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German Pages 44 [48] Year 1874
Verordnungen
über
die Prüfung der Candidaten des
höheren Schulamts in
Elsatz-Kothringerr.
Mach amtlichen Quellen bearbeitet.
Ktratzöurg. Verlag von Karl I. Trübner. 1873.
Inhalt.
Abiturienten-Examen ...... 3 Prüfungs-Commission......................................................... 14 Prüfungs-Reglement.............................................
16
Nr. 1.
Verordnung,
betreffend die PrUfung nach der Vollendung der Gym
nasial- und Kealgymnafial-Htudien (Abiturirnten-Examen).
Vom 6. Juni 1872. Nachdem durch das Gesetz vom 28. April 1872 bieFaoultö des lettres und die Faculte des Sciences aufgehoben worden
sind und ihre Lehrthätigkeit
eingestellt
haben,
wodurch die
examens du baccalauröat ös-lettres und ös-sciences weg gefallen sind, wird die Prüfung nach der Vollendung der Gymnasial- und Realgymnasial-Studien geordnet, wie folgt:
§ 1.
Die
findet Statt bei den Kaiserlichen Lyceen
Prüfung
und bei denjenigen höheren öffentlichen Lehranstalten, welchen
die
Berechtigung
dazu
Ober-Präsidenten
vom
von
Elsaß-
Lothringen beigelegt' wird. § 2.
Die Prüfung findet der Regel nach nur einmal im Jahre und zwar im Laufe der Monate Juli und August statt. § 3.
Die
Abhaltung
berechtigten
Anstalt
der Prüfung liegt der bei
eingesetzten
welche besteht aus dem Direktor
jeder dazu
Prüfungs-Kommission
und dem
ob,
Conrektor, oett
Lehrern der Anstalt, welche den Unterricht in den obersten
Klassen
ertheilen,
und
dem
Regierungs-Kommissar.
Der
Letztere, welcher den Vorsitz in der Kommission führt und die
ganze Prüfung zu leiten hat, wird von dem Ober-Präsidenten ernannt.
§ 4.
Die Abiturienten haben im Laufe des Monats Juni dem Direktor ein schriftliches Gesuch um Zulassung zur Prüfung
nebst beigefügtem Lebenslauf zu überreichen. 8 5.
Das
Gesuch der
Schüler
um
Zulassung zur Prüfung
darf erst dann erfolgen, wenn dieselben mit dem Schluß des Schuljahres
zwei
volle Jahre der Prima angehört haben.
Ausnahmen können auf motivirten Antrag des Lehrer-Colle giums vom Ober-Präsidenten genehmigt werden.
8 6.
Wer die Prüfung bestehen will, ohne einer zur Abhaltung derselben berechtigten Lehranstalt anzugehören, hat sich bei dem
Direktor eines der drei Lyceen schriftlich zu melden.
Meldung ist
ein
deutsch
Mit der
geschriebener Lebenslauf und der
Nachweis über die sittliche Führung und wissenschaftliche Aus
bildung
des
Abiturienten
einzureichen.
Zugleich
ist
als
Prüfungs-Gebühr die Summe von Einhundert Franken an den Rendanten des Lyceums zu zahlen. Summe wird
bei günstigem
Die Hälfte dieser
Erfolge der Prüfung zurück
erstattet. 8 7. Gegenstände der Prüfung sind:
1) Sprachen und zwar: die deutsche, lateinische, grie
chische und französische, auf Wunsch auch die hebräische; 2) Geschichte und Geographie; 3) die mathematischen und die Naturwisienschasten.
8 8.
Der Maßstab für die Prüfung soll derselbe sein, welcher dem Unterrichte in den obersten Klassen der Lyceen zu Grunde
liegt, und bei
der Schlußberathung über den Ausfall der
Prüfung soll nur dasjenige Misten und Können und nur
diejenige Bildung der Schüler entscheidend sein, welche ein wirkliches Eigenthum derselben geworden ist.
§ 9. Die Prüfung zerfällt in eine schriftliche und eine münd
liche, mit jener wird der Anfang gemacht.
8 10. Die schriftlichen Prüfungsarbeiten bestehen:
1) in einem prosaischen in der Muttersprache abzu fassenden Aufsatz,
welcher
die Gesammtbildung der
Examinanden, vorzüglich die Bildung des Verstandes und der Phantasie, wie auch den Grad der stilistischen
Reife in Hinsicht auf Bestimmtheit und Folgerichtigkeit der Gedanken, sowie auf planmäßige Anordnung und Ausführung des Ganzen in einer natürlichen,
fehlerfreien, dem Gegenstände angemessenen Schreibart beurkunden soll. Als Muttersprache ist
vorläufig nach Wahl des
Examinanden die deutsche oder die französische anzu
sehen. 2) in einer Übertragung eines Abschnittes aus der Mut
tersprache in die andere der beiden genannten Spra chen, also aus dem Deutschen in’§ Französische oder umgekehrt. Dazu kommt für Gymnasial-Abiturienten: 3) ein lateinischer Aufsatz, 4) eine Uebersetzung aus dem Deutschen tn’8 Lateinische von angemessener Schwierigkeit, zur Erprobung der
grammatischen Korrektheit und stilistischen Gewandtheit; 5) eine kurze und einfache Uebersetzung aus dem Deut schen in’8 Griechische, welche zur Ermittelung der Sicherheit des Abiturienten in der griechischen Formen
lehre und Syntax dient;
Abiturient en-Examen. 6) eine mathematische Arbeit, deren Gegenstand die Lö
sung zweier geometrischen und zweier arithmetischen Aufgaben aus den verschiedenen in den Kreis des Schul
unterrichts fallenden Theilen der Mathematik sein soll. Dagegen
treten
für
Abiturienten
der
Real-Ab-
theilung ein: 3) eine Übersetzung aus dem Lateinischen in's Deutsche oder Französische nebst angehängter Formenanalyse;
4) eine Übersetzung aus der Muttersprache in's Englische, 5) die Lösung von 4 mathematischen Aufgaben: a. aus
dem Gebiete der Gleichungen zweiten Grades, b. aus
dem Gebiete der Planimetrie
oder der analytischen
Geometrie, c. aus der ebenen Trigonometrie, d. aus der Stereometrie oder den Kegelschnitten; 6) die Lösung einer Aufgabe aus der angewandten Ma
thematik (Statik oder Mechanik), einer physikalischen Aufgabe (Optik oder Wärmelehre) und einer Aufgabe
aus der Chemie.
§ 11. Die Themata zu den schriftlichen Arbeiten werden von
dem
Regierungs-Kommissar
ausgewählt,
versiegelt
an
die
Direktoren gesandt und jedesmal vor den zur Arbeit ver
sammelten Schülern eröffnet.
Die Anfertigung der schrift
lichen Arbeiten findet in allen Lehranstalten gleichzeitig statt.
Die für dieselben zu gewährende Zeit beträgt für den
deutschen, beziehungsweise französischen und für den lateinischen
Aufsatz fünf Stunden, für die französische, beziehungsweise deutsche Uebersetzung drei Stunden, für die lateinische, bezie
hungsweise englische Uebersetzung drei Stunden, für die grie
chische Uebersetzung zwei Stunden, für die mathematische Arbeit
fünf Stunden und für die physikalischichemische Arbeit eben falls fünf Stunden, wobei die auf Dictate verwandte Zeit in Abrechnung zu bringen ist.
Die schriftlichen Arbeiten für Mathematik und Natur
wissenschaften dürfen in französischer Sprache abgefaßt werden.
8 12Die Anfertigung der schriftlichen Prüfungsarbeiten ist auf
die Dauer einer Woche zu vertheilen.
Die Aufsicht wird
von den zur Prüfungs-Kommisstöll gehörigen Lehrern geführt,
in einer von dem Direktor zu bestimmenden Folge und Ab wechslung.
Der die Aufsicht führende Lehrer ist dafür ver
antwortlich, daß die ertheilten Vorschriften in allen Stücken genau befolgt werden, insbesondere auch, daß keine Benutzung
unerlaubter Hülfsmittel stattfinde.
Der Gebrauch von Wör
terbüchern und Grammatiken ist nicht gestattet; nur bei der
mathematischen Arbeit dürfen die Logarithmentafeln und bei dem lateinischen Aufsatze das lateinisch-deutsche, bezw. latei nisch-französische Wörterbuch angewandt werden.
Jede Arbeit muß auf ganze, aber gebrochene Bogen in einer leserlichen Handschrift geschrieben werden, die Unrein schrift ist außerdem beizulegen.
Ueber den Verlauf der schrift
lichen Prüfung wird ein besonderes Protokoll geführt.
§ 13. Die schriftlichen Arbeiten der Examinanden werden von den betreffenden Lehrern genau durchgesehen, verbessert und censirt.
Zur schließlichen Werthbezeichnung dienen die vier
Prädikate: vorzüglich, gut, befriedigend, ungenügend.
8 14. Ein Abiturient,
dessen
schriftliche
Leistungen sämmtlich
oder der Mehrzahl nach als „ungenügend" bezeichnet worden sind, ist von der mündlichen Prüfung auszuschließen, falls
nicht die Prüfungs-Kommission nach seinen seitherigen Lei stungen die Zulassung einstimmig beschließt. Die Ausschließung von der mündlichen Prüfung wird
dem Examinanden am Tage derselben von dem Regierungs-
Kommiffar mitgetheilt.
8
Abiturienten-Examen. § 15. Den Tag der mündlichen Prüfung bestimmt der Regie
rungs-Kommissar.
Die Abiturienten werden einzeln geprüft
in alphabetischer Reihenfolge.
Für jeden Examinanden wird
eine Durchschnittszeit von fünfviertel Stunden angenommen. Nach jeder Einzelprüfung wird sogleich das Resultat über die einzelnen Prüfungsgegenstände festgestellt.
8 16. Sämmtliche Mitglieder der Prüfungs-Kommission, sowie
auch zu
die Lehrer des Lyceums oder Collegiums, welche nicht
derselben
gehören (mit Ausnahme der Tages-Aufseher),
sollen bei der mündlichen Prüfung anwesend sein; die Mit
glieder der Local-Schulbehörde sind jedesmal von dem Di
rektor besonders einzuladen.
Im werden
Uebrigen
ist
die
Prüfung
(z. B.
einzelne Personen
nicht
öffentlich,
jedoch
Gemeinderathsmitglieder,
Geistliche, Lehrer u. s. w.) auf ihren dem Direktor ausge drückten Wunsch in mäßiger Zahl als Zuhörer zugelaffen.
8 17. Die mündliche Prüfung liegt den Lehrern ob, welche den Unterricht in den betreffenden Gegenständen in Prima ertheilt haben, wofern nicht der Regierungs-Kommissar andere Exa
minatoren
zu
bestellen
sich
veranlaßt findet.
Die
Lehrer
müffen bei der Prüfung jedem Examinanden Gelegenheit, sich klar
und
zusammenhängend
auszusprechen,
gewähren
und
überhaupt die Prüfung so einrichten, daß sich der Grad seines
Wisiens bestimmt ergiebt.
Dem Regierungs-Kommiffar steht
es frei, nicht nur durch Instruktion der Lehrer und nähere Bestimmung der Gegenstände der jedesmaligen Prüfung die
ihm zweckdienlich scheinende Richtung zu geben, sondern auch, wenn er es für nöthig erachtet, in einzelnen Gegenständen selbst die Prüfung zu übernehmen.
§ 18. Die Gegenstände der mündlichen Prüfung
sind:
das
Deutsche, das Lateinische, das Griechische, das Französische, die Mathematik nebst Physik und Chemie, die Geschichte und
Geographie.
Die Prüfung hat zu konstatiren, ob die erfor
derlichen Kenntnisie ein sicherer, mit eigenem Urtheil verbun dener Besitz des Examinanden geworden, nicht eine nur zum
Zweck der Prüfung in das Gedächtniß aufgenommene Samm lung vereinzelter Notizen sind. § 19.
In der deutschen Sprache und Literatur werden
nur diejenigen Abiturienten geprüft, welche den schriftlichen
Aufsatz nicht in deutscher, sondern in französischer Sprache abgefaßt haben, sowie auch diejenigen, deren Arbeit zwar in deutscher Sprache geschrieben, aber hinsichtlich der gramma
tischen Korrektheit und des Stils ungenügend befunden war.
Die Prüfung erstreckt sich alsdann auf die Grammatik im
engeren Sinne und auf die genauere Kenntniß von drei Stücken
unter
den
folgenden
Hauptwerken
Literatur:
Lessing's Minna von Barnhelm, Emilie Galotti, Nathan der Weise;
Göthe's Egmont, Iphigenie,
Tasso, Wahrheit und Dichtung,
Hermann und Dorothea;
Schillerns Don Carlos,
Wallenstein, Jungfrau von Orleans,
Maria Stuart,
Wilhelm Tell.
der
deutschen
Ueber die von dem Examinanden freigewählten drei Werke
werden demselben solche Fragen vorgelegt, deren Beantwor
eine
tung
eingehende
Bekanntschaft
den
mit
betreffenden
Schriften zu bekunden geeignet ist.
§ 20. Im Lateinischen
und Griechischen sollen bei Gymnafial-
Abiturienten bis zum Schluß des Jahres 1874 nur Schrift
stellen
aus
solchen
Dichtungen
und
Prosaikern
vorgelegt
werden, welche im Laufe des zweijährigen Aufenthalts in der
Prima gelesen und
erklärt worden sind.
Die Prüfung hat
hier nachzuweisen, daß ein gründliches Verständniß nicht nur
der
Worte
und
auch
Sätze, sondern
des
ganzen
inneren
Zusammenhanges des gelesenen Schriftstückes erreicht worden
ist.
Bei der Erklärung sind geeigneten Orts Fragen aus
der Metrik, Mythologie und Alterthumskunde anzuknüpfen; ebenso ist hier den
Schülern
Gelegenheit
zu
geben,
ihre
Geübtheit im Lateinsprechen zu zeigen.
Die externen Abiturienten haben ein von dem Vorsteher
ihrer Lehranstalt oder ihrem Privatlehrer beglaubigtes Verzeichniß der von ihnen in den letzten zwei Jahren gelesenen
Schriftstücke einzureichen.
Ergiebt sich hieraus ein zu geringer
Umfang ihrer Lektüre, so kann schon darnach das Ergebniß der Prüfung.als ungenügend bezeichnet werden.
1875
ab
wird
zum
Bestehen
dieser
Vom Jahre
Prüfung regelmäßig
erfordert werden eine Kenntniß sämmtlicher Oden des Horatius und der Ilias und Odyssee Homers in
ihrem ganzen Um
fange, dergestalt, daß der Examinand jede vorgelegte Stelle,
falls sie nicht von besonderer Schwierigkeit ist, sofort über
setzen und erläutern kann. für
das
Griechische
Daneben wird der Prüfungsstoff
vorzugsweise
aus
den
leichteren
und
bekannteren Reden des Demosthenes, für das Lateinische aus
solchen des Cicero entnommen werden. Von
den
Abiturienten
der
Realabtheilung werden
im
Lateinischen nur diejenigen Kenntnisse erfordert, welche dem
Lehrplane
ihrer
Klasse
entsprechen;
in
der
Regel werden
schon gelesene Abschnitte aus Caesar, Sallustius, Livius oder Virgilius vorgelegt.
Die Prüfung im Griechischen für die
selben fällt weg.
§ 21. In der Geschichte hat jeder Abiturient eine ihm von dem betreffenden Lehrer oder dem Regierungs-Kommissar gestellte
Aufgabe, welche entweder aus der griechischen oder der römi schen
oder der
deutschen
Geschichte
zu
entnehmen
ist,
in
zusammenhängendem Vorträge zu lösen; außerdem sind einzelne Fragen zu stellen,
aus deren Beantwortung ersehen werden
kann, ob die Schüler die wichtigsten Thatsachen und Jahres
zahlen der allgemeinen Weltgeschichte inne haben.
Bei der
geschichtlichen Prüfung ist stets auch die Geographie zu berück sichtigen.
§ 22. Die Prüfung in der französischen Sprache findet nur für diejenigen Schüler statt, welche den Aufsatz in deutscher Sprache geschrieben haben.
Es wird eine hinreichende Kenntniß der
Grammatik verlangt und die Fähigkeit, sich über bekannte Gegenstände einigermaßen richtig auszudrücken.
§ 23. In der Mathematik erstreckt sich die Prüfung auf die im
Lehrplan einerseits für die gymnasiale, andererseits für die
realistische Abtheilung der Lyceen vorgeschriebenen Gegenstände.
Für die Schüler der realistischen Abtheilung kommt noch eine kurze Prüfung in der Physik und Chemie hinzu.
In allen
diesen Gegenständen ist besonders darauf zu sehen, ob der
Examinand den mathematischen Beweis entwickeln, die physi kalische Beobachtung aus dem Naturgesetz erläutern sann' und
ob seine Grundbegriffe sicher und klar sind.
§ 24. Die Prüfung über das Deutsche wird in deutscher, die jenige über das Französische in französischer Sprache gehalten. Die Prüfung für das Lateinische und Griechische kann in den Jahren 1872 und 1873 auf Verlangen in französischer
Sprache erfolgen, vom Jahre 1874 an wird sie nur noch in deutscher Sprache gehalten, außer bei denjenigen Schülern, deren Ettern ihren ständigen Wohnsitz in den rein oder über wiegend französisch
redenden Gemeinden haben.
Dasselbe
gilt von der Prüfung in der Geschichte und Geographie.
Die Prüfung in den, mathematischen und Naturwifsen-
schaften kann bis aus Weiteres nach Wahl in deutscher oder französischer Sprache abgelegt werden.
Ueberall aber muß der Examinand im Stande sein, die Frage des deutschredenden Examinators zu verstehen.
8 25. Eine Dispensation von der mündlichen Prüfung ist nicht zulässig, wohl aber eine Abkürzung für einzelne Fächer auf
Grund der früheren Leistungen des Abiturienten und der
vorliegenden schriftlichen Arbeiten, falls die Prüfungs-Kommis sion darüber einig ist.
8 26. Ueber den
ganzen mündlichen
Prüfungsakt
wird
ein
genaues Protokoll geführt, welches vor der Schlußberathung
von allen Mitgliedern der Prüfungs-Kommission genehmigt
und unterzeichnet werden muß.
8 27. Bei der Berathung über das Endresultat jeder Einzel prüfung ist es zulässig, geringere Kenntnisse in dem einen Fache durch erhöhte Leistungen in einem andern auszugleichen.
Im Wesentlichen hat die Kommisson auf Grund der schrift lichen und mündlichen Leistungen und des Gesammteindrucks derselben, sowie nach Maßgabe des von dem Direktor und
den Lehrern über die ganze frühere Haltung des Abiturienten abzugebenden Urtheils festzustellen, ob derselbe zu einem solchen Umfange der wissenschaftlichen Kenntnisse, zu einer derartigen
Klarheit des Urtheils und zu derjenigen Reife des Charakters gelangt sei, daß er das Universitätsstudium voraussichtlich mit
Nutzen beginnen werde.
Die etwaige Erklärung des Exami
nanden, daß er sich einem anderweitigen Berufe und nicht
dem Universitätsstudium widmen wolle, darf keine Berück sichtigung finden.
Bei der Prüfung externer Abiturienten kann nur Maßstab der
in der Prüfung selbst zu Tage
der
getretenen
Kenntnisse und des in der Prüfung bewiesenen Urtheils zu
Grunde gelegt werden. Wenn sich über die Reife eines Schülers unter den Mit
gliedern der Kommission verschiedene Ansichten geltend machen, so wird abgestimmt.
Bei Stimmengleichheit entscheidet der
Regierungs-Kommissar. Findet sich derselbe in der Minorität,
so hat er das Recht, die Bekanntmachung des Beschlusses der Prüfungskommission auszusetzen und die vorhandenen Akten
dem Ober-Präsidenten zur Entscheidung vorzulegen. 8 38. Nach Feststellung des Ergebnisses der Berathung wird
den Geprüften das Urtheil über Reife oder Unreife durch den Regierungs-Commissarius verkündigt.
Diejenigen, welche
nicht für reif erklärt sind, können sich zu einem der folgenden Termine wiederum melden.
Nach zweimaligem Mißlingen
tritt die unbedingte Zurückweisung ein. § 29.
Das Zeugniß der Reife wird von sämmtlichen Mitgliedern
der Prüfungs-Kommission unterzeichnet und
den Geprüften
durch den Direktor beim Schulschluß des Jahres unter ent sprechender Entlassungs-Feierlichkeit eingehändigt. Den Externen
wird dasselbe durch die Post zugefertigt.
Ueber
die
§ 30. Prüfung wird eine Notiz in das jährliche
Programm der Anstalt ausgenommen, wobei die Namen der für reif Erklärten veröffentlicht werden.
Straßburg, den 6. Juni 1872.
Der Ober-Präsident von Elsaß-Lothringen: gez. Vf StdUlf.
Nr. 2.
KerorLnung,
betreffend die Einsetzung einer Wlffenschafttichen PrüfungsCommission in Straßburg. Bom 23. Oktober 1872.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc., verordnen im Namen des Deutschen
Reiches für Elsaß-Lothringen was.folgt: Zur Prüfung der Kandidaten des
höheren Schulamts
wird in Straßburg eine wissenschaftliche Prüfungs-Commission eingesetzt, welche unter der Aufsicht des Ober-Präsidenten steht.
Ihre ordentlichen Mitglieder werden vom Ober-Präsidenten
jedesmal auf ein Jahr ernannt; außerordentliche Mitglieder werden, soweit nöthig, durch den Ober-Präsidenten berufen. Die Vorschriften über die Einrichtung und die Aufgaben der
wissenschaftlichen Prüfungs-Commission werden von Unserem Reichskanzler erlassen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.
Gegeben Berlin, den 23. Oktober 1872.
(L. 8.)
Wilhelm. In Vertretung des Reichskanzlers:
Dekvrück.
(Hinsichtlich der Prüfungs-Commission ist noch zu bemerken, daß diese in der Regel aus sieben Mitgliedern, und zwar je eines für
die Fächer der klassischen Philologie,
der deutschen Sprache, der Philosophie und Pädagogik,
der Geschichte und Geographie,
der Mathematik und Physik,
der Religion und des Hebräischen, und der neuern Sprachen besteht. Für die Fächer der Botanik und Zoologie,
sowie der Mine
ralogie und Chemie wird die Commission — soweit nöthig
durch
außerordentliche Mitglieder verstärkt, welche als nichtordentliche Mit
glieder nur in den ihr Fach betreffenden Angelegenheiten Stimmrecht haben. Zum Vorsitzenden der Prüfungs-Commission wird eines
der
ordentlichen Mitglieder durch den Ober-Präsidenten ernannt.)
Nr. 3.
Bekanntmachung. Nachstehend wird das Reglement für die Prüfung der Kandidaten des höheren Lehramts, welches der Reichskanzler gemäß der Verordnung, betreffend die Einsetzung einer wissen-
schaftlichen Prüfungs-Commission in Straßburg am 23. v. M. (Gesetzblatt Seite 767) erlassen hat, zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
Straßburg, den 15. November 1872. Der Ober-Präsident von.Elsaß-Lothringen:
grz.
V. Möller.
Reglement
für die Prüfung der Candidaten des höheren Schulamts. 8 1. Prüfungs-Behörde.
Candidaten des Schulamtes, welche sich die Qualification als wissenschaftliche
Lehrer
an öffentlichen
Secundärschulen
erwerben wollen, haben sich einer Prüfung (pro facultate docendi) zu unterwerfen, welche vor der Kaiserlichen wissen
schaftlichen Prüfungs-Commission zu Straßburg abgelegt wird. 8 2.
Meldung zur Prüfung. Die Meldung zur Prüfung geschieht schriftlich bei der
Kaiserlichen wissenschaftlichen Prüfungs-Commission mit Be
zeichnung sowohl der Fächer, als auch der Classenstufe (obere, mittlere, untere), für welche der Kandidat seine Lehrbefähigung
darzuthun gedenkt.
Dem Gesuche sind beizufügen:
1) Das Zeugniß der
Reife nach
der
Vollendung
der
Gymnasial- oder Realgymnasial-Studien,
2) das
Universitäts-Abgangszeugniß über das vollendete
academische Triennium. Bei denjenigen Schulamts-Candidaten, welche sich vorzugsweise für beit Unterricht in den neuern Sprachen bestimmen,
wird
als
entsprechende
Ergänzung
des
Trienniums auch der Nachweis eines oder zweier zum Zweck der Spracherlernung in Frankreich oder England zugebrachter Semester angenommen.
3) ein obrigkeitliches
Zeugniß
sofern zwischen dem Abgang
über den Lebenswandel, des Candidaten von der
Universität und seiner Meldung zur Prüfung mehr als ein Jahr vergangen ist.
4) eine Darstellung
der bisherigen Lebensverhältnisse
des
Kandidaten, worin nicht nur der vollständige Namen, Geburtsort, Alter, Herkunft, Glaubensbekenntniß anzu geben, sondern auch über die genossene Schulbildung
und den Gang der Studien das Nöthige mitzutheilen
ist.
Es ist besonders erwünscht, wenn dabei auch die
Theilnahme an den Uebungen eines der mit den Hoch schulen verbundenen Seminarien nachgewiesen wird.
Dieser Lebenslauf ist in lateinischer Sprache abzu
fassen, nur den künftigen Lehrern der neueren Sprache
ist dabei der Gebrauch der französischen oder der eng lischen Sprache, den Lehrern der Mathematik und der Naturwissenschaften aber außer diesen beiden auch der
Gebrauch der deutschen Sprache verstattet. 8 3. Die Kaiserliche wissenschaftliche Prüfungs-Commission ist
nur verflichtet zur Annahme der Meldung 1) solcher Kandidaten, welche
das letzte Jahr der acade-
mischen Studien bei der Universität Straßburg absolvirt und entweder bis zur Meldung ihren bleibenden Auf
enthalt in Elsaß-Lothringen gehabt, oder innerhalb des
ersten Jahres seit ihrem Abgänge von der Universität sich zur Prüfung gemeldet haben, 2) denjenigen, welche Elsaß-Lothringen durch Geburt oder
durch ihren Wohnsitz angehören, sowie 3) denjenigen Kandidaten aus andern Theilen des deutschen
Reichs, welche für eine Beschäftigung an einer höheren Lehr anstalt in Elsaß-Lothringen in Aussicht genommen sind. Kandidaten, welche hiernach einen Anspruch auf Zulassung
nicht haben, kommission,
können
von der
wissenschaftlichen Prüfungs
wenn die Zahl der abzuhaltenden Prüfungen
sich unverhältnißmäßig bei ihr häuft, zurückgewiesen werden. Hinsichtlich der Nachprüfungen siehe § 34.
§ 4. Schulamts-Kandidaten,
welche die im 8 2 zu 1 und 2
angegebenen Zeugnisse nicht beizubringen vermögen,
dürfen
nur auf die von ihnen selbst nachzusuchende ausdrückliche Er laubniß des Ober-Präsidenten zugelassen werden.
Wenn die Commission bezweifelt, ob ein Candidat die erforderliche Tüchtigkeit besitze oder für die Prüfung hinläng
lich vorbereitet sei, so steht es ihr zwar frei, dem Kandidaten
den Eintritt in die Prüfung zu widerrathen; derselbe ist ihm jedoch,
wenn er bei seinem Entschluß verharrt,
nicht zu ver
sagen.
Bei erheblichen Zweifeln an der sittlichen Unbescholtenheit eines Kandidaten ist derselbe zurückzuweisen.
§ 5. Unterschied bei* facultas docendi für die verschiedenen Arten von Secundärschulen.
Der verschiedene Charakter der Secundärschulen, je nach dem dieselben hauptsächlich für die Gymnasial- oder Real-
gymnasial-Studien bestimmt sind, hat keinen wesentlichen Einfluß
auf die wissenschaftliche Prüfung, er ist nur für die methodische Anwendung wichtig, welche die Lehrer in den verschiedenartigen
Anstalten von ihrem Wissen zu machen haben.
Es ist daher je nach den verschiedenen Unterrichtsfächern von den künftigen Lehrern der Secundärschulen eine im All gemeinen gleiche wissenschaftliche Vorbereitung zu fordern. Dies
schließt jedoch in einzelnen Fällen eine Berücksichtigung der
verschiedenen Unterrichtsziele nicht aus.
Ueber die Art und
das Maaß dieser Berücksichtigung ist bei den einzelnen Gegen
ständen, wo sie zulässig, das Nöthige bemerkt. Principiell richtet sich die Prüfung nach den Anforderungen der Secundärschulen mit Gymnasial-Charakter und die einem Kandidaten
zuerkannte Befähigung zum Unterricht an der-
artigen Secundärschulen mit Realgymnasial-Charakter.
Ein
zelne Ausnahmen, in den für den Unterricht an Secundär
schulen mit Realgymnasial-Charakter besondere Anforderungen gestellt werden, enthalten die §§ 22, 23, 27.
Wenn auf den Wunsch eines Kandidaten
oder nach dem
Ergebniß der Prüfung die Qualification in einzelnen Fächern
oder
überhaupt
auf
Secundärschulen
mit
Realgymnasial-
Charakter beschränkt wird, so ist dies in dem Prüfungszeug niß ausdrücklich anzugeben.
§ 6. Gegenstände der Prüfung. Die Prüfung erstreckt sich:
1) auf die allgemeine Vorbildung, welche Jeder, der sich
dem Lehramte widmet, besitzen muß, 2) auf die speziellen wissenschaftlichen Fächer, in denen der
Kandidat zu unterrichten beabsichtigt. § 7.
Die allgemeine Bildung. Jeder Schulamts-Candidat,
welcher in höheren Lehranstalten unterrichten will, muß den Forderungen allgemeiner Bildung in der Religionslehre seiner
Konfession) in der Philosophie und Pädagogik, in der Ge schichte, Geographie und in Sprachkenntnissen genügen.
Das in dieser Beziehung von jedem Kandidaten zu For
dernde ist weiterhin bei den einzelnen Gegenständen angegeben. Das Vorhandensein der allgemeinen Bildung ist nur in den
jenigen der genannten Gegenstände für sich zu erforschen, in welchen der Kandidat eine facultas docendi nicht zu erwerben
beabsichtigt.
In der Pädagogik wird demnach, da dieselbe
einen Unterrichtsgegenstand der höheren Schulen nicht bildet, der Stand
allgemeiner
ermittelt (siehe § 25).
Vorbildung bei jedem
Kandidaten
Im Uebrigen bleibt der Commission
überlassen, von einer Erforschung der allgemeinen Bildung
so weit abzusehen, als sie durch ein vorzügliches Abiturienten
zeugniß außer Frage gestellt ist. Die Commission
hat
in ihrem Prüfungsverfahren die
Forderungen allgemeiner Vorbildung sorgfältig von den An forderungen zu unterscheiden, welche behufs oer Qualification
zum Unterricht in den betreffenden Gegenständen gestellt wer den müssen.
§ 8. Die wissenschaftlichen Fächer, in denen eine facultas do-
cendi erworben werden kann, sind: 1) das philologisch-historische Fach,
2) das mathematisch-naturwissenschaftliche Fach, 3) Religion und Hebräisch,
4) die neueren Sprachen. § 9.
Form der Prüfung. Die Prüfung pro facultate docendi besteht in schrift lichen Arbeiten und
einer mündlichen Prüfung, woran fich
Probelektionen anschließen können (siehe § 16). § 10. Die schriftliche Prüfung.
Jeder Schulamts-Candidat hat
philosophisches
oder
pädagogisches
einen Aufsatz
Thema zu
außerdem eine oder zwei Aufgaben
ein und
aus dem Gebiete der
jenigen Fachwissenschaften zu bearbeiten, gemeldet hat.
über
liefern,
für
welche
er
sich
Bei der Wahl der Gegenstände wird, soweit
es mit dem Zwecke der Prüfung vereinbar ist, auf die be
sonderen Studien und auf die Wünsche des Kandidaten, des
gleichen auf seinen wissenschaftlichen Standpunkt angemessene Rücksicht genommen, oder ihm auch unter mehreren Aufgaben
die Wahl gelassen.
Die Ablieferung der Arbeiten geschieht binnen einer sechs monatlichen Frist, unter genauer Angabe der benutzten Hülfs
mittel und
an Eides Statt beigefügten schriftlichen
mit der
Versicherung,
daß
sie
ohne fremde Hülfe
angefertigt sind.
Auf besonders motivirtes Gesuch kann eine weitere Frist von höchstens sechs Monaten gestattet werden.
neue Frist nicht eingehalten,
so erlöschen
Wird auch
diese
die gestellten Auf
gaben. Diejenigen Arbeiten, welche die klassische Philologie und
die alte Geschichte betreffen, sind in lateinischer Sprache ab zufassen;
doch ist für das Fach der alten Geschichte in ein
zelnen Fällen auch die deutsche Sprache zulässig.
Aufgaben
aus dem Gebiete der neueren Sprachen sind in
derjenigen
Sprache zu bearbeiten, auf welche sie sich beziehen.
In den
in
deutscher
übrigen Wissenschaften geschieht
die Abfassung
Sprache, wenn nicht der Examinand selbst die lateinische,
französische oder englische wählt,
Die eingereichten Arbeiten sind! von demjenigen Mitgliede der Commission, in dessen Fach sie gehören, schriftlich zu be
urtheilen.
Die Commission ist befugt,
wenn sie es zu näherer Er
forschung der wissenschaftlichen Ausbildung eines Candidaten
für zweckmäßig erachtet, außer den oben bezeichneten Arbeiten noch
eine oder die
andere Aufgabe als Klausurarbeit ohne
Hülfsmittel von demselben bearbeiten zu lassen,
die Uebersetzung
eines
Textes
in’§ Griechische,
namentlich Lateinische,
Französische, Englische, ebenso die Lösung mathematischer Auf
gaben.
Bei völlig
ungenügender Beschaffenheit
der
schriftlichen
Prüfungsarbeiten, und wenn nach dem darin sich aussprechen den Bildungsstande auch von der Anfertigung neuer Arbeiten ein günstigeres Resultat sich nicht erwarten läßt, wird
betreffende Kandidat von der gewiesen (siehe § 32).
der
mündlichen Prüfung zurück
§ TL
Ausnahme-Bestimmungen. Von der Bearbeitung eines fachwissenschaftlichen Themas
können diejenigen Kandidaten entbunden werden, welche nach einer förmlichen mündlichen Prüfung und auf Grund einer
durch den Druck bekannt gemachten Jnaugural-Dissertation bei
einer philosophischen
Facultät im Deutschen
Doctoren der Philosophie promovirt worden sind. solcher Kandidat eine
bis
Reich zu Falls ein
in die oberen Classen reichende
Facultas docendi auch für Lehrfächer in Anspruch welche
nimmt,
einem seiner Dissertation fremden Gebiet angehören
so hat er für diese Fächer die vorgeschriebenen schriftlichen Arbeiten zu liefern.
Von der Einreichung eines deutschen
Aufsatzes über ein philosophisches oder pädagogisches Thema
(§ 10) können die promovirten Kandidaten nicht entbunden
werden. In gleicher Weise kann die Commission auch eine von
einer philosophischen
Facultät im Deutschen Reich gekrönte
Preisschrift oder eine andere von dem Kandidaten etwa schon herausgegebene Schrift als Ersatz einer schriftlichen Prüfungs
arbeit gelten lassen. Sollte ein Kandidat, der von einer philosophischen Facultät
im Deutschen Reich zum Doctor der Philosophie promovirt worden ist, bei der mündlichen Prüfung so mangelhafte Kennt
nisse und
eine so unzulängliche allgemeine Bildung zeigen,
daß ihn die Commission als nicht bestanden abweisen müßte, so ist ein solcher Fall jedesmal dem Ober-Präsidenten von dem Vorsitzenden der Commission unter Einreichung des Pro
tokolls anzuzeigen. Wegen der Kandidaten, welche eine theologische Prüfung
bestanden haben, siehe § 24.
§ 12. Die mündliche Prüfung. Die mündliche Prüfung hat zu erforschen, ob der Kan didat außer der für den höheren Schulunterricht unentbehr
lichen allgemeinen Bildung ein für denselben
ausreichendes
Wissen in seinen Spezialfächern besitzt und ihren Zusammen
hang mit verwandten Gebieten des Lehrplans kennt.
Dem
Ermessen der Commission bleibt überlassen, ob und wie weit bei der mündlichen Prüfung auf die gelieferten schriftlichen Arbeiten Rücksicht zu nehmen ist.
Die Prüfung derjenigen Kandidaten, welche in der classi schen Philologie eine Facultas docendi für die oberen Gym-
nasialclassen erwerben wollen, ist soweit in lateinischer Sprache
zu halten,
daß die Fertigkeit des Kandidaten im mündlichen
Gebrauch derselben beurtheilt werden kann.
Ein entsprechen
des Verfahren findet bei der Prüfung in den neueren Sprachen
Statt (siehe § 22). § 13.
Es dürfen nicht mehr als drei Kandidaten in einem Ter min geprüft werden.
Die Ansetzung der Termine
ganze Jahr bleibt der Commission überlassen.
für das
Während der
gesetzlichen Universitätsferien finden keine Prüfungen Statt.
§ 14. Der mündlichen Prüfung muß außer dem examinirenden
Mitgliede jedesmal auch der Vorsitzende und mindestens noch
ein Mitglied der Commission beiwohnen. § 15. Ueber die
mündliche Prüfung jedes Examinanden wird
ein besonderes Protocoll ausgenommen, das von sämmtlichen
Mitgliedern der Commission zu unterzeichnen und nebst den schriftlichen Prüfungsarbeiten den Acten beizufügen ist.
§ 16.
Probelectio neu. Ob eine Probelektion nach der mündlichen Prüfung und zur Ergänzung derselben abzuhalten ist, wird von dem be
treffenden Fachexaminator bestimmt.
Derselbe ist
bei der
Probelection gegenwärtig, den übrigen Commissionsmitgliedern bleibt dies überlaffen.
Der Lehrer, dessen Unterrichtsstunde
für die Lection in Anspruch genommen wird, ist ebenfalls gegenwärtig, sowie selbstverständlich dem Director der Anstalt der Zutritt freisteht.
Wenn Probelectionen Statt gefunden haben,
wird über
den Ausfall derselben eine Bemerkung in das Prüfungszeug
niß ausgenommen.
Ueber die nach dem Probejahr
abzuhaltenden Probe
lectionen siehe § 38.
§ 17. Grade der Facultas docendi.
stellt die
Nach dem Ergebniß der gesammten Prüfung
Commission denjenigen Kandidaten, welche die Prüfung be standen haben,
ein Zeugniß entweder des ersten oder des
zweiten oder des dritten Grades aus, womit im Allgemeinen ein Zeugniß entweder für die oberen (Prima und OberSecunda), oder die mittleren (Unter-Secunda,
Ober- und
Unter-Tertia), oder die unteren Classen (Quarta, Quinta,
Sexta) bezeichnet wird.
§ 18. Allgemeiner Unterschied der drei Zeugnißgrade.
I. Zu einem Zeugniß ersten Grades ist erforderlich:
1. Genügende allgemeine Bildung. 2. A. Im philologisch-historischen Fach: Entweder a) die Befähigung, die griechische, lateinische und
deutsche
außerdem aber Geschichte
Sprache durch alle Classen, und
Geographie,
Religion,
oder
mittleren
den
in
Classen. lateinische Sprache, sowie
oder b) die griechische und
die Geschichte und Geographie durch alle Classen, außer
dem aber die deutsche Sprache, oder Religion, in den mittleren Classen, oder c) Geschichte und
alle, Grie
Geographie durch
chisch und Lateinisch in den mittleren Classen, außer dem
aber
Religion
Deutsch
oder
ebenfalls
in
den
mittleren Classen zu lehren. B. Im mathematisch-naturwissenschaftlichen Fach:
Entweder a) die Befähigung, Mathematik und Physik bis
incl. Prima,
aber
außerdem
die
philosophische
Propädeutik in Prima, oder die beschreibenden Natur
wissenschaften ,
oder
Religion,
oder
Lateinisch
und
Deutsch, oder eine der neueren Sprachen in den mitt leren Classen, oder b) Chemie und die beschreibenden Naturwissen schaften durch alle und Mathematik in
Classen,
außerdem
aber
Physik und
den mittleren Deutsch,
oder
Religion, oder Lateinisch und Deutsch, oder eine der neueren Sprachen in den mittleren Classen zu lehren.
C. In der Religion und im Hebräischen: Die Befähigung
in
beiden
Gegenständen
durch
alle
Classen, außerdem aber entweder im Deutschen, oder im Französischen, oder in der Geschichte, ebenfalls bis
incl. Prima, im Lateinischen
und
Griechischen aber,
oder in der Mathematik und Physik, in den mittleren Classen zu unterrichten.
D. Im Fach der neueren Sprachen: Die Befähigung, das Französische und Englische durch
alle Classen, außerdem aber entweder die beiden alten Sprachen, oder Lateinisch und Deutsch, oder Religion,
oder Geschichte und Geographie oder Mathematik und
die beschreibenden Naturwissenschaften, in den mittleren Classen zu lehren. II. Zu einem Zeugniß zweiten Grades ist erforderlich:
1. Genügende allgemeine Bildung. 2. Die Befähigung
in
den
mittleren Classen zu
unter
richten. A. entweder im Griechischen, Lateinischen und Deutschen,
oder im Griechischen, Lateinischen, in der Geschichte und Geographie; oder B. in der Mathematik, Physik und mindestens
schreibenden
Naturwissenschaft,
oder
in
einer be
sämmtlichen
beschreibenden Naturwissenschaften; oder
C. in der Religion, außerdem aber entweder in den beiden
alten Sprachen, oder im Deutschen, oder im Franzö sischen, oder in der Geschichte und Geographie, oder in
der Mathematik und Physik; oder
D. in beiden neueren Sprachen, außerdem aber entweder im Lateinischen und Deutschen, oder im Deutschen, in der Geschichte
und Geographie, oder in der Mathe
matik und einer der beschreibenden Naturwissenschaften;
3. endlich
die Befähigung,
außerdem
noch
in
einigen
Gegenständen in den unteren Classen zu unterrichten. Wenn
außer
den
bei II. 2. A, B, C, D zusammen
gefaßten Lehrgegenständen noch eine weitere Befähigung nach
gewiesen wird, so gereicht dies dem Kandidaten zur Empfeh lung und ist im Zeugniß zu vermerken, die allgemeine Bezeich nung des Zeugnisses wird dadurch nicht geändert. gilt von den Fällen,
wo
A, B, C, D zusammengenommenen Gegenständen
befähigung
auch
noch
Dasselbe
ein Kandidat in den unter II. 2,
für Ober-Secunda,
eine Lehr
oder in Einem
derselben für Prima nachweist. Ein
Zeugniß zweiten Grades wird auch dann ertheilt,
wenn zwar die für ein Zeugniß ersten Grades erforderlichen
fachwissenschaftlichen Kenntnisse vorhanden sind, die allgemeine Bildung aber unzureichend tp.
III. Ein Zeugniß dritten Grades wird ertheilt: wenn entweder bei fachwissenschaftlichen Kenntnissen, die
für ein
Zeugniß zweiten Grades hinreichen würden,
die allgemeine Bildung ungenügend ist, oder wenn bei einer im Allgemeinen genügenden Vorbildung die fach
wissenschaftlichen Kenntnisse für
ein Zeugniß zweiten
Grades nicht genügen.
§ 19. In die Zeugnisse derjenigen Kandidaten, welche den An
forderungen
der allgemeinen Bildung in der Religionslehre,
oder in der Philosophie, oder in der Geschichte, oder in der lateinischen Sprache,
oder
in
der deutschen Sprache nicht
genügt haben, wird die Bestimmung ausgenommen, daß sie
vor ihrer definitiven Anstellung sich
über Ausfüllung dieser
Lücke in einer Nachprüfung vor der wissenschaftlichen Prüfungs
Commission
auszuweisen
haben.
In
die Zeugnisse zweiten
und dritten Grades kann die Empfehlung ausgenommen wer den ,
sich
zur Erlangung des
höheren Grades nach einiger
Zeit einer Ergänzungsprüfung zu unterziehen (vergleiche § 34). Der Commission ist überlassen, auf Grund des Resultats der
borhergegangenen Prüfung zu bestimmen, wie lange Zeit nach
derselben eine Nachprüfung erst stattfinden könne.
Zur Beförderung in eine Oberlehrerstelle ist ein Zeugniß erforderlich,
welches
außer der Lehrbefähigung für die mitt
leren Classen mindestens in zwei Lehrgegenständen tne Facul
tas docendi für Prima nachweist.
Der Ober-Präsident kann auch bei Candidaten und Lehrern,
welche ein Zeugniß ersten Grades erworben haben, behufs ihrer Beförderung in eine Oberlehrerstelle eine Nachprüfung an
ordnen, wenn diese seit der ersten Prüfung längere Zeit hin durch an öffentlichen Anstalten, oder in den betreffenden Fächern in oberen Classen nicht unterrichtet haben.
Wird nur richtsbefähigung
bestanden
eine nothdürftig bis Quarta reichende Unter dargethan,
ist
so
der Kandidat
als
nicht
anzusehen und nur ausnahmsweise zur Abhaltung
des Probejahres zugelassen.
Die definitive Anstellung bleibt
von der Beibringung eines
genügenden Prüfungs-Zeugnisses
abhängig. Wegen der Zeugnisse
für
ausschließliche Fachlehrer der
neueren Sprachen siehe § 22.
In Betreff der katholischen Religionslehrer siehe § 24. § 20.
Maß der Anforderungen in den
einzelnen Gegen
ständen. A.
Die griechische und lateinische Sprache. Für
den Unterricht in den unteren Classen ist sichere Kenntpiß der griechischen und nforderniß.
lateinischen Elementargrammatik das Haupt-
Der Kandidat muß die Regeln fest im Gedächt
niß haben und beim Uebersetzen richtig anzuwenden wissen.
Die Schriftsteller, welche von Anfängern gelesen werden, muß er richtig übersetzen können und die zu ihrer Interpretation unentbehrliche Kenntniß der Geschichte und der Einrichtungen
des Alterthums besitzen. Von den Lehrern der mittleren Classen ist sichere Kenntniß
t)er griechischen und lateinischen Grammatik zu fordern, durch
welche sie sich befähigt erweisen, das Eigenthümliche der alten
Sprachen richtig aufzufassen und ihren Schülern eine auch über die gangbaren Schulbücher hinausgehende Anleitung zu
geben.
Schriftsteller wie Homer und Xenophon, Virgil, Cicero,
Livius und Cäsar müssen sie, mit Ausnahme besonders schwie riger Stellen, ohne erheblichen Anstoß übersetzen können. Das
Wichtigste aus der
alten Literatur und Geschichte,
aus den
Alterthümern, der Mythologie und aus der antiken Metrik
muß ihnen mindestens so weit bekannt sein,
daß sie es bei
der Erklärung der Schriftsteller weder übersehen, noch unrichtig
vortragen, und wo ihre eigenen Kräfte unzureichend sind, sich
durch Benutzung der besten Hülfsmittel zu unterrichten wissen. Für die Befähigung zum philologischen Unterricht in den
oberen Classen wird
Kenntniß
der
außer einer
griechischen
und
wissenschaftlich begründeten
lateinischen Grammatik
ein
gründliches Studium und Belesenheit in den Classikern beider Sprachen, besonders denjenigen, welche in Prima und Secunda gelesen zu werden pflegen, allgemeine Bekanntschaft mit der
Geschichte und dem gegenwärtigen Standpunkt der Philologie, Vertrautheit mit der philologischen Methodik, sowie Sicherheit
und Fertigkeit im schriftlichen und mündlichen Gebrauch der
lateinischen Sprache
verlangt.
In
den philologischen Dis
ciplinen,. namentlich der griechischen und römischen Literatur geschichte, den Alterthümern, der Mythologie und der Metrik ist von dem Kandidaten eine specielle Kenntniß aller Theile
zwar nicht zu verlangen, doch muß seine Prüfung die Ueber
zeugung gewähren, daß er sich
mit den Haupttheilen dieser
Disciplinen eingehend beschäftigt hat und die Fähigkeit besitzt,
die Lücken seiner Kenntnisse darin durch selbstständige Studien zu ergänzen.
Außer der allgemeinen geschichtlichen Bildung
ist für einen philologischen Lehrer der oberen Gymnasialclassen
jedenfalls eine genauere Kenntniß der derlich.
alten Geschichte erfor
Wenn, was für dieselbe Unterrichtsstufe besonders
Wünschenswerth, der Kandidat darthun kann, daß
er
seine
Studien auch auf die Archäologie der Kunst ausgedehnt hat, so ist dies in dem Prüfungszeugniß zu erwähnen.
Im Allgemeinen wird indeß bemerkt, daß, so unentbehrlich dem philologischen Lehrer der oberen Classen die Kenntniß der Hülfswissenschaften der Philologie ist, die Art der Prüfung doch dem Trachten nach einem breiten encyklopädischen Wissen
nicht Vorschub leisten darf, sondern den Erweis eines auf ein
engeres Gebiet beschränkten Studiums, welches einige Selbst ständigkeit
der Forschung
höher anzuschlagen hat.
und des Urtheils
erkennen läßt,
Wenn ein Kandidat sich mit einem der in Betracht kom
menden Autoren vorzugsweise beschäftigt hat,
so ist dies bei
der mündlichen Prüfung zu berücksichtigen.
Für den lateinischen Unterricht an Realclassen können die Anforderungen philologischer Gelehrsamkeit ermäßigt werden;
sind ebenfalls die für
doch
erforderlichen Kenntnisse
die mittleren Gymnasialclassen
der griechischen wie der lateinischen
Sprache und Literatur zu verlangen. Diejenigen Kandidaten, welche keinen philologischen Unter
richt ertheilen wollen, müssen doch einen leichteren lateinischen Text zu übersetzen und besonders auch über die Bedeutung der
griechischen
und
lateinischen. Terminologie ihres wissenschaft
lichen Fachs Rechenschaft zu geben im Stande sein.
§ 21. Die deutsche Sprache.
B.
Für die Befähigung zum
deutschen Unterricht in den unteren und mittleren Classen ist
außer befriedigender Darstellung in dem Prüfungsaufsatz sichere
Kenntniß der deutschen Elementargrammatik, Bekanntschaft mit der Synonymik der Sprache, mit den wichtigsten Bestimmungen der Stil- und Disposiüonslehre, ferner einige Kenntniß des
Entwicklungsganges der neueren deutschen Literatur, sowie end
lich die Fähigkeit zu verlangen, ein nicht schwieriges deutsches Gedicht angemessen und richtig, auch hinsichtlich des Versbaues,
zu erklären. Wer für den deutschen Unterricht auch der oberen Classen befähigt erklärt werden will, muß in seiner schriftlichen Dar
stellung einen gebildeten Sinn für die Form erkennen lassen, mit der Theorie des Stils, sowie
mit
besonders
dem
den bedeutendsten Erscheinungen,
Entwicklungsgänge
der
deutschen
Literatur,
mit der poetischen Literatur der classischen Periode
des Mittelalters und der neueren Zeit bekannt sein und in
ihrer Auffassung
derselbe
ästhetisches Urtheil
zeigen.
Außerdem
hat
entweder eine solche Kenntniß der historischen Entwicke
lung der Sprache darzuthun, daß er althochdeutsche und mittelhochdeutsche Texte zu lesen und zu erklären versteht auch über die Gesetze der deutschen Wortbildung
und
Rechenschaft zu geben weiß, oder in der Philosophie diejenigen über die Anforderungen der allgemeinen Bildung hinausgehenden Kenntnisse nach zuweisen, welche ihn befähigen, die philosophische Pro
pädeutik auf Gymnasien zu lehren. Ob
die
bei
jedem
Schulamts - Kandidaten
erforderliche
allgemeine Bildung in der deutschen Sprache bei denen, die
darin nicht unterrichten wollen, vorhanden ist, namentlich, ob sie dieselbe sicher und angemessen zu gebrauchen wissen, Commission
die
hinreichende
Gelegenheit,
bei
den
hat
übrigen
Theilen der schriftlichen und mündlichen Prüfung zu erkennen,
weßhalb eine besondere Prüfung in dieser Hinsicht nicht statt
findet.
§ 22. C
Die
neueren Sprachen.
Die Befähigung, das
Französische und Englische in den unteren und mittleren Classen zu lehren, ist als nachgewiesen zu erachten, wenn der Kandidat eine im Ganzen fehlerlose Uebersetzung eines nach Inhalt und
Ausdruck nicht besonders schwierigen Abschnitts aus dem Deut
Französische resp, in's Englische, als schriftliche Klau
schen
surarbeit geliefert und in der mündlichen Prüfung dargethan
hat,
daß
Kenntniß
er mit richtiger Aussprache und
der
französischen resp,
der
mit
genügender
englischen Elementar-
Grammatik Geläufigkeit im Uebersetzen und Erklären vorgelegter
Stücke aus classischen Schriftstellern, allgemeine Bekanntschaft
mit den bedeutendsten Erscheinungen der betreffenden Literatur
und
einige Fertigkeit im mündlichen Gebrauch der Sprache
verbindet.
Für den Unterricht bis incl. Prima ist erforderlich, daß der französische und englische Aufsatz eine gewisse Geläufigkeit
und Sicherheit im Gebrauch der Sprache,
sowohl in Bezug
auf Eigenthümlichkeit des Ausdrucks als auch auf die gram
matischen Gesetze der Sprache erkennen lasse.
Die mündliche
Prüfung ist darauf zu richten, ob der Kandidat Kenntniß der Hauptergebnisse der romanischen Sprachforschung und der ge
schichtlichen Entwickelung der französischen und der englischen
Sprache, sowie Sicherheit in der Grammatik und Kenntniß
der Metrik besitzt,
ob er mit den hervorragendsten Erschei
nungen der Literatur bekannt ist und einige Werke der bedeu tendsten Schriftsteller, namentlich der klassischen Periode, mit
eingehendem Verständniß gelesen hat,
auch sich mündlich in
guter Aussprache korrekt und sicher auszudrücken weiß. Soweit es erforderlich ist, letzteres zu ermitteln, wird die Prüfung in
französischer, bezw. englischer Sprache abgehalten.
Die Erforschung der allgemeinen Vorbildung (siehe § 7)
ist bei den künftigen Lehrern der neueren Sprachen insbeson dere auch darauf zu richten, ob sie eine hinlängliche Kenntniß
der lateinischen Grammatik besitzen.
Schulamts - Kandidaten, welche außer
der
erforderlichen
allgemeinen Bildung eine Unterrichtsbefähigung nur für das
Französische und Englische, oder nur eine von beiden Sprachen nachzuweisen im Stande sind, können bei höheren Lehranstalten nur
ausnahmsweise als besondere Fachlehrer eintreten, und
sind von der Ascension im Lehrercollegium
Anstalt ausgeschlossen.
der betreffenden
Sie erhalten, wenn ihre Befähigung
für alle Classen in beiden Sprachen ausreicht,
ein Zeugniß
zweiten Grades; wenn sie sich nur auf eine der beiden Spra chen bis incl. Prima, oder
für beide nur auf die mittleren
Classen erstreckt, ein Zeugniß dritten Grades. Auch wer nicht in den neueren Sprachen unterrichten will,
muß doch einen leichteren französischen Schriftsteller zu über
setzen im Stande sein.
§ 23. Geschichte und Geographie.
D.
Für den geogra
phischen und historischen Unterricht in den unteren und mitt
leren Classen ist erforderlich, daß der Kandidat sich eine auf
sicheren geographischen und chronologischen Kenntnissen beruhende Uebersicht der allgemeinen und eine genauere Bekanntschaft mit
der vaterländischen Geschichte erworben und mit guten Hülfs mitteln vertraut gemacht hat. Für den Geschichtsunterricht der oberen Classen wird eine
geographischer Anschauung
mit klarer
verbundene Kenntniß
der alten Geschichte, Bekanntschaft mit den Religionen, dem
öffentlichen und privaten Leben der alten Völker, Vertrautheit
mit dem
Entwicklungsgänge
der
allgemeinen
Weltgeschichte
und besonders mit der Geschichte des deutschen Volkes, verlangt.
Mit der Methode der mit den
Hauptwerken
kritischen
der
Geschichtsforschung
und
über
das
historischen
Literatur
klassische Alterthum und über Deutschland muß der Kandidat
bekannt sein, und bereits in irgend einem Theile der Geschichte ein selbständiges Quellenstudium betrieben haben.
Er muß
deßhalb die Geschichtsschreiber des klassischen Alterthums und außerdem mindestens auch die französischen in ihrer Sprache
lesen können. Wenn ein Kandidat quellenmäßige Studien der alten oder
mittleren Geschichte nicht gemacht hat, aber mit den That sachen
selbst
und ihren.Zusammenhänge
wohl
bekannt ist,
auch in der Geschichte der Erfindungen, der Reisen und der Entdeckungen,
sowie der internationalen Verkehrsverhältnisse
älterer und neuerer Zeit gute Kenntnisse an den Tag legt, so kann er, bei Erfüllung der sonstigen Bedingungen für die
Geschichte,
auch in
den
oberen Realclassen befähigt erklärt
werden.
Für den geographischen Unterricht in den oberen Classen haben die Kandidaten darzuthun, daß sie in allen Theilen der 3
geographischen Wissenschaft planmäßige Studien gemacht und
sich eine derartige Detailkenntniß darin angeeignet haben, daß sie die Länder der Erde sowohl nach ihrer natürlichen Be schaffenheit und deren Einfluß auf die Eigenthümlichkeit und
Entwickelung der Völker
als auch nach ihren politischen Zu
ständen kennen, und dadurch in den Stand gesetzt sind, den
geschichtlichen
und
geographischen Unterricht auf
fruchtbare
Weise mit einander zu verbinden. Wer diesen Anforderungen nicht genügt, muß, um in der Geographie die volle Unter
richtsbefähigung für Realclassen zu erhalten, eine Nachprüfung bestehen, was in dem Prüfungszeugniß zu bemerken ist.
Bei den Candidaten, welche keinen historischen oder geo graphischen Unterricht ertheilen wollen,
genügt
eine durch
Chronologie und Geographie begründete allgemeine Bekannt schaft mit der Weltgeschichte,
wie sie jedem wissenschaftlich
gebildeten Manne unentbehrlich ist.
Insbesondere darf einem
Lehrer die Geschichte und Geographie des deutschen Vaterlandes
nicht fremd sein.
8 24. E.
Theologie und Hebräisch. Für die Befähigung
zum evangelischen
Religionsunterricht in den unteren und
mittleren Classen ist Bekanntschaft mit Inhalt und Zusammen hang der heiligen Schrift und mit dem kirchlichen Lehrbegriff
auf Grund der vornehmsten symbolischen Bücher, sowie Kennt niß der Hauptmomente der geschichtlichen Entwickelung der christlichen Kirche zu fordern.
Die Religionslehrer der mitt
leren Classen müssen auch das Neue Testament in der Grund
sprache zu lesen und zu erklären verstehen.
Die Befähigung
zum Religionsunterricht in den oberen Classen kann nur den Candidaten zugesprochen werden, welche sich mit Inhalt und Zusammenhang
der heiligen Schrift durch
anhaltende Be
schäftigung genau bekannt gemacht haben, und in demjenigen, was Gegenstand der theologischen Disciplinen der Einleitung
in das alte und neue Testament, sowie der biblischen Archäo-
logte bildet, bewandert sind.
Es ist ferner von ihnen zu
verlangen, daß sie die christliche Glaubens- und Sittenlehre
in ihren Grundsätzen entwickeln und wissenschaftlich begründen
können,
von der Kirchengeschichte aber sich
nicht' bloß eine
allgemeine Uebersicht, sondern auch eine nähere Kenntniß der
jenigen Personen und Begebenheiten angeeignet haben, welche für die Entwickelung der Kirche und
des kirchlichen Lehr
begriffs von entschiedenem Einfluß gewesen sind. Die vorstehenden Bestimmungen finden auch auf katholische
Schulamts-Candidaten, welche die Befähigung zum katholischen Religionsunterricht erlangen wollen, analoge Anwendung.
Jüdische Schulamts-Candidaten, welche die Befähigung
zum jüdischen Religionsunterricht erlangen wollen, müssen ein eingehendes Verständniß der jüdischen Religions- und Sitten
lehre und der hauptsächlichsten Schriftquellen derselben, sowie
die Kenntniß der Hauptmomente
der jüdischen Volks- und
Religionsgeschichte nachweisen.
Protestantische, katholische und jüdische Theologen, welche
zur Ausübung der Functionen als Geistliche ihrer Confession befähigt sind,
werden keiner Prüfung
in
den theologischen
Wissenschaften unterzogen, müssen aber ihre Befähigung, den Religionsunterricht auf
den verschiedenen Classenstufen
der
Secundärschulen zu ertheilen, vor dem betreffenden Mitgliede
der Prüfungskommission nachweisen.
Bei denjenigen Schulamts-Candidaten, welche sich nicht für
den Religionsunterricht bestimmen wollen, ist darauf zu sehen,
ob sie die von jedem Lehrer einer höheren Unterrichtsanstalt zu fordernde Kenntniß der Hauptlehren und eine allgemeine
Uebersicht über die Geschichte ihrer Religion besitzen, und
außerdem,
ob
sie mit dem Inhalt und Zusammenhang der
hauptsächlichsten Schriftquellen ihrer Religion hinreichend be
kannt sind.
Bei der Prüfung im Hebräischen ist eine wohlbegründete Kenntniß der Formenlehre und der Syntax dieser Sprache,
sowie einige Fertigkeit im Uebersetzen und Erklären der histo
rischen Schriften des alten Testaments und
der Psalmen
erforderlich. Mr die Lehrer der classischen Philologie ist es nicht nothwendig, aber Wünschenswerth, daß sie sich einer Prüfung
im Hebräischen unterwerfen; wenn sie es unterlassen, wird
dies in dem Prüfungszeugniß ausdrücklich erwähnt.
8 25. F.
Philosophie
und
Pädagogik.
Von jedem
Schulamts-Candidaten ist Kenntniß der wichtigsten logischen Gesetze und der Hauptthatsachen aus der empirischen Psycho
logie zu fordern.
Ebenso muß jeder sich darüber ausweisen
können, daß er eine der wichtigeren philosophischen Schriften,
deren Wahl ihm freisteht, mit Aufmerksamkeit und Verständ
niß gelesen hat.
Die eigene mündliche und schriftliche Dar
stellung muß bei jedem Schulamts-Candidaten erkennen lassen, daß er bereits zu einiger Selbstständigkeit und zu innerer Es muß ferner
Ordnung und Gedankenbildung gelangt ist.
bei jedem Kandidaten einige Kenntniß der Geschichte Philosophie, bei den
der
Philologen namentlich der alten, und
eine allgemeine Bekanntschaft mit der Geschichte der neueren Pädagogik und den wesentlichen Bestimmungen der Methodik vorhanden sein.
An diejenigen Kandidaten, welche in der philosophischen Propädeutik unterrichten wollen, ist vor Allem die Forderung
zu stellen, daß sie durch Bekanntschaft mit den metaphysischen Fundamentalbegriffen Einsicht in das Wesen der Philosophie
erlangt haben.
Im Besondern ist zu verlangen, daß sie mit
der formalen Logik nach Aristoteles und Kant, mit der empi
rischen Psychologie und den Hauptepochen der Geschichte der Philosophie vertraut sind, und sich die
eines der
wichtigeren
genauere Kenntniß
philosophischen Systeme nach eigener
Wahl angeeignet, auch das Studium der allgemeinen Gram-
matik nicht versäumt haben.
Außerdem müssen
sie
genauere
Bekanntschaft mit der Geschichte der Pädagogik, besonders mit ihrer Entwickelung seit dem 16. Jahrhundert, nachweisen. § 26.
G.
Mathematik und Physik.
Zum mathematischen
und Rechenunterricht in den unteren Classen genügt Kenntniß
der elementaren Planimetrie und Stereometrie, der gemeinen
Arithmetik,
der Buchstabenrechnung und
der
Methodik des
Rechenunterrichts.
Für die mittleren Classen ist Kenntniß der körperlichen Geometrie,
ebenen und
der ebenen und sphärischen Trigono
metrie, der Algebra bis zu den Gleichungen des 3. und 4. Grades, der analytischen Theorie der geraden Linie und der Ebene mit Anwendung auf die Kegelschnitte, der Grundlehren
der Differential- und Integralrechnung, sowie der Hauptsätze der Statik erforderlich.
Für den mathematischen Unterricht in den oberen Classen sind nur die Kandidaten befähigt zu erachten, welche sich in der Prüfung als ausgezeichnete Mathematiker zeigen,
die höhere Geometrie,
die
höhere Analysis
und
und in
analytische
Mechanik soweit eingedrungen sind, daß sie auf diesen Ge
bieten eigene Untersuchungen mit Erfolg anstellen können. In Betreff
der Physik
ist
für
den
Unterricht in den
mittleren Realclassen eine übersichtliche Kenntniß des ganzen Gebietes dieser Wissenschaft,
verbunden mit einer deutlichen
Einsicht in das Wesen der wichtigsten Naturerscheinungen und
Gesetze,
sowie Bekanntschaft' mit der Einrichtung und dem
Gebrauch der einfacheren physikalischen Instrumente zu fordern. Für den Unterricht in den
oberen Classen ist außerdem
Kenntniß der Theorien der mathematischen Physik und der daraus sich
ergebenden Methoden nebst genauerer Kenntniß
der physikalischen Instrumente und Uebung in ihrer Behand lung zu fordern, ferner ist als Erforderniß des Unterrichts
in der mathematischen Geographie Kenntniß der Elemente der
Astronomie zu verlangen. Alle Kandidaten, welche sich der Prüfung in der Mathe
matik und Physik unterziehen, haben in den Naturwissen
schaften (Chemie, Mineralogie, Zoologie und Botanik), auch wenn sie darin nicht unterrichten wollen, diejenige allgemeine
Bildung darzuthun, welche sie zu einem richtigen Urtheil über den Inhalt und Umfang derselben, sowie über ihr Verhältniß
zu den anderen Wissenschaften befähigt.
§ 27. H.
Chemie und
schaften.
beschreibende
Naturwissen
In der Chemie ist die Kenntniß dessen erforder
lich, was zur Verständignng über die wichtigsten physikalischen und physiologischen Vorgänge unentbehrlich und in die neueren
Lehrbücher der Physik und der chemischen Technologie aus genommen ist, namentlich die Kenntniß von dem chemischen Prozeß, von den einfachen chemischen Stoffen, von den Ver
hältnissen und Verbindungsgesetzen derselben, von den in ihnen wirksamen Gegensätzen u. s. w. Im Experimentiren muß der Kandidat einige Fertigkeit erlangt haben.
Für den Unterricht
in Prima ist außerdem
die Kenntniß der chemischen Technologie, der -wichtigsten Theile
der organischen Chemie,
Fertigkeit
in der qualitativen und
einige Uebung in der quantitativen Analyse, sowie der weiter unten näher bezeichnete Umfang der Kenntnisse in der Mine ralogie erforderlich.
In der Zoologie, Botanik und Mineralogie ist zum Unter
richt in den untern und mittleren Classen derjenige Kandidat für befähigt zu erachten,
welcher die häufig vorkommenden,
namentlich die einheimischen Naturproducte aus eigener An
schauung kennt, die charakteristischen Merkmale derselben anzu
geben weiß, mit den Grundsätzen einer naturgemäßen Anord
nung und
den naturhistorischen
Systemen, sowie mit den
allgemeinen geognostischen Verhältnissen und den gangbarsten
Ansichten
über
bekannt ist.
die
Bildungsgeschichte
der
starren Erdrinde
Von dem Kandidaten, der sich für den natur
wissenschaftlichen Unterricht, in den oberen Classen und für dies Lehrfach vorzugsweise an Realclassen bestimmen will, ist
eine
genauere Kenntniß
reiche zu fordern.
aller Hauptformen der drei Natur
In der Zoologie und Botanik muß der
selbe auch eine genügende Bekanntschaft mit den allgemeinen
Lehren der Physiologie, mit der Lebensweise namentlich
der
einheimischen Thiere, und mit der geographischen Verbreitung
der wichtigsten Thiere und Pflanzen darlegen, die Prinzipien
der natürlichen Systematik,
das Wesentliche der verschiedenen
naturhistorischen Systeme und deren geschichtlichen Zusammen hang kennen.
In der Mineralogie ist die Kenntniß von den
Hauptabtheilungen
des
oryktognostischen Systems,
von
den
Elementen der Krystallographie, von den wichtigsten Krystall gestalten, von
der
chemischen Constitution und
dem
physi
kalischen Verhalten einzelner vorzüglich merkwürdiger Substanzen, und in der Geognosie die Kenntniß der wichtigeren Felsarten,
der charakteristischen, besonders zur Unterscheidung der Forma tionen dienenden Petrefakten, der
Lagerungsverhältnisse und
des geographischen Vorkommens der Formationen, sowie eine auf allgemeine
naturhistorische Kenntnisse begründete Ansicht
über die Bildungsgeschichte des Erdkörpers zu verlangen. Bei der ganzen Prüfung ist hauptsächlich darauf zu sehen,
ob der Candidat mit genauen Kenntnissen in wenigstens Einer der beschreibenden Naturwissenschaften eine nach wärtigen Standpunkt hinreichend
dem gegen
tiefe Auffassung
verbindet,
um die Elemente mit Bezug auf das Princip und das Wesen jeder Wissenschaft
lehren und aus eigenem
sicheren Wissen
erläutern zu können. Jeder Lehrer der beschreibenden Naturwissenschaften muß
auch die für den Unterricht in den mittleren Classen erforder lichen mathematischen Kenntnisse besitzen.
Wenn die naturgeschichtlichen Kenntnisse bei einem Kan didaten nicht in dem Umfange vorhanden sind, welchen das Bedürfniß der Realclassen erfordert, so wird dies in dem
Prüfungszeugniß bemerkt und für die Anstellung an einer Realclasse eine Nachprüfung zur Pflicht gemacht. § 28.
Allgemeine Bestimmungen. 1)
In jedem wissenschaftlichen Gebiete, worin der Exa
minand eine facultas docenti erwerben will, hat er auch eine angemessene Kenntniß der Literatur derselben darzuthun. 2)
Bei jeder höheren Qualification, welche einem Kandi
daten zuerkannt wird, muß für die Prüfung im Allge meinen die Voraussetzung gerechtfertigt sein, daß er
den Anforderungen der vorhergehenden niederen Stufen zu genügen im Stande, daß also z. B. der philolo
gische Lehrer der oberen
Classen in der Elementar
grammatik, Prosodie u. s. w. keinerlei Unsicherheit zeige,
und daß
ebenso der mathematische Lehrer der oberen
Classen auch
den Rechenunterricht in der Sexta und
Quinta zu ertheilen geschickt ist.
8 29. Nach Beendigung der mündlichen Prüfung findet über das Ergebniß derselben unter gleichzeitiger Berücksichtigung
des Ausfalls der schriftlichen Arbeiten eine mündliche Bera
thung und Abstimmung unter den ordentlichen Mitgliedern derselben
statt,
welche an
der
Prüfung
theilgenommen
haben. Bei Stimmgleichheit entscheidet die Stimme des Vor
sitzenden. 8 30.
Abweisung.
Kandidaten,
welche die Prüfung nicht bestehen, dürfen
erst nach einem halben Jahre ein Gesuch um Zulafiung zu
Prüfungs-Reglement.
41
einer neuen Prüfung einreichen, falls nicht von der Commis
ein längerer
sion
§ 32).
Zeitraum
dafür
bestimmt ist (vergleiche
Wer auch bei der zweiten Prüfung für nicht bestan
den erklärt wird, ist nur mit Erlaubniß des Oberpräsidenten zu einer nochmaligen Prüfung zuzulassen.
Eine
dritte Wie
derholung der Prüfung ist unstatthaft. 8 31.
Form des Zeugnisses. Auf Grund des Prüfungsprotokolles wird dem Kandida
ten ein von dem Vorsitzenden und allen übrigen Mitgliedern
der Commission unterschriebenes Zeugniß
welches
ausgestellt,
enthält: a) den vollständigen
die kirchliche
Namen, den Geburtsort und Tag,
Confession des Kandidaten, den Stand
seines Vaters, die Angabe der Schule und des Zeug mit welchem
nisses,
er von derselben abgegangen ist,
endlich der Universität, resp,
er
besucht, sowie
etwa b)
der Universitäten, welche Grades,
den er
im Deutschen Reich
erwor
akademischen
des
bei einer Fakultät
ben hat; eine Darlegung des Ergebnisses der
nen Fächern
in den verschiede
abgehaltenen Prüfung,
Mängel, welche in
der
wobei
wissenschaftlichen
des Kandidaten bemerkt worden sind,
auch der
Ausbildung
Erwähnung zu
thun ist;
c)
die bestimmte Angabe des von dem Kandidaten erwor benen und in der Schrift hervorzuhebenden Zeugniß
grades, wobei eine zusammenfassende Bezeichnung der Gegenstände und Classen hinzuzufügen ist, für welche
dem
Kandidaten
die
facultas
docendi
zuerkannt
worden.
Es bleibt
dem Ermessen
nach der Persönlichkeit und
der Commission überlassen, je
Bildung
des Kandidaten dieser
Stelle auch ein empfehlendes Urtheil über
dessen
allgemeine
Befähigung zum Lehramt hinzuzufügen. 8 32.
Auch denjenigen Candidaten,
welche die Prüfung nicht
bestanden haben, ist ein Zeugniß auszustellen und darin aus
drücklich zu bemerken, nach welchem Zeitraume es ihnen ge
stattet ist,
sich zu einer neuen Prüfung zu melden.
dieser Zeitbestimmung,
Bon
sowie von den Gründen der Abwei
sung des Candidaten erhalten sämmtliche deutsche Prüfungs
kommissionen Mittheilung, welche die gleichen Mittheilungen an die Prüfungskommission zu Straßburg zu machen pflegen.
8 33.
Schulamtscandidaten oder Lehrer, welche vor einer deut schen wisienschafttichen Prüfungs-Commission eine den Anfor
derungen dieses Reglements entsprechende Prüfung bestanden haben, sind, wenn sie in den Schuldienst von Elsaß-Lothriw-
gen berufen werden, von der Ablegung der Prüfung vor der Kaiserlichen
Prüfungs-Commission
Straßburg
zu
befreit.
Haben sie eine solche Prüfung nicht bestanden, so können sie
von der Ablegung in
dem Falle befreit werden,
wenn ihre
Befähigung auf andere Art hinreichend dargethan ist. Die
Entscheidung hierüber
nach Anhörung der
steht,
kaiserlichen wissenschaftlichen Prüfungs-Commission dem Ober-
Präsidenten zu. 8 34.
Nachprüfungen. Wenn Schulamtscandidaten oder Lehrer sich eine facul
tas docendi in Gegenständen, worin
sie dieselbe
noch nicht
besitzen, erwerben oder die bereits erworbene erweitern, oder
wenn sie
die Ergänzung der in
ihrer allgemeinen Bildung
wahrgenommenen Lücken nachweisen wollen, so können sie sich zu einer Nachprüfung melden.
Dem Ermessen
ob, wenn
es
solchen Fällen,
sich
Prüfungs-Reglement.
43
bleibt
es anheimgestellt,
der Commission
um
die allgemeine
Bildung handelt,
in
und ebenso bei den nach § 19 vorbehaltenen
Prüfungen schriftliche Prüfungsarbeiten erforderlich sind. Die mündlichen Nachprüfungen werden
den vor
nach
stehenden allgemeinen Bestimmungen abgehalten. An den Ergänzungsprüfungen für
einzelne Gegenstände
nehmen außer dem Vorsitzenden nur diejenigen Mitglieder der Commission Theil, für deren Prüfungsfächers der Candidat
Ist der
eine erweiterte Lehrbefähigung zu erwerben wünscht.
Vorsitzende der Commission zugleich der alleinige Fachexami
nator,
so hat außer ihm noch ein von ihm zu bestimmendes
Mitglied der Commission der Prüfung beizuwohnen.
§ 35. Zeugniß der Nachprüfungen.
Wenn durch das Ergebniß der Nachprüfung eine Erhöhung des Zeugnißgrades bewirkt wird, so hat das darüber auszu
stellende Zeugniß
Prüfung
nach
die
wesentlichen
dem darüber
Ergebnisse der früheren
vorliegenden Zeugnisse
aufzu
nehmen und mit Rücksicht darauf die Fortschritte des Geprüf
ten anzugeben.
Zeugnisse dieser Art werden von allen Mit
gliedern der Commission unterschrieben. bei Ausstellung derjenigen Zeugnisse,
Ein Gleiches geschieht
welche über eine nach
§ 19 behufs Beförderung in eine Oberlehrerstelle angeordnete Nachprüfung zu ertheilen sind.
Zeugnisse über das Ergebniß
der für einzelne Gegenstände ohne Aenderung des Zeugniß
grades bestandenen Ergänzungsprüfungen
werden
von den
jenigen Mitgliedern unterzeichnet, welche an der Prüfung Theil
genommen haben.
§ 36. Abweisung von Nachprüfungen.
Kandidaten, welche eine Nachprüfung zweimal ohne Erfolg versucht haben, können bei nochmaliger Anmeldung zur Nach-
Prüfung von der Prüfungs-Commission zurückgewiesen werden, falls nicht ihre Zulassung von der betreffenden Schulverwal
tungsbehörde empfohlen wird. § 37. Prüfungs-Gebühren.
An Gebühren werden für eine Prüfung dreißig Franken, für eine Nachprüfung (§§ 19, 34, 35) fünfzehn Franken,
außerdem der Betrag des für die Zeugnisse zu verwendenden Stempels entrichtet.
Erfolgt die Zurückweisung des Kandidaten schon vor der mündlichen Prüfung (§ 10), so werden die Prüfungsgebühren
auf die Hälfte herabgesetzt. § 38. Probejahr und Probelectionen nach demselben. Die practische Befähigung der Schulamts-Candidaten wird
nach dem Ergebniß eines Probejahres beurtheilt, welches sie an einer Secundärschule abzuhalten haben.
Nach Ablauf des
Probejahrs werden von den Schulamts-Candidaten, falls der
betreffende Schulrath beim Ober-Präsidium es für nöthig erachtet, in seiner Gegenwart eine oder mehrere Probelectionen
gehalten.
Auf Grund derselben, oder wo sie nicht für nöthig
erachtet worden, auf Grund des Zeugnisses des Directors der Anstalt und des Ordinarius der Classe, in welcher der Kan
didat während des Probejahrs unterrichtet hat, wird ihm dar über ein Zeugniß von dem Ober-Präsidenten ausgestellt.
Dieses Zeugniß bildet eine wesentliche Ergänzung des dem Kandidaten über das Ergebniß der wissenschaftlichen Prüfung ertheilten Zeugnisses und ist bei Bewerbungen um eine Lehrer stelle jedesmal mit vorzulegen.
Berlin, den 28. October 1872.
Der Reichskanzler. I. V.:
gez. Deltrück. Straßburg, Druck von Fr. Wolff. — 560
Im Verlage von Karl 3. tzrüvner in Strakbnrg ist
erschienen:
Berordmngen und
amtliche Wachrichten für
Elsaß-Lothringen aus der Zeil vom Beginn der deutschen Occ-upation
bis Ende März 1872. Herausgegeben Dom
Oberprästvtal-Büreau. 8. 636 Seiten (lyit alphabetischem Register). Preis 5 Franken.
„Der Gebrauch des Werkes, das offenbar nicht bloß einem Praktischen Bedürfnisse entgegenkommt, sondern auch als übersichtliches Bild der ersten anderthalbjährigen Verwaltungsthütigkeit der deut schen Behörden im neuen Reichslande ein historisches Interesse beanspruchen darf, ist für jenen nächsten Zweck sehr erleichtert durch ein neben dem tabellarischen Jnhaltsverzeichniß beigegebenes alpha betisches Register. Ein über hundert Seiten starker Anhang enthält sämmtliche zum Friedensschluß zwischen Deutschland und Frankreich gehörenden Aktenstücke in beiden Sprachen." „Straßburger-Zeitung" v. 3. Nov. 1872.
Verordnungen
über die
Erfordernisse ;ur Anstellung im Pfarramte der Kirche Augsburgischer Confessio» in
Kksaß-Lothringen. 8. brosch. Preis 50 Centimes.