Vergleich und Identität: Selbst- und Fremddeutung im Norden des hochmittelalterlichen Europa 9783050048673, 9783050046136

Durch die Christianisierung Skandinaviens veränderte Europa vom 9. bis zum 13. Jahrhundert sein Gesicht. Der aquilo blie

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German Pages 228 Year 2009

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Vergleich und Identität: Selbst- und Fremddeutung im Norden des hochmittelalterlichen Europa
 9783050048673, 9783050046136

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Thomas Foerster

Vergleich und Identität

Europa

im

Mittelalter

Band 14

Abhandlungen und Beiträge zur historischen Komparatistik Herausgegeben von Michael Borgolte

Thomas Foerster

Vergleich und Identität Selbst- und Fremddeutung im Norden des hochmittelalterlichen

V

o-rv

Akademie

Verlag

Europa

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-05-004613-6

© Akademie Das

Verlag GmbH, Berlin 2009

eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706.

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. -

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Einbandgestaltung: Jochen Baltzer, Berlin Druck und Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer", Bad Langensalza Printed in the Federal

Republic of Germany

Inhaltsverzeichnis

Vorwort.7

I.

Einblick:

Grundlagen des Vorgehens.8 1. 2.

Vergleich und Identität: Einleitung.8 Das Alte und das Neue Europa.16

II. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

Darstellungen des „alten Europa".22

Wikingerüberfalle in zeitgenössischen Darstellungen: Prolog.22 1.1. aquilo und ultima Thule: Einleitung.22 1.2. Die Wikinger in Europa: fränkische und angelsächsische Annalen.24 1.3. Der heidnische Norden: Adam von Bremen und die Geschichtsschreibung der Hamburger Kirche.32 1.4. Zusammenfassung.42 Die Dänen in England: Heinrich von Huntingdon, Wilhelm von Malmesbury und die englische Geschichtsschreibung der anglonormannischen Zeit.44 2.1. Engländer und Normannen: Einleitung.44

1. Der heidnische Norden und die

2.

2.2. 1066 und der Blick auf die Geschichte.50 2.3. Dänenkriege und Reichseinigung.54 2.4. Die heidnischen Dänen.57 2.5. Die barbarischen Dänen.62 2.6. Zusammenfassung.72 3. Der Süden und der Norden:

Zusammenfassung.74

III. Der Blick nach Süden: Die Sudrlond in Darstellungen des „neuen

Europa".79

1. Die heiligen Könige des Nordens.79 1.1. Königliche Heilige und ihre Reiche.79 1.2. Die neuen Reiche und das alte Europa.84 1.3. Zusammenfassung.94 2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens.96 2.1. Die Norweger: Einleitung.96 2.2. Norwegen in der christlichen Welt.101 2.3. Norwegen und das Erbe der Antike.106 2.4. Norwegen in der europäischen Geschichte.109 2.5. Zusammenfassung.114

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des

12. Jahrhun-

derts.115 3.1. Die Dänen: Einleitung.115 3.2. Die Dänen und die Deutschen.120 3.3. Die Dänen und das Römische Reich.134 3.4. Zusammenfassung.145 4. Snorri Starluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts: Epilog ....151 4.1. Norwegen, Island und das Königtum in den Sagas: Einleitung.151 4.2. Norwegen in der christlichen Welt.154 4.3. Zusammenfassung.167 5. Der Norden und der Süden:

IV. Ausblick:

Zusammenfassung.170

Vergleichen im mittelalterlichen Europa.177

Anhang.188 1. English Summary.188 2. Abkürzungsverzeichnis.192 3. Quellenverzeichnis.193 4. Literaturverzeichnis.197 5.

Register.222

Vorwort

Die vorliegende Untersuchung wurde im Sommersemester 2008 von der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg als Dissertation angenommen. Zunächst gilt mein Dank meinen wissenschaftlichen Lehrern, Prof. Bernd Schneidmüller und Prof. Stefan Weinfurter. Beide waren stets bereit, sich den Sorgen und Nöten ihres Doktoranden zu widmen und prägten diese Arbeit mit reichlichen wertvollen Rat-

schlägen. In vielen Gesprächen erhielt ich von zahlreichen Freunden und Kollegen aus unterschiedlichen Ländern hilfreiche Anregungen und Hinweise, für die ich mich an dieser Stelle ebenfalls herzlich bedanken möchte. Namentlich erwähnen möchte ich aus dieser großen Zahl besonders Sverre Bagge, Lars Boje Mortensen und Sigbjorn Sonnesyn (Bergen), Jan Rüdiger (Berlin), Rosamond McKitterick und Sally Lamb (Cambridge), Karsten Friis-Jensen (Kopenhagen), Philippe Buc (Stanford), Linda Kaljundi (Tallinn) wie auch Stefan Burkhardt und Eva Ambos (beide Heidelberg). Die beiden letztgenannten übernahmen darüber hinaus in alter Freundschaft die Last des Mitlesens und der Korrektur und bereicherten die Arbeit mit vielen Vorschlägen. Sverre Bagge und dem gesamten Centre of Medieval Studies in Bergen bin ich ganz besonders dankbar für die Gewährung eines mehrmonatigen Forschungsstipendiums im Spätjahr 2006. Die Atmosphäre wie auch die Arbeitsmöglichkeiten am CMS sind weit mehr als nur ein inspirierendes Erlebnis. Meine Zeit in Bergen gehörte daher zu den produktivsten Phasen meiner Arbeit. Nicht zuletzt gilt mein Dank auch der DFG, die mein Projekt im Rahmen des Schwerpunktprogramms 1173 „Integration und Desintegration der Kulturen im europäischen Mittelalter" über Jahre förderte, wie auch Prof. Michael Borgolte, der die fertige Arbeit bereitwillig in die Reihe „Europa im Mittelalter" aufnahm. Den größten Rückhalt fand ich aber während meines gesamten Stadiums wie auch während der Arbeit in meiner Familie. Ihr widme ich das fertige Buch.

Thomas Foerster

I. Einblick:

1.

Grundlagen des Vorgehens

Vergleich und Identität: Einleitung ach, Vergleich ist vielleicht eine der verderblichsten Arten von Befleckung1

Laut Soren Kierkegaard ist es der Vergleich, der im Menschen die ,Bekümmertheit' weckt.2 Trotz dieser düsteren Einstellung des Philosophen ist die vergleichende Betrachtung ein Grandelement menschlicher Weltdeutung. Der Vergleich dient nicht nur der Erfassung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten, er ist ein Instrument der Definition und Bewertung, der Verarbeitung von Erfahrungen. Während in den letzten Jahren zahlreiche Arbeiten zur „Vergleichenden Geschichte Europas" entstanden,3 dürfte Kierkegaards Diktam wohl am ehesten auf deren Vorgänger des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zutreffen, die zumindest im deutschsprachigen Raum fasziniert auf die Entwicklung französischer Staatlichkeit blickten und im Vergleich zur eigenen Niedergangsepoche des Späten Mittelalters den Nachbarn zum Idealfall erhoben, an dem man vermeintliche Defizite der eigenen Geschichte studieren konnte.4 Für die vergleichende Betrachtung von Geschichte finden sich jedoch lange Vorbildreihen seit der Antike; der Vergleich so kann man vermuten ist so alt wie die historische Betrachtung selbst. Erst durch kontrastierende Darstellung werden die Besonderheiten des Eigenen deutlich. So wird der Vergleich in der historischen Betrachtung und Darstellung zum Instrument der Selbstvergewisserang, der Konstruktion von Identitäten. „Ebenso wenig wie unser Antlitz können wir unser inneres Selbst anders als im Spiegel betrachten." Diese Aussage Jan Assmanns gilt gleichermaßen für personale wie für kollektive Identität.5 Zum Begriff der Identität entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten in nahezu allen Kulturwissenschaften eine Diskussion, deren Ergebnisse heute kaum noch überschaubar -

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1 2 3 4 5

Kierkegaard, Was wir lernen, 188. Kierkegaard, Was wir lernen, 187. Borgolte, Mediävistik (2003), bes. 313; 322f. u. Ders., Europa (2002), Bloch, Histoire (1963), bes. 37^40. Schneidmüller, Außenblicke (2001), 315f. Assmann, Gedächtnis (1992), 134f, das Zitat 135.

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11-23. Vgl. jedoch auch schon

7.

9

Vergleich und Identität: Einleitung

sind.6 Der grundlegende Zusammenhang von Identität und Alterität wurde hierbei immer wieder hervorgehoben. Selbst- und Fremddeutung wurden gewissermaßen zu Schlagworten in den kultarwissenschaftlichen Disziplinen. In der Ethnologie etwa wurde dieses Wechselverhältnis besonders von Fredrik Barth hervorgehoben.7 In grundlegender Weise analysierte den Zusammenhang von Identität und Alterität Jan Assmann in seinem richtungweisenden Buch „Das kulturelle Gedächtnis". Er hob den Charakter von Identität personaler wie kollektiver als soziales Konstrukt hervor und betont: „Antagonismus gehört zu den typischen Ermöglichungsbedingungen der Reflexivwerdung und Steigerung von Grundstruktaren und damit zur Genese kollektiver Identitäten."8 Diese entstehen bei Assmann durch das ,kulturelle Gedächtnis', das er vom kommunikativen Gedächtnis' unterscheidet. Letzteres umfasst rezente Erinnerungen, „die der Mensch mit seinen Zeitgenossen teilt", und die beispielsweise im Generationengedächtnis eine Ausprägung finden. Das stark personengebundene kommunikative Gedächtnis' ist demnach sehr vergänglich.9 Im ,kultarellen Gedächtnis' spiegeln sich hingegen symbolische Figuren wider, die eher erinnerte als faktische Geschichte beinhalten. Das ,kulturelle Gedächtnis' ist die memoriale Kultur einer Gruppe. In ihren Gründungsmythen und durch ihren erinnerten Geschichtsverlauf definiert sich diese Gruppe selbst. „Durch Erinnerung wird Geschichte zum Mythos."10 Mythenbildung ist jedoch die Grundlage der Konstruktion kollektiver Identitäten. Das kulturelle Gedächtnis wird aber beständig geformt und aktualisiert etwa in rituellen Handlungen. Ritaalwissen und Gedächtniswissen liegen bei ,Gedächtnisspezialisten'.11 In deren Zuständigkeit fällt daher auch die Bewahrung und Formung der Identität ihrer Gruppe und somit auch die Abgrenzung von Anderen. Sie sind es, die Identität und Alterität unterscheiden und auch vergleichen. Dem verbreiteten Deutangsmuster von ,Identität' gegenüber ,Alterität' stellten kürzlich, um nur einen der neuesten Beiträge zu zitieren, Carla Meyer und Christoph Dartmann das aus der Psychologie übernommene „divergierende Analyseraster" von ,Identität' und ,Krise' gegenüber, wobei Identitätsbildung als ein permanenter Prozess geschildert wird. In immer neuen Situationen muss also Identität stets neu ausgehandelt und aktualisiert werden.12 Identitätskonstruktion findet insbesondere dann statt, wenn sich Selbstdeutangsmodelle in einer Krise befinden. Diesem Konzept ist grundsätzlich zuzustimmen. Ein Ereignis, das auch im Rahmen dieser Arbeit behandelt werden wird, kann hierfür als herausragendes Beispiel gelten: Die normannische Invasion Englands von 1066 und der nachfolgende Bruch englischer Identitätsvorstellungen, hervorgerufen durch die Ablö-

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-

6 Einen Einblick bieten Meyer/Dartmann, Einleitung (2008). Vgl. auch die Literaturliste bei Scior, Das Eigene (1994), 12, Anm. 11. 7 Barth, Introduction (1969), hierbes. 15f. 8 Assmann, Gedächtnis (1992), 134. 9 Assmann, Gedächtnis (1992), 50. 10 Assmann, Gedächtnis (1992), 54. Speziell zu mittelalterlichen Mythen vgl. Wunderli, Herkunft (1994), lOf. u. Plassmann, Origo (2006), 359-378. 11 Assmann, Gedächtnis ( 1992), 54. 12 Meyer/Dartmann, Einleitung (2008), bes. 9f; 19.

I. Einblick:

10

Grundlagen des Vorgehens

angelsächsischer Eliten durch normannische Adlige. Diese fundamentale ,Krise' englischer Identität verursachte zwei Generationen nach den Ereignissen eine gewaltige Welle an historiographischer Produktion, die in ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen' die neuen Realitäten zu verarbeiten suchten.13 Das ,kultarelle Gedächtnis' wurde also neu verhandelt. Im europäischen Norden hatte die Christianisierung und nachfolgende Reichsbildung um 1000 besonders in Dänemark und Norwegen ähnliche Auswirkungen; auch hier versuchten Historiographen, für diese neuen Herrschaftsverbände Identitäten überhaupt erst zu finden und sie auf der christlichen Landkarte Europas zu verorten.14 Diese Autoren sahen sich durch die Integration ihrer Reiche in das christliche Europa15 zu einer Reinterpretation von Vergangenheit und damit Neuformung von Idensung

tität veranlasst.16 Die Deutangskonzepte von Identität' gegenüber ,Alterität' und von Identität' und ,Krise' schließen sich aber nicht aus was durchaus auch von Meyer und Dartmann anerkannt wird.17 Die ,divergierenden Analyseraster' von ,Identität' und ,Alterität' neben Identität' und ,Krise' sind vielmehr Deutungskategorien, die auf unterschiedlichen Ebenen angewandt werden. Vereinfacht dargestellt kann das Konzept der ,Krise' eher als Anlass gesehen werden, die Gegenüberstellung der ,Alterität' eher als das Instrument der Konstruktion von Identitäten. Zwar ist Alterität einer der wichtigsten Analysemodi in der Identitätskonstraktion, gleichwohl aber bei weitem nicht der einzige. So unterteilte etwa der Soziologe Bernhard Giesen18 Selbstdeutungskategorien in drei .Codes': Während ,Primordiale Codes' in diesem Modell grandlegende und als unabänderlich verstandene Differenzierungen wie Geschlecht, Ethnizität oder Rasse bezeichnen, verweisen ,Traditionalistische Codes' auf die „Vertrautheit mit impliziten Regeln des Verhaltens, mit Tradition und sozialen Routinen".19 ,Universalistische Codes' setzen dagegen bei Erlösungsideen an, die kollektiven Identitäten einen sakralen Transformationsauftrag verleihen. Zwar ist dieses Unterscheidungskonzept von Identitätskonstraktionen weit mehr nach innen gerichtet als die Gegenüberstellung von ,Identität' und ,Alterität', aber auch Giesen hebt hervor, dass diese Codes sich nicht nur nach einer Binnenstraktar, sondern gerade auch über deren Abgrenzungen konstituieren.20 Schon lange wurden diese Forschungstendenzen auch in den historischen Wissenschaften rezipiert.21 In der deutschsprachigen Mediävistik entstanden zum Begriffspaar ,

,

-

,

13 14 15

16 17 18 19 20

21

Vgl. hierzu u., 44-50. Vgl. grunds. Heinrichs, Search (1994). Vgl. dazu Kaujhold, Europas Norden (2001), 9-11; Bagge, Transformation (2004), 144-154 u. Blomkvlst, Discovery (2005), 124-130; f. einen historischen Überblick vgl. ebd., 692-705. Mortensen, Introduction (2006), 7. Meyer/Dartmann, Einleitung (2008), 10. Giesen, Codes (1999). Giesen, Codes (1999), 25. Giesen, Codes (1999), 18. Es wird unterschieden „nach der Art der Grenzkonstruktion und den Modi der Grenzerhaltung, nach der Struktur des Binnenbereiches und seinen Ritualen, nach der Vorstellung der Außenwelt und der Bewältigung des Fremden." Zur Rezeption Assmanns in der Mediävistik vgl. bes. Oexle, Memoria (2003), v. a. 11-15.

7.

11

Vergleich und Identität: Einleitung

,Identität' und ,Alterität' Arbeiten vor allem im Umkreis von Hans-Werner Goetz in Hamburg und Walter Pohl in Wien22. All diese Forschungen verdeutlichen die gegenseider

tige Abhängigkeit von Selbst- und Fremddeutang. So geht Volker Scior zwar von einer grundsätzlichen Relationalität des ,Eigenen' und des ,Fremden' aus und stellt das Verhältnis beider in den Mittelpunkt seiner Arbeit.23 Dennoch werden bei ihm die beiden Bereiche scharf getrennt untersucht. In seinem Focus steht, wie die Selbstdeutung einzelner hochmittelalterlicher Autoren deren Wahrnehmungsmuster des Fremden bestimmt,24 nicht wie die Vorstellung vom Anderen auf die Konstruktion eigener Identitäten zurückwirkt was als Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit gelten kann. Was aber bei allen Formen von Identitätsbildung nicht unterschätzt werden kann und hier ist Meyer und Dartmann voll zuzustimmen ist der prozessuale Charakter von Identität und die Permanenz von Identitätsbildungen.25 Das ,kulturelle Gedächtnis', und damit verbunden Mythenbildungen und Identitätskonstruktionen reagierten auf ständige Wandlungen und Umbrüche. Kürzlich zeigte Lars Boje Mortensen für den europäischen Norden und Osten die konkreten historischen Situationen, in denen ,Mythen' im Sinne von Jan Assmann geschaffen wurden. Er verfolgt regelrechte Wellen an Geschichtsschreibung, die verbunden mit Ereignissen auftreten, welche für die Entwicklung des Reiches oder der ,Nation' als bedeutsam erachtet wurden wie etwa die Bistamsgründungen in -

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-

-

Székesfehérvár 1083, Odense 1100 und Trondheim 1152/53.26 Im Umkreis all dieser Feierlichkeiten, in „Momenten der Mythopoiesis"27 also entstanden ,formative Texte', die der „Selbstdefinition und Identitätsvergewisserung"28 dienten. Insgesamt wird also deutlich, in welchem Maße kollektive Identität nicht als essentialistisches Konzept, sondern als ständig aktualisierte Konstruktion zu verstehen ist, die auf immer neue Situationen reagieren muss. Ob sich so konstruierte Identitätsvorstellungen auch breit durchsetzten, kann hingegen nicht klar erfasst werden und kann hier auch nicht

22

23 24 25

26 27 28

Vgl. v. a. Scior, Das Eigene (1994); Fraesdorff, Norden (2005); Pohl, Difference (1998); Ders., Frontiers (2005), 265; Ders., Einleitung (2002). Vgl. auch Schmieder, Kulturkonflikte (2005). Vgl. den Forschungsüberblick bei Scior, Das Eigene (1994), 12, Anm. 11 u. neuerdings auch Blomkvist, Discovery (2005). Schon 1982 verdeutlichte Robert Bartlett, Gerald of Wales (1982), 10: „Also, identification is a social process. Self-identification exists in a close relationship with identification by others and identification of others. The friction between how a man sees himself and how he is seen by others can be particularly important and instructive." Vgl. grands, auch die literaturwiss. Ansätze zur „komparatistischen Imagologie", dazu Kersten/Schenke, Vorwort (2005), 11 f. Scior, Das Eigene (1994), 14; 10. Scior, Das Eigene ( 1994), 15. So schon 1983 auch Geary, Identity (1983), 25f. Vgl. auch Bartlett, Making (1993), 187 u. Lunden, Identity (1995), 20f. In der Philosophie wird der prozessuale Charakter von Identität besonders im Konzept der ,narrative identity' betont; vgl. dazu Ricoeur, Identity (1991), bes. 188f. Mortensen, Beginnings (2006), hier 267. Vgl. auch Sawyer/Sawyer, Welt (2002), 247-249. Mortensen, Beginnings (2006), 266. Assmann, Gedächtnis (1992), 142.

/. Einblick:

12

Grundlagen des Vorgehens

Es sind vielmehr die Vbrstellungswelten der einzelnen Autoren, die in den Blick genommen werden können,29 gleichsam als Überrest eines Elitendiskurses. Die genannte Mythopoiesis braucht auch einen Mythopoietes. Am mittelalterlichen Beispiel lässt sich verdeutlichen, dass solche Mythen einem Elitendiskurs entstammen.30 Von diesen Eliten wurden die Autoren formativer Texte, die spezialisierten Traditionsträger'31, in gewissem Sinn ,Gedächtnisspezialisten', gefordert und beeinflusst. So entstanden die meisten der hier behandelten Texte in größter Nähe zum Königtum oder zu kirchlichen Eliten; mehr noch: Die Autoren gehörten zumeist selbst diesen Eliten an. Hier hat Sverrir Jakobsson eine weitere Unterscheidung getroffen. In einem vor allem an skandinavischem Material orientierten Aufsatz arbeitete er zwei Identitätskonzepte heraus und unterscheidet zwischen ,popular' und ,public identities'. Während popular identities' gewissermaßen historisch gewachsene Identitätskonzepte auf regionaler Ebene bezeichnen, die in mittelalterlichen Texten zuweilen als patriae auftreten und zu Zeiten entstanden waren, als Begriffe wie ,Norwegen' noch rein geographisch konnotiert waren,32 beschreibt Sverrir Jakobsson dagegen die Entstehung christlich geprägter Königsgeschichtsschreibung, die eine vom König geforderte .nationale Identität' formen

Frage sein.

sollte.33

,Kollektive' oder ,nationale Identität', ist also das Produkt eines Elitendiskurses, welches von denselben Eliten genauer vom Königtum, aber auch von kirchlichen Institutionen gefordert wurde.34 Ähnlich wie Identität wird aber auch Alterität in den Texten konstruiert. Analyseraster wie Selbst- und Fremdwahrnehmung' implizieren, dass Entitäten, die man als Teil des ,Fremden' oder ,Anderen'35 auffasste, tatsächlich erfahrbar waren. Ein Volk aber ist eine gedachte Größe.36 Dies gilt auch für die Weltdeutangsmodelle des 12. Jahrhunderts. Daher soll hier nicht von der Wahrnehmung, sondern von der Konstruktion fremder Völker durch mittelalterliche Autoren gesprochen werden.37 Gleiches gilt für die Konstruktion des eigenen Volkes, dessen Geschichte und damit dessen Identität die Autoren niederschrieben. Das Geschichtsbild wird zum Selbstbild; Geschichtskonstraktion bestimmt die Identitätskonstraktion. Die ,Gralshüter' dieser kollektiven Erinnerung, der nationalen' Memoria, waren im Mittelalter zumeist Historiographien,38 die Autoren der von Norbert Kersken so definierten ,nationalgeschichtlichen -

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,

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-

29 Goetz, Textualität (2006), lOf. 30 Vgl. dazu von Padberg, Geschichtsschreibung (1994), 176f. 31 Assmann/Assmann, Gestern (1994), 120. Für den Norden vgl. Mortensen, Manuscript (2000), 183; Ders., Archbishoprics (2000), 154 u. Ders., Language (2005), 117f. Vgl. auch Werner, Gott (1978), 24-26. 32 Jakobsson, Defining ( 1999), 92-94. Vgl. dazu auch Robberstad, Ordet ( 1949). 33 Jakobsson, Defining ( 1999), 99f. Assmann, Gedächtnis ( 1992), 71 : „Herrschaft braucht Herkunft". Vgl. dazu auch Schneidmüller, Identität (1992), 10. 34 Vgl. auch Walther, Traditionen (1997), 73f. Vgl. hierzu auch Lind, Europaeiseringer (2003), 41^14. 35 Zu dieser Unterscheidung vgl. Münkler/Röcke, Ordo-Gedanke (1998). 36 Fried, Gens (1994), 74f: .„Völker' lassen sich nicht wahrnehmen, sondern nur denken." 37 Vgl. auch Fried, Gens (1994), 91. 38 Vgl. grunds. von Padberg, Geschichtsschreibung (1994), 170; 174-177.

7.

Vergleich und Identität: Einleitung

13

die in ihren Werken keine Mentalitäten wiedergeben, sondern diese formen wollten.40 Das ,kultarelle Gedächtais' schafft also Kollektive Identität'.41 Auch in den meisten historiographischen Texten des Mittelalters wird daher Geschichte konstruiert.42 Somit muss die Frage lauten, wie die so konstruierten Entitäten, die dem Verständnis von Identität und Alterität hier zu Grunde liegen, im eigenen Geschichtsbild verortet werden. Es ist der Vergleich im Geschichtsbild, der Identität schafft. Deshalb werden in der vorliegenden Untersuchung Werke aus der genannten Gruppe der ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen' behandelt. Anders als bei Annalentexten legen die Autoren von Chroniken ihren Werken eine zielgerichtete Geschichtskonzeption zugrunde.43 Sie behandeln die origo gentis,44 sie zeigen die Herkunft und das Werden eines Volkes und haben damit das grundlegendste Interesse an der Konstruktion ,kollektiver Identitäten'. Genau definiert wird der Begriff „Nation" bei Kersken nicht, vielmehr wird das Konzept bewusst offen gehalten und geht vom Verständnis der einzelnen Autoren aus, die einen als ,national' verstandenen Geschichtsverlauf schildern, der nicht unbedingt eine ,national' konstituierte Gemeinschaft widerspiegeln muss.45 Ein ähnlich offener Ansatz wurde auch für die vorliegende Arbeit gewählt. In mittelalterlicher Historiographie ist Geschichte zumeist Heilsgeschichte.46 Daher muss Identität in einem mittelalterlichen Verständnis einen universalen Bezug haben. Viele mittelalterliche Autoren, besonders in der von der Scholastik beeinflussten kontinentalen Geschichtsschreibung,47 stellen Geschichte als das Wirken Gottes in der Welt dar. Damit ist Identitätskonstruktion in mittelalterlichen Vbrstellungswelten die Verortang des Eigenen in der universalen göttlichen Ordnung,48 in der alles zueinander in Verbindung steht.49 Sie ist die significado in Gottes Heilsplan.50 Beschreibt ein Geschichtswerk also

Gesamtdarstellungen'39,

39 Kersken, Geschichtsschreibung (1995). Zur Nationalgeschichtsschreibung hier auch Otter, 1066 (1999), 566f. 40 Jakobsson, Defining (1999), 100: „these works sought to shape the common mentality, they do not reflect it." 41 Assmann, Gedächtnis (1992), 52. Vgl. hierzu auch insb. von Padberg, Geschichtsschreibung (1994), 159. 42 Vgl. dazu Goetz, Konstruktion (2003), 224-233. Vgl. auch Ders., Past (2006); 19-23; Ders., Geschichtsschreibung (1999), 15-25; Ders., Textualität (2006), 4-8; Ders., Vergangenheitsbegriff (2005), 171-175; McKttterick, Past (1997), 101-103 u. Dies., History (2004), 8; wie auch von Padberg, Geschichtsschreibung (1994), 170f. 43 Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 1-12. 44 Plassmann, Origo (2006), bes. 13-24. Vgl. auch Wunderll, Herkunft (1994), 10. 45 Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 855. 46 Goetz, Geschichtsschreibung ( 1999), 131 f.; Ders., Vergangenheitsbegriff (2005), 187. Vgl. auch Enters, Ordnung (2006), 39f; 57 wie auch von Padberg, Geschichtsschreibung (1994), 171-174. 47 Vgl. dazu auch Goetz, Geschichtsschreibung (1999), 73-78 u. bes. Bagge, Snorri Sturluson (1990), 8-12. 48 Vgl. dazu etwa Blomkvtst, Discovery (2005), 63-68. 49 Münkler/Röcke, Orfo-Gedanke ( 1998), 719. 50 Goetz, Konstruktion (2003), 236.

I. Einblick:

14

Grundlagen des Vorgehens

die Historie eines Volkes und seines Königs, spiegelt sich darin auch die historische Aufgabe wider, die diesem Königtum oder diesem Volk in der göttlichen Ordnung zukommt. Der Ideologieverdacht, unter den Lutz Niethammer den Begriff, Identität' in der modernen kulturwissenschaftlichen Forschung stellt,51 ist also in mittelalterlichen normativen Texten' durchaus klar zu fassen. Selbstredend lässt sich in diesen Texten nicht nur die Entstehung einer Identität verfolgen, sie spiegeln auch über- oder untergeordnete (Teil-)Identitäten wider. Dennoch bleibt die ,nationale Identität' das zentrale Anliegen der Autoren. Daran schließt sich die Frage an, was in solchen ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen' vergleichend betrachtet wird. In einem Brief an Erzbischof Hatto von Mainz äußerte sich im 10. Jahrhundert Regino von Prüm über ,nationale' Differenzierangskriterien: „Die einzelnen Völker unterscheiden sich nämlich durch Abstammung, Sitten, durch Sprache und durch Recht."52

So sind es nicht nur verschiedene Stereotypisierangen,53 die einander in mittelalterlichen Texten gegenübergestellt werden. Die Vergleiche werden auch auf weit tiefer liegenden

Ebenen durchgeführt. Fundamentale Umbrüche riefen auch verschiedene Weltdeutangsmodelle hervor, die sich in der Folge in verschiedenen Vorstellungen von Ordnung niederschlugen. Solche Ordnungskonzeptionen lassen sich oft auch in ihrer realen Umsetzung greifen. Das Forschungsdesign der ,Ordnungskonfigurationen' wurde in den letzten Jahren besonders von Stefan Weinfurter und Bernd Schneidmüller erprobt.54 Die Wechselwirkung von gelebter und gedachter Ordnung lässt sich in mittelalterlichen Quellen durchaus fassen.55 In historiographischen Texten werden natürlich zuvorderst die Ordnungskonzeptionen im Rahmen der historischen Vbrstellungswelten'56 der Autoren deutlich. Mitunter, insbesondere über Kultargrenzen hinweg werden solche Ordnungsvorstellungen von mittelalterlichen Autoren auch als fremd und anders wahrgenommen und dargestellt57 und so auch verglichen. -

-

51 52

Niethammer, Identität (2000), 625f. Regino von Prüm, Epistula, XX: dlversae

naílones

populorum

inter

se

discrepant genere

mo-

rlbus lingua leglbus. (Übersetzungen stammen, soweit nicht anders angegeben, vom Verfasser der vorliegenden Arbeit.) Vor Regino erklärte Isidor von Sevilla gemeinsame Eigenheiten der Völker aus gemeinsamen Ursprüngen, also aus einem Herkunftsmythos (Isidor von Sevilla, Etymologiae, lib. 9, c. 2,1: Gens est multitudo ab uno principio orta, slve ab alta nattone secundum proprtam collectlonem disttncta, ut Graeclae, Asiae). Bartlett, Patterns (1996), zielt besonders auf Religion und Sprache als einigende Faktoren. Vgl. dazu auch Fried, Gens (1994), 77f. 53 So etwa Suppan, Identitäten ( 1999), 13-16. 54 Schneidmüller/Weinfurter, Ordnungskonfigurationen (2006). 55 Schneidmüller/Weinfurter, Ordnungskonfigurationen (2006), 8. 56 Goetz, Geschichtsschreibung (1999), 27. 57 Schneidmüller/Wetnfurter, Ordnungskonfigurationen (2006), 12. Vgl. auch Osterhammel, Grenzen (1995), 103.

7.

Vergleich und Identität: Einleitung

15

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Der Vergleich ist ein grundlegendes Mittel zur Konstruktion von Identität. Ein grundlegendes Problem von Analyserastern wie ,Selbstund Fremdwahrnehmung' ist, dass die damit erzielten Ergebnisse kaum über die Ebene von Stereotypisierungen hinausgehen. Dies bewirkte oft eine vermeintliche Bestätigung des rein abgrenzenden Verhältnisses zwischen Identität und Alterität. Genau hier aber ist das weitere Deutangsmuster des Vergleichs lohnend. In einer Interpretation von Vergleichen ist die oft zu scharfe Trennung zwischen Selbst- und Fremddeutang zugunsten ihrer klaren gegenseitigen Abhängigkeit aufgehoben. Zwar sind Stereotypisierungen durchaus ein wichtiges Darstellungsmittel.58 Gerade in ihrer pejorativen Form auf den Anderen bezogen können sie integrierend wirken. Die eigentlichen Intentionen der mittelalterlichen Autoren gehen aber, wie in der vorliegenden Untersuchung zu zeigen sein wird, weit über diese Ebene hinaus und bedienen sich grundlegend anderer Mittel. Der Vergleich, die wertende Betrachtung oder Darstellung zweier Sachverhalte mit dem Ziel, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu ergründen, kann auf den verschiedensten Ebenen Anwendung finden. Er ist damit auch ergebnisoffen. So ist die Bewertung des Anderen immer auch eine Bewertung des Eigenen.59 In der bisherigen mediävistischen Forschung wurde der Analysemodus von ,Identität' versus ,Alterität' zumeist im genannten Sinne der Identitätskonstruktion durch Abgrenzung angewandt.60 Das Konzept des Vergleichs soll hier also weiter greifen und neue Ergebnisse ermöglichen. Der Vergleich ist für die Beschäftigung mit Identität und Alterität unerlässlich und geradezu unvermeidbar. Dies war schon den Autoren des Mittelalters bewusst. Als etwa um 1200 der dänische Historiograph Saxo Grammaticus bei einem Herrschertreffen zwischen König Waldemar I. und Kaiser Friedrich I. Barbarossa die deutschen Zuschauer den dänischen König überschwänglich loben lässt, merkt er an: „Durch dieses Lob tadelten sie aber schweigend ihre eigenen Sitten."61 So will die vorliegende Untersuchung, ausgehend von Forschungen Bernd Schneidmüllers, welche die traditionelle Fokussierung auf die bloße Wahrnehmungsforschung aufbrechen und zugunsten einer handlungsgeschichtlichen Interpretation ausweiten und den Vergleich erstmals in die Diskussion um Fremd- und Selbstwahrnehmung einbeziehen wollen,62 solche Modi der Identitätskonstruktion am Beispiel der nördlichen Peripherie Europas im Mittelalter untersuchen. Als Grundlage muss daher gelten: Identitätskonstruktion ist ein permanenter Prozess, in dem sich Mythenbildung ständig aktualisiert. Mit dieser ,Mythopoiesis' sind Fremdkonstruktionen eng verbunden. Dieses dynamische Wechselverhältnis kann nicht über die Untersuchung von Stereotypisierungen, sondern nur im Rahmen der grundle58 59 60

Suppan, Identitäten (1999), 15-19. Vgl. hierzu Scior, Das Eigene (1994), 1 lf. Anm. 10. Vgl. etwa Fraesdorff, Norden (2005), 19; Scior, Das Eigene ( 1994),

15 u. Plassmann, Origo (2006), 365f. 61 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 14, c. 28.1: Qua laude taciturn morum suorum vituperlum ediderunt. S. dazu u., 144 62 Schneidmüller, Außenblicke (2001 ), 315-318 u. Ders., Wahrnehmungsmuster (2002), bes. 296f.

/. Einblick:

16

Grundlagen des Vorgehens

genden Interdependenz von ,Identität' und ,Alterität' erfasst werden. Daher soll in der vorliegenden Arbeit nicht nur die bloße Untersuchung und Selbst- und Fremddeutang und ihrer Wechselwirkung im Zentrum stehen. Versteht man Geschichtskonstraktion als Identitätskonstraktion, muss vielmehr nach der Verortang des Fremdbildes im eigenen Geschichtsbild gefragt werden. Welche Rolle spielten also die Entwürfe vom Fremden oder Anderen in der dargestellten historischen Entwicklung der als ,Eigen' verstandenen kollektiven Identität? Welche Bedeutung maßen die mittelalterlichen ,Gedächtnisspezialisten' im Rahmen ihrer Vorstellungswelten der ,Alterität' in ihren ,nationalgeschichtlichen' Überblickswerken zu? Ebenso darf diese Untersuchung aber auch nicht nur nach der gegenseitigen Beeinflussung von Fremd- und Selbstkonstraktion fragen, sondern muss die wertende Gegenüberstellung zweier Entitäten, ihren Vergleich, untersuchen. Besonders bedeutsam werden solche Vergleiche natürlich im interkultarellen Konflikt und in dessen Verarbeitung in normativen Texten'. Hier spiegeln sie Integration und Desintegration der Kulturen wider. Deshalb sollen die hier vorgestellten Ansätze in der vorliegenden Arbeit am Beispiel des ,Alten' und des ,Neuen Europa' erprobt werden.

2. Das Alte und das Neue

Europa

Eine der bedeutendsten Umbrachszeiten der europäischen Geschichte war die erste Jahrtausendwende. Neben grandlegenden kulturellen und sozialen Umbrüchen, die schon vor einigen Jahren unter dem Begriff der ,mutation de l'an mil' diskutiert wurden,63 waren die wichtigsten Wandlungserscheinungen politischer Natur.64 Innerhalb weniger Jahrzehnte waren der Norden und der Osten Europas christianisiert worden.65 Das Reich fand sich in einer vollkommen veränderten geopolitischen Situation. War es zuvor noch ein Grenzraum, der heidnische Einfalle aus dem Osten abzuwehren hatte, befand es sich bald in der Lage, von mehr oder minder befreundeten christlichen Reichen umgeben zu sein. Aus der Peripherie rückte es ins Zentrum.66 In England schuf dagegen 1066 die normannische Eroberung grundlegend neue Realitäten. Mit diesen Umbrüchen wurde die Epoche der ersten Jahrtausendwende zu einer europäischen Sattelzeit. Diese Sattelzeit bildet den Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit. Indem besonders der Norden Europas Anschluss an christlich-europäische Traditionen und „das Erreichen eines gemeinsamen Ordnungsgefüges"67 anstrebte, änderten sich Modi von Fremd- und Selbstdeutang in diesem Raum. In einem Beitrag über „Entwicklungsunterschiede und Entwicklungsausgleich im deutschen und europäischen Mittelalter" unterschied Peter Moraw zwischen einem ,Alten' und einem ,Neuen Europa'. 63 64 65 66 67

Vgl. dazu Goetz, Neuformierungen (2004). Vgl. van Etckels, Zeitenwende (2004), 16-18. Bagge, Transformation (2004), 133-137. Zur Christianisierung vgl. Sanmark, Power (2004). Van Eickels, Zeitenwende

(2004),

19-21.

Kaufhold, Europas Norden (2001 ), 9.

2. Das Alte und das Neue Europa

17

,Alte', postkarolingische wird dabei als ein gebendes Europa verstanden, das das ,Neue Europa', die nach den Umbrüchen um 1000 kulturell zum Euromediterraneum hinzugetretenen Räume, fundamental beeinflusste.68 Kürzlich wurde auf die Wandlungen Das

hingewiesen, die etwa das Reich durch den angesprochenen Wechsel von Peripherie zu Zentrum erlebte.69 Diese Wandlungen wurden durchaus auch in mittelalterlichen Texten verarbeitet. Daher werden in diese Untersuchung auch beide Räume einbezogen, um zu einem „Vergleich der Vergleiche" zu gelangen. Zwar merkt David Fraesdorff an, dass ein solcher Vergleich nicht durchzuführen sei, setzte doch die lateinische Verschriftlichung nationaler Gründungsmythen im Norden endgültig erst im 12. und 13. Jahrhundert ein.70 Der erweiterte Ansatz der vorliegenden Untersuchung nicht nur auf ,Fremdwahrnehmung', sondern auf die ,Fremdkonstruktion' und deren Verortang im Geschichtsbild, macht eine solche Ausweitung des Untersuchungsraumes nicht nur möglich, sondern unausweichlich.71 Auch die Eindimensionalität der Betrachtungsweise bewirkte in der bisherigen Forschung eine vermeintliche Bestätigung des Analyserasters von Identität' gegenüber ,Alterität' in einem rein abgrenzenden Sinn. Die oben erläuterte Fragestellung gibt im Rahmen des gewählten Beispiels die Auswahl der Quellen vor. Daher werden in dieser Untersuchung ,nationalgeschichtliche Gesamtdarstellungen' des ,Alten' wie auch des ,Neuen Europa' in den Blick genommen, um an diesen Paradigmen Vergleichsmodi und damit Strategien der Identitätskonstruktion mittelalterlicher Historiographen zu erforschen.72 Nach ersten Blicken auf den Norden in Texten des ausgehenden Frühmittelalters aus dem angelsächsischen Raum wie auch aus dem Karolingerreich und seinen Nachfolgereichen sind es insbesondere die englischen ,Nationalgeschichtsschreiber' der anglonormannischen Zeit, deren Beschäftigung mit dem Norden untersucht wird. Diesen werden die Darstellungen aus dem Norden gegenübergestellt: die normativen Texte' aus Dänemark, Norwegen und Island. Aus diesen politisch-geographischen wie auch historiographischen Räumen ergibt sich die Gliederung der vorliegenden Arbeit. In einem ersten Kapitel wird als Grundlage für die spätere Bearbeitung die zeitgenössische Konstruktion des heidnischen Nordens und der Wikingerüberfalle dargestellt. Da die oben genannten Forschungen aber schon eine breite Grundlage bieten, der diese Arbeit nur bedingt neue Erkennmisse hinzufügen kann, wird dieser Komplex nur als einleitendes Kapitel, gleichsam als Prolog, mit einigen exemplarischen Schlaglichtern den späteren vorangestellt. Die hier behandelten Quellengruppen umfassen daher neben Chroniken auch Anna,

lentexte wie fränkische Klosterannalen und auch die trotz ihres annalistischen Charakters englischsprachigen Raum so genannte Anglo-Saxon Chronicles. Das Reich bietet im

im

68 Moraw, Entwicklungsunterschiede (1995), bes. 297-299. Vgl. Herbers, Europa (2007), 30-34. 69 Van Eickels, Zeitenwende (2004), 19-29. 70 Fraesdorff, Norden (2005), 1 Of. 71 Vgl. auch Dumville, Images (2002), 261 m. Anm. 58. 72 Zu anderen Quellengattungen vgl. etwa Murray, Monarchy (2004), zusammenfassend 307 u. (für die spätere Zeit) Schöndorf, Herrschergestalten (1993), zusammenfassend 68-70.

I. Einblick:

18

Grundlagen des Vorgehens

Rahmen der mittelalterlichen Chronistik keine ,Nationalgeschichtsschreibung'.73 Hier sind es besonders die Missionstexte der Hamburger Kirche, die sich ausführlich mit dem Norden beschäftigen. Der Untersuchung dieser Gruppe kommt in doppeltem Sinn Bedeutung zu. Im Rahmen der zeitgenössischen Wahrnehmung oder vielmehr Konstruktion des Nordens bieten sie die ausführlichsten Informationen über die Geschichte der skandinavischen Königreiche. Auf der anderen Seite entfaltete besonders die Hamburger Kirchengeschichte des Adam von Bremen so große Wirkkraft, dass sich alle späteren Historiographien im Norden mit diesem Text auseinandersetzen mussten.74 Von elementarer Bedeutung waren die Völker des Nordens für englische Historiographen. Der fundamentale Umbrach der englischen Geschichte des Mittelalters war die normannische Invasion von 1066. Diese schuf grundlegend neue Realitäten und war die ,Krise', welche neuerliche Reflexion über nationale Identität der Engländer oder auch Briten verursachte. So entstand zwei Generationen nach diesem Ereignis, besonders im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts, eine gewaltige Welle an historiographischer Produktion, die das neue Bedürfnis nach Identitätsbildung zu bewältigen suchte.75 Damit wird diese Gruppe als Ausgangsbeispiel für die ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen' untersucht. Besonders Wilhelm von Malmesbury tritt hier in den Vordergrund, der in seinem Werk ein ausgewogenes Urteil über die englische Geschichte anstrebt.76 Neben ihm sind insbesondere Heinrich von Huntingdon, aber auch der in der Normandie tätige Ordericus Vitalis zu nennen. All diese Werke spiegeln das Bedürfnis wider, in dieser Zeit vermischter Identitäten Klarheiten zu schaffen und die normannische Eroberung historiographisch im Gesamtrahmen der englischen Geschichte zu verarbeiten. Dieser Gesamtrahmen muss sich auch mit dem Norden beschäftigen. Die Dänen und Norweger fielen genau in jenen Jahrzehnten wiederholt in England ein, als die Einigung der englischen Königreiche unter dem Haus Wessex vollendet wurde. In gewisser Hinsicht verursachten sie diese Einigung sogar. Daran schließt sich die Frage an, welche besondere Rolle die ,Gedächtnisspezialisten' des anglonormannischen Reiches diesen Invasoren in der englischen Geschichte zuschrieben. Auch muss gefragt werden, welche Ordnungsvorstellungen in diesen Darstellungen zum Vorschein kommen, welche Identitäten durch Kontrastierang und insbesondere durch Vergleich mit den Dänen konstruiert werden. Im ,Neuen Europa', auf der anderen Seite dieser mittelalterlichen Kultargrenze,77 ergibt sich ein vollkommen anderes Bild. Zu Recht weist Fraesdorff darauf hin, dass mittelalterliche Autoren beim Blick nach Norden keine Unterscheidung zwischen skan73 74 75

Thomas, Mittelalter (1990), bes. 180-182; Ders., Identitätsproblem (1992), 145-147. Sawyer/Sawyer, Adam ( 1992), 47f. Einen Überblick bieten Gransden, Writing (1974), 136-185 u. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 169-225.

76 77

S.u., 51-53

Vgl. auch Herbers/Jaspert, Einführung (2007), 12; Jaspert, Grenzen (2007), 53-56; Osterhammel, Grenzen (1995), 114-122; Goetz, Concepts (2001), 82; Wood, Missionaries (2001), 218; Schlägel, Grenzen (2007), 17f. u. Borgolte, Europa (2002), 12.

2. Das Alte und das Neue Europa

19

dinavischem Norden und slawischem Osten durchführten.78 Meist wird nur vom aquilo gesprochen. Durch den exemplarischen Charakter des skandinavischen' Nordens in der vorliegenden Arbeit kann der ,slawische' Norden hier aber nur vereinzelt zum Vergleich herangezogen werden. In den zwei als Beispielen betrachteten skandinavischen Untersuchungsfeldern Dänemark und der norwegische Einflussbereich79 entstand ebenso wie in England nach 1066 einige Generationen nach den Umbrüchen von Christianisierung und Reichsbildung80 eine große Zahl an historischen Darstellungen. In ihrem Bestreben, die neuen Reiche im christlichen Europa mit dessen geschichtlicher Tradition zu verorten, spielt gerade der Vergleich mit dem Anderen eine tragende Rolle. Kontrastiert werden diese neuen politischen Verbände und ihre kirchlichen Organisationen auch mit den letzten verbliebenen heidnischen Regionen des mittelalterlichen Europa, bedeutender ist aber der Vergleich mit dem lange zuvor christianisierten ,Alten Europa' als dem Ausgangspunkt der Wandlungen im Norden. Während sich in Island schon um im frühen 12. Jahrhundert erste Formen vernakularer Literatur entwickelten, die aber zum großen Teil nicht überliefert wurden,81 versuchte man in Dänemark und Norwegen nicht nur, an geschichtliche Überlieferungen anzuknüpfen, man stellte sich auch bewusst in kontinentale historiographische Traditionen. So waren nach lokalen liturgischen Büchern die ersten historischen Texte, die im Norden entstanden, hagiographischer Natur. In beiden Fällen, in Dänemark wie in Norwegen, wurde im Königtum ein heiliger Spitzenahn verehrt, dessen Heiligenberichte zu einem Gründungsmythos für die jeweiligen Reiche wurde. Diese nach kontinentalen Vorbildern entstandene Textgattang ist zwar nicht vollständig der ,Nationalgeschichtsschreibung' zuzurechnen, zeigt aber weit mehr als die spätere Historiographie das Bestreben, über die Heiligenverehrung die neuen ,public identities', damit verbunden aber auch Traditionsund Legitimationsvorstellungen, bis in untere Bevölkerungsschichten zu verankern.82 Erst danach entstanden auch lateinische Gesamtdarstellungen norwegischer und dänischer Geschichte.83 Von einem unbekannten Autor wurde in Norwegen wohl um 1150 und wohl außerhalb des Trandelag, des Gebietes um Trondheim, die Historia Norwegie verfasst. Genauere Lokalisierung wie auch Datierung sind umstritten.84 Angelehnt an Adam von Bremen ist diesem Werk eine geographische Beschreibung des gesamten Nordens vorangestellt. Um 1180 verfasste im Umkreis des Erzbistums Nidaros ein gewisser Theodoricus Monachus seine Historia de antiquitate regum Norwagiensium, welche über -

-

78 Fraesdorff, Norden (2005), 21-23; Ders., Power (2002), 313fi; 316. 79 In Schweden setzte historiographische Produktion erst weit später ein; vgl. dazu Sawyer/Sawyer, Adam (1992), 47f. Vgl. grundlegend Line, Kingship (2007), 468^180, v. a. 479f. 80 Hierzu grands. Bagge, Christianization (2005), 124-129 u. Sanmark, Power (2004), 81-83. Für Schweden vgl. auch Hallencreutz, Riksidentitet (1996), zusammenfassend 267 u. Lindkvist, Kungamakt (1996), zusammenfassend 239f. 81 Sawyer/Sawyer, Welt (2002), 228-231. Vgl. auch Uecker, Geschichte (2004), 19-21. 82 Gieysztor, Heilige (1994), 338. 83 Einen Überblick bieten Sawyer/Sawyer, Welt (2002), 225-249 wie auch Kersken, Geschichtsschrei-

bung (1995), 399^109; 435^157.

84

S. u., 97f.

20

I. Einblick:

Grundlagen des Vorgehens

die Geschichte der norwegischen Könige von Harald Schönhaar, also seit dem späten 9. Jahrhundert bis zum Beginn des Bürgerkrieges der 1130er Jahre berichtet. In Dänemark wurde um 1200 von Saxo Grammaticus das bedeutendste lateinische Geschichtswerk des mittelalterlichen Nordens abgefasst:85 Die Gesta Danorum. Sein Werk geht zurück aufältere Darstellungen der dänischen Geschichte, wie etwa der Lejrechronik, die neben der Roskildechronik zu den frühesten Geschichtswerken Dänemarks gezählt wird. Einen größeren Einfluss übte auch die Brevis Historia Regum Dacie oder Historia Compendiosa aus, die Sven Aggesen um 1185 verfasste. Saxos Darstellung übertrifft in vielem aber ihre Vorgänger und stellt so einen Höhepunkt der Historiographie des Nordens dar. Nach den Gesta Danorum entstanden in Dänemark keine größeren historischen Darstellungen mehr, erst im 14. Jahrhundert wagte man sich an ein solches Unterfangen, wenngleich man auch nur die gewaltige Informationsmenge, die Saxos Werk bot, zu bündeln versuchte.86 Sowohl in Norwegen als auch in Dänemark entstanden die wichtigsten historiographischen Abhandlungen also in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts, als in Norwegen die Regierung König S verres und in Dänemark jene König Waidemars lange Jahre der Bürgerkriege beendet hatten.87 Ebensogroße Bedeutung dürfte auch der vom Papsttum geförderten88 Errichtung eigener Kirchenorganisationen, namentlich den Erzbistümern Lund und Trondheim zukommen. Im Umfeld all dieser Ereignisse ist die Entstehung der wichtigsten ,Nationalgeschichten' zu verorten. So kann man diesen Zeitraum als eine grundlegende Phase nordischer ,Mythopoiesis' bezeichnen. Auf ganz anderen Grundlagen baute die vernakulare norwegisch-isländische Geschichtsschreibung auf, die sich fernab von kontinentalen Einflüssen entwickeln konnte und so ganz eigene Darstellungsformen erarbeitete. Die Saga bildete den Grundstein altnordischer Geschichtsschreibung. Im Sinne ,nationalgeschichtlicher Gesamtdarstellungen' sind hier insbesondere die im 12. und 13. Jahrhundert entstandenen Sagakompendien zu nennen.89 Zwar wird die grundlegende Phase norwegischer Reichsbildung noch bis 1265 datiert,90 als erste Welle an ,Nationalgeschichtsschreibung' werden hier aber nur die Sagakompendien bis hin zur Heimskringla Snorri Starlusons bearbeitet. Noch im 12. Jahrhundert und noch in Norwegen entstand das so genannte Ágrip, ein „Abriss" norwegischer Königssagas. Von größerer Bedeutung sind die um 1220 entstandenen Kompendien Morkinskinna und Fagrskinna. Mit der Heimskringla des Goden Snorri Starluson erreichte die Geschichtsschreibung im Norden wieder einen Höhepunkt, an den man erneut lange nicht anzuknüpfen wagte. 85

86 87 88 89 90

Stellvertretend Lehmann, Anteil I (1936), 25: „Saxo Grammaticus ist unbestreitbar der größte mittellateinische Schriftsteller Skandinaviens, im reichen Kranz der gesamten europäischen Literatur eine Blüte von besonderer Pracht und Gliederung." Zum sog. Compendium Saxonis vgl. Knudsen, Use (1996), 152. Sawyer/Sawyer, Welt (2002), 248. Seegrün, Papsttum (1967), 200-203. Vgl. auch Breengaard, Muren (1982), 82-104. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 409^123. Bagge, Gang Leader (1996), 12. Zum Prozess vgl. auch Ders., Monarchy (1993), hier 160-162.

2. Das Alte und das Neue Europa

21

Langsam und allmählich entwickelte sich im ,Neuen Europa' neben der politischen und kirchlichen Organisation also auch ein Bewusstsein für die eigene Geschichte, die man auf verschiedenste Weisen einer europäischen Öffentlichkeit vor Augen führen wollte. Mit dem Werden des eigenen Volkes und Reiches stellte man auch dessen Wertigkeit und dessen Identität.

dar -

IL Der Blick nach Norden: Der aquilo in

Darstellungen des „Alten Europa"

1. Der heidnische Norden und die Wikingerüberfalle in

zeitgenössischen Darstellungen: Prolog

1.1.

Aquilo und ultima thule: Einleitung

„Und der Herr sprach

zu

mir: Von Norden her wird das Unheil losbrechen über alle, die im

Lande wohnen."1

Das biblische Bild des aquilo bestimmte für Jahrhunderte die Deutung des Nordens. Ins historische Bewusstsein Europas trat jener Raum erst mit den Einfallen der Wikinger. Zuvor blieb das Bild eher diffus und speiste sich aus biblisch-patristischen Vorstellungen wie auch aus der antiken Idee der ultima Thule.2 Die biblische Vorstellung des aquilo blieb stets mit dem heilsgeschichtlichen Bezug der Jeremiasprophezeiung verbunden und bestimmte im Mittelalter weitgehend die Vorstellungen vom Norden. Die auf Pytheas zurückgehende Idee einer Insel im höchsten Norden, die ultima Thule, wurde im Mittelalter zwar rezipiert,3 konnte sich jedoch nie gegen biblisch-sakrale Vorstellungen durchsetzen, wohingegen das Bild des heiligen Nordens ein Schattendasein führte.4 Darüber hinaus war Thule ein wandernder Begriff, der in neuen Wissens- und Erfahrungssitaationen stets neu verortet wurde.5 Gleiches muss jedoch für den biblischen aquilo festgestellt werden. Auch dieser wurde im Zuge der Christianisierung und Latinisierang Europas immer weiter im Norden gesucht.6 Durch das Zusammenprallen tradierter Vbrstellungswelten und historischer Erfahrung, als heidnische Krieger aus dem Norden die Küsten Europas heimsuchten, ergaben sich 1 Jer 1,14: Et dtxtt Domtnus ad me: Ab aqutlone pandetur malum super omnes habltatores terrae. 2 Simek, Skandinavien (2000), 237f. 3 Kochanek, Vorstellung (2004), 232f. 4 Moreno, Bilder (2001), 52f; Kochanek, Vorstellung (2004), 229-232. 5 Cassidy, Voyage (1963), 595; 601f. Vgl. insg. Alonso-Núnez, Knowledge (1988), zusammenfassend 61-63. So gibt es immer wieder neue Versuche, die Position der ursprünglichen Thule zu lokalisieren, vgl. hierzu aus der geodätischen Forschung z. B.: Kleineberg/Knobloch/Lelgemann,

Kartografie (2006).

6 S. hierzu u., 90-92.

7. Der heidnische Norden und die

Wtktngerüberfälle in zeitgenössischen Darstellungen

23

für die zeitgenössischen christlichen Autoren verschiedene Deutangsschemata.7 Der erste dieser Interpretationsmodi betrifft vor allem die Einfalle der Wikinger, die in Europa Angst und Schrecken verbreiteten und die sich in die einleitend zitierte biblische Prophezeiung mühelos einfügen ließen. In diesem Zusammenhang wurde in der Forschung schon auf eine gesteigerte Endzeiterwartang um die erste Jahrtausendwende hingewiesen.8 Zwar darf eine solche nicht überbewertet werden,9 dennoch erschienen die Wikingerüberfalle zuweilen als Bestätigung solcher Deutungsmuster. Es stellte also die frühmittelalterlichen Autoren vor keine grundlegenden Probleme, die plötzlich hereinbrechenden Scharen aus dem Norden mit dem Unheil der Jeremiasprophezeihung oder mit den apokalyptischen Völkern Gog und Magog zu identifizieren. In den dunkelsten Farben konnte man die Nordmänner auch als die Wölfe zeichnen, von denen die christliche Herde gerissen wurde.10 Ein zweiter Interpretationsmodus entwickelte sich erst später. Erst allmählich nämlich begannen sich die Autoren auch für den Norden als Raum zu interessieren und sich dabei von den tradierten Vorstellungen wie dem biblischen aquilo oder der ultima Thule zu lösen. So entwickelten sie ein zumeist missionarisch begründetes Interesse am Norden als realem Raum. Diese beiden Deutangsweisen" müssen daher auch getrennt untersucht werden. Beide Modi aber arbeiten mit Konstruktionen. Die Autoren konstruieren und kontrastieren den Norden oder die Völker des Nordens. Sie entwerfen Gegenwelten zum Eigenen, welches durch diese Gegenüberstellung aber keine wesentliche Differenzierung erfahrt. Dies ist dadurch zu erklären, dass die zeitgenössischen Autoren keine Gesamtdarstellungen einer ,Nationalgeschichte' verfassten, in der sie die Identitätsbildung eines Volkes aufzeigen wollten. Die zeitgenössischen Texte, die über die Wikingerüberfalle berichten, sind insbesondere Annalen, während das missionarische Interesse am Norden besonders in den hagiographischen oder bistamsgeschichtlichen Darstellungen der Hamburger Kirche zutage tritt. Diese Gegenwelten bleiben die bestimmende Form von Fremdkonstruktionen in diesen Texten. Die einzige Form der Abgrenzung sind die Kontrastierungen von Heiden und Christen. So bieten die zeitgenössischen Autoren in erster Linie Berichte über kriegerische Ereignisse und Darstellungen einer fremden Welt im Norden, die aber auch in der lateinischen Tradition ethnograpischer Beschreibungen zu sehen sind.12 Vergleichende Deutung tritt hier also nur in Ansätzen auf. Laut Arnold Esch ist der Vergleich ein Mittel zur Bewältigung fremder Wirklichkeit.13 Indem man nämlich das Eigene, das Bekannte zum Maßstab erhebt, wird im Vergleich -

-

Andersson, Image (1975), 223f. Vgl. Simek, Skandinavien (2000), 238. Zu ähnlichen Erscheinungen im 13. Jahrhundert vgl. von den Brincken, Fines (1992), 98f. 8 Vgl. etwa Keynes, Apocalypse (2001), 264-266. 9 Fried, Endzeiterwartung (1989), zusammenfassend 470-473. 10 Vgl. dazu Zettel, Bild (1977), 114-139. 11 Eine ähnliche Unterscheidung trifft auch Coupland, Rod (1991), 535f. 12 Vgl. zu dieser Lozovsky, Geography (2006), bes. 327; 362-364 u. Simek, Kosmographie (1990), 212-214; vgl. auch Alonso-Nunez, Knowledge (1988), 61-63. 13 Esch, Anschauung (1991), hier 282. 7 So auch

24

II. Der Blick nach Norden: Der aquilo In

Darstellungen des „Alten Europa

"

dazu das Fremde verständlich. Was Esch an der Erfahrung von Bau- und Kunstwerken aufgezeigt hat, gilt aber in gleichem Maße für politische Realitäten. Genau das wurde kürzlich von János Bak als Hindernis für eine vergleichende Geschichte Europas im Mittelalter angesprochen.14 Wenn nämlich für die Darstellung und Bewältigung fremder Wirklichkeit ein erweitertes Begriffsinstramentarium fehlt, muss der eigene Vbrstellungshorizont zur absolut verstandenen Bezugsgröße erhoben werden. Dass dies weder von mittelalterlichen Autoren noch von modernen Historikern ausreichend reflektiert wurde und wird, zeigte vor einigen Jahren Johannes Fried." So wird das Fremde in diesen Texten noch nicht konstruiert, um als Gegenbild die grandlegenden Merkmale des Eigenen zu modellieren, vielmehr wird das Fremde in eigene Verständnishorizonte eingefügt und nur auf dieser Ebene mit dem Eigenen kontrastiert. Auch aus diesem Grand sollte bei diesen Formen von Beschäftigung mit Alterität nur bedingt von Vergleichen gesprochen werden.

1.2. Die Wikinger in

Europa:

fränkische und angelsächsische Annalen

Als 793 skandinavische Seeräuber das nordenglische Kloster Lindisfarne plünderten, die zeitgenössischen Beobachter geschockt. Dieser Überfall stellte aber nur den Auftakt dar zu einer Jahrhunderte langen Folge von Angst und Schrecken, welche die Wikinger in Europa verbreiteten. Diese Wikingerüberfälle bedrohten jedoch nur eine der europäischen Peripherien. Gleichzeitig fielen im Osten wiederholt die Ungarn und im Süden die Araber ein. So wird die Epoche des ausgehenden Frühmittelalters als eine europäische Krisenzeit bezeichnet. Mit Einzelaktionen wie in Lindisfarne begnügten sich die Wikinger bald nicht mehr, so dass immer größere Heere immer weitere Abschnitte der europäischen Küsten und bald auch Flussufer überfielen. Aus Winterlagern größerer Heere erwuchsen bald auch skandinavische Siedlungsgebiete, für die den Oberhäuptern der jeweiligen Reiche rechtliche Garantien abgerungen werden konnten, so dass die späteren Herrscher dieser Gebiete konsequente Reichsbildungen betreiben konnten. Das Danelag in England oder die Normandie im Westfränkischen Reich sind hierfür die herausragenden Beispiele. In dieser Zeit wurden aber auch weite Teile des Nordmeeres erschlossen und besiedelt, während im Norden selbst bedeutende Handelsplätze entstanden. Die Ursachen für diese Umbruchs- und Wanderungsbewegungen sind sowohl in zeitgenössischen Darstellungen als auch in der modernen Forschung umstritten. Neben Landnot im Norden, Ruhm- und Abenteuerlust dürfte wohl vor allem der Beutegier als bedeutendes Motiv Geltung zukommen.'6 Die Berichterstatter des Mittelalters trugen andere Gründe vor. Die wichtigsten zeitgenössischen Darstellungen dieser Kriegs- und Raubzüge entstammen den Federn von waren

Bak, Probleme (2001), bes. 62-64. Vgl. auch Yorke, Identity (2000), 84f. Fried, Gens (1994), bes. 74f. Vgl. auch (zur frühmittelaterlichen Mission) Fraesdorff, Norden (2005), 204f. 16 Sawyer/Sawyer, Welt (2002), 17-22. Vgl. auch den Überblick bei Zettel, Bild (1977), 14-25. 14 15

7. Der heidnische Norden und die

Wiklngerüberßlle in zeitgenössischen Darstellungen

25

Annalisten. Jahrweise berichteten sie in ihren Annalenwerken über die Einfalle der Wikinger und die Gegenmaßnahmen fränkischer und angelsächsischer Könige. Die umfassendsten Informationen bieten selbstverständlich solche Texte, die in räumlicher Nähe zu den Ereignissen verfasst wurden. Damit sind es insbesondere Darstellungen aus dem westfränkischen und den angelsächsischen Königreichen als den Gebieten, die den Wikingereinfallen am heftigsten ausgesetzt waren, welche die ausführlichsten Berichte bieten. Somit spielen Annalenwerke ostfränkischer Provenienz hier nur eine untergeordnete Rolle.17 Vom späten 8. bis ins frühe 11. Jahrhundert sind die einschlägigen Jahresberichte voll von Berichten über normannische Überfalle und Plünderungen. Hier muss betont werden, dass es ein wesentliches Merkmal mittelalterlicher Quellen, besonders von Annalen, ist, nur außergewöhnliche Ereignisse für berichtenswert zu erachten. Neuerdings wurde die These geäußert, dass die Abwesenheit von Krieg und Gewalt erst in Texten des späten Mittelalters als normaler Zustand gewertet wurde.18 Aber auch vor diesem Hintergrund lässt der Umfang der Berichte auf die gewaltige Anzahl solcher Einfalle schließen.19 Die fränkischen, besonders die westfränkischen Autoren des 9. und 10. Jahrhunderts entwickelten verschiedene Deutangsmodelle für die Einfalle der Wikinger, die häufig auf theologischen Interpretationen der Ereignisse aufbauten.20 In vielen Fällen werden die Nordmänner als heidnische Völker gezeigt, die von Gott als Strafe für sündhaftes Leben über die Franken geschickt werden. Die Annalen von St. Bertin wissen zwischen dänischem Königtum und plündernden Wikingern genau zu unterscheiden,21 berichten zum Jahr 845 aber dennoch: „Die Normannen fuhren die Seine herab wieder zur See und plünderten, verwüsteten und verheerten durch Feuer alle Orte im Küstengebiet. Aber wenn auch durch unsere Sünden zu sehr verletzt, die Gerechtigkeit der göttlichen Gnade in solcher Weise die Länder und Reiche der Christen heimsuchte, so wurden doch auch die Heiden, damit sie nicht länger ungestraft dem allmächtigen und weisesten Herrn Mangel an Klugheit oder wenigstens Macht vorwarfen, als sie nach Verwüstung und Verbrennung eines Klosters mit reich beladenen Schiffen heimkehrten, so durch Gottes Gericht von der Blindheit Finsternis und dem Wahnsinn betroffen, dass nur wenige entkamen, um den übrigen von Gottes Macht zu berichten."22 Zettel, Bild (1977), 204.

Scharff, Reden (2005), 70f. Sawyer/Sawyer, Welt (2002), 140-142. Vgl. grands. Zettel, Bild (1977), zusammenfassend Padberg, Geschichtsschreibung (1994), 172f.

217

u.

Foot, Violence (1991), 15f. Vgl.

von

Annales Bertiniani ad a. 836. Annales Bertiniani ad a. 845: Nortmanni, alveo Sequanae remenso, maria repetunt, cuneta maris loca finítima diripiunt, vastant atque incendiis concremant. Sed licet peccatis nostris divinae bonitatis aequitas nimium offensa taliter christianorum terras et régna attriverit, ne tarnen etiam pagani

improvidentiae

aut certe

impotentiae

Domtnum

omnlpotentissimum

ac

providentisstmum inpune

diutius insimularent, cum a quodam monasterio (...) direpto incensoque oneratis navibus repedarent, ita divino iudicio vel tenebris caecati vel insania sunt perculsi, ut vix perpauci évadèrent, qui Dei omnipotentis tram céleris nunciarent. Übersetzung Rau, 67.

26

II Der Blick nach Norden: Der aquilo in

Darstellungen des „Alten Europa

"

Das Modell göttlichen Wirkens setzt sich, so Simon Coupland, aus drei Grundbestandteilen zusammen: dem Fehlverhalten der Franken, der Warnungen der Propheten und der göttlichen Sendung der Wikinger.23 Häufig knüpfte man an die Worte des Propheten Jeremias (1,14) an und konnte so aktuelle Ereignisse in einen typologischen Zusammenhang stellen.24 Ausführlicher wurden solche Deutungsmodelle in hagiographischen Texten zum Ausdruck gebracht,25 aber auch in vielen Klosterannalen werden sie zu einem bestimmenden Element. Ihre Weltdeutang ist also bestimmt vom Gegensatz zwischen den Christen und den von Gott gesandten Heiden. Sie werden aber nicht zum Ausgangspunkt von Fatalismus und Resignation, vielmehr dienen sie als Aufruf zum Glauben und zu einem frommen Leben.26 Einen Großteil der Klosterannalen zeichnet aber ihr lokaler Charakter aus. Somit konstruieren sie keine Entitäten, die über die Gegenüberstellungen von Heiden und Christen hinausgehen oder genauer definiert werden. Diese aus der theologischen Deutung der Wikingereinfalle erarbeitete Dichotomie zeigt keine vergleichende Absicht, die der gegenseitigen Abgrenzung beider Entitäten und damit vor allem der detaillierten Konstruktion des Eigenen dienen soll. Zwar können die heidnischen Wikinger eine facettenreichere Darstellung erfahren, indem sie als die Geißel Gottes eingeführt werden, die grundsätzliche Aufteilung in Gut und Böse bleibt aber bestehen. Die Gegensätze, welche hier aufgebaut werden, spielen sich also zumeist im Rahmen der Gegenüberstellung von Heiden und Christen ab, die auch keine Konstruktion eigener (christlicher) Identität zum Ziel haben, weshalb hier eher von Heiden-Christen-Kontrastierangen als von wirklichen Vergleichen gesprochen werden sollte. Ein weitere Folge des lokalen Horizonts dieser Texte ist die Unmöglichkeit, aus ihnen ein Gesamtbild über die Operationen der Wikingerverbände wie auch über Gegebenheiten im Norden selbst zu erhalten. Ein solches hingegen ermöglichen etwa die karolingischen Reichsannalen, die Annales regni Francorum. Diese Jahresberichte, die von 741 bis 829 reichen und in erster Linie den Taten Karls des Großen gewidmet sind, entstanden in größter gedanklicher Nähe zum Kaiserhof.27 Da das Karolingerreich seine Interessen auch auf den Norden richtete, bieten die Reichsannalen umfassende Informationen sowohl zu einzelnen Wikingereinfallen als auch zu politischen Verhältnissen besonders in Dänemark.28 Auffallend ist hierbei aber, dass diese Annalen keine theologische Deutung, sondern vielmehr eine gleichsam neutrale Darstellung der Ereignisse anstreben wenn auch die Franken als ein von Gott erwähltes Volk dargestellt werden.29 Über einen Wikingerüberfall in Friesland im Jahre 810 heißt es etwa: -

23 24 25

Coupland, Rod (1991), 537. Vgl. auch Kaujhold, Europas Norden (2001), 28. Vgl. auch Zettel, Bild (1977), 192-195. Vgl. etwaKrah, Aussagen (1993), 126-128 u. insbes. Planavergne, Normands (2005), zusammen-

fassend 52. 26 Coupland, Rod (1991), 539f. 27 McKitterlck, Ideology (2000), 167. 28 Maund, Turmoil (1995), 30. Vgl. auch Mohr, Wissen (2005), 58f. 29 McKitterlck, History (2004), 13If. Vgl. dazu aber Garrison, Election

(2006), 306f.

7. Der heidnische Norden und die

Wikingerüberfälle in zeitgenössischen Darstellungen

27

„Während der Kaiser noch zu Aachen weilte und einen Feldzug gegen den König Godofrid plante, erhielt er die Botschaft, eine Flotte von zweihundert Schiffen aus Nordmannia sei in Friesland gelandet, alle friesischen Inseln seien verwüstet und schon stehe das nordmannische Heer auf dem Festland, wo es den Friesen drei Schlachten geliefert habe, die siegreichen Dänen haben den Besiegten eine Steuer aufgelegt und bereits seien hundert Pfund Silber von den Friesen als Steuer gezahlt, der König Godofrid aber befinde sich zu Hause."30

So werden die Zerstörungen und Verwüstungen seitens der Wikinger zwar erwähnt, gegenüber der häufigen Wortwahl westfränkischer Annalisten aus dem Fundus theologischer Deutangsmodelle bleiben die Reichsannalen aber überaus neutral im Ton.31 In ihnen werden vor allem politische Gegensätze mit dänischen Herrschern beschrieben. Auch bei solchen Schilderungen tritt die nahezu wertneutrale Art der Darstellung deutlich hervor. Die Andersartigkeit der Dänen, die Unterschiede in Rechtstradition und Herrschaftsvorstellungen, werden hier ausdrücklich hervorgehoben. So heißt es an einer Stelle, im Jahre 811 sei zwischen Karl dem Großen und dem Dänenkönig Hemming ein Friedensvertrag geschlossen worden, der nach beider Ritas und Brauch (secundum ritum ac morem suum) beeidigt wurde.32 Der Annalist weiß hier also deutlich zwischen

verschiedenen Rechtstraditionen zu unterscheiden. Dennoch werden für dänische Herrschaftsämter zumeist Begriffe aus dem üblichen lateinischen Wortschatz verwendet. So tritt vor allem ein dänisches Königtum als regnum hervor33 was aber auch vor dem verbreiteten fränkischen Deutangsschema der gentes zu bewerten ist.34 Dass für die dänischen Herrscher, besonders Gottfried, das gleiche Begriffssystem verwendet wird wie für den fränkischen König, veranlasste Horst Zettel dazu, an einem institutionalisierten dänischen Königtum in der Sicht fränkischer und ottonischer Geschichtsschreiber nicht zu zweifeln.35 Viel wahrscheinlicher dürfte aber sein, dass die Autoren, in diesem Fall der Reichsannalen, skandinavische Herrscherkompetenzen in -

30 Annales regni Francorum ad a. 810: Imperator vero Aquisgrani adhuc agens et contra Godofridum regem expeditionem meditans nuntium acceptt, classem ducentamm navium de Nordmannia Frlsiam appulisse totasque Frlsiaco lltori adiacentes ínsulas esse vastatas tamque exercttum illum in continenti esse ternaque proelia cum Frisonibus commisisse Danosque victores tributum victis inposuisse et vectigalis nomine centum libras argenti a Frisonibus iam esse solutas, regem vero Godofridum dornt esse. Übersetzung Rau, 95. 31 Dazu Mohr, Wissen (2005), 148-150. 32 Annales regni Francorum ad a. 811. Die Übersetzung Raus, 99: „Nach Recht und Brauch" greift hier zu kurz. 33 Annales regni Francorum ad a. 808: nuntiabatur Godofridum regem Danorum In Abodritos eum exercitu traiecisse. Vgl. hierzu auch Maund, Turmoil (1995), 32. Vgl. auch Mohr, Wissen (2005), 248f.; 291 u. Zettel, Bild (1977), 74f. 34 Fried, Gens (1994), bes. 78; 84f. Vgl. auch Goetz, Gens (2003), 52f.; 59f. u. Mohr, Wissen (2005), 75f. 35 Zettel, Bild (1977), 72: „An der Institution des skandinavischen Königtums, das sich deutlich vom Adel abhob, ist in den Augen der fränkisch-ottonischen Quellenschreiber nicht zu zweifeln, und es gibt keinen Grund, ihnen nicht zu glauben." (Vgl. auch ebd., 70: „Bei Einhard und Notker wird Gottfried nur beiläufig und abfällig erwähnt, aber auch von ihnen ,rex' genannt, nicht anders also als Karl der Große, den es ja zu rühmen galt.")

28

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

Darstellungen des „Alten Europa

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den ihnen zur Verfügung stehenden eigenen Begriffsfeldern zu fassen suchten. Damit wird das „kognitive Instrumentarium"36 des eigenen Begriffssystems als absolut verstanden, andere Gegebenheiten in dieses eingepasst und somit wenn auch nur bis zu einem gewissen Grad mit diesem verglichen. Zettel betont hingegen, diese Wortwahl sei keine Verlegenheitslösung, sondern basiere auf genauer Kenntnis. Diese Kenntnis zeigt sich auch darin, dass in den Annalen zuweilen genau zwischen fränkischen comités und normannischen primores unterschieden wird.37 Genau diese Kenntnis löste aber eine vergleichende Verortang aus. So erkannte man nicht „im Fremden doch das Vertraute"38, sondern man projizierte vielmehr das Vertraute in das Fremde,39 man nutzte wenn auch explizit nur im Falle des Königtums eigene Begriffe zur Bewältigung fremder Wirklichkeit.40 Die grundsätzlich geringe Ausprägung theologischer Deutangsmodelle in den Annales regni Francorum ermöglichen auch Berichte, in denen heidnische Dänen als Vertragspartner der christlichen Franken dargestellt werden können.41 Zum Jahre 877, als die Söhne des Dänenkönigs Gottfried in einer militärischen Notlage einen Friedensvertrag anboten, heißt es jedoch, man habe das „mehr für Heuchelei als für aufrichtigen Ernst" gehalten (simulata magis quam veracid).42 Auch von der iactantia et superbia regis Danorum ist die Rede.43 Diese wenigen pejorativen Äußerungen dienen aber nur bedingt dazu, den Franken im Umkehrschluss besondere Eigenschaften zuzuschreiben. Insgesamt ist es der Charakter der Franken als Eroberer, der ihre Identität ausmacht.44 So wird diese zwar bis zu einem gewissen Grad durch Abgrenzung konstruiert, von Vergleichen kann jedoch nur bedingt gesprochen werden. Ein ganz ähnlicher Befund ergibt sich für eine Annalengrappe, die als eine der bedeutendsten Quellen für die Wikingereinfalle überhaupt gesehen werden kann: die so genannten Anglo-Saxon Chronicles. Diese Annalen sind die grundlegenden Informationsträger für die Geschichte der angelsächsischen Königreiche vor der normannischen Eroberung von 1066. Die Text- und Überlieferungsverhältnisse der Angelsächsischen Chroniken sind schwierig und wurden insbesondere von Janet Bately aufgearbeitet. Demnach kann man davon ausgehen, dass die verschiedenen Handschriften, Versionen und Verarbei-

-

-

-

36 Fried, Gens (1994), 74. 37 Zettel, Bild ( 1977), 86; vgl. auch Mohr, Wissen (2005), 292f. Die genaue Betrachtung der oben angeführten Stelle ad a. 811, wo von utrlusque gentts, Francorum scilicet et Danorum, XIIprimortbus die Rede ist, zeigt, dass primores eher als übergeordneter Begriff zu verstehen ist, während als comités in der folgenden Aufzählung der zwölf Edlen nur die fränkischen Großen bezeichnet werden. Die für einige Dänen gewählte Bezeichnung honorabiles Inter suos vlrl deutet die Schwierigkeiten an, die bei der Benennung dänischer Ämter entstehen konnten. 38 Zettel, Bild (1977), 73. 39 So auch Mohr, Wissen (2005), 86f. 40 Vgl. Fried, Gens ( 1994), 74f. 41 Vgl. Mohr, Wissen (2005), 247-251. 42 Annales regni Francorum ad a. 817. Übersetzung Rau, 111. 43 Annales regni Francorum ad a. 809. 44 McKitterlck, Past (1997), 128; Dies., Ideology (2000), 167.

7. Der heidnische Norden und die

Wikingerüberialle in zeitgenössischen Darstellungen

29

tangen des Materials für die früheste Zeit auf einen gemeinsamen Grundstock zurück-

gehen,45 den man in der bisherigen Forschung im Umkreis des Hofes König Alfreds von Wessex verortet hat.46 Damit berichteten diese Annalen die Geschichte des Angelcynn,

des Volkes der Angeln, das nunmehr unter der Herrschaft Alfreds des Großen vereinigt sei.47 Hier dürfte zwar eine differenziertere Sichtweise angebracht sein,48 dennoch sollte man diesen gemeinsamen Grundstock als das Ergebnis eines Elitendiskurses sehen, an welchem Alfreds Hof durchaus auch beteiligt war. Es werden also nicht nur die unter Alfreds Herrschaft vereinigten Reiche, sondern alle sprachlich als Einheit verstandenen Angelsachsen in den Annalen behandelt.49 Damit werden die Angelsächsischen Chroniken zu einem bedeutenden Zeugnis früher Identitätskonstruktion. Eine solche Identität befand sich somit durchaus in einer Diskussion, wobei auch Fragen der Ursprünge und der Ethnogenese ihre Erwähnung fanden.50 Während noch Beda in seiner Historia Ecclesiastica die Engländer vor allem noch über die Kirche verbunden sah, gleichzeitig aber auch als einen Teil einer ecclesia gentium,5^ wurde kürzlich auch auf die Bedeutung des Raumes für ein angelsächsisches Selbstverständnis hingewiesen52 wie es etwa auch schon für Dudo v. St. Quentin betont wurde.53 In gleichem Maße muss jedoch auch die Abgrenzung zu anderen Völkern als Konstitaens englischen Selbstverständnisses bedacht werden. In der Forschung wurde die Abgrenzung zu den keltischen Bevölkerungsteilen Britanniens54 oder auch zu den Franken55 schon oft hervorgehoben. Ähnliche Bedeutung hat daher auch die Kontrastierung skandinavischer und angelsächsischer Gruppen. Eine solche war angesichts vieler vermischter Identitäten zwar nicht klar durchzuführen,56 den Autoren konnten ihre Entitäten hierfür aber durchaus konstruieren.57 -

45 46 47

48 49 50

51 52 53 54 55 56

Bately, Chronicle (1991), 59-62; Lamb, Representations (2005), bes. 11-17. Vgl. die Übersicht bei Lamb, Representations (2005), 12, Anm. 39. Vgl. dazu Scharer, Writing (1996), 178-185. Foot, Making (1996), zusammenfassend 48f. Vgl. auch Smyth, Emergence (1998), 39-41. Grunds, vgl. auch Campbell, Kingdom (1995), 40f. Zum BegriffAngelcynn vgl. auch Buchloh/Pieske, Darstellung (1985), 18. Lamb, Representations (2005), 16f. Lamb, Representations (2005), 17. Vgl. dazu Harris, World History (2001), 505-510; Kleinschmidt, Chronicle (2001), 6-16; 32^40; Anlezark, Sceaf (2002), zusammenfassend 45f; Harris, Race (2003), 13-16; 135-146 u. Yorke, Identity (2000), 78f. Vgl. den Forschungsüberblick bei Foot, Historiography (2005). Tugène, L'idée (2001), bes. 197f. Vgl. auch Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 154-158. Howe, Angle (2000), 26f. Vgl. auch Keynes, Apocalypse (2001 ), 251 f. Plassmann, Origo (2006), 257-259. Vgl. auch Bates, Normandy (1982), 56-64. Smyth, Emergence (1998), 26. Vgl. dazu auch Ward-Perkins, Anglo-Saxons (2000), bes. 515f. u. Harris, Race (2003), 72-74. Clark, France ( 1969), 42. Für die frühe Zeit vgl. Restad, Leiesoldat (2002), zusammenfassend 17; Hadley, Cockle (2000), 133-135.

57

Harris, Race (2003), 112-116; Hadley, Viking (2002), 46-53. Vgl. auch Lamb, Representations (2005), 2; 40; dazu Buchloh/Pieske, Darstellung (1985), 20f.

// Der Blick nach Norden: Der aquilo in

30

Darstellungen des „Alten Europa

"

In den Angelsächsischen Chroniken wird eine solche Abgrenzung aber nur sehr zurückhaltend durchgeführt. So wird der mied here,5i das große Wikingerheer, umsichtig als Gegner für Alfred konstruiert,59 nicht aber ein ethnischer Gegensatz aufgebaut. Die Wikinger erscheinen vielmehr als Rechtspartner oder politische Gegner. In der späteren Zeit lassen sich solche Kontrastierangen auch immer weniger durchführen. Angesichts der Mischformen angelsächsischer und skandinavischer Identität60 wird auch, gerade im Bezug auf das Danelag, zwischen solchen Bewohnern Northumbrias keine terminologische Trennung vollzogen.61 Eine wesentliche Grundlage hierfür dürften die noch stark vorhandenen sprachlichen Gemeinsamkeiten zwischen dem Altnordischen und dem Alt-

englischen sein.62

Dies ist auch der Grand dafür, dass in den Angelsächsischen Chroniken theologische sie besonders in westfränkischen Annalen fehlen.63 zumeist wird mitunter über Gewalthandlungen an Kirchen Zwar hervortraten, und vereinzelt werden als Omen berichtet,64 Ereignisse aufgefasst,65 im Gesamtbild jedoch wird eine Heiden-Christen-Kontrastierang vermieden.66 Die meisten späteren Autoren, die ihren Werken die Informationen der Angelsächsischen Chronik zu Grande legten, wie Asser oder auch ¿Ethelweard, schienen in ihren Vorlagen solche theologischen Interpretationen zu vermissen, weshalb solche in ihren Werken weitaus deutlicher hinzutraten.67 Mit seinem Chronicon verfasste der Earldorman ¿Ethelweard eines der ffühesten Werke, die als ,Nationalgeschichtsschreibung' bezeichnet werden können.68 In seinem Amt gehörte er der höchsten politischen Elite an und war eng in die Reichspolitik verstrickt, in deren Zusammenhang er sich von 973 bis 998 belegen lässt. Sein Werk verfasste er als Auftragsarbeit für Äbtissin Mathilde von Essen, die als Enkelin der Kaiserin Edgith mit ihm verwandt war.69 Daher ist das Chronicon den Res gestae Saxonicae des Widukind von Corvey vergleichbar, die in einer ähnlichen

Interpretationen der Wikingerüberfalle, wie

Vgl. etwa Angelsächsische Chronik, ad aa. 866; 871. ¿amé, Representations (2005), 19. Restad, Leiesoldat (2002), 15-17. Zettel, Bild ( 1977), 290. Vgl. dazu auch Smyth, Emergence ( 1998), 44. Townend, Language (2002), zusammenfassend 181-189; Ders., England (2000), 93-96; Hadley, Viking (2002), 53-56. Hier sind auch gegenseitige literarische Einflüsse zu nennen: Townend, Poetry (2000), 369f. 63 Zettel, Bild ( 1977), 21 Of. : „Im Gegensatz zu den fränkischen, vor allem den westfränkischen Quel58 59 60 61 62

64 65 66 67 68 69

len fehlt in den angelsächsischen Annalen und Chroniken der Zeit völlig eine theologische Interpretation und Einordnung der Normanneneinfalle". Grundlegend zur Deutung vgl. Foot, Violence ( 1991 ), 15f. Anglo-Saxon Chronicle ad a. 793. Lamb, Representations (2005), 25f. erklärt solche christlichen Deutungen über den kompilatorischen Charakter der Annalen. Lamb, Representations (2005), 26. Zu Asser Lamb, Representations (2005), 228-30. Zur Bedeutungszunahme theologischer Interpretationen vgl. auch Harris, World History (2001), zusammenfassend 509f. Kersken, Geschichtsschreibung ( 1995), 168f. Cronenwett, Earldorman (1979), 26.

31

Wikingerüberfalle in zeitgenössischen Darstellungen

7. Der heidnische Norden und die

Situation entstanden und die der Arbeit vEthelweards als Vorlage dienten.70 In gewisser Hinsicht erzählt er also dem Stamm der Veteranum Saxonum11 die Geschichte des westlichen Zweigs der Sachsen.72 Verbreitung fand sein Chronicon aber kaum, was auch an Sprache und Stil des Werkes gelegen haben mag.73 Der spätere Historiograph Wilhelm von Malmesbury schrieb über ihn:

„Über /Ethelweard, einen erlauchten und großen Mann, der jene Chronik auf Latein übertrug, ist es besser zu schweigen, da ich seine Absicht nicht anwidern."74

gutheißen würde, würde mich

seine

Sprache

In seiner Chronik, die bis 975 reicht, stützt sich iEthelweard bis zum Jahr 892 hauptsächlich auf die Jahreseinträge der Angelsächsischen Chronik. Wie oben schon angesprochen wurde,75 vermitteln auch Annalen politische Vorstellungswelten,76 was ihnen aber zumeist fehlt, ist eine historiographische Grundkonzeption, weshalb in ihnen auch kaum eine Ausrichtung an Geschichtsphilosophie zu finden ist.77 Indem ¿Ethelweard seine annalistische Vorlage zu einer Chronik umformt, ist dieses Moment bei ihm stärker vertreten. Trotz der späteren Vorbehalte eines Wilhelm von Malmesbury stellt sich ¿Ethelweard um seiner Verwandten willen in eine lateinische historiographische Tradition. Somit verwendet er auch deren Begriffe für die von ihm beschriebenen Sachverhalte. Das betrifft auch seine Darstellung der skandinavischen Eroberer.78 Ständig treten sie bei ihm als pagani und barbari auf, was bei ihm ganz im Sinne der lateinisch-christlichen Tradition synonym verwendet wird.79 ¿Ethelweard verstärkt also gegenüber seiner Vorlage fundamental die christlich aufgeladene Darstellung der Wikingereinfälle, nicht jedoch eine theologische Interpretation, etwa im Sinne göttlicher Vorsehung.80 Für ihn sind die Dänen das „widerwärtigste Volk" 70 Vgl. grundlegend van Houts, Women (1992), bes. 60-68. 71 ¿Ethelweard, Chronicon, 45. 72 Van Houts, Women (1992), 65. 73 Winterbottom, Style (1967) 117f. Vgl. hierzu auch Lutz, Chronicon (2000), zusammenfassend 212-214. 74 Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 1, Prol.: Nam de Elwardo, illustri et magnifico uiro, qui Crónica Ule Latine digressus est digerere, prestat stiere, cutus michi esset intentio animo si non essent uerba fastidio. Vgl. hierzu aber Howlett, Verse (2000), 223f. 75 S. o., 23 76 Vgl. etwa McKltterick, Ideology (2000), 167. 77 Otter, 1066 ( 1999), 567; vgl. hierzu auch McKltterick, Past ( 1997), 113. Vgl. aber Foot, Meaning ,

(2005), 102. 78 Zu ¿Ethelweards Darstellung der Wikinger vgl. Dumville, Images (2002), 253f. Vgl. auch Page, People (1987), 11-14. Keynes, Apocalypse (2001), 247f, glaubt bei ¿Ethelweard eine weniger ausgeprägte Dänenfeindschaft zu erkennen, da sein Werk in einer Periode relativer Ruhe entstand. 79 Gillingham, Context (2000), 26. 80 Lamb, Representations (2005), 66f.

II. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

32

Darstellungen des „Alten Europa

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(plebs spurcissima) und eine „Seuche" (lues).m Immer wieder wird betont, dass die Völker des Nordens Heiden sind. Damit bewegt sich ¿Ethelweard innerhalb des Rahmens lateinischer Historiographie wieder zurück zu Gegenüberstellungen von Heiden und Christen, die der Angelsächsischen Chronik fremd sind. Hengest und Horsa, die Anführer der angelsächsischen Invasion, stammen laut ihm von einem König Wodan (Vuothen) ab, der später göttliche Verehrung genossen habe: „Die Ungläubigen des Nordens, die Dänen nämlich, auch die Norweger und die Schweden, werden von einer solchen Verführung unterdrückt, dass sie ihn bis auf den heutigen Tag für einen Gott halten."82

Der Norden ist also ein heidnisches Land.

1.3. Der heidnische Norden: Adam von Bremen und die Geschichtsschreibung der Hamburger Kirche Der heidnische Norden als Herkunftsland der einfallenden Wikinger wurde in den frühmittelalterlichen Texten kaum bedacht. Fast ausschließlich als der biblische aquilo, der die apokalyptischen Völker ausspie, fand er Erwähnung.83 Differenziertes Interesse an der Region im Norden Europas entwickelte sich erst später, vor allem in Werken chronikalischer Natur. Chroniken, wie das Beispiel ^Ethelweards zeigte, wenden sich zwar gegenüber ihren Vorlagen häufiger verstärkt einer christlichen Deutung zu. Aber auch in dieser Quellengrappe entwickelte sich erst allmählich ein Interesse für die Völker jenseits der Kulturgrenze im nördlichen Europa.84 Der sächsische Bischof Thietmar von Merseburg etwa berichtete zwar feindselig, aber sehr ausführlich über die slawischen Völker, mit denen die Sachsen immer wieder auf verschiedene Arten in Kontakt traten. Dabei entwickelte er unterschiedlichste Modi der Fremdkonstraktion.85 Von missionarischem Grundgedanken getragen sind es aber insbesondere die Geschichtsschreiber der Hamburger Kirche, die den Norden einer eingehenden Darstellung unterziehen.86 Zwar deuten auch sie Überfalle heidnischer Horden und Rückschläge in der Mission als Strafe Gottes für die Sünden der Christen,87 grundsätzlich aber zeigen sie ein anderes Interesse am Norden als die Annalisten und entwickeln daher ein weitaus dif81 ^thelweard, Chronicon, 42; 46. 82 /Ethelweard, Chronicon, 9: In tanta etenim seductione oppressi aquilonales incredull ut deum colunt usque in hodiernam diem, vlz. Dani, Northmannl quoque, et Sueui. 83 Fraesdorff, Norden (2005), 134f. 84 Zu diesem Begriff Fraesdorff, Power (2002), 313f. Vgl. a. Blomkvist, Discovery (2005), 140-146. 85 Vgl. dazu Fraesdorff, Norden (2005), zusammenfassend 135-143; Hengst, Völker (2005), zusammenfassend 507-510; Guth, Kulturkontakte (1988), zusammenfassend 100-102; Schröder, Völker (1977), zusammenfassend 127-130; Weinrich, Slawenaufstand (1988), zusammenfassend 87; von Padberg, Geschichtsschreibung (1994), 164 u. Bagge, Kings (2002), 134-142. 86 Scior, Kulturkonflikte (2005), 26f. 87 Fraesdorff, Norden (2005), 206f.

7. Der heidnische Norden und die

Wiktngerüberfälle In zeitgenössischen Darstellungen

33

ferenzierteres Bild. Besonders zu nennen sind hier die Vita des Hamburger Erzbischofs Ansgar, die um 870 von dessen Nachfolger Rimbert verfasst wurde88 und die Gesta Hammaburgensis ecclesiaepontificum aus der Feder des Bremer Domscholasters Adam. Zwar ist die Vita Anskarii in erster Linie der Hagiographie zuzuordnen; als Lebensbeschreibung eines Missionsbischofs in Skandinavien bietet sie aber zugleich grundlegende Informationen zum Missionsgebiet in Dänemark und Schweden.89 In der Anfangszeit der Christianisierung des Nordens entstanden, ist sie auch ein wichtiges Zeugnis für das Selbstverständnis der Hamburger Kirche.90 Als solches muss auch Adams Hamburger Kirchengeschichte gesehen werden. Diese, um 1075 auf breiter Quellenbasis verfasst, entstand aber in einer ganz anderen Situation. Die Mission konnte zweihundert Jahre nach dem Wirken Ansgars auf eine Reihe an Erfolgen zurückblicken, so dass das Bild des Nordens detailreicher wurde. Gleichzeitig sah sich die Hamburger Kirche in ihrem Missions- und Suprematieanspruch in Frage gestellt, als englische Christianisierungsbemühungen im Norden zunahmen,91 die Erzbistümer Köln und Magdeburg starken Druck ausübten,92 und man in Dänemark schon auf die Loslösung aus dem Hamburg-Bremer Metropolitanverband und auf die Errichtung eines eigenen Erzbistums in Lund drängte.93 Adam benutzte zwar die Vita Anskarii,94 bei ihm wird der Missionsanspruch aber mehr verteidigt als beworben. Im Zentrum seiner Darstellung steht Erzbischof Adalbert von Bremen.95 Für den Norden von Interesse ist Adams viertes Buch, das er komplett einer geo- und ethnographischen Beschreibung der Länder des Nordens widmet, der Länder des beanspruchten Hamburg-Bremer Einflussgebietes also. Selbst- und Fremdzuschreibungen in diesen beiden Werken wurden kürzlich grundlegend von Volker Scior und David Fraesdorff untersucht.96 Vor allem Fraesdorff konnte zeigen, dass Adam besonders im Vergleich zu Rimbert ein sehr ambivalentes Bild des Nordens entwirft. Die Ursache hierfür ist ebenfalls in der gegenüber dem 9. Jahrhundert veränderten politisch-kulturellen Situation zu suchen.97 Die causa scribendi ist also nicht nur für das Gesamtverständnis der Werke, sondern gerade auch für Selbst- und Fremdzu-

-

schreibungen von grundlegender Bedeutung.98 88 89 90 91

Vgl. dazu Lutterbach, Pater ( 1995), 277f. Vgl. Körner, Schweden ( 1992), 53-55. Fraesdorff, Norden (2005), 130-132. Vgl. dazu Abrams, Anglo-Saxons (1995), hier bes.

213-215.

Vgl. auch Brink,

Formation

(1998),

28-37.

Goetz, Geschichtsschreibung (1993), zusammenfassend 203 f. Kluger, Ordnung (2007), 295f; Hoffmann, Salier (1994), 263f. Vgl. auch Jergensen, Archiepiscopatus (1992), 2fi; Hallencreutz, Riksidentitet (1996), 252 u. Janson, Adam (2000), 86f. Vgl. auch Blomkvist, Discovery (2005), S.572f. 94 Vgl. z. B. Adam von Bremen, Gesta, lib. 1, c. 14, Schol. 4. 95 Vgl. dazu Schlotheuber, Persönlichkeitsdarstellung (2003), 529-548 u. Bagge, Decline (1996), 92 93

531-539. 96 Scior, Das Eigene ( 1994); Ders., Kulturkonflikte 97 Fraesdorff, Norden (2005), 251. 98 Scior, Das Eigene ( 1994), 87.

(2005); Fraesdorff, Norden (2005).

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

34

Darstellungen des „Alten Europa

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Bei der Beschreibung des Nordens kommen in beiden Darstellungen verschiedene Traditionen zum Tragen: biblische und patristische wie auch antike. Die Bezeichnung aquilo, die bei beiden Autoren am häufigsten verwendet wird,99 verortet den Norden in einem biblischen Zusammenhang. Die Idee des heiligen Nordens, die in der früheren Tradition auftritt,100 findet sich bei Adam nicht.101 Viel stärker tritt der Bezug zum Jeremiaswort und zu eschatologischen Gedanken in den Vordergrund.102 Gerade dadurch wird der Missionsansprach weiter gestärkt,103 aber auch in einen heilsgeschichtlichen Zusammenhang gestellt. Der Hamburg-Bremer Kirche kommt der göttliche Auftrag zu, das Wort Gottes bis ans Ende der Welt zu tragen. So kann Adam es als Leistung seiner Kirche darstellen, wenn er am Ende seines Werkes verkündet:

„die Ausbreitung ihrer Lehre verstummt erst dort, wo die Welt endet."104 Die Welt wird bei ihm nach einem dualistischen Prinzip gegliedert. Die im Norden und Osten lebenden Heiden und ihre Länder werden als Gegenwelt zu Adams christianitas und insbesondere zur Kirche von Hamburg-Bremen konstruiert. Deutlich wird dies schon in Rimberts Vita Anskarii, in der durch die häufige Anwendung des Präfixes in- auf Verhältnisse im Norden105 eine Negation der christlichen Wertvorstellungen und damit eine Gegenkonstruktion erschaffen wird, die dem Wirken Ansgars als düster-kontrastierender Hintergrund dienen soll.106 Diese bildliche Finsternis findet ihre Entsprechung in den realen Natarbegebenheiten im Norden. An diese angelehnt ließ sich eine weitere Metapher besonders treffend anwenden. Ansgar, so heißt es, „brannte vor Eifer in Liebe zu Gott."107

Gegenüberstellung der Finsternis und Kälte des Unglaubens und des Lichts und der Wärme des Glaubens, des calorfidei war gerade im skandinavischen Missionsgebiet eine sich aufdrängende Metaphorik.108 Diese geht zurück auf ältere Missionsliteratar.109 Bei Rimbert wird sie noch um ein weiteres Merkmal erweitert. An einer Stelle spricht er Die

den heidnischen Gottheiten als „ihre Götter, oder vielmehr Dämonen"110. Durch eine interpretado Christiana werden also nicht nur kulturelle und politische Gegebenheiten,

von

99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110

Fraesdorff, Norden (2005), 134; 147-157. Kochanek, Vorstellung (2004), 24, dazu aber 229-23 3. Fraesdorff, Norden (2005), 310. Fraesdorff, Norden (2005), 309-312. Fraesdorff, Norden (2005), 134; 201. Adam von Bremen, Gesta, lib. 4, c. 43: ibi solummodoponens euangelizandl stlentlum, dus terminum habet. Übersetzung Trlllmlch, 495. Fraesdorff, Norden (2005), 204f. Fraesdorff, Norden (2005), 213. Rimbert, Vita Anskarii, c. 7 (27): [monachus] qui multo ardore circa dlvlnam Übersetzung Fraesdorff, Norden (2005), 206. Fraesdorff, Norden (2005), 205f. Vgl. dazu Skänland, Calor (1956), 87f. Skänland, Calor ( 1956), 91 f. Rimbert, Vita Anskarii, c. 19 (41): dtis suis, immo daemontbus.

ubi mun-

rellglonemferveret.

7. Der heidnische Norden und die

Wikingerüberfdlle in zeitgenössischen Darstellungen

35

sondern auch religiöse Vorstellungen in das eigene Werte- und Begriffsystem eingefügt.1" Den heidnischen Gottheiten kann darin nur die Rolle der Dämonen zukommen.112 Die Metapher über die Wärme des Glaubens findet sich in ähnlicher Häufigkeit auch bei Adam von Bremen, bei ihm wird sie aber konsequent dualistisch aufgebaut, so dass auch die Kälte des Unglaubens zur festen Größe wird.113 Im konkreten Fall geht diese Metaphorik zwar auf ältere Missionsliteratar zurück, ursprünglich liegt ihr aber die antike Klimatheorie zugrunde. Diese, insbesondere bei Hippokrates und Aristoteles geäußert, vermutete einen grundlegenden Einfluss der klimatischen Bedingungen auf die körperliche Konstitution und auf die Wesensart der Menschen. Die Kälte im Norden härte die dort lebenden Menschen und mache sie zu tapferen Kriegern, gleichzeitig aber auch zu Barbaren, während die südliche Sonne zu besonderen zivilisatorischen Leistungen befähige, gleichwohl aber auch verweichliche.114 Dass diese Theorie auch im Mittelalter rezipiert wurde, zeigt das Beispiel des Paulus Diaconus. Als dieser im Prolog seiner Langobardengeschichte die nördliche Herkunft seines Volkes zu adeln beabsichtigt, heißt es:

„Je weiter ein Land des Nordens von der Sonnenglut entfernt und in der Kälte des eisigen Win-

liegt, desto gesünder ist dies für die Körper der Menschen und günstig für die Vermehrung der Völker; so wie im Gegenteil jede Gegend im Süden, wo die Sonnenglut näher ist, immer einen Überfluss an Krankheit hat und für das Wachstum der Sterblichen weniger geeignet ist."115

ters

Diese Züge finden sich auch bei Adam von Bremen. Insbesondere die Härte der Völker im Norden wird bei ihm stets betont. In seinem vierten Buch schreibt er beispielsweise über die Dänen: „Denn Tränen, Klagen und andere Reuezeichen, die wir für so heilsam halten, verachten die Dänen so sehr, dass niemand selbst über seine Sünden oder über den Tod Nahestehender weinen darf.""6

Die Anwendung sowohl biblischer und patristischer als auch antiker Darstellungstraditionen dient bei beiden Autoren einem Zweck: Der Konstruktion einer religiös und auch kulturell fremden Gegenwelt,"7 die zwar mit Rimberts und Adams ,eigener Welt' kon111 112 113 114

115

116

117

Fraesdorff, Norden (2005), 207. Fraesdorff, Norden (2005), 211. Fraesdorff Norden (2005), 262-267. Fraesdorff, Norden (2005), 261-271. Vgl. dazu grundlegend Losemann, Art. ,Barbaren' (1997), bes. Sp. 441. Paulus Diaconus, Historia Langobardorum, lib. 1, c. 1: Septemtrionalts plaga quanto magis ab aestu solis remota est et navali frigore gélida, tanto salubrior corporibus hominum et propagandis est gentibus coaptata; sicut econtra omnis meridiana regio, quo solis estfervori vicinior, eo

semper morbis habundat et educandis minus est apta mortalibus. Adam von Bremen, Gesta, lib. 4, c. 6: Nam lacrimas et planctum ceteraque genera compunctionis, quae nos salubria censemus, ita abhominantur Dani, ut nec pro peccatls suis ulliflere liceat nec pro caris defunctis. Übersetzung Trillmtch, 443. Fraesdorff, Norden (2005), 220f. Vgl. auch Osterhammel, Grenzen (1995), 109f., zum Begriff der

,Barbarengrenze'.

II. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

36

Darstellungen des „Alten Europa

"

trastiert, nicht aber verglichen wird.

Zwar steht Adam auch in der antiken Tradition ethihm dient der Norden in erster Linie zur Darstellung aber nographischer Beschreibung,"8 des (heilsgeschichtlichen) Auftrages der Hamburger Kirche. Ein expliziter wertender Vergleich der Heiden des Nordens mit christlichen Missionaren kam für ihn wegen genau dieses Auftrages nicht in Frage, da an der Überlegenheit seines Glaubens gerade auch aufgrund seiner zeitgenössischen Beobachtersitaation nicht der Keim eines Zweifels bestehen konnte.119 Gleiches galt auch für spätere Autoren. Ihr distanzierter Blick ermöglichte aber eine differenziertere Darstellungsweise der schon historischen Heiden des Nordens.120 Dennoch zielt auch bei ihnen der explizite Vergleich noch in erster Linie auf die kulturelle Fremdheit. Wenn Adam auf der Ebene religiöser Fremdheit explizite Vergleiche durchführte, so nur von zwei heidnischen Religionen untereinander. Den heidnischen Glauben der römischen Antike kann er durchaus als Vergleichspunkt heranziehen, da er diesen zur eigenen Geschichtstradition zählt, der christliche Glaube durch einen solchen Vergleich aber unbenommen bleibt. So berichtet er etwa, wie die Heiden im Norden ihre Götter abbildeten: -

-

„Wodan dagegen stellen sie bewaffnet dar,

so

wie wir den Mars."12'

Vergleichsverweigerang auf der religiösen Ebene schließt jedoch eine detaillierte Betrachtang des Nordens nicht aus. Vergleichende Ansätze lassen sich bei Adam erahnen, wenn die Rede nicht von religiöser, sondern von kultureller Differenz ist. Für Rimbert war, wie Fraesdorff gezeigt hat, die Fremdheit des Nordens vor allem religiös determiniert, bei Adam tritt hingegen noch eine kulturelle Fremdheitskomponente hinzu.122 Rimbert schreibt an einer Stelle, Ansgar wolle Diese

„fremde Völker aufsuchen und bei unbekannten Barbaren leben".123

Bei ihm tritt der

Barbarenbegriff in seiner für das Mittelalter typischen, religiös aufgeladenen Bedeutung auf. Barbarus wird in den meisten Fällen synonym zu paganus

verwendet.124 Bei Adam erscheint der Barbarenbegriff viel weiter ausdifferenziert. So kann er ihn zwar im üblichen mittelalterlichen semantischen Feld verwenden, ist sich jedoch auch 118 119 120 121

Lozovsky, Geography (2006), bes. 362-364; Simek, Kosmographie (1990), 212-214. Theuerkaufi Kirchengeschichte (1988), 123. Vgl. dazu Foot, Remembering (1999), 190. Adam von Bremen, Gesta, lib. 4, c. 26: Wodanem vero sculpunt armatum, sicut nostri martern soient.

122 123

124

Übersetzung Trtllmich, 471.

Fraesdorff, Norden (2005), 272. Vgl. auch Goetz, Past (2006), 45f.

Rimbert, Vita Anskarii, c. 7: alienas expetere vellet nattones et cum Ignotl ac barbart conversar! Übersetzung Trillmich, 33. Fraesdorff, Norden (2005), 217. Dennoch muss auch betont werden, dass neben dem weit verbreiteten religiös konnotierten Barbarenbegriff die klassische Konzeption nie ganz in Vergessenheit geraten war. Vgl. dazu van Acker, Barbarus (1965), 137-140 u. Jones, Image (1971), 387-392.

7. Der heidnische Norden und die

Wikingerüberfälle in zeitgenössischen Darstellungen

der klassischen Konnotation bewusst, wenn er etwa von christlichen Barbaren So schreibt er auch über die Norweger,

37

spricht.125

„nach der Annahme des Christentums aber haben sie durch bessere Unterweisung schon gelernt, Frieden und Wahrhaftigkeit zu lieben, sich mit ihrer Armut zu begnügen, ja sogar, erworbenen Besitz auszuteilen und nicht, wie früher, verteilten Besitz zu erwerben. (...) Im Übrigen verehren sie Priester und Kirchen so sehr, dass einer, der nicht zur täglichen Messe

Opfergaben darbringt, kaum als Christ betrachtet wird."126

Dennoch bleiben sie für ihn barbari.121 Ebenso klassisch kann er die Barbaren im Norden auch als Skythen bezeichnen.128 Bedeutender ist hier der Barbarenbegriff.129 Für Adam ist der Norden bis hin zu den monstra am Ende der Welt mit Barbaren bevölkert.130 Dank seiner klassischen Bildung wird das Bedeutangsspektrum des barbarus bei ihm wesentlich erweitert. Dass er von christlichen Barbaren sprechen kann, zeigt, dass sich religiöse und kulturelle Fremdheit bei ihm unterschiedlich entwickeln. So gebe es in weiten Teilen des Nordens einen christlichen Firnis, gefestigt konnte der Glaube aber noch nicht sein und kulturell blieben die Bewohner des Nordens häufig noch ihren Bräuchen verhaftet.131 Henrik Janson konnte zeigen, dass nicht nur Apostaten, sondern auch Christen, die sich nicht der Hamburger Obödienz unterstellen wollten, bei Adam als Heiden dargestellt werden konnten.132 Grundsätzlich kann Adam die Christianisierung nicht als abgeschlossen ansehen. Besonders deutlich wird dies in seiner Darstellung des norwegischen Königs Olaf Tryggvason, der in der späteren norwegisch-isländischen Geschichtsschreibung als Missionskönig und mitunter als Heiliger dargestellt wird.133 Olaf Haraldsson wird von Adam zwar ohne Einschränkung als solcher präsentiert,134 zu Olaf Tryggvason liest man

aber:135 „Manche erzählen, er sei Christ gewesen, andere, er habe das Christentum wieder verlassen. Alle aber versichern, er habe sich auf Zeichendeutung verstanden, Losorakel beachtet und alle seine Hoffnung auf Vogelzeichen gesetzt. Davon erhielt er seinen Beinamen: Er hieß Olaf Krä125 126

127 128 129 130 131 132 133 134 135

Fraesdorff, Norden (2005), 280-282. Adam von Bremen, Gesta, lib. 4, c. 31: Post susceptam vero christianttatem melioribus imbuti scolis didicerunt iampacem et veritatem diltgere, paupertate sua contend esse, immo quae habent collecta spargere, not utprlus sparsa colllgere. (...) Preterea sacerdotum et ecclesiarum tantam habent veneratlonem, ut vix chrlstianus habeatur, qui non coddle obtulerit ad missam, quam audierlt. Übersetzung Trillmich, 411. Adam von Bremen, Gesta, lib. 4, c. 31. Fraesdorff, Norden (2005), 291-293. Vgl. grandi, van Acker, Barbaras ( 1965) u. Jones, Image ( 1971 ), 387-392. Scior, Das Eigene (1994), 93; Fraesdorff, Norden (2005), 289-302. Fraesdorff, Norden (2005), 280. Janson, Templum (1998), 269-291. Vgl. dazu auch Scior, Das Eigene (1994), 60. S. hierzu u., 85f. Adam von Bremen, Gesta, lib. 2, c. 61. Vgl. dazu Rafnsson, Olaf (1999), 108-110. Vgl. dazu Fraesdorff, Norden (2005), 276 u. Rafnsson, Olaf (1999), 107f.

38

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo in Darstellungen des „Alten

Europa

"

henbein. Auch der Zauberkunst soll er sehr ergeben gewesen sein, alle Zauberer und daran hat sein Land ja keinen Mangel136 nahm er bei sich auf, und so ging er zugrunde, weil er sich von ihren falschen Behauptungen täuschen ließ."137 -

-

Anhand solcher Aussagen zeigte Fraesdorff den grandlegenden Unterschied zwischen religiöser und kultureller Fremdheit bei Adam auf, die nicht beide gleichzeitig mit der Christianisierung überwunden worden waren und deren Grenzverläufe sich daher sehr unterschiedlich entwickeln konnten.138 Jedoch dienen auch diese beiden dargestellten Formen der Fremdheit dem Ziel, eine Gegenwelt zu konstruieren, deren Kontrastwirkung Erfolge und Ansprüche der Hamburger Mission hervortreten lassen sollte.139 So ist auch die kulturelle Fremdheit religiös determiniert.140 Bei der Konstruktion einer solchen Kontrastwelt sind die Autoren selbstverständlich nicht frei. Da in den Texten auch die weitere Mission beworben werden sollte, mussten die Darstellungen eine Rückbindung zu den realen Verhältnissen oder vielmehr Erfahrungen im Norden halten. Vereinzelt mussten Personen und Sachverhalte des Nordens in einem günstigeren Licht dargestellt werden. Für Rimbert war dies von Bedeutung, da Freiwilligkeit die Grundlage jeder Missionsarbeit war und sein Werk somit auch als Missionswerbung aufzufassen ist.141 Für Adam gilt dieser Hintergrund gleichermaßen, jedoch erklärt er den Rückgang der religiösen wie auch der kulturellen Fremdheit weit stärker als Missions- und Zivilisationserfolge der Hamburger Kirche. Somit wollen beide Autoren manche Sachverhalte im Norden nicht nur, eingefügt in das zur Verfügung stehende kognitive Instrumentarium, mit eigenen Begriffen erfassen und beschreiben,142 sie zeigen auch kulturelle Schnittmengen. Wenn Rimbert etwa berichtet, Ansgar und seine Gefährten seien in Schweden von König Björn „würdig empfangen" worden (bénigne suscepti sunt),143 verweist er damit auch auf die in der lateinischen christianitas bekannten Codes symbolischer Kommunikation. Der Charakter des Nordens als konstruierte Gegenwelt wird durch solch vereinzelte Hinweise aber nicht in Frage gestellt. 136 137

138

139 140 141

142 143

Zur Darstellung Norwegens bei Adam Scior, Das Eigene (1994), 125-127. Adam von Bremen, Gesta, lib. 2, c. 40: Narrant eum aliqui christianum fuisse, quidam christianitatis desertorem; omnes autem affirmant peritum auguriorum servatorem sorttum, et In avlum prognosttcts omnem spem suam posuisse. Quare etiam cognomen acceplt, ut Olaph Craccaben diceretur. Nom et artis maglcae, ut aiunt, studio dedltus omnes, qutbus Ma redundat patria, maléficos habuit domésticos eorumque deceptus erroreperttt. Übersetzung Trtllmlch, 277. Vgl. dazu Bagge, Making (2006), 481. Fraesdorff, Norden (2005), 254-257. Dass eine solche Dichotomie problematisch ist, gerade wegen der oft nicht durchzuführenden Trennung zwischen kirchlicher und weltlicher Sphäre, findet sich schon bei van Acker, Barbarus (1965), 138. Zettel, Bild (1977), 36; Fraesdorff, Norden (2005), 220. Fraesdorff, Norden (2005), 217. Fraesdorff Norden (2005), 222-224. Vgl. dazu Rimbert, Vita Anskarii, c. 7 (27): nullatenus se tantum onus lubendo Uli imponere. Vgl. dazu auch Fraesdorff, Norden (2005), 204. Rimbert, Vita Anskarii, c. 11 : ubi bénigne a rege eorum, qui Bern vocabatur, suscepti sunt. Vgl. auch ebd., c. 14: honorifice et a rege et a populo susceptus est.

7. Der heidnische Norden und die

Adam geht schreibt er:

an

Wikingerüberfälle in zeitgenössischen Darstellungen

einigen Stellen

39

noch weit darüber hinaus. In seinem vierten Buch

„So kann man sagen, den Schweden fehle es an keiner anderen nützlichen Gabe als dem Hochmut, den wir so lieben, ja geradezu vergöttern. Denn alles, was eitler Prahlerei dient und uns vor Bewunderung fast um den Verstand bringt, achten sie gering: Gold, Silber, königliche Rosse, Biber- und Marderpelze. Nur, wenn es sich um Frauen handelt, sind sie maßlos."144 An anderer Stelle bezeichnet er die Samländer und Pruzzen als überaus menschenfreundliche Leute (homines humanissimi). Er hebt hervor:

„Gold und Silber gilt ihnen gar nichts; auch besitzen sie massenhaft fremdartige Pelze, deren

Duft das todbringende Gift der Prunksucht in unsere Welt gebracht hat. Sie jedoch achten das alles nicht höher als Mist und sprechen damit uns, wie ich glaube, das Urteil, denn wir gieren um jeden Preis nach einem Marderpelz wie nach der ewigen Seligkeit. (...) Über die Sitten dieser Völker ließe sich noch viel erfreuliches sagen, hätten sie nur den Glauben an Christus, dessen Verkünder sie wild verfolgen."145

Der Grundgedanke, der sich in diesen sehr singulären expliziten Vergleichen widerspiegelt, besagt, dass auch Barbaren und Heiden durchaus mit Tugenden ausgestattet sein konnten wenn sie nur christlich wären. Auf einer ersten Ebene ist dies im oben genannten Sinn als Aufruf zu weiterer Missionsarbeit zu verstehen.146 Auf einer zweiten, tiefer gehenden Ebene richtet sich Adam hingegen an sein eigenes Publikum, an den orbis noster. Deutlich wird dies durch die Vergleiche, die er an diesen Stellen einsetzt: dass die barbarischen Heiden im Norden über Tugenden verfugen, die Adams Zeit- und Glaubensgenossen fehlen, muss ebendiese zu einem frommen und gottgefälligen Leben aufrütteln.147 Damit unterwirft Adam sein Darstellungsobjekt der Tradition lateinischer Historiographie, Geschichtsschreibung mit Morallehre zu verbinden. Diese Vergleiche sind daher in seinem Werk die einzigen Stellen, die als „Außenblicke für das eigene Herz"148 zu verstehen sind. Durch ihre auffallende Nähe zueinander könnte man über eine Evidenz solcher Vorstellungen bei Adam in einer bestimmten Abfassungssitaation spekulieren. Sie ermöglichen ihm hier die Anwendung eines literarischen wie auch religiösen Topos, der Zeitklage. Identitätsmerkmale, die Adam dadurch der christianitas -

-

-

144

von Bremen, Gesta, lib. 4, c. 21 : Ita nullis egere dicas Sueones opibus excepta, quam nos dillgimus sive potius adoramus, superbia. Omnia enim instrumenta vanae glorlae, hoc est aurum, argentum, sonipedes regios, pelles castorum vel marturum, quae nos ammiratione sui dementes faciunt, Uli pro nihilo ducunt. In sola mulierum copula modum nesciunt. Übersetzung Trillmtch,

Adam

463. Adam von Bremen, Gesta, lib. 4, c. 18: Aurum et argentum pro minimo ducunt, pellibus abundant peregrinis, quorum odor letiferum nostro orbi superbiae venenum propinavit. Et Uli quidem uti stercora haec habent ad nostram, credo, dampnationem, qui per fas et nefas ad marturlnam vestem anhelamus quasi adsummam beatitudinem. (...) Multapossent dici ex Ulispopulis laudabilia in moribus, si haberent solam fidem Christi, cutus predicatores immaniter persecuntur. Übersetzung Trillmtch, 457. 146 Scior, Kulturkonflikte (2005), 22f. 147 Theuerkauf, Kirchengeschichte (1988), 129-135. 148 Schneidmüller, Außenblicke (2001). 145

II. Der Blick nach Norden: Der aquilo In

40

Darstellungen des „Alten Europa

"

zuschreiben will, beschränken sich somit auf die Betonung der eigenen Sündhaftigkeit Barbaren. Indem hier vor der Kontrastfolie der tugendhaften wenn auch heidnischen kulturelle und religiöse Komponenten einander gegenübergestellt werden, dient zumindest die Ebene des Vergleichens zur Verbindung beider bei Fraesdorff scharf getrennten Bereiche. In gewissem wenn auch eher rudimentärem Sinn dienen solche Vergleiche also auch bei Adam der Konstruktion eigener Identitätsbilder. Diese können die Gestalt religiöser Abgrenzung vom barbarischen Heiden annehmen, aber auch die Form kultureller und moralischer Distinktion vom heidnischen Barbaren. An diesen Befund zur Identitätskonstraktion bei Adam schließt sich die Frage an, welche Identitäten dadurch gebildet werden, welchen Entitäten sich Adam selbst zuschreibt. Der oben zitierte orbis noster dürfte am ehesten mit dem christlichen Religions- und Kulturkreis zu identifizieren sein. Grundsätzlich wurde diese Frage von Völker Scior untersucht, der den bis dahin von Beträgen Rudolf Buchners149 und Wolfgang Eggerts150 dominierten Forschungsstand erheblich erweiterte und präzisierte. Aufgrund von Ergebnissen der nar/ones-Forschungen151 und solcher zu regionalen Identitäten152 kommt Scior zu dem Ergebnis, dass die Selbstzuschreibungen Adams stets mehr auf kleinere als auf größere Gemeinschaften zielten, also weniger der christianitas und dem regnum als der Hamburger Kirche und Sachsen galten.153 Die Zuschreibung zu kirchlichen Gemeinschaften dominiere aber alle weiteren.154 So ist die Hamburger Kirche für Adam die wichtigste Bezugsgröße. Jede Form von Selbstverortang wie auch Fremdzuschreibung wird von dieser Identifikation mit der Hammaburgensis ecclesia determiniert.155 So kann Adam zwar durch wenige explizite Vergleiche einige topische Missstände in der Christenheit verurteilen, die (konstruierten) Identitäten werden aber nur der Hamburger Kirche als Entität zugeschrieben. Ihr kommt in einer göttlichen Ordnung eine Rolle, ein heilsgeschichtlicher Auftrag zu.156 Sowohl bei Rimbert als auch bei Adam ist dies die Mission des Nordens in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dies ist nicht nur als Identitätszuschreibung zu verstehen, sondern auch als kirchenpolitischer Ansprach auf das skandinavische Einflussgebiet, gerade auch gegenüber dänischen Bestrebungen, sich durch ein eigenes Erzbistum aus dem Hamburg-Bremer Primatsansprach zu lösen, oder auch gegenüber englischen Missionsbestrebungen in Norwegen. In Bezug auf diese kann Adam zwar großmütig verkünden: -

-

-

-

-

149

Buchner, Vorstellungswelt (1963), 51-59 582f.

150 151 152 153 154 155 156

u.

Ders., Zusammengehörigkeitsgefühle (1968),

Eggert, Wir-Gefühl (1984), bes. 142-148. Ehlers, Nation ( 1989). Vgl. auch Ders., Entstehung ( 1992). Schneldmüller, Identität ( 1992). Scior, Das Eigene (1994), 86-88. Vgl. auch Hartmann, Konflikte (2005), 126-129. Scior, Das Eigene (1994), 86-88. Vgl. dazu Goetz, Past (2006), 25f. u. Staats, Geist (1991), 28-31.

7. Der heidnische Norden und die

„Die Mutterkirche tun."157

Hamburg

Wikingerüberfälle In zeitgenössischen Darstellungen sieht

es

ohne Neid,

wenn

41

auch Fremde ihren Kindern Gutes

Dennoch muss der gesamte Norden Hamburger Gebiet sein. Über die Inseln des äußersten Nordmeers schreibt Adam in seiner geographischen Beschreibung, er dürfe sie nicht

übergehen, „denn auch sie gehören zum Hamburger Sprengel."158 So wird dieser Primatsanspruch heilsgeschichtlich begründet und legitimiert. Daher musste Adam auch immer wieder die seitens der Hamburger Kirche erzielten Erfolge in der Christianisierung hervorheben. Dem Missionsziel fühlt sich die gesamte Historia Hammaburgensis ecclesiae pontificum verpflichtet, wie zuvor auch schon die Vita Anskarii j59 Das Missions- und damit vor allem Anspruchsgebiet wird aus diesem Grund in beiden Texten ausführlich beschrieben. So wird in diesen Texten der Norden als Gegenwelt sorgfältig konstruiert, als ein Hintergrund, vor dem sich Ansgars Wirken und die Erfolge der späteren Mission umso deutlicher abzeichnen. Somit entwirft Adam zwar ein detailliertes und differenziertes Bild des Nordens, das durchaus in realen oder von Hamburger Missionaren so erfahrenen Gegebenheiten Verankerung findet. Auch die Informationen, die Adam von Seiten Sven Estridsens erhalten hat, dürften nicht ohne Einfluss auf dieses Bild gewesen sein. Dennoch muss betont werden, dass das Bild zu großen Teilen eine Konstruktion Adams ist. Das gilt natürlich zunächst für seine Schilderungen von monstra und mirabilia im äußersten Norden,160 in ähnlicher Weise aber auch für seine Berichte über die heidnischen Barbaren im Norden, welche in diesem Zusammenhang als düsterer Kontrasthintergrund zu verstehen sind,161 vor dem die Hamburger Mission deutlich erstrahlen soll. Dieser legado sind die Selbst- und Fremdkonstruktionen verpflichtet und auch die Informationen, die Adam für berichtenswert hält. Dies wird besonders deutlich, wenn er hervorhebt: -

„So unnütz es meines Erachtens ist, die Taten Ungläubiger zu erforschen, so unfromm wäre es, die Errettung von Menschen zu übergehen, die den Glauben annahmen und die Männer, durch die sie gläubig wurden."162 157

Adam von Bremen, Gesta, lib. 2, suis

158 159 160 161

162

benefecerint etiam

extranet.

(1995), 213-215; 229f. Adam von Bremen, Gesta, lib. 4,

c.

37:

non

invtdet (...) mater Hammaburgensis ecclesia,

slfiliis

Übersetzung Trillmtch, 275. Vgl. dazu Abrams, Anglo-Saxons

c. 35: ideoque non praetereundae sunt a nobis, quonlam Hammaburgensem parrochiam et ipse respictunt. Übersetzung Trillmtch, 483. Palmer, Vita (2004), 249f. Vgl. dazu Sendergaard, Edge (2001 ), 57 u. Münkler/Röcke, CWo-Gedanke ( 1998), 702-716. Vgl. dazu Münkler/Röcke, Oífo-Gedanke ( 1998), 706-709 u. Scior, Das Eigene ( 1994), 120, die allerdings jeweils umgekehrt argumentieren, dass Berichte über monstra ebensoviel oder -wenig

als Fabeln zu verstehen sind. Adam von Bremen, Gesta, lib. 1, c. 61: Meo autem arbitratu, sicut inutile videtur eorum acta scrutari, qui non crediderunt, ita impium est preteriré salutem eorum, qui primum crediderunt, et per quos crediderunt. Übersetzung Trillmich, 231/233. Vgl. dazu Goetz, Past (2006), 38f; von Padberg, Geschichtsschreibung (1994), 162 u. Brail, Reiz (1998), 54f.

II Der Blick nach Norden: Der aquilo in Darstellungen des „Alten

42

Europa

"

Gegenbild gezeichnet, in welchem die Heiden eine Spiegelfunktion erfüllen können163 und ihre Darstellung zumeist den Ansprach des Erzbistums Hamburg klar herausstellen soll. Dass die Abgrenzung von dieser Fremdkonstruktion auch die christliche Gemeinschaft stärken soll, ist bei Rimbert wie bei Adam noch ein zusätzlicher Effekt.164 Von einer Identitätskonstruktion auf der Basis eines Vergleichs zum konstruierten Norden kann hier aber nicht gesprochen werden. Diese Gegenüberstellungen finden vielmehr auf der Ebene der Kontrastierang statt. Aus den Konstruktionen des Fremden erwächst hier kaum Mythenbildung. Die Zuweisung des heilsgeschichtlichen Auftrages, das Evangelium bis ans Ende der Welt, mit dem sich beide Autoren konfrontiert sahen,165 zu tragen, hat eher legitimierende Gründe als integrierende. Die Erfolge seines Erzbistums bis ins 11. Jahrhundert sind für Adam Beleg dafür, dass Hamburg als Missionszentram diese Rolle auch weiter erfüllen muss.166 So betont er selbstbewusst an prominenter Stelle, im letzten Kapitel seines Werkes, der Norden habe Der Norden wird als

„nun seine natürliche Wildheit abgelegt und duldet voller Eifer überall Prediger der Wahrheit; vernichtet sind die Altäre der Götzen, allenthalben erheben sich Kirchen und alle preisen in gemeinsamem Lobliede den Namen Christi."167

1.4.

Zusammenfassung

Mit Beginn der Wikingerüberfalle war das christliche Europa gezwungen worden, sich mit dem Norden zu befassen. Diese Region war zuvor noch ein mythischer Raum, der von biblischen Vorstellungen bestimmt war, wie der des aquilo, aus dem dereinst das Unheil über alle Völker losbrechen werde, oder von der sagenhaften ultima Thule, die sich im eisigen Ozean des Nordens befinde. Mit diesem Norden verband man also das zeitliche wie auch das räumliche Ende der Welt. Besonders in eschatologische Vorstellungen ließen sich die Wikingerscharen einfügen.168 Die Deutung dieser Einfalle war aber doch vielschichtiger. Die meisten Autoren sahen in den Wikingern nur beutegierige Räuber, nur wenige Autoren bemühten sich zusätzlich um eine theologische Deutung.169 Die Wikinger blieben in den Darstellungen eine diffuse Größe, sie blieben Räuber, die der Norden ausspie; für die Völker im Norden und für die dortigen Verhältnisse interessieren sich die Annalisten nicht. Dies änderte sich erst, als auch das Bestreben anwuchs, 163 164 165 166 167

168 169

Fraesdorff Norden (2005), 260f; Scior, Das Eigene (1994), 136. Vgl. dazu auch Fraesdorff, Norden (2005), 209. Vgl. dazu Sendergaard, Edge (2001), 56-60. Zu den Grundlagen

dieser

Vorstellung

von

den

Brincken, Fines (1992), 10-42. Goetz, Past (2006), 32; 46f. Adam von Bremen, Gesta, lib. 4, c. 44: [patria illa] deposito tarn naturalt furore predicatores veritatts ubique certatim admitid, destructtsque demonum arts eccleslaepassim eriguntur, et nomen Christi communi ab omnibus effeturpreconio. Übersetzung Trillmtch, 495. Fried, Endzeiterwartung (1989), 435-437. Zettel, Bild (1977), 217.

7. Der heidnische Norden und die

Wikingerüberfälle In zeitgenössischen Darstellungen

43

die Völkerschaften jenseits der Kulturgrenze zu christianisieren. In der Geschichtsschreibung der Hamburger Kirche findet dieses gewandelte Interesse fur den Norden seinen Ausdruck. Dennoch ist auch hier das Berichtete abhängig von Gattangstraditionen und Darstellungsabsichten, besonders dem deutlich dominierenden Missionsgedanken und -anspruch. So wird auch hier der Norden vor dem Hintergrund tradierter Vbrstellungswelten beschrieben. Aus verschiedenen Gründen wird der Norden also konstruiert, nur in wenigen Fällen aber auch dem orbis noster, der eigenen Welt, gegenübergestellt. Geprägt von der Aktualität der Erfahrungen konnten der Norden und seine Völker noch nicht in Geschichtskonzeptionen eingefugt werden, es wurde sogar für unnütz (inutile) erachtet, die Geschichte von Heiden zu tradieren. Darüber hinaus versuchten die Autoren der hier untersuchten Texte keine Konstruktion von Identitäten wie etwa spätere ,nationalgeschichtliche Gesamtdarstellungen'. So ist es zu erklären, dass das Wechselverhältnis von Alterität und Identität hier keine dominierende Rolle spielt und so dem Vergleich kaum Bedeutung zukommt. Zwar ist in den meisten Fällen die Grundhaltung zu beobachten, die fremde Welt mit dem eigenen .kognitiven Instrumentarium' zu erfassen, welches damit als absolut verstanden wird. Explizite Vergleiche kommen aber nahezu nie vor. Die hier bearbeiteten Texte verstehen sich als Chronistik ihrer Institution. Die Konzentration auf die Darstellung von Fremdheit führt daher lediglich zu Gegenüberstellungen von Heiden und Christen. Das einzige Identitätsmerkmal, das der chrisdanitas damit zugeschrieben wird, ist jenes, dass sie nicht heidnisch und nicht barbarisch ist. Nur Adam von Bremen geht mit seinen vereinzelten expliziten Vergleichen hierüber hinaus. Indem er manche Heiden als tugendhaft schildert, ruft er seine Zeit- und Glaubensgenossen zu einem frömmeren und gottgefälligeren Leben auf. Im Gesamtbild zeitgenössischer Deutung und Darstellung der Wikingerüberfalle und des heidnischen Nordens sollte hier also nicht von Vergleichen, sondern eher von Kontrastierungen gesprochen werden. Diese Texte sind aber die Ausgangspunkte sowohl für spätere Konstruktionen des Nordens, als auch für die Entwicklung der späteren Historiographie dieses Raumes im allgemeinen. Die anglonormannischen Historiographen etwa stützten sich massiv auf die Angelsächsische Chronik. Besonders das Werk Adams von Bremen wurde zu einem Grundstein der Geschichtsschreibung im Norden. Im positiven oder negativen Sinn mussten alle Autoren, die sich der Geschichte dieses Raumes widmeten, mit Adams Hamburgischer Kirchengeschichte beschäftigen.170 Die nördliche Peripherie Europas hatte damit einen Platz in der Geschichtsschreibung des Kontinents erreicht.171 Erst jedoch mit dem distanzierteren Blick und dem Interesse an der Konstruktion kollektiver Identitäten späterer ,Nationalgeschichtsschreiber' wurden aus Kontrastierungen auch Vergleiche.

170 171

Sawyer/Sawyer, Adam ( 1992), 47f. Geary, Reflections (2006), 328.

II Der Blick nach Norden: Der aquilo in

44

Darstellungen des „Alten Europa

"

2. Die Dänen in England: Heinrich von Huntingdon, Wilhelm von Malmesbury und die englische Geschichtsschreibung der anglonormannischen Zeit 2.1.

Engländer und Normannen: Einleitung ein

Schicksalstag für England, der unselige Untergang des geliebten Vaterlandes, da

„Das

war

neue

Herren die alten ersetzten."172

Zu diesem Gefühlsausbrach ließ sich m 12. Jahrhundert der englische Geschichtsschreiber Wilhelm von Malmesbury bei seiner Darstellung der Schlacht von Hastings 1066 hinreißen. Die normannische Invasion und die nachfolgende Unterwerfung des angelsächsischen England werden auch heute noch als fundamentaler Einschnitt in der englischen Geschichte gesehen.173 Wilhelm der Eroberer hatte nach dem Sieg in Hastings das Land schnell eingenommen und die letzten Widerstände, die sich besonders in York konzentrierten, schnell überwinden können. Sämtliche bedeutenden Positionen ließ er mit normannischen Edlen besetzen, was in der Folge zu vielen Spannungen zwischen den Unterlegenen und den neuen Herren führte. Die Entstehung eines englischen Gsmeinschaftsbewusstseins besonders nach der Eroberung von 1066 war schon oft Thema großer Untersuchungen.174 Die Angelsachsen waren durch die Niederlage ihrer Identitätsgrandlage beraubt worden. Die angelsächsische Tradition, die dynastische und damit auch die Tradition in der Historiographie, war abgerissen. Die angelsächsische Kultur kern angesichts der schnellen Einnahme des Landes durch normannische Edle weitestgehend zum Erliegen. Diesen Edlen und kirchlichen Eliten gelang es, sich selbst in angelsächsische Traditionen zu stellen.175 Zwar sahen sie sich zumeist noch sehr stark in der eigenen normannischen Tradition verwurzelt und pflegten zum Festland stärkere kulturelle Bindungen als zu ihrem neuen Herrschaftsbereich.176 Schon bald aber trat hier ein grundlegender Wandel ein: Ab 1140 geht man gerade auch angesichts neuer gemeinsamer Bedrohungen von außen von einer stärkeren Identifikation mit dem englischen Erbe aus. Bald entwickelte sich ein Eigenbewusstsein -

-

172 173

174 175 176

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, c. 245: lila fuit dies fatalis Angliae, funestum excldium dulcís patriae, pro nouorum domtnorum commutattone. Dazu bes. Bates, 1066 (2005), der die grundlegenden Wandlungen, die in der früheren Forschung mit der Chriffre 1066 verbunden wurcen, in größeren Zusammenhängen verortet. Beispielhaft für die ältere Forschung steht Southern, Aspects (1973), 246: „At the level of literate and aristocratic society, no country in Europe, between the rise of the barbarian kingdoms and the twentieth century, has undergone so radical a change in so short a time as England experienced after 1066." Vgl. dazu Glllingham, Civilizing (2001), 28 u. van Houts, Memory (1997), zusammenfassend 179. Vgl. den Forschungsüberblick bei Bates, 1066 (2005), 443^47, vgl. auch Ward-Perkins, AngloSaxons (2000), 513 mit Anm. 2, u. grundlegend Glllingham, Foundations (1995). Ridyard, Veneratio ( 1986), 204-206. Van Houts, Writing (2003), 120f.

2. Die Dänen in

England

45

der insularen Normannen, das sich gerade auch über Abgrenzung von (und Vergleich mit) ihren kontinentalen Verwandten definierte und schließlich sogar in ihre Selbstdefinition als Angli mündete, so dass man davon ausgehen kann, dass schon gegen Ende des 12. Jahrhunderts die Anglonormannen mit den Angelsachsen verschmolzen waren.177 Die Trennung, die 1204 im Verlust der Normandie tatsächliche Gestalt annahm, hatte sich also in den Vbrstellungswelten und im kulturellen Zusammengehörigkeitsgefühl schon lange zuvor entwickelt, wenngleich sich der Bruch des Jahres 1204 territorialpolitisch kaum fassen lässt.178 Eine weitere Erschütterung englischer Identitätsvorstellungen brachte eine Periode, die als ,The Anarchy' Eingang in die englische Geschichtsschreibung gefunden hat. Als der englische Thronprätendent Stephan von Blois nach dem Tod König Heinrichs I. 1135 das Land erreichte, folgte ein jahrzehntelanger Bürgerkrieg, der erst 1154 mit der Durchsetzung der angevinischen Königslinie endete. Dieser stürzte das Königreich lange Zeit ins Chaos und verschärfte die zu dieser Zeit noch schwelenden Spannungen zwischen neuer anglonormannischer Elite und angelsächsischer Bevölkerung. In die Frühzeit dieser Umbruchsphase, in diese Zeit „multipler Identitäten"179, fällt eine enorme Welle an Geschichtsschreibung, die einen offensichtlichen Bedarf an Definition von Identitäten und an historischer Selbstvergewisserung widerspiegelt.180 Diese Welle ist freilich im Zusammenhang mit dem allgemeinen Aufschwung historiographischer Literatur im 12. Jahrhundert zu sehen,181 brachte aber auch eigene Formen hervor.182 Zwar gab es noch einzelne Fassungen der Angelsächsischen Chronik, die in Widerstandszentren sogar bis 1154 fortgeführt wurden, diese verloren aber mit der Zeit ihre nationale Ausrichtung und wurden immer mehr zur Lokalchronistik.183 Der Großteil der historiographischen Produktion baute nun auf anderen Grundlagen auf und hatte ganz andere Zielsetzungen. Diese Autoren versuchten nunmehr in lateinischer Sprache nicht nur, die Niederlage zu verarbeiten und die angelsächsische Tradition gegenüber der (kontinentalen) normannischen Geschichtsschreibung184 zu betonen, sondern auch die Umbrüche und Wandlungen in diesem Integrationsprozess greifbar zu machen. Neben der Universal- wie auch Klosterchronistik verzeichnete insbesondere die Nationalgeschichtsschreibung einen enormen Aufschwung. Vor allem im zweiten Viertel -

-

-

-

177 178 179 180

181 182 183 184

Vgl. hierzu grundlegend Short, Angli (1996), zusammenfassend 173-175; Vgl. auch Gillingham, Foundations (1995), S 63f. u. Ders., Henry (1995), 84.

Peltzer, Death, 8f; 34f. Short, Angli (1996), 165. Vgl. etwa Stein, Making (1998), hier 97-99 u. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 169f. Als grundlegende Überblicke empfehlen sich Gransden, Writing (1974), 92-185; van Houts, Writing (2003), 111-117 u. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 169-225. Vgl. auch die konzisen Überblicke bei Lohrmann, Tod (1973). Stein, Making ( 1998), 98. Ward, Decline (2002), 27; 70f. Campbell, Views (1984), 133f; 142. Vgl. Gransden, Writing ( 1974), 40; 142f. Zum Skandinavienbild der normannischen Geschichtsschreibung vgl. Musset, L'image (1975), 199-206 u. Baumgartner, Danois (2002), 494f.

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo In Darstellungen des

46

„Alten Europa

"

des 12. Jahrhunderts entstanden unabhängig voneinander mehrere große geschichtliche Darstellungen, die sich dieser historiographischen Herausforderung stellten. Der wichtigste Vertreter unter ihnen wurde schon erwähnt: Wilhelm, der Bibliothekar der Abtei zu Malmesbury.185 Durch dieses Amt war es Wilhelm möglich, sich eine umfassende Bildung zu erarbeiten, die sich auch in seinen Werken widerspiegelt.186 Neben anderen, etwa hagiographischen Texten sind von ihm eine Geschichte der englischen Bischöfe und eine Geschichte der Abtei Glastonbury überliefert.187 Besonders bedeutsam ist aber seine Darstellung der Gesta Regum Anglorum, eine Geschichte des englischen Königtums von der Ankunft der Angelsachsen 449 bis 1125, die er in seiner Historia Novella bis 1140 fortsetzte. Wilhelm gilt gemeinhin als der bedeutendste anglonormannische Geschichtsschreiber. Neben ihm steht ein weiterer Historiograph: Der Erzdiakon Heimich von Huntingdon verfasste ab 1130 im Auftrag Alexanders von Blois, des Bischofs von Lincoln, eine Historia Anglorum, welche die Völkerfolge in Britannien von den Römern bis hin zu den Normannen beschreibt und die Heinrich in mehreren Arbeitsphasen bis 1154 fortführte.188 Für die frühe Zeit stützte sich Heinrich hierbei wie auch Wilhelm von Malmesbury auf Beda Venerabilis und die Anglo-Saxon Chronicles, für das aktuelle Geschehen wie auf eigene Erfahrungen oder Augenzeugenberichte. Heinrich uner selbst anmerkt189 terwirft seine Darstellung ganz heilsgeschichtlichen Vorstellungen, so dass bei seinem Blick nach Norden vor allem das Heidentum im Vordergrund steht, während Wilhelms geradezu klassische Bildung diesen veranlasste, besonders die Barbarei der Nordvölker hervorzuheben. Neben den Werken dieser Autoren entstanden in der Anglonormannia noch andere Geschichtswerke, die jenen aber, wenn nicht an Umfang, so doch an Bedeutung, nachstehen. Eine weitere Gesamtdarstellung der englischen Geschichte dieser Zeit stammt aus der Feder des Mönches Ordericus Vitalis und wurde in der früheren Forschung als eines der frühesten Beispiele für ,Nationalgeschichtsschreibung' gedeutet.190 Er selbst bezeichnet sich als angligena,191 wurde aber schon in früher Jugend dem Kloster St. Évroul in der Normandie übergeben. Deshalb betonte er immer wieder die Einheit der Normandie mit -

-

185

186 187 188 189 190 191

Vgl. grundl. Thomson, William (2003), hier insbes. 3-115.; Winterbottom, Gesta (1995) u. Otter, Inventiones (1996), 96-102. Zur ethnischen Konzeption bei Wilhelm vgl. Bartlett, Concepts (2001), 43f. Thomson, Reading (1975), 407; Ders., William (1978), 363f; vgl. auch wieder Ders., William (2003), 40f. u. Campbell, Views (1984), 134. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 172f. Vgl. zu ihm Schirmer, Heinrich (1970), 38^10. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 7, c. 1. Sport, Grundformen (1968), 53. Ordericus Vitalis, Historia ^eclesiástica, lib. 5, c. 1: Tandem ego de extremis Merclorum finlbus decennis Angltgena hue aduectus, barbarusque et ignotus adueña callentlbus Indigents admixtus natus.

Inspirante Deo Normannorum gesta

et euentus

Normannis promere

scripto sum

co-

2. Die Dänen in

47

England

England.192 Bei ihm wird ein starkes Interesse an der universalen Ordnung deutlich; er verarbeitet Geschichte als Teil von Gottes Heilsplan, erlag aber nicht der Versuchung, die Apokalyptik zu stark in den Vordergrund zu rücken.193 Seine Darstellung war ursprünglich als eine Ergänzung der Gesta Normannorum ducum des Wilhelm von Jumièges begonnen worden, wuchs dann aber zu einem eigenen Werk, zu einer Geschichte seines Klosters an. Durch Hinzufügung einiger Kapitel baute er sie zu einer Geschichte Englands und der Normandie mit universalem Ansatz aus.194 Auch bei ihm finden sich viele Hinweise und Stereotypisierungen des Nordens,195 angesichts der schieren Masse seines Werkes, steht das Bild des Nordens bei ihm aber nicht so sehr im Vordergrund wie bei Wilhelm von Malmesbury und Heinrich von Huntingdon. Wahrscheinlich zwischen 1124 und 1140 entstand im Kloster Worcester mit dem Chronicon ex chronicis eine weitere Darstellung der englischen Geschichte, die jedoch in erster Linie als Universalgeschichte aufzufassen ist. Der Autor früher nahm man an, der Großteil des Textes sei von Florence von Worcester abgefasst worden, heute geht man eher von Johannes von Worcester aus196 zeigt ein deutliches Bestreben, durch die Art seiner Darstellung englische Geschichte im Rahmen der Universalgeschichte darzustellen und sie in dieser universalen Ordnung zu verankern.197 Als Geschichtsschreiber ist dieser Autor aber wenig angesehen, denn sein Stoff ist kaum historiographisch aufbereitet und er ist eher „an umfassender Materialpräsentation und genauer chronologischer Fixierung des Berichteten interessiert."198 Kersken nennt dies „handbuchartige Grundla-

-

genarbeit".199

Eine Historia Regum, welche die englische Geschichte vom frühen 7. Jahrhundert bis 1129 beschreibt, wurde früher dem Mönch Symeon von Durham zugeschrieben, was heute aber als wenig wahrscheinlich gilt.200 Diese Historia stützt sich in erster Linie auf die eben genannte Darstellung der Worcester-Chronik. Später wurde dieser Text in Hexham noch überarbeitet.201 Eigenständige Informationen bietet die Historia Regum jedoch wenig. Darüber hinaus erfahren diese kaum eine Aufbereitung. So wird die Darstellung eher als eine Sammlung verschiedener historischer Ereignisse denn als einheitliches Geschichtswerk mit elaborierter Konzeption aufgefasst.202 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202

Chibnall, World (1996), 190; Dies., Relations (1989), lOf; Musset, L'horizon (1984), 103-107. Chibnall, World (1996), 181. Vgl. auch Dies., View (1997), 133f.; Mégier, Cotidie operatur (1999), 203f. u. Dies., Fortuna (1997), 51f; 60f. Vgl. dazu Musset, L'horizon ( 1984), 116f. Vgl. dazu Musset, L'image (1975), bes. 201-206. Gransden, Writing ( 1974), 144. Vgl. dazu Brett, Use ( 1991 ), 284f. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 228. Vgl. auch Gransden, Writing (1974), 146. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 228. Vgl. den Forschungsüberblick bei Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 127f. m. Anm. 4. Gransden, Writing (1974), 149. Vgl. dazu aber Offler, Hexham (1970), 51-57. Gransden, Writing (1974), 149: „the Historia Regum is a collection of historical miscellanea rather than a unitary history". Vgl. auch grundlegend Offler, Historians (1996) u. Rollason, Contribution (1998).

//. Der Blick nach Norden: Der

48

aquilo In Darstellungen des „Alten Europa

"

Eadmers Historia Novorum stellt zwar eine der wichtigsten Quellen zur englischen Geschichte nach 1066 dar, da er seinen Bericht aber erst mit König Edgar beginnen lässt, spielt bei ihm das Bild des Nordens nur eine untergeordnete Rolle.203 Um 1150 verfasste der nordenglische Zisterzienserabt /Elred von Rievaulx neben einer langen Reihe an theologischen Schriften auch eine Genealogía Regum Anglorum, die zunächst als Fürstenspiegel für Heimich II. konzipiert war und die „den niemals zuvor gemachten Versuch [unternimmt], die gesamte englische Geschichte unter dem Gesichtspunkt der dynastischen Integrität abzuhandeln."204 Über weibliche Nebenlinien kann er so sogar die normannischen Herrscher legitimieren. Ein solcher Ansatz findet sich auf dem Kontinent erst wieder gegen Ende des 12. Jahrhunderts bei Andreas von Marchiennes oder Gottfried von Viterbo.205 Anders als diese versucht ¿Elred nicht, die englische Linie an die Trojaner anknüpfen zu lassen (wie es etwa sein Zeitgenosse Heinrich von Huntingdon durchaus für das Volk der Angeln tut,206 während Wilhelm von Malmesbury nur die germanische Tradition hervorhebt207), für ihn steht nur die angelsächsische Tradition und Legitimation im Vordergrund.208 Ein ganz anderes historiographisches Feld betritt man mit den Werken Geffrei Gaimars und Geoffreys von Monmouth, deren beider Werke als ,eskapistische Literatur' bezeichnet wurden.209 Geoffrey beschreibt die Geschichte der Briten mit dem Ziel, diesem Volk, den Walisern, ein altes und würdiges Herkommen unter ihrem legendarischen König Arthur zu geben einen Ursprungsmythos.210 Dies wurde aber schon trotz der Popularität dieser Geschichtswelten von Wilhelm von Newburgh gegen Ende des Jahrhunderts als historische Fabeleien abgetan.2" Mit einer solchen legendarischen Vorgeschichte ist Geoffrey durchaus Saxo Grammaticus vergleichbar, aber sein Stoff bringt es mit sich, dass der Norden nicht in den Handlungsrahmen des Textes tritt, so dass die Historia regum Britannice hier nicht bearbeitet wird. Gaimar verfasste dagegen zwischen 1135 und 1138 für Konstanze, die Frau des Ralph Fitz-Gilbert, in Lincolnshire die erste anglonormannisch-französische Darstellung der englischen Geschichte. Seine Estoire des Engleis reicht in 6500 Versen von Cerdic bis zum Tod Wilhelms II. Rufus 1100.212 Sie ist von besonderer Bedeutung wegen des beinahe höfischen Helden Havelok, der als dänischer Prinz einer der Protagonisten der Darstellung wird.213 Unter dieser Masse an Autoren treten der Mönch Wilhelm von Malmesbury und der Kleriker Heimich von Huntingdon als die wichtigsten hervor. Beide stehen zwar nicht in -

-

-

203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213

Zu Eadmer vgl. den Überblick bei Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 128f, Anm. Kersken, Geschichtsschreibung ( 1995), 217.

Vgl. dazu u.,

140.

Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 1,

c.

9.

Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 1, c. 5. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 218. Van Houts, Writing (2003), 115; 121; Campbell, Views (1984), 133. Moore, Wars (2005), 189-191. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 210f Vgl. neuerdings Dation, Date (2007), bes. 38f. Geffrei Gaimar, L'Estoire des Engleis. Vgl. dazu Levy, Image (2004), 284f. Wilhelm

von

5.

2. Die Dänen in

England

49

engstem Verhältnis zum Königtum,214 und sind so keinem Intellektaellenzirkel zuzurechnen, der sich in erster Linie mit

Herrschaftslegitimation befasste. Da sie aber kirchlichen Elitenkreisen angehörten oder im Auftrag solcher standen, sind ihre Werke das Zeugnis eines Elitendiskurses, der ab 1125 einsetzte und der englische Geschichte und Selbstverortang zum Thema hatte.

Am Anfang der englischen Geschichtsschreibung hatte schon für die Autoren des 12. Jahrhunderts Beda Venerabilis gestanden.215 Auf ihn stützen sich auch die meisten Autoren dieser Epoche, in besonderer Weise die beiden hier genannten.216 Wilhelm bezeichnet sich selbst als den ersten Autor seit Beda (welchen er in den höchsten Tönen lobt), der englische Geschichte als Ganzes behandeln will.217 Die angelsächsischen Chroniken und ¿Ethelweard werden zwar erwähnt, aber insbesondere Wilhelms schon zitierte Aussage über letzteren zeigt seine geringe Begeisterung für diesen Autoren.218 Heinrich kann noch viel weniger Positives an der altenglischen Literatur finden. Über das Gedicht, das die Schlacht von Brunanburh beschreibt, bemerkt er, die Angelsachsen bedienten sich in einer Art Lied eigenartiger Wörter und Figuren.219 Dennoch will er huius regni gesta et nostre gentis origines in seinem Werk behandeln. Dieses regnum und diese gens beginnen bei ihm jedoch nicht mit dem Einfall der Angeln, Sachsen und Juten wie bei Wilhelm, sondern vielmehr schon in der Frühgeschichte Britanniens. Denn diese Insel sei früher Albion genannt worden, danach Britannien und nun England.220 So ist Heinrichs Werk im Gegensatz zu den Gesta regum Anglorum Wilhelms221 keine Vblksgeschichte im eigentlichen Sinn, eher eine Geschichte der Bewohner dieser Insel mit einem weit übergreifenden Interesse. Es wird zu einem Werk der Geschichtsphilosophie. Die Bedeutung historischer Reflexion hebt Heinrich selbst hervor: sie unterscheide zivilisierte Menschen von

Barbaren und Tieren.222

Das grundlegende Interesse, den Gegenstand ihrer Darstellung in der universalen Ordnung zu verankern, haben aber beide Autoren. Daher schreibt Wilhelm „aus Liebe zum Vaterland" im klassischen Stil223 und betont immer wieder die englische Bedeutung in 214 215 216 217 218 219

220 221 222

223

Kersken, Geschichtsschreibung ( 1995), 172; 184f. u. Gransden, Writing ( 1974), 176f. Schnith, Symeon ( 1965), 244. Zu Heinrich von Huntingdon vgl. Greenway, Authority (1996), 107; 114f; wie auch Dies., Henry (1991), 50. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 1, Prol. Vgl. dazu beispielsweise Campbell, Views (1984), 139f. S.o., 31. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 5, c. 18.: De cuiusprellt magnltudlne Anglicl scriptores quasi carminis modo proloquentes, et extrañéis tarn uerbis quam figuris usi translatlonefida donandl sunt. Vt pene de uerbo In uerbum eorum interpretantes eloquium ex grauitate uerborum grauitatem actuum et animorum gentis illius condiscamus. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 1, c. 2. Freeman, Sailing (1995), 25. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, Prol.: Habet quidem et prêter hec illustres transactorum noticia dotes, quod ipsa maxima distinguât a brutis rationabiles. Vgl. dazu Campbell, Views (1984), 143. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 1, Prol.: propter patrtae carttatem.

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo in Darstellungen des „Alten Europa

50

"

der christlichen Welt. Über Beda schreibt er, dass die gesamte latinitas seinen Rat und seine Weisheit bewunderte.224 Über König ¿ïithelstan bemerkt er, dass ganz Europa (tota Europa) sein Loblied sang, dass fremde Könige sich glücklich schätzten, wenn sie sich zu seinen Freunden zählen durften. Sogar ein gewisser Norwegerkönig Harald habe ihm ein prunkvolles Schiff geschenkt;225 und auch König Edgar sei so berühmt gewesen, dass Sachsen, Flamen und sogar Dänen nach England gekommen seien, um ihn zu sehen.226 Schon von den Zeitgenossen wurde Wilhelm als bedeutendster Historiograph Englands bewundert.227 Sein Werk gilt als „d i e anglonormannische Version der englischen Geschichte"228 Damit wird Wilhelm zum bedeutendsten Vertreter dieser Generation von Geschichtsschreibern, die in ihren Werken die gesellschaftlichen Umbrüche und den Wandel im Selbstverständnis der Angelsachsen und Anglonormannen, der Engländer,

greifbar machen.229

2.2. 1066 und der Blick auf die Geschichte Die meisten dieser ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen', so muss betont werden, befanden sich 1135, zum Beginn des Bürgerkrieges, schon in der Entstehung, so dass diese Auseinandersetzungen nicht als das auslösende Element für die Beschäftigung mit Geschichte und Identität des englischen Volkes gesehen werden können. Viel größere Bedeutung muss daher dem „Schicksalstag" des Jahres 1066 zukommen, der das englische Selbstverständnis in den Grundfesten erschütterte. Diese Erschütterung wirkte noch lange nach, so dass man sich erst zwei Generationen nach den Ereignissen ihrer historiographischen Verarbeitung zuzuwenden wagte.230 So wurde der Tag von Hastings und die damit verbundenen Umwälzungen zu einem leitenden Pol in der Geschichtsauffassung anglonormannischer Autoren. Das Bild des Nordens wird daher wie auch englische Selbstdeutang durch den ,Filter' 1066 betrachtet.231 Erst durch die Identitätsproblematik nach 1066 gewann auch das Bild der Dänen und Norweger grundlegende Bedeutung. Die Normannen bestimmten direkt und indirekt die englische Geschichtskonstraktion. So verdient die Darstellung der normannischen Eroberung in den hier besprochenen Texten auch eine kurze Betrachtung, mehr aber noch wegen des Charakters dieser Integrationsund Desintegrationsprozesse nach 1066 als Initialzündung für die historische Selbstvergewisserang, die in diesen Texten deutlich wird. -

224 225 226

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 1, c. 59. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 135, hier 216. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 149: Saxones, Flandritae, ipsi

227 228

Vgl. dazu Freeman, Sailing (1995), 23; Thomson, William (2003), 26f. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 182. Vgl. auch grundlegend Gransden, Writing (1974),

etlam Dani.

229 230 231

166-185. Zur Übers, v. Angll mit „Engländer" Kersken, Geschichtsschreibung (1995), Van Houts, Memory (1997), 170-175. Vgl. Gillingham, Henry (1995), 88. Vgl. grundlegend Giandrea, Culture (2007), 7-34.

156, Anm. 109.

2. Die Dänen in

51

England

„Es wäre lang zu erzählen, für wie viele Jahre und mit welcher Kühnheit die Nordmänner alles vom Britischen, wie ich oben berichtet habe, bis zum Tyrrhenischen Meer in Unruhe gebracht haben."232 Mit diesen Worten leitet Wilhelm von Malmesbury seinen Bericht über den Normannen Rollo ein. Wie die anderen Autoren weiß er unter den „Nordmännern" genau zwischen Dänen und Norwegern zu unterscheiden.233 Dass die Normannen von diesen Nordmännern abstammten, wenngleich sie zur Zeit der Eroberung romanisiert waren, war für alle Autoren unbestritten. So lässt etwa Heinrich von Huntingdon Wilhelm den Eroberer in einer Ansprache seine Leute an die dänischen und norwegischen Vorfahren der Normannen erinnern.234 Einige Autoren bieten auch die in der normannischen Literatur verbreitete235 Etymologie des Wortes northmanni, nämlich: ,die Männer aus dem Norden'.236 In Wilhelms Zeit war der oben angesprochene Prozess geistiger Trennung der Anglonormannen von ihrem Mutterland auf dem Festland schon weit fortgeschritten. Wilhelm von Malmesbury sah die Normandie sogar England schon untergeordnet. Deutlich macht er dies in einem Gleichnis: In England sei einmal ein siamesisches Zwillingspaar aufgetreten. Einer dieser Zwillinge sei gestorben, woraufhin der andere noch drei Jahre mit dem toten Leichnam verwachsen gelebt habe. Dies sei als Sinnbild für England und die Normandie verstanden worden: Die beiden Gebiete seien getrennt, aber doch unter einer Herrschaft vereinigt; die Normandie sei fast schon tot und werde nur noch von England

Leben erhalten.237 Von Beginn an zeichnet Wilhelm von den Normannen ein ambivalentes Bild.238 Auf der einen Seite zitiert er etwa einen Vers, in dem sie als ,jene Seuche, Europas sträfliches Verderben" und als „die wilde Horde aus dem Norden" bezeichnet werden,239 auf der anderen am

232

233

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 127: Longum estpersequl quot annis et quanta audacia omnia inquietauerint Northmanni avo océano Britannico, ut ante commemoraui, usque ad Tirrenum mare. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 127: Rollo aus einer prosapia Noricorum.

234 235 236

Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 6, c. 29. Vgl. dazu Gesta Normannorum Ducum, 16, Anm. 2. Vgl. Ordericus Vitalis, Historia ¿Ecclesiastica, üb. 9, c. 3 (24-26): man uero

237

238 239

dicitur homo.

North enim

angllce aquilo;

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 207: Putatum est a quibusdam, et litteris etiam traditum, quod hae mulleres Angllam et Normannlam slgnificauerlnt, quae, licet spattis terrarum sint diulsae, sunt tarnen sub uno dominio unltae. Die Bedeutung solcher Heiligenberichte für die Bewertung der angelsächsischen Vergangenheit bei Wilhelm hebt auch Campbell, Views (1984), 140f, hervor. Vgl. zu dieser Stelle auch Stein, Making (1998), 102, der dies in Verbindung mit der Betonung der körperlichen Integrität in Wilhelms Heiligenberichten als Sinnbild für den üblen Chrarakter dieser Verbindung interpretiert. In Bezug auf Olaf den Heiligen in Norwegen äußert Fechner-Smarsly, Körper (1995), 70, eine ähnliche Deutung. Vgl. dazu bes. Freeman, Sailing (1995), 25-29; Gillingham, Civilizing (2001), 29f.; Otter, Inventions (1996), 80f. u. Dies., 1066 (1999), 577f. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 135: (...) eum redit illa lues, Europae noxia labes. /Iam cubât in terris fera barbaries aquilonls.

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

52

Darstellungen des „Alten Europa

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Seite hebt er hervor, dass ihr Anführer, der als heidnische Eroberer geschilderte Rollo, beim Kampf um Chartres entkommen konnte, weil Gott ihn für den Glauben aufgespart habe.240 So schreibt er im Prolog seines dritten Buches, dass Wilhelm der Eroberer von den normannischen Geschichtsschreibern so gelobt worden sei, dass gute wie schlechte Taten bis in den Himmel gepriesen wurden (bona malaque iuxta in caelum predicantes), während die Engländer ihn wegen der Feindschaft des Volkes nur verdammten. Da in seinen Adern aber -jenen Wilhelms von Malmesbury das Blut beider Völker fließe, will er einen Mittelweg einschlagen und sich um ein ausgewogenes Urteil des Eroberers bemühen.241 Dass dies nicht leicht sein kann, ist ihm bewusst, er schreibt selbst, dass er sich gleichsam zwischen Scylla und Charybdis bewegt.242 So berichtet Wilhelm in seinem Werk mitunter schonungslos von den Gräueltaten des Eroberers, macht aber auch deutlich, dass er von Gott gesandt worden sei. In vielen Berichten über die normannische Eroberung werden die Invasoren als Werkzeuge Gottes bezeichnet,243 ganz besonders von Heinrich von Huntingdon,244 der den Normannen weit treuer und unkritischer gegenübersteht.245 Wilhelm hingegen sieht sich veranlasst, ausdrücklich zu betonen, dass er den Normannen treu ist, nämlich sowohl wegen seiner eigenen Herkunft als auch wegen ihrer beneficia.246 In seiner Darstellung der Eroberung wird deutlich, wie zwiespältig das Bild ist, das Wilhelm von den Normannen zeichnet. Hier setzt er viele Vergleiche ein. -

„Wegen dieser Streitigkeiten wird, wie ich sagte, der Bericht zum Wagnis, da ich die Wahrheit nicht genau beurteilen kann, sowohl wegen des Zerwürfnisses beider Völker als auch wegen der Tatsache, dass die Engländer jeden Überlegenen verachten, die Normannen dagegen keinen Gleichgestellten ertragen können"247 Wie noch deutlich zu machen sein wird,248 hat die normannische Eroberung in Wilhelms Sicht den Engländern nicht nur neue Herren gebracht, sondern auch einen gewaltigen Zivilisationsschub. Die Wildheit und Grausamkeit der Wikinger haben die Normannen schon lange abgelegt. Vor der Schlacht von Hastings macht Wilhelm dies besonders deutlich: 240 241 242

243 244 245 246 247

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 127: quem saue fidel Deus reseruabat. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, Prolog. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 4, Prolog: quasi inter Scillam et Cartbdim Meso uolante nauiglo. Vgl. dazu Freeman, Sailing (1995), u. die Zusammenfassung bei Stein, Making (1998), 104. Zur außerenglischen Wahrnehmung vgl. hier van Houts, Conquest (1995), zusammenfassend 852f. S. dazu u., 57-62.

Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 196.

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 228, hier 422. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 198: Propter Istas, ut dlxl, altercattones periclttatur oratlo, dum quod ex asse uerum dljfiniam non habeo uel propter naturale utrarumque gentium dlscldlum, uel quia lia se res habet quod Angll aspernanter feront superiorem, Normanni

248

S. u., 62-72.

nequeantpati parem.

2. Die Dänen in

53

England

hört man verbrachten die ganze Nacht ohne Schlaf, aber mit Gesang und Trank und marschierten am Morgen ohne Zögern dem Feind entgegen."249

„Die Engländer

so

-

-

„Die Normannen dagegen verbrachten die ganze Nacht damit, ihre Sünden zu bekennen, und am

Morgen empfingen sie in der Kommunion den Leib des Herrn."250

Damit können die Normannen zum Werkzeug Gottes werden, um die Sündhaftigkeit der Engländer zu bestrafen. So erklärt es sich auch, dass die meisten Autoren immer wieder betonen, unter den Normannen seien Kirchen und Klöster reformiert worden.251 Damit entwickeln die Autoren der anglonormannischen Zeit Bilder, welche für die Gattung der Nationalgeschichtsschreibung dieser Epoche richtungweisend wurden. In einem Phasenmodell von ständigem Abnehmen religiöser Tugend und darauf folgender Eroberung und Besetzung durch fremde Mächte und damit einhergehender Erneuerung finden die Autoren Erklärungsmodelle besonders für die Eroberung durch die Normannen 1066.252 Diese gerade auch auf die monastische Erneuerung bezogene Vorstellung ist selbstverständlich für die benediktinischen Autoren wie Wilhelm von Malmesbury und Johannes von Worcester von Bedeutung.253 James Campell verortet diese Welle an Historiographie aber auch in größeren, europäischen Zusammenhängen und betont, dass gerade auch die klerikale Nationalgeschichtsschreibung254, etwa in Gestalt der Historia Anglorum eines Heimich von Huntingdon, diese historischen Deutangsmodelle über-

-

nimmt.255 Der „Fall of Britain" geht in Grundzügen auf einen alttestamentarischen Topos zurück, der sich in vielen Werken der englischen Geschichtsschreibung seit Gildas findet.256 Beispielsweise hebt auch Ordericus Vitalis hervor, dass die Normannen die Engländer als bäuerliches und beinahe illiterates Volk vorgefunden, obgleich sie früher von den Römischen Päpsten vollkommene Gelehrsamkeit erhalten hätten. Griechisch und Latein habe in voller Blüte gestanden und Beda sei der hervorragendste Vertreter dieser Gelehrsamkeit gewesen. Die Dänen aber, diuino et humano metu carentes,251 hätten dies alles -

249

Gesta regum Anglorum, üb. 3, c. 241: Angli, ut accepimus, totam cantibus potibusque ducentes, mane incunctanter in hostem procedunt. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, üb. 3, c. 242: Contra Normanni, nocte tota confessioni peccatorum uacantes, mane Dominico corpori communicauerunt. Vgl. dazu Freeman, Sailing (1995), 26f.; Otter, 1066 (1999), 573; Campbell, Views (1984), 132f. u. Townsend, Hagiography (1991), 401 f. Freeman, Sailing (1995), 26-29 u. Otter, 1066 (1999), 572. Campbell, Views (1984), 131; 133. Zu Johannes von Worcester vgl. hier Gransden, Writing (1974), 149; zu neuen monastischen Bewegungen bei Ordericus Vitalis vgl. dagegen Holdsworth, Orderic ( 1985), 30; zur monastischen Erneuerung unter den Normannen Schnith, Normannentum (1978), 117f. u. Ders., Ordericus (1980), zusammenfassend 87. Zu diesem Begriff vgl. Brandt, Shape (1973), 43. Campbell, Views (1984), 133f. Otter, 1066 (1999), 572. Ordericus Vitalis, Historia ¿Ecclesiastica, lib. 4, 247. Die Herausgeberin Chibnall verweist hier, 247, Anm. 1, auf die Parallelen zu Wilhelm von Malmesbury. Vgl. hierzu Gransden, Writing (1974), 153. Wilhelm

von

Malmesbury,

noctem insomnem

250 251 252 253

254 255 256 257

-

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

54

Darstellungen des „Alten Europa"

zerstört und erst unter den Normannen sei es wieder hergestellt worden. Schon dadurch findet die Anglia eine universale Verankerung. In einem anderen Vergleich bei Wilhelm von Malmesbury zeigt sich, dass die Angelsachsen auch einen in gewisser Weise kulturellen Einfluss auf die Normannen ausübten. So schreibt er ihnen einige schlechte Eigenschaften zu, die sie an die Normannen weitergegeben hätten.258 Aufder anderen Seite wird die Herrschaft Wilhelms des Eroberers mitunter äußerst negativ geschildert. Wilhelm von Malmesbury unterstreicht, dass die Zeit, als Knut der Große England beherrschte, für die Insel wesentlich leichter zu ertragen war als die Jahre nach 1066, da Knut den Engländern ihre Privilegien gelassen habe.259 Insgesamt zeichnet sich also ein sehr uneinheitlicher Umgang mit der normannischen Eroberung und damit auch mit dem angelsächsischen Erbe260 ab. Die meisten Autoren sahen das Jahr oder besser das Konstrakt261 1066 als einen Wendepunkt der englischen Geschichte, als den Übergang zwischen Vergangenheitsgeschichte und Zeitgeschichte.262 Von diesem Datum ausgehend wurden Geschichtsdeutangsmodelle erarbeitet. Hierin liegt die eigentliche Bedeutung dieser Chiffre für die Historiographien des anglonormannischen England, nicht so sehr in ihrem Blick auf die Normannen als einem Volk des Nordens. Als solches treten in den Werken in erster Linie die Dänen in den Vordergrund. -

-

-

2.3.

-

Dänenkriege und Reichseinigung

„Nach einiger Zeit aber, um den Weizen auszulesen, wo das Unkraut überhand nahm, zog sich über den Engländern unter König ¿Ethelred, dem Sohn Edgars, erneut ein gewaltiger Sturm aus dem Norden zusammen. Denn Sven, der König der Dänen, ein wilder Götzenanbeter, legte mit

einer gewaltigen Heidenflotte in England an, und wie ein sofort über die Nichtsahnenden hinweg."263

übermächtiger Wirbelwind fegte er

So beschreibt Ordericus Vitalis die Invasionen Sven Gabelbarts in des 11. Jahrhunderts. Weiter heißt es hier:

England am Beginn

war den Zähnen der ihnen zerfleischt."264

„Die Herde der Gläubigen wurde überall im Sturm umher getrieben, sie Wölfe offen ausgesetzt und wurde auf schreckliche Arten 258 259 260 261 262 263

264

von

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, c. 245f. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, c. 254. Campbell, Views ( 1984), 131. Bates, 1066 (2005), 447. Vgl. dazu bes. Otter, 1066 (1999), 566f; Freeman, Sailing (1995), 36; Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 320-338. Ordericus Vitalis, Historia ^eclesiástica, lib. 4, 244: Verumpost aliquot tempus ad expurgandum triticum ubi exuberantla zlzanlorum nlmls multtplicata est; Hemm sub Egelredo rege filio Edgart grauissima tempestas ab aqullone Anglls oborta est. Nam uesanus ydolatra Suenus rex Danorum Anglice cum ualida classe paganorum appltcutt, ac ut nlmlus turbo super Improutdos ilico irrutt. Ordericus Vitalis, Historia ¿^eclesiástica, lib. 4, 244f: Grex quoque fidellum per dtuersa totprocellis agitatus est et luporum denttbus patens uariis modts horribiltter dtlantatus est. Zu Sven Gabelbart in der Geschichtsschreibung des Nordens vgl. Sawyer, Svein (1991), 28.

2. Die Dänen in

England

55

Der Unterschied sowohl zu Ordericus' Schilderungen der früheren Wikingerüberfalle wie auch zu deren Verarbeitung durch zeitgenössische Autoren ist hier nur unwesent-

lich. Mit seinen Einfallen in England 1003-05, 1006-07, 1009-12 und 1013 reagierte Sven zunächst auf das Massaker vom St.-Brice-Tag 1002, in dem iEthelred alle Dänen in England zu töten befohlen hatte. Als er ¿Ethelred 1013 aber in die Normandie vertreiben konnte, nahm er in England die Herrschaftsgewalt an sich. Ordericus sieht Svens Invasion in einer Linie mit den Wikingereinfallen seit dem späten achten Jahrhundert, als das Kloster Lindisfarne 793 von Räubern aus dem Norden geplündert wurde. Auch das aus dänischen Winterlagern und langen Kriegen in England hervorgegangene Danelag wird in dieser Tradition verortet. Diese Entwicklungen fanden ihren Höhepunkt unter Knut dem Großen, der in seinem Nordseereich die Herrschaft über Dänemark, Norwegen und

England vereinigte. Die normannische Eroberung 1066 ist somit eine wichtige, aber nur eine Eroberung der Britischen Insel durch ein fremdes Volk. Vor allem die Abwehr der ständigen Däneneinfalle ermöglichte es im späten 9. Jahrhundert König Alfred dem Großen von Wessex, besonders aber seinen späteren Nachfolgern ¿Ethelstan und Edgar, die angelsächsischen Königreiche unter ihrer Vorherrschaft zu vereinigen und so erst das einheitliche Reich zu erschaffen, dessen Identität neben Ordericus Heinrich von Huntingdon, Wilhelm von Malmesbury und die anderen Autoren beschreiben. Gerade für die Zeit der Däneneinfalle beklagt Wilhelm daher immer wieder die fehlende Einheit der einzelnen angelsächsischen Reiche: „Inzwischen sollte der Leser bedenken, dass unterdessen, während ¿Ethelred die Dänen bedie Könige der Mercier und der Northumbrier, da sie sich vom Dienst für die Westsachsen erholen konnten, bei der Ankunft der Dänen die Gelegenheit ergriffen und ihre Beherrschung beinahe aufgelöst hatten. Also wurden alle Provinzen von grausamer Plünderung heimgesucht; jeder König wollte dem Feind eher in seinem eigenen Reich entgegentreten als seinen bedrängten Landsleuten Hilfe zu leisten. Während sie also das Unrecht lieber vergolten als es zu verhindern, ließ ihre Beschränktheit das Vaterland ausbluten."265

kämpfte,

Während zu Bedas Zeit die Uneinigkeit dieser Königreiche noch politische Realität war und er daher die Kirche als einigendes Band darstellte, konnte Wilhelm schon die Entstehung eines politischen Einheitsbewusstseins wiedergeben.266 Damit hebt er auch den Integrationsprozess und die Bedeutung der Einheit nach 1066 gerade auch gegenüber hervor. neuen äußeren Bedrohungen -

-

265

266

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 120: Meminerit Interea lector quod Interim reges Mertiorum et Northanimbrorum, captata occasione aduentus Danorum, quorum bellis Ethelredus insudabat, a seruitio Westsaxonum respirantes, dominationem pene suam asseruerant. Ardebant ergo cunctae seuis populattbus prouintiae; unusquisque regum inimicos magis in suis sedibus sustinere quam compatriotis laboranttbus opem porrigere curabat. Ita, dum malunt uindicare quam preuenire iniurlam, socordia sua exsanguem reddidere patriam.

Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 154-158.

56

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo in Darstellungen des „Alten Europa

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Besonders die Königreiche im Norden Northumbria, Mercia und East Anglia, die den skandinavischen Invasionen am heftigsten ausgesetzt gewesen waren, auf deren Gebiet aber auch die dänische Besiedlung stattfand, werden bei Wilhelm immer wieder als Verräternester bezeichnet, die sich der Einigung unter den Königen von Wessex in den Weg stellen. Dennoch gerieten diese Königreiche in ein Abhängigkeitsverhältnis zu Wessex, das sie aber angesichts der dänischen Invasionen aufzulösen versuchten. So wurde, wie Wilhelm schreibt, kein gemeinsames Heer aller englischen Reiche aufgeboten, sondern der Widerstand verlor sich in Einzelaktionen. Für Heinrich von Huntingdon gleichen die ständigen Däneneinfalle Heuschreckenplagen (quasi locuste),261 für Wilhelm kamen die Feinde aus Dänemark wie die Köpfe einer Hydra.268 Was den Engländern fehlte, war eine Führerfigur. Die Bedeutung einer solchen diskutiert Wilhelm an der gleichen Stelle.269 Sie fanden ihn in König Alfred von Wessex, der als Alfred der Große in die Geschichte eingehen sollte. Er wird von Wilhelm mit allen Tugenden ausgestattet, die ein solcher Führer braucht, er war tapfer, ließ auch im Unglück nicht von seinen Zielen ab, war eine Inspiration für seine Leute und auch an Königsheil mangelte es ihm nicht: Während seiner Herrschaft blühte das Reich in Frieden und Fruchtbarkeit, bis der nächste Einfall der Dänen folgte. Als die Angeln sich schon an den dänischen Plünderungen ein Vorbild nahmen, habe Alfred Frieden und Sicherheit wiederhergestellt, indem er die Hundertschaftengliederung eingeführt habe.270 Er war aber nicht nur der militärische Führer, so betont Wilhelm, die Menschen waren vielmehr überzeugt, dass er sie befreien werde: -

„bereitwillig hatten sich nämlich die Engländer in seine Gewalt gegeben, freudig, weil sie einen Mann hervorgebracht hatten, der sie zur Freiheit führen könne."271 Die Bedeutung Alfreds liegt für Wilhelm darin, dass er die äußere Bedrohung im Prozess der Einigung des Königreiches nutzbar machen konnte. Es war nicht nur die gemeinsame Notlage, welche die Engländer zusammenschweißte, auch im Innern musste Alfred Zwang und Gewalt ausüben. Die Verschwörer aus East Anglia und Northumbria stellten laut Wilhelm immer wieder eine Gefahr dar. Gerade von letzteren berichtet er an einer späteren Stelle, sie seien mit den Dänen schon beinahe zu einem eigenen Volk verschmolzen272 und Alfred müsse sie unter seine Herrschaft zwingen. Diese Herrschaftsverdich-

267 268 269 270 271

272

Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 5, c. 8. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, Hb. 2, c. 165, 272: semper, ut hidrae capitibus, hostibus ex Danemarkla pullulanttbus, nusquam cauert poterat. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, üb. 2, c. 165, 274. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 122. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 121 (186): uolentes enlm Anglt In dus potestatem concesserant, gaudentes se talem utrum edldtsse, qui posset dios In llbertatem euehere. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 125, 196: qui cum Dants tarn in unam gentem coaluerant. Vgl. dazu aber Innes, Danelaw (2000), 84f; Hadley, Viking (2002), zusammenfassend 69f. u. Ders., Danelaw (2000), 340.

2. Die Dänen in

57

England

tung aber trägt während der langen Friedenszeit Früchte,

Ostangeln,

so

dass alle

Engländer dem König nun

so

dass die Northumbrier und

folgen:

„Als nämlich England sich in jenen 13 Jahren an der Gunst des Friedens und der Fruchtbarkeit des Bodens erfreute, kam die Pest der nordischen Barbaren zurück. Wieder Krieg, wieder Mord, und wieder die Verschwörungen der Northumbrier und Ostangeln; aber weder die Fremden noch die Einheimischen erlebten das gleiche Geschick wie in früheren Jahren. Jene hatten in den Schlachten in Übersee viele Verluste erlitten und trieben ihren Einmarsch langsamer voran, diese waren beseelt von der Erfahrung des Krieges und den Ermunterungen des Königs und waren entschlossener, nicht nur zum Widerstand, sondern auch zum Angriff."273

Gegenüber seiner Vorlage, den Anglo-Saxon Chronicles, unterscheidet Wilhelm also viel schärfer zwischen englischen und skandinavischen Bewohnern des Danelag. Gerade im Vergleich zu Wilhelms Quellen wird offenbar, wie deutlich die Antagonismen sind, die er konstruiert. Die Gesta regum Anglorum brauchen diese Konstruktion, um den düsteren Gegner für Alfred zu sichern. Erst in der Abwehr und im Krieg gegen diesen Gegner aller englischen Königreiche kann Alfred zum Held und zum Einiger des Reiches werden. Damit hatte das Königreich England einen Gründungsmythos erhalten, der gleichwertig neben dem Ursprungsmythos von Hengest und Horsa stand. Eine äußere Bedrohung die durch die Schotten verhalf später auch den Angelsachsen und den Anglonormannen zur Einheit,274 durch die Abwehr der Dänen war aber das Reich erst entstanden, dessen Identität Wilhelm beschreibt. Solche Vorstellungen lassen sich in Grundzügen auch bei Heinrich von Huntingdon ausmachen.275 -

-

2.4. Die heidnischen Dänen Grundsätzlich spielen die Dänen in der Darstellung Heimichs eine ganz andere Rolle. Sein vorderstes Interesse gilt nicht der Beschreibung der Herkunft und der Geschichte und damit der Identität des englischen Volkes,276 etwa im Sinne Wilhelms. Sein Werk ist in erster Linie als Geschichtsphilosophie zu verstehen. Erlittenes Unheil wurde von mittelalterlichen Autoren in den meisten Fällen als Strafe Gottes für irdische Sünden inter-

273

Wilhelm

von

Malmesbury, Gesta regum Anglorum,

lib. 3,

c.

121

(186): Nam,

eum

Ulis tredecim

annis pacis serenitate et glebae ubertate Anglia gauderet, redid aquilonalis lues illa barbarorum. Iterum bella, Herum cedes, denuo Northanimbrorum et Orientalium Anglorum conturationes; sed nec aduenae nec tndigenae pari qua superioribus annis sorte perfuncti. HU, transmarinls prelils

imminuti, segnlores erant ad inuadendum; isti,

usu bellorum et hortamentis teres erant non solum ad resistendum sed et ad lacessendum.

regis animati, promp-

274 275

Gillingham, Henry (1995), 79f; Short, Angli (1996), 162f. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 5, c. 10. Im Zusammenhang der Belagerung Londons durch Alfred 886 heißt es hier: „Alle Engländer unterwarfen sich ihm sogleich und empfingen ihn. Die Dänen waren nämlich geflohen" (Omnes autem Anglict stattm ei subditi sunt, et receperunt eum. Dad namque aufugerunt.)

276

Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 196.

II. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

58

Darstellungen des „Alten Europa

"

pretiert.277 In dieser Tradition steht auch Heimich, er geht aber in seiner Systematisierung weit darüber hinaus. Er gliedert die gesamte englische Geschichte nach einer Abfolge von fünf Plagen, von denen Britannien heimgesucht wurde. Betrachtet man die Völker, die immer wieder in Britannien einfielen, es teilweise eroberten und besiedelten und in denen Heinrich diese fünf Plagen erkennt die Römer, die Schotten und Pikten, die Angeln und Sachsen, die Dänen und zuletzt die Normannen wird deutlich, dass seine Historia Anglorum keine eigentliche Geschichte der Engländer ist. Es sind die jeweiligen Bewohner Britanniens, deren Geschichte Heinrich niederschreibt. In erster Linie geht es ihm um das beständige und zumeist strafende Eingreifen und Wirken Gottes in die Geschichte.278 Damit ruft er zu einem frommen und jenseitsorientierten Leben auf. Diese geschichtspessimistische Contemptus-mundi-Vorstellung entwickelt Heinrich im 8. Buch programmatisch.279 Hier wendet er sich an einen Leser, der 1000 Jahre nach ihm leben mag: -

-

„Nun richte ich das Wort an euch, die ihr im dritten Millennium, etwa um das 135. Jahr, leben werdet. Denkt an uns, die wir jetzt berühmt scheinen, weil wir, erbärmliche Geschöpfe, die wir sind, uns selbst hoch achten! Bedenkt, was aus uns geworden ist! Sprecht, ich bitte euch, welchen Nutzen hatten wir, da wir groß oder berühmt waren? Keinen Ruhm haben wir, außer in Gott."280 Das Ende der Welt werde aber kommen und niemand könne wissen, wann es eintrete. Mit ihrer heilsgeschichtlichen Grandausrichtang gewinnt seine Historia Anglorum uni-

versalen Charakter. Zugleich ist sie Ermahnung an seine Zeitgenossen zu einem gottgefälligen und frommen Leben. Im Prolog seines fünften Buches, das Heinrich ganz den Dänenkriegen widmet,281 greift er seine Idee der Abfolge von fünf Plagen erneut explizit auf. Er schildert auf drastische Weise die Überfalle, die an allen englischen Küsten gleichzeitig stattzufinden schienen und zeigt die Ohnmacht des Königs, diese Übermacht wirksam zu bekämpfen. Die Dänen seien die vierte dieser Plagen und sie seien bei weitem die schrecklichste gewesen (longe inmanior longe crudelior ceteris)?%2 „Die Römer unterwarfen Britannien für kurze Zeit und regierten es glänzend nach Herrschaftsrecht. Die Pikten und Schotten aber fielen oft aus dem nördlichen Teil Britanniens ein. Sie griffen es jedoch nicht in allen Gebieten an, stellten keine Gefahr dar, und nachdem sie einige Male 277 278 279 280

281 282

Zu mittelalterlicher (1978), bes. 22f.

Geschichtsschreibung

als

Deutung göttlichen

Wirkens

vgl. Werner,

Gott

Lamprecht, Untersuchungen (1937), bes. 19-24; Partner, Entertainments (1977), 11-48. Vgl. dazu auch Roling, Historiker (1999), 151-156. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 192-194. Roling, Historiker (1999), 131-142. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 8, c. 4: Ad uos Igitur iam loquar qui In tercio mtllenarto, circa centesimum tricestmum quintum annum, erltis. Cogitate de nobls, qui modo clart uldemur, quia scilicet, quidam mlserl, nos reuerentur. Cogitate, Inquam, quo deuenerlmus. Dicite, precor, quid noblsprofuertt, si magni uel clart fuerimus? Nichilprorsus ntsl In Deo claruerlmus. Vgl. dazu Roling, Historiker (1999), 144f. Vgl. dazu Kersken, Geschichtsschreibung ( 1995), 186f. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 5, Prolog.

2. Die Dänen in

59

England

zurückgeschlagen wurden, sahen sie nach längerer Zeit von einer Invasion ab. Die Sachsen hingegen eroberten mit aller Macht im Krieg allmählich das Land, behaupteten, was sie erobert hatten, bauten auf dem, was sie behauptet hatten und was sie aufgebaut hatten regierten sie nach den Gesetzen. Und auch die Normannen unterwarfen kurz und schnell das Land und ließen den Besiegten nach dem Recht des Reiches das Leben wie auch die Freiheit und die alten Rechte (...) Die Dänen jedoch, die auf lange Zeit immer wieder von allen Seiten in das Land einfielen, es immer wieder von allen Seiten anfielen, strebten es nicht zu gewinnen, sie wollten es ausplündern und sie begehrten dies alles nicht zu beherrschen, sie wollten es zerstören."283

Durch diesen Vergleich erscheinen die Dänen als die grausamsten Horden, die je in Britannien eingefallen sind. So mangelt es auch an anderen Stellen nicht an Beschreibungen nordischer Gräueltaten: König Sven Gabelbart etwa sei von Gott zum Herrscher über England bestimmt worden und werde daher immer von seinen drei Gefährten begleitet von Plünderung, Brand und Mord.284 Wie Heuschrecken kämen sie ins Land285 und zu allen Zeiten hätten sie nur Krieg im Sinn.286 Besonders in Heiligengeschichten spielen sie die Rolle des Heiden, der dem Heiligen vergleichend gegenübergestellt wird und der ihn erst das himmlische Königreich erlangen lässt. Dazu sei hier nur ein Beispiel genannt; Als der Erzbischof von Canterbury in dänische Gefangenschaft gerät, postieren die betrunkenen Heiden ihn in ihre Mitte und bewerfen ihn mit Ochsenknochen und Ochsenköpfen. Der fromme Kirchenmann blickt schon zu Gott auf und dankt ihm für diese Gnade. Die Dänen hingegen erkennen die Heiligkeit dieser Szene nicht und werfen dem Erzbischof eine Axt in den Kopf.287 Diese Darstellungen sollen natürlich auch die heidnischen und grausamen Dänen mit den Bewohnern der Britischen Insel kontrastieren und stellen somit diese vergleichend als ein wenn auch in den Grundfesten morsches christliches Kulturland dar.288 Für Heimich bedeutsamer ist jedoch die Erklärung, die er selbst liefert:

-

-

-

„Der Grund aber,

warum die Gerechtigkeit Gottes in einem solchen Zorn unter ihnen entzündet wurde, ist dieser: In der ursprünglichen Kirche Englands hatte der Glaube auf das Hellste erstrahlt, so sehr, dass Könige und Königinnen, Herzöge und Bischöfe, wie wir schon gezeigt

283

284

Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 5, Prolog: Romani namque sibi Britanniam breui subiugauerunt, et lege dominantium splendide rexerunt. Picti uero et Scoti crebras irruptiones ex boreali parte Britannlefäciebant. Sed nec earn ex omni parte aggrediebantur, nec numquam pernitiose repulsi, tempore non pauco ab inuasione cessabant. Saxones autem pro uiribus paulatim terram bello capescentes, captam optlnebant, optentam edificabant, edificatam legibus regebant. Necnon et Normannt cito et breuiter terram sibi subdentes, ulctis uitam et libertatem legesque antiquas regni iure concesserunt (...) Dad uero terram undique creberrtme dlutisslme insillentes et assilientes, earn non optinere sedpredari studebant, et omnia destruere non dominari cupiebant. Heinrich von tres

285 286 287 288

Huntingdon,

Historia Anglorum, lib. 6,

c.

3: Suein

(...) quern semper comitabantur

socle, predatio, combustio, occislo.

S. o., 56. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 5, c. 30: Dad uero semper et soll bello intenti. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 6, c. 8. Vgl. zu dieser Deutung insbesondere auch Schmieder, Menschenfresser (2005), 160-162; sowie 164-167.

II Der Blick nach Norden: Der aquilo in

60

Darstellungen des „Alten Europa

"

haben, nur den Mönchsstand oder das Exil erstrebten. Im Lauf der Zeiten aber erschlaffte jede Tugend in ihnen so weit, dass sie sich kein Volk an Verrat und Nichtsnutzigkeit gleichkommen ließen. Dies trat besonders in der Geschichte der Könige von Northumbria auf. So, wie aber ihre Ruchlosigkeit in ihren königlichen Taten beschrieben ist, so verharrten Männer eines jeden Standes und Amtes in Übel und Verrat. Es gab nichts schändliches außer der Frömmigkeit und

der beste Grund zum Töten war die Unschuld. Darein schickte aber der allmächtige Gott wie Bienenschwärme die fürchterlichsten Völker, die nicht Alter noch Geschlecht verschonten, die Dänen nämlich mit den Goten, die Norweger mit den Schweden und die Wandalen mit den Friesen, die vom Herrschaftsantritt König ¿Ethelwulfs bis zur Ankunft der Normannen und König Wilhelms, für 230 Jahre, dieses Land verwüsteten. Manchmal fielen sie auch, verdientermaßen wegen der Verbindung zu Britannien, als Gottes Rächer und Stachel grausam in Gallien ein."289

Die Degeneration von Frömmigkeit und Tugend als wesentliche Ursache für das strafende Wirken Gottes in der Geschichte findet sich auch in Wilhelms Werken. So heißt es etwa auch in den Gesta regum Anglorum, der Glaube sei in England nach dem Umbrach der Christianisierung immer stärker geworden, immer mehr Heilige habe es gegeben, kurz vor der normannischen Eroberung aber habe das religiöse Streben nachgelassen.290 So wurde auch für Wilhelms Werk betont, es sei gegliedert nach mehreren Epochen, in denen die Frömmigkeit, vor allem die mönchische, besonders hell erstrahle, an die sich aber immer ein Tal des Nachlassens und darauf folgenden Misserfolges anreihe.291 Bei Heinrich von Huntingdon zieht sich dieses Motiv als Grundgedanke durch das ganze Werk und wird weit deutlicher akzentuiert als bei Wilhelm.292 Vereinzelt, so schreibt er, fanden sich zwar noch Leuchten des Glaubens, die das englische Volk noch vor dem Unausweichlichen beschützen, beispielsweise der später heilig gesprochene Bischof ¿Ethelwold von Winchester und Erzbischof Dunstan von Canterbury. Zu deren Tod vermerkt Heimich:

„Als dem englischen Volk diese beiden Leuchten genommen wurden, verlor England seinen

Schutzpanzer und war der bedachten Strafe Gottes allein ausgeliefert."293

289

290 291 292 293

Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 5, Prolog: Cur autem tanto furore Del tusticia In eos exarserit, causa hec est. In prlmitiua Anglie ecclesla rellglo clarissime splenduit, lia ut reges et regine, duces et eplscopl, uel monachatum uel extltum, ut premonstrauimus, appelèrent. Processu uero temporum adeo omnis uirtus in eis emarcuit, ut gentem nullam prodlcione et nequitla sibl parem esse permitterent. Quod maxime apparel In historia regum Nordhymbre. Slcut autem In regallbus gestls Impidas eorum descripta est, ita uniuscuiusque ordinis et ojficit hommes dolo et prodlcione Insistebant. Nec eral dedecort ntsi píelas, et causa dignlssima cedts innocentia. Inmlsit ergo Dominus omnipotens, uelut examina apium, gentes crudelissimas, que nec etati nec sexui parcerent, scilicet Dacos cum Gothis, Norwagenses cum Suathedts, Wandalos cum Fresis, qui ab exordio regnl AEdelwlfi regis usque ad aduentum Normannorum Wtllelmi regis, ductu ducentts trtgtnta annls, terram hanc desolauerunt. Qui etiam nonnumquam ex qffinitate Britannie Dei ulndtces et stimuli Galllam pro merltts crudeliter inuaserunt. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, c. 245. Freeman, Sailing (1995), 25f. Vgl. auch Gillingham, Civilizing (2001), 32-35. Bei Wilhelm finden sich solche Züge v. a. in den Gesta pontificum Anglorum: z. B. üb. 4, c. 183. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 5, c. 28: His ergo duobus luminaribus Anglorum genti subtractts, caruit Anglia lorica protecttonis sue, et uindide Del premeditate desolata

patuit.

2. Die Dänen In England

61

Weil König ¿Ethelred II. Rochester zerstört hatte (986), seien auch sogleich die Dänen von allen Seiten eingefallen und hätten England wie die Wolken am Himmel (quasi nubes

cell) bedeckt.294 Die normannische Eroberung verlief weitaus weniger gewalttätig als die dänischen Invasionen und Einfälle.295 So sind die Normannen für Heinrich zwar auch eine seiner fünf Plagen und wie die Dänen erscheinen sie auch als Werkzeuge Gottes,296 sie sind aber auch Gottes auserwähltes Volk, deren Erscheinen nicht wie bei den Dänen durch Flammendrachen am Himmel (flammei dracones)291 angekündigt wird, sondern durch eine Vision eines gewissen Gottesmannes (quidam uir Dei).299 Deshalb wird bei Heinrich der Untergang der Normannen, in dem seine Völkerabfolge ihre logische Fortsetzung finden musste, nicht antizipiert.299 „Gott hatte nämlich die Normannen zur Vertreibung des englischen Volkes bestimmt, weil sah, dass sie in ihrer besonderen Härte vor allen Völkern hervorragten."300

er

In den letzten Jahren mehren sich die Forschungsstimmen, die Morallehre als ein konstituierendes Element auch in Wilhelms Geschichtsschreibung sehen.301 Für Heinrich ist dies ein Grundanliegen von Geschichtsschreibung:302 „Sieh, wie heilige Geschichte Moral lehrt!", so ruft er den Leser an.303 Seine Historia Anglorum ist durchweg ein Werk der Geschichtsphilosophie. Er zeigt, wie das Wirken Gottes die irdischen Abläufe beeinflusst. Englische Geschichte dient ihm gewissermaßen als exemplum für Heilsgeschichte. Aus exempla aber sollen die Menschen lernen.

„So nämlich entflammen in der Geschichte aller Völker und Nationen, die der Ratschluss Gottes ist, Güte, Milde, Rechtschaffenheit und Vorsicht wie auch deren Gegenteile nicht nur die Geistlichen zum Guten wie sie sie auch des Üblen erwehren, sie stacheln auch die Weltlichen an, Gutes tun

zu

294 295 296 297

298 299 300

Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 5, c. 28. Gillingham, 1066 (1994), 43. Vgl. dazu Ders., Henry (1995), 78f. Kersken, Geschichtsschreibung ( 1995), 195, Anm. 282. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 4, c. 26. Auf dem Teppich von Bayeux wird in dieser Situation ein Komet dargestellt. Zur Interpretation göttlichen Willens im Teppich vgl. Gameson, Origin ( 1997), 209-211. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 6, c. 1. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 196. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 6, c. 38: Elegerat enim Deus Normannos ad Anglorum gentem exterminandam, quia prerogatlua seuicie slngularls omnibus populls utderat eos

301 302 303

und das Schlechte zu mindern."304

premtnere.

Vgl. dazu die Bergener Dissertation von Sigbjern Sonnesyn (in Vorbereitung); Vgl. auch Stein, Making (1998), 97-104. Schirmer, Heinrich (1970), 35. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, Prol. : Vide quomodo sancta doceat historia morum instituía.

304

Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, Prol.: Sie etiam in rebus gestis omnium gentium et nationum, que utique Dei ludida sunt, benignitas, munificentia, probitas, cautela et his slmila, et contraria, non solum spiritiuales ad bonum accendunt et a malo repellunt, sed etiam seculares ad bona sollicitant et In malls minuunt.

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

62

Darstellungen des „Alten Europa

"

Britannien ist aber nicht nur ein Paradigma, gerade durch Gottes wiederholtes Eingreifen in die englische Geschichte wird das Eiland zur beatissima insularum.305 So verankert er England in der universalen göttlichen Ordnung. Die Dänen sind für ihn ein sogar das grausamste Beispiel für Gottes Bestrafung menschlicher Sünden. Der Vergleich ihrer gottgesandten Grausamkeit mit dem englischen Glauben und dessen Erlahmen ist dafür sein vornehmstes Werkzeug. -

-

2.5. Die barbarischen Dänen

Wegen dieser naturgemäß eingehenden Beschäftigung mit den Dänen, aber auch mit anderen auswärtigen Völkern, findet sich in all diesen Werken eine große Zahl an mehr oder minder elaborierten Fremd- aber auch Autostereotypen, die einander immer wieder vergleichend gegenübergestellt werden. So hebt Heimich von Huntingdon etwa hervor, es sei ein besonderes Charakteristikum Britanniens, „dass seine Einwohner, wenn sie auf Pilgerfahrt gehen, in allen Handlungen, in Lebensart und Unterhalt glänzender sind, wodurch man sie von allen anderen Völkern unterscheiden kann."306 Wilhelm betont, die Griechen zeichne ihr schwerer Stil aus, die Römer seien umsichtig, die Gallier strahlend und die Engländer prunkvoll (pompatice).301 Hier wird Wilhelms Bestreben deutlich, England in der Welt zu verankern, in diesem Fall in der Welt der Literatur und der Bildung. Weniger unvorteilhaft konnte er sein Land hingegen auf der christlichen Landkarte verorten. Einig sind sich nämlich beide Autoren in Bezug auf die göttliche Gnade, denn auf kein Volk der Welt scheine das göttliche Licht so sehr hernieder wie auf die Engländer, so dass gerade dieses Volk so viele Heilige hervorbringe308 Durch seine Heiligenberichte lässt Wilhelm England vor der Normannischen Eroberung als einen heiligen Raum erscheinen, der durch die Verbindung mit der Normandie sinnbildlich die in den Heiligengeschichten betonte körperliche Integrität des Heiligen eingebüßt habe.309 Auch für Heimich, der in Britannien die „gesegnetste Insel" erblickt, ist dieses Moment von Bedeutung. In beiden Darstellungen verspielen 305

306 307

308

309

Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 1, c. 1: Britannia igitur beatissima est Insularum. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 1, c. 6: ut tncole dus in peregrinationem tendentes, omnibus gestlbus cultu et sumptu clarlores ex hoc unde slnt dlnoscl posslnt. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 1, c. 31 : Denique Greci inuolute, Romani circumspecte, Galll splendide, Anglt pompatice dictare soient; „much to the sorrow of William", wie Freeman, Sailing (1995), 30, bemerkt. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 207: stmulque considerandum quatlnus diuinae pietatis fulgor ab tnltto fidei populum Mum clrcumfulserit, quod nusquam gentium, ut opinor, reperies tot sanctorum tllibata post mortem corpora, incorrupttonts illlus extremae simulacrum preferentta. Vgl. dazu Stein, Making (1998), 98-104, der dies (ausgehend vom Bild der siamesischen Zwillinge, s. hierzu o., 51) als Reaktion auf einige säkulare Weltdeutungsmodelle im 12. Jahrhundert versteht (ebd., 98).

2. Die Dänen in

63

England

Engländer diese Heiligkeit aber, so dass der Dänen- wie auch der Normanneneinfall notwendig wird. Eine durchaus übliche Zuschreibung in der Völkercharakteristik ist die Tapferkeit. die

Diese den Bewohnern Britanniens umstandslos zuzuschreiben, stellt die Autoren angesichts der Folge von Invasionen und Niederlagen jedoch vor Probleme. In Dänemark werde laut Wilhelm gesagt, England sei ein vollkommen verweichlichtes Land mit einem schwachen König.310 Wilhelm weiß sich aber zu helfen, indem er seinen Engländern immer dann besondere Tapferkeit zuschreibt, wenn sie auf fremdem Boden kämpfen.311 Auch bei Heinrich findet sich ein Vergleich der Engländer mit den Dänen aus dem Mund eines dänischen Königs. Als Knut der Große eine Armee für einen Wendenfeldzug zusammenstellte, war darunter auch ein englisches Kontingent. Von diesem habe Knut zunächst keine hohe Meinung gehabt, als er aber sah, wie tapfer dieses sich schlug, änderte er seine Ansicht. „Aus diesem Grund behandelte er

er fortan die den Dänen zu Teil werden ließ."312

Engländer mit höchsten Ehren, nicht weniger, als

Englische Eigenschaften werden auch von solchen anderer Völker beeinflusst. Über König Edgar schreibt Wilhelm, sein Ruhm sei so groß gewesen, dass zu seiner Zeit Sachsen, Flamen und sogar Dänen an seinen Hof nach England kamen und zu seinen Freunden wurden. Das sei für die Einheimischen wenig vorteilhaft gewesen, lernten sie doch „von den Sachsen die ungetrübte Wildheit der Geister, von den Flamen die kraftlose Weichlichkeit der Körper und von den Dänen die Trunksucht."313

Solche Fremdstereotypen finden sich ebenfalls im gesamten Werk Wilhelms. Als nach 1095 der Kreuzzugsaufruf durch Europa hallte, beschreibt Wilhelm dessen Wirkungen im Norden: „Da hörte der Waliser auf, im Wald

zu

jagen,

der Schotte trennte sich

von

seinen vertrauten

Flöhen, der Däne brach sein langes Besäufnis ab und der Norweger ließ seinen Rohfisch lie-

gen."314

Passage wird deutlich, in welchen Formen Wilhelm gerade diese Völker als Barbaren darstellt, wenngleich der norwegische Rohfisch schon die Ausmaße des norwegischen Handels mit Trockenfisch erahnen lässt, der trotz Wilhelms Missfallen in ganz In dieser

310 311

312 313 314

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 176. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 181 u. bes. lib. 3, c. 258, hier berichtet Wilhelm über die [Angli], qui sicut facile in solo suo poterunt opprimt, da in alieno semper apparuere inulcti. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 6, c. 15: Quamobrem summo honore deinceps Anglos habuit, nec mtnorl quam Dacos. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 148: a Saxonlbus anlmorum incondttam ferocttatem, a Flandrltls corporum eneruem mollltem, a Danls potationem discerent. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 4, c. 348: Tune Walensis uenationem saltuum, tune Scottus familiaritatem pulicum, tune Danus contlnuatlonem potuum, tune Noricus cruditatem reliquit piscium.

II Der Blick nach Norden: Der aquilo in

64

Darstellungen des „Alten Europa

"

war. Das Bild des betrunkenen Dänen ist ein Stereotyp, das man bei Wilhelm häufig antrifft,315 das sich in Grandzügen auch noch in der späteren englischen Literatur wieder finden lässt und das so auch in Stratford-upon-Avon bekannt war. Die Waliser und Schotten dagegen erscheinen mehr noch als die Dänen und Norweger als bäuerliche Barbaren. Dieses Bild findet sich in ähnlicher Form im gesamten Werk. Insgesamt sind die Gesta regum Anglorum voll von pejorativen Äußerungen über Schotten, Iren und Briten, also Walisern. Besonders ihre mangelnde Kriegstüchtigkeit steht oft im Zentrum. So wird schon die Einwanderung der Angelsachsen auf diesen Charakterzug zurückgeführt. Nachdem nämlich Hengest und Horsa sich in Britannien festgesetzt hatten, ließ Hencgest wegen der Trägheit (inertia) der Briten aus Sachsen erst die eigenen Leute nachkommen und in Britannien siedeln.316 Zwar konnte ein gewisser König Arthur ihre alten Kräfte noch einmal mobilisieren, aber er konnte nicht verhindern, dass die Angeln und Sachsen nach und nach das ganze Land in Besitz nahmen.317 Auch über die Schotten tragen die Angeln stets den Sieg davon.318 Die Iren seien dagegen

Europa begehrt

-

„ein unschuldiger Menschenschlag, der in seiner angeborenen Einfalt nichts Böses

-

tun

kann."319

Mit derartigen Fremdstereotypen in Wilhelms Werk hat sich in erster Linie John Gillingham beschäftigt. Aufgrund solcher Äußerungen machte er, aufbauend auf R. Rees Davies deutlich, dass Wilhelm seine Darstellung in besonderem Maße vergleichend anlegte.320 Er betont, dass das Bild der Kelten während des gesamten Werkes keine Änderung erfahrt, stets bleiben sie die bäuerlichen Barbaren. Im Vergleich dazu lasse Wilhelm die Engländer als zivilisiertes Volk erscheinen. Das ist aber nicht als statischer Zustand zu verstehen, sondern hat den Charakter eines Zivilisationsprozesses. Gillingham wendet sich hier betont gegen das moderne Bild fortschrittsfeindlicher Vörstellungswelten im Mittelalter.321 So habe in Wilhelms Darstellung besonders die normannische Invasion den Engländern nach der Christianisierung einen weiteren Zivilisationsschub gebracht. Laut Wilhelm waren es Kultarimpulse durch die Christianisierung und solche aus Frankreich, welche die Engländer zivilisiert hätten, wobei die normannische Eroberung einen letzten Höhepunkt darstelle.322 So habe etwa auch erst die Invasion ritterliche Ideale und Lebensweisen nach 315 316 317 318 319 320 321 322

Vgl. etwa auch Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 149 (240). Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 1, c. 7. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 1, c. 8. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 1, c. 6: cumque semper uidorta consentiretAnglis. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 1, c. 51 : genus sane hominum innocens et

genuina simplicitate nlchtl umquam mali moltens. Vgl. dazu bes. Glllingham, Civilizing (2001 ) u. Davies, Matter ( 1996). Glllingham, Civilizing (2001), 20f; 26. Glllingham, Civilizing (2001), 2 If: „Williams view was that a combination of Christianity and the French had civilized the English, and that the Norman Conquest was the most recent act in what he saw as a long historical process." Deutlich wird dies auch in den oben, 52f, zitierten Stellen.

2. Die Dänen in England

65

Schon R. Rees Davies bemerkte, dass solch prozessuales Denken bei Wilhelm weit deutlicher hervortrete als etwa bei Heinrich von Huntingdon.324 Gillingham zeigte darüber hinaus, welch große Rolle die Vergleiche mit den Kelten in Britannien in diesem Zusammenhang spielen.325 Das Bild der keltischen Bevölkerungsteile im Britannien des 12. Jahrhunderts wurden in der Forschung schon viel diskutiert.326 Und auch im 12. Jahrhundert stieß dieses Keltenbild auf Kritik. So wurde besonders die Abfassung der Historia Regum Britannie durch Geoffrey von Monmouth als Reaktion darauf gedeutet, als Versuch, den hier so abqualifizierten Völkern ein altes und würdiges Herkommen und einen legendarischen Herrscher Arthur zu geben.327 Für die Deutung solcher Fremdstereotypen ist Wilhelms Barbarenbegriff von außerordentlicher Bedeutung. In der christlichen Tradition wurde paganus und barbarus weitestgehend synonym verwendet.328 Dass Wilhelm anders als noch ¿Ethelweard329 christliche Zeitgenossen als barbari bezeichnen konnte,330 zeigt, dass er einen grundlegend anderen Begriff gebraucht. So wendet er sich vom überlieferten mittelalterlichen Barbarenbegriff ab. In seiner klassischen Lektüre entdeckte er die andere Bedeutung von barbarus und wandte diese auf Völker seiner Zeit an.331 Was bei Adam von Bremen laut David Fraesdorff die Differenz von kultureller und religiöser Fremdheit indiziert, zeigt bei Wilhelm von Malmesbury laut John Gillingham die Entwicklung eines zivilisierten englischen Königreiches und Volkes an. Diese Deutung eines Zivilisationsprozesses erarbeitete Gillingham nur am Keltenbild in den Gesta regum Anglorum. Gerade Wilhelms oben zitierte Stelle über die Reaktionen auf den Kreuzzugsaufruf332 zeigt jedoch, dass es nicht nur die Kelten sind, die bei ihm als Barbaren geschildert werden, sondern gerade auch die Völker des Nordens, die Dänen und Norweger.333 Daher müssen diese eine ähnliche Funktion in Wilhelms Werk erfüllen wie die Kelten. Es sind diese vier Völker mit ihrem besonderen Einfluss auf die englische

England gebracht.323

-

-

-

-

323 324 325 326 327 328 329 330

Gillingham, 1066 (1994); Ders., Beginnings (2000), 5f. Davies, Matter (1996), 15. Gillingham, Civilizing (2001), bes. 40-42. Vgl. den Überblick bei Gillingham, Civilizing (2001), 19f, Anm. 17. Vgl. auch Moore, Wars (2005), 191-202. Gillingham, Context (2000), 38f. Vgl. Roberts, Geoffrey (1976), 40. Gillingham, Beginnings (2000), 10; Jones, Image (1971), 387; 391f. Vgl. grundlegend van Acker, Barbarus (1965), 137f. Gillingham, Context (2000), 26. Vgl. z. B. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 4, c. 348, wo es zum Kreuzzugsaufruf heißt, er sei sogar auf den entferntesten Inseln und bei Barbarenvölkern gehört worden

331

(omnes qui uel in penlttssimis insults uel in nationtbus barbaris Christi nomen audterant). Gillingham, Foundations (1995), 60: „After centuries in which the term .barbarian' was under-

332 333

stood in religious terms, William's remarkable familiarity with classical literature and his admiration for the values of the ancient world enabled him to rediscover the classical concept of the barbarian and to discover that it applied to ,Celtic' peoples in his own day." S. o., 63. Dieser Umstand findet nur kurze Erwähnung bei Gillingham, 1066 (1994), 53.

II. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

66

Darstellungen des „Alten Europa

"

Geschichte, welche die Entwicklung der Zivilisation in Britannien kontrastieren, die Wa-

liser und Schotten wie auch die Dänen und Norweger. Wegen des außergewöhnlichen Einflusses der Dänen in England treten die Norweger in Wilhelms Darstellung hinter diesen zurück. So gibt es, und hier muss Gillinghams Deutung eine maßgebliche Erweiterung erfahren, eine Vielzahl an Belegen aus den Gesta regum Anglorum, dass Wilhelm die Dänen als ähnliche Barbaren darstellen wollte wie die Kelten. Der Däne Sihtric beispielsweise sei ein Barbar im Blut wie im Geiste (gente et animo barbarus).334 Auch vom „barbarischen Wankelmut" (barbárica leudas) der Dänen ist die Rede,335 und durch den ständigen Kontakt mit den Dänen hätten die Londoner selbst schon beinahe barbarische Sitten (barbarorum mores) angenommen.336 Selbstredend finden sich solche Hinweise auch in Wilhelms zweitem großen Werk, den Gesta pontificum Anglorum, wo die Dänen mit den Norwegern verglichen werden. So werde die dänische Barbarei nur noch von jener der Norweger übertroffen, und dies sogar unter König Olaf dem Heiligen, dessen Heiligkeit Wilhelm durchaus anerkennt.337 Die anderen Autoren heben in ihrer Darstellung dieser Ereignisse dagegen stets ganz im Sinne der christlichen Tradition das Heidentum der dänischen Eindringlinge hervor. Daci undpagani werden bei Heinrich von Huntingdon gewissermaßen synonym verwendet.338 Auch Ordericus Vitalis legt bei seiner oben zitierten eindringlichen Schilderung der Einfalle Sven Gabelbarts in England um die Jahrtausendwende Wert darauf, zu betonen, dass dieser ein wilder Götzenanbeter, ein uesanus ydolatra sei. Bei seiner ständigen Hervorhebung des dänischen Heidentums muss ihre Bezeichnung als barbari339 auch in diesem Sinne verstanden werden. Der Autor der Historia regum spart ebenfalls nicht an ausufernden Schilderungen dänischer Grausamkeiten. Bei seinem Bericht über die Zerstörung des Klosters Lindisfarne 793, sieht er sich veranlasst, gegenüber seiner Vorlage an dieser Stelle, der Historia Dunelmensis ecclesiae, einige Punkte hervorzuheben: -

-

aus den nördlichen Breiten wie stachelige Hornissen nach Britannien, sie wie schreckliche Wölfe, sie plünderten und bissen und töteten nicht nur Tiere, durchzogen Schafe und Ochsen, sondern auch Priester."340

„Die Heiden kamen es

Der Autor fügt hier außer der Redewendung, dass es sich bei den getöteten Tieren um oves et boves gehandelt habe auch noch einige Metaphern hinzu, um die Grausamkeit Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 134. Auch dessen Söhne, ebd., werden als barbari bezeichnet. 335 Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 180 (314). 336 Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 188 (334): Lundoniae dues, qui lam pene In barbarorum mores propter frequentem conuictum translerant. 337 Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 5, c. 259: Utrorumque immanis barbaries, sed Norreganorum cupidltas rapador, libido infestior. 338 Vgl. z. B. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 4, c. 27, lib. 5, ce. 1, 15, 16, 20 u. 334

passim. 339 340

Ordericus Vitalis, Historia ¿^eclesiástica, lib. 6, c. 9, 282. Historia Regum, c. 56: (Die Hinzufügungen hier hervorgehoben): Pagani ab aquilonali climate ut aculati crabones Britannlam venientes, hac Macque ut dirissimi lupi discurrentes, prœdantes, mordentes, interfictentes non solum jámenla oves et boves, verumetiam sacerdotes.

2. Die Dänen in

England

67

noch weiter zu unterstreichen. In diesem Zusammenhang besonders wichtig ist ein Vergleich der Dänen mit den Engländern, nicht aber der lebenden, sondern der toten. In der Schlacht bei Ashdown 871 habe es auf beiden Seiten viele Gefallene gegeben. Über ihr Schicksal heißt es:

„Diejenigen, die für die Rechte der Väter und für das Vaterland fielen, wurden, wie man glauben darf, ins Vaterland der ewigen Glückseligkeit geführt. Die Anderen wurden aber an den Ort gebracht, über den gesagt ist: ,Dies ist das Haupt jeglichen Unrechts'."341 All diese Autoren heben in erster Linie das Heidentum der Dänen hervor, was durch den Vergleich die christliche Tradition der Engländer noch deutlicher werden lässt. Bei Wilhelm finden sich ganz ähnliche Vergleichsmodi. Die nordische Seuche, die aquilonalis lues,i42 wird bei ihm immer wieder den Engländern gegenübergestellt. So kontrastiert Wilhelm dänische Grausamkeiten mit der Schilderung von Alfreds Bildungsreformen343 und auch von weiteren Gräueltaten, welche die englischen Tugenden oder die Heiligkeit nur noch heller erstrahlen lassen, ist das Werk voll. Als Sven Gabelbart Northumbria eroberte und anschließend durch England bis vor London zog, bemerkt Wilhelm: Die Dänen kämpften dort für den Ruhm, die Londoner aber für ihre Freiheit. „Die gerechtere Sache trug den Sieg davon."344 Dabei nimmt Wilhelm die Wandlungen im Norden und damit auch diejenige unter den nordischen Bevölkerungsgruppen in Britannien durchaus wahr. Sein Bewusstsein für die dortige Herrschaftsverdichtang und Reichsbildung wie auch Christianisierung lässt sich in seiner Darstellung klar nachverfolgen. Während Sven Gabelbart noch als heidnischer Tyrann geschildert wird, der England mit Plünderung und Gemetzel überzieht, und der durch göttliche Vorsehung aus dem Leben scheidet,345 zeichnet Wilhelm von dessen Nachfolger Knut dem Großen als König ein anderes, viel differenzierteres und ebenfalls durchaus ambivalentes Bild. Wilhelms Verständnis des Königsamtes wurde schon mehrfach untersucht.346 Besonders Björn Weiler konnte kürzlich in mehreren Stadien347 zeigen, dass es bei Wilhelm vor allem das rechte Verhalten, symbolische Handlungen und moralische Führung waren, die das Bild des guten Königs bestimmten.348 Gegenüber genau diesen Aspekten wird Knut zunächst als grausamer König dargestellt, indem er einigen Geiseln Nasen und Ohren abschnei341

Historia Regum, c. 73: Qui pro patrtis leglbus et patria ceciderunt, perducti sunt, ut credi übet, ad patriam œternœ felicitatis. Alii vero ad eum perducti sunt, de quo dictum est, „Ipse est caput omnis

342 343 344 345 346 347

348

Injustitiœ."

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 121 (186). Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 122f. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 177: tustior causa utctoriam habutt. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 179. Vgl. dazu Haahr, Concept (1976), bes. 370f; Zu Herrschaftsverständnis bei Wilhelm vgl. auch Boureau, L'adage (1992), 1084-1087. Allg. vgl. Strevett, War (2004), 164-175. Weller, Rex (2000); Ders., Kingship (2001); Ders., Justice (2005); Ders., William (2005). Bes. Weiler, William (2005), hier v. a. 20-22.

II. Der Blick nach Norden: Der aquilo in Darstellungen des „Alten

68

Europa

"

den, einige sogar kastrieren lässt, und dabei „in Verachtung menschlichen wie göttlichen Gesetzes" (humano et diuino iure contempto)349 handelt. Als er das Königreich England auf Sieg oder Tod, wie Wilhelm sagt,350 eroberte und als er Edmund Eisenseite 1016 bei London besiegte,

„fiel die ganze Würde Englands herab, dort verdörrte die gesamte Blüte des Vaterlandes."351 Die

eigentliche Königsherrschaft Knuts wird aber anders dargestellt. Sein Königtum war unberechtigt,

zwar

„aber er ordnete sein Leben mit großer Staatskunst und Tatkraft."352 So lässt

die Mörder Edmunds, seines Widersachers, öffentlich anklagen und sogar über dem Grab des Königs lässt er ein Monument errichten, er führt für Enghinrichten, länder die gleichen Rechte ein, wie für die Dänen und er lässt im ganzen Reich die von Dänen zerstörten Kirchen und Klöster wiederherstellen. Er stellte sich so nicht nur in angelsächsische Traditionen, in Wilhelms Sinn trat er als gerechter König auf: er

„So bemühte er sich, alles, was er selbst und seine Vorgänger begangen hatten, wieder gutzumachen und wischte den Makel früherer Ungerechtigkeit aus; vielleicht vor Gott, gewiss aber vor den Menschen."353

So erklärt sich auch der oben schon angesprochene Vergleich der Herrschaft Knuts mit der Wilhelm des Eroberers: dass letzterer nämlich den Engländern alle Rechte genommen habe, was gegenüber seinem Vorgänger Knut ein ungeheuerlicher Wandel sei.354 Eine ähnlich zwiespältige Schilderung Knuts mit durchaus positiven Zügen findet sich schon bei Wilhelms normannischem Vorgänger Wilhelm von Poitiers. In seinen Gesta Guillelmi heißt es, Knut habe das Königreich England zwar nur durch Eroberung besessen, aber sein Sohn Harald Hasenfuß in seiner Tyrannei sei ihm doch ein unwürdiger Nachfolger.355 Dennoch hätten die Engländer nicht vergessen, dass die Vornehmsten ihres Volkes durch die dänische Grobheit zu Tode gekommen waren.356 Nach Haralds Tod bestieg 1040 sein Halbbruder Hardeknut den Thron, der über seine Mutter Emma von der Normandie auch ein Halbbruder Edwards des Bekenners war. Hierzu bemerkt Wilhelm: 349 350 351 352 353

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 179. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 180 (312): eo animo ut aut uincendum aut mortendum stbi proponeret. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 180 (316): Ibi Cnuto regnum expugnautt, ibi omne decus Angltae occubutt, iblflospatriae totus emarcult. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 181: sed magna clullltate etfortltudine uitam componens. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, üb. 2, c. 181: Ita omnta quae tpse et antecessores

354 355 356

sut dellquerant corrlgere satagens, prlorts tntusttttae neuum

homlnes certe absterstt. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, litate Immantter abhorrens. Wilhelm von Poitiers, Gesta Guilelmi, pars 1, c. 1. Wilhelm von Poitiers, Gesta Guilelmi, pars 1, c. 1.

c.

254:

a

apud Deumfortassis, apud

Cnutonts quondam

regís faci-

2. Die Dänen in

69

England

„Er kam mehr nach der Familie der Mutter und herrschte nicht durch Grausamkeit, wie es sein Vater oder sein Bruder getan hatten."357

Eine positive Wertung von Knuts Herrschaft lässt sich in Grundzügen auch in anderen Werken der Zeit nachzeichnen. Dass Geffrei Gaimar nach 1135 in seiner Lestoire des Engleis einen dänischen Prinzen, Havelok, den Sohn des Königs Birkabeyn, zum vorbildlichen Helden stilisiert, wurde in der Forschung als Reaktion darauf gedeutet, dass ein dänischer Herrscher den englischen Thron innehabe.358 Nirgends aber findet sich eine so ausgewogene, um ein differenziertes Bild der Herrschaft nicht nur Wilhelms des Eroberers, sondern auch Knuts des Großen, bemühte Darstellung wie in Wilhelms

Königsgeschichte. Der Vergleich, den Wilhelm zwischen Knut und Wilhelm dem Eroberer zieht, findet sich bei Heinrich von Huntingdon genau in umgekehrter Richtung. So sei die normannische Eroberung weitaus weniger grausam verlaufen als die dänische, von den fünf Plagen, die Britannien heimsuchten, sei die dänische, wie erwähnt, die schlimmste gewesen.359 Horrende Steuern habe Knut erhoben, und so habe der gerechte Gott über die Engländer den angemessenen Steuereintreiber gesetzt.360 Aber auch bei Heinrich finden sich positive Züge Knuts. In einem Kapitel heißt es, noch nie habe so ein mächtiger Herrscher England beherrscht, da Knut Dänemark, England, Norwegen und auch Schottland unter seiner Herrschaft vereinigt habe. Er habe in seiner Amtszeit drei edle und hochherzige Taten vollbracht. So habe er seine Tochter mit dem Römischen Kaiser verheiratet und ihr eine gewaltige Aussteuer mitgegeben. Zweitens habe er auf seinem Weg nach Rom die drückenden Steuern an der Straße durch Frankreich auf eigene Kosum die Hälfte reduzieren lassen. Die dritte Tat wird am ausführlichsten beschrieben: Er habe angeordnet, dass sein Thron zur Zeit der Flut am Meeresufer aufgebaut werde und habe dem Wasser befohlen, das ihm wie all das Land unterworfen sei, es solle nicht auf das Land steigen und die Kleider und Glieder seines Herren benetzen. Als das Wasser aber dennoch anstieg und dem König respektlos (sine reuerentia) die Füße und Beine nässte, habe er ausgerufen:

ten

„Möge alle Welt wissen, dass die Macht des Königs eitel und wertlos ist, und keiner ist des Königsnamens würdig, außer jenem, durch dessen Willen der Himmel, die Erde und das Meer ewigen Gesetzen gehorchen." Danach habe er nie wieder die goldene Krone tragen wollen, Lob Gottes auf einem Kruzifix angebracht,

er

habe sie

dagegen zum

357

Wilhelm von Poitiers, Gesta Guilelmi, pars

358

frater, crudelitate regnabat. Thurville-Petre, Representations (2001), 349-354. Der Name Birkabeyn geht auf die ,Birkibeiner' zurück, die König Sverre Sigurdsson im norwegischen Bürgerkrieg zu seiner Krone verhal-

359 360

1, c. 5: Hie genert materno simtlior, non qua pater aut

fen. S. o., 58-60. Vgl. dazu Gillingham, 1066 (1994), 43. Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 6, iustus Anglis

imposuit.

c.

15:

Dignum Igitur exactorem Dominus

70

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

Darstellungen des „Alten Europa

"

„durch dessen Gnade die Seele König Knuts in Frieden ruhen möge."361 Alle Autoren zeichnen von Knut also ein ambivalentes Bild. Dies dürfte zum einen als Reaktion auf die Tatsache zu verstehen sein, dass er als Gesamtherrscher die englische Königslinie verdrängt und das Königtum an sich gerissen hatte. Gerade dadurch wird Knut zum Angelpunkt der veränderten Deutung des Nordens. Den Wandel im Norden, die Christianisierung und Herrschaftszentralisierang, nehmen die Werke der Nationalgeschichtsschreibung in dieser Zeit durchaus wahr. In seinem zehnten Buch beschreibt Ordericus Vitalis Norwegen als ein christliches Königreich und dessen König Magnus Barfüss (Magnus berfœttr), vor allem aber Sigurd Jerusalemfahrer (Sigurdr Jorsalafárí) als vorbildlichen, gläubigen und gerechten Herrscher, der in seinem Reich Bistümer und Klöster gründete, „die seine Vorgänger nicht kannten".362 Der Vorgang der Christianisierung findet bei ihm keine Erwähnung; lediglich ein Bewusstsein dafür, dass die Dänen zur Zeit der Invasionen noch Heiden waren, lässt sich ausmachen.363 Bei Wilhelm, besonders in seinen Gesta pontificum Anglorum, finden sich vereinzelte Hinweise auf Wunder in dieser Zeit, welche die dänischen Invasoren den christlichen Glauben annehmen lassen.364 Für die Spätzeit werden auch von ihm christliche Könige aus Dänemark und Norwegen geschildert, die ihren Platz in der christlichen Völkerfamilie, in der universalen Ordnung gefunden haben. So wird Sigurd Jerusalemfahrer, der auf seinem Zug ins Heilige Land sich auch in England aufgehalten hatte, bei Wilhelm als freigebiger und tapferer christlicher König beschrieben.365 Auch frühere Hinweise gibt es: Gunhild, die Schwester Sven Gabelbarts, die im Zuge des Massakers am St.Brice-Tag 1002 ermordet wurde, war getauft und wurde als Friedensgeisel von Eadric, dem Earldorman von Mercia, enthauptet. Auch sie wird überaus positiv geschildert.366 In mehreren ausführlichen Kapiteln befasst sich Wilhelm mit der Geschichte des dänischen Königreiches seit Knut dem Großen, und hier wird ein nordisches Reich früherer Heiden in seinen Bürgerkriegen um die Christianisierung dargestellt.367 Insbesondere werden die gescheiterten Versuche Knuts des Heiligen, seinen Ansprach auf den englischen Thron geltend zu machen, mit dem Willen Gottes erklärt.368 361

Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 6, c. 17. Das Zitat ebd.: „Sciant omnes habitantes orbem, uanam etfrtuolam regum esse potenttam, nec regis quempiam nomine dlgnum, prêter eum culus nutul celum, terra, mare legibus obediunt eternts" (...) Culus misericordia Cnut regis anima quiete fruatur. Dieses Exemplum findet sich in ähnlicher Form auch in anderen Werken, etwa bei Gaimar. Möglicherweise geht die Episode zurück auf eine Version einer Translatio sánete Mlldrethe vlrglnls, vgl. dazu Heinrich von Huntingdon, Historia Anglorum, lib. 6, c. 17,Anm. 92; 95. 362 Ordericus Vitalis, Historia ¿Ecclesiastica, lib. 10, c. 6: quœ antecessores élus non noueront. 363 Ordericus Vitalis, Historia ¿Ecclesiastica, lib. 6, c. 10 (326): Dad qui adhuc pagani erant. 364 Wilhelm von Malmesbury, Gesta pontificum Anglorum, lib. 2, c. 76 u. lib. 5, c. 411. 365 Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 5, c. 410. 366 Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 2, c. 177. 367 Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, ce. 259-261. 368 Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, c. 261.

71

2. Die Dänen in England

Dass Wilhelm die heiligen Könige des Nordens auch als solche präsentiert, zeigt somit, dass er den Wandel im Norden durchaus wahrnahm und ihn auch in seinem Werk verarbeitete. So kann man in den Gesta regum Anglorum beinahe fur die Dänen einen ähnlichen Zivilisationsprozess ausmachen, wie Wilhelm diesen für die Engländer konstruiert. Mitten in diese Beschreibung des christlichen und latinisierten Dänemark fällt aber eine Bezeichnung, die einer solchen Deutung die Grundlage entzieht: barbari. Bei seiner Schilderung der Ermordung Knuts des Heiligen sind es barbari, die diesen Mord begehen.369 Die Niederlage Sven Estridsens gegen die Truppen Magnus' des Guten sei so gewaltig und in diesem ,Barbarenland' (in ea barbarie) so denkwürdig gewesen, dass die Dänen noch bis in Wilhelms eigene Zeit hinein ihren Eid einhalten, den sie vor der Schlacht geleistet hatten, nämlich am Vortag des Sankt-Lorenz-Tages zu fasten und Almosen zu geben.370 Trotz der Christianisierung ist der Norden also immer noch ein barbarisches Land. Den Effekt dieser Darstellung verstärkt Wilhelm noch dadurch, dass dies mit dem englischen König Edward dem Bekenner kontrastiert, der die Herrschaft jenseits des Meeres nicht anstreben will, denn war zufrieden mit dem Reich der Väter und Reich in Übersee."371

„er

spie

auf das beschwerliche und barbarische

Regum der Hinweis, dass die Dänen, obgleich dennoch die Grausamkeit früherer Zeiten an den Tag legen.372 Wilstets christianisiert, helm wendet, wie sich hier zeigt, seinen klassischen und statischen Barbarenbegriff nicht nur auf die keltischen Bevölkerungsteile Britanniens an, sondern ebenso auf die Dänen und Norweger. Ähnlich wie die Waliser und Schotten bleiben auch die Norweger und Dänen trotz aller Wandlungen und Umbrüche Barbaren. Dies wird an mehreren Stellen deutlich. Nicht nur die Auswirkungen des Kreuzzugsaufrufs Urbans II. beschreibt Wilhelm, er gibt auch eine eigene Version dieses Aufrufes wieder, die ebenfalls die Barbarei der Nordvölker betont, gleichzeitig aber wieder den mittelalterlichen Zwar findet sich auch in der Historia

Barbarenbegriff aufgreift: „denn all jene Barbarenvölker, die auf entferntesten Inseln den eisigen Ozean bewohnen, möge sie Christen nennen, da sie noch viehisch fressen?"373

wer

Dennoch veranlasste dieser Kreuzzugsaufruf den Waliser, die Jagd einzustellen, den Schotten, sich von seinen Flöhen zu verabschieden, den Dänen, seinen Trank wegzustel369 370 371 372 373

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, c. 261. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, c. 259: Ingens illud et memorabile in ea barbarie prelium fuit. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 3, c. 259: auitoque regno contentus transmartnum Imperium ut labortosum et barbarum despult. Historia Regum, c. 153. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, lib. 4, c. 347 (600): Nam omnem illam barbariem quae In remotis insulis glattalem fréquentât oceanum, quia more beluino utctttat, Chrtstianam quis dicerit? Vgl. dazu Antonsson, St Magnus (2007), 30f.; Fraesdorff, Norden (2005), 275.

II. Der Blick nach Norden: Der aquilo in Darstellungen des „Alten Europa

72

"

len wie auch den Norweger auf seinen Rohfisch zu verzichten.374 Ihre Reaktion auf diesen Kreuzzugsaufraf erweist sie trotz der Vorbehalte, die Wilhelm dem Papst zuschreibt, als Christen als barbarische Christen. Für Wilhelm sind die Dänen und Norweger also zwei weitere Barbarenvölker, deren Beschreibung die englische Zivilisation durch den Vergleich nur noch heller strahlen lässt. -

2.6.

Zusammenfassung

Dieses erste Hauptkapitel zur Nationalgeschichtsschreibung und zu ihrer Verortang des Nordens im eigenen Geschichtsbild zeigt grundlegende Unterschiede zu zeitgenössischen Darstellungen und Einschätzungen der heidnischen Nordvölker auf. Während Autoren des neunten bis elften Jahrhunderts aus verschiedenen Gründen vor allem ein heidnisches Gegenbild zur eigenen Position entwerfen, verleiht die historiographische Straktarierang des Stoffes als ,Nationalgeschichte' mit dem Interesse an Herkommen und Identität des eigenen Volkes dem Bild des Nordens neue Facetten. Gerade durch historiographische Systematisierang werden Mythen und damit Identitäten geschaffen. Diese braucht aber, wie einleitend angesprochen, auch Alterität. Hier soll noch einmal das einleitend kurz angesprochene375 Beispiel Eadmers aufgegriffen werden, der seine Darstellung erst mit der normannischen Eroberung einsetzen lässt, und bei dem der Norden, anders als bei seinen Zeitgenossen, welche englische Geschichte als Ganzes behandeln wollen, nicht erwähnt wird. Gerade dadurch zeigt besonders dieser Text, dass die Konstruktion des Nordens für englische Historiographien nur dann eine tragende Rolle spielt, wenn sie sich ins Geschichtsbild einfügen lässt und der Darstellung damit Vergleichsmöglichkeiten für das eigene Herkommen und die eigene Identitätskonstruktion bietet. Die zeitgenössische Deutung des schon christianisierten Nordens bietet offenbar nicht genügend Alterität.376 Dennoch findet er in den hier behandelten Texten im Gegensatz zu Eadmers Darstellung durchaus auch für die Jahrhunderte nach den Däneneinfallen Erwähnung. Durch die angesprochene historiographische Aufbereitung des Stoffes und die damit verbundene Einfügung des Dänen- und Norwegerbildes in das erarbeitete Geschichtsbild ergeben sich für die anglonormannischen Autoren andere Darstellungs- und Vergleichsmöglichkeiten als für ihre Vorgänger, die einen zeitgenössischen Blick auf den heidnischen Norden richten. Während diese besonders den Gegensatz von Heidentum und Christentum in den Mittelpunkt stellen und als Vergleichsmodus nutzen, gehen ihre hochmittelalterlichen Nachfolger weit darüber hinaus. Auf einer ersten Ebene werden die Dänen vor allem als notwendige Gegner herangezogen, um die Reichsbildung und vor allem die Reichseinigung durch Alfred den Großen aufzuzeigen. Erst durch ihre Abwehr konnte ein einiges Reich entstehen, welches nicht -

374 375 376

-

Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum, Hb. 4, c. 348. S. o., 63. S.o., 48. Für die späteren Autoren vgl. immer noch Leach, Britain (1921), hier 91; 118.

73

2. Die Dänen in England

mehr nur die kirchliche Organisation als Zusammenhalt benötigte. Schon hier, in diesem Gründungsmythos, kommt den Dänen grundlegende Bedeutung zu. Hierin unterscheiden sich die hochmittelalterlichen Autoren nur unwesentlich von der Annalisten der AngloSaxon Chronicles. Einige Autoren schreiben den Dänen und Norwegern aber noch ganz andere Funktionen in ihren Darstellungen und damit in der englischen Geschichte zu. Besonders Heimich von Huntingdons Darstellung der Völkerfolge in Britannien braucht die Heiden nicht nur als Heiden, sondern als externe Gewalt, die von Gott gesandt die Sünden der Engländer bestrafen und eine Erneuerung bewirken. Dieses System wendet Heimich auf alle Invasionen der britischen Inseln an. Die Dänen waren für Heinrich die schrecklichsten all dieser Plagen, ihre Zerstörungswut und Grausamkeit bildet zwar eine Kontrastfolie zur englischen Kultur, viel mehr aber noch verweist sie auf die Sündhaftigkeit dieses Volkes. Wilhelm von Malmesbury dagegen entwickelt grundlegend neue Vergleichsmodi. Während die bislang geschilderten Texte vor allem auf der zeitgenössischen Ebene synchron komparativ arbeiten, wird bei Wilhelm dieser synchrone Vergleich auch auf die gesamte historische Entwicklung ausgedehnt. In ständigen Vergleichen stellt er auf parallelen Ebenen Identitäts- und Alteritätskonstruktionen im Verlauf der Geschichte einander gegenüber. So kann er den Prozesscharakter englischer Zivilisation hervorheben. Dies geschieht bei ihm, soweit die Deutung Gillinghams, durch den ständigen Vergleich mit den als Barbaren dargestellten Walisern und Schotten. Wilhelm verwendet hier, wie vor ihm schon Adam,377 den klassischen Begriff des barbarus. Wie in diesem Kapitel gezeigt werden konnte, erfüllen die Dänen und Norweger in Wilhelms Werk die gleiche Funktion: Regelmäßig bezeichnet er sie als Barbaren, auch zu Zeitpunkten, da sie schon lang christianisiert sind, und er selbst deren Herrscher als vorbildlichtugendhafte christliche Könige schildern kann. Dagegen hebt sich die Herausbildung englischer Identität deutlich ab. Einen ähnlichen Zivilisationsprozess scheint Wilhelm bei aller Ambivalenz des Bildes, das er von den Normannen zeichnet, auch diesen zuzuschreiben. Wilhelm weist seinen Engländern einen würdigen Platz in der christlichen Welt zu. Eine solche Verankerung in einer großen, universalen Ordnung kann nicht nur im Vergleich mit dem heidnischen oder barbarischen Norden stattfinden. Durch ständige Klassikerzitate, die bei Wilhelm über das in der kontinentalen Historiographie übliche Maß bei weitem hinausgehen,378 aber auch durch seine Berufung auf Beda, der in ganz Europa verehrt worden sei, stellt er sein eigenes Werk als Fortsetzung und als Teil der europäischen Literatartradition seit der Antike dar. Das wirkt auch auf das Objekt seiner Darstellung zurück. Englische Geschichte wird dadurch auch zu einer Fortsetzung und zu einem Teil der universalen christlichen Geschichte. Solche Vergleichstechniken sollten -

-

377 378

S. o., 37^12.

Stein, Making ( 1998), 104; Winterbottom, Gesta (1995), 170f; Thomson, William (2003), 48-61; wie auch schon Ders., Reading (1975), 396^402.

II. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

74

Darstellungen des „Alten Europa

"

für die spätere lateinische Historiographie im Norden zu einem konstituierenden Element werden.379 Schon der „Blick nach Norden" zeigt bei fast allen Autoren der anglonormannischen Zeit die besondere Bedeutung des Vergleichs im Geschichtsbild. Das ist ein wesentliches Merkmal dieser Zeit, multipler Identitäten', der Zeit, die einen fundamentalen Bedarf an Identitätsdefinition und damit -konstruktion zu stillen hatte.

3. Der Süden und der Norden:

Zusammenfassung

Im Unterschied zu den Autoren des frühen Mittelalters, die einen zeitgenössischen Blick auf den heidnischen Norden und die Heiden des Nordens richteten, entwickelten die Historiographien des Hohen Mittelalters grundlegend andere Deutangsmuster. Geschichtsschreiber, die sich im frühen Mittelalter mit dem Norden und mit den Völkern des Nordens befassten, waren in erster Linie Annalisten, welche die ständigen Überfalle skandinavischer Wikinger beklagten. Stets blieben diese aber die heidnischen Räuber, die jedoch nur vereinzelt in einem heilsgeschichtlichen Zusammenhang betrachtet wurden. Dagegen blieben die Reichsannalen wie auch die Angelsächsische Chronik überaus zurückhaltend bei derartigen Deutungen. Erst die Missionschronistik der Hamburger Kirche wandte sich dem Norden als Raum zu. Bestimmt vom Missionsgedanken und den Ansprüchen der eigenen Institution zeichneten diese Autoren zwar ein detailliertes aber auch ein konstruiertes Bild der Völker jenseits der Kulturgrenze. Diese Alteritätskonstruktionen dienen aber nur bedingt und nur in institutionellem Rahmen zur Konstruktion von Identität. Die Dichotomie von heidnischer und christlicher Welt ist der Grundgedanke der meisten dieser Texte. Vereinzelt können die Heiden von Gott gesandt sein, um die Sünden der Christen zu bestrafen. In anderen Fällen kann einer Institution wie der Hamburger Kirche der göttliche Auftrag zukommen, diese Heiden zu christianisieren. So ist es zumeist das Bild der Heiden, das vor dem Hintergrund unterschiedlicher literarischer Traditionen und innerhalb der Darstellungsabsichten konstruiert wird. Das Bild des Eigenen, der christianitas oder auch der eigenen Institution, erfahrt dadurch keine wesentliche Prägung. Darin liegt der grundlegende Unterschied zu den Geschichtswerken der anglonormannischen Periode. In dieser Zeit waren die heidnischen Wikinger schon ein Schatten der Vergangenheit. Der distanzierte Blick auf den früheren heidnischen Norden ermöglichte auch eine unterschiedliche Deutung. Man konnte die heidnischen Völker der Geschichte aufs Neue konstruieren, um sie in die Geschichtskonzeption der eigenen Darstellung einzufügen. So konnte man diesen Konstruktionen auch eine grundlegende Funktion für die historische Entwicklung und damit die Identitätsbildung des eigenen Volkes zukom379

S.u., 79-150.

3. Der Süden und der Norden:

Zusammenfassung

75

lassen. Eine solche Funktion erfüllten die Heidenkonstruktionen schon in den Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum des Adam von Bremen, nämlich die Stärkung und Legitimation des Missionsauftrages der Hamburger Kirche. Nach obiger Definition ist schon dies eine Identitätszuschreibung, die Beanspruchung einer Rolle innerhalb einer universalen Ordnung. Diese gilt aber nur der Institution der Hamburger Kirche. Mythenbildung wird in den Gesta nur begrenzt betrieben. Erst in den so genannten ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen' werden Identitätskonstruktionen aber auch in einem umfassenderen Rahmen betrieben. Indem die anglonormannischen Autoren die Geschichte der Angli von der origo gentis bis in ihre eigene Zeit beschreiben, zeigen sie auch die Entstehung und Ausbildung dessen, was sie den Engländern als Identität zuschreiben.380 Damit stehen insbesondere Heimich von Huntingdon und Wilhelm von Malmesbury gänzlich in der Tradition kontinentaler ,Nationalgeschichtsschreibung', die für die späteren lateinischen Autoren im Norden zum wichtigsten Bezugsrahmen wurde. Erst durch das identitätserschütternde Ereignis der normannischen Eroberung von 1066 wurde die Beschäftigung mit dem Eigenen und damit auch mit dem Fremden in der eigenen Geschichte herausgefordert. So konnten den heidnischen Skandinaviern und insbesondere den Dänen grundlegende Funktionen im dargestellten Geschichtsverlauf zugeschrieben werden. Die Historiographen des frühen Mittelalters entwarfen ein dualistisches Bild der Welt. Die Autoren späterer Jahrhunderte konnten und mussten hier differenzierter arbeiten. Aber schon Ereignisse aus der Zeit vor der Integration des Nordens in das christliche Europa hatten solche Weltdeutangsmodelle ins Wanken gebracht. Einer neuen Herausforderung sahen sich die zeitgenössischen Autoren nämlich gegenüber, als sich die Normandie politisch festigte, ihre Herrscher getauft wurden und sie diese Wandlungen historiographisch verarbeiten mussten.381 So wurde auch in der jüngeren Forschung immer wieder verstärkt die Forderung erhoben, die Wikingerüberfalle nicht nur als Raubzüge zu werten, sondern sie vielmehr nach dem weiteren Deutangsschema der ,Kultarkontakte' zu bewerten.382 Nur äußerst wenige zeitgenössische Autoren stellten sich einer solchen Herausforderung. Zumeist blieben sie den übernommenen Deutangsmustern verpflichtet.383 So konnten noch weit im 10. Jahrhundert normannische Führer dux oder princeps men

pyratae genannt werden.384 Schon früh entwickelte sich eine eigenständige normannische Historiographie, die insbesondere in den Werken des Dudo von St. Quentin und Wilhelm von Jumièges ihren Niederschlag fand. Diese normannischen Autoren wurden zusammen mit ihren anglo380 381 382

383 384

Vgl. dazu auch Plassmann, Origo (2006), 363. Vgl. dazu Dumville, Images (2002), 252. Vgl. dazu Bauduin, Fondations (2005), bes. 5f.; Mohr, Wissen (2005), 101-106. Vgl. grands. Osterhammel, Grenzen (1995), 101-107. Osterhammel, Grenzen (1995), 315f. Osterhammel, Grenzen (1995), 319f. Vgl. dazu auch Zettel, Bild (1977), 309f. Bes. zu Flodoard v. Reims vgl. Bates, Normandy (1982), 8-11.

//. Der Blick nach Norden: Der aquilo in

76

Darstellungen des „Alten Europa

"

als früheste Vertreter von ,Nationalgeschichtsschreibung' bezeichnet.385 Identitätskonstraktion, so wurde in der jüngeren Forschung betont, baut besonders bei Dudo auf zwei Grundpfeilern auf: Dem eroberten Land der Normannen mit ihrem Herzog als Identifikationsgröße und der Abgrenzung von den umliegenden Reichen und Völkern, besonders den Franken.386 Dennoch kann man es als das Grandanliegen der Darstellung bezeichnen, die Integration in die christlich-fränkische Welt zu zeigen.387 Die Herkunft der Normannen aus dem Norden wird bei beiden Autoren betont.388 So entwickeln sie, wie später auch Wilhelm von Malmesbury, einen ambivalenten Umgang mit dem Norden. Dennoch geben sie nur vage und ungenaue Hinweise auf diesen Raum. Vielmehr stellen sie ihre Darstellungen in ältere Traditionen und wenden überlieferte antike Deutangsmuster für den Norden an.389 Wilhelm von Jumièges bietet zwar die Etymologie des Wortes northmanni,390 aber auch seine Darstellung geht über vage Hinweise auf den Norden nicht hinaus.391 Das Hauptanliegen der Autoren, besonders Dudos, war somit die legitimierende Aufarbeitung der Geschichte. So wird die Taufe Rollos bei Dudo ausführlich geschildert, wie auch stets seine Leistung beim Aufbau der Kirchenorganisation betont wird.392 Vor allem die Integration früherer Wikingerscharen in das fränkische Reich steht im Zentrum von Dudos Bericht.393 Dem Norden selbst kann in diesem Rahmen nur wenig Platz zukommen. Damit behalten die normannischen Geschichtsschreiber eine Sonderstellung innerhalb der frühmittelalterlichen Historiographie. Beim ,Blick nach Norden' wurden von den einzelnen Autoren also unterschiedlichste Vergleichsmodi entwickelt. Die zeitgenössischen Geschichtsschreiber stellten in erster Linie Heiden und Christen einander dualistisch gegenüber und entwarfen damit lediglich Selbstbilder der christianitas als nicht-heidnisch. Deshalb wurden diese Konfrontationen hier nicht Vergleiche, sondern Kontrastierangen genannt. Ein Vergleichsmodus, der sich insbesondere bei den zeitgenössischen Autoren beobachten lässt, ist das Erfassen des Fremden mit eigenen Begriffen. So versteht man das eigene zur Verfügung stehende .kognitive Instrumentarium' als absolut und misst Gegebenheiten des Fremden daran. Zwar stehen die zeitgenössischen Autoren mit ihren Darstellungen in unterschiedlichen Traditionen ethnographischer Beschreibung oder auch heilsgeschichtlicher Deutung, wodurch der von ihnen dargestellte Norden als Konstruktion zu verstehen ist. Gerade aber die Aktualität des Geschehens und des Beschriebenen verlangt nach solchen religiös aufgeladenen Deutangsmustern. Spätere Autoren, die sich nicht mehr zeitgenössisch mit der normannischen

385 386 387

388 389 390 391 392 393

Nachfolgern

Sport, Grundformen (1968), 15. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 80f. Plassmann, Origo (2006), 257-260; Dies., Tellus (2004), 245-248. Vgl. auch Albu, Normans (2003), 129. Kersken, Geschichtsschreibung ( 1995), 85. Musset, L'image (1975), 194. Musset, L'image (1975), 194-201. Gesta Normannorum Ducum, lib. 1, c. 4. Musset, L'image (1975), 198-200. Dudo v. St. Quentin, Gesta, lib. 2, c. 30f. Vgl. dazu Mohr, Wissen (2005), 319. Mohr, Wissen (2005), 317-321; Albu, Normans (2003), 126.

3. Der Süden und der Norden:

Zusammenfassung

11

Herausforderung durch die Heiden konfrontiert sahen, konnten ihre Konstruktionen des (vergangenen) Fremden freier gestalten. In allen Texten wurde das Fremde bewusst als Gegenbild zum Eigenen, in gewissem Sinne als dessen Negation, konstruiert. Nur allmählich sollte dieses Bild auch auf die Konstruktion des Eigenen zurückwirken. Erst Adam von Bremen gründete eine solch dualistische Trennung neben religiösen auch auf kulturelle Komponenten. Innerhalb der kulturellen Fremdheit konnte auch der explizite Vergleich Anwendung finden. Jedoch dient er auch hier nur bedingt der Konstruktion von Identität, vielmehr greift er topisch die Sündhaftigkeit der Christenheit an. So ist auch die vergleichende Betrachtung kultureller Differenz nicht frei von religiösen Bezügen. Geschichtsschreibung wird bei Adam, wie bei vielen seiner Vorgänger, mit Morallehre verbunden. Ein grundlegendes Deutangs- und Darstellungselement wurde der Vergleich erst in den ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen', deren grundlegende Intention die Selbstdeutang, die Identitätskonstruktion ist. In den englischen Geschichtswerken der anglonormannischen Zeit können die Dänen auf einer oberflächlichen Ebene die sorgsam konstruierten Gegner für Alfred den Großen sein, der angesichts dieser Bedrohung die identitätsstiftende Reichseinigung durchsetzen kann. In Grundzügen war dies schon in den Anglo-Saxon Chronicles der Fall, aber erst die chronikalische Geschichtsschreibung bot die Chance, die Geschichte Alfreds des Großen zum Gründungsmythos formen. Auf tiefer liegenden Ebenen kommen den Dänen in der englischen Geschichte andere Funktionen zu. Ausgehend von den schon aus den frühmittelalterlichen Texten bekannten Deutangsschemata des von Gott zur Sühne gesandten Heiden entwickelt Heimich von Huntingdon ein Phasenmodell verschiedener Invasionen. Britannien als Darstellungsobjekt verdeutlicht Gottes Wirken in der Geschichte. Gerade durch dieses Eingreifen wird, verbunden mit biblischen Vorstellungen göttlicher Prüfung, Britannien zur beatissima insularum. So wird durch mehrere Vergleiche der Engländer mit den heidnischen Dänen englische Geschichte heilsgeschichtlich verortet. Ähnliche Vorstellungen finden sich auch bei Wilhelm von Malmesbury. Er fügt solchen Geschichtsbildern aber noch weitere Momente hinzu. Wie vor ihm schon Adam von Bremen unterscheidet auch Wilhelm zwischen kultureller und religiöser Fremdheit. Bei beiden Autoren wird der Barbarenbegriff nicht nur in seiner mittelalterlichen, also religiösen Bedeutung verwendet. Beiden ist auch das klassische semantische Feld bekannt, in dem der barbarus vor allem kulturell different ist. Gegenüber den permanent als Barbaren dargestellten Iren und Walisern, insbesondere aber auch den Dänen und Norwegern, versuchte Wilhelm einen Zivilisationsprozess der Engländer aufzuzeigen. Neben einer religiösen findet sich bei Wilhelm also auch eine kulturelle Selbstdeutang. Für beide ist eine Alteritätskonstruktion unverzichtbar. Bei den englischen Autoren bezeichnen solche Fremdheitskategorien in erster Linie naturgemäß die Dänen. Diese hatten in der englischen Geschichte bis zur normannischen Eroberung von allen fremden Völkern den größten Einfluss ausgeübt. Wilhelm zählt aber auch die Norweger zu den barbarischen Völkern. Daran schließt sich die Frage zu

78

U. Der Blick nach Norden: Der aquilo in Darstellungen des „Alten Europa

"

Europa' den Norden auch als einen geschlossenen Kulturraum verstanden. In tradierten Vbrstellungswelten wie dem biblischen aquilo war der Norden durchaus ein indifferenter Raum. Durch die historische Erfahrung zuerst der Wikingerüberfalle, dann aber insbesondere der Christianisierung des Nordens und seiner Integration in das christliche Europa, mussten solche Vorstellungen aufgegeben oder gewandelt werden. Den aquilo suchte man nach der Christianisierung Skandinaviens noch weiter im Norden. Der Dualismus von Heiden gegenüber Christen musste mit zunehmender Kenntnis der Verhältnisse in Skandinavien differenziert werden. Für die Autoren des frühen Mittelalters war die Kulturgrenze noch einfach auszumachen. Zwischen Slawen und Skandinaviern wurde nicht unterschieden. Aber schon Adam von Bremen musste einsehen, dass durch die Christianisierung mit der religiösen nicht auch die kulturelle Fremdheit überwunden worden war.394 Die anglonormannischen Autoren sahen das Heidentum der Skandinavier in ihren frühen Berichtszeiträumen als gegeben an und beschränkten sich in einzelnen Gegenüberstellungen auf kulturelle Differenz. So konnte Wilhelm von Malmesbury neue Kulturgrenzen konstruieren: zwischen zivilisierten Völkern und Barbaren. Eine Binnendifferenzierung nahm er hier kaum vor. Die Schotten, Iren und Waliser finden ihre Abgrenzung von den skandinavischen Völkern wie auch bei Heinrich von Huntingdon nur über die zeitliche Folge ihres Auftretens. Weitergehende Kenntnisse, etwa über die sprachlichen Gemeinsamkeiten von Dänen und Norwegern, finden sich bei Wilhelm nicht. Insgesamt arbeiten also alle Autoren mit Alteritätskonstruktionen. Eingefügt in eine historiographische Konzeption kann durch Abgrenzung auch die Rolle des Eigenen in der universalen Ordnung dargestellt werden. Die im ,Alten Europa' erarbeiteten Vergleichsmodi betonten also durchaus den Antagonismus;395 konstruierten Identität durch Abgrenzung von Alterität. an, inwieweit die Autoren des Alten ,

394 395

Fraesdorff Norden (2005), 289f. Vgl. auch Plassmann, Origo (2006), 365f.

III. Der Blick nach Süden: Die Suôrlçnd in

Darstellungen des „Neuen Europa"

1.

Die heiligen Könige des Nordens

1.1.

Königliche Heilige und ihre Reiche

„In den Kirchen der gesamten Welt ist es für jedes christliche Volk üblich, die Heiligenfeste zu begehen, die Siege der Märtyrer zu preisen und ihr Leben nachzuahmen; in allen Orten werden aber, so meine ich, einige bei den Einheimischen und bei ihrem Volk aufgrund ihrer Vertrautheit und der Gegenwart ihrer heiligen Reliquien, die diesen oder jenen Einwohnern zum Trost übergeben wurden, mit besonderer Verehrung geliebt und geachtet."1

Incipit des ältesten überlieferten historischen Werkes in Skandinavien zeigt die grundlegende Bestrebung der nordischen Geschichtsschreibung im Mittelalter auf. Die Christianisierung des Nordens und Ostens Europas veränderte die politische und kulturelle Landkarte des Kontinents in grundlegendem Maße. Ganz neue Reiche mit eigenen Königen entstanden. Diese Reiche brauchten eine Legitimation, eine Tradition, besonders auch gegenüber den Regionen, die schon lange zuvor das Christentum angenommen hatten.2 Gerade durch die Hervorhebung des Eigenen im neuen Ganzen, ganz besonders aber als Teil des neuen Ganzen, fanden die Historiographien des Nordens die Möglichkeit, ihre eigenen politischen Größen in der universalen Ordnung der Christenheit zu verankern. Die erste Welle an Geschichtsschreibung im Norden wie auch im Osten beschäftigte sich zunächst ausschließlich mit einheimischen Heiligen, wie sie im oben zitierten ersten Kapitel der Passio s. Kanuti hervorgehoben werden.3 Das

-

1

Passio sancti

Kanvti,

c.

-

I: Licet per toctus orbls eccleslas conuenlat omnl populo chrlsttano festa

celebrare, uictortas marttrum laudare ultamque istorum imitarl, In slngulls tarnen locts propter jamtliaritatem cohabitantium et propter sandarum presenttam reltquiarum, que in solacium sanctorum

Istts uel Mis habitatoribus condónate sunt, uenerattone

(tnquam) speclall apud clues populosque dignt habentur atque honoratur. Vgl. dazu Mortensen, Beginnings (2006), 248f. Vgl. dazu Heinrichs, Search (1994), bes. 43f; 50. Demgegenüber finden sich auch Heiligenkulte, mit denen an .importierte' Geschichtswelten angeknüpft werden konnte. Mortensen, Language (2005), 117, hebt hervor: „Saints in Scandinavia were either recent and local or ancient and medisuos

2

terranean." 3 Mortensen,

Beginnings (2006), 250-254; 257f.

80

III Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen

Europa

"

In Norwegen wurden der in der Schlacht von Stiklestad 1030 gefallene König Olaf Ha-

raldsson, vereinzelt auch sein Vorgänger Olaf Tryggvason, schon bald als Heilige verehrt. In Dänemark entwickelte sich um Knut IV, der 1086 ermordet wurde, ein Heiligenkult,4 später auch um den Stammvater der Linie der Waldemare, Knut Laward.5 Besonders Olaf Haraldsson und Knut IV wurden bald als Schutzpatrone ihrer Reiche und ihrer Nachfolger im Königsamt verehrt. All diese Kulte wurden vom jeweiligen Königtum gefördert und schon bald entstanden über alle hagiographische Darstellungen, welche die Spannung zwischen lokaler Verehrung und universalem Anspruch zu bewältigen suchten.6 Damit führt dieses Kapitel von den bisher hauptsächlich behandelten ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen' weg und betritt das Feld der Hagiographie. Hierzu ist anzumerken, dass eine Trennung zwischen dieser Gattung und der Historiographie nicht immer klar durchzuführen ist,7 und sogar das gesamte Genre als solches schon als Anachronismus diskutiert wird.8 Darüber hinaus kommt diesen Texten neben ihrer memorierenden in besonderem Maße eine identitätsstiftende Funktion zu, die nicht nur als Legitimationsmöglichkeit für das regierende Königshaus zu verstehen ist. So wurde in der Forschung darauf hingewiesen, dass die historische Tradition hauptsächlich von Eliten bewahrt wurde, der Kult eines nationalen' Heiligen aber die Möglichkeit bot, die mit ihm verbundenen Legitimationsvorstellungen auch in unteren Bevölkerungskreisen zu verbreiten.9 Zwar muss an dieser Stelle betont werden, dass die überlieferten Viten königlicher Heiliger ebenso einem Elitendiskurs entstammen wie die historiographischen Texte. Die Forschung ist sich aber weitgehend darin einig, dass sich die Kulte königlicher Heiliger zumeist im Volk entwickelten und das Königtum erst später darauf reagierte.10 Damit stellen diese Texte neben späteren bildlichen Zeugnissen11 nur den in der Überlieferung fassbaren Rest dieser kultischen Verehrung dar. Indem das Königtum diese Verehrung förderte, schuf es sich grundlegende Möglichkeiten der Traditions- und Legitimationsbildung. Wenngleich heute davor gewarnt wird, diese Förderung als politische Vereinnahmung oder Instrumentalisierung zu interpretieren,12 so darf doch ihre stabilisierende und legitimierende Wirkung nicht unterschätzt -

4 5

-

Vgl. zusammenfassend Hoffmann, Könige (1975), 58-139; Rils, Institutions (1977), 195-214; Breengaard, Muren (1982), 122-149 u. Nyberg, St. Knud (1981), 101. Knut Laward ist eher als dynastischer Heiliger zu verstehen, dessen Kult die Legitimation der Waldemarslinie im dänischen Königshaus verstärken sollte (Hoffmann, Könige (1975), 169f; Ders., Bild (1981), 126; Riis, Institutions (1977), 205; Ders., Saxo (2004), 93-95; Friis-Jensen, Presence (2006), 214; Breengaard, Muren (1982), 306f. u. Antonsson, St Magnus (2007), 137). Aus diesem Grund

wird er hier nur am Rande behandelt. 6 Mortensen, Beginnings (2006), 248. 7 Mortensen, Introduction (2006), 9; Ders., Beginnings (2006), 250. Diese Schwierigkeit gilt darüber hinaus besonders für die Sagaliteratur. 8 Lifshttz, Positivism (1994). Vgl. auch von Padberg, Geschichtsschreibung (1994), 175. 9 Gieysztor, Heilige (1994), 338. 10 Vgl. v. a. Hoffmann, Könige (1975), 83f.; Riis, Institutions (1977), 196. 11 Ltdén, Olav (1998), bes. 273-278. 12 Mortensen, Introduction (2006), 8.

1. Die heiligen Könige des Nordens

81

werden. Gewissermaßen diente sie also zur Schaffung oder Stärkung des ,kultarellen Gedächtnisses' oder der ,public identities'. Der königliche Heilige wurde gewissermaßen zum Garanten der Herrschaft.13 Eine ebensolche Funktion erfüllte dieser Heiligenkult auch nach außen. Gerade über diese Viten konnte man einer internationalen Öffentlichkeit die eigene Wertigkeit durch Heilige, ganz besonders durch heilige Könige, in der Christenheit vor Augen fuhren. So wurden nahezu im gesamten „Neuen Europa" bald lokale Heilige verehrt neben Skandinavien etwa in Polen, Böhmen oder Ungarn.14 Der erste König im Norden, der in gewisser Weise mit Heiligkeit in Verbindung gebracht wurde, war König Olaf Tryggvason von Norwegen. Auf ihn gingen im späten 10. Jahrhundert wohl die ersten Impulse zur Christianisierung des norwegischen Einflussbereiches zurück, die in späteren Darstellungen jedoch sehr unterschiedlich bewertet wurden.15 Die Verehrung dieses Königs als Missionskönig dürfte wohl in erster Linie ein isländisches Phänomen gewesen sein.16 Über ihn verfasste der isländische Mönch Oddr Snorrason gegen Ende des 12. Jahrhunderts eine lateinische Vita, die nur in einer altnordischen Übersetzung überliefert ist.17 Einig war sich die spätere Tradition hingegen bei Olafs nächstem Nachfolger Olaf Haraldsson, der 1030 in der Schlacht von Stiklestad den Tod fand. Die erfolgreiche Mission Norwegens wurde hauptsächlich ihm zugeschrieben. Der rex perpetuus Norwegie™ wurde um 995 als Sohn Harald Grenskes, eines Königs von Vestfold, geboren und wuchs bei seinem Ziehvater Sigurd Syr auf. Nach ausgedehnten Wikingerzügen, wobei er sich vielleicht in Rouen taufen ließ, errang er 1016 das Königtum und konnte sich als erster König im gesamten Reich durchsetzen. Christianisierung und Königsmacht standen hierbei in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis.19 Ab den späten 1020er Jahren regte sich unter einigen Großen eine Opposition, die von Knut dem Großen von Dänemark unterstützt wurde.20 Als Knut 1028 in Norwegen einfiel, war Olaf gezwungen, das Land zu verlassen und in der Kiever Rus' Exil zu suchen.21 Jarl Hákon wurde von Knut als -

13 14

Becker, Heilige ( 1994), 61-63. Vgl. dazu Mortensen, Beginnings (2006), 250-257; (1994); Kersken, God (2006) (der die Unterschiede

Polen und Böhmen Gteysztor, Heilige Skandinavien herausarbeitet); Bláhová, Function (2006); zu Ungarn Klanlczay, Heiligkeit (1994), zusammenfassend 358-361. Vgl. auch Ders., Rulers (2002), bes. 147-155. Zu späteren Entwicklungen Berend, Défense (2003), 1026f. 15 Bagge, Making (2006), bes. 503f; Ders., Helgen (1992), 30-33. Vgl. auch Andersson, Conversion (1977), 90f; Vésteinsson, Christianization (2000), 17f; Sawyer, Ethelred (1989), 304f.; Simpson, Olaf (1973), 183; Abrams, Anglo-Saxons (1995), 221-224. Vgl. auch von Padberg, Herrscher (2004), 323 u. Waßenhoven, Skandinavier (2006), 243f. 16 Mortensen/Mundal, Erkebispesetet (2003), 376. Vgl. Hofmann, Vision (1984), 145. 17 Vgl. dazu Baetke, Oláfs saga Tryggvasonar (1979); Bagge, Making (2006), 480f; Hofmann, Vision zu

zu

(1984), 150f; Holm-Olsen, Forfatterinnslag (1987), 79f; Kopär, Leben (2000), 184-186. Vgl. bes. auch Antonsson, St Magnus (2007), 150f.

18 Historia Norwegie, c. 15. 19 Vgl. dazu Krag, Norway (2001), 349f; von Padberg, Herrscher (2004), 323 Bagge, Christianization (2005), 115f. 20 Hoffmann, Wechselbeziehungen ( 1996), 62f. 21 Vgl. dazu Langslet, Olav (2002).

(zu Olaf Tryggvason);

82

777. Der Blick nach Süden: Die

Suörlcnd in Darstellungen des „Neuen Europa

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als dieser starb, kehrte Olaf nach Norwegen zurück. Beim Versuch, das Reich zurückzuerobern, fand er 1030 in der Schlacht von Stiklestad den Tod. Fortan wurde Norwegen von Knuts unehelichem Sohn Sven Alfivason regiert. Schon bald nach Olafs Tod entwickelten sich wohl Wunderberichte22 und es setzte eine Verehrung ein, die im toten König einen Heiligen erblickte. Diese breitete sich bald über das ganze Reich aus und brachte so den Einheitsgedanken noch weiter voran.23 Daran schließt sich die Frage an, ob man in Olaf einen antidänischen Heiligen zu erblicken hat.24 Erich Hoffmann hat die Vermutung geäußert, der Kult Olafs müsse auch schon von Sven und seiner Mutter Alfiva (Aelgifu) gefördert worden sein.25 Neuere Forschungen richten sich aber gegen diese Deutung.26 Neben Einar ï>ambarskelfi (dessen Beiname sich einerseits auf seine Fähigkeiten als Bogenschütze, andererseits aber auch auf seine Leibesfülle beziehen kann27), dem früheren Gegner Olafs, standen besonders kirchliche Eliten hinter diesem Heiligenkult, insbesondere Bischof Grimkel, der Olaf aus England nach Norwegen gefolgt war.28 Diesem waren die politischen Vorteile eines heiligen Königs aus dem angelsächsischen Raum bekannt.29 Während einige Forschungen in dieser Verehrung auch Relikte heidnischer Kultformen erkennen,30 weist neuerdings Haki Antonsson auch auf das russische Beispiel von Boris und Gleb, den Söhnen Wladimirs I., hin, das durch Harald Hardrade in Norwegen bekannt geworden sei.31 Späteren Königen diente der Olafskult als wichtigste Legitimationsgrundlage. Im 12. Jahrhundert setzte sich die Vorstellung durch, Olaf sei der Lehnsherr des Reiches, dem der neue König bei seinem Amtsantritt einen Eid zu leisten habe.32 Nach dem frühen Tod Olafs entstanden hagiographische Darstellungen erst verhältnismäßig spät.33 Im späten 11. Jahrhundert wird der Heiligenkult Olafs in zwei kontinentalen Darstellungen erwähnt, namentlich bei Adam von Bremen34 und bei Wilhelm von

Regent eingesetzt;

22 Mortensen, Mirakler (2000), 101-106. 23 Fechner-Smarsly, Körper (1995), 68. 24 In dänischen Darstellungen, insbes. den Gesta Danorum des Saxo Grammaticus, wird Olaf „unsanft und ein wenig respektlos" behandelt, vgl. dazu Friis-Jensen, Olav (2000), 259-261, das Zitat 260 („Saxos hârdhœndede og lidt respektLase behandling"). 25 Hoffmann, Könige (1975), 81-84. 26 Antonsson, St Magnus (2007), 24f; 107-115. 27 McDougall/McDougall, Notes ( 1998), 78, Anm. 132. 28 Johnsen, Misjonsbiskopen (1975). Vgl. aach Antonsson, St Magnus (2007), 104f; Abrams, AngloSaxons (1995), 223f.; Brink, Formation (1998), 22. 29 Hoffmann, Könige (1975), 79f. Vgl. grundlegend Rollason, Cults (1983), 11-21 u. Sawyer, Innflytelse (1999). 30 Vgl. etwa Hoffmann, Könige (1975), 76f; neuerdings Rethe, Odinskriger (1999), 72f. u. Steinsland, Kongen (2000), bes. 66-68; 158-159. 31 Antonsson, St Magnus (2007), 115-121. Zu Boris und Gleb vgl. Poppe, Politik (1994), 412-422. 32 Hoffmann, Könige (1975), 88f. Zu Parallelen in Böhmen Gieysztor, Heilige (1994), 339-341; vgl. auch Antonsson, St Magnus (2007), 216f. 33 Antonsson, St Magnus (2007), 106. 34 Adam von Bremen, Gesta, lib. 2, c. 61.

83

1. Die heiligen Könige des Nordens

Jumièges.35 Bis der Skalde Einarr Skúlason 1150 in seiner Drapa Geisli über einige Wun-

der seitens Olafs berichtete,36 finden sich aber keine Informationen mehr.37 Erst aus dem späten 12. Jahrhundert, inmitten der auch kirchenpolitischen Auseinandersetzungen zwischen König Sverre und König Magnus Erlingsson, sind zwei skandinavische Fassungen eines hagiographischen Berichtes über die Passio et miracula bead Olaui überliefert. Sehr wahrscheinlich entstand dieser im Umkreis Erzbischof Eysteinn Erlendsson, dem Förderer Magnus' und der bischöflichen Partei.38 In dieser Passio werden ausführlich die Taten und Wunder Olafs erzählt und seine Heiligkeit, gerade in einem abgelegenen heidnischen Land, hervorgehoben. Aus dem frühen 12. Jahrhundert hat sich eine altnordische Olafs saga hins helga erhalten, die üblicherweise als „Legendarische Saga" bezeichnet wird und die auf eine ältere Sagatradition zurückgehen dürfte.39 Diese verfolgt ebenfalls das grundlegende Ziel, „Olaf als König und Heiligen, beides untrennbar in einer Person, darzustellen."40 In Dänemark entstand einige Zeit später eine Heiligen Verehrung Knuts IV, die ebenso vom Königtum unterstützt wurde. Knut wurde als außerehelicher Sohn Sven Estridsens geboren und trat nach dem Tod Harald Hens, seines Bruders, gemäß der Nachfolgeregelung Svens 1080 das Königtum an.41 1085 plante er einen Einfall in England, um die Herrschaftsrechte Knuts des Großen dort in Ansprach zu nehmen und damit sein Volk zu einen.42 Wegen seiner rigiden Steuerpolitik kam es 1086 zu einem Aufstand, der ihn zur Flucht zwang. In der Albanuskirche in Odense wurde er im selben Jahr von einigen seiner Gegner ermordet. Die um 1090 ausbrechende Krise in der Landwirtschaft ließ dem Königtum seines Bruders Olaf „Hunger" jedoch keine Entfaltungsmöglichkeit, so dass die Missernten bald als Gottesstrafe für den Mord an Knut gedeutet wurden.43 So entstanden auch hier bald Mirakelberichte, die von einer frühen Heiligenverehrung zeugen. In Dänemark reagierten das Königtum und kirchliche Eliten ebenfalls auf den sich -

35 Gesta Normannorum Ducum, Hb. 5, c. 12f. 36 Einarr Skúlason, Geisli, bes. Str. 7; 20; 23-64. Vgl. Mortensen, Mirakler (2000), 95 u. Ders./Mundal, Erkebispesetet (2003), 359. 37 Mortensen, Manuscript (2000), 170. 38 Mortensen, Manuscript (2000), 170; 184. Vgl. auch Ders./Mundal, Erkebispesetet (2003), 365-368 u. Phelpstead, Introduction (2001), XXXI-XXXIX. Zum Prolog der Passio vgl. Mortensen, Language (2005), 170. 39 Mortensen, Research (2002), 1015. 40 Hetnrichs/Janshen/Radlcke/Röhn, Einleitung (1982), 19. Bagge, Making (2006), 479, betont aber: „As a whole, the portrait of Olaf in the Legendary Saga conforms more to the conventional portrait of a rex tustús than to that of a missionary". Zum Verhältnis zur Passio Olaui vgl. Mortensen, Research (2002), 1015f. Zu den Unterschieden verschiedener Gattungstraditionen Jergensen, Passio (2000), zusammenfassend 169. Vgl. auch Fechner-Smarsly, Körper (1995), 63f. 41 Hoffmann, Königserhebung (1976), 28-36. Zur grunds. Bedeutung Knuts Ders., Knut (1974), zusammenfassend 567-570. 42 Lund, Zug (1992), 105. Vgl. auch Hoffman, Knut (1974), 555-567 u. (zur Darstellung Ailnoths) van Houts, Conquest (1995), 837f. 43 Hoffmann, Könige (1975), 97.

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen

84

Europa

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entwickelnden Kult und förderten diese Verehrung. Besonders Erik „der Gute" tritt hier in den Vordergrund.44 Mit der dominierenden Stellung, die Olaf der Heilige in Norwegen in den folgenden Jahrhunderten einnahm, war die Verehrung Knuts nicht vergleichbar; sie war zunächst ein Phänomen der Odenser Kirche. Dennoch nutzte das Königtum wohl auch nach norwegischem Vorbild45 die Möglichkeiten, die ein heiliger König als Legitimationsgrundlage bot.46 So entstand auch hier eine hagiographische Literatur, welche die Heiligkeit Knuts herausstellte.47 Besonders hervorzuheben sind hier neben der so gezwei Texte: die Passio sancti Kanuti regis et martyris, nannten Tabula Othoniensis die schon um 1095/96 in Odense verfasst worden sein dürfte. Diese Heiligengeschichte darf man als den ältesten überlieferten Text Skandinaviens ansehen. In besonderer Weise beschrieb Knuts Heiligkeit aber ein angelsächsischer Mönch: Ailnoth. Nach der normannischen Eroberung von 1066 begaben sich viele Angehörige der angelsächsischen Eliten ins Exil, viele davon nach Dänemark, wo noch immer Ansprüche auf das englische Königtum geäußert wurden. Zu diesen gehörte wohl auch ein gewisser Ailnoth, der, wie er selbst berichtet, aus Canterbury stammte48 und der im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts in Odense seine Gesta Swenomagni regis etfiliorum eius et passio gloriosissimi Canuti regis et martyris verfasste. So wurde er schon als Bindeglied zwischen englischer und dänischer Geschichtsschreibung bezeichnet.49 Der Großteil dieser Texte entstand im Umfeld von Ereignissen, die als grundlegend für Reichs- und Nationsbildung angesehen wurden, in „Momenten der Mythopoiesis".50 Damit wurden Heiligengeschichten zu Gründungsmythen für jedes der neuen Reiche.51 -

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1.2. Die

neuen

Reiche und das Alte Europa

In den hier vorgestellten Texten spielt der Vergleich eine tragende Rolle. Die meisten Autoren verankerten ihre Texte in der kontinentalen Tradition „klerikaler Geschichts-

schreibung"52. So wenden sie auch deren (universale) Darstellungsformen auf ihre (lokalen) Darstellungen an.53 Damit gewinnt der Vergleich grundlegende Bedeutung. Schon 44

Antonsson, St Magnus (2007), 130, wendet sich aber gegen die Ansicht, Erik habe auch Elevation

und Kanonisation gefordert. 45 Antonsson, St Magnus (2007), 24f. Vgl. auch Hoffmann, Königserhebung ( 1976), 27f. 46 Riis, Institutions (1977), 213f; Hoffmann, Könige (1975), 101; grundlegend zur Königsmacht 47 48 49 50 51 52 53

Begh, Magien (1987). Vgl. die Übersicht bei Hoffmann, Könige (1975), 102-115. Ailnoth, Gesta, Ep.: Cancia Anglorum metropolitana urbe editus. Lukman, ß\nod(\941),493f. Mortensen, Beginnings (2006), 266. Mortensen, Beginnings (2006), 258. Vgl. auch Steinsland, Kongen (2000), Brandt, Shape (1973). Vgl. auch Phelpstead, Pilgrims (2006), 62f.

141-143.

85

I. Die heiligen Könige des Nordens

die Passio Kanuti zieht solche zu Josef, Jakob oder David54 und auch die Passio Olaui führt die Bibel mehrmals als Vergleichsgröße an.55 Bibelvergleiche finden sich jedoch nicht nur in den lateinischen Darstellungen. Auch die altnordische Olafs saga hins helga („Legendarische Saga") baut die passio Olafs zur Parallele der Leidensgeschichte Christi auf und stellt damit einen impliziten Vergleich her.56 Diese Züge finden sich in ähnlicher Weise in der Knutsliteratur.57 Die in diesen Texten überlieferten Mirakelberichte über die heiligen Könige werden ebenso mit Vergleichen zu Gestalten und Ereignissen des Alten und Neuen Testaments in ihrer Wirkung verstärkt. Beispielsweise heißt es in der Legendarischen Saga über Olaf den Heiligen, dieser habe an einem Sonntag in einem Stück Holz geschnitzt. Als er darauf aufmerksam gemacht wurde, bereute er dies, denn „die Norweger halten die Festtage besonders genau,

irgendeine Arbeit zu verrichten."58 Da nahm er alle unverletzt:

so

dass

es

niemand wagt,

an

Feiertagen

Späne zusammen und verbrannte sie auf seiner Hand. Diese blieb aber

„Solche Wunder vollbrachte der allmächtige Gott um des heiligen Königs Olaf willen, wie er sie einstmals an drei jungen Männern vollbracht hatte, die um seinetwillen in Babylon in einen

brennenden Ofen

geworfen worden waren."59

Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang das Verhältnis Olaf Tryggvasons zu seinem Nachfolger Olaf Haraldsson. Diese beiden Könige,

„die wie strahlende Himmelsleuchten mit dem heiligen Licht des Glaubens ihr Land erhellten", wie in der historiographischen Literatur zu lesen ist,60 erscheinen in den einzelnen Texten als Vorläufer und Vollender der Christianisierung Norwegens. Dies hebt in erster Linie Oddr Snorrason in seiner Lebensbeschreibung Olaf Tryggvasons hervor: 54 Passio Kanuti, c. 3. 55 Passio Olaui, z. B. 69f. 56 Olafs saga hins helga, c. 82, über den Tod Olafs: „Es trat ein so großes Unheil ein, daß die Sonne ihre Strahlen verbarg und es dunkel wurde vorher war jedoch schönes Wetter genauso wie es damals war, als unser Schöpfer von dieser Welt schied" (Pa varö sva mikil ogn, at solenfal gœisla sinn oc geröe myrct, en aörfagrt veör œftirpui sem pa var, er slalfir skaparennfor afverolldene; Übersetzung Heinrichs u. a., 197); vgl. auch ebd., c. 48. Vgl. dazu Hoffmann, Könige (1975), 70-73; Fechner-Smarsly, Körper (1995), 61f. u. Fidjestel, Traditionen (1990), 85; 90. 57 Hoffmann, Könige (1975), 111. 58 Olafs saga hins helga, c. 97: Noreksmenn hallda allvœl messodaga, sva at œngt maörporer at vlnna um hattdlr, huarke miklt ne llttt. Übersetzung Heinrichs u. a., 219. 59 Olafs saga hins helga, c. 97: Sltcar tartœtgntr geröe amategr guö firtr sakar hins hœlga Olafs konongs, sem hann geröe fyrr mœlr viô .Hj. unga menn, er sœttir varo i brœnnenda omn œtnnfirlr guös sakar l Babilonia. Übersetzung Heinrichs u. a., 219. Vgl. hierzu Dan. 3. 60 Historia Norwegie, c. 15: qui quasi clara cell luminaria suam sacre lucefidet Mustrabantpatrlam. In Snorris Darstellung lässt sich Olaf erst dazu bewegen, nach Norwegen zurückzukehren, nachdem ihm Olaf Tryggvason im Traum erschienen war: Snorri Sturluson, Heimskringla, Óláfs saga ins Helga, c. 188. -

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777. Der Blick nach Süden: Die

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Suörlcnd in Darstellungen des „Neuen Europa

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„So mag man sich vorstellen, dass König Olaf der Erste mit seiner Arbeit die Grundmauern des Christentums vorbereitete und errichtete, der spätere Olaf aber erbaute die Mauern. Olaf Trygg-

legte den Wingert Ertrag."61 vason

an, der

heilige

Olaf aber schmückte und vermehrte ihn mit

großem

Schon in seinem Prolog aber geht Oddr darüber hinaus. Wie er berichtet, wurde Olaf von seinem gleichnamigen Vorgänger getauft.62 Damit zieht Oddr hier auch den explizit Vergleich, der sich dem kundigen Leser bereits zuvor aufdrängen musste:

Haraldsson

„Im fünften Jahr seiner Herrschaft hielt König Olaf seinen Namensvetter in die Taufe und hob

ihn aus dem heiligen Brunn, so wie auch Johannes der Täufer es am Herrn tat. Und so, wie er sein Vorläufer war, so war auch König Olaf Tryggvason der Vorläufer des heiligen Königs

Olaf."63

Vergleiche mit Bibelgestalten oder auch Heiligen64 sind nun aber in hagiographischen Darstellungen wenig überraschend. Ein Text tritt in diesem Zusammenhang jedoch in anderer Weise in den Vordergrund: die Gesta Swenomagni regis etfiliorum eius et passio gloriosissimi Canuti regis et martyris des angelsächsischen Mönches Ailnoth.65 Er hebt Knuts göttliche Beauftragung hervor und findet seine eigenen Wege, Dänemark in der universalen göttlichen Ordnung zu verankern. Dänemark ist in seiner Darstellung eingebunden in den göttlichen Heilsplan.66 Daher verwendet auch Ailnoth Bibel- und Heiligenvergleiche.67 Auch bei ihm gleicht der Tod Knuts dem Tod Christi. Damit wird dieser Tod zum zentralen Ereignis der dänischen Solche

Geschichte.68

Als Knut verwundet fällt, bemerkt Ailnoth: 61

62 63

Oddr Snorrason, Saga Óláfs Tryggvasonar, c. 52: Sua cer at virpa sem Olafr konungr hinn fyrri œfnaôi oc setti grunduolinn crlstinnar meó sinu starfi. En hinn siparri Olafr reisti ueggi Oc Olafr T. s. setti uin garôin En hinn helgi Olafr pryddi hann oc aucaöi. meö miclum avexti. Oddr Snorrason, Saga Óláfs Tryggvasonar, Prolog. Diese Information findet sich etwa auch in der Olafs saga hins helga, c. 8. Oddr Snorrason, Saga Óláfs Tryggvasonar, Prolog: oc a envfimta ari hans rikts hellt O. konungr nafna synom vndir skirn oc tok hann afpetm helga brvnne i pa liking sem loan baptisti geröe vtp drottin. oc sva sem hann var hans fyrlr rennarl. sva var oc O. konungr T. s. fyrlr rennart ens helga O. konungs. Vgl. dazu Hoffmann, Könige (1975), 70. Während die frühere Forschung (vgl. etwa Weber, Intellegere historiam (1987), 126) hierin zuweilen typologische Geschichtsdeutung erblickte, spricht auch Zernack, Vorläufer (1998), 77, eher von Vergleichen und weist zu Recht daraufhin, dass hier zu diskutieren wäre, „ob der genaue Wortlaut tatsächlich auf typologisches Denken oder nicht eher auf eine bloß typologieanaloge Argumentation schließen lässt in jedem Fall dürfte es sich bei dem Johannes-Vergleich um eine Schlüsselstelle für das Verständnis der Saga handeln." Vgl. auch ebd., Anm. 1. -

64 Oddr Snorrason, Saga Óláfs Tryggvasonar, c. 35. 65 Zu Ailnoth vgl. bes. Serensen, Buch (1989); Hoffmann, Könige (1975), 108-115; Ders., Königserhebung (1976), 71-74. 66 Serensen, Buch (1989), 57-61; Antonsson, St Magnus (2007), 38^*0. 67 Ailnoth, Gesta, c. 3: Suegnomagnus ueluti regum quondam fortisslmus et uatum facundissimus Dauid. 68 Antonsson, St Magnus (2007), 36.

87

1. Die heiligen Könige des Nordens

„Auf dass der König ein demütiger Nachahmer der Leiden Christi wurde, legte Jesus, unser Herr, inmitten der Gefahr in Form eines Kreuzes nieder."69

Ailnoths Werk hebt

grundsätzlich

er

sich, wie

die Parallelität biblischer und dänischer Geschichte

wie auch Knuts und Jesu hervor.70 Über solch biblische Vergleiche geht er aber noch hinaus. Er fügt diesen eine große Zahl an klassisch-antiken Vergleichen hinzu. Zwar betont er, er wolle nicht berichten

Danaerflotten, die den Untergang über die Trojaner brachten, [er] erwähne nicht die Schlachtreihen Hektors, die sich unter ihrer Fahne den Waffenschilden der Myrmidonen entge-

„von den

genstellten",71 vielmehr wolle er sich auf das Leben des Heiligen beschränken. Allein dadurch, dass er die Ereignisse der Ilias in diesem Zusammenhang erwähnt, stellt er schon eine Verbindung zwischen ihnen und der dänischen Geschichte her. Darüber hinaus will er besonders betonen, dass es ihm nicht um eine Geschichte tapferer Helden geht, sondern um das Leben eines von Gott erwählten Heiligen. In Grandzügen finden sich klassische Bezüge auch schon in der Passio Olaui?2 Der Angelsachse Ailnoth ist jedoch der erste Geschichtsschreiber des Nordens, der explizit nordische Geschichte mit klassisch-antiken Ereignissen vergleicht. Sven Estridsen etwa wird mit Priamos verglichen.73 An einer Stelle wird die Vermischung biblischer und antiker Ereignisse als Vergleichsgröße für die dänische Geschichte besonders deutlich: bei der Ermordung Knuts. Hier heißt es: „Wer würde es denn nicht verwünschen, dass ein frommer Fürst durch das gemeine Volk mit Hinterlist angegangen und angegriffen wird? Wer verflucht es nicht, dass ein König vom eigenen Volk ermordet wird? Auf dass ich nämlich etwas von den Alten berichte: Griechenland ertrug Agamemnon den Harten, der zweimal fünf Jahre und länger die Argiver vom Kriege und vom Meere nicht heimkehren ließ; Spanien erduldete Hannibal den Wilden, der unter den Edlen ein Blutbad anrichtete; Judäa erlitt Herodes den Grausamen, der den Bringer des Lichtes und den Schöpfer aller Dinge verfolgte, das Verbrechen des Verwandtenmordes gering schätzte und Edle in Zuchthäusern einsperrte; und Rom, das Haupt der Welt, nahm Nero den Schrecklichen geduldig hin, der den mütterlichen Leib mit einer Klinge durchbohrte, den Bruder tötete, die Stadt nieder brannte und die Senatoren der Stadt und die Väter der Welt ins Verderben jagte."74 69 Ailnoth, Gesta, c. 27: utpassionum Christi rex deuotus imitator ejficeretur, ueluti dominus Ihesus in cruce in medio iniquorumposltus. Vgl. auch ebd., c. 28: brachtts in crucis modum extensts membrisque solo ante aram sacram exposttis. 70 Serensen, Buch (1989), 57-61. 71 Ailnoth, Gesta, Ep.: Neque entm ego Danaum classes Dardants excidium inferentes edissero, non actes Hedoreas Mirmldonum armls umbonlbus oblectts insigniter obutantes commemoro. 72 Passio Olaui, 75, wo Norlcus einen Norweger bezeichnet. 73 74

Ailnoth, Gesta, c. 2. Ailnoth, Gesta, c. 28 : Quis enimprincipem rellglosum a populoprophano installs tmpetitum et lacessltum non detestetur? quis regem a gente propria Interemptum non execretur? Ut entm quídam ex anttquis referam, Agamemnonem durissimum, bis quiñis annis et ampllus Argtuos bello pelagoque a proprils retlnentem, Greda sustinutt; Hannibalem ferocissimum, noblllum cedlbus cruentatum,

Ispania pertullt; Herodem atrocissimum, lucis audorem et uniuersorum creatorem persequentem, crimen parricidale paruipendentem, nobiles ergastults recludentem, lactantium turbam Innocuam

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Europa

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Einen frommen und gütigen Fürsten zu ertragen, dafür sei Dänemark dagegen noch nicht bereit gewesen. Dänische Geschichte ist damit also nicht nur Teil von Gottes Heilsplan, sondern auch Teil der europäischen Tradition, die sich aus christlichem und klassischantikem Erbe speist, gewissermaßen der „großen Erzählung" europäischer Geschichte75 wenn auch der Mord an Knut die Wertigkeit Dänemarks in dieser Tradition in gewisser Weise noch in Frage stellt. Mit ihren heiligen Königen finden die Dänen und Norweger also ihren Platz in der europäischen Geschichte wie auch in der göttlichen Ordnung. Daran muss sich aber die Frage anschließen, ob sich zusätzlich zu solch diachronen Vergleichen, die das eigene Geschichtsbild im universalen Rahmen verorten, auch synchrone, gleichsam „zeitgenössische" Vergleiche finden, ob also die Fremdkonstruktion auf die Identitätskonstruktionen zurückwirken kann. Hier muss festgehalten werden, dass solch synchrone Vergleiche in den Berichten über heilige Könige an nahezu keiner Stelle auftauchen.76 Offensichtlich dient nur die Geschichtstradition des Alten Europa' in Vergleichen dazu, sich selbst in dieser Tradition zu verorten, gewissermaßen als integrierender Vergleich. Abgrenzende Vergleiche, die Identitätskonstruktion durch Distinktion anstreben, in gewissem Sinne also desintegrierende Vergleiche, finden sich in diesen frühen Werken nordischer Geschichtsschreibung noch nicht. Das ,Alte Europa' findet in diesen Texten naturgemäß bei der Darstellung der Christianisierung besondere Beachtung. Alle Autoren sind sich darin einig, dass dies ein Prozess war, der im ,Alten Europa' seinen Ausgang genommen hatte. Die Viten und Sagas über Olaf Tryggvason und Olaf Haraldsson heben hervor, dass beide Könige im Süden mit dem christlichen Glauben in Berührung gekommen waren und ihn von dort importierten. So können die Autoren ihre Missionsleistang in leuchtenden Farben malen. Olaf Tryggvason sei, so berichtet Oddr, von Gott nach Griechenland geschickt worden, um über den Glauben zu lernen. Dort sei er sogleich mit der Mission des Nordens beauftragt worden, was er schon auf dem Weg durch Russland in Angriff genommen habe. Dadurch habe er sich nicht nur dort, sondern im gesamten Norden Ruhm erworben.77 Später habe er ein Erweckungserlebnis mit einem christlichen Propheten auf den Scillyinseln gehabt und habe dort die Taufe empfangen.78 Bei seiner Mission Norwegens sei er von englischen -

,

maternis uberibus abstractam impie iugulantem, Iudea tolerauit; Neronem crudelissimum, materuiscera ense rimantem, fratrem tnterimentem, urbem inflammantem, eiusdemque senatores urbis

na

75

76 77 78

et patres orbts extcialiter extermlnantem, ipsa mundi capul Romapatt duxit: principem religiosum, dtuina exequentem, utilia et liberada indicentem, a semilibus gestis uulgum cohercere studentem, Dada contumax sufferre non ualuit. Mortensen, Beginnings (2006), 273. Diese Züge finden sich verstärkt in den späteren historiographischen Gesamtdarstellungen; S. dazu u., 96-150; vgl. dazu auch Friis-Jensen, Presence (2006), 212-214. Lediglich in der Olafs saga hins helga, c. 11, werden in einem Olaf selbst zugeschriebenen Gedicht die Engländer als unterlegene und ungleiche Gegner dargestellt. Oddr Snorrason, Olafs saga Tryggvasonar, c. 13. Oddr Snorrason, Olafs saga Tryggvasonar, c. 14. S. dazu auch u., 161.

7. Die heiligen

Könige des Nordens

89

Priestern unterstützt worden.79 Olaf Haraldsson habe den christlichen Glauben in England kennen gelernt und sich in Rouen taufen lassen wollen.80 Die Christianisierung Dänemarks fand demgegenüber auf viel massiveren Druck von Seiten des Reiches statt. Auf einem Feldzug Ottos des Großen gegen die dänischen und norwegischen Verbände unter König Harald Blauzahn habe Bischof Poppo von Schleswig den Dänenkönig mitsamt seiner hirö durch eine Eisenprobe vom christlichen Glauben überzeugt. „Aber auf dass ich etwas, das die Alten überlieferten, aufgreife: demnach hat Bischof Poppo ehrenden Angedenkens das Feuer eines glühenden Eisens in seiner Rechten getragen, die aber unverletzt blieb, und ging mit unverbrannten Sohlen über eine rotglühende Metallplatte und erklärte dies zum Zeichen, dass Christus, der Sohn Gottes, der wahre und einzige Gott sei und stritt so, von Jesus Christus begünstigt, für den Glauben, den das Dänenvolk annahm, um ihn bis heute unversehrt zu bewahren und einzuhalten."81

auch die norwegisch-isländischen82 über dieses „Poppowunder" Dass alle Texte berichten, kann als Indiz dafür gedeutet werden, dass hierin das Schlüsselereignis im Christianisierungsprozess des Nordens gesehen wurde.83 Oddr hebt an dieser Stelle auch deutlich hervor, dass Dänemark gewaltsam vom Reich aus christianisiert wurde, während dies in Norwegen auf die Leistung Olaf Tryggvasons zurückgehe.84 In beiden Ländern gab der Christianisierungsprozess dem Königtum die Möglichkeit, die Zentralisierung der Herrschaftsgewalt weiter voranzutreiben. Konnte man in seinem Stammbaum einen heiligen König fuhren, wurde diese Wirkung nur noch verstärkt. Die Christianisierung ist also der Wendepunkt der nordischen Geschichte. Durch sie wurde der Norden Teil der Christenheit, gewissermaßen auch Teil Europas. Diese Stellung der nordischen Königreiche heben die Viten- und Sagaautoren heiliger Könige durch biblische und später auch -

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klassisch-antike Vergleiche hervor. Werden dagegen zeitgenössische und distinktive Vergleiche gezogen, so findet dies ausschließlich im innernordischen Rahmen statt; zum Alten Europa will man die Gleichwertigkeit des Eigenen betonen, nicht aber das Eigene besonders herausheben. So stellen die dänischen Autoren in Vergleichen mit Norwegen die Wertigkeit ihres Königreiches dar, während die norwegisch-isländischen Autoren in genau umgekehrter Richtung verfahren. Dies kann bei einer Infragestellung dänischer Tapferkeit beginnen, 79 Oddr Snorrason, Olafs saga Tryggvasonar, c. 23. Vgl. Abrams, Anglo-Saxons (1995), 223f. 80 Passio Olaui, 68. Diese Information geht zurück auf Gesta Normannorum Ducum, lib. 5, c. 12 und wurde wohl über Theodoricus Monachus im Norden bekannt. Vgl. dazu Mortensen, Manuscript (2000), 174-177; 185-187. S. auchu., llOf. Vgl. Rethe, Fortellinger (2000), 174-177. 81 Ailnoth, Gesta, Prooemium: Ut enim qutddam ex antiquorum relatu contlngam, ex quo uenerabllls memorie pontifex Poppo candentis ferri ardorem inusta deferens dextera et Ígnitas ferri laminas incombustis pertransiens plantis Christum, del fillum, uerum et solum deum fore euldenti Indicio declarauit, fidem, quam gens Dánica suscepit, in hodiernum illibatam conseruare et custodire Ihesu Christo fauente contenait. Zur „Poppolegende" vgl. Schmidt, Studien (1973), 105-109. 82 Vgl. z. B. Oddr Snorrason, Olafs saga Tryggvasonar, c. 15. 83 S. auchu., 160. 84 Oddr Snorrason, Olafs saga Tryggvasonar, c. 15.

///. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

90

Darstellungen des „Neuen Europa

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wobei die Dänen sogar als „Waldziegen" (scogar geitrnar) betitelt werden können,85 kann aber auch weit tiefer greifen. Als Olaf Haraldsson sich während seiner Odyssee am Hof Knuts des Großen aufgehalten hatte, berichtet die Legendarische Saga, Knut habe die Gewohnheit besessen, lange zu schlafen, weshalb er immer wieder die Messe verschlafen habe. Natürlich sei mit dem Beginn der Feierlichkeiten stets auf ihn gewartet worden, Olaf aber sei Frühaufsteher gewesen. So lässt der Autor den Bischof die beiden Könige vergleichen:

„Alle seine Leute saßen in der Kirche auf dem Fußboden, Olaf aber stand an einen Pfeiler gelehnt. Als aber König Knut sich so verspätete, fragte der Bischof, ob Knut schon gekommen sei. Die Priester antworteten, er sei nicht gekommen. Der Bischof blickte in die Kirche, sah Olaf dort stehen und sagte: ,Jetzt ist der König gekommen.' Die Priester antworteten, er sei noch nicht gekommen. ,Doch', sagte der Bischof, ,dies ist der wahre König, der jetzt hier ist, denn er will lieber dem Ruhm Gottes dienen, als dass das Gesetz Gottes ihm diene.'"86 Solchen Vorstellungen hatte schon Ailnoth auf dänischer Seite

entgegengehalten:

„Die Menschen des Nordens aber, die aufgrund der Lage ihrer Region Nordmänner [Norweger] genannt werden, und die Isonier, die ebenfalls wegen der Härte des Winters und der Fülle an Eis im eigenen Lande wie auch in der dänischen und norwegischen Zunge Isländer genannt werden, achten zwar die christlichen Riten, aber wegen der Unfruchtbarkeit des Landes und des

Mangels an Nahrung beflecken sie diesen Glauben sowohl an den Fastentagen wie auch in der Fastenzeit durch das Essen unzulässiger Kost. Aus dem Norden aber, wie der Herr durch den Propheten spricht, breitet sich das Böse über das Angesicht der ganzen Erde aus. Daher werden diese Völker, über die wir gesprochen haben, die eingeschlossen sind durch das kalte Klima alten Unglaubens, kaum jemals so durch die Glut flammenden Glaubens gefestigt, dass die tiefe Bindung an den Unglauben gelöst würde."87 Solche innernordischen Vergleiche dienen also zumeist dazu, die Frömmigkeit und Festigkeit im Glauben des eigenen Volkes hervorzuheben. Dennoch wird in den meisten Texten der Norden als eigene Entität gezeigt. Die gemeinsame Erfahrung des späten Christianisierangsprozesses sorgte wohl gemeinsam mit der gemeinsamen Sprache für 85 Oddr Snorrason, Olafs saga Tryggvasonar, c. 69. 86 Olafs saga hins helga, c. 12: (...) sat lia hans a klrkiu golveno allt, en Olafr stoô via innstolpa œinn i klrkiuni oc studdizc vtó. En er Knutr konongr kom sœtnt ut, pa spuröt blscup, hvart Knutr vœre ut komenn. En klœrkar kvaöo hann œigi ut komenn. Blscup lœtt utar i klrkiuna oc sa, hvar Olafr stoô oc mœllte slöan: „Nu er konongr ut komenn. Pœir sagöu, at hann var œigi ut komenn. „Jaur"; er sannr er nu ut „sia komenn, sagöe blscup, konongr, firtr put at hann vtll hœllôr piona love, en guôs logpione hanum. Übersetzung Heinrichs u. a.,55. 87 Ailnoth, Gesta, Prooemium: Aquilonales autem, qui ob situm regionum Normanni dtcuntur, et Isontl, qui etlam ob hiemls ibidem uehementtam et longeuioris glaciei sertem Glaciales tam patria quam et Dánica et Normannica lingua nuncupantur, ritum quldem Christiane religlonls obseruant, sed pro terrç ¡nferttlitate ulctusque exlguitate eandemfidel religtonem tam sollempnlbus tetuntorum dtebus quam et quadrageslmali tempore Micitorum esu ciborum commaculant. Ab aquilone entm, ut per prophetam dominus commémorât, pandetur malum super faciem uniuerse terre Icctrco naílones Istç, quas commemoraulmus, antique infidelltatts obstrlcte frigoribus ulx umquam itaferuore succense fidel stabilitate solidantur, ut infidelitatts nexlbus pendus absolu"

"

antur.

7. Die

heiligen Könige des Nordens

91

ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl in den Norôrlçnd.^ Dieser Raum ,Norden' wird in den hier behandelten Texten an mehreren Stellen angesprochen.89 Immer wieder wird dabei seine Abgelegenheit, besonders die Norwegens, unterstrichen. Die Beschreibung der Bewohner dieses Landes als ein „übles und böses Volk" (nado prava et perversa)90 hebt freilich den festen Glauben und die Missionsleistang Olafs noch deutlicher hervor. So kann der Norden auch mit dem wandernden biblischen aquilo identifiziert werden. Die Passio Olaui schreibt zu Beginn: „Da sie nämlich in Ländern lebten, die dem Norden am nächsten waren, so gehörten sie auch jenem aquilo, aus dem sich das Böse über das gesamte Angesicht der Erde ausbreiten werde,

und mit dem festen Eis des Unglaubens wurden sie von ihm gefesselt. Der Herr aber, groß und lobenswert, der an dessen Rändern seine Stadt errichtet, zerstreute mit dem milden Wind des Südens die Härte des Nordens. Und so erweichte er mit der Wärme des Glaubens die hartnäckigen und rohen Herzen der wilden Völker."91

So zeigt sich Gottes Wirken in der Geschichte, besonders auch in der Geschichte des Nordens. Indem man seine abgelegene Lage im Norden mit dem alttestamentarischen aquilo in Verbindung bringt, findet man sein eigenes Volk schon in der Bibel: Nicht als der aquilo selbst, sondern als die civitas Gottes am Rande des Nordens. Die aus den Missionstexten bekannte Wärmemetapher wird hier genauso angewandt wie die antike Klimatheorie.92 Indem man andererseits aber auch immer wieder den Kontakt mit der alten römischen Welt betont, beschreibt man das eigene Alter.93 Dieser Zug findet sich freilich in besonderer Weise bei Ailnoth. Wenn er (als Angelsachse) auch Dänemark nicht im biblischen aquilo verortet, diesen vielmehr in Norwegen und Island sucht, betont er doch auch die Abgelegenheit des Nordens. Fast alles bisher angesprochene findet sich in der folgenden Passage Ailnoths:

„Die Königreiche des Nordens, abgelegen in den fernsten Weltteilen, hielten weithin und lange an den heidnischen Riten fest, bis die göttliche Gnade sie aus dem Abgrund des Irrens und des Unglaubens herausführte. Fast alle Reiche, die Iulius Gaius, aus dem dereinst großen Geschlecht des Pompeius, der Gewalt Italiens unterworfen hatte, hatten ihren Nacken den christlichen Gesetzen gebeugt; je später jene Völker aber, die von den Breiten der Franken oder Gallier und der Sachsen nach Norden zu siedelten, die Goten nämlich und die Schweden, die Normannen und die Isländer, die Zeichen des Glaubens empfingen, um so unentschlossener waren die Lehrer des 88 Olafs saga hins helga, c. 89. 89 Vgl. z. B. Olafs saga hins helga, c. 42 und Oddr Snorrason, Olafs saga Tryggvasonar, cc. 6; 73. S. dazu auchu., 170-176. 90 Passio Olaui, 69. 91 Passio Olaui, 67: Sicut enim loca aqutlontpróxima inhabitabant, ita familiarius easposséderai, et tenaciort glacie tnfidelitatis astrinxerat aquilo die, a quo pandltur omne malum super unluersam fadem terre (...) Ceterum magnus dominus et laudabills, qui de laterlbus edificat ciuitatem suam, austrt placido flamine aquilonis dtssipault duriciam. Et gentium efferarum obstinatos ac feroces ánimos calore fidei tandem emolliuit. 92 Vgl. dazu o., 35. 93 Mortensen, Beginnings (2006), 264. Vgl. auch Antonsson, St Magnus (2007), 36f.

III Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

92

Darstellungen des „Neuen Europa

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Glaubens, dorthin zu gehen, sowohl um des Mangels an Nahrung und an allen Dingen willen wie auch wegen der Wildheit der Barbaren und ihrer angeborenen Härte. Die Dänen aber, die den Galliern und Sachsen am nächsten sind, wurden daher für wichtiger als die vorgenannten Völker gehalten, und den Glauben an die Dreieinigkeit, den jene kannten, diese annahmen, verbreiteten sie in ihrem Gebiet, wo sie auch nur um des Nutzens willen wohnten, durch die Gewalt der Könige und des Adels wie auch durch den Rat der Bischöfe und Gottesmänner in den tagtäglich überall vermehrten Kirchen, und dem Glauben, den sie bis dahin angenommen hatten, dienen sie bis heute in treuer Verehrung."94 Gerade durch seine Grenzposition, durch seine Abgelegenheit, wird der Norden in allen Texten als bedeutender Teil der „christlichen Gemeinschaft" (afallufolki cristinna manna)95 dargestellt. So muss diese Region auch besondere Wirkmöglichkeiten auf die gesamte Christenheit haben. Die Heiligen sind hierbei die wichtigsten Vertreter ihrer Länder. Die Viten und Sagas weisen unablässig auf die Verehrung hin, die ihren Heiligen gerade auch im Alten Europa zuteil wird. Beispielsweise berichtet die Olafs saga hins helga, der Tag der Translation Olafs werde „in Norwegen und weithin an anderen Orten zu seinem Gedächtnis feierlich begangen."96 An anderer Stelle heißt

es:

„Ruhmvolle Berichte über die Wunder des heiligen Königs Olaf verbreiteten sich über die ganze Christenheit und alle christlichen Länder"97

und der

Todestag Olafs werde von allen Christen (aller kristnir menn) feierlich began-

gen.98

Schon nach dem Tod Olaf Tryggvasons setzte eine massive Legendenbildung ein. Dabei entstand sogar eine nordische (und sehr früh verschriftlichte) Version des später als ,Kaisersage' verfestigten Legendenstoffs: Viele hätten nämlich an den Berichten über Olafs Tod gezweifelt. Oddr Snorrason hebt hervor, dass er selbst überzeugt sei, Olaf 94 Ailnoth, Gesta, Prooemium: Regna aquilonis, in remotts mundi partibus abdita, longe dluquepaganls tenebantur rltlbus dedita, quousque ea de profundo erroris et tnfidelttatts diulna extraxlt clemetia. Nam postquamfere omnia occidentts regna, que Iulius Gaius, Magnl quondam Pompetj gener, Ausonlo subtecerat imperio, christtants colla subdldere legibus, nattones Mç, quç ex aduerso latere Francorum seu Gallorum Saxonumque aquilonaltbus consistunt partibus, Suetht uidelicet et Gothl, Normannl atque Isonlj, tanto sertusfidei signa suscepere, quanto illucfidel doctores tam pro uictus rerumque penuria quam et pro barbarorum feritate et innata duricla magnipendebant diuertere. Dont uero, qui Gallts Saxonlbusque uictniores uldentur, idcirco gentibus prenomlnatts pottores habentur, quod et ipsi solum necessartts utiltus uslbus tncolunt, fidemque Trinttatis ante, quam Mi cognouerunt, Istt susceperunt, finesque suos regum noblllum ut et concillo tam presullbus quam et diuint ojficij mlnlstrls eccleslls dei ibidem in dies circumquaque adauctls nobilitauerunt, fidemque hactenus susceptam hucusquefidellter uenerando seruauerunt. 95 Oddr Snorrason, Olafs saga Tryggvasonar, c. 44. 96 Olafs saga hins helga, c. 87: Oc er sa dagr halldenn i minlngu iamnan i Norege oc vida l aôrum staôum. Übersetzung Heinrichs u. a., 207. 97 Olafs saga hins helga, c. 92: Dylegar sagurfara um alla krtstnl oc krlsttn londfirtr iartœignum hins hœlga Olafs konongs. Übersetzung Heinrichs u. a., 213. 98 Olafs saga hins helga, c. 93.

7. Die heiligen

Könige des Nordens

93

lebe noch und bekenne in einem Kloster in „Griechenland oder Syrien" (i Girclandi. eda Syrlandi) seine Sünden.99 Diese Berichte fanden neben den Viten auch in historiographischen Texten weite Verbreitung.100 Die Mirakelberichte betonen auch immer wieder die Wunder, die von nordischen Heiligen an Gläubigen des Alten Europa vollbracht werden. Theodoricus betont, dass Gott diese Wunder um des heiligen Olaf willen „nicht in unserem Land, sondern überall und von wem auch immer die Hilfe des seligen Märtyrers erfleht werde"101,

vollbringe. Die Passio Olaui berichtet über den heiligen Olaf, er habe Mirakel an einem englischen Priester oder an zwei reumütigen Verbrechern aus Chartres vollbracht. Eine ähnliche Geschichte findet sich noch einmal mit zwei Spaniern.102 Daher werde gerade der heilige Olaf auch in der gesamten Christenheit, besonders in ihren ältesten Regionen, verehrt. Etwa gebe es in London eine Olafskirche.103 Außerordentliche Verehrung genieße er im Heiligen Land,104 ganz besonders aber in Konstantinopel. In der Passio Olaui heißt es: „In der Königsstadt Konstantinopel wird sein Andenken gefeiert und in dieser Stadt wurde zum Ruhm des

Märtyrers eine Kirche erbaut."105

dortige Verehrung, über welche die hagiographischen und historiographischen Texte einstimmig berichten, dürfte wohl im Umkreis der Waräger zu suchen sein, die sich als Söldner und Siedler am Hof in Konstantinopel aufhielten.106 An den Bosporus gebracht wurde sie wohl am ehesten im Zuge skandinavischer Kreuzzugsbegeisterung.107 Byzantinische Quellen berichten hingegen nichts über einen Olafskult.108 Dadurch, dass die isländisch-norwegischen Texte dies jedoch tan, können sie den Norden im christlichen Europa wesentlich aufwerten. Für die Waräger kann Olaf in gewisser Weise als Patron gelten. So erklären sich auch die zahlreichen Hinweise, der heilige König sei dort als Schlachtenhelfer, besonders im Heidenkampf, aufgetreten. In einem Krieg des byzantinischen Kaisers (in nordischen Texten konungr i Miklagarör, der König von Griechenland) sei dessen Die

99 Oddr Snorrason, Olafs saga Tryggvasonar, c. 78. Vgl. auch Theodoricus Monachus, Historia, c. 14. Vgl. dazu auch Kopär, Leben (2000), 185f., die hier Ähnlichkeiten mit Überlieferungen zu Harold Godwinson herausarbeitet. 100 Fagrskinna (übers. Finlay), 128, Anm. 351. 101 Theodoricus Monachus, Historia, c. 19: non in nostra regione, verum ubicunque locorum et a quibuscunque auxilium bead martyris fideliter imploratur. 102 Passio Olaui, 80-92; 96; 102. 103 Olafs saga hins helga, c. 101. 104 S. dazuu., 170f. 105 Passio Olaui, 76f.: Apud regiam urbem constantinopolim Celebris est dus memoria, et in ciuitate eadem in honore martiris ecclesia fabricata est. 106 Vgl. dazu Blonda!, Varangians (1978), 148-153; Davidson, Road (1976), 191f.; besonders zum Handel Piltz, Companies (1998), zusammenfassend 102-104. 107 Hierzu vgl. noch immer Riant, Expéditions (1865), 15—43. 108 Davidson, Road (1976), 192.

III Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

94

Darstellungen des „Neuen Europa

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Armee von den Heiden fast vernichtet worden, bis die Krieger den heiligen Olaf um Hilfe anflehten und gelobten, ihm in Konstantinopel eine Kirche zu errichten.

„Sofort erschien dieser Liebling Gottes sehr vielen aus der Mannschaft des Königs. Mit herrlichem Banner ging er sogleich den Christen voran und gab allen Zeichen, ihm zu folgen. Als sie den heiligen König auf ihrer Seite sahen, griffen sie mit großer Tapferkeit die heidnischen Hunde

an

und

vor

ihrer kleinen Schar fielen die meisten Heiden."109

gewissem Sinne tritt bei Oddr Snorrason auch schon Olaf Tryggvason als heiliger Schlachtenhelfer auf, als zu seinen Lebzeiten Kaiser Otto II. in seinen Feldzügen gegen Dänemark der Erfolg versagt blieb. Erst als Olaf Tryggvason in die Kämpfe eingriff, stellte sich auch Gottes Hilfe ein.110 Frantisek Graus betont, dass Berichte über einen Heiligen als Schlachtenhelfer der „Nationalisierung einer Erzählung" beitragen.1" In umgekehrter Richtung so muss ergänzend hinzugefügt werden heißt das: lässt man einen nordischen heiligen König im Alten Europa, besonders in Byzanz,"2 als Schlachtenhelfer, lässt man einen Heiligen des Eigenen im Fremden auftreten, dient ein solcher Bericht der Universalisierang einer Erzählung. Auch damit wird (Gleich-)Wertigkeit, wird Vergleichbarkeit unterstrichen. In

-

-

1.3.

Zusammenfassung

Berichte über heilige Könige wurden zu Gründungsmythen der neuen Reiche.113 Über solche hagiographischen Darstellungen erhielten die neuen Eliten nicht nur die Möglichkeit, Einheitsgedanken und Legitimation zu stärken, Darstellungen dieser Art wirkten auch nach außen. Solch vorbildliche Herrscher und von Gott geliebte Heilige halfen auch, den Makel der späten Christianisierung gegenüber dem „Alten Europa" vergessen zu machen. Als Reaktion hierauf lässt sich auch das Bemühen verstehen, den europäischen Norden als den biblischen aquilo darzustellen. So wurde der eigene Raum schon in der Heiligen Schrift erwähnt, als der Raum zwar, aus dem das Böse über die Welt kam; dass dieser Raum aber den christlichen Glauben annahm und solche Heilige hervorbrachte, zeigt in diesen Darstellungen den göttlichen Heilsplan, zeigt das Wirken Gottes in der Geschichte. Nordische Geschichte wird so zur Universalgeschichte. In diesem Rahmen wird der Norden aber ebenso zu einem von Gott bevorzugten Raum. Innerhalb dieses Nordens 109

110 111 112

113

Olafs saga hins helga, c. 92: Jamskiot bar pann guös dyrling i sion vio pa miok marga I liai konongsens, gecc hann pegarframfirir p krtstnu menn meô dyrlego mœrki oc bœndipœim allum, atjylgia ser. Slöan vœltupœir tllrœde hlnum hœtônu hundum afmiklu kappe, er pœir sa pann hœlga konong t lidi meö ser oc fullttngt. Oc fell par pa firir pœim fallöum fitester aller pœir hœlôrnu menn. Vgl. auch Passio Olaui, c. 76f. Oddr Snorrason, Saga Óláfs Tryggvasonar, c 15. Graus, Heilige (1977), bes. 337f. .

Vgl. etwa Einarr Skúlason, Geisli, Str. 50-56. Mortensen, Beginnings (2006), 258. Vgl. auch Rydving, Constructing (2006), 318-320.

heiligen Könige des Nordens

7. Die

95

versuchen die neuen Reiche, ihren eigenen Platz zu finden. Hier finden innernordische Vergleiche ihre Anwendung. In Dänemark kann man den aquilo nach Norwegen und Island schieben, in Norwegen kann man dagegen die eigene Wertigkeit gerade über Vergleiche der Könige betonen. Die Schweden kann man auf der anderen Seite in ihrem Beharren am heidnischen Glauben abqualifizieren.114 Prinzipiell finden sich daher auch grundlegende Unterschiede zwischen den Kultformen und Darstellungsweisen Olafs in Norwegen und Knuts in Dänemark. Der Kult Knuts war zunächst nur ein lokales Phänomen in Odense und fand erst später weitere Verbreitung.115 Darüber hinaus erhielt er schon bald Konkurrenz seitens anderer königlicher Heiliger. Demgegenüber war Olafs Stellung in Norwegen unangefochten. Er wurde gleichsam zum Patron seines Reiches. Seine Verehrung entwickelte eine Wirkkraft, die weit über Norwegen hinausging. So bemerkt etwa die Passio Olaui, der Ruhm Olafs „verbreitete sich weit und breit, nicht zufrieden mit den Grenzen Norwegens dehnte er sich bis an

die Grenzen der Welt aus.""6

Olaf wurde sogar zum Patron für den gesamten Norden.117 Die Viten- und Sagaautoren gehen aber noch weit darüber hinaus. Sie stellen die Verehrung dar, die der König in der gesamten Christenheit genossen und die Wunder, die er dort vollbracht habe. So gewinnt der Heiligenkult Olafs viel „europäischeren" Charakter, als es bei Knut dem Heiligen der Fall ist.118 In der Hagiographie selbst war es jedoch Ailnoth, der seinen Bericht über Knut den Heiligen durch neue Darstellungsformen universalisierte;119 weit mehr, als es sich in der Olafsliteratar findet. Während in den Texten über Olaf ausschließlich Heiligen- und Bibelvergleiche gezogen werden, um die Heiligkeit des Protagonisten und die Bedeutung Norwegens zu unterstreichen, vergleicht der Angelsachse Ailnoth, das Bindeglied zwischen englischer und dänischer Geschichtsschreibung, als erster Autor des Nordens die dänische Geschichte auch mit Ereignissen der klassischen Antike und hebt damit nicht nur die Wertigkeit, sondern auch das Alter Dänemarks hervor.120 Damit schlug Ailnoth schon die Richtung ein, welche die späteren Autoren ,nationalgeschichtlicher Gesamtdarstellungen' weiter gehen sollten.

114 115 116

Antonsson, St Magnus (2007), 31 ; Heinrichs, Search (1994), 55. Antonsson, St Magnus (2007), 133. Passio Olaui, 76: longe latequepercrepuit, nec noruuegiefinibus contenta coartart dilatata est in

fines terre. 117 118 119

120

Antonsson, St Magnus (2007), 105.

Hoffmann, Könige (1975),

130. Dass auch im Text selbst ein Innovationsbewusstsein deutlich wird, (1981), 102f. Mortensen, Beginnings (2006), 264.

zeigt Nyberg,

St. Knud

///. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

96

Darstellungen des „Neuen Europa

"

2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens 2.1. Die Norweger:

Einleitung

Norwegen ist

das nördlichste Königreich des mittelalterlichen Europa. Erst allmählich setzte sich hier ein politisches Gemeinschaftsbewusstsein durch. Auch bedingt durch geographische Gegebenheiten waren regionale Einzelherrschaften die bestimmenden Kräfte im Land. Eine norwegische Identität entstand erst im Zuge der Einigungsbestrebungen seitens des Königtums.121 Schon aus dem frühen 10. Jahrhundert berichten die Quellen von einem norwegischen König mit überregionaler Machtausdehnung. Harald Schönhaar war es, wohl von Vestfold aus, gelungen, weite Teile des späteren Königreiches unter seiner Herrschaft zu vereinigen. Nach seinem Tod zerfiel diese Zentralgewalt jedoch wieder. Erst durch die Mission unter den Königen Olaf Tryggvason und Olaf Haraldsson konnte sich letzterer erneut als Gesamtkönig durchsetzen. Diese politische Einigung stand in einem engen Wechselverhältnis mit der Christianisierung und der Einführung einer Kirchenorganisation.122 Die Einflussnahme Knuts des Großen von Dänemark verursachte jedoch einen Bürgerkrieg, im Zuge dessen Olaf Haraldsson in der Schlacht von Stiklestad 1030 den Tod fand. So konnte sich erst nach dem Auseinanderbrechen von Knuts Nordseereich wieder ein selbständiges norwegisches Königtum entwickeln. Die Herrschaft Magnus' des Guten leitete eine Periode der Konsolidierung ein, die Harald Hardrade 1066 auch die Möglichkeit gab, nach dem Tod Edwards des Bekenners die Herrschaft über England zu beanspruchen. Diese Bestrebungen fanden in der Niederlage von Stamford Bridge ein Ende. So gilt sein Tod gemeinhin als das Ende der Wikingerzeit und der Beginn des skandinavischen Mittelalters. Aufgrund einer unklaren Thronfolgeregelung erlebte das 12. und 13. Jahrhundert in Norwegen eine lange Reihe von Bürgerkriegen zwischen einzelnen Thronprätendenten.123 1152/53 erreichte die Kirchenorganisation eine endgültige Form, indem die norwegischen Bistümer, die auch die von Norwegern besiedelten Inseln im Nordmeer bis hin nach Grönland umfassten, aus der Organisation der Kirchenprovinz Lund herausgelöst wurden.124 1152 hatte Kardinal Nicholas Breakspear, der spätere Papst Hadrian IV, das Pallium für das neu geschaffene Erzbistum Trondheim in den Norden gebracht. Im Bündnis mit der Kirche konnte sich auch die neu entstandene Aristokratie eigene Machtgrandlagen schaffen. So gelang es 1163 dem Jarl Erling Skakke, seinen nur über die weibliche Linie mit dem Königshaus verwandten Sohn Magnus auf den Thron zu erheben. Gegen ihn trat 1176 Sverre Sigurdsson als neuer Thronprätendent auf, was eine neue Reihe kriegerischer Auseinandersetzungen zur Folge hatte. In diesen Kriegen konnte sich letztendlich die Partei Sverres durchsetzen, was im engen Verhältnis von Königtum und 121 122 123 124

Jakobsson, Defining (1999), 99f. Vgl. hierzu grundsätzlich Bagge, Christianization (2005), 112-117. Vgl. dazu Bagge, Structure ( 1999), 302-304. Helle, Organisation ( 1988), 53f.

2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens

97

Kirche als Rückschritt gewertet wurde.125 Bis 1240 vermochten sich die Nachkommen S verres endgültig in der Herrschaft zu behaupten.126 Der in den 1160er Jahren durchgesetzte Grundsatz des Einkönigtams127 spiegelt sich auch in der Historiographie der Epoche wider. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden in Norwegen zwei lateinische ,nationalgeschichtliche Gesamtdarstellungen' : Die anonym überlieferte Historia Norwegie und die Historia de antiquitate regum Norwagiensium eines Theodoricus Monachus. Nachdem die ersten historiographischen Darstellungen des Nordens die heiligen Könige behandelten und damit einer europäischen Öffentlichkeit den Norden als vorbildlich-christlichen Raum präsentierten, gehen diese ersten Geschichtswerke, die sich nicht ausschließlich hagiographischen Aufgaben widmen, einen Schritt weiter und weisen vor derselben Öffentlichkeit neben der christlichen Entwicklung auch der Geschichte Norwegens einen Platz auf der historischen Landkarte Europas zu.128 Dies sei, wie der Autor der Historia Norwegie vor seinen europäischen Lesern bemerkt, „bislang noch unversucht in der lateinischen Sprache."129 Noch deutlicher akzentuiert Theodoricus Monachus im Prolog seiner Historia diesen

Grundgedanken: „Und weil es fast kein Volk gibt, das so unerfahren und ungebildet ist, dass es nicht irgendwelche Denkmäler seiner Vorfahren an die Nachkommen überliefert, so erachte ich es als würdig, diese Nachrichten unserer Ahnen, so wenig es auch sein mögen, der Nachwelt zu

übergeben."130

Schon an dieser Stelle wird deutlich, dass Norwegen als ein Reich im Norden mit gleicher Würde und gleichem Anteil an europäischen Traditionen dargestellt wird. Hierfür findet der Vergleich in beiden Werken vielfältige Anwendungsformen. Von diesen beiden Texten dürfte die Historia Norwegie wohl früher entstanden sein. Die genauen Umstände von Entstehungszeit und -ort sind jedoch umstritten.131 Mit Nachdruck hat Inger Ekrem betont, das Werk müsse im direkten Zusammenhang mit der Errichtung des Erzbistums Trondheim entstanden sein, womit es auf die frühen 125 126 127 128 129

130

Bagge, Structure ( 1999), 310-312. Bagge, Structure ( 1999), 304 Vgl. dazu Bagge, Structure (1999), 303f.; Ders., Christianization (2005), 126. Vgl. auch Lunden, Identity (1995), 26. Historia Norwegie, Prolog, 50f: hucusque Latino eloquio intemtatum. So finden im Werk sich auch eine ganze Reihe lateinischer Übersetzungen und Erklärungen norröner Begriffe; vgl. z. B. c. 9: Que Bera dicta est (hoc nomen Latine sonat, ursa "); ebd.: Himinheithy, quod loci uocabulum interpretatur ,celi campus'; c. 13: ,Haconar hello', id est ,Haconispetra'; c. 15: Siwardus Risi (id est Gigas); ebd.: Trugguaroyr, id est .tumulus Turgonis'. Theodoricus Monachus, Historia, Prol.: Et quia pcene nuda natío est tarn rudis et inculta, quee non aliqua monumento suorum antecessorum ad posteros transmiserit, dlgnumputavi heec, pauca licet, majorum nostromm memories posleritatis tradere.

131

einführend Lange, Anfange (1989), 141f; Ellehej, Studier (1965), 142-146; Hanssen, Historia (1949). Zum Verhältnis der Historia Norwegie zur Passio Olaui vgl. Ekrem, Tilblivelse (2000), 153f.

Vgl.

///. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen

98

Europa"

1150er Jahre zu datieren wäre.132 Damit wendet sie sich gegen ältere Datierungsversuche, welche die Abfassungszeit im späten 12. oder im 13. Jahrhundert festlegen wollten.133 Neuerdings hat Lars Boje Mortensen die Fakten neu zusammengefasst, die einen terminus post quem von 1150 und einen terminus ante quem von 1175 ergeben. Diese Deutung beeinflusst auch die Rekonstruktion des Abfassungsortes wie auch umgekehrt. Diesen sucht Mortensen am ehesten in Viken, also um Oslo und damit weit außerhalb des Trandelag.134 Eine Widmung an einen Agnellus135 konnte ebenfalls nicht eindeutig zugewiesen werden. Der Autor war aber wohl, soviel wurde festgehalten, Angehöriger einer kirchlichen oder royalen Elite, der, wie viele seiner nordischen Zeitgenossen, seine Ausbildung im Ausland erfahren hatte, vielleicht in Sachsen oder -

Dänemark.136

Der Text der Historia Norwegie ist nur als Fragment erhalten. Ob er nie vollendet nur bruchstückhaft überliefert wurde, ist unklar. Nach einer ausführlichen geographischen Beschreibung Norwegens und der Inseln des Nordmeers widmet sich der Autor in insgesamt 18 Kapiteln der Geschichte der norwegischen Könige, von den frühen Ynglingern bis zum Herrschaftsantritt Olaf Haraldssons 1015, und hält sich hierbei eng

wurde oder

die königliche Genealogie. Die Nachwirkung der Historia Norwegie blieb aber bescheiden. Die Autoren der späteren Königssagas kannten das Werk nicht, wie auch der zweite hier vorzustellende Text, die Historia de antiquitate regum Norwagiensium des Theodoricus Monachus, keine Kenntnis der Historia Norwegie vermuten lässt.137 Wie sein ihm unbekannter Vorgänger schreibt auch Theodoricus für eine außernordische Öffentlichkeit.138 Die Hintergründe für seine Historia lassen sich zumindest etwas spezifischer rekonstruieren. Entstanden ist das Werk wohl zwischen 1177 und 1188; eine genauere Datierung ist auch hier nicht möglich,139 wenn auch zumeist angenommen wurde, die Schrift sei während des englischen Exils Eysteinns (1180-1183) entstanden.140 Theodoricus oder t>órir wurde in der Forschung identifiziert mit einem Bischof von Hamar dieses Namens (1189/90-96) und dem gleichnamigen Erzbischof von Trondheim (1206-1214).141 Als an

132 133 134

135 136 137 13 8 139 140 141

Ekrem, Lys (1998), 14-21, wieder in: Essay (2003), zusammenfassend 223-225. Vgl. auch Dies.,

Historia (1998), 60f. Vgl. dazu die Übersicht bei Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 408. Mortensen, Introduction (2003), 11-24. Vgl. dagegen Ekrem, Essay (2003), 217f. Überliefert ist der Text nur spätmittelalterlich in zwei Handschriften schwedischer und einem Manuskript schottischer Provenienz, vgl. Mortensen, Introduction (2003), 28^13. Historia Norwegie, Prol. Vgl. dazu Ekrem, Essay (2003), 218-220. Mortensen, Introduction (2003), 44. Mortensen, Introduction (2003), 44; 20-22. Bagge, Theodoricus ( 1989), 121 f. Mortensen, Art. ,Theodoricus Monachus'. Vgl. auch Foote, Introduction (1998), Xlf. u. Lange, Anfange (1989), 20-22. Vgl. grundlegend Ellehej, Studier (1965), 175-179. Vgl. noch Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 405. Vgl. dagegen Mortensen, Art. theodoricus Monachus' u. Foote, Introduction (1998), XII. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 404. Vgl. auch Foote, Introduction (1998), IX-XI.

2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens

99

gesichert kann gelten, dass Theodoricus seine Ausbildung in Frankreich erfahren hat.142 Er merkt selbst in seinem Werk an, dass er seine Informationen mitunter aus französischen Quellen schöpft.143 Gewidmet ist das Werk Erzbischof Eysteinn von Trondheim.144 Daher wird Theodoricus einem Intellektaellenkreis um Eysteinn zugerechnet, der im weiteren Zusammenhang mit der Errichtung des Erzbistums ein Corpus von legitimierenden historischen Texten verfasste, dem wohl auch die oben behandelte Passio Olaui zuzurechnen ist.145 Sein Werk fand auch Beachtung bei späteren Sagakompilatoren und wurde nachweislich vom Autor des Agrip benutzt.146 Überliefert wurde es dagegen nur in einer heute verlorenen Handschrift, die einem Druck des 16. Jahrhunderts zu Grunde lag.147 Theodoricus legte seine Darstellung um den Missionskönig Olaf Haraldsson an und erzählt die norwegische Königsgeschichte in insgesamt 34 Kapiteln von Harald Schönhaar bis in die Zeit der norwegischen Bürgerkriege. Sein Werk war in der früheren Forschung nicht besonders anerkannt, da es immer wieder von der eigentlichen Geschichtsdarstellung abschweife.148 Sverre Bagge hat aber gezeigt, dass genau in diesen Abschweifungen der Schlüssel zum Verständnis des Werkes liegt.149 Bei Theodoricus erfüllt Geschichtsschreibung wie in Kontinentaleuropa eine moralisierende Aufgabe. Diese digressiones handeln daher von Heiden und Christen, guten und schlechten Königen, von Frieden und von Zwietracht. So finden sich in diesen Abschweifungen auch die meisten Zitate aus dem klassischen Kanon und insgesamt der elaborierteste Stil.150 Sie bieten aber auch den Rahmen, in dem Theodoricus die meisten Vergleiche anwendet. Stereotypisierungen und ,Fremdwahrnehmung' spielen in diesen Werken nur eine untergeordnete Rolle. Im gesamten Text der Historia Norwegie werden Sachsen oder Deutsche nur an zwei Stellen erwähnt,151 das Augenmerk ist hier weit stärker auf England gerichtet.152 Vergleiche finden sich hingegen zumeist nur im innernordischen Rahmen.153

Auch Theodoricus erwähnt andere Völker, was hingegen kaum oder nur bedingt als vergleichende Darstellung bezeichnet werden kann. So berichtet auch er über die Erzie142 143

Mortensen, Art. ,Theodoricus Monachus'. Vgl. auch Waßenhoven, Skandinavier (2006), 290f. Theodoricus Monachus, Historia, Prol. Zu weiteren Quellen vgl. Mortensen, Renaessanse

(1993), 25f.

144 145 146 147 148 149 150 151 152 153

Theodoricus Monachus, Historia, Prol. Mortensen, Manuscript (2000), 185-187. Vgl. auch Ders., Archbishoprics (2000), 143f.; 151 u. Ders./Mundal, Erkebispesetet (2003), 368f. Für die frühere Forschung vgl. hier Ellehej, Studier (1965), 237-240. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 406. Vgl. die Übersicht bei Bagge, Theodoricus (1989), 115, Anm. 13. Bagge, Theodoricus (1989), hier bes. 116. Mortensen, Art. .Theodoricus Monachus'. Vgl. auch Lange, Anfange (1989), 48-50 u. Hanssen, Theodoricus (1949), 78-126. Historia Norwegie, cc. 3; 6. Historia Norwegie, c. 13. Vgl. dazu Ekrem, Historia (1998), 59. Historia Norwegie, c. 9. Vgl. dazu Ekrem, Historia (1998), 59.

HI- Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des Neuen Europa

100

"



hung Hákon Aöalsteinnsfostris am Hof von Wessex.154 Deutlicher akzentuiert Theodoricus Berichte über das Reich. So schreibt er etwa, König Harald Blauzahn habe Kaiser Otto II. gefürchtet, weil dieser ihm das „liebliche Joch Christi" habe auferlegen wollen (svavejugum Christi imponere)}55 Otto ist bei Theodoricus „ein vortrefflicher Mann, der unter den ausgezeichnetsten Leuten besonders hervorstach",156 und er war „vom besten Vater ein fast noch besserer

Spross".157

Er sei ein so tugendhafter Herrscher gewesen, dass er die Kirche überaus reich beschenkt habe zu reich, wie Theodoricus bedauert, -

„denn aus dem Überfluss wurde später der Übermut geboren, den man noch heute wahrnehmen kann."158

So habe Otto den ewigen Streit zwischen Herrschern und Bischöfen verursacht. Deshalb sei dem Kaiser ein Engel erschienen, der ihm vorgeworfen habe, er habe der Kirche Gift

gegeben.159

Diese durchaus wohlmeinende Kritik am Kaisertum unterstreicht Theodoricus' Sicht auf das ,Alte Europa', in diesem Fall besonders das sacrum imperium, als einem Raum, in dem Kultur und Frömmigkeit in höchster Blüte stehen. Dies spiegelt sich auch im Bedauern wider, mit dem er davon berichtet, wie die Hunnen einst jede gallische Provinz überrannt, dort in Reims oder Köln heilige Stätten zerstört und fromme Gläubige zu Märtyrern gemacht hätten.160 Das christliche Europa wird damit zur Bezugsgröße für norwegische Geschichte. Das gibt Theodoricus aber auch die Möglichkeit, Norwegen vom Makel des Marginalen zu befreien. Indem er nämlich das christliche Europa das Lob auf norwegische Herrscher singen lässt, hebt er die große Bedeutung seines Reiches innerhalb dieses Kulturraumes hervor. So habe etwa Sigurd Jerusalemfahrer auf seinem Weg ins Heilige Land in allen Ländern Ruhm erworben161 und über Harald Hardrade heißt es, als er nach Jerusalem zog, war er „überall berühmt und siegreich" gewesen.162 Solche Darstellungen erhöhen jedoch nur Norwegen, nicht den gesamten Norden. Auch bei Theodoricus findet abgrenzend-vergleichende Deutung des Fremden zumeist im in154 155 156 157 158

Theodoricus Monachus, Historia, c. 4. Theodoricus Monachus, Historia, c. 5. Theodoricus Monachus, Historia, c. 5: virprobissimus et In prœclarisslmls vlrisprœstantlssimus. Theodoricus Monachus, Historia, c. 5: de óptimo parentepœne mellorproles. Vgl. dazu Schmidt, Studien (1973), 75f. Theodoricus Monachus, Historia, c. 5:Nam ex opulentia nata postea est Insolentla, ut usque hodte est cerneré.

159 160 161 162

Theodoricus Monachus, Historia, c. 5. Dies geht zurück auf eine Tradition um Konstantin den Großen, vgl. Schmidt, Studien (1973), 75; Hanssen, Theodoricus (1949), 104-116. Theodoricus Monachus, Historia, c. 17. Theodoricus Monachus, Historia, c. 33. Theodoricus Monachus, Historia, c. 28: ubique famosus et victoriosus.

2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens

101

nernordischen Rahmen statt. Besonders durch abwertende Darstellung Dänemarks wird Norwegen über das Mittel des Vergleichs weiter glorifiziert. Beispielsweise beschreibt er Gunhild, die Gattin des Königs Erik Blutaxt (Eirikr bloöox) und Tochter Gorms des Alten von Dänemark, als eine Hexe.163 Auch Magnus der Gute war sich, als er nach Dänemark

kam, „der Verbrechen wohl bewusst, welche die Dänen an den Königen Norwegens verübt hatten."164 Solche Vergleiche finden sich noch nicht mit dem ,Alten Europa'. Vielmehr sind beide Autoren bemüht, Norwegen als einen bedeutenden Teil des christlichen Europa darzustellen, ihr Reich in eine europäische Tradition zu stellen. Grönland ist damit für den Autor der Historia Norwegie nicht nur die äußerste Insel im Einflussbereich der norwegischen Krone, sie ist der Rand Europas (terminus est ad occasum Europe).165 Für diese europäisch-universale Verortang entwickeln die beiden Autoren grundlegend andere Ver-

gleichsmodi. 2.2.

Norwegen in der christlichen Welt

Vbrgehensweisen lassen sich in drei Bereiche unterteilen, die hier als biklassische und historische Vergleiche bezeichnet werden sollen. Die schon aus blische, des Nordens bekannten biblisch-sakralen Vergleiche finden sich in der Hagiographie ganz ähnlicher Form auch in den historiographischen Texten, meistens bezogen auf Olaf Tryggvason und Olaf Haraldsson. Deren elementarste Form besteht in Zitaten aus der Bibel oder aus den patristischen Schriften, wie sie sich in der gesamten kontinentalen (klerikalen)166 Literatur des Mittelalters finden. Bibel- wie auch Klassikerzitate stellen das Darstellungsobjekt eines Textes in einen universalen Zusammenhang und eröffnen eine vergleichende Darstellung der geschilderten Ereignisse und Personen vor einem als maßgeblich verstandenen Hintergrund. Dieser Vergleichsmodus findet auch in der Literatur des Nordens seine Anwendung. Als Theodoricus etwa berichtet, wie Olaf Haraldsson vor der Schlacht von Stiklestad 1030 seine Schätze seinen gefallenen Feinden vermacht, stellt er einen direkten Bezug zur Bergpredigt (Mt. 5,44) her und lässt damit keinen Zweifel an Olafs Frömmigkeit und seinem Charakter als gutem König: Olaf Die

neuen

eingedenk des Auftrages seines Herrn: ,Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen!'"167 „war

163

Vgl. dazu McDougall/McDougall, Notes (1998), 61, Anm. 38; Heinrichs, Gunnhild (2001), Bagge, Making (2006), 498.

17f.

u.

164 165 166 167

Theodoricus Monachus, Historia, c. 22: memor Magnus rex injuriarum, quas exercuerant Dant in reges Norwagiee. Vgl. dazu auch Bagge, Theodoricus (1989), 118. Historia Norwegie, c. 1. Vgl. dazu Brandt, Shape (1973), zusammenfassend 171-173. Theodoricus Monachus, Historia, c. 19: non tmmemor prcecepti Domtnt sui: Dtligite inimicos vestros, benefacite his qui oderunt vos. Vgl. Mt 5,44.

HI Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des Neuen

102



Europa

"

Erich Hoffmann hat auch gezeigt, dass sich dem kundigen Leser an dieser Stelle ein Vergleich mit dem heiligen Oswald aufdrängen musste.168 Theodoricus geht noch darüber hinaus; er vergleicht Olaf explizit mit dem heiligen Stephan: „Man sieht also, wie demütig, wie ergeben auch, der Selige den Spuren des ersten Fahnenträgers unseres

folgte, denen nämlich des überaus heiligen Protomärtyrers Stephan: Jener beSteinregen für die Steiniger, dieser befahl, seinen Mördern Almosen zu geben."169

Heilands

tete in einem

Im elften Kapitel, welches eine Abschweifung zu Olaf Tryggvasons Standhaftigkeit im Wort Gottes (De constantia ejusdem in verbo Dei) bietet, führt Theodoricus auch einen expliziten Vergleich mit Christas durch. In seinen Missionierungsbestrebungen sei Olaf, als er die Christianisierung unter Umständen auch mit Gewalt vorantrieb, dem Beispiel des Herrn gefolgt (imitatus dominum suum), der Öl und Wein in die Wunden des Verletzten gegossen habe,170 und er folgte dem Evangelium:

„nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde."171 Damit kommt Norwegen auch ein gewisser Missionsauftrag zu. Die Finnen und andere Völker des Nordens werden bei Theodoricus aber, anders als in der Historia Norwegie,m nicht erwähnt. Nur unter Magnus dem Guten, der ab 1042 auch die Herrschaft über Dänemark ausübte, fand sich der norwegische König auch der Bedrohung durch die Wenden ausgesetzt. Diese, hier antikisierend als Wandali wiedergegeben, schildert Theodoricus als wilde und grausame Barbaren: sie seien

„ein heidnisches und gottesfeindliches, ein ungebildetes Waldvolk, das vom Raube lebt".173 Durch diese Schilderung erscheinen vergleichend betrachtet die Norweger und bis zu einem gewissen Grad auch die Dänen als fromme Kulturvölker im Norden. Dass erst Magnus die Wenden mit der Hilfe Gottes und mit der Axt des heiligen Olaf vernichtend schlagen kann, nachdem die Heiden immer wieder in Dänemark eingefallen waren,174 lässt aber natürlich in erster Linie die norwegischen Könige als Missionare des Nordens erscheinen. Explizite und implizite Bibelzitate sowie ein missionarischer Gedanke finden sich auch in der Historia Norwegie, wobei das Bestreben, die Missionserfolge der norwegischen Kirche zu betonen, weit stärker ausgeprägt auftritt, als es bei Theodoricus der 168 169

170

171 172 173

Hoffmann, Könige (1975), 79. Vgl. dazu auch Edwards, Betraktninger (2000), 243-245. Theodoricus Monachus, Historia, c. 19: Vldere est etiam quam devote, quam dlllgenter etlam tnsecutus slt beatus Iste vestigia illius primt vexilltferi salvatorls nostri, videlicet beatlssimt protomartyris Stephant: Ule Inter torrenttum imbrem lapidum pro laptdantlbus exoravit, Iste pro interemptoribus suis etlam eleemosynas erogarl iubet. Theodoricus Monachus, Historia, c. 11. Angespielt wird hier auf das Gleichnis des barmherzigen Samariters, vgl. Lukas 10,34. Theodoricus Monachus, Historia, c. 11. Vgl. Lk 14,23. Vgl. dazu Hansen, Interaction (1996), 57-62. Theodoricus Monachus,

Historia,

c.

24: gens pagana et Deo tntmtca, sllvestrts et Inculta, vivens

raptu. 174

Theodoricus

Monachus, Historia, c. 24.

2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens

103

Grundlegende Bedeutung für das Verständnis der Historia Norwegie hat die geographische Einleitung, die der Autor seinem Werk voranstellt.175 Aufgrund ihrer AusFall ist.

führlichkeit wurde für diesen Text schon ein ähnlicher intendierter oder aber nicht überlieferter Umfang angenommen wie etwa für die epochalen Gesta Danorum des Saxo Grammaticus.176 Nach detaillierten Beschreibungen der drei bewohnten Zonen Norwegens (c. 2), des Berglandes (c. 3) und der im Norden lebenden Finnen (c. 4) folgen Darstellungen der Inseln im Nordmeer, die unter norwegischer Herrschaft stehen (cc. 5-8).177 In dieser Anlage wie auch in Sprache, Stil und direkten Zitaten erinnert dieses Werk an die Hamburgische Kirchengeschichte Adams von Bremen.178 Dies ist allerdings nicht der einzige Einfluss, das hier zum Tragen kommt. Ähnliche Bedeutung hat auch die Historia adversum paganos des Orosius, die im 12. Jahrhundert als umfassende römische Geschichte in besonderer Weise rezipiert wurde.179 So übernimmt der Autor einerseits den missionarischen Ansatz Adams, anderseits die römisch-universale mare-nostrum-Vorstellung des Orosius in seine historiographische Darstellung.180 Damit stellt er implizit einen Vergleich Norwegens, des Objektes seiner Darstellung, mit den Missionszentren des Alten Europa, zuvorderst Hamburg-Bremens, wie auch mit dem Römischen Reich der Antike her. Durch Angleichung seines eigenen Werkes an jenes Adams, gewissermaßen als Antwort auf diesen,181 stellt der Autor Norwegen als ein christliches Reich dar, dem im Norden ein eigener Missionsauftrag zukommt. Folgt man der frühen Datierung Inger Ekrems auf die 1150er Jahre und damit im Zusammenhang mit der Errichtung des Erzbistums Trondheim,182 lässt sich dieser Missionsauftrag in besonderer Weise der norwegischen Kirche zuweisen.183 Diesen missionarischen Gedanken trifft man im gesamten Werk immer wieder an. Deshalb finden die heidnischen Völker des skandinavischen Nordens auch die detaillierteste Darstellung. So wird etwa die Wildheit der Finnen in besonders schillernden Farben gezeichnet.184 In der geographischen Einleitung heißt es über diese -

-

Regionen: 175

176 177 178 179

180 181 182

183 184

Vgl. dazu Mortensen, Language (2005), 114f. Zu antikisierenden Bezeichnungen Hemmingsen, Middelaldergeografien (2000). Mortensen, Introduction (2003), 44; Ekrem, Essay (2003), 210-217. Vgl. dazu Dies., Historia (1998), 53-57. Mortensen, Language (2005), llOf.; 114f; Ders., Introduction (2003), 17f; 25-28; Ekrem, Lys (1998), bes. 21-23 u. Ellehej, Studier (1965), 146-161; hier bes. 146-148. Mortensen, Language (2005), 108; Ders., Texts (1992), 101-103; 105f.; 116 wie auch Ders., Working (1998), 414. Vgl. auch Ekrem, Historia (1998), 52 (zur Collaectanea rerum mirabilium des Solinus; so auch Mortensen, Language (2005), 106f). Einen ähnlichen Einfluss übte auch Honorius Augustodunensis aus, vgl. Mortensen, Introduction (2003), 17f. Mortensen, Language (2005), 114f. Ekrem, Historia (1998), 52. Dies., Lys (1998), 14-21 u. Dies., Essay (2003), zusammenfassend 223-225. Dies., Historia (1998), 60. Dies., Historia (1998), 52; 58. Vgl. dazu Hansen, Synet (2000), 62-82.

104

HI Der Blick nach Süden: Die Suörlond In

Darstellungen des



Neuen Europa

"

„Norwegen benachbart erstreckt sich eine gewaltige Einöde,

die es über die ganze Länge von den heidnischen Völkern trennt. Diese wird nur von Finnen und Tieren bewohnt, deren Fleisch diese halbroh verzehren, und in deren Felle sie sich kleiden."185

Zwar werden die Finnen als

aber:

kundige Jäger beschrieben, an einer späteren Stelle heißt es

„Ihr unerträglicher Unglauben wird kaum jemandem glaubhaft erscheinen, oder auch welch teuflischen Aberglauben sie in ihrer Zauberkunst ausleben."186 Mit ausgeprägtem Interesse beschreibt der Autor ein solches heidnisches Ritual.187 Nach diesen Darstellungen versichert der Autor: „Aus den zahllosen Blendwerken der Finnen habe ich einzelne herausgenommen und gleich wie kurze Anmerkungen über eine

leben, vorgestellt."188

unheilige Ketzerei habe ich sie für diejenigen, die weit entfernt

Damit richtet er sich also nach seinen eigenen Worten an eine außernordische, eine europäische Öffentlichkeit. Indem er die grundlegenden Formen ethnographischer Beschreibung von Adam übernimmt, knüpft er auch an dessen missionarischen Gedanken an. Je

wilder, barbarischer und heidnischer er dieser Öffentlichkeit die nördlichen Nachbarn der Norweger vor Augen führt, desto lauter muss auch der Ruf nach ihrer Bekehrung ertönen. Das Zentrum für diese Mission muss in der Historia Norwegie Norwegen sein, das gerade durch die Kontrastierang von den Finnen als ein frommes Land erscheint, als ein Land,

das sich seiner Aufgabe auch als würdig erweist. Damit verortet der Autor sein Land in der europäischen Erfolgsgeschichte von Mission, Eroberung und ständiger Expansion.189 Oberflächlich zielt der Vergleich dabei auf die heidnischen Finnen, implizit sendet er Historia Norwegie, c. 4 (58): Est Igttur uastisstma solitudo ajfinls Norwegie dtutdens earn per longum a paganis gentlbus. Que solummodo Finnis et besttts tncolttur, quarum carnlbus semicrudis uescuntur etpelllbus induuntur. 186 Historia Norwegie, c. 4 (60): Horum ¡taque intollerabllis perfidia ulx cuiquam credibilts uidebitur, quantumue diabolice superstictonis in mágica arte exerceant. Eine ähnliche Beschreibung findet sich bei Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 5, c. 13.1: „Die Finnen sind aber ein Volk im äussersten Norden; sie sitzen in einem kaum bewohnbaren Teil der Erde und bebauen ihn. Sie verwenden scharfe Waffen, und kein anderes Volk besitzt grössere Geschicklichkeit im Speerwerfen. Sie schiessen mit grossen, breiten Pfeilen. Sie betreiben eifrig Zauberei und sind gewandt in der Jagd. Sie haben keine bestimmten Wohnstätten und festen Häuser, sondern wo sie Wild finden, schlagen sie ihre Sitze auf. Sie fahren auf gekrümmten Brettern und durchziehen so ihre schneebedeckten Berge." (Sunt autem Flnni ultlmi Septentrtonis populi, ulx qutdem habltabtlem orbls terrarum partem cultura ac mansione complex! Acer llsdem telorum est usus. Non alia gens promptlore iaculandt peritia fruitur. Grandlbus et latls saglttls dlmlcant. Incantatlonum studlls Incumbunt; uenatlonlbus callent. Incerta Mis habitatto est uagaque domus, ublcumque feram occupauertnt, locantibus sedes. Pandis trablbus uecti conserta niuibus luga percurrunt. [Übersetzung Jantzen, 264]). Vgl. dazu Ekrem, Essay (2003), 182f. 187 Historia Norwegie, c. 4 (62). Vgl. auch c. 9, 66-68. 188 Historia Norwegie, c. 4 (64): Hec de Flnnorum innumeris prestigiis carptim excerpst et quasi 185

quasdam notulas tam prophane secte plus remotis proposui.

189

Bartlett, Making (1993), 58f.

105

2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens

Signal an die europäische Leserschaft des Werkes. Dessen Botschaft ist die norwegische Erfolgsgeschichte von der Hinwendung des Landes zum rechten Glauben, die in den späteren Kapiteln die wichtigste Rolle spielt. Die in diesem Glauben errungene Festigkeit verleiht Norwegen einen vorbildlichen Charakter und so findet diese Erfolgsgeschichte ihre logische Fortsetzung in dem Missionsauftrag, den der Autor seinem Land und dessen Kirche für den Norden zuschreibt. Dadurch vergleicht er Norwegen auch mit dem Alten Europa' und hebt die Gleichwertigkeit beider Entitäten hervor. So kann er auch schon gleich zu Beginn mit einem gewissen Stolz von den Erfolgen auch ein

,

der Mission erzählen. Über die schwedischen Völkerschaften schreibt

er:

„Die Völker, die diese Gegenden bewohnen, sind nun, Gott sei Dank, Christen."190 Dennoch gebe es im Norden aber noch viele Völker, die den christlichen Glauben noch nicht kannten, und wer hinter jenen lebe, wisse man noch nicht einmal.191 Der Ausgangspunkt für die beschriebenen Erfolge war die Bekehrung der Norweger selbst, die vor allem unter Olaf Tryggvason und Olaf Haraldsson erfolgreich war. Diese beiden Herrscher, die ein Land von Wikingern, die der Autor als piratae und tyranni bezeichnet,192 zum rechten Glauben geführt hatten, „erleuchteten gleich wie strahlende Himmelslichter mit dem heiligen Licht des Glaubens ihr

Vaterland."193

Bestreben, Norwegen über seinen „champion of the sacred"194 universal zu verankern, findet sich also sowohl bei Theodoricus als auch in der Historia Norwegie. So legt Das

Theodoricus sein gesamtes Werk um Olaf Haraldsson und die Schlacht von Stiklestad herum an.195 Im Zusammenhang mit dem Tod Olafs diskutiert er die chronologische Verortang der Schlacht und ordnet auch damit norwegische Geschichte in Universalgeschichte ein.196 In Olaf hat Norwegen also einen König, der dem Königreich nicht nur im christlichen Rahmen, sondern zusätzlich im historischen Zusammenhang einen würdigen Platz auf der Landkarte des christlichen Europa zuweist. Diese Zielrichtung beider Werke formuliert Theodoricus Monachus am deutlichsten:

„Völker der Welt, ich bitte euch, hört: dieser Mann wurde geboren in den äußersten Winkeln des Nordens, unter Barbaren und Wilden. Seht, wie er einem Stern gleich leuchtete, wie demütig und erhaben er war, und dies nicht in der Art eines Sklaven, sondern in königlicher Würde."197 190 191 192 193

194 195 196 197

Historia Norwegie, Historia Norwegie, Historia Norwegie, Historia Norwegie,

1 : Quas nunc partes Deo gradas gentes colunt Christiane. 1. c. 6. Vgl. ebd., c. 18, Olaf Haraldsson als die beatissimus tirannus. c. 15: qui quasi clara celi luminaria suam sacre luce fidei illustrabant patriam. Ekrem, Historia (1998), 51; 58, äußert dazu die Vermutung, ein grundlegendes Interesse der Historia Norwegie sei auch die „Heiligenkandidatur" Olafs Tryggvasons. Mortensen, Beginnings (2006), 260. Bagge, Theodoricus ( 1989), 118f. Bagge, Theodoricus ( 1989), 119. Theodoricus Monachus, Historia, c. 19: Audite hcec, obsecro, universipopuli: vir iste natuspeene in ultimis partibus aquilonis inter barbaros et incultos. Videte quäle sidus emicuertt, quam humllis, quam subllmis, et hoc non in servilt conditione, sed in regalifastigio. c.

-

c.

-

III. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen

106

2.3.

Europa

"

Norwegen und das Erbe der Antike

Vergleiche mit Bibelgestalten und Heiligen fanden sich zuvor schon in den hagiographischen Texten über die heiligen Könige des Nordens wie auch in ihren späteren Bearbeitungen. Was sich bei Ailnoth in Dänemark schon angekündigt hatte, wird bei den beiden hier behandelten Werken noch weit deutlicher: Der klassische Vergleich, der hier als zweiter Modus vorgestellt wurde. Wie oben angesprochen, verarbeitet die geographische Einleitung der Historia Norwegie neben dem Missionsgedanken des Adam von Bremen auch die mare-nostrum-Vorstellung des Orosius. Das Erbe der Antike spielt hier also eine ähnlich bedeutende Rolle wie die Vorstellung von Norwegen als einem Missionszentrum des Nordens. Die Darstellung norwegischer Geschichte nach römischen Modellen eine interpretado Romana im weitesten Sinne198 wird jedoch nicht nur durch die Angleichung an Orosius in der geographischen Einleitung durchgeführt. Auch im restlichen Werk wird durch implizite Vergleiche, durch „re-telling a master-story",199 das alte Herkommen und die gleichsam römische Würde Norwegens hervorgehoben. Die impliziten Vergleiche mit römischer Geschichte und römischer Würde werden immer wieder über Zitate aus dem klassischen Kanon durchgeführt. So beruft sich der Autor gleich nach dem Incipit seines Werkes auf Cicero,200 betont aber in einem üblichen Bescheidenheitstopos, dass er „solchem Spürsinn" in allem ungleich sei.201 Dies zeigt, in welchem Maße der klassische Kanon in der Historiographie des Nordens als Bezugsgröße galt, an der man das eigene Schaffen messen konnte und musste. Wenn man sich auch nicht auf die gleiche Stufe stellen wollte, so wandte man doch den Vergleich an und Diese

-

-

stellte sich damit in die klassische Tradition. Solche Traditionslinien führt die Historia Norwegie aber nicht in allen Aspekten weiter. Während etwa Ari Porgilsson in seiner íslendingabók der Königslinie der Ynglinger eine Trojanerherkunft zuschreibt,202 die teilweise auch in den norwegisch-isländischen Königssagas zumindest Erwähnung findet,203 scheint dieser Abstammungsmythos in der Historia Norwegie geradezu vermieden zu werden.204 Dagegen knüpft dieser Text die norwegische Geschichte weit mehr über antikisierende Begriffe an klassische Geschichtswelten an. Solche interpretationes Romanae finden sich im engeren Wortsinn vor allem bei Beschreibungen heidnischer Rituale der nördlichen 198 199 200 201 202 203

204

Vgl. grunds. Radnott-Alföldi, Frage (1999). Mortensen, Beginnings (2006), 263. Historia Norwegie, Prolog: Tulltus In philosophie tradatu suo (...). Dies ist freilich eine Konstruktion der Editoren, vgl. Ekrem/Mortensen, Commentary (2003), 108f. Historia Norwegie, Prolog: tametsi tali sagacitati me In omnibus Imparem (...) noui. Ari í>orgilsson, íslendingabók, 18: Yngut Tyrkta conungr. Vgl. dazu Snorri Sturluson, Heimskringla, Ynglinga saga, c. 5. Vgl. dazu insbes. von See, Konzeption (1993), 148f. u. vgl. v. a. auch Ellehej, Studier (1965), 116 wie auch Krag, Ynglingatal (1991), 84f. Ekrem/Mortensen, Commentary (2003), 133f.

2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens

107

Nachbarn der Norweger.205 Hierbei kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass diese Bezeichnungen schon wörtlich aus lateinischen Vorgängertexten, etwa von Ssemundr Sigfusson, dessen Werk aber verloren ist, übernommen wurden.206 Aber allein durch diese Übernahme stellt sich der Autor der Historia Norwegie in ein historisches Bezugssystem, in welchem er damit auch norwegische Geschichte verortet. Als einen Vergleich, der bis zu einem gewissen Grad klassische und biblische Geschichtsbilder verbindet, kann man seine Darstellung der norwegischen Küstenregion auffassen: „Die Küstengegend kann man Decapolis nennen, da sie für ihre zehn Städte berühmt ist und vier Regionen umfasst, die wiederum 22 Provinzen fassen."207 In besonderer Weise findet vergleichende Darstellung also bei geographischen Gegebenheiten ihre Anwendung. Den deutlichsten Vergleich dieses Werkes findet sich für den Vulkan Hekla auf Island: Dieser Mons Casule erhebe sich aus den Bergen gleich wie der

Ätna (instar Ethne).m Über Island wird bemerkt, dass diese Insel von den Römern (ab Italis) ultima Thule genannt worden sei. Damit zeigt der Autor die herausragende Bedeutung des Nordens: Indem er nämlich zeigen kann, dass dieser schon den klassischen und biblischen Autoren bekannt war, in gewisser Weise sogar in den alten Schriften ,erwähnt' wurde, kann er

die historische Würde

erhöhen.209

Norwegens und der Trondheimer Kirche gerade dadurch noch

Der Autor geht aber noch weiter.

Über Halogaland schreibt er:

„Hier erstreckt sich jener sehr tiefe nördliche Fjord, in dem sich Charybdis, Scylla und unentrinnbare Abgründe finden."210

Der Autor der Historia Norwegie verortet die klassischen Meeresungeheuer und damit die Geschichte der Odyssee also in Norwegen. Andererseits verankert er dadurch seine Region auch direkt in europäischen Mythentraditionen. Diese verbindet er jedoch auch mit lokalen Überlieferungen: Er berichtet über zwei Ungeheuer nordischer Herkunft, die ebenfalls in dieser Region ihrem Tagwerk nachgehen: 205

206 207

208

Vgl. z. B. Historia Norwegie, c. Commentary (2003), 134; 136f.

(74) u.

ebd. Diana

(76). Vgl. dazu Ekrem/Mortensen,

Mortensen, Introduction (2003), 41. Historia Norwegie, c. 2: Zona itaque marítima Decapolis did potest,

nam X ciuttatibus indita est, IIIIpatrias complectens XXIIprovinctarum capaces. Vgl. dazu Jakobsson, Defining (1999), 93f. Historia Norwegie, c. 8. Ein ähnliche Stelle findet sich auch bei Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Praef, c. 2.7. Beim Namen, den der Autor der Historia Norwegie für den Vulkan angibt, Mons Casule kann man durchaus auch einen impliziten Bezug auf den antiken bzw. alttestamentarischen Mons Casius vermuten; zu dieser Überlieferung vgl. Kochanek, Vorstellung (2004), 10-16. Mortensen, Beginnings (2006), 263f. Historia Norwegie, c. 2: Ibi die profundisstmus Septemtrtonalis Sinus, qui Caribdim, Scillam et ineuitablles uoragines In se contlnet. -

209 210

9: Ceres

-

108

HI Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen Europa

"

„Dort mag man neben unzähligen anderen auch Hafguva und Hafkitta finden, die größten unter allen Monstern der See."211

Zumindest norwegische Seeungeheuer sind damit sogar schon bedeutender als ihre griechischen Artgenossen. Ähnlich geht an einer Stelle auch Theodoricus Monachus vor. Bei ihm befindet sich Charybdis ebenfalls im Norden, „in jenem Teil des Meeres, das sich Pentland Firth nennt."212 Die Nennung der Charybdis im Norden Britanniens wird bei Theodoricus in einer längeren Diskussion der antiken Überlieferung mit der Barbarei in Verbindung gebracht.213 Denn auch der Mahlstrom im Norden geht auf den gleichen abyssus zurück wie der von den antiken Autoren beschriebene. Damit zeigt der Autor die bösen Kräfte, die auch in der norwegischen Geschichte walten, und die an dieser Stelle den Leser auf das Martyrium Olafs vorbereiten. Dieses folgt im Bericht hierauf.214 Ähnlich wie in Grundzügen schon Ailnoth und besonders der Autor der Historia Norwegie geht also auch Theodoricus Monachus hier diesen bedeutenden Schritt weiter. Wie erwähnt, baut auch er eine große Zahl an Klassikerzitaten in seine Darstellung ein und bietet so nicht nur sakrale Vergleiche seiner heiligen Könige, die bei ihm den Höhepunkt seines Werken bilden,215 sondern auch klassische Vergleiche mit guten oder schlechten Herrschern,216 die Norwegen in der europäischen Geschichtstradition verankern. An mehreren Stellen zitiert er Lucan, Horaz, Vergil, Sallust und auch Ovid.217 Schon auf dieser Ebene wird Norwegen in gewisser Weise mit dem klassischen Rom in Verbindung gebracht.218 Besonders in seinen Abschweifungen, die er nach Art der alten Geschichtsschreiber (more antiquorum chronographorum) niederschreiben will,219 finden sich hingegen Vergleiche, die sich nicht nur dem kundigen Leser aufdrängen mussten, sondern die Theodoricus explizit niederschreibt. In einer Passage beschreibt er, wie Harald Hardrade nach seiner Rückkehr aus Byzanz die Hälfte des Reiches von Magnus dem Guten gefordert hatte. In diesem Zusammenhang äußert er sich umfassend zur ambitio: „Oh wahrhaft unselige Gier nach Ruhm! Oh beklagenswerte und klägliche, und, wie von den Philosophen beschrieben, wahrhaft verblendete Ruhmsucht, die das Göttliche wie das Menschliche mit Füßen tritt, die Natur nicht ehrt, und die ihm, dessen Geist sie einmal befallen hat, diesen schwach zurückgibt. Sie war es, die Absalom für die Kehle seines Vaters die Waffe in die Hand gab, so dass er sich durch Vatermord das Königreich erwerbe; und, auf dass ich etwas von 211 212 213 214 215 216 217 218 219

Historia Norwegie, c. 2: 7///c hafguua et hafjkitta, pre cunctis marinis monstris maxima, et cetera huiuscemodi infinita reperiuntur. Theodoricus Monachus, Historia, c. 16: In dio loco maris, qui dicitur Petlandzfiorthr. Theodoricus Monachus, Historia, c. 17. Bagge, Theodoricus (1989), 118f. Bagge, Theodoricus ( 1989), 119. Bagge, Theodoricus ( 1989), 122. Vgl. dazu Hanssen, Theodoricus (1949), 78-85; Mortensen, Renaissance (1993), 19 u. insb. Ders., Art. ,Theodoricus Monachus'. Vgl. dazu Mortensen, Renaessance ( 1993), 29-32. Theodoricus Monachus, Historia, Prol.

2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens

109

den Heiden berichte, sie war es, die Pharnaces antrieb, den Sohn des Mithridates, des Königs von Pontos, der 40 Jahre Krieg gegen die Römer geführt hatte, dass er seinen Vater, der in einer Stadt eingeschlossen war, belagerte."220

In weiteren Beispielen wird berichtet, wie der persische König Chosroes von seinem Sohn

verraten, seinen Feinden zur Folter ausgeliefert und zuletzt getötet wurde, und wie Domitian seinen Bruder Titas ermorden wollte.221 All diese Beispiele werden zum Vergleich mit der ambitio Haralds herangezogen. Neben Ereignissen aus der Bibel und der christlichen Tradition stehen also auch klassisch-römische bis hin zu spätantiken Begebenheiten.222 All diese dienen als Vergleichs- und Bezugsgröße für norwegische Geschichte. Mit der Darstellung einiger spätantiker Gestalten und Ereignisse geht Theodoricus hier aber schon über die Figuren der Bibel und der klassischen Antike hinaus. Er findet für Norwegen nicht nur einen gemeinsamen Ursprung der Geschichte, er entdeckt auch einen gemeinsamen Verlauf. Norwegen hat damit nicht nur Teil am europäischen Erbe, es ist auch Teil europäischer Geschichte.

2.4.

Norwegen in der europäischen Geschichte

Gegenüber seinen Vorgängern geht Theodoricus also noch einen weiteren Schritt voran. Neben biblisch-sakralen und klassischen wendet er auch historische Vergleiche an. Dies ist zum einen über die Gattung der Nationalgeschichtsschreibung zu erklären, in der Theodoricus sich bewegt. Gegenüber der Historia Norwegie kann man hier aber zusätzlich auch einen Entwicklungsprozess vermuten. Erst um 1180 trat auch dieser historische Vergleich dazu und damit die Beschäftigung mit dem Alten Europa im Geschichtsverlauf. Dies sind aber vor allem diachrone Vergleiche, der Übergang auf die synchrone oder zeitgenössische Ebene findet erst später statt. Daher sind diese Vergleiche bei Theodoricus zumeist noch auf die Antike bezogen, können aber auch schon nachklassische und sogar mittelalterliche Ereignisse und Gestalten anfuhren. Theodoricus weitet demnach seinen Blick auf die gesamte europäische Geschichtstradition. So heißt es über Olaf Tryggvason, er habe sich zunächst geweigert, die Herrschaft über ein heidnisches Land anzutreten, wenn er seine Untertanen nicht bekehren könne. „Hierbei folgte er dem Beispiel des überaus weisen Mannes Jovian, der, als das Heer der Römer den Persern in höchste Bedrängnis gebracht worden war und die Soldaten ihn anflehten,

von

Theodoricus Monachus, Historia, c. 26: O veré infeltx appetttus honoris! o miseranda et miserabilis et, ut a phllosophis describitur, vere cœca ambitio, divina et humana calcans, naturœ non deferens honorem et, cujus mentem semel tnvasertt, impotem sut reddens! Hœc Absalonem injugulum patrls armavit, ut sibi parricidio regnum pararet; et ut de ethntcts aliquid loquar, hœc Pharnacem filium Mithrldatis regis Ponti, qui cum Romanis anni quadraginta bellum gesslt, impulit utpatrem suum Inclusum In quadam clvltate obsideret. Vgl. dazu Hanssen, Theodoricus (1949), 86. 221 Theodoricus Monachus, Historia, c. 26. Vgl. dazu Bagge, Theodoricus (1989), 120 u. Hanssen, Theodoricus (1949), 86-89. 222 Vgl. auch Theodoricus Monachus, Historia, c. 18: Vergleich mit Julius Cäsar. 220

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

110

Darstellungen des

den Oberbefehl zu übernehmen, ohne Zaudern antwortete, dass herrschen wolle."223

er



Neuen

Europa

"

auf keinen Fall über Heiden

Im Folgenden beschreibt Theodoricus unter anderem nach dem Zeugnis des Hieronymus (ut testatur beatus Hieronymus)114 die Apostasie von Jovians Vorgänger Julian und baut damit eine Parallele zwischen dem heidnischen Beharren des Vorgängers Olafs, Jarl Hâkons, und dem heidnischen Beharren Julians als dem Vorgänger Jovians auf.225 Damit werden aber auch die Missionsbestrebungen Olafs in einen klassisch-historischen Zusammenhang gestellt. Dieses Beispiel vereint in gewissem Sinne aber auch die beiden zuerst behandelten Vergleichsmodi, indem ein zwar nachklassisches, aber noch immer römisch-antikes Beispiel aus patristischer Literatur zitiert wird. Viel mehr und eindeutigere historische Vergleiche finden sich für Olaf Haraldsson. Als dieser nach Norwegen kam, um den Königstitel zu beanspruchen, bezeichnet ihn Theodoricus schon als rex und erklärt gleich: -

-

-

„Dieser Name war ihm nämlich schon von seinen Leuten nach der Art der alten Römer verliehen worden, denn dort pflegte das Heer sich einen Befehlshaber zu erwählen und ihm den Königsnamen

aufzuerlegen."226

Dieser historisierende Vergleich mit dem antiken Heerkaisertam hebt Olafs Feldzug ebenfalls auf eine historische Ebene und verschafft seinem Königstitel eine zusätzliche antike Legitimation. In eine ähnliche Richtung geht Theodoricus schon, als er über die „Meinung einiger zur Taufe des seligen Olaf'227 berichtet. Nach der Ansicht mancher sei er nämlich in Norwegen getauft worden, andere behaupten, dies sei in England geschehen, während Theodoricus sich eher auf die Information stützt, die er in den Gesta Normannorum ducum des Wilhelm von Jumièges gefunden habe: dass Olaf das Sakrament in Rouen empfangen habe.228 Diese Ungewissheit über den Ort der Taufe regt Theodoricus zu einem weiteren Vergleich an: 223

224

Theodoricus Monachus, Historia, c. 8: secutus in hoc Iovinianum prudentisstmum virum, qui cum, Romano exercitu apud Persas In máximo periculo constttuto, a milltibus peteretur ad Imperium, incunctanter respondtt: nullo modo se paganis imperare velle. Vgl. dazu Bagge, Theodoricus (1989), 118. Johnsen, Theodoricus (1939), 53, hat gezeigt, dass Theodoricus sich hier auf das Werk ,Exceptiones priores' des Hugo von St. Viktor stützt, das heute aber eher Richard von St. Viktor zugeschrieben wird, vgl. McDougall/McDougall, Notes (1998), 67, Anm. 68; 56, Anm. 9. Karlsen/Vatsend, Use (2003), 244-255, wenden sich gegen diese Deutung und verweisen vielmehr auf die Historia tripartita aus dem 6. Jh. Vgl. dazu auch Bagge, Theodoricus (1989), 115. Vgl. dazu Karlsen/Vatsend, Use (2003), 254f. Spätantike Quellen, die über Jovian berichten, waren Theodoricus Monachus nicht bekannt (ebd., 241), die sich in dieser Passage widerspiegelnde Tradition geht von allem auf mittelalterlich-christliche Autoren zurück; vgl. dazu ebd., 242-244.

225 226 227 228

Bagge, Theodoricus (1989), 118. Vgl. auch Hanssen, Theodoricus (1949), 96f. Theodoricus Monachus, Historia, c. 15: hoc enim nomen a suis jam sortius fuerat, more antiquorum Romanorum, quia et ibi exercitus sibi solebat creare imperatorem et regium nomen imponere. Theodoricus Monachus, Historia, c. 13: Opinio quorundam de baptismo beati Olavi. Vgl. dazu Mortensen, Manuscript (2000), 174-181.

2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens

111

„Und man darf sich nicht wundern, dass dies sich so für Olaf in einem Land ereignen konnte, nie einen Chronisten gab, der über die alte Zeit berichtet hätte, wenn selbst der selige Hieronymus über Konstantin den Großen, den Sohn des Constantius und der Helena, schreibt, dass einige behaupten, er sei in hohem Alter in Bithynien getauft worden, andere aber, in Konstantinopel und wieder andere, in Rom vom seligen Papst Sylvester. Wer nun jedoch die Wahrheit

wo es

schrieb: noch wartet des

Spruches der Rechtsfall."229

Dieser Vergleich verbindet, indem er den ersten christlichen Kaiser anfuhrt, die sakrale und die historische Ebene: Olaf ist für Norwegen, was Konstantin für Rom war.230 Solche historisierenden Vergleiche verschaffen aber nicht nur den Missionskönigen Olaf Tryggvason und Olaf Haraldsson eine historische Legitimation in dieser Historia de antiquitate regum Norwagiensium. Eysteinn Magnusson, dessen Namen Theodoricus in der üblichen Form als Augustinus latinisiert,231 erscheint bei ihm vor allem aufgrund seiner umfangreichen Bautätigkeit, die auch andere nordische Quellen überliefern.232 So habe er bei Bergen ein Michaelskloster errichten, in der Stadt eine Pfalz (palatium) erbauen und in Agdenes einen Hafen233 anlegen lassen, „und hierin eiferte er Kaiser Augustus nach, der in Brindisi einen Hafen erbaute, der fast der gesamten Welt Nutzen brachte. Ebendieser Augustus befahl auch, dass unter außerordentlichen Kosten öffentliche Straßen durch zuvor unwegsame und gesamten Reiches angelegt werden sollten."234

So wird

sumpfige Gegenden zum Nutzen des

über seinen Namen wie auch über seine Bautätigkeit mit Augustus wobei auch hier neben dem historischen ein biblischer Bezug nicht zu ververglichen,235 ist. nachlässigen Das gilt bei allen Vergleichen, die derart die Geschichte der Antike einbeziehen, zumal Theodoricus seine Informationen oft aus patristischen Schriften schöpft. Das war in ähnlicher Weise schon in der Historia Norwegie zu beobachten. 229

230 231

232 233 234

235

Eysteinn

Theodoricus Monachus,

c. 13: Nec mirum de Olavo hoc conttgtsse in Ma terra, ubi nullus antlquttatum unquam scrtptorfuerit, cum Idem scribal beatus Hieronymus de Constantino magnofilio Constantii et Helenœ, quod quidam dtcant eum Blthyniœ baptlzatum fuisse In ultima senedute, alti Constantinopoll, quidam Romœ a beato Sylvestro papa, et adhuc subjudlce lis est quis verius scripserit. [Vgl. Horaz, De arte poética, V. 78] So gab es in Norwegen um diese Zeit tatsächlich eine Diskussion um die Umstände bei der Taufe Konstantins, die durch eine Dekretale Papst Alexanders III. an Ebf. Eysteinn Erlendsson beendet werden sollte: Baptismum autem Constantint non ab Eusebio, set a beato Slluestro credtmus celebratum. (Edition bei Holtzmann, Krone (1938), 384-386, das Zitat 386); vgl. dazu McDougall/McDougall, Notes (1998), 73f, Anm. 106; Laehr, Schenkung (1926), 3-8; 170f. Bagge, Theodoricus (1989), 118. Vgl. auch Schmidt, Studien (1973), 71-73. Theodoricus Monachus, Historia, c. 32. Vgl. etwa auch die Intitulatio Ebf. Eysteinn Erlendssons: Augustinus Nidrosiensis ecclesie archieplscopus et sánete sedls apostolice legatus; z. B. Regesta Norvegica, Nr. 92. Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnússona saga, c. 24. Vgl. dazu Jasinski, Havn (1995), hier bes. 74-78. Theodoricus Monachus, Historia, c. 32: imttatus In hoc Augustum Cœsarem, qulportum Brundusii pœne loto mundo profuturum construxit. Idem etlam Augustus publicas vías per loca prius tnvia et paludosa mlrls sumptibus ad utllttatem totius regni sterni prœcepit. Bagge, Theodoricus (1989), 121.

III. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

112

Darstellungen des „Neuen Europa

"

Theodoricus geht aber noch darüber hinaus. Bei ihm können solche Vergleiche auch die Geschichte des Mittelalters mit einbeziehen, wenngleich eine solch scharfe Trennung Autoren dieser Zeit fremd gewesen sein muss.236 Dennoch ist Theodoricus der erste Geschichtsschreiber des Nordens, der auch spätere Geschichtsverläufe in sein Vergleichsspektrum aufnimmt. So behandelt er in Kapitel 22 den Erbvertrag, den Magnus der Gute 1038 mit Hardeknut von Dänemark schloss, nach welchem derjenige der Könige, der zuerst und ohne männliche Nachkommen sterbe, sein Reich dem anderen vermache. Dieser Vertrag, so schreibt Theodoricus,

Vertrag nicht unähnlich, den Karl, der später ob seiner berühmten Siege und seiner sittlichen Tugenden ,der Große' genannt wurde, mit seinem älteren Bruder Karlmann geschlossen hat."237

„war jenem

Hierauf folgt eine längere Abschweifung zur Geschichte der Karolinger. Hier lässt sich der Vergleich auf die Formel bringen: Magnus, der später die Dänen vor den Wenden rettete, war für Dänemark, was Karl der Große für das Papsttum war.238 Ein weiteres Mal schweift Theodoricus in Kapitel 30 zu Karl dem Großen ab. Hier diskutiert er die düsteren Zeichen, die dem Tod des Kaisers vorangegangen waren wie die Rheinbrücke in Mainz, die am Tag ihrer Vollendung zerstört wurde; die Säulenhalle in Aachen, die einstürzte, als Karl die darin befindliche Kirche betreten wollte; eine goldene Namensinschrift, die nicht mehr lesbar gewesen sei und ein Blitz, der Karls Pferd während eines Feldzuges gegen die Dänen aus heiterem Himmel getroffen habe.239 Diese Vorzeichen nimmt Theodoricus in seine Darstellung auf, weil Ähnliches auch vom Tod Harald Hardrades 1066 überliefert sei. Durch einen Sturz seines Pferdes vor der Schlacht von Stamford Bridge sei Harald aus dem Sattel gefallen, woraufhin er ausgerufen habe: „Selten (...) bedeutet ein solches Zeichen den Sieg!"240 Aber auch der Untergang der Angelsachsen sei durch einen Kometen am Himmel angekündigt worden.241 Harald Hardrade wird aber nicht explizit mit Karl dem Großen verglichen, der Frankenherrscher wird vielmehr als Idealtypus des rex iustus angeführt, dessen Tod Zusammenbruch und Unheil heraufbeschwört. Damit ist es hier eher die Geschichte Norwegens, die mit der Geschichte des Frankenreichs verglichen wird.242 -

236

237

Vgl. dazu Mortensen, Working (1998), 412. In der Darstellung Ailnoths kann „die Alten" (antiqui) sowohl die Autoren im klassischen Griechenland wie auch mittelalterliche Historiographen bezeichnen; s. dazu o., 87; 89. Theodoricus Monachus, Historia, c. 23: Non longe a pacto quod pepigit Carolus, qui postea ob insignes victorias et morum probitates dicuts est magnus, cum Carolomanno seniore fratre suo.

Bagge, Theodoricus (1989), 119f. u. Hanssen, Theodoricus (1949), 90f. Theodoricus Monachus, Historia, c. 30. Diese Informationen wurden zuerst von Einhard niedergeschrieben; vgl. Hanssen, Theodoricus (1949), 85f. 240 Theodoricus Monachus, Historia, c. 28: raro, Inquit, tale Signum portendit victoriam. Vgl. dazu Schmidt, Studien (1973), 74; 88. 241 Theodoricus Monachus, Historia, c. 28. S. dazu o., 61. 242 Bagge, Theodoricus ( 1989), 120f. Vgl. auch Schmidt, Studien ( 1973), 74f. 238 239

2. Die lateinischen Geschichtswerke Norwegens

113

So ist Theodoricus der erste Geschichtsschreiber des Nordens, der ein Wissen darüber erkennen lässt, dass Karl der Große und mit ihm das mittelalterliche Kaisertum in einer Traditionslinie mit den antiken Cäsaren stehe, der damit aber ebenfalls ein historisches Bewusstsein zeigt, welches sich auch von biblisch-patristischen oder klassischen Vorlagen lösen kann. Dies lässt eine weitere Stufe in der Verortang des Anderen im eigenen Geschichtsbild wie auch der Anpassung dieses Geschichtsbildes an fremde, aber als maßgeblich verstandene Traditionswelten erkennen.243 Bis in seine eigene Zeit hinein führt Theodoricus diese Vergleiche jedoch nicht weiter, was zum Teil wohl darin eine Erklärung findet, dass er, wie er selbst betont, die Zeitgeschichte nicht für wert hält, sie zu überliefern. Über die norwegischen Bürgerkriege des 12. Jahrhunderts schreibt er in seinem letzten Kapitel: setzen hier unserer Schrift ein Ende, weil wir es für überaus unwert erachten, dem Gedenken der Nachwelt die Frevel und den Totschlag, die Meineide und die Verwandtenmorde, die Befleckungen heiliger Stätten, die Verachtung Gottes, die Ausplünderungen nicht weniger der Gottesfürchtigen als des ganzen Volkes, die Gefangennahmen von Frauen und die übrigen Gräuel zu überliefern, deren Aufzählung lang wäre."244

„Auch wir

Auch hierfür findet Theodoricus wieder die

passenden Worte bei Ovid und Lucan:

„So ergoss sich all dies nach dem Tode des genannten Königs Sigurd in einem Guss, so dass es scheint, als sei unser Volk ausdrücklich vom Satiriker beschrieben worden, als er sagte: Jäh-

lings brachen herein in die Zeit von schlechterer Ader alle die Greul, es entflohen die Scham und die Treue und Wahrheit, Einzug hielten statt dessen Betrug und tückische Falschheit, Hinterlist auch und Gewalttätigkeit und verruchte Besitzgier.' Lucan belehrt uns, die Verbrechen des eigenen Volkes zu verhüllen, wenn er schreibt: ,Flieht, ihr Gedanken, fort von diesem Kampfakt und laßt ihn im Dunkeln; kein Geschlecht soll mich von solchen Greueln künden hören und erfahren, wie große Vollmacht einem Bürgerkrieg gegeben ist', und an anderer Stelle: ,Was du in diesem Kampf verübtest, Rom, will ich verschweigen.'"245

243 244

Vgl. dazu Mortensen, Working (1998), 418.

Theodoricus Monachus, Historia, c. 34: Nos quoque hujus schedulœ hic finem facimus, indlgnum valde judlcantes memortœ posterorum tradere scelera, homicidio, perjurla, parricidio, sanctorum locorum contaminationes, Dei contemptum, non minus reltgiosorum deprœdattones quam totlusplebts, mullerum capttvationes etceteras abominationes, quas longum estennumerare.

245

Theodoricus Monachus, Historia,

c. 34: Quœ ita exubaverunt quasi In unam sentlnam post morlia ut nostram gentem speclaltter vldeatur notasse satyricus, cum diceret: Protinus irruplt venœpejorts In œvum/Omne nefas, fugerepudor verumquefidesque, /In quorum subiere locum fraudesque dolique / Insldiœque et vis et amor sceleratur habendi. [Ovid, Metamorphosen I, 128-131; Übersetzung Suchler, 10] Celanda etlam esse crimina propriœ gentis Lucanus admonet, cum dlcit: Hanc fuge, mens, partem belli tenebrtsque reltnque / Nullaque tantorum discat me vate valonim / Quam multum Hceat bellls clvtltbus œtas, [Lucan, De bello civili VII, 552-554; Übersetzung Ehlers, 327] et alto loco: Qulcquid In hac ade gesslsti, Roma, tacebo. [Lucan, De bello civili VII, 556; Übersetzung Ehlers, 327].

tem

prœdlcti regis Siwardl,

114

2.5.

III. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen

Europa

"

Zusammenfassung

Die Historia Norwegie und die Historia de antiquitate regum Norwagiensium sind die ältesten ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen' des mittelalterlichen Skandinavien. Beide Autoren grenzen ihre Werke von den früher entstandenen hagiographischen Darstellungen über Olaf Haraldsson und auch die dänischen heiligen Könige ab. Gerade im Vergleich zu diesen wird deutlich, dass hier eine Entwicklung in der Anwendung von Vergleichsmodi stattfand. Beide Textkorpora zeigen das grundlegende Bestreben, das Objekt der Darstellung in einem universal verstandenen Zusammenhang zu definieren.246 Lars Boje Mortensen konnte zeigen, dass in der Historiographie des Nordens und der universalen Verortang ihres Darstellungsgegenstandes zuerst eine Einordnung im christlichen Zusammenhang angestrebt wurde, bevor man sich auch einer historischen Verortang zuwandte, einer Verortang gerade auch der vorchristlichen Zeit,247 die hier freilich noch geringe Beachtung findet. Diesen Schritt gehen die lateinischen Geschichtswerke Norwegens als erste. So findet sich zwar auch bei ihnen die christlich-sakrale Einordnung wie schon in den hagiographischen Texten, die vor allem auf Bibelzitate und Bezüge zu bekannten Heiligenlegenden des ,Alten Europa' aufbauen. In ihrem weiteren historischen Rahmen konnten die Geschichtsschreiber im Norden diese Heiligengeschichten aber auch in einen größeren Zusammenhang stellen. Besonders in der Historia Norwegie wird die Mission Olaf Tryggvasons und Olaf Haraldssons zum Ausgangspunkt für die spätere Mission des europäischen Nordens. Durch Angleichung seines Werkes an die Hamburgische Kirchengeschichte Adams von Bremen stellt der Autor das Königreich Norwegen und die Trondheimer Kirche als neue Missionszentren des gesamten Nordens dar. Aber auch in anderen Aspekten gehen beide Autoren einen wichtigen Schritt weiter. In der Hagiographie deutete Ailnoth schon die Richtung an, welche die beiden norwegischen Geschichtsschreiber später einschlugen. Nun wurden auch die Mythen und Geschichtswelten der klassischen Antike vergleichend herangezogen. Beide Autoren zitieren klassische Schriftsteller und Gründungsväter der Geschichtsschreibung wie Ovid, Lucan, Horaz, Vergil oder Sallust. Vor allem vergleichen sie aber auch explizit Ereignisse und Gestalten der norwegischen Geschichte mit solchen, wie sie im klassischen Kanon beschrieben worden waren. Gerade wenn man Inger Ekrems frühem Datierungsansatz der Historia Norwegie folgt, womit das Werk zeitgleich mit der Passio Olaui entstanden wäre, muss man in diesem Schritt, den beide Autoren gehen, nicht zwingend einen Entwicklungsschritt sehen, sondern kann diese Unterschiede auch aus den verschiedenen Gattungen erklären. Dennoch muss betont werden, dass im Gesamtbild literarischer Produktion im Norden die Historiographie der Hagiographie folgte. Wenn Heiligenlegenden auch später entstanden, so blieben sie doch ihrer im Norden älteren Gattangstradition verhaftet. Daher war es -

246 247

-

Vgl. dazu Mortensen, Beginnings (2006), 248 u. Bagge, Theodoricus ( 1989), 121. Mortensen, Beginnings (2006), 262f. u. zusammenfassend 269.

3. Saxo Grammaticus und die dänische vor

allem die

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

Geschichtsschreibung,

die solche klassischen

115

Vergleiche geradezu ziehen

musste.

Der jüngere Theodoricus Monachus geht hier aber noch einen Schritt weiter. Er ist der erste Autor des Nordens, der sich in seiner Darstellung von der Beschränkung auf biblische, patristische und klassische Vorlagen lösen konnte. Er verortet norwegische Geschichte nicht nur in einem Europa, das sich auf christliche und antike Traditionen beruft. Er bietet mehrere Vergleiche etwa mit den Karolingern und bezieht so die gesamte europäische Geschichtstradition in seine Darstellung mit ein. Seine Geschichte wird typologisch auf die Universalgeschichte bezogen.248 Norwegen wird bei ihm Teil des europäischen Geschichtsverlaufs. Das ist also die Rolle, die Identität, die er seinem Reich zuschreibt: Norwegen ist nicht nur ein bedeutender Teil Europas, es hat sich schon lange zu einem solchen entwickelt. Der Wandel, den man hier beobachten kann, lässt sich also auf die Erweiterung der Vergleichsmodi auf biblische, klassische und historische Vergleiche zusammenfassen. Aber auch hier bewahrt der historische Vergleich noch seine diachrone Natur. Synchrone Vergleiche finden sich in der Historia Norwegie und der Historia de antiquitate regum Norwagiensium noch nicht. Dieser Wandel wird vor allem in der dänischen Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts vollzogen.

3. Saxo Grammaticus und die dänische Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts 3.1. Die Dänen:

Einleitung

Die Ursprünge der Dänen und des dänischen Königtums liegen im Dunkeln. Zwar entwerfen viele mittelalterliche Autoren Herkunftsmythen unterschiedlicher Ausprägung,249 auf gesichertem Terrain bewegt man sich aber erst ab dem 8. Jahrhundert. Die meisten Quellen über die Frühgeschichte Dänemarks stammen aus dem Reich, von wo aus auch die Christianisierung des Landes im Wesentlichen ausging. Erst in der Ottonenzeit konnte sich im Norden ein Königtum entwickeln, das im Verbund mit den Kaisern im Süden das Land einte und deren Herrschaftsgrandlagen insbesondere das Christentum mit einer starken Reichskirche auch zu seinen eigenen machte. So konnte 1104 mit der Errichtung des Erzbistums Lund auch die Herauslösung aus dem Hamburg-Bremer Metropolitanverband und die Entstehung einer eigenen Kirchenorganisation für den Norden gefeiert werden.250 Unter Sven Gabelbart und besonders Knut dem Großen erreichte Dänemark eine Vorrangstellung im gesamten Nordseeraum. Diese territoriale Expansion brachte -

-

248 249 250

Bagge, Theodoricus ( 1989), 122. Vgl. zu Saxo Grammaticus Mortensen, View (1987), Jergensen, Archiepiscopatus ( 1992), 2f.

170-176.

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen Europa

116

"

den Konsolidierungsprozess im Königreich Dänemark selbst ins Stocken. Erst unter Sven Estridsen wurde dieser fortgesetzt. Die sukzessive Thronfolgeordnung für alle seine 16 Söhne brachte aber zahllose Auseinandersetzungen um das Königtum mit sich, die besonders im zweiten Drittel des 12. Jahrhunderts in blutige Bürgerkriege zwischen verschiedenen Linien des Königshauses mündeten. Erst unter Waldemar I. konnten diese Feindschaften beigelegt werden.251 In dieser Zeit, der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, nach Beendigung der Bürgerkriege, bemühte man sich in besonderer Weise um die Einheit des Reiches. Die Historiographie, die in Dänemark am Beginn dieses Jahrhunderts einsetzte, erlebte in dieser Zeit eine besondere Blüte.252 An verschiedenen Orten wurden Geschichtswerke verfasst, die Dänemark als Ganzes ins Zentrum des Interesses rückten. Die meisten dieser Werke wurden wegen ihrer identitäts- und legitimitätsstiftenden Funktion nicht zuletzt vom Königshof wie auch vom Episkopat gefördert. Darüber hinaus sollte auch die Legitimation des dänischen Königtums durch solche Werke untermauert werden. So entstanden in der Zeit König Waidemars I. und Erzbischof Absalons von Lund und insbesondere in dessen Auftrag die historischen Darstellungen Sven Aggesens und des Saxo Grammaticus. Diesen gingen zwei kleinere Chroniken voraus, die beide im Umkreis von Roskilde verfasst wurden: das Chronicon Roskildense und das Chronicon Lethrense. Letztere, die Lejrechronik, wurde in Lund überliefert, wo mit den Annales Lundenses und deren Vbrgängertexten schon früh historische Arbeiten niedergeschrieben wurden.253 Sie stellt einen alten Königssitz in Lejre in den Mittelpunkt und berichtet über die Geschichte der dänischen Könige vor der Christianisierung. Mit ihren Informationen und Wertungen beeinflusste sie die spätere Historiographie in hohem Maße. So stützten sich sowohl Sven Aggesen als auch Saxo auf diese Chronik. Daher wird sie zumeist auf die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts datiert.254 Früher entstand das Chronicon Roskildense, das in seinen Wertungen oft auch einen anderen Standpunkt einnimmt als die Lejrechronik, Sven und Saxo.255 Diese Chronik berichtet erst ab der Christianisierung des Landes und gibt für die ersten Jahrhunderte nur Informationen Adams von Bremen wieder. Für die Zeit danach aber, insbesondere für die Ereignisse der Bürgerkriegsjahre, stellt sie eine bedeutende Quelle dar und reicht bis zum Jahr 1140, mit späteren Zusätzen bis 1157. In erster Linie war dieser Text als Bistamsgeschichte von Roskilde angelegt, in der Ausführung erscheint die Chronik aber

jedoch

-

-

251

252 253 254 255

Zur allg. Geschichte Dänemarks im Mittelalter vgl. Sawyer/Sawyer, Welt (2002), 174-201; 251— 310. Zum dänischen Einfluß im Ostseeraum vgl. auch Petersohn, Ostseeraum (1979), 189-201; 437^155. Zur mittelalterlichen Geschichtsschreibung in Dänemark vgl. v. a. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 435^157. Vgl. die Übersicht bei Kristensen, Annalistik ( 1969), 116. Pesch, Art. ,Lejre-Chronik', 255. Zur Bewertung des Chronicon Roskildense vgl. bes. Getting, Eskil (2004) u. Breengaard, Muren (1982), 51-72.

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

117

als ,Nationalgeschichte'. Ihre Sympathien gelten vor allem jenen Königen, die dem Roskilder Bistum außerordentliche Förderung zukommen ließen. Um 1185 entstand die Brevis Historia Regum Dacie oder Historia Compendiosa des Sven Aggesen, der auch als Verfasser einer Königsgenealogie und einer Lex Castrensis in Erscheinung trat.256 Diese Historia ist in Dänemark die früheste eigentliche ,nationalgeschichtliche Gesamtdarstellung' nach kontinentalen Vorbildern. Die Kenntnisse der antiken Autoren und der Vulgata, die Sven in seinem Text zeigt, machen eine Ausbildung Svens in Frankreich wahrscheinlich. Er entwirft in seinem Text einen eigenen Gründungsmythos und erzählt die Geschichte der Dänen bis in seine eigene Zeit, in der er an einigen Unternehmungen des Königs selbst teilgenommen hatte. In seiner Darstellung stützt er sich zumeist auf mündliche Überlieferungen des Nordens sowie die Berichte eigener Gewährsmänner. Besonders die Treue zum König ist bei ihm ein grundlegendes Element der dänischen Geschichte. Der bedeutendste Vertreter der lateinischen Historiographie des Nordens heißt aber Saxo Grammaticus.257 Wegen seines glühenden Patriotismus wird sein Werk, die Gesta Danorum, noch heute beinahe wie ein „Dänisches Nationalheiligtam" gehandelt. Saxo war es, der der Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert die Möglichkeit gab, ein dänisches Nationalbewusstsein bis weit ins frühe Mittelalter verfolgen zu können.258 Dazu trag auch bei, dass Saxo um 1200 als Zeitgenosse und im Auftrag Erzbischof Absalons von Lund und König Waidemars des Großen schrieb, zur Glanzzeit dänischer Geschichte im Mittelalter. Geboren wurde er auf Seeland um 1150 und höchstwahrscheinlich entstammte er einer hochadligen Familie. Er wird identifiziert als clericus, der in Diensten des bedeutendsten dänischen Kirchenfürsten des Mittelalters, Absalons, stand und in dessen Auftrag sein Geschichtswerk verfasste.259 Sven Aggesen erwähnt selbst den contubernalis meus Saxo.260 Wegen der beinahe klassischen Qualität seines Lateins erhielt er den Beinamen Grammaticus. Seine Ausbildung erfuhr er in Frankreich, wie viele Dänen seiner Zeit.261 In seinem Werk stützt er sich auf den klassischen Kanon: Neben anderen die antiken Autoren Sallust, Livius, Vergil, Valerius Maximus und Boethius.262 Andererseits nimmt 256

257 258

259 260 261 262

vgl. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 440^142. Zum Verhältnis der beiden Textträger vgl. Christensen, Overleveringen (1978), 9-13. Zum Verhältnis zu Saxo vgl. Christensen, Forholdet (1975), 137. Zur Lex Castrensis vgl. Rtis, Hirdlovgivningen (1975), hier 146f. (Bei Textzitaten aus der Historia Compendiosa wurde nach Christensen, Overleveringen (1978), dem X-Text von Gertz gefolgt). Ein Zusammenstellung der grundlegenden Literatur bietet Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 444^t46, Anm. 31. Zu Saxos Person vgl. Friis-Jensen, Saxo (1989). Vgl. dazu Holmqvist-Larsen, Saxo (1996), bes. 177-181 u. Knudsen, Interessen (2000), zusammenfassend 32. Skovgaard-Petersen, Saxo (2000), bes. 192f. u. Friis-Jensen, Saxo (1989), bes. 354f. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 10. Vgl. Friis-Jensen, Saxo (1987), 14-18. Friis-Jensen, Study (1992); Ders., Saxo (1987), 192-198. Vgl. hierzu a. Skovgaard-Petersen, Saxo (1991), 340. Zu Sven Aggesen

777. Der Blick nach Süden: Die

118

SuörlQnd in Darstellungen des „Neuen Europa

"

aber auch volkssprachliche Traditionen des Nordens in seine Dänengeschichte mit auf. Deshalb wurde er immer wieder gewissermaßen als Steinbruch für nordische Mythen und Legenden benutzt. Sein umfangreiches Werk besteht aus sechzehn Büchern, denen eine Praefatio vorangestellt ist. Die ersten neun Bücher behandeln die Vorgeschichte Dänemarks seit dessen sagenhaften Gründer Dan. Hier stützt sich Saxo auf sowohl mündlich als auch schriftlich tradierte Sagatexte, die er aus isländisch-norwegischer und dänischer Überlieferung bezog. Von diesen sind viele in isländischen Sagas parallel niedergeschrieben worden. Für viele aber ist Saxo der einzige Zeuge. In den historischen Büchern verarbeitet er die dänische Geschichte von Gorm dem Alten, also ab dem frühen 10. Jahrhundert bis in seine Zeit, bis ungefähr 1185. Die Quellen, die Saxo hier benutzt, sind seine oben geschilderten dänischen Vorgänger, so beispielsweise die Lejrechronik und Sven Aggesens Historia, wie auch deutsche Werke, vor allem die Hamburger Kirchengeschichte des Adam von Bremen. Diese Vorlagen behandelt er im allgemeinen aber ziemlich frei und nuanciert sie oft in seinem Sinne, d. h. zugunsten der Dänen. Dass all diese Texte in Latein verfasst wurden, zeigt ihre internationale Zielgruppe. Eine besondere Position nimmt hier die Königsgenealogie des Abtes Wilhelm von ¿Ebelholt ein, die einer konkreten politischen Situation zu verdanken ist. 1193 hatte König Philipp Augustas von Frankreich Ingeborg, die Schwester des dänischen Königs Knut VI. geheiratet.263 Schon im Vorfeld dieser Verbindung hatte Abt Wilhelm von ^Ebelholt, der selbst aus Frankreich stammte, diese dänisch-französische Verbindung besonders gefördert. Als Philipp diese aber, wegen angeblich zu naher Verwandtschaft, aufkündigen wollte, verfasste Wilhelm seine Genealogie als Beweisführung für die dänische Seite. Er verfolgt darin Ingeborgs Abstammung bis in die früheste heidnische Vorzeit zurück und entwickelt damit nicht nur das Bild einer langen königlichen Traditionslinie, er versucht auch, das dänische Königtum den europäischen Häusern gleichwertig an die Seite zu stellen.264 Dass dieser Text an den Papst adressiert ist, zeigt, dass Wilhelm dies einer europäischen Öffentlichkeit vor Augen fuhren wollte. Aber auch die chronikalischen Quellen richten sich an eine außerskandinavische Lateinelite. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass immer wieder dänische Ausdrücke ins Lateinische übersetzt und erklärt werden. Während aber Sven Aggesen noch für einige Wortspiele die Kenntnis des Dänischen voraussetzt,265 erklärt Saxo in weit mehr Fällen seine dänischen Ausdrücke den intendierten Lesern.266 er

263

Vgl. dazu Riis, Mariage (1982), bes. 359-361. Vgl. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 443. Ingeborg vgl. Waßenhoven, Skandinavier (2006), 209. Wilhelm v. ¿Ebelholt, Genealogía regum Danorum, bes. 184/185. Vgl. zu ihm Damsholt, Abbot

Zu

264

265

266

William (2001). So etwa die Erklärung des Namens Skiold als Schild: Sven Aggesen, Historia Compendiosa, cl: Sklold Danis didici primum prefuisse; et ut dus alludamus uocabulo, iccirco talifunctus est nomine, quia uniuersos regni términos regie defensionis patrocinio ajfatim egregte tuebatur. Vgl. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, z. B.: lib. 2, c. 6.12 u. lib. 7, c. 8.3.

3. Saxo Grammaticus und die dänische

119

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

So offenbaren die Autoren auch für eine internationale Öffentlichkeit die dänischen Tugenden ihrer Helden, und stellen daher grundlegende Zeugnisse für die Selbstverortang des dänischen Königtums in der Gemeinschaft der christlichen Reiche dar. Saxos Dänen etwa sind während ihrer gesamten Geschichte von Feinden umgeben: Im Norden versuchen immer wieder norwegische oder schwedische Fürsten, das Land zu erobern, im Süden müssen sich die Dänen immer wieder mit den Slawen bekriegen. Und selbstverständlich lauern im Süden stets die Deutschen, die mit ihrer perfidia,267 mit ihren Intrigen und Bestechungen Dänemarks tapfere Helden bedrohen. So schreibt er etwa im 14. Buch: „Zu dieser Zeit war Dänemark von allen Seiten von den schwersten Gefahren umgeben und von den wiederholten Hinterhalten der Nachbarn bedroht, hier den Norwegern, dort den Slawen und Sachsen, die alle seiner Vernichtung auflauerten."268

Das schweißt die Dänen zusammen. Natürlich gibt es auch zwischen den Dänen Rivalitäten. Vor allem sind für Saxo, der selbst aus Seeland stammt, die Jütländer oft die ersten, welche bei Gefahr die Flucht antreten, die Seeländer dagegen sind die Vornehmsten und Tapfersten des Reiches. Gegenüber Ausländern ist das aber kein Vergleich. Im 9. Buch berichtet Saxo, wie König Régneras Ragnar Loöbrök aus der isländischen Sagatradition ein Aufgebot -

zusammenstellt, indem er gebot,

-

„dass jeder Familienvater den verächtlichsten seiner Söhne oder jeden Sklaven, den er als trag und unzuverlässig kannte, in seinen Dienst stellen möge. Obwohl dieser Erlass seinem Vorhaben wenig günstig zu sein schien, lehrte er doch, dass die Schwächsten von den Dänen die Tapfersten von andern Nationen übertrafen, denn erbrachte den jungen Leuten einen großen Vorteil; denn die hierzu Auserlesenen wünschten natürlich um die Wette, den Makel der Faulheit zu tilgen."269 Einmal äußert sich Saxo zwar abfällig über die dänische Hingabe zum fröhlichen Trank, kann dies aber nicht niederschreiben, ohne sich sogleich bei seinem Vaterland zu entschuldigen.270 Die ruhmreiche Dänengeschichte ist es, die in seinem Werk überhöht werden soll, und im übermächtigen Schatten seiner Dänen soll der Glanz anderer Völker

verblassen.271 Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 13, c. 8.6: Theutonicaperfidia. Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 37.1: Eo tempore res Dánica, clrcumquaque dlfficilltmts offusa pericults, crebris finlttmorum Instdtts tentabantur, hlnc Norvagtensibus, inde Sclavis Saxonibusque sibi perniciem machtnanttbus. 269 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 9, c. 4.13: (...) statuit, ut unusquisque paterfamilias, quem inter liberos contemptisslmum duceret, aut si quem pigrioris operae ac minus spedatae fidel servum haberet, stipendia slbl merlturum offerret. Quod edtdum, tametsi parum proposito competens vlderetur, tnvalidlsslmos Danicae gentts allarum nationumforttsstmlspraestare docult magnumque luventuttprofectum attulit, delectis certattm socordtae notam abstergeré cuptentibus. Übersetzung Jantzen, 476f. Vgl. dazu Olrik, Kilderne II (1895), Ulf. 270 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 5, c. 14.4: utpatriaepace loquar. 271 Dazu etwa auch Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 8, c. 9.5 (über die Niederlagen des Sywardus): „das Dänenreich, welches auf das heldenhafteste erweitert, durch so grosse Ruhmesthaten der Vorfahren berühmt geworden, durch so viele Siege vergrössert worden war" (Danorum 267 268

Saxo Saxo

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Er stellt die Tugenden und Makel dieser Völker einander gegenüber, indem er Protagonisten in seinen Geschichten auftreten lässt, die als Angehörige und Vertreter ihrer Völker auch stets deren Tugenden oder in den meisten (nichtdänischen) Fällen deren Makel tragen und in ihrem Handeln offenbaren.272 So kann er durch Kritik am Einen den Anderen loben und umgekehrt.273 Welche Rolle im Großen aber auch der integrierende Vergleich für Saxo spielt, das spricht er selbst an exponierter Stelle an, im Einleitangssatz seiner Praefatio, dem ersten Satz des Werkes: Da alle anderen Nationen immer auf ihre ruhmvolle Geschichte stolz seien und an der Erinnerung an ihre Vorzeit ihre Freude haben, habe Absalon von Lund ihn mit der Abfassung seines Geschichtswerkes beauftragt, -

„damit es nicht schiene, als ob die Geschicke unseres Volkes während sich unsere Nachbarn an der Überlieferung ihrer Taten erfreuen bei der Länge der Zeit in Vergessenheit verfallen sei, -

ohne

irgend welche schriftliche Aufzeichnungen zu bewahren."274 -

Er will die dänische Geschichte derjenigen von anderen Völkern auf einer würdigen Ebene gegenüberstellen. Saxos Dänen brauchen keinen Vergleich zu scheuen.

3.2. Die Dänen und die Deutschen Berichte über andere Völker treten in den Gesta Danorum zur Genüge auf. In allen Fällen treten sie mit den Dänen in Kontakt und zumeist unterliegen sie diesen auch. Man kann nun aber Attribute, die Saxo diesen Völkerkonstruktionen zuschreibt, nicht immer als expliziten Ausdruck einer Völkercharakteristik verstehen. Besonders in den vorgeschichtlichen Büchern ist dies zu bedenken. Hier treten Völker und Reiche meist nur als legendarische Königreiche auf, deren Namen lediglich einen Handlungshintergrund liefern. Bei den Darstellungen von Völkern, besonders jener, die nicht in direkter Nachbarschaft zu den Dänen leben oder in engen Beziehungen mit ihnen stehen, zeigt sich Saxo wenig kreativ im Zuschreiben negativer Charaktereigenschaften. Die Gallier sind

regnum

fortissime propagatum,

Übersetzung Jantzen, 429).

tantis etiam maiorum titulis

illustratum,

tot victorüs auctum.

272

Vgl. dazu, besonders auch zum rituellen Handeln Kamp, Tugend (2004), 186. Laut Groh, Deutschenbild (2004), 148, sind etwa ,„die Deutschen' (...) nur Mitwirkende in den Handlungen ihrer

273 274

Sawyer, Saxo (1994), 534.

Herrscher".

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Praef, c. 1.1: Cum ceterae nationes rerum suarum titulis gloriari voluptatemque ex maiorum recordatione percipere soleant, Danorum maximus pontifex Absalon patriam nostram, cuius illustrandae maxima semper cupiditate flagrabat, eo claritatis et monumentt genere fraudari non passus, mihi, comitum suorum extremo, céleris operam abnuentibus, res Dánicas in historlam conferendi negotlum intorsit (...) ne finttimls factorum traditione gaudentibus hulus gentis optnlo potlus vetustatis obltvits respersa quam litterarum monumentis praedita vlderetur. Übersetzung Jantzen, lf. Vgl. dazu insbes. Friis-Jensen, Study (1992), 72f.

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

121

bei ihm eher unkriegerisch,275 die Iren treten als Feiglinge auf276 und auch die Griechen bleiben nicht verschont: Ihnen werde die Prärogative der Vernunft fälschlicherweise zugeschrieben.277 Aber auch Völker, die immer wieder eine bedeutende Rolle in der dänischen Geschichte spielten werden in keinem besseren Licht geschildert. Die Briten seien von Habgier getrieben,278 und die reiche Pracht am dortigen Hof279 werde durch den Umstand gestört, dass der König ein Bastard sei.280 Untreue ist laut Saxo ein englischer Wesenszug. Als er im neunten Buch berichtet, wie die Engländer sich aus der Herrschaft Gorms „des Engländers" befreien wollten, betont er: „Je gehässiger sich England von ihm lossagte, um so treuer hielt Dänemark zu ihm."281 Gern stellt Saxo auch vergleichend die Dánica fides der Anglica perfidia gegenüber.282 Perfidia schreibt Saxo aber auch oft allen anderen Völkern zu, so etwa den norwegischen Nachbarn im Norden.283 Diese, wie viele andere häufig als barbari bezeichnet, bleiben den Dänen fremd. Lediglich die norwegische Milde ist Saxo ein Begriff: Sie bestehe aus Täuschung und Spott.284 Die Völker, mit denen die Dänen in ihren Gesta aber am meisten in Kontakt treten, sind die Slawen und die Deutschen. Ein detaillierteres Bild zeichnet Saxo jedoch nur von den Deutschen, nicht aber von den Slawen. Die Ursache dürfte hauptsächlich darin zu sehen sein, dass die ostelbischen Völker in Dänemark eher als Objekt der Kolonisierang in der Waldemarszeit, die Deutschen eher als Konkurrenten in diesem Prozess gesehen wurden. So finden die Slawen auch in den Texten der Bürgerkriegszeit keine Erwähnung, weder in der Lejre- noch in der Roskildechronik. Erst mit Waidemars Ostseepolitik treten sie ins Bewusstsein der Autoren.285 Bei den beiden späteren Historikern Sven und Saxo hingegen werden Konflikte mit den Slawen auch in die frühesten Jahrhunderte zurückprojiziert, was den legitimierenden Charakter dieser Texte noch verstärkt. Saxo bezeichnet die Slawen aber nahezu die ganze Geschichte hindurch, also sowohl in den vorgeschichtlichen wie auch den historischen -

275 276 277

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10,

282 283 284

20.1.

inquit.

Vgl. etwa Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 2, c. 3.5; 3.7. Vgl. die Schilderung Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 3, c. 6.17. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 3, c. 6.20. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 9, c. 9.0: Sed quo eum Anglia invldentlus sprevit, hoc Danta fidentius colult. Übersetzung Jantzen, 499. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10, c. 21.6. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10, c. 21.2: Norvagicae perfidiae. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10, c. 12.2: Haec est Norvagica humanitas, dolls ac derlsione instructa (...) quisquís ei populo humanltatem atque obsequtum erogat, tngratls beneficium praestat.

285

c.

Vgl. etwa Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 5, c. 14.5. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 12, c. 1.3: falso Graecls sapientlae praerogativam ascribi

278 279 280 281

-

Blomkvist, Discovery (2005), 113-115; 568f.

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

122

Darstellungen des „Neuen Europa

"

Büchern, als Barbaren.286 So erhalten sie ähnliche Zuschreibungen wie die zuvor angeführten Völker287 wobei zumeist offen bleibt, ob der Barbarenbegriff in der klassischen

oder in der mittelalterlichen Bedeutung verwendet wird. Bei Saxo ist die Barbarei im Gegensatz zu Adam von Bremen und Wilhelm von Malmesbury ein so häufig verwendeter Vorwurf, dass der Begriff vieles von seiner Schärfe einbüßt und so für die Gesamtdeutang von Saxos Fremdkonstruktionen kaum noch Aussagekraft besitzt. Auch Sven Aggesen betont in erster Linie die Wildheit der Slawen (Sclauorum feritas)2SS oder ihre wilde Wut (effera rabies).1*9 In besonderer Weise deutlich wird diese Fremdkonstruktion der slawischen Völker in der Geschichte Harald Blauzahns, wie Sven Aggesen sie berichtet, wo Haralds Sohn Sven von den Slawen betrogen und entführt wird. Diese wollen ihn am liebsten gleich töten, nur die Weiseren unter ihnen wollen ihn verschonen, aber nur, um Lösegeld zu erpressen.290 Die Eigenschaften, die den Slawen in dieser Episode zugeschrieben werden, verleihen ihrer Darstellung als wilden Barbaren nur unwesentliche weitere Facetten. Als grundlegender Unterschied zwischen Slawen und Dänen wird hingegen auch unabhängig vom Barbarenstereotyp ihr Beharren im heidnischen Glauben genannt. Dass aber diese wilden Menschen von den frommen Dänen christianisiert werden, erhöht die Würde des dänischen Königreiches und stellt es auf eine Stufe mit den anderen christlichen Reichen. Gerade aus diesem Grund muss das Bild der Slawen das undifferenzierte des barbarischen und rohen Heiden bleiben. Die negative Darstellung der Slawen ist daher nicht nur vor dem Hintergrund von Waidemars Ostseepolitik zu verstehen. Auch der Missionsgedanke, der sich seit dem Wendenkreuzzug von 1147 im Norden auch mit dem Kreuzzugsgedanken verband, gewann grundlegende Bedeutung.291 Dieser spielt insbesondere in Saxos späteren historischen Büchern eine Rolle. In seiner geographischen Einleitung fuhrt Saxo die Slawen noch nicht an. Die geographische Beschreibung zu Beginn der Gesta Danorum ist vielmehr als ein symbolisches Aufgreifen der mare-nostrum-Vorstellung des Orosius, wie auch schon in der Historia Norwegie, zu verstehen.292 In den späteren Büchern sind die Slawen aber zumeist die wilden Heiden, die unter dänischem Einfluss den christlichen Glauben annehmen. -

286

287 288 289 290 291

292

z.B. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 3, c. 5.1. wie auch cc. 9.3-9.6. Zu Saxos Slawenbild vgl. Jensen, Border (2002), 184; Ders., Graenser (2000), bes. 8-11; darüber hinaus die einschlägigen Artikel im Sammelband „Saxo and the Baltic Region". Vgl. hier z. B. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 8, c. 10.8, über die Unterwerfung der Slawen durch Iarmericus: Quae res Sclavorum obsequia in suo statu aequali ac solida subtectione contlnutt. Vgl. dazu Blomkvist, Discovery (2005), 113-115. Habgier z. B. in Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 5, c. 4.5. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 17 u. c. 20: Sclaurorum seuitia. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 13. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 8. Vgl. dazu Melier Jensen, Sclavorum expugnator (2003), 55f; Ders., Bezwinger (2004), 34f.; Ders., Denmark (2004), bes. 225f.; Jensen, Korstog (2004), 270f; Ders., Grasnser (2000), 11. Vgl. neuerdings Fonnesberg-Schmldt, Popes (2007), hier 23-26. Mortensen, Language (2005), 115.

Vgl.

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

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Habgier und Hinterhältigkeit, Untreue und Unzivilisiertheit sind nun aber durchaus übliche pejorative Züge der mittelalterlichen Völkercharakteristik293 und dienen lediglich dazu, jeden negativ darzustellen, der sich gegen die rechtmäßige dänische Ordnung wendet, aber auch die Dänen hervorzuheben, die umgeben von Feinden an ihren alten Tugenden und ihrer alten Ordnung festhalten. Eines dieser feindlichen Völker bedrohte Dänemark ständig im Süden. Die Sachsen bzw. Deutschen sind den Dänen zwar ebenso wie die Slawen stets feindlich gesinnt, ihr Bild fallt aber differenzierter aus. Sie kann Saxo im Grande weder in mittelalterlichen noch in klassischem Sinn als barbari bezeichnen, ist Sachsen doch das Land, von wo die wichtigsten religiösen wie auch kulturellen Impulse nach Norden dringen wenngleich Saxo diese Einflüsse abzuqualifizieren und mitunter zu negieren versucht. So stellt er die Sachsen und Deutschen eher als verweichlicht und hinterhältig dar. Ein herausragendes Beispiel hierfür, auch für die schon erläuterte Form des Vergleichs von Völkern über Protagonisten findet sich im siebten Buch. Hier will Hildigisleus, ein vornehmer Deutscher, nur seiner Schönheit vertrauend, Sygne, die Tochter des dänischen Königs Sigaras für sich gewinnen. Diese kann sich aber nur wenig für ihn erwärmen, denn einerseits war sie schon in Liebe zu Hako, dem maximus piratarum,294 entflammt und andererseits zog sich Hildigisleus bei ihr durch seine -

„Unbedeutendheit die grösste Verachtung zu, denn eigener Tapferkeit bar, gewann

er offenbar durch die Tüchtigkeit anderer sein Ansehen. Dagegen bewog sie zur Liebe Hakos besonders der weit bekannte Ruhm von dessen Heldentaten; sie schenkte nämlich tapferen Männern mehr Beachtung als Weichlingen und bewunderte nicht die Schönheit der Gestalt sondern der Thaten; denn sie wusste, dass einschmeichelnde äussere Schönheit, wenn man einzig nach der Tüchtigkeit schätzt, zu Nichte werde und mit jener keinen Vergleich aushalten könne."295 nur

Der Vergleich wird sogar noch konkreter: nun zufällig später einmal ihre Dienerinnen die Ruhmesthaten der Edlen verglichen, zog sie Hako dem Hildigisleus vor, indem sie nachwies, an dem letzteren finde man nichts Lobenswürdiges als seine Gestalt, während bei dem anderen ein Fehler im Gesicht durch seine vorzügliche Gesinnung ausgeglichen werde."296

„Als

In welchem Maße Saxo seine

Protagonisten einsetzt, um über ihre Wesenszüge deren zu charakterisieren, zeigt der weitere Verlauf dieser Episode: In den nachfolgenden Streitigkeiten, in welchen Hildigisleus die obligatorischen deutschen Besteganzes Volk

293 294 295

Schmugge, Vorurteile (1982), 443f.

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 7, c. 5.0. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 7, c. 7.2: Apud quam maximum ei contemptum obscurttas pepertt, quodfortitudlne vacuus aliena probitatefortunam instruere videretur. Praecipue eandem In amorem Hakonis magnaltum etus spectata deflexit optnlo. Qulppe matorem fortium quam molltum respectum agebat nec fiormae, sed operum insignia mtrabatur, sciens omne decoris blandimentum sola virturts aestimattone sordescere nec aequa Uli lance conferri Übersetzung Jantzen, 360. 296 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 7, c. 7.3: Quae postmodum, forte pedissequis insignes procerum títulos conferentlbus, Hlldtgtsleo Hakonem praetullt, In Mo nihil praeter speclem laudablle reperiri, In isto oris lituram anlmlflore pensari testata. Übersetzung Jantzen, 361.

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen Europa

124

"

chungsmittel einsetzt,297 um doch noch zu seiner Ehe zu kommen, kann er nach seiner ebenso obligatorischen Niederlage zwar fliehen, ihm werden aber von einer Lanze beide Hinterbacken durchbohrt. Das veranlasst die Dänen dazu, nicht Deutschen zu verhöhnen: „Diese Thatsache bot Gelegenheit, die Teutonen mit Spott

zu

nur

ihn, sondern alle

überschütten, da die hässliche

Verwundung unfehlbar schmachvoller Brandmarkung verfiel."298

Belege wie diese bewogen die frühere Forschung dazu, in Saxo einen notorischen Feind der deutschen Nachbarn zu sehen. Beispielsweise schreibt Jargen Olrik in der Einleitung zu seiner 1931 zusammen mit Hans Raeder vorgelegten Edition, dass Saxo gegenüber Deutschland und den Deutschen „einen ausgeprägten Nationalhass" hegte.299 Wenn auch in der Einleitung zur Übersetzung, die LaCour 1941 neu vorlegte, Bezeichnungen wie der „tyske antikrist" von der deutschen Besatzungsmacht zensiert wurden,300 spiegeln sie doch die vorherrschende Meinung der Geschichtswissenschaft der Zeit wider. Nun konnte zwar gezeigt werden, dass Saxos Deutschenbild differenzierter ausfallt und nicht bloß als ,Nationalhass' zu sehen ist,301 allerdings bleibt doch etwa die Theutonica perfidia eine feste Größe in Saxos Weltbild302 und als Freund der Deutschen wird man ihn nie sehen können. Die jüngere Forschung, vertreten durch Karsten FriisJensen303 und Anders Leegaard-Knudsen304, hat dieses Bild aber relativiert und besonders Martin Groh hat daraufhingewiesen, dass das Deutschenbild Saxos differenzierter zu bewerten ist, als dies die frühere Forschung getan hat.305 Gerade in den historischen Büchern treten die Sachsen oft als Verbündete der Dänen auf, genauer als Verbündete der dänischen Könige, und in solchen Zusammenhängen werden sie oft als kriegerisch und tapfer dargestellt.306 Auch anderweitig kann Saxo in den historischen Büchern den Deutschen durchaus auch positive Züge abgewinnen. Über die Ehe Heinrichs III. mit Gunhild, der Tochter Knuts des Großen, schreibt Saxo:

303 304

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 7, c. 7.5: Bolwisum quendam (...) muneribus Illicit. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 7, c. 7.5: Quae res insectandorum risu Theutonum occasio exstitit, quod opprobrli nota plagae deformitas non careret. Olrik, Prolegomena (1931), XLVII: „saerlig overfor Tyskland og Tyskerne, mod hvem han naerer et udpraeget nationalhad". Vgl. auch Manitius, Geschichte III (1931), 504 u. Fechter, Ideenwelt (1978), 419. Groh, Deutschenbild (2004), 143. Groh, Deutschenbild (2004), zusammenfassend 158f. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 13, c. 8.6. Vgl. dazu v. a. auch Groh, Deutschenbild (1992), 146. Friis-Jensen, Portrait (2000), bes. 164f. Knudsen, Absalon (2000), zusammenfassend 34f. Vgl. dazu auch Ders., Use (1996), hier bes.

305

Groh, Deutschenbild (2004), bes. 144, zusammenfassend, 158f. Vgl. auch die zugrundeliegende

297 298 299

300 301 302

148.

306

Kieler Magisterarbeit Grohs aus dem Jahre 1992. Groh, Deutschenbild (2004), 155f; 159. Vgl. auch Ders., Deutschenbild (1992), 145. die Stellen im 14. Buch: cc. 3.6; 5.8; 30.5.

Vgl.

z.

B.

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

125

„Aber Gunhild gebar dem Kaiser einen Sohn Magnus, groß im Schicksal wie auch im Namen, dem Zierbilder der erlauchten Deutschen und strahlende Leuchten einer deutschen Nachkommenschaft ausgehen sollen."307 von

So kann Saxo in den historischen Büchern auch einmal dänischen Landsleuten perfidia Gegnern des rex iustus, selbstverständlich. Solche werden oft auch als furchtsam dargestellt.309 In den vorgeschichtlichen Büchern baut Saxo seine Darstellung zwar auf mehr Quellen auf, die darüber hinaus auch sehr unterschiedlichen Charakters sind, er ist dabei aber auch freier im Konstruieren von Eigenschaften, die er einzelnen Völkern, bzw. deren Protagonisten zuschreibt. In diesen Teilen des Buches findet sich nur an einer Stelle ein Bericht, wo die Sachsen tapfer auftreten. Ihre summa pugnandi cupiditas hilft ihnen aber nichts, sie werden dennoch von den Dänen besiegt.310 Das Bild der Deutschen in den Gesta Danorum muss also insgesamt differenzierter betrachtet werden und kann mit Begriffen wie ,Nationalhass' keinesfalls adäquat erfasst werden. In allen Teilen des Werkes, also in den vorgeschichtlichen wie auch in den historischen, finden sich hingegen bestimmte Eigenschaften und Wesenszüge, die den Sachsen bzw. Deutschen immer wieder zugeschrieben werden. Viele von diesen kann man als Reflex auf die Tatsache verstehen, dass die meisten kulturellen Einflüsse aus dem mitteleuropäischen Raum nach Dänemark wirkten. Auch Saxos Werk zeigt sich also von der antiken Klimatheorie beeinflusst, wenn er die Deutschen als verweichlicht zeigt und die Dänen dagegen für ihr ernsthaftes und einfaches Beharren am Überlieferten und für ihre Härte rühmt. Der Tapferkeit werden die Deutschen nur vereinzelt gerühmt, viel bedeutender sind die Waffentechniken, die aus Sachsen und aus der ganzen Germania importiert werden. Die besten Schwerter etwa, die im Norden zu bekommen sind, scheinen die enses Theutonici zu sein, sie werden in Hialtos und Biarcos Aufrufen zum Kampf im zweiten Buch besonders hervorgehoben.311 Das Heer Karls des Großen gilt als das bestgerüstete überhaupt.312 Deutlicher werden solche Hinweise aber in den historischen

vorwerfen308

-

307

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10, c. 17.2: At Caesar ex Gunnilda filium aeque fortuna vocabulo Magnum suscepit, a quo lllustrium Theutonlcorum imagines splendldaque Germanlae lumina successionis serie pullulasse produntur. Diese Gunhild wurde von Saxo wohl mit TJlfhildr verwechselt, die 1042 mit Ordulf von Sachsen verheiratet wurde. Von deren Sohn Magnus stammen z. B. Heinrich d. Löwe, Albrecht d. Bär und Siegfried von Orlamünde ab. (vgl. Christiansen (Übers.) I, 198, Anm. 126). S. auch u., 157. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 11, c. 14.11. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10, c. 5.0; Hb. 11, cc. 10.1; 13.2; 14.2. Dazu kommt noch Saxos Vorliebe für die Seeländer, angesichts derer besonders die Jütländer die unkriegerischsten sind (vgl. Hb. 13, c. 9.2; Hb. 14, c. 3.1.). Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 3, c. 2.7. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 2, c. 7.6; c. 7.19. Hier paraphrasiert Saxo eine Fassung des Bjarkamál, vgl. Herrmann, Erläuterungen II (1922), bes. 196f. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 9, c. 4.24f. Dieses Heer wurde aber von König Regnerus vernichtend geschlagen. Als dieser später die Finnen besiegte, bemerkt Saxo vergleichend, „daß er mehr Kraft bei jenem ärmlichsten Stamme als bei dem best gerüsteten Heere gefunden habe. ac

308 309

310 311 312

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

126

Darstellungen des



Neuen Europa

"

Krieg zwischen König Niels und Erik Emune, welchen Saxo als den rechtmäßigen König ansieht,313 belagert dieser die Stadt Roskilde. Hier kommen ihm die dort lebenden sächsischen Kaufleute zu Hilfe, denn sie verfügen über Belagerungstechniken Büchern. Im

und -maschinen, die den Dänen fremd waren; und

so

„ergänzte er heimische Kräfte mit ausländischen Künsten. Denn die unsrigen, bis dahin unerfahren in militärischen Techniken, verstanden sich kaum auf den Nutzen derartiger Dinge."314 Dieser Einsatz kam die Sachsen aber teuer zu stehen: Als König Niels die Stadt 1134 zurück gewann, wurden ihnen allen die Nasen abgeschnitten.315 Gute Waffen und fortschrittliche Militärtechniken sind aber nicht die einzigen Importwaren aus dem deutschen Raum. Immer wieder spielt auch die sächsische Mode eine bedeutende Rolle, und mit dieser Mode dringen auch deutsche Sitten und Gebräuche ins karge Dänemark. Besonders König Ingellus im sechsten Buch sei fur diese offen gewesen. Dessen Vater war einst von Deutschen ermordet worden, er saß nun aber sogar mit diesen Mördern an der Tafel. So schreibt Saxo:

„Ingellus dagegen missachtete das Muster der Vorfahren und gab sich zügelloser als es die vä-

terliche Sitte erlaubte, neuen Bräuchen bei Tische hin. Nachdem er sich nämlich einmal an teutonische Sitten gewöhnt hatte, schämte er sich nicht, ihren weibischen Schwächungen zu unterliegen. Denn von dem Ausfluß dieses Landes drang eine nicht geringe Nahrung des Luxus in die Kehle unserer Heimat."316

313 314

315 316

Den schwerbewaffneten Römern konnte er ja leichter die Spitze bieten als den leichten Geschossen dieses Lumpenvolkes" (c. 4.25: plus se virium in nudisstma plebe quam in instructissimo milde reperlsse confessus; siquidem gravissimam Romanorum armaturam quam levta pannosae gentis spicula tolerabüius ferre potuit. Übersetzung Jantzen, 484). Vgl. Christiansen (Übers.) I, 284f. u. Groh, Deutschenbild (1992), 105. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 13, c. 9.6: (...) domesticas vires externis cumulavit ingénus. Quippe nostri, rerum adhuc mllltarium rudes, raro talium usu callebant. Vgl. dazu Groh, Deutschenbild (1992), 104f. Auch im 14. Buch heißt es an einer Stelle, den Sachsen sei militärische Bewegung vertrauter und sie seien erfahrener in der Reitertaktik (Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 14, c. 5.9: Saxones vero, quibus agitado militarts famillarior erat, equestri exercltatione usl (...)). Vgl. dazu Groh, Deutschenbild (2004), 156. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 13, c. 11.2. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 6, c. 8.7: E contrario Ingellus, proiectis maiorum exemplis, in novando mensarum ritu licentius sibi, quam mos patrius permittebat, induisit. Postquam se enim Theutoniae moribus permisit, ejfemlnatae eius lasclviae succumbere non embutí. Ex cutus sentina Inpatrlae nostrae fauces haudparva luxuriae nutrimento fluxerunt. Übersetzung Jantzen, 322. Zu diesem kulturellen Einfluss äußert sich auch Arnold v. Lübeck, Chronica Slavoram, lib. 3, c. 5: „Die Dänen, welche die Sitten der Deutschen nachahmen, die sie in Folge des langen Beieinanderwohnens kennen gelernt haben, schließen sich in Kleidung und Bewaffnung den übrigen Nationen an, und während sie sonst an Kleidung alle Seeleuten glichen, da sie am Meere wohnend, immer mit Schiffen zu thun haben, so kleiden sie sich jetzt nicht nur in Scharlach, in buntes und graues Pelzwerk, sondern auch in Purpur und feine Leinwand." (Siquidem Dani usum Teutonicorum imitantes, quem ex longa cohabitatione eorum didcerunt, et vestltura et armatura se ceterls nationts coaptant; et eum olimformam nautarum in vestltu habuissent propter navium consuetudinem, quia marítima Inhabitant, nunc non solum scarlatto, vario, grisio, sed etiam purpura et bisso induuntur. [Übersetzung Laurent, 87]).

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

127

Vom alternden nordischen Held Starcatheras (Starkaör) muss Ingellus an die alte Ernsthaftigkeit des Vaters erinnert werden.317 Auch hier werden wieder zwei Protagonisten zu Repräsentanten bestimmter Wesenszüge. Starcatheras redete Ingellus so ins Gewissen, dass der König zur dänischen Besinnung kam, aufsprang und mit

„gezückter Klinge die Kehlen derer bedrohte, deren Gaumen er eben noch mit den Leckerbissen seines Tisches gekitzelt hatte".318 Zwar tötete er die beiden Deutschen sogleich, der kulturelle Einfluss des deutschen Raumes auf Dänemark wurde aber dennoch nie unterbunden. So sind auch noch in den historischen Büchern reiche sächsische Kleider Anlass zum Streit. Zwar erzeugen sie schon Neid, aber ihr Tragen gilt noch immer als verweichlicht und weibisch. Knut Laward war zeitweise am Hof Lothars von Süpplingenburg erzogen worden,319 und so habe er eine Vorliebe für sächsische Kleidung und auch sächsische Sänger. Als er auf einer Hochzeit in Ribe in reicher sächsischer Garderobe auftritt, betrachtet sein Konkurrent Henrik Skadelâr diese „mit neiderfüllten Augen" (offusis invidia oculis) und bezweifelt zynisch, dass Purpur je ein Schwert aus seinen Rippen heraushalten werde. Darauf meinte Knut, dass Henriks Schaffelle das wohl auch nicht vermochten.320 Hier kann zwar Knut die bessere Pointe setzen, die negative Beurteilung des sächsischen Einflusses bleibt im Kern aber die gleiche wie für die Jahrhunderte zuvor, erhält zugunsten Knuts lediglich einen kleinen Purpurmantel der kulturellen Überlegenheit.321 Die Kleidung ist aber immer noch der Anlass für Neid und Missgunst, und so kommen mit den sächsischen Kleidern auch sächsische Unsitten nach Dänemark. Saxo stellt der deutschen Mode immer wieder die einfache, schlichte dänische gegenüber und lässt allein dadurch die Sachsen als verweichlicht und weibisch erscheinen.322 In solchen Fällen benutzt er gern das Adjektiv effceminatus. Andernorts stellt er bezogen auf die Deutschen die domestica prudentia der externa loquacitas gegenüber.323 Die Dänen stehen durch solche Vergleiche in einem anderen Licht: sie wirken aufrichtig, -

-

Für diesen Bericht stützt sich Saxo auf sehr unterschiedliche Quellen. Was die nordische Überlieferung angeht, finden sich parallele Berichte insbes. in der „Dänischen Reimchronik" (13. Jh.), der Skjöldungasaga (12. Jh.) und im Beowulf (ohne Namensnennung Starkads). Insg. sind diese Darstellungen aber abweichend, so dass Saxo sich wohl auf eine eigene (dänische) Quellenüberlieferung gestützt hat; vgl. Jantzen (Übers.), 318, Anm. 1; Olrik, Kilderne II (1895), 222. Die Wortwahl ist freilich ein direktes Zitat aus Saxos Hauptquelle, den Factorum et dictorum memorabilium libri X des Valerius Maximus; hier werden die asiatischen Sitten beurteilt (Valerius Maximus, Factorum et dictorum memorabilium libri IX, Hb. 2, c. 6.1 : utprtmum se Astae mortbus permtsit, fortltudtnem suam effeminato dus cultu molllre non eribuit.) 318 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 6, c. 9.17: (...) quorum gulam mensae dellctts foverat, destrtcto mucrone tugulum peteret. Vgl. zu dieser Episode Olrik, Kilderne II (1895), 222-226. 319 Vgl. Waßenhoven, Skandinavier (2006), 222f. 320 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 13, c. 5.4. 321 Vgl. dagegen Groh, Deutschenbild ( 1992), 152f. 322 Vgl. auch den Fall Sven Grathes: Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 9.1; vgl. dazu Groh, Deutschenbild (2004), 153. 323 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 4, c. 4.5.

317

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen Europa"

128

ernsthaft, stark und tapfer. Dies nehmen sogar ihre nördlichen Gegner wahr. Vor dem Beginn der Brawallaschlacht, dem epischen Kampf zwischen Schweden und Dänen im achten Buch,324 richtet sich König Ringo an seine versammelten Schweden und Norweger: Sie sollten kämpfen für die Freiheit ihres Vaterlandes und ihrer Kinder.

„Uebrigens ständen auf der Gegenseite nur wenig Dänen; die Mehrzahl der Truppen seien Sachsen und andere weibische Volksstämme. Schweden und Norweger mussten daran denken, um

wieviel stets die nordische Schar die Germanen und Slaven übertroffen haben."325

Je weibischer Saxo die Deutschen und ihren kulturellen Einfluss darstellt, desto mannhafter wirken durch die vergleichende Gegenüberstellung die Dänen. Was aber mit dem Weibisch-Schwächlichen stets einhergeht, ist auch das Bild des unaufrichtigen, des hinterhältigen und feigen Verschwörers. Die Deutschen sind für Saxo die Verschwörer par excellence.326 Immer wieder finden sich im Werk Sachsen oder andere Deutsche, die nur durch die Hilfe anderer etwas erreichen und in vielen Fällen suchen die Deutschen ihr Heil in der Flucht. An einigen Stellen betont Saxo ausdrücklich, dass den alten Dänen nichts unbilliger und schmachvoller gewesen sei, als ein Kampf zweier gegen einen.327 Nur wenig später lässt er aber einen solchen Kampf stattfinden, denn der Held Uffo kämpft gegen zwei Sachsen und besiegt sie.328 Diese Heldentat aus grauer Vorzeit scheint den Dänen so nachhaltig im Gedächtnis geblieben zu sein, dass noch im 12. Jahrhundert unter König Erik an der Stelle des Kampfes eine Burg errichtet wurde so berichtet es zumindest Saxo im 12. Buch.329 Den Sachsen hingegen, folgt man Saxos Deutung, scheinen solch unehrenhafte Kräfteverhältnisse wenig ausgemacht zu haben. Die Episode um Uffo findet sich bei Sven Aggesen im Verhältnis zum Gesamtamfang seiner Historia noch weit ausführlicher. Als nämlich in Schweden ein Mann von zwei Dänen erschlagen worden war, habe man das in Dänemark als solche Schmach empfunden, dass der Königssohn Uffo das Sprechen eingestellt habe. Sein Vater, Wermundus stand in hohem Alter. Die vermeintliche Schwäche des Königreiches habe die Eroberungslust der Deutschen geweckt, die nie mit ihren Grenzen zufrieden seien.330 Sogar als Epikuräer werden sie bezeichnet.331 Bei dieser Herausforderung habe Uffo die Sprache wieder gefunden. Erst als er gegen zwei Deut-

324 325

Vgl. dazu Blomkvist, Discovery (2005), 239-260.

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 8, c. 4.2: Praeterea ex parte adversa perpaucos Danos Saxones complures, aliasque effeminatas gentes in ade stare. Ob quod cogitare deberé Sueones Noricosque, quantum Germanos ac Sclavos Septentrionalis semper turba praestiterlt. Groh, Deutschenbild (1992), 102. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 4, c. 3.16: Duos siquidem cum uno decernere ut iniquum, ita etiam probrosum apud veteres credebatur. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 4, c. 4.8. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 12, c. 3.6: Frater siquidem Erici Bern, Holsatiis Dytmersisque subactis, eo loci, ubi Wermundi fillum Uffonem eum duobus Saxonicae gentis lectisstmts manum duelll nomine conserutsse prodltum est, munltionem Inhibendae defectionls causa molltus, vallo fossaque insulam cinxlt. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 2: utpote suis numquam contenta terminis. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 2. esse,

326 327 328 329

330 331

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

129

sehe den Sieg erringen konnte, sei die Schmach durch den vorherigen Dreikampf getilgt worden.332 Die Sachsen sind also durchaus zu einem solchen Kampf bereit und sehen auch keine Schande darin. Somit ziehen sie in den Gesta Danorum oft auch nur dann in den Krieg, wenn sie kaum Gefahren erwarten, schlagen aber bald andere Richtungen ein, wenn die Gefahr in greifbare Nähe rückte.333 Demnach gehören Intrigen und Verrat eher zu den sächsischen Talenten. Dies zeigt sich ähnlich schon in der Darstellung Sven Aggesens. In mehreren Episoden schildert er Auseinandersetzungen der Dänen mit Deutschen, in denen sich die Machthaber im Norden der kaiserlichen Einflussnahme widersetzten. Dies ist jedoch auch vor dem Hintergrand zu verstehen, dass sich Waldemar der Große nach seiner endgültigen Durchsetzung auf dem dänischen Thron von Kaiser Friedrich Barbarossa im Königsamt hatte bestätigen lassen und sich mit ihm gegen die Slawen verbündet hatte,334 was zur Folge hatte, dass der dänische König dem Kaiser den Lehenseid leistete und den Gegenpapst Viktor IV. anerkannte.335 Saxos wie auch Svens Betonung solchen Widerstandes gegen das Kaisertum kann man somit als eine historiographische Aufarbeitung der späteren Lösung von Barbarossa betrachten.336 In Svens Geschichte Gorms des Alten,337 durch dessen Untätigkeit sich der Kaiser das Dänenreich tributpflichtig machen konnte, tritt seine Frau, Königin Thyra Danebod, in den Vordergrund. Sie ist eine Heidin, vereinigt aber neben den mittelalterlichen alle

Tugenden

in hatten, denn

-

sich, die auch die klassischen Autoren schon

an

ihren Helden

-

gepriesen

„man glaubte, dass sie die Einsicht des Nestor, die Schlauheit des Odysseus und die Weisheit des

Salomon aus einer Quelle

geschöpft habe."338

Ihr wird Kaiser Otto gegenübergestellt, der als arrogant (insolenti animo)339 geschildert wird. Der Vergleich der zwar heidnischen aber kämpferischen dänischen Königin mit dem zwar christlichen, aber übermütigen und auch unaufrichtigen römischen Kaiser drängt sich dem Leser förmlich auf. Der Kaiser versucht die Königin zu überreden, dass sie lieber mit ihm zusammen das Römische Reich beherrschen solle, worauf sie dulcissimis eloquiis340 zum Schein und gegen Geldzahlung eingeht. Dass Sven hier Horaz -

332

Sven Aggesen, Historia Compendiosa,

c.

-

2f. Die Berichte um Uffo gehen wohl auf eine englische

Überlieferung zurück, vgl. Skovgaard-Petersen, Art. ,Chronicles: 1. Denmark', 80.

333 334 335

Vgl. etwa die Episode in Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 46.1. RI IV,2 178 (Vgl. auch ebd. 88). RI IV,2 822; 1149f. Vgl. Riis, Institutions (1977), 94; Seegrün, Papsttum (1967), 178-183; Jordan, Heinrich (1954), 22 u. Engels, Friedrich (1992), 375f. Zu den Grundlagen vgl. auch Gelling, Eskil (2004), 184-192.

Ras, Saxo (2004), 102f. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 5-7. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 5: (...) ut Nestorisprudentiam, Vlixis astuttam, Salomonis sapienttam uno fonte hausisse crederetur. 339 Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 5. 340 Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 5. 336 337 338

777. Der Blick nach Süden: Die

130

Suörlgnd in Darstellungen des „Neuen Europa

"

zitiert,341 lässt die klassischen Tugenden der Königin noch deutlicher hervortreten. Die Tatsache aber, dass er ihr Bibelzitate in den Mund legt,342 lässt sie noch christlicher erscheinen als den unehrenhaften Kaiser. Mit dem Geld, das Otto ihr überlässt, errichtet sie aber südlich von Haithabu das Danewerk, „und so betrog die Schlauheit einer Frau die Eitelkeit der Deutschen."343

Thyra wird dadurch zum Decus Dacie (tanmarka but, Danebod).344 Svens Dänen sind in dieser Zeit zwar heidnisch, der Vergleich mit den übermütigen Deutschen verleiht ihnen aber eine besondere Würde. Sowohl Sven als auch Saxo stellen die Deutschen im Süden also in einem überaus negativen Licht dar. Bei Sven wird dies angesichts des kürzeren Umfanges seines Werkes geradezu zu einem Grundelement seiner Darstellung. Saxos Sachsen sind darüber hinaus notorisch untreu, so dass neben der Anglica perfidia,345 der Norvagica perfidia346 und der Suenoniana perfidia341 auch die schon erwähnte Theutonica perfidia34* eine feste Größe ist. Ein Großteil der Belege für dieses Wort im gesamten Werk findet sich im Zusammenhang mit deutschen Akteuren, was aber insbesondere auf Saxos Verurteilung der deutschen Haltung im Schisma zurückzuführen ist.349 Allerdings wird auch Heinrich der Löwe mit diesem Attribut ausgestattet.350 Das Reich erscheint als der Hort der deutschen Untreue und gleichzeitig als ein Zufluchtsort für dänische Verräter. Als in Saxos neuntem Buch von Juten und Schonern Harald Klak als Gegenkönig aufgestellt wurde, besiegte König Regnerus diesen und zwang ihn zur Flucht. So griff Regnerus alsbald Sachsen an, „weil er es als eine Zufluchtsstätte der Feinde und ein Asyl des Haraldus betrachtete."351 Deutschland ist also gewissermaßen die Heimat der Untreue. Auch dies findet schon Vorbilder in den früheren dänischen Chroniken. Hjardvar, der bei Saxo als schwedischer Statthalter Rolf Krakes in Schweden dessen Schwester heiratet und von dieser zum Mord 341 342

343

344 345 346 347 348 349 350 351

Horaz, Epodes, 13,18. Vgl. dazu Christiansen, Introduction (1992), 119, Anm. 69.

Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 5: Adhereat lingua meafaucibus meis, si non meminero tui. Vgl. Ps. 163,3. Vgl. dazu Christiansen, Introduction (1992), 119, Anm 71. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 6: sicque Teotontce turgidltati mulierls illusit uersutia. Die besondere Erwähnung des Danewerks mag auch durch die massiven Ausbaumaßnahmen dieser Befestigung unter Waldemar I. zu erklären sein; vgl. dazu Andersen, Art. .Danewerk',

240f. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 6. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10, c. 21.6 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10, c. 21.2. Auch im Chronicon Roskildense, ein Verrat des norwegischen Königs geschildert. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 8.3. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Saxo Grammaticus, Gesta Hb. 16, c. 3.1. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, dique profugium crederet.

Vgl. z. B.

c.

c. 8.6, zu Lothar III. Danorum, Hb. 14, c. 28.10. Vgl. aber auch Hb. 15,

14, wird

Hb. 13,

Hb. 14, c. 31.1: in amicoperfidia. Hb. 9, c. 4.16: Saxonlam, quod earn

c.

5.1

u.

asylum hostium Haral-

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

131

König angestiftet wird,352 erscheint im Chronicon Lethrense als Deutscher (Teotonicus genere).353 Aber sogar das Chronicon Roskildense zeichnet in Ansätzen ein solches Bild: Während des Bürgerkrieges im 12. Jahrhundert flieht Sven, der von Waldemar vertrieben worden war, nach Sachsen wo er mit seiner perfidia willkommen gewesen zu sein scheint. Bei seiner Rückkehr erleidet er aber einen kläglichen Tod, der „seinen Veram

-

rätereien angemessen war".354 Ebenso wird den Deutschen stets Herrschsucht355 oder Hochmut vorgeworfen. Schon für Sven Aggesen war dies, wie oben gezeigt wurde, ein grundlegender Wesenszug der Deutschen. Auch bei Saxo wird ihnen dies im besonderen zugeschrieben. Oft steht bei solchen Äußerungen Heinrich der Löwe im Zentrum. Und hier stellt Saxo wieder in Person seiner Protagonisten Tugenden und Fehler ihres gesamten Volkes einander gegenüber. So wird Heinrich, der sich „eher hinterlistig denn aufrichtig" (callidius quam verius)356 nie an bestehende Verträge hält, explizit mit Waldemar verglichen. Er sei in allem den Dänen untreu und ziehe das Üble und Falsche immer dem Wahren und Guten vor.

„Hingegen schmückte den König eine hervorragende Reinheit des Geistes und eine ewige Standhaftigkeit in allen Dingen. Was wundern wir uns also darüber, dass zwischen seinen Tugenden und dem sächsischen Wankelmut kein festes Band eines Bündnisses oder auch des Einvernehmens gefertigt werden konnte?"357

nur

eine Fessel

Besonders deutlich wird dieses gestörte Verhältnis in zwei Treffen, die laut Saxo zwischen den ungleichen Fürsten stattgefunden haben.358 Hier bedient sich Saxo für seine vergleichende Darstellung besonders der Formen symbolischer Kommunikation, den rituellen Akten, die im mittelalterlichen Verständnis unerlässlich für Ordnungsvorstellungen und für Rangfragen sind. Saxo nutzt diese darüber hinaus noch dazu, die Herrschertagenden Waidemars und den Hochmut Heinrichs hervorzuheben und sie in der vergleichenden Darstellung noch schillernder erscheinen zu lassen.359 Das erste dieser Treffen sollte auf einer Brücke stattfinden und der Weife bestand darauf, dass man sich in der Mitte der Brücke treffe, „ganz vergessend, dass jener die Herrschaft von seinem Vater und seinen Ahnen her ausübe, ihm aber die Statthalterschaft eines fremden Reiches abgetreten wurde."360

352 353 354 355

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 2, c. 6.11. Chronicon Lethrense, c. 8. Chronicon Roskildense, c. 20: dignum tnstdiarum. Vgl. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 8.1.; ebd., c. 33.3. Insbes. vgl. c. 37.2: Quippe Saxones, quantum ex tpsonim fintbus occupaverlnt, protlnus cultu atque habltatlone complectt, necpraeda aut gloria contentos, proferendt imperii cupiditate vtctorlae lucra continuapossesslone

356 357

358 359 360

firmare.

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 52.0. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 52.0: E contrario regem conspicua animi integritas perpetuaque In cunctis constantia decorabat. Quid ergo miremur, quod inter dus vlrtutes et Saxonicam levitatem firma socletatis copula aut solldum concordlae vlnculum context non poterat? Vgl. Jordan, Heinrich (1954), 23-27. Kamp, Tugend (2004), 186. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 48.0: tmmemorprorsus illumpaternum avitumque regimen gerere, sibi allem Imperii praefecturam cesstsse.

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

132

Darstellungen des „Neuen Europa

"

Dass Heinrich dem ranghöheren König nicht entgegenkommen will, wie es diesem zugestanden hätte, ist für Saxo Ausdruck seiner anmaßenden Überheblichkeit und seines Hochmuts, gibt ihm aber gleichzeitig die Möglichkeit, in diesem Vergleich hervorzuheben, wie vollkommen Waldemar die idealen Herrschertagenden verkörpert.361 Dieser nämlich verzichtete patienter ac moderate auf die Einhaltung des Protokolls, ging Heinrich entgegen, so dass man sich in der Mitte der Brücke traf. „Denn mit Milde begabt ordnete er lieber seine Hoheit der angemessen Verehrung unter, anstatt als ein Beispiel für den fremden Hochmut übermütig zu werden."362

Dem demütigen dänischen König steht also der hochmütige sächsische Herzog gegenüber. Für seine superbia wird Heinrich alsbald bestraft. Das zweite Treffen findet unter veränderten Vorzeichen statt; mittlerweile war der Konflikt zwischen Barbarossa und dem Löwen ausgebrochen und Heinrich brauchte Waidemars Hilfe. Nun geht er anstandslos über die Brücke, um Waldemar auf der anderen Seite zu treffen. „So beherrscht die Notwendigkeit den Hochmut und das Schicksal wird durch das Unglück

gezähmt."363

nur ein Wesenszug, den Saxo den Deutschen zuschreibt. Es finden sich zwar einige Stellen, wo von tapferen und aufrichtigen Sachsen die Rede ist, dies aber nur, wenn sie auf der Seite des dänischen Königs stehen.364 In den meisten Fällen sind die Deutschen die südlichen Gegner der dänischen Könige und damit schreibt Saxo den in den Gesta Danorum auftretenden Deutschen alle negativen Eigenschaften zu, die er ersinnen kann: Sie sind hinterhältig und feige, unaufrichtig und verweichlicht. Dass er die Sachsen aber überhaupt zu den Deutschen zählt, ist für eine skandinavische Quelle nicht selbstverständlich. Dass er es tat, zeigen verschiedene Stellen, wo er Saxones unter den Oberbegriffen Teutonici bzw. Germani anführt.365 Dies wird besonders in den vorgeschichtlichen Büchern deutlich. Schon im ersten Buch werben der dänische Herrscher Scioldus und der Statthalter von Alemannien, Scato, um die selbe Frau, um Alwilda, die Tochter des Königs von Sachsen. Dieser Konflikt wird in einem Duell gelöst, Theutonum Danorumque exercitu inspectante.366 Im zweiten Buch erlässt Helgo besondere Gesetze für Sachsen, auf dass

Heinrichs Hochmut ist aber

361 362

Kamp, Tugend (2004), 193.

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 48.0: Siquidem praeditus mansuetudlne animus suam citra debitam malestati venerationem submittere quam alienae superbiae exemplo insolescere maluit. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 15, c. 3.1: Adeo superbiae nécessitas imperat, fatusque Infortunio domatur. Zu diesen beiden Stellen vgl. Groh, Deutschenbild (2004), 157 u. v. a. Kamp, Tugend (2004), 193. Groh, Deutschenbild (2004), 155f. Vgl. dazu auch Groh, Deutschenbild (2004), 159. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 1, c. 3.3.

celsitudlnem 363

364 365 366

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

133

„auf allen Geschlechtern der Teutonen die gleiche Knechtschaft liege."367 Im achten Buch dagegen erringt Götricus in Sachsen einen Sieg, will sich aber an ganz Germanien dafür rächen, dass er die Herrschaft dort zuvor verloren habe. So greift er zunächst Friesland an, das er also auch zum deutschen Raum zählt.368 Andere Quellen des Nordens sehen die Sachsen viel eher in einer nordischen Tradition, als einen Teil des

eigenen Kulturkreises. Die späte Christianisierung durch Karl den Großen mag zu diesem Bild beigetragen haben. Besonders der Prolog der Snorra Edda ist hier zu nennen,369 welcher berichtet, wie Odin und die Asen, die aus Asien in den Norden einwandern, in Sachsen haltmachen. Hier wird deutlich, dass die Sachsen als ein Volk des nördlichen Kulturkreises gesehen werden.: „Und sie unterbrachen ihre Reise nicht, bevor sie in den Norden jenes Landes gelangten, das jetzt Sachsenland heißt. Dort hielt sich Odin lange Zeit auf und nahm weit und breit dieses Land in Besitz. Da setzte Odin zur Aufsicht über das Land drei seiner Söhne ein; der eine hieß Vegdeg, er war ein mächtiger König und regierte den Osten des Sachsenlandes. (...) Der zweite Sohn Odins hieß Baldeg, den wir Baldr nennen, er herrschte über das Land, das nun Westfalen heißt. (...) Der dritte Sohn Odins hieß Sigi, dessen Sohn Rerir. Diese Vorväter regierten in dem Gebiet, das jetzt Frankenland heißt."370 Saxo dagegen zählt schon in den ersten vorgeschichtlichen Büchern die Sachsen zu den Deutschen. Die Quellen, die Saxo in diesen Büchern benutzt hat, sind oft nicht zu ermitteln, man kann aber davon ausgehen, dass er sie in seinem Sinne umgedeutet hat,371 um einen kulturellen Gegensatz zwischen den Dänen und den Völkern im Norden einerseits und den (deutschen) Sachsen andererseits zu konstruieren. Wie oben angesprochen, geht es in diesen vorgeschichtlichen Büchern ohnehin mehr um legendarische Königreiche, deren Namen den Hintergrund für die Handlung liefern. Vor ähnlich mythisch-legendarischem Hintergrund wie in den vorgeschichtlichen Büchern der Gesta Danorum können die Sachsen unter ihrem König Liudger auch in der vierten Aventiure des etwa zeitgenössischen Nibelungenliedes zusammen mit Liudgast von Dänemark als Aggressoren

auftreten.372 367

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, lib. 2, c. 5.3: quod cundas Theutonum familias aequa serviÜbersetzung Jantzen, 82. Vgl. auch die o., 128, angeführte Stelle. 368 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 8, c. 16.6. 369 Vgl. hierzu von See, Mythos (1988), 18-68; Ders., Konzeption (1993), 141-146. 370 Snorra Edda, Prolog, c. 4: Okpeir gefa eigl staö feröinni, fyrr en petr koma norör i pat land, er nú er kallat Saxland. Par dvalöist Oölnn langar hriöir ok eignaöist viöa pat land. Par setti Oöinn til landsgœzlu prjà sonu stna. Er einn nefndr Vegdeg. Var hann rtkr konungr ok rèôfyrir Austr-Saxlandl. (...) Annarr sonr Oôins hét Baldeg, er vér köllum Baldr. Hann àttlpat land, er nú heltlr Vestfál. (...) Inn priât sonr Óóins er nefndr Stgt, hans sonr Rerir. Petr langfeör réôu parfyrlr, er nú er kallat Frakland. Übersetzung Häny, 191. Vgl. dazu auch Klingenberg, Wanderzug (1996), 29-38; wieder in: Ders., Altertum (1999), 239-269. Vgl. auch Beyschlag, Snorri (1956), 312. 371 Vgl. zusammenfassend Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 449^151. 372 Nibelungenlied, 4. Av., Str. 140: ez was Lludegêr, / üzer Sahsen lande ein richerfürste her, /und ouch von Tenemarke der künec Liudegast. Vgl. dazu Murray, Monarchy (2004), 294. tus teneret.

777. Der Blick nach Süden: Die

134

Suörlcjnd in Darstellungen des „Neuen Europa

"

Da Saxo eine dänische Kontinuität konstruiert, betont er auch eine sächsisch-deutsche Kontinuität, die er immer wieder der tugendhaften dänischen gegenüberstellen kann, und diese Kontinuität reicht von den legendarischen Büchern zur Vorgeschichte bis in Saxos eigene Zeit. Damit schreibt er sein Material dahingehend um, dass einerseits die Dänen schon seit frühester Zeit eine Einheit waren, dass aber auch die Sachsen schon immer Deutsche waren, wenn sie auf der politischen Ebene auch immer den Dänen unterworfen gewesen sein mögen. Sächsischer Widerstand gegen die dänische Herrschaft musste daher zumeist ein Verbrechen bleiben. Über einen solchen Befreiungsversuch schreibt Saxo im sechsten Buch:

„Ob man diese Absicht nun als Tugend oder als Laster zu betrachten hat, kann zweifelhaft sein; ich für meinen Teil bezeichne sie ohne weiteres als Verbrechen, da sie dem verräterischen Wunsche nach Abfall entsprang. Denn wenn es auch zweifellos sehr verdienstlich war, sich für die Freiheit des Vaterlandes zu bemühen, so durfte man sie doch nicht durch Hinterlist und Verrat zu erreichen suchen."373

Daher seien die Sachsen von Anfang an zur römischen Würde stärker ausgerichtet gewesen als zur dänischen Herrschaft. Diese hätten sie als Fremdherrschaft empfunden und beständig versucht, sich aus ihr zu lösen. Über die Christianisierung Sachsens durch Karls den Großen, über den 30jährigen erbitterten und blutigen Widerstand des Volkes gegen die fränkische Eroberung, berichtet Saxo lapidar: „Indessen geschah es, dass Karolus, der König der Franken, Germanien mit Krieg überzog und

es nicht nur zwang, das Christentum anzunehmen, sondern auch seiner Macht zu gehorchen. Auf diese Kunde hin griff [der Dänenkönig] Götricus die an die Elbe grenzenden Völker an und versuchte Sachsen, welches sich viel williger dem Joche Karolus' fügte und die römischen Waffen den dänischen vorzog, wieder zu der althergebrachten Anerkennung seiner Oberherrschaft zu

nötigen."374

3.3. Die Dänen und das Römische Reich Das Verhältnis zu den Deutschen, alle Schilderungen verweichlichter oder hinterhältiger Sachsen, bleiben in gewissem Sinne oberflächlich; sie verlassen kaum die Ebene von Stereotypen. Tiefer gehend und damit bedeutsamer ist das Verhältnis des dänischen Königtums zum mittelalterlichen Reich. Nimmt man als mittelalterliche Selbstverortang den eigenen Platz in der göttlichen Ordnung an, so ist das Verhältnis zur höchsten weltlichen 373

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 6, c. 5.19: Quod quidem Studium dubitaripotest virtud vitio propius fuerit. Ego vero plane id sceleris arguo, quod insidiosa defectionis cupiditas edidit. Nam etsi patrtae libertatem quaerere perutlle vldebatur, adhanc tarnen dolo ac proditione contendere non licebat. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 8, c. 16.5: Acctdit interea, ut rex Francorum Karolus contusam bello Germanlam non solum Christianisml sacra suscipere, sed etiam dlcioni suae parère compelleret. Quo comperto, Getricus finítimas Albiae gentes adortus, Saxoniam, susceptum Karoli iugum cupidius amplexantem ac Romana arma Danicis praeferentem, ad pristtnum regni sui titulum revocare tentabat. Übersetzung Jantzen, 464. an

374

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

135

römischen Kaisertum, von grundlegender Bedeutung. Das Verhältnis zum Reich bestimmt die dänische Position in Europa.375 Ebenso bestimmt aber auch das Verhältnis zur Kirche die Rolle in der Heilsgeschichte. Dies hat besonders Inge SkovgaardPetersen gezeigt. Sie konnte deutlich machen, dass Saxos Werk, welches in der früheren Forschung gern als wirr in der Anordnung und chaotisch im Aufbau beurteilt wurde, einem klaren Gliederangsprinzip unterworfen ist. Insgesamt besteht das Werk aus 16 Büchern und einer Praefatio. Die erste Hälfte behandelt die vorgeschichtliche Zeit, die zweite die historische in Dänemarks Geschichte. Die Trennung verläuft hier zwischen den Büchern 8 und 9. Diese Teile sind jeweils wieder unterteilt, so dass sich vier Teile des Werkes ergeben. So behandeln Bücher 1 bis 4 die Zeit vom Ursprung der Dänen bis zur Geburt Christi, die Bücher 5 bis 8 reichen bis zum Zeitpunkt, als die Christianisierung Dänemark erreichte. Die Bücher 9 bis 12 beschreiben die Errichtung und Festigung der nordischen Kirche, während die Bücher 13 bis 16 die Zeit des dänischen Erzbistums behandeln. Alle historischen Wendepunkte, die diese Gliederung bewirken, entstammen also der Kirchengeschichte.376 So geht bei Saxo die Dänengeschichte eine enge Verbindung mit der Kirchengeschichte und damit mit der Heilsgeschichte ein.377 Man kann dies auf einer tief liegenden Ebene der Gruppe der biblisch-sakralen Vergleiche zuordnen. Darüber hinaus argumentierte Skovgaard-Petersen, dass einzelne Personen aus den jeweiligen Hälften immer wieder auf Personen aus der anderen Hälfte bezogen werden, dass also manche Protagonisten der historischen Bücher durch andere in den vorgeschichtlichen Teilen präfiguriert werden.378 Das Vorbild für eine solche Anordnung sucht sie in der typologischen Bibelauslegung, in der die Ereignisse und Personen des Neuen Testaments immer ihre Entsprechung im Alten Testament finden und nur auf diese Weise gedeutet werden können.379 Auch damit gewännen Saxos Dänen beinahe schon heilsge-

Gewalt,

zum

schichtliche 375 376

377 378 379

Qualität.

Kamp, Tugend (2004),

Skovgaard-Petersen,

192. Herre

(1987). Zusammenfassend vgl. Dies., Saxo (1991), 334 wie auch schon Dies., Saxo (1969), 67-71. Dass Christus aber am Ende des 5. Buches geboren wird, muss dieses Aufbauprinzip zunächst stören; vgl. dazu aber Friis-Jensen, Danmark (1993), 196. Darüber hinaus konnte Kurt Johannesson noch weitere Ordnungsschemata im Werk feststellen, z. B. werden einzelne Bücher mit einer allegorischen Episode eingeleitet, die den Inhalt und die Aussage des Buches andeuten; vgl. dazu die Übersicht bei Johannesson, Saxo (1978), hier 81-83; zusammenfassend Ders., Order (1981), hier 97. Er stellt ebenfalls eine Gliederung aus vier Teilen fest, bei ihm sind sie aber nach den vier Kardinalstugenden fortitudo, liberalitas (iustitia), prudentla, temperantta (in einer historischen Reihenfolge) wie auch den artes liberales geordnet; vgl. Johannesson, Saxo (1978), hier 54-57; zusammenfassend Ders., Order (1981). Zur Diskussion um die einzelnen Gliederungskonzepte vgl. Rlls, Institutions (1977), 14-30. Kvœrndrup, Composition (2004), 34-36, stellt darüber hinaus eine Strukturierung über die besondere Verwendung der Zahl 12 fest. Skovgaard-Petersen, Saxo (1991), 335. Dies., Herre (1987); vgl. die deutsche Zusammenfassung 325-340. Zusammenfassend Dies., Saxo (1991), 337-339. Gegen diese Deutung aber Friis-Jensen, Saxo (1987), 149-151. Vgl. dazu grundlegend Auerbach, Figura (1967), bes. 82f. u. hier besonders Weber, Intellegere Historiam (1987), 99f.; 107f. Vgl. auch Riis, Institutions (1977), 136-150.

136

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen Europa

"

Solche Weltdeutangsmodelle wurden zu dieser Zeit in vielen Räumen Europas von verschiedenen Autoren, oft auch unabhängig voneinander an der Gattung der Historiographie erprobt. Ein besonders herausragendes Beispiel dafür ist die Chronica des Otto von Freising.380 Ob Saxo diese Quelle für seine Gesta Danorum benutzt hat, lässt sich jedoch nicht nachweisen.381 Ebenso wird sich nicht endgültig entscheiden lassen, ob diese Vbrstellungswelten und Geschichtsdeutangsmodelle über Saxos Ausbildung in Frankreich oder vielmehr über die regularkanonische Prägung, die Lund um die Mitte des 12. Jahrhunderts erfahren hat,382 in dieses Werk eingeflossen sind. Was Saxo damit zum Ausdruck bringt, ist eine universale Bedeutung der dänischen Geschichte, die ihre Verankerung in der Heilsgeschichte findet.383 Das ist aber nicht das einzige Aufbauprinzip, welches die Forschung in diesem Werk festgestellt hat. Aufbauend auf Skovgaard-Petersen hat Karsten Friis-Jensen ein weiteres Gliederungsschema herausgearbeitet:384 Zwar betont Saxo beispielsweise, dass Friedrich Barbarossa, der plante, seinen Einflussbereich auf Dänemark auszudehnen, von Schläue und Begierde getrieben gewesen sei, sein Reich zu vergrößern.385 Bei aller Kritik, vor allem am Verhalten des Kaisers im Schisma, muss aber eines betont werden: dass Friedrich als römischer Kaiser in der Tradition der antiken Cäsaren stehe, wird bei Saxo nie in Zweifel gezogen.386 Friis-Jensen konnte zeigen, dass sich Saxos Dänengeschichte in ähnlicher Art, wie es Skovgaard-Petersen für die Kirchengeschichte herausgearbeitet hat, an der römischen Geschichte orientiert. Dies kann man als klassischen Vergleich auf einer tiefer liegenden Ebene bezeichnen. Diese Modellierung geschieht nicht nur über die Verwendung klassisch-römischer Bezeichnungen für heidnisch-dänische Personen und Institutionen,387 sondern auch und ganz besonders wieder über den Aufbau.388 Als namengebenden Stammvater der Dänen erzählt Saxo von dem ersten König Dan, der zusammen mit einem gewissen Angul das Dänenreich gründete.389 Die Quelle, auf die Saxo sich für diesen Dan stützt, ist das Chronicon Lethrense. Diese Quelle verortet Dan 380

381 382 383 384 385 386 387 388 389

(1984), v. a. 195-242; 315-327; vgl. auch Friis-Jensen, Study (1992), 70-72; Skovgaard-Petersen, Saxo (1991), 340. Vgl. auch Weber, Intellegere Historiam (1987), lOlf. Vgl. dazu Friis-Jensen, Study (1992), 71 f. Kluger, Bischof (1998), 336-341. Zu Lund Mortensen, Archbishoprics (2000), 146. Skovgaard-Petersen, Saxo (1991), 339. Friis-Jensen, Study (1992), bes. 68-81 u. Ders., Danmark (1993). Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 8.1: calliditas et maxima proferendi Imperil cuptditas. Auch das Chronicon Lethrense, c. 1, sieht Ludwig d. Frommen in einer Linie mit Augustus. Frits-Jensen, Study (1992), 71f. Zu Rom als Vorbild für den Norden vgl. Southern, Aspects (1970), 195f. u. bes. Mortensen, Working (1998), 418. Ähnlich arbeitete schon die Historia Norwegie, die einen Nor als Gründungskönig Norwegens identifizierte, während Theodoricus Monachus seine Darstellung erst mit Harald Schönhaar als Reichsgründer einsetzen lässt: Historia Norwegie, c. 1 u. Theodoricus Monachus, Historia, c. 1. Mehr dazu Goetz, Geschichtsbild

3. Saxo Grammaticus und die dänische

137

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

in der Zeit von Kaiser Augustas: Schon hier habe sich die dänische Nation im Krieg und damit in Abgrenzung gegen die Römer unter ihrem ersten Kaiser zusammengefunden.390 Saxo verlegt diesen Gründungsmythos weit zurück in eine graue Vorzeit, ungefähr um das Jahr 800 v. Chr. Der Grand dafür ist offensichtlich: Er stellt damit einen Bezug, eine Parallele zur mythischen Gründung Roms durch den namengebenden Stammvater Romulus und Remus dar. Mit weiteren Gestalten und Ereignissen der dänischen Vorgeschichte verfahrt Saxo ganz ähnlich: Amlethus, die Vorlage für Shakespeares Hamlet, wird mit Brutus, dem ersten Konsul Roms in Beziehung gesetzt, vor allem aber wird die Lichtgestalt der dänischen Vorgeschichte, König Frotho, als Herrscher über ein riesiges Reich dargestellt und als weiser Gesetzgeber, und dies zur gleichen Zeit, in der in Rom Kaiser Augustas regierte. Für seine Regierangszeit finden sich an einigen Stellen sogar die Wendungen Danorum imperium und Imperium Frothonis.391 Wie erwähnt, stellt Saxo die deutsch-römischen Kaiser auch der geschichtlichen Zeit in keinem positiven Licht dar, dennoch setzt er sie immer wieder mit machtvollen zeitgenössischen Herrschern seines Landes in Bezug. Die Dänen erscheinen daher als uralte Zivilisation, deren Entwicklung parallel und unabhängig vom Römischen Reich stattfand. Mit den Römern teilen die Dänen nur den christlichen Glauben. Dänemark ist ein Rom des Nordens, welches Saxo gleichwertig mit dem Römischen Reich darstellt, und welches er mit diesem immer wieder vergleicht.392 Diese Deutung Friis-Jensens kann mittlerweile als Konsens in der Forschung angesehen werden.393 Bei der Betrachtung einzelner Textstellen lässt sich diese Interpretation sogar noch konkretisieren. Die Ereignisse nach dem Tod Frothos etwa vergleicht Saxo explizit mit der römischen Geschichte unter Julius Cäsar oder Scipio Africanus.394 Wichtiger sind aber die klassischen Bezüge auf die römische Antike, die in sprachlicher und stilistischer Hinsicht auftreten. Als besonders wichtiges Beispiel kann hier Starcatheras gelten, der von Saxo durch Vokabular und Stil als ein Horaz des Nordens präsentiert wird.395 Noch deutlicher treten die von Saxo gezogenen Parallelen zu Rom in seinem Umgang mit der heidnischen dänischen Vergangenheit hervor. Die germanischen Götter werden -

-

390 391 392 393

Chronicon Lethrense, c. 2. Friis-Jensen, Study (1992), 73f. Vgl. dazu auch Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 479f. Vgl. auch Mortensen, View (1987), 174f. Vgl. Knudsen, Absalon (2000), 30f; Riis, Saxo (2004), 103; Skovgaard-Petersen, Denmark

(1996), 137f; Groh, Deutschenbild (2004), 158f; Kamp, Tugend (2004), 192-195; aus philologischer Perspektive auch Öberg, Saxo (1991), Ulf. Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 6, c. 1.2.

394

Saxo

395

Friis-Jensen, Saxo (1987), 134-146. Vgl. auch Guönason, Sources (1981), 87. An mehreren Stellen bedauert Saxo, dass Dänemark erst seit kurzem der lateinischen Sprache zugänglich ist (z. B. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Praef, c. 1.1, lib. 4, c. 5.0 u. Hb. 8, c. 1.0). Auch Sven Aggesen stellt sich in eine antike Tradition. Er beruft sich in seinem Procemium explizit auf Martianus Capella. In seinem Lobpreis auf Sophia (Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 19) betont er, alle klassischen Autoren würden an ihrer Beschreibung scheitern: Nam in eius descriptone omnium ueterum sincoparetperitia. Vgl. dazu Christiansen, Introduction ( 1992), 138, Anm. 198.

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

138 bei ihm als bloße Dennoch:

Darstellungen des „Neuen Europa

"

Zauberer, als Betrüger dargestellt, die sich göttlich verehren ließen.396

„Es ist ja auch gar nicht zu verwundern, dass die barbarische Welt, durch die merkwürdigen Wunderthaten derselben verleitet, in die Ausübung einer falschen Religion verfiel, haben j a doch manche ähnlich beschaffene sterbliche Wesen, denen man göttliche Ehren erwies, selbst die

Klugheit der Latiner zu verführen gewußt."397

Schon im achten Buch, in der Reise Thorkills nach Utgärd, wird die Suche nach dem rechten Glauben vorweggenommen.398 Das Christentum dringt in Saxos Darstellung zwar aus dem Reich nach Dänemark, nicht jedoch über die angestammte Königslinie, sondern über den Gegenkönig Harald Klak. Dieser bittet Kaiser Ludwig den Frommen um Hilfe gegen Regnerus, die ihm aber nur gegen Taufe gewährt wird, denn, so argumentiert der Kaiser, es könne „keine Uebereinstimmung in der Gesinnung bei Leuten geben, die verschiedene Götter

ver-

ehrten."399

Problem, dass es ein Usurpator ist, der die Dänen mit den Gebräuchen der Römer (Romanis ridbus) vertraut macht, löst Saxo dadurch, dass er zeigt, wie Harald alsbald wieder vom Glauben abfiel, so dass er Das

„aus einem Beschützer des Christentums ein

nichtsnutziger Abtrünniger wurde."400

Christianisierung kann erst unter den rechtmäßigen Königen erfolgreich sein.401 Als Dänemark später dann noch seine eigene Kirche, das Erzbistum Lund, erhält,402 hat es die gleichen Wandlungen wie das Römische Reich durchlaufen und steht daher vollkommen Die

396

397

398 399 400

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 6, cc. 5.3-5.5, wo Saxo auch die germanischen Götter und Tagesbezeichnungen mit den römischen vergleicht. Als Zauberer und Betrüger stellt auch Adam von Bremen insbesondere die heidnischen Priester dar (Adam von Bremen, Gesta, Hb. 2, c. 57). Vgl. dazu auch Gurevich, Saga (1971), 47. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 1, c. 5.6: Nec mirandum, st prodigialibus eorum portentis adducta barbarles in adulterinae religlonis cultum concesserit, cum Latinorum quoque prudentlam pellexerit talium quorundam dtvinis honoribus celebrata mortalltas. Übersetzung Jantzen, 53. Bagge, Making (2006), 512. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 9, c. 4.36f, hier 4.36: Nullam enim posse aiebat animomm intervenire concordiam dissona sacra complexis. Übersetzung Jantzen, 490. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 9, c. 4.37: ex splendido sanctitatis auctore infamis eiusdem desertor evasit. Die gleiche Episode wird in der grundsätzlich von Adam von Bremen abhängigen Roskildechronik deutlich zugusten Haralds dargestellt; vgl. Chronicon Roskil-

dense, c.

401

402

1. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10, cc. 11.1-11.3. Die Romani rites sind nicht das einzige, was übernommen wird. Schon in der Praefatio weist Saxo darauf hin, dass auch die älteren Dänen „in Nachahmung des römischen Brauches" ihre Heldentaten aufgezeichnet hätten. Vgl. auch die Abschweifungen des Theodoricus Monachus, s. in diesem Zusammenhang insbes. o., 99. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 12, c. 5.2 u. c. 6.6 (Verleihung des Palliums).

Vgl.

-

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

139

Erik Ejegod auf seiner Pilgerreise kurz danach in Byzanz ein Kaiser wird wie er empfangen,403 und in eine würdige Unterkunft gebracht. eintrifft, „Diese wollte zunächst kein Kaiser mehr benutzen, auf dass es nicht so schien, als wollte der, der mit ihm das Dach teilte, sich ihm auch gleichsetzen wollte."404

gleichwertig neben ihm. Als

Auch die früheren Texte entwickeln schon ähnliche Ideen. Während Harald Blauzahn im Chronicon Roskildense sogar mit David verglichen wird,405 findet sich für dort Erik Emune die Bemerkung, er sei in allem wie ein Kaiser gemacht worden.406 Besonders Sven Aggesen tritt wieder mit einer vergleichenden Gegenüberstellung hervor. In seiner Geschichte Knuts des Großen lässt er diesen neben Kaiser Heimich III., seinem Schwiegersohn, den er als schwächlich und hilflos schildert, als weitaus mächtiger und beinahe als der eigentliche Kaiser erscheinen, schließlich habe er alle umliegenden Reiche vom äußersten Thule fast bis zum Reich der Griechen erobert,407 er habe Irland, England, Frankreich, Italien, die Lombardei, Deutschland, Norwegen, das Slawenland und Samland unterworfen. Weil Heinrich durch einen Aufstand vom Thron verjagt wird, muss es Knut sein, der dem hilflosen Kaiser wieder zu seinem Recht verhilft.408 So verblasst auch bei Saxo neben den dänischen Herrschern der Glanz des römischdeutschen Reiches. Über die Hochzeit zwischen Heimich III. und Gunhild, der Tochter Knuts des Großen, 1036 schreibt Saxo: „So wurde Knut der Herrscher über sechs mächtige Königreiche und sein erhöhter Ruhm verlieh sogar dem Römischen Reiche noch Glanz."409

Das Reich der Dänen steht nicht nur, sondern stand schon immer in gleicher Wertigkeit und gleicher Würde neben dem Römischen Reich. Saxo geht hier über die Renaissance des 12. Jahrhunderts hinaus; seine Darstellung ist weit mehr als eine „intoxication with antiquity".410 Das klassische Erbe wird bei ihm durch den Vergleich gleichsam zu einem Grandelement der Darstellung. Dänemark wird so zu einem Rom des Nordens. Man kann davon ausgehen, dass Saxo diese Theorie nicht allein entwickelte, sondern dass sie in ähnlicher Form von Absalon und Waldemar vertreten worden war.411 Nun stellt sich die Frage, inwieweit dies auch als Reaktion auf Ansprüche und Herrschaftskonzepti-

Dotzauer, Ankunft (1973), 245-253; Tenfelde, Adventus (1982), 48-56. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 12, c. 7.3: eaque nemo deinceps imperatorum uti voluit, ne quis se máximo viro tecti communione aequasse videretur. Vgl. hierzu Groh, Deutschenbild (2004), 151; Christiansen (Übers.) I, 277, Anm. 34. 405 Chronicon Roskildense, c. 6: uelud alter Dauid. 406 Chronicon Roskildense, c. 18: per omnia ut Cesarfactus. 407 Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 9: ab ultima Tyle usque ad Grecorum ferme Imperium. 403 404

408 409

410 411

Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 9. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10, c. 17.1: Igitur Kanutus, sex praepollentium regnorum possessor effectus, eximio suifulgore etlam Romanum lllustravlt Imperium. Vgl. dazu Groh, Deutschenbild (2004), 150. Benson, Renovatio ( 1982), 339f. Knudsen, Absalon (2000), 35; Riis, Saxo (2004), 103; Mortensen, Language (2005), 117.

777. Der Blick nach Süden: Die

140

Suörlcnd in Darstellungen des „Neuen Europa

"

werten ist, die im späten 12. Jahrhundert auf kaiserlicher Seite, das heißt zumeist staufischen am Hof, formuliert wurden.412 Dass das dänische Reich auch heilig werden sollte, dafür finden sich keine Hinweise. Bei Saxo Grammaticus findet sich zwar der Hinweis, der Kaiser habe die Könige von England und Frankreich als reges provinciarum bezeichnet,413 was der historischen Forschung lange Anlass gab, über vermeintliche Weltherrschaftspläne des Staufers zu diskutieren.414 Heute wird eine solche impériale Deutung zumeist abgelehnt.415 Darüber hinaus ist ein mittelalterlicher Begriff von Weltherrschaft nicht mit modernen Kategorien zu fassen. Sie meinte vielmehr einen göttlichen Auftrag und konnte sich, gerade im 12. Jahrhundert in verschiedenster Form äußern über das römische Recht, die kaiserliche Tradition, die ideelle Leitung der Christenheit und auch eschatologische Vorstellungen über den Weltkaiser der Endzeit.416 Im Ausland wurden solche Äußerungen aber dennoch vor allem als Hegemonieanspruch des Reiches wahrgenommen. Dass Saxo solche Kategorien auch seinen dänischen Königen zuschreibt, dafür finden sich kaum Belege.417 Vielmehr wird die dänische Geschichte als Ganzes in einen heilsgeschichtlichen onen zu

-

Zusammenhang gestellt. Im ausgehenden 12. Jahrhundert wurde am staufischen Hof eine weitere Vorstellung entwickelt. Insbesondere Gottfried von Viterbo entwarf das Bild einer imperialis prosapia, eines immerwährenden Kaisergeschlechtes, das durch alle Zeitläufte der Geschichte in einer ewigen Erbfolge die Geschicke des Kaisertums lenke. Dies lasse sich bis zu den Trojanern zurückverfolgen und werde auch reichen bis zum Ende der Zeiten.418 Vor diesem gedanklichen Hintergrund, der gewiss nicht von Gottfried allein vertreten worden war, konnte der berühmte Erbreichsplan Heinrichs VI. überhaupt erst seine Prägung erfahren.419 Dies sind Vorstellungen, die sich auch bei Saxo in ähnlicher Form finden. Da sich Dänemark seit frühester Zeit gleichwertig neben Rom entwickelte, war auch das dänische Königtum eine immerwährende Dynastie. So hebt Saxo gleich in seiner Praefatio den Stamm, die prosapia Waidemars hervor, „ruhmvoll seit den ältesten Zeiten".420 Diese setzt mit Dan und Angul 412

413 414 415

416 417 418 419 420 421

ein.421

Zum Verhältnis zwischen Dänemark und dem kaiserlichen Hof vgl. bes. Knudsen, Absalon (2000), zusammenfassend 34f; Engels, Friedrich (1992), zusammenfassend 385; Jordan, Heinrich (1954), 28 u. Groh, Deutschenbild (2004), 153ff. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 28.18. Vgl. zusammenfassend Töpfer, Reges (1974), 1348f. Vgl. v. a. Kirfel, Weltherrschaftsidee (1959), bes. 20-46; 111-136; Jakobs, Weltherrschaft (1996), 26f. u. neuerdings Ehlers, Imperium (2006), 115f. Hageneder, Weltherrschaft ( 1985), bes. 275-277. Vgl. Foerster, Dominium (2004), 85-89. Vgl. auch Sawyer, Saxo (1994), 537. Vgl. v. a. Engels, Gottfried (1992), hier 333f. Schteffer, Konzepte (2006), 50f; vgl. auch Foerster, Dominium (2004), 88. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Praef, c. 1.6: [Waldemar] cuius illustrisslmam a priscis temporibusprosapiam dicturus sum. An einzelnen Stellen des Werkes finden sich freilich genealogische Brüche (Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 7, c. 3.2; 9.1, Hb. 9, c. 3.1; Hb. 10, c. 21.4).

3. Saxo Grammaticus und die dänische

nun, wie das Altertum überliefert, die Ahnenreihe einem Urquell, in glänzender Aufeinanderfolge aus."422

„Von Dan ging von

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts unserer

141

Könige, wie Kanäle

Schon beim Ursprung des dänischen Volkes entstand also eine prosapia,423 die mit dem dänischen Volk die Geschichte im Norden bestimmte.424 Bei Sven Aggesen tritt diese Vorstellung noch deutlicher zu Tage, während sich bei Saxo vereinzelt auch der Wahlgedanke findet.425 Ob Saxo mit den Vorstellungen, die am kaiserlichen Hof entwickelt wurden, in Berührung gekommen war,426 und ob seine prosapia eine Reaktion daraufist, wird sich nicht entscheiden lassen, ausschließen kann man es jedoch nicht. Ähnliche Vorstellungen fanden sich hingegen schon um 1190 bei Rigord und bei Andreas von Marchiennes in Frankreich. Für Rigord sind die Frankenkönige Nachkommen Hektors, so dass nun das Königreich Frankreich, da seine Könige Stammesbrüder der Äneiden seien, dem Römischen Reich zumindest ebenbürtig sein müsse.427 So kann man Saxo auch in einer Diskussion verorten, die gegen Ende des 12. Jahrhunderts in europäischem Rahmen stattfand. Indem er daran anknüpft, stellt er aber auch Dänemark wieder als ein Reich dar, das in gleicher Würde neben dem Römischen Reich steht, in dem der dänische rex iustus auf Augenhöhe mit dem Kaiser des sacrum imperium

steht.428

In einem wesentlichen Punkt muss diese Deutung aber erweitert werden. Auch die bei Theodoricus Monachus schon auftretenden historischen Vergleiche werden von Saxo verwendet. Gegenüber diesem Vorgänger baut Saxo diese Vergleichsebene jedoch breit aus und hebt sie auch auf die synchrone, die zeitgenössische Ebene. So stellt er die Ordnungsvorstellungen wie auch das politische Handeln des Kaisertums und des dänischen Königtums seiner eigenen Zeit einander in distinktiven Vergleichen gegenüber. Das Verhalten Friedrich Barbarossas im Schisma,429 dem größten Konflikt in Saxos Zeit, wirft dieses neue Licht auf das Verhältnis. Schon zu Beginn von Saxos Berichten über die

Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 1, c. 1.3: Verum a Dan (ut fert antiquitas) regum quodam derivata principio, splendldo successlonls ordlne profluxemnt. Übersetzung Jantzen, 17. Auch Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 4, berichtet, wie die königliche Linie durchbrochen wurde und wie nach dem Tod Ingjalds „kein Sohn dem Vater im Königtum folgte" (filius patrl nullus in regno successif) Dafür aber waren es die nepotes, welche die regalls stirps fortführten. Vgl. dazu Christiansen, Introduction (1992), 20. 423 Vgl. dazu Mortensen, View (1978), 170-176 424 Sawyer, Saxo (1994), 535. Ähnliche Vorstellungen finden sich auch schon in der Historie Norwegie, c. 9f. Zu möglichen Einflüssen der Historia Norwegie auf Saxos Gesta Danorum vgl. Sandaaker, Historia (1985), 84. 425 Sawyer/Sawyer, Adam (1992), 40. 426 Vgl. Foerster, Dominium (2004), 17; 41 ; 69. 427 Vgl. Kienast, Deutschland (1974), 393. 428 Vgl. Groh, Deutschenbild (2004), 148. 429 Zur Ereignisgeschichte vgl. insbes. Engels, Friedrich (1992). Zu Saxos Deutung Groh, Das Deutschenbild (1992), S.120-125. Das politische Verhältnis zum Reich vergleicht Saxo an einer Stelle mit dem zwischen England und Frankreich (Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 28.16: Cuius servitii pudorem minuere videbatur Gallorum dicioni in consimili famulatus genere Britanniae regis tnclinata maiestas). 422

Saxo

nostrorum stemmata, ceu

HI Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

142

Darstellungen des „Neuen Europa

"

Seite er für die gerechte hält. Beim Ausbrach des Schismas habe es verschiedene Oboedienzen gegeben, die Gallia sei auf der Seite Alexanders gestanden und die Germania folgte unter Führung des Kaisers dem Oktavian.

Kirchenspaltung bleibt kein Zweifel daran, welche

„Aber gerechter und der Religion näher war die Folgsamkeit der Gallier."430 Das Umschwenken des dänischen Königs Waldemar auf die oktavianische Seite431 erklärt Saxo dadurch, dass dies nur Cesaris illectionibus captus geschehen sei,432 nachdem zuvor schon der Mainzer Erzbischof Christian von Buch den König mit seinen Schmeicheleien (multis adulationis conatibus) für die kaiserliche Partei zu gewinnen versucht hatte.433 Die Deutschen werden in diesem Zusammenhang sogar als barbari bezeichnet. Vom perfiden Herz des Kaisers ist die Rede, der ein freies Volk unterwerfen will, das nicht daran gewöhnt sei, Barbaren zu dienen.434 Vor mittelalterlichem Hintergrund kommt dies einer Benennung als Heiden gleich. Bei Saxo bleibt der Barbarenbegriff jedoch schillernd. In den meisten Fällen wenn er von barbari spricht, ist nicht klar zu entscheiden, ob er mit diesem Begriff eine kulturelle oder eine religiöse Differenz hervorheben will.435 Die klassische Bildung des Saxo würde die Kenntnis des klassischen Barbarenbegriffs durchaus ermöglichen. Die Effiminisierang der Deutschen an anderen Stellen schließt hier jedoch eine rein kulturelle Deutung aus. Zudem können auch die heidnischen Dänen der vorgeschichtlichen Bücher als Barbaren bezeichnet werden. An anderer Stelle wird sogar betont, dass die vernakularen Dichtungen des Hiarnus nach barbarum metrum verfasst worden seien.436 Dennoch können auch diese heidnischen Dänen mit barbari kontrastiert werden.437 In Saxos Vorgeschichte bleibt der Barbarenbegriff bewusst unklar.438 In den historischen Büchern sind es aber fast ausschließlich die Slawen, die als Barbaren bezeichnet werden.439 So verleiht der Missionscharakter dieses Umfeldes dem Begriff hier vorwiegend die religiöse Konnotation. In diesem Zusammenhang wird der Begriff also auch auf die schismatischen Deutschen angewandt. In seinem ersten Buch stellte Saxo die barbari als leicht zu täuschen dar;440

430

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 26.1 : Nam Gallia Alexandro obtentui fuit, Germania auctore Caesare Odavlani partlbus obsecuta est. Sed iustior religionique propior Gallorum

sequacttas futt. 431 432 433 434 435

Engels, Friedrich (1992), 306f.

Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 28.4. Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 26.14. Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 28.10. Vgl. etwa Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Praef., c. 2.10; Hb. 5, Saxo Saxo Saxo

436 437 438 439 440

c.

10.4 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 6, c. 1.1. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 3, c. 5.1. Vgl. dazu auch den Barbarenbegriff bei Adam von Bremen, s. o., 36f. Vgl. etwa Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, cc. 39.29; 42.21. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 1., cc. 5.6; 7.2. c.

3.7; Hb. 7,

c.

8.2; Hb. 8.,

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

143

deshalb seien sie dem heidnischen Glauben verfallen. Wie Barbaren seien daher auch die Deutschen leicht zu täuschen gewesen, nur deshalb seien sie der Ketzerei verfallen. Erst 1177 konnte die Kirchenspaltung beigelegt werden. Über dieses Jahr schreibt

nur

Saxo: um das Römische Schisma, der unter der Zustimmung des Kaisers Friedrich durch die überaus hartnäckige Verirrung der Deutschen während vieler Jahre gefordert wurde, niedergetreten durch die Füße des wahren Papstes Alexanders, beigelegt und die Fessel der rechtgläubigen Eintracht band den geteilten Zustand der Kirche zusammen. Zu dieser Zeit kamen Legaten des Königs und von Lund, wie auch Absalons aus Rom zurück und erfüllten das Land mit fröhlicher Botschaft. Wenngleich sie in ihrer Bitte gegensätzliche und unterschiedliche Dinge verbunden zu haben schienen, wurden sie dennoch mit solcher Regsamkeit des Römischen Papstes aufgenommen, dass der Ratschluß beide Teile nach ihren Wünschen zufriedenstellte. Denn Absalon wurde sowohl empfohlen, das Bistum Lund zu übernehmen, als auch erlaubt, das von Roskilde zu leiten."441

„Zu dieser Zeit wurde der Streit

Dass Absalon zum gleichen Zeitpunkt das Erzbistum Lund übernimmt, zu dem auch das Schisma beigelegt wurde, wird bei Saxo nicht aus Zufall so deutlich berichtet. Immer wieder betont er die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Waldemar und Absalon.442 Zwar können in den Gesta Danorum durchaus auch einmal Streitigkeiten zwischen Königtum und Kirche auftreten,443 in den meisten Fällen unterstreicht Saxo aber die concordia zwischen beiden Gewalten. Schon im elften Buch heißt es, unter Sven Estridsen sei eine unerschütterliche Eintracht zwischen regnum und sacerdotium hergestellt wor-

den.444 In

Dänemark, im nordischen Rom gedeiht die concordia also, die im Süden gestört

ist.445 Somit scheint das Dänenreich nicht nur gleichwertig neben dem Römischen Reich zu stehen, sondern scheint es sogar noch an Würde zu übertreffen. So finden sich auch in den früheren Büchern schon Hinweise, die sich in diese Richtung deuten lassen.446 Be441

442 443 444

445

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 58.0: Ea tempestóte Romani schismatts controversia, astlpulante Caesare Frederico pertlnactssimo Germanorum errore compluribus annorum curricults alita, veri pontificts Alexandri pedtbus proculcata succubuit, dividuumque ecclesiae statum cathollcae concordlae vinculum colllgavit. Quo In tempore regis Lundensiumque nec non Absalonls legatl, Roma regressl, laeto patriam nuntio compleverunt. Qui tametsi diversas atque contrarias res petttione complexi vtderentur, ea tarnen Romani pontificis industria sunt exceptl, ut pars utraque slbi pro votis consultum gauderet. Nam et Absahnt Lundensem ponttficatum assumere tussum et Roskildensem administrare permissum. Friis-Jensen, Study (1992), 78. Vgl. dagegen Sawyer, Saxo (1994), 533f. Vgl. etwa Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 1.11. Vgl. auch (für die Zeit Knuts d. Gr.) Groh, Deutschenbild (2004), 149 u. Skovgaard-Petersen, Saxo (1969), 56f. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 11, c. 7.20: Ea res Inextricabllem regni sacerdottique concordiam operata est. Zum Hintergrund vgl. Breengaard, Muren (1982), zusammenfassend 320-327 u. Skovgaard-Petersen, Saxo (1969), 76f. Vgl. dagegen aber Sawyer, Saxo (1994), 533f.; Dies., Valdemar (1985), 690; 701f. Vgl. aber Friis-

Jensen, Study (1992), 77f.

446

Régneras ist nicht nur ein Zeitgenosse Karls des Großen, sondern besiegt ihn sogar, den „einstigen Bezwinger römischer Größe" (Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 9, c. 4.24: olim Romani culminis trtumphator).

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

144

Darstellungen des „Neuen Europa

"

sonders aber im Schisma scheint für Saxo die Würde des Römischen Reiches befleckt, so dass der Glanz des Kaisers gegenüber dem Ruhm des Dänenkönigs verblassen muss.447 Schon Sven Aggesen stellt Waldemar in der illustren Reihe der christlichen Könige besonders heraus: „Am Ende erhöhte Gottes Gnade den Ruhm des erlauchten Königs Waldemar so sehr, dass die benachbarten Könige und Fürsten ihn ehrten als wäre es ihre Pflicht."448 In Saxos 14. Buch schließen sich Waldemar bei seinem Zug durch das Reich so viele deutsche Fürsten an, dass der Eindruck entsteht, sie gehörten zu seinem Hof. Die Ein-

wohner bekommen es mit der Angst zu tan, so dass er sie seiner friedfertigen Absichten versichern muss. Dies hat solch nachhaltige Wirkung, dass später sogar Mütter zu ihm kommen, um ihre Kinder von der königlichen Hand berühren zu lassen.449 Mit dem Dänenkönig kommt also das Königsheil. Als er den Kaiser einmal auf Futter anspricht, wird ihm von diesem beschieden, er solle doch plündern, wogegen sich Waldemar aber heftigst verwehrt; er sei schließlich ein König und kein Räuber. „Da lobten alle deutschen Fürsten dessen Reinheit mit größtem Beifall und, sich in gegenseitiger Verwunderung betrachtend, sagten sie, glücklich sind die, die von der Redlichkeit eines solchen Mannes

regiert werden. Durch dieses Lob tadelten sie aber schweigend ihre eigenen Sitten."450

Deutlicher kann Saxos vergleichender Ansatz nicht zum Ausdruck gebracht werden. Besonders bei Saxos Darstellung des Schismas wird also offensichtlich: Die Deutschen sind des Römischen Reiches nicht mehr würdig, Dänemark führt dagegen mit Heiligkeit (sanctitas) und Redlichkeit (integritas) das Rom des Nordens. Hatte Saxo bis zum Schisma Dänemark noch gleichwertig neben das Römische Reich gestellt, so tritt nun der distinktive Vergleich dazu. Waldemar wird damit nicht nur als gleichwertiger König neben Friedrich Barbarossa gestellt,451 sondern mit ihm verglichen und weit über ihn gestellt. Zum Jahr 1181, während der Belagerung Lübecks,452 berichtet Saxo über ein Treffen zwischen Barbarossa und Waldemar, bei dem der Kaiser den König auf seine Seite ziehen will und ihm ein Ehebündnis anbietet. Hier drängen sich die deutschen Zuschauer, um einen Blick auf den König erhaschen zu können, und sie sind voll des Lobes für ihn: 447 448

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 28.1. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 19: Adeo denique illustris regis Valdemari dtutnafamam ampllauit gratia, ut ei quasi debita circumiacentes reges et principes certattm tmpenderent obse-

Vgl.

quia. 449

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 28.2. Dieser Bericht erinnert an den Zug Kg. Svens Kaiser, der ebenfalls mit großem Zeremoniell durch das Reich zieht, und der mit der gleichen Bewunderung beobachtet wird. (Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 8.2). Vgl. dazu zum

Riis, Saxo (2004), 102.

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 28.1: Cuius sanctitatem universi Germaniae principes máximo plausu comprobantes seque mutua admiratione invicem contuentes, beatos aiebant, quos tanti vtri integritas regendos curaret. Qua laude taciturn morum suorum vituperium ediderunt. Vgl. dazu RI IV,2 1152. 451 So Kamp, Tugend (2004), 194-197 u. Friis-Jensen, Portrait (2000), 164. 452 Vgl. dazu Opll, Itinerar ( 1978), 78. 450

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

145

Stimmen der Deutschen zu hören, die des Königs Erscheinung und seine Statur bewunderten. Sie waren so begierig, ihn zu sehen, dass ihnen ihre niedrigen Sitze hinderlich waren, dass sie einander auf die Schultern kletterten, und ihn mit gestreckten Hälsen betrachteten. Das, sagten sie, ist ein König, das ist ein Herr, das ist einer, der dem Imperium würdig ist, der Kaiser, riefen sie, sei ein Königlein und ein Männlein."453

„Da

3.4.

waren

Zusammenfassung

grundlegende Umbruch der skandinavischen Geschichte des Mittelalters war die Christianisierung. In deren Schilderung in den dänischen Chroniken findet sich der Angelpunkt für ihre Einschätzung des Verhältnisses zum „alten Europa" und für ihre Deutung von Abhängigkeit und Abgrenzung. Allen Texten gemeinsam ist das Bewusstsein, dass das Christentum von England wie auch vom Reich aus nach Dänemark hineingetragen wurde, während man sonst zumeist jede Form der Abhängigkeit zu negieren versuchte. Die Christianisierung konnte man aber nicht negativ darstellen. Für den Autor der Roskildechronik stellt sich dieses Problem nicht: Da er in seiner Darstellung wie auch in vielen seiner Bewertungen Adam von Bremen folgt, kann er die Mission Ansgars feiern, der sowohl die Dänen als auch die Eibslawen zum Glauben führte,454 und die heidnischen Wikinger verurteilen, welche die Aachener Pfalz als Pferdestall Der

nutzten.455 Während sein Bericht erst bei der Christianisierung einsetzt, berichtet das ChroniLethrense als erster Text des Nordens überhaupt nur über Könige der heidnischen Vorzeit. Hier tritt die Christianisierung gegenüber dem legitimierenden Charakter einer langen Königstradition in den Hintergrund. Die besondere Bedeutung dieses Umbruchs verkennt der Autor dennoch nicht. Dänemark war in seiner Darstellung von Beginn an ein unabhängiges Königreich. Die durch Kaiser Ludwig den Frommen eingeleitete Taufe con

453

454

Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 15, c. 5.7: Illic exaudiré erat Theutonum uoces formam regis staturamque mlrantlum; quos tanta uisendi dus cupiditas ceperat, ut, eum sedendi humllitas obstaret, alter alterlus conscensls humeris productls illum ceruiclbus inspectarent. Hunc regem, hunc domlnum, hunc imperio dlgnum referre, Cesarem regulum homuncionemque vocare. Vgl. dazu Kamp, Tugend (2004), 179-186; Friis-Jensen, Portrait (2000), 179. In der Saxo

Slawenchronik des Arnold von Lübeck heißt es zu dieser Episode: "König Waldemar aber erschien mit großem Gefolge vor dem Kaiser, und stellte sich demselben mit großem Prunk und Aufwände dar." (Arnold von Lübeck, Chronica Slavoram, Hb. 2, c. 21: Rex vero Waldemarus eum multo comitatu venlens in presentiam imperatorls, cum magna iactantia glorie sue ei se exhibuit [Übersetzung Laurent, 69]). Chronicon Roskildense, c. 1: nunc Danos, nunc Transalblanos uisitans innumerabilem utriusque gentis multitudinem adfidem contraxtt. Vgl. dazu Adam von Bremen, Gesta, Hb. I, c. 19: Ansgarius autem nunc Danos, nunc Transalbianos visltans, innumerabilem utriusque gentis multitudinem traxit adfidem.

455

Chronicon Roskildense, c. 3: Aquisgrani palaclum stabulum equis suisfecerunt. von Bremen, Gesta, lib. I, c. 40.

Vgl. dazu Adam

HI Der Blick nach Süden: Die Suörlond In Darstellungen des „Neuen Europa

146

"

Harald Klaks in Mainz war der einzige Zeitpunkt, zu dem das Königreich einem fremden Herrscher untergeben war.456 Sven Aggesen und Saxo Grammaticus berichten jedoch über die gesamte Dänengeschichte, also sowohl über die heidnische Vorzeit, als auch über die Zeit der christlichen Könige. Bei Saxo ist die Christianisierung der grundlegende Umbrach, an welchem er auch die Gliederung seines Werkes festmacht. Sven teilt nur mit, dass Harald Blauzahn

„als erster die Unflat des Götzendienstes zurückwies und das Kreuz Christi verehrte".457 Externe Einflüsse verschweigt er hierbei ganz. Vielmehr wird durch die Darstellung, dass Thorkel von den Dänen geschickt worden sei, der Eindruck verstärkt, die Christianisierung gehe auf dänische Initiative zurück. Ein ganz ähnlicher Befund ergibt sich auch für Königsgenealogie Wilhelms von ¿Ebelholt.458 Saxo kann in seiner Ausführlichkeit zwar nicht verschweigen, dass die Christianisierung Dänemarks von Sachsen aus betrieben wurde, wichtiger ist für ihn aber die Bewertung des Schismas, in welchem die Deutschen selbst für ihn wieder zu Barbaren und daher zumindest in gewisser Hinsicht zu Heiden wurden. Darüber hinaus unterstreicht er immer wieder die politische wie auch kulturelle Unabhängigkeit der Dänen, so dass bei ihm sogar das Christentum ein fremder Einfluss war, dem sich seine Dänen zunächst widersetzten, denn -

-

„ihre Abneigung für fremde Riten war der ihrer Väter ähnlich."459 Die Kontinuität seines Dänenreiches siedelt Saxo auf einer anderen Ebene an. Die Christianisierung seines Landes kann er den Deutschen nicht als Verdienst amechnen. Diese Kontinuität spiegelt sich in seinen dänischen Autostereotypen wider, ebenso aber in seinen Fremdzuschreibungen. Das Bild, welches er in den Gesta Danorum von den deutschen Nachbarn im Süden entwirft, ist bestimmt nicht mit eindimensionalen Kategorien wie ,Nationalhass' zu erfassen. Sein Deutschenbild fällt zwar in sehr vielen Fällen in unterschiedlichen Zusammenhängen und verschiedenen Formen sehr negativ aus; er benutzt solche negativen Bilder aber auch bei anderen Völkern, um im Vergleich seine Dänen tapferer, heldenhafter und aufrichtiger erscheinen zu lassen, als er sie ohnehin schon schildert. Viel bedeutender und wesentlich tiefer gehend ist aber das Verhältnis des Dänemeiches zum Römischen Reich im Süden, als dessen Träger Saxo die Deutschen durchaus anerkennt. Hier konstruiert Saxo eine dänische Reichstradition, die sich 456

Chronicon Lethrense,

2: Attestatur equidem nobls antiquorum memoria, predictaspartes tstas el Withesleth, a nudo extltlsse subtectas, excepto tantum Lodowlco, culus pace et beniuolencta baptízalo Haraldo rege apud Magunctam Dani chrlstianitatem recepenint; aliter nec a suo subséquente nec antecessore altquo unquam erant subiecte, sed resistentes qutbusque tnuadenttbus inutse ab omnibus In principio permanserunt. Sven Aggesen, Historia Compendiosa, c. 8: Is primus idolâtrie respuens spurcitlas Christi crucem adorauit. Wilhelm von /Ebelholt, Genealogía regum Danorum, 178/179. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 10, c. 11.3: qutn etlam externi cultus tedio patrlum emulatus est. Vgl. dazu Sanmark, Power (2004), 115f. c.

Juciam, Feoniam, Scaniam

457 458 459

3. Saxo Grammaticus und die dänische

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

147

in der gesamten Geschichte parallel und gleichwertig neben der des Römischen Reiches entwickelte: Dänemark war gleichsam ein Rom des Nordens. Inwieweit dies im Einzelnen auf Ansichten seines Auftraggebers Absalon von Lund oder auch des königlichen Hofes zurückging, wird sich nicht eindeutig klären lassen. Grundsätzlich dürfte diese Darstellung, wie auch die Historia des Sven Aggesen,460 eine ideologische Reaktion auf die Abwendung Waidemars des Großen von Friedrich Barbarossa im Schisma sein, nachdem er diesem 1162 noch den Eid geleistet hatte und Viktor IV. anerkannt hatte.461 Nach der Konsolidierung der Königsherrschaft im Norden und besonders nach dem Ende des mächtigen Konkurrenten Heinrich des Löwen konnte der dänische Hof grundlegende Mythenbildung betreiben und historische Legitimationsmodelle stiften. In diesem Zusammenhang sind die Gesta Danorum des Saxo Grammaticus zu verorten. Ebenso kann man aber Saxo den geistigen Strömungen seiner Zeit zuordnen, die besonders in Frankreich oder England den von den Staufern angedeuteten oder im Ausland so verstandenen Hegemonieansprüchen des Heiligen Römischen Reiches die Freiheit des Königs im entstehenden Nationalstaat gegenüberstellten, und die zuletzt in der Formel rex Imperator in regno suo Ausdruck fanden. So kann auch Saxo am Ende des Werkes hervorheben, König Knut von Dänemark, sein Zeitgenosse, sei ein ebenso freier Herrscher wie der Staufer und er hätte genau so ein Recht, als Kaiser zu herrschen.462 Aus der Abwehr solcher Hegemonieansprüche entstanden im ,Neuen Europa' nicht nur in Skandinavien ,nationalgeschichtliche Gesamtdarstellungen'. Besonders in Polen und Böhmen sind grundlegende Ähnlichkeiten zu historiographischen Entwicklungen des Nordens zu beobachten. Während der ersten Welle an ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen', in Polen vor allem vertreten durch den Gallus Anonymus, in Böhmen durch Cosmas von Prag, wurden auch hier Vergleichsmodi erarbeitet, die ähnlich im skandinavischen Norden auftraten. Ursprünglich aus Südfrankreich stammend und auch in Frankreich ausgebildet, wurde der Gallus Anonymus um 1100 in die Hofkapelle Boleslaws III. aufgenommen. Dort verfasste er ab dieser Zeit seine als Herrschergeschichte angelegte Crónica et gesta ducum sive principum Polonorum.463 Um 1120 wurde vom Domdekan Cosmas von Prag die erste böhmische Chronik überhaupt niedergeschrieben. Seine Chronica Boemorum befasst sich ebenfalls mit der Herrschergeschichte, zeichnet sich aber daneben durch ein profiliertes Landesbewusstsein aus.464 Beide Autoren verliehen schon zu Beginn des 12. Jahrhunderts ihren Herrschaftsverbänden, ähnlich wie später Saxo Grammaticus den Dänen, ein ,Heldenalter' in der Früh-

-

460 461 462

463

464

Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 456f. Riis, Institutions (1977), 94. Vgl. dazu Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 14, c. 28.4; 28.14. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 16, c. 3.3: Proinde Syfridum nosse deberé Kanuto Cesarlque equum regnandt lus esse neque minore cum libértate hunc Danici regni quam ilium Romani imperli gubernacula conttnere. Zu ihm vgl. Michalowski, Restauratio (1985), 6f.; Skibinski, Identity (1996), 93-98 u. Bujnoch, Gallus (1977), 303f. Aurast, Wir (2005), 36; Hilsch, Herzog (1978), 368. Zu einem Vergleich beider Werke vgl. Bujnoch, Gallus (1977), zusammenfassend 314f.

HI Der Blick nach Süden: Die Suörlond In Darstellungen des „Neuen

148

Europa

"

geschichte.

In Böhmen wurde in Herzog Wenzel ein heiliger Herrscher verehrt. Beide Autoren mussten sich über den gesamten Geschichtsverlauf in ihrer Darstellung aber auch mit dem beständigen deutschen Einfluss auf die polnische und böhmische Geschichte im positiven wie im negativen Sinn auseinandersetzen.465 Besonders Cosmas von Prag betreibt in seinem Werk distinktive Identitätskonstraktion mit Vorliebe gegenüber den Deutschen, aber auch die Polen werden als Feinde der Böhmen dargestellt.466 Die Deutschen werden mit den gleichen Stereotypen versehen, wie auch später von dänischer Seite. Etwa heißt es bei Cosmas, ein Sohn des böhmischen Herzogs sei am deutschen Hof erzogen worden, „um sich daselbst feine Sitte, sowie die List und die Sprache der Deutschen anzueignen."467 —

-

Als ein anderer Herzogssohn die Tochter eines deutschen Grafen führen wollte, um sie zur Frau zu nehmen, heißt es:

aus

einem Kloster ent-

„Er wollte aber lieber entschlossen

zu Werk gehen als bitten und sich verbeugen, da er den angebornen Stolz der Deutschen kannte und wußte wie sie beständig voll Hochmuth die Slaven und ihre Sprache verachteten."468

Hier wird wie wie bei den Geschichtsschreibern des Nordens das Beharren im Althergebrachten über externe Einflüsse gestellt. Der Gallus Anonymus, der ähnlich wie Theodoricus Monachus die abgelegene Lage seines Landes hervorhebt,469 stellt gerade im Vergleich zu den Deutschen die Tapferkeit der Polen heraus.470 In ähnlicher Form wie bei Saxo Grammaticus loben auch hier die Deutschen den gegnerischen Anführer, Herzog Bolestaw III. Nach einer vernichtenden Niederlage gegen die Polen rufen sie in einem Lied aus: „Was, wenn er einmal all seine Männer zugleich versammelte Niemals würde der Kaiser im Kriege gegen ihn bestehen können. Einem solchen Mann ziemte das König- und das Kaisertum."471

465 466 467 468

469

Vgl. Hilsch, Herzog (1978), 368. Zu Abgrenzungen nach Osten vgl. dagegen Berend, Défense (2003), lOlOf. Aurast, Wir (2005), 30-36. Cosmas von Prag, Chronica Boemorum, Hb. 1, c. 34: quo addtsceret morem et eorum astuclam ac Teutontcam linguam. Übersetzung Grandaur, 59. Cosmas von Prag, Chronica Boemorum, Hb. 1, c. 40: Sed malult vlrillter agere quam supplicando colla submtttere. Perpendlt entm innatam Teutonlcls superbiam et, quod semper túmido fasto habeant despectul Sclavos et eorum Hnguam. Übersetzung Grandaur, 72. Gallus Anonymus, Crónica, Prohemium (10/12): Sed quia regio Polonorum ab Itinerlbus pere-

est remota, et ntst transeuntibus in Rusclam pro merclmonio paucis nota, si breviter inde disseratur nullt vldeatur absurdum, et st pro parte descrtbendo totum Inducatur, nemo reputet onerosum. Vgl dazu Sklbtnski, Identity (1996), 94. Gallus Anonymus, Crónica, Hb. 3, cc. 8-12. Vgl. dazu Wyrozumski, Idee (1994), 15. Gallus Anonymus, Crónica, Hb. 3, c. 11: Quid, si forte suos omnes simul congregaverit, / Numquam cesar sibi bello resisterepoterit. / Talem vlrum condeceret regnum et Imperium. Vgl. dazu Mlchalowski, Restaurado (1985), 25 u. Skibinskl, Identity (1996), 97f.

grtnorum 470 471

3. Saxo Grammaticus und die dänische

149

Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts

Die Entwicklung in Dänemark ist daher eher mit jenen in Polen und Böhmen zu vergleichen als mit der Reichs- und Nationsbildung des mittelalterlichen Norwegen.472 Saxo geht aber noch weit über die Vergleichsmodi seiner Vorgänger hinaus, er stellt nicht nur das Dänenreich als ein unabhängiges Königreich im Norden dar, bei ihm ist es ein nordisches Römerreich.473 Das geht zu einem großen Teil auf Saxos sprachlich als auch stilistisch klassische Darstellung zurück, wird aber auch im Aufbau und im Inhalt sehr deutlich. Friis-Jensen merkt an, Saxo habe eine dänische Geschichte verfasst, die römischer war, als alles, was die Römer bis zu dieser Zeit hervorgebracht hatten.474 Mit seiner mythischen Vorgeschichte schrieb Saxo auch für Dänemark ein ,Heldenalter'475 und entwarf daraus hervorgehend die parallele Entwicklung eines nordischen Rom an der Ostsee mit dem eigentlichen Rom am Mittelmeer. Aus diesem Grund knüpft Saxo auch an die mare-nostrum-Vorstellung des Orosius an.476 Sein nordisches Rom hat also einen eigenen Expansions- wie auch einen eigenen Missionsanspruch.477 Zwar werden die slawischen Gebiete in Saxos geographischer Einleitung nicht erwähnt, in den historischen Büchern spielt deren Eroberung und Christianisierung durch das dänische Königtum478 aber eine fundamentale Rolle.479 So konstruiert Saxo also zwei vollkommen gleichwertige Reiche; in der Darstellung seiner eigenen Zeit wendet er auf diese auch den Vergleich an. Durch die Position der Staufer im Schisma wurde das alte Römische Reich herabgewürdigt, im Vergleich mit Waldemar ist Barbarossa nur noch ein Königlein, der Däne dagegen wäre der würdige Kaiser. Waldemar wurde durch seine Eroberungen zum echten Nachfolger all seiner ruhmreichen Vorgänger. Deren Ruhm habe er sogar noch übertroffen, denn er habe -

-

„nicht einmal die Grenzen des Römischen Reiches verschont."480

eigentlicher Held ist aber Absalon von Lund. Er besteigt die nordische cathedra zum gleichen Zeitpunkt, da im Süden das Schisma sein Ende findet, und in seinem ErzSaxos

bistum besteht eine unerschütterliche concordia zwischen regnum und sacerdotium. Das 472 473

Mortensen, Beginnings (2006), 252-262. Vgl. auch Bagge, Christianization (2005), 113-115. So ist im fünften Buch, unter König Frotho, der von Saxo entworfenen Lichtgestalt der dänischen Vorgeschichte, sogar die Rede vom imperium Frothonis. (Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 5, c. 7.11: Ceterum viginti regna imperio Frothonis adiecerant, quorum reges triginta praedictis adiuncti Danorum partibus militabant. Vgl. auch ebd. c. 13.3). Vgl. dazu Friis-Jensen,

474

Friis-Jensen, Study (1992), 79: „he

475 476 477

478 479 480

Study (1992), 74.

wrote a history of Denmark that was more Roman than anything the Romans of this day had so far produced". Vgl. Blomkvist, Discovery (2005), 237f.; Peters, Infancy (1988). Für Snorri vgl. Beck, Konstruktion (2005), 131 u. Krag, Ynglingatal (1991), 211.

Mortensen, View ( 1987), 177.

So tritt bei ihm auch die Bezeichnung aquilo zugunsten des wertfreien Begriffs septentrlo zurück; vgl. Fraesdorff, Power (2002), 330f. Vgl. Meiler Jensen, Sclavorum expugnator (2003), 60-62. Vgl. auch Riis, Saxo (2004), 103. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Praef, c. 1.6: ne Romani quidem impertí paries armis intentatas

liqulstt.

150

HI Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen Europa

"

Heilige Reich hat aber durch das Verhalten seines Herrschers im Schisma seine ganze Heiligkeit verloren. Eine geschichtsbestimmende Kraft tritt bei Saxo immer wieder in den Vordergrund: die fortuna.4*1 Diese liegt bei den Dänen und ihren Herrschern. Man kann bei Saxo insgesamt sehr verschiedene Vergleichsmodi erkennen. Die in der skandinavischen ,Nationalgeschichtsschreibung' zuvor entwickelten Formen des biblisch-sakralen, des klassischen und des historischen Vergleichs finden sich bei ihm häufig und in ausgeprägter Form. Die diachronen Vergleiche klassischer und biblischer Natur, die sich in den Gesta Danorum finden, unterscheiden sich von den entsprechenden in den hagiographischen Darstellungen und den Geschichtswerken aus Norwegen nur geringfügig. Die synchronen, die historischen Vergleiche werden bei ihm aber geradezu systematisiert. Waren solche zuvor, etwa auch bei Sven Aggesen, ausschließlich auf vergangene Entwicklungen bezogen, führt Saxo dieses Konzept noch weiter und vergleicht seine deutschen bzw. römischen Konstruktionen während des gesamten Geschichtsverlaufes mit seiner Dänenkonstraktion. Vor Sven und Saxo blieben solche Vergleiche integrativ; sie ermittelten aus dem Vergleich ein Bild der Egalität der nordischen Königreiche mit den lange zuvor christianisierten Regionen und zeigten so die Integration dieser Reiche in das Ordnungsgefüge des christlichen Europa. Vereinzelt schon bei Sven Aggesen, besonders aber bei Saxo werden die Vergleiche distinktiv. Erst jetzt zielen sie vor allem auf die Abgrenzung Dänemarks vom sacrum imperium im Süden. Saxo wagt also als erster Autor des Nordens, den historischen Vergleich auch zur historischen Abgrenzung einzusetzen. Zwar kommt während des gesamten Geschichtsverlaufs Dänemark die gleiche Würde zu wie dem Römischen und später Römisch-Deutschen Reich, im Schisma aber entfernt sich Saxo von den integrativen Vergleichsmodellen und zeigt klar, dass das nordische Rom das südliche überflügelt hat. Die dänische Geschichte ist bei Saxo also eine römische, ist aber auch sehr eng mit der Kirchengeschichte verbunden. Dadurch gewinnt sie heilsgeschichtliche Qualität. Dies alles zielt auf eine Deutung: Dänische Identität ist Teil einer universalen Ordnung.482 Der würdige Platz der Dänen in dieser göttlichen Ordnung ist es, was Saxo in seinem Werk beschreibt.

481 482

Zusammenfassend Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 453. Vgl. bes. Friis-Jensen, Portrait (2000), bes. 168; Christiansen (Übers.) I, 144. u. Riis, Institutions (1977), 116. Skovgaard-Petersen: Denmark (1996), 143.; vgl. auch Johannesson, Order (1981), 103f; Ders., Saxo (1978), 339 u. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 453.

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts

151

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts: Epilog 4.1.

Norwegen, Island und das Königtum in den Sagas: Einleitung

Ein norwegisches Königtum tritt zum ersten Mal unter Harald Schönhaar gegen Ende des 9. Jahrhunderts aus dem Dunkel einzelner Fürstenherrschaften heraus. Nach seinem Tod zerfiel die zentrale Herrschaft wieder und erst unter Olaf II. Haraldsson, dem Heiligen, wurde das Reich am Beginn des 11. Jahrhunderts erneut geeint. Reichseinigung und Christianisierung sind hier untrennbar miteinander verbunden.483 Mit den Sagas weisen Norwegen und Island eine der reichsten literarischen Produktionen des mittelalterlichen Europa auf. Die vernakulare Geschichtsschreibung des Nordens steht in einer ganz anderen Tradition als die kontinentale, an welche die lateinischen Darstellungen aus Dänemark und Norwegen bewusst angeknüpft hatten.484 Aber auch hier gibt es Texte, die als ,Nationalgeschichtsschreibung' zu verstehen sind. Darunter lassen sich hier vor allem die Kompendien isländisch-norwegischer Königssagas subsumieren.485 Unter den Überblickswerken der Königssagas sind besonders folgende Texte zu nennen: Das Agrip afNóregs konunga sogum (Abriss der norwegischen Königssagas),486 die Morkinskinna (verrotetes Pergament),487 die Fagrskinna (schönes Pergament, Namen um 1700)488 und ganz besonders die Heimskringla des Snorri Sturluson489 sind die wichtigsten Texte unter diesen Überblickswerken. Das Ágrip ist unter diesen Texten der kürzeste, aber auch der älteste entstanden ist er wahrscheinlich um 1190 in Nidaros. Wie der Titel sagt, bietet dieses Werk in erster Linie eine sehr kurz gefasste Übersicht über die Geschichte. Ausführlicher sind die Morkinskinna und die Fagrskinna, aber sowohl ihr Alter wie auch ihr Verhältnis zum Agrip,490 zueinander und zur Heimskringla ist umstritten. Es -

483

484 485 486 487

488 489 490

Als grundlegenden Überblick vgl. Bagge, Christianization (2005), mit dem ausführlichen Überblick über die bisherige Forschung 107-112; Für die spätere Zeit Ders., Monarchy (1993). Weiterhin Krag, Norway (2001), 348-350. Vgl. hierzu insbes. Bagge, Uniqueness (1997); Ders., Snorri Sturluson (1990), v. a. 8-12; Ders., Theodoricus (1989), 113f. u. Mortensen, Renaissance (1993), 17-20. Einen grundlegenden Überblick über Forschung bieten Uecker, Geschichte (2004), 66-113; Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 409-423 u. Beyschlag, Konungasögur (1950), 285-289. Forschungsüberblick bei Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 410f. m. Anm. 55; vgl. auch Lange, Anfange (1989), 173-176. Zur Bewertung Jakobsson, King (1998), 103-105; vgl. auch Andersson/Gade, Introduction (2000); vgl. auch den Forschungsüberblick bei Jakobsson, Kongesagaen (2000) wie auch Ders., Kongen (1999), 87f. Forschungsüberblick bei Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 412f. m. Anm. 63, ansonsten vgl. Finlay, Introduction (2004). Forschungsüberblick bei Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 414^116 m. Anm. 68. Zu Snorri vgl. insbes. Bagge, Society (1991), 8-21. Sandaaker, Ágrip (1996), 46-53.

777. Der Blick nach Süden: Die Suorlrmd in Darstellungen des Neuen

152



Europa

"

wird angenommen, dass die Morkinskinna auf eine Aridste Morkinskinna zurückgeht, die wahrscheinlich zwischen 1217 und 1222 entstanden war.491 Diese frühe Fassung der Morkinskinna wurde vermutlich auch vom Autor der Fagrskinna und von Snorri für den dritten Teil seiner Heimskringla (um 1230) benutzt. Allen drei Texten liegt auch eine Fassung des Ágrip zugrunde. Sehr wahrscheinlich wurde die Fagrskinna nach 1220 in Norwegen verfasst, unsere Fassung der Morkinskinna etwas später in Island. Für seine Heimskringla hat der Gode Snorri Sturluson, der zu dieser Zeit als Gerichtsvorsteher einer der mächtigsten Männer in Island war und enge Verbindungen zum norwegischen Königshof pflegte,492 neben vielen anderen Quellen auch die genannten drei Kompilationen benutzt. Neben Saxo Grammaticus ist Snorri der bedeutendste Historiograph des nordischen Mittelalters. Alle Kompendien behandeln die Geschichte des norwegischen Königtums und sind damit ebenfalls als Überrest eines Elitendiskurses Zeugnisse norwegischer Identitätskonstruktion.493 Die umfangreichsten dieser Texte die Morkinskinna und die Heimskringla sind in Island entstanden. Zwar wurden sie von Autoren verfasst, die in engen Verbindungen zum Königshof standen, in ihnen spiegelt sich aber auch immer wieder isländisches Eigenbewusstsein, was eine besondere Brechung in der Darstellungsweise bedeutet.494 Insbesondere in der Morkinskinna werden in zahlreichen Kurzerzählungen, den so genannten Pœttir, die ruhmreichen oder listigen Taten von Isländern gezeigt, mit denen sie am Königshof besonders hervortraten.495 Vor allem im Königsbild, das in ihnen vorherrscht, wird dies besonders deutlich.496 Wie Klaus von See und Theodore Andersson herausgearbeitet haben,497 werden hier zwei Königsprinzipien einander immer wieder gegenübergestellt. Ein Beispiel aus der Heimskringla veranschaulicht diese Deutung: Als König Sigurd Jerusalemfahrer 1111 nach langem Kreuzzug mit viel Beute und Ruhm wieder in Norwegen eintraf, kam es zu einer Herrschaftsteilung mit seinem Bruder Eysteinn Magnusson, eine ähnliche Situation, wie sie sich schon zuvor für Harald Hardrade mit seinem Neffen Magnus dem Guten ergeben hat. Eysteinn und Magnus wa-

-

491 492 493

494 495

496 497

Einen Klärungsversuch der komplizierten Verhältnisse bietet Jakobsen, Forholdet ( 1968), zusammenfassend 57. Vgl. auch die Übersicht bei Gade, Art. ,Morkinskinna', 252f. Bagge, Society (1991), 11-14. Vgl. auch Kristinsson, Lords (2003), 14. Bagge, Nationalism (1995), 8, hebt jedoch hervor: „The national ideology of the sagas is not usually very closely linked to the idea of a Norwegian state or national community." Die Sagas zelebrierten mehr die kriegerische Tüchtigkeit ihrer Helden, sehen die Norweger aber klar als den andern überlegen, dies jedoch im Sinne eines modernen „sports patriotism". Vgl. auch Lunden, Identity (1995), 26 u. S 32f. Andersson, King (1999), bes. 926-932 u. bes. 934; Mundal, Framveksten (1997), 23-25. Vgl. neuerdings ausf. Boulhosa, Icelanders (2005), zusammenfassend 210-213. Gimmler, Thasttir (1976), bes. 72-82 (hierzu vgl. auch Kortüm, Typologie (1997), 29). S dazu auch Jakobsson, Saga (2001); Ders., Kongen (1999), 75-78 u. Brünger, Hugkvaemir (1999), zusammenfassend 49. Jakobsson, King (1998), bes. Ill; Ders., Individual (2000), zusammenfassend 84-86. Von See, Konzeption (1993), bes. 169, Andersson, Politics (1994), bes. 57f. u. zusammenfassend 77f. Andersson bezeichnet diese Königstypen als 1. „foreign adventurer"; 2. „builder and lawmaker" (58).

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts

153

Sigurd498 auf Feldzügen in fernen Ländern Ruhm und Beute erwarben, im Reiche geblieben und hatten sich den Regierangsgeschäften, gewissermaßen dem Tagesgeschäft, gewidmet. Die beiden Prinzipien des expansiven und des heimischen Königtums werden in den Sagas einander vergleichend gegenübergestellt. Als Sigurd und Eysteinn einmal beim Bier zusammensitzen, will keine Stimmung aufkommen. Snorri

ren, während Harald und

schreibt dazu: „Am Abend aber, als die Männer anfingen zu trinken, da war das Bier schlecht, und die Männer waren

schweigsam."499

Deshalb entschließt sich Eysteinn Zwar meint Sigurd zunächst:

zum

Spiel des ,Männervergleichs' (mannjafnaór).500

„Rede du, soviel du willst, aber laß mich in Ruhe!"501

Später lenkt er aber doch ein. Daher führen beide Schlag auf Schlag ihre Taten auf, wobei sie in ihrer Kindheit beginnen. Sigurd meint: „Du bedenkst wohl nicht, dass ich dir den Rücken brechen konnte, warst du ein Jahr

wenn

ich wollte, und doch

älter!",502

worauf Eysteinn erwidert: „Ich erinnere mich ebenso gut, dass du kein Spiel ausführen konntest,

zu

dem Gewandtheit

gehört."503

So zählen beide weiter ihre Taten auf, Sigurd seine Kriegstaten in der Ferne, Eysteinn aber die Regierangstaten in Norwegen. Während Sigurd mit gewonnenen Schlachten und viel Beute aufwartet, betont Eysteinn vor allem seine Städtegründungen und Kirchenbauten, was, wie er betont, dem Reich wesentlich mehr Nutzen gebracht habe, als das Schlachten von Heiden in Afrika. Diese beiden Auffassungen vom Königtum werden in den Sagas immer wieder kontrastiert, und in den meisten Fällen wird das heimische Königtum vorteilhafter dargestellt. In der Morkinskinna wird dieser Gegensatz sogar noch deutlicher akzentuiert. Dies lässt sich aus einer aktuellen politischen Situation zur Abfassungszeit erklären, als das norwegische Königtum während eines Handelskrieges um 1220 seinen Einfluss auf Island festigen und ausbauen konnte.504 Darin kann man eine Kritik am expansivem Königtum 498 499 500 501

Vgl. zu Sigurd die entgegengesetzte Darstellung bei Ordericus Vitalis, s. o., 70. Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnússona saga, c. 21 : En un kveldit, er menn tóku at drekka, pá var mungát ekkl gott, ok váru menn hljóóir. Übersetzung Niedner III, S, 225. Vgl. dazu Uecker, Art. ,Männervergleich'. Vgl. Klingenberg, Altertum (1999), 378-390. Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnússona saga, c. 21: Ver pú svá margr sem pú vid, en lát mik ná at pegjafyrirper. Übersetzung Niedner III, 225. Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnússona saga, c. 21: „Mantu eigtpat, er ek braut pik à bak, efek vilda, ok vartu vetri ellrt? Übersetzung Niedner III, 225. Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnússona saga, c. 21: „Eigt man ek hin stör, er púfekkt elgi leikltpat, er mjúleikr var í." Übersetzung Niedner III, 225. Vgl. dazu Andersson, Politics (1994), 56-58. „

"

502

"

503 504

777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

154

Darstellungen des „Neuen Europa

"

isländischem Eigenbewusstsein heraus erkennen. Snorri depolarisiert hier ein wenig. Für sein norwegisches Publikum ganz besonders auch am Hof ließ sich ein solcher Gegensatz nicht mehr so vehement vertreten. Damit lässt sich seine Darstellung engerer geistiger Nähe zum Königshof zuordnen. Dennoch fällt auch bei ihm die Entscheidung zuungunsten des expansiven, auf das Ausland gerichteten Königtums.505 aus

4.2.

Norwegen in der christlichen Welt

Sowohl in der Fagrskinna als auch in der Heimskringla wird über eine Auseinandersetzung zwischen König ¿Ethelstan von Wessex und König Harald Schönhaar von Norwegen berichtet. ¿Ethelstan hatte Harald ein reich verziertes Schwert schicken lassen; als dieser es aber annahm, hatte er sich, so verkündete der englische Bote, zum Untertanen des Königs von Wessex gemacht. Nachdem der erste Zorn verflogen war, revanchierte sich Harald. Er ließ Hákon, seinen Sohn aus der Verbindung mit einer Dienstmagd, nach England bringen. Der norwegische Bote setzte den Jungen bei einem Gelage auf ¿Ethelstans Knie und erklärte, Harald bitte ihn seinen Sohn aufzuziehen. Weil er den Knaben aber schon auf seinem Schoß geduldet hatte, konnte er sich nun nicht mehr wehren. „Denn allgemein ist es die Ansicht des Volkes, dass, wer eines andern Kind aufzieht, für gerin-

ger als jener gilt."506

Fehlinterpretation symbolischer Kommunikation sei Hâkon der Gute (Adalsteinnsfostri) an den englischen Hof gekommen.507 Snorri betont aber gleich: Durch diese

„Aus derartigen Plänkeleien der beiden Könige untereinander ging hervor, dass jeder von ihnen für größer gelten wollte als der andere, doch der Ehre keines von ihnen geschah hierdurch in

irgendeiner Weise Abbruch. Beide

blieben Alleinherrscher ihrer Reiche bis

zu

ihrem Todes-

tage."508

In den altnordischen Texten ist die Beschäftigung mit dem Ausland und damit auch dem Alten Europa' auf ein Minimum reduziert. Zwar gibt es auch in der Fagrskinna, der Morkinskinna und der Heimskringla und dort insbesondere in zitierten Skaldenstrophen wie auch bei Saxo immer wieder Hinweise auf deutsche, englische oder französische -

,

-

-

505

-

Andersson, Politics (1994), bes. 58. Kalinke, Saga (1984), 164, formuliert hier zurückhaltender: „What Morkinskinna depicts in Siguröar Saga Jörsalafara is an ideal monarchy but one that achieves its greatness only through the combined talents of the brothers." Vgl. grands, auch Bag-

506

507 508

ge, Snorri (2004), 113-115. Snorri Sturluson, Heimskringla, Haralds saga ins hárfagra, c. 38f, hier c. 39: pvi at pat er mal manna, at sá veeri ótígnart, er çôrumföstraöi barn. Übersetzung Niedner I, 130. Vgl. hierzu Williams, Hákon (2001), 108f; 126. Snorri Sturluson, Heimskringla, Haralds saga ins hárfagra, c. 39: 1 pvillkum vlöskiptum konunga fannsk pat, at hvárr peira vildi vera meiri en annarr, ok varö ekki misdeili tlgnar peira at

heldrfyrlr pessar saktr. Hvárrtveggi var yfirkonungr slns rlkls til dauôadags. Übersetzung

Niedner I, 130.

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts

155

Waffentechniken, die derjenigen der nördlichen Länder überlegen waren.509 Desweiteren sind auch in den altnordischen Texten die norwegischen Kämpfer den meisten anderen an Tapferkeit weit überlegen und töten sie massenweise und ohne größere Anstrengungen, was gerade von Snorri gerne auch über mehrere Seiten lange Passagen ausführlich und detailreich beschrieben wird. Die Formulierung aus der Fagrskinna, dass die Norweger die Iren auf einem Raubzug wie Vieh (sem bufé) schlachteten,510 ist dafür lediglich ein

Beispiel. Einen besonderen Fall stellen die Berichte über die norwegische Niederlage in der Schlacht von Stamford Bridge dar. Dass ein Heer dieser tapferen Norweger unter ihrem rechtmäßigen König von einer englischen Armee geschlagen werden konnte, verlangte von den Sagaautoren besondere Erklärung. Earl Tostig, der sich bei der Thronfolge seines Bruders Harold Godwinson übergangen fühlte, wollte im dänischen Exil Verbündete zur Durchsetzung seines Thronanspraches gewinnen. König Sven Estridsen wollte sich aber nicht auf ein solches Unternehmen einlassen, auch nicht, nachdem er von Tostig an das Beispiel Knuts des Großen gemahnt wurde, denn, so lässt der Autor der Morkinskinna ihn vergleichend antworten, er sei viel schlechter als Knut, da er noch nicht einmal sein eigenes Reich gegen die Norweger verteidigen könne.511 Aus diesem Grand wendet sich Tostig an eben diese Norweger und versucht Harald Hardrade zu einem Kriegszug zu bewegen. Dieser geht nach ersten Zweifeln „die Leute sagen, dass man euch Engländern keineswegs trauen kann", lässt Snorri ihn sagen512 auf den Vorschlag ein. Er betont weiter, dass die Dänen keinerlei Anlass hätten, sich gegenüber den Norwegern zu brüsten."513 Nach anfänglichen Erfolgen führt eine Fehleinschätzung Haralds, der den Rat Tostigs missachtet, in die vernichtende Niederlage.514 Hier kämpfen die Norweger zwar tapfer und rahmreich, aber die Engländer wenngleich -

-

-

509

510 511 512 513 514

Besonders in den zitierten Skaldenstrophen werden solche Waffen immer wieder hervorgehoben: Snorri Sturluson, Heimskringla, Óláfs saga ins Helga, c. 49: welsche Helme; Morkinskinna: 1 Axt aus England; 4: Krieger aus Poitou, Stahl aus Russland; Fagrskinna c. 2: hunnische Waffen und östliche Slawenmädchen; c. 3: britische Speere, fränkische Klingen; c. 13: langobardische Schwerter; c. 27: fränkische Schwerter; c. 29: Helm aus Poitou. Fagrskinna, c. 85. Morkinskinna, c. 49, Vgl. hierzu auch bei Snorri Sturluson, Heimskringla, Haralds saga Siguröarsonar, c. 78. Snorri Sturluson, Heimskringla, Haralds saga Siguröarsonar, c.79: Mœla menn pat, seglr hann, „atpeir inir ensku sé ekki alltrútr. Übersetzung Niedner III, 149. Snorri Sturluson, Heimskringla, Haralds saga Siguröarsonar, c.79: Ekklpurfu Danir at hœlask viö oss Norömenn. Übersetzung Niedner III, 150. Vgl. dazu den postum publizierten Aufsatz von Gelsinger, Battle (1988), der, bes. 20-22, die Schilderung der Schlacht von Stamford Bridge von Darstellungen der Schlacht von Jaffa beeinflusst sieht. Dazu Hughes, Battle (1988), der dies., zusammenfassend 61-63, vielmehr auf Berichte über die Schlacht von Bouvines zurückführt. Vgl. auch Barnes, Anglophile (1992), 17f. u. zu den nachfolgenden Ereignissen Gade, Lights (1997), bes. 77-81, die nahelegt, dass der Bericht der Morkinskinna sich neben einer weiteren Tradition auf Ordericus Vitalis stützt. Vgl. auch van Houts, Conquest (1995), 835. "



777. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

156

Darstellungen des „Neuen Europa

"

ihre Scharen zumeist nordisch sprechen515 haben die stärkere Armee.516 So steht gewissermaßen die Demut auf dänischer Seite dem Fehler des Hochmuts auf Seiten Haralds -

gegenüber. Bei einem weiteren Versuch, die Eroberung Englands in die Wege zu leiten, wird diese norwegische Niederlage dem erfolgreichen Feldzug Knuts des Großen auf der Insel gegenübergestellt. Um ein Scheitern wie jenes Haralds zu vermeiden, solle 1085 nun König Knut der Heilige von Dänemark als Nachfolger seines großen Namensvetters das Unternehmen führen. Auch dieser Versuch misslingt, jedoch sind in diesem Feldzug die Norweger wieder die Tapfersten, denn sie sind die einzigen, die nicht fliehen. Dafür werden sie vom dänischen König belohnt, die Dänen aber bekommen seinen Zorn zu spüren.517 Dass für Snorri die Norweger die tapfersten unter allen Völkern sind, ist unbestreitbar, dies lässt er in seiner Darstellung besonders Protagonisten anderer Völker zum Ausdruck bringen. Mehrmals in der norwegischen Geschichte wollen dänische Könige die Herrschaft über Norwegen an sich reißen. Einige von ihnen verwehren sich aber auch gegen solche Bestrebungen seitens ihrer Berater. Harald Blauzahn lässt Snorri etwa sagen: „Norwegen ist ein großes Land, und ein hartes Volk wohnt dort: schwer ist es einem Auslandsheer, es anzugreifen."518 Ebenso betonte sein

später Nachfahre Waldemar L,

„kein Dänenhäuptling wäre willens nach Norwegen zu gehen und sich dort mit einem harten und unbotmäßigen Volk zu tun zu machen."519 Was also die stereotype Betonung der Tapferkeit angeht, ist die Heimskringla den Gesta Danorum durchaus ähnlich. Ein anderes Beispiel zeigt die grundlegenden Unterschiede zu Saxo. Während dieser in einer Episode über den dänischen König Ingjald anhand dessen Vorliebe für südliche Tischsitten und Kleidung dessen Verweichlichung und Verweiblichung aufzeigt,520 berichtet Snorri von König Olaf dem Sanftmütigen von Norwegen, der im ganzen Land neue Handelsplätze gründen lässt. Dadurch kommen viele neue Moden ins Land

„Die Leute tragen Pumphosen, die an den Beinen geschnürt waren. Manche spannten auch goldene Ringe um ihre Beine, und man hatte Schleppgewänder, am Saume verbrämt, mit fünf Ellen

langen Ärmeln und so eng, dass sie mit Schnüren zusammengezogen und bis oben zur Schulter

515 516 517 518

519

520

Morkinskinna, c. 49: oc mest afdanscri tvngo. Zu diesem Vergleich Anderson/Gade, Introduction (2000), 263. Morkinskinna, c. 53. Snorri Sturluson, Heimskringla, Óláfs saga Tryggvasonar, c. 11 : Nöregr er land miklt ok hartfolk ok er Hit at sœkja vio útlendan her. Übersetzung Niedner I, 208. Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnúss saga Erlingssonar, c. 30: engir Danahoföinjar munu fara vilja INöreg okfaskpar vtö hart fólk ok óhlyóit, en hafa her aör oeritgott meöyör. Übersetzung Niedner III, 370. S. dazuo., 126f.

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts

157

gefaltet werden mussten. Man trug hohe Schuhe, mit Seide eingesäumt, ja auch vergoldet. Viele andere neumodische Dinge kamen damals auf."521 Aber schon Harald Schönhaar habe sich Kostbarkeiten aus anderen Ländern kommen lassen, „die er nötig zu haben glaubte."522 Wiewohl Snorri von diesen Entwicklungen nicht begeistert zu sein scheint, lässt er sich doch nie zu solch abwertenden Äußerungen hinreißen wie sein dänischer Zeitgenosse. Zuweilen werden einzelne Ereignisse, etwa über Verwandtschafts- und Abstammungslisten, im aktuellen Zeitgeschehen verortet. Als Ulfhild, die Tochter Olafs des Heiligen, Ordulf von Braunschweig (Ótta hertoga i Brúnsvík) heiratete, sieht sich der Autor der Fagrskinna, entgegen seiner Vorlage, dem Ágrip, veranlasst zu betonen, dass sie durch diese Verbindung die Stammmutter Kaiser Ottos IV. wurde.523 Die Morkinskinna meint sogar, dass Ordulf, der als hervorragender Held beschrieben wird, nach einem Streit mit dem Kaiser und anschließender Aussöhnung sogar selbst Kaiser wird.524 Auch Snorri hebt es immer wieder hervor, wenn ein Kaiser oder außernordischer König Nordländer in seinem Stammbaum findet.525 Damit wird zwar in gewissem Maße betont, welch illustre Geschlechter die norwegische Königsfamilie zu ihren Verwandten zählt, einen universalen Bezug stellen diese genealogischen Ausführungen aber nicht dar. Auch die kirchliche Organisation hat eine gewisse Bedeutung für den ,Blick nach Süden'. Die Ankunft Kardinal Nicholas Breakspears in Norwegen 1152 und die Verleihung des Palliums für das neue Erzbistum Nidaros wird von allen Autoren euphorisch gefeiert und gleich zum Anlass genommen, noch über einige Wunder am Grab Olafs des Heiligen 521

522 523

524

Snorri Sturluson, Heimskringla, Oláfs saga Kyrra, c. 2: Okpá tóku menn upp sundrgorötr, hqföu drambhosur lerkaröar at beini, sumir spenntu gullhringum um fótleggi ser, ok pá hofôu menn dragkyrtia, láz at stau, ermarfimm alna langar ok svá prengvar, at draga skyldl vid handtugli ok lerka allt at qxI upp, hävir sküar ok alllr stlkisaumaöir, en sumir gulllagôlr. Mçrg çnnur sundrgorö var pá. Übersetzung Niedner III, 176. Vgl. auch Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnúss saga Berfcetts, c. 16. Snorri Sturluson, Heimskringla, Haralds saga hins Hárfagra, c. 34: peira er hann póttisk hafa purfa. Übersetzung Niedner I, 125. Zu Harald vgl. Kreutzer, Bild (1994), hier bes. 453^455. Im Ágrip und in der Fagrskinna wird hervorgehoben, dass Olafs Tochter Ulfhild (Im Ágrip, c. 25: Gunnhtldr) Herzog Ordulf/Otto von Braunschweig (Otta hertoga í Brúnsvík) heiratet. Die Fagrskinna führt weiter aus, dass sie damit die Stammmutter Kaiser Ottos, des Sohnes Herzog Heinrichs (paöan var Otta keisari komlnn, sonr Helnreks hertoga) wurde. Im Ágrip wird angemerkt, dass das weitere Schicksal dieser Braut unbekannt ist, der Autor der Fagrskinna sah sich also gegenüber seiner Quelle veranlasst, die Deszendenz zu betonen. Zur Genealogie vgl. Finlay, Introduction (2004), 144, Anm. 388. Vgl. auch Olafs saga hins helga, c. 44. Morkinskinna, c. 5: So er sagt ath Otta yrde nu keisarej Saxlande (49). Vgl. dazu Schmidt, Studi-

(1973), 152. Snorri Sturluson, Heimskringla, Haralds saga hins Hárfagra, c. 24 legitimierend über die norwegischen Siedler in der Normandie: „Von ihnen stammen alle Könige Englands ab" (Frá honum eru stdan komnir Englakonungar alllr). Vgl. auch Magnúss saga ins Gööa, c. 17 u. Magnússona saga, c. 9. en

525

777. Der Blick nach Süden: Die

158

Suörlcnd in Darstellungen des



Neuen Europa

"

zu berichten.526 So können die Sagaautoren auch den Spitzenahn der Halfdan den Schwarzen, diesen heiligen Nachkommen im Königsamt in einem Dynastie, vorausahnen schon lassen.527 Traum So wird nordische und norwegische Geschichte zwar in der Welt und im Zeitgeschehen verortet,528 aber nicht in der universalen göttlichen Ordnung, die für kontinentale Autoren des Mittelalters der grundlegende Bezugsrahmen für Geschichte und Identität ist. Theologische Geschichtsdeutung sucht man in diesen Sagakompendien vergebens, obgleich es an vielen Stellen nahe gelegen hätte.529 Während sich biblische Verweise oder hagiographische Einflüsse etwa in der Sverris saga durchaus finden,530 fehlen in den Sagakompendien, besonders bei Snorri, universalgeschichtliche und damit auch heilsgeschichtliche Bezüge.531 Wie Sverre Bagge in seinem grundlegenden Buch „Society and Politics in Snorri Starluson's Heimskringla" betont hat, stellt Snorri besonders das menschliche Handeln in den Vordergrund seiner Darstellung, nicht das göttliche Wirken in der Geschichte. Die zeitgenössische Geschichtsschreibung auf dem europäischen Kontinent verstand Geschichtsschreibung immer mehr als Morallehre. Was uns demgegenüber an Snorri heute modern anmuten mag, muss im 13. Jahrhundert als hoffnungslos veraltet gegolten haben.532 In den wenigen Absätzen, in denen Snorri so etwas wie göttliches Wirken durchscheinen lässt, wird dies entweder nicht als solches bezeichnet, oder es wird beispielsweise

in dieser Kirche

-

526

527

528 529 530 531

532

Snorri Sturluson, Heimskringla, Haraldssona saga, c. 23: „Niemals ist ein Ausländer nach Norwegen gekommen, den alle in gleicher Weise ehrten, oder der in gleicher Weise Einfluss auf das ganze Volk hatte wie er" (Engt hefir sä maör komlt INóreg útlendr, er alltr menn mceti jafnmikils eöajafnmiklu mcetti rada vid alpyöu sem hann). Vgl. hier auch Morkinskinna, c. 99 u. Fagrskinna, c. 99. Vgl. dazu Barnes, Anglophile (1992), 18f. Fagrskinna, c. 1 : In einem Traum sieht Halfdan sich mit verschieden langen Locken, die ihm als Sinnbild für seine Nachkommen gedeutet werden, deren schönste sei Olaf Haraldsson, „der heiligste und leuchtendste im Himmel wie auf Erden, wie alle Menschen wissen" (helgari ok bjartari í hlmnum ok ájqrdu, svá at allir menn viti). Vgl. dazu Gaskins, Visions ( 1998), 174f. Whaley, Heimskringla (1991), 125, spricht hier von einer „eagerness to link Scandinavian history with world history". Vgl. hierzu auch Bagge, Society (1991), 212 u. Gurevich, Saga (1971), 51. Vgl. dazu Loescher, Rhetorik (1984), 17f. Vgl. dagegen Bagge, Ideology (1993), 200-202 u. Ders., Gang Leader (1996), 56-58. Vgl. von See, Konzeption (1993), 147f: etwa verzichtet Snorri bei seiner Darstellung des Frodi-Friedens auf einen Augustusbezug und bei der Geschichte der Asen auf eine naheliegende trojanische Herkunftslegende. Vgl. auch ebd., 148. Hingegen vermeidet auch schon die Historia Norwegie einen solchen Bezug. Dort heißt es, in c. 9, die norwegische Königslinie der Ynglinger stamme aus Schweden; dazu Ekrem/Mortensen, Commentary (2003), 134. Bagge, Snorri Sturluson (1990), bes. 5; 8-12. Vgl. auch schon Ders., Menneske (1989), 231235. Diese Deutung blieb nicht ohne Kritik, Vgl. dazu Sawyer, Samhällsbeskrivningen (1993), dagegen aber wieder Bagge, Samfunnsbeskrivelsen (1994), bes. 205-209. Vgl. auch Ders., Uniqueness (1997), 437f.

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts

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bei Olaf dem Heiligen betont, dass es Königsglück und tüchtiges Handeln war, was sein Schiff aus Seenot gerettet hat.533 Bei der Darstellung der Christianisierung534 ist Snorri zwar bemüht, externe Einflüsse nicht oder nur wenig zu erwähnen und sie mehr als einen Prozess darzustellen, den die Norweger aus eigener Kraft vollbringen, er betont aber ebenfalls, dass solche Einflüsse dem Prozess auch nicht abträglich waren. Über die Christianisierung der Gegend Viken schreibt er in der Saga Olafs des Heiligen: -

„König Olaf hatte das Christengesetz durch ganz Vik in derselben Art wie im Nordland eingeführt. Und er hatte guten Erfolg; denn den Männern von Vik waren christliche Gebräuche viel besser bekannt als der Bevölkerung weiter nördlich im Lande, weil Winter und Sommer dort sich eine Menge Handelsleute zusammendrängten, Dänen wie Sachsen. Auch waren die Leute aus Vik sehr geschäftig in Handelsreisen nach England und Sachsenland oder nach Flandern und Dänemark. Manche waren auch auf Wikingerfahrten, und sie nahmen dann immer ihre Winterquartiere in christlichen Ländern."535 Die Autoren aller Sagakompendien betonen auch, dass die Christianisierung als ganz allmählicher Prozess vonstatten ging, etwa dass zunächst nur die nächste Umgebung des Königs den Glauben annahm, bevor er weiter verbreitet werden sollte, oder dass zunächst das christliche Weihnachtsfest mit dem heidnischen Julfest zusammengelegt wurde.536 Die Christianisierung Dänemarks verlief in ganz anderen Bahnen. Das dänische Beispiel ist viel eher mit der Slawenmission im Osten als mit der Christianiserang Norwegens vergleichbar, denn da sie in besonderer Weise vom Reich aus betrieben wurde, war dieser 533

534

535

536

Snorri Sturluson, Heimskringla, Ólafs saga ins Helga, c. 28. Vgl. dazu Bagge, Society (1991), 218-224 u. Tomasson, Snorri (1998), 286. So findet sich diese Darstellung auch in der Olafs saga hins helga, c. 19. Vgl. dazu insg. Jorgensen, Passio (2000), 165-167. Vgl. auch Snorri Sturluson, Heimskringla, Olafs saga ins Helga, c. 36 von Olafs Kunst und seinem Glück wird es abhängen, ob er König werde; Snorris Oláfs saga Tryggvasonar, c. 55, berichtet über einen Thing in Stavanger, auf dem Olaf die Einführung des Christentums durchsetzen will. Die dortigen Gesetzessprecher, die sich dagegen aussprechen wollen, werden durch plötzlichen Husten, durch Stottern oder Heiserkeit am Sprechen gehindert und lassen sich daher taufen. Snorri spricht das aber mit keinem Wort als Gottesurteil an. Träume, die die Geschichte vorausdeuten, stellen einen besonderen Fall dar, vgl. dazu Bagge, Gang Leader (1996), 52-61. Zur Geschichte der Christianisierung Skandinaviens vgl. die Sammelbände The Christianization of Scandinavia u. The Cross goes North; vgl. auch Karras, God (1997), 104 u. neuerdings Sanmark, Power (2004), hier 75-117. Auf die Diskussion zum Umgang mit der heidnischen Vergangenheit kann hier nicht eingegangen werden, verwiesen sei lediglich auf Klingenberg, Altertum (1999); Buchholz, Foundations (1993) u. Steinsland, Ask (1996), 24f; 28f. Vgl. auch Lönnroth, Heathen (1969), 27-29 u. zum archäologischen Befund am Beispiel Birkas Gräslund, Pagan (1987), 92. Snorri Sturluson, Heimskringla, Oláfs saga ins Helga, c. 64: Oláfr konungr lét bjööa um Vikina kristtn Iqg meó sama hœttl sem norôr i landi, ok gekk velfram, pví at Víkverjum váru mlklu kunnari krtstnir sldlr en monnum norör t landtt, pví at par var bœôi dçnskum ok saxneskum. Víkverjar hqfôusk ok mjçk t kaupferöum til Englands ok Saxlands eóa Danmerkr, en sumir váru i víktngu ok hçfôu vetrsetu á krtstnum Içndum. Übersetzung Niedner II, 89. Snorri Sturluson, Heimskringla, Hákonar saga Góoa, c. 13. Vgl. dazu Sanmark, Power (2004), 90; 212-220; Gräslund, Conversion (2000), 93-95.

777. Der Blick nach Süden: Die

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Suörlgnd In Darstellungen des



Neuen Europa

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Prozess nie frei von direkter politischer Einflussnahme seitens des Kaisertums und der nördlichen Reichsfürsten.537 Dieser Umstand wird auch in den norwegisch-isländischen Sagakompendien deutlich. In seiner Ólafs saga Tryggvasonar beschreibt Snorri, wie Kaiser Otto II. dem Dänenkönig Harald Blauzahn mit Krieg drohte, sollte er in seinem Reich den neuen Glauben nicht annehmen. Harald schart daraufhin seine Getreuen um sich, darunter auch Jarl Hâkon, der in seinem Auftrag die Herrschaft in Norwegen ausübt.

„Noch viele andere Häuptlinge waren damals beim Dänenkönig, die ihm Mannschaften zuführten. Der

König hatte jetzt ein gar gewaltiges Heer."538

So kann er das kaiserliche Heer zunächst zurückschlagen. Dieser Sieg am Danewerk ist laut Snorri aber nur den Norwegern in Haralds Heer zu verdanken.539 So berichtet auch die Fagrskinna, nach diesem Misserfolg konnte Otto weit ins Landesinnere vorstoßen und erreichte den Limfjord, wo er Harald erneut zur Taufe aufforderte. Das lehnt dieser aber unter Berufung auf seine Vorväter ab. Erst die Eisenprobe des Bischofs Poppo von Schleswig überzeugt die Dänen vom neuen Glauben.540 Diesen will Harald sofort in seinem Herrschaftsbereich verbreiten, so dass das Christentum auch in Norwegen, in Viken, Fuß fasst. Jarl Hákon aber macht dies bei seiner Rückkehr rückgängig. Die Priester, die ihm Harald zur Unterstützung mitgegeben hat, ließ er unterwegs aussetzen und die neu gebauten Kirchen niederreißen.541 Auch hier ist wieder der Vergleich zur Darstellung des Saxo Grammaticus hilfreich: Wie in den Gesta Danorum542 muss es auch für die Sagaautoren das rechtmäßige Königtum sein, das den neuen Glauben im Land ausbreitet, wenn diese Bemühungen von Erfolg gekrönt sein sollen. Wie für seine Vorgänger kann dies auch für Snorri in diesem Fall nur Olaf Tryggvason sein. Dieser kämpfte im geschilderten Feldzug an der Seite von Sachsen, Franken, Friesen und Wenden im christlichen Heer des Kaisers. Immer wieder hebt Snorri hervor, dass die Christianisierung Norwegens die Leistung der Könige Olaf Tryggvason und besonders der Lichtgestalt seiner Königsgeschichte, des Königs Olaf Haraldsson, des Heiligen, ist. Die Saga über Olaf den Heiligen füllt allein ein Drittel des ganzen Werkes, was aber auch daran liegen mag, dass Snorri mit der reichen Hagiographie über Olaf auf wesentlich mehr Material zurückgreifen konnte. Snorri negiert ebenfalls externe Einflüsse auf die norwegische Geschichte, zwar nicht in dem Maße wie Saxo Grammaticus, aber gerade in den isländisch-norwegischen Königssagas werden auswärtige Missionare nahezu gar nicht erwähnt. Dies wird verständlich, wenn man die politische Bedeutung bedenkt, die das Christentum mit seiner Verwaltung nach alteuropäischem Vorbild für die Reichsbildung, aber auch mit seinen Integrationsmög-

-

-

-

537 538

Bagge, Christianization (2005), 113f. Snorri Sturluson, Heimskringla, Ólafs saga Tryggvasonar, c. 24: Marglr aörlr hqfdingjar vom pá meó Danakonungi, peir er honum veittu lia. Hafôt hann pá allmlkit lió. Übersetzung NiedI, 223. Snorri Sturluson, Heimskringla, Fagrskinna, c. 17. Fagrskinna, c. 17. S. o., 138f. ner

539 540 541 542

Ólafs saga Tryggvasonar, c. 26.

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts

161

lichkeiten für die Konstruktion von Identitäten, für die ,public identities'543, im Norden hatte. Aus diesen Gründen musste auch in den norwegischen Texten, die zum großen Teil in enger Nähe zum Hof entstanden, die Christianisierung allein von den norwegischen

Königen ausgehen.

Zwar wird durchaus anerkannt, dass die Herkunft des neuen Glaubens im Alten Europa' zu finden ist im norwegischen Fall in England. Als König Hâkon der Gute, der schon erste Versuche der Mission in Norwegen unternommen hatte, kurz vor seinem Tod steht, so berichtet die Fagrskinna, kündigen seine engsten Getreuen an, seinen Leichnam nach England bringen zu wollen. Er lehnt dies aber ab, denn er sei dessen nicht würdig.544 Der wichtigste Impuls zur Christianisierung des Landes ging aber wie schon erwähnt von Olaf Tryggvason aus.545 In Bezug auf ihn wird betont, dass er den Glauben gewissermaßen aus England mitbrachte. Schon das Agrip berichtet, wie Olaf nach ausgiebigen Wikingerüberfallen im Wendenland, in Flandern, in Schottland, Irland und England546 auf den Scillyinseln mit einem Propheten zusammentraf, der ihm die Zukunft weissagte. Dies habe Olaf so beeindruckt, dass er den neuen Glauben sofort angenommen und versprochen habe, ihn auch in seinem Heimatland zu verbreiten.547 Snorri übernahm diese Episode in seine Heimskringla und betont, als Olaf das nächste Mal nach England fuhr, sei er nicht mehr auf Raubzug gegangen, „denn England war christlich, und auch er war jetzt getauft."548 ,

-

-

-

grundlegende Zusammenhang von Christianisierung und Zentralisierung der Herrschaftsgewalt549 wird in der Fagrskinna besonders deutlich. Dort heißt es:

Der

„Nun fuhr Olaf durch ganz Norwegen und nahm alles von der Landesgrenze [im Norden] bis nach Dänemark im Süden in Besitz; er wurde ein reicher und vornehmer Mann und hatte viel

Anstrengungen und Schwierigkeiten zu erdulden in der Zeit, da er König von Norwegen war. Er war der erste unter den Königen von Norwegen, der den wahren Glauben an Gott hatte und durch seine Herrschaft und seine Macht wurde ganz Norwegen christlich, und auch diese Länder christianisierte er: die Orkneyinseln, die Färöerinseln, die Shetlandinseln, Island und Grönland.

543 544 545 546 547 548

S. dazu o., 12.

Kaufhold, Norwegen (1997), hebt insbesondere auch das Verhältnis zur Kurie als Integrationsgrundlage hervor. Vgl. dazu Aöalstelnsson, Piece (1998), 77f. Bagge, Making (2006), 483. Agrip, c. 19: Hann drygôi vida herskap beeöt à Vlnôlandi ok à Flœmlngjalandt, à Englandi ok à Skotlandi, à Irlandl ok à mqgum odrum londum. Ágrip, c. 19. Vgl. dazu Sawyer, Ethelred (1989), 302f. Snorri Sturluson, Heimskringla, Óláfs saga Tryggvasonar, c. 32: pviat England var kristit ok hann var ok kristinn. Übersetzung Niedner I, 232. Auch hier wird deutlich, wie sehr Snorri biblische

Parallelen in diesem Fall der sich anbietende Bezug auf Jeremías und Nebukadnezar zu vermeiden versucht. Bagge, Christianization (2005), bes. 112-117; 124-129. Vgl. hierzu auch von See, Konzeption (1993), 160f. -

-

549

III. Der Blick nach Süden: Die Suörlrmd in

162

Darstellungen des „Neuen Europa

"

In Verbindung mit dieser christlichen Mission geschahen viele große Dinge, bevor ein so großes Gut das ganze Land erreichen konnte."550

So werden bei der Darstellung der Christianisierung also keine besonderen Vergleichsmodi entwickelt, um den kulturellen Einfluss aus dem Süden zu verarbeiten. Vielmehr werden schon bald die schon aus der kontinentalen Geschichtsschreibung bekannten Formen angewandt, um Norwegen selbst als Missionszentrum darzustellen. Dieses Bestreben findet sich schon im frühesten dieser Texte, dem Ágrip.551 Dass den Norwegern im Krieg gegen die heidnischen Wenden der schon erwähnte552 strahlende Held Ordulf/Otto von Braunschweig zu Hilfe eilt und mit König Magnus in der „berühmtesten Schlacht in den Nordlanden"553 unter dem Schutz Olafs des Heiligen kämpft, der dem König vor der Schlacht im Traum erschienen war, hebt die Rolle Norwegens als eigenes Missionszentram noch deutlicher hervor.554 Es wird hier nahezu verschwiegen dass Norwegen selbst zum großen Teil von England, aber auch von der Hamburg-Bremer Kirche aus missioniert worden war; lediglich als christliche Kulturländer werden England und das Reich anerkannt.555 Einige Könige Norwegens hielten sich auch in Byzanz auf, was in den Texten aber nicht mehr nur als Kulturland, sondern als sagenhaftes Reich im Süden mit beinahe überbordendem Reichtum geschildert wird. Besonders König Harald Hardrade verbrachte eine lange Zeit in Byzanz.556 Nach dem Tod Olafs des Heiligen in der Schlacht von Stiklestad 1030 zog er zunächst an den Hof von Nowgorod, wo er ehrend aufgenommen wurde und in die Dienste des Großfürsten Jaroslaw des Weisen trat. Schon bald aber zog er weiter nach Byzanz, wo er für den dortigen Kaiser Michael IV. und auch seine Nachfolger das Kommando über die Leibgarde übernahm, die zum größten Teil aus Warägern bestand.557 Hier zeichnete er sich in mehreren Schlachten aus, unter anderem in Nordafrika und Sizilien. Nach verschiedenartigen Auseinandersetzungen mit dem Kaiserhaus zog Harald aber zurück nach Norden, nachdem er sich in seinen Feldzügen gewaltige Schätze zusammengesammelt hatte. Dieses Aufeinanderprallen verschiedenster Kulturen musste, so sollte man meinen, die Autoren der Sagas zu vergleichenden Darstellungen geradezu 550

551 552 553 554 555 556 557

c. 23: Núferr Olafr konungr yfir endilangan Noreg noróanfrá landamœrt ok suôr til Danmarkar; hann gerölsk maôr nú bœôt rikr ok gofugr, ok tók á stk mtkit starfok vandrœôt, meöan hann var konungr yfir Noregi. Hann halt fyrstr Noregs konunga retta trú til Guös, ok af hans stjórn ok rlkl varö alt Noregs veldi kristnat, ok enn kristnaöi hann flétri tond: Orkneytngar, Fœreyingar, Hajtland, Island ok Grœnaland; um petta kristniboö uröu mçrg stórttóendi áór en svá miktt kœmi til letôar um ollpessi Içnd. Agrip, c. 53f. S. dazu o., 125; 156. Fagrskinna, c. 50: Pessi orrosta hefir agœtust verit à Nordrlondum; vgl. Morkinskinna, c. 5. Fagrskinna, c. 49f, Morkinskinna, c. 5; Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnúss saga ins Gööa, c. 26. Zu England vgl. Barnes, Anglophile (1992), 17. Vgl. dazu Clggaar, Travellers (1996), 108f; Waßenhoven, Skandinavier (2006), 202. Vgl. dazu White, Men (1999), zusammenfassend 168f, der für die Geschichte Haralds in Byzanz normannische Quellenüberlieferungen, namentlich Ordericus Vitalis, herausarbeitet.

Fagrskinna,

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts

163

herausgefordert haben. Aber nur an einer Stelle in der Heimskringla findet sich eine Wendung, die sich in diese Richtung deuten lässt. In einem Feldzug für den Kaiser führte Harald die Waräger, der griechische Feldherr Georgios aber die byzantinischen Abteilungen. Während Harald eine Reihe von Siegen erringt, bleibt der Grieche notorisch erfolglos, dass sich schon bald die Stimmen mehren, die Harald als Führer des gesamten Heeres sehen wollen. Daraufhin will Georgios mit seinen Abteilungen zurück in die Hauptstadt. Hier schreibt Snorri: so

„Und nun zeigte es sich,

was jeder konnte. Harald gewann stets den Sieg und Beute, die Griechen aber kehrten heim nach Byzanz, außer jungen Burschen, die Beute gewinnen wollten. Die scharten sich um Harald und erkannten ihn nun als Heerführer an."558

Wie sehr die isländisch-norwegischen Autoren eben nicht durch Vergleich, sondern sogar durch das Vermeiden eines solchen die Tapferkeit, aber auch die Gleichwertigkeit des Nordens mit diesem südlichen Kulturland hervorhoben, zeigt eine andere Stelle aus der Heimskringla. Ein weiterer König, der sich lange in Byzanz aufgehalten hatte, war König Sigurd, der 1108-1111 einen Kreuzzug unternahm und daher im Norden Jorsalafäri, der Jerusalemfahrer genannt wird.559 Im Heiligen Land unterstützte er König Balduin I. bei der Eroberung von Sidon und nach dem Zeugnis der Sagas erwarb er sich Ruhm in allen Ländern. Als er auf dem Rückweg nach Norden durch Byzanz kommt, wird er dort überaus ehrend empfangen, wie die Fagrskinna und die Heimskringla übereinstimmend berichten.

„Als König Sigurd in Byzanz einsegelte, da fuhr er nahe dem Lande. Alles Land dort am Strande ist voll von Burgen und Kastellen und Dörfern, ohne Unterbrechung. Da sahen sie vom Lande

in die Wölbung aller Segel, und dazwischen war keine Lücke. Das ganze sah aus, als wäre es eine große Wand. Das gesamte Volk stand an der See, um sich anzusehen, wie König Sigurd dort heransegelte. Auch der Kaiser Alexios hatte von der Heranfahrt König Sigurds gehört, und da ließ er das Burgtor in Byzanz aufschließen, das ,Goldene Pforte' genannt wird. Durch dieses Tor reiten die Kaiser in die Stadt, wenn sie lange von Byzanz fortgewesen sind und einen schönen Sieg erfochten haben. Da ließ der Kaiser Teppiche ausbreiten auf allen Straßen der Stadt von der Goldenen Pforte bis zum Blachernä-Palast. Dort sind alle die prächtigsten Kaiserhallen. König Sigurd sprach zu seinen Mannen, sie sollten stolz in die Stadt einreiten, und sie sollten so tun, als ob sie der neuen Dinge, die sie dort sähen, kaum achteten. Und dies taten sie auch. König Sigurd und seine Mannen ritten in solcher Pracht in Byzanz ein und dann zu der berühmtesten Königshalle, und dort richtete man alles für sie her."560 aus

558

Snorri Sturluson,

Heimskringla,

Haralds saga

Siguröarsonar, c.

5:

Syndiskpá,

hvat hvárr mát-

slgr ok ß, en Grtkklr fóru helm til Miklagarös, nema ungir drengir, vildu ser er peir fá fiar, sçmnuôusk dl Haralds ok hqfóu hann pá fyrir hertoga. Übersetzung Niedner III, 71. 559 Zu ihm vgl. Kalinke, Saga (1984) u. Doxey, Crusaders (1996), 144-150. Vgl. auch Cigaar, Travellers (1996), Ulf. u Waßenhoven, Skandinavier (2006), 265-267. 560 Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnússona saga, c. 12: Pá er Sigurör konungr sigldi inn til tl. Fekk Haraldr jafnan

Miklagarös, sigldl hann ncer landl. Par eru allt á land upp borgir okporp, svá at hvergi slitr. Pá sá aflandi i bug allra seglanna, ok bar hvergi i milli, svá sem etnn garôr vœri. Allt fólk stöö úti, pat er sjá mátti stgling Stgurôar konungs. Spurt haßt ok Ktrjalax kelsari ttlßröar Siguróar konungs, ok lét hann upp lúka borghllö pat á Miklagaröl, er heitir Gullvarta. Pat hiló skal inn rlöa kelsari,

HI Der Blick nach Süden: Die

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Suörlcnd in Darstellungen des „Neuen Europa

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Vor dem Einreiten habe Sigurd sein Ross sogar noch mit goldenen Hufeisen beschlagen lassen, von denen es eines in der Stadt verloren habe. Dies habe er aber demonstrativ missachtet, um den Griechen den Reichtum im Norden zu zeigen. Wie sehr die Norweger in Byzanz auch beeindruckt gewesen sein mussten, die Sagaautoren versagten ihnen jegliche Äußerung von Bewunderung und damit auch jeglichen Vergleich mit dem eigenen Land. So wird der Norden zwar durch diese Darstellung auf eine Ebene mit dem würdigsten Vertreter des ,Alten Europa' gestellt, direkt verglichen werden beide aber nicht. Die Darstellung dient mehr dazu, den Ruhm des norwegischen Königs im Alten Europa hervorzuheben, das solch tapfere Helden nicht hervorbringt. Nachdem Sigurd vom König von Jerusalem und vom byzantinischen Kaiser einen ehrenden Empfang erhalten hatte, traf er auf dem Rückweg auch Kaiser Lothar III., der ihm einen ebensolchen bereitet. Nachdem er auf dem Hinweg von den Königen von England, Frankreich und Spanien empfangen wurde, hat er also die höchsten weltlichen Würdenträger und die hervorragendsten Vertreter des Alten Europa getroffen, und konnte so als vollwertiges Mitglied dieser Familie christlicher Könige dargestellt werden. Grundlage hierfür ist der durch sein Schlachtenglück erworbene Ruhm. Hier wird lediglich die Vergleichbarkeit, die Gleichwertigkeit hervorgehoben; der Vergleich an sich wird in Snorris Darstellung geradezu vermieden. Das wird in einem Blick auf Snorris Vorlagen noch deutlicher: Die Morkinskinna arbeitet an besonders prominenter Stelle in der Einleitung des ersten Kapitels mit einem Vergleich. Schon im ersten Satz des Werkes wird der Herrscher eines fremden Reiches dargestellt: König Jaroslaw der Weise von Russland: -

-

„Wir beginnen die Geschichte in der Zeit als Russland von König Jaroslaw und Königin Ingigerd, der Tochter König Olafs des Schweden, regiert wurde. Sie war eine überaus kluge Frau und hübsch von Aussehen. Es wird berichtet, dass König Jaroslaw eine teure Halle von großer Pracht erbauen ließ, ausgeschmückt mit Gold und Edelsteinen. Er bemannte sie mit heraus-

ragenden Leuten, in Gefahren erprobt und aufrichtig. Er verschönerte ihre Kleidung und ihre Kriegswaffen entsprechend ihrem Rang so dass jedermann fand, dass die Ausstattung und Anordnung in der Halle zur Halle selbst passte. Sie war mit Seidenstoffen und kostbaren Teppichen verhängt. Der König selbst trug ein edles Gewand und saß auf seinem Thron. Er lud viele seiner vornehmen Freunde ein und gab ein prächtiges Fest. Dann kam die Königin mit einer großen Schar von Frauen in die Halle. Der König erhob sich um sie zu empfangen, grüßte sie freundlich und sagte: ,Hast du je eine so prachtvolle Halle gesehen, so passend geschmückt durch ein Gefolge von Männern wie sie hier versammelt sind, und darüber hinaus mit Verzierungen von solchem Reichtum?' Die Königin antwortete: ,Herr, die Halle ist wohl eingerichtet und es ist

pá er hann hefir lengi áar i brot verit af Mlklagaröi ok hafi vel slgrazk. Pá lét keisari breiôa pell um oll strœtt borgarinnar frá Gullvqrtu ok til Laktjarna. Par er keisarahallir inar agœztu. Sigurör konungr mœlti vio sina menn, atpeir skyldu rlöa drambsamltga í borglna ok lata sér Util umfinnask alla nybreytnl, erpeir sá, ok svá geröu peir. Retö Sigurör konungr ok alllr hans menn meö pvtlikan pris til Miklagarôs ok svá til tnnar àgœztu konungshallar, ok var parfiyrir peim allt búlt. Übersetzung Niedner III, 219. Diese genauen Informationen über das byzantinische Kaiserzeremoniell dürften ebenfalls über Waräger in den Norden gelangt sein. Die Morkinskinna berichtet eine ganz ähnliche Geschichte für Sigurds Einreiten in Jerusalem, bietet die gleiche aber noch einmal für Byzanz; vgl. dazu Kalinke, Saga (1984), bes. 165.

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts

165

fast ohne Beispiel, dass solcher Glanz und Reichtum in einer einzigen zusammenkommt, noch dazu mit einer solchen Zahl ausgezeichneter Adeliger und tapferer Männer. Dennoch ist die Halle, in der König Olaf Haraldsson sitzt, dieser überlegen, obwohl sie nur auf Pfosten gebaut ist.' Zornig antwortete ihr der König: ,Diese Worte sind beschämend, und wieder einmal zeigst du deine Verehrung für König Olaf Und er schlug ihr ins Gesicht. Sie sagte: ,Der Unterschied zwischen euch beiden ist weit größer, als ich es in Worten beschreiben kann!'"561

Hier wird Norwegen zwar nicht mit einem Gebiet des ,Alten Europa' verglichen, vielmehr wird Russland als ein zwar reiches, aber dennoch barbarisches Reich im Osten dargestellt, wodurch Norwegen, besonders mit seinem heiligen König Olaf, als ein Hort des Glaubens und der Kultur gezeigt wird. Dass es die Tochter des Schwedenkönigs ist, die diesen Vergleich anstellt, zeigt, wie sehr der Glanz Olafs des Heiligen alle Länder des Nordens überstrahlt wenn auch angemerkt werden muss, dass Ingigerd ursprünglich mit Olaf hatte verheiratet werden wollen.562 Die anderen Texte bieten diese Episode nicht, hier wird über den Aufenthalt Olafs des Heiligen am Hof in Nowgorod nur berichtet, wie er dort an Tapferkeit und Schönheit alle anderen überstrahlte. Dies ist aber auch der einzige Vergleich dieser Art, der sich in der Morkinskinna findet. Wie erwähnt sind auch das Ágrip und die Fagrskinna hier sehr zurückhaltend, Snorri verbannt diese vergleichende Episode ganz aus seinem Werk. Wieder zeigt sich also, wie vehement Snorri solche Vergleiche geradezu vermeidet. An dieser Stelle muss aber betont werden, dass nicht die erhaltene Fassung der Morkinskinna Snorri als Vorlage diente, sondern eine frühere Version dieses Textes. Hier kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Bericht in der Älteren Morkinskinna nicht enthalten war. Der Autor der erhaltenen Morkinskinna verfasste aber sein Werk kurz vor Snorri und ebenfalls in Island. Kursierten zu diesem Zeitpunkt Informationen dieser Art über Königin Ingigerd,563 erscheint es unwahrscheinlich, dass Snorri -

561

Morkinskinna, c. 1 : Par hefivm ver vpp frasogn er Iartzleifr konvngr repr Garpariki oc Ingigerpr drotning dottir Olafs konvngs ens sonska. Hon var allra qvena vitrost ocfrtp synom. Pess er vip getit at konvngrenn Iarizleifr let ser géra dyrliga holt mep mikillißgrö. prypa meó gvlli oc gimstetnom. sctpapi hana slpan mep gopom drengiom oc reyndom mep agetom tvtom. vanöipar eptir bvnaö peira oc herclepl sem peir vom aör reyndir. at ollom syndiz bvningr hallarennar oc scipon par eptir sem hon var slalfvondot til. hon var tioldot meppellom oc dyrom cleöom, Konvngr sialfr var pa oc i tignarclepvm oc sat ihaseti sino, hann bavó til sin morgom virpiligom vinom sinom oc gerpi dyrliga veizlo. Sipan gecc drotning i hollina mepfagrligri kvenna sveit. oc stop konvngr vpp imoti henne oc qvaddl hana vel oc melti sidan. Hvar satto iafndyrliga holt e. iafnvel bvnafyrst at sveitlne silera manna sem her ro saman comntr. oc I annan stap bvningr hallarennar mep miclom costnapi. Drotning s. Hera s. hon pesi er vel scipot. ocfa demi mono til at s lie pryôi e. meiri oc fecostnaör comí saman I eltt hvs e. iamnmargir gopir hoßingiar oc vascir menn. En betr er po sv holl seipoö er Olafr konvngr Harallz s. sitr I. po at hon standi asvlom einom. Konvngr reiddiz henne oc melti. Svivirping es islicom orpom s. hann. oc synirpv enn ast pina vip Olafkonvng. oc lavst hana ktnnhest. Hon melti. Myclo mon yccar po metre mvn s. hon. en ec mega orpom sva til scipa sem

562 563

vert er.

Vgl. dazu Olafs saga hins helga, c. 43f. Zu oralen Traditionen Sigurösson, Saga (2004), bes.

37.

166

HI Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

Darstellungen des „Neuen Europa

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keine Kenntnis davon erhielt. Die näher liegende Erklärung ist, dass er diese Episode bewusst aus seiner Darstellung verbannte. Allgemein lassen sich Vergleiche wie man sie aus der kontinentalen Geschichtsschreibung kennt, bei Snorri nur sehr wenig finden. An einer Stelle tritt zwar ein klassischer Vergleich auf, aber hier legt Snorri diesen bezeichnenderweise in englische Münder: Nachdem die Dänen und Sven Gabelbart 1013 halb England eingenommen hatten, muss König yEthelred nach Frankreich fliehen. Bald danach aber trifft die Nachricht vom Tod des Dänenkönigs in England ein. Dazu bemerkt Snorri: „Die Engländer erzählen, Edmund der Heilige habe ihn erschlagen lassen in derselben Art, wie der heilige Merkurius den Neiding Julian tötete."564

Für Theodoricus Monachus war Julian Apostata noch einer der wichtigsten Vergleichspunkte in seiner Darstellung,565 Snorri lässt einen solchen Vergleich nur die Engländer durchführen. Es scheint also beinahe, dass Snorri den Vergleich als Werkzeug der kontinentalen Historiographie ansah und sich bewusst davon absetzen wollte. Wenn sich also in den Königssagas ein Vergleich findet, dann hebt er entweder nur die besondere Tapferkeit der Norweger hervor, oder er findet sich an Stellen, die grundlegende Bedeutung für den Verlauf der Geschichte haben. Dies sei an einem weiteren Beispiel verdeutlicht: Nachdem 1161 der Jarl Erling Skakke die Königswahl seines Sohnes Magnus, der nur über seine Mutter vom Königshaus abstammte, gegen eine starke Adelsopposition durchgesetzt hatte, ließ er ihn vom neu eingesetzten Erzbischof von Nidaros auch weihen und führte Norwegen damit an kontinentaleuropäische Verfassungstraditionen heran.566 Damit war Magnus Erlingsson der erste geweihte König in der norwegischen Geschichte, und genau diese Tatsache sollte in der folgenden Zeit jahrzehntelange Bürgerkriege provozieren.567 Als Snorri die Verhandlungen Erlings mit Erzbischof Eysteinn um diese Krönung anführt, lässt er es noch einmal zu einem seiner äußerst seltenen Vergleiche kommen. In einer Rede Erlings heißt es:

„Wilhelm der Bastard war kein Königssohn, und doch wurde zum König von England geweiht

und gekrönt, und seitdem ist das Königtum in England in seinem Geschlecht geblieben, und alle seine Nachfolger wurden gekrönt. Auch Sven Ulfsson in Dänemark war kein Königssohn, und doch wurde er zum König gekrönt und später dann seine Söhne, und einen nach dem andern aus diesem Geschlechte krönte man zum König. Nun ist hier im Lande ein Erzbischofssitz. Das ist ein hoher Ruhm und eine große Ehre für unser Land. Vermehren wir sie noch durch etwas Gutes, haben wir fortan gekrönte Könige, ebenso wie die Engländer oder die Dänen."568 564

565 566 567 568

Snorri Sturluson, Heimskringla, Óláfs saga ins Helga, c. 12: ok er pat sçgn enskra manna, at Eaömunör inn helgi hafi drepit hann meó pelma hœttl, som inn helgt Merkúrlús drap Júllánúm níótng. Übersetzung Niedner II, 33. S. dazu o., 109f. Clklamtni, Portrait (1981), 275f. Vgl. dazu besonders Bagge, Structure (1999), 302-317 u. Ders., Kingship (1992), 43-50. Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnúss saga Erlingssonar, c. 21: Etgt var Vdjálmr bastarör konungs sonr, ok var hann vigor ok kórónaor til konungs yfir Englandi, ok hefir slöan haldizk konungdómr i hans œtt á Englandi ok alllr verit kórónaáir. Etgt var Svetnn Ulfsson i Danmçrk konungs sonr, ok var hann pö par kórónaor konungr ok slöan synlr hans ok hverr eptir annan

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts

4.3.

167

Zusammenfassung

Betrachtung der norwegischen Historiographie ergeben sich damit zwei grundModelle des Umgangs mit historiographischen Traditionen im allgemeinen und legende mit vergleichenden Ansätzen im Besonderen: Während die europäisch geprägte Historiographie wie Saxo Grammaticus und in Norwegen Theodoricus Monachus die eigene Geschichte komplett in die universale göttliche Ordnung einordnen und damit Identitäten durch Vergleiche definieren, verzichten die vernakularen Königssagas vollkommen auf eine solche Verortang und definieren Identitäten gerade durch das Vermeiden von Vergleichen, wie Snorri Sturluson, der universalistische Bezüge aus seinem Werk bewusst verbannt. Vielmehr heben sie nur die Vergleichbarkeit und damit die Gleichwertigkeit hervor. Klaus von See merkt an: „Das Christentum bietet zwar Geschichtskonzeptionen, kann aber wegen seiner universalistischen Ausrichtung das Bedürfnis nach ethnisch-nationalen Sondertraditionen nicht ausreichend befriedigen."569 Somit finden die verschieden Autoren des mittelalterlichen Nordens also auch verschiedene Wege, die neuen Realitäten im Norden darzustellen. Historiographen wie Saxo Grammaticus oder Theodoricus Monachus, die ihre Ausbildung auf dem Kontinent, sehr wahrscheinlich in Frankreich, erfahren haben, übernehmen auch die dort üblichen Traditionen der Geschichtsschreibung und Geschichtsdeutangsmodelle. Diese passen sie ihren Umständen und ihren Berichtsobjekten an. Universale Verankerung muss neu definiert werden, wenn man über Reiche schreibt, die erst kürzlich ihren Weg in die Reihe der christlichen Königreiche fanden. Aus diesem Grund gewinnt der Vergleich grundlegende Bedeutung. Indem man das eigene Reich durch biblische, klassische und historische Vergleiche als gleichwertiges Mitglied dieser Familie darstellt, gleichermaßen aber auch die eigene auch heidnische Tradition betont, weist man diesem Reich mit seiner Tradition einen Platz in der göttlichen universalen Ordnung zu. So kann dieses schon kurz nach der Christianisierung als neues Missionszentrum oder sogar als Rom des Nordens erscheiAus der

-

-

nen.

Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Öffentlichkeit, für welche diese Autoren ihre Texte abfassten. Durch die Abfassung in lateinischer Sprache stellt man sich in die kontinentale Tradition und durch wiederholte Erklärungen norröner Begriffe und Sachverhalte wendet man sich an eine Leserschaft, die weit über den Raum des Nordens hinaus geht, die selbst universal ist. Die vernakularen Autoren richten sich ausschließlich an eine nordische Öffentlichkeit;570 im Gegensatz zu ihren Kollegen betreiben sie also gewissermaßen Identitätskonstruktion nach innen. Vor allem durch die Betonung der eigenen Tradition wird der eigene Platz definiert. Die Abwesenheit der Scholastik im Norden, welche zu dieser

569 570

peira freenda kórónaór konungr. Nú er hér í landi erklstöll. Er pat miklll vegr ok tign lands vàrs. Aukum ver nú enn meö gööum hlutum, hofam konung körönaöan eigt stör en ensklr menn eöa Danlr. Übersetzung Niedner III, 363 Vgl. dazu Sandaaker, Kroning (1998), bes. 192f; Bagge, Society (1991), 130. Von See, Konzeption (1993), 156. Mundal, Historieskrivinga (2000), 24.

168

HI Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen Europa

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Zeit auf dem Kontinent an den entstehenden Universitäten auftrat und die kontinentale Geschichtsschreibung massiv beeinflusste, ermöglichte so im Norden das Entstehen bzw. die Fortentwicklung einer ganz eigenen historiographischen Tradition frei von Morallehre und universalen Bezügen.571 Dass der Großteil dieser Sagas im fernen Island, also an der äußersten und weitestgehend isolierten Peripherie Europas im Mittelalter entstand, hat dies noch verstärkt. Ohne universale Bindung braucht man aber auch den klassischen oder biblischen Vergleich nicht. Dass dies kein Spezifikum der Gattung der Königssaga ist, zeigt das erwähnte Beispiel der Sverris saga, aber auch anderer Literatargattangen, die in Island weit verbreitet waren. Ab dem 12. bzw. 13. Jahrhundert entstand ein ganze Reihe an Antikensagas und ab dem 13. Jahrhundert setzte die Produktion von Riddarasogur ein, welche die kontinentalen Texte der Artusepik verarbeiteten. Damit schlössen isländische Autoren also durchaus an kontinentale Geschichtswelten an.572 Die Königssagas als Vertreter der ,Nationalgeschichtsschreibung' im Norden hielten sich davon aber offenbar fern. Diese klassische Ansicht der Kirchenfremdheit der Königssagas ging hauptsächlich aus der philologischen Forschungstradition hervor. In der historischen Forschung wurden die Sagakompilationen erst von Sverre Bagge grundlegend und kritisch untersucht.573 Ausgehend von William Brandts Unterteilung europäischer Historiographie in eine klerikale und eine aristokratische Gruppe574 wies Bagge die Sagas klar letzterer zu.575 In letzter Zeit mehren sich aber die Forschungsstimmen, die auch religiös-theologische Motive oder antike bzw. kontinentale Vorbilder in den Sagas ausmachen.576 Dennoch muss betont werden, dass solche biblischen Vorbilder nicht zum bestimmenden Element werden.577 Auf das Handeln der Akteure bleibt stets das Augenmerk der Autoren gerichtet. Damit lösen sie sich von einem universalen Rahmen für ihre Darstellung. Aus diesem Grand tritt auch der Vergleich in den Hintergrund. Die einzige Ebene, auf der distinktive Vergleiche gezogen werden, ist die der Tapferkeit. Die Sagaautoren und -kompilatoren beteiligen sich jedoch nicht an Diskussionen um Völkercharakteristiken; auch die antike Klimatheorie findet kaum Erwähnung. Darstellungen von Tapferkeit bleiben personalisiert. Treten vereinzelt Hinweise auf, dass Norweger oder Isländer tapferer kämpften als Recken des ,Alten Europa', etwa Harald Hardrade und seine Leute in Byzanz, so bezeichnet dies mehr die Summe der Einzelper571 572 573 574 575 576

577

Vgl. grundlegend Bagge, Snorri Sturluson (1990), bes. 8-12. Vgl. Eldevtk, Hecuba (2004) u. von See, Mythos (1988), 143-147. Bagge, Society (1991). Brandt, Shape ( 1973), 43. Bagge, Propaganda, 204f.

Vgl. insbes. Jakobsson, Biography (2005), 397. Für die Sverris saga Loescher, Rhetorik (1984), bes. 5f. Zu Einflüssen von Wilhelm von Jumièges auf die Morkinskinna und die Heimskringla White, Men (1999), zusammenfassend 169. Vgl. insg. Stgurösson, Saga (2004), 6f. Vgl. auch Bagge, Edge (2004), 368f. Die Schlussfolgerungen von Schmidt, Studien (1973), 86-99, der die Kaisergeschichte für mehrere Darstellungen der Heimskringla als Vorbild ausmacht, halten freilich nur selten einer genaueren Überprüfung stand. Bagge, Society (1991), 15. Vgl. Whaley, Heimskringla (1991), 130-132.

4. Snorri Sturluson und die Königssagas des 12. und 13. Jahrhunderts

169

sonen, als die Gruppe an sich.578 Darüber hinaus werden solche Vergleiche der Tapferkeit auch im innernordischen Rahmen gebraucht, sie sind also nicht spezifisch interkultarell. Es sind einzelne Personen, die tapfer sind, nicht ein ganzes Volk.579 Dies wird besonders im Zusammenhang mit der Tradition des ,Männervergleichs' deutlich. Bei dieser in altnordischen Texten immer wieder auftauchenden und zumeist mit exzessivem Biergenuss verbundenen Kurzweil versuchten die Kontrahenten sich in Wortgefechten zu übertrumpfen. Dabei wurden zumeist die eigenen Taten beschrieben, wobei die Tapferkeit häufig zu einem bestimmenden Element wurde.580 Tugenden werden in der altnordischen Literatur also vor allem personalisiert, nicht jedoch einem ganzen Volk zugeschrieben. Die gesamte Geschichtsschreibung bleibt auf einzelne Herrscher bezogen. Auf dieser Ebene dient der Vergleich also nicht der Identitätskonstruktion. Neben den interkultarellen Vergleichen distinktiver Art finden sich in den Königssagas auch solche integrativer Natur, zumeist aber nur implizit. Die Betonung des Reichtums König Sigurds in Byzanz zielt auf die Gleichwertigkeit des Nordens mit dem Alten Europa'. All diese Vergleiche bleiben aber oberflächlich. In den Sagakompilationen sind Vergleiche wie die gesamte Geschichtserzählung also weit eher auf die handelnden Personen bezogen als auf Weltdeutangsmodelle. Damit wird der interkulturelle Vergleich oder der zwischen verschiedenen Reichen auch kaum zur Konstruktion einer norwegisch-isländischen Identität genutzt. Nur wenn über fundamentale Änderungen der Verfassungsstrukturen zu berichten ist, wird der Vergleich zu anderen Reichen als ganzen Entitäten herangezogen. Als das Grundverständnis des norwegischen Königtums mit der Weihe Magnus Erlingssons eine wesentliche Erweiterung erfuhr, nutzte sogar Snorri den Vergleich, während er ihn ansonsten aus seiner Darstellung verbannt wenn, so muss für das Beispiel der Königin Ingigerd in der Morkinskinna betont werden die Textrelationen diesen Befund zulassen. Damit steht Snorri Sturluson aber auch am Ende einer zeitlichen Entwicklung. Während also die Autoren des Ágrip, der Fagrskinna und der Morkinskinna zumindest vereinzelt noch mit solch interkulturellen Vergleichen arbeiten, sucht Snorri diesen geradezu zu vermeiden. Genau dadurch wird bei ihm die Identität des Nordens definiert: Der Norden braucht keinen Vergleich. Mit den Königssagas hat sich die Selbstdeutang im Norden ganz vom Kontinent gelöst. So ist das Altnordische während des gesamten Mittelalters die bestimmende Sprache in der Geschichtsschreibung des Nordens. Dies wird besonders deutlich in der Saga von König Hákon Hâkonsson, die Starla *Poröarson im späten 13. Jahrhundert verfasste.581 Als dieser König auf dem Sterbebett lag und auf sein Ende wartete, suchte er nach geistiger Erbauung. Dazu berichtet die Saga: ,

-

-

578

579 580 581

Dies trifft auch für die Stellen aus der Fagrskinna zu, die Lunden, Identity (1995), 30f. als Belege für einen ,national character' zusammenstellt. Vgl. dazu Bagge, Society (1991), 15; 202. Vgl. dazu Uecker, Art. ,Männervergleich'. S. dazu o., 152-154, wo die Tapferkeit Sigurds jedoch mit der auf Nutzen bedachten Regierung Eysteinn verglichen wird. Zu diesem vgl. Sprenger, Saga (2000), 126-135.

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HI Der Blick nach Süden: Die

Suörlcnd in Darstellungen des „Neuen Europa

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„In seiner Krankheit ließ er sich zunächst Lateinische Bücher vorlesen. Aber dann schien es ihm sehr ermüdend, sich zu überlegen, wie dies übersetzt werden sollte. Da ließ er sich Tag und

Nacht nordische Bücher vorlesen, zunächst die Sagas der Heiligen, und als diese beendet waren, ließ er sich Königssagas von Halfdan dem Schwarzen und all den anderen Königen Norwegens, eine nach der anderen vorlesen."582

5. Der Norden und der Süden:

Zusammenfassung

Mit der Christianisierung Skandinaviens änderte sich die Gestalt Europas. Im Norden entstanden wie im Osten neue Königreiche, deren Herrscher zur Familie der christlichen Könige hinzutraten. In einem allmählichen Prozess suchten und fanden die Reiche ihre Anerkennung innerhalb dieser Gemeinschaft.583 Diese Entwicklung spiegelte sich in den Historiographien des Nordens wider. Auch in der intellektuellen Aufarbeitung der eigenen Geschichte fand man erst allmählich zu einem selbstbewussten Umgang mit der historischen Entwicklung. Versuchte man in einer ersten Welle an Geschichtsschreibung noch lediglich eine sakrale Verankerung des Eigenen in der universalen göttlichen Ordnung zu erreichen, fand man erst später zu einer Darstellung auch der heidnischen Vergangenheit584 und der gesamten historischen Entwicklung in einem europäischen Rahmen. Der Makel des Marginalen' blieb aber ein ständiges Movens zur Verarbeitung und Verortang eigener Geschichtsbilder. Die Historiographen der nordischen Königreiche fanden hierfür verschiedene Methoden der Darstellung. Der Vergleich war für die meisten von ihnen das wichtigste Werkzeug. Selbstverständlich beinhaltet jede Beschäftigung mit dem Anderen eine vergleichende Haltung. Im Norden wurden jedoch Vergleichsmodi entwickelt, die weit über bloße Stereotypisierangen und reine ,Fremdwahrnehmung' hinausgehen. Diese konnten sehr unterschiedlicher Natur sein. Die frühesten Darstellungen wie etwa die hagiographischen Texte oder die ersten lateinischen ,Nationalgeschichten' Norwegens wenden den Vergleich zumeist in der diachronen Form an, um die Egalität des Eigenen mit den ,

582

583 584

Sturla t>öröarson, Hákonar saga Hákonarsonar, 354: / sótttnl lét hannfyrst lesa ser Latlnubœkr. En pá pótti hónum ser miktl mœôa í, at hugsa par eptir hversu pat pyddi Lét hann pá lesajyrlr ser Norœnu-bœkr, nœtr ok daga; jyrst Hetlagra-mannasögur; ok er pœr praut, lét hann lesa ser

Konungatalfrá Hálfdant Svarta, oksíoanfrá öllum Noregskonungum, hverjum eptir annan. Vgl. dazu Flnlay, Introduction (2004), 1 f. Kaujhold, Europas Norden (2001), 163-165. Vgl. auch Bagge, Transformation (2004), 159-165; Lind, Europaeiseringer (2003), 1; 50-52 u. Weber, Intellegere historiam (1987), 125. Beyschlag, Snorri ( 1956), 319f. Vgl. hierzu auch das Projekt „Eigenständigkeit durch Integration. Die Erinnerung an die heidnische Vorzeit als Element der Konstruktion ethnisch-regionaler Identität an der Peripherie Europas im Hoch- und Spätmittelalter", das im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms 1173 „Integration und Desintegration der Kulturen im europäischen Mittelalter" von Heiko Hiltmann bearbeitet wird. Vgl. auch von See, Mythos (1988), 69-87; Heinrichs, Search (1994), 60f. u. Lönnroth, Heathen (1969), 27-29. Zur Landnámabók vgl. auch Aöalsteinsson, Opferbeschreibungen ( 1990), zusammenfassend 220f.

5. Der Norden und der Süden:

Zusammenfassung

171

lange zuvor christianisierten Räumen des ,Alten Europa' und sogar mit Byzanz und dem Heiligen Land zu zeigen. Hierfür wurden sukzessive verschiedene Ebenen des Vergleichens erprobt: den anfänglichen biblisch-sakralen folgten erst klassische und zuletzt historische Vergleiche. Erst ein Saxo Grammaticus kann auch distinktive Vergleiche auf synchronen Ebenen entwickeln, die das Eigene sogar über das Andere stellen können, die Dänemark eine höhere Wertigkeit zuweisen, als er sie den Regionen zusprechen will, aus denen der Norden den Glauben empfangen hat. Die eigenständige Tradition der Königssagas entwickelt dagegen auch einen ganz eigenen Umgang mit dem Vergleich als Methode: Snorri Sturluson versucht diesen geradezu zu vermeiden. Wenn der wertende, distinktive Vergleich, wie er sich bei Saxo findet, in den früheren Texten angewandt wird, findet dies fast ausschließlich im innernordischen Rahmen statt. Innerhalb dieses Nordens mit der gemeinsamen Erfahrung der späten Christianisierung versucht man also, wenn auch nur über Stereotypisierungen, das eigene Reich als dasjenige darzustellen, in welchem sich der Wandel am vorbildlichsten durchgesetzt hat. Daran schließt sich die Frage an, ob die Autoren des Nordens auch ein Bewusstsein fur diese gemeinsame Vergangenheit dieses Nordens zeigen. Vor der ausführlichen Zusammenfassung der eben skizzierten Ergebnisse soll hier also der Frage nachgegangen werden, bis zu welchem Grad nicht nur die einzelnen Reiche des Nordens mit dem Süden verglichen werden, sondern ob auch der Norden, das ,Neue Europa' eine solche vergleichende Darstellung mit dem Alten Europa' erfahrt. Die exemplarische Analyse der kontinentalen Geschichtstradition hat gezeigt, dass man in fränkischen, deutschen und insularen Texten ,den Norden' in verschiedenen Ausprägungen durchaus als einen mehr oder minder geschlossenen Raum verstand. In der Historiographie des Nordens ergibt sich ein Bild, das zwar ähnlich scheint, aber im Grunde doch fundamentale Unterschiede aufweist. Ein erster Ansatzpunkt für die Beantwortung dieser Frage ist die Verwendung von Begriffen. So finden sich in nahezu allen Texten des Nordens feststehende Ausdrücke für die ,Königreiche des Nordens'.585 Auf welchen Fundamenten baut ein solches Gemeinschaftsbewusstsein jedoch auf? Einen wichtigen Grundstein sieht etwa schon Adam von Bremen in der Verehrung des heiligen Olaf: so

,

„Das Fest seines Martyriums wird am 29. Juli begangen und es ist bei allen Völkern am Nordmeer, bei Norwegern, Schweden, Goten, Samländern, Dänen und Slawen ewigen Gedenkens wert."586

So wird auch in allen Olafssagas die Verehrung des heiligen Königs im ganzen Europa hervorgehoben. Viel bedeutender dürften sich aber sprachliche Gemeinsamkeiten ausgewirkt haben. So ähnlich sich die skandinavischen Sprachen noch heute sind, in den hier 585

586

Vgl. dazu o., 91 f. Vgl. auch Theodoricus Monachus, Historia, c. 1: prce omnibus aquilonaribus populis oder Fagrskinna, cc. 16; 24; 40; 50; 52; 56 u. Morkinskinna, cc. 5; 14; 21. Adam, Gesta, Hb. 2, c. 61: Agttur festivttas passionis dus IIII0 kai. Augustt, omnibus septentrionalis occeani populis Nortmannorum, Sueonum, Gothorum, Semborum, Danorum atque Sclavorum aeterno

cultu memorabilis.

HI Der Blick nach Süden: Die Suörlond in Darstellungen des „Neuen Europa

172

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untersuchten Jahrhunderten waren die Unterschiede noch weit geringer.587 Dies erklärt auch, dass in einigen Texten das angelsächsische England, dessen Idiom den Skandinaviern durchaus verständlich war,588 besonders noch in den späteren Darstellungen altnordischer Sprache, zu den norörlcnd gerechnet wurde. Diese Grundbestandteile eines nordischen Sonderbewusstseins finden sich so auch bei den exponiertesten Vertretern der nordischen Geschichtsschreibung: Saxo und Snorri. Wenn Saxo also, wie oben deutlich gemacht wurde, Dänemark als ein Rom des Nordens darstellt, in dem etwa König Frotho das gesamte nicht-römische Europa beherrscht,589 wo ist dann der Einflussbereich dieses nordischen Rom zu suchen? Vieles spricht dafür, dass es die einzelnen Länder des Nordens sind. Nun gibt es zwar genügend Hinweise, dass Dänen, Schweden und Norweger sich in Saxos Darstellung gegenseitig als Fremde empfunden haben590 und dass Saxo durchaus ein Bewusstsein für sprachlich-dialektale Unterschiede zeigt.591 Dennoch aber findet sich, auch in anderen Quellen,592 ein nordisches Sonderbewusstsein, das ,den Norden' als Einheit konstruiert. Als erstes Beispiel aus den Gesta Danorum kann man die schon angeführten Ansprachen vor der Brawallaschlacht anführen, wo aus von Saxo konstruierter schwedischer Sicht die Schweden und Norweger auf einer Ebene der Tapferkeit mit den Dänen gesehen werden, die Sachsen, Slawen und andere ,weibische' Vblksstämme aber als weit davon entfernt.593 Eine wichtige Grundlage dieses Bewusstseins ist bei Saxo wohl auch die gemeinsame Vergangenheit im gleichen heidnischen Glauben.594 So sei Othinus zwar -

587 588 589 590

591

-

Haugen, Languages (1976), 93; 198-214. Vgl. dazu Townend, Language (2002), 41; Bibire, Language Contacts (2001), zusammenfassend 106f; Lamb, Representations (2005), 73 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 5, c. 7.13: Itaque Frothonis regnum, Rusciam ab ortu complectens, ad occasum Rhenoflumlne llmltatum erat. Vgl. dazu Rtis; Saxo (2004), 103. Vgl. v. a. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 2, cc. 5.6; 6.1; Hb. 5, c. 2.2; Hb. 8, c. 7.5; Hb. 10, c. 21.1, wo jeweils die Herrschaft eines dieser Völker über ein anderes als Fremdherrschaft dargestellt wird. Vgl. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 5, c. 2.10, wo für eine Kommandoaktion aus dem norwegischen Heer duos Danicae facundos linguae gesucht werden, die nicht sofort als Norweger

erkennen wären. Einen ähnlichen Hinweis findet man auch in der Morkinskinna, c. 50: „Du sein, das erkenne ich an der Sprache" (pv mont vera Norömaör oc kenl ecpess a malt pino). 592 In Ansätzen vgl. etwa auch Theodoricus Monachus, Historia, c. 1 : per omnibus aqullonaribus populls. Auch das Chronicon Roskildense spricht an einer Stelle (c. 3) von den aqutlonls gentes, meint aber wohl eher die Bewohner Norwegens. 593 S. o., 128. 594 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 6, c. 5.3: „Sie [i. e. die als Zauberer dargestellten heidnischen Gottheiten] lockten Norwegen, Schweden und Dänemark im Vertrauen auf die dortige unbefangene Leichtgläubigkeit in ihre Netze, verführten die Bewohner, ihnen göttliche Ehren zu erweisen und befleckten sie ganz besonders mit dem Verderben ihres Handwerks" (Qulppe Norvaglam, Suetlam ac Daniam vanisstmae credulitatts taquéis circumventas ad cultus slbi pendendt Studium concitantes praectpuo ludificatlonts suae contagio resperserunt; Übersetzu

musst Norweger

zung Jantzen,

293).

5. Der Norden und der Süden:

Zusammenfassung

173

Europa tota verehrt worden, die Könige des Nordens, die Septentrionis reges, hätten sich hingegen in seinem Kult besonders hervortun wollen.595

Einen herausragenden Hinweis auf einen solchen nordischen Raum gibt Saxo an sehr exponierter Stelle, in seiner Praefatio, wo er den Gegenstand seines monumentalen Werkes beschreibt: „Da nun auch Schweden und Norwegen der Sprache wie der Lage nach zu unserem Lande gehören, will ich auch deren Gliederung und Klima, wie bei Dänemark beschreiben."596

Beschreibung, welche die

Gesta Danorum, die Taten der Dänen (!), einleitet, neben Dänemark Grönland und Island, Norwegen und Schweden, Gotland schildert er und Finnland.597 Dass ein solches Bewusstsein um 1190 am erzbischöflichen Hof zu Lund vertreten werden konnte, mag zu einem gewissen Teil auch daran liegen, dass sich zu dieser Zeit wegen eines norwegischen Bistamsstreites viele norwegische Bischöfe in Lund aufhielten.598 Als das Erzbistum Lund 1104 errichtet wurde,599 sei dies, so Saxo, geschehen, um Dänemark in kirchlichen Angelegenheiten nicht von Ausländern (aliegeni) bestimmen zu lassen.600 Als der Papst der Lunder Kirche aber das Pallium verleihen ließ, In dieser

„entriß er sie nicht nur der sächsischen Gewalt, sondern machte sie auch zur Lehrerin der Religion für Schweden und Norwegen. Nicht wenig schuldet Dänemark dem römischen Wohlwollen, durch das es nicht nur das Recht auf Freiheit, sondern auch die Herrschaft über auswärtige

Angelegenheiten erlangt hat."601

Das Erzbistum Lund unter Saxos Förderer und Auftraggeber Absalon erscheint als Postfiguration des nordischen Römerreiches des Frotho, als würdige Fortsetzung der alten Dänenherrschaft im Norden ein Reich, in dem regnum und sacerdotium einträchtig

zusammenwirken.602 Ein ähnliches Bild

-

ergibt sich für die Heimskringla. Snorri ist wie auch seine Vornicht moralisierender an Geschichtsdeutung interessiert. Keiner von ihnen stellt gänger daher auch einen grundlegenden universalen Bezug her, um die norwegisch-isländische 595 596

597 598 599 600 601

602

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 1, c. 7.1. Vgl. auch Hb. 8, c. 2.7. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Praef, c. 2.6.: At quoniam regio haec Suetiam Norvaglamque tarn vocis quam situs affinitate complectitur, earum quoque, sicut et Dantae, paries ac climata memorabo. Hier bezieht sich Saxo auch auf die Mirabilia-Darstellungen des Solinus; vgl. dazu Mortensen, Language (2005), 109. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Praef, cc. 2.6.-3.0. Vgl. hierzu Einarsdöttir, Absalon (2000), bes. 37f; 48. Vgl. dazu Jergensen, Archiepiscopatus (1992), 3-6. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 12, c. 5.2: ne religionis ratione exteris admodum obsequi cogeretur aut dus dlsclplinam ab alienigenis petere necesse haberet. Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Hb. 12, c. 6.6: Nec solum earn Saxonica ditione emit, sed etiam Suetiae Norvagiaeque reltgionts titulo maglstram effecit. Nec parum Dania Romanae benignitati débet, qua non solum libertatis ius, sed etiam exterarum rerum dominium assecuta est. Vgl. dazu Friis-Jensen, Study (1992), 77f.; dagegen aber Sawyer, Saxo (1994), 534f.

174

HI Der Blick nach Süden: Die

Suörlcnd in Darstellungen des



Neuen Europa

"

Geschichte in der Universalgeschichte und in der Heilsgeschichte zu verankern, was bei Saxo ein grundlegender Zug ist und damit selbstverständlich zu einer stark vergleichenden Darstellung führt. Aber auch die späteren Sagaautoren und -kompilatoren konstruieren Identitäten in ihren Werken. Zwar finden sich genügend Darstellungen der Norweger als besonders tapferem Volk, auch gegenüber den Dänen, aber so elaborierte Ideen über den Platz in der göttlichen Ordnung wie bei Saxo finden sich bei Snorri nicht. Dennoch lohnt sich ein Blick auf den Prolog der Heimskringla. Gleich zu Beginn heißt es, er behandle die „Geschichten von den Herrschern, die in den Nordlanden regiert haben, und welche die dänische

Sprache redeten."603

Die dänische Sprache (danska tungu) ist im Altnordischen Synonym für alle nordischen Sprachen und Dialekte, die im Mittelalter wie bereits erwähnt auch nur geringe Unterschiede aufwiesen.604 Snorri geht es also um den Norden als eigenem Raum. Das hat besonders Klaus von See hervorgehoben.605 Und tatsächlich sind die Norórlond bei Snorri eine feste Größe, die immer wieder Erwähnung findet, zuweilen auch die Vestrlçnd, was auf England, Frankreich und die Iberische Halbinsel Bezug nimmt, oder auch die Suörlond, was den gesamten Rest Europas bezeichnet.606 Manchmal wird das angelsächsische England auch zum Bereich der Norórlond gezählt. König ^Ethelstan von Wessex wird z. B. in der Fagrskinna als einer der mächtigsten Männer der nördlichen Länder genannt.607 So wird deutlich, dass dieses Bewusstsein für die nördlichen Länder besonders auf sprachlichen Grundlagen aufbaute. Aber auch politisch-kulturelle Hinweise lassen sich finden. Die Herzöge von der Normandie werden in der Morkinskinna und in der Heimskringla nur als iarll afNorömandi bezeichnet, es wird für die Normannenherrscher also noch die übliche nordische Amtsbezeichnung verwendet. Die norwegische Abstammung der Normannen wird von Snorri besonders hervorgehoben.608 Dagegen wird Herzog Ordulf von Sachsen, der Magnus dem Guten im Krieg gegen die Wenden zu Hilfe gekommen war, als Otta hertogi afSaxlandi aufgeführt.609 Das Fremdwort hertogi kann etwa in der Morkinskinna auch für einen spanischen Herzog verwendet werden.610 -

603

604 605 606

607 608 609 610

-

Snorri Sturluson, Heimskringla, Prolog: er rtkl hafa haft á norörlcndum ok á danska tungu hafia mœlt. Übersetzung Niedner I, 20. Die von Snorri vorgestellte Dreiteilung der Welt dürfte freilich zuletzt auch auf Orosius zurückgehen, vgl. dazu Mortensen, Language (2005), 109; dazu aber Simek, Kosmographie (1990), 161 u. bes. 189-192. Vgl. auch von See, Konzeption (1993), 150 Vgl. dazu auch Smyth, Emergence (1998), 27f. Von See, Konzeption ( 1993). Vgl. hierzu die Kartenübersicht im Anhang der Edition von Bjarni Aöalbjarnarson. So hebt Jakobsson, Defining (1999), 93, hervor, dass norömenn alle Völker bezeichnen kann, die nordlich des Römischen Raumes siedeln. Fagrskinna, c. 38: er pá var tignarmaör einn enn mestt i Norörlqndum. Z. B. Snorri Sturluson, Heimskringla, Haralds saga hins Hárfagra, c. 24. Vgl. dazu Gade, Lights (1997), bes. 65-67. Snorri Sturluson, Heimskringla, Magnúss saga ins gööa, c. 26; vgl. auch ebd., Óláfs saga ins helga, c. 264. Morkinskinna, c. 61.

5. Der Norden und der Süden:

Zusammenfassung

175

See weist insbesondere auf den Herkunftsmythos hin, den Snorri seiner Ynglinga saga voranstellt, die Geschichte der legendarischen Könige des Nordens in vorgeschichtlicher Zeit, im norwegischen ,Heldenalter'. Die Asen als Urväter der nordischen Königsgeschlechter stammten ursprünglich aus Asien und wanderten auf der Flucht vor den römischen Eroberungen nach Norden.611 (Auf eine nahe liegende Querverbindung zur Trojanersage verzichtet Snorri hier bewusst). Rom wird damit zwar gewissermaßen zur Initialzündung der nordischen Geschichte, diese aber entwickelt sich nicht wie bei Saxo parallel, der Norden wird vielmehr ein romfreier Raum, in dem sich eine ganz eigenständige Kultur entwickeln kann; bei Snorri erscheint der Norden „als eine vor fremder Einwirkung geschützte terra nova, als eine Gegenwelt zum Römischen Europa."612 Danach benötigt Snorri die Römer in seinem nicht mehr, weder zur Abgrenzung noch für den Vergleich. Nur einmal wird ein nordischer Herrscher in Verbindung mit einem römischen Kaiser geschildert. Knut der Große wird als der reichste und mächtigste Herrscher der Nordlande gezeichnet. Als er seine Tochter mit Heimich III. verheiratet, wird Knut bei diesem Treffen mit Kaiser Konrad II. als so großzügig geschildert, dass sich der Vergleich dem Leser aufdrängt.613 Knut hatte zwar die Herrschaft über Dänemark, England und zeitweise Norwegen inne, in den Vbrstellungswelten erhielt dieser Nordische Raum als Einheit allerdings nie eine politische Dimension. Sowohl die Herrschaft von Dänen über Norwegen als auch der Norweger über Dänemark und immer wieder auch der Norweger über Island, wo die meisten dieser Texte entstanden, wird von den Autoren als Fremdherrschaft empfunden und abgelehnt. Als eben dieser Knut der Große England unterworfen hatte, forderte er von Olaf dem Heiligen auch die Herrschaft über Norwegen. Ihm hält Olaf laut Snorri Klaus

von

entgegen: es dahin gekommen, dass Knut über Dänemark und über England herrscht, überdies auch einen großen Teil Schottlands zu seinem Reiche schlug. Jetzt aber erhebt er sogar Ansprach auf mein gesetzliches Erbe. Er sollte doch in seiner Begehrlichkeit endlich Maß zu halten wissen. Oder ist er tatsächlich gesonnen, über alle Nordlande zu herrschen und denkt er vielleicht, er allein müsse allen Kohl in England essen?"614

„Nun ist

Knut lässt ihm daraufhin ausrichten, in seinen Rippen stecke noch wesentlich mehr als Kohl, nämlich kalte Pläne.615 Wenn also auch eine politische Einheit des Nordens abgelehnt wird, und die Dänen beispielsweise durchaus auch immer wieder als Feiglinge dargestellt werden, es vielmehr der norwegische König sein muss, der in einer Passage

nur

611 612 613 614

615

Vgl. dazu auch Klingenberg, Altertum (1999), 239-252. Vgl. insg. von See, Konzeption (1993), 147-160, das Zitat 148. Vgl. dazu Hoffmann, Salier (1994), 250. Snorri Sturluson, Heimskringla, Óláfs saga ins helga, c. 131: Er nu svá komit, at Knútr reeór fyrlr Danmçrku ok fyrlr Englandi, ok hefir hann pó nú undlr sik brotit miklnn hluta Skotlands. Nú kallar hann til œttleifdar minnar i hendr mér. Kunna skyldl hann höfat um sídir um áglrni sina. Eôa mun hann etnn eetla at ráóafyrlr çllum Norörlcndum? Eôa mun hann elnn eetla at eta kál allt à Englandi? Snorri Sturluson, Heimskringla, Óláfs saga ins helga, c. 131.

176

///. Der Blick nach Süden: Die Suörlond in

Darstellungen des „Neuen Europa

"

Dänemark (und damit auch den Norden) gegen den römisch-deutschen Kaiser verteidigt, so wird doch immer wieder erwähnt, dass der Norden eine sprachliche und in gewisser Hinsicht auch eine kulturelle Einheit ist. Hier treffen sich die Sagaautoren wieder mit Saxo Grammaticus. Ansonsten könnten die Unterschiede in Geschichtsauffassung und -darstellung größer nicht sein. Obgleich sich die Wissenschaft einig ist, in Saxo und Snorri die bedeutendsten Historiographen des nordischen Mittelalters zu sehen, entwickelten sich an diesen Autoren zwei weitestgehend eigenständige Forschungstraditionen, die durch fachliche und oft auch nationale Grenzen getrennt blieben. Aus diesem Grande wurden die beiden Geschichtswerke auffallend selten vergleichend untersucht.616 Dennoch muss betont werden, dass beide Autoren aber auch selbst in verschiedenen historiographischen Traditionen stehen. Während sich die altnordischen Königssagas im Norden weitgehend eigenständig und unbeeinflusst als Gattung entwickelten und sich darüber hinaus nur an eine nordische Öffentlichkeit richteten,617 stellte sich Saxo ganz in die Tradition kontinentaleuropäischer Geschichtsschreibung. Damit führt er aber auch Entwicklungslinien fort, die seine Vorgänger in Norwegen und Dänemark begonnen hatten.

616

617

Vgl. etwa Stariradev, Snorri (2004). Systematisch ging in diese Richtung erst die von Else Mundal, Jon Gunnar Jorgensen und Karsten Friis-Jensen veranstaltete Tagung „Snorre og Saxo" vom 21. bis 23. Juni 2007 in Lysebu (Tagungsergebnisse in Vorbereitung). Bagge, Uniqueness (1997), 432.

IV. Ausblick:

Europa

Vergleichen im mittelalterlichen

Mit der Christianisierung des Nordens und Ostens erfuhr das mittelalterliche Europa einen der gewaltigsten Umbrüche seiner Geschichte. Die Grenzen von Zentrum und Peripherie verschoben sich in fundamentaler Weise. Aus der Sicht des Zentrums, des Alten Europa' war in der ,Erfolgsgeschichte' ständiger christlicher Expansion ein neues Kapitel geschrieben worden.1 Bis zu dieser Sichtweise war es allerdings ein langer Weg. In der Krisenzeit des ausgehenden Frühmittelalters, mit Wikinger-, Ungarn- und Araberüberfallen, schien diese Erfolgsgeschichte nur leidlich erfolgreich zu sein. In der außerordentlichen Bedeutung des Nordens innerhalb der christlichen Überlieferung, des aquilo aus der Prophezeiung des Jeremias, lag es begründet, dass man diesem Raum besondere Aufmerksamkeit schenkte. Solchen theologischen Kategorien blieb das Bild des Nordens zunächst verhaftet, als man in Annalen über die Wikingerüberfalle berichtete. Durch solche religiöse Deutungsschemata war der Platz des Eigenen hingegen kaum betroffen. Zwar konnte man in derartigen Überfallen Gottes Strafen für eigene Sündhaftigkeit verstehen und damit den Leser zu frommem und gottgefälligem Leben aufrufen. Die christliche Identität erfuhr durch diese Gegenüberstellungen aber keine Definition. Christliche Weltdeutungsmodelle wurden als Axiom verstanden. Das eigene ,kognitive Instrumentarium'2 ließ keinen Raum für differenzierte und vergleichende Deutungen zwischen Christen und Heiden. Als das Interesse an der Mission des Nordens anstieg, nahm man zum ersten Mal nicht nur die Heiden aus dem Norden in den Blick, sondern auch den heidnischen Norden. Aber auch in den Missionstexten der Hamburger Kirche herrschten religiöse Deutungsmodelle vor. Die Chancen, welche die Verbreitung des Glaubens im aquilo bot, konnte man historiographisch nicht ungenutzt lassen. Besonders bei Adam von Bremen tritt erstmals auch ein Bewusstsein für kulturelle Fremdheit auf. Seine Kenntnis der klassischen Barbarenkonzeption ermöglichte es ihm, Christen ebenso wie Heiden noch als fremd darzustellen. Dadurch erhält seine Darstellung grundlegende Möglichkeiten der Differenzierung. Neben religiöse traten bei ihm also kulturelle Alteritätskonstruktionen. ,

1 2

Bartlett, Making (1993), 18-23. Fried, Gens (1994), 74.

IV Ausblick

178

Aber auch diese bleiben bei ihm unterschiedlichen Darstellungs- und Gattangstraditionen verhaftet. Nur auf der kulturellen Ebene vergleicht Adam explizit. Vergleiche in religiösen Kategorien kann er nur durchführen, wenn der christliche Glaube dadurch nicht betroffen wird. So ist es insgesamt viel stärker die Ebene kultureller Differenz, auf welcher man das ,Neue Europa' mit dem ,Alten' verglich. Diese wurde aber nie ganz aus dem religiösen Rahmen herausgelöst. Deutlich wird dies in Adams Barbarenbegriff. Grundsätzlich verwendet er diesen in seiner klassischen Bedeutung, von der im Mittelalter häufig anzutreffenden religiösen Bedeutung macht er ihn aber nicht frei. So erscheinen die barbari bei ihm nicht prinzipiell als Heiden, sondern als leicht zu täuschende Opfer von heidnischen Priestern oder Zauberern, „die es in der Welt der Barbaren überall mehr als reichlich gibt."3 Seine Darstellung kann sich daher zwar nicht von religiösen Deutangsmuster lösen, bieexplizite Vergleiche, während für die Vbrgehensweisen seiner Vorgänger eher die Bezeichnung ,Kontrastierungen' genutzt werden sollte. Der bedeutendste Fortschritt in Adams Gesta ist seine Unterscheidung zwischen kultureller' und ,religiöser' Fremdheit. Eine ähnliche Differenzierung findet sich auch bei den englischen Geschichtsschreibern der anglonormannischen Zeit. Während Heinrich von Huntingdon seinen Schwerpunkt auf die heidnischen Dänen legt, steht bei Wilhelm von Malmesbury ihre Barbarei im Vordergrund. Auch hier ist diese Trennung nicht immer klar durchzuführen. Bei beiden Autoren finden sich auch beide Deutangsmodelle, aber als Tendenz kann dieser Befund durchaus festgehalten werden. Heinrichs Intention ist in erster Linie die Morallehre. Er knüpft an die schon aus den zeitgenössischen Berichten bekannten Darstellungsmodelle an, führt diese aber fort zu einer Systematisierung. So wird englische Geschichte zu einem exemplum für die göttliche Heilsgeschichte. Bei Wilhelm von Malmesbury ist das vor ihm bei Adam von Bremen nachweisbare Bewusstsein für die kulturelle Differenz geradezu das Grundmodell seiner Geschichtsdarstellung. In seinem Werk vollziehen die Engländer einen Zivilisationsprozess. Dadurch kann er sie von den als klassischen Barbaren gezeigten Kelten wie auch Skandinaviern abgrenzen. Der Unterschied zu den Darstellungsweisen aus den zeitgenössischen Quellen liegt darin, dass diese Autoren in ihren Identitätskonstruktionen andere Absichten verfolgen als etwa ein Adam von Bremen. Wird Identität in den zeitgenössischen Texten konstruiert, zielt dies entweder auf die gesamte Christenheit oder auf die untergeordnete Institution des Erzbistums Hamburg-Bremen. Beim Geschichtsschreiber der Hamburger Kirche war es in erster Linie eine göttlich legitimierte Rolle innerhalb einer universalen Ordnung,4 die er seiner Institution zuschrieb, nämlich die Mission des Nordens. Die Identität, die sämtlichen Texten bis ins 11. Jahrhundert durch Kontrastierungen von Heiden und Christen der christianitas zugeschrieben wird, zeichnet diese lediglich dadurch aus, tet aber dennoch erste

3 Adam

von

Bremen, Gesta, Hb. 2,

Trillmich, 297. 4 Zur universalen

c.

57: quorum

numero cum tota

Ordnung vgl. auch Geary, Reflections (2006), 327.

barbaries exundet.

Übersetzung

Vergleichen im mittelalterlichen Europa

179

dass sie nicht heidnisch, unter Umständen nicht barbarisch ist.5 Mit ihren ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen' verfolgen die anglonormannischen Autoren ein anderes Ziel. Indem sie die Geschichte der Engländer niederschreiben, konstruieren sie für dieses Volk eine Identität. Aus diesem Grunde tritt bei ihnen auch die Mythenbildung zur Définition einer universalen Rolle hinzu. Angelsächsische Ursprungsmythen behandelten insbesondere die Einwanderung nach Britannien unter Hengest und Horsa. Diese war aber schon von Beda Venerabilis niedergeschrieben worden. Die Innovation des 12. Jahrhunderts bestand in der Konstruktion Alfreds als Reichseiniger. So konnte man der englischen Geschichte neben den tradierten Ursprungsmythen auch einen Gründungsmythos verleihen, die nicht nur einem der angelsächsischen Königreiche als Grundlage dienten. Alfreds Dänenabwehr und Einigung der Reiche war damit ein Mythos, der für die Engländer identitätsstiftend wirkte. Für diese Mythenbildung nahm man die Dänen als konstruierten Gegner für Alfred dankbar an. Ähnliche Züge fanden sich zwar schon in den Angelsächsischen Chroniken, durch die normannische Invasion waren englische Identitätsvorstellungen aber so grundlegend erschüttert worden, dass erst in den Darstellungen des 12. Jahrhunderts aus diesen historischen Vorgaben konsequent Identitätskons-truktion betrieben wurde. Im ,Neuen Europa' ergibt sich im Gesamtbild der Quellen ein anderes Bild. Insgesamt lassen sich im Norden drei historiographische Räume unterscheiden, die nicht nur durch ,nationale' Grenzen konstituiert werden, sondern vielmehr durch Abläufe und Gegebenheiten bei der Christianisierung6 wie auch durch die Sprachentscheidung der Autoren. Anders als in Dänemark verlief die Mission in Norwegen weitgehend ohne auswärtigen Druck, so dass sich dort keine fundamentale Abgrenzung durchsetzen musste, wie sie demgegenüber in den Werken eines Sven Aggesen und eines Saxo Grammaticus offenbar wird. Während sich jedoch in Norwegen zunächst eine lateinische Textproduktion regte, die an kontinentale Vorbilder anknüpfte und damit auch eine universale Verortung anstrebte, verfasste man besonders in Island vernakulare Werke, die nur eine nordische Leserschaft adressierten. Aufgrund der weit abgelegenen Lage, unbeeinflusst von jeder Scholastik, konnten sich hier eigene Gattungen entwickeln, die eine der reichsten Literaturlandschaften des mittelalterlichen Europa schufen.7 Dänemark war dagegen auf massiven Druck des Reiches christianisiert worden. Darüber hinaus befand sich das dänische Königtum zur Abfassungszeit der Gesta Danorum wie auch der Historia Compendiosa in einem territorialen und ideologischen Konkurrenzverhältnis zum Reich. Dies spiegelt sich in der starken Abneigung wider, die Saxo, aber insbesondere auch Sven Aggesen den deutschen Nachbarn im Süden gegenüber zeigen. Daher ist die dänische Historiographie weit mehr mit der Geschichtsschreibung Polens, Böhmens oder Ungarns vergleichbar als mit den altnordischen Königssagas.8 So zeigen sich etwa bei Gallus Anonymus in Polen 5 6 7 8

Bartlett, Making (1993), 23. Sanmark, Power (2004), 82. Bagge, Uniqueness (1997), 433; Ders., Snorri Sturluson (1990), 8f. Vgl. auch Mortensen, Beginnings (2006), 25If. u. Kersken, Geschichtsschreibung (1995), 762f.

IV. Ausblick

180

und bei Cosmas von Prag in Böhmen ganz ähnliche Vorgehensweisen und damit auch ähnliche Vergleichsmodi, wie sie bei Sven und Saxo zu beobachten sind. Solche Vergleiche bilden bei Saxo eine oberflächliche Ebene. Durch Abqualifizierung des Fremden wird das Eigene erhöht. In dieser vergleichenden Gegenüberstellung überlässt der Autor den eigentlichen Vorgang des Vergleichens dem Leser. An einigen wenigen Stellen werden die Vergleiche jedoch auch explizit angesprochen. Auf dieser oberflächlichen Ebene werden dabei Völkercharakteristiken, werden Stereotypen einander gegenübergestellt, die in erster Linie Gegensatzpaare wie Feigheit und Tapferkeit, aber auch Frömmigkeit und Unglauben thematisieren. Erst nach der ersten Welle an hagiographischer Produktion, die dem Norden seinen Platz im sakralen Rahmen zuwies, wandte man sich auch der historiographischen Darstellung der heidnischen Vergangenheit zu,9 wodurch die Tapferkeit als Motiv gleichberechtigt neben die Frömmigkeit tritt. Zwar hebt schon Theodoricus Monachus die Tapferkeit der Norweger hervor,10 den Höhepunkt dieser Entwicklung bilden aber die Gesta Danorum des Saxo Grammaticus. Das ist auch die Ebene, die in den Königssagas breit ausgebaut wird. Die Norweger werden hier stets als die tapfersten Kämpen des christlichen wie ebenso des heidnischen Europa gezeigt auch durch den Vergleich. Insgesamt kann man solche Schilderungen als Reflex verstehen, der den Import kultureller Leistungen durch das Beharren auf ältere Werte wie Tapferkeit oder Aufrichtigkeit zu verarbeiten versucht. Auf dieser Ebene, der Ebene der Stereotypisierungen ergeben sich im Norden Gegenbilder, die zwar inhaltlich große Unterschiede zu den Darstellungen des Alten Europa' aufweisen, in ihrer Methodik diesen aber durchaus ähnlich sind. Die eigentlichen Innovationen fanden jedoch auf tiefer liegenden Ebenen statt. Vor allem im Bereich der Mythenbildungen wurden im Norden ganz andere Vergleichsmodi erarbeitet, als sie im ,Blick nach Norden' zu beobachten waren. Wie in der Betrachtung vor allem der anglonormannischen Historiographie schon deutlich wurde, stehen Mythenbildung und die Verankerung in der universalen göttlichen Ordnung in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Diese Wechselbeziehung wird zur Grundlage von Identitätskonstruktion. Erst der Mythos schafft die Möglichkeit, sich im Universalen zu verorten. Im Mittelalter ist gerade aufgrund dieses universalen Bezuges die Beschäftigung mit Alterität von grundlegender Bedeutung. Der etwa bei Jan Assmann so definierte Analysemodus von ,Identität' gegenüber alterität' wurde in der mediävistischen Forschung zumeist im Sinne reiner Abgrenzung aufgegriffen.11 Die eher eindimensionalen Quellencorpora jener Forschungen bedingten eine Bestätigung dieser eingeengten Betrachtungsweise. Die Abgrenzung vom Anderen wurde daher im Zwischenspiel des .Eigenen' und des ,Fremden', der ,Selbst- und Fremdzuschreibungen' oder auch der ,Selbst- und Fremdwahrnehmung' als eine wichtige Grundlage jeder Identitätskonstruktion verstanden. Aus diesem Grund wurde in der vor-

,

9 10 11

Mortensen, Beginnings (2006), zusammenfassend 260-262. Theodoricus Monachus, Historia, Prolog. Vgl. etwa Fraesdorff, Norden (2005), 19; Plassmann, Origo (2006), 365f. zen

(1995),

129-138.

Vgl. auch Suppan, Identitäten (1999),

13f.

u.

Osterhammel, Gren-

Vergleichen im mittelalterlichen Europa

181

liegenden Arbeit ein erweiterter Untersuchungsgegenstand gewählt. Für die zeitgenössische Deutung des heidnischen Nordens wie in gewisser Hinsicht auch für die englische Historiographie war die Abgrenzung durchaus ein wichtiges Mittel zur Selbstdeutung.

Durch die Gesamtschau von Identitäts- aber auch Alteritätskonstruktionen beiderseits der frühmittelalterlichen Kulturgrenze, also sowohl aus dem ,Alten' wie auch aus dem ,Neuen' Europa konnten hingegen weiterführende Ergebnisse erzielt werden. So umfasst die gegenseitige Abhängigkeit von ,Identität' und ,Alterität' eben nicht nur die Abgrenzung; das ,Fremde' oder ,Andere' kann auch Modelle und Vorlagen bieten, an denen sich Mythenbildung und damit Identitätskonstruktion orientiert. Die Beschäftigung mit dem ,Anderen' kann somit auch integrativen Zwecken dienen, sie kann die Egalität ebenso hervorheben wie die Differenz was in der Mediävistik bisher kaum wahrgenommen wurde. Solche integrativen Vergleiche Vergleiche, die das tertium comparationis klar herausstellen treten in der frühen Geschichtsschreibung des Nordens besonders deutlich vor Augen. Dies ist natürlich zunächst als eine sukzessive Übernahme von Topoi und Darstellungsmitteln aus der historiographischen Formensprache zu verstehen, die sich in der kontinentalen Gattungstradition über Jahrhunderte entwickelt hatte. Geschichte war im Mittelalter, wie in der Forschung hervorgehoben wurde, kein eigenes Forschungsfeld, sondern bestand vielmehr aus einem Corpus von grundlegenden Texten, an denen Historiographien sich orientierten, die sie übernahmen, umformten oder ihren eigenen Verhältnissen anpassten.12 An diesem Austausch hatten auch die Geschichtsschreiber des Nordens Anteil. Um mit ihren Vergleichen Gleichwertigkeit oder auch Höherwertigkeit zum Ausdruck zu bringen, bedienten sie sich verschiedener Vorgehensweisen. Einerseits konnte man die Egalität betonen, indem man das eigene Alter beschrieb. Identifizierte man das eigene Königreich mit der civitas Gottes am Rande des biblischen aquilo, verschaffte man diesem einen Platz in der Bibel; verortete man die klassischen Ungeheuer Scylla und Charybdis in Norwegen, war dieses Reich sogar schon Schauplatz der Odyssee gewesen. In diesem Zusammenhang steht also die Frage im Mittelpunkt, an welche Geschichtswelten man anknüpft, um eigene Mythen zu schaffen. Im Norden treten hier nach und nach neue ,storyworlds' hinzu. Andererseits konnte man durch die Übernahme von Begriffen, Darstellungsweisen und Deutungstraditionen aus der kontinentalen Geschichtstradition sein eigenes Werk und damit auch dessen Darstellungsobjekt in einer europäischen Tradition verankern. Die Kopie wie auch die Beschreibung von Kontakt verbanden sich im Norden mit lokalen Traditionen, die so universalisiert werden konnten.13 Damit richteten sich die Autoren mit ihrem nordischen Stoff an eine -

-

-

europäische Öffentlichkeit. Hier

muss

aber betont werden, dass das christliche Europa sich wenig interessiert Olaf Haraldssons berichten in der frühen Zeit etwa nur

zeigte. Über den Heiligenkult 12 13

Mortensen, Working (1998), 413.

Dieses ,copy & contact'-Modell von Imitation und Angrenzung entwickelt Lars Boje Mortensen in Anlehnung an Charles Sanders Pierce; vgl. Mortensen, Beginnings (2006), 262-268.

182

IV. Ausblick

Wilhelm von Jumièges und Adam von Bremen. Die spätere Welle an Historiographie im Norden wurde im Süden kaum rezipiert. So sollten diese Darstellungen ursprünglich zwar eine Doppelfunktion erfüllen, nämlich nach innen als ,formative Texte' Mythen und Identität schaffen und nach außen diese Identität und die Bedeutung der neuen Herrschaftsverbände im Norden betonen. Erfolgreich waren sie nur in einer dieser Funktionen. Deutlich wird dies, wenn man die Handschriftensitaation der Texte betrachtet. Die Darstellungen, welche im Intellektaellenzirkel um Erzbischof Eysteinn von Nidaros entstanden waren, wurden im Zuge religiöser wie wohl ebenso akademischer peregrinado auch in den Süden gebracht. So wurde zwar in Anchin in Nordfrankreich eine Version der Passio Olaui überliefert und auch Theodoricus Monachus pflegte wohl Kontakte zu gelehrten Kreisen in dieser Region.14 Weitere Verbreitung über den Norden hinaus fand aber keines der behandelten Werke. Die Darstellung Wilhelms von ¿Ebelholt richtete sich zwar ausdrücklich an den Papst, ist aber nur in einer Handschrift dänischer Provenienz überliefert.15 Auch gibt es weder für die Legendarische Saga über Olaf den Heiligen,16 für Oddrs Saga über Olaf Tryggvason,17 die Historia Norwegie,1* die Historia Compendiosa des Sven Aggesen,19 noch für die Historia des Theodoricus Monachus20 außernordische Überlieferungsträger. Gleiches gilt für die Königssagakompendien.21 Saxos Gesta Danorum sind sogar nur in der Editio princeps von 1514 tradiert.22 So lassen sich zwar die nordischen Erzbischofssitze als literarische Zentren ausmachen, in denen intellektuelle Zirkel in regem Austausch und gegenseitiger Beeinflussung standen und sich mit kontinentalen Traditionen beschäftigten,23 nach Europa zurück konnten diese Zirkel aber keine Wirkung entfalten. Ihre erwähnte doppelte Funktion ist aber dennoch als grundlegende Intention in allen Texten zu greifen. Waren sie mit der Hinwendung an eine europäische Öffentlichkeit auch nur bedingt erfolgreich gewesen, sind diese Darstellungen doch Zeugnisse eines Emanzipationsprozesses im Norden. So kann man in der Historiographie des Nordens eine Entwicklung nachverfolgen, die durch den Vergleich mit ähnlichen Erscheinungen in Polen oder Ungarn noch deutlicher wird. In jeder dieser Regionen begann man zunächst, den Platz des Eigenen in der christlichen Welt zu suchen. Dadurch wurden Berichte über heilige Könige zu Gründungsmythen der neuen politischen Einheiten. Erst später begann man auch, Ursprungsmythen Mortensen, Manuscript (2000), 185-187. Vgl. in der Edition den Kommentar von Gertz, 153. Heinrichs/Janshen/Radicke/Röhn, Einleitung (1982), 19f. Andersson, Introduction (2003), 26f. Mortensen, Introduction (2003), 28-33. Vgl. in der Edition den Kommentar von Gertz, 62f. Mortensen, Art. ,Theodoricus Monachus'. Zur Morkinskinna Andersson/Gade, Introduction (2000), 5-11; zur Fagrskinna Finlay, Introduction (2004), 35-37 u. zur Heimskringla Whaley, Heimskringla (1991), 41-47. 22 Friis-Jensen, Inledning (2005), 9. 23 Mortensen, Archbishoprics (2000). 14 15 16 17 18 19 20 21

Vergleichen im mittelalterlichen Europa

183

des jeweiligen Volkes zu verfassen, die man auch in einer heidnischen Vorzeit suchen konnte. Damit war Theodoricus Monachus noch sehr vorsichtig umgegangen,24 für Saxo Grammaticus bildete das pagane ,Heldenalter' schon einen Grundpfeiler seiner Darstellung. So trat man in der Historiographie Schritt für Schritt aus dem langen Schatten eines Adam von Bremen heraus, der noch verkündet hatte, es sei unnütz, die Geschichte der heidnischen Vorzeit zu erforschen.25 Allmählich fand man also zu einem selbstbewussten Umgang mit der eigenen Geschichte. Diese Abfolge hat in groben Zügen zuerst Lars Boje Mortensen aufgezeigt.26 Als Entwicklungsmodell formuliert, lässt sich aber eine präzisere Kategorisierung erarbeiten. In einem solchen Modell können die Entstehung und Ausformung wie auch die sukzessive Übernahme verschiedener Vergleichsmodi aufgezeigt werden. Darin spiegelt sich die Entwicklung eines eigenen Geschichtsbewusstseins im Norden deutlich wider. Der ,Makel des Marginalen' wie auch das Wissen um die späte Christianisierung bildeten das wesentliche Movens für die Beschäftigung mit der eigenen Geschichte und für ihre Darstellung vor einer europäischen Öffentlichkeit.27 Da sich nämlich alle anderen Völker an ihrer historischen Überlieferung erfreuen könnten, wie Saxo Grammaticus bemerkt,28 solle die Geschichte des eigenen Volkes auch verschriftlicht werden. So entstanden nach den hagiographischen Berichten über die heiligen Könige Olaf Haraldsson und Knut IV die ersten historiographischen Darstellungen des Nordens um 1150 in Norwegen. In den Werken eines Saxo Grammaticus und eines Snorri Sturluson erreichte die Geschichtsschreibung Höhepunkte, an die lange Zeit nicht angeknüpft werden konnte. Die in diesen Werken entwickelten Vergleiche führen im Laufe der Zeit zu immer selbstbewussteren Ergebnissen. Erst gegen Ende dieser Entwicklung wird auch die Abgrenzung zu einem bestimmenden Merkmal. Das ,Alte Europa' mit seiner christlichen und klassischen Tradition wie auch mit seinem späteren Geschichtsverlauf war hierbei stets die Vergleichs-

größe. Grundsätzlich kann ein Vergleich in drei Ergebnissen münden. Er kann geringere Wertigkeit, Gleichwertigkeit und auch Höherwertigkeit eines Vergleichsgegenstands ergeben. In den Vergleichen des Nordens mit dem ,Alten Europa' in der skandinavischen Historiographie finden sich diese drei Möglichkeiten in zeitlicher Abfolge. Die erste Gruppe, die den Norden in seiner Wertigkeit unter die europäische Geschichtstradition stellt, wurde wenig verwunderlich kaum verschriftlicht. Als der angesprochene Antrieb zur Ge-

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24 Vgl. Theodoricus Monachus, Historia, Prol. 25 Adam von Bremen, Gesta, Hb. 1, c. 61 : Meo autem arbitratu, sicut mutile vldetur eorum acta scrutât!, qui non credlderunt, da Impium est preteriré salutem eorum, qui primum crediderunt, et per quos credlderunt. Übersetzung Trlllmtch, 231/233. 26 Mortensen, Beginnings (2006), 269. 27 So auch Mortensen, Introduction, (2006) 13: „The sense of being latecomers to the true faith and wisdom offered by Chistianity and of struggling to become an integral part of the grand narrative offered by the age-old biblical stories and their learned patristic extensions was definitely present". 28 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, Praef., c. 1.1.

IV. Ausblick

184

Schichtsdarstellung bleibt er zwar spürbar, explizit findet er sich nur in einigen wenigen Demutstopoi der frühesten hagiographischen Texte. Wenn etwa der Autor der Historia Norwegie anmerkt, dass er sich mit dem Scharfsinn Ciceros nicht vergleichen wolle, stellt er sein eigenes Schaffen auf eine niedrigere Ebene, erhöht sich aber durch seine devotio. Viel greifbarer sind die auf Egalität, auf Gleichwertigkeit zielenden Vergleiche.29 Für die frühen hagio- wie auch historiographischen Texte bis hin zu den Gesta Danorum des Saxo Grammaticus werden sie zu einem bestimmenden Element. Oben wurden diese als integrative Vergleiche bezeichnet. Auch innerhalb dieser Gruppe lässt sich eine Entwicklung nachverfolgen. In den Viten und Sagas heiliger Könige sind es der Gattangstradition entsprechend sakrale Mythen, die zitiert werden, oder zu denen man Bezüge herstellt: die Bibel, die patristische Literatur und Heiligenlegenden. Mit diesen Mythen werden die Heiligen des Nordens verglichen: Knut der Heilige wird ermordet und stirbt in Kreuzesform;30 Olaf stirbt wie der Heilige Stephan. Waren es zunächst also lediglich Vergleiche, die biblisch-sakrale Hintergründe aufgriffen und die den eigenen ,champion of the sacred' innerhalb der biblischen und patristischen Traditionen Europas zu verorten suchten, traten später allmählich neue Formen hinzu. Ailnoth, der angelsächsische Exulant in Odense, baute neben den schon genannten auch Bezüge zu Figuren und Ereignissen der klassischen Antike in seine Darstellung ein. Er merkt zwar an, er wolle die klassischen Helden nicht erwähnen, aber gerade dadurch und durch mehrere direkte Bezüge stellt er doch eine Verbindung zum klassischen Altertum als einer weiteren europäischen Mythenwelt her. Damit knüpfte er an beide Mythentraditionen an, die für das gesamte Europa des 12. Jahrhunderts die Grundlage von Geschichtsbildern lieferte. So erweiterte sich der Bezugs- und damit auch der Vergleichsrahmen, welcher der Historiographie des Nordens zur Verfugung stand. Daher findet dieser auch in den ersten nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen des Nordens, in der Historia Norwegie und der Historia de antiquitate regum Norwagiensium des Theodoricus Monachus, seine Anwendung. In beiden Werken werden Gestalten und Ereignisse der norwegischen Geschichte mit solchen aus sakralen Geschichtswelten, nun aber auch aus der klassischen Antike verglichen. Theodoricus Monachus war es, der diese Entwicklung noch einmal weiterführte. Neben den beiden Gründungsmythen des mittelalterlichen Europa, den biblischen Grundlagen und der klassischen Literatur, bezieht er auch die historische Entwicklung in seine Darstellung mit ein. Die Idee der transiado imperii war im 12. Jahrhundert weit verbreitet, so dass zwischen antikem und mittelalterlichem Kaisertum in zeitgenössischen Texten nicht die scharfe Trennung vollzogen wurde, die in der heutigen Geschichtswissenschaft üblich ist. Besonders Karl der Große kann in mittelalterlichem Verständnis auch als Teil der europäischen Mythenwelten angesehen werden. Dennoch war um 1180 Theodoricus -

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29 Zur Betonung von Gleichrangigkeit vgl. auch Schneidmüller, Wahmehmungsmuster (2002), 275-289. 30 Vgl. auch (zu ähnlichen Beschreibungen bei der Ermordung König Eysteinn Haraldssons 1157 in der Heimskringla) Antonsson, Insigne cracis (2001), 23-25.

Vergleichen im mittelalterlichen Europa

185

der erste Historiograph des Nordens, der Gestalten aus der eigenen Geschichte auch mit den Kaisern der Karolingerzeit verglich. All diese bis dahin erarbeiteten Vergleichsmodi sind integrative Vergleiche, welche die Gleichwertigkeit der Königreiche im Norden mit dem Alten Europa' hervorheben. In dieser Form finden sie sich ebenfalls in den späteren ,nationalgeschichtlichen Gesamtdarstellungen' aus Dänemark. Um 1200 geht aber Saxo Grammaticus noch weiter. Die bisherigen Vergleiche waren noch auf der diachronen Ebene geblieben, sie stellten Gestalten und Ereignisse der nordischen Geschichte in der Zeit nach der Christianisierung solchen aus christlich-europäischen Mythentraditionen gegenüber. Lediglich Stereotypisierungen konnten auch auf der zeitgenössischen und damit synchronen Ebene geäußert werden. In seiner breit ausgebauten Darstellung der heidnischen Vorzeit Dänemarks wendet Saxo wie vor ihm schon Wilhelm von Malmesbury den synchronen Vergleich aber auch auf die historische Entwicklung an. Während des gesamten Geschichtsverlaufs steht bei ihm Dänemark auf einer Ebene mit dem Römischen und später dem RömischDeutschen Reich. Besonders durch seinen Aufbau und durch seine Konstruktion eines dänischen Königtums seit der frühesten Zeit kann er die Geschichte dieses Königreiches stets parallel mit der Geschichte des Kaisertums verlaufen lassen; er stellt in Dänemark als ein nordisches Rom dar, das in gleicher Würde und gleichem Alter neben dem .mediterranen' Rom steht. Sobald er diese Parallele aber bis in seine eigene Zeit fortführt kommt auch die dritte Vergleichsmöglichkeit hinzu. Durch ihr Verhalten in der Kirchenspaltung, seien die Träger des Römischen Reiches, die Deutschen, gleichsam zu Heiden geworden und hätten damit ihre Würde eingebüßt. Hier stellt Saxo seine Dänen nicht nur über Stereotypen, sondern auch im Geschichtsbild über das ,Heilige Reich' der Staufer. In der Gegenüberstellung König Waidemars und Friedrich Barbarossas wird dem Dänenkönig die klar höhere Wertigkeit zugesprochen. Solche Vergleiche wurden gegenüber den integrativen Vergleichen oben als distinktive Vergleiche bezeichnet. Um ein hinreichend bekanntes Begriffspaar aufzugreifen, könnte man hier auch von desintegrativen Vergleichen sprechen. So bildet sein Werk auch den Höhepunkt dieser Entwicklung. Dieser Prozess ist in den hier als Gegenbeispiel untersuchten altnordischen Königssagas nicht zu beobachten, in den lateinischen Texten ist er aber durchweg nachzuverfolgen. In der zuletzt verschriftlichten vernakularen Geschichtsüberlieferung des Nordens kann man daher einen letzten Entwicklungsschritt sehen. Besonders in der Heimskringla des Snorri Sturluson fallt der überaus seltene Gebrauch von Vergleichen auf. Dies hat zum einen darin seine Ursache, dass sich diese Texte schon durch ihre Sprachentscheidung nicht an eine außernordische Öffentlichkeit wenden und sich daher auch nicht in übernommene historiographische Traditionen stellen. Zum zweiten liegt dies in speziellen Gattungstraditionen. Da den Königssagas die theologische Ausrichtung der kontinentalen Texte fehlt, ist ihre Darstellung weit stärker auf die Entscheidungen und das Handeln der Personen bezogen. Dadurch, dass aber die Geschichtsdarstellung personalisiert ist, ist es auch der Vergleich als Instrument. Aus diesem Grund ist hier lediglich der „Männervergleich" eine feste Größe. In Snorris Heimskringla fällt hingegen auf, dass er den interkulturellen ,

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IV. Ausblick

186

Vergleich regelrecht zu vermeiden sucht. Der Norden ist bei ihm ein Kulturraum, der sich vom restlichen Europa emanzipiert hat. Damit fand die geschilderte Entwicklung ein Ende. Nach den Darstellungen Saxos und Snorris erreichte die Geschichtsschreibung im Norden keine derartigen Höhepunkte mehr. Insgesamt muss hervorgehoben werden, dass diese Entwicklung nicht linear zu verstehen ist. Sie ist in Texten zu erkennen, die in Dänemark, Norwegen und Island entstanden waren. Aufgrund des fundamentalen Einflusses des Reichs auf Dänemark ist die politische und damit auch historiographische Situation in diesem Königreich, wie erwähnt, viel eher mit den Umständen etwa in Polen vergleichbar als in Norwegen. In Island hingegen konnte sich gerade auch aufgrund Abgelegenheit die angesprochene isolierte Form von Geschichtsschreibung entwickeln. Darüber hinaus muss betont werden, dass die norwegischen Berichte über Olaf den Heiligen teilweise Jahrzehnte nach den dänischen über Knut den Heiligen niedergeschrieben wurden und dass dagegen etwa Theodoricus Monachus und Sven Aggesen nahezu zeitgleich ihre Werke verfassten. Auch ist nicht in jedem Fall geklärt, ob die einzelnen Autoren Kenntnis von den Werken ihrer Vorgänger besaßen. Dennoch ist die dargestellte Entwicklung nicht zu übersehen. Die Aufnahme der klassisch-antiken wie auch historischen Bezüge neben den biblischen in die Historiographie des Nordens zeigt, dass es nicht nur um eine Verortang des Eigenen auf der christlichen Landkarte geht, um die eigene Geschichte als Teil des göttlichen Heilsplans, sondern auch darum, die neu entstandenen Reiche und Kulturräume als einen Teil der ,großen Erzählung' der europäischen Geschichte darzustellen. Die heilsgeschichtliche Komponente, die mitunter auch in Gestalt typologischer Geschichtsdeutung auftreten kann,31 ist davon zwar die wichtigste, aber nur eine Art der Selbstverortang. Im Norden ist der Vergleich mit dem Alten Europa' also immer eine Verortang in dieser importierten ,großen Erzählung', in welcher der biblisch-christliche Hintergrund nicht immer vom klassisch-antiken getrennt wird. Ein wichtiger Punkt bei der Fremddeutang ist daher, inwieweit der Fremde in dieser Tradition „europäischer" Geschichte überhaupt als Fremder oder Anderer wahrgenommen wird: Je mehr man sich als Teil der ,großen Erzählung', als Teil Europas darstellt, desto mehr muss der Fremde zum Anderen ,

werden. Diese Beschäftigung mit dem Alten Europa' zur Verortang in dessen historischer und geistiger Tradition war für die Autoren sowohl des mittelalterlichen Nordens wie auch des Ostens von grundlegender Bedeutung. Am deutlichsten wird dies bei Cosmas von Prag, der am Ende seiner Chronik bemerkt, die Historiographen der neuen Reiche hätten ,

großen Tisch ihrer Herrin, der Philosophie, an köstlichen des gesamten Frankenreiches ausgeschöpft."32

„am ze

31 32

Speisen sich gelabt und die Schät-

Vgl. dazu Zernack, Vorläufer ( 1998), 77. Cosmas von Prag, Chronica Boemorum, Hb. 3, c. 59: qui (...) ad magnam mensam domine philosophie delisiosispasti [sunt] epulis (...) exhaustts tocius Francie thesauris Vgl. dazu Bujnoch, Gallus (1977), 314.

Vergleichen im mittelalterlichen Europa

187

geistigen Schätzen des Frankenreiches bereicherte sich auch Theodoricus Monachus. Was für alle Historiographen der neuen Reiche aber in gewisser Hinsicht zum Leitstern wurde, war Rom.33 All diese Reiche im Norden orientierten sich in ihrer historischen Selbstdeutung an römischen Modellen. Dies ist natürlich im Zusammenhang der Renaissance des 12. Jahrhunderts zu sehen wie auch der damit verbundenen „intoxication with antiquity", wie es Robert Benson genannt hat.34 Ein zusätzliches Moment in diesem Aufschwung ist aber auch die Tatsache, dass genau in dieser Zeit alle Reiche des ,Neuen Europa' ihre Vergangenheit verschriftlichten. Dies befruchtete auch wieder die Historiographie im ,Alten Europa'.35 Biblische, klassische und historische Vergleiche waren also die Hauptelemente der Identitätskonstruktionen im mittelalterlichen Norden. Diese konnten auf der diachronen wie auch auf der synchronen Ebene durchgeführt werden. Sie konnten in expliziter aber auch in impliziter Form auftreten. Die impliziten Vergleiche wurden etwa über den Werkaufbau durchgeführt oder indem man die Protagonisten in Bibel- bzw. Klassikerzitaten sprechen ließ. Damit ergibt sich für die im Norden verwendeten Vergleichsmodi ein grundlegend anderes Bild als es aus der Betrachtung der kontinentalen und anglonormannischen Quellen hervorgegangen war. Die dortigen Methoden und Vorgehensweisen, etwa die interpretado Romana, die theologischen Deutungsmodelle oder auch die Barbarenkontrastierungen, fanden jedoch im Norden ebenfalls Anwendung. Blickten die dänischen und norwegischen Autoren vor allem der Verfasser der Historia Norwegie und Saxo Grammaticus sind hier zu nennen auf die ihren Reichen benachbarten heidnischen Völker, wurden auch diese Vergleichskataloge genutzt. Damit übernahmen sie aber nicht nur Darstellungsweisen aus bekannten historiographischen Texten, um ihre eigenen Werke in diese Traditionen zu stellen, auch diese Aussage geht tiefer. Die Orientierung an einer europäischen Öffentlichkeit ist hier ebenfalls nicht zu übersehen, stellten doch die Autoren die Königreiche und Kirchen des Nordens damit als neue Missionszentren dar. Insgesamt kann man die Entwicklung der Historiographie im Norden als die Suche nach Mythen bezeichnen, die zur Grundlage jeder Identitätskonstruktion wurden. Mit jedem Schritt traten neue Mythen auf. Diese Suche setzte sich in positiver wie auch negativer, fast immer aber vergleichender Hinsicht mit den europäischen Überlieferungen An den

-

-

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-

auseinander, innerhalb derer man im christlichen Norden seinen Platz suchte. Am Beginn des 13. Jahrhunderts hatte Vergleich nicht mehr.

33 Mortensen, Working (1998), 417. 34 Benson, Renovatio (1982), 339f. 35 Mortensen, Working (1998), 418.

man

diesen gefunden. Damit brauchte man den

Vgl. dazu auch Southern, Aspects (1970),

195f.

V.

Anhang

1.

English Summary

This thesis addresses the construction of 'national' identities in medieval Europe regarding especially the fundamental transitions caused by the Christianization of eastern and northern Europe. The forging of medieval collective identities has already been surveyed by many scholars. The close link between identity and alterity has been stressed in all historical disciplines. Jan Assmann's study "Das kulturelle Gedächtnis", which showed basic modes and structures of the tradition and transition of cultural memory, was highly influential. This memory can be seen as the very basis for the construction of identities. Medievalists have been acknowledging Assmann's concepts for a long time, applying them to the Middle Ages. All scholars studying the forging of identities have stressed the basic interdependency of identity and alterity. However, in most cases this interrelation has been understood in terms of mere distinction from "the Other". Reevaluating this interrelation is the main issue of this thesis. Most scholars who have studied it to date have surveyed this interrelation as two parts with a clear distinction. This distinction, however, cannot always be derived from the sources, and in its systematic reduction it often neglects the fundamental interdependency of identity and alterity. In order to avoid such a division, a different approach has been chosen, which is intended more to stress the interrelation. Therefore, not only the perception of but rather the comparison with "the Other" is examined. For this survey, the Christianization of Scandinavia and the integration of the Nordic kingdoms into a Christian-European order were chosen as a paradigm. This process can be seen as one of the most important and most influential changes in the Middle Ages. Some decades after these transitions, downright massive waves of historiography emerged in the various Nordic regna. Historiography is understood as the most important instrument for the keeping of memoria and therefore for the construction of an identity for a certain group in the Middle Ages. These waves can be especially observed in connection with incidents seen as influential for the transition of identities. Such periods have been dubbed "mythopoetic moments" in scholarship (Lars Boje Mortensen). The most fundamental example in the North has already been mentioned in the Christianization and subsequent founding of the Nordic archbishoprics. Another example is the Norman Conquest of England in 1066, which had led to a historiographie réévaluation of the past.

1.

189

English Summary

In this "new" past, the

perception or rather the construction of "the Other" was re-con-

structed, too. Two different historiographie views of this transition are surveyed to capture the entire impact of the Christianization of the North. One the one hand, it was "the view North": the perception and construction of the Scandinavian peoples in historiographie texts from the old, post-Carolingian Europe; especially the regna succeeding the Frankish Empire as well as the Anglo-Saxon kingdoms and, later, England. On the other hand, the evolution of'national' historiography in Scandinavia, above all Norway, Denmark and Iceland, were studied for their construction of "the Other", the regions of Europe Christianized long before, where the process of Scandinavia's integration originated. In a first introductive chapter, the transitions in the North are surveyed as seen by their southern contemporaries. The ancient and early medieval notions of the North were marked by mythical notions such as the classical ultima Thule or the biblical aquilo. It was not until the Viking invasions that the North was seen as a 'real' region of historic importance. At first, the ravages ofthe Norsemen seemed to confirm the old concepts that linked the North with the end of the world, both temporally and geographically. Hence, many Frankish annalists interpreted these incidents theologically. This comprehension underwent radical changes with increasing attempts to bring the cross north. This task was claimed above all by the archbishopric of Hamburg-Bremen. The divine mission of converting the North was also determined by theological concepts, but in the historiography of Hamburg-Bremen (Rimbert's Vita Anskarii and Adam's Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum) interest in the North gained an entirely new quality. Nonetheless, these texts relied on classic ethnographic traditions, and their principal object was depicting the Nordic peoples as pagan or barbarian which would strengthen Hamburg's case for continuing the Scandinavian mission. These depictions can be only conditionally interpreted as comparisons. The only construction of identity achieved by this construction of alterity is the notion that the Christians are non-pagan and non-barbarian. The comparison becomes much more important when leaving the contemporary level and turning to placing "the Other" in one's particular concepts of history. After the Norman conquest of 1066, the island's historians had to reevaluate the history of the English. The early 12th century saw a massive wave of historiographie production. Its most important exponents were William of Malmesbury and Henry of Huntingdon. In their histories of the English, a very ambivalent handling of the Norman Conquest is evident. The time before 1066 was entirely reinterpreted, however. After having incorporated the origin myth of the Anglo-Saxons written by their predecessor, the Venerable Bede, they could also find a foundation myth for the English kingdom: it was the unification of the regna that Alfred the Great achieved by defending them against the Danish invasions. Hence, the Danes as "the Other" received great interest in these histories. While Henry of Huntingdon elaborated a system of conquests that subsequently afflicted the British Isles as forms of divine intervention of which the Danish invasion was the crudest, William of Malmesbury rather stresses the barbarian nature of the Danes. In comparison to the -

190

V. Anhang

as well as to the Celtic peoples -, he presents a civilization process on the part of the English people. By surveying the view North, the concepts and notions elaborated in recent scholarship could be approved. In fact, distinction is an important issue in the interrelation of identities and alterity. By examining the Scandinavian historiography and its "view south", however, this study arrives at another conclusion. The first historiographie texts in the North were of a hagiographie nature. A similar development can be traced in nearly all regions of the recently integrated North and East of Europe. In all royal dynasties, a sacred ancestor was worshipped. These holy rulers were the subjects of the first historiographie texts. In Norway, these were the vitae of Olaf Tryggvason and above all Olaf Haraldsson, whereas in Denmark St Canute was venerated. The first step towards historic consciousness in the North was of a sacral nature. In these texts, the Christian South, where the new belief of the Danes and Norwegians originated, is of major importance. The historic dimension was not added prior to this development. In late 12th-century Norway, an anonymous Historia Norwegie was composed, and Theodoricus Monachus wrote his Historia de andquitate regum Norwagien-

Danes

-

sium.

Examining the comparisons in these initial steps of Nordic historiography, a certain development could be traced. Whereas in the first texts only biblical comparisons are drawn, the Anglo-Saxon Ailnoth, who wrote about St Canute, also employed classical allusions. Theodoricus Monachus was the first Norse author to compare Norwegian history not only to biblical or classical but also to historical characters and incidents namely Charlemagne. But all these modes of comparison the biblical, the classical, and the historical point to the equivalence of the Nordic kingdoms with "Old Europe". In this respect, the connection of identity and alterity by mere distinction, which has dominated scholars' interpretations so far, has to be reconsidered. The notions of identity and alterity can also be determined by equality; identity can be constructed by stressing that very equality. In the North, in this respect, an interplay of local and imported myths can be -

-

-

observed. But this equality was soon abandoned. At the end of the 12th century, the Danish chronicler Saxo Grammaticus wrote his famous Gesta Danorum. Like his predecessors, he wrote in Latin, which implies that he was addressing an international European public. Also like his predecessors, he used the modes of comparison, implying equality. However, unlike them, he used this equality only as a basis for his account of Danish history this equality is not even to be questioned. Instead, he stresses Danish superiority in many ways by comparing stereotypes of the Danish as bold, manly, and honest with

-

stereotypes of the Germans as perfidious and dastardly. On another level, he compares Denmark to the Roman and later German-Roman Empire. As scholars have pointed out, the composition of his Gesta Danorum depicts the Danish kingdom as an equal and independent empire in the Baltic, a Rome of the North. But this Rome of the North is also on occasion presented as superior to the Rome of the Germans. Especially during the

1.

English Summary

191

schism, the Hohenstaufen emperor Frederick Barbarossa had forfeited the empire's dig-

so that in Saxo's account even the Germans said that King Valdemar of Denmark would be the worthier emperor. From the 13th century on, Nordic historiography turned away from its international recipients to be written in Old Norse. Therefore, the perception of and comparison with "the Other" also lost importance. The most important exponent of the historiographie tradition of the king's saga compilations is Snorri Sturluson, author of the Heimskringla. Whereas the king's sagas in general give little importance to non-Nordic characters or incidents, Snorri even seems to avoid comparisons beyond the cultural borders constructed by him. In the 13th century, Nordic history had found its self-confident place in European history. After Saxo and Snorri, no major histories of the North were written until the modern age. Generally speaking, the approach of 'comparing comparisons', rather than the 'perception of the Other', enables us to perceive the entire spectrum of identity and alterity, their interrelation and interdependency. The comparison not only allows for conclusions of distinction, it can also stress equality, as is evident in the earliest Scandinavian histori-

nity,

ography. Making comparisons is one of the most important modes of constructing identities in medieval Europe, it is evidence of a positioning within a universal order, and it removes the tension between the universal horizon and regional boundaries.

V. Anhang

192

2.

Abkürzungsverzeichnis Archiv für Kulturgeschichte Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters English Historical Review Frühmittelalterliche Studien Festschrift Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr

AKG DA EHR FMSt FS FSGA

vom

GWU HZ

ÍF JEGP MGH MGH SS MGH SS

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rer.

Germ.

Stein-Gedächtnisausgabe

Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Historische Zeitschrift íslenzk Fornrit Journal of English and Germanic Philology Monumenta Germaniae Histórica Monumenta Germaniae Histórica, Scriptores Monumenta Germaniae Histórica, Scriptores reram Germanicarum in usum scholarum seperatim editi Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung Neudruck Nova Series Reallexikon der germanischen Altertumskunde J. F. Böhmer, Regesta Imperii Scandinavian Journal of History Vorträge und Forschungen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Zeitschrift für Historische Forschung

3.

193

Quellenvaerzeichnis

3.

Quellenverzeichnis

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3.

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V. Anhang

Register Aachen 27, 112, 145 Absalom, bibl. Kg. 108 Absalon, Ebf. v. Lund (gest. 1201) 116f, 120, 139, 143, 147, 149, 173 Adalbert, Ebf. v. Hamburg-Bremen (gest. 1072) 33 Adam von Bremen, Geschichtsschreiber (gest. nach 1081) 18, 19, 32^13, 65, 73, 75, 77,

78,82,103,104,106,114, 116,118,122,138, 145, 171, 177f, 182, 183 Aelgifu/Alfiva (gest. um 1040) 82 ¿Elred von Rievaulx, Philosoph/Geschichtsschreiber (gest. 1167) 48 ^Ethelred, Kg. v. Wessex (gest. 871) 55 iEthelred IL, Kg. v. England (gest. 1016) 54f, 61, 166 ^thelstan, Kg. v. England (gest. 939) 50, 55, 154, 174 ¿Ethelweard, Earldorman u. Geschichtsschreiber (gest. um 998) 30f, 32, 49, 65 ^thelwold, Bf. v. Winchester (gest. 984) 60 ^Ethelwulf, Kg. v. Wessex (gest. 858) 60 Afrika 153, 162

Agamemnon, Kg. v. Mykene 87 Agdenes, Hafen in Norwegen 111 Agnellus, Addressat der Historia Norwegie 98 Ailnoth, Geschichtsschreiber 83, 84, 86f, 90, 91f.,95, 106,108, 112, 114, 184 Albion (Britannien) 49 Albrecht d. Bär, Mgf. v. Brandenburg (gest. 1170) 125

Alemannia, s. u. Deutschland Alexander III., Papst (gest. 1181) 111, 142, 143 Alexander von Blois, Bf. v. Lincoln (gest. 1148)

46 Alexios I. Komnenos, byz. Ks. (gest. 1118) 163 Alfred d. Große, Kg. v. Wessex (gest. 899) 29, 30, 55, 56f„ 67, 72, 77, 179 Alphege (Elfheah) Erzbischof von Canterbury

(gest. 1012) 59 Alwilda 132 Amlethus (Hamlet), dän. Prinz 137 Anchin 182 Andreas von Marchiennes, Geschichtsschreiber 48, 141

Äneiden, Geschlecht

141

Angelsachsen (Engländer, Angli), Volk 9f., 17, 25, 28f, 30, 41, 44-73, 74, 84, 88, 91, 121, 154, 166, 175 Angul, dän. Kg. 136,140 Ansgar, Ebf. v. Hamburg-Bremen (gest. 865) 33, 36,38,41, 145 Araber, Volk 24, 177

Argiver, s. u. Griechen Ari I>orgilsson, Geschichtsschreiber (gest. 1148) 106

Aristoteles, Philosoph (gest. 322 v. Chr.) 35 Arnold von Lübeck, Geschichtsschreiber (gest. 1211/14) 126, 145 Arthur, brit. Kg. 48, 64f. Asen, Göttergeschlecht 132, 158, 175 Ashdown, Schlacht (871) 67 Asien 133, 175 Asser, Bf. v. Sherbome, Geschichtsschreiber (gest. 908/09) 30

Ätna, siz. Vulkan Augustus,

röm. Ks.

107

(gest. 14) 111, 136f,

158

Babylon 85 Baldeg (Baldr), sächs. Kg. 133 Balduin L, Kg. v. Jerusalem (gest. 1118) 163 Bayeux 61 Beda Venerabilis, Theologe/Geschichtsschreiber (gest. 735) 29, 46, 49f„ 53, 55, 73, 179 Bergen 111 Biarco, dän. Anführer 125 Birkabeyn, dän. Kg. 69

Bithynien 111 Björn, schwed. Kg. 38 Boethius, Philosoph (gest. 524/26) 117 Böhmen, Hzm./Kgr. 81, 147-149, 179 Boleslaw III., Hz. v. Polen (gest. 1138) 147f. Boris (gest. 1015) und Gleb (gest. 1015), Söhne Wladimirs I. 82 Bosporus 93 Bouvines, Schlacht (1214) 155

(Brâvalla), Schlacht 128, 173 Brindisi 111 Britannien 18, 29, 46, 48, 49, 53, 58-60, 62-67, 69,71,73,77, 108, 141, 155, 179 Briten, Volk, s. u. Waliser Brunanburh, Schlacht (937) 49 Brawalla

5.

223

Register

Brutus, röm. Konsul 137

Edmund, Hl. 166

Byzanz, s. u. Konstantinopel

Edward III., der Bekenner,

Canterbury 59,60,84 Cerdic, ags. Anführer (gest. 534)

48

Ceres, Gottheit 107 Chartres 52,93 Chosroes/Chosrau, pers. Kg. (gest. 579) 109 Christian von Buch, Ebf. v. Mainz (gest. 1183)

Dan, dän. Kg. 118,136,140 Danaer, s. u. Griechen Danelag (Danelaw) 24, 30, 55, 57 Dänemark 10, 17, 19,20,26, 33, 55f, 63, 69,70, 71, 80, 81, 83f. 86-88, 90, 91, 94, 95, 96, 98, 101, 102, 106, 112, 115-150, 156, 159, 161, 166, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 179, 185 Dänen, Volk 18, 26, 27, 31, 32, 35, 44, 50, 51, 53, 54-72, 73, 75, 77, 78, 88, 89, 90, 92f, 102, 112, 115-150, 155, 156, 158, 160, 166, 171, 172, 173, 174, 175, 178, 179, 185 Danewerk 130, 160 David, bibl. Kg. 85, 139 Deutsche (Teutoni, Germant), Volk 15, 99, 118, 119, 120-134, 139, 142f, 144-147, 154, 171, 179, 184 Deutschland (Germania, Alemannia) 120-134, 139, 142, 144, 147, 185 Diana, Gottheit 107 Domitian, röm. Ks. (gest. 96) 109 St. Quentin, Geschichtsschreiber (gest. 1043) 29, 75f. Dunstan, Ebf. v. Canterbury (gest. 988) 60 v.

vor

Eadmer, Geschichtsschreiber (gest. um 1124) 48,72 Eadric Streona, Ealdorman v. Mercia (gest. 1017) 70 East Anglia, ags.

Edgar, Kg.

v.

Kgr. 56 England (gest. 975) 48, 50, 54,

v.

27, 112 Eibslawen, Volk 145 Emma

142

Cicero, Philosoph (gest. 43 v. Chr.) 106, 184 Constantius, röm. Ks. (gest. 306) 111 Cosmas von Prag, Geschichtsschreiber (gest. 1125) 147f, 180, 186

Dudo

England (gest. 1066) 68,71,96 Einar Tambarskjelve (Pambarskelfi), norw. Adliger (gest. um 1050) 82 Einarr Skúlason, Skalde (gest. sp. 12. Jh.) 83 Einhard, Geschichtsschreiber (gest. 840) Kg.

von

der Normandie

(gest. 1052) 68

England 9, 16, 18, 19, 24, 33, 44-74, 82, 83, 89, 96, 99, 110, 121, 139, 140, 141, 145, 147, 154, 155, 156, 157, 159, 161, 162, 164, 166, 172, 174, 175 Erik der Gute (Ejegod), Kg. v. Dänemark (gest. 1103) 84, 139 Erik Emune, Kg. v. Dänemark (gest. 1137) 126, 128, 139 Erik Blutaxt (Eirikr blööex), Kg. v. Norwegen, Jarl v. Northumbria (gest. 954) 101 Erling Skakke, Jarl (gest. 1179) 96, 166 Eysteinn Erlendsson, Ebf. v. Trondheim (gest. 1188) 83,98,99,111,166,182 Eysteinn Magnusson, Kg. v. Norwegen (gest. 1122) 111, 152f., 169 Eysteinn Haraldsson, norw. Kg. (gest. 1157) 184

Färöerinseln 161 Finnen, Volk 102, 103f., 125, 173 Flamen, Volk 50,63 Flandern 159, 161 Florence von Worcester, Geschichtsschreiber (gest. 1118) 47 Franken, Land 133 Franken, Volk 17, 25, 26, 28, 29, 76, 91, 112,

134, 141, 154, 160, 186 Frankreich 65, 69, 99, 117, 118, 136, 139, 140f., 147, 164, 166, 167, 174, 182 Friedrich I. Barbarossa, röm. Kg. u. Ks. (gest.

1190)

15, 129, 136, 141, 143f, 147, 149,

185

Friesen, Volk 60, 160 Friesland 26f., 133 Frotho, dän. Kg. 137,149,172

55,63

Edgith, ostfrk. Kgn. (gest. 946) 30 Edmund II., Eisenseite, Kg. v. (gest. 1016) 68

England

Gallien 60, 100, 142 Gallier, Volk 62, 91, 92, 120, 142

Franken)

(s. auch

u.

V. Anhang

224 Gallus Anonymus, Geschichtsschreiber (gest. nach 1116) 147f, 179 Geffrei Gaimar, Geschichtsschreiber (gest. um 1150) 48, 69f. Geoffrey von Monmouth, Geschichtsschreiber

(gest. um 1155) 48,65 Georgios, byz. Feldherr 163

Harald Halfdansson Klak, dän. Kg. (gest. 852) 130, 138, 146 Harald Hasenfuß, Kg. v. England (gest. 1040) 68 Harald Schönhaar, Kg. v. Norwegen (gest. 933) 20,50,96,99, 136, 151, 154, 157 Harald Hardrade, Kg. v. Norwegen (gest. 1066)

82, 96, 100, 108f, 112, 152f, 155f, 162f,

Germania, s. u. Deutschland Gildas, Geschichtsschreiber (gest. um 570) 53

Glastonbury, Kloster 46 Gog und Magog, apokalyptische Völker 23 Gorm der Alte, dän. Kg. (gest. nach 935) 101, 118, 129 Gorm der Engländer, dän. Anführer 121 Goten, Volk 60,91, 171 Gottfried (Götricus /Godofrid), dän. Kg. 27f, 132, 134 Gottfried von Viterbo, Geschichtsschreiber (gest. 1191/92) 48, 140 Griechen (Danaer, Argiver), Volk 62, 87, 121, 139 Griechenland 87,93, 112 Grimkel, Missionsbf. (gest. nach 1046) 82 Grönland 96,101,161, 173 Gunhild (Kunigunde), röm. Kgn. u. Ksn. (gest.

1038) 124f,139 Gunhild, Ehefrau v. Erik Blutaxt (Gunnhildr konungamóóir) (gest. um 980) 101 Gunhild, Tochter Harald Blauzahns (gest. 1002) 70

168 Harald Grenske,

norw. Kg. (gest. 995) 81 Hardeknut, Kg. v. Dänemark u. England (gest. 1042) 68,112 Harold Godwinson, Kg. v. England (gest. 1066) 93, 155 Hastings, Schlacht (1066) 44,50,52 Hatto, Ebf. von Mainz (gest. 913) 14 Havelok, dän. Prinz 48, 69 Heiliges Land 70,93, 100, 171 Heinrich III., röm. Kg. u. Ks. (gest. 1056) 69, 124, 139, 175 Heinrich VI., röm. Kg. u. Ks. (gest. 1197) 140 Heinrich L, Kg. v. England (gest. 1135) 45 Heinrich IL, Kg. v. England (gest. 1189) 48 Heinrich der Löwe, Hz. v. Sachsen u. Bayern (gest. 1195) 125,130-132,147,157

Heinrich

Huntingdon, Geschichtsschreiber (gest. 1160) 18,44,46,47,48,49,51,52,53, 55, 56, 57-62, 63, 65, 66, 69, 73, 75-78, 178 Hekla, isl. Vulkan 107 Hektor, trojan. Held 87, 141 Helena, Ehefrau Constantius' I. (gest. um 330) von

111 Haithabu 130

Hako, Wikinger 123

Hákon Aöalsteinnsßstrt, der Gute, Kg. v. Norwe-

gen (gest. 961) 100,154,161 Hákon IV Hâkonsson, Kg. v. Norwegen (gest. 1263) 169 Hâkon, Jarl u. Regent v. Norwegen (gest. 995) 81, 110, 160 Halfdan der Schwarze, norw. Kg. (gest. um 860) 158, 170

Halogaland 107 Hamburg, Erzbistum (Hamburg-Bremen) 23, 32^43, 74f., 103, 115, 162, 177f. Hannibal, karthag. Feldherr (gest. 183 87 Harald Blauzahn,

v.

18,

Chr.)

Kg. v. Dänemark (gest. 985/86) 89, 100, 122, 139, 146, 160 Harald Hen, Kg. v. Dänemark (gest. 1080) 83

Helgo, dän. Kg. 132 Hemming, dän. Kg. 27 Hengest u. Horsa, ags. Anführer 32, 57, 64, Henrik Skadelâr (gest. 1134) 127 Herodes, bibl. Kg. (gest. 4 v. Chr.) 87

179

Hexham, Kloster 47 Hialto, dän. Anführer 125 Hiamus, Dichter 142

Hieronymus, Theologe (gest. 419) 11 Of. Hildigisleus 123 Hippokrates, Arzt (gest. um 370 v. Chr.) 35 Hjardvar 130 Honorius Augustodunensis, Theologe (gest. 1151)

um

103

Horaz, Dichter (gest. 8

v.

Chr.) 108, 114, 129,

137

Hugo v.

St.

Viktor, Theologe (gest.

Hunnen, Volk 100,155

1141 )

110

5.

225

Register

Iarmericus 122 Ingeborg, Tochter Waidemars d. Großen, Kgn. v. Frankreich (gest. 1236) 118 Ingigerd, Gfsn. v. Nowgorod u. Kiew (gest. 1050) 164f„ 169 Ingjald (Ingellus), dän. Kg. 126f, 141, 156 Iren, Volk 64,77,78, 121, 155 Irland 139, 161 Isidor von Sevilla, Autor (gest. 636) 14 Island 17, 19,81,90,91,95,107, 151-170, 173, 175, 179, 186 Isländer (Isonier), Volk 90, 91 Italien 91, 139

Jaffa, Schlacht (1192) 155 Jakob 85 Jaroslaw der Weise, Großfürst v. Nowgorod u. Kiew (gest. 1054) 162,164 Jeremias, bibl. Prophet 22, 23, 26, 34, 161, 177 Jerusalem 100, 164 Johannes der Täufer 86 Johannes von Worcester, Geschichtsschreiber

(gestumlHO) 47,53

Josef 85

Jovian, röm. Ks. (gest. 364) 109f.

Judäa 87 Julian Apostata, röm. Ks. (gest. 363) 110, 166 Julius Cäsar (gest. 44 v. Chr.) 91, 109, 137 Juten, Volk 49, 119 Karl der Große, fränk.

Kg. u. Ks. (gest. 814) 26, 27, 112f, 125, 133, 134, 143, 184 Karlmann, fränk. Kg. (gest. 754) 112 Karolingerreich 17, 26, 112, 115, 184f. Kelten, Völker 29, 64f, 178 Kierkegaard, Seren, Philosoph (gest. 1855) 8 KieverRus' 81 Knut II., der Große,

v.

Heilige, Kg.

v.

Dänemark

(gest.

1086) 70f, 80, 83f, 86, 87f., 95, 156, 183, 184, 185 Knut VI., Kg. v. Dänemark (gest. 1202) 118, 147 Knut Laward, Jarl u. Hz. v. Schleswig (gest. 1131) 80, 127 Köln 100 Köln, Ebm. 33

111

Konstantinopel (Byzanz) 93, 94, 108, 111, 139, 162-164, 168, 169, 171

Konstantinopel, Blachernä-Palast 163 Konstantinopel, Goldene Pforte 163 Langobarden, Volk 35,155 Lejre, dän. Kgs.sitz 116 Limfjord 160 Lincolnshire 48 Lindisfarne, Kloster 24, 55, 66 Liudgast, dän. Kg. 133 Liudger, sächs. Kg. 133 Livius, Geschichtsschreiber (gest. um 17) 117 Lombardei 139 London 57,66,67,68,93 Lothar III. von Süpplingenburg, röm. Kg. u. Ks. (gest. 1137) 127, 130, 164 Lübeck 144 Lucan, Dichter (gest. 65) 108, 113, 114 Ludwig der Fromme, frk. Kg. u. Ks. (gest. 840) 136, 138, 145 Lund, Ebm. 20, 33, 96, 115, 116f, 136, 138, 143, 173

Magdeburg, Ebm. 33 Magnus I., der Gute, Kg. v. Norwegen u. Dänemark (gest. 1047) 71,96, 101, 102, 108, 112, 152, 162, 174 Magnus III. Barfuß (Magnus berfœttr), Kg. v. Norwegen (gest. 1103) 70 Magnus V Erlingsson, Kg. v. Norwegen (gest. 1184) 83,96, 166, 169 Magnus Billung, Hz. v. Sachsen (gest. 1106) 125

Kg. Dänemark, Norwegen u. England (gest. 1035) 54f., 63, 67-70, 81f., 83, 90, 96, 112, 115, 124, 139, 143, 155f,

175 Knut IV, der

Konrad II., röm. Kg. u. Ks. (gest. 1039) 175 Konstantin der Große, röm. Ks. (gest. 337) 100,

Magnus, legend. Sohn Ks. Heinrichs III.

125

Mainz 112,146 Mars, Gottheit 36 Martianus Capeila,

Enzyklopädist 137 Mathilde, Äbtissin von Essen (gest. 1011) Mercia, ags. Kgr. 56

30

Mercier, Volk 56 Merkurius, Hl. (gest. 250) 166 Michael IV, byz. Kaiser (gest. 1041) 162 Mithridates VI., Kg. v. Pontos (gest. 63 v. Chr.) 109

Myrmidonen

87

226

V. Anhang

Nebukadnezar, bibl. Kg. 161 Nero, röm. Ks. (gest.68) 87 Nestor, griech. Held 129 Nicholas Breakspear, Kardinal, dann Hadrian IV, Papst (gest. 1159) 96, 157 Nidaros, Ebm., s. u. Trondheim, Ebm. Niels, Kg. v. Dänemark (gest. 1134) 126 Nor, norw. Kg. 136 Normandie 18, 24, 45, 46, 47, 51, 55, 62, 68, 75, 157, 174 Normannen, Volk 9, 10, 16, 18, 25, 28, 30, 4474, 75f., 77, 84, 162, 174, 179 Northumbria, ags. Kgr. 30, 56, 60, 67 Northumbrier, Volk 56 Norwegen 10, 12, 17, 19, 20, 38, 40, 51, 55, 69, 70, 80-84, 85, 88, 89f, 91, 92, 95, 96-115, 130, 139, 149, 150, 151-170, 172, 173, 174, 175, 176, 179, 181, 183, 184, 186 Norweger, Volk 18, 32, 37, 50, 51, 60, 63f., 65, 66, 71, 72, 73, 77, 78, 85, 87, 88, 90, 96-115, 119, 121, 128, 151-170, 171f, 174, 175, 180, 187 Notker Balbulus, Geschichtsschreiber (gest. 27 Nowgorod 162, 165

912)

Oddr Snorrason,

Hagiograph (gest. um 1200) 81, 85f., 88,89,92,94, 182 Odense, Bistum 11, 84, 95, 184 Odense, Albanuskirche 83 Odysseus, griech. Held 107, 129 Olaf L, Hunger, Kg. v. Dänemark (gest. 1095) 83 Olaf I.

Tryggvason, Kg. v. Norwegen (gest. 1000) 37f, 80, 81, 85f, 88f, 92, 94, 96, 101, 105, 109f, 111, 114, 160, 161, 182 Olaf II. Haraldsson, Kg. v. Norwegen (gest. 1030) 37, 51, 66, 80-83, 84, 85f, 88f, 90,91,92,93, 94, 95, 96, 98, 99, 101, 102, 105, 108, HOL, 114, 150, 157, 158f, 160, 161, 162, 165, 171, 175, 181, 182, 183, 184, 186 Olaf III., d. Sanftmütige (Kyrre), Kg. v. Norwegen (gest. 1093) 156 Olaf III. Schatzkönig (Skötkonung), Kg. v. Schweden (gest. um 1022) 164 Ordericus Vitalis, Geschichtsschreiber (gest. um 1142) 18, 46, 53, 54, 55, 66, 70, 153, 155, 162 Ordulf/Otto (Ótta), Hz. v. Sachsen (Braunschweig) (gest. 1072) 125, 156f., 162, 174

Orkneyinseln

161

Orosius, Geschichtsschreiber (gest. 103, 106, 122, 149, 174

um

420)

röm. Ks.

(gest.

Oslo 98

Ostangeln (East Anglia), Volk Ostelbien 121 Ostfrk. Reich 25 Oswald, Hl. (gest. 642) 102 Otto L, der Große, ostfr. Kg.

56

u.

973) 89, 129f. Otto IL, ostfrk. Kg.

u. Ks. (gest. 983) 94, 100, 160 Otto IV, röm. Kg. u. Ks. (gest. 1218) 157 Otto, Bf. v. von Freising, Geschichtsschreiber (gest. 1158) 136 Ovid, Dichter (gest. 17) 108, 113, 114

Paulus

Diaconus, Geschichtsschreiber (gest.

797/99)

35 Pentland Firth 108 Perser, Volk 109 Pharnaces IL, Kg. v. Pontos 109

Philipp II. Augustus, Kg.

v.

(gest.

47

v.

Frankreich

1223) 118 Pikten, Volk 58

Chr.) (gest.

Poitou 155

Polen, Hzm./Kgr. 81, 147f, 179, 181, 182, 186

Pompeius 91 Poppo, Bf. v. Schleswig (gest.

um

1000)

89,

160

Priamos, Kg. v. Troja 87 Prazzen, Volk 39 Pytheas, Geograph (gest. um 310 v. Chr.) 22

Ragnar Loöbrok (Regnerus), dän. Kg. 119, 125, 130, 138, 143

Ralph Fitz-Gilbert, Landbesitzer in Lincolnshire, mit Ehefrau Konstanze 48 Regino von Prüm, Geschichtsschreiber (gest. 915) 14 Reims 100 Rerir, sächs. Kg. 133 Ribe 127 Richard v. St. Viktor, Theologe (gest. 1173) 110 Rigord, Geschichtsschreiber (gest. um 1209) 141

Rimbert, Ebf. v. Hamburg, Geschichtsschreiber (gest. 888) 33, 34, 35, 36, 38, 40, 42

5.

227

Register

Ringo, schwed. Kg.

128 Rochester 61 Rolf Krake 130 Rollo, normann. Anführer (gest. 931/32) 51f, 76 Rom 69, 87, 91, 103, 110, 111, 113, 134-145, 147, 149, 150, 167, 172, 175, 185, 187 Römer, Volk 46, 58, 62, 91, 103, 106, 107, 109, 134-145, 149 Römisch-Deutsches Reich 16f, 89, 100, 115,

125, 134-145, 146, 147, 149f, 159, 160, 162, 179, 186

152f,163f,169

Sigurd Syr, norw. Kg. (gest. 1018)

81

Sihtric, Däne 66

Sizilien 162 Skythen, Volk 37 Slawen, Völker 19, 32, 78, 119, 121f, 123, 129,

139, 142, 149, 155, 159, 171, 172 Sturluson, Geschichtsschreiber (gest. 1241) 20, 85, 151-170, 171f, 173, 174, 175, 176, 183, 185, 186 Solinus, Kompilator 103,173 Snorri

Romulus und Remus 137

Roskilde,Bm. 116f, 126, 143 Rouen 81,89, 110 Russland 88, 155, 164f. Sachsen, Hzm. 64, 98, 120-134, 146, 159 Sachsen, Volk 31, 32, 40, 49, 50, 58, 59, 63, 64, 91f.,99, 119, 120-134, 159, 160, 172, 174 Sasmundr Sigfusson (inn frööt), Geschichtsschreiber (gest. 1133) 107 Sallust, Geschichtsschreiber (gest. 35/34 v. Chr.) 108,114, 117 Salomon, bibl. König 129 Samland 139 Samländer, Volk 39, 171 Saxo Grammaticus, Geschichtsschreiber

Sigarus, dän. Kg. 123 Sigi, sächs. Kg. 133 Sigurd Jerusalemfahrer (Sigurör Jorsalafári), Kg. v. Norwegen (gest. 1130) 70, 100, 113,

(gest.

1220) 15,20,48,82, 103, 104, 107, 115151, 152, 154, 156, 160, 167, 171-176, 179f, 182,183, 184, 185, 186, 187

um

Scato 132 Schonen 130 Schotten, Volk 57, 58, 63f, 66, 71, 73, 78 Schottland 69,98, 161, 175

Stephan

v.

Blois, Kg.

181

Seeland 117, 118f. Seine 25 Shetlandinseln 161 Sidon 163

bei

v.

England (gest. 1154)

45

Stephan, Hl. 102,184 Stiklestad, Schlacht (1030) 80, 81, 82, 96, 101, 105, 162 64 Sturla Iporöarson, Geschichtsschreiber (gest.

Stratford-upon-Avon 1284) 169 Sven I., Gabelbart,

Kg. v. Dänemark, Norwegen England (gest. 1014) 54f, 59, 66, 67, 70,

115, 166 Sven II. Estridsen,

137

Siegfried, Gf. v. Weimar-Orlamünde, Pfgf. Rhein (gest. 1113) 125

St. Bertin, Kloster 25 St. Évroul, Kloster 46 Stamford Bridge, Schlacht ( 1066) 96, 112, 155 Starkaör (Starcatherus), dän. Held 127, 137 Stavanger 159

u.

Schweden, Königreich 19, 33, 38,128,130,158, 165,173 Schweden, Volk 32, 39, 60, 91, 95, 105, 119, 128, 164f, 171, 172 Scillyinseln 88, 161 Scioldus (Skiold), dän. Kg. 118,132 Scipio Africanus, röm. Feldherr (gest 183 v. Chr.)

Scylla und Charybdis, Ungeheuer 52, 107,

Sophia, dän. Kgn. 137 Spanien 87,93, 164

Kg.

v.

Dänemark

(gest. 1074)

41,71,83,87, 116, 143, 155, 166 Sven III., Grathe, Kg. v. Dänemark (gest. 1157) 127, 131, 144 Sven Alfivason (Knutsson), Jarl in Norwegen (gest. 1036) 82

Aggesen, Geschichtsschreiber (gest. um 1200) 20,116, 117, 118, 121f, 128-130,131,

Sven

137, 139, 141, 144, 146, 147, 150, 179, 180, 182, 186 Sverre Sigurdsson, Kg. v. Norwegen (gest. 1202) 20, 69, 83, 96

Sygne, Tochter Sigarus' 123 Sylvester I., Papst (gest. 335) 111 Symeon von Durham, Geschichtsschreiber (gest. nach 1129) 47

V. Anhang

228

Syrien

Theodoricus (Pórir), Bf. v. Hamar (gest. 1196) 98 Theodoricus (Pórir), Ebf. v. Trondheim (gest. 1214) 98 Theodoricus Monachus, Geschichtsschreiber um 1200) 19, 89, 93, 96-115, 136, 141, 148, 166, 167, 180, 182, 183, 184, 186,

(gest. 187

Thietmar, Bf.

v.

(gest. 1018)

Merseburg, Geschichtsschreiber 32

Thorkel 146 Thorkill 138

Thyra Danebod, dän. Kgn. (gest. um 935) 129f. Titus, röm. Ks. (gest. 81) 109 Tostig Godwinson, Earl v. Northumbria (gest. 1066) 155 Trojaner, Volk 48, 87, 106, 140, 158, 175 Trendelag 19,98 Trondheim (Nidaros), Ebm. 11, 19, 20, 96, 97, 103, 107, 114, 151, 157, 166

Tyrrhenisches Meer

51

Uffo, dän. Prinz 128f.

(W/Mtfr/Wulfhild), Tochter Olafs des Heiligen, Hzn. v. Sachsen (gest. um 1070)

Ulfhild

125, 157 ultima Thule

22, 23, 42, 107, 139 Ungarn, Kgr. 81, 179, 182 Ungarn, Volk 24, 177 Urban IL, Papst (gest. 1099) 71

Utgârd

Kg. v. Dänemark (gest. 1182) 15, 20, 116f, 121f, 129, 130, 131f, 139, 140, 142, 143f, 145, 147, 149, 156, 185 Waliser (Briten), Volk 48, 63f., 71, 73, 78 Wandalen, Volk 60 Waräger 93, 162, 163, 164 Wenden, Volk 63, 102, 112, 122, 160-162, 174 Wenzel d. HL, Hz. v. Böhmen (gest. 929/35) Waldemar L,

93

Székesfehérvár, Bistum 11

138

Valerius Maximus, Geschichtsschreiber 117, 127 Vegdeg, sächs. Kg. 133 Vergil, Dichter (gest. 19 v. Chr.) 108, 114, 117 Vestfold 81,96 Viken (Vlk) 98, 159, 160 Viktor IV. (Oktavian), Papst (gest. 1164) 129, 147

148

Wermundus, dän. Kg. 128 Wessex, ags. Kgr. 18, 56, 100

Westfalen 133 Westfränkisches Reich 24, 25, 27, 30 Westsachsen (Wessex), Volk 55 Widukind von Corvey, Geschichtsschreiber (gest. nach 973) 30 Wilhelm L, der Eroberer (der Bastard), Kg. v.

England (gest. 1087) 44, 51, 52, 54, 60, 68, 69, 166 Wilhelm II. Rufus, Kg. v. England (gest. 1100) 48 Wilhelm von ¿Ebelholt, Geschichtsschreiber

(gest. 1203) 118,146,182

Wilhelm von Jumièges, Geschichtsschreiber (gest. nach 1070) 47, 75f, 82t, 110,168,182 Wilhelm von Malmesbury, Geschichtsschreiber

(gest. um 1143) 18, 31,44,46,47,48,49, 50, 51, 53, 55, 56, 57, 60, 61, 62-72, 73, 75-78, 122, 178, 185

Wilhelm

von

Newburgh,

(gest. 1198)

Geschichtsschreiber

48

von Poitiers, Geschichtsschreiber (gest. 1090) 68 William Shakespeare, Dichter (gest. 1616) 137 Wladimir I. d. HL, d. Große, Fs. v. Kiew (gest. 1015) 82 Wodan (OdinlOthinus), Gottheit/König 32, 36,

Wilhelm

133,172 Worcester, Kloster 47

Ynglinger, 175 York 44

nord.

Kgs.geschlecht 98, 106, 158,