhängig vom Kontext und der Person. 4. Ansteckungsvermögen: Personen tendieren dazu ein Mem weiterzugeben, andere Leute zu lehren bzw. zu bekehren. 5. Konformismus: Ein Mem wird vom Glauben der Mehrheit gefördert. 6. Gemeinnützigkeit: Ein Mem ist der Gruppe von Nutzen, ohne unbedingt einer einzelnen Person zu nützen. Je mehr dieser Kriterien eines Mems erfüllt sind, desto eher kann es sich erfolgreich verbreiten.103 Der Harvard Absolvent und ehemalige technische Assistent von Bill Gates, Richard Brodie, arbeitete an einem der ersten Bücher zur Memetik („Virus of the Mind“). Wichtige Eigenschaften von Memen wurden von Ihm herausgearbeitet, weshalb einige Meme erfolgreicher als andere sind. Ihm zufolge sind Meme bei denen es um Sex, Essen und Gefahr geht erfolgreicher als andere, da sie in uns gewisse evolutionsbedingte, primäre Schalter betätigen.104 Informationen zu diesen Themen wird mehr Aufmerksamkeit gewidmet, da die Auseinandersetzung mit diesen Themen schon in frühster Zeit das Überleben des Menschen sicherte. Um auch die Auseinandersetzung mit diesen Themen zu garantieren, gibt es vier Gefühle, Wut, Angst, Hunger und Lust, die einen Menschen zur Befriedigung von Sex, Essen und Gefahr antreiben. Wut und Angst sind Gefühle, die helfen mit einer Gefahr umzugehen (z. B. kämpfen oder fliehen). Der Hunger und die Lust helfen das Bedürfnis nach Essen und Sex zu befriedigen zu können.105 Es gibt weitere sekundäre Schalter welche nicht das Überleben sichern, jedoch von Notwendigkeit sind. Einige hier relevante sind z. B. Verbundenheitsgefühl, Fürsorge, Anerkennung und der Wunsch sich von anderen unterscheiden zu können.
103
104 105
38
Vgl. Francis, Heylighen, Die Evolution der Meme im Netzwerk, URL: http://www.aec.at/de/archives/festival_archive/festival_catalogs/ festival_artikel.asp?iProjectID=8541, Zugriff am 01.10.2007. Vgl. Blackmore, Susan, Die Macht der Meme, 2000, S. 200. Vgl. Brodie, Richard, Die Evolution der Meme, URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/2/2081/1.html, Zugriff am 29.10.2007.
Nach Brodie sind Meme, welche sowohl die primären als auch die sekundären Schalter auslösen, erfolgreicher als andere.106 Diese memetischen Schalter oder Auslöser (auch Trigger genannt) sind wichtig bei der Konzeption eines Kampagnenguts. In der Praxis scheinen durch Forschungen deutlich mehr memetische Trigger identifiziert worden sein. Laut Markus Roder von der Dialog Solutions, eine Agentur für VM, gibt es weitere acht memetische HauptTrigger die jeweils zwischen 10 und 20 Sub (Unter)-Trigger haben, somit gibt es insgesamt 130 Tigger. Die memetischen Trigger wurden durch Roder in Zusammenarbeit mit zwei Fachhochschulen empirisch nachgewiesen. Auf eine Anfrage gab Roder Auskunft über drei der memetischen Trigger preis: den Trigger „Angst, Schock“ (wie von Brodie schon beschrieben), „Wahrheit versus Nichtüberprüfbarkeit“ und „Mystizismus versus Aufklärung“. Der letzt genannte Trigger zielt darauf ab bewusst mit mythischen Geschichten zu hantieren, wodurch Leute memetisch angeregt werden über deren Wahrheitswert zu diskutieren. Bei dem Trigger „Wahrheit versus Nichtüberprüfbarkeit“ handelt es sich um Legenden die ungewöhnlich erscheinen und nicht überprüfbar sind. Ein Beispiel ist die Legende, laut welcher ein Penny einem Mann vom Empire State Building auf den Kopf fällt und die Frage welche Folgen dieser Vorfall für den Mann hat.107 Die Kriterien nach Heylighen sowie die memetischen Trigger bieten Ansätze, unter deren Beachtung ein Werbe-Mem sich unter Umständen sehr erfolgreich verbreiten kann. Die Wissenschaft der Memetik wird noch einige Zeit brauchen bis praxistaugliche Modelle verfügbar sind. Nichts desto trotz bietet die Memetik schon heute einige Ansätze, die zum höheren Verständnis und zu einigen Empfehlungen des VM führen. In der Praxis wird, wie am Beispiel der Untersuchungen durch Roder gesehen, weiter in Richtung memetische Trigger geforscht.
2.3 2.3.1
Der Tipping Point – Die Regeln einer Epidemie Die Definition des Tipping Points
In dem Buch „The Tipping Point“ liefert Malcom Gladwell Erklärungen, um soziale Epidemien zu verstehen. Soziale Epidemien können in der Analogie zu einer Virus Epidemie gesehen werden. Statt eines Viruses verbreiteten sich Ideen, Produkte, Botschaften und Verhaltensweisen epidemisch.108
106 107 108
Ebenda. Vgl. Roder, Markus, Telefoninterview, 17.10.2007. Vgl. Gladwell, Malcolm, Tipping Point, 2002, S. 13.
39
Der Tipping Point109 selbst ist die Schwelle oder auch die kritische Masse, ab der ein Virus zu einer Epidemie anschwillt.110 Gladwell beschreibt drei Möglichkeiten, die den Anstoß zu einer Epidemie ermöglichen können. Mit dem Virus des Kampagnengutes zielt auch das VM darauf ab, eine Epidemie auszulösen.
2.3.2
Der Verankerungsfaktor
Der Verankerungsfaktor ist enorm wichtig für den Erfolg des viralen Vorhabens. Ein Marketing Virus ist völlig unbrauchbar, wenn es sich nicht in den Köpfen der Wirte (Personen) verankert und in das eine Ohr hinein und zum anderen wieder heraus geht. Eine erfolgreiche Botschaft muss also aufgenommen, erinnert und weitergeleitet werden.111 Dieser Prozess erfolgt bei einer ansteckenden Botschaft. An dieser Stelle lässt sich die Parallele zur Memetik erkennen, mit deren Hilfe (memetische Trigger) im VM versucht wird, erfolgreiche Kampagnengüter zu erstellen welche erinnert und weitergeleitet werden.
2.3.3
Die Macht der Umstände
Des Weiteren wird das Auslösen einer Epidemie von der Macht der Umstände, also den Bedingungen und Besonderheiten der Umgebung, beeinflusst.112 Folgendes Beispiel veranschaulicht diese Tatsache: Zwei Psychologen der Princeton University führten in den 70er Jahren ein Experiment durch. Sie gaben einer Gruppe von Theologiestudenten die Aufgabe einen Vortrag vorzubereiten und in einem Nebengebäude vorzutragen. Kurz vor der Präsentation teilten die zwei Psychologen die Gruppe unbemerkt, indem sie einigen auf den Weg zum Nebengebäude mitteilten, dass sie spät dran seien und sich beeilen sollten. Den anderen erzählten sie genau das Gegenteil, dass sie noch ein wenig Zeit hätten. Die Psychologen hatten nun dafür gesorgt, dass alle Studenten auf einen Mann trafen, welcher stöhnend auf der Straße lag. Das Ziel des Experiments war jetzt, herauszufinden wie viele Studenten dem Mann helfen würden. Das Ergebnis war verblüffend, nur 10% von den Studenten mit Zeitknappheit und 70% von den Studenten welche mehr Zeit hatten, halfen dem Mann. Trotz des wohl vermuteten moralisch gefestigten Wesens der Theologiestudenten ließen sie sich durch eine solch banale Botschaft, nämlich den Hinweises auf eine Verspätung, beeinflussen. Dieses Experiment beweist eindrucksvoll wie die Macht der Umstände, das Verhalten der Menschen beeinflusst.113
109 110 111 112 113
40
Siehe Kapitel 1.5 Vgl. Gladwell, Malcolm, Tipping Point, 2002, S. 18. Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 24. Vgl. Gladwell, Malcolm, Tipping Point, 2002, S. 37. Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 25f.
Genau das ist für das Auslösen einer künstlichen Epidemie zu beachten. Zum Erreichen eines Tipping Points muss die Zielgruppe in irgendeiner Hinsicht beeinflusst werden, bestimmte Dinge zu tun, wie bspw. das Weiterleiten von Botschaften. Der Hinweis im Experiment, dass einige Studenten zu spät seien, zeigte eindrucksvoll seine Auswirkungen.
2.3.4
Das Gesetz der Wenigen
2.3.4.1 Die Begriffsbestimmung Die letzte Möglichkeit laut Gladwell liegt im „Gesetz der Wenigen“. Dieses besagt, dass der Erfolg der Epidemie ebenfalls von wenigen Menschen mit außergewöhnlichen gesellschaftlichen Fähigkeiten abhängt.114 Gladwell unterteilt diese Menschen in drei Gruppen: die Vermittler, die Kenner und die Verkäufer.
2.3.4.2 Die Vermittler Vermittler sind Menschen, die eine spezielle Fähigkeit besitzen, Freundschaften und Bekanntschaften zu schließen. Deshalb zeichnen sich diese Personen durch einen großen Freundes- und Bekanntenkreis aus.115 Vermittler sind Meister der „weak-ties“ (losen Bindungen) wie sie die Soziologen bezeichnen.116 Was genau die „weak-ties“ sind, wird im Kapitel 2.4.3.2 näher erläutert. Diese Menschen können in kürzester Zeit Informationen und Botschaften innerhalb ihrer großen Netzwerke streuen. In Summe lässt sich das Zusammenspiel der drei Gruppen am besten wie folgt beschreiben: „In einer gesellschaftlichen Epidemie sind die Kenner die Datenbanken. Sie stellen die Botschaft. Die Vermittler sind der soziale Klebstoff: Sie verbreiten die Botschaft.“117 Die Gruppe der Verkäufer sind wie Bekehrer, sie überzeugen die noch standhaft gebliebenen.
2.3.4.3 Die Kenner Die Kenner wiederum versorgen andere mit Informationen. Um die Wichtigkeit dieser Personen zu verdeutlichen, kann folgendes Beispiel aufgeführt werden: Oftmals gibt es in Supermärkten fälschlich ausgewiesene Sonderangebote. Die Mehrheit der Konsumenten merkt oder beachtet diese Tatsache nicht. Doch wenn dieser „Trick“ des Sonderangebots zu häufig wiederholt wird, kann dieser durch das Studieren des Marktpreises einzelner Konsumenten erkannt werden. Als eine mögliche Folge, kann
114 115 116 117
Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 62f. Vgl. Gladwell, Malcolm, Tipping Point, 2002, S. 54. Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 64. Gladwell, Malcolm, Tipping Point, 2002, S. 85.
41
die Weitergabe dieser Information innerhalb des Bekanntenkreises oder bspw. die Weitergabe der Information an die Verbraucherzentralen erfolgen. Seit der Entdeckung dieser Gruppe vor rund 15 Jahren haben Ökonomen solche „Preiswärter“ oder auch „Marktkenner“ in allen Bereichen gefunden. Diese Leute zeichnen sich durch ihr außergewöhnliches Interesse in den jeweiligen Bereichen (bspw. Preise in Supermärkten etc.) aus und haben das Bedürfnis solche Informationen weiterzugeben. Doch Kenner wollen nicht in Hinsicht auf Anerkennung Informationen weitergeben, sondern um der Hilfe willens. Und gerade deshalb können Kenner ein wirkungsvolles Instrument sein, um Aufmerksamkeit zu erhalten und authentisch den Verbreitungsprozess einer VM-Kampagne zu beschleunigen.118
2.3.4.4 Die Verkäufer Die letzte notwendige Gruppe von Menschen für eine soziale Epidemie sind die Verkäufer. Verkäufer besitzen die Fähigkeit in einer Gesellschaft andere Leute von etwas zu überzeugen, wenn diese noch nicht ganz von einer Sache überzeugt sind. Dabei ist der Fokus nicht darauf gelegt, Leistungen eines Unternehmens zu verkaufen. Es kann sich auch lediglich um das Verkaufen oder das Überzeugen einer Meinung (oder von einer Botschaft) handeln.119
2.4 2.4.1
Soziale Netzwerke Definition und Einführung
Ein soziales Netzwerk ist das Geflecht von sozialen Beziehungen innerhalb einer definierten Menge von Personen.120 Im weiteren Verlauf wird der genaue kommunikative Rahmen herausgearbeitet, in welcher eine virale Kampagne abläuft. Dabei wird auf die Aspekte der Meinungsbildung in einer Gesellschaft sowie den allgemeinen Kommunikationsfluss im sozialen Netzwerk näher eingegangen. Zuerst werden die Vorläufer der späteren Netzwerkperspektive (soziale Netzewerke), das Zwei-Stufen- und Mehr-Stufen-Modell beschrieben.
118 119 120
42
Vgl. Gladwell, Malcolm, Tipping Point, 2002, S. 74ff. Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 69. Vgl. Schenk, Michael, Soziale Netzwerke und Massenmedien, 1995, S. 4.
2.4.2
Vom Zwei-Stufen- zum Mehr-Stufen-Modell der Kommunikation
In den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts entdeckten Lazarisfeld, Berelson und Gandet durch die People’s Choice Studie, dass sich Individuen nicht uneingeschränkt durch Massenmedien beeinflussen lassen. Ihre Studie befasste sich damit, in wieweit Wähler sich in Rahmen einer Wahl von Massenmedien in ihrer Entscheidungsfindung beeinflussen lassen. Basierend auf der Studie entstand die Hypothese des „Zwei-Stufen-Flusses der Kommunikation“ und das Konzept des „Meinungsführers“. Meinungsführer stellen laut Lazarsfeld und seinen Kollegen einen wesentlichen Faktor im Meinungsbildungsprozess dar. Im Zwei-Stufen-Modell (Grafik) fließen somit Ideen aus den Massenmedien zu den Meinungsführern (erste Stufe). Diese geben die Ideen weiter an die breite Masse der weniger Interessierten (zweite Stufen).121 Meinungsführer sind Personen, die im Zuge ihres Wissens und sozialen Status sowie durch ihre Vermittlung und Interpretation von Informationen einen Einfluss auf die Meinungsbildung ausüben.122 Das Zwei-Stufen-Modell war aber nicht frei von Kritik. Der Hauptkritikpunkt war, dass Lazarsfeld et al. einen zweistufigen Kommunikationsfluss nicht gemessen, sondern nur indirekt beobachtet hatten. Spätere Studien in den folgenden Jahrzehnten, kamen allerdings zu einem anderen Ergebnis. Informationen welche über die Massenmedien gestreut werden, kommen hauptsächlich direkt bei der Bevölkerung an. Meinungsführer fungieren hingegen eher als zusätzliche und ergänzende Informationsquelle, da sie besser informiert sind. Ausnahmen sind Nachrichten von großem Wert (z. B. Krisen, Attentate), welche aufgrund des individuellen Tagesablaufs nicht so schnell jeden erreichen, sodass hier der Kommunikationsfluss über die Meinungsführer in den Vordergrund rückt. Somit ist die interpersonale Kommunikation nicht dominant sondern schließt an die Massenkommunikation an. Die interpersonale Kommunikation spielt eine weitaus größere Rolle bei der Interpretation, der Bewertung und der Bildung der individuellen Meinung bezüglich der Medieninhalte. Besonders groß ist dieser Einfluss wenn Medieninhalte stark inkonsistent zu den bereits vorhandenen Einstellungen und Überzeugungen sind. Hier liegt sogleich das hohe Entfaltungspotential der Meinungsführer. Es stellt sich auch heraus, dass Meinungsführer untereinander kommunizieren und Meinungen gegenseitig austauschen, womit es zu einem Rollentausch zwischen Meinungsgeber und 121 122
Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 43. Vgl. Bonfadelli, Heinz, Medienwirkungsforschung I, 2004, S. 146f.
43
empfänger kommt. Ein Großteil der Bürger ist kommunikativ sehr inaktiv. Deshalb hat eine interpersonale Kommunikation (evtl. durch Meinungsführer) einen sehr geringen Einfluss.123
2.4.3
Die Netzwerkperspektive
2.4.3.1 Die egozentrierten Netzwerke Heutzutage hat die klassische Meinungsführertheorie, also das Zwei-Stufen- und das Mehrstufen-Modell, für die Informationsübermittlung und der Meinungsbildung nicht mehr dieselbe Aussagekraft. In den Vordergrund gerät die soziale Netzwerkforschung, welches das Geflecht von sozialen Beziehungen innerhalb einer definierten Menge von Personen untersucht.124 Ein besonderes Teilgebiet der Netzwerkforschung decken die so genannten egozentrierten Netzwerke ab. Hierbei steht eine Person (Ego) im Mittelpunkt der Untersuchung und es werden deren soziale Beziehungen zu den unmittelbaren Personen durchleuchtet. In einem solchen egozentrierten Netzwerk wurden Verdichtungen erkannt, welche als Cliquen und Cluster benannt wurden. In Cliquen und Clustern sind Personen enger (dichter) miteinander verbunden, als mit anderen des Netzwerkes. Eine Clique (z. B. drei Personen) ist durch gegenseitige und direkte sowie durch indirekte und soziale Beziehungen miteinander verbunden, sodass keine weitere Person integriert werden kann, ohne dass die Erreichbarkeit der Cliquenmitglieder gefährdet ist. Cluster haben nicht zwangsläufig die gleiche Dichte. Zudem umfassen Cluster nach allgemeiner Auffassung mindestens fünf Personen.125 Cliquen und Cluster weisen meist einen homophilen126 Charakter auf, sodass hohe Redundanzen von Informationen im internen Kommunikationsfluss entstehen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass alle Personen innerhalb der Cliquen und Cluster auf dieselben Quellen zurückgreifen und folglich kein Kommunikationsfluss von außen eindringen kann. An dieser Stelle kommen nun die so genannten Broker127 und Brücken128 zum Tragen. Dies sind Personen, die eher am Rande der Clique/Cluster agieren und dem Gruppendruck weniger ausgesetzt sind. Es kommt dadurch zu
123 124 125 126
127
128
44
Vgl. Schenk, Michael, Soziale Netzwerke und Massenmedien, 1995, S. 9f. Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 49. Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 50. Personen die sich ähneln, neigen dazu sich zu verbinden, Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 50. Personen die Cliquen/Cluster verbinden ohne selbst einer anzugehören, Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 50. Personen die einer Clique/Cluster angehören und Verbindungen zu anderen Cliquen/Cluster unterhalten, Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 50.
einem externen Kommunikationsfluss in die Cliquen/Cluster, der Diffusion (Ausbreitung, Verstreuung) von Neuen.129 Die folgende Abbildung 12 visualisiert einen Ausschnitt eines sozialen Netzwerks. Abbildung 12: Ausschnitt eines sozialen Netzwerks
Quelle: in Anlehnung an, Klinger, Michaela, Virales Marketing, S. 54.
2.4.3.2 Die „strong-ties“ und die „weak-ties“ Der Soziologe Mark Granovetter erweiterte das Modell der egozentrierten Netzwerke indem er zusätzlich zwischen den Stärken der sozialen Beziehungen innerhalb eines sozialen Netzwerkes unterschied. Die „strong-ties“ (starke Bindungen) sind Familien-, Freundschafts-, und Liebesbeziehungen innerhalb derer häufig kommuniziert wird und in denen sich die Personen emotional sehr nah stehen. Strong-ties sind bei der Bewältigung von schwerwiegenden Problemen und emotionalen Angelegenheiten eher auf die emotionale Ebene beschränkt. Personen können nur eine begrenzte Anzahl von strong-ties unterhalten, da sie viel Zeit und Aufmerksamkeit zur Pflege benötigen. Besonders in strong-ties-Netzwerken liegt die Gefahr einer hohen Redundanz von Informationen, da sich die Personen sehr nah stehen und Informationen meist aus denselben Quellen stammen und sich tendenziell gegenüber Außenstehenden abgrenzen. Die „weak-ties“ sind lockere oder auch lose Bindungen zu Personen, allgemein der Bekanntenkreis. Am Rande von Clique/Cluster gibt es Verbindungspersonen, 129
Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 50.
45
Vermittler (gemäß Gladwell) oder Brücken welche die Clique/Cluster nach außen hin für neue Informationen öffnen. Die wichtigste Eigenschaft der weak-ties ist die Verbreitung und Streuung von neuen Informationen in Cliquen/Cluster. Somit sind die weak-ties von größter Bedeutung für die Diffusion der Informationen (mehr dazu im Kapitel 2.4.3.4).130
2.4.3.3 Die Hubs Zu dem gesamten Konzept der egozentrierten Netzwerke kam durch Emanuel Rosen eine zusätzliche Erweiterung: die Hubs. Rosen vergleicht soziale Netzwerke mit Flugroutennetzplänen und verwendete teilweise dessen Terminologie. So sind airport-hubs (Hubs) oft mitten in Clustern, wo sie eine Verteilerfunktion von Informationen ausüben. Von ihnen gehen sternförmig viele soziale Verbindungen zu anderen Knoten (Personen) im Netzwerk ab (Abbildung 12). Sie können auch außerhalb zwischen Cliquen/Clustern liegen (Broker-Hub).131 Die folgende Abbildung 12 visualisiert einen Ausschnitt eines sozialen Netzwerks. Bei den Hubs handelt es sich gemäß Rosen um die Meinungsführer. Er verwendet die Bezeichnung Hubs, da er die Meinungsführer anders definiert, als im allgemeinen Sprachgebrauch üblich. Hubs sind demnach Personen die durchschnittlich häufiger direkt oder indirekt mit Personen bezüglich einer bestimmen Produktkategorie kommunizieren. Zugleich unterscheidet Rosen zwischen verschiedenen Typen von Hubs, er unterscheidet zwischen dem Umfang des Einflusses sowie der Quelle ihres Einflusses. Reguläre Hubs sind Personen, welche maximal mit mehreren Dutzend Personen verbunden sind und so in einer bestimmten Kategorie als Informations- und Einflussquelle dienen. Anders als die regulären Hubs haben Mega-Hubs neben den zweiseitigen (senden und empfangen) Kontakt weitere Tausende einseitige (nur senden) Verbindungen zu Personen über Massenmedien. Mega-Hubs sind also z. B. Stars, Journalisten oder Politiker. Besonderes Wissen in verschiedenen Bereichen (z. B. Computer, Auto etc.) haben Experten-Hubs, die sich tendenziell stark auf ein Gebiet spezialisieren. Die letzte Art von Hubs stellen die Gesellschafts-Hubs dar. Diese Personen haben eine besondere Persönlichkeit und ein anziehendes Charisma. Dadurch stehen sie im Mittelpunkt einer Gruppe. Zusätzlich sind sie gesellschaftlich sehr aktiv und es fällt ihnen nicht schwer, neue Freundschaften zu schließen.
130 131
46
Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 52f. Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 53f.
Experten- und Gesellschafts-Hubs können zusätzlich noch nach als reguläre und Mega-Hubs untergliedert werden. Ein Beispiel für einen Gesellschafts-Mega-Hub wäre Günther Jauch, da er Merkmale eines Gesellschafts-, sowie Mega-Hubs vereint. Günther Jauch ist einem Millionenpublikum durch die Massenmedien aufgrund seiner einschlägigen Art und seinem Charisma bekannt.132
2.4.3.4 Der Diffusionsprozess Die regulären Hubs spielen eine besondere Rolle, welche anhand der Diffusionsforschung näher ersichtlich wird. Die Diffusionsforschung beschäftigt sich mit der Verbreitung bzw. dem Übernehmen (Adaption) von Innovationen in sozialen Netzwerken.133 Speziell in der Soziologie geht es bei der kommunikationsorientierten Diffusionsforschung um die Verbreitung von Ideen, Informationen und Meinungen.134 Everett Rogers unterteilt die Übernehmer (Adoptor) von Innovationen in fünf verschiedene Gruppen. Grundlage dieser Einteilung ist die jeweilige Bereitschaft etwas Neues zu übernehmen. Abbildung 13: Adaptionsgruppen im Diffusionsprozess
Quelle: Schäffer Poeschel, Abb_166.pdf, URL: http://www.sp-dozenten.de/download/downloadmaterial/ allg_bwl_management/Vahs_Innovationsmanagement/folienvorlagen/Abb_116.pdf, Zugriff am 04.10.07.
132 133 134
Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 75ff. Vgl. Meffert, Heribert, Marketing, 2000, S. 418. Vgl. Koschnick, Wolfgang J., Diffusion (Diffusionsforschung), URL: http://www.kress.de/medialexikon/fml.php?id=1246, Zugriff am 03.10.2007.
47
Wichtig ist zu wissen, dass Hubs zu der Gruppe der frühen Adoptoren (Übernehmer) von Innovationen gehören. Zu den Charakteristika der frühen Adoptoren gehört, dass sie sowohl besser informiert sind als die breite Mehrheit jedoch auch einen höheren sozioökonomischen Status innehaben und für viele Personen als Informationsquelle und Vergleichsperson dienen. Genau diese Charakteristika überschneiden sich mit den Hubs. Hubs sind demnach wesentlich innovationsfreudiger als der Durchschnitt der Bevölkerung und verfügen sogar über eine Art Vorbildsfunktion im Diffusionsprozess für die frühe und späte Mehrheit (siehe Abbildung), die Innovationen später als die Hubs übernehmen.135 Sobald die Hubs ein Produkt oder eine Dienstleistung übernommen (gekauft) haben, erhöht der Hub als Vorbild und durch seinen persönlichen Einfluss die Kaufneigung der Konsumenten in seinem sozialen Netzwerk. Allgemein kann gesagt werden, dass der persönliche Einfluss der Hubs einen höheren Effekt auf die Übernahmewahrscheinlichkeit der Konsumenten hat als die der Massenmedien in Form von Werbung.136
2.4.4
Die Relevanz der sozialen Netzwerke
Die nun erarbeiteten Basiskenntnisse über soziale Netzwerke sowie Meinungsführer (Hubs) sind sehr wichtig als Grundlagen des VM. Erst durch ein genaueres Verständnis dieser Grundlagen lässt sich erkennen, in welchen Rahmenbedingungen eine virale Kampagne abläuft und wie zu agieren ist, damit eine optimale Verbreitung möglich wird. Dabei spielen die Hubs bei der Bekanntgabe und Vermittlung von Innovationen, Ideen, Meinungen und Informationen in sozialen Netzwerken eine wichtige Rolle. Der andere wichtige Faktor sind die weak-ties (schwache Verbindungen). Sie ermöglichen es, dass in Cliquen/Clustern neue Informationen injiziert werden und beschleunigen somit die Verbreitung und Reichweite von Informationen.
2.5
Terminologie – Ordnung der Begriffe
Im Zuge der Betrachtung der einzelnen Erklärungsansätze des VM in den Kapiteln 2.3 und 2.4 sind eine Vielzahl von Begrifflichkeiten verwendet worden. Die verschiedenen Autoren wählen die Begriffe nach eigenem Ermessen, obschon sie sich in den Bedeutungen oftmals überschneiden. Dieses Kapitel widmet sich einer einheitlichen Struktur in der Terminologieverwendung. Die Autorin Michaela Klinger des Buches „Viral Marketing: Die Macht der sozialen Netzwerke“ hat einen sehr passenden
135 136
48
Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 83 f. Vgl. Koschnick, Wolfgang J., Diffusion (Diffusionsforschung), URL: http://www.kress.de/medialexikon/fml.php?id=1246, Zugriff am 03.10.2007.
Überblick zur Terminologie zu den wesentlichen Bereichen erstellt. Dieser Überblick in leicht modifizierter Form - sieht wie folgt aus. Tabelle 3: Terminologie – Ordnung der Begriffe
ExpertenHubs Quelle des Einflusses
Umfang des Einflusses Reguläre Hubs Mega-Hubs • Kenner • Experten Mega• Reguläre ExperHubs ten-Hubs
• Brücken, Broker • Vermittler, Gesellschaft- Verkäufer • Reguläre Gesellliche-Hubs schafts-Hubs
• Gesellschaftliche Mega-Hubs
Quelle: in Anlehnung an, Klinger, Michaela, Virales Marketing, S. 86.
Die Zuordnung erfolgte nach den verschiedenen Typen von Hubs, da diese Einteilung gemäß den Kriterien des Umfanges sowie der Quelle des Einflusses sinnvoll ist. Wie im Kapitel 2.4.3.3 beschrieben handelt es sich bei den Hubs um Meinungsführer, weshalb dieser Begriff weiter verwendet wird. Nun sind die verschiedenen Untertypen von Hubs (z. B. Reguläre Experten Hubs) wie bereits im Kapitel 2.4.3.3 erläutert untergebracht. Zusätzlich gibt es eine genaue Zuordnung der verschiedenen Personen zum Gesetz der Wenigen (Kapitel 2.3.4) gemäß Gladwell. So ist der Kenner mit einem Regulären Experten-Hub gleichzusetzen, da dieser sich in einem bestimmten Bereich überdurchschnittlich gut auskennt und im Gegensatz zum Mega – Hub (Prominente) mit deutlich weniger Personen verbunden ist und auf diese Einfluss nimmt. Ebenfalls von der Bedeutung überschneidend sind die Vermittler und Verkäufer mit den Regulären Gesellschafts-Hubs. Sie stehen durch eine außergewöhnliche Persönlichkeit (Charisma etc.) im Mittelpunkt und haben Einfluss auf ihr soziales Netzwerk.137 Im weiteren Verlauf wird im allg. von Meinungsführern gesprochen, falls keine genauere Differenzierung für das Verständnis des Kontextes als notwendig erscheint.
137
Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 85f.
49
3
KERNELEMENTE DES VIRAL MARKETINGS
3.1 3.1.1
Das Kampagnengut Grundlegende Eigenschaften eines viralen Kampagnengutes
Das Kampagnengut selbst ist der Kern einer viralen Kampagne. Nur ein wirklich gutes Kampagnengut, welches den Konsumenten auf eine besondere Art und Weise anspricht, hat die Möglichkeit sich virusartig zu verbreiten. Damit das Kampagnengut den ansteckenden Charakter eines Virus bekommt, muss beim Design darauf geachtet werden, dass das Kampagnengut möglichst viele Kerneigenschaften vorweist. Wie zuvor im Kapitel zur Memetik (Kapitel 2.2) erläutert, existieren Hinweise darauf, warum ein Mem erfolgreicher als ein anderes sein kann. Die daraus abgeleiteten Kriterien gemäß Heylighen sind unter deren Beachtung als Eigenschaft eines Kampagnengutes vorteilhaft. Zudem sollte das Kampagnengut einige memetische Trigger enthalten, um die Wahrscheinlichkeit eines virulenten Kampagnengutes zu erhöhen. Ein sehr wichtiges Kriterium (nach Heylighen) und eine Kerneigenschaft des Kampagnengutes ist die Neuartigkeit und die Einzigartigkeit. Es ist unwahrscheinlich, dass Personen „alte Kamellen“ in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis verbreiten. Der Verteiler muss das Gefühl haben, dass er „der Erste“ ist, der das Kampagnengut entdeckt und im Freundes- und Bekanntenkreis weitergeleitet hat. Im Allgemeinen sollte das Kampagnengut die Kerneigenschaft besitzen, dem Konsumenten Unterhaltung, Vergnügen und Spaß zu bereiten. Außer dass positive, unterhaltsame Inhalte bevorzugt weitergeleitet werden, können sich Personen die diese auch weiterempfehlen sich dadurch brüsten und ihre gesellschaftliche Position stärken.138 Eine außergewöhnliche Nützlichkeit ist eine weitere Eigenschaft, die die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Kampagne steigert. Dabei muss das Kampagnengut nicht unbedingt unterhaltsam oder witzig sein, vielmehr steht die Nützlichkeit im Vordergrund. Der Erfolg von Hotmail (Kapitel 1.2) war auf dessen Nützlichkeit, nämlich die des kostenlosen E-Mail-Kontos, zurückzuführen.139 Um eine schnelle Verbreitung des Kampagnengutes nicht zu hemmen ist es sehr wichtig, dass dieses kostenlos gegenüber dem Nutzer angeboten wird. Sobald sich die Zielgruppe damit auseinandersetzten muss, ob sich ein eventueller Kauf überhaupt lohnt, ist eine rasante Verbreitung unwahrscheinlich und die Kampagne könnte scheitern. Eine Preiseinführung kann auch später vorgenommen werden, wenn eine
138 139
50
Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 36. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 41.
ausreichende Etablierung vollzogen wurde.140 Ein gutes Beispiel hierfür stellt das Moorhuhn – Spiel dar, welches als virale Kampagne der Firma JOHNNY WALKER eingeführt wurde. Anfänglich war das Spiel kostenlos verfügbar, aufgrund der hohen Nachfrage existieren mittlerweile kostenpflichtige Versionen.
3.1.2
Emotionen als Auslöser eines viralen Effektes
3.1.2.1 Emotionen im sozialen Umfeld In der zurzeit vorhandenen Literatur wird mal mehr und mal weniger auf die Berücksichtigung von Emotionen bei der Konzeption eines Kampagnengutes eingegangen. Jedoch spielen Emotionen eine zentrale Rolle wenn ein virales Kampagnengut weitergeleitet wird. In dem Artikel „Why pass on viral messages? Because they connect emotionally“ in der Business Horizons wurde untersucht, welche Emotionen im Weiterleitungsprozess eine zentrale Rolle spielen und wie diese bei der Konzeption eines viralen Kampagnengutes berücksichtigen werden sollen. Grundlage der Studie waren neun erfolgreiche globale virale Kampagnen, welche dem Anhang 2 zu entnehmen sind, welche auf den Emotionsgehalt und dessen Einfluss auf den Weiterleitungsprozess hin durchleuchtet wurden. Zu den neun Kampagnen wurden 20 repräsentative Konsumenten zu den erfahrenen Emotionen der Kampagnen detailliert interviewt. Dabei gab es einen größeren Umfang von Emotionen, welche angegeben werden konnten, die allerdings in 6 Hauptemotionen zusammenfasst wurden. Es wird argumentiert, dass Emotionen sich besonders gut als Attribut eines viralen Kampagnengut eignen, da dies in Relation zu dem Phänomen des sozialen Teilens von Emotionen steht. Konkret bedeutet dies, dass ein Mensch Emotionen, die er erfährt, mit seinem sozialen Umkreis teilt. Nur etwa 10% emotionaler Erfahrungen behält ein Mensch für sich allein, ohne sie mit anderen Mitmenschen zu teilen. Des Weiteren hat auch die Intensität der erfahrenen Emotionen Auswirkungen auf die Häufigkeit des Teilens. Je größer die Intensität der Emotionen desto häufiger werden diese auch mit anderen geteilt, sodass eine positive Relation zwischen diesen beiden Größen besteht. Zwar sind Emotionen ein wichtiger Bestandteil einer jeden viralen Kampagne, jedoch kommt es außerdem darauf an, dass diese Emotionen in einer unvergesslichen und einzigartigen Weise die Vorstellungen des Konsumenten treffen. Die Studie belegt,
140
Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 42.
51
dass 73% der Befragten ein Kampagnengut aus mehr Beweggründen weiterleiten als aufgrund eines vermeintlichen „Jokes“.141
3.1.2.2 Die 6 Hauptemotionen Die Studie sah in ihrem Ergebnis wie folgt aus: Tabelle 4: Ergebnis der 9 Kampagnen (Studie – Emotionen)
Quelle: Dobele, Angela und Lindgreen, Adam und Beverland, Michael und andere, Why pass on viral messages? Because they connect emotionally, in: Business Horizons (2007), S. 295.
Es wird deutlich, dass die Überraschung als die dominante Art der empfundenen Emotionen bei den 9 Kampagnen angegeben wurde. „Überrascht sein“ tritt auf wenn etwas völlig Unerwartetes und Verblüffendes geschieht. Trotz der Dominanz der Überraschung tritt diese nie allein als Emotion auf sondern mindestens mit einer der anderen 5 Hauptemotionen. Deshalb dient diese Emotion als Basis und sollte neben einer der weiteren Emotionen in jeder Kampagne vorhanden sein.142 Freude wurde, so die Studie, ebenfalls sehr häufig empfunden. Freude ist auch eine Form von Glück und Vergnügen. Diese Emotion sollte besonders in Kampagnen von Spaß und Vergnügungsmarken bzw. Produkten integriert werden. Die Emotion Freude stellt aber auch eine Möglichkeit dar, über die Kampagne eine Marke aufzufrischen, zu vitalisieren.143 Traurigkeit wurde ebenso häufig wie Freude empfunden und kann als Bestandteil einer Kampagne dazu genutzt werden, um sie zu unterstützen und um Sympathien aufzubauen. Besonders geeignet ist diese Emotion für Kampagnen von Wohltätigkeitsorganisationen. Bei Wohltätigkeitsorganisationen hat es sich bereits etabliert beim Konsumenten durch ihre Kampagnen auch eine Art Hoffnung zu erwecken, eine Hoffnung, die besagt, dass bereits ein kleiner Beitrag etwas verändert. Kritisch 141
142
143
52
Vgl. Dobele, Angela und Lindgreen, Adam und Beverland, Michael und andere, Why pass on viral messages? Because they connect emotionally, in: Business Horizons, 2007, S. 291ff. Vgl. Dobele, Angela und Lindgreen, Adam und Beverland, Michael und andere, Why pass on viral messages? Because they connect emotionally, in: Business Horizons, 2007, S. 297ff. Vgl. Dobele, Angela und Lindgreen, Adam und Beverland, Michael und andere, Why pass on viral messages? Because they connect emotionally, in: Business Horizons, 2007, S. 301.
zu sehen ist hier der Zeitfaktor: Es ist erwiesen, dass Unterstützungen und Sympathien der Konsumenten zeitlich sehr stark begrenzt sind und nicht auf lange Zeit erhalten werden können. Die Gefahr liegt jedoch darin, dass anstatt Gutmütigkeit Schuldigkeit beim Konsumenten erzeugt wird.144 Wut wurde nur zweimal bei den 9 Kampagnen empfunden. Diese Emotion ist besonders nützlich um die nötige Unterstützung bei Konsumenten für Fälle von Ungerechtigkeiten hervorzurufen. Beispiele hierfür sind Kampagnen gegen Bedrohungen der Regierung (z. B. bevorstehende Gesetze einer Regierung) oder Bedrohungen des Naturschutzes (z. B. Wilderung). Eine der 9 Kampagnen aus der Studie, die „Save BNN“ Kampagne, setzte auch auf die Emotion Wut. Wut sollte die erforderlichen Menschen mobilisieren, damit der niederländische TV-Sender BNN seine Lizenz behalten kann, welche entzogen werden sollte. Wut ist aber eine Emotion von sehr kurzer Dauer und eignet sich nicht, um langfristige Ziele, wie beispielsweise den Klimaschutz, erreichen zu können.145 Ekel trat nur einmal in einer der 9 Kampagnen in Erscheinung. Die Integration eignet sich für Marken, die einen rebellischen Charakter aufweisen und junge männliche Konsumenten als Zielgruppe anvisieren. Die Studie ergab, dass das Geschlecht einen Einfluss auf das Weiterleitungsverhalten eines einzelnen Konsumenten hat, wenn eine Kampagne ekelhafte Bestandteile beinhaltet. So leiten 63% der männlichen Vertreter wahrscheinlicher ein solches Kampagnengut weiter. Bei den weiblichen Vertreterinnen hingegen sind es nur 37%. Es hat sich auch zusätzlich herausgestellt, dass männliche Konsumenten eine humoristische Seite in ekelhaften Kampagneninhalten wieder finden. Empfehlenswert ist es deshalb, solche Kampagnen auch speziell in Kulturen zu streuen, die durchaus eine Verbindung zwischen Ekel und Humor sehen.146 Die letzte der 6 Hauptemotionen ist die Angst. Die Angst ist eine kurze emotionale Reaktion auf eine Bedrohung. Dies sollte bei einer Anwendung in einer Kampagne bedacht werden. Soll bspw. eine langfristige Wirkung erzeugt werden, ist es ratsam dem Konsumenten gleichzeitig einen Lösungsansatz aufzuzeigen. Bekannt sind hier Kampagnen gegen AIDS oder Alkohol am Steuer (Lösungsansätze sind hier: Benutzung von Kondomen, bzw. Nüchternheit beim Fahren). Kampagnen die mit der Angst spielen werden von weiblichen Konsumenten stärker wahrgenommen. Sie sind auch geneigter ein solches Kampagnengut an andere weibliche Konsumenten weiterzulei-
144
145
146
Vgl. Dobele, Angela und Lindgreen, Adam und Beverland, Michael und andere, Why pass on viral messages? Because they connect emotionally, in: Business Horizons, 2007, S. 297ff. Vgl. Dobele, Angela und Lindgreen, Adam und Beverland, Michael und andere, Why pass on viral messages? Because they connect emotionally, in: Business Horizons, 2007, S. 302. Ebenda.
53
ten, um diese der innerhalb in der Kampagne dargestellten ängstlichen Situation, zu warnen.147 Bei der Anwendung jeder einzelnen Emotion für eine virale Kampagne sollte die Kultur berücksichtigt werden. Traurigkeit ist für viele Kulturkreise eine unerwünschte Emotion und möchte vermieden werden. In Asiatischen Kulturen hingegen ist Traurigkeit ein Schritt in Richtung Seelenheil und kann dort auf weniger Ablehnung stoßen.148
3.1.3
Der Container einer viralen Botschaft
Bisher wurde nicht zwischen dem Kampagnegut und dem Container unterschieden. Der Container dient als Bezeichnung für die Verpackung eines Kampagnengutes. Die Container können z. B. Videoclips, Audioclips, Spiele, Bilder, Audiodateien oder PowerPoint-Präsentationen sein. Die verschiedenen Container haben verschiedene Eigenschaften und können so für strategisch unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden.149 Sollte das strategische Ziel einer viralen Kampagne sein, den Konsumenten interaktiv einzubinden, so kommen nur einige Container in Frage. Normale Videoclips würden hier ausscheiden, da sie nicht die Eigenschaft der Interaktivität (aktive Eingriffs- oder Steuerungsmöglichkeiten) besitzen. Spiele, welche sowohl online als auch offline gespielt werden können, haben ein besonders hohes Maß an Interaktivität, denn der Konsument selbst ist aktiv daran beteiligt. Die Auswahl der Container ist nicht nur abhängig von den strategischen Zielen einer viralen Kampagne, sie können auch beliebig kombiniert werden. So wäre es denkbar, zu einem viralen Videoclip zusätzlich ein Blog zu integrieren. Im Blog könnten z. B. interessante Geschichten rund um den Videoclip erzählt werden (Hintergrundgeschichten, Infos zu evtl. Charakteren). MARKETINGSHERPA, eine amerikanische Firma die Forschungsarbeit sowie auch Praxistipps in allen Bereichen des Marketings leistet, hat in einer Umfrage im Jahr 2006, 790 erfahrene Funktionäre des VM befragt, welche Art von Kampagnengüter bzw. Container die besten Resultate hervorbringen. Das beste Ergebnis konnte
147
148 149
54
Vgl. Dobele, Angela und Lindgreen, Adam und Beverland, Michael und andere, Why pass on viral messages? Because they connect emotionally, in: Business Horizons, 2007, S. 302. Ebenda. Vgl. VIRALMARKETING.DE, Viraler Container, URL: http://www.viralmarketing.de/2006/10/06/viraler-container/, Zugriff am 14.10.2007.
demnach mit Microsites150 erreicht werden. Zweiterfolgreichster Container waren Videoclips.151 Abbildung 14: Verschiedene Kampagnengüter (bzw. Container) und dessen Erfolge
Quelle: MarketingSherpa, Special Report: Viral Marketing 2006 -- Benchmark Data, Practical Tips & Biggest Change, URL: https://www.marketingsherpa.com/article_print.html?id=27309, Zugriff am 13.09.2007.
3.2
Seeding
Unter Seeding im VM wird das zielgruppenspezifische Streuen des Kampagnengutes verstanden.152 Um das Kampagnengut einer Kampagne bekannt zu machen, kann ein Seeding über die Massenmedien erfolgen. Dies würde mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch einen hohen Streuverlust nach sich ziehen. Aus diesem Grunde schlagen einige Autoren, darunter auch Michaela Klinger vor, bestimmte Personen wie Meinungsführer, Vermittler etc. zu gezielt identifizieren und zu kontaktieren, um den Streuungsprozess so
150
151
152
Eigenständige Mini-Webseite abgekapselt von der eigentlichen Internetpräsenz, Vgl. MarketingSherpa, Special Report: Viral Marketing 2006 -- Benchmark Data, Practical Tips & Biggest Change, URL: https://www.marketingsherpa.com/article_print.html?id=27309, Zugriff am 13.09.2007. Vgl. MarketingSherpa, Special Report: Viral Marketing 2006 -- Benchmark Data, Practical Tips & Biggest Change, URL: https://www.marketingsherpa.com/article_print.html?id=27309, Zugriff am 13.09.2007. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 71.
55
effizient und schnell wie möglich gestalten zu können. Einerseits werden Meinungsführer schon während des Verbreitungsprozesses des Kampagnengutes automatisch erreicht, anderseits sollte es dennoch nicht versäumt werden sie auch gezielt anzusprechen. Die Identifikation von Meinungsführern erweist sich als schwierig. Es gibt jedoch Ansätze die es ermöglichen, Meinungsführer, zu identifizieren. Wie schon bereits näher erläutert, sind Meinungsführer sehr kontaktfreudig, informationshungrig und äußern ihre Meinung häufiger als andere. Im anonymen Internet können nun entsprechende Foren, Chats, Blogs etc. durchsucht und analysiert werden, um genau diese Charaktere zu identifizieren; So kann bspw. hinterfragt werden, wer sich in welcher Qualität und wie häufig zu einem Thema z. B. in einem Fachforum, äußert. Dieser Vorgang ist sehr zeitaufwendig. 153 Alternativ schlägt Paul Marsden einige weitere Methoden zur Identifikation von Meinungsführern vor, z. B. durch eine kleine Umfrage (Fragebogen) auf der Firmenwebseite, in der die Internetuser u. a. angeben ob sie als Informations- und RatQuelle in ihrem Freundes und Bekanntenkreis dienen. Als weiteres schlägt Marsden vor, Berufsbezeichnungen von Konsumenten zu analysieren. Je nachdem wie sie durch ihren Beruf in einer Kategorie (Produkt) eingebunden sind, ist dies ein Anhaltspunkt eines Meinungsführers.154 Als Beispiel ist denkbar, dass Konsumenten welche z. B. als Produktmanager arbeiten in dessen speziellen Produktkategorien als Meinungsführer fungieren. Des Weiteren kann bei sehr kleinen Zielgruppen eine geringe Gruppe Konsumenten befragt werden, wen sie selbst in ihrem Freundesund Bekanntenkreis als Meinungsführer bezeichnen würden. Die letzte Möglichkeit liegt in der Soziometrie, welche soziale Netzwerke abbildet und Hinweise auf Meinungsführer geben kann. Diese Methode ist sowohl kosten- als auch zeitintensiv und ist begrenzt in der Größe der zu untersuchenden Gruppe.155 Auch wenn der Identifikationsprozess teilweise zeitaufwendig ist, kann er doch durch späteres gezieltes Streuen zum Erfolg einer Kampagne beitragen. Nun drängt sich der Gedanke auf Meinungsführer lediglich zu identifizieren, sie zu kontaktieren damit der Verbreitungsprozess angestoßen wird und danach eine Eigendynamik entwickelt. Doch ein Informationsfluss ist weder linear noch ist er berechenbar. Generell holen sich Menschen nicht nur Informationen vom Meinungsführer (Beispiel Mehr-Stufen-Modell der Kommunikation siehe Kapitel 2.4.2) ein und
153 154
155
56
Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 97f. Vgl. Marsden, Paul, Seed to Spred: Using Seeding Trails to Accelerate Sales, URL: http://www.viralculture.com/pubs/seedtospread.htm, Zugriff am 19.10.2007. Ebenda.
kommunizieren auf unvorhersehbare Weise. Die genaue Funktionsweise des Kommunikationsprozesses ist noch nicht vollends erforscht. Aus diesem Grund ist eine Streuung über Meinungsführer als auch der breiten Masse vorteilhaft.156 Ein anderer Autor (Sascha Langner) schlägt zur Erreichung des Tipping Points zwei grundlegende Varianten des Seedings vor. Dabei handelt es sich um das einfacheund das erweiterte Seeding. Das einfache Seeding legt den Focus auf das eigentliche Kampagnengut. Es wird darauf abgezielt, dass die Zielgruppe das Kampagnengut quasi von selbst entdeckt. Zu bedenken ist jedoch, dass das Kampagnengut bei dieser Variante eine hinreichend virale Qualität haben muss, damit eine größtmögliche Verbreitung überhaupt ermöglicht werden kann. Das Seeding verläuft hauptsächlich über bestehende Kunden, Freunde, Bekannte und Verwandte in der Form von z. B. E-Mails, Webseiten oder auch Newslettern ab. Die Gruppe mit dem größten Potential stellt die der bestehenden Kunden dar. Mit großer Wahrscheinlichkeit kennen und schätzen diese die Leistungen des Unternehmens und entstammen im besten Fall der anvisierten Zielgruppe. In Freunden, Verwandten und Bekannten ruht ebenso Potential. Zu diesen Personen bestehen strong-ties, wodurch diese Personen eher dazu neigen können ein Kampagnengut weiterzuleiten im Sinne eines z. B. Freundschaftsdienstes. Es können auch kommerzielle Adressbestände (Adressbroker) und Partner mit einbezogen werden. Adressbroker verfügen über eine riesige Anzahl von Kontakten, welche aufgrund ausreichender Zusatzinformationen (Alter, Einkommen, Wohngebiete etc.) auch zielgruppenspezifisch selektiert werden können. Die erste authentische Kontaktaufnahme mit gekauften Adressen von Adressbrokern ist sehr schwierig, da bis zu dem Zeitpunkt keinerlei Kommunikation zu ihnen besteht.157 Einfacher sind die Partner. Partner stellen Unternehmen mit gleicher Zielgruppe, jedoch nicht Wettbewerber dar. Dabei wird eine Kooperation eingegangen, indem der Partner z. B. auf seiner Webseite, Newsletter etc. für das werbende Unternehmen wirbt.158 Der Vorteil beim einfachen Seeding ist, dass keinerlei Authentizität eingebüßt wird, da die Verbreitung nicht durch das Unternehmen, sondern durch die ausgewählten Personen (Kunden, Freunde, Verwandte und Bekannte) geschieht. Problematisch ist es wiederum den Kontakt zu den Personen authentisch zu gestalten.
156 157 158
Vgl. Klinger, Michaela, Virales Marketing, 2006, S. 97. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 71ff. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 74f.
57
Das erweiterte Seeding zielt auf eine rasante und massive Verbreitung des Kampagnengutes ab. Hier reicht es nicht aus nur bestehenden Kunden, Freunde, Bekannten etc. (einfaches Seeding) zu involvieren; vielmehr wird versucht über möglichst viele Kanäle und Plattformen das Seeding durchzuführen. Es wird hierbei von Multiplikatoren die den Effekt des einfachen Seedings zusätzlich verstärken gesprochen. Hierzu können alle Massenmedien und deren Kanäle (bspw. TV, Rundfunk, Suchmaschinen etc.) hinzugezählt werden. Die Multiplikatoren werden zusätzlich noch in direkt und indirekt beeinflussbare Formate unterteilt. Direkt beeinflussbare Formate sind z. B. Suchmaschinen, Foren, Kommentare. Indirekt beeinflussbar sind indessen z. B. Tests, redaktionelle Beiträge.159 Besonders kosteneffizient ist das Seeding über Multiplikatoren wie Foren, Gästebücher und Kommentare (bei Blogs oder Artikeln). In den zielgruppenspezifischen Foren oder Blogs wird über Beiträge und Kommentare auf das Kampagnengut aufmerksam gemacht. Vorab ist jedoch zu prüfen, ob die geeigneten Foren, Blogs etc. auch gut genug besucht werden, damit die Bemühungen auf ausreichende Audienz stoßen. Authentizität ist auch hier schwer zu erlangen. Das Streuen in diesen Multiplikatoren ist nichts Neues, sodass eine gewisse Sensibilität seitens der Konsumenten entwickelt wurde. Es sollte also erst durch ernsthafte und nützliche Beiträge oder Kommentare ein gewisses Vertrauen geschaffen werden, bevor ein Hinweis auf das eigene Kampagnengut erfolgt. Allzu schnell könnte sonst der Anschein von Schleichwerbung aufkommen. Deshalb ist eine Automatisierung in diesem Bereich unmöglich, was wiederum den Aufwand und die Zeit erheblich erhöht.160 In diesem Kapitel sind nun einige Ansätze des Seedings genauer beschrieben worden. Zum einen empfehlen einige Autoren das Seeding primär über Meinungsführer, zum anderen gibt es die Möglichkeit des einfachen Seedings über bestehende soziale Kontakte (Freund- und Bekanntenkreis, sowie bestehende Kunden). Die Einschaltung von Multiplikatoren kann das einfache Seeding erheblich verstärken, kann aber abhängig von der Auswahl des Mediums auch hohe Kosten verursachen (bspw. TV, Print). Dieses Kapitel soll lediglich einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten des Seedings bieten. Im Kapitel 4.3 (Kampagnenumsetzung) wird das Thema noch mal aufgegriffen und der Versuch unternommen mit Hilfe von Einflüssen aus der Praxis eine genauere Vorgehensweise beim Seeding zu erstellen.
159 160
58
Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 71f. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 77.
3.3
Rahmenbedingungen und Weiterempfehlungsanreize
Neben dem Kampagnengut sind auch die Rahmenbedingungen sowie Weiterempfehlungsanreize für eine Kampagne von großer Bedeutung. Bei der Planung einer viralen Kampagne sollte darauf geachtet werden, dass eine unkomplizierte und schnelle Weiterleitung des Kampagnengutes möglich ist. Eine zu komplizierte und langsame Möglichkeit der Weiterleitung kann dazu führen, dass diese vom Konsumenten häufig abgebrochen wird und eine rasante Verbreitung des Kampagnengutes erheblich gehemmt wird. Videoclips die auf verschiedenen Plattformen im Internet gespeichert sind, können z. B. schnell und unkompliziert anhand eines einfachen Formulars direkt an Freunde weitergeleitet werden, ohne dass dieser erst eine eigene E-Mail verfassen muss. Bei großen E-Mail-Anhängen (z. B. Powerpoint Präsentationen) sieht dies schon anders aus: durch die Dateigröße kann der Weiterleitungsprozess zu lange dauern und vom E-Mail-Provider aufgrund begrenzter Speicherkapazitäten unterbunden werden.161 Auch sollten in der Planung sämtliche Kapazitäten des umworbenen Produktes bzw. Dienstleistung auf die Kampagne abgestimmt werden. Besonders bei viralen Kampagnen kann so innerhalb kürzester Zeit ein erheblicher Ansturm generiert werden. Sollte das Kampagnengut auf einer eigenen Webseite (incl. Servern) bereitgestellt werden, so ist auch die IT-Infrastruktur in deren Kapazität zu planen, um mögliche Engpässe von vornherein minimieren zu können. Um Konsumenten zusätzlich dazu zu bewegen ein Kampagnengut weiterzuleiten, können Weiterempfehlungsanreize integriert werden. Generell sollte das Kampagnengut schon genügend virales Potential haben, um den Weiterempfehlungsprozess anzustoßen. Doch können zusätzliche Anreize dies noch verstärken und den weiterempfehlenden Konsumenten belohnen. Bei der Konzeption sollten die speziellen Vorlieben der Konsumenten sowie ein direkter Zusammenhang zum Unternehmen berücksichtigt werden, sodass der Geldwert nicht im Mittelpunkt steht. Gebräuchliche Formen in der Praxis sind u. a. Gewinnspiele, Rabatte oder Warengutscheine.162
161 162
Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 44ff. Ebenda.
59
4 4.1
KAMPAGNENPROZESS DES VIRAL MARKETINGS Der Aufbau
Bevor der Kampagnenprozess erläutert wird, dient die folgende Abbildung 15 als Überblick über die zuvor behandelten Aspekte. Abbildung 15: Viral Marketing im Überblick
Quelle: eigene Darstellung
In diesem Kapitel wird ein Kampagnenprozess so detailliert wie möglich beschrieben. Knackpunkte liegen sowohl in der Kampagnenguterstellung als auch in dem Seeding. Da die Literatur nicht ergiebig genug ist, um den gesamten Kampagnenprozess genau darzustellen wird teilweise auf Aspekte aus der Praxis (soweit verfügbar) zurückgegriffen. Die Planung und Umsetzung einer VM Kampagne lässt sich in 3 Stufen einteilen: Die Kampagnenentwicklung, welche alle notwendigen Schritte für einen planmäßigen und optimalen Start beinhaltet sowie die Kampagnenumsetzung und die Kampagnenanalyse. Die Abbildung 16 stellt den Kampagnenprozess dar.
60
Abbildung 16: Der virale Kampagnenprozess
Quelle: eigene Darstellung
Grundsätzlich ist es ratsam mehr als nur eine Kampagne zu realisieren. Die Begründung liegt in der Unvorhersehbarkeit des Erfolges eines Kampagnengutes bzw. einer Kampagne. Dabei sollte dem Beispiel eines Aktienportfolios gefolgt und mehrere Kampagnen generiert werden, um das Risiko eines Fehlschlages zu reduzieren.
4.2 4.2.1
Die Kampagnenentwicklung Ziele
Am Anfang einer jeden viralen Kampagne steht die Zieldefinition. Diese ist nicht nur für die spätere Ergebnisanalyse wichtig, sondern beeinflusst auch den gesamten Kampagnenprozess (z. B. die Entwicklung des Kampagnengutes). Die Ziele sollten operational, d.h. eindeutig und messbar sein, damit eine genaue Überprüfung des Vorhabens ermöglicht werden kann. Es ist auch wichtig, dass Ziele nicht utopisch sondern auch realisierbar und zeitlich machbar sind.163 Was soll mit der viralen Kampagne erreicht werden? Zu den Kernzielen gehören die Steigerung der Markenbekanntheit (Brand Awareness), die Gewinnung von Kundendaten, die Steigerung des Umsatzes sowie die Steigerung der Produkt-Partizipation. Die Steigerung der Markenbekanntheit entspricht dem häufigsten Ziel einer viralen Kampagne. Das Schlüsselwort ist Unterhaltung. So wird durch z. B. durch den Einsatz von lustigen Videoclips oder Computerspielen versucht, den Konsumenten zu unterhalten. Die Konsumenten sollen sich im Unterbewusstsein mit den Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens beschäftigen. Im Vordergrund steht aller-
163
Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 58.
61
dings die Unterhaltung des Konsumenten. Natürlich schließt dies nicht aus, dass durch eine solche Kampagne, welche der Steigerung der Markenbekanntheit dient, sich nicht auch der Umsatz erhöht. Zu dem zweithäufigsten Ziel zählt die Gewinnung von Kundendaten. Hier wird eine Hürde im Prozess der Weiterempfehlung eingebaut. So kann ein Konsument das Kampagnengut nur weiterleiten, wenn dieser ein paar Daten (z. B. die Postleitzahl) in einem Eingabeformular hinterlässt. Der Versand von eCards164 kann so definiert werden, dass der Konsument diese nur durch die Eingabe seiner eigenen E-MailAdresse und Namen versenden kann. Oder es wird der Zugang oder Download zu einem Game nur nach erfolgreicher Registrierung unter Angabe von der E-MailAdresse, Geburtsdatum und Namen gewährt. Die Einforderung zu vieler Informationen kann sich, aufgrund des Zeitfaktors und der Bereitschaft der Konsumenten zur Angabe von personenbezogenen Daten kontraproduktiv auf den Empfehlungsprozess auswirken. Ein weiteres Ziel kann die Erhöhung des Umsatzes sein. Dies kann durch eine erhöhte Absatzmenge eines Produktes erfolgen. Häufig kann dieses Ziel aber nur indirekt erreicht werden, da beim VM hauptsächlich das Kampagnengut im Vordergrund steht, welches zwecks Empfehlungsanreize primär kostenlos angeboten wird. Ein gutes Beispiel sind einige E-Mail-Dienste, welche als Kampagnengut ein kostenloses E-Mail-Konto anbieten, aber zusätzlich ein Premium E-Mail-Konto (mehr Speicherplatz etc.) kostenpflichtig anbieten.165 Zum Schluss ist noch das Ziel der Produkt-Partizipation zu nennen. Hier wird versucht, über die interaktive Form den Konsumenten stark in die Kampagne mit einzubinden. Ziel ist es, die Auseinandersetzung und Identifikation der Konsumenten mit der Marke (bzw. Produkt) herzustellen.166
4.2.2
Zielgruppen
Vor der eigentlichen Entwicklung des Kampagnengutes sowie dessen Seeding muss die gewünschte Zielgruppe definiert werden. Dies ist besonders wichtig, da ein Kampagnengut die Bedürfnisse der Zielgruppe ansprechen sollte damit diese das Kampagnengut dementsprechend weiterempfehlen. Es ist davon auszugehen, dass bereits die Zielgruppe während der Planungsphase der Kampagne feststeht. Da es sich hier um das VM im engeren Sinne handelt (ansteckende Werbung), wird die
164 165 166
62
Elektronische Grußkarten. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 57ff. Vgl. ViralManager, 21 Common Viral Marketing Mistakes, URL: http://www.viralmanager.com/strategy/white_papers/21_Common_Viral_Marketing_Mistakes, Zugriff am 04.10.2007.
Zielgruppe zuvor bei der Produktentwicklung vordefiniert worden sein. Die virale Kampagne wird daher keine andere Zielgruppe ansprechen, als die des zu umwerbenden Produktes oder der Dienstleistung.
4.2.3
Kampagnengut
Ein sehr komplexes und schwieriges Element der Kampagnenentwicklung ist die Konzeption eines Kampagnengutes. Über diesen Vorgang gibt es in der Literatur keine genauen Hinweise. Es wird nun versucht, anhand aller bereits erläuterten Aspekte eine mögliche Gestaltung des Prozesses zu skizzieren (Abbildung 17). Abbildung 17: Kampagengutentwicklung
Quelle: eigene Darstellung
Erst einmal sollte die Zielgruppe psychografisch erfasst werden. Es muss ein Bild über die inneren psychologischen Grundeinstellungen und Wertevorstellung der Zielgruppe erstellt werden. Ein geeignetes Werkzeug hierfür bietet womöglich die Semiometrie von TNS Infratest (Marktforschungsinstitut). Anhand eines Fragebogens werden bestimmte Wörter anhand einer Skala (von sehr angenehm bis sehr unangenehm) bewertet. Nach der Auswertung entsteht ein semiometrisches Profil (Semiogramm) der entsprechenden Zielgruppe (siehe Abbildung 18).167
167
Vgl. TNS-Infratest, Semiometrie, URL: http://www.tnsinfratest.com/02_business_solutions/02017_Semiometrie.asp, Zugriff am 30.10.2007.
63
Abbildung 18: Beispiel eines Semiogramms
Quelle: TNS-Infratest, Semiometrie, URL: http://www.tnsinfratest.com/02_business_solutions/02017_Semiometrie.asp, Zugriff am 30.10.2007.
Anhand eines solchen Semiogramms können die Wertevorstellung (in rot) abgelesen werden, wobei alle in blau markierten Wörter durch die Zielgruppe unterbewertet wurden.168 Die Begriffe (in rot) sind als Indikatoren der Wertvorstellung der Zielgruppe für den weiteren Verlauf der Kampagnengutentwicklung wichtig. Als nächster Schritt folgt der Prozess der Ideenfindung. Hier sollten nun die Wertvorstellung aus dem Semiogramm mit einbezogen werden, sowie die memetischen Vorgaben (Heylighen Kriterien, memetische Trigger). Zusätzlich sollte mit den 6 Hauptemotionen (wie im Kapitel 3.1.2) gearbeitet werden, welche außerdem zum Produkt bzw. zu der Marke passend sind. Dieser Prozess der Ideenentwicklung ist aufgrund der vielen Abhängigkeiten sehr komplex. Eine Denkweise in der Ideenfindung könnte wie folgt aussehen: Es wird mit der Wertvorstellung z. B. der Geschwindigkeit (gemäß Abbildung für die Zielgruppe überbewertet) in Kombination des memetischen Triggers „Angst, Schock“, sowie mit der Hauptemotion „Überraschung“
168
64
Vgl. TNS-Infratest, Semiometrie, URL: http://www.tnsinfratest.com/02_business_solutions/02017_Semiometrie.asp, Zugriff am 30.10.2007.
gearbeitet. Wichtig ist, dass die Geschichte im Vordergrund steht, nicht die Marke oder das Produkt. Damit der Prozess der Ideenfindung möglichst effizient abläuft, sollte dafür gesorgt werden, dass der organisatorische Ablauf sowohl in seiner Planung, als auch in seiner Durchführung durchdacht und umsetzbar gestaltet wird. Ein geeignetes Instrument für diese Vorgehensweise ist bspw. die des Brainstormings. Das Ziel des Brainstormings ist es zu einem vorgegebenen Thema Ideen oder Lösungsansätze zu generieren. Dazu wird eine Gruppe gebildet, welche aus Mitarbeitern mit den benötigten Fähigkeiten zur Ideenfindung besteht. Je nachdem wie das Unternehmen organisiert ist (im Bezug auf die Abteilungen), ist das Ergebnis eine Gruppe mit interdisziplinärem Charakter. Zu dem methodischen Rahmen des Brainstormings gehören Regeln, die hauptsächlich der Gruppendynamik für einen freien und ungehemmten Ideenfluss dienen. Es gehören dazu einfache Regeln wie ein Verbot von Kritik, Kommentaren oder Korrekturen zu den Äußerungen der einzelnen Gruppenmitglieder. Die Quantität steht vor der Qualität der Ideen, es soll so viel Rohmaterial wie möglich gesammelt werden, welches erst im Anschluss bewertet und selektiert wird. Falls notwendig, wird ein Gruppenleiter, welcher die Einhaltung der Regeln überwacht ernannt.169 Im Anschluss des Brainstormings werden die Ideen hinsichtlich der Realisierbarkeit, der memetischen Wirkung und Berücksichtigung möglichst vieler Heylighen-Kriterien bewertet und selektiert. Dabei sollte die Aktivität von direkten Konkurrenten, sprich Mitbewerbern, stets mitberücksichtigt werden, um die Einzigartigkeit einer Idee (gemäß den Heylighen-Kriterien) gewährleisten zu können. Hiernach ist sodann ein geeigneter Container (Videoclip, Spiel etc.) für das Kampagnengut zu wählen. Bewusst wird die Festlegung auf ein Container nicht am Anfang der Ideenfindung vollzogen, um eine möglichst große Vielfalt an Ideen unabhängig von einem bestimmten Container generieren zu können. Als letzter Schritt folgt die Umsetzung der selektierten Idee(n) mit dem ausgewählten Container. Sollte die Konzeption des Kampagnengutes intern durchgeführt werden, so kann es passieren, dass im Anschluss an die Ideengenerierung (Konzepterstellung) auf externe Agenturen zurückgegriffen werden muss. Ist der Container beispielsweise ein Videoclip, so muss höchstwahrscheinlich eine Agentur beauftragt werden, da es dem Unternehmen wahrscheinlich an den entsprechenden Know-how sowie Ressourcen mangeln kann. Die Dateigröße des Kampagnengutes muss so klein wie
169
Vgl. Scholles, Frank, Brainstorming, URL: http://www.laum.unihannover.de/ilr/lehre/Ptm/Ptm_KreaBrain.htm, Zugriff am 10.10.2007.
65
möglich gehalten werden, damit die Größe der Datei für die spätere Weiterleitung bzw. der Download nicht zum Hemmnis des Verbreitungsprozesses wird.
4.2.4
Testlauf/Optimierung
Nach der Fertigstellung des Kampagnengutes ist es von Vorteil einen Testlauf zu starten, besonders wenn die kreativen Köpfe eines Kampagnengutes sich nicht 100%-ig des Erfolges sicher sind. Ein solcher Testlauf kann aus Kosten- und Aufwandsgründen im kleinen Rahmen erfolgen. Das Kampagnengut kann in dem Zuge vor Freunden und Bekannten präsentiert und anschließend dazu befragt werden. Vorzugsweise sind Personen zu wählen, die mit der Zielgruppe in den Hauptausprägungen identisch sind oder ihnen nah kommen. Dadurch kann nach einem Testlauf das Potential einer Kampagne eingeschätzt und gegebenenfalls noch optimiert werden. Die Objektivität steht während des gesamten Testlaufes sowie der eventuellen Optimierung im Vordergrund.170
4.3
Kampagnenumsetzung
Bei der Kampagnenumsetzung geht es um das zielgruppengerechte Seeding (Kapitel 3.2). Eine Seeding-Strategie ist von Kampagne zu Kampagne verschieden. Doch lässt sich ein Grundgerüst des Seedings aufbauen, welches einige Praxiselemente der u. a. für das Seeding spezialisierten Agenturen GOVIRAL und der DIALOG SOLUTIONS enthält. Eine genaue Vorgehensweise im Seeding-Prozess ist aus der Praxis nicht bekannt, da dies zu den Kernkompetenzen der spezialisierten Agenturen zählt. Im Folgenden wird versucht zwei mögliche Seeding-Prozesse ein wenig genauer darzustellen bzw. zu komplettieren. Zunächst muss geklärt werden, ob das umworbene Produkt für eine große Zielgruppe ist, oder nur für eine sehr eng definierte Zielgruppe. Beim Ersteren kann der Seeding-Prozess wie folgt aussehen. Abbildung 19: Seedingstrategie bei einer weit umfassten Zielgruppe
Quelle: eigene Darstellung
170
66
Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 61.
Unabhängig davon ob die Kampagne lokal oder global starten soll, sollte die Kampagne in jedem Land in der jeweiligen Sprache gestartet werden. Auch wenn jede beliebige Webseite global verfügbar ist, bevorzugen die Nutzer Webinhalte in ihrer eigenen Sprache. Zuerst müssen die relevanten connection points zu der Zielgruppe passend gefunden werden. Connection points sind Orte im Internet, wo sich die Zielgruppe trifft, diskutiert und einfach unterhält (z. B. Foren, Blogs, Portale etc.). Sind die connenction points identifiziert, folgt die Bewertung zur Eignung der Kampagne. Das wichtigste Kriterium ist, dass der connection point über ausreichend hohe Benutzerzahlen auch über einen längeren Zeitraum verfügt, um eine hohe Anzahl von Personen einer Zielgruppe zu erreichen. Ein weiteres Kriterium ist das Adaptionslevel eines connection points, d. h. wie oft allgemein der Content vom connection point zu einer anderen Seite verlinkt (oder kopiert) wird. Solche Adaptionen vergrößern die Chance einer viralen Verbreitung. Die Definition des Adaptionslevels erscheint nicht ganz einfach. Sicherlich liegen den spezifischen Inhabern (Webmastern) der connection points Informationen vor (über die Logfile-Analyse woher und von welcher Verlinkung die Nutzer kommen). Des Weiteren ist es wichtig, dass das Kampagnengut zu dem Content des connection point passt.171 Das Seeding über die connection points wird von der Agentur GOVIRAL praktiziert, da ein einfaches Seeding (über Freunde und Bekannte sowie bestehende Kunden) nicht ausreichend für eine erfolgreiche Kampagne ist. Eine erfolgreiche virale Kampagne durch das Seeding über eine begrenzte Anzahl von Personen, ist ein seltenes Phänomen. Deshalb wird versucht, beim Seeding bereits eine hohe Anzahl von Personen zu erreichen um näher an den Tipping Point zu gelangen. Aufgrund dieser Tatsache findet die praktische Vorgehensweise hier Verwendung.172 Nun muss überlegt werden wie das Kampagnengut auf die einzelnen connection points übermittelt werden soll (siehe Abbildung 19, dritter Schritt). An diesen Punkt kommt es besonders auf Authentizität an, um nicht allgemein als Werbung gesehen und so eventuell gleich abgelehnt zu werden. Agenturen wie GOVIRAL verfügen über ein Netzwerk von connection points. Sie platzieren die virale Botschaft als redaktionelle Inhalte in den einzelnen connection points um die nötige Authentizität zu erhalten. Dabei greifen sie auf ein Netzwerk von Seedern (Streuern) zurück, welche sich dadurch auszeichnen, dass sie gute Verbindungen zu einer Anzahl von connection
171
172
Vgl. Moseholm, Claus, Viral Marketing at it’s best, Online Video, URL: http://de.sevenload.com/videos/XzsTjTr/Viral-Marketing-at-its-Best, Zugriff am 15.10.2007. Ebenda.
67
points unterhalten und deren Schlüsselpersonen bzw. auch Meinungsführern (können Webmaster oder Moderatoren sein) mit der viralen Botschaft „füttern“ bzw. begeistern können.173 Die Seeder sind demnach Personen, welche sich sehr aktiv in einer bestimmten Kategorie (bspw. Extremsport) im Internet bewegen. Oft handelt es sich hierbei um Studenten, die für das Seeding angestellt sind. Dabei veranlassen die Seeder, dass das Kampagnengut so gut wie möglich auf dem connection point platziert wird, um eine Konversation um das Kampagnengut zu veranlassen. Abweichend von der Vorgehensweise über Seeder, tritt die Agentur auch selbst an die entsprechenden Inhaber (Webmastern) der connection points heran, um diese auch gegebenenfalls gegen Entlohnung anzuregen, das Kampagnengut aufzunehmen. Häufig werden somit Premium Plätze auf der Startseite (bspw. als Video der Woche) erkauft. Doch sind scheinbar auch viele Webmaster dafür dankbar qualitativen Content (in diesem Falle das virale Kampagnengut) zu erhalten, da hiervon ihr connection point lebt.174 Eine sehr zwielichtige Methode wäre es, sich als normaler Nutzer in z. B. einem Forum auszugeben und unterschwellig die virale Botschaft zu verbreiten. Dieser Ansatz wird in der Praxis mit Skepsis gesehen, da die Gefahren der Entlarvung (Schleichwerbung) und wo möglicher schlechter Mundpropaganda recht hoch sind.175 Sollte also keine spezialiserte Agentur für das Seeding ausgewählt worden sein, so ist es ratsam eine offene und ehrliche Kontaktaufnahme mit den connection points zu suchen. In lebhaften Foren beispielsweise, besteht die Möglichkeit dass z. B. Moderatoren sehr gerne als Erste ein unterhaltsames virales Kampagnengut „posten“ möchten, um sich damit zu profilieren. Allgemein sind Diskussion (in Foren, Blogs etc.) sehr wichtig, damit genügend Aufmerksamkeit erregt wird. Sollte nämlich das Kampagnengut in Form eines Videoclips auf ein großes Portal hochgeladen worden sein und nicht einen ernennenswerten Platz wie das bspw. „Video der Woche“ einnehmen, würde sonst niemand in der Flut des Angebotes das relevante virale Videoclip entdecken. Ein Beispiel ist YOUTUBE. Abgesehen davon ob sich die relevante Zielgruppe überhaupt dort aufhält, werden auf dieser Plattform täglich mehr als 65.000 Videoclips hochgeladen.176
173
174 175 176
68
Vgl. Moseholm, Claus, Viral Marketing at it’s best, Online Video, URL: http://de.sevenload.com/videos/XzsTjTr/Viral-Marketing-at-its-Best, Zugriff am 15.10.2007. Vgl. Möller, Patrick, Telefoninterview, 26.10.2007. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 78. Vgl. Moseholm, Claus, Viral Marketing at it’s best, Online Video, URL: http://de.sevenload.com/videos/XzsTjTr/Viral-Marketing-at-its-Best, Zugriff am 15.10.2007.
Bei Produkten, die eine sehr kleine Zielgruppe ansprechen sollen, sieht der SeedingProzess ein wenig anders aus. Gemäß Roder (DIALOG SOLUTIONS) wird das Seeding hier eher über Meinungsführern vollzogen.177 Aufgrund der wichtigen Vorbildsfunktion der Meinungsführer im Diffusionsprozess (der Verbreitung von Innovationen), kann diese Vorgehensweise sehr vorteilhaft sein. Folgend wird eine Möglichkeit eines solchen Prozesses dargestellt. Abbildung 20: Seedingstrategie bei einer eng umfassten Zielgruppe
Quelle: eigene Darstellung
Bis zur Identifikation der Meinungsführer ist der Prozess der gleiche (s. o.). Die Identifikation der Meinungsführer sowie die individuelle und authentische Kontaktaufnahme sind mit sehr viel Aufwand verbunden. Die Hilfsmittel zur Identifikation von Meinungsführern wurden bereits ausführlich im Kapitel 3.2 behandelt. Wie im Detail die Meinungsführer im nächsten Schritt angesprochen werden können, ist von einem situativen Charakter geprägt. Teilweise kann der psychologischen Hawthorne-Effekt zu nutze gemacht werden. Dieser kann wie folgt interpretiert werden: Personen, welche exklusiv behandelt werden, sind positiv gegenüber einer Sachen eingestellt. Übertragen auf eine geeignete Ansprache der Meinungsführer kann dies wie folgt aussehen.178 Handelt sich es bei dem Kampagnengut um z. B. ein Spiel, so kann dieses exklusiv zum Test den Meinungsführern zur Verfügung gestellt werden. Da sie zu den frühen Adoptoren (gemäß Diffusionsprozess) gehören, sind sie im erhöhten Maße etwas Neuem gegenüber positiv eingestellt. Zusätzlich können noch exklusive Informationen (über das Spiel) an sie weitergegeben werden. Diese besondere Behandlung als sozusagen VIP (Very Important People), kann bei den Meinungsführern (aber auch allgemein) zu einer positiven Einstellung gegenüber dem werbenden Unternehmen sowie dem Kampagnengut führen. Wiederum kann diese positive Einstellung, zur der gewünschten aktiven Weiterempfehlung des Kampagnengutes führen. Einen Standardprozess wie die Kontaktaufnahme erfolgen kann oder soll ist demnach nicht vorhanden. Wichtig ist dabei, die Meinungsführer gut zu behandeln (Ehrlichkeit etc.), denn durch ihre Position im sozialen Netzwerk können sie auch 177 178
Vgl. Roder, Markus, Telefoninterview, 17.10.2007. Vgl. Marsden, Paul, Seed to Spred: Using Seeding Trails to Accelerate Sales, URL: http://www.viralculture.com/pubs/seedtospread.htm, Zugriff am 19.10.2007.
69
negative Informationen in ihrem sozialen Netzwerk über das Kompagnengut bzw. das werbende Unternehmen streuen. Sobald die Art wie die Meinungsführer angesprochen werden sollen entwickelt wurde, kann mit dem eigentlichen seeden angefangen werden. Bei den beiden vorgestellten Möglichkeiten des Seedings sollte dennoch parallel ein einfaches Seeding betrieben werden (über Freunde, Bekannte sowie bestehende Kunden). Auch wenn die Anzahl der Personen gering ist, können diese dennoch ihren Beitrag zur Verbreitung des Kampagnengutes leisten. Das einfache Seeding wurde nicht explizit in den Abbildungen 19 und 20 integriert, kann aber wie im Kapitel 3.2 beschrieben über ein einfaches Mailing, oder per Newsletter geschehen. Es soll außerdem klar gestellt werden, dass auch beide Möglichkeiten des Seedings (über connection point oder primär über Meinungsführer) ebenso kombiniert werden können. Dieses Kapitel der Kampagnenumsetzung (Seeding) hat die Komplexität und die Schwierigkeit des Seedings aufgezeigt. Unerfahrene Unternehmen, können im Seeding-Prozess durch bspw. falsche Kontaktaufnahmen mit Meinungsführern, schlechte Mundpropaganda auslösen oder die Verbreitung des Kampagnengutes hemmen. Auch haben sie mit hoher Wahrscheinlichkeit keine einflussreichen Kontakte zu den relevanten connection points. Gerade weil die Qualität (Erfolg) eines viralen Kampagnengutes nicht im vornherein absolut sicher ist, kann die Chance zu einer erfolgreichen Kampagne durch das professionelle Seeding einer Agentur gewahrt werden.
4.4 4.4.1
Kampagnenanalyse Quantitative Methoden
Die quantitative Auswertung sollte fortwährend (täglich) während der Kampagnenlaufzeit durchgeführt werden, um bei einer schlechten Verbreitung z. B. das Seeding zu verstärken (oder zu optimieren). Die quantitative Auswertung erfolgt häufig über die Auswertung von Server-Logfiles. Diese Logfiles sind Dateien auf einem Server in dem Aktivitäten auf dem Server protokolliert werden. Dabei können Ergebnisse aus den Server-Abrufen und ServerAnfragen gewonnen werden. Server-Abrufe beinhalten alle Anfragen eines Clients an den Server mit dem Ziel, Dateien vom Server zum Client transferieren zu können. Dabei kann es sich um HTML-Seiten (normales Surfen), Grafiken oder auch Videoclips handeln. Wiederum wird unter Server-Anfragen die Anfrage eines Clients an einen Server verstanden.
70
Zunächst liegt der Fokus auf der Betrachtungsweise der Ergebnisse, welche aus den Server-Abrufen gewonnen werden können. Falls das Kampagnengut auf einer eigenen Webseite bereitgestellt worden ist und durch entsprechende Links (auf diese Webseite) geseedet wurde, können die Page Impressions (Seitenaufrufe) ermittelt werden. Genauso lassen sich auch Downloads auf der betreffenden Webseite ermitteln. Wobei, wenn der Download z. B. ein Videoclip ist, dann wird dieser noch zusätzlich per E-Mail weitergeleitet, was außerhalb der Reichweite der Logfiles-Auswertung liegt. Laut der Agentur DIALOG SOLUTIONS lassen sich nur 10% der Reichweite durch direkte Video-Downloads messen. Eine Kombination aus Page Impressions und Downloads stellen die Zähl-Pixel Abrufe da. Diese Methode wird speziell beim E-Mail-Verkehr eingesetzt, wobei in einer E-Mail (ausschließlich im HTML-Format) ein transparentes 1x1 Pixel große Grafik (im GIF-Format) eingefügt wird. Wird diese E-Mail nun vom Konsumenten geöffnet, so lädt er sich automatisch die Grafik vom entsprechenden Server herunter. Eine Auswertung kann nun am Server anhand der Anzahl der herunter geladenen Grafiken durchgeführt werden. Solange die E-Mail nicht verändert wird (ggf. Löschung der Grafik), kann die Weiterleitung derselben (bzw. Kampagnengut) vom Ursprungsort her verfolgt werden. Anhand von Interaktivitätselementen kann der Erfolg aufgrund von Klicks ermittelt werden. Im Abspann eines viralen Videoclips wird häufig der Link zu der Homepage des Unternehmens eingeblendet, welches auch angeklickt werden kann. 179 Die Auswertung von Server-Anfragen erhöht zusätzlich die Qualität der Ergebnisse. So können die Besuche (Visits) ermittelt werden, welche die Abfragen unterschiedlicher Clients auf eine Webseite oder Datei präsentieren. Hierfür werden die Zugriffe von unterschiedlichen IP-Adressen auf den Server ausgewertet. Im Gegensatz zu den Seitenabrufen (Page Impressions), Downloads und Klicks kann anhand der Besuche (Visits) und deren unterschiedlichen IP-Adressen die genaue Zahl der Konsumenten, die das Kampagnengut gesichtete haben ermittelt werden. Zusätzlich wird auch ersichtlich wie oft ein Konsument das Kampagnengut gesichtet hat.180 Eine besondere Bedeutung im VM kommt den Programmierroutinen in viralen Videoclips zu. Werden Videoclips heruntergeladen, dann lässt sich die weiterfolgenden Verbreitung (per E-Mail oder P2P-Tauschbörsen) nicht mehr nachverfolgen. Wie auch einige andere Agenturen löst DIALOG SOLUTIONS dieses Problem in Form des OVT-Tools (Online Viral Tracking). Dabei wird in Videoclips eine Programmierroutine 179 180
Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 91f. Ebenda.
71
integriert, womit sich die virale Ausbreitung verfolgen lässt. Beim Client (Konsumenten) befindliche herunter geladene modifizierte Videoclips, stellen bei der Wiedergabe eine Verbindung mit einem zuvor definierten Server her, welche auch nicht durch eine Firewall geblockt werden kann. Während der Verbindung werden Daten wie u. a. IP-Adresse, Wiedergabehäufigkeit des Videoclips (Views oder Ansichten), Datum und Uhrzeit der Wiedergabe etc. zum Server geschickt. Mit diesen Daten speziell mit der IP-Adresse, kann der Konsument geographisch lokalisiert werden. Genauere Spezifikationen des OVT wären an diesen Punkt sicherlich interessant, sind aber aufgrund des Betriebsgeheimnisses nicht bekannt. Mit dieser Methode der Programmierroutine arbeiten auch andere Agenturen.181 Die so genannten send-a-friend Skripte (Empfehlungsskripte) sind häufig auf Webseiten eingebunden und erleichtern dem Konsumenten die Weiterempfehlung des Kampagnengutes durch die schnelle Eingabe einer E-Mail-Adresse und optional eines persönlichen Textes. Es stehen somit Zahlen wie oft das Kampagnengut über das send-a-friend Skript empfohlen wurde zur Verfügung. Als letzteres kann die Verweildauer einer IP-Adresse auf der spezifischen Webseite ermittelt werden. Diese Daten sind aber mit Vorsicht zu betrachten, denn eine lange Verweildauer steht nicht unbedingt in Verbindung mit einer langen Auseinandersetzung mit dem Kampagnengut. Gründe einer langen Verweildauer können auch z. B. in der Ergonomie der Webseite (schlechte Navigation) gesehen werden.182 Als Kennzahlen dienen nicht ausschließlich die Anzahl von Visits, Views etc. sondern noch einige andere. Es werden u. a. die Netto Kontakte, also wie viele Personen sich mit dem Kampagnengut auseinandergesetzt haben, unabhängig von der Häufigkeit der Auseinandersetzung. Zusätzlich wird auf den TKP (Tausender Kontakt Preis) zurückgegriffen, dies ist der Preis wie viel es gekostet hat 1000 Personen mit der Kampagne zu erreichen.183 Darauf aufbauend können auch die Kosten per View (Speziell bei viralen Videoclips) ermittelt werden.184 Das Ziel des VM ist gezielt MZMP auszulösen. Somit kann der Effekt der MZMP mit dem NPS (Net Promoter Score) gemessen werden. Eine positiv durch das VM ausgelöste MZMP, kann sich auf einen Rückgang der Kritiker auswirken. Gegenstand und Berechnung des NPS wurde im Kapitel 1.1 behandelt. Speziell fürs Tracking von viralen Kampagnen stehen noch nicht ausreichende Software-Lösungen zur Verfügung. Zum Einsatz eignen sich Analyse-Software für
181 182 183 184
72
Vgl. Roder, Markus, Telefoninterview, 17.10.2007 Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 92. Vgl. Roder, Markus, Telefoninterview, 17.10.2007. Vgl. Marsden, Paul, Seed to Spred: Using Seeding Trails to Accelerate Sales, URL: http://www.viralculture.com/pubs/seedtospread.htm, Zugriff am 19.10.2007.
Logfiles (Webserver). Hier gibt es im OpenSource (kostenlos) Bereich einige bekannte Lösungen wie z. B. Webanalizer. Solche Software zur Logdateienanalyse generieren aus den entsprechenden Logdateien statistische Zahlen (s. o.). Eine Alternative stellt GOOGLE ANALYTICS da, es wird einfach ein kurzer Tracking – Code (in JavaScript) in die entsprechende Webseite integriert. Nach erfolgreicher Integration steht ein grafisches Dashboard (Kennzahlen-Cockpit) zur Verfügung, auf der u. a. Kennzahlen wie Besuche pro Tag, geographische Herkunft, Verweildauer etc. aufgeführt sind.185 Wenn Videos speziell auf den grossen Videoportalen geseedet wurden, so kann auf die Tracking Webseite TUBEMOGUL zurückgegriffen werden. Diese stellt Zugriffsstatistiken pro Tag des eigenen hochgeladenen Videos zur Verfügung (bspw. von YOUTU186 BE, METACAFE, MYSPACE, YAHOO etc.).
4.4.2
Qualitative Methoden
Ebenso wichtig wie die quantitative Auswertung ist die qualitative Methode. Hierbei wird darauf geschaut „wie“ über das Kampagnengut im Internet gesprochen wird. Es gibt verschiedene Orte im Internet wo etwas über das Kampagnengut geschrieben werden könnte. Ein hinreichend gutes Kampagnengut, kann schon auf Blogs Erwähnung finden, denn jeder Blog-Betreiber muss regelmäßig über etwas Interessantes berichten, wenn er sich von der Masse abheben will.187 Allein in Deutschland hatten im Jahr 2006 ca. 1,4 Millionen Bürger einen eigenen Blog, sowie ca. 6,6 Million Bürger (in 2006) haben einen Blog gelesen.188 Diese Zahlen verdeutlichen den mittlerweile großen Einfluss des Blogs im Internet. Des Weiteren bieten Foren eine Grundlage der qualitativen Auswertung. Hierbei liefern kampagnenbetreffende Diskussionsbeiträge wertvolle Informationen über die Qualität der Kampagne und über den Zuspruch des Konsumenten. Es kann gegebenenfalls auch selbst eine Diskussion gestartet werden, um eine Meinung der Konsumenten zu erhalten. Eine entsprechende Authentizität ist aber unabdingbar, denn Schleichwerbung kann kontraproduktiv wirken und zum Teil schlechte Mundpropaganda auslösen. Im Allgemeinen sollte jeder Beitrag mit Skepsis betrachtet werden.
185
186
187 188
Vgl. Google, Wie funktioniert Google Analytics?, URL: http://www.google.com/support/googleanalytics/bin/answer.py?answer=55539&topic=10989, Zugriff am 22.10.2007. Vgl. tubemogul, What is TubeMogul?, URL: http://www.tubemogul.com/about/whatis.php, Zugriff am 22.10.2007. Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 93. Vgl. TNS-Infratest, Digital LIFE report 2006, URL: http://www.tnsinfratest.com/07_newsletter/presse/20060920_tns_infratest_weblog_lifereport.pdf, Zugriff am 22.10.2007.
73
Oft schreiben Nutzer irgendetwas bevor sie nichts zur Diskussion beitragen können, deshalb ist es hilfreich auch andere Beiträge zu anderen Diskussionen von Benutzern zu betrachten.189 Auch können Portale wie YOUTUBE oder MYVIDEO ein eigenes Bewertungssystem (1 – 5 Sterne) sowie Kommentarfunktion beinhalten. Sollte also ein Videoclip als Container dienen und auf einen Videoportal landen (ggf. durch einen Konsumenten), so kann auch hier die Qualität des Kampagnenguts überprüft werden. Zum Schluss könnte die Kampagne auch in einer Berichtserstattung von On- und Offline - Magazinen erscheinen. Aufgrund journalistischer Qualität (genaue Recherche), wobei diese nicht immer auf gleich hohem Niveau sind, bieten sie ein differenzierteres Bild über die Kampagne.190 Gerade zum Anfang einer Kampagne kann eine erste qualitative Auswertung wichtige Informationen und die Chance zur Optimierung der Kampagne bieten. Ist bspw. ein Spiel Gegenstand der Kampagne und weist Performanceschwächen auf, kann dieses in einschlägigen Foren erkannt und sofort optimiert werden. Die qualitativen Informationen sind auch für spätere Kampagnen von Bedeutung und können diese verbessern.
189 190
74
Vgl. Langner, Sascha, Viral Marketing, 2006, S. 93ff. Ebenda, S. 94ff.
5
AKTUELLE ENTWICKLUNGEN DES VIRAL MARKETINGS
5.1
Die aktuelle Wirkung des Viral Marketings
Viele Hoffnungen ruhen auf dem Konzept des VM um die immer mehr werbeimmunen Konsumenten effizienter zu erreichen. Die aktuelle amerikanische Studie „Viral Marketing: Bringing the Message to the Masses“ von JUPITERRESEARCH zeigt aber, dass VM noch nicht das Allheilmittel ist und mit vielen Problemen konfrontiert ist. Gemäß dieser Studie sind es nur 15% der viralen Kampagnen die den Konsumenten dazu veranlassten die Werbebotschaft weiterzuleiten. Als eines der Hauptprobleme wird aufgeführt, dass sich Funktionäre des VM nicht genügend Mühe geben die Zielgruppe geeignet anzusprechen um sie zu verstehen. Durch die nicht angemessene Ansprache der Zielgruppe werden ebenso viele Konsumenten abgeschreckt wie angeregt, was auch oftmals mit der falschen Selektion von connection points (im Zusammenhang mit der Eignung des Produktes zu den Seiten) und dem nicht Verstehen der Bedürfnisse und Interessen, der Zielgruppe zusammenhängt.191 Ein weiteres Problem ist, dass die Funktionäre des VM eine Kampagne meist an alle Zielgruppen richten. Dabei scheinen sie zu vergessen, dass verschieden einflussreiche Gruppen nicht nur unterschiedlich auf eine Kampagne reagieren, sondern beeinflussen andere auch auf unterschiedliche Weise. So besteht bei älteren InternetUsern eher die Neigung Werbekampagnen weiterzuleiten, als das Jüngere tun würden. Jüngere Internet-User besuchen connection points, auf denen die Kampagnen hauptsächlich geseedet werden, wobei die älteren Internet-User ins Hintertreffen geraten. Sie bevorzugen es auch Videoclips anzuschauen, sowie per Email zu kommunizieren (empfehlen, unterhalten). Womit „Send a friend“ eingebettete (auf den connection points) Formulare nicht die Wirkung auf ältere Internet-User haben.192 Schlussendlich zeigt es, dass das breite Streuen einer Kampagne über connection points wie YOUTUBE keine Garantie für den viralen Effekt ist. Der Fokus liegt vielmehr auf das Verstehen des Verhaltens der Zielgruppe und nicht auf den Versuch deren Gewohnheiten ändern zu wollen. Die Messbarkeit der Effekte einer viralen Kampagne ist zudem sehr problematisch. Eine genaue standardisierte Form (Methode) der Messung fehlt bis dato. Obschon
191
192
Vgl. BusinessWire, JupiterResearch Finds Viral Marketing Missteps Reach Epidemic Proportions, URL: http://www.businesswire.com/portal/site/google/index.jsp?ndmViewId= news_view&newsId=20070904005784&newsLang=en, Zugriff am 29.10.2007. Vgl. Quinton, Brain, Viral Marketing Disappoints through Bad Tactics: Study, URL: http://promomagazine.com/research/other/viral_marketing_bad_tactics_090507/, Zugriff am 30.10.2007.
75
glauben 70% der Funktionäre des VM glauben, dass ihre Kampagnen die Markenbekanntheit erhöhen, ohne aber hierfür einen Beweis zu haben.193 Ein viel unberuhigender Punkt ist die Tatsache, dass es Tendenzen für eine Werbeüberschwemmung gibt. Von 2005 auf 2006 verdoppelte sich die Online-Werbung fast. Zusätzlich erhöhen VM-Bemühungen das Aufkommen von Werbung im Internet. Konsumenten werden auf connection points von viralen Kampagnen überschwemmt (in der Form von pseudo Nutzer-generiertem-content wie Videoclips, Freundeseinladungen etc.). Die Funktionäre des VM müssen sich dieser Tatsache bewusst sein und das Seeding demnach nicht allzu exzessiv betreiben. Schon 15% der InternetUser haben das Surfen auf Webseiten, mit der Begründung der zu „penetranten“ Werbung, abgebrochen.194
5.2
Big Seed Marketing
Aus der Problematik des VM heraus schlagen Duncan J. Watts, Professor der Soziologie an der Columbia Universität in New York, sowie Jonah Peretti und Michael Frumin einen neuen Lösungsansatz vor. Das neue Konzept heißt „Big Seed Marketing“, welches die beiden Seeding Ansätze aus der klassischen Werbung (online und offline) mit dem VM, kombiniert.195 Der Ansatz des Big Seed Marketings findet bewusst in diesem Abschnitt Platz, da es von dem Grundgedanken (virale Verbreitung von Wenigen zu Vielen) des VM abweicht. Eines der Hauptprobleme des VM ist es eine Reproduktionsrate von R>1 zu erlangen, damit eine Kampagne über den Tipping Point hinaus exponentiell zu einer Epidemie anwächst (siehe auch Kapitel 1.5). Dabei kommt es besonders darauf an, dass das Kampagnengut virulent genug ist und das Seeding gezielt und optimal abläuft. Anhand der aktuellen Studie von JUPITERRESEARCH lässt sich erkennen, dass sowohl der Erfolg der meisten viralen Kampagnen ausbleibt, als auch die Zielgruppe nicht optimal analysiert und angesprochen wird (Seeding). Virale Kampagnen versickern überwiegend, bevor die Reproduktionsrate den Tipping Point überwinden kann, da häufig versucht wird über eine begrenzte Anzahl von Personen zu seeden (bspw. beim einfachen Seeding oder primär über Meinungsführer). Beim Big Seed Marketing geht es darum, das anfängliche Seeding möglichst 193
194
195
76
Vgl. Quinton, Brain, Viral Marketing Disappoints through Bad Tactics: Study, URL: http://promomagazine.com/research/other/viral_marketing_bad_tactics_090507/, Zugriff am 30.10.2007. Vgl. Claburn, Thomas, Viral Marketing isn’t Catching On With Consumers, URL: http://www.informationweek.com/internet/showArticle.jhtml?articleID=201804015&subSection= E-Business, Zugriff am 26.10.2007. Vgl. Watts, Duncan J. und Peretti, Jonah und Frumin, Michael, Viral Marketing for the Real World, URL: http://cdg.columbia.edu/uploads/papers/watts2007_viralMarketing.pdf, Zugriff am 11.10.2007.
groß zu halten um den Versickerungsprozess zu verlangsamen und dadurch insgesamt mehr Konsumenten erreichen zu können.196 Um das Modell angemessen darzustellen, ist ein kurzer Blick auf das Modell der Massenwerbung notwendig. Es wird angenommen, dass eine geschaltete Werbung N Konsumenten erreicht. Davon ausgehend liegt die Wahrscheinlichkeit einer positiven Rückmeldung der Konsumenten (bspw. Kaufentscheidung oder ein Klick auf einen Banner) von p vor. Durch eine Multiplikation wird eine gesamte erreichte Menge von Konsumenten von n=pN erzielt. Ziele der klassischen Massenwerbung ist es p zu vergrößern (Werbung optimieren; informativer, knackiger, unterhaltsamer etc.) oder eine erhöhte Anzahl von Konsumenten aus der Zielgruppe N zu erreichen.197 Das Modell des Big Seed Marketings sieht folgendermaßen aus: Aus der Kombination der klassischen Massenwerbung und des VM (R=ßz, Kapitel 1.5) ergibt sich eine kumuliert erreichte Menge von Konsumenten von n=pN/(1-R). Eine Herleitung kann dem Artikel von Duncan Watts entnommen werden.198 Angenommen ein anfängliches Seeding wird über bspw. N=200.000 Konsumenten mit einer Reproduktionsrate von R=0,5 praktiziert. Mit der Reproduktionsrate von R=0,5 leitet somit jeder zweite Konsument das Kampagnengut weiter. Somit werden in der ersten Stufe 100.000 Konsumenten erreicht. Darauf folgen in der zweiten Stufe weitere 50.000 und so weiter. Entsprechend der Formel des Big Seed Marketings ergibt sich n=p * 200.000 / (1 – 0,5). Da bei dem Ansatz des Big Seed Marketings davon ausgegangen wird, dass die anfänglichen N=200.000 angesprochenen Konsumenten auch wirklich positiv auf die klassische Werbung (bspw. Klick auf Banner) reagieren, kann von p = 1 (100%) ausgegangen werden. Somit würden bei einem anfänglich großen Seeding N=200.000, im Ergebnis doppelt so viele Konsumenten (n=400.000) erreicht werden.199 Beim VM mit einem vergleichsweise kleinen Seeding von bspw. N=2.000, würde bei der Reproduktionsrate R=0,5 der Verbreitungsprozess schnell abbauen, ohne eine große Anzahl von Konsumenten erreicht zu haben.
196
197
198 199
Vgl. Watts, Duncan J. und Peretti, Jonah, Viral Marketing for the Real World, in: Harvard Business Review (2007), S. 22f. Vgl. Watts, Duncan J. und Peretti, Jonah und Frumin, Michael, Viral Marketing for the Real World, URL: http://cdg.columbia.edu/uploads/papers/watts2007_viralMarketing.pdf, Zugriff am 11.10.2007. Ebenda. Vgl. Watts, Duncan J. und Peretti, Jonah und Frumin, Michael, Viral Marketing for the Real World, URL: http://cdg.columbia.edu/uploads/papers/watts2007_viralMarketing.pdf, Zugriff am 11.10.2007.
77
Mit dem Ansatz des Big Seed Marketings kann somit auch bei einer schwachen Reproduktionsrate durch das eigentliche VM, in Kombination mit der klassischen Massenwerbung ein gutes Resultat erzielt werden. Duncan Watts argumentiert, dass die Stärke beim Big Seed Marketing in der Einbeziehung der Massen (normale Personen) liegt und deshalb nicht von speziellen Personen im sozialen Netzwerk (bspw. Meinungsführern) abhängt. 200 „If the network is conducive to contagion, then it doesn’t matter where you put a match to it. Ordinary people can do much better than you think”.201 Folglich ist eine aufwendige Analyse sozialer Netzwerke nach diesen Personen nicht notwendig.202 Meinungsführer haben einen zu geringen Einfluss auf deren soziales Umfeld, was zugleich hinderlich ist, wenn darauf basierend eine Epidemie ausgelöst werden soll.203 Schlussendlich kann durch das Big Seed Marketing das VM rentabler gestaltet werden, was sich z. B. durch die Kosten pro View ersichtlich wird (je mehr Views desto niedriger die Kosten pro View).
200
201
202
203
78
Vgl. Creamer, Matthew, What’s Plaguing Viral Marketing, URL: http://cdg.columbia.edu/uploads/stories/Creamer_AdAge_07.pdf, Zugriff am 25.10.2007. Creamer, Matthew, What’s Plaguing Viral Marketing, URL: http://cdg.columbia.edu/uploads/stories/Creamer_AdAge_07.pdf, Zugriff am 25.10.2007. Vgl. Watts, Duncan J. und Peretti, Jonah, Viral Marketing for the Real World, in: Harvard Business Review, 2007, S. 23. Vgl. Fast Company, Marketing: The Anti-Gladwell, URL: http://blog.fastcompany.com/archives/2007/07/17/marketing_the_antigladwell.html, 15.10.2007.
6
CHANCEN UND RISIKEN DES VIRAL MARKETINGS
Das VM bringt gewisse Risiken mit sich, die nicht außer Acht gelassen werden sollten. Aufgrund der Tatsache, dass gezielt MZMP ausgelöst wird, gibt es nach dem Start einer Kampagne (Kampagnenumsetzung) so gut wie keine Möglichkeit einer Kontrolle oder Steuerung. Sollte eine Kampagne von Konsumenten negativ aufgenommen werden, so ist es sehr schwer die dadurch mögliche resultierende negative MZMP zu stoppen. Erschwerend bezüglich der Kampagnenplanung sowie der Kampagnenumsetzung ist der interdisziplinäre Charakter des VM. Es ist deshalb anzunehmen, dass auf Agenturen zurückgegriffen werden muss, wodurch allerdings mit erhöhten Kosten zu rechnen ist. Alleine bei der Kampagnenguterstellung ist Fachwissen aus verschiedenen Bereichen notwendig (z. B. Memetik, Psychologie), welches im Regelfall nicht im werbenden Unternehmen vorzufinden ist. Darüber hinaus ist beim Seeding Feingefühl und Erfahrung gefragt. Dies ist ein sehr sensibler Bereich in dem ein falsches Auftreten sich rufschädigend auswirken kann, womit selbst die Agentur DIALOG SOLUTIONS in der Vergangenheit zu kämpfen hatte (Beispiel siehe Anhang 3). Ein weiteres Risiko besteht darin, dass durch die Kampagne bzw. des Kampagnengutes keine Beziehung zum einem Produkt oder Dienstleistung (bzw. Marke) hergestellt wird. Ein bekanntes Bespiel dafür ist das Moorhuhnspiel, welches im Rahmen einer Kampagne kostenlos zum Download zur Verfügung gestellt wurde. Trotz der rasanten und hohen Verbreitung wussten nur Wenige, dass die Firma Jonny Walker dahinter steckte. Beim VM kann es sich um eine sehr effektive Marketing Methode handeln, da die MZMP für den Verbreitungsprozess instrumentalisiert wird. Aufgrund dieser Tatsache ist im Vergleich zu den klassischen Marketing Methoden (z. B. TV), ein geringeres Budget ausreichend, um vergleichbare Erfolge zu erzielen. Dadurch haben kleinere Unternehmen die Möglichkeit ihre Produkte und Dienstleistungen (bzw. Marke) über das VM bekannt zu machen. Das VM ist aufgrund der MZMP ein authentischer Weg der inzwischen werbeimmunisierten Kunden zu erreichen.
79
7
FALLBEISPIEL – NISSAN QASHQAI
7.1
Kampagnenüberblick
Zur Einführung des SUV Qashqai im Frühjahr 2007, startete Nissan im Oktober 2006 bis einschließlich Januar 2007 eine VM-Kampagne. Die Kampagne wurde durch die Agenturen TWBA (London) und der OMD. Gegenstand der Kampagne war eine neue fiktive Extremsportart die „Qashqai Car Games“.204 Gemäß der Webseite205 hatte Markus Stiller am 21.Juni 2001 in Berlin die Idee zu den Qashqai Car Games gehabt. Während der Durchführung von „Tricks“ mit einem BMX-Rad auf einer Halfpipe, kam Stiller auf die Idee, diese „Tricks“ auch unter Zuhilfenahme eines Autos durchführen zu können. Die ersten Versuche mit alten Autos (über eine Rampe springen etc.) wurden von Zuschauern begeistert verfolgt. Dies war der Grundstein der Qashqai Car Games. Nach und nach schlossen sich professionelle internationale Fahrer der neuen Sportbewegung an. In 2003 so die Geschichte, entwickelten der professionelle Fahrer Aki Yakamoto und Nissan einen völlig neuen Prototypen, der den enormen Anforderungen durch ein neues Design und des 4x4 Antriebs gewachsen sein sollte. Das Ergebnis war der Nissan Qashqai.206
7.2 7.2.1
Kampagnenentwicklung Ziele / Zielgruppe
Zu dem Hauptziel gehörte es Markenbekanntheit zu erzielen, die im größtmöglichen Umfang erzielt werden musste, da mit dem Qashqai ein völlig neues Modell entwickelt wurde, welches somit unbekannt war. Der Qashqai sollte zur Einführung als moderne Alternative zu seinem Hauptkonkurrenten dem VW Golf, im gleichen Segment präsentiert werden.207 Die Markenbekanntheit sollte in 13 europäischen Ländern generiert werden. Zu den Ländern zählten Deutschland, England, Portugal, Schweden, Norwegen, Holland, Italien, Frankreich, Finnland, Spanien, Dänemark, Schweiz und Österreich.208
204
205 206
207
208
80
Vgl. GoViral, Nissan races to a viral success, URL: http://www.goviral.com/articles/goviral_nissan_qashqai_case_070220.pdf, Zugriff am 15.09.2007. http://www.qashqaicargames.com Vgl. QASHQAI Car Games, Experience the world’s fastest growing sport, URL: http://www.qashqaicargames.com/, Zugriff am 15.09.2007. Vgl. TWA, Qashqai, URL: http://www.tbwa.com/index.php/disruptiveideas/1;1, Zugriff am 16.09.2007. Vgl. Hjort, Jonas L., Viral Marketing, URL: http://dc19.4shared.com/download/16050748/59986312/GV-eng_DK_send_surf_20070514.pdf, Zugriff am 25.10.2007.
Wie der Qashqai selbst, ist auch die umworbene Zielgruppe neu für Nissan. Zu der Zielgruppe gehören junge 25 -35 jährige, risikofreudige, städtische Männer.209 Das quantitative Ziel wurde mit 1,5 Millionen210 Views für die Kampagne festgelegt, wobei die Angaben diverser Quellen variieren. Es ist auch die Rede von 1,218 Millionen.211 Aufgrund der Häufigkeit der Angabe von 1,5 Millionen, wird nachfolgend davon ausgegangen.
7.2.2
Kampagnengut
Die Nissan Qashqai Kampagne ist komplex aus mehreren Kampagnengütern zusammen gebaut. So existiert für die Qashqai Car Games selbst eine eigene Mircorsite, die alle Informationen wie Geschichte, Fahrer, Teams, Regeln etc. bereitstellt. Dazu umfasst die gesamte Kampagne fünf Videoclips als Container der viralen Botschaft (siehe Abbildung 21). Abbildung 21: Die Mircosite der Qashqai Kampagne
Quelle: QASHQAI Car Games, Experience the world’s fastest growing sport, URL: http://www.qashqaicargames.com/, Zugriff am 15.09.2007.
209
210
211
GoViral, Nissan makes Qashqai fly online, URL: http://www.goviral.com/articles/070420%20%20Nissan%20makes%20Qashqai%20fly%20online.pdf, Zugriff am 28.10.2007. Vgl. Hjort, Jonas L., Viral Marketing, URL: http://dc19.4shared.com/download/16050748/59986312/GV-eng_DK_send_surf_20070514.pdf, Zugriff am 25.10.2007. Vgl. GoViral, Nissan races to a viral success, URL: http://www.goviral.com/articles/goviral_nissan_qashqai_case_070220.pdf, Zugriff am 15.09.2007.
81
Zur Abrundung können zusätzlich verschiedene Designs (Vorlagen) für Sticker, TShirts und Anstecker herunter geladen werden, um diese dann auf entsprechender Folie auszudrucken und z. B. T-Shirts zu bedrucken. Allein die eigene Webseite der Kampagne lässt die fiktive Sportart sehr authentisch wirken. Hierbei wird ersichtlich wie wichtig eine gut durchdachte und unterhaltsame Geschichte ist. Zwischendurch kann der Betrachter sogar vergessen, dass es sich hier nicht um eine reale Sportart handelt. Die Clips selbst beinhalten verschiedene Abhandlungen. Jeden der fünf Clips im Detail zu beschreiben und zu analysieren ist aufgrund der begrenzten Kapazität diesem Buch nicht möglich. Doch es lassen sich viele Aspekte wie ein Kampagnengut (in diesem Fall Videoclip) konzipiert wird, erkennen. Grundsätzlich kann beobachtet werden, dass viele Aspekte der Zielgruppe in der Konzeption der Clips berücksichtigt wurden. Wie schon bereits erwähnt betrifft die Zielgruppe junge, risikofreudige, städtische Männer. Dabei wurde schon in der Grundüberlegung der Kampagne eine Parallele zu der Zielgruppe gefunden. Bei dem Qashqai Car Games handelt es sich um eine Abwandlung der BMX oder auch Skateboard Sportart. Diese Sportart betreiben überwiegend in der Stadt lebende junge Leute, die durch viele gefährliche Tricks und Stunts, besonders viel Risikofreude beweisen. Somit spricht das Grundkonzept der Kampagne die gewünschte Zielgruppe mit ihren Aspekten an. Speziell in den viralen Clips wurde mit Emotionen als Auslöser einer viralen Verbreitung gearbeitet. Als Basisemotion diente die Überraschung in Kombination mit Vergnügen über alle viralen Clips hinweg. Speziell das Vergnügen schafft eine Verbindung zum Produkt selbst, dem Nissan Qashqai. In einem Clip, wo sich ein Journalist selbst als Beifahrer auf einer Tour mit Looping begibt und danach sich seines Mageninhalts entleert, wird auch mit anderen Emotionen gearbeitet (Ekel). Zwei der fünf Clips sind aus der Perspektive eines Zuschauer gedreht und wirken zusätzlich noch authentischer (durch das Wackeln der Kamera etc.). In allen Clips wird auf authentischer Weise der Faktor der Gefahr aber auch der Coolness auf den Betrachter projiziert (der Sportart und seiner Fahrer). Die Personen welche die Kampagne weiterleiten, haben die Möglichkeit sich in Ihrem sozialen Netzwerk dadurch zu profilieren. So haben sie etwas völlig Neues, Innovatives, Unterhaltsames mit viel Spaß und Aktion entdeckt. Der Unterhaltungswert und die positiven Emotionen, welche geweckt werden, führen zu einem Mehrwert des Empfängers der Kampagne. Dies entspricht auch der Tatsache, dass Emotionen von Menschen geteilt werden wollen (siehe Kapitel 3.1.2.1). Im Vergleich der Heylighen Kriterien (Kaptiel 2.1), bei deren Erfüllung Meme erfolgreicher zu sein scheinen als andere, gibt es hier einige Übereinstimmungen. Besonders im Vordergrund ist das Kriterium des Neuigkeitswertes. Etwas Ähnliches wie die 82
Qashqai Car Games gab es noch nie und ist neu und einzigartig. Zudem ist die Kampagne sehr einfach aufgebaut, gut zu merken und sehr auffällig, was eine Grundvoraussetzung für eine Weiterempfehlung ist. Der Drang nach Individualität wurde vom BMX und Skateboard Sport automatisch in die Kampagne transferiert. In dieser Sportart wird versucht, durch eigene Tricks oder die individuell geprägte Ausführung von Tricks, sich selbst zu differenzieren und von der Gemeinschaft abzuheben. Dieser memetische Trigger (gemäß Brodie, Kapitel 2.2) findet demnach auch in der Kampagne Platz. Ein zentraler memetischer Trigger in der Kampagne ist der „Mystizismus vs. Aufklärung“. Die ganze Geschichte der Qashqai Car Games ist zwar sehr authentisch konzipiert, doch stellt sich die Frage der Machbarkeit, ob überhaupt möglich ist mit Autos über Rampen etc. zu springen. Dieser memetische Trigger regt zur Diskussion an. Die Rahmenbedingungen (Kapitel 3.3) der Kampagne wurden ausreichend beachtet. Sobald der Kursor auf der Microsite über einen der fünf Cilps bewegt wurde, erschien ein Link für eine entsprechende Weiterleitung. Da es sich um mehrere Clips handelt, wurde ein zusätzlicher Link integriert, in dessen hinterlegten Formular Kontaktdaten eingetragen werden konnten. Nachdem neue Clips erschienen waren, konnte dadurch der Konsument kontaktiert werden. Hintergrund ist, dass nicht sofort alle Clips erschienen waren, sondern in zeitlichen Abständen um das Level des Interesses über einen längeren Zeitraum auf einem hohen Niveau halten zu können. Zusätzlich wurde darauf geachtet die Dateigröße der Clips so klein wie möglich zu halten (1,95 – 11,9 Megabyte), damit auch Nutzer mit begrenzter Internetgeschwindigkeit (Anschluss) nicht gehemmt wurden die Clips herunter zuladen und weiterzuleiten. In dem gesamten Kampagnenmaterial wurde sehr viel Wert darauf gelegt, dass der Name Nissan nicht prägnant auftaucht. In den Namen der neuen (fiktiven) Sportart selbst, taucht der Name des neuen Automodells auf (Qashqai Car Games). Die erzählte Geschichte der Sportart weist einmal auf die Entwicklung mit Nissan eines neuen Prototyps (Qashqai) für die besonderen Anforderungen hin. Zugleich wird in einem der Clips darauf hingewiesen, dass nur der Qashqai den Anforderungen der Stunts standhält. Die Fahrerteams selbst fahren alle den Qashqai in anderen Farbund Motivdesigns. Schlussendlich wird der Konsument ausreichend über die Marke informiert, was aber hinter dem Unterhaltungswert steht.
83
7.3
Kampagnenumsetzung
Da es sich um fünf virale Videoclips drehte, wurden diese in zeitlichen Abständen geseedet, um möglichst lange das Interesse der Konsumenten auf hohem Niveau zu halten. Der genaue Seeding-Plan sah wie folgt aus: Abbildung 22: Seedingverlauf der Qashqai Kampagne
Quelle: Vgl. Hjort, Jonas L., Viral Marketing, URL: http://dc19.4shared.com/download/ 16050748/59986312/GV-eng_DK_send_surf_20070514.pdf, Zugriff am 25.10.2007.
Das Seeding der gesamten Kampagne lässt sich in drei Phasen einteilen. Die erste Phase begann am 20.10.2006 (Abbildung 22) mit einer Verbreitung über 459 Foren und Blogs. Dabei wurden diese nach dem Kriterium hin selektiert, dass sie zu der Marke und der Kampagne passen (Contextual Seeding). Ziel in dieser ersten Phase des Seedings war es, Meinungsführer zu erreichen. In welchen Foren und Blogs dass Seeding begann, lässt sich leider nicht nachvollziehen. Es wäre sicherlich interessant zu erkunden, wie genau das Kampagnengut in den Kontext der betreffenden Seite eingebracht wurde. In der zweiten Phase (ab 27.10.2006) wurde das Seeding nicht kommerziell (ohne Bezahlung) auf 1.828 Webseiten ausgedehnt. Dabei wurden jeweils zwei Diskussionsauslöser (Conversation Trigger 1 und 2) eingesetzt, die die Verbreitung der Kampagne unterstützen sollten.212 Es handelt sich dabei um Geschichten rund um die Qashqai Car Games. Beim „Blooper“ (Ausrutscher) wurde eine Webseite ins Internet gestellt, die anscheinend Fehler in den viralen Videoclips aufdeckten. Somit wurde eine Diskussion angeregt bezüglich des Wahrheitsgehaltes der Qashqai Car Games. Beim „Fat Randy“ Diskussionsauslöser wurde ein Videoclip213 ins Internet gestellt, der den Versuch zeigt
212
213
84
Vgl. Hjort, Jonas L., Viral Marketing, URL: http://dc19.4shared.com/download/16050748/59986312/GV-eng_DK_send_surf_20070514.pdf, Zugriff am 25.10.2007. http://www.metacafe.com/watch/307006/qashqai_challenged /
mit ferngesteuerten Autos einige Tricks der Qashqai Car Games zu imitieren. Dies führte sicherlich entsprechend zu Diskussionen.214 Einen Monat später folgte die dritte Phase des Seedings die bis im Februar 2007 hinreichte. Es handelte sich nun um ein kommerzielles Seeding (mit Bezahlung für die Platzierung des Kampagnengutes auf den jeweiligen Seiten) und wurde auf den bereits vorhandenen Webseiten, welche in den vorherigen Phasen schon Ziel des Seedings waren vorgenommen. Auch hier wurden wiederum Diskussionsauslöser angewandt.215 Beim „Stunt“ gab es einen BBC Bericht, dass anscheinend eine Rampe in Rumänien für einen Wettbewerb aufgebaut wird. Beim „Rumour“ Diskussionsauslöser wurde das Gerücht in Foren etc. gestreut, dass ein Maschinenbaustudent anhand einer mathematischen Kalkulation bewiesen haben soll, dass es möglich ist mit Autos solche Tricks durchzuführen. Die dadurch ausgelöste Diskussion im Internet führte soweit, dass ein deutscher Student die Kalkulation überprüfte und einen methodischen Fehler feststellte (vgl. 2. interview goviral). Ziel der letzten Phase war es das Level des Interesses möglichst hoch zu halten und weitere Diskussionen auszulösen.216 Der Zeitpunkt an dem die Videoclips ins Internet gestellt wurden, ist anhand der Abbildung 22 und im Internet selbst nicht nachvollziehbar.
7.4
Kampagnenanalyse
Alle viralen Clips der Kampagne befanden sich bei der Agentur GOVIRAL einem entsprechenden Server (Landing-Page217). Von dort aus wurden die Clips durch einen eingebetteten Code auf den connection points (Foren, Portale etc.) und der Microsite integriert. Downloads der Clips über der Microsite wurden ebenfalls über der Landing-Page absolviert. Somit erfolgte hierdurch schon weitestgehend das Tracking über die zentrale Landing-Page. Zusätzlich wurde in den Clips selbst eine Programmierroutine integriert für das Tracking der Clips die herunter geladen, wiedergegeben sowie weitergeleitet wurden. Außerdem kamen neu entwickelte Robots zum Einsatz, die entsprechenden Clips aufspürten, die herunter geladen und auf einer anderen Webseite heraufgeladen wurden. Denn diese Clips entgingen somit dem Tracking über die Landing-Page, sowie der Programmierroutine und mussten in
214 215
216 217
Vgl. Möller, Patrick, Telefoninterview, 26.10.2007. Vgl. Hjort, Jonas L., Viral Marketing, URL: http://dc19.4shared.com/download/16050748/59986312/GV-eng_DK_send_surf_20070514.pdf, Zugriff am 25.10.2007. Vgl. Möller, Patrick, Telefoninterview, 26.10.2007. Eigens für die Kampagne bereitgestellte Webseite, Vgl. VIRALMARKETING.DE, LANDING PAGE, URL: http://www.viralmarketing.de/2006/10/06/landing-page/, Zugriff am 18.11.2007.
85
der Vergangenheit manuell ausfindig gemacht werden. Die betreffenden Clips konnten aufgrund von integrierten Wasserzeichen entsprechend durch die Robots gefunden werden.218 Die folgenden Abbildungen 23 und 24 veranschaulichen das Ergebnis der Kampagne. Abbildung 23: Tägliche Views der Qashqai Kampagne
Quelle: GoViral, Nissan races to a viral success, URL: http://www.goviral.com/articles/ goviral_nissan_qashqai_case_070220.pdf, Zugriff am 15.09.2007.
Die obige Grafik illustriert die täglichen Views (Ansichten) der Kampagne. Auf der yAchse sind die Views abzulesen, auf der x-Achse den entsprechenden Tag im Verlauf der Kampagne. Die blaue Linie stellt die gesamten Views, die rote Linie die Views der Zielländer der Kampagne dar. Die Höhepunkte im Gesamtverlauf sind den jeweiligen Seedingaktivitäten (siehe Kaptitel 6.4) zuzuordnen. Der Rückgang der Views (etwa zwischen Tag 73 – 79) ist aufgrund von saisonalen Schwankungen (Weihnachtszeit) zurückzuführen.219
218 219
86
Vgl. Möller, Patrick, Telefoninterview, 26.10.2007. Vgl. GoViral, Nissan races to a viral success, URL: http://www.goviral.com/articles/goviral_nissan_qashqai_case_070220.pdf, Zugriff am 15.09.2007.
Abbildung 24: Kumulierte Anzahl der Views der Qashqai Kampagne
Quelle: GoViral, Nissan races to a viral success, URL: http://www.goviral.com/articles/ goviral_nissan_qashqai_case_070220.pdf, Zugriff am 15.09.2007.
Die Abbildung 24 zeigt die kumulierte Anzahl der Views (y-Achse) im Verlauf der Kampagne (x-Achse). Aus der blauen Fläche ergeben sich die gesamten Views aus den Zielländern, sodass die rote Fläche für einen Überschuss an Views aus anderen Ländern steht. Ab Januar 2007 zum Ende der Kampagne wird erkennbar, dass die Zuwachsraten an Views moderater mit einem eher flacheren Anstieg verlaufen. Das Verhältnis von den gewünschten Views (Zielländer) und dem Überschuss pendelt sich zum Ende der Kampagne etwa auf ein Gleichgewicht aus.220 Schlussendlich hat die Kampagne 12,72 Millionen Views generiert, wobei 6 Millionen oder 47% aus den Zielländern stammen (quelle alles siehe bild). Die Microsite selbst hatte 1,77 Millionen Besucher angelockt.221 Bezogen auf das Ziel von mindestens 1,5 Millionen Views übertraf die Kampagne um das achtfache (848%). Leider enthielten die verfügbaren Daten keine Angabe
220
221
Vgl. GoViral, Nissan races to a viral success, URL: http://www.goviral.com/articles/goviral_nissan_qashqai_case_070220.pdf, Zugriff am 15.09.2007. Ebenda.
87
darüber, wann das letzte Mal gemessen wurde. Gemäß der Abbildung 24, kann aber davon ausgegangen werden, dass die Angaben sich auf bis Ende Januar 2007 beziehen. Um die Effizienz der Kampagne zu verdeutlichen wird die Kennzahl Cost per View (Kosten pro View) ausgerechnet. Abbildung 25: Verlauf der CPV (Qashqai)
Quelle: Hjort, Jonas L., Viral Marketing, URL: http://dc19.4shared.com/download/16050748/59986312/GVeng_DK_send_surf_20070514.pdf, Zugriff am 25.10.2007.
Anfänglich waren die Cost per View (Kosten per Ansicht) mit 0,3 € angelegt (siehe Abbildung). Dies ergibt sich daraus, wenn das Ziel mit 1,5 Millionen Views durch das Kampagnenbudget geteilt wird. Daraus lässt sich schließen, dass das Budget bei min. 450.000 € lag (unter der Annahme von 1,5 Millionen Views). Sobald das Ziel (MNV-minimum number of views) erreicht wurde, sinken die Kosten per View. Ausgehend der Annahmen vom 1,5 Millionen Views dürfte zum Ende der Kampagnen ein View ca. 0,035 € gekostet haben. Nachdem die Kampagne abgeschlossen wurde, besteht dieser weiterhin im Internet und generiert fortlaufend weitere Views. Dadurch verringern sich die cost per view auch weiterhin im Zeitverlauf.
88
Mit der Kennzahl cost per view soll ein Vergleich zu anderen Methoden des OnlineMarketings (CPC) möglich sein.222 Auch qualitativ konnte die Kampagne gute Resultate verzeichnen. In Foren und Blogs wird über die Kampagne sehr positiv berichtet.
7.5
Kampagnenfazit
Der durchschlagende Erfolg der Kampagne ist auf die sehr gute Konzeption der Qashqai Car Games und das aufwendige Seeding zurückzuführen. Der Aufwand wird u. a. auch deutlich wenn bedacht wird, dass mehrere Agenturen bei der Kampagne involviert waren. Vom Vorteil war sicherlich, dass mehrere Kampagnengüter verwendet wurden. Dies diente nicht nur dazu das Interesse so lang wie möglich hoch zu halten. Es kann auch als eine Art Risikostreuung angesehen werden, für den Fall, dass das eine oder andere Kampagnengut nicht optimal verbreitet wird. So wurde das Risiko eines Fehlschlags der gesamten Kampagne durch diese Weise minimiert.
222
Vgl. Hjort, Jonas L., Viral Marketing, URL: http://dc19.4shared.com/download/16050748/59986312/GV-eng_DK_send_surf_20070514.pdf, Zugriff am 25.10.2007.
89
FAZIT Die Nutzung des Internets nimmt immer stärker zu. Das Online-Marketing versucht sich Vorteile des Internets zu Nutze zu machen. Durch die verschiedenen technologischen Möglichkeiten (z. B. Contextual Advertising) kann in der virtuellen Welt (Internet) ein deutlich gezielteres Marketing als in der realen Welt praktiziert werden. Marketing in seiner wohl authentischsten Form ist die MZMP. Dabei steht die MZMP (gemessen als NPS) in gewisser Korrelation zum Umsatzwachstum eines Unternehmens. Folglich kann das VM durch das gezielte Auslösen von MZMP den NPS beeinflussen und im Ergebnis auch das Umsatzwachstum des Unternehmens. Es hat sich herausgestellt, dass sich das VM zur Erklärung drei Bereiche heran zieht: die Memetik, den Tipping Point sowie die sozialen Netzwerke. Die Kernelemente betreffen das Kampagnengut, das Seeding sowie die Rahmenbedingungen und die Weiterempfehlungsanreize. Der darauf folgende Kampagnenprozess konnte in Kampagnenentwicklung, Kampagnenumsetzung und Kampagnenanalyse unterteilt werden. Abschließend hat sich herausgestellt, dass das VM aktuell noch seine Wirkung verfehlt. Betreffend dieser Problematik gibt es einen neuen Ansatz: das Big Seed Marketings.
90
SCHLUSSBETRACHTUNG Teil A dieses Buches dient als Überblick über aktuelle Online-Marketing-Methoden und den Kontext indem sich das VM abspielt. Da der Schwerpunkt der auf Teil B liegt, konnten nur einige Methoden des Online-Marketings ausführlicher beschrieben werden. Die Recherche speziell zu der Thematik des VM stellte sich als sehr schwierig heraus. Aufgrund der noch sehr jungen Disziplin des VM und dessen interdisziplinären Charakter, waren die zur Verfügung stehenden Bücher stark begrenzt. Zudem mangelte es der Buchliteratur an Detailtiefe und streckenweise auch an Qualität. Die ausführliche Recherche über andere Medien (z. B. Internet) konnte das Defizit an aktueller Literatur zu diesem Thema streckenweise aufwiegen. Das Ziel dieses Buches, das Gesamtkonzept des VM so detailliert wie möglich zu erschließen und damit einen Aufklärungsbeitrag zu erreichen, konnte mit einigen Abstrichen erreicht werden. Speziell bei dem Bereich der Memetik und des Seedings stößt dieses Buch an seine Grenzen. Bei der Memetik konnten nicht alle wichtigen Einflüsse auf das VM im Detail (bspw. memetische Trigger) herauskristallisiert werden. Beim Seeding herrschten Unklarheiten über eine genaue Vorgehensweise (primär über Meinungsführer vs. einfaches oder erweitertes Seeding). Auch Interviews mit Fachleuten aus der Praxis steuerten weitestgehend oberflächige Informationen bei, da detaillierte Informationen dem Betriebsgeheimnis unterlagen. Diese Probleme schlugen sich in der Entwicklung eines allgemeinen Kampagnenprozesses nieder, im Besonderen bei der Vorgehensweise zum Seeding sowie der Entwicklung eines Kampagnengutes. Somit ist der Kampagnenprozess als Vorschlag einer Vorgehensweise zu sehen und hebt nicht den Anspruch auf eine Allgemeingültigkeit. Der Schwerpunkt zukünftiger Arbeiten sollte den Bereich der Memetik sowie des Kampagnenprozesses abdecken. Die Memetik wird in Zukunft hoffentlich Forschungsfortschritte verzeichnen können, um mehr Antworten auf viele Fragen zu liefern. Für eine genauere Abbildung und standardisiertere Form des Kampagnenprozesses sind gute Beziehungen zu Fachleuten aus der Praxis notwendig. Trotz der Mängel der bisher verfügbaren Literatur könnte so ein Best-Practice-Ansatz aus der Praxis identifiziert und genau analysiert werden.
91
LITERATURVERZEICHNIS Monographien: 1)
Blackmore, Susan, Die Macht der Meme, Heidelberg 2000.
2)
Bonfadelli, Heinz, Medienwirkungsforschung I, 3. Auflage, Konstanz 2004, S.146f.
3)
Campbell, Neil A. und Reece, Jane B., Biologie, München 2006, S. 340ff.
4)
Gladwell, Malcolm, Der Tipping Point – Wie kleine Dinge große bewirken können, 2002.
5)
Klinger, Michaela, Virales Marketing, Saarbrücken 2006.
6)
Kobelt, Helmut und Wicht, Wolfgang und Westerheide, Peter, FOSAM, 2003, S. 153.
7)
Lammenett, Erwin, Praxiswissen Online-Marketing: Affiliate- und E-MailMarketing, Keyword-Advertising, Online-Werbung, Suchmaschinen-Optimierung, Wiesbaden 2006.
8) Langner, Sascha, Viral Marketing: Wie Sie Mundpropaganda gezielt auslösen und Gewinn bringend nutzen, Wiesbaden 2006. 9)
Meffert, Heribert, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung Konzepte-Instrumente-Praxisbeispiele, 9. Auflage, Wiesbaden 2000.
10) Oetting, Michael, Viral Marketing – Mythos und Klarheit, in: FOCUS-Jahrbuch 2008, München 2008, S. 67 - 78. 11) Schenk, Michael, Soziale Netzwerke und Massenmedien, Tübingen 1995. 12) Schmahl, Diana, Moderne Online-Marketing-Methoden: Affiliate-Marketing, Suchmaschinen Marketing, Viral Marketing und Web 2.0, Saarbrücken 2007. 13) Wegener, Franz, Memetik: Der Krieg des neuen Replikators gegen den Menschen, Gladbeck 2001.
Fachzeitschriften: 1)
Dobele, Angela und Lindgreen, Adam und Beverland, Michael und andere, Why pass on viral messages? Because they connect emotionally, in: Business Horizons, Vol. 50, 2007, S. 291 – 304.
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Sonstige Quellen: 1)
Möller, Patrick, Telefoninterview, 26.10.2007.
2)
Roder, Markus, Telefoninterview, 17.10.2007.
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ANHANG Anhang 1 – Telefoninterviews Telefon – Interview 1 Interviewer: Jean-Manuel Deoyeh Leonardi Firma: GoViral Gesprächspartner: Patrick Möller Position: Account Manager Datum: 13.09.2007 Uhrzeit: 14:00 Dauer: ca. 10 Minuten Betreff: Allgemeines zum Seeding und Tracking Frage 1: Wie wird bei Ihnen eine Kampagne geseedet (YouTube)? Antwort 1: Aufgrund der täglich ca. 60.000 hochgeladenen Videos ist YouTube nicht mehr so interessant fürs Seeding. Videos würden einfach untergehen. Man konzentriert sich mehr auf kleine bis mittlere Webseiten bzw. Portale. Hier wird auch teilweise eine gute Positionierung auf der Seite erkauft (bspw. als „Video der Woche“). Frage 2: Wie wird das Tracking durchgeführt? Antwort 2: Es gibt die Möglichkeit, dass die z. B. viralen Clips auf einer Mircosite bereitgestellt werden und da über Logfiles die Views ermittelt werden. Es gibt aber auch Programmierroutinen die in viralen Videoclips integriert werden und dadurch verfolgen lassen (bzgl. Views, Wiedergabehäufigkeit etc.).
98
Telefon – Interview 2 Interviewer: Jean-Manuel Deoyeh Leonardi Firma: Dialog Solutions Gesprächspartner: Markus Roder Position: Strategischer Leiter Datum: 17.10.2007 Uhrzeit: 13:30 Dauer: ca. 15 Minuten Betreff: Seeding, OVT, Kampagnenanalyse und Kampagnengutentwicklung Frage 1: Läuft ein Seeding primär über Meinungsführer oder über die breite Masse ab? Antwort 1: Sowohl als auch. Bei kleinen Zielgruppen werden speziell die Meinungsführer angesprochen. Hier lohnt es sich nicht über die Masse zu gehen, da das Produkt oder die Dienstleistung nur für eine begrenzte Anzahl von Konsumenten bestimmt ist. Handelt es sich um Produkte für große Zielgruppen, ist das Seeding über die breite Masse vorteilhaft. Frage 2: Wie funktioniert im Detail ihr OVT (Online Viral Tracking)? Antwort 2: Dieses Tool dient dem Tracking von viralen Videoclips. In den Clips wird eine Programmierroutine integriert. Sobald das Video nach erfolgreichem Download wiedergegeben wird, startet diese Programmierroutine eine Internetverbindung zu einem zuvor definierten Server. Es werden dadurch Daten wie die Wiedergabehäufigkeit sowie die IP Adresse des Computers übermittelt, auf den der Clip gespeichert ist. Selbst eine Firewall kann die Verbindungsprozedur nicht unterbrechen. Frage 3: Auf welche Kennzahlen wird bei der Ergebnisanalyse zurückgegriffen? Antwort 3: Es werden Nettokontakte quantifiziert, was die Anzahl der Personen darstellt die ein Clip gesehen haben (unabhängig davon wie oft dieser wiedergegeben wurde). Der TKP (Tausender Kontakt Preis) kann auch ermittelt werden. Seltener wird dagegen auf den NPS zurückgegriffen. Frage 4: Wie wird ein Kampagnengut entwickelt? Antwort 4: Es werden die memetischen Trigger dafür verwendet. Es gibt 8 Haupt Trigger, die jeweils zwischen 10 und 20 Sub – Trigger haben. Insgesamt gibt es aber 130 Trigger. Diese wurden durch Herrn Roder und zwei Fachhochschulen empirisch nachgewiesen. 3 Trigger, die verraten werden können sind „Angst, Schock“, „Wahrheit vs. Nichtüberprüfbarkeit“ und „Mystizismus vs. Aufklärung“. Bei dem Trigger „Mystizismus vs. Aufklärung“, handelt es sich um mythische Geschichten wobei 99
Personen angeregt werden über dessen Wahrheitsgehalt zu diskutieren. „Wahrheit vs. Nichtüberprüfbarkeit“ sind ungewöhnliche Legenden, welche nicht überprüfbar sind (bspw. Penny vom Empire State Building).
100
Telefon – Interview 3 Interviewer: Jean-Manuel Deoyeh Leonardi Firma: GoViral Gesprächspartner: Patrick Möller Position: Account Manager Datum: 26.10.2007 Uhrzeit: 11:00 Dauer: ca. 20 Minuten Betreff: Hintergrundinformationen zur Nissan Qashqai-Kampagne Frage 1: Was hat es mit den Conversation Triggern bei der Kampagne auf sich? Antwort 1: Es wurde rund um die Clips versucht Diskussionen in Foren, Blogs etc. anzuregen. Bei „Blooper“ wurde eine Webseite ins Internet gestellt, die angeblich Fehler in den viralen Clips aufdecken sollte. „Fat Randy“ umfasste Videoclips mit versuchen die Tricks der Qashqai Games durch ferngesteuerte Autos zu imitieren. Zum „Stunt“ wurde ein Bericht der BBC initiiert, dass angeblich Rampen für einen Wettbewerb in Rumänien aufgebaut werden. „Rumour“ behandelte eine Kalkulation eines Maschinenbaustudenten, welche die grundsätzliche Machbarkeit der Tricks mit Autos nachweisen sollte. Dies wurde kurze Zeit später von einem deutschen Studenten widerlegt (aufgrund eines methodischen Fehlers). Frage 2: Wie gestaltet sich der Kontaktaufbau zu den connection points? Antwort 2: Allgemein wird auf Seeder zurückgegriffen (entgeltlich). Dies sind oftmals Studenten, die in einer bestimmten Kategorie (bspw. Fussball) sehr aktiv im Internet agieren und gute Kontakte zu Foren, Blogs etc. pflegen. Die Seeder werden sodann damit beauftragt ein Kampagnengut auf die entsprechenden connection point zu platzieren. An Inhabern der connection points wird auch herangetreten. Oft sind diese sehr interessiert an guten Content, andernfalls wird auch für eine Platzierung gezahlt (bspw. als „Video der Woche“). Frage 3: Wie funktionierte das Tracking bei der Kampagne? Antwort 3: GOVIRAL griff auf eine Landing-Page zurück auf welche alle viralen Videoclips gespeichert waren. Durch eingebettete Codes wurden die Videoclips auf den connection point sowie der Microsite der Kampagne integriert. Die Auswertung der Kennzahlen (Views etc.) lief damit zentral über die Landing-Page. Zusätzlich wurden Programmierroutinen in die viralen Videoclips integriert. Videoclips, welche durch dritte Personen auf andere Webseiten hochgeladen wurden, konnten durch Robots ausfindig gemacht werden. Diese durchsuchten das Internet nach den Videoclips und identifizierten diese durch zuvor integrierte Wasserzeichen. 101
Anhang 2 – Studie: Why pass on viral messages? Aus Gründen der Vorsicht vor Urheberrechtsverletzungen wurde diese Studie aus dem Buch herausgenommen. Alternative Bezugsquelle: http://harvardbusinessonline.hbsp.harvard.edu/
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Anhang 3 – Kritische Kontaktaufnahme durch eine Agentur
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Quelle: http://commercial-archive.com/node/132520
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Jean-Manuel Leonardi, Diplom Betriebswirt (FH) / Bachelor of Arts (Hons) in European Business Über den Autor: Jean-Manuel Leonardi, Studium der Wirtschaft an der Fachhochschule Münster und dem Studium des European Business an der University of Lincoln (UK) mit den Hauptfächern Strategisches Management, Internationale Marketing Strategien, Prozessmanagement und -systeme und Financial Management. Abschluss 2008. Kontakt zum Autor über jmd.leonardi(at)gmail.com
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