Verwicklung. Beteiligung. Unrecht.: Frauen und die Ustasa-Bewegung [2 ed.] 3428189612, 9783428189618

Die vorliegende Studie, die unterschiedliche Aspekte der Südosteuropa-, Geschlechter-, Kriegs- und Gewaltforschung berüh

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German Pages 253 [255] Year 2023

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Verwicklung. Beteiligung. Unrecht.: Frauen und die Ustasa-Bewegung [2 ed.]
 3428189612, 9783428189618

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2 Gewaltpolitik und Menschenrechte

Martina Bitunjac

Verwicklung. Beteiligung. Unrecht. Frauen und die Ustaša-Bewegung 2., überarbeitete Auflage

Duncker & Humblot • Berlin

MARTINA BITUNJAC

Verwicklung. Beteiligung. Unrecht.

Gewaltpolitik und Menschenrechte Herausgegeben von Rolf Hosfeld, Sönke Neitzel und Julius H. Schoeps Redaktion Olaf Glöckner und Roy Knocke

Band 2

Verwicklung. Beteiligung. Unrecht. Frauen und die Ustaša-Bewegung

Von

Martina Bitunjac

2., überarbeitete Auflage

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 2017 Umschlag: Ein Mitglied der Ustaša-Jugend (© Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg, Fotograf: Willy Pragher) Alle Rechte vorbehalten

© 2024 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany

ISSN 2566-7696 ISBN 978-3-428-18961-8 (Print) ISBN 978-3-428-58961-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort zur 2. Auflage Diese Monographie über Frauen in der Ustaša-Bewegung erschien erstmals im Jahre 2018. In der Zwischenzeit wurde die kroatische Übersetzung des Buches im Verlag „Srednja Europa“ in Zagreb publiziert. Dadurch eröffneten sich neue thematische Ansichtsweisen und Überlegungen. Für die 2. Auflage wurde das vorliegende Buch an einigen Stellen überarbeitet und aktualisiert. Für die redaktionelle Umsetzung möchte ich mich bei Herrn Andreas Beck und Frau Regine Schädlich vom Verlag Duncker & Humblot herzlich bedanken. Berlin, im Oktober 2023

Martina Bitunjac

Dank Mein Dank gilt all denen, die mir beim Schreiben dieses Buches, welches auf einer an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der La-Sapienza-Universität von Rom im Cotutelle-Verfahren absolvierten Promotion basiert, unterstützt haben – sei es mit guten Ratschlägen, hilfreichen Gesprächen oder im Austausch auf Colloquien und internationalen Konferenzen: Giovanna Motta, Antonello Biagini, Ivo Goldstein, Günther Schödl, Drago Roksandić, Holm Sundhaussen (†), Hannes Grandits, Werner Treß, Andrea Carteny, Rada Borić und Renata Jambrešić-Kirin. Realisiert werden konnten die Forschungstätigkeiten in Archiven und Bibliotheken in Deutschland, Kroatien und Italien durch die Förderung der Friedrich-Ebert-Stiftung, der ich zu Dank verpflichtet bin. Meinen Interviewpartnerinnen und -partnern danke ich für ihre Bereitschaft, mit mir über ihre Vergangenheit zu sprechen. Des Weiteren danke ich allen Bibliotheks- und Archivmitarbeiter/-innen der Kroatischen Nationalbibliothek, des Kroatischen Staatsarchivs in Zagreb, des Staatlichen Archivs der Stadt Zagreb, des Kroatischen Staatsarchivs in Slavonski Brod, der Öffentlichen Einrichtung der Gedenkstätte Jasenovac, des Bundesarchivs Berlin, des Bundes-Militärarchivs Freiburg, der Nationalbibliothek in Rom, des Staatlichen Zentralarchivs Rom, des Archivs des historischen Büros des Generalstabs des italienischen Heeres, des Jugoslawischen Archivs in Belgrad, des Archivs des Museums der Opfer von Genoziden in Belgrad und der Bibliothek des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien in Potsdam, die mir immer hilfreich zur Seite standen. Für das Lektorat danke ich Sabine Schröder. In italienischer Sprache erschien das Buch „Le donne e il movimento ustascia“ bereits im November 2013. Für die Realisierung der Veröffentlichung der hier vorliegenden überarbeiteten Fassung danke ich den Herausgebern der Schriftenreihe „Gewaltpolitik und Menschenrechte“ Julius H. Schoeps, Rolf Hosfeld und Sönke Neitzel sowie den Kollegen Olaf Glöckner und Roy Knocke. Meiner Familie in Berlin und Zagreb sowie Freundinnen und Freunden danke ich für ihre langjährige Geduld und vielfältige Hilfe, die sie mir entgegenbrachten. Gewidmet ist dieses Buch meiner Mutter und meinem Vater (†). Berlin, im Oktober 2017

Martina Bitunjac

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 B. Historischer Kontext (1918 – 1945)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 I. Die Entstehung der Ustaša-Bewegung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 II. Der Unabhängige Staat Kroatien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 III. Diskriminierungsmaßnahmen, Verbrechen und Völkermord  . . . . . . . . . . . . . . . . 37 IV. Die jugoslawische Widerstandsbewegung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 C. Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 I. Die „Erstkämpferinnen“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II. Die Revolutionäre Ustaša-Frauenaktion  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 III. Das politische Exil  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 IV. Untergrundarbeit der Marija Pavelić und ihrer Kinder in Italien  . . . . . . . . . . . . 62 V. Der Königsmord und „Die schöne Blonde“  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D. Aspekte des „Frauenlebens“ im USK: Zwischen Glorifizierung, Instrumen­ talisierung, Anfeindung und Gewalt  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 I. Der Ustaša-Mutterkult: Verherrlichung und Realität  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 II. Forcierung von Geburten und die Förderung von Familienzum Erhalt der „reinen Rasse“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 III. Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Diskreditierung von „Feindinnen“ und Maßnahmen zur Bewahrung der „weiblichen Moral“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Bestrafung von Sympathisantinnen der italienischen Besatzer  . . . . . . . . . . 111 3. Sexuelle Gewalt und Ausbeutung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 E. Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 I. Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin  . . . . . . . . . . . . . 122 1. Einfluss der Weiblichen Ustaša-Jugend auf die schulische Erziehung  . . . 2. Funktionärinnen der Ustaša-Mädchenorganisation  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aktivitäten im Krieg  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Studentinnen zwischen Hörsaal und Arbeitseinsatz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

128 134 138 147 155

1. Auflösung und Gleichschaltung der Frauenvereine  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Führungselite der Ustaša-Frauenorganisation  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3. „Für die Heimat bereit“: Pflichten und Aufgaben der Ustaškinja  . . . . . . . . 165

Inhaltsverzeichnis

10

III. Frauen der Familie Pavelić im Schatten der Politik  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Die Ehefrau des „Poglavniks“: eine unsichtbare Führungskraft?  . . . . . . . . 174 2. Višnja Pavelić: Die treue Tochter  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 F. Frauen im Militärwesen und im Ustaša-Aufsichtsdienst  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. „Helferinnen“ des Militärs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 II. Die Luftstreitkräfte und ihre Pilotin Katarina Kulenović-Matanović  . . . . . . . . 193 III. Frauen im Ustaša-Aufsichtsdienst  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 1. 2. 3. 4.

Dienstreisen einer UNS-Angestellten nach Jasenovac  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . Weibliches Personal im Konzentrationslager Jasenovac  . . . . . . . . . . . . . . . . . Täterinnen: Maja Buždon, Milka Pribanić, Božica Obradović  . . . . . . . . . . Jasenovac in den Erinnerungen der KZ-Aufseherin Nada Šakić  .. . . . . . . .

205 207 213 217

G. Schlussbetrachtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Aussprache der kroatischen Buchstaben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Quellen- und Literaturverzeichnis  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Bildnachweis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Personenregister  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28:

Anka Servatzy, Marija Pavelić, Menča Karničeva-Mihailova in Pesaro, 1930/1931  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Polizeiliches Aktenfoto von Marija Pavelić, Italien 1938  . . . . . . . . . . . . . . 67 Schaffnerin mit muslimischen Frauen, Sarajevo 1943  . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Bäuerin und „Ustaša-Mutter“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Ustaša-Karikatur. Darstellung der „freien Liebe“ bei den Partisanen  . . . 105 „Aron der Erfinder“ – Anti-jüdische Propaganda aus dem Jahr 1941  . . . 109 Tanzende Mädchen. Plakatbeschriftung: „Die Ustaša-Jugend. Verteidigung Kroatiens.“  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Ustaša-„Heldinnen“  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Die Weibliche Ustaša-Jugend  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Dolores Bracanović in Bulgarien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Studentinnen auf einer Parade, Zagreb, 10. April 1942  .. . . . . . . . . . . . . . . . 152 Ivona Latković-Maixner auf einem Empfang bei Ante Pavelić  . . . . . . . . . 153 Irena Javor, Chefin des Weiblichen Zweiges der kroatischen UstašaBewegung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Irena Javor mit Ustaša-Funktionären beim Empfang bei Pavelić  . . . . . . . 163 Eine Ustaša-Angehörige bei der Verteilung von Geschenken an verwundete Soldaten  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Ante Pavelić mit einem Soldaten. Titelseite der Frauenzeitschrift „Ustaškinja“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Familie Pavelić in Zagreb, 1942  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Višnja Pavelić in Begleitung ihres Vaters  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Staatsgründungsfeier im Jahre 1942  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Višnja Pavelić in der Kirche Heiliger Markus in Zagreb, 1944  . . . . . . . . . 183 Višnja Pavelić in ihrer Madrider Wohnung, 2010   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Frauenhilfsdienst des Leibwache-Bataillons des Poglavniks  . . . . . . . . . . . 193 Flugschülerinnen der Ustaša-Jugend, 1943  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Katarina Kulenović-Matanović als Kriegs­pilotin  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Katarina Kulenović-Matanović vor 1941  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Weibliches KZ-Personal in Stara Gradiška, 1943 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Nada Šakić und Maja Buždon  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Nada Šakić in Zagreb, 2010  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

Abkürzungsverzeichnis ACS AFŽJ

Archivio Centrale dello Stato (Zentrales Staatsarchiv) Antifašistička Fronta Žena Jugoslavije (Antifaschistische Frauenfront Jugoslawiens) Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito (Archiv AUSSME des historischen Büros des Generalstabs des italienischen Heeres) BDM Bund Deutscher Mädel ČSP Čista Stranka Prava (Reine Partei des Rechtes) DAGZ Državni Arhiv Grada Zagreba (Staatsarchiv der Stadt Zagreb) DASB Državni Arhiv Slavonski Brod (Staatsarchiv Slavonski Brod) Gestapo Geheime Staatspolizei GRAVSIGUR Glavno ravnateljstvo za javni red i sigurnost (Hauptdirektion für öffent­liche Ordnung und Sicherheit) GRP Glavno ravnateljstvo za promidžbu (Hauptdirektorium für Propaganda) GUS Glavni Ustaški Stan (Ustaša-Hauptquartier) HDA Hrvatski Državni Arhiv (Kroatisches Staatsarchiv) HRSS Hrvatska Republikanska Seljačka Stranka (Kroatische Republikanische Bauernpartei) HSP Hrvatska Stranka Prava (Kroatische Partei des Rechtes) HSS Hrvatka Seljačka Stranka (Kroatische Bauernpartei) JA Jugoslavenska Armija (Jugoslawische Armee) JNS Jugoslavenska Nacionalna Stranka (Jugoslawische Nationalpartei) K. Karton KPJ Komunistička Partija Jugoslavije (Kommunistische Partei Jugoslawiens) KZ Konzentrationslager MUM Muška Ustaška Mladež (Männliche Ustaša-Jugend) NDH Nezavisna Država Hrvatska (Unabhängiger Staat Kroatien) NOO Narodnooslobodilački odbor (Nationaler Befreiungsausschuss) NOV Narodnooslobodilačka vojska (Volksbefreiungsarmee) NRS Narodna Radikalna Stranka (Radikale Volkspartei) NS Nationalsozialismus, nationalsozialistisch NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei OZNA Odjeljenje Zaštite Naroda (Abteilung für Volksschutz) PS Pubblica Sicurezza (Öffentliche Sicherheit) PTS Poglavnikov Tjelesni Sdrug (Leibwache-Bataillon des Poglavniks) R. Rolle RPS Radna Pomoć Sveučilištarki (Arbeitshilfe der Studentinnen) RSI Repubblica Sociale Italiana (Italienische Sozialrepublik) RSHA Reichssicherheitshauptamt RUŽA Revolucionarna Ustaška Ženska Akcija (Revolutionäre Ustaša-­Frauen­ aktion) SD Sicherheitsdienst

Abkürzungsverzeichnis

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SDS RSUP SRH Služba državne sigurnosti Republičkog sekretarijata za unutrašnje poslove Socijalističke Republike Hrvatske (Staatssicherheitsamt des Republikanischen Sekretariats für innere Angelegenheiten der Sozialistischen Republik Kroatien) Sig. Signatur SKOJ Savez Komunističke Omladine Jugoslavije (Bund der Kommunistischen Jugend Jugoslawiens) SS Schutzstaffel UHRO Ustaša – Hrvatska revolucionarna organizacija (Ustaša-Kroatische revolutionäre Organisation) Ustaška Mladež (Ustaša-Jugend) UM UNS Ustaška Nadzorna Služba (Ustaša-Aufsichtsdienst) USAOH Ujedinjeni Savez Antifašističke Omladine Hrvatske (Vereinter Bund der Antifaschistischen Jugend Kroatiens) USK Unabhängiger Staat Kroatien VMRO Vnatrešna Makedonska Revolucionerna Organizacija (Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation) Zemaljsko Antifašističko Vijeće narodnog oslobođenja Hrvatske (AntifaZAVNOH schistischer Landesrat der Volksbefreiung Kroatiens) Zemaljska komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njihovih pomagača ZKRZ (Landeskommission zur Feststellung der Verbrechen der Okkupanten und ihrer Helfer) ŽUM Ženska Ustaška Mladež (Weibliche Ustaša-Jugend)

A.  Einleitung A.  Einleitung

„Ich denke, dass Frauen aktiv waren. Frauen haben sogar kooperiert, viel haben sie kooperiert, soviel ich weiß. In keinem einzigen Moment waren sie benachteiligt, für nichts, wie es sonst üblich war, bei den Unseren.“1

So formulierte die damals 86-jährige Višnja Pavelić, Tochter des Gründers und Chefs der Ustaša2-Bewegung, die Antwort auf die Frage, welche Rolle Frauen in dieser Bewegung gespielt haben. Um einen Unabhängigen Staat Kroatien3 unter der Herrschaft der Ustaša zu etablieren und in den Jahren seiner Existenz (1941 – 1945) rigoros gegen alle richten zu können, die ihm im Wege standen, war die Beteiligung von Frauen eminent wichtig – das dokumentieren zahlreiche Quellen. Dies hatte frühzeitig zur Folge, dass auch Frauen, als Mitwissende, Nutznießerinnen, Mitläuferinnen, ideologische Akteurinnen und Täterinnen in die männerdominierte Sphäre der Ustaša-Bewegung rückten. Die Handlungsspektren von Frauen, die von den Ustaše nicht verfolgt wurden oder zu den Widerstandskämpferinnen gehörten, waren demzufolge facettenreich: Frauen wirkten als Ideologinnen, sie übten als Familienangehörige direkten Einfluss auf den Regimeführer Ante Pavelić aus, sie dienten als „Helferinnen“ des Militärs oder waren als Angestellte im Ustaša-Aufsichtsdienst an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt. Obwohl Frauen in der faschistischen Ustaša-Bewegung seit 1930 in ihren Handlungsräumen aktiv gewirkt und Einfluss ausgeübt haben, gerieten sie sowohl im sozialistischen Nachkriegsjugoslawien als auch bei den nationalistischen Ustaša-Exilkroaten, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg zum großen Teil in Argentinien 1  „Ja mislim da su žene bile aktivne. Dapače, žene su surađivale, mnogo su surađivale, koliko ja znam. Ni u jednom momentu nisu žene bile zapostavljene, za ništa, kako je to bilo običaj inače kod naših.“ Interview mit Višnja Pavelić am 23. 2. 2008 in Madrid. Die Zitate aus dem Kroatischen und Italienischen wurden von der Autorin ins Deutsche übersetzt. Einige Zitate wurden unter Beibehaltung des Sinns leicht verändert. In kroatischer Sprache wurden die Zitate so niedergeschrieben, wie sie von den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen im Interview wiedergegeben wurden. Zitate aus zeitgenössischen Dokumenten, Zeitungen und Büchern wurden nicht an die heutige kroatische Schriftsprache angepasst. 2  Der Terminus Ustaša (oder Ustascha) leitet sich vom kroatischen Wort „ustanak“ (Aufstand) her und bedeutet Aufständischer. In diesem Buch wird der Begriff sowohl als Bezeichnung für die Bewegung als auch für die Angehörigen (Plural Ustaše) der Bewegung genutzt. Weibliche Ustaša-Angehörige wurden entweder „Ustaškinja“ (Plural Ustaškinje) oder „Ustašica“ (Plural Ustašice) genannt. Mit dem ersten Terminus bezeichneten die kroatischen Faschisten ebenso den Weiblichen Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung. 3  Im Folgenden wird für den Unabhängigen Staat Kroatien, kroatisch Nezavisna Država Hrvatska (NDH), die Abkürzung USK verwendet.

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A.  Einleitung

niederließen, in Vergessenheit. Lediglich zwei weibliche Ustaša-Angehörige wurden seit den 1990er-Jahren vordergründig medial wahrgenommen: die ehemalige KZ-Aufseherin Nada Šakić und Višnja Pavelić. Über die Erstere berichteten die Medien, insbesondere in Kroatien und in Serbien, als sie ihrem Ehemann Dinko Šakić, der 1944 Befehlshaber im berüchtigten Konzentrationslager Jasenovac gewesen war, von Argentinien nach Kroatien folgte, weil sich dieser dort vor Gericht wegen Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtfertigen musste. Obwohl Zeuginnen ausfindig gemacht werden konnten, die auch Nada Šakić mit verschiedenen Straftaten belasteten, musste sie auf Grund von Beweismangel doch nicht vor den Richter treten. Ihr Ehemann aber wurde im Oktober 1999 zu einer zwanzigjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Višnja Pavelić wiederum, die nach der Flucht ihrer Familie aus dem Unabhängigen Staat Kroatien, in Österreich, Italien, Argentinien und – nach dem Attentat auf den Ustaša-Chef Ante Pavelić – in Spanien lebte, erwies sich, gerade für einige Journalisten, als interessante Gesprächspartnerin, da diese – je nach eigener politischer Einstellung – entweder kritisch oder wohlwollend über ihren Vater berichten konnten. Sie selbst war zeitlebens darum bemüht, das Archiv ihrer Familie zu vervollständigen und das historische Bild ihres Vaters in ein positives Licht zu rücken – was ihr, angesichts der Tatsache, dass Ante Pavelić ein Kriegsverbrecher und Diktator war, nur bedingt gelang. Alle anderen Frauen, die die Ustaša-Bewegung seit ihrer Entstehung unterstützt und die ab 1941 wichtige Funktionen im Ustaša-Apparat und in der Bewegung übernommen hatten, sind weder der Wissenschaft noch der breiten Öffentlichkeit bekannt. Dabei unterstützten sie das Ustaša-Regime genauso fanatisch wie Männer. Im Gegensatz zur Frauenforschung im Nationalsozialismus, die seit den 1960er-Jahren thematisch aufgegriffen wurde, heute auf eine kategorische Zuordnung von Frauen zur Gruppe der Opfer und Täterinnen verzichtet und vielmehr nach Handlungsräumen und Lebensbedingungen von Frauen im „Dritten Reich“ fragt,4 ist in Kroatien die Forschung über Frauen im Zweiten Weltkrieg immer noch wenig ausgeprägt – dies gilt übrigens auch für die Geschlechter- und Frauengeschichte im Allgemeinen.5 So fehlen fundierte Untersuchungen, vor allem Monografien, über das Wirken von Frauen in Gesellschaft, Politik und Kultur. Auch wird die Frauenbiografieforschung sehr dürftig betrieben. Dieses Defizit hängt mitunter damit zusammen, dass kroatische Universitäten die Geschlechterforschung als Studienfach noch nicht anbieten und daher eine intensive Auseinandersetzung mit solchen Themengebieten quasi ausbleibt. 4 Vgl. Heinsohn, Kirsten/Vogel, Barbara (Hrsg.), Zwischen Karriere und Verfolgung. Handlungsräume von Frauen im nationalsozialistischen Deutschland, Frankfurt/Main 1997, S. 13. Zur Forschungsgeschichte diesbezüglich siehe u. a. bei: Kramer, Nicole, Volksgenossinnen an der Heimatfront. Mobilisierung, Verhalten, Erinnerung, Göttingen 2011, S. 20 – 25. 5 Vgl. Rumenjak, Natalija, Povijest žena u hrvatskoj historiografiji, in: Otium, 7/8 (1999/2000), S. 27 – 29; Feldman, Andrea, Posljednjih tisuću godina: Povijest žena – ženska povijest – kulturna povijest, in: Otium 7/8 (1999/2000), S. 30 – 37.

A.  Einleitung

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Vergleichsweise viel wurde über die Widerstandskämpferin geschrieben: Zur Zeit des Sozialismus präsentierte die politisierte, vordergründig parteiorientierte Historiografie der Kommunistischen Partei Jugoslawiens während und nach dem Zweiten Weltkrieg ein Frauenbild, in dem die Frau als dem Mann gleichberechtigte Genossin dargestellt war. Kriegsmemoiren, Heldenerzählungen, Biografien und Dokumentensammlungen von und über Frauen im kommunistischen „Volksbefreiungskampf“ – der Widerstandsbewegung im Zweiten Weltkrieg – spielten eine bedeutende Rolle bei der Aufrechterhaltung des emanzipierten Frauenbildes im Nachkriegsjugoslawien.6 Die politische Gleichstellung der Frau verwirklichte sich im Jahre 1945 durch die Einführung des Frauenwahlrechts tatsächlich, aber trotzdem blieben Frauen in relevanten Führungspositionen in einer spürbaren Minderheit – Ausnahmen waren Politikerinnen wie die Finanzministerin Anka Berus und die Präsidentin des Bundes der Kommunisten Kroatiens Savka Dabčević-Kučar. Die kroatische Soziologin und Feministin Lydia Sklevicky7 stellte in den 1980er-Jahren als erste Wissenschaftlerin das mythisierte Frauenbild der heroischen Partisanin in Frage und untersuchte im Sinne des theoretischen Feminismus in erster Linie die Rolle der Antifaschistischen Frauenfront Jugoslawiens (Antifašistička Fronta Žena Jugoslavije, AFŽJ), der einzigen Frauenorganisation des „Volksbefreiungskampfes“. Viele ihrer zahlreichen Untersuchungsergebnisse sind bis heute wissenschaftlich bedeutsam, versuchte sie doch das Heldenepos der Partisanin zu durchbrechen und ein realistischeres Bild der Frauen im Widerstandskampf zu zeichnen.8 Das Interesse am Phänomen „Partisanin“ blieb allerdings ungebrochen: So machte die amerikanische Politikwissenschaftlerin Barbara Jancar-Webster 6  Siehe bsp. Beoković, Mila, Žene heroji, Sarajevo 1967; Frković, Petar, Narodni heroj Anka Padjen, Crikvenica 1977; Gerovac-Blažević, Vera, Narodni heroj Ljubica Gerovac, Zagreb 1983; Koprivica, Andrija, Titove partizanke, Belgrad 1980; Nazor, Vladimir, Partizanka Mara, Zagreb 1946; Stojić, Desanka, Prva ženska partizanska četa, Karlovac 1987; Šoljan, Marija (Hrsg.), Žene Hrvatske u narodnooslobodilačkoj borbi, Bd.  1 – 2, Zagreb 1955; Žegarac, Mika (Hrsg.), Žene Like u Narodno-oslobodilačkoj borbi, Gospić 1959. 7 Über Lydia Sklevicky siehe: Kašić, Biljana, Lydia Sklevicky (1952 – 1990), in: de Haan, Francisca/Daskalova, Krassimira/Loutfi, Anna (Hrsg.), A Biographical Dictionary of Women’s Movements and Feminism. Central, Eastern and South Eastern Europe, 19th and 20th Centuries, Budapest 2006, S. 517 – 520. 8  Sklevicky, Lydia, Organizirana djelatnost žena Hrvatske za vrijeme narodnooslobodilačke borbe 1941 – 1945, in: Povijesni prilozi, 1 (1984), S. 85 – 127; Sklevicky, Lydia, Der Utopie entgegen: Das Bild der „neuen Frau“ im Befreiungskrieg Jugoslawiens (1941 – 1945), in: Dalhoff, Jutta/Frey, Uschi/Scholl, Ingrid (Hrsg.), Frauenmacht in der Geschichte, Düsseldorf 1986, S. 229 – 236; Sklevicky, Lydia, Cavalli, donne, guerre: Sulla difficoltà di ritrovare una storia della donna in Yugoslavia, in: Conti Odorisio, Ginevra (Hrsg.), Gli studi sulle donne nelle università: ricerca e trasformazione del sapere, Roma 1988, S. 99 – 104; Sklevicky, Lydia, Emancipated Integration or Integrated Emancipation: the Case of Post-Revolutionary Yugoslavia, in: Angermann, Arina (Hrsg.), Current Issues in Women’s History, London 1989, S. 93 – 109; Sklevicky, Lydia, More Horses then Women: On the Difficulties of Founding Women’s History in Yugoslavia, in: Gender and History, 1 (1989), S. 69 – 75.

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im Jahre 1990 durch ihre Monografie „Women and Revolution in Yugoslavia: 1941 – 1945“ die Geschichte der jugoslawischen Widerstandskämpferinnen dem englisch-sprachigen Publikum zugänglich. Wertvoll ist die Untersuchung insbesondere wegen der Interviews mit ehemaligen Partisaninnen.9 Auch heute scheint das wissenschaftliche Interesse an diesem Thema nicht nachgelassen zu haben: „Partisaninnen. Widerstand in Jugoslawien“ lautet der Titel einer erstmalig in deutscher Sprache veröffentlichten Auseinandersetzung von Barbara N. Wiesinger mit jugoslawischen Kriegerinnen und Sanitäterinnen.10 Die Ethnologin Renata Jambrešić-Kirin wiederum untersucht aus kulturfeministischer Perspektive die Rolle der Widerstandskämpferin in der Gedächtniskultur und setzt sich dabei kritisch mit dem sozialistischen System in Jugoslawien auseinander.11 Ivana Pantelić dagegen widmete sich in ihrer Monografie „Partisaninnen als Bürgerinnen. Die gesellschaftliche Emanzipation der Partisaninnen in Serbien (1945 – 1953)“ der Frage nach der rechtlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Stellung der „Kriegssiegerinnen“ in Serbien, aber auch im restlichen Jugoslawien.12 Neben wissenschaftlichen Publikationen existieren über und von Antifaschistinnen veröffentlichte zahlreiche Tagebuchaufzeichnungen,13 Interviews14 und Memoiren15, die für die Forschung von Bedeutung sind, da sie zugleich wichtige subjektive Einblicke in die Kriegsgeschehnisse und den -alltag bieten.

9  Jancar-Webster, Barbara, Women and Revolution in Yugoslavia: 1941 – 1945, Denver 1990. 10  Wiesinger, Barbara N., Partisaninnen. Widerstand in Jugoslawien (1941 – 1945), Wien/Köln/Weimar 2008. 11  Jambrešić-Kirin, Renata/Škokić, Tea, Između roda i naroda, Zagreb 2004; Jambrešić-Kirin, Renata, Dom i svijet, Zagreb 2008; Jambrešić-Kirin, Renata/Senjković, Reana, Legacies of the Second World War in Croatian Cultural Memory. Women as Seen through the Media, in: Aspasia. The International Yearbook of Central, Eastern, and Southeastern European Women’s and Gender History, vol. 4 (2010), S. 71 – 96. 12  Pantelić, Ivana, Partizanke kao građanke. Društvena emancipacija partizanki u Srbiji 1945 – 1953, Belgrad 2011. 13  Grković-Janović, Snježana (Hrsg.), Lujzin dnevnik. Dnevnički zapisi Lujze Janović-Wagner iz Drugoga svjetskog rata, Zagreb 2008. Siehe auch das Tagebuch der Diana Budisavljević, einer mutigen Frau, die aus eigener Initiative, aber mithilfe verschiedener Institutionen über 10.000 Kinder aus den Konzentrationslagern im Unabhängigen Staat Kroatien rettete. Dnevnik Diane Budisavljević 1941 – 1945, hrsg. vom Kroatischen Staatsarchiv Zagreb, Bd. 8, Zagreb 2008; Mataušić, Nataša, Diana Budisavljević. Prešućena heroina Drugog svjetskog rata, Zagreb 2020. 14  Dijanić, Dijana u. a. (Hrsg.), Ženski biografski leksikon. Sjećanje žena na život u socijalizmu, Zagreb 2004. 15  Balen, Marija Vica, Bili smo idealisti. Uspomene jedne revolucionarke, Zagreb 2009; Grlić, Eva, Sjećanja, Zagreb 2001; Durieux, Tilla, Meine ersten neunzig Jahre. Erinnerungen, Berlin 1980; Jelinek, Žuži, Žuži. Život Žuži Jelinek, Zagreb 2014; Lebl, Ženi, Ljubičica bela. Dve i po godine u Jugo-gulagu za žene, Belgrad 2009; Lebl, Ženi, Odjednom drukčija, odjednom druga. Sećanja i zaboravi, Belgrad 2008.

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In der kroatischen Geschichtsschreibung ist die Verbindung von Frauen und dem Ustaša-Regime bisher kein Forschungsthema gewesen.16 Erschienen sind aber englisch-sprachige Arbeiten über Aspekte der Frauenideologie sowie über die Rolle der weiblichen Ustaša-Angehörigen im Unabhängigen Staat Kroatien: ein Aufsatz von Melissa Bokovoy17 und ein Aufsatz von Rory Yeomans18, der sich in seinem Buch „Visions of Annihilation. The Ustasha Regime and the Cultural Pol­itics of Fascism 1941 – 1945“ auch der Untersuchung von Geschlechterrollen in der Ustaša-Bewegung widmet. Zudem existieren Memoiren und autobiografische Kurztexte ehemaliger Ustaša-Anhängerinnen, die in die kroatische Gedächtniskultur vor allem im Zusammenhang mit der Nachkriegsgeschichte eingegangen sind. Als der Zerfall des sozialistischen Jugoslawiens und die Errichtung der Republik Kroatien im Jahre 1990 das Schweigen vieler ehemaliger Ustaša-Angehöriger (und Gegner/-innen des Kommunismus) brach, begannen sie über ihre Erlebnisse in Gefängnissen in Stara Gradiška, Lepoglava oder Slavonska Požega, in denen sie wegen ihrer Zugehörigkeit zur Ustaša-Bewegung jahrelang inhaftiert waren, zu berichten. Ferner kamen Nachkriegsverbrechen der Jugoslawischen Armee ans Tageslicht, über die im sozialistischen Staat geschwiegen werden musste. Zu Massenverhaftungen und -liquidierungen von Ustaša-Angehörigen, aber auch von Zivilistinnen und Zivilisten kam es im Mai 1945, als sie, zusammen mit deutschen, slowenischen und serbischen Soldaten, in Richtung Österreich flüchteten und dort beziehungsweise an der slowenisch-österreichischen Grenze von Briten an die Jugoslawische Armee ausgeliefert wurden. Die Kommunisten rechneten im Schnellverfahren mit den politisch-ideologischen Feindinnen und Feinden ab. Diejenigen, die von einer sofortigen Hinrichtung verschont blieben, mussten tagelange Märsche, die in die kroatische Geschichtsschreibung als „Kreuzzüge“ (križni putevi) eingegangen sind, antreten und wurden zu langjährigen Freiheitsstrafen oder gar zum Tode verurteilt. Der Fokus der vorhandenen biografischen beziehungsweise autobiografischen Darstellungen der ehemaligen Ustaša-Angehörigen oder Sympathisantinnen der Ustaša liegt infolgedessen nicht darin, ihre eigene Funktion und (politische) Verantwortung im Unabhängigen Staat Kroatien kritisch zu hinterfragen, sondern das erfahrene persönliche Leid im Kontext der sogenannten Tragödie von Bleiburg beziehungsweise in den Strafanstalten der Nachkriegszeit mitzuteilen. 16

16  Über Intellektuelle in der Bewegung s. Bitunjac, Martina, „Velike su naše dužnosti prema narodu.“ Intelektualke u Ženskoj lozi hrvatskog ustaškog pokreta, in: Roksandić, Drago/Cvijović-Javorina, Ivana (Hrsg.), Intelektualci i rat 1939. – 1947., Zbornik radova s Desničinih susreta 2011, Zagreb 2012, S. 243 – 253. 17  Bokovoy, Melissa, Croatia, in: Passmore, Kevin (Hrsg.), Women, Gender and Fascism in Europe, 1919 – 45, Manchester 2003, S. 111 – 123. 18  Yeomans, Rory, Visions of Annihilation. The Ustasha Regime and the Cultural Politics of Fascism 1941 – 1945, Pittsburgh 2013, vor allem S. 126 – 167; Yeomans, Rory, Militant women, Warrior Men and Revolutionary Personae: The New Ustasha Man and Women in the Independent State of Croatia, 1941 – 1945, in: Slavonic and East European Review, vol. 83 (4) 2005, S. 685 – 732.

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Und selbst wenn die Autorinnen ihre Lebensphase im Ustaša-Staat erwähnten, traten in ihren Schilderungen nur die karitativen und humanitären Aktionen der weiblichen Ustaša-Organisationen in den Vordergrund, wodurch das stereotype Frauenbild von friedliebenden und fürsorglichen Ustaša-Angehörigen vermittelt wurde, die sich nicht für Politik interessierten und schon gar nicht um Einfluss und Macht bemühten.19 Wenn ehemalige weibliche Ustaša-Angehörige dennoch eingestanden, im USK ungerecht gehandelt zu haben, rechtfertigten sie dies, indem sie behaupteten, sie hätten vor lauter Euphorie, endlich in einem kroatischen Staat leben zu können, zu dieser Zeit nicht erkennen können, ob und inwiefern sie sich im verbrecherischen Ustaša-Apparat mitschuldig machten.20 In Hinblick auf die Gender-Forschung ist zudem festzustellen, dass beispielsweise in der Zeitschrift „Politischer Gefangener“ (Politički zatvorenik), die vom Kroatischen Verein der politischen Gefangenen (Hrvatsko društvo političkih zatvorenika) veröffentlicht wird, Interviews mit ehemaligen weiblichen Ustaša-Angehörigen erschienen, die bezüglich der Geschlechterforschung große Lücken aufweisen, da es in den Gesprächen weniger um die Frauen selbst ging, sondern um ihre politisch bedeutenden männlichen Familienangehörigen.21 Erlebnisse, Erfahrungen und Denkweisen der ehemaligen Ustaša-Anhängerinnen wurden dabei ausgeblendet. Es ist in diesem Zusammenhang auch kein Novum, dass Frauen in Archivdokumenten viel seltener auftauchen als Männer. Frauenspezifische Hinterlassenschaften sind der Nachwelt oft deswegen nicht vermacht worden, weil sie als irrelevant angesehen wurden. Mit der Ausnahme des Fonds der Antifaschistischen Frauenfront, der im Kroatischen Staatsarchiv (Hrvatski Državni Arhiv, HDA) in Zagreb aufbewahrt wird und der für das vorliegende Buch von Nutzen war, gibt es dagegen nur wenige Archivbestände über Frauenorganisationen, die teilweise noch nach dem 10. April 1941 aktiv waren. Wer nun nach Informationen über Frauen in der Ustaša-Bewegung sucht, wird zum Beispiel in den Nachkriegsakten bedeutender Ustaša-Politiker (Akte Ante Pavelić, Akte Andrija Artuković usw.) fündig. Diese Dokumente befinden sich im Fond Staatssicherheitsamt des Republikanischen Sekretariats für innere Angelegenheiten der Sozialistischen Republik Kroatien (Služba državne sigurnosti Republičkog sekretarijata za unutraš­nje poslove Socijalističke Republike Hrvatske, SDS RSUP SRH) im Kroatischen Staatsarchiv und geben nicht nur Auskunft über das gemeinsame Familienleben vor und nach 19  s. bsp. Pereković, Kaja (Hrsg.), Naše robijanje. Hrvatske žene u komunističkim zatvorima, Rijeka/Zagreb 2004. 20  Zelić, Benedikta, Nezavisna Država Hrvatska (1941.–1945.) u mom sjećanju, Split 2007; Zelić, Benedikta, Sjećanja na vrijeme uspostave i propasti Nezavisne Države ­H rvatske, in: Marulić. Hrvatska književna revija, 6 (1991), S. 711 – 741. Vgl. hier auch die Memoiren einer Wehrmachtsangehörigen, die ihren Dienst u. a. in Serbien tat: Schmidt, Ilse, Die Mitläuferin. Erinnerungen einer Wehrmachtsangehörigen, Berlin 1999, vor allem S. 35 – 59. 21  s. bsp. Politički zatvorenik, Nr. 64 – 65, Juli/August 1997, S. 10 – 14; Politički zatvorenik, Nr. 58, Januar 1997, S. 9 – 14.

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1941, sondern auch über den politischen Einfluss, den Frauen im USK ausübten. Archivmaterial über Frauen im Ustaša-Hauptquartier, das alle Ustaša-Organisationen umfasste, wie die Weibliche Ustaša-Jugend (Ženska ­Ustaška Mladež, ŽUM) und den Weiblichen Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung (Ženska loza hrvatskog ustaškog pokreta), kurz Ustaškinja, ist im Kroatischen Staatsarchiv in Zagreb spärlich vorhanden. Vermutlich wurden diese Dokumente größtenteils als kompromittierendes Beweismaterial vor der Flucht der Ustaše vernichtet. Das Staatliche Archiv der Stadt Zagreb (Državni Arhiv Grada Zagreba, DAGZ) verfügt über wichtige Dokumente über Schulen und seine Schülerinnen im USK sowie deren Zusammenarbeit mit der Ustaša-Jugend. Im Archiv der Öffentlichen Einrichtung der Gedenkstätte Jasenovac (Javna Ustanova Spomen-Područja Jasenovac, JUSP) werden Zeitzeugenberichte der ehemaligen Häftlinge und Häftlingsfrauen aufbewahrt, die Einblick geben in die Verbrechen, die durch das männliche und weibliche Ustaša-Personal verübt wurden. Das Museum der Opfer des Genozids (Muzej Žrtava Genocida) in Belgrad war für diese Untersuchung deswegen von Relevanz, weil es Akten und Pressematerial über Nada Šakić und ihren Ehemann verwahrt. Im Zentralen Staatsarchiv in Rom (Archivio Centrale dello Stato, ACS) befinden sich zum einen für die vorliegende Untersuchung relevante Zeugnisse vom Leben und Wirken der wenigen Frauen in der Ustaša-Bewegung, die seit 1929 als politische Emigrantinnen im italienischen Exil lebten. Zum anderen existiert Archivmaterial über Partisaninnen, die im italienischen Territorium des heutigen Kroatien Widerstand geleistet haben. Viele Dokumente geben ebenso Auskunft über den Kriegsalltag von Frauen im USK, der durch verschiedene Arten von Gewalt geprägt war. In den Militärakten im Bundes-Militärarchiv Freiburg im Breisgau sowie im Archiv des historischen Büros des Generalstabs des italienischen Heeres (Archivio dell‘Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito, AUSSME) werden Frauen in erster Linie dann erwähnt, wenn sie Opfer eines Gewaltaktes geworden sind (Mord, Vergewaltigung), sich als Spioninnen dem jeweiligen Militär genähert oder mit ihm kollaboriert hatten. Die für diese Arbeit genutzten Bestände des Bundesarchivs in Berlin waren indes hilfreich wegen der dort enthaltenen Dokumente über die „Judenfrage“ im USK. Einige Materialien aus dem Kroatischen Staatsarchiv in Slavonski Brod (Državni Arhiv Slavonski Brod, DASB) dienen zur Veranschaulichung der politischen Lage und der Unterstützung der Partisanen durch die Bevölkerung. Neben den Schlüssel-Dokumenten wurden publizistische Quellen, verschiedene Zeitungen und Zeitschriften für diese Untersuchung herangezogen, in denen weibliche Ustaša-Angehörige ihre Vorstellungen von Politik und Weiblichkeit darlegten, um die Propaganda zu unterstützen und die Funktion der Frauen in der Ustaša-Ideologie festzumachen. So schrieben Frauen nicht nur für Blätter der weiblichen Ustaša-Organisationen – auch in regimetreuen Zeitungen wurde ihnen eine Stimme verliehen.

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Gesetzestexte, Erlasse und Vorschriften, die praktische Konsequenzen für frauenpolitische Angelegenheiten hatten, sind weitere wichtige Hilfsmittel für diese Arbeit. Herangezogen wurden ebenfalls Reden und schriftliche Beiträge von Ante Pavelić, seinen Ministern und anderen wichtigen Ustaša-Funktionären, um zu zeigen, welches Frauenbild sie tradierten und ob dies mit dem Bild übereinstimmte, welches sie propagandistisch verbreiteten. Persönliche Fotografien und Dokumente aus privaten sowie aus Staatsarchiven und Zeitungen sind zusätzliches Material, mit denen das hier Erzählte veranschaulicht werden soll. Die Methode der Oral History dient zur ergänzenden Wissensgewinnung für die Thematik des Buches. Die Gespräche mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen wurden meist mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten geführt, da es sich hier nicht um eine homogene Gruppe gehandelt hat, die in gleichen Lebens- und Handlungsräumen wirkte. Auch sollten die Erinnerungen lediglich als ein Bestandteil dieser Untersuchung dazu beitragen, die komplexe Geschichte der Frau in der Ustaša-Bewegung und im USK zu vervollständigen. Strukturiert wurden die Fragen des Interviews chronologisch. Wichtig war es in erster Linie zu erfahren, welche Menschen und Ereignisse die Frauen in ihrer Kindheit und Jugend prägten, welche schulische und häusliche Erziehung sie genossen, ob und wie sie sich ideologisch und politisch formierten und welche Rollen und Aufgaben sie im jeweiligen Handlungs- und Lebensraum ausübten oder überhaupt ausüben konnten. An diese Interviews kann allerdings nie der Anspruch gestellt werden, historische Fakten zu erfahren. Dies wäre, angesichts der Tatsache, dass die Menschen, mit denen ich sprach, zu dieser Zeit im hohen Alter waren, gar nicht oder nur teilweise möglich gewesen. Zeitzeugenberichte sind immer subjektiv und müssen – wie alle anderen Quellen – kritisch betrachtet werden, nicht nur aus dem Grund, dass Menschen nach Jahrzehnten Daten und Erlebnisse vergessen und diese verwechseln können, sondern ferner, weil die Wahrnehmung desselben Ereignisses unterschiedlich und individuell ausfallen kann. Interviews mit verschiedenen Aktivistinnen der Bewegung brachten zutage, wie diese Frauen rückblickend ihre Vergangenheit betrachteten und beurteilten. Für die Untersuchung war es ebenso von Bedeutung, die Perspektive von Antifaschistinnen, Partisaninnen und ehemaligen Häftlingsfrauen heranzuführen. Beides, die antifaschistische und faschistische persönliche Darlegung der Geschichte des Zweiten Weltkriegs, bilden heute einen grundlegenden Teil des kroatischen Erinnerungsdiskurses.22 Individuelle Zeugnisse prägen das kollektive Gedächtnis und geben Auskunft über die eigene Selbstreflexion in Bezug auf die Ustaša-Vergangenheit. Die weiblichen Angehörigen dieser Bewegung blieben selbst nach Jahrzehnten überzeugte 22 Vgl.

Bašić, Natalija, Wen interessiert heute noch der Zweite Weltkrieg? Tradierung von Geschichtsbewusstsein in Familiengeschichten aus Serbien und Kroatien, in: Welzer, Harald (Hrsg.), Holocaust, Kollaboration und Widerstand im europäischen Gedächtnis, Frankfurt/Main 2007, S. 150 – 185.

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Anhängerinnen einer schon längst vergangenen faschistischen Ideologie. Diese politische Einstellung haben sie (genauso wie Männer) an Generationen weitergetragen. Daher verwundert es weniger, dass in den 1990er-Jahren in Kroatien ein starker Nationalismus zum Vorschein gekommen ist, der eine kritische Konfrontation mit der eigenen dunklen Geschichte fast unmöglich machte. Dieses Phänomen ist auch heute noch zu beobachten. Durch Gespräche mit Antifaschistinnen und Antifaschisten sowie ehemaligen Häftlingsfrauen konnte auch aus der Perspektive von Opfern ein umfassenderes Bild der Täterinnen gewonnen werden. Die zentrale Botschaft gerade derjenigen Menschen, die wegen ihrer politischen, nationalen oder religiösen Zugehörigkeit im Zweiten Weltkrieg im Gefängnis und Konzentrationslager schweren seelischen und körperlichen Qualen ausgesetzt waren oder sich deswegen im Untergrund versteckt halten mussten, ist, dass künftige Generationen Toleranz und Menschlichkeit bewahren und sich nicht nationalistischen Ideen und Verlockungen hingeben sollten, damit sich solche Schreckensherrschaften nicht mehr wiederholen. Trotz der Fülle an Aufsätzen und Büchern über den Zweiten Weltkrieg im USK gibt es immer noch reichlich Lücken in der Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit in Kroatien: Wenig wissen wir beispielsweise über das Funktionieren einzelner Ustaša-Unterorganisationen, über die Rolle und Verantwortung von Schlüsselpersonen oder Ministerien im USK, über den Ustaša-Nachrichtendienst oder das Universitäts- und Schulleben – um hier nur einige Forschungslücken zu nennen. Der Anspruch dieses Buches wird nicht sein, diese Defizite aufzuarbeiten. Dennoch kann durch die vergleichende Analyse von Dokumenten aus den Beständen der Ustaša, der Partisanenbewegung, der deutschen und italienischen Besatzer, der staatlichen Behörden der Nachkriegszeit sowie der Zeitungsartikel und der von der Autorin geführten Interviews, ein vollständigeres Bild der Frau in der Ustaša-Bewegung und auch im Unabhängigen Staat Kroatien gezeichnet werden. Die hier vorliegende Arbeit, die unterschiedliche Aspekte der Geschlechter-, Südosteuropa-, Kriegs- und Gewaltforschung berührt, zeichnet gesellschaftspolitische Haltungen sowie Handlungsweisen von weiblichen Mitgliedern, Sympathisantinnen und Unterstützerinnen der Ustaša-Bewegung nach. Sie zeigt, wie begeistert Frauen mit unterschiedlichstem Hintergrund sich der Ustaša-Bewegung anschlossen und wie sie den USK mitprägten. Aus einer Doppelperspektive von Ustaša-Weiblichkeitsentwürfen und tatsächlich gelebten Frauenrollen in der „Kampfzeit“ bis 1941 und im Unabhängigen Staat Kroatien wird den Fragen nachgegangen, wie Frauen mit der neuen, oftmals paradoxen sozialen Wirklichkeit im USK umgegangen sind, welche Weiblichkeitsbilder sie selbst vermittelten und inwiefern sie diese tatsächlich lebten. Die Arbeit soll zudem einen Beitrag zur Erforschung einiger Aspekte des kroatischen Faschismus leisten, der hier im europäischen Kontext beleuchtet, aber als ein eigenständiges Phänomen verstanden wird. Eine vergleichende Analyse der Ustaša-Frauenpolitik mit der nationalsozialistischen und italienisch-faschistischen sowie mit der kommunistisch geprägten Politik der jugoslawischen Partisanen wird dort erfolgen, wo es unerlässlich erscheint.

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Das Buch berücksichtigt erstmals folgende thematischen Aspekte: Nach einem Überblick über Problem- und Fragestellung sowie zur Forschungs- und Quellenlage wird, im ersten Kapitel, die Entstehungsgeschichte der Ustaša-Bewegung ab 1930 veranschaulicht, um im Folgenden Struktur und Organisation, Diskriminierungsmaßnahmen und Vernichtung, aber auch die Reaktionen auf den Terror im Unabhängigen Staat Kroatien aufzuzeigen. Das zweite Kapitel widmet sich der Untersuchung des sozialen Profils und dem politischen Wirken von Frauen in der terroristischen Ustaša-Bewegung seit ihrer Gründung bis zur Machterlangung der Ustaše im April 1941 und zwar sowohl in Jugoslawien als auch im politischen Exil in Italien, wo sie im Untergrund agierten. Im darauf folgenden Kapitel werden Facetten des „Frauenlebens“, propagierte Frauen(feind)bilder sowie Konsequenzen von menschenrechtsmissachtenden Maßnahmen gegenüber Frauen aufgezeigt. Während die Ustaša der Idealfrau nur in ihrer Rolle als Gattin, Mutter und als Heldin mit Akzeptanz begegnete, wurde die „Volksfeindin“ entweder mit Zwangsintegration oder mit Ausgrenzung, Vertreibung und Vernichtung konfrontiert. In diesem Kapitel werden Methoden analysiert, die die Akteurinnen und Akteure der Ustaša-Bewegung entweder nutzten, um Frauen für ihre politisch-ideologischen Ziele zu instrumentalisieren oder die sie anwendeten, um unerwünschte, nicht angepasste Frauen öffentlich zu diffamieren. An beiden Methoden wird der traditionell-patriarchalische und frauenfeindliche Charakter der Ustaša-Bewegung deutlich, der in seiner schlimmsten Form in Gewalt gegen Frauen ausartete. Abschließend widmet sich das Kapitel dem Thema der sexuellen Demütigung und Ausbeutung von Mädchen und Frauen im USK. Dieser in der Geschichtsschreibung des Zweiten Weltkriegs vernachlässigte Aspekt gehörte zur dramatischen Lebensrealität vieler Frauen in einem vom verschiedenen Militär kontrollierten Land. Der vierte Teil setzt seinen Fokus auf Rollen und Aufgaben sowie Haltungen der in der Ustaša-Bewegung aktiven Mädchen und Frauen nach der Errichtung des Ustaša-Staates. Untersucht werden die Struktur und das ideologische Konzept der Mädchen- und Frauenorganisation: die Weibliche Ustaša-Jugend und der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung. Besonders beleuchtet werden die Rollen und Handlungsweisen von weiblichen Führungskräften. Obwohl der UstašaStaat männerbündisch organisiert war, blieben Angebote des Regimes an Frauen im Krieg nicht aus. Gerade das Führungspersonal hatte Wahlmöglichkeiten und Spielräume bei der Umsetzung der rassistischen, antisemitischen und antiliberalen Politik. In ihre Rollen wurden Frauen keineswegs gezwungen. Vielmehr waren sie überzeugte Anhängerinnen der Ustaša und blieben dies meist bis zu ihrem Tod. Dem Kreis der Machtausübenden gehörten elitäre Frauen an, zu denen unter anderem sowohl die Ehefrau als auch die Tochter des Ustaša-Chefs Ante Pavelić zählten. Hinter dem politischen Vorhang agierten sie als seine unmittelbaren Beraterinnen und waren zeitlebens seine größte Stütze, wie aus Dokumenten und den Gesprächen mit Višnja Pavelić zu entnehmen ist.

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Der Schlussteil der Publikation widmet sich den Handlungsräumen und -möglichkeiten von Frauen im Militär des USK und im Ustaša-Aufsichtsdienst. Es werden vor allem solche Aktivitäten geschildert, die Frauen, sei es aus politischer Überzeugung, Karriere- oder gar Machtgründen, in militärischen und sicherheitspolitischen Apparaten der Ustaša ausübten. Im kroatischen Militär dienten Frauen als Nachrichtenhelferinnen, Sanitätspersonal, Bürokräfte, aber auch als Pilotinnen. Als Personal im Ustaša-Aufsichtsdienst und im Konzentrations- und Vernichtungslager Jasenovac waren Frauen an Verbrechen des Ustaša-Regimes direkt beteiligt. Im Mittelpunkt dieses Unterkapitels steht die Erfassung des Täterinnenprofils. Aufschlussreich erwiesen sich hierbei mehrere Gespräche mit der ehemaligen KZ-Aufseherin Nada Šakić, die mit ihrer damaligen Rolle u. a. anhand von Dokumenten konfrontiert wurde und dennoch an ihren ideologischen Vorstellungen, übrigens wie alle meine politischen Gesprächspartnerinnen, auch Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg festhielt.

B.  Historischer Kontext (1918 – 1945) B.  Historischer Kontext (1918 – 1945)

Einer der komplexesten Nationalstaaten, welcher nach Ende des Ersten Weltkriegs entstand, war das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. Gegründet wurde der Staat im Dezember 1918 unter der Herrschaft des serbischen Königshauses Karađorđević. Laut der Verfassung von 1921 wies es zunächst eine erbliche, konstitutionelle und parlamentarische Monarchie als Staatsform auf. Das erste Jugoslawien definierte sich als Nationalstaat, dessen Mehrheit drei Völker bildeten: Serben, Kroaten und Slowenen. Der Vielvölkerstaat umfasste die heutigen Staaten Serbien, Mazedonien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Slowenien und das Kosovo. Etwa 47 Prozent der Bevölkerung waren orthodox, 39 Prozent römisch-katholisch und 11 Prozent muslimisch; des Weiteren lebten dort circa 2 Prozent Protestanten und 0,5 Prozent Juden. Nur Serben, Kroaten und Slowenen wurden als eigenständige Ethnizitäten aufgefasst, nicht aber die Montenegriner, die Mazedonier und die bosnischen Muslime. Serbien beanspruchte die Führungsrolle im Land und setzte in der Staatsverwaltung, dem Militär, der Polizei und in anderen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen überproportional Serben ein. Auch wurde die Staatsordnung zentralistisch organisiert. Dies zeigte sich vor allem bei der Aufteilung der südslawischen Territorien in 33 oblasti, das heißt Verwaltungsgebiete, in denen jeweils ungefähr 800.000 Menschen lebten. Die Gründung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen wurde nicht von allen Kroaten befürwortet, sondern führte bei Regimegegnern zur politischen Emigration nach Österreich und Ungarn. Dazu gehörten der kroatische Abgeordnete Ivo Frank, der ehemalige Generaloberst Stjepan Sarkotić sowie der ehemalige Oberstleutnant Stjepan Duić. Während Sarkotić und Duić die „kroatische Frage“ im Rahmen der österreichisch-ungarischen Monarchie zu lösen gedachten, strebte Ivo Frank, wie sein Vater, der frühere Vorsitzende der Reinen Partei des Rechtes (Čista Stranka Prava, ČSP) Josip Frank, nach einem autonomen kroatischen Staat, der mithilfe Italiens errichtet werden sollte.1 Zwar wurde 1920 ein Abkommen 2 zwischen den italienischen und anti-jugoslawischen Delegierten geschlossen, aber der Weg zur Gründung eines autonomen kroatischen Staates erwies sich als lang und schwierig: Die serbische Dominanz in allen wichtigen politischen und wirtschaftlichen Bereichen, der Zentralismus in Belgrad und die Verfolgung der Regimegegner/-innen führte bei Völkern im 1  Tomasevich, Jozo, Rat i revolucija u Jugoslaviji 1941 – 1945. Okupacija i kolaboracija, Zagreb 2010, S. 18 f. 2  Italien sicherte Unterstützung in Form von Geld und Waffen zu, wenn als Gegenleistung Teile Dalmatiens an Italien abgegeben würden. Tomasevich, Rat i revolucija, S. 19 f.

B.  Historischer Kontext (1918 – 1945)

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ersten Jugoslawien, die nach einem unabhängigen Staat oder lediglich nach mehr Autonomie innerhalb des Königreichs strebten, zu Missstimmung. Die stärkste oppositionelle kroatische Partei in der konstitutionellen jugoslawischen Monarchie war die Kroatische Republikanische Bauernpartei (Hrvatska Republikanska Seljačka Stranka, HRSS) mit Stjepan Radić an der Parteispitze; 1925 wurde die Partei in Kroatische Bauernpartei (Hrvatska Seljačka Stranka, HSS) umbenannt. Trotz der nationalen Vielfältigkeit im Land waren Parteien im ersten Jugoslawien, wie die HSS, eher national ausgerichtet und vertraten die Interessen der jeweiligen Völker. Eine Ausnahme bildete die Kommunistische Partei Jugoslawiens (Komunistička Partija Jugoslavije, KPJ). 1919 wurde sie unter dem Namen Sozialistische Arbeiterpartei Jugoslawiens (der Kommunisten) (Socijalistička radnička partija Jugoslavije [komunista]) gegründet und erzielte ebenfalls große politische Erfolge in Jugoslawien, wurde aber 1921 wegen der Gefahr radikal revolutionärer Umwälzungen nach russischem Vorbild verboten. Oppositionelle politische Gruppen setzten ihre Parteiarbeit dennoch in der Illegalität fort, oder aber sie gingen ins Exil und bereiteten sich dort auf die Machtergreifung vor: Josip Broz Tito – seit 1937 Generalsekretär der KPJ – und weitere Kommunisten flüchteten nach Frankreich und Russland oder nahmen von 1937 bis 1939 freiwillig am Spanischen Bürgerkrieg teil. Unter den 1.665 Beteiligten befanden sich auch 14 Frauen.3 Die KPJ war zwar die am stärksten verfolgte politische Partei, aber die Repressalien richteten sich auch gegen kroatische Politiker und Intellektuelle, die auf die Ungleichbehandlung aufmerksam machten, da sie sich ihrer nationalen Rechte entzogen fühlten. Die Lage spitzte sich zu, als im Juni 1928 Puniša Račić, Abgeordneter der Radikalen Volkspartei (Narodna Radikalna Stranka, NRS), im Belgrader Parlament auf die Abgeordneten der Kroatischen Bauernpartei schoss und dabei zwei Politiker tötete. Stjepan Radić erlag Wochen später seinen Verletzungen. Nach dem Attentat kam es zu immer mehr Unruhen in Kroatien, bei denen es weitere Opfer gab. Die Führung der Kroatischen Bauernpartei übernahm bis zur Gründung des Ustaša-Staates Vladko Maček. König Aleksandar I. Karađorđević reagierte auf die Krawalle mit der Ausrufung der Königsdiktatur am 6. Januar 1929. Als Folge wurde die Nationalversammlung (narodna skupština) aufgelöst, einige Parteien und Vereine mit politischem und religiösem Charakter wurden verboten4 und die Verfassung von 1921 aufgehoben. Durch die Implementierung der Diktatur verschärfte sich die Verfolgung politisch Andersdenkender: Den Historiker, Albanologen und pravaš Milan Šufflay tötete die Polizei 1931 auf offener Straße, weil er Kontakte zu kroatischen Emigranten gepflegt haben soll. Wegen seines hohen Bekanntheitsgrades hätte er durchaus politischen Einfluss auf die kroatische Öffentlichkeit ausüben können. Zum Tode 3 

Blasin, Barbara/Marković, Igor, Ženski vodič kroz Zagreb, Zagreb 2006, S. 194 ff. wurden lediglich Organisationen die regimetreu waren, wie z. B. der serbisch nationalistische Volksschutz (Narodna Obrana). 4  Verschont

B.  Historischer Kontext (1918 – 1945)

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verurteilt wurden dagegen die Mitglieder der Arbeitenden Jugend der Rechtspartei (Radnička Pravaška Omladina) Matija Soldin und Marko Hranilović, da sie gewaltsamen Widerstand gegen das Regime leisteten. In der gleichen Gruppe der am 30. Juni 1931 Verurteilten befand sich auch Stipe Javor, der zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde und vermutlich an den Folgen seines Hungerstreiks und der Folter durch Polizisten im Gefängnis Srijemska Mitrovica starb.5 Einer der prominentesten Häftlinge war Vladko Maček, der 1933 wegen seiner Kritik an der Hegemonie Serbiens inhaftiert wurde. Die Repressalien in Kroatien schürten nicht nur bei der kroatischen Bevölkerung immer größere Aversionen gegenüber der Krone. Einige Intellektuelle, wie der Physiker Albert Einstein und der Schriftsteller Heinrich Mann, forderten in einem offenen Brief an die International League of Human Rights in New York die Aufklärung des Mordes an Milan Šufflay, blieben jedoch mit ihrem Unterfangen erfolglos.6 Die Opfer der jugoslawischen Diktatur wurden im Unabhängigen Staat Kroatien zu Ustaša-Märtyrern stilisiert. Ihnen zu Ehren wurde der 20. Juni zum Tag der kroatischen nationalen Opfer erklärt.7

I.  Die Entstehung der Ustaša-Bewegung Die Ausrufung der Königsdiktatur im Jahre 1929 führte zur zweiten Auswanderungswelle: Einige kroatische Politiker, darunter der Vizepräsident der Kroatischen Bauernpartei August Košutić, entschieden sich, international nach Verbündeten zu suchen und die Errichtung des autonomen kroatischen Staates mit diplomatischem Geschick voranzubringen. Ante Pavelić wiederum waren alle Mittel – die Diplomatie als auch der Terrorismus – recht, um Kroatien von der Herrschaft des jugoslawischen Königshauses zu lösen. Pavelić wuchs im Dorf Bradina in der Herzegowina auf. Er absolvierte sein Jurastudium in Zagreb, promovierte im Jahr 1915 und arbeitete in der Kanzlei des ehemaligen Vorsitzenden der Reinen Partei des Rechtes Aleksandar Horvat. Von 1927 bis 1929 war Pavelić Vizepräsident der Kroatischen Partei des Rechtes. Außerdem fungierte er als Abgeordneter in der Nationalversammlung in Belgrad. Berühmtheit erlangte Pavelić als Strafverteidiger der mazedonischen Nationalisten in Skopje, als er auf die ungerechte Behandlung der nicht-serbischen Völker und die Aufhebung der Meinungsfreiheit in Jugoslawien aufmerksam machte. Wegen seines öffentlichen Protestes wurde er vom Staatsschutzgericht in Belgrad in absentia zum Tode verurteilt. Im Januar 1929 flüchtete Pavelić zunächst nach Österreich und Bulgarien, bis er schließlich im Oktober des gleichen Jahres im faschistischen 5 s.

Goldstein, Ivo, Hrvatska povijest, Zagreb 2003, S. 250 – 262. Jonjić, Tomislav/Matković, Stjepan, Novi prilozi za životopis Mile Budaka uoči Drugoga svjetskog rata, in: Časopis za suvremenu povijest, 2 (2008), S. 425 – 453, S. 427 f. 7  Hrvatski narod, Nr. 127, 21. 6. 1941. 6 

I.  Die Entstehung der Ustaša-Bewegung

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Italien, unter Schutz Benito Mussolinis, die Errichtung eines unabhängigen kroatischen Staates vorbereitete. Weitere wichtige Basen der kroatischen politischen und wirtschaftlichen Emigranten, in denen der Umsturz der jugoslawischen Regierung geplant wurde, befanden sich in Ungarn, Österreich, Nord- und Südamerika. Im ungarischen ­Janka Puszta und in verschiedenen Orten in Italien wurden mit Unterstützung der jeweiligen Länder militärische Trainingslager für die Exilkroaten eingerichtet. Der politische Rückhalt bei den Ungarn, Italienern und Deutschen war jedoch nicht kontinuierlich, sondern hing stark von der politischen Entwicklung und der damit verbundenen ambivalenten Beziehung zur Regierung in Belgrad ab.8 Die erste Zelle der Ustaša – Kroatische revolutionäre Organisation (Ustaša – Hrvatska revolucionarna organizacija), später wurde der Name in Ustaša – Kroatische revolutionäre Bewegung (Ustaša – Hrvatski revolucionarni pokret) beziehungsweise seit 1941 in Ustaša – Kroatische Befreiungsbewegung (Ustaša – Hrvatski oslobodilački pokret) umgewandelt, gründete Ante Pavelić höchstwahrscheinlich 1930 in Bovegno, einer Vorstadt von Brescia.9 Pavelić ernannte sich zum Oberhaupt, dem „Poglavnik“ (Führer des Volkes), des Ustaša-Hauptquartiers (Glavni Ustaški Stan, GUS), das in dem von Pavelić verfassten Grundgesetz (ustav) als das höchste Organ der Ustaša-Bewegung definiert wurde.10 Das erste Blatt der Bewegung „Ustaša – Der Bote der kroatischen Revolutionäre“ (Ustaša – vijesnik hrvatskih revolucionaraca) erschien 1932 in Italien. Darin propagierten die Ustaše eine scharfe anti-jugoslawische Politik und riefen ihre Anhänger auf, mit Gewalt gegen die politischen Feinde vorzugehen.11 Aus Sicht der Ustaša-Bewegung errang sie bis 1941 ihre größten politischen Erfolge, als sie zum einen den sogenannten Likaner Aufstand (auch Velebit Aufstand) und zum anderen das Attentat auf den jugoslawischen König Aleksandar I. Karađorđević in Marseille organisierte beziehungsweise durchführte. Beim Likaner Aufstand verübte die Ustaša einen Anschlag auf die Station der Gendarmerie im Dorf Brušani bei Gospić in der Region Lika am Velebit-Gebirge. Federführend wurde die Aktion vom zukünftigen Innenminister Andrija Artuković geleitet. Dabei handelte es sich keinesfalls um einen Massenaufstand, sondern lediglich um eine im September 1932 von den Ustaše in der italienischen Emigration und ihren einheimischen Gleichgesinnten bewaffnete Aktion. Die meisten Waffen wurden 8  Über die militärischen Ustaša-Ausbildungslager siehe Jareb, Mario, Ustaško-domobranski pokret od nastanka do travnja 1941, Zagreb 2007. Über die Entstehung der Ustaša-Bewegung siehe die Studie: Miljan, Goran: From Obscure Beginnings to State ‚Resurrection‘: Ideas and Practices of the Ustaša Organization, in: Fascism. Journal of Comparative Fascist Studies, 5 (2016), S. 3 – 25. 9  Archivio Centrale dello Stato (weiter ACS), Archivi in fotocopia e microfilm, National Archives, Washington, Collection of Italian Military Records, T-821, Rolle (im Folgenden R.) 410, undatiert. 10  Požar, Petar (Hrsg.), Ustaša – dokumenti o ustaškom pokretu, Zagreb 1995, S. 45 ff. 11 s. Požar, Ustaša – dokumenti, S. 54 ff.

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B.  Historischer Kontext (1918 – 1945)

zuvor aus Italien nach Kroatien geschmuggelt. Militärisch gesehen blieb der Anschlag erfolglos; die Ustaše werteten ihn dennoch auf, um sich als Befreier der kroatischen Nation darzustellen. Diesem Anschlag folgten verschärfte Repressalien und Verhaftungen seitens der Belgrader Regierung, betroffen waren auch unschuldige Personen in Lika und Kroatien. Das Attentat auf den jugoslawischen König verübten die Ustaše am 9. Oktober 1934 in Zusammenarbeit mit der Inneren Mazedonischen Revolutionären Organisation (Vnatrešna Makedonska Revolucionerna Organizacija, VMRO). Diese Gruppe kroatischer Aktivisten, darunter Mijo Kralj, Ivan Rajić und Zvonko Pospišila, kam aus dem Ustaša-Militärlager in Janka Puszta über die Schweiz nach Frankreich. Dort erwarteten sie bereits der bulgarische Aktivist Vlado Černozemski (unter dem Tarnnamen Petr Kelemen) und der Befehlshaber der Gruppe vor Ort, Eugen Dido Kvaternik, der spätere Kommandant des Ustaša-Aufsichtsdienstes. Černozemski verletzte den König tödlich und ermordete dabei auch den französischen Außenminister Louis Barthou. Der Attentäter wurde von französischen Polizisten schwer verletzt und starb am gleichen Tag. Unter dem Druck der Öffentlichkeit verhaftete Italien die organisatorischen Verantwortlichen des Attentates, lieferte sie jedoch nicht an Frankreich aus, wo zuvor Ante Pavelić vom französischen Gericht – abermals in Abwesenheit – zum Tode verurteilt worden war. Stattdessen verbrachten Pavelić und sein Mitstreiter Eugen Dido Kvaternik die Jahre von 1934 bis 1936 im Turiner Gefängnis. Mussolini ließ konsequenterweise die Ustaša-Militärlager auflösen und die kroatischen Männer und Frauen auf den Liparischen Inseln, Sizilien oder Sardinien internieren. Jegliche Tätigkeit der Ustaša-Bewegung wurde zu dieser Zeit unterbrochen. In Jugoslawien übernahm Aleksandars Cousin, Prinz Pavle, die Regentschaft, da sein Sohn Petar noch minderjährig war. Nachdem Maček amnestiert worden war, rief der Regent Neuwahlen aus, bei denen die regimetreue Jugoslawische Nationalpartei (Jugoslavenska nacionalna stranka (JNS) unter Führung des Ministerpräsidenten Bogoljub Jevtić die Mehrheit der Stimmen erhielt. Infolge der unzulänglichen Wechselbeziehung zwischen Italien und den Ustaše versuchte Pavelić im Memorandum „Die kroatische Frage“ (Hrvatsko pitanje) aus dem Jahre 1936, das an das deutsche Außenministerium gerichtet war, Hitler als Befürworter der „kroatischen Idee“ zu gewinnen. Darin zählte Pavelić die Feinde der Kroaten auf, zu denen neben der serbischen Regierung ebenso die Freimaurer, das Judentum und die Kommunisten gehörten. Er klagte die Juden an, sie hätten das ganze Bank-, Zeitungs- und Handelswesen in der Hand und dadurch Jugoslawien in ein „Eldorado des Judentums“ (eldorado židovstva) verwandelt. Dass jedoch der Antisemitismus im Memorandum nicht nur aus politisch-taktischen Motiven genutzt wurde, sondern die Ustaša-Elite bereits vor 1941 anti-jüdisch eingestellt war, kann beispielsweise aus einer Aussage von Pavelić entnommen werden, die er gegenüber einem italienischen Agenten machte. Darin behauptete er, Zagreb sei sowohl peripherisch als auch zu verschmutzt durch Juden, durch falsche oppor-

II.  Der Unabhängige Staat Kroatien

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tunistische Intellektuelle, denen er sich in 20 Jahren seines Aufenthalts in dieser Stadt nie zu nähern versucht habe.12 Im März 1937 unterschrieben Italien und Jugoslawien ein Nichtangriffs-Abkommen. Milan Stojadinović, Premierminister von 1935 bis 1939, und Regent Pavle Karađorđević nutzten die nun eingeführte diplomatisch-freundschaftliche Beziehung zu Italien, um die Ustaše in Italien politisch vollkommen auszuschalten. Jugoslawische Behörden bekamen Einblick in die Akten der Exil-Kroaten, einige konnten sie für sich gewinnen. Von den ungefähr 500 Ustaše kehrten 220 in ihr Herkunftsland zurück, darunter auch der künftige Unterrichtsminister Mile Budak. Pavelić lebte in einer Art Hausarrest in Siena, bekam jedoch weitere finanzielle Unterstützung durch die Italiener und konnte die politische Arbeit in seiner Bewegung wieder aufnehmen.13 Im August 1939 wurde die Zentralisierung in Jugoslawien etwas gelockert, als Maček mit dem vom Regenten Pavle neu gewählten Ministerpräsidenten Dragiša Cvetković ein Abkommen unterzeichnete, in dem man sich über die Bildung der autonomen Banschaft Kroatien (Banovina Hrvatska) einigte. Maček wurde stellvertretender Ministerpräsident; zum Ban (Regierungsvertreter) wurde Ivan Šubašić ernannt. Es wurde die Wahl eines Sabors (Parlaments) vorgesehen. Justiz, Bildungswesen, Sozial- und Wirtschaftspolitik fielen in das Aufgabenfeld der Banovina. Die Ustaše aber stellten sich gegen diese nur teils umgesetzten Reformen: Sie bezeichneten das Maček-Cvetković-Abkommen (sporazum) als Verrat am kroatischen Volk und forderten eine radikalere „Lösung der kroatischen Frage“: die Auflösung Jugoslawiens und die Schaffung eines unabhängigen Kroatiens unter der Führung Ante Pavelićs.

II.  Der Unabhängige Staat Kroatien Am 25. März 1941 trat Jugoslawien, den Staaten Ungarn, Bulgarien und Rumänien folgend, dem Dreimächtepakt bei. Daraufhin stürzten serbische Generäle die Regierung in einem Staatsstreich und proklamierten den minderjährigen König Petar II. zum Nachfolger. Als Reaktion darauf ließ Hitler Belgrad bombardieren. Bei den Luftangriffen wurden 3.000 Menschen getötet und 9.000 Häuser zerstört. Jugoslawien sah sich gezwungen zu kapitulieren und wurde als Staat aufgelöst. Die geopolitische Zukunft des Landes lag von nun an in den Händen der Achsenmächte: Nach Meinung Karl Bömers, dem Ministerialdirigenten im Reichs­ propagandaministerium und Leiter der Pressestelle des Außenpolitischen Amtes der NSDAP, sei Jugoslawien „kein Staat, sondern nur ein zusammengewürfelter 12  „Zagabria

è troppo periferica ed è troppo inquinata da Ebrei, da falsi intellettuali opportunisti, che io in venti anni di mio soggiorno in quella città non ho mai voluto avvicinare.“ ACS, Ministero dell’Interno. Direzione Generale, Pubblica Sicurezza. Ispettorato generale di Pisa „Ercole Conti“ (im Folgenden PS, Ercole Conti) 1930 – 1943, K. 3, 16. 8. 1935. 13  Tomasevich, Rat i revolucija u Jugoslaviji, S. 38 f.

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B.  Historischer Kontext (1918 – 1945)

Haufen von Völkerschaften, die man zunächst einmal unterwerfe, um nachher zu bestimmen: Das bekommt ihr, das ihr, das behalten wir.“14 Diesem Prinzip folgend, wurde Slowenien zwischen Ungarn, Italien und Deutschland aufgeteilt: Serbien lag unter deutscher Militärbesatzung; Italien erhielt einen Teil Sloweniens, Dalmatien und Montenegro; Ostmazedonien fiel an Bulgarien; Südbaranja und Batschka wurden Ungarn zugeschlagen; während aus Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Syrmien und Teilen Dalmatiens der Unabhängige Staat Kroatien entstand. Am 10. April 1941 marschierte die Wehrmacht triumphierend in Zagreb ein. Kurz davor hatte Slavko Kvaternik, ehemaliger k.u.k. Offizier und Kriegsminister im Pavelić-Regime, die Gründung des USK im Radio verkündet. An der Führungsspitze des Vasallenstaates stand nicht Vladko Maček, den Hitler bevorzugt hätte, sondern Ante Pavelić, der erst nach der Ausrufung des Staates aus dem Exil zurückgekehrt war. Tatsächlich war der Unabhängige Staat Kroatien nur dem Namen nach unabhängig, da Italien und Deutschland den Staat als Besatzungsgebiet vereinnahmt und eine militärisch-wirtschaftliche Demarkationslinie durch das Land gezogen hatten. Einen Großteil des Küstenlandes Dalmatiens okkupierte die Zweite Italienische Armee (Seconda Armata) unter Führung des Generals Vittorio Ambrosio und später Mario Roatta. Italien hatte sein Interessengebiet in drei Zonen unterteilt: das annektierte Dalmatien (Zone I), das dalmatinische Hinterland (Zone II) und das Gebiet zwischen Zone II bis zur deutsch-italienischen Demarkationslinie (Zone III). Das italienische Militär blieb bis zur Kapitulation des faschistischen Italiens im September 1943 und hinterließ ein Land, an dessen Zerstörung es sich maßgeblich beteiligt hatte. Auch die Nationalsozialisten, mit ihrer Gesandtschaft in Zagreb unter Leitung des SA-Obergruppenführers Siegfried Kasche und der Dienststelle des Deutschen Bevollmächtigten Generals in Kroatien unter Edmund Glaise von Horstenau, waren darauf ausgerichtet, die Wirtschaftspolitik im USK sowie in ganz Südosteuropa zu steuern und vor allem die natürlichen Ressourcen auszubeuten. In Kooperation mit den Ustaše war es den Deutschen ein besonderes Anliegen, die „Judenfrage“ im USK komplett zu „lösen“ und die Kommunistinnen und Kommunisten, „Banden“ genannt, zu bekämpfen. Dazu dienten ihnen zwei Einsatzkommandos der Einsatzgruppe Jugoslawien, die Sicherheitspolizei und der Sicherheitsdienst unter Führung des SS-Sturmbannführers Hans Helm, dem Polizeiattaché in der deutschen Gesandtschaft. Der USK wurde in 22 Großgespanschaften (velike župe) eingeteilt, an deren Spitze ein von Ante Pavelić ernannter Großgespan stand. Die Organisation und Verwaltung der Bewegung – unter anderem die Kommandos Ustaša, der Weib­ liche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung und die Ustaša-Jugend – gliederten die Ustaše hierarchisch nach territorialen Einheiten: Stäbe/stožeri umfassten das Gebiet einer Großgespanschaft; Logoren/logori waren für die Organisation in einer 14 Bundesarchiv Berlin, Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, R/55/20001/h, 1941.

II.  Der Unabhängige Staat Kroatien

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Verwaltungseinheit (Stadt mit Umgebung) zuständig; in Taboren/tabori wurden Ustaša-Mitglieder einer Verwaltungsgemeinde zusammengefasst. Daneben gab es die Zbirovi, welche entweder ein Dorf oder einen Stadtteil umfassten.15 Die Führer/-innen eines Stabes nannten sich Stožernik/Stožernica, eines Logors Logornik/ Logornica und eines Tabors Tabornik/Tabornica.16 Über all den Organisationen stand das formal höchste Organ der Bewegung: Das Ustaša-Hauptquartier wurde durch den „Poglavnik“, den stellvertretenden Führer (doglavnici),17 den Adjutanten (pobočnici) und die Vertrauten (povjerenici) gebildet.18 Zu den Mitgliedern des Ustaša-Hauptquartiers gehörten die wichtigsten und führenden Ustaše. Im Korps der Adjutanten befand sich sogar eine Frau, die Führerin der Weiblichen Ustaša-Jugend Mira Vrljičak-Dugački. Das Ustaša-Hauptquartier war jedoch nie zusammenberufen worden und übte auch nicht die von ihm erwartete Aufgabe aus. So hatte Pavelić die Alleinmacht über das Organ, leitete es selbst und nahm sich heraus, alle Funktionäre zu wählen oder abzusetzen.19 Einen rein symbolisch-repräsentativen Charakter hatte genauso die Einberufung des Sabors, des Parlaments, im Januar 1942. In der „Anordnung über die Aufgabe, Organisation, Arbeit und Richtung der Ustaša, der kroatischen Befreiungsbewegung“ definierte Pavelić die Ustaša als eine völkische, nationalistische, politische, militärische, gesellschaftliche, arbeitende, sittliche und erziehende Bewegung, der sich unter anderem nur „geistig gesunde“ (duševno zdravi)20 Kroaten und Kroatinnen anschließen könnten. Charakteristikum dieser „Volksgemeinschaft“ war die sogenannte blutmäßige Verbundenheit des kroatischen Volkes, welches – nach Pavelić – nicht slawische, sondern germanische Vorfahren, die Goten, habe.21 Parolen als Ausdruck der Zusammengehörigkeit, wie „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ (probitak zajednice je pred probitkom pojedinca),22 übernahmen Schreibtisch-Ustaše von Nationalsozialisten und nutzten sie für ihre politischen Zwecke.

15  s. Propisnik o zadaći, ustrojstvu, radu i smjernicama „Ustaše“ Hrvatskog oslobodilačkog pokreta, Zagreb 1942. 16  Im November 1944 ließen die Ustaše diese Termini ändern. Siehe: Narodne novine, Nr.  271, 30. 11. 1944. 17  Unter den stellvertretenden Führern waren der Heerführer Slavko Kvaternik und der Unterrichtsminister Mile Budak. 18  Matković, Hrvoje, Povijest Nezavisne Države Hrvatske. Kratak pregled, Zagreb 1994, S. 72 ff. 19  Matković, Povijest Nezavisne Države Hrvatske, S. 74. 20  Propisnik o zadaći, ustrojstvu, radu i smjernicama „Ustaše“, S. 18. 21  Bogdan, Ivo (Hrsg.), Dr. Ante Pavelić riešio je hrvatsko pitanje, Zagreb 1942, S. 16. Dazu vgl. Jareb, Mario, Jesu li Hrvati postali Goti? Odnos ustaša i vlasti Nezavisne Države Hrvatske prema neslavenskim teorijama o podrijetlu Hrvata, in: Časopis za suvremenu povijest, 3 (2008), S. 869 – 882. 22  Propisnik o zadaći, ustrojstvu, radu i smjernicama „Ustaše“, S. 9.

B.  Historischer Kontext (1918 – 1945)

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Pavelić und seine Mitstreiter/-innen beriefen sich in den „Grundsätzen der kroatischen Ustaša-Bewegung“ (Načela hrvatskog Ustaškog pokreta) von 193323 auf die nationale Eigenständigkeit der Kroaten und auf die staatsrechtlich ununterbrochene kroatische Souveränität seit dem frühen Mittelalter. Ideologischer Vordenker der Ustaše war Ante Starčević, Gründer der Partei des Rechtes24 und Propagator eines großkroatischen Staates. Insbesondere bezogen sie sich in ihrer Propaganda auf die Tradition des Katholizismus. Die religiöse Zugehörigkeit war zwar mit der nationalen Identität eng verbunden, der Katholizismus konnte dennoch nicht zur alleinigen Staatsreligion erhoben werden, da die muslimische Bevölkerung – jedenfalls laut der Propaganda – im USK mit der christlich-katholischen gleichgestellt war. Vielmehr aber wurden die Moslems als „muslimische Kroaten“ klassifiziert. Pavelić definierte die Ustaša nicht als eine politische Partei, sondern als eine Armee, die immer für alles bereit sei, die nicht an sich denken würde, die vor ihren Augen nur die Heimat, den Staat und das Volk habe.25 Als antiliberale, antikommunistische und antisemitische Bewegung tendierten die Ustaše stark zur nationalsozialistischen und faschistischen Weltanschauung: Nach dem nationalsozialistischen Prinzip der Blut-und-Boden-Ideologie erklärte Pavelić in den „Grundsätzen“ das Bauerntum zum Fundament, zur Quelle jeden Lebens und zum Hauptträger aller politischen Macht. Den Unabhängigen Staat Kroatien betrachteten die Ustaše als Teil der „großen europäischen Familie“. Diese Zugehörigkeit sollte durch zwischenstaatliche Freundschaften, aber auch durch faschistisch konnotierte Sprach- und Symbolpolitik zum Ausdruck gebracht werden, die die Eigenheit der kroatischen Bewegung und des Staates hervorhob. Als Beispiel hierfür kann der bis heute in der kroatischen Gesellschaft kontrovers diskutierte „Ustaša-Gruß“ dienen, der von Pavelić erfunden wurde und geschichtsbezogene Wurzeln hat. Einem Journalisten erzählte Pavelić nach dem Krieg, er habe lange nach einem adäquaten Ustaša-Gruß 23 

1941 gab Ante Pavelić eine Neufassung der Grundsätze heraus. Die Gründer der Partei des Rechtes (auch Rechtspartei genannt) waren Ante Starčević und Eugen Kvaternik (hier ist nicht Eugen Dido Kvaternik gemeint). Die Partei des Rechtes wollte die kroatische Nation durch die Aussage stärken, alle Südslawen (außer den Bulgaren) seien Kroaten. Die Partei strebte einen großkroatischen Staat an, sie war Gegner der Standardisierung der kroatischen und serbischen Sprache und stand in Opposition zu den Ausgleichen von 1867/68. Träger der Partei des Rechtes war das Kleinbürgertum. Die größte Gefahr für das Kroatentum war nach Starčević der Herrschaftsanspruch Österreichs. Um die kroatische Identität und das kroatische Staatsrecht zu verteidigen, beriefen sich die Vertreter der Rechtspartei (pravaši genannt) auf eine jahrhundertealte staatliche Autonomie Kroatiens. Nach einem innerparteilichen Zwist gründeten Ante Starčević und Josip Frank am 22. Oktober 1895 die Reine Partei des Rechtes, die nach Starčevićs Tod im Jahre 1896 ganz unter der Führung Franks stand. Seine Anhänger nannten sich frankovci. Nach dem Fall Österreich-Ungarns gründeten Vertreter der verschiedenen Strömungen der Partei des Rechtes die Kroatische Partei des Rechtes (Hrvatska Stranka Prava, HSP). Vorsitzender war Dr. Vladimir Prebeg; sein Nachfolger wurde Ante Pavelić. 1929 wurde die Partei verboten. Zur Geschichte der Partei des Rechtes siehe vor allem die Standardwerke von Mirjana Gross: Povijest pravaške ideologije, Zagreb 1973 und Izvorno pravaštvo, Zagreb 2000. 25  Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1942, S. 13. 24 

II.  Der Unabhängige Staat Kroatien

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gesucht, der – anders als die Slogans der Starčević-Partei „Gott und Kroaten“ (Bog i hrvati) und „Kroatien den Kroaten“ (Hrvatska hrvatom) – militärischer klingen sollte. In Geschichtsbüchern fand er schließlich eine Aussage des kroatischen Königs Petar Krešimir IV aus dem Jahr 1069, in der er das Wort „bereit“ (spremni) benutzte. Als Pavelić sich daraufhin fragte, für was man „bereit“ sein sollte, kam er schnell zum Schluss, dass dies nur „für die Heimat“ (za dom) sein konnte.26 Verknüpft wurde der Gruß mit der Hebung der rechten Hand, wie es die Praxis im nationalsozialistischen Deutschland und im faschistischen Italien war. Die Ustaša imitierte im Aufholtempo die beiden Staaten bei der Implementierung der Diktatur, zu der der Führerkult und die Gründung von zur Bewegung gehörenden Organisationen (Ustaša-Jugend, Ustaša-Frauenorganisation, Arbeitsdienst usw.) zählten – um hier nur einige Beispiele zu nennen. Rassismus war in der Ustaša ebenso stark ausgeprägt und führte schließlich dazu, dass im USK Genozid an der serbischen, jüdischen und Roma-Bevölkerung systematisch geplant und vollstreckt wurde. All diese Faktoren weisen auf einen kroatischen Faschismus hin, der nicht nur Kopie anderer Faschismen zu sein gedachte, sondern sich im europäischen Kontext in seiner Einzigartigkeit präsentieren wollte. Die Ustaše aber hielten an der Vorstellung fest, eine unabhängige und eigenständige Bewegung geschaffen zu haben, weder faschistisch noch nationalsozialistisch, sondern rein national-kroatisch. Die führende Gruppe der Bewegung schaffte sich durch diese taktische Inszenierung den Freiraum, ihre Interessen – je nach politischen Konstellationen und Möglichkeiten – bei den italienischen, deutschen und letztlich auch bei den alliierten Mächten strategisch auszuspielen. Im Unterschied zum italienischen Faschismus und dem Nationalsozialismus entwickelte sich die Ustaša allerdings nie zu einer Massenorganisation. Sympathisanten fand sie im rechten Flügel der Bauernpartei, bei den pravaši, einigen Geistlichen, national gesinnten Intellektuellen, wie Filip Lukas, dem Präsidenten des Kulturhauses Matica Hrvatska, und Studierenden, die ihre nationale Gesinnung in Studentenvereinen zum Ausdruck brachten.27 Jedoch besaß die Ustaša weder vor noch nach ihrer Machtübernahme eine große Anhängerschaft. Die italienischen und deutschen Militär-Berichterstatter beurteilten daher die politische Stimmung im USK entsprechend: Die Gesamtbevölkerung zeige wenig Interesse an der Ustaša-Bewegung, sie sei im kroatischen Volk nicht verwurzelt, sondern wäre „nur von einer Gruppe von Menschen ins Lebens gerufen, die sich in ihrer politischen Mission einfach überschätzte“.28 In einem „Bericht über die Reise in Südost“, unter den Teilnehmern befand sich Oberleutnant Boehnke, wurde die Zahl der Ustaša-Anhänger auf drei Prozent der Bevölkerung geschätzt.29 Auch die Italiener 26 

Ustaša, Nr. 11 – 12, November 1980, S. 30. Calic, Marie-Janine, Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert, München 2010, S. 139; Zelić, Nezavisna Država Hrvatska, S. 16 – 18. 28  Bundesarchiv Berlin, NS/30/173, Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, 14. 12. 1943. 29  Bundesarchiv Militärarchiv Freiburg, RH 2/683, Oberkommando des Heeres/Generalstab des Heeres, 10. – 14. 2. 1943. 27 

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B.  Historischer Kontext (1918 – 1945)

bemerkten die zahlenmäßig geringen Einschreibungen in die Ustaša-Bewegung in der dritten Zone. Nach einem italienischen Situationsbericht gab es beispielsweise in der 5000-Seelen-Stadt Jastrebarsko nur zehn Ustaša-Mitglieder.30 Die Zivilbevölkerung war nach Angaben aller Konfliktbeteiligten kriegsmüde. Die Armut stieg drastisch durch das Plündern der Nahrungsvorräte und das Stehlen des Viehs durch die in- und ausländischen Streitkräfte.31 Weigerte sich jemand, sein Haus und seine Nahrungsmittel dem jeweiligen Militär zur Verfügung zu stellen, war es keine Ausnahme, dass der Besitz zerstört und Einwohner hingerichtet wurden. Die Bevölkerung lebte somit stetig in Angst um ihre Existenz. Massenmorde an Unschuldigen prägten diesen Krieg massiv: So tötete beispielsweise die 7. SS-Division Prinz Eugen allein an einem Tag, dem 28. März 1944, ungefähr 834  Menschen in den dalmatinischen Dörfern Ruda, Gala und Otok und brannte 500  Häuser nieder. Infolgedessen war die Aversion der einheimischen Bevölkerung gegenüber den Okkupanten sehr hoch: Nach Angaben der Deutschen waren 80 Prozent der Einwohner im USK anti-deutsch eingestellt,32 während das italienische Militär die Anzahl ihrer Gegner auf 90 Prozent der Bevölkerung bezifferte.33 Die katholische Geistlichkeit stand den Verbündeten und der Ustaša zunächst positiv gegenüber, da diese gegen den gemeinsamen kommunistischen Feind kämpften. Dennoch: Ein Teil der Geistlichkeit und einige Mitglieder katholischer Organisationen waren zwar national, aber nicht nationalistisch beziehungsweise pro Ustaša eingestellt, so dass die Ustaša-Bewegung nur teilweise auf ihr Engagement zählen konnte.34 Alojzije Stepinac35, von 1937 bis 1945 Erzbischof von Zagreb, lehnte sich öffentlich gegen die Ustaše auf: So soll er laut einem deutschen Situa­ tionsberichts das kroatische Volk indirekt aufgefordert haben, sich Titos-„Volksbefreiungsfront“ anzuschließen.36 Zudem rettete er das Leben verfolgter Men-

30  Archivio dell’Ufficio Storico dello Stato Maggiore dell’Esercito (im Folgenden AUSSME), Diari Storici (im Folgenden DS), K. 1358, 31. 1. 1942. 31  Zu den Plünderungen durch die Deutschen auf der dalmatinischen Insel Brač siehe die Ausführungen in den Tagebuchaufzeichnungen von Lujza Janović-Wagner in: Grković-Janović, Lujzin dnevnik, S. 90 f. 32  Bundesarchiv Berlin, NS 30/173, Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, 14. 12. 1943. 33  ACS, Ministero dell’Interno, Direzione Generale, Pubblica Sicurezza, Divisione affari generali e riservati, Archivio generale, A5G, Seconda guerra mondiale, K. 129, 28. 3. 1942. 34  Nach Aussage des inhaftierten katholischen Priesters Đuro Marić seien die jungen Mitglieder im Kreuzritter nicht im Geiste der Ustaša erzogen worden, sondern im religiös-moralischen und kroatischen Sinne. Siehe: Hrvatski Državni Arhiv (weiter HDA), Služba državne sigurnosti Republičkog sekretarijata za unutrašnje poslove Socijalističke Republike Hrvatske (weiter SDS RSUP SRH) – 1561, Katolička crkva, K.  9, Signatur (im Folgenden Sig.) 001. 4. 3 (Historijski presjek katoličke organizacije „Križari“ – Razvoj Orlovskokrižarske organizacije), undatiert. 35  Über Stepinac siehe Stahl, Claudia, Alojzije Stepinac. Die Biografie, Paderborn 2017. 36  Bundesarchiv Berlin, Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, NS 30/173, 14. 1. 1943.

III.  Diskriminierungsmaßnahmen, Verbrechen und Völkermord

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schen.37 Trotzdem wurde (und wird) ihm der Vorwurf gemacht, die verbrecherische Ustaša-Politik gegenüber Serbinnen und Serben unterstützt zu haben, da er serbisch-orthodoxe Gläubige tatsächlich umtaufen ließ. Trotz ihrer Konversion zum katholischen Glauben wurden diese Menschen von den Ustaše weiterhin verfolgt.

III.  Diskriminierungsmaßnahmen, Verbrechen und Völkermord Rechtlich sanktionierte Diskriminierungen gegen die serbische, jüdische und Roma-Bevölkerung traten sofort nach Gründung des USK auf. Die serbischen Bewohner im USK waren Opfer zahlreicher Repressalien und Massenmorde, so in Gudovac bei Bjelovar, Veljun und Umgebung, in Glina und in verschiedenen Dörfern in der Lika, im dalmatinischen Hinterland, in der Herzegowina und anderswo.38 Die Ustaše gingen kurz nach der Machtübernahme von Dorf zu Dorf und löschten auf äußerst brutale Weise Menschenleben aus, brannten Häuser nieder, vergewaltigten Frauen und deportierten die Männer im Juli 1941 in die Konzentrationslager im Velebit-Gebirge und auf der Insel Pag. Da dieses Territorium im August 1941 als Zone II von den Italienern okkupiert wurde, hatten die Ustaše die Häftlinge entweder liquidiert oder in die Lagerkomplexe von Jasenovac, dem größten Vernichtungs- und Arbeitslager im USK, deportiert. Die Frauen und Kinder, die sich vor den Mordaktionen retten konnten, suchten aus Verzweiflung Hilfe bei den neuen italienischen Machthabern. Nur selten konnte ihnen geholfen werden.39 Das italienische Militär wusste von den Verbrechen der Ustaše, schien aber mit der chaotischen Situation überfordert zu sein und griff wegen des Risikos, die Beziehung zwischen Italien und dem USK zu stören, meist nicht in die verbrecherischen Aktionen der Ustaše ein.40 Im Unabhängigen Staat Kroatien und in der italienischen Zone Dalmatiens gab es circa dreißig Arbeits-, Transit-, Sammel- und Vernichtungslager. Am 15. April 1941, nur fünf Tage nach der Errichtung des Ustaša-Staates, wurde das erste Konzentrationslager bei Koprivnica in der Fabrik Danica errichtet. Danach entstanden weitere Lager u. a. in den Orten Kruščica bei Travnik, Jasenovac, Đakovo, Sisak, Lepoglava, Jadovno, Loborgrad. Für Frauen und Kinder wurden Sammelund Transitlager in Đakovo, Stara Gradiška, Loborgrad, Gornja Rijeka und Sisak eingerichtet.41 Das größte Vernichtungs- und Arbeitslager im Unabhängigen 37  Gitman, Esther, When Courage Prevailed. The Rescue and Survival of Jews in the Independent State of Croatia 1941 – 1945, St. Paul 2011, S. 93 – 126. 38  Goldstein, Ivo, Hrvatska povijest, Zagreb 2003, S. 278. 39  AUSSME, DS, K. 568, 16. 8. 1941. 40  Über das kroatisch-italienische Verhältnis siehe: Kisić-Kolanović, Nada, NDH i Italija: političke veze i diplomatski odnosi, Zagreb 2001; Gobetti, Eric, L’occupazione allegra. Gli italiani in Jugoslavia (1941 – 1943), Rom 2007; Becherelli, Alberto, Italia e Stato Indipendente Croato, 1941 – 1943, Rom 2013. 41  Peršen, Mirko, Ustaški logori, Zagreb 1990, S. 291 – 267.

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B.  Historischer Kontext (1918 – 1945)

Staat Kroatien und in ganz Südosteuropa war Jasenovac. Krieg und Terror forderten letztlich das Leben einer halben Million Serben42, von 200.000 Kroaten sowie 100.000 Muslimen.43 Für die Akteure des Verbrechens im USK galt die Unterdrückung der kroatischen Nation während der monarchischen Diktatur als Argument für das Vernichten der serbischen Bevölkerung. Juraj (Juco) Rukavina, Funktionär im Logor Knin, erklärte dem italienischen Militär im Juni 1941 seine Motive für die Racheausübungen der Ustaše in Knin und Umgebung: „Vielleicht wissen Sie es nicht, aber ich habe zehn Jahre serbischer Gefangenschaft hinter mir. Wenn ich serbische Gefangenschaft sage, möchte ich auf das System, welches die Herren gegen politisch Gefangene nutzten, anspielen. Die Schläge waren regelmäßiger als die Mahlzeiten. Kein Teil meines Körpers wurde verschont, nicht einmal die Zähne, die mit unbeschreiblicher Grausamkeit herausgezogen wurden. Sie verstehen nicht, welche Gefühle in mir geweckt werden, nur wenn ich einen Serben sehe. […] Wir haben uns gerächt – wir haben insbesondere diejenigen nicht verschont, die auf der Četnik44 -Liste waren. Ich bin derjenige, der die Racheakte nach den erhaltenen Instruktionen befohlen hat. Deswegen habe ich keinen Grund, mich zu rechtfertigen. Ich sage euch aber, dass einige Behauptungen übertrieben sind und andere nicht der Wahrheit entsprechen.“45

Die im Gefängnis erfahrene Gewalt führte bei vielen Ustaša-Anhängern zu extremen Hassgefühlen nicht nur gegen die serbischen Politiker, sondern auch gegen die serbische Bevölkerung im Allgemeinen. Die rechtliche Diskriminierung von Juden nahm ihren Anfang bereits in Jugoslawien, als zwei anti-jüdische Gesetze, welche die Ausgrenzung aus Wirtschaft und Bildung betrafen, unter dem Druck Deutschlands und auf Vorschlag des jugosla-

42  Im Februar 1943 schätzte das deutsche Militär die Zahl der getöteten Serben im USK auf 250.000; nach serbischer Zählung waren es 700.000, nach kroatischer 500.000. Bundesarchiv Militärarchiv Freiburg im Breisgau, RH 2/683, Oberkommando des Heeres/Generalstab des Heeres, 10. 2.–14. 2. 1943. 43  Sundhaussen, Holm, Experiment Jugoslawien. Von der Staatsgründung bis zum Staatszerfall, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1993, S. 95. 44  Die Četniks, zu deutsch „die Schar“, waren serbische Guerillatrupps unter Führung des Oberst Dragoljub Mihailović, die der serbischen Monarchie treu waren. Sie mobilisierten Frauen auch aus der im Jahre 1903 gegründeten humanitären und kulturellen Organisation Kolo srpskih sestara (Kreis der serbischen Schwestern). 45  „Forse non lo sapete, ma io al mio attivo ho dieci anni di carcere serbo. Quando dico carcere serbo voglio alludere ai sistemi che quei signori usavano verso i carcerati politici. Le percosse erano più regolari dei pasti. Nessuna parte del mio corpo è stata risparmiata, neppure i denti che mi venivano estratti con indescrivibile ferocia. Voi non comprenderete quali sentimenti si risveglino in me alla semplice vista di un serbo. […] Noi abbiamo fatto delle vendette – non abbiamo risparmiato specialmente coloro che erano nelle liste dei četnici. Io sono colui che ha ordinato le vendette in seguito alle istruzioni ricevute, perciò non ho bisogno di giustificarmi, vi dico però che certe voci che circolano sono esagerate ed altre non corrispondono a verità.“ AUSSME, DS, K. 523, 13. 6. 1941.

III.  Diskriminierungsmaßnahmen, Verbrechen und Völkermord

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wischen Innenministers Anton Korošec verabschiedet wurden.46 Im Oktober 1940 begann dann die Verstaatlichung beziehungsweise die „Entjudung“ der Wirtschaft im Lebensmittelhandel und ähnlichen Erwerbszweigen, wobei den Betrieben in jüdischem Besitz, aber auch in Teilbesitz, der Großhandel verboten wurde. Das zweite Gesetz beinhaltete einen Numerus clausus für jüdische Schüler und Studenten an Mittel- und Hochschulen, weil diese angeblich im Vergleich zu christlichen und muslimischen Auszubildenden überproportional im Staatsdienst vertreten waren.47 Juden fühlten sich daher auch in Jugoslawien nicht mehr sicher: Bereits nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland sprachen sich die tragischen Erlebnisse jüdischer Flüchtlinge aus dem „Deutschen Reich“ herum, die in Jugoslawien Schutz gesucht hatten. Sowohl die einheimischen als auch die geflüchteten Juden konnten zu dieser Zeit das Ausmaß des Verbrechens an der jüdischen Bevölkerung in Europa noch nicht erkennen. Mirjana Gross beispielsweise hielt sich als junge jüdische Frau in einem Dorf nahe Zagreb versteckt, bis sie und ihre Eltern 1943 verhaftet und in das deutsche KZ Buchenwald deportiert wurden. Später kam sie mit ihrer Mutter in das größte deutsche Frauenkonzentrationslager in Ravensbrück. Ihre damaligen Vorstellungen über das Lager schildert sie mit den Worten: „Als sie uns in das Lager [Ravensbrück] brachten, haben wir ein großes Unglück erwartet, aber nicht das Schlimmste. Wir dachten, das sei ein Arbeitslager und dass wir irgendwie davonkommen werden.“48

In Ravensbrück leistete Mirjana Gross Zwangsarbeit für die Firma Siemens. Ihr Vater Mavro Gross, von Beruf Handelsmann, wurde in Buchenwald ermordet. Die Gesetzesverordnung über die Rassenzugehörigkeit (Zakonska odredba o rasnoj pripadnosti) sowie das Gesetz zum Schutze des kroatischen Blutes und der kroatischen Ehre (Zakonska odredba o zaštiti krvi i časti Hrvatskog naroda) bildeten den maßgeblichen Grundstein für die von den Ustaše begangenen Verbrechen. Mit der Durchsetzung von rassistischen „arischen“ Gesetzen und Verordnungen wurde das rechtliche, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Leben der Juden stark beeinträchtigt. Trotz dieser Maßnahmen bekundeten die Deutschen ihre Unzufriedenheit über den Umgang mit der jüdischen Bevölkerung im USK.49 So beschwer46  Maček, Vladko, Memoari, hrsg. v. Boris Urbić, Zagreb 2003, S. 204; Goldstein, Ivo, Dva antisemitska zakona u Kraljevini Jugoslaviji 1940. godine, in: Agičić, Damir (Hrsg.), Zbornik Mire Kolar-Dimitrijević: zbornik radova povodom 70. rođendana, Zagreb 2003, S.  395 – 405. 47  Goldstein, Dva antisemitska zakona, S. 395 – 405. 48  „Kad su nas odveli u logor [Ravensbrück] onda smo mi očekivali jako veliko zlo, ali ne ono najgore. Mi smo mislili da je to radni logor i da ćemo se nekako izvući.“ Interview mit Prof. Dr. Mirjana Gross am 28. 5. 2008 in Zagreb. Mirjana Gross lebte nach dem Krieg wieder in der kroatischen Hauptstadt. Sie studierte Geschichte an der Philosophischen Fakultät in Zagreb. 1976 wurde sie zur ordentlichen Professorin ernannt. Sie starb am 23. Juli 2012. 49  Bundesarchiv, Berlin, NS 26/1421, Hauptarchiv der NSDAP, 18. 12. 1942.

B.  Historischer Kontext (1918 – 1945)

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ten sie sich beispielsweise über das angeblich „freche Benehmen“ von Händlern in Tuzla, die trotz Verbots wieder in ihre Geschäfte zurückgekehrt wären.50 Ein Dorn im Auge waren den Nationalsozialisten insbesondere assimilierte Juden in der kroatischen Führungsspitze: Vlado Singer – Ustaša-Anhänger seit den ersten Gründungsjahren, im politischen Exil in Italien, seit 1941 Chef der Personalabteilung im Ustaša-Hauptquartier und später verantwortlich für die Abteilung Sicherheitsdienst im Ustaša-Aufsichtssamt – verschwand im September 1941 von der politischen Bühne und wurde ein Jahr später im KZ Stara Gradiška (Jasenovac V) umgebracht. Von seinen Zeitgenossen wurde vermutet, Singer sei liquidiert worden, weil ihn Pavelić – unter Druck der Deutschen – als sogenannten Halbjuden nicht in einer führenden Funktion walten lassen konnte.51 Den Intentionen der deutschen Machthaber kam es sehr entgegen, dass es auch das ausdrückliche Interesse der Ustaše war, die jüdische Bevölkerung zu enteignen und zu vernichten. So berichtete das italienische Innenministerium, in Zagreb seien an einem einzigen Tag, dem 9. Januar 1942, 500 Juden in Konzentrationslager deportiert worden. Der „Poglavnik“ habe verkündet, dass Ende des Monats die wenigen Hundert Juden aus Zagreb ebenfalls deportiert werden sollten.52 Nach der Vereinbarung zwischen der Ustaša-Führung und den Deutschen wurde die jüdische Bevölkerung – nach der Wannsee-Konferenz im Januar 1942 – auch in die Konzentrationslager des „Dritten Reiches“ verschleppt.53 Die nicht verfolgte Zivilbevölkerung im Unabhängigen Staat Kroatien war Zeuge der gesetzlichen Diskriminierung, Deportation und Enteignung der jüdischen Mitbürger. Schon am 7. Juni 1941, also nur zwei Monate nachdem die Ustaše an die Macht gekommen waren, notierte Lujza Janović-Wagner in ihrem Tagebuch, welches sie zu diesem Zeitpunkt in der dalmatinischen Stadt Split schrieb, dass Juden und Serben in Zagreb verunglücken würden, die Gefängnisse voll seien und Denunziationen an der Tagesordnung sein würden.54 Die Abtransporte von Juden in die Konzentrationslager wurden von der nicht-jüdischen Bevölkerung ohne Zweifel wahrgenommen, wie hier aus der Aussage von der Zeitzeugin Vera Puhlovski deutlich wird: „In einem Haus [in Koprivnica] lebten Juden. Ich habe mich sehr gut mit ihnen verstanden. Und eines Nachts hörte ich Schreie und ich kam ans Fenster und sie [die Ustaše] haben sie [die jüdischen Menschen] abtransportiert, in irgendwelchen geschlossenen Lastwagen, und haben sie fortgeschafft. Meine Freundinnen waren Edita und Zlata. Sie 50 

Bundesarchiv, Berlin, NS/30/173, Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, 16. 9. 1943. Goldstein, Ivo/Goldstein, Slavko, Holokaust u Zagrebu, Zagreb 2001, S. 619 ff. Das Buch erschien 2016 unter dem Titel „The Holocaust in Croatia“. 52  ACS, Ministero dell’Interno, Direzione Generale, Pubblica Sicurezza, Divisione affari generali e riservati, Archivio generale, Categoria A16 – stranieri ed ebrei stranieri, K. 5, 15. 1. 1942. 53  Goldstein/Goldstein, Holokaust u Zagrebu, S. 407. Über die Verfolgung und Vernichtung der Juden siehe auch: Tauber, Eli, Holokaust u Bosni i Hercegovini, Sarajevo 2014. 54  Grković-Janović, Lujzin dnevnik, S. 28. 51 

IV.  Die jugoslawische Widerstandsbewegung

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waren sehr liebenswürdig. Und dann kam ich auf den Bahnhof. Sie waren in Waggons eingeschlossen. Sie wurden streng bewacht. Drumherum spazierten die Ustaše. Dann bat ich [einen von ihnen], ob ich wenigstens Wasser bringen könnte. Ich sagte: ‚Hör mal, vielleicht ist dein Bruder auch irgendwo hungrig und durstig‘, so hab ich es ihm gesagt. Etwas konnte ich reinwerfen, aber ich wusste nicht, ob [in diesem Waggon] Edita war oder nicht. Und so ist sie verschwunden. Sie hätte sich retten können, weil sich einer in sie verliebt hatte, ein Zagreber. Aber sie hatte es nicht, sie blieb bei ihrer Familie und kam in Jasenovac um. Edita Levi hieß sie.“55

Wegen der im Unabhängigen Staat Kroatien bekannt gewordenen brutalen Mordmethoden der Ustaše versuchten Tausende von Juden, in die italienische Zone zu gelangen. David Hajon, Präsident der jüdischen Gemeinde in Mostar, ging sogar einen Schritt weiter und bat die Seconda Armata, 300 Juden aus Bosnien und Herzegowina in ein italienisches Konzentrationslager zu deportieren, falls ihnen die Flucht nach Italien, die die Juden teilweise selbst zahlen könnten, nicht gewährt würde.56 Tausende jüdische Flüchtlinge gelangten zwar in die italienische Zone, aber nur etwa 200 Menschen konnten tatsächlich dem Tod entrinnen.57 Die Ustaše und die Nationalsozialisten erreichten schließlich, dass 80 Prozent der jüdischen Bevölkerung im USK dem Völkermord zum Opfer fielen.

IV.  Die jugoslawische Widerstandsbewegung Die Begeisterung, endlich in einem von der Königsdiktatur losgelösten Staat zu leben, kippte schnell in Enttäuschung um, da Gewaltakte der Ustaše sowie der nationalsozialistischen und faschistischen Besatzer bald im ganzen USK an der Tagesordnung waren. Die Annexion Dalmatiens durch Italien wurde vom Großteil 55  „U jednoj kući [u Koprivnici] su živjeli Židovi. Jako sam se dobro slagala s njima. I jedne noći sam čula vriskove i dođem na prozor, oni [ustaše] su njih [židovske stanovnike] transportirali u zatvorene neke kamione i odvozili. Imala sam Editu i Zlatu, dvije prijateljice, jako drage su bile. I onda sam došla na kolodvor. Oni su bili zatvoreni u vagonima. Jako su bili čuvani. Okolo su šetali ustaše. Onda sam zamolila [jednog od njih] ako mogu bar vode odnijeti. Rekla sam: ‚Čuj, možda je tvoj brat isto negdje žedan i gladan‘, tak sam mu rekla. Nešto sam mogla ubaciti, al nisam znala jel je tu [u tom vagonu] Edita ili nije. I tako, ona je nestala. Ona je mogla se spasiti, jer se jedan zaljubio u nju, Zagrepčanin. Ali nije, ona je ostala sa svojom obitelji i stradala u Jasenovcu. Edita Levi se zvala.“ Interview mit Vera Puhlovski am 31. 10. 2008 in Zagreb. Es sei angemerkt, dass im Namensverzeichnis der Gedenkstätte Jasenovac Edita Levi (oder Levy) nicht vorkommt. 56  ACS, T-821, R. 401, 4. 12. 1941. 57  Über die Rettung von Juden in der italienischen Zone siehe: Gitman, When Courage Prevailed, S. 127 – 157 und Grünfelder, Anna Maria, Von der Shoa eingeholt: ausländische jüdische Flüchtlinge im ehemaligen Jugoslawien 1933 – 1945, Wien/Köln/Weimar 2013. Über den Holocaust in Jugoslawien siehe das aktuelle Werk: Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Band 14: Besetztes Südosteuropa und Italien, hrsg. v. Bundesarchiv. Institut für Zeitgeschichte, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Freiburg, bearbeitet von Sara Berger, Erwin Lewin, Sanela Schmid und Maria Vassilikou, Berlin 2017.

B.  Historischer Kontext (1918 – 1945)

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der kroatischen Bevölkerung als Verrat am eigenen Volk empfunden. Es war die erste Guerillaformation in Kroatien, gegründet am Tag des Überfalls Deutschlands auf die Sowjetunion, den 22. Juni 1941, die den Schienenweg Sisak–Sunja verminte und damit den Anstoß zum bewaffneten Widerstand gab. Auch junge Frauen, wie die Mitglieder des Bundes der Kommunistischen Jugend Jugoslawiens (Savez Komunističke Omladine Jugoslavije, SKOJ) Katica Kušec und die später zur jugoslawischen Nationalheldin erklärte Nada Dimić, schlossen sich dieser Partisanengruppe an. An der Spitze der aus antifaschistischen und kommunistischen Partisaninnen und Partisanen zusammengesetzten Volksbefreiungsbewegung stand Marschall Josip Broz Tito. Ihre eigene politische Organisation, den Antifaschistischen Rat der Nationalen Befreiung Jugoslawiens (Antifašističko vijeće narodnog oslobođenja Jugoslavije, AVNOJ), errichteten die jugoslawischen Widerstandskämpfer am 26./27. November 1942 in Konkurrenz zur USK-Regierung, der serbischen Nedićund zur Exilregierung. Ein Jahr später beschloss in Jajce der AVNOJ die Errichtung Jugoslawiens auf föderativer Basis.58 Widerstand wurde auf verschiedene Weise geleistet: Anfangs konzentrierte sich der Kampf auf das Sprengen von Zugstrecken, Sabotageaktionen, Verbreitung von Flugzettel und ähnlichem. Zwar gab es regionale Einheiten; diese aber verfügten über eine mangelnde militärische Ausrüstung. Im September 1941 gliederte Josip Broz Tito diese Einheiten, die ca. 15.000 Kämpfer/-innen vorweisen konnten, in die Partisanenarmee Jugoslawiens (Partizanska vojska Jugoslavije) ein. 1942 wurde diese in Volksbefreiungsarmee (Narodnooslobodilačka vojska, NOV) umbenannt, später erhielt sie den Namen Jugoslawische Armee (Jugoslavenska Armija, JA). Diese ging in die Offensive gegen die Četniks, die Deutschen, Italiener und Ustaše und konnte bald mithilfe der Alliierten, die Waffen und medizinische Hilfsmittel zur Verfügung stellten, große Territorien erobern. In den befreiten Gebieten wurden anschließend Zivilverwaltungen in Form von Nationalen Befreiungsausschüssen (Narodnooslobodilački odbori, NOO) errichtet. In der Regel schlossen sich die Südslawen der Partisanenbewegung freiwillig an, schließlich waren die meisten Menschen im ehemaligen Jugoslawien vom faschistischen Terror bedroht; allerdings wurden seitens der NOV auch Zwangsrekrutierungen vorgenommen.59 Wenn sie etwa einen Ort militärisch eroberten oder sich dort eine Zeit lang aufhielten, erwarteten sie von der Bevölkerung, dass sie von ihr verpflegt werden. Da ihr Dasein stark von der Solidarität der Zivilbevölkerung abhing, musste sich die Armee des Widerstandskampfes gegenüber Personen aller südslawischen Nationalitäten korrekt verhalten. Kam es vor, dass Partisanen 58 Dazu

Goldstein, Ivo, Hrvatska povijest, Zagreb 2003, S. 282 – 298. Mara Trnačić aus Slawonien wurde vom eigenen Ehemann genötigt, sich der „Volksbefreiungsbewegung“ anzuschließen. Es gelang ihr, nach nur zwei Tagen von den Partisanen zu flüchten und anschließend den Vorfall der Polizei zu melden. Državni Arhiv Slavonski Brod (im Folgenden DASB), Arhiv centra za povijest Slavonije i Baranje u Slavonskom Brodu, K. 216, 3. 11. 1943. 59 

IV.  Die jugoslawische Widerstandsbewegung

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von der Bevölkerung etwas stahlen, wurden die Diebe, vor der ganzen Einheit, getötet. Das strenge Disziplinarverfahren gegenüber dem eigenen Militär sollte die Solidarität der Volksbefreiungsarmee mit der Bevölkerung demonstrieren. Andererseits sind Fälle bekannt, die bezeugen, dass auch die Volksbefreiungsarmee bereits vor den Massenexekutionen im Frühjahr 1945 Kriegsverbrechen verübt hat. So gaben italienische Berichterstatter Auskunft über kommunistische Repressalien gegen diejenigen Bewohner Drvars (und anderer Gebiete), die bei der Ankunft der Italiener nicht geflohen waren und infolgedessen als vermeintliche Sympathisanten der Italiener gebrandmarkt und anschließend von den Partisanen erschossen worden waren.60 Ivan Botica aus Slawonien berichtete wiederum, dass er als junger Mann nach nur einigen Monaten Titos Armee verließ, weil er Zeuge von Morden an Kleinkindern der Ustaša-Anhänger durch die Partisanen wurde.61 Im Oktober 1944 befreite die Volksbefreiungsarmee gemeinsam mit der Roten Armee Belgrad. Es folgten Sarajevo im April und schließlich Zagreb im Mai 1945. Zivilistinnen und Zivilisten, die Wehrmacht, die Heimwehr (domobrani), die reguläre kroatische Armee, Četniks, die slowenische Landwehr und führende Ustaše flüchteten Richtung Slowenien und Österreich vor der befürchteten militärischen Abrechnung durch die Jugoslawische Armee. Einige Ustaša-Größen, darunter Pavelić und seine Familie, entkamen erfolgreich nach Österreich, Italien und schließlich nach Argentinien. Zehntausende andere Geflüchtete wurden von der Jugoslawischen Armee vor Ort ermordet und in Massengräbern verscharrt.62

60 

AUSSME, DS, K. 999, 26. 4. 1942. Interview mit Ivan Botica am 16. 8. 2008 in Slavonski Brod. 62 Vgl. Biondich, Marc, Representations of the Holocaust and Historical Debates in Croatia since 1989, in: Himka, John-Paul/Michlic B. Joanna, Bringing the Dark Past to Light: the Reception of Holocaust in Postcommunist Europe, Lincoln 2013, S. 131 – 165. 61 

C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941) Bis zur Machtübernahme Pavelićs im April 1941 wurde den Ustaša-orientierten Frauen – entgegen ihrer traditionellen Rolle als Mutter und Hausfrau – die Aufgabe erteilt, an der Seite des Mannes in der Untergrundarbeit gegen die jugoslawische Königsdiktatur mitzuwirken. Um die Anhängerschaft von Frauen warb die Ustaša besonders, da sich viele männliche Ustaša-Mitglieder monate- oder gar jahrelang entweder im Exil oder im Gefängnis befanden.1 Damit öffnete sich einigen Frauen eine politische Sphäre, die ihnen lange Zeit verschlossen geblieben war. Hatten Ustaše in der „Kampfzeit“ verkündet, die Frau habe die Aufgabe, Kinder zu gebären und sie patriotisch zu erziehen, so propagierten sie nun gleichzeitig, die Frau sei auch eine Kroatin, die als „treue Kriegsgefährtin“ (vijerni ratni drug) dem Mann im Kampf um die Unabhängigkeit Kroatiens – wie ein Soldat – folge.2 Es wurde betont, dass es sich um eine besondere Zeit handele, in der große Opfer gebracht werden müssten. Aus diesem Grund sollten die Ehefrauen ihren Gatten keine Fragen stellen, denn ihre weibliche „weiche Art würde einige Erklärungen ohne Schmerz und Trauer oft nicht verkraften“ (jer vaša meka narav često ne bi podnijela bez boli i tuge mnoga tumačenja). „Ihr dürft nicht vergessen, dass ihr in Tagen des Kampfes in erster Linie und vor allem Kroatinnen seid, und dann Frauen: Ihr müsst alles tun und tragen, was unsere Bewegung nach vorne bringt, was ihr hilft und sie stärkt“,3

hieß es weiter im argentinischen Exil-Blatt der Ustaše. Zwar wurden für Frauen in der Ustaša-Bewegung Räume geschaffen, in denen sie politisch wirken konnten, aber die traditionelle Vormachtstellung der Männer in der Politik war unantastbar und sollte nicht in Frage gestellt werden. Die „Erstkämpferinnen“ waren in ihrer Funktion dennoch keineswegs nur „Helferinnen der Männer“, im Gegenteil: Sie beteiligten sich, wie im Folgenden gezeigt werden soll, an der illegalen Arbeit der Ustaša sowohl in Jugoslawien als auch im politischen Exil. Sie verfolgten in den Medien das aktuelle politische Geschehen und konnten dadurch ihren Familienangehörigen und politischen Gleichgesinnten in verschiedenen prekären Situationen beratend zur Seite stehen. Sie agierten als Informantinnen, Vermittlerinnen, Kurierinnen oder Spioninnen. Sie verbreiteten 1 

Ustaška Mladež, Omladinski prilog Ustaše, Nr. 6, 7. 9. 1941, S. 6. Budak, Mile (Hrsg.), Nezavisna Država Hrvatska: Godišnjak, Buenos Aires 1934, S. 80 f. 3  „U danima borbe ne smijete zaboraviti, da ste u prvom redu i prije svega Hrvatice, a onda istom žene: morate i činiti i podnositi prije svega sve ono, što našu borbu unapredjuje, što joj pomaže i što je jača.“ Budak, Nezavisna Država Hrvatska, S. 81. 2 

I.  Die „Erstkämpferinnen“

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Ustaša-Propaganda, schmuggelten Waffen und Sprengstoff und reisten in ihrer Tätigkeit als Agentinnen von Ort zu Ort, um diverse mündliche oder schriftliche Botschaften an ihre politisch-ideologischen Freunde zu überbringen. Zwar bildeten Frauen in der Bewegung eine Minderheit, aber dennoch hing das illegale Wirken der Ustaša-Bewegung stark von ihrer Mithilfe ab.

I.  Die „Erstkämpferinnen“ Wer waren die Ustaša-„Erstkämpferinnen“? Aus welchem sozialen Umfeld kamen sie und was bewog sie, sich in der Ustaša-Bewegung zu engagieren? Die soziale Struktur der Ustaša-Bewegung war keineswegs homogen. Zu den Mitgliedern der Bewegung gehörten zwar in erster Linie Männer, aber auch Frauen; der Bewegung schlossen sich sowohl Personen in mittleren Jahren an als auch ältere Gleichdenkende und Jugendliche. Ehemalige österreich-ungarische Offiziere (Vjekoslav Servatzy, Slavko Kvaternik), Intellektuelle (Danijel Crljen, Mile Budak) und Studierende sowie Bäuerinnen und Bauern waren Teil der Ustaša. Viele der späteren politischen und militärischen Ustaša-Führungspersonen kamen ursprünglich aus Bosnien-Herzegowina (z. B. Ante Pavelić, Andrija Artuković, Ante Vokić, Vjekoslav Luburić, Ljubomir Miloš, Rafael Boban u. a.); andere wiederum stammten aus Lika (Mile Budak), Dalmatien (Danijel Crljen) oder aus Nordkroatien (Eugen Dido Kvaternik). Personen mit jüdischer Herkunft (Eugen Dido Kvaternik, Vlado Singer) unterstützten ebenso seit der ersten Stunde die Bewegung, weil sie die Idee eines unabhängigen kroatischen Staates befürworteten. „Erstkämpferinnen“ waren als Töchter, Ehefrauen oder Schwestern von Ustaša-Anhängern ebenfalls zu Mitgliedern der Bewegung geworden. Unter den kroatischen Nationalistinnen befanden sich diejenigen Frauen, deren Väter, Ehemänner oder Brüder Starčevićs Partei des Rechtes angehörten. Einige Frauen wuchsen in ein rechtsparteiliches (pravaški) Umfeld hinein, wie etwa Marija Pavelić, die Frau des späteren Staatsführers Ante Pavelić, deren Vater der Jurist und Publizist Martin Lovrenčević war. Olga Kvaternik, Ehefrau des Kommandeurs der kroatischen Streitkräfte Slavko Kvaternik und Gründerin des Frauenvereins Die Kroatische Mutter (Hrvatska majka), gehörte als Tochter Josip Franks, des Nachfolgers Starčevićs in der Partei des Rechtes beziehungsweise in der Reinen Partei des Rechtes, ebenfalls zu den Frauen, die in der Familie national kroatisch geprägt wurden.4 Irena und Vera Javor waren Töchter eines Mitglieds der Rechtspartei. Ihr Vater, Stipe Javor, kam als Gegner der jugoslawischen Krone 1931 im Gefängnis um. Von den Ustaše wurde er zum Märtyrer stilisiert. Seine Töchter waren – sicherlich auch aufgrund des verstorbenen Vaters – zu überzeugten Anhängerinnen 4  Sie verstarb im August 1941, entweder weil sie sich mit der Funktion ihres Sohnes, der als Chef des Ustaša-Aufsichtsamtes für die Vernichtung von Menschenleben verantwortlich war, nicht abfinden konnte und daraufhin Selbstmord beging oder aber sie starb, wie ihr Sohn behauptete, an einer Hirnblutung. Siehe: Vukelić, Vilma, Tragovi prošlosti (memoari) Zagreb 1994, S. 217; Hrvatska revija, Nr. 6, März 1955, S. 56 – 76.

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der Bewegung geworden und nahmen später im Ustaša-Apparat relevante Tätigkeiten wahr: Irena Javor als Befehlshaberin des Weiblichen Zweiges der kroatischen Ustaša-Bewegung und Vera Javor, verheiratete Herenčić, als Pavelićs persönliche Sekretärin. National kroatisch eingestellte Frauen, die vor 1941 mit der Ustaša sympathisierten und ab 1941 meist wichtige Funktionen in der Ustaša-Bewegung einnahmen, stammten größtenteils aus der Bildungsschicht. Viele absolvierten das Gymnasium, gingen zur Universität oder prägten schon in den 1930er-Jahren das gesellschaftliche Leben in Kroatien. Zu den einflussreichsten weiblichen national gesinnten Intellektuellen im ersten Jugoslawien und im USK gehörte Dr. Zdenka Smrekar. Sie fungierte als Direktorin im Realgymnasium in Zagreb, war Schriftstellerin, unter anderem Ehrenmitglied des Vereins der Kroatischen Frau und Herausgeberin der Zeitschriften „Die Welt der Frau“ (Ženski svijet), „Die heutige Frau“ (Žena danas) und „Unsere Frau“ (Naša žena).5 Zudem war sie die erste Frau, die in Kroatien in Pädagogik promovierte. Neben den Frauen, die die Möglichkeit hatten, eine Ausbildung zu absolvieren, gehörten auch Bäuerinnen und Arbeiterinnen beziehungsweise Hausfrauen zu den Sympathisantinnen der Ustaša. Ihre politischen Meinungen und Aktivitäten sind jedoch schwieriger zu erfassen als jene der in der Öffentlichkeit stehenden Persönlichkeiten – abgesehen von der Bäuerin Manda Devčić, der sogenannten Paradefrau Pavelićs. Wie diese „unsichtbaren“ Frauen zu politischen Akteurinnen wurden, kann beispielsweise aus Dokumenten und privaten Korrespondenzen erschlossen werden, die sie mit ihren ins italienische Exil geflüchteten Ehemännern führten. So stellten in solchen Briefen die Ustaše Forderungen an ihre in Kroatien lebenden Frauen, sie sollten doch in ihrem Wohnort Mundpropaganda betreiben und die Mitbewohner auffordern, an niemanden zu glauben, außer an Gott und an den „Poglavnik“ Ante Pavelić.6 Dadurch sollten auch die Lebenspartnerinnen der Ustaše ihre Mitmenschen auf die Bewegung einstimmen und sie auf deren Ankunft vorbereiten. Ferner transportierten „Erstkämpferinnen“ für die Ustaša-Bewegung Waffen und Munition7 und versteckten diese beispielsweise im Brot.8 Ungefährlich war dieses Unterfangen nicht, da sie als Ehefrauen der Ustaša-Anhänger und als Akteurinnen von der jugoslawischen Polizei observiert und oft selbst inhaftiert wurden, wie am Beispiel von Manda Devčić gezeigt werden kann.

5 Dazu Ograjšek-Gorenjak, Ida, Opasne iluzije. Rodni stereotipi u međuratnoj Jugoslaviji, Zagreb 2014, S. 134 ff. 6  ACS, PS, Ercole Conti, K. 23, Brief von Šime Copić an seine Frau vom 18. 12. 1918. 7  s. die Liste der Mitglieder der „banditischen und terroristischen Organisation Ustaša“ in: ACS, PS, Ercole Conti, K. 3, 14. 4. 1934. 8 ACS, PS, Ercole Conti, K.  22, 31. 3. 1938, Brief von Josef Rokić an seine Ehefrau Ljubica Rokić.

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Diese Bäuerin hatte zehn Kinder zur Welt gebracht, denen sie allen, wie sie selbst erzählte, das Nationalbewusstsein eingeprägt hatte: „Ustaše hab ich geboren, Ustaše hab ich ernährt, Ustaše hab ich erzogen.“9 Ihre Erziehung war in dieser Hinsicht erfolgreich: So schlossen sich ihre drei Söhne – Krunoslav, Stipe und Ivan – tatsächlich Pavelićs Bewegung an und nahmen an der im Jahre 1932 verübten regimefeindlichen Aktion in Brušani teil. Der 18-jährige Stipe Devčić wurde dabei verletzt und nahm sich anschließend das Leben, um nicht in die Hände der Gendarmen zu geraten. Seine Brüder, Krunoslav und Ivan Devčić, konnten entkommen und flüchteten nach Italien. Die Wut der Gendarmen bekamen nun Manda Devčić, ihre Töchter Zorka und Dragica sowie die Ehefrau von Ivan Devčić zu spüren. Als Vergeltungsmaßnahme sollen die Gendarmen ihre Häuser niedergebrannt haben. Aus Protest soll Manda Devčić, so will es die Legende, während ihr Haus brannte, mit der kroatischen Nationalfahne durch die Stadt Gospić gegangen sein.10 Die „Ustaša-Mutter“ hatte sich vor allem deshalb strafbar gemacht, weil sie einerseits die einheimischen beziehungsweise aus Italien eingereisten politisch-ideologischen Freunde ihrer Söhne in ihrem Haus versteckt gehalten hatte; andererseits war sie mit ihren beiden Töchtern in die Höhlen des Velebit-Gebirges gegangen, um die dort untergetauchten Männer mit Essen zu versorgen.11 Die Ehefrau von Ivan Devčić hätte zudem, nach der „Kroatischen Heimwehr“ (Hrvatski domobran), einen Gendarmen mit seinem eigenen Bajonett verletzt.12 Manda Devčić wurde laut Presse vom Kreisgericht in Ogulin zu drei Jahren Haft verurteilt und saß ihre Strafe im Zagreber Frauengefängnis ab. Ihre Töchter bekamen eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren.13 Die Kommunistin Marija Vica Balen lernte die beiden letztgenannten Frauen im Gefängnis kennen. In ihren Erinnerungen schilderte Balen, wie selbst der gefangene Josip Broz Tito die Töchter von Manda Devčić in der Haft politisch zu bekehren versuchte. In ihrer politischen Überzeugung blieben die beiden Frauen jedoch standhaft.14 Der Gefängnisaufenthalt war für die Frauen eine qualvolle Erfahrung, da sie, wie Manda Devčić später berichtete, von den Wächtern auf verschiedene Weise gefoltert worden sind. Auf diese Art versuchte die Polizei, Informationen über die Beteiligten an der Likaner Aktion und über ihre Mithelfer zu erhalten. Trotz der Tortur haben alle drei Frauen nichts verraten. Diese Tatsache kam den Ustaša propagandistisch gerade recht, da sie ihre im USK begangenen Verbrechen mit dem Argument legalisieren wollten, sie seien selbst Opfer des jugoslawischen Regimes gewesen. Von der Ustaša-Presse wurde Manda Devčić auch wegen ihrer stolzen 9 „Ustaše sam rodila, ustaše sam ranila, ustaše sam odgojila.“ Hrvatski radio list, Nr. 12, 7. 9. 1941, S. 14; Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1942, S. 6 f. 10  Hrvatski radio list, Nr. 12, 7. 9. 1941, S. 14. 11  Hrvatski narod, Nr. 208, 10. 9. 1941. 12  Bićanić, Nikola, Vila Velebita. Nacionalna borba Hrvata u Lici između dva rata, Zagreb 1991, S. 123. 13  Hrvatski narod, Nr. 189, 22. 8. 1941. 14  Balen, Bili smo idealisti, S. 109.

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und starken Haltung im Gefängnis gelobt. Sie habe an die Rückkehr der Ustaše aus dem Exil geglaubt und an der Idee der Gründung eines kroatischen Staates festgehalten. Mit dieser Auffassung habe sie den kroatischen Mitgefangenen Mut und Hoffnung gemacht.15 Als Aktivistin und Märtyrer-Mutter wurde Manda Devčić, unter den Namen Matilda, bereits 1932 von Pavelić mit einer Silbermedaille16 und einem Kettenanhänger mit großem goldenem Kreuz geehrt.17 Ihre zwei Söhne kehrten 1941 mit Pavelić aus dem italienischen Exil zurück und dienten anschließend im Ustaša-Militär.18 Obgleich es die Ustaša-Bewegung nie schaffte, die Mehrheit der Bevölkerung für ihre Bewegung zu gewinnen, konnte sie doch Frauen (und Männer) aus allen sozialen Schichten in ihre Organisation integrieren. Wichtige Funktionen im Ustaša-Apparat übten, wie bereits erwähnt, ab 1941 jedoch nur Frauen aus, die eine höhere Bildung genossen hatten. Die meisten von ihnen, wie die Führerin der Ustaša-Jugend Dolores Bracanović oder Irena Javor, arbeiteten in Jugoslawien als Lehrerinnen; andere, wie Dr. Zdenka Smrekar und Olga Osterman, die spätere Stožernica, also Stabsführerin in Zagreb, waren Schuldirektorinnen. Die politische Einstellung dieser gebildeten Frauen, die das gesellschaftliche Leben Kroatiens und Jugoslawiens mitprägten, zu verschiedenen gesellschaftlichen Themen der 1930er-Jahre fiel unterschiedlich aus: Einige von ihnen setzten sich beispielsweise vor dem Zerfall Jugoslawiens für mehr Rechte von Frauen ein und kooperierten als Aktivistinnen der jugoslawischen Frauenbewegung mit serbischen und jüdischen Kolleginnen – denjenigen Frauen also, die die Ustaša-Bewegung wegen ihrer „Rasse“ als Personen non grata klassifizierte. So übte Olga Osterman vor 1941 die Funktion der Vorsitzenden des Verbandes für universitätsgebildete Frauen Jugoslawiens (Udruženje univerzitetski obrazovanih žena) für die Sektion Kroatien aus. Diese Organisation wurde 1927 im Rahmen der International Federation of University Women gegründet. Der Verband machte sich unter anderem zur Aufgabe, die Beförderung von qualifizierten, akademischen Frauen in höhere Positionen zu ermöglichen, die Arbeitsrechte der Frauen zu schützen und zu stärken, Wissenschaftlerinnen international zu vernetzen sowie Forschungsreisen zu organisieren. Vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs veranstaltete der Verband präventive Erste-Hilfe-Kurse.19 Paulina Lebl-Albala war die erste Vorsitzende des Verbandes. Sie war eine serbisch-jüdische Frauenrechtlerin und Professorin 15 

Hrvatski radio list, Nr. 12, 7. 9. 1941, S. 14. Ustaša. Vijesnik hrvatskih revolucionaraca, November 1932, S. 2. 17  Hrvatski narod, Nr. 189, 22. 8. 1941; Hrvatski radio list, Nr. 12, 7. 9. 1941. 18 s. Stuparić, Darko (Hrsg.), Tko je tko u NDH: Hrvatska 1941 – 1945, Zagreb 1997, S. 90 f. 19  Feldman, Andrea, Der Verband universitätsgebildeter Frauen Jugoslawiens (1927 –  39), in: Dalhoff, Jutta/Frey, Uschi/Schöll, Ingrid (Hrsg.), Frauenmacht in der Geschichte, Düsseldorf 1986, S. 125 – 133, hier S. 131. 16 

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für Literatur an der Belgrader Universität. Dem Verband traten liberal denkende Frauen bei, aber auch Kommunistinnen, die seit Ausbruch des Krieges in Jugoslawien in den Untergrund untertauchen mussten. Olga Osterman arbeitete also vor dem Krieg eng mit serbischen und jüdischen Frauen zusammen. Auch veranstaltete sie 1934 in der kroatischen Sektion des Verbandes eine Gedenkfeier in Zagreb an das von der Ustaše verübte Attentat auf König Aleksander I.20 Vor der Machtübernahme der Ustaše schien sie durchaus eine treue Anhängerin der jugoslawischen Krone gewesen zu sein – jedenfalls vermittelte sie diese Anschauung in der Öffentlichkeit. Es liegt die Vermutung nahe, dass sie seit April 1941 ihre gesellschaftliche Position nicht aufgeben wollte, sich deshalb dem neuen faschistischen System fügte und sogar propagandistische Texte schrieb, auch wenn deren Inhalt im starken Kontrast zu ihrer vorherigen Tätigkeit standen. Andere Frauen stellten weder vor noch nach der Machtübernahme der Ustaše Ansprüche auf politische Gleichberechtigung im Sinne der europäischen beziehungsweise jugoslawischen Frauenbewegung.21 Trotz der beruflichen Unabhängigkeit vieler in der Ustaša tätigen Frauen, hatte ihre Teilnahme an der Bewegung nichts mit feministisch-liberalen Bestrebungen gemein. Dies lag zum einen daran, dass sie, wie die spätere stellvertretende Befehlshaberin des Weiblichen Zweigs der kroatischen Ustaša-Bewegung, Vlasta Arnold, traditionell-katholisch geprägt waren und die passive Frauenrolle als selbstverständlich empfanden, obwohl ihre eigene Lebensrealität nicht diesen Weiblichkeitsvorstellungen entsprach. Zum anderen bestand die Elite der Ustaša-Bewegung aus ehemaligen Mitgliedern der nationalkonservativen Kroatischen Partei des Rechtes und des rechten Flügels der Kroatischen Bauernpartei,22 die sich in der Zwischenkriegszeit – im Gegensatz zum liberal eingestellten Teil der Kroatischen Bauernpartei, zur Kommunistischen Partei und zu den Sozialdemokraten – nur begrenzt für die politischen Frauenrechte einsetzten.23 Prominente Befürworter der politischen und rechtlichen Gleichstellung der Frau waren der Chef der Bauernpartei, Stjepan Radić, und seine tschechische Ehefrau Marija Radić-Dvořak, die trotz ihrer öffentlichen Aufklärungsarbeit das Frauenwahlrecht in der jugoslawischen Regierung nicht durchsetzen konnten. Im totalitären Ustaša-Staat standen solche demokratischen Forderungen ohnehin nicht mehr zur Debatte.24 In diesem national-konservativen Milieu tat sich u. a. Dr. Zdenka Smrekar markant hervor. Während in den 1930er-Jahren politisch links orientierte Frauen in 20  s. das Sitzungsprotokoll der Gesellschaft vom Oktober, November, Dezember 1934, in: Arhiv Jugoslavije. Udruženje univerzitetski obrazovanih žena. 21 Zur jugoslawischen Frauenbewegung siehe bsp. Vittorelli, Natascha, Frauenbewegung um 1900. Über Triest nach Zagreb, Wien 2007. 22 Vgl. Calic, Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert, S. 139. 23  Feldman, Andrea, Proričući gladnu godinu: Žene i ideologija jugoslavenstva (1918. – 1939.), in: Feldman, Andrea (Hrsg.), Žene u Hrvatskoj. Ženska i kulturna povijest, Zagreb 2004, S. 235 – 246, S. 239. 24  Vgl. Ustaška Mladež, Nr. 21, 24. 5. 1942, S. 12.

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verschiedenen Frauenzeitschriften Jugoslawiens ihre Besorgnis über die Machtexpansion der Nationalsozialisten äußerten,25 nutzten rechts orientierte Frauen die Presse, um ihre Bewunderung gegenüber Hitler-Deutschland auszudrücken. Im Blatt „Unsere Frau“, das von Smrekar herausgegeben wurde, von 1935 bis 1938 erschien und an patriotische und gebildete Frauen gerichtet war, wird Smrekars nationalistische Einstellung sehr deutlich. Smrekar lobte in der Zeitschrift das nationalsozialistische Regime und die nationalsozialistischen Frauen in Deutschland, die, während Adolf Hitler im Gefängnis war, dafür gekämpft hätten, das Volk für seine Ideologie zu gewinnen.26 In scharfer Form kritisierte sie den Kommunismus und Marxismus27 und warf den kroatischen Juden vor, sie würden sich für die nationalen Interessen der Kroaten nicht interessieren und sich bei Wahlen serbisch beziehungsweise jugoslawisch orientieren. Den Zionisten Lav Stern beschuldigte sie, er habe die Juden aufgerufen, nur in jüdischen Geschäften einzukaufen.28 Dass Zdenka Smrekar sich in ihrer Zeitschrift nicht nur auf Bildung und Kultur spezialisierte, sondern unter anderem aus politisch-wirtschaftlichen Motiven ihre Mitbürger angriff, zeigt ihre Tendenz zum nationalistischen Denken schon seit Mitte der 1930er. Und während Lav Stern in seinem Antwortbrief an Smrekar seine Besorgnis über den deutschen Drang nach Osten äußerte und vor Hitlers Politik warnte,29 warf Smrekar „den Juden“ vor, nicht im Interesse der kroatischen Nation zu agieren. Sie pries all jenes, was das deutsche „Volk mit hoher moralischer Kraft“ (narod visokih moralnih snaga)30 unter Hitler geschaffen habe.31 Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Smrekar diese pro-nationalsozialistischen, antisemitischen Artikel im Dienste der Ustaša-Bewegung verfasste, bedenkt man, dass im Jahre 1936 Ante Pavelić in seinem Memorandum die Deutschen für seine „kroatische Frage“ zu gewinnen versuchte. Aus dem polizeilichen Verhör des ehemaligen Heerführers Slavko Kvaternik (er wurde 1947 zum Tode verurteilt) geht zudem hervor, dass Smrekar im Jahre 1940 für ein paar Monate nach Italien reiste, um Pavelić Militärpläne von der Umgebung Knins und von Drniš auszuhändigen.32 Wegen ihrer Unterstützung der Ustaša-Bewegung in der „Kampfzeit“ wurde sie im USK mit hohen staatlichen Positionen gewürdigt. So wurde sie unter anderem Abteilungsleiterin der weiblichen Schulung im Ministeri25  s. bsp. Barać, Stanislava, Pacifistički i antifašistički diskurs u listu „Žena danas“ (1936 – 1941), in: Roksandić, Drago/Cvijović-Javorina, Ivana (Hrsg.), Intelektualci i rat 1939. – 1947., Zbornik radova s Desničinih susreta 2011, Zagreb 2012, S. 217 – 231. 26  Naša žena, Nr. 10, Juli/August 1937, S. 7 – 9. 27  Naša žena, Nr. 19, 30. 11. 1937, S. 10. 28  Naša žena, Nr. 5, 1. 2. 1936, S. 1 – 2. 29  Sein Antwortbrief erschien in „Unsere Frau“ unter dem Titel „Die jüdische Front“ (Židovska fronta). Naša žena, Nr. 7, 15. 2. 1936, S. 1 ff. 30  Naša žena, Nr. 10, Juli/August 1937, S. 7 ff. 31  Naša žena, Nr. 19, 30. 11. 1937, S. 8 f. 32  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 31, Sig. 013. 0. 47, Akte Slavko Kvaternik, 7. 2. 1947.

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um für Religion und Erziehung und später Kulturattaché in der Auslandsvertretung des USK in Wien. Welche Motive hatten Frauen für ihre Beteiligung an der Ustaša-Bewegung? Diejenigen, die in Jugoslawien Diskriminierung erfuhren, ins Gefängnis gehen mussten oder erlebten, dass ihre Familienangehörigen interniert oder gar zu Tode verurteilt wurden, gehörten wohl zu den treuesten Ustaša-Angehörigen und begrüßten die Errichtung des USK mit großer Begeisterung. Gerade die jüngere Generation, die in den 1920er-Jahren zur Welt gekommen war, wurde durch die politischen Ereignisse im ersten Jugoslawien und die damit verbundenen persönlichen Erlebnisse so weit geprägt, dass sie im USK bereit waren, mit „jugendlicher Euphorie“33 für die Ziele der „kroatischen Volksgemeinschaft“ zu arbeiten. Pavelić nutzte diese Begeisterung junger Menschen für die „kroatische Sache“, indem er sie als die besten und stärksten im Kampf für die Freiheit des kroatischen Volkes bezeichnete.34 Marijana Werner und Marija Hranilović zählten zu dieser Altersgruppe. Am Beispiel ihrer Familiengeschichten kann erklärt werden, wieso sich Frauen politisch radikalisierten und der Ustaša selbst Jahrzehnte nach dem Krieg noch treu verbunden blieben. So schilderte Marijana Werner, Jahrgang 1924, geborene Šarić, im Interview, wie sie miterleben musste, wie die jugoslawische Polizei ihre Mutter in ihrem Haus auf grobe Art verhörte. Sie ging noch in die Grundschule in Gospić, als ihre zwei Brüder Ivica und Frane Šarić wegen der Verstrickung in den sogenannten Velebit-Aufstand von den Behörden gesucht wurden. Die ganze Familie hatte an den Konsequenzen der Teilnahme der Ustaše am Überfall auf die Kaserne der Gendarmerie in Brušani im September 1932 zu leiden. Die Mutter von Marijana Werner wurde als Zeugin festgenommen. Frauen, die wegen ihres Ehemannes, ihrer Kinder oder Brüder mit der Idee der Bewegung konfrontiert wurden, gerieten selbst ins Visier der jugoslawischen Polizei und wurden verfolgt und zu Haftstrafen verurteilt. Rückblickend erinnert sich Marijana Werner an die Ereignisse in ihrer Familie und an die Erzählungen ihrer Mutter: „Meine Mutter wurde eingesperrt. Die ganze Nacht hörte sie die Hilferufe der Frauen, derjenigen Frauen, deren [Verwandte] an diesem Aufstand von Lika teilgenommen hatten, […] die aber davon nichts wussten, weil ihnen ihre Ehemänner nichts erzählt hatten. Vielleicht hat es mein Vater gewusst, vielleicht hat mein Bruder mit ihm [darüber] gesprochen. Aber wir Kinder haben nichts gewusst. […] Und nun war meine Mutter, mit zermürbten Nerven, nach drei Monaten aus dem Gefängnis entlassen worden.“35 33 

Interview mit Kaja Pereković am 21. 5. 2008 in Zagreb. Poglavnik hrvatskim sveučilištarkama, Zagreb 1942, S. 7. 35  „Moja mama je bila zatvorena. Cijele noći je slušala zapomaganje žena, što su bile žene od ovih naših, što su sudjelovali u tom Ličkom ustanku, […], nisu imale pojma, jer oni njima nisu muževi pripovijedali. Možda je tata moj znao, možda je brat s njim [o tome] govorio, ali nismo mi djeca ništa znali. […] I sad, moja mama je nakon tri mjeseca puštena iz zatvora, rasturenih živaca.“ Interview mit Marijana Werner am 25. 5. 2008 in Zagreb. 34 

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Nach dem „Aufstand von Velebit“ entschloss sich die Familie Šarić, nach Zagreb zu ziehen, wo Marijana Šarić weiter die Schule besuchte. Als im Oktober 1934 das Attentat auf König Aleksandar I. verübt wurde, musste sie in ihrer Schulklasse dem König zu Ehren ein Gedicht auswendig lernen, um es vor der Klasse zu rezitieren. Die Mutter untersagte ihrer Tochter, diese Hommage an den König auszuführen und brachte somit erneut die Familie in Gefahr. Diese Auflehnung blieb jedoch ungestraft, weil es niemand in der Schule bemerkte.36 Die politische Orientierung von Marijana Werner wurde einerseits durch ihre Brüder beeinflusst, die sich für den radikalen Umsturz der zentralistischen Regierung einsetzten, andererseits durch ihre Mutter, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen den König agierte. Später studierte Marijana Werner Jura in Zagreb. Sie heiratete den Sohn des Zagreber Bürgermeisters Ivan Werner. Marija Hranilović wiederum wuchs mit ihren zwei Brüdern, Marko und Stanko, in einer nationalbewussten Familie auf, in der die Abneigung gegenüber dem jugoslawischen Staat von den Eltern – der Vater war ein hoher österreichisch-ungarischer Offizier – und von der sozialen Umgebung geprägt war. Die drei Geschwister lebten im gleichen Wohnhaus wie der spätere Minister Mile Budak, der Stanko Hranilović zu den Sitzungen der Kroatischen Partei des Rechtes mitnahm. Die Brüder Hranilović wurden nacheinander Vorsitzende der Arbeitenden Jugend der Rechtspartei. Als Stanko Hranilović 1928 ins politische Exil nach Amerika und Italien ging – die Mutter finanzierte größtenteils seine Kosten im Ausland –, übernahm sein Bruder Marko mit seinen Mitstreitern Mijo Babić und Matija Soldin die Führung im Jugend-Zweig der Partei. Mit dem Ziel, durch Gewaltakte das Königreich zu destabilisieren und bei den Bürgern Angst zu erzeugen – die Menschen sollten glauben, der König könne für die Sicherheit der Menschen in seinem Land nicht sorgen –, führten sie, nach Aussagen von Marija Hranilović, das Attentat auf Antun Schlegel, Redakteur der regimetreuen Zeitung „Novosti“ (Die Neuigkeiten),37 aus und sprengten im August 1929 die Zagreber Kaserne. Im Oktober des gleichen Jahres wurden die jungen Männer schließlich aufgegriffen und festgenommen.38 Marija Hranilović und ihre Mutter wurden von ihren Familienangehörigen über die Planung dieser regimefeindlichen Aktionen nicht unterrichtet. Sie sollen auch nicht gewusst haben, welche Personen sich zeitweilig in ihrem Haus versteckt hielten. Erst als ihr Bruder verhaftet wurde, begann Marija Hranilović mit der illegalen Tätigkeit: Sie versteckte in der Schublade ihres Arbeitsbüros Beweismaterial, darunter einige Briefe von ihren Brüdern. Als dies in die Hände der Polizei geriet, 36 

Interview mit Marijana Werner am 25. 5. 2008. anderen Angaben hätte die Belgrader Geheimpolizei das Attentat an Antun Schlegel ausgeübt. Novak, Božidar, Hrvatsko novinarstvo u 20. stoljeću, Zagreb 2005, S. 175. 38  s. auch Jonjić, Tomislav/Matković, Stjepan, Novi prilozi za životopis Mile Budaka uoči Drugoga svjetskoga rata, in: Časopis za suvremenu povijest, 2 (2008), S. 425 – 453, hier S. 426 f. 37 Nach

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wurde auch sie inhaftiert. Am 30. Juni 1931 wurde sie zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt und ihr wurden die Bürgerrechte entzogen. Für ihren Bruder Marko und dessen Freund, den Aktivisten Matija Soldin, lautete das Urteil: Tod durch den Strang.39 Mutter und Tochter planten mit anderen Mitstreitern, die Häftlinge aus dem Gefängnis zu befreien. Als sie ihnen das Zeichen für die bevorstehende Flucht gaben – dabei handelte es sich um eine bestimmte Mahlzeit, die die Frauen ihnen brachten –, mussten sie feststellen, dass die Hinrichtung plötzlich vorgezogen worden war, so dass der Tod der Männer nicht mehr verhindert werden konnte.40 Wie viele andere Frauen engagierte sich Marija Hranilović für die Interessen der Bewegung erst, als die Hauptakteure verhaftet worden waren. Durch ihre Partizipation und Mitwisserschaft machte sie sich selbst strafbar. Da ihr die Bürgerrechte entzogen worden waren, konnte sie – Absolventin einer Handelsschule – zunächst keine Arbeit finden. Maček, den die Familie persönlich kannte, ermöglichte ihr und ihrer Mutter, die monatliche Auszahlung von 1.000 Dinar. Bis 1939 arbeitete Marija Hranilović im Verlag Pramatica, der zur Matica Hrvatska, einer wichtigen kroatischen wissenschaftlichen Gesellschaft, gehörte. Hier versammelten sich national und nationalistisch gesinnte Intellektuelle, die Bücher vom Schriftsteller und späteren Minister Mile Budak sowie von anderen verbotenen Autoren versteckten. Im Lager deponiert wurden jedoch nicht nur Bücher, so Marija Hranilović, sondern auch Propagandamaterial und Revolver.41 Mit ihrem Bruder Stanko Hranilović, der Jahre im politischen Exil in Italien verbrachte, blieb sie brieflich in Kontakt. Als es schließlich zum Cvetković-Maček-Abkommen und der Errichtung von Banovinas im Jahre 1939 kam, beabsichtigte Stanko Hranilović nach Jugoslawien zurückzukehren, da er das Leben im Exil psychisch nicht aushielt und er die Lage für die Ustaše in Kroatien – wie viele seiner Mitstreiter auch – als ungefährlich einstufte. Seine Schwester schrieb ihm daraufhin, er solle sich beruhigen und vorerst nicht an eine Rückkehr denken, da „die Herren aus Belgrad eure [Ustaša-Anhänger] Gnade energisch abgelehnt haben. Deswegen muss der passende Augenblick abgewartet werden.“42 Mutter und Tochter prangerten die Euphorie Hranilovićs in Bezug auf die innerpolitischen Erfolge Mačeks an, da sie – wie die meisten Ustaša-Angehörigen – das Cvetković-Maček-Abkommen als Verrat am eigenen Volk verstanden und eine serbisch-kroatische Verständigung strikt ablehnten. Bereits einige Monate zuvor schrieb Frau Hranilović: „Auch wenn es zu einem Abkommen kommt, wird es nicht gut sein, weil die Leute äußerst angewidert sind.“43 Die negative Mei39  Aus dem Interview mit Marija Hranilović, geführt von Tomislav Jonjić, in: Politički zatvorenik, Nr. 58, Januar 1997, S. 9 – 14. 40  Politički zatvorenik, Nr. 58, Januar 1997, 12 f. 41  Politički zatvorenik, Nr. 58, Januar 1997, S. 13. 42  „I signori di Belgrado hanno respinto energicamente la vostra grazia. Perciò occorre attendere i tempi più propizi.“ ACS, PS, Ercole Conti, K. 36, Brief von Marija Hranilović vom 23. 9. 1939. 43  „Se anche si giungerà ad un accordo, non sarà un bene, perchè la gente è ormai tremendamente disgustata.“ ACS, PS, Ercole Conti, K. 36, 17. 5. 1939.

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C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

nung über Maček begründete Marija Hranilović damit, dass er als Politiker weder Macht noch Autorität besäße: „Seine Anhänger sind viel schwächer als die des verstorbenen Radić [Stjepan Radić], der vor allem intelligent und weise war, während Maček all dies fehlt; er ist viel zu schwach, um sich als Führer eines Volkes auszugeben. […] Das Volk aber wartet auf einen anderen und in ihm sieht es seine Befreiung. Das wurde von allen mit Einstimmigkeit gesagt.“44

Maček soll auch behauptet haben, die Kroaten könnten auf ihre Unabhängigkeit 100 Jahre warten.45 Marija Hranilović und ihre Mutter hofften – wie viele Kroaten – auf eine schnelle „Lösung der kroatischen Frage“, für die zu dieser Zeit die rechtsradikale Ustaša-Bewegung stand. Für die Errichtung eines unabhängigen Staates waren den Ustaše alle Mittel recht. Die Kroaten würden daher, nach Meinung der beiden Ustaša-Anhängerinnen, nur Ante Pavelić als ihren „Führer“ begrüßen und keinen anderen Politiker. Hranilović blieb schließlich in Italien, wurde aber von seiner Schwester ermahnt, er würde bei den Einheimischen in Kroatien wegen seiner Gemütsschwankungen an Prestige verlieren.46 Die Korrespondenzen machen deutlich, dass die Haltung dieser Frauen als Ratgeberinnen und Informantinnen des im Ausland lebenden Sohnes beziehungsweise Bruders ausschlaggebend für deren Handeln und Wirken war. Sofort nach Errichtung des USK bekam Marija Hranilović das Angebot, zwei Firmen zu übernehmen und sie zu leiten. Das eine Unternehmen befand sich im Zentrum Zagrebs in der Illica Nr. 48. Bei dem anderen handelte es sich um einen Textilbetrieb in Samobor. Marija Hranilović lebte nun mit ihrer Mutter, die für ihre Verdienste eine Ehrenpension von 3.000 Kuna bekam, zusammen in der Nähe des „Poglavniks“.47 Die Motive, warum sich Frauen der Ustaša anschlossen, ähnelten offenbar deutlich jenen der Männer: Sie waren keine Befürworterinnen der jugoslawischen Regierung, sondern forderten einen nationalen kroatischen Staat. Ihre Abneigung gegenüber der jugoslawischen Monarchie wuchs mit der nationalen Unterdrückung und der ungerechten Behandlung der Kroaten. Die Ustaša-Bewegung empfanden sie daher als Befreiung von diesem System. Gerade junge Frauen, die für die Ustaša im Untergrund fungierten oder später als Führerinnen in der Ustaša-Jugend aufstiegen, haben durch die Ideologie der Bewegung eine Art Aufwertung erfahren. Sie kehrten der Ustaša auch dann nicht den Rücken, als sie merkten, dass es im Unabhängigen Staat Kroatien zu massiven Gewalttaten gegenüber Juden, Serben, Roma und politisch Andersdenkenden kam. 44  „I suoi partigiani sono più deboli di quelli che aveva il def. Radić [Stjepan Radić], che peraltro era intelligente e saggio, mentre a Maček tutto questo manca; egli è troppo debole per porsi a capo di un popolo. […] Il popolo però attende un’altro ed in lui solo vede la sua liberazione. Questo è detto da tutti all’unanimità.“ ACS, PS, Ercole Conti, K. 36, Brief vermutlich von Marija Hranilović, undatiert. 45  ACS, PS, Ercole Conti, K. 36, Brief vermutlich von Marija Hranilović, undatiert. 46  ACS, PS, Ercole Conti, K. 36, 23. 9. 1939. 47  Politički zatvorenik, Nr. 58, Januar 1997, S. 13.

II.  Die Revolutionäre Ustaša-Frauenaktion

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II.  Die Revolutionäre Ustaša-Frauenaktion In der Zwischenkriegszeit machten es sich national und nationalistisch orientierten kroatische Intellektuelle, u. a. Danijel Crljen, Filip Lukas und Ivan Oršanić, zur Aufgabe, junge Menschen für die Errichtung eines unabhängigen Kroatiens zu mobilisieren. Ihre Zielgruppe waren vor allem Schüler/-innen der Mittelschule und des Gymnasiums sowie Studentinnen und Studenten. Nach Angaben der Zeitschrift „Ustaša-Jugend“ versammelten sich kroatische Gleichgesinnte unter Federführung der Intellektuellen in den Räumen katholischer Organisationen, wie zum Beispiel der Kreuzritter (Križari) und der Matica Hrvatska, um dort nationale Gedanken auszutauschen und über die kroatische Staatsgründung zu diskutieren. Solche Treffen mussten wegen ihres brisanten Inhalts geheim gehalten werden. Trotzdem sollen sie laut Presse in ganz Kroatien stattgefunden haben. Junge Menschen waren dort besonders willkommen.48 Die Jugendlichen wurden aktiv in die Anwerbungstätigkeit involviert: Danijel Crljen, ein Ideologe, der im USK zum Chef der Staatlichen Direktion für Propaganda avancieren wird, war Lehrer einer Mittelschule in Gospić.49 Er veranlasste seine Schüler/-innen, Propaganda-Flugblätter, die er selbst verfasst hatte, zu verteilen.50 Neben der Propagandaarbeit führten die Schüler/-innen Spionagetätigkeiten in der eigenen Schule aus und informierten anschließend die Ustaše über die politische Einstellung von Mitschüler/-innen und Lehrer/-innen. Gymnasialschüler/-innen wurden zudem beauftragt, politische Werbung in der eigenen Familie, bei Freunden, in der Schule und schließlich in der Universität zu betreiben.51 Die Abwesenheit vieler Männer und die mangelnden Kräfte bei der Untergrundarbeit hatten zur Folge, dass auch Mädchen und jungen Frauen in die Durchführung illegaler Aufgaben einbezogen wurden. Um die Arbeit effektiver zu gestalten, wurde die Revolutionäre Ustaša-Frauenaktion (Revolucionarna Ustaška Ženska Akcija), kurz RUŽA (deutsch Rose) in Gospić, einer Stadt in Lika, gegründet. Ob die Frauenaktion von Dr. Šime Cvitanović, Chirurg und Direktor des Krankenhauses in Gospić, oder durch den Lehrer Danijel Crljen ins Leben gerufen worden war, bleibt offen. Auch das Gründungsjahr ist unklar: 1938, 1939 oder Juli 1940.52 Ziele und Verpflichtungen der Frauenaktion waren laut der Zeitschrift „Ustaša-Jugend“ (Ustaška Mladež) folgende: „Die Ustaša-Idee duldete kein Trödeln und keinen Stillstand. Man musste arbeiten, Flugblätter verteilen, neue drucken, vervielfältigen – das Ustaša-Material transportieren, Waffen anschaffen, sich nach Wegen erkundigen, wie man dies alles besorgen kann –

48 

Ustaška Mladež, Nr. 8, 21. 8. 1941, S. 6. Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 72 – 73. 50  Bićanić, Vila Velebita, S. 67. 51  Ustaška Mladež, Nr. 8, 21. 8. 1941, S. 6. 52  Vgl. Ustaška Mladež, Nr. 9, 15. 5. 1944, S. 10 – 11; Ustaška Mladež, Nr. 6, 7. 9. 1941, S. 6; Bićanić, Vila Velebita, S. 67; Ustaška Mladež, Nr. 8, 21. 8. 1941, S. 6. 49 

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C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941) und außerdem alles aushorchen, alles melden, was man in gegnerischen Kreisen spricht und erfahren, was diese vorhaben.“53

Der Organisation sollten „fleißige und ehrliche Kroatinnen“ (vriedne i poštene Hrvatice)54 ab dem 15. Lebensjahr beitreten. Um der sogenannten „ersten kämpferischen Ustaša-Fraueneinheit“ (prva borbena ženska ustaška satnija )55 eine organisierte Struktur zu verleihen, wurden folgende Regeln aufgestellt: Die Frauen bildeten unter Führung der Schar-Führerin (rojnica) jeweils zu fünft eine Schar; fünf solcher Einheiten bildeten eine Kompanie und drei Kompanien wurden zu einem Bataillon. Die Kompanieführerin (satnica) wurde durch fünf Schar-Führerinnen gewählt, während drei Kompanieleiterinnen eine Bataillons-Befehlshaberin, die höchste Anführerin (predvodnica) der Organisation RUŽA, benannten. Die aus dem Militär entnommenen Termini sollten der Frauenorganisation Seriosität verleihen und verhindern, dass jemand auf die Idee komme, es handle sich hier um einen „Klub arbeitsloser Mädchen“ (klub bezposlenih djevojaka).56 Den jungen Frauen sollte stattdessen das Gefühl von Freiheit, Selbstbestimmung und Gemeinschaft gegeben werden, weshalb sie – wie die Mitglieder der Hitler-Jugend – zu diesem Zweck beispielsweise Ausflüge in die freie Natur unternahmen. Die Mitglieder der Ustaša-Frauenaktion verpflichteten sich ebenfalls, intensiv Leibesübungen zu betreiben, um, ähnlich wie die Mitglieder des nationalsozialistischen Bundes Deutscher Mädel (BDM), einem idealisierten Körperkult zu folgen. Anders als im BDM, spielte in der Ustaša-Frauenaktion (und später in der Ustaša-Jugend) auch die Religion eine herausragende Rolle. Das tägliche Gebet war Pflicht. Der Glaube an Gott und an die „Auferstehung“ des Unabhängigen Staates Kroatien sollte in jedem Mädchen fest verankert sein. Die Mädchen mussten für die Gründung des USK beten, um zu verinnerlichen, dass dies ein moralisches Unterfangen war, welches nur mit Gottes Hilfe verwirklicht werden konnte. Die Mitglieder der RUŽA waren ebenfalls in katholischen Organisationen aktiv.57 Der Militarismus der Organisation zeichnete sich nicht nur in der Sprache ab, sondern auch in der Kleidung und den Ritualen. Nach den Richtlinien der Frauenaktion sollten die jungen Frauen eine Uniform tragen, die aus einer Kopfbedeckung, einer weißen Bluse, einem blauen Rock und sportlichen Schuhen bestand. Die Kopfbedeckung verzierte eine Rose; der Gürtel hatte als Emblem ein Messer.58 Ob die Uniform tatsächlich getragen wurde, ist fraglich, denn es galt – vor 53  „Ustaška ideja nije trpjela oklievanja ni zastoja – trebalo je raditi, dieliti letake, nove tiskati, umnožavati – prenašati ustaški materijal, starati se za oružje, izpitivati načine, kako da se dodje do svega toga – a osim ovoga sve čuti, sve javiti, što se u protivničkim krugovima govori i doznati, što se poduzimlje.“ Ustaška Mladež, Nr. 6, 7. 9. 1941, S. 6. 54  Ustaška Mladež, Nr. 6, 7. 9. 1941, S. 6. 55  Ustaška Mladež, Nr. 6, 7. 9. 1941, S. 6. 56  Ustaška Mladež, Nr. 9, 15. 5. 1944, S. 10. 57  Ustaška Mladež, Nr. 9, 15. 5. 1944, S. 10 – 11. 58  Ustaška Mladež, Nr. 6, 7. 9. 1941, S. 6 – 7.

III.  Das politische Exil

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allem in der Öffentlichkeit –, möglichst nicht aufzufallen. Diese Uniform sollte vermutlich erst im Ustaša-Staat von den jungen Frauen getragen werden, dazu kam es jedoch nicht. Jedes neue Mitglied der RUŽA musste bei der Aufnahme – wie es auch bei der Ustaša-Bewegung Usus war – einen Schwur ablegen und versichern, sie werde mit Körper und Seele für die Ziele der Gesellschaft arbeiten, das Ustaša-Geheimnis heilig hüten und die Regeln sowie die Anweisungen der Befehlshaberinnen befolgen. Geschehe das nicht, so komme es, je nach Schwere des Vergehens, zur Ermahnung, Bußgeldzahlung, Hausarrest oder gar zur Entlassung aus der Organisation. Josipa Šaban war, glaubt man der Zeitschrift „Die Ustaša-Jugend“, die erste Kompanieführerin, die den Schwur heimlich vor dem Ustaša Šime Cvitanović leistete.59 Der Gruß der RUŽA erfolgte, indem der rechte Arm ausgestreckt werden musste, während die linke Hand auf das Herz gelegt wurde. Ebenso wie die Uniform wurde auch dieses Ritual von den Mädchen- und Frauenorganisationen im USK nicht übernommen. Gemäß der Zeitschrift „Die Ustaša-Jugend“ arbeiteten für die RUŽA nur wenige Frauen, die in Lika beziehungsweise in der Stadt Gospić ansässig waren. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Organisation derzeit nur auf wenig Resonanz stieß. Es war der erste formelle Versuch, Mädchen und junge Frauen für die UstašaIdee zu begeistern und sie in die Bewegung einzugliedern.

III.  Das politische Exil Während viele Ustaše wegen politischer Verfolgung ins Ausland geflüchtet waren, blieben die meisten Ehefrauen dieser Männer in Jugoslawien beziehungsweise Kroatien. Während ihrer langen Abwesenheit gründeten einige Ustaše im Exil neue Familien mit italienischen Frauen, wie zum Beispiel Mijo Babić, der spätere Befehlshaber der Konzentrationslager im USK, der sich von seiner in Kroatien gebliebenen Frau trennte, um mit einer Italienerin und dem gemeinsamen Sohn Giovanni ein neues Leben zu führen.60 Auch Frauen, die in Kroatien geblieben waren, suchten sich einen neuen Lebenspartner, mit dem sie Kinder bekamen.61 Viele Ehen befanden sich wegen des langen Exilaufenthalts in der Krise, andere zerbrachen. Es gab Eheleute, die jahrelang nicht einmal brieflich in Kontakt standen, u. a. mit der zweifelhaften Begründung des Mannes, er sei nicht zum Vergnügen ins Exil gegangen, sondern um für die „liebe Heimat“ (cara patria) zu kämpfen.62 Au59 

Ustaška Mladež, Nr. 6, 7. 9. 1941, S. 6. ACS, PS, Ercole Conti, K. 32, Briefe von Mijo Babić an die italienische Polizei vom 16. 1. 1940 und 4. 3. 1940. 61  ACS, PS, Ercole Conti, K. 34, Brief von Marko Čavić an die italienische Polizei am 23. 8. 1938. 62  ACS, PS, Ercole Conti, K. 23, Brief von Šime Copić an seine Frau vom 9. 12. 1937. Die Briefe wurden von der italienischen Polizei ins Italienische übersetzt. 60 

C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

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ßerdem kontrollierte die jugoslawische und italienische Polizei den Briefverkehr, so dass auf die Antwort entweder lange gewartet werden musste oder aber Briefe nie ankamen. Daher sahen viele Frauen keine andere Möglichkeit, als an die italienischen Behörden oder gar an Mussolini einen Bittbrief zu schreiben, um in Erfahrung zu bringen, wie es dem Ehemann oder Bruder in Italien erginge. Betsy Potthof, Schwester von Eugen Dido Kvaternik, wandte sich beispielsweise – auch im Namen ihrer Eltern, die sich über das Schicksal ihres emigrierten Sohnes nicht im Klaren waren –, an den Chef der italienischen Geheimpolizei, Ercole Conti.63 Katica Luetić wiederum schrieb an mehrere italienische Behörden, um sich zu informieren, wo sich ihr Ehemann befände, nachdem sie acht Monate lang nichts von ihm gehört hatte. Als sie darauf keine Antwort erhielt, wandte sie sich an Staatschef Benito Mussolini mit den Worten: „Während heute alle Augen auf Ihre Kraft und Macht gerichtet sind, erhalten Ihre großen Taten überall Zuspruch und geben mir Mut in meinem großen Kummer, mich an Sie zu wenden, mit fester Überzeugung, erhört zu werden. […] Sie kennen die Selbstaufopferung, das Opfer eines idealistischen Politikers, sie kennen das kroatische Volk und die kroatischen Märtyrer auch aus der heutigen Zeit. Zu diesen unglücklichen Menschen zähle ich auch meinen Mann. […] Nur von dem Gedanken gekränkt, überzeugt, dass er sich noch in ihrem Königreich befindet, bin ich nun vor Ihnen, dem Obersten Führer, dem Vater und Beschützer der Kinder, mit herzlicher Bitte, dass sie mir helfen. Gewähren Sie meinem Mann die Freiheit, nach Hause zu kommen! Geben Sie ihm die Möglichkeit, mir zu schreiben.“64

In ihrem Bittbrief an Mussolini setzte Katica Luetić den Akzent auf die freundschaftliche italienisch-kroatische Beziehung und appellierte an die Gutmütigkeit Mussolinis gegenüber einer verzweifelten Ehefrau und Mutter. Diese Methode machten sich viele Frauen in Bittbriefen zunutze. Ob Katica Luetić eine Antwort bekam, ist nicht bekannt. Ebenso flüchteten einige Frauen, nach der Ausrufung der Königsdiktatur nach Italien, Ungarn, Belgien, Nord- und Südamerika vor den Konsequenzen ihrer national-kroatischen Einstellung. Matilda Dimitrović beispielsweise, eine Hausfrau, wurde 1929 von der Zagreber Polizei verhaftet, weil sie verdächtigt wurde, ihrem Mann beim Waffen- und Sprengstoffschmuggel geholfen zu haben. Mangels Beweisen wurde sie jedoch wieder freigelassen und floh zu ihrem Mann nach Ungarn, wo die Ustaše ihr militärisches Trainingslager hatten.65 63 

ACS, PS, Ercole Conti, K.  20, 15. 9. 1937. „Dok su danas sve oči uprte u Vašu snagu i moć, Vaša velika djela imaju odjeka svugdje, i meni daju potstrehu u mojoj velikoj nevolji, da se Vama obratim čvrstim uvjerenjem da ću biti uslišana. […] Vi poznajete samoprijepor, žrtvu jednog idealiste političara, Vi poznajete hrvatski narod i hrvatske mučenike još iz današnjeg doba, – među takove, jednog nesretnog čovjeka ubrajam i svog muža. […] Izmučena više i samom mišlju, uvjerena da se još nalazi u Vašoj Kraljevini, evo me sada k Vama, Vrhovskom Vođi. Ocu i zaštitniku djece – vrućom molbom da mi pomognete. Udijelite mom mužu slobodu da dođe kući! Podajte mu mogučnost da mi piše.“ ACS, PS, Ercole Conti, K. 9, 9. 9. 1937. 64 

III.  Das politische Exil

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Ungefähr 550 Männer, Frauen und Kinder flüchteten ab 1929 in das faschistische Italien. Die militärische Ausbildung und die Vorbereitung auf den Umsturz der Belgrader Regierung gehörten zum Alltag dieser von Männern dominierten Gemeinschaft. Es war aber vor allem eine Zeit des Wartens auf innen- und außenpolitische Veränderungen, um endlich in die Heimat zurückkehren zu können. Viele Kroaten gingen nach Italien nicht nur aus politischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Motiven.66 Dem sozialen Status nach bildeten Bauern (313 Personen) den zahlenmäßig größten Teil dieser Exilkroaten, ihnen folgten Arbeiter (87), Matrosen (37), Studenten (19), Offiziere (10), Anwälte und Journalisten (7), Angestellte (3), ein Priester, ein Musikant und ein Maler.67 Die Professionen der Ehefrauen oder Töchter wurden von den italienischen Behörden nicht erfasst. 65

Die weiblichen Ustaša-Mitglieder sind verhältnismäßig selten in den Akten der italienischen Polizei erwähnt. Unter den ca. 550 Emigranten gab es nur zehn Frauen und dreizehn Kinder.68 Während General Vjekoslav Servatzy und Mate Devčić mit ihren Ehefrauen nach Italien flüchteten, nahmen Stjepan Marušić, Ante Brkan, Stjepan Tomičić, Ante Godina, Ante Bagarić, Mile Budak und Ante Pavelić neben ihren Ehefrauen auch ihre Kinder mit ins Exil.69 Es gab aber auch Eheleute, die ihre Kinder in Jugoslawien zurückließen und sie erst nach vielen Jahren wiedersahen.70 Die Erziehung der Kinder im Exil gestaltete sich je nach dem sozialen Status der jeweiligen Ustaše mehr oder weniger kompliziert. Die führenden Ustaša-Anhänger genossen in Italien ein wirtschaftlich sorgenfreies Leben, da sie vom italienischen Staat finanziell abgesichert wurden.71 So gingen die Kinder von Pavelić, Godina und Budak in renommierte Internate, während andere Ustaša-Anhänger immer wieder beklagten, sie hätten nicht das Nötigste zum Leben.72 Für einige Frauen war die Erziehung und Verpflegung ihrer Kinder – besonders zur Zeit der Verbannung der Kroaten auf die Liparischen Inseln – schwierig. Die Ustaša-Anhängerin Slavka Bagarić schrieb in einem Bittbrief, gerichtet an den zuständigen italienischen Polizeichef Ercole Conti, sie habe viele Unannehmlichkeiten nach dem Ende der politischen Aktivität ihres „Führers“ und dem Abbruch 65  Die Polizei in Zagreb nennt in der italienisch übersetzten Namens- und Informationsliste der „Emigranten und Mitglieder der terroristischen Bandenorganisation Ustaša“ noch weitere sechs Frauennamen. Sie alle flüchteten nach Ungarn. Siehe ACS, PS, Ercole Conti, K.  3, 14. 4. 1934. 66  Sadkovich, James, La composizione degli Ustascia: una valutazione preliminare, in: Storia contemporanea, 6 (1980), S. 989 – 1001, hier S. 1000. 67  ACS, PS, Ercole Conti, K. 5, 20. 7. 1938. 68  ACS, PS, Ercole Conti, K. 5, 1. 1. 1941. 69  ACS, PS, Ercole Conti, K. 5, 20. 7. 1938. 70  ACS, PS, Ercole Conti, K. 34, 20. 7. 1940. 71 ACS, PS, Ercole Conti, K.  5, 20. 7. 1938. Die höchste Geldsumme bekam Pavelić (5.000 Lire), ihm folgte Servatzy (2.000 Lire). 72  Gobetti, Eric, Dittatore per caso. Un piccolo duce protetto dall’Italia fascista, Neapel 2001, S. 89.

C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

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des Kontaktes zu ihm. Auf der Insel hätten ihre Kinder nicht genug zu essen und es fehle ihnen an Kleidung. Sie müsse dringend operiert werden, habe aber nicht das nötige Geld für das Krankenhaus und könne ihre Kinder nicht im Stich lassen. Deshalb bräuchte sie eine Gouvernante, die sich während ihrer Abwesenheit um die Kinder kümmern könnte. Am Ende ihres Briefes appellierte sie an die Liebe Mussolinis zu Kindern und Frauen und erhoffte sich Unterstützung.73 Ihre Forderungen wurden – außer der Finanzierung des Krankenhausaufenthaltes – abgewiesen, da selbst italienische Familien keinen Anspruch auf derartige soziale Leistungen hätten.74 Der Brief an Mussolini enthält gleich im ersten Satz eine politische Note: Es ginge ihrer Familie schlecht, seitdem ihr „Führer“ in Turin interniert worden und politisch nicht mehr aktiv sei. Sie forderte hier indirekt seine Freilassung und nutzte dabei ihre miserable soziale Lage als Argument. Auch andere im Exil lebende Frauen schrieben Bittbriefe an Ercole Conti: Antonia Marušić, geborene Kuzinienska, ersuchte beispielsweise um die Freilassung ihres Ehemannes Stjepan Marušić und seines Mitstreiters Stanko Hranilović aus dem Gefängnis, in dem beide – ihrer Meinung nach – unschuldig saßen. Ihr Mann war als Ustaša-Anhänger mit falschen Papieren in Frankreich verhaftet worden. In einem Notizbuch hätte er Namen von Ustaša-Anhängern aufgeführt und als die Polizei die Pariser Wohnungen dieser Männer durchsuchte, fand sie explosives Material – so schilderte es die französische und italienische Presse.75 Diese Situation hätte Antonia Marušić so sehr mitgenommen, dass sie versucht hatte, Selbstmord zu begehen.76 Suizidgefährdet waren einige Frauen im Umfeld der Ustaša: Maria Stefania Schicker, Hausbedienstete von Pavelić und Gouvernante seiner Kinder in Italien, wurde im Juli 1936 in die Psychiatrie eingewiesen, weil sie versucht hatte, sich umzubringen. Sie war in alle Geheimnisse der Familie Pavelić eingeweiht, verstand sich jedoch schlecht mit der Gattin des Ustaša-„Führers“. Pavelić benutzte sie für delikate Aufgaben, die im Interesse seiner Bewegung standen.77 Ihre deutsche Herkunft ermöglichte es – anders als bei den Exilkroaten –, problemlos zu reisen und sich heimlich mit den Ustaše im Ausland zu treffen, ihnen Geld und Aufträge von Ante Pavelić zu überbringen.78 Ivka Budak, die Ehefrau des Mile Budak, nahm sich im April 1940 tatsächlich das Leben, als ihr Ehemann, der mit ihr nach Kroatien zurückgekehrt war, erneut von der jugoslawischen Regierung verhaftet wurde. Aufgefunden wurde sie in einem Brunnen. Die tatsächliche Todesursache wurde nicht geklärt. Višnja Pavelić, 73 

ACS, PS, Ercole Conti, K. 24, 4. 12. 1937. ACS, PS, Ercole Conti, K. 24, 13. 12. 1937. 75  Die Zeitungsartikel und Korrespondenzen siehe in: ACS, PS, Ercole Conti, K. 44, 15. 5. 1937, 25. 8. 1937 und 26. 8. 1937. 76  ACS, PS, Ercole Conti, K. 1, undatiert. 77  ACS, PS, Ercole Conti, K. 7, 5. 7. 1936. 78  ACS, PS, Ercole Conti, K. 3, 24. 5. 1939. 74 

III.  Das politische Exil

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die Tochter des Ustaša-Chefs, führt den Suizid rückblickend auf die „schwachen Nerven“79 der Ivka Budak zurück, die mit Marija Pavelić, der Ehefrau des „Poglavnik“, nicht gut zurechtkam.80 Die Ustaša-Bewegung forderte von allen ihren Mitgliedern Disziplin, Geduld, Schweigsamkeit, Treue und große Geschicklichkeit in der Durchführung von illegalen Missionen. Die Trennung von der Familie und das ständige Warten auf die Rückkehr in die Heimat war eine zusätzliche Belastung. Frauen und Männer konnten an dieser Überforderung beziehungsweise an diesen Lebensumständen zugrunde gehen; andere wiederum benutzten die Zeit des Exils und der Gefängnis­ aufenthalte als Argument für die spätere Rache an unschuldigen Menschen, vor allem Serben, im Ustaša-Staat. Obwohl die Präsenz von Frauen im italienischen Exil marginal war, kommen Frauennamen in den Briefen der Ustaše sehr oft vor. Ercole Conti ließ als Vorsichtsmaßnahme die Exilgäste seit ihrer Ankunft in Italien bespitzeln, ihre Post kontrollieren und ihre Telefonate abhören. Auf die Zensur der Korrespondenz waren die Ustaše vorbereitet und verwendeten eine Geheimsprache, die selbst die italienische Polizei kaum entziffern konnte. Dies ist daran zu erkennen, dass die Originalbriefe nur ins Italienische übersetzt, aber meist nicht dechiffriert wurden. Bei der Verwendung der Geheim-Sprache ist auffallend, dass die Ustaše stereotype Attribute der Weiblichkeit benutzten, sich weibliche Decknamen gaben und dritte Personen als „Freundin“ bezeichneten, wegen der gewohnten Schreibweise aber zum Teil die männliche Form des Ich-Erzählens beibehielten. Pavelić wurde in Briefen oft mit „liebe Freundin“ (cara amica) angesprochen. An ihn und seine Familie gerichtete Korrespondenz adressierten die Ustaše an die italienische Familienfreundin Olga Zannoni81 aus Florenz oder an Angelina Fedeli, der Bediensteten der Pavelićs. Einige Frauennamen wurden von der italienischen Polizei entschlüsselt: In den an Pavelić gerichteten Briefen gab sich Mile Budak den Decknamen Milica. Božica war Božidar Cerovski (der spätere Polizeichef der Stadt Zagreb) und der kroatische Nachrichtenagent Marijan Šimić – im USK war er Minister für Handel, Gewerbe und der Industrie – nannte sich Olga.82 Die Verwendung von Codenamen und die Verschleierung des Inhalts sollten die Briefe politisch unwichtig erscheinen lassen. Frauen wurden ohnehin von der Mehrheit als politisch desinteressiert kategorisiert. Dass dies nicht immer der Wirklichkeit entsprach, ist indes den Observierungsberichten der italienischen Polizei in Bezug auf die Ehefrau des Ustaša-„Führers“ zu entnehmen.

79 

Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008. ACS, PS, Ercole Conti, K. 7, 1. 2. 1936. 81  ACS, PS, Ercole Conti, K. 16, 6. 12. 1937; 23. 12. 1937. 82  ACS, PS, Ercole Conti, K. 17, 20. 4. 1940 und 22. 4. 1940. 80 

C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

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IV.  Untergrundarbeit der Marija Pavelić und ihrer Kinder in Italien In der Ustaša-Bewegung fallen in ihrer politischen Aktivität vor allem zwei Frauen auf, die zum engen Vertrauenskreis Ante Pavelićs gehörten: Marija Pavelić, seine Ehefrau, und Stana Godina, die Unterstützerin des Attentats auf König Aleksandar I. Karađorđević. Zu beiden Akteurinnen stapelten sich die polizeilichen Akten, dennoch kam ihnen z. B. die italienische Polizei kaum auf die Spur: Während Marija Pavelić in der Lage war, ihren Mann so in seiner politischen Tätigkeit zu unterstützen, dass sie „pikante Missionen“83 im Dienste der Ustaša-Bewegung raffiniert durchzuführen wusste – ihre Kinder, vor allem ihre älteste Tochter, halfen ihr dabei – konnten internationale Geheimdienste Stana Godina nicht ausfindig machen. Alles was sie über die Terroristin wussten, war ihr Deckname, der – wie Ante Pavelićs politischer Roman – „Die schöne Blonde“ lautete. Marija Pavelić, geborene Lovrenčević, war keinesfalls eine politisch passive Frau. Sie war die engste Vertrauensperson ihres Ehemannes und begleitete ihn von der ersten Stunde an auf seiner politischen Laufbahn. Die Presse der Kroatischen Befreiungsbewegung – gegründet im zweiten Exil der Ustaše – thematisierte und lobte nach dem Tod Marija Pavelićs gerade ihre illegale Tätigkeit in der „Kampfzeit“ der Ustaša. Darin wird sie als Märtyrerin und als Stütze des „Poglavniks“ gefeiert.84 Wer aber war Marija Pavelić? Das Interesse für Politik entwickelte sie als Tochter des Publizisten und Starčević-Anhängers Martin Lovrenčević bereits im Elternhaus. Die Mutter von Marija Pavelić, Ivana Herzfeld, sie lebte bis 1942, war jüdischer Herkunft und übte den Beruf der Gouvernante bei der angesehenen Zagreber Familie Šram aus. Dieser Beruf war lange Zeit einer der wenigen, den junge, unverheiratete Frauen aus der Mittelschicht ausüben konnten, um finanzielle Selbstständigkeit zu erlangen. Herzfeld kümmerte sich um die Erziehung der späteren Schauspielerin Ljerka Šram und lernte in ihrem Hause ihren zukünftigen Mann Martin Lovrenčević kennen, der, wie vor ihm der Politiker Ante Starčević, in der Anwaltskanzlei des Vjekoslav Šram arbeitete und gleichzeitig der Hauslehrer seiner Söhne war. Lovrenčević übersetzte für die „Matica Hrvatska“ Weltliteratur aus dem Russischen, dem Englischen und dem Französischen ins Kroatische und war als überzeugter Starčević-Anhänger Mitarbeiter der Zeitungen der Partei des Rechtes: „Freiheit“ (Sloboda), „Kroatisches Recht“ (Hrvatsko pravo) und „Kroatien“ (Hrvatska).85 Ivana Herzfeld und Martin Lovrenčević heirateten und bekamen fünf Töchter: Anka, Zora, Vera, Nata und Marija. Anka und Zora starben als junge Frauen, während Nata und Vera nach Amerika auswanderten. Vera Lovrenčević war mit dem Juden Robert Weinberger verheiratet und sah sich gezwungen, den 83 

ACS, PS, Ercole Conti, K. 16, 23. 12. 1937. Ustaša, 1960. – 25. godišnjica obnove smotre „Ustaša“, Nr. 23, 1985, S. 7. 85  Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008. Siehe auch Pavelić, Višnja, Martin Lovrenčević, in: Grič, 1 (2001), S. 25 – 32. 84 

IV.  Untergrundarbeit der Marija Pavelić und ihrer Kinder in Italien

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Unabhängigen Staat Kroatien zu verlassen, um das Leben ihres Mannes nicht zu gefährden. Nachdem sie das Gymnasium in der angesehenen katholischen Mädchenschule Weibliches Realgymnasium der Barmherzigen Schwestern (Ženska realna gimnazija sestara milosrdnica) in Zagreb absolviert hatte, besuchte Marija Pavelić eine Gewerbeschule, durfte jedoch danach nicht als Schneiderin tätig sein, sondern musste auf Wunsch ihres Vaters als Sekretärin bei dem Anwalt und Präsidenten der Partei des Rechtes Aleksander Horvat arbeiten. Horvat suchte eine politisch vertrauenswürdige Mitarbeiterin, und Lovrenčević empfahl ihm seine Tochter. Als Horvat nach der Einführung der Königsdiktatur vom jugoslawischen Geheimdienst verhaftet wurde und seine Kanzlei schließen musste, beauftragte er Marija Pavelić, einige Akten seiner Mandanten zu beseitigen. Marija Pavelić nahm anschließend eine Arbeit als Bankangestellte an. Noch in der Kanzlei lernte die junge Frau den dort arbeitenden Anwalt Ante Pavelić kennen. Es sollten jedoch viele Jahre vergehen, bis das Liebespaar den Bund der Ehe einging. Pavelić sei sich, nach den Aussagen seiner Tochter Višnja Pavelić, bewusst gewesen, dass er seine politische Laufbahn nur mit einer starken, ausgeglichenen sowie politisch gleichdenkenden Frau erfolgreich aufbauen könne. Er stellte demnach seine Verlobte auf den Prüfstand und ließ sich mit den Heirats­ plänen Zeit: „Mein Vater hatte lange, lange überlegt. Sehr lange hatte er überlegt, so dass der Alte [Martin Lovrenčević] anfing nachzuhaken und fragte: ,Was soll das?‘ Dem alten Großvater hat das nicht gefallen. Aber man sieht, dass mein Vater meine Mutter prüfte. Und ich glaube, dass es viele Jahre dauerte, bis er sich entschloss, sie zu heiraten. Denn er wusste, dass er mit Politik zu tun haben würde und er wollte nicht etwas in der Familie erleben. Aber in dieser Hinsicht hat er [die richtige Entscheidung] getroffen.“86

Im Jahre 1920 heiratete das Paar schließlich in der Kirche Heiliger Markus in Zagreb. Ihre drei Kinder, Višnja, Velimir und Mirjana, kamen alle in der kroatischen Hauptstadt zur Welt. 1929 folgte Marija Pavelić ihrem Mann ins italienische Exil. Ihre Kinder blieben nicht in Kroatien bei den Großeltern, sondern wurden nachträglich, auf Wunsch ihres Großvaters Martin Lovrenčević in Begleitung von Anka Servatzy, der Ehefrau des ehemaligen österreichisch-ungarischen Offiziers Vjekoslav Servazty, auf illegalem Weg nach Italien gebracht.87 Die Familie dürfe, nach Meinung des Großvaters Lovrenčević, nicht getrennt sein. Vor allem sollte die Mutter mit ihren drei Kindern ein Leben in Italien führen. 86  „Moj otac je dugo, dugo razmišljao. Jako dugo je razmišljao, tako da je stari [Martin Lovrenčević] morao govoriti: ‚Šta je ovo?‘ Starom djedu se nije sviđalo. Ali vidi se da je on proučavao moju mamu i mislim da je to trajalo dosta godina dok se odlučio da je ženi. Jer on je znao da će on sa politikom imati posla i nije htio nešta doživiti u familiji. Ali u tom pogledu je pogodio.“ Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008. 87  Interview mit Višnja Pavelić am 23. 2. 2008.

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C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

Abbildung 1: von links: Anka Servatzy, Marija Pavelić, Menča Karničeva-Mihailova in Pesaro, 1930/1931

Das Image von Frau Pavelić im Exil war – anders als seit der Machtübernahme der Ustaše – das einer politisch distanzierten Ehefrau und Mutter. In der Öffentlichkeit war sie selten zu sehen und wenn, dann verhielt sie sich zurückhaltend. Ante Moškov, General und Kommandeur von Pavelićs Leibwache, berichtete in seiner Gefangenschaft nach dem Krieg, Marija Pavelić wäre im italienischen Exil nur ein einziges Mal von den Ustaša-Anhängern gesehen worden. Das war in Aquila im Jahre 1934, als sie in Begleitung ihres Ehemannes die Ustaše im militärischen Ausbildungslager besuchte. Sie hätte aber kein Wort gesagt, sondern nur den Gesprächen zugehört.88 Nur wenige Mitglieder der Bewegung kannten die Ehefrau des Ustaša-Chefs persönlich, größtenteils Personen aus der Elite der Ustaša-Führung und deren Familienangehörige, die die Pavelićs in ihren ständig wechselnden Wohnsitzen in Italien besuchten. Frauen, die zu dieser Zeit zum engen Kreis der Familie gehörten, waren Anka Servatzy, Angelina Fedeli, Dora Werner, Tochter des späteren Bürgermeisters von Zagreb, Ivka Budak, Ehefrau von Mile Budak sowie deren Töchter Grozda und Neda. Auch die mazedonische Aktivistin Menča Karničeva-Mihailova, Ehefrau des VMRO-Anführers Ivan Mihailov und Attentäterin auf Todor Panica, den politischen Konkurrenten ihres Ehemannes, gehörte zum engen Kreis der Familie Pavelić. Das Ehepaar Mihailov kam Anfang der 1930er-Jahre nach Italien 88  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, 14. 5. 1947.

IV.  Untergrundarbeit der Marija Pavelić und ihrer Kinder in Italien

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und organisierte dort vermutlich gemeinsam mit den Ustaše das Attentat auf König Aleksandar I. Karađorđević.89 Marija Pavelićs Kinder wuchsen teilweise in elitären Erziehungseinrichtungen auf oder wurden von der Gouvernante Maria Stefania Schicker beaufsichtigt, so dass Pavelić genügend Zeit hatte, ihren Mann politisch zu unterstützen. Sie engagierte sich intellektuell für die Errichtung eines unabhängigen kroatischen Staates, indem sie in Zusammenarbeit mit dem Vizepräsidenten der Kroatischen Bauernpartei, August Košutić, und ihrem Ehemann das Buch „Für die Freiheit Kroatiens“ (Za slobodu Hrvatske) verfasste. Die Schrift beinhaltete den Prozess gegen die bereits erwähnten Gegner der Diktatur, Marko Hranilović und Matija Soldin, die im September 1931 wegen ihrer regimefeindlichen Agitation zum Tod durch den Strang verurteilt wurden. Das größtenteils von Marija Pavelić geschriebene Buch wurde, bevor es in den Druck ging, von der HSS – wahrscheinlich von Košutić selbst – an vielen Stellen umgeschrieben, so dass der Eindruck erweckt wurde, die Kroatische Bauernpartei sei die einzige Partei, die sich für die politische Souveränität Kroatiens einsetzte.90 Nach den Aussagen von Višnja Pavelić habe Košutić die Autorenrechte des Buches für seine Partei in Anspruch genommen. Als Angestellte in der Anwaltskanzlei von Horvat habe ihre Mutter das Schreiben an der Schreibmaschine erlernt, „was damals eine Seltenheit war“ (što je bilo rijetkost), und sei kompetent genug gewesen, das Buch anhand von Zeitungsmaterial zu verfassen. Košutić aber sei anschließend nach Amerika gegangen und habe das umfangreichste Buch, welches in der Emigration jemals geschrieben wurde, im Namen der HSS präsentiert, so die Version von Višnja Pavelić.91 Neben der intellektuellen Tätigkeit erfüllte Marija Pavelić anderweitige Aufgaben im Interesse der Bewegung: Als Ante Pavelić von Oktober 1934 bis 1936 im Turiner Gefängnis wegen der Teilnahme der Ustaše am Königsmord interniert war, schmuggelte seine Frau wichtige schriftliche Befehle des Ustaša-„Führers“ an seine Anhänger aus dem Gefängnis, indem sie die Botschaften im Essen versteckte. In einem Brief beispielsweise rief Pavelić die in Kroatien lebenden Ustaše auf, an den Parlamentswahlen im Jahre 1935 teilzunehmen und ihre Stimme Vladko Maček zu geben.92 Marija Pavelić hatte als Ehefrau, im Vergleich zu anderen Ustaša-Anhängern, Zugang zum Gefangenen und konnte so als Informantin und Vermittlerin fungieren. Višnja Pavelić berichtete sogar, ihre Mutter hätte zu dieser Zeit viele Verpflichtungen ihres Vaters übernommen und sich mit kroatischen 89  Kisić-Kolanović, Nada, NDH i Italija: političke veze i diplomatski odnosi, Zagreb 2001, S. 23. 90  Dies schildert Branimir Jelić, der Gründer des „Hrvatski Domobran“ in Buenos Aires. Siehe Jareb, Jere, Političke uspomene i rad dra Branimira Jelića, Cleveland 1982, S. 44 f. 91  Interview mit Višnja Pavelić am 23. 2. 2008. 92 Darüber schreibt Eugen Dido Kvaternik, in: Jareb, Jere, Kvaternik, Eugen Dido, Sjećanja i zapažanja 1925. – 1945. Prilozi za hrvatsku povijest, Zagreb 1995, S. 220 f.

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C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

Agenten innerhalb und außerhalb Italiens getroffen, um aktuelle Informationen über die Lage in Jugoslawien beziehungsweise Italien auszutauschen, die Anordnungen ihres Ehemannes weiterzugeben und über politisch-strategische Schritte zu sprechen: „Als Vater im Gefängnis war, musste sie dann antreten. Einige Male, zum Beispiel, kamen sie [Ustaša-Anhänger] nach Rom, als Wallfahrer. Vater war [aber] im Gefängnis. Und dann hatte Mutter die Nachrichten [vermittelt], das heißt, sie ging zum Beispiel nach Rom, um dort mit den Leuten zu sprechen, die hören wollten, was in Italien passierte. Es gab damals nämlich keine Verbindung [nach Italien]. Vater war im Gefängnis. Jede Verbindung zu Kroatien war unterbrochen. Natürlich war ihr Reisepass auf den falschen Namen [ausgestellt], auch als sie in die Schweiz kam, um mich zu besuchen. Dort überbrachte sie ebenso eine Meldung. Und das war alles zu der Zeit, als Vater im Gefängnis war.“93

Višnja Pavelić leugnete die politischen Aktivitäten ihrer Mutter zwar nicht, in unserem Gespräch verlieh sie ihr jedoch erst dann Handlungsmacht, als ihr Vater im Gefängnis war. Dennoch: Das Einflussspektrum Marija Pavelićs war größer als von ihrer Tochter geschildert. Es liegt die Vermutung nahe, dass Marija Pavelić beispielsweise bei Zusammenkünften selbst Entscheidungen über die Belange der Ustaša-Bewegung getroffen hat, da sie sich nicht zu jeder Zeit mit ihrem inhaftierten Ehemann unter vier Augen konsultieren konnte. Charakterzüge einer autarken Frau wurden ihr schließlich von fast allen Ustaša-Angehörigen, welche die Gelegenheit hatten, sie näher kennenzulernen, zugesprochen. Dass Marija Pavelić eine höchst intelligente Frau war, fiel auch der italienischen Polizei auf, die sie Tag und Nacht bespitzeln ließ und ihre Telefonate abhörte.94 In den Observierungsberichten wird das politische Engagement von Marija Pavelić immer wieder bestätigt. Sie würde ihren Ehemann politisch mit allen Mitteln unterstützen, heißt es im folgenden Protokoll vom Dezember 1937: „Frau Pavelić ist äußerst schlau und hat sich immer bemüht, ihren Mann in seiner politischen Aktivität zu unterstützen. Mitunter kam sie ziemlich delikaten Missionen nach, besonders in Hinsicht auf brieflichen Kontakt mit geflüchteten Kroaten, die im Ausland ansässig waren.“95 93  „Dok je tata bio u zatvoru, onda je ona morala nastupiti. Koji puta recimo, dolazili su [ustaše] u Rim, kao hodočasnici, onda, a otac je bio u zatvoru. I onda je mama poruke [slala]. Išla je u Rim, na primjer i tamo je razgovarala sa ljudima, jer su namjerno dolazili da čuju šta se događalo u Italiji, jer nije bilo onda veze [za Italiju]. Tata je bio u zatvoru. Bila je podpuno prekinuta svaka veza sa Hrvatskom. Naravno putovnica joj je bila na krivo ime, i kad je dolazila u Švicarsku mene posjetiti i tako, i tamo obavljala koju poruku. A to je sve bilo u vrijeme, dok je tata bio u zatvoru.“ Gespräch mit Višnja Pavelić am 23. 2. 2008. 94  ACS, PS, Ercole Conti, K. 16, 30. 1. 1938. 95  „La signora Pavelić è assai astuta ed ha sempre cercato di fiancheggiare il marito nella sua attività politica, compiendo missioni talvolta assai delicate, specialmente per mantenere i contatti epistolari con fuorusciti croati residenti all’estero.“ ACS, PS, Ercole Conti, K. 16, 23. 12. 1937.

IV.  Untergrundarbeit der Marija Pavelić und ihrer Kinder in Italien

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Abbildung 2: Polizeiliches Aktenfoto von Marija Pavelić, Italien 1938

Zu dieser Zeit saß Pavelić nicht mehr im Gefängnis. Marija Pavelić setzte sich kontinuierlich für die Machtergreifung ihres Ehemannes ein. Dabei ging es auch darum, die Stellung des „Poglavniks“ in den Reihen der Ustaša-Bewegung zu festigen und aus ihm die politisch-charismatische Kult- und Führerfigur zu kreieren, die Hitler im nationalsozialistischen Deutschland und Mussolini im faschistischen Italien waren. Nach Aussagen von General Ivan Perčević habe Marija Pavelić ihren Ehemann vor seinen Mitstreitern äußerst gelobt und beteuert, sie würden sehen, was für ein genialer und starker Politiker Pavelić sei.96 Im Zuge der Autoritäts- und Machtstärkung Pavelićs bekamen diejenigen Ustaše die Konsequenzen zu spüren, die bei dem Ehepaar in Ungnade gefallen waren, weil sie sich auf der politischen Bühne zu sehr hervorgetan hatten. Slavko Kvaternik war dem Ehepaar sicherlich ein Dorn im Auge, da er am 10. April 1941 – anstelle des Ustaša-„Führers“ – im Zagreber Radio die Ausrufung des Unabhängigen Staates Kroatien verlas, während sich Pavelić noch in Italien befand und von der Nachricht sichtlich überrumpelt war. Obwohl Kvaternik dies im Namen Pavelićs tat, war das Ehepaar sehr verbittert darüber. In ihrem Hause soll an diesem Tag keine wahre Freude über die Verkündung des kroatischen Staates geherrscht haben.97 Ante Moškov berichtete, Marija Pavelić hätte Kvaternik diesbezüglich Jahre später mit der Frage angegriffen: „Hätte der Heerführer mit der Ausrufung des Un96 

Aussage von Ivan Perčević vor der Geheimpolizei Jugoslawiens in Zagreb. HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret i NDH, K.  23, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, 16. 3. 1947. 97 s. u. a. die Ausführungen in den Memoiren von Kvaternik, Sjećanja i zapažanja, S. 31 ff.

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C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

abhängigen Staates Kroatien nicht warten können, bis der Poglavnik nach Zagreb gekommen war?“98 Die Konsequenzen dieser frühen Aversion der Familie Pavelić erlebte Kvaternik – seit 1941 Chef der kroatischen domobrani (Heimwehr), – als er 1942 wegen eines Streits mit Pavelić abgesetzt wurde und in die Slowakei flüchten musste.99 Auch die Kinder Pavelićs, Višnja, Velimir und Mirjana, wurden in Italien mit der Untergrundtätigkeit vertraut gemacht. Wegen der Gefahr, von der jugoslawischen Geheimpolizei enttarnt zu werden, wechselte die Familie in Italien häufig den Wohnort. Višnja Pavelić besuchte unter den Namen Maria das Töchterinstitut Stella Maris in Rorschach im schweizerischen Kanton Sankt Gallen. Ab 1937 ging sie mit ihrer Schwester in das Staatliche Institut der Santissima Annunziata (L’Istituto Statale della Ss. Annunziata) in Florenz. Velimir Pavelić wurde in schulischen Einrichtungen von den Jesuiten ausgebildet, so beispielsweise im Turiner Gymnasium Istituto Sociale – Scuola paritaria diretta dai Padri Gesuiti.100 Die Kinder wurden in den katholischen Schulen streng erzogen. Višnja Pavelić vergleicht die Methoden der Ordensschwestern in Stella Maris mit militärischem Drill: „So wie man Soldaten dressiert, so dressierte man uns.“101 Aber nicht nur im Mädcheninternat wurden ihr Disziplin und Ordnung beigebracht, sondern auch im Elternhaus. Die Anweisungen ihrer Eltern beschreibt sie rückblickend als ein Gesetz, das befolgt werden musste.102 Die strenge Erziehung entsprach zwar den Methoden der damaligen Zeit, aber an Pavelićs Kinder wurden ferner andere Ansprüche gestellt, als an Kinder ihrer Generation. Sie mussten (wie ihre Eltern) unter einer anderen Identität leben und sich stetig wechselnde italienische Tarnnamen merken. Sie lernten zu schweigen, wenn die Situation es erforderte, und entwickelten das Bewusstsein für illegale Untergrundarbeit. Als Elfjährige besuchte Višnja Pavelić zusammen mit ihren jüngeren Geschwistern den Vater im Gefängnis in Turin, um ihm heimlich Nachrichten zu überbringen oder politisch relevante Informationen des Vaters an ihre Mutter weiterzugeben: „Als das Schuljahr zu Ende ging, haben wir erfahren, dass Vater im Gefängnis war. Wir besuchten ihn dort. Vater gab uns Sachen mit, die wir rausschmuggelten. Weil ihn eine Person [Polizist] belauschte, wollte Vater nicht mit Mutter reden. Aber was er niederschrieb, gab er uns Kindern, denn uns haben sie [die Polizisten] nicht angerührt. Wir konnten aus dem Gefängnis heraustragen, was auch immer wir wollten.“103 98  „Zar nije vojskovodja mogao pričekati sa proglašenjem Nezavisne Države Hrvatske dok ne dodje poglavnik u Zagreb?“ Verhör von Ante Moškov siehe: HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret i NDH, K. 37, Sig. 013. 0. 58, Akte Ante Moškov, 14. 5. 1947. 99 Dazu Kisić-Kolanović, Nada, Drama vojskovođe Slavka Kvaternika, in: Časopis za suvremenu povijest, 3 (1996), S. 379 – 398. 100  ACS, PS, Ercole Conti, K. 17, 4. 6. 1937; Desbons, Georges, U obrani istine i pravde. Zašto sam branio Ustaše, Madrid 1983, S. 36. 101  „Tako kako su vojnike dresirali, tako su i nas dresirali.“ Interview mit Višnja Pavelić am 23. 2. 2008. 102  Interview mit Višnja Pavelić am 23. 2. 2008.

V.  Der Königsmord und „Die schöne Blonde“

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Višnja Pavelić wurde wegen ihrer Geschicklichkeit nicht nur von ihren Eltern als Vertrauensperson wahrgenommen, sondern auch von anderen Ustaša-Anhängern beziehungsweise Sympathisanten. Der Anwalt ihres Vaters, Georges Desbons, bat sie beispielsweise in einem Brief, sich bei ihrem Vater nach der Bezahlung des Romans „Die schöne Blonde“ zu erkundigen, der in den französischen Zeitungen „Paris Soir“ und „Le Matin“ veröffentlicht worden war. Da der Anwalt nach der Freilassung Pavelićs angeblich nicht wusste, wo sich sein Mandant aufhielt, sollte das Geld an die Anschrift des Töchterinstituts Stella Maris gesendet werden, in dem sich Višnja Pavelić befand.104 Womöglich aber musste der Geldtransfer unauffällig vonstattengehen. Daher zogen es die Beteiligten vor, das Geld an ein Kind zu schicken und eben nicht an Marija Pavelić. 103

Die Kinder wurden oft als Tarnung bei politisch relevanten Besprechungen zwischen Pavelić und seinen politischen Gesprächspartnern genutzt: Um die italienischen Agenten bei ihrer Bespitzelungsarbeit zu täuschen, wurden geheime Angelegenheiten des Öfteren auf vermeintlich familiären Ausflügen in der freien Natur besprochen.105 Es kann sicherlich behauptet werden, dass der Ustaša-„Führer“ bei der Stärkung seiner Macht sowie im Kampf um die Machtübernahme vor allem auf seine Ehefrau und Kinder zählen konnte. Die Familie blieb in den folgenden Jahren sein Berater und sein Rückhalt in jeder prekären Situation.106

V.  Der Königsmord und „Die schöne Blonde“ Das Attentat auf Aleksandar I. Karađorđević planten die Ustaše mindestens ein Jahr im Voraus. Bereits im Dezember 1933 sollte der Monarch in Zagreb durch die Ustaša ermordet werden. Die Polizei deckte jedoch die Pläne auf und fahndete nach dem Hauptverdächtigen Tomo Grgić, dem späteren Leiter der Abteilung X in der Hauptdirektion für öffentliche Ordnung und Sicherheit, der die Vorbereitungen für das Attentat in Jugoslawien getroffen hatte. Grgić tauchte unter und suchte Zuflucht in privaten Unterkünften seiner Familie und Freunde. Er flüchtete aus Zagreb nach Sarajevo und schließlich nach Italien, wo sich die Ustaša-Führung befand. In Grgićs Bekannten- und Verwandtenkreis agierten 24 Männer und 13 Frauen als Mithelfer/-innen. Ziel dieser Terroristen-Gruppe war es, neben der Durchführung des Königsmordes öffentliche Gebäude zu zerstören oder Anschläge auf 103  „Kad je svršila školska godina, onda smo mi doznali da je tata u zatvoru i onda smo ga posjećivali. Otac nam je davao stvari da mi nosimo, jer su bili postavili osobu [policajca], koja [ga] je presluškivala, [zbog toga] tata nije htio govoriti s mamom. Ali što je pisao je dao nama kao djeci, a nas nisu [policajci] dirali. Mi smo mogli prenijeti iz zatvora što god smo htjeli.“ Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008. 104  Pavelić, Višnja (Hrsg.), Doživljaji, Bd. 3, Madrid 2008, S. 245. 105  Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008. 106  Vgl. Ustaša. El patriota croata, Ausgabe zum Jubiläum, 10. 4. 1971, S. 41.

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C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

königstreue Veranstaltungen zu verüben. So verlegte die Ustaša-Gruppe am 10. Oktober 1934 Sprengstoff in der Hauptpost in Sarajevo. Bei diesem Anschlag kam niemand ums Leben. Frauen waren Teil des gut organisierten Netzwerkes der Ustaše in Kroatien und in Bosnien-Herzegowina. Zusammen mit ihren männlichen Mitstreitern (u. a. Blaž Lorković und Vlado Singer) bildeten sie eine „Einheit, in der die Seele Tomo Grgićs war, und alle anderen als Äste dieser Einheit verschiedene Funktionen ausführten, die ihnen Tomo Grgić auferlegt hatte“.107 Tereza, Marija und Leopoldina Hladnik, Hausfrauen aus Sarajevo, halfen dem von der Polizei gesuchten Grgić finanziell, versteckten ihn in ihrem Haus, in dem sie auch explosives Material untergebracht hatten, und begleiteten ihn zu einigen Treffpunkten, damit er weniger auffiel, als wenn er allein gegangen wäre. Augustina Ungerman, Angestellte der zerstörten Post in Sarajevo, betätigte sich als Kurierin zwischen Zagreb und Sarajevo. Ela Lorković, Hausfrau und Ehefrau des späteren Ustaša-Funktionärs Blaž Lorković, versteckte in ihrem Wohnsitz ebenfalls Sprengstoff und machte sich dadurch strafbar. Als „Hauptstab“ (glavni štab) für terroristische Treffen diente laut einem Polizeibericht das Haus des Ehepaares Car, in dem Josip Car als Chef fungierte und seine Frau Jelisaveta Car das „informative und beratende Organ“ (informativni i savjetodavni organ) des Stabes der „terroristischen Ustaša-Organisation“ (terorističke ustaške organizacije) gewesen sein soll.108 Die engste Vertraute von Tomo Grgić war seine Verlobte Ivanka Trampuš, eine Bankangestellte in Zagreb. Ihr waren alle Aktionen der Ustaša bekannt. Sie begleitete Grgić auf allen Treffen, unter anderem mit der Familie Kvaternik, und fungierte als Informantin und Beraterin. Dem organisierten Netzwerk gelang es schließlich, Tomo Grgić nach Italien zu schmuggeln. Gerade diese aktive Teilnahme von Frauen ermöglichte letztlich das Funktionieren des Terrornetzwerks. Die berühmteste Ustaša-Aktivistin des sogenannten revolutionären Kampfes bis 1941 war allerdings „Die schöne Blonde“. Der Mann, der ihr Ruhm verschaffte, war Ante Pavelić, der, als er 1935 im Turiner Gefängnis auf seinen Prozess wartete, „nichts Besseres zu tun“ (ništa boljeg raditi) hatte, als einen politischen Roman mit dem Titel „Liepa plavka“ (Die schöne Blonde) zu schreiben.109 Inspiriert wurde er von der französischen und italienischen Presse, die über eine schöne „femme blonde“110 im Zusammenhang mit dem Attentat auf König Aleksandar I. berichtete, aufgrund dessen Pavelić im Gefängnis saß. Pavelićs Protagonistin war weder Ehefrau noch Mutter, sondern eine Terroristin und Symbolfigur für den – wie es im Untertitel heißt – „Kampf des kroatischen Volkes für Freiheit und Unabhängigkeit“. 107  „[…] okrivljeni sačinjavali [su] jednu celinu, kojoj je duša bio Grgić, Tomo, a svi ostali kao grane te celine vršili su raznolike funkcije koje im je nalagao Grgić Tomo.“ HDA, Zbirka sudovi – 1552, ZB-S-45/322, K. 45, 4. 5. 1935. 108  HDA, Zbirka sudovi – 1552, ZB-S-45/322, K. 45, 4. 5. 1935. 109  Pavelić, Doživljaji, S. 142. 110  Pavelić, Doživljaji, S. 142.

V.  Der Königsmord und „Die schöne Blonde“

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Der Roman spielt in der Zwischenkriegszeit, und seine Handlung beginnt in Wien, wohin der Ustaša Krunoslav Dulibić im Auftrag der anti-jugoslawischen Untergrundbewegung reist, sich eine Wohnung sucht und dabei seine Vermieterin, die „schöne Blonde“ kennenlernt. Das „Fräulein“ (gospođica) ist die Tochter eines kroatischen k.u.k. Generals, der an der kroatischen Militärgrenze111 diente; ihre Mutter verstarb, als sie noch ein Kleinkind war. Sie wuchs in Wien auf und arbeitete als Büroangestellte in der Handelsfirma „Blum und Freund“ des geldgierigen Robert Blum. Er hatte sie an ihrem ersten Arbeitstag den Kollegen mit den abwertenden Worten „unsere neue blonde Schreibkraft“ (naša nova plava tipkačica) vorgestellt. Seitdem blieb sie namenslos, da keiner ihrer Kollegen sich jemals für ihre Identität interessiert hatte. Sie schauten nur darauf, wie viel sie täglich arbeitete.112 Pavelić charakterisiert die junge Frau als äußerst intelligent und tiefsinnig. Vor der Skrupellosigkeit ihrer Arbeitgeber, so schreibt Pavelić, schütze das „Fräulein“ ihre „Reinheit“ und „jungfräuliche Sauberkeit“.113 Zwischen Dulibić und der „schönen Blonden“ entwickelt sich eine platonische Liebe. Er bringt ihr die kroatische Geschichte, Kultur sowie Gedichte näher, etwa die Ballade „Hasanaginica“, die von Goethe unter dem Titel „Das Trauerlied der edlen Frau von Hasanaga“ übersetzt wurde.114 Dulibić trifft es sehr, als er hört, dass die „schöne Blonde“ im Auftrag der Firma Wien verlässt und nach Zagreb zieht, wo sie für den Unternehmer Žiga Donner als Bürokraft in seiner Lederfabrik arbeiten wird.115 Während der Zugfahrt in die kroatische Hauptstadt wird die „schöne Blonde“ Augenzeugin einer Verhaftung von zwei kroatischen Aktivisten und begegnet dort zwei weiteren Männern, die einen Tag zuvor Krunoslav Dulibić in seinem Haus besucht hatten. Von ihnen bekommt sie die Adresse einer Lehrerin namens Ruža Gusić, damit sie sich, wenn nötig, an jemanden wenden kann.116 In Zagreb angekommen, wird die „schöne Blonde“ ins Polizeirevier beordert, da sie unter dem Verdacht steht, der illegalen, anti-monarchischen Ustaša-Bewegung anzugehören. Ihr werden die im Zug verhafteten Männer vorgeführt, aber sie behauptet wahrheitsgemäß, dass sie die Männer persönlich nicht kenne. Der Aufenthalt im Wartezimmer der politischen Abteilung des Polizeireviers ist nur einer der vielen Momente, in denen der jungen Frau die Unrechtbehandlung des kroatischen 111  Als Militärgrenze wurde vom 16. bis zum 19. Jahrhundert die Grenze zwischen Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich bezeichnet. 112  Pavelić, Ante, Liepa plavka. Roman iz borbe hrvatskog naroda za slobodu i nezavisnost, Madrid 2005, S. 54 f. 113  Pavelić, Liepa plavka, S. 55. 114  Pavelić, Liepa plavka, S. 99 ff. 115  In der Zwischenkriegszeit lebte tatsächlich ein Zagreber Lederfabrikant namens Žiga Stern. Er vergiftete sich, bevor er von den Ustaše in ein Konzentrationslager deportiert werden konnte. Siehe: Cindrić, Pavao, Lea Deutch, Zagrebačka Anne Frank, Zagreb 2008, S. 162. 116  Pavelić, Liepa plavka, S. 140.

C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

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Volkes durch die jugoslawische Regierung gezeigt wird: Hier beschreibt Pavelić die geschlagenen politischen Gefangenen, zwei Bauern, die von den Gendarmen in Fesseln durch den Gang geführt werden, oder einen älteren misshandelten Mann mit Spitzbart – hierbei könnte sich Pavelić auf Stipe Javor beziehen –, auf den die Ehefrau und Tochter warten, die von den Gendarmen jedoch weggestoßen werden.117 Im Gespräch mit dem Anwalt ihres Arbeitgebers, der sie aus dem Gefängnis holt, versucht die „schöne Blonde“ zu verstehen, warum Arbeiter und Bauern verhaftet werden. Der Anwalt gibt der Unwissenden zur Antwort, dass alle Bauern für die Befreiung Kroatiens kämpfen würden.118 Nicht nur der „schönen Blonden“ verleiht der Autor einen starken Charakter, sondern auch Ruža Gusić, die von der Protagonistin des Romans in Zagreb kontaktiert wird. Womöglich bezog sich Pavelić bei der Namensgebung dieser Frau auf die tatsächlich bestehende Revolutionäre Ustaša Frauenaktion, kurz RUŽA. Das Verbreiten von Ustaša-Propaganda diente sowohl für die Romanfigur als auch für die Mitglieder der Frauenorganisation zur Stärkung der Bewegung. Die Aktivistin erklärt der „schönen Blonden“ mit der „gelernten Glaubwürdigkeit des Agitators“ (naučenom uvjerljivošću propagatora)119 und im Pflichtbewusstsein, jeden über die politischen Belange des kroatischen Volkes aufzuklären, dass die Fremden Schuld an der wirtschaftspolitisch misslichen Lage in Kroatien seien. Mit Ausländern sind unter anderem der Unternehmer Žiga Donner gemeint, der zum Anlass seiner Geburtstagsfeier „sechs serbische Zigeuner mit Gusle“ (šest srbijanskih cigana s guslama)120 spielen lässt und mit einem Polizeiinspektor Pläne für Steuerhinterziehungen schmiedet.121 Die „schöne Blonde“ entscheidet sich zum Kampf für die kroatische Unabhängigkeit, als sie vom Leid einer Bäuerin erfährt, deren Mann als politischer Gefangener im Gefängnis sitzt. Diese hatte ihr letztes Vieh verkaufen müssen, um ihre Kinder zu ernähren. Wegen der hohen Steuern blieb ihr aber auch davon nicht viel übrig. Überdies beeinflusst die Verhaftung Krunoslav Dulibićs in Wien den Entschluss der „schönen Blonden“. Er wird bezichtigt, den Anschlag auf das Gefängnis in Zagreb mit organisiert zu haben. In einer Zusammenkunft mit Ruža Gusić gesteht die „schöne Blonde“ ihre Zuneigung zu Dulibić. Ihre Freundin unterrichtet sie, Dulibić sei nicht frei; wenn es dazu käme, würde er sich für die Ziele der Ustaša-Bewegung aufopfern. Die „schöne Blonde“ akzeptiert aus Liebe zu ihm, Leid auf sich zu nehmen und beteuert schließlich: „Auch ich werde nicht mehr lange frei sein können!“122 Dies bewahrheitet sich: Nachdem sie selbst bespitzelt und von Gendarmen auf der Straße verletzt wird, weil sie auf einer 117 

Pavelić, Liepa plavka, S. 156. Pavelić, Liepa plavka, S. 162 f. 119  Pavelić, Liepa plavka, S. 175. 120  Pavelić, Liepa plavka, S. 189. 121  Pavelić, Liepa plavka, S. 192 – 196. 122  „Ne ću ni ja još dugo moći biti slobodna!“ Pavelić, Liepa plavka, S. 217. 118 

V.  Der Königsmord und „Die schöne Blonde“

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Pilgerfahrt in Marija Bistrica war und dort den Anstecker mit der kroatischen Fahne getragen hatte, entschließt sie sich, der Ustaša-Bewegung beizutreten. Sie vollzieht den Ustaša-Schwur, durch den sie sich verpflichtet, für die Befreiung Kroatiens zu kämpfen und somit jede Anordnung, die ihr auferlegt wird, auch unter Lebensgefahr zu erfüllen. Ihr wird der Deckname Schwester Trauer (sestra Tuga) zugeteilt.123 Die Handlung versetzt der Autor daraufhin in das Jahr 1934. Die „schöne Blonde“ befindet sich allein in einem Hotel in Lausanne und ist Mitorganisatorin des Attentats auf Aleksandar I. Karađorđević, der in der französischen Hafenstadt Marseille erschossen werden soll. Sie ist zuständig für den reibungslosen Verlauf des Übertritts ihrer Mitstreiter über die französisch-schweizerische Grenze. Gleichzeitig kokettiert sie im Hotel mit einem serbischen Diplomaten und erfährt von ihm, dass der König, nachdem er in Paris war, einen Zwischenstopp in Lausanne einlegen werde, um dort einen renommierten Zahnarzt aufzusuchen.124 Die Romanprotagonistin muss daraufhin mit ihrem Auto nach Paris reisen, um von dort heimlich Munition zu exportieren. Da in der Zwischenzeit in Erfahrung gebracht wurde, dass der König zuerst nach Marseille und dann nach Paris reisen werde, wird ihr die Aufgabe erteilt, drei Koffer mit Sprengstoff nach Avignon zu transportieren. Sie äußert zuvor gegenüber einem Ustaša-Agenten den Wunsch, nicht mehr ohne Begleitung reisen zu wollen. Ihr Anliegen wird akzeptiert und sie trifft in einem Hotel in Avignon ihren angeblichen Mann, also Dulibić, der den Decknamen Petar trägt. Beide verbringen nicht viel Zeit miteinander, sondern müssen die Koffer nach Aix-en-Provence bringen.125 Als nächstes fährt das vermeintliche Ehepaar nach Marseille. Hier trennen sich ihre Wege, weil die „schöne Blonde“ anschließend über Genua ein Schiff nach Südamerika nehmen soll. Sie entschließt sich vorerst trotzdem in Marseille zu bleiben, wo sie durch die in Panik geratene Menge auf der Straße erfährt, dass der König erschossen worden ist. Sie steigt in ihr Auto und rast schnell und unkontrolliert, während sie sich an ein Gespräch zwischen einigen Ustaša-Angehörigen erinnert, die das Töten verurteilten. Ihr wird schwindlig, sie hat einen Unfall und stirbt.126 Aus dem Roman „Die schöne Blonde“ lassen sich nicht nur verschiedene politische Einstellungen Pavelićs in Bezug auf den Kampf der Ustaše um die kroatische Unabhängigkeit ablesen. Hier erfährt man auch, mit welchen Methoden die Ustaša im Untergrund hantierte und heimlich Nachrichten übermittelte: So wurden Briefe nicht postalisch, sondern persönlich ausgehändigt,127 wichtige Nachrichten selbst in Kaffeehäusern mittels Morsecodes vermittelt128oder sie mussten auswendig ge123 

Pavelić, Liepa plavka, S. 289. Pavelić, Liepa plavka, S. 303 – 320. 125  Pavelić, Liepa plavka, S. 327 – 343. 126  Pavelić, Liepa plavka, S. 345 – 351. 127  Pavelić, Liepa plavka, S. 253. 128  Pavelić, Liepa plavka, S. 77. 124 

C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

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lernt werden129, damit schriftliche Beweise nicht in falsche Hände geraten konnten. Ferner seien Spioninnen gerade dann in ihrer Tätigkeit erfolgreich gewesen, wenn sie besonders attraktiv waren,130 so Pavelić. In seinem Buch teilt Pavelić die jugoslawische Gesellschaft in zwei politische Lager auf: zum einen in die königstreuen, reichen und trügerischen Juden und Serben, und zum anderen in diejenigen, die sich gegen diesen Staat auflehnen, weil sie durch die oben genannten ausgebeutet, erniedrigt und im schlimmsten Fall getötet werden. Bei der Beschreibung seiner Romanfiguren, wie Blum, Samuel, Morgenstern, Donner und Rosenfeld, bedient sich der Schreibtischantisemit bekannter Ressentiments und Bilder vom krummnasigen reichen Wucherer und Verführer. All diese negativen Romanfiguren sind der jugoslawischen Krone treu. Während er nicht-jüdische Frauen, wie etwa die Protagonistin des Romans als schön, natürlich, ehrlich und moralisch darstellt, werden Jüdinnen und Serbinnen als unnatürlich, unmoralisch und unattraktiv beschrieben.131 Pavelić zeigt vor allem die relevante Stellung von Frauen in der terroristischen Bewegung auf. Für einen nationalistisch orientierten Politiker war es dennoch untypisch, die politische Partizipation von Frauen so stark hervorzuheben, wie es der Autor in seinem Roman unternimmt. Diese Perspektive stimmte nicht mit der patriarchalisch-konservativen Frauenpropaganda, wie etwa in Deutschland, Italien und später im USK, überein.132 Auch von Pavelićs Anhängern wurde die Romanfigur keineswegs als „vermännlicht“ bewertet, im Gegenteil: „Die historische, kroatische Selbstverteidigung demonstrierend, hat der Führer auch seine doppelte Qualität als Ustaša und als Künstler enthüllt. Unsere Frauen, die in der schönen Blonden den Frauentyp der zeitgenössischen Kroatin finden, folgen ihrem Beispiel. Der Roman ‚Die schöne Blonde‘ wird von allen gelesen werden.“133

Dass tatsächlich eine Frau in die Organisation des Königsmords involviert war, ist unter anderem einem Protokoll aus dem Turiner Gefängnis zu entnehmen, das ein Gespräch zwischen Pavelić und Desbons dokumentiert. Pavelić soll hier seinem Anwalt gesagt haben, die blonde Slawin sei die Seele des Komplotts gewesen und Desbons könne sie in Wien treffen.134 Mit großer Wahrscheinlichkeit bezog sich Pavelić hierbei auf die Ustaša-Anhängerin Stana Godina, geborene Versa, die nach den Aussagen einiger Ustaša-Anhänger, darunter Eugen Dido Kvaternik, seiner 129 

Pavelić, Liepa plavka, S. 114. Pavelić, Liepa plavka, S. 229. 131  Pavelić, Liepa plavka, S. 186 ff. 132 Vgl. De Grazia, Victoria, Le donne nel regime fascista, Venedig 2000, S. 39. 133  „Dimostrando la storica autodifesa croata, il Capo ha rivelato anche la sua doppia qualità, di Ustaša e di artista. Le nostre donne che nella Bionda trovano il tipo delle donne contemporanee croate, seguirono il suo esempio. Il romanzo ‚Bella Bionda‘ sarà letto da tutti.“ ACS, PS, Ercole Conti, K. 8, undatiert. 134  ACS, PS, Ercole Conti, K. 23. Die Unterhaltungen zwischen Pavelić und Desbons fanden am 12. und am 13. 9. 1935 statt. 130 

V.  Der Königsmord und „Die schöne Blonde“

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Frau Marija Kvaternik, Vladimir Židovec und Ante Moškov sowie nach italienischen Polizeiangaben, gemeinsam mit ihrem Ehemann, Ante Godina, alias Petar, das Attentat mit organisiert habe. Stana Godina führte bei dieser Aktion den Decknamen „plavka“, die Blonde.135 In den Hotels in Frankreich, in denen sie sich während der Vorbereitungen des Königsmordes aufhielt, registrierte man sie als tschechoslowakische Staatsangehörige unter dem Namen Marija Vondraček.136 Das Ehepaar Godina gehörte zu Pave­ lićs engen Vertrauten und zur Triester Zelle der Ustaša-Bewegung. Stana Godina betätigte sich die meiste Zeit als Kurierin zwischen Triest und Zagreb.137 In der Gruppe um Eugen Dido Kvaternik, der vor Ort das Attentat organisierte, hatten Stana und Ante Godina die Aufgabe, Waffen nach Frankreich beziehungsweise Marseille zu schmuggeln, wo der König nach seiner Ankunft am Hafen in einer offenen Limousine fahren würde. Darin sollte er schließlich von Vlado Černozemski ermordet werden. Obwohl es nach dem Attentat zu vielen Verhaftungen der Ustaša-Angehörigen kam, wurde die Identität des Ehepaares Vondraček beziehungsweise Godina nie von der jugoslawischen, französischen und italienischen Polizei verifiziert. Es wurde intensiv nach der „schönen Blonden“ gefahndet und die Polizei verdächtigte quasi jede Frau, die in Berührung mit der Ustaša-Bewegung kam. Zu den mutmaßlichen Terroristinnen gehörte Borislava Absac, geborene Horvat, Ustaša-Agentin in Rijeka und Geliebte des Ustaša-Anhängers Vjekoslav Servatzy. Sie soll nach anderen Quellen Spionage für die jugoslawische Polizei betrieben haben.138 Valeria Cihlar und Katarina Schisler, beide Ustaša-Agentinnen, wurden ebenfalls verdächtigt, an der Organisation des Attentates mitgewirkt zu haben.139 Obwohl die Ermordung von König Aleksandar I. zu den größten politischen Erfolgen der Ustaša-Bewegung zählte, wurde diesem Ereignis propagandistisch wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Grund für dieses Schweigen war vermutlich die Verwicklung italienischer Geheimdienste in das Attentat. Dass es sich bei der „schönen Blonden“ höchstwahrscheinlich um Stana Godina handelte, durfte ebenfalls niemand erfahren. Sie wurde dennoch in den Kreisen der Ustaša-Elite hoch geschätzt. Gemäß den Aussagen von Vladimir Židovec hatte sie in dieser Gesellschaft den gleichen Stellenwert wie Marija Pavelić.140 Tatsächlich negierten die Ustaše in ihrer Propaganda nie die Beteiligung ihrer Gefolgsfrauen, weder vor noch nach der Machtübernahme im Jahre 1941 als der 135 

ACS, PS, Ercole Conti, K. 16, 17. 6. 1940. Desbons, U obrani istine i pravde, S. 5. 137  Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 132. 138  Gobetti, Dittatore per caso, S. 54. Über Borislava Absac siehe: ACS, PS, Ercole Conti, K. 30, 4. 12. 1934 und 16. 4. 1935. 139  Gobetti, Dittatore per caso, S. 79, S. 81; ACS, PS, Ercole Conti, K. 7, 15. 2. 1936. 140  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret i NDH, K. 23, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Vladimir Židovec am 7. 12. 1948. 136 

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C.  Ustaša-Gefolgsfrauen in der „Kampfzeit“ (1930 – 1941)

Unabhängige Staat Kroatien gegründet wurde. Diese Frauen wurden stets zu Heldinnen stilisiert und dienten als Vorbilder für nächste Generationen. So schrieb die studentische Ustaša-Funktionärin Ivona Latković-Maixner: „In den schwierigsten Zeiten, als der kroatische Name fast vom Erdboden ausgelöscht wurde, als die kroatische Fahne verboten war, als man wegen des Namens des Poglavniks in einen Kerker geworfen und auf Galgen gehängt wurde, stand die kroatische Frau in den Reihen des Kampfes. Sie erhielt Aufgaben, die ihr die Ustaša und ihre gesunde nationale Pflicht auferlegt haben. Sie erfüllte ihre Aufgaben als Ustaša, ohne Aufsehen; sie blieb unbekannt und trotzdem war ihr Anteil groß. In den Kampfjahren gab es Frauen, die die Lasten des revolutionären Kampfes auf sich genommen haben, die niemals aufgaben, die weder durch das Gefängnis, noch durch die Folter, noch durch die Inhaftierung gebrochen wurden. Die Weibliche Ustaša-Jugend sieht in diesen Frauen ein Vorbild dafür, wie gearbeitet, gekämpft und geopfert werden muss, wenn es um die Ehre und Freiheit des Volkes geht.“141

Die Darstellung der „Erstkämpferinnen“ als furchtlose Heldinnen diente der Propagandamaschinerie als moralische Mobilisierung von Frauen für die Bewegung. Doch besonders eine Frau, die „Ustaša-Mutter“ Manda Devčić, wurde im Unabhängigen Staat Kroatien als Märtyrerin verherrlicht. Die Erziehung der Kinder zu überzeugten Ustaša-Kämpfern und gar die Aufopferung der eigenen Söhne für den Kampf und den Krieg sollte allen kroatischen Frauen als Vorbild dienen, wobei nur diejenigen Kroatinnen und Kroaten als Teil der „Volksgemeinschaft“ akzeptiert wurden, die nach den „Rassengesetzen“ „arischer“ Abstammung waren.

141  „U najtežim vremenima, kad je s lica zemlje bilo gotovo izbrisano hrvatsko ime, zabranjena hrvatska zastava, kad se za ime Poglavnikovo bacalo u zatvore i na vješala, hrvatska je žena stajala u redovima borbe. Primala je zadaće, koje su joj nalagala ustaška načela i njena zdrava nacionalna svijest. Vršila je te zadatke ustaški, bez buke; ostala je neznana, a ipak je njen udio bio velik. U godinama borbe bilo je žena, koje su djelatno preuzele teret revolucionarne borbe, koje nikada nisu sustale, koje ni zatvor, ni mučenja, ni internacija nisu slomili. Ženska ustaška mladež u njima gleda primjer iz velikih prošlih dana, primjer, kako treba raditi, boriti se i žrtvovati, kad su u pitanju čast i sloboda naroda.“ Ustaška Mladež. Omladinski prilog „Ustaše“, Nr. 6, 10. 8. 1941, S. 29.

D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK: Zwischen Glorifizierung, Instrumentalisierung, Anfeindung und Gewalt D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

Nach der Machtübernahme der Ustaše und der Errichtung des USK im April 1941 traten in erster Linie konservative Frauenbilder in den Vordergrund der Ustaša-Propaganda. Den Mittelpunkt des weiblichen Daseins sollten Mutterschaft und die Erziehung von Kindern bilden. Die Reduzierung der Frau auf ihre soziale Stellung als Mutter war in dem patriarchalisch geprägten Land jedoch zeittypisch und kein alleiniges Charakteristikum des Ustaša-Regimes. Besonders war allerdings das Streben nach dem Vermehren der kroatisch-„arischen Rasse“. Die Umsetzung des idealen, rassistisch konnotierten Ustaša-Frauenbildes blieb im nur vier Jahre währenden Unabhängigen Staat Kroatien eine Fiktion, hatte doch die Verknappung der männlichen Arbeitskräfte im Krieg zur Folge, dass der weibliche Einsatz in jedem (kriegsbedingten) Arbeitssektor vonnöten war.1 Die Idealisierung der Mutter erwies sich also sowohl während der „Kampfzeit“ als auch im USK als reine Propagandaformel. Hinzu kam, dass auf dem Balkan ein brutaler Bürgerkrieg herrschte, der traditionelle Familienstrukturen eher zerriss als dass er sie festigte. Die Ustaše hielten am heroischen Bild der gleichberechtigten „Kampfgefährtin“ zwar noch fest, nach dem Krieg aber sollte die Restauration der patriarchalisch konzipierten Geschlechterrollen von Mann und Frau folgen. 1 Die Erwerbstätigkeit von Frauen im Agrarland Jugoslawien war in der Zwischenkriegszeit von 1918 bis 1941 ähnlich wie in anderen europäischen Ländern von sozial-wirtschaftlicher Ungleichbehandlung geprägt: Frauen bekamen für die gleiche Arbeit einen geringeren Lohn als Männer, sie arbeiteten auch nachts in Industrieunternehmen, obwohl sie davon gesetzlich befreit waren. Berufe wie die der Botschafterin, Richterin oder Ministerin durften sie nicht ausüben. Im Verkehrswesen konnten Frauen keine höher gestellten Funktionen erlangen: Sie durften Schaffnerinnen werden, aber keine Inspekteurinnen oder Direktorinnen. Im Post-, Telefon- und Telegrafenamt wurde 1934 für Frauen sogar eine Zulassungsbeschränkung eingeführt. Lehrerinnen der Volks- und Haushaltsschulen durften ab 1937 nicht mehr ihrem Beruf nachgehen, wenn sie einen Mann heirateten, der nicht Lehrer war. Der Grundgedanke war, die männliche Arbeitslosigkeit in den Schulen zu senken. Frauen waren größtenteils in der Nahrungsmittel-, Tabak- und Textilindustrie oder in der Landwirtschaft tätig. Nach der Historikerin Jovanka Kecman war die soziale Schicht der Arbeiterschaft eher aus Frauen zusammengesetzt, da Unternehmer aus der billigen Arbeitskraft der Frauen (und der Kinder) ein größeres Kapital schlagen konnten. Infolge der sozialen Unzufriedenheit engagierten sich Jugoslawinnen in Gewerkschaften oder in der Kommunistischen bzw. Sozialdemokratischen Partei. Um an den gesellschaftspolitischen Belangen des Landes teilhaben zu können, forderten sie in erster Linie das Frauenwahlrecht. Siehe: Kecman, Jovanka, Žene Jugoslavije u radničkom pokretu i ženskim organizacijama 1918 – 1941, Belgrad 1978, S. 60 f. Über die erste Schaffnerin in Zagreb, siehe: Blasin/Marković, Ženski vodić kroz Zagreb, S. 117 – 123.

D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

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Abbildung 3: Schaffnerin mit muslimischen Frauen, Sarajevo 1943

Solange allerdings die Ausnahmesituation andauerte, übernahmen Frauen Tätigkeiten, die einst nur Männern vorbehalten waren. Im November 1942 rief beispielsweise die Stadtverwaltung in Zagreb Frauen auf, sich als Straßenfegerinnen zu bewerben.2 Ein Jahr später veröffentlichte die Zeitschrift „Signal“ Bilder von Schaffnerinnen bei der Arbeit und betitelte sie mit „Kroatische Frauen helfen“.3 Frauen ersetzten Männer in Fabriken oder gingen als sogenannte Fremdarbeiterinnen nach Deutschland.4 Nach einer Anzeige in der Zeitung „Das Kroatische Volk“ (Hrvatski narod) wurden weibliche Arbeitskräfte, die in Deutschland ein Jahr lang kriegsbedingte Tätigkeiten in Fabrik- und Landarbeit ausüben sollten, bevorzugt,5 da sich Männer an der Front befanden. Berufstätige Frauen wurden jedoch nur als befristete Helferinnen wahrgenommen und nicht als ein wesentlicher Faktor der Arbeitswelt. Eine traditionelle Tätigkeit, die im USK ideologisch überhöht wurde, war dagegen der Beruf der Haushaltsgehilfin, von denen es 1942 über 30.000 gab. Haushaltsgehilfinnen stammten meist aus ärmlichen Bauernfamilien und zogen in die Stadt, 2 

Hrvatski narod, Nr. 561, 22. 10. 1942. „Hrvatske žene pomažu.“ Signal, Nr. 1, Oktober 1943, S. 25. 4 In der Zwischenkriegszeit war der deutsche Arbeitsmarkt für viele Jugoslawinnen und Jugoslawen attraktiv. Die Aufrüstung Deutschlands unter Hitler erforderte immer mehr ausländische Arbeiter/-innen, so dass 1937 2.500 Personen aus Jugoslawien im „Deutschen Reich“ arbeiteten; 1938 waren es 7.600 und 1939 19.700. Bis 1944 wurden 153.000 Personen bzw. 7,5 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung zur Arbeit für das „Deutsche Reich“ mobilisiert. Sundhaussen, Holm, Wirtschaftsgeschichte Kroatiens im nationalsozialistischen Großraum 1941 – 1945. Das Scheitern einer Ausbeutungsstrategie, Stuttgart 1983, S. 179 ff. Vgl. auch Dierl, Florian/Janjetović, Zoran/Linne, Karsten, Pflicht, Zwang und Gewalt. Arbeitsverwaltungen und Arbeitskräftepolitik im deutsch besetzten Polen und Serbien 1939 – 1944, Essen 2013, vor allem S. 317 – 442. 5 So bekamen Frauen je nach Tätigkeit zwischen 37 und 50 Pfennig Stundenlohn, Männer dagegen 60 bis 85 Pfennig. Hrvatski narod, Nr. 222, 24. 9. 1941. 3 

D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

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um sich dort ihren Lebensunterhalt zu verdienen.6 Als Verbindung zwischen Land und Stadt sollten diese Frauen die „gesunde bäuerliche Moral“ (zdrav seljački moral) in die Haushaltsführung und vor allem in die Kindererziehung einfließen lassen.7 Haushaltsgehilfinnen seien nicht nur für die jeweilige Familie, sondern auch für die Entwicklung und das Wohl der „Volksgemeinschaft“ ein wichtiger Faktor, betonte Pavelić.8 Im katholischen Frauenblatt „Für Glaube und Heim“ (Za vjeru i dom) wurde ihnen erklärt, sie würden sich zwar jetzt um den Haushalt und um die Kinder anderer kümmern, später aber das Erlernte in ihrer Rolle als Mutter in der eigenen Familie einsetzen können.9 Von den Frauen wurde somit erwartet, dass sie Kinder gebären und erziehen, Männer in ihrem Tätigkeitsfeld ersetzen und sich sowohl für die „Volksgemeinschaft“ als auch in der Ustaša-Bewegung aktiv einsetzen. Obgleich Frauen in der Kriegszeit idealerweise mehrere Funktionen in der Gesellschaft zu erfüllen hatten, wurde ihnen in dem stark traditionell-religiös geprägten Land in Bezug auf ihr Privatleben und ihre eigene Entfaltung, wenig oder gar kein Mitspracherecht eingeräumt. Sie sollten die Eingrenzung ihrer Freiheiten hinnehmen. Taten sie es nicht, drohten öffentliche Erniedrigungen, Beschimpfungen und Strafmaßnahmen. So wurden beispielsweise Frauen, die ein Arbeits- oder Liebesverhältnis zu italienischen Soldaten pflegten, aus politischen Motiven die Haare abrasiert. An dem Vorhaben, „kroatische“ Frauen in ein bestimmtes Lebens- und Verhaltensmuster zu pressen und nicht-„kroatische“ Frauen aus der „Volksgemeinschaft“ auszugrenzen, waren nicht nur mächtige Männer beteiligt, sondern auch die Ustaškinje, d. h. vor allem Funktionärinnen der weiblichen Ustaša-Organisationen. Trotzdem widersetzten sich viele Frauen dem Terror der Ustaše – sie wurden dadurch zu Feindinnen des Regimes. Zum Feindbild konstruierten die Ustaše alle national, religiös und ideologisch Unerwünschten sowie „Überläuferinnen“, die wegen ihres Aussehens, Benehmens oder Berufes nicht in das ideale Propagandabild passten oder sich nicht anpassen wollten. Im folgenden Kapitel wird im ersten Teil das glorifizierte Bild der Mutter sowie der Vorbild-Mütter in der Ustaša-Propaganda dargestellt und anschließend der Blick auf die reale Situation von Müttern und ihren Kindern – vor allem auf dem Land – gerichtet. Letzteres insbesondere, weil es auf dem Land eine höhere Geburtenrate gab. Im Anschluss werden Maßnahmen vorgestellt, die für den Fortbestand der „reinen Rasse“ getroffen wurden: staatliche Hilfen für Mütter und Familien, Verhinderung von Abtreibungen und Reinhaltung der „Rasse“ durch die „Rassengesetze“. Um das Leben von Frauen im USK veranschaulichen zu können, ist es 6  Spomen-knjiga prve obljetnice Nezavisne Države Hrvatske, 10. 4. 1941 – 10. 4. 1942, Zagreb 1942, S. 335. 7  Hrvatski narod, Nr. 557, 17. 10. 1942. 8  Hrvatski narod, Nr. 757, 16. 6. 1943. 9  Za vjeru i dom: list namijenjen katoličkom ženskom obrazovnom svijetu Nr.  8, Oktober 1942, S. 7; Za vjeru i dom, Dezember 1942, Nr. 7, S. 7; Hrvatski narod, Nr. 554, 14. 10. 1942; Hrvatski narod, Nr. 757, 16. 6. 1943.

D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

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auch notwendig, die Gewaltanwendungen, denen sie während des Krieges ausgesetzt waren, in einem gesonderten Teilkapitel darzustellen. Sowohl das gefestigte patriarchalische Denken auf dem Balkan als auch frauenfeindliche Maßnahmen und die gewaltgeladene Rhetorik der Ustaše gegenüber der politisch-ideologischen Feindin und der „Unangepassten“ waren Triebfedern für verschiedene Formen physischer und psychischer Gewalt gegenüber Frauen. Die Tatsache, dass verschiedene bewaffnete Truppen das Kriegsland durchquerten und okkupierten, wurde gerade für Frauen, Mädchen (und Kinder) zur Bedrohung.

I.  Der Ustaša-Mutterkult: Verherrlichung und Realität An der Spitze der „kroatischen Familie“ stand Ante Pavelić: Das Kultbild des Ustaša-„Führers“ war das eines fürsorglichen Vaters, jedoch nicht in erster Linie seiner eigenen drei Kinder, sondern des ganzen kroatischen Volkes. So erklärte Pavelić bei seinem Besuch in Rom dem italienischen Journalisten Federico Patellani, es bliebe ihm für seine Familie keine Zeit. Seine Frau kümmere sich um die Kinder, während ihn und seine Mitstreiter nur die „große kroatische Familie“ (grande famiglia croata) interessieren müsse.10 In der kroatischen Presse wurde Pavelić als Vater der Nation gefeiert, der sich für alle sozialen Klassen engagierte, besonders jedoch für die Arbeiter und Bauern. Das Vaterbild Pavelićs drang nicht nur in die Köpfe der Jugend, sondern auch in die der Wachmannschaften des Staatsführers, so dass sie ihn untereinander „Vater“ nannten, so die italienische Zeitschrift „Il Tempo“.11 Das Bild der Vater- und Führungsfigur, die über das Wohl der Nation wachte und für diese Zwecke seine eigene Familie in den Hintergrund stellte, stand im Einklang mit den traditionellen Geschlechterrollen eines starken Mannes und Ernährers auf der einen Seite und einer fürsorglichen Mutter und Ehefrau auf der anderen Seite. Der Familie und der Mutter wurde im USK ein herausragender bevölkerungspolitischer und erbbiologischer Stellenwert zugesprochen. Schon im Reglement der Bewegung wird unter § 9 die Ustaša als eine moralische Bewegung bezeichnet, deren Aufgabe es sei, ihren Mitgliedern sowie allen Angehörigen der „Volksgemeinschaft“ ständig ins Bewusstsein zu rufen, dass die Basis für ein glückliches Leben Religion und Familie seien. Darüber hinaus verpflichtete sich die Ustaša-Bewegung, die „Heiligkeit der Ehe und Familie“ (svetost braka i obitelji) zu hüten, der Frau und Mutter größte Ehrerbietung zu erweisen und das Ansehen von Mädchen zu verteidigen.12 Diese Aufwertung galt indessen nur den kroatisch-katholischen und muslimischen Frauen, während jüdische und serbisch-orthodoxe Frauen sowie Romnja rechtlich diskriminiert und aus der „kroatischen Volksgemeinschaft“ ausgeschlos10 

Il Tempo, Nr. 108, 19. – 26. 6. 1941, S. 5. Vgl. HDA, SDS RSUP – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, 14. 5. 1947. 12  Propisnik o zadaći, ustrojstvu, radu i smjernicama „Ustaše“, S. 10. 11 

I.  Der Ustaša-Mutterkult: Verherrlichung und Realität

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sen wurden. Jedes Gesetz und jeder Erlass zugunsten familienfreundlicher Politik regelte zugleich den Ausschluss von „rassisch“ und politisch unerwünschten Menschen. Ehe, Sexualität und „Rasse“ waren im USK, wie auch im nationalsozialistischen Deutschland, eng miteinander verknüpft. Alles Private, wie die Ehe, Sexualität, Fortpflanzung und Erziehung wurden zur Staatssache. Die Ehe stellten die Ustaše in den Dienst „höherer Ziele“. Ihr Erfolg wurde an der Anzahl der geborenen Kinder gemessen, die von Frauen zu künftigen Soldaten beziehungsweise Müttern erzogen werden sollten. Um sich von der ehemaligen jugoslawischen Regierung in allen Aspekten der Politikführung positiv abzugrenzen, verkündeten die Ustaše kontinuierlich, sie hätten der kroatischen Mutter die ihr zustehende Ehre erwiesen. Im jugoslawischen „Stiefmutter-Staat“ dagegen sei die Mutter samt ihrer Familie ausgeraubt und respektlos behandelt worden.13 Die Ustaše machten entweder Serben, Kommunisten oder Juden für alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Misserfolge verantwortlich. In böswilliger Manier warfen sie jüdischen Ärzten vor, aus Geldgier Schwangerschaftsabbrüche an kroatischen Frauen durchgeführt zu haben. Die strenge Kontrolle und Verfolgung des medizinischen Personals, so die Ustaša-Presse, würden diesem Verbrechen ein Ende setzen.14 Die Ustaše kritisierten auch das jugoslawische Sozialwesen: Familien mit zahlreichen Kindern hätten vor April 1941 keine Wohnung finden können und unter miserablen Umständen leben müssen.15 Propagierten die Ustaše die Rettung der kroatischen Frau vor politisch-ideologischen Feinden, so erwarteten sie im Gegenzug mütterliche Aufopferung, Treue und Selbstlosigkeit gegenüber dem „Poglavnik“ und dem Staat. An Beispielen aus dem Alltagsleben wurde der Frau erklärt, sie sei ohne den Status der Mutter als Mensch wertlos. Im Blatt „Für Glaube und Heim“, das von der Vorsitzenden der katholischen Frauenorganisation Kreuzritterinnen, Marica Stanković16, herausgegeben wurde, mahnte Marica Kušeković, eine Angehörige der Organisation, die Frauen mit den Worten: „Wisse, dass eine Frau, die Gott und der Heimat keinen einzigen Sohn, keine einzige Tochter erzogen hat, den gleichen Wert hat, wie eine Nadel ohne Nadelöhr.“17 Die Frau hatte keinen Anspruch auf persönliche und berufliche Entfaltung, sondern war dem Ehemann untergeordnet und sollte ihm als seine Hel13 

Ustaša, Vijestnik hrvatskog ustaškog oslobodilačkog pokreta, Nr. 21, 30. 5. 1943. Novi list, Nr. 49, 17. 6. 1941. 15  Hrvatski narod, Nr. 439, 2. 6. 1942. 16  Marica Stanković studierte Pädagogik und arbeitete als Lehrerin. Sie war u. a. Mitgründerin der geistlichen Laiengemeinschaft (Zajednica suradnica Krista Kralja). In den katholischen Organisationen Orlovi und Križari setze sie ihren Akzent auf Sozialarbeit und Frauenbildung. Sie pflegte engen Kontakt zu Ivan Merz, dem Gründer der Kroatischen Vereinigung der Adler (Hrvatski Orlovski Savez), und zu Erzbischof Alojzije Stepinac. Über die Rolle der Frauen in der Kirche siehe vor allem: Anić, Rebeka, Die Frauen in der Kirche Kroatiens im 20. Jahrhundert, Wien 2001. 17  „Znaj, da žena, koja nije Bogu i domovini odgojila ni jednog sina, ni jedne kćeri, vrijedi isto toliko, koliko i igla bez ušice.“ Za vjeru i dom, Nr. 10, Dezember 1941, S. 4. 14 

D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

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ferin und Beraterin zur Seite stehen. Die Ustaše erklärten paradoxerweise, die Frau sei durch die Rückführung in die Familie dem Mann insofern gleichberechtigt, als sie die naturgegebene Rolle der Gebärenden und Erzieherin einnahm. Dies seien die bedeutendsten Aufgaben, die eine Frau für ihr Volk leisten könne.18 Die Voraussetzungen für eine vorbildliche Ustaša-Mutter waren nach Schilderung der Stabsleiterin im Weiblichen Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung, Olga Osterman, gute körperliche und seelische Gesundheit, religiöse und nationale Gesinnung, geistige Entwicklung und allgemeine Bildung.19 Diese Voraussetzungen eines perfekten „Übermenschen“ beziehungsweise „Überkroaten“ (Nadhrvata)20 konnten nicht alle Kroatinnen erfüllen. So waren geistig Behinderte in der Bewegung nicht erwünscht. Nur „geistig gesunden“ (duševno zdravim) Frauen und Männern wurde erlaubt, Mitglied der Ustaša-Bewegung zu werden, und dies, obwohl sich die Ustaša als nationale und moralische Bewegung definierte.21 Die Ustaše übernahmen Aspekte rassenhygienischer Ideologie der Nationalsozialisten, die geistig kranke Menschen ermordeten, und ordneten an, dass der Bewegung nur „gesunde“ Kroatinnen und Kroaten beitreten dürften. Körperliche oder geistige Krankheiten verhinderten nämlich, den Körperkult zu pflegen, der darauf ausgerichtet war, Mädchen sportlich auszubilden, damit sie mit einem gesunden Körper gesunde Kinder zur Welt brächten, so die Funktionärin der Ustaša-Jugend, Jelena Lončar.22 Frauen aus der Arbeiter- und Bauernschicht, die – als der Großteil der Bevölkerung – weder lesen noch schreiben konnten, erfüllten die Voraussetzungen der von Olga Osterman beschriebenen idealen Ustaša-Mutter ebenfalls nicht: Sie verfügten über keine oder geringe schulische Ausbildung und konnten nach einem langen, schweren Arbeitstag in einer Fabrik oder auf dem Feld – selbst wenn sie diesen Wunsch hegten – ihren Kindern nicht mehr bieten, als das Nötigste zum Leben. Das Projekt, aus einer Bauernnation eine Kulturnation mithilfe der Mütter zu schaffen, scheiterte daher bereits, ohne dass der Entwicklungsprozess ansatzweise begonnen hatte. Drei Hauptaufgaben hatte die Mutter im Ustaša-Staat zu erfüllen: Sie sollte das Herz und die Seele der Familie sein, möglichst viele Kinder gebären und die sogenannten ehrenhaften kroatischen Nachkommen erziehen.23 Als „Hüterin des Kroatentums“ (čuvarica hrvatstva) sollte die Mutter ihre Kinder zu „gerechten, patriotischen, aufopfernden und arbeitsamen Kroaten“ (poštene, rodoljubne, požrt18 

Klaić, Emil, Antifašistički Front Žena, Zagreb 1944, S. 4. Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1942, S. 5. 20  Ustaškinja, Nr. 2, 10. 4. 1944, S. 11 – 12. 21  s. Propisnik o zadaći, ustrojstvu, radu i smjernicama „Ustaše“, S. 18. Über die pseudowissenschaftliche Rassenlehre siehe auch Gjukić, Milan, Vrsta, rasa i konstitucija, in: Liječnički vjesnik, Nr. 10, Oktober 1942, S. 1 – 13. 22  Ustaška Mladež, Nr. 5, 15. 3. 1944, S. 21; Ustaškinja, Nr. 3, 10. 6. 1942, S. 11. 23  Hrvatski ženski list, Nr. 1, Januar 1943, S. 23. 19 

I.  Der Ustaša-Mutterkult: Verherrlichung und Realität

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vovne i radine Hrvate) und Ustaše erziehen.24 Versage sie auch nur in einer der ihr aufgetragenen Aufgaben, werde sie zu einer Verräterin, einer Mörderin und zur schlimmsten Feindin der Kroaten und des Kroatentums, so die Befehlshaberin der weiblichen Ustaša-Organisation, Irena Javor, in einem Radio-Vortrag.25 Gerade auf die Entwicklung der politischen Gesinnung der Kinder sollten Mütter Einfluss nehmen. Schon vor der Machtübernahme der Ustaše war dies einigen Frauen bewusst, denn die Männer hatten aus dem Exil oder Gefängnis wenig oder gar keinen Zugang zu ihren Kindern, so dass es den Frauen überlassen war, inwieweit sie ihre Kinder politisch prägten. Katica Luetić beispielsweise schrieb in einem Brief an ihren nach Italien geflüchteten Ehemann Andrija Luetić, einen Philosophieprofessor, dem der Lehrdienst in Jugoslawien verboten worden war: „Die Kinder, diese neuen, jungen Kroaten, müssen erzogen werden, die neue Heimat zu lieben, denn diese erscheint wie ein Traum aus ,Tausend und einer Nacht‘. Wenn man nicht das eigene Leben [teuer] verkaufen will, ist es wichtig und wohlgemerkt aufrichtig, es für die Tage der Auferstehung [Gründung des kroatischen Staates] zu bewahren.“26

Andrija Luetić stimmte der Meinung seiner Frau zu und beteuerte, die Hauptsache sei, die Kinder würden ihren politischen Charakter nicht verraten.27 Im Hinblick auf die Erziehung der gemeinsamen Kinder waren sich die meisten Eheleute einig: Die Mütter sollten die Kinder religiös erziehen und ihnen die Liebe zur Heimat nahebringen.28 Die neue Generation sollte nicht den jugoslawischen König verehren – so wie man es ihnen in der Schule beibrachte –, sondern bis zur „Auferstehung“ beziehungsweise zur Errichtung des Staates warten, um schließlich an seiner Gründung teilzunehmen. Die häusliche Erziehung galt vor und nach der Errichtung des Ustaša-Staates als Fundament der politischen Formierung des Kindes. Aufopferung für Gott, „Poglavnik“ und Heimat waren die wichtigsten Ustaša-Tugenden, die eine Mutter in die Erziehung des Kindes einfließen lassen sollte. Das Regime würde, auf Grundlage dieser Erziehung, auf die weitere Entwicklung des jungen Menschen Einfluss nehmen. Die Übernahme der Erziehung durch den Staat würde schließlich dazu führen, dass aus Jungen und Mädchen Soldaten und künftige Mütter geformt würden. Auch das „Opfern“ der eigenen Kinder für die Ustaša-Idee wurde in der kroatischen Propaganda und Realität zum Thema: Die zum Vorbild ernannte Ustaša-Mutter machte – jedenfalls propagandistisch – vor allem eines aus: Sie 24 

Spremnost, Nr. 14, 31. 5. 1942. Ustaškinja, Nr. 3, 10. 6. 1942, S. 10. 26  „I bambini, questi nuovi, giovani, croati, devono essere educati ad amare la nuova patria, che apparisce come un sogno, come un racconto delle ,Mille e una notte‘. Perciò quando non si vuole vendere la propria pelle, bisogna, beninteso onestamente, conservarla per i giorni della resurrezione [fondazione dello Stato croato].“ ACS, PS, Ercole Conti, K.  30, 15. 10. 1935. 27  ACS, PS, Ercole Conti, K. 30, 28. 10. 1935. 28  ACS, PS, Ercole Conti, K. 23, Brief vom 10. 12. 1937. 25 

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

Abbildung 4: Bäuerin und „Ustaša-Mutter“

war mit Stolz erfüllt, wenn ihr Sohn für das Vaterland starb. Die Mutter von Marko Hranilović soll ihren Sohn gemäß dem „Kroatischen Volk“, als er 1931 wegen seiner anti-königlichen Agitation zum Tode verurteilt wurde, mit den Worten verabschiedet haben:29 „Hätte ich zehn Söhne gehabt, würde ich alle gerne für Kroatien opfern.“30 Im Krieg wurde die „Opferung“ der Söhne von den Müttern vehement gefordert – jedoch sowohl von den Ustaše und ihren Verbündeten, als auch von den jugoslawischen Partisaninnen und Partisanen.31 Mütter durften laut kommunistischer und Ustaša-Propaganda den Tod des Sohnes zwar beweinen, aber nicht in Frage stellen. Ustaša-Vorzeigemütter Um den Mutterkult zu festigten, würdigte die Ustaša Frauen und Mütter, die entweder bedeutende Männer der Bewegung oder der kroatischen Historiografie 29 Am 20. Juni jeden Jahres wurde der kroatischen Märtyrer gedacht. Zur Totengedenkmesse, an der alle Ustaša-Größen teilnahmen, versammelten sich ebenfalls Mütter, Schwestern und Witwen der Verstorbenen, wie etwa Marija Radić oder die Schwester von Marko Hranilović. Siehe: Hrvatski narod, Nr. 127, 21. 6. 1941. 30  „Kad bi imala deset sinova, svih bi rado žrtvovala za Hrvatsku.“ Hrvatski narod, Nr.  539, 26. 9. 1942. 31  Dalmatinka u borbi, Nr. 7, September 1944, S. 5.

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geboren hatten beziehungsweise selbst wichtiger Bestandteil der teils mit Legenden behafteten Geschichtsschreibung geworden waren: Königin Jelena herrschte im 10. Jahrhundert im Namen ihres unmündigen Sohnes.32 Die bosnische Königin Katarina Kosača Kotromanić kämpfte im 15. Jahrhundert, als die Osmanen Bosnien eroberten und ihre Kinder gefangen nahmen, für die Rückeroberung des Landes und die Erhaltung des Christentums. Mila Gojsalić aus dem dalmatinischen Ort Poljica zündete im 16. Jahrhundert, nachdem sie von Osmanen vergewaltigt worden war, sich selbst, die Osmanen und ihre Zelte an, wodurch die Christen über ihre Gegner siegten.33 Die adlige Dichterin Anna Katarina Zrinska, geborene Frankopan, und ihre mächtige Adelsfamilie – Zrinski und Frankopan – wurden in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wegen der Verschwörung gegen Kaiser Leopold I. entmachtet und drangsaliert. Anna Katarina Zrinska wurde ins Kloster verbannt, ihr Ehemann, Ban Petar Zrinski, und ihr Bruder Fran Krsto Frankopan, beide Gegner der habsburgischen Hegemonie und Wortführer der Revolte, wurden in der Wiener Neustadt enthauptet.34 Die neue Identität der „kroatischen“ Frauen sollte demnach von historischen Vorbildern – Müttern, Märtyrerinnen, Jungfrauen und Heldinnen – geprägt sein. Die Bedeutung und Rolle der zeitgenössischen Frau wurde aber zugleich auch mit dem Militär – als dem wesentlichen Charakteristikum der Ustaša – kontextualisiert. Nach § 6 der „Anordnung über die Aufgabe, Organisation, Arbeit und Richtung der Ustaša“, in der die Bewegung als eine militärische bezeichnet wurde, hieß es: „‚Ustaša‘ gliedert das Volk in geordnete kämpferische Reihen, erzieht es militärisch und pflegt die militärischen und ritterlichen Tugenden Kroatiens – seit Jahrhunderten bezeugt. Deswegen: […] erhebt es die heroischen, edlen, aufopfernden und leidenden Frauen- und Muttergestalten unseres Volkes, die den heimischen Herd hüteten, neue Generationen gebaren und erzogen, und wenn es nötig war, selbst mit der Waffe in der Hand, das Heim und den Herd verteidigten.“35

Zu idealen Frauen und Müttern stilisierten die führenden Ustaše in erster Linie ihre eigenen weiblichen Familienangehörigen: Eine besonders gefeierte Ustaša-Mutter war – bereits vor der Gründung des Unabhängigen Staates Kroatien – die Likaner Bäuerin, Mutter und „Revolutionärin“ Manda Devčić. Für ihre Verdienste im sogenannten Aufstand von Lika wurde sie von den Ustaša zum Vorbild aller kroatischen Frauen erhoben.

32 

Za vjeru i dom, Nr. 5 – 6, Juni/Juli 1941, S. 1. Ustaška Mladež, Nr. 24, 14. 6. 1942, S. 12. 34  Vgl. Za vjeru i dom, Nr. 5 – 6, Juni/Juli 1941, S. 1. 35  „‚Ustaša‘ svrstava narod u uredjene borbene redove, vojnički ga odgaja, te njeguje vojničke i vitežke vrline hrvatske – vjekovima posvjedočene. Zato: […] uzvisuje junačke, plemenite, požrtvovne i pačeničke likove žena i majki našeg naroda, koje su čuvale domaće ognjište, radjale i odgajale nove naraštaje, te u potrebi i same oružjem u ruci branile dom i ognjište.“ Propisnik o zadaći, ustrojstvu, radu i smjernicama „Ustaše“, S. 8. 33 

D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

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Marija Pavelić, geborene Šojat, genoss als „Mutter des Poglavnik“ (Poglavnikova majka)36 oder „Mütterchen“ (Mamica),37 wie sie liebevoll von der Presse genannt wurde, erhebliches Prestige. Um ihre Person besonders zu würdigen, schrieb die Presse das Wort „Mamica“ (Mütterchen) nicht mit kleinen, sondern großen Anfangsbuchstaben. Das gleiche tat man bei Pavelićs Vater (Otac) sowie bei „Poglavnik“. Marija Pavelić stand seit der Machtübernahme ihres Sohnes in der Öffentlichkeit. Am 21. Mai 1941 beispielsweise war sie bei der Feier des Muttertages in Zagreb die Schutzherrin der Veranstaltung, auf der sie mit Blumen und „allergrößter Begeisterung“ (najvećim oduševljenjem) empfangen wurde.38 Außerdem fertigte der Bildhauer und Architekt Frane Cota eine Büste von ihr an.39 Vermutlich benannte man nach ihr einen weiblichen Arbeitsdienst, wobei es sich hier auch um die Ehefrau des Ustaša-Führers handeln könnte, da beide Frauen den Vornamen Marija trugen.40 Als Vorzeigemutter galt ebenfalls Olga Kvaternik, die Ehefrau von Slavko Kvaternik und Mutter von Eugen Dido Kvaternik. Sie starb im September 1941. Bei der Gedenkfeier für die Verstorbene hielt Zdenka Smrekar in ihrer Trauerrede fest, Kvaternik hätte als Tochter des Chefs der Partei des Rechtes Josip Frank über eine bewundernswerte, nüchterne politische Meinung verfügt.41 Während die sonst traditionell gesinnte Zdenka Smrekar die Politik als wichtigen Bestandteil in Olga Kvaterniks Leben nannte und somit geschlechtsspezifischen Mustern brach, setzte Vilko Begić, Sekretär im Ministerium der Heimwehr, bei seiner Trauerrede den Akzent auf die geschlechtsstereotype Rolle von Olga Kvaternik als treue Ehefrau, die mit ihrem Ehemann während der Königsdiktatur alle Hürden überbrückte und ein Schutzengel ihrer Kinder war.42 Die Ustaša-Presse stilisierte jedoch nicht nur bestimmte kroatische Mütter zu Heldinnen, sondern griff bei der Formierung des Mutterkultes auch auf nationalsozialistische Frauen zurück. So sei Magda Goebbels, die Ehefrau des NS-Propa­ gandaministers Joseph Goebbels – sie wurde auch als „first lady“ bezeichnet –, „vor allem Mutter – zarte, glückliche Mutter, die die größte Erfüllung ihres Lebens im Kreise ihrer Kinder sieht“.43 Obgleich sie von der Propaganda als Übermutter gepriesen wurde, war Magda Goebbels keine nach den nationalsozialistischen Weiblichkeitsvorstellungen ideale Frau: Sie rauchte, trank Alkohol, schminkte sich und betrog ihren Mann, so wie er es aber auch tat.44 36 

Hrvatski narod, Nr. 99, 22. 5. 1941. Hrvatski narod, Nr. 62, 15. 4. 1941. 38  Hrvatski narod, Nr. 99, 22. 5. 1941 39  Hrvatska revija, Nr. 2, 1942; Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 72. 40  Nova Hrvatska, Nr. 126, 2. 6. 1942. 41  Hrvatski narod, Nr. 221, 13. 9. 1941. 42  Hrvatski narod, Nr. 200, 2. 9. 1941. 43  „Gospodja Goebbels je prije svega majka – nježna sretna majka, koja vidi najljepše ispunjenje života u krugu svoje djece.“ Hrvatski narod, Nr. 164, 29. 8. 1941. 37 

I.  Der Ustaša-Mutterkult: Verherrlichung und Realität

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Alltagsleben von Müttern und Kindern auf dem Land

Eine bloße Würdigung der Mutter reichte offensichtlich nicht aus, um die Geburtenpolitik zu forcieren, denn die Voraussetzungen für das Gebären von Kindern waren im Krieg miserabel. Wichtig war es vor allem, medizinische Verpflegung von Mutter und Kind so gut wie möglich zu gewährleisten. Eine wesentliche Rolle spielte bei der Versorgung von Müttern und Neugeborenen der Verein der Diplom-Hilfsschwestern (Društvo diplomiranih sestara pomočnica).45 Seit der Errichtung der Zentrale für sozial-hygienische Arbeit der Hilfsschwestern (Središte za socialno higienski rad sestara pomočnica) wirkten diese auch als Sozialmedizinerinnen.46 Auf der Station für den gesellschaftlichen Schutz für Mütter und Kinder, die 1932 gegründet wurde, kümmerten sich die Hilfsschwestern um mittellose, verheiratete sowie unverheiratete Frauen.47 Dort wurden die werdenden Mütter 44  Über Magda Goebbels siehe bsp. Klabunde, Anja, Magda Goebbels. Annäherung an ein Leben, München 1999. 45  Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurden in Kroatien, wie in anderen Teilen Europas, sozial-medizinische Institutionen errichtet, unter anderem mit dem Ziel, die medizinische Betreuung von werdenden Müttern und ihren Kindern zu verbessern. Da sich zuvor angehende Krankenschwestern nur durch eine erfahrene Kollegin ausbilden ließen, gründete 1921 der Dekan der Medizinischen Fakultät in Zagreb Prof. Dr. Andrija Štampar auf Beschluss des Gesundheitsministeriums die Schule für Hilfsschwestern für die Bekämpfung von Tuberkulose. Um die Ausbildung der Krankenschwestern kümmerte sich die Hauptverwaltung der Vereinigung der Barmherzigen Schwestern (Vrhovna uprava družbe sestara milosrdnica). 1928 wurde der Jugoslawische Verein der Diplom-Hilfsschwestern (Jugoslovensko društvo diplomiranih sestara pomočnica) ins Leben gerufen. Die erste Vorsitzende in Kroatien war Lujza Janović-Wagner. Sie studierte in den 1920er-Jahren als Rockefeller-Stipendiatin das Fach Public Health Nursing in der New Haven Universität und an der Universität von Toronto. Janović-Wagner war Herausgeberin der Fachzeitschrift „Das Wort der Schwester“ (Sestrinska riječ). Ab 1941 wurde der Jugoslawische Verein der Diplom-Hilfsschwestern in Verein der Diplom-Hilfsschwestern umbenannt. Von 1942 bis 1944 brachte der Verein den „Schwesternboten“ (Sestrinski vjesnik) heraus. Grković-Janović, Lujzin dnevnik, S. 9. 46  Im USK arbeiteten sie zusammen mit dem Ministerium für Soziales an der sogenannten „Kolonisierung“ (kolonizacija), d.  h. der Unterbringung von bedürftigen Kindern in anderen Familien oder in Kinderheimen. Vor 1941 gab es acht solcher Kolonien. Bis Ende 1941 kamen weitere acht hinzu. Untergebracht wurden außereheliche Kinder, Waisen- und Scheidungskinder, Kinder aus Haushalten mit langwierigen Infektionskrankheiten oder aus problematischen Familien. Bis April 1942 wurden 4.000 Kinder in verschiedene Unterkünfte gebracht. Siehe: Hrvatski narod, Nr. 363, 27. 2. 1942; Spomen-knjiga prve obljetnice Nezavisne Države Hrvatske, S. 198 und S. 337; Nova Hrvatska, Nr. 84, 10. 4. 1942. Kolonisiert wurden ebenso Tausende durch Diana Budisavljević gerettete Kinder aus den Ustaša-Konzentrationslagern. Dazu u. a. Grünfelder, Anna Maria, Arbeitseinsatz für die Neuordnung Europas. Zivil- und ZwangsarbeiterInnen aus Jugoslawien in der Ostmark 1938/41 – 1945, Wien/Köln/Weimer 2010, S. 101 ff. 47  Sestrinski viestnik, 7 – 8, Juli/August 1943, S.  5 – 8; Prlenda, Sandra, Žene i prvi organizirani oblici praktičnog socijalnog rada u Hrvatskoj, in: Revija za socijalnu politiku, 3 – 4 (2005), S. 319 – 332, hier S. 328 f.

D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

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nach der Entbindung in den Zagreber Entbindungsanstalten auf das Muttersein vorbereitet und bei der Zubereitung von Nahrung und der Pflege des Kindes beraten.48 Die Hilfe wurde besonders den Frauen angeboten, die wegen der Scham, ein uneheliches Kind geboren zu haben, nicht nach Hause zurückkehren wollten oder vom Partner im Stich gelassen worden waren. Da es keine Heime für Schwangere gab, wurden diese Frauen in privaten Unterkünften untergebracht. Nach der Schwangerschaft bestand für die Mutter und ihr Neugeborenes die Möglichkeit, vorerst in einem Kinderheim zu leben.49 Die Hilfsschwestern führten in Kooperation mit Entbindungsstationen und der Gynäkologischen Klinik in Zagreb ebenfalls Hausbesuche bei Müttern und ihren Neugeborenen durch.50 Das Hauptdirektorium, dem die Abteilung für den gesundheitlichen Schutz von Mutter, Säugling und Kleinkind (Odsjek za zdravstvenu zaštitu majke, dojenčadi i male djece) untergeordnet wurde, plante, die Beratungsstellen für werdende Mütter auszuweiten und Milchsammelstellen zu eröffnen, da diese in der Kriegszeit besonders notwendig waren. Es scheint jedoch, dass die nötigen Räume für dieses Vorhaben fehlten.51 So mussten, nach den Tagebuchaufzeichnungen der Hilfsschwester Lujza Janović-Wagner, beispielsweise Räume des Zagreber Instituts für Hygiene (Higienski zavod) im Mai 1944 geräumt werden, da sich dort das deutsche Militär einquartierte.52 Immerhin gründete das Hauptdirektorium in Zagreb das Staatliche Heim für Mütter und Säuglinge (Državni dom za majke i dojenčad), welches insgesamt über 70 Betten verfügte.53 Zudem wurden zweiwöchige Aufklärungskurse über die richtige Verpflegung des Säuglings in Dörfern oder im Mädchenheim in Zagreb veranstaltet, an denen sich Ärztinnen, Ärzte und Hilfsschwestern beteiligten.54 In den Tagebuchaufzeichnungen der Janović-Wagner und in privaten Briefen berichteten die Hilfsschwestern ebenso von den Beeinträchtigungen ihrer Arbeit im Alltag: Ständiger Luftalarm, Angstzustände, Bombardierungen, der Ansturm von Flüchtlingen, die Besetzung von Räumen durch das Militär und eine schlecht funktionierende Infrastruktur verhinderten, dass sie Hilfe leisten und Pakete verschicken konnten.55 48 

Sestrinski vjesnik, Nr. 7 – 8, Juli/August 1943, S. 5 – 8. Sestrinski vjesnik, Nr. 7 – 8, Juli/August 1943, S. 6. 50  Spomen-knjiga prve obljetnice Nezavisne Države Hrvatske, S. 198. 51  Hrvatski narod, Nr. 643, 29. 1. 1943. 52  Grković-Janović, Lujzin dnevnik, S. 128. 53  Hrvatski narod, Nr. 442, 5. 6. 1942. 54  Hrvatski narod, Nr. 659, 17. 2. 1943; Hrvatski narod, Nr. 442, 5. 6. 1942. 55  Nach dem Krieg wurde der Verein der Diplom-Hilfsschwestern von der neuen, sozialistischen Regierung wegen seiner katholischen Orientierung aufgelöst. Einige der Hilfsschwestern waren ebenfalls Mitglied des Weiblichen Zweiges der kroatischen Ustaša-Bewegung. Siehe: Državni Arhiv Grada Zagreba (im Folgenden DAGZ), Društvo diplomiranih sestara pomočnica – 755, Sig. 16. Siehe die Briefe vom 11. 7. 1944; 2. 10. 1944; 24. 5. 1944 und 11. 8. 1944. 49 

I.  Der Ustaša-Mutterkult: Verherrlichung und Realität

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Trotz allem war in größeren Städten die Situation von Müttern und Kindern wesentlich besser als im unterentwickelten Agrarland. Im Unabhängigen Staat Kroatien lebten 79 Prozent der Gesamtbevölkerung (ca. 5,3 Millionen Menschen) von der Landwirtschaft. Eines der größten Entwicklungshemmnisse sowohl in Jugoslawien als auch im USK war der hohe Anteil von Analphabetinnen und Analphabeten. Im USK betrug er über 40 Prozent. Hierbei gab es regionale56 und geschlechtsspezifische Unterschiede. So waren darunter mehr Frauen als Männer, da Mädchen seltener in die Schule geschickt wurden als Jungen. In einigen Gebieten des dalmatinischen Hinterlandes und in Bosnien-Herzegowina (Imotski, Livno, Tomislav­grad, Ljubuški) gab es sogar über 80 Prozent Analphabetinnen, in Šibenik waren es 50 und Split und Umgebung 80 Prozent.57 Insbesondere auf dem Land lebende Mütter und Kinder litten am Mangel in der medizinischen Versorgung und den hygienischen Bedingungen. Nach den Aussagen von Dr. Nada Kovačević, Privatdozentin und Assistentin an der Universitätsklinik für Kinderkrankheiten in Zagreb, waren 91 Prozent der Neugeborenen im Unabhängigen Staat Kroatien lebensfähig, zwei Prozent kämen tot auf die Welt und fünfzehn Prozent, d. h. jeder siebte Säugling, würden nach der Geburt sterben.58 Die Ursachen der Krankheiten und der hohen Mortalität seien auf die schlechten medizinischen, hygienischen und sozialen Bedingungen zurückzuführen. Die Armut der Eltern, der Mangel an Wissen, wie sie ihr Kind pflegen müssten sowie eine Scheu, Gesundheitseinrichtungen aufzusuchen, waren die häufigsten Gründe für eine unzureichende physische und psychische Entwicklung des Kindes.59 Die Folgen waren gravierend: Fast fünfzig Prozent der Kinder und Jugendlichen im USK starben vor ihrem vierzehnten Lebensjahr.60 Die Sterberate von Stadtkindern in gesundheitsschädlichen, überfüllten Wohnungen war ebenfalls hoch: So starben in Zagreb von 1929 bis 1933 durchschnittlich 30 Prozent der Säuglinge.61 Allerdings war die Sterberate auf dem Lande, wo 80 Prozent der Bevölkerung lebte, höher. Hier wurden aber auch mehr Kinder geboren als in der Stadt. Es gab zahlreiche Ursachen für die schlechten gesundheitlichen und sozialen Zustände auf dem Land: Schwangere Frauen und Landwirtinnen, die ein Kind zur Welt gebracht hatten, berieten sich beispielsweise bei ihren Müttern, Großmüttern und anderen älteren Frauen, anstatt eine Beratungsstelle für Mütter aufzusuchen, was sicherlich auch an der fehlenden Infrastruktur lag. Auf dem Land konnten vie56  Im Gebiet nördlich des Flusses Save gab es 27 Prozent Analphabetinnen und Analphabeten, in Dalmatien 50 und in der bosnischen Gebirgslandschaft 80 Prozent. Siehe Sundhaussen, Wirtschaftsgeschichte Kroatiens, S. 101 f. 57 s. Kecman, Žene Jugoslavije, S. 25 58  Liečnički vjestnik, Nr. 1, Januar 1944, S. 1. 59  Liečnički vjestnik, Nr. 1, Januar 1944, S. 1 f. 60  Spomen-knjiga prve obljetnice Nezavisne Države Hrvatske, S. 189. 61  Hrvatski narod, Nr. 441, 4. 6. 1942.

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le Frauen ihr Kind nicht stillen, da sie bereits kurz nach der Geburt den ganzen Tag auf dem Feld arbeiten mussten und das Kind nicht die nötige Betreuung bekam. Die Unwissenheit darüber, wie ein Säugling zu pflegen sei, begünstigte Hautkrankheiten oder den Tod des Kindes. So wurden den Säuglingen beispielsweise in den bergigen Gebieten Bosniens als Windeln keine Leinentücher, sondern umgenähte Mehl- und Salzsäcke umgebunden.62 Etwa 40 Prozent der Säuglinge starben jedoch durch Mangel an gesunder Ernährung. Zudem erkrankten viele Kinder an Rachitis, da sie bis zu vier Jahre lang gestillt wurden oder wie im dalmatinischen Hinterland, in Lika, Bosnien und Herzegowina wenig ans Tageslicht kamen. Säuglinge verbrachten das erste Lebensjahr im Haus, eingewickelt von der Schulter bis zu den Füßen.63 Diese ungesunden Bedingungen fanden sich weder in der Stadt noch in den reicheren Gegenden Slawoniens und der Podravina.64 Aber nicht nur Säuglinge waren gefährdet, auch die Mütter, besonders Landwirtinnen aus den bergigen, abgelegenen Gebieten Bosnien-Herzegowinas und Dalmatiens. Sie brachten zehn, sogar manchmal bis zu zwanzig Kinder zur Welt. Die häufigste Ursache für den Tod im Kindbett war, laut Dr. Kovačević, eine Sepsis, die infolge mangelnder Hygiene während und nach der Geburt auftrat. Hinzu kam, dass die Bäuerinnen harte Feldarbeit verrichten mussten, Wasser und Holz selbst ins Haus trugen, damit es bei der Geburt warm war, und am zweiten oder dritten Tag nach der Entbindung bereits wieder ihren Tätigkeiten nachgingen, so dass es bei vielen Frauen zu einer Gebärmuttersenkung kam.65 Auch suchten Frauen, die auf dem Land lebten, bei Krankheiten selten einen Arzt auf, weil sie sich schämten, krank zu sein66 und andere Mitglieder des Hauses nicht belästigen wollten. Die Entkräftung von Bäuerinnen, verursacht durch das viele Gebären und die harte Arbeit, war ein weiteres soziales, seit Jahrhunderten bestehendes Problem: In Bosnien beispielsweise wurden Mädchen früh – und vor allem ungewollt – mit 15 Jahren verheiratet, da sie in diesem Lebensjahr bereits als reife Frauen galten.67 Schwangere Frauen wurden von harten Tätigkeiten ebenso nicht verschont, weil jede Arbeitskraft in einer Familiengemeinschaft notwendig war, aber auch weil auf die Gesundheit und das Leben von Frauen nicht viel Wert gelegt wurde. Ein Sprichwort aus dem bosnischen und dalmatinischen Raum bezeugt diese Tatsache: „Den Glücklichen sterben die Frauen, den Unglücklichen krepiert die Stute.“ (Sretnima žene umru, a nesretnima kobile crkaju.) Demnach sollte der Tod einer Frau nicht sehr bedauert werden.68

62 

Liečnički vjesnik, Nr. 1, Januar 1944, S. 2. Liečnički vjesnik, Nr. 1, Januar 1944, S. 4. 64  Liečnički vjesnik, Nr. 1, Januar 1944, S. 3. 65  Liečnički vjesnik, Nr. 1, Januar 1944, S. 3. 66  Hrvatski ženski list, Nr. 12, Dezember 1941, S. 4 – 5. 67 Vgl. bsp. Grandits, Hannes/Kaser, Karl (Hrsg.), Birnbaum der Tränen. Lebensgeschichtliche Erzählungen aus dem alten Jugoslawien, Wien/Köln/Weimar 2003, S. 50. 63 

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Ob in bosnischen, slawonischen oder dalmatinischen Dörfern, die Frau war dem Mann untergeordnet. Dies zeigte sich im Alltag schon bei der Geburt als Mädchen, das – im Gegensatz zum Jungen – weniger erwünscht war. Später verrichteten Frauen die gleiche schwere Arbeit wie Männer und waren durch die Hausarbeit und die Kindererziehung körperlich und seelisch noch mehr belastet als alle anderen Hausbewohner. Als Erste stand die Bäuerin auf, als Letzte ging sie zu Bett. Und obwohl sie eine größere Last trug, gab es traditionelle Rituale, wie das Waschen der Füße des Mannes, die die Frau ausübte. Zudem kam es vor, dass Frauen für den Mann besseres Essen bereiteten als für sich und ihre Kinder.69 Das Patriarchat, das tief im allgemeinen Verständnis verankert war, wurde vom Großteil der Bäuerinnen als selbstverständlich wahrgenommen. Die Mentalität der Zadruga (der Hausgemeinschaften), die bis Anfang des 20. Jahrhunderts in Südosteuropa verbreitet war, und des Starješina (des ältesten Mannes im Haus als Oberhaupt) blieb teilweise erhalten. Frauen erhielten eine gewisse höhere Stellung in und außerhalb des Familienkreises erst dann, wenn sie einen Jungen geboren hatten.70 68

Während emanzipierte Frauen, wie Zlata Perlić, vor der Errichtung des USK die schlechte Lebenslage von Frauen als Folge des Patriarchats kritisierten,71 machten die Ustaše das vorherige jugoslawische System für die Knechtschaft der Bäuerinnen verantwortlich. In der Propaganda wurde betont, dass erst, nachdem der Ustaša-Staat errichtet worden war, der Bauer sein Land zurückbekommen habe und der Bäuerin ein würdiges Leben, nach den Prinzipien der Menschenrechte, gegeben worden sei.72 Die Ustaše suchten kaum nach Lösungen, um die Situation der Bäuerin zu verbessern, da sie so das Patriarchat hätten infrage stellen müssen. Zwar wurde der Arbeitsdienst eingeführt, in dem Abiturientinnen für ein halbes Jahr unbezahlt in einer Fabrik oder auch auf dem Land arbeiteten und die Bauernschaft entlasteten. Dieser Dienst fußte auf der ideologischen Idee, die Wirtschaft zu fördern und die verschiedenen sozialen Schichten zu verbinden, sie zu einer „Volksgemeinschaft“ zu formen, aber nicht die soziale Lage der Bäuerinnen zu verbessern. Im Gegenteil: Gemäß der Ustaša-Propaganda sei der Tagesablauf einer Bäuerin zwar hart, aber sie sei trotzdem glücklich und würde sich nie beschweren, da sie die harte Arbeit für das Wohl ihrer Familie verrichte, und dies sei schließlich der Sinn ihres Daseins.73

68 

Hrvatski ženski list, Nr. 12, Dezember 1941, S. 4 – 5. Hrvatski ženski list, Nr. 4, April 1939, S. 5 – 7. 70  Über die Zadruga und das Patriarchat vgl. Rihtman-Auguštin, Dunja, Patriarchalismus heute, in: Reiter, Norbert (Hrsg.), Die Stellung der Frau auf dem Balkan, Berlin 1987, S. 49 – 61; Ivanišević, Alojz, Die Rolle der Frau im südslawischen Raum im 19. und 20. Jahrhundert, in: Wakounig, Marija (Hrsg.), Die gläserne Decke. Frauen in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa im 20. Jahrhundert, Innsbruck 2003, S. 145 – 180. 71  Hrvatski ženski list, Nr. 4, April 1939, S. 5 – 7. 72  Ustaška Mladež, Omladinski prilog Ustaše, Nr. 7, 17. 8. 1941, S. 45. 73  Za vjeru i dom, Nr. 10, Dezember 1941, S. 4; Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1943, S. 31. 69 

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

Zudem verboten die Ustaše erfolgreiche Initiativen, die zum Ziel hatten, die sozial-medizinische Lage von Landwirtinnen zu verbessern: Der 1925 gegründete kulturelle und soziale Verein der Kroatischen Bauernpartei – Die Bauern-Einheit (Seljačka sloga)74 war zum Beispiel darauf ausgerichtet, die Kultur der Bauern zu pflegen und sie auszuweiten. Er hatte im Jahr 1938 eine Aktion ins Leben gerufen, die die Gesundheitslage auf dem Land reformieren sollte. Initiiert wurde sie von Prof. Dr. Ernst Mayerhofer, dem Chef der Kinderklinik in Zagreb sowie Gründer der Wiener und Zagreber Frauenmilchsammelstellen, in der die Muttermilch konserviert und schwachen Kindern zur Verfügung gestellt wurde. Nada Kovačević und anderes medizinisches Personal leisteten in den kroatischen Dörfern Aufklärungsarbeit über die richtige Pflege und Ernährung des Kindes, sie veröffentlichten die Broschüre „Die Mutter für die Gesundheit des Kindes“ (Majka za zdravlje djece) und veranstalteten Gesundheitskurse, an denen nicht nur Frauen, sondern auch Männer teilnahmen, da diese, so Kovačević, als „Kopf des Hauses“ (glava kuće) in der Kindererziehung das Hauptwort hatten.75 Zwei Mal wurde die Arbeit der Bauern-Einheit wegen ihrer Zugehörigkeit zur HSS verboten: 1929 durch die Belgrader Regierung und später durch die Ustaše, nachdem 1935 die Arbeit wieder aufgenommen worden war. Es scheint, dass zum Nachteil für die Bauernfamilien kein vergleichbarer kulturell-sozialer Verein im Unabhängigen Staat Kroatien existiert hatte.

II.  Forcierung von Geburten und die Förderung von Familienzum Erhalt der „reinen Rasse“ Die kroatisch-„arische“ Familie definierten die Ustaše als das „Fundament eines ordentlichen, gesunden, zufriedenen und glücklichen Lebens“ (temelj urednog, zdravog, zadovoljnog i sretnog života).76 Glorifiziert wurden allerdings nur Familien mit zahlreichen Kindern. Um wie viele Kinder es sich dabei handeln musste – im nationalsozialistischen Deutschland waren es mindestens vier –, wurde im USK nie explizit definiert. Verpönt wurden Ehepartner mit einem oder gar keinem Nachkommen. Der Kindermangel wurde in erster Linie der angeblichen Kommodität der Ehefrau zugeschrieben.77 Während die Ustaše jüdische/nicht-jüdische „Mischehen“ verboten und Ehepartner zur Scheidung zwangen, förderten sie dagegen Eheschließungen „arischer“ Personen, damit „erbgesunde“ Nachkommen entstünden. In der Zeitung „Neues Kroatien“ (Nova Hrvatska) hieß es demzufolge, der Ustaša-Staat 74  Über die Seljačka sloga siehe: Leček, Suzana, Ustrojavanje Seljačke sloge u Slavoniji, Srijemu i Baranji (1925. – 1941.), in: Scrinia Slavonica, 2 (2002), S. 325 – 352; Leček, Suzana/ Dugac, Željko, Majke za zdravlje djece: zdravstveno prosvjetna kampanja Seljačke sloge (1939.–1941.), in: Časopis za suvremenu povijest, 3 (2006), S. 983 – 1005. 75  Liečnički vjesnik, Nr. 1, Januar 1944, S. 2. 76  Propisnik o zadaći, ustrojstvu, radu i smjernicama „Ustaše“, S. 10. 77  Naš list, Nr. 6, 15. 4. 1944.

II.  Forcierung von Geburten und die Förderung von Familien

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„kämpft gegen illegitime Ehen, hilft jungen, gesunden und fleißigen Menschen, die eine Ehe schließen möchten. Hilft wirtschaftlich gefährdeten Familien, bietet Familien mit zahlreichen Kindern Hilfe an, ermöglicht die Errichtung von Familienhäusern und kämpft gegen alle gesellschaftlichen Erscheinungen, die die Familie gefährden.“78

Eine familienfördernde Maßnahme, die bereits 1930 eingeführt wurde, war die Steuerbefreiung für Familien mit neun oder mehr Kindern.79 Im USK war das Ministerium für Soziales, genauer dessen Abteilung für soziale Versicherung, Schutz und Fürsorge (Odjel za družtvovno osiguranje, zaštitu i skrb) zuständig für familienfördernde Angelegenheiten.80 Insbesondere Arbeiter konnten laut Presse von der sozialen Hilfe profitieren: Um Familien der Angestellten und Arbeiter/-innen, die krankenversichert waren, zu fördern, hatte der Minister für Soziales Lovro Sušić angeordnet, dass Kinder bis zu ihrem 14. Lebensjahr, Kinder in Ausbildung bis zum 19. Lebensjahr, Studierende bis zu 24 Jahren sowie geistig beziehungsweise körperlich kranke Kinder monatlich einen Geldzuschuss von 150 (später 105) Kuna erhalten sollten. Hatte die Familie mindestens zwei Kinder, verdiente die Ehefrau nicht mehr als 450 Kuna oder war sie arbeitslos, so bekam auch sie die gleiche Summe des Geldzuschlags.81 Durch diese Maßnahme sollte das Einkind-System verhindert werden. Mehrere Ehefrauen eines muslimischen Mannes wurden als eine Person gezählt.82 Zudem berichteten Zeitungen intensiv über den Bau von Wohnvierteln, in denen Arbeiter mit ihren Familien leben sollten. Für dieses Projekt wurden mehr als 100 Millionen Kuna zur Verfügung gestellt. So entstanden ab 1942 in der Siedlung Ante Starčević in Dubrava bei Zagreb 43 Arbeiterwohnhäuser. In Caprak bei Sisak wurden im April 1943 26 Häuser (Siedlung Eugen Kvaternik) fertiggestellt und in Karlovac 24 (Siedlung Stipe Javor).83 Die Arbeiter mussten jedoch in der Lage sein, das Haus durch monatliche Abzahlung käuflich zu erwerben.84 Die repräsentativen Familien, denen der Hausschlüssel von Pavelić persönlich zur Eröffnung der Siedlung Ante Starčević übergeben wurde, waren sehr kinderreich: Der Arbeiter Ivan Šlat beispielsweise war Vater von 21 Kindern, von denen fünfzehn noch lebten.85

78  „Bori se protiv nezakonitih brakova, pomažu se mladi, zdravi i vrijedni ljudi, koji žele sklopiti brak. Pomaže se gospodarski ugroženim obiteljima, pruža se obiteljska pomoć obiteljima s mnogo djece, omogućuje podizanje obiteljskih kuća i bori protiv svih družtvovnih pojava, koje ugrožavaju obitelj.“ Nova Hrvatska, Nr. 84, 10. 4. 1942. 79  Narodne novine, Nr. 290, 22. 12. 1942. 80  Narodne novine, Nr.  290, 22. 12. 1942; Spomen-knjiga prve obljetnice Nezavisne Države Hrvatske, S. 336. 81  Vgl. Hrvatski narod, Nr. 222, 24. 9. 1941; Narodne novine, Nr. 49, 28. 2. 1942; Nova Hrvatska, Nr. 33, 10. 4. 1942; Narodne novine, Nr. 94, 28. 4. 1942. 82  Narodne novine, Nr. 94, 28. 4. 1942. 83  Deutsche Zeitung in Kroatien, Nr. 89, 15. 4. 1943. 84  Spomen-knjiga prve obljetnice Nezavisne Države Hrvatske, S. 350. 85  Ustaša, Nr. 17, 26. 4. 1942, S. 4 f.

D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

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Der USK erhöhte laut der Ustaša-Presse außerdem die Anzahl der kleinen Schulen (male škole), eine Art Kindergarten, in denen Kinder zwischen drei und sieben Jahren untergebracht wurden. Bis April 1941 gab es zehn solcher Unterkünfte, während im gleichen Jahr acht hinzukamen, so das „Kroatische Volk“.86 Die Vergrößerung der Zahl der Kindergärten sollte vorgenommen werden, weil es an männlichen Arbeitskräften fehlte und Frauen zunehmend in der Arbeitswelt ihren Beitrag leisten mussten. Trotz dieser familien- und geburtenfördernden Maßnahmen gelang es der Ustaša letztlich nicht, eine homogene, „reinrassige“ Gemeinschaft zu konstruieren. Das Abtreibungsverbot Mit einer Verschärfung des Abtreibungsverbots87 und harter Bestrafung von Schwangerschaftsabbrüchen wollte Pavelić seinem bevölkerungspolitischen Ziel näherkommen, das „Aussterben“ der sogenannten kroatischen „Rasse“ zu verhindern. Unterstützt wurde er dabei von der Geistlichkeit und von kirchlichen Organisationen, wie den Kreuzritterinnen, die in ihrer Zeitschrift „Für Glaube und Heim“ an die Frauen stets eine Botschaft richteten: „Packt euren teuren Schmuck ein! Verlässt eure Tätigkeiten, die dem Luxus dienen. Lange genug wart ihr dessen Sklavinnen und habt deswegen in eurem eigenen Leib Kinder umgebracht. Heute fehlen uns diese Kinder. Ihr weint denen nach, die von der Front noch nicht zurückgekehrt sind, d. h. aus der Gefangenschaft. Aber wo sind eure Tränen für diejenigen, die ihr selbst umgebracht habt?“88

Luxus war der Inbegriff der Sünde, der Frauen zur Abtreibung verleiten würde. Nur wer anfange, sein Leben bescheiden zu gestalten, werde sich von der Sünde befreien können, suggerierte die Zeitschrift und wollte glaubhaft machen, dass die vermeintlich geringe Geburtenrate die alleinige Schuld der Frauen wäre. Die Kreuzritterinnen unterstützten also Pavelićs Bevölkerungspolitik und forderten Frauen auf, genug Soldaten für den Krieg zu gebären, um das „Aussterben“ der kroatischen „Rasse“ zu verhindern. Bestärkt wurde diese verfehlte Haltung auch seitens einiger Wissenschaftler: Nach Meinung von Dr. Josip Rasuhin, des Direktors des Gesundheitsinstituts, das heute als Kroatisches Institut für die öffentliche Gesundheit bezeichnet wird, befanden sich einige Gebiete Kroatiens, wie der Nordosten (Bjelovar, Dugo selo, Garešnica, Grubišno Polje, Sisak und Valpovo) angeblich bereits im demographischen Kollaps. In der Posavina beziehungsweise dem Gebiet an der Save zwischen Slawonien und Bosnien sei die Geburtenrate gesunken, während sie in Dal­matien 86 

Hrvatski narod, Nr. 363, 27. 2. 1942. Abtreibung im USK siehe auch die ausführliche Analyse bei Yeomans, Visions of Annihilation, S. 145 ff. 88  „Spremite skupocjene nakite! Ostavite poslove, koji služe luksuzu! Dosta ste dugo tome robovale i radi toga u svojoj vlastitoj utrobi ubijale djecu. Danas nam ta djeca manjkaju. Vi plačete za onima, što se još nisu vratili s bojišta t. j. iz zarobljeništva. A gdje su vaše suze za onima, koje ste vi ubile?“ Zitat aus Za vjeru i dom, Nr. 5 – 6, 1941, S. 7. 87  Zur

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(Dubrovnik, Insel Hvar) stagniere. Nur in Bosnien-Herzegowina, im Zagorje und in der Lika seien die Geburtenzahlen verhältnismäßig hoch.89 Trotz dieser negativen Bewertung, die sich auf einige Regionen und Städte bezog, stieg die Geburtenrate vor allem in Zagreb: Im November 1944 wurden in der gynäkologischen Klinik in Zagreb, glaubt man der Zeitung „Neues Kroatien“, 4.200 Geburten verzeichnet, während in den Jahren zuvor die Zahl in dieser Klinik zwischen 1.800 und 2.000 lag.90 Im „Schwesternboten“ (Sestrinski vjesnik), der Zeitschrift der Hilfsschwestern, wurden für das Jahr 1939 1.623 Neugeborene in Zagreb angegeben, 1940 waren es 1.790 und 1941 sogar 2.085. 1942 schließlich verdoppelte sich die Zahl der Geburten auf 4.304 Säuglinge. Dabei erhöhte sich ebenfalls die Geburtenrate von unehelichen Kindern. Wurde diese 1939 auf 300 beziffert, so gab es 1942 bereits 565 Säuglinge, deren Eltern unverheiratet waren oder deren Mütter ihr Kind allein erziehen mussten. Mit der Steigerung der Geburtenrate wuchs auch die Fürsorge der Station für den gesellschaftlichen Schutz von Mutter und Kind, so dass 1942 insgesamt 1.874 Mütter die Hilfe der Schwestern in Anspruch nahmen, während es 1940 nur 451 Frauen gewesen waren.91 Zwar war ein Schwangerschaftsabbruch in Jugoslawien auch verboten gewesen, aber die „Straftat“ wurde nicht als Verbrechen definiert. Die Höchststrafe für eine vollzogene Abtreibung betrug nach dem Strafgesetzbuch von 1929 drei Jahre Haft. Nicht verheiratete Frauen konnten von den rechtlichen Konsequenzen befreit und in leichteren Fällen konnte das Urteil gemildert werden. Im USK galten diese Regelungen nicht mehr, denn nur durch eine von Pavelić ausgesprochene Begnadigung konnten Gefängnis- und Todesstrafe umgangen werden.92 Die Rechtsverordnung gegen den Vollzug der Abtreibung vom 10. Juni 1941 sah folgende Maßnahmen vor: Eine schwangere Frau, die selbst einen Schwangerschaftsabbruch verursacht oder jemand anderen veranlasst, dies zu tun, wird mit schwerem Gefängnisaufenthalt von fünf bis zehn Jahren bestraft (§ 171). Wer bei einer schwangeren Frau auf ihr Verlangen hin eine Abtreibung vornimmt, wird zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Wird die Abtreibung durch einen Arzt, Apotheker, eine Hebamme oder eine Person vorgenommen, die das Gesetz zum zweiten Mal missachtet, wird die Todesstrafe (§ 172) verhängt. Wer eine schwangere Frau überredet, eine Abtreibung vorzunehmen und ihr dazu Mittel bereitstellt, wird zu zehn bis 20 Jahren Haft verurteilt. Wer der Frau diese Mittel gegen ihren Willen gibt und dadurch einen Schwangerschaftsabbruch herbeiführt, wird mit dem Tode bestraft. Wenn der Täter die § 171 bis 173 missachtet und dafür eine Belohnung verlangt oder ihm eine Belohnung versprochen wurde, so wird ihm sein ganzes Vermögen konfisziert und für die Förderung der Mutterschaft genutzt 89 

Hrvatski narod, Nr. 444, 7. 6. 1942. Nova Hrvatska, Nr. 260, 5. 11. 1944. 91  Sestrinski vjesnik, Nr. 7 – 8, Juli/August 1943, S. 7. 92 Dazu Sprak, Nikolina, Kazneno pravo u doba Nezavisne Države Hrvatske (1941. – 1945.), in: Hrvatski ljetopis za kazneno pravo i praksu, 2 (2006), S. 1117 – 1144, hier S. 1126. 90 

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(§ 173). Wer die Abtreibung öffentlich oder verdeckt lobt, Mittel zu deren Verursachung verkauft oder Ratschläge zur Abtreibung gibt, wird zu einer Freiheitsstrafe von zehn bis 20 Jahren verurteilt und muss zudem 100.000 Kuna zahlen (§ 174).93 Eine Schwangerschaft konnte nur dann abgebrochen werden, wenn die Gesundheit der Frau gefährdet war.94 Geprüft wurde dies in den größeren Städten Zagreb, Osijek, Sarajevo, Dubrovnik und Gospić von einer Kommission von Ärzten, unter denen sich keine einzige Ärztin befand.95 War die Entscheidung unter den Experten nicht einstimmig, so durfte keine Abtreibung erfolgen. Bei jedem vollzogenen Schwangerschaftsabbruch musste dem Ministerium für Gesundheit zur Evidenz ein Formular, welches Informationen über die betroffene Frau sowie über die Diagnose beinhaltete, zur Verfügung gestellt werden.96 Wie hoch die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im Unabhängigen Staat Kroatien war, liegt im Dunkeln. Dass trotz des Verbotes Abtreibungen stattgefunden haben, ist keinesfalls auszuschließen. Die Konsequenz war, dass Frauen durch nicht ausgebildete Personen und mit lebensgefährlichen Methoden die Schwangerschaft abbrachen, wobei anzunehmen ist, dass diese Praxis auch vor der Verschärfung des Gesetzes ausgeübt wurde. Ärmere Frauen zahlten für diesen Eingriff nicht mit Geld, sondern manchmal mit ein paar Kilogramm Kartoffeln.97 Bei entsprechenden Praktiken war die Sterberate von Frauen besonders auf dem Land sehr hoch. Sie betrug 20 Prozent und mehr.98 Andere Frauen suchten trotz der staatlichen Sanktionen einen Gynäkologen,99 eine Hebamme oder einen Militärarzt auf. Zur Abschreckung vor diesem Weg wurde beispielsweise die Erschießung der Hebamme Marija Stramičar auf Plakaten öffentlich verkündet. Sie hatte für die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs 400 Kuna ausgezahlt bekommen.100 Aber auch die italienischen politisch-ideologischen Freunde wurden durch die „zentralen kroatischen Autoritäten“ (le autorità centrali croate)101 mit dieser „Straftat“ konfrontiert: So ging im Januar 1943 eine Beschwerde beim Stabschef der Zweiten Italienischen Armee in Slowenien und Kroatien, General Mario Roatta, ein, in der italienische Militärärzte beschuldigt wurden, bei kroatischen Frauen, 93 

Narodne novine, Nr. 49, 10. 6. 1941. s. Hrvatska smotra, Nr. 8, August 1941, S. 408. 95  Narodne novine, Nr. 142, 2. 10. 1941. 96  Narodne novine, Nr. 49, 10. 6. 1941. Siehe die genauen Fragen, die die Kommission ausfüllen musste, in: Narodne novine, Nr. 142, 2. 10. 1941. 97  HDA, Ženska kaznionica Slavonska Požega, 1942 – 1944 – 408, 30. Juli 1942. Der gleiche Strafbestand wurde zur Abschreckung auf einem Plakat veröffentlicht, siehe: HDA, Zbirka stampata – 907, 106/78, 10. 8. 1942. 98  Hrvatski ženski list, Nr. 12, Dezember 1941, S. 4. 99  HDA, Hans Helm – 1521, K. 11, Akte Karl Schmidt, undatiert. 100  HDA, Zbirka stampata – 907, 106/77, 25. 8. 1942. 101 AUSSME, Documenti restituiti dagli alleati alla fine della guerra, M 3, K. 71, 28. 1. 1943. 94 

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die mit italienischen Soldaten ein Kind gezeugt hätten, Abtreibungen vorgenommen zu haben. Falls dies der Wahrheit entspräche, so der General an die zuständigen in Slowenien und Dalmatien stationierten Kommandos der Supersloda102 sowie an deren Militärtribunale, würden sie durch das italienische Gesetz schwer bestraft werden.103 Im faschistischen Italien wurde der Schwangerschaftsabbruch rechtlich als ein Verbrechen an der höheren „Rasse“ verstanden. Es gab allerdings viele Gründe, die Frauen dazu bewogen, trotz der strengen Regelung, Abtreibungen vornehmen zu lassen: Für sie war die Kindererziehung in Zeiten des Krieges eine Herausforderung. Sie mussten das Kind ohne Ehemann und „Ernährer“ aufziehen, lebten meist in Armut und hatten demzufolge wenig Nahrung.104 Sie waren quasi machtlos jeder militärischen Truppe ausgesetzt, von denen sie auch hörten, dass sie schwangere Frauen nicht verschonten, sondern, im Gegenteil, grausame Mordmethoden an ihnen verübten: Der Bauch der Schwangeren würde aufgeschlitzt, der Embryo und die Frau getötet. Frauen wurden durch Vergewaltigungen ungewollt schwanger. Andere versuchten, durch die Abtreibung ein Liebesverhältnis zu einem ausländischen Soldaten zu verheimlichen, um nicht als „Dirne“ und Verräterin gebrandmarkt zu werden. Selbst wenn sie einen Heiratsantrag bekamen, bevorzugten viele junge Frauen, die Ehe erst nach dem Krieg einzugehen, um so die Mutterschaft zu verschieben und das Kind in Friedenszeiten zu erziehen. Eheschließung Nicht nur der Körper der Frau, sondern auch deren Eheschließung wurde im USK zur Staatssache. Der Jurist Dr. Matija Belić schrieb im Juni 1942 in der Ustaša-Zeitung „Bereitschaft“ (Spremnost), der Unabhängige Staat Kroatien habe ein schweres Erbe bezüglich des Eherechts angetreten. Der Zusammenschluss von Ländern mit verschiedenen politischen Vergangenheiten und Ethnien hätte 1918 dazu geführt, dass es im ersten Jugoslawien etwa zehn verschiedene religiös, ethnisch und regional konnotierte Ehegesetze gab, die aus dem Bürgerrecht und aus den Rechtsbüchern verschiedener Konfessionen stammten.105 Im territorialen Bereich des USK, d. h. in Slawonien und Teilen Dalmatiens – ab 1943 wurde Dalmatien dem Ustaša-Staat einverleibt – galt für Menschen aller Konfessionen das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1811. Nur für Dalmatien galten die hinzugefügten Teilnovellen von 1914, 1915 und 1916.106 Die Frau wurde in Slawonien dem Mann als „Haupt der Familie“ (§ 91) unterstellt und durfte somit nicht der alleinige Vormund ihrer Kinder und Enkelkinder 102  Supersloda ist die Abkürzung für Comando Superiore Forze Armate di Slovenia e Dalmazia, deutsch: Höheres Kommando der Streitkräfte Slowenien-Dalmatien. 103 AUSSME, Documenti restituiti dagli alleati alla fine della guerra, M 3, K. 71, 28. 1. 1943. 104  HDA, Ženska kaznionica Slavonska Požega, 1942 – 1944, 30. 7. 1942. 105  Spremnost, Nr. 16, 14. 6. 1942. 106  Eisner, Bertold, Bračno pravo Kraljevine Jugoslavije, Zagreb 1935, S. 5 f.

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sein (§ 205, § 211). Auch war sie nach § 92 verpflichtet, dem Mann an seinen Wohnsitz zu folgen.107 In Dalmatien dagegen konnten Frauen Vormund ihrer Kinder sein; sie hatten auch mehr Freiheiten beim Verwalten des Geldes.108 Der Codex Iurius Canonici beziehungsweise Codex des kanonischen Rechts regelte die Ehe von Katholiken, denen eine Scheidung grundsätzlich verboten war. Die Ehe von christlich-orthodoxen Personen wurde im Eherecht der christlich-orthodoxen Kirche (Ženidbeno pravo pravoslavne crkve) geregelt. Juden, Protestanten und Angehörige der alt-katholischen Konfession verfügten ebenfalls über ihre eigenen Eherechte.109 Im Rechtsgebiet Bosnien-Herzegowina gab es verschiedene Gesetzgebungen: unter anderem das Ottomanische Bürgerrecht (Medžela), das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1811 (ohne die Novellen von 1914 und 1916) sowie die Scharia, das religiöse Gesetz des Islam. Nach der Scharia durfte der Ehemann seiner Frau den Ausgang aus dem Haus verbieten, er durfte die Scheidung einreichen und bis zu vier Frauen, auch Nicht-Musliminnen, heiraten. Frauen durften jedoch nur einen Moslem ehelichen. Ferner mussten muslimische Frauen sich in der Öffentlichkeit verschleiern, damit Körper und Gesicht bedeckt sind.110 Im USK, so Dr. Matija Belić weiter, solle nun, um die undurchsichtige, komplizierte Rechtslage der Ehegesetze zu legalisieren, eine Reform durchgeführt werden. Der Sabor – der jedoch praktisch ausgeschaltet war – würde an diesem Projekt bereits arbeiten. So seien beispielsweise die Gerichte der Kroatischen alt-katholischen Kirche am 21. Oktober 1941 eingestellt worden. Darüber hinaus habe der Staat die „Rassengesetze“ eingeführt.111 Ziele der Eheschließung im USK waren die Erzeugung kroatisch-„reinrassiger“, gesunder Nachkommen und die Vermehrung der „Volksgemeinschaft“. Um dieses Bestreben in die Praxis umzusetzen, wurde die nationalsozialistische Rassenideologie, die sich in den „Nürnberger Rassengesetzen“ vom 15. September 1935 widerspiegelte, in die kroatische Gesetzgebung integriert. So regelten die Ustaše in der Gesetzesverordnung über den Schutz des arischen Blutes und der Ehre des kroatischen Volkes vom 30. April 1941 die Eheschließungen zwischen „Ariern“ und Juden. Nach der Gesetzesverordnung über die Rassenzugehörigkeit galten als Juden: „1. Die Personen, die von wenigstens drei Ahnen zweiter Reihe /der Großeltern/ abstammen, die der Rasse nach Juden sind. Die Großeltern /beide Großväter und Großmütter/ gelten als Juden, wenn sie jüdischen Glaubens sind oder in diesem Glauben geboren wurden.“ „2. Die Personen, die zwei Ahnen zweiter Reihe haben, die der Rasse nach Juden sind, in diesen Fällen: a) wenn sie am 10. April 1941 Angehörige der jüdischen Religion waren 107  Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erbländer der Österreichischen Monarchie, Wien 2011, S. 16, S. 36, S. 38. 108  Kecman, Žene Jugoslavije, S. 58 f. 109  Spremnost, Nr. 16, 14. 6. 1942. 110  Kecman, Žene Jugoslavije, S. 58 f. 111  Spremnost, Nr. 16, 14. 6. 1942.

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oder später zu diesem Glauben übergetreten sind, b) wenn sie in der Ehe mit einer Person, die als Jude im Sinne des Punktes 1. gilt, leben, c) wenn sie nach dem Inkrafttreten dieser Gesetzesverordnung die Ehe mit einer Person, die zwei oder mehr Ahnen, die der Rasse nach Juden sind, geschlossen haben. Dies gilt auch für die Nachkommen aus solcher Ehe, d) wenn sie als uneheliche Kinder eines Juden im Sinne des Punktes 1. sind und nach dem 31. Jänner 1942 geboren werden, e) wenn das Innenministerium auf Grund eines motivierten Vorschlages der rassenpolitischen Kommission beschließt, dass sie als Juden gelten.“112

Diesen rassistischen Prinzipien folgend, wurde die „Ehe der Juden und anderer Personen, die keiner arischen Abstammung [waren], verboten“.113 Ferner durfte die Ehe nicht geschlossen werden, wenn beide Personen in der Familie außer „arischen“ Angehörigen auch einen „Nicht-Arier“ zweiter Reihe beziehungsweise einen „europäischen Unarier“ (europskog nearijca) aufwiesen (Art. 1). Eine besondere Genehmigung wurde bei Eheschließungen benötigt, in der ein Ehepartner zwei jüdische Ahnen zweiter Reihe hatte und entweder eine „Arierin“ oder einen „Arier“ heiraten wollte beziehungsweise eine Person mit Ahnen, die als „europäischer Unarier“ eingestuft wurden. Eine Genehmigung brauchte man auch für die Eheschließung zwischen Personen, die unter den Ahnen Mitglieder anderer „uneuropäischer Nicht-Arier“ (europski nearijac)114 hatten. Darüber hinaus war, wie in den „Nürnberger Rassengesetzen“, die uneheliche Geschlechtsverbindung zwischen „Ariern“ und „Nicht-Ariern“ verboten. Beging eine männliche „unarische“ Person dieses „Verbrechen“, so wurde er der „Rassenschande“ (zločin oskvrnuća rase) bezichtigt und mit Kerker beziehungsweise Gefängnis bestraft. Die Todesstrafe konnte laut Gesetz ausgesprochen werden, wenn ein „arisches“, noch jungfräuliches Mädchen von einem Juden vergewaltigt worden war (Art. 3). Um jeglichen Kontakt zwischen Nicht-Juden und Juden zu unterbinden, durften die Letzteren keine „arischen“ Hausangestellten unter 45 Jahren beschäftigen (Art. 4).115 Einige Arbeitnehmerinnen intervenierten daraufhin beim Innenministerium und stellten klar, sie seien von der jüdischen Familie gut behandelt worden und könnten aufgrund des Arbeitsverbots ihre Familie nicht mehr ernähren. Ihrer Forderung, weiterhin in einem jüdischen Haushalt arbeiten zu dürfen, wurde jedoch nicht stattgegeben.116

112  s. Narodne novine, Nr. 16, 30. 4. 1941. Die Übersetzung der kroatischen Gesetzesverordnung wurde übernommen aus einem Bericht über die „Judengesetze in Kroatien“ der deutschen Gesandtschaft in Zagreb. Siehe: Bundesarchiv, Berlin, NS 26/1421, Hauptarchiv der NSDAP, 18. 12. 1942. 113  Bundesarchiv, Berlin, NS 26/1421, Hauptarchiv der NSDAP, 18. 12. 1942. 114  Als europäische Nichtarier galten unter anderem Sinti und Roma, Perser, Armenier, Araber und Schwarze. 115  Bundesarchiv, Berlin, NS 26/1421, Hauptarchiv der NSDAP, 18. 12. 1942; s. Narodne novine, Nr. 16, 30. 4. 1941. 116  Dazu siehe Goldstein/Goldstein, Holokaust u Zagrebu, S. 145 f.

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

Am 25. Oktober 1941 erschienen in der „Volkszeitung“ (Narodne novine) weitere rassistische Verordnungen, da bemerkt worden war, dass „Nicht-Arier“ zum islamischen oder katholischen Glauben konvertiert und im jeweiligen Gotteshaus die Ehe eingegangen waren. Dadurch würden sie die „Reinheit der arischen Rasse beschädigen und die Ehre des kroatischen Volkes beschmutzen“ (kvare čistoću arijske rase i kaljaju čast hrvatskog naroda), so die „Narodne novine“. In solchen Fällen mussten die muslimischen und katholischen Geistlichen entweder mit einer Geldbuße oder mit mindestens sechs Monaten strengem Gefängnis und dem Verlust der Staatsangehörigkeit rechnen.117 Auch Erzbischof Alojzije Stepinac versprach – laut einem Gestapo-Bericht – Juden und Menschen in „Mischehen“ vollen Schutz. Um diesen zu bekräftigen, sandte er eine Denkschrift an den Papst. „Stepinac habe gedroht, falls die kroatischen Dienststellen gegen die Mischehen vorgehen sollten, als Protest für eine Zeit alle katholischen Kirchen zu sperren“, hieß es dazu in dem Bericht.118 Dieser Widerstand gegen die rassistischen Vorgehensweisen der Ustaše war jedoch vergeblich. Die „Rassengesetze“ bildeten die Rechtsgrundlage für die Diskriminierung, Ausgrenzung und schließlich Ermordung der Juden im USK. Selbst die Ehe mit einer „Arierin“ oder einem „Arier“ bot keinen Schutz vor der Deportation ins Konzentrationslager. Um die „Reinhaltung“ der „arischen Rasse“ propagandistisch zu sichern, gab das Innenministerium rechtliche Maßnahmen gegen jüdische „Rassenschänder“ sowie Todesurteile in der Presse bekannt. Oskar Weiss beispielsweise wurde vorgeworfen, er habe zwei römisch-katholische „arische“ Mädchen von 14 beziehungsweise 15 Jahren vergewaltigen wollen. Im November 1941 wurde er zu einer Todesstrafe durch Erschießen verurteilt.119 Dadurch zementierten die Ustaše den seit Jahrhunderten existierenden Stereotyp des jüdischen Mädchenschänders und Zuhälters.120 Mit den „Rassengesetzen“ hing auch die „Rechtsverordnung über die Heirat von Offizieren, staatlichen und autonomen Beamten“ (Zakonska odredba o ženidbi častnika, državnih i samoupravnih činovnika) vom 6. November 1941 zusammen. Demgemäß durften u. a. hohe Offiziere, hohe Staatsbeamte und Beamte in der Diplomatie eine Ehe nicht ohne die schriftliche Einwilligung des „Poglavniks“ 117 

Narodne novine, Nr. 162, 25. 10. 1941. HDA, Hans Helm, K. 4 – 1521, Akte Gosnjak (Vorname ist unbekannt), 24. 3. 1943. 119  Ustaša. Vijestnik hrvatskog ustaškog oslobodilačkog pokreta, Nr.  16, 7. 12. 1941, S. 16. 120 Der nationalsozialistische, antisemitische Propaganda-Film von Veit Harlan „Jud Süß“ (Židov Süß) kam landesweit in die Kinos. Er handelt von einem geldgierigen Juden, der ein „arisches“ Mädchen verführt und an ihrem Tod schuldig wird. Nach einem anonymen Kritiker beruhe der stereotype Klischees bedienende, anti-judaistisch geprägte Film auf „historischen Fakten“ (na temeljima povijesnih činjenica). Siehe: Hrvatski narod, Nr. 98, 21. 5. 1941. Auch die Ausstellung „Der Jude“ (Židov), die im Mai 1942 von den Ustaše in Zagreb eröffnet wurde, bediente das antisemitische Vorurteil des jüdischen Zuhälters. Nova Hrvatska, Nr. 103, 3. 5. 1942. 118 

II.  Forcierung von Geburten und die Förderung von Familien

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eingehen. Alle anderen Offiziere und Staatsbeamte mussten sich an den zuständigen Minister wenden. Wer eine Ehe ohne diese Erlaubnis einging, wurde entlassen. Der Offizier verlor zudem seinen Dienstgrad. Ob die Heirat zugelassen wurde oder nicht, hing von der Religion, Nationalität sowie politischen Orientierung der Verlobten und ihrer Familie ab. Um dies zu prüfen, mussten neben den Angaben der Personalien aller Beteiligten (u. a. Beruf, Nationalität, Religion) eine Beschreibung der politischen Vergangenheit sowie die Taufscheine der Frau, ihrer Eltern und Großeltern eingereicht werden. Falls die Heirat erlaubt wurde, musste die zukünftige Frau ihren Beruf aufgeben, sofern er nicht mit dem Ansehen des Beamten oder Offiziers übereinstimmte.121 Am 28. November 1941 wurde diese Rechtsverordnung auf alle Beamten, die in Ministerien oder in staatlichen Institutionen arbeiteten, übertragen.122 Ab Februar 1942 galt sie auch für die Unteroffiziere der kroatischen Heimwehr.123 Ab August des gleichen Jahres wurde selbst den Heimwehr-Unteroffizieren die Heirat nur eingeschränkt erlaubt. So durften sie keine Ehe eingehen, wenn sie unter 25 Jahre alt waren,124 wenn sie noch keine fünf Jahre gedient hatten, wenn gegen sie strafrechtlich ermittelt wurde und wenn sie noch die Militärschule besuchten.125 Zwar kontrollierten die führenden Ustaše das private Leben ihrer Offiziere, Unteroffiziere und Beamten, doch die jüdische Herkunft ihrer eigenen Gemahlinnen scheint sie nicht gestört zu haben. So seien nach Angaben des deutschen Oberleutnants Model Familien der Ustaša-Funktionäre „jüdisch versippt“ gewesen. Der volksdeutsche Staatssekretär für Ernährung, Stefan Kraft, habe einen jüdischen Sekretär, und selbst die deutsche Gesandtschaft habe eine kroatisch-jüdische Sängerin in das „Deutsche Reich“ vermittelt.126 Unter den sogenannten jüdisch versippten Ehefrauen befände sich die des Jugendführers Ivan Oršanić, des Heerführers Slavko Kvaternik und des Ministers Milovan Žanić.127 Überprüft wurde auch die Herkunft der zweiten Ehefrau von Außenminister Mladen Lorković. Der Polizeiattaché SS-Obersturmbannführer Hans Helm tat dies mithilfe des Scheidungsanwaltes des Ministers – der als Agent für die Deutschen arbeitete. Das Ergebnis, seine Frau habe keine jüdische Herkunft, meldete Helm an das Amt  IV (Gegnerbekämpfung-Gestapo) und das Amt VI (Sicherheitsdienst-Ausland) des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin.128 121 

Narodne novine, Nr. 171, 6. 11. 1941; Narodne novine, Nr. 109, 13. 5. 1944. Narodne novine, Nr. 190, 28. 11. 1941. 123  Narodne novine, Nr. 31, 7. 2. 1942; siehe auch: Narodne novine, Nr. 289, 21. 12. 1942. 124  Unteroffiziere der Luftfahrt durften die Ehe nicht vor ihrem 30. Lebensjahr schließen. Narodne novine, Nr. 214, 23. 9. 1942. 125  Narodne novine, Nr. 172, 3. 8. 1942. 126  Bundesarchiv, NS 30/173, Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, 16. 10. 1943. 127  Vgl. HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 31, Sig. 013. 0. 47, Akte Slavko Kvaternik, 7. 2. 1947. 128  HDA, Hans Helm – 1521, K. 5, 12. 8. 1944; HDA, Hans Helm – 1521, K. 6, 12. 8. 1944. 122 

D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

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Unerklärlich bleibt dennoch die Antwort von Slavko Kvaternik bei seinem Verhör im Februar 1947 auf die Frage, wie Politiker, die „halb-jüdische“ Frauen heirateten, die Erlassung der „Rassengesetze“ betrachtet hätten: „Ich kann darauf antworten, dass keiner von uns in der Regierung mit dem Erlass der Judenverordnung vollständig übereinstimmte, jedenfalls nicht in dieser Form, aber das hat man von uns verlangt und so mussten wir [es tun].“129

Kvaternik wollte sich vermutlich damit rechtfertigen, dass allein die Nationalsozialisten Schuld an der Vertreibung und Ermordung der Juden gewesen wären und nicht die Ustaše, die nur das ausgeführt hätten, was von ihnen erwartet wurde. Dies entsprach keineswegs der Wahrheit: Die Ustaše betrachteten ihre nicht„arischen“ Ehefrauen gewiss als Ausnahmejüdinnen. Zudem wurden sie durch das „Ehrenarierrecht“ geschützt, das für alle Juden gelten sollte, die vor dem 10. April 1941 für einen unabhängigen kroatischen Staat gekämpft hatten. Die Gesamtheit der Juden fiel aber dem Vernichtungswillen der Ustaše und der Nationalsozialisten zum Opfer.

III.  Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain Die Ustaše produzierten in ihrer Propaganda weibliche Feindbilder en masse. Als Ideale wurden lediglich traditionelle „arische“ Mütter und weibliche UstašaMärtyrerinnen wahrgenommen. Jüdinnen, Serbinnen und Romnja waren aus der „Volksgemeinschaft“ von vornherein ausgeschlossen – sie wurden diskriminiert, verfolgt und vernichtet. Propagandistisch diffamiert wurden in erster Linie Partisaninnen, die die zahlenmäßig größte Gruppe der Ustaša-Feindinnen ausmachten. Sie wurden zu vermännlichten Wesen, Sünderinnen und Kindermörderinnen erklärt und standen demnach im drastischen Gegensatz zum Idealbild der Ustaša-Frau. Auch wurden in der Ustaša-Presse Karikaturen als Mittel eingesetzt, um Widerstandskämpferinnen und Jüdinnen als sittenlos zu diskreditieren. Ferner wurden die von den Ustaše als „kroatisch“ definierten Frauen, die emanzipiert auftraten und Selbstbestimmung in ihrer Lebensweise und im eigenen Beruf einforderten, zum Ziel für Zwang und Gewalt. Im Unterschied zu den „rassisch“ und politisch Unerwünschten wurden diese Frauen zwar in ihrer Freiheit eingeschränkt, jedoch drohte ihnen im Regelfall nicht die Todesstrafe. Den Ustaše war es ein Dorn im Auge, dass eben nicht alle Frauen die Idealisierung der Mutterschaft – verstanden als wesentlicher Ausdruck des weiblichen Seins – akzeptieren wollten und sich nicht nach den Vorschriften der Ustaše und der Kirche verhielten, kleideten und sich dem Regime, entweder aus politischer Überzeugung oder weil ihre 129  „Mogu

na to odgovoriti, da se nitko od nas u vladi nije u podpunosti slagao sa donošenjem židovske odredbe, makar ne u toj formi, ali to se je od nas tražilo pa smo morali.“ HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 31, Sig. 013. 0. 47, Akte Slavko Kvaternik, 7. 2. 1947.

III.  Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain

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Lebenssituation es erforderte, nicht fügten. Ihnen war es laut der Ustaša-Propa­ ganda weder erlaubt, über ihre Lebensart (Beziehungen, Freundschaften, teilweise auch Beruf) noch über ihren Körper zu bestimmen. Die Ustaše sprachen ihnen mehrfach ihr Selbstbestimmungsrecht ab und etikettierten sie als Volksverräterinnen. Damit waren diese Frauen der Gewalt der Ustaše ausgesetzt. Der Körper der Frau wurde ohnehin als „Volkskörper“ definiert. Durch die Gleichsetzung mit dem „Volkskörper“ wurde er zur Instrumentalisierung freigegeben. Für den jeweiligen politisch-ideologischen Gegner, aber auch für die italienischen und deutschen Bündnispartner, war der Frauenkörper indes eine Art Eroberungsterrain. Die Folge war, dass viele Frauen im USK auf verschiedene Weise nicht nur dem Terror des Staates, sondern auch dem jeweiligen Militär ausgeliefert waren. Die Anwesenheit verschiedener bewaffneter Gruppen auf dem Territorium des USK führe zusätzlich dazu, dass Frauen Opfer von Erniedrigung, Erpressung und sexueller Gewalt wurden. Diese Umstände hinderten Frauen nicht daran, sich dem Terror zu widersetzen. Je nach den eigenen Handlungsmöglichkeiten suchten sie nach Wegen, wie sie der psychischen und physischen Gewalt die Stirn bieten konnten: Einige griffen zur Waffe oder beteiligten sich im zivilen Partisanen-Widerstand, andere reagierten auf Repressalien mit Beschwerdebriefen an die zuständigen Instanzen. Manche Frauen jedoch sahen keine andere (Überlebens-)Möglichkeit als mit den Besatzern und den einheimischen Faschisten zu kollaborieren. 1.  Diskreditierung von „Feindinnen“ und Maßnahmen zur Bewahrung der „weiblichen Moral“ Die Partisanin, sei es in ihrer Funktion als Kämpferin, Sanitäterin oder politische Arbeiterin, wurde als Weltanschauungsfeindin von den Ustaše für das in Unordnung geratene Geschlechterverhältnis verantwortlich gemacht. Aufgrund der vielfältigen Funktionen der Partisaninnen im Krieg und der hohen Anzahl von Widerstandskämpferinnen,130 die sich im Jahre 1942 auf Beschluss des Antifaschistischen Rats der Nationalen Befreiung Jugoslawiens in der Antifaschistischen Frauenfront Jugoslawiens131 zusammenschlossen, war es eine Notwendigkeit, gegen diese Feindin propagandistisch vorzugehen. 130  „Das Lexikon des Volksbefreiungskrieges und der Revolution in Jugoslawien“ nennt zwei Millionen Frauen, die in allen Bereichen des Widerstands aktiv waren bzw. 100.000 Frauen, die in der Volksbefreiungsarmee gedient haben sollen. Diese Zahlenangaben sind jedoch nicht belegt. Daraus lässt sich schließen, dass die Anzahl der Widerstandskämpferinnen aus Propagandazwecken von den Kommunisten marginalisiert wurde. Siehe: Leksikon narodnooslobodilačkog rata i revolucije u Jugoslaviji 1941 – 1945, Bd. 2, Belgrad 1980, S. 1251. 131  Die Antifaschistische Frauenfront Jugoslawiens wurde nach nur elf Jahren nach seiner Gründung von der Kommunistischen Partei Jugoslawiens aufgelöst. Die „Frauenfrage“ galt im sozialistischen Jugoslawien als geklärt, da die Frau u. a. das Wahlrecht erhalten hatte.

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

Die Teilnahme von Frauen am zivilen und bewaffneten Widerstand begründeten die Ustaše mit antisemitischen und sexistischen Argumenten: So wurden jüdische Unternehmer angeprangert, „kroatische“ Arbeiterinnen verführt und ihnen gleichzeitig gedroht zu haben, sie würden diese Affäre ihren Eltern mitteilen, wenn sie sich weigerten, sich der Partisanenbewegung anzuschließen. Gemäß der Propaganda beabsichtigten die Ustaše aber nicht, die vermeintlich verführten Frauen politisch umzuerziehen oder ihnen bei einer Umentscheidung die Möglichkeit zu geben, nach Hause zu ihren Familien zurückzukehren. Solche Frauen hätten nach Ansicht der Ustaše keinen Platz mehr in anständigen kroatischen Häusern.132 Grundsätzlich wurde der ideologisch-politischen Feindin der Vorwurf gemacht, sie würde sich auf ihre Freiheit und Unabhängigkeit berufen, um in den Stäben und Büros ihren Körper zur Unzucht anzubieten, in einer Gesellschaft, die keine moralischen Grenzen kennen würde. Damit die Partisanin im kommunistischen Milieu „freie Liebe“ ausüben könne, würde sie – anstatt Kinder zu gebären – Kinder abtreiben. Falls sie sich doch für das Kind entscheiden sollte, dann würde sie es dem bolschewistischen Moloch verkaufen, der aus ihrem Kind einen Mörder machen würde.133 Die Partisaninnen hätten, so die Ustaša-Propaganda, keine Scham und würden jede Nacht den Mann wechseln und somit „die Heiligkeit der Familie und des familiären Lebens“ (svetost obitelji i obiteljskog života)134 zerstören.135 Auch würden sich die „Verführerinnen“ den einfachen kroatischen Soldaten der Heimwehr sexuell anbieten, um sie für die „Volksbefreiungsbewegung“ zu gewinnen.136 Während die Ustaša die uniformierten Frauen ihrer eigenen Bewegung zu aufopfernden Märtyrerinnen und ehrbaren Müttern und Ehefrauen stilisierten, diffamierten sie dagegen die politisch-ideologischen Feindinnen sowie die Sympathisantinnen der „Volksbefreiungsbewegung“, indem sie ihnen Hartherzigkeit, Unweiblichkeit und Unmoral vorwarfen.137 Die Ustaša-Presse beschuldigte vor allem jüdische und serbische Partisaninnen, in ihrer Rolle als Kämpferinnen und Offizierinnen Einfluss in der Partisanenbewegung auszuüben. Generalisierend Über Frauen in der AFŽ siehe auch: Sklevicky, Organizirana djelatnost žena Hrvatske, S.  85 – 127. 132  Bzik, Mijo, Ustaški pogledi (1928 – 1941 – 1944), Zagreb 1944, S. 67 f. 133  Naša borba, Nr. 5, 29. 1. 1945. 134  Klaić, Antifašistički Front Žena, S. 6. 135  Klaić, Antifašistički Front Žena, S. 4 ff. 136  Ustaša, Vijestnik hrvatskog ustaškog oslobodilačkog pokreta, Nr. 8, 28. 2. 1943. 137  Neben den Ustaše verbreiteten auch die Italiener frauenfeindliche Propaganda: In einem italienischen Bulletin wird der Bericht eines Soldaten angeführt, der von seinen Erfahrungen in der jugoslawischen Partisanen-Gefangenschaft erzählt. Dort sei er in Berührung mit schwangeren Kämpferinnen gekommen, die nicht einmal den Namen des Vaters gewusst hätten. Mit dieser Unmoral, so der italienische Soldat, würden die miserabel aussehenden Partisaninnen die Frauen Kroatiens beleidigen. Siehe: AUSSME, M-3, K. 78, Testo italiano del bollettino N°13-anno II.

III.  Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain

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und im abwertenden Ton wurden sie als „Sare und Perse“138, d. h. mit Frauennamen, die als Synonym für Jüdinnen und Serbinnen stehen, bezeichnet. Eine gewaltbereite Partisanin, die dazu noch Jüdin oder Serbin war, passte in das ideologische Bild, das sich die Ustaše von der Feindin entwarfen. Dass Kämpferinnen Gewalt anwendeten, entsprach durchaus ihrer militärischen Aufgabe im „Volksbefreiungskampf“. Auszuschließen ist daher nicht, dass sich auch Partisaninnen im männerdominierten militärischen Milieu beweisen wollten und manchmal noch gewalttätiger gegen den Feind vorgingen als ihre männlichen Mitstreiter. So berichteten italienische Soldaten, sie hätten in der Partisanen-Gefangenschaft Abbildung 5: Ustaša-Karikatur. Darstellung der „freien Liebe“ bei den Partisanen besonders von Frauen und Kindern Gewaltbereitschaft erfahren, da diese die sofortige Erschießung der Italiener forderten.139 Bewaffnete, gewaltausübende Frauen entsprachen nicht der Erwartungshaltung vieler Männer, da sie ihr traditionelles Frauenbild konterkarierten. Der Ustaša-Propagandaapparat richtete sich zwar in erster Linie gegen die Partisanin, aber auch gegen alle anderen Frauen, die nicht in das Frauenbild der Ustaše passten. Für das angeblich unmoralische Benehmen und Aussehen mancher kroatischer Frauen machten die Ustaše zum einen die „serbische Kultur“ (srpska kultura) verantwortlich, denn sie habe aus ihnen „aufgetakelte Puppen für das Vergnügen verruchter und zügelloser Männer“ (nacifrane lutke za razonodu opakih i razuzdanih muškaraca)140 erschaffen, zum anderen die Jüdinnen, denen bereits in den 1920er-Jahren von dem Schriftsteller Ksaver Šandor Gjalski attestiert wurde, sie hätten „die Mode der kurzen Röcke und kurzen Frisuren“ (modu kratkih sukanja i kratke frizure)141 salonfähig gemacht. Frauen, die rauchten, sich schminkten, die Fingernägel lackierten, sich zu auffällig und freizügig kleideten oder gar Hosen trugen, gehörten wie die Partisaninnen zur Kategorie der „Unmoralischen“. Diese wurden verächtlich als Mode-­Frauen, 138 

Nova Hrvatska, Nr. 89, 16. 4. 1944. AUSSME, M-3, K. 78, undatiert. 140  Ustaška Mladež, Nr. 14, 2. 11. 1941, S. 10. 141  Goldstein, Ivo, Židovi u Zagrebu, 1918 – 1941, Zagreb 2005, S. 140; Gjalski, Ksaver Šandor, Feminalija, in: Književnik, 11 (1929), S. 404. 139 

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

Damen, Puppen oder „Salon-Löwinnen“ (salonske lafice)142 bezeichnet. Feministinnen disqualifizierte die Ustaša-Presse als Halb-Männer.143 Zu diesen Frauen zählte zum Beispiel die erste kroatische Berufsjournalistin, Schriftstellerin144 und Frauenrechtlerin Marija Jurić Zagorka,145 die aus politischer und humanitärer Überzeugung gegen den Ustaša-Staat Widerstand leistete. Sie stand allem Anschein nach ganz oben auf der Liste der Personen, die aus dem öffentlichen Leben verdrängt werden sollten. Schon am Morgen des 11. April 1941 konfiszierten die Ustaše ihr Blatt „Die Kroatin“ (Hrvatica) sowie 180.000 Dinar aus der Redaktionskasse. Das Geld für die Veröffentlichung ihrer Novellen in der „Morgenzeitung“ (Jutarnji list) wurde ihr ebenfalls genommen. Ihr historischer Roman „Die Hexe von Grič“ (Grička vještica) wurde öffentlich verbrannt; ihre Werke wurden verboten. Zagorka protestierte dagegen und bekam von den Ustaše zur Antwort, sie sei keine gute kroatische Frau, sie würde die Kirche angreifen, Befürworterin der serbisch-kroatischen Koalition sein, und ihre Beziehung zu den Sozialdemokraten sei suspekt. Sie gab nicht auf, sondern dachte sogar, sie könne in diesem totalitären Staat den Fall vor Gericht bringen. Ein Ustaša riet ihr ironisch, Köchin zu werden und gab ihr mit auf den Weg, sie solle glücklich sein, dass man sie nicht in ein Konzentrationslager deportiert habe. Als Reaktion darauf schrieb sie an ihre 5.000 Leserinnen Abschiedsbriefe und bekam reichlich Solidaritätsbekundungen, wie etwa vom Verein Die Kroatische Frau (Hrvatska žena) in Vinkovci.146 Nach Aussagen ihrer engen Freundin Štefica Vrbanić wurde sie angezeigt und zur Polizei geladen, nachdem sie in einem Kreis von Personen die Deportation von Juden und Serben scharf kritisiert hatte. Ihr Anwalt riet ihr, Zagreb zu verlassen, sie lehnte jedoch ab.147 Vermutlich versuchte sie in dieser Zeit, Selbstmord zu begehen.148 Um sich vor einer Deportation zu retten, ging sie schließlich zur Tarnung ins Sanatorium für Neuropsychiatrie in Zagreb-Zelengaj. Đuro Vranešić, Arzt und Direktor des Sanatoriums, ermöglichte ungefähr 80 Juden, Kommunisten, Künstlern und Intellektuellen, unter ihnen der Schriftsteller Miroslav Krleža, sich dort zu verstecken. Er rettete ihnen somit das Leben. 142 

Bzik, Ustaški pogledi, S. 99. Hrvatski krugoval, Nr. 17, 1941. 144  Ihr berühmtestes Werk ist die siebenbändige Buchreihe „Die Hexe von Grič“. Später war sie die Herausgeberin der ersten kroatischen Frauenzeitschrift „Das Frauenblatt“ (Ženski list, von 1925 bis 1938) sowie „Der Kroatin“ (Hrvatica, von 1938 bis 1941) und veröffentlichte Novellen in verschiedenen Zeitungen. 145  Vujnović, Marina, Forging the Bubikopf Nation. Journalism, Gender and Modernity in Interwar Yugoslavia, New York 2009, S. 93 f.; Jakobović-Fribec, Slavica, Vodič Zagorkinim tragom kroz Zagreb, Zagreb 2008, S. 53 ff. 146  Diese Erlebnisse schrieb Zagorka in ihrem unveröffentlichten Werk „Meine politische Arbeit“ nieder. Siehe Vujnović, Forging the Bubikopf Nation, S. 110. 147  Grbelja, Josip, Marija Jurić-Zagorka: Bolna istina, in: Forum, 4/6 (2005), S. 665 – 684, hier S. 681. 148  Vujnović, Forging the Bubikopf Nation, S. 111. 143 

III.  Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain

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Sich frei bewegende, unabhängige Frauen waren den Ustaše grundsätzlich verhasst. So führten sie nachts in den Kaffeehäusern und Straßen Razzien durch, um, wie die Ustaša-Presse schrieb, die Stadt von unerwünschten Elementen zu säubern. Zu diesen „Elementen“ zählten nach der Definition des „Neuen Blatts“ (Novi list) „Kriminelle“, Frauen mit suspektem moralischem Benehmen oder einfache Passanten beziehungsweise Kaffeegäste, die die nächtliche Ausgangssperre nicht beachteten. Verhaftet und in das Gefängnis in der Petrinjska-Straße gebracht wurden ebenfalls „‚Damen‘ aus der besseren Gesellschaft“ („Dame“ iz boljeg društva), Frauen also, die sich mit ihren Töchtern nach elf Uhr abends noch draußen befanden. Die Internierung und Erfassung der Personalien sollte diesen „Damen“, so das Blatt spöttisch, eine Lehre sein, denn „sie hätten nichts Schlaueres zu tun, als sich nachts ohne Erlaubnis auf der Straße zu bewegen und in Kaffeehäusern zu amüsieren.“149 Die frauenfeindliche Propaganda führte gar dazu, dass einige schwangere Frauen – wegen ihres Lebensstils und ihrer vermeintlich freizügigen Kleidung – von Ustaša bezichtigt wurden, unverantwortlich mit ihrem Körper umzugehen und dadurch sogar den Abbruch der Schwangerschaft zu verursachen. Mehr noch: Die Verbrechen der Ustaše, die im Jahre 1944 der Mehrheit der Bevölkerung sehr wohl bekannt waren, wurden gegen die angeblichen Abtreibungen dieser Frauen moralisch aufgerechnet. So schrieb der Journalist Mijo Bzik in der Broschüre „Die Anschauung der Ustaša“: „Irgendwelche Salon-‚Löwinnen‘, über deren Kleider nicht mehr seitenlang geschrieben wird, zählen fleißig ‚die Verbrechen der Ustaše‘. Es täte ihnen besser, wenn sie die unschuldigen Kinder zählen würden, die sie ins Jenseits befördert haben.“150

An dieser öffentlichen Diskreditierung Andersdenkender beteiligten sich auch traditionell nationalistisch und katholisch gesinnte Frauen. So wurde in der Zeitschrift der Kreuzritterinnen „Für Glaube und Heim“ rhetorisch gefragt: „Sind die heutigen supermodernen Frauen und Mädchen nicht Verräterinnen ihres Volkes?“151 Die katholische Kirche in Kroatien war insbesondere bemüht, den Frauen ein konservatives Aussehen aufzuzwingen. Das Kleid einer Frau war danach nur dann akzeptabel, wenn es die Knie verdeckte, der Halsausschnitt nicht tiefer als drei Zentimeter war und die Ärmel des Oberteils bis zum Ellenbogen reichten. Durchsichtige oder zu enge Kleider durften nicht getragen werden, ebenso keine kurzen oder langen Hosen.152 Die ideale christliche Frau sollte die traditionelle Tracht tragen, da diese – als Symbol der nationalen Zugehörigkeit – alle drei Prämissen einer sittlich gekleideten Frau erfülle: So schütze die Nationaltracht vor 149  „[…] koje nemaju pametnijeg posla, nego se bez dozvole kreću po ulicama i zabavljaju po kavanama.“ Novi list, Nr. 40, 8. 6. 1941. 150  „Neke salonske ‚lafice‘, o čijim se haljinama više ne pišu čitave stranice, marljivo broje ‚ustaške zločine‘. Bolje bi im bilo da broje nevinu djecu, koju su poslale na drugi svijet.“ Bzik, Ustaški pogledi, S. 99. 151  Za vjeru i dom, Nr. 5 – 6, Mai/Juni 1941. 152  Lončar, Pavao, Za čast i dostojanstvo žene, Zagreb 1944, S. 60.

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

Wärme und Kälte, behüte das Scham- und Moralgefühl der Frau und brächte zudem ihre Schönheit zum Ausdruck.153 Die Traditionalisten kritisierten infolgedessen scharf den neuen Trend auf dem Land: Die Bäuerinnen würden, anstatt ihr „kroatisch nationales Leben“ (hrvatski narodni život) zu führen, immer mehr zu „aufgeputzten Püppchen“ (napirlitane lutkice) werden, die sich ihre Haare kurz schneiden, anstatt geschmückte Zöpfe zu tragen.154 Der Kleidungs- und Lebensstil von städtischen, berufstätigen und selbstständigen Frauen sollte den Bäuerinnen nicht als Vorbild dienen. Um dieser vom Erzbischof von Zagreb, Alojzije Stepinac, indizierten „Hysterie“ (histerija)155 entgegenzuwirken, gründete die katholische Kirche den Bund gegen die ungehörige Frauenmode (Savez protiv nedoličnoj ženskoj modi), der zum einen Erzieher/-innen und Müttern die Aufgabe übertrug, jungen Mädchen beizubringen, wie sie sich zu kleiden hätten. Zum anderen versuchte die Kirche, Näher/-innen und Modeschaffende zu überzeugen, nur die von der Kirche vorgeschriebene Frauenkleidung anzufertigen. Die katholische Kirche im USK und die Ustaša gingen nicht nur theoretisch gegen das angeblich unangemessene Aussehen und Benehmen der Mädchen und Frauen vor. In einem Rundbrief an alle Geistlichen in Kroatien erklärte Erzbischof Stepinac, er verbiete jeder unmoralisch gekleideten Frau den Zugang zur Kommunion und zu den heiligen Sakramenten. Es sei besser, zur Messe käme keine Frau, als dass sich die Kirche in einen Ausstellungsort menschlicher Verrücktheit verwandeln würde.156 Besonders wegen ihrer Kleidung in den öffentlichen Schwimmbädern würden die Frauen früher oder später von Gott bestraft werden. Nicht nur, dass die Frauen anfingen – angeblich wegen des Wintersports – männliche Anzüge zu tragen, sie würden diese auch im Sommer anziehen. Und gerade in der Zeit der schwierigsten wirtschaftlichen Krise würden diese Frauen Geld für Hosen verschwenden, so der Erzbischof.157 Die Ustaše versuchten zudem, das von ihnen als ideal betrachtete Weiblichkeitsbild in rechtlichen Verordnungen zu verankern. Aus den öffentlichen Badeanstalten sollten alle Frauen entfernt werden, welche die Moralordnung nicht befolgten, denn sie wären mit ihrer Freizügigkeit den Kindern und Minderjährigen ein schlechtes Vorbild. Es wurde sogar der Vorschlag gemacht, eine Ordnungspolizei an den Stränden und in Schwimmbädern aufzustellen, um Frauen, deren Badeanzug „alle Grenzen der Vernunft überschreite“ (prekoračio granice pristojnosti) den Zutritt zu verweigern.158

153 

Lončar, Za čast i dostojanstvo žene, S. 61 ff. Lončar, Za čast i dostojanstvo žene, S. 64. 155  Lončar, Za čast i dostojanstvo žene, S. 76. 156  Lončar, Za čast i dostojanstvo žene, S. 77. 157  Lončar, Za čast i dostojanstvo žene, S. 75. 158  Hrvatski narod, Nr. 132, 26. 6. 1941. 154 

III.  Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain

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Jüdinnen (und Juden) wurde der Zugang zu den Badeanstalten gänzlich verboten. In einer geschmacklosen Karikatur im „Neuen Blatt“ machten sich die Ustaše lustig über diese Art von Diskriminierung (siehe Abbildung  6). Sie trug die Aufschrift: „Aron der Erfinder. In Osijek ist der Besuch aller Badeanstalten an der Drava für Juden verboten. Aron hat in seiner Wohnung eine künstliche Badeanstalt konstruiert und ausgesagt, dass er diesen Sommer ‚aus Prinzip‘ nicht an die Drava geht.“159 Besonders auffallend ist hier das antisemitische Erscheinungsbild der jüdischen Frau, die sich von „Aron“ vor einem Bild, auf dem ein Strand abgebildet ist, mit einer Wasserkanne begießen lässt. Sie hat eine üppige Figur, trägt einen für diese Zeit zu offenen Bikini, der ihren Körper kaum beAbbildung 6: „Aron der Erfinder“ – Antijüdische Propaganda aus dem Jahr 1941 deckt, dazu trägt sie hohe Schuhe, an jedem Finger einen Ring, Armbänder, ihre Nase ist, wie die ihres Begleiters, krumm und lang, die hochgesteckten Haare erinnern an aristokratische Frisuren und die langen Wimpern zeigen, dass sie Schminke trägt. Das sexualisierte, antisemitische Frauenbild der Jüdin stand demnach im starken Kontrast zum idealisierten Frauenbild der Ustaše. Um nun zu verhindern, dass sich die weibliche Jugend Kroatiens „unanständig“ kleidet, sollte sie, nach Budak, in der „Mystik der Weiblichkeit“ (mistici ženstva) und in der „Heiligkeit ihrer Berufung“ (svetosti njezina poziva) erzogen werden.160 Daher mussten Schülerinnen der Mittelschule seit dem Erlass der Gesetzgebung vom November 1941 einen Sportanzug tragen, der aus einer weiten weißen, über die Ellenbogen reichenden Bluse und aus einem Rock, der bis zu den Knien ging, bestand.161 Verstieß ein Mädchen gegen die Kleidungsvorschriften, konnte dies zu schlechteren Noten führen. Überdies wurde Beamtinnen und weiblichen Angestellten in Zagreb vom Bürgermeister Ivan Werner das Schminken, L ­ ackieren der Fingernägel und Rauchen 159  „Aron pronalazač. U Osijeku je Židovima zabranjen posjet svih kupališta na Dravi. Aron je u svom stanu konstruirao umjetno kupalište i izjavio, da ovog ljeta ne će ići ‚iz principa‘ na Dravu.“ Novi list, Nr. 49, 17. 6. 1941. 160  Narodne novine, Nr. 177, 13. 11. 1941. 161  Narodne novine, Nr. 177, 13. 11. 1941.

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

während ihrer Arbeitszeit verboten.162 Laut der Zeitschrift „Die Ustaša-Jugend“ sollten junge Angestellte weder starkes Parfüm auftragen noch auffällige Farben für ihre Kleider wählen. Sie sollten auf der Arbeit nicht schwatzen, nicht nach Arbeitsschluss aus dem Büro rennen, nicht zu empfindlich sein und keine Liebesaffären mit Kollegen eingehen.163 Lehrerinnen durften – als Vorbilder der Schülerinnen und Schüler – weder während der Arbeit noch in der Öffentlichkeit geschminkt sein, kurze Kleider tragen, sich parfümieren und rauchen. Falls sie nicht einfach und bescheiden auftraten, drohte ihnen seitens des Ministeriums für Unterricht der Ausschluss aus dem Beruf.164 Paradoxerweise prägten die Mädchen und Frauen das Zagreber Stadtbild weder mit ihrer nationalen Tracht noch mit einer „zügellosen“ Kleidung, sondern mit der Uniform, die sie als Mitglieder der Ustaša-Jugend oder des Weiblichen Zweiges der kroatischen Ustaša-Bewegung tragen mussten. So liest man in einem deutschen Militärbericht über den Gesamteindruck Zagrebs, es würden sich sehr viele junge Leute in verschiedensten kroatischen Uniformen auf Straßen und in Kaffeehäusern herumtreiben.165 Bei einigen Mädchen und jungen Frauen wurde die Uniform sogar zum beliebten Attribut: So äußerte die ehemalige KZ-Aufseherin Nada Šakić den Wunsch, an ihrem Hochzeitstag eine Uniform zu tragen. Sie wurde aber von ihrer Mutter daran gehindert und heiratete schließlich ihren Ehemann Dinko Šakić in einem Kleid.166 Da dieser neue militarisierte Frauentyp nicht mit dem traditionellen Weiblichkeitsbild korrespondierte und Männer obendrein behaupteten, die Frauen würden darin unweiblich wirken, versuchten die Ustaše, das Tragen einer Uniform öffentlich zu rechtfertigen, indem sie dieses neue Aussehen als eine „Erscheinung unserer Zeit“ (pojava naših vremena) beziehungsweise als „äußeres Merkmal der Zugehörigkeit“ (vanjski znak pripadnosti) der Frauen zur „Volksgemeinschaft“ interpretierten.167 Die Frauen seien durch die Uniform nicht weniger weiblich, sie würden nur ihre Pflicht für den Staat erfüllen, wären sich aber ihrer Rolle als zukünftige Ehefrauen und Mütter bewusst. Die Weiblichkeit der Frau läge in der Aufopferung für die Gemeinschaft und den Staat.168 Interessanterweise kritisierten die Vertreter der katholischen Kirche im USK das Aussehen der uniformierten Ustaša-Angehörigen nicht, obwohl die Uniform Zeichen einer politischen Orientierung war und im Gegensatz zum christlich-patriarchalischen, vor allem politisch-passiven Frauenbild stand.169 Mit einer öffentli162 

Hrvatski narod, Nr. 138, 2. 6. 1941. Ustaška Mladež, Nr. 8, 24. 8. 1941, S. 64. 164  Nova Hrvatska, Nr. 125, 31. 5. 1942. 165  Bundesarchiv Militärarchiv Freiburg, RH 2/683, Oberkommando des Heeres/Generalstab des Heeres, 10. 2. – 14. 2. 1943. 166  Interview mit Nada Šakić am 20. 6. 2009 in Zagreb. 167  Ustaška Mladež, Nr. 5, 1. 2. 1942, S. 15. 168  Ustaška Mladež, Nr. 5, 1. 2. 1942, S. 15. 163 

III.  Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain

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chen Kritik der Uniform als Merkmal der Ustaša hätte sich die Kirche auch gegen die herrschende Bewegung gestellt. Sie tat dies nicht, da die Geistlichen die Instrumentalisierung von Frauen durch die Ustaše, deren Einmischung in das private Leben, die Bestimmung über den Körper und die äußerliche Erscheinung der Frauen ausdrücklich begrüßten und unterstützten. 169

2.  Bestrafung von Sympathisantinnen der italienischen Besatzer „Rüben“ (rapa) nannten die italienischen Soldaten einheimische Frauen, die wegen ihrer Freundschaft oder eines Liebesverhältnisses zu einem italienischen Soldaten sowie wegen Kollaboration oder eines Arbeitsverhältnisses mit Italienern von den Ustaše (als auch den Partisanen) den Kopf rasiert bekommen hatten.170 Diese Form von Gewalt war zum einen politisch motiviert: Weder die dalmatinische Bevölkerung, die zum Großteil zu den Partisanen übergetreten war oder ihr unterstützend zur Seite stand, noch einige Ustaše waren Befürworter der Annexion Dalmatiens durch die Italiener. Die Tito-Bewegung erkämpfte ihr Territorium mit Waffengewalt, die Ustaše wollten – trotz der freundschaftlichen italienisch-kroatischen Beziehung – den Italienern beweisen, wer der „Herr im Hause ist“ und provozierten das italienische Militär z. B. durch patriotische anti-italienische Lieder. Zusätzlich bestand immer die Gefahr, dass Frauen (und Männer) durch die Kontaktpflege mit Italienern, ob wissentlich oder nicht, Informationen jeglicher Art an die italienischen Okkupanten weitergeben konnten. Vermutlich verbot die Führerin der Weiblichen Ustaša-Jugend Dolores Bracanović in Dubrovnik auch deswegen allen Mädchen und jungen Frauen der Jugendorganisation, sich den Italienern zu nähern.171 Offiziell aber pflegten die weiblichen Ustaša-Organisationen Freundschaft mit italienischen Gleichgesinnten. Zum anderen stand hinter solch einem Verbot die Befürchtung, Frauen würden die ihnen zugewiesene Rollenzuschreibung verletzen. Im Kontext der Besatzungssituation machte sich eine Frau schon beim kleinsten Verstoß automatisch zur Komplizin des ausländischen Soldaten. Tatsächlich war es in Dalmatien für Frauen 169  Vgl. die Ausführungen von Erzbischof Alojzije Stepinac zu Frauen im öffentlichen Leben, in: Hrvatica, Nr. 3, April 1940, S. 2 – 4. 170  Dragoni, Ugo, Fiaschi in Jugoslavia: ricordi polemici della campagna di guerra 1941 – 1943, Alexandrien 1983, S. 107. 171  AUSSME, DS, K. 1358, 13. 4. 1942. Es liegen bisher keine Belege dafür, ob das gleiche bei deutschen Soldaten gefordert wurde. In diesem Kontext sei erwähnt, dass es bsp. auch bei „reichsdeutschen“ Frauen verpönt war, wenn sie etwa mit Serben gesehen wurden. So meldete der Gestapo-Spitzel Franz Schramm, dass „Reichsdeutsche“ in Slawonien teilweise politisch und moralisch nicht einwandfrei seien, da u. a. „Mädels“ mit Serben „gehen“ würden. „Bei der Besprechung mit dem Kreis- und Ortsleiter der AO [Auslandsorganisation] der NSDAP hätten diese die Ansicht ausgesprochen, solche Elemente mit Familie sofort nach Deutschland abzuschieben“, heißt es weiter im Bericht des Agenten. Siehe: HDA, Hans Helm, K. 11 – 1521, Akte Franz Schramm, 19. 1. 1943.

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

so gut wie unmöglich, das italienische Militär oder die Behörden zu umgehen. Schließlich verfolgten die Italiener das Ziel, durch ihre gezielt freundliche Propaganda auch Frauen anzusprechen. Anti-italienisch gesinnte Ustaše und Partisanen erwarteten dennoch von den Frauen, dass sie gegen die Italiener zivilen Widerstand leisteten: Im Alltagsleben bedeutete dies, dass etwa Marktfrauen den Italienern keine Ware verkaufen sollten.172 Dass der Umgang mit italienischen Soldaten dennoch unausweichlich war, ist den Erinnerungen von Drina Veža, einer Frau aus dem süddalmatinischen Ort Brist, zu entnehmen. Als Frau eines in die Berge geflüchteten Partisanen zog sie – wie viele andere Mütter – ihre zwei Kinder allein auf, schmuggelte Essen und Briefe zu den Widerstandskämpfern und wurde deswegen von den italienischen Soldaten verhört und ihrer Essensvorräte beraubt. Neben diesen negativen Erfahrungen mit den Okkupanten kam es aber auch vor, dass Drina Veža und ihre Freundinnen von italienischen Soldaten in alltägliche Gespräche verwickelt wurden und sie sich mit ihnen über ihre Kinder unterhielten.173 Der einfache italienische Soldat, der selbst Sehnsucht nach seiner Familie hatte und Dalmatien nicht als sein Land betrachtete, war eben nicht in jeder Situation ein ideologisch-politischer Feind. Die Ustaše bezeichneten Frauen, die sich als Geliebte der Besatzer entpuppten beziehungsweise für diese arbeiteten, als „verwahrloste Wesen“ (zapuštena stvorenja)174 und „Sklavinnen der Italiener“ (serve degli italiani)175. Sie verboten ihnen sogar, mit einem Italiener zu reden oder ihn nur anzuschauen. Als beispielsweise zwei Studentinnen auf dem Bahnhof in Karlovac eine Unterhaltung mit einem italienischen Unteroffizier führten, näherte sich ihnen ein dort arbeitender Ustaša. Nach Meinung des Unteroffiziers störte es ihn, dass Kroatinnen mit einem Italiener sprachen. Die Situation eskalierte, beide Männer zogen ihre Revolver. Durch das Eingreifen des italienischen Militärs und kroatischer Polizisten kam es jedoch nicht zu einem Schusswechsel.176 Vermutlich hatte dieser Vorfall keine Folgen für die Studentinnen. Andere Frauen wiederum erlebten diverse Erniedrigungen als Folge ihrer pro-italienischen Haltung: In Povlja, einem Ort auf der Insel Brač, blockierten die Ustaše einer Familie die Mehlzufuhr, weil ihre weiblichen Familienmitglieder mit italienischen Soldaten gesprochen hatten.177 In Drniš bei Šibenik mussten fünf Mädchen den Ustaše 50 Lira zahlen, weil sie mit italienischen Soldaten gesehen worden waren. Die Italiener wiederum wurden mit 250 Lira Bußgeld bestraft. Nur

172  ACS, Ministero dell’Interno. Direzione Generale, Pubblica Sicurezza. Divisione affari generali e riservati, H2, complotti e attentati, 1920 – 1958, K. 169, 22. 7. 1942. 173  Interview mit Drina Veža geführt am 6. 8. 2007 in Brist. 174  Za vjeru i dom, Nr. 8, Oktober 1942, S. 7. 175  ACS, T-821, R. 401, 10. 4. 1942. 176  ACS, T-821, R. 401, 27. 7. 1942. 177  ACS, PS, H2, K. 35, 12. 9. 1941.

III.  Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain

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mit Mühe konnten sie verhindern, dass den Mädchen die Haare abrasiert wurden.178 Auch in Metković wurde Frauen angedroht, wenn sie weiterhin mit italienischen Soldaten Umgang pflegten, würden ihnen die Haare abgeschnitten.179 Einige Frauen wehrten sich gegen solche diskriminierenden Gewaltakte: Als der Tabornik Miško Polović in Duga Resa Frauen – mit der Androhung, ihnen die Haare abzurasieren – verbot, mit italienischen Männern zu reden, sie anzuschauen und die Wäsche für sie zu waschen, wandte sich die Waschfrau Magdalena Polović (ob sie mit dem Tabornik verwandt war, ist nicht bekannt) an die italienische Polizei und erklärte in ihrer Stellungnahme: „Der Tabornik (Ustaša-Sekretär), Herr Miško Polović, hat uns eine kurze Ansprache gehalten, die gegen die Italiener gerichtet war. Der Inhalt der Ansprache war: ‚Ihr dürft euch nicht mit den Italienern unterhalten und sie nicht einmal anschauen und das Wichtigste ist, ihr dürft nicht ihre Wäsche waschen, da euch deswegen die Haare abgeschnitten werden.‘ Wir waschen die Wäsche, weil sie uns zahlen, wieviel wir verlangen, aber wir sind gezwungen, es zu tun, weil wir arm sind und weil wir viele in der Familie sind, denn unsere Eltern können mit dem Gehalt des Vaters nicht für acht Kinder aufkommen. Danach hat er gesagt, dass wir nicht Sklavinnen der Italiener sind.“180

Obwohl sich die Frau allein durch das Einschalten der italienischen Polizei in Gefahr brachte, überwog ihre Sorge um die wirtschaftliche Existenz ihrer Familie. Das Abschneiden der Haare von Frauen, die mit Italienern verkehrten, war jedoch nicht nur ein Gewaltakt der Ustaša, sondern auch der Partisanen: So wurden in Sinj ungefähr fünfzig Sympathisantinnen der Ustaša und der Italiener zusammengerufen, um ihnen kollektiv die Haare abzurasieren. Im Falle einer Verweigerung, sollten Repressalien gegen sie erfolgen.181 Zwei 23-jährigen Frauen wurde auf der Insel Korčula nach dem öffentlichen Abschneiden der Haare durch drei Widerstandskämpfer zur Abschreckung vor weiterer Kollaboration ein Schild mit der Aufschrift umgehängt: „Wir Partisanen haben den Spioninnen Olga und Cvita die Haare abgeschnitten, als Beispiel für diejenigen Spione, die in Begleitung der terroristischen Okkupanten sind.“182

178 

AUSSME, DS, K. 532, 19. 7. 1941. AUSSME, DS, K. 582, 29. 7. 1941. 180  „Il Tabornik (segretario ustascia) sig. Miško Polović ci ha tenuto un breve discorso il quale era diretto contro gli italiani. Il contenuto del discorso era: ‚Non dovete discorrere con gli italiani come nemmeno guardarli e quello che è più importante non dovete lavare la biancheria, dato che per ciò vi saranno tagliati i capelli.’ Noi laviamo la biancheria perché ci pagano quanto noi chiediamo, ma siamo costrette perché siamo poveri e che siamo molti in famiglia, dato che i nostri genitori non possono provvedere con lo stipendio del padre per otto bambini. Dopo di tutto ciò ha detto che noi non siamo serve degli italiani.“ ACS, T-821, R.  401, 10. 4. 1942. 181  ACS, T-821, R. 291, 17. 8. 1943. 182  „Noi partigiani abbiamo tagliato i capelli alle spie Olga e Cvita per esempio a quegli spioni che vanno in compagnia degli occupatori terroristi.“ ACS, PS, H2, K. 170, 2. 10. 1942. 179 

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

Ebenso waren Antifaschistinnen gewillt, gegenüber den Geliebten der italienischen Feinde Gewalt anzuwenden. So schlug eine Antifaschistin vor, diesen Frauen nicht nur die Haare, sondern auch die Nase und die Ohren abzuschneiden.183 Als in Sinj vier jungen Frauen die Haare abrasiert wurden, weil sie mit Besatzern ein Verhältnis hatten, forderten einige Antifaschistinnen, dass alle „Sünderinnen“ der Stadt auf die gleiche Weise gemaßregelt werden sollten. Die Antifaschistische Frauenfront Jugoslawiens bestätigte, dass die vier Frauen zu Recht bestraft worden seien, dass weitere Maßnahmen gegen die Sinjakerinnen aber nicht folgen würden. Außerdem seien Frauen, die einmal eine Beziehung zu einem Okkupanten gepflegt hätten, genauso bereit die antifaschistische Bewegung zu unterstützen, wie diejenigen, die von Anfang an Widerstand leisteten.184 Einige italienische Soldaten betrachteten den Aufruhr um ihre Person aus einem vollkommen anderen Blickwinkel: Sie definierten sich als „Befreier“ der Kroatinnen, da sie, wie es der ehemalige Soldat Ugo Dragoni in seinen Erinnerungen darstellte, durch ihre Höflichkeit die Frauenherzen eroberten und sie angeblich vor einem unglücklichen Leben mit einem Ehemann, der trank und sie schlug, bewahrten.185 Dass die Italiener den einheimischen Frauen Ärger – sowohl mit den Ustaše als auch mit den Partisanen – bereiteten und sich die einheimischen Männer, wie Slavko Goldstein in seinen Memoiren schildert, über das Flirten mit Kroatinnen sehr empörten,186 schienen einige italienische Soldaten zu ignorieren. Mit der Kapitulation Italiens im September 1943 erfolgte die Entwaffnung des italienischen Militärs entweder durch die Deutschen oder die jugoslawischen Partisanen-Truppen. Nun waren die Italiener den Repressalien ihrer Gegner ausgesetzt. Alle Soldaten, die vorher in aller Öffentlichkeit mit Jüdinnen eine Beziehung hatten, liefen Gefahr, von der SS in ein KZ deportiert oder ermordet zu werden. So ließ das deutsche Militär den italienischen General Giuseppe Amico erschießen, da er „sich nicht scheute, seine intime Beziehung zu einer Jüdin zur Schau zu stellen“ (non si peritava di ostentare la sua intima relazione con una ebrea), sondern im Gegenteil, die Rede darüber in seinem Kommando die Runde machte.187 Dies war jedoch nur ein Grund: General Amico gehörte nämlich zu den Autoritäten, die sich gegen Deportationen von Juden einsetzten.188 Genauso gingen aus einigen italienisch-kroatischen Liebesbeziehungen Ehen hervor. Die im italienischen Konzentrationslager Rab internierte Jüdin Jelka Motta 183 

HDA, Okružni odbor AFŽ za Hrvatsko Primorje – 1871, K. 1, Dezember 1942. HDA, Okružni odbor AFŽ za srednju Dalmaciju, K. 1, 20. 8. 1943. 185  Dragoni, Fiaschi in Jugoslavia, S. 107. 186  Goldstein, Slavko, 1941. godina koja se vraća, Zagreb 2007, S. 137 f. 187  ACS, Ministero dell’Interno, Direzione Generale Pubblica Sicurezza, Divisione affari generali e riservati, Archivio generale, A5G, Seconda Guerra mondiale, 1940 – 1945, K. 129, undatiert. 188 s. Shelah, Menachem, Kroatische Juden zwischen Deutschland und Italien. Die Rolle der italienischen Armee am Beispiel des Generals Giuseppe Amico 1941 – 1943, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 2 (1993), S. 175 – 195. 184 

III.  Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain

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aus Zagreb, geborene Fuhrmann, zum Beispiel lernte ihren Mann, einen italienischen Unteroffizier, auf der Flucht in Dalmatien kennen. Sie folgte ihm nach der Kapitulation Italiens mit einem Fischerboot über die Adria nach Italien.189 Die im USK gebliebenen Kollaborateurinnen und Geliebten erfuhren seit der sukzessiven Land- und Machteroberung der Partisanen härtere Strafmaßnahmen als das bloße Abschneiden der Haare. Es folgten oft Gefängnis- oder gar Todesstrafen. 3.  Sexuelle Gewalt und Ausbeutung Der Krieg, der in Jugoslawien am 6. April 1941 seinen Anfang nahm, massiv auf dem Balkan wütete und rund einer Million Südslawen das Leben kostete, richtete sich in ganzem Ausmaß auch gegen Mädchen und Frauen: Sexuelle Gewalt war in Alltagssituationen, Eroberungskämpfen und Gefangenschaft im Unabhängigen Staat Kroatien an der Tagesordnung. Im vom Ustaša-Terrorapparat geführten und von deutschen und italienischen Soldaten besetzten Land, in dem zusätzlich Četniks, Kosaken und Partisaneneinheiten Kämpfe führten, waren Mädchen und Frauen aller Religions- und Nationalitätszugehörigkeit gefährdet, Opfer sexueller Gewalt und Ausbeutung zu werden. Vergewaltigungen wurden an Ustaša-Feindinnen in Gefängnissen und Konzentrationslagern durchgeführt; sie konnten aber auch überall dort verübt werden, wo Frauen in Kontakt mit Bewaffneten kamen. In kriegerischen Konflikten hatten und haben Vergewaltigungen als systematische Waffe nicht nur den Zweck, über Frauen zu dominieren, ihnen seelischen und körperlichen Schmerz zuzufügen, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl, die Familienstrukturen und die soziale Stabilität des jeweiligen feindlichen Kollektivs zu zerstören. Da Frauen im patriarchalisch geprägten nationalen Selbstverständnis eine Schlüsselrolle sowohl für die biologische als auch die soziokulturelle Reproduktion einnahmen, drohten diese Wertstrukturen infolge der sexuellen Gewaltanwendung zu zerbrechen. Wenn bekanntlich der weibliche Körper symbolisch als ein „Volkskörper“ definiert wurde, dann begriffen ihn feindliche Truppen als ein zu eroberndes „Terrain“. Eine Vergewaltigung stellt demnach „die symbolische Vergewaltigung des Körpers dieser Gemeinschaft“190 dar. Sexuelle Gewalt diente ferner dem Ziel, den jeweiligen Feinden zu zeigen, dass sie ihren „eigenen“ Frauen keinen Schutz (mehr) bieten konnten. Das Gefühl des Ausgeliefertseins vieler Mädchen und Frauen führte schließlich dazu, dass sie auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien selbst zu Kämpferinnen wurden oder den zivilen Widerstand unterstützten. 189 

Motta, Jelka. Interview 27591. Visual History Archive. USC Shoah Foundation Institute © 2010. Internet: http://www.vha.fu-berlin.de (Letzter Zugang: 4. 5. 2011). 190  Seifert, Ruth, Krieg und Vergewaltigung. Ansätze zu einer Analyse, in: Stiglmayer, Alexandra (Hrsg.), Massenvergewaltigung. Krieg gegen die Frauen, Frankfurt/Main 1993, S. 87 – 113, hier S. 101.

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

Sexuelle Folter wurde in Kriegszeiten aber nicht nur gegenüber der jeweiligen Feindin, sondern auch gegenüber den eigenen Frauen und politischen Verbündeten angewendet.191 Es kann vermutet werden, dass ein Grund für dieses Verhalten im rassisch-ideologischen Denken einiger deutscher und italienischer Soldaten lag, die einheimische, slawische Frauen (und Männer) als ethnisch minderwertiger betrachteten und durch eine Vergewaltigung ihre als selbstverständlich betrachtete „überlegene nationale Identität“192 gegenüber dem Opfer demonstrierten. Sexuelle Gewalt wurde wiederum sowohl in der Ustaša- als auch in der kommunistischen Propaganda als ein Angriff auf die „Ehre“ der Frau, aber auch auf die des Heimatlandes verstanden. Vergewaltigungen von „kroatischen“ Frauen kamen – obwohl sie nach deutschen und italienischen Militärverordnungen unerwünscht waren – nicht selten vor. Italienische Soldaten vergewaltigten bei der Okkupierung einiger Dörfer in der Nähe von Sarajevo im Juni 1942 insgesamt drei Frauen, die im militärischen Bericht der Italiener als „arisch“ definiert wurden. Dieser Fall wurde dem Ustaša-Aufsichtsdienst in Zagreb gemeldet, von dem aus der Befehl an die zuständigen Kommandos erteilt wurde, Maßnahmen zu treffen, um dies in Zukunft zu verhindern.193 Um welche Konsequenzen es sich dabei handelte, wurde nicht erwähnt. Es kann angenommen werden, dass weder der Ustaša-Staat noch die italienische Heeresführung die Straftaten mit Nachdruck verfolgt haben, da es sich bei den Tätern um Verbündete des USK handelte. Man wollte die ohnehin angespannten kroatisch-italienische Beziehungen sicherlich nicht zusätzlich strapazieren. Auch deutsche Soldaten vergriffen sich an einheimischen Frauen und Mädchen. Einige der sexuellen Übergriffe konnten jedoch verhindert werden, was zeigt, dass bei entsprechendem Engagement der Gewalt Grenzen gesetzt werden konnten. Bei einigen Vergewaltigungen konnten Einheimische der Gewaltausübung ein Ende setzen, wenn sie etwa die Hilferufe der Frauen hörten: So schritten während der Vergewaltigung einer Frau in Sisak durch vier deutsche Wehrmachtsangehörige patrouillierende kroatische Soldaten, die domobrani, ein. Eine Lehrerin wiederum konnte vor der Vergewaltigung durch einen deutschen Soldaten gerettet werden, weil Bewohner ihre Hilfeschreie im Maisfeld hörten.194 Die Hilfsschwester Lujza Janović-Wagner erwähnte in ihrem Tagebuch, welches sie von Mai 1941 bis zu ihrem Tod im Jahre 1944 führte, die Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens 191 Vgl. Welzer, Harald, Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden, Frankfurt/Main 2013, S. 199 ff. 192  Alison, Miranda, Sexuelle Gewalt in Zeiten des Kriegs. Menschenrechte für Frauen und Vorstellungen von Männlichkeit, in: Eschebach, Insa/Mühlhäuser, Regina (Hrsg.), Krieg und Geschlecht. Sexuelle Gewalt im Krieg und Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern, Berlin 2008, S. 35 – 54, hier S. 43. 193  HDA, Više zapovjedništvo talijanskih oružanih snaga „Slovenija-Dalmacija“ – 491, K.  20, 25. 6. 1942. 194  HDA, Odjeljenje Zaštite Naroda za Hrvatsku (im Folgenden OZNA), Banija – 1491, K.  26, 15. 9. 1943.

III.  Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain

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durch drei deutsche Matrosen auf der Insel Brač. Das Mädchen erlitt schwere Verletzungen und wurde von einem deutschen Arzt namens Hermann Mittelberger behandelt, der auf der Insel Brač seinen Dienst tat. Die drei Straftäter kamen laut dem Tagebucheintrag vor ein deutsches Militärgericht.195 Durch Ausübung sexueller Gewalt verspielten die Soldaten beides: ihr Vertrauen bei der Bevölkerung und die vorgeschriebene militärische Disziplin. Vergewaltigungen wurden im USK ebenfalls von den Tscherkessen (Čerkezi) beziehungsweise Kosaken durchgeführt. Über diese militärische Gruppe ist bisher wenig bekannt. Sie waren aber wegen ihrer Gewaltexzesse und Plünderungen in der Bevölkerung gefürchtet. Tscherkessische Truppen vergewaltigten zum Beispiel im Jahr 1944 im nordkroatischen Dorf Pokupsko etwa hundert Frauen, ohne Rücksicht auf ihr Alter. Einige Frauen wurden durch zehn Männer missbraucht, darunter sollen sich ebenfalls Sympathisantinnen der Kosaken befunden haben.196 Es kam vor, dass Ustaša-Angehörige nicht nur die jeweilige politisch-ideologische Feindin vergewaltigten. In einem Fall bot nicht einmal die Polizei der Frau Schutz. Sie war von Ustaše in Suho Polje (Bosnien und Herzegowina) ohne jeglichen Grund entführt worden. Die Ustaše schlugen sie bis zur Ohnmacht und vergingen sich an ihr. Durch weitere Misshandlungen sollte sie gezwungen werden, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach sie sich den Männern freiwillig hingegeben hätte. Da sie sich entschieden weigerte, diese Unwahrheit zu bestätigen, brachte sie ein Ustaša in die weit entlegene Polizeidirektion in Mostar, bis sie schließlich unter der Drohung, sie würde nur dann aus dem Gefängnis entlassen, wenn sie unterschrieb, nachgab.197 Den Tätern schien es bewusst gewesen zu sein, dass sie als Schänder einer „arischen“ Frau mit einer harten Strafe hätten rechnen müssen.198 In der Praxis wurde die Todesstrafe für sexuelle Übergriffe auf Frauen jedoch nur dann verhängt, wenn der Beschuldigte außerdem aus politischen Motiven bei den Machthabern in Ungnade gefallen war. So wurde Josip Smolčić, Ustaša-Funktionär in Donja Stubica, wegen Vergewaltigung und Amtsmissbrauchs vom Zagreber Gericht zum Tode verurteilt.199 Sexuelle Gewalt gegenüber den jeweiligen als feindlich definierten Frauen war im USK dagegen Alltag und zog keine rechtlichen Konsequenzen nach sich. Feindinnen der Ustaše – Jüdinnen, Serbinnen, Romnja und Kommunistinnen – waren dieser Art von Gewalt als „Freiwild“ ausgesetzt. Einige Antifaschistinnen wurden von Faschisten gedemütigt, indem sie nackt durch einen Ort gehen mussten und anschließend zusammengeschlagen wurden.200 Solche öffentlichen Zurschau195 

Grković-Janović, Lujzin dnevnik, S. 94 f. HDA, OZNA Hrvatske, Područje pokuplje Žumberak, K. 20, 13. 5. 1944. 197  AUSSME, DS, K. 1001, 3. 12. 1942. 198  HDA, Hans Helm – 1521, K. 16, Akte Constantin Tiutu, undatiert. 199  ACS, PS, H2, K. 35, 20. 8. 1941. 200  In der Quelle wurde nicht explizit erwähnt, um welche Kriegsgegner es sich handelte. HDA, Okružni odbor AFŽ Zadar – 1878, K. 1, 20. 8. 1943. 196 

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

stellungen dienten zum einen dem Ziel, die Frau zu demütigen, zum anderen die lokale Bevölkerung einzuschüchtern. Vergewaltigungen waren ferner Bestandteil von Verhören in Gefängnissen und in Konzentrationslagern. Die ehemalige Häftlingsfrau Habiba Bošnjak-Harambašić beispielsweise berichtete, sie habe gehört, wie Ustaše eine Jüdin im Zagreber Gefängnis in der Savska Straße (Savska ulica) vor die „Wahl“ gestellt hätten, entweder von mehreren Polizisten vergewaltigt oder sofort umgebracht zu werden. Sie entschied sich weiterzuleben. Später wurde sie in Jasenovac ermordet.201 Eine andere Erscheinungsform der sexuellen Folter war das Verbrennen des weiblichen Geschlechtsteils mittels Zigaretten durch die Ustaša-Polizei. Dadurch wollten sie, nach Aussage einer Häftlingsfrau, das Gebären von kommunistischen Kindern verhindern.202 In Ustaša-Konzentrationslagern kam es sehr häufig zu Massenvergewaltigungen, nach denen die Frauen ermordet wurden. In einigen Quellen wird berichtet, dass die Frauen getötet wurden, indem man ihnen nach der Vergewaltigung die Brust aufschlitzte.203 Frauen nahmen sich – um den Qualen ein Ende zu setzen – oft selbst das Leben. Es ist ferner anzunehmen, dass eine große Anzahl von Frauen vor dem Hintergrund des Krieges zur Prostitution gezwungen wurden und dies obwohl Prostituierte im USK als „asozial“ und gemeinschaftswidrig gebrandmarkt wurden, und – wie Homosexuelle, Obdachlose und Suchtkranke – in die Randgruppe der „kroatischen Volksgemeinschaft“ gedrängt wurden.204 Prostitution wurde in der Gesetzesverordnung über die Bekämpfung von Bettelei, Landstreicherei und Unzucht (Zakonska odredba o suzbijanju prosjačenja, skitnje i bludničenja) im November 1941 verboten. Bei Nichteinhaltung der Vorschrift drohten 60 Tage Haft. Wiederholte sich die Straftat, wurde die betroffene Person zu einem Jahr Zwangsarbeit verurteilt.205 Vereine, die in der Zwischenkriegszeit206 Prostituierten moralische und finanzielle Unterstützung anboten und sie manchmal auch aus den harten Lebensverhält201  Vermutlich hieß die jüdisch-polnische Frau Gusta Trkulja. Sie war mit einem Südosteuropäer verheiratet. Kennengelernt hatte sich das Paar beim Studium in Frankreich. JUSP Jasenovac, 745: JSV – bb/08D, Zeugenaussage von Habiba Bošnjak-Harambašić. 202  JUSP Jasenovac, 745: JSV – 249/86D, Zeugenaussage von Margarita Pivčević. 203  s. bsp. Carin, Vladimir, Smrt je hodala četveronoške, Zagreb 1961, S. 125 f. 204  Nova Hrvatska, Nr. 205, 21. 11. 1941. 205  Narodne novine, Nr. 171, 6. 11. 1941. 206  In der Zwischenkriegszeit war die Prostitution im Gesetz über die Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten (Zakon o suzbijanju spolnih bolesti) von 1934 verboten worden. Zuvor arbeiteten Prostituierte ab einem Mindestalter von 17 Jahren in Bordellen, deren Besitzerin nur eine Frau sein durfte. Reguliert wurde die Arbeit der Prostituierten in der Dienstordnung für Unzucht (Bludilišni pravilnik), die 1899 von der Zagreber Stadtobrigkeit veröffentlicht worden war. Die Frauen bekamen einen Ausweis und mussten sich regelmäßig ärztlich untersuchen lassen. Wegen der finanziellen Ausbeutung der Prostituierten, den

III.  Die Frau als „Volkskörper“ und Eroberungsterrain

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nissen des Rotlichtmilieus befreit hatten, wurden stattdessen verboten. Wohltätige Organisationen, wie etwa die „Beschützerin der Mädchen“ (Zaštitnice djevojaka) mussten im Zuge der Gleichschaltung seine Geldmittel dem Weiblichen Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung übertragen.207 Glaubt man den damaligen Zeitungsberichten, wurden im USK stattdessen Einrichtungen für die Isolierung von „unmoralischen“ Mädchen und Frauen errichtet: In der nordkroatischen Stadt Orosavlje beispielsweise existierte eine Anstalt für die moralisch-gefährdete weibliche Jugend (Zavod za žensku moralno-ugroženu mladež); eine ähnliche Einrichtung sollte auch für die männliche Jugend errichtet werden.208 Im Juli 1941 wurde vom Gesundheitsministerium in Zagreb die Anstalt für die Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten und illegaler Prostitution (Zavod za suzbijanje spolnih bolesti i tajne prostitucije) mit dem Ziel eröffnet, weitere Zweigstellen in Kroatien zu errichten. Nach Aussagen des leitenden Arztes Dr. Stjepan Pijuković würden sich meist 13-jährige Mädchen prostituieren. Erwähnt wurde hier jedoch nicht, dass es sich bei diesen Minderjährigen nur um Zwangsprostituierte handeln konnte. Die „unnormalen“ Mädchen und Frauen sollten in der Anstalt eine moralisch-religiöse Umerziehung durchlaufen.209 Geboten wurde ihnen, laut dem „Katholischen Blatt“ (Katolički list) die Chance, einen Beruf zu erlernen. Falls sie dies nicht befolgten, deportierten die Ustaše sie in ein Lager. Wenn die einjährige Zwangsarbeit keine Wirkung zeigte und die Frauen weiterhin freiwillig als Prostituierte arbeiten wollten, sollten sie, gemäß dem Bericht des „Katholischen Blatts“, für zwei Jahre von der Gesellschaft „isoliert“ werden. Es kann vermutet werden, dass damit die Inhaftierung in ein Konzentrationslager gemeint war. Erwiesen sich die Mädchen und Frauen selbst nach der Isolierung als unbelehrbar, so wurden sie als legale Prostituierte anerkannt. Die Anstalt für die Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten und illegaler Prostitution würde zudem die nachts in den Lokalen arbeitenden Frauen kontrollieren, da sie automatisch der Prostitution bezichtigt wurden, und sie regelmäßig einer gesundheitlichen Untersuchung unterziehen.210 schlechten Lebensbedingungen im Bordell und den sich schnell verbreitenden Geschlechtskrankheiten wurde 1920 die Straßenprostitution erlaubt, während die Bordelle nur zwei Jahre später aufgelöst wurden. Die Frauen bekamen den Status der öffentlich tolerierten Prostituierten, bis schließlich 1934 die legale Prostitution verboten wurde. Menschenhandel und illegale Prostitution waren indessen weiterhin präsent. Siehe: Zorko, Tomislav, Prostitucija u Zagrebu u prvoj polovici XX. stoljeća (do početka Drugog svjetskog rata), Zagreb 2013; Zorko, Tomislav, Ženska prostitucija u Zagrebu između 1899. i 1934. godine, in: Časopis za suvremenu povijest, 1 (2006), S. 223 – 241. 207  Prlenda, Žene i prvi organizirani oblici praktičnog socijalnog rada u Hrvatskoj, S. 328. 208  Nova Hrvatska, Nr. 84, 10. 4. 1942. 209  Katolički list, Nr. 29, 24. 7. 1941, S. 341. 210  Katolički list, Nr. 29, 24. 7. 1941, S. 340.

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D.  Aspekte des „Frauenlebens“ im USK

Dass den Prostituierten eine lange Bedenkzeit geboten wurde, ist jedoch sehr fragwürdig. Auch wird hier abermals die Politik der doppelten Moral und der paradoxe Charakter des Ustaša-Staates hinsichtlich der Frauenpolitik erkennbar, der Prostitution trotz des Verbotes förderte. Selbst wenn das „Katholische Blatt“ hervorhob, im Königreich Jugoslawien hätte die Prostitution floriert, währenddessen im USK die Moral wiederkehren würde, fand tatsächlich das Gegenteil statt: Vor allem Serbinnen und antifaschistische Kroatinnen wurden als sexuelle Zwangsarbeiterinnen entweder in Bordelle des „Deutschen Reiches“ verschleppt,211 oder in die zahlreichen Hotels im Ustaša-Staat, in denen beispielsweise das deutsche Militär einquartiert war.212 Ins „Deutsche Reich“ deportierte Zwangsarbeiterinnen, die z. B. in der Landwirtschaft tätig sein mussten, waren oft auch Opfer sexueller Belästigung und Ausbeutung.213 Frauen wurden mit grausamer Gewalt zur Prostitution gezwungen und für militärische Zwecke von den Ustaše ausgebeutet und missbraucht. Auch konnten diese Frauen keine Hilfeleistung von sozialen Organisationen, wie etwa der „Beschützerin der Mädchen“, mehr erhalten, da diese von den Ustaše aufgelöst wurden. Und obwohl die finanziellen Mittel des Vereins von dem Weiblichen Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung vereinnahmt wurden, betrachteten ihre Funktionärinnen die Bekämpfung von Prostitution nicht als ihre Aufgabe. Wie viele Bordelle im USK unterhalten wurden und wie das Leben dieser Frauen ausgesehen hat, die sexuelle Zwangsarbeit teilweise unter Lebensdrohung verrichten mussten, lässt sich aus den wenigen Quellen nicht erschließen. Wie viele Frauen im USK vergewaltigt und zur sexuellen Zwangsarbeit gezwungen wurden, kann heute genauso wenig festgestellt werden wie die Zahl der danach ungewollt geborenen Kinder. Obwohl eine große Anzahl von Frauen im Krieg Opfer sexueller Gewalt wurden, thematisierte die Ustaša-Bewegung diesen Aspekt der weiblichen Lebensrealität nicht. Sie mied es vor allem, öffentlich Kritik an ihren Verbündeten zu üben. Dieses Thema wurde nach Kriegsende im sozialistischen Jugoslawien ebenso tabuisiert.214 Frauen schwiegen aus Schamgefühl. Zudem war die Politik darauf ausgerichtet, das zerstörte Land wieder aufzubauen und die im Krieg ausgetragenen nationalen Konflikte unter den Völkern Jugoslawiens im Sinne der „Brüderlichkeit und Einigkeit“ zu verdrängen.215 211 

Vgl. Dnevnik Diane Budisavljević, S. 70. Vgl. bsp. Uzelac-Schwendemann, Stribor, Ulica Ante Starčevića u Slavonskom Brodu, Slavonski Brod 2008, S. 36. 213 Vgl. Grünfelder, Arbeitseinsatz für die Neuordnung Europas, S. 146. 214  Über sexuelle Gewalt an Jungen und Männern wurde ebenfalls geschwiegen. Nur wenige Quellen berichten darüber. Siehe z. B. Miletić, Koncentracioni logor Jasenovac, Bd. 1, S. 395. 215  Dazu bsp. Kuljić, Todor, Umkämpfte Vergangenheit: Die Kultur der Erinnerung im postjugoslawischen Raum, Berlin 2010. 212 

E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung Es wäre falsch anzunehmen, Frauen hätten im Unabhängigen Staat Kroatien die Ustaša-Politik nur erlitten – vielmehr haben sie die Bewegung und das Land auch aktiv mitgestaltet. Obwohl sich weibliche Ustaša-Angehörige, vor allem Ustaša-Funktionärinnen, nach dem Krieg als unpolitisch bezeichneten, waren sie keineswegs nur Objekte einer politischen Gruppe, die traditionell von Männern dominiert wurde. Sie agierten durchaus eigenständig und im Einklang mit dem rassistischen Weltbild der Ustaša-Bewegung. Ihr Einfluss erstreckte sich vor allem auf Mädchen- und Frauenorganisationen, in denen sie Führungsaufgaben übernahmen. Im USK gab es zwei weibliche Organisationen, die fester Bestandteil des Ustaša-Hauptquartiers waren und die Aufgabe hatten, Mädchen und Frauen zu treuen Ustaša-Angehörigen und Müttern zu formen: die Weibliche Ustaša-Jugend mit ihren Unterorganisationen sowie der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung. Die Mitgliedschaft in der ersteren Organisation war für Schülerinnen und Studentinnen obligatorisch. Ziele und Aufgaben der Mitglieder dieser Ustaša-Teilorganisationen waren in der „Anordnung über die Aufgabe, Organisation, Arbeit und Richtung der Ustaša, der kroatischen Befreiungsbewegung“ von 1942 klar definiert. Danach sollten sie die kroatische Eigenart und die Unabhängigkeit des kroatischen Staates verteidigen sowie dafür sorgen, dass in Kroatien nur das als kroatisch definierte Volk herrsche. Bei konsequenter Befolgung der Ustaša-Prinzipien würde das Volk durch eine Wiedergeburt erweckt werden. Alle Ustaša-Angehörigen müssten für das Wohl des Staates arbeiten und Tugenden des Heldentums in die Seelen der Kroatinnen und Kroaten tragen. Zudem war es Aufgabe der Mitglieder, beim kroatischen Volk Ergebenheit, Gehorsam und Glaube für den „Poglavnik“ zu entfachen.1 Jedes Individuum sollte also seinen Beitrag für das Wohl der kroatischen „Volksgemeinschaft“ leisten. Dabei wurde die Rolle der Frau in der Ustaša-Bewegung bewusst überhöht, indem behauptet wurde, Pavelić habe – im Gegensatz zu den demokratischen und fortschrittlichen Ländern, in denen um Frauenrechte noch gekämpft wurde – der Frau die höchste Anerkennung zugetragen und ihr die bedeutendsten Aufgaben anvertraut. Denn die Frau würde durch die Ustaša-Bewegung in das „staatliche Leben“ (državni život) eintreten und sogar Einfluss ausüben beim Aufbau des Unabhängigen Staates Kroatien.2 Alle Ustaša gehörten folglich als Mitglieder der 1  2 

Propisnik o zadaći, ustrojstvu, radu i smjernicama „Ustaše“, S. 3 ff. Ustaškinja, Nr. 6, 10. 9. 1943, S. 23.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

„kroatischen Volksgemeinschaft“ einer „revolutionären Bewegung“ an, die in das Konzept des faschistischen und nationalsozialistischen Europas passte. Doch ungeachtet dieser propagandistischen Aufwertung des weiblichen Selbstbewusstseins lag der Widerspruch der Ustaša-Frauenpolitik darin, dass parallel dazu das traditionelle Frauenbild überhöht und idealisiert wurde. Die propagierte Pseudo-Emanzipation der Frau war infolgedessen nur temporär angesetzt. Die politische Teilnahme erfuhren viele Frauen in der Ustaša-Bewegung, aber zeitgleich auch im jugoslawischen Widerstand, trotzdem als eine Art Befreiung aus dem traditionellen Lebensmuster. Das folgende Kapitel widmet sich der Darstellung der Struktur und Bedeutung der beiden weiblichen Teilorganisationen der Ustaša-Bewegung. Es soll aufgezeigt werden, inwiefern und mit welchen Inhalten und Methoden weibliche (und männliche) Ustaša-Angehörige Einfluss auf (Schul-)Mädchen und Frauen ausüben konnten. Haltungen und Handlungen von in der Öffentlichkeit stehenden Funktionärinnen und Mitgliedern der Ustaša-Bewegung sowie von Frauen, die eher „hinter dem Vorhang“ Politik betrieben, sollen dargestellt werden, um das weibliche Einflussspektrum in der Bewegung und somit auch im USK aufzuzeigen. An der Funktion und Rolle dieser Frauen wird deutlich, dass sie aktive Gestalterinnen im USK waren.

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin Am 5. November 1941 gründete Ante Pavelić die Ustaša-Jugend, die in den Weiblichen und Männlichen Zweig gegliedert war und aus vier Teil-Organisationen bestand: Die Ustaša-Hoffnung (Ustaška uzdanica) nahm Kinder von 7 bis 11  Jahren auf, im Ustaša-Held beziehungsweise in der Ustaša-Heldin (Ustaški junak/Ustaška junakinja) wurden 11- bis 15-jährige Jugendliche zusammengefasst, die Ustaša-Starčević-Jugend (Ustaška Starčevićeva Mladež) war bis zum 21. Lebensjahr vorgeschrieben. Darüber hinaus wurden Studentinnen und Studenten in die Ustaša-Jugend integriert.3 Die Organisation und Verwaltung der Ustaša-Jugend wurde in territoriale Einheiten (Stab, Logor, Tabor) aufgeteilt: In 23 Stäben,4 60 Logoren und 234 Taboren wurde bis Mitte 1942 die Weibliche Ustaša-Jugend organisiert.5 Die kroatische Jugend war verpflichtet, sich in die jeweiligen Ustaša-Organisationen einzuschreiben. In der Presse, auf Plakaten und in den Schulen wurden alle jungen Leute aufgerufen, sich der Bewegung anzuschließen,6 denn schließlich 3 

Narodne novine, Nr. 170, 5. 11. 1941. Hrvatski narod, Nr. 380, 19. 3. 1942. 5  Hrvatski narod, Nr. 439, 2. 6. 1942. 6  Ustaška uzdanica, Priručni list za rad s Ustaškom uzdanicom namjenjen svima dužnostnicima Ustaške uzdanice, Nr. 1, 1. 12. 1941, S. 13. 4 

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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lautete das Leitprinzip des „Poglavniks“: Wer nicht für den Staat arbeitet, ist gegen ihn und hat als solcher keinen Platz darin. Trotz dieser postulierten Teilnahmepflicht gab es auch Jugendliche, die sich dieser Anordnung widersetzten. Eines der gravierendsten Probleme für die Gestaltung der Ustaša-Jugend war, dass ein großer Teil der Jugendlichen in Kroatien ein anderes weltanschauliches Bild besaß, bereits vor 1941 illegal dem Bund der Kommunistischen Jugend Jugoslawiens angehörte und seit der Errichtung des USK im Untergrund gegen die neuen Machthaber agierte. Sie verteilten Flugzettel antifaschistischen Inhalts, schrieben regimefeindliche Parolen an die Wände und sabotierten sogar den Unterricht, wie dies 1942 in einer Lehrerbildungsanstalt in Zagreb geschah.7 Schließlich vereinten sie sich mit den Einheiten der Partisanen und ließen sich als Kämpfer/-innen, Sanitäter/-innen oder politische Arbeiter/-innen ausbilden. Den Eltern wurde der Entschluss Partisanin oder Partisan zu werden sehr oft verheimlicht. So kam es vor, dass beispielsweise 50 Jugendliche aus der kroatischen Stadt Slavonski Brod und Umgebung am Abend des 6. Januar 1942 kollektiv ihre Eltern anlogen, sie würden ins Kino gehen – stattdessen aber gingen sie „in den Wald“.8 Den Ustaše war diese politische Spaltung der Gesellschaft durchaus bekannt: Der Befehlshaber der Ustaša-Jugend Ivan Oršanić versuchte, Gegner der Ustaša-Bewegung, darunter vor allem Mitglieder der KPJ, davon zu überzeugen, dass der „Poglavnik“ der ehrenhafteste Mensch sei, dem es sich anzuschließen lohne. Außerdem solle seiner Auffassung nach der Staat gestärkt und nicht durch volksgegnerische Utopien vernichtet werden.9 Solche Versuche der Gleichschaltung stellten sich als wenig wirksam heraus. In der Praxis bemühten sich die Ustaše nicht um eine politische Umerziehung von SKOJ-Angehörigen: Diese wurden, wie alle ideologischen Gegner/-innen, verfolgt und größtenteils ermordet.10 Stattdessen plante die Ustaša-Führung eine „geniale“ (genijalna) Jugendorganisation zu bilden, die im „schöpferischen Feuer“ (stvaralačka vatra) und durch den Glauben an den „Poglavnik“ dem Unabhängigen Staat Kroatien zu politischer Größe und Macht verhelfen würde.11 Die Ustaša war darauf bedacht, der kroatischen Jugend ein Zugehörigkeitsgefühl zur „arischen Volksgemeinschaft“ zu vermitteln und sie zu bewegen, Pflichterfüllung und Opferbereitschaft für den Unabhängigen Staat Kroatien und seinen „Poglavnik“ zu entwickeln. Durch Militarisierung und Disziplin der Kinder und Jugendlichen sollten diese Ziele erreicht werden. So 7 

Interview mit Zorka Prodanović am 30. 9. 2007 in Zagreb. HDA, Velika Župa Posavje – 254, K. 7, 1943. 9  Oršanić, Ivan, Zadaci našeg rada. Govor održan dužnostnicima i članovima Ustaške mladeži u radničkoj komori 9. 11. 1941, Zagreb 1942, S. 28. 10  Auch Eltern, deren Kinder sich der „Volksbefreiungsbewegung“ angeschlossen hatten, wurden Zielscheibe von Repressalien der Ustaša, so dass sich einige von ihnen gezwungen sahen, – jedenfalls formell – die eigenen Kinder zu verleugnen. DASB, Kotarski sud, K. 86, 1. 12. 1943; 18. 11. 1943; 19. 11. 1943. 11  Oršanić, Zadaci našeg rada, S. 10 f. 8 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Abbildung 7: Tanzende Mädchen. Plakatbeschriftung: „Die Ustaša-Jugend. Verteidigung Kroatiens.“

leisteten Mädchen (und Jungen) nicht nur den Ustaša-Schwur, sondern trugen als politisches Symbol die entsprechende Ustaša-Uniform. Der Ustaša-Gruß „Für die Heimat bereit“ (Za dom spremni) war für alle verpflichtend und wurde auch in Schulen eingeführt. Bereits den jüngsten Mitgliedern der Ustaša-Hoffnung, die noch in die Grundschule gingen, wurde im militärischen Ton in Spielen und Liedern beigebracht, sie seien eine „große Kinderarmee“ (velika dječija armija). Sie seien zwar noch nicht in der Lage, das Gewehr in die Hand zu nehmen und müssten vorerst die Anweisungen der Eltern, Lehrer und Ustaša-Befehlshaber ohne Widerstand befolgen. Aber später könnten sie diszipliniert und absolut verinnerlichen, „für die Heimat bereit“ zu sein.12 Ustaša-Hoffnung bedeutete: Der „Poglavnik“ könne sicher sein, dass sich die Kinder, wenn sie größer werden, für ihn und ihr Vaterland opfern.13 In der ersten Strophe des Liedes „Der Schwur der jungen Kroaten“ (Zavjet mladih Hrvata), welches beispielsweise die Weibliche Ustaša-Hoffnung beim Besuch von Pavelić sang, wird die aufopfernde Rolle der Kinder deutlich zum Ausdruck gebracht:

12  13 

Ustaška Mladež. Omladinski prilog „Ustaše“, Nr. 6, 10. 8. 1941, S. 31 f. Nova Hrvatska, Nr. 75, 28. 3. 1942.

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin „Wir sind kleine Kinder, Aber wahre Ustaše, Für Kroatien geben wir, Unsere jungen Köpfe.“

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„Mi smo mala djeca, al Ustaše prave, Za Hrvatsku dat ćemo, naše mlade glave.“14

Nach Vollendung ihres zehnten Lebensjahres absolvierten die Mitglieder der Ustaša-Hoffnung eine Prüfung in politisch-ideologischem Wissen („Poglavnik“ und Volk, Geografie usw.), Sport (Schwimmen, Skifahren), Hand- und Bastelarbeit und Unterhaltung (Singen, Spiele). Waren sie erfolgreich, so kamen sie in den Ustaša-Helden beziehungsweise in die Ustaša-Heldin.15 Eine bestandene Prüfung war Voraussetzung für die Aufnahme in die jeweils folgende Teilorganisation. Sowohl im/in der Ustaša-Held/-in als auch in der Weiblichen Starčević-Jugend übernahmen meist Jugendliche die Führung einer Gruppe. Jungen wurden in diesen Organisationen einer militärischen Ausbildung unterzogen, um in Zukunft die Armee zu stärken, oder sie verließen vorzeitig die Ustaša-Jugend, da sie als Soldaten rekrutiert wurden. Einige schlossen sich dem Militär bereits im Alter von zwölf Jahren an, wie Suljo Efendić, der von der Presse wegen seines Mutes und der Auszeichnung zum Unterfeldwebel hoch gelobt wurde.16 Die Mädchen wiederum wurden durch die Bewegung auf die Ehe und das Muttersein vorbereitet. In seiner Rede vom April 1942, gerichtet an die weibliche Jugend, erklärte Ante Pavelić, warum Mutterschaft das höchste Ziel jedes Mädchens und jeder jungen Frau sein sollte: „Ihr, die Weibliche Ustaša-Jugend habt noch eine besondere und persönliche Arbeitsaufgabe für das Volk und die Heimat: Euch ist es zuteil geworden, dass ihr die Gesellschaft umerzieht, dass ihr die weibliche Gesellschaft des kroatischen Volkes umerzieht, die weibliche Gesellschaft im Dorf, in der Stadt, in der Fabrik, in der Schule, auf dem Feld und auf dem Ackerland, dass ihr es umerzieht, damit eine gesunde Gesellschaft und eine moralisch gesunde Mitte entsteht. Denn nur aus einer moralisch gesunden Mitte können Söhne geboren werden, die bereit sind, für ihre Heimat, für ihr Volk und ihren Staat zu arbeiten und ohne Kompromiss zu kämpfen, und wenn es sein muss, ihr Blut und sich für die Heimat und für das Volk zu opfern. Die große Aufgabe fällt den Frauen zu, denn wie die Frauen sind, so sind die Häuser, so sind die Familien, so sind auch die Söhne.“17

14 

Nova Hrvatska, Nr. 75, 28. 3. 1942. Ustaška uzdanica, Nr. 1, 1. 12. 1941, S. 8 f. 16  Hrvatski narod, Nr. 473, 11. 7. 1942. 17  „Vi ženska ustaška mladež imadete još i posebnu osobitu ulogu u radu za domovinu, za narod i za državu: Vama je pao udio, da preobrazite društvo, da preobrazite žensko društvo hrvatskoga naroda, žensko društvo i na selu i u gradu i u tvornici, i u školi, i na polju i njivi, da ga preobrazite, da postane zdravo društvo i moralno zdrava sredina, jer samo iz zdrave moralne sredine mogu se radjati sinovi, koji su spremni za svoju domovinu, svoj narod i državu raditi i boriti se bez kompromisa, a ako treba žrtvovati i svoju krv i svoje živote za domovinu i za narod. Velika uloga pada ženama u toj dužnosti, jer kakove su žene, takove su kuće, takove su obitelji, takovi su i sinovi.“ Hrvatski narod, Nr. 75, 28. 4. 1942. 15 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Ob sich die Mädchen tatsächlich mit der aufgedrängten Mutterrolle identifizieren konnten und wollten, wurde nicht gefragt. Vielmehr versuchte die Ustaša, ihnen diese Rolle einzuimpfen, wie das folgende Lied zeigt, welches zu Besuch bei Pavelić von der Weiblichen Ustaša-Jugend aus der Stadt Županja gesungen wurde: „Gott töte jede unsere Mutter, die Ante keinen Ustaša gebärt. Jede Mutter ertränke im Fluss, die Ante keinen Soldaten gebärt. Poglavnik wir sind Dir treu, Dir treu und für die Heimat bereit.“

„Bog ubio svaku majku našu, koja Anti ne rodi Ustašu. Svaku majku potopila rika, koja Anti ne rodi vojnika. Poglavniče mi smo Tebi vjerni, Tebi vjerni i za Dom spremni.“18

Eine kinderlose Frau war demnach nicht einmal des Lebens würdig. Nicht die Bewegung, sondern Gott würde ihr Leben auslöschen, wenn sie sich den Forderungen der Ustaša entgegenstelle. Sie habe keine andere Wahl, als diese Aufgabe widerstandslos zu erfüllen. Obgleich man den weiblichen Ustaša-Angehörigen absolute Opferbereitschaft abverlangte, waren sie laut Propaganda Ustaša-Mitglieder zweiter Klasse, die lediglich „ihrem Bruder“ zur Seite stehen würden: „Die kroatische junge Frau sollte des Poglavniks Soldat zu Hause sein, sie soll und sie wird die Hüterin des kroatischen Heimes sowie die Erzieherin des Ustaša-Nachwuchses bleiben. Auch kroatische Jugendliche waren leider der Idee einer ‚emanzipierten und freien Frau‘ verfallen. […] Das Ustaša-Mädchen wird die Ernsthaftigkeit des Lebens verstehen und dennoch wird sich die Heiterkeit und Zufriedenheit in ihrem Gesicht widerspiegeln. […] Bei ihrer Arbeit für das kroatische Volk wird sie ihrem Ustaša-Bruder eine wahre Schwester sein. Sie wird seine Mitkämpferin, zielstrebig und tapfer, bereit für jedes Opfer, das der Poglavnik und Kroatien von ihr verlangen.“19

Vika Biščan, Funktionärin der Weiblichen Starčević-Jugend und Jurastudentin, betonte in ihrem Appell darüber hinaus, dass junge Frauen an ihrer Entwicklung durch Disziplin und mithilfe der Regeln des „Poglavniks“ und der Ustaša arbeiten sollten, denn schließlich könne eine „große Idee den Menschen wiedergebären“ (Velika ideja može preporoditi čovjeka).20 Die Ideologisierung und Militarisierung der Jugend führte – trotz der vier Jahre währenden Ustaša-Herrschaft – bei nicht wenigen Ustaša-Frauen zu blindem Ge18  Siehe Ustaška Mladež, Omladinski prilog „Ustaše“, Nr. 1, 26. 9. 1941, S. 16; Hrvatski narod, Nr. 412, 28. 4. 1942. 19  „A hrvatska djevojka treba da bude Poglavnikov vojnik kod kuće, ona treba i ona hoće da ostane čuvaricom hrvatskog ognjišta, odgojiteljicom novog ustaškog naraštaja. I hrvatske su djevojke na žalost bile sklone ideji ,emancipirane i slodobne žene‘ […] Ustaška će djevojka shvaćati ozbiljnost života, ali vedrina i zadovoljstvo odrazivat će se na njenom licu. […] bit će prava sestra svome bratu ustaši u njegovom radu za hrvatski narod. Ona će biti njegov suborac, odlučan i odvažan, spremna na svaku žrtvu, koju od nje traži Poglavnik i Hrvatska.“ Ustaska Mladež, Nr. 6, 10. 8. 1941, S. 29. 20  Ustaska Mladež, Nr. 6, 10. 8. 1941, S. 29.

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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horsam, Opferbereitschaft und absoluter Treue für den „Poglavnik“. Ihre Vorbilder waren zu Ustaša-Heldinnen stilisierte Frauen wie Andjelka Sarić, Anka Šimunović, Dinka Perajica,21 Emilija Nagode22 und Jelena Šantić. Gemäß der Ustaša-Propaganda zeichneten sich diese „Heldinnen“ nicht durch ihre Mutterschaft, aber durch ihre mutige Haltung aus: Als sie von den Partisanen gefangen genommen worden waren, hätten sie ihre politische Identität nicht verraten und wären aufopferungsvoll für die Heimat und den „Poglavnik“ gestorben, nach dem Motto: „Tötet mich, aber ich bin eine Ustaša und werde meinen Schwur nicht brechen.“23 Sie alle sollen „heroisch“ geblieben sein, als sie dem Tod in die Augen sehen mussten. Die in der Presse beschriebenen, von den Partisanen durchgeführten Verhöre wurden als Dialoge zwischen Ustaša-Angehörigen und kommunistischen Kommissaren gedruckt, so dass der Leser den Eindruck bekam, ein Reporter der Zeitung sei dabei gewesen: Im „Kroatischen Volk“ wird beispielsweise beschrieben, wie Emilija Nagode, Führerin im Logor in Lika, einem kommunistischen Kommissar trotzte, indem sie ihm die Ustaša-Hymne vorsang und sich weigerte, ihre Kopfbedeckung mit dem Buchstaben „U“ (von Ustaša) sowie die Uniform abzulegen. Sie bevorzugte es zu sterben, als ihre politische Überzeugung zu leugnen.24 Die Logor-Führerin aus Vrbovsko Jelena Šantić hätte, während sie in der Partisanen-Gefangenschaft auf den Tod wartete, ihren Abschiedsbrief an Pavelić geschrieben und darin geäußert, sie würde ihrem „Poglavnik“ überall hin – bis zum letzten Blutstropfen – folgen, sie sterbe gern für ihn und für die Heimat. Zuletzt forderte sie die „Schwestern Kroatinnen“ (sestre Hrvatice) auf, sich an den Partisanen zu rächen.25 Der Tod der Logor-Führerin der Starčević-Ustaša-Jugend Andjelka Sarić wurde von der Ustaša-Presse besonders grausam dargestellt. So soll ihr von den Partisanen die Brust aufgeschlitzt worden sein. Während sie das Zeichen „U“ in ihren Körper einritzten und sie fragten, was der Buchstabe bedeute, soll sie geantwortet haben: „Das ist das Symbol Kroatiens! […] Das ist der Stolz Kroatiens, das bedeutet: Für die Heimat bereit!“26 All diese Frauen waren überzeugte Führerinnen der Weiblichen Ustaša-Jugend, sie wurden zu Idealen und Heldinnen verklärt, nicht nur weil sie von ihren politischen Gegner ermordet wurden, sondern weil sie sich für den „Poglavnik“ und Staat opferten, ohne dabei ihren Tod zu beklagen.27 Diese Politik der Heroisierung 21 

Über Dinka Perajica siehe Hrvatski ženski list, Nr. 11, November 1942, S. 2. Vgl. Novo pokoljenje, Nr. 7, 10. 10. 1942. 23  „Ubijte me, ali ja sam Ustaša i ne ću se odreći svoje zakletve.“ Hrvatski narod, Nr.  590, 24. 11. 1942. 24  Hrvatski narod, Nr. 590, 24. 11. 1942. 25  Ustaškinja, Nr. 8, 10. 11. 1943, S. 6; Hrvatski narod, Nr. 874, 31. 10. 1942. 26  „To je simbol Hrvatske. […]. To je ponos Hrvatske, to znači: Za dom spremni.“ Hrvatski ženski list, Nr. 8/9, August/September 1942, S. 17; Vgl. Ustaša. Glas hrvatske časti i demokratske sviesti, Nr. 2, 15. 1. 1961, S. 11. 27 Über die Gedenkfeier der Ustaša-Führerinnen siehe: Hrvatski narod, Nr. 551, 10. 10. 1942. 22 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Abbildung 8: Ustaša-„Heldinnen“

sollte jungen Frauen vor Augen führen, dass sie für höhere Ziele kämpften, Ziele, die bedeutender waren als ihr eigenes Leben. Tatsächlich beteiligten sich einige Jugendliche euphorisch am Aufbau des faschistischen Staates, und waren offensichtlich bereit, ihr Leben für „die Sache“ zu opfern. 1.  Einfluss der Weiblichen Ustaša-Jugend auf die schulische Erziehung Etwa 500.000 Schüler/-innen waren nach Janko Skrbin, Leiter der Abteilung für Propaganda im Hauptkommando der Männlichen Ustaša-Jugend, Mitglieder der Ustaša-Jugend. Hier handelte es sich vor allem um „kroatisch-arische“ Kinder und Jugendliche.28 Juden, Serben und Roma war es nach den Ustaša-Vorschriften nicht erlaubt, Mitglied der Bewegung und somit auch der Ustaša-Jugend zu werden.29 Beteiligten sich serbische Kinder doch an den Veranstaltungen der Ustaša-Jugend, wurden sie hinausgeworfen.30 28  Skrbin, Janko, Gioventù Ustascia, in: Problemi della gioventù, 15 – 16, Juni 1942, S. 595; Spomen-knjiga prve obljetnice Nezavisne Države Hrvatske, S. 189. 29  Narodne novine, Nr. 170, 5. 11. 1941. 30  Dijanić, Ženski biografski leksikon, S. 43. Interview mit Jelka Ć. geführt von Mirka Merunka-Golubić am 18. 11. 1998.

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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Stattdessen bemühten sich die Ustaše insbesondere um die ideologische Erziehung der jungen „Kroatinnen“ und „Kroaten“. Dafür leiteten sie verschiedene normative Schritte ein: So folgten seit Errichtung des Ustaša-Staates tiefe Eingriffe in das Schulwesen.31 Politisch und „rassisch“ Unerwünschte sowie missliebiges Lehrpersonal wurden größtenteils schrittweise entlassen, während alle anderen dem „Poglavnik“ und dem Staat Treue schwören mussten. In der Presse wurde die Kündigung von serbischen Lehrerinnen gerechtfertigt, indem – wie etwa bei Dr. Mira Ille – behauptet wurde, der vorherige jugoslawische Staat hätte in Kroatien inkompetentes Personal aus Serbien eingesetzt, um Kroatien in seiner geistigen Entwicklung zu benachteiligen.32 Jüdischen Schüler/-innen wurde der Schulbesuch verboten,33 während serbische Kinder und Jugendliche teilweise bleiben durften, aber nationale und religiös bedingte Diskriminierungen erfuhren. So war es ihnen seit Dezember 1941 verboten, Weihnachten nach dem Julianischen Kalender zu feiern, da dieser abgeschafft worden war. Schüler/-innen und Lehrer/-innen, die Ein weiteres Beispiel zeigt, dass nicht-„kroatische“ Schülerinnen wegen ihrer Nationalität und Religionszugehörigkeit im USK benachteiligt wurden: Als die Schülerin Nada Slj­epov – sie war „russisch-orthodoxen Glaubens“ (rusko-pravoslavne vjere) und ging in die fünfte Klasse des renommierten privaten weiblichen Realgymnasiums der Barmherzigen Schwestern in Zagreb – im Kroatischunterricht in ihrer Jackentasche nach Geld suchte und aus Versehen auf einen Knaller drückte, wurde sie für zwei Jahre von der Schule verwiesen. Der Fall hätte für das russische Mädchen womöglich besser ausgehen können, hätte sie die Knaller nicht gerade in dem Moment zufällig platzen lassen, in dem die Lehrerin das Gedicht des Juristen und Starčević-Anhängers August Harambašić „Kroatien den Kroaten“ (Hrvatska Hrvatom) vorlas und die letzte Strophe aufsagte, die gleichnamig endete. Mit diesem Unfug hätte die dreiste Schülerin gezeigt, dass sie die nationalen Gefühle ihrer Mitschülerinnen nicht respektierte, so das Urteil der Schuldirektorin. DAGZ, Privatna ženska realna gimnazija Sestara Milosrdnica – 219, Sig. 24629/1, 24. 3. 1942 31  Zum Schulwesen siehe Mayer, Martin, Elementarbildung in Jugoslawien (1918 – 1941), Oldenburg 1995, 110 ff. Mit der Politisierung des Schulwesens, der Einführung der politischen Zensur, der Unterdrückung von nationalen Minderheiten (Türken, Albaner, Bulgaren) und der Beseitigung des staatsuntreuen Lehrpersonals wurde in Jugoslawien seit der Auflösung der parlamentarischen Monarchie im Jahre 1929 begonnen. Zudem gab es keine Verbesserung des Schulwesens auf dem Land – während Universitäten und Gymnasien finanziell besser gestellt waren. 1942 gab es insgesamt 111 Bürgerschulen mit 15.841 Schüler/-innen (10.365 Schüler und 5.476 Schülerinnen). In diesen Schulen lehrten 918 Lehrer/-innen (400 Lehrer und 518 Lehrerinnen). Es existierten 60 staatliche Gymnasien im NDH, darunter 58 Realgymnasien und zwei klassische Gymnasien. 12 Gymnasien waren nur für Jungen, 9 für Mädchen und 39 hatten keine Geschlechtertrennung. In diese Gymnasien gingen insgesamt 38.000 Schüler/-innen; unterrichtet wurden sie von 960 Lehrern und 625 Lehrerinnen. Es gab 16 Lehrerbildungsanstalten. Diese besuchten 2.375 Studentinnen und Studenten. Das Lehrpersonal bestand aus 105 Lehrern und 75 Lehrerinnen. Daneben gab es Fachschulen für Haushalt und Gastronomie. Siehe: Nova Hrvatska, Nr. 84, 10. 4. 1942. 32  Hrvatski krugoval, Nr. 43, Dezember 1943, S. 8. 33  DAGZ, Ženska stručna škola Sestara Milosrdnica Svetog Vinka – 218, Sig. 24544 – 24549, 4. 11. 1941.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Abbildung 9: Die Weibliche Ustaša-Jugend

an diesen Feiertagen fehlten, wurden vom Ministerium für Volksbildung gemaßregelt.34 Neben diesen rassistisch wie kulturell begründeten Neuregelungen bestand seit längerer Zeit das soziale Problem der erzieherischen Ungleichbehandlung von Jungen und Mädchen. Obwohl die Schulpflicht laut dem ersten Schulgesetz von 1874, das vom Reformbanus Ivan Mažuranić eingeführt worden war, vier Jahre und ab 1929 acht Jahre betrug, legten Eltern nicht viel Wert auf die Erziehung ihrer Töchter – besonders jene auf dem Land. Mädchen würden im Haushalt und in der Landwirtschaft gebraucht. Selbst wenn Mädchen die Grundschule besuchten, gab es für sie größtenteils nicht die Möglichkeit und finanziellen Mittel, sich weiter34  DAGZ, Državna I. ženska građanska škola Zagreb, Sig. 21359 – 21364, 8. 2. 1944. Als Reaktion auf die Diskriminierung der griechisch-orthodoxen Einwohner im USK bat die rumänische Botschaft in Zagreb um Schutz für die rumänische Bevölkerung. Obwohl sie der christlich-orthodoxen Religion angehörten, sollte mit ihnen nicht wie mit anderen „pravoslavcima“, den Serben, umgegangen werden, sondern wie mit Staatsangehörigen eines verbündeten Landes. Siehe: DAGZ, Državna I. ženska građanska škola Zagreb, Sig. 21359 – 21364, 21366, 31. 7. 1941.

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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zubilden. Die Konsequenz war, dass sogar erworbenes Basiswissen mit den Jahren wieder verloren ging.35 Nach traditioneller Vorstellung sollten Mädchen in der Schule insbesondere zu weiblichen Tugenden erzogen werden: Dazu gehörten Bescheidenheit, Schüchternheit und Sittsamkeit. Außerdem sollten in ihnen von klein auf Mutterinstinkte geweckt und die Wichtigkeit der Hausarbeit betont werden.36 In die Lehrpläne der Schulen flossen zudem Erziehungsmethoden ein, die auf den Ideen des Rassismus, der „Volksgemeinschaft“ und des Führerkultes basierten. Bei einigen Mädchen zeigte diese Praxis durchaus Wirkung: Beim Besuch der antisemitischen Ausstellung „Der Jude“ (Židov) sollen sich Schülerinnen der Ersten weiblichen Bürgerschule in Zagreb besonders für Frauen betreffende Themen interessiert haben, so eine Lehrerin in ihrem Bericht, wie etwa für die Zuhälterei37, die dort jüdischen Männern stereotypisch vorgeworfen wurde. Von Kindesbeinen an sollten Mädchen mit dem Stereotyp des „jüdischen Kriminellen“ und „Vergewaltigers“ konfrontiert und im Sinne der „Rassengesetze“ vor Juden „gewarnt“ werden. Lehrerinnen waren offenbar zufrieden, wenn ihre Schülerinnen Alben mit Zeitungsbildern anfertigten, auf denen Landschaften, Ante Pavelić und Ustaša-Kämpfer abgebildet waren. Nach Meinung einer Lehrerin hätten die Schülerinnen die „Befreiung“ (oslobodjenje) Kroatiens vollkommen verinnerlicht und würden sich nicht mehr dem „schlechten Sammeln“ (loše sabiranje) von Bildern, auf denen Schauspieler zu sehen waren, widmen. Ferner würden Schülerinnen keine Schlager mehr singen, sondern Ustaša-Lieder, die sie in der Weiblichen Ustaša-Jugend beigebracht bekamen.38 Die kroatische Jugend sollte vom vermeintlichen Einfluss einer „serbisch-hebräisch-bolschewistischen Propaganda“39 verschont bleiben; anstatt „billige amerikanische Musik“ (jeftina amerikanska glazba)40 zu hören, sollten sie national kroatische sowie Ustaša-Lieder singen, die den Kampfgeist und die Aufopferung der Jugend wiedergeben. Auf einer Audienz beim „Poglavnik“ erklärte eine Schülerin der siebten Klasse dementsprechend: „Poglavnik! Vor Ihnen stehen hier Ihre Kinder, Kinder, die sie ehrlich lieben mit ihrer ganzen reinen mädchenhaften Seele.“41 Bücher, die die Mädchen ab der ersten Klasse der Elementarschule als Pflichtlektüre erhielten, schienen dagegen weniger faschistisch konnotiert gewesen zu sein: Zwischen Welt- und nationaler Literatur, darunter Mark Twain, Karl May, 35 

Kecman, Žene Jugoslavije, S. 25; Mayer, Elementarbildung in Jugoslawien, S. 176 ff. Hrvatski narod, Nr. 440, 3. 6. 1942. 37  DAGZ, Državna I. ženska građanska škola Zagreb, bilj. 21359 – 21364, 21366, undatiert. 38  DAGZ, Državna I. ženska građanska škola Zagreb, Sig. 21359 – 21364, 21366, undatiert. 39  Skrbin, Janko, Die Ustascha-Jugend, in: Problemi della gioventù, Nr. 15 – 16, Juni 1942, S. 667. 40  Oršanić, Zadaci našeg rada, S. 17. 41  „Poglavniče! Pred Vama ovdje stoje Vaša djeca, djeca koja Vas iskreno vole cijelom svojom čistom djevojačkom dušom.“ Nova Hrvatska, Nr. 42, 18. 2. 1942. 36 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Henryk Sienkiewicz, August Šenoa, Ivana Brlić-Mažuranić, lasen die Schülerinnen der Ersten Staatlichen Bürgerschule für Mädchen beispielsweise Werke von Erich Kästner (Pünktchen und Anton), dessen Bücher in Deutschland teilweise verboten waren,42 und sogar Geschichten aus der Kindheit (Priče iz djetinstva) und Kroatische Könige (Hrvatski kraljevi) vom kroatischen kommunistischen Schriftsteller Vladimir Nazor,43 der 1943 zum Vorsitzenden des Antifaschistischen Landesrats der Volksbefreiung Kroatiens ernannt wurde.44 Dabei wurden Ustaša-Zeitschriften (Ustaškinja, Neue Generation/Novo pokoljenje, Ustaša Hoffnung/Ustaška uzdanica)45 auch in katholischen Schulen gelesen, mit der Absicht, den Schülerinnen die Vorschriften und die Lebensanschauung der Ustaša nahezubringen.46 Faschistische Verhaltensregeln wurden zum Bestandteil des schulischen Alltags: Für alle Schüler/-innen (und generell alle „Arier“) war der faschistische Gruß innerhalb und außerhalb der Schulen obligatorisch. Am Unterrichtsbeginn grüßten Lehrerinnen und Lehrer mit „Für die Heimat“ (Za dom), während die Schüler/-innen antworteten: „Bereit“ (Spremni). Begonnen wurde der Unterricht mit einem Gebet. Muslimische und katholische Schülerinnen und Schüler mussten freitags beziehungsweise sonntags und an Feiertagen ihren religiösen Pflichten nachgehen. Taten sie es nicht, wurde das Lehrpersonal getadelt.47 Bereits vor 1941 nutzten nationalistisch eingestellte Intellektuelle Schüler/-innen, um in Erziehungsinstitutionen Propaganda zu verbreiten und Lehrer/-innen und Mitschüler/-innen zu bespitzeln. Im Ustaša-Staat wurden schließlich alle Schüler/-innen und Lehrer/-innen in den Dienst der Ustaša-Bewegung gestellt. Infolgedessen verfügte jede Schule über Befehlshabende. Diese waren immer Schulkinder. Ihnen unterstanden Führerinnen und Führer von Abteilungen (vodnik/vodnica) oder Klassen (satnik/satnica).48 In der Praxis schien die Teilnahme an einigen Kursen der Ustaša-Jugend von größerer Relevanz gewesen zu sein als der reguläre Besuch der Schule: So fragte Nikica Melihar – Funktionärin in der Weiblichen Starčević-Jugend, Nichte des Generals Vjekoslav Servatzy und Verlobte des

42 Dazu Treß, Werner (Hrsg.), Verbrannte Bücher 1933. Mit Feuer gegen die Freiheit des Geistes, Bonn 2009, S. 452 f. 43  DAGZ, Državna I. ženska građanska škola Zagreb, Sig. 21359 –21364, 21366, undatiert. 44 In der erstmals im Januar 1942 veröffentlichten Liste der verbotenen Schriftsteller/-innen im USK wurden weder Erich Kästner noch Vladimir Nazor erwähnt. Verboten wurden unter anderem Werke der Schriftstellerinnen Larissa Reissner, Lidija Sejfulina und Milka Žicina. Siehe: Katolički list, Nr. 4, 22. 1. 1942, S. 43 f. 45  DAGZ, Osnovna škola Sestara Milosrdnica u vili kod Svetog Duha – 220, Sig.1, K.1, 21. 9. 1943. 46  DAGZ, Državna I. ženska građanska škola Zagreb, Sig. 21359 – 21364, 21366, 28. 1. 1943. 47  Vgl. Narodne novine, Nr. 158, 21. 10. 1941. 48  DAGZ, Državna I. ženska građanska škola, Sig. 21359 – 21364, 21366, undatiert.

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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KZ-Befehlshabers Vjekoslav Luburić49 – das Zweite Realgymnasium in Zagreb, ob 23 Mädchen an einem achttägigen Kurs für Funktionärinnen der Zagreber Mittelschulen teilnehmen könnten. Eine Bewilligung des Ministeriums für Unterricht würde sie bei Bedarf vorlegen.50 Daraus lässt sich schließen, dass die Direktion der Schule mit der Ustaša-Jugend kooperieren musste, wenn sie nicht in Konflikt mit der Bewegung geraten wollte. Eine Weigerung hätte die Ustaša wohl als Boykott definiert. Schließlich täten die Schülerinnen ihren Dienst am Staat. Die übergeordnete Rolle der Ustaša-Jugend gegenüber der Schule kam auf verschiedene Weise zum Ausdruck: So konnten Schülerinnen, die in der Ustaša-Jugend beschäftigt waren, anfangs von jeder beliebigen Funktionärin vom Unterricht befreit werden. Erst Befehlshaberin Mira Vrljičak-Dugački schränkte das ein, indem sie nur der jeweiligen Logornica der Weiblichen Ustaša-Jugend die Verantwortung für die Befreiung vom Unterricht erteilte.51 Allerdings vertrat nicht das gesamte Lehrpersonal die Meinung, dass die Ustaša-Jugend als Erziehungsinstanz vonnöten sei. Die Ustaša-Führung hielt dagegen, indem sie immer wieder erklärte, sie würde mit ihrem Einsatz die Schülerinnen und Schüler vom „Herumtreiben“ auf der Straße fernhalten.52 Aus Schuljahresberichten ist dagegen zu entnehmen, dass Schulkinder im Krieg keineswegs ihre Kindheit frei ausleben konnten: Die Schule, die monatelang ausfiel, war für sie nicht mehr ein Ort des Lernens, sondern in erster Linie der Arbeit: Sie mussten zum Beispiel für Bedürftige und für Soldaten Kleidung anfertigen.53 Als Angehörige des Kroatischen Roten Kreuzes (Hrvatski crveni križ), welches im Juli 1941 gegründet worden war,54 sammelten Schulkinder Geld und Lebensmittel für arme Menschen.55 Zudem besuchten sie zwei bis drei Mal in der Woche die Treffen der Weiblichen Ustaša-Jugend, lernten dort die Bedeutung der Bewegung kennen und bereiteten Choreografien, Gedichte und Lieder für Paraden und Aufführungen vor. Der Alltag der Kriegskinder war alsbald auch geprägt durch Luftangriffe und Fliegeralarm, Hunger und den Kampf ums pure Überleben. Mädchen mussten Arbeiten im Haushalt erledigen und auch das Warten auf Lebensmittel vor den Geschäften fiel gerade den Mädchen aus Arbeiterfamilien zu, da sie ihre berufstätigen Mütter entlasten mussten. Die Sorge um die jüngeren Geschwister konnte dazu führen, dass Mädchen ganz vom Unterricht fernblieben. Auch wiederholten die Schülerinnen zu Hause nicht das in der Schule Gelernte und konnten von ihren 49  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatnost Ministarstva unutrašnjih poslova (im Folgenden MUP-a) NDH, K. 57, Sig. 013. 2. 30, 1948. 50  DAGZ, II. ženska realna gimnazija – 115, Sig. 23545 – 23554, 7. 8. 1942. 51  DAGZ, II. ženska realna gimnazija – 115, Sig. 23545 – 23554, 7. 11. 1941. 52  DAGZ, Državna I. ženska građanska škola Zagreb, Sig. 21359 – 21364, 21366, 28. 1. 1943. 53  DAGZ, II. ženska realna gimnazija – 115, Sig. 23545 – 23554, 13. 4. 1942. 54  Narodne novine, Nr. 69, 7. 7. 1941. 55  DAGZ, Državna I. ženska građanska škola Zagreb, Sig. 21359 – 21364, 21366, 28. 1. 1943.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Eltern nicht beim Lernen unterstützt werden. Aus diesem Grund besuchten Lehrerinnen häufig die Mädchen zu Hause. Unterernährung führte ebenfalls zu Konzentrationsmangel bei Mädchen (und Jungen). Wegen schlechter Bekleidung (vor allem fehlten Schuhe) konnten keine oder nur wenige Exkursionen stattfinden.56 Ausflüge waren im Krieg ohnehin eine Ausnahme. Angesichts der miserablen sozialen Lebensumstände der Schülerinnen und der Unregelmäßigkeit von Unterricht und ideologischen Kursen ist es den Ustaše trotz ihrer Ideologisierungs- und Politisierungsbemühungen in der Erziehung nicht gelungen, die Schuljugend für sich zu vereinnahmen. Es war vielmehr die gut funktionierende Propagandamaschinerie des Ustaša-Staates, die das Bild einer einheitlichen kroatischen Jugend vermitteln wollte. 2.  Funktionärinnen der Ustaša-Mädchenorganisation Oberbefehlshaber der Ustaša-Jugend war Ivan Oršanić, der Pavelić direkt unterstellt war. Ihn vertrat zum einen der Befehlshaber der Männlichen Ustaša-Jugend, Zdenko Blažeković, und zum anderen die Befehlshaberin der Weiblichen Ustaša-Jugend, Mira Vrljičak-Dugački, beziehungsweise ihre Nachfolgerin Dolores Bracanović. Mira Vrljičak-Dugački war Mitglied der katholischen Organisation Kroatischer Adlerbund (Hrvatski orlovski savez). Nach seiner Auflösung im Jahre 1929 trat sie der Großen Kreuzritterbruderschaft (Veliko križarsko bratstvo) bei, in der sie zur hohen Funktionärin aufstieg. Sie führte die Weibliche Ustaša-Jugend bis 1943. Als sie den Konsularbeamten Kazimir Vrljičak heiratete und mit ihm nach Madrid zog57 übernahm ihren Posten Dolores Bracanović. Die Letztere war die Tochter des Dubrovniker Bürgermeisters Ruđer Bracanović und gehörte der katholischen Jugendorganisation Domagoj an. Im Jahre 1938 absolvierte sie ein Studium in den Fächern Italienisch und Deutsch an der Philosophischen Fakultät in Zagreb, arbeitete anschließend auf der Insel Korčula und wenig später in Dubrovnik an der Handelsakademie. Seit der Gründung des Ustaša-Staates war sie Stabsabteilungsführerin (stožernica) der Weiblichen Ustaša-Jugend in Dubrovnik und ging 1943 nach Zagreb, um ihren Dienst als Befehlshaberin der Weiblichen Ustaša-Jugend zu leisten.58 Für ihre Tätigkeit wurden beide Frauen von Pavelić mit dem Orden für Verdienste II. Grades (Red za zasluge II. stupnja) ausgezeichnet.59 Das Kommando der Weiblichen Ustaša-Hoffnung übernahm 1942 Marija Kunčević, das der Ustaša-Heldin Đurđica Hunjet und das der Weiblichen Starčević-Jugend Vera Stipetić. Letzteres setzte jeweils drei Referentinnen für die Bauernjugend (Vika Biščan), die Arbeiterjugend (Zinka Kirin) und die Auszubildenden 56 

DAGZ, Državna I. ženska građanska škola Zagreb, Sig. 21359 – 21364, 21366, Berichte aus den Schuljahren 1941/42. 57  Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 422. 58  Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 47; Politički zatvorenik, Nr. 62, Mai 1997, S. 8. 59  Narodne novine, Nr. 156, 13. 7. 1944.

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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Abbildung 10: Dolores Bracanović (2) in Bulgarien begleitet von Ivan Oršanić (1) und dem GRAVSIGUR-Funktionär Ante Štitić (3). Empfangen werden sie vom bulgarischen Brannik-Jugendführer Georgi Karaiwanow (4)

(Nikica Melihar) ein. Die nach Geschlecht und Alter getrennten Teilorganisationen der Ustaša-Jugend wurden in verschiedene Abteilungen untergliedert, die wiederum einer männlichen oder weiblichen Abteilungsleitung unterstanden. Für die folgenden Abteilungen wurden Funktionärinnen eingesetzt: geistliche Erziehung (Zdenka Lehner), Kultur (Hela Tišljaric), Propaganda (Ivona Latković-Maixner), Sport (Jelena Lončar), Gesundheit (Dr. Vera Krstić), gesellschaftlich-ökonomische Angelegenheiten (Marija Bulić), militärische Ausbildung (Draga Freškura) und innere Organisation (Dragica Bočkaj). Die erste Befehlshaberin des weiblichen Arbeitsdienstes war Maca Mimić60; im Jahre 1942 übernahm ihre Stelle Marija Maršić, die zuvor Lehrerin in Dubrovnik gewesen war.61 Stabsführerin der Weiblichen Ustaša-Jugend in Zagreb war Zlata Čubelić.62 Funktionärinnen und Funktionäre der Ustaša-Jugend wurden bereits vor der offiziellen Gründung der Organisation öffentlich in der Zeitung „Das Kroatische

60  Džepni godišnjak Ustaške Mladeži, 1942, in Privatbesitz der verstorbenen Kaja Pereković bzw. ihrer Familie. 61  Interview mit Kaja Pereković in Zagreb am 21. 5. 2008. 62  Hrvatski narod, Nr. 371, 8. 3. 1942.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Volk“ bekannt gegeben.63 Für ihre Arbeit erhielten die Funktionärinnen ungefähr 3.500 Kuna monatlich. Jedoch schien das Geld nicht regelmäßig gezahlt worden zu sein.64 Bei der Auswahl der Funktionärinnen wurde darauf geachtet, dass es sich um junge, national gesinnte Menschen handelte, die bereit waren, am Aufbau des neuen Staates mitzuwirken. Die meisten dieser Frauen waren vor der Gründung des Ustaša-Staates entweder Sympathisantinnen der Kroatischen Rechtspartei gewesen oder hatten katholischen Organisationen angehört, wie den Adlerinnen oder ab 1930 den Kreuzritterinnen.65 Die damalige Kreuzritterin und stellvertretende Funktionärin des Weiblichen Arbeitsdienstes Kaja Pereković bestätigte dies: „Die Kriegszeit war so, dass wir uns orientieren mussten. Die einen sind nur auf dem Posten der christlichen Formationen geblieben, der christlichen Organisationen, und wir, […] aus den katholischen Kreuzritter-Organisationen, neben Mira Vrljičak beziehungsweise Mira Dugački, traten dem Kommando der Ustaša-Jugend bei, an deren Spitze Ivan Oršanić stand.“66

Im Dezember 1941 mussten all diejenigen Kreuzritter/-innen, die eine Funktion in der Ustaša-Bewegung übernommen hatten, die katholische Organisation verlassen.67 Ein weiteres Auswahlkriterium bei der Einstellung von Funktionärinnen war neben ihrer politischen und religiösen Orientierung auch ihr moralisches Verhalten. Nach Aussage von Kaja Pereković hatte das Kommando der Ustaša-Jugend von der Besetzung des Führerinnenpostens im Arbeitsdienst durch eine junge Frau abgeraten, da ihr Liebschaften nachgesagt wurden.68 Sie würde demnach die Vorbildfunktion einer Funktionärin nicht erfüllen. Die Erziehung und Führung der Jugend übernahmen mehrheitlich Jugendliche und nicht Erwachsene. Nach dem Grundsatz „Jugend soll durch Jugend geführt werden“ (Mladost upravlja mladošću)69 lehnten sich die Ustaše an die nationalsozialistische Erziehungspraxis mit dem Ziel an, jungen Menschen das Gefühl von 63 

Hrvatski narod, Nr. 151, 15. 8. 1941; Hrvatski narod, Nr. 191, 24. 8. 1941. Eine Führerin aus Varaždin beschwerte sich darüber brieflich bei Jelena Lončar. Ustaša. Hrvatski oslobodilački pokret – 249, Glavni Ustaški Stan (im Folgenden GUS), K. 4, 30. 4. 1943. 65  Hrvatski narod, Nr. 151, 15. 8. 1941. 66  „Vrijeme rata je bilo takvo, da smo se morali opredijeliti. Jedni su ostali na pozicijama samo kršćanskih formacija, kršćanskih organizacija, a mi […] jedan dio iz tih kršćanskih katoličkih križarskih organizacija uz Miru Vrljičak odnosno Miru Dugački, ulazimo u predsjedništvo ustaške mladeži, gdje je na čelu bio Ivan Oršanić.“ Interview mit Kaja Pereković am 21. 5. 2008. 67 Mehr über die katholischen Organisationen siehe bei: Prlenda, Sandra, Young, Religious and Radical: The Croat Catholic Youth Organizations, 1922 – 1945, in: Lampe, John/Mazower, Mark, Ideologies and National Identities. The Case of Twentieth-Century Southeastern Europe, Budapest 2004, S. 82 – 109. 68  Interview mit Kaja Pereković am 21. 5. 2008. 69  Ustaška Mladež, Nr. 4, 1. 3. 1943, S. 8 – 9. 64 

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zu vermitteln. Der hierarchische, einheitliche und zentralisierte Aufbau der Ustaša-Jugend bildete jedoch die Basis für ein Kontrollsystem, welches das selbstständige Handeln einzelner Mitglieder verhinderte: So mussten die Stabsleiter dem Hauptkommando der Ustaša-Jugend Rechenschaft ablegen und die erteilten Befehle ausführen, während sie wiederum die Logornici kontrollierten. Diese hatten die Gewalt über die Tabornici. Bei der Ustaša-Hoffnung und teilweise auch beim Ustaša-Helden beziehungsweise bei der Ustaša-Heldin wurden neben den Ustaša-Funktionärinnen und Funktionären „faschistische Lehrerinnen“ (fašističke učiteljice)70 und Lehrer eingesetzt. Gefragt waren vor allem Sport-, Musik- und Kunstlehrer/-innen, die mit Kindern und Jugendlichen staatliche Feiern und Aufführungen vorbereiten sollten.71 Um von den politischen Verbündeten Erziehungsmethoden zu erlernen, beschloss man Mitte 1941, 100 bis 200 Lehrer/-innen für ein bis zwei Jahre ins Ausland zu schicken.72 Fehlte es in einem Ort an Lehrpersonal, konnten 14- bis 16-Jährige die Führung von Kindern übernehmen.73 Für die Ausbildung der Ustaša-Funktionärinnen wurden politische Schulen eingerichtet, in denen die Ustaša-Primas (Ustaša-prvakinje) – dies war die erste Generation von jungen Frauen, die sich innerhalb von zweieinhalb Monaten hatte ausbilden lassen – zu „Ustaša-Persönlichkeiten“ (ustaške ličnosti)74 geformt werden sollten. Gründerin dieser Schulen war die bereits erwähnte Dr. Zdenka Smrekar, Abteilungschefin für weibliche Schulung im Ministerium für Religion und Erziehung.75 Ustaša-Ideologie und -Politik waren Bestandteil aller Schulfächer: Gelehrt wurden kroatische Geschichte, Religion, Ethnografie, Pädagogik, Soziologie, Sport und Sprachen. Besondere Aufmerksamkeit schenke man im Unterricht der Geschichte und den Vorschriften der Ustaša-Bewegung.76 Die Teilnehmerinnen veröffentlichten nach Beendigung der politischen Schule ihr eigenes Blatt, genannt „Die Erste“ (Prvakinja), welches in 50 Auflagen erschien.77 Anfang 1942 wurden die künftigen Funktionärinnen für den Kriegsdienst vorbereitet: Sie erhielten einen Einblick in Erste Hilfe und wurden zu Telegrafinnen und Telefonistinnen ausgebildet,78 so dass sie schließlich nicht nur als ideologisch-politische Erzieherinnen fungierten. Nach dem Abschluss der politischen Schule mussten die Funktionärinnen vor Pavelić den Ustaša-Schwur ablegen. Dabei standen 70 

Hrvatski narod, Nr. 532, 19. 9. 1942. DAGZ, Državna I. ženska građanska škola, Sig. 21359 – 21364, 21366, 18. 5. 1942. 72  Hrvatski narod, Nr. 151, 15. 8. 1941. 73  Vgl. Ustaška uzdanica, Priručni list za rad s Ustaškom uzdanicom namjenjen svima dužnostnicima Ustaške uzdanice, Nr. 1, 1. 12. 1941, S. 12. 74  Nova Hrvatska, Nr. 197, 13. 11. 1941. 75  Hrvatski radio list, Nr. 2, 29. 6. 1941. 76  Nova Hrvatska, Nr. 197, 13. 11. 1941. 77  Hrvatski narod, Nr. 288, 30. 11. 1941. 78  Hrvatski narod, Nr. 380, 19. 3. 1942. 71 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

sie um einen Tisch, auf dem sich ein Kreuz – das von Erzbischof Alojzije Stepinac gesegnet worden war79 –, zwei Kerzen, ein Dolch und ein Revolver – Symbole des Glaubens und des Ustaša-Kampfes – befanden.80 Die persönliche Begegnung, das Händeschütteln und manchmal auch ein Gespräch mit dem „Poglavnik“ übten offenbar einen großen positiven Eindruck auf die Funktionärinnen und allgemein auf Mitglieder der Ustaša-Jugend aus. Auch waren einige junge Frauen ersichtlich emotional aufgerührt, nachdem sie mit Pavelić ein paar Worte ausgetauscht hatten.81 Dieses Ritual sollte vor allem die Beziehung aller Organisationen und sozialen Schichten zum „Führer“ und Staat fundieren. Ustaša-Funktionärinnen waren in ihrer politischen Ausrichtung ohnehin gefestigt. Diese jungen Frauen waren für die Mobilisierung der Jugend und die Formierung des „neuen Menschen“ vor allem durch die unermüdliche Verbreitung der radikalen und sich inhaltlich stets wiederholenden Ustaša-Propaganda verantwortlich. Propaganda trat vermutlich auch deswegen an erste Stelle, weil im ganzen Land Krieg herrschte und daher alltags-praktische Tätigkeiten mit Kindern und Jugendlichen kaum ausgeübt werden konnten. In Zeitungen und Zeitschriften betonten Funktionärinnen immer wieder, in einer teils religiösen teils militärischen Rhetorik, die Mädchen sollten an ihrer Entwicklung zur Mutter und Ustaša-Anhängerin arbeiten und knüpften an diese Prämissen in erster Linie Gehorsam und Opferbereitschaft an. Diese Anforderungen an Mädchen und Frauen versuchten sowohl der Staat als auch die Kirche zu zementieren. Vor dem Hintergrund des Krieges und wegen der tiefen politischen Spaltung in der Gesellschaft war dieses Unterfangen jedoch kaum realisierbar. 3.  Aktivitäten im Krieg Als Teil des faschistischen beziehungsweise nationalsozialistischen „neuen Europas“ war die Ustaša-Jugend Mitglied im Bund der europäischen Jugend. Freundschaftliche Beziehungen pflegte sie etwa zur Gioventù Italiana del Littorio (GIL), zur Hitler-Jugend, zur bulgarischen Jugend sowie zu den Jugendorganisationen der Volksdeutschen und der slowakischen Minderheit im USK. Die Ustaša-Jugend nahm an zahlreichen sportlichen Wettbewerben und Manifestationen im Ausland teil und stärkte dadurch die Beziehung zu den Verbündeten.82 So gingen im August 1941 54 Sportler und zehn Sportlerinnen nach Breslau zum internationalen Wettbewerb im Schwimmen und in der Athletik.83 Zu den Aktivitäten der Weib79 

Ustaškinja, Nr. 6, 10. 9. 1942, S. 13. Ustaška Mladež, Nr. 2, 11. 1. 1942, S. 15. 81  Hrvatski narod, Nr. 472, 10. 8. 1942. Dass er als „Führer“ über eine charismatische Ausstrahlung verfügte, wurde auch später von Marija Marčinko, einer ehemaligen Angehörigen der Weiblichen Ustaša-Jugend, bestätigt. Interview mit Marija Marčinko am 25. 5. 2008 in Zagreb. 82  Hrvatski narod, Nr. 537, 24. 9. 1942. 83  Hrvatski narod, Nr. 193, 26. 8. 1941. 80 

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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lichen Ustaša-Jugend gehörten Schwimmen, Rudern und Athletik im Freien; im Winter das Skifahren. Körperliche Betätigung spielte für die Schaffung von gesunden Frauenkörpern, die dazu dienen sollten, „arische“ Kinder zur Welt zu bringen, eine wichtige Rolle. Auch diese Tätigkeiten traten aufgrund des Krieges in den Hintergrund.84 Ferner traf sich in Weimar die Jugend des „neuen Europas“ zu einem Musikwettbewerb. Jelisava Kovačić, Angehörige der Weiblichen Ustaša-Jugend, belegte dort den dritten Platz im Klavierspiel.85 Auch bildeten sich Ustaša-Funktionärinnen und Funktionäre in Kursen zur „faschistischen Kultur“ (fašistička kultura) bei der GIL in Rom aus, lernten Italienisch, trieben Sport und bereisten anschließend – Männer und Frauen getrennt – viele Kulturstädte Italiens.86 Ungeachtet formal korrekter Pflege der italienisch-kroatischen Beziehungen gehörte es gleichzeitig zur inoffiziellen Aufgabe der Ustaša-Jugend, auf heimischen Veranstaltungen anti-italienische Propaganda zu betreiben, um auf den Rückzug der italienischen Soldaten vorzubereiten und um den Italienern – trotz der Römischen Verträge – zu demonstrieren, Dalmatien sei kein italienisches Territorium. Um dieses Ziel zu erwirken, sollen nach Angaben der Italiener Pavelić und Oršanić Gruppen in der Ustaša-Jugend organisiert haben, die sich auf anti-italienische Propaganda spezialisierten.87 So trugen Mädchen, nach Angaben des italienischen Militärs, bei der einjährigen Gründungsfeier des USK auf Tanzveranstaltungen der Weiblichen Ustaša-Jugend in Bihać patriotische, anti-italienische Titel vor, wie „Oh wunderschönes Dalmatien, ich kann dich nicht vergessen“ (Oh splendida Dalmazia, io non ti posso dimenticare) oder „Der Kampf der Ustaša-Flotte gegen den schwarzen Tyrann“ (La lotta della flotta ustascia contro il tiranno nero).88 Aus den gleichen national ausgerichteten Gründen verbot die Führerin der Weiblichen Ustaša-Jugend Dolores Bracanović, wie bereits erwähnt, in Dubrovnik den Mitgliedern der Weiblichen Ustaša-Jugend, sich den Italienern zu nähern.89 Höchstwahrscheinlich wurden diese anti-italienischen Manifestationen auch deswegen durchgeführt, weil die Ustaša-Jugend durch ihre Zusammenarbeit mit der italienischen Obrigkeit in den besetzten Gebieten massiv in Misskredit bei der kroatischen Bevölkerung geraten war. Nach Aussage des Befehlshabers der Männlichen Ustaša-Jugend Zdenko Blažeković sei die Kooperation mit den Italienern keine Demonstration einer kroatisch-italienischen Freundschaft gewesen und schon gar nicht eine Befürwortung der Vertreibung von Kroaten durch die italienischen „heuchlerischen Gewalttäter“ (licemjernim nasilnikom), sondern

84 

Ustaška Mladež, Nr. 5, 15. 3. 1944, S. 21. Hrvatski narod, Nr. 467, 4. 8. 1942. 86  Hrvatski narod, Nr. 521, 5. 9. 1942. 87  AUSSME, DS, K. 1358, 3. 6. 1942. 88  AUSSME, DS, K. 1358, 9. 5. 1942. 89  AUSSME, DS, K. 1358, 13. 4. 1942. 85 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

erfolgte aus reiner „Lebensnot“ (životna nužda).90 Solche Rechtfertigungen der Ustaša-Funktionäre waren gegenüber Einheimischen sicherlich von Nöten, dennoch kamen sie zu spät, da wichtige dalmatinische Städte (Dubrovnik, Makarska, Omiš, Split und Sinj) bis November 1944 durch die „Volksbefreiungsarmee“ militärisch erobert worden waren und die KPJ dort allmählich die Führung übernommen hatte.91 Neben den internationalen Beziehungen, die die Ustaša-Jugend intensiv pflegte, war es für die Stärkung der „kroatischen Volksgemeinschaft“ relevant, Kinder und Jugendliche durch kollektive Aktivitäten zusammenzuschweißen: Zu diesem Zweck wurden Gemeinschaftserlebnisse, wie das Wandern in freier Natur und Lagerfeuernächte beim Zelten in den Sommerschulferien beworben und ermöglicht.92 Insgesamt gab es 1.200 Lagerzelte im USK.93 Dadurch konnten die jungen Menschen der Kontrolle des Elternhauses entzogen werden. Wegen der Kriegsumstände fanden Treffen und Wanderungen der Ustaša-Jugend natürlich nicht kontinuierlich statt. So wird in einem Bericht des Stabs der Weiblichen Ustaša-Jugend in der Großgespanschaft Prigorje vom Ausbleiben der Treffen berichtet, da wenige oder keine Teilnehmerinnen gekommen waren. Die Berichterstatterin Ivana Cetina nannte zum einen als Motiv für die mangelnde Teilnahme die Angst vor den Partisanen, deren Anwesenheit beispielsweise in den Orten Dugo Selo und Sveti Ivan Zelina zu spüren war. Sogar in Zagreb sei die Mitgliederzahl der Ustaša-Jugend-Mitglieder aufgrund der Präsenz der Partisanen geschrumpft. Diese kämpften zu dieser Zeit in der Hauptstadt nur im Untergrund gegen die Ustaša.94 Zum anderen tadelte die Berichterstatterin aber auch die Gleichgültigkeit der Mitglieder der Weiblichen Ustaša-Jugend, die zu wenig Interesse an der Vorbereitung von Tänzen, Liedern und Gedichten hätten, welche auf Veranstaltungen aufgeführt werden sollten.95 Dies mag zum einen an der Überforderung der Schüler/-innen gelegen haben, zum anderen an der monotonen Gestaltung der Jugendtreffen, die bei den Mädchen und Jungen eher Langeweile als Freude hervorriefen. Nichtsdestotrotz betrachtete die Führung der Weiblichen Ustaša-Jugend, wie Ivona Latković-Maixner betonte, zwei Pflichten als Basis ihres Wirkens: „Die erste ist die Bildung, die zweite ist die Arbeit“, denn, so Latković-Maixner weiter, „die kroatischen jungen Frauen werden die Organisation der Weiblichen Ustaša-Ju90 

Blažeković, Zdenko, Mladež i država, Zagreb 1944, S. 147. Slobodna Dalmacija, Nr. 72, 26. 10. 1944. 92  Vgl. Hrvatski narod, Nr. 204, 6. 9. 1941. 93  Signal, September Nr. 1, 1943, S. 25. 94  HDA, Ustaša Hrvatski oslobodilački pokret – 249, GUS, K. 4, 4. 6. 1943. Über den Widerstandskampf in Zagreb siehe: Lengel-Krizman, Narcisa, Zagreb u NOB-u, Zagreb 1980; Lengel-Krizman, Narcisa, Prilog proučavanju djelovanja zagrebačke partijske organizacije 1942 – 1945, in: Časopis za suvremenu povijest, 2 – 3 (1971), S. 53 – 72. 95  HDA, Ustaša Hrvatski oslobodilački pokret – 249, GUS, K. 4, 4. 6. 1943. 91 

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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gend durchlaufen, dessen Mitglieder „sich ihrer Pflichten gegenüber dem ,Poglavnik‘, dem Volk und der Heimat bewusst“ sind.96 Die Jugendorganisation diente also nicht nur zur Vorbereitung auf die Rolle der Mutter, Ehe- und Hausfrau: Zum einen sollten Mädchen und junge Frauen Trägerinnen der Ustaša-Weltanschauung werden, zum anderen fielen statt der Mutterschaft Kriegshilfsdienste in ihr Aufgabengebiet. So erledigten im Rahmen des Arbeitsdienstes der Weiblichen Ustaša-Jugend (Radna Služba Ženske Ustaške Mladeži) Angehörige der Weiblichen Starčević-Jugend, teilweise auch der Ustaša-Heldinnen, verschiedene kriegsbedingte Arbeiten: In Suppenküchen verteilten sie Essen, in Heimen kümmerten sie sich um Flüchtlingskinder, in Krankenhäusern betreuten sie verwundete Soldaten und auf Friedhöfen pflegten sie die Gräber der Gefallenen.97 In Gospić räumten sie die Flugbahn und bauten Barrikaden zur Verteidigung der Stadt.98 Somit erhielten neben den sozialen auch wirtschaftliche und kriegswichtige Belange oberste Priorität. Ab September 1942 mussten alle Abiturientinnen – bevor sie zur Hochschule zugelassen wurden oder ein Arbeitsverhältnis eingehen konnten – einen einjährigen Arbeitsdienst absolvieren. Bestanden sie den Arbeitsdienst nicht mit Erfolg, wurde ihnen die Immatrikulation verweigert.99 Befreit vom Arbeitsdienst wurden Schülerinnen, die eine Krankheit vorweisen konnten, verheiratet waren oder bereits eine andere Tätigkeit ausübten.100 Kam es vor, dass Abiturientinnen es verfehlten, sich in den Arbeitsdienst einzuschreiben, wurde die Schule von der Befehlshaberin Marija Maršić beim Ministerium für Volksbildung (Ministarstvo narodne prosvjete) angezeigt.101 Begonnen wurde der Arbeitsdienst mit einem politisch-ideologischen Kurs. Mit dem Ziel, der Weiblichen Ustaša-Jugend patriotische Gefühle für die Heimat näherzubringen, fanden die Kurse nicht am Wohnort statt. Die Mädchen wurden aus verschiedenen Teilen des USK zusammengeführt. So trafen sich beispielsweise im November 1942 100 Mädchen aus Zagreb und Banja Luka in Krapinske Toplice, das berühmt für seine Thermalbäder war (und ist). Um ihr Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken, lebten die Mädchen in einer gemeinsamen Unterkunft. Dort mussten sie einem strikten Tagesplan folgen, der sich aus diversen politischen Kursen zusammensetzte.102 96  Das Originalzitat lautet: „Dvije su glavne dužnosti, koje si je postavila organizacija ženske ustaške mladeži: Prva je izgradnja, a druga je rad. Hrvatske će djevojke poći kroz organizaciju ženske ustaške mladeži, kojoj je cilj da svaka članica postane izgrađena jedinica, svijesna svoje dužnosti prema Poglavniku, narodu i domovini.“ Ustaška Mladež, Nr. 6, 10. 8. 1941, S.  30. 97  Hrvatski narod, Nr. 569, 31. 10. 1942. 98  Ustaškinja, Nr. 8, 10. 11. 1943, S. 10. 99  Narodne novine, Nr. 203, 10. 9. 1942. 100  Narodne novine, Nr. 207, 15. 9. 1942. 101  DAGZ, II. ženska realna gimnazija – 115, Sig. 23545– 23554, 1945. 102  Hrvatski narod, Nr. 559, 20. 10. 1942.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Nach der ersten Befehlshaberin des Weiblichen Arbeitsdienstes der Weiblichen Ustaša-Jugend Maca Mimić sollten die jungen Frauen in der Organisation Selbsterziehung erkennen und Freude erfahren sowie für das Volk arbeiten.103 Unterschieden wurde in der Organisation zwischen freiwilligen und nicht-freiwilligen Teilnehmenden. Bei ersteren handelte es sich um Angehörige der Weiblichen Ustaša-Jugend, die sich bereit erklärt hatten, in den Ferien der „Volksgemeinschaft“ zu dienen; bei letzteren handelte es sich um Abiturientinnen. Eingesetzt wurden sie in drei Hauptarbeitsgebieten: in der Organisation selbst, in Büros und in Krankenhäusern. Sie fungierten außerdem als stellvertretende Lehrerinnen in Schulen, wenn es wenig Personal gab. Für diese Arbeit wurden sie einen Monat lang pädagogisch ausgebildet.104 Eine Herausforderung war es, in den Schulen der ehemaligen italienischen Zonen zu lehren. Dennoch soll es laut der Ustaša-Jugend Abiturientinnen gegeben haben, die gerade in diese Gebiete versetzt werden wollten.105 Ärmere Teilnehmerinnen des Arbeitsdienstes wurden für ihre Verdienste bezahlt, damit sie sich das Nötigste zum Leben kaufen konnten; wohlhabendere dagegen nicht. Die Ustaša-Führung, wie etwa Dolores Bracanović, betonte, dass der Arbeitsdienst Frauen auf das Muttersein vorbereiten würde. Schließlich übten sie sozial-erzieherische Tätigkeiten aus.106 Jedoch waren, wie dargestellt, viele Tätigkeiten eben nicht sozialer Natur: Mädchen und junge Frauen beteiligten sich politisch, indem sie die Ustaša-Propaganda in den Schulen verbreiteten und sie unterstützten das Militär, indem sie etwa kriegsnotwendige Dienste ausübten. Die Weibliche Ustaša-Jugend ging aber in ihrem Handlungsfeld noch einen Schritt weiter: So waren junge Funktionärinnen auch an dem Vorhaben beteiligt, serbische Waisenkinder, deren Eltern deportiert oder umgebracht worden waren, in möglichst treue Ustaša umzuerziehen. Somit bildeten junge Angehörige der Bewegung ein Rädchen im Getriebe des verbrecherischen Ustaša-Apparats. Da laut Propaganda ein Drittel der Serben zum Katholizismus bekehrt werden sollte, gab es Versuche, serbische Kinder in den USK zu integrieren, indem sie gezwungen wurden, ihre Nationalität und Religionszugehörigkeit aufzugeben und sich zu Ustaše umerziehen zu lassen. Dieses Unterfangen ließ sich aber vor allem bei traumatisierten Kindern nicht oder nur schwer verwirklichen. So wurden, nach Aussage des KZ-Befehlshabers Ljubomir Miloš, aus dem Konzentrationslager Jasenovac – und zwar auf Anordnung von Pavelić – serbische Kleinkinder, deren Eltern liquidiert worden waren, in ein Kinderheim transportiert, um sie zu Ustaše umzuerziehen. Als nach ungefähr zwei Monaten festgestellt wurde, dass die Kinder weder durch Zwang noch durch Gewalt umzustimmen waren, wurden sie zurück nach Jasenovac deportiert und dort umgebracht.107 103 

Ustaška Mladež, Nr. 8, 24. 8. 1941, S. 63. Ustaškinja, Nr. 8, 10. 11. 1943, S. 9 f; Ustaška Mladež, Nr. 12, 1. 7. 1944, S. 3. 105  Ustaška Mladež, Nr. 12, 1. 7. 1944, S. 3. 106  Ustaškinja, Nr. 8, 10. 11. 1943, S. 10 f. 104 

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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Die Ustaša-Propaganda illustrierte hingegen einen vermeintlich wohlwollenden Umgang mit Kindern von „četnik-kommunistischen Banden“ (četničko-komunističkih banda), damit diese nicht zum „Objekt der Rache ihrer eigenen Eltern“ (predmetom osvete vlastitih roditelja) wurden, sondern „gute und ehrliche Mitglieder der menschlichen Gemeinschaft“ (dobri i pošteni članovi ljudskoga družtva).108 Solchen absurden Unwahrheiten schenkten junge Ustaša-Angehörige dennoch Glauben und setzten die Propaganda praktisch in ihrer Arbeit um: So berichtet Benedikta Zelić-Bučan, Jahrgang 1918, rückblickend über ihre Dienstzeit als Funktionärin der Weiblichen Ustaša-Jugend in Glina – einer Stadt, in der die Ustaša 1941 Massaker an serbischen Zivilistinnen und Zivilisten durchgeführt hatten, und über ihre Motivation, serbischen Kriegswaisenkindern die Ustaša-Ideologie beizubringen, folgendes: 107

„Im Städtchen herrschte eine sehr bedrückende Stimmung als Folge der vor kurzer Zeit durchgeführten Massenverbrechen am serbisch-orthodoxen Volk. […] Ich habe mich tatsächlich nicht in Glina aufgehalten, als die genannten Massenmorde durchgeführt wurden, aber wenn ich darüber nachdenke, ist es mir heute ziemlich unerklärlich, wie ich so leidenschaftlich die Tätigkeit annehmen konnte, als Ustaša-Logornica die Organisation der Weiblichen Ustaša-Jugend zu leiten. Wahrscheinlich haben nur die große Begeisterung wegen des eigenen Staates und meine Jugend dazu beigetragen, dass ich die Verbrechen nur mit oberflächlichem Bewusstsein wahrgenommen habe. Trotz meiner Begeisterung und Jugend fühlte ich, dass es in dieser Umgebung geradezu unpassend war, Kindern, die unlängst ihre Eltern verloren hatten, hinreißende großkroatische Reden zu halten.“109

Stattdessen unterrichtete sie, wie sie weiter angibt, serbische Kinder in der Ustaša-Jugend in Geschichte und christlicher Ethik. Das Gefühl, an einer großen staatspolitischen Mission teilzuhaben, überwog demzufolge Skrupel gegen die genetisch-rassische Anforderung, serbischen Kindern eine andere ethnische und politische Identität aufzudiktieren. Der Kontakt zwischen Mitgliedern der Weiblichen Ustaša-Jugend und den serbischen Waisenkindern zeigt auch, dass den jungen Frauen die Verbrechen der Ustaše bekannt gewesen sein mussten. Bei einigen Funktionärinnen, die eine Liebesbeziehung mit führenden Ustaša hatten, wie 107  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret i NDH, Akte Ante Pavelić, K. 23, 12. 7. 1948. S. Mataušić, Diana Budisavljević, S. 102 ff. 108  Hrvatski krugoval, Nr. 5, 31. 1. 1943, S. 19. 109  „U gradiću je vladalo vrlo mučno raspoloženje kao posljedica pred kratko vrijeme izvršenih dvaju krvavih masovnih zločina nad pravoslavnim pučanstvom. […] Ja se, istina, nisam nalazila u Glini kada su u njoj izvršena spomenuta dva masovna pokolja, ali mi je danas, kad o tome mislim, pomalo nerazumljivo kako sam onako nadobudno mogla prihvatiti dužnost da kao ustaška logornica rukovodim organizacijom ženske ustaške mladeži. Vjerovatno su samo veliki zanos zbog vlastite države i moja mladost pridonijeli tome, da sam spoznaje o onim zločinima primila samo površnom svijesti. Ipak, i u tom zanosu i mladosti osjećala sam da je upravo neumjesno u toj sredini, djeci koja su tek nedavno izgubila roditelje, držati zanosne hrvatujuće govore.“ Zelić, Sjećanja na vrijeme uspostave i propasti Nezavisne Države Hrvatske, S. 719 f.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

etwa Nikica Melihar mit Vjekoslav Luburić, dem Chef aller Konzentrationslager im USK, lässt sich nicht ausschließen, dass sie von der Existenz der Todeslager wussten. Kaja Pereković begleitete gar einmal eine Freundin in eines der Lager im USK, wusste jedoch nicht mehr, wo sie sich damals befand und wer die Internierten gewesen waren.110 Wie viele systemtreue Funktionärinnen nahmen auch sie ihre Rolle sehr ernst: Kaja Pereković erinnerte sich mit Stolz an einen Vorfall mit einer vermeintlichen Partisanin, die im Arbeitsdienst der Weiblichen Ustaša-Jugend von ihr zur Arbeit eingeteilt wurde. Pereković erhielt die Meldung, diese Frau würde von ihrem Arbeitsort in Okućani aus Telegramme mit verdächtigen Inhalten verschicken. Die Nachrichten lauteten etwa: „Die Vase ist zerbrochen.“111 Daraufhin wurde die junge Frau verhaftet. Perekovićs Aufgabe bestand nicht nur darin, die Ustaša-Angehörigen zur Arbeit einzuteilen; jede Person musste schließlich auch nach „Rasse“ und politischer Überzeugung überprüft werden, damit sich keine Spitzel in die Bewegung einschleichen. Was mit der verhafteten Frau später geschah, wusste Pereković nicht zu sagen. Bis zum Ende blieb die Ustaša-Funktionärin ihren Idealen treu. Die innere Selbstaufgabe war bei einigen Mitgliedern der Weiblichen Ustaša-Jugend so stark präsent, dass sie mit ihrem „Poglavnik“, falls nötig, in den Tod gehen wollten. Pereković erinnerte sich, was sie damals an Pavelić beeindruckte: „Natürlich hatten wir die Möglichkeit, beim Poglavnik offiziell empfangen zu werden. Aber der Poglavnik konnte überraschend zu uns in die Preradićeva 21112 kommen, ohne dass er sich vorher ankündigte. Dann können Sie sich vorstellen, welchʼ große Freude bei uns jungen Frauen entstand, wenn der Poglavnik selbst zu uns gekommen war. Er würde zu uns auch in die Küche kommen, um zu schauen, was für die jungen Frauen, die den Kurs besuchten, gekocht wurde. Die schmerzlichste Begegnung mit dem Poglavnik, und ich weiß nicht, vielleicht auch die schwierigste Situation [war], als uns der Poglavnik im Jahr 1944 am Tučin-Tag113 in der Preradićeva im Kommando der Weiblichen Ustaša-Jugend besuchte. Er war gekommen, um uns zu sagen und uns zu bitten, dass wir nach Österreich gehen sollten. Dass sich eine gefährliche Situation näherte, dass der Krieg entbrannte, dass wir vielleicht sogar diesen Kurs, der damals für die Stabs-Funktionärinnen lief, in Österreich fortsetzen sollten. Wir haben damals abgelehnt. Wir sagten: ‚Poglavnik, nein wir bleiben hier bei Ihnen, solange Sie im Land sind. Wenn es sein muss, werden wir alle hier sein […], wir werden zurechtkommen, uns wohl auch mit dem Gewehr verteidigen, wenn der Feind zu uns nach Zagreb kommt.‘ Also, das war der Tučin-Tag vor Heiligabend im Jahr 1944. […] Meine Begegnung mit dem Poglavnik war immer erfreulich. Und der Poglavnik war immer mit viel Verständnis bei uns.“114 110 

Interview mit Kaja Pereković am 21. 5. 2008. „Razbila se vaza.“ Interview mit Kaja Pereković am 21. 5. 2008. 112  Diese Straße befindet sich in Zagreb. 113  Das ist der 21. Dezember. An dem Tag finden Vorbereitungen für das Weihnachtsfest statt. 114  „Naravno da smo mi imali priliku biti kod poglavnika primljeni službeno, ali poglavnik je znao doći k nama u Preradovićevu 21 iznenada, da se nije najavio da će doći. Onda 111 

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Kaja Pereković und ihre Mitstreiterinnen bekundeten euphorisch ihre Pflichtbereitschaft zum „Poglavnik“ in einem Moment, in dem sie mit Zustimmung Pavelićs die Flucht hätten ergreifen können. Warum bevorzugten sie es also, die immer näher rückenden Partisaneneinheiten mit Waffen zu bekämpfen, obwohl sie als Katholikinnen und überzeugte Ustaša-Angehörige an die konservativ-patriarchalische Frauenrolle der Mutter, Erzieherin und Ehefrau fest glaubten? Sie waren zum einen erfasst von der Durchhaltepropaganda, in der Opferbereitschaft zu den höchsten Ustaša-Tugenden zählte. So sollten ab November 1944 die letzten menschlichen Reserven, Männer und Frauen, für die „allgemeine Volksverteidigung“ (obća narodna obrana) mobilisiert werden.115 In dieser Zeit aber schien der Krieg für die Deutschen und ihre Verbündeten schon so gut wie verloren. Zum anderen fühlten sich Frauen gleichermaßen wie Männer verpflichtet, für das Wohl der „Volksgemeinschaft“ in den Kampf zu treten. Die jungen Frauen zeigten in dem Moment, als Pavelić zu ihnen sprach, Kampfbereitschaft, begaben sich dennoch im Mai 1945 in den Norden, um vor den anrückenden politisch-ideologischen Feinden zu flüchten. Die Befehlshaberin Dolores Bracanović befand sich auf der Flucht sogar in der Gruppe von Ante Pavelić. Anstatt der Röcke, so Kaja Pereković, trugen die Frauen Hosen, da sie so besser die Berge emporsteigen und in den Wäldern laufen konnten.116 Hosen zu tragen, war traditionell den Männern vorbehalten und wurde von den Ustaše strengstens verboten. In Ausnahmesituationen wie diesen schienen sie sowohl von Männern als auch von Frauen akzeptiert worden zu sein. Ihren kurzen Lebensabschnitt im Unabhängigen Staat Kroatien behielten Ustaša-Funktionärinnen selbst Jahrzehnte später in positiver Erinnerung. Das einzige, was sie doch bedauerten, war die Annexion Dalmatiens durch das faschistische Italien.117 In diversen schriftlichen Zeugnissen betonen sie ausschließlich die humanitäre und soziale Ausrichtung der Weiblichen Ustaša-Jugend: Für Kaja Pemožete mislit kolika bi radost nastala među nama mladim djevojkama kad je sâm poglavnik došao k nama. Došao bi k nama i u kuhinju pogledat što se kuha za te mlade djevojke, koje su na tečajevima. Najbolniji je bio susret sa poglavnikom i ne znam možda najteža situacija kad nas je poglavnik 1944. godine na Tučin dan posjetio u Preradićevoj u zapovjedništvu Ženske ustaške mladeži. I kad je došao zapravo reći nam i zamoliti nas da odemo u Austriju. Da se približava opasna situacija, da rat se razbuktava, da evo, koga god možemo neka bi prebacili, čak možda i taj tečaj, koji je tada trajao za stožerne dužnosnice, da bi prešli u Austriju i nastavili tamo. Mi smo to tada odbili! Rekli smo: ‚Poglavniće, ne, mi ostajemo ovdje dok ste i vi u zemlji. Ako treba, svi ćemo biti ovdje […] snaći ćemo se, valjda i sa puškom suprotstaviti, ako nam neprijatelj dolazi u Zagreb.‘ Dakle, to je bio Tučin dan pred sam Badnjak 1944. godine […]. Moj susret sa poglavnikom je uvijek bio radostan. I poglavnik je uvijek sa puno razumijevanjem bio s nama.“ Interview mit Kaja Pereković am 21. 5. 2008. 115  Nova Hrvatska, Nr. 266, 16. 11. 1944. 116  Interview mit Kaja Pereković am 21. 5. 2008. Über die Flucht der Ustaše siehe: Stein­ acher, Gerald, Nazis auf der Flucht. Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen, Frankfurt/Main 2010, vor allem S. 147 ff. 117  Interview mit Kaja Pereković am 21. 5. 2008.

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reković beispielsweise war die Weibliche Ustaša-Jugend keinesfalls eine politische Organisation gewesen, sondern lediglich eine soziale.118 Von der Landeskommission für die Feststellung der Verbrechen der Okkupanten und ihrer Helfer wurden die Funktionärinnen der Weiblichen Ustaša-Jugend hingegen wegen ihrer politischen und propagandistischen Mitarbeit im USK als Kriegsverbrecherinnen und Verräterinnen gesucht.119 Dolores Bracanović trage demnach gar die Mitschuld an der Verbreitung der „verbrecherischen Psychose“ (zločinačku psihozu), die zu den „monströsen Massenmorden der Serben, Juden und Zigeuner [Roma] sowie aller friedliebenden kroatischen Antifaschisten führte“ (čudovišnih masovnih pokolja srba, jevreja i cigana [roma], te svih slobodoljubvih Hrvata-antifašista).120 Ihr gelang es, genauso wie Mira Vrljičak-Dugački, über Italien nach Argentinien zu flüchten. Benedikta Zelić-Bučan flüchtete ebenfalls, wurde von der Jugoslawischen Armee aber nach einem langen Marsch, dem sogenannten Kreuzzug, wieder nach Kroatien zurückgeführt. Sie unterrichtete zwar wieder in Schulen, wurde aber dennoch wegen ihrer politischen Einstellung zweimal aus dem Dienst entlassen. Schließlich arbeitete sie bis zu ihrer Pensionierung im Staatsarchiv in Split.121 Kaja Pereković wurde ebenso von den Partisanen festgenommen und zum Tode verurteilt, dann wiederum zu 20 Jahren Freiheitsstrafe begnadigt. Sie verbrachte schließlich sechs Jahre in den Gefängnissen in Lepoglava, Stara Gradiška und Slavonska Požega. In ihren Erinnerungen schildert sie die harte und grobe Behandlung der politischen weiblichen Gefangenen durch die Kommunisten.122 Nach Proklamation der Republik Kroatien im Jahre 1990 wurde sie die erste Vorsitzende der Kroatischen Gemeinde der politischen Gefangenen und sammelte vor allem Archivmaterial über Frauen, die von den Kommunisten inhaftiert und getötet worden waren. Über ihre Rolle in der Ustaša-Jugend schwieg sie indessen. Die Freundschaften der Frauen blieben auch nach Jahrzehnten bestehen: Pereković war es auch, die Dolores Bracanović dazu bewog, aus Argentinien nach Kroatien zurückzukommen.123 Beide Frauen starben im hohen Alter in Zagreb. Es lässt sich resümieren: Als überzeugte Ustaša-Anhängerinnen waren sich die Funktionärinnen im USK ihrer eigenen Verantwortung wohl bewusst. Ihre sozialen, kriegsbedingten und menschenrechtsverletzenden Aufgaben erfüllten sie mit einer Ernsthaftigkeit und disziplinierten Treue zum Staat. Das verbrecherische Ustaša-Regime konnte auf sie zählen. In ihren Handlungsräumen trafen sie Entscheidungen und wirkten so auf Lebenswege ihrer Mitbürgerinnen (und Mitbürger) ein. Auf Rat und Hilfe ihrer männlichen Mitstreiter waren diese jungen 118 

Interview mit Kaja Pereković am 21. 5. 2008. HDA, Zemaljska komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njihovih pomagača (im Folgenden ZKRZ), Zh – 306, K. 337, 9. 4. 1946. 120  HDA, ZKRZ, Zh – 306, K. 337, 9. 4. 1946. 121  Zelić, Nezavisna Država Hrvatska, S. 161. 122  Vgl. auch die Erinnerungen von Čović, Mara, Sjećanje svjedočenje. Zvuči kao priča a bila je istina, Rijeka 1996. 123  Über ihre Erinnerungen siehe: Pereković, Naše robijanje, S. 7 – 58. 119 

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Frauen, trotz der auch von der weiblichen Seite akzeptierten Männerdominanz im USK, im Grunde nicht angewiesen. 4.  Studentinnen zwischen Hörsaal und Arbeitseinsatz Der Kampf der Frauen für ihr Recht zu studieren war ein langer Weg, der auch in Kroatien beschritten werden musste: Für eine bessere Bildung von Mädchen und Frauen setzten sich liberal-patriotische Intellektuelle bereits zur Zeit der Habsburgermonarchie ein, etwa der Schriftsteller August Šenoa und der Herausgeber des Blattes „Der Kranz“ (Vienac) Ivan Perkovac. Ihr Verdienst war es, dass 1868 die erste Höhere Mädchenschule in Zagreb, eine Elementarschule, eröffnet wurde. Zu dieser Zeit konnten sich Mädchen in Zagreb nur in der Erziehungsanstalt im Konvent der Barmherzigen Schwestern weiterbilden. 1892 wurde das Weibliche Lyzeum (Ženski licej)124 mit pädagogischer Richtung in Zagreb, dann in Osijek und Sušak gegründet, das Frauen den Weg zum Studium ebnete.125 In Zagreb war im Jahre 1895 Frauen das Universitätsstudium zugänglich gemacht worden.126 Jedoch konnten sie nur als Zuhörerinnen an den Vorlesungen teilnehmen. Erst ab 1901 wurden sie als reguläre Studentinnen aufgenommen.127 Von 1895 bis 1914 immatrikulierten sich an der Universität Zagreb die meisten Frauen in geisteswissenschaftlichen, aber auch in naturwissenschaftlichen Studienfächern.128 Den Frauen wurde der Weg zum Studium allerdings insofern erschwert, als dass sie nach dem Abitur ein Jahr warten mussten, bis sie sich an einer Universität einschreiben durften. Hatten sie alle Hürden überwunden, so wurden sie an der Universität – wie an vielen anderen Hochschulen Europas – jahrzehntelang mit Diskriminierungen verschiedener Art konfrontiert: So weigerten sich

124  1913 wurden die Lyzeen in Realgymnasien umgewandelt. Hrvatski krugoval, Nr. 43, 12. 12. 1943, S.  8. 125  Župan, Dinko, „Uzor djevojke“: obrazovanje žena u Banskoj Hrvatskoj tijekom druge polovine 19. st., in: Časopis za suvremenu povijest, 2 (2001), S. 436 – 452, hier S. 440 f. 126  Da an der Universität Zürich seit 1840 Frauen als Hörerinnen und seit 1867 als reguläre Studentinnen zugelassen waren, immatrikulierten sich Frauen, darunter auch Kroatinnen, zunächst an dieser Hochschule. So war Milica Šviglin aus Varaždin die erste Kroatin, die 1893 in Zürich das Medizinstudium abschloss. Da ihre Bemühungen, in Zagreb eine Praxis zu eröffnen, nicht erfolgreich waren, setzte sie ihre Karriere in Deutschland fort. Karola Milobar, geborene Maier, – sie hatte ebenfalls in Zürich studiert – gelang es schließlich, 1906 als erste Frau eine Arztpraxis in der Hauptstadt zu eröffnen. Belicza, Biserka, Medicinski fakulteti, liječnička društva i prve hrvatske liječnice, in: Gazophylacium, 3 – 4 (2003), S. 5 – 22, hier S. 13 f. Siehe auch: Belicza, Biserka, Prve hrvatske liječnice, in: Liječnički vjesnik. Glasilo zbora liječnika Hrvatske, 10 (1970), S. 1187 – 1195. 127 Dazu Ograjšek, Ida, Zastupljenost ženskog pitanja u hrvatskim glasilima na kraju 19. stoljeća, in: Radovi. Zavod za hrvatsku povijest, 34 – 36 (2004), S. 89 – 100, hier S. 89. 128 Dazu Luetić, Tihana, Prve studentice Mudroslovnog fakulteta kr. Sveučilišta Franje Josipa I. u Zagrebu, in: Povijesni prilozi, 21 (2002), S. 167 – 208.

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1933 beispielsweise Zagreber Physikprofessoren ihren Unterricht zu halten, wenn Studentinnen anwesend waren.129 Frauen litten unter diesen Umständen, ließen sich von patriarchalischen Denkmustern dennoch wenig beeinflussen: 1939/40 betrug der Anteil der Frauen an der Universität Zagreb 26 Prozent.130 1940 studierten in Zagreb 185 Studentinnen an der Juristischen Fakultät von insgesamt 1.129 Studierenden. Weitaus mehr Studentinnen als Studenten immatrikulierten sich an der Philosophischen Fakultät: 655 Frauen und 544 Männer. Medizin studierten 729 Männer und 190 Frauen, während an der Technischen Fakultät 717 Studenten und nur 52 Studentinnen eingeschrieben waren.131 An der Universität Zagreb kam vor der Machtübernahme der Ustaše die akademische Jugend unterschiedlicher Couleur zusammen: Die Zahl der Studierenden aus dem Bund der Kommunistischen Jugend Jugoslawiens war an der Universität nie sehr hoch.132 Rechts orientierte Studierende – die meisten waren frankovci (Anhänger Josip Franks) beziehungsweise Anhänger der Rechtspartei – versammelten sich in den Studentenklubs Matija Gubec, August Šenoa oder Eugen Kvaternik.133 Geführt wurden die ungefähr 1.000 Unterstützer der Ustaša-Bewegung von den Intellektuellen Danijel Crljen und Dušan Žanko.134 Bis zur Ausrufung des Ustaša-Staates betätigten sich kommunistische und rechts orientierte Studierende in der Illegalität, da ihre politischen Studentenorganisationen in Jugoslawien verboten waren: Verbreitung von Propaganda, Betreuung von verhafteten Gleichgesinnten und ideologische Vorträge gehörten zu ihren Tätigkeitsfeldern. Dabei kam es zwischen Kommunistinnen und Kommunisten, den Rechten als auch Jugoslawisten des Öfteren zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und gegenseitigem Boykott.135 Nach Angaben der damaligen Agronomie-Studentin Anka Rukavina – sie arbeitete später im Ustaša-Aufsichtsdienst – hassten sich die rechts und links orientierten Kommilitoninnen und Kommilitonen sehr.136 Die Aversion der nationalistischen Studierenden richtete sich zwar gegen Jugoslawien und die Monarchie, aber auch gegen Maček, der 1939 das serbisch-kroatische Abkommen gemeinsam mit Cvetković unterzeichnet hatte. Hunderte Studierende 129  Feldman, Andrea, Der Verband universitätsgebildeter Frauen Jugoslawiens (1927 – 39), S. 129. 130  Feldman, Der Verband universitätsgebildeter Frauen Jugoslawiens, S. 128. 131  Statistički godišnjak 1940, Buch 10, Belgrad 1941, S. 352. 132  1942 gab es circa 225 SKOJ-Mitglieder und 100 Sympathisantinnen und Sympathisanten. 2.326 Studierende schlossen sich Titos Widerstandsbewegung an, 115 starben an der Front und 205 waren in Gefängnissen und Konzentrationslagern. Siehe Sirotković, Hodimir, Sveučilište u Zagrebu, Zagreb 1987, S. 73; Luetić, Tihana, Die Geschichte der Universität Zagreb von ihrer Gründung bis heute, Zagreb 2002, S. 78. 133  Zelić, Nezavisna Država Hrvatska, S. 17 f. 134  Sundhaussen, Wirtschaftsgeschichte Kroatiens, S. 72. 135  Zelić, Nezavisna Država Hrvatska, S. 18 ff. 136  Interview mit Anka Rukavina am 22. 5. 2008 in Zagreb.

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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landeten wegen ihrer politischen Überzeugung in Gefängnissen, z. B. dem in der Đorđićeva-Straße, welches von den Studierenden ironischerweise als das „Hauptgebäude“ der Universität bezeichnet wurde.137 Nach der Machtübernahme der Ustaše wurden auch an der Universität „Säuberungsmaßnahmen“ durchgeführt. Gemäß dem von den Ustaše geänderten Statut, übernahm Pavelić die Ernennung des Rektors, der Dekane und der Professoren der Universität. Einige jüdische und serbische Professoren wurden zunächst noch geduldet, da es an kompetenten Lehrkräften fehlte,138 andere aber wurden bereits 1941 entlassen.139 Personen mit „ostgriechischer Religionszugehörigkeit“ (grčko-iztočne vjeroizpoviesti) durften sich immatrikulieren. Serbinnen und Serben, die außerhalb der Grenzen des USK lebten, wurde die Immatrikulation an einer kroatischen Hochschule untersagt.140 Frauen wurde das Studium nicht verwehrt. Anstelle ihrer männlichen Kommilitonen füllten nun sie die Hörsäle. So stieg die Anzahl der Jurastudentinnen im Frühjahr 1942 von 120 (1941) auf 727.141 Die Mehrheit des akademischen Personals bildeten trotzdem Männer. Pavelić ernannte vom 10. 4. 1941 bis Frühjahr 1943 lediglich vier Frauen zu Dozentinnen der Medizinischen Fakultät der Universität Zagreb: Dr. Blaženka Marković-Peičić, Dr. Ruža Verner, Dr. Beata Brausil und Dr. Nada Kovačević.142 Da seit dem 22. Februar 1944 Zagreb und andere Städte von den Alliierten bombardiert wurden, kann davon ausgegangen werden, dass in der größten Universität Kroatiens die Türen monatelang verschlossen blieben. Auch konnten die Bibliotheksbestände nicht genutzt werden, da sie in Sicherheit gebracht werden mussten. Den nationalistisch orientierten Studentinnen und Studenten sowie Intellektuellen wurde die Aufgabe zuteil, politisch unschlüssige und desinteressierte, vor allem studentische Neuankömmlinge, für die Ustaša zu gewinnen. Mit dieser Mission beauftragte Pavelić in erster Linie Studentinnen, denn seiner Auffassung nach waren sie vertrauenswürdiger als ihre männlichen Kommilitonen. Sie hätten, nach Pavelić, die Gabe, überzeugender zu reden.143 Sicherlich stand hinter dieser Aussage nicht vordergründig der Gedanke, dass Studentinnen generell bessere Überzeugungsarbeit leisten würden, sondern die Tatsache, dass Studenten als Soldaten an der Kriegsfront eingesetzt werden mussten. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als Studentinnen mit der Aufgabe zu betrauen, die künftige intellektuelle 137 

Zelić, Nezavisna Država Hrvatska, S. 18 ff. Goldstein/Goldstein, Holokaust u Zagrebu, S. 146. 139  Polić, Ivan, Život i djelo Pavla Vuk-Pavlovića, Zagreb 2003, S. 45. 140  Spomen-knjiga prve obljetnice Nezavisne Države Hrvatske, S. 160. 141  Vgl. Hrvatski krugoval, Nr. 8, 16. – 29. 4. 1945, S. 35; Yeomans, Visions of Annihilation, S. 161. 142  Liste der Änderungen des akademischen Personals an der Universität Zagreb siehe in: Alma Mater Croatica, Glasnik Hrvatskog Sveučilišnog Društva u Zagrebu, (ohne Nummer), 1942 – 1943, S. 114 – 124. 143  Poglavnik hrvatskim sveučilištarkama, hrsg. v. Povjerenstvo za sveučilištarke pri Ustaškom sveučilišnom stožeru, Zagreb 1942, S. 22. Vgl. Ustaškinja, Nr. 7, 10. 10. 1942, S. 7. 138 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Elite Kroatiens vollkommen in die Ustaša-Bewegung einzubinden. So bestärkte Pavelić die Studentinnen in ihrer Vorreiterrolle: „Ich bin sicher, ich bin ohne jede Zweifel, dass diese Generation, eure Generation der kroatischen Studentinnen, das intellektuelle Leben der kroatischen Frau wiedergebären wird, vor allem der Frau aus den intellektuellen Reihen. Ich bin sicher, dass ihr, durchdrungen von den Ustaša-Grundsätzen, durchdrungen von unendlicher Liebe zum Volk und zur Heimat, eure ganze Arbeit an der Universität auch dafür nutzen werdet, die Ustaša-Grundsätze bis zur äußersten Grenze des kroatischen Landes einzuführen […].“144

Vor allem wurde betont, dass es den kroatischen Intellektuellen im neuen Staat besser ergehen sollte als im ehemaligen Jugoslawien. Intellektuelle genossen im USK einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert und nahmen im Ustaša-Apparat wichtige Funktionen ein. Die Tatsache, dass die Anzahl der kroatischen Intellektuellen gering war und sich somit auch das „geistige Leben“ (duhovni život) wenig entfalten konnte,145 verschaffte den wenigen gebildeten Ustaša-treuen Frauen die Möglichkeit, weiter an gesellschaftlichem Prestige zu gewinnen. Die Ustaša-Frauenpolitik verfolgte aber keine klare Linie und schwanke zwischen Anerkennung und Ausgrenzung. Weil auch der USK der Frauenpolitik der Verbündeten im „neuen Europa“ folgen müsse, so der „Doglavnik“ (Vize des „Poglavniks“) und Minister für Unterricht, Mile Budak, werde den Frauen der Zugang zu den Berufen der Anwältin, der Richterin, der Technikerin und der Ärztin verwehrt. Bei seiner Argumentation richtete er seinen Blick auf Länder wie Deutschland und Italien.146 Generell hielten die Nationalsozialisten an der Vorstellung fest, dass Frauen nur dann das Studium aufnehmen sollten, wenn sie sich dazu berufen fühlten. An diese Vorstellung lehnten sich ebenfalls die Ustaše an. So sollte, statt vieler mittelmäßiger Akademikerinnen, eine Elite Auserkorener ausgebildet und gefördert werden.147 Ziel war es, einen Großteil der Frauen vom Studium und der Arbeitswelt fernzuhalten sowie ihre Rolle auf das Muttersein zu beschränken. Um dieses Unterfangen durchzusetzen, führte Hitler 1934 zeitweilig einen Numerus clausus für Studentinnen ein und hielt Frauen von höheren Berufen, wie dem der Richterin und Anwältin fern. Aber bereits 1936 wurden Frauen im Zuge der Kriegsaufrüstung zur Arbeit in Munitionsfabriken verpflichtet und nahmen mit 144  „Ja sam siguran, ja sam bez ikakve dvojbe, da će ovo pokoljenje, vaše pokoljenje hrvatskih sveučilištarka preporoditi intelektalni život hrvatske žene, a napose žene iz intelektualnog razreda. Ja sam siguran, da ćete vi, prožete ustaškim načelima, prožete neizmjernom ljubavi prema narodu i domovini sav svoj rad na sveučilistu i poslje usredočiti i u to, da se ustaška načela sprovedu do skrajnih granica hrvatske zemlje […].“ Nova Hrvatska, Nr.  84, 10. 4. 1942. 145  Ustaškinja, Nr. 7, 1. 7. 1943, S. 7. 146  Novi list, Nr. 139, 15. 9. 1941. 147  Vgl. Das Deutsche Frauenwerk, Nr.  4, November 1933, S.  5 – 6; Ustaškinja, Nr.  8, 1944, S. 33.

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Aufgaben der rekrutierten Männer wahr. Daher waren auch an den deutschen Universitäten mehr Studentinnen immatrikuliert als Studenten.148 1941 ließ Minister Budak noch offen, wann damit begonnen werden sollte, Frauen vom Studium fernzuhalten. Er versicherte jedoch, dass hochqualifizierte Frauen ihren Beruf langfristig nicht mehr ausüben würden, da sie nicht dazu geboren seien, als Anwältin oder Richterin zu arbeiten. Die Juristinnen im USK seien zwar hervorragend, aber dennoch, so Budak zynisch, würde es nicht ausreichen, eine Zigarette anzünden zu können, um ein guter Richter zu sein. Es würde nicht dem Wesen der Frau entsprechen, den Beruf einer Rechtsgelehrten auszuüben. Wegen ihrer Sensibilität würde sie keine Arbeit bekommen und so ergäbe es keinen Sinn, ein Jurastudium anzustreben. Es sei hier angemerkt, dass die älteste Tochter des „Poglavniks“ Jura studierte. Die Frauen sollten, nach Meinung des Ministers, genauso wenig Medizin studieren, weil die wenigsten Patientinnen eine Ärztin aufsuchen würden. Durch das Verbot des Studiums würde der Staat zwar höchstens zwanzig Medizinerinnen verlieren, aber die Ustaše hätten die Frauen daran gehindert, sich einem falschen Beruf zu widmen.149 Dass viele Frauen etwa aus Schamgefühl medizinischen Rat eher bei einer Ärztin als bei männlichen Medizinern einholten, ignorierte der Minister. Pseudowissenschaftlich argumentierte Budak ebenfalls hinsichtlich des Chemiestudiums: Darin seien Frauen sogar besser als Männer, da sie schon geübt seien im Kochen, im Wiegen und Messen. Zudem wollte der Minister Frauen zum Studium der Pharmazie und Philosophie zulassen, ohne hierfür Argumente vorzubringen. Vom Hörensagen würde er aber wiederum wissen, dass das Studium der Agrarwirtschaft gut für die Frau sei, da sie mehr Geduld habe als der Mann.150 Diese Auslegung über die Frauenberufe entpuppte sich zum einen als gestrig, zum anderen als taktisch unpassend, da es in der Kriegszeit weder darum ging, die männliche Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, noch die Frauen in die Privatsphäre zurückzudrängen, sondern Frauen für jegliche Arbeit zu mobilisieren. Trotzdem wurde ein Gesetz eingeführt, das in der Theorie Frauen aus dem Berufsleben ausschloss, in der Praxis jedoch keine Konsequenzen nach sich zog. So wurde im Januar 1944 Lehrerinnen der weiblichen Fachschulen der Richtung Schneiderei und Hauswirtschaft im Falle einer Heirat die weitere Ausübung ihres Berufes verboten. Sie sollten frühzeitig in Pension geschickt werden. Diese Maßnahme war am „Doppelverdienerprinzip“ eines Haushalts orientiert. War der Ehemann indes nicht in der Lage, allein für die Familie zu sorgen, durfte das Arbeitsverhältnis der

148  Grüttner, Michael, Studenten im Dritten Reich, Paderborn/München/Wien 1995, S. 120 ff. 149  Novi list, Nr. 139, 15. 9. 1941. 150  Novi list, Nr. 139, 15. 9. 1941.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Abbildung 11: Studentinnen auf einer Parade, Zagreb, 10. April 1942

Lehrerin bestehen bleiben.151 Da „kriegsverwendungsfähige“ Männer aber ohnehin rekrutiert wurden, stellte sich dieses Gesetz im Prinzip als überflüssig heraus. Ob Frauen mit ihrer geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit imstande seien, sich dem Hochschulstudium zu widmen, darüber diskutierten bereits Gelehrte im Europa des 19. Jahrhunderts kontrovers und impulsiv. Dass schließlich nach langem Kampf für Frauen- und Bürgerrechte die Universität Zürich im Jahre 1840 die ersten Hörerinnen aufnahm, war gewiss Beweis genug, dass Frauen über genügend Intellekt verfügten, sich wissenschaftlich zu betätigen.152 Aus diesem Grund stimmten einige gebildete Frauen, vor allem Lehrerinnen, der traditionellpatriar­chalischen, faschistisch-nationalsozialistischen Auslegung des Frauenstudiums durch Budak nicht zu. Die Lehrerin Benedikta Bučan beispielsweise schlussfolgerte 1944 in einem Zeitungsbeitrag, der den Titel „Ist das Studium für Frauen?“ (Je li za ženu studij?) trug, folgendermaßen: „Die Frau ist zum Studium fähig, und als freies menschliches Wesen hat sie das natürliche Recht auf vollkommene Entfaltung ihrer intellektuellen Fähigkeiten. Die Teilnahme von Frauen in außerfamiliären Berufen ist eine soziale Notwendigkeit und keine weib­ liche Laune. Und da die intellektuelle Profession die allerwürdigste Form des öffentli151 

Narodne novine, Nr. 12, 17. 1. 1944. Glaser, Edith, „Sind Frauen studierfähig?“ Vorurteile gegen das Frauenstu­ dium, in: Kleinau, Elke/Opitz, Claudia (Hrsg.), Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung, Frankfurt/Main 1996, S. 299 – 305. 152 Vgl.

I.  Ustaša-Jugendorganisationen: Von der Schülerin zur Studentin

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Abbildung 12: Ivona Latković-Maixner auf einem Empfang bei Ante Pavelić chen Wirkens der Frau ist, fordert die Gerechtigkeit, dass ihr das Studium, als Vorbereitung für solch einen Beruf, für welchen sie – wie die Erfahrung gezeigt hat – fähig ist, ermöglicht wird. Das Studium ist allein für sich keine Gefahr für den moralischen Stellenwert der Frau, und es ist auch gar kein Hindernis, dass die Frau eine wohlanständige Hausfrau und Mutter wird.“153

Dieses Zitat exemplifiziert das Selbstverständnis gebildeter Frauen im USK und verweist auf ihren innerlichen Kampf zwischen Moderne und Tradition. Allerdings spielten solche theoretischen Fragen wegen der Inanspruchnahme der Studentinnen für kriegsbedingte Aufgaben nur sporadisch eine Rolle. Im Juli 1942 wurden alle Studentinnen in der Organisation Arbeitshilfe der Studentinnen (Radna Pomoć Sveučilištarki, RPS) für den Kriegsdienst mobilisiert. Führerin der Studentinnen im Ustaša-Studentenstab (Ustaški Sveučilišni Stožer) und Vertreterin für Zdenko Blažeković, den Befehlshaber dieser Organisation, war Ivona Latković-Maixner, Jahrgang 1917. Sie studierte Recht in Zagreb und in Paris und widmete sich auch dem Studium der Journalistik. Latković-Maixner war eine der aktivsten Schreibtisch-Ustaškinja, und als solche wollte sie an der ideologischen Ausbildung der Mädchen und Frauen teilhaben. Sie schrieb regelmäßig für Zeitun153  „Žena je za studij sposobna i kao slobodna ljudska osoba ima prirodno pravo na podpuno razvijanje svojih intelektualnih sposobnosti. Sudjelovanje žene u vanobiteljskim zvanjima je socialna nužda, a ne ženski hir, a kako je intelektualno zvanje najdostojniji oblik javnog djelovanja žene, pravda zahtieva da joj se omogući studij kao priprema za takovo zvanje, za koje je – kako izkustvo pokazuje – sposobna. Studij sam po sebi nije nikakova opasnost po moralnu vriednost žene, a nije niti nikakova zapreka, da žena postane valjana domaćica i majka.“ Ustaška Mladež, Nr. 18 – 19, 15. 10. 1944, S. 13 – 14.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

gen (Hrvatski narod, Nova Hrvatska) und Zeitschriften der Ustaša-Jugend.154 Wie alle Ustaša-Funktionärinnen, wurde sie mit einer Auszeichnung geehrt, und zwar mit dem Orden für Verdienste II. Grades (Red za zasluge II. stupnja).155 Zur Arbeitshilfe gehörten alle kroatischen Studentinnen, die – wie in jeder Teilorganisation der Ustaša – den obligatorischen Ustaša-Schwur abgelegt hatten.156 Ihre Arbeit begannen die Studentinnen jeden Morgen, indem sie gemeinsam die Fahne hissten und ein Gebet aufsagten.157 Sie wurden beauftragt, nach jedem Semester einen Monat ehrenamtlich Arbeiterinnen in der Fabrik – diese bekamen bezahlten Urlaub – oder Bäuerinnen auf dem Feld und bei der Hausarbeit zu ersetzen. Bevorzugt wurden hier Mütter mit mehreren Kindern.158 Hinter der Arbeitshilfe stand die ideologische Überlegung, Intellektuelle mit der Handarbeit vertraut zu machen und ihnen die Idee der „Volksgemeinschaft“ näherzubringen, in der alle sozialen Schichten als gleichwertig definiert wurden. Um diese Idee gesellschaftlich zu festigen, gab es vom 4.– 18. November 1943 im Zagreber Künstlerpavillon eine Ausstellung über die Tätigkeiten der Arbeitshilfe.159 Im August und September 1942 wurden 1.200 Studentinnen in der Arbeitshilfe eingesetzt.160 Aus Zagreb wurden 400 Studentinnen für die Arbeit in Fabriken eingeteilt, während 90 Medizinstudentinnen in Krankenhäusern ihren Dienst taten.161 Sie kümmerten sich vor allem um verwundete Soldaten. Zusätzlich pflegten sie Flüchtlingskinder. Die Presse betonte ebenfalls, dass sich Studentinnen um die Erziehung und Pflege der unversorgten Kinder der „Rebellen“ (Partisanen, Serben) kümmern würden, um aus ihnen „gute Menschen“ zu formen.162 Der Versuch der Kroatisierung und „Arisierung“ von Partisanen-Kindern und Kindern serbischer Herkunft gehört wohl zu den dunkelsten Kapiteln der Geschichte der Weiblichen Ustaša-Jugend. Sicherlich empfanden es viele junge Frauen, und insbesondere die Führerinnenelite, als befreiend und emanzipatorisch, an einem großen Aufbauprojekt aktiv mitwirken zu können. Dies wurde sowohl von männlichen Politikern als auch von Ustaša-Funktionärinnen vehement gefordert. Junge Frauen konnten durch ihre Mitgliedschaft in der Jugendorganisation eine Zeit lang aus dem engen Kreis von Familie und Schule ausbrechen. Sie wussten zwar, dass es ihre Berufung sei, Mutter „arischer“ Kinder und Hausfrau zu werden, trotzdem trat diese Anforderung an sie im Kriegsgeschehen an die zweite Stelle und blieb ausschließlich eine Propagandaformel. 154 

Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 230. Narodne novine, Nr. 156, 13. 7. 1944. 156  Hrvatski narod, Nr. 470, 8. 7. 1942. 157  Hrvatski narod, Nr. 478, 17. 8. 1942. 158  Hrvatski krugoval, Nr. 41, 14. 11. 1943, S. 20; Spremnost, Nr. 77, 15. 8. 1943. 159  Hrvatski krugoval, Nr. 41, 14. 11. 1943, S. 20. 160  Hrvatski narod, Nr. 470, 8. 7. 1942. 161  Hrvatski narod, Nr. 478, 17. 8. 1942. 162  Hrvatski narod, Nr. 478, 17. 8. 1942. 155 

II.  Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung

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II.  Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung wurde formell am 17. November 1941, das heißt, ein halbes Jahr nach der Gründung des USK als eine Teilorganisation der Bewegung gegründet. Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Weiblichen Zweig waren die absolute Befolgung der Ustaša-Gesetze, Vorschriften und Verordnungen; das aufopfernde Arbeiten für das Wohl des kroatischen Volkes und für den Unabhängigen Staat Kroatien sowie die Versicherung, sich in der Vergangenheit nicht gegen die kroatische nationale Ehre vergangen zu haben. Durch einen Eid mit religiöser Bindung, der die Pflichten, Aufgaben und die Konsequenzen eines Verstoßes regelte, wurde die Mitgliedschaft der Frauen an den „Poglavnik“, die Bewegung und den USK gebunden. Wurden Anordnungen nicht befolgt, so mussten Ustaša-Mitglieder mit Strafmaßnahmen rechnen. Jedes neue Mitglied musste schwören, das Ustaša-Geheimnis streng zu hüten.163 Den Ustaša-Schwur, den Irena Javor als „heilig“164 bezeichnete, legten Angehörige der Ustaškinja erstmals im Januar 1942 vor ihrem „Poglavnik“ Ante Pavelić ab.165 Der Ustaša-Frauenorganisation konnten sich lediglich gesunde Kroatinnen anschließen, die bereit waren, sich für das Volk und die Heimat zu engagieren. Eine weitere Voraussetzung der Mitgliedschaft war die Vollendung des 21. Lebensjahres. Verheiratete Frauen und Studentinnen, die nicht das vorgegebene Alter hatten, konnten jedoch ebenfalls der Ustaša-Frauenorganisation beitreten.166 Mit der Formierung der Ustaškinja endete peu à peu das Wirken aller Frauenorganisationen auf dem Gebiet des Unabhängigen Staates Kroatien.167 Die Anzahl der Mitglieder des Weiblichen Zweiges der kroatischen Ustaša-Bewegung betrug im November 1942 304 Frauen, die aus Zagreb, Vukovar, Vinkovci, Pitomača und anderen Orten stammten.168 In den folgenden Jahren wuchs zwar die Mitgliederzahl, aber zu einer Massenbewegung entwickelte sich die Ustaša nie. Vermutlich waren, wie bereits erwähnt, nur drei Prozent der Bevölkerung im USK Mitglieder der Bewegung. Die Unpopularität der Bewegung lag zum einen daran, dass die Ustaše der breiten Bevölkerung anfangs unbekannt waren – schließlich fungierten sie jahrelang im politischen Exil. Außerdem erzeugten sie kurz nach der Machtübernahme Angstgefühle bei Serben, Juden, Roma, aber auch bei vielen Kroaten. Im Krieg wurde die Werbung um Mitglieder ohnedies zur Herausforderung. So meldete das Blatt der Frauenorganisation „Ustaškinja“, dass z. B. Mitglieder bei Bombardierungen von kroatischen Städten ums Leben gekommen 163 

Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1942, S. 12. Ustaškinja, Nr. 5, 10. 8. 1942, S. 4. 165  Hrvatski narod, Nr. 23, 27. 1. 1942. 166  Propisnik o zadaći, ustrojstvu, radu i smjernicama „Ustaše“, S. 16. 167  Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1942, S. 12. 168  Ustaškinja, Nr. 9, 10. 12. 1942, S. 12 f. 164 

156

E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

waren.169 Zudem konkurrierte die Ustaškinja im USK mit der oppositionellen Antifaschistischen Frauenfront Jugoslawiens, die eine viel größere Resonanz erzielte. Da der Weibliche Zweig eine viel kleinere Mitgliederzahl aufwies als die Weibliche Ustaša-Jugend, kann angenommen werden, dass die Jugendorganisation und somit auch seine Funktionärinnen in einem breiteren Spektrum Einfluss ausüben konnten. Dennoch: Selbst die bescheidene Mitgliederzahl wusste die Bewegung politisch zu vermarkten. So hatte Pavelić beteuert, er wolle eigentlich keine Bewegung mit Hunderttausenden Mitgliedern, sondern schlichtweg eine mit auserkorenen Menschen, die jedoch jederzeit ihre Pflichten erfüllen würden. Đurđica Vitković, eine der Herausgeberinnen der Zeitschrift „Ustaškinja“, begründete die geringe Mitgliederzahl damit, dass in der Bewegung Disziplin und Strenge herrsche. Der rassistische Charakter der Bewegung wird auch durch die Begründung deutlich, die Ustaša sei eine Bewegung der „allerbesten und gesündesten nationalen Kräfte“ (najboljih i najzdravijih narodnih snaga), die lediglich die Aufgabe habe „Auserkorene“ zu erziehen.170 Diese Auslese würde schließlich dazu führen, dass nur der Prototyp des neuen „arischen Menschen“ über das Recht verfüge, Teil einer „großen Bewegung“ zu werden. Die Ustaša rühmte sich überdies, Frauen aus allen sozialen Schichten, von der Bäuerin bis zur Intellektuellen, in der Ustaša vereinigt zu haben. Fest steht jedoch, dass obwohl der Weibliche Zweig den Zugriff auf die Frauen sichern sollte, dies nur im geringen Maße möglich war. Tatsächlich sprach die Frauenorganisation eher eine kleine Gruppe elitärer Frauen an, die dort auch wichtige politische Funktionen übernahmen. Bäuerinnen wiederum, die zwar zu der größten sozialen Schicht im USK gehörten, konnten sich kaum mit den gebildeten weiblichen Führungskräften identifizieren und somit auch nicht mit der Ustaša-Frauenorganisation. Zudem fehlte es der Ustaša-Bewegung tatsächlich an der Zeit, eine (weibliche) Mehrheit für sich zu gewinnen. Trotz dieser Ausgangslage, war der Weibliche Zweig stets drum bemüht, Frauen für Belange der Bewegung als auch für kriegsbedingte Tätigkeiten zu mobilisieren. 1.  Auflösung und Gleichschaltung der Frauenvereine Wegen des schleppenden strukturellen Aufbaus der Unterorganisationen der Ustaša-Bewegung und so auch des Weiblichen Zweiges blieben national-konservativ orientierte, sozial-kulturelle Frauenvereine, wie etwa Das Kroatische Herz (Hrvatsko srce), Die Kroatische Frau (Hrvatska žena)171, Katarina Gräfin Zrinska

169 

s. bsp. Ustaškinja, Nr. 6, 10. 9. 1944, S. 23. Ustaškinja, Nr. 8, 10. 11. 1942, S. 6. 171  Über Die kroatische Frau siehe u. a.: Benyovsky, Lucija, Društvo Hrvatska žena u Karlovcu (1921 – 1945, 1991 – 1996), Karlovac 1996; Benyovsky, Lucija, Društvo „Hrvatska žena“, in: Marulić. Hrvatska književna revija, 5 (1993), S. 747 – 750. 170 

II.  Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung

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(Katarina grofica Zrinska)172 und Die kroatische Mutter (Hrvatska majka) teilweise bis Anfang 1942 bestehen. Mit der Auflösung, dem Zusammenschluss einiger und letztlich der Gleichschaltung aller Frauenvereine begannen die Ustaše dann ab Oktober 1941. So wurde beispielsweise Das kroatische Herz unter der Vorsitzenden Katarina Maksić aufgelöst, um anschließend die 8.000 Mitglieder, zu ihnen gehörte auch die Mutter des „Poglavniks“, Marija Pavelić, in den Verein Katarina Gräfin Zrinska einzugliedern. Laut Presse durfte Katarina Maksić selbst entscheiden mit welchem Verein Das kroatische Herz, der bekannt war für seine nationale kroatische Orientierung, fusionieren wollte. Auch die Mitglieder sollen bezüglich dieses Zusammenschlusses keine Einwände gehabt haben. Sie mussten sich konsequentermaßen, bis zur Gründung des Weiblichen Zweiges der kroatischen Ustaša-Bewegung, in den Dienst der Ustaša und des „Poglavniks“ stellen.173 Dass sie Pavelić treu ergeben waren, mussten sie ihm bei der Audienz, gleich einen Tag nach der Vereinigung der beiden Vereine, unter Beweis stellen.174 Der Verein Die kroatische Frau – gegründet 1921 von Marija Kumičić,175 der Ehefrau des Schriftstellers Eugen Kumičić – hatte bis zu ihrer Auflösung ebenfalls eine bedeutende Stellung in der kroatischen Gesellschaft eingenommen – und dies nicht nur als kulturelle, sozial-humanitäre Organisation, sondern auch als national gesinnte Triebfeder. Am 11. Juni 1922 beispielsweise hatten Vereinsmitglieder das Grab des „Vaters des Vaterlandes“ (otac domovine) Ante Starčević in Šestine aufgesucht und auf dem Rückweg „Nieder mit der Karađorđević-Dynastie“ (dolje dinastija Karadjordjević) gerufen. Danach musste sich die Vorsitzende des Vereins, Zora Trnski, wegen dieser anti-königlichen Bekundungen bei der Regionsleitung für Kroatien und Slawonien (Pokrajinska uprava za Hrvatsku i Slavoniju) verantworten. Der Verein, so die Antwort von Trnski, hätte hierbei gegen keine seiner Regeln verstoßen, da Starčević sowohl ein Politiker gewesen sei, als auch ein „berühmter kultureller Arbeiter“ (znamenit kulturni radnik).176 Dem „Poglavnik“ folgten kurz nach der Errichtung des USK einige dieser patriotischen, aus dem Adel (Baronin Ivka Ožegović) und dem gebildeten Bürgertum (u. a. Olga Barić, Marija Kumičić, Zdenka Smrekar) stammenden Frauen. Sie hofften, dass sie im USK mit ihrer bisherigen gesellschaftsnützlichen Arbeit fortfahren können. Auch viele weibliche Intellektuelle befürworteten die Errichtung eines kroatischen Staates. So gab bereits im Juni 1941 die Vizevorsitzende Marija Kumičić beim Besuch des Vereins der Kroatischen Frau bei Pavelić bekannt, kroa172  Dazu siehe Benyovsky, Lucija, Žensko prosvjetno katoličko društvo „Katarina Zrinska“ u Karlovcu, in: Svjetlo. Časopis za kulturu, umjetnost i društvena zbivanja, 3 – 4 (2005), S.  118 – 129. 173  Hrvatski narod, Nr. 256, 28. 10. 1941; Hrvatski narod, Nr. 257, 29. 10. 1941. 174  Hrvatski narod, Nr. 257, 29. 10. 1941. 175  Über Marija Kumičić siehe Benyovsky, Lucija, „Putem uspomena“ Marije Kumičić, in: Časopis za suvremenu povijest, 3 (1996), S. 427– 438. 176  s. HDA, Savska Banovina – Upravno odjeljenje. Pokrajinska uprava za Hrvatsku i Slavoniju, Pravila društva Hrvatska Žena Zagreb – 128, K. 46, 19. 6. 1922.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

tische Frauen und Mütter seien glücklich über die Gründung des USK. Außerdem bat sie Pavelić, er solle Frauen und Müttern seine ganze Aufmerksamkeit schenken, da sie vor 1941 gleichfalls um die Unabhängigkeit Kroatiens gekämpft hätten. Obwohl es sich hier nur teilweise um einen unabhängigen Satellitenstaat handelte, der auf einem totalitären Staatsverständnis basierte, rief die damalige Vorsitzende der Kroatischen Frau, Jelisava Horvat, die Mitglieder auf, sich im Ustaša-Staat neuen Pflichten, Bestrebungen und Zielen zu widmen.177 Somit nahm der Verein Die kroatische Frau bis zu seiner Auflösung Aufgaben wahr, die später dem Weiblichen Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung zufielen. Die Vereinsmitglieder waren zum Beispiel zuständig für das Sammeln von Geld, Sanitäts- und Nahrungsmitteln für Soldaten,178 die Organisation der Gedenkfeier für die verstorbene Olga Kvaternik179, die Pflege von außenpolitischen Beziehungen oder die Betreuung von Ehefrauen wichtiger politischer Gäste, wie der des bulgarischen Botschafters Jordan Mečkarov.180 Anfang 1942 begannen die Ustaša, den Verein Die Kroatische Frau zunächst in Zagreb und dann in anderen Teilen des USK aufzulösen.181 Der Prozess der Gleichschaltung zog sich bis zum Jahresende hin.182 Die Mitglieder wurden automatisch Teil der Ustaša-Bewegung und mussten dem Poglavnik den obligatorischen Treue­ schwur leisten. Das Vermögen des Vereins übertrug die Ustaša an die Kasse der weiblichen Ustaša-Organisation. In Vinkovci beispielsweise löste sich der Verein Die Kroatische Frau erst am 16. April 1942 auf. Im Protokoll wurde über die letzte Vereinssitzung dementsprechend festgehalten: „Die Vorsitzende, Frau Marija Dakić, grüßt die anwesenden Vereinsmitglieder und erklärt, dass mit der Gründung des Weiblichen Zweiges der kroatischen Ustaša-Bewegung in Vinkovci [der Verein] Die Kroatische Frau in Vinkovci mit seiner Arbeit, gemäß der Vorschrift des Poglavniks vom 17. November 1941, aufhört. […] Das Vermögen sowie die Arbeit übergibt der Verein dem Weiblichen Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung in Vinkovci. Aus diesem Anlass wird ein Telegramm an den Poglavnik geschickt, so dass er benachrichtigt wird, dass kroatische Frauen immer für den Poglavnik und für die Heimat – bereit sind.“183

177 

Novi list, Nr. 54, 22. 6. 1941. Hrvatski narod, Nr. 229, 1. 10. 1941. 179  Hrvatski narod, Nr. 211, 13. 9. 1941. 180  Hrvatski narod, Nr. 320, 17. 1. 1942. 181  Vgl. Nova Hrvatska, Nr. 455, 20. 6. 1942. 182  Vgl. Ustaškinja, Nr. 8, 10. 11. 1942, S. 21. 183  „Predsjednica gdja Marija Dakić pozdravlja prisutno članstvo i izjavljuje da je osnutkom Ženske loze hrvatskog ustaškog pokreta u Vinkovcima [društvo] Hrvatska Žena u Vinkovcima prestaje sa svojim radom postupajući prema odredbi Poglavnika od 17. studenog 1941. […] Svoju imovinu kao i svoj rad predaje Ženskoj lozi hrvatskog ustaškog pokreta u Vinkovcima a tim povodom poslati će se brzojav Poglavniku, da ga se obavijesti, da su hrvatske žene uvijek za Poglavnika i za dom – spremne!“ HDA, Ministarstvo zdravstva i udružbe Nezavisne Države Hrvatske – 226, K. 13, 16. 4. 1942. 178 

II.  Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung

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Mit der Gründung der amtlichen Ustaša-Frauenorganisation waren sozial-kulturelle und politische Frauenvereine verboten. Zu letzteren zählten vor allem die weiblichen Zweige der Kroatischen Bauernpartei unter Führung von Olga Barić. Diese Frau zeigte bereits in Amerika, wohin sie ihrem Mann Anfang des 20. Jahrhunderts gefolgt war, ein hohes Organisationstalent bei der Einrichtung von Schulen für kroatische Kinder und bei der Gründung des Frauenvereins Die Töchter der Katarina Zrinska (Društvo kćeri Katarine Zrinske) in Youngstown Ohio im Jahr 1917. Als Barić nach dem Ersten Weltkrieg nach Jugoslawien zurückkehrte, wurde sie Stjepan Radićs Gefolgsfrau, hielt Reden vor Mitgliedern der HSS und wurde durch ihr provokatives Intervenieren bei Radićs Gerichtsverfahren berühmt, auf dem sie laut verkündete: „Ich bringe Ihnen begeisterte Grüße von allen kroatischen Amerikanern. Ich bin gekommen aus einem freien Land und dachte, dass auch hier Freiheit herrscht.“184 Einige Jahre später, im August 1941, schwor sie Ante Pavelić die Treue, indem sie bei der Audienz des Staatsführers, bei der kroatische Minister, Ustaša-Funktionäre und der italienische General Eugenio Coselschi anwesend waren, öffentlich und im Namen aller 6.000 ehemaligen weiblichen Mitglieder der HSS erklärte: „Poglavnik! Mit ehrlichem Wunsch, ehrenhafter Seele, voller Vaterlandsgefühle für die Heimat und für Sie, schreiten wir in Ihrer Ustaša-Bewegung, unter Ihrer festen Führung, arbeiten wir nach den Ustaša-Vorschriften für unsere liebe Mutter Heimat, die uns ruft, dass wir unter ihre unabhängige Fahne treten. Für die Heimat – bereit!“185

Dieses Versprechen wurde schriftlich festgehalten, als ungefähr 160 Repräsentantinnen der HSS die Erklärung zum Beitritt in die Ustaša-Bewegung unterschrieben.186 Es liegt die Vermutung nahe, dass dieser Schritt nicht bei allen Parteimitgliedern auf freiwilliger Basis erfolgte, bedenkt man die Tatsache, dass auf einige von ihnen Druck ausgeübt werden musste. Die HSS war seit April 1941 tief gespalten: Mit der Errichtung des USK war der Vorsitzende der Bauernpartei Vladko Maček politisch ausgeschaltet worden. Er durfte sein Haus in Kupinec nicht verlassen und wurde unter Aufsicht gestellt. Im November 1941 internierten ihn die Ustaše im Konzentrationslager Jasenovac. Andere Anhänger/-innen der HSS gingen wiederum ins Londoner Exil oder schlossen sich der anti-faschistischen Widerstandsbewegung an. Marija Radić, Ehefrau des im Jahre 1928 ermordeten HSS-Chefs Stjepan Radić, konnte wegen ihres hohen Bekanntheitsgrades und ihrer gesellschaftlichen Stellung von den Ustaše nicht ignoriert werden. Die Frauenrechtlerin, ihre Tochter Mira Košutić und ihr Sohn Vladimir Radić legten jedes Jahr zusammen mit 184  „Nosim vam oduševljene pozdrave svih američkih Hrvata. Ja sam došla iz zemlje slobode, pa sam mislila, da i tu vlada sloboda.“ Hrvatica, Nr. 10, Oktober 1940, S. 7. 185  „Poglavniče! Izkrenom željom, poštenom dušom punom domoljubnog osjećaja za domovinu i Vas, stupamo u Vaš Ustaški pokret, da pod Vašim čvrstim vodstvom, radimo po Ustaškim načelima za dragu nam majku Domovinu, koja nas zove, da stupimo pod Vaš nezavisan Barjak. Za dom – spremne!“ Siehe: Hrvatski narod, Nr. 189, 22. 8. 1941. 186  Hrvatski narod, Nr. 192, 25. 8. 1941.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Ante Pavelić und der Ustaša-Delegation am Todestag ihres Mannes – der zum Ustaša-Märtyrer erklärt wurde – auf dem Zagreber Friedhof Mirogoj einen Kranz nieder.187 Mira Košutić, geboren 1901, war mit dem stellvertretenden Chef der HSS August Košutić verheiratet, der ab 1943 zunächst mit den Ustaše, dann aber mit den Kommunisten über mögliche politische Kooperationen verhandelte. Sie und ihre Mutter zeigten sich im USK zwar kooperativ, was das Gedenken an Stjepan Radić anging, versammelten um sich jedoch eine Gruppe von HSS-Angehörigen, die darauf abzielte, die Politik ihrer Partei weiterzuführen. 1944 wurde Mira Košutić wegen der Verstrickung ihres Ehemannes in den misslungenen Vokić-Lorković-Putsch für acht Tage von den Ustaše verhaftet. August Košutić gelang es dagegen, in die von Partisanen befreite Zone zu fliehen.188 Im Zuge der Gleichschaltung wurde auch die Parteikasse der HSS liquidiert. Soweit glaubhaft, wurden 40.000 Kuna aus der Kasse des Weiblichen Zweiges der HSS an arme oder halbverwaiste Kinder verschenkt, während der Rest von 13.865,60 Kuna an das Kroatische Rote Kreuz ging.189 Pavelić lobte in seiner Audienzrede die in Nationaltracht gekleideten „Schwestern“ (sestre), also die ehemaligen HSS-Mitglieder, weil sie verstanden hätten, dass es in der kroatischen Heimat keinen Platz für Parteien und keinen Platz für politische Spaltungen gebe. Das Volk müsse sich in eine einzige arbeitende und kämpferische Reihe einordnen, um die kroatischen Errungenschaften zu erhalten und zu pflegen.190 Pavelić ging es hierbei vor allem um die Stärkung seiner Alleinherrschaft und die Gleichschaltung des „arischen Volkes“. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung keine homogene Organisation war, der sich kroatische Frauenvereine ausschließlich freiwillig angeschlossen haben, wie dies in der Ustaša-Presse gern dargestellt wurde. Um die Kontrolle auch über andere Frauenvereine zu sichern, wurden soziale, kulturelle und politische Frauenorganisationen gezielt aufgefordert, sich aufzulösen und sich anschließend der Ustaškinja aus freiem Willen anzuschließen. Das gemeinsame Vorhaben sollte sein, eine rein kroatische „Volksgemeinschaft“ aufzubauen. Offen bleibt dennoch, inwiefern die Ustaše ihre neuen weiblichen Mitglieder von ihrer rassistischen Politik dauerhaft überzeugen konnten. Fanatische Ustaša-Funktionärinnen ließen sich indes von

187 

Hrvatski narod, Nr. 176, 9. 8. 1941. Mira Košutić gab nach dem Krieg, im August 1945, die Zeitschrift „Die Volksstimme“ (Narodni glas) heraus. Darin äußerte sie sich zu den neuen Wahlen im Land, und wurde daraufhin erneut – diesmal von Kommunisten – verhaftet. Zudem wurde wegen ihrer Zugehörigkeit zur HSS ihre Literaturhandlung von Angehörigen der kommunistischen Jugend, des Vereinten Bundes der Antifaschistischen Jugend Kroatiens (Ujedinjeni Savez Antifašističke Omladine Hrvatske, USAOH) demoliert. Siehe: HDA, RSUP SRH SDS – 1561, K. 14, Sig. 01037, 24. 8. 1945; 21. 1. 1948. 189  Hrvatski narod, Nr. 189, 22. 8. 1941. 190  Hrvatski narod, Nr. 192, 25. 8. 1941. 188 

II.  Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung

161

ihrer ideologischen Mission weder durch innere Spannungen noch durch äußere Kriegseinflüsse abbringen. 2.  Führungselite der Ustaša-Frauenorganisation Eine führende Position im Weiblichen Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung konnten nur nationalistisch gesinnte, religiös gefestigte und „arische“ Kroatinnen einnehmen. Die meisten dieser Frauen waren im Bereich der Erziehung tätig: sie waren Lehrerinnen oder Schuldirektorinnen. Aus diesem Grund übten sie, in ihrer beruflichen und politischen Doppelrolle, Einfluss auf die ideologische Erziehung der Jugend aus. Bei der Führungselite des Weiblichen Zweiges war die starke Bindung an religiöse katholische Organisationen, vor allem die Kreuzritterinnen, charakteristisch (genauso wie bei Funktionärinnen der Ustaša-Jugend). Demgemäß war auch das Blatt der Kreuzritterinnen „Für Glaube und Heim“, in dem auch Ustaša-Anhängerinnen als Autorinnen wirkten, regimetreu. Das Selbstbild der aktiven Ustaša-Angehörigen war das einer katholischen, elitären, gebildeten Frauengruppe. Einige von ihnen, darunter Olga Osterman, Marija Kumičić und Zdenka Smrekar, wurden in der kroatischen Gesellschaft bereits zur Zeit Jugoslawiens als Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Lebens wahrgenommen. Dies bedeutete indes nicht, dass alle folgenden Ustaša-Angehörigen von der ersten Stunde an Anhängerinnen der Bewegung waren. Sie konnten sich aber – jedenfalls anfangs – mit der Ustaša identifizieren, weil diese die Unabhängigkeit Kroatiens propagierte. Als national kroatisch Denkende, konnten sie später für die Bewegung gewonnen werden. Dank universitärer Bildung und verschiedener organisatorischer Fähigkeiten haben sie im eigentlichen Agrarland eine Eigentümlichkeit erlangt, von der die Bewegung profitierte. Einige Frauen nutzten tatsächlich die Chance, ihre berufliche Laufbahn im USK, diesmal unter einer anderen Flagge, fortzuführen: Zu diesen Frauen zählte Dr. Zdenka Smrekar, die laut Ivona Latković-Maixner die bedeutendste kulturelle und nationale Arbeiterin war.191 Nachdem Smrekar den Posten der Abteilungschefin der weiblichen Schulung im Ministerium für Religion und Erziehung aufgab,192 avancierte sie zur Kulturattaché im kroatischen Konsulat in Wien.193 Sie genoss großes Vertrauen bei Pavelić. So soll sie im Januar 1943, laut der Wiener Staatspolizei, in die Schweiz gegangen sein, um dort bei möglichen politischen Verbündeten auf Tuchfühlung zu gehen, falls Deutschland, und somit auch der USK, doch den Krieg verlieren sollten.194

191 

Hrvatski radio list, Nr. 2, 29. 6. 1941, S. 14. Nach Melissa Bokovoy sei Smrekar in Ungnade gefallen. Weswegen wurde im Text nicht erwähnt. Siehe Bokovoy, Croatia, S. 117. 193  HDA, Hans Helm – 1521, K. 16, Akte Zdenka Smrekar, 30. 1. 1943. 194  HDA, Hans Helm – 1521, K. 16, Akte Zdenka Smrekar, 27. 1. 1943. 192 

162

E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Die Biografien weiterer führender Frauen in der Ustaša-Bewegung sind weniger bekannt. Die politisch ranghöchste Frau in der Bewegung und im Unabhängigen Staat Kroatien war Irena Javor. Sie wurde von Pavelić als Beauftragte (povjerenica) des Weiblichen Zweiges der kroatischen Ustaša-Bewegung ernannt. Im Jahre 1943 änderte er ihre Funktionsbezeichnung in geschäftsführende Befehlshaberin (upravna zapovjednica).195 Irena Javor, Jahrgang 1914, war, wie bereits erwähnt, Tochter von Stipe Javor, der wegen seiner anti-diktatorischen Agitation im Königreich Jugoslawien inhaftiert worden war und im Gefängnis womöglich an den Folgen von Folter und Hungerstreik starb. Ob Pavelić Irena Javor zu der hohen Position verhalf, weil sie als Tochter eines „Ustaša-Märtyrers“ stärkeren Einfluss auf die ideologische Mobilisierung der Menschen ausüben konnte, wäre politisch durchAbbildung 13: Irena Javor, Chefin des Weiblichen Zweiges der kroatischen aus nachvollziehbar. Bevor sie sich der Ustaša-Bewegung dreijährigen Arbeit in der Ustaša widmete, studierte Irena Javor an der Philosophischen Fakultät in Zagreb und arbeitete später als Lehrerin.196 Sie unterstand in ihrer Funktion im Ustaša-Hauptquartier direkt Ante Pavelić und hatte die Kontrolle über die Stabsführerinnen.197 Irena Javor war weder verheiratet noch hatte sie Kinder. In ihren Artikeln, die in verschiedenen Zeitungen erschienen, predigte sie ausschließlich ein patriarchal geprägtes Rollenmuster, genoss aber selbst Freiheiten schon allein durch ihre vielen Dienst- und Auslandsreisen, die sie mit einer männlich dominierten Delegation unternahm. Im Juli 1944 wurde sie von Pavelić mit dem hohen Orden für Verdienste ersten Grades (Red za zasluge prvog stupnja) ausgezeichnet.198 Zur Stabsführerin der Hauptstadt wurde im Sommer 1943 Olga Osterman ernannt, geboren 1885 und tätig als Schulleiterin des Zagreber III. Weiblichen Staats195 

Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1942, S. 12; Ustaškinja, Nr. 4/5, Juli/August 1943, S. 30. Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 170. 197  Vgl. Propisnik o zadaći, ustrojstvu, radu i smjernicama „Ustaše“, S. 97 – 101. 198  Narodne novine, Nr. 156, 13. 7. 1944. 196 

II.  Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung

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Abbildung 14: Irena Javor mit Ustaša-Funktionären beim Empfang bei Pavelić

realgymnasiums (Zagrebačke Državne III. ženske realne gimnazije).199 Zagreb verfügte über einen eigenen Stab.200 Ob Osterman schon vor 1941 mit der Ustaša sympathisierte, ist unklar. Obwohl sie bekanntlich in Jugoslawien Mitglied der Frauenbewegung war, propagierte sie im USK ein konservatives, rassistisch geprägtes Frauenbild. Auch Osterman scheint tief religiös gewesen zu sein: Laut der Zeitschrift „Ustaškinja“ erhielt sie für ihre Arbeit mit der weiblichen Jugend den päpstlichen Ehrenorden Pro Ecclesia et Pontifice.201 Mit der gleichen Auszeichnung wurde 1942 auch die Vorsitzende der Kreuzritterinnen, Marica Stanković, geehrt. Sie war eine leidenschaftliche Verfechterin des Katholizismus. Anders als einige ihrer Mitstreiterinnen übte sie in der Ustaša-Bewegung jedoch keine Funktion aus. Vlasta Arnold, Jahrgang 1896, ebenso eine Kreuzritterin, wechselte dagegen zur Ustaša-Bewegung über. Sie war seit August 1943 Stellvertreterin Irena Javors.202 199 

Ustaškinja, Nr. 6, 10. 9. 1943, S. 23. wurde die Ustaša-Frauenorganisation in den Großgespanschaften Baranja, Posavje, Gora, Prigorje, Livac, Posavje, Livac-Zapolje, Hum, Zagorje und Vrhbosna gegründet. Siehe: Nova Hrvatska, Nr. 455, 20. 6. 1942. Stabsführerin von Vrhbosna war seit 1945 Justina Lastrić und von der Großgespanschaft Vuka Anka Streim. Siehe Ustaškinja, Nr. 10 – 12, Januar/März 1945, S. 32. 201  Ustaškinja, Nr. 6, 10. 9. 1942, S. 13. 202  Der Vorschlag zu dieser Ernennung wurde Ante Pavelić ein Jahr zuvor eingereicht. Ustaškinja, Nr. 6, 10. 5. 1943, S. 23. 200 1942

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Bekannt war sie als Tochter von Đuro Arnold, Schriftsteller, Universitätsprofessor, Begründer der Zweigabteilung Pädagogik, Vorsitzender des Kulturinstituts Matica Hrvatska und Rektor der Universität von Zagreb. Im Jahre 1915 absolvierte sie die Lehrerinnenschule und arbeitete anschließend in einer Volksschule.203 Seit 1927 war Arnold Mitglied der katholischen Organisation Die Adlerinnen. Nach dem Verbot der Organisation rief die damalige Vorsteherin der Adlerinnen, Marica Stanković, die Große Schwesternschaft der Kreuzritterinnen ins Leben. Vlasta Arnold wurde ihre Stellvertreterin. Beide Frauen wurden wegen Kollaboration mit der Ustaša nach dem Krieg verhaftet und zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.204 Marica Stanković verteidigte die Kreuzritter/-innen vor dem Kreisgericht in Zagreb im Jahre 1948, indem sie glaubhaft machen wollte, die Mitglieder der Organisation hätten nicht mit der Ustaša zusammengearbeitet. Dies stimmte jedoch nur teilweise.205 Um die Arbeit im Weiblichen Zweig effizienter zu gestalten wurden Berichterstatterinnen für folgende Themenfelder ernannt: Propaganda (Ðurđica Vitković), innere Struktur (Silva Radej), Fürsorge (Mira Urli) sowie Bildung und Zivilisation (J. Benešić)206. Als Beauftragte der Zagreber Taboren wurden von Irena Javor im Mai 1942 Mandica Lučić, Vlasta Arnold, Silva Radej, Lehrerin und Herausgeberin des Blattes „Ustaškinja“, und Đurđica Vitković ausgewählt.207 In den folgenden Jahren wurde die Zahl der Taboren auf weitere Städte in Kroatien und Bosnien-Herzegowina ausgedehnt. Dieser Prozess verlief jedoch schleppend. Um im Weiblichen Zweig eine führende Position als Stožernica, Tabornica oder Logornica einzunehmen, mussten die künftigen Funktionärinnen einen drei- bis sechsmonatigen politisch-ideologischen Kurs belegen. Zudem fanden für sie regelmäßig weiterbildende, zweitägige Treffen statt, bei denen die Wortführung Irena Javor, Vlasta Arnold, Silva Radej sowie Olga Osterman übernahmen. Minister, wie Dr. Lovro Sušić, beteiligten sich an diesen Versammlungen ebenfalls als Referenten.208 Das Ende des Krieges erlebten die meisten Frauen, die dem Weiblichen Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung angehörten, als den Beginn ihrer persönlichen Tragödie: Entweder wurden sie bei der Flucht von den jugoslawischen Partisanen in Österreich verhaftet und eingesperrt oder auf der Stelle ohne ein gerichtliches Verfahren umgebracht. So gilt Irena Javor bis heute als verschollen. Zdenka Smrekar wurde 1945 verhaftet, kurz danach wieder freigelassen und 1946 erneut abge203 Vgl.

Pereković, Naše robijanje, S. 247. s. dazu Pereković, Naše robijanje, S. 59 – 98 und S. 247 – 250. 205  Tamhina, Stella (Hrsg.), Marica Stanković. Životopis i bibliografija, Zagreb 2006, S. 90. 206  Der Vorname ist unbekannt. 207  Ustaškinja, Nr. 2, 10. 5. 1942, S. 13. 208  Hrvatski narod, Nr. 826, 5. 9. 1943. 204 

II.  Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung

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Abbildung 15: Eine Ustaša-Angehörige bei der Verteilung von Geschenken an verwundete Soldaten

führt, seitdem ist sie ebenfalls verschollen.209 Im August 1945 wurde Vlasta Arnold inhaftiert und verbrachte wegen ihres Engagements in der Ustaša-Frauenorganisation elf Jahre im Gefängnis Stara Gradiška und in Slavonska Požega.210 Die Landeskommission zur Feststellung der Verbrechen der Okkupanten und ihrer Helfer beschuldigte sie, kurz nach dem Krieg die nationale Ehre verletzt zu haben, unter anderem deswegen, weil sie Pavelićs Führerkult propagiert hatte.211 Der Stabsführerin Olga Osterman gehörte zu den Wenigen, denen es gelang, nach Argentinien zu fliehen.212 3.  „Für die Heimat bereit“: Pflichten und Aufgaben der Ustaškinja Oberstes Ziel des Weiblichen Zweiges der kroatischen Ustaša-Bewegung war es, Frauen im gesamten USK in die einzig zugelassene Frauenorganisation einzugliedern. Diese Aufgabe, die unermüdliche Überzeugungsarbeit erforderte, wurde den regimetreuesten Frauen übertragen. So bereiste Irena Javor viele Ortschaften im USK, um landesweit die Ustaša-Frauenorganisation aufzubauen, zukünftigen Funktionärinnen Instruktionen über Struktur und Verwaltung der Bewegung zu erteilen und neue Mitglieder für die Bewegung anzuwerben. In Bosnien-Herzegowina etwa hielt sie zu diesem Zweck vor weiblichem Publikum Reden über den „Poglavnik“, den Staat und die Bedeutung der Ustaša-Frauenorganisation.213 209 

Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 362. Pereković, Naše robijanje, S. 249; Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 11. 211  HDA, ZKRZ, Zh – 306, K. 224, 19. 7. 1945. 212  Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 303. 213  Nova Hrvatska, Nr. 123, 25. 5. 1942. 210 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Irena Javor erläuterte auf simple Art die Frage, warum sich eine Frau in die Ustaša-Frauenorganisation einschreiben sollte. Dabei führte sie als Exempel die Aussage einer „einfachen Bürgerin“ (jednostavna gradjanka) an, die gesagt haben soll: „Mein Mann ist ein Ustaša, meine Kinder sind Ustaše, auch ich muss eine Ustaškinja sein.“214 Vor dem Hintergrund des Krieges und des unpopulären Images der Bewegung, deren Verbrechen an Unschuldigen in der breiten Bevölkerung rasch bekannt wurden, blieb die Anwerbung von Neumitgliedern nur von geringem Erfolg gekrönt. Zwar wurden im Zuge der kriegsbedingten Mobilisierung alle katholischen und muslimischen Frauen im USK angeworben, durch soziale und humanitäre Tätigkeiten die Bewegung und den Ustaša-Staat zu unterstützen, aber dies hatte nicht zwingend die Mitgliedschaft in der Bewegung zur Folge. Traten Frauen der Bewegung bei, wurden sie im Bereich der Sozial- und vor allem Propagandaarbeit eingesetzt. Der Weibliche Zweig musste Frauen an der „Heimatfront“ für das Sammeln von Geld, Kleidung und Lebensmitteln mobilisieren, um Flüchtlinge, Ausgebombte oder Soldaten versorgen zu können. Das Nähen von Kleidung für die Soldaten gehörte ebenso zu den wichtigeren Aufgaben der Ustaškinja. Im Gebäude des Weiblichen Zweiges in der Straße Perkovčeva 1 in Zagreb befand sich eine Schneiderei, in der auch Flüchtlingsfrauen als Weberinnen eingesetzt wurden.215 Sie arbeiteten dort unter dem Leitgedanken: „Hilf, damit dir geholfen wird.“ (Pomozi, da budeš pomognut).216 Unterstützt wurden die Ustaša-Angehörigen bei ihren sozialen Tätigkeiten von Ehefrauen ausländischer Diplomaten unter Leitung von Dorothea Kasche, der Gattin des deutschen Gesandten in Zagreb.217 Den Soldaten wurden Zigaretten geschenkt, die im Krieg nicht nur als Luxusartikel angesehen wurden, sondern sich besonders gut zum Warentausch eigneten. Die Männer bekamen zu wichtigen Anlässen Pakete der Familie Pavelić, die von weiblichen Ustaša-Angehörigen verteilt wurden. Damit sollte demonstriert werden, der USK sei eine große Familie, die einander jederzeit humanitär zur Seite stehe.218 Ferner kümmerten sich Mitglieder des Weiblichen Zweiges um das seelische Befinden der Verwundeten: Zum Zeitvertreib im Krankenhaus bekamen sie Bücher zum Lesen, ihnen wurden Filme gezeigt oder es wurden Theater-Aufführungen veranstaltet.219 Die Frauen schenkten ihnen Bilder des „Poglavniks“, die sie sich im Krankenzimmer aufhängen konnten.220 Zudem schrieben die Mit214  „Muž mi je ustaša, djeca su mi ustaše, moram i ja biti ustaškinja.“ Spremnost, Nr. 14, 31. 5. 1942. 215  Ustaškinja, Nr. 6, 10. 9. 1944, S. 21. 216  Ustaškinja, Nr. 1, 10. 1. 1945, S. 14. 217  Ustaškinja, Nr. 2, 10. 5. 1943, S. 27. 218  Hrvatski narod, Nr. 566, 28. 10. 1942. 219  Nova Hrvatska, Nr. 86, 10. 4. 1943. 220  Ustaškinja, Nr. 2, 10. 5. 1943, S. 27.

II.  Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung

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glieder der Ustaša-Frauenorganisation für die Soldaten Briefe an deren Familien und Freunde. Auch war die Ustaškinja für die Verpflegung der Flüchtlinge zuständig. Für sie wurden Suppenküchen errichtet und Unterkünfte organisiert. Flüchtlingskinder brachten die Ustaša-Angehörigen in Familien in erster Linie auf dem Land unter.221 Dennoch: Nicht die karitative, sondern die ideologische Arbeit stand im primären Fokus der Ustaša-Frauenorganisation. Dafür schrieben sie Zeitungsartikel, organisierten Veranstaltungen, hielten öffentliche Reden und engagierten sich für gute zwischenstaatliche Beziehungen zwischen dem USK und den faschistischen Ländern Europas. So besuchte Irena Javor, als Chefin der Ustaša-Frauenorganisation, Bündnisländer, um die Beziehung, etwa zur Slowakei, zu festigen und aufrechtzuerhalten.222 Auch wurde in diesem Sinne insbesondere der Kontakt zu faschistischen „Schwesternorganisationen“ gepflegt, über deren Bedeutung und Leistungen die Leserinnen der Zeitschrift „Ustaškinja“ regelmäßig informiert wurden. Um die italienisch-kroatische Freundschaft zu zementieren, erlernten einige Ustaša-Angehörige, auf Vorschlag der italienischen Repräsentantin der faschistischen Frauen in Zagreb, Pina Tessoni, die italienische Sprache.223 Dennoch gab es nur wenige Frauen, die auch als „Brückenbauerinnen“ zwischen den Frauenorganisationen und somit auch den verbündeten Ländern wirkten: Bekanntlich hielt Zdenka Smrekar zahlreiche Vorträge im In- und Ausland über die Rolle der Frauen in Kroatien; in Deutschland beispielsweise sprach sie auf Versammlungen der Reichsfrauenschaft, der Frauenorganisation der NSDAP.224 In ihren Vorträgen und Zeitungsartikeln propagierte Smrekar zum einen das traditionelle christliche Frauenbild und kritisierte die intellektuelle Karrierefrau; ihre eigene Karriere betrachtete sie als Berufung. Sie war der Meinung – wie alle Angehörigen der Ustaša-Bewegung –, Mutterschaft sei die größte Aufgabe einer jeden Frau. Um der Bevölkerung die gravierende Bedeutung des Mutterseins zu veranschaulichen, organisierte der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung, zum ersten Mal im Mai 1942, eine „Woche der Mutter und des Kindes“ (Tjedan majke i djeteta). Größtenteils finanziert wurde die Veranstaltungswoche durch die im Oktober 1941 vom Ministerium für Wirtschaft geförderte Organisation Hilfe (Pomoć), deren Aufgabe es war, Bedürftigen zu helfen und für sie Geld im ganzen USK zu sammeln.225 Zur Eröffnung der „Woche der Mutter und des Kindes“ wurden am 30. Mai 1942 insgesamt 150 Mütter aus allen sozialen Schichten, die zahlreiche Kinder zur Welt gebracht hatten – einige bis zu zwanzig – zur Audienz bei Pavelić eingeladen. Im 221 

Nova Hrvatska, Nr. 86, 10. 4. 1943. Spremnost, Nr. 4, 22. 3. 1942. 223  Ustaškinja, Nr. 2, 10. 5. 1942, S. 13. 224  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 27, Sig. 013. 0. 20, Dnevnik Stjepana Bogata, 30. 10. 1942. 225  Narodne novine, Nr. 141, 1. 10. 1941. 222 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Anschluss bekamen sie von der Hilfe fünf Kilogramm Bohnen, drei Kilogramm Mehl, 300 Kuna für sich und für das Kind 100 Kuna.226 Zudem wurde ihnen im Namen von Marija Pavelić Pakete geschenkt, in denen sich Nähgarn, Stoff, Windeln und Seife befanden. Ebenso wurde den Müttern und Kindern ein kulturelles Programm geboten. Dazu gehörten Ausstellungen von Kinderbüchern, Musikveranstaltungen und Vorträge im Radio, die von der Rolle der Mutter und ihrer Kinder im USK handelten. Am letzten Tag durften die Kinder Pavelić begrüßen: In einem Paradezug marschierten die Mädchen mit Puppen, Kinderwagen, Kochlöffel und Besen, die Jungen stattdessen mit Gewehren und Säbeln. Ferner wurde den Säuglingen, die gerade in dieser Veranstaltungswoche im Krankenhaus zur Welt gekommen waren, Aufmerksamkeit geschenkt. So suchten die Angehörigen des Weiblichen Zweiges nach geeigneten Paten, die sich bereit erklärten, 3.000 Kuna für ein neugeborenes Kind zu zahlen. Am Namenstag des „Poglavnik“ wurden in der Kirche Heiliger Petrus in Zagreb 43 Kinder getauft – die meisten trugen den Namen Antonija oder Antun.227 Fundierte Unterstützung wurde den „arischen“ Frauen mit dieser Aktionswoche nicht geboten; vielmehr war es eine propagandistische Manifestation, die der Glorifizierung der Mutter diente – Jüdinnen, Serbinnen, Romnja und Antifaschistinnen wurden aus rassistischen Gründen nicht berücksichtigt. Zusätzlich wurden vom Weiblichen Zweig zu besonderen Anlässen, wie etwa dem Geburtstag des „Poglavniks“, seinen Namenstag (Antunovo) oder der Gründungsfeier des USK, Vorführungen mit Huldigungsliedern und Gedichtvorträgen organisiert. In den Kriegsjahren war die Organisation von Veranstaltungen der Ustaškinja, unter anderem wegen den Bombardements durch die Alliierten, eine Herausforderung. Eine Ustaša-Angehörige aus Stara Pazova berichtete diesbezüglich in einem persönlichen Brief an Ankica Kačečnik, die Chefin der Hilfsschwestern: „[…] der Luftalarm hat mich so ausgewühlt, dass ich selbst nicht weiß, wo mein Kopf ist. Wenn es heult, weiß ich nicht wohin zuerst, ob ich nach Hause rennen oder mich im Bunker verstecken soll, der keineswegs sicher ist. […] Wenn Sie irgendwo abseits unsere Bewohner beobachten könnten, wenn es heult, rennen sie kopflos herum, wissen selbst nicht wohin. Hauptsache man rennt. […] Warum ich mich bei Ihnen nicht gemeldet habe, hat auch damit etwas zu tun, dass ich die Woche der Mutter und des Kindes vorbereiten musste. Wir Mitglieder des Weiblichen Zweiges hatten alle Hände voll zu tun […]. Am Ende […] haben wir in der Gemeinde der Weiblichen und Männlichen Jugend eine öffentliche Vorführung veranstaltet, die auch gut gelungen ist. Wir haben uns mit der Kinderschar so sehr gequält, dass ich nachts vor Sorge nicht einschlafen konnte. Eher habe ich alle Vorträge gelernt, als die Kinderschar. Wir haben keine Stadtkinder, sondern schubweise Flüchtlingskinder und da können Sie sich vorstellen, wie schwierig es ist, mit denen zu arbeiten. […]

226  227 

Hrvatski narod, Nr. 440, 3. 6. 1942. Ustaškinja, Nr. 4, 10. 6. 1942, S. 12 – 13.

II.  Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung

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Dann haben wir Mitglieder [der Ustaša-Frauenorganisation] den älteren Müttern und Kindern eine Zwischenmahlzeit gegeben. Hier musste wieder etwas erklärt werden, welche Gedichte sie aufzusagen hatten. Alles ist, Dank des lieben Gottes, gut gegangen, nur wenn die [Bomber] uns da oben nicht übern Kopf pfeifen würden. […] Jetzt wird uns wieder die Vorbereitung für den Geburtstag des Poglavniks aufgedrängt.“228

Die Angst vor der Bombardierung und die Überforderung, mit Flüchtlingskindern zu arbeiten, schienen diese Ustaša-Angehörige und Hilfsschwester besonders strapaziert zu haben. Um die propagandistische Fassade im Krieg aufrechtzuerhalten und die Moral der Bevölkerung zu stärken, mussten im Rahmen des Mutterund Führerkultes Aufgaben erfüllt und die vom Ustaša-Staat angeordneten Feierlichkeiten um jeden Preis arrangiert werden. Ihre Organzeitschrift „Ustaškinja“, herausgegeben von den Lehrerinnen Đurđica Vitković und Silva Radej, diente diesem Propagandazweck. Die erste Ausgabe wurde am 10. April 1942 zur Feier des einjährigen Bestehens des USK publiziert. Um die Staatsgründung zu würdigen, erschien die Zeitschrift jeweils am 10. eines jeden Monats. Zu den Autorinnen und Autoren des Blattes gehörten in erster Linie die Funktionärinnen der Ustaša-Frauenorganisation (Irena Javor, Olga Osterman, Silva Radej, Vlasta Arnold, Đurđica Vitković, u. a.), Funktionärinnen der Weiblichen Ustaša-Jugend (Dolores Bracanović u. a.), Lehrer und Professoren (Stanko Vitković, Stevo Osterman) und Ärzte (Luka Bezić). Dass es sich bei „Ustaškinja“ um eine Frauenzeitschrift handelte, ließen die Titelseiten der ersten Ausgaben nicht vermuten: Dort zu sehen waren Ante Pavelić (bereits in der ersten Ausgabe) und Soldaten, dann wieder Landschaften, die Muttergottes oder Schülerinnen. Nur auf einer Ausgabe ist eine Frauenskulptur abgebildet, die Handarbeit verrichtet.229 In der deutschen „NS-Frauen-Warte“, der Zeitschrift der NS-Frauenschaft, wurden schon vor dem Erscheinen der „Ustaškinja“ militärische Motive abgebildet, um in weiblichen Gedächtnissen fest zu verankern, dass sie sich im Krieg befinden und mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen, für den Sieg kämpfen müssten. Das Gleiche wurde bei den Ustaša-An228  „[…] ove uzbune baš me uzbuniše da sama ne znam gdje mi je glava, dok zasvira ne znam kuda ću prije da li da trčim kući ili da se sklonim u bunker koji nije nit najmanje siguran. […] Da Vam je samo negdje iz prikraja promatrati naše Pazovčane kada svira kako trče ne znaju sami kuda kao muha bez glave. Glavno da se trči. […] Zašto Vam se nisam tako dugo javljala uzrok je i taj što sam imala da spremam Tjedan Majke i Djete. Mi članice Ženske Loze smo imale pune ruke posla […]. Na koncu […] davali smo u zajednici Ženske i Muške mladeži javnu priredbu koja je vrlo dobro i uspjela. Gnjavili smo se s tom dječurlijom onoliko, da noću nisam mogla od brige da spavam. Prije sam ja sve deklamacije naučila nego dječurlija. Nemamo mi gradske djece, već mahom izbjegličku djecu i onda znajte kako je teško s takvima raditi. […] Onda smo mi članice [ustaške organizacije] davale zakusku za stare majke i djecu, tu se opet trebalo spremiti nešta što ćeš im kazati i nekoliko deklamacija. Sve je hvala dragome Bogu dobro prošlo samo da nam ovi [bombarderi] odozgo ne sviraju nad glavom […] Sada nam se opet nameće priprema za Poglavnikov rodjendan.“ DAGZ, Društvo diplomiranih sestara pomočnica – 755, Sig.16, 11. 7. 1944. 229  Ustaškinja, Nr. 11, 10. 2. 1943, Titelseite.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

gehörigen bezweckt. Ab April 1943 wurden die Titelseiten schlichter: Abgebildet war nur das Wappen mit einem „U“, wie Ustaša; darin war eine brennende Bombe zu sehen. Nach Ansicht des Blattes „Ustaškinja“ hatte der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung die Pflicht, der kroatischen Frau zur „Wiedergeburt“ (preporod) zu verhelfen, d. h. sie ideologisch zu formen, sie von sozial-kulturellen Einflüssen des ersten Jugoslawiens zu befreien und zu ihren kroatischen Wurzeln zurückzuführen.230 Die Botschaft, die der Frau in dieser Zeitschrift vermittelt wurde, war, dass sie für Staat und „Poglavnik“ sowohl ihre Pflichten als Frau zu verrichten als auch ein christliches Leben zu führen habe. Kroatinnen sollten sich gleichzeitig, während sie im Rahmen der Ustaša gemeinnützige Arbeit verrichteten, um Haushalt und Kinder kümmern, das heißt um das private als auch das „gemeinsame Heim“ (zajednički dom) – die Heimat.231 Erfüllten sie diese Voraussetzungen, so seien sie aufgefordert, ein ehrenhaftes Mitglied der Ustaša-Bewegung zu werden. In diesem Sinne schrieben die Ustaša-Angehörigen in der ersten Nummer des Blattes, der Schwerpunkt der Frauenorganisation liege in der ideologischen Bildung. In der Zeitschrift werde die kroatische Frau klare Sichten auf das Leben und die Rolle der Frau im „Volkskörper“ finden.232 Für Ustaša-orientierte Frauen war die Zeitschrift aus verschiedenen Motiven wichtig: Hier erschienen Gesetze und Verordnungen, wie etwa über die Gründung der Frauenorganisation oder das Gesetz zum Abtreibungsverbot, das Blatt bot einen Einblick in die erwünschte weibliche Rolle in der „Volksgemeinschaft“, es informierte über die Tätigkeiten des Weiblichen Zweiges und auch über andere faschistische Frauenorganisationen in Europa und schließlich führte es seine Leserinnen in die Kindererziehung und Haushaltsführung ein. In einigen Ausgaben wurden Vorschläge für das Nähen von Soldatenuniformen gegeben. Auch wurden Briefe kroatischer Soldaten von der Ostfront veröffentlicht. In allen Blättern wurde dem Führer-Kult besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Reden Pavelićs kamen in fast jeder Nummer vor. Sein Abbild erschien entweder auf den Titelseiten oder ganzseitig im Heft. In die Rhetorik der Zeitschrift flossen militärische, rassistische und religiöse Motive ein. Vlasta Arnold schrieb als ehemalige Kreuzritterin in ihrem Text „Unser alltägliches Brot“ über die Bedeutung des Brotes im Krieg oder die Wichtigkeit der gemeinnützigen Arbeit.233 Exemplarisch für die Anwerbung von gläubigen Menschen in die Ustaša-Bewegung ist die Aussage der Lehrerin Ela Maroš: „Die Ustaše sind die Geistlichen des Kroatentums. Wir anderen, lasst uns seine Gläubigen sein!“234 Mittels dieser Rhetorik wurden die Ustaše zu „Hohepriestern“ 230 

Vgl. Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1942, S. 2. Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1943, S. 10. 232  Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1942, S. 2. 233  Ustaškinja, Nr. 5, 10. 8. 1942, S. 3. 234  „Ustaše su svećenici hrvatstva. Budimo mu mi ostali svi vjernici!“ Ustaškinja, Nr. 8, 10. 11. 1944, S.  36. 231 

II.  Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung

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Abbildung 16: Ante Pavelić mit einem Soldaten. Titelseite der Frauenzeitschrift „Ustaškinja“

einer ganzen Nation stilisiert. So wie an Gott geglaubt wurde, sollte auch an die Bewegung geglaubt werden. Eine gewagte Aufforderung, die wohl auch von der Kirche nicht hingenommen werden konnte. Auch erschienen Texte, wie von Stevo Osterman im Jahre 1944, in dem Kroaten als eine höhere „Rasse“ (Nadhrvati) interpretiert wurden.235 Auffallend ist jedoch, dass in dieser Zeitschrift den Landfrauen sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde, obwohl das Bauerntum propagandistisch im Sinne der „Blut-und-Boden-Ideologie“ verherrlicht wurde. Bäuerinnen konnten sich dadurch weder mit dem Blatt identifizieren noch mit den Ustaša-Funktionärinnen, die wie Irena Javor, Vlasta Arnold und Dolores Bracanović akademisch gebildet waren.236 Um dieses Defizit zu mildern, gab es zwar Vorschläge, ein Blatt nur für 235 

Vgl. Ustaškinja, Nr. 2, 10. 5. 1944, S. 7 – 12. Bitunjac, Martina, Le donne e il totalitarismo nel Novecento, in: Battaglia, Antonello/Cinally, Danny/Vagnini, Alessandro (Hrsg.), Archivi di famiglia e storia di genere tra età moderna e contemporanea, Rom 2010, S. 47 – 52, S. 49 f. 236 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

die Bäuerin zu veröffentlichen. Inwieweit dieses Ziel jedoch verwirklicht wurde, ist nicht bekannt.237 Das letzte Blatt der „Ustaškinja“ erschien am 10. April 1945. Obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits ersichtlich war, dass der Ustaša-Staat den Krieg verlieren würde, sprach die schon erwähnte Ustaša-Anhängerin Ela Maroš anlässlich des 4. Jahrestages des USK weiterhin vom kroatischen Sieg.238 Diese Durchhaltepropaganda erfüllte jedoch nicht ihren Zweck. Spätestens seit April 1945 flüchteten all diejenigen, die die Vergeltung der jugoslawischen Kommunistinnen und Kommunisten fürchteten. Im sozialistischen Staat wurden sowohl die Frauenorganisation als auch ihre Führerinnen und Mitglieder der Bewegung als verbrecherisch eingestuft. Obgleich der Einfluss der Frauenorganisation auf die Tagespolitik minimal gewesen sein muss, ist der Beitrag, den die Frauen im Rahmen ihrer Tätigkeit ausübten, nicht zu unterschätzen. Die Akteurinnen fungierten als Unterstützerinnen des Regimes, als politische Organisatorinnen, sie verbreiteten rassistisch konnotierte Propaganda und hielten die Moral der Soldaten aufrecht, die mitunter an der Ostfront dienten. So sollen Mitglieder, gerade im Auftrag der Ehefrau des „Poglavniks“, Marija Pavelić, als Spioninnen und Denunziantinnen gewirkt haben. Einige Zagreber Bürgerinnen und Bürger fielen diesem Spionagenetzwerk zum Opfer. Die Befehlshaberin Irena Javor soll hierfür die zuständige Vertrauensperson Pavelićs gewesen sein.239 Der Weibliche Zweig der kroatischen Ustaša Bewegung, der als politische Organisation im Dienste des Regimes stand, leistete auch in dieser Hinsicht einen wesentlichen Beitrag im Apparat des verbrecherischen Unrechtstaates.

III.  Frauen der Familie Pavelić im Schatten der Politik Ante Pavelić, der sich Frauen gegenüber galant und höflich zeigte, und der wiederum Frauen aller Altersstufen begeistern konnte, duldete keine weiblichen Personen in der politischen Öffentlichkeit, es sei denn, sie waren Funktionärinnen und Mitglieder der Ustaša-Bewegung. Mit dieser Haltung wurden insbesondere seine hohen Funktionäre konfrontiert. So drohte er mit der Verhaftung der Ehefrau des Großgespans von Bjelovar, da sie, nach Meinung Pavelićs, die Arbeit ihres Mannes beeinflussen würde.240 Auch zeigte er sich echauffiert, als bei einem Geschäftsessen in Varaždin, das in der Offiziersmensa stattfand, die Ehefrau von Ante Moškov, dem Befehlshaber seines Leibwache-Bataillons (Poglavnikov Tjelesni Sdrug, PTS) anwesend war. Pavelić befahl Moškov, solche Vorkommnisse künftig zu unterbinden, und zwar mit der Begründung, eine Frau habe bei einem offiziellen 237 

Dazu Nova Hrvatska, Nr. 85, 14. 4. 1943. Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1945, S. 2 f. 239  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Slavko Kvaternik und Ante Moškov. 240  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov, undatiert. 238 

III.  Frauen der Familie Pavelić im Schatten der Politik

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Mahl nichts zu suchen, so wie sie sich auch nicht in die Arbeit des Mannes einmischen dürfe. Frau Moškov solle sich seine Ehefrau als Vorbild nehmen, die nie bei geschäftlichen Empfängen anwesend sei, denn die Frau gehöre ins Heim zu den Kindern, so Pavelić. Dass diese Äußerung über das Benehmen Marija Pavelićs der Wahrheit entsprach, glaubte Moškov vielleicht zu diesem Zeitpunkt, später jedoch nicht mehr.241 Über die Rolle der Ehefrauen und Töchter von Ministern und hohen Ustaša-Funktionären ist bisher wenig bekannt. Aus einigen Dokumenten lässt sich jedoch rekonstruieren, dass das politische Wirken dieser Frauen im Ustaša-Staat facettenreich gewesen sein musste. Einige von ihnen waren als politische Subjekte sichtbar, während andere Politik hinter dem politischen Vorhang betrieben. Teilweise arbeiteten sie selbst im Ustaša-Apparat und hatten wichtige Positionen inne. Einige übten durch ihre einflussreichen Ehemänner Macht aus, während andere wiederum zu politischen Akteurinnen erst dann wurden, wenn dies ihre eigene Lebenssituation erforderte. Marija Cvitović beispielsweise war, bevor sie Eugen Dido Kvaternik heiratete, Angestellte bei Vlado Singer im Ustaša-Hauptquartier242 und Ante Pavelićs Sekretärin 243. Nikica Melihar, die Verlobte des KZ-Befehlshabers Vjekoslav Luburić, war als Funktionärin in der Weiblichen Starčević-Jugend politisch aktiv. Frauen wie Nada Miškulin, Irena Javor und Vera Herenčić bekleideten sicherlich auch deswegen eine hohe Position und gehörten zum engen Kreis der Ustaša, weil bereits ihre männlichen Familienangehörigen Ansehen in der Ustaša-Politik genossen. Ankica Budak, die Nichte des Unterrichtsministers, arbeitete wiederum als Sekretärin im Gesundheitsministerium.244 Diese Art von Vetternwirtschaft hatte den Zweck, den Kreis der Ustaša-Elite mit Vertrauten zu besetzen und ihn möglichst sehr klein zu halten. Denn Personen, die der politischen Clique fremd waren, begegnete vor allem die Familie Pavelić mit Misstrauen. Zu dieser Gruppe gehörte zum Beispiel Anna Maria Heidler, die aus Österreich stammende Ehefrau des Innenministers Andrija Artuković, die nach Aussagen Slavko Kvaterniks und Višnja Pavelićs zunächst eine Gestapo-Agentin gewesen sein soll und sich (auch durch die Heirat mit dem Innenminister) Zugang zu der politisch führenden Gruppe verschaffen wollte.245 Tatsächlich in Missgunst gefallene Ustaša-Anhänger wurden dagegen mit aller Härte bestraft: So ist über die geschiedene Gräfin Nada von Ghyczy, die Frau des 241  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov, undatiert. Interview mit Marija Marčinko am 25. 5. 2008. 242  Politički zatvorenik, Nr. 65/66, Juni/August 1997, S. 10 f. 243  Stuparić, Tko je tko u NDH, S. 225. 244  Goldstein/Goldstein, Holokaust u Zagrebu, S. 220. 245 HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ministarstvo vanjskih poslova NDH, K. 50, Sig. 013. 1. 44, Akte Andrija Artuković, undatiert; Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Außen- und späteren Innenministers Mladen Lorković, bekannt, dass sie versuchte, die Unschuld ihres Ehemannes zu beweisen, der zusammen mit dem Minister für Heimwehr, Ante Vokić, beschuldigt wurde, Initiator eines misslungenen Putsches gegen Pavelić gewesen zu sein. Sie intervenierte bei Pavelić, Artuković und bei General von Horstenau. Doch ihre Bemühungen waren vergeblich: 1945 wurde ihr Ehemann von den Ustaše umgebracht.246 In der Praxis beteiligten sich, neben den engen weiblichen Familienangehörigen, selbst Haushaltsgehilfinnen von hohen Amtsträgern an politischer Arbeit, wenn sie dazu qualifiziert waren. Ljubica Barić beispielsweise – seit 1934 war sie in Berlin bei Slavko Kvaterniks Tochter Betty Pottshof angestellt, danach hatte sie Kvaternik als Haushaltskraft übernommen – erklärte in ihrer Stellungnahme für die jugoslawische Polizei im Jahre 1947: „Neben der Haushaltsarbeit hatte mich Kvaternik auch als Schreibkraft eingesetzt, weil ich früher das Schreiben auf der Schreibmaschine erlernt hatte. So habe ich ihm unter anderem auch ein Buch über die Geschichte der Kroaten geschrieben. Dieses Buch haben die Amerikaner im Zuge der Verhaftung Kvaterniks fortgeschafft. Ferner habe ich verschiedene Briefe geschrieben, die er seinen Freunden und Verwandten geschickt hatte, sowie verschiedene politische Berichte, die er verfasst und seinen Bekannten gegeben hatte.“247

So haben scheinbar politisch unkundige Haushaltsgehilfinnen in der Öffentlichkeit stehende Männer wohl auch als Stenotypistinnen unterstützt. Dies ist jedoch ein Teil der Geschichte, der nur selten ans Tageslicht rückt, da er in der Sphäre des Privaten verankert ist. Die fragmentartigen Exemplare weiblichen Wirkens in politischen Ebenen des USK zeigen, dass es schlichtweg nicht möglich war, Frauen vollkommen vom politischen Geschehen fernzuhalten, weil sie dazu aufgerufen waren, das Land mitaufzubauen, und viele Frauen auch selbst den Wunsch hegten, sich politisch zu beteiligen. Und wenn es für Pavelić ein Tabu war, dass sich Ehefrauen seiner Untergebenen in Politik einmischten, hinderte ihn das nicht daran, in seiner eigenen Familie genau das Gegenteil zu tun. 1.  Die Ehefrau des „Poglavniks“: eine unsichtbare Führungskraft? Marija Pavelić erweiterte und intensivierte im Unabhängigen Staat Kroatien ihr Einflussspektrum. Das öffentliche Bild der Gattin des „Poglavniks“ war das einer 246  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Vlada NDH i pravosuđe, K. 46, Sig. 013. 1. 17., undatiert. 247  „Osim kućnih poslova Kvaternik me je koristio i kao tipkačicu, pošto sam ja još ranije nešto naučila pisati na mašinu. Tako sam mu ja pisala pored ostaloga i jednu knjigu o povijesti Hrvata. Tu knjigu su odnijeli Amerikanci prilikom hapšenja Kvaternika. Nadalje sam pisala razna pisma, koja je on slao svojim prijateljima i rodbini, kao i razne političke izvještaje koje je on sastavljao i davao svojim poznanicima.“ HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 31, Sig. 013. 0. 47, Akte Slavko Kvaternik, 24. 10. 1947.

III.  Frauen der Familie Pavelić im Schatten der Politik

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fürsorglichen Mutter, Haus- und Ehefrau: Die Presse zeigte sie auf Fotografien in Begleitung ihres Mannes im Theater,248 zu Veranstaltungen und Volksfesten 249 mit ihrer Familie zusammen 250 sowie mit Waisenkindern der Ustaša-Ausbildungsanstalt für Jungen 251. Dass sie nicht der Schatten ihres Mannes war, sondern das politische Leben im USK mitgestaltete, wird lediglich an einer Abbildung im „Neuen Kroatien“ (Nova Hrvatska) erkennbar, auf der sie mit drei Arbeitern im Kreis sitzend zu sehen ist und eine Unterhaltung führt. Die Zeitung beschriftete das Bild mit folgendem Text: „Die Frau des Poglavniks im Gespräch mit kroatischen Arbeitern, die am Abendessen teilgenommen haben, welches der Poglavnik anlässlich des Festtages der Arbeit zu Ehren der Arbeiter vorbereitet hatte. Die Frau des Poglavniks verfolgt mit besonderer Aufmerksamkeit und Verständnis die Darlegungen über die gesellschaftlichen Fragen der Arbeiter.“252

Ihre Nähe zum Volk offenkundig zu demonstrieren, war sicherlich insofern prekär, als sie die symbolische Rolle Pavelićs beeinträchtigen konnte – dies war jedoch weder ihre Absicht noch die ihres Ehemannes. Als Gattin des Staatschefs betätigte sie sich gemeinsam mit ihren Töchtern Višnja und Mirjana karitativ: So war sie die Schutzherrin und Gründerin der im April 1942 errichteten elitären, privaten Ustaša-Ausbildungsanstalt für Jungen, welche sich auf dem Zagreber Villenviertel Tuškanac, also in der Nähe des Hauses der Familie Pavelić, befand. Etwa fünfzig kroatische Waisenkinder im Grundschulalter, die von Schwestern des Ordens Heiliger Vinzenz von Paul erzogen wurden, sollten später wichtige Positionen in Politik und im Militär bekleiden. Zu diesem Zweck gehörte neben dem regulären Unterricht auch die militärische Ausbildung zum Schulprogramm. Die Presse betitelte die Kinder bereits als das „kleine Bataillon des Führers“ (mala Poglavnikova bojna).253 Zu öffentlichen Aufgaben der Kinder gehörte es auch, auf besonderen Anlässen im Radio oder auf Veranstaltungen musikalisch aufzutreten.254 Die räumliche und persönliche Nähe zu Pavelić und seiner Familie war möglicher Garant für die Formierung und Ausbildung von staats- und führertreuen Gefolgsmännern. Elternlose Kinder an sich zu binden, war psychologisch wirkungsvoll, da in ihnen leicht die Sehnsucht nach einer Vater- und einer Mutterfigur geweckt werden konnte. Bei einigen der ehemaligen Kadettenjungen waren Gefühle der Bindung an die Familie Pavelić auch Jahrzehnte nach Kriegsen248 

Nova Hrvatska, Nr. 86, 10. 4. 1943. Ustaškinja, Nr. 7, 10. 10. 1942, S. 2. 250  Hrvatski narod, Nr. 67, 20. 4. 1941. 251  Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1943, S. 18 – 19. 252  „Poglavnikova gospodja zadržala se u razgovoru s hrvatskim radnicima, koji su prisustvovali večeri što ju je Poglavnik priredio u čast radnika, uoči blagdana rada. Poglavnikova gospodja s osobitom pažnjom i razumijevanjem prati izlaganja radnika o njihovim društvovnim pitanjima.“ Nova Hrvatska, Nr. 104, 5. 5. 1942. 253  Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1943, S. 18. 254  Hrvatski narod, Nr. 752, 8. 6. 1943. 249 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

de noch vorhanden: Die Kinder nannten Marija Pavelić „gnädige Frau“ (milostiva). „Wir dachten aber an sie“, so Branimir Kovačević, damals eines der Waisenkinder, „als wir Lieder sangen, die der Mutter gewidmet waren.“255 Die zeitgenössische Presse berichtete, wie sich die „fürsorgliche Mutter“ (brižna majka) Marija Pavelić um die Kinder mit Liebe kümmerte.256 Sie kreierte als erfahrene Schneiderin schließlich auch die dunkelblauen Uniformen für sie und kam sie oft besuchen.257 Dieses Frauenbild schien jedoch teilweise zu trügen: Die stereotype Frauenrolle habe Pavelić, nach Meinung von Slavko Kvaternik, nur gespielt, da sie der patriarchalen Lebensweise angemessen war.258 Tatsächlich soll sie eine sehr dominante Rolle auch in politischen Angelegenheiten gespielt haben: Seit der Errichtung des USK wurde Marija Pavelić von den engsten Bekannten der Ustaša-Elite „Poglavnikovica“259 („Führerin“) genannt. Glaubt man den Aussagen ihrer ehemaligen Vertrauten, die sich nach dem Krieg über die Bandbreite ihrer Macht äußerten, dann hat sie nicht nur Einfluss in der Politik, sondern auch in den Medien, der Kunst, ja sogar im Bauwesen ausgeübt. Sie habe, nach Aussagen von Ante Moškov, vor allem in der Großgespanschaft Prigorje, mit dem Sitz in Zagreb, das Sagen gehabt. Im Grunde sei der General und Großgespan Viktor Prebeg ihr unterstellt gewesen und musste ihre vielfältigen Wünsche erfüllen. Zwar sei er samt Familie lange privilegiert gewesen, fiel aber auch – wie viele andere Ustaša-Funktionäre – in Missgunst, so Ante Moškov.260 Ferner plante sie, die Großgespanschaft und die Hauptstadt zu modernisieren. Aus ästhetischen Motiven sollte der Konsum von Alkohol durch Werbung nicht noch mehr gefördert werden. Marija Pavelić ordnete an, einige Reklameschilder in Zagreb entfernen zu lassen. Bei diesen Änderungen im Stadtbild sollte es jedoch nicht bleiben: Sie soll sich ebenfalls in die Sanierungs- und Bauarbeiten der Gespanschaft Prigorje eingemischt haben: Sie bestimmte, wie Gebäude rekonstruiert oder gebaut werden sollten und ließ sie selbst dann abreißen, wenn sie den Architekten und Bauingenieuren vorher ihre Zustimmung für das Bauprojekt gegeben hatte. Es sollte alles nach ihrem Geschmack ausgerichtet sein. Dies sollen selbst die Angestellten einer Radiostation zu spüren bekommen haben, die um Mitternacht – unter Androhung von Verhaftung – die Musik wechseln mussten. Diese Anordnung soll sie Slavko Kvaternik erteilt haben, der sich umgehend darum kümmerte.261 255  „[…] no mislili smo na nju kada smo pjevali pjesme posvećene majci […].“ Kovačević, Branimir, Plavi dječaci, Zagreb 2004, S. 96. 256  Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1943, S. 18 – 19. 257  Kovačević, Plavi dječaci, S. 96. 258  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Slavko Kvaternik. 259  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov. 260  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov.

III.  Frauen der Familie Pavelić im Schatten der Politik

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Abbildung 17: Familie Pavelić in Zagreb (Tuškanac), 1942 (v. l. Velimir, Mirjana, Višnja, Marija und Ante Pavelić)

Marija Pavelić, eine gut bürgerlich gekleidete Frau, die meist im Kleid auftrat, manchmal einen Hut aufsetzte, keinen auffallenden Schmuck trug und sich selten schminkte, soll trotz ihrer bescheidenen äußerlichen Erscheinung bestrebt gewesen sein, die Familie mit Gold, Geld, Immobilien und in der Hungerszeit mit reichlich Lebensmittel versorgen zu wollen. Es wurde ihr von der Ustaša-Elite besonders übel genommen, dass sie nach der Flucht vor den Partisanen im Frühjahr 1945 in Österreich angab, sie hätte nichts zu essen und habe kein Geld. Dies sei nach Meinung der Familie des Bürgermeisters Werner eine Lüge gewesen. Habgier und Geiz gegenüber allen nicht verwandten Personen wurden der „Pharaonin“ (faraonki)262 Marija Pavelić, wie sie 1961 spöttisch vom persönlichen Fotografen des Staatsführers genannt wurde, infolge dieser Ereignisse am häufigsten vorgeworfen. 261

Ihr wichtigstes Anliegen war es, nach den Berichten von Moškov, mit allen Mitteln ihren Mann an der Macht zu halten und ihn keiner Gefahr auszusetzen. Das zeigte sich auch bei der Zubereitung des Essens und bei den Mahlzeiten: So wurde in der Familie Pavelić – aus Vorsicht, im Essen könne sich Gift befinden – streng darauf geachtet, dass der Staatsführer nur von seiner Frau oder Tochter Višnja bedient wurde. Auch nahm Pavelić sehr selten eine Mahlzeit bei Gästen zu sich und 261  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov. 262  Vojnović, Aleksandar, Ante Pavelić, Zagreb 1988, S. 16.

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

vermied es bei einem Besuch, wie es Brauch war, einen Schnaps zu trinken. Für solche Anlässe hatte er seine eigenen Vorräte dabei. Die Pavelićs engagierten auch aus Sicherheitsgründen eine italienische Köchin, die mit ihnen aus Italien gekommen war, anstelle einer kroatischen. Aber auch diese Angestellte wurde von Marija Pavelić beim Kochen kontrolliert.263 Sie kreierte zudem das Kultbild ihres Mannes: So schildert der Fotograf Mario Medeott, Pavelić habe auf den Porträts finster ausgesehen und einen verbrecherischen Gesichtsausdruck gehabt. Da diese Bilder Marija Pavelić nicht gefielen, mussten die Fotoaufnahmen auf ihre Anweisung hin mehrmals wiederholt werden. Dann fiel ihr ein, dass jemand ihrem Ehemann beim Posieren Witze erzählen könne, damit die Bilder freundlicher ausfallen.264 Bei allen Darstellungen, die versuchen, das Charakterbild der Frau des Diktators aufzuzeigen, bleibt eine Schlüsselfrage offen: Inwieweit prägte Marija Pavelić die Politik ihres Mannes, und inwieweit ließ er sich in seinen politischen Entscheidungen von ihr beeinflussen? Ihre Macht als sogenannte Poglavnikovica soll sie beispielsweise bei der Ernennung oder Entlassung von Ustaša-Funktionären und Ministern ausgeübt haben. Fiel jemand in Ungnade, wurde darüber in der Familie mit dem Ehemann oder auch mit der Tochter Višnja debattiert. Manchmal beschimpfte sie die „treulosen“ Personen, wie etwa Vater und Sohn Kvaternik, vor ihren jeweiligen Vertrauenspersonen als Schuft oder Dieb. So etwa gegenüber Dora Werner, der Tochter des Zagreber Bürgermeisters, und der Frau des Ministers Josip Balen. Wegen ihrer offenen Bekundungen, so Moškov, war es vorherzusehen, wer als nächstes den Posten verlieren würde.265 Die strenge Auslese der Ustaša-Funktionäre war mit den Bestrebungen des „Poglavniks“ verbunden, seine Macht zu halten. Höchstwahrscheinlich sollte Velimir Pavelić das Erbe seines Vaters antreten. Er wurde mit engen Freunden, darunter Offizier Ivica Krilić, in Stockerau zum Kanonier ausgebildet,266 vermutlich weil er in Österreich weniger der Gefahr ausgesetzt war, von Konkurrenten beseitigt zu werden.267 Aus politisch-taktischen Gründen pflegte Pavelić dagegen Kontakte zu einfluss­ reichen ausländischen Akteuren: Zu ihren Informantinnen gehörte, neben Irena Javor, die deutsch-amerikanische Journalistin Agathe von Hausberger. Sie soll für den Ustaša-Aufsichtsdienst beziehungsweise für das Reichssicherheitshauptamt in Berlin gearbeitet haben. Laut dem deutschen Nachrichtendienst sollte sie wegen 263  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov. 264  Vojinović, Ante Pavelić, S. 16. 265  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig .013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov. 266  Interview mit Ivica Krilić geführt am 23. 6. 2008 in Rom. 267  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov, undatiert.

III.  Frauen der Familie Pavelić im Schatten der Politik

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ihrer hohen diplomatischen Geschicklichkeit und ihrer internationalen Kontakte zu wichtigen Personen in Presse und Politik den „Schweizer Kurs“, d. h. Pavelićs Flucht in die Schweiz ankurbeln – im Falle eines Zusammenbruchs des „Deutschen Reiches“ und damit auch des Ustaša-Staates.268 Infolgedessen sorgte sie für gute kroatisch-amerikanische Beziehungen, indem sie in der „Associated Press“ über das freundschaftliche Verhältnis der Ustaša-Bewegung beziehungsweise der Ustaša-Größen Ante Pavelić, Slavko Kvaternik, Mile Budak und Mladen Lorković zu den USA berichtete.269 Von Hausberger soll wiederum Einfluss auf die Gattin des Staatsführers ausgeübt haben, um zu verhindern, dass in der kroatischen Presse gegen Präsident Franklin D. Roosevelt stark polemisiert wurde.270 Als Ehefrau eines Kriegsverbrechers war Marija Pavelić dem Vorwurf ausgesetzt – dieser kam u. a. von Slavko Kvaternik, Ante Moškov, Ivan Perčević und Vladimir Košak –, sie habe die Verbrechen im USK mit unterstützt. Slavko Kvaternik bezeichnete sie sogar als eine dunkle Macht, welche die gleiche Schuld an den Verbrechen trage wie ihr Ehemann, besonders in Hinsicht auf die Morde an der serbischen Bevölkerung.271 Auch verweigerte Marija Pavelić einer ehemaligen Jugendfreundin die Hilfe, deren Mann in Todesgefahr war.272 Ihre jüdische Identität mütterlicherseits hat sie nicht davon abgehalten zu äußern, die Juden hätten es verdient, in die Lager deportiert zu werden.273 Nach den „Rassengesetzen“ wäre auch Marija Pavelić als „Halbjüdin“ eingestuft worden, unabhängig davon, ob sich ihre Mutter assimiliert hatte oder nicht, und wäre womöglich selbst ermordet worden. Višnja Pavelić bejaht, dass ihre Großmutter jüdische Wurzeln hatte, behauptet aber, sie hätte sich wie ihre Mutter, taufen lassen.274 Dass Marija Pavelić jüdischer Herkunft war, wussten auch die Nationalsozialisten. So wurde sie in den Erinnerungen von General Edmund Glaise von Horstenau zynisch entweder „Halbjüdin“ oder abwertend „Kalle“ genannt, was auf Jiddisch „Braut“ bedeutet.275 Ein „jüdischer Mischling“276 an der Seite des „Poglavniks“ wurde von den Deutschen nur aus politisch taktischen Gründen geduldet. Slavko Kvaternik berichtete weiter, Marija Pavelić sei charakterlich stärker gewesen als ihr Ehemann. Wenn er aufgab, füllte sie ihn moralisch mit neuer Energie. 268 

HDA, Hans Helm – 1521, Akte Dr. Eduard Miloslavić, K. 92, 24. 6. 1943. Hrvatski narod, Nr. 104, 27. 5. 1941. 270  HDA, Hans Helm – 1521, Akte Dr. Eduard Miloslavić, K. 92, 24. 6. 1943. 271  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Slavko Kvaternik. 272  Lasić, Stanko, Autobiografski zapisi, Zagreb 2000, S. 178. 273  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov. 274  Interview mit Višnja Pavelić am 23. 2. 2008. 275  Broucek, Peter (Hrsg.), Ein General im Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaises von Horstenau, Bd. 3, Deutscher Bevollmächtigter General in Kroatien und Zeuge des Untergangs des „Tausendjährigen Reiches“, Wien/Köln/Graz 1988, S. 506, S. 511. 276  Bundesarchiv Berlin, Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, NS/30/173, 16. 10. 1943. 269 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Die Herrschaft im USK beschrieb der ehemalige Heerführer sogar als „familiären Despotismus“ (obiteljski despotizam), so sehr sei die Persönlichkeit und das politische Handeln Ante Pavelićs von seiner Frau geprägt gewesen. Ihre (und auch seine) starke Sympathie für die Italiener, die italienische Kultur und den Lebensstil sollen nach Moškov schließlich dazu geführt haben, dass ein Teil Dalmatiens von Italien annektiert wurde. Ihre Zuneigung zum Italienischen betonte Marija Pavelić vor allem, als der Ustaša-Staat zusammenbrach und sie sich auf der Flucht befand. In dieser Zeit soll sie geäußert haben, sie und ihr Mann hätten sich für Kroatien geopfert, aber das verräterische kroatische Volk würde dies nicht verdienen. Sie verglich die Kroaten mit den Italienern: Während sie die Letzteren als kultiviert bezeichnete, behauptete sie von den Ersteren das Gegenteil. In Italien habe sie schließlich die schönsten Jahre ihres Lebens verbracht, ihre Kinder gingen dort zur Schule und sie verstehe die italienische Seele besser als die kroatische. Ihr Ehemann war bei diesen anti-nationalen Äußerungen anwesend, mischte sich jedoch nicht ein.277 Moškov ging bei der Frage, inwieweit Marija Pavelić die Politik des Ustaša-„Führers“ mitgeprägt habe, einen Schritt weiter, indem er behauptete, sie habe es nicht nötig gehabt, ihn zu beeinflussen, da sie sich gegenseitig wie zwei Personen in einer ergänzten: „Nein, Mara [Marija Pavelić] hat auf Pavelić keinen Einfluss genommen, zwischen ihnen bestand das absolute Verständnis in grundsätzlichen Fragen; sie hatten die gleichen Wünsche und Absichten; ihre Gedanken und Pläne waren zweifellos die gleichen, ihre Charaktere haben sich gegenseitig ergänzt, ihre Methode, die Art des Arbeitens waren gemeinsam durchdacht.“278

In der Öffentlichkeit haben sie ihre verteilten Geschlechterrollen wohl mit Erfolg gespielt, aber hinter den Fassaden gemeinsam Politik gemacht. Dass die Ehefrau des „Poglavniks“ politischen Einfluss ausgeübt hat, bleibt unzweifelhaft, obwohl ihre Tochter im Interview mit der Autorin die Einmischung ihrer Mutter in politische Belange bestritt.279 Auf die Frage, wie sie ihre Mutter beschreiben würde, antwortete Višnja Pavelić: „Loyalität, Fleiß, Verantwortung für alles, und später in schweren Situationen [war sie] eine ausgeglichene Frau, absolut, das ist mein Eindruck.“280 Auch in den Augen der Tochter hinterließ Marija Pavelić das Bild einer starken und selbstkontrollierten Frau.

277  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov. 278  „Ne, Mara [Marija Pavelić] nije uticala na Pavelića; izmedju njih je postojalo podpuno razumijevanje u osnovnim pitanjima; oni su imali iste želje i namjere; njihove misli i planovi su bez sumnje zajednički, njihovi su se karakteri međusobno popunjavali, njihov metod, način rada bio je zajednički smišljen.“ HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret, K. 24, Sig. 013. 0. 4, Akte Ante Pavelić, Aussage von Ante Moškov. 279  Interview mit Višnja Pavelić am 23. 2. 2008. 280  „Vjernost, radinost, odgovornost u svemu i poslije u teškim prilikama jedna uravnotežena žena, potpuno, to je moj dojam.“ Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008.

III.  Frauen der Familie Pavelić im Schatten der Politik

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Abbildung 18: Višnja Pavelić in Begleitung ihres Vaters (links). Sie trägt die Uniform der Ustaškinja.

2.  Višnja Pavelić: Die treue Tochter Die Assimilierung in die kroatische Gesellschaft fiel Višnja Pavelić und ihren Geschwistern Velimir und Mirjana am Beginn ihres Lebensabschnittes in der neuen Umgebung nicht leicht. Aus der italienischen Kulturstadt Florenz kommend, kam ihnen Zagreb sehr balkanisiert vor. Višnja Pavelić war insbesondere über das Stadtbild der Hauptstadt enttäuscht, da es ihrer Meinung nach viele Straßenplakate mit Alkoholwerbung gab.281 In Zagreb sprach sich daher schnell herum, dass die Geschwister Pavelić einen Kulturschock erlebt hatten. Sie wurden von den Einheimischen nicht als die ihrigen betrachtet, sondern lediglich als Zugereiste.282 Einerseits isolierten die Eltern Pavelić ihre Kinder von der Öffentlichkeit: Diese bekamen Privatunterricht, hatten ein eigenes Kino in ihrem Familienhaus im vornehmen Stadtteil von Zagreb und einen engen Freundeskreis, der sich seit dem Exilleben in Italien nicht sehr verändert hatte. So waren die Töchter Budaks und Dora Werner – die Zagreber nannten sie spöttisch Hofdamen – bei den Pavelićs immer präsent. Andererseits übernahmen Višnja und Velimir Pavelić verantwortungsvolle Aufgaben. Im Unabhängigen Staat Kroatien erwarteten sie neue ideell-politische Verpflichtungen gegenüber dem kroatischen Volk. Gemäß den Aussagen des Heerführers Slavko Kvaternik seien jedoch nicht alle Pavelić-Kinder gesellschaftspolitisch interessiert gewesen: „Von den Kindern war die älteste Tochter die talentierteste, die nach meiner Überzeugung klüger war als der Vater und die Mutter. Sie hatte eine starke Wahrnehmung. Die zweite Tochter war im Ganzen, offen gesagt, ein Frauchen und nichts anderes. Der Sohn 281 

Interview mit Višnja Pavelić am 23. 2. 2008. Baron Brljević, Branimir, Likovi moga doba (70 intrigantnih interviewa), Zagreb 2003, S. 243. 282 

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

Abbildung 19: Staatsgründungsfeier im Jahre 1942. Von links: Velimir Pavelić, Dora Werner, Mirjana Pavelić, ein Vertreter der Hlinka-Garde (Name unbekannt), Višnja Pavelić beschäftigte sich nur mit Musik, Fotografie und dem Chauffieren, er zeigte kein Gespür für die Ereignisse und ich glaube, dass er nicht besonders begabt war.“283

Auch Ante Moškov bezeichnete Višnja Pavelić als die intelligenteste Tochter, ihre Eltern führten oft wichtige Gespräche mit ihr. Sie sei die rechte Hand ihrer Mutter gewesen und habe sie bezüglich verschiedener Ustaša-Funktionäre beraten. Gleichwohl soll sie kränklich, in sich gekehrt und ernst gewirkt haben.284 Als der Unabhängige Staat Kroatien proklamiert war, blieb Višnja Pavelić nicht lange dort, sondern kehrte nach Florenz zurück, um ihr Abitur zu absolvieren. Lehrerin wollte sie zunächst werden, schrieb sich jedoch im Oktober 1943 an der Juristischen Fakultät in Zagreb ein und trat somit in die Fußstapfen ihres Vaters. Als Anwältin wollte sie später dennoch nicht arbeiten.285 Während sie in Italien für ihren Vater beziehungsweise die Ustaša-Bewegung als Kurierin gewirkt hatte, nahm sie im USK repräsentative Verpflichtungen wahr. So besuchte sie als Mitglied des Weiblichen Zweiges der kroatischen Ustaša-Bewegung in Begleitung ihres Vaters verwundete Soldaten im Krankenhaus, um deren 283  „Od djece je bila talentirana samo najstarija kćer, koja je po mom uvjerenju bila pametnija i od oca i od majke i imala velika zapažanja. Druga kćer, bila je u svemu prosto rečeno ženka, i ništa drugo. Sin se je bavio samo muzikom, fotografiranjem i šofiranjem, nije nikakva smisla pokazivao za događanje, a mislim da nije bio ni osobito nadaren.“ HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret i NDH, Akte Ante Pavelić, K. 23, Sig. 013. 0. 4, Aussage von Slavko Kvaternik. 284  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustaški pokret i NDH, Akte Ante Pavelić, K. 23, Sig. 013. 0. 4., Aussage von Ante Moškov. 285  Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008.

III.  Frauen der Familie Pavelić im Schatten der Politik

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Abbildung 20: Višnja Pavelić in der Kirche Heiliger Markus in Zagreb, 1944

Kampfgeist zu stärken. Manchmal half sie, Geschenkpakete für die Soldaten zu packen. Sie pflegte diplomatische Kontakte zu ausländischen Gesandten, die von Pavelić zum Festessen eingeladen wurden.286 Ihre Sprachkenntnisse in Italienisch, Deutsch, Englisch und Kroatisch erleichterten ihr den Umgang mit den Gästen. Als im Mai 1944 26 Jungen aus der Ustaša-Ausbildungsanstalt, um die sie sich ebenfalls zusammen mit Mutter und Schwester kümmerte, ihre Firmung in der Kirche Heiliger Markus erhielten, übernahm sie als Gastgeberin die Rolle ihrer Eltern. Bei den Paten aller Jungen handelte es sich um Minister und Ustaša-Funktionäre.287 Ihr Gespür für etwaige Gefahren musste Višnja Pavelić früh entwickeln. Diese Charakteristika zählte sie zu ihren Stärken, auch als sie berichtete, dass sie selbst versucht habe zu verhindern, dass die deutsche Agentin Anna Maria Heidler dem engen Kreis um Ante Pavelić beitrat und dort für die Nationalsozialisten spionieren konnte. Zunächst, so Višnja Pavelić, habe Heidler versucht, Eugen Dido Kvaternik zu verführen, um von ihm Informationen zu erhalten. Als dieser das Doppelspiel bemerkte, fing sie an, mit Innenminister Andrija Artuković zu kokettieren, der sich dann in Anna Maria Heidler verliebte und sie schließlich heiratete. Pavelić erinnert sich: 286 

Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008. Kovačević, Plavi dječaci, S. 98 – 106.

287 Dazu

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E.  Die Ustaškinje: Mädchen und Frauen in der Bewegung

„Und jetzt haben sie [die Deutschen] diese Frau dem Minister Artuković [Andrija Artuković] zugeschoben. Der hatte keine Ahnung und fiel wie eine grüne Birne. Die Deutschen haben darüber gelacht. Sie haben gesehen, dass sie es geschafft haben. Diese Frau konnte kein Kroatisch. Später erlernte sie es. Und dieser armer Artuković hatte [ihretwegen] vollkommen den Kopf verloren. Er ging zu Vater und sagte ihm: ‚Ich heirate.‘ Vater war aber schon informiert. ‚Hast du dir das gut überlegt?‘ – Artuković bejahte. Alles wurde arrangiert. Auf der Hochzeit waren Mutter und Vater Trauzeugen, nur damit sich diese Frau unserem Kreis nähert, unserem engen Kreis, Vaters engem politischem Kreis. Und ich erinnere mich, einmal kam ein Mann aus dem Außenministerium von Ribbentropp [Joachim von Ribbentrop, deutscher Reichsminister des Auswärtigen] und sagte: ‚Was macht die liebe, gute Frau Artuković?‘ Mein Vater hatte ihn nur angeschaut. Und nicht nur das. Bald sollte ein Kind zur Welt kommen und jemand musste Pate werden. Alles damit sie sich [die Deutschen] uns nähern. Keine Polizei, nicht einmal in Italien, konnte unserem Kreis näherkommen. In dieser Hinsicht waren wir alle einig, in unserer Beziehung, in unserem Leben. Wir sind auf keine Dummheit reingefallen. Ich kann heute erkennen, wer ein Polizist ist. Diese Erfahrung hatten wir schon in Italien gemacht. Und was jetzt? Ich selbst musste Patin werden. Aber seit jenem Moment ist weder er [Andrija Artuković] noch sie [Anna Maria Heidler] in unser Haus gekommen. Die Deutschen haben bemerkt, dass uns aufgefallen war, [dass ein Spitzel eingeschleust wurde]. Eines Tages bat mich mein Vater zu Andrija Artuković zu gehen, er lebte in der Nähe von uns, auf dem Tuškanac. Er sagte: ‚Kannst du bitte zu Artuković gehen und ihm etwas überreichen?‘ Ich kann mich nicht mehr erinnern, was [das war]. Ich kam da hin, unten saßen Gäste. ‚Und wo ist die Dame?‘, [fragte ich]. Und sie [Anna Maria Heidler] schrieb im ersten Stock den Bericht [für die Gestapo]. Das habe ich gesehen. Das war mein einziges Erlebnis in solch einer Situation. […] Sie konnte angeblich kein Kroatisch, deswegen ging sie angeblich Kroatisch lernen. Sie wusste alles.“288 288  „I sad su tu ženu [Nijemci] namjestili ministru, a to je bio Artuković [Andrija Artuković]. A taj nije bio svjestan, pao kao zelena kruška, pa su se Nijemci smijali. Vidjeli su da su uspjeli. Ali ta žena nije znala hrvatski, pa je otišla jedno vrijeme da uči hrvatski, pa ga je naučila. A ovaj jadnik Artuković, izgubio [zbog nje] glavu potpuno, i došao tati i rekao je: ‚Ženim se.‘ Tata je već bio obavješten. ‚I jesi dobro promislio?‘ – ‚Je, je.‘ I sve se napravilo, vjenčanje i sve, da budu tata i mama vjenčani kumovi, tako da bi onda ta žena ušla u krug, naš intimni krug, tatin intimni krug, politički. I sjećam se, jedanput je došao taj jedan čovjek od vanjskih poslova od Ribbentroppa [Joachim von Ribbentrop, Ministar vanjskih poslova] i rekao: ‚Was macht die liebe, gute Frau Artuković?‘ Moj tata ga je samo pogledao. I sad nije samo to, jer se trebalo roditi dijete, i sad je trebao biti i netko kum. Sve da se [Nijemci] nama približe. Ni jedna policija, ni u Italiji nije mogla unutar našeg kruga doći, u tome smo bili svi složni, u našim odnosima, u našem životu. Nismo padali ni na jednu glupost. A odmah smo vidjeli, ja danas mogu prepoznati tko je policajac. Takvo smo iskustvo već imali u Italiji. I šta je sada? Višnja je trebala biti kuma. Ali od onog časa više nije dolazio u [našu] kuću, ni on [Andrija Artuković], ni ona [Anna Maria Heidler]. A to su Nijemci primijetili, da smo mi to vidjeli [da su postavili špijunku]. Nego jedan dan, mene tata, on [Andrija Artuković] je stanovao isto blizu nas u jednoj kući na Tuškancu, a tata je nešta trebao, ne znam zašto je mene pozvao i rekao: ‚Daj molim te ovaj, otiđi do Artukovića nešta predati.‘ Ja se ne sjećam više što. I dođem tamo, dolje sjede gosti. ‚A di je gospođa?‘,

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Slavko Kvaternik behauptete, er habe zu dieser Zeit bemerkt, dass die Pavelićs sich von ihren Freunden entfernten. Es habe sich herumgesprochen, dass dies wegen des Verdachtes, Anna Marija Heidler sei eine Gestapo-Agentin, geschah. Ob das jemals bewiesen wurde, wusste er nicht.289 Die älteste Tochter des Ustaša-„Führers“, Višnja Pavelić, blieb ledig und bekam keine Kinder; zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs habe sie, nach eigenen Angaben, nicht daran gedacht, beziehungsweise es ergab sich keine Gelegenheit eine Heirat einzugehen.290 Sie flüchtete Ende 1944 mit der Familie nach Österreich, und dann über Italien nach Buenos Aires, wo Pavelić die Ustaša-Exilregierung gründete. Die Familie baute eine Farm auf und lebte anfangs vom Verkauf von Hühnereiern. Später arbeiteten Višnja Pavelić und ihre Schwester als Näherinnen; ihr Bruder als Angestellter bei der Post. 1957 schoss entweder ein jugoslawischer Geheimdienst-Agent oder, wie Višnja Pavelić behauptete, der kroatische Geistliche Željko Iveković auf Pavelić. Motiv für dieses misslungene Attentat sei nach Višnja Pavelić die allgemeine, feindliche Einstellung der Kleriker gegenüber ihrem Vater gewesen. Der Staatsführer wäre der katholischen Kirche in Kroatien immer ein Dorn im Auge gewesen, da einige gar pro-serbisch eingestellt seien.291 Daraufhin siedelte die Familie, ohne Mirjana Pavelić, die in Argentinien blieb, in die spanische Hauptstadt Madrid über. Rückblickend definierte Višnja Pavelić ihre Rolle im USK nicht als politisch, da sie keine Funktion im Ustaša-Apparat ausgeführt hätte. Die Ustaša-Anhänger haben auch im zweiten Exil die Frauen nur im Zusammenhang mit humanitärer Arbeit erwähnt und ihre politische Tätigkeit im Ustaša-Staat geleugnet. Trotzdem ebnete sie sich, mit Unterstützung ihres Vaters, bereits als junge Jurastudentin einen Weg in die Politik, und zwar als aktives Mitglied der Ustaša-Frauenorganisation, als Vertreterin des Staatsführers, als Diplomatin und Beraterin. Es ist zu vermuten, dass sie als künftige Juristin auf eine bedeutende Rolle, womöglich auch im USK-Staatsapparat, vorbereitet wurde. Diese Laufbahn endete 1944. Auch nach dem Krieg wich Višnja Pavelić nie von der Seite ihres Vaters. Zeit ihres Lebens verteidigte sie seine verbrecherische Politik im USK. Die von den Ustaše begangenen Verbrechen leugnete Pavelić vehement. Auf die Frage, warum die Ustaše ihren Hass auf alle Serben projizierten, antwortete sie: „Wie denn nicht, wenn sie Menschen getötet haben, sie haben nichts anderes gemacht, als das.“292 Bei dieser Aussage bezog sie sich auf die jugoslawische Regierung vor 1941 und [upitam]. A ona [Anna Maria Heidler] na prvom katu piše izvještaj [za Gestapo]. To sam ja vidjela. To je jedini moj doživljaj u takvoj situaciji. […] A ona tobože nije znala hrvatski, pa je išla tobože učiti hrvatski. Znala je sve.“ Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008. 289 HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ministarstvo vanjskih poslova NDH, K. 50, Sig. 013. 1. 44, Akte Andrija Artuković, undatiert. 290  Interview mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008. 291  Interview mit Višnja Pavelić am 20. 1. 2010. 292  „Kako ne, kad su ubijali ljude, nisu drugo radili, nego to.“ Interview mit Višnja Pavelić am 20. 1. 2010.

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Abbildung 21: Višnja Pavelić in ihrer Madrider Wohnung, 2010 (Fotografin: Veronika Veža)

die serbischen Četniks im Zweiten Weltkrieg. Die Ustaše hätten sich nur gewehrt und hätten keine unschuldigen Menschen umgebracht. So seien in Jasenovac nur Kriegsgefangene interniert gewesen, aber keine Zivilistinnen und Zivilisten, und schon gar keine Kinder. Sie erwähnte Berichte des Roten Kreuzes, die bezeugen sollen, dass die Umstände im Konzentrationslager einwandfrei gewesen seien. Dass die Ustaše vor der Inspektion des Roten Kreuzes das Konzentrationslager aufgeräumt und die kranken und schwachen Häftlinge getötet hatten,293 wollte sie nicht wahrhaben. Nur die Menschen, die gegen das Gesetz verstoßen haben oder Partisanen waren, seien strafrechtlich verfolgt worden. Italienische Polizei-Dokumente, die ihren Vater für die Deportation von Zagreber Juden ins Konzentrationslager als Täter direkt belasten, bezeichnete sie als Lüge.294 An der Vernichtung 293 Vgl. Kevo, Mario, Posjet poslanika Međunarodnog odbora Crvenog križa logorima Jasenovac i Stara Gradiška u ljeto 1944., in: Časopis za suvremenu povijest, 2 (2008), S. 547 – 585; Kevo, Mario (Hrsg.), Veze Međunarodnog odbora Crvenog križa, Dokumenti, Buch 1, Jasenovac 2009. 294  ACS, Ministero dell’Interno, Direzione Generale, Pubblica Sicurezza, Divisione affari generali e riservati, Archivio generale, Categoria A16 – stranieri ed ebrei stranieri, K. 5, 15. 1. 1942.

III.  Frauen der Familie Pavelić im Schatten der Politik

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der Juden seien größtenteils die Nationalsozialisten schuld gewesen. Jedoch hätten weder Hitler noch ihr Vater alles gewusst, was in ihrem Land passiert sei, beziehungsweise, dass „einige [Personen] Sachen machten, die sie nicht dürfen“ (da su neki pravili stvari, koje nisu smjeli praviti).295 Der Unabhängige Staat Kroatien sei ein gerechter gewesen, und selbst viele Ustaše seien hingerichtet worden, weil sie die Gesetze nicht respektiert hatten. Die Ustaše seien zwar Arier, dennoch keine Antisemiten, schließlich seien viele Minister mit Jüdinnen verheiratet gewesen, so Pavelić. Die Frage, ob es sich bei dieser Behauptung nicht um eine Relativierung der Verbrechen der Ustaše handele, verneinte sie.296 Es dürfte verschiedene Gründe geben, warum Višnja Pavelić ohne Unrechtsempfinden die Verbrechen der Ustaše als Gerüchte oder Lügen bezeichnete: Zum einen war sie als Tochter des ehemaligen Diktators sicherlich daran interessiert gewesen, ein positives historisches Bild ihres Vaters und des USK zu zeichnen; seinen Mythos pflegte sie bis zu ihrem Tod; zum anderen war sie selbst in einem nationalistisch beeinflussten Umfeld aufgewachsen und lebte zeitweilig in faschistisch geprägten Staaten. Sie nahm nicht nur teil am gesellschaftspolitischen Leben im USK, sondern war auch Mitwisserin der Völkermorde an Serben, Juden und Roma, die sie ihr Leben lang leugnete. Nach dem Tod Ante Pavelićs gründete sie den Verlag Domovina (Heimat) und gab Bücher ihres Vaters heraus. Sie recherchierte in Deutschland und Italien nach Dokumenten, Büchern und Fotografien über ihre Familie und den Ustaša-Staat und verfügte über ein großes Privatarchiv. Sie war noch im hohen Alter bemüht, die Netzwerke der nationalistisch orientierten kroatischen Diaspora in Europa, Australien, Nord- und Südamerika zu pflegen. Die Politik blieb immer ein relevanter Bestandteil in ihrem Leben. 2015 starb Višnja Pavelić in Madrid.

295  296 

Interview mit Višnja Pavelić am 20. 1. 2010. Interview mit Višnja Pavelić am 20. 1. 2010.

F.  Frauen im Militärwesen und im Ustaša-Aufsichtsdienst F.  Frauen im Militärwesen und im Ustaša-Aufsichtsdienst

Der Unabhängige Staat Kroatien verfügte zunächst über zwei Armeen: Zur Kroatischen Heimwehr (Hrvatsko domobranstvo) gehörten reguläre Streitkräfte, für die alle Männer nach der Errichtung des USK rekrutiert wurden. Zu ihrem Befehlshaber wurde Slavko Kvaternik ernannt. Die Heimwehr verfügte über ein Heer, eine Luftwaffe, eine Nationalgarde, eine Gendarmerie und einen Arbeitsdienst. Kroatische Soldaten kamen nicht nur im In-, sondern auch im Ausland zum Einsatz: So kämpften sie an der Ostfront Seite an Seite mit den Deutschen und nahmen unter anderem an der Belagerung Stalingrads teil. Daneben gründete Ante Pavelić schon am 10. Mai 1941 die faschistische, paramilitärische Ustaša-Miliz (Ustaška vojnica), die, wie etwa die deutsche „Schutzstaffel“ (SS), eine Kriegsverbrecherorganisation war. Sie war Teil der Ustaša-Bewegung und bestand aus Pavelićs treuesten Gefährten, vor allem aus ehemaligen Exilanten aus Italien und Ungarn, die dort zu Soldaten ausgebildet wurden. Zur Ustaša-Miliz gehörte die elitäre, in Bosnien-Herzegowina gegründete Schwarze Legion (Crna legija) und das Leibwache-Bataillon des Poglavniks. Die Leibwache war eine vom Hauptstab der Ustaša-Armee (Glavni stožer Ustaške vojnice) unabhängige militärische Einheit, der 1943 ungefähr 10.000 Soldaten angehörten. Diese waren für den Personenschutz des „Poglavniks“ zuständig und beteiligten sich an größeren Kämpfen, wie beispielsweise an der Schlacht um die Stadt Koprivnica im Jahre 1944. 1944 übernahm Pavelić auch den Oberbefehl über die Kroatischen Streitkräfte (Hrvatske oružane snage).1 Der Zweite Weltkrieg erforderte auf allen Seiten die intensive Beteiligung von Frauen und Mädchen in den von Männern dominierten militärischen Arbeitsbereichen, zu denen schließlich nicht nur das Waschen, Nähen und Stopfen von Soldatenbekleidung oder das Sammeln von Lebensmitteln zählte. Das „Dritte Reich“ beschäftigte ab 1939 – im Zuge des „Blitzkrieges“ – zunächst freiwillige Wehrmachts- und SS-Helferinnen im Nachrichten- und Stabsdienst. Ab Juli 1943 wurden vor allem „Arbeitsmaiden“ – sie waren Angehörige des Reichsarbeitsdienstes – bei der Luftwaffe und der Marine als Flakhelferinnen eingesetzt.2 In der Italienischen Sozialrepublik (Repubblica Sociale Italiana, RSI) wurden Frauen erst seit dem 14. April 1944 aufgerufen, aktiv am Kriegsdienst teilzunehmen. Sie kämpften zusammen mit ihren männlichen Kameraden auch gegen jugoslawische 1 Über das Militär im USK siehe bsp. bei Košutić, Ivan, Hrvatsko domobranstvo u drugom svjetskom ratu, Buch 1– 2, Zagreb 1992/1994. 2 Dazu u. a. Kompisch, Kathrin, Täterinnen. Frauen im Nationalsozialismus, Köln/ Weimar/Wien 2008, S. 214 ff.

F.  Frauen im Militärwesen und im Ustaša-Aufsichtsdienst

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Partisaninnen und Partisanen in Istrien und Dalmatien.3 Die kroatische Presse berichtete über den Einsatz von Munitionsherstellerinnen, Wehrmachts- und Flakhelferinnen im nationalsozialistischen Deutschland und bereitete Frauen allmählich auf die Anstellung in kriegsbedingten Berufen im Unabhängigen Staat Kroatien vor.4 Die Mobilisierung von Frauen ließ auch hier nicht lange auf sich warten. Denn obwohl weibliche Ustaša-Angehörige – im Gegensatz zu den Partisaninnen – nicht als Kämpferinnen ausgebildet wurden, waren Frauen im USK trotzdem nicht vom kriegsbedingten Einsatz ausgeschlossen. Gerade die Tätigkeit von Frauen im Fürsorge- und Pflegewesen sowie in humanitärer Hilfeleistung war aufgrund der Nähe des Berufes zu stereotypen Weiblichkeitsvorstellungen willkommen.5 Da der Bedarf an medizinischem Personal ständig wuchs, mussten sich neben den Krankenschwestern auch Mitglieder der Mädchen- und Frauenorganisation der Ustaša sowie Ordensschwestern um verwundete Soldaten kümmern.6 In ihrer Doppelfunktion als Katholikinnen und Frauen wurde den Ordensschwestern propagandistisch besondere Aufmerksamkeit geschenkt: Im November 1942 beispielsweise versorgten und retteten Ordensschwestern kroatische Soldaten in Jajce beziehungsweise Livno während mehrtägiger Kämpfe mit den Partisanen. Von Josipa Nevistić wird berichtet, sie habe die Partisanen, die nach Soldaten suchten, belogen und behauptet, es würden sich nur einige verwundete Soldaten im Krankenhaus befinden. Die Partisanen drohten mit der Ermordung aller, töteten letztlich aber „nur“ einen Soldaten und verschwanden anschließend. Für ihren Verdienst wurden zwei Ordensschwestern, Josipa Nevistić und Domina Šeparović, von Ante Pavelić für ihre im Krieg bewiesene Tapferkeit ausgezeichnet.7 Diese Symbolpolitik bezweckte die Mobilisierung aller Katholikinnen.

3  De Grazia, Le donne nel regime fascista, S.  368; Munzi, Ulderico, Donne di Salò. La vicenda delle ausiliarie della Repubblica Sociale, Milano 1999, siehe Abbildung in der Buchmitte, ohne Seitenzahl. 4  Nova Hrvatska, Nr. 200, 16. 11. 1941; Hrvatski narod, Nr. 561, 22. 10. 1942; Hrvatska krila, Nr. 17, 15. 9. 1944, S. 388. 5  Da es im USK vor allem an Ärztinnen und Ärzten fehlte, wurden zeitweise sogar Jüdinnen und Juden, denen die Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit eigentlich untersagt war, nach Bosnien geschickt, um dort im Jahre 1941 die Syphilis zu bekämpfen. Nach erfolgreicher Beendigung des Auftrages sollten auch sie ermordet werden. Allerdings konnten sich einige von ihnen retten, weil sie in okkupierte Gebiete der Partisanen flohen und sich dem Widerstand anschlossen. Dazu: Romano, Jaša, Jevreji Jugoslavije 1941. – 1945. Žrtve genocida i učesnicni Narodnooslobodilačkog rata, Belgrad 1980, S. 95 – 100. 6  Die Verwundeten wurden infolgedessen in Krankenhäusern und auch in Konventen untergebracht. Hrvatski narod, Nr. 588, 22. 11. 1942. 7  Sie bekamen den Orden der Krone des Königs Zvonimir III. Ranges mit Schwertern (Redom Krune Kralja Zvonimira III. stupnja s mačevima), während weitere Ordensschwestern mit der Silbermedaille der Krone des Königs Zvonimir am Kriegsband (Srebrna kolajna krune kralja Zvonimira na ratnoj vrbci) gewürdigt wurden. Hrvatski narod, Nr. 588, 22. 11. 1942; Hrvatski narod, Nr. 594, 29. 11. 1942; Spremnost, Nr. 40, 29. 11. 1942.

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F.  Frauen im Militärwesen und im Ustaša-Aufsichtsdienst

Dass Frauen auch direkt an der Kriegsfront medizinische Hilfe leisteten, zeigt ein anderes Beispiel: So soll Jelena Klaić, laut der Fachzeitschrift „Kroatische Flügel“ (Hrvatska krila), die „erste Kroatin an der Front“ (prva Hrvatica na bojištu)8 gewesen sein. Sie war zunächst im Militärkrankenhaus in Sarajevo tätig und soll den Wunsch geäußert haben, an die Ostfront gehen zu dürfen, um dort verwundeten kroatischen Soldaten Erste Hilfe zu leisten. Als sie daraufhin mit einem Piloten über die Front zum kroatischen Militär flog, habe sie „männlichen Mut“ (muška hrabrost) gezeigt, so der „Kroatische Flügel“, und nicht etwa an ihr Leben, sondern an das der Soldaten gedacht. Daher sei sie ein Vorbild für weibliches Heldentum, für Aufopferung und Mut. Laut der Zeitschrift war sie nicht nur die erste, sondern auch die einzige Krankenschwester, die ihren Dienst, jedenfalls bis Ende 1942, an der Ostfront tat.9 Es liegt die Vermutung nahe, dass es sich hier um einen Ausnahmefall handelte. Seit 1944 setzte Pavelić vermehrt Frauen in militärische und verteidigungsstrategische Dienste ein. So erweiterte er am 15. November 1944 die Gesetzliche Verordnung über die allgemeine Volksverteidigung (Zakonska odredba o obćoj narodnoj obrani), in der er nun auch Frauen im Alter von 17 bis 35 Jahren dazu verpflichtete, „jedwede physische oder psychische Tätigkeit“ (bilo kakav fizički ili duševni rad) für die Volksverteidigung zu erfüllen.10 Um welche genauen Aufgaben es sich hier handelte, wurde in der Verordnung nicht erwähnt. Es wurde jedoch betont, dass jeder, der sich der Volksverteidigung nicht zur Verfügung stelle, bestraft werde. Da die Volksverteidigung das kroatische Pendant zum deutschen Reichsluftschutzbund war, kann angenommen werden, dass auch im USK Frauen mobilisiert wurden, um beispielsweise bei Bombenangriffen für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Mit verschiedenen militärbezogenen Tätigkeiten wurden Frauen im USK aber schon früher konfrontiert, sei es in der Administration im Büro des Leibwache-Bataillons des Poglavniks, oder als Pilotinnen im Kriegsdienst sowie als KZ-Personal im Bataillon der Ustaša-Verteidigung (Ustaška obrana), welches für die Bewachung der Konzentrationslager verantwortlich war. Dass Frauen zudem im Ustaša-Aufsichtsdienst als Büroangestellte, Spioninnen und KZ-Aufseherinnen arbeiteten, lässt darauf schließen, dass sie von den Verbrechen wussten und auch an der systematischen Verfolgung und Vernichtung von Serben, Juden, Roma und politisch Andersdenkenden beteiligt waren.

I.  „Helferinnen“ des Militärs Am 10. Januar 1944 gründete Ante Pavelić den Frauenhilfsdienst des Leibwache-Bataillons des Poglavniks (Pomočna Ženska Služba Poglavnikovih Tjelesnih 8 

Hrvatska krila, Nr. 22, 1. 12. 1942, S. 538. Hrvatska krila, Nr. 22, 1. 12. 1942, S. 538. 10  Nova Hrvatska, Nr. 266, 16. 11. 1944. 9 

I.  „Helferinnen“ des Militärs

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Sdrugova),11 der von der Offizierin Nada Miškulin geführt wurde. Sie war dem Befehlshaber des Leibwache-Bataillons des Poglavniks, General Ante Moškov, unterstellt.12 Nada Miškulin kam aus Lika und war mütterlicherseits die Nichte des letzten USK-Innenministers, Mate Frković, und des ersten Ministers für Forstwirtschaft und Bergwesen, Ivica Frković.13 Zur Anerkennung ihrer Arbeit in der „Erziehung der jungen Ustaškinja“ (na odgajanju mladih ustaškinja) wurde sie mit der Silbermedaille der Krone des Königs Zvonimir am Kriegsband (Srebrna kolajna krune kralja Zvonimira na ratnoj vrbci), ausgezeichnet.14 Dem Frauenhilfsdienst konnten nur Mitglieder der Ustaškinja oder der Weiblichen Ustaša-Jugend im Alter von mehr als 17 Jahren beitreten. Eingesetzt wurden die Frauen in verschiedenen Bereichen: Auf einer Varaždiner Plakatanzeige rief der Stab der Weiblichen Ustaša-Jugend Frauen mit mittlerer Schulreife auf, sich entweder für Bürotätigkeiten im Kommando des Leibwache-Bataillons des Poglavniks zu bewerben oder einen Kurs zur Krankenschwester zu absolvieren. Hatten die Frauen eine niedrigere Schulbildung, so sollten sie in Fabriken angestellt werden.15 Im Februar 1945 gab es 65 Teilnehmerinnen im Frauenhilfsdienst, davon wurden 22 aus dem Arbeitsdienst beordert, während die restlichen Frauen auf freiwilliger Basis teilnahmen. Der Hilfsdienst dauerte ein Jahr.16 Wie alle Mitglieder einer Ustaša-Organisation, legten auch die weiblichen Angehörigen des PTS den Schwur auf Pavelić ab, nachdem ihnen die Beichte abgenommen worden war.17 Gelebt haben die Mitglieder „der Armee“ (vojska) – wie man den Frauenhilfsdienst auch bezeichnete – in einem Zagreber Internat, wo sie unter Aufsicht standen. Das gemeinsame Wohnen sollte die Frauen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenschweißen. Ihr Tag war streng und „wie in einer Kaserne“ (kao u vojarni)18 geregelt: Um sechs Uhr standen sie auf, reinigten ihre Zimmer, gingen zur Arbeit und kamen abends zurück. Selbst in der Freizeit widmeten sich die Frauen der Fürsorge des Militärs: Sie bereiteten Geschenke für die Soldaten vor und fertigten Kleidung für sie an.19 Einmal in der Woche nahmen sie an politisch-ideologischen Kursen teil. Selbstverständlich gehörte zu ihrem Alltag auch der Kirchgang. Frauen, die sich nicht an die Regeln hielten, bekamen Hausarrest und mussten in ihren Zimmern bleiben. Heirateten die Frauen, so verließen sie die Arbeitsstelle.20 11 

Narodne novine, Nr. 6, 10. 1. 1944. Nova Hrvatska, Nr. 23, 28. 1. 1945. 13  Zelić, Sjećanja, S. 721. 14  Nova Hrvatska, Nr. 23, 28. 1. 1945. 15  HDA, Zbirka stampata, 91/64, 1944. 16  Nova Hrvatska, Nr. 29, 4. 2. 1945. 17  Nova Hrvatska, Nr. 29, 4. 2. 1945; Nova Hrvatska, Nr. 23, 28. 1. 1945. 18  Nova Hrvatska, Nr. 29, 4. 2. 1945. 19  Nova Hrvatska, Nr. 21, 26. 1. 1945. 20  Nova Hrvatska, Nr. 29, 4. 2. 1945. 12 

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F.  Frauen im Militärwesen und im Ustaša-Aufsichtsdienst

Da die Angehörigen des Frauenhilfsdienstes in einer glorifizierenden Art als die Mädchen bezeichnet wurden, die am meisten für Kroatien arbeiteten,21 stellte es propagandistisch eine Herausforderung dar, ihre Rolle, als uniformierte, direkt für das Militär agierenden Frauen zu rechtfertigen. Laut Presse wurde von der Bevölkerung mit Skepsis und Neugier das Auftreten von Frauen im Militär betrachtet. Es wurde befürchtet, ihre Präsenz könne zum Grund für den Verfall einer Armee werden. Der enge Kontakt von Männern und Frauen könne zu unsittlichem Verhalten führen. Eine Vermutung, die die Ustaše propagandistisch nur den geschlechtergemischten Partisanen-Einheiten unterstellten. Deswegen sei im Ustaša-Militär statt sexueller Begierde bloß die geschwisterliche Liebe vorzufinden: Die Ustaša-Angehörige sei eine Schwester, die ihrem Bruder, dem Soldaten, entgegenkomme, um an seiner Seite für den Erhalt des USK zu kämpfen.22 Gemäß der Ustaša-Propaganda hätten angeblich die Frauen – geleitet vom Geiste kroatischer Ustaša-Heldinnen wie Andjelka Sarić – beim Kommando des Leibwache-Bataillons des Poglavniks gefordert, selbst einen Hilfsdienst für die Armee zu gründen. Pavelić habe diesem Vorschlag daraufhin zugestimmt.23 Diese Version erscheint sehr unglaubwürdig und lässt vermuten, dass durch die Darstellung von aktiven Frauen, die sich noch mehr Teilnahme im Militär wünschten, mehr Frauen für die Tätigkeit im Leibwache-Bataillon angeworben werden sollte, waren doch gerade die Ustaše bemüht, Frauen für die Arbeit an der „Heimatfront“ zu mobilisieren. Hinzu kam, dass Pavelić neben dem Frauenhilfsdienst im August 1944 den Frauenhilfstrupp des Nachrichtendienstes der Luftwaffe (Pomoćni ženski skup dojavne službe bojnog zrakoplovstva) gründete. Die Bewerberinnen durften hier nicht jünger als 16 und nicht älter als 45 Jahre sein, sollten mindestens eine Mittelschule absolviert haben und eine Fremdsprache sprechen. Der Vorbereitungsdienst – organisiert vom Minister der Wehrkraft – dauerte sechs Monate und schloss mit einer Prüfung ab. Nachrichtenhelferinnen waren Angehörige der Wehrkraft im Sonderdienst. Sie legten den militärischen Schwur auf Staat und „Poglavnik“ ab und genossen die gleichen finanziellen Privilegien wie alle anderen Mitglieder der Wehrkraft. Die Berufsausübung beruhte auf freiwilliger Basis und konnte unterbrochen werden.24 Zu den Aufgaben der Nachrichtenhelferinnen gehörten der Flugmeldedienst, der Jägerleitdienst und der Flugwachdienst zur Abwehr von feindlichen Flugzeugen. Es lässt sich konstatieren, dass sowohl der Frauenhilfsdienst als auch der Frauenhilfstrupp ausschließlich als unterstützende Organe des Heeres beziehungsweise der Luftwaffe definiert wurden. Damit sollte ausschließlich die untergeordnete Rolle von Frauen im Militär zum Ausdruck gebracht werden. Dennoch führte diese 21 

Nova Hrvatska, Nr. 21, 26. 1. 1945. Hrvatski krugoval, Nr. 10, 24. 4.–7. 5. 1944, S. 5. 23  Hrvatski krugoval, Nr. 10, 24. 4.–7. 5. 1944, S. 5. 24  Narodne novine, Nr. 179, 10. 8. 1944. 22 

II.  Die Luftstreitkräfte und ihre Pilotin Katarina Kulenović-Matanović

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Abbildung 22: Frauenhilfsdienst des Leibwache-Bataillons des Poglavniks

Kriegsrealität zum vorübergehenden Zusammenbruch der seit Jahrhunderten bestehenden konservativen, patriarchalischen Gesellschaftsstruktur – auch auf dem Balkan.

II.  Die Luftstreitkräfte und ihre Pilotin Katarina Kulenović-Matanović Befehlshaber der kroatischen Luftstreitkräfte war unter anderem General Vladimir Kren. Nach der Gründung des Unabhängigen Staates Kroatien verfügte die Luftwaffe nur über wenige Kampfflugzeuge, so dass weitere aus dem ehemaligen Territorium Jugoslawiens, aus Italien und Deutschland angeschafft wurden. Dies führte zu weiteren Komplikationen und Verzögerungen, da Piloten erst mit den Maschinen vertraut gemacht werden mussten. Als Bündnispartner Deutschlands tat die kroatische Luftwaffe sowohl im USK als auch an der Ostfront ihren Dienst. Da auch im Flugwesen Mangel an männlichem Personal herrschte, wurden junge Frauen durch das Kommando der Luftwaffe Kroatiens (Zapovjedništvo zračnih snaga Hrvatske) direkt in weiblichen Schulen für den Pilotinnenberuf angeworben. So wurden sogar Lehrerinnen an der Weiblichen Staatlichen Fachlehrerinnenschule aufgefordert, ihre Schülerinnen für die Luftfahrt zu mobilisieren.25 25 

DAGZ, Državna ženska stručna učiteljska škola – 123, Sig. 22725 – 22736, 22. 9. 1941.

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F.  Frauen im Militärwesen und im Ustaša-Aufsichtsdienst

Entschieden sich Schülerinnen zu diesem Schritt, mussten sie zunächst an einer militärischen Schulung für Fliegerinnen und Angestellten im Flugwesen teilnehmen. Hier wurden ihnen Einblicke in den Nachrichtendienst, Kartenlesen, Geografie, Flugtechnik, Erste Hilfe, Pflege von Kranken und in den „Volksschutz“ (narodna zaštita) vermittelt, ebenso wie Verhaltensregeln bei Luftangriffen und beim Umgang mit Kampfstoffen. Zudem wurde ihnen von Piloten das Modellieren von Flugzeugen, der Segel- und Motorflug sowie der Fallschirmsprung erklärt. Den Höhepunkt des Kurses bildete ein Flug über Zagreb in einem dreimotorigen Bomber.26 Die Zeitschrift „Die Ustaša-Jugend“ schrieb, die weibliche Präsenz in der Luftfahrt sei vordergründig deswegen von Bedeutung, damit zukünftige Mütter ihren Kindern Kenntnisse über die Luftfahrt beibringen könnten.27 Tatsächlich ging es darum, mithilfe der weiblichen Arbeitskraft eine starke militärische Luftfahrt zu schaffen, um die Verteidigung des Landes gewährleisten zu können.28 Der Befehlshaber der Luftwaffe, General Vladimir Kren, erlaubte zudem zehn Angehörigen der Ustaša-Jugend die Einschreibung in dreimonatige Kurse zur Ausbildung zur Segelfliegerin, die in Sveta Nedjelja unweit von Zagreb stattfanden. Bevorzugt wurden Angehörige des Fliegervereins Kroatische Flügel (Hrvatska krila). Vorausgesetzt wurde bei der Bewerbung die kroatisch-„arische“ Abstammung, es durften keine Vorstrafen vorliegen, die Bewerberinnen mussten körperlich und seelisch gesund, ledig und nicht jünger als 16 Jahre alt sein. Im Falle eines Unfalls durften die Erziehungsberechtigten keinen Anspruch auf staatliche Entschädigung stellen, außer auf jene der regulären Versicherung.29 Dass allemal viele der jungen Pilotinnen und Piloten den Krieg nicht überlebten, bezeugen die Todesanzeigen, wie etwa die der Schülerin Evica Kauf, die bei einem Flugunglück zu Tode kam.30 Trotz der Berufsrisiken warb die Luftwaffe um neue Auszubildende und bemühte sich sogar, mithilfe der Zeitschrift „Die kroatischen Flügel“, die vorrangig jungen Menschen gewidmet war, geschlechtsspezifische Vorurteile im Flugwesen abzubauen: Zu diesem Zweck wurden lächelnde Flugschülerinnen abgebildet,31 die sich mit voller Freude in Flugkurse einschrieben.32 Es wurden Kurzgeschichten von selbstbewussten Frauen erzählt, die ihren skeptischen männlichen Kollegen, entspannt zu begegnen wussten.33 In Karikaturen wurden sogar Modepuppen abgebildet, die ein Kleid in Form eines Flugzeugs trugen, darunter die Aufschrift: 26  Ustaška Mladež, Nr. 9, 15. 5. 1943, S. 8 f.; Ustaška Mladež, Nr. 13, 15. 7. 1943, S. 8 f.; Hrvatska krila, Nr. 9, 15. 5. 1943, S. 189. 27  Ustaška Mladež, Nr. 9, 15. 5. 1943, S. 9. 28  DAGZ, Državna ženska stručna učiteljska škola – 123, Sig. 22725 – 22736, 22. 9. 1941. 29  Hrvatska krila, Nr. 9, 15. 5. 1943, S. 180. 30  Hrvatska krila, Nr. 6, 1. 4. 1943, S. 136. 31  Hrvatska krila, Nr. 5, 15. 3. 1943, S. 112 ff. 32  Hrvatska krila, Nr. 6, 15. 10. 1941, S. 133. 33  Diese Geschichten stammen von Alfons Wedenik. Hrvatska krila, Nr. 18, 1. 10. 1942, S. 458.

II.  Die Luftstreitkräfte und ihre Pilotin Katarina Kulenović-Matanović

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Abbildung 23: Flugschülerinnen der Ustaša-Jugend, 1943

„Der Schneider, der im Flugwesen dient, denkt sich für unsere Damen eine neue Mode aus.“34 Darüber hinaus wurden mutige, sportliche Vorzeigepilotinnen medial hervorgehoben, wie etwa die erste Fallschirmspringerin im USK, Zdenka Žibrat,35 oder insbesondere die erste Pilotin Kroatiens, Katarina Kulenović-Matanović, für die die politischen Machthaber Ausnahmen zuließen. Entgegen des Ustaša-Weiblichkeitsbildes gab es nämlich auch Pilotinnen in den kroatischen Luftstreitkräften, die in Jugoslawien ihre Karriere begonnen und im USK weitergeführt haben.36 Anhand der Biografie von Katarina Kulenović-Matanović soll hier veranschaulicht werden, in welchen Handlungsspielräumen sich Frauen in dem stark männerdominierten Spektrum des Militärs bewegen konnten. Katarina Kulenović-Matanović, eine sowohl im ersten Jugoslawien als auch im USK gefeierte Exotin, kam 1913 in Vuka, einem Dorf bei Osijek, zur Welt, wo sie auch in die Grundschule ging. Das Gymnasium besuchte sie zunächst in Osijek. Als ihr Vater starb, geriet die Familie in finanzielle Not, so dass die junge Frau nach Zagreb zu ihrer Schwester umzog. Nach Abschluss des Gymnasiums schrieb sie sich in einen mehrmonatigen Kurs zur Stenotypistin ein und nahm anschließend eine Stelle als Sekretärin in der Baufirma Švab an. In ihrer Freizeit trieb sie viel Sport, fuhr am liebsten Ski und träumte davon, als Rennfahrerin Karriere zu 34  „Krojač, koji je služio u zrakoplovstvu, izmišlja novu modu za naše dame.“ Hrvatska krila, Nr. 2, 1. 2. 1943, S. 43. 35  Hrvatska krila, Nr. 10, 1. 6. 1943, S. 216. 36  Danica Tomić war die erste Pilotin Jugoslawiens. Das Fliegen erlernte sie zunächst von ihrem Ehemann Miodrag Tomić, der während der Balkankriege und während des Ersten Weltkriegs zur Berühmtheit gelangte. Nach Zerschlagung Jugoslawiens kam er in deutsche Gefangenschaft. Das Ehepaar wanderte nach dem Krieg in die USA aus.

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F.  Frauen im Militärwesen und im Ustaša-Aufsichtsdienst

Abbildung 24: Katarina Kulenović-Matanović als Kriegs­pilotin

machen.37Als sie 1935 in der Zeitung „Jutarnji list“ blätterte, sah sie in einer Anzeige, dass in Zagreb auf dem Flughafen in Borongaj eine Pilotenschule eröffnet wurde: Schließlich brauchte das Land im Falle eines Krieges eine große Anzahl von Piloten, aber auch Pilotinnen.38 Da ihr das Geld für eine Ausbildung als Fliegerin fehlte, nutzte Kulenović-Matanović ihre Kontakte in der Baufirma und gewann einige Unternehmer, einschließlich ihres Arbeitgebers, als Sponsoren. Noch bevor die Schule begann, hatte sie Gelegenheit, mit dem Fluglehrer Ivan Mrak, der sie so gut wie immer „frajla“ (taffe Frau) nannte, mit einem Jagdflugzeug vom Typ Hansa-Brandenburg über Zagreb zu fliegen. Bei den männlichen Kollegen stieß sie anfangs auf Argwohn und stereotype Vorurteile. Es dauerte aber nicht lange, bis sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte. Der Presse missfiel sie jedenfalls nicht.39 Im November 1936 bekam sie ihr Diplom als Sportfliegerin und war seit37  Puhlovski, Boris, Katarina na krilima, uspomene prve hrvatske avijatičarke Katarine Kulenović-Matanović, Varaždinske Toplice 2000, S. 11. 38  Puhlovski, Katarina na krilima, S. 13. 39  Puhlovski, Katarina na krilima, S. 14 ff.

II.  Die Luftstreitkräfte und ihre Pilotin Katarina Kulenović-Matanović

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Abbildung 25: Katarina Kulenović-Matanović vor 1941

dem eine von nur vier Pilotinnen in Jugoslawien. Auf einem Zagreber Aeromeeting im Jahre 1938 sprang sie als erste Frau im südosteuropäischen Raum mit einem Fallschirm aus einem Flugzeug. Katarina Kulenović-Matanović setzte sich sehr engagiert für die Förderung von Frauen im Flugwesen ein. Sie war die Gründerin der Weiblichen Pilotensektion (Ženska pilotska sekcija) und versuchte in öffentlichen Vorträgen, manchmal auch auf einem Flugzeug sitzend, die Frauen zu überzeugen, dem Aeroklub beizutreten. Falls es zu einem Krieg kommen sollte, würden sie als Fliegerinnen zwar nicht kämpfen, aber sie könnten Erste Hilfe leisten und Medikamente transportieren, so ihre Botschaft. Ihre Weiblichkeit werde, auch wenn sie einen Beruf ausüben, der Männern vorbehalten sei, nicht beeinträchtigt. Als Vorbild für die potentiellen jugoslawischen Kandidatinnen nannte sie unter anderem Sabiha Gökçen, eine Adoptivtochter des ersten türkischen Präsidenten, Mustafa Kemal Atatürk. Sabiha Gökçen hat jedoch nie dazu beigetragen, Menschenleben zu retten, im Gegenteil, sie war Kampfpilotin und Befehlshaberin über männliche Kriegsflieger.40 40 

Puhlovski, Katarina na krilima, S. 69.

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F.  Frauen im Militärwesen und im Ustaša-Aufsichtsdienst

Seit dem Angriff der Wehrmacht auf Polen im September 1939 verstärkte und modernisierte Jugoslawien seine Luftwaffe. Die Regierung beabsichtigte zunächst, Kulenović-Matanović zu einer Kampffliegerin auszubilden. Sie sollte hierfür den Bomber Bristol-Blenheim zur Verfügung gestellt bekommen, aber dazu kam es nicht: Die Pilotin war der Meinung, das jugoslawische Kommando der Luftfahrt hätte aus national motivierten Gründen kein Vertrauen zu ihr gehabt, weil sie eine Kroatin und eben keine Serbin war.41 Im Unabhängigen Staat Kroatien indessen diente sie im Kommando der Luftstreitkräfte als Kriegspilotin und wurde zum Leutnant ernannt. Im italienischen Verbindungsflugzeug AVIA FL.3 beförderte sie Medikamente, Munition, Korrespondenzen sowie verwundete Soldaten, die von der Front in das Krankenhaus in Zagreb gebracht wurden. Auch war sie die persönliche Pilotin von Ante Vokić, der seit Oktober 1943 Minister für Verkehr und öffentliche Arbeit war. Gleichzeitig arbeitete Kulenović-Matanović bei der Redaktion der Zeitschrift „Der Kroatische Flügel“ (Hrvatska krila), die vom Kommando der Luftstreitkräfte herausgegeben wurde. Für ihre Verdienste erhielt sie – als erste Fliegerin – von Ante Pavelić die militärische Auszeichnung „Kleine Silberne Medaille für Tapferkeit“ (Mala srebrna kolajna za hrabrost).42 Bisher ist nicht bekannt, ob sie sich im Krieg auch als Kampfpilotin betätigte. Im Mai 1942 heiratete sie Namik Kulenović, einen Politiker und Journalisten der Tageszeitung „Neuigkeiten“ (Novosti). Weil er um das Leben seiner Frau fürchtete, beschränkte er sie in ihrer Arbeit und erlaubte ihr nicht, über Kriegsgebiete zu fliegen.43 Ungefährlich war ihr Arbeitseinsatz tatsächlich nicht. Die ehemalige Kriegspilotin erinnert sich: „Ich habe es nicht gemocht, durch die Wolken zu fliegen. Es war schwer, sich in der Luft in den Wolkenmassiven zu orientieren. Aber als die Wolken niedrig waren und wenn ich niedrig flog, bin ich vom Land aus häufig mit Maschinengewehrkugeln überhäuft worden. Ich habe oft nicht daran gedacht, dass ich eine Kriegspilotin bin. Wenn ich mich in das Flugzeug setzte, habe ich den Krieg und alle Bedrohlichkeiten vergessen.“44

Sie flog so lange im Dienst der kroatischen Luftwaffe, bis ihr Mann im Mai 1944 eines tragischen Todes starb: Auf einer Dienstreise nach Bihać wurde das Flugzeug, in dem er saß, gesteuert vom Piloten Bartol Mihaljević, von einem englischen Jagdflugzeug, einer Supermarine Spitfire, aus beschossen und stürzte ab. Der englische Pilot stürzte ebenfalls ab, er war scheinbar abgelenkt und kollidierte mit einem Berg.45 41 

Puhlovski, Katarina na krilima, S. 96. Hrvatska krila, Nr. 10, 1. 6. 1943, S. 217. 43  Puhlovski, Katarina na krilima, S. 103, S. 106. 44  „Nisam voljela letjeti kroz oblake. Bilo je teško orijentirati se u zraku u oblačnim masivima. Zato sam se radije spuštala obično ispod oblaka. Ali kada su bili oblaci niski i ako sam letjela nisko bila sam često obasuta mitraljeskim zrnima sa zemlje. Često nisam ni pomišljala da sam ratni pilot. Kad bih sjela u avion zaboravila bih na rat i sve opasnosti.“ Puhlovski, Katarina na krilima, S. 98. 42 

II.  Die Luftstreitkräfte und ihre Pilotin Katarina Kulenović-Matanović

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Obwohl sich die Militärpilotin danach in einem psychisch labilen Zustand befand, entschloss sie sich nur acht Tage nach diesem Vorfall, wieder in das Flugzeug zu steigen. Doch dazu kam es nicht mehr: Am 30. Mai 1944 bombardierten die Alliierten den Flughafen in Borongaj. Die Pilotin versteckte sich mit zwei ihrer Kollegen in einem Schutzgraben, der mit Erde verschüttet wurde. Zwei Splitter trafen sie an der Stirn.46 Sie wurde gerettet und ins Krankenhaus Rebro gebracht, wo die Ärzte eine Entdeckung machten, die ihr Leben vollständig verändern und ihre Karriere als Pilotin beenden sollte: Sie erwartete ein Kind. 45

Bis zum Ende des Krieges war Kulenović-Matanović beurlaubt. Wie viele privilegierte Witwen bekam sie vom Staat eine Familienrente.47 Mit der Machtergreifung der Kommunisten musste sie ihre Wohnung verlassen und wurde für mehr als einen Monat ins Gefängnis gesperrt, jedoch wieder frei gelassen – im sozialistischen Jugoslawien wurde sie als Unterstützerin des Ustaša-Regimes kategorisiert. Da sie als Pilotin nicht mehr arbeiten durfte, nahm sie erneut die Tätigkeit als Sekretärin in einem Touristenbüro in Zagreb auf. Ihr Sohn studierte später Kunst in Köln, wohin ihm seine Mutter folgte, um dort bei einem älteren Professor als Hausangestellte zu arbeiten.48 Sie geriet Jahrzehnte in Vergessenheit. Nach Errichtung der Republik Kroatien änderte sich ihr gesellschaftlicher Status: Es erschien ihre Biografie, geschrieben von Boris Puhlovski, der die Möglichkeit hatte, mit Katarina Kulenović-Matanović Interviews zu führen. 1998 bekam sie vom ersten kroatischen Präsidenten, Dr. Franjo Tuđman, den Orden des kroatischen Morgensterns mit dem Antlitz von Franjo Bučar für besondere Verdienste im Sport. 2001 wurde sie wieder in den Aeroclub aufgenommen. Zwei Jahre später verstarb sie in Zagreb. Katarina Kulenović-Matanović gehörte bis 1945 zu den Ausnahmefrauen, die wohl aus Karrieregründen und aus Leidenschaft zu ihrem Beruf als Pilotinnen im USK fungierten. Gleichzeitig muss sie mit den Ansichten des Ustaša-Regimes konform gegangen sein, war sie doch eine wichtige Akteurin der Armee Pavelićs – und dieser belohnte ihren Einsatz schließlich mit einer Auszeichnung und finanzieller Unterstützung. Die Kriegsumstände bewirkten, dass Frauen für das Flugwesen – eigentlich eine reine Männerdomäne – nicht nur gezielt angeworben wurden, sondern sich als Pilotinnen ausbilden oder ihre Berufslaufbahn intensivieren konnten. Durch diese Teilhabe verschafften sie sich Ansehen und Privilegien. Diese patriotisch eingestellten Frauen meldeten sich freiwillig, um im Flugwesen Dienst zu tun. Sie fühlten sich auf diese Weise den Männern gleichgestellt.

45 

Puhlovski, Katarina na krilima, S. 106 ff. Vgl. Hrvatska krila, Nr. 12, 1. 7. 1944, S. 267; Puhlovski, Katarina na krilima, S. 108 f. 47  Narodne novine, Nr. 210, 18 .9. 1944. 48  Puhlovski, Katarina na krilima, S. 109 f. 46 

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F.  Frauen im Militärwesen und im Ustaša-Aufsichtsdienst

III.  Frauen im Ustaša-Aufsichtsdienst Der Ustaša-Aufsichtsdienst (Ustaška nadzorna služba, UNS) war der Überwachungsapparat des totalitären Staates, der – ähnlich wie das Reichssicherheitshauptamt in Deutschland – ab August 1941 die Funktion der Sicherheitspolizei sowie des Nachrichtendienstes ausübte. Wegen seiner Verwicklung in die Organisation und Einrichtung von Konzentrationslagern kann man ihn sehr wohl als größtes verbrecherisches Staatsorgan im USK bezeichnen. Der Ustaša-Aufsichtsdienst war in vier Abteilungen unterteilt: Polizei, Nachrichtendienst, Abwehrdienst/Ustaša-Verteidigung und Personenamt. Zu den Zuständigkeiten der verschiedenen Abteilungen und Unterabteilungen gehörte beispielsweise das Aufspüren von Kommunisten, Juden und Serben; die Kontrolle ausländischer Nachrichtendienste sowie der katholischen Kirche und des Personals in Ministerien und in der Ustaša-Bewegung. Der erste Kommandant des Ustaša-Aufsichtsdienstes, der von Pavelić gewählt worden war und ihm unmittelbar unterstand, war Eugen Dido Kvaternik.49 Gleichzeitig fungierte Kvaternik als Chef des parallel bestehenden, im Mai 1941 errichteten Amtes für öffentliche Ordnung und Sicherheit (Ravnateljstvo za javni red i sigurnost, RAVSIGUR), welches anfangs als regulärer polizeilicher Apparat diente und die Kontrolle über alle Polizeidienststellen und ihre Angestellten ausübte. Wegen eines Streits mit Pavelić wurde Eugen Dido Kvaternik im September 1942 abgesetzt; er emigrierte mit seiner Familie in die Slowakei. Der UNS verlor immer mehr an Macht, so dass er Anfang 1943 mit dem RAVSIGUR zur Hauptdirektion für öffentliche Ordnung und Sicherheit (Glavno ravnateljstvo za javni red i sigurnost, GRAVSIGUR) fusionierte.50 Wer Mitarbeiter/-in im Ustaša-Aufsichtsdienst war, genoss Beamtenstatus.51 Frauen betätigten sich hier als Sekretärinnen, Stenografinnen, Telegrafistinnen, Polizistinnen, Spioninnen und als Aufseherinnen in Konzentrationslagern. Die Anzahl der im UNS tätigen Frauen (und Männer) ist noch nicht erschlossen. Die sozialistische Nachkriegsregierung versuchte, alle Personen, die an Verbrechen beteiligt waren, zu erfassen und nannte aufgrund von Zeugenaussagen und den wenigen geretteten Dokumenten des Ustaša-Aufsichtsdienstes ungefähr 500 weibliche UNS-Angestellte.52 Für die Aufnahme in den öffentlichen Dienst waren „arische Rassenzugehörigkeit“ und eine korrekte politische Vergangenheit beziehungsweise Überzeugung ausschlaggebend. Bei den UNS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern handelte es sich demzufolge um treue Anhänger/-innen der Ustaša-Bewegung sowie um Natio49 

Narodne novine, Nr. 110, 25. 8. 1941. Kovačić, Davor, Uspostava i djelovanje policijskog i sigurnosno-obavještajnog sustava Nezavisne Države Hrvatske od 1941. do 1943. godine, in: Časopis za suvremenu povijest, 1 (2005), S. 83 – 99. 51  Narodne novine, Nr. 110, 25. 8. 1941. 52  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatost MUP-a NDH, K. 52, Sig. 013. 2. 7. 50 Dazu

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nalistinnen und Nationalisten, die in der Jugoslawien-Ära weder regimetreu waren noch einer nicht-kroatischen Organisation angehörten. Anhand eines Formulars, den jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter als Bewerbungsbogen ausfüllen musste, wurden die kroatische Herkunft und die politische Einstellung überprüft. Die Arbeit im Ustaša-Aufsichtsdienst schien für einige Frauen finanziell verlockend gewesen zu sein: Spioninnen bekamen beispielsweise 5.000 Kuna Gehalt im Monat und circa 7.000 bis 8.000 Kuna für jeden entlarvten Feind.53 In einem Bericht der Partisanen, die im Jahre 1942 Ustaša-Spioninnen festgenommen und verhört hatten, wurden Einsatzorte von UNS-Agentinnen in Zagreb genannt: So etwa auf der Straße, wo sie Menschen bei ihren Gesprächen belauschten oder nach bestimmten Personen mithilfe einer Fotografie suchten. Bei ihrer Arbeit waren sie mit einem Revolver Colt Kaliber 7,65mm bewaffnet. Wenn der Verdacht aufkam, sie hätten es mit „antistaatlichen Elementen“ zu tun, wurde ein Polizist gerufen, der die Person auf der Stelle verhaftete. Darüber hinaus mischten sich Ustaša-Spioninnen als vermeintliche Antifaschistinnen unter die Partisanen beziehungsweise Mitglieder der SKOJ-Jugend, mit dem Ziel, Informationen über deren Anzahl, Bewaffnung und Moral zu sammeln. Denn ein wichtiges Kampfmittel im Krieg war die Beschaffung von Informationen von den feindlichen ebenso wie von den verbündeten Staaten sowie die Bespitzelung des Militärs, der Politiker und verdächtiger Personen. Gefangen genommene politisch-ideologische Feindinnen und Feinde wurden von den UNS-Angestellten beziehungsweise der Gestapo gefoltert und entweder sofort erschossen oder in ein Konzentrationslager deportiert. Es war keine Seltenheit, dass sich Spioninnen an der Folter und Erschießung von Gefangenen beteiligten.54 Es sei hier erwähnt, dass auch Häftlingsfrauen für Spionagezwecke instrumentalisiert wurden. Die Methoden, wie die Ustaše gerade Frauen nötigten, sich ausländischen Soldaten „zu nähern“ waren erschreckend grausam, wie aus den Aussagen von Fatima Brkić, die 1942 von Sarajevo in das Konzentrationslager Jasenovac/ Stara Gradiška deportiert wurde, zu entnehmen ist: „Sie [die Ustaše im Lager] zogen mich komplett aus und banden mir, ohne Mitleid, die Beine mit eisernem Draht zusammen. Sie hingen mich auf. Ich blutete ganz, meine Beine waren wund, während sie mich mit irgendwelchen Tellereisen auf die Beine schlugen. Sie rissen mir alle Haare aus meinen Genitalien; sie schlugen mich ungefähr fünf Stunden, während ich gefesselt war. Der eiserne Stab, mit dem sie mich schlugen, war voller Blut. Ich fiel drei oder vier Mal in Ohnmacht. Danach begossen sie mich mit Wasser, damit ich wieder zu mir komme, um mich daraufhin wiederholt zu schlagen. Ljubo[mir] Miloš riss mir mit einer Zange ein Stück Haut von meiner linken Schulter. Danach gab er mir eine derartige Ohrfeige, dass ich mein Bewusstsein verlor. Ich war voller Blut. Auf die Brust legte er mir ein glühendes Eisen. Es war eine Art Stempel mit kommunistischem Stern, den sie erhitzten und mit dem sie mich brandmarkten. Danach hoben sie mich auf eine Art eisernen Stuhl, auf dem Glut war. Mit ganzer Kraft zwang mich 53  54 

HDA, OZNA Hrvatske, Područje pokuplje Žumberak – 1491, K. 20, 26. 11. 1943. HDA, OZNA Hrvatske, Područje pokuplje Žumberak – 1491, K. 20, 26. 11. 1943.

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Butinić [KZ-Aufseher], mich auf den Stuhl zu setzen. Alle Spuren der inquisitorischen Tortur sind sichtbar und ein klarer Beweis auf meinem Körper. Diese Tortur wurde zwei Mal wiederholt. Danach schickten sie mich in ein Krankenhaus, in dem mich ein jüdischer Arzt fünfzehn Tage lang verarztete und kurierte. Nach diesen fünfzehn Tagen wurde ich der Zagreber Polizei überstellt. In Zagreb änderten sie die Haltung mir gegenüber. Sie sagten zu mir, ich sei eine sehr schöne Frau und die Ustaše seien bezüglich der Torturen sogar großzügig zu mir gewesen. […] Sie erwarteten einen Gegengefallen. Deswegen musste ich mich dem Ustaša-Spionagedienst zur Verfügung stellen. Ich musste mich italienischen Offizieren und Kroaten nähern und den Ustaše jede Einzelheit mitteilen. Meine Aufgabe war in erster Linie, mich italienischen Offizieren in Zagreb zu nähern. Ich habe verstanden, dass ich mich nur so retten konnte.“55

Die Ustaša sprach dieser Frau ihre Würde ab und instrumentalisierte sie für ihre politisch-militärischen Vorhaben. Es kann stark angenommen werden, dass Fatima Brkić auch zur sexuellen Zwangsarbeit genötigt wurde, auch wenn sie dies in ihrer Aussage nicht explizit erwähnt hatte. Dass Frauen, die in Lokalen arbeiten mussten, oft auch als Spioninnen benutzt wurden, war den Besatzern durchaus bekannt: Laut einem Bericht der Seconda Armata hatten sich in einem Lokal in Zagreb, das vom deutschen, kroatischen und italienischen Militär besucht wurde, Kellnerinnen und Prostituierte aufgehalten, die getarnt als Spioninnen für den Ustaša-Aufsichtsdienst arbeiteten. Diese Frauen, so steht es weiter in der italienischen Dokumentation, waren gut ausgebildet, um Gespräche anzufangen und Vertrauen zu gewinnen, damit sie den Soldaten 55  „[Ustaše u logoru] svukli su me sasvim golu i stegli mi noge željeznom žicom, bez milosrdja, i objesili na čiviluk. Bila sam sva krvava ranjenih nogu dok su me tukli i batinali sa nekim gvoždenim tanjurićem po nogama. Počupaše mi sa polnog organa sve dlake, onako svezanu tukli su me od prilike pet sati. Željezna šipka sa kojom su me tukli bila je sva krvava od udaraca. Padala sam tri ili četiri puta u nesvijest, zatim su me poljevali vodom da se osvjestim pa ponovo počeli tući. Ljubo[mir] Miloš sa klještima mi je istrgao jedan komad mesa na ljevom ramenu, zatim mi je opalio takav šamar da sam izgubila svijest. Bila sam sva krvava, metnuo mi je usijano željezo na prsa. Bijaše jedna vrsta gvozda/sa komunističkom zvijezdom/ koju su usijali te me sa ovim žigosali. Poslje su me metnuli na jednu željeznu stolicu na kojoj je bila žeravica, a Butinić [ustaša] sa svojom snagom me primorao da sjednem na stolicu. Svi tragovi inkvizitorskih muka vidljivi su i služe kao najsnajniji dokaz na mome tijelu. Ovaj pothvat/tortura/ ponavljan je dva puta, zatim su me poslali u bolnicu gdje me jedan lječnik Jevrej liječio i njegovao petnaest dana, te poslje petnaest dana bila sam stavljena na raspolaganje zagrebačkoj policiji. U Zagrebu su promjenili držanje naprama meni. Rekli su mi da sam jedna vrlo lepa žena i da su ustaše bili velikodušni sa mukama premi meni. […] Tražili su za to moju protuuslugu. Ja sam se morala zato staviti na raspolaganje špijunskom ustaškom birou. Morala sam se približavati talijanskim oficirima isto tako i Hrvatima i saopštavati ustašama svaku pojedinost. Uglavnom moj bi zadatak bio približivati se talijanskim oficirima u Zagrebu. Razumila sam, da se samo tako mogu spasiti.“ Muzej Žrtava Genocida, Suđenje Dinku i Nadi Šakić, K. 1, 4. 10. 1942. Diese Aussage machte Fatima Brkić vor der Kommission zur Feststellung der Verbrechen der Okkupanten und ihrer Helfer in Mostar. Sie wurde dort als Ustaša-Angehörige angeführt, obwohl sie für den Ustaša-Aufsichtsdienst unter Zwang gearbeitet hatte.

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Informationen entlocken konnten.56 Vermutlich agierten in diesem Lokal sowohl Zwangsprostituierte als auch professionelle Spioninnen des Aufsichtsdienstes. Bei den in der Verwaltung des Aufsichtsdienstes arbeitenden Angestellten handelte es sich um ideologisch gefestigte Personen, wie etwa Anka Rukavina, Studentin der Agronomie: Sie zensierte die Post.57 Maria Stefania Schicker, Pavelićs ehemalige Haushälterin und Gouvernante seiner Kinder gehörte auch dazu: Sie arbeitete in der Abteilung für die Überwachung der Italiener. Kenntnisse der italienischen Sprache hatte sie sich während ihres Aufenthaltes in Italien angeeignet.58 Des Weiteren Nada Tomaš: Sie kannte Vjekoslav Luburić seit ihrer Kindheit aus dem ungarischen Exil in Janka Puszta. Auch sie war eine vertrauenswürdige Person und wurde Luburićs Sekretärin in der Verwaltung der Abteilung III beziehungsweise der Konzentrationslager.59 UNS-Angestellte wussten von der Existenz der Konzentrationslager und von dem dort praktizierten Völkermord. Als Stenografinnen waren sie bei Verhören anwesend, bei denen die Ustaša Gewalt als Druckmittel ausübte, und leisteten somit Beihilfe zur bürokratischen Abwicklung der Verbrechen. Einige Frauen beteiligten sich selbst an der Folter von Häftlingen60 oder waren als Bewachungspersonal in Konzentrationslagern tätig, wo sie Männer, Frauen und Kinder demütigten, misshandelten und anschließend ermordeten. Die Arbeit des Aufsichtsdienstes ebenso wie seine Verbrechen wurden auch von Frauen (und Männern) unterstützt, die aus Eigennutz oder politisch-ideologischer Überzeugung handelten. Sie denunzierten Menschen bei der Ustaša-Polizei beziehungsweise der Gestapo und waren somit mitverantwortlich für deren Deportation ins Konzentrationslager und oft auch ihre Ermordung. Denunziantinnen wurden, genauso wie andere Gruppen von Täterinnen, in der kroatischen Forschung nie erfasst. Daher kann hier nicht festgestellt werden, ob Frauen, wie dies in der deutschen Geschichtsforschung in Bezug auf Frauen im Nationalsozialismus konstatiert wurde, mehrheitlich ihre Mitbürger und Familienangehörigen aus sozialen und privaten oder eher aus politisch-ideologischen Motiven anzeigten.61 Die Motive einer Denunziation waren durchaus unterschiedlich: Es gab Personen, die Menschen fälschlicherweise beschuldigten, Kommunisten zu unterstüt56 

ACS, T-821, R. 297, 26. 11. 1942. Interview mit Anka Rukavina geführt am 22. 5. 2008 in Zagreb; Politički zatvorenik, Nr. 196/197, Juli/August 2008, Interview geführt von Maja Runje, S. 22. 58  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatnost MUP-a NDH, K. 57, Sig. 013. 2. 30, 1948. 59  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatnost MUP-a NDH, K. 57, Sig. 013. 2. 30, 1948. Siehe auch: Miletić, Antun, Koncentracioni logor Jasenovac 1941 – 1945. Dokumenta, Bd. 1, Jasenovac/Belgrad, 1986, S. 24. 60  Radeka, Milan, Neka sijećanja na 1941., in: Ljetopis. Srpsko Kulturno Društvo „Prosvjeta“, 5 (2000), S. 15 – 72, hier S. 37. 61  Kompisch, Täterinnen, S. 95. 57 

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zen, nur „um sich wichtig zu machen“.62 So wurden die Ustaša-Polizei und die Gestapo ungefähr sechs Wochen lang von einer Frau „an der Nase herumgeführt“, bis sie schließlich gefasst und wegen falscher Beschuldigung in ein deutsches Lager deportiert wurde.63 Dr. Oskar Saks und seine Frau Karolina Saks wurden 1941 von einer Frau bei der Ustaša angezeigt, weil sie als Juden beseitigt werden sollten. Dr. Oskar Saks wurde nach Jasenovac verschleppt und kam nicht mehr zurück, seine Ehefrau wurde wegen Krankheit wieder freigelassen. Die Denunziantin wurde deswegen im August 1945 zum Tode verurteilt.64 Eine weitere Frau zeigte Pauline Weiss und ihren Ehemann wegen angeblicher Schwindelei und Deutschlandfeindschaft bei der Gestapo an. Der Mann wurde im November 1942 in Jasenovac eingeliefert. Selbst die Gestapo notierte, die Denunziantin habe diese Personen angezeigt, nur um ihre Konkurrentin aus dem Damenhutsalon loszuwerden.65 Persönliche Bereicherung war hier wohl das Motiv. Gleichermaßen brachten Männer ihre Mitmenschen in Lebensgefahr: So habe ein Angehöriger der Schwarzen Legion seine Freundin angezeigt, weil sie ihm Landesverrat vorwarf.66 Die Liste der Motivationen ließe sich weiter ausführen. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang: Eine Schreckensherrschaft braucht sicherlich keinen riesigen Sicherheitsapparat, wenn Menschen gewillt sind aus Rache, Boshaftigkeit, Angst oder Treue zum Staat andere Menschen, auch ihnen nahestehende, anzuzeigen. Die jugoslawische Postkriegsregierung stufte alle Kollaborateurinnen und UNSMitarbeiterinnen als direkte Täterinnen ein. Im Nachkriegsdeutschland zeichnete sich ein vergleichsweise toleranter Umgang mit den Verbrecherinnen ab. Obwohl bei den Verfahren über die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen in der Bundesrepublik Deutschland einige ehemalige KZ-Wächterinnen, wie Irma Grese, Elisabeth Volkenrath und Johanna Bormann, zum Tode durch den Strang verurteilt worden waren, erhielten die meisten angeklagten deutschen Täterinnen ein recht mildes Gerichtsurteil. Die Mehrheit der Frauen stützte sich bei ihrer Verteidigung auf die allgemeine Auffassung, Frauen hätten im „Dritten Reich“ keine Macht ausgeübt, da sie keine politischen Funktionen bekleidet hätten. Dieses Entlastungsargument konnten kurz vor und nach dem Krieg kroatische Frauen nicht nutzen, da sie von den jugoslawischen Partisanen nicht per se als unschuldig betrachtet wurden. Dies bedeutete für einige Frauen, dass sie zum Tode verurteilt werden konnten, auch wenn sie nur von einem Augenzeugen belastet wurden. Die UNS-Mitarbeiterinnen Štefica Biščan und Margareta Mažuran beispielsweise arbeiteten als Protokollschreiberinnen im berüchtigten Zagreber Gefängnis „Sing-Sing“ in der 62 

HDA, Hans Helm – 1521, Akte Franjo Miocka, K. 15, undatiert. HDA, Hans Helm – 1521, Akte Franjo Miocka, K. 15, undatiert. 64  HDA, ZKRZ, Glavni urudžbeni zapisnik (im Folgenden GUZ) – 306, 2611/45, Z-2959, 15. 5. 1945. 65  HDA, Hans Helm – 1521, K. 5, 26. 5. 1942. 66  Grković-Janović, Lujzin dnevnik, S. 143 f. 63 

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Jandrićeva Straße 74. Beide Frauen wurden im August 1945 durch Kommunisten hingerichtet.67 Ustaša-Angehörige, Kollaborateurinnen, Spioninnen, Denunziantinnen, Nutznießerinnen und Täterinnen, die in die Hände der Jugoslawischen Armee fielen, bekamen entweder lange Haftstrafen oder wurden – wenn es überhaupt zu einem Prozess kam – zum Tode verurteilt. 1.  Dienstreisen einer UNS-Angestellten nach Jasenovac Die Aussagen von Zlata K. (Jahrgang 1923) bei ihrer Vernehmung durch die Geheimpolizei in Zagreb im Jahre 1948 sind ein Beispiel dafür, dass weibliche UNS-Bürokräfte vom Verbrechen der Ustaše wussten. Sie waren ein Rädchen im Getriebe der Vernichtungsmaschinerie. Zlata K. wurde im November 1941 als Sekretärin und Stenografin der Abteilung IV des Personenamtes eingestellt, nachdem sie sich dort beworben hatte. Im Ustaša-Aufsichtsdienst lernte sie ihren späteren Ehemann kennen. Mit ihrem damaligen Chef Viktor Tomić trat sie zwei Dienstreisen ins Konzentrationslager Jasenovac III und nach Stara Gradiška an, um die Befragungen von zwei Gefangenen zu protokollieren: Es handelte sich dabei zum einen um Andrija Hebrang, einen führenden Funktionär der Kommunistischen Partei in Kroatien; zum anderen um Marina Gregorić, geborene Komlinović, Ehefrau des Mitglieds des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, Pavle Gregorić.68 Der kroatischen Geheimpolizei sagte Zlata K., Tomić habe ihr vor ihrer ersten Abreise nach Jasenovac im Juni 1942 nicht gesagt, wohin sie fahren würden. Dies habe sie erst im Zug erfahren, in dem sie zusammen mit Tomić, seinem Referenten und einem „maskierten Mann“, bei dem es sich um einen „ehemaligen kommunistischen Funktionär“ handelte, saß. In Jasenovac angekommen, wurde sie nicht sofort zum Verhör des Häftlings hinzugezogen, sondern saß im Nebenraum und hörte ihren Chef laut zu dem Gefangenen sprechen, er solle zugeben, wer er sei. Erst in der Mittagspause will die Sekretärin erfahren haben, dass es sich bei dem Häftling um Andrija Hebrang handelte, der vermutlich von einem seiner ehemaligen Genossen identifiziert werden sollte. Das Verhör wurde nach der Mittagspause fortgesetzt. Diesmal hörte Zlata K., wie Hebrang eine halbe Stunde lang geschlagen wurde. Als ihr Chef sie schließlich zum Protokollieren ins Zimmer rief, entdeckte sie zwar keine sichtbaren Verletzungen an Hebrang, aber sie sah ihm an, dass er sehr erschöpft war. Der „maskierte Mann“ zeigte dem Häftling Fotografien von Parteigenossen und wollte wissen, wo sich Hebrang vor den Ustaša versteckt gehalten habe. Der Häftling gab ihm aber keine Auskunft, so dass die Stenografin bei einigen Fragen lediglich fest67 HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Djelatnost RAVSIGUR-a i UNS-e, K. 55, Sig. 013. 2. 17, undatiert. 68  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatost MUP-a NDH, K. 52, Sig. 013. 2. 7, 26. 5. 1948.

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halten konnte: „Er schweigt, will das Eingeständnis nicht geben.“69 Die Aussage der Sekretärin vom 26. Mai 1948 ist ein Beleg dafür, dass Hebrang während seiner Inhaftierung im KZ Jasenovac nicht mit der Ustaša kooperierte und nicht für sie als Spion agierte, wie ihm dies von Funktionären der Kommunistischen Partei Jugoslawiens nach dem Krieg vorgeworfen wurde. Hebrang wurde 1948 im Zuge der Säuberungen nach Titos Abkehr von Stalin inhaftiert und höchstwahrscheinlich vom jugoslawischen Geheimdienst am 11. Juni 1948 im Belgrader Gefängnis getötet. Zlata K. war ein weiteres Mal im Lagerkomplex Jasenovac beziehungsweise in Stara Gradiška, diesmal um das Verhör mit Marina Gregorić zu protokollieren. Als sich die Häftlingsfrau weigerte, über ihren Ehemann auszusagen, so Zlata K., wurde sie mit einem Schlagstock verprügelt, bis sie nachgab und versprach, mit den Ustaše zu kooperieren. Sie sollte aus dem KZ entlassen werden und ihren Ehemann zu einer Wohnung locken, damit er festgenommen werden könne. Zudem wurde sie zu ihren Kontakten mit den Ustaša-Ministern, insbesondere Minister Mladen Lorković, befragt. Tomić schien bekannt gewesen zu sein, dass Marina Gregorić unter dem Schutz von Minister Lorković stand, da sie ihm – seiner Aussage nach – im ersten Jugoslawien das Leben gerettet haben soll.70 Zwei Jahre nach dem Verhör im KZ habe ihr der Minister einen Passierschein zu seinem Wohnsitz ausgestellt, der ihr erlaubte, jeden Abend in seiner Privatvilla zu schlafen – und dies, obwohl sie eine Kommunistin war.71 Inwieweit sie nach ihrer Entlassung tatsächlich mit der Ustaša zusammengearbeitet hat, wird hier nicht mehr erwähnt. Im Verlauf des Verhörs wurde ein älterer, namentlich nicht genannter Häftling hinzugenommen. Dieser wurde von Tomić und seinem Referenten als Verräter beschimpft und angespuckt. Zlata K. erinnerte sich: „Auf einmal hat Tomić irgendwie gefragt, was mit dem grauhaarigen [Mann] passieren soll, und Šilović [Djuro Šilović] antwortete ihm, es wäre am besten, sie bringen ihn um. Unmittelbar danach hat dieser Ustaša, der anwesend war, das Messer rausgenommen und hat ihn da im Zimmer vor uns allen abgeschlachtet. Ich und Gregorićs Frau fingen an zu schreien. Bei uns beiden hat dieser Anblick einen tiefen Eindruck hinterlassen. Der gleiche Ustaša, der ihn umgebracht hat, schleppte ihn heraus und wusch das Blut vom Boden ab. Über die Befragung der Gregorić erfassten wir ein Protokoll.“72 69  „Šuti, neće da daje priznanje.“ HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatost MUP-a NDH, K. 52, Sig. 013. 2. 7, 26. 5. 1948. HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatost MUP-a NDH, K. 52, Sig. 013. 2. 7, 26. 5. 1948. 70  HDA, Hans Helm – 1521, K. 11, Akte Rudolf Treu, 25. 12. 1942. 71  HDA, Hans Helm – 1521, K. 3, Akte Frtali (Vorname unbekannt), 21. 4. 1944. 72  „Od jednom je Tomić nekako kao zapitao što će biti sa tim sjedim [čovjekom], a Šilović [Djuro Šilović] mu je odgovorio da je najbolje da ga ubiju. Neposredno nakon toga onaj ustaša koji je bio prisutan izvadio je nož i tu u sobi, pred svima nama, zaklao ga. Ja i Gregorićeva žena počeli smo kričati i obojice nam se silno dojmio taj prizor. Onaj isti ustaša koji ga je ubio iznjeo ga je vani i oprao krv sa poda. O ispitivanju Gregorićeve sastavili smo zapisnik.“ HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatost MUP-a NDH, K. 52, Sig. 013. 2. 7, 26. 5. 1948.

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Zlata K. war als Stenografin sowohl Augenzeugin von Misshandlungen als auch von willkürlichem Morden im KZ Jasenovac/Stara Gradiška. Sie berichtete ebenso, wie sie wenig später nach der Tötung des Insassen einen Rundgang durch das Lager machte und sich dort die gefangenen Kinder anschaute. Dass nicht nur Kriegsfeindinnen und -feinde inhaftiert wurden, sondern auch unschuldige, vollkommen abgemagerte Kinder im KZ vor sich hinvegetierten, war der Stenografin ebenfalls bekannt. Was Zlata K. bei diesen mit brutaler Gewalt durchgeführten Verhören tatsächlich fühlte und dachte, ist ihrer Aussage – außer bei dem Mord an dem älteren Mann, bei dem sie sich ersichtlich erschrak – nicht zu entnehmen. Sie schien sich jedoch von ihrer Arbeit im verbrecherischen Ustaša-Aufsichtsdienst abgewandt zu haben: Nach ungefähr einem halben Jahr wechselte sie aus unbekanntem Grund ihre Arbeitsstelle und nahm eine Tätigkeit in einer Schuhfabrik in Zagreb auf. 2.  Weibliches Personal im Konzentrationslager Jasenovac Die Organisation, Verwaltung und Bewachung der Ustaša-Konzentrationslager oblag der Abteilung III beziehungsweise der Ustaša-Verteidigung (Ustaška obrana) des UNS. Der erste KZ-Befehlshaber war der Offizier Mijo Babić; nach seinem Tod übernahm Hauptmann Vjekoslav Luburić das Kommando. Jasenovac bestand aus fünf territorialen Lagereinheiten: Lager I Krapje, Lager II Bročice, Lager III Ciglana (Ziegelei), Lager IV Kožara (Lederfabrik) und Lager V Stara Gradiška. In das Lager V wurden politische Häftlinge, aber auch Frauen und Kinder deportiert. Die Lager I und II, Krapje und Bročice, wurden im August 1941 wegen Überschwemmung geschlossen, während die restlichen drei bis April 1945 existierten. Lager III, die Ziegelei, war die größte Lagereinheit. Dort arbeiteten mehrheitlich männliche Insassen in der Kettenfabrik, der Ziegelei, dem Sägewerk, der Lederfabrik und auf dem Bau. Im Dezember 1941 errichteten die Ustaše im Lager Stara Gradiška, welches zur Zeit der Habsburgermonarchie als Gefängnis diente, ein Frauenlager. Jüdinnen, Serbinnen, Romnja und die als kroatisch definierten politischen Gefangenen (Antifaschistinnen, Kommunistinnen, Angehörige der SKOJ-Jugend) wurden zunächst gemeinsam in die sogenannte Burg (kula) gesperrt; später separierten die Ustaše die „kroatischen“ Häftlingsfrauen vom Rest, um nach „Rassen“ zu trennen. Die Häftlingsfrauen arbeiteten in der Schneiderei, Wäscherei oder auf dem Feld. In Stara Gradiška befanden sich ebenso Säuglinge und Kinder, die auf brutalste Weise umgebracht wurden. Zwischen 83.145 und 100.000 Menschen – Serben, Juden, Roma, politisch Andersdenkende – verloren im KZ Jasenovac ihr Leben, davon waren 23.474 Frauen, 20.101 Kinder und 39.570 Männer.73 Ermordet wurden sie in den meisten Fällen 73 s. die offizielle Internetseite der Gedenkstätte Jasenovac, unter: http://www.juspjasenovac.hr/Default.aspx?sid=6284 (letzter Zugang: 11. 2. 2017).

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durch sogenannte „kalte Waffen“ (Messer, Hammer u. ä.), da die Ustaše Munition sparen mussten. Tausende starben an den Folgen von Krankheiten, Seuchen, den miserablen hygienischen Zuständen, Unterernährung und harter Zwangsarbeit.74 Verantwortlich für die Bewachung und Tötung der Insassen waren ungefähr 1.500 bis 1.800 Militärangehörige der Ustaša-Verteidigung unter anderem unter dem Kommando von Leutnant Matija Sanković.75 Befehlshaber der jeweiligen Lagereinheiten waren Ljubomir Miloš, Ivica Matković, Miroslav Filipović-Majstorović und Dinko Šakić. Diese Männer sind es auch, die von den ehemaligen Insassen mit grausamen Morden an wehrlosen Menschen in Verbindung gebracht wurden.76 Es erwiesen sich indessen nicht nur Männer als brutale Täter. Spätestens im Herbst 1942 wurden Frauen für die Bewachung von Häftlingsfrauen bei der Arbeit im und außerhalb des Lagers Jasenovac eingesetzt. Sie waren selbst an der Ermordung von Männern, Frauen und Kindern beteiligt. Die Aufseherinnen waren für die innere Bewachung des KZs zuständig, während Männer das Lager auch von außen kontrollierten. Etwa 30 Ustaša-Frauen versahen in den Konzentrationslagern Jasenovac und Lepoglava ihren Dienst.77 Einige weibliche KZ-Angestellte waren in beiden Lagern in unterschiedlichen Funktionen tätig: Ljubica Flanjak und Zorica Grbac arbeiteten sowohl als Aufseherinnen in Stara Gradiška, beide von Mitte 1943 bis zum Februar 1944, als auch als Funkerinnen im KZ Lepoglava.78 Ljubica Babić, Jahrgang 1928, kam im September 1944 nach Jasenovac und war als Beamtin in der Verwaltung in Stara Gradiška tätig sowie als Aufsichtsbeamtin in der Ökonomie des Lagers Gređani/Jasenovac. Nach einem Gerichtsprotokoll vom August 1945 terrorisierte und misshandelte sie dort die Häftlinge. Als Kriegsverbrecherin wurde sie zum Tode verurteilt.79 Vilma Horvat, die aus dem Ort Virovitica stammte und 1945 vermutlich 22 Jahre alt war,80 arbeitete, nach Aussage des KZ-Insassen Ivan Tere, in der Ökonomie im Dorf Mlaka, wo die Häftlinge zur 74 

Peršen, Ustaški logori, S. 169. Kovačić, Davor, Zapovjednici i dužnosnici jasenovačke skupine logora 1941. – 1945., in: Časopis za suvremenu povijest, 1 (2000), S. 97 – 112, hier S. 100. 76 Über das Ustaša-Personal siehe: Bitunjac, Martina, Das Ustaša-Personal im Konzentrationslager Jasenovac, in: Benz, Angelika/Vulesica, Marija (Hrsg.), Bewachung und Ausführung. Alltag der Täter in nationalsozialistischen Lagern, Berlin 2011, S. 52 – 68. 77  Es handelt sich dabei um folgende Frauen: Jelica Ančić, Ljubica Babić, Marica Božicević, Jelica Brkić, Maja Buždon, Ankica Čop, Marica Djurdjević, Ljubica Flanjak, Marija Fridl, Milica Glavata, Zorica Grbac, Vilma Horvat, Slavica Korada, Marija Kukuljan, Dragica Kuzmek, Mima (vermutlich Marija) Kuzmek, Nada Tambić-Luburić, Božica Obradović, Štefica Majurić, Valerija Paradjik, Vera Parašćan, Milka Pribanić, Evica Rickijević, Štefica Poklitar, Dragica Poklitar, Ružica Soldo, Vlasta Vasku und Marica Žabek. Siehe: HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatost MUP-a NDH, K. 52, Sig. 013. 2. 7, undatiert. 78  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatnost MUP-a NDH, K. 57, Sig. 013. 2. 30, 1948. 79  HDA, ZKRZ, GUZ – 306, 2611/45, Z-2959, Sud. Br. 1100/45, 26. 8. 1945. 80  HDA, ZKRZ, Zh – 306, K. 211, 18. 6. 1945. 75 

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Feldarbeit gezwungen und anschließend ermordet wurden, sowie in den Konzentrationslagern Stara Gradiška, Jasenovac und Lepoglava.81 Der Beruf der Aufseherin erforderte keine speziellen Kenntnisse. Es war ausreichend, wenn die Angestellte einen ideologisch-politischen Kurs zur Ustaša-Funktionärin absolviert hatte oder Mitglied der Ustaša-Bewegung war. Funkerinnen, die ebenfalls in den Konzentrationslagern Lepoglava, Stara Gradiška und in Jasenovac zum Einsatz kamen, wurden in Zagreb durch die Ustaša-Verteidigung von einem Luftfahrtangestellten ausgebildet. Bei den Auszubildenden, die sich zu Funkerinnen umschulen ließen, handelte es sich um Frauen, die bereits als KZ-Angestellte arbeiteten, wie Ljubica Flanjak und Zorica Grbac.82 Die Anwerbung von Frauen (und Männern) in den KZ-Dienst erfolgte durch Mundpropaganda und familiäre Beziehungen. Viele Ustaša-Frauen standen zueinander in einem Familienverhältnis oder waren mit männlichen KZ-Angestellten verwandt oder verlobt, wie die Schwestern mit den Nachnamen Poklitar und Bosak, die Letzteren waren vermutlich Cousinen des Josip Bosak.83 Ljubica Babić war Tochter des ersten Chefs der Konzentrationslager Mijo Babić. Nada Tambić-Luburić war die Halbschwester von Vjekoslav Luburić und Ehefrau von Dinko Šakić. Ljubica Flanjak war die Verlobte von Ljubomir Miloš, Štefica Majnarić die Ehefrau von Jozo Stojčić und so weiter. Weitere Angestellte lassen eine Verwandtschaft aufgrund der gleichen Familiennamen vermuten.84 Es gab ebenso Frauen, die durch Eigeninitiative oder durch ihre, wenn auch niedrige berufliche Qualifikation zum Beruf der KZ-Angestellten kamen. Maja Buždon beispielsweise, die zunächst in einer Fabrik arbeitete, erwähnte im Verhör, sie sei zur Arbeit in das KZ Stara Gradiška eingeteilt worden, nachdem sie im Oktober 1942 Mitglied der Ustaša-Bewegung geworden war.85 Einige weibliche KZ-Angestellte stammten aus unteren sozialen Schichten. Sie arbeiteten in Fabriken oder in der Gastronomie und erhofften sich wahrscheinlich durch die neue Stelle eine wesentliche Einkommensverbesserung. Als Angestellte des Ustaša-Aufsichtsdienstes waren sie Beamtinnen und hatten einen sicheren Arbeitsplatz.86 Zudem wurde den Ustaša-Frauen (und Männern) Unterkunft und Verpflegung gestellt sowie KZ-Insassinnen, die als Putzfrauen ihren Wohnbereich 81 

JUSP Jasenovac, 745: JSV – 313/86D, Zeugenaussage von Ivan Tere. HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatnost MUP-a NDH, K. 57, Sig. 013. 2. 30, undatiert. 83  JUSP Jasenovac, 745: JSV – bb/08D, Zeugenaussage von Marija Jergović. 84  Vermutliche Verwandtschaften von weiblichen und männlichen Angestellten: Tihomir und Ljerka Kordić (die nach Angaben von Nada Šakić ihre Verwandte sein soll), die Schwestern Bosak und Stjepan Bosak, Ankica und Luka Čop. Vermutliche Verwandtschaften zwischen weiblichen Angestellten: Dragica und Štefica Poklitar; Dragica und Marija Kuzmek. 85  Miletić, Antun, Koncentracioni logor Jasenovac, S. 1047. 86  Narodne novine, Nr. 110, 25. 8. 1941. 82 

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säuberten. Sie profitierten auch vom Bestehlen der Häftlingsfrauen und tauschten ab und an ihre Ustaša-Uniform mit der geraubten Kleidung einer Insassin.87 Zur Zeit ihres Dienstantrittes waren die meisten weiblichen Ustaša-Angestellten unverheiratet, aber allem Anschein nach nicht kinderlos. Nada Šakić erwähnte im Gespräch, Maja Buždon hätte eine kleine Tochter gehabt, die sie nach Stara Gradiška mitnahm. Die meisten weiblichen Angestellten waren zu Beginn ihrer Dienstzeit im Zeitraum von 1942 bis 1944 – nach den Einschätzungen der Landeskommission für Verbrechen der Okkupanten und ihrer Helfer – nicht älter als 20 Jahre, also vor Dienstantritt Mitglieder der Ustaša-Starčević-Jugend. Eine Ausnahme war Marica Žabek, die 1945 wahrscheinlich 35 Jahre alt war.88 Auffallend ist, dass zudem Ehefrauen der im KZ arbeitenden Ustaše in die Verbrechen involviert waren und den KZ-Angestellten den Rücken stärkten: Einige profitierten als Nutznießerinnen von den Verbrechen und ließen die Insassen private Kleidung anfertigen89 oder interessierten sich für die Goldzähne der Ermordeten.90 Andere wiederum betätigten sich als Spioninnen. Štefica Marojević beispielsweise, die Frau von Hauptmann Marojević, gab ihrem Mann persönliche Briefe von Krankenhauspatienten aus Brestovac und brachte diese damit in Lebensgefahr.91 Andererseits soll es – der Landeskommission zufolge – auch Frauen gegeben haben, die positiv auf ihre Ehemänner eingewirkt hätten, wie die KZ-Angestellte Ljubica Flanjak auf Ljubomir Miloš.92 Die ehemalige Gefangene Margarita Pivčević wiederum behielt die Ehefrau des KZ-Angestellten Jozo Stojčić, Štefica Majnarić, in guter Erinnerung, da sie die Post der Insassen nach draußen geschmuggelt hatte. Sie musste wegen einer drohenden Inhaftierung durch die Ustaše nach ein paar Monaten das Lager verlassen.93 Bei diesem Fall kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass diese Art von Humanität von den Ustaše inszeniert wurde, um wichtige Informationen aus den Briefen der Häftlinge zu erlangen. Zwar sind die Verbrechen der weiblichen KZ-Angestellten weniger bekannt als die der Männer, aber auch sie beteiligten sich aktiv an Mordaktionen. Zeitzeugen erinnern sich in erster Linie an Maja Buždon, Božica Obradović und Milka Pribanić. Nicht auszuschließen ist, dass bei den Morden unter anderem Gruppenzwang eine Rolle gespielt hatte. Weibliche wie männliche KZ-Angestellte konnten aber den Arbeitsplatz wechseln und waren mit verschiedenen Handlungsmöglichkeiten konfrontiert, in denen sie selbst entscheiden konnten, ob ein Mensch weiterleben 87 

JUSP Jasenovac, 745: JSV–bb/86D, Zeugenaussage von Anka Podkrajac. HDA, ZKRZ, GUZ – 306, 23. 8. 1945. 89  Peršen, Ustaški logori, S. 308. 90  Peršen, Ustaški logori, S. 243. 91  HDA, ZKRZ, GUZ – 306, 2611/45, Z-2959, Sud. Br. 1548/45, August 1945. 92 HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Djelatnost RAVSIGUR-a i UNS-e, K. 55, Sig. 013. 2. 18, undatiert. 93  JUSP Jasenovac, 745: JSV – 249/86D, Zeugenaussage von Margarita Pivčević. 88 

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Abbildung 26: Weibliches KZ-Personal in Stara Gradiška, 194394

sollte oder nicht. Die Insassen empfanden das Auftreten der Aufseherinnen genauso schlimm wie das des männlichen KZ-Personals. Die ehemalige Häftlingsfrau Mara Vejnović-Smiljanić beschrieb die Aufseherinnen mit folgenden Worten: „Bösartig waren auch die Frauen – die Ustašice. Ich erinnere mich nur an ihre Namen  – Maja [Maja Buždon], Milka [Milka Pribanić] und Božica [Božica Obradović]. Gewöhnlich sind sie in der Ustaša-Uniform und bewaffnet zu jeder Zeit in das Lager rein gestürmt, sei es tags oder nachts. Man wusste nie, was passieren würde. Sie schlugen und ohrfeigten die Häftlingsfrauen. Sie attackierten sie mit Schimpfwörtern und töteten die Frauen oft aus reinem Hass. Sie traten mit Stiefeln auf die zusammengeschlagenen Frauen und Mädchen. Sie töteten die Häftlingsfrauen überraschend, auch während sie in der Reihe bei der Essensverteilung warteten. Alle drei hatten hässliche und sehr bösartige Schlangenaugen, die in uns Unruhe und Besorgnis hervorriefen, auch wenn sie uns fixierend beobachteten, und das war oft. Sie haben uns gehasst, und das haben sie bei jeder Gelegenheit offen gezeigt.“95 94

94  Nach den Erinnerungen von Nada Šakić handelt es sich bei diesen Frauen um: Ljubica Babić (sitzend), v. l. um Ljerka Kordić, Zorica Grbac und Milka Pribanić. Im Staatssicherheitsamt des Republikanischen Sekretariats für innere Angelegenheiten der Sozialistischen Republik Kroatien wurde die sitzende Frau als Nada Šakić bezeichnet. 95  „Zle su bile i žene – ustašice. Sjećam ih se samo po imenu – Maja [Maja Buždon], Milka [Milka Pribanić] i Božica [Božica Obradović]. Obično su silovito, u ustaškim odjelima i

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Das Alltagsleben der KZ-Angestellten bestand nicht nur aus Folter, Mord und Plünderung der Insassen. Das Konzentrationslager war für sie ebenso ein Ort, an dem sie sich amüsieren und verlieben konnten. So hätten alle weiblichen Angestellten, nach den Erinnerungen der politischen Gefangenen Pava Peršić-Molnar, eine Liebesbeziehung zu einem Ustaša gepflegt.96 Wie sich an den Biografien der Angestellten zeigt, gingen aus einigen Beziehungen Ehen hervor. Abgesehen davon zogen einige Familien der im KZ arbeitenden Ustaše in die Häuser der vertriebenen oder ermordeten Serben in Stara Gradiška und Jasenovac um.97 Weibliche KZ-Angestellte suchten sich sexuelle „Partner“ auch unter den Insassen aus, verkehrten mit ihnen und ließen sie anschließend töten. Nach Šimo Klaić, einem antifaschistischen Insassen, hätten die Frauen die Häftlinge genötigt, mit ihnen Geschlechtsverkehr zu haben. Im Gespräch sagt er aus: „ŠK: Genauso kam es vor, dass die Ustašice sich in einen Häftling verliebten und dann rief sie ihn, und nach dem Sex kam ein anderer Ustaša und tötete ihn. MB: Welche Ustaša-Angehörige hat das gemacht? ŠK: Fast jede. Ein Baumann aus Varaždin zahlte mit dem Kopf, weil er mit ihr gegangen ist. MB: Und wie betrachteten das die Ustaše? ŠK: Das war alles eine Absprache. MB: Erwartete man nicht von den weilichen Ustaša-Angehörigen, dass sie moralischer sind? ŠK: Sie [die Ustaše] hatten überhaupt gar keine Moral.“98

Der Geschlechtsverkehr zwischen einer Angestellten und einem Insassen wurde vom KZ-Personal akzeptiert, besonders wenn der Häftling schnellstmöglich beseitigt wurde und damit ebenfalls die Spuren der „weiblichen Unmoral“. Šimo Klaić spricht zwar von einer Verliebtheit der Ustaša-Angestellten, gleichzeitig aber auch von der gegenseitigen Absprache, den zum Geschlechtsverkehr genötigten Mann zu eliminieren. Das bedeutete, dass die weiblichen Ustaša-Angestellten keinesfalls naoružane, ulijetale u logor u koje doba bilo dana i noći. Nikada se nije znalo šta će učiniti. Tukle su i šamarale logorašice. Napadale su ih pogrdnim riječima i ubijale su često žene iz čistog zla. Gazile su čizmama po ženama i djevojkama, koje bi pretukle. Ubijale su iznenada logorašice i dok su čekale u redu na podjelu hrane. Sve tri su imale zmijske ružne i veoma zle oči, koje su, i kad su nas samo i fiksirano promatrale, a to je bilo često, izazivale u nama nemir i zebnju. Mrzile su nas i to su u svakoj prilici otvoreno pokazivale.“ JUSP Jasenovac, 745: JSV-216/86D, Zeugenaussage von Mara Vejnović-Smiljanić. 96  Gespräch mit Pava Peršić-Molnar am 2. 9. 2007. 97  Huber, Čedomil, Bio sam zatočenik logora Jasenovca, Jasenovac 1977, S. 16. 98  „ŠK: A isto tako je bilo da te ustašice zaljube se u nekog logoraša i onda ga zove i onda poslje seksa dođe drugi ustaša i onda ga ubije. MB: Tko je to radio? ŠK: Skoro svaka. Jedan Baumann iz Varaždina, on je platio glavom što je išao s njom. MB: A kako su na to gledali ustaše? ŠK: To je bilo sve dogovorno. MB: Zar se od ustašica nije očekivalo da su moralnije od svojih kolega? ŠK: Oni [ustaše] nisu imali nikakvog morala.“ Gespräch mit Šimo Klaić am 29. 10. 2008.

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Gefühle für einen Häftling hegten, sondern sich lediglich einen Mann für ihre sexuellen Bedürfnisse aussuchten, um ihn anschließend umzubringen. Die gleiche Praxis übten Wächter an Häftlingsfrauen aus, die nach mehreren Vergewaltigungen sofort oder nach ein paar Tagen der Folter ermordet wurden. Vergewaltigungen gehörten zum Alltag im Ustaša-Konzentrationslager. Das Opfer sollte Gewalt und Demütigung erfahren. Liebschaften, heimliche (auch sexuelle) Beziehungen zwischen Gefangenen und Angestellten, die mit Sympathie und Gefühlen hätten verbunden sein können, waren daher strikt verboten. In deutschen Konzentrationslagern wurde bei Entlarvung solcher Liebschaften die Aufseherin oder der Aufseher versetzt, während die Insassin oder der Insasse in vielen Fällen von der oder dem Geliebten selbst ermordet werden musste.99 Ob es auch in den Ustaša-Konzentrationslagern zu solchen Vorfällen kam, ist unbekannt. 3.  Täterinnen: Maja Buždon, Milka Pribanić, Božica Obradović Oberaufseherin des „kroatischen“ und „nicht-kroatischen“ Frauenlagers in Stara Gradiška war Maja Buždon, geboren 1923. Ursprünglich kam sie aus der kleinen Hafenstadt Bakar, gelegen in der Gespanschaft Primorje Gorski Kotar. Sie zog jedoch nach Zagreb um, wo sie, nach den Angaben der Landeskommission, als Vorarbeiterin in einer Tabakfabrik arbeitete.100 Dragutin Skrgatić, ehemaliger KZ-Insasse, sagte aus, Buždon hätte in der Schokoladenfabrik Union gearbeitet.101 Sie hatte sich nach der Gründung des USK als Mitglied in die Ustaša-Bewegung eingeschrieben und wurde zur Arbeit im KZ eingeteilt.102 Der Eintritt in die Bewegung ermöglichte ihr demnach einen „Karrieresprung“. Maja Buždon war eine sehr auffallende Frau. Pava Peršić-Molnar erinnert sich an sie als eine immer in Uniform und Stiefeln gekleidete Person, die permanent eine Schusswaffe bei sich trug. Diese äußere Erscheinung, kombiniert mit Gewalt­ akten, sorgte bei vielen Insassen für Irritation.103 Bahra Đukić, eine kommunistische Häftlingsfrau, sprach Maja Buždon provokativ auf ihre Uniform an: „Maja befragte uns [die politischen Häftlingsfrauen] und ohrfeigte uns aus Langeweile. Sie trat an mich heran: ,Ich werde euch zeigen, wie sich Frauen mit Politik beschäftigen.‘ Auf dieses habe ich ihr zugeworfen: ‚Nun auch sie, Fräulein, beschäftigen sich [mit Politik], das beweist ihre Uniform.‘ Das war genug für diese Drachenfrau. Es folgten Schläge, Qualen.“104 99  Amesberger, Helga/Auer, Katrin/Halbmayr, Brigitte, Sexualisierte Gewalt. Weibliche Erfahrungen in NS-Konzentrationslagern, Wien 2004, S. 143 ff. 100  HDA, ZKRZ, Zh – 306, K. 211, 7522 – 7624, 18. 7. 1945. 101  JUSP Jasenovac, 745: JSV-bb/08D, Zeugenaussage von Dragutin Skrgatić. 102  Miletić, Koncentracioni logor Jasenovac, Bd. 2, S. 1047. 103  Interview mit Pava Peršić-Molnar am 2. 9. 2007. 104  „Maja nas [političke zatvorenice] propitkuje uz šamaranje iz dosade. Prišla je meni: ‚Ja ću vam pokazati kako se žene bave politikom.‘ Na to sam joj dobacila: ‚Pa i Vi se,

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Diese verbale Auseinandersetzung veranschaulicht, wie sich die im asymmetrischen Machtverhältnis stehenden Frauen gegenseitig angriffen, politisch für die jeweils gegnerische Bewegung aktiv zu sein. Einige Neuankömmlinge waren sich der lebensgefährlichen Situation im KZ nicht sofort bewusst. Sie leisteten daher verbalen Widerstand oder weigerten sich, Befehle auszuführen, mit der Konsequenz, dass sie deswegen entweder sofort getötet oder schwer gefoltert wurden. Der Spottname „Drachenfrau“ (žena-zvijer), den Buždon von der KZ-Insassin bekam, wurde in der Nachkriegsliteratur weiter verwendet. Es bagatellisiert dadurch jedoch ihre Verbrechen, da hier eine reale Täterin als monströse Märchenfigur mystifiziert wird. Buždon legte viel Wert auf Anerkennung durch ihre männlichen Kollegen. Der KZ-Überlebende Mijo Prebežac berichtete, die Aufseherin hätte sich mit ihnen betrunken und bei Massenliquidationen, die meistens nachts in Donja Gradina stattfanden, um die Zahl der getöteten Kinder, Frauen oder Männer gewetteifert.105 Gemordet hat sie mit „kalten Waffen“, mit ihrer Pistole, oder sie erwürgte ihre Opfer mit den eigenen Händen. Die Morde erfolgten bei „Säuberungen“, die dazu dienten, die Zahl der Inhaftierten zu reduzieren, sie hingen aber auch von der Laune des KZ-Personals ab, die, wie der Überlebende Šimo Klaić treffend konstatierte, „Herren über Leben und Tod“ (gospodari nad životu i smrti)106 waren. So wurde zum Beispiel die politische Gefangene Pava Peršić-Molnar, als sie heimlich in einem Garten Gemüse erntete, von Maja Buždon verschont und „nur“ ohne Essen in eine Einzelzelle gesperrt. Andererseits erschoss Buždon ohne Zögern eine Frau, weil diese eine Tablette bei sich hatte107 oder riss einen Säugling aus den Armen der Mutter, packte ihn an den Füßen und schleuderte ihn gegen eine Wand.108 Zudem soll sich Buždon gezielt ihre Opfer zu besonderen Anlässen ausgesucht haben: So tötete sie Weihnachten 1942 die sieben „schönsten und jüngsten“ (najlijepše i najmlađe) Mädchen.109 Buždon genoss bei ihren Kollegen, gerade wegen ihrer Bereitschaft, Menschenleben zu vernichten, hohes Ansehen. Um den Respekt und die Anerkennung ihrer Mitstreiter zu erlangen, beschimpfte, folterte und tötete sie. Dadurch bewies sie auch in den Augen der anderen ihre Treue zur Ustaša-Bewegung. Maja Buždon wurde vom zeitweiligen Befehlshaber des Lagers Stara Gradiška, Miroslav Filipović-Majstorović, als „wahre Ustaša-Frau“ gelobt, als sie ihm erzählte, wie viegospođice, bavite [sa politikom], dokazuje vaša uniforma.‘ Ovo je bilo dovoljno za tu zvijer ženu. Slijedile su batine, muke.“ JUSP Jasenovac, 745: JSV- bb/08D, Zeugenaussage von Bahra Đukić. 105  JUSP Jasenovac, 745: JSV-bb/08D, Zeugenaussage von Mijo Prebežac. 106  Gespräch mit Šimo Klaić am 29. 10. 2008. 107  Gespräch mit Pava Peršić-Molnar am 2. 9. 2007. 108  Gespräch mit Šimo Klaić am 29.  10. 2008. Siehe auch: Jutarnji list, Nr. 92, 12. 7. 1998. 109  JUSP Jasenovac, 745: JSV-37/86D, Zeugenaussage von Marijana Amulić-Krvarić.

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Abbildung 27: von links: Nada Šakić und Maja Buždon

le Menschen sie umgebracht hatte.110 Auch Nada Šakić bekundete rückblickend, Buždon sei eine „treue Ustaša-Angehörige“ (vjerna ustašica) gewesen, und meinte damit nichts anderes als deren Bereitschaft, für das Wohl des Ustaša-Staates zu morden.111 Im Gegensatz zum heroischen Frauenbild der Ustaše interpretierten vor allem die männlichen Häftlinge das Auftreten von Maja Buždon als geschlechtsuntypisch. Die Schläge eines KZ-Aufsehers empfanden Häftlinge weniger erniedrigend als jene von einer Frau: Šimo Klaić wurde zwei Mal von Maja Buždon geohrfeigt. Es habe ihm zwar nicht wehgetan, aber es habe ihn sehr gedemütigt.112 Maja Buždon heiratete den Ustaša-Leutnant und KZ-Angestellten Mirko Slišković-Slomić. Gemäß Pava Peršić-Molnar hatte das Ehepaar Kroatien nicht verlassen, sondern verfolgte unter Führung ihres Chefs Vjekoslav Luburić das aussichtslose Ziel, im bereits okkupierten Zagreb die Partisanen zu entmachten. So sei Buždon kurz nach Kriegsende in Zagreb auf der Straße von einer ehemaligen KZ-Insassin wiedererkannt worden, obwohl sie ihr Gesicht mit einem Schleier verdeckt hatte. Am gleichen Tag wurde sie verhaftet.113 Ein anderer KZ-Häftling berichtete wiederum, dass Buždon nach Slowenien geflüchtet und bei Dravograd von der Jugoslawischen Armee zusammen mit ihrem Ehemann verhaftet worden sei.114 Im Verhör vermittelte Buždon keineswegs den Eindruck, nur eine Befehlsempfängerin gewesen zu sein. Sie gestand, an Verbrechen teilgenommen zu haben, und schilderte ihren ersten Mord: 110  Aussage vom KZ-Überlebenden Lazar Jankov, in: Miletić, Koncentracioni logor Jasenovac, Bd. 2, S. 986. 111  Interview mit Nada Šakić am 29. 8. 2009. 112  Interview mit Šimo Klaić geführt am 29. 10. 2008. 113  Gespräch mit Pava Peršić-Molnar am 2. 9. 2007. 114  JUSP Jasenovac, 745: JSV-bb/08 D, Zeugenaussage von Mate Šeljo.

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„Unter anderem war ich an Massenmorden beteiligt, wie auch die übrigen Funktionäre und Funktionärinnen des genannten Lagers. Detailliert kann ich mich nicht an alle Verbrechen erinnern, die ich begangen habe, aber am besten ist mir der erste Mord in Erinnerung geblieben, den ich an einer unbekannten Greisin in der Burg des Lagers Stara Gradiška begangen habe. Das Verbrechen habe ich auf die Weise ausgeführt, dass ich die Greisin auf den Boden warf und ihr eine Kugel in die Schläfe schoss.“115

An ihr erstes Verbrechen konnte sich Buždon also genau erinnern. Sobald aber das Morden zum Alltag geworden war, verschwammen die Ereignisse in ihrer Erinnerung, so dass sie die folgenden einzelnen Tötungen nicht mehr voneinander trennen konnte. Maja Buždon war eine gewissenhaft und kaltblütig mordende Frau. In ihrer Mordlust unterschied sie sich nicht von ihren Kollegen. Kurz nach ihrer Verhaftung wurde sie vom Militärgericht der Zweiten Armee in Zagreb am 5. Juni 1945 zum Tode durch den Strang verurteilt.116 Milka Pribanić117, verheiratete Bencetić, geboren 1925, kam aus Zagreb und arbeitete, bevor sie in das Lagerpersonal in Stara Gradiška aufgenommen worden war, als Kellnerin.118 Die Häftlinge beschrieben sie ebenfalls als mordlustige KZ-Angestellte: So habe sie eine politische Gefangene zu Tode getreten.119 Sie schien sich – vermutlich, weil sie die baldige Kriegsniederlage der Ustaše kommen sah – rechtzeitig von der Ustaša-Verteidigung distanziert zu haben.120 Nach Aussagen von Kaja Pereković suchte Pribanić Hilfe bei der Führung der Ustaša-Jugend und floh mit einer Gruppe von Ustaša-Anhängern im Mai 1945 aus Zagreb. Partisanen nahmen sie jedoch gefangen und verurteilten sie zunächst zu 20 Jahren Haft. Sie saß nur acht Jahre im Frauengefängnis Slavosnka Požega und lebte danach in der Bundesrepublik Deutschland.121 Božica Obradović aus Kordun wurde im Juni 1945 ebenfalls wegen Mordes und der Befehlserteilung zum Mord sowie wegen Raubes angeklagt. Sie soll, der Landeskommission zufolge, serbisch-orthodox gewesen sein.122 KZ-Überlebende 115  „Među ostalim učestvovala sam u masovnom ubijanju, kao i ostali dužnosnici i dužnosnice spomenutog logora. Detaljno se ne bih mogla sjetiti svih zločina koje sam počinila, ali u sjećanju mi je ostalo najbolje prvo ubistvo koje sam izvršila nad nepoznatom staricom u kuli logora Stara Gradiška. Zločin sam izvršila na taj način, što sam staricu povalila na pod i opalila joj metak u sljepoočicu.“ Zitat aus: Miletić, Koncentracioni logor Jasenovac, Bd. 2, S. 1047. 116  HDA, ZKRZ, Zh – 306, K. 211, 18. 6. 1945. Die KZ-Aufseherin Vilma Horvat wurde ebenfalls zum Tode verurteilt, siehe: HDA, ZKRZ, Zh – 306, K.  211, 18. 6. 1945. 117  Zu einem Treffen mit der Autorin war die ehemalige KZ-Angestellte Milka Pribanić nicht bereit. Am Telefon sagte sie nur, sie sei nach 1945 ins Gefängnis gekommen, wo sie eine schwere Zeit verbracht habe. Das Telefonat wurde im Sommer 2009 geführt. 118  Koncentracioni logor. Dokumenti ustaškog terora, Zagreb 1986, S. 11. 119  Koncentracioni logor. Dokumenti ustaškog terora, S. 107. 120  Gespräch mit Pava Peršić-Molnar am 2. 9. 2007. 121  Gespräch mit Kaja Pereković am 21. 5. 2008. 122  HDA, ZKRZ, Zh – 306, K. 211, 18. 6. 1945.

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wunderten sich, wie sie als Serbin in das KZ-Personal aufgenommen werden konnte. Die Häftlinge hätten Obradović sogar das katholische Vaterunser beibringen müssen.123 Nada Šakić, die Obradović gekannt hatte, verneinte die serbische Identität ihrer ehemaligen Kollegin: Diese hätte nur gescherzt, eine Serbin zu sein.124 Vermutlich handelte es sich um zynische Bemerkungen Božica Obradovićs, die das Interesse hegte, Vertrauen bei den KZ-Insassen aufzubauen, um dann von ihnen Informationen herauszubekommen. Eine serbische Frau als KZ-Aufseherin hätte das Ustaša-Personal keinesfalls akzeptiert. 4.  Jasenovac in den Erinnerungen der KZ-Aufseherin Nada Šakić125 Nada Šakić, geborene Tambić, kam am 4. August 1926 in Ljubuški (Bosnien und Herzegowina) zur Welt. Ihre Mutter Marija hatte aus der ersten Ehe mit Ljubomir Luburić vier Kinder (Dragutin, Olga, Mira und Vjekoslav). Als ihr Ehemann verstarb, heiratete sie Josip Tambić, mit dem sie drei Kinder hatte (Zora, Nada und Tomislav). Die letzte Ehe scheiterte aber nach kurzer Zeit wegen der Trinksucht des Mannes. Nada Šakić wuchs in einer extrem Ustaša-orientierten, antisemitischen und anti-serbischen Familie auf. Ihr Halbbruder Vjekoslav Luburić emigrierte nach Ungarn und lies sich im Militärlager Janka Puszta zum Kämpfer ausbilden. Ihre Schwester Olga Luburić verliebte sich in einen muslimischen Četnik, was für ihre Familie inakzeptabel war, worauf die junge Frau in einen Fluss sprang und sich so das Leben nahm.126 Die Mutter und der Halbbruder Vjekoslav Luburić spielten eine große Rolle in ihrer Entwicklung als Jugendliche: Während ihre Mutter sie zu einer guten Ehefrau und Mutter erziehen wollte und ihr jegliche berufliche Karriere verbot, zeigte ihr Vjekoslav Luburić eine Welt jenseits der häuslichen. Nada Šakić hatte eine gute Beziehung zu ihrem Halbbruder, mit dem sie oft ins Theater und ins Kino ging. Ihr Lieblingsfilm war der deutsche Farbfilm von 1942 „Die goldene Stadt“. Dass Vjekoslav Luburić seine Schwester nicht nur zu kulturellen Veranstaltungen, sondern auch zum damaligen Männersport Fußball mitnehmen wollte, zeigt, wie eng das Bruder-Schwester-Verhältnis war. 123 

Gespräch mit Pava Peršić-Molnar am 2. 9. 2007. Gespräch mit Nada Šakić am 20. 7. 2009. 125  Das folgende Teilkapitel stellt eine Zusammenfassung der Gespräche mit Nada Šakić dar bzw. ist eine chronologische Rekonstruktion ihres Lebens bis zum Jahre 1945. Zudem soll hier der Versuch unternommen werden, ihre politische Auffassung und Beweggründe sowie Argumentationen in Bezug auf ihre Tätigkeit in Jasenovac zu analysieren. Dort, wo ich die Interviewte mit Dokumenten aus dem Kroatischen Staatsarchiv in Zagreb konfrontierte, wird dies vermerkt. Die Gespräche mit Nada Šakić führte ich am 4. 11. 2008, 1. 6., 13. 7., 20. 7., 22. 7., 29. 8. 2009 und am 3. 9. 2010 in Zagreb im Seniorenheim. 126  Nada Šakić bestätigte hier die Aussage des KZ-Befehlhabers Ljubomir Miloš bezüglich der Familie Luburić. Siehe: HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatnost MUP-a NDH, K. 57, Sig. 013. 2. 30., 1948. 124 

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Auch aus diesen Gründen weigerte sich Šakić, ihren Halbbruder in der Rolle eines brutalen Mörders wahrzunehmen, und stellte ihn bei unseren Gesprächen stets in positivem Licht dar. Nada Šakić besuchte in Ljubuški die Grundschule für vier Jahre.127 Nach eigenen Aussagen ging sie später in die katholische Schule der Barmherzigen Schwestern des Heiligen Vinzenz von Paul in Zagreb. Ihre Aversion gegenüber serbischen Jugendlichen zeigte sich bereits im Schulalter: Sie erinnerte sich, dass es in dieser Schule ebenfalls Schülerinnen serbischer Nationalität gab, denen Ustaša-orientierte Mädchen nach der Ausrufung des USK zugerufen haben sollen, dass es von nun an kein Bekreuzigen mit drei ausgestreckten Fingern mehr geben würde, wie dies bei den serbisch-orthodoxen Christen der Brauch war (und ist). Auf die Rückfrage, wie die serbischen Mädchen auf diese Diskriminierungen reagiert hätten, erwiderte Šakić, sie hätten nichts gesagt und wenn sie etwas gesagt hätten, dann wären sie verprügelt worden. Aus dem Wunsch heraus „etwas für die Heimat zu tun“ (da napravim nešta za svoju domovinu),128 absolvierte Šakić mit ihrer Schwester Zora im neu errichteten USK einen mehrmonatigen Kurs zur Funktionärin der Weiblichen Ustaša-Jugend bei Danijel Crljen. Sie legten anschließend den obligatorischen Ustaša-Schwur bei Pavelić ab. Sich selbst charakterisierte Šakić zu dieser Zeit als kämpferisch, ihre Schwester Zora eher als zurückhaltend und ruhig.129 Ihrem Wunsch, Mädchen im Geiste der Ustaša-Ideologie auszubilden, konnte sie nicht nachgehen, weil ihre Mutter es bei einer Frau für unangebracht hielt, eine Tätigkeit auszuüben: „Meine Mutter, sie erlaubte, dass ich lerne, aber uns Mädchen erlaubte sie nie, dass wir arbeiten.“130 Als jedoch ihre Mutter für drei Monate das Haus verließ und zur Kur ging, folgte Šakić ihrem Halbbruder Vjekoslav Luburić in das Konzentrationslager Jasenovac/Stara Gradiška. Nach ihrer Auslegung sei sie „zufällig“ (slučajno)131 in das KZ gekommen, also als eine Privatperson und nicht, um als Ustaša-Funktionärin, zu der sie in Zagreb ausgebildet wurde, ihren Dienst zu leisten: Ihr Halbbruder hätte sie nach Stara Gradiška eingeladen, damit sie – während der Abwesenheit ihrer Mutter – nicht alleine sei und stattdessen mit jungen weiblichen KZ-Angestellten Bekanntschaft schließen könne: „Meine Mutter ging in den Krankheitsurlaub, sie war Patientin. Ich weiß nicht [woran sie litt], die Leber, was weiß ich. Mein verstorbener Bruder [Vjekoslav Luburić] sagte: ‚Nun jetzt ist es mir unangenehm, dich allein in der Wohnung zu lassen. Komm du mit mir nach Gradiška [Stara Gradiška]. Dort gibt es Mädchen, mit ihnen kannst du Umgang 127 

Muzej Žrtava Genocida, Suđenje Dinku i Nadi Šakić, K. 4, 27. 4. 1944. Gespräch mit Nada Šakić am 29. 8. 2009. 129  „Ja sam bila borbena a ona je bila onako povučena i tiha.“ Gespräch mit Nada Šakić am 29. 8. 2009. 130  „Moja mama, ona je htjela da ja naučim, ali nikad nama djevojkama nije dala radit.“ Gespräch mit Nada Šakić am 1. 6. 2009. 131  Gespräch mit Nada Šakić am 4. 11. 2008. 128 

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haben.‘ Dort war der Kleine von meinem Bruder, Zvonko. Und so bin ich dorthin gegangen, aber als die Mutter [zurück]kam, wollte sie, dass ich nach Hause gehe. So blieb ich ungefähr drei Monate. Ich habe nicht als Funktionärin gearbeitet. Ich habe einen Gefallen getan. Man musste, sagen wir, die Häftlingsfrauen zum Arzt bringen: ‚Ich hab keine Zeit‘, [sagte eine Ustaša-Aufseherin]. – ‚Dann werde ich, ich werde es [machen]‘, sagte ich. Dann gingen sie [die Ustaše], um etwas zu besprechen. In die Kirche habe ich [die Häftlingsfrauen] gebracht. Jeden Sonntag gingen sie zur Messe und hatten besseres Essen. Ihnen erging es nicht schlecht, ˂spanisch˃ no, no.“132

Šakić stellte ihre Rolle im KZ als reine Befehlsempfängerin dar: Sie sei um einen Gefallen gebeten worden, und so habe sie die Aufsicht über die Gefangenen während der Näh- und Feldarbeit übernommen beziehungsweise die Häftlingsfrauen zu einem bestimmten Ort gebracht. Als „kämpferische“ Ustaša-Anhängerin, wie sie sich selbst bezeichnete, nahm sie diese Aufgaben mit Engagement und sofortiger Einsatzbereitschaft an. Auch berichtete der KZ-Angestellte Ljubomir Miloš – und seiner Aussage schließen sich ehemalige Häftlinge an –, Nada Šakić hätte mit Maja Buždon sogar das Frauenlager geleitet133, was ihrem Entlastungsargument einer hörigen Befehlsempfängerin widerspricht. Zudem arbeitete Šakić als Krankenpflegerin im Militärkrankenhaus in Jasenovac.134 Im März 1944 erhielt sie für ihren Einsatz bei den Transporten verwundeter Ustaša-Anhänger von Stara Gradiška in das Krankenhaus von Jasenovac, welche am 31. Dezember 1943, 1. Januar 1944 und 6. Januar 1944 durchgeführt wurden, von Pavelić die militärische Auszeichnung Eiserne Medaille der Krone des Königs Zvonimir des Dritten Ranges (Željezna kolanja kruna kralja Zvonimira trećeg reda), zusammen mit Maja Buždon, Ljubica Flanjak, Ankica Čup, Mela Janjić und Božica Obradović. Im gleichen Dokument wird der Beginn ihres Arbeitseintritts als „Ustaša-Funktionärin des Lagers Stara Gradiška“ (Ustaška dužnostnica logora Stara Gradiška) genannt, und dies war der 19. Oktober 1942.135 Dieses Zeugnis ist ein Beweis dafür, dass Nada Šakić nicht ins KZ kam, weil sie – wie sie selbst behauptete – lediglich für 132  „Moja mama otišla je bolovat, bila je bolesnik, ne znam [od čega je bolovala], jetra, šta ja znam. Pokojni brat [Vjekoslav Luburić] kaže: ,Pa sad mi je neugodno ostavit te samu u stanu. Dođi ti sa mnom u Gradišku [Staru Gradišku]. Tamo ima djevojaka, imaš se s kim družit.‘ Tamo je bio od moga brata mali, Zvonko. I tako ja sam tamo otišla, al kad je mama došla ona je htjela da ja idem doma. Tako jedno tri mjeseca sam bila. Nisam ja radila kao dužnosnica. Ja sam uslugu koju napravila. Trebalo je recimo zatočenice vodit kod liječnika: ,Nemam ja vremena‘, [reće jedna ustašica]. – Onda bi ja, ja ću [to obaviti], kažem!‘. Onda bi išli [ustaše] da nešta razgovaraju. U crkvu sam ih [zatvorenice] vodila. Svake nedjelje su imali misu i bolji ručak. Nije njima loše bilo, ˂španjolski˃ no, no.“ Gespräch mit Nada Šakić am 1. 6. 2009. 133  HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Ustroj i djelatnost MUP-a NDH, K. 57, Sig.013. 2. 30., 1948. 134  Vgl. den offenen Brief an Effraim Zuroff, dem Direktor des Simon Wiesenthal Zentrums in Jerusalem, der Dinko Šakić und seine Ehefrau ausfindig machte, geschrieben von einem Sohn des Ehepaares, in: Politički zatvorenik, Nr. 82, Januar 1999, S. 28. 135  Muzej Žrtava Genocida, Suđenje Dinku i Nadi Šakić, K. 4, 27. 4. 1944. Die Anordnung trägt die Nummer: 896-Zv.Kol.-1944.

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Abbildung 28: Nada Šakić in Zagreb, 2010 (Fotografin: Martina Bitunjac)

eine kurze Zeit ihren Bruder besuchen wollte. Sie war eine Ustaša-Funktionärin, die weit über ein Jahr ihren Dienst im KZ tat. Šakić gab dennoch zu, dass die Ustaše im KZ Jasenovac gemordet haben. Auf die Frage, warum sie dies taten, antwortete sie: „Es ist besser, du tötest ihn, als er dich“ (bolje da ti ubiješ njega, nego on tebe), denn, so fügte sie später hinzu, „es sei Krieg“ (bio je rat) gewesen. Ihre Ansicht, es sei besser, die Ustaše töten selbst, als dass sie getötet würden, versucht Šakić zu legitimieren, indem sie den Krieg als Motiv für die Vernichtung von Menschenleben anführt. Šakić nimmt in ihrer Argumentation auf zwei Aspekte Bezug: Zum einen stellt sie das Morden an Unschuldigen als Selbstverteidigung der Ustaše dar. Sie hätten getötet, weil sie als politische Gegner/-innen im Königreich Jugoslawien der Verfolgung ausgesetzt gewesen wären. Seit der Gründung des USK hätten die Ustaše die Möglichkeit ergriffen, dem politisch-ideologischen Feind zuvorzukommen. Zum anderen stellt Šakić die Verbrechen der Ustaše in den Kontext des Krieges, indem sie den Status der KZ-Insassen umkehrt und diese als „Kriegsgefangene“ (ratni zarobljenici), d.  h. als „Kombattanten“, bezeichnet. Mehrheitlich handelte es sich jedoch bei den Inhaftierten um Zivilistinnen und Zivilisten, die, mit Ausnahme der Mitglieder der Widerstandsarmee, nie eine Möglichkeit zur Verteidigung gehabt hatten, sondern oft von ihren Wohnorten aus direkt ins KZ deportiert worden waren. In diesem Zusammenhang sei die Präsenz von deportierten Säuglingen und Kindern erwähnt, die als potenzielle Gefahr, eines Tages für die

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getöteten Eltern Rache zu nehmen, von den Ustaše umgebracht wurden. Šakić aber bestreitet die Anwesenheit von Kindern zu ihrer Aufenthaltszeit, was nicht den Tatsachen entspricht. Es sei erwähnt, dass Višnja Pavelić ebenfalls argumentierte, in Jasenovac hätte es keine Kinder, sondern nur Kriegsgefangene gegeben. Die hohe Sterbensrate der Insassen brachte sie mit der im Krieg allgemein schlechten Ernährung in Verbindung.136 Die Existenz und Funktion von Konzentrationslagern hängt jedoch nicht mit dem Krieg zusammen: Auch im nationalsozialistischen Deutschland gab es bereits seit 1934 Konzentrationslager, d. h. vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Relativierende Stellungnahmen machte Šakić über den Zustand der KZ-Insassen: Auf Nachfrage, wie das körperliche und seelische Befinden dieser Meschen in Stara Gradiška war, stellte Šakić einen Vergleich mit dem deutschen KZ-Dachau an und schlussfolgerte, den „Kriegsgefangenen“ im kroatischen KZ wäre es nicht so schlimm ergangen, wie jenen in dem deutschen KZ. Die Häftlinge hätten eine Kirche und einen Zahnarzt gehabt. Sie selbst habe im gleichen Raum gegessen wie die Häftlingsfrauen. Šakić wich Fragen bezüglich der Häftlinge eher aus und versuchte, deren angeblich gute Lebensverhältnisse zu schildern. Sie behielt keinen Häftlingsnamen in Erinnerung. An die Namen ihrer Kolleginnen und Kollegen erinnerte sie sich dagegen sehr gut. Die Frage, ob die Ustaša-Angehörigen den KZ-Häftlingen die Wertsachen genommen hätten, bejahte sie und fügte hinzu: Sobald die Person das KZ verlassen habe, habe er/sie die Wertsachen zurückerhalten. Es gab jedoch nur wenige Personen, die nach Absitzen ihrer Strafe freigelassen wurden.137 In Stara Gradiška lebte Nada Šakić zusammen mit Maja Buždon. Die Befehlshaberin des Frauenlagers behielt Šakić, wie bereits erwähnt, als eine treue Ustaša-Angehörige in Erinnerung. Bei meinem Hinweis, Buždon habe doch Menschenleben vernichtet, zuckte Šakić nur schweigend mit den Schultern und seufzte. Die Frage, welchen ersten Eindruck die damals 16-jährige Nada Šakić hatte, als sie 1942 nach Stara Gradiška kam, wusste sie nicht recht zu beantworten. Sie würde sich an nichts Außergewöhnliches erinnern. Das Konzentrationslager als Ort des Mordens, des Hungers und der Krankheiten schien für Nada Šakić ein normaler Arbeits- und Aufenthaltsort gewesen zu sein. Im Gegensatz dazu verbinden ehemalige Häftlinge mit der Ankunft im KZ die Trennung von Familienangehörigen, Schläge, Wutausbrüche des Personals, die Konfiszierung ihres Eigentums und auch die sofortige Gewaltanwendung. Trotz vorgebrachter Entlastungsargumente wird die ehemalige Aufseherin durch die Aussagen einiger Häftlinge belastet: Der KZ-Überlebende Šimo Klaić beispielsweise berichtete, sie hätte auf Frauen eingeschlagen; er schloss auch ihre direkte Beteiligung an Morden nicht aus.138 Eine andere Zeugin, die damals erst 136 

Interviews mit Višnja Pavelić am 24. 2. 2008 und am 20. 1. 2010. Peršen, Ustaški logori, S. 183 ff. 138  Interview mit Šimo Klaić am 29. 10. 2008. 137 s.

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sechs Jahre alt war, sah, wie Nada Šakić mit lächelndem Gesicht zwei Frauen mit der Pistole erschoss.139 Aber auch in den Erinnerungen Nada Šakićs lässt sich das Verhalten einer etablierten Aufseherin erkennen: So bekam sie einen Wutanfall und warf brüllend einer schwangeren, älteren Insassin vor – welche nach ihrer Aussage mit einem Häftling ein Kind gezeugt habe –, sie würde, wenn sie aus dem KZ entlassen sei, erzählen, ein Ustaša hätte sie geschwängert. Die Insassin schwieg zu diesem Vorwurf.140 Šakić versuchte mit dieser Aussage vermutlich, ihren „Gerechtigkeitssinn“ hervorzuheben. In Wirklichkeit sorgte sie sich wohl um den Ruf der KZ-Angestellten, ließ aber gleichzeitig erkennen, dass ihr Vergewaltigungen von Häftlingsfrauen im Konzentrationslager durchaus bekannt waren. Dass sich Šakić nur daran erinnern will, dass die Häftlingsfrau älter war – was auch immer das in den Augen einer Jugendlichen bedeutete –, veranschaulicht ihre Autorität gegenüber einer „älteren“ Frau an einem Ort der asymmetrischen Machtkonstellationen. Das Erteilen von Befehlen und die Kontrolle über eine Gruppe von Menschen gaben Šakić offenbar ein Gefühl von Macht und Überlegenheit gegenüber den Häftlingsfrauen. Als KZ-Angestellte erlangte sie Unabhängigkeit vom autoritären Elternhaus. Sie übte im Konzentrationslager eine Tätigkeit aus, für die sie unter den Aufseher/-innen zusätzlichen Respekt erlangte. Es verwundert nicht, dass Šakić selbst nach vielen Jahrzehnten eine überzeugte Ustaša-Anhängerin blieb und daher nie versucht hatte, sich in die Lage der Opfer zu versetzen. Stattdessen begründete sie ihre anti-jüdische Einstellung mit der seit Jahrhunderten bestehenden falschen Auffassung, die Juden wären schuld am Tod Christi. Die Hassgefühle gegenüber den Serben rechtfertigte sie hingegen mit dem Mord an ihrem Halbbruder Vjekoslav Luburić, der im Jahr 1969 in Spanien von einem jugoslawischen Agenten erschlagen wurde, selbst wenn dies nicht den Hass auf Serben im Ustaša-Staat erklärt. Vergleicht man Šakić und die ehemaligen Aufseherinnen im SS-Gefolge bezüglich ihrer Rolle im KZ, so lassen sich teilweise Gemeinsamkeiten in der Argumentation feststellen: Šakić machte bei unseren Gesprächen taktische Äußerungen zur „guten Situation“ der KZ-Insassen, war aber im Gegensatz zur ehemaligen KZ-Aufseherin Lucie Moschko weniger bemüht, das Selbstbild einer humanen Aufseherin zu vermitteln, die die Häftlinge angeblich sogar gemocht hätte.141

139 

Jutarnji list, Nr. 220, 13. 3. 1999. Gespräch mit Nada Šakić am 20. 6. 2009. 141 s. Horn, Sabine, „… ich fühlte mich damals als Soldat und nicht als Nazi“. Der Maj­ danek-Prozess im Fernsehen aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive betrachtet, in: Weckel, Ulrike/Wolfrum, Edgar (Hrsg.), „Bestien“ und „Befehlsempfänger“. Frauen und Männer in NS-Prozessen nach 1945, Göttingen 2003, S. 222 – 249, hier S. 242 f; Toussaint, Jeanette, Tradierung von Entlastungslegenden. Interviews mit einer ehemaligen SS-Aufseherin und ihren Töchtern, in: Erpel, Simone (Hrsg.), Im Gefolge der SS: Aufseherinnen des Frauen-KZ Ravensbrück, Berlin 2007, S. 316 – 328. 140 

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Im Unterschied zur deutschen KZ-Angestellten Anna Grebe, mit der die Soziologin Jeanette Toussaint mehrere Interviews führte, nannte Šakić nicht das Entlastungsargument, die Insassen hätten zusammen mit den Angestellten in einer Art „Gemeinschaft“ gelebt, in der sie den Häftlingen zuvorkommend und hilfsbereit entgegenkamen.142 Im Gegenteil: Eine freundliche Behandlung der Insassen war nach Aussagen Šakićs untersagt. Die gleiche Regel galt auch für deutsche Konzentrationslager. Šakić erwähnte zudem eine namentlich unbekannte Angestellte, die wegen ihrer zu freundlichen Art gegenüber den KZ-Häftlingen – sie sprach mit ihnen und saß an ihren Schlafplätzen – versetzt worden sei. Zudem seien Liebschaften zwischen Häftlingen und einer oder einem Ustaša-Angehörigen ebenfalls verboten gewesen. Šakić vermittelte nicht das Bild einer friedliebenden und in der militärischen Männerwelt verlorenen, psychisch überforderten Frau, während ehemalige SSAuf­seherinnen gerade die geschlechtsspezifischen Argumente nutzten, um bei Gerichtsprozessen ein milderes Urteil zu erlangen.143 Aber sie verharmloste ihre Handlungen in Stara Gradiška und stellte sie keineswegs in Frage. In Stara Gradiška lernte sie ihren zukünftigen Mann Dinko Šakić kennen, der 1944 Befehlshaber des Lagers III in Jasenovac war. Šakić war bereits mit einer anderen Frau verlobt, löste die Beziehung wegen seiner neuen Freundin schließlich auf. Der KZ-Angestellte Toni Remar zeigte ebenfalls Interesse an der jungen Frau, hatte aber nach einer Auseinandersetzung mit Dinko Šakić nicht mehr versucht, sich ihr zu nähern. Als sie das Lager nach drei Monaten verließ, so erzählte die ehemalige KZ-Wächterin weiter, blieb die Liebesbeziehung bestehen. Sie kehrte immer wieder nach Jasenovac zurück, wo sie nach ihrer eigenen Aussage eine Tante hatte. Zudem schilderte sie eine Streiterei mit ihrem Verlobten: Als er sie zu Hause in Jasenovac aufsuchte und sich davor nicht rasiert hatte, beschwerte sie sich, weil er plötzlich einen Bart trug, der ihr nicht gefiel. Er war daraufhin beleidigt und besuchte sie erst am dritten Tag – diesmal ohne Bart. Solche Erinnerungen zeigen, dass sich Šakić an einem Ort des Grauens wohlfühlte, und dass sie diese Episode ihres Lebens – auch wegen der Beziehung zu ihrem zukünftigen Mann – als positiv bewertete.144 Nada und Dinko Šakić vermählten sich am 31. Dezember 1944 in Šestine. Dinko Šakić heiratete in seiner Uniform und auch seine Ehefrau äußerte den Wunsch in der Uniform der Weiblichen Ustaša-Jugend zu heiraten, tat es letztendlich nicht, weil dies ihre Mutter verweigerte. Bei Kriegsende flüchtete das Ehepaar mit ihrem ersten Sohn nach Slowenien, wo sie sich bei einer Bäuerin länger aufhielten und von ihr versorgt wurden.145 Zum Dank für die Hilfe schickten sie der Frau Pakete mit Geschenken aus Argentinien, wo sie seit 1946 lebten. Die Mutter von Nada 142 

Toussaint, Tradierung von Entlastungslegenden, S. 324 f. Horn, „… ich fühlte mich damals als Soldat und nicht als Nazi“, S. 241. 144  Gespräch mit Nada Šakić am 1. 6. 2009. 145  Gespräch mit Nada Šakić am 20. 6. 2009. 143 

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Šakić blieb in Kroatien und lebte in Rijeka. Ihre Tochter schrieb ihr Briefe unter dem falschen Nachnamen Bilanović. Das Ehepaar Šakić bekam drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter.146 Im Jahre 1998 wurde Dinko Šakić an Kroatien ausgeliefert und ein Jahr später wegen seiner im Konzentrationslager Jasenovac verübten Verbrechen zu 20 Jahren Haft verurteilt. Er starb jedoch, bevor er die Strafe abgesessen hatte. Die kroatische Justiz verdächtigte zunächst auch seine Frau, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen begangen zu haben. Sie habe unter anderem mit Aufsehern und Aufseherinnen des Lagers Häftlinge zu Tode gefoltert, sie habe Häftlinge ohne Wasser und Nahrung in Einzelzellen gesperrt und soll an Selektionen beteiligt gewesen sein, die zur Folge hatten, dass Kranke, Schwache und Kinder ermordet wurden.147 Nada Šakić wurde eine halbe Stunde lang verhört, aber mangels Beweisen – die Staatsanwaltschaft konnte sie mit keiner Straftat direkt in Verbindung bringen – wieder freigelassen.148 Vermutlich wurde diese Entscheidung, Nada Šakić nicht zur Verantwortung zu ziehen, auch deswegen getroffen, weil man ihren Schilderungen, sie sei in das Konzentrationslager „aus reinem Zufall“ reingeschlittert, Glauben schenkte. Haben bei der Einstufung der Straftat – wie etwa in den Prozessen gegen ehemalige KZ-Aufseherinnen im Nachkriegsdeutschland – stereotype Vorurteile einer harmlosen friedvollen Frau eine Rolle gespielt? Die Vermutung liegt jedenfalls nahe. Šakić lebte bis zu ihrem Tod in Zagreb, wo sie den Kontakt zu ihren ehemaligen Kolleginnen, den KZ-Aufseherinnen Milka Pribanić und Ljerka Kordić, weiterhin pflegte. Bereits 1998 hatte das Museum für die Opfer des Genozids in Belgrad, unter der Leitung von Milan Bulajić mit der Recherche über die Vergangenheit der mutmaßlichen Verbrecherin begonnen.149 Im Juli 2011 ging dann durch die internationale Presse die Meldung, Serbien fordere die Auslieferung Nada Šakićs. Sie sollte sich demnach – wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit – vor einem Gericht in Serbien verantworten. Auch diesem möglichen Prozessverfahren ist Nada Šakić entkommen: Am 5. Februar 2011 starb sie im Alter von 85 Jahren im Zagreber Seniorenheim.

146 

Gespräch mit Nada Šakić am 20. 6. 2009. Muzej Žrtava Genocida, Suđenje Dinku i Nadi Šakić, K. 4, 28. 7. 1998. 148  Jutarnji list, Nr. 220, 13. 3. 1999. 149  Jutarnji list, Nr. 92, 12. 7. 1998. 147 

G.  Schlussbetrachtung G.  Schlussbetrachtung

Ante Pavelić und seine Anhänger hielten ihre Bewegung schon vor 1941 – in der sogenannten revolutionären Kampfzeit – aus politisch-taktischen Motiven für Frauen offen. Frauen, die sich bis 1941 am Kampf um einen unabhängigen kroatischen Staat beteiligten, brachen – in der Funktion als Vermittlerinnen, Kurierrinnen, Informantinnen, Spioninnen und Terroristinnen – nicht nur mit der traditionellen Geschlechterordnung, sondern waren innerhalb des elitären Ustaša-Kreises um Ante Pavelić angesehene Mitglieder der Bewegung. Zu diesen teils „unsichtbaren“ Aktivistinnen der ersten Stunde zählten unter anderem die international gesuchte Terroristin Stana Godina, die Ehefrau des „Poglavniks“, Marija Pavelić, ihre Tochter Višnja, Manda Devčić, Mutter und zur Legende stilisierten Ustaša-Heldin, sowie Marija Hranilović, Informantin der Exil-Kroaten in Italien. Pavelić selbst schuf – entgegen dem traditionellen Frauenbild, aber im Einklang mit der gelebten Frauenrolle – 1935 in seinem Roman die Figur „Die schöne Blonde“. Sie ist eine Firmenangestellte, die in Zagreb immer wieder mit der sozial-wirtschaftlichen und national-politischen Unterdrückung des kroatischen Volkes durch die Machthaber in Belgrad konfrontiert wird und sich schließlich entscheidet, in die Ustaša-Bewegung einzutreten. Stana Godina, Agentin der Ustaša-Zelle in Triest, soll in der Realität „die schöne Blonde“ gewesen sein. Zusammen mit einer Gruppe von Ustaša- und VMRO-Anhängern war sie am Attentat auf den jugoslawischen König Aleksandar I. Karađorđević in Marseille beteiligt. Nach ihr wurde international gefahndet, doch niemand kam der „mysteriösen“ Frau auf die Spur. Zu den wesentlichen Gründen, warum Frauen vor 1941 für die illegale Arbeit in der Ustaša mobilisiert wurden, gehörte zum einen die Abwesenheit der Männer – diese befanden sich im Exil oder in Gefangenschaft. Zum anderen erkannten die Ustaše die Leistungsfähigkeit und das Geschick, über welches die Gefolgsfrauen verfügten. Sicherlich setzten sie Frauen in der Untergrundbewegung auch deswegen ein, weil Frauen geschlechtsstereotypisch als eher ungefährlich wahrgenommen wurden. Wegen möglicher Imageschädigung blieb jedoch im USK das politische Handeln einiger elitärer Frauen, darunter das der Gemahlin des „Poglavniks“, Marija Pavelić, und Stana Godinas weitgehend unbekannt, während die Ustaša-Mutter Manda Devčić als höchstes Leitbild verherrlicht wurde. Die Ustaše leugneten in ihrer Propaganda nie das patriotische Engagement der Gefolgsfrauen, sondern würdigten sie als nationale Verfechterinnen, die für die gleichen Ziele wie ihre männlichen Mitstreiter kämpften. Seit der Errichtung des Ustaša-Staates im April 1941 sollte sich die Frauenrolle jedoch – im Rahmen der patriarchalisch-nationalistischen Propaganda – auf das Muttersein und das Erziehen zahlreicher „arischer“ und „erbgesunder“ Kinder beschränken. Während historische Mutterfiguren und Mütter hoher Staatsmänner in ihrer Vorbildfunktion

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G.  Schlussbetrachtung

glorifiziert wurden, lehnten die Ustaše, rassistisch und ideologisch-politisch argumentierend, Feministinnen, sogenannte „Mode-Frauen“, Serbinnen, Jüdinnen, Romnja und Partisaninnen in ihrer „Volksgemeinschaft“ strikt ab und bekämpften sie. Die Ustaše erklärten sie zu Kindesmörderinnen, indem sie ihnen beispielsweise gezielte Abtreibungen unterstellten, welche im USK als Verbrechen definiert und mit Gefängnis oder sogar mit dem Tode bestraft wurden. Die Instrumentalisierung von Frauenkörpern – welche die katholische Kirche maßgeblich unterstützte – war zudem in mehreren Zwangsmaßnahmen und Verboten, das äußerliche weibliche Erscheinungsbild betreffend, verankert. Die „arische“ Frau durfte sich weder schminken noch auffallend kleiden, sondern musste Bescheidenheit und Sittsamkeit ausstrahlen. Zurückhaltend musste sie sich insbesondere gegenüber den italienischen Besatzern verhalten. Sie durfte mit ihnen keine Freundschaft, Liebesbeziehung oder ein Arbeitsverhältnis eingehen, ansonsten wurde sie als Landesverräterin gebrandmarkt, und ihr wurde von den Ustaše ebenso wie von den Partisanen Gewalt angetan: Das Abschneiden der Haare war hier die gängigste Form der Gewaltausübung gegenüber Frauen. Trotz der Wunschvorstellung, Frauen primär in die Mutterrolle zu drängen, gelang es den Ustaše keineswegs, dies in die Realität umzusetzen. Zudem war selbst die Mutterschaft kein Hindernis, Politik zu betreiben: Die dreifache Mutter Marija Pavelić war innerhalb der politischen Ustaša-Elite sehr einflussreich und bestimmte – darauf bedacht, die Position ihres Mannes zu stärken –, wer auf der politischen Bühne bleibt, wer versetzt oder gar entlassen wurde. Sie nahm Einfluss auf die Medien, ließ die Zagreber Stadtgesellschaft bespitzeln und in Ungnade gefallene Bürger denunzieren, und sie kümmerte sich um das äußere Stadtbild der Hauptstadt, da sie es für balkanisiert hielt. Trotz ihrer Klugheit, ihres Machteinflusses und Führungspotentials spielte sie für die Öffentlichkeit die unpolitische Ehefrau an Ante Pavelićs Seite, um dadurch dem weiblichen Ustaša-Idealbild zu entsprechen. Der Widerspruch zwischen propagiertem Frauenbild und gelebter Frauenrolle äußerte sich gleichfalls bei ihrer Tochter Višnja: Sie wurde im USK vorbereitet, eine bedeutende Rolle zu übernehmen, studierte Jura, vertrat ihren Vater auf öffentlichen Veranstaltungen, begleitete ihn als Mitglied des Weiblichen Zweiges der kroatischen Ustaša-Bewegung bei Besuchen von verwundeten Soldaten und wurde von ihren Eltern zu politischen Beratungsgesprächen innerhalb der Familie hinzugezogen. Um auch Jahrzehnte nach dem Tod ihres Vaters den Führermythos aufrechtzuerhalten, bestritt Višnja Pavelić rückblickend jegliche politische Einmischung ihrer Mutter im Ustaša-Staat. Beide Frauen entsprachen keineswegs dem propagierten Frauenbild der Ustaše, sie verhielten sich in der Öffentlichkeit eher zurückhaltend und waren die treuesten Unterstützerinnen des „Poglavniks“ sowie des kroatischen „Ustaša-Projektes“. Neben der repräsentativen Rolle, die einige Frauen im USK einnahmen, übten sie aber auch erheblichen politischen Einfluss aus. Im Zuge der Gleichschaltung gründete Pavelić zwei Teilorganisationen für Mädchen und Frauen: die Weibliche Ustaša-Jugend, geführt von Mira Vrljičak-Dugački beziehungsweise Dolores

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Bracanović, mit den drei Unterorganisationen Ustaša-Hoffnung, Ustaša-Heldin und Ustaša-Starčević-Jugend sowie den Weiblichen Zweig der kroatischen UstašaBewegung. In der Ustaša-Jugend wurden Mädchen (und Jungen) im Alter von 7 bis 21 Jahren erfasst. Obgleich sie traditionsgerecht erzogen wurden und lernten, wie man sich um Haus und Kinder kümmert, blieb die Weibliche Ustaša-Jugend von männlich indoktrinierter Militarisierung nicht verschont: So trugen Mädchen wie Jungen Uniformen und legten den Ustaša-Eid als Zeichen ihrer Treue zu Gott, „Poglavnik“ und Staat ab. Obwohl uniformierte Mädchen und Frauen bei der Bevölkerung Aufsehen erregten und laut der Ustaša-Presse gerade von Männern als unweiblich degradiert wurden, stellte die Uniform für manche Mädchen und Frauen ein Attribut ihrer Selbstständigkeit und Zugehörigkeit zur Bewegung dar. Voraussetzung, um als Ustaša-Funktionärin im Kommando einer Großgespanschaft, einer Stadt oder Gemeinde arbeiten zu können, war die Absolvierung eines zwei- bis dreimonatigen politisch-ideologischen Kurses in einer der von Dr. Zdenka Smrekar, Abteilungsleiterin der weiblichen Schulung im Ministerium für Religion und Erziehung, errichteten Schulen. Junge Ustaša-Führerinnen wurden dennoch nicht nur eingesetzt, um die Jugend zu führen, sondern fungierten auch als „Rädchen im Getriebe“ bei der religiösen und politisch-ideologischen Umerziehung von serbischen Kindern und Kindern von Widerstandskämpfer/-innen, deren Eltern von den Ustaše in ein Konzentrationslager deportiert oder zur Arbeit im „Deutschen Reich“ gezwungen wurden. Während die Funktionärinnen der Ustaša-Jugend Mädchen psychologisch auf ihre künftige Rolle als Mutter, Hausfrau und Ehefrau vorbereiteten, sollten Angehörige des Weiblichen Zweigs der kroatischen Ustaša-Bewegung politisch gebildete Mütter mit zahlreichen Kindern sein. Ab dem 21. Lebensjahr konnten Frauen Mitglied der Ustaškinja werden. Die Leitung ideologischer Kurse, Hilfeleistungen für Bedürftige und kroatische Soldaten, Krankenhausbesuche, die Organisation der Aktionswoche der Mutter und des Kindes und die Herausgabe des Blattes „Ustaškinja“ gehörten zu den Aufgaben der weiblichen Ustaša-Angehörigen. Sowohl in der Weiblichen Ustaša-Jugend wie auch im Weiblichen Zweig der kroatischen Ustaša-Bewegung übernahmen jene Frauen die Führung, die national-kroatisch geprägt worden waren, sich schon vor 1941 für die Unabhängigkeit Kroatiens eingesetzt hatten, Sypathisantinnen der Rechtspartei waren und einer katholischen Organisation angehörten. Die Führerinnen wurden für ihr Engagement militärisch ausgezeichnet. An sie wurde nicht, wie dies bei der weiblichen Bevölkerung im USK der Fall war, der Anspruch gestellt, zahlreiche Kinder zu gebären. Sie verbreiteten zwar das weibliche Ustaša-Idealbild, waren aber selbst politikbewusste Akteurinnen, die in vielen Situationen über Entscheidungs- und Handlungsmacht verfügten. Obwohl von den Ustaše propagiert wurde, der Sinn des „Frauseins“ sei das Muttersein, warben sie gleichzeitig um weibliche Arbeitskräfte sowie um Unterstützung des Militärs und forderten die Verbreitung entsprechender Propaganda.

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Maßnahmen, Frauen aus der männerdominierten Berufswelt zu verdrängen und in die häusliche Sphäre zurückzubringen, wurden im USK eher angedroht als tatsächlich ergriffen, war doch das Funktionieren des Landes im Krieg von der weiblichen Arbeitskraft deutlich abhängig. So wurden Frauen an der „Heimatfront“ in vielen von Männern dominierten Berufszweigen eingesetzt, sei es in Fabriken, im Verkehrswesen oder im militärischen Bereich. Studentinnen dienten in der Arbeitshilfe, während Abiturientinnen verpflichtet waren, den Arbeitsdienst der Weiblichen Ustaša-Jugend zu absolvieren, um sich überhaupt an einer Hochschule einschreiben zu können. Auch im Flugwesen wurde um Frauen geworben: Sie durften sich als Pilotinnen ausbilden lassen und leisteten so einen wesentlichen Beitrag im kroatischen Militär. Katarina Kulenović-Matanović war als erste kroatische Pilotin für viele junge Frauen das Vorbild für militärische Tapferkeit – eine Kampfpilotin war sie zwar nicht, aber dafür transportierte sie als Kriegspilotin Medizin und verwundete Soldaten und war die persönliche Pilotin des Ministers Ante Vokić. Seit Beginn des Jahres 1944 verschärften die Ustaše ihre Anwerbung für die Rekrutierung von Frauen als „Helferinnen“ des Militärs: Zum einen wurden sie in der Luftwaffe als Nachrichtenhelferinnen eingesetzt, zum anderen fungierten sie im Frauenhilfsdienst des elitären Leibwache-Bataillons des Poglavniks beispielsweise als Büroangestellte. Doch selbst bei der Militarisierung des Frauenbildes und der Würdigung der Arbeit der „arischen“ Frau in der „Volksgemeinschaft“ war es nicht die Absicht der Ustaša-Bewegung, Frauen als kontinuierliche Trägerinnen des öffentlichen Lebens zu präsentieren, sondern lediglich als Helferinnen des Mannes, die, nachdem sie dem Staat gedient hatten, wieder zu ihrer traditionellen Rolle zurückkehren sollten. Im besonderen Gegensatz zum verbreiteten stereotypen Bild der friedliebenden Frau stand die Partizipation von Frauen im verbrecherischen Ustaša-Aufsichtsdienst. Als Angestellte in der Bürokratie, als Spioninnen sowie Aufseherinnen in Konzentrationslagern beteiligten sich Frauen an der Verfolgung, Folterung und Ermordung von „rassisch“ und politisch unerwünschten Personen. Es gab auch Frauen (und Männer), die die politische Situation des Unrechtsstaates nutzten, um von der Verfolgung religiöser und nationaler Gruppen finanziell zu profitieren. Sie denunzierten ihre Arbeitskollegen, Nachbarn, aber auch Ehepartner und unterstützten dadurch die gesetzlich legalisierten Verbrechen des Staates. Die extremste Gewalt an Männern, Frauen und Kindern übten KZ-Aufseherinnen (und Aufseher) im Vernichtungslager Jasenovac aus. Einige Wächterinnen waren jünger als 20 Jahre, als sie den Posten im KZ Jasenovac annahmen. Die meisten von ihnen, es waren ungefähr 30, wurden durch ihre Familienangehörigen angeworben, im KZ zu arbeiten. Die Täterinnen, in erster Linie die Oberaufseherin Maja Buždon, Božica Obradović und Milka Pribanić, beteiligten sich selbst an der Ermordung unschuldiger Menschen. Nada Šakić, ebenso KZ-Angestellte, gestand zwar ein, dass Morde an diesem Ort stattgefunden haben, marginalisierte jedoch ihre eigene Funktion im Verbrecher-System, indem sie sich als Befehlsempfängerin darstellte. Šakić definierte ihre Rolle im USK – auch wegen ihrer Verwandtschaft

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mit Vjekoslav Luburić und Dinko Šakić – als relevanten Beitrag zur „Volksgemeinschaft“, in der sie als Ustaša-Funktionärin, Aufseherin und Krankenschwester in den KZs Stara Gradiška und Jasenovac ihren politischen Beitrag zum Aufbau des Staates leistete. Šakić war, wie beispielsweise ihre Mitstreiterin Ljubica Babić, Mitglied der Ustaša-Jugend, und als sie 1943 in das KZ kam, noch minderjährig. Beide Frauen blickten auf keine lange Karriere zurück, hatten aber einflussreiche Familienangehörige und genossen dadurch Ansehen im KZ-Milieu. Sicherlich hätten sie sich gerade in ihrer Position andere Tätigkeiten aussuchen können, waren jedoch mit der Idee der Ustaša-Bewegung aufgewachsen und wurden durch ihre männlichen Verwandten mit der grausamen Arbeit im KZ schnell vertraut. Dass im Krieg das Funktionieren des Staates – ja sogar die Landesverteidigung – auch von Frauen abhing, führte zu einem neuen weiblichen Selbstwertgefühl, welches durch staatliche Würdigungen, wie etwa hohe Auszeichnungen, noch verstärkt wurde. Die gängige Propaganda vermittelte einerseits das Bild der heroischen Ustaša-Märtyrerin sowie der „neuen Frau“, die sich in den Dienst des Militärs stellt, andererseits hielt sie das traditionell-patriarchalisch konnotierte Frauenbild konstant aufrecht. Die Aufrechterhaltung dieses propagandistischen Widerspruchs folgte dem Ziel, aus den Frauen solange einen ökonomischen Nutzen zu ziehen, bis die Männer von der Front zurückgekehrt waren. Die Kampfmoral und der Arbeitseinsatz von Frauen wurden propagandistisch zwar gestärkt, aber sie wurden kontinuierlich daran erinnert, dass ihnen diese Rolle wieder genommen werde. Mit tatsächlicher Emanzipation hatte diese temporäre weibliche Selbstständigkeit nichts gemein. Nicht nur Ante Pavelić, sondern auch sein größter Gegner Josip Broz Tito erkannte das Potential von Frauen im Krieg. Partisaninnen wurden – im Gegensatz zu Ustaša-Angehörigen – in der „Volksbefreiungsarmee“ als Kämpferinnen oder Sanitäterinnen eingesetzt. Propagandistische Frauenbilder, die von den Ustaše beziehungsweise den Kommunisten benutzt wurden, weisen Unterschiede und Parallelen auf: Während die Ustaše die soziale Rolle der Frau nach konservativen Wertvorstellungen definierten, propagierten die Kommunisten das Bild der gesellschaftspolitisch emanzipierten Frau, die sich für die Befreiung aller jugoslawischer Völker einsetzt. Das traditionell-patriarchalische Frauenbild der Mutter taucht bei beiden Bewegungen insofern auf, als sie den Tod der gefallenen Söhne (und Töchter) – die für die Heimat gestorben waren – legitimieren und nicht den Sinn dieses Sterbens in Frage stellen. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Glorifizierung von einzelnen Frauen, die zu Märtyrerinnen wurden, weil sie dem Tod, verursacht durch den jeweiligen Feind, mit Stolz und Heroismus trotzten. Im sozialistischen jugoslawischen Staat wurde gerade der Partisanen-Heldenkult intensiv gepflegt; alle anderen national beziehungsweise nationalistisch gesinnten Kroatinnen und Kroaten mussten über ihre Vergangenheit schweigen. Mit dem Ausbruch des serbisch-kroatischen Krieges in den 1990er-Jahren und der Erlangung der Unabhängigkeit Kroatiens entstanden schlagartig nationalistische Strömungen, die den Ustaša-Kult, etwa durch bekannte Symbole und Lieder, wie-

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der neu aufleben ließen. Eine seriöse politische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit blieb quasi aus. Die Rolle und Verantwortung ehemaliger Ustaša-Angehöriger, die im Nachkriegsjugoslawien wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder wegen Aktivismus in der Ustaša-Bewegung verurteilt worden waren, wurde im neu gegründeten Kroatien selten kritisch hinterfragt. Auch in den von mir geführten Interviews wollten ehemalige Ustaša-Angehörige ausschließlich ihre Opferrolle vermitteln. Einige von ihnen bevorzugten es, nur über die Zeit bis 1941 und ab 1945 zu sprechen. Den Fragen zum eigentlichen Thema wichen sie eher aus. Von Reue, einer verbrecherischen Bewegung angehört zu haben, war nichts zu spüren. Im Gegenteil: An der Wand einiger ehemaliger Ustaša-Mitglieder hing immer noch das Porträt des Diktators Ante Pavelić.

Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen

Ivan Botica, Interview geführt am 16. August 2008 in Slavonski Brod. Mirjana Gross, Interview geführt am 28. Mai 2008 in Zagreb. Šimo Klaić, Interview geführt am 29. Oktober 2008 in Zagreb. Ivica Krilić, Interview geführt am 23. Juni 2008 in Rom. Marija Marčinko, Interview geführt am 25. Mai 2008 in Zagreb. Kaja Pereković, Interview geführt am 21. Mai 2008 in Zagreb. Pava Peršić-Molnar, Interview geführt am 2. Oktober 2007 in Zagreb. Zorka Prodanović, Interview geführt am 30. September 2009 in Zagreb. Vera Puhlovski, Interview geführt am 31. Oktober 2008 in Zagreb. Anka Rukavina, Interview geführt am 22. Mai 2008 in Zagreb. Marijana Šarić-Werner, Interview geführt am 25. Mai 2008 in Zagreb. Nada Šakić, Interviews geführt am 4. November 2008, 1. Juni, 13. Juli, 20 Juli, 22. Juli und 29. August 2009 sowie am 3. September 2010 in Zagreb. Višnja Pavelić, Interviews geführt am 23. und 24. Februar 2008 sowie am 20. Januar 2010 in Madrid. Drina Veža, Interview geführt am 6. August 2007 in Brist (Dalmatien). Interview aus dem Visual History Archive Jelka, Motta, Interview 27591, Visual History Archive. USC Shoah Fondation Institute © 2010, Internet: http://www.vha.fu-berlin.de (Letzter Zugang: 4. 5. 2011).

Aussprache der kroatischen Buchstaben c wie [z] č wie [tsch] ć laut zwischen [tsch] und [tj] đ wie [dsch] š wie [sch] ž wie das französische [j]

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Bildnachweis Privatarchiv Bitunjac Abbildungen 1, 17 – 21, 28. Archive Abbildung 2: Abbildung 7: Abbildung 10: Abbildung 12: Abbildung 14: Abbildung 22: Abbildung 26: Abbildung 27: Publizistik Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5:

ACS, PS, Ercole Conti, K. 16. HDA, SDS RSUP SRH – 1561; Sig. 05289. HDA, SDS RSUP SRH – 1561; Sig. 04959. HDA, SDS RSUP SRH – 1561; Sig. 02839. HDA, SDS RSUP SRH – 1561; Sig. 04350. HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Sig. 05245. HDA, SDS RSUP SRH – 1561, Sig. 03926. JUSP, Jasenovac, Sig. 46457.

Signal, Nr. 1, Oktober 1943. Narod i njegov vođa, Zagreb 1943. Ustaša, Viestnik hrvatskog Ustaškog oslobodilačkog pokreta, Nr.  51 – 52, 25. 7. 1944. Abbildung 6: Novi list, Nr. 49. 17. 6. 1941. Abbildung 8: Novo pokoljenje, Nr. 7, November 1942, S. 7. Abbildung 9: Ustaša, Viestnik hrvatskog Ustaškog oslobodilačkog pokreta, Nr. 30, 26. 7. 1942. Abbildung 11: Poglavnik hrvatskim sveučilištarkama, Zagreb 1942, S. 20. Abbildung 13: Ustaša, Glas poglavnikovih boraca za NDH, Buenos Aires 1963, Nr. 6 – 7, letzte Seite. Abbildung 15: Ustaškinja, Nr. 1, 10. 4. 1943, S. 10. Abbildung 16: Ustaškinja, Nr. 3, 10. 6. 1942, Titelseite. Abbildung 23: Ustaška Mladež, Nr. 9, 15. 5. 1943, S. 8. Abbildungen 24, 25: Puhlovski, Katarina na krilima, S. 97 und S. 46.

Personenregister

Personenregister

Absac, Borislava  75 Ambrosio, Vittorio  32 Amulić-Krvarić, Marijana  214, 234 Arnold, Đuro  164 – Vlasta  49, 163–165, 169–171 Artuković, Andrija  20, 29, 45, 173, 174, 183–185 Atatürk, Mustafa Kemal  197 Babić, Ljubica  208, 209, 211, 229 – Mijo  52, 57, 207, 209 Bagarić, Ante  59 – Slavka  59 Balen, Josip  178 Barić, Ljubica  174 – Olga  157, 159 Barthou, Louis  30 Begić, Vilko  86 Belić, Matija  97, 98 Berus, Anka  17 Biagini, Antonello  7 Biščan, Štefica  204 – Vika  126, 134 Bočkaj, Dragica  135 Bokovoy, Melissa  19, 161 Bömer, Karl  31 Borić, Rada  7 Bormann, Johanna  204 Bosak, Josip  209 – (Schwestern)  209 Bošnjak-Harambašić, Habiba  118, 234 Botica, Ivan  43, 231 Bracanović, Dolores  48, 111, 134, 135, 139, 142, 145, 146, 169, 171, 226, 227 – Ruđer  134 Brausil, Beata  149

Brkan, Ante  59 Brlić-Mažuranić, Marija  132 Bučan, Benedikta  152 Budak, Ankica  173 – Grozda  64, 181 – Ivka  59, 60, 64 – Mile  28, 31, 33, 44, 45, 52, 53, 59–61, 64, 109, 150–152, 173, 179 – Neda  64, 181 Budisavljević, Diana  18, 87, 120, 235 Bulajić, Milan  224 Bulić, Marija  135 Buždon, Maja  208–211, 213–216, 219, 221, 228 Bzik, Mijo  104, 106, 107 Car, Jelisaveta  70 – Josip  70 Carteny, Andrea  7 Čavić, Marko  57 Cerovski, Božidar  61 Černozemski, Vlado (Petr Kelemen)  30, 75 Cetina, Ivana  140 Cihlar, Valeria  75 Conti, Ercole  11, 31, 46, 53, 54, 57–62, 66, 68, 74, 75, 83, 234 Čop, Ankica  208, 209 – Luka  209 Copić, Šime  46, 57 Cota, Frane  86 Crljen, Danijel  45, 55, 148, 218 Cvetković, Dragiša  31, 53, 149 Cvitanović, Šime  55, 57 Cvitović, Marija  173 Čubelić, Zlata  135

Personenregister Čup, Ankica 

219

249

Gubec, Matija 

148

Dabčević-Kučar, Savka  17 Dakić, Marija  158 Desbons, Georges  68, 69, 74, 75 Devčić, Ivan  47 – Krunoslav  47 – Manda  46–48, 76, 85, 225 – Stipe  47 Dimitrović, Matilda  58 Donner, Žiga  71, 72 Đukić, Bahra  213, 214, 234 Dulibić, Krunoslav  71–73

Gusić, Ruža  71, 72

Efendić, Suljo  125

– Marija  70

Fedeli, Angelina  61, 64 Filipović-Majstorović, Miroslav  208, 214 Flanjak, Ljubica  208–210, 219 Frank, Josip  26, 34, 45, 86, 148 Frankopan, Fran Krsto  85 Freškura, Draga  135 Fridl, Marija  208 Frković, Ivica  191 – Mate  191 Frtali, (Vorname unbekannt)  206

– Tereza  70

Ghyczi, Nada von  173 Glavata, Milica  208 Glöckner, Olaf  7 Godina, Ante  59, 75 – Stana, geb. Versa  62, 74, 75, 225 Gojsalić, Mila  85 Gökçen, Sabiha  197 Gosnjak, (Vorname unbekannt)  100 Grandits, Hannes  7 Grebe, Anna  223 Gregorić, Marina, geb. Komlinović  205, 206 – Pavle  205 Grese, Irma  204 Grgić, Tomo  69, 70 Gross, Mirjana  34, 39, 231

Hajon, David  41 Harlan, Veit 

100

Hausberger, Agathe von  

178, 179

Hebrang, Andrija  205, 206 Heidler, Anna Maria  173, 183–185 Herenčić, Vera, geb. Javor  46, 173 Herzfeld, Ivana  62 Hitler, Adolf  30, 32, 50, 67, 78, 138, 150, 186 Hladnik, Leopoldina  70

Horstenau, Edmund Glaise von   32, 174, 179 Horvat, Aleksander  28, 63 – Jelisava  158 – Vilma  208, 216 Hosfeld, Rolf  7 Hranilović, Marija 

51–54, 225

– Marko  28, 65, 84 – Stanko  52, 53, 60 Hunjet, Djurdjica  134 Ille, Mira  129 Iveković, Željko  185 Jambrešić-Kirin, Renata  7, 18 Jancar-Webster, Barbara 

17, 18

Janjić, Mela  219 Jankov, Lazar 

215

Janović-Wagner, Lujza  88, 116

18, 36, 40, 87,

Javor, Irena  46, 48, 83, 155, 162–167, 169, 171–173, 178 – Stipe  28, 45, 72, 93, 162 Jergović, Marija  210, 234 Jevtić, Bogoljub 

30

Jonjić, Tomislav 

53

250

Personenregister

K., Zlata  205–207 Karađorđević, Aleksandar I.  27, 29, 30, 52, 62, 65, 69, 73, 75, 225 – Pavle  30, 31 Karaiwanow, Georgi  135 Karničeva-Mihailova, Menča  64 Kasche, Dorothea  166 – Siegfried  32 Kästner, Erich  132 Kauf, Evica  194 Kecman, Jovanka  77, 98, 239 Kirin, Zinka  134 Klaić, Jelena  190 – Šimo  212, 214, 215, 221, 231 Knocke, Roy  7 Königin Jelena  85 Korada, Slavica  209 Kordić, Ljerka  209, 224 Korošec, Anton  39 Kosača Kotromanić, Katarina  85 Košak, Vladimir  179 Košutić, August  28, 65, 160 – Mira  159, 160 Kovačević, Branimir  176, 184 – Nada  89, 90, 92, 149 Kralj, Mijo  30 Kren, Vladimir  193, 194 Krilić, Ivica  178, 231 Krstić, Vera  135 Kukuljan, Marija  208 Kulenović, Namik  198 Kulenović-Matanović, Katarina  193, 195–199, 228 Kumičić, Eugen  157 – Marija  157, 161 Kunčević, Marija  134 Kušeković, Marica  81 Kuzmek, Dragica  208, 209 – Marija  208, 209 Kvaternik, Eugen Dido  30, 34, 45, 58, 65, 67, 74, 75, 86, 93, 148, 173, 178, 183, 200

– Marija, geb. Cvitković  75 – Olga, geb. Frank  45, 86, 158 – Slavko  32, 33, 45, 50, 67, 68, 86, 101, 102, 172–174, 176, 178, 179, 181, 182, 185, 188 Lastrić, Justina  163 Latković, Ivona, geb. Maixner  76, 135, 140, 153, 161 Lebl-Albala, Paulina  48, 49 Lehner, Zdenka  135 Leopold I.  85 Levi, Edita  41 Lončar, Jelena  82, 135, 136 Lorković, Blaž  70 – Ela  70 – Mladen  101, 174, 179, 206 Lovrenčević, Anka  62 – Martin  45, 62–64 – Nata  62 – Vera  63 – Zora  62 Luburić, Dragutin  217 – Ljubomir  217 – Mira  217 – Olga  217 – Vjekoslav  45, 133, 144, 173, 203, 207, 209, 215, 217–219, 222, 223, 228 Lučić, Mandica  164 Luetić, Andrija  83 – Katica  58, 83 Lukas, Filip  35, 55 Maček, Vladko  27, 28, 30–32, 39, 53, 54, 65, 148, 159 Majnarić, Štefica  209, 210 Maksić, Katarina  157 Marčinko, Marija  138, 173, 231 Marković-Peičić, Blaženka  149 Maršić, Marija  135, 141 Maroš, Ela  170, 172 Marušić, Antonia, geb. Kuzinienska  60 – Stjepan  59, 60

Personenregister Matković, Ivica  208 May, Karl  131 Mayerhofer, Ernst  92 Mažuran, Margareta  204 Mažuranić, Ivan  130 Mečkarov, Jordan  157 Medeott, Mario  178 Melihar, Nikica  132, 135, 144, 173 Merunka-Golubić, Mirka  128 Mihaljević, Bartol  198 Milobar, Karola, geb. Maier  147 Miloslavić, Eduard  179 Miloš, Ljubomir  45, 142, 208–210, 218, 219 Mimić, Maca  135, 142 Miocka, Franjo  204 Miškulin, Nada  173, 191 Mittelberger, Hermann  117 Model, Oberleutnant  101 Moschko, Lucie  222 Moškov, Ante  64, 67, 68, 75, 172, 173, 176–182, 191 Motta, Giovanna  7 Motta, Jelka  114, 221 Mrak, Ivan  196 Mussolini, Benito  29, 30, 58, 60, 67 Nagode, Emilija  127 Nazor, Vladimir  17, 132 Neitzel, Sönke  7 Nevistić, Josipa  189 Obradović, Božica  208, 210, 211, 213, 216, 217, 219, 228 Oršanić, Ivan  55, 101, 123, 131, 134–136, 139, 234 Osterman, Olga  48, 49, 82, 161, 162, 164, 165, 169 Osterman, Stevo  169, 171 Ožegović, Ivka  157 Panica, Todor  64 Parašćan, Vera  208

251

Patellani, Federico  80 Pavelić, Ante  20, 28–34, 40, 43–48, 50, 51, 54, 59–65, 67–72, 74–76, 79–81, 83, 86, 93, 95, 100, 121–127, 129, 131, 134, 137–139, 141–145, 149, 151, 155, 157– 160, 162, 163, 165, 167–170, 172–175, 177–183, 185, 186, 188–193, 198, 200, 203, 218, 225–228, 230 – Marija, geb. Lovrenčević  45, 62–67, 69, 75, 161, 168, 172–174, 176–181, 225, 226 – Marija, geb. Šojat  86, 157 – Mirjana  63, 177, 181, 182, 185 – Velimir  63, 68, 177, 178, 181, 182 – Višnja  15, 16, 24, 60–63, 65, 66, 68, 69, 173, 175, 177–187, 221, 225, 226, 231 Perajica, Dinka  127 Perčević, Ivan  67, 179 Pereković, Kaja  20, 51, 135, 136, 144–146, 164, 165, 216, 231 Perkovac, Ivan  147 Perlić, Zlata  91 Peršić-Molnar, Pava  212–217, 231 Pijuković, Stjepan  119 Pivčević, Margarita  210, 234 Podkrajac, Anka  210, 234 Poklitar, Dragica  208, 209 – Štefica  208, 209 Polović, Magdalena  113 – Miško  113 Pospišila, Zvonko  30 Potthof, Betsy, geb. Kvaternik  58 Prebeg, Vladimir  34  Prebežac, Mijo  214, 234 Pribanić, Milka  208, 210, 211, 213, 216, 224, 228 Prodanović, Zorka  123, 231 Puhlovski, Boris  196, 199, 241 – Vera  40, 41, 231 Radej, Silva  164, 169 Radić-Dvořak, Marija  49, 84 Radić, Stjepan  27, 49, 54, 84, 159, 160

252

Personenregister

– Vladimir  159 Rajić, Ivan  30 Rasuhin, Josip  94 Reissner, Larissa  132 Remar, Toni  223 Rickijević, Evica  208 Roatta, Mario  32, 96 Rokić, Josef  46 – Ljubica  46 Roksandić, Drago  7 Roosevelt, D. Franklin  179 Rukavina, Anka  148, 203, 231 – Jurac (Juco)  38 Runje, Maja  203 Šaban, Josipa  57 Šakić, Dinko  16, 110, 208, 209, 219, 223, 224, 228 – Nada, geb. Tambić-Luburić  16, 21, 25, 110, 209–211, 215, 217–224, 228, 229, 231 Saks, Karolina  204 – Oskar  204 Šandor Gjalski, Ksaver  105 Šantić, Jelena  127 Sarić, Andjelka  127, 192 Šarić, Frane  51 – Ivica  51 Schicker, Maria Stefania  60, 65, 203 Schisler, Katarina  75 Schlegel, Antun  52 Schödl, Günther  7 Schoeps, H. Julius  7 Schöne Blonde  62, 69–75, 225 Schramm, Franz  111 Sejfulina, Lidija  132 Šeljo, Mate  215, 234 Šenoa, August  132, 147, 148 Šeparović, Domina  189 Servatzy, Anka  63, 64 – Vjekoslav  45, 59, 75, 132 Sienkiewicz, Henryk  131, 132

Šilović, Djuro  206 Šimić, Marijan   61 Šimunović, Anka  127 Singer, Vlado  40, 45, 70, 173 Sklevicky, Lydia  17, 104 Skrbin, Janko  128 Skrgatić, Dragutin  213, 234 Slišković-Slomić, Mirko  215 Sljepov, Nada  129 Smolčić, Josip  117 Smrekar, Zdenka  46, 48, 50, 86, 137, 157, 161, 164, 167, 227 Soldin, Matija  28, 52, 53, 65 Soldo, Ružica  208 Šram, Ljerka  62 Šram, Vjekoslav  62 Štampar, Andrija  87 Stanković, Marica  81, 163, 164 Starčević, Ante  34, 45, 62, 93, 120, 122, 125–127, 129, 132, 134, 141, 153, 157, 173, 210, 227 Stepinac, Alojzije  36, 81, 100, 108, 111, 138 Stern, Lav  50 Stipetić, Vera  134 Štitić, Ante  135 Stojadinović, Milan  31 Stojčić, Jozo  209, 210 Stramičar, Marija  96 Streim, Anka  163 Šufflay, Milan  27, 28 Sundhaussen, Holm  7 Sušić, Lovro  93, 164 Šviglin, Milica  147 Tambić, Josip  217 Tambić-Luburić, Zora  217 Tere, Ivan  208, 209, 232 Tessoni, Pina  167 Tišljaric, Hela  135 Tito, Broz Josip  27, 36, 42, 43, 47, 111, 148, 206, 229

Personenregister Tiutu, Constantin  117 Tomaš, Nada  203 Tomičić, Stjepan  59 Tomić, Danica  195 – Miodrag  195 – Viktor  205, 206 Tomičić, Stjepan  59 Toussaint, Jeanette  222, 223 Treß, Werner  7  Treu, Rudolf  206 Trkulja, Gusta  118 Trnačić, Mara  42 Trnski, Zora  157 Tuđman, Franjo  199 Twain, Mark  131 Ungerman, Augustina 

70

Vejnović-Smiljanić, Mara  212, 234 Veža, Drina  112, 231 Vitković, Đurđica  156, 164, 169 Vokić, Ante  160, 174, 198 Volkenrath, Elisabeth  204 Vondraček, Marija  75 Vrbanić, Štefica  106 Vrljičak, Kazimir  134

253

Vrljičak-Dugački, Mira  33, 133, 134, 136, 146, 226 Wedenik, Alfons  194 Weinberger, Robert  62, 63 Weiss, Oskar  100 – Pauline  204 Werner, Dora  64, 178, 181, 182 – Ivan  52, 109, 177, 178 – Marijana, geb. Šarić  51, 52, 231 Wiesinger, Barbara  18 Yeomans, Rory  19 Žabek, Marica  208, 210 Zagorka, Marija Jurić  106 Žanić, Milovan  101 Žanko, Dušan  148 Zannoni, Olga  61 Zelić-Bučan, Benedikta  143, 146 Žibrat, Zdenka  195 Žicina, Milka  132 Židovec, Vladimir  75 Zrinska, Anna Katarina, geb. Frankopan  85, 156, 157, 159 – Petar  85 Zuroff, Efraim  219

Christin Pschichholz (Hrsg.)

The First World War as a Caesura? Demographic Concepts, Population Policy, and Genocide in the Late Ottoman, Russian, and Habsburg Spheres During the phases of mobile warfare, the ethnically and religiously very heterogeneous population in the border regions of the multi-ethnic empires suffered in particular. Even if the real military situation in the course of the war hardly gave cause for concern, the image of disloyal ethnic and national minorities was widespread. This was particularly the case when ethnic groups lived on both sides of the border and social and political tensions had already established themselves along ethnic or religious lines of conflict before the war. Displacements, deportations and mass violence were the result. The genocide of the Armenian population is the most extreme example of this development. This anthology examines the border regions of the Ottoman, Russian and Habsburg empires during the First World War with regard to radical population policy and genocidal violence from a comparative perspective in order to draw a more precise picture of escalating and deescalating factors. Gewaltpolitik und Menschenrechte, Band 3 Abb., 247 Seiten, 2020 ISBN 978-3-428-18146-9, € 49,90 Titel auch als E-Book erhältlich.

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