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German Pages 215 Year 1992
MATHIAS HABERSACK
Vertragsfreiheit und Drittinteressen
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 150
Vertragsfreiheit und Drittinteressen Eine Untersuchung zu den Schranken der Privatautonomie unter besonderer Berücksichtigung der Fälle typischerweise gestörter Vertragsparität
Von
Dr. Mathias Habersack
DUßcker & Humblot . Berliß
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Habersack, Mathias: Vertragsfreiheit und Drittinteressen : eine Untersuchung zu den Schranken der Privatautonomie unter besonderer Berücksichtigung der Fälle typischerweise gestörter Vertragsparität / von Mathias Habersack. - Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 150) Zug!.: Heidelberg, Univ., Diss., 1991 ISBN 3-428-07293-6 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübernahme: Hagedornsatz, Berlin 46 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-07293-6
Meinen Eltern
Vorwort Die Arbeit hat der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg im Wintersemester 1990/91 als Dissertation vorgelegen. Das Manuskript habe ich im Juli 1990 abgeschlossen; später veröffentlichte Rechtsprechung und Literatur konnten bis Oktober 1991 nachgetragen werden. Angeregt und betreut wurde die Untersuchung von meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Peter Ulmer. Für seine wertvollen Ratschläge, den mir gewährten Freiraum sowie die zügige Durchführung des Promotionsverfahrens danke ich ihm ganz herzlich. Das Zweitgutachten wurde von Herrn Professor Dr. Ludwig Häsemeyer erstellt; dafür gebührt auch ihm Dank. Sehr verbunden bin ich des weiteren dem Arbeitskreis Wirtschaft und Recht im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der die Veröffentlichung der Arbeit durch die Gewährung eines Druckkostenzuschusses gefördert hat. Heidelberg, im Oktober 1991
Mathias Habersack
Inhaltsverzeichnis Erster Teil Einführung § 1 ProblemsteUung
17
1. Gegenstand der Untersuchung .................................
17
H. Die Unterscheidung zwischen Außen- und Innenschranken der Privatautonomie ..................................................
20
III. Anlaß der Untersuchung ......................................
22
IV. Abgrenzung konkreter Drittinteressen von Allgemeininteressen
23
V. Relativität des Schuldverhältnisses und Drittinteressen § 2 Beeinträchtigung von Drittinteressen und Vertrag zu Lasten Dritter
1. Relevanz der Abgrenzung für vorliegende Untersuchung
H. Der Vertrag zu Lasten Dritter als Pendant zum Vertrag zugunsten Dritter .................................................. . . .
24 26 26 26
1. Meinungsstand
26
2. Stellungnahme
28
3. Folgerungen
30
III. Zusammenfassung und Bedeutung der Abgrenzung für das weitere Vorgehen ................................................... § 3 Gang der Untersuchung
............................................
32 34
Zweiter Teil Allgemeine Grundlegung § 4 Die Lehre vom Institutsmißbrauch als Grundlage des Drittschutzes
1. Institutsmißbrauch als funktionswidriger Gebrauch des Rechtsinstituts
36 36
10
Inhaltsverzeichnis 11. Unbegründetheit der gegen den "normativen" Institutsbegriff vorgetragenen Einwände .............................................
38
III. Rechtsfolgen des Institutsmißbrauchs
39 41
§ 5 Vertragsfunktionen
1. Überblick ................................................... 11. Meinungsstand
..............................................
41 41
1. Der Vertrag als Mittel zur Selbstbestimmung
41
2. Der Vertrag als Mittel zur Herbeiflihrung einer "richtigen" Regelung
42
3. Marktmechanismus als Schutzobjekt der Vertragsfreiheit ........
45
III. Stellungnahme
47
1. Komplementarität zwischen Richtigkeits- und Selbstbestimmungs-
lehre ....................................................
2. Planfunktion des Vertrags
..................................
IV. Zusammenfassung und weiteres Vorgehen
47 51 54
Dritter Teil Drittinteressen und Parität der Vertragspartner ........................
55
1. Begriff der Reflexwirkungen .............................. . ....
55
II. Systematisierung der Lastwirkungen
............................
57
......... . .........................
57
§ 6 Schutz Dritter vor belastenden Reflexwirkungen
1. Vereitelung eines Rechts
2. Begründung einer Verbindlichkeit
...........................
58
3. Einschränkung von Abschluß- und Inhaltschancen ............. a) Fallmaterial ........................................... b) Gemeinsamkeiten . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung .....................................
58 59 61 65
III. Fehlende Richtigkeitsgewähr des Vertrags in bezug auf Lastwirkungen
66
1. Begrenzung der Richtigkeitsgewähr auf die intersubjektive Aus-
tauschgerechtigkeit ........................................
66
2. Fehlender Gleichlauf zwischen Vertragspartner- und Drittinteressen
67
11
Inhaltsverzeichnis IV. Abgrenzung des funktionswidrigen vom funktionsgemäßen Gebrauch der Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
1. Erfordernis der Abwägung der betroffenen Interessen
69
2. Exemplarische Anwendung der Interessenabwägung
71
V. Lastwirkungen und § 138 Abs.l BGB
75
N. Zusammenfassende Bewertung ................................. § 7 Schutz Dritter vor sonstigen Formen der Beeinträchtigung ihrer Interessen
..
76 77
77
1. Problemstellung
1. Ziel der Untersuchung .....................................
77
2. Schutz konkreter Individualinteressen und ordre public .........
77
H. Einzelfalle
78
1. Sicherungsgeschäfte
78
2. Gesellschaftsvertragliche Abfindungsvereinbarungen
81
III. Fehlende Richtigkeitsgewähr des die Interessen Dritter beeinträchtigenden Vertrags .................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
1. Fehlender Gleichlaufzwischen Vertragspartner- und Drittinteressen
83
2. Zwischenergebnis
.........................................
85
N. Die Lehre vom Institutsmißbrauch als Grundlage der Wirksamkeitskontrolle drittbeeinträchtigender Verträge ...........................
86
V. Zusammenfassende Bewertung ..... . ...................... . ....
87
§ 8 Schutz Dritter durch Teilhabe am fremden Schuldverhältnis
89
1. Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand
89
H. Entwicklungsstand
90
1. Die Rechtsprechung des BGH
90
2. Lehre
92
3. Gemeinsamkeiten und Unterschiede .................. . ......
92
III. Einordnung der Schutzwirkungslehre in das System der Drittwirkungen des Schuldverhältnisses .......................................
94
12
Inhaltsverzeichnis 1. Objektiv-rechtliche Teilhabe des Dritten am fremden Schuldver-
hältnis ...................................................
94
2. Die maßgebenden Kriterien für die Begründung des Drittschutzes
94
3. Absicherung des Drittschutzes durch zwingende Geltung
.......
95
IV. Ergebnis und Konsequenzen für das weitere Vorgehen ............
97
§ 9 Zusammenfassung der Ergebnisse des dritten Teils ......................
99
Vierter Teil
Drittinteressen und gestörte Parität der Vertragspartner, dargestellt am Beispiel der §§ 9 bis 11 AGBG § 10 Problemeingrenzung ............................................... 101
I. Wahrung von Drittinteressen durch den Verwender ............... 101
11. Beeinträchtigung des Kunden im Verhältnis zu Dritten ............ 102 § 11 Störung der Vertragsparität infolge der Verwendung von AGB
............. 103
I. Einführung
103
11. Schutzzweck des AGBG ...................................... 103 1. Unerheblichkeit eines Machtgefälles zwischen Verwender und
Kunden
................................................. 103
2. Unerheblichkeit der Vorformulierung der Vertragsbedingungen .. 105 3. Schutz des Kunden vor einseitig in Anspruch genommener Vertragsgestaltungsfreiheit ......................................... 106 4. Verminderte Verantwortlichkeit des Kunden IIl. Folgerungen § 12 Zur Systematik der §§ 9 bis 11 AGBG
I. Die Sonderproblematik des § 11 Nr. 14 AGBG
.................. 107 109
110 110
11. Beschränkte Offenheit der §§ 10 und 11 AGBG für die Berücksichtigung von Drittinteressen ........................................... 111
Inhaltsverzeichnis
13
III. Die umfassende Interessenabwägung nach §9 Abs.l AGBG
112
IV. Die typisierende Betrachtungsweise innerhalb des §9 AGBG
114
§ 13 Meinungsstand und Überblick über das Fallmaterial
115
I. Nichtberücksichtigung externer Interessen in der neueren Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 115 1. Überblick
................................................ 115
2. Entscheidungen nach Erlaß des AGBG
116
3. Entscheidungen vor Erlaß des AGBG ........................ 123 4. Zusammenfassung
125
11. Nichtberücksichtigung externer Interessen im neueren Schrifttum 1. Überblick
125
................................................ 125
2. Begründungsversuche
126
3. Gegenstimmen
128
4. Zusammenfassung
130
III. Systematisierung des Fallmaterials 1. Sicherungsklauseln
130
........................................ 130
2. Einkaufs- und Auftragsbedingungen
132
3. Vertrag zugunsten Dritter und ähnliche Fallgestaltungen ........ 134 4. Einschaltung eines Leistungsmittlers ......................... 136 § 14 Exkurs: Anerkannte Fälle eines Drittschutzes bei gestörter Vertragsparität ... 139
I. Die Beeinträchtigung von Drittinteressen als neben die Ausnutzung einer Machtposition hinzutretendes Sittenwidrigkeitselement ............ 139 1. Die nach § 138 Abs.l BGB erforderliche Gesamtbeurteilung des
Rechtsgeschäfts ........................................... 139
2. Einzelfalle
140
3. Maßgeblichkeit der besonderen Umstände des einzelnen Falles
144
11. Rechtsgeschäfte zwischen Mehrheitsgesellschafter und Gesellschaft
146
1. Die Problematik der verdeckten Gewinnausschüttungen als eine
solche des Schutzes Dritter ................................. 146
14
Inhaltsverzeichnis 2. Folgerungen für die allgemeine Fragestellung
148
III. Ausnutzung einer marktbeherrschenden oder marktstarken Stellung . 149 1. §26 Abs.2 GWB im System der Privatautonomie
.............. 149
2. Das Verhältnis zwischen Behinderung und Diskriminierung ..... 149 3. Der Kreis der zu berücksichtigenden Interessen IV. Zusammenfassende Bewertung
................ 150
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 151
§ IS Das Verhältnis der §§ 9 bis 11 AGBG zu § 138 BGB
I. Meinungsstand
153
.............................................. 153
1. §§9-11 AGBG als Konkretisierung des §138 Abs.l BGB ......... 153 2. Vorverlagerung der Inhaltsschranken
154
3. Die Monopolrechtsprechung des RG
155
11. Stellungnahme
156
§ 16 Der Schutz beeinträchtigter Drittinteressen bei Versagen des Vertragsmecha-
nismus als allgemeines Prinzip der Rechtsordnung I. Der Befund
...................... 160
................................................. 160
11. Der Grundsatz
160
1. Wahrung der Drittinteressen durch den funktionierenden Vertragsmechanismus ............................................. 160 2. Unerheblichkeit einer Verpflichtung zur Wahrung der Drittinteressen .................................................... 162 III. Unvereinbarkeit eines allgemeinen Gebots der Rücksichtnahme auf Drittinteressen mit den Vertragsfunktionen ...................... 164
1. Beurteilungsautonomie, Ordnungsfunktion und Rechtssicherheit . 164 2. Zumutbarkeit für die unbeteiligten Dritten bei typischerweise funktionierendem Vertragsmechanismus 166 IV. Uneingeschränkter Drittschutz bei typischerweise gestörter Vertragsparität ...................................................... 167 1. Gebot der Verhinderung eines massenhaften Institutsmißbrauchs
167
2. Unzumutbarkeit für die unbeteiligten Dritten
169
15
Inhaltsverzeichnis 3. Drittinteressen und Vertragsfunktionen
170
V. Vereinbarkeit des Schutzes von Drittinteressen mit dem Regelungsziel des AGBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. 172 1. Gestaltungsmöglichkeiten des Gessetzgebers bei typischerweise gestörter Vertragsparität .................................... 172 2. Regelungsziel der §§9 bis 11 AGBG ............... . .......... 173 VI. Zwischenergebnis ............................................ 175 Fünfter Teil
Konkretisierung des Drittschutzes § 17 Allgemeine Bestimmung der relevanten Drittinteressen
176
176
I. Die Innenschranken der Privatautonomie
176
1. Der Grundsatz
2. Sonderregelungen ......................................... 177 11. Die Außenschranken der Privatautonomie ....................... 178 1. Fehlende Kausalität des Versagens des Vertragsmechanismus
178
2. Sonderregelungen ......................................... 180 § 18 Konsequenzen für das unter § 13 dargestellte FaIlmateriaI
I. Allgemeines
181 181
11. Einzelfälle
182
1. Sicherungsklauseln ........................................ 182 2. Einkaufs- und Auftragsbedingungen
188
3. Vertrag zugunsten Dritter und ähnliche Fallgestaltungen ........ 189 4. Einschaltung eines Leistungsmittlers
......................... 192
Sechster Teil
Zusammenfassung Literaturverzeichnis
197
Sachverzeichnis ........................................................ 213
Abkürzungen Die Abkürzungen sind, von der folgenden Ausnahme abgesehen, dem Verzeichnis von Kirchner, 3. Auflage, 1983, zu entnehmen. JherJb = Iherings Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen Rechts und deutschen Privatrechts; ab dem 37. Band der Gesamtreihe: Iherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts. §§ ohne Gesetzesangabe sind solche des BGB.
Erster Teil
Einführung § 1 Problemstellung I. Gegenstand der Untersuchung
1. Das Schuldverhältnis als ein in der Zeit verlaufender Prozeß kann in jedem Stadium seiner Entwicklung durch die Interessen Dritter beeinflußt werden 1. So können Drittinteressen zur Entstehung 2 , aber auch zum Erlöschen 3 eines Schuldverhältnisses führen. Durch die Vertragsdurchführung können (Integritäts-)Interessen Dritter beeinträchtigt werden, so daß es veranlaßt sein kann, über das Deliktsrecht hinausgehende Rücksichtnahme- und Schutzpflichten der Vertragsparteien auch gegenüber Dritten zu begründen 4 . Der Vertrag kann schließlich zur Begünstigung eines Dritten führen, sei es, daß ein Vertrag zugunsten Dritter i. S. d. § 328 vorliegt, oder daß der Vertrag den Dritten in sonstiger Weise begünstigt 5 • Gemeinsam ist diesen Drittwirkungen, daß sie die Freiheit der Vertragspartner zur inhaltlichen Ausgestaltung des Vertrags nicht antasten. Dies gilt auch für die zur Entstehung eines Vertrags führenden Drittinteressen, die lediglich die Abschlußfreiheit der Vertragspartner insofern begrenzen, als es nicht allein von deren Willen abhängt, ob ein wirksamer Vertragsschluß vorliegt. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist dagegen allein die Frage, ob und inwieweit Drittinteressen zu einer Einschränkung der Inhaltsfreiheit der Vertragspartner führen können. Im BGB, dem "spät geborenen Kind des Liberalismus" 6 , sind solchermaßen freiheitsbegrenzende Drittinteressen weitgehend unberücksichtigt geblieben. Sensibel reagiert es allein auf den Abschluß unentgeltlicher Rechtsgeschäfte; deren bestandskräftiger Erfüllung steht eine 1 Vgl. die Zusammenstellung bei Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §§ 19-23, S. 460 ff; Medicus, JuS 1974, 613ff; MünchKomm-Kramer, Ein!. Bd.2, Rdn.24ff; zum Schuldverhältnis als Prozeß vgl. Larenz, SchR I, § 2 V, S. 27ff. 2 Reinhardt, FS Schmidt-Rimpler, S. 119ff (121): Die Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Rechtsgeschäfts werden mit Rücksicht auf die Notwendigkeit eines Schutzes Dritter auf ein Minimum zurückgedrängt. 3 Vgl. §§267fBGB i.V.m. §362 BGB. 4 Dazu näher unten unter § 8. 5 Vgl. die Fälle, in denen der Nachteil des Kunden nicht gegenüber dem Verwender unangemessener AG B, sondern gegenüber einem Dritten besteht, dazu unten unter § 10 II. 6 Wieacker, Sozialmodell, S. 9; vgl. auch Lammet, AcP 189 (1989), 263; Reuter, AcP 189 (1989), 205 ff.
2 Habersack
18
§ 1 Problemstellung
Reihe von Vorschriften zum Schutze der Gläubiger 7 des freigiebigen Schuldners entgegen, die aber die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts unberührt lassen 8 . Eine echte Beschränkung der Inhaltsfreiheit enthält dagegen die Generalklausel des § 138, der von Anfang an auch die Funktion zugeschrieben wurde, unbeteiligte Dritte gegen eine Beeinträchtigung durch fremde Verträge zu schützen 9 • Anzuführen ist ferner die Vorschrift des § 566, die primär im Interesse eines künftigen Grundstückserwerbers, der gemäß § 571 in den zwischen Grundstücksveräußerer und Mieter bestehenden Mietvertrag eintritt, eine Einschränkung des Grundsatzes der Formfreiheit enthält lO • Die Bestimmungen des § 569 a 11 sehen zwingende Schutzvorschriften zugunsten des Ehepartners und der sonstigen Familienangehörigen des Mieters von Wohnraum vor und begrenzen damit ebenfalls die Inhaltsfreiheit der Parteien des Mietvertrags. Des weiteren will § 75 fHGB die Aushöhlung des durch die Vorschriften der §§ 74 ff HGB bewirkten Schutzes des Arbeitnehmers durch boykottähnliche 12 Sperrabreden der Arbeitgeber untereinander verhindern 13 • Schließlich kann die Vorschrift des § 426 angeführt werden, der die grundsätzlich nur relative Wirkung eines vorgängigen Haftungsverzichts entnommen wird. Enthält demnach das Gesetz auch keine allgemeinen Aussagen über Einschränkungen der Vertragsfreiheit aufgrund entgegenstehender Interessen Dritter, so ist ihm das Phänomen doch nicht fremd. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es zunächst, ein allgemeines Aufgreifkriterium zu entwickeln, das allein die Kontrolle privatrechtlicher Verträge im Hinblick auf die von ihnen ausgehende Beeinträchtigung der Interessen Dritter legitimiert. Ein solches Aufgreifkriterium ist nicht nur zur Gewährleistung eines lückenlosen und 7 Vgl. des weiteren §§ 1425 Abs.1, 1641, 1804,2113 Abs.2, 2205 S. 3, die im Interesse des Vermögensinhabers die Befugnisse des Verwalters mit Außenwirkung beschränken. 8 So etwa §§2287, 2329, aber auch §§816 Abs.1 S.2, 822; in diesem Zusammenhang sind auch die auf unentgeltlichen Erwerb abstellenden erleichterten Anfechtungstatbestände des AnfG (§ 3 Abs.1 Nr.3, 4, § 11 Abs.2 Nr.3) sowie der KO (§§ 32, 40 Abs.2 Nr.3) zu nennen. 9 Vgl. näher unten unter § 7. 10 Vgl. zum Schutzzweck des § 566 nur MünchKomm-Voelskow, § 566 Rdn.4; Palandt/ Putzo, § 566 Rdn. 1; eingehend auch Häsemeyer, Die gesetzliche Form der Rechtsgeschäfte, S.110ff, 289ff mit Nachw. zur Rspr., die die Vorschrift zunehmend einseitiger aus dem im Text genannten Zusammenhang mit § 571 auslegt und namentlich formfreie Vorverträge und Beurkundungsabreden anerkennt. 11 Die Vorschrift des § 569 b ist dagegen dispositiv, vgl. MünchKomm-Voelskow, § 569 b Rdn.5. . 12 Der Zweck der Sperre besteht in der Verdrängung des Arbeitnehmers vom Markt; positive, den Geschäftsverkehr belebende Wirkungen sind mit ihr nicht verbunden. Zur Abgrenzung des Boykotts von auch wettbewerbsfördernden Maßnahmen (etwa von Ausschließlichkeitsbindungen gern. § 18 Abs.1 Nr.2 GWB) vgl. Baur, Mißbrauch, S. 205 f; Rittner, Ausschließlichkeitsbindungen, S. 54f; Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 UWG Rdn. 288; zur Abgrenzung der Sperre vom Boykott vgl. Rittner, aaO. 13 BGHZ 88, 260, 263ff = NJW 1984, 116, dort auch zur Anwendbarkeit auf nichtkaufmännische Arbeitnehmer.
I. Gegenstand der Untersuchung
19
umfassenden Drittschutzes geboten. Vielmehr gilt es zugleich, die Bestandskraft privatrechtlicher Verträge und damit die Vertragsfreiheit selbst vor der Gefahr einer Aushöhlung zu schützen, indem die Zulässigkeit einer Vertragskontrolle an das Vorliegen des besagten Aufgreifkriteriums gebunden wird. Liegen die Voraussetzungen für eine Inhaltskontrolle vor, so hat dies nicht zwangsläufig die Unwirksamkeit der fraglichen Verträge zur Folge. Vielmehr verbindet sich mit der Beeinträchtigung von Drittinteressen regelmäßig die Verfolgung eines berechtigten Regelungsinteresses der Vertragspartner. Es bedarf somit auch eines Kontrollmaßstabs, anhand dessen der Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zu erfolgen hat. 2. Den folgenden Ausführungen zur Begrenzung der Vertragsfreiheit durch Drittinteressen liegt eine zweifache Differenzierung zugrunde. So lassen sich, was die rechtliche Qualifizierung der Beeinträchtigung des Dritten angeht, Beeinträchtigungen, die sich in der Verletzung von bloßen Affektions- oder Vermögensinteressen des Dritten erschöpfen, von solchen unterscheiden, die durch die Entfaltung belastender Reflexwirkungen die Rechtslage des Dritten zu dessen Nachteil verändern 14. Die zweite, sogleich unter 11. näher zu erläuternde Unterscheidung betrifft das Verhältnis der Vertragsparteien zueinander. Insoweit trennt die Untersuchung strikt zwischen Fällen vorhandener und solchen gestörter Parität zwischen den Urhebern der Drittbeeinträchtigung. Dabei soll nicht verkannt werden, daß über eine Konkretisierung des Bereichs gestörter Vertragsparität Konsens kaum zu erzielen ist 15. Wenn dies auch nicht für den unter Verwendung von AGB geschlossenen Vertrag gilt l6 , der hier deshalb als Paradigma gestörter Vertragsparität zugrunde gelegt wird, so kann doch etwa hinsichtlich des Individualarbeitsvertrags 17 oder wettbewerbsbeschränkender Abreden nach § 18 GWB18 eine eindeutige Zuordnung nicht erfolgen. Auf eine genauere Bestimmung der Fälle gestörter Vertragsparität kann hier indes verzichtet werden, zumal, worauf namentlich Hönn 19 hingewiesen hat, diese dadurch erschwert wird, daß die Rechtsordnung eine Reihe von Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Vertragsparität bereithält 20 . Die U ntersuVgl. dazu unten unter § 2 H, § 6. Dazu zuletzt Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 16ffmit zahlreichen Nachw. 16 Vgl. dazu näher unten unter § 11. Angesichts der durch das AGBG bewirkten Kompensation mag man mit Hönn (Kompensation, S.101) von fiktiver Imparität sprechen; offen bleibt dann aber in vorliegendem Zusammenhang die Frage, inwieweit das Kompensationsmittel Platz zu greifen hat, um die realiter vorhandene Imparität auszuschließen. 17 Bedenken gegen die verbreitet anzutreffende Leugnung der "Richtigkeitsgewähr" des Individualarbeitsvertrags bei Zöllner, AcP 176 (1976), 229ffmit zahlreichen Nachw.; vgl. aber auch dens., RdA 1989, 152ff. 18 Nach Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 181 ff, liegt ein Fall typischerweise gestörter Vertragsparität vor; dem ist aus den unten unter § 6 III 2 genannten Gründen nicht ohne weiteres zuzustimmen. 19 Hönn, Kompensation, S. 99ff, 109ff. 14
15
2*
20
§ I Problemstellung
chung trennt vielmehr modellhaft zwischen den Fällen vorhandener Vertragsparität einerseits und denjenigen gestörter Vertragsparität andererseits, um auf diesem Weg die beiden Grundformen der Beeinträchtigung von Drittinteressen zu entwickeln, die dann gegebenenfalls kombinatorisch auftreten können 21 • 11. .Die Unterscheidung zwischen Außen- und Innenschranken der Privatautonomie
1. Die aus der Beeinträchtigung von Drittinteressen folgenden Grenzen der Privatautonomie wurden bereits mehrfach untersucht 22 . Ausgangspunkt war aber jeweils der anläßlich eines zwischen den Vertragspartnern bestehenden Machtgleichgewichts geschlossene Vertrag. Gefragt wurde also - unter dem speziellen Aspekt des Schutzes unbeteiligter Dritter - nach den Außenschranken der Privatautonomie, d. h. Einschränkungen der Vertragsfreiheit, die für jeden der beteiligten Vertragspartner gelten und nicht an eine bestimmte Situation des Vertragsschlusses anknüpfen 23 . Demgegenüber zielt die vorliegende Untersuchung primär auf eine nähere Bestimmung der Innenschranken der Privatautonomie. Diese sind dadurch gekennzeichnet, daß sie zwar über die Außenschranken hinausgehende Einschränkungen der Privatautonomie begründen, im Gegensatz zu den Außenschranken aber nur die Freiheit desjenigen Vertragspartners einschränken, der unter Ausnutzung seiner durch Marktmacht oder durch die Umstände des Vertragsschlusses vermittelten Überlegenheit gegenüber dem anderen Vertragspartner auf dessen Kosten zuviel Freiheit für sich in Anspruch nimmt 24 • Beide Schranken kategorien stimmen darin überein, daß neben die gesetzlich angeordneten Privatautonomiegrenzen auch ungeschriebene, der Rechtsordnung immanente Schranken treten können, sowie darin, daß jedenfalls ein Teil der gesetzlich geregelten Schranken lediglich die deklaratorische - Wiedergabe immanenter Schranken enthält 25 • Schon deshalb 20 Vgl. jedoch unten unter § 14 zu sonstigen Fällen, in denen nach wohl einhM Parität der Vertragspartner nicht besteht. 21 Dazu unten unter §§ 17 und 18. 22 Umfassend Martens, AcP 177 (1977), 113 ff; ihm im wesentlichen folgend Schmalzbauer, Drittwirkung, S. 112ff; zum Kartellrecht vgl. näher unten unter § 6 II 3. Dagegen widmet Gernhuber, Das Schuldverhältnis, zwar einen von 10 Abschnitten (§§ 19-23, S. 460 ff) den Drittwirkungen des Schuldverhältnisses, ohne dabei allerdings auf vorliegende Problematik einzugehen. 23 Zur nicht ganz einheitlichen - Terminologie vgl. M. Wolf, Die Privatautonomie, S. 36,42, aber auch die Nachw. in Fn.24 und 26. 24 Vgl. neben Wolf (Fn.23) noch Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S.79; Säcker, Gruppenautonomie, S.203; Schmidt-Salzer, NJW 1971, 173, und Tietz Der Vertrag aus volkswirtschaftlicher Sicht, S. 24; s. auch sogleich unter 2. 2S Dazu, daß die in § 138 Abs.1 genannte wichtigste Außenschranke der Rechtsordnung immanent ist, vgl. Canaris, Systemdenken, S. 113; Kramer, "Krise", S. 29 Fn.75 (Bestätigung des liberalen Systems); Larenz, SehR I, § 4 II b, S. 53 ("Die Rechtsordnung kann nicht sanktionieren, was gegen ihre eigenen Grundsätze verstößt"). Näher zu den immanenten Grenzen unten unter § 4.
11. Außen- und Innenschranken der Privatautonomie
21
vennag die teilweise anzutreffende 26 Gleichstellung der Außenschranken mit den gesetzlichen Schranken der Privatautonomie nicht zu überzeugen.
2. Bilden die Innenschranken der Privatautonomie, und zwar unter dem speziellen Gesichtspunkt entgegenstehender Drittinteressen, auch Schwerpunkt und Anlaß27 der vorliegenden Untersuchung, so können die unter dem Aspekt des Drittschutzes relevanten Außenschranken gleichwohl aus mehreren Gründen nicht unberücksichtigt bleiben. Dies beruht zunächst darauf, daß die Innenschranken der Privatautonomie erst innerhalb des durch die Außenschranken abgegrenzten Freiraums auftreten und somit im Grundsatz die allgemeinen und damit auch bei gestörter Vertragsparität eingreifenden Schranken erweitern. Erst gemeinsam ergeben also Außen- und Innenschranken nicht nur ein abschließendes Bild des Schutzes unbeteiligter Dritter überhaupt, sondern auch des speziell bei gestörter Vertragsparität eingreifenden Drittschutzes. Darüber hinaus lassen sich aus den im Ergebnis weitgehend anerkannten Außenschranken der Privatautonomie wesentliche Erkenntnisse für Existenz und Reichweite der Innenschranken gewinnen, so daß auch aus diesem Grund eine kritische Bestandsaufnahme des bislang praktizierten Drittschutzes veranlaßt erscheint. 3. Im Zusammenhang mit den Außenschranken der Privatautonomie und im Vorgriff auf den vierten Teil der Untersuchung ist die Lehre vom Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte gesondert darzustellen. Dies beruht auf der im AGB-Recht ganz h.M. 28, wonach im Rahmen der Inhaltskontrolle von AGB nach §§ 9 bis 11 AGBG grundsätzlich allein die Interessen der Vertragspartner zu berücksichtigen sind. Eine Ausnahme gilt nach dieser Auffassung allein für diejenigen Drittinteressen, zu deren Wahrung der Vertragspartner des Verwenders 29 verpflichtet ist; demzufolge seien namentlich im Zusammenhang mit der Kontrolle von Freizeichnungsklauseln die Interessen der in die Schutz wirkung eines fremden Vertrags einbezogenen Dritten zu berücksichtigen.
Dieser Befund führt zunächst zu der Frage, ob die allgemeine, an ein paritätisches Verhältnis der Vertragspartner anknüpfende Schutzwirkungslehre ein sachlich zutreffendes Abgrenzungskriterium für die zu berücksichtigenden externen Interessen innerhalb der §§ 9 bis 11 AGBG darstellt, oder ob die durch die Verwendung von AGB begründete Überlegenheit des Verwenders 30 nicht eine anderweitige Bestimmung der relevanten Drittinteresssen gebietet. Auch ist zu fragen, ob die im AGB-Recht vorherrschende Anknüpfung an die Schutzwirkungslehre angesichts des in Rechtsprechung und Schrifttum mittlerweile 26 Raiser, Rechtsschutz und Institutionenschutz, S. 163 fn.44; Schmalzbauer, Drittwirkung, S. 117, 131ff. 27 Vgl. sogleich unter III. 28 Etwa Palandt/ Heinrichs,§ 9 AGBG Rdn. 7; Ulmer /Brandner / Hensen, AGBG, § 11 Nr.7 Rdn.10; Wolf/HornjLindacher, AGBG, § 9 Rdn.107 und § 11 Nr.7 Rdn.10; näher dazu unter § 13 I und II. 29 Im folgenden "Kunde" genannt. 30 Dazu unten unter § 11.
22
§ I Problemstellung
erreichten Stands dieses Instituts noch mit dem Ausgangspunkt dieser h.M., wonach die Berücksichtigung externer Interessen eine Verpflichtung des Kunden zu deren Wahrung voraussetzt, in Einklang zu bringen und somit als schlüssige Begrenzung des Schutzes Dritter vor unangemessenen AGB zu beurteilen ist.
III. Anlaß der Untersuchung Veranlaßt wurde die vorliegende Untersuchung durch die Frage, ob und inwieweit im Rahmen der Inhaltskontrolle von AGB neben den Interessen der Vertragspartner auch solche unbeteiligter Dritter zu berücksichtigen sind. § 9 Abs.1 AGBG erklärt zwar ausdrücklich Bestimmungen in AGB, die den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, für unwirksam und scheint damit die Antwort auf die Frage zu präjudizieren. Diese Vermutung wird erhärtet durch einen Blick auf den Meinungsstand: danach läßt sich die Auffassung, die entsprechend dem Wortlaut des § 9 AGBG - von dem Sonderfall des § 11 Nr.14 AGBG abgesehen - grundsätzlich nur die Interessen der Vertragspartner berücksichtigt, als heute nahezu einhellig bezeichnen 31 • Demgegenüber fanden sich vor Erlaß des AGBG durchaus Stimmen in Rspr. und Schrifttum, die hinsichtlich der auf § 242 gestützten richterrechtlichen Inhaltskontrolle ohne nähere Begründung externe Interessen in die Beurteilung von AGB einbezogen 32 . Auch ist in diesem Zusammenhang auf eine rechtstatsächliche Untersuchung aus dem Jahre 1937 hinzuweisen 33 , die über bedeutende Fälle der Vereinbarung von Geschäftsbedingungen zwischen den beteiligten Interessengruppen berichtet. Danach wurden in einigen Fällen über die unmittelbar betroffenen Verbände hinaus auch nur mittelbar betroffene Interessenverbände an der Ausarbeitung der AGB beteiligt 34 • Dieser tatsächliche, die Erstellung von AGB betreffende Befund 31 Vgl. zunächst nur Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, §9 Rdn.91; Wolf/ Horn/Lindacher, AGBG, § 9 Rdn.106ff; ausführlich zum Meinungsstand unten unter § 13 I und 11. - Auch das BKartA legt seiner Mißbrauchsaufsicht über Konditionenkartelle (§ 2 Abs.3 i. V.m. § 12 Abs.1 Nr.1 GWB) und Konditionenempfehlungen (§ 38 Abs.2 Nr.3, Abs.3 GWB) die Vorschriften der §§ 9 bis 11 AGBG "in ihrer Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung" zugrunde, vgl. allgemein BKartA, Tätigkeitsbericht 1981/82, BT-Drucks. 10/243, S.36; aus dem Schrifttum etwa Immenga/Mestmäcker, GWB, §2 Rdn.14f; Schirmers, Konditionenempfehlungen, kartellrechtliche Kontrolle und AG B-Gesetz, S. 44 ff, 49 ff; ausdrücklich auf eine ausgewogene Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsseiten abstellend etwa BKartA, Tätigkeitsbericht 1979/89, BTDrucks. 9/565, S. 40, Tätigkeitsbericht 1978, BT-Drucks. 8/2980, S.40. 32 Vgl. im einzelnen unten unter § 13 I und 11. 33 Haus, Vereinbarung von Geschäfts-Bedingungen, S. 65ff. 34 Im einzelnen handelt es sich um die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen (S.73ff:Verhandlungen unter Vorsitz der Hamburger Handelskammer und aktiver Beteiligung der Verbände der Versicherer und Versicherungsmakler, der Exporteure und des Einzelhandels, der Reeder sowie des Versicherungsschutzverbands), die ADSp vom 1.7.1930 (S. 79 ff: Teilnahme des Zentralvereins des Deutschen Bank- und Bankierge-
IV. Konkrete Drittinteressen und Allgemeininteressen
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vennag zwar als solcher die Richtigkeit der heute nahezu einhelligen Meinung nicht zu widerlegen und soll im folgenden auch nicht weiter aufgegriffen werden. Neben dem Umstand, daß eine argumentativ bedeutend über den Wortlaut des § 9 AGBG hinausgehende Untersuchung bislang ausgeblieben ist und der Meinungsstand vor Erlaß des AGBG keineswegs dem heutigen entprach, gibt aber auch er Anlaß für die vorliegende Untersuchung. Deren Ausgangsjrage lautet also, ob die im Hinblick auf den Wortlaut des § 9 Abs.1 AGBG durchaus naheliegende Beschränkung der einzubeziehenden Interessen auf diejenigen der Vertragspartner den Besonderheiten des unter Verwendung von AGB geschlossenen Vertrags gerecht wird, oder ob die Einseitigkeit bei der Erstellung bzw. Auswahl der dem Vertrag zugrundeliegenden AGB nicht einen parteiübergreifenden Schutz gebietet. Dabei wird der unter Verwendung von AGB geschlossene Vertrag lediglich als Paradigma typischerweise gestörter Vertragsparität herangezogen. Das Ergebnis der Untersuchung beansprucht darüber hinaus Geltung für alle weiteren Fälle dieser Art. IV. Abgrenzung konkreter Drittinteressen von AUgemeininteressen Verbreiteter Auffassung nach erfolgt der Schutz der Selbstbestimmung des Individuums stets auch im Allgemeininteresse 35 • Ist danach der Schutz der Individualinteressen namentlich des unterlegenen Vertragspartners stets zugleich eine gemeinwohlbezogene Aufgabe, so gilt diese Feststellung nicht umgekehrt. Nicht jedem Allgemeininteresse entspricht also zugleich ein Individualinteresse; vielmehr gibt es spezifische Allgemeininteressen, die über die Summierung von Einzelinteressen hinausgehen 36 . So hat namentlich Ludwig Raiser 37 die Notwendigkeit einer gerichtlichen Kontrolle des Inhalts von AGB werbes, der hauptsächlich wegen des erweiterten Pfandrechts der Spediteure an dem Versandgut an der Fassung der Bedingungen interessiert war), die Schaffung des "Deutschen Einheits-Konnossements" (S. 87f: Beteiligung der Versicherer) sowie um die damals in ganz Kontinentaleuropa handelsüblichen " Bedingungen der Bremer Baumwollbörse" (S. 95 f: Beschlußfassung der Generalversammlung der Bremer Baumwollbörse, zusammengesetzt aus allen am Baumwollhandel und der Baumwollindustrie interessierten Kreisen, etwa der Spinner, Händler, Makler, Banken und Spediteure). 35 Vgl. etwa Hönn, Kompensation, S. 217,228,243, 296f, 301 f; Merz, Privatautonomie heute, S. 15; Reinhardt, FS Schmidt-Rimpler, S. 124ff, 130ff; M.Wolf, Entscheidungsfreiheit S. 83 ff; ferner unten unter § 5 11 3, 111 2 zur gesamtwirtschaftlichen Ordnungsfunktion des Vertrags. 36 Vgl. neben den in Fn.35 Genannten noch Kliege, Rechtsprobleme der AGB, S. 104ff; Martens, AcP 177 (1977), 138f; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 194ff; aus der Rspr. zum AGB-Recht etwa BGH ZIP 1990,915,917 (Interesse der Allgemeinheit an der Verhütung von Straftaten); BGH NJW 1990, 2313, 2315 und OLG Koblenz NJW 1989, 2950, 2952f (Interesse der medizinischen Wissenschaft an Leichnamen als Gegenstand von Forschung, Lehre und Studium als Abwägungsfaktor im Rahmen des § 9 AGBG); aus der strafrechtlichen Diskussion etwa Baumann, JZ 1983, 935ff. 37 In: AGB, S. 94, 98, 102, 277ff (283ft); vgl. auch dens., Rechtsschutz und Institutionenschutz, S. 153 ff.
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§ I Problemstellung
in erster Linie mit dem Massencharakter und dem dadurch bedingten öffentlichen Interesse am Inhalt der AGB begründet; die Beschränkung der Fragestellung auf die Schutzbedürftigkeit des konkreten Vertragspartners des Verwenders unangemessener AGB wird nach seiner Auffassung der Problematik nicht gerecht. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind demgegenüber allein die Interessen der erstgenannten Gruppe, also Allgemeininteressen, denen ein Individualinteresse entspricht und die im folgenden schlicht als Individual- oder Drittinteressen bezeichnet werden 38 • Dabei darf diese Bezeichnung nicht darüber hinwegtäuschen, daß die zu schützenden Individualinteressen oftmals einer an Mitgliedern starken Gruppe von Interessenträgern, etwa den Gläubigern oder potentiellen Vertragspartnern des Kunden, zugeordnet sind. Entscheidend ist, daß es sich nicht um reine Allgemeininteressen im soeben beschriebenen Sinn handelt.
v. Relativität des Schuldverhältnisses und Drittinteressen Die vorliegende Untersuchung befaßt sich in erster Linie mit den durch schutzwürdige Drittinteressen veranlaßten Schranken der Freiheit zur inhaltlichen Gestaltung von Schuldverträgen. Prägendes Merkmal des Schuldvertrags ist dessen sog. Relativität 39 . Diese besagt, daß das Schuldverhältnis im Grundsatz 40 nur ein Rechtsverhältnis zwischen den Vertragspartnern begründet. Es steht damit im Gegensatz zu den Verfügungsgeschäften, die eine Rechtsänderung mit Wirkung gegenüber jedermann herbeiführen, aus der dann wiederum Unterlassungspflichten aller übrigen Rechtssubjekte folgen können. Die Relativität des Schuldverhältnisses bedeutet aus der Sicht eines am Vertrag unbeteiligten Dritten zunächst, daß er keinen Anspruch auf die versprochene Leistung hat. Umgekehrt wird er aber auch aus dem Schuldverhältnis nicht verpflichtet. Diese Konsequenz des Relativitätsprinzips entspricht damit dem aus dem Selbstbestimmungsrecht des Dritten folgenden Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter 41 : Der Schuldvertrag beschränkt lediglich die Handlungsfreiheit desjenigen, der sich selbst gebunden hat. Korrespondiert die aus der Sicht des Dritten schützende Wirkung der Relativität des Schuldverhältnisses mit dem Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter, so ist es Anliegen der vorliegenden Untersuchung, über die unmittelbare Verpflichtung des Dritten hinaus sonstige Fälle der Beeinträchtigung von Drittinteressen sowie deren Auswirkungen auf die Regelungsbefugnis der 38
IV.
Zur Beschränkung auf typischerweise betrofTene Drittinteressen s. unten unter § 12
39 Vgl. nur Larenz, SchR I § 2 11, S. 15 ff. Eingehend zu Herleitung und Bedeutung des Relativitätsprinzips jetzt Henke, Die sogenannte Relativität des Schuldverhältnisses, passim; vgl. dazu auch J. Schmidt, AcP 190 (1990), 650fT. 40 Vgl. aber § 328 sowie die Lehre vom Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte, dazu unten unter § 8. 41 Vgl. dazu näher unten unter § 2.
V. Relativität des Schuldverhältnisses und Drittinteressen
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Parteien des Vertrags zu ermitteln. Das Schutzprinzip42 der Relativität des Schuldverhältnisses wird also nicht durchbrochen; zu fragen ist vielmehr nach seiner Erweiterung über das Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter hinaus auf sonstige Fälle der Beeinträchtigung von Drittinteressen.
42 Auch die berechtigende Seite der Relativität steht der Fragestellung nicht entgegen, da dem Dritten keinerlei aktive Berechtigung aus dem Vertrag zuerkannt, sondern lediglich die Regelungskompetenz der Vertragspartner zum Schutz des Dritten begrenzt werden soll. Anderes gilt freilich hinsichtlich des Schuldverhältnisses mit Schutzwirkung für Dritte; insoweit liegt eine echte Durchbrechung des Relativitätsgrundsatzes vor, näher dazu unten unter § 8.
§ 2 Beeinträchtigung von Drittinteressen und Vertrag zu Lasten Dritter I. Relevanz der Abgrenzung ftir vorliegende Untersuchung Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Frage nach den Grenzen der Vertragsfreiheit, die sich aus der Beeinträchtigung Dritter infolge des Inhalts einer vertraglichen Regelung ergeben. Demgegenüber entspricht es nahezu einhelliger Auffassung, daß ein Vertrag zu Lasten Dritter aufgrund der zu respektierenden Handlungs- und Willensfreiheit des Dritten stets, also unabhängig von seinem Inhalt, unwirksam ist!. Soweit also das Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter reicht, stellt sich die Frage einer darüber hinausgehenden, vom Inhalt des in Frage stehenden Vertrags abhängigen Einschränkung der Vertragsfreiheit der Vertragspartner nicht, da insoweit der Vertrag per se, d. h. unabhängig von seinem Inhalt unwirksam ist. Im folgenden sollen deshalb die als Vertrag zu Lasten Dritter zu qualifizierenden Fälle einer Beeinträchtigung Dritter aus der weiteren Untersuchung ausgeschieden werden. 11. Der Vertrag zu Lasten Dritter als Pendant zum Vertrag zugunsten Dritter
1. Meinungsstand a) Kennzeichen des Vertrags zugunsten Dritter ist nach § 328, daß der Dritte ein Forderungsrecht gegen den Versprechenden erwirbt. Das Schuldverhältnis wird dadurch in Abkehr vom römisch-rechtlichen Grundsatz "alteri stipulari nemo potest"2 personal erweitert. Die Begünstigung des Dritten folgt unmittelbar aus dem zwischen Versprechendem und Versprechensempfanger bestehen1 RGZ 111, 166, 178; BGHZ 54,145,147; 61, 359, 361; 68, 228, 231 fT; 78, 369, 374f; BayObLGZ 1984, 198,201; KG NJW 1980, 1342, 1343; Flurne, AT II § 57 1 d, S.906; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 23 12, S. 553; MünchKomm-Gottwald, § 328 Rdn.97; Soergel/ Hadding, § 328 Rdn.118; Palandt/ Heinrichs, Einf. v. § 328 Rdn. 10; Larenz, SchR I, § 17 IV, S. 233; Laufke, FS Lehmann, S. 145,170; Staudinger / Kaduk, Vor§ 328 Rdn. 64; Martens, AcP 177 (1977), 139 (schwebende Unwirksamkeit); Jauernig/ Vollkommer, BGB, § 328 Anm. I 3 d; Erman/H.P.Westermann, Vor § 328 Rdn.l0. Demgegenüber hält Bettermann, JZ 1951, 321, 323, das Zurückweisungsrecht entspr. § 333 für ausreichend zum Schutz des Dritten und verneint die Wirksamkeit des ausschließlich drittverpflichtenden Vertrags aus Gründen der Unzumutbarkeit für den Gläubiger, der aufgrund des Zurückweisungsrechts des Dritten einem dauerhaften (§§ 108 Abs.2, 177 Abs.2 seien nicht entspr. anwendbar) Schwebezustand ausgesetzt sei. . 2 Vgl. dazu Kaser, Römisches Privatrecht, § 34 12 e, S. 160; zur Entwicklungsgeschichte Soergel/ Hadding, § 328 Rdn. 1 ff.
11. Pendant zum Vertrag zugunsten Dritter
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den Schuldverhältnis, d. h. sie tritt ein, weil und soweit sie von diesen gewollt ist 3 • Grundlage des Forderungsrechts ist also der rechtsgeschäftliche Wille der Vertragspartner. Dementsprechend ist für den Vertrag zu Lasten Dritter nach h.M.4 kennzeichnend, daß durch ihn der Dritte ohne seine MitwirkungS unmittelbar verpflichtet wird. b) Diesem "formalen" Verständnis stellen andere Autoren 6 ein "materiales" gegenüber. Danach sei nicht die Begründung einer Verbindlichkeit, sondern die typische wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit des Rechtsgeschäfts für den Dritten maßgebend. Die Begründung einer Verpflichtung des Dritten sei weder hinreichend noch notwendig für die Annahme eines Vertrags zu Lasten Dritter. Anliegen dieser Auffassung ist es einerseits, die Zuwendung komplexer Rechtspositionen, etwa der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft, dem Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter zu entziehen und den Dritten auf das Zurückweisungsrecht nach § 333 zu verweisen. Andererseits sei das Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter nicht auf die Begründung einer Verbindlichkeit zu beschränken, sondern erfasse auch sonstige Fälle einer Verschlechterung der Rechtsposition des Dritten, etwa in Form der Vereinbarung von Verhaltensnormen gegenüber Dritten 7 . c) Gelangt diese Auffassung gegenüber der h.M. in den Fällen der Zuwendung komplexer Rechtsverhältnisse scheinbar 8 zu einer Einschränkung des Verbots des Vertrags zu Lasten Dritter, so will Martens 9 dessen Anwendungsbereich erweitern. Danach ist der Vertrag zu Lasten Dritter dadurch gekennzeichnet, daß er unmittelbar und belastend in die Rechtsstellung des Dritten eingreift. Neben der Begründung von Verpflichtungen nennt Martens den Entzug angestammter Rechte sowie jede Relativierung absolut geschützter Rechte des Dritten. Zur letztgenannten Fallgruppe gehören danach so unterschiedliche Fälle wie der Erlaßvertrag gegenüber einem Gesamtschuldner, die Globalzession zugunsten des Geldkreditgebers im Verhältnis zum Warenkreditgeber sowie Sperrabreden gern. § 75 fHGB. Demgegenüber seien Verträge mit bloßen 3 Zu diesen Merkmalen rechtsgeschäftlichen HandeIns vgl. statt aller Flume, AT 11, § 1 I 3, S. 3ff und § 2.2, S. 24f. 4 Vgl. neben Flume. Gottwald. Hadding. Kaduk, Larenz, H.P. Westermann (alle Fn. 1) sowie den in Fn. 1 angegebenen Entscheidungen noch Schirmer, FS R.Schmidt, S. 831; Schmalzbauer, Drittwirkung, S. 119f. 5 Die Unzulässigkeit der Verpflichtungsermächtigung (vgl. Medicus, Bürgerliches Recht, Rdn. 29 m.w.Nachw.) ergibt sich somit angesichts der Mitwirkung des Dritten in Form der von ihm erteilten Ermächtigung nicht aus dem Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter, sondern aufgrund der abschließenden Entscheidung des Gesetzgebers für die unmittelbare und mittelbare Stellvertretung, vgl. Flume, AT 11, § 57 I d, S. 906; Medicus aaO. 6 Brox, Erbrecht, Rdn.754; Säcker, Gesellschaftsvertragliche und erbrechtliche Nachfolge in Gesamthandsmitgliedschaften, S. 62ff; vgl. auch Flume, FS Schilling, S. 32, 47f. 7 Säcker (Fn. 6), S. 51 ff. 8 Vgl. aber unten unter 3 c. 9 In: AcP 177 (1977), 135 ff.
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§ 2 Vertrag zu Lasten Dritter
"Lastwirkungen" für Dritte dadurch gekennzeichnet, daß sie nicht auf einen "absolut geschützten Rechtsgutbereich" Dritter stoßen. 2. Stellungnahme
a) Gegen die Auffassung namentlich von Brox 1o und Säcker l1 , wonach der Begriff des Vertrags zu Lasten Dritter material zu verstehen sei, sprechen grundsätzliche Bedenken. Diese beruhen zunächst darauf, daß eine für die Parteien vorhersehbare und damit dem Erfordernis der Rechtssicherheit genügende Abgrenzung der unbedenklichen von den unzulässigen Fällen einer "gemischten" Zuwendung nicht möglich ist 12 • Dies ist auch einer der Gründe, weshalb nach einh.M.13 für den Begriff des rechtlichen Vorteils i.S.d. § 107 ebenfalls ausschließlich die rechtlichen Folgen des Rechtsgeschäfts maßgebend sind. Des weiteren widerspricht es einer auf dem Prinzip der Selbstbestimmung aufbauenden Vertragsordnung, durch Rechtsgeschäft Verbindlichkeiten zu Lasten eines Dritten zu begründen, mögen diese bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auch durch gleichzeitig zugewandte Vorteile mehr als kompensiert werden. Eine freiheitliche Privatrechtsordnung stellt die Entscheidung darüber, ob die Vorteile die sich aus dem Geschäft ergebenden Nachteile überwiegen, in das Belieben allein des aus dem Rechtsgeschäft Verpflichteten. Ein "materiales" Verständnis des Vertrags zu Lasten Dritter stellt einen unzulässigen Eingriff in diese Beurteilungsautonomie des Dritten dar. Dieser Vorwurf ist gegenüber Martens l4 zwar nicht zu erheben, zieht er den Kreis des per-se-unwirksamen Vertrags zu Lasten Dritter doch erheblich weiter als die h.M. Doch spricht auch gegen sein Konzept, daß es eine eindeutige und damit vorhersehbare, vom jeweiligen Einzelfall unabhängige Abgrenzung nicht ermöglicht. Das von ihm herangezogene Abgrenzungskriterium des "absolut geschützten Rechtsgutbereichs" des Dritten führt nicht weiter, da bei der Bestimmung der Reichweite des Verbots des Vertrags zu Lasten Dritter gen au danach gefragt ist. b) Zuzustimmen ist der h.M., wonach der Vertrag zu Lasten Dritter in Anlehnung an die Vorschrift des § 328 zu definieren ist. Die unmittelbare Begründung einer Verpflichtung des Dritten als Kennzeichen des Vertrags zu AaO (Fn. 6). AaO (Fn. 6). 12 Für den konkreten Fall der Zuwendung der Mitgliedschaft läßt sich eine typischerweise bestehende wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit, deren Feststellung angesichts der nicht in Geld ausdrück baren gesellschaftsrechtlichen Pflichten ohnedies undurchführbar ist, nicht annehmen, so zutr. BGHZ 68, 225, 232 = NJW 1977, 1339. 13 Vgl. nur MünchKomm-Gitter, § 107 Rdn.2 und Vor § 104 Rdn.2; Jauernig, BGB, § 107 Anm.2 a; Larenz, AT, § 6 III a 1, S. 107f; die "wirtschaftliche Betrachtungsweise" Stürners (AcP 173 [1973], 402 fl) hat zur Aufgabe, auf der Grundlage der auf rechtliche Nachteilhaftigkeit abstellenden einh.M. die dem Rechtsgeschäft zurechenbaren von den nicht zurechenbaren rechtlichen Nachteilen abzugrenzen. 14 In: AcP 177 (1977), 135 ff. 10
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11. Pendant zum Vertrag zugunsten Dritter
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Lasten Dritter erlaubt nicht nur eine eindeutige und vorhersehbare Bestimmung der per-se unwirksamen Verträge, sondern kann sich auch auf die in § 328 enthaltene Entscheidung des Gesetzgebers berufen, wonach ein Vertrag zugunsten Dritter durch die Begründung eines Forderungsrechts des Dritten gekennzeichnet ist. Des weiteren führt sie zu einer sachlich zutreffenden Eingrenzung der apriori unwirksamen Verträge. Die ausschließlich auf dem Willen der Parteien beruhende Drittbelastung stellt einen Akt unmittelbarer Fremdbestimmung und damit einen Eingriffin das Selbstbestimmungsrecht des Dritten dar, der stets und ohne das Hinzutreten besonderer Umstände das Verdikt der Unwirksamkeit verdient. In allen anderen Fällen fehlt es entweder an einer Beeinträchtigung der Rechtsposition des Dritten, oder diese tritt unabhängig vom Willen der Vertragspartner ein und wird durch das fremde Rechtsgeschäft lediglich reflexartig vermittelt. Reflexwirkungen lS dieser Art sind der Rechtsordnung vielfach bekannt. Sie lassen sich, je nachdem, ob es sich um für den Dritten vorteilhafte oder nachteilige Auswirkungen handelt, in begünstigende oder belastende Reflexwirkungen einteilen, wobei sich für letztere in Anlehnung an Wiedemann 16 der Begriff der Lastwirkungen durchgesetzt hat. Kennzeichen der Reflexwirkungen ist, daß sie zwar auch willentlich herbeigeführt werden können, der Wille der Parteien aber nicht ursächlich für die Drittbelastung ist 17. So vereitelt beispielsweise die Ausschlagung der Erbschaft für den Fall, daß nur eine bestimmte Person als Erbe mit dem Vermächtnis beschwert ist 18, das Recht des Vermächtnisnehmers auch dann, wenn der Ausschlagende von der Existenz des Vermächtnisses keine Kenntnis hat; hat der Erbe dagegen Kenntnis von dem bestehenden Vermächtnis und schlägt er die Erbschaft unter anderem deshalb aus, um den Anspruch des Vermächtnisnehmers zu vereiteln, so ist diese Absicht gleichwohl nicht ursächiich für den Eintritt der Lastwirkungen. Die Bestimmung der Rechtsfolgen für das Rechtsgeschäft, aus dem die Lastwirkungen resultieren, hat der Tatsache Rechnung zu tragen, daß, wie das angeführte Beispiel zeigt, der Eintritt der Lastwirkungen regelmäßig auf der Abhängigkeit eines Rechts von einem anderen beruht und durch die Ausübung des Quellrechts verursacht wird. Dazu grundlegend und umfassend von Jhering, JherJb 10 (1866), 245ff, 293ff. In: SAE 1969,268 ("Lastenwirkungen für Dritte"); zustimmend M artens, SAE 1972, 103, und AcP 177 (1977), 136ff; Schirmer, FS R.Schmidt, S.832; Schmalzbauer, Drittwirkung, S. 116ff. Schirmer, aaO S. 832 Fn. 38, hat Bedenken gegen den Begriff der belastenden Rejlexwirkungen, da er assoziieren könne, daß die belastende Drittwirkung von den Vertragsparteien nicht final bezweckt werde, was gerade auf Kartellverträge nicht zutreffe; zur Unbegründetheit dieser Bedenken s. sogleich im Text. Vgl. im übrigen näher zu den Lastwirkungen unten unter § 6. 17 Vgl. neben von Jhering (Fn. 15) noch von Tuhr, AT Ir 1, § 43 Ir, S. 12 und § 50 V, S. 167 mit Hinweis auf§§ 356 und 881. Abw. Lukes, Der Kartellvertrag, S. 169ff, insbes. S. 172 Fn. 10, der das Charakteristische der Reflexwirkungen darin erblickt, daß die Rechtsordnung diese nicht durch die Verleihung subjektiver Rechte oder persönlicher Pflichten sanktioniert; s. dazu im Text unter 3 c. 18 Vgl. zu dieser Einschränkung § 2161; Reflexwirkungen sind des weiteren in den bereits in Fn. 17 genannten Vorschriften der §§ 356, 881 vorgesehen. 15
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§ 2 Vertrag zu Lasten Dritter
Ein Akt ausschließlicher Fremdbestimmung liegt somit nicht vor, vielmehr treffen Selbst- und Fremdbestimmung zusammen. Der generelle Vorrang eines der beiden Prinzipien läßt sich aber nicht begründen. Die Rechtsordnung hat vielmehr das unter Umständen gleich- oder gar höherwertige Regelungsinteresse des bzw. der Urheber der Lastwirkungen angemessen zu berücksichtigen. Erst die finale und willensabhängige Begründung von Verpflichtungen des Dritten als Akt der Fremdbestimmung über den Dritten kann in einer freiheitlichen Ordnung auch durch schutzwürdige Interessen der Vertragspartner nicht gerechtfertigt werden, so daß insoweit ein per-se-Verbot geboten ist. 3. Folgerungen
a) Die in Übereinstimmung mit der h.M. vertretene Definition des Vertrags zu Lasten Dritter als die final und unmittelbar begründete Verpflichtung eines Dritten darf nicht zu der Annahme verleiten, jenseits dieser eng umgrenzten Fälle habe der Dritte Auswirkungen fremder Verträge, namentlich ihn treffende Lastwirkungen, ohne weiteres hinzunehmen. Vielmehr unterliegen diese einem flexiblen und damit vom per-se Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter abweichenden Rechtsfolgensystem 19. b) Zur Verdeutlichung der Unterscheidung sei auf die unter dem Stichwort des gestörten Gesamtschuldnerregresses anzutreffende Problematik der Freizeichnung eines an sich gesamtschuldnerisch haftenden Schädigers hingewiesen 20 • Der Haftungsverzicht des Gläubigers verhindert die Entstehung eines Gesamtschuldverhältnisses, wodurch auch einem Rückgriff des Zweitschädigers gegen den privilegierten Erstschädiger nach § 426 die Grundlage entzogen zu sein scheint. Mit Recht wird diese begriffliche Folgerung im Grundsatz nicht gebilligt. Allerdings handelt es sich entgegen verbreiteter Ansicht 21 nicht um einen Vertrag zu Lasten Dritter, da zu Lasten des Zweitschädigers keine zusätzliche Verpflichtung begründet, sondern lediglich dessen Regreßanspruch vereitelt wird. Der Entzug des Ausgleichsanspruchs ist vielmehr als bloße Lastwirkung der Freizeichnungsvereinbarung zu qualifizieren 22 und somit nach dem oben Gesagten nicht per se unwirksam. Vgl. i.e. unten unter §§ 6,7. Dazu zuletzt etwa J.Hager, NJW 1989, 1642ff; K. Schwab, JuS 1991, 19ff; ferner Larenz, SehR I, § 37 III, S. 646ff; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdn. 928 ff; MünehKomm-Selb, § 426 Rdn.20ff; Wacke, AcP 170 (1970), 43 ff, 67ff, jew. m.w.Naehw. 21 Vgl. MünchKomm-Gottwald, § 328 Rdn.97; Soergelj Hadding, § 328 Rdn.122; Schmalzbauer, Drittwirkung, S. 123 ff, jeweils entgegen der an anderer Stelle gegebenen Definition des Vertrags zu Lasten Dritter als ein solcher, der eine Verpflichtung des Dritten begründet; ferner Burkert j Kirchdörfer, JuS 1988, 344; J.Hager, NJW 1989, 1643; Lükej Walendy, JZ 1977, 659; Wacke, AcP 170 (1970), 68; Soergelj M. Wolf, § 426 Rdn.42. Zum Standpunkt der Rspr., auf die sich die angegebenen Stellen regelmäßig - allerdings zu Unrecht - berufen, vgl. sogleich im Text. 22 Zutr. Schirmer, FS R.Schmidt S. 832; von Tuhr, AT II 1, § 43 II, S. 12 Fn. 42. 19
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II. Pendant zum Vertrag zugunsten Dritter
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Dies entspricht auch der Auffassung der Rechtsprechung. Zwar verhindert der BGH23 die Vereitelung des Regreßanspruchs regelmäßig dadurch, daß er zwischen den Schädigern ein Gesamtschuldverhältnisfingiert 24 . Doch geschieht dies zum einen nicht mit der - unzutreffenden - Begründung, daß andernfalls ein Vertrag zu Lasten Dritter vorläge. Vielmehr gelangt der BGH zu diesem Ergebnis im Wege der Abwägung der allseits betroffenen Interessen und unter Betonung des Schutzzwecks des § 426; danach wird das Interesse der Parteien der Freizeichnungsvereinbarung an der endgültigen Freistellung des Erstschädigers dem Interesse des Zweitschädigers an einer Haftung lediglich in Höhe des ihm zurechenbaren Schadensanteils untergeordnet 2s . Zum anderen hält der BG H die Haftungsfreizeichnung nicht für per se unwirksam, wie Entscheidungen zu der Fallkonstellation, in der der Geschädigte einen Anspruch gegen einen Versicherer hat, zeigen. Danach hat der Versicherer die vorgängige 26 Freizeichnung insoweit hinzunehmen, als diese üblich und auf leichte Fahrlässigkeit beschränkt ist 27 . In diesem Fall ist das Interesse des Versicherers an einem Rückgriff gegen den Schädiger nicht schutzwürdig, da er das erhöhte und aufgrund der Üblichkeit entsprechender Vereinbarungen - erkennbare Risiko bei der Bemessung der Versicherungsprämie einkalkulieren kann. Der Vergleich der beiden Fälle macht deutlich, daß die belastenden Reflexwirkungen selbst in Form der Vereitelung von Rechten Dritter gegenüber dem per-se-Verbot von Verträgen zu Lasten Dritter eigenständigen Regeln unterliegen. c) Ausnahmsweise kann die belastende Reflexwirkung auch in der Begründung einer Verbindlichkeit des Dritten liegen, ohne daß deshalb der Vertrag als ein von vornherein unzulässiger Vertrag zu Lasten des Dritten anzusehen wäre 28 . Neben gesetzlich angeordneten Fällen nach Art des § 128 HBG sowie der §§ 556 Abs.3 29 , 1357 Abs.1 S.2 ist die ohne Beteiligung des künftigen Gesellschafters zustande gekommene, nach h.M. 30 unwirksame rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel in dem Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft zu nennen 31 . Die jeweiligen Verpflichtungen des Dritten 32 entstehen in allen Fällen 23 BGHZ 12,213, 217f = NJW 1954, 875; 35, 317, 323ff = NJW 1961, 1966; 58, 216, 219 = NJW 1972,942; BGH WM 1989,609,611. 24 Nur wenn sich der Haftungsfreistellung im Wege der Auslegung auch ein pactum de non petendo zugunsten der übrigen Gesamtschuldner entnehmen läßt, wird deren Haftung gegenüber dem Gläubiger anteilig gekürzt, vgl. BGHZ 58, 216, 220 = NJW 1972, 942. 25 Vgl. BGHZ 12,213, 217ff = NJW 1954, 875; 58,216, 219ff = NJW 1972, 942. In neueren Entscheidungen findet sich nur noch ein Verweis auf diese grundlegenden Urteile. 26 Gegen haftungsbeschränkende Vereinbarungen nach Eintritt des Versicherungsfalls wird der Versicherer durch § 67 Abs.1 S.3 VVG geschützt. 27 VgI.BGHZ33,216,221 = NJW1961,212; BGHWM 1989,855,857;vgl.dazuauch unten unter § 13 I 3 b, III 3 C. 28 A.A. Lukes, Der Kartellvertrag, S. 172 Fn. 10; vgl. dazu bereits oben unter Fn. 17. 29 Etwa bei einverständlicher Aufhebung des Hauptmietvertrags. 30 Vgl. die Nachw. in Fn. 34 und 35.
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§ 2 Vertrag zu Lasten Dritter
unabhängig vom Willen der Vertragspartner. Während dies für die gesetzlich angeordneten Fälle des § 128 HGB und der §§ 556 Abs.3, 1357 Abs.1 S.2 unmittelbar einleuchtet, bedarf es bezüglich der rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel des Hinweises darauf, daß die den Gesellschafternachfolger treffenden Verpflichtungen untrennbarer Bestandteil der Mitgliedschaft sind. Sie treffen den Dritten infolge des Vollzugs der Nachfolge durch die verfügende Übertragung der Mitgliedschaft grundsätzlich 33 unabhängig davon, ob die Parteien der Nachfolgeregelung dies wollen. Infolge dieser Willensunabhängigkeit handelt es sich bei der ohne Beteiligung des Nachfolgers vereinbarten rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel nicht um einen Vertrag zu Lasten Dritter, sondern lediglich um einen Vertrag mit Lastwirkungen gegenüber dem Nachfolger 34 • Weil aber die Nachfolgeklausel in ihren Wirkungen für den Dritten einem echten Vertrag zu Lasten Dritter nahekommt und ein schutzwürdiges Interesse der Gesellschafter an einer Zuwendung der Mitgliedschaft durch Rechtsgeschäft unter Lebenden angesichts der zur Verfügung stehenden erbrechtlichen Nachfolgeregelungen einerseits, der Eintrittsklausel andererseits, nicht vorhanden ist, bewendet es im Ergebnis bei der Unwirksamkeit solcher ohne Beteiligung des Nachfolgers geschlossenen Vereinbarungen 35 .
111. Zusammenfassung und Bedeutung der Abgrenzung für das weitere Vorgehen Ein Vertrag zu Lasten Dritter, der stets und unabhängig von seinem Inhalt unwirksam ist, liegt nur dann vor, wenn der Dritte durch einen ohne seine Mitwirkung zustande gekommenen Vertrag verpflichtet wird und diese Verpflichtung auf dem Willen der Vertragspartner beruht. Die Rechtslage des Dritten beeinträchtigende Lastwirkungen unterliegen demgegenüber ebenso wie sonstige Formen der Beeinträchtigung von Drittinteressen eigenständigen Regeln, wobei namentlich dem Inhalt des Vertrags maßgebende Bedeutung 31 Vgl. dazu allgemein MünchKomm-Ulmer, § 727 Rdn.21 fT, 33 fT, sowie dens., ZGR 1972, 195fT, 324fT, jew.m.w. Nachw. 32 Durch den Erwerb der Mitgliedschaft treffen den Erwerber die mit dem Anteil untrennbar verbundenen gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen. 33 Eine Ausnahme gilt für abdingbare, das Verhältnis der Gesellschafter untereinander betreffende Verpflichtungen. 34 Demgegenüber bezeichnen MünchKomm-Gottwald, § 328 Rdn.97; Palandt/ Heinrichs, Einf.v. § 328 Rdn. 10; A.Hueck, DNotZ 1952, 550, 557 Fn.16; G.Hueck, Gesellschaftsrecht, § 16 I 2 b, S. 126; Kraft/ Kreutz, Gesellschaftsrecht, E VI 4 d, S. 164, und Siebert, Gesellschaftsvertrag und Erbrecht, S. 17, die Klausel als unzulässigen Vertrag zu Lasten des Nachfolgers; vorsichtiger BGHZ 68, 225, 231 = NJW 1977, 1339 (Vertrag würde "auch zu Lasten des Dritten gehen"); Rüthers, AcP 168 (1968), 274, und MünchKomm-Ulmer, § 727 Rdn.34 ("Elemente eines Vertrags zu Lasten Dritter"). 35 So LE. die heute ganz h.M., vgl. BGHZ 68, 225,231 fT = NJW 1977,1339; ferner die in Fn. 34 Genannten; a.A. Brox. Flume und Säcker,jew. aaO (Fn. 6); vgl. dazu auch unten unter § 6 IV 2 b.
III. Zusammenfassung und weiteres Vorgehen
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zukommt. Ob und inwieweit die Rechtsordnung den Dritten in diesen Fällen schützt, soll im dritten und vierten Teil der Arbeit untersucht werden. Für das weitere Vorgehen ist somit allein der soeben definierte Vertrag zu Lasten Dritter auszusondern.
3 Habersack
§ 3 Gang der Untersuchung Der zweite Teil der Arbeit dient der Klärung der für die folgenden ("besonderen") Teile relevanten Grundlagen. Zunächst gilt es, die Lehre vom Institutsmißbrauch als einschlägiges Instrument zur Kontrolle drittbeeinträchtigender Verträge darzustellen. Diese funktionsorientierte Lehre führt zu der Frage nach den dem Vertrag innerhalb der geltenden Rechtsordnung zukommenden Funktionen, der sich der zweite Abschnitt dieses Teils der Arbeit widmet. Die Beeinträchtigung von Drittinteressen bei ungestörter Parität der Vertragspartner ist Gegenstand des dritten Teils der Untersuchung. Während in den §§ 6 und 7 durch entgegenstehende Drittinteressen bedingte Einschränkungen der Vertragsfreiheit beschrieben und in die im zweiten Teil erarbeitete Vertragslehre eingeordnet werden, befaßt sich § 8 mit der Lehre vom "Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte" und folglich mit den faktischen Auswirkungen der Vertragsdurchführung auf Drittel. Ziel dieses Teils der Arbeit ist es, aufbauend auf der zuvor entwickelten Vertragslehre Gemeinsamkeiten der bislang überwiegend nur isoliert behandelten Fälle einer Beeinträchtigung Dritter zu ermitteln, die ihrerseits wiederum Ableitungen bezüglich der Fragestellung des folgenden Teils der Untersuchung erlauben. Die Reichweite der Innenschranken der Privatautonomie soll im vierten Teil der Arbeit ermittelt werden. Grundlage der Ausführungen ist der unter Verwendung von AGB geschlossene Vertrag. Demzufolge ist zunächst zu fragen, woraus sich die im Ergebnis einhellig anerkannte Überlegenheit des Verwenders von AGB ergibt. Nach der ausführlichen Darstellung von Meinungsstand und Fallmaterial zur Frage eines Drittschutzes im AGB-Recht werden in einem Exkurs sonstige Fällen gestörter Vertragsparität und die dort anzutreffenden Mechanismen zum Schutz der durch die gestörte Vertragsparität betroffenen Dritten dargestellt. Am Ende dieses Teils der Untersuchung findet sich der Versuch einer -induktiv entwickelten- allgemeinen Theorie eines Schutzes der durch die gestörte Vertragsparität beeinträchtigten Drittinteressen. Der fon/te Teil der Arbeit dient der Konkretisierung des zuvor allgemein herausgearbeiteten Prinzips eines Drittschutzes sowie der Demonstration von dessen Konsequenzen für einige ausgewählte Bestimmungen in AGB. Die Ausführungen werden zeigen, wie die unter dem Gesich\spunkt schutzwürdiger Drittinteressen bestehenden Außenschranken der Privatautonomie mit den zuvor entwickelten Innenschranken zusammenspielen und erst gemeinsam die 1
Zum Zusammenhang vgl. oben unter § 1 11 3.
§ 3 Gang der Untersuchung
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zum Schutz Dritter gebotenen Grenzen der Vertragsfreiheit vollständig wiedergeben. Die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit werden im sechsten Teil zusammengefaßt.
3*
Zweiter Teil
Allgemeine Grundlegung § 4 Die Lehre vom Institutsmißbrauch als Grundlage des Drittschutzes I. InstitutsmiBbrauch als funktionswidriger Gebrauch des Rechtsinstituts 1. Ist nach dem oben unter § 2 Gesagten an der Unwirksamkeit des Vertrags zu Lasten Dritter oder der grundsätzlich nur relativen Wirkung von Freizeichnungsklauseln im Ergebnis nicht zu zweifeln, so bleibt gleichwohl die Frage nach der Grundlage dieser sowie der im weiteren Verlauf der Untersuchung noch zu ermittelnden Privatautonomiebeschränkungen zum Schutze Dritter. Ein geschriebenes Verbot existiert nicht, namentlich ein Verstoß gegen die guten Sitten und damit Unwirksamkeit gemäß § 138 Abs.1 kann im Regelfall nicht angenommen werden 1. Es bedarf somit der Heranziehung ungeschriebener, immanenter Grenzen der Privatautonomie. 2. Als deren Grundlage bietet sich die Lehre vom Institutsmißbrauch an 2 • Diese basiert auf der Erkenntnis, daß die Rechtsordnung nicht allein auf der Gewährung subjektiver Rechte, sondern daneben und gleichberechigt auch auf der Konstituierung und Ausformung objektiv-rechtlicher Institute aufbaut. Rechtsinstitute des Zivilrechts sind etwa das Eigentum, die Ehe, die gewillkürte Stellvertretung 3 sowie die Vertragsfreiheit und der Vertrag. Letzterer ist 1 Vgl. die Nachw. unter §2 Fn.1, 20-23, aber auch RG DR 1939, 1318, 1319: Sittenwidrigkeit einer Freizeichnung, die allein für den Fall getroffen wurde, daß ein Dritter schadensersaztpflichtig wird. 2 Dazu etwa Raiser, AGB, S. 277ff (282t); ders., Rechtsschutz und Institutionenschutz, S. 145ff; Esser, Grundsatz und Norm, S. 244ff, 321 ff; Esser / E.Schmidt, SchR I, § 10 III 1, S.145ff; Rüthers, "Institutionelles Rechtsdenken", S.32ff; Siebert, in: Soergel/ Siebert, § 242 Rdn.112, 115; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 22 ff; Soergel/ Teichmann, § 242 Rdn.t 1 ff; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 197 ff, 201 ff, 211ff; Martens, AcP 177 (1977), 171 ff; J.Baur, Mißbrauch, S. 82ff; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S.59ff. Zum institutionellen Grundrechtsverständnis vgl. Häberle, Die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs.2 GG, S.4ff, 70ff; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rdn.279, 290ff. 3 Als Fall eines Institutsmißbrauchs ist etwa die verdrängende Vollmacht (die gewillkürte Stellvertretung soll allein den Handlungsspielraum des Vertretenen erweitern) zu nennen, vgl. Flume, AT II,§45 II 5, S. 792; Martens, AcP 177(1977), 147; von Tuhr, AT II 2, § 85 X, S. 416 f; zur Problematik der unwiderruflichen, dem Interesse des Bevollmächtigten dienenden Vollmacht vgl. Flume, AT H, § 53, S. 876ff.
1. Funktionswidriger Gebrauch des Rechtsinstituts
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demnach nicht lediglich Quelle der vertraglichen Ansprüche, sondern auch Mittel zur Verwirklichung bestimmter Funktionen. Dementsprechend kann der aus dem Vertrag Berechtigte nicht nur das ihm zustehende Forderungsrecht mißbräuchlich in Anspruch nehmen4, sondern ein oder beide Vertragspartner können den Vertrag als Mittel für Zwecke einsetzen, die über die von der Rechtsordnung dem Vertrag zugewiesenen Funktionen hinausgehen. Die Lehre vom Institutsmißbrauch führt somit zur Begrenzung der möglichen Inanspruchnahme des Instituts durch dessen Funktion, indem sie einem funktionswidrigen Gebrauch die rechtliche Anerkennung versagt 5 • Die Funktionsbezogenheit der Lehre vom Institutsmißbrauch und ihre dadurch bedingte Nähe zur teleologischen Gesetzesauslegung führen zu ihrem Eingreifen bereits bei objektiv funktionswidrigem Gebrauch des Instituts, ohne daß es auf das Vorliegen subjektiver Merkmale ankäme 6 • Wenn auch die Bezeichnung der funktionswidrigen Inanspruchnahme des Rechtsinstituts als Mißbrauch desselben zu der Annahme verleiten könnte, es ginge um die Bewertung und Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beteiligten, so kommt es dennoch allein auf den - willentlichen oder unbewußten - objektiven Fehlgebrauch? des Instituts an. 4 Zur über § 226 hinausgehenden - Lehre vom (individuellen) Rechtsrnißbrauch vgl. Siebert, in: Soergel/Siebert, § 242 Rdn.110ff(mit zutr. Hinweis darauf, daß es sich um die immanente Begrenzung subjektiver Rechte handelt); ders., DR 1941, 1934 ("Rechtsmißbrauch ist Funktionsmißbrauch"); Esser / E.Schmidt, SehR I, § 10 III 2, S.149ff; Soergel/Teichmann, § 242 Rdn.25ff; MünchKomm-Roth, § 242 Rdn.224ff; Larenz, AT, § 13 IV, S. 231 ff; Heuer, WM 1989, 1402ff (mit zahlreichen Rspr.-Nachw.); zur funktionswidrigen Ausübung von gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechten vgl. etwa Lutter, ZHR 189 (1989), 449ff; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen, S. 95ff, 130ff. S In diesem Sinne Raiser, Rechtsschutz und Institutionenschutz, S. 163f ("Wo die Zweckbindung aber erkennbar ist, ... muß der zweckwidrige Gebrauch als Mißbrauch des Rechtsinstituts mißbilligt... werden"); Esser / E.Schmidt, SchR I, § 10 III 1, S. 145 ff ("Bindung an den Sinngehalt"); M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 59 ff ("Schranken eines Rechtsinstituts liegen dort, wo von ihnen ein ihrer Ordnungsaufgabe widersprechender Gebrauch gemacht wird"); Kliege, Rechtsprobleme der AGB, S. 104ff; Kramer, "Krise", S. 51; Martens, SAE 1972, 103; Säcker, Gruppenautonomie, S. 218f; J.Baur, Mißbrauch, S.94ff. Ferner die Vertreter der ordoliberalen Schule, grundlegend Böhm, Wettbewerb und Monopolkampf, S. 187ff;, des weiteren Mestmäcker, JZ 1964, 443 und AcP 168 (19fi8), 235 ff (238); Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbs beschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 106ff; ders., FS Böhm, S. 132ff; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 201 ff, 208ff. Vgl. auch bereits von Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd.1, § 5, S. 9ff. Aus der Rspr. BGH ZIP 1989,980,984: Kontrollzweck der Anfechtungsklage nach §§ 243 ff AktG wird auch bei grob eigennützigem Gebrauch erreicht, so daß institutioneller Rechtsrnißbrauch ausgeschlossen ist, dagegen aber individueller Rechtsrnißbrauch vorliegen kann. 6 Vgl. Esser / E.Schmidt, SchR I, § 10 III 1, S. 147f; Soergel/Teichmann, § 242 Rdn.14; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 201 Fn. 562; Martens, AcP 177 (1977), 183; zum objektiven, dem Gebot teleologischer Auslegung entsprechenden Verständnis des Verbots der Gesetzesumgehung (etwa nach § 7 AGBG, ferner § 18 S.2 VerbrKrG, § 5 Abs.1 HausTWG, §42 Abs.l AO) vgl. Teichmann, Die Gesetzesumgehung, S.69f; Ulmer / Brandner /Hensen, AGBG, § 7 Rdn.5 m.w.Nachw. 7 So die treffende Bezeichnung von Esser/E.Schmidt, SehR I, § 10 III 1, S.147.
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§ 4 Institutsmißbrauch als Grundlage des Drittschutzes
11. Unbegründetheit der gegen den "normativen" InstitutsbegrifT vorgetragenen Einwände
Bedenken gegen die Lehre vom Institutsmißbrauch werden aus zwei Richtungen vorgetragen. So wird behauptet, durch die Berufung auf den Mißbrauch eines Instituts werde die Ersetzung gesetzlicher Wertungen durch solche des Rechtsanwenders ermöglicht 8 • Darüber hinaus, so lautet der zweite Einwand, führe die Lehre vom Institutsmißbrauch zu einer Begrenzung der durch das Institut gewährleisteten Freiheit 9 • 1. Hinsichtlich beider Einwände ist zunächst auf die von Rüthers lO vorgenommene Unterscheidung zwischen einem faktischen, einem metaphysischen sowie einem normativen Intstitutsbegriff hinzuweisen. Kennzeichen der beiden erstgenannten Begriffe ist deren außerpositiver Bezug. Während der faktische Institutsbegriff an die soziale Realität anknüpft und einem allgemein oder mehrheitlich verwirklichten Verhaltensmuster unmittelbare rechtliche Bedeutung bei der Entscheidungsfindung zukommen läßt l l , zeichnet sich der metaphysische Begriff durch seine Bezugnahme auf bestimmte ideologische Vorgaben aus, denen Verbindlicheit innerhalb der geltenden Rechtsordnung zugesprochen wird 12. Demgegenüber ist der hier allein zugrunde gelegte normative Institutsbegriff am geltenden Recht orientiert und bezeichnet zunächst nicht mehr als einen Inbegriff von Rechtsvorschriften, die sich auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bzw. Institut beziehen 13. Um den Gehalt des Instituts zu ermitteln, bedarf es einer umfassenden Auslegung dieser auf das jeweilige Institut bezogenen Einzelnormen, zu denen auch im Wege der Rechtsfortbildung geschaffenes Richterrecht gehört. Der dadurch - induktiv - gewonnene Bedeutungsgehalt des betreffenden Instituts ermöglicht Ableitungen für konkrete Einzelfragen, die auf der Grundlage der Einzelnormen dem Rechtsanwen8 So die Reale Rechtslehre von E. Wolf, vgl. FS M.Keller, S. 361 fT, und AT, § 1 A VI, S. 35f; ebenso Toseh, Entwicklung und Auflösung der Lehre vom Vertrag, S. 74fT, 168 fT. 9 Etwa Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen, S.230f; Runge, Antinomien des Freiheitsbegriffs im Rechtsbild des Ordoliberalismus, S. 145 fT; Tosch (Fn. 8) S. 179. 10 In: "Institutionelles Rechtsdenken", S. 34ff. 11 Vertreter dieses Institutionsverständnisses sind etwa Schelsky, Über die Stabilität von Institutionen, S. 1 fT; Gehlen, Urmensch und Spätkultur, S. 33fT, 205fT, 254fT; ferner Forsthofj, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 151 fT. Sympathisierend Raiser, Rechtsschutz und Institutionenschutz, S. 147f. Vgl. auch die Beiträge in der 1986 erschienen Gedächtnisschriftfür Helmut Schelsky von W.Lipp und Krawietz, ferner Krawietz, JZ 1985, 706fT. Zur Institutionenlehre von Maurice Hauriou vgl. den Beitrag von Fikentscher in der ("Funktionswandel der Privatrechtsinstitutionen" betitelten) FS für Raiser, S. 559fT, ferner Teichmann Gestaltungsfreiheit S. 26fT. 12 Vgl. die bei Rüthers, "Institutionelles Rechtsdenken", S. 20fT, dargestellten Entscheidungen betr. das "Wesen" der Ehe, das bei Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S.3fT, wiedergegebene Material zum "Wesen der Gesellschaft", ferner die bei Pflug, Kontrakt und Status, S. 147fT, angegeführten Belege zum "konkreten Ordnungsdenken". 13 Zu diesem, teilweise als vordergründig oder farblos bezeichneten Institutsbegriffvgl. Raiser, Rechtsschutz und Institutionenschutz, S. 147f; Rüthers, "Institutionelles Rechtsdenken", S. 41; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 22.
III. Rechtsfolgen des Institutsmißbrauchs
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der verschlossen blieben. Eine Verbindlichkeit der normativen Kraft des Faktischen bzw. des Ideologischen 14 ist damit nicht verbunden. 2. Damit erledigt sich auch der erstgenannte Einwand gegen die Heranziehung der Lehre vom Institutsmißbrauch, wonach diese den Gehalt des jeweiligen Rechtsinstituts dem Belieben des jeweiligen Rechtsanwenders unterordnet und somit die Gesetzesbindung des Richters gern. Art.97 Abs. 1 GG unterläuft. Das Institut im normativen Sinn dient im Gegenteil dazu, den Blick von der Einzelnorm auf die inneren Zusammenhänge der jeweiligen Normen zu lenken, um daraus Gehalt und Funktion des Instituts innerhalb der geltenden Rechtsordnung zu bestimmen. 3. Der an zweiter Stelle genannte Einwand ist hinsichtlich des Instituts im normativen Sinn ebenfalls unbegründet. Die Anerkennung subjektiver Rechte begründet ebenso wie die Bereitstellung freiheitsverbürgender Institute stets die Gefahr eines Mißbrauchs des Rechts bzw. des Instituts in sich. Die Frage nach der Funktion des jeweiligen subjektiven Rechts bzw. Instituts ist die Reaktion der Rechtsordnung auf die Erkenntnis, daß schrankenlose Freiheit zur Gefährdung und Aufhebung der Freiheit führt und eine freiheitsverbürgende Rechtsordnung nur Bestand hat, wenn die Freiheit im Rechtlichen gebunden ist 15. Die Lehre vom Institutsmißbrauch ist demnach die die Freiheit der Rechtssubjekte schützende und respektierende Alternative zur zweiten denkbaren Möglichkeit einer "wehrhaften"16 Rechtsordnung, einen sie selbst zerstörenden Mißbrauch ihrer Einrichtungen zu verhindern, nämlich zum Rückgriff auf unmittelbare hoheitliche Gestaltung und damit zum Entzug der Freiheitsrechte l7 • In Abwandlung eines auf die Vertragsfreiheit bezogenen Zitats von Mestmäcker 18 läßt sich somit allgemein festhalten, daß allein die Instrumentalisierung der Privatrechtsinstitute, nicht aber die Frage nach den unvermeidlich eintretenden Wirkungen des Gebrauchs derselben und die daraus gewonnene Erkenntnis über den Rechtsgehalt der Institute deren Rechtswert gefährden kann.
III. Rechtsfolgen des Institutsmißbrauchs Zweckwidriger Gebrauch eines Rechts oder eines Instituts ist "Handeln ohne Recht", dem die Anerkennung versagt bleibt l9 • Doch ist dies nicht im Sinne Vgl. Rüthers, "Institutionelles Rechtsdenken", S. 63. Vgl. Mestmäcker, JZ 1964,443 ("Lebensfrage der Privatrechtsordnung); Raiser, JZ 1958, 3; Säcker, Gruppenautonomie, s. 9; ders., Gesellschaftsvertragliche und erbrechtliche Nachfolge in Gesamthandsmitgliedschaften, S.60 Fn. 55; Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, S. 691; J. Hensen, Die kartellrechtliche Mißbrauchskontrolle und das Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters, S. 48 f. 16 Kramer, "Krise", S. 53. 17 So zutr. Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 197f. 18 Mestmäcker, JZ 1964,443; näher dazu unten unter § 5111. 19 Raiser, AGB, S. 279, 282; ders., Rechtsschutz und Institutionenschutz, S. 163f; vgl. auch v.Tuhr, AT 11 1, § 51 I S. 183f. 14 15
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§ 4 Institutsmißbrauch als Grundlage des Drittschutzes
einer Totalunwirksamkeit des Rechtsgeschäfts mißzuverstehen. Die Folgen eines Fehlgebrauchs des Instituts werden vielmehr durch die dem Institut zukommenden Funktionen selbst bestimmt; nur soweit der Mißbrauch reicht, ist die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts geboten. Da bereits das Vorliegen objektiver Merkmale das Eingreifen der Lehre vom Institutsmißbrauch rechtfertigt, ist auch unter dem Gesichtspunkt eines den Parteien zu machenden Vorwurfs eine über die Teilunwirksamkeit hinausgehende Sanktion nicht veranlaßt. Man kann deshalb sagen, daß das Rechtsgeschäft "institutskonform zugeschnitten" wird 20 , sofern man damit nicht die Befugnis des Richters zu einem gestaltenden Eingriff in den Vertrag verbindet. Ist die Unwirksamkeit somit zwar auf den Teil des Rechtsgeschäfts beschränkt, der einen Mißbrauch des Instituts enthält, so ist eine Aufrechterhaltung des Restgeschäfts dennoch nur im Rahmen des § 139 möglich, d. h. bei Teilbarkeit des Rechtsgeschäfts und Vorliegen des entsprechenden, auf Fortbestand des Restgeschäfts gerichtetenhypothetischen - Parteiwillens 21 . Außerdem dürfen keine der nur subsidiär 22 eingreifenden Vorschrift des § 139 vorgehenden, dem Institutszweck Rechnung tragenden Rechtsfolgenregelungen bestehen. Soweit demnach § 139 eingreift, ist eine Vermutung der Gesamtunwirksamkeit des Rechtsgeschäfts oder eine Ausstrahlungswirkung des mißbrauchten Instituts auf die im Wege der Interessenabwägung vorzunehmende Ermittlung des hypothetischen Partei willens entgegen einer namentlich im Kartellrecht anzutreffenden Auffassung 23 nicht veranlaßt. Zwischen der auf den Parteiwillen abstellenden Vorschrift des § 139 und dem die Unwirksamkeit gebietenden Institutsmißbrauch besteht vielmehr ein Rangverhältnis der Art, daß der der Parteidisposition entzogene Umfang der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts abschließend auf einer der Anwendung des § 139 vorgelagerten Stufe durch das objektiv-rechtliche Insitut bestimmt wird 24 • Bewendet es somit richtiger Auffassung nach hinsichtlich der Rechtsfolgen des Institutsmißbrauchs bei den allgemeinen Vorschriften, so ermöglicht es dieser Befund, die weiteren Ausführungen auf die Ermittlung der Voraussetzungen einer Verfehlung der dem Vertrag zukommenden Funktionen, und zwar unter dem speziellen Gesichtspunkt der Beeinträchtigung von Drittinteressen, zu beschränken.
So Esser j E.Schmidt, SchR I, § 10 III 1 S. 147. Zu diesen Voraussetzungen des § 139 vg1. statt aller Soergel j Hefermehl, § 139 Rdn.1, 23ff,34ff. 22 Vg1.Flume,ATII,§ 32.4S. 576ff; Soergelj Hefermehl,§ 139 Rdn.3, 49ff; Larenz, AT, § 2311 d, S. 463f; MünchKomm-Mayer-Maly, § 139 Rdn. 30. 23 Vg1. Steindorff, FS Hefermehl, S. 186 f; ders., FS Larenz, S. 226; Emmerich, ZHR 139 (1975),515; Knöpfte, BB 1981, Beil.14 S. 3f; von Gamm, Kartellrecht, § 1 GWB Rdn.40f. 24 So überzeugend Ulmer, FS Steindorff, S. 807 ff m.w.Nachw. 20 21
§ 5 Vertragsfunktionen I. Überblick
Die Lehre vom Institutsmißbrauch, die einem Fehlgebrauch des Instituts die rechtliche Anerkennung versagt, wirft die Frage nach den Funktionen des in Frage stehenden Instituts auf, da nur auf diesem Weg die Fälle des Mißbrauchs von denjenigen des zweckgerechten Gebrauchs des Instituts abzugrenzen sind. Im folgenden sollen deshalb die dem Vertrag als Institut des Privatrechts zukommenden Funktionen dargestellt werden, um anschließend die von diesem ausgehende Beeinträchtigung von Drittinteressen auf ihre rechtliche Relevanz sowie ihre Vereinbarkeit mit den berechtigten Erwartungen nicht am Vertragsschluß beteiligter, vom Inhalt des Vertrags aber betroffener Dritter zu untersuchen. Daß der Vertrag überhaupt auf von ihm zu verwirklichende Funktionen zu untersuchen ist, ist in einer Zeit, in der der Vertragsfreiheit kein "Wert an sich" mehr zugesprochen, sondern ihre lediglich "dienende Funktion" betont wird, allseits anerkannt!. Welche Funktionen dem genannten Institut zukommen, ist demgegenüber Gegenstand einer literarischen Auseinandersetzung, die mit den Schlagworten "Selbstbestimmung" und "Richtigkeitsgewähr des Vertrags" vereinfacht gekennzeichnet werden kann. 11. Meinungsstand
1. Der Vertrag als Mittel zur Selbstbestimmung
In einer freiheitlichen, das Prinzip der Selbstbestimmung der Rechtssubjekte anerkennenden Rechtsordnung ist die Vertragsfreiheit eine Ausprägung der Privatautonomie als des auf die Gestaltung der Rechtsverhältnisse bezogenen 1 So bereits von Jhering, Der Zweck im Recht I, S. 107f ("Es gibt in meinen Augen keinen verhängnisvolleren Irrtum, als ob der Vertrag als solcher, sofern sein Inhalt nur nicht gesetzwidrig oder unmoralisch sei, einen gerechtfertigten Anspruch auf den Schutz des Gesetzes habe"). Vgl. ferner - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - Flume, FS DJT S. 139 f; Baumbach j Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg Rdn. 49; Kramer, "Krise", S. 35 ff (mit zahlreichen Nachweisen); Lammei, AcP 189 (1989), 249; Mayer-Maly, FS Korinek, S. 153; Mestmäcker, JZ 1964,443; Raiser, JZ 1958, 2, 6; ders., FS von Gierke, S. 197; ders., FS DJT, S. 104ff; Reuter, AcP 189 (1989), 199f, 214ff; Zöllner, AcP 176 (1976), 222f. Vgl. demgegenüber zur paläo-liberalen Rspr. des RG (etwa RGZ 11, 100, 110; 38, 155, 157ff; 104,98,101 f: "Daß grundsätzlich jeder Verkäufer.. .in der Aufstellung seiner Verkaufsbedingungen vollkommen freie Hand hat, kann einem Zweifel nicht unterliegen") etwa Hart, AGB und Justizsystem, S.39f; Baumbachj Hefermehl, aaO, Rdn.38; Raiser, AGB, S. 303ff; Säcker, Gruppenautonomie, S. 214; Pflug, Kontrakt und Status, S. 82ff; ferner unten unter § 15 I 3, II.
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§ 5 Vertragsfunktionen
Teils der allgemeinen Selbstbestimmung. Dem Vertrag als Aktstypus für die Gestaltung von Rechtsverhältnissen 2 kommt deshalb nach nahezu einh.M. 3 die Funktion zu, die Gestaltung der Rechtsverhältnisse in Selbstbestimmung zu ermöglichen. In der Begründung eines Rechtsverhältnisses zwischen beiden 4 Parteien kommt aber nur die eine Seite der durch den Vertrag ermöglichten Selbstbestimmung zum Vorschein. Ergänzend zu diesem positiven ("gestalterisehen") Moment tritt der durch das Zustimmungserfordernis begründete negative ("abwehrende") Aspekt der Selbstbestimmung 5 , wonach ohne die erforderliche Zustimmung der Tatbestand eines wirksamen Vertrags nicht vorliegt 6 • Funktionsvoraussetzung des Vertrages und der Vertragsfreiheit ist nach dieser Auffassung das Bestehen ausreichender Macht zur Selbstbestimmung auf beiden Seiten, die eine einseitige Fremdbestimmung verhindert? 2. Der Vertrag als Mittel zur Herbeiführung einer "richtigen" Regelung
a) Umstritten ist, ob sich die Funktion des Vertrags in der Ermöglichung beiderseitiger Selbstbestimmung erschöpft, oder ob diesem darüber hinaus noch sonstige Funktionen zukommen. Walter Schmidt-Rimpler hat die Formel von der Richtigkeitsgewähr des Vertrags geprägt und damit dem Vertrag die Funktion zugeschrieben, in begrenztem Rahmen ohne hoheitliche Regelung ein richtiges Ergebnis auch gegen unrichtigen Willen herbeizuführen 8 • Diese 2 Vgl. Flume, FS DJT S. 148; ders., AT II § 1.2,8 S. 2, 12f; Raiser, JZ 1958, 5; Steindorff, FS Raiser, S. 627. 3 Bydlinski, Privatautonomie, S. 122ff, 126ff; Burckhardt, FG Schweizerisches Bundesgericht, S. 3 f; Flume, FS DJT, S. 142 ff, und AT II, § 1.5, 6, S. 6 ff; von Hippel, Privatautonomie, S. 57ff, 62, 66ff; Hönn, Kompensation, S. 18f, 36ff; ders., Jura 1984, 57 ff; Larenz, SchR I, § 4, S. 40 f; Merz, Privatautonomie heute, S. 1 ff; Oftinger, FG Bundesverfassung, S. 321 ff; Paschke, Das Dauerschuldverhältnis der Wohnraummiete, S. 41 ff; Raiser, FS DJT, S.104ff; ders., JZ 1958, 5f; Reuter, Perpetuierung, S.35f; Esser / E.Schmidt, SchR I, § 10 I, S. 132ff(einschr.); Weitnauer, Der Schutz des Schwächeren im Zivilrecht, S. 17; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 19ff, 59 fund passim; vgl. auch BVerfG NJW 1990, 1469, 1470. Zur Auffassung Schmidt-Rimplers vgl. Fn. 6. Eine andere Frage ist, inwieweit der Vertrag diese Funktion realiter zu erfüllen vermag; vgl. etwa Zweigert, FS Rheinstein, S. 502ff ("Utopie"); dagegen zutr. Ferid, RabelsZ 35 (1971), 558ff. 4 Die Ausführungen gelten entspr. für den unter Beteliigung von mehr als zwei Personen geschlossenen Vertrag. S Flume, FS DJT S. 142; Raiser, FS DJT, S. 120f. 6 Demgegenüber sieht Schmidt-Rimpler, FS Raiser, S. 21, in dem Zustimmungserfordernis ein Element der Fremdbestimmung; vgl. dagegen Larenz, SchR I, § 4, S. 40 Fn. 4, mit zutr. Hinweis darauf, daß es sich dabei lediglich um die Anerkennung der Selbstbestimmung der anderen Vertragspartei handelt. 7 Vgl. BVerfG NJW 1990,1469,1470; Flume, FS DJT, S. 143, und AT 11, § 1.7, S. 10ff; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 104ff und passim. 8 Grundlegend in AcP 147 (1941), 130ff, 156ff; vgl. aber auch dens., FS Nipperdey, S.1ff, und FS Raiser, S. 3ff.
11. Meinungsstand
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Möglichkeit beruhe auf der Art des Zustandekommens der vertraglichen Regelung, dem sog. Vertragsmechanismus 9 • Da der egoistische 10 Wille einer Vertragspartei keine Gewähr für die Übereinstimmung des Gewollten mit dem Gebot der Richtigkeit biete 11 , werde ein richtiger Ausgleich allein durch das Zustimmungserfordernis der anderen Vertragspartei ermöglicht, die nunmehr ihre Interessen in die Waagschale werfe l2 . Anläßlich des Zusammentreffens ihrer gegensätzlichen Interessen fanden die Vertragsparteien entweder einen Ausgleich, der dem Erfordernis der Richtigkeit entspreche ("positive Richtigkeitsgewähr"), oder aber der Interessenausgleich scheitere, so daß der Abschluß eines unrichtigen Vertrags verhindert werde ("negative Richtigkeitsgewähr") 13. Dabei sei unter einer richtigen Regelung eine solche zu verstehen, die dem Gebot der Gerechtigkeit, aber auch dem der Zweckmäßigkeit (im Sinne des zur Verwirklichung des Gemeinschaftsdaseins Erforderlichen) Rechnung trage, wobei der Vorrang aber der Gerechtigkeit gebühre. Zu diesen sachlichen Richtigkeitsprinzipien treten diese "durchkreuzende" technische Richtigkeitsprinzipien, namentlich die Rechts- und Verkehrssicherheit, die gegebenenfalls zur Geltung eines sachlich unrichtigen Ergebnisses führen könnten 14. Nach dieser Auffassung besteht die Funktion des Vertrags somit in der Begründung einer gerechten Ordnung; zwischen dem in der klassischen Vertragslehre des Liberalismus allein interessierenden Tatbestand der Vertragsentstehung und dem Vertrag als Regelung, d. h. dem Vertragsinhalt, wird ein funktionaler Bezug hergestellt. b) Auch die Erfüllung dieser Funktion des Vertrags ist, was SchmidtRimpler 15 stets betont hat, an bestimmte Voraussetzungen gekoppelt. Danach scheide der Vertrag als Mittel zur Herbeiführung einer gerechten Regelung immer dann aus, wenn die Freiheit der Entscheidung typischerweise, insbesondere wegen der fehlenden Verzichtsmöglichkeit einer Partei bzw. deren sonstiger Abhängigkeit von der anderen Partei, fehlt, oder typischerweise eine Wertung und Abwägung der Rechtsfolgen nicht auf beiden Seiten stattfindet. In diesen Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 149ff. Vgl. schon von Jhering, Der Zweck im Recht I, S. 102ff(107), wonach der Egoismus die Triebfeder des ganzen Verkehrs und allein imstande sei, die Aufgabe der Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse zu lösen. Zu dem dem Egoismus eigenen Korrektiv vgl. unten unter 3 b sowie ausführlicher unten unter § 6 11. 11 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 15lf; Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. llO. 12 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 15lff. Vgl. auch von Jhering, Der Zweck im Recht I, S. 103: "Dem Egoismus des einen stellt sich der des andern entgegen, jener darauf gerichtet, möglichst viel zu nehmen, dieser darauf, möglichst viel zu geben. Der Indifferenz- oder Nullpunkt, bei dem beide miteinander ins Gleichgewicht kommen, ist das Äquivalent". 13 Zur positiven und negativen Richtigkeitsgewähr vgl. Schmidt-Rimpler, FS Raiser, S. 6; zum positiven und negativen Aspekt der Selbstbestimmung s. im Text unter 11 1. 14 Vgl. näher unten unter b). IS In: AcP 147 (1941), 157 Fn. 34; FS Nipperdey, S. 6ff; FS Raiser, S. 12ff. 9
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Fällen fehle es an dem für die Erzielung von Vertragsgerechtigkeit wesentlichen Element des Vertragsmechanismus, nämlich dem Abschleifen der gegenseitigen Interessen. Insoweit bedarf es also einer Begrenzung der Vertragsfreiheit durch die Entwicklung der oben unter § 1 11 angesprochenen Innenschranken der Privatautonomie. Liegen die Funktionsvoraussetzungen des Vertragsmechanismus dagegen typischerweise vor, so bleibe das Versagen des Mechanismus im Einzelfall innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138 irrelevant, da in diesem Fall das technische Richtigkeitsprinzip der Rechtssicherheit die Anerkennung der vertraglichen Regelung trotz sachlicher Unrichtigkeit gebiete l6 . c) Während der Vertragsmechanismus in den oben unter b) genannten Fällen deshalb nicht zu einer sachlich richtigen Regelung führe, weil die Funktionsvoraussetzungen nicht vorliegen, sei die Richtigkeitsgewähr des Vertrags von vornherein begrenzt, soweit Interessen der Allgemeinheit oder unbeteiligter Dritter Gegenstand des Vertrags sind 17. Die Grenzen der Richtigkeitsgewähr des Vertrags und damit die Außenschranken der Privatautonomie seien namentlich dann überschritten, wenn der Vorteil beider Parteien für eine ungerechte Benachteiligung Dritter spricht. Dies beruhe darauf, daß in diesem Fall ein übermäßiges Verlangen des einen Vertragspartners den anderen Vertragspartner nicht berühre, ein Abschleifen gegensätzlicher Interessen also gerade nicht stattfinde. Jeder Vertragspartner prüfe die Rechtsfolgen nur unter dem Gesichtspunkt, ob sie ihm gegenüber richtig sind, so daß allein die bestehende Interessenpolarität die Richtigkeit des Vertrags zu begründen vermag l8 . d) Rechtsprechung 19 und Schrifttum 20 stimmen weitgehend der Vertragslehre Schmidt-Rimplers zu. Gewichtige Gegenstimmen setzen mit ihrer Kritik an 16 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 133f, 157f Fn. 34, 179ff; ders., FS Nipperdey, S. 10; beispielhaft genannt werden etwa die Fälle des (Motiv-)Irrtums sowie der fehlenden Sachkenntnis oder Erfahrenheit einer Vertragspartei. 17 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 151 f; ders., Wirtschaftsrecht, S. 691; SchmidtSalzer, NJW 1971, 175f. 18 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 152; ders., FS Raiser, S.5, 11; ders., FS Nipperdey, S. 6f ("Wenn es um die Gerechtigkeit nicht nur i.S. des Ausgleichs zwischen den Parteien, sondern in anderen Beziehungen geht, wird sie sich häufig nicht durchsetzen"). 19 Mit einem Hinweis auf die fehlende Richtigkeitsgewähr begründen eine Inhaltskontrolle etwa BAG AP Nr.l und 2 zu § 305; BGHZ 101, 350, 354 = NJW 1988, 135. 20 Von den nicht überschaubaren Stellungnahmen seien ohne Anspruch auf Vollständigkeit genannt Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 106ff; Brandner / Ulmer, BB 1991, 704; Byd/inski, Privatautonomie, S.62ff ("Frage nach der Rechtfertigung der Rechtsgestaltung durch Vertrag erschöpfend gelöst"); Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 14ff; Dreher, Die Versicherung als Rechtsprodukt, S. 93 ff; von Hoyningen-Huene, Die Billigkeit im Arbeitsrecht, S. 137; Mayer-Maly, FS Merkl, S. 250ff' und FS Korinek, S. 154f; Mestmäcker, JZ 1964, 441; Paschke, Das Dauerschuldverhältnis der Wohnraummiete, S.47ff; Reinhardt, FS Schmidt-Rimpler, S. 115ff; Rittner, Ausschließlichkeitsbindungen, S.14ff, 59ff; ders., FS Sölter, S.29; Säcker, Gruppenautonomie, S. 205ff; Schmidt-Salzer, NJW 1971, 8f; Weitnauer, Der Schutz des Schwächeren im Zivilrecht, S. 18; Wieacker, Privatrechtsgeschichte der
H. Meinungsstand
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zwei verschiedenen Ebenen an. Raiser 21 , der im übrigen ebenfalls die Regelungsfunktion des Vertrags betont und im Grundsatz, soweit es um die Frage der Vertragsfunktionen geht, der Auffassung Schmidt-Rimplers sehr nahe steht 22 , wendet sich gegen die Annahme einer Richtigkeitsgewähr des Vertrags. Die Willensübereinstimmung beruhe stets auf einem Machtausgleich, so daß ein durch unterschiedliche Machtverhältnisse bedingtes Übergewicht einer Partei einer gerechten Regelung durch den Vertrag entgegenstehe. Es sei Sache des WirtschaJtsrechts, für Vertragsgerechtigkeit zu sorgen. Des weiteren wird namentlich von Flume 23 geltend gemacht, das Prinzip der Selbstbestimmung verbiete die Frage nach der Richtigkeit des Vertrags. Vielmehr gelte das vertraglich Vereinbarte, weil und soweit es von den Parteien gewollt sei. Im Bereich der Privatautonomie sei der Wille der einzige Maßstab der Richtigkeit; es gelte das Prinzip "stat pro ratione voluntas". Der Berechtigung dieser Einwände wird unten unter III. nachgegangen. 3. Marktmechanismus als Schutzobjekt der VertragsJreiheit
a) Vertragsfreiheit und Wettbewerbsordnung als Teil der Wirtschaftsordnung stehen in einemJunktionalen Zusammenhang, dessen Herausarbeitung das Verdienst der ordoliberalen Schule ist 24 • Die danach bestehenden Korrelationen zwischen Vertragsfreiheit und Wettbewerbsordnung, die heute auch über den Kreis der neo- und ordoliberalen Lehre hinaus anerkannt sind 25, sind vielschichNeuzeit, S. 540,547, 622f; vgl. auch Begr. RegE z. AGBG, BT-Drucks. 7/3919, S. 9 ("Die im BGB vorausgesetzte Funktion der Vertragsfreiheit, durch freies Aushandeln der Vertragsbedingungen ... Vertragsgerechtigkeit zu schafTen, ... "). 21 FS DJT, S. 118f; ebenso Roscher, ZRP 1972, 111ff; einsehr. ders., Vertragsfreiheit als Verfassungsproblem, S. 35 ff. 22 Dies betonen auch Bydlinski, Privatautonomie, S. 106f; Säcker, Gruppenautonomie, S.206 Fn. 12; Schuler, Über Grund und Grenzen der Geltung von AGB, S. 135. 23 In: FS DJT, S. 141 ff; ebenso Pflug, Kontrakt und Status, S. 132ff; Raiser, FS DJT, S. 119; vgl. auch Runge, Antinomien des FreiheitsbegrifTs im Rechtsbild des Ordoliberalismus, S. 145fT. 24 Vgl. Böhm, Wettbewerb und Monopolkampf, S. 100fT, 117fT; ders., Ordnung der Wirtschaft, S. 104ff, 120ff; ders., WuW 1956, 176ff; Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, insbes. S. 241 ff, 275ff; Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 106ff, 144ff; ders., FS Böhm S. 118fT; Mestmäcker, JZ 1964, 442f; ders., AcP 168 (1968), 235ff; ders., RabelsZ 54 (1990), 416ff; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 162fT, 176fT, 211 fT; Reuter, Perpetuierung, S. 37 fT.. 25 Vgl. etwa Dreher, Die Versicherung als Rechtsprodukt, S. 96ff; Flurne, FS DJT, S. 144; Erman/ Hefermehl, vor § 145 Rdn.26 a; Hönn, JuS 1990, 956f; Raiser, FS DJT, S. 133; Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, S. 691 fT. - Umstr. sind demgegenüber die Konsequenzen eines etwaigen Marktversagens sowie die Frage der Reaktion auf Zielkonflikte und - damit zusammenhängend - einer Instrumentalisierung des Wettbewerbs (sog. "Dilemma"-These), vgl. etwa Hart, AGB und Justizsystem, S. 77fT; ders., AG 1984, 71 fT; Joerges, Verbraucherschutz als Rechtsproblem, S. 43 fT. Vgl. auch den Überblick bei Möschel, FS Tübinger Juristenfakultät, S. 336ff; Reuter, Perpetuierung, S. 42ff; Säcker, Zielkonflikte, insbes. S. 20ff; ferner die Kontroverse zwischen Hoppmann und Kantzenbach (vgl. dazu M.Lehmann, JZ 1990, 63; Möschel, FS PfeifTer, S. 347 mit
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tig; für vorliegende Untersuchung genügt die Feststellung, daß zwischen beiden eine gegenseitige Abhängigkeit besteht. Einerseits bedarf die Vertragsfreiheit des Wettbewerbs, um Auswahlmöglichkeiten und dadurch beiderseitige Selbstbestimmung der Vertragspartner bzw. die Richtigkeitsgewähr des Vertrags, also die oben angeführten Vertragsfunktionen, zu ermöglichen; insoweit geht es somit um die "Entmachtungswirkung"26 , um die soziale Selbstregierung des Egoismus 27 und damit um die geselischaJtspolitische Funktion des Wettbewerbs zum Schutz der Vertragsordnung 28 . Andererseits bedarf der Wettbewerb zur Erfüllung der ihm zugedachten - ökonomischen - Ansporn-, Steuerungs- und Verteilungsfunktionen 29 einer Vertrags ordnung, deren Ingebrauchnahme zwangsläufig die erforderlichen Auslese- und Anspornwirkungen auf der Gegenseite entfaltet 30. Demzufolge wird dem Vertrag nach verbreiteter Auffassung eine dem Wettbewerb "dienende" Funktion zugesprochen 31 • Das Institut Vertragsfreiheit soll m.a.W. das Funktionieren des Instituts Leistungswettbewerb ermöglichen. b) Voraussetzung für die Wirkung von Wettbewerb ist danach Freiraum des Konsumenten für wirtschaftliche, am individuellen Bedürfnis ausgerichtete Entscheidungen bzw. -aus der Sicht der Vertragslehre Schmidt-Rimplers- ein leistungsgerechter Vertragsinhalt 32 • So führt beispielsweise das Fehlen der Funktionsvoraussetzungen des unter Verwendung von AGB geschlossenen Vertrags dazu, daß der Verwender durch die unkontrollierte Aufnahme etwa von Freizeichnungsklauseln jeglichen Anreiz zu sorgfaltigem Geschäftsgebaren und zur Schadensverhütung verliert; die vermehrten Schadensfalle führen zu volkswirtschaftlichen Nachteilen und zur Beeinträchtigung der leistungsbezogenen Auslesefunktion des Wettbewerbs 33 ,da der Verwender für seine NachlässigNachw. in Fn. 54) sowie diejenige zwischen Gotthold (ZHR 145 [1981], 286ff; ZHR 146 [1982], 55ft) und Möschel (ZHR 145 [1981], 590ft). 26 Böhm, WuW 1956, 179ff; Mestmäcker, RabelsZ 54 (1990), 416ff. 27 So von Jhering, Der Zweck im Recht I, S. 104. 28 Dazu näher unten unter § 6 11 3. 29 Vgl. näher unten unter § 16 IV 3. 30 Baudenbacher, Grundprobleme der AGB, S. 179ff, 292f; Böhm, Wettbewerb und Monopolkampf, S. 117 ff; Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S.275; Baumbachj Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg Rdn.27f; Kliege, Rechtsprobleme der AGB, S. 106ff; Mestmäcker, AcP 168 (1968), 240ff; ders., JZ 1964,443; Pflug, Kontrakt und Status, S. 69 ff (78), 89 ff; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 154 ff, 162 ff, 173ff, 192ff; Rittner, FS Sölter, S. 30f; Schirmers, Konditionenempfehlungen, kartellrechtliche Kontrolle und AGB-Gesetz, S. 45; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 92. 31 Vgl. die Nachw. in Fn. 30. 32 Es verwundert nicht, daß auch insoweit das Gewicht teils mehr auf die Entscheidungsfreiheit des Konsumenten (so etwa Hefermehl, Rebe, Schirmers und Wolf, jew. aaO [Fn. 30]), teils mehr auf die Gerechtigkeit (Baudenbacher aaO [Fn. 30]), Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, S. 692f; ders., AcP 147 (1941), 133 Fn. 3; Raiser, FS Fechner, S. 61) gelegt wird. 33 Dies gilt allgemein für die infolge der fehlenden Transparenz der Klauselwerke verborgen bleibende Leistungsfähigkeit des Verwenders, vgl. Baudenbacher, Grundpro-
III. Stellungnahme
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keit nicht einstehen muß. Die Geltendmachung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen durch Mitbewerber und Verbände, aber auch die Ausübung von Widerrufsrechten nach Art des HausTWG und des VerbrKrG durch den Konsumenten sichern nach dieser Auffassung die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs; das Individuum wird zum "Funktionär der Gesamtrechtsordnung"34. Die dem einzelnen Vertrag zukommenden Funktionen, d. h. die Ermöglichung von Selbstbestimmung bzw. die Schaffung einer "richtigen" Regelung, erlangen somit auch in bezug auf den Wettbewerb Bedeutung. Allerdings werden in diesem Zusammenhang die Entscheidungsfreiheit des Konsumenten bzw. die Gerechtigkeit des Vertragsinhalts nicht als solche, sondern im Hinblick auf die Stellung des Konsumenten als Entscheidungsträger in der Wettbewerbsordnung und der damit verbundenen ordnungspolitischen Bedeutung der Ausgestaltung des Vertragsrechts sowie der ordnenden Kraft des Wettbewerbs gewährleistet 35 • 111. Stellungnahme j.
Komplementarität zwischen Richtigkeitsund Selbstbestimmungslehre
a) Gerechtigkeit, deren Verwirklichung der Zweck des Rechts ist 36 , und Freiheit des Individuums, die durch Art.2 Abs.1 GG jedenfalls innerhalb eines Kernbereichs garantiert ist 37 und unsere Rechtsordnung prägt, stehen in einem Spannungsverhältnis. Dieses tritt namentlich im Zusammenhang mit der Betrachtung des Vertrags als Paradigma des zweiseitigen Rechtsgeschäfts offen zu Tage. Allzu leicht kann dieser, statt die Freiheit beider Vertragspartner zu verwirklichen, zu einem Instrument der Herrschaft einer Vertragspartei über die andere, also zu Lasten von deren Freiheit, mißbraucht werden. Solchermaßen ausgeübte "Freiheit" entspricht allenfalls einem formalen Freiheitsverständnis 38 , verwirklicht aber jedenfalls nicht Gerechtigkeit und verdient schon deshalb keinen Schutz 39 • Denn zur Diskussion steht nicht die Frage, ob bleme der AGB, S. 293; Schirmers, Konditionenempfehlungen, kartellrechtliche Kontrolle und AGB-Gesetz, S. 46. 34 Biedenkopf, FS Böhm, S. 134. 35 Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 162fT. 36 von Jhering, Der Zweck im Recht I, S. 108; von Hippel, Privatautonomie, S. 75 ff; Raiser, FS von Gierke, S. 189; Schmidt-Salzer, NJW 1971, 8; Stammler, Vertrag und Vertragsfreiheit, S. 340f ("Zwangsversuch zum Richtigen"); M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 31 fT ("eigentliche Aufgabe" der Rechtsordnung); vgl. auch schon Adam Smith (zitiert nach Mestmäcker, Recht und ökonomisches Gesetz, S. 135): "Gerechtigkeit. . .ist die Hauptsache, weiche das ganze Gebäude aufrechterhält." 37 BVerfGE 35, 35, 39; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rdn.332 f. 38 Vgl. die Nachw. in Fn. 1 zur paläo-liberalen Rspr. des Reichsgerichts.
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Gerechtigkeit zu verwirklichen ist, sondern diejenige, auf welchem Weg dies zu geschehen hat und wie das Gerechte zu ermitteln ist 40 • Auch eine freiheitliche Rechtsordnung, will sie diese Bezeichnung verdienen, vermag deshalb die Ausübung von Vertragsfreiheit grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn sie der Verwirklichung der Persönlichkeit beider Vertragspartner dient und dadurch dem Gebot der Gerechtigkeit Rechnung getragen wird 41 . Nun wäre es zwar denkbar, daß die Rechtsordnung den Inhalt eines jeden Vertrags auf seinen Gerechtigkeitsgehalt hin überprüft oder die Austauschbeziehungen selbst unmittelbar ordnet. In diesem Fall, wäre er durchführbar 42 , wäre zwar dem Gebot der Gerechtigkeit Genüge getan; doch wäre der Vertrag, sofern für ihn ein Bedürfnis verbliebe, vollends seiner Freiheit und Selbstbestimmung verbürgenden Funktion beraubt und zu einem Vorschlagsrecht der Parteien degradiert 43 • Kramer 44 weist zu Recht darauf hin, daß der Versuch, inhaltliche Vertragsgerechtigkeit durch Bezeichnung von Kriterien für die inhaltliche Richtigkeit einer einzelnen vertraglichen Gestaltung zu installieren, sich dessen bewußt zu sein hat, an den Grundfesten liberalen Denkens zu rütteln, das sich durch "wertungsfreie Neutralität", durch das ZurverfügungsteIlen eines formalen Verfahrens zur Bestimmung der Gerechtigkeit durch die Verfahrensbeteiligten selbst auszeichnet. Die freiheitliche Rechtsordnung steht deshalb vor der Frage, wie sie dieses Spannungsverhältnis zwischen Gerechtigkeit und Freiheit auflöst. b) Ausgangspunkt der grundlegenden Untersuchung von Walter SchmidtRimpler 45 aus dem Jahre 1941 ist die Frage, inwieweit es zweckmäßig ist, daß eine 39 Raiser, JZ 1958, 3; von Jhering, Der Zweck im Recht I, S. 108: "Sie" die Gerechtigkeit - "steht über der Freiheit"; vgl. auch das in Fn. 1 wiedergegebene Zitat v. Jherings. 40 Mayer-Maly, FS Korinek S.153; dezidiert auch von Hippel, Privatautonomie, S. 76f: "Eine Anerkennung von Rechtsgeschäften ist demnach unter allen Umständen ausgeschlossen, soweit ein solcher Selbstbetrieb der Individuen eine gerechte Ordnung der betreffenden Gesellschaft nicht verbürgen würde"; ferner Raiser, JZ 1958, 6. 41 Vgl. Bydlinski, Privatautonomie, S. 107; Kramer, "Krise", S.39; Schmidt-Salzer, NJW 1971, 9; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 62: nur dort, wo die Funtionsvoraussetzungen des Vertrags vorliegen, genügt die Selbstbestimmung als Legitimationsgrundlage. 42 Dem stehen nicht nur praktische Grunde entgegen; zur Unmöglichkeit der Bestimmung des iustum pretium vgl. Mayer-M aly, FS Merkl, S. 251; Schmidt-Rimpler, FS Raiser, S. 15; vgl. auch Säcker, Gruppenautonomie, S. 207f, wonach es keine Richtigkeit an sich gibt, sondern so viele Richtigkeiten, wie es Rechtssubjekte und Instanzen gibt, die über die Richtigkeit entscheiden. 43 Habersack, AcP 189 (1989), 408f; Schmidt-Salzer, NJW 1971,9. 44 Kramer, "Krise", S. 32f; vgl. auch dens., aaO, S. 22f; Kliege, Rechtsprobleme der AGB, S.100; Raiser, FS DJT, S. 130; treffend auch Mayer-Maly, FS Merkl, S.251: "Gewißheit über das Richtige zeichnet die Anhänger absoluter Systeme aus. Der Liberale dagegen wird es immer für möglich halten müssen, daß nicht sein Opponent, sondern er selbst das Richtige verfehlt". 4S In: AcP 147 (1941), 130ff. Anlaß der Arbeit war ein Forschungsauftrag der Akademie für Deutsches Recht anläßlich der Vorarbeiten für die Schaffung eines neuen
III. Stellungnahme
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Rechtsordnung Vertragsfreiheit zuläßt 46 • Gefragt wird also im Anschluß an Vorarbeiten von Burckhardt 47 und von Hippel48 unter rechtspolitischen Gesichtspunkten nach der Bedeutung des Vertrags innerhalb der Gesamtrechtsordnung. Umfang und Bedeutung privatrechtlichen Handeins sind jedoch in erheblichem Maße von verfassungsrechtlichen Vorgaben abhängig 49 , so daß die nicht auf eine konkrete Staatsorganisation bezogene Untersuchung Schmidt-Rimplers innerhalb der freiheitlichen, der Selbstbestimmung des Individuums verpflichteten Ordnung des GG50 einen anderen Gehalt erlangt. Aufgrund des Primats der Gerechtigkeit kann dies aber nur bedeuten, daß die Rechtsordnung Vertragsfreiheit insoweit anerkennen muß, als diese typischerweise 51 mit dem Prinzip der Gerechtigkeit in Einklang zu bringen ist 52 . Indem die Lehre von der Richtigkeitsgewähr des Vertrags nach der Verwirklichung von Gerechtigkeit fragt und dies in begrenztem Rahmen bejaht, führt sie zur Verwirklichung heider Werte 53 • Es geht ihr um das Abstecken des Bereichs, innerhalb dessen die Rechtsordnung die Bestimmung desjenigen, was gerecht ist, den unmittelbar Betroffenen zur eigenen Beurteilung überlassen kann, und zwar aufgrund der grundsätzlich berechtigten Erwartung, daß der Vertragsmechanismus die Parteien mit einem Höchtsmaß an Wahrscheinlichkeit zum richtigen Ergebnis lenkt. Soweit dem Vertragsmechanismus die Gewähr der Richtigkeit zukommt 54, gilt, was auch Schmidt-Rimpler 55 von Anfang an betont hat, das Prinzip "stat pro ratione "Volksgesetzbuchs", vgl. aaO, S.130 Fn. 1; dies erklärt die am damaligen Zeitgeist orientierte Ausdrucksweise. 46 Ziel der Untersuchung Schmidt-Rimplers war es, "grundsätzlich, gewissermaßen als ob man zum ersten Male vor der Aufgabe stände, zu prüfen, inwieweit eine richtige Gemeinschaftsordnung aufvolksgenössische Initiative und Gestaltung gegründet werden kann, welche Wege dabei eingeschlagen werden können und welcher von ihnen für unsere Gemeinschaft ein richtiges Ergebnis am sichersten verbürgt", AcP 147 (1941), 131 f; Hervorhebung im Original. 47 Im wesentlichen: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft, und FG Schweiz. Bundesgericht, S. 1 ff. 48 Grundlegend: Privatautonomie. 49 Lüderitz, Auslegung von Rechtsgeschäften, S. 86ff; Mestmäcker, JZ 1964,441,446; Schmidt-Salzer, NJW 1971, 8,11. 50 Auch die konkrete Ausgestaltung der jeweiligen Privatrechtsordnung, namentlich gesetzliche Risikozuweisungen, können das Grundmodell Schmidt-Rimplers modifizieren, vgl. etwa zur Bedeutung des § 123 Abs.2für die Richtigkeitsgewähr notarieller Verträge Habersack, AcP 189 (1989), 419ff. 51 Zum Prinzip der Rechtssicherheit, das die Geltung des im Einzelfall unrichtigen Vertrags gebietet, vgl. oben unter 11 2 b sowie unten unter § 16 111 1. 52 Stammler, Vertrag und Vertragsfreiheit, S. 341: "Und da auf der Hand liegt, daß bei schrankenloser Bewilligung der Geschäftsfreiheit das subjektive Belieben der Einzelnen und das objektiv Richtige zu leicht in Widerspruch miteinander kommen können, so gelangt man notgedrungen zu den Grenzen der Vertragsfreiheit". 53 Schmidt-Rimpler, FS Raiser, S. 8f, sowie bereits in AcP 147 (1941),169; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 61, 73. 54 Zu den Funktionsvoraussetzungen des Vertragsmechanismus und den Grenzen der Richtigkeitsgewähr s. oben unter 11 2 b,c. 4 Habersack
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§ 5 Vertrags funktionen
voluntas" 56. Der Einzelvertrag wird nicht mehr auf seine objektive Richtigkeit kontrolliert; vielmehr nimmt es die Rechtsordnung um des Wertes der Selbstbestimmung willen in Kauf, daß die Parteien bewußt oder - aufgrund des Versagens des Vertragsmechanismus im Einzelfall- unbewußt hiervon abweichen 57. Außerhalb dieses Bereichs dagegen ist es Sache der Rechtsordnung, Gerechtigkeit auf anderem Weg zu verwirklichen, sei es durch Einflußnahme auf den Vertrag - hier bieten sich Inhaltskontrolle, zwingendes Recht oder Kontrahierungszwang 58 an - oder durch unmittelbare hoheitliche Regelung; jedenfalls gilt insoweit: "non stat contra rationem voluntas" 59. Somit erweist sich der Einwand Flumes fiJ , die Privatautonomie verbiete die Frage nach der Richtigkeit des Vertragsinhalts, als unbegründet 61 • Im übrigen betont auch Flume 62 , daß die "Vertragsfreiheit ... von der Gesetzgebung nur insoweit anerkannt werden" sollte, "als die Maxime des ius suum cuique tribuere nicht durch die Vertragsfreiheit institutionell verletzt oder gerahrdet wird". Auch er anerkennt die Vertragsfreiheit nicht als Wert an sich, sondern sieht zutr. in der Gerechtigkeit ein die Reichweite des Instituts begrenzendes Prinzip 63. Die somit bestehende Komplementarität zwischen Selbstbestimmungs- und Richtigkeitsfunktion des Vertrags wird schließlich bestätigt durch die "Vereinigung subjektiver und objektiver Gestaltungskräfte im Vertrage"64. Objektive Elemente, namentlich zwingendes Recht zum Schutz des unterlegenen Vertragspartners und Kontrahierungszwang, aber auch überindividuelle Ordnungskräfte 6S , ergänzen und korrigieren den Partei willen, wenn dieser nicht in der Lage ist, 55 Vgl. nur in: AcP 147 (1941),165 ff, wo er sich gegen die von anderen Vertragstheoretikern vorgeschlagene Reduzierung der Vertragsfreiheit auf ein Gestaltungsvorschlagsrecht der Parteien ausspricht. 56 Flume, FS DJT, S. 141. 57 Wegen der Unmöglichkeit der Bestimmung des iustum pretium betrachtet die Rechtsordnung es überdies als hilfreich und zweckmäßig, daß die Parteien das für sie richtige Ergebnis selbst bestimmen. 58 Bei diesem zeigt sich deutlich, daß das Prinzip der Gerechtigkeit immer dann eingreifen muß, wenn beiderseitige Selbstbestimmung nicht gewährleistet ist; vgl. auch Bartholomeyczik, AcP 166 (1966),31, mit Hinweis darauf, daß der Kontrahierungszwang aus dem Prinzip der Privatautonomie selbst folgt. 59 Vgl. Kramer, "Krise", S. 36. 60 In: FS DJT, S. 141 ff; vgl. ferner Pflug, Raiser und Runge, jew. aaO (Fn. 23). 61 So auch Brox, JZ 1966, 761, 762; Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 14f; J. Hager, Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung und Aufrechterhaltung von Rechtsgeschäften, S. 143f Fn.75; Larenz, AT, § 2 V, S.45ff, insbes. Fn.27; Lüderitz, Auslegung von Rechtsgeschäften, S. 88; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 208ff, 222ff; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 73 f, der im Hinblick auf mögliche Irrtümer und Fehlbeurteilungen der Parteien von der Richtigkeitschance des Vertrags spricht; ferner die in Fn. 20 Genannten. 62 In: FS DJT, S. 141; Hervorhebung vom Verf. 63 Flume FS DJT, S. 139: "Die Vertragsfreiheit ist der Maxime des ius suum cuique tribuere nicht selbständig vorgeordnet". 64 So der Titel des Beitrags von Reinhardt in der FS Schmidt-Rimpler.
III. Stellungnahme
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eine gerechte Regelung herbeizuführen. Dadurch wird zugleich ersichtlich, daß das Prinzip der Selbstbestimmung allein das Wesen des Vertrags als Regelung im Sinne seines Gesamtinhalts und in Gegenübe.rstellung zum Entstehungstatbestand nicht zu begründen vermag 66 • c) Indem Schmidt-Rimpler 67 die Funktionsvoraussetzungen und Grenzen des Vertragsmechanismus betont, entkräftet er zugleich den Einwand Raisers 68 , der Glaube an die Richtigkeitsgewähr des Vertrags gehe über den Glauben des frühen Liberalismus an eine prästabilierte Harmonie hinaus. Soweit dieser auf die Gesellschafts- und Wirtschaftsverfassung hinweist, deren Aufgabe es sei, für Vertragsgerechtigkeit zu sorgen, kann dies nicht bedeuten, daß das Vertragsrecht von der Sorge um Vertragsgerechtigkeit entbunden sei 69 . Aufgrund des funktionalen Zusammenhangs zwischen Vertragsfreiheit und Wettbewerbsordnung kann Vertragsgerechtigkeit nur im Zusammenspiel beider Faktoren erreicht werden. Im Idealfall kann aufgrund der Entmachtungswirkung des funktionsfähigen Wettbewerbs auf ein Eingreifen der Rechtssordnung verzichtet werden. Da die Realität aber häufig von diesem Idealzustand weit entfernt ist, ist es auch Sache des - überdies einen zentralen Bestandteil des Wirtschaftsrechts bildenen - Vertragsrechts, neben wettbewerbsrechtlichen Ausgleichsinstrumentarien korrigierend, d. h. durch objektive Gestaltungskräfte, auf Vertragsentstehung und Vertragsinhalt einzuwirken. 2. Plan/unktion des Vertrags
a) Wenn auch das Grundgesetz die Form der Wirtschaftsverfassung nicht positiv vorgibt, sondern dem Gesetzgeber lediglich Grenzen der Gestaltungsfreiheit setzt1° , so folgt aus dieser Neutralität doch lediglich eine - begrenzteVeränderlichkeit des Systems; keinesfalls entzieht sich dadurch die gegenwärtige Wirtschaftsverfassung der Frage nach ihrer Wirkungsweise innerhalb eines bestimmten Bereichs 71. Die gegenwärtige Wirtschaftsordnung 72 beruht zu Vgl. im einzelJlen Reinhardt, FS Schmidt-Rimpler, S. 119ff. Zutr. Hönn, Kompensation S. 18f; Schuler, Über Grund und Grenzen der Geltung von AGB, S. 128ff. -Gleiches gilt zudem für den Entstehungstatbestand, vgl. oben unter § 1 I 1 zu Fn. 2. 67 Etwa in: AcP 147 (1941), 151 f, 157 Fn. 34, und FS Raiser, S. 12f. 68 In: FS DJT, S. 118; weitere Nachw. oben Fn. 21. 69 So auch M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 90f; ders., Vertragsrecht und Sozialwissenschaften, S. 14, unter Hinweis auf Zielkonflikte im Wettbewerbsrecht. Auch Raiser selbst ist entgegen der Auffassung von Woif(aaO) von dieser Position weit entfernt, wie etwa seine Ausführungen in AGB, S. 277ff, aber auch in JZ 1958, 3 ff belegen. 70 Sog. wirtschaftspolitische Neutralität des GG, vgl. BVerfGE 4, 7, 17f; 50, 290, 338; Baumbachj Hefermehl, Wettbewerbsrecht, AIIg Rdn.42ff. 71 Zacher, FS Böhm S. 89; Baudenbacher, Grundprobleme der AGB, S. 89; vgl. auch Baumbachj Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg Rdn.36, 42. 72 Vgl. dazu Baudenbacher, Grundprobleme der AGB, S. 88ff; Baumbachj Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg Rdn.36, 70ff (75); Kliege; Rechtsprobleme der AGB, S. 112ff; 65
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§ 5 Vertragsfunktionen
einem Großteil auf dem marktwirtschaftlichen Prinzip und gründet sich insoweit auf die Ausübung von Privatautonomie als Entstehungsgrund von Wettbewerb. Letzterer stellt nicht nur eine faktische Erscheinung, sondern ein unter staatlicher Verantwortung stehendes 73 Organisationsprinzip der gemischten Wirtschaftsordnung dar. Anders als zur Zeit der klassich-liberalen Wirtschaftspolitik des 19. Jahrhunderts, die an eine durch das Prinzip des "Laissez faire" begründete prästabilierte Harmonie glaubte 74, sollen heute GWB, aber auch UWG für den Bestand des marktwirtschaftlichen Teils der gegenwärtigen Wirtschaftsverfassung sorgen. Die soeben unter II 3 a beschriebenen Korrelationen zwischen Vertragsfreiheit und Wettbewerb sind dadurch im Grundsatz normativ anerkannt 75 . Daraus folgt, daß das Vertragsrecht wirtschaftsrechtliche Bedeutung erlangt 76 , sofern man Wirtschaftsrecht nicht auf das Recht hoheitlicher Lenkung und Intervention beschränkt, sondern ihm im Bereich der marktwirtschaftlichen Ordnung die Aufgabe zuweist, klassische Rechtsgebiete und Rechtsinstitute in ihrer Auswirkung auf das Ganze 77, in ihrem Beitrag zur Verwirklichung der gesamtwirtschaftlichen Ordnung 78 bzw. zur Steuerung der Wirtschaft79 zu erfassen. Hat der Vertrag innerhalb des allgemeinen PrivatRaiser, FS Fechner, S. 60f; Säcker, Zielkonflikte, S. 11 ff; Mertens/Kirchner / Schanze, Wirtschaftsrecht, S.65ff; Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, S.690ff, 701 f; Rink/ Schwark, Wirtschaftsrecht, Rdn.94ff, 151 ff; Ti/mann, Wirtschaftsrecht, S.48; Zacher, FS Böhm, S. 89 ff. 73 Zur Überwindung der auf Vertragsfreiheit und Wettbewerb bezogenen "Vorstaatlichkeitsthese" vgl. Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg Rdn.37, 49, 70; Kramer, "Krise", S. 35f; Möschel, FS Pfeiffer, S. 720; Paschke, Das Dauerschuldverhältnis der Wohnraummiete, S.37ff; Raiser, Die Zukunft des Privatrechts, S. 17ff, 36f; ders., FS Fechner, S. 60f ("von Recht geschaffene und geregelte Einrichtung"); Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 154; Säcker, Zie1konflikte, S. 25; Mertens / Kirchner / Schanze, Wirtschaftsrecht, S. 63, 65. Ferner die gesamte ordoliberale Schule und deren Verständnis vom Wettbewerb als Einrichtung des öffentlichen Rechts sowie der These vom "nicht privaten Privatrecht", vgl. etwa Böhm, Wettbewerb und Monopolkampf, S. 117ff, 187ff; ders. Ordnung der Wirtschaft, S. 120ff; Mestmäcker AcP 168 (1968), 238ff; ders., ZHR 137 (1973), 97ff; kritisch dazu etwa Runge, Antinomien des Freiheitsbegriffs im Rechtsbild des Ordoliberalismus, S. 145 ff (vgl. dagegen aber wieder Möschel, FS Pfeiffer, S. 712f, 715 zum Primat individueller Handlungsfreiheiten in der ordoliberalen Wettbewerbspolitik). 74 Vgl. dazu Bartholomeyczik, AcP 166 (1966), 35; Baudenbacher, Grundprobleme der AGB, S. 74ff, 255ff; Hart, AGB und Justizsystem, S. 34ff; Raiser, AGB, S. 74f, 277ff; Schapp, Grundfragen der Rechtsgeschäftslehre, S. 55; Schmidt-Rimpler, FS Nipperdey, S. 6 f; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 8 ff. 75 Vgl. nur Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg Rdn.70. 76 Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 163,172; Rittner, Wirtschaftsrecht, § 1 Rdn.43, 57f; Steindorff, Einführung in das Wirtschaftsrecht, S.9 (mit Einführung der Gewerbefreiheit wird Privatrecht zum Wirtschaftsrecht); M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S.89. 77 So Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht S. 690; vgl. auch S. 689 m. Nachw. zu älteren, das Wirtschaftsrecht auf das Recht staatlicher Lenkung und Intervention beschränkenden Auffassungen. 78 So Rittner, Wirtschaftsrecht, § 1 Rdn.42.
III. Stellungnahme
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rechts die Funktion, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit im Verhältnis der Vertragspartner zu ermöglichen, so ist er im Bereich des Wirtschaftsrechts unter dem Gesichtspunkt der gesamtwirtscha/tlichen Richtigkeit Untersuchungsgegenstand. Entsprechend dieser eigenständigen wirtschaftsrechtlichen Methode erlangt der Vertrag dadurch auch eine spezifisch wirtschaftsrechtliche, auf Gestaltung der gesamtwirtschaftlichen Ordnung gerichtete Bedeutung, die das Eingreifen hoheitlicher Regelungen erübrigen soll. Da sich die marktwirtschaftliche Ordnung durch das Fehlen eines Gesamtplans auszeichnet, die Einzelpläne der Wirtschaftssubjekte statt dessen durch die Privatrechtsinstitute koordiniert werden, kann man die wirtschaftsrechtliche Funktion des Vertrags auch als Plan/unktion bezeichnen 80. b) Mestmäcker 81 hat es als eine Lebensfrage der Privatrechts ordnung bezeichnet, die rechtsgeschäftliche Privatautonomie als Mittel individueller Gestaltung zu bewahren und zugleich ihre Funktion und ihre Grenzen innerhalb der Rechtsordnung zu bestimmen. Diese im Grundsatz nicht zu bestreitende Aufgabe macht deutlich, daß die wirtschaftsrechtliche Betrachtung des Vertragsrechts nicht zur Negierung der dem Einzelvertrag zukommenden Freiheitsfunktion führt 82 , sondern allein dazu dient, die Auswirkungen der Gewährung von Vertragsfreiheit auf die Gesamtordnung festzustellen 83 . Die wirtschaftsrechtliche Sicht läßt das dem Konsumenten eingeräumte freie Ermessen bei der Ausübung des ihm übertragenen Schiedsrichteramtes unberührt. Es geht ihr darum, die infolge der Ausübung von Vertragsfreiheit entstehende normative Ordnung in die Gesamtordnung zu integrieren, ohne sie zu einem rein technischen Instrument zum Vollzug der Gesamtordnung im Sinne der Stufenbaulehre zu degradieren 84 • Zugleich sichert diese Sichtweise die Verträglichkeit etwaiger zur Herstellung von Vertragsgerechtigkeit erforderlicher Korrekturen des Vertragsrechts des BGB mit dem die Wirtschaftsordnung prägenden Marktmechanismus 8s • So. Steindorff, Einführung in das Wirtschaftsrecht, S. 5. Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 165; vgl. auch Esser / E.Schmidt, SchR I, § 1 III, S. 12 (Planerfüllung mittels Verfügungsgeschäft), sowie allgemein Raiser, 1Z 1958, 3, und Reuter, Perpetuierung, S. 36f. 81 In: 1Z 1964, 443; vgl. auch M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 40f. 82 So der Vorwurf Runges, Antinomien des Freiheitsbegriffs im Rechtsbild des Ordoliberalismus, S. 145ff, gegen das ordoliberale Privtrechtsverständnis. 83 Vgl. Raiser, FS von Gierke, S. 192f. 84 Zur Stellung des Vertrags in der Gesamtrechtsordnung vgl. Brox, 1Z 1966, 762; Flume, FS DJT, S. 141f; ders., AT II, § 1.4, S. 5f; Habersack, AcP 189 (1989), 411f; Mestmäcker, 1Z 1964,442; Reinhardt, FS Schmidt-Rimpler, S. 129ff; Zöllner, AcP 176 (1976), 246; danach geht es um die Anerkennung des Parteiwillens, die diesem den Charakter einer normativen Ordnung verleiht. 8S Zur Notwendigkeit einer solchen Abstimmung vgl. etwa Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S.275ff, 304ff; Kliege, Rechtsprobleme der AGB, S. 112ff; Mestmäcker, AcP 168 (1968), 238ff; ders., JZ 1964,443; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 91 f; vgl. auch Rittner, Wirtschaftsrecht, § 1 Rdn.56ff. 79
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§ 5 Vertrags funktionen
IV. Zusammenfassung und weiteres Vorgehen 1. Der Vertrag hat, soweit er von der Rechtsordnung anerkannt ist, die Funktion, eine selbstbestimmte und gerechte Regelung zwischen den Vertragspartnern herbeizuführen. Gleichzeitig ist er das konstituierende Element des Wettbewerbs als eines Teils der Wirtschaftsordnung. Weder die Lehre von der Richtigkeitsgewähr des Vertrags noch die Anerkennung der Planfunktion des Vertrags führen zu einer Reduzierung oder Instrumentalisierung des Prinzips der Privatautonomie. Es handelt sich jeweils nur um die Hervorhebung verschiedener Gesichtspunkte, die erst in ihrer Verbundenheit Wesen und Funktion des Vertrags innerhalb der Gesamtrechtsordnung vollständig erfassen. Wenn im folgenden die Vertragslehre Schmidt-Rimplers zugrunde gelegt wird, so geschieht dies nicht allein deshalb, weil sie die verschiedenen Vertragsfunktionen klar zum Ausdruck bringt. Aus dem zwischen Vertragsentstehung und Vertragsinhalt hergestellten Zusammenhang lassen sich vielmehr auch aufschlußreiche Erkenntnisse hinsichtlich der nunmehr unter dem spezifischen Aspekt des Drittschutzes zu ermittelnden immanenten Grenzen der Vertragsfreiheit gewinnen. 2. Bereits jetzt läßt sich vermuten, daß eine von dem Vertrag ausgehende Beeinträchtigung von Drittinteressen nicht durch dessen Funktionen legitimiert werden kann. Der Vertrag soll die selbstbestimmte und eigenverantwortliche Regelung der Rechtsverhältnisse der Vertragsparteien ermöglichen bzw. eine gerechte Regelung des Verhältnisses zwischen den Parteien des Vertrags herstellen. Parteiübergreifende Vertragswirkungen verwirklichen keine dieser Funktionen. Auch die auf die optimale Koordinierung der Einzelpläne der Wirtschaftssubjekte gerichtete gesamtwirtschaftliche Funktion des Vertrags wird nur durch die autonome Entscheidung der von der jeweiligen Plankoordinierung Betroffenen erfüllt. Im folgenden stellt sich primär das Problem der Feststellung des Institutsmißbrauchs. Diese wird dadurch erschwert, daß, wie bereits angedeutet wurde 86 , Drittbeeinträchtigungen häufig mit einem funktionsgemäßen Gebrauch der Vertragsfreiheit zusammentreffen und sich von diesem nicht ohne weiteres isolieren lassen, so daß es einer Entscheidung darüber bedarf, wann ein funktionsgemäßer Gebrauch der Vertragsfreiheit in einen Mißbrauch des Instituts umschlägt. Außerdem gilt es, ein abstraktes und abschließendes Aufgreifkriterium für die zum Schutz des Dritten gebotene Vertragskontrolle zu entwickeln, um der Gefahr zu begegnen, daß unter Hinweis auf eine angebliche Beeinträchtigung von Drittinteressen der Bestand eines jeden Vertrags In Zweifel gezogen und dadurch die Vertragsfreiheit ausgehöhlt wird.
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Oben unter § 2 11 2 b.
Dritter Teil
Drittinteressen und Parität der Vertragspartner Im folgenden Teil der Untersuchung sollen Notwendigkeit, Rechtsgrundlage und Reichweite eines Schutzes Dritter gegen die Beeinträchtigung ihrer Interessen durch den Inhalt eines bei ungestörter Parität der Vertragspartner geschlossenen Vertrags aufgezeigt werden. Wie bereits oben unter § 1 11 angedeutet wurde, differenziert die Untersuchung zwischen Beeinträchtigungen mit Auswirkungen auf die Rechtslage der von der vertraglichen Regelung betroffenen Dritten einerseits, und Beeinträchtigungen, die die Rechtslage Dritter unangetastet lassen und sich in einer Verletzung von deren Vermögensund Affektionsinteressen erschöpfen, andererseits. Diese Unterscheidung trägt der h.M.l in Rechtsprechung und Schrifttum Rechnung, wonach Dritte gegen die an zweiter Stelle genannten Beeinträchtigungen allein über das Verbot sittenwidriger Verträge geschützt werden, der Veränderung ihrer Rechtslage, soweit eine solche überhaupt anerkannt wird, dagegen im Vorfeld des § 138 Abs.1 zu begegnen ist. Die Frage, ob die rechtliche Qualifizierung der Vertragswirkungen tatsächlich ein sachliches Differenzierungskriterium hinsichtlich der Intensität des im Grundsatz unzweifelhaft gebotenen Drittschutzes ist, soll im Anschluß an die Darstellung der charakteristischen Merkmale und Ursachen der beiden Formen der Beeinträchtigung Dritter beantwortet werden 2 •
§ 6 Schutz Dritter vor belastenden Reflexwirkungen I. Begriff der Reflexwirkungen Bereits oben unter § 2 11 2 b wurde darauf hingewiesen, daß Reflexwirkungen dadurch gekennzeichnet sind, daß sie zwar willentlich herbeigeführt werden können, ein entsprechender Parteiwille aber nicht ursächlich für die Auswirkungen des Rechtsgeschäfts in der Person des Dritten ist. Genügte dieses Kriterium zur Abgrenzung der Reflexwirkungen vom Vertrag zu Lasten Dritter, so bedarf es für das weitere Vorgehen einer näheren Begriffsbestimmung. Im Anschluß an von Tuhr 3 wird hier unter einer Reflexwirkung die durch ein Rechtsgeschäft 1
2 3
Vgl. die Nachw. zur Behandlung der unten unter II. genannten Reflexwirkungen. Unten unter § 7 IV. In: AT II 1, §43 II, S.12, §50 V, S.167f.
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§ 6 Schutz Dritter vor belastenden Reflexwirkungen
vermittelte, nicht unmittelbar auf dem Willen der handelnden Personen beruhende Anderung der Rechtslage unbeteiligter Dritter verstanden. Sonstige Einwirkungen auf den Interessenkreis dritter Personen, die deren Rechtslage nicht verändern, sind dagegen keine Reflexwirkungen im genannten Sinn 4 • Die Unterscheidung von Tuhrs entspricht damit im Ergebnis der oben erwähnten gängigen Praxis, die hinsichtlich der Intensität des Drittschutzes nach der rechtlichen Qualifizierung der Beeinträchtigung unterscheidet 5, freilich ohne daß dieser Unterschied in den Rechtsfolgen auch nach von Tuhr mit der begrifflichen Differenzierung verbunden wäre 6 . Zu Recht hebt von Tuhr hervor, daß es für die Entfaltung von Reflexwirkungen stets einer rechtlichen Beziehung zwischen einer der Parteien und dem betroffenen Dritten bedarf. Denn nur eine solche rechtliche Verbundenheit ist imstande, die rechtlichen Auswirkungen des Rechtsgeschäfts über den Kreis der Vertragspartner hinaus und unabhängig von deren Willen auf den Dritten zu übertragen. Fehlt es an einer rechtlichen Beziehung zwischen einer der Parteien des Rechtsgeschäfts und dem Dritten als Grund der Reflexwirkung, oder aber besteht trotz Existenz einer solchen rechtlichen Beziehung die Wirkung des Rechtsgeschäfts nicht in einer Veränderung der Rechtslage des Dritten, so liegt keine Reflexwirkung im Sinne der vorliegenden Untersuchung vor. Zwar sind auch in diesen Fällen Auswirkungen des Rechtsgeschäfts auf Dritte denkbar, die die Rechtsordnung unter Umständen zu einem Schutz des Dritten veranlassen. Doch handelt es sich dabei stets um sonstige Auswirkungen des Rechtsgeschäfts, die nicht die Rechtslage, sondern allenfalls rechtlich schutzwürdige Vermögensoder Affektionsinteressen des Dritten in sonstiger Weise beeinträchtigen und deshalb auch unabhängig von einer besonderen Beziehung zwischen dem Dritten und einem der Vertragspartner eintreten können 7 • So führt beispielsweise die Schenkung des Vermögens des Schuldners zur Undurchsetzbarkeit und damit wirtschaftlichen Wertlosigkeit der Forderungen Dritter gegen den Schenker, verändert aber deren Bestand und Inhalt nicht und ist somit trotz der rechtlichen Beziehung zwischen Schenker und Gläubiger nicht als Reflexwirkung zu qualifizieren. Die Möglichkeit der Gläubiger, die Übertragung des Vermögens nach dem AnfG anzufechten oder nach § 419 den Vermögenserwerber in Anspruch zu nehmen, kompensiert lediglich die Beeinträchtigung ihrer Vgl. von Tuhr, AT 11 1, §43 11, S.12: Reflexwirkungen "in einem anderen Sinn". Demgegenüber versteht von Jhering (JherJb 10, [1866), 285ft) unter einer Reflexwirkungjede "durch besondere Verhältnisse bedingte und ausschließlich durch sie herbeigeführte ökonomisch vortheilhafte oder nachtheilige Folge einer in der Person des Einen eingetretenen Thatsache für eine dritte Person" und damit ~lIch die unter§ 7 darzustellenden Formen einer Beeinträchtigung Dritter. Die auch bei von Jhering anzutreffende Unterscheidung zwischen rechtlichen und tatsächlichen Reflexwirkungen (aaO S. 2651) dient allein der Konkretisierung des von ihm einheitlich verwendeten Begriffs der Reflexwirkungen. 6 Insoweit finden sich bei von Tuhr keine Ausführungen. 7 von Tuhr, AT 11 1, §43 11, S. 12, § 50 V, S. 168. 4
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11. Systematisierung der Lastwirkungen
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Vermögensinteressen und kann daher nicht als rechtsgeschäftlich herbeigeführte Änderung ihrer Rechtslage angesehen werden.
11. Systematisierung der Lastwirkungen Die durch ein Rechtsgeschäft hervorgerufenen Reflexwirkungen lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten unterscheiden 8. Da es vorliegender U ntersuchung um Einschränkungen der Vertragsfreiheit kraft beeinträchtigter Drittinteressen geht, ist eine Beschränkung auf von einem Vertrag 9 verursachte Lastwirkungen lO geboten. Diese können -ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Berücksichtigung der Frage ihrer Zulässigkeit- nach der rechtlichen Qualifizierung der belastenden Wirkung wie folgt eingeteilt werden: 1. Vereitelung ll eines Rechts a) Es wurde bereits oben unter § 2 11 3 b darauf hingewiesen, daß die Haftungsprivilegierung eines Gesamtschuldners den Regreßanspruch des anderen Gesamtschuldners vereitelt, der Verlust des Anspruchs aus § 426 somit eine Lastwirkung der Vereinbarung zwischen Gläubiger und Erstschuldner ist. Dagegen wird durch die Vorschriften der §§ 776, 1165 12 verhindert, daß die Aufgabe einer Sicherheit bzw. die Änderung der Rangordnung Lastwirkungen gegenüber dem Bürgen bzw. Schuldner entfalten. Die umstr. 13 Frage, ob dies entsprechend für das Gesamtschuldverhältnis zu gelten hat, deutet auf einen weiteren Sachverhalt hin, für den eine Begrenzung der Regelungsbefugnis des Gläubigers in Betracht kommt. Auch im Zusammenhang mit der Lehre vom ~chuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte kann es zur Vereitelung eines Rechts eines Dritten kommen, sofern man einer zwischen Gläubiger und Vgl. von Jhering, JherJb 10 (1866), 265ff. Lastwirkungen aufgrund eines einseitigen Rechtsgeschäfts sind in §§ 356 S. 2, 2161 vorgesehen; vgl. ferner die Problematik der Sicherung einer Schuld durch Bürgschaft und Pfandrecht und dazu BGH ZIP 1989, 1044, 1045f. 10 Zum Begriff der Lastwirkungen vgl. oben unter § 2 11 Fn. 16. Begünstigende Reflexwirkungen finden sich etwa in §§ 422 Abs.1, 423, 424,502 S."2, 513 S. 2, 984,1163 Abs.1 S.2, 2341 (Anfechtung durch fernerstehenden Berufenen). 11 Die Rechtsvereitelung ist dadurch gekennzeichnet, daß aufgrund einer an sich rechtmäßigen Handlung des Verursachers der Erwerb eines künftigen Rechts oder die rechtliche Durchsetzbarkeit eines bestehenden Rechts verhindert wird, vgl. von Jhering, JherJb 10 (1866), 317f; Krasser, Der Schutz vertraglicher Rechte, S. 258ff. Auch § 883 Abs.2 geht von dieser Begriffsbestimmung aus. 12 Ebenso §§ 67 Abs.1 S.3, 118 S. 3 VVG, § 804 Abs.3 HGB; vgl. beispielsweise auch § 768 Abs.2, wonach der Verzicht des Hauptschuldners auf eine Einrede die Rechtsstellung des Bürgen unverändert läßt. 13 Für eine Befreiungswirkung zugunsten der übrigen Gesamtschuldner in Höhe der aufgebenen Sicherheit Martens, AcP 177 (1977), 125f; Wacke, AcP 170 (1970), 42, 64ff, jew. m.weit.Nachw.; vgl. auch BGH WM 1967, 397 (Interessenwahrungspflicht des Gläubigers). 8
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§ 6 Schutz Dritter vor belastenden Reflexwirkungen
Schuldner getroffenen Freizeichnungsvereinbarung auch Wirkungen gegenüber den in den Schutzbereich des Vertrags einbezogenen Dritten zuspricht l4 . b) Zu einer Vereitelung eines Rechts kommt es ferner stets durch Abschluß und Erfüllung eines mit einem anderen Schuldvertrag kollidierenden Vertrags. Dem doppelten Vertragsschluß, der, wie etwa im Falle einer Stückschuld, nur einmal erfüllt werden kann, ist die Lastwirkung in Form der Vereitelung des einen ErjUllungsanspruchs durch die Erfüllung 1S des anderen eigen. Vermittelt werden die Wirkungen des fremden Rechtsgeschäfts durch das zwischen dem Dritten und dem Schuldner des Zweitvertrags bestehende Schuldverhältnis, das die für die Annahme einer Lastwirkung erforderliche rechtliche Beziehung zwischen dem Dritten und einem der Vertragspartner begründet l6 . 2. Begründung einer Verbindlichkeit
Die Begründung einer Verbindlichkeit als Lastwirkung eines Rechtsgeschäfts ist des öfteren gesetzlich angeordnet 17 . Darüber hinaus ist die Übertragung komplexer Rechtsverhältnisse nach Art der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft zu nennen. Wegen der Einzelheiten kann auf die Ausführungen oben unter § 2 11 3 c verwiesen werden. In ihren Wirkungen der Begründung einer Verbindlichkeit vergleichbar ist die Vereinbarung eines U nterhaltsverzichts l8 , die dazu führt, daß die Inanspruchnahme des nachrangig U nterhaltsverpflichteten nur noch von der Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers abhängig ist. 3. Einschränkung von Abschluß- und Inhaltschancen
Eine dritte Gruppe von Lastwirkungen läßt sich im Anschluß an Wiedemann 19 dahin umschreiben, daß durch sie die unendliche Zahl der einer Rechtsperson zur Verfügung stehenden Vertragsinhalte oder Abschlußmöglichkeiten um eine begrenzte Zahl eingeschränkt wird. Einige der vielfältigen Erscheinungsformen dieser Gruppe sollen im folgenden unter a) vorgestellt werden, bevor ihre für vorliegenden Zusammenhang relevanten Gemeinsamkeiten unter b) erörtert werden.
Dazu näher unten unter § 8 HI 3. Anders als in den in Fn. 9 genannten Fällen kann diese Wirkung jedoch nicht allein mit der Erfollung des zweiten Vertrags begründet werden, sondern nur in Zusammenschau mit dem Abschluß des anspruchsbegründenden Vertrags als Quelle der Lastwirkung. 16 Dazu oben unter I. 17 Etwa§§ 556 Abs.3, 1357 Abs.1 S. 2, § 128 HGB. Dagegen schützt§ 767 Abs.1 S. 3 den Bürgen durch Auflockerung der Akzessorietät vor belastenden Reflexwirkungen. 18 Näher dazu unten unter V. 19 In: SAE 1969, 268. 14
15
II. Systematisierung der Lastwirkungen
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a) Fallmaterial (1) Paradigma der hier behandelten Art von Lastwirkungen sind die Folgen wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen i. S. d. GWB, also Kartelle (§§ 1 ff GWB) und vertikale Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 15 ff GWB)2°. (2) Sonstige Wettbewerbsverbote unterscheiden sich qualitativ von den unter das GWB fallenden Wettbewerbsbeschränkungen nicht, so daß sie hier ebenfalls zu nennen sind 21. Dies zeigt sich besonders deutlich an den zwischen Angehörigen freier Berufe verbreiteten Mandantenschutzklauseln 22 . Die Anwendbarkeit des GWB und damit der durch dieses bewirkte Drittschutz 23 hängen davon ab, ob der Gebundene selbständig oder unselbständig tätig ist 24 • Für die von dem Gebundenen betreuten Mandanten spielt dieser Umstand indes regelmäßig keine Rolle; für ihn sind die Auswirkungen der Mandantenschutzklausel, nämlich der aufgezwungene Abbruch einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, unabhängig von dem Status des Gebundenen die gleichen. Dies legt die Frage nahe, ob dem nicht durch ein allgemeines Kontrollkriterium Rechnung zu tragen ist. (3) Offen zutage trat die Beeinträchtigung von Drittinteressen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit tarifvertraglichen DifJerenzierungsklauseln, mittels derer den organisierten Arbeitnehmern gegenüber den Nichtorganisierten eine auch durch freiwillige Mehrleistung des Arbeitgebers nicht auszugleichende Privilegierung zukommen sollte 25 • Das BAG beschränkte sich bei der Überprüfung und Verwerfung der Klausel zwar nicht auf die Berücksichtigung des Interesses der Gewerkschaft an der Schaffung eines Anreizes zum Beitritt bzw. der Verhinderung kostenloser 20 Zum Schutzzweck des GWB s. unten unter b). Zusammenschlüsse (§§ 23ff GWB) haben die gleiche Wirkung, bleiben im folgenden aber außer Betracht. Zur Sperrabrede nach § 75f HGB s. oben unter § 1 I. 21 Dabei wird, was namentlich bei den Mandantenschutzklauseln auch zutreffen wird, Parität der Vertragspartner unterstellt; vgl. dazu oben unter § 1 I 2. 22 Vgl. dazu Martens, SAE 1972, 102f; ders., AcP 177 (1977),128; Gitter, SAE 1972, 208; aus der Rspr. BAG SAE 1972, 97 und 203; ZIP 1989, 668 (jeweils nur auf den Schutz des Gebundenen abstellend); OLG Oldenburg AP Nr.2 zu § 22 SteuerberatungsG. - Vgl. auch die umgekehrte Fallkonstellation in BGH ZIP 1990, 126, 128 (Wettbewerbswidrigkeit des in den Aufnahmebedingungen eines Mietervereins enthaltenen Vorbehalts der Auswahl des dem Rechtsschutzversicherer für das Mitglied zu benennenden Rechtsanwalts), wo das Gericht zu Unrecht allein das Interesse der Mitglieder auf freie Anwaltswahl, nicht aber das Interesse der von der "Ausschließlichkeitsbindung" betroffenen konkurrierenden Anwälte an einem unverfälschten Wettbewerb hervorhob. 23 Vgl. dazu unten unter b). 24 Zum Erfordernis der Selbständigkeit vgl. Irnrnenga/Mestmäcker, GWB, § 1 Rdn.44ff; zur Erfassung freier Berufe durch das GWB ders., § 1 Rdn.84ff; Emmerich, Kartellrecht, § 4 1 c, S. 36 f. 2S BAG SAE 1969, 246 m.Anm. Wiedernann; vgl. dazu auch Biedenkopf, Grenzen der Tarifautonomie, § 9 11, S. 93 ff; Gitter, JurA 1970, 148 ff; Martens, AcP 177 (1977), 129 f m.w.Nachw. in Fn.43.
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§ 6 Schutz Dritter vor belastenden Reflexwirkungen
Inanspruchnahme der Früchte der Gewerkschaftstätigkeit durch Außenseiter einerseits, des Interesses des Arbeitgebers an Betriebsfrieden und Verschonung vor einem Zwang zur Förderung der Gegenseite andererseits. Vielmehr bejahte es neben einer Überschreitung der Grenzen der Tarifrnacht zugleich einen Verstoß gegen das Grundrecht der negativen Koalitionsfreiheit der Außenseiter, das durch die fragliche Klausel sozialinadäquat beeinträchtigt werde. Für vorliegenden Zusammenhang interessiert indes weniger das Interesse der Außenseiter an freier Entscheidung über den Gewerkschaftsbeitritt als deren Interesse, Arbeitsverträge mit beliebigem Inhalt stets dann zu schließen, wenn deren wirtschaftliche Voraussetzungen gegeben sind 26. Unter diesem Blickwinkel entfaltet die Differenzierungsklausel ähnliche Wirkungen wie eine Tarifausschlußklausel, durch die es dem Arbeitgeber ausdrücklich untersagt wird, eine Tarifregelung einzelvertraglich zu vereinbaren 27 • (4) Aus dem Gesellschaftsrecht sind in diesem Zusammenhang Stimmbindungsverträge 28 zu nennen, durch die sich ein Gesellschafter verpflichtet, sein Stimmrecht gemäß Weisung oder entsprechend einer Vereinbarung der Parteien des Stimmbindungsvertrags 29 auszuüben. Ein Drittbezug ergibt sich nicht allein, aber besonders deutlich im Falle eines mit einem Nichtgesellschafter 30 geschlossenen Stimmbindungsvertrags. Spätestens mit Anerkennung der Vollstreckbarkeit des Stimmbindungsvertrags 31 ist dieser in seinen Wirkungen vergleichbar mit einer - im Grundsatz unzulässigen - Stimmrechtsabspaltung 32 • Die Begründungen für das Verbot der Stimmrechtsabspaltung erinnern an die unter § 5 dargestellte Kontroverse bezüglich der Vertragsfunktionen. Flume 33 sieht in dem Verbot die Selbstbestimmung des Verbands, K.Schmidt 34 die Richtigkeitsgewähr verbandsrechtlicher Willensbildung und Kontrolle verwirklicht. Beide Begründungen, die sich auch hier ergänzen, machen deutlich, daß nicht allein die Selbstbestimmung des gebundenen Gesellschafters, sondern auch die der Mitgesellschafter und des Verbands in Frage stehen. Demzufolge stoßen jedenfalls unbeschränkte Stimmrechtsbindungen gegenüber Dies betonen auch Martens, AcP 177 (1977), 130, und Wiedemann, SAE 1969,268. Vgl. Zöllner, Arbeitsrecht, § 38 11 2, S. 340ff m.w.Nachw. 28 Dazu auch Martens, AcP 177 (1977), 132f. 29 Zumeist entsprechend dem jeweiligen Ergebnis der Abstimmung innerhalb eines Gesellschafterstammes. 30 Im Falle des Stimmbindungsvertrags zwischen Gesellschaftern ist die Drittwirkung weniger ausgeprägt, gleichwohl aber insoweit vorhanden, als der Abstimmungsprozeß sich außerhalb der Gesellschafterversammlung vollzieht und die Chance argumentativer Überzeugung der Gebundenen durch die Mitgesellschafter reduziert wird. 31 BGHZ 48, 163, 169ff = NJW 1967, 1963; zur Entwicklung der Rspr. vgl. i.ü. den Überblick bei R.Fischer, FS Kunze, S. 98ff. 32 So auch Flume, AT I 1, § 14 VI, S. 230. Zum Verbot der Stimmrechtsabspaltung vgL K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III 4, S. 455ff; MünchKomm-Ulmer, § 717 Rdn.7ff. 33 In: AT I 1, § 14 VI, VII, S. 229ff, 235ff; so auch Priester, FS Werner, S. 664. 34 In: Gesellschaftsrecht, § 19 III 4, S. 455. 26 27
II. Systematisierung der Lastwirkungen
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Dritten auf Bedenken im neueren Schrifttum 35 • Anerkannte Ausnahmen von dem Verbot sind - mit Unterschieden im einzelnen, auf die es hier nicht ankommt - einerseits die Fälle, in denen dem Dritten wirtschaftlich die Stellung eines Gesellschafters zukommt, er also (offener) Treugeber oder (offener) Unterbeteiligter ist 36 , sowie andererseits der Fall, daß sich die Pflicht, das Stimmrecht in einem bestimmten Sinn auszuüben, als Nebenpflicht aus einem zwischen Gesellschafter und Drittem bestehenden, rechtlich unbedenklichen Vertrag ergibt 37 • b) Gemeinsamkeiten (1) Die aus dem Vertrag resultierende Einschränkung von Inhalts- und Abschlußchancen Dritter als allgemeine Erscheinung der Rechtsordnung wurde bislang weitgehend vernachlässigt 38 • Dies gilt bereits für die im folgenden zu überprüfende Berechtigung der vielfach verwendeten Bezeichnung dieser Erscheinungen als belastende Reflexwirkungen bzw. Lastwirkungen 39 • Dazu bedarf es nach dem oben unter I. Gesagten neben einer rechtlichen Beziehung zwischen dem Dritten und einem der Vertragspartner als Grundlage der Erstreckung der Wirkungen des Vertrages auf den Dritten zusätzlich einer Veränderung der Rechtslage des Dritten. (2) Was erstgenanntes Tatbestandsmerkmal der Lastwirkungen betrifft, so gilt zunächst, daß die danach erforderliche rechtliche Beziehung zwischen einem der Vertragspartner und dem Dritten sowohl durch Rechtsgeschäft als auch durch hoheitliche Bestimmung, namentlich durch Gesetz, aber auch durch ungeschriebene Vorgaben der Rechtsordnung begründet werden kann 40 ; entscheidend ist allein die Existenz einer rechtlichen Beziehung als solcher, aufgrund derer der Vertrag Wirkungen gegenüber dem unbeteiligten Dritten zu entfalten vermag. Der Annahme einer rechtlichen Beziehung steht es deshalb nicht von vornherein entgegen, daß erst der künftige Abschluß eines Vertrags zwischen einem an der Wettbewerbsbeschränkung beteiligten Vertragspartner und einem Dritten eine vertragliche Beziehung begründet. 3S Vgl. etwa GroßKomm-Fischer, § 119 HGB Rdn. 34; Flume, AT 11, § 16 VI, S. 230f; Priester, FS Wemer, 659ff; K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 11 4, S. 508f; MünchKomm-Ulmer, §717 Rdn. 24ff. 36 Vgl. Priester, FS Wemer 672ff; MünchKomm-Ulmer, §717 Rdn. 25f mit weit. Nachw. 37 MünchKomm-Ulmer, § 717 Rdn.25 a. 38 Umfassend allein Martens AcP 177 (1977), 164ff; dem im wesentlichen zustimmend Schmalzbauer, Drittwirkung, S. 128 ff. Im übrigen finden sich zahlreiche Untersuchungen, die sich jeweils auf einzelne Erscheinungsformen (dazu oben unter a» der allgemeinen Problematik beschränken. 39 Zu Nachw. vgl. oben unter § 2 11 2. Insoweit trifft dieser Vorwurf auch Martens und Schmalzbauer (jew. Fn.38), die sich nicht näher mit den Elementen des Begriffs auseinandersetzen. 40 Vgl. zur Begründung kraft Gesetzes von Jhering, JherJb 10 (1866), 272ff.
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Fallen unter die rechtsgeschäftliche Kategorie ohne weiteres die genannten gesellschaftsrechtlichen Sachverhalte41 , so bedarf es für sämtliche Formen einer Wettbewerbsbeschränkung der Besinnung auf die Grundentscheidung der Rechtsordnung für ein marktwirtschaftliches System42 • Danach ist der Vertrag, soll er seine Regelungs- und Ordnungsfunktionen erfüllen, auf die Konstituierung und Aufrechterhaltung des Wettbewerbs als prägendes Element einer Verkehrswirtschaft angewiesen. Wettbewerb als Entmachtungsinstrument soll nicht nur Waffengleichheit schaffen und damit die Richtigkeit des Vertragsinhalts gewährleisten, sondern darüber hinaus zugleich Konsumentensouveranität und damit letztlich die Freiheit des Marktteilnehmers zur Selbstbestimmung des Vertragspartners und des Vertragsinhalts verbürgen. Der Ausschluß oder die Beschränkung bestehenden Wettbewerbs durch Abschluß eines entsprechenden Vertrags hat infolge dieses Zusammenhangs zwischen Wettbewerb und Vertragsfreiheit notwendigerweise Auswirkungen auf die potentiellen künftigen Vertragspartner und Konkurrenten der an der Wettbewerbsbeschränkung beteiligten Vertragspartner. Daraus wird ersichtlich, daß die einzelnen Rechtssubjekte innerhalb der marktwirtschaftlichen Ordnung nicht isoliert nebeneinander stehen. Vielmehr ist das Funktionieren dieser Ordnung von der funktionsgerechten Ausübung der Vertragsfreiheit abhängig; die parteiübergreifenden Auswirkungen eines wettbewerbsbeschränkenden Vertrags sind in folge dieser wechselseitigen Verknüpfung der Rechtssubjekte vorprogrammiert. Durch das GWB hat der Gesetzgeber diese Interdependenz zwischen Vertragsfreiheit und Wettbewerb normativ anerkannt und dadurch die für die Annahme von Lastwirkungen erforderliche rechtliche Beziehung zwischen den Vertragspartnern und dem Dritten begründet. Über den Anwendungsbereich des GWB hinaus, also namentlich hinsichtlich arbeitsrechtlicher und sonstiger Wettbewerbsbeschränkungen unter Beteiligung von Nichtunternehmern i. S. d. GWB, besteht dieser Zusammenhang aber allgemein und erfaßt den gesamten verkehrswirtschaftlichen Bereich41.. Die grundsätzliche Beschränkung des GWB auf Wettbewerbs beschränkungen unter Beteiligung von Unternehmen enthält bezüglich sonstiger Fälle von Beschränkungen keine partielle Negierung dieses Zusammenhangs, wie etwa § 20 GWB, aber auch das über § 26 Abs.1 GWB und § 1 UWG hinausgehende, nicht auf Unternehmen beschränkte Boykott- bzw. Sperrverbot zeigen 44 . Vielmehr wird die allgemein bestehende Interdependenz durch das GWB insoweit konkretisiert 41 Hier ist es der Gesellschaftsvertrag, der die Reflexwirkung auf die Mitgesellschafter und die Gesellschaft vermittelt. 42 Vg!. die Ausführungen oben unter § 5 II 3, III. 43 Vg!. MünchKornrn-Kramer, Ein!. Bd.2 Rdn.27; Martens, AcP 177 (1977), 164ff; ders., SAE 1972, 102f; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S.178f; Rittner, Ausschließlichkeitsbindungen, S.171ff; Schmalzbauer, Drittwirkung, S.119f, 128ff; Erman/ Westermann, Vor § 328 Rdn.10; Wiedemann, SAE 1969, 268; wohl auch MünchKornrn-Gottwald, § 328 Rdn.101; Erman/ Hefermehl, vor § 145 Rdn.26 a. 44 Dazu Baurnbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 UWG Rdn. 292ff.
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und aufgrund von rechtspolitischen Erwägungen modiJiziert45 • U nternehmensbezogene Regelungsgesichtspunkte 46 , die überragende Bedeutung von wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen zwischen Unternehmen 47 sowie deren besondere machtbegründende Wirkung sind die Gründe für die nur partielle gesetzliche Regelung des Zusammenhangs zwischen Vertragsfreiheit und Wettbewerb. Für die sonstigen, an Bedeutung weit hinter der Regelung des GWB zurückbleibenden Fälle bedarf es allgemeiner Erwägungen, um aus dem - einer auf dem marktwirtschaftlichen Prinzip aufbauenden Rechtsordnung immanenten - Zusammenhang zwischen Vertrags- und Wettbewerbsfreiheit die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. (3) Die Frage, ob die Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern die Rechtslage des Dritten zu dessen Nachteil verändert, entspricht in bezug auf die vom GWB erfaßten Wettbewerbsbeschränkungen derjenigen nach dem Schutzzweck der §§ 1, 15 ff GWB. Mit der heute 48 ganz h.M.49 und basierend auf den unterschiedlichen Funktionen des Wettbewerbs 50 ist der Schutzzweck des GWB dahingehend zu bestimmen, daß der Wettbewerb einerseits als Institution, andererseits im Interesse der Waffengleichheit und Auswahlfreiheit des einzelnen Marktteilnehmers aufrechterhalten werden soll 51. Von daher ist an der rechtlichen Erheblichkeit der durch die Wettbewerbs beschränkung herbeigeführten Störung des Verhandlungsgleichgewichts zu Lasten künftiger Vertragspartner nicht zu zweifeln. Dem hat allerdings Raiser 52 entgegengehalten, bei den durch die Wettbewerbsbeschränkung hervorgerufenen Wirkungen handele es sich um ein allgeEtwa durch §§ 99ff, aber auch §§ 2ff GWB. §§2-8,99ffGWB. 47 Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S.156. 48 Vgl. aus der Diskussion vor Entstehung des GWB etwa Würdinger, Freiheit der persönlichen Entfaltung, mit zahlr. Nachw. 49 Bartholomeyczik, AcP 166 (1966), 70f; Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 116 ff, 215 ff; Hart, AG 1984, 71 ff; Hönn, Kompensation, S. 106, 109ff, 119ff; Hoppmann, Zum Schutzobjekt des GWB, S. 64ff; /mmenga, Politische Instrumentalisierung des Kartellrechts?, S. 10f; /mmengaj Mestmäcker, GWB, § 1 Rdn.l0f; Mestmäcker, AcP 168 (1968), 245; ders., JZ 1964,442; Lukes, Der Kartellvertrag, S. 158 f, 173 ff; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.111; Reuter, Perpetuierung, S. 37ff; ders., AcP 189 (1989), 214f; Rittner, FS Sölter, S. 30ff; Säcker, Zielkonflikte, S. 24; Ulmer, NJW 1979, 1585. 50 Dazu oben unter § 5 11 3 (dort auch in Fn.25 Nachw. zur Reaktion auf etwaige Zielkonflikte). 51 Unberührt davon bleibt die Frage nach der Reichweite des § 35 Abs.l GWB, vgl. zutr. zur Trennung dieser Fragen K.Schmidt, Kartellverfahrensrecht - Karteilverwaltungsrecht - Bürgerliches Recht, S.62ff. Zur Schutzgesetzeigenschaft des § 1 GWB zugunsten der Marktgegenseite vgl. beispielsweise OLG Bremen ZIP 1989, 1085. 52 In: FS DJT, S. 111 ff; die Ausführungen betreffen zwar primär die Einordnung des sog. Richtlinienvertrags (LS.v. A.Hueck, JherJb 73 [1923), 33ft), dem jegliche Ordnungs45
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meines Phänomen der Machtbildung; die Anerkennung besonderer, von den allgemeinen Wirkungen einer jeden Vertragserfüllung zu unterscheidender Außenwirkungen zu Lasten Dritter vermenge soziologische und rechtsdogmatische Kategorien. Die Außenwirkungen der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung seien wirtschaftlicher Zweck des Vertrags, der allein das Verhalten der Vertragspartner rechtlich regele. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen ihrem Inhalt nach auf Erfüllung durch eine Verhaltens- bzw. Unterlassungspflicht gegenüber Dritten angelegt sind, wodurch sie sich grundlegend von den "Außenwirkungen" herkömmlicher Austauschgeschäfte unterscheiden 53. Des weiteren ist Raiser zwar einzuräumen, daß es - auch 54 - um das allgemeine Problem der Machtbildung und der Störung der Vertragsparität geht; doch stellt sich gerade die Frage, ob ein Vertrag, der machtbegründend und damit regelmäßig äquivalenzstörend ist, rechtlich anerkannt werden darf5 5 • Zudem hält das GWB zur Kontrolle erlaubter Verhaltensabstimmungen bzw. Wettbewerbsbeschränkungen kraft Zustands eine Reihe machtbegrenzender Schutzvorschriften bereit 56. Marktversagen wird dadurch zum Schutze der Marktgegenseite kompensiert. Diesen im Interesse der Marktgegenseite geschaffenen Instrumentarien zur Kompensation machtbedingter Störung der Vertragsparität entzieht sich ein Kartell, das den infolge der wettbewerbsbeschränkenden Abrede begründeten Machtzuwachs zu Lasten der Marktgegenseite unkontrolliert auszunutzen vermag. Nach allem handelt es sich bei den Außenwirkungen wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen i. S. d. GWB um Lastwirkungen 57. Gleiches gilt nach dem oben unter (2) Gesagten für sonstige Formen der Wettbewerbsbeschränkung, namentlich für die arbeitsrechtlichen Sachverhalte. Zwar überprüft das BAGS8 selbst Mandantenschutzklauseln allein im Hinblick funktion abgesprochen wird, unter den Begriff des Vertrags, sind jedoch, was die hier interessierenden Drittwirkungen angeht, allgemein gehalten. Raiser zust. Staudinger j J.Schmidt, Vorb. § 241 Rdn. 393; Soergelj M. Wolf, Vor § 145 Rdn.100. S3 Lukes, Der Kartellvertrag, S.126fT, 150ff, 173fT; Martens, AcP 177 (1977), 166; näher dazu unten unter UI 1, 2. 54 Zur freiheitsverbürgenden Wirkung des Wettbewerbs s. o. unter (2). S5 Freilich kommt es für die Beeinträchtigung des Dritten nicht darauf an, daß ein Vertrag i. S. d. § 1 GWB vorliegt. Abgestimmtes Verhalten führt zum gleichen Erfolg, weshalb § 1 GWB als Verbotssanktion des den §§ 1,25 Abs.1 GWB zugrunde liegenden einheitlichen Verbotstatbestands wettbewerbsbeschränkender Verhaltensabstimmung zu begreifen ist, vgl. K.Schmidt, Kartellverfahrensrecht - Kartellverwaltungsrecht Bürgerliches Recht, S. 8 fT; M äschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.158. Wenn allerdings eine vertragliche Verpflichtung zur Wettbewerbsbeschränkung besteht, sind die belastenden Außenwirkungen Ausfluß des Vertrags, dem dann ggf. die rechtliche Anerkennung zu versagen ist. 56 §§ 12,17,18,22,26 Abs.2, 103, 104 GWB. 57 So auch Lukes, Der Kartellvertrag, S. 169ff, 172fT; Martens, AcP 177 (1977), 136fT; Schirmer, FS R.Schmidt, S. 832; Schmalzbauer, Drittwirkung, S. 116fT; Wiedemann, SAE 1969,268.
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auf den Schutz des Arbeitnehmers. Darin erschöpft sich die Problematik indes nicht. Wie die Stellung des von einer Mandantenschutzklausel betroffenen Mandanten besonders anschaulich zeigt, was aber für die übrigen Fälle in gleicher Weise gilt, hat die jeweilige Vereinbarung insofern einen inhaltlichen Drittbezug, als sie wie die vom GWB erfaßte Wettbewerbsbeschränkung eine gegenüber dem Dritten zu erfüllende Unterlassungspflicht des Gebundenen enthält und damit die Freiheit des Dritten zur Ausnutzung seiner Marktchancen einengt 59 • In bezug auf Stimmbindungsverträge ist die Beeinträchtigung des Selbstbestimmungsrechts des Verbands sowie desjenigen der sonstigen Gesellschafter und damit eine Veränderung der Rechtslage des betroffenen Dritten im neueren Schrifttum mit Recht weitgehend anerkannt 60 • Der durch die Stimmbindung bewirkte Einfluß außenstehender Dritter auf die Gesellschaft, ferner die Vereitelung der Funktionen eines offenen Abstimmprozesses sind als Lastwirkungen des Stimmbindungsvertrags zu qualifizieren. c) Zusammenfassung
Es kann somit festgehalten werden, daß sämtliche unter a) genannten Verträge Lastwirkungen gegenüber vertragsunbeteiligten Dritten entfalten. Dem BGB läßt sich ein allgemeines Konzept zum Schutz des Dritten nicht entnehmen; namentlich § 138 ist hierzu nur bedingt geeignet 61 • § 137 S. 2 scheint im Gegenteil sogar von der grundsätzlichen 62 Zulässigkeit schuldrechtlicher Beschränkungen der Verfügungsfreiheit und damit der Zulässigkeit eines Teils der hier angesprochenen Rechtsgeschäfte mit Lastwirkungen gegenüber Dritten auszugehen 63 • Abgesehen von der inzwischen vorgenommenen Einschränkung dieses Grundsatzes durch die Vorschriften der §§ 15,17, 18 Nr. 2, 3 GWB64 gilt aber allgemein, daß der Gesetzgeber des BGB sowie die Rechtsprechung des RG dem Prinzip der Vertragsfreiheit immanente, aus den Funktionen des Vertrags abzuleitende Begrenzungen weitgehend unberücksichtigt gelassen haben 65 , was 58 BAG ZIP 1989, 668; SAE 1972, 97; 1972,203; AP Nr. 21 und 23 zu §611; zutr. dagegen OLG Oldenburg AP Nr.2 zu § 22 SteuerberatungsG. Vgl. auch oben unter Fn. 22 zu BGH ZIP 1990, 126, 128. 59 Vgl. die Nachw. in Fn. 43. 60 Vgl. neben den Nachw. in Fn. 35 noch Martens, AcP 177 (1977), 132f. 61 Näher dazu unten unter § 7. 62 Ausnahmen in §§ 1036, 2302. 63 Aus den Materialien zu § 137 S. 2 läßt sich in bezug auf die Beeinträchtigung von Drittinteressen nichts entnehmen, so daß einer teleologischen Reduktion der Vorschrift schon deshalb nichts entgegensteht. 64 Zum Zusammenhang dieser Vorschriften mit § 137 S.2 vgl. Soergelj Hefermehl, § 137 Rdn.15. 65 Vgl. allgemein Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 547, zum Funktionswandel (richtig wohl: Aufdeckung von Funktionen) der Vertragsfreiheit, sowie allgemein S. 558 ff zum juristischen Naturalismus. - Immerhin wurde die Streichung der im
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deutlich in der in großem Rahmen erst 1935 66 aufgegriffenen Frage nach den immanenten Grenzen der Vertragsfreiheit im Falle der Verwendung von AGB in Erscheinung tritt. Wie hinsichtlich der Problematik der AGB gilt aber auch in bezug auf § 137 S. 2, daß das Prinzip der Vertragsfreiheit kein Wert an sich ist, sondern der Verwirklichung bestimmter Funktionen dient, deren Verfehlung die Nichtanerkennung des funktionswidrigen Gebrauchs des Instituts zur Folge hat 67 • Die Anerkennung schuldrechtlicher Verfügungsbeschränkungen durch § 137 S. 2 gilt demnach nur insoweit, als diese sich im Rahmen eines funktionsgemäßen Gebrauchs des Vertrags bewegen 68 • III. Fehlende Richtigkeitsgewähr des Vertrags in bezug auf Lastwirkungen 1. Begrenzung der Richtigkeitsgewähr auf die intersubjektive Austauschgerechtigkeit Der Vertrag ist nur in begrenztem Rahmen ein Mittel zur Herbeiführung einer richtigen Regelung 69 • Nicht gewährleistet ist die Richtigkeit des Vertragsinhalts namentlich in bezug auf die Interessen Dritter 70 • Dies beruht darauf, daß insoweit der eine Vertragspartner ein übermäßiges Verlangen des anderen Vertragspartners nicht zurückweist, da nicht er, sondern der unbeteiligte Dritte durch die Annahme des Angebots beeinträchtigt wird. Die Rechtsordnung darf deshalb Verträge grundsätzlich nur insoweit anerkennen 71, als zwischen den Vertragsparteien typischerweise eine Polarität der Interessen besteht 72 • Nur innerhalb dieses Rahmens vermag der Vertragsmechanismus seine auf die 1. Entwurf zu § 138 noch enthaltenen "öffentlichen Ordnung" (verstanden als Schutz der "hochwichtigen Rechtsprinzipien" der persönlichen, Koalitions-, Gewerbe- und Gewissensfreiheit) als Grenze der Vertragsfreiheit allein damit begründet, daß diese zu unbestimmt und ohnehin im Begriff der guten Sitten enthalten sei, vgl. Protokolle, in Mugdan, Bd. I, S. 725; dazu eingehend Esser, ZHR 135 (1971), 323 ff; Säcker, Gruppenautonomie, S.212ff; Schricker, Gesetzesverletzung und Sittenverstoß, S. 186ff; unzutr. Lamme!, AcP 189 (1989), 263. - Zur Rspr. des RG vgl. etwa Pflug, Kontrakt und Status, S. 81 ff, 99 ff. 66 Raiser, AGB; zur Rspr. des RG vgl. die Nachw. in § 5 Fn. 1. 67 Vgl. oben unter §§ 4, 5. 68 Dies gilt auch und erst recht, wenn man § 137 als freiheitliche Grundnorm (vgl. etwa Weitnauer, FS F.Weber, S. 431, 434) begreift, da die Ausübung von - vermeintlicherFreiheit zu Lasten der Freiheit unbeteiligter Dritter mit einem rechtsstaatlichen Freiheitsverständnis nicht in Einklang zu bringen ist. 69 Vgl. dazu und zum folgenden bereits oben unter § 5 I 2 a und b mit Nachw. 70 Vgl. neben Schmidt-Rimp!er, AcP 147 (1941), 151 f, und Wirtschaftsrecht, S.691, noch Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 132; Reuter, Perpetuierung S. 51 ff; Schmidt-Sa!zer, NJW 1971, 175 f. 71 Andernfalls ist eine behördliche bzw. gerichtliche Kontrolle der Verträge oder gar eine völlige Ersetzung der Inhaltsfreiheit durch zwingendes Recht geboten. 72 Schmidt-Rimp!er, FS Raiser, S. 5; Martens, AcP 177 (1977), 165.
III. Richtigkeitsgewähr des Vertrags und Lastwirkungen
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Verwirklichung von Gerechtigkeit gerichteten, machthemmenden Wirkungen zu entfalten 73. Die Richtigkeitsgewähr ist somit von vornherein 74 auf die Verwirklichung intersubjektiver Austauschgerechtigkeit beschränkt7 5 und erübrigt in den Fällen ungestörter Vertragsparität namentlich eine Kontrolle der Angemessenheit des Preis-/Leistungsverhältnisses. Nehmen die Vertragspartner dagegen die Regelung der Interessen Dritter für sich in Anspruch, so liegt ein funktionswidriger Gebrauch des Vertrags vor; durch den Vertragsschluß ist weder die Herbeiführung einer gerechten Regelung noch die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des betroffenen Dritten gewährleistet 76 . 2. Fehlender Gleichlauf zwischen Vertragspartner- und Drittinteressen
Wie im folgenden näher zu begründen ist, lassen sich alle unter 11 1- 3 genannten Erscheinungsformen der Lastwirkungen auf einen Vertrag zurückführen, bei dem zwischen den Vertragspartnern eine Interessenpolarität jedenfalls hinsichtlich der beeinträchtigten Drittinteressen nicht besteht. Die Einschränkung von Abschluß- und Inhaltschancen Dritter beruht zwar in vielen Fällen auf einem scheinbar gewöhnlichen Austauschvertrag. Dies gilt uneingeschränkt für die arbeitsrechtlichen Wettbewerbsverbote einschließlich der Mandantenschutzklauseln sowie für die Fälle der§§ 16 f, 18 GWB. Aber auch§ 1 GWB ist nach zutr. neuerern Verständnis auf Wettbewerbsbeschränkungen in Austauschverträgen zwischen - potentiellen - Wettbewerbern anwendbar; das Merkmal des gemeinsamen Zwecks dient danach allein der Abgrenzung zwischen horizontalen und vertikalen Beschränkungsformen 77. Auch ist in 73 Interessenpolarität besteht auch bei der dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden ("personalistischen") Personengesellschaft, Schmidt-Rimpler, FS Nipperdey, S.5; vgl. auch Martens, AcP 177 (1977), 121. Demgegenüber greifen bei den auf wachsenden Mitgliederbestand angelegten Gesellschaften (AG, Publikums-Personengesellschaft) gesetzliche (§ 23 Abs.5 AktG) oder richterliche (zur Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Publikums-Personengesellschaften vgl. Ulmer / Brandner / Hensen, AG BG, § 23 Rdn. 26ff; unberechtigt die Kritik von Lieb, DNotZ 1989,281) Kontrollmechanismen ein. Zu den Schutzinstrumentarien in der GmbH vgl. etwa Martens, GmbH-Rdsch 1984, 265ff. 74 Innerhalb dieses begrenzten Rahmens ist ein hoheitlicher Eingriff geboten, wenn die Funktionsvoraussetzungen des Vertrags typischerweise nicht vorliegen, vgl. oben unter § 5 11 2 b sowie näher unten unter § 16 IV. 75 Vgl. aber unten unter § 1611 1 zur Rückwirkung auf unbeteiligte Dritte. 76 Vgl. Martens, AcP 177 (1977), 139, 168, 171 ff, der die Lastwirkungen ebenfalls den institutionellen Schranken der Privatautonomie zuweist; ferner Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, S. 710f; Merz, Privatautonomie heute, S. 15. Zur Verfehlung der Planfunktion des Vertrags s. oben unter § 5 IV 2. 77 Grundlegend Steindorff, BB 1977, 570f; ders., BB 1981, 377ff; ferner K.Schmidt, Kartellverbot und "sonstige Wettbewerbsbeschränkungen", S. 51 ff; Ulmer, NJW 1979, 1585ff; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.169ff, 175f; kritisch Willhelm, ZHR 150 (1986), 320ff. Demgegenüber verlangt die Rspr. die Verfolgung gleichgerichteter Interessen zwischen den Vertragspartnern und macht die Gewährung des
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§ 6 Schutz Dritter vor belastenden Reflexwirkungen
diesen Fällen regelmäßig die Interessenpolarität nicht auf die Regelung der Interessen der Vertragspartner beschränkt, sondern erfaßt auch die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung. Gleichwohl funktioniert der Vertragsmechanismus im Verhältnis zu den betroffenen Dritten deshalb nicht, weil die Interessen der Vertragspartner mit denjenigen der betroffenen Dritten nicht gleichlaufen und deshalb typischerweise ein Ausgleich der gegenläufigen Vertragspartnerinteressen zu Lasten Dritter erfolges. Denn durch den "Abkauf' von Wettbewerb erhält der Gebundene zwar regelmäßig einen Vermögenszuwachs, durch den aber die Beeinträchtigung der anderweitigen Interessen des Dritten nicht kompensiert wird. Dem um Waffengleichheit und Auswahlmöglichkeiten beraubten Dritten nutzt es m.a.W. wenig, daß der gebundene Vertragspartner für die Einschränkung seiner Handlungsfreiheit angemessen entlohnt wird. Gleiches gilt für die sonstigen Fälle der Lastwirkungen, sofern diese nicht gar auf einem Vertrag beruhen, der entsprechend dem herkömmlichen Kartellverständnis durch gleichgerichtete Interessen oder gar kollusives Zusammenwirken der Vertragspartner gekennzeichnet ist. So kann es zwar beispielsweise zur Vereitelung eines Forderungsrechts des Dritten durch Abschluß und Erfüllung eines kollidierenden Vertrags nicht nur durch kollusives Zusammenwirken der Vertragspartner zu Lasten des Dritten kommen. Vielmehr kann es auch so liegen, daß der Schuldner den aus dem kollidierenden Vertrag zu erzielenden Vorteil höher bewertet als den Nachteil, der sich für ihn aus der Verletzung der gegenüber dem Dritten bestehenden, schadensersatzbewehrten Verpflichtung ergibt. Hinzu kommen die Fälle des Rechtsirrtums und der Nachlässigkeit des Schuldners. In allen genannten Fällen aber fehlt es an einem Gleichlauf der Interessen des Schuldners mit denjenigen des betroffenen Dritten, was die Vereitelung von dessen Forderungsrecht zur Folge hat. Es kann somit festgestellt werden, daß die Richtigkeitsgewähr des Vertrags über die Fälle intersubjektiv fehlender Interessenpolarität hinaus auch insoweit begrenzt ist, als es an einem Gleichlauf zwischen den Vertragspartner- und Drittinteressen fehlt und die Vertragspartner deshalb typischerweise - trotz Interessenpolarität - einen Ausgleich zu Lasten Dritter finden. Konsequenz des in diesen Fällen vorliegenden Institutsmißbrauchs ist allerdings nicht die generelle Unwirksamkeit der fraglichen Verträge; wohl aber sind diese einer Inhaltskontrolle zu unterziehen, um deren Konkretisierung sich die folgenden Ausführungen bemühen. durch § 1 begründeten Drittschutzes beispielsweise davon abhängig, daß der aus dem Wettbewerbsverbot in einem Unternehmensveräußerungsvertrag Gebundene ein einmaliges oder laufendes Entgelt erhält, vgl. BGH WuW jE BGH 1458fT - Fertigbeton; WuW jE BGH 1600, 1602fT - Frischbeton. 78 So zutr. Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 125 f; vgl. auch von Hoyningen-Huene, Die Billigkeit im Arbeitsrecht, S. 137; Lieb, AcP 178 (1978), 206, 222. Für den Bereich der zweiseitig korporativen Vereinbarung von AGB vgl. Kliege, Rechtsprobleme der AGB, S. 76, sowie bereits Raiser, AGB, S. 288. Nur i.Erg. zutr. deshalb BGHZ 22, 347, 352fT.
IV. Funktionswidriger Gebrauch der Vertragsfreiheit
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IV. Abgrenzung des funktionswidrigen vom funktionsgemäßen Gebrauch der Vertragsfreiheit 1. Erfordernis der Abwägung der betroffenen Interessen
a) Zumeist ist mit dem Vertragsschluß neben der Entfaltung belastender Reflexwirkungen die Regelung des Verhältnisses zwischen den Vertragspartnern verbunden, weshalb Verträge dieser Art nicht dem per-se Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter unterliegen 79. Vielmehr sind die Grenzen der Regelungsbefugnis der Vertragspartner im Wege der Inhaltskontrolle der fraglichen Verträge zu bestimmen. Auch die soweit ersichtlich bislang einzige Untersuchung über das allgemeine Phänomen der Reflexwirkungen von v.Jhering 80 kommt diesbezüglich zu dem Ergebnis, daß es nicht Aufgabe des Gesetzes sei, die Gefahr der belastenden Reflexwirkungen völlig abzuwehren, sondern vielmehr, diese "in die richtigen Grenzen einzuschließen". Zum Kontrollmaßstab führt von Jhering aus, es sei "der Gedanke der Billigkeit, die verständnisvolle Beurtheilung der beiderseitigen (gemeint sind Urheber und Adressat der Lastwirkungen, Anm. d. Verf.) gerechtfertigten Interessen, das Abwägen zwischen Vortheil und Nachtheil aufbeiden Seiten, das sich hier dem Pochen auf die kahle Rechtsconsequenz, dem starren, rücksichtslosen Rechtsformalismus gegenüberstellt - dasselbe System der Transaction zwischen Folgerichtigkeit und Wohlfahrt, welches in allen Verhältnissen des öffentlichen und Privatrechts die Bedingung gesunder Entwicklung ist." Diese flexible, auf Abwägung der betroffenen Interessen gerichtete Lösung stimmt nicht nur mit der Rechtsprechung des BGR8t zur Problematik des gestörten Gesamtschuldnerregresses überein, sondern entspricht im Grundsatz auch der Auffassung von Martens 82 , der die Rechts- und Interessenlage der Vertragsparteien und des betroffenen Dritten sowie den Inhalt der Vertragsregelung als Wertungsgesichtspunkte innerhalb einer auf den jeweiligen Vertrag bezogenen Einzeljallbeurteilung heranziehen will. b) Demgegenüber hält Biedenkop.f83 Verträge, die die Inhalts- und Abschlußchancen Dritter beschränken, im Grundsatz für unwirksam. Dies folge daraus, daß die genannten Verträge, namentlich die Vereinbarung von Ausschließlichkeitsbindungen, aber auch sonstige marktordnende Vereinbarungen, als NorVgl. bereits oben unter § 2 II 2 b. In: JherJb 10 (1866), 245ff, 316. 81 Vgl. i.e. oben unter § 2 II 3 b. 82 In: AcP 177 (1977), 164ff, 175ff; die Untersuchung bezieht sich primär auf Lastwirkungen in Form einer Reduzierung von Abschluß- und Inhaltschancen, was auch mit der unzutr. Definition des Vertrags zu Lasten Dritter zusammenhängt (dazu oben unter §2 II 1). Soweit Martens, aaO (S.179ff), auf in sonstiger Weise beeinträchtigte Drittinteressen eingeht, handelt es sich zumeist nicht um Lastwirkungen im Sinne vorliegender Untersuchung. - Schmalzbauer, Drittwirkung, S. 128 ff gelangt im wesentlichen zu den gleichen Ergebnissen wie Martens, zieht als Kontrollnorm aber § 242 heran. 83 In: Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S.128ff, 156ff; vgl. auch Heinze, FS Fechner, S. 101 ff. 79
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§ 6 Schutz Dritter vor belastenden Reflexwirkungen
menverträge zu qualifizieren seien, deren Abschluß - von den Fällen einer entsprechenden Ermächtigung durch den Gesetzgeber abgesehen - außerhalb der Zuständigkeitsordnung der Privatautonomie erfolge. Dieser rigorose Standpunkt ist bereits für die der Untersuchung von Biedenkopf in erster Linie zugrunde liegenden Wettbewerbs beschränkungen unter Beteiligung von Unternehmen ungeeignet, eine sachgerechte Fallösung herbeizuführen. So kann sie etwa die allgemein als notwendig empfundenen, über die "Ermächtigungen" der §§ 2 ff GWB hinausgehenden Einschränkungen des Kartellverbots, die unter dem Stichwort Immanenztheorief'A. zusammenzufassen sind, nicht erklären. Gleiches gilt für die Beschränkung des § 1 GWB auf spürbare 85 Marktbeeinflussungen; auch im Einzelfall nicht die Schwelle der Spürbarkeit erreichende Wettbewerbs beschränkungen wären nach dieser Auffassung unwirksam.
Erst recht aber ist die Auffassung Biedenkopfs für eine umfassende Theorie der Lastwirkungen ungeeignet, führt sie doch zu einer unverhältnismäßigen Eingrenzung berechtigter Regelungsanliegen der Vertragspartner 86 . Denn wie bereits oben unter § 2 II 2 b ausgeführt wurde, unterscheiden sich Lastwirkungen von dem per-se unwirksamen Vertrag zu Lasten Dritter dadurch, daß ihr Eintritt auf der Verfolgung eines berechtigten Regelungsinteresses ihrer Urheber beruhen kann. Autonomie und Heteronomie treffen in diesem Fall somit quasi janusköpfig zusammen. Ein genereller Vorrang eines der beiden Prinzipien vor dem jeweils anderen kann aber nicht angenommen werden. Aufgrund der besonderen Beziehung zwischen dem Dritten und zumindest einem der Vertragspartner ist eine Kollision der beteiligten Interessen vielmehr von vornherein vorprogrammiert. So wie bei der tatsächlichen Nähe zweier benachbarter Grundstücke die Gefahren und Beeinträchtigungen des einen Nachbarn durch den anderen nicht völlig abgewehrt werden können, wenn das Grundeigentum seines freiheitsverbürgenden Gehalts nicht beraubt werden soll, so kann auch das Ineinandergreifen verschiedener Rechtspositionen nicht dazu führen, daß von vornherein das Freiheitsrecht des Urhebers der Lastwirkungen vor dem Freiheits- und Schutzinteresse des Adressaten zurückzutreten hat. Aufgabe der Rechtsordnung ist es statt dessen, einen billigen Ausgleich der jeweils betroffenen Interessen zu finden, durch den eine unverhältnismäßige Einschränkung des einen bzw. ein übermäßiger Freiraum des anderen Beteiligten verhindert wird. c) Die somit erforderliche und bereits von v.Jhering als sachgerecht empfundene Interessenabwägung hat einerseits das Interesse der Vertragspartner an der Regelung ihres Verhältnisses, andererseits die im Grundsatz berechtigte Erwartung des Dritten, daß seine Rechtslage von dem fremden Vertrag nicht negativ beeinflußt wird, zu einem Ausgleich zu führen, der beide Anliegen in möglichst effektiver Weise verwirklicht 87 . Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 88 mit Vgl. dazu unten unter 2. Dazu ebenfalls unter 2. 86 Ablehnend auch Martens, AcP 177 (1977), 169ffmit Hinweis auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Stimmbindungsverträgen. 84
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seinen für die Rechtmäßigkeit eines jeden Eingriffs zwingenden Geboten der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit i.e.S. ist es, der diesen Ausgleich steuert. Die Übertragung dieses genuin öffentlich-rechtlichen Grundsatzes auf die Kontrolle privatrechtlicher Rechtsgeschäfte ist immer dann veranlaßt, wenn die Wirkungen des Rechtsgeschäfts sich nicht in der selbstbestimmten Regelung des Verhältnisses zwischen den Beteiligten erschöpfen, sondern einen Beteiligten oder unbeteiligte Dritte in rechtlich erheblicher Weise gegen deren Willen und somit heteronom erfassen 89 • Neben dem damit angesprochenen Regelungsinteresse der Parteien sowie dem Schutzinteresse des Dritten lassen sich des weiteren etwaige den Interessenkonflikt beeinflussene Vorgaben der Rechtsordnung sowie die Wertigkeit der jeweils betroffenen Interessen als Abwägungsgesichtspunkte anführen. Demgegenüber kommt es auf das Kräfteverhältnis zwischen den Parteien, was die Beeinträchtigung Dritter betrifft, nicht entscheidend an. Die gegenteilige Auffassung von Martens 90 , wonach eine Störung der Vertragsparität, etwa in Form von Druckausübung der einen Partei über die andere, ein grundsätzliches Zurücktreten der Interessen der Vertragspartner zur Folge haben soll, läßt die gebotene Unterscheidung zwischen den Außen- und Innenschranken der Privatautonomie unberücksichtigt 91 • Die Auswirkungen des Vertrags auf die Interessen des Dritten 92 sind von dem zwischen den Vertr:lg~partnem bestehenden Kräfteverhältnis unabhängig, was schon daraus folgt, daß in bezug auf die beeinträchtigten Drittinteressen eine Interessenpolarität der Vertragspartner stets, also auch bei ausgeglichenem Kräfteverhältnis fehlt 93 . 2. Exemplarische Anwendung der Interessenabwägung
a) Im Zusammenhang mit der Problematik des gestörten Gesamtschuldnerregresses 94 streitet das in § 426 angeordnete und einen hohen Gerechtigkeitsgehalt aufweisende 9s Ausgleichsprinzip für den Dritten, der danach eine Verkür87 Vgl. auch Martens, AcP 177 (1977), 175ff, dessen Ausführungen sich allerdings in erster Linie aufwettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen beziehen; s. dazu unten unter 2 c. 88 Vgl. nur Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn.185, 317 ff; zur Rspr. des BVerfG vgl. Grabitz, AöR 98 (1973), 568ff. 89 Bedeutung erlangt der Grundsatz im Rahmen der Beschlußkontrolle im Gesell-' schaftsrecht, vgl. dazu ausführlich M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, § 9 III 3 S. 141 ff, der mit Recht die strukturelle Vergleichbarkeit von verwaltungsrechtlicher Ermessenskontrolle und zivilrechtlicher Kontrolle der Ausübung von Gestaltungsbefugnissen hervorhebt. 90 AcP 177 (1977), 176. 91 Vgl. dazu oben unter § 1 11. 92 Relevant ist das Kräfteverhältnis zwischen den Vertragspartnern aber im Hinblick auf die im Rahmen des § 138 Abs.1 vorzunehmende Gesamtbeurteilung des Rechtsgeschäfts, vgl. dazu näher unten unter § 14 I 1. 93 S. oben unter III 2. 94 Vgl. dazu bereits ausführlich oben unter § 211 3 b.
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zung seiner Ansprüche, sei es durch vorgängige Haftungsfreizeichnung, durch Erlaß oder durch die nachträgliche Aufgabe einer Sicherheit durch den Gläubiger grundsätzlich 96 nicht hinzunehmen braucht. Anderes gilt für die durch Abschluß und Erfüllung eines kollidierenden Vertrags verursachte Forderungsvereitelung. Insoweit ist auf das unser Schuldrecht prägende Prinzip der lediglich relativen Wirkung des Schuldverhältnisses 97 hinzuweisen. Diese eindeutige gesetzliche Vorgabe einerseits, das durch das Prinzip verwirklichte Selbstbestimmungsrecht des am Schuldverhältnis nicht beteiligten Dritten andererseits, führen dazu, daß der Gläubiger des einen Schuldverhältnisses die Vereitelung seines Anspruchs durch Abschluß und Erfüllung eines zweiten Schuldverhältnisses grundsätzlich 98 hinzunehmen hat. b) Auch die Begründung einer Verbindlichkeit zu Lasten des Dritten kann nach dem oben unter § 2 11 3 c Gesagten ausnahmsweise als bloße Lastwirkung zu qualifizeren sein. Sie unterscheidet sich in diesem Fall von einem per-se unwirksamen Vertrag zu Lasten Dritter allein durch ihren willensunabhängigen Entstehungstatbestand. Im Hinblick auf das somit im Kern betroffene Selbstbestimmungsrecht des Dritten sind Lastwirkungen dieser Art deshalb, sofern ihr Eintritt nicht auf Gesetz beruht, stets dann unwirksam, wenn den Vertragspartnern andere, die Drittbelastung vermeidende oder zumindest reduzierende Wege offenstehen, auf die sie zur Erreichung ihres Regelungsziels ausweichen können 99 • c) aa) Differenzierter fällt die Abwägung in bezug auf die Einschränkung von Abschluß- und Inhaltschancen sowie die Beeinflussung des gesellschaftsinternen Willensbildungsprozesses durch den Abschluß von Stimmbindungsverträgen aus. Ein Schutz betroffener Dritter erscheint jedenfalls erst dann veranlaßt, wenn deren Auswahl- und Verhandlungsmöglichkeiten spürbar 1°O reduziert 95 Vgl. BGH ZIP 1989, 1044, 1045f zur Frage eines Ausgleichsanspruchs zwischen mehreren Sicherungsgebern, die unter Hinweis auf § 426 und das Prinzip ausgleichender Gerechtigkeit bejaht wird. 96 Zu Ausnahmen aufgrund fehlender Schutzwürdigkeit des Dritten s. oben unter § 2 II 3 b. 97 Vgl. oben unter § 1 V. 98 Zum Schutz des Drittendurch§ 138 BGB und§ 1 UWGvgl. MünchKomm-Mertens, § 826 Rdn. 119ff; Krasser, Der Schutz vertraglicher Rechte gegen Eingriffe Dritter, S. 215ff; Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 UWG Rdn. 694. 99 Dies gilt namentlich hinsichtlich der Problematik der Zuwendung des Anteils an einer Personengesellschaft. Die durch BGHZ 68, 225ff = NJW 1977, 1339 geschaffene Möglichkeit der Vererbung des ganzen Anteils im Falle einer qualifizierten Nachfolgeklausel läßt ein Bedürfnis für eine rechtsgeschäftliche Zuwendung (von der Frage der Zulässigkeit einer Verfügung zugunsten Dritter abgesehen, vgl. dazu in diesem Zusammenhang MünchKomm-Ulmer, § 727 Rdn.34) entfallen. - Zur grundsätzlichen Unwirksamkeit des Unterhaltsverzichts vgl. unten unter V. 100 Vgl. zum Erfordernis der Spürbarkeit der Marktbeeinflussung im Rahmen des § 1 GWB BGH WuW / E BGH 486, 490 ff - Spar; M äschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.185.
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sind. Haben die Auswirkungen des Rechtsgeschäfts eine merkliche Reduktion von Wahl- und Handlungsmöglichkeiten des Dritten und damit auch eine Störung des Verhandlungsgleichgewichts bei Vornahme künftiger Rechtsgeschäfte oder Beschlußfassungen nicht zur Folge, so bedarf es im Hinblick auf die Beeinträchtigung von Drittinteressen 101 auch keiner Vertragskontrolle. Allgemein wird man mit Martens 102 sagen können, daß die mit dem Erfordernis der Spürbarkeit ausgedrückten Toleranzgrenzen des Kartellverbots im Bereich der nicht vom GWB erfaßten Beschränkungen aufgelockert werden können, da insoweit die Versorgungsfunktion unternehmerischer Tätigkeit innerhalb des marktwirtschaftlichen Systems nicht betroffen ist. Auch hier kommt es jedoch auf die dem Dritten verbleibenden Möglichkeiten zum Ausweichen auf andere Angebote sowie zur Wiederherstellung der gestörten Vertragsparität an. bb) Ist dagegen das Erfordernis der Spürbarkeit der Einschränkung von Abschluß- und Inhaltschancen erfüllt, so bedarf es eines schutzwürdigen Interesses der Vertragspartner an der Wirksamkeit der drittbeeinträchtigenden Regelung, das die Hintanstellung der Interessen des Dritten rechtfertigt. (1) Im Bereich der Stimmbindungsverträge sind dies in aller Regel die unter 11 3 a genannten Fälle der offenen Treuhand und Unterbeteiligung sowie der sich als Nebenpflicht aus einem rechtlich unbedenklichen Austauschvertrag ergebenden Stimmpflichten. Gleiches gilt im Grundsatz für die Stimmbindung zwischen Gesellschaftern untereinander 103 • Dies folgt für die Fälle der offenen Treuhand sowie der offenen Unter beteiligung im Recht der Personengesellschaften 104 schon daraus, daß eine entsprechende Vereinbarung nur mit Zustimmung aller Gesellschafter wirksam wird 105. Eines Schutzes der Gesellschafter sowie der Personengesellschaft bedarf es darüber hinaus nicht, zumal offener U nterbeteiligter und offener Treugeber den Stimmrechtsschranken kraft Treupflicht unterliegen 106. Ergibt sich die Stimmpflicht als Nebenpflicht aus einem rechtlich unbedenklichen Vertrag, so ist es das berechtigte Interesse der Parteien des Stimmbindungsvertrags am Abschluß des durch die Stimmbindung abgesicher101 Für das GWB gilt demnach, daß es innerhalb seines Anwendungsbereichs den Drittschutz abschließend regelt. Eine ergänzende privatrechtliche Vertragskontrolle, namentlich über § 138, ist nur zum Schutz des Vertragspartners vor übermäßigen Freiheitsbeschränkungen zulässig, vgl. unten unter § 17 11 2. 102 AcP 177 (1977), 169. 103 So zutr. MünchKomm-Ulmer, § 717 Rdn.22; zu den Schranken vgl. dens., aaO Rdn.23. 104 Bei den Kapitalgesellschaften dominiert insoweit der Grundsatz der freien Veräußerlichkeit der Anteile, vgl. aber auch § 15 Abs.5 GmbHG, § 68 Abs.2 AktG. Zu den Schranken wirksamer Stimmbindung gegenüber Dritten vgl. Priester, FS Wemer, S.667ff. 105 Vgl. MünchKomm-Ulmer, Vor § 705 Rdn.68 a, § 705 Rdn. 75, 78f. 106 Vgl. MünchKomm-U1mer, Vor § 705 Rdn.68 a, § 705 Rdn.79, jew. m.weit.Nachw. - Dies gilt erst recht bezüglich des zwischen Gesellschaftern geschlossenen Stimm bindungsvertrags.
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ten Rechtsgeschäfts, das die - auch insoweit nicht schutzlosen 107 von Mitgesellschaftern und Gesellschaft grundsätzlich verdrängt.
Interessen
(2) Wettbewerbsbeschränkende Abreden aller Art einschließlich tarifvertraglicher Ausschluß- und Differenzierungsklauseln sind von den betroffenen Dritten trotz Spürbarkeit ausnahmsweise hinzunehmen, wenn der Zweck eines von der Rechtsordnung im übrigen gebilligten Vertrags allein durch die Beeinträchtigung von Abschluß- und Inhaltschancen Dritter verwirklicht werden kann, die Wettbewerbsbeschränkung der vertraglichen Vereinbarung also immanent ist 108 • In diesen Fällen können die Vertragspartner ein berechtigtes Regelungsinteresse für sich in Anspruch nehmen, das allein durch die Wettbewerbsbeschränkung als Nebenpflicht des Vertrags verwirklicht werden kann. Doch verschafft diese Beziehung zwischen der Funktionsfähigkeit des Hauptvertrags und der Wettbewerbsbeschränkung den Parteien nicht die Befugnis, die Interessen Dritter übermäßig zu beeinträchtigen. Vielmehr muß die Beschränkung entsprechend dem Gebot der Verhältnismäßigkeit auf das gegenständlich, örtlich und zeitlich unerläßliche Maß begrenzt sein 109. Werden die Lastwirkungen somit bereits soweit als möglich eingeschränkt, so hat die Unbedenklichkeit der besagten Nebenabreden überdies die drittbegünstigende Wirkung, daß sie die Funktionsfähigkeit von Privatrechtsinstitutionen erhält und damit Wettbewerb auf anderweitigen Märkten erst ermöglicht 110. Letzterer Gedanke liegt auch der Privilegierung vertikaler Abschlußbeschränkungen gem. § 18 GWB zugrunde, von denen sich der Gesetzgeber, dem ohnehin in bezug auf die Sanktionierung von Lastwirkungen und deren Kompensation ein Gestaltungsspielraum zukommt 111 , jedenfalls auch wettbewerbsfördernde Wirkungen verspricht 112 •
107 Vgl. zu den trotz wirksamer Stimmbindung eingreifenden Schutzvorkehrungen im Recht der Personengesellschaften vorige Fn. und MünchKomm-Ulmer, § 717 Rdn.20 a, 24; für Kapitalgesellschaften Priester, FS Werner S. 667 fT. - Für die sich als Nebenpflicht ergebende Stimmbindung wird der Drittschutz durch die Begrenzung des Dritteinflusses auf bestimmte Abstimmungsgegenstände gewährleistet. 108 Zu dieser teleologischen Reduktion des Merkmals der Wettbewerbsbeschränkung Steindorff, BB 1977, 570; ders., FS Benisch, S. 264f; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn. 204ff; K.Schmidt, ZHR 149 (1985), 2fT, jew. m.weit. Nachw. zu Literatur und Rspr. Letztere behandelt das Problem überwiegend und unzutr. innerhalb des Tatbestandsmerkmals des "gemeinsamen Zwecks" des § 1 GWB; vgl. jetzt aber BGH zrp 1988, 1080, 1081 f. 109 Statt aller K.Schmidt, ZHR 149 (1985),12; aus der Rspr. vgl. BGH zrp 1988, 1080, 1081 f. 110 Vgl. Steindorff, FS Benisch, S. 264fT; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.204. 111 Vgl. etwa §§ 2 fT i. V. m. § 12, § 16 i. V. m. § 17, des weiteren § 18 sowie schließlich §§ 99 ff GWB und die im dortigen Zusammenhang geregelten Aufsichts- und Mißbrauchskontrollinstrumentarien; allgemein dazu vgl. Rittner, Wirtschaftsrecht, § 14 Rdn.53, 55; Ballerstedt, Wirtschaftsverfassung, S. 74f. 112 Vgl. nur Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.376.
V. Lastwirkungen und § 138 Abs. 1 BGB
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V. Lastwirkungen und § 138 Abs. 1 BGB
Die Kontrolle von Lastwirkungen erfolgt nach dem vorstehend Gesagten im Vorfeld des Verbots sittenwidriger Verträge. Im Einzelfall aber kann der Unwertgehalt des Vertrags die Grenzen des noch Sittengemäßen überschreiten und somit die Nichtigkeit des Vertrags gemäß § 138 Abs.1 begründen. Zu nennen sind beispielsweise das Bietungsabkommen 113, aber auch ein Haftungsverzicht, der allein für den Fall geschlossen wird, daß der Verzichtende durch einen Dritten geschädigt wird 114. Des weiteren ist die neuere Rspr. zu Unterhalts vereinbarungen zwischen Ehegatten anzuführen 115. Danach kann ein Unterhaltsverzicht, der zur Folge hat, daß der verzichtende Ehegatte sozialhilfeberechtigt wird, nicht nur bei entsprechender Schädigungsabsicht der Eheleute, sondern bereits aufgrund der objektiven Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Dritten (Sozialhilfeträger) sittenwidrig sein, sofern den Vertragspartnern die Bedürftigkeit des Verzichtenden und die Leistungsfähigkeit des Begünstigten bewußt ist. Der vollständige Unterhaltsverzicht ist zwangsläufig 116 ein Rechtsgeschäft mit Drittwirkungen, bedeutet er doch eine Belastung des nachrangig Verpflichteten, dessen Inanspruchnahme danach nur noch von der Bedürftigkeit des Verzichtenden abhängig ist 1l7 . Das Aufrücken des ursprünglich zweitrangig Verpflichteten verwandelt dessen vormals doppelt bedingte Unterhaltsverpflichtung in eine einfach bedingte Verpflichtung und ist somit als Lastwirkung der Unterhaltsvereinbarung zu qualifizieren. § 1585 c nimmt deren Eintritt bewußt in Kauf, allerdings nur in dem Sinn, daß die Vereinbarung keinem perse-Verbot unterliegt. Letzteres ist folgerichtig, da die Wirkung auf den Dritten willensunabhängig ist, ein auf Beeinträchtigung des nachrangig Unterhaltsverpflichteten gerichteter Wille also nicht kausal für den Erfolg der Vereinbarung ist. Ist der Unterhaltsverzicht somit auch nicht als Vertrag zu Lasten Dritter zu qualifizieren 118, so kann dies nach dem unter IV. Gesagten aber nicht bedeuten, daß der Eintritt der Lastwirkung vom Betroffenen stets hinzunehmen wäre. 113 BGH WM 1965,203,204; NJW 1961,1012,1013; OLG Frankfurt ZIP 1989, 399 = EWiR § 826 7/89,351 (Möschel); weitere Nachw. bei Soergel/ Hefermehl, § 138 Rdn.187. 114 RG DR 1939, 1318, 1319. 115 Grundlegend BGHZ 86, 82, 86ff = NJW 1983, 1851. Die Entscheidung erging zu § 72 EheG a.F.; für die Rechtslage nach § 1585 c ergeben sich aber keine Abweichungen, vgl. BGH FamRZ 1987,40, 42f; OLG Hamm FamRZ 1982, 1215f; OLG Zweibrücken FamRZ 1983, 930f. Zustimmend etwa Soergel/ Hefermehl, § 138 Rdn.196; Palandt/ Heinrichs, § 138 Rdn. 47; MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.97; MünchKommRichter, § 1585 c Rdn.46. 116 Insofern unterscheidet sich der Unterhaltsverzicht von der vorgängigen Freizeichnung eines Gesamtschuldners, die regelmäßig nicht sittenwidrig ist, vgl. näher oben unter § 2 11 3 b, aber auch Nachw. in Fn. 114 sowie den dazu gehörenden Text. 117 Gernhuber, Familienrecht, § 30 XII 7 S. 423. 118 Vgl. dazu oben unter § 2 11 2 sowie BGHZ 86, 82, 89 = NJW 1983, 1851, wonach die Verzichtsabrede einem Vertrag zu Lasten Dritter "nahekommen könnte".
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Vielmehr bedarf es eines verhältnismäßigen Ausgleichs der allseits betroffenen Interessen, wobei - in Übereinstimmung mit der Auffasung des BGH119 - die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Bedürftigkeit des Verzichtenden sowie die sachliche Rechtfertigung der Drittwirkung durch ein entsprechendes Regelungsinteresse der Vertragspartner die wesentlichen Abwägungsfaktoren bilden. Auf subjektive Momente in der Person der Vertragspartner kommt es dagegen für die Kontrolle der fraglichen Vereinbarung auf der Grundlage der Lehre vom Institutsmißbrauch nicht an. VI. Zusammenfassende Bewertung 1. Die Kontrolle von Lastwirkungen ist nur über ein flexibles, die allseits betroffenen Interessen abwägendes Kontrollinstrumentarium sachgerecht zu bewältigen. Als hilfreich erwies sich die Lehre von der Richtigkeitsgewähr des Vertrags, die aufgezeigt hat, daß sämtliche Fälle der Verursachung von Lastwirkungen mit der fehlenden Interessenpolarität der Vertragspartner oder zumindest dem fehlenden Gleichlauf der Vertragspartner- mit den Drittinteressen einhergehen. Damit ist ein abstraktes Aufgreifkriterium gefunden, welches allein eine Verhältnismäßigkeitskontrolle des Vertrags im Hinblick auf von diesem verursachte Lastwirkungen rechtfertigt.
2. Gegenüber einem an den Vertragswirkungen, nämlich dem Vorliegen einer Beeinträchtigung von Drittinteressen, anknüpfenden Drittschutzsystem 120 hat die hier befürwortete Methode mehrere Vorteile. Die Lehre von der auf die intersubjektive Austauschgerechtigkeit begrenzten Richtigkeitsgewähr des Vertrags führt nicht nur zu einem Gewinn an Transparenz und Praktikabilität der Vertragskontrolle, sondern auch zu einem umfassenden Schutz der unbeteiligten Dritten, indem sie über das Merkmal der fehlenden Interessenpolarität 121 die Erfassung aller denkbaren Fälle einer Drittbeeinträchtigung ermöglicht. Darüber hinaus garantiert die hier vertretene Konzeption des Drittschutzes einen Schutz der Vertragsfreiheit selbst, indem sie einer unabhängig von dem genannten Aufgreifkriterium eingreifenden Vertragskontrolle, von den Fällen des Versagens des Vertragsmechanismus abgesehen 122, zwingend entgegensteht.
119 120 121 122
BGHZ 86, 82, 90f = NJW 1983, 185t. So Martens, AcP 177 (1977), 113ff; Schmalzbauer, Drittwirkung, S.128ff. Bzw. des fehlenden Gleichlaufs zwischen Vertragspartner- und Drittinteressen. Vgl. dazu den vierten Teil der Untersuchung.
§ 7 Schutz Dritter vor sonstigen Formen der Beeinträchtigung ihrer Interessen I. Problemstellung 1. Ziel der Untersuchung
Die ganz h. M.l schützt am Vertrag unbeteiligte Dritte gegen die von dem fremden Vertrag ausgehende Beeinträchtigung ihrer Interessen, abgesehen von dem Sonderfall der Lastwirkungen, ausschließlich über das Verbot sittenwidriger Verträge gemäß § 138 Abs.1. So bildet die Gefährdung und Schädigung Dritter in den gängigen Kommentaren 2 und Lehrbüchern 3 zum Allgemeinen Teil des BGB durchweg eine von mehreren Fallgruppen zur Systematisierung der Generalklausel. Aufgabe der folgenden Ausführungen ist es zunächst, die Offenheit der Rechtsordnung für die Privatautonomie begrenzende Interessen Dritter anhand einiger ausgewählter Sachverhalte zu demonstrieren und die diesbezüglichen Ergebnisse der h.M. in die unter § 5 dargestellte Vertragslehre zu integrieren. Darüber hinaus sollen - entsprechend der Vorgehensweise oben unter § 6 - die allgemeinen Voraussetzungen einer Vertragskontrolle unter dem Gesichtspunkt der Kollision der vertraglichen Regelung mit schutzwürdigen Interessen Dritter bestimmt sowie die dogmatische Grundlage einer solchen Kontrolle ermittelt werden. 2. Schutz konkreter Individualinteressen und ordre public
Entsprechend dem oben unter § 1 IV Gesagten beschränken sich die folgenden Ausführungen auf den Schutz von Individual-, namentlich von Gläubigerinteressen. Demgegenüber sieht Esser 4 den Grund der Unzulässigkeit einer uneingeschränkten Bankenglobalzessions im Schutz der "Voraussetzungen, von denen 1 Vgl. die Nachw. zum Schrifttum in Fn. 2 und 3, zur Rspr. in Fn. 14, 20 sowie etwa BGH ZIP 1990,103,105, und ZIP 1990, 852, 853; zu abw. Auffassungen s. unten unter IV. 2 Ermanj Brox, § 138 Rdn. 88ff, 104; AK-BGB-Damm § 138 Rdn.175ff; Staudingerj Di/cher, § 138 Rdn.43 ff; Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.168 ff; Palandtj Heinrichs, § 138 Rdn. 41, 61 ff, 86; Jauernig, BGB, § 138 Anm.3 c; MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.85ff, jew. auch mit Rspr.-Nachw.; aus dem monographischen Schrifttum vgl. nur Serick, Bd. III, § 30 IV-VI, S. 39ff. 3 Etwa Brox, AT Rdn.294; Larenz, AT, § 22 III 4, S. 444f; Medicus, AT, Rdn.696ff, 706; von Tuhr, AT 11 2, § 7011 1, S. 27f. 4 In: ZHR 135 (1971), 330ff (336); zust. etwa MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.86. 5 Vgl. näher dazu unten unter 11 1 c.
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§ 7 Sonstige Formen der Beeinträchtigung von Drittinteressen
her Privatautonomie ihre Aufgabe in unserer Wirtschaftsordnung erfüllen kann". Danach begründen primär die Beeinträchtigung allgemeiner Verkehrsinteressen bzw. der Verstoß gegen den ordre public economique 6 und allenfalls sekundär die Verletzung konkreter Drittinteressen den Vorwurf der Sittenwidrigkeit der Globalzession. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß ein Verstoß gegen den ordre public allenfalls unter besonders engen Voraussetzungen anzunehmen ist, zu denen namentlich die Massenhaftigkeit der zu beurteilenden Rechtsgeschäfte sowie der Wertgehalt der zu schützenden Rechtsprinzipien gehören? Daraus erhellt, daß die Unvereinbarkeit einer vertraglichen Regelung mit dem ordre public (economique) ein Gesichtspunkt ist, der gegebenenfalls neben denjenigen der Beeinträchtigung des Individualinteresses tritt, diesen aber nicht verdrängt 8 • Die Verdichtung des Verstoßes gegen Indivualinteressen zu einem solchen gegen den ordre public kann dann dazu führen, daß die subjektiven Voraussetzungen eines Sittenverstoßes zu reduzieren sind 9 • Eine Negierung der Beeinträchtigung individueller Interessen und damit der Relevanz dieser Fälle für vorliegende Untersuchung ist mit einem Verstoß gegen den ordre public aber nicht verbunden.
11. Einzelfälle 1. Sicherungsgeschäfte
a) Ein spezifischer Drittbezug kommt dinglichen Sicherungsgeschäften zu. Dies beruht darauf, daß der Gläubiger zwar grundsätzlich auf das gesamte Vermögen des Schuldners zugreifen kann, er dabei jedoch mit dessen sonstigen - gegenwärtigen oder künftigen - Gläubigern konkurriert. Die Verpflichtung 10 des Schuldners zur Bestellung von Sicherungsrechten zielt darauf, dem Sicherungsnehmer eine Vorzugsstellung gegenüber den sonstigen Gläubigern einzuräumen, die sich vornehmlich in der Durchbrechung des in der Einzelvollstreckung geltenden Prioritätsprinzips sowie des Grundsatzes der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung im Konkurs äußert 11. Anlaß der vielfältigen Siche6 Vgl. Esser, ZHR 135 (1971), 335. Allgemein zur Frage des Schutzes des ordre public durch § 138 vgl. neben Esser (aaO) noch K. Simitis, Gute Sitten und ordre public; ferner Schricker, Gesetzesverletzung und Sittenverstoß, S. 207 f, 223 ff; Soergel/ Hefermehl, § 138 Rdn. 6f; MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.11; Flume, AT II, § 18.1, S. 363ff, die zutr. daraufhin weisen, daß entspr. der Entstehungsgeschichte des § 138 (vgl. die Nachw. in § 6 Fn. 65) der Begriff der guten Sitten den der öffentlichen Ordnung miteinschließt undentgegen Simitis (aaO) - nicht etwa diesem gegenüber zu stellen ist. 7 Vgl. Esser, ZHR 135 (1971) 333ff; Hönn, JZ 1983, 686f. 8 Vgl. dazu allgemein bereits oben unter § 1 IV m.w.Nachw. 9 Dies ist das Anliegen Essers (ZHR 135 [1971] 330fl); vgl. auch MünchKomm-MayerMaly, § 138 Rdn.86. 10 Dazu, daß der Verfügungscharakter der Sicherungsgeschäfte für den Drittbezug nicht maßgebend ist, vgl. unten unter § 13 III 1 b.
II. Einzelfälle
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rungsgeschäfte ist also stets die primär auf der Existenz konkurrierender Gläubiger beruhende Sorge des Gläubigers, seine Forderung gegen den Schuldner sei mangels ausreichender Haftungsmasse nicht durchsetzbar. Daraus ergibt sich, daß jedenfalls in den Fällen vorhandener Parität zwischen Sicherungsgeber und -nehmer, in denen eine Knebelung des Sicherungsgebers demnach nicht vorliegt, Ursache und Wirkung der Sicherungsklauseln drittbezogen sind 12. b) Allerdings ist das Streben des Kreditgebers nach Sicherung seiner Forderung als solches nicht zu beanstanden 13 . Gewährt ein anderer Gläubiger ein ungesichertes Darlehen, so geschieht dies auf eigenes Risiko, das ihm nicht nachträglich durch die Beschneidung des Vorzugsrechts des vorsichtigeren Gläubigers abgenommen werden kann. Es bedarf deshalb stets besonderer Umstände, die den Sittenvorwurf rechtfertigen; allein aus dem Inhalt des Rechtsgeschäfts ergibt sich die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts nicht l4 . Solche Umstände beruhen primär l5 auf der fehlenden Publizität der sog. atypischen Sicherungsgeschäfte l6 , die zur Folge hat, daß Alt- und Neugläubiger über die Vermögenslage des Schuldners getäuscht und dadurch von der Fälligstellung der Forderung bzw. der Eingehung des Kreditgeschäfts abgehalten werden. Auch kann eine übermäßige Sicherung des Sicherungsnehmers der Realisierung der Forderung entgegenstehen 17. Um eine Gefährdung der übrigen Gläubiger auszuschließen, werden den Parteien des Sicherungsgeschäfts eine Reihe von Prüfungs- und Rücksichtnahmepflichten auferlegt, deren Mißachtung zur Sittenwidrigkeit des - inhaltlich regelmäßig nicht zu beanstandenden - Sicherungsgeschäfts führt 18. 11
S.24.
Vgl. §§ 771, 805 ZPO, §§ 43, 48 KO, ferner H. Westermann, Interessenkollisionen,
12 Wüst, FS Wilburg, S. 258 f; Baur, Sachenrecht, § 56 II S. 559 ff; vgl. auch Häsemeyer, KTS 43 (1982), 531 f, 567ff: Sicherungsrechte setzen den zwischen den Gläubigern grundsätzlich geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz außer Kraft. \3 Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.171. 14 Flume, AT II, § 18.2 S.372; Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.168ff; MünchKommMayer-Maly, § 138 Rdn.85ff; Serick, Bd. III, § 30 IV 2, S. 42ff, § 30 V, S. 50ff, 30 VI 2 S. 67 ff; vgl. aber auch oben bei Fn. 9 zur Reduktion der Anforderungen im Falle der Globalzession. Allgemein zu den subjektiven Anforderungen vgl. Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.31 ff; Jauernig, BGB, § 138 Anm.3 c; MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.111 ff; aus der Rspr. RGZ 140, 184, 190; BGH WM 1966,495,496; BGHZ 94,268, 272 = NJW 1985, 2405, aber auch BGHZ 86, 82, 86ff = NJW 1983, 158t. 15 Zu den Fällen der Konkursverschleppung und des Kreditbetrugs vgl. RGZ 136, 247, 253 f; Serick, Bd. 1II, § 30 IV, S. 39 ff; Wüst, FS Wilburg, S. 261. 16 So zutr. Baur, Sachenrecht, § 56 II S. 560; Wüst, FS Wilburg, S. 260. 17 Dieser Gesichtspunkt spielt zwar im Konkurs keine Rolle, da der Überschuß in die Masse fällt; dagegen kann der Sicherungsnehmer die Einzelvollstreckung der Mitgläubiger über das Widerspruchsrecht nach § 771 ZPO verhindern, vgl. zutr. Wüst, FS Wilburg, S. 264; so auch H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 32, der dementspr. den Sicherungsnehmer auf die Vorzugsklage nach § 805 ZPO verweisen will. - Dazu, daß eine Übersicherung auch bei Parität der Vertragspartner vorliegen kann, s. unten unter III 1 c.
80
§ 7 Sonstige Fonnen der Beeinträchtigung von Drittinteressen
c) Besonderes gilt für die Problematik der Kollision zwischen verlängertem Eigentumsvorbehalt und Globalzession. Im Anschluß an Flume 19 gelangt der BGH20 trotz Anwendung des Prioritätsprinzips auf die Abtretung künftiger Forderungen 21 und unter Ablehnung von Teilungslösungen 22 zum Vorrang des Warenlieferanten, indem er die uneingeschränkte Globalzession für grundsätzlich sittenwidrig erklärt. Der Nichtigkeitssanktion entgehen die Parteien nur, wenn sie von der Zession von vornherein die von einem verlängerten Eigentumsvorbehalt erfaßten Forderungen mittels sog. "dinglicher Verzichtsklausel" ausnehmen. Diese die Kreditpraxis bestimmende Lösung des Interessenkonflikts zugunsten der - künftigen 23 - Warenlieferanten wird mit der Erwägung begründet, daß bei uneingeschränkter Globalzession der Sicherungsgeber zu Vertragsverletzungen oder gar strafbaren Handlungen gegenüber dem Warenlieferanten genötigt werde, dem er zur Abtretung der Kundenforderungen verpflichtet sei und der die Ermächtigung zur Weiterveräußerung der Ware an eine entsprechende Bedingung geknüpft habe 24 . Grundlage des Sittenverstoßes ist danach also die Vereitelung des künftigen 25 Anspruchs des Lieferanten auf Abtretung der Forderung aus dem Weiterverkauf der gelieferten Ware. Da im Zeitpunkt der Vereinbarung der Globalzession eine vertragliche Beziehung des Vorbehaltsverkäufers zum Käufer nicht bestand, kann diese Wirkung der Globalzession nicht als Lastwirkung qualifiziert werden 26 ; es handelt sich vielmehr um die Beeinträchtigung schlichter Vermögensinteressen des Warenlieferanten. Demgegenüber sieht Medicus 27 die Sittenwidrigkeit der Globalzession allein in einer Knebelung des Zedenten begründet, der vom Zessionar an einer Weiterveräußerung der unter Eigentumsvorbehalt erworbenen Ware gehindert werde. Dies vermag freilich schon deshalb nicht zu überzeugen 2B , weil der 18 Vgl. BGHZ 10, 228, 232ff = NJW 1953, 1665; 26, 185, 193 = NJW 1958, 457; Soergel/ Hefermehl, § 138 Rdn.171ff; Koller, JZ 1985, 1013ff; MünchKomm-MayerMaly, § 138 Rdn.87ff; Mertens, ZHR 143 (1979), 174ff; Serick, Bd. III, § 30 V, S. 50ff; Wüst, FS Wilburg, S. 259ff, jew.m.w.Nachw. 19 In: NJW 1950, 847 und AcP 154 (1955),565; vgl. auch dens., NJW 1959, 918f. 20 BGHZ 30,149,151 ff = NJW 1959, 1533; 32, 361, 365f = NJW 1960, 1716; 72, 308, 310ff = NJW 1979, 365. Ablehnend zuletzt Wolf/ Haas, ZHR 154 (1990), 72ff, 90ff. 21 Vgl. demgegenüber Esser, ZHR 135 (1971), 325ff; H.Lange, NJW 1950, 567, die bei kollidierenden Vorausverfügungen die Unwirksamkeit sämtlicher Verfügungen vertreten. 22 Beuthien, BB 1971, 377ff; Erman, BB 1959, 1111ff; Esser, JZ 1968, 283ff; dazu abI. BGHZ 32, 361, 364 = NJW 1960, 1716. 23 Der zeitlich vor der Globalzession vereinbarte verlängerte Eigentumsvorbehalt setzt sich bereits aufgrund des Prioritätsgrundsatzes durch. 24 BGHZ 30,149,153 = NJW 1959, 1533 im Anschluß an Flume, NJW 1950,847, und AcP 154 (1955), 565. Kritisch zu dieser Argumentation Beuthien, BB 1971,376; Eichhorn, DB 1954, 532ff; dazu wiederum Flume, NJW 1959,918. 2S Vgl. dazu Fn. 23. 26 Vgl. näher dazu oben unter § 6 I. 27 In: AT, Rdn.699; ders., Bürgerliches Recht, Rdn.527.
11. Einzelfälle
81
Lieferant danach bei - hier unterstellter - Parität der Parteien der Globalzession schutzlos gestellt wäre 29 . Auch beweist die Unzulänglichkeit der nur schuldrechtlichen Teilverzichtsklause1 30 , daß es das Interesse des Warenlieferanten ist, das es zu schützen gilt, und dem deshalb das Insolvenzrisiko des Zessionars nicht aufgebürdet werden soll. Es verhält sich, abgesehen davon, daß der Anspruch des Vorbehaltsverkäufers auf Abtretung der Forderung noch nicht entstanden ist, nicht anders als bei der herkömmlichen Forderungsvereitelung, wo die Sittenwidrigkeit ebenfalls nicht aus Gründen des Schuldner-, sondern allein des Drittgläubigerschutzes begründet wird 31 . Zwar ist einzuräumen, daß in bezug auf die Globalzession weniger das einverständliche Zusammenwirken zwischen den Parteien der Zession als die einseitige Regelung durch den Zessionar den typischen Regelfall bildet. Doch ist die gegebenenfalls vorliegende Ausnutzung der Unterlegenheit des Zedenten nur ein weiterer Gesichtspunkt, der neben die Beeinträchtigung des Forderungsrechts des Lieferanten tritt 32 . 2. GesellschaJtsvertragliche Abfindungsvereinbarungen
a) Das zuletzt angesprochene Verhältnis zwischen Vertragspartner- und Drittschutz kehrt wieder im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Beschränkungen des Abfindungsanspruchs des aus einer Gesellschaft ausscheidenden Gesellschafters. Auch insoweit kann es nur darum gehen, die in Einzelfragen überaus umstrittene Problematik anzudeuten. Dies soll durch Gegenüberstellung von zwei Entscheidungen des BGH33 geschehen, die beide zur Frage der Zulässigkeit satzungsmäßiger Einschränkung des Abfindungsanspruchs des von einer Zwangseinziehung seines Geschäftsanteils betroffenen GmbH-Gesellschafters ergangen sind. 28 Vgl. nur Flurne, NJW 1959, 918; Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.184a.E.; Serick, Bd. II1, § 30 IV 1, S. 40f, die die Beeinträchtigung des Lieferanten betonen; ebenso die in Fn. 30 genannte Entscheidung. Ausdrücklich gegen Medicus auch MünchKomm-MayerMaly, § 138 Rdn.88 Fn. 277. 29 Dem kann nicht entgegengehalten werden, bei Parität der Vertragspartner werde eine gläubigergefährdende Sicherungsvereinbarung nicht getroffen, vgl. unten unter III 1. 30 BGHZ 72, 308, 311ff = NJW 1979, 365f. 31 Vgl. nur Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.184. Die gegenüber der herkömmlichen Verleitung zum Vertragsbruch gemäßigten Anforderungen an die Sittenwidrigkeit der Globalzession rechtfertigen sich aus dem zugleich vorliegenden Verstoß gegen den "ordre public economique" (dazu oben unter I 2), der sich im Hinblick auf die Gefahr der Funktionsunfähigkeit des Warenkredits ergibt, zumal die Kollision regelmäßig erst in der Krise des Schuldners zutage tritt und der Schadensersatz- bzw. Kaufpreisanspruch des Lieferanten deshalb undurchsetzbar ist. 32 Vgl. zum Zusammenspiel von Schuldnerknebelung und Gläubigergefährdung allgemein Serick, Bd. 111, § 30 I 1 c, S. 23; näher unten unter § 14 I. 33 BGHZ 32,151 ff = NJW 1960, 1053 einerseits, BGHZ 65, 22ff = NJW 1975, 1835 andererseits.
6 Habersack
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§ 7 Sonstige Formen der Beeinträchtigung von Drittinteressen
In der ersten der beiden Entscheidungen wurde vom 11. Zivilsenat des BGH ebenso wie zuvor bereits vom RG34 eine Satzungsbestimmung, die die Zwangsamortisation des Geschäftsanteils für die Fälle der Pfändung desselben sowie des Konkurses oder der Entmündigung des Gesellschafters zuläßt und zugleich ein nicht vollwertiges Abfindungsentgelt vorsieht, für unwirksam erklärt. Woraus sich nach Auffassung des Senats die Unwirksamkeit ergab, läßt sich dem Urteil nicht eindeutig entnehmen; neben Sinn und Zweck des § 15 Abs.5 GmbHG werden die "durch Gesetz und gute Sitte gezogenen Schranken" angeführt 35 . Schuler 36 bezeichnet in seiner Anmerkung zu der Entscheidung die Vorschrift des § 134 als Grundlage der Unwirksamkeit. Dies ist jedoch allenfalls unter der Prämisse nachvollziehbar, daß eine Abfindungsbeschränkung zu Lasten der Gläubiger generell unzulässig ist, was in der Tat der damals h.M. entsprach 37 . Demgegenüber kam der BGH38 in dem zweiten Urteil im Einklang mit der heute ganz h.M.39 zu dem Ergebnis, daß die Gläubiger des Gesellschafters den Geschäftsanteil grundsätzlich so hinzunehmen haben, wie er in der Person des Gesellschafters besteht, solange sie nicht gerade wegen ihrer Eigenschaft als Gläubiger benachteiligt werden. Allein eine die Gläubiger diskriminierende Abfindungsbeschränkung ist danach unzulässig. Im übrigen wird die auch die Pfändung des Geschäftsanteils und den Konkurs des Gesellschafters betreffende Vereinbarung grundsätzlich anerkannt. Besteht demnach kein allgemeines Verbot einer zu Lasten der Gläubiger wirkenden Abfindungsbeschränkung, so folgt die Unwirksamkeit der gläubigerdiskriminierenden Abfindungsvereinbarung jedenfalls heute nicht mehr aus § 134, sondern wird überwiegend der Vorschrift des § 138 Abs.1 unter dem Gesichtspunkt der Gläubigerbenachteiligung entnommen 40 . RGZ 142, 373. BGHZ 35, 151, 156. 36 NJW 1960, 1293. 37 Vgl. RGZ 142,373,377 (dort ausdrückliche Nennung von § 134); Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaften bei Handelsgesellschaften, S. 435ff, m.weit.Nachw. Die Interpretation von BGHZ 35,151, 156f = NJW 1960, 1053 durch das beteiligte Senatsmitglied R.Fischer (LM Nr.3 zu § 34 GmbHG) ordnet diese Entscheidung dagegen bereits im Sinne der heute h.M. (vgl. Fn. 38 und 39) ein (vgl. auch die vorsichtige Distanzierung in BGHZ 65, 22, 29 = NJW 1975, 1835); dagegen aber H. Winter, GmbHRdsch 1967, 201 f. 38 BGHZ 65, 22, 26ff = NJW 1975, 1835. 39 Hachenburgj Ulmer, GmbHG, § 34 Rdn.91; BaumbachjHueckj G.Hueck, GmbHG, § 34 Rdn.22; Lutter j Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rdn. 27; Scholzj Westermann, GmbHG, § 34 Rdn.24; grds. auch Scholzj H. Winter, GmbHG, § 15 Rdn.183. Näher zur Begründung vgl. unten unter III 1 a. 40 In diesem Sinne etwa Soergelj Hadding, § 738 Rdn.13; K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2, S. 1092fT(1095); Hachenburgj Ulmer, GmbHG, § 34 Rdn. 90, Ulmer, FS Quack, S. 487f,jew. mit weit. Nachw.; krit. dagegen Heckelmann, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, S. 116 ff, unter Hinweis auf die vorrangigen Anfechtungstatbestände in § 31 Nr.1 KO und § 3 Abs.l Nr.l AnfG, sowie noch Ulmer, NJW 1979, 83, und MünchKomm-Ulmer, § 738 Rdn.34. 34
35
III. Richtigkeitsgewähr des Vertrags und Interessen Dritter
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b) Die fraglichen Satzungsklauseln berühren unterschiedliche Interessen, die jeweils für sich schutzwürdig und deshalb möglichst zu einem verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen sind. So tragen gläubigerbezogene Einziehungstatbestände zunächst dem Interesse der Gesellschaft an der Begrenzung und Kontrolle des Mitgliederbestands Rechnung, indem sie eine Verwertung des Geschäftsanteils durch dessen Veräußerung verhindern. Dem Gläubigerzugriff unterliegt statt dessen der grundsätzlich am Verkehrswert des Anteils zu bemessende Anspruch auf Abfindung. Schutzwürdige Interessen der Privatgläubiger sind deshalb allein durch die Vereinbarung von Abfindungsbeschränkungen betroffen 41 • Diese dienen darüber hinaus dem Bestandsinteresse der Gesellschaft, das durch den "Zwang zu einer nicht langfristig vorausgeplanten Ausschüttung des vollen Beteiligungswertes - unter Einschluß des good will - gefährdet werden könnte. Daneben haben sie den vernünftigen Sinn, die Berechnung des Abfindungsguthabens zu vereinfachen, so daß schwierige und zeitraubende Auseinandersetzungen .... vermieden werden. "42. Ob und inwieweit der Vertrag geeignet ist, die konträren Interessen von Gesellschaft und Gesellschaftergläubigern zu einem gerechten Ausgleich zu bringen, ist im folgenden zu untersuchen. IH. Fehlende Richtigkeitsgewähr des die Interessen Dritter beeinträchtigenden Vertrags
1. Fehlender Gleichlauf zwischen Vertragspartner- und Drittinteressen
a) Wie bereits im einzelnen dargelegt wurde 43 , ist die Richtigkeitsgewähr des Vertrags auf die intersubjektive Austauschgerechtigkeit beschränkt. Zu einer Beeinträchtigung von Drittinteressen kann es danach typischerweise immer dann kommen, wenn entweder bereits zwischen den Vertragspartnern eine Interessenpolarität nicht besteht oder die Vertragspartner- mit den Drittinteressen nicht parallel laufen und deshalb typischerweise ein Ausgleich der gegensätzlichen Vertragspartnerinteressen zu Lasten Dritter erfolgt. Von daher fällt es nicht schwer, die Fälle eines nach h.M. unter dem Gesichtspunkt der Drittbeeinträchtigung sittenwidrigen Vertrags als funktionswidrige Ausübung von Vertragsfreiheit zu qualifizieren. b) Nachweisen läßt sich dies ohne weiteres anhand der allein auf die Pfändung des Anteils bzw. den Konkurs des Gesellschafters bezogenen Abfindungsbeschränkung. Hier findet eine Vereinbarung auf dem Rücken der Privatgläubiger statt, deren Interessen naturgemäß von keinem der Gesellschafter wahrgenommen werden, da etwaige Eigeninteressen derselben nicht tangiert 41 Vgl. Hachenburgj Ulmer, GmbHG, § 34 Rdn. 90; ausschließlich gläubigerbezogene Einziehungstatbestände sind deshalb unproblematisch. 42 BGHZ 65, 22, 27 = NJW 1975, 1835; vgl. auch K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2, S. 1094. 43 Oben unter § 6 III 1; vgl. aber auch unten unter § 16 II 1.
6*
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§ 7 Sonstige Fonnen der Beeinträchtigung von Drittinteressen
sind. Zwar besteht objektiv ein Interesse des betroffenen Gesellschafters an weitgehender Befreiung von seinen Verbindlichkeiten infolge der Verwertung des Anteils durch die Gläubiger. Doch besteht dieses Interesse stets bei Vornahme gläubigergefährdender Rechtsgeschäfte und wird von dem subjektiv dominierenden Interesse an Ausschaltung eines Gläubigerzugriffs verdrängt. An einem Gleichlauf zwischen Gläubiger- und Gesellschafterinteressen fehlt es darüber hinaus auch dann, wenn zwar der Gesellschafter für bestimmte Fälle ebenfalls von der Abfindungsbeschränkung betroffen ist, der Eintritt dieser Einziehungstatbestände aber äußerst unwahrscheinlich ist 44 . Demgegenüber wird der Privatgläubiger bei Parität der satzungsbeschließenden Gesellschafter regelmäßig nicht beeinträchtigt, wenn eine auch den Gesellschafter persönlich 45 mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit treffende Beschränkung des Anspruchs vereinbart werden soll. Dann nämlich werden die mit den Gesellschafterinteressen parallel laufenden Gläubigerinteressen zwangsläufig von dem Gesellschafter wahrgenommen, der eine ihm möglichst günstige Abfindungsregelung anstrebt. Der im Ergebnis zutreffenden späteren Entscheidung des BGH46 vom 12. Juni 1975 kann allerdings nicht mit der Begründung zugestimmt werden, der Gläubiger des Gesellschafters habe den Geschäftsanteil stets so hinzunehmen, wie er in dessen Person besteht47 • Dabei würde verkannt, daß bei einer Störung der Verhandlungsparität der Gründer bzw. einer Benachteiligung etwaiger nach Gründung eintretender Gesellschafter ein unmittelbarer Schutz des Gläubigers ausgeschlossen wäre. Für dessen Beeinträchtigung spielt aber das Verhältnis der Vertragspartner zueinander keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, daß allein Parität und umfassende Polarität der Vertragspartner gemeinsam die Richtigkeit des Vertrags gewährleisten und damit auch im Verhältnis zu außenstehenden Dritten eine Beeinträchtigung verhindert wird. c) Die durch sog. atypische Sicherungsvereinbarungen ermöglichte Gläubigergefährdung48 liegt darin begründet, daß der Sicherungsnehmer allein bei 44 Etwa die Einziehung des Anteils für den Fall der Entmündigung des Gesellschafters, vgl. BGHZ32, 151, 153 = NJW 1960, 1053unddazuBGHZ65,22,26 = NJW 1975, 1835 ("theoretischer Fall"). 4S Bei ~ teilweise ~ unentgeltlicher Einziehung des Geschäftsanteils beim Tod des Gesellschafters liegt eine Schenkung des Anteils an die Mitgesellschafter vor (vgl. i.e. Habersack, ZIP 1990, 626f, 631 f m.w.Nachw.) mit der Konsequenz, daß die an unentgeltliche Zuwendungen anknüpfenden Schutzvorschriften zugunsten der Nachlaßgläubiger einschließlich der Pflichtteilsberechtigten (§ 32 KO, § 226 Abs.2 Nr.3 KO, § 3 Nr.3 und 4 AnfG, §§ 2325 ff BG B) eingreifen; vgl. zum Schutz Dritter gegen unentgeltliche Zuwendungen allgemein bereits oben unter § 1 I. 4(j BGHZ 65, 22, 26ff = NJW 1975, 1835. 47 So aber die Literaturnachw. in Fn. 39 mit Ausnahme von Scholz/ H. Winter; vgl. dagegen bereits RGZ 142, 373, 376f. 48 Vgl. zum folgenden die Tatbestandsbildung in RGZ 136, 247, 253 f; dazu näher unten unter § 14 I. Den praktisch selteneren Tatbeständen der Konkursverschleppung und des Kreditbetrugs, denen ein kollusives Handeln der Vertragspartner gegenüber den sonstigen
III. Richtigkeitsgewähr des Vertrags und Interessen Dritter
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gewinnbringender Nutzung des mit den Fremdmitteln sowie dem Sicherungsgut ausgestatteten Schuldnervermögens durch den Darlehensnehmer bzw. Sicherungsgeber Aussicht auf freiwillige Erfüllung von dessen Verbindlichkeit hat. Auch dem Sicherungsgeber liegt weniger an der formalen Stellung als Rechtsinhaber als an der tatsächlichen Nutzung des Sicherungsgutes. Sein Interesse ist primär auf günstige Darlehenskonditionen und allenfalls sekundär auf die Belassung formaler Rechtspositionen gerichtet. Die dem Publizitätsprinzip widersprechenden latenten Sicherungsmittel tragen dieser beiderseitigen Interessenlage Rechnung. Für das Interesse der sonstigen Gläubiger des Sicherungsgebers an ausreichenden Befriedigungsmöglichkeiten hat dies aber zur Folge, daß insoweit ein Interessengegensatz weniger stark ausgeprägt ist 49 . Der Vertragsmechanismus kann vielmehr zu einem Ausgleich der Vertragspartnerinteressen zu Lasten der sonstigen Gläubiger führen, etwa wenn der Sicherungsnehmer für ein Nachgeben bezüglich des Zinses durch die zusätzliche Einräumung von Sicherheiten entschädigt wird 50. Der Vorteil sowohl des Sicherungsgebers als auch des Sicherungsnehmers spricht in diesem Fall für die Beeinträchtigung der sonstigen Gläubiger des Sicherungsgebers. Ist der Sicherungsgeber zur Wahrung der Interessen dritter Gläubiger verpflichtet, so wird er zwar im eigenen Interesse den Abschluß eines dem zu wahrenden Gläubigerinteresse widersprechenden Vertrags unterlassen. Dies gilt auch für den Fall, daß die kollidierende Verpflichtung erst nach Abschluß des fraglichen Vertrags entsteht, wenn nur mit ihrer Entstehung, wie etwa im Falle des im Anschluß an eine Globalzession vereinbarten verlängerten Eigentumsvorbehalts, zu rechnen ist. Speziell für Sicherungsvereinbarungen gilt aber über die oben unter § 6 111 2 genannten Gründe für den Eintritt einer Forderungsvereitelung hinaus, daß der Sicherungsgeber auf den Nichteintritt des Sicherungsfalles und damit der Realisierung der Verletzung der Drittinteressen hofft. Sein Interesse an einem obligationsgemäßen Verhalten gegenüber dem Dritten ist deshalb weniger stark ausgeprägt, so daß der Vertragsmechanismus einen Ausgleich der gegensätzlichen Interessen der Vertragspartner zu Lasten des Dritten auch in diesem Fall nur unvollkommen verhindert.
2. Zwischenergebnis Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen, etwa anhand von Schmiergeldverträgen oder der Wechsel- und Scheckreiterei 51. Stets wird es sich erweisen, Gläubigern zugrunde liegt, ist der fehlende Interessengegensatz zwischen den Vertragspartnern eigen. 49 H. Westermann (Interessenkollisionen, S. 9) spricht sogar von einer Interesseneinheit der Vertragspartner. 50 Vgl. auch Wolf! Haas, ZHR 154 (1990), 74, zur Abhängigkeit der Höhe des Zinssatzes vom Ausfallrisiko des Darlehensgebers. 51 Zu diesen beiden Fallgruppen vgl. Soergel! Hefermehl, § 138 Rdn.180ff; MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.93, 96.
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§ 7 Sonstige Formen der Beeinträchtigung von Drittinteressen
daß sich mit den herkömmlich unter dem Stichwort "Drittschädigung" erfaßten Fallgruppen sittenwidriger Verträge eine fehlende bzw. abgeschwächte Interessenpolarität der Vertragspartner, jedenfalls aber ein fehlender Gleichlauf zwischen - konträren - Vertragspartnerinteressen und beeinträchtigten Drittinteressen verbindet. Damit soll nicht zum Ausdruck gebracht werden, daß allein die fehlende Interessenpolarität bzw. die fehlende Identität zwischen Vertragspartner- und Drittinteressen die Sitten widrigkeit der fraglichen Verträge begründet; dazu bedarf es nach h.M.52 vielmehr der Erfüllung zusätzlicher Voraussetzungen. Doch fragt sich, ob der genannte Befund nicht zur Folge hat, daß die fraglichen Verträge entsprechend den Verträgen mit Lastwirkungen gegenüber Dritten 53 einer der Vorschrift des § 138 Abs.1 vorgelagerten Inhaltskontrolle zu unterziehen sind. IV. Die Lehre vom Institutsmißbrauch als Grundlage der WirksamkeitskontroUe drittbeeinträchtigender Verträge 1. Auch für die sonstigen, nicht als Lastwirkungen zu qualifizierenden Formen der Beeinträchtigung von Drittinteressen gilt nach der unter IH. getroffenen Feststellung, daß ihre Ursache ein Vertrag ist, der sich im Hinblick auf seine Drittwirkung außerhalb der allgemeinen Grenzen der Richtigkeitsgewähr des Vertrags bewegt. Dieser ist deshalb zum Schutz der betroffenen Dritten einer Wirksamkeitskontrolle zu unterziehen, deren Grundlage - wie im Falle des Vertrags mit Lastwirkungen für Dritte - die Verfehlung der dem Vertrag zukommenden Funktionen und damit die Lehre vom Institutsmißbrauch 54 ist. Da sich mit der Beeinträchtigung der Interessen Dritter aber regelmäßig zugleich ein berechtigtes Regelungsinteresse der Vertragspartner und damit ein funktionsgemäßer Gebrauch der Vertragsfreiheit verbindet, bedarf es eines Kontrollrnaßstabs, der die erforderliche Abgrenzung eines funktionswidrigen von einem funktionsgemäßen Gebrauch der Vertragsfreiheit ermöglicht. Dafür bietet sich wie schon für die Fälle der Lastwirkungen der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an 55. Gebietet dieser, das Regelungsinteresse der Vertragspartner mit den schutzwürdigen Interessen der betroffenen Dritten zu einem verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen, so folgt daraus, daß allein die übermäßige Beeinträchtigung von Drittinteressen unwirksam ist; soweit dagegen die Beeinträchtigung von Drittinteressen mit der Wahrnehmung eines berechtigten Regelungsinteresses der Vertragspartner zwangsläufig und unverVgl. die Nachw. in Fn. 14. Dazu oben unter § 6 IV. 54 So auch Martens, AcP 177 (1977),171 ff; dessen Ausführungen betreffen zwar allein Lastwirkungen, doch rechnet er zu diesen auch sonstige Fälle einer Drittbeeinträchtigung, etwa Abfindungsvereinbarungen in Gesellschaftsverträgen, vgl. aa(j), S. 179. Im Erg. auch Schmalzbauer, Drittwirkung, S. 136ff. ss Näher dazu oben unter § 6 IV. S2
S3
V. Zusammenfassende Bewertung
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meid bar verbunden ist, ist dies von den betroffenen Dritten hinzunehmen. Demgegenüber trägt die von der hier vertretenen Auffassung abweichende h.M., der zufolge ein die Interessen Dritter beeinträchtigender Vertrag ausschließlich der für alle Verträge geltenden Kontrolle nach § 138 Abs.1 unterliegt, den Besonderheiten des in Frage stehenden Vertragstypus nicht gebührend Rechnung. Dieser ist, wie im einzelnen oben unter § 6 III und IV nachgewiesen wurde, durch die machtfördernde Kumulierung der Regelungsinteressen der Vertragspartner gekennzeichnet und unterscheidet sich damit in rechtlich erheblicher Weise von dem durch umfassende Interessenpolarität gekennzeichneten gewöhnlichen Austauschgeschäft, auf das die Vorschrift des § 138 Abs.l in erster Linie zugeschnitten ist. Als Ergebnis ist deshalb festzuhalten, daß entgegen der h.M. nicht nur Verträge mit Lastwirkungen für Dritte, sondern auch Verträge, die die Interessen Dritter auf sonstige Weise beeinträchtigen, im Vorfeld des§ 138 Abs.1 auf der Grundlage der Lehre vom Institutsmißbrauch auf ihre Angemessenheit zu überprüfen sind; die rechtliche Qualifizierung der Drittbeeinträchtigung rechtfertigt keine Modifizierung des Kontrollmaßstabs. 2. Gleichwohl hat die Heranziehung der Lehre vom Institutsmißbrauch nicht zwangsläufig eine Verschärfung der bisherigen Praxis zur Folge. Namentlich für den Bereich der Sicherungsgeschäfte ist die gegenwärtige Kontrolle weitgehend nicht am Maßstab des rechtsethischen Minimums, sondern an demjenigen des verhältnismäßigen Ausgleichs der allseits betroffenen Interessen ausgerichtet 56. Auch in bezug auf gesellschaftsvertragliche Abfindungsvereinbarungen ist der geschilderten Rechtsprechung im Grundsatz 57 schon deshalb zu folgen, weil Vereinbarungen, die auch zu Lasten des Gesellschafters gehen, eine Polarität der Interessen zugrunde liegt, so daß sie nicht als Institutsmißbrauch zu qualifizieren sind. Gläubigerdiskriminierende Abfindungsbeschränkungen dagegen sind auch nach der hier vertretenen Auffassung unwirksam, da die Vertragspartner kein die Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen rechtfertigendes Regelungsinteresse für sich in Anspruch nehmen können. V. Zusammenfassende Bewertung
Auch für die Beeinträchtigung schlichter Vermögens- und Affektionsinteressen Dritter gilt, was oben unter § 6 VI bereits für die Verursachung von Lastwirkungen festgestellt werden konnte: allein die umfassende Polarität der Interessen der Vertragspartner vermag einen Schutz unbeteiligter Dritter vor der Beeinträchtigung ihrer Interessen zu bewirken. Sobald mit den Vertragspartnerinteressen nicht parallel laufende Drittinteressen von der vertraglichen Rege56 Vgl. etwa die Kritik bei Soergel/Hefermehl, §138 Rdn. 171, an den geringen Anforderungen, die die Rspr. an die Verwirklichung des Tatbestands der Gläubigergefährdung stellt; ferner unten unter § 18 I 2. 57 Vgl. aber auch unten unter § 14 I 2 c.
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§ 7 Sonstige Fonnen der Beeinträchtigung von Drittinteressen
lung betroffen sind, besteht die Gefahr eines Ausgleichs der im übrigen gegensätzlichen Interessen der Vertragspartner zu Lasten der unbeteiligten Dritten. Sind demnach die Grenzen der Richtigkeitsgewähr des Vertrags überschritten, so bedarf es einer Wirksamkeitskontrolle des jeweiligen Vertrags anhand des Gebots des verhältnismäßigen Ausgleichs der allseits betroffenen Interessen. Mit dem so gewonnenen Aufgreifkriterium für eine Vertragskontrolle verbinden sich die schon oben unter § 6 VI 2 genannten Vorteile, nämlich die Ermöglichung eines transparenten und umfassenden Drittschutzes sowie des Schutzes der Vertragsfreiheit selbst.
§ 8 Schutz Dritter durch Teilhahe am fremden Schuldverhältnis I. Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand
Es wurde bereits darauf hingewiesen 1, daß die h.M. im Zusammenhang mit der Überprüfung von Freizeichnungsklauseln nach §§ 9, 11 Nr.7 AGBG ausnahmsweise externe Interessen, nämlich diejenigen der in den Schutzbereich eines fremden Schuldverhältnisses einbezogenen Dritten, berücksichtigt und damit gegebenenfalls die Innenschranken der Privatautonomie erweitert. Dem liegt einerseits im AGB-rechtlichen Schrifttum die Prämisse zugrunde, der Kunde sei zur Wahrung der Interessen des Dritten verpflichtet, werden doch die Schutzwirkungsfalle regelmäßig als Paradigma einer allein durch eine Fürsorgepflicht des Kunden gegenüber dem Dritten gerechtfertigten Berücksichtigung von Drittinteressen angesehen. Andererseits verbindet diese Auffassung offensichtlich mit der infolge der Verwendung von AGB begründeten Störung der Vertragsparität 2 eine besondere Gefahrenlage auch für den Dritten; denn bei bestehender Parität der Vertragspartner hält die ganz h.M.3 einen besonderen Schutz des Dritten gegen auch ihn erfassende Haftungsbeschränkungen, ja zum Teil sogar gegen eine ausschließlich den Drittschutz einschränkende Vereinbarung der Parteien, nicht für veranlaßt. Die Problematik der Wirkung von Haftungsfreizeichnungen gegenüber den in den Schutzbereich eines Schuldverhältnisses einbezogenen Dritten ist also in erster Linie im Hinblick auf die Fragestellung des vierten Teils der Untersuchung von Relevanz. Da die Schutzwirkungslehre in ihrem Ausgangspunkt aber an ein paritätisches Verhältnis der Vertragspartner zueinander anknüpft, ist sie deshalb systematisch dem dritten Teil der Untersuchung zuzuordnen. Die Darstellung verfolgt mehrere Anliegen. So soll zunächst der allgemeine Zusammenhang der Schutzwirkungslehre mit dem Gegenstand der vorliegenden Untersuchung, also den durch Drittinteressen bedingten Schranken der Vertragsfreiheit, verdeutlicht werden. Des weiteren ist im Hinblick auf den angedeuteten Meinungsstand zur Frage der Berücksichtigung von Drittinteressen im Rahmen von §§ 9 bis 11 AGBG der Grund für die im vierten Teil zu erfolgende kritische Auseinandersetzung mit der im AGB-Recht h.M. zu legen. Diese wird an zwei Ebenen ansetzen. Zum einen wird zu fragen sein, ob die Schutzwirkungslehre im Hinblick auf die Besonderheiten des unter Verwendung von AGB geschlossenen Vertrags ein 'Oben unter § 1 II 3; vgl. auch unten unter § 13 I 2, II 1 mit Nachw. zum Folgenden. Dazu näher unten unter § 11. 3 Vgl. näher unten unter 11 3 b,c.
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sachlich zutreffendes Kriterium zur Bestimmung des Kreises der relevanten Drittinteressen liefert. Zum anderen ist zu überprüfen, ob der Ausgangspunkt dieser h.M., wonach die Erstreckung der Schutzwirkung eines Schuldverhältnisses auf Dritte an eine Interessenwahrungspjlicht des Anschlußgläubigers 4 gegenüber dem Dritten anknüpft, noch dem zwischenzeitlich erreichten Stand der Lehre vom Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte entspricht.
11. Entwicklungsstand 1. Die Rechtsprechung des BGH
Es sind die angeblichen Schwächen des Deliktsrechts, die zur Ausbildung und Fortentwicklung der Lehre vom Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte geführt habens. Neben den Haftungsdefiziten des § 831 gegenüber dem § 278, der kurzen Verjährung nach § 852 sowie den gegenüber § 282 erschwerten Darlegungs- und Beweisanforderungen an den Deliktsgläubiger ist gerade in neuerer Zeit der nur durch §§ 823 Abs.2 und 826 gewährte und deshalb regelmäßig auch im Rahmen der Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes -vorsatzabhängige unmittelbare Schutz des Vermögens als treibende Kraft der Fortentwicklung des Instituts zu nennen. Hatte die Rechtsprechung die Problematik der Schutzwirkung für Dritte zunächst mit Hilfe der Vorschrift des § 328 zu lösen versucht 6 , so trennt sie heute im Anschluß an Larenz 7 zwischen dem auf die Primärleistung bezogenen ("echten") Vertrag zugunsten Dritter und dem auf Sekundäransprüche beschränkten Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, dessen Grundlage sie aber ebenfalls in dem durch - ergänzende Auslegung des jeweiligen Vertrags ermittelten - hypothetischen - Willen der Vertragsparteien erblickt. 8 Aus der daran sich anschließenden rasanten Entwicklung sind die folgenden Stufen festzuhalten: a) Seit BGHZ 66,51,54 = NJW 1976,712 erstreckt die Rechtsprechung auch die aufgrund der Aufnahme geschäftlichen Kontakts aus dem gesetzlichen 4 So die treffende Bezeichnung Gernhubers (Das Schuldverhältnis, § 21 II 4, S. 514) für die Partei, der der Dritte zugeordnet ist und deren Anspruch auf den Dritten erstreckt wird. 5 Explizit BGHZ 66,51,54 = NJW 1976, 712; vgl. des weiteren Assmann, JuS 1986, 886; von Caemmerer, FS Wieacker, S. 311 f; Gernhuber, FS Nikisch, S.250f; MünchKomm-Gottwald,§ 328 Rdn.60; Palandtf Heinrichs,§ 328 Rdn.13; Larenz, SchR I,§ 17 II, S.225. 6 So die st.Rspr. des RG (etwa RGZ 160, 153, 155 m.w.Nachw.), aber auch zunächst die des BGH (etwa NJW 1954, 874; 1956, 1193 mit folgenreicher Anm. Larenz; nur noch ansatzweise in BGHZ 24, 325, 327 = NI\\, 1957, 1187). 7 In: NJW 1956, 1193, und NJW 1960,78tT; vgl. auch dens .• SchR 1,17 II, S. 224tT. 8 Ausdrückliche Wende in BGH NJW 1959, 1676f; seitdem st.Rspr., vgl. etwa BGHZ 51,91,96 = NJW 1969,269; 56,269, 272f = NJW 1971, 1931; aus neuerer Zeit BGH NJW 1987, 1758, 1759f; 1989, 1029, 1030; NJW-RR 1986, 484, 485f; vgl. des weiteren die umfangr. Nachw. bei Palandtf Heinrichs, § 328 Rdn. 21 ff.
H. Entwicklungsstand
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Schuldverhältnis der c.i.c. folgenden Schutzpflichten auf Dritte; gleiches hat folgerichtig auch bei einem nichtigen, gleichwohl vollzogenen Vertrag zu gelten 9 • Von da an ist es geboten, anstelle von dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte umfassend von dem Schuldverhältnis mit entsprechender Wirkung zu sprechen 10 • b) Seit der Lastschrift-Entscheidung verzichtet der BGHll auch auf den personenrechtlichen Einschlag des zwischen Drittem und Anschlußgläubiger bestehenden Fürsorgeverhältnisses und mit der Indienstnahme der Schutzwirkungslehre für die Einführung einer außerdeliktischen, gleichwohl vertragsunabhängigen Berufshaftung 12 generell 13 auf das Bestehen von Fürsorgepflichten überhaupt. Seitdem gilt, daß bei Bestehen eines entsprechenden Fürsorgeverhältnisses "allein aufgrund der objektiven Interessenlage - also ohne einen konkreten Anhaltspunkt in ausdrücklichen Parteierklärungen oder im sonstigen Parteiverhalten - die stillschweigende Vereinbarung einer Schutzpflicht für Dritte anzunehmen ist. ... Den Vertragsparteien ist es ... unbenommen, eine Schutzpflicht auch zugunsten von solchen Personen zu begründen, die nicht ihrer Fürsorge anvertraut sind. Ob ein solcher rechtsgeschäftlicher Wille besteht, hat der Tatrichter nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln" 14. Selbst die Polarität der Interessen zwischen Drittem und Anschlußgläubiger steht einem Eingreifen der Schutzwirkungslehre nicht mehr entgegen 15. c) Der Verzicht auf ein zwischen Drittem und Anschlußgläubiger bestehendes Fürsorgeverhältnis ist auf der Grundlage subjektiver Anknüpfung nur konsequent und führt zwangsläufig zur Ausdehnung des Drittschutzes von der Verletzung von Schutzpflichten auf die Verletzung von Leistungspflichten und damit auf den Ersatz unmittelbarer Vermögensschäden 16 • Vgl. nur MünchKomm-Gottwald, § 328 Rdn.65. Zutr. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 21 I 1, S. 511 f. Unberechtigt dagegen die Kritik der Rspr. durch dens., aaO, § 21 I 1, S. 512, der in der umfassenden Geltung der Schutzwirkungslehre zu Unrecht ein Hindernis für die HerIeitung aus § 157 in bezug auf vertragliche Schuldverhältnisse erblickt; konsequent dagegen Soergelj Hadding, Anh. § 328 Rdn.6f, der bei vertraglichen Schuldverhältnissen der subjektiven Anknüpfung der Rspr. folgt. 11 BGHZ 69,82,86 = NJW 1977, 1916; vgl. auch BGHZ 96, 9, 16ff = NJW 1986, 246 (Scheckinkasso); OLG Düsseldorf WM 1982, 575, 576f; 1986, 637, 638f; 1987, 1008, 1009f Geweils Überweisungsverkehr). Nachw. zur älteren "Wohl und Wehe"-Rspr. bei MünchKomm-Gottwald, § 328 Rdn.69. 12 BGH NJW 1984, 355, 356; 1987, 1758, 1759f; NJW-RR 1986,484, 485f. 13 Vgl. die KlarsteIlung in BGH NJW 1989, 1029, 1030. 14 BGH NJW 1987, 1758, 1759; ebenso in BGH NJW 1984, 355, 356; NJW-RR 1986, 484,485f. 15 BGH NJW-RR 1986, 484, 486; anders noch BGH NJW 1973, 321, 322. Dazu allgemein Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, S. 374fT. 16 Vgl. BGHZ 69, 82, 86fT = NJW 1977, 1916 sowie bereits BGH NJW 1977, 2073, 2074; des weiteren die in Fn. 12 und 13 genannten Judikate. 9
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2. Lehre Soweit die Lehre der Einordnung bestimmter Sachverhalte unter die Schutzwirkungslehre folgt und nicht - vornehmlich in bezug auf die Verletzung von Leistungspjlichten, etwa in den Fällen der Berufs-I?, aber auch der Bankenhaftung l8 - andere Schutzkonzepte entwickelt, überwiegen die Stimmen, die diesubjektive - Praxis der Rechtsprechung über die ergänzende Auslegung des Vertrags ablehnen 19 und statt dessen - objektiv - unter Abwägung der allseits betroffenen Interessen eine auf § 242 gestützte personale Erweiterung des Schuldverhältnisses im Stadium der Erfüllung desselben annehrnen 20 • Das Verhältnis des zu schützenden Dritten zum Anschlußgläubiger wird demzufolge .vernachlässigt, zum Teil sogar für unerheblich gehalten 21 • Im Bereich der Schutzpjlichten sind es vielmehr die von der Erfüllung des Schuldverhältnisses ausgehenden und den Dritten - zwangsläufig und für die Vertragspartner erkennbar - gefährdenden Sozialwirkungen, aus denen die Erforderlichkeit eines über das Deliktsrecht und damit das allgemeine Verbot des neminem laedere hinausgehenden Drittschutzes begründet wird. Ähnlich liegt es im Bereich der Leistungspjlichten. Namentlich im Zusammenhang mit komplexen und arbeitsteiligen Dienstleistungen kann das Vertrauen des erkennbar mit der Leistung in Berührung kommenden Dritten auf das Vertragsresultat die von den Zufälligkeiten der im einzelnen bestehenden Vertragsbeziehungen 22 abstrahierende Begründung von Sekundäransprüchen zur Folge haben.
3. Gemeinsamkeiten und Unterschiede a) Es verwundert nicht, daß ungeachtet der grundlegenden Unterschiede in der dogmatischen Einordnung des Instituts die jeweiligen Einzelergebnisse im wesentlichen übereinstimmen 23 , wird doch die ergänzende Auslegung oftmals 17 VgI. dazu Hopt, AcP 183 (1983), 680ff, sowie den Überblick bei Damm, JZ 1991, 373ff, und Grunewald, AcP 187 (1987), 285ff. 18 VgI. dazu im einzelnen Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.21 ff; Hadding, FS Werner, S. 165ff; Hüjjer, WM 1987, 643ff; Köndgen, Neue Entwicklungen im Bankhaftungsrecht, S.146ff; Möschel, AcP 186 (1986), 211ff. 19 Zustimmend aber beispielsweise Soergel/ Hadding, Anh. § 328, Rdn.6f; Palandt/ Heinrichs, § 328 Rdn. 14; weitere Nachw. bei MünchKomm-Gottwald, § 328 Rdn.62. 20 Vorreiter der im einzelnen unterschiedlichen Ansätze war Gernhuber, FS Nikisch S. 249 ff(265 ff); ders., JZ 1962, 554ff; tiers., Das Schuldverhältnis, § 2111 6, S. 526ff; vgI. darüber hinaus Assmann, JuS 1986, 887f; Canaris, JZ 1965, 477f; AK-BGB-Dubischar, § 328 Rdn.15; MünchKomm-Gottwald, § 328 Rdn.62; Staudinger/ Kaduk, Vor§ 328 Rdn. 79; Larenz, SchR I, § 1711, S. 227; Esser / E.Schmidt, SchR I, § 34 IV 2, S. 566f, jew. mit weiteren Nachw. 21 Eindrucksvoll Gernhuber, FS Nikisch, S. 270; vgl. aber auch mit zum Teil beträchtlichen Abweichungen - die in Fn. 20 Genannten, ferner Schmalzbauer, Drittwirkung, S. 92ff. 22 Zu diesen Ursachen vgI. bereits Wieacker, FS DJT, S. 16, sowie R.Schmidt, AcP 166 (1966), 1 ff.
11. Entwicklungsstand
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und so auch hier nur als "Formulierung für die Anwendung ergänzenden Rechts verwandt" 24. Es finden sich denn auch Beispiele, in denen der BGH2s trotz Vorliegens eines Vertrags offen eine Abwägung der Interessen aller Beteiligten vorgenommen und damit den Boden herkömmlicher Vertragsauslegung verlassen hat. Durch die Aufgabe des "Wohl und Wehe" - Erfordernisses und letztlich des Fürsorgeverhältnisses zwischen Drittem und Anschlußgläubiger überhaupt befindet sich die neuere Rechtsprechung auch insoweit in Übereinstimmung mit der Lehre, als sie nunmehr zu einer echten Externalisierung des Schuldverhältnisses übergegangen ist, die Pflichtenerweiterung also des Schutzes des Dritten - und nicht 'des Anschlußgläubigers - wegen begründet. b) Allerdings muß ein den vermuteten Parteiwillen zur Grundlage des Drittschutzes erhebendes Konzept denknotwendig zur Abdingbarkeit des Drittschutzes gelangen 26 . Dies deshalb, weil eine ergänzende Auslegung die Lückenhaftigkeit des Vertrags voraussetzt, jedenfalls aber eine ausdrückliche Parteivereinbarung des Inhalts, daß eine Rüc.ksichtnahme auf durch die Vertragserfüllung gefährdete Dritte nicht gewollt sei, der Annahme einer Regelungslücke von vornherein entgegensteht. Dementsprechend hat der BGH nicht nur eine zu Lasten des Anschlußgläubigers wirkende Freizeichnung entsprechend § 334 auch dem Dritten entgegengehalten 2?, sondern auch ausdrücklich klargestellt, daß die Vertragsparteien auch dann, "wenn einer von ihnen Wohl und Wehe eines Dritten anvertraut ist, wirksam vereinbaren (können), daß dieser Dritte nicht in den Schutzbereich des Vertrags einbezogen werden soll"28. Die solchermaßen verstandene Vertragsfreiheit muß dann aber nicht nur den vollständigen Ausschluß des Drittschutzes, sondern auch eine allein den Dritten treffende Haftungsbeschränkung legitimieren. c) Demgegenüber stimmt die h.L. 29 im Grundsatz zwar der Erstreckung von auch den Anschlußgläubiger treffenden Freizeichnungeri' auf den Dritten zu; im 23 So auch Palandt/ Heinrichs, § 328 Rdn. 14; die Rspr. bezeichnet die Frage des öfteren als "gleichgültig" oder läßt die Einordnung bewußt offen, vgl. BGHZ 56, 269, 273 = NJW 1971, 1931; BGH NJW 1975, 867, 869; 1977,2073,2074. 24 Flume, AT II, § 16 4f, S. 330; zust. etwa Assmann, JuS 1986, 887; MüchKommGottwald, § 328 Rdn.62; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 21 II 2, S. 520; vgl. auch von Caemmerer, FS Wieacker, S. 317f; Lorenz, JZ 1960, 109. 25 BGHZ 69, 82, 86f = NJW 1977, 1916; BGH NJW 1984, 355, 356. 26 Darauf weist bereits Gernhuber, FS Nikisch, S. 265 hin; vgl. auch dens., Das Schuldverhältnis, § 21 II 1, S. 519f. 27 BGHZ 56, 269, 272ff = NJW 1971, 1931. 28 BGH NJW-RR 1986,484,486. Der II. Zivilsenat des BGH hat in der Entscheidung zum Lastschriftverfahren (BGHZ 69, 82, 88f = NJW 1977, 1916) die Bestimmung in Abschnitt IV Nr.1 des Lastschriftabkommens, wonach durch das Abkommen nur Rechte und Pflichten zwischen den beteiligten Kreditinstituten begründet werden, nur i.E. zutr. für unbeachtich gehalten; richtigerw.eise hätte die genannte Bestimmung des LSA für unwirksam erklärt werden müssen. 29 Berg NJW 1978, 2018f; von Caemmerer, FS Wieacker, S. 316; AK-BGB-Dubischar, § 328 Rdn.23; Gernhuber, FS Nikisch, S.265; ders., Das Schuldverhältnis, § 21 11 1,
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übrigen aber hält sie den Drittschutz für willensunabhängig, und zwar sowohl bezüglich der Frage, ob der Dritte in den Schutzbereich des Vertrags einzubeziehen ist, als auch hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung des Drittschutzes. Der Dritte nimmt danach also an dem fremden Schuldverhältnis in der Gestalt teil, die die Parteien diesem hinsichtlich ihres Verhältnisses zueinander gegeben haben. III. Einordnung der Schutzwirkungslehre in das System der Drittwirkungen des Schuldverhältnisses 1. Objektiv-rechtliche Teilhabe des Dritten am fremden Schuldverhältnis Schon im Hinblick auf die Konsequenzen einer subjektiven, auf ergänzender Vertragsauslegung beruhenden Schutzwirkungslehre für die umfassende Abdingbarkeit des Drittschutzes 30 ist der im Schrifttum herrschenden objektiven Anknüpfung zu folgen. Aber auch ungeachtet dieses Aspekts läßt sich der heutige Entwicklungsstand der Schutzwirkungslehre mit einer subjektiven Anknüpfung nicht mehr in Einklang bringen. Jedenfalls nach Aufgabe des Erfordernisses eines Fürsorgeverhältnisses sowie der Anerkennung des Drittschutzes trotz bestehender Interessenpolarität zwischen Drittem und Anschlußgläubiger findet die Ausdehnung der Schutzpflichten im - hypothetischen Parteiwillen keine Grundlage mehr. Grundlage des Drittschutzes ist vielmehr entsprechend der Herleitung der Haftung aus culpa in contrahendo der gesteigerte soziale, durch die Erfüllung des Schuldverhältnisses bedingte Kontakt zu dem betroffenen Dritten. 2. Die maßgebenden Kriterien fir die Begründung des Drittschutzes a) Durch den aus der Verletzung von Schutzpjlichten folgenden Schadensersatzanspruch des Dritten werden die im fremden Schuldverhältnis angelegten, erst durch Eintritt in das Erfiilungsstadium sich aktualisierenden Gefahren für den Dritten, der - für die Vertragsparteien erkennbar - mit der Erfüllungsleistung zwangsläufig in Berührung kommt, kompensiert. Die Parteien, die ein von der Rechtsordnung anerkanntes Rechtsverhältnis begründen wollen, dies aber nicht ohne die Gefährdung außenstehender Dritter vollziehen können, haben nach Treu und Glauben und im Rahmen des Erkennbaren und Zumutbaren auf S. 519f; MünchKomm-Gottwald, § 328 Rdn.76, 78; Soergelj Hadding, Anh.§ 328 Rdn.6, 23; Palandtj Heinrichs, § 328 Rdn. 20; Larenz, SchR I, § 17 11, S. 229; Sonnenschein, JA 1979,230. Esser j E.Schmidt, SehR I, § 34 IV 2 c, S. 568, und ihm folgend Assmann, JuS 1986,888, sprechen sogar der zu Lasten des Anschlußgläubigers wirkenden Haftungsbeschränkung dem Dritten gegenüber jede Relevanz ab; sympathisierend auch Hopt, NJW 1987,1746. 30 Vgl. dazu oben unter 11 3 b, c.
III. Einordnung der Schutzwirkungslehre
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die Integritätsinteressen des Dritten Rücksicht zu nehmen. Der Dritte wird deshalb durch die Teilhabe an dem inhaltlich unbedenklichen fremden Schuldverhältnis geschützt. Die in bestimmten Situationen als unbillig empfundene Zweispurigkeit des Haftungssystems des BGB wird aufgelockert und das Schuldverhältnis unter Durchbrechung des Relativitätsprinzips31 für unbeteiligte Dritte geöffnet 32 . Demgegenüber wird in den oben unter §§ 6,7 behandelten Konstellationen der von dem Inhalt einer vertraglichen Regelung betroffene Dritte unmittelbar durch die Einschränkung der Vertragsfreiheit, speziell der Inhaltsfreiheit der Vertragsparteien geschützt, ohne daß die nur relative Wirkung des Schuldverhältnisses in Frage gestellt würde. b) Entsprechendes wie für den Bereich der Schutzpflichten gilt für denjenigen der Leistungspflichten. Auch insoweit ist der Inhalt des fremden Vertrags, was die Beeinträchtigung Dritter angeht, unbedenklich. Vielmehr beruht die Schutzbedürftigkeit des Dritten unmittelbar auf der Erzeugung eines Vertrauenstatbestands 33 bzw. auf der - aufgrund der "Repräsentation der Interessen"34 des Dritten durch den Anschlußgläubiger zwangsläufigen und als solche erkennbaren - Mitbetroffenheit des Dritten von der Vertragserfiillung. Durch die Auferlegung von sekundären Leistungspflichten zu Lasten des Schuldners und zugunsten des Dritten wird wiederum nicht die Inhaltsfreiheit beider Vertragsparteien, sondern allenfalls die Abschlußfreiheit des Schuldners eingeschränkt 35 , indem dieser so gestellt wird, als habe er den Vertrag mit dem geschädigten Dritten geschlossen. Drittschutz durch Gewährung von Sekundäransprüchen unter Respektierung des klassischen Vertragskonzepts und Drittschutz durch Betonung eines Funktionswandels des Vertrags, dem nicht mehr Willensverwirklichung, sondern Schutz legitimer Erwartungen zugeschrieben wird 36 , sind danach funktional austauschbar. 3. Absicherung des Drittschutzes durch zwingende Geltung a) Die Inhaltsfreiheit der Vertragsparteien ist erst auf einer zweiten Stufe berührt, nämlich durch die Frage, inwieweit der primär durch die Gewährung von Schadensersatzansprüchen geschaffene Drittschutz der Disposition der Vertragspartner untersteht. Insoweit ist die Auffassung des BGH37, wonach Vgl. dazu näher oben unter § 1 V. Vgl. auch Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 527 Fn. 58: Ausfluß des Strukturwandels der Vertragsbeziehung von der strengen Intersubjektivität zum objektiven Ordnungsfeld. 33 Vgl. BGHZ 69, 82, 88 = NJW 1977, 1916; Canaris, JZ 1965, 478; MünchKommGottwald, § 328 Rdn.65, 69, jew. m.weit.Nachw. 34 Hohloch, FamRZ 1977, 532f; so auch Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 21 III 3, 4 S.540f. 3S Vgl. dazu etwa Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, S. 132ff. 36 So die Konzeptionen von Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, S. 132ff und passim; vgl. auch Hopt, AcP 183 (1983), 610ff. 37 Nachw. in Fn. 28. 31
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allein zu Lasten des Dritten gehende Freizeichnungen von der Vertragsfreiheit gedeckt seien, mit der h.L. 38 abzulehnen. Durch die Teilhabe des Dritten am fremden Schuldverhältnis soll die durch die Erfüllung des inhaltlich unbedenklichen Vertrags begründete und den Vertragsparteien zurechenbare Schutzbedürftigkeit des Dritten kompensiert werden. Die Freizeichnung zu Lasten des Dritten führt zum Ausschluß des objektiv-rechtlichen Primärschutzes und ist folglich als Lastwirkung zu qualifizieren. Die für die Annahme einer Lastwirkung erforderliche rechtliche Beziehung wird durch die objektiv-rechtliche Teilhabe des Dritten am Schuldverhältnis begründet 39 . Nach dem oben unter § 6 IV Gesagten ist die Wirksamkeit der Vereinbarung somit davon abhängig, daß die Vertragspartner ein die Drittbeeinträchtigung rechtfertigendes Regelungsinteresse für sich in Anspruch nehmen können. Soweit aber die Freizeichnung allein gegenüber dem Dritten wirken soll, ist der Eintritt der Lastwirkung schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil ausschließlich die Haftung gegenüber dem Dritten und nicht die Regelung des Verhältnisses der Parteien untereinander in Frage steht, ein schutzwürdiges Regelungsinteresse der Vertragspartner somit nicht besteht. Eine Freizeichnung hat in den Fällen der Verletzung einer Leistungspjlicht allenfalls insoweit auch gegenüber Dritten Bedeutung, als dadurch bereits die Entstehung eines Vertrauens tatbestands verhindert wird und nach dem oben unter 2 b) Gesagten deshalb auch die Schutzbedürftigkeit des Dritten entfällt. Dazu bedarf es aber zumindest der Erkennbarkeit der Freizeichnung für den Dritten. Dann aber entsteht der Drittschutz von vornherein nicht, so daß dessen "Ausschluß" auch keine Lastwirkung begründet. b) Haftungsfreizeichnungen, die Anschlußgläubiger und Dritten gleichermaßen treffen, werden von Rechtsprechung und h.L. auch in bezug auf die Haftung des Schuldners gegenüber dem Dritten in den Grenzen der §§ 276 Abs.2, 278 S. 2 ohne weiteres anerkannt 40 • Eine Mindermeinung 41 dagegen will der Haftungsbeschränkung grundsätzlich allein im Verhältnis der Vertragsparteien untereinander Wirkung zusprechen. Beiden Auffassungen kann nicht zugestimmt werden. Auch die den Dritten nicht diskriminierende, sondern ihn und den Anschlußgläubiger gleichermaßen treffende Haftungsfreizeichnung entfaltet dem Dritten gegenüber Lastwirkungen, indem sie diesem einen kraft objektiven Rechts zustehenden Anspruch entzieht. Entsprechend dem oben unter § 6 IV zur Kontrolle von Lastwirkungen Gesagten wird weder ein per-se Verbot noch die unkontrollierte Anerkennung der Vereinbarung den allseits betroffenen InteresVgl. die Nachw. in Fn. 29. Zum Erfordernis einer rechtlichen Beziehung vgl. oben unter § 6 I; zur Möglichkeit objektiv-rechtlicher Begründung dieser rechtlichen Beziehung s. oben unter § 6 11 3 b. 40 Vgl. die Nachw. in Fn.27 und 29. Zur Unrichtigkeit des topos, der Dritte könne nicht mehr Rechte aus dem Vertrag herleiten als der Anschlußgläubiger, vgl. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 21 11 7, S. 532. 41 Assmann, JuS 1986, 888, in Anlehnung an Esser / E.Schmidt, SchR I, § 34 IV 2 c, S. 568; tendenziell auch Hopt, NJW 1987,1746; Thiete, JZ 1967, 654. 38 39
IV. Ergebnis und Konsequenzen für das weitere Vorgehen
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sen gerecht. Vielmehr bedarf es einer Abwägung des Regelungsinteresses der Vertragspartner mit dem Schutzinteresse des Dritten. Dies gilt zumindest seit Aufgabe des Erfordernisses eines Fürsorgeverhältnisses und der damit vollzogenen Öffnung der Schutzwirkungslehre für die Fälle eines Interessengegensatzes zwischen Anschlußgläubiger und Drittem42 • Von einer Wahrung des Interesses durch den Anschlußgläubiger kann von da an nicht mehr ausgegangen werden. Aber auch wenn eine Verpflichtung des Anschlußgläubigers zur Wahrung der Drittinteressen besteht, kann doch nicht ausgeschlossen werden, daß durch die Freizeichnung ein Ausgleich zu Lasten des Dritten getroffen wird, da eine regelmäßig zum Ausgleich der Haftungsbeschränkung vom Schuldner gewährte Gegenleistung nicht dem Dritten, sondern allein dem Anschlußgläubiger zugute kommt. IV. Ergebnis und Konsequenzen für das weitere Vorgehen 1. Es hat sich gezeigt, daß die jüngste, von der h.L. im AGB-Recht noch nicht berücksichtigte Entwicklung das Institut des Schuldverhältnisses mit Schutzwirkung für Dritte mit Recht vom Erfordernis einer Fürsorgepflicht des Anschlußgläubigers gegenüber dem Dritten befreit hat. Die Gefahren der Vertragserfüllung für den Dritten bzw. der durch das Vertragsresultat begründete Vertrauenstatbestand in dessen Person sind die Aufgreifkriterien, auf die die Rechtsordnung mit einem aufSekundäransprüche beschränkten Teilhaberecht des Dritten an dem in seiner Relativität durchbrochenen Schuldverhältnis reagiert. Das der konkreten Gefahrenlage angepaßte Schutzinstrumentarium ist auf einer zweiten Stufe durch die Inhaltskontrolle sämtlicher den primären Drittschutz einschränkender Vereinbarungen abzusichern. Entsprechend den allgemein für die Wirksamkeit von Lastwirkungen geltenden Regeln ist die Geltung einer Freizeichnung gegenüber dem Dritten von der Inanspruchnahme eines schutzwürdigen Regelungsinteresses durch die Vertragspartner abhängig. 2. Die Lehre vom Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte berührt den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung demnach nur insoweit, als es um die Wirksamkeit der Haftungsfreizeichnung 43 gegenüber den in den Schutzbereich des Vertrags einbezogenen Dritten geht. Im Hinblick auf die im folgenden Teil der Untersuchung zu bestimmende Reichweite der Innenschranken der Privatautonomie kann aber schon jetzt festgestellt werden, daß die h.M. zu §§ 911 AGBG die zu berücksichtigenden Drittinteressen nicht abschließendbezeichnet. Dies ergibt sich daraus, daß die Haftungsfreizeichnung gegenüber Dritten als Lastwirkung zu qualifizieren und damit zu den Außenschranken der Privatautonomie zu zählen ist. Deren Geltung im Bereich gestörter Vertragsparität ergibt sich aber schon daraus, daß die Innenschranken zusätzliche, über die 42 Vgl. die Nachw. in Fn. 11-13, ferner in Fn. 15 zur Unbeachtlichkeit eines Interessengegensatzes zwischen Drittem und Anschlußgläubiger. 43 Sowie Regelungen, die die Durchsetzbarkeit des Schadensersatzanspruchs betreffen, vgl. unten unter § 13 I 2 d) zur Anmelderklausel in Allgemeinen Reisebedingungen.
7 Habersack
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Außen schranken hinausgehende Beschränkungen der Privatautonomie aufstellen 44 • Demzufolge sind jedenfalls auch in den übrigen Fällen, in denen ein Rechtsgeschäft Lastwirkungen entfaltet, die Interessen der betroffenen Dritten zu beachten; gleiches gilt nach der hier vertretenen Auffassung 45 für die Beeinträchtigung bloßer Vermögens- und Affektionsinteressen 46 • Darüber hinaus ist der h.M. im AGB-Recht auch vorzuwerfen, daß die von ihr vertretene Bestimmung des Kreises der zu berücksichtigenden Drittinteressen unschlüssig ist. Dies folgt daraus, daß der durch die Schutzwirkungslehre begründete Schutz Dritter mittlerweile auch unabhängig von einer Schutz- und Fürsorgepflicht des Anschlußgläubigers gegenüber dem Dritten eingreift. Von daher ist es nicht mehr möglich, den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte als Paradigma einer ausschließlich bei Bestehen einer Interessenwahrungspflicht zulässigen Berücksichtigung von Drittinteressen anzuführen.
Vgl. oben unter § 1 H 1. Oben unter § 7 IV. 4(j Dazu, daß die Berücksichtigung der Außenschranken innerhalb des § 9 AGBG zulässig und geboten ist, s. unten unter § 17 H. 44 4S
§ 9 Zusammenfassung der Ergebnisse des dritten Teils 1. Die bisherigen Ausführungen bestätigen die Vermutung Mayer-Malysl, das Regelungsinstrument "Vertrag" sei in vielfacher Weise geeignet, eine illegitime Beeinträchtigung der Interessen Dritter herbeizuführen. Im Hinblick auf die rechtliche Qualifizierung der Beeinträchtigung lassen sich die zu einer Veränderung der Rechtslage Dritter führenden Lastwirkungen des Rechtsgeschäfts von den Fällen einer in bezug auf die Rechtslage der betroffenen Dritten neutralen Beeinträchtigung ihrer Interessen unterscheiden. Stets ist es die zumindest hinsichtlich der Drittinteressenfehlende Polarität der Interessen der Vertragsparteien, die die Gefahren für die Dritten begründet.
2. Die Besinnung auf die dem Vertrag in einer freiheitlichen Rechtsordnung zukommenden Funktionen ermöglicht es jedoch, solche Versuche der Beeinträchtigung Dritter als funktionswidrigen Gebrauch des Instituts zu entlarven, der eine Inhaltskontrolle der fraglichen Verträge auf der Grundlage der im Vorfeld des § 138 Abs.l eingreifenden Lehre vom Institutsmißbrauch erforderlich macht. Kontrollrnaßstab ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das daraus abzuleitende Gebot einer Beschränkung des Eingriffs in die Rechtslage und Interessen Dritter auf das zur Verwirklichung schutzwürdiger Regelungsinteressen der Vertragspartner notwendige Maß. 3. Die Lehre von der - auf die intersubjektive Austauschgerechtigkeit begrenzten - Richtigkeitsgewähr des Vertrags erwies sich als hilfreich im Hinblick auf die Entwicklung eines Systems zum Schutz externer Interessen. Zunächst garantieren die aus der Lehre Schmidt-Rimplers abzuleitenden Beschränkungen der Vertragsfreiheit eine abschließende Erfassung der drittbeeinträchtigenden Verträge und damit einen optimalen Drittschutz. Darüber hinaus gewährleistet die genannte Vertragstheorie aber auch einen Schutz der Vertragsfreiheit selbst, indem sie die Vertragskontrolle auf Verträge begrenzt, denen eine umfassende Polarität der Interessen der Vertragspartner nicht zugrunde liegt, den Bestand der übrigen Verträge dagegen unangetastet läßt. 4. Der durch die Lehre vom Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte gewährte Schutz Dritter richtet sich gegen die mit der Erfollung inhaltlich unbedenklicher Verträge verbundenen Gefahren und Risiken für Dritte und besteht zunächst in einer auf Sekundäransprüche begrenzten Teilhabe der Dritten an dem in seiner Relativität durchbrochenen Schuldverhältnis. Eine Einschränkung der Inhaltsfreiheit der Vertragspartner kraft entgegenstehender 1
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In: MünchKomm, § 138 Rdn.29.
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§ 9 Zusammenfassung der Ergebnisse des dritten Teils
Drittinteressen hat die Schutzwirkungslehre insoweit zur Folge, als sich die Wirksamkeit von Freizeichnungsvereinbarungen nach dem unter 2. zur Kontrolle von Lastwirkungen Gesagten richtet. Für die im folgenden vierten Teil der Untersuchung zu ermittelnde Reichweite der Innenschranken der Privatautonomie ist die Schutzwirkungslehre, die an ein paritätisches Verhältnis der Vertragspartner anknüpft und demzufolge, was die Wirksamkeit von Haftungsfreizeichnungen betrifft, zu den Außenschranken der Privatautonomie zu rechnen ist, nicht weiterführend.
Vierter Teil
Drittinteressen und gestörte Parität der Vertragspartner , dargestellt am Beispiel der §§ 9 bis 11 AGBG § 10 Problemeingrenzung Im folgenden vierten Teil der Arbeit soll untersucht werden, ob und inwieweit bei gestörter Vertragsparität ein über die zuvor im dritten Teil der Untersuchung ermittelten Außenschranken der Privatautonomie hinausgehender Schutz unbeteiligter Dritter veranlaßt ist. Gefragt ist also nach der Reichweite der Innenschranken der Privatautonomie l . Im Hinblick auf den oben unter § 1 III angedeuteten Meinungsstand sowie den Umstand, daß die Verwendung von AGB nach heute einhelliger Meinung eine Störung der Vertragsparität zur Folge hatz, erfolgt die Untersuchung am Beispiel des AGBG. Es sollen, unter dem speziellen Blickwinkel des durch die Verwendung von AGB begründeten Machtungleichgewichts, Einschränkungen der Privatautonomie aufgrund der Beeinträchtigung von im Rahmen der §§ 9 bis 11 AGBG zu berücksichtigenden Drittinteressen ermittelt werden. Von daher können im folgenden zwei Konstellationen, in denen die Interessen Dritter durch Regelungen in AGB anderweitig berührt werden, außer Betracht bleiben. I. Wahrung von Drittinteressen durch den Verwender
Hierzu zählt zunächst der Fall, daß der Verwender geltend macht, er habe auf gemeinschaftliche Interessen dritter Vertragspartner Bedacht zu nehmen. Insoweit stellt sich die Frage nach der Zumutbarkeit der Beeinträchtigung der Interessen des konkreten Kunden durch die jeweilige Klausel, die einen kollektiven Vorteil der Kunden des Verwenders bewirkt. In Übereinstimmung mit der Begründung des Regierungsentwurfs 3 hält die h.M.4 die BerücksichtiZur Terminologie s. oben unter § 1 11 1. Näher dazu unten unter § 11. 3 BT-Drucks. 7 j 3919, S. 23. 4 Vgl. BGHZ 104, 82, 93 = NJW 1988, 1726; BGH NJW 1984, 2816; 1982, 178, 180; 1980,1953,1955; BGHZ 77,126,133 f = NJW 1980, 1953; aber auch BGH NJW 1982, 1391, 1391 und 1985, 320, 326; Ulmerj Brandnerj Hensen, AGBG, §9 Rdn.117; Ermanj H.Hefermehl, § 9 AGBG Rdn.12; Palandtj Heinrichs, § 9 AGBG Rdn. 8; WolfjHomjLindacher, AGBG, § 9 Rdn.110. Kritisch MünchKomm-Kötz, § 9 AGBG Rdn.l1; Soergelj Stein, § 9 AGBG Rdn.14. 1
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§ 10 Problemeingrenzung
gung der schutzwürdigen Gesamtinteressen der Kunden des Verwenders jedenfalls dann für zulässig, wenn der Verwender den unterschiedlichen Fallgestaltungen oder Interessen nicht durch eine entsprechend differenzierte Ausgestaltung seiner AGB Rechnung tragen kann. Die danach zu berücksichtigenden Drittinteressen haben dann unter Umständen zur Folge, daß eine andernfalls unangemessene Klausel der Inhaltskontrolle nach dem AGBG Stand hält. Von den Drittinteressen geht also ein VerstärkeretTekt zugunsten des Verwenders aus, der nicht eine Einschränkung, sondern eine Erweiterung der Privatautonomie zur Folge hat. 11. Beeinträchtigung des Kunden im Verhältnis zu Dritten
Denkbar und praktisch von einiger Relevanz ist zum anderen der Fall, daß zwar der Kunde benachteiligt wird oder ihm ein Nachteil droht, der Nachteil aber nicht gegenüber dem Verwender, sondern gegenüber einem Dritten eintritt oder einzutreten droht, der demzufolge entsprechend begünstigt wird. Diesem (drohenden) Nachteil des Kunden gegenüber dem Dritten wird einhellig Relevanz innerhalb der Inhaltskontrolle der fraglichen Klausel zugesprochen s. Da sich aber auch insoweit nicht die Frage einer Begrenzung der Privatautonomie infolge beeinträchtigter Interessen Dritter stellt, braucht auf diese Fallkonstellation ebenfalls nicht näher eingegangen zu werden. Immerhin gibt sie einen Hinweis auf die grundsätzlich mögliche Ausstrahlung der Regelungen in AGB auf unbeteiligte Dritte, ohne daß sich daraus aber Folgerungen für die nachfolgend zu untersuchende Fragestellung entnehmen ließen.
5 BGH NJW 1984, 2816 (Verlust von Rechten gegen den Überweisungsempfänger infolge der Unwiderruflichkeit des Überweisungsauftrags); der Sache nach auch BGH NJW 1986, 2428, 2429 fund OLG Karlsruhe WM 1989, 712 (Fakuitativklausel in Überweisungsformular); BGH ZIP 1985, 687, 689 und OLG Karlsruhe DB 1989, 2065 (Erstreckung einer Freizeichnungsklausel auf die Haftung Dritter); aus dem Schrifttum vgl. etwa H.Hefermehl und Wolf, jew. aaO (Fn. 4), ferner Palandt/ Heinrichs, § 9 AGBG Rdn.7.
§ 11 Störung der Vertragsparität infolge der Verwendung von AGB I. Einführung Durch die Vorschriften der §§ 9 bis 11 AG BG werden AG B einer spezifischen Kontrolle auf ihre inhaltliche Angemessenheit unterzogen. Es besteht Einigkeit darüber, daß die genannten Vorschriften besondere, dem § 138 vorgelagerte Inhaltsschranken enthalten 1. Der Inhalt einer nach §§ 9 bis 11 AGBG unangemessenen und damit unwirksamen Klausel begründet mit anderen Worten regelmäßig nicht zugleich auch deren Sittenwidrigkeit. Zu rechtfertigen sind diese Einschränkungen der Vertragsfreiheit nur im Hinblick auf eine durch die Verwendung von AGB verursachte Störung der Vertragsparität. So wird denn auch heute wohl einhellig 2 der Kunde, der sich auf die AGB des Verwenders einläßt, für schutzbedürftig, die Kontrolle der AGB auf deren Angemessenheit somit für geboten gehalten. Die Frage, welcher Art die Schutzbedürftigkeit des Kunden ist, worauf also die gestörte Vertragsparität beruht, wird freilich nicht mit der gleichen Einmütigkeit beantwortet 3 • Im folgenden ist deshalb der Schutzzweck des AGBG zu bestimmen, der im Zusammenspiel mit der oben unter § 5 dargestellten Vertragslehre eine Reihe von Ableitungen bezüglich der im weiteren Verlauf der Untersuchung zu ermittelnden Reichweite der Innenschranken der Privatautonomie gestattet. 11. Schutzzweck des AGBG
1. Unerheblichkeit eines Machtgefälles zwischen Verwender und Kunden a) Namentlich vor Erlaß des AGBG4, vereinzelt aber auch noch in neuerer Zeit 5 wird der Zweck einer AGB-spezifischen Vertragskontrolle im Schutz des 1 Vgl. statt aller Dimer / Brandner / Hensen, AGBG, § 9 Rdn. 1; näher zum Verhältnis der §§ 9 tT AGBG zu § 138 (insbesondere zur Frage der Umstandssittenwidrigkeit) unten unter § 15. 2 Vgl. die Nachw. in Fn.4, 5, 12 und 21; ferner E.Wolj, AT§8 III, S.402tTund ihm folgend Toseh, Entwicklung und Auflösung der Lehre vom Vertrag, S. 168tT, 184, 188f, wonach das AGBG unwirksam ist, weil die AGB "aus zwingenden juristischen Gründen kaum jemals Vertragsinhait werden". A.A. aber von Brunn, Die formularmäßigen Vertragsbedingungen der deutschen Wirtschaft, S. 113, wonach der Formularvertrag in mancher Beziehung in höherem Maße die Vermutung der Marktgerechtigkeit für sich hat, als der individuell ausgehandelte Vertrag. 3 Vgl. auch Lieb, DNotZ 1989,284 ("Rechtfertigung des AGBG ist erstaunlicherweise - bisher noch nicht so recht gelungen").
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§ 11 Störung der Vertragsparität infolge der Verwendung von AGB
unterlegenen Vertragspartners vor den Auswirkungen eines unabhängig von der Verwendung von AGB bestehenden Machtgefälles zwischen Verwender und Kunden und dem dadurch ermöglichten Vertragsdiktat gesehen. b) Diese Auffassung ist bereits unvereinbar mit der Entstehungsgeschichte 6 sowie dem umfassenden persönlichen Anwendungsbereich des AGBG7 bzw. mit der vor dessen Erlaß praktizierten richterrechtlichen Inhaltskontrolle auch zugunsten von Kaufleuten 8 ; beide Schutzinstrumentarien greifen unabhängig von einem zwischen den Parteien bestehenden Machtgefälle ein 9 • Darüber hinaus ist aber auch zu bedenken, daß wirtschaftliche Macht in erster Linie auf dem Fehlen eines funktionsfähigen Wettbewerbs beruht. An dieser Stelle genügt der Hinweis auf§ 3 AGBGlO, dem zufolge das Gesetz davon ausgeht, daß AGB vom Kunden nicht gelesen werden. Auch bei Bestehen eines funktionsfähigen und damit entmachtenden Wettbewerbs in bezug auf die Hauptleistung gelingt es dem Verwender gleichwohl, dem Vertrag seine AGB zugrunde zu legen. Eine wirtschaftliche und unabhängig von der Verwendung der AGB bestehende Macht des Verwenders kann schon deshalb nicht die entscheidende Ursache für die Schutzbedürftigkeit des Kunden sein 11.
4 Baur, Mißbrauch, S. 96, 102ff; Biedenkopf, FS Böhm, S. 122f; Ott, NJW 1972,421; Th. Raiser, ZRP 1985, 112; Knieper, ZRP 1971, 62; Kramer, "Krise", S. 17; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 15 ff. S Fehl, Systematik des Rechts der AGB, S. 86ff, 89ff; Hart / Joerges, Nachfragepraktiken von Verbrauchergroßmärkten, S. 109ff; Nicklisch, Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, S. 34; Pflug, Kontrakt und Status, S. 5. 6 Vgl. BT-Drucks. 7/3919, S.13, wonach ein wirtschaftliches Übergewicht des Verwenders allenfalls ein sekundärer Grund für das Eingreifen des Gesetzgebers war. 7 Vgl. dessen § 24; zur Entstehungsgeschichte vgl. Ulmer / Brandner /Hensen, AGBG, § 24 Rdn.3 ff. 8 Vgl. etwa die ausdrückliche KlarsteIlung durch BGH WM 1976,960,961. 9 Vgl. nur Ulmer/BrandnerjHensen, AGBG, Einl. Rdn.32 m.w.Nachw.; aus der Rspr. vgl. beispielsweise BGH WM 1986, 784f(dazu unten unter § 13 I 2 c). Unzutr. deshalb LG Köln NJW-RR 1987, 1001 f; dagegen zu Recht Rabe, NJW 1987, 1978f; vgl. auch BGH NJW 1986, 1171, 1172, wo in einem vergleichbaren Fall das AGBG zutr. und ohne nähere Begründung angewandt wurde. 10 Bzw. die diesem entspr. Praxis der richterlichen Inhaltskontrolle, vgl. etwa RGZ 103, 84,86; BGHZ 17, 1,3; 54,106,109. 11 So im Grundsatz auch die heute h.L., wobei zum Teil aber ein Machtgefälle als zusätzlicher Gesichtspunkt herangezogen wird, vgl. Adams, BB 1989, 783; Hille, Inhaltskontrolle, S.25f; Hönn, Kompensation, S.147ff; Jauernig, BGB, § 1 AGBG Anm.l; Kliege, Rechtsprobleme der AGB, S. 28,88; MünchKomm-Kötz, Einl. AGBG Rdn.3; Staudinger/Schlosser, Einl. AGBGRdn.3f; Soergel/Stein, Einl. AGBG Rdn.3; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, Einl. Rdn. 29; ders., Referat, S. H 21ff; ders., ZVP 1978,248, 249f; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, Einl. Rdn.3f; vgl. auch schon Raiser, AGB, S. 19ff; ders., JZ 1958, 7 ("Macht eigener Art").
11. Schutzzweck des AGBG
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2. Unerheblichkeit der Vorformulierung der Vertragsbedingungen
a) Von einem Teil des Schrifttums 12 wird in Verallgemeinerung der Rechtsprechung des VII. Zivil senats des BGH13 zur Inhaltskontrolle notariell beurkundeter Verträge über die Veräußerung und Bebauung von Grundstücken die Vorformulierung von Vertragsbestandteilen als maßgebliches Aufgreifkriterium für eine Inhaltskontrolle von Verträgen angesehen. Den sonstigen Tatbestandsmerkmalen des § 1 Abs.1 AGBG, namentlich demjenigen der Vorformulierung "für eine Vielzahl von Verträgen", aber auch dem Erfordernis des "Stellens" der Vertragsbedingungen, kommt nach dieser Auffassung keinesfalls die Bedeutung zu, die generell gebotene Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge einzuschränken. Bereits die Konfrontation der einen Vertragspartei mit einem vorformulierten Vertragstext und dessen Anschein der Ausgewogenheit, Allgemeingültigkeit und U nabänderlichkeit führe zu einer Störung der Vertragsparität. Die von der Vorformulierung ausgehende "Sogwirkung" 14 begründe eine relevante Abweichung von dem "klassischen Modell" des ad hoc, unter Anwesenheit beider Kontrahenten ausgehandelten Individualvertrags 1s . b) Eine Reihe von Gründen belegt, daß das der genannten Auffassung zugrunde liegende "klassische Modell" des individuellen Vertragsschlusses nur einen der vom Gesetzgeber in Betracht gezogenen Abschlußtatbestände bildet 16. So ist dem Vertragsschluß unter Abwesenden die einseitige Vorformulierung eigen, wie sich unmittelbar aus § 147 Abs.2 entnehmen läßt 17 • Des weiteren ist das Erfordernis der Bestimmtheit des Vertragsantrags zu nennen; danach muß der Antrag derart bestimmt oder mittels Auslegung bestimmbar sein, daß durch ein schlichtes "ja" ein Vertrag entsteht 18. Beide Gesichtspunkte lassen erkennen, daß dem Gesetzgeber des BGB der ad hoc, unter Anwesenheit beider Kontrahenten ausgehandelte Individualvertrag nicht als Idealfall oder gar als einzig denkbare Möglichkeit des Vertragsschlusses vorschwebte. Aber auch die im Grundsatz einhellig anerkannten Rechtsfolgen eines Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben 19 beweisen die Unverträglichkeit einer 12 Grundlegend Wiedemann, FS Kummer, S. 179ff; ihm folgend Garrn, NJW 1980, 2783f; Kramer, ZHR 146 (1982), 107ff; G.Stein, Inhaltskontrolle, S. 66ff, 96ff. Ansatzweise auch schon K.Schmidt, VersR 1978,684. 13 BGHZ 74, 204 = NJW 1979, 1406; BGH NJW 1982,2243; 1984,2094; NJW-RR 1986,1026; BB 1987, 1488; 1988, 135; NJW 1988,1972; BB 1989, 1506. Zur Kontrolle einer notariellen Verzugsfolgenregelung vgl. KG ZIP 1989, 924, 925, dagegen jetzt aber BGH (V. ZS), BB 1991, 293. 14 Wiedemann, FS Kummer, S. 180. 15 Kramer, ZHR 146 (1982), 107; vgl. auch G.Stein, Inhaltskontrolle, S. 51. 16 Zum folgenden bereits Habersack, AcP 189 (1989), 418f. 17 So auch Hi/le, Inhaltskontrolle, S. 66. 18 Vgl. nur MünchKomm-Kramer, § 145 Rdn.4. 19 Dazu Capelle / Canaris, Handelsrecht, § 23 H, S. 250 ff; K.Schmidt, Handelsrecht, § 18 III, S. 496 ff.
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§ 11 Störung der Vertragsparität infolge der Verwendung von AGB
Inhaltskontrolle aller vorformulierten Verträge mit den verbindlichen Wertungen der Rechtsordnung, die der Selbstverantwortung der geschäftsfähigen Person breiten Raum einräumt. Nach allem kann der These einer allein durch die Vorformulierung bedingten Ungleichgewichtslage nicht gefolgt werden 20 . 3. Schutz des Kunden vor einseitig in Anspruch genommener VertragsgestaltungsJreiheit
a) Die heute h.M.21 erblickt den Grund für die Erforderlichkeit der Inhaltskontrolle von AGB im Schutz des Kunden vor einem Mißbrauch der vom Verwender einseitig in Anspruch genommenen Vertragsgestaltungsfreiheit. Dadurch kommt zunächst dem Erfordernis des "Stellens" in § 1 Abs.1 S. 1 AGBG Bedeutung zu; es genügt danach nicht die bloße Vorformulierung der Vertragsbedingungen, sondern deren Einbeziehung muß auf die Initiative einer Vertragspartei hin erfolgen. Die Möglichkeit eines Mißbrauchs ergibt sich nach dieser Auffassung daraus, daß der Kunde regelmäßig nicht in der Lage ist, umfangreiche Klauselkataloge 22 zu verstehen und deren Unbilligkeit zu erkennen. Denn dazu müßte der Kunde nicht nur die gesetzliche Rechtslage kennen, sondern sich außerdem noch Kenntnis vom Inhalt der verschiedenen am Markt angebotenen AGB verschaffen und diese untereinander und jeweils mit der gesetzlichen Rechtslage vergleichen. Zu beidem aber ist der Kunde oftmals ohne fachkundige Hilfe nicht imstande. Zwar könnte er sich für diesen Fall rechtzeitig vor Vertragsschluß die erforderliche Kenntnis durch Hinzuziehung sachkundiger Berater verschaffen. Als "homo oeconomicus" unterläßt er aber typischerweise diesen - in bezug auf den von ihm abzuschließenden Einzelvertrag unverhältnismäßigen Aufwand 23 , zumal der Verwender dem Kunden allein 20 So i.E. auch Backhaus, ZHR 184 (1984), 634f; Brambring, NJW 1987, 100; Lieb, DNotZ 1989, 291; Medicus, Zur gerichtlichen Kontrolle notarieller Verträge, S. 21 ff; H.Roth, BB 1987, 980ff; Stürner, JZ 1979, 758; ders., DNotZ 1984, 766f; Ulmer/Brandner /Hensen, AGBG, § 1 Rdn.83; vg!. ferner die Nachw. in Fn. 16 und 17. 21 Vg!. bereits Raiser, AGB, S.284f; ferner BGH NJW 1976, 2345, 2346; Erman/ H.Hefermehl, Vor § 1 AGBG Rdn.7; Palandt/ Heinrichs, Einf. AGBG Rdn. 7; Hönn, Kompensation, S. 148; Kliege, Rechtsprobleme der AGB, S. 19ff; MünchKornrnKötz, § 1 AGBG Rdn.2; Lieb, AcP 178 (1978), 200ff; Dietlein/ Rebmann, AGBG, Ein!. S. 25; Koch/ Stübing, AGB, Ein!. Rdn.49; Staudinger / Schlosser, Ein!. AGBG Rdn.4, § 1 Rdn.29 und Vorb. §§ 8-11 Rdn.4; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, Ein!. Rdn.29; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, Ein!. Rdn.3f. 22 Wenn auch gern. § 1 Abs.1 S. 2 AGBG der Umfang der AGB für das Eingreifen des Gesetzes unerheblich ist, so waren doch die "kleingedruckten" Klauselkataloge der eigentliche Anlaß für das Eingreifen zunächst der Rspr., später des Gesetzgebers. Die gesetzlich angeordnete Bedeutungslosigkeit des Umfangs rechtfertigt sich durch die dadurch bewirkte Vermeidung - unlösbarer - Abgrenzungsfragen, vg!. Lieb, AcP 178 (1978),202 Fn. 16 (mit Nachw. zur früheren differenzierenden Rspr. zu den Formularverträgen). 23 Grundlegend Kötz, Gutachten, S. A 31 ff; dem zustimmend etwa Adams, BB 1989, 783f; Hille, Inhaltskontrolle, S. 34f; Hönn, Kompensation, S. 149f; Köndgen, NJW 1989, 946f; Staudinger/Schlosser, Ein!. AGBG Rdn.4; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, Ein!. Rdn.3. Vg!. auch schon Bydlinski, FS Kastner, S. 47.
II. Schutzzweck des AGBG
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durch die Verwendung der AGB zu erkennen gibt, daß er zu einem Abweichen im Einzelfall nicht bereit ist. Es kommt hinzu, daß die AGB regelmäßig Regelungen für den "Störungsfall" enthalten. Mit einem solchen rechnet der Kunde bei Vertragsschluß aber nicht; vielmehr vertraut er auf einen störungsfreien Verlauf der Vertragsdurchführung, so daß er ungeachtet der Unverhältnismäßigkeit des entsprechenden Aufwands zu einer Beschäftigung mit den AGB auch nicht motiviert ist 24 • b) Freilich ist auch der Verwender regelmäßig nicht rechtskundig; auch er hat die AGB nicht ohne fachkundige Hilfe erstellt 25 . Doch beabsichtigt der Verwender, die AGB einer "Vielzahl" von Verträgen zugrunde zu legen; typischerweise macht er die AGB sogar zur Grundlage seiner gewerblichen Tätigkeit. Für ihn lohnt es sich deshalb, Kosten und Mühe in die Ausarbeitung der AGB zu investieren, da dieser Aufwand durch die nachfolgend abgeschlossenen Verträge mehr als kompensiert wird 26 • Das Erfordernis der "Vielzahl" in § 1 Abs.1 S.l AGBG enthält somit nicht lediglich ein "rein beobachtend" gewonnenes Tatbestandsmerkmal 27 , was angesichts seiner den Anwendungsbereich des Gesetzes einengenden Wirkung kaum zu rechtfertigen wäre. Vielmehr hat es die unterschiedliche ökonomische Interessenlage von Verwender einerseits, Kunde andererseits, zum Anlaß für ein sachliches Abgrenzungsmerkmal genommen.
4. Verminderte Verantwortlichkeit des Kunden a) Der soeben beschriebene, durch fehlende Transparenz des Konditionenmarktes und hohe Verständnisverschaffungskosten bedingte "organisatorische" Vorsprung 28 des Verwenders führt dazu, daß ein sich zu Gunsten des Kunden auswirkender Überflügelungswettbewerb der Verwender in bezug auf ihre AGB regelmäßig 29 nicht entsteht 30 • Fraglich ist, ob das auf der wirtschaftlich Vg!. etwa Pflug, Kontrakt und Status, S. 5 Fn. 26. Vg!. Staudinger j Schlosser, Ein!. AGBG Rdn.4, der zu Recht darauf hinweist, daß die "intellektuelle Unterlegenheit" des Kunden nicht im Sinne eines Bildungsgefälles zwischen diesem und dem Verwender zu verstehen ist. 26 Vg!. die Nachw. in Fn. 23. 27 So aber Lieb, AcP 178 (1978), 202 Fn. 18; i.E. auch Kramer, ZHR 146 (1982), 109ff. 28 So die Bezeichnung in der Begr. des RegE, BT-Drucks. 7 j3919, S. 13. 29 Zu den namentlich auf Investitionsgütermärkten mit fehlendem Preiswettbewerb anzutreffenden Ausnahmen, vg!. Baudenbacher, Grundprobleme der AGB, S.218ff; UlmerjBrandnerjHensen, AGBG, Ein!. Rdn.6; ders., Referat, S. H 20. 30 Adams, BB 1989, 784ff; Baudenbacher, Grundprobleme der AGB, S. 216ff; Habersack, AcP 189 (1989), 414f; Hönn, Kompensation, S. 150; Kliege, Rechtsprobleme der AGB, S. 28; Köndgen, NJW 1989, 946f; Kötz, Gutachten, S. A 34ff; Raiser, JZ 1958, 7; Schirmers, Konditionenempfehlungen, kartellrechtliche Kontrolle und AGB-Gesetz, S. 49ff; Ulmer, Referat, S. H 19; UlmerjBrandnerjHensen, AGBG, Ein!. Rdn.6. A.A. von Brunn, Die formularmäßigen Vertragsbedingungen der deutschen Wirtschaft, S. 113; Grunsky, BB 1971, 1113 ff; sympathisierend auch Weitnauer, Der Schutz des Schwächeren im Zivilrecht, S. 44f. Zur Frage, ob ein solcher Konditionenwettbeweb erwünscht ist, vg!. Rebe, BB 1972, 889ff. 24
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§ 11 Störung der Vertragsparität infolge der Verwendung von AGB
vernünftigen Einstellung des Kunden beruhende Marktversagen diesem unter dem Gesichtspunkt der Selbstverantwortung zurechenbar ist und ein Schutzbedürfnis deshalb entfällt. Dafür spricht, daß dem Verwender die Ausnutzung einer wirtschaftlichen Vormachtstellung oder einer intellektuellen Unterlegenheit des Kunden nach dem soeben Gesagten gerade nicht vorgeworfen werden kann. Namentlich läßt sich ein anzuerkennendes Schutzbedürfnis des Kunden nicht mit dem Hinweis auf die durch die Zulassung von Konditionenkartellen und -empfehlungen 31 veranlaßte gleichförmige Verwendung von AGB innerhalb einer Branche und einer daraus sich ergebenden Unzumutbarkeit eines Verzichts des Kunden auf Teilnahme am Waren- und Dienstleistungsverkehr begründen 32 • Eine solche Argumentation setzt voraus, daß sich der Kunde des Inhalts der AGB, jedenfalls aber der Gleichförmigkeit aller am Markt vorkommenden Bedingungswerke bewußt ist und deshalb unfreiwillig und "zähneknirschend" auf den Vertrag einläßt. Nach dem oben Gesagten empfindet der Kunde die Einbeziehung der AGB aber nicht als eine - seine Entschließungsfreiheit beeinträchtigende - Koppelung 33 mit der von ihm benötigten Hauptleistung. Vielmehr ist seine Einstellung gegenüber den AGB durch Gleichgültigkeit gekennzeichnet. Dementsprechend soll auch die weitgehende Zulassung von Konditionenkartellen und -empfehlungen nicht einen vorhandenen Konditionenwettbewerb einschränken, sondern vielmehr den Wettbewerb hinsichtlich der Hauptleistung auf solchen Märkten beleben, auf denen ein Konditionenwettbewerb ohnehin nicht besteht 34 • b) Eine verminderte Verantwortlichkeit des Kunden für den von ihm ungeprüft hingenommenen Inhalt der AGB kann demnach nur anderweitig begründet werden. Hierzu ist auf die auch vom Gesetzgeber anerkannte 35 Tatsache hinzuweisen, daß die Verwendung von AGB - vorbehaltlich der Angemessenheit ihres Inhalts - auf einem anerkennenswerten Interesse des Verwenders an Rationalisierung seiner Geschäftsabwicklung beruht 36 • Dieser Rationalisierungseffekt kommt namentlich in Gestalt von Zeit- und Kostenersparnis, Vereinfachung der Organisation sowie Kalkulierbarkeit von Geschäftsrisiken unmittelbar dem Verwender zugute. Die Kehrseite von dessen Vorteilen 31 §§ 2, 38 Abs.2 Nr.3 GWB. Zum Zahlenmaterial vg!. Ulmer / Brandner / Hensen, AGBG, Ein!. Rdn.63. 32 So aber Bydlinski, FS Kastner, S. 60; Hille, Inhaltskontrolle, S. 35f; Medicus, AT, Rdn.397. 33 So aber M.Wo/j, Entscheidungsfreiheit, S. 126ff, 138ff, 233ff. 34 Vg!. Baudenbacher, Grundprobleme der AGB, S.279, 296; Ulmer/ Brandner/Hensen, AGBG, Ein!. Rdn.44; Immenga/Mestmäcker, GWB, §2 Rdn. 3; Kötz, Gutachten, S. A.34fFn. 56. Besonders anschaulich ist dies im Bereich des Versicherungswesens, wo seitens der Aufsichtsbehörde im Interesse der MarkUransparenz auf Einheitlichkeit der AVB hingewirkt wird, vg!. dazu Prölss/ Schmidt/ Frey, VAG, § 10 Rdn.8. 35 Vg!. RegE, BT-Drucks. 7/3919, S. 9. 36 Näher dazu Baudenbacher, Grundprobleme der AGB, S. 226ff; Kliege, Rechtsproblemeder AGB, S. 17ff; Kötz, Gutachten, S. A 23ff; Raiser, AGB, S. 19ff; Ulmer, Referat, S. H 13ff.
III. Folgerungen
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ist auf seiten des Kunden die Entstehung von hohen Verständnisverschaffungskosten. Wollte man dem Kunden das Unterlassen des Konditionenvergleichs vorwerfen, so würden die ausschließlich aufgrund des verwendereigenen Rationalisierungsinteresses entstehenden Informationskosten einseitig zu seinem Nachteil verlagert. Die dem Verwender zurechenbare Ursache der Störung des Vertragsgleichgewichts und dementsprechend die dem Kunden unzumutbaren Aufwendungen zur Wiederherstellung der Parität sind also die Gründe, die einer Verantwortung des Kunden für den Inhalt der AGB entgegenstehen und ein entsprechendes Schutzbedürfnis hinsichtlich der Gefahr des Mißbrauchs der einseitig vom Verwender in Anspruch genommenen Vertragsgestaltungsfreiheit begründen. 111. Folgerungen
Im Falle der Verwendung von AGB fehlt es an dem für die Erzielung von Vertragsgerechtigkeit wesentlichen Element, nämlich dem Abschleifen der gegensätzlichen Interessen der Vertragsparteien. Der Inhalt des Vertrages beruht allein auf dem Willen des Verwenders und wird demnach durch dessen natürliches Gewinnstreben bestimmt 37 • Das Fehlen der Funktionsvoraussetzungen des Vertragsmechanismus hat zur Folge, daß dem gleichwohl geschlossenen Vertrag typischerweise die Gewähr der Richtigkeit fehlt 38 • Die Frage, ob und inwieweit aus dem somit vorliegenden Institutsmißbrauch 39 Konsequenzen für die Berücksichtigung von Drittinteressen zu ziehen sind, soll im weiteren Verlauf der Untersuchung beantwortet werden.
37 Einen eindrucksvollen Beleg für das Erfordernis eines Abschleifens der gegensätzlichen Interessen bzw. das Verfehlen der Gerechtigkeit durch die Maßgeblichkeit nur eines - naturgemäß egoistischen - Willens bieten die erheblichen Abweichungen zwischen Verkaufs- und Einkaufsbedingungen. 38 So bereits Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 158 Fn. 34 Nr. 2. 39 V gl. Begr. RegE, BT-Drucks. 7/3919, S. 9; Soergel/ Teichmann, § 242 Rdn. 17; so auch schon Flume, FS DJT, S. 170 ("Begrenzung aus den Grundsätzen der Privatautonomie"); Großmann-Doerth, Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht, S. 10ff; Raiser, AGB, S. 282ff.
§ 12 Zur Systematik der §§ 9 bis 11 AGBG Die folgenden Ausführungen dienen der Klärung einiger Vorfragen zu der im weiteren Verlauf der Untersuchung zu ermittelnden Relevanz von Drittinteressen im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle von AGB. So sollen zunächst die Inhaltskontrollvorschriften der §§ 10 und 11 AGBG auf einen etwaigen vom Gesetzgeber innerhalb der besonderen Klauselverbote verwirklichten Schutz von Drittinteressen untersucht werden. Im Anschluß daran sind denkbare Auswirkungen einer Berücksichtigung von Drittinteressen innerhalb der Generalklausel des § 9 Abs.1 AGBG zu verdeutlichen. Schließlich ist auf die im AGBRecht gebotene typisierende Betrachtungsweise hinzuweisen, die auch für die Berücksichtigung von Drittinteressen Geltung beansprucht. I. Die Sonderproblematik des § 11 Nr.14 AGBG Verschiedentlich wird die Vorschrift des § 11 Nr.14 AGBG im Sinne eines ausnahmsweise zulässigen Schutzes von Drittinteressen verstanden 1. Nach diesem absoluten Klauselverbot ist es dem Verwender untersagt, zu Lasten des Abschlußvertreters des Kunden eine Einstandspflicht ohne entsprechende ausdrückliche und gesonderte Erklärung zu begründen (lit. a) oder die aus § 179 Abs.3 folgende Haftung des falsus procurator zu verschärfen (lit. b). "Die Gefahr solcher Klauseln liegt darin, daß sie in der Regel überraschend sind und den Abschlußvertreter gewissermaßen übertölpeln"2. Ausweislieh der Begründung des Regierungsentwurfs ging der Gesetzgeber also davon aus, daß der Einbeziehung der fraglichen Klauseln regelmäßig die Vorschrift des § 3 AGBG entgegensteht. Zutreffender Ansicht nach bedarf es darüber hinaus aber auch der Erfüllung der allgemeinen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 AGBG gegenüber dem Vertreter 3 , wenn die AGB des Verwenders ihm gegenüber Geltung erlangen sollen, so daß der Vertreter nicht Dritter im Sinne der vorliegenden Untersuchung ist 4 . Aber auch abgesehen von dem Erfordernis des § 2 AGBG gibt § 11 Nr.14 AGBG für die allgemeine Fragestellung nach der Reichweite der InnenschranSoergelj Stein, § 11 AGBG Rdn.156; WolfjHomjLindacher, AGBG, § 9 Rdn.109. RegE, BT-Drucks. 7 j3919, S. 38. 3 UimerjBrandnerjHensen, AGBG, §11 Nr.14 Rdn.3; StaudingerjSchlosser, §11 Nr.14 AGBG Rdn.3; WolfjHomjLindacher, AGBG, § 11 Nr. 14 Rdn.8. 4 Inkonsequent deshalb WolfjHomjLindacher, AGBG, der einerseits zutr. eine gesonderte Einbeziehung nach § 2 AGBG verlangt (§ 11 Nr. 14 Rdn.8), andererseits § 11 Nr. 14 AGBG als Fall eines ausnahmsweise gebotenen Drittschutzes ansieht (§ 9 Rdn. 109). 1
2
II. §§ 10, 11 AGBG und Drittinteressen
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ken der Privatautonomie wenig her. Dessen Klauselverbote schützen den Abschlußvertreter vor den Gefahren, die sich für diesen aus der unmittelbaren Beteiligung am Akt des Vertragsschlusses ergeben. Wie dem Kunden, so wird auch dem Vertreter das Studium der AGB nicht zugemutet; vielmehr darf er darauf vertrauen, daß gemäß § 164 Abs.1 S. 1 sein Handeln nur für und gegen den Vertretenen wirkt und ihm keine Klauseln der in § 11 Nr.14 AGBG genannten Art untergeschoben werden. Der so verstandene Norrnzweck erlaubt einen Rückgriff auf § 9 AGBG5 zwar stets dann, wenn zu Lasten des Abschlußvertreters sonstige Obliegenheiten oder gar Verpflichtungen begründet werden 6 . Doch handelt es sich immer um die Kompensation der Gefahr einer Überrumpelung des am Akt des Vertragsschlusses unmittelbar beteiligten Vertreters; die hier interessierende Frage eines Schutzes unbeteiligter Dritter ist durch die Vorschrift des § 11 Nr.14 AGBG dagegen nicht berührt.
11. Beschränkte Offenheit der §§ 10 und 11 AGBG für die Berücksichtigung von Drittinteressen 1. Innerhalb der übrigen Klauselverbote der §§ 10 und 11 AGBG finden sich keine unmittelbaren Anhaltspunkte für eine Berücksichtigung externer Interessen. Dies beruht bezüglich der "Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit"7 des § 11 AGBG allerdings darauf, daß insoweit eine Interessenabwägung von vornherein ausscheidet. Eine Haftungsfreizeichnung für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz ist danach stets unwirksam, so daß es beispielsweise auf das Interesse der Gläubiger des Kunden an dem Zugriff auf einen Anspruch ihres Schuldners gegen den Verwender nicht mehr ankommt 8 • Gleiches gilt etwa für die nach § 11 Nr. 12 AGBG per se verbotenen Laufzeitregelungen; auch bei ihnen kommt es auf ein etwaiges Interesse der Konkurrenten des Verwenders an der Offenhaltung des jeweiligen Marktes nicht an. In beiden Fällen stellt sich allerdings die Frage einer Berücksichtigung der Drittinteressen im Rahmen des § 9 AGBG, und zwar stets im kaufmännischen Geschäftsverkehr 9 , hinsichtlich der von § 11 Nr. 7 bzw. 12 AGBG nicht für per se unwirksam erklärten Klauseln 10 auch im nichtkaufmännischen Geschäftsverkehr. 5 Zur Auffangfunktion des § 9 AGBG und zur Entbehrlichkeit eines Rückgriffs auf § 7 AGBG bezüglich der §§ 10 und 11 AGBG vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 7 Rdn.7 m.w.Nachw. 6 Vgl. z.B. OLG DüsseldorfNJW-RR 1987,888 (sog. Anmelderklausel in Reisevertrag, wonach ausschließlich der Vertreter zur Geltendmachung der Ansprüche des Vertretenen berechtigt ist, beeinträchtigt auch die Interessen des Vertreters); zu sonstigen Fällen vgl. Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, § 11 Nr.14 Rdn.3. 7 So die amtliche Überschrift des § 11 AG BG. 8 Allerdings stellt sich die Frage eines Schutzes Dritter durch unmittelbare Anwendung der Vorschrift des § 11 Nr.7 AGBG auf das Verhältnis zwischen Verwender und Drittem, vgl. dazu unten unter § 13 I 1, II 1. 9 Vgl. § 24 AGBG.
112
§ 12 Zur Systematik der §§ 9 bis 11 AGBG
2. Die "Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit" des § 10 AGBG schließlich enthalten für vorliegende Untersuchung kaum einschlägige Regelungen, zumal ohnehin nur typischerweise beeinträchtigte Drittinteressen von Bedeutung sind 11. In Betracht käme allenfalls die Berücksichtigung des allgemeinen Interesses der Gläubiger des Kunden am Zustandekommen bzw. Bestand eines vorteilhaften Vertrags zwischen Verwender und Kunde, welches etwa durch übermäßige Annahmefristen oder weitreichende Rücktrittsvorbehalte beeinträchtigt und demzufolge nach § 10 Nr. 1 und 3 AGBG zu berücksichtigen
III. Die umfassende Interessenabwägung nach § 9 Abs.l AGBG
1. Wie die Zusammenstellung der einschlägigen Entscheidungen sowie des Fallmaterials unten unter § 13 bestätigen wird, liegt der Schwerpunkt einer denkbaren, hier zunächst unterstellten Relevanz von Drittinteressen bei der Generalklausel des § 9 AGBG. Dessen Abs.2 enhält zutreffender Ansicht nach Regelbeispiele unangemessen benachteiligender Klauselgestaltungen 13. Diese kommen für die Berücksichtigung von Drittinteressen nur in Betracht, wenn das Gesetz oder der Vertrag einen spezifischen Drittbezug aufweisen, wie dies namentlich für den Vertrag zugunsten Dritter zutrifft. In allen anderen Fällen erfolgt die Berücksichtigung der Drittinteressen innerhalb des Abs.l des § 9 AGBG, dem neben § 9 Abs.2 AGBG durchaus ein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt l4 . So ist § 9 Abs.l AGBG nicht nur einschlägig, wenn die Regelwirkung des § 9 Abs.2 AGBG vom Verwender widerlegt wird 15, sondern auch dann, wenn die Voraussetzungen der Regelbeispiele von vornherein nicht erfüllt sind, die Unwirksamkeit der fraglichen Klausel sich aber aus anderen Gründen ergibt l6 . Letzteres gilt namentlich für Verstöße gegen das AGBrechtliche Transparenzgebot l7 . Sollte es sich erweisen, daß die Verwendung von 10 Dazu, daß eine nach §§ 10, 11 AGBG noch nicht verbotene Klausel aufgrund besonderer Umstände gegebenenfalls nach § 9 AGBG zu beanstanden sein kann, vgl. BGHZ 90,20,284 = NJW 1984, 1531; Ulmer(Brandner(Hensen, AGBG, §9 Rdn.67; Wolf(Horn(Lindacher, AGBG, Vorb. §§ 10,11 Rdn.10; diff. Staudinger(Schlosser, §9 AGBG Rdn.2f. In BGH WM 1986, 784 (dazu unten unter § 13 I 2 c) hätte die Unwirksamkeit der Bankgarantie folglich wegen Beeinträchtigung der Interessen der Bauherren aus § 9 AGBG begründet werden müssen. 11 Näher dazu unten unter IV. 12 Vgl. Reuter, Perpetuierung, S. 53. 13 Becker, Die Auslegung des § 9 Abs.2 AGB-Gesetz, S. 33ff, 41ff, mit umfassenden Nachw. zu den vielfältigen Meinungsunterschieden; ihm zust. etwa Ulmer ( Brandner (Hensen, AGBG, § 9 Rdn.121; Palandt( Heinrichs, § 9 AGBG Rdn. 17. 14 Vgl. i.e. Becker, aaO (Fn. 13), S. 197ff. 1S Dazu BGH NJW 1984, 1184, 1186; Becker, aaO (Fn.13), S.197f; Wolf( Horn(Lindacher, AGBG, § 9 Rdn.61, 64; Soerge1( Stein, § 9 AGBG Rdn. 32. 16 Dazu allgemein Becker, aaO (Fn.13), S.198ff, Staudinger(Schlosser, §9 AGBG Rdn.14; Wolf(Horn(Lindacher, AGBG, § 9 Rdn.62.
III. Interessenabwägung nach § 9 Abs. 1 AGBG
113
AGB die Beeinträchtigung rechtlich relevanter Drittinteressen zur Folge haben kann und diese nicht erst im Rahmen des § 138 zu berücksichtigen sind, so würde dies zur Herausbildung einer weiteren Fallgruppe führen, bei der allein § 9 Abs.1 AGBG die Unwirksamkeit der Klausel begründen könnte l8 . 2. Soweit § 9 Abs.l AGBG eingreift, gebietet dieser die umfassende Ermittlung und Abwägung der relevanten Interessen; die betroffenen Interessen der Beteiligten sind in einer Bilanz gegenüberzustellen und jeweils zu bewerten 19. Etwaige Drittinteressen könnten folglich einen Verstärkereffekt zugunsten des Kunden entfalten, indem sie zur Unwirksamkeit einer andernfalls noch angemessenen Klausel führen. Ihre Bedeutung innerhalb der Inhaltskontrolle von AGB würde damit derjenigen im Rahmen der nach § 138 Abs.1 vorzunehmenden Gesamtbeurteilung des Rechtsgeschäfts entsprechen 20 . Demgegenüber würde eine Auffassung, wonach Drittinteressen allenfalls mittelbar -über die Interessen des Kunden- zu berücksichtigen sind, erst dann einen Schutz der beeinträchtigten Kunden- und Drittinteressen bewirken, wenn allein die Interessen des Kunden zur Unangemessenheit der fraglichen Klausel führen. Zwar ist auch diese Auffassung nicht gehindert, das Gewicht der Kundeninteressen je nach Wertigkeit der mittelbar zu berücksichtigenden Drittinteressen zu variieren 21 . Ob allerdings auf diesem Weg ein der unmittelbaren Berücksichtigung von Drittinteressen vergleichbarer Drittschutz zu verwirklichen ist, erscheint mehr als fraglich 22, zumal einige zur Inhaltskontrolle von Sicherungsklauseln ergangene Entscheidungen 23 den spezifischen Drittbezug solcher Vereinbarungen nicht einmal ansatzweise berücksichtigen. Jedenfalls aber der Transparenz der richterlichen Entscheidungspraxis käme eine unmittelbare und offene Berücksichtigung der Drittinteressen zugute. 17 BGH NJW 1989, 222, 224; 1989, 582, 583; ZIP 1991, 1350, 1352; vgl. auch schon BGH NJW 1988, 1726, 1727; 1984, 171, 172. 18 Folgt man der hier befürworteten gedanklichen Trennung zwischen § 9 Abs.1 und 2 AGBG nicht, sondern legt der Kontrolle pauschal die Vorschrift des § 9 zugrunde (so BGH NJW 1983, 1612, 1614; 1983, 1854, 1855; 1982, 167; 1982, 1513f; 1982, 1747f) oder versteht die Tatbestände des Abs.2 ebenfalls als Aufforderung zur umfassenden Interessenabwägung (so Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, § 9 Rdn.58, 73, 80; wohl auch, Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, §9 Rdn.123), so gelten die im Text folgenden Ausführungen zu § 9 Abs.1 AGBG entsprechend. 19 Vgl. allgemein BGH NJW 1987, 2431; Becker, aaO (Fn.13) S.197f; Ulmer/ Brandner/Hensen, AGBG, §9 Rdn.72; MünchKomm-Kötz, §9 AGBG Rdn.3; Soergel/ Stein, § 9 AGBG Rdn.5; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, § 9 Rdn.l00. 20 Vgl. dazu unten unter § 14 I 1. 21 Vgl. Wolf, FS Baur, S. 156, wonach die Interessen des Kunden mit dem Inhalt und dem Wert zu berücksichtigen sind, den sie durch Ausfüllung mit berechtigten Drittinteressen erhalten. 22 Vgl. auch unten unter § 13 I 1 zum abgestuften Drittschutz durch die Rechtsprechung. 23 BGHZ 94,105, 110ff = NJW 1985, 1836; BGH NJW 1990, 716, 717f; 1984, 1184, 1185f; dazu näher unten unter § 13 12 a.
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§ 12 Zur Systematik der §§ 9 bis 11 AGBG
IV. Die typisierende Betrachtungsweise innerhalb des § 9 AGBG Wie die Auslegung von AGB24, so hat auch deren Wirksamkeitskontrolle nach §§ 9 -11 AG BG überindividuell-generalisierend zu erfolgen 25. Zu berücksichtigen sind ausschließlich die typischerweise mit der fraglichen Klausel verbundenen Wirkungen; individuelle Umstände des einzelnen Vertragspartners bzw. einzelner Dritter bleiben außer Betracht 26 • Für die Berücksichtigung etwaiger Drittinteressen folgt daraus, daß deren einzelfallbedingte Beeinträchtigung im Rahmen der Inhaltskontrolle unerheblich ist.
Dazu Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, §5 Rdn.13tTmit umfangr. Nachw. BGH NJW 1989, 3010, 3012; 1987,487,489; 1983, 1603, 1604; Uimer/ Brandner/ Hensen, AGBG, § 9 Rdn.75; Palandt/ Heinrichs, § 9 AGBG Rdn. 4; MünchKomm-Kötz, § 9 AGBG Rdn.6; Staudinger / Schlosser, § 9 AGBG Rdn.29; Soergel/ Stein, § 9 AGBG Rdn.8; Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rdn.51. A.A. A.Stein, AGBG, § 9 Rdn.20. 26 BGH NJW 1982, 765; 1982, 1391, 1392. 24 2S
§ 13 Meinungsstand und Überblick über das FaUmaterial
I. Nichtberücksichtigung externer Interessen in der neueren Rechtsprechung t. Überblick
Der BGH nahm bislang nur in einer Entscheidung ausdrücklich und in grundsätzlicher Weise Stellung zu der Frage, ob und inwieweit auf seiten des Kunden Interessen Dritter zu berücksichtigen sind 1. Unter Hinweis auf die h.M. im Schrifttum und ohne nähere Begründung lehnte das Gericht eine unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen im Rahmen der Inhaltskontrolle von AGB grundsätzlich ab. Andere nach Erlaß des AGBG ergangene Entscheidungen stimmen damit zwar im Ergebnis weitgehend überein, ohne allerdings ihrerseits grundsätzliche Ausführungen zur Zulässigkeit der Berücksichtigung externer Interessen innerhalb der Interessenabwägung zu enthalten 2 • Unmittelbar zu berücksichtigen sind Drittinteressen nach dieser Rechtsprechung ausnahmsweise dann, wenn der Kunde 3 zu deren Wahrung rechtlich verpflichtet ist4, wobei allerdings bislang nicht ausdrücklich klargestellt worden ist, ob sich die Verpflichtung des Kunden allgemein auf die Interessen des Dritten im Sinne eines umfassenden Fürsorgeverhältnisses beziehen muß, oder ob die Einbeziehung der Drittinteressen von der Verpflichtung zur Wahrung der durch die fragliche Klausel konkret betroffenen Interessen abhängig ist 5 . Im übrigen werden die Interessen Dritter lediglich mittelbar geschützt, nämlich über die Berücksichtigung der mit den Drittinteressen übereinstimmenden Kundenin1 BGH NJW 1982, 178, 180. Die Entscheidung betrifft zwar den Fall, daß der Verwender Interessen Dritter geltend macht (dazu oben unter § 10 I), ist aber in der hier maßgebenden Passage allgemein formuliert. 2 BGHZ 94, 105, 110ff = NJW 1985, 1836; 98,303, 308ff = NJW 1987,487; BGH NJW 1982, 2314; 1984, 1184, 1185; 1989,2750,2751; WM 1986, 784f; OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 888, 889; 1988,636,637. Näher dazu unter 2. 3 Gleiches gilt in bezug auf den Verwender, vgI. dazu oben unter § 10 1. 4 BGH NJW 1982, 178, 180; zum Zusammenhang dieses Abgrenzungskriteriums mit der herkömmlichen (subjektiven) Lehre vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vgI. unter II 1. 5 BG H NJW 1982, 178, 180 (vgI. FN 1) ist zwar im Sinne einer auf die konkreten Interessen bezogenen Verpflichtung des Kunden formuliert; doch sprechen die sogleich unter 2 a), d) und e) dargestellten Entscheidungen zur Anmelderklausel, zur Globalzession, zum verlängerten Eigentumsvorbehalt sowie zur Sektionsklausel für das Erfordernis einer allgemeinen Verpflichtung zum Schutz der Interessen des Dritten.
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§ 13 Meinungsstand und Überblick über das Fallmaterial
teressen. Dies gilt nicht nur für den Fall, daß sich Kunden- und Drittinteressen von vornherein decken 6 ; vielmehr wird der durch die fragliche Klausel betroffene Dritte auch insoweit mittelbar geschützt, als der Kunde erst durch die Beeinträchtigung der Drittinteressen selbst einen Nachteil erleidet bzw. sich Interesse und Verhalten Dritter gegenüber dem Kunden auswirken 7. Die Vermutung 8 , eine nur mittelbare Berücksichtigung der Drittinteressen bewirke nicht in gleicher Weise wie der von einer unmittelbaren Berücksichtigung der Drittinteressen ausgehende Verstärkereffekt einen Schutz der durch die fraglichen AGB betroffenen Dritten, wird durch dieses abgestufte Rechtsschutzsystem bestätigt, verbindet sich doch nach Auffassung der Rechtsprechung mit der ausnahmsweise gebotenen unmittelbaren Berücksichtigung der Drittinteressen ein besonders effektiver Schutz externer Interessen. 2. Entscheidungen nach Erlaß des AGBG
a) Einschlägiges Fallmaterial zur Frage der Berücksichtigung von Drittinteressen auf seiten des Kunden 9 läßt sich einigen zur Kontrolle von Sicherungsklauseln ergangenen Entscheidungen des BGH entnehmen. aa) So hatte der IX. Zivilsenat 10 zur Wirksamkeit einer in den AGB des Sicherungsnehmers enthaltenen unbedingten Sicherungsübereignung mit lediglich schuldrechtlicher Rückübertragungsklausel Stellung zu nehmen. Dabei beschränkte er sich im Rahmen der nach § 9 AGBG gebotenen Interessenabwä6 Obschon dies bislang in der Rspr. nicht ausdrücklich hervorgehoben wurde, ist der mittelbare Drittschutz in diesem Fall doch zwangsläufige Folge des unmittelbaren Kundenschutzes; verwiesen sei etwa auf den Schutz des Kunden vor Knebelung, der zugleich - mittelbar - zu einem Schutz dritter Gläubiger führt, näher dazu sowie zur davon zu unterscheidenden unmittelbaren Berücksichtigung der Drittinteressen unten unter § 14 11,2. 7 So die allerdings auf den Verwender bezogene - Formulierung in BGH NJW 1982, 178, 180 (Verbot des Weiterverkaufs von fabrikneuen Kraftfahrzeugen vor deren Lieferung beeinträchtigt Interesse der potentiellen Endabnehmer daran, daß die langen Lieferzeiten nicht durch spekulative Vorratsbestellungen noch verlängert werden. Über die dem Hersteller deshalb drohenden Auftragsverluste findet dieses Käuferinteresse mittelbar Eingang in die Interessenabwägung); ferner BGHZ 98,303,310 = NJW 1987, 487 (dazu unten unter 2 a). 8 Oben unter § 12 111. 9 Zur Geltendmachung von Drittinteressen durch den Verwender vgl. Fn. 1 und 7, ferner oben unter § 10 I. 10 BGH NJW 1984, 1184, 1185f; so auch OLG Braunschweig ZIP 1991, 362, 363. Die noch vor Erlaß des AGBG zur Inhaltskontrolle nach § 242 ergangene Entscheidung BGH NJW 1980, 2473, 2475f kann demgegenüber nicht als grundsätzliche Ablehnung des Drittschutzes verstanden werden (a.A. Ulmer / Brandner /Hensen, AGBG, § 9 Rdn.117 Fn. 295); die Nachteile für die Konkursmasse waren durch die umsatzsteuerrechtlichen Folgen der in der Sicherungsabrede getroffenen Verwertungsabrede bedingt. Der BGH hat deshalb mit Recht auf die Regelungskompetenz des Gesetzgebers verwiesen und zudem dargelegt, wie die Verwirklichung des Steuertatbestands und dadurch die Schmälerung der Konkursmasse hätten vermieden werden können.
I. Neuere Rechtsprechung
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gung auf die Ennittlung und Abwägung der Interessen des Sicherungsgebers und des Sicherungsnehrners, obwohl die Prozeßsituation - es handelte sich um eine Drittwiderspruchsklage des Erwerbers des venneintlichen Anwartschaftsrechts gegen einen in das Sicherungsgut vollstreckenden Gläubiger des Sicherungsgebers - die Frage, ob Interessen dritter Gläubiger die Beschränkung auf eine auflösend bedingte Sicherungsübereignung und damit die Entstehung eines pfändbaren Anwartschaftsrechts gebieten, nahegelegt hätte. Da gewichtige Interessen des Kunden an einer auflösend bedingten Sicherungsübereignung für den BGH nicht erkennbar waren, hielt er die unbedingte Übertragung für wirksam. bb) Ein durch Vorausabtretungsklausel verlängerter Eigentumsvorbehalt eines Baustofflieferanten war vom VIII. Zivilsenat des BGHll auf seine Vereinbarkeit mit § 9 AGBG zu überprüfen. Die fragliche Klausel bestimmte ausdrücklich, daß auch für den Fall, daß die mit Vorbehaltsware sonstiger Lieferanten verarbeitete Vorbehaltsware veräußert wird, die gesamte Weiterverkaufsforderung abgetreten werde. Im Rahmen der Interessenabwägung betonte das Gericht zwar auch das Interesse der sonstigen Lieferanten an einer Beschränkung der Zession zugunsten des Verwenders auf einen den Wert der gelieferten Baustoffe nur mäßig übersteigenden Bruchteil 12 . Doch wurden diese externen Interessen sogleich auf das Verhältnis der Vertragspartner untereinander transfonniert und über das Interesse des Kunden an der Aufrechterhaltung seiner Kreditwürdigkeit lediglich mittelbar berücksichtigt, obschon der Kunde auch den anderen Lieferanten gegenüber zur (Teil-)Abtretung der Forderung aus der Weiterveräußerung verpflichtet war und somit deren durch die fragliche Klausel konkret betroffene Interessen zu wahren hatte. Dies deutet darauf hin, daß nach Auffassung der Rechtsprechung eine unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen allein bei Bestehen einer allgemeinen und umfassenden Interessenwahrungspflicht im Sinne einer Schutz- und Fürsorgeverpflichtung des Kunden gegenüber dem Dritten in Betracht kommt. cc) In der gleichen Entscheidung war über die Wirksamkeit einer in den Sicherungs bedingungen einer Bank enthaltenen fonnulannäßigen Globalabtretung des Kunden zugunsten des Verwenders zu befinden. Die fragliche Klausel räumte etwaigen Sicherungsabtretungen im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts zwar dinglichen Vorrang ein, beschränkte diesen Vorrang aber auf Fälle des branchenüblichen Vorbehalts. Um eine Übersicherung der Bank zu 11 BGHZ 98,303, 307ff = NJW 1987,487. Demgegenüber überprüft und bejaht der gleiche Senat in BGH ZIP 1990, 1006, 1009 die Wirksamkeit der Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts mit schuld rechtlicher Rückübertragungsklausel unter Abwägung des Sicherungsinteresses des Vorbehaltsverkäufers mit den Interessen des Vorbehaltskäufers sowie sonstiger Lieferanten an der Sicherung ihrer Leistungen bzw. Lieferungen, ohne die Relevanz der externen Interessen näher zu begründen. Vgl. aber auch bereits BGHZ 94,105, 110ff = NJW 1985, 1836, wo das Gericht eine vergleichbare Klausel für ausreichend hielt, um im Verhältnis zwischen Lieferanten und Abnehmer eine unangemessene Beeinträchtigung im Sinne des § 9 AGBG zu verhindern. 12 BGHZ 98, 303, 308f, 310 = NJW 1987, 487, 489.
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§ 13 Meinungsstand und Überblick über das Fallmaterial
venneiden, enthielten die Sicherungsbedingungen des weiteren eine Freigabeverpflichtung der Bank für den Fall, daß der Nennbetrag der sicherungshalber abgetretenen Forderungen die Kreditsumme um 50% übersteigt. Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle der Klausel führte der Senat neben dem Interesse des Zedenten an Sicherung seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit erneut Drittinteressen, nämlich die Sicherungsinteressen künftiger Warenkreditgeber, an 13. Im Gegensatz zu den Ausführungen zum verlängerten Eigentumsvorbehalt unterließ das Gericht zwar die Rückführung dieser externen Interessen der künftigen Warenlieferanten auf das Verhältnis des Zedenten zur Bank. Die Sicherungsinteressen Dritter gingen also unmittelbar in die Abwägung ein. Gleichwohl wird man darin aber eine über das oben unter I 1 Gesagte hinausgehende Öffnung des § 9 AGBG für die unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen schon deshalb nicht erblicken können, weil die Anwendbarkeit des AGBG im Hinblick auf die Vorschrift des § 28 Abs.2 AGBG in concreto fraglich war. Die Klausel wurde deshalb primär nach § 138 überprüft; das Gericht wies lediglich darauf hin, daß auch für den Fall, daß das AGBG anwendbar und die Klausel demzufolge am Maßstab des § 9 AGBG zu messen wäre, gegen die Wirksamkeit der Globalabtretung keine Bedenken bestünden. Innerhalb des § 138 ist aber, wie im einzelnen oben unter § 7 ausgeführt wurde, die unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen allgemein anerkannt. b) Eine wenig aufschlußreiche Stellungnahme zum Kreis der in die Interessenabwägung einzubeziehenden Interessen findet sich in einer Entscheidung des IV a - Zivilsenats des BG H vom 5.5.1982 14 • Im Rahmen der Überprüfung einer Klausel in Allgemeinen Versicherungs bedingungen , wonach der Lebensversicherer nach dem Tod des Versicherungsnehmers den Bezugsberechtigten oder den Inhaber des Versicherungsscheins als zum Empfang von Willenserklärungen bevollmächtigt ansehen kann, erklärte der BGH etwaige Interessen der mit dem Bezugsberechtigten nicht identischen Erben des Versicherungsnehmers im Rahmen der Interessenabwägung für unbeachtlich. Die Entscheidung ist im Schrifttum als Beleg für die generelle Unbeachtlichkeit der Interessen der Erben des Kunden interpretiert worden 15. Dabei werden aber die Besonderheiten des 13 BGHZ 98,303, 304f, 317 = NJW 1987, 487, 490f; vgl. auch den Verweis auf diese Entscheidung in BGH NJW 1990, 716, 717. - BGH ZIP 1991, 152 überprüft eine fonnulannäßige Globalzession ausschließlich nach § 138 Abs. 1 BGB und berücksichtigt dabei neben den Kundeninteressen auch die Interessen sonstiger Gläubiger des Sicherungsgebers. OLG Düsseldorf BB 1989, 1646f überprüft eine entsprechende Klausel im Hinblick auf die beeinträchtigte wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Zedenten sowie die Gefährdung der Interessen künftiger Gläubiger des Zedenten nach § 138 und § 9 AGBG; das Zitat beider Vorschriften deutet wohl auf die vom Gericht abgelehnte Berücksichtigung externer Interessen innerhalb des § 9 AGBG hin. Allein die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Zedenten betonen BGH ZIP 1991,997,998; NJW 1990, 716, 718; OLG Köln ZIP 1989, 1319, 1320. 14 BGH NJW 1982, 2314. 15 WoifjHornjLindacher, AGBG, §9 Rdn.106; SoergeljStein, §9 AGBG Rdn.14; Bille, Inhaltskontrolle, S. 39.
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konkreten Falles verkannt, die sich aus der Qualifizierung des Lebensversicherungsvertrags mit Benennung eines Bezugsberechtigten 16 als Vertrag zugunsten Dritter ergeben. Danach gehört der Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme nicht zum Nachlaß, sondern wird gemäß § 166 Abs.2 VVG unmittelbar vom Bezugsberechtigten erworben 17. Die Einbeziehung der Interessen der Erben in die Abwägung nach § 9 AGBG hätte demnach dem erkennbaren Willen des Erblassers an der Aussonderung des Anspruchs und damit an einer Übergehung der Erben widersprochen. Allerdings wäre zu fragen gewesen, ob sich die Unwirksamkeit der Klausel, die dem Versicherer ein freies Wahlrecht bezüglich der Person des Erklärungsempfängers einräumte, nicht im Hinblick auf beeinträchtigte Interessen des Bezugsberechtigten ergibt. Diesbezüglich aber läßt es der BGH, obschon er das wirtschaftliche Interesse des Bezugsberechtigten an der Versicherung hervorhebt, bei der Abwägung der Interessen des Versicherers und des Versicherungsnehmers bewenden 18. c) In einer neueren Entscheidung des 11. Zivilsenats des BGH19 führte die verdeckte Berücksichtigung von Drittinteressen zur Unwirksamkeit der von einer Bank erteilten Einlösungsgarantie. Der Verwender übernahm es, für die Eheleute G. ein schlüsselfertiges Haus zu erstellen. Gemäß § 3 der AGB war der Gesamtpreis in zehn Raten nach Baufortschritt zu zahlen; § 4 sah vor, daß die Gesamtfinanzierung vor Baubeginn mittels verbindlicher Bereitstellungserklärung einer deutschen Bank sicherzustellen war. Dementsprechend übermittelten die Eheleute G. der beklagten Sparkasse eine vom Verwender benutzte formularmäßige "Bank bestätigte Zahlungsanweisung gemäß Vertragsurkunde". Nach der vom BGH vorgenommenen Auslegung der Bankbestätigung enthielt diese zunächst die Mitteilung der Sparkasse an den Verwender, daß ihr die Eheleute G. unter Verzicht auf ein etwaiges Zurückbehaltungsrecht oder sonstige Einreden einen unwiderruflichen Abbuchungsauftrag erteilt hatten. Darüber hinaus übernahm die Beklagte durch die Unterzeichnung der Bestätigung eine eigene Verpflichtung gegenüber dem Verwender, für die Einlösung der Lastschriften bei Vorlage entsprechender Bautenstandsberichte als Nachweis für die Fälligkeit der jeweiligen Rate einzustehen. Diese Bestimmung erklärte der BGH gern. §§ 7,11 Nr.2AGBG mit der Begründung für unwirksam, daß die Bauherren (Eheleute G.) durch die Garantie der Beklagten unangemessen benachteiligt würden. Dies ergebe sich daraus, daß zwar die im Bauauftrag enthaltene Verpflichtung der Eheleute G., die Beklagte unwiderruflich zur Einlösung der Lastschriften zu beauftragen, unwirksam sei 20 , die UnwirksamZur Rechtslage bei Nichtbenennung eines Bezugsberechtigten vgl. BOHZ 32, 44, 47 NJW 1960, 912. 17 Vgl. Prölss/Martin/J.Prö!ss, VVO, § 166 Anm.1; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdn.400. 18 BOH NJW 1982,2314,2315. 19 BOH WM 1986, 784f. 16
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keit aber nicht die Verpflichtung, der Sparkasse einen jederzeit widerruflichen Abbuchungsauftrag zu erteilen, erfasse. Das somit den Bauherren zustehende Widerrufsrecht werde durch die abstrakte, lediglich von der Vorlage entsprechender Bautenstandsberichte abhängige Bankgarantie vereitelt, die zum Entstehen von Aufwandsentschädigungsansprüchen der Beklagten gegen die Eheleute G. gern. §§ 670, 675 führe. Die Bankgarantie bewirke somit im Ergebnis den Ausschluß der Leistungsverweigerungs- und Zurückbehaltungsrechte der Eheleute G. Dadurch werde § 11 Nr. 2 AGBG, der zwar nicht unmittelbar auf das Verhältnis der Sparkasse zum Verwender anwendbar sei, umgangen. Unterscheidet man, wie dies auch in der Entscheidung geschieht, zwischen dem Verhältnis der Sparkasse zum Verwender einerseits und dem der Eheleute G. zum Verwender andererseits, so läßt sich die Klagabweisung nur durch die Berücksichtigung der Interessen der Eheleute G. innerhalb der Anwendung der §§ 7, 11 Nr.2 AGBG bzw. § 9 AGBG21 auf das Verhältnis zwischen dem Verwender und der Sparkasse begründen. Diese Vorgehensweise ließe sich im Hinblick auf die zu Lasten der beklagten Sparkasse begründete unbedingte Zahlungsverpflichtung zwar auch mit der herrschenden Auffassung 22 in Einklang bringen, wonach der Kunde Drittinteressen geltend machen kann, wenn er durch deren Beeinträchtigung selbst einen Nachteil erleidet 23 . Allerdings spielt die Beeinträchtigung der Interessen der Sparkasse in den Entscheidungsgründen keine Rolle; maßgebend ist danach allein das Interesse der Eheleute G. am Fortbestand der Leistungsverweigerungsrechte. Die Entscheidung macht deutlich, daß die Gegenrechte des Überweisenden nicht nur durch die - nach § 9 AGBG unwirksame - Unwiderruflichkeit des Überweisungsauftrags, sondern ebenso auf dem Umweg über eine Einlösungsgarantie der beauftragten Bank gegenüber dem Gläubiger verloren gehen können. In beiden Fällen besteht ein Drittbezug. Die Unwiderruflichkeit führt zu einem -relevanten 24 - Nachteil des Kunden nicht gegenüber dem Verwender (= Bank), sondern gegenüber dem Zahlungsempfänger; die Einlösungsgarantie bewirkt neben dem Nachteil des Kunden (= Bank) zugleich einen Nachteil des Dritten (= Überweisender) gegenüber dem Kunden. Der 11. Zivilsenat scheint angesichts der Wirkungsgleichheit beider Fälle 25 keine Bedenken gegen die unmittelbare Berücksichtigung der Interessen der Eheleute G. zu haben. Da aber eine Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Auffassung der übrigen Vgl. BGH NJW 1984,2816. Zur Auffangfunktion des § 9, die einer Anwendung des § 7 mangels Regelungslücke entgegensteht, vgl. BGH NJW 1984, 2816; NJW 1985, 850, 851, Ulmerj Brandnerj Hensen, AGBG, § 7 Rdn.7 m.w.Nachw. 22 Dazu oben unter I 1. 23 Vgl. die aus seiner Sicht konsequente Kritik der Entscheidung durch Ulmer j Brandnerj Hensen, AGBG, § 9 Rdn.117 Fn. 296. 24 Dazu oben unter § 10 11. 2S Vgl. auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.397 a Abs.3. 20 21
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Senate sowie der h.L. unterblieben ist, kann die Entscheidung wohl nicht als bewußte und grundsätzliche Abkehr von der h.M. bewertet werden. d) Ein Drittbezug ergab sich anläßlich der Verwerfung der regelmäßig in Allgemeinen Reisebedingungen enthaltenen "Anrneiderklausel" durch den VII. Zivilsenat des BGH26. Nach dieser Klausel war ausschließlich der Anmelder berechtigt, für sich und / oder die von ihm angemeldeten Reiseteilnehmer Ansprüche aus dem Reisevertrag geltend zu machen; zugleich wurde die Abtretung dieser Ansprüche ausgeschlossen. Nachdem das OLG Düsseldorf zunächst eine entsprechende Klausel für unwirksam erklärt hatte, die auch das Handeln des Anmelders als Vertreter der übrigen Reiseteilnehmer betraf27, hatte sich der BGH nunmehr mit dem Fall zu befassen, daß der Anmelder im eigenen Namen einen Vertrag für eine Gruppe von Reisenden schließt. Anders als das OLG Düsseldorf28 berücksichtigte der BGH im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 AGBG auch die Interessen der Mitreisenden, da diese in den Schutzbereich des Reisevertrags einbezogen seien 29. Richtigerweise hätte allerdings die Lehre vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht bemüht werden brauchen, denn durch den Abschluß eines Reisevertrags im eigenen Namen für eine Gruppe von Reisenden wird für die übrigen Reiseteilnehmer ein Vertrag zu deren Gunsten im Sinne von § 328 geschlossen, aus dem sich für den Veranstalter Schutz- und Sorgfaltspflichten auch gegenüber den begünstigten Dritten ergeben 30 • Davon abgesehen wird man auch in dem Umstand, daß in der Entscheidung die Interessen der Mitreisenden ohne besondere Betonung eines zwischen ihnen bestehenden Fürsorgeverhältnisses unmittelbar im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt wurden, nicht zwangsläufig eine Anerkennung der neueren objektivrechtlichen Lehre vom Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte 31 und damit eine Abkehr von der bisherigen Praxis zur Berücksichtigung externer Interessen im Rahmen der Inhaltskontrolle von AGB erblicken können. Denn es ist anerkannt, daß allein bei der Buchung von Familienreisen im Gegensatz zu BGH NJW 1989, 2750, 2751 f = JZ 1989, 1005 m.Anm. Teichmann. OLG DüsseldorfNJW-RR 1987, 888, 889. Dabei hätte sich die Frage gestellt, ob das Interesse des Vertreters (= Dritter), vor der Geltendmachung fremder Ansprüche verschont zu werden, im Rahmen des § 9 AGBG zu berücksichtigen ist; das Gericht ging darauf jedoch lediglich im Zusammenhang mit § 3 AGBG ein. 28 OLG DüsseldorfNJW-RR 1988,636,637 sowie als Berufungsinstanz zu BGH NJW 1989, 2750. 29 BGH NJW 1989, 2750, 2751; zust. Teichmann, JZ 1989, 1009 Fn.6. Für eine Berücksichtigung der Interessen der Mitreisenden auch MünchKomm-Wolter, § 651 g Rdn.18. 30 OLG DüsseldorfNJW-RR 1988, 636, 637; Staudinger / Schwerdtner, § 651 a Rdn.55; MünchKomm-Tonner, § 651 a Rdn.79 m.w.Nachw. Zu den daraus sich ergebenden Sorgfaltspflichten des Schuldners gegenüber dem Dritten vgl. MünchKomm-Gottwald, § 328 Rdn.21 m.w.Nachw. 31 Dazu oben unter § 8 11 2. 26 27
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sonstigen Gruppenreisen der Wille des anmeldenden Familienangehörigen regelmäßig dahin geht, auch hinsichtlich der Mitreisenden den Reisevertrag im eigenen Namen abzuschließen 32 . Da aber zwischen Familienangehörigen stets auch eine allgemeine und umfassende Interessenwahrungspflicht im Sinne eines Fürsorgeverhältnisses besteht, befindet sich die Entscheidung durchaus in Einklang mit der bisherigen Praxis. Der Entscheidung kann allenfalls entnommen werden, daß es für die unmittelbare Beachtlichkeit von Drittinteressen auf die Existenz einer umfassenden Schutzpflicht des Kunden gegenüber dem Dritten und nicht auf die Verpflichtung zur Wahrung der konkret betroffenen Interessen ankommt. e) Im Zusammenhang mit dem Institut des Schuldverhältnisses mit Schutzwirkung für Dritte ist eine Entscheidung des OLG Düsseldorf33 zu nennen, der die Klage eines Überweisenden gegen eine in die Ausführung des Überweisungsauftrags von seiner (Schuldner-)Bank zwischengeschaltete Bank auf Ersatz des durch die unvollständige Weiterüberweisung entstandenen Schadens zugrunde lag. Das Gericht sprach unter Berufung auf die Entscheidung des BGH zum Lastschriftabkommen 34 dem Girovertrag zwischen der Schuldnerbank und der zwischengeschalteten Bank Schutzwirkung zugunsten des Klägers zu und bejahte deshalb dem Grunde nach eine Haftung der Zwischenbank. Eine in den AGB der Beklagten enthaltene Haftungsfreizeichnung hielt das Gericht gemäß § 11 Nr.? AGBG für unwirksam, da bei einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte der Schuldner seine Haftung nicht weiter beschränken könne, als dies dem Gläubiger im Verhältnis zum Dritten möglich ist. Andernfalls würde der Dritte entgegen dem eindeutigen Ziel des AGBG dessen Schutz weitgehend verlieren. Damit wurde, wenn auch mit unzutreffender Begründung 35 , der in den Schutzbereich eines fremden Vertrags einbezogene Dritte dem Schutz des § 11 Nr.? AGBG unterstellt, ohne daß das Gericht allerdings grundsätzlich zur Frage der Einbeziehung von Drittinteressen in die Interessenabwägung Stellung nahm. t) Eine in den AGB eines Klinikträgers enthaltene Sektionsklausel schließlich wurdevomOLG Koblenz 36 auf ihre Vereinbarkeitmit§ 9 AGBGÜberprüft. Die Angemessenheit der Klausel wurde vom Gericht in erster Linie aufgrund des Vgl. MünchKomm-Tonner, § 651 a Rdn.78, 80 m. umfangr. Nachw. OLG Düsseldorf WM 1982, 575, 577; vgl. auch OLG Frankfurt BB 1984, 807f. 34 BGHZ 69, 82, 86 = NJW 1977, 1916; dazu näher oben unter § 8 II 3 b Fn. 28. 3S Das Gericht hat zu Unrecht darauf abgestellt, inwieweit der Anschlußgläubiger im Verhältnis zum Dritten seine Haftung beschränken kann. Entscheidend ist vielmehr nach der h.L., auf die sich auch das Gericht beruft, daß der Schuldner gegenüber dem Dritten seine Haftung nicht weiter beschränken kann, als ihm dies im Verhältnis zum Anschlußgläubiger möglich ist, vgI. dazu näher oben unter § 8 II 3 b. 36 NJW 1989, 2950, 2952ff; bestätigt durch BGH NJW 1990,2313,2315 = JZ 1990, 923 m. abI. Anm. Ackmann, wobei der BGH allerdings im Unterschied zum OLG Koblenz innerhalb der Abwägung nach § 9 AGBG nicht auf das Totensorgerecht der nahen Angehörigen abstellt. 32 33
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dadurch gewahrten Interesses "der medizinischen Wissenschaft an Leichnamen als Gegenstand von Forschung, Lehre und Studium" begründet. Diesem gegenübergestellt wurden auf seiten des Kunden neben dessen postmortalem Persönlichkeitsrecht die in dem umfassenden Totensorgerecht zum Ausdruck kommenden Interessen der Angehörigen. Eine Begründung für die Relevanz dieser externen 37 Interessen findet sich allerdings nicht. Da eine Verantwortlichkeit des Patienten für das konkret betroffene Totensorgerecht seiner Angehörigen nicht besteht, kann auch diese Entscheidung allenfalls dahingehend interpretiert werden, daß es für die unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen auf das Bestehen eines allgemeinen Fürsorgeverhältnisses zwischen Kunde und Drittem ankommt. 3. Entscheidungen vor Erlaß des AGBG
a) Vor Erlaß des AGBG ergangene Entscheidungen zur richterrechtlich entwickelten spezifischen Inhaltskontrolle von AGB mit Drittbezug finden sich kaum. Dies läßt sich darauf zurückführen, daß die Rechtsprechung namentlich die Kontrolle formularmäßiger Sicherungs vereinbarungen auf§ 138 Abs.1, nicht dagegen auf § 242 oder § 315 als Grundlagen der richterlichen Inhaltskontrolle von AGB stützte 38 . Anzuführen ist aber eine Entscheidung des BGH39, in der dieser über die Klage eines Stofflieferanten gegen einen Spediteur auf Herausgabe eines unter Eigentumsvorbehalt an den Auftraggeber des Spediteurs gelieferten Ballen Stoffes zu entscheiden hatte. Der Beklagte berief sich im Hinblick auf eine inkonnexe Forderung gegen den Auftraggeber auf ein Pfandrecht an dem Stoff gern. § 50 Abs.a a.F. ADSp, wonach dem Spediteurüber § 410 HG B hinausgehend - wegen aller Ansprüche gegen den Auftraggeber ein Pfandrecht an den in seiner Verfügungsgewalt befindlichen Gütern zustand. Das Gericht zweifelte zunächst daran, daß die Pfandklausel ihrem Wortlaut nach auch auftraggeberfremde Gegenstände erfaßt, und zog eine restriktive Auslegung in Erwägung 40 • Hilfsweise wies es aber darauf hin, daß nach den Grundsätzen von Treu und Glauben bei der Auslegung der fraglichen Klausel von der Verständigkeit und Redlichkeit des Auftraggebers auszugehen 37 Zur Qualifizierung des Totensorgerechts als Pflichtrecht, dessen Grundlage das frühere familienrechtliche Verhältnis zwischen Erblasser und Angehörigen ist, vg!. MünchKomm-Siegmann, § 1968 Rdn.7 m.w.Nachw. 38 Vg!. neben den Nachw. in§ 14 Fn. 20 noch BGH NJW 1971, 372; ferner die Nachw. bei von Westphalen, DB 1978, 68 ff, der sich - wie auch Schmidt-Salzer, NJW 1971, 1129, und ABGl, Rdn.228ff, 240ff - für eine Kontrolle nach spezifisch AGB-rechtlichen Maßstäben ausspricht; dagegen aber Serick, Bd. IV, 48 V 1, S. 371 ff. - Allgemein zu der vor Erlaß des AG BG praktizierten richterlichen Inhaltskontrolle Ulmer j Brandner j Hensen, AGBG, Ein!. Rdn.8, sowie Ulmerj BrandnerjHensen, AGBG, § 9 Rdn.4, ferner unten unter Fn. 66. 39 BGHZ 17, 1, 3ff = NJW 1955, 1145; vg!. auch BGHZ 86, 300, 306f = NJW 1983, 1114. Näher zu den einzelnen Pfandklauseln unten unter § 1811 1 b. 40 Zur restriktiven Auslegung als Mittel verdeckter Inhaltskontrolle vor Erlaß des AGBG vg!. UlmerjBrandnerjHensen, AGBG, § 5 Rdn.37ff.
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sei; ein verständiger und redlicher Auftraggeber werde aber die einseItige Berücksichtigung der Interessen des Spediteurs unter Mißachtung der Rechte eines Dritten nicht zur Grundlage seiner Vertragsbeziehungen zum Spediteur machen. Hinsichtlich inkonnexer Forderungen beschränke sich die Unterwerfungserklärung des Auftraggebers deshalb auf die in seinem Eigentum stehenden Gegenstände; dem Spediteur stehe insoweit kein schutzwürdigeres Interesse zur Seite als dem mit dem Auftraggeber nicht identischen Eigentümer des verpfändeten Gegenstands. Ohne daß das Gericht Anlaß zu näherer Begründung sah, wurde die durch restriktive Auslegung verdeckte Angemessenheitskontrolle 41 somit ausschließlich auf die Interessen Dritter gestützt. Dies wiederum hatte zur Folge, daß § 50 Abs.a ADSp im Jahre 1978 um einen zweiten Satz ergänzt wurde, der nunmehr entsprechend der gesetzlichen Regelung in §§ 366,410 HG B ausdrücklich klarstellt, daß dem Auftraggeber nicht gehörende Gegenstände nur bezüglich konnexer Forderungen von der Pfandrechtsbestellung erfaßt werden 42 • Wie bereits bei der von Haus 43 beschriebenen Novellierung der ADSp im Jahre 1930 nahmen erneut Interessen Dritter, diesmal solcher, die an der damaligen Änderung der ADSp nicht beteiligt waren, Einfluß auf den Inhalt der Spedi teurbedingungen. b) Nur scheinbar einen Drittbezug weist eine ebenfalls vor Erlaß des AGBG ergangene Entscheidung des BGH44 auf, in der es um die Wirksamkeit eines in den Bedingungen eines Frachtführers enthaltenen Abtretungsverbots bezüglich etwaiger Schadensersatzansprüche des Absenders ging. Da der Absender eine Transportversicherung abgeschlossen hatte, über die ihm der entstandene Schaden ersetzt wurde, und der Versicherer nunmehr aufgrund der in § 67 Abs.1 VVG angeordneten cessio legis Regreß beim Frachtführer nehmen wollte, stellte sich die Frage nach der Wirksamkeit des Abtretungsverbots. Der BGH verneinte die Wirksamkeit und berücksichtigte dabei ausschließlich die Interessen des Absenders (= Kunde). Dieser sei bei einem gern. §§ 412, 399 an sich möglichen Ausschluß der Regelung des § 67 Abs.1 S. 1 VVG gehalten, selbst den Schadensersatzanspruch gegen den Frachtführer zu verfolgen, das Erstrittene an den Versicherer auszukehren und, sofern er ein solches Vorgehen unterläßt, diesem Schadensersatz zu leisten. Deshalb vereitele das Abtretungsverbot den mit dem Abschluß der Transportversicherung angestrebten Erfolg. Dies aber 41 Nur für den Fall, daß der Wille des Auftraggebers wider Treu und Glauben auf die Bestellung eines auch inkonnexe Forderungen absichernden Pfandrechts an den fremden Gegenständen gerichtet sein sollte, hielt der BGH die Vereinbarung für sittenwidrig, vg!. BGHZ 17,1,5 = NJW 1955, 1145, 1146. Allgemein zur vor Erlaß des AGBG verbreitet anzutreffenden verdeckten Inhaltskontrolle vg!. Ulmer / Brandner / Hensen, AG BG, Ein!. Rdn.8 und § 5 Rdn.37. 42 Vg!. auch BGHZ 86,300,306 = NJW 1983, 1114, 1115 zur Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs durch Individualvertrag. 43 Die Vereinbarung von Geschäfts-Bedingungen zwischen den beteiligten Interessentengruppen, S. 79ff; dazu oben unter § 1 III. 44 BGH BB 1976, 159; vg!. auch BGHZ 22,109, 119f = NJW 1956, 1915; 33, 216, 221 = NJW 1961,212; BGH NJW-RR 1989,953,956.
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führe zu einer unangemessenen Benachteiligung des Absenders. Auf etwaige Interessen des Versicherers ging der BGH - aus seiner Sicht zu Recht - deshalb nicht ein, weil diese aufgrund der genannten Verpflichtungen des Versicherungsnehmers durch den Abtretungsausschluß nicht beeinträchtigt werden konnten 45 • 4. Zusammenfassung
Die neuere Rechtsprechung berücksichtigt im Rahmen der Kontrolle von AGB grundsätzlich nur die Interessen der Vertragspartner 46 • Mittelbar werden die Interessen Dritter zwar insofern geschützt, als ihre Beeinträchtigung Auswirkungen auf die Interessenlage des Kunden hat und demzufolge ein Schutz des Kunden geboten ist. Ein von den Drittinteressen ausgehender Verstärkereffekt ist damit allerdings nicht verbunden. Ausnahmsweise werden die Interessen Dritter unmittelbar berücksichtigt, wenn einer der Vertragspartner zu deren Wahrung verpflichtet ist, wobei sich diese Verpflichtung wohl allgemein auf die Person des Dritten im Sinne eines umfassenden Fürsorgeverhältnisses zu beziehen hat47 . Demgegenüber waren in einer vor Erlaß des AGBG ergangenen Entscheidung des BGH48 die Interessen Dritter ausschlaggebend für die unter dem Deckmantel restriktiver Auslegung erfolgte Reduktion der Pfandklausel in den ADSp, ohne daß das Gericht Bedenken gegen den von ihm gewährten Drittschutz im Rahmen der spezifischen Angemessenheitskontrolle von AGB sah. 11. Nichtberücksichtigung externer Interessen im neueren Schrifttum 1. Überblick
Die im Schrifttum heute nahezu einh.M.49 lehnt eine unmittelbare Berücksichtigung der Interessen Dritter auf seiten des Kunden grundsätzlich ab. 4S Deshalb wurde auch von RGZ 97,76,79 zu Recht ein Verstoß gegen § 138 verneint; unzutr. Schmidt-Salzer, AGB2, Rdn. F 48, der einen Fall der mittelbaren Berücksichtigung der Drittinteressen annimmt. 46 Zur abw. Entscheidung des 11. Zivilsenats in BGH WM 1986, 784fvgl. oben unter 12 c. 47 Vgl. Fn. 5. MI BGHZ 17, 1, 3ff = NJW 1955, 1145. 49 Vgl. Becker, Die Auslegung des §9 Abs.2 AGB-Gesetz, S. 71; Ulmer/ Brandner/ Hensen, AGBG, § 9 Rdn.117; Damm, JZ 1986, 922f; Schlosser/ Coester-Waltjen/ Graba, AGBG, §9 Rdn.10 und § 11 Nr.7 Rdn.34; Hart/ Joerges, Nachfragepraktiken von Verbrauchergroßmärkten, S.111ff; Erman/ H.Hefermehl, §9 Rdn.12; Palandt/ Heinrichs, §9 AGBG Rdn. 7 und § 11 Rdn. 35; Ulmer/ Brandner/ Hensen, AGBG, § 11 Nr.7 Rdn.10; Hille, Inhaltskontrolle, S. 39f: MünchKomm-Kötz, § 9 AGBG Rdn.11; Larenz, AT, §29 a III c, S. 573; Schmidt-Salzer, AGB2, Rdn. F 47ff; Soergel/Stein, §9 AGBG Rdn.14; Teichmann, JZ 1989, 1009 Fn.6; M.Wolj, FS Baur, S.147ff; Wolf/ Horn/ Lindacher, AGBG, § 9 Rdn.106ff. Nachw. zur vornehmlich im älteren Schrifttum anzutreffenden Gegenauffassung s. unten unter 3.
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Lediglich für den Fall, daß der Dritte eigene Rechte aus dem Vertrag herleiten kann oder der Kunde umfassend 50 für den Schutz des Dritten verantwortlich ist, wird eine unmittelbare Berücksichtigung der betroffenen Drittinteressen anerkannt. Im Zusammenhang mit der zuletzt genannten Ausnahme wird des öfteren der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte angeführt 51. Sofern nicht selbst insoweit die externen Interessen lediglich mittelbar berücksichtigt werden, indem aufgrund des angeblich zwischen dem Dritten und dem Kunden bestehenden Fürsorgeverhältnisses in der Beeinträchtigung des Dritten zugleich eine solche des Kunden gesehen wird 52, liegt dieser Auffassung offensichtlich die überkommene, auf das Verhältnis zwischen Anschlußgläubiger (Kunde) und Drittem abstellende Schutzwirkungslehre zugrunde, wonach der Drittschutz davon abhängig ist, daß der Gläubiger dem Dritten Schutz und Fürsorge schuldet 53 . Die mittlerweile auch in der Rechtsprechung vollzogene Abkehr von der früheren "Wohl- und Wehe" - Doktrin, der zufolge die Schutzwirkungslehre nicht mehr als Paradigma einer allein aufgrund einer Verpflichtung des Kunden zur Wahrung von Drittinteressen gerechtfertigten Berücksichtigung externer Interessen verstanden werden kann, bleibt unberücksichtigt. 2. Begründungsversuche
a) Zumeist beschränken sich die Stellungnahmen auf die Wiedergabe der einschlägigen Nachweise aus der Rechtsprechung. Eingehend mit der Inhaltskontrolle von Sicherungs geschäften hat sich allerdings Manfred Wo(F auseinandergesetzt. Er macht ebenso wie Kötz 55 die Antwort auf die Frage nach der Berücksichtigung von Drittinteressen vom Schutzzweck des Gesetzes abhängig. Beschränke sich der Zweck des Gesetzes auf den Interessenschutz des unterlegenen Vertragspartners, so könnten Drittinteressen nicht unmittelbar berücksichtigt werden; liege dagegen der Zweck generell in der Verhinderung des Mißbrauchs einseitiger Gestaltungsmacht, die dem AGB-Verwender aufgrund seiner Überlegenheit faktisch zukomme, so könnte damit das weitergehende Ziel der Gewährleistung einer sachgerechten Vertragsordnung unter Einbeziehung von Drittinteressen verbunden sein 56 • Aufgrund des Wortlauts des § 9 AGBG 50 Also nicht lediglich in bezug auf die konkret betroffenen Interessen, so jedenfalls Erman/ H.Hefermehl, § 9 AGBG Rdn.12; Soergel/ Stein, § 9 AGBG Rdn.14; Wolf/ Horn/ Lindacher, §9 Rdn.106; wohl auch Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, §9 Rdn.117. 51 Etwa von Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, § 9 Rdn.106f; Soergel/ Stein, § 9 AGBG Rdn.l4; Teichmann, JZ 1989, 1009 Fn. 6. 52 So ausdrücklich Erman/ H.Hefermehl, § 9 AGBG Rdn.12; Palandt/ Heinrichs, § 9 AGBG Rdn. 7. 53 Zur Unvereinbarkeit des neueren Verständnisses der Schutzwirkungslehre mit der herkömmlichen Abgrenzung der zu berücksichtigenden Drittinteressen nach dem Kriterium der Verantwortlichkeit des Kunden für den Schutz des Dritten vgl. näher oben unter § 8. 54 In: FS Baur, S. 147ff. 55 In: MünchKomm, § 9 AGBG Rdn.l1; ebenso HiIle, Inhaltskontrolle, S. 38ff. 56 In: FS Baur, S. 153.
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sowie entsprechender Formulierungen in der Begründung des Regierungsentwurfs 57 , wonach die Belange der künftigen Vertragspartner zu berücksichtigen seien oder ein angemessener Ausgleich der beiderseitigen Interessen herzustellen sei, sprechen sich WolFs und Kötz 59 für einen auf den Schutz des Kunden begrenzten Schutzbereich des AGBG aus. Drittinteressen seien demzufolge nicht unmittelbar zu berücksichtigen. In den Fällen, in denen die Interessen Dritter mit denjenigen des Kunden parallel laufen, die Benachteiligung der Drittinteressen deshalb zugleich eine Benachteiligung der Interessen des Kunden mit sich bringt, würden die Drittinteressen mittelbar, über den Schutz der Kundeninteressen, berücksichtigt 60 • Eine Verschärfung der Inhaltskontrolle ist damit jedoch nicht zwangsläufig verbunden 61 . b) Der vom BGH62 befürwortete mittelbare Drittschutz im Wege der Berücksichtigung der Auswirkungen der streitigen Klausel auf das Verhältnis des Kunden zum Dritten ist bereits 1977 von Schmidt-Salzer 63 vorgeschlagen worden. Dieser anerkannt zwar, daß es sich bei den etwa durch eine Globalzession betroffenen Interessen der Warenlieferanten um berechtigte Interessen dieser Gläubigergruppe handelt. Eine unmittelbare Berücksichtigung gehe aber zu weit und stehe einer vernünftigen, praktikablen Abgrenzung der zu berücksichtigenden Drittinteressen entgegen64-. Daß Unsicherheiten in der Anwendung unabhängig vom Kreis der einzubeziehenden Interessen einer jeden Generalklausel eigen sind und letztlich nur durch die Bildung von typisierenden Fallgruppen bewältigt werden können, wird von Schmidt-Salzer ebensowenig berücksichtigt wie die Frage, ob die Rechtsordnung sehenden Auges die Beeinträchtigung unbeteiligter Dritter unter Hinweis auf nicht näher dargelegte Rechtsanwendungsprobleme hinnehmen darf. c) Anläßlich einer Untersuchung über die Möglichkeiten zur Erzielung von Vertragsgerechtigkeit durch die Bestimmung der Rechtsfolgen gesetzes- und sittenwidriger Verträge nimmt Damm 65 zur Stellung des § 9 AGBG innerhalb des Systems der allgemeinen Vertragskontrollvorschriften der §§ 134, 138 und 242 Stellung. Ungeachtet der vor Erlaß des AGBG praktizierten richterlichen Inhaltskontrolle auf der Grundlage des § 242 66 sieht Damm die markantere 57 BT-Drucks. 7/3919, S. 10, 13, 22. 58 In: FS Baur, S. 153 f. 59 In: MünchKomm, § 9 AGBG Rdn. 11. 60 In: FS Baur, S. 154ff. 61 Vgl. oben unter I 1 sowie unter § 12 III. 62 NJW 1982, 178, 180; näher dazu oben unter I 1. 63 In: AGB2, Rdn. F.47 ff; zu dessen zuvor vertretenen Gegenauffassung vgl. sogleich unter 3. M Schmidt-Salzer, aaO (Fn. 63), Rdn. F.48. 65 In: JZ 1986, 922f. 66 Vgl. grundlegend BGHZ 22,90,97 ff; frühere Entscheidungen auf der Grundlage des §242 (etwa RGZ 126, 324327; 142, 353, 355f; 168,321, 329f; BGHZ 20,164,167) sind
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§ 13 Meinungsstand und Überblick über das Fallmaterial
Trennungslinie zwischen § 138 und § 9 AGBG einerseits, § 242 andererseits verlaufen. Gegenüber der individualisierend - einzelfallbezogenen Wertung des § 242 seien sowohl § 138 als auch § 9 AGBG zum Schutz generalisierter Vertragspartnerinteressen als Grundlage einer gerechten Vertragsordnung bestimmt. Differenzen zwischen den beiden zuletzt genannten Vorschriften bestünden allerdings hinsichtlich der Frage einer Externalisierung der geschützten Interessen: allein § 138 schütze im Gegensatz zu § 9 AGBG auch die Vertragsdyade überschreitende Dritt- und Allgemeininteressen. d) Speziell mit dem Schutz von Mitbewerberinteressen gegen eine nachfragemachtbedingte Beeinträchtigung befassen sich Hart und Joerges 67 anläßlich der Auseinandersetzung mit einer zur Kontrolle von Einkaufsbedingungen ergangenen Entscheidung des BGH68. Wolle man nachfragemachtbedingte vertragliche Unausgewogenheit über § 9 AGBG erfassen, so seien notwendigerweise zunächst die Wettbewerbsverhältnisse zwischen Lieferanten und Handelsorganisationen sowie deren Folgen für den Vertragsinhalt zu untersuchen. Durch ein solches Verfahren würde aber nicht nur der Schutzzweck des AGBG durch Übernahme spezifisch wettbewerbsrechtlicher Maßstäbe verlassen, sondern darüber hinaus die Inhaltskontrolle überfordert und zugleich in ihrer Reichweite begrenzt, da sie zu einem Schutzmechanismus gegen strukturelle Ungleichgewichtslagen reduziert würde. Im Ergebnis hätte dies die Verdrängung der auf Vertragsgerechtigkeit zielenden Vertragsergebniskontrolle des § 9 AGBG durch eine Marktverhaltens- und -ergebniskontrolle zur Folge. Mitbewerberinteressen seien deshalb im Rahmen des § 9 AGBG nicht zu berücksichtigen. Die Interessen der Zulieferer des Warenherstellers seien dagegen mittelbar über das Vertragsgestaltungsinteresse des Kunden (Herstellers) zu berücksichtigen; im Falle eines in den AGB des Verwenders (Handelsunternehmen) enthaltenen Abtretungsverbots werde etwa über das Interesse des Herstellers an der durch Forderungsabtretung ermöglichten Inanspruchnahme von Krediten zugleich (mittelbar) das Interesse des Zulieferers an Absicherung seiner Kaufpreisforderung berücksichtigt. Ein die Innenschranken der Privatautonomie erweiternder Verstärkereffekt 69 kommt den Drittinteressen demnach auch nach Auffassung von Hart und Joerges nicht zu. 3. Gegenstimmen a) Befürworter einer unmittelbaren Berücksichtigung von Drittinteressen finden sich vorwiegend in vor oder unmittelbar nach Erlaß des AGBG veröffentlichten Beiträgen. Exemplarisch ist die Meinungsänderung Schmidtnoch nicht im Sinne einer offenen Inhalts- bzw. Gültigkeitskontrolle, sondern lediglich als auf den konkreten Fall bezogene Ausübungs- oder verdeckte Inhaltskontrolle zu verstehen. 67 In: Nachfragepraktiken von Verbrauchergroßmärkten, S. 111 ff. 68 BGHZ 78, 305ff = NJW 1981, 280. 69 Vgl. oben unter I 1 sowie unter § 12 III.
H. Neueres Schrifttum
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Salzers 70 , der noch in der von 1971 stammenden ersten Auflage seiner "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" für eine unmittelbare Erfassung berechtigter Drittinteressen eintrat, dagegen in der zweiten Auflage von 1977 die nunmehr herrschende Auffassung entwickelte. Eine Begründung für den Meinungswandel findet sich nicht; die Ursächlichkeit des Wortlauts des § 9 AGBG läßt sich nur vermuten. b) Ebenfalls zu nennen sind Löwe 71 und von Westphalen 72, die die Kollision zwischen verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungsglobalzession 73 auf der Grundlage des § 9 AGBG zu lösen versuchen und dabei die typischerweise betroffenen Interessen der Vorbehaltsverkäufer anläßlich der Angemessenheitskontrolle der Abtretungsklausel unmittelbar berücksichtigen wollen. Dabei beruft sich von Westphalen allerdings zu Unrecht auf die Begründung des Regierungsentwurfs sowie einige Stellen aus der Kommentarliteratur 7\ die sich mit der oben unter § 10 I angedeuteten Problematik der "kollektiven" Vertragssysteme befassen und für die allgemeine Fragestellung nichts hergeben. c) Schlosser 75 scheint eindeutig ein Befürworter der Berücksichtigung von Drittinteressen zu sein, meint er doch, infolge der vom Verwender in Anspruch genommenen Vertragsgestaltungsfreiheit sei ein Drittschutz erst recht geboten, da sich die Dritten noch weniger als der Kunde gegen die Beeinträchtigung ihrer berechtigten Interessen wehren könnten. Zwar sei eine Drittbeeinträchtigung bei rein schuldrechtlichen Abreden weniger zu befürchten; bedeutsam sei der Drittschutz dagegen bei Verfügungsgeschäften, insbesondere bei Sicherungsgeschäften. In Widerspruch zu diesem klaren Bekenntnis wendet er sich allerdings an anderer Stelle der gleichen Kommentierung 76 explizit gegen eine Berücksichtigung der Drittinteressen und verweist diesbezüglich in Übereinstimmung mit der h.L. auf die Vorschrift des § 138. d) Einen Schutz des Eigentümers gegen die formularmäßige Verpfändung ihm gehörender Gegenstände durch den nichtberechtigten Kunden befürworten Müller-Laube 77 und Tiedtke 78 , die entsprechende Klauseln, jedenfalls soweit diese auch die Verpfändung kunden fremder Gegenstände erfassen, für unwirksam nach § 9 AGBG erklären. Da aber eine Auseinandersetzung mit der gegenteiligen h.M. unterbleibt, können diese Stimmen vernachlässigt werden. Gleiches gilt schließlich für Meyer-Cording 79 , der zwar Kritik an der auf die In: ABGI, Rdn.135, 228ff, 240ff; vgl. auch dens., NJW 1971,1129. In: LöwejvonWestphalenjTrinkner, AGBG, §9 Rdn. 66. 72 In: DB 1978, 68, 70f; vgl. auch dens., DB 1977, 1685, 1687. 73 Dazu oben unter § 7 II 1 c. 74 DB 1978, 68, 70 Fn. 38. 75 Staudinger j Schlosser, § 9 AGBG Rdn.37. 76 StaudingerjSchlosser, §9 AGBG Rdn. 10,12, auch 154. 77 In: JZ 1983, 808 (analoge Anwendung des § 9 AGBG). Näher zu den einzelnen Pfandklauseln unten unter § 18 II 1 b. 78 In: Gutgläubiger Erwerb, S. 78 f. 70
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9 Habersack
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§ l3 Meinungsstand und Überblick über das Fallmaterial
Abwägung der Vertragspartnerinteressen beschränkten Praxis übt, der sich aber nicht offen zu einer Berücksichtigung externer Interessen bekennt, sondern lediglich eine analoge Anwendung des § 9 AGBG in Betracht zieht.
4. Zusammenfassung Fanden sich zur Zeit vor oder unmittelbar nach Erlaß des AGBG noch Stimmen, die sich für eine unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen aussprachen, so beschränkt sich nach der heute ganz h.M. die Abwägung der relevanten Interessen im Grundsatz auf diejenigen der Vertragspartner. Das Schrifttum befindet sich demnach nicht nur im Ergebnis, sondern auch hinsichtlich der Entwicklung des Meinungsstands in Einklang mit der Rechtsprechung 80 • Es überrascht allerdings, daß selbst ausführlichere Stellungnahmen über eine am Wortlaut des § 9 AGBG sowie entsprechenden Formulierungen in den Gesetzgebungsmaterialien angelehnte Argumentation nicht wesentlich hinausgehen, die Einordnung der Fragestellung in einen größeren Zusammenhang also unterbleibt. Dies soll im folgenden nachgeholt werden, wobei auf die bisher gefundenen Ergebnisse zurückgegriffen werden kann. Zuvor aber sei die praktische Relevanz der Fragestellung anhand einiger ausgewählter Fallgestaltungen demonstriert.
III. Systematisierung des FaUmaterials j.
Sicherungsklauseln
a) Auf den spezifischen Drittbezug der Sicherungsgeschäfte wurde bereits oben unter § 711 1 hingewiesen. Entgegen der Auffassung von Schlosser 8 ! beruht dieser allerdings nicht auf dem Verjügungscharakter 82 der Sicherungsgeschäfte. Dagegen spricht bereits, daß jeder Bestellung einer Sicherheit, soll sie nicht einem Bereicherungsanspruch ausgesetzt und somit das Sicherungsrecht in der Krise des Schuldners undurchsetzbar sein, eine entsprechende Verpflichtung als causa zugrundeliegt 83 • Im Rahmen des § 138 geht es in erster Linie um deren Wirksamkeit; die Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts bedarf angesichts 79 In: NJW 1979, 2126, 2130; zustimmend Ashölter, Einfluß und Auswirkungen, S.169ff. 80 Dazu im einzelnen oben unter I. 81 In: Staudinger, § 9 AGBG Rdn.37; vgl. demgegenüber zutr. Westermann, Interessenkollisionen, S. 10 f. 82 Zu ausschließlich schuldrechtIichen Sicherungsabreden vgl. Ulmer f Brandner f Hensen, AGBG, Anh.§§9-11 Rdn.661ff; StaudingerfSchlosser, §9 AGBG Rdn.155ff; WolffHornfLindacher, AGBG, §9 Rdn. S 95ff. 83 Zur schuldrechtlichen Sicherungsabrede als causa dinglicher Sicherungsrechte vgl. etwa Baur, Sachenrecht, § 57 IV, S. 571 f; Gaul, AcP 168 (1968), 351 ff; Jauernig, BGB, § 930 Anm.5 D a cc. Der aus ihr folgende Anspruch auf Bestellung der Sicherheit ist zu unterscheiden von dem zu sichernden Anspruch.
III. Systematisierung des Fallmaterials
131
dessen sittlicher Indifferenz besonderer Begründung 84 . Des weiteren lassen sich die die Drittgläubiger beeinträchtigenden Wirkungen des Sicherungsgeschäfts oft nur schwer dem dinglichen oder dem schuldrechtlichen Geschäft zuordnen. So ist es beispielsweise zweifelhaft, ob im Falle der Bestellung einer Sicherungsgrundschuld die relevanten Interessen durch das dingliche Rechtsgeschäft (Bestellung der Grundschuld) oder aber durch die zu weit gefaßte schuldrechtliche Zweckbestimmungserklärung beeinträchtigt werden. Ebenso ließe sich im Falle eines verlängerten Eigentumsvorbehalts mit schuldrechtlicher Freigabeklausel die Drittwirkung sowohl auf die bedingte Übereignung als auch auf die zu weit gefaßte Freigabeklausel zurückführen. Die Beispiele machen auch deutlich, daß ohne Einbeziehung der schuldrechtlichen Sicherungsabrede, aus der sich erst das Verhältnis des Wertes der Sicherheit zu der zu sichernden Forderung ergibt, ein etwaiges Mißverhältnis dieser beiden Größen zueinander 85 nicht festgestellt werden kann. Schließlich zeigt sich die Maßgeblichkeit der schuld rechtlichen Sicherungsabrede dann, wenn der Sicherungsnehmer den daraus sich ergebenden Anspruch auf Bestellung der Sicherheit geltend macht. In diesem Fall kann allein das Verpflichtungsgeschäft auf seine Wirksamkeit überprüft werden, die zudem durch eine nach Vornahme des Rechtsgeschäfts eintretende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht beeinflußt wird 86 . Der Sicherungsnehmer ist demnach also beispielsweise nicht verpflichtet, auf die Einräumung einer geschuldeten Sicherheit zu verzichten, selbst wenn er jetzt erkennt, daß der Sicherungsgeber kurz vor dem Zusammenbruch steht und die Bestellung der Sicherheit zu einem Schaden der sonstigen Gläubiger führen wird 87 • b) Die Interessen des mit dem Kunden nicht identischen Eigentümers sind durch Pfandklauseln betroffen, sofern diese, wie regelmäßig die in den AGB der 84 Vgl. dazu Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.50fT, Flurne, AT II, § 18.8, S. 382ff und Larenz, AT, § 22 III c, S. 449ff,jew. m. weit. Nachw. Demgegenüber nehmen etwa BGHZ 7, 111, 114 und BGHZ 19, 12, 18 ohne nähere Begründung Nichtigkeit auch des Verfügungsgeschäfts an. - Zur Anwendbarkeit des AGBG aufVerfügungsgeschäfte vgl. nur UlmerjBrandnerjHensen, AGBG, § 1 Rdn.15. 85 Entgegen der Auffassung von Ulmerj Brandnerj Hensen, AGBG, Anh.§§9-11 Rdn.651, der sich zu Unrecht auf M. Wolf, FS Baur, S. 167 beruft (dieser will nur die Bewertung der Sicherheit, nicht aber die Feststellung des Mißverhältnisses zwischen Wert der Sicherheiten und Wert der Forderungen von der Inhaltskontrolle ausnehmen), steht der Umstand, daß das Mißverhältnis nur für den jeweiligen Einzelfall ermittelt werden kann, einer Überprüfung der Klausel nach § 9 nicht entgegen. Wie etwa § 11 Nr.5 AGBG, aber auch die Rspr. zu Vertragsstrafenklauseln im kaufmännischen Geschäftsverkehr (vgl. BGH NJW-RR 1988, 146 und BGH ZIP 1989, 1066) zeigen, steht die Berücksichtigung konkreter Vertragsdaten nicht in Widerspruch zum Gebot überindividuell-generalisierender, von den konkreten Umständen des Einzelfalls absehender Interessenabwägung nach § 9 AGBG (dazu oben unter § 12 IV). Entscheidend ist, daß ab einem bestimmten Mißverhältnis der jeweiligen Größen typischerweise die Interessen des Kunden sowie diejenigen seiner Gläubiger unverhältnismäßig beeinträchtigt sind. 86 Vgl. dazu Jauernig, BGB, § 138 Anm.1 c; MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.114. 87 Serick, Bd. 111, § 30 III 3, S. 31 f.
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§ 13 Meinungsstand und Überblick über das Fallmaterial
Werkunternehmer, Spediteure 88 sowie der Banken 89 enthaltenen Klauseln, ein Pfandrecht zugunsten des Verwenders auch dann begründen, wenn der Pfandgegenstand nicht dem Kunden gehört. Die Verwendung entsprechender Klauseln erfolgt, wie das Beispiel der Werkunternehmer zeigt, unabhängig davon, ob dem Verwender bereits ein gesetzliches Pfandrecht, etwa nach § 647, zusteht. Dies beruht darauf, daß die höchstrichterliche Rechtsprechung 90 die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs gesetzlicher Besitzpfandrechte unter Hinweis auf den Wortlaut des § 1257 ("entstandenes Pfandrecht") verneint und die Gläubiger deshalb dazu übergegangen sind, sich durch ihre AGB ein vertragliches Pfandrecht einräumen zu lassen, um auf diesem Weg einen gutgläubigen Erwerb 91 gemäß § 1207 zu ermöglichen. In allen genannten Fällen stellt sich deshalb die Frage eines Schutzes des von der Klausel betroffenen Eigentümers. 2. Einkaufs- und Auftragsbedingungen
a) Sicherungsrechte zugunsten der Lieferanten berühren nicht nur die Interessen sonstiger Gläubiger, sondern auch diejenigen des Schuldners, der nicht nur in seiner Verfügungsbefugnis über die Ware eingeschränkt ist, sondern auch das Sicherungsgut betreffende Abwicklungspflichten (z. B. gesonderte Lagerung, Umsatzmitteilungen) gegenüber dem Gläubiger zu erfüllen hat. Demzufolge versuchen gewerbliche und zumeist (nachfrage-)machtstarke Abnehmer mittels ihrer AGB, etwaige Sicherungsrechte der den Kaufpreis kreditierenden Lieferanten auszuschließen 92 • Durch diese ungesicherte Kreditierung sind zunächst die Interessen des Verkäufers betroffen; zugleich aber wird durch den Verlust des Eigentums an der verkauften Ware die den Gläubigern des Verkäufers zur Verfügung stehende Haftungsmasse geschmälert, da diesen nunmehr lediglich der mit dem Risiko der Insolvenz des Käufers behaftete Kaufpreisanspruch als Zugriffsobjekt dient. b) Berührt der Ausschluß von Sicherungsrechten des Verkäufers nur wenig konkretisierte Drittinteressen, so kommt einem in Einkaufs- und Auftragsbedingungen enthaltenen Zessionsverbot 93 ein spezieller Drittbezug zu. Hat 88
13 a.
Näher zu § 50 lit a ADSp sowie zu BGHZ 17, 1, 3ff = NJW 1955, 1145 oben unter
Vgl. Ziffer 19 Abs.2 der Banken-AGB. BGHZ 34, 122, 124ff = NJW 1961,499; 34, 153, 154ff = NJW 1961, 502. 91 BGHZ 68, 323, 326 = NJW 1977, 1240; BGH NJW 1981, 227f. Beide Entscheidungen kommen dem Verwender auch insoweit entgegen, als sie Gutgläubigkeit des Unternehmers stets dann bejahen, wenn keine Anhaltspunkte für die Nichtberechtigung vorliegen. Eine Vorlage des Kfz-Briefs ist danach z. B. - anders als i.F.d. Übereignungnicht erforderlich. 92 Vgl. BGHZ 78, 305, 307ff zum Ausschluß des Eigentumsvorbehalts, dessen Auswirkungen auf den Vorlieferanten allerdings nicht angesprochen werden. 93 Vgl. dazu UlmerjBrandnerjHensen, AGBG, Anh. §§9-11 Rdn.1ff(dort auch zu sonstigen Formen des Zessionsverbots); Burger, NJW 1982, 80ff (83); HartjJoerges, Nachfragepraktiken von Verbrauchergroßmärkten, S. 108ff; Klamroth, BB 1984, 1842; 89 90
III. Systematisierung des Fallmaterials
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nämlich der Vorlieferant des Herstellers bzw. Werkunternehmers seinerseits Waren bzw. Baustoffe nur unter verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert, so ist er zur Absicherung seines Anspruches gegen den Verkäufer bzw. Werkunternehmer auf die Abtretung der Forderungen gegen den Abnehmer bzw. Auftraggeber als Surrogat für das verlorene Eigentum angewiesen. Unterbleibt die Abtretung, so ist die Weiterveräußerung der Ware bzw. der Einbau etwa der Baustoffe nicht von der Ermächtigung zur ordnungsgemäßen Weiterveräußerung oder Verwendung gedeckt 94 • Der Verkäufer bzw. Werkunternehmer, der sich auf ein Zessionsverbot einläßt, handelt deshalb gegenüber dem Lieferanten vertragswidrig und begeht zudem regelmäßig eine unerlaubte Handlung gern. § 823 Abs.l, § 823 Abs.2 i. V.m. § 246 StGB95. Ungeachtet dieses dem Zessionsverbot eigenen Drittbezugs beschränken sich Literatur 96 und Rspr. 97 im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle entsprechender Klauseln auf die Abwägung der Interessen von Verwender und Verkäufer bzw. Werkunternehmer. Für ersteren streitet das Interesse an einem übersichtlichen Abrechnungsverkehr sowie der Vermeidung der Gefahr einer Doppelzahlung; letzterer kann sich auf sein Interesse am Einsatz der Forderung als Kreditsicherungsmittel und damit an der Offenhaltung seiner Bezugskanäle berufen. Seitdem der BGH dem Zessionsverbot die Angemessenheit i. S. d. § 9 AGBG98 und zuvor bereits die Sittengemäßheit 99 gern. § 138 Abs.1 bescheinigt und somit die Heranziehung der zur Kollision zwischen Globalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze lOO mit der Begründung abgelehnt hat, den Abnehmer treffe anders als die Bank im Falle der Globalzession keine Rücksichtnahmepflicht gegenüber einer bestimmten Gläubigergruppe, scheinen die Interessen der Vorlieferanten definitiv unbeachtlich zu sein. Für einen Teil der betroffenen Fälle hat der BGHIOI dennoch Abhilfe geschaffen, indem er im Anschluß an Huber 102 und Serick 103 einen gutgläubiMatthies, WM 1981, 1042 ff; Mummenhoff, JZ 1979, 425ff; Sundermann, WM 1989, 1197ff; M. Wolf, FS Baur, S.157f; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, §9 A Rdn.12f, 22. 94 BGHZ 27, 306, 309f = NJW 1958, 1281; 77, 274, 275f = NJW 1980,2245. 95 Vgl. Serick, Bd. IV, § 51 11, S. 498ff, § 51 III, S. 506ff, 510ff. 96 Vgl. Brandner, Burger, Hart / Joerges, Sundermann und Wolf, jeweils aaO (Fn. 93). Drittschutz durch die Annahme lediglich relativer Unwirksamkeit der verbotswidrigen Zession befürworten Matthies und Mummenhoff, jew. aaO (Fn. 93). 97 BGHZ 51,113,117 = NJW 1969, 415; 56, 173, 175f = NJW 1971, 1311; 77, 274, 275 = NJW 1980, 2245; vgl. auch BGHZ 102, 293, 300 = NJW 1988, 1210; BGH BB 1989, 1442; OLG Köln ZIP 1984,473,475; OLG Koblenz WM 1989, 535, 537. 98 BGHZ 102, 293, 300 = NJW 1988, 1210, und BGH BB 1989, 1442, jeweils zu Auftragsbedingungen ohne Kollision mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt. 99 BGHZ 51,113, 117ff = NJW 1969, 415; dem BGH im wesentlichen zustimmend Serick, Bd. IV, § 51 III, S. 506ff; a.A. etwa Burger, NJW 1982, 82f; kritisch auch Klamroth, BB 1984, 1842f. 100 Dazu oben unter I 2 a. 101 BGHZ 77, 274, 276ff = NJW 1980, 2245. 102 NJW 1968, 1906f.
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§ 13 Meinungsstand und Überblick über das Fallmaterial
gen 1M Erwerb des Verwenders von der Erfüllung auf den konkreten Gegenstand bezogener Erkundigungspflichten al?hängig gemacht hat. Durch die Aufnahme des Zessionsverbots in seine AGB zeige der Verwender, daß er mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt des Vorlieferanten rechne. Vertraue der Verwender allein auf die Besitzlage, so handele er grob fahrlässig i. S. d. § 932 Abs.2, § 366 Abs.1 HGB. Diese "Bumerangwirkung"IOS des Zessionsverbots vermag den Vorlieferanten aber nur dort zu schützen, wo ein rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb stattfinden soll; innerhalb dieser Grenzen versagt der Schutz des Vorlieferanten zudem, wenn der Verwender die ihn treffende Erkundigungspflicht erfüllt. In den Fällen dagegen, in denen der Verwender Eigentum nach §§ 946 ff erwirbt, wird der Vorlieferant nach h.M.I06 auch nicht über den Bereicherungsanspruch nach § 951 geschützt, der ohnehin nur in Höhe der beim Bereicherten eingetretenen Vermögensmehrung bestehen würde. Der Schutz des Vorlieferanten ist somit nicht nur lückenhaft, sondern führt darüber hinaus zu Zufallsergebnissen 107. Es fragt sich deshalb, ob nicht eine einheitliche, sämtliche Fälle erfassende Lösung im Wege der Berücksichtigung der Interessen des Vorlieferanten über § 9 AGBG gefunden werden kann.
3. Vertrag zugunsten Dritter und ähnliche Fallgestaltungen a) Die Frage, inwieweit durch einen Vertrag zugunsten Dritter zugleich Belastungen mit Wirkung gegenüber dem Dritten begründet werden können, die seine Begünstigung einschränken, ist im einzelnen umstritten lOB. Soweit dies zulässig ist, ohne daß der Vertrag zugunsten des Dritten dadurch in einen unzulässigen Vertrag zu seinen Lasten umschlägt, stellt sich die Frage nach der Berücksichtigung der Interessen des Begünstigten nach § 9 AGBG. Hierzu zählen etwa die in Versicherungsbedingungen häufig enthaltenen Obliegenheiten zu Lasten des Dritten 109, aber auch die Aufnahme von Bedingungen i. S. d. § 158 für den endgültigen Erwerb des Anspruchs gegen den Versprechenden ( = Verwender). Die Position des Dritten kann darüber hinaus durch Regelungen über die Erfüllung des Anspruchs durch den Versprechenden 110 oder den Ausschluß der Geltendmachung des Anspruchs durch den Dritten 111 beeinIn: Bd. IV, § 54 IV 2a, S. 691. Vgl. die Nachw. in Fn.94 zur durch die Forderungsabtretung bedingten Verfügungsbefugnis des Kunden. lOS Klamroth, BB 1984, 1843. 106 BGHZ 56, 228, 239ff; Baur, Sachenrecht, § 53 c 11; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdn.729. 107 Klamroth, BB 1984, 1843 f. 108 Vgl. etwa M artens, AcP 177 (1977), 113, 140 ff; M ünchKomm-Gottwald, § 328 Rdn.100. 109 Vgl. dazu Schirmer, FS R.Schmidt, S. 825ff. 110 BGH NJW 1982,2314; dazu oben unter I 2 b. 111 BGH NJW 1989, 2750; dazu oben unter I 2 d. 100
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trächtigt werden. Auch insoweit kommt eine Berücksichtigung der Interessen des Begünstigten in Betracht. b) Soweit ein Vertrag SchutzwirkungenJür Dritte entfaltet, hält die h.M.ll2 in Analogie zu § 334 den Schadensersatzanspruch des Dritten innerhalb der Grenzen der §§ 276 Abs.2, 278 S. 2 sowie des AGBG jedenfalls dann für abdingbar, wenn die Freizeichnung auch gegenüber dem Anschlußgläubiger (Kunde) wirkt. Für die h.M.ll3 im Schrifttum zum AGB-Recht ist insoweit ein Schutz des Dritten über §§ 9, 11 Nr.7 AGBG bereits deshalb ohne weiteres zu bejahen, weil nach ihr die Grundlage der Teilhabe des Dritten an dem fremden Schuldverhältnis in der Verantwortlichkeit des Anschlußgläubigers für die Interessen des Dritten liegt. Demgegenüber ist nach zutreffender, im Ergebnis auch vom BGH geteilter Auffassung l14 der Schutz des in den Schutzbereich des fremden Vertrags einbezogenen Dritten unabhängig von einer entsprechenden Fürsorgepflicht des Anschlußgläubigers. Auf der Grundlage dieses neueren Verständnisses der Schutzwirkungslehre bedarf deshalb auch die Relevanz der Interessen des in den Schutzbereich einbezogenen Dritten einer besonderen, über den Hinweis auf das Schutz- und Fürsorgeverhältnis hinausgehenden Begründung. c) Wie die referierte Entscheidung des BGHllS zum Abtretungsverbot in den AGB des Frachtführers zeigt, wird das Interesse des Schadensversicherers in Analogie zu §§ 61 und 67 Abs.1 S.3 VVG regelmäßig bereits durch eine Leistungsbefreiung gegen Dispositionen des Versicherungsnehmers über etwaige Schadensersatzansprüche und damit insbesondere gegen Haftungsfreizeichnungen Dritter zu Lasten des Versicherungsnehmers geschützt. Allerdings ist der Schutz des Versicherers nicht lückenlosu 6 • Soweit nämlich die vorgängige Freizeichnung des Schädigers gegenüber dem Versicherungsnehmer üblich ist, was jedenfalls in bestimmten Branchen hinsichtlich der Freizeichnung für leichte Fahrlässigkeit anzunehmen ist, muß sich auch der Versicherer diese entgegenhalten lassen. Insoweit stellt sich also innerhalb der §§ 9, 11 Nr.7 AGBG die Frage nach der Berücksichtigung seines Interesses an der Möglichkeit eines Regresses beim Schädiger (Verwender) gemäß § 67 Abs.1 S. 1 VVG. d) Schließlich sind in diesem Zusammenhang Fallgestaltungen zu nennen, in denen typischerweise l17 eine Schadensliquidation im Drittinteresse l18 zulässig ist. Dazu oben unter § 8 II 3 b,c. Vgl. oben unter 11 1. 114 Näher dazu oben unter § 8 II. 115 BGH BB 1976, 159; dazu oben unter 13 b. 116 Vgl. näher oben unter §2 II 3 b. 117 Zum Erfordernis typischer Beeinträchtigung der Drittinteressen vgl. oben unter § 12 IV. 118 Dazu allgemein MünchKomm-Grunsky,Vor§ 249 Rdn.116fT; Staudinger/ Medicus, §249 Rdn.191fT; Soergel/Mertens, Vor §249 Rdn.247fT; Larenz, SchR I, §27 IV b, S.462fT. 112 113
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§ 13 Meinungsstand und Überblick über das Fallmaterial
In Betracht kommt etwa der Haftungsausschluß des Transportunternehmers im Falle eines Versendungskaufs 1l9 , aber auch der ausdrückliche Ausschluß der Drittschadensliquidation durch Abs.lV Nr.3 des Lastschriftabkommens der Banken. M. Wol.f20 sieht auch für diese Fälle keine Veranlassung, von seiner grundsätzlich ablehnenden Auffassung zur Frage einer Berücksichtigung externer Interessen abzuweichen. Schließlich sei der Kunde formal Inhaber des Anspruchs und überdies im Verhältnis zum geschädigten Dritten verpflichtet, den Anspruch auch geltend zu machen. Der Haftungsausschluß beeinträchtige deshalb allein die Interessen des Kunden. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß der Anspruchsberechtigte, etwa der Versendungsverkäufer, den geschädigten Dritten auf die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs im Wege der Prozeßstandschaft verweisen 121 und dadurch einer eigenen Geltendmachung entgehen kann. Da die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozeßstandschaft aber ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Prozeßstandschafters an der Geltendmachung des fremden Anspruchs im eigenen Namen voraussetzt 122 , kann zumindest, wie bereits die Bezeichnung des Instituts nahelegt, die Beeinträchtigung von Drittinteressen durch die Haftungsbeschränkung oder den Ausschluß der Schadensliquidation im Drittinteresse nicht geleugnet werden. Eine andere Frage ist, ob diese Interessen des Dritten durch § 9 AGBG zu schützen sind. 4. Einschaltung eines Leistungsmittlers
a) Einfluß auf die Stellung des Lastschrift- und Scheckgläubigers hat die Regelung in Nr. 41 Abs.2 der AGB der Privatbanken, wonach Lastschriften und vom Kunden ausgestellte Schecks erst eingelöst sind, wenn die Belastung nicht spätestens am zweiten Buchungstag nach der Belastungsbuchung storniert wird 123 • Durch diese Klausel werden die rechtlichen Voraussetzungen für eine Nachdisposition durch die Bank geschaffen l24 und die Manifestation der 119 Dies ist jedenfalls nach der herkömmlichen Lehre ein Fall der Drittschadensliquidation, vgl. etwa BGHZ 40, 91, 100f = NJW 1963, 2071; NJW 1970, 38,41, aber auch BGHZ 49, 356, 360ff = NJW 1968, 1567, jew. m.w.Nachw. Teilweise wird dagegen in diesen Fällen ein Bedürfnis für eine Drittschadensliquidation nicht gesehen, sondern der Regelung des § 281 entnommen, daß dem Versender ein Anspruch und damit auch ein Schaden zustehen müsse, vgl. etwa Hagen, Die Drittschadensliquidation im Wandel der Rechtsdogmatik, S. 185 ff; Esser / Schrnidt, SchR I, § 34 IV 1, S. 562f; Larenz, SchR I, § 27 IV b, S. 462ff; ablehnend aber Herrn. Lange, Schadensersatz, S. 287; Staudinger / Medicus, § 249 Rdn.197; Soergel/ Mertens, Vor § 249 Rdn.251; Erman/ W.Sirp, § 249 Rdn.54. 120 In: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, §9 Rdn.l08, § 11 Nr.7 Rdn.l0. 121 BGHZ 25, 250, 256, 259f = NJW 1957, 1838: das erforderliche eigene Interesse des Prozeßstandschafters an der Geltendmachung folge daraus, daß dieser andernfalls den Schaden zu tragen hätte. 122 Vgl. neben Fn. 121 noch BGH NJW 1989, 2750, 2751. 123 Vgl. zur Bedeutung des Einlösungsstichtags Pleyer / Wallach, ZHR 153 (1989), 550 f, 555f.
III. Systematisierung des FaIlmaterials
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endgültigen Einlösung festgelegt 125 • Im Zusammenspiel mit Nr. 41 Abs.1 der Banken-AGB, wonach die Gutschrift lediglich unter dem Vorbehalt des Eingangs erfolgt, hat die Klausel auch Auswirkungen auf die Interessen des Gläubigers sowie der Zwischen- und Inkassobanken 126. Zwar ist die Schuldnerbank dem Lastschrift- bzw. Scheckgläubiger ohne Übernahme einer besonderen Garantie nicht zur Einlösung verpflichtet l27 . Doch wird dem Gläubiger durch das die endgültige Einlösung hinausschiebende Nachdispositionsrecht das Risiko zwischenzeitlicher Insolvenz des Schuldners zugewiesen, da sein Anspruch mangels endgültiger Leistung des Schuldners durch die Schuldnerbank 128 noch nicht erfüllt ist und nach Stornierung der Gutschrift undurchsetzbar sein kann. Die Gefährdung der Gläubigerinteressen beruht auch nicht allein auf der zwischen dem Gläubiger und der Bank vereinbarten Regelung der Nr.41 Abs.l Banken-AGB. Vielmehr ist die Wirkung dieser Regelung abhänigig von der Ausgestaltung der Nr.41 Abs.2 Banken-AGB; das Insolvenzriskiko des Gläubigers nimmt mit einer Verlängerung der Nachdispositionsfrist ZU129. Wie der Gläubiger können auch Gläubiger- und Zwischenbank durch die Ausübung des Nachdispositionsrechts betroffen werden, indem ihr Anspruch auf Rückzahlung der lediglich unter Vorbehalt gutgeschriebenen Scheck- oder Lastschriftsumme infolge der Insolvenz des Gläubigers bzw. der Gläubigerbank undurchsetzbar wird. b) Schließlich läßt sich die oben unter I 2 c geschilderte Entscheidung des 11. Zivilsenats des BGH130 verallgemeinern auf alle Fallgestaltungen, in denen der Leistungsmittler eine eigene Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger (= Verwender) übernimmt und dem Schuldner deshalb infolge der im Deckungs124 BGHZ 79, 381, 387 = NJW 1981, 1669 (betr. Nr.41 Abs.2 a.F. mit Eintagesfrist); BGH ZIP 1988, 1105, 1106; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.550; Baumbachj Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, Anh. Art. 28 SchG Rdn.l0. Dazu, daß die fragliche Klausel einen einheitlichen Zeitpunkt auch für die Fälle der Vordisposition festlegt, vgl. BGH WM 1988, 1325, 1326. 125 OLG Frankfurt WM 1986, 351, 352; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.700; Pleyer j Wallach, ZHR 153 (1989), 555 ("reflexartige Wirkung"). 126 Vgl. OLG Frankfurt WM 1986, 351; Baumbachj Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, Anh. Art.28 SchG Rdn.l0; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.550f, 700. Zur Geltung der Banken-AG B im Innerbankenverkehr vgl. Canaris, BankvertragsrechP, Rdn. 2518, m.w.Nachw. 127 Vgl. Art.4 SchG, ferner BGHZ 69, 82, 85 = NJW 1977, 1916; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.619a, 727ff. 128 Zur Simultan wirkung der Zahlung durch die Schuldnerbank (Leistung der Bank gegenüber dem Schuldner sowie Leistung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger) vgl. nur MünchKomm-Lieb, § 812 Rdn.30. 129 Zur Herbeiführung der Erfüllungswirkung im Verhältnis Gläubiger j Schuldner durch Bekundung des Einlösungswillens des bezogenen Kreditinstituts vgl. BGH NJW 1970,898, 899; Bauer, WM 1983, 198,202. 130 BGH WM 1986, 784f.
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§ 13 Meinungsstand und Überblick über das Fallmaterial
verhältnis bestehenden Verpflichtung nach §§ 675, 670 zum Ersatz der von der Zahlstelle geleisteten Zahlungen Einwendungen aus dem Valutaverhältnis . abgeschnitten werden 131.
131 Zur Wirkungsgleichheit von unwiderruflichem Überweisungsauftrag (zu dessen Unwirksamkeit nach § 9 AG BG vgl. BGH NJW 1984, 2816) und Einlösungsgarantie einer Bank vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.397 a Abs.3.
§ 14 Exkurs: Anerkannte Fälle eines Drittschutzes bei gestörter Vertragsparität Im folgenden soll nachgewiesen werden, daß die Frage nach einem unmittelbaren Schutz der durch eine Störung der Vertragsparität betroffenen Dritten ein der Rechtsordnung bekanntes Phänomen berührt, freilich ohne daß der spezifische Aspekt der Ausweitung der Innenschranken der Privatautonomie kraft schutzwürdiger Drittinteressen bislang stets besonders hervorgehoben wird. Darüber hinaus dient der Exkurs der induktiven Entwicklung eines allgemeinen Systems eines Schutzes Dritter gegen die Beeinträchtigung ihrer Interessen infolge des Versagens des Vertragsmechanismus, welches im weiteren Verlauf der Untersuchung dargestellt und exemplarisch auf den Vertragsschluß unter Verwendung von AGB angewandt werden soll. I. Die Beeinträchtigung von Drittinteressen als neben die Ausnutzung einer Machtposition hinzutretendes Sittenwidrigkeitselement 1. Die nach § 138 Abs. 1 BGB erforderliche Gesamtbeurteilung des Rechtsgeschäfts
Nach ständiger Rechtsprechung 1 und h.L. 2 ist die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts aufgrund einer Gesamtbeurteilung desselben zu ermitteln; entscheidend ist der aus der Zusammenfassung von Inhalt, Motiv und Zweck zu entnehmende Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts. Mayer-Maly3 weist mit Recht darauf hin, daß die einzelnen Beurteilungselemente das Bild eines beweglichen Systems4 bieten. Ein besonders stark ausgeprägtes Element, namentlich der Inhalt des Rechtsgeschäfts, kann bereits for sich allein die 1 Vgl. neben den Nachw. bei Flurne, AT 11, § 18.2a, S. 368 Fn. 17 etwa RGZ 56, 229, 231; 78, 258, 263; 140, 184, 190; 143,48,51; BGHZ 34,169,176 = NJW 1961, 822; 43, 46, 50 = NJW 1965, 580; 86, 82, 88 = NJW 1983, 1851; 94, 268, 272 =NJW 1985, 2405; 107, 92,97 = NJW 1989, 1276; BGH NJW 1982, 1455; ZIP 1990,915,916; ZIP 1990, 1541, 1543. 2 ErrnanjBrox, §138 Rdn.33ff; StaudingerjDi/cher, §138 Rdn.12ff; Flurne, AT 11, § 18.2 a, S.367f; Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.19; Palandtj Heinrichs, § 138 Rdn. 8; MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.21 ff; Medicus, AT, Rdn.685ff; Jauernig, BGB, § 138 Anm.3; Larenz, AT, § 22 1II S. 440, 447f; Serick, Bd. III, § 30 I 2, S. 6ff. 3 MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.23; ders., Bewegliches System und Konkretisierung der guten Sitten, S. 122ff; vgl. auch Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.19. 4 Grundlegend Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems im bürgerlichen Recht; ders., AcP 163 (1964), 346ff; dazu etwa Canaris, Systemdenken, S. 74ff.
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§ 14 Anerkannte Fälle eines Drittschutzes
Sittenwidrigkeit begründen 5. Ist dies nicht der Fall, so kann ein Zusammentreffen verschiedener, für sich allein jeweils noch nicht ausreichender Momente dazu führen, daß dem Rechtsgeschäft die Anerkennung zu versagen ist 6 . So kann denn auch ein Rechtsgeschäft, das aufgrund einer für sich noch erträglichen Ausnutzung einer Zwangslage des unterlegenen Vertragspartners zustande gekommen ist, durch die gleichzeitig bewirkte Gefährdung oder Schädigung Dritter die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschreiten 7 • Daß die beiden genannten Sittenwidrigkeitselemente besonders häufig nebeneinander auftreten, beruht, worauf Mayer-Maly8 mit Recht hinweist, darauf, daß sich gerade gegenüber einem unterlegenen Vertragspartner Vertragsbestimmungen durchsetzen lassen, die anderen Gläubigern keine reelle Chance zur Sicherung und Durchsetzung ihrer Ansprüche lassen. Praktische Bedeutung und Wirkungsweise des danach durch die Beeinträchtigung der Interessen Dritter bewirkten Verstärkereffekts, der zur Nichtigkeit eines bei isolierter Betrachtung des Verhältnisses zwischen den Vertragspartnern lediglich unangemessenen Vertrags führen kann, sollen im folgenden anhand einiger ausgewählter Sachverhalte verdeutlicht werden. 2. Einzelfälle
a) In zahlreichen Fällen hatte die höchstrichterliche Rechtsprechung über die Wirksamkeit von Sicherungsvereinbarungen zu entscheiden, in denen sich eine Knebelung des Sicherungsgebers mit einer Gefährdung von dessen sonstigen Gläubigern verband. Dabei sind neben Entscheidungen, in denen sich entsprechend der hier vertretenen Auffassung die Sittenwidrigkeit gerade aus dem Zusammenspiel der bei den Elemente ergab 9 , zwar auch solche anzutreffen, in denen die fraglichen Vereinbarungen isoliert unter den Gesichtspunkten der Schuldnerknebelung bzw. der Gläubigergefährdung überprüft wurden 10. Diese Vorgehensweise beruht ersichtlich auf der vom RGll entwickelten Bildung von Fallgruppen, innerhalb derer nach Auffassung des Gerichts ein Schadensersatz5 Vgl. zur sog. Inhaltssittenwidrigkeit im Gegensatz zur Umstandssittenwidrigkeit RGZ 140, 184, 190; BGHZ 94,268,272 = NJW 1985, 2405; Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.31, 39; Palandtj Heinrichs, § 138 Rdn. 7f. 6 Vgl. etwa BGHZ 10, 228, 233 = NJW 1953, 1665; 86, 82, 86ff = NJW 1983, 1851; allg. auch Hönn, JZ 1983, 685. 7 Vgl. vorerst nur MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.23, 28f; näher dazu unten unter 2. 8 In: MünchKomm, § 138 Rdn.29; vgl. zur Überschneidung zwischen Schuldnerknebelung und Gläubigergefahrdung auch Baur, Sachenrecht, § 57 V 5, S. 575f; AK-BGBDamm, § 138 Rdn.113, 143, 175; Staudinger j Dilcher, § 138 Rdn.44; Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.45, 53, 119; Larenz, AT, § 22 III b, S. 440; Medicus, AT, Rdn.696; Serick, Bd. III, § 3011 1 c, S. 23f. 9 Vgl. das "bewegliche System" in BGHZ 10, 228, 233 = NJW 1953, 1665; ferner BGHZ 19, 12, 19 = NJW 1956, 337; BGH NJW 1968, 1516, 1518; 1977,2261,2262. 10 BGH WM 1969, 1072, 1074; 1966, 13, 15; 1959,406,408. 11 Grundlegend RGZ 136, 247, 253 f; vgl. auch Fn. 34 sowie den dazu gehörenden Text.
I. Drittinteressen und § 138 BGB
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anspruch eines geschädigten Gläubigers nach § 826 in Betracht kam l2 . Insoweit aber war die strenge Trennung zwischen einer Knebelung des Sicherungsgebers, die als solche für Außenstehende keinen Schadensersatzanspruch nach § 826 begründen kann 13, und einer daneben bestehenden vorsätzlichen Schädigung des Dritten folgerichtig l4 ; denn das Erfordernis der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung des jeweiligen Klägers steht einer Herleitung des Vorwurfs des Sittenverstoßes aus parteiübergreifenden Gesichtspunkten von vornherein entgegen 15 . Demzufolge hat das RG16 zwar auch in den Fällen der Aussaugung und der stillen Geschäftsinhaberschaft als typischen Knebelungssachverhalten 17 Schadensersatzansprüche Dritter aus § 826 im Grundsatz anerkannt, deren Gewährungim Einzelfall aber zutreffenderweise vom Vorliegen einer neben die Knebelung des Schuldners tretenden Gläubigerschädigung abhängig gemacht. Der Gläubiger konnte sich somit zwar einerseits der Inanspruchnahme durch dritte Gläubiger nicht dadurch entziehen, daß ihm zugleich die Knebelung des Schuldners vorzuwerfen war, machte sich aber andererseits allein durch die Knebelung des Schuldners Dritten gegenüber noch nicht schadensersatzpflichtig. Demgegenüber geht es im Rahmen des § 138 Abs.1 um die Anerkennung der rechtsgeschäftlichen Regelung, die auch aufgrund externer, von einer der Parteien als Sachwalter geltend zu machender Gesichtspunkte zu versagen sein kann. Das Erfordernis der Gesamtbeurteilung des jeweiligen Rechtsgeschäfts gebietet demzufolge die Aufgabe der allein innerhalb des § 826 berechtigten isolierten Betrachtungsweise. Zwar liegt in den Knebelungssachverhalten das Schwergewicht des Vorwurfs in der Beeinträchtigung der Interessen des Schuldners; einem von den zugleich beeinträchtigten Gläubigerinteressen ausgehenden Verstärkereffekt steht dies jedoch nicht entgegen 18.
Abgesehen von den an die reichsgerichtliche Praxis zu § 826 anknüpfenden Entscheidungen kann jedoch festgehalten werden, daß sich auch nach Auffassung des BGH und der ganz h.L.19 die Sittenwidrigkeit einer Sicherungsverein12 Besonders deutlich bei H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 10, der für die Bewertung nach § 138 Abs.1 "scharf auf das Verhältnis ,,"gesicherter Gläubiger Schuldner"" " abstellen will. 13 Konsequent RGZ 143, 48, 52. 14 Vgl. Serick, Bd. III, § 31 II 1, S. 107, wonach Kredittäuschung und Knebelung ineinander übergehen können, an der selbständigen Bedeutung beider Verhaltensweisen aber festzuhalten ist, wenn Schadensersatzansprüche auf eine sittenwidrige Verhaltensweise gestützt werden. IS RGZ 143, 48, 52. 16 RGZ 136, 247, 253f. 17 Serick, Bd. III, § 30 VII 1, S. 73 f. 18 Vgl. auch das RG selbst in RGZ 130, 1,3, wo - unausgesprochen - die Tatbestände der Knebelung und der Gläubigergefährdung die Sittenwidrigkeit nach § 138 begründen; ferner in HRR 1935 Nr.1306, vgl. dazu das Zitat in Fn. 36; im Grundsatz auch RGZ 143, 48, 51 f. Vgl. des weiteren Serick, Bd. III, § 30 VII 1, S. 73 f ("erscheint die Knebelung in erster Linie als Sitten verstoß gegen die Interessen des Schuldners").
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barung gerade aus dem Zusammenspiel der unmittelbar zu berücksichtigenden Interessen der Gläubiger mit den Interessen des unterlegenen Sicherungsgebers ergeben kann. Dies gilt auch für den Fall, daß die Vertragsparität infolge der Verwendung von AGB gestört ist. So hat der BGH20 in mehreren, vor Erlaß des AGBG ergangenen Entscheidungen, denen eine gefestigte Rechtsprechung zur offenen Inhaltskontrolle von AGB zum Schutze des unterlegenen Kunden vorausging, eine in Bankbedingungen enthaltene Globalzession für sittenwidrig erklärt und dabei neben den Interessen des Kunden ausdrücklich auch diejenigen der betroffenen Warengläubiger betont. b) Auch im Zusammenhang mit der Kontrolle von Unterhaltsvereinbarungen können die Gesichtspunkte der Ausnutzung von Übermacht sowie der Beeinträchtigung Dritter zusammentreffen. Die bereits erwähnte Entscheidung des BGH 21 zur Sittenwidrigkeit des Unterhaltsverzichts enthält zwar keine Anhaltspunkte für die Ausnutzung einer etwaigen Übermacht des Unterhaltsverpflichteten. Dieser übernahm sogar als Gegenleistung für den Verzicht die Tilgung der aus der Ehe stammenden Schulden sowie die Zahlung von Unterhalt für den gemeinsamen Sohn, während die verzichtende Ehefrau zudem den überwiegenden Teil des Hausrats erhielt. Umgekehrt lag einer Entscheidung des OLG Köln 22 , in der dieses die Sittenwidrigkeit eines nach 20-jähriger Ehe vereinbarten umfassenden, den Begünstigten zu keiner Gegenleistung verpflichtenden Verzichts auf Unterhalt, Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich bejaht hat, eine sittenwidrige Ausnutzung einer Machtposition zugrunde. Auch in diesem Fall führte jedoch allein das genannte Sittenwidrigkeitselement zur Nichtigkeit der Vereinbarung. Denkbar ist aber auch die Konstellation, daß erst das Zusammenspiel beider Sittenwidrigkeitselemente zur Nichtigkeit der Vereinbarung führt. So hatte das OLG Hamm 23 über einen Fall zu entscheiden, in der eine schwangere Frau vor Eingehung der Ehe auf die Gewährung von nachehelichem Unterhalt sowie die Durchführung eines Versorgungsausgleichs verzichtet hatte. Das Gericht bejahte die Wirksamkeit der Vereinbarung, indem es eine sittenwidrige Beeinträchtigung sowohl der Verzichtenden als auch des Sozialhilfeträgers isoliert prüfte und jeweils verneinte. Bosch weist in einer Entscheidungsanmerkung mit Recht auf die kumulative Beeinträchtigung der Interessen des - jetzt ehelichen Kindes sowie des Sozialhilfeträgers hin 24 . Im Zusammenspiel dieser Vgl. die Nachw. in Fn. 8. BGHZ 56,173,177 = NJW 1971, 1311; NJW 1968, 1516, 1518; wohl auch BGH NJW 1969, 318, 319f. Vgl. jetzt auch BGH ZIP 1991, 152, wo eine formularmäßige Globalzession wegen der Beeinträchtigung der Interessen des Sicherungsgebers sowie der sonstigen Gläubiger für sittenwidrig erklärt wird 21 BGHZ 86, 82, 86ff = NJW 1983, 1851; vgl. dazu näher oben unter § 6 V. 22 OLG Köln DNotZ 1981, 444ffm.krit.Anm.v. von Hornhardt; vgl. auchOLG Hamm FamRZ 1982, 1215. 23 OLG Hamm FamRZ 1982,1215 m.Anm.Bosch; vgl. auch OLG DüsseldorfFamRZ 1981, 1080. 19
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Sittenwidrigkeitselemente mit der vom Gericht in Erwägung gezogenen Knebelung der Ehefrau wäre der Vereinbarung deshalb richtigerweise die Anerkennung zu versagen gewesen. Dieses Zusammenspiel verschiedener Sittenwidrigkeitselemente ist den Fällen der sog. Umstandssittenwidrigkeit, zu denen auch Unterhaltsvereinbarungen gehören und die deshalb niemals allein aufgrund ihres Inhalts sittenwidrig sind 25 , sogar eigen. In konsequenter Anwendung der nach § 138 Abs.l vorzunehmenden Gesamtbeurteilung des Unterhaltsverzichts sind somit dessen Auswirkungen auf den Verzichtenden, die nachrangig Unterhaltsverpflichteten einschließlich des Sozialhilfeträgers, sowie etwaige Abkömmlinge 26 die maßgebenden, kumulativ zu berücksichtigenden Bewertungsgrundlagen 27 • Begründet demnach zutreffender Auffassung zufolge unter Umständen erst die Verbindung der Knebelung des Unterhaltsgläubigers mit der Beeinträchtigung von Drittinteressen den Vorwurf der Sittenwidrigkeit des Unterhaltsverzichts 28 , so kann für das weitere Vorgehen festgehalten werden, daß die Rechtsordnung auch anläßlich der Kontrolle von Unterhaltsvereinbarungen nach § 138 die Interessen betroffener Dritter unmittelbar neben denjenigen des unterlegenen Vertragspartners schützt, selbst wenn lediglich die besonderen Umstände des Einzelfalls 29 die Unwirksamkeit gebieten. c) Das soeben Gesagte gilt schließlich auch für die Sittenwidrigkeit gesellschaftsrechtlicher Abfindungsvereinbarungen, die herkömmlicherweise überwiegend isoliert unter den Aspekten der Knebelung des ausscheidenden Gesellschafters einerseits, der sittenwidrigen Gläubigerbeeinträchtigung andererseits überprüft werden 30 • Aufgrund der hier befürworteten Gesamtbeurteilung des fraglichen Rechtsgeschäfts kann sich demgegenüber dessen Sittenwidrigkeit unter Umständen auch aus der kumulativen Beeinträchtigung von Gläubiger24 FamRZ 1982, 1216. Dem nichtehelichen Kind kommen die Vorschriften der §§ 1615 li. V.m. § 1614,1615 e zugute. 2S Zutr. OLG Köln DNotZ 1981,444,445; von Hornhardt, DNotZ 1981,448. Vgl. allgemein zur Trennung zwischen Inhalts- und Umstandssittenwidrigkeit die Nachw. in Fn.5. 26 Zu diesem Sittenwidrigkeitselement zutr. Bosch, FamRZ 1982, 1216. 27 Vgl. BGHZ 86, 82, 87 = NJW 1983, 1851; MünchKomm-Richter,§ 1585c Rdn.46a, sowie allgemein die Nachw. in Fn. 8. 28 Soweit für die Fälle der Drittbeeinträchtigung das Vorliegen subjektiver Momente verlangt wird (vgl. im vorliegenden Zusammenhang etwa von Hornhardt, DNotZ 1981, 450; dagegen aber zutr. BGHZ 86, 82, 88 = NJW 1983, 1851), müssen diese lediglich in der Person des sittenwidrig Handelnden vorliegen, so bereits RGZ 143, 48, 52. 29 Besondere Betonung der Umstände des Einzelfalls im Zusammenhang mit der Frage der Wirksamkeit von Unterhaltsvereinbarungen bei MünchKomm-Richter, § 1585 c Rdn.46 a; vgl. dazu unten unter 3. 30 Vgl. Flume, AT 11, § 12 III, IV, S. 178ff; Soergel/ Hadding, § 738 Rdn. 13; K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2, S. 1223 f; MünchKomm-Ulmer, § 738 Rdn. 32, 34f; im Ergebnis wie hier dagegen Scholz/ Winter, GmbHG, § 15 Rdn.183; ders., GmbHRdsch 1967, 205f; Ulmer, in: GroßKomm z.HGB, § 138 Rdn.123.
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und Gesellschafterinteressen ergeben. Ein solcher Fall kommt namentlich dann in Betracht, wenn eine übermäßige Abfindungsbeschränkung nicht gläubigerdiskriminierend ist, sondern auch zu Lasten des betroffenen Gesellschafters eingreift. Nach der Rspr. des BGH31 zu entsprechenden Vereinbarungen in GmbH-Satzungen wäre die fragliche Bestimmung aus Gründen der Beeinträchtigung der Gesellschaftergläubiger zwar nicht zu beanstanden, da diese danach den Anteil so hinzunehmen haben, wie er in der Person des Gesellschafters besteht 32 . Allenfalls eine Knebelung des Gesellschafters könnte dann noch die Sittenwidrigkeit begründen, wodurch mittelbar auch die Interessen der Privatgläubiger gewahrt würden. Für das Befriedigungsinteresse des Gesellschaftergläubigers spielt es aber keine Rolle, ob der Gesellschaftsvertrag neben den Fällen der Pfändung des Anteils und des Konkurses des Gesellschafters noch sonstige, auch zu Lasten des unterlegenen Gesellschafters gehende Abfindungsbeschränkungen enthält. Allein die Gesamtbeurteilung des Rechtsgeschäfts und damit das bewegliche System der einzelnen Sittenwidrigkeitselemente führt zu einem angemessenen Drittschutz und vermeidet Schutzlücken, die andernfalls entstehen, wenn die isolierte Berücksichtigung von Gläubiger- bzw. Gesellschafterinteressen noch nicht zur Sittenwidrigkeit der Abfindungsvereinbarung führt. Nach der hier vertretenen Auffassung kann deshalb auch anläßlich der Kontrolle gesellschaftsvertraglicher Abfindungsvereinbarungen von externen Interessen ein Verstärkereffekt zugunsten des unterlegenen Gesellschafters ausgehen. 3. Maßgeblichkeit der besonderen Umstände des einzelnen Falles
a) Für das weitere Vorgehen von Bedeutung ist, daß über die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts, das nicht schon seinem Inhalt nach sittenwidrig ist, nach ständiger Rechtsprechung des BGH33 die besonderen Umstände des einzelnen Falles entscheiden. Insbesondere hat das Gericht die vom RG34 im Zusammenhang mit der Beurteilung von Sicherungsgeschäften nach § 826 vorgenommene Typenbildung nicht übernommen 35 . Allerdings hatte bereits das RG36 in 31 BGHZ 65, 22, 26ff = NJW 1975, 1835; vgl. auch OLG Karlsruhe GmbHRdsch 1967, 214. 32 So auch die h.M. im Schrifttum, vgl. die Nachw. in § 7 Fn. 39 mit Ausnahme von Scholz/ Winter; dazu sogleich im Text. 33 Vgl. etwa BGHZ 10, 228, 232 = NJW 1953, 1665; 19, 12, 16f = NJW 1956, 337; 55, 34, 35f = NJW 1971, 372; 56,173,177 = NJW 1971, 1311; BGH NJW 1970, 657, 658 ("die Grenze fließt"); WM 1972, 585, 586. 34 RGZ 136, 247,253 f. Es handelt sich um die Tatbestände der Konkursverschleppung, der Aussaugung, der stillen Geschäftsinhaberschaft, des Kreditbetrugs sowie der Gläubigergefährdung. 3S BGHZ 10, 228, 232 = NJW 1953, 1665; dazu kritisch Esser, ZHR 135 (1971), 332ff. Vgl. aber auch die Nachw. in Fn. 10 sowie den dazu gehörenden Text zur vereinzelt noch anzutreffenden isolierenden Betrachtungsweise des BGH im Rahmen der Überprüfung des Rechtsgeschäfts nach § 138.
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mehreren nachfolgenden Entscheidungen ausdrücklich betont, daß die Grenze zwischen erlaubten und sittenwidrigen Sicherungsübereignungen nur nach der "Gesamtheit der sorgfältig zu ermittelnden Umstände des Einzelfalls" bestimmt werden könne. Man wird die zuvor erfolgte Bildung von Tatbeständen sittenwidriger Schädigung im Rahmen von Sicherungsgeschäften, auf die das Gericht auch in den späteren Entscheidungen ausdrücklich hinweist, deshalb nur als erste Konkretisierung der Generalklausel des § 826 durch Bildung einzelner Verbotstatbestände verstehen können, innerhalb derer dann die Umstände des jeweiligen Einzelfalls Bedeutung erlangen 37 . b) Im übrigen hat zwar auch die Rspr. des BGH38 zwischenzeitlich für einzelne Bereiche abstrakte Sittenwidrigkeitstatbestände entwickelt, indem sie ursprünglich der Gruppe der Umstandssittenwidrigkeit zugehörige Tatbestände praktisch in solche der Inhaltssittenwidrigkeit umgeformt hat. Abgesehen von diesen Sonderfällen ist es aber charakteristisch für die Generalklausel des § 138 Abs.1, daß sie die Unwirksamkeit auch lediglich im konkreten Einzelfall sittenwidriger Verträge begründet und damit den Aspekt der Rechtssicherheit bewußt verdrängt; dadurch unterscheidet sie sich von den im Vorfeld der Sittenwidrigkeit eingreifenden Fällen der Vertragskontrolle bei typischerweise fehlender Richtigkeitsgewähr des Vertrags 39 . Dieser Unterschied beruht auf dem Eliminations- und Abschreckungszweck der Vorschrift des § 138, wonach die Geltung von für die Rechtsgemeinschaft unerträglichen Rechtsgeschäften verhindert und jedermann vom Versuch abgehalten werden soll, ein solches Rechtsgeschäft abzuschließen 40 • Der Generalklausel liegt somit die Wertung zugrunde, daß der aus der Anerkennung eines sittenwidrigen Rechtsgeschäfts folgende Schaden für die Rechtsordnung den aus der teilweisen Preisgabe der Rechtssicherheit resultierenden Schaden selbst dann übersteigt, wenn nur ein 36 RGZ 143, 48, 52; RG HRR 1935 Nr.1306 ("Es wäre verfehlt, den Tatbestand des § 826 in streng getrennte, dem Strafrecht ähnl, den Ausführ. jenes Urt. entnommene Tatbestände zu zerlegen, dann deren Anwendbarkeit und diej. des § 826 überhaupt zu verneinen. In solchem Sinne ist die Aufzähl. im Urt. v. 9.4.32 nicht zu verstehen. Jenen ""Tatbeständen"" kann keine selbst. Bedeutung zukommen. Das Verhalten eines Sicherungsnehmers ist unter dem Gesichtspunkt des § 826 immer als ganzes und einheitlich zu betrachten, nachdem die Umstände des einzelnen Falles, wie hier geschehen, sorgfältig ermittelt sind. Jene Aufzählung sollte nur die Hauptfälle anschaulich herausheben und kennzeichnen, sie sollte nicht erschöpfend sein."). 37 Vgl. auch Serick, Bd. III, § 30 II 1 c, S. 21 f, § 30 IV 1, S. 39f(die Untersuchung wird dadurch erleichtert, daß sie bei typischen Anhaltspunkten ansetzen kann). 38 Zu nennen sind etwa die Tatbestände der Globalzession (endgültige Ausformung durch BGHZ 72, 308ft) sowie des wucherähnlichen Ratenkreditvertrags (vgl. dazu BGH ZIP 1990, 499 und 1988, 630,jew. m.w.Nachw.). Vgl. auch BGH NJW 1969, 318, 320, wo bereits offen gelassen wird, ob allein aufgrund des Inhalts der uneingeschränkten Globalzession deren Sittenwidrigkeit anzunehmen ist. 39 Vgl. dazu oben unter § 5 11 2 b. 40 MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.1; vgl. auch Soergel( Hefermehl, § 138 Rdn.1; Serick, Bd. III, § 31 12, S. 103 (Fundament unserer Rechtsordnung, das niemand antasten darf und jedermann achten muß).
10 Habersack
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einzelnes Rechtsgeschäft betroffen ist. Begrenzt wird die Beeinträchtigung der Rechtssicherheit durch die hohe Eingriffsschwelle des § 138, dem es nicht um die Eliminierung lediglich unrichtiger, weil unbilliger Rechtsgeschäfte geht, der vielmehr erst bei Unerträglichkeit der jeweiligen Vereinbarung eingreift.
11. Rechtsgeschäfte zwischen Mehrheitsgesellschafter und Gesellschaft 1. Die Problematik der verdeckten Gewinnausschüttungen als eine solche des Schutzes Dritter
a) Einen spezifischen Drittbezug weist die Problematik der verdeckten Gewinnausschüttung auf. Deren Tatbestand kann dahingehend umschrieben werden, daß einzelnen oder auch allen Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft außerhalb der förmlichen Gewinnverteilung nach § 29 GmbHG bzw. §§ 172 ff AktG Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen ohne äquivalente Gegenleistung und aufgrund der Gesellschafterstellung (causa societatis) gewährt werden 41 • Regelmäßig erfolgt die Zuwendung unter dem Deckmantel eines UmsatzgeschäJts zwischen Gesellschaft und Gesellschafter bzw. nahestehendem Dritten; doch sind auch andere Formen denkbar 42 , die hier allerdings vernachlässigt werden können. b) Die Problematik der verdeckten Gewinnausschüttung beruht regelmäßig auf dem durch die Mehrheitsbeteiligung vermittelten Einfluß des Mehrheitsgesellschafters auf die Gesellschaft bzw. deren Verwaltung und dem dadurch bedingten Versagen des Vertragsmechanismus 43 • Sowohl bei Rechtsgeschäften mit außenstehenden Dritten als auch bei solchen mit Gesellschaftern ohne wesentliche Beteiligung läßt sich die Verwaltung der Gesellschaft typischerweise vom Gesellschaftsinteresse leiten. Dadurch entsteht ein Interessengegensatz, der die Vertragsparteien zwangsläufig zu einem richtigen Vertragsinhalt führt 44 • Eine Inhaltskontrolle des Vertrags ist nach dem oben unter § 5 III Gesagten nicht statthaft. Anders liegt es dagegen, wenn der M ehrheitsgesellschaJter den Abschluß eines Vertrages wünscht. Ein Abschleifen gegensätzlicher Interessen findet ebensowenig statt wie in dem Fall, daß der herrschende Mehrheitsgesellschafter selbst zum Geschäftsführer bzw. Vorstand der Gesellschaft bestellt ist. Dies beruht auf der persönlichen (mittelbaren) Abhängigkeit des Vorstands bzw. der Geschäfts41 BaumbachjHueckj G.Hueck, GmbHG, § 29 Rdn.68. Eingehende Darstellung der Problematik und des Meinungsstands bei ].Hager, ZGR 1989,71 ffund Tries, Verdeckte Gewinnausschüttungen im GmbH-Recht, passim. 42 Vgl. die Zusammenstellung bei BaumbachjHueckj G.Hueck, GmbHG, § 29 Rdn.69. 43 Vgl. Mestmäcker, JZ 1964,446; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 II 2 a, S. 428f. 44 Vgl. näher dazu oben unter § 5. Ein im Einzelfall unrichtiger Vertrag ist danach aus Gründen der Rechtssicherheit hinzunehmen und rechtfertigt keine Kontrolle aller Verträge auf deren Angemessenheit.
II. Rechtsgeschäfte des Mehrheitsgesellschafters
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führer von der Gesellschaftermehrheit gern. §§ 84, 101 AktG bzw. § 46 Nr. 5 GmbHG. Die dem Mehrheitsgesellschafter danach faktisch zukommende Weisungsmacht hat zur Folge, daß die Verwaltung regelmäßig dem vom Gesellschafter gewünschten Vertragsinhalt vorbehaltslos zustimmt. Dem Vertrag fehlt somit typischerweise die Richtigkeitsgewähr, so daß eine Kontrolle seines Inhalts geboten ist. c) Die gebotene Reaktion der Rechtsordnung auf die durch die gestörte Vertragsparität bedingte, typischerweise fehlende Richtigkeitsgewähr dieser Verträge besteht in der Kontrolle des Verhältnisses der beiderseitigen Leistungen anhand des Maßstabs eines hypothetischen Drittgeschäfts. Zu fragen ist, ob die Gesellschaft das Rechtsgeschäft unter sonst gleichen Umständen bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters mit einem gesellschaftsfremden Dritten ebenfalls geschlossen hätte 45 • Der Zweck dieser Kontrolle besteht aber nicht allein oder auch nur primär im Schutz der Gesellschaft vor Vermögenseinbußen 46 • Im Vordergrund steht vielmehr -mit unterschiedlicher Gewichtung innerhalb der einzelnen Gesellschaftsformen- der durch die einseitige Gestaltungsmacht des herrschenden Gesellschafters veranlaßte Schutz der Gesellschaftsgläubiger 47 und Mitgesellschafter#! . Besonders stark ausgeprägt ist der Schutz der Gläubiger gegen verdeckte Gewinnausschüttungen im Aktienrecht, wo das gesamte Gesellschaftsvermögen der gesetzlichen Vermögensbindung unterliegt und an die Aktionäre gern. § 58 Abs. 5 AktG nur der förmlich festgestellte Bilanzgewinn verteilt werden darf. Danach verstößt also jede verdeckte Gewinnausschüttung gegen das Gebot der Kapitalerhaltung und demzufolge gegen die aktienrechtlich geschützten Interessen der Gesellschaftsgläubiger 49 • Handelt es sich überdies um einen Sondervorteil des Begünstigten, so ist zugleich das Interesse der Mitgesellschafter an Gleichbehandlung tangiert 50 ,ohne daß daraus jedoch weitergehende Rechtsfol45 So die an die Rspr. des BFH angelehnte h.M., vgl. etwa Baumbach/ Hueck/ G.Hueck, GmbHG, § 29 Rdn.70; Lutter, in: Kölner Kommentar z. AktG, § 57 Rdn.15; Scholz/ H.P. Westermannn, GmbHG,§ 30 Rdn.18; M.Winter, ZHR 148 (1984), 584ff,jew. m.w.Nachw. 46 Vgl. die Nachw. in Fn. 47 bis 50; dagegen sieht Flurne, AT I 2, § 8 IV 2 a, S. 286 den unmittelbaren Zweck der Vermögensbindung und damit des Verbots verdeckter Gewinnausschüttungen in dem Schutz der Eigenständigkeit der juristischen Person. 47 Zur unmittelbar gläubigerschützenden Funktion des Grund- bzw. Stammkapitals vgl. nur Lutter, Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, S. 50 (Garantiefunktion sei allgemein anerkannt); K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 11 2 b, S. 419; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 10 IV 1 b, S. 556ff, jew. m.w.Nachw. 48 Ein Schutzbedürfnis der Mitgesellschafter entfällt bei Partizipation aller Gesellschafter an der verdeckten Ausschüttung entsprechend der jeweiligen Beteiligung, aber auch bei Sanktionierung der einseitigen Gewinnausschüttung durch einen einstimmigen Beschluß, vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §29 Rdn.47. 49 Zum Schutz der Gläubiger durch § 58 Abs.5 AktG vgl. nur Lutter, in: Kölner Kommentar z. AktG, § 57 Rdn.2; Hefermehl/ Bungeroth, in: Geßler/ Hefermehl/ Eckardt/Kropff, AktG, § 57 Rdn.4, jew. m.w.Nachw.
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§ 14 Anerkannte Fälle eines Drittschutzes
gen abgeleitet werden könnten. Das GmbH-Recht dagegen schützt durch § 30 GmbHG die Gesellschaftsgläubiger ausschließlich gegen - verdeckte oder offene - Zuwendungen, durch die eine Unterbilanz herbeigeführt oder verstärkt wird 51. Im Vorfeld des § 30 GmbHG können jedoch die Interessen der Mitgesellschafter die Kontrolle des Vertrags und gegebenenfalls das Eingreifen entsprechender Ausgleichssanktionen zur Folge haben 52. 2. Folgerungen for die allgemeine Fragestellung Durch den beherrschenden Einfluß ist die Selbstbestimmung der Gesellschaft und damit die Richtigkeitsgewähr der Willens bildung innerhalb der Gesellschaft beeinträchtigt 53 . Die fehlende Richtigkeitsgewähr der Umsatzgeschäfte der Gesellschaft mit dem herrschenden Gesellschafter ist demnach nur eine besondere Ausprägung der insgesamt fehlenden Richtigkeitsgewähr der Willensbildung der Gesellschaft. Im Verhältnis zu den Gläubigern S4 der Gesellschaft äußert sich diese in der Gefahr einer Aushöhlung des garantierten Haftungsfonds. Dieser "tritt als gesetzliche Sicherung ordentlichen Geschäftsgebarens an die Stelle der normalen Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten, die von der natürlichen Person in Anbetracht ihrer unbeschränkten Haftung zu erwarten ist"55. Aus dem vorstehend Gesagten ergibt sich aber, daß ein ordentliches Geschäftsgebaren der Kapitalgesellschaft allein infolge der Überlagerung des Eigeninteresses der Gesellschaft durch das Fremdinteresse des mit faktischer Weisungsmacht ausgestatteten Mehrheitsgesellschafters in Frage gestellt wird. Dies wiederum führt zu der Frage, ob die Rechtsordnung nicht auch in anderen Fällen, in denen ein "ordentliches Geschäftsgebaren" infolge typischerweise gestörter Vertragsparität nicht gewährleistet ist, zum Schutze der Interessen unbeteiligter Dritter in die Vertragsfreiheit einzugreifen hat. 50 Vgl. dazu allgemein Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 811 2, S. 427ff m.w.Nachw. Zum Zusammenhang des Gebots der Gleichbehandlung der Gesellschafter mit der Wahrung der Zuständigkeitsordnung innerhalb der Gesellschaft vgl. zutr. J.Hager, ZGR 1989, 77ff. 51 Ganz h.M., vgl. Baumbach/Hueck/G.Hueck, GmbHG, §30 Rdn.15; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 29 Rdn.47; K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 37 III 1 d, S. 942; Scholz/ H.P. Westermann, GmbHG, § 30 Rdn.3; M.Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, § 13 11 1, S. 222. A.A. Wilhelm, FS Flume 11, S. 359ff; dagegen aber zutr. Joost, ZHR 149 (1985), 437ff; Schulze-Osterloh, FS Stimpel, S. 491. 52 Vgl. zu den Rechtsfolgen verdeckter Gewinnausschüttungen umfassend Tries, Verdeckte Gewinnausschüttungen im GmbH-Recht, S. 220 ff; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, § 13 III, S.226ff, jew. m.w.Nachw. - Zur Möglichkeit des Verzichts der Mitgesellschafter auf diesen Schutz vgl. Nachw. in Fn. 48. 53 Vgl. K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 17 I 1, S. 400f. 54 Der Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung der Gesellschafter beruht auf der gemeinsamen Mitgliedschaft und bezeichnet die Grenzen der Mehrheitsherrschaft (vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 11 2 a, S. 4281), ist also im Hinblick auf die allgemeine Problematik des Drittschutzes nicht weiterführend. 55 Wilhelm, FS Flume 11, S. 363.
III. Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung
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111. Ausnutzung einer marktbeherrschenden oder marktstarken Stellung 1. § 26 Abs. 2 GWB im System der Privatautonomie Die Bestimmungen des § 26 Abs.2 S. 1 und 2 GWB enthalten Diskriminierungs- und Behinderungsverbote zu Lasten solcher Unternehmen, die keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt sind und deshalb über eine besondere Machtstellung verfügen. Angesichts der durch diese Machtstellung vermittelten Verhaltensspielräume werden den Adressaten des § 26 Abs.2 GWB besondere Verhaltensanforderungen auferlegt, um sie unter anderem durch Einschränkung ihrer Vertrags- und Gestaltungsfreiheit in die Wettbewerbsordnung zu integrieren 56. Die Vorschrift des § 26 Abs.2 GWB kompensiert somit die mit der Machtstellung verbundene Lähmung des Entmachtungsinstruments Wettbewerb und schafft dadurch die Voraussetzungen für die andernfalls typischerweise fehlende Richtigkeitsgewähr des Vertrags, indem sie es dem markt starken Unternehmen untersagt, andere Unternehmen unbillig zu behindern oder gegenüber gleichartigen Unternehmen unmittelbar oder mittelbar zu diskriminieren 57 •
2. Das Verhältnis zwischen Behinderung und Diskriminierung Während das Verbot der Behinderung primär den Schutz der Wettbewerber des Verbotsadressaten bezweckt, ist das Diskriminierungsverbot auf den Schutz des abhängigen Unternehmens gerichtet 58 • Doch ist das abhängige Unternehmen nicht auf den Schutz vor sachlich nicht gerechtfertigter Ungleichbehandlung beschränkt; vielmehr kann es sich auch auf das Behinderungsverbot berufen, was namentlich dann von Bedeutung ist, wenn das markt starke Unternehmen alle von ihm abhängigen Unternehmen gleichmäßig behindert 59 . Darüber hinaus bestehen zwischen dem Verbot der Behinderung und demjenigen der Diskriminierung enge Wirkungszusammenhänge 60 • So wird zunächst das abhängige Unternehmen als Folge der Diskriminierung zugleich im Verhältnis 56 Vgl. nur Mestmäcker, AcP 168 (1968), 252; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.619. Näher zum Zusammenhang zwischen Wettbewerb und Vertragsfreiheit oben unter § 6 II 3 b. 57 Zur Erstreckung des Verbots der Behinderung von Wettbewerbern auf die Nonnadressaten des § 26 Abs.2 S. 2 GWB vgl. BGH WuW jE BGH 1829, 1832; KG WuW jE OLG 2247, 2249; BKartA WuW jE BKartA 1781,1784; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.628; a.A. Ulmer, WuW 1978, 338; ders., WuW 1980,486. 58 Vgl. nur Langen j Niederleithinger j Ritter j Schmidt, Kartellgesetz, § 26 Rdn.156; ImmengajMestmäcker j Markert, GWB, § 26 Rdn.182, jew. m.w.Nachw. 59 Vgl. etwa BGH NJW 1973, 280, 281; BKartA WuWjE BKartA 1781, 1784; ImmengajMestmäckerj Markert, GWB, § 26 Rdn.182. 60 Vgl. etwa BGH WuW jE BGH 1027, 1031; Emmerich, AG 1976, 96; ders., Kartellrecht, § 19.2, 6, S.285f, 302; ImmengajMestmäcker j Markert, GWB, § 26 Rdn.182; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.646.
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zu den bevorzugten Unternehmen behindert. Darüber hinaus werden die Wettbewerber des Verbotsadressaten regelmäßig durch die Behinderung 61 des abhängigen Unternehmens, unter Umständen auch durch dessen Diskriminierung, ebenfalls - mittelbar - behindert und deshalb ausdrücklich durch § 26 Abs.2 GWB - unmittelbar - geschützt. Die gestörte Vertragsparität zwischen dem marktbeherrschenden bzw. marktstarken und dem abhängigen Unternehmen kann danach also einen Schadensersatz- und Unterlassungsanspruch eines dritten Unternehmens zur Folge haben, der allerdings im Falle des § 26 Abs.2 S. 2 GWB lediglich einem vom Verbotsadressaten ebenfalls abhängigen Unternehmen zusteht. Über diesen unmittelbaren Schutz der Wettbewerber des Verbotsadressaten hinaus weist die Vorschrift des § 26 Abs.2 GWB insofern einen generellen Drittbezug auf, als sie verhindern will, daß "bestehende Marktungleichgewichte sich auf Zweit- oder Drittmärkte fortpflanzen und ... die wettbewerbliche Leistungsfähigkeit der auf diesen Stufen tätigen U nternehmen gefährden" 62 • 3. Der Kreis der zu berücksichtigenden Interessen
Nicht zuletzt die genannten Zusammenhänge zwischen den beiden Verbotstatbeständen haben dazu geführt, daß sowohl die Unbilligkeit der Behinderung als auch das Fehlen eines sachlich gerechtfertigten Grundes für die unterschiedliche Behandlung nach heute ständiger Praxis 63 anhand des gleichen Maßstabs ermittelt werden. Entscheidend ist eine Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB. Für vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung ist, daß unter den Begriff des Beteiligten nicht nur Verbotsadressat und abhängiges bzw. behindertes Unternehmen fallen. Vielmehr sind auch solche Dritte als Beteiligte anzusehen, die durch die in Frage stehende Verhaltensweise unausweichlich betroffen werden 64 • Dies beruht darauf, daß durch das Diskriminie61 Vgl. besonders anschaulich BGH WuW jE BGH 1829, 1831 f, und KG WuW jE OLG 2247, 2249tT, wo die Behinderung der VAG-Betriebe durch die von VW auferlegte Ersatzteilbezugsbindung eine Behinderung der Wettbewerber von VW (Ersatzteilhersteller und Ersatzteilgroßhändler) bewirkte. - Zur Problematik der Nachfragemacht vgl. im Zusammenhang mit dem Schutz der Wettbewerber des marktstarken Nachfragers Emmerich, Kartellrecht, § 19.8 i, S. 317tTm.w.Nachw. 62 Ulmer, BB 1975, 662 m.w.Nachw.; so auch Benisch, in: Gemeinschaftskommentar GWB, § 26 Abs.2 und 3 Rdn.6. 63 Vgl. aus der Rspr. grundlegend BGHZ 38, 90, 102; ferner BGHZ 52, 65, 71; BGH ZIP 1989,939,941 f; aus dem Schrifttum Benisch, in: Gemeinschaftskommentar GWB, § 26 Abs.2 und 3 Rdn.76, 85, Emmerich, Kartellrecht, § 19 6 b, S. 303 tT; Immenga j Mestmäcker j M arkert, GWB, § 26 Rdn.196; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.649, 655, jew. m.w.Nachw. (auch zu Alternativkonzeptionen). Zur Frage, ob § 26 Abs.2 GWB eine "gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise" zuläßt oder auf die Abwägung von Individualinteressen beschränkt ist, vgl. Joerges, Verbraucherschutz als Rechtsproblem, S. 116 tT m.Nachw. zur uneinheitlichen Rspr. - Zu Unterschieden bezüglich der Darlegungs- und Beweislast vgl. Möschel, aaO Rdn.646.
IV. Zusammenfassende Bewertung
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rungs- und Behinderungsverbot die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit aller Dritten im Einflußbereich des mächtigen Unternehmens geschützt werden soll 65 • Bedeutung erlangt dies namentlich in dem Fall, daß die Behinderung des abhängigen Unternehmens gleichzeitig die Wettbewerber des Verbotsadressaten behindert. Zugunsten des abhängigen Unternehmens werden dann die Interessen der Wettbewerber des marktstarken Unternehmens - ungeachtet von deren Möglichkeit einer eigenen klagweisen Geltendmachung 66 - mit berücksichtigt, die dementsprechend zusammen mit den Interessen des klagenden Unternehmens zur Unbilligkeit des Verhaltens führen können 67 • IV. Zusammenfassende Bewertung Die Ausführungen haben ergeben, daß in allen geschilderten Fällen gestörter Vertragsparität die Rechtsordnung zum Schutz nicht nur des unterlegenen Vertragspartners, sondern auch der davon zwangsläufig betroffenen Dritten korrigierend in die vertraglichen Regelungen eingreift. Dabei weist die Vorschrift des § 138 die Besonderheit auf, daß sie auch die nur im Einzelfall bestehende Imparität erfaßt und damit bewußt den Gesichtspunkt der Rechtssicherheit verdrängt, was allerdings durch die hohen Anforderungen an den Tatbestand der Sittenwidrigkeit kompensiert wird. Den Fällen der verdeckten Gewinnausschüttung an Mehrheitsgesellschafter liegt dagegen eine typischerweise gestörte Vertragsparität zugrunde, die zum Anlaß für eine Kontrolle des regelmäßig noch nicht sittenwidrigen 68 Rechtsgeschäfts genommen wird. Die Inhaltskontrolle dient unter anderem dem Schutz der infolge der fehlenden Parität der Vertragsparteien beeinträchtigten Interessen der Mitgesellschafter und - mit Einschränkungen im GmbH-Recht - derjenigen der Gesellschaftsgläubiger. Die Vorschrift des § 26 Abs.2 GWB schließlich knüpft ebenfalls an einen Tatbestand typischerweise fehlender Richtigkeitsgewähr des Vertrags an und gewährt unter bestimmten Voraussetzungen den lediglich mittelbar behinderten Konkurrenten des Verbotsadressaten einen eigenen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch. Darüber hinaus sind innerhalb der zwischen Verbots64 Emmerich, Kartellrecht, § 19.6, S. 304; Immengaj Mestmäcker j Markert, GWB, § 26 Rdn.197; M öschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.651; einsehr. Benisch, in: Gemeinschaftskommentar GWB, § 26 Abs.2 und 3 Rdn.76 (Belange und Wünsche, welche die Kunden der Parteien an diese richten). Zu Nachw. aus der Rspr. vgl. Fn.67. 65 Emmerich, Kartellrecht, § 19.2, S. 285. 66 Vgl. oben unter 2. 67 KG WuW jE OLG2247, 2249f, 2255; vgl. auchBGH WuW jEBGH 1783, 1785f.Zwar hat die Rspr. auch zugunsten des Verbotsadressaten die Interessen Dritter an der Aufrechterhaltung der fraglichen Maßnahme berücksichtigt, vgl. BGHZ 52, 65, 72; da jedoch das Merkmal der Behinderung nicht subjektiv aus der Sicht des behinderten oder diskriminierten Unternehmens, sondern objektiv aus der Sicht der Freiheit des Wettbewerbs zu beurteilen ist (BGH WuW jE BGH 863, 869 und 1829, 1831), handelt es sich dabei um eng begrenzte Ausnahmefalle. 68 Vgl. dazu näher unten unter § 15.
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§ 14 Anerkannte Fälle eines Drittschutzes
adressat und abhängigem Unternehmen vorzunehmenden Interessenabwägung zugunsten des abhängigen Unternehmens die Interessen der ebenfalls behinderten Wettbewerber des marktstarken Unternehmens zu berücksichtigen. Allen genannten 69 Fällen ist somit gemeinsam, daß das durch die gestörte Vertragsparität bedingte Versagen des Vertragsmechanismus eine rechtlich relevante Beeinträchtigung von Drittinteressen und dementsprechend einen unmittelbaren Schutz der betroffenen Dritten zur Folge haben kann.
69 Zum Drittschutz durch die Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Publikums-Personengesellschaften vgl. Hille, Inhaltskontrolle S. 53 ff; zum Schutz der Familienangehörigen des Mieters durch § 569 a bereits oben unter § 1 I 1.
§ 15 Das Verhältnis der §§ 9 bis 11 AGBG zu § 138 BGB Wie im einzelnen oben unter § 7 und § 14 aufgezeigt wurde, entspricht es wohl allgemeiner Auffassung, daß innerhalb des § 138 Abs.1 die Interessen Dritter zu beachten sind und - gegebenenfalls zusammen mit den beeinträchtigten Interessen des unterlegenen Vertragspartners - zur Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts führen können 1. Die Berücksichtigung von Drittinteressen innerhalb der §§ 9 bis 11 AGBG wäre von daher indiziert, wenn man mit einer namentlich von Hönn 2 vertretenen Auffassung die Klauselverbote des AGBG als Konkretisierung des § 138 Abs.1 und damit als gesetzlich besonders geregelte Fälle des Verbots sittenwidriger Verträge verstünde. I. Meinungsstand
1. § § 9 -11 AG BG als Konkretisierung des § 138 Abs. 1 BG B a) Grundlage der angedeuteten Auffassung Hönns ist das Bestreben, die Inhaltskontrolle von Verträgen neben zahlreichen 3 anderen Formen der Kompensation gestörter Vertragsparität auf ein allgemeines Prinzip der Rechtsordnung, nämlich das der materiellen Vertragsethik, zurückzuführen und damit einem Verständnis der Inhaltskontrolle und damit auch des AGBG als Sonderprivatrecht4 entgegenzutreten. Die Sittenwidrigkeit des unter Verwendung unangemessener AGB zustande gekommenen Vertrags ergebe sich daraus, daß im Rahmen der nach § 138 Abs.1 vorzunehmenden Gesamtbeurteilung des Rechtsgeschäfts s die Unterlegenheit des Betroffenen als zusätzliches UnrechtsVgl. die Nachw. oben unter § 7 Fn. 2, 3, 14 und 20, § 14 Fn. 8, 9. JZ 1983, 682f; so auch Damm, JZ 1986, 923, dem zufolge zwischen § 9 AGBG und § 138 Abs.1 allein ein Unterschied hinsichtlich des Interessenbezugs, nicht aber hinsichtlich der Intensität des Normverstoßes besteht. Vgl. auch Westhoff, Die Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen, S.90ff, der im Grundsatz eine der Sittenwidrigkeitskontrolle vorgelagerte Inhaltskontrolle arbeitsvertraglicher Vereinbarungen verneint und statt dessen einzelne Regelungen, die von der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte im Rahmen der von ihr praktizierten arbeitsvertraglichen Inhaltskontrolle verworfen werden, für sittenwidrig hält. 3 Vgl. umfassend Hönn, Kompensation, S. 109ff. 4 So namentlich Lieb, AcP 178 (1978), 213ff, der die Inhaitskontrolle zutr. als allgemeines Prinzip der Rechtsordnung bei typischerweise gestörter Vertragsparität und insofern als gegenüber dem Bereich ungestörter Parität gedanklich zu trennendes Sonderprivatrecht begreift. 5 Näher dazu oben unter § 14 I. 1
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§ 15 Das Verhältnis der §§ 9 bis 11 AGBG zu § 138 BGB
element neben die inhaltliche Unangemessenheit der Vertragsbedingungen trete und zur Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts aufgrund von dessen Gesamtumständen führe 6 . Das Zusammenspiel zwischen der durch die Verwendung von AGB begründeten Gefahrensituation und deren Ausnutzung durch den unangemessenen Inhalt der AGB begründe die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts gemäß § 138 Abs.1, der allein durch die speziellen Vorschriften des AGBG verdrängt werde. b) Im Ergebnis übereinstimmend mit Hönn will Rebe 7 zur Sicherung der ökonomischen Funktionen des Wettbewerbs § 138 Abs.1 stets dann anwenden, wenn die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit des Unterlegenen in der Weise beeinträchtigt ist, daß dieser seine von der Wettbewerbsordnung vorausgesetzte Rolle als dezentraler Entscheidungsträger nicht mehr spielen kann. Das Verbot sittenwidriger Verträge wird damit in den Dienst der Funktionsfähigkeit der Privatrechtsordnung gestellt, indem es die Erfüllung der Plan/unktion des privatrechtlichen Vertrags 8 gewährleistet bzw. bei gestörter Entscheidungsfreiheit den unrichtigen Leistungsaustausch und damit eine Verfehlung der ökonomischen Wettbewerbsfunktionen verhindert. Da namentlich der unter Verwendung von AGB geschlossene Vertrag die Planfunktion nicht zu erfüllen vermag, wäre er nach dieser Auffassung vorbehaltlich etwaiger Spezialregelungen nach Art des AGBG gemäß § 138 Abs.l zum Schutz der Integration und Abstimmung ökonomischer Interessen für nichtig zu erklären. 2. Vorverlagerung der Inhaltsschranken
Demgegenüber begreift die ganz h.L. die Inhaltskontrolle im allgemeinen 9 und die Kontrolle von AGB im besonderen 10 als eine dem Verbot sittenwidriger Verträge vorgelagerte, durch eine typischerweise vorhandene Unterlegenheit einer Vertragspartei ausgelöste Wirksamkeitskontrolle. Die Anforderungen an die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts werden durch das AGBG somit gegenüber dem allgemeinen Verbot sittenwidriger Verträge erhöht. Diese Vorstellung war zunächst Grundlage der vor Erlaß des AGBG praktizierten offenen richterliHönn, JZ 1983, 682. In: Privatrecht und Wirtschaftsordnung, insbes. S. 162ff. 8 Dazu näher unten unter § 16 V 2 sowie bereits oben unter § 5 II 3, III 2. 9 Vgl. für das Arbeitsrecht Zöllner, RdA 1989, 152ff mit weit. Nachw., für das Personengesellschaftsrecht Hille, Inhaltskontrolle, S. 78 ff mit weit. Nachw., für die Kontrolle notarieller Verträge Medicus, Zur gerichtlichen Inhaltskontrolle notarieller Verträge, S. 21 fund H.Roth, BB 1987,981 ff. 10 Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, §9 Rdn.32; Flume, FS DJT, S.170; Erman/ Hefermehl, Vor § 145 Rdn.26 b; Erman/H.Hefermehl, Vor §§ 8, 9 AGBG Rdn.5; Kramer, ZHR 146 (1982), 105ff; Larenz, AT, § 3 H, S. 61; Lieb, AcP 178 (1978), 207, 210; ders., DNotZ 1989, 292; Mayer-Maly, AcP 177 (1977), 382; Säcker, Gruppenautonomie, S.201f; Ulmer, DNotZ 1981, 98f; Wiedemann, FS Kummer, S.179; Wolf/ Horn/ Lindacher, AGBG, § 9 Rdn.15; ders., Entscheidungsfreiheit, S. 38f. Zur Rspr. s. sogleich im Text. 6
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I. Meinungsstand
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chen Inhaltskontrolle. So zieht der BGHll erstmals in der grundlegenden Entscheidung vom 29. 10.1956 neben § 138 auch § 242 als Maßstab für die Gültigkeitskontrolle heran, um damit eine Verschärfung der Wirksamkeitsvoraussetzungen zu dokumentieren. Aber auch der Gesetzgeber verstand das AGBG im wesentlichen als Kodifizierung des Richterrechts und demzufolge nicht als Konkretisierung des § 138 Abs.1 12 . 3. Die Monopolrechtsprechung des RG
Die unter 1. geschilderte Auffassung ist von der vom RG13 praktizierten Kontrolle unangemessener AGB nach § 138 Abs.1 abzugrenzen. Danach war es dem Monopolunternehmen untersagt, seine Machtstellung dazu zu mißbrauchen, dem Vertragspartner unbillige und unverhältnismäßige Bedingungen aufzuerlegen. Unwirksam, weil sittenwidrig, waren zwar lediglich unbillige Vertragsbedingungen, doch ergab sich das Sittenwidrigkeitsurteil nicht aufgrund des Inhalts der AGB, sondern aufgrund des Mittels der Durchsetzung derselben 14. Sittenwidrig war die Koppelung der Hauptleistung, auf die der Vertragspartner angewiesen war, mit den unangemessenen Vertragsbedingungen. Wie der Rechtsprechung des Gerichts zur Zulässigkeit der KartelleIS , so lagen auch der reichsgerichtlichen Rechtsprechung zur AGB-Kontrolle eine Reihe von - mittlerweile überwundenen - Prämissen zugrunde l6 , die für das Verständnis unerläßlich sind. Bereits der Gesetzespositivismus und damit das Verbot eines außergesetzlichen Eingriffs in die Vertragsfreiheit standen einer richterlichen Einschränkung der Vertragsfreiheit entgegen. Die genannnten Prinzipien wiederum waren Ausdruck des allgemeinen paläo-liberalen Prinzips, dem Vertragsfreiheit als Wert an sich galt, der - vom Bürgertum gegen den einst übermächtigen Staat erkämpft - bereits durch den formalen Konsens verwirklicht wurde. Eine Vertragskontrolle im Hinblick auf die Verwirklichung von beiderseitiger Selbstbestimmung und Vertragsgerechtigkeit wurde als staatliche Intervention in einen herrschaftsfreien Bereich verstanden. Hinzu kam der Glaube an eine prästabilierte Harmonie, der dazu führte, das wirtschaftliche Geschehen sich selbst zu überlassen; allein dem - in seinem Bestand nicht schutzwürdigen - Wettbewerb kam die Aufgabe zu, die verschiedenen 11 BGHZ 22, 90, 97ff; vgl. des weiteren BGHZ 33, 216, 217; 37, 94, 98; 41,151, 153f. Demgegenüber war es nicht Anliegen dieser Rspr., die Gesamtnichtigkeit des Vertrags zu vermeiden, denn auch unter der Vorherrschaft des § 138 Abs.l gelangte der BGH (vgl. etwa BGHZ 5, 122) zutr. zur Aufrechterhaltung des Restgeschäfts. 12 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 7/3919, S.10, 22. 13 Dazu mit umfangr. Nachw. Baudenbacher, Grundprobleme der AGB, S. 244ff; Fehl, Systematik des Rechts der AGB, S. 52ff; Pflug, Kontrakt und Status, S. 93ff; Raiser, AGB, S. 303ff. 14 Vgl. Baudenbacher, Grundprobleme der AGB, S. 272; Raiser, AGB, S. 283. 15 Dazu Böhm, ORDO 1 (1948), 197ff, sowie aus neuerer Zeit Pflug, Kontrakt und Status, S. 99 ff. 16 Vgl. näher Hart, AGB und Justizsystem, S. 34ff.
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§ 15 Das Verhältnis der §§ 9 bis 11 AGBG zu § 138 BGB
Egoismen in herrschaftsfreier Weise zum Wohle des Ganzen zu steuern. Erst wenn der Wettbewerb diese Aufgabe nicht mehr erfüllen konnte, weil ein Monopolist das Marktgeschehen restlos außer Kraft gesetzt hatte, war der Staat zum Eingriff berechtigt, um den systemwidrigen Zustand zu überbrücken. Auch der Inhalt von AGB war nach dieser Auffassung Gegenstand des Wettbewerbs und wurde von diesem zum Richtigen gelenkt. Das Problem der AGB war somit folgerichtig lediglich eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Monopolproblems.
11. Stellungnahme 1. Die erwähnte Entscheidungspraxis des RG zeigt deutlich, daß die durch die Rechtsprechung des BGH eingeleitete, heute im AGBG kodifizierte Kontrolle des Inhalts von AGB im wesentlichen auf der Erkenntnis beruht, daß Vertrag und Wettbewerb unter staatlicher Verantwortung stehende Institute sind, die den Rechtssubjekten zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden 17 . Dem Gesetzgeber des BGB waren solche Vorstellungen fremd. Erst die grundlegenden Arbeiten von Franz Böhm 18 , Ludwig Raiser 19 und Walter Schmidt-Rimpler 20 legten die Grundsteine für das heute im Grundsatz allgemein anerkannte funktionalistische Verständnis von Vertrag und Wettbewerb sowie die daraus abzuleitenden immanenten Schranken der Vertragsfreiheit. Deren Kennzeichen ist, daß sie mit dem ZurverfügungsteIlen des Instituts untrennbar verbunden sind und demnach keiner ausdrücklichen gesetzlichen Fixierung bedürfen. Erfolgt gleichwohl eine Kodifizierung der immanenten Schranken der Vertragsfreiheit, so geschieht dies regelmäßig im Interesse der Konkretisierung der Schranken und damit der Rechtssicherheit. Es ist darüber hinaus auch unbedenklich, ja sogar wünschenswert 21 , immanente Schranken namentlich der Vertragsfreiheit unter bereits vorhandene gesetzliche Regelungen einzuordnen, sofern deren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. So konnte in Österreich in der Tat eine Inhaltskontrolle Von AGB auf der Grundlage des Verbots sittenwidriger Verträge nach § 879 Abs.1 ABGB durchgeführt werden, da dieses Verbot seit jeher in einem weiteren Sinn verstanden wurde als die entsprechende Vorschrift des § 138 Abs.1 BGB22. Mit der 1979 erfolgten Einführung der Vorschrift des § 879 Abs.3 ABGB war keine Verschärfung der Inhaltsschranken, sondern lediglich eine KlarsteIlung des bereits geltenden Rechts verbunden 23 . 17 Näher zu den Vertrags- und Wettbewerbsfunktionen oben unter § 5; vgl. auch das unten unter § 16 V 2 wiedergegebene Zitat aus der Begr. des RegE zum AGBG. 18 Wettbewerb und Monopolkampf. 19 AGB. 20 AcP 147 (1941), 130ff. 21 Zu erwähnen ist die vor Erlaß des AGBG heftig umstrittene Frage nach der "richtigen" Rechtsgrundlage für die richterliche Inhaltskontrolle, vgl. dazu Emmerich, JuS 1972, 366 ff. 22 Vgl. Bydlinski, FS Kastner, S. 62ff; ders., FS Meier-Hayoz, S. 65ff; ders., Privatautonomie, S. 214 f; Schuler, Über Grund und Grenzen der Geltung von AGB, S. 146f.
II. Stellungnahme
157
Demgegenüber ist es auch heute noch Funktion der Generalklausel des § 138 Abs.1, die Geltung von für die Rechtsgemeinschaft unerträglichen Rechtsgeschäften zu verhindern, und - im Zusammenspiel mit § 817 S. 2 - vor dem Abschluß solcher Rechtsgeschäfte abzuschrecken24-. Dagegen ist es nicht Aufgabe der Vorschrift, für eine Abstimmung des Privatrechts mit einem funktionsfähigen Wettbewerbsmechanismus zu sorgen. Vielmehr ist der Gesetzgeber aufgerufen, durch Erlaß von Sondergesetzen die Verwirklichung der Planfunktion des Einzelvertrags zu sichern, wenn das freie Spiel der Kräfte insoweit zu Fehlentwicklungen führen würde. Die daraufhin erlassenen Gesetze erlangen eine wirtschaftsrechtliche Dimension, indem sie - etwa durch Gewährung von Widerrufsrechten 25 oder durch die Kontrolle des typischerweise unkontrolliert hingenommenen Inhalts von AGB - die optimale Ausübung des Schiedsrichteramtes durch den Konsumenten sichern, nicht aber das Rechtsgeschäft von dem Vorwurf der Sittenwidrigkeit befreien sollen 26 . 2. Aber auch im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander erfüllt die Einbeziehung unangemessener AGB entgegen der Auffassung Hönns grundsätzlich nicht die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift des § 138 Abs.1. Wie beispielsweise die Rechtsprechung zur Freizeichnung für einfache Fahrlässigkeit 27 einerseits, die Vorschrift des § 276 Abs.2 andererseits zeigen, ist der Inhalt eines unter Verwendung einer enstprechenden Klausel geschlossenen Vertrags als solcher regelmäßig unbedenklich. Auch die nach Inhalt, Beweggrund und Zweck vorzunehmende Gesamtbeurteilung des Vertrags vermag dessen Sittenwidrigkeit nicht zu begründen. Die Vereinheitlichung des Vertragsabschlusses sowie der Vertragsabwicklung trägt einem berechtigten Rationalisierungsinteresse des Verwenders Rechnung, welches seinerseits den Kunden, der den Vertrag in Unkenntnis vom Inhalt der AGB schließt, vom andernfalls zu erhebenden Vorwurf der Selbstveranwortung entlastet. Der Verwender ist nicht gezwungen, seinen Wunsch nach Einbeziehung der AGB durch den Einsatz von Machtmitteln zu verwirklichen. Vielmehr ist es die - wirtschaftlich vernünftige - Gleichgültigkeit des Kunden, die ein Abschleifen der gegensätzlichen Interessen verhindert 28 • Keine Rechtsordnung kann auf Dauer die permanente 23 Bydlinski, FS Meier-Hayoz S. 75: "Der Eigenwert der neuen Generalklausel beschränkt sich also m.E. darauf, auch für den Unkundigen, d. h. für den Nichtkenner der Judikatur, vollkommen evident zu machen, dass allgemeine Geschäftsbedingungen einer besonderen Inhaltsprüfung zu unterziehen sind". 24 MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.1 f; ferner Jauemig, BGB, § 138 Anm.2 a; von Tuhr, AT II 2, § 70 I, S. 24. 2S Vgl. etwa § 7 VerbrKrG, § 1 HausTWG, § 4 FernUSG. 26 So auch Soergelj Hefermehl, § 138 Rdn.7; Soergelj Hönn, § 826 Rdn.18. - Dagegen hätte der Schutz des Bestands des Wettbewerbs als grundlegendes Ordnungsprinzip der Rechtsordnung sehr wohl über das Verbot sittenwidriger Verträge verwirklicht werden können, vgl. oben unter § 6 II 3 b Fn. 65. 27 Vgl. dazu UlmerjBrandner j Hensen, AGBG, § 11 Nr.7 Rdn.23 ff (nichtkaufmännischer Verkehr); Schlosser, in: RWS-Forum 2, S. 121 fT (kaufmännischer Verkehr). 28 Vgl. näher oben unter § 11 II 3, 4.
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§ 15 Das Verhältnis der §§ 9 bis 11 AGBG zu § 138 BGB
Verfehlung der Gerechtigkeit infolge des Versagens des Vertragsmechanismus hinnehmen. Allerdings war und ist die Herstellung materieller Vertragsethik nicht Aufgabe des § 138, dem allein eine negative, auf Eliminierung unerträglicher Rechtsgeschäfte gerichtete Funktion zukommt. Materielle Vertragsethik, die in einer freiheitlichen Rechtsordnung ohnehin nur bedeuten kann, beiden Vertragsparteien die Möglichkeit zu einem gerechten Vertragsschluß zu sichern, wird verwirklicht durch die lange Zeit vernachlässigte Frage nach dem Vorliegen der Funktionsvoraussetzungen des Vertragsmechanismus 29 • Im Gegensatz zu dem Verbot sittenwidriger Verträge geht es dabei nicht um die Wahrung des rechtsethischen Minimums, sondern um den Versuch, die Möglichkeit eines optimalen Interessenausgleichs herzustellen. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Vorschrift des § 9 Abs.2 AGBG. Wenn die fragliche AGB-Bestimmung danach der Inhaltskontrolle standhält, so bedeutet dies, daß sie mit dem Leitbild des dispositiven Gesetzesrechts in Einklang steht. Da die Grenzen zwischen Rationalisierung und Risikoverlagerung fließend sind, kann bereits das Hinzutreten von im Rahmen des § 138 Abs.1 unbeachtlichen Umständen zur Unangemessenheit der fraglichen Klausel führen. Hinzuweisen ist des weiteren auf die Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des BGH zur Unwirksamkeit "formelhafter" Gewährleistungsausschlüsse in notariell beurkundeten Verträgen über die Veräußerung und Bebauung von Grundstücken 30 . Nachdem der Senat 31 zunächst versucht hatte, die von ihm durchgeführte Inhaltskontrolle in das herkömmliche System der AGB-Kontrolle einzuordnen, stützt er diese mittlerweile zwar - unter Hinweis auf den nicht abschließenden Charakter des AGBG - auf § 242 32 • Im Hinblick auf die Kontrollintensität ist damit aber eine sachliche Differenzierung nicht verbunden. Konsequenterweise sieht deshalb Hönn 33 die Grundlage dieser bedenklichen 34 Rechtsprechung ebenfalls in der Vorschrift des § 138 Abs.1. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß sich die genannten Verträge durch einen völlig unbedenklichen, vom Gesetzgeber durch die Vorschriften des § 313 S. 1 und des BeurkG sogar einem besonderen Schutzmechanismus unterstellten Entstehungstatbestand auszeichnen. Der Verkäufer, dem die Freizeichnung zugute kommt, nimmt nämlich im Gegensatz zum Verwender von AGB ein Rationalisierungsinteresse nicht in Anspruch. Auch der das Vertragsformular entwerfende Notar So auch Martens, AcP 177 (1977),173. Aus neuerer Zeit etwa BGHZ 101, 350 = NJW 1988, 135; BGH BB 1989, 1506; vgl. dazu auch die Literaturnachw. in Fn. 9. Gegen eine Ausweitung der Inhaltskontrolle auf sonstige Bestimmungen in notariellen Kaufverträgen jetzt aber der V. Zivilsenat des BGH in BB 1991,293. 31 BGHZ 74, 204, 209ff; BGH NJW 1982, 2243, 2244 (Gleichstellung desjenigen, der sich die vorformulierte Freizeichnung einseitig zunutze macht, mit demjenigen, der das Formular selbst verwendet). 32 BGH NJW 1984, 2094f; ferner die Nachw. in Fn. 30. 33 In: JZ 1983, 685ff. 34 Vgl. i.e. HabersaCK, AcP 189 (1989), 403 ff (416ft). 29
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11. Stellungnahme
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hat meist keine Veranlassung, eine Vertragspartei zu übervorteilen; seine unparteiische Stellung wird sogar durch die schadensersatzbewehrte Belehrungspflicht nach § 17 BeurkG sowie die Neutralitätspflicht nach § 14 Abs.1 S. 2 BNotO rechtlich abgesichert und verstärkt. Da auch die Vorformulierung für sich allein keinen relevanten Bewertungsfaktor darstellt 35 , kann sich die Sittenwidrigkeit der genannten Verträge nur aus deren Inhalt ergeben. Dieser ist aber allenfalls unangemessen und keinesfalls sittenwidrig, wie schon § 476 zeigt. Die unterschiedliche Zielsetzung zwischen § 9 AGBG einerseits, § 138 andererseits zeigt sich schließlich in deren jeweiligem Verhältnis zum Prinzip der Rechtssicherheit. Dieses gebietet hinsichtlich der Wiederherstellung der Funktionsvoraussetzungen des Vertragsmechanismus eine typisierende Regelung und damit die Respektierung unangemessener Ergebnisse im Einzelfa1l 36 • Dagegen wiegt das genannte Prinzip nicht so schwer, als daß deswegen die Anerkennung eines im Einzelfall sittenwidrigen Rechtsgeschäfts geboten wäre. Nach allem ist im Grundsatz der h.M. zu folgen, wonach die Klauselverbote der §§ 9 -11 AGBG im Vorfeld des § 138 Abs.l anzusiedeln sind und damit nicht als Konkretisierung des § 138 Abs.1 zu verstehen sind. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß Bestimmungen in AGB im Einzelfall die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschreiten. Doch bedarf es dazu, da den sonstigen Umständen des Vertragsschlusses regelmäßig kein besonders starkes Gewicht zukommt, einer Klausel, deren Inhalt mehr als nur unangemessen ist 37 • Nach allem läßt sich aus dem Verhältnis zwischen § 138 BGB und §§ 9 bis 11 AGBG für die Frage einer Berücksichtigung von Drittinteressen im Rahmen der Inhaltskontrolle von AGB nichts herleiten.
Näher dazu oben unter § 11 II 2. Vgl. näher unten unter § 16 III 1 b. 37 So auch M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 38; aus der Rspr. vgl. etwa BGHZ 83, 313,315, wo die Anwendbarkeit des AGBG offenbleibt, da die fragliche Vertragsbestimmung jedenfalls sittenwidrig ist. 35
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§ 16 Der Schutz beeinträchtigter Drittinteressen bei Versagen des Vertragsmechanismus als allgemeines Prinzip der Rechtsordnung I. Der Befund Eine Gefährdung der Interessen Dritter bei bestehender Vertragsparität beruht, wie die Ausführungen im dritten Teil der Untersuchung gezeigt haben, stets auf der fehlenden oder eingeschränkten Polarität der Interessen der Vertragspartner; dem gleichzustellen ist der fehlende Gleichlauf zwischen den Vertragspartner- und den betroffenen Drittinteressen. Bei umfassender Interessenpolarität bzw. völligem Gleichlaufzwischen Vertragspartner- und Drittinteressen haben unbeteiligte Dritte eine Beeinträchtigung ihrer Interessen nicht zu befürchten. Kennzeichen gestörter Vertragsparität ist das Versagen des Vertragsmechanismus: infolge des unterbleibenden Abschleifens an sich gegensätzlicher Interessen wird der Vertragsinhalt allein durch den Willen einer, zumeist überlegenen 1 Vertragspartei bestimmt, die sich dabei naturgemäß von ihrem eigenen Vorteil und nicht vom Ideal der ausgleichenden Gerechtigkeit leiten läßt. Die Vermutung, der Vertrag könne dadurch ebenso wie in den Fällen bestehender Parität, aber fehlender Interessenpolarität der Vertragsparteien zu einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Drittinteressen mißbraucht werden 2 , wurde bestätigt durch eine Reihe von Sachverhalten, in denen die Rechtsordnung jedenfalls auch im Hinblick auf den Schutz betroffener Dritter den Inhalt des geschlossenen Vertrags kontrolliert. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen die Entwicklung eines allgemeinen Systems eines Schutzes Dritter gegen die Auswirkungen gestörter Vertragsparität, das sodann hinsichtlich des unter Verwendung von AGB geschlossenen Vertrags zu konkretisieren ist 3 • 11. Der Grundsatz 1. Wahrung der Drittinteressen durch den funktionierenden Vertragsmechanismus
Die Richtigkeit der vertraglichen Regelung ist auch innerhalb der Grenzen der Richtigkeitsgewähr des Vertrags 4 bedingt durch das Vorliegen der Funktionsvoraussetzungen des Vertragsmechanismus s. Diese im Grundsatz nicht zu 1 2
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Vgl. im einzelnen Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 157f Fn. 34. So MünchKomm-Mayer-Maly, § 138 Rdn.29; vgl. dazu bereits oben unter § 14 I 1. Dazu unten unter §§ 17, 18. Vgl. allgemein oben unter § 5 n 2 c, konkretisierend oben unter §§ 6,7.
II. Der Grundsatz
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bestreitende Kernthese der hier zugrunde liegenden funktionalistischen Vertragslehre läßt sich auf der Basis der bisher im Verlauf der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse wie folgt konkretisieren: a) Die Richtigkeit, die der Vertragsmechanismus in begrenztem Rahmen gewährleistet, ist nicht auf das Verhältnis der Parteien zueinander beschränkt, sondern bezieht sich auch auf die Interessen der am Vertragsschluß unbeteiligten Dritten. Dieser parteiübergreifende Begriff der Richtigkeit trägt der dem Vertrag zukommenden Ordnungsfunktion 6 Rechnung, die, vergleichbar den Anforderungen an eine hoheitliche Regelung, die Verträglichkeit des Vertragsinhalts mit den berechtigten Erwartungen unbeteiligter Dritter gebietet. Wenn bislang von der auf die intersubjektive Austauschgerechtigkeit begrenzten Richtigkeitsgewähr des Vertrags gesprochen wurde, so bezeichnet dies den Regelungsgegenstand des Vertrags und darf nicht im Sinne einer Beschränkung der Auswirkungen der vertraglichen Regelung auf die Vertragspartner mißverstanden werden. b) Allein der funktionierende Vertragsmechanismus vermag eine unrichtige Regelung und damit auch die Beeinträchtigung der Interessen unbeteiligter Dritter zu verhindern. Dies beruht darauf, daß bei funktionierendem Vertragsmechanismus jeder Vertragspartner unbewußt zugleich die Interessen der von ihm repräsentierten Dritten, insbesondere diejenigen seiner Gläubiger wahrt und somit quasi als deren "Hüter" auftritt 7 • Belegen läßt sich dies anhand der oben unter § 14 angeführten Beispiele gestörter Vertragsparität, bei denen das Versagen des Vertragsmechanismus jeweils ursächlich dafür ist, daß sich der Wille des überlegenen Vertragspartners auch zu Lasten der schutzlosen externen Interessen ungebremst durchsetzen kann. Im Hinblick auf die Notwendigkeit einer parteiübergreifenden Richtigkeit der vertraglichen Regelung ist es nur konsequent, daß die Rechtsordnung in allen genannten Fällen anläßlich der gebotenen Vertragskontrolle die beeinträchtigten Drittinteressen unmittelbar, nicht lediglich mittelbar über die ebenfalls beeinträchtigten Vertragspartnerinteressen, schützt. Sofern die Rechtsordnung einen Schutz der Interessen am Vertrag unbeteiligter Dritter gewährt, die unter IB. darzustellenden Gründe für den Ausschluß eines Drittschutzes also nicht eingreifen, kann der unmittelbare Schutz der durch das Versagen des Vertragsmechanismus beeinträchtigten Drittinteressen somit als Regelfall bezeichnet werden. Zur Geltung eines davon abweichenden Schutzkonzepts bedarf es einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers 8 • Dazu allgemein oben unter § 5 II 2 b, konkretisierend oben unter § 14. Dazu oben unter § 5 II 2, III 1, sowie unten unter IV 3. 7 So auch Reuter, Perpetuierung, S. 53; in bezug auf Lastwirkungen i.E. auch Martens, AcP 177 (1977),176. Vgl. auch Ulmer, ZHR 148 (1984,) 400, wonach sich die unabhängige GmbH vor allem aufgrund des Gleichlaufs von Gesellschafter- und Gläubigerinteressen als eine auch den Gläubigerbelangen Rechnung tragende Rechtsform erwiesen habe. 8 Zum Regelungsziel des AGBG vgl. unten unter IV 3, V. 5
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11 Habersack
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§ 16 Schutz von Drittinteressen als allgemeines Prinzip
c) Die infolge des versagenden Vertragsmechanismus regelmäßig beeinträchtigten Drittinteressen sind rechtlich relevant und schutzwürdig. Dies folgt bereits daraus, daß sie im Rahmen der Beurteilung des Vertrags nach § 138 Abs.1 von der wohl einh.M. ohne weiteres berücksichtigt werden und gegebenenfalls die Sittenwidrigkeit des Vertrags begründen 9 . Aber auch im Vorfeld des § 138 können Interessen Dritter zu einer Einschränkung der Vertragsfreiheit führen, wie etwa die Fälle der verdeckten Gewinnausschüttung lO sowie die sonstigen oben unter § 1 I 1 skizzierten Fälle beweisen, denen regelmäßig kein sittenwidriges Rechtsgeschäft zugrunde liegt. d) Wenn die Rechtsordnung gleichwohl im Vorfeld der Sittenwidrigkeit die potentiell durch jeden Vertrag und jedes sonstige Rechtsgeschäft l l denkbare Beeinträchtigung der Interessen Unbeteiligter grundsätzlich unbeachtet läßt, so bedarf dies zur Rechtfertigung besonderer, im folgenden unter IH. aufzuzeigender Gründe. 2. Unerheblichkeit einer Verpflichtung zur Wahrung der Drittinteressen
a) Zuvor aber ist klarzustellen, daß es auf eine Verpflichtung zur Wahrung der infolge des Versagens des Vertragsmechanismus beeinträchtigten Drittinteressen entgegen der h.M.'2 zu § 9 AG BG nicht ankommt; das Eigeninteresse des jeweiligen Vertragspartners an einem günstigen Vertragsschluß bewirkt zwangsläufig den Schutz der von diesem "repräsentierten" Dritten und erweist sich somit innerhalb der Grenzen der Richtigkeitsgewähr des Vertrags als drittschützender Mechanismus. Das Versagen des Vertragsmechanismus hat zur Folge, daß das Eigeninteresse der unterlegenen Vertragspartei nicht zur Geltung kommt und folglich auch seine drittschützenden Wirkungen nicht entfalten kann. Vielmehr stehen die Drittinteressen zur Disposition der überlegenen Vertragspartei, so wie sie im Falle bestehender Parität, aber/ehlender Interessenpolarität der Vertragsparteien zu deren Disposition stehen. Immerhin ist die hiervon abweichende h.M. zum ABG-Recht insofern beachtlich, als sie die grundsätzliche Möglichkeit einer Beeinträchtigung von Drittinteressen infolge des Versagens des Vertragsmechanismus bestätigt. Nur verkennt sie die objektiven Wirkungen des funktionierenden wie des versagenden Vertragsmechanismus und wählt demzufolge ein unzutreffendes Abgrenzungskriterium zur Bestimmung der zu berücksichtigenden Interessen. Der Vertragsmechanismus entfaltet seine machthemmenden Wirkungen aufgrund des Zusammentreffens und Abschleifens zweier entgegengesetzter Egoismen. Der dadurch zugunsten unbeteiligter Dritter bewirkte Schutz geht also von dem Vgl. oben unter § 14 I. Näher dazu oben unter § 1411. 11 Zu den Mechanismen, die die Richtigkeit einseitiger Rechtsgeschäfte gewährleisten, vgl. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 153ff, insbes. Fn.32. 12 Vgl. dazu oben unter § 13 1 1, II 1 m.w.Nachw. 9
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Il. Der Grundsatz
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durch den Vertrag zu verwirklichenden Eigeninteresse des einzelnen Vertragspartners aus und erfaßt die Interessen Dritter allein infolge des objektiven Gleichlaufs mit den Vertragspartnerinteressen. Die Parallele zwischen der herrschenden Auffassung im AGB-Recht und der überkommenen subjektiven Lehre vom Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ist offensichtlich, ihre Unvereinbarkeit mit dem heute vorherrschenden objektiven Verständnis der Schutzwirkungslehre bereits hervorgehoben 13. Die Gründe, die dort für die Ersetzung subjektiver durch objektive Kriterien bezüglich der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags angeführt wurden, gelten auch im vorliegenden Zusammenhang. b) Davon abgesehen ist, wenn man auf eine Verpflichtung zur Wahrung der Drittinteressen abstellen wollte, deren Konkretisierung kaum nachvollziehbar, soweit zur Berücksichtigung der Drittinteressen das Bestehen eines umfassenden Schutz- und Fürsorgeverhältnisses zwischen Kunden und Drittem verlangt wird 14. Aus der Sicht des Dritten ist es gleichgültig, ob sich die Interessenwahrungspflicht des Kunden lediglich auf die konkret betroffenen Drittinteressen bezieht, oder ob darüber hinausgehend ein umfassendes Fürsorgeverhältnis gegenüber dem Dritten besteht. Auch in dem an erster Stelle genannten Fall wird der Kunde bei Abschluß des Vertrags regelmäßig auf die Interessen des Dritten Bedacht nehmen. Demzufolge wären etwa, wenn man das Kriterium der Verpflichtung zur Wahrung der Drittinteressen konsequent anwendet, auch die Interessen des unter verlängertem Eigentumsvorbehalt liefernden Verkäufers am Erwerb der Forderung aus der Weiterveräußerung im Rahmen der Überprüfung einer Globalzession oder eines Abtretungsausschlusses zu berücksichtigen. In beiden Fällen aber berücksichtigt die ganz h.M.15 allein die Interessen des Kunden, obschon dieser jeweils dem Vorbehaltsverkäufer gegenüber vertraglich zur Zession und damit zur Wahrung der konkret betroffenen Interessen verpflichtet ist. c) Allerdings ist das Bestehen einer Verpflichtung zur Wahrung von Drittinteressen insofern relevant, als durch diese der Kreis der zwangsläufig durch den Vertragsmechanismus geschützten Interessen erweitert wird. Dies deshalb, weil infolge der Verpflichtung zur Wahrung von Drittinteressen der jeweilige Vertragspartner, von einem kollusiven Zusammenwirken oder vergleichbaren Fällen abgesehen, im Hinblick auf etwaige Schadensersatzverpflichtungen im eigenen Interesse darauf bedacht ist, die Entstehung einer kollidierenden Verpflichtung gegenüber dem anderen Vertragspartner zu vermeiden 16. Dem durch einen Anspruch gegen den Vertragspartner manifestierten Drittinteresse Oben unter § 8, § 13 II 1. Vgl. die Nachw. in § 13 II 1 Fn. 5, 50. 15 Vgl. zur Globalzession BGHZ 98, 303, 314ff = NJW 1987, 487 (dazu oben unter§ 13 12 a cc), zum Zessionsverbot die Nachw. oben unter § 13 III 2. Zur Unbeachtlichkeit des Umstands, daß die Verpflichtung des Vorbehaltskäufers gegenüber dem Verkäufer erst nach Vereinbarung der Globalzession entsteht, vgl. oben unter 7 II 1 c. 16 Dazu bereits oben unter § 6 III 2. 13
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§ 16 Schutz von Drittinteressen als allgemeines Prinzip
tritt deshalb ein damit übereinstimmendes Vertragspartnerinteresse zur Seite. Dies hat zur Folge, daß im Hinblick auf das tangierte Eigeninteresse der Vertragsmechanismus die zu wahrenden Drittinteressen ebenso schützt wie die ohnehin, d. h. unabhängig von einer Verpflichtung mit den Vertragspartnerinteressen gleichlaufenden Drittinteressen. d) Daß allein die durch das Versagen des Vertragsmechanismus bedingte objektive Beeinträchtigung durch den fremden Vertrag ein sachlich zutreffendes Aufgreifkriterium für den gebotenen Drittschutz darstellt, bestätigt ein erneuter Blick auf die Problematik der verdeckten Gewinnausschüttungen. Anlaß und Berechtigung der primär im Interesse der Gläubiger und Mitgesellschafter gebotenen Kontrolle etwa des zwischen Aktionär und AG geschlossenen Vertrags ergeben sich allein darraus, daß die Weisungsunabhänigigkeit des Vorstands infolge des Einflusses des Aktionärs aufgehoben wird und folglich ein Interessengegensatz nicht mehr besteht. Der Vertragsmechanismus versagt, was die Beeinträchtigung der andernfalls vom Vorstand "repräsentierten" Gesellschafts-, Aktionärs- und Gläubigerinteressen zur Folge hat. Obschon die Gesellschaft bei Abschluß des in Frage stehenden einzelnen Rechtsgeschäfts zur Wahrung der Gläubigerinteressen im Gegensatz zu den Gesellschafterinteressen nicht verpflichtet ist 17 , werden diese gleichfalls beeinträchtigt und dementsprechend durch die Vertragskontrolle geschützt. Dies aber läßt sich nur auf die U nbeachtlichkeit einer entsprechenden Interessenwahrungspflicht für den Schutz der Drittinteressen zurückführen.
111. Unvereinbarkeit eines allgemeinen Gebots der Rücksichtnahme auf Drittinteressen mit den Vertragsfunktionen 1. Beurteilungsautonomie ,Ordnungsfunktion und Rechtssicherheit
a) Dem Vertrag kommt eine Ordnungsfunktion zu; er ist in den Grenzen des Art. 2 Abs. 1 GG funktionell austauschbar mit einer hoheitlichen Regelung 18 . Wie diese hat auch der Vertrag an sich das Ideal eines gerechten Ausgleichs der allseits betroffenen Interessen zu verwirklichen. Eine freiheitliche Rechtsordnung nimmt es aber aus mehreren Gründen bewußt in Kauf, daß eine vertragliche Vereinbarung mit diesem Ideal nicht in Einklang zu bringen ist. So ist es den Parteien gestattet, für ihr Verhältnis zueinander die Bestimmung dessen, was gerecht ist, selbst vorzunehmen; das Prinzip der Vertragsfreiheit räumt ihnen eine Beurteilungsautonomie ein 19. Diese ist einerseits Ausdruck der Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Parteien auch im rechtlich 17 Auch die Vorschriften der § 93 Abs. 5 S. 1 und 3 AktG und § 43 Abs.3 GmbHG begründen keine auf den Abschluß des einzelnen Vertrags bezogene Verpflichtung der Verwaltung zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gläubiger. - Zu Schutzpflichten des Verbands gegenüber den Mitgliedern vgl. BGHZ 110, 323, 327f = NJW 1990,2877; 90,92,95 = NJW 1984, 1884. 18 Näher dazu oben unter § 5 IH. 19 Schmidt-Salzer, NJW 1971, 9.
III. Rücksichtnahme auf Drittinteressen und Vertragsfunktionen
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relevanten Bereich, andererseits Konsequenz der mit der Privatautonomie verbundenen Kompetenzübertragung 20 • Letzterer Gesichtspunkt führt zur Entlastung des Staates, der von der - auch ihm unmöglichen - Bestimmung des objektiv Gerechten entbunden wird. Demzufolge darf er aber auch die Ausübung der ermessensgewährenden Kompetenz durch die Parteien grundsätzlich nicht hinterfragen 21 . Dies würde nicht nur eine Kompetenzüberschreitung und damit eine Verletzung der Beurteilungsautonomie der Parteien bedeuten, sondern zugleich die dem Vertrag zukommende Ordnungsfunktion und damit die Stabilität der Institution aushöhlen. Es ließe sich nicht vorhersagen, ob die vertragliche Regelung anerkannt würde, mit der Folge, daß die Wirksamkeit sämtlicher Verträge in der Schwebe wäre und der Vertrag, statt rechtliche Ordnung zu schatTen, zu "Unordnung" führen würde 22 . b) Jede Rechtsordnung und somit auch die freiheitliche Rechtsordnung hat darüber hinaus dem Erfordernis der Rechtssicherheit Rechnung zu tragen. Dieses hängt eng mit der Ordnungsfunktion des Vertrags zusammen und ergibt sich daraus, daß "Ordnung als solche sein muß, aber infolge menschlicher Unvollkommenheit nicht durchführbar wäre, wenn man in jedem Falle das gerade für ihn Richtige normieren würde; die für die Rechtsfolge bestimmenden Momente würden dann unter gewissen Voraussetzungen so undurchsichtig, verwickelt und mannigfaltig sein, daß die Feststellung des Richtigen sowohl dem Rechtsgenossen wie dem Richter unüberwindliche Schwierigkeiten bieten und dadurch die Ordnung als solche gefährdet werden würde; um der Klarheit und Sicherheit willen nimmt man deswegen bewußt, wennschon nur für Ausnahmefälle, sachlich Unrichtiges in Kauf. Das Lebensbedürfnis der Gemeinschaft geht über an sich gerechtfertigte Belange der Gemeinschaftsglieder hinweg"23. Es sind also -letztlich auch dem Einzelnen dienende - Gemeinschaftsinteressen, die die Anerkennung eines Vertrags auch dann gebieten, wenn der Vertragsmechanismus im Einzelfall versagt 24 • Das Spannungsverhältnis zwischen materialer Einzelfallgerechtigkeit und formaler Rechtssicherheit 25 wird im Interesse der Mestmäcker, AcP 168 (1968), 246; Zöllner, AcP 176 (1976), 246. Zöllner, AcP 176 (1976), 246. 22 So auch schon Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 166ff, der den Gesichtspunkt der Selbstbestimmung unberücksichtigt läßt, was aufgrund des rechtspolitischen Charakters seiner Abhandlung folgerichtig ist, vgl. dens., FS Raiser, S. 8 f, ferner oben unter§ 5 III 1 b. 23 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 133f; Hervorhebung im Original. Zu sonstigen Ausprägungen des Erfordernisses der Rechtssicherheit vgl. Radbruch/ Zweigert, Einführung in die Rechtswissenschaft, S. 39f. 24 Entgegen Wiedemann (FS Kummer S. 182) greift das Erfordernis der Rechtssicherheit auch und gerade bei im Einzelfall unangemessenen Verträgen ein, vgl. Habersack, AcP 189 (1989), 412f. - Dazu, daß das von M. Wolf (Entscheidungsfreiheit, passim) entwickelte Wirksamkeitserfordernis der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht zu vereinbaren ist, vgl. Fikentscher, FS Hefermehl, S. 47ff; MünchKomm-Kramer, § 123 Rdn.45; Habersack, AcP 189 (1989), 423. 25 Vgl. dazu Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, § 36 IV 2, S.454f; A.Kaufmann, Recht und Gerechtigkeit, S. 274, 284; Radbruch / Zweigert, Einführung in 20 21
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§ 16 Schutz von Drittinteressen als allgemeines Prinzip
Funktionsrahigkeit der Rechtsordnung zugunsten der letzteren Wirkungsrichtung der Rechtsidee entschieden, wenn andernfalls der Schaden für diese außer Verhältnis zu dem realisierten Mehrgewinn an Gerechtigkeit stünde. Die bedingte, gleichwohl generelle Gerechtigkeitstendenz des Vertrags rechtfertigt im Interesse einer unverzichtbaren Ordnungsgewißheit die Geltung von im Einzelfall unbilligen Verträgen, zumal die Parteien auch bewußt venneintlich Ungerechtes vereinbaren können und deshalb bei Kontrolle eines jeden venneintlich unbilligen Vertrags die Verletzung ihres Selbstbestimmungsrechts nicht auszuschließen wäre 26 • Erst wenn durch die Anerkennung eines im Einzelfall untragbaren Ergebnisses der Schaden für die Rechtsordnung auch durch den andernfalls erreichten Gewinn an Rechtssicherheit nicht kompensiert würde, setzt sich über § 138 das Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit durch 27. Die Problematik der Bestandskraft vertraglicher Vereinbarungen ist somit lediglich eine besondere Erscheinungsfonn der allgemeinen und in jeder Rechtsordnung sich stellenden Frage nach der Verbindlichkeit von Regelungen und Entscheidungen, die stets aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Prinzipien der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit zu beantworten ist 28 • 2. Zumutbarkeit for die unbeteiligten Dritten bei typischerweise funktionierendem Vertragsmechanismus a) Sofern die Vertragsparteien nicht bewußt ihr Verhältnis abweichend von der objektiven Gerechtigkeit regeln, rechtfertigt sich die Geltung des sachlich unrichtigen Rechtsgeschäfts gegenüber der sich irrenden oder im Einzelfall unterlegenen Partei aus dem Grundsatz der Selbstverantwortung als integralen Bestandteil der Selbstbestimmung 29 • Die aufgrund der Beurteilungsautonomie der Vertragsparteien oder des Versagens des Vertragsmechanismus in ihren Interessen beeinträchtigten Dritten haben die vertragliche Regelung, sofern nicht ein Fall des Institutsmißbrauchs im Sinne der Ausführungen unter §§ 6 und 7 vorliegt, als zwingende Folge der Prinzipien der Selbstbestimmung und der Rechtssicherheit ebenfalls hinzunehmen. Die Bindung unbeteiligter Dritter an die "lex contractus" ist einer auf Vertragsfreiheit aufbauenden Rechtsordnung immanent. Könnte jeder betroffene Dritte die Unrichtigkeit der vertraglichen Vereinbarung geltend machen, würde dies die Negierung der Selbstbestimmdie Rechtswissenschaft, S. 37ff ("eine individualisierende Gerechtigkeit ist ein Widerspruch in sich"). 26 Vgl. näher Habersack, AcP 189 (1989), 411 ff. 27 Näher zur Einzelfallbeurteilung nach § 138 bereits oben unter § 14 I 3. 28 Hingewiesen sei auf die Durchbrechung der den Bestand der Entscheidung sichernden Rechtskraft des unrichtigen Urteils durch Wiederaufnahme des Verfahrens, in bezug aufzivilgerichtliche Entscheidungen aber auch durch die Vorschrift des § 826 (dazu etwa Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 64 11). Zur Bestandskraft des Verwaltungsakts vgl. §§48ffVwVfG. 29 Vgl. dazu Bydlinski, Privatautonomie, S. 126ff; Flume, FS DJT, S. 159ff; MünchKomm-Kramer, Vor § 116 Rdn.37ff.
IV. Drittschutz bei typischerweise gestörter Vertragsparität
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ungsrechts der Vertragsparteien und des Erfordernisses der Rechtssicherheit bedeuten. Die Wirksamkeit des Vertrags wäre von der Nichtausübung eines Vetorechts Dritter abhängig, der Vertrag seiner auf Verwirklichung von Selbstbestimmung und Ordnung gerichteten Funktionen vollends beraubt. Die Vertragsfunktionen sind es somit, die die "Bestandskraft" der Regelung auch Dritten gegenüber gebieten. b) Aus einer Reihe von Gründen ist dies für den betroffenen Dritten auch zumutbar. So kommen ihm die gewahrten Vertragsfunktionen selbst zugute, indem auch er in Verwirklichung seiner Selbstbestimmung Verträge schließen kann, die daran nicht unmittelbar Beteiligte gleichfalls hinzunehmen haben. Des weiteren beruht sein Interesse an einem gerechten Inhalt des fremden Vertrags regelmäßig auf einer vertraglichen Beziehung zu einem der Vertragspartner, die er eigenverantwortlich und im Bewußtsein der U nwägbarkeiten, die sich aus dessen Selbstbestimmungsrecht ergeben, begründet hat. Schließlich gilt zugunsten eines jeden unbeteiligten Dritten das "Gesetz der großen Zahl"30. Danach fällt ein Versagen des Vertragsmechanismus im Einzelfall nicht ins Gewicht und wird durch einen anderweitigen günstigen Vertragsschluß des zunächst benachteiligten Vertragspartners regelmäßig kompensiert. IV. Uneingeschränkter Drittschutz bei typischerweise gestörter Vertragsparität 1. Gebot der Verhinderung eines massenhaften Institutsmißbrauchs
Die Rechtssicherheit ist nicht beeinträchtigt, wenn dem Vertrag die Richtigkeitsgewähr unter bestimmten Voraussetzungen t.1'pischerweise fehlt und die Rechtsordnung für diese Fälle typisierend Sonderregelungen schafft und damit der Vertragsfreiheit Grenzen setzt. "Auch die Spezialität ist immer noch eine Form des Generellen"31. Es kommen in diesem Fall die auf Verwirklichung von Selbstbestimmung und Gerechtigkeit gerichteten Vertragsfunktionen uneingeschränkt zur Geltung und gebieten, daß ein massenhafter Institutsmißbrauch verhindert wird. Dabei ist die Reaktion der Rechtsordnung nicht allein aufgrund der Beeinträchtigung der (Individual)-Interessen des unterlegenen Vertragspartners, sondern auch im Hinblick auf die Ordnungsfunktion des Vertrags und damit aufgrund von Allgemeininteressen geboten 32 . So ist durch 30 Vgl. dazu Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 108; Helm, FS Schnorr von Carolsfeld, S. 135. 31 Radbruchj Zweigert, Einführung in die Rechtswissenschaft, S. 38. Vgl. dagegen zum "allgemeinen Gesetz" im Sinne von Hayeks etwa Gotthold, ZHR 145 (1981), 296ff; Hönn, JZ 1983, 680. 32 Allgemein zur Ordnungs funktion des Vertrags oben unter § 5 II 2, III 1. Grundlegend im Zusammenhang mit der Problematik der AGB Raiser, AGB, S. 61 f, 94f, 284ff, der allerdings ausschließlich das Wohl der Gesamtheit zur Rechtfertigung der von ihm befürworteten immanenten Grenzen der Vertragsfreiheit anführt; vgl. des weiteren, auf Individual- und Allgemeininteressen abstellend, Esser, ZHR 135 (1971), 334ff; Großfeld,
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§ 16 Schutz von Drittinteressen als allgemeines Prinzip
die massenhafte Verfehlung der Planfunktion des Vertrags die Funktionsfähigkeit des marktwirtschaftlichen Systems, insbesondere dessen gesamtwirtschaftliche Verteilungs- und Anreizfunktion, gestört 33 . Die permanente Verfehlung der Gerechtigkeit hat auf Dauer den Verlust der Legitimationsbasis der Vertragsfreiheit und damit des Vertrags als Ordnungsmittel zur Folge. Das Gesagte gilt namentlich für den unter Verwendung von AGB geschlossenen Vertrag, dem, wie § 1 Abs.1 S.1 AGBG mit seinem Erfordernis der "Vielzahl" zeigt, die Gefahr einer massenweisen einseitigen Außerkraftsetzung der gesetzlichen Ordnung durch den Verwender eigen ist 34 • Der soziologische Befund einer "Normähnlichkeit" der AGB35 nötigt zwar entgegen einer früher 36 , vereinzelt aber auch heute 3? wieder vertretenen Auffassung nicht dazu, diesen auch juristisch-technisch Normqualität zuzusprechen. Denn ausweislich der Bestimmungen der §§ 2 Abs.1, 3 und 6 geht das AGBG jedenfalls von einem vertraglichen Geltungsgrund aus 38 . Aber auch qualitativ ist ein Abweichen vom herkömmlichen Verständnis von den AGB als Vertragsbestandteilen nicht veranlaßt 39 . Maßgebend ist, daß dem generell-abstrakten Charakter der AG B40 und dem damit verbundenen organisatorischen Vorsprung des Verwenders in einer Vielzahl von Fällen durch Modifizierung der für den Individualvertrag Zivilrecht als Gestaltungsaufgabe, S. 86 f; Helm, FS Schnorr von Carolsfeld, S. 143 f; Hönn, JZ 1983,686; Kramer, "Krise", S. 55f; M.Wo/f, Entscheidungsfreiheit, S. 36, 39ff (44); Zöllner, RdA 1989, 157; ders., JuS 1988, 333; a.A. Flume, FS DJT, S. 168f. Zu externen Individualinteressen vg!. unter 2. 33 Vg!. Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 170f, sowie bereits oben unter§ 5 II 3, III 2. 34 Vg!. neben den Nachw. in Fn.32 noch Soergel I Stein, § 1 AGBG Rdn.11; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 1 Rdn.23, 83; Wolfl Horn I Lindacher, AGBG, Ein!. Rdn.14. Zur Bedeutung des Erfordernisses der "Vielzahl" vg!. oben unter § 11 II 3 b. 3S SO E.Schmidt, NJW 1989, 1193. 36 Zu nennen ist namentlich Meyer-Cording, Die Rechtsnormen, S. 84ff, 97ff, 131 ff; der Sache nach auch Helm, FS Schnorr von Carolsfeld, S. 129ff, Lukes, FS A.Hueck, S. 459ff, und Naendrup, Die Teilnichtigkeit im Recht der AGB, S. 89ff(Aufstellung von AGB als einseitiges Rechtsgeschäft). Vg!. i.ü. den Überblick bei Schuler, Über Grund und Grenzen der Geltung von AGB, S. 24ff. 37 Namentlich Pflug, Kontrakt und Status, S. 1ff, 187ff, 248ff; weitere Nachw. in Fn.38. 38 Dies räumen auch Kramer (AcP 188 [1988], 425) und E.Schmidt (JuS 1987, 929 ffund ZIP 1987, 1505fl) als Vertreter eines qualitativen Normverständnisses ein; vg!. dazu sogleich im Text. 39 So ausdrücklich und in überzeugender Auseinandersetzung mit den Auffassungen von Pflug, Kramer und E.Schmidt (Fn. 37,38) Ulmerl Brandnerl Hensen, AGBG, Ein!. Rdn.22ff(251); Wolfl Horn I Lindacher, AGBG, Ein!. Rdn.13; i.E. ebenso, freilich ohne Problematisierung, Ermanl H.Hefermehl, Vor § 1 AGBG Rdn.2; Palandtl Heinrichs, § 1 AGBG Rdn. 1; Staudinger I Schlosser, § 1 AGBG Rdn.1 ff; Soergell Stein, § 1 AGBG Rdn.4. 40 Mit der Folge, daß sie objektiv auszulegen sind und die Auslegung - auch aufgrund der tangierten öffentlichen Interessen - revisibel ist, vg!. Ulmer I Brandner / Hensen, AGBG, § 5 Rdn.10, 13ff.
IV. Drittschutz bei typischerweise gestörter Vertragsparität
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geltenden Grundsätze, insbesondere durch Geltung besonderer Inhaltsschranken und Betonung der Formulierungsverantwortung des Verwenders, Rechnung getragen wird, wie dies durch das AG BG, aber auch durch die vorangegangene höchstrichterliche Rechtsprechung geschehen ist. Durch ein normtheoretisches Konzept, das ersichtlich von der nicht mit der Realität übereinstimmenden Vorstellung geprägt ist, die typischen Verwender von AGB seien Kartelle, Verbände oder sonstige intermediäre, mit besonderer Macht ausgestattete Gewalten 41 , ist für die Problematik bestenfalls nichts gewonnen 42 , wenn es nicht sogar aufgrund des sachlich unzutreffenden machtbezogenen Anknüpfungspunktes 43 zu unrichtigen Ableitungen verleitet. 2. Unzumutbarkeit for die unbeteiligten Dritten
Ein Einschreiten der Rechtsordnung gegen den massenhaften Mißbrauch ihrer Institute ist demnach unausweichlich. Neben den Allgemeininteressen und den Interessen des unterlegenen Vertragspartners kommen nach dem oben unter 11 Gesagten als schutzwürdige Interessen solche der durch die vertragliche Regelung betroffenen Dritten in Betracht. Anders als bei typischerweise funktionierendem Vertragsmechanismus kann ihnen die uneingeschränkte "Bestandskraft" des typischerweise "unrichtigen" Vertrags nicht zugemutet werden. Denn zum einen fehlt es auf seiten des sie "repräsentierenden" unterlegenen Vertragspartners regelmäßig an der Möglichkeit zur Selbstbestimmung, so daß eine Rechtfertigung der Bindung an den geschlossenen Vertrag schon aus diesem Grund ausgeschlossen ist. Zum anderen kann den Dritten deshalb auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie selbst eine eigene vertragliche Beziehung zu dem unterlegenen Vertragspartner begründet haben. Denn dies geschah in der berechtigten Hoffnung auf die Richtigkeitsgewähr der übrigen, nunmehr in Frage stehenden Verträge ihres Vertragspartners. Jedenfalls aber liegt die unmittelbare Ursache des Versagens des Vertragsmechanismus ausschließlich in der Sphäre des jetzigen, überlegenen Vertragspartners, um dessen Rücksichtnahmepflichten es geht. Stehen das Selbstbestimmungsrecht der Vertragsparteien sowie die Ordnungsfunktion des Vertrags und damit auch die Rechtssicherheit einem Schutz des in seinen Interessen beeinträchtigten Dritten nicht entgegen, so braucht sich dieser nicht auf das "Gesetz der großen Zahl" zu verlassen und auf einen anderweitigen günstigen Vertragsschluß des So Pflug, Kontrakt und Status, S. 9fT, 298ff. Vg!. denn auch die Zusammenstellung der wenigen abweichenden Konsequenzen gegenüber einem Vertragsverständnis bei Ulmerj Brandnerj Hensen, AGBG, Ein!. Rdn.26, deren Bilanz zudem eindeutig zu Lasten des normtheoretischen Verständnisses geht, das dem Kunden nicht nur die Irrtumsanfechtung abschneidet, sondern entsprechend dem für Normen geltenden Auslegungskanon konsequenterweise bei Auslegung der AGB auch deren Entstehtungsgeschichte und den mit ihnen vom Verwender verfolgten Zweck berücksichtigen muß, was der Formulierungsverantwortung des Verwenders keinesfalls gerecht wird. 43 Vg!. dazu oben unter § 11 II 1. 41
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unterlegenen Vertragspartners zu hoffen, zumal es sich bei der Kompensation eines ungerechten Vertrags durch einen weiteren ungerechten Vertrag nur um die zweitbeste Lösung handeln kann und der Verwirklichung der erstbesten Lösung zwingende Gründe nicht entgegenstehen. 3. Drittinteressen und Vertrags/unktionen
Die hier befürwortete Rücksichtnahme auf externe Interessen im Falle typischerweise gestörter Vertragsparität ist schließlich auf ihre Vereinbarkeit mit den dem Vertrag idealiter zukommenden Funktionen zu überprüfen. Gegenstand der folgenden Ausführungen ist also die Frage, ob die Vertragsfunktionen, die bislang lediglich allgemein und unabhängig von einem etwaigen Drittbezug ermittelt wurden 44 , der hier für den Fall typischerweise gestörter Vertragsparität befürworteten Berücksichtigung externer Interessen entgegenstehen oder aber eine solche erlauben bzw. sogar nahelegen. a) Nach den Ausführungen unter § 5 hat der Vertrag die Funktion, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit zu verwirklichen; darüber hinaus kommt ihm innerhalb des marktwirtschaftlichen Systems die Funktion zu, anstelle eines verbindlichen Gesamtplans die Einzelpläne der Wirtschaftssubjekte zu koordinieren. An dieser Stelle kann nicht zur Problematik der Gerechtigkeit verantwortlich Stellung genommen werden. Es genügt der Hinweis, daß aus dem allgemeinen Gebot der Gerechtigkeit "richtige" Problemlösungen im Wege eines deduktiven Verfahrens nicht zu gewinnen sind 45 . Immerhin ist die Umschreibung der Gerechtigkeit als das Gebot des "suum cuique tribuere"46 oder als dasjenige, "was allen paßt"47 nicht nur offen für eine Berücksichtigung der Belange der am Vertrag Unbeteiligten, sondern legt eine entsprechende Interessenexternalisierung sogar nahe. Dies gilt namentlich für das hier zugrunde gelegte funktionalistische Vertragsverständnis: die dem Vertrag zukommende Ordnungs/unktion gebietet eine parteiübergreifende Rechtfertigung der "lex contractus". b) Gleiches gilt für die auf Verwirklichung von Freiheit und Selbstbestimmung gerichtete Funktion des Vertrags. Nach der prinzipienmonistischen Vertragslehre Flumes, deren Fundament in der Rechtslehre von Savignys und damit in der Freiheits- und Pflichtenlehre Kants liegt, ist es Aufgabe der Rechtsordnung, die größte Freiheit zu ermöglichen, die mit der Freiheit der Oben unter § 5. Vgl. nur Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, § 32 IV 1 b S. 400; Larenz, Methodenlehre, S. 166 ff (170), 333; Radbruch / Zweigert, Einführung in die Rechtswissenschaft, S. 38. 46 So die gängige Umschreibung, vgl. etwa Flume, FS DJT S. 139 f; Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, § 32 IV 1 S. 396ff; demgegenüber reduziert A.Kaufmann, Recht und Gerechtigkeit, S. 285 das Gebot des suum cuique tribuere auf die austeilende Gerechtigkeit. 47 So von Jhering, Der Zweck im Recht I, S. 108. 44
4S
IV. Drittschutz bei typischerweise gestörter Vertragsparität
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Rechtsgenossen zusammenbestehen kann 48 • Auch aus einem so verstandenen Regelungsziel des § 9 AGBG läßt sich zwar eine verbindliche und konkrete Antwort auf die Ausgangsfrage nicht gewinnen. Zumindest aber untermauert ein solches Verständnis sowohl die bislang festgestellten Schranken der Privatautonomie kraft entgegenstehender Drittinteressen als auch die allgemeine These 49 , wonach potentiell jedes Rechtsgeschäft die Interessen Unbeteiligter beeinträchtigen kann und allein höherrangige Prinzipien eine Reaktion auf die durch das einzelne Rechtsgeschäft bewirkte Drittschädigung verbieten. Einschränkungen der Vertragsfreiheit aufgrund beeinträchtigter Drittinteressen können danach nicht mit dem Hinweis auf die Freiheit der Vertragspartner geleugnet werden; denn deren Freiheit besteht, wie sich nicht erst aus Art. 2 Abs.l GG ergibt, nur insoweit, als sie sich mit der gleichermaßen geschützten Freiheit der von der vertraglichen Regelung betroffenen Dritten vereinbaren läßt. c) Die Plan/unktion des Vertrags schließlich ist in der Begründung des Regierungsentwurfs zum AGBG zwar im Gegensatz zu den beiden anderen Vertragsfunktionen nicht ausdrücklich angesprochen. Nach dem oben unter § 5 II 3, III 2 Gesagten ergibt sich ihre Relevanz gleichwohl aufgrund der Notwendigkeit gesamtwirtscha/tlicher Richtigkeit, zumal sie lediglich eine Veränderung der Perspektive, nicht aber sachliche Abweichungen gegenüber der einzelvertraglichen Sichtweise bedingt. Im einzelnen soll der Wettbewerb eine Wohlstandsoptimierung durch die Entfaltung von Steuerungs-, Anreiz- und Verteilungseffekten herbeiführen 50. Eine Signalwirkung und damit die Auslösung der genannten Funktionsmechanismen kommt zwar nicht dem Einzelvertrag, sondern erst einer Vielzahl von Verträgen zu 51. Wenn aber ein Tatbestand vorliegt, bei dem dem Einzelvertrag typischerweise die Richtigkeitsgewähr fehlt, so führt dies zwangsläufig auch zu einem Versagen des Wettbewerbsmechanismus. Im Rahmen einer Untersuchung über die Kompensation der Beeinträchtigung von Drittinteressen erlangt die Verteilungs/unktion des Wettbewerbs besondere Bedeutung, soll sie doch eine Einkommensverteilung nach der erbrachten Leistung bewirken und somit dem besonders günstig Anbietenden einen entsprechend höheren, leistungsgerechten Gewinn verschaffen. Die leistungsgerechte Entlohnung erfolgt über die Entscheidung des Konsumenten, dem ein durch den Gebrauch seiner Vertragsfreiheit auszuübendes Schiedsrichteramt zukommt. Voraussetzung für die Ausübung dieses Amtes ist freilich die Möglichkeit des Konsumenten, die verschiedenen Leistungen zu bewerten und, aufbauend auf einem Leistungsvergleich, eine freie Entscheidung zugunsten des Vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 351 ff. Vgl. im einzelnen oben unter Ir, IIr. so Vgl. - mit Unterschieden im Detail - Kantzenbach, Die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs, S. 15ff; Kliege, Rechtsprobleme der AGB, S. 108ff; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S.154f; Reuter, Perpetuierung, S.42ff; Säcker, Zielkonflikte, S. 15ff; Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, S. 692. SI Vgl. nur Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 170f. 48 49
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§ 16 Schutz von Drittinteressen als allgemeines Prinzip
- nach seiner Auffassung - besonders günstig Anbietenden zu treffen. Durch die Verwendung von AGB wird dies verhindert, da der Kunde sich um ein Verständnis des Inhalts der AGB nicht bemüht und demzufolge schon gar nicht einen Konditionenvergleich durchführt 52 . Der massenhafte Abschluß von Verträgen unter Verwendung unangemessener AGB führt somit zu einer leistungswidrigen Entlohnung des Verwenders, deren Kehrseite eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung der Wettbewerber des Verwenders ist, die nicht nur keine ihrer Leistung entsprechende Entlohnung erhalten, sondern langfristig aus dem Markt verdrängt werden. Auch der Planfunktion des Vertrags ist somit ein Drittbezug eigen; ihre permanente Verfehlung infolge der Verwendung unangemessener AGB beeinträchtigt die Interessen der Wettbewerber des Verwenders und gebietet deren Schutz 53 •
V. Vereinbarkeit des Schutzes von Drittinteressen mit dem Regelungsziel des AGBG
Der soeben entwickelte Grundsatz, wonach bei typischerweise gestörter Vertragsparität Drittinteressen grundsätzlich unmittelbar zu berücksichtigen sind und zu einer Einschränkung der Vertragsfreiheit führen können, ist nunmehr auf seine Vereinbarkeit mit dem Regelungsziel des AGBG zu überprüfen. f. Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers bei
typischerweise gestörter Vertragsparität
Die Rechtsordnung kann den Vertrag, soweit diesem die Richtigkeitsgewähr typischerweise fehlt, gänzlich durch eine hoheitliche Regelung ersetzen, ihn aber auch einem Erlaubnisvorbehalt oder einer nachträglichen, von der Initiative der Beteiligten abhängigen Kontrolle unterstellen. Welchen Weg auch die Rechtsordnung wählt, stets muß es ihr Ziel sein, die dem Vertrag zukommenden Funktionen, die dieser aufgrund besonderer Umstände verfehlt, mit anderen Mitteln zu erfüllen. Beruht das Fehlen der Richtigkeitsgewähr des Vertrags darauf, daß typischerweise ein Abschleifen der an sich gegensätzlichen Interessen der Vertragsparteien nicht stattfindet, so muß die vom Vertragsmechanismus normalerweise entfaltete Wirkung mit den genannten hoheitlichen Mitteln herbeigeführt werden. Entscheidet sich in diesem Fall die Rechtsordnung für eine Kontrolle des Vertragsinhalts auf dessen Angemessenheit, so ist der Vertrag grundsätzlich daraufhin zu überprüfen, ob sein Inhalt demjenigen entspricht, was bei funktionierendem Vertragsmechanismus von den Vertragsparteien vereinbart worden wäre. Nach dem oben unter 11. Gesagten hätte der unterlegene Vertragspartner zugleich die Interessen der von ihm "repräsentierten" Dritten Vgl. näher oben unter § 11 II 3,4. Zum Kreis der nach § 9 AGBG zu berücksichtigenden Drittinteressen sowie zum Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch nach § 1 UWG vgl. unten unter § 17. 52 53
V. Regelungsziel des AGBG
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gewahrt, die demzufolge im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 AGBG unmittelbar zu berücksichtigen sind, sofern sich nicht aus dem AGBG etwas anderes ergibt. 2. Regelungsziel der § § 9 bis 11 AG BG
Demgegenüber wird dem Gesetzgeber des AGBG vereinzelt unterstellt, er habe mit der einseitigen Ausrichtung der Inhaltskontrolle allein zugunsten des Kunden und nicht auch zugunsten des Verwenders keine "Vertragsgerechtigkeit als Wert an sich" herstellen wollen und damit zugleich auch die grundsätzliche Unerheblichkeit von Drittinteressen signalisiert 54. Damit vergleichbar sind die Stellungnahmen von Kötz s5, Wolj56 und wohl auch SchlosserS?, die zwar einräumen, daß die mißbräuchliche Ausnutzung der einseitig in Anspruch genommenen Vertragsgestaltungsfreiheit zu einer Beeinträchtigung von Drittinteressen führen könne, einer Berücksichtigung derselben im Sinne der Herstellung einer "sachgerechten Vertragsordnung"S8 jedoch den Wortlaut des § 9 Abs.l AGBG entgegenhalten. Die Wiederherstellung umfassender, parteiübergreifender Vertragsgerechtigkeit ist somit nach dieser Auffassung zwar "an sich" geboten, scheitert aber an der im Wortlaut des § 9 AGBG angeblich zum Ausdruck kommenden Entscheidung des Gesetzgebers für eine lediglich "partielle" Vertragsgerechtigkeit. Dem Gesetzgeber wird also zunächst unterstellt, er habe die Problematik einer Beeinträchtigung externer Interessen gesehen; darüber hinaus habe er auch bewußt eine Entscheidung gegen einen Schutz des in seinen Interessen beeinträchtigten Dritten getroffen. Gegenüber dieser Auffassung ist daran zu erinnern, daß es ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs zum AGBGs9 das "vorrangige rechtspolitische Ziel" des Gesetzgebers war, "bei der Verwendung von AGB im rechtsgeschäftlichen Wirtschaftsverkehr dem Prinzip des angemessenen Ausgleichs der beiderseitigen Interessen Geltung zu verschaffen, das nach den Grundvorstellungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Vertragsfreiheit legitimiert; denn deren Funktion besteht darin, durch freies Aushandeln von Verträgen zwischen freien und zur rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung fähigen Partnern Vertragsgerechtigkeit zu schaffen. Der Gesetzentwurf beabsichtigt demzufolge nichts anderes als die durch eine ungebremste Entwicklung im Bereich der AGB gestörte Funktion des privaten Vertragsrechts wiederherzustellen. " Ging es dem Gesetzgeber somit um die Wiederbelebung der Vertrags54 So Hille, Inhaltskontrolle, S. 39 unter Betonung der Ausnahme, daß eine Vertragspartei zur Wahrung von Drittinteressen verpflichtet ist. 55 In: MünchKomm, § 9 AGBG Rdn.11. 56 In: FS Baur, S. 153. 57 In: Staudinger, § 9 AGBG Rdn.37 einerseits, § 9 AGBG Rdn.10, 12, 154 andererseits; zu dieser widersprüchlichen Stellungnahme vgl. bereits oben unter § 13 11 3. 58 So M. Wolf, FS Bauf, S. 153. 59 BT-Drucks. 7/39.19, S. 13.
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§ 16 Schutz von Drittinteressen als allgemeines Prinzip
funktionen, so steht, da sich dieses Ziel mit einer Beschränkung auf die Parteiinteressen nach dem oben unter IV. Gesagten nicht verwirklichen läßt, einer über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehenden Auslegung nichts entgegen. Daß der Wortlaut des § 9 Abs.1 AGBG keinen abweichenden Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringt, belegt auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Die Gesetz gewordene Fassung des § 9 Abs.l AGBG beruht auf einem Vorschlag des Rechtsausschusses 60 , dem zufolge der der heutigen Generalklausel entsprechende § 7 des Regierungsentwurfs 61 abgeändert wurde. Nach der genannten Vorschrift des Regierungsentwurfs sollten Bestimmungen in AGB unwirksam sein, wenn sie die Interessen der an dem Vertrag Beteiligten nicht angemessen ausgleichen. Der Wortlaut dieses Vorschlags hätte über eine extensive, gleichwohl die Grenzen des möglichen Wortsinns nicht überschreitende Auslegung des Begriffs der "Beteiligten" eine Berücksichtigung von Drittinteressen zugelassen 62 . Der Rechtsausschuß begründete den von ihm unterbreiteten Änderungsvorschlag denn auch nicht mit einer denkbaren, aber unerwünschten Öffnung des Regierungsentwurfs für die Berücksichtigung von Drittinteressen. Vielmehr sollte mit dem Gesetz gewordenen Änderungsvorschlag lediglich klargestellt werden, daß eine Kontrolle des Inhalts der AGB zugunsten des Verwenders ausgeschlossen ist 63 . Auch die nunmehr ausdrücklich angeordnete einseitige Ausrichtung der Inhaltskontrolle zugunsten des Kunden und nicht auch zugunsten des Verwenders kann als solche nicht als Beleg für die Unerheblichkeit von Drittinteressen angeführt werden. Eine Inhaltskontrolle auch zugunsten des Verwenders verbietet sich vielmehr bereits aufgrund des Schutzzwecks des AGBB64, dem es darum geht, den Kunden 65 vor der Ausnutzung der vom Verwender einseitig in Anspruch genommenen Vertragsgestaltungsfreiheit zu schützen. Stehen somit Sinn und Zweck des § 9 AGBG einer im Wege der Analogie zu erfolgenden Berücksichtigung von Drittinteressen auf seiten des Kunden nicht entgegen, so kann das Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke als Voraussetzung der Analogie 66 nicht mit dem Hinweis auf die in der Gesetzesbegründung ausdrücklich erwähnten Besonderheiten der "kollektiven Vertragssysteme"67 bestritten werden. Die gegebenenfalls zu beachtenden Gesamtinteres60
BT-Durcks. 7/5412, S. 5.
61 BT-Drucks. 7/3919, S. 5. 62 Hingewiesen sei auf die Abwägungsformel bezüglich § 26 Abs.2 GWB und die dort
anerkannte Ausdehnung des Kreises der "Beteiligten", vgl. oben unter § 14 III. 63 Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/5422, S. 6. Zugleich sollte die negative Fassung des jetzigen § 9 Abs.1 AGBG einen bestimmbaren und damit dem Erfordernis der Rechtssicherheit Rechnung tragenden Maßstab für die Inhaltskontrolle liefern. 64 Näher dazu oben unter § 11 11 3, 4. 6S Nach der hier vertretenen Auffassung außerdem die von dem Kunden bei funktionierendem Vertragsmechanismus "repräsentierten" Dritten. 66 Vgl. statt aller Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 370ff. 67 BT-Drucks. 7/3919, S. 23; dazu oben unter § 10 I.
VI. Zwischenergebnis
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sen der Kunden des Verwenders werden lediglich beispielhaft dafür angeführt, daß die Eigenarten des Vertrags typs innerhalb der Inhaltskontrolle der fraglichen Klausel zu berücksichtigen sind 68. Keineswegs wollte der Gesetzgeber damit die relevanten externen Interessen abschließend benennen, zurnal die Berücksichtigung von Drittinteressen auf seiten des Verwenders eine - im Hinblick auf den Schutzzweck des AGBG begründungsbedürftige - Erweiterung der Vertragsfreiheit zur Folge hat. Es kann somit festgehalten werden, daß der Gesetzgeber namentlich durch die Inhaltskontrollvorschriften das Versagen des Vertragsmechanismus kompensieren wollte. Entsprechend der allgemein demfunktionierenden Vertragsmechanismus zukommenden drittschützenden Wirkung ist deshalb auch im Rahmen der Inhaltskontrolle von AGB die unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen im Grundsatz geboten; diese kommt nicht nur den betroffenen Dritten, sondern auch dem Kunden zugute, der die Unwirksamkeit der fraglichen Klausel unter Umständen erst aufgrund des von den Drittinteressen ausgehenden Verstärkereffekts mit Erfolg geltend machen kann.
VI. Zwischenergebnis Das Versagen des Vertragsmechanismus infolge der Verwendung von AGB kann ebenso wie im Fall einer von vornherein fehlenden Polarität der Interessen der Vertragsparteien die Beeinträchtigung von Drittinteressen zur Folge haben. Dies beruht darauf, daß bei funktionierendem Vertragsmechanismus jeder Vertragspartner zugleich die Interessen der von ihm "repräsentierten" Dritten wahrt. Auf eine entsprechende Verpflichtung des Vertragspartners gegenüber dem Dritten kommt es entgegen der h.M. zum AGB-Recht nicht an; entscheidend ist allein der objektive Gleichlaufzwischen Vertragspartner- und Drittinteressen. Allerdings verbieten die auf Herstellung von Gerechtigkeit und Ordnung sowie auf Verwirklichung von Selbstbestimmung gerichteten Funktionen des Vertrags ebenso wie das Prinzip der Rechtssicherheit, die Bestandskraft sämtlicher vertraglichen Regelungen durch die Geltendmachung von Interessen Dritter in Frage zu stellen. Den Dritten ist die im Einzelfall zu duldende Beeinträchtigung ihrer Interessen auch zumutbar. Erst wenn ein Versagen des Vertragsmechanismus typischerweise festzustellen ist, ist die Rechtsordnung zum Eingreifen aufgerufen. Die danach gebotene Wahrnehmung der dem Vertrag an sich zukommenden, von ihm aber verfehlten Funktionen durch hoheitliche Maßnahmen umfaßt auch den Schutz der typischerweise beeinträchtigten Drittinteressen. Der Bestimmung des Kreises der zu berücksichtigenden Interessen ist der folgende Teil der Arbeit gewidmet.
68
BT-Drucks. 7/3919, S. 23.
Fünfter Teil
Konkretisierung des Drittschutzes § 17 Allgemeine Bestimmung der relevanten Drittinteressen
Das soeben unter § 16 dargestellte allgemeine Prinzip eines Schutzes unbeteiligter Dritter gegen die Auswirkungen eines Versagens des Vertragsmechanismus soll im folgenden für den unter Verwendung von AGB geschlossenen Vertrag konkretisiert werden. Zunächst ist allgemein der Kreis der relevanten Drittinteressen zu bestimmen. Anschließend ist auf das Verhältnis der durch Drittinteressen veranlaßten Außenschranken zu den Innnenschranken der Privatautonomie einzugehen, bevor unter § 18 die Konsequenzen der hier vertretenen Auffassung für einige gebräuchliche Bestimmungen in AGB aufgezeigt werden sollen.
I. Die Innenschranken der Privatautonomie 1. Der Grundsatz
Wie im einzelnen oben unter § 16 11 und V 1 ausgeführt wurde, sorgt der funktionierende Vertragsmechanismus grundsätzlich auch für den Schutz externer Interessen. Da durch die Inhaltskontrolle von AGB das Versagen des Vertragsmechanismus kompensiert werden soll, ist Voraussetzung für eine Berücksichtigung von Drittinteressen innerhalb der §§ 9 bis 11 AGBG die Kausalität der Verwendung von AGB und damit des Versagens des Vertragsmechanismus für die Beeinträchtigung der fraglichen Interessen. Im Rahmen der nach §§ 9 und 10 AGBG vorzunehmenden Interessenabwägung sind auf seiten des Kunden demnach diejenigen rechtlich anzuerkennenden Interessen einzubeziehen, deren Beeinträchtigung bei einem Abschleifen der gegensätzlichen Interessen unterblieben wäre. Damit sind neben den Interessen des Kunden namentlich diejenigen seiner Gläubiger zu berücksichtigen; aber auch alle sonstigen mit den Kundeninteressen gleichlaufenden Drittinteressen, als deren "Hüter" der Kunde bei funktionierendem Vertragsmechanismus unbewußt auftritt, sind in die Abwägung einzubeziehen, so daß auch von ihnen ein entsprechender Verstärkereffekt ausgehen kann. Die Klauselverbote des § 11 AGBG sind auf das Verhältnis des Verwenders zu solchen Dritten anzuwenden, deren Interessen bei funktionierendem Vertragsmechanismus nicht beeinträchtigt worden wären.
I. Die Innenschranken der Privatautonomie
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2. Sonderregelungen
Eine Berücksichtigung der Interessen Dritter im Rahmen der Inhaltskontrolle nach dem AGBG ist insoweit ausgeschlossen, als diese bereits anderweitig abschließend gegen eine Beeinträchtigung durch den fremden Vertrag geschützt werden. Dies gilt namentlich für die Interessen der Wettbewerber des VerwendersI. Zwar erfolgt deren Beeinträchtigung regelmäßig nicht bereits durch die Verwendung unangemessener und deshalb unwirksamer AGB als solche und ist demzufolge auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch 2 in Form eines Verstoßes gegen das AGBG zu beanstanden. Doch beruhen die Gefahren für die Wettbewerber darauf, daß der rechtsunkundige Durchschnittskunde 3 des Verwenders die Unwirksamkeit der AGB typischerweise nicht erkennt und sich deshalb an die vertragliche Regelung gebunden glaubt. Die Folge ist, daß er scheinbare Verpflichtungen und Obliegenheiten erfüllt und von der Geltendmachung ihm an sich zustehender Rechte gegen den Verwender abgehalten wird 4 . Die Verwendung unangemessener AGB verschafft dem Verwender somit unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzung der Rechtsunkenntnis des unerfahrenen Publikums 5 einen Vorsprung gegenüber seinen gesetzestreuen Wettbewerbern und ist aus diesem Grund unlauter 6 • Dagegen können sich die betroffenen Wettbewerber im Wege der U nterlassungsklage gemäß § 13 Abs.2 Nr.1 UWG und damit unabhängig von einem Vorgehen des Kunden gegen die fragliche Klausel wehren 7 • Gegenüber der unmittelbaren Berücksichtigung ihrer Interessen im Rahmen der Inhaltskon1 Die Wettbewerber des Kunden erfahren durch dessen Benachteiligung einen Vorteil und können deshalb hier vernachlässigt werden. 2 Dazu allg. Baumbachj Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 UWG Rdn. 647ff; anderes gilt für Verstöße gegen das Transparenzgebot, vg\. Ulmer j Brandner jHensen, AGBG, § 9 Rdn.47. 3 Vg\. zu diesem Auslegungsmaßstab näher Ulmer jBrandner jHensen, AGBG, § 5 Rdn.16,22fm.w.Nachw. 4 So UlmerjBrandnerjHensen, AGBG, §9 Rdn.47, und UlmerjBrandnerjHensen, AGBG, Ein\. Rdn.45,jeweils unter zutr. Hinweis auf die Rspr. zur Wettbewerbswidrigkeit des Unterlassens der Widerrufsbe\ehrung gern. § 1 a AbzG (jetzt § 7 VerbrKrG) und § 2 HausTWG (vg\. BGHZ 109, 127, 130 = NJW 1990, 181; BGH GRUR 1987, 816, 818; OLG Hamburg WM 1988, 1604, 1605; OLG Stuttgart WM 1988, 1607, 1608). 5 Dazu allg. Baumbachj Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 UWG Rdn.21; dazu, daß auch insoweit das UWG neben dem Schutz des Kunden dem Schutz der Wettbewerber dient, vg\. dens., aaO, Ein\. UWG Rdn. 41ff, 114f. 6 Vg\. neben den Nachw. in Fn.4 noch MünchKomm-Gerlach, § 13 AGBG Rdn.84; Löwe jvon WestphalenjTrinkner, AGBG, § 13 Rdn.57; Martinek, BB 1989, 1289; aus der Rspr. OLG Stuttgart BB 1987, 2394. 7 Darüber hinaus stehen ihnen gegebenenfalls Ansprüche gern. § 26 Abs. 2, 4 GWB zu. Zur kartellbehördlichen Aufsicht über die AGB marktbeherrschender Unternehmen nach §22 Abs.4 S.2 Nr.2 GWB vg\. ImmengajMestmäckerjMöschel, GWB, §22 Rdn.172; Ulmer j Brandner j Hensen, AG BG, Ein\. Rdn.56; zur Kontrolle über Konditionenkartelle und -empfehlungen vg\. Schirmers, Konditionenempfehlungen, kartellrechtliche Kontrolle und AGB-Gesetz, passim; UlmerjBrandnerjHensen, AGBG, Ein\. Rdn.54ff.
12 Habersack
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§ 17 Allgemeine Bestimmung der relevanten Drittinteressen
trolle nach dem AGBG hat die Geltendmachung der wettbewerbs rechtlichen Ansprüche durch die Wettbewerber des Verwenders für diese zwar den Nachteil, daß insoweit ihre Interessen keinen Verstärkereffekt entfalten, der Unterlassungsanspruch also nur Erfolg hat, wenn die Klausel auch unabhängig von der Beeinträchtigung der Wettbewerberinteressen unwirksam ist. Doch liegt dieses Rechtsschutzdefizit in der gesetzlichen Trennung zwischen AGB-spezifischer Vertragsgerechtigkeitskontrolle einerseits, umfassender Marktverhaltens- und ergebniskontrolle andererseits begründet. Eine Einbeziehung des zweitgenannten Kontrollaspekts würde diesem gesetzlichen Trennungssystem zuwiderlaufens. Die Ausklammerung der Interessen der Wettbewerber des Verwenders beschränkt sich allerdings entsprechend dem Schutzzweck des UWG auf die durch den leistungswidrig erzielten Vorsprung des Verwenders bedingten allgemeinen Wettbewerbsnachteile. Nur insoweit, als das Gebot des par condicio concurrentium verletzt ist, verdrängt der allgemeine wettbewerbsrechtliche Schutz den spezifischen Drittschutz nach dem AGBG. Im übrigen aber steht der Umstand, daß der Träger der beeinträchtigten Interessen ein Wettbewerber des Verwenders ist, dem Eingreifen des AGB-rechtlichen Schutzes nicht entgegen. Demnach sind beispielsweise im Rahmen der Beurteilung von Sicherungsklauseln die Befriedigungsinteressen der sonstigen Gläubiger des Kundt;n auch dann zu berücksichtigen, wenn deren Träger Wettbewerber des Verwenders sind, sofern nur die Verwendung von AGB kausal für die Beeinträchtigung der genannten Interessen ist 9 • 11. Die Au8enscbranken der Privatautonomie 1. Fehlende Kausalität des Versagens des Vertragsmechanismus
a) Die durch das Versagen des Vertragsmechanismus bedingten Begrenzungen der Vertragsfreiheit und somit auch das AGBG gehören zur Kategorie der Innenschranken der Privatautonomie 10 • Dagegen sind die oben unter §§ 6 und 7 dargestellten Formen der Beeinträchtigung von Drittinteressen den Außenschranken der Privatautonomie zuzuordnen. Den einschlägigen Verträgen fehlt aufgrund des allenfalls abgeschwächten, wenn nicht gar fehlenden Interessengegensatzes die Gewähr der Richtigkeit. Da der Vertragsmechanismus aber ohnehin nur ein Abschleifen gegensätzlicher Interessen bewirkt, jedenfalls aber in bezug auf die Interessen des Dritten eine Polarität der Vertragspartnerinteressen gerade nicht besteht, ist die Verwendung von AGB und damit das Versagen 8 So zutr. Hart / Joerges, Nachfragepraktiken von Verbrauchergroßmärkten, S. 111 f, die freilich auch darüber hinaus eine unmittelbare Einbeziehung von Drittinteressen ablehnen. 9 Vgl. zu Sicherungsklauseln unten unter § 18 II 1. 10 Dazu oben unter § 1 II.
11. Die Außenschranken der Privatautonomie
179
des Vertragsmechanismus regelmäßig nicht kausal für die nachteilige Veränderung der Rechtslage des Dritten. Abweichendes gilt allerdings in bezug auf die Vereitelung von Ansprüchen Dritter gegen den Kunden durch einen damit kollidierenden Vertragsschluß des Verwenders. Zu dieser Form der Forderungsvereitelung kommt es bei bestehender Parität der Vertragspartner nur ausnahmsweise, nämlich bei kollusivem Zusammenwirken der Parteien oder ähnlichen Fallgestaltungen; typischerweise bewirkt der Vertragsmechanismus dagegen auch insoweit einen Schutz des Dritten, so daß die Kausalität der Verwendung von AGB für die Vereitelung von Ansprüchen Dritter gegen den Kunden zu bejahen istlI. Demzufolge sind aus dem Bereich der Außenschranken der Privatautonomie jedenfalls diejenigen Drittinteressen, zu deren Wahrung der unterlegene Vertragspartner verpflichtet ist, im Rahmen der Inhaltskontrolle von AGB zu berücksichtigen. b) Aber auch soweit die Verwendung von AGB nicht kausal für die Beeinträchtigung von Drittinteressen ist, wie dies - mit Ausnahme der soeben genannten Fälle der Forderungsvereitelung - für die Außenschranken der Privatautonomie anzunehmen ist, steht der Entfaltung eines von den beeinträchtigten Drittinteressen ausgehenden Verstärkereffekts nichts entgegen. Denn wie die Vorverlagerung der Inhaltsschranken durch das AGBG beruhen auch die oben unter §§ 6 und 7 dargestellten Außenschranken der Privatautonomie auf derfunktionswidrigen Verwendung des Instituts. In beiden Fällen ist eine Inhaltskontrolle des Vertrags im Wege einer Abwägung der betroffenen Interessen nach dem Prinzip des verhältnismäßigen Ausgleichs geboten. Diese Parallelität der Kontrollverfahren rechtfertigt eine Berücksichtigung auch der Außenschranken der Privatautonomie innerhalb der Vorschrift des § 9 AGBG. Selbst wenn man den Außenschranken durch eine selbständige Kontrolle außerhalb des AGBG Rechnung tragen wollte, hätte dies keine Erweiterung der Vertragsgestaltungsfreiheit des Verwenders zur Folge. In diesem Fall dürfte nämlich die fragliche Klausel nicht isoliert an §§ 9 bis 11 AGBG einerseits, den allgemeinen Schranken der Vertragsfreiheit kraft entgegenstehender Drittinteressen 12 andererseits, überprüft werden. Vielmehr hätte die Vertragskontrolle dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Innenschranken der Privatautonomie der Vertragsfreiheit besondere, über die Außenschranken hinausgehende Grenzen ziehen, die die Geltung der allgemeinen Außenschranken auch bei gestörter Vertragsparität unberührt lassen. Die Innenschranken gehen mit anderen Worten über die Außenschranken hinaus, indem sie die allgemeinen Schranken der Privatautonomie ausdehnen, um einem aus der Unterlegenheit einer Partei folgenden besonderen Schutzbedürfnis Rechnung zu tragen. Demzufolge wäre die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts aufgrund einer Gesamtbetrachtung desselben zu erfassen, so daß sich entsprechend der Kontrolle nach 11 12
12*
Vgl. oben unter § 6 III 2, § 16 II 2 c. Dazu oben unter § 6 IV, § 7 IV.
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§ 17 Allgemeine Bestimmung der relevanten Drittinteressen
§ 138 13 die Unwirksamkeit gerade aus einer Kumulierung der betroffenen Kunden- und Drittinteressen ergeben kann. Einem Rechtsgeschäft, das im Hinblick auf die unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung von Drittinteressen bestehenden Außenschranken noch wirksam ist, kann folglich aufgrund der zusätzlich eingreifenden Innenschranken die Anerkennung zu versagen sein.
2. Sonderregelungen
Auch die Berücksichtigung der Außenschranken der Privatautonomie innerhalb des § 9 AGBG ist ausgeschlossen, soweit das Gesetz bereits anderweitige, abschließende Regelungen zum Schutz betroffener Dritter enthält. Solche sind in bezug auf Wettbewerbsbeschränkungen in den Bestimmungen des GWB enthalten, von denen im Hinblick auf Vereinbarungen in AGB namentlich diejenigen der §§ 15 ff GWB über vertikale Wettbewerbsbeschränkungen einschlägig sind. Auch für die lediglich einer kaitellbehördlichen Mißbrauchskontrolle unterstehenden Beschränkungen der Abschluß- und Verwendungsfreiheit gern. § 18 GWB14 bedeutet dies, daß deren Kontrolle nach dem AGBG auf Einschränkungen der Freiheit des Gebundenen beschränkt ist. Eine Einbeziehung externer Interessen würde die gesetzgeberische Entscheidung für eine behördliche Mißbrauchsaufsicht, mittels derer den ambivalenten Wirkungen vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen durch entsprechende Fachkompetenz Rechnung getragen werden soll, unterlaufen 15.
Dazu oben unter § 14 I 1. Gleiches gilt für die Fälle der Mißbrauchsaufsicht nach § 17 GWB. IS SO Langen/ Niederleithinger / Ritter / Schmidt, GWB, § 18 Rdn.198; Erman/ Brox, § 138 Rdn.97; Lammei, AcP 189 (1989), 267f; grundsätzlich auch Immenga/ Mestmäcker / Emmerich, GWB § 18 Rdn.277f, und Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdn.439, jeweils unter Ausklammerung einer Anwendung des § 826 oder des § 1 UWG; a.A. namentlich Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 216ff. Aus der Rspr. im Erg. auch BGHZ 83, 313, 315ff = NJW 1982, 1692; BGH NJW-RR 1989,800,801 = OB 1989, 1620. 13
14
§ 18 Konsequenzen für das unter § 13 dargestellte Fallmaterial I. Allgemeines
1. Mit der hier vertretenen Öffnung der §§ 9 bis 11 AGBG für die Berücksichtigung von Drittinteressen ist im Grundsatz eine Ausdehnung der Innenschranken der Privatautonomie verbunden. Die unmittelbare Berücksichtigung externer Interessen führt dazu, daß diese in der zur Kontrolle der fraglichen Klausel aufzustellenden Bilanz der abzuwägenden Interessen ein Übergewicht zugunsten der Kundenseite bewirken und damit zur Unwirksamkeit einer andernfalls noch angemessenen Klausel führen können 1. Allgemeine Grundsätze für die Bewertung der im einzelnen betroffenen Drittinteressen lassen sich nur schwer aufstellen; doch ist diese Schwierigkeit mit jeder Interessenabwägung und unabhängig vom Kreis der zu berücksichtigenden Interessen verbunden. Bedeutsame Gewichtungsfaktoren sind der Grad der Konkretisierung des Drittinteresses sowie dessen "Nähe" zum Vertragsinhalt, d. h. das Verhältnis des Inhalts des Vertrags zu der betroffenen Rechtsposition des Dritten. Der beispielsweise einer Globalzession oder einem Zessionsverbot eigene Drittbezug führt demzufolge, entsprechend der Praxis zu § 138 Abs.1, zu einer Bedeutungszunahme der Drittinteressen innerhalb der Interessenabwägung. Demgegenüber ist das allgemeine Interesse aller Gläubiger des Kunden an einem günstigen Vertragsschluß des letzteren regelmäßig zu vernachlässigen; insoweit dominieren die konkreten Kundeninteressen. Dies bedeutet, daß innerhalb der nach § 10 AGBG vorzunehmenden Interessenabwägung den Drittinteressen allenfalls in Ausnahmefällen ein beachtlicher Verstärkereffekt zukommt. 2. Darüber hinaus wird der von den Drittinteressen entfaltete Verstärkereffekt dadurch relativiert, daß auch die bisherige Praxis der AGB-Kontrolle in einer Reihe von Fällen mittels einer Überbetonung der Interessen des Kunden zu einer verdeckten Berücksichtigung externer Interessen ge1angt 2 • Dies ist namentlich bei der Überprüfung von Sicherungsklauseln zu beobachten 3 . Aber auch die vor Erlaß des AGBG praktizierte, auf § 138 Abs.1 gestützte Kontrolle formularmäßiger Globalzessionen erfolgte, wie namentlich Esser4 zutreffend Vgl. näher oben unter § 12 III. Vgl. dazu bereits oben unter § 12 UI a.E.; zur Rechtsprechungspraxis oben unter §13I1. 3 Etwa BGHZ 98, 303, 308, 309, 310 = NJW 1987,487, dazu oben unter § 13 I 2 a. 4 In: ZHR 135 (1971), 335ff; dazu näher oben unter 7 I 2; vgl. auch Schmidt-Salzer, NJW 1971, 1129, der ausdrücklich darauf hinweist, daß die Kontrolle von Sicherungsver1
2
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§ 18 Konsequenzen für das unter § 13 dargestellte Fallmaterial
betont, in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der institutionellen Schranken der Privatautonomie aus dem ordre public economique; über die Generalklausel des § 138 Abs.1 wurde die fehlende Richtigkeitsgewähr des unter Verwendung von AGB geschlossenen Vertrags am Maßstab der Funktionsfähigkeit des Warenverkehrs ausgeglichen. Ein angemessener Ausgleich der widerstreitenden Sicherungsinteressen, nicht die Sicherung eines rechtsethischen Minimums war das Bestreben dieser Rechtsprechung. Angesichts der gleichfalls auf einen angemessenen Interessenausgleich gerichteten Schutzrichtung des § 9 AGBG hat dessen Anwendung somit bezüglich der Kontrolle von Sicherungsklauseln nicht zwingend eine Verschärfung des Kontrollmaßstabs zur Folges. 11. Einzelfälle
Abschließend seien anhand des oben unter § 13 III dargestellten Fallmaterials einige Konsequenzen der hier befürworteten Berücksichtigung externer Interessen aufgezeigt. j.
Sicherungsklauseln
a) Die von atypischen Sicherungsgeschäften ausgehenden Gefahren für die sonstigen Gläubiger des Sicherungsgebers beruhen, wie im einzelnen oben unter § 7 III 1 c ausgeführt wurde, auf dem fehlenden Gleichlauf zwischen den Interessen des Sicherungsgebers und den Gläubigerinteressen. Etwaige Einschränkungen der Vertragsfreiheit sind somit dem Bereich der Außenschranken der Privatautonomie zuzuordnen. Deren Berücksichtigung innerhalb der §§ 9 bis 11 AGBG hat Konsequenzen für zwei verbreitet anzutreffende Sicherungsklauseln, nämlich zum einen die unbedingte Sicherungsübereignung, zum anderen der verlängerte Eigentumsvorbehalt. Beide werden von der höchstrichterlichen Rechtsprechung 6 sowie der h.L. 7 in konsequenter Beschränkung auf interne Interessen bereits dann anerkannt, wenn der Verwender der Gefahr einer einbarungen nach § 9 AGBG nicht zwangsläufig eine Verschärfung gegenüber der Praxis zu § 138 Abs.l zur Folge hat. 5 Dies gilt namentlich für die Rechtsprechung zur Globalzession, vgl. oben unter § 7 11 1 c sowie BGHZ 98, 303, 314 (dazu auch oben unter § 13 I 2 a) und BGH NJW 1990,716, 718, wo das Gericht nicht mehr ausdrücklich das Verbot sittenwidriger Verträge anwendet. 6 BGH NJW 1984, 1184, 1185f(Sicherungsübereignung) und BGHZ 94,105, 110fT = NJW 1985, 1836 (Eigentumsvorbehalt); vgl. dazu bereits oben unter § 13 I 2 a. Vgl. auch BGH ZIP 1990, 1541, 1542: Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß Sicherungs· übereignungen stets durch den Sicherungszweck bedingt sind. 7 So zur unbedingten Sicherungsübereignung Dimer j Brandner jHensen, AGBG, Anh. §§ 9-11 Rdn.658 c; Palandtj Heinrichs, § 9 AGBG Rdn. 129; Ermanj H.Hefermehl, § 9 AGBG Rdn.313; Künzel, BB 1985, 1884; Soergelj Stein, § 9 AGBG Rdn.l06; a.A. MünchKomm-Quack, Anh. §§929-936 Rdn.122, 124; WoifjHornjLindacher, AGBG, § 9 Rdn. S 112; ders., FS Baur, S.159fT. Vgl. zum verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt Dlmerj Brandnerj Hensen, AGBG, Anh. §§9-11 Rdn.656, 658; Ermanj H.Hefermehl, § 9 AGBG Rdn.183; Palandtj Heinrichs, § 9 AGBG Rdn. 78;
11. Einzelfalle
183
Übersicherung durch die Aufnahme von schuldrechtlichen Freigabeklauseln, die durch rechtsgeschäftliche Rückübertragung des Sicherungsgutes (Gegenstand der Sicherungsübereigung bzw. sicherungshalber abgetretene Forderungen) zu erfüllen sind, vorbeugt. Bezieht man demgegenüber mit der hier vertretenen Auffassung auch externe Interessen, namentlich diejenigen der Gläubiger des Kunden, in die Abwägung ein, so ist entsprechend den Grundsätzen zur Wirksamkeit der Globalzession 8 allein eine dingliche Ausgestaltung der Freigabe übermäßiger Sicherheiten angemessen 9 • Im Gegensatz zur Gewährung eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Rückgabe der Sicherheiten hat die auflösend bedingte Sicherungsübertragung nämlich zur Folge, daß dem Sicherungsgeber - entsprechend der Position des Vorbehaltskäufers - ein Anwartschaftsrecht bezüglich des Sicherungsgutes zusteht 10, auf das seine Gläubiger bereits vor Bedingungseintritt zugreifen können 11. Demgegenüber sind der Sicherungsgeber sowie seine Gläubiger im Falle unbedingter Sicherungsübertragung auf die klagweise Geltendmachung bzw. Pfandung des Rückübertragungsanspruchs verwiesen, deren Erfolg zudem davon abhängt, daß dem Sicherungsnehmer keine weiteren konnexen Forderungen gegenüber dem Sicherungsgeber zustehen, die über das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 praktisch eine endlose Aussonderung des Sicherungsgutes aus dem Vermögen des Sicherungsgebers zur Folge hätten. Schließlich schützt allein die bedingte Sicherungsübertragung den Sicherungsgeber sowie dessen Gläubiger vor einer Vereitelung des Rückerwerbs des Sicherungsgutes, indem vertragswidrige Zwischenverfügungen nach § 161 Abs.2 mit Bedingungseintritt für unwirksam erklärt werden. Die unbedingte Sicherungsübertragung verkürzt nach allem entgegen dem auch für die Sicherungsübereignung maßgebenden Leitbild des § 455 12 die einschränkend Woif/Horn/Lindacher, AGBG; § 9 Rdn.E 42, S 102 (schuldrechtliche Freigabeklausel genügt nur, um zufällig und ungeplant oder nachträglich eintretende Übersicherung abzubauen). 8 Vgl. dazu statt aller Baur, Sachenrecht, § 59 VI, S. 604ff. 9 So auch M. Wolf, FS Baur, S. 159ff, der allerdings die Interessen der Gläubiger des Sicherungsgebers lediglich mittelbar berücksichtigen will (dazu näher oben unter § 13 11 1); ferner MünchKomm-Quack, Anh. §§ 929- 936 Rdn. 122. Zur Zulässigkeit der unbedingten Sicherungsgrundschuld vgl. zutr. M. Wolf, aaO S. 162 Fn. 59. 10 BGH NJW 1972, 159, 160; Palandt/ Heinrichs, Vor § 158 Rdn. 9. 11 BGH NJW 1954, 1352ff; näher zu den Einzelfragen Brox/ Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rdn.807ff. Dieses Zugriffs- und Verwertungsinteresse trat in der maßgebenden Entscheidung des BGH zur Zulässigkeit der unbedingten Sicherungsübereignung (BGH NJW 1984, 1184, 11851) deutlich in Erscheinung, wo das Gericht die Drittwiderspruchsklage des vermeintlichen Anwartschaftsberechtigten abwies und im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle der unbedingten Sicherungsübereignung die Interessen der sonstigen Gläubiger des Sicherungsgebers (also insbesondere diejenigen des Klägers) nicht erwähnte; statt dessen beschränkte es sich anläßlich der Abwägung der Interessen der "an Geschäften dieser Art normalerweise Beteiligten" auf diejenigen der Vertragsparteien. 12 Die Leitbildfunktion des§ 455 wird verneint von BGH NJW 1984, 1184, 1186, dessen Hinweis auf § 223 Abs.2, demzufolge der Gesetzgeber die unbedingte Sicherungsübertra-
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§ 18 Konsequenzen für das unter § 13 dargestellte Fallmaterial
Rechtsstellung der Betroffenen, ohne daß dem ein annähernd gleichwertiges Interesse des Sicherungsnehmers an Klarheit bezüglich der Rechtsinhaberschaft 13 gegenüber steht. Anerkennt man, daß die Auswirkungen einer unbedingten Sicherungsübertragung vertragspartnerübergreifend sind, so führt jedenfalls die Einbeziehung der Gläubigerinteressen zur Unangemessenheit der fraglichen Klauseln. Daß die gegenteilige Auffassung des BGH auf der unzutreffenden - Prämisse beruht, § 9 AGBG gebiete eine Beschränkung auf Vertragspartnerinteressen, läßt sich im übrigen unmißverständlich den Gründen der Entscheidung zur Zulässigkeit des verlängerten Eigentumsvorbehalts mit lediglich schuld rechtlicher Freigabeklausel entnehmen. Danach reicht - im Unterschied zu den strengeren Maßstäben für die Regelung der Freigabe bei der Globalabtretung künftiger Kundenforderungen an eine Bank - die schuldrechtliche Freigabeklausel aus, "um im Verhältnis zwischen Lieferanten und Abnehmer eine im Sinne von § 9 AGBG unangemessene Beeinträchtigung zu verhindern"14. Mit dieser verkürzten Sichtweise aber bleibt das Gericht auf halbem Weg stehen. Maßgebend ist vielmehr, ob im Verhältnis zwischen Verwender einerseits, Abnehmer und sonstigen Lieferanten andererseits ein angemessener Interessenausgleich verwirklicht ist. Dies aber vermag allein eine auflösend bedingte Sicherungsübertragung zu bewirken. b) Mit der Pfandklausel soll für den Fall, daß der Pfandgegenstand nicht dem Kunden gehört, ein gutgläubiger Erwerb des Pfandrechts ermöglicht werden. Die Klausel kann demzufolge zu einer Beeinträchtigung der Interessen des mit dem Kunden nicht identischen Eigentümers führen. Da die fraglichen Klauseln nicht auf die Eigentumsverhältnisse an dem Pfandgegenstand, sondern allein auf den Gewahrsam des Kunden an dem jeweiligen Gegenstand abstellen und deshalb auch kundeneigene Gegenstände erfassen 15, wäre es bei funktionierendem Vertragsmechanismus zu einer entsprechenden Vereinbarung nicht ohne weiteres gekommen. Die Beeinträchtigung der Drittinteressen beruht somit auf dem Versagen des Vertragsmechanismus und gehört deshalb zu den Innenschranken der Privatautonomie l6 . Hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit solcher Klauseln ist zu differenzieren: gung zugelassen hat, außer Acht läßt, daß § 9 AGBG nicht am Maßstab des noch Zulässigen, sondern an demjenigen des Angemessenen orientiert ist; wie hier im Grundsatz WoiffHornfLindacher, AGBG, §9 Rdn. S 112; ders., FS Baur, S.161f. 13 Dieses Interesse ist auch im Falle des Eigentumsvorbehalts tangiert, vom Gesetzgeber aber dem Sicherungs- und Verwertungsinteresse des Käufers und dessen Gläubigem untergeordnet worden. 14 BGHZ 94,105,115 = NJW 1985, 1836 (Hervorhebungvom Verfasser); vgl. auch die Ausführungen in Fn. 11. 15 Vgl. oben unter § 13 III 1 b. 16 Die Ausführungen oben unter § 7 III 1 zur fehlenden Richtigkeitsgewähr von Sicherungsgeschäften beziehen sich ausschließlich auf atypische, dem Publizitätsprinzip widersprechende Sicherungsvereinbarungen. - M. Wolf, FS Baur, S. 155 Fn. 40, verneint sogar eine mittelbare Berücksichtigung der Eigentümerinteressen, da deren Beeinträchtigung nicht zugleich den Kunde benachteilige.
11. Einzelfälle
185
aa) Begründet die Pfandklausel, wie beispielsweise § 50 lit. a n.F. ADSp, in den Fällen des § 366 Abs.1 und 3 HGB die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines Vertragspfandrechts, so sind relevante Drittinteressen grundsätzlich nicht betroffen. Denn da der Verwender ohnehin ein gesetzliches Pfandrecht gutgläubig erwerben kann, werden die Interessen des Eigentümers durch den gutgläubigen Erwerb des vertraglichen Pfandrechts nicht stärker beeinträchtigt als im Falle eines Vertragsschlusses unter Verzicht auf die fraglichen AGB. Dagegen haben die Interessen des mit dem Kunden nicht identischen Eigentümers in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH17 die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge, wenn diese das Pfandrecht an kundenfremden Gegenständen entgegen den Vorschriften der §§ 397, 404, 410, 421 und 440 HG B i. Y.m. § 366 HGB auf inkonnexe Forderungen erstreckt. bb) Führt die Klausel, wie etwa Ziffer 19 Abs.2 Banken-AGB, auch im Verhältnis zwischen Kunden und Verwender zur Entstehung eines über die gesetzlichen Pfandrechte hinausgehenden vertraglichen Pfandrechts, so wird dadurch an sich lediglich die nach § 1207 BGB bestehende Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines Pfandrechts realisiert. Entgegen der Auffassung von Tiedtke 18 steht der Wirksamkeit der Klausel nicht entgegen, daß es infolge der formularmäßigen Bestellung des Pfandrechts an der ausdrücklichen oder stillschweigenden Erklärung des Kunden fehlt, die Sache gehöre ihm. Eine solche Erklärung gehört nicht zum Tatbestand des § 1207 i. V.m. §§ 932 ff; Grundlage des gutgläubigen Erwerbs ist nach diesen Vorschriften vielmehr das berechtigte Vertrauen des Erwerbers auf die durch den Besitz dokumentierte Berechtigung des Verpfänders 19. Folge derformularmäßigen Pfandrechtsbestellung ist allerdings, daß die Legitimationskraft des Besitzes abgeschwächt wird und damit die Gutgläubigkeit des allein auf die Besitzlage vertrauenden Erwerbers entfallen kann. An die Gutgläubigkeit des Verwenders werden deshalb zu Recht hohe Anforderungen gestellt 20 • Bedenken gegen die Wirksamkeit namentlich der Pfandklausel in Ziffer 19 Abs.2 Banken-AGB ergeben sich jedoch aus einer Reihe sonstiger Gesichtspunkte. So haftet der Pfandgegenstand nach dem Wortlaut der Klausel auch dann, wenn die Bank nicht im Vertrauen auf die Sicherheit disponiert hat, etwa in dem Fall, daß die zu sichernde Forderung bereits vor Erlangung des Gewahrsams an den kundenfremden Gegenstand bestand. Des weiteren ist es nicht ausgeschlossen, daß die zu sichernde Forderung erst entsteht, nachdem die Bank Kenntnis von der fehlenden Berechtigung des Kunden erlangt hat 21 • Schließlich 17 BGHZ 17, 1, 3ff = NJW 1955, 1145; BGH NJW 1963, 2222f; näher dazu oben unter § 13 I 3 a. 18 In: Gutgläubiger Erwerb, S. 75f, 78f. 19 So i.E. auch Canaris, Bankvertragsrecht3 , Rdn. 2665; vgl. auch BGHZ 77, 274, 276f = NJW 1980,2245 zur Bösgläubigkeit infolge eines Zessionsverbots in den Einkaufsbedingungen, dazu oben unter § 13 III 2. 20 Canaris, Bankvertragsrecht3 , Rdn. 2667; Werhahn/ Schebesta, AGB und Sonderbedingungen der Banken, Rdn. 2481.
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§ 18 Konsequenzen für das unter § 13 dargestellte Fallmaterial
ermöglicht es Satz 2 der fraglichen Pfandklausel der Bank, dem Zedenten eine Sicherheit für dessen ungesicherte Forderung zu verschaffen. In diesen Fällen fehlt es jeweils an einem anerkennenswerten Interesse der Bank am Erwerb eines Pfandrechts. Dies räumt zwar auch Canaris 22 ein. Die von ihm insoweit befürwortete restriktive Auslegung der Pfandklausel ist allerdings mit der durch das AGBG eingeführten offenen Inhaltskontrolle sowie der Betonung der Formulierungsverantwortung des Verwenders nicht vereinbar 23 . Da die genannten Fälle keinesfalls lediglich Sonderfälle betreffen 24 und deshalb die Bedenken gegen die Klausel auch im Wege "vernünftiger" Auslegung 25 nicht ausgeräumt werden können, setzt sich die Pfandklausel unverhältnismäßig über die berechtigten Interessen des mit dem Kunden nicht identischen Eigentümers hinweg und ist deshalb unwirksam 26 . cc) Eine dritte Fallgruppe betrifft schließlich die Fälle, in denen dem Verwender an den kundeneigenen Gegenständen ein gesetzliches Pfandrecht zusteht und ein gutgläubiger Erwerb des gesetzlichen Pfandrechts nach h.M.27 nicht möglich ist, dem Verwender typischerweise aber bereits kraft Gesetzes ein Ausgleichsanspruch gegenüber dem Eigentümer des Pfandgegenstands zusteht. Paradigma dieser Fallgruppe ist die regelmäßig in Reparaturbedingungen enthaltene Ersetzung des gesetzlichen Pfandrechts des Werkunternehmers nach § 647 durch ein Vertragspfandrecht. Im Zusammenhang mit der Überprüfung solcher Klauseln nach § 138 Abs.1 wurde zwar zu Recht darauf hingewiesen, daß diese überhaupt nur für den Fall Bedeutung erlangen können, daß Eigentümer des Pfandgegenstands nicht der Kunde ist; denn andernfalls erlangt der 21 Vgl. § 1204 Abs.2 und dazu BGHZ 86,300,310; MünchKomm-Damrau, § 1204 Rdn. 22; Palandtj Bassenge, § 1207 Rdn. 3. 22 In: Bankvertragsrecht3, Rdn. 2666, 2672; vgl. auch BaumbachjDudenj Hopt, HGB, AGB-Banken Ziffer 19 Anm. 2 D. 23 Vgl. im einzelnen UlmerjBrandnerjHensen, AGBG, § 5 Rdn. 40f. 24 Vgl. Ulmer j Brandner jHensen, AGBG, Anh. §§ 9-11 Rdn. 660; vgl. aber auch BGH ZIP 1991, 1054, 1056 zur Abtretung des Anspruchs an den Verwender. 2S Dazu Ulmer j Brandner j Hensen, AG BG, § 5 Rdn. 26, 41. Anderes gilt für die Beschränkung der Pfandklausel auf im bankmäßigen Geschäftsverkehr erworbene F orderungen, so zutr. BGH NJW 1981,756; 1983,2701; ZIP 1987, 829, 831. 26 So i.E. auch OLG Hamburg MDR 1970, 422f; Tiedtke Gutgläubiger Erwerb, S. 78f; vgl. auch Jauernig, BGB, § 1257 Anm. 2 a, der allerdings - unter Berufung aufBGHZ 93, 71,75 - die Klausel restriktiv in dem Sinn auslegen will, daß von ihr nur kundeneigene Gegenstände erfaßt werden (s. dazu den Text zu Fn. 23). Für grundsätzliche Wirksamkeit der Klausel dagegen etwa BGH NJW 1983,2701,2702 (allerdings nicht ausdrücklich zur Erstreckung auf kundenfremde Gegenstände); Canaris, Bankvertragsrecht3, Rdn. 2665; Werhahnj Schebesta, AGB und Sonderbedingungen der Banken, Rdn. 248; Ulmer j Brandner j Hensen, AGBG, Anh. §§ 9-11 Rdn. 660; MünchKomm-Damrau, § 1207 Rdn. 8; Staudinger j Wiegand, Anh.§ 1257 Rdn. 9; Wolfj Hornj Lindacher, AGBG,§ 9 Rdn. P6; wohl auch Staudinger j Schlosser, § 9 AGBG Rdn. 184. - Zu fragwürdigen Ersatzkonstruktionen der Rechtsprechung vgl. etwa BGH ZIP 1990, 1463, 1464f: Schutz des Treugebers über § 826 BGB. 27 St. Rspr. vgl. BGHZ 87, 274, 280 m.w.Nachw.
11. Einzelfälle
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Verwender bereits durch das gesetzliche Pfandrecht eine gleichwertige Sicherung 28 . Solch "geplanter Erwerb kraft Rechtsscheins"29 greift massiv in Rechte Dritter ein 30 • Für die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG spielt der Umstand, daß die Klausel angesichts der Vorschrift des § 647 allein den Zweck hat, ein Pfandrecht auch an kundenfremden Gegenständen zu begründen, indes keine Rolle. Da die Pfandklausel umfassend formuliert ist, also - überflüssigerweise - auch den Fall erfaßt, daß der Kunde Eigentümer des Pfand objekts ist, ist sie somit auch mit diesem Inhalt der Kontrolle zu unterziehen 3 !. Für die Wirksamkeit der fraglichen Klausel könnte aber sprechen, daß dem Werkunternehmer ohnehin ein Anspruch auf Verwendungsersatz gemäß §§ 994 ff und damit auch ein gesetzliches Befriedigungsrecht nach § 1003 zustehen 32, und demzufolge der Eigentümer in begrenztem Umfang auch unabhängig von einem Pfandrecht zum Ersatz der Verwendungen verpflichtet ist. Doch wird durch die Pfandklausel die gesetzliche Haftung des Eigentümers sowohl umfangmäßig als auch in bezug auf den Durchsetzungsmodus verschärft 33 . Während nämlich nach § 1003 i. V. m. §§ 994 ff der Verwendungsersatzanspruch, von notwendigen Verwendungen abgesehen, davon abhängig ist, daß die Vornahme der Verwendungen dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers entspricht und zudem die Werterhöhung im Zeitpunkt des Herausgabeverlangens fortbesteht, führt das Pfandrecht zu einer Haftung des Gegenstands für die gesamte Forderung auch unabhängig von den genannten Voraussetzungen des Verwendungsersatzanspruchs. Des weiteren ermöglicht allein das Pfandrecht gemäß § 1233 eine titelunabhängige Verwertung, während eine Verwertung nach § 1003 gemäß dessen Abs.2 regelmäßig eine rechtskräftige Feststellung des Betrags der Verwendungen voraussetzt. Diese Defizite des Verwendungsersatzanspruchs beruhen aber auf der gesetzgeberischen Abwägung zwischen dem Befriedigungsinteresse des Unternehmers einerseits, dem gegenläufigen Interesse des Eigentü28 So zutr. Picker, NJW 1978, 1417. Darüber hinaus ermöglicht das vertragliche Pfandrecht zwar auch in bezug auf kundeneigene Gegenstände eine Erweiterung der Haftung auf sonstige Forderungen des Verwenders (vgl. AK-BGB-Reich, § 1207 Rdn.8); doch ist diese Regelung unabhängig von der hier allein interessierenden Bestimmung des Pfandobjekts. 29 So treffend Gernhuber, Bürgerliches Recht, § 26 IV 1 b S. 241. 30 Picker, NJW 1978, 1417 und Gursky, JZ 1984,612 halten die Klausel für sittenwidrig; ebenso der Österreichische OGH in JBL 1962, 267, 270 (zu § 50 lit. a AÖSp) sowie Bydlinski, FS Kastner, S. 65; zur Auffassung des BGH vgl. Fn. 35. A.A. aber M. Wolf, FS Baur, S. 155 Fn. 40 (vgl. dazu Fn. 16); ders., Sachenrecht, Rdn. 304; ferner die Nachw. in Fn.26. 31 Aufgrund der Erweiterung der gesetzlichen Vorschriften steht andererseits§ 8 AGBG der Inhaltskontrolle nicht entgegen. 32 Nach der Rspr. genügt es, daß der Besitzer im Zeitpunkt des Herausgabeverlangens nicht (mehr) zum Besitz berechtigt ist, vgl. BGHZ 32,122, 127ff = NJW 1961,499; 51, 250, 251 f = NJW 1969, 606. 33 Vgl. im einzelnen BGH WM 1977,710, 711f, dessen Folgerung, eben deshalb sei auch unabhängig von der Vorlage des Kfz-Briefes ein gutgläubiger Erwerb des vertraglichen Pfandrechts zuzulassen, kaum nachvollziehbar ist.
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mers andererseits. Die Entscheidung des Gesetzgebers für eine am Bereicherungsrecht orientierte Abwicklung mit gleichzeitiger Garantie eines gerichtlichen Verfahrens wird durch die fragliche Pfand klausel zu Lasten des Eigentümers in eine quasi-vertragliche und zudem zur Selbstvollstreckung berechtigende Pfandhaftung umgestaltet. Der dem Verwender kraft Gesetzes zustehende Anspruch aufVerwendungsersatz ändert also nichts daran, daß die Pfandklausel eine einseitige Einführung der von der Rechtsprechung unter ausdrücklichem Hinweis auf das Eigentümerinteresse verworfenen 34 Lösung des Interessenkonflikts über einen gutgläubigen Erwerb des gesetzlichen Unternehmerpfandrechts bewirkt. Die mit der Pfandklausel verbundene, einseitig zu Lasten des Eigentümers gehende Abweichung von der ausgewogenen gesetzlichen Risikozuweisung hat somit auf der Grundlage des hier befürworteten AGB-rechtlichen Drittschutzes die Unwirksamkeit der Pfandklausel gemäß § 9 AGBG zur Folge 35 • 2. Einkaufs- und Auftragsbedingungen
Aus dem Katalog der Einkaufs- und Auftragsbedingungen bestehen im Hinblick auf die Beeinträchtigung externer Interessen Bedenken gegen die Wirksamkeit des Zessionsverbots. Es wurde bereits darauf hingewiesen 36 , daß eine solche Klausel das Sicherungsinteresse des unter verlängertem Eigentumsvorbehalt liefernden Vorlieferanten in gleicher Weise wie eine zeitlich frühere Globalzession beeinträchtigen kann. Gleichwohl wird die Wirksamkeit des Zessionsverbots von der höchstrichterlichen Rechtsprechung 37 bejaht. Zwar räumt sie im Zusammenhang mit der Kontrolle der fraglichen Klausel nach § 138 ein, daß diese nicht nur die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Kunden, sondern auch das Sicherungsinteresse des Warenkreditgebers berührt 38 . Die für die Sittengemäßheit angeführte Begründung, wonach das Zessionsverbot nicht nur den Warenlieferanten treffe, sondern jede Abtretung ausschließe, der Verwender aber - anders als der Geldkreditgeber im Falle der Globalzession nicht gehalten sei, auf eine bestimmte Gruppe von Gläubigern Rücksicht zu nehmen, vermag indes nicht zu überzeugen. Im Rahmen des nach § 9 AGBG zu sichernden angemessenen Interessenausgleichs geht es nicht um eine unabhängig von der Verwendung von AGB bestehende allgemeine Rücksichtnahme34 Vgl. BGHZ 34, 122, 126f, wo das Gericht ausdrücklich auf die Wahrung der berechtigten Interessen des Unternehmers durch die Vorschriften der §§ 994ff hinweist. 35 So im Erg. auch Müller-Laube, JZ 1983, 808 (Analogie zu § 9 AGBG); Tiedtke, Gutgläubiger Erwerb, S. 75ff. Die Wirksamkeit der Klausel wird dagegen bejaht von BGH WM 1977, 710; NJW 1981, 226f; JZ 1983, 806; aus dem Schrifttum etwa Ulmer j Brandner jHensen, AGBG, Anh. §§ 9 -11 Rdn.659; MünchKomm-Damrau, § 1207 Rdn.8; Ermanj H.Hefermehl, § 9 Rdn.280; Staudinger j Schlosser, § 9 AGBG Rdn.184; ferner die Nachw. in Fn. 22. 36 Oben unter § 13 III 2 a. 37 BGHZ 77, 274, 275f = NJW 1980,2245; 102, 293, 300 = NJW 1988, 1210; BGH BB 1989, 1442. 38 BGHZ 51,113,117 = NJW 1969,415.
H. Einzelfälle
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pflicht, sondern allein um die Bestimmung der Grenzen der einseitig vom Verwender in Anspruch genommenen Vertragsgestaltungsfreiheit; insoweit ist eine Rücksichtnahme nicht auf jedermann, wohl aber auf typischerweise von der Klausel betroffene Dritte zu verlangen. Daß ein Zessionsverbot in Einkaufsbedingungen typischerweise den verlängerten Eigentumsvorbehalt der Vorlieferanten vereitelt, anerkennt auch der BGH39, wenn er dem Verwender, der weiß, daß der Verkäufer ein verarbeitendes Unternehmen betreibt, die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs im Grundsatz versagt. Globalzession und Zessionsverbot sind deshalb ihrer Wirkungsweise nach durchaus vergleichbar. Stehen dem Verwenderinteresse an Übersichtlichkeit seines Abrechnungsverkehrs somit das Kreditinteresse des Kunden sowie das Sicherungsinteresse des Lieferanten gegenüber, so genügen jedenfalls uneingeschränkte, auch Vollabtretungen 40 erfassende Zessionsverbote in AGB nicht dem Gebot eines angemessenen Ausgleichs der allseits betroffenen Interessen und sind demzufolge unwirksam 41 • Dem kann nicht entgegengehalten werden, das Gesetz sehe in § 399 die Möglichkeit eines Ausschlusses der Abtretung vor, so daß die Gläubiger des Kunden auch ein in den Einkaufsbedingungen enthaltenes Zessionsverbot hinzunehmen haben. Die Vorschrift des § 9 AGBG zielt auf die Kompensation des Versagens des Vertragsmechanismus und damit auf Verwirklichung eines angemessenen, nicht eines gerade noch zulässigen Interessenausgleichs. Bei funktionierendem Vertragsmechanismus bewirkt das gemäß § 399 bestehende Erfordernis des Einverständnisses des Gläubigers mit dem Zessionsverbot aber immer dann zugleich einen Schutz des auf die Zession angewiesenen Lieferanten, wenn dessen Interesse mit dem Interesse des Gläubigers an freier Verfügung über seine Rechte parallel läuft und damit von diesem reflexartig, aber unmittelbar gewahrt wird. 3. Vertrag zugunsten Dritter und ähnliche Fallgestaltungen a) Nach der hier vertretenen Auffassung sind die Interessen des Begünstigten im Falle eines Vertrags zugunsten Dritter stets unmittelbar zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob der Kunde im Deckungsverhältnis dem Dritten gegenüber zu der Leistung verpflichtet ist 42 • In der Entscheidung des BGH43 zur BGHZ 77, 274, 278f = NJW 1980,2245; vgl. dazu näher oben unter § 13 III 2a. Dagegen ist der Ausschluß von Teilabtretungen durch ein schutzwürdiges Interesse des Verwenders an der Venneidung andernfalls eintretender prozessualer Nachteile (dazu Kogel, NJW 1975, 2063) und erhöhter Aufwendungen für den Abrechnungsverkehr gerechtfertigt; der Ausschluß von Abtretungen der von einer Kontokorrentabrede erfaßten Forderungen ist vom Kunden im Hinblick auf die Möglichkeit der Vorausabtretung des Schlußsaldos hinzunehmen; so zutr. M. Wolf, FS Baur, S. 158f. 41 So auch Hart / Joerges, Nachfragepraktiken von Verbrauchergroßmärkten, S. 108 ff; M. Wolf, FS Baur, S. 157f.; weitere Nachw. vgl. oben unter § 13 III 2 a. 42 So i.E. auch BGH NJW 1989, 2750, 2751 fbetr. Anmelderklausel in Reisebedingungen, allerdings unter unzutr. Heranziehung des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte 39
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Empfangszuständigkeit des Inhabers des Versicherungsscheins hätten somit die Interessen des Bezugsberechtigten der Lebensversicherung 44 , die bei funktionierendem Vertragsmechanismus regelmäßig vom Versicherungsnehmer gewahrt werden, in die Abwägung einbezogen werden müssen. Eine umfassende Zuständigkeit des Inhabers des Versicherungsscheins für den Zugang von Willenserklärungen des Versicherers kann die Rechtslage zum Nachteil des Bezugsberechtigten verändern, unter Umständen sogar dessen Anspruch vereiteln. Demgegenüber ist ein Interesse des Versicherers an der Möglichkeit des Zugangs von Willenserklärungen durch Erklärung gegenüber dem Inhaber des Versicherungsscheins nur für den Fall anzuerkennen, daß ein Bezugsberechtigter nicht bestellt ist. Haben die Vertragsparteien dagegen einen Bezugsberechtigten benannt und ist dessen Aufenthaltsort nach dem Tod des Versicherungsnehmers nicht feststellbar, so ist der Versicherer auf die Möglichkeit der öffentlichen Zustellung gern. § 132 Abs.2 zu verweisen 45 . Diese stellt im Hinblick auf die Vorschrift des § 205 ZPO und die dadurch ermöglichte Kenntnisnahme des Bezugsberechtigten von der Willenserklärung das gegenüber der Erklärung gegenüber dem Inhaber des Versicherungsscheins schonendere Mittel dar. Richtigerweise hätte die fragliche Klausel deshalb aufgrund der Beeinträchtigung der Interessen des Bezugsberechtigten für unwirksam erklärt werden müssen. b) Besonderes gilt für den Schutz der in den Schutzbereich des Vertrags einbezogenen Dritten. Nach der ganz h.M. im AGB-Recht 46 , die allerdings weitgehend noch auf der überkommenen, an ein personenrechtliches Schutzund Fürsorgeverhältnis zwischen Drittem und Anschlußgläubiger anknüpfenden Schutzwirkungslehre beruht, sind die Interessen des in den Schutzbereich einbezogenen Dritten stets zu berücksichtigen. Der Schadensersatzanspruch des Dritten unterliegt danach dem Verbot des § 11 Nr.7 AGBG, so daß der Dritte insoweit unabhängig von einer Interessenabwägung geschützt ist. Im kaufmännischen Geschäftsverkehr dagegen kommt es ebenso wie in den Fällen, in denen (dazu oben unter § 13 I 2 c); dagegen wohl auch insoweit auf eine Verpflichtung des Kunden zur Wahrung der Drittinteressen abstellend Soergel/ Stein, § 9 AGBG Rdn.14; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, §9 Rdn.106. 43 BGH NJW 1982,2314, 2315f. 44 Nicht dagegen die Interessen der Erben des Versicherungsnehmers, denn diese werden vom Erblasser bei Abschluß des Versicherungsvertrags unter Einsetzung eines Bezugsberechtigten gerade nicht gewahrt; insoweit zutr. deshalb BGH NJW 1982, 2314, 2315f. 45 A.A. BGH NJW 1982,2314,2315, der für diesen Fall das Interesse von Versicherer und Versicherungsnehmer an der Möglichkeit der Erklärung gegenüber dem Inhaber des Versicherungsscheins betont; ungeachtet der Vernachlässigung der Interessen des Bezugsberechtigten ist der Entscheidung auch deshalb nicht zu folgen, weil sie im Ergebnis auf eine unzulässige (vgl. statt vieler Ulmer / Brandner /Hensen/ H.Schmidt, AGBG, § 6 Rdn.14f) geltungserhaltende Reduktion der uneingeschränkt formulierten Klausel hinausläuft. 46 Vgl. i.e. oben unter § 13 I 2 d, 11.
H. Einzelfälle
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die Durchsetzbarkeit des Anspruchs in Frage steht 47 und somit das Klauselverbot des § 11 Nr.7 AGBG auch im nichtkaufmännischen Verkehr nicht anwendbar ist, auf eine Interessenabwägung an, im Rahmen derer die Drittinteressen auf seiten des Kunden zu berücksichtigen sind. Demgegenüber verzichtet die neuere Rechtsprechung zum Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte, wie im einzelnen oben unter § 811 ausgeführt wurde, nicht nur auf das Bestehen eines Fürsorgeverhältnisses zwischen Drittem und Anschlußgläubiger, sondern hält eine Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des fremden Vertrags sogar dann für denkbar, wenn die Interessen des Dritten und diejenigen des Anschlußgläubigers gegenläufig sind. Damit aber geht der Anwendungsbereich der Schutzwirkungslehre über den Stand der im AGB-Recht h.M., wonach Drittinteressen ausschließlich im Falle einer entsprechenden Interessenwahrungspflicht des Kunden zu berücksichtigen sind, hinaus und kann folglich nicht mehr als Paradigma eines ausnahmsweise zulässigen Drittschutzes angeführt werden. Gleichwohl ist der h.M. aus den oben unter § 17 11 1 genannten Gründen im Ergebnis zuzustimmen. Die den Schadensersatzanspruch des Dritten erfassende Haftungsbeschränkung ist als Lastwirkung zu qualifizieren und betrifft somit den Bereich der Außen schranken der Privatautonomie. Zu berücksichtigen sind die Drittinteressen aufgrund der objektiv-rechtlichen Grundlage der Schutzwirkungslehre 48 , deren Reichweite der Disposition der Parteien des Anschlußvertrags grundsätzlich 49 entzogen ist. c) Die Interessen des durch eine vorgängige Haftungsbeschränkung in den AGB des Schädigers ausnahmsweise nicht von der Leistungspflicht befreiten Schadensversicherers so sind auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung ebenso in die Abwägung einzubeziehen wie diejenigen des Geschädigten im Falle einer Drittschadensliquidation S1 • Zwar ist die infolge der Verwendung von AGB gestörte Vertragsparität regelmäßig nicht ursächlich für die Beeinträchtigung der mit den Kundeninteressen nicht paralle1laufenden Drittinteressen. Die zum Verlust des Regreßanspruchs des Schadensversicherers bzw. des geschädigten Dritten führende Haftungsfreizeichnung ist aber aus den oben unter § 1711 1 genannten Gründen als Lastwirkung im Rahmen der Inhaltskontrolle nach dem AGBG zu berücksichtigen. Allerdings ersetzen die Drittinteressen lediglich die insoweit zu vernachlässigenden Kundeninteressen, so daß mit der Berücksichtigung der externen Interessen keine Erweiterung der Innenschranken der Privatautonomie verbunden ist. 47 Vgl. beispielsweise BGH NJW 1989, 2750, 2751 zur Anmelderklausel in den Allgemeinen Reisebedingungen, dazu oben unter § 13 I 2 d. 48 Dazu näher oben unter § 8 H. 49 Zu Ausnahmen s. oben unter § 8 III 2. 50 Dazu oben unter § 13 HI 3 C. 51 Dazu oben unter § 13 III 3 d.
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4. Einschaltung eines Leistungsmittlers a) Die Gefährdung des Gläubigers sowie der am Lastschrift- und Scheckverkehr beteiligten Zwischen- und Gläubigerbanken durch das der Schuldnerbank gemäß Nr. 41 Abs. 2 der Banken-AGB eingeräumte Stornorecht beruht auf der Funktion dieser Klausel, die rechtlichen Möglichkeiten für ein Nachdispositionsrecht zu begründen. Die frühere Fassung von Nr. 41 Abs.2 Banken-AGB enthielt zwar lediglich einen eintägigen Storno vorbehalt und reduzierte deshalb das Insolvenzrisiko des Gläubigers wie der übrigen Banken im Vergleich zur derzeitigen Regelung. Doch wurde die Klausel aufgrund dieser kurzen Frist jedenfalls im Lastschriftverkehr 52 in dem Sinne verstanden, daß sie lediglich den frühesten Zeitpunkt der Einlösung bestimmte, die endgültige Einlösung dagegen noch vom Vorhandensein eines entsprechenden Einlösungswillens der Bank abhängig war 53 . Demgegenüber hat nach der neuen Fassung von Nr. 41 Abs.2 Banken-AGB der Ablauf der Frist die Einlösung auch dann zur Folge, wenn die Nachdisposition erst anschließend oder überhaupt nicht vorgenommen wird S4 • Risiken für die am bargeldlosen Zahlungsverkehr Beteiligten werden deshalb nur in dem für die Funktionsfähigkeit des Zahlungs systems erforderlichen Maße begründet. Auch die Einbeziehung von Drittinteressen hat somit nicht die Unwirksamkeit von Nr. 41 Abs.2 Banken-AGB zur Folge. b) Hinzuweisen ist schließlich noch auf den Fall, daß sich der Verwender bezüglich seines Anspruchs aus dem Valutaverhältnis durch eine Zahlungsverpjlichtung des Leistungsmittlers sichert und diese zur Folge hat, daß dem Schuldner aufgrund des aus dem Deckungsverhältnis folgenden Anspruchs des Leistungsmittlers aus §§ 675, 670 Einwendungen gegenüber dem Verwender abgeschnitten werden. Die Interessen des Schuldners sind dann, im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 11. Zivilsenats des BGH 55, innerhalb des § 9 AGBG56 zu berücksichtigen und können mit Blick auf die Wertung des § 11 Nr. 2 AGBG zur Unwirksamkeit der fraglichen Klausel führen.
S2 Zum Scheckverkehr vgl. dagegen BGHZ 74, 352, 357; BGH WM 1981,450,451; OLG Frankfurt BB 1986, 351, 352. S3 BGH WM 1981,450,451. 54 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.700; Baumbach/ Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, Anh. Art. 28 SchG Rdn.10. ss BGH WM 1986, 784f; dazu oben unter § 13 I 2 C. S6 § 11 Nr.2 AGBG ist jedenfalls dann nicht unmittelbar anzuwenden, wenn der Leistungsmittler (Kunde), wie wohl typischerweise, Kaufmann ist, vgl. § 24 AGBG.
Sechster Teil
Zusammenfassung I.
1. Die Frage, ob und inwieweit die Interessen Dritter eine Einschränkung der Vertragsfreiheit gebieten, berührt ein der Rechtsordnung ansatzweise bekanntes, wenn auch bislang in seiner vollen Tragweite noch nicht erfaßtes Phänomen. Gefragt ist nach den Schranken der Inhaltsfreiheit; eine Durchbrechung des Prinzips der Relativität des Schuldverhältnisses ist damit nicht verbunden (§ 1). 2. Ein Vertrag zu Lasten Dritter, der stets und damit unabhängig von seinem Inhalt unwirksam ist, liegt allein dann vor, wenn der Dritte durch den fremden Vertrag verpflichtet wird und der Wille der Vertragspartner ursächlich für die Begründung der Verpflichtung des Dritten ist. Sonstige Fälle einer Beeinträchtigung von Drittinteressen unterliegen demzufolge keinem per-se-Verbot, sondern einem flexiblen Vertragskontrollsystem (§ 2). 11.
3. Grundlage des Schutzes Dritter gegen die Beeinträchtigung ihrer Interessen durch den Inhalt fremder Verträge ist die Lehre vom Institutsmißbrauch. Danach wird das Rechtsinstitut, z. B. der Vertrag, den Rechtssubjekten nicht als Wert an sich, sondern zur Verwirklichung der dem jeweiligen Institut zukommenden Funktionen und damit zweckgebunden zur Verfügung gestellt. Nur insoweit, als das Handeln der Rechtssubjekte objektiv mit dem normativen Zweck des in Anspruch genommenen Instituts übereinstimmt, kann dieses anerkannt werden. Einem Fehlgebrauch des Instituts ist dagegen die Anerkennung zu versagen (§ 4). 4. Neben der Verwirklichung der Selbstbestimmung beider Parteien kommt dem Vertrag die Funktion zu, die Herbeiführung einer gerechten Regelung zu ermöglichen. Darüber hinaus soll er den Wettbewerbsmechanismus auslösen und damit die Wirkungen des Leistungswettbewerbs entfalten. Garant für die Verwirklichung dieser Funktionen ist der Vertragsmechanismus im Sinne eines Abschleifens der gegensätzlichen Interessen der Vertragspartner (§ 5).
III. 5. Die Rechtsordnung schützt am Vertragsschluß unbeteiligte Dritte in mannigfacher Weise gegen eine nachteilige Veränderung ihrer Rechtslage in 13 Habersack
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Zusammenfassung
Form von belastenden Reflexwirkungen des Vertrags. Ursache dieser sog. Lastwirkungen ist typischerweise ein Vertrag, bei dem es an der Interessenpolarität der Vertragspartner jedenfalls in bezug auf die beeinträchtigten Interessen des Dritten fehlt. Dies hat zur Folge, daß ein Abschleifen gegensätzlicher Interessen ausbleibt, zumindest aber ein Ausgleich gegensätzlicher Vertragspartnerinteressen auf dem Rücken der unbeteiligten Dritten stattfindet. Die Richtigkeitsgewähr des Vertrags, die von vornherein auf die intersubjektive Austauschgerechtigkeit begrenzt ist, entfällt. Zum Schutz des Dritten hat die Rechtsordnung den Vertrag am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu kontrollieren. Zu fragen ist, ob die Veränderung der Rechtslage des Dritten durch ein sachlich berechtigtes Regelungsinter~se der Vertragspartner gerechtfertigt ist (§ 6). 6. Ein Schutz Dritter gegenüber sonstigen Formen der Beeinträchtigung ihrer Interessen durch den Inhalt eines fremden Vertrags ist ebenfalls stets, aber auch nur dann veranlaßt, wenn zwischen den Vertragspartnern eine Polarität der Interessen überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in bezug auf die beeinträchtigten Drittinteressen besteht. Der daraufhin geschlossene Vertrag bewegt sich außerhalb der Grenzen der Richtigkeitsgewähr des Vertrags und ist auf der Grundlage der Lehre vom Institutsmißbrauch am Maßstab des verhältnismäßigen Ausgleichs der allseits betroffenen Interessen zu kontrollieren (§ 7). 7. Im Unterschied zu den genannten Formen des Schutzes unbeteiligter Dritter vor dem Inhalt fremder Verträge hat die Lehre vom Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte eine Teilhabe des Dritten am inhaltlich unbedenklichen Schuldverhältnis und damit eine Durchbrechung von dessen Relativität zur Folge. Primär erfolgt der Schutz des Dritten durch die objektiv-rechtliche Ausdehnung des Pflichtenkreises des Schuldners, nicht dagegen durch eine Beschränkung der Inhaltsfreiheit der Vertragspartner; erst auf einer zweiten Stufe stellt sich die Frage der Disposivität des primären Drittschutzes, die richtigerweise und entgegen der h.M. entsprechend den unter 5. skizzierten Grundsätzen zu beantworten ist. Auf eine Verpflichtung des Anschlußgläubigers zur Wahrung der Interessen des Dritten, namentlich in Form eines Schutzund Fürsorgeverhältnisses, kommt es für das Eingreifen der Schutzwirkungslehre nach zutr. h.M. nicht an (§ 8). 8. Die Lehre von der eingeschränkten Richtigkeitsgewähr des Vertrags ermöglicht eine Begrenzung der Vertragskontrolle auf das zum Schutz unbeteiligter Dritter unerläßliche Maß. Sie schützt damit zugleich die Vertragsfreiheit vor deren Aushöhlung, indem sich aus ihr das Merkmal der - zumindest in bezug auf die in Frage stehenden Drittinteressen - fehlenden Interessenpolarität als alleiniges Aufgreifkriterium einer am Maßstab der Verhältnismäßigkeit ausgerichteten Vertragskontrolle ableiten läßt (§ 6 III, IV; § 7 III, IV).
Zusammenfassung
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IV. 9. Das AGBG schützt den Kunden vor einem Mißbrauch der vom Verwender einseitig in Anspruch genommenen Vertragsgestaltungsfreiheit. Eines Schutzes des Kunden bedarf es deshalb, weil sich dieser typischerweise vom Inhalt der AGB keine Kenntnis verschafft, vielmehr seinen Leistungsvergleich auf die Hauptleistung beschränkt. Dieses Unterlassen hat der Kunde nicht zu verantworten, da die Ursache des fehlenden Konditionenwettbewerbs im verwendereigenen Rationalisierungsinteresse liegt, eine Obliegenheit zur Kenntnisnahme vom Inhalt der AGB demzufolge eine unzumutbare Verlagerung der erforderlichen VerständnisverschajJungskosten auf den Kunden bedeuten würde. Das AGBG kompensiert demnach die typischerweise fehlende Richtigkeitsgewähr des Vertrags, welche ihrerseits auf einem Ausbleiben des Abschleifens der gegensätzlichen Vertragspartnerinteressen beruht (§ 11). 10. Die Rechtsordnung schützt in einer Reihe von Fällen gestörter Vertragsparität nicht nur den unterlegenen Vertragspartner, sondern zugleich die vom Versagen des Vertragsmechanismus betroffenen Dritten. Neben Fällen typischerweise gestörter Vertragsparität ist die Vorschrift des § 138 Abs.1 anzuführen, die nicht nur den unterlegenen Vertragspartner, sondern auch betroffene Dritte vor einer Ausnutzung der Machtposition des überlegenen Vertragspartners schützt, indem sie dem auch lediglich im Einzelfall sittenwidrigen und damit für die Rechtsordnung unerträglichen Rechtsgeschäft die Anerkennung versagt (§ 14). 11. Die Ausführungen unter §§ 6, 7, und 14 erlauben die allgemeine Feststellung, daß der Vertragsmechanismus regelmäßig zugleich einen Schutz unbeteiligter Dritter bewirkt, indem anläßlich des ihm eigenen Abschleifens der gegensätzlichen Vertragspartnerinteressen zugleich die Interessen der vom jeweiligen Vertragspartner "repräsentierten" Drittinteressen gewahrt werden. Die Richtigkeitsgwähr des Vertrags ist somit nicht auf das Verhältnis der Parteien beschränkt, sondern erfaßt, im Hinblick auf die dem Vertrag zukommende Ordnungsfunktion konsequent, auch das Verhältnis der Vertragspartner zu denjenigen Dritten, deren Interessen mit den Interessen der Vertragspartner parallel laufen. Grundlage der Richtigkeitsgewähr sind zwei aufeinanderstoßende Egoismen; der durch den Vertragsmechanismus bewirkte Drittschutz erfolgt demzufolge zwangsläufig, d. h. unabhängig von einer Verpflichtung des jeweiligen Vertragspartners zur Wahrung der Drittinteressen (§ 1611). 12. Die dem Vertrag zukommenden Funktionen sowie das Gebot der Rechtssicherheit stehen der Kontrolle jedes einzelnen Vertrags auf dessen parteiübergreifende Richtigkeit entgegen. Ein Versagen des Vertragsmechanismus im Einzelfall ist somit nicht nur vom jeweils unterlegenen Vertragspartner, sondern auch von den dadurch betroffenen Dritten hinzunehmen. Allein § 138 Abs.1 versagt dem für die Rechtsordnung auch nur im Einzelfall unerträglichen Rechtsgeschäft die Anerkennung und verdrängt somit das Gebot der Rechtssicherheit zugunsten des Prinzips der Einzelfallgerechtigkeit. Dagegen ist die 13*
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Zusammenfassung
Rechtsordnung bei typischerweise fehlender Richtigkeitsgewähr des Vertrags zur Kompensation des Versagens des Vertragsmechanismus und damit zum Schutz der gefährdeten Interessen der Allgemeinheit, des unterlegenen Vertragspartners sowie der betroffenen Dritten aufgerufen (§ 16 III, IV 1, 2). 13. Der hier befürworteten Berücksichtigung externer Interessen im Rahmen der Inhaltskontrolle von AGB steht der Wortlaut des § 9 AGBG nicht entgegen. Dem Gesetzgeber ging es ausweislich der Gesetzesmaterialien um die Wiederherstellung der Vertragsfunktionen. Sowohl das Prinzip der Gerechtigkeit als auch dasjenige der Selbstbestimmung sind aber ihrem Wesen nach auf eine parteiübergreifende Betrachtungsweise angelegt. Gleiches gilt für die dem Vertrag zukommende Planfunktion und damit für die vom funktionierenden Wettbewerbsmechanismus zu erfüllenden Funktionen (§ 16 IV 3, V).
v. 14. Im Rahmen der nach §§ 9 und 10 AGBG vorzunehmenden Interessenabwägung sind auf seiten des Kunden zunächst diejenigen Drittinteressen zu berücksichtigen, deren Beeinträchtigung auf dem Versagen des Vertragsmechanismus beruht und die nicht bereits anderweitig gegen eine Beeinträchtigung geschützt werden; letzteres gilt namentlich für die Interessen der Wettbewerber des Verwenders, die im Wege. der Unterlassungsklage nach § 13 Abs.2 Nr.1 UWG und damit unabhängig von einem Vorgehen des Kunden gegen die fraglichen AGB gewahrt werden können. Drittinteressen, deren Beeinträchtigung nicht auf dem Versagen des Vertragsmechanismus, sondern auf der fehlenden oder nur eingeschränkten Interessenpolarität der Vertragspartner beruht, sind gleichwohl unmittelbar zugunsten des Kunden zu berücksichtigen und können deshalb wie die sonstigen Drittinteressen einen" Verstärkereffekt" entfalten, indem sie gegebenenfalls zur Unangemessenheit einer bei Berücksichtigung lediglich interner Parteiinteressen noch angemessenen Klausel führen (§ 17). 15. In einer Reihe von Fällen führt die vorliegend entwickelte Konzeption eines Schutzes von Drittinteressen zu Abweichungen gegenüber der bisherigen Praxis zur Inhaltskontrolle von AGB. So sind beispielsweise Sicherungsübertragungen mit lediglich schuldrechtlicher Freigabeklausel im Hinblick auf die Interessen sonstiger Gläubiger des Kunden grundsätzlich unwirksam. Des weiteren beeinträchtigen umfassende, d. h. auch kundenfremde Gegenstände erfassende Pfandklauseln die Interessen des mit dem Kunden nicht identischen Eigentümers des Pfandobjekts unangemessen und sind ebenfalls gemäß § 9 AGBG unwirksam, sofern sie sich nicht auf eine Umgestaltung des nach § 366 HGI;l möglichen gutgläubigen Erwerbs eines gesetzlichen Pfandrechts in ein Vertragspfandrecht beschränken. Das Sicherungsinteresse der Lieferanten des Kunden führt, um ein letztes Beispiel anzuführen, zur Unwirksamkeit des in Einkaufs- und Auftragsbedingungen enthaltenen Zessionsverbots (§ 18).
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