Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung (§§ 73 bis 76a StGB): Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert 9783110316667, 9783110316780, 9783110378139

The present work describes how sanctions of forfeiture, confiscation, and rendering unusable directed against property h

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
ERSTER TEIL: GRUNDLAGEN
Erstes Kapitel: Sachliche Grundlegung: Probleme und Methoden
A) Problemstellung
B) Methodik und Fragestellung
C) Darstellungsweise
D) Festlegung der Terminologie
Zweites Kapitel: Historische Grundlegung
A) Einleitung
B) Rezeptionsgeschichte
I. Allgemeine (oder bruchteilige) Vermögenseinziehung im römischen Recht
II. Spezialkonfiskation im römischen Recht
III. Die Entwicklung im germanischen Recht bis zum Gemeinen Recht
C) Partikulargesetzgebung
I. Außerpreußisches Partikularrecht
II. Preußisches Strafgesetzbuch von 1851
1. Von 1825 bis 1836
2. Fortgang bis 1843
3. Von 1843 bis 1847
4. Von 1847 bis 1851
III. Zusammenfassung
ZWEITER TEIL: ENTWICKLUNG SEIT 1870
Drittes Kapitel: Reichsstrafgesetzgebung als Ausgangspunkt
A) Entwurf Friedberg
B) Entwürfe der Bundesratskommission
C) Verhandlungen im Reichstag
D) Zusammenfassung
Viertes Kapitel: Reformversuche und Gesetzgebung bis zum Beginn der Strafrechtsreform
Fünftes Kapitel: Beginn der Strafrechtsreform
A) Vorentwurf 1909
I. Einziehung (§ 54 VE)
II. Unbrauchbarmachung (§ 55 VE)
III. Selbständige Anordnung (§ 56 VE)
B) Gegenentwurf von 1911
C) Kommissionsentwurf von 1913
I. Erste Lesung
1. Einziehung (§ 54 VE)
2. Unbrauchbarmachung (§ 55 VE)
3. Selbständige Anordnung (§ 56 VE)
II. Zweite Lesung und Schlussredaktion des Entwurfs
Sechstes Kapitel: Weimarer Republik
A) Der Entwurf von 1919
B) Entwurf von 1922 (Entwurf Radbruch) und Entwurf von 1925 (Reichsratsvorlage)
C) Der Entwurf von 1927 (Reichstagsvorlage)
D) Der Entwurf von 1930 (Entwurf Kahl)
E) Zusammenfassung / Fazit
Siebentes Kapitel: Zeit des Nationalsozialismus
A) Denkschrift des preußischen Justizministers Kerrl
B) Arbeit der amtlichen Strafrechtskommission
I. Erste Lesung 1933/34
1. Vermögenseinziehung
2. Einziehung und Unbrauchbarmachung
II. Zweite Lesung 1935/36
1. Vermögenseinziehung
2. Verfall
3. Einziehung und Unbrauchbarmachung
a) § 433 E 1. Lesung
b) § 434 E 1. Lesung
c) § 435 E 1. Lesung
4. Endgültige Fassung E 1936
a) Vermögenseinziehung
b) Verfall
c) Einziehung und Unbrauchbarmachung
C) Zusammenfassung / Fazit
Achtes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung nach 1945
A) Besatzungsrecht
B) Gesetzgebung der fünfziger Jahre
C) Beratungen der Großen Strafrechtskommission ab 1954
I. Grundsatzfragen des Bundesjustizministeriums
1. Grundsatzfrage 5 e
2. Grundsatzfrage 5 f
3. Grundsatzfrage 5 f1
II. Erste Lesung des Allgemeinen Teils
1. Umdruck J 24
2. Umdruck R 59
a) Verfall und Einziehung der producta et instrumenta sceleris
b) Einziehung des Gewinns
c) Einziehung des Entgelts für die Begehung einer Straftat
3. Umdruck J 28
a) Entgelt- und Gewinnverfall
b) Einziehung
4. Beratungen der Strafrechtskommission
a) Einziehung und Unbrauchbarmachung
aa) § d Umdruck J 28
bb) § e Umdruck J 28
cc) § i Umdruck J 28
dd) § f Umdruck J 28
ee) § g Umdruck J 28
b) Entgelt- und Gewinnverfall
c) Verfall und Einziehung – Behandlung der juristischen Personen
III. Zweite Lesung des Allgemeinen Teils
1. Entgelt- und Gewinnverfall
2. Einziehung und Unbrauchbarmachung
Neuntes Kapitel: Reformdikussion und Gesetzgebung ab den Sechzigerjahren
A) Entwürfe von 1960 und 1962
B) Arbeiten des Sonderausschusses
I. Alternativ-Entwurf
II. Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform
1. Verfall
a) Verfall (§ 109 E 1962)
b) Verfall des Wertersatzes (§ 110 E 1962)
c) Härtevorschrift (§ 111 E 1962)
d) Wirkung des Verfalls (§ 112 E 1962)
e) Einziehung (§ 113 E 1962)
f) Einziehung nach besonderen Vorschriften
g) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Neu)
h) Einziehung des Wertersatzes (§ 115 E 1962)
i) Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen (§ 116 E 1962)
j) Wirkung der Einziehung (§ 117 E 1962)
k) Entschädigung (§ 119 E 1962)
l) Sondervorschrift für Organe und Vertreter (§ 120 E 1962)
m) Selbständige Anordnung (§ 118 E 1962)
C) Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
D) Zweites Gesetz zur Reform des Strafrechts
E) Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze (AWG) / Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformern der Organisierten Kriminalität (OrgKG)
I. Hintergründe des Gesetzesvorhabens
II. Entwurf eines „Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterter Verfall“
III. Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität
IV. Diskussion in Literatur und Rechtsprechung
F) Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKGErG)
G) 31. Strafrechtsänderungsgesetz – Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität (31. StrÄndG – 2. UKG)
H) Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (IuKDG)
I) Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Abschöpfung von Vermögensvorteilen aus Straftaten
J) Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten
K) Gesetz vom 22. August 2002 (EGFinSchÜbkProt2AG)
Zehntes Kapitel: Zusammenfassung und Würdigung
A) Zusammenfassung
I. Verfall
II. Einziehung und Unbrauchbarmachung
B) Würdigung
ANHANG
Synopse
Qellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
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Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung (§§ 73 bis 76a StGB): Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert
 9783110316667, 9783110316780, 9783110378139

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Michaela Arnold Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung (§§ 73 bis 76a StGB) Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert Juristische Zeitgeschichte Abteilung 3, Band 44

Juristische Zeitgeschichte Hrsg. von Prof. Dr. Dr. Thomas Vormbaum

Abteilung 3: Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung Materialien zu einem historischen Kommentar Hrsg. von Prof. Dr. Dr. Thomas Vormbaum Band 44 Redaktion: Christoph Hagemann

De Gruyter

Michaela Arnold

Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung (§§ 73 bis 76a StGB) Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert

De Gruyter

ISBN 978-3-11-031666-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-031678-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-037813-9

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck: CPI books GmbH, Leck ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Vorwort Die vorliegende Arbeit zeichnet die Entwicklung der heute in den §§ 73–76a StGB geregelten Institute des Verfalls und der Einziehung vom Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches am 1. Januar 1872 bis heute nach. Die Betrachtung umfasst demnach eine Zeitspanne von mehr als 140 Jahren. In dieser Zeitspanne hat sich die Strafrechtsgesetzgebung durch die verschiedenen Staatsformen hinweg, vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und das Nationalsozialistische Deutsche Reich bis heute fortentwickelt. Ziel dieser Arbeit war es, diese Entwicklung nachvollziehbar darzustellen und dabei Kontinuitäten wie auch Brüche herauszuarbeiten. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die größten Entwicklungsschübe in der gesetzlichen Ausgestaltung der hier zu betrachtenden Institute nicht etwa in Zeiten autoritärer Regierungsformen, sondern in den letzten Jahrzehnten aufgetreten sind. Angefangen mit der Gesetzgebung zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität wird der Anwendungsbereich des Verfalls ernorm ausgeweitet. Trotzdem es ein demokratisch legitimierter Gesetzgeber ist, der diese Verschärfungen der Rechtslage beschlossen hat, ist diese Entwicklung aus Sicht der Verfasserin kritisch zu sehen. Ob sich die heutige Ausgestaltung von Verfall und Einziehung noch mit den Vorgaben des Grundgesetzes vereinbaren lässt, erscheint zumindest zweifelhaft. Auch in diesem Sinne soll die vorliegende Arbeit dazu dienen, für weitere gesetzgeberische Diskussionen eine Grundlage zu bieten. Mein Dank gebührt vor allem meinem Doktorvater Prof. Dr. Dr. Thomas Vormbaum, der das Thema der Arbeit anregte und ihren Fortgang in jedem Stadium kritisch und konstruktiv begleitet hat. Weiterer Dank gebührt meinem Ehemann Rechtsanwalt Dr. Martin Arnold. Die mit ihm geführten Diskussionen über die Systematik und deren zeitgeschichtliche Hintergründe waren fruchtbringend und haben das Gelingen dieser Arbeit mit beeinflusst. Ich danke auch meinen Eltern, lic. oec. Hans Michael und Daniela Gallenkamp sowie meinen Schwiegereltern, Prof. Dr. Dr. h.c. Volker und Monika Arnold, die mich alle mental bei der Arbeit unterstützt haben. April 2014

Michaela Arnold

Inhaltsverzeichnis Vorwort .............................................................................................................V ERSTER TEIL: GRUNDLAGEN Erstes Kapitel: Sachliche Grundlegung: Probleme und Methoden .................. 3 A) Problemstellung ..................................................................................... 3 B) Methodik und Fragestellung .................................................................. 3 C) Darstellungsweise .................................................................................. 4 D) Festlegung der Terminologie ................................................................. 4 Zweites Kapitel: Historische Grundlegung ....................................................... 6 A) Einleitung............................................................................................... 6 B) Rezeptionsgeschichte ............................................................................. 6 I.

Allgemeine (oder bruchteilige) Vermögenseinziehung im römischen Recht ........................................................................ 6

II. Spezialkonfiskation im römischen Recht........................................ 8 III. Die Entwicklung im germanischen Recht bis zum Gemeinen Recht ...................................................................... 9 C)

Partikulargesetzgebung ..................................................................... 14 I.

Außerpreußisches Partikularrecht ................................................. 14

II. Preußisches Strafgesetzbuch von 1851 ......................................... 18 1. Von 1825 bis 1836 .................................................................. 21 2. Fortgang bis 1843 ................................................................... 26 3. Von 1843 bis 1847 .................................................................. 28 4. Von 1847 bis 1851 .................................................................. 30 III. Zusammenfassung ........................................................................ 35

VIII

Inhaltsverzeichnis ZWEITER TEIL: ENTWICKLUNG SEIT 1870

Drittes Kapitel: Reichsstrafgesetzgebung als Ausgangspunkt ........................ 39 A) Entwurf Friedberg ................................................................................ 39 B) Entwürfe der Bundesratskommission .................................................. 41 C) Verhandlungen im Reichstag ............................................................... 48 D) Zusammenfassung ............................................................................... 51 Viertes Kapitel: Reformversuche und Gesetzgebung bis zum Beginn der Strafrechtsreform .................................................................. 55 Fünftes Kapitel: Beginn der Strafrechtsreform ............................................... 60 A) Vorentwurf 1909 .................................................................................. 60 I.

Einziehung (§ 54 VE) ................................................................... 61

II. Unbrauchbarmachung (§ 55 VE) .................................................. 63 III. Selbständige Anordnung (§ 56 VE) .............................................. 64 B) Gegenentwurf von 1911....................................................................... 65 C) Kommissionsentwurf von 1913 ........................................................... 68 I.

Erste Lesung ................................................................................. 69 1. Einziehung (§ 54 VE) ............................................................. 69 2. Unbrauchbarmachung (§ 55 VE) ............................................ 75 3. Selbständige Anordnung (§ 56 VE) ........................................ 76

II. Zweite Lesung und Schlussredaktion des Entwurfs...................... 77 Sechstes Kapitel: Weimarer Republik ............................................................. 80 A) Der Entwurf von 1919 ......................................................................... 80 B) Entwurf von 1922 (Entwurf Radbruch) und Entwurf von 1925 (Reichsratsvorlage) .............................................................................. 84 C) Der Entwurf von 1927 (Reichstagsvorlage)......................................... 90 D) Der Entwurf von 1930 (Entwurf Kahl) .............................................. 103 E) Zusammenfassung / Fazit .................................................................. 108

Inhaltsverzeichnis

IX

Siebentes Kapitel: Zeit des Nationalsozialismus ........................................... 112 A) Denkschrift des preußischen Justizministers Kerrl ............................ 112 B) Arbeit der amtlichen Strafrechtskommission ..................................... 115 I.

Erste Lesung 1933/34 ................................................................. 117 1. Vermögenseinziehung .......................................................... 117 2. Einziehung und Unbrauchbarmachung ................................. 120

II. Zweite Lesung 1935/36 .............................................................. 126 1. Vermögenseinziehung .......................................................... 126 2. Verfall ................................................................................... 127 3. Einziehung und Unbrauchbarmachung ................................. 128 a) § 433 E 1. Lesung .......................................................... 128 b) § 434 E 1. Lesung .......................................................... 132 c) § 435 E 1. Lesung .......................................................... 133 4. Endgültige Fassung E 1936 .................................................. 134 a) Vermögenseinziehung .................................................... 135 b) Verfall ............................................................................ 136 c) Einziehung und Unbrauchbarmachung .......................... 137 C) Zusammenfassung / Fazit .................................................................. 140 Achtes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung nach 1945 ................. 142 A) Besatzungsrecht ................................................................................. 142 B) Gesetzgebung der fünfziger Jahre ...................................................... 143 C) Beratungen der Großen Strafrechtskommission ab 1954................... 144 I.

Grundsatzfragen des Bundesjustizministeriums ......................... 145 1. Grundsatzfrage 5 e ................................................................ 145 2. Grundsatzfrage 5 f ................................................................ 147 3. Grundsatzfrage 5 f1 .............................................................. 148

II. Erste Lesung des Allgemeinen Teils........................................... 148 1. Umdruck J 24........................................................................ 149 2. Umdruck R 59 ...................................................................... 155

X

Inhaltsverzeichnis a) Verfall und Einziehung der producta et instrumenta sceleris ..................................... 155 b) Einziehung des Gewinns ................................................ 156 c) Einziehung des Entgelts für die Begehung einer Straftat .................................................. 158 3. Umdruck J 28........................................................................ 161 a) Entgelt- und Gewinnverfall ............................................ 161 b) Einziehung ..................................................................... 163 4. Beratungen der Strafrechtskommission ................................ 167 a) Einziehung und Unbrauchbarmachung .......................... 167 aa) § d Umdruck J 28................................................... 167 bb) § e Umdruck J 28 ................................................... 169 cc) § i Umdruck J 28 ................................................... 171 dd) § f Umdruck J 28 ................................................... 172 ee) § g Umdruck J 28................................................... 174 b) Entgelt- und Gewinnverfall ............................................ 174 c) Verfall und Einziehung – Behandlung der juristischen Personen................................................ 176 III. Zweite Lesung des Allgemeinen Teils ........................................ 181 1. Entgelt- und Gewinnverfall .................................................. 181 2. Einziehung und Unbrauchbarmachung ................................. 183

Neuntes Kapitel: Reformdikussion und Gesetzgebung ab den Sechzigerjahren ................................................................................. 195 A) Entwürfe von 1960 und 1962 ............................................................. 195 B) Arbeiten des Sonderausschusses ........................................................ 208 I.

Alternativ-Entwurf ...................................................................... 209

II. Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform .... 211 1. Verfall ................................................................................... 213 a) Verfall (§ 109 E 1962) ................................................... 213 b) Verfall des Wertersatzes (§ 110 E 1962)........................ 222

Inhaltsverzeichnis

XI

c) Härtevorschrift (§ 111 E 1962) ...................................... 222 d) Wirkung des Verfalls (§ 112 E 1962) ............................ 224 e) Einziehung (§ 113 E 1962) ............................................ 224 f) Einziehung nach besonderen Vorschriften ..................... 228 g) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Neu) ..................... 232 h) Einziehung des Wertersatzes (§ 115 E 1962) ................. 234 i) Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen (§ 116 E 1962) .................... 236 j) Wirkung der Einziehung (§ 117 E 1962) ....................... 243 k) Entschädigung (§ 119 E 1962) ....................................... 244 l) Sondervorschrift für Organe und Vertreter (§ 120 E 1962)................................................................ 247 m) Selbständige Anordnung (§ 118 E 1962) ....................... 247 C) Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten ............. 249 D) Zweites Gesetz zur Reform des Strafrechts ....................................... 249 E) Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze (AWG) / Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformern der Organisierten Kriminalität (OrgKG) ........ 251 I.

Hintergründe des Gesetzesvorhabens ......................................... 251

II. Entwurf eines „Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterter Verfall“ ................................................................. 257 III. Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität ........................................................... 263 IV. Diskussion in Literatur und Rechtsprechung .............................. 272 F) Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKGErG) ... 274 G) 31. Strafrechtsänderungsgesetz – Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität (31. StrÄndG – 2. UKG) ........ 277

XII

Inhaltsverzeichnis

H) Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (IuKDG) ....................... 277 I) Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Abschöpfung von Vermögensvorteilen aus Straftaten .................................................... 278 J) Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten ................................. 283 K) Gesetz vom 22. August 2002 (EGFinSchÜbkProt2AG).................... 286 Zehntes Kapitel: Zusammenfassung und Würdigung .................................... 287 A) Zusammenfassung ............................................................................. 287 I.

Verfall ......................................................................................... 287

II. Einziehung und Unbrauchbarmachung ....................................... 290 B) Würdigung ......................................................................................... 302 ANHANG Synopse ......................................................................................................... 317 Qellenverzeichnis .......................................................................................... 353 Literaturverzeichnis ...................................................................................... 366

ERSTER TEIL: GRUNDLAGEN

Erstes Kapitel: Sachliche Grundlegung: Probleme und Methoden A) Problemstellung In der vorliegenden Arbeit soll die Entwicklung der gegen das Eigentum gerichteten Sanktionen des Verfalls, der Einziehung sowie der in der Titelüberschrift der heutigen §§ 73 ff. StGB nicht ausdrücklich genannten, aber mitgeregelten Unbrauchbarmachung insbesondere seit 1871 dargestellt werden. Denn die heutige Normierung dieser Sanktionen im Strafgesetzbuch ist das Ergebnis jahrzehntelanger Arbeit, etlicher Reformüberlegungen sowie sich teilweise daran anschließender Änderungen. Hauptaufgabe dieser Arbeit ist es daher, die Veränderungen, deren Hintergründe, die Motive sowie die Argumente der Beteiligten herauszuarbeiten und die aktuelle Gesetzeslage darzustellen.

B) Methodik und Fragestellung Die geschichtliche Entwicklung der einzelnen Sanktionen wird anhand der jeweils geltenden Fassung der Norm sowie der Arbeiten der jeweiligen gesetzgebenden Körperschaft, der vorgelegten Entwürfe und der dazugehörigen Stellungnahmen und Diskussionen der beteiligten Gremien dargestellt. Berücksichtigt werden zum Teil auch kritische Stimmen und Reformüberlegungen in der juristischen Fachliteratur sofern diese Einfluss auf die ausgearbeiteten Entwürfe hatten. Berücksichtigung finden sie ferner dann, wenn sie einem besseren Verständnis der in den Kommissionen besprochenen Themen dienen. Vom zeitlichen Ansatz her konzentriert sich die Darstellung schwerpunktmäßig auf den Zeitraum ab Entstehung des Reichsstrafgesetzbuches von 1871. Jedoch soll auch die vorausgegangene Entwicklung im römischen Recht sowie im deutschen Recht, hier insbesondere im Rahmen der Partikulargesetzgebung aufgezeigt werden. Denn es darf nicht übersehen werden, dass diese Entwicklungen Einfluss auf die Ausgestaltung der Einziehungstatbestände im Reichsstrafgesetzbuch hatten. Weiterhin wurde in den einzelnen Entwürfen und Gesetzgebungsverfahren immer wieder auf ältere Konfiskationsvorstellungen aus der Zeit vor 1871 zurück gegriffen, ohne deren Kenntnis die modernen Erscheinungsformen der Einziehung nicht vollständig zu erklären sind.1

1

Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 12.

4

Erster Teil: Grundlagen

Die vorliegende Arbeit ist auf die spezifisch strafrechtlichen Maßnahmen der Einziehung, des Verfalls und der Unbrauchbarmachung beschränkt, die im Allgemeinen Teil des StGB bzw. des RStGB geregelt sind bzw. waren. Auf die Sonderregelungen im Besonderen Teil, im Nebenstrafrecht sowie im Ordnungswidrigkeitenrecht, welches materiellrechtlich dem Strafrecht im weiteren Sinne zuzuordnen ist,2 wird nur dann eingegangen, wenn es für die Entwicklung der Sanktionen im Allgemeinen Teil des StGB bzw. des RStGB von Bedeutung ist.

C) Darstellungsweise Die Darstellung erfolgt in historischen Abschnitten, wobei die jeweiligen Entwürfe auszugsweise dargestellt werden. Anhand der dazugehörigen verfügbaren Motive und Protokolle der beteiligten Gremien wird ausgewertet, warum es zu Änderungen in den jeweiligen Entwürfen gekommen ist. Zur besseren Übersicht und um einen Vergleich der unterschiedlichen Gesetzes- und Entwurfstexte zu erleichtern, sind der Arbeit die maßgeblichen Fassungen der Konfiskationsnorm in einem Anhang beigefügt. Am Ende der Arbeit erfolgt eine Zusammenfassung im Hinblick auf die Entwicklung und die Änderungen des Sanktionsrechts mit einer daran anschließenden rechtlichen Würdigung.

D) Festlegung der Terminologie Bei den Maßnahmen der Einziehung, des Verfalls und der Unbrauchbarmachung handelt es sich um sogenannte Eigentumssanktionen.3 Von einer Eigentumssanktion ist immer dort zu sprechen, wo die Wirkung der richterlichen Anordnung nicht nur auf eine unspezifische Vermögenseinbuße beschränkt bleibt, sondern zu einem unmittelbaren Zugriff auf einen bestimmten Gegenstand führt.4 Da es für die Kennzeichnung der strafrechtlichen Eigentumssanktionen in deren Entwicklungsgeschichte teilweise keine feststehende Terminologie gab und sich in der teils verwirrenden Fülle von Begriffen hinter dem gleichen Namen Verschiedenes oder unter verschiedenen Benennungen Gleiches verbergen konnte,5 ist es letztlich zur Erleichterung der Darstellung 2 3 4 5

Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 7; Ders., Abgrenzung S. 104 ff., 142, 218 ff., mit weit. Nachw. zum Streitstand. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 12. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 5. Vgl. z.B. § 6 des Gesetzes über den Verkehr mit russischen Zahlungsmitteln vom 15.03.1919 (RGBl. S. 321): „Die Geldzeichen können für verfallen (!) erklärt werden. Ist die Einziehung (!) nicht ausführbar, so kann auf Wertersatz erkannt werden.“

Erstes Kapitel: Sachliche Grundlegung: Probleme und Methoden

5

und zur Vermeidung von Missverständnissen angebracht, eine für diese Arbeit einheitliche Sprachregelung festzulegen.6 Soweit sich aus dem Zusammenhang nichts anderes ergibt, gilt der Begriff der „Einziehung“ ohne nähere Spezifizierung als Sammelbezeichnung für alle im Zusammenhang mit dieser Arbeit einschlägigen Formen eigentumsentziehender und -beschränkender Sanktionen. Die Einziehung kann jedoch auch näher spezifiziert und damit auf einen ganz bestimmten Einziehungstatbestand bezogen sein. So werden insbesondere die Formen der Einzeleinziehung, der allgemeinen oder teilweisen Vermögenseinziehung sowie die unterschiedslose Einziehung, auch Dritt-Einziehung genannt, behandelt werden. In der Zeit vor Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches wurde anstatt des Begriffs „Einziehung“ der der „Konfiskation“ benutzt.7 Von „Verfall“ wird nur dann die Rede sein, wenn das Gesetz diesen Begriff ausdrücklich verwendet, was im Allgemeinen nur bei der Einziehung von Tatentgelten und -gewinnen der Fall ist. Für Letztere hat sich immer stärker der Begriff der „Gewinnabschöpfung“ eingebürgert hat.8 Mit „Unbrauchbarmachung“ werden solche Fälle bezeichnet, in denen das betroffene Objekt aus Sicherungsgründen unschädlich zu machen ist. Unter „Ersatzeinziehung“ sind alle Fälle zu verstehen, in denen an die Stelle der Einziehung eine Ersatzsanktion treten kann, gleichgültig ob diese auf ein bestimmtes Surrogat, eine entsprechende Wertsumme oder eine Ersatzstrafe gerichtet ist.

6 7

8

Die Festlegung der Sprachregelung folgt dem Vorschlag Esers. Vgl. dazu: Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 5 ff. Der Begriff „Einziehung“ hat erstmals durch die Nachdruckgesetze von 1870 Eingang in die Gesetzessprache gefunden. Zurückzuführen ist dies insbesondere auf den Vorschlag der Abgeordneten Bähr und Oetker. Durch seine Übernahme im RStGB von 1871 gelang es ihm, den bis dahin üblichen Begriff der Konfiskation nahezu völlig zu verdrängen. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 10; Böhler, Einziehung, S. 1. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 10.

Zweites Kapitel: Historische Grundlegung A) Einleitung Die Entwicklung der heutigen Rechtsinstitute des StGB „Verfall“ und „Einziehung“ hat sich getrennt vollzogen.1 Die Einziehung in Form der Einzeleinziehung sowie der Unbrauchbarmachung bildete von vornherein einen Bestandteil des im Allgemeinen Teil des RStGB geregelten Rechtsfolgesystems und hatte bei dessen Inkrafttreten im Jahr 1871 bereits einen längeren Entwicklungsgang durchlaufen. Der Verfall ist erst in einem Spätstadium der Gesetzesentwicklung – nämlich zum 1. Januar 19752 – zu einem allgemein für das gesamte Strafrecht geltenden Rechtsfolgeinstitut im Allgemeinen Teil des StGB ausgestaltet worden.3 Das bis dahin geltende Recht sah einen Verfall nur in Einzelvorschriften vor, ohne eine genaue begriffliche Trennung von Verfall und Einziehung vorzunehmen.4

B) Rezeptionsgeschichte Die heutigen Eigentumssanktionen gehen teils auf das Römische, teils auf das Deutsche Recht zurück.

I. Allgemeine (oder bruchteilige) Vermögenseinziehung im römischen Recht Im Römischen Recht war die Einziehung des gesamten Vermögens oder eines zahlenmäßig ausgedrückten Teiles die Hauptform der Eigentumssanktion.5 1 2 3 4 5

Schmidt, LK, Vor § 73 Rn. 1. Joecks, MK, Vor §§ 73 ff Rn. 9. Schmidt, LK, Vor § 73 Rn. 1; Joecks, MK, Vor §§ 73 ff Rn. 9. Schmidt, LK, Vor § 73 Rn. 11; Joecks, MK, Vor §§ 73 ff Rn. 9. Lehmann, Vermögensstrafen d. römischen Rechts, S. 94; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 13. Dabei ist die älteste Form der Konfiskation die „consecratio“, die Einziehung des Vermögens zu Gunsten einer römischen Gottheit. Lehmann, Vermögensstrafen d. römischen Rechts, S. 94; Mommsen, Römisches Strafrecht, S. 49, 901; Böhler, Einziehung, S. 3. In der Zeit der Republik wurde dann das Verbrechen anstatt von religiösen, von ethischen und sozialen Gesichtspunkten aus betrachtet mit der Konsequenz, dass sich der Staat nunmehr als Inhaber des Strafanspruches betrachtete. So vollzog sich der Übergang von der consecratio zur publicratio. In Folge dessen nahm die Strafe der Vermögenseinziehung einen immer breiteren Raum ein, und zwar vornehmlich deshalb, weil sie sich als ein vortreffliches Mittel zur Bereicherung des Staa-

Zweites Kapitel: Historische Grundlegung

7

Diese Formen der Einziehung kamen in allen Teilen des Strafrechts vor.6 Zum einen als stillschweigende Folge jeder „Kapitalstrafe“, durch welche entweder das Leben, die Freiheit oder die „Civität“ verloren gingen, zum anderen als selbständige Strafe auf Grund einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift.7 Die spätere römische Rechtsentwicklung nahm an diesem Rechtszustand mannigfaltige Veränderungen vor und schränkte die Konfiskation des gesamten Vermögens ein.8 Kaiser Justinian hob schließlich in der Novelle 143 cap. 13 die totale Vermögenskonfiskation zugunsten des „Deszendenten“ und „Aszendenten“ des Verurteilten bis zum dritten Grad auf.9 Erst danach sollte das Vermögen dem Fiskus zufallen, es sei denn, es handelte sich um Majestätsbeleidigung.10 Hier blieb es bei der alten Form der Konfiskation des Gesamtvermögens.11 Charakteristikum der römisch-rechtlichen Konfiskation war, dass alle Wirkungen der Konfiskation mit der Begehung der Tat eintraten und das Urteil lediglich deklatorische Bedeutung hatte.12

6 7

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tes erwies. Lehmann, Vermögensstrafen d. römischen Rechts, S. 94; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 14; Mommsen, Römisches Strafrecht, S. 1006; Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 6; Böhler, Einziehung, S. 3. Die publicratio wandelte sich schließlich zur confiscratio nachdem die eingezogenen Güter seit Tiberius nicht mehr in die Staatskasse, sondern in den „fiscus“ des Kaisers gelangten. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 13; Mommsen, Römisches Strafrecht, S. 1005. Confiscare, eigentlich in den Geldkorb, also bar hinlegen, bezeichnet die Einziehung von Geld und Gut für Rechnung des Kaisers nicht notwendig auf dem Strafweg. Mommsen, Römisches Strafrecht, S. 1005. Lehmann, Vermögensstrafen d. römischen Rechts, S. 95. Schultz, S. 5; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 14; Lang, Einziehung nach § 40, S. 13; Rauh, Die Vermögensstrafen, S. 6; Böhler, Einziehung, S. 4; Heinze, GA 1857, 166. Die Konfiskation fand selbst dann statt, wenn der Angeklagte Selbstmord begangen hatte, um sich der Strafe zu entziehen. Lehmann, Vermögensstrafen d. römischen Rechts, S. 95; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 14. Schultz, Civilrechtliche Bedeutung der Einziehung, S. 7; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 15; Lang, Einziehung nach § 40, S. 13. Schultz, Civilrechtliche Bedeutung der Einziehung, S. 7; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 15; Lang,, Einziehung nach § 40, S. 13; Rauh, Die Vermögensstrafen, S. 6; Böhler, Einziehung, S. 4. Mommsen, Römisches Strafrecht, S. 1006. Schultz, civilrechtliche Bedeutung der Einziehung, S. 7; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 15; Lang, Einziehung nach § 40, S. 13; Mommsen, Römisches Strafrecht, S. 1006. Lehmann, Vermögensstrafen d. römischen Rechts, S. 97; Heinze, GA 1857, 166.

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Erster Teil: Grundlagen

II. Spezialkonfiskation im römischen Recht Häufig waren auch die Fälle der Konfiskation einzelner Vermögensgegenstände,13 wobei es keine Unterscheidung im Hinblick auf die heutigen Begrifflichkeiten gegeben hat. Im Gegensatz zur Vermögenskonfiskation, die von Gedanken der Sühne und Vergeltung beherrscht war, und sei es nur, um damit politische Machtinteressen oder nackte Habgier zu bemänteln, ist die der Spezialkonfiskation zugrunde liegende gesetzgeberische Motivation nicht auf einen einheitlichen Nenner zu bringen.14 Zunächst fand sich die Einziehung einzelner Gegenstände als wirkliche Strafe, als sogenannte „vindicta noxae“.15 Die Wirkung, das heißt der Eigentumsübergang bei dieser speziellen Einziehung des Gegenstandes, trat mit Ausführung der verbrecherischen Handlung ein. Trotz der Strafnatur war die Geltendmachung des Anspruchs an den Zivilrichter verwiesen.16 Andererseits findet sich die Einziehung einzelner Gegenstände auch als Polizeimaßregel.17 Kennzeichen selbiger ist, das sie dazu diente, dem Gemeinwohl schädliche Gegenstände unschädlich zu machen.18 Weiterhin gab es die Kondiktion der „scelere quaesita“ (des aus dem Verbrechen Erworbenen) und des „turpe lucrum“ (des schändlichen Gewinnes) als Vorläuferin des heutigen Entgelt- und Gewinnverfalls.19 Bei Sittenwidrigkeit des Erwerbsgrundes hatte der Veräußerer einen Rückforderungsanspruch, da die rechtsgrundlose Einbuße des Entreicherten wieder rückgängig gemacht werden sollte.20 Auch wenn nicht nur die Form der Geltendmachung, sondern auch die ratio legis dem Zivilrecht angehörte und es sich lediglich um zivil13

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Schultz, civilrechtliche Bedeutung der Einziehung, S. 6; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 15; Lang, Einziehung nach § 40, S. 13; Lehmann, Vermögensstrafen d. römischen Rechts, S. 101. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 15. Heinze, GA 1857, 166 f; Böhler, Einziehung, S. 4, Rauh, Die Vermögensstrafen, S. 6. Heinze, GA 1857, 166 f; Böhler, Einziehung, S. 4, Rauh, Die Vermögensstrafen, S. 6. Die Form der Einziehung kam speziell beim Schmuggel vor, indem die geschmuggelten Waren, einschließlich des Schiffes, dem Fiskus anheim fielen. Böhler, Einziehung, S. 4. Lehmann, Vermögensstrafen d. römischen Rechts, S. 102; Böhler, Einziehung, S. 4. Lehmann, Vermögensstrafen d. römischen Rechts, S. 102. Zu nennen ist hier beispielsweise die Einziehung verbotenerweise angefertigter Waffen. Böhler, Einziehung, S. 4. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 16. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 16.

Zweites Kapitel: Historische Grundlegung

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rechtliche Reparationsgesichtspunkte handelte, darf nicht übersehen werden, dass man damals von der heutigen klaren Trennung von Privat- und Strafrecht noch weit entfernt war.21 Es bestand eine innere Verwobenheit zwischen strafrechtlichen Sühne- und zivilrechtlichen Schadensersatzelementen.22 Zudem ist bereits ein entfernter Vorläufer der heutigen Unbrauchbarmachung zu verzeichnen. Das Herstellen, der Vortrag und die Verbreitung einer Schmähschrift war strafbar mit der Folge, dass sie vernichtet werden konnte.23 In diesem Zusammenhang traf das älteste mit einem Straferkenntnis verbundene Bücherverbot die Schriften des Cassius Severus, deren Vernichtung durch Verbrennung stattfand.24 Die Verordnungen Konstantins sprachen generell die Vernichtung der „libri famosi“ aus, wobei die Veröffentlichung als der dafür rechtlich maßgebende Umstand angesehen wurde.25 Das Delikt wurde nicht als Verletzung einer Person, sondern als Gefährdung des Gemeinwesens behandelt und bestraft.26

III. Die Entwicklung im germanischen Recht bis zum Gemeinen Recht27 Auch das germanische Recht kannte die Konfiskation des gesamten Vermögens als Folge strafbarer Handlungen.28 Das Rechtsinstitut der Konfiskation scheint aus der sogenannten Friedlosigkeit hervorgegangen zu sein, die in gestrenger Form die stillschweigende Einziehung des gesamten Vermögens bewirkte und zwar derart, dass es selbst der Familie des Übeltäters verloren ging.29 Friedlosigkeit bedeutet den Ausschluss des Täters aus dem Rechts- und

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28 29

Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 16 f.; Heinze, GA 1857, 166 f. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 16 f. Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, BArch R 3001/ 11450, S. 2. Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, BArch R 3001/ 11450, S. 2. Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, BArch R 3001/ 11450, S. 2. Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, BArch R 3001/ 11450, S. 2. Unter diesem Begriff versteht man die Gesamtheit der durch die Aufnahme des römischen und kanonischen Rechts („Rezeption“) herausgebildeten Rechtssätze. Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 55. Lang, Einziehung nach § 40, S. 13; Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 7. Lang, Einziehung nach § 40, S. 13; Conrad, Rechtsgeschichte I, S. 50; Schultz, Civilrechtliche Bedeutung der Einziehung, S. 7; Böhler, Einziehung, S. 5.

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Erster Teil: Grundlagen

Friedensverband des Volkes als Folge der Begehung einer „Missetat“30, die als Störung des Rechtsfriedens aufgefasst wurde.31 Der Täter wurde vollkommen rechtlos gestellt und sein Haus „verwüstet“32, ursprünglich wohl auch sein übriges Gut.33 In der späteren Entwicklung ist an die Stelle der „Wüstung“ die „Fronung“ getreten, die zum Inhalt hatte, dass das Gut des Friedlosen zu Gunsten der Gesamtheit verfiel.34 Nach und nach änderte sich der Blickwinkel in Bezug auf die Konfiskation des gesamten Vermögens als notwendige, immer eintretende Folge der Friedlosigkeit.35 Sie wurde mehr und mehr zu deren lediglich möglicher Folge ausgestaltet.36 Letztlich wurde die Konfiskation von der Friedlosigkeit getrennt zur selbständigen Strafe erhoben37 und im Hinblick auf ihren Umfang gemildert.38 Gewisse Sachen, eine Vermögensquote oder das ganze Vermögen wurden den Verwandten belassen, teilweise auch dem Verurteilten selbst.39 Wie schon in Rom führte die allgemeine Vermögenskonfiskation auch im deutschen Recht auf Grund ihrer oft willkürlichen Verhängung zu üblen Missbräuchen und Härten.40 Die Einziehung einzelner Gegenstände findet sich ebenfalls in den deutschen Quellen.41 Zunächst hatte der Eigentümer nach altgermanischer Auffassung für Schäden, die durch in seinem Eigentum stehende Sachen verursacht wurden 30

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Missetat bedeutet „die unglückliche oder schlechte Tat“. Sie ist die deutsche Entsprechung der lateinischen Bezeichnung des Verbrechens als malum factum. Denn unser Wort Verbrechen tritt erst im 15. Jahrhundert auf. Noch jünger ist das Wort Vergehen, das erst im 18. Jahrhundert belegt ist. His, deutsches Strafrecht, S. 1. Conrad, Rechtsgeschichte I, S. 50. Der Begriff meint verbrannt, vernichtet. Conrad, Rechtsgeschichte I, S. 50; His, deutsches Strafrecht, S. 50. Conrad, Rechtsgeschichte I, S. 50; His, deutsches Strafrecht, S. 50. Conrad, Rechtsgeschichte I, S. 51; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 18; His, deutsches Strafrecht, S. 50 f. Lang, Einziehung nach § 40, S. 13; Schultz, Civilrechtliche Bedeutung der Einziehung, S. 7, Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 10; Böhler, Einziehung, S. 5. Lang, Einziehung nach § 40, S. 13; Schultz, Civilrechtliche Bedeutung der Einziehung, S. 7, Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 10; Böhler, Einziehung, S. 5. Lang, Einziehung nach § 40, S. 13; Schultz, Civilrechtliche Bedeutung der Einziehung, S. 7, Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 8; Böhler, Einziehung, S. 5. Lang, Einziehung nach § 40, S. 13; Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 10. Lang, Einziehung nach § 40, S. 13; Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 10; Böhler, Einziehung, S. 5. Böhler, Einziehung, S. 5. Böhler, Einziehung, S. 5.

Zweites Kapitel: Historische Grundlegung

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aufzukommen.42 Diese ursprünglich auf volle „compositio“ gehende Haftung wurde recht frühzeitig zur bloßen Sachhaftung umgestaltet.43 Danach konnte sich der Eigentümer durch Hingabe der den Schaden verursachten Sache befreien.44 Das „unrein“ gewordene Werkzeug der Tat wurde „gewüstet“.45 An die Stelle der „Wüstung“ trat auch hier bald die „Fronung“.46 Hierin ist der Ursprung für die Einziehung der „instrumenta sceleris“, insbesondere für die unterschiedslose, also auch den unbeteiligten Dritten gegenüber zulässige Spezialeinziehung zu sehen.47 Einschränkungen erfuhr die Konfiskation insbesondere durch die Constitutio Criminalis Carolina (C.C.C.) von 1532,48 auch peinliche Halsgerichtsordnung Karls V. genannt.49 Zwar fanden sich in der C.C.C. sowohl die Konfiskation einzelner Gegenstände50 als auch des ganzen Vermögens. Allerdings wurde und wird in Art. 21851 eine Verwerfung aller Vermögenskonfiskationen als stillschweigende Folge der Verurteilung wegen gewisser Verbrechen gesehen; die Konfiskation sollte vielmehr nur noch dort zugelassen sein, wo sie ausdrücklich als Strafe für ein bestimmtes Verbrechen angedroht war.52 Die 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51

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Böhler, Einziehung, S. 5. A.a.O. A.a.O., S. 6. A.a.O. Mithin die Einziehung des Vermögensstückes zu Gunsten der Gemeinschaft, beziehungsweise des Verletzten Böhler, Einziehung, S. 6. Böhler, Einziehung, S. 6. Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 11; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 19; Schultz, Civilrechtliche Bedeutung der Einziehung, S. 7 f. Eisenhardt, Dt. Rechtsgeschichte, § 43 Rn 350; Conrad; Rechtsgeschichte II, S. 407; Böhler, Einziehung, S. 5. Art. 111: Das Haus in dem Falschmünzerei betrieben wird z.B. Nach Kaufmann, Peinliche Gerichtsordnung, S. 129. Wörtlich heißt es in 218 C.C.C. „[...], Item an etlichen orten, so eyn übelthetter außserhalb des lasters vnser beleidigten Majestet oder sunst in andern fellen, so der übelthetter leib vnnd gut nit verwirckt vom leben zum todt gestrafft, werden weib vnd kinder an bettelstabe, vnnd das gut dem herren zugewiesen, vnd die vnd dergleichen gewonheyt, Wolle wir, dass eyn jede oberkeyt abschaffen vnd daran sein soll, dass sie hinfürther nit geübt, gebraucht oder gehalten werden, als wir dann auß Keyserlicher macht die selben hiermit auffheben, vernichtigen vnnd abthun, vnd hinfürther nit eingefürt werden sollen.“ Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 11; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 19; Schultz, Civilrechtliche Bedeutung der Einziehung, S. 7 f.; So jedenfalls die h.M. im Gemeinen Recht, die die totale Vermögenskonfiskation nur noch bei solchen Verbrechen zulassen wollte, für die sie ausdrücklich vorgesehen war. Das war neben den Majestätsverbrechen u.a. bei Aufnahme geächteter Personen, Münzdelikten und Desertation der Fall. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 19 Fn. 44.

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Erster Teil: Grundlagen

Vermögenskonfiskation wurde zum Beispiel für Hochverrat, Desertion, Landfriedensbruch und Münzvergehen angedroht.53 Weiterhin wurden auch die entsprechenden römischen Regelungen über die „scelere quaesita“ und „turpia lucra“ übernommen, so dass Gewinne oder Entgelte eines Verbrechens als dem Fiskus verfallen galten, wobei deren Erfassung nicht zwangsläufig als eine Konfiskation, sondern manchmal auch als eine Verletzung zivilrechtlicher Regeln galt.54 Neben der C.C.C. waren die Reichspolizeiordnungen die bedeutensten Justizgesetze.55 Auf dem Reichstage zu Augsburg 1747/1748 wurde die Polizeiordnung der „Roemisch-Kayserlichen Majestät Ordnung und Reformation guter Policey, zu Beförderung des gemeinen Nutzens“ als Rechtsrahmen verabschiedet.56 An diese hatten sich auch die Polizeiordnungen der Einzelterritorien des Reiches zu halten.57 Danach waren alle Druckschriften einer Zensur daraufhin unterstellt, dass sie „der Lehr der Christlichen Kirchen und den Reichsabschieden nicht zuwider seien, auch nit auffrürisch oder schmelich, es treff gleich Hohe, Niedere, gemeine oder sonstige Personen“.58 Bei Zuwiderhandlungen waren die Schriften, wohl zur Strafe, einzuziehen.59 Die C.C.C. hat bis zum Ende des Alten Reiches im Jahre 1806 als Reichsgesetz gegolten.60 Trotz ihrer eingeschränkten Geltungskraft auf Grund einer salvatorischen Klausel in der Vorrede zum Gesetz, wonach den Reichsuntertanen befohlen wurde, sich in Strafsachen in Zukunft nach dem Gesetz zu richten, jedoch für die Kurfürsten, Fürsten und Reichsstände klargestellt wurde, dass „an ihren alten wohlhergebrachten rechtmäßigen und billigen Gebräuchen nichts benommen“ werden sollte (mit einigen Ausnahmen wie Art. 218 C.C.C. war dem Landesrecht ein weiter Spielraum belassen worden), hat sie weite Verbreitung gefunden.61 Auch die Landesgesetzgebung wurde

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Böhler, Einziehung, S. 6; Schultz, Civilrechtliche Bedeutung der Einziehung S. 8; Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 11. Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 56. http://de.wikipedia.org/wiki/Polizeiordnung. http://de.wikipedia.org/wiki/Polizeiordnung. http://de.wikipedia.org/wiki/Polizeiordnung. Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, BArch R 3001/ 11450, S. 3. Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, BArch R 3001/ 11450, S. 3. Conrad, Rechtsgeschichte II, S. 415; Schmidt, Carolina, S. 57. Conrad, Rechtsgeschichte II, S. 407, 415.

Zweites Kapitel: Historische Grundlegung

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von ihr beeinflusst.62 Seit dem 18. Jahrhundert setzte sich die Gesetzgebung der deutschen Staaten im Bereich des Strafrechts und des Strafprozessrechts unter dem Einfluss der Aufklärung in steigendem Maße über die C.C.C. hinweg.63 Im Zuge der im 18. Jahrhundert immer stärker werdenden Beeinflussung des Strafrechts durch die Aufklärung und die in ihrem Gefolge auftretende Naturrechtslehre64 wuchs die Zahl derer, die die allgemeine Vermögenskonfiskation als Strafmittel wegen ihrer Härte gegen die unschuldigen Familienmitglieder und wegen ihrer politischen Gefährlichkeit ablehnten.65 Unter ihnen an herausgehobener Stelle Beccaria, der in seinem berühmten Werk „Über Verbrechen und Strafen“66 wie folgt Stellung dazu nahm: „Konfiskationen setzen einen Preis aus auf das Haupt der Schwachen und bewirken, dass der Unschuldige die Strafe des Schuldigen erleidet; damit versetzen sie sogar die Unschuldigen in die verzweifelte Notwendigkeit, Verbrechen zu begehen. Welches Schauspiel ist wohl trauriger als dasjenige einer Familie, die durch die Verbrechen ihres Hauptes in Ehrlosigkeit und Elend gerissen wird, obwohl die vom Gesetz befohlene Unterordnung unter dieses Haupt sie hindert, das Verbrechen zu verhüten, selbst wenn die Mittel dazu vorhanden gewesen wären!“

In Deutschland verlagerte sich die Gesetzgebung unter dem Einfluss des Absolutismus und der Aufklärung in den Territorien immer mehr auf die Landesobrigkeit. Infolgedessen erlitt auch das in Geltung befindliche Reichsrecht zusehends Einbußen durch die partikuläre Landesgesetzgebung. Strafgesetzbücher der deutschen Staaten verdrängten das gemeine deutsche Strafrecht, das sich auf der Grundlage des rezipierten Rechts und der C.C.C. von 1532 ausgebildet hatte.

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Conrad, Rechtsgeschichte II, S. 415. Conrad, Rechtsgeschichte II, S. 415. Conrad, Rechtsgeschichte II, S. 382. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 19; Böhler, Einziehung, S. 6 f.; Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 12. Der Kampf gegen die allgemeine Vermögenseinziehung führte außerhalb Deutschlands zur verfassungsrechtlichen Abschaffung selbiger. Abgeschafft wurde sie zuerst durch die Vereinigten Staaten 1787 (Verfassung Art. 3 § 3). Ihnen folgte Frankreich, das sie bereits am 21.1.1790 erstmals beseitigt, aber im Code pénal von 1810 (Art. 37–39) wieder eingeführt hatte. Durch die Chartres von 1814 und 1830 wurde sie erneut aufgehoben. In Russland wurde sie unter Katharina II. durch den Ukas vom 6. Mai 1802 abgeschafft. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 19 f., Fn. 46; Böhler, Einziehung, S. 7; Rauh, Vermögensstrafen des Reichsstrafrechts, S. 12. Beccaria; Verbrechen, S. 59; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 19.

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Erster Teil: Grundlagen

C) Partikulargesetzgebung Nach Auflösung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation 1806 traten neben die wenigen bestehenden Partikulargesetzgebungen Preußens (ALR), Österreichs (Theresiana und Josephina) und Bayerns (Codex Maximilianeus Bavaricus Criminalis) nach und nach Strafgesetzbücher der anderen Staaten.67 Westlich des Rheines galt zunächst der Code pénal fort.68

I. Außerpreußisches Partikularrecht Das bedeutendste außerpreußische Partikularstrafgesetzbuch ist das bayrische vom 6. Mai 1813 (BayStGB)69, welches als Vorbild für viele weitere Partikularstrafgesetzbücher, insbesondere das Strafgesetzbuch für die herzoglicholdenburgischen Lande vom 10. September 1814, das Strafgesetzbuch für das Königreich Württemberg vom 1. März 1839 sowie das Criminalgesetzbuch für das Königreich Hannover, diente. Die Konfiskation war in Art. 33 BayStGB wie folgt gefasst: „Confiskation des Vermögens eines Verbrechers findet Kraft der Constitution des Reichs, Titel V. §. 6 (vorbehaltlich der im organischen Edikte über die Confiscation vom 19. August 1808 ausnahmsweise enthaltenen Bestimmungen) weder als selbständige Strafe noch als Anhang anderer Hauptstrafen statt. Dagegen sind gesetzlich: 1) Geldbußen; 2) Confiscation einzelner Sachen; 3) der beständige oder zeitliche Verlust einzelner einträglicher Rechte oder Privilegien.“

Die allgemeine oder partielle Vermögenskonfiskation war nicht mehr als allgemeine Strafe anerkannt, sie sollte nur noch als besondere Strafe im Falle der Desertion Anwendung finden.70 Letzteres wurde damit zu rechtfertigen versucht, dass die Vermögenskonfiskation das einzige Mittel sei, den Fahnenflüchtigen zu strafen, und die Verwandten von der Begünstigung „solch treuloser Entweichungen abzuhalten“.71 In dieser Epoche setzte sich letztlich generell der Gedanke durch, dass die Vermögenskonfiskation auf Grund ihrer Ungerechtigkeiten und den mit ihr verbundenen Nachteilen nicht länger zu halten sei. Die Mitbestrafung unschuldiger Angehöriger, ihre mangelnde Abstufbarkeit, ihre ungleiche Wirkung bei 67 68 69 70 71

Rentrop, Untreue und Unterschlagung; S. 19. Rentrop, Untreue und Unterschlagung, S. 19. In: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band I, I. Anmerkungen zum StGB für das Königreich Baiern, Bd. 1, S. 117. Anmerkungen zum StGB für das Königreich Baiern, Bd. 1, S. 117; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 22.

Zweites Kapitel: Historische Grundlegung

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Vermögenden und Unvermögenden, nicht zuletzt aber auch die Gefahr des politischen Missbrauchs waren im Lichte der Aufklärung zu deutlich und bedrückend zutage getreten, als dass sie noch zu rechtfertigen gewesen wäre.72 Daher wurde sie in der Folgezeit in den meisten Bundesstaaten von Verfassungs wegen abgeschafft und damit auch in die anderen partikularen Strafrechtskodifikationen nicht mehr aufgenommen.73 Teilweise wurde die Nichtanwendung der Vermögenskonfiskation ausdrücklich angeordnet74, teilweise wurde sie einfach nicht mehr erwähnt. Die Einzeleinziehung ist in Art. 33 BayStGB erstmals als allgemein strafrechtliches Sanktionsmittel ausgestaltet worden, womit der Versuch einer Generalisierung deutlich wird. Diese Generalisierungstendenz ist auch in andereren Strafrechtskodifikationen festzustellen, wobei einige den Anwendungsbereich der Norm genauer regelten.75 Dies führte trotz der Ausgestaltung zu einem

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Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 21. Vgl. Tit. V § 6 der Constitution für das Königreich Baiern von 1808; Teil II § 16 der Großherzoglichen Badischen Verfassungsurkunde von 1818; Kap. VII § 98 der Königl. Württemberg. Verfassungsurkunde von 1819; vgl. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 22. Vgl. Art. 36 des Strafgesetzbuches für die Herzoglich Oldenburgischen Landen (1814): „Konfiskation des gesammten Vermögens eines findet werde als selbstständige Strafe, noch als Anhang anderer Hauptstrafen statt“, in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band 1, II, S. 24 f.; Art. 30 II des Criminalgesetzbuch für das Königreich Hannover (1840): „Die Confiskation beschränkt sich auf einzelne Gegenstände [...]“, in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band 2, VI S. 24. Vgl. Art. 36 des Strafgesetzbuches für die Herzoglich Oldenburgischen Landen; Art. 8 Ziff. X des Strafgesetzbuches für das Königreich Württemberg (1839), in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band 1, IV, S. 13 f.; § 21 des Strafgesetzbuches für das Herzogthum Braunschweig (1840), in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band 1, V, S. 21 f.; Art. 30 II des Criminalgesetzbuch für das Königreich Hannover (1840); Art. 31 der Strafgesetzbücher für das Großherzogthum Hessen (1841), in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band 2, VII, S. 37; Art. 33 des Strafgesetzbuches für das Großherzogthum Baden (1845), in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band 2, VIII, S. 29; Art. 29 des Strafgesetzbuches für das Herzogthum Nassau (1849), in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band 2, IX, S. 19; Art. 18 Strafgesetzbuch für die Thüringischen Staaten, in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band 3, X, S. 70 f. Nicht hingegen das Criminalgesetzbuch für das Herzogthum SachsenAltenburg vom 3. Mai 1941, in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgestezbücher, Band 1, III; ebenfalls nicht im Strafgesetz über Verbrechen, Vergehen und Übertretungen für das Kaiserthum Oesterreich vom 27. Mai 1852, in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band 2, XII; nicht im Strafgesetzbuch für das Königreich Sachsen vom 13. August 1855, in: Stenglein, Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, Band 2, XIII.

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Erster Teil: Grundlagen

allgemeinen Sanktionsmittel zu Unterschiedlichkeiten in den Voraussetzungen, an die die Konfiskation einzelner Gegenstände im Einzelfall zu knüpfen war. Gemeinsam sind allen Kodifikationen die Bedingung des vorsätzlichen Verbrechens76 sowie die zur Verübung verbrecherischer Handlungen benutzten „Sachen“77 als Hauptobjekte der Konfiskation.78 In Hannover, Braunschweig und der Musterentwurf für Thüringen sollte durch die Worte „Werkzeuge und Mittel“ zugleich das Verhältnis der Sachen zu dem verbrecherischen Tatbestand angedeutet werden.79 Das oldenburgische Gesetzbuch sprach von „Instrumenten und Gerätschaften“. Die Vorschriften der Gesetzbücher für Braunschweig, Hannover, Hessen und Thüringen unterwarfen bereits die für eine Tat „bestimmten“ Sachen/Werkzeuge und Mittel der Konfiskation. Damit wurde die Konfiskation in den Bereich der vorbereitenden Handlung, der an sich keiner Strafe unterlag, ausgedehnt.80 In den vorbezeichneten Gesetzbüchern waren Konfiskationsobjekte auch die „producta sceleris“, also die mittels der strafbaren Handlung hervorgebrachten Sachen bzw. in Hannover die Erzeugnisse der verbrecherischen Handlung.81 Die „scelere quaesita“ hingegen wurden nicht mehr so selbstverständlich, wie noch im römischen und gemeinen Recht geschehen, in den Bereich der Kon76

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Heinze, GA 5, 166 ff. (173). Sie findet sich ausdrücklich ausgesprochen im Braunschweigischen und im Thüringischen Gesetzbuch. In den Gesetzbüchern für Hessen und Hannover weist die Erwähnung der zur Verübung strafbarer Handlungen erst bestimmten Handlungen darauf hin. Für das Bayrische Gesetzbuch ergibt sich diese Voraussetzung aus den mit Gesetzeskraft versehenen Anmerkungen, in denen alle diejenigen Sachen für Confiscanda erklärt werden, womit eine strafbare Handlung begangen worden ist, vgl. Anmerkungen zum Strafgesetzbuche für das Königreich Baiern, Band 1, S. 43. In Hessen, Nassau und Bayern. So lautet Art. 31 Hessen: „Insofern es ohne Verletzung Nichtschuldiger geschehen kann, haben die Gerichte bei Verurtheilungen in Strafsachen zugleich auch die Confiscation derjenigen Sachen, womit die strafbare Handlung begangen wurde, oder der mittelst derselben hervorgebrachten oder derjenigen Sachen, die zu der Hervorbringung gedient haben, oder sie bestimmt waren, die strafbare Handlung damit zu begehen, ferner des für die strafbare Handlung versprochenen oder enthaltenen Lohnes oder Gewinnes, zu erkennen.“ Der Wortlaut des Art. 29 des Strafgesetzbuches für das Herzogthum Nassau ist identisch. Heinze, GA 5, 166 ff. (175). Heinze, GA 5, 166 ff. (175). Heinze, GA 5, 166 ff. (177). Vgl. §. 21. Braunschweig: „Die zur Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens bestimmten oder gebrauchten Werkzeuge oder Mittel, insofern sie dem Verbrecher gehören oder von dem Eigentümer wissentlich zu dem verbrecherischen Zwecke hergeliehen sind, so wie die durch die verbrecherische Thätigkeit hervorgebrachten Sachen, sind zu confiszieren.“

Zweites Kapitel: Historische Grundlegung

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fiskation einbezogen.82 Lediglich in Hessen und Nassau wurde die Einziehung des für die strafbare Handlung versprochenen Lohnes oder Gewinns als allgemein eintretende Folge ausgestaltet. Im Entwurf für Thüringen wurde die Vorschrift enger gefasst und auf den bereits hingegebenen Lohn begrenzt. In den übrigen Ländern wurde meist nur der Bestecherlohn konfisziert83, wobei diese Konfiskationsanordnung ihre Stellung vom systematischen Aufbau des Gesetzes her nicht im Allgemeinen Teil hatte, sondern jeweils bei den einzelnen Verbrechen zu finden war. Diese Regelung entsprach dem heutigen § 335 StGB. Die Gesetzbücher für Braunschweig, Hessen, Nassau und der Entwurf für Thüringen beschränkten die Konfiskation ausdrücklich auf die Gegenstände, die im Eigentum des Verbrechers standen oder die vom Eigentümer wissentlich zur Verübung des Verbrechens hingegeben worden waren. Unterschiedlich waren zudem die Regelungen über die Möglichkeiten der Konfiskation im Falle des Todes des Verbrechers. Letztendlich wurde durch die Wahl des Anknüpfungszeitpunktes entschieden, wann die Wirkungen der Konfiskation eintraten. Wie bereits erläutert, entfaltete die Konfiskation ihre Wirkung in der Regel durch die Begehung der Tat und konnte daher auch ohne rechtskräftiges Strafurteil geltend gemacht werden. Anders hingegen nach Art. 138 BayStGB, der bestimmte: „Der Tod des Uebertreters tilgt dessen Strafe. Doch geht die demselben noch bei Lebzeiten zuerkannte Vermögensstrafe auf dessen Erben über. Wenn derselbe nach eingewandtem Rechtsmittel wider das Urtheil erster Instanz vor erfolgtem zweiten Erkenntnisse gestorben ist, so werden die Erben durch das Urtheil zweiter Instanz, so weit dasselbe das Vermögen betrifft, vollkommen verpflichtet.“

Die Konfiskation musste in einem Urteil ausgesprochen werden. Erst ab diesem Zeitpunkt traten die Wirkungen der Konfiskation ein. Rechtskräftig musste das Urteil vor dem Tod des Verbrechers jedoch nicht geworden sein. Die Einlegung eines Rechtsmittels änderte daran nichts, da das Urteil durch das Rechtsmittel nicht aufgehoben wurde, sondern nur seine Wirkung durch das Urteil der zweiten Instanz als Bedingung aufgeschoben wurde.84 Auch Braunschweig bestimmte in §. 67., dass sämtliche Vermögensstrafen, die zu Lebzeiten des Verbrechers erkannt wurden, auf den Nachlass übergingen. Gleiches galt für Thüringen mit seinem Art. 68.

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Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 22. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 22. Heinze, GA 5, 166 ff. (182).

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Erster Teil: Grundlagen

Das Hannoversche Recht hingegen ließ nach Art. 87 nur diejenigen Konfiskationen zu, die zu Lebzeiten des Verbrechers rechtskräftig erkannt worden waren.85

II. Preußisches Strafgesetzbuch von 1851 Dem preußischen Strafrecht ist im Rahmen der Darstellung der Partikulargesetzgebung besondere Beachtung zu schenken, da das preußische Strafgesetzbuch von 1851 Grundlage für den Entwurf eines gemeinsamen Strafgesetzbuches des norddeutschen Bundes gewesen ist.86 Dieser Entwurf wurde dann wiederum im Rahmen der Beratungen der vom Bundesrat 1869 eingesetzten Kommission, die den Gesetzesentwurf für das erste gemeinsame Strafgesetzbuch der deutschen Staaten entscheidend vorbereitet hat, herangezogen.87 In den preußischen Staaten galt seit dem 1. Juni 1794 das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten (ALR).88 Obwohl bereits vom humanen Geist der Aufklärung mitgeprägt, erscheint das Strafrecht des ALR noch tief in der gemeinrechtlichen Doktrin und Praxis verwurzelt, was sich bei den Strafmitteln bereits daran zeigte, dass zu ihnen und der Art ihrer Ausführungen keinerlei Angaben gemacht, sie vielmehr als offenbar bekannt vorausgesetzt wurden.89 Dem Strafrecht im ALR, das im 20. Titel des II. Teils geregelt war, war die Vermögenskonfiskation grundsätzlich noch nicht suspekt, vielmehr galt sie als zwingende Sanktion bei Hoch- und Landesverrat, Fahnenflucht und Wehrpflichtentziehung.90

85

86 87 88 89 90

In Hessen nahm Art. 123 von der Aufhebung der Strafe durch den Tod des Schuldigen ausschließlich die rechtskräftig erkannte Geldstrafe aus. Dass die Konfiskation übersehen worden war, erscheint nach Ansicht von Heinze viel weniger wahrscheinlich, als dass man sie, ohne dies ausdrücklich zu nennen, mit der Rechtskraft des Urteils für vollzogen erachtet hatte. Heinze, GA 5, 166 ff. (179). Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XIV. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XIV. Hälschner, Preußisches Strafrecht, S. 192. Conrad, Dt. Rechtsgeschichte II, S. 445; Hälschner, Preußisches Strafrecht, S. 192, 208, 216; Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 21. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 21; vgl. ALR Teil II, Tit. 20, §§ 95, 103, 467, 469. So hieß es beispielsweise im zweiten Abschnitt des ALR Teil II, Titel 20, §§ 91 ff., der von „Staatsverbrechen überhaupt und vom Hochverrathe insbesondere“ handelte: „§. 95. Dergleichen Hochverräther werden nicht nur ihres sämtlichen Vermögens und aller bürgerlicher Ehre verlustig; [...]“ Bernert, Allgemeines Landrecht, S. 675 f.

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Daneben fand sich auch die Spezialkonfiskation noch in zahlreichen Einzelfällen91, ohne dass bereits die Abstrahierung zu einer einheitlichen Allgemeinregelung erkennbar gewesen wäre.92 Weiterhin fanden sich Vorschriften, die die Vollstreckbarkeit der Konfiskationsgegenstände in den Nachlass beim Tode des Verbrechers sowie den Zeitpunkt des Eigentumsüberganges regelten. In §. 364 ALR I 9 war vorgeschrieben, dass Sachen, die wegen eines begangenen Verbrechens dem Fiskus verfallen waren, demselben aus dem Nachlass verabfolgt werden sollten, auch wenn der Erblasser den Abschluss der Untersuchung und die Eröffnung des Konfiskationsurteils nicht mehr erlebt hatte.93 Außerdem bestimmten die §§. 285, 297 und 299 ALR II 2094 im Bereich der Steuerhinterziehung, dass das Eigentum bei verfallenen zu konfiszierenden Waren sogleich und ohne Rücksicht auf die Zeit der „Publikation des Strafurteils“, somit als Folge der „Defraude“95 auf den Staat oder den von diesem Berechtigten dergestalt übergeht, dass eine Vindikation gegen den bisherigen Eigentümer und unter Umständen gegen Dritte zulässig ist.96 Damit trat die Konfiskation ipso jure, also mit Begehung der Tat automatisch ein. Eine zentrale Vorschrift, die dem heutigen Verfall entspricht, fehlte. Es gab allerdings eine Reihe von speziellen Normen,97 die den Entzug kriminell erlangten Vermögens regelten, wobei sie von der Konzeption her nicht mit den heutigen Verfallsregelungen vergleichbar, sondern eher als „quasi-Geldstrafe“

91

92 93 94

95 96 97

So z.B. für falsche Münzen (ALR II 20 § 266) und verfälschte Waren, Maße und Gewichte (§1446), für Sachen, die Gegenstand eines Steuer- oder Zollvergehens waren (§ 285), Jagdgeräte bei der Wilderern (§ 319); hierher gehört ferner die Unbrauchbarmachung gesundheitsschädlicher Nahrungsmittel (§ 725) oder verbotener Nachdrucke (§ 1269). Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 21. Goltdammer, Materialien I, S. 203; Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, S. 3, BArch R 3001/11450. Auf diesen Vorschriften gründen die sich im Wesentlichen gleich lautenden Vorschriften der Steuergesetze. §§ 136–138 des Gesetzes vom 26. Mai 1818 und §. 22 des Gesetzes vom 23. Januar 1838. Vgl., Goltdammer, Materialien I, S. 203. „Defraude“ ist ein aus dem Lateinischen stammender Begriff und bedeutet „Hinterziehung“. Goltdammer, Materialien I, S. 203. Z.B. § 248 ALR:“ Wer ohne besondere Erlaubniß des Staats eine öffentliche Lotterie unternimmt, der soll um fünfzig bis hundert Thaler fiskalisch bestraft werden: und außerdem den doppelten Betrag des dadurch gezogenen Vortheils der Armencasse des Orts entrichten“, oder § 263 ALR:“ Wer die im Lande gangbaren Münzsorten beschneidet [...], der soll den zehnfachen Betrag des sich dadurch verschafften unrechtmäßigen Gewinnes zur Strafcasse erlegen“. Vgl. auch Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 57.

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zu qualifizieren sind, da für bestimmte Straftaten die Zahlung eines x-fachen Werts des Vorteils, Gewinns oder des kriminellen Lohns vorgesehen war.98 Das Strafrecht des ALR geriet bereits nach kurzer Zeit in die Kritik, da es nach Ansicht der Kritiker wegen der Verschiedenheit der Strafen nicht den „Geist der Nation“ widerspiegelte und es zudem vielen Tatbeständen an einer dem damaligen Bedürfnis nach Begrenzung des richterlichen Ermessens entsprechenden Bestimmtheit fehlte.99 Am 8. Dezember 1799 wurde, nachdem vorherige kleine Änderungen zur Verfestigung der Unübersichtlichkeit des ARL geführt hatten, beschlossen, den 20. Titel, also den strafrechtlichen Teil, komplett zu überarbeiten.100 Dies geschah dadurch, dass der Geheime Justizrat Klein durch König Friedrich Wilhelm II mit der Erarbeitung eines Entwurfs „einer Criminalordnung und der Revision von Titel 20 des Allgemeinen Landrechts“ beauftragt wurde.101 Eine umfassende Reform des Strafrechts wurde allerdings erst aufgrund der politischen Gegebenheiten nach dem Sieg über Napoleon in Gang gesetzt.102 Nach diesem Sieg erhielt Preußen auf dem Wiener Kongress 1815 den Großteil seines alten Staatsgebietes zurück sowie umfangreiche neue Territorien hinzu. In diesen Gebieten besaß das ALR keine Geltung. In den linksrheinischen Gebieten galt weiterhin der napoleonische Code pénal.103 Die Versuche der preußischen Obrigkeit, das preußische Recht, hier vor allem das ALR, auf die Rheinprovinzen auszudehnen, scheiterte am Widerstand des rheinischen Bürgertums.104 Dadurch wurde die Notwendigkeit der Schaffung eines einheitlichen Strafrechts verschärft und in der preußischen Staatsspitze keimte die Einsicht, dass eine Rechtsvereinheitlichung auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt werden musste.105 Daher wurde im Herbst 1817 für den Staatsminister v. Beyme ein eigenes Ministerium zur Gesetzgebung und Justizorganisation in der Rheinprovinz geschaffen, welches die Gesetzesrevision beschleunigen

98 99 100 101 102 103 104 105

Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 57, 59. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XVI; Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 79. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XXIX; Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 79. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XXIX; Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 79. Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 79. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XXXIII. Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 74. Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 79.

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sollte.106 Das neu gegründete Justizministerium häufte in der Folgezeit zwar umfangreiches Material an, brachte aber keine greifbaren Ergebnisse.107 Am 31. Dezember 1819 wurden die beiden bestehenden Justizministerien wieder vereinigt, wobei v. Beyme bis 1825 den Auftrag behielt, die Gesetzrevision voranzutreiben.108 v. Beyme nahm die Gesetzesrevision jedoch nie ernsthaft in Angriff.109

1. Von 1825 bis 1836 Die eigentliche schöpferische Phase der Preußischen Gesetzrevision insbesondere im Bereich des Straf- und Strafprozessrechts begann erst damit, dass König Friedrich Wilhelm III. am 11. Juli 1825 dem Justizminister Danckelmann den Auftrag zur Revision der Gesetzgebung übertrug.110 Danckelmann stellte noch im Dezember eine Kommission zur Revision des Strafrechts zusammen.111 Die zu bearbeitende Rechtsmaterie wurde von der Kommission in 16 Pensen eingeteilt, wobei das Pensum I das materielle Strafrecht umfasste.112 Je Pensum gab es einen verantwortlichen Revisor und verschiedene Koreferenten. Am 29. Januar 1826 wurde der Kammergerichtsrat Bode zum Revisor für das Plenum I, der daraufhin im November 1827 den „Entwurf des Criminal-Gesetz-Buches für die Preußischen Staaten“ sowie „Motive zu dem, von dem Revisor vorgelegten, Ersten Entwurfe des Criminal-Gesetzbuches für die Preußischen Staaten, 1. Band“ vorlegte.113 Dieser Entwurf sowie die Motive enthielten nur Regelungen für den Allgemeinen Teil des StGB.114 Im Entwurf von 1827 ist die Konfiskation im ersten Titel „Von den Verbrechen und deren Bestrafung im Allgemeinen“, Erster Abschnitt „Von Verbrechen und Strafen überhaupt“ aufgeführt. Die Konfiskation zählte laut Entwurf

106 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XVI; Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 79. 107 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XXXIII. 108 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XVI. 109 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XVI. 110 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XVI, XXXIV. 111 Zusammensetzung der Kommission: Danckelmann, Kamptz, Sethe, Reibnitz, Köhler, Eichhorn, Sack, Müller, Savigny, Simon, Fischenich, Scheffer, Scheibler und Bötticher; vgl. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XVII; Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 79, Fn. 108. 112 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XVI, XXXV. 113 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XVI, XXXV. 114 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XVI, XXXV.

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Erster Teil: Grundlagen

zu den besonderen Strafarten und hatte in § 65 des Allgemeinen Teils folgende Fassung: „Die Konfiskation beschränkt sich auf einzelne Gegenstände. Die zur Verübung eines Verbrechens bestimmten oder gebrauchten Werkzeuge, und die Erzeugnisse einer verbrecherischen Handlung, sind ihr jederzeit unterworfen.“

Der Entwurf 1827 sprach sich damit in § 65 Satz 1 in Abweichung zum ALR gegen die Strafe der Vermögenskonfiskation aus.115 Bode führte aus116, dass von der generellen Vermögenskonfiskation auch das ALR nur noch in wenigen und überdies seltenen Fällen Gebrauch gemacht habe und es dem humanen Geist der Gesetzgebung angemessen sei, selbst in diesen seltenen Fällen die Vermögenskonfiskation wegfallen zu lassen.117 Die Vermögenskonfiskation des Verbrechers, der gleichzeitig mit dem Tode bestraft wird, lasse sich rechtlich nicht billigen, da sie nur ein Übel für die unschuldigen Angehörigen und Erben des Täters darstelle.118 Der zweite Satz der Vorschrift lässt den Versuch der Generalisierung der Einzeleinziehung im Allgemeinen Teil erkennen. Durch die Aufnahme der einzelnen Bestimmungen sollten die Vorschriften des § 638 der Kriminalordnung von 1805 über die Konfiskation der corpora und instrumenta delicti übernommen werden.119 Dies erschien Bode nach den Motiven zweckmäßig, ohne dass diese Auffassung näher begründet wurde.120 Eine Regelung im Hinblick auf den Umgang mit der Konfiskation nach dem Tod des Verbrechers war bewusst nicht aufgenommen worden, da es für zweckmäßiger erachte wurde, deren Prüfung der Revision des Zivilrechts zu überlassen.121 Zudem galt die Konfiskation in den Augen Bodes nicht als Strafe, womit im Strafgesetzbuche nichts über sie zu bestimmen sei.122 115 116 117 118 119 120 121

Goltdammer, Materialien I, S. 121. E 1827, Motive, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. 118 f. E 1827, Motive, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. 118 f. E 1827, Motive, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. 118 f. E 1827, Motive, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. 118 f. E 1827, Motive, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. 118 f. E 1827, Motive, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. 118 f. Im Hinblick auf die Strafe der Geldbuße war hingegen in §. 132., in Abweichung zu § 363 ALR I 9 die Regelung aufgenommen worden, dass diese nach dem Tod des Verbrechers nur dann in den Nachlass vollstreckt werden kann, wenn sie rechtskräftig festgestellt worden ist. Revisor Bode begründete das Ergebnis damit, dass man erst ab der Rechtskräftigkeit annehmen könne, dass eine obligatorische Verbindlichkeit zur Zahlung entstanden sei, die auf die Erben übergehen könne. 122 E 1827, Motive, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. 118 f.

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Noch im November 1827 begannen die Beratungen über den von Bode vorgelegten Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches im Plenum der Revisionskommission.123 Sie dauerten bis zum 16. Februar 1828 und führten zu einem nicht unerheblich geänderten Entwurf des Allgemeinen Teils.124 In diesem Jahr wurde der vollständige „Entwurf des Strafgesetz-Buches für die Preußischen Staaten, Berlin 1828“ (E 1828) vorgelegt. Der Allgemeine Teil, beruhte auf den Beratungen des Entwurfs 1827 durch die Gesetzesrevisionskomission.125 Die Vorschriften im Hinblick auf die Konfiskation waren wie folgt ausgestaltet: „§. 40. Die Vermögens-Konfiskation bezieht sich auf das sämtliche in dem Preußischen Staate befindliche Vermögen des Verbrechers, und wenn sie nicht mit der Todesstrafe verbunden ist, auch auf dasjenige, welches dem Verbrecher erst in der Folge in dem Preußischen Staate zufällt.126 §. 41. Werkzeuge, womit ein Verbrechen verübt worden ist sind, sofern sie dem Verbrecher gehören, jederzeit zu konfiszieren.“127

Bei einem Vergleich der Entwürfe wird die Uneinigkeit im Hinblick auf den Umgang mit der allgemeinen Vermögenskonfiskation deutlich. Während im E 1827 noch deren Abschaffung auf Grund ihrer Inhumanität vorgesehen war, hatte sich das konservative Lager im Rahmen der Beratungen mit der Folge durchgesetzt, dass sie vom Grundsatz her im E 1828 wieder aufgenommen wurde. Allerdings unterschieden sich die einzelnen Regelungen im Besonderen Teil des E 1828 entscheidend von denen des ALR. Im ALR war die Vermögenskonfiskation mit der Todesstrafe verbunden und für die Verbrechen des Hoch- und Landesverrates, der Fahnenflucht und Wehrpflichtentziehung als zwingende Sanktion angeordnet gewesen. Im E 1828 war sie hingegen nur noch für den Hochverrat128 und bei unbefugtem Auswandern der Militärpflich123 124 125 126 127 128

Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. LXVI. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. LXVI f. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XXXV. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. 280. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. 280. Im Zweiten Titel, erster Abschnitt § 6 heißt es: „Wer des Hochverrathes schuldig erkannt ist, sich aber der Strafe durch Flucht oder sonst entzogen hat, der verliert das Recht, in irgend einer Art über sein in den Königlichen Landen befindliches Vermögen zu verfügen. Der Staat nimmt dasselbe in Beschlag und Verwaltung, und verabreicht aus den Einkünften nur dem, im Inlande befindlichen, unschuldigen Ehegatten, und den ebenfalls sich aufhaltenden schuldlosen Kindern des Verbrechers den nothwendigen Unterhalt. Erst nach dem Ableben des Verbrechers wird die Substanz des Vermögens den gesetzlichen Erben desselben freigegeben.“

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Erster Teil: Grundlagen

tigen129 angeordnet. Die Vermögenskonfiskation war nicht mehr mit der Todesstrafe verbunden, sondern sollte nur dann angeordnet werden, wenn sich der Verbrecher seiner Strafe durch Flucht entzogen hatte. Diese deutliche Entschärfung wurde in den Motiven zum E 1828130 damit begründet, dass es nicht zu rechtfertigen sei, die Vermögenskonfiskation mit der Todesstrafe zu verbinden, da sie hier nicht als Strafe gegen den Verbrecher, sondern gegen dessen Erben erscheine. Was dagegen den verurteilten Verbrecher anbetreffe, der sich durch Flucht der Strafvollstreckung entziehe, so erscheine es zweckmäßig und sinnvoll, ihm die Disposition über sein im Lande befindliches Vermögen gänzlich und für immer zu entziehen. In dieser Argumentation erkennt man trotz der Bejahung der allgemeinen Vermögenseinziehung auch im konservativen Lager Ansätze eines Umdenkens. Eine weitere Veränderung erfuhr die Vermögenskonfiskation im E 1828 dadurch, dass sie, im Gegensatz zum ALR, auf das im Preußischen Staate befindliche, oder künftig hier dem Verbrecher anfallende Vermögen beschränkt wurde.131 Die Einzeleinziehung in § 41 E 1828 wurde weiter generalisiert und im Gegensatz zum E 1827 auf das Eigentum des Verbrechers beschränkt. Nicht mehr der Einziehung unterlagen in Abweichung zum E 1827 die zur Verübung eines Verbrechens bestimmten Werkzeuge sowie die Erzeugnisse einer verbrecherischen Handlung. Die Konfiskation sowie die Geldbuße wurden im E 1828 als Vermögensstrafen eingestuft. In §. 86 wurde im Gegensatz zum E 1827 auch für die Konfiskation die Vollstreckbarkeit in den Nachlass angeordnet. Gleichzeitig wurde im Hinblick auf die Frage nach dem Zeitpunkt der Wirkung der Konfiskation von den Grundsätzen des ALR, wonach diese mit Begehung der Tat eintrat, abgewichen. Der Wortlaut der Vorschrift,132 insbesondere die Worte „rechtskräftig 129 Im Nachtrag zum Titel II, Abschnitt 3, § 2 heißt es: „Wer jedoch, um seiner Verpflichtung zum Eintritt in den Dienst des stehenden Heeres sich zu entziehen, ohne ausdrückliche Erlaubnis der Obrigkeit auswandert, hat Vermögens-Confiskation verwirkt.“; Aus den Motiven dazu, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 2, S. 647, geht hervor, dass die Strafvorschriften der §§. 468.–473. ALR, von den ausgetretenen Cantonisten“, so wie die §§. 474.–498., von der „Durchhelfung der Deserteurs“, in den Strafvorschriften gegen das „unbefugte Auswandern“ zusammen gefasst worden sind. 130 E 1828, Motive, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 2, S. 369 f.; zur Vermögenskonfiskation S. 378 f. 131 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 3, S. 135. 132 „Der Tod des Verbrechers hebt dessen Strafe auf. Doch werden Vermögensstrafen (§§. 29. 40. 41.), welche gegen den Verbrecher rechtskräftig feststehen, in den Nachlaß vollstreckt.“

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feststehen“, ist dahin zu verstehen, dass Voraussetzung für die Wirkung der Konfiskation ein rechtskräftiges Urteil ist. Das ergibt sich auch aus den Motiven des Revisors Bode im Hinblick auf die Geldbuße. Am 22. Mai 1830 schloss die Kommission ihre Beratungen über die Entwürfe Bodes ab und ließ durch den Justizminister Danckelmann dem Staatsministerium eine leicht veränderte Entwurfsfassung vorlegen. Erneute Motive zu diesem Entwurf 1830 erschienen nicht133, weil das Staatsministerium beschlossen hatte, die Beratungen über die Motive so lange auszusetzen, bis es selbst im Staatsrat Klarheit über den Fortgang des Verfahrens der Revision insgesamt gewonnen hatte.134 Der E 1830135 enthielt im Hinblick auf die Konfiskation einzelner Gegenstände keine inhaltlichen Änderungen, lediglich die Bezeichnung der Paragrafen änderte sich.136 Dagegen wurde die Vermögenskonfiskation im Rahmen der einzelnen Vorschriften des Besonderen Teils wieder mit der Todesstrafe verbunden und damit erneut deutlich verschärft. Der E 1830 blieb im Staatsministerium unberaten137 und der Tod Danckelmanns Ende 1830 brachte die Revisionsarbeiten gänzlich zum Erliegen.138 Aufgenommen wurden sie erst wieder nach der Ernennung von v. Kamptz zum Nachfolger Danckelmanns am 9. Februar 1832.139 Allerdings wurde er nur zum Minister für die Gesetzesrevision ernannt. Minister für die Justizverwaltung wurde dagegen Mühler mit der Folge, dass es in Preußen wieder zwei Justizministerien gab.140 Gemeinsam mit Bode erstellte v. Kamptz 1833 den „Revidierten Entwurf des Strafgesetzbuches für die Königlichen Preußischen Staaten, erster Teil“ (E 1833), der als Grundlage für die weiteren Beratungen dienen sollte.141

133 Die fehlenden Motive des E 1830 wurden jedoch zum Teil in die Motive des auf ihn folgenden E 1833 eingearbeitet; vgl. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band I, S. LXVIII, Fn. 89. 134 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. LXVIII. 135 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 2, S. 480. 136 Aus § 40 wurde 41, aus § 41 wurde 42, aus § 86 wurde 88. 137 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. LXVIII; Goltdammer, Materialien I, S. VIII. 138 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XXXVI. 139 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XXXVI; Goltdammer, Materialien I, S. VIII. 140 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XXXVI. 141 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 1, S. XXXVI f.

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Der E 1833 enthielt mit Blick auf die hier betrachteten Instrumente keine inhaltlichen Änderungen im Vergleich zum E 1830 sowie dem E 1828.142 In den Motiven zum E 1833 führte v. Kamptz im Hinblick auf die Vermögenskonfiskation aus, dass er der vom Revisor Bode vorgeschlagenen gänzlichen Abschaffung derselben um so weniger beitreten könne, als es angemessener erscheine, dass die dafür angeführte Rücksicht auf die Verwandten des Verbrechers der landesherrlichen Gnade überlassen bleibe, und aus der Aufhebung der Konfiskation auch für den Verbrecher die Befugnis folgen würde, über sein Vermögen willkürlich zu disponieren.143 Auch der Entwurf von 1833 wurde von dem Staatsministerium nicht beraten, vielmehr wurde er vom Gesetzrevisionsministerium unter dem Vorsitz vom Kamptz nochmals überarbeitet und dann 1836 der „Revidierte Entwurf des Strafgesetzbuches für die Königlich Preußischen Staaten“ (E 1836)vorgelegt, zu dem es keine Motive gibt.144 Der Entwurf brachte wiederum keine inhaltlichen Neuerungen.145

2. Fortgang bis 1843 Der zweite Abschnitt der Reformarbeiten beinhaltete die Bildung einer aus Mitgliedern des Staatsrates und einigen Ministern bestehenden Immediatskommission146, die durch eine Kabinettsordre vom 4. April 1838 eingesetzt worden war. Diese beriet über den Entwurf von 1836 und legte ihn dem Staatsratsplenum vor, wo er ebenfalls beraten und abschließend wieder an die Kommission überwiesen wurde.147 Als Ergebnis der Beratungen erschien der

142 Abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 3, S. 7. Es hatten sich lediglich die Paragrafen geändert. Die Vermögenskonfiskation war in § 39, die Einzelkonfiskation in § 40, die Vollstreckung in den Nachlass in § 94 geregelt. 143 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 3, S. 276. 144 Goltdammer, Materialien I, S. IX. 145 Die Vermögenskonfiskation sowie die Konfiskation der Werkzeuge eines Verbrechens wurden zu einem Paragrafen, § 17, zusammengefasst, die Vollstreckung in § 100 geregelt.Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 3, S. 804, 826. 146 Der Kommission gehörten neun Mitglieder an: Müffling, Kamptz, Mühler, Rochow, Sethe, Köhler, Eichhorn, Duesberg, Arnim und Jähning. Savigny, der seine Mitgliedschaft zunächst abgelehnt hatte, nahm ab 1842 als Minister für Gesetzrevision an den Beratungen teil. Die Zusammensetzung der Kommission wechselte in der Folgezeit mehrmals. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 4, S. XIII. 147 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 4, S. XIII; Beseler, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 8.

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im Jahre 1843 veröffentlichte „Entwurf nach den Beschlüssen des Königlichen Staatsraths“ (E 1843)148. Die Konfiskation hatte folgende Fassung: „§. 27. Die Konfiskation findet in Bezug auf einzelne Gegenstände statt. Werkzeuge, mit welchen ein Verbrechen verübt worden ist, sind, sofern sie dem Verbrecher gehören, jederzeit zu konfiszieren.“

Die Abschaffung der Vermögenskonfiskation war in den Beratungen der Kommission149 sowie in denen des Staatsrates150, beschlossen worden, womit sich letztlich der in der Gesellschaft im Hinblick auf die Ungerechtigkeit der Vermögenseinziehung vollzogene Sinneswandel auch in den Beratungen durchsetzten konnte. Gegen die Beibehaltung der Vermögenskonfiskation war insbesondere angeführt worden, dass sie gerade in Verbindung mit der Todesstrafe die Familie im Gegensatz zu anderen Strafen unmittelbar treffe und dass dieser Umstand das Gerechtigkeitsprinzip verletze.151 Schließlich könne ihr Zweck, nämlich die Entziehung der Mittel, auch auf anderem Wege, wie etwa durch Beschlagnahme des Vermögens oder Einleitung eines Kuratels erreicht werden.152 Weiterhin sei sie wegen der beschlossenen Abschaffung der Schärfungen der Todesstrafe mit der Begründung, dass der Tod das Verbrechen vollständig gesühnt habe, nicht mehr zu vertreten.153 Zudem hätten mittlerweile alle neueren Strafgesetzgebungen die Vermögenskonfiskationen aufgehoben und Preußen könne unmöglich hinter dem zurückbleiben, was allgemein als Produkt der Zivilisation anerkannt werde.154 Infolge dessen war anstatt der Konfiskation des Vermögens bei den drei in Diskussion stehenden Straftatbeständen die Beschlagnahme des Vermögens und Einleitung einer Kuratel vorgesehen worden. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Konfiskation der Werkzeuge des Verbrechens sind keine Änderungen zu den vorherigen Entwürfen zu verzeichnen. Abweichend zum Vorgängerentwurf sollte im Hinblick auf die Konfiskation keine allgemeingültige Regelung aufgenommen werden, die die Vollstreck148 Abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. 1 ff. 149 Beratung vom 28. März 1838, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 4, S. 20 ff. 150 Goltdammer, Materialien I, S. 122; es wurde mit 20 gegen 17 Stimmen die Abschaffung beschlossen. 151 Goltdammer, Materialien I, S. 122. 152 Goltdammer, Materialien I, S. 122. 153 Goltdammer, Materialien I, S. 122. 154 Beratung vom 28. März 1838, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 4, S. 20 ff.

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barkeit in den Nachlass regelte.155 Vielmehr sollte es nach § 105 E 1843156 bei den Bestimmungen in den speziellen Gesetzen157 verbleiben. Danach konnte entgegen dem Vorgängerentwurf in der Regel die Konfiskation ohne Rücksicht auf die stattgefundene Untersuchung oder das ergangene Erkenntnis auch gegen die Erben stattfinden,158 womit auch ohne rechtskräftiges Urteil in den Nachlass vollstreckt werden konnte.159

3. Von 1843 bis 1847 Der Entwurf von 1843 wurde den acht Provinziallandtagen zur Stellungnahme vorgelegt.160 Nach Abschluss der Beratungen ordnete König Friedrich Wilhelm IV. in einer Kabinettsordre vom 24. November 1843 an Savigny die Umarbeitung des Entwurfs durch das Gesetzrevisionsministerium an, wobei in erster Linie die „ständischen Erwägungen“ sowie die in den öffentlichen Schriften und anderen Mitteilungen enthaltenen Materialien in Betracht gezogen werden sollten.161 Ergebnis dieser Überarbeitung war der „Revidierte Entwurf des Strafgesetzbuches für die Preußischen Staaten“ aus dem Jahre 1845 (E 1845). Die Konfiskation war im E 1845162 wie folgt ausgestaltet: „§. 29. (§. 27.) Die Konfiskation findet nur in Bezug auf einzelne Gegenstände statt. Werkzeuge, welche zur Begehung eines Verbrechens gebraucht oder bestimmt worden sind, sollen, sofern sie dem Verbrecher oder einem Teilnehmer an dem Verbrechen gehören, konfisziert werden. §. 30. (§. 105.) Wenn nach rechtskräftig erkannter Geldbuße oder Konfiskation der Verbrecher gestorben ist, so soll die Strafe in den Nachlaß desselben vollstreckt werden.“ 155 Beratung vom 19. Mai 1839, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 4, S. 121 ff. 156 §. 105. „Der Tod des Verbrechers hebt dessen Strafe aus. Doch werden Geldbußen, auf welche zu Lebzeiten des Verbrechers rechtskräftig erkannt worden ist, in den Nachlass desselben vollstreckt. In der Betreff der Confiscation verbleibt es bei den darüber bestehenden Bestimmungen.“ 157 So zum Beispiel in den §§ 136–138 des Gesetzes vom 26. Mai 1818 (Steuergesetz). 158 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 4, S. 127. 159 Beratung vom 19. Mai 1839, abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 4, S. 121 ff. 160 Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 80; Beseler, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 9; Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. XIII. 161 Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. XIII; Beseler, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 11. 162 Abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 6, S. 1 ff.

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Im Vergleich zum E 1843 war die Bestimmung aufgenommen worden, dass auch die einem Teilnehmer an dem Verbrechen gehörenden Werkzeuge konfisziert werden können.163 Dies deshalb, da die Beschränkung auf das Eigentum des Verbrechers moniert, eine Ausdehnung auf den unschuldigen Eigentümer hingegen als ungerecht eingestuft worden war.164 Teilnehmer sollte nur der sein, der die Tat unmittelbar mit ausgeführt hat.165 Darüber hinaus wurde das Wort „verübt“ durch die Redewendung „zur Begehung eines Verbrechens gebrauchte Werkzeuge“ ersetzt, um klarzustellen, dass die Konfiskation nur bei vorsätzlich begangenen Verbrechen anzuwenden ist, nicht hingegen bei fahrlässig Begangenen.166 Zwar sollte seinerzeit bereits das Wort „verübt“ auf das Erfordernis des Vorsatzes hindeuten, dies erschien jedoch nicht deutlich genug. Eine Ausdehnung erfuhr der Anwendungsbereich der Konfiskation dadurch, dass aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten nunmehr auch die zur Begehung des Verbrechens „bestimmten“ Werkzeuge der Vorschrift unterfielen, da bereits der §. 638. der Kriminalordnung von den Instrumenten gesprochen habe, die „zu diesem Zweck angeschafft“ worden waren.167 Die Vollstreckbarkeit in den Nachlass wurde wieder ausdrücklich angeordnet und von dem Bestehen eines rechtskräftigen Urteils abhängig gemacht. Die Regelung wurde erstmals an die allgemeinen Bestimmungen über die Geldbuße und die Konfiskation einzelner Gegenstände angeschlossen. Es war darüber beraten worden, ob man die Geldbuße und die Konfiskation, wie letztlich auch geschehen, gleichstellen sollte. Fraglich erschien dies, da bei der Konfiskation aufgrund der Zollgesetze keine Rücksicht darauf genommen werden könne, ob noch bei Lebzeiten des Kontravenienten rechtskräftig auf Konfiskation erkannt worden war oder nicht.168 Da jedoch die Zollstrafgesetze mit ihren speziellen Regelungen bestehen blieben, wurden beide Strafen gleichgestellt.169

163 164 165 166 167 168 169

Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. 312 f.; Goltdammer, Materialien I, S. 195. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. 312; Goltdammer, Materialien I, S. 195. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. 313; Goltdammer, Materialien I, S. 195. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. 313; Goltdammer, Materialien I, S. 196. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. 313. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. 459. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. 459.

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Erster Teil: Grundlagen

4. Von 1847 bis 1851 Die vierte Reformepoche umfaßt die Jahre 1847 bis 1851. Der Entwurf von 1845 wurde im Plenum des Staatsrats und der Kommission beraten.170 Aus den Beratungen ging der Strafgesetzentwurf von 1847 (E 1847) hervor.171 Der E 1847 führte die allgemeine Vermögenskonfiskation in § 28 des Allgemeinen Teils wieder ausdrücklich für die Verbrechen des Hoch- und Landesverrates sowie bei ausgetretenen Militärpflichtigen ein.172 Die Erwägungen für die Wiederaufnahme beschränkten sich im Wesentlichen auf die praktische Wirkung der Strafe bei den in Rede stehenden Verbrechen und auf die Frage, ob sie in gleich wirksamer Weise durch andere Strafen zu ersetzen sei, was verneint wurde. Die Motive zum Entwurf von 1847 führen aus, dass diese Strafe das kräftigere und wirksamere Schutzmittel für den Staat und in vielen Fällen unentbehrlich sei.173 Sie sei gegen den ausgetretenen Militärpflichtigen gerechtfertigt und die einzig vollstreckbare Strafe.174 Auch gegen Hoch- und Landesverräter könne sie selbst neben der Todesstrafe nicht für ungerecht erklärt werden, da das schwerste Verbrechen auch mit der schwersten Strafe bedroht werden müsse.175 Zudem pflegten sich politische Verbrecher nicht so sehr vor der Todesstrafe zu fürchten, als vielmehr vor dem Gedanken, durch den Verlust ihres Vermögens ihre Familie in Not und Elend zu stürzen.176 Obwohl diese Argumente nicht neu, sondern bereits in den vorherigen Verhandlungen im Zusammenhang mit der Vermögensdiskussion vorgebracht worden waren, hatte sich diesmal das „andere Lager“ durchsetzen können. Neuerungen brachte der Entwurf auch im Hinblick auf den Zeitpunkt des Eintritts der Konfiskation. In § 29 Abs. 2 war geregelt: „Die Konfiskation einzelner Gegenstände (§. 28) tritt als Folge des Verbrechens von selbst ein, und ist auch nach dem Tode des Verbrechers in dessen Nachlaß geltend zu machen.“

Damit war der Zeitpunkt des Konfiskationseintritts in Abweichung zum E 1845 wieder auf die Begehung der Tat vorverlagert worden und entsprach erneut dem bestehenden Recht, nämlich §. 364. ALR I. 9. Dieser Grundsatz 170 171 172 173 174 175 176

Vormbaum, Strafrechtsgeschichte, S. 81. Vormbaum, Strafrechtsgeschichte, S. 81. Abgedruckt in: Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 6, S. 743. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 6, S. 861. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 6, S. 861. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 6, S. 861. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 6, S. 861.

Zweites Kapitel: Historische Grundlegung

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des ALR, wonach die Konfiskation ipso jure eintritt, wurde erstmals materiell ausdrücklich ausgesprochen. Der Entwurf wurde mitsamt den Motiven Ende desselben Jahres dem Vereinigten Ständischen Ausschuss zur Begutachtung vorgelegt.177 § 28, der die Konfiskation im Hinblick auf das ganze Vermögen und die einzelnen Werkzeuge anordnete, wurde, nachdem zur Vorbereitung der Beratungen zunächst Gutachten einer „Vorbereitenden Abteilung“ des Vereinigten Ständischen Ausschusses erstellt worden waren, in der Sitzung am 25. Januar 1848 beraten.178 Einstimmig beschlossen wurde die Streichung des ersten Satzes, mithin die Abschaffung der Vermögenskonfiskation.179 Dabei fand eine Auseinandersetzung mit den Gründen statt, die für die Wiedereinführung der Vermögenskonfiskation im E 1843 angeführt worden waren, sowie mit den Gegenargumenten. Es gab einige Abgeordnete, die Gewissheit darüber wünschten, dass anstelle der Konfiskation die Sequestration bei den drei in Frage stehenden Verbrechen angeordnet werden würde. Doch war dies gegenwärtig nicht möglich, da die Beratungen zu diesen Tatbeständen erst noch erfolgen mussten und der Wegfall der Konfiskation des Vermögens notwendiger Weise vorhergehen musste.180 Bezüglich der Konfiskation der Werkzeuge ergaben sich keine Änderungen. Im Hinblick auf § 29, der ebenfalls beraten und genehmigt worden war, wurde noch vorgeschlagen, zur Vermeidung von möglichen Zweifeln im zweiten Absatz noch zu ergänzen, dass der Richter, ungeachtet der von selbst eintretenden Konfiskation, die einzelnen Gegenstände im Erkenntnisse zu bezeichnen habe.181 Der Vereinigte Ständische Ausschuss beschloss auf seiner letzten Sitzung am 6. März 1848, die Arbeiten an einem Strafgesetzbuch einzustellen, bis der Vereinigte Landtag über eine neue Strafprozessordnung entschieden habe.182 Ungeachtet der Aussetzungsentscheidung betrieb Savigny die Gesetzrevision weiter.183 Er erstellte zunächst den „Entwurf eines Strafgesetzbuches“ (E 1848).184, 185 Die Konfiskation war in § 16. wie folgt geregelt:

177 178 179 180 181 182 183 184 185

Vormbaum, Strafrechtsgeschichte, S. 81. Bleich, Protokolle der Plenar-Versammlung, S. 196 f. Bleich, Protokolle der Plenar-Versammlung, S. 197. Bleich, Protokolle der Plenar-Versammlung, S. 197. Bleich, Stenographische Berichte der Versammlung über der ersten Teil des StGB, S. 299. Vormbaum, Strafrechtsgeschichte, S. 81. Vormbaum, Strafrechtsgeschichte, S. 81. Abgedruckt in: Banke, Entwurf, Band 2, S. 40 ff. Banke, Entwurf, Band 1, S. 26.

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Erster Teil: Grundlagen „Die Confiscation findet nur in Beziehung auf einzelne Gegenstände statt. Gegenstände, welche durch das Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung desselben gebraucht oder bestimmt worden sind, sollen, sofern sie dem Thäter oder einem Theilnehmer der That gehören, confisciert werden.“

Der erste Satz sollte wiederum die Abschaffung der allgemeinen Vermögenskonfiskation verdeutlichen. Die Einzeleinziehung erfuhr zunächst, wie bereits im E 1827 vorgesehen, allerdings nicht in die anderen Vorgängerentwürfe übernommen, eine Ausweitung auf die scelere quaesita, also die aus dem Verbrechen oder Vergehen hervorgebrachten Gegenstände, wenn ihre Hervorbringung Zweck des Verbrechens gewesen war.186 Dies war insbesondere im Hinblick auf Münzverbrechen sowie auf die Geschenke bei Bestechungen als notwendig erachtet worden.187 Ferner war der Ausdruck „Gegenstände“ statt des früheren „Werkzeuge“ mit der Begründung gewählt worden, dass Letzterer einer eingeschränkten Deutung Raum gebe.188 Eine Regelung über die Konfiskation in den Nachlass war nicht zu finden, woraus geschlossen wurde, dass eine solche nach dem Entwurf unstatthaft sein sollte.189 1849 entstand ein weiterer Entwurf (E 1849)190, der in weiten Teilen mit dem Vorgängerentwurf übereinstimmte.191 Die Regelungen zur Konfiskation, welche in Art. 15 verortet waren, wurden im Vergleich zum E 1848 um einen Absatz ergänzt: „Ist ein Verbrechen oder Vergehen durch Schrift, Abbildung oder Darstellung begangen, so soll auf Konfiskation und Vernichtung aller zur Verbreitung vorraethigen Exemplare der Schrift, Abbildung oder Darstellung, so wie der dazu bestimmten Platten und Formen erkannt werden.“

Erstmalig wurde an dieser Stelle allgemein ausgesprochen, dass jedes Mal da, wo durch derartige Geistesprodukte der Tatbestand einer nach den bestehenden Strafgesetzen strafbaren Handlung gegeben ist, die Konfiskation und Vernichtung anzuordnen ist.192 Es wurde von der zuvor vorgenommenen Aufzählung 186 Oppenhoff, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 63; Goltdammer, Materialien I, S. 187. Zwar beziehen sich die dort befindlichen Kommentierungen auf die Ausgestaltung der Konfiskation im E 1850. Jedoch können sie, auch wenn es zum E 1848 keine Motive und Erläuterungen gibt, auf diesen übertragen werden. 187 Goltdammer, Materialien I, S. 187. 188 Goltdammer, Materialien I, S. 187. 189 Banke, Deutsches Einheitsstrafrecht, S. 21. 190 Abgedruckt in: Banke, Entwurf, Band 1, S. 37 ff. 191 Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 81; Banke, Entwurf, Band 1, S. 28 ff.: Die Übereinstimmung veranlasste Banke, den Entwurf von 1848 als „Vorentwurf zum Deutschen Einheitsstrafrecht“ zu bezeichnen; Banke, Entwurf, Band II, S. 6. 192 Vgl. Maier, Die Unbrauchbarmachung, S. 2.

Zweites Kapitel: Historische Grundlegung

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der Delikte, die den strafbaren Inhalt einer Schrift etc. begründen können, abgesehen.193 In Art. 16 wurde wieder die Konfiskation in den Nachlass erlaubt, sofern der Angeschuldigte bei Lebzeiten rechtskräftig verurteilt worden war. Da es auch zu diesem Entwurf keine Motive und Erläuterungen gibt, kann letztlich nicht erklärt werden, warum diese Erweiterung eingefügt worden ist. Sodann wurden die Arbeiten an einem preußischen Strafgesetzbuch bedingt durch das Scheitern der Einheitsbestrebungen wieder aufgenommen und der „Entwurf des Strafgesetzbuchs für die preußischen Staaten“ vom 10. Dezember 1850 fertiggestellt und in der Ersten und Zweiten Kammer verhandelt.194 Dieser E 1950 beschränkte die Konfiskation und Vernichtung von Schriften etc, geregelt in § 17195, im Gegensatz zu seinem Vorgänger auf alle „vorfindlichen“ Exemplare. Zudem schränkte er die Möglichkeit der Vernichtung dadurch ein, dass nur einzelne Teile, nämlich die gesetzwidrigen Stellen, zu vernichten waren, sofern der Hauptinhalt der Schrift etc. erlaubt war.196 Die Motive, die zu diesem Entwurf ergangen sind, machen keinerlei Ausführungen zu der Regelung des § 17, womit auch an dieser Stelle die Hintergründe der Änderung nicht näher erläutert werden können. In § 18 wurde erneut festgehalten, dass die Konfiskation auch nach dem Tod des Angeschuldigten in dessen Nachlass geltend gemacht werden kann, selbst wenn zu seinen Lebzeiten noch kein Urteil ergangen ist. In den Motiven wurde 193 Im Rahmen der Partikulargesetzgebung war begonnen worden, Bestimmungen zu erlassen, die der Verbreitung strafbarer Schriften Einhalt gebieten sollte. Diese partikularen Gesetze sind aber zu zahlreich und zu mannigfaltig, als dass ein Eingehen darauf und eine Würdigung derselben im Rahmen dieser Darstellung möglich wäre. Art. 320 des Hessischen Strafgesetzbuches von 1841 bestimmt beispielsweise summarisch, dass Schriften oder bildliche Darstellungen, welche Verleumdungen oder sonstige Beleidigungen enthalten, jedes Mal vom Gericht zu konfiszieren sind, selbst wenn Rechte Nichtschuldiger darunter leiden. 194 Entwurf abgedruckt in: Verhandlungen der Ersten und Zweiten Kammer über die Entwürfe des Strafgesetzbuches für die Preußischen Staaten und des Gesetzes über die Einführung desselben vom 10. Dezember 1850, Berlin 1851, S. 220. 195 „Die Konfiskation findet nur in Beziehung auf einzelne Gegenstände statt. Gegenstände, welche durch das Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung desselben gebraucht oder bestimmt worden sind, sollen, sofern sie dem Täter oder Teilnehmer der Tat gehören, konfisziert werden. Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung sich als Tatbestand einer strafbaren Handlung darstellt, so ist die Vernichtung aller vorfindlichen Exemplare und der dazu bestimmten Platten und Formen auszusprechen. Ist die Schrift, Abbildung oder Darstellung ihrem Hauptinhalte nach eine erlaubte, so wird nur auf Vernichtung der gesetzwidrigen Stellen und desjenigen Teils der Platten und Formen erkannt werden, auf welchem sich diese Stellen befinden.“ 196 Banke, Deutsches Einheitsstrafrecht, S. 20.

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Erster Teil: Grundlagen

die beschriebene Einführung damit begründet, dass die Konfiskation nach den Grundsätzen des Zivilrechts als Folge der strafbaren Handlung von selbst eintritt. Nach Abschluss der Verhandlungen, die bis zum 12. April 1851 angedauert hatten, wurde das neue Strafgesetzbuch am 14. April 1851 vom König unterzeichnet und trat am 1. Juli 1851 in Kraft.197, 198 Im preußischen Strafgesetzbuch von 1851 war die Konfiskation im ersten Teil, der von der Bestrafung der Verbrechen und Vergehen199 im Allgemeinen handelt, wie folgt geregelt: „§. 19. Die Konfiskation findet nur in Beziehung auf einzelne Gegenstände statt. Gegenstände, welche durch das Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung desselben gebraucht oder bestimmt worden sind, sollen, sofern sie dem Täter oder Teilnehmer der Tat gehören, konfisziert werden. Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung sich als Tatbestand einer strafbaren Handlung darstellt, so ist im Strafurteile zugleich die Vernichtung aller vorfindlichen Exemplare und der dazu bestimmten Platten und Formen auszusprechen. Ist die Schrift, Abbildung oder Darstellung ihrem Hauptinhalte nach eine erlaubte, so soll nur auf die Vernichtung der gesetzwidrigen Stellen und desjenigen Teils der Platten und Formen erkannt werden, auf welchem sich diese Stellen befinden. §. 20. Geldstrafen können in den Nachlaß eines Angeschuldigten nur dann vollstreckt werden, wenn derselbe bei Lebzeiten rechtskräftig verurteilt worden ist. Die Konfiskation einzelner Gegenstände kann nach dem Tode des Angeschuldigten in dessen Nachlaß geltend gemacht werden, selbst wenn zu seinen Lebzeiten noch kein Urteil ergangen ist.“

Hinzugefügt worden waren im zweiten Absatz die Worte: „im Strafurteile zugleich“. Damit wollte die Kommission der zweiten Kammer zum Ausdruck bringen, dass jenes Erkenntnis auf Vernichtung ein Strafurteil gegen einen bestimmten Angeschuldigten voraussetzt.200 Im Rahmen der Beratungen war nämlich die Frage entstanden, ob nicht durch die vorherige Regelung die Staatsanwaltschaft ermächtigt werde, auch in solchen Fällen, wo sie wegen des 197 Art. I des Einführungsgesetzes vom 14. April 1851 (Pr.GS, S. 93). 198 Goltdammer, Materialien I, S. XVI; Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 82. 199 Das Strafgesetzbuch war in drei Teile aufgeteilt. Das erste handelt von der Bestrafung der Verbrechen und Vergehen im Allgemeinen, der Zweite von den einzelnen Verbrechen und Vergehen und deren Bestrafung und der Dritte von den Übertretungen. In § 333 des dritten Teiles war die Konfiskation von Einzelgegenständen aufgeführt. Die Fälle, in welchen darauf zu erkennen war, waren im dritten Teile ausdrücklich aufgeführt. Es handelte sich um die §§ 340a. E., 345a. E., sowie 348a. E. 200 Beseler, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 122.

Zweites Kapitel: Historische Grundlegung

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Inhalts einer Schrift eine bestimmte Person nicht verfolge, die Vernichtung der vorgefundenen Exemplare und der dazu bestimmten Platten und Formen zu beantragen, und ob nicht der Richter in einem solchen Falle, ohne den Angeschuldigten vor sich zu haben, über diesen Antrag erkennen müsse.201 Die Kommission war sich darüber einig, dass ein solches Verfahren nicht im allgemeinen Strafgesetzbuch, sondern nur in den speziellen Pressgesetzen angeordnet werden könne.202 Im Hinblick auf den Zeitpunkt des Eintritts der Konfiskation verblieb es bei dem Anknüpfungspunkt „Begehen der Tat“. Dies, so die Auffassung der Kommission, folge aus den Grundsätzen des Zivilrechts. Das änderte jedoch nichts an der Strafnatur der Konfiskation.203 Sie blieb nach Ansicht der Kommission eine akzessorische Strafe und setze damit ein überhaupt verurteilendes Urteil voraus, in dem sie ausdrücklich ausgesprochen werde.204 Jedoch sollte eine Konfiskation nicht stattfinden können, bevor nicht ein rechtskräftiges Zivilurteil vorlag, so dass ein solches auch im Falle des Todes des Angeschuldigten erwirkt werden musste.205 Dies deshalb, da der Herausgabeanspruch der zivilprozessualen Geltendmachung unterliegen sollte.206 Für den Fall, dass der Angeschuldigte nicht verstorben war, war das Strafurteil präjudiziell für den Zivilanspruch und wirkte ex tunc.207

III. Zusammenfassung Die Untersuchung der Partikulargesetzgebung hat gezeigt, dass in dieser Zeit das Konzept der Einziehung maßgeblich verändert worden ist. Die aufgezeigten Änderungen und Neuerungen stellen dabei einen entscheidenden Durchbruch zu einer neuen Einziehungskonzeption dar.208 Letztere ist dadurch gekennzeichnet, dass die generelle Vermögenskonfiskation in allen Bundesstaaten wegen der mit Ihr verbundenen Ungerechtigkeiten abgeschafft worden

201 Beseler, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 122. 202 Beseler, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 122. 203 Goltdammer, Materialien I, S. 204 f.; Oppenhoff, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 66. 204 Goltdammer, Materialien I, S. 204 f.; Oppenhoff, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 66. 205 Beseler, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 123; Oppenhoff, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 66. 206 Goltdammer, Materialien I, S. 204 f.; Oppenhoff, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 66. 207 Goltdammer, Materialien I, S. 204 f.; Oppenhoff, Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, S. 66. 208 Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 20.

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Erster Teil: Grundlagen

ist.209 Dies ist mitunter dem Wandel von gesellschaftlichen und politischen Ansichten im Zeitgeiste der Aufklärung zu verdanken. Weiterhin ist das neue Einziehungskonzept dadurch geprägt, dass die Spezialeinziehung in vielen Partikularstrafgesetzbüchern erstmals als allgemein strafrechtliches Sanktionsmittel anerkannt wurde, wobei in den einzelnen Strafgesetzbüchern noch Unterschiede im Hinblick auf die Voraussetzungen an die Einziehung im Einzelfall zu knüpfen war, und über den Zeitpunkt, zu welchem sie eintrat, bestanden.210 Einziehungsobjekte waren in allen Strafgesetzbüchern die instrumenta sceleris, wobei in einigen Strafgesetzbüchern neben den für eine Straftat „gebrauchten“ auch die für eine Tat „bestimmten“ Werkzeuge erfasst wurden.211 Die Einziehung des „corps du délit“, dessen Einziehung in Art. 11 des französischen Code Napoléon vorgesehen war, hatte sich nicht durchsetzen können.212 Im Hinblick auf die Wirkung der Konfiskation ordnete einzig das Preußischen Strafgesetzbuch an, dass diese bereits mit Begehung des Verbrechens eintritt, wohingegen der Zeitpunkt in den übrigen Partikularstrafgesetzbüchern gerade auch im Vergleich zum römischen und germanischen Recht deutlich nach „hinten“ verschoben worden war. Anknüpfungspunkt war das erkennende oder das rechtskräftige Urteil. Das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 zeichnet sich gegenüber den anderen Partikulargesetzbüchern weiterhin dadurch aus, dass es eine allgemeine Sonderregelung in § 19 Abs. 3 im Hinblick auf die Vernichtung von Schriften etc. aufweist. Die Regelung geht über die des § 19 Abs. 2 zudem hinaus, da sie auf das Eigentum unbeteiligter Dritter keine Rücksicht nimmt. Eine weitere Besonderheit des Preußischen Strafgesetzbuches ist die erstmalige Einführung der sogenannten selbständigen Einziehung für den Fall des Todes des Angeschuldigten. Weitere dogmatische Klärung und Vereinheitlichung der Einziehung konnte erst das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 bringen, dessen Entstehung und Inhalt das Folgekapitel gewidmet ist. 209 Zwar dauerte die Auseinandersetzung um die Abschaffung gerade in Preußen im Gegensatz zu den anderen Bundesstaaten extrem lange, da sie in den Reformdiskussionen teils noch sehr entschiedene Befürworter gefunden hatte, was dazu führte, dass ein regelrechtes Hin und Her zwischen Abschaffung und Beibehaltung in den aufeinander folgenden Entwürfen zu verzeichnen ist. Doch konnten sich letztlich die Gegner der generellen Vermögenskonfiskation auch in Preußen durchsetzen, was mitunter, wie bereits ausgeführt, dem Wandel von gesellschaftlichen und politischen Ansichten im Zeitgeiste der Aufklärung zu verdanken ist. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 20. 210 Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 22. 211 So auch Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 22. 212 So auch Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 22.

ZWEITER TEIL: ENTWICKLUNG SEIT 1870

Drittes Kapitel: Reichsstrafgesetzgebung als Ausgangspunkt A) Entwurf Friedberg Erst nachdem der Deutsche Bund im Jahre 1866 infolge des preußischösterreichischen Krieges aufgelöst und der Norddeutsche Bund unter preußischer Vorherrschaft gegründet worden war, kam es im Hinblick auf die Strafrechtsreform zu weiteren Entwürfen.1 Den Anstoß dazu gab der Antrag der Reichstagsabgeordneten Wagner und Planck, den Bundeskanzler aufzufordern, den Entwurf eines Strafgesetzbuches vorzulegen.2 Der Reichstag kam dem in seiner Sitzung am 18. April 1868 nach und teilte den Beschluss noch am selben Tag dem Bundesrat mit, der diesem in seiner Sitzung am 5. Juni 1868 ebenfalls zustimmte.3 Anfang Juni ersuchte man sodann den Bundeskanzler v. Bismarck, den Entwurf eines gemeinsamen Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund ausarbeiten zu lassen. Dieser betraute den Justizminister Leonhardt mit der Ausarbeitung, der die Weisung am 8. Juli 1868 annahm und die Arbeit dem Vortragenden Rat im preußischen Justizministerium, Heinrich v. Friedberg übertrug. Der konnte im Juli 1869 den „Entwurf eines Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund“ vorlegen. Grundlage des Entwurfes war das preußische Strafgesetzbuch von 1851, weil „dasselbe sich in dieser Erprobung durch Rechtsübung und Rechtswissenschaft als ein im Ganzen tüchtiges, jedenfalls von keiner anderen Gesetzgebung übertroffenes Werk“ bewährt hatte.4 Zudem war nicht die Schaffung eines gänzlich neuen Regelwerks intendiert gewesen, sondern die Schaffung eines ersten Entwurfes „auf dem Wege des Anschlusses an ein bereits bestehendes Strafgesetzbuch“.5

1 2

3 4

5

Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 9. In dem Antrag heißt es wörtlich: „Entwürfe eines gemeinsamen Strafrechts und eines gemeinsamen Strafprocesses, sowie die dadurch bedingten Vorschriften der GerichtsOrganisation, baldthunlichst vorbereiten und dem Reichstag vorlegen zu lassen. Schubert, GA 1982, S. 194. Rubo, Kommentar, S. 13; Vormbaum, Moderne Strafrechtsgeschichte, S. 85. Sten. Ber. RT NDB, I. Leg. Per., Session 1870, Bd. 3, Berlin 1870, Aktenstück 5, S. 28, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2; Vormbaum, Strafrechtsgeschichte, S. 86. Motive zu dem Entwurf eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 120 ff.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

Im Entwurf Friedberg6 wurde die Einziehung sowie erstmals auch die Unbrauchbarmachung wie folgt geregelt: „§. 31. Die Einziehung findet nur in Beziehung auf einzelne Gegenstände statt. Gegenstände, welche durch das Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung desselben gebraucht oder bestimmt worden sind, sollen, sofern sie dem Thäter oder Theilnehmer der That gehören, eingezogen werden. Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar ist, so ist im Strafurtheile auszusprechen, dass alle vorfindlichen Stücke und die dazu bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. Diese Bestimmung bezieht sich jedoch nur auf die im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen, oder auf die an öffentlichen Orten ausgelegten Stücke. Ist die Schrift, Abbildung oder Darstellung nur theilweise strafbar, so soll erkannt werden, dass nur die strafbaren Stellen und derjenige Theil der Platten und Formen, auf welchem sich diese Stellen befinden, unbrauchbar zu machen sind.“ §. 32. Geldstrafen können in den Nachlaß eines Angeschuldigten nur dann vollstreckt werden, wenn das Urtheil bei Lebzeiten des Letzteren rechtskräftig geworden ist. Die Einziehung einzelner Gegenstände kann nach dem Tode eines Angeschuldigten erkannt und in dessen Nachlaß geltend gemacht werden.“

Viele Neuerungen sind im Vergleich zum preußischen Strafgesetzbuch von 1851 nicht zu verzeichnen7. Lediglich die Vorschriften über strafbare Inhalte in Schriften, im dritten und vierten Absatz des § 31 hatten Änderungen erfahren. So wurde die im preußischen Gesetzbuche in § 19 enthaltene Vorschrift über strafbare Inhalte in Schriften dahingehend beschränkt, dass sich das strafrechtliche Urteil nicht auf alle, sondern nur auf die im Besitze des Verfas6 7

Abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 1; sowie in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. 1 ff. Im Hinblick auf die Einziehung wurde in den Motiven erläutert, dass von dem Passus „die zur Begehung eines Verbrechens oder Vergehens gebrauchten oder bestimmten Gegenstände“ nur die mit der strafbaren Handlung in ursächlichem Zusammenhang stehenden Gegenstände, also nur die, mit denen unmittelbar die strafbare Handlung begangen worden war bzw. werden sollte, erfasst sind. Mithin keine Gegenstände, die lediglich mittelbar zur strafbaren Handlung gedient haben oder bestimmt gewesen sind, wie beispielsweise das Boot, von dem unberechtigt geangelt wurde. Motive zu dem Entwurf eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2, S. 180. Auch verblieb es bei der Dreiteilung der strafbaren Handlungen in Verbrechen, Vergehen und Übertretungen und dem dreiteiligen Aufbau des Strafgesetzbuches. Im dritten Teil wurde die Konfiskation der Einzelgegenstände in § 338 Nr. 3 wie folgt aufgenommen: „Die Strafen der Uebertretung sind: 3) Einziehung einzelner Gegenstände, nach Maßgabe der im § 31 darüber gegebenen Vorschriften“. Die Einziehung konnte im Rahmen der Übertretungen des dritten Teiles nur erfolgen, wenn sie bei der einzelnen Übertretung ausdrücklich genannt war. Dies entsprach der Systematik des preußischen Strafgesetzbuches von 1851.

Drittes Kapitel: Reichsstrafgesetzgebung als Ausgangspunkt

41

sers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die an öffentlichen Orten ausgelegten Stücke erstrecken sollte. Intendiert war damit die Wahrung von Eigentumsrechten unbeteiligter Dritter in Angleichung zur Einziehungsvorschrift.8 Im Gegensatz zu der Bestimmung im preußischen Strafgesetzbuch, wonach Schriften mit strafbaren Inhalten vernichtet werden sollten, sollte nunmehr lediglich für ihre Unbrauchbarmachung gesorgt werden. Die Unbrauchbarmachung war zur Erreichung des mit der Vorschrift verfolgten Zweckes, nämlich Vorbeugung einer unmittelbaren Weiterverbreitung des strafbaren Inhalts, für ausreichend erachtet worden.9 Weiterhin wurde der Begriff „Hauptinhalte“ durch „insoweit“ ersetzt, da Ersterer als unklar angesehen wurde und man deshalb von diesem Begriff nicht abhängig machen wollte, ob eine Schrift ganz oder nur teilweise unbrauchbar zu machen ist.10 Die Bestimmung des § 20 Abs. 2 des preußischen StGB wurde in § 32 Abs. 2 zwar nicht sprachlich, aber inhaltlich unverändert übernommen.11

B) Entwürfe der Bundesratskommission Noch bevor der Entwurf endgültig fertig gestellt worden war, beschloss der Bundesrat am 3. Juni 1869, diesen durch eine Kommission von sieben Juristen revidieren zu lassen.12 Die Kommission13 erledigte den Auftrag in insgesamt 8 9 10 11

12 13

Motive zu dem Entwurf eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 180. Motive zu dem Entwurf eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2, S. 180. Motive zu dem Entwurf eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2, S. 181. Allerdings war die Begründung dazu in den Motiven eine ganz andere, als die in den Motiven für das Preußische StGB. Im Entwurf Friedberg war die Bestimmung allein aus dem Gesichtspunkt der Prävention aufgenommen worden: „Es rechtfertigt sich diese Annahme durch die Erwägung, dass sonst die zu verbrecherischen Zwecken bestimmten Gegenstände, wie z.B. Formen für Münzfälschungen, die fernere Begehung von Verbrechen leicht ermöglichen möchten, das Strafgesetz aber die Pflicht hat, dem, soweit es die vermag, vorzubeugen“. Köbner, Die Maßregel der Einziehung, S. 43. Im Preußischen StGB war sie damit gerechtfertigt worden, dass die Konfiskation nach den Grundsätzen des Zivilrechts als Folge der strafbaren Handlung von selbst eintritt. Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XI ff. Mitglieder der Kommission waren vier Juristen aus Preußen (Leonhardt, Friedberg, Bürgers und Dorn) sowie ein Jurist aus Sachsen (Schwarze), Mecklenburg-Schwerin (Budde) und Bremen (Donand); vgl. Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. 1 XI ff.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

43 Sitzungen zwischen dem 1. Oktober und dem 31. Dezember 1869. Ergebnis war der Entwurf 1. Lesung vom November 1869.14 Schwarze beantragte in der 1. Lesung15 der §§ 31, 32 E Friedberg § 31 Abs. 1, 2 sowie § 32 Abs. 2 E Friedberg wie folgt zu fassen:16 „Gegenstände, welche zur Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens als Werkzeuge gebraucht oder mitgebracht worden sind und dem Thäter oder einem Theilnehmer gehören, sowie Gegenstände, welche durch ein vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht worden sind, sollen eingezogen, und diese Einziehung im Erkenntnisse ausgesprochen werden.“

Schwarze hielt den ersten Absatz des § 31 E Friedbergs auf Grund der speziellen Bestimmungen des zweiten Absatzes für entbehrlich. Dieser Meinung schlossen sich auch die übrigen Mitglieder an, so dass dessen Streichung beschlossen wurde. Zudem hielt er den Zusatz „vorsätzlich“ im zweiten Absatz des § 31 für notwendig, da ohne eine solche Beschränkung die Fassung auch fahrlässig begangene Verbrechen erfasse.17 Die anderen Mitglieder sprachen sich jedoch dagegen aus, nachdem ein Mitglied darauf hingewiesen hatte, dass die Einziehung der Natur der Sache nach nur bei vorsätzlichen Verbrechen Platz greifen könne.18 Über den Antrag Schwarzes, den Hinweis aufzunehmen, dass die Gegenstände „zur Begehung“ als Werkzeuge gedient haben, ging die Kommission sogar noch hinaus und beschloss, dass vor „Werkzeuge“ die Worte „als Mittel oder“ eingeschoben werden sollen.19 Dadurch sollte deutlicher zum Ausdruck kommen, dass nur die unmittelbar zur Begehung benutzten Gegenstände erfasst werden. Dem Antrag, das Wort „bestimmt“ durch „mitgebracht“ zu ersetzen, da Ersteres zu unbestimmt sei und überdies auch die bloße „Vorbereitung“ des Verbrechens erfasse, wurde nicht stattgegeben, ohne dass nähere Erläuterungen hierzu ersichtlich sind. Schwarze vertrat ferner die 14 15 16 17 18

19

Abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. 243. 4. Sitzung vom 6. Oktober 1869. Vgl dazu Sitzungsprotokoll v. 6.10.1869, S. 74 ff., abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Antrag Nr. 7 in Verbindung mit Antrag Nr. 2. Vgl. Anträge zur 1. Lesung, S. 182, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Antrag Nr. 2, vgl. Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. 174. Sitzungsprotokoll v. 6.10.1869, S. 74, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Diese Ansicht war bereits zum Preußischen Strafgesetzbuch vertreten worden. Auch dort hielt man die Aufnahme des Wortes „vorsätzlich“ für überflüssig; vgl. Schubert / Regge, Gesetzesrevision Band 5, S. 313; Goltdammer, Materialien I, S. 196. Sitzungsprotokoll v. 6.10.1869, S. 74, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1.

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Ansicht, dass es bei den durch Verbrechen hervorgebrachten Gegenständen unerheblich sei, ob sie im Eigentum des Täters stehen oder nicht.20 Dem stimmten auch die übrigen Sitzungsteilnehmer zu. Weiterhin erachtete Schwarze es als notwendig, dass die Einziehung im „Erkenntniß“ auszusprechen ist. Ansonsten sei nicht geklärt, wie in den Fällen zu verfahren sei, in denen der Angeklagte wegen freiwilligen Absehens oder wegen Unzurechnungsfähigkeit freigesprochen werde, oder der Täter nicht zu erlangen sei.21 Auch diesem Änderungantrag stimmten die Kommissionsmitglieder zu. Dies wohl auch deshalb, da sie die Einziehung als Nebenstrafe einstuften.22 Folglich war damit auch wieder der Zeitpunkt der Wirkungen der Einziehung im Vergleich zum Entwurf Friedberg auf den des Ausspruchs des Urteilstenors verlegt worden. Im Hinblick auf § 31 Abs. 3, 4 beantragte Schwarze, die Regelungen in einem neuen § 32 getrennt von der Einziehung zu regeln.23 Der Begriff „strafbare Handlung“ sollte durch „Verbrechen oder Vergehen“ ersetzt werden, was zum Ausschluss von Übertretungen geführt hätte. Die Kommission lehnte dies jedoch ab. Schwarze wollte zudem, dass im Hinblick auf die Schriften, deren Darstellung eine strafbare Handlung enthalten, deren Vernichtung selbiger ausgesprochen werde, was ebenfalls keine Mehrheit fand. Die Kommission beschloss, diesmal einem seiner Anträge folgend, hinter den ersten Satz des § 31 Abs. 3 den Nebensatz „soweit eine Ausscheidung möglich ist“ hinzuzufügen und die Regelungen über die Unbrauchbarmachung in einem separaten Paragrafen aufzunehmen.24 Im Hinblick auf § 32 Abs. 2 monierte Schwarze, dass das Verhältnis zu § 31 völlig unklar sei.25 Die Konfiskation nach § 31 sei Teil der Strafe, um den Missbrauch der Sache an ihrem Eigentümer zu strafen, der § 32 Abs. 2 trage hingegen polizeilichen Charakter. Die Konfiskation sei hier nicht mehr pars

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Sitzungsprotokoll v. 6.10.1869, S. 74, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Antrag Nr. 2, S. 174 ff., abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Antrag Nr. 2, S. 174 ff., abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Antrag Nr. 2, S. 175 und Antrag Nr. 8, S. 183, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Sitzungsprotokoll v. 6.10.1869, S. 74 f., abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Antrag Nr. 2, S. 175, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

poenae und es sei nicht einmal vorgeschrieben, den Erben Gehör zu gewähren. Die Beschränkungen des zweiten Absatzes des § 31 würden in § 32 nicht wiederholt. Widersprüchlich sei ferner die „Soll-Vorschrift“ als bestimmtes Gebot in § 31 und das „kann“ in § 32. Deshalb wurde beschlossen, den § 32 Abs. 2 zu generalisieren und wie folgt zu formulieren:26 „Ist in den Fällen der §§ 31, 31a die Rechtsverfolgung oder der Erlaß des Straferkenntnisses wider eine bestimmte Person als Thäter oder Theilnehmer ausgeschlossen, so können die in §§ 31, 31a vorgeschriebenen Maßregeln selbstständig erkannt werden.“

Am Ende der Beratungen lag im November 1869 der Entwurf 1. Lesung als „Entwurf eines Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund“ vor. Einziehung und Unbrauchbarmachung waren im ersten Teil, der von der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Übertretungen im Allgemeinen handelte27, wie folgt gefasst: „§ 37 (1) Gegenstände, welche als Mittel oder Werkzeuge zur Begehung einer strafbaren Handlung gebraucht oder bestimmt worden sind, und dem Thäter oder einem Theilnehmer gehören, sowie Gegenstände, welche durch eine strafbare Handlung hervorgebracht sind, sollen eingezogen werden; die Einziehung ist im Erkenntnisse auszusprechen. § 38 (1) Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar ist, soll im Urtheile ausgesprochen werden, dass alle Exemplare, sowie die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. (2) Diese Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf die im Besitz des Verfassers, Drukkers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich ausgelegten oder öffentlich angebotenen Exemplare. (3) Ist nur ein Theil der Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so soll, sofern eine Ausscheidung möglich ist, erkannt werden, dass nur die strafbaren Stellen und derjenige Theil der Platten und Formen, auf welchem sich diese Stellen befinden, unbrauchbar zu machen sind.

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Sitzungsprotokoll v. 6.10.1869, S. 75, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Im Rahmen der 26. Sitzung, 1. Lesung war beschlossen worden, die Bestimmungen des „von der Bestrafung der Uebertretungen im Allgemeinen“ handelnden ersten Abschnitts im dritten Teil, in den Allgemeinen Teil des Gesetzbuches (Teil I) zu integrieren. Antrag Nr. 457, S. 240, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Deswegen wurden die Begriffe „Verbrechen und Vergehen“ durch den der „strafbaren Handlung“ ersetzt. Änderungen im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Einziehung waren damit jedoch nicht verbunden, da die Einziehung im Rahmen der einzelnen Übertretungsvorschriften nach wie vor ausdrücklich angeordnet war und damit wie zuvor nur dann eine Einziehung stattfinden konnte.

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§ 39 Ist in den Fällen der §§ 37 und 38 die Rechtsverfolgung oder der Erlaß des Straferkenntnisses wider eine bestimmte Person nicht ausführbar, so können die in diesen Paragraphen vorgeschriebenen Maßregeln selbstständig erkannt werden.“

Daran anschließend fand die 2. Lesung statt.28 Schwarzes Antrag, im Gesetz ausdrücklich festzuhalten, dass die Einziehung nur bei „vorsätzlichen“ Handlungen stattfinden soll, wurde diesmal stattgegeben.29 Eine Ausnahme davon sollte nur dann gemacht werden dürfen, wenn im Besonderen Teil, wie zum Beispiel bei einzelnen Übertretungen30, etwas anderes bestimmt war.31 Auch der Antrag, den Umgang mit den gebrauchten Mitteln und Werkzeugen dem Ermessen des Richters anheim zu stellen, wurde angenommen.32 Hinsichtlich der Einziehung der hervorgebrachten Gegenstände verblieb es bei der „SollBestimmung“, so dass unterschiedliche Regelungsinhalte entstanden waren. Als Ergebnis der Beratungen entstand sodann im Dezember 1869 der Entwurf 2. Lesung.33 Dieser wurde noch zum Jahreswechsel dem Bundeskanzler 28

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Die Sitzung, in denen die Einziehungsvorschriften beraten wurden fand am 3. Dezember 1869 statt. Vgl, dazu Sitzungsprotokoll vom 3. Dezember 1869, S. 308, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Antrag Nr. 529, S. 384, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. Während das Preußische Strafgesetzbuch noch in drei Teile zerfallen war, enthielt der Entwurf nur noch zwei Teile, weil den Übertretungen nicht mehr ein eigener Teil gewidmet war, die allgemeinen Bestimmungen über die Bestrafung der Übertretungen vielmehr mit den allgemeinen Bestimmungen über die Bestrafung der Verbrecher und Vergehen verbunden worden war. Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Aktenstück Nr. 5 des Reichstages des Norddeutschen Bundes, S. 52, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2. Antrag Nr. 514, S. 383 sowie Sitzungsprotokoll vom 3. Dezember 1869, S. 308, abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuchs, Band 1. „§ 38 (1) Gegenstände, welche als Mittel oder Werkzeuge zur Begehung einer strafbaren vorsätzlichen Handlung gebraucht oder bestimmt worden sind und welche dem Thäter oder einem Theilnehmer gehören können eingezogen werden. (2) Gegenstände, welche durch eine strafbare vorsätzliche Handlung hervorgebracht worden sind, sollen eingezogen werden. (3) die Einziehung ist im Erkenntnisse auszusprechen. § 39 (1) Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar ist, soll im Urtheile ausgesprochen werden, dass alle Exemplare, sowie die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. (2) Diese Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf die im Besitz des Verfassers, Drukkers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich ausgelegten oder öffentlich angebotenen Exemplare.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

überreicht, der ihn am 1. Januar 1870 sämtlichen Bundesregierungen übermittelte mit der Bitte, die Bevollmächtigten zum Bundesrat für die Abstimmung zu instruieren.34 In den folgenden Wochen arbeiteten Friedberg, Schwarze, Rüdorff und Rubo Motive35 zum revidierten Entwurf aus, die von der Kommission nicht genehmigt wurden und die auch dem Bundesrat für seine Beschlussfassung nicht vorgelegen haben.36 Trotzdem können ihnen Erkenntnisse über Hintergründe und Intentionen im Hinblick auf die vorgenommenen Änderungen entnommen werden. Die eingeführten unterschiedlichen Regelungen in Bezug auf die Mittel und Werkzeuge, die zu der Tat gebraucht oder bestimmt worden sind (instrumenta sceleris) und den durch die Tat hervorgebrachten Gegenständen (scelere producta) rührten daher, dass die Einziehung nach § 38 nicht als Vermögensstrafe, sondern als Nebenstrafe aufgefasst worden war, welche der Sicherung des Strafzweckes dienen und insbesondere an der Verhütung fernerer Handlungen mitwirken sollte.37 Da die scelere producta in unmittelbarem ursächlichen Zusammenhang mit der strafbaren Handlung standen, trugen sie nach Ansicht der Schriftleiter derart den verbrecherischen Charakter an sich, dass der zuvor genannte Strafzweck ihre Einziehung notwendig gebiete, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie im Eigentum des Täters oder Teilnehmers standen.38 Im Hinblick auf die instrumenta sceleris wurde argumentiert, dass diese verschiedenster Art sein könnten und damit durch deren Einziehung dem

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(3) Ist nur ein Theil der Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so soll, sofern eine Ausscheidung möglich ist, erkannt werden, dass nur die strafbaren Stellen und derjenige Theil der Platten und Formen, auf welchem sich diese Stellen befinden, unbrauchbar zu machen sind. § 40 Ist in den Fällen der §§ 38 und 39 die Verfolgung oder der Erlaß eines Urtheils wider eine bestimmte Person nicht ausführbar, so können die daselbst vorgeschriebenen Maßregeln selbstständig erkannt werden.“ Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XVIII. Abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2. Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XVIII. Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Aktenstück Nr. 5 des Reichstages des Norddeutschen Bundes, S. 52, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2. An dieser Stelle ist dem Gesetzgeber offenbar ein Lapsus unterlaufen, denn „Vermögensstrafe“ und „Nebenstrafe“ sind begrifflich gar keine Gegensätze. Zudem ist fraglich, in welches Rechtsgut denn sonst eingegriffen wird, wenn es nicht das Vermögen ist. Lang, Die Einziehung, S. 16. Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Aktenstück Nr. 5 des Reichstages des Norddeutschen Bundes, S. 52, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2.

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Strafzweck oft nicht im Entferntesten gedient sei.39 Deshalb war die Einziehung, wie auch bereits nach Art. 34 des Bayerischen Strafgesetzbuches, in das richterliche Ermessen gestellt worden.40 Die Motive zu § 39 widersprechen letztlich denen zu § 38 im Hinblick auf die Rechtsnatur der Einziehung. Dort wird die Änderung dahingehend, dass nunmehr nicht mehr die Vernichtung der Schriften etc., sondern lediglich deren Unbrauchbarmachung angeordnet wurde, damit gerechtfertigt, dass die Einziehung keine Vermögensstrafe, sondern in der Hauptsache eine Präventivmaßregel sei, deren Ausübung im Ermessen des Richters stehen müsse, damit die Grenzen ihres Zweckes eingehalten würden.41 Deshalb auch die Aufnahme der Schlussbestimmung in § 39.42 Dieser Widerspruch in den Motiven sollte nach Verkündung des RStGB zu großen Diskussionen um die Rechtsnatur der Einziehung führen.43 Die Generalisierung und damit auch die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 40 generell auf Gründe, die die Verfolgung ausschließen, also nicht nur bei Tod des Verbrechers, wurde damit begründet, dass der Strafgewalt hierdurch die notwendige Handhabe gewährt werde, zur Verhütung fernerer Verbrechen dem Gesetz auch dann Genüge zu verschaffen, wenn aus zufälligen Umständen die Verfolgung oder Verurteilung nicht erfolgen könne.44 In den Motiven wurde die Einziehung in diesem Zusammenhang wieder als Nebenstrafe eingestuft. Des39

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Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Aktenstück Nr. 5 des Reichstages des Norddeutschen Bundes, S. 52, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2. Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Aktenstück Nr. 5 des Reichstages des Norddeutschen Bundes, S. 52, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2. Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Aktenstück Nr. 5 des Reichstages des Norddeutschen Bundes, S. 52, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2. Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Aktenstück Nr. 5 des Reichstages des Norddeutschen Bundes, S. 52, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2. Es gab im Wesentlichen zwei verschiedene Ansichten. Die eine suchte das Institut der Einziehung einheitlich zu konstruieren und sah in ihr entweder eine Strafe oder eine sichernde Maßnahme. Die andere Ansicht sah sie als Institut mit zwiespältigem Charakter. Mal Strafe, mal Sicherungsmaßregel, wobei die einen unterscheiden, ob sie den Eigentümer traf, der gleichzeitig bestraft wird oder nicht. Die anderen Autoren hielten nur die Einziehung auf Grund des § 40 für eine Strafe, in allen anderen Fällen für eine sichernde Maßnahme. Das Reichsgericht vertrat den Standpunkt, dass es sich bei den Maßnahmen des § 40 RStGB um Nebenstrafen handelte. Lang, Die Einziehung, S. 16 f. Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Aktenstück Nr. 5 des Reichstages des Norddeutschen Bundes, S. 52, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2.

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halb wurde für die Einziehung von dem Grundsatz des Gesetzesentwurfs, wonach Nebenstrafen nur in Verbindung mit einer Hauptstrafe verhängt werden konnten, eine Ausnahme gemacht.45

C) Verhandlungen im Reichstag Der Entwurf 2. Lesung wurde im Plenum des Bundesrates unter dem Vorsitz Bismarcks am 4. Februar 1870 beraten und in der Schlusssitzung vom 11. Februar 1870 mit zwei Änderungen, die nicht die Regelungen der §§ 38–40 betrafen, angenommen.46 Bereits drei Tage später, am 14. Februar 1870, wurde der Entwurf, auch Reichstagsvorlage47 genannt, dem Reichstag vorgelegt.48 Er wurde in der ersten Lesung am 22. Februar 1870 beraten.49 Damit der Entwurf noch in der laufenden Session verabschiedet werden konnte, entschied man sich im Rahmen der 1. Lesung, anstatt des ganzen Entwurfes nur den 8. bis 29. Abschnitt des Besonderen Teils der Vorberatung durch eine Kommission zu übertragen.50 Die §§ 38 bis 40 wurden lediglich im Rahmen der 2. Lesung beraten.51 Der Abgeordnete v. Kirchmann beantragte, die beiden ersten Absätze des § 38 wieder zu vereinen und die darin enthaltenen unterschiedlichen Regelungen erneut zu vereinheitlichen.52 Die Einziehung sollte danach generell nur stattfinden, wenn die Gegenstände oder Schriften dem Täter oder Teilnehmer gehören.53 Zudem sollte sie generell fakultativ sein.54 Dem stimmten die anderen 45

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Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Aktenstück Nr. 5 des Reichstages des Norddeutschen Bundes, S. 33, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2. Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XVIII. Abgedruckt in: Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuches, Band 2, S. 45 ff. Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XVIII. Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 47 ff. Schubert / Vormbaum, Entstehung des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XVIII. Vgl. 15. Sitzung vom 5. März 1870. Sitzungsprotokoll abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 162 ff. Der Antrag lautete: „Gegenstände, welche durch das Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht oder welche zur Begehung desselben gebraucht oder bestimmt worden sind, können, sofern sie dem Thäter oder einem Theilnehmer der That gehören, eingezogen werden“. Nr. 39. Abänderungsanträge zu Nr. 5 der Drucksache, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2, S. 489. Sitzungsprotokoll vom 5.3.1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 162 f. Sitzungsprotokoll vom 5.3.1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 162 f.

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Sitzungsteilnehmer zu.55 Denn letztlich konnten die Plenumsmitglieder keinen Grund finden, warum die Gegenstände des ersten Absatzes anders behandelt werden sollten, als die des Zweiten.56 Sie hielten das für die Unterscheidung vermeintlich sprechende Argument für nicht durchschlagend, da es auch bei den Gegenständen des ersten Absatzes angebracht werden könnte.57 Der zweite Absatz führe im Falle seiner Beibehaltung zu schweren Rechtsverletzungen.58 Damit ging die Gesetzesfassung wieder auf die des Preußischen Strafgesetzbuches zurück, mit dem Unterschied, dass die Einziehung nunmehr fakultativ ausgestaltet worden war. Die Einziehung sollte nach dem Allgemeinen Teil des Gesetzbuchs wieder ausschließlich nur bei vorsätzlichen Verbrechen und Vergehen Anwendung finden. Näher begründet wurde der Antrag und dessen Annahme nicht. Eine Änderung im Anwendungsbereich war damit aber m. E. nicht begründet, da bei einzelnen Übertretungsvorschriften die Einziehung nach wie vor ausdrücklich vorgesehen war. Die sprachliche Änderung scheint etwas damit zu tun zu haben, dass § 38 eine allgemein gültige Vorschrift der Art sein sollte, dass, wenn ihre Voraussetzungen vorlagen, sie im Besonderen Teil stets Anwendung finden konnte. Bei den Übertretungsvorschriften, geregelt im Besonderen Teil, sollte die Einziehung auch schon vor der Änderung immer nur möglich sein, wenn sie explizit, bezogen auf eindeutig bestimmte Gegenstände, angeordnet gewesen war. Zudem sollte von der Voraussetzung des Vorsatzes abgesehen werden können. Es handelte sich damit um besondere Vorschriften über die Einziehung, so dass ihre Aufnahme in den § 38 nicht so recht passte. Die §§ 39 und 40 wurden ohne Änderungen angenommen.59

55 56 57 58 59

Sitzungsprotokoll vom 5.3.1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 162 f. Sitzungsprotokoll vom 5.3.1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 162 f. Sitzungsprotokoll vom 5.3.1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 162 f. Sitzungsprotokoll vom 5.3.1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 162 f. Sitzungsprotokoll vom 5. März 1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 163. Durch die Änderung des § 38 (später § 40) kam später der Streit auf, ob die Maßregeln des § 40 (§ 42 RStGB) auf diejenigen strafbaren Handlungen auszudehnen ist, die zwar den Anforderungen des §§ 38, 39 nicht genügen, bei denen einzeln aber im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches oder in den Nebengesetzen unter Verzicht auf einen oder mehrere Gesichtspunkte des § 38 die Befugnis oder Pflicht zur Einziehung ausgesprochen war. Dagegen spricht der Wortlaut des § 40, dafür der Schlusssatz der Motive zu § 40 (entsprechend § 42): „Die gleiche Befugnis findet auch

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Mit der Fassung des Entwurfes nach den Beschlüssen der 2. Lesung60 beschäftigte sich der Bundesrat.61 Danach begann die 3. Lesung im Reichstag vom 21. bis 24. Mai 1870. Die Vorschriften über die Einziehung wurden als §§ 36 bis 38 beraten.62 Es wurde dem Antrag Laskers63 folgend beschlossen, bei § 36 die Worte „der Tat“ zu streichen und die Wörter „durch das“ durch „durch ein vorsätzliches“ zu ersetzen.64 Im Hinblick auf die zweite Zeile wurde „dasselbe“ durch „eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens“ ersetzt.65 § 37 wurde ohne Änderungen angenommen. § 38 wurde mit der redaktionellen Änderung angenommen, dass die Worte „die Verfolgung einer bestimmten Person oder Erlaß eines Urteils“ durch „die Verfolgung oder die Verurteilung einer bestimmten Person“ ersetzt wurde. Aus diesen Beratungen ging der endgültige Entwurf hervor, der am 25. Mai 1870 mit großer Mehrheit im Ganzen angenommen wurde. Der Bundesrat genehmigte die Vorlage noch am selben Tag. Das Gesetz wurde ausgefertigt und am 8. Juni 1870 als Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund verkündet.66 Es trat am 1. Januar 1871 in Kraft. Aufgrund einer redaktionellen Änderung wurde die Konfiskation nunmehr in den §§ 40 bis 42 normiert. Die Bestimmungen lauteten in ihrer endgültigen Fassung wie folgt:

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in Fällen statt, in denen die Einziehung einzelner Gegenstände, z.B. bei gewissen Übertretungen, besonders vorgeschrieben ist. Aus diesem Widerspruch der beiden offiziellen Kundgebungen des Gesetzgebers kann man schließen, dass es zu einem Redaktionsversehen gekommen war. Der Fehler war vorher nicht vorhanden gewesen, da § 40 des Entwurfs beginnt: „Ist in den Fällen der §§ 38 und 39 [...]“ § 38 aber umfasste im Entwurfe alle vorsätzlichen strafbaren Handlungen. Nicht nur Verbrechen und Vergehen. Aktenstück Nr. 132, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3. Die Paragrafen hatten sich geändert. § 38 war § 36 geworden. Auch bei den anderen beiden verringerte sich die Zahl um 2. Vgl. Protokoll der 20. Sitzung vom 20. Mai 1870 sowie Protokoll der 21. Sitzung vom 22. Mai 1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S: 38, 44. Sitzungsprotokoll vom 21. Mai 1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 470. Nr. 182. Abänderungsanträge, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 2, S. 498. Sitzungsprotokoll vom 21. Mai 1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 470. Sitzungsprotokoll vom 21. Mai 1870, abgedruckt in: Schubert, Kodifikationsgeschichte, Band 3, S. 470. RGBl. 1870, S. 195.

Drittes Kapitel: Reichsstrafgesetzgebung als Ausgangspunkt

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„§ 40 Gegenstände, welche durch ein vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens gebraucht oder bestimmt sind, können, sofern sie dem Thäter oder Theilnehmer gehören, eingezogen werden. Die Einziehung ist im Urtheile auszusprechen. § 41 Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar ist, so ist im Urtheile auszusprechen, dass alle Exemplare, sowie die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. Diese Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf die im Besitz des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich ausgelegten oder öffentlich angebotenen Exemplare. Ist nur ein Theil der Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so ist, sofern eine Ausscheidung möglich ist, auszusprechen, dass nur die strafbaren Stellen und derjenige Theil der Platten und Formen, auf welchem sich diese Stellen befinden, unbrauchbar zu machen sind. § 42 Ist in den Fällen der §§ 40 und 41 die Verfolgung oder die Verurtheilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so können die daselbst vorgeschriebenen Maßregeln selbstständig erkannt werden.“

Infolge der Gründung des Deutschen Reiches im Januar 1871 und der damit verbundenen Notwendigkeit der Ausdehnung des Geltungsbereichs des Strafgesetzbuches wurde dieses nach der Vornahme weiterer redaktioneller Änderungen am 15. Mai 1871 als Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich verkündet, das in seinem Geltungsbereich größtenteils am 1. Januar 1872 in Kraft trat. Änderungen hatten sich im Hinblick auf die Einziehung nicht mehr ergeben.

D) Zusammenfassung Die vorangegangene Darstellung lässt deutlich werden, dass eine Fortentwicklung der Einziehungsvorschriften stattgefunden hatte. Die Bestimmungen im Reichsstrafgesetzbuch stellen in diesem Zusammenhang einen Markstein in der Geschichte der Einziehung dar.67 Im Hinblick auf die Vermögenskonfiskation war man bereits so sehr von ihrer Unvereinbarkeit mit rechtsstaatlichen Maximen überzeugt, dass man ihr ausdrückliches Verbot im Strafgesetzbuch nicht mehr für notwendig angesehen hatte.68 Die Einziehung sowie die Unbrauchbarmachung waren als Allgemeinregelungen im Rahmen der allgemei-

67 68

Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 23. So auch Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 23.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

nen Vorschriften über die Strafen ausgestaltet worden. Sonderregelungen gab es im Besonderen Teil hingegen nur noch wenige.69 In der sachlichen Ausgestaltung des § 40 RStGB ist zudem ein Zug zur Mäßigung zu erkennen, da Taten, an die diese Bestimmung ihre Rechtsfolgen knüpfte, nur noch vorsätzliche70 Verbrechen und Vergehen71 und somit Taten waren, die eine bewusste Auflehnung gegen die Rechtsordnung darstellten.72 In gegenständlicher Hinsicht wurde die Einziehung auf Tatwerkzeuge und 69

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Vgl. §§ 152, 295, 335 RStGB, Einziehung bei Übertretungen §§ 360 II, 367 II, 369 II RStGB. Die Anforderungen an die Anknüpfungstat in den §§ 360, 367, 369 RStGB waren insofern gelockert, als hier schon eine Übertretung, ja unter Umständen sogar eine fahrlässig begangene, die Einziehung bestimmter Tatwerkzeuge zu rechtfertigen vermochte. Noch weiter ging § 152 RStGB: Hier hatte man Sinn und Wortlaut der Bestimmung dahin interpretiert, dass die Einziehung nachgemachten oder verfälschten Geldes selbst dann möglich sein sollte, wenn nicht einmal der äußere Tatbestand des Münzdelikts festgestellt war. Auch die Eigentumsverhältnisse an dem einzuziehenden Geld waren als unerheblich angesehen worden. § 360 II RStGB ermöglichte die Einziehung bloßer Objekte der Tat (verbotswidrig gesammelte Waffen oder feilgebotene Stempelpapiere und dergleichen) während bei § 335 RStGB durch zwingenden „Verfall“ des Bestechungslohnes eine scelere quaesitum erfasst wurde. Im Nebenstrafrecht waren die Abweichungen noch vielfältiger. So waren neben den unterschiedslosen Einziehungsbestimmungen (z.B. § 15 NahrungsmittelG 1879, § 13 FarbenG 1887) auch die Fälle ihrer obligatorischen Anordnung bereits sehr zahlreich (z.B. § 154 VereinszollG 1869, § 10 SpielkartenstempelG 1878), was daraus zu erklären sein dürfte, dass es sich durchwegs um vorbeugenden Rechtsgüterschutz handelte. Als Anknüpfungstat reichte meist eine vorsätzliche oder auch fahrlässige Übertretung aus. Vergl. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 31 ff. Die Begriffe des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit waren nicht gesetzlich bestimmt, so dass es in Rechtsprechung und Literatur verschiedenste Theorien zur Bestimmung der Begrifflichkeiten gab. Vgl. v. Olshausen, Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 11. Auflage, § 59 Rn 16 f., Berlin 1927. Es musste aus den einzelnen Bestimmungen entnommen werden, welcher Art der Wille des Täters gewesen sein muss, um die Anwendung des Strafgesetzes zu begründen. In der Regel setzten die einzelnen Bestimmungen mindestens das Bewusstsein des Täters von denjenigen äußeren Umständen voraus, welche das Gesetz als Merkmal der strafbaren Handlung hinstellte. Dieses Bewusstsein sollte die stillschweigende Voraussetzung der Anwendung des Strafgesetzes sein. In vielen Fällen wurde sodann neben jenem Bewusstsein durch das Wort „vorsätzlich“ oder durch die Aufnahme einer gewissen Absicht die zur Strafbarkeit erforderliche Willensbestimmung des Täters näher bezeichnet. Vgl. Rüdorff / Stenglein, Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, § 59 Rn. 1, Berlin 1892. Während das Preußische StGB in drei Teile zerfiel, enthielt das Reichsstrafgesetzbuch nur noch zwei Teile, da den Übertretungen nicht mehr ein eigener Teil gewidmet war, die allgemeinen Bestimmungen über die Bestrafung der Übertretungen vielmehr mit den allgemeinen Bestimmungen über die Bestrafung der Verbrechen und Vergehen verbunden worden waren. Durch die ausdrückliche Beschränkung auf vorsätzliche Vergehen und Verbrechen war die Einziehung ausgeschlossen bei fahrlässigen Vergehen. Was aber schon vorher herrschende Meinung gewesen war. So auch Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 24.

Drittes Kapitel: Reichsstrafgesetzgebung als Ausgangspunkt

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Tatprodukte begrenzt.73 Anknüpfend an die Entwicklung in der Partikulargesetzgebung, wonach die Einziehung der scelere quaesita im Sinne des römischen und gemeinen Rechts, wie etwa der Tatlohn, die Gewinne oder andere durch die Tat erlangten Gegenstände oder Vorteile, deutlich eingeschränkt worden war, unterfielen diese nicht dem Anwendungsbereich der allgemeinen Bestimmung.74 Eine weitere wichtige Errungenschaft und zugleich auch eine Mäßigung in der Anwendung der Vorschrift war die Begrenzung auf das Eigentum von Tatbeteiligten,75 sowie der fakultative Charakter der Sanktion. Die Regelung der Unbrauchbarmachung in § 41 wurde im Vergleich zu § 19 des Preußischen Strafgesetzbuches ebenfalls gemäßigter ausgestaltet. So sollten die Schriften etc. nicht mehr vernichtet, sondern nur noch unbrauchbar gemacht werden. Zudem wurde der Anwendungsbereich beschränkt auf diejenigen Schriften, die sich im Besitze bestimmter, im Einzelnen festgelegter Personen befanden. Die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens beschlossenen engeren Voraussetzungen im Hinblick auf den Anwendungsbereich des § 40 RStGB waren bei der Regelung der Unbrauchbarmachung nicht übernommen worden. Damit war diese in zwei Punkten schärfer ausgestaltet und ging über die Regelungen der Einziehung in § 40 hinaus. Sie machte weder vor dem Eigentum Dritter halt, noch war sie in das Ermessen des Richters gestellt.76 Die selbständige Einziehung hatte eine Ausweitung erfahren.77 Die Frage, warum sich die selbständige Einziehung erst „so spät“ im Vergleich zur „normalen“ Einziehung herausgebildet hatte, wird in den Motiven nicht näher erläutert. Erklären lässt es sich damit, dass es lange Zeit hindurch Aufgabe der Polizei gewesen war, die gefährdenden Verbrechenswerkzeuge einzuziehen.78 Erst mit dem Umbau des Polizei- zum Rechtsstaat, dem Verdrängen der polizeilichen Willkür durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungsaktes wurde der Gesetzgeber veranlasst, die Einziehung für die Fälle, in denen die Verurteilung oder Verfolgung einer bestimmten Person nicht

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So auch Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 24. Anders im Nebenstrafrecht. Dort gab es in Parallele zu § 335 StGB den Entgeltverfall bei Bestechung von Angestellten (§ 12 III UnlWettbewG vom 7. September 1909, RGBl. S. 499; § 5 BestechungsVO vom 3. März 1917 i.d.F. vom 22. Mai 1943, RGBl. I 351). Nach § 38 E 1870 sollten die Eigentumsverhältnisse noch unbedeutend sein. So auch Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 24. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 24. Wie bei einer solchen selbständigen Einziehung zu verfahren war, hatte erst das RStPO vom 1.2.1877 in den §§ 430 folgende geregelt. Mornheim, Die Einziehung nach § 42, S. 2.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

möglich ist, in einem besonderen Verfahren zu regeln und deren Voraussetzung genau festzulegen.79

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Mornheim, Die Einziehung nach § 42, S. 2.

Viertes Kapitel: Reformversuche und Gesetzgebung bis zum Beginn der Strafrechtsreform Das Strafgesetzbuch von 1870/71 war die erste der großen Kodifikationen des Deutschen Reichs. Bereits bei seinem Erlass war eine bald vorzunehmende Revision angekündigt worden.1 Allerdings wurde der Schwerpunkt der rechtlichen Reformarbeiten zunächst auf die Erneuerung des Zivilrechts gelegt, so dass bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nur marginale Änderungen vorgenommen wurden.2 Die Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung wurden zunächst nicht mehr geändert, obwohl sich nach Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches vermehrt herausstellte, dass die Vorschriften nicht eindeutig genug waren und es daher in Bezug auf einzelne Textpassagen zu den verschiedensten Auslegungen gekommen war.3

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Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XI. Die erste Novelle zum StGB erfolgte am 26. Februar 1876 (RGBl. S. 25). Mit ihr wurde im Besonderen Teil des RStGB eine weitere Einziehungsvorschrift eingefügt. § 296a: „Ausländer, welche in Deutschen Küstengewässern unbefugt fischen, werden mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Neben der Geld- oder Gefängnißstrafe ist auf Einziehung der Fanggeräthe, welche der Täter bei dem unbefugten Fischen bei sich geführt hat, ingleichen der in dem Fahrzeuge enthaltenen Fische zu erkennen, ohne Unterschied, ob die Fanggeräthe und Fische dem Verurtheilten gehören oder nicht.“ Damit waren die Fanggeräte zwingend und unterschiedslos einzuziehen. Darüber hinaus sollte auch das scelere quaesitum, der im Fahrzeug mitgeführte Fang, miterfasst werden. Obgleich gerade dies die eigentlich interessante Neuerung der Novelle ist, findet sich zu ihrer Begründung in den Motiven (RT-Drs. 1875/76 Nr. 54 S. 66) kein Wort. Ganz im Gegenteil: Glaubt man den Motiven, so sollte mit § 295a eine inhaltliche Angleichung an § 295 RStGB getroffen werden. Fraglich ist an dieser Stelle jedoch, ob dem Gesetzgeber die Nichteinziehbarkeit des erlegten Wildes nach § 295 entgangen war oder ob er versuchen wollte, die Ausdehnung der Einziehung durch § 295a einfach „herunterzuspielen“. Vgl. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 26. Beispielsweise hatte sich aufgrund des bereits erörterten Widerspruchs in den Motiven zu den §§ 38 und 39 im Hinblick auf die Rechtsnatur der Einziehung (In § 38 der Motive heißt es: „Die Einziehung ist nicht als Vermögensstrafe aufgefasst, vielmehr als eine Nebenstrafe, welche zur Sicherung des Strafzwecks dienen soll“; und in § 39 : „….in weiterer Anerkennung des Grundsatzes, dass die Einziehung keine Vermögensstrafe, vielmehr in der Hauptsache eine Präventivmaßregel sein soll“)ein Streit um diese Frage entfacht. Es gab zwei große Gruppen von Ansichten. Die eine suchte das Institut der Einziehung als einheitliches Rechtsinstitut zu konstruieren und sah in ihr entweder eine Strafe (Glücksmann, Rechtskraft der strafprozessualen Entscheidung über Einziehung,

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde nach Abschluss der Reformarbeiten für das Zivilrecht das Augenmerk wieder auf das Straf- und Strafprozessrecht gerichtet.4 In der Sitzung des Reichstages am 8. Februar 1902 wurde betont, dass es an der Zeit sei, nunmehr endlich mit den Vorarbeiten für eine neue Redaktion und zeitgemäße Umarbeitung des Strafgesetzbuches zu beginnen.5 Dies wurde damit begründet, dass das Reichsstrafgesetzbuch nunmehr über 30 Jahre alt und doch eigentlich noch viel älter sei, denn es sei eine seinerzeit ziemlich überhastet vorgenommene Überarbeitung des preußischen Strafgesetzbuches aus den fünfzger Jahren gewesen.6 Da sich die Verhältnisse mittlerweile total verschoben hätten, genüge das Reichsstrafgesetzbuch nicht mehr den Ansprüchen der Gegenwart.7 Am 28. November 1902 wurde unter Vermittlung des Reichsjustizamtes ein freies wissenschaftliches Komitee zum Zwecke der Erstellung einer „zuverlässigen und erschöpfenden Übersicht über

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S. 6 ff.) oder eine sichernde Maßnahme (Köbner, Die Maßregel der Einziehung, S. 5 ff; Rocholl, Die selbständige Einziehung, S. 22). Die andere Gruppe stufte sie als Institut mit zwiespältigem Charakter ein. Je nach Zielsetzung und Gestaltung einmal als Strafe, einmal als Sicherungsmaßregel (Köhler, Deutsches Strafrecht. S. 611, 618; Grünbaum, Voraussetzungen der Unbrauchbarmachung, S. 13 ff.), wobei die einen noch danach unterschieden, ob sie den Eigentümer trifft, der gleichzeitig bestraft wird oder nicht (Böhler, Die Einziehung, S. 22; Binding, Handbuch des Strafrechts, Band I, S. 84 f., 479. Unklar war ferner, zu welchem Zeitpunkt der Täter Eigentum an den Gegenständen gehabt haben musste. Einige Stimmen in der Literatur vertraten den Standpunkt, dass es auf den Zeitpunkt der Tat ankomme (Vorberg, Produkte und Werkzeuge eines Delikts, S. 110), die herrschende Lehre (Lang, Die Einziehung, S. 22 f; Rubo, Kommentar, S. 397; Heinze, GA, 5, S. 178 f.) und das Reichsgericht (Entscheidung vom 24.5.1887, RG. Bd. 16 S. 114) stellten auf den Zeitpunkt der Urteilsfällung ab. Auch in Bezug auf die Unbrauchbarmachung bestand Uneinigkeit im Hinblick auf ihre Rechtsnatur. Die einen stuften sie als „qualifizierte Einziehung“ ein (Köbner, Die Maßregel der Einziehung, S. 23; vgl. ferner: Maier, Die Unbrauchbarmachung, S. 18 ff.), die anderen als eigenes Rechtsinstitut, wobei sie in diesem Zusammenhang einmal als Präventivmaßregel, einmal als Nebenstrafe am Vermögen eingeordnet wurde. Die Bestimmung der Rechtsnatur hatte Auswirkungen auf die Voraussetzungen der Unbrauchbarmachung (Vgl. Maier, Die Unbrauchbarmachung, S. 28). Diejenigen, die in der Unbrauchbarmachung lediglich eine Präventivmaßregel gesehen hatten, hielten als Voraussetzung für das Erkennen auf Unbrauchbarmachung die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes für ausreichend (Vgl. Maier, Die Unbrauchbarmachung, S. 18 ff.). Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XII. Abgeordneter Heine, Protokoll der 138. Sitzung des Reichstages vom 8. Februar 1902, S. 4023 (C), BArch R 3001/5805, S. 4. Abgeordneter Heine, Protokoll der 138. Sitzung des Reichstages vom 8. Februar 1902, S. 4023 (C), BArch R 3001/5805, S. 4. Abgeordneter Heine, Protokoll der 138. Sitzung des Reichstages vom 8. Februar 1902, S. 4023 (C), BArch R 3001/5805, S. 4.

Viertes Kapitel: Reformversuche und Gesetzgebung

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die strafrechtlichen Grundsätze aller größeren Kulturstaaten“ gegründet.8 Übergeordnetes Ziel war die Erlangung einer Arbeitsgrundlage, um Vorschläge für die Reform des Reichsstrafgesetzbuches aufzustellen.9 Das Komitee bestand aus acht Professoren.10 Für die Ausgestaltung der Einziehung forderte Goldschmidt in der „Vergleichenden Darstellung“ zunächst die Herausnahme der Regelungen der Unbrauchbarmachung aus dem Anwendungsbereich des RStGB. Sie gehöre in ein künftiges Gesetzbuch nicht hinein, da sie ihrem inneren Wesen nach einem Sonderrechtsgebiet, nämlich dem „Pressrecht“ zuzuordnen sei.11 Sie erweise sich als eine mit der „Beschlagnahme“ der §§ 23 ff. des Pressgesetzes in engster Verbindung stehende presspolizeiliche Maßnahme.12 Dieser Ansicht war bereits der Kieler Strafrechtlehrer John gewesen, der im Jahre 1868 in privater Initiative einen Entwurf zum Strafgesetzbuch mit Motiven vorgelegt hatte.13 Die Zugehörigkeit zum genannten Rechtsgebiet ergab sich laut Goldschmidt unter anderem aus § 41 Abs. 1 RStGB, der seiner Meinung nach auf denselben Tatbestand als Voraussetzung der Unbrauchbarmachung abzielte, auf den auch die §§ 23 ff. des Pressgesetzes abzielten, nämlich das „Pressdelikt“.14 Zudem befand Goldschmidt, dass § 41 Abs. 3 in der Hauptsache nur auf „Druckschriften“ im Sinne des § 2 Preßgesetzes anwendbar sei.15 Im Hinblick auf die Einziehung wollte Goltschmidt Ordnung in das Chaos bringen, welches die Unklarheit des RStGB über deren Wesen und Zweck angerichtet hatte.16 Für ihn enthielt die „Einziehung“ zwei ganz disparate Elemente. Zum einen das der Rechtsverwirkung und eben nicht der Strafe,

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Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XII; Bumke, DJZ 1925, Sp. 21 f. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XII. Vgl. auch Schreiben des Reichskanzlers vom 3. Juli 1909 an das Königlich Preußische Staatsministerium, BArch R 3001/5806, S. 11 f. Zusammensetzung: Nieberding als Vorsitzender, v. Liszt, Kahl, v. Hippel (preußische Universitäten), Birkmeyer (München), Wach (Leipzig), v. Lilienthal (Heidelberg), Frank (Tübingen) und v. Calker (Straßburg). Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 443. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 443. John, Entwurf, S. 153. Die Motive zum Entwurf Friedberg verwiese im Gegensatz zu anderen Normen im Hinblick auf Einziehung und Unbrauchbarmachung, so dass eine Darstellung im 3. Kapitel entbehrlich gewesen war. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 443. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 445. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 445.

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zum anderen das der Präventivmaßregel.17 Seiner Auffassung nach war immer dann eine Rechtsverwirkung gegeben, wenn es um die Einziehung der sceleris instrumenta und scelere producta ging.18 Dies deshalb, weil dem Täter die Sache genommen werde, „weil es des Rechtes unwürdig sei, sie dem Unwürdigen zu belassen“.19 Um eine Präventivmaßregel handelte es sich hingegen immer dann, wenn die Einziehung von der Gefährlichkeit der „Konfiskanda“ für die Zukunft abhing und nur der Zweck ihrer Unschädlichmachung verfolgt wurde.20 Goldschmidt wollte diese beiden Elemente der Einziehung trennen und in zwei verschiedene Vorschriften kleiden. Zunächst skizzierte er die künftige Gestaltung der Einziehungsvorschrift im Hinblick auf die Einziehung der sceleris instrumenta und scelere producta als Rechtsverwirkung. Ihm erschien es eigentlich als geboten, diese Form der Einziehung mit der Begehung der Tat oder mit der Verurteilung zu verknüpfen, womit sie als rein zivilistische Rechtsverwirkung in das BGB zu verweisen gewesen wäre.21 Rein aus praktischen Gründen, die nicht näher erläutert wurden, sollte die Einziehung letztlich doch von einer ausdrücklichen strafrichterlichen Anordnung abhängig gemacht werden.22 Verbleiben sollte es zudem bei den Voraussetzungen des „vorsätzlichen Justizdelikts“ sowie dabei, dass die Gegenstände im Eigentum des Täters oder Teilnehmers stehen23, da dies dem Wesen der Rechtsverwirkung entspreche.24 Goldschmidt sprach sich gegen die allgemeine Erweitung des Umfangs der Einziehung auf die durch ein vorsätzliches Justizdelikt vom Schuldigen erlangten „Gegenstände“, die scelere quaesita aus.25 Es verböte sich eine Gleichstellung mit den sceleris instrumenta und scelere producta, da deren 17 18 19 20 21 22 23

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Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 446. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 446. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 446. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 446. Damit schloss sich Goldschmidt zumindest vom Grundgedanken her den Vertretern der dualistischen Theorien an. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 445. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 447. Der Entwurf des StGB wollte in § 38 die scelere producta ohne Rücksicht auf das Eigentum einziehen, weil diese Produkte „den verbrecherischen Charakter derart an sich trügen, dass der Strafzweck ihre Einziehung notwendig gebiete. Goldschmidt hielt dem jedoch entgegen, dass Objekte einen „verbrecherischen Charakter“ nicht an sich tragen könnten. Solche Unterstellungen würden von unzulässigen anthropomorphistischen Übertragungen ausgehen. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 448. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 447. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 449.

Viertes Kapitel: Reformversuche und Gesetzgebung

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Einziehungsgegenstand immer eine Sachspezies sei, die bei den scelere quaesita unter Umständen auch der an dessen Stelle getretene Wert, mithin eine nur generisch bestimmte Geldsumme sein könne.26 Er war der Ansicht, dass die Einziehung des an die Stelle des Einziehungsgegenstandes getretenen Wertes juristisch nicht in der Form der Eigentumsverwirkung möglich ist, sondern lediglich in Form eines strafrichterlich zuzusprechenden Kondiktionsanspruches, dessen Aufnahme ins Strafgesetzbuch er ablehnte.27 Daneben wollte Goldschmidt eine Einziehungsvorschrift aufnehmen, die den Charakter einer strafrechtlich zu verhängenden Präventivmaßregel haben sollte.28 Ihren Ausgangspunkt sah er in der Begehung einer strafbaren Handlung unter gleichzeitigem Hinzutreten des Erfordernisses der konkreten Gefährlichkeit für die Zukunft im Hinblick auf den Gegenstand.29 Um Letzteres zu gewährleisten, wollte Goldschmidt den Zusatz, „dass das Belassen des betreffenden instrumentum oder productum sceleris im Verkehr die Sicherheit anderer gefährdet“ in die Regelung integrieren. Aufgrund der präventiven Rechtsnatur der Vorschrift sollte es ausreichen, wenn der objektive Tatbestand irgendeines Justizdeliktes verwirklicht wurde.30 Ebenso wenig kam es deshalb auf die Eigentümerstellung des Täters an. Goldschmidt brachte damit einen Vorschlag, der, sofern er umgesetzt worden wäre, im Hinblick auf die Rechtsnatur der Einziehungsvorschriften Klarheit gebracht hätte. Dass sich sein Bestreben nach Eindeutigkeit in der Stringenz nicht durchsetzen konnte, zeigen die Folgekapitel.

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Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 449. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 449; Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, S. 47, BArch R 3001/11450. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 452. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 452. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 453.

Fünftes Kapitel: Beginn der Strafrechtsreform A) Vorentwurf 1909 Die Reform des Strafgesetzbuches wurde kurz nach dem Erscheinen der ersten Bände der Vergleichenden Darstellung insbesondere dadurch gefördert, dass am 1. Mai 1906 eine vom Reichsjustizamt eingesetzte Kommission1 ihre Arbeiten aufnahm.2 Sie bestand aus fünf „praktischen“ Juristen unter dem Vorsitz des Direktors im preußischen Justizministerium Dr. Lucas und sollte unter Verwertung der wissenschaftlichen Vorarbeiten und auf Grund der in der praktischen Rechtspflege gesammelten Erfahrungen die Grundzüge zu einem neuen Strafgesetzbuch, also einen Vorentwurf zu einem Strafgesetzbuch (VE) nebst Begründung erarbeiten.3 Die Kommission tagte in 117 Sitzungen bis zum 22. April 1909 und legte noch im selben Jahr den „Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch“ vor.4 Der Vorentwurf wurde samt dazugehöriger Motive trotz inhaltlicher Bedenken der Referenten des Innen- und Kriegsministeriums veröffentlicht und im Oktober 1910 an die Bundesregierungen mit der Bitte um Stellungnahme versandt.5 Einziehung und Unbrauchbarmachung waren im VE6 im 2. Abschnitt betreffend „Strafen. Sichernde Maßnahmen. Schadensersatz“, in den §§ 54–56 wie folgt geregelt: „§ 54 Einziehung und Unbrauchbarmachung Gegenstände, die durch ein Verbrechen oder vorsätzliches7 Vergehen hervorgebracht sind, oder die zur Begehung eines Verbrechens oder vorsätzlichen Verge-

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Zusammensetzung: Lucas (Direktor im preußischen Justizministerium), v. Tischendorf (Oberregierungsrat im RJA), nach dessen Ausscheiden ab 1. August 1908 Joel (Regierungsrat im RLA), Schulz (Vortragender Rat im preußischen Justizministerium), ab Herbst 1908 ersetzt durch Kleine (Kammergerichtsrat), Meyer (bayr. Oberlandesgerichtsrat), Ditzen, später Oelschläger. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XII f; Begr. AT, S. V. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XII f; Begr. AT, S. V. Vgl. ferner: Schreiben des Reichskanzlers vom 3. Juli 1909 an das Königlich Preußische Staatsministerium, BArch R 3001/5806, S. 11 ff. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XIII; Begr. AT, S. V. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XIII. Abgedruckt in: Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. 1 ff. Die Begriffe Vorsatz und Fahrlässigkeit wurden erstmals in den §§ 59 und 60 VE gesetzlich bestimmt.

Fünftes Kapitel: Beginn der Strafrechtsreform

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hens gebraucht oder bestimmt waren, können, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, eingezogen werden. Bei anderen strafbaren Handlungen ist diese Maßregel nur in den durch Gesetz besonders vorgesehenen Fällen zulässig. Die Einziehung ist im Urteil auszusprechen. § 55 Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar ist, so ist im Urteil auszusprechen, dass alle Exemplare einzuziehen, sowie die zur Herstellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, so ist, insofern eine Ausscheidung möglich ist, die Anordnung entsprechend zu beschränken und in bezug auf die Exemplare nicht die Einziehung, sondern nur die Unbrauchbarmachung auszusprechen. Diese Vorschriften beziehen sich jedoch nur auf die im Besitze des Verfassers, Drukkers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich ausgelegten oder öffentlich angebotenen Exemplare. § 56 Kann eine bestimmte Person als Täter oder Teilnehmer nicht verfolgt oder nicht verurteilt werden, so können die in den §§ 54 und 55 vorgeschriebenen Maßnahmen selbständig erkannt werden.“

I. Einziehung (§ 54 VE) § 54 VE sprach in Abweichung zu § 40 RStGB von Gegenständen, „die [...] bestimmt waren“, da es nach Ansicht der Kommissionsmitglieder nicht auf die Bestimmung der Gegenstände zur Zeit des Urteils, sondern zur Zeit der Tat ankam und sie insoweit der Meinung waren, dass § 40 RStGB zu ungenau von Gegenständen, die zur „Begehung [...] bestimmt sind“ spricht.8 Neu aufgenommen wurde der Zusatz in § 54 Abs. 1 Satz 2, wonach die Einziehung „bei anderen strafbaren Handlungen in den durch das Gesetz besonders vorgesehenen Fällen“ für zulässig erklärt wurde. Diese Ergänzung war dem Umstand geschuldet, dass § 40 ausdrücklich auf „vorsätzliche Verbrechen und Vergehen“9 beschränkt war, es aber Sonderbestimmungen gab, die die Einziehung auch bei anderen strafbaren Handlungen zuließen.10 Für diese Fälle fehlte es an 8 9

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Begr. AT, S. 184. Der Entwurf übernahm die Dreiteilung der strafbaren Handlungen in Verbrechen, Vergehen und Übertretungen. Begr. AT, S. 1. Die Übertretungen waren im fünften Buch des Besonderen Teils geregelt. Dies bei den strafbaren Handlungen, insbesondere bei den Übertretungen, bei denen ein Bedürfnis dafür zu bestehen schien. So etwa in den §§ 360 Abs. 2, 367 Abs. 2, 369 Abs. 2 RStGB. Außerdem in zahlreichen Sondergesetzen. Diese Paragrafen waren im VE in § 310 Abs. 3 wie folgt zusammengefasst worden: „In den Fällen des § 306 Nr. 6, 8, 9, § 308 Nr. 3, 4 kann auf die Einziehung der dort genannten Gegenstände, in den Fällen des § 308 Br. 5, 6 auf die Einziehung der verbotswidrig getragenen Waffen sowie der Schlageisen, Fußangeln, Selbstschüsse und ähnlichen Vorrichtungen erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

einer ausdrücklichen Regelung über die Anwendbarkeit der §§ 40 ff. auch auf jene Einziehungsvorschriften. Da die Praxis die §§ 40 ff. trotzdem bereits vor der Einführung des neuen Zusatzes auf diese Fälle angewendet hatte, wurde die bestehende Praxis durch Schließung dieser gesetzlichen Lücke legalisiert.11 Im Hinblick auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Täter oder Teilnehmer Eigentum an den zur Begehung bestimmten oder gebrauchten Gegenständen gehabt haben musste, sprach sich die Kommission für den Zeitpunkt der Urteilsfällung aus12 und schloss sich damit der herrschenden Literatur und der Rechtsprechung des Reichsgerichts an. In Bezug auf eine Erweiterung des Kreises der einziehbaren Gegenstände auf die durch das Delikt erlangten Gegenstände schloss sich die Kommission der ablehnenden Haltung Goldschmidts an. Dem staatlichen Bedürfnis nach einer Vermögensstrafe werde der Entwurf bereits durch die Vorschrift des § 36 gerecht.13 Darüber hinaus könnte der nach bürgerlichem Recht begründete Eigentums- oder Ersatzanspruch des Verletzten gefährdet oder vereitelt werden. Die streitige Frage nach der Rechtsnatur der Einziehung wurde nicht geklärt. Der Begründung ist zu entnehmen, dass diese Frage in einem Gesetzbuch nicht ausdrücklich entschieden werden könne und dass sie im Entwurf auch nicht mittelbar dadurch beantwortet werde, dass die §§ 54 ff. in dem Abschnitt ständen, der von den Strafen handelt.14 Trotz dieser klaren Ansage teilte die Kommission mit, dass sie sich jedenfalls der Auffassung anschließe, wonach die Einziehung ein Institut gemischten Charakters sei, welches bezwecke, die Begehung oder Wiederholung von strafbaren Handlungen zu hindern und zugleich die Wirkung der eigentlichen Strafe zu verschärfen.15 In diesem Zusammenhang sprach sich die Kommission gegen den Vorschlag Goldschmidts aus, zwei gesonderte Bestimmungen über die Einziehung aufzunehmen.16 Für die Ausgestaltung einer gesonderten Bestimmung über die Einziehung als Präventivmaßregel fehlte es nach Ansicht der Kommissionsmitglieder an der Notwendigkeit und dem Bedürfnis in der Praxis.17 Hinzu kam, dass das Merkmal „der Gefährdung anderer durch Belassen des Gegenstandes im

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Begr. AT, S. 185. Begr. AT, S. 184. Begr. AT, S. 184. Begr. AT, S. 184. Begr. AT, S. 184. Begr. AT, S. 186. Begr. AT, S. 186.

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Verkehr“ als unzureichend umgrenzt angesehen worden war, um eine einigermaßen gleiche Anwendung der Vorschrift gewährleisten zu können.18

II. Unbrauchbarmachung (§ 55 VE) Im Hinblick auf die Unbrauchbarmachung wiederholte § 55 VE – bis auf einen Punkt – den Inhalt des § 41 RStGB. Er änderte § 41 RStGB insofern ab, als er bezüglich der inhaltlich strafbaren Schriften, also der „Exemplare“ selbst die Einziehung vorschrieb, sofern der gesamte Inhalt strafbar oder eine Ausscheidung des strafbaren Inhalts unmöglich war. Diese Erweiterung der Einziehungsmöglichkeit sollte das Verfahren für die vollstreckende Behörde wesentlich vereinfachen19 und erschien den Kommissionsmitgliedern zugleich billig20 und zweckmäßig. Durch die Einfügung der Regelung des § 41 Abs. 3 RStGB in den § 55 Abs. 1 S. 2 VE, konnte die Fassung ohne sachliche Änderung kürzer gefasst werden. In der Begründung zu § 55 VE wurde betont, dass dieser dadurch, dass er nur von „strafbarem Inhalt“ redet, lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Delikts voraussetze. Goldschmidt hatte zuvor in diesem Zusammenhang moniert, dass strafbar im strengen Sinne nur ein Mensch sein könne und nicht eine Sache oder der Inhalt einer Schrift.21 Die Kommissionsmitglieder waren jedoch der Meinung, dass durch die Beibehaltung des Wortes „strafbarer Inhalt“ der Entwurf zu erkennen gebe, dass er das Wort nicht in seinem strengsten Sinne gebrauche, sondern nur ein objektives Erfordernis aufstelle, nämlich das Vorliegen des objektiven Tatbestandes eines Delikts. Die Mitglieder sahen diesen Standpunkt dadurch gerechtfertigt, dass Gegenstände lediglich durch ihren Inhalt verletzend wirken würden und es deshalb einer durchgreifenden, vorbeugenden Maßregel bedürfe, um

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Begr. AT, S. 186. Als Beispiel für die Vereinfachung wurde ein nicht selten vorkommendes Beispiel genannt, nämlich die Unbrauchbarmachung von vielen tausend Flugblättern. Durch § 55 werde der zwecklose Aufwand von Arbeit und Kosten erspart, indem die eingezogenen Blätter einfach verbrannt werden könnten. Begr. AT, S. 188. Die Erweiterung sei für den Verfasser usw. ohne erheblich Bedeutung, da der die Schrift usw. tragende Stoff (meist Papier) durch die Unbrauchbarmachung wertlos zu werden pflegte. Begr. AT, S. 188. Hieraus hatte das Reichsgericht in Entscheidung 30, Seite 198 gefolgert, auch der § 41 RStGB sei nur anwendbar, wenn der „volle objektive und subjektive Tatbestand eines Delikts erschöpft sei“. Siehe dann aber Entscheidung 33, Seite 20: „der § 41 erfordert nur den objektiven Tatbestand einer strafbaren Handlung“.

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die unmittelbar drohende Gefahr des Eintretens oder der Fortsetzung einer Verletzung abzuwenden.22 Der Vorschlag Goldschmidts, § 41 RStGB aus dem Strafgesetzbuch zu entfernen und ins Pressgesetz aufzunehmen, wurde abgelehnt, da die Kommissionsmitglieder seinen Anwendungsbereich nicht auf Pressdelikte beschränkt sahen und daher keinen Vorteil in der Umstellung erblickten.23

III. Selbständige Anordnung (§ 56 VE) § 42 RStGB wurde durch § 56 VE ebenfalls abgeändert. So wurde der Zusatz „die Fälle der §§ 40 und 41“, den die Kommission für irreführend gehalten hatte24, durch „in den §§ 54 und 55 vorgeschriebenen Maßnahmen“ ersetzt. So sollte klargestellt werden, dass bei einem Verfahren aus § 56/54 alle Regeln des § 54, sowie bei einem Verfahren aus § 56/55 alle Regeln des § 55 gelten sollten.25 Zudem wurde die Frage der Anwendbarkeit des § 42 auf Übertretungen und Sonderbestimmungen, in denen die Gegenstände der Einziehung nicht im Eigentum des Täters stehen mussten, positiv entschieden.26 Darüber hinaus vermied § 56 den Ausdruck „nicht ausführbar“, da das objektive Verfahren ganz allgemein zulässig sein sollte, wenn eine bestimmte Person

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Begr. AT, S. 187. Begr. AT, S. 187. Der § 42 RStGB nahm Bezug auf die „Fälle des § 40“. Dieser betraf jedoch nur „vorsätzliche Verbrechen und Vergehen“ und nur Gegenstände, die „dem Täter oder einem Teilnehmer gehören“. Deshalb war streitig gewesen, ob das objektive Verfahren des § 42/40 auch zulässig war bei Übertretungen und bei Gegenständen, die dem Täter oder Teilnehmer nicht gehören, wie in den Fällen der §§295, 360, 367, 369 RStGB. Es wurde argumentiert, dass wenn man sich an den Wortlaut des Wortes „gehören“ hielte, für den Falle des Todes das objektive Verfahren ausgeschlossen werden müsste, da diese Voraussetzung für den Fall des Todes vor Verurteilung unmöglich sei. Diese Auslegung war vom Gesetzgeber seinerzeit jedoch nicht gewollt gewesen. § 42 sollte die im § 20 des Preußischen StGB enthaltene Vorschrift ausdehnen. Die Motive nennen ausdrücklich unter den Beispielen seiner Anwendbarkeit den Tod an erster Stelle. Vgl. Köbner, Die Maßregel der Einziehung, S. 47; Rocholl, Die selbständige Einziehung, S. 26. Dies war vorher nicht klar gewesen. So war teilweise vertreten worden, dass bei § 41 der objektive und subjektive Tatbestand gegeben sein musste, bei § 42/41 hingegen nur der objektive. Vgl. Begr. AT, S. 189. Dagegen sprach der Wortlaut des § 42 RStGB, dafür der Schlusssatz der Motive zu § 40 (entsprechend dem § 42): „Die gleiche Befugnis (nämlich auf Einziehung selbständig zu erkennen) findet auch in den Fällen statt, in denen die Einziehung einzelner Gegenstände, z.B. bei gewissen Übertretungen, besonders vorgeschrieben ist“.

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nicht verfolgt oder verurteilt werden konnte, unabhängig von der Art des Hinderungsgrundes27, sei er nun tatsächlicher oder rechtlicher Natur.28

B) Gegenentwurf von 1911 Während die Bundesregierungen, denen der Vorentwurf mit der Bitte um kritische Stellungnahme im Oktober 1909 übersandt worden war, zu den §§ 54 bis 56 nichts anzumerken hatten29, war das Echo unter Wissenschaftlern und Praktikern groß. Nachdem bereits einige Einzelkritiken erschienen waren, verfassten die Professoren Kahl, v. Lilienthal, v. Liszt und Goldschmidt im Jahre 1911 einen privaten „Gegenentwurf zum Vorentwurf eines deutschen Strafgesetzbuches“ (GE). Dieser Gegenentwurf, der nicht als Antithese zum Vorentwurf, vielmehr als dessen Ergänzung gedacht war, sollte nach der Intention seiner Verfasser „die Weiterführung der großen und wichtigen Reformarbeit – und zwar auf der Grundlage des Vorentwurfs – erleichtern und beschleunigen“ sowie die zahlreichen Kritikpunkte in gesetzlicher Form zusammenfassen.30 Die Bestimmungen über Einziehung und Unbrauchbarmachung lauteten im Gegenentwurf wie folgt: „§ 80 Einziehung Sachen, die durch ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen hervorgebracht sind, oder die zur Begehung eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens gebraucht oder bestimmt oder zum Weiterbetrieb eines geschäfts-, gewerbe- oder gewohnheitsmäßigen Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens bestimmt sind, können, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, eingezogen werden. Die Einziehung ist im Urteil gegen den als Täter oder Teilnehmer verurteilten Eigentümer auszusprechen; mit der zu Lebzeiten eingetretenen Rechtskraft des Urteils geht das Eigentum der eingezogenen Sachen auf den Fiskus über. 27

28

29 30

Aufgrund der Redewendung „nicht ausführbaren“ war die Streitfrage entstanden, ob nur die tatsächliche Unausführbarkeit oder auch die rechtliche gemeint sei. Die herrschende Ansicht legte auf den Unterschied zwischen tatsächlichen und rechtlichen Hinderungsgründen kein Gewicht. Dieser Meinung hatte sich auch bereits Goldschmidt angeschlossen mit der Ausnahme, dass er eine selbständige Einziehung nicht zulassen wollte, wenn (subjektive) Schuldausschließungsgründe, wie etwa Unzurechnungsfähigkeit, vorliegen. Vgl. Goldschmidt, Vergleichende Darstellung, Band 4, S. 205. Begr. AT, S. 189. Damit hatte sich der Entwurf der herrschenden Ansicht angeschlossen. Nicht zu entnehmen ist der Begründung, ob die selbständige Einziehung, wie z.B. Goldschmidt meint, ausgeschlossen ist, wenn Schuldausschließungsgründe vorliegen. Vgl. Zusammenstellung der Äußerungen der Bundesregierungen über den Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch (1911). Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XIV.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870 Gefährdet das Verbleiben der in Absatz 1 bezeichneten Sachen in der Gewalt des Inhabers oder im Verkehr die Rechtssicherheit, so ist auf ihre Einziehung ohne Rücksicht auf die Person des Eigentümers und die Strafbarkeit einer Person zu erkennen. Die eingezogenen Sachen sind, soweit es nötig ist, zu vernichten. Liegen die Voraussetzungen des Absatz 1 nicht vor, und können die Sachen in anderer Weise als durch Einziehung unschädlich gemacht werden, so hat dies zu geschehen, wenn der Eigentümer es beantragt und die Kosten übernimmt.“

Der GE unterschied in Befolgung des früheren Vorschlages Goldschmidts in den Vergleichenden Darstellungen zwischen zwei verschiedenen Arten der Einziehung. In Absatz 1 war die Einziehung als „Rechtsverwirkung“ ausgestaltet worden und entsprach in ihrem Wesen, in den Voraussetzungen, in ihrem Inhalt und in ihrer Durchführung im Wesentlichen der Einziehung des § 54 VE. Der GE ersetzte den Begriff „Gegenstände“ durch „Sachen“ um eine Übereinstimmung mit dem Sprachgebrauch des BGB, hier insbesondere mit § 90 BGB, zu erzielen.31 Er unterwarf zudem der Einziehung auch diejenigen Sachen, die „zum Weiterbetrieb eines geschäfts-, gewerbs- oder gewohnheitsmäßigen Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens bestimmt sind“.32 Dadurch sollte für die Beibehaltung der sich herausgebildeten Praxis des Reichsgerichts, wonach bei einer Verurteilung wegen eines Kollektivdelikts nicht nur die bei der Begehung des festgestellten Einzelfalls vom Täter wirklich benutzten Sachen eingezogen werden konnten, sondern darüber hinaus alle zu dieser verbrecherischen Betätigung überhaupt bestimmten Sachen, gesorgt werden.33 In § 80 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 wurden die Worte „gegen den als Täter oder Teilnehmer verurteilten Eigentümer“ ergänzt. Damit schlossen sich die Verfasser der herrschenden Meinung an und wollten die entstandene Streitfrage, ob die Einziehung auch dann im Urteil ausgesprochen werden könne, wenn dieses gegen einen Täter oder Teilnehmer ergeht, der nicht Eigentümer der einzuziehenden Gegenstände ist, nicht aber gegen den Eigentümer, obgleich er Täter oder Teilnehmer ist, negativ entschieden wissen.34 In § 80 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 wurde der Zusatz aufgenommen „Mit der zu Lebzeiten des Verurteilten eingetretenen Rechtskraft des Urteils geht das Eigen31 32 33

34

Begr. zum Gegenentwurf, S. 110. Damit befolgt er eine Anregung, die Ebermayer unter Hinweis auf RG. Entsch. Bd. XXVII S. 243 und bei Goltdammer Bd. 52 S. 256 gegeben hat. Als Beispiel wurde angeführt, dass bei Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Wilderns nicht nur die Einziehung des Gewehrs, das der Täter bei dem zur Verurteilung führenden Einzelfall der Wilderei benutzt hatte, für zulässig erklärt worden war, sondern auch die Einziehung anderer Gewehre, die der Täter in der Absicht, sie bei etwaigen Jagdgängen zu benutzen, angeschafft hatte. Vgl. Schubert, Protokolle, Band 1, S. 272. Begr. zum Gegenentwurf, S. 110.

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tum der eingezogenen Sachen auf den Fiskus über“. Die Entscheidung stimmte mit der Begründung zum Vorentwurf überein. Jedoch hielten die Verfasser es im Hinblick auf die entgegenstehende Judikatur des Reichsgerichts nicht für ausreichend, diese Streitfrage lediglich in der Begründung zu entscheiden.35 Durch die ausdrückliche Forderung, dass das Urteil zu Lebzeiten rechtskräftig geworden sein müsse, erledigten sich Zweifel, inwieweit die Einziehung gegenüber dem Nachlass wirke.36 Starb der Verurteilte vor Rechtskraft des Urteils, so konnte nur noch aus § 80 Abs. 2 GE vorgegangen werden.37 In § 80 Abs. 2 behandelte der GE die Einziehung als sichernde Maßnahme. Er sollte nach der Ansicht der Verfasser in dieser Form die Grundgedanken der §§ 55, 163, 298, 310 Abs. 3 VE38 sowie zahlreicher Nebengesetze39 verallgemeinern. Diese Bestimmungen würden durch den neuen § 80 Abs. 2 überflüssig.40 Zudem 35 36

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39 40

Begr. zum Gegenentwurf, S. 111. Begr. zum Gegenentwurf, S. 111. Aschrott, auf den die Begründung in diesem Zusammenhang ausdrücklich hinweist, erwünschte eine ausdrückliche Bestimmung darüber, ob die Einziehung auch noch zulässig ist, wenn der Verurteilte gestorben ist. Vgl. Aschrott / v. Liszt, Die Reform des Reichsstrafgesetzbuchs, Band I, S. 170 f. Zwar heben die Motive zu § 42 RStGB ausdrücklich hervor, dass die Maßnahmen des § 42 für den Fall vorgesehen sind, dass der Täter oder Teilnehmer schon gestorben ist, was auch der in dieser Arbeit aufgezeigten Entstehungsgeschichte entspricht. Allerdings wird die Meinung vertreten, dass dies eben nur Bedeutung für die Unbrauchbarmachung im Falle des § 41 mit § 42 haben könne, die eine auch nach dem Tode noch zulässige Polizeimaßregel sei. Die Einziehung sei ausgeschlossen, weil faktisch die Bestrafung eines Toten eine Unmöglichkeit bilde. Auch der Wortlaut des § 40, der erfordert, dass die Gegenstände dem Täter oder Teilnehmer „Gehören“ müssen, würden die Einziehung nach §§ 40, 42 ausschließen, weil dem Verstorbenen gar nicht mehr das Eigentum zustehen könne. Vgl. Mornheim, Die Einziehung nach § 42 RStGB, S. 21. Begr. zum Gegenentwurf, S. 111. § 310 Abs. 3 VE galt im Hinblick auf Übertretungen und fasste die §§ 360 Abs. 2, 367 Abs. 2, 369 Abs. 2 RStGB wie folgt zusammen: „In den Fällen des § 306 Nr. 6, 8, 9, § 308 Nr. 3, 4 kann auf die Einziehung der dort genannten Gegenstände, in den Fällen des § 308 Br. 5, 6 auf die Einziehung der verbotswidrig getragenen Waffen sowie der Schlageisen, Fußangeln, Selbstschüsse und ähnlichen Vorrichtungen erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht. §§ 15 Nahrungsmittelgesetz von 1879, § 11 Sprengstoffgesetz von 1884, § 31 Weingesetz von 1909 z.B. Begr. zum Gegenentwurf, S. 111. Darüber hinaus wurden die Übertretungen in einem separaten zweiten Buch im Gegenentwurf behandelt. Im Allgemeinen Teil wurde unter § 352 eine Regelung zur Einziehung aufgenommen: „Die Vorschrift des § 80 Abs. 2 findet Anwendung auf Sachen, die durch Übertretungen hervorgebracht, oder die zur Begehung einer Übertretung gebraucht oder bestimmt sind.“ Begründet wird die Vorschrift auf S. 362 damit, dass der § 352 entsprechend dem grundsätzlichen Standpunkt, den der GE (§80) zur Einziehung einnimmt, die in § 310 Abs. 3 VE gegebenen Bestimmungen verallgemeinert.

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sollte § 80 Abs. 2 gleichzeitig § 56 des VE und die ihn ergänzenden Bestimmungen des Besonderen Teils und der Nebengesetze in sich aufnehmen und alle Unklarheiten des §§ 55 VE und des Verhältnisses von § 56 VE zu den §§ 54, 55 VE aus der Welt schaffen.41 Nach Ansicht der Verfasser hatte der VE vergeblich versucht, diese Unklarheiten teils durch Ausführung in der Begründung42, teils durch Fassungsänderungen43 zu beseitigen.44 Ausreichend war nach § 80 Abs. 2 das Vorliegen des objektiven Tatbestandes, ohne Rücksicht auf die Person des Eigentümers oder die Strafbarkeit der Person. Zudem war die Einziehung stets obligatorisch vorgeschrieben. Durch die Aufnahme des dritten Satzes sollten Härten vermieden werden, die sich aus der Verallgemeinerung der präventiven Einziehung ergeben könnten.

C) Kommissionsentwurf von 1913 Noch im Jahr der Veröffentlichung des Gegenentwurfs beantragte der Reichskanzler Bethmann-Hollweg beim Kaiser die Einsetzung einer Strafrechtskommission, die auf Grundlage des Vorentwurfs und seiner Gegenvorschläge einen neuen Strafgesetzentwurf erarbeiten sollte.45 Die Kommission46, die aus 16 ordentlichen und 2 außerordentlichen Mitgliedern bestand, nahm ihre Arbeit am 4. April 1911 auf und erarbeitete bis September 1913 in zwei Lesungen den Kommissionsentwurf 1913 (KE 1913). Als Ergebnis der 1. Lesung lag Anfang 1913 ein erster Kommissionsentwurf vor, der jedoch nicht veröffentlicht wurde.47 Die 2. Lesung umfasste den Zeitraum vom 10. Fe41 42 43 44 45 46

47

Begr. zum Gegenentwurf, S. 111. Begr. zum Vorentwurf, S. 187. Begr. zum Vorentwurf, S. 188 f. Begr. zum Gegenentwurf, S. 111. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XV; Schubert, Protokolle 1911–1913, Band 1, S. XIX. Vgl. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XV: Der Kommission gehörten an: für das Reich v. Tischendorf, Joel, Ebermayer (Reichsgerichtsrat, später Oberreichsanwalt); für Preußen: Lucas (Kommissionsvorsitzender), Schulz, Cormann, Lindenberg (Kammergerichtsrat), Kleine (Kammergerichtsrat) und Friedmann (Rechtsanwalt); für Bayern: Meyer; für Sachsen: v. Freilitsch; für Württemberg: v. Rupp; für Baden: Duffner; für Hessen: Rüster; für Elsaß-Lothringen: Pfersdorff; für Hamburg: Niemeyer. Insoweit waren alle größeren im Justizausschuss des Bundesrates vertretenen Staaten sowie die Anwaltschaft vertreten. Die Rechtslehre wurde repräsentiert durch Professoren Kahl, Frank und v. Hippel, allesamt Anhänger der vermittelnden Meinung im Schulenstreit. Nach dem altersbedingten Ausscheiden des ursprünglichen Kommissionsvorsitzenden Lucas wurde der Vorsitz in der 2. Lesung von Kahl übernommen. Schubert, Protokolle, Band 1, S. XXXIII.

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bruar bis zum 10. September 1913. Der zweite Kommissionsentwurf wurde sodann in sechs weiteren Sitzungen beraten. Daraus ging der endgültige (dritte) Entwurf 1913 hervor, der am 27. September 1913 verabschiedet und als Manuskript gedruckt wurde.48

I. Erste Lesung 1. Einziehung (§ 54 VE) Rupp und v. Feilitsch beantragten, § 54 generell auf alle strafbaren Handlungen auszudehnen.49 Verschiedene Kommissionsmitglieder waren gegen die Erweiterung der Strafdrohung wegen möglicher unannehmbarer Folgen, die in vielen Fällen nicht zu rechtfertigen seien.50 In diesem Zusammenhang wollte v. Feilitsch die Aufnahme eines wie auch immer gearteten Zusatzes, der ausdrückte, dass die Einziehung nur dann zulässig ist, wenn das öffentliche Interesse, insbesondere die Verkehrssicherheit es erfordert.51 Dies sollte eine Anweisung an den Richter darstellen, um die zweckmäßige Anwendung der Vorschrift zu gewährleisten. Die Bezugnahme auf die öffentliche Sicherheit wurde ebenfalls kritisiert, weil bei schweren Verbrechen und Vergehen auch ohne Feststellung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Einziehung am Platze sein könne. Daraufhin wurden die beiden Anträge zurück genommen.52 v. Tischendorf griff den Gedanken des zweiten Antrages hinsichtlich fahrlässiger Vergehen auf und beantragte hinter Satz 1 des § 54 Abs. 1 VE einzufügen: „Dasselbe gilt bei fahrlässigen Vergehen, wenn es die öffentliche Sicherheit erfordert.“53 Der Antrag wurde mit elf gegen drei Stimmen abgelehnt. In einem

48 49

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Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XVI. 32. Sitzung vom 28. Juni 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 267, 583. Er sollte mithin bei fahrlässigen Vergehen, nicht nur dann anwendbar sein, wenn dies durch Gesetz besonders vorgesehen ist. Nach deren Meinung sei in vielen Fällen fahrlässiger Vergehen die Einziehung besonders am Platze, so bei der fahrlässigen Tötung durch Schusswaffen. Es bestünde ferner nach dem Entwurf das Missverhältnis, dass z.B. ein Automobil eingezogen werden könne, wenn der Eigentümer damit vorsätzlich einen Hut überfahre, um Ihn zu beschädigen, dagegen nicht, wenn der Fahrer grobfahrlässig Menschen verletze und töte. 32. Sitzung vom 28. Juni 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 268. Als Beispiel wurde die Einziehung einer Hunderttausende kostenden Maschine wegen fahrlässiger Körperverletzung eines, vielleicht selbst an seinem Unfall nicht schuldlosen, Arbeiters genannt. 32. Sitzung vom 28. Juni 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 267, 583. 32. Sitzung vom 28. Juni 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 268. 32. Sitzung vom 28. Juni 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 268, 583.

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weiteren Antrag wurde gefordert54, die §§ 54 bis 56 wie folgt zusammen zu ziehen: „Gegenstände, die zur Begehung eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens bestimmt oder gebraucht waren oder durch ein solches hervorgebracht sind, können, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, im Urteil eingezogen werden (oder: durch Ausspruch im Urteil eingezogen werden). Ist ein solcher Gegenstand eine Schrift, Abbildung oder Darstellung, so kann im Urteil ausgesprochen werden, dass auch die Vervielfältigungen, sowie die zur Herstellung bestimmten Platten und Formen eingezogen werden oder ganz oder teilweise unbrauchbar zu machen sind. In diesem Falle erstreckt sich die Verfügung nicht bloß auf die Stücke, welche dem Täter oder Teilnehmer gehören, sondern auch auf die im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich ausgelegten oder öffentlich angebotenen Stücke. Solche Gegenstände können, auch wenn die Verfolgung oder Verurteilung eines Täters oder Teilnehmers nicht möglich ist, wenn im übrigen eine strafbare Handlung vorliegt, im selbständigen Verfahren eingezogen werden (oder es kann verfügt werden, dass sie unbrauchbar zu machen sind), sofern Gefahr für die Rechtssicherheit besteht.“

Als Begründung wurde angeführt, dass die begriffliche Einheit der verschiedenen Fälle der Einziehung herausgehoben und an die Stelle der unübersichtlichen und durch Verschränkungen bedingten unklaren Fassung des Vorentwurfs eine schärfere Gliederung gesetzt werden sollte. Rupp war der Meinung, dass es sich in § 55 VE ebenfalls um Gegenstände handele, die zur Begehung gebraucht oder bestimmt worden, oder die durch die strafbare Handlung hervorgebracht seien. Der Unterschied zu § 54 lag seiner Ansicht nach darin, dass § 55 keine Rücksicht auf das Eigentum des Täters nimmt. Diesen Unterschied stellte der Abänderungsantrag deutlich heraus. Er hielt es zudem für überflüssig und verwirrend, in § 55 die objektive Strafbarkeit im Gegensatz zu § 54 ausreichen zu lassen, da schließlich § 56 bereits das objektive Verfahren regele. Gegen seinen Antrag wurde geltend gemacht55, dass es sich bei der Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften strafbaren Inhalts um etwas von § 54 so sehr Verschiedenes handele, dass sich eine getrennte Behandlung rechtfertige. Man könne gerade nicht sagen, dass eine Pressschrift beleidigenden Inhalts zur Begehung der Beleidigung „bestimmt sei“ oder „gebraucht werde“. Zudem käme es nach dem Vorschlag nicht mehr auf die Strafbarkeit des Inhalts der Schrift an, sondern darauf, dass sie zur Begehung eines Verbrechens oder Vergehens bestimmt sei mit der Folge, dass 54 55

32. Sitzung vom 28. Juni 1911. Der Antrag stammte von Rupp, vgl. Schubert, Protokolle, Band 1, S. 268 f., 583. 32. Sitzung vom 28. Juni 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 269.

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eine Einziehung auch dann stattfinden könne, wenn ein Exemplar an eine Person unter sechzehn Jahren abgegeben oder wenn bei Herstellung einer Schrift gegen die formalen Vorschriften des Pressgesetzes verstoßen würde. Man hielt es im Interesse des Verletzten zudem für nicht zweckmäßig, dass der Fall des bloßen Vorliegens des objektiven Tatbestandes ausschließlich im dritten Absatz geregelt werde und die Einziehung dort nur bei Gefahr für die Rechtssicherheit erfolgen dürfe.56 Nach einem weiteren Vorschlag sollte der Wortlaut „sofern sie dem Täter oder Teilnehmer gehören“ durch „soweit sie dem verurteilten Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Fällung des Urteils gehören“ ersetzt werden.57 Dadurch sollte, wie bereits mit § 80 Abs. 1 Satz 1 Hbs. 1 GE intendiert, zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Einziehung auf Grund einer Verurteilung bei einem Mittäter oder Teilnehmer, gegen den nicht verhandelt wurde, ausgeschlossen ist. Diesen besonderen Ausspruch im Gesetz hielt die Kommission nicht für notwendig, da § 54 VE ersichtlich nur von dem persönlichen Verfahren und dem darin Angeklagten sprach.58 Ebermeyer und Kahl beantragten, hinter den Worten des § 54 VE „gebraucht oder bestimmt waren“ wie in § 80 GE einzufügen „oder zum Weiterbetrieb eines geschäfts-, gewerbs- oder gewohnheitsmäßigen Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens bestimmt sind“.59 Der Antrag wurde mit zehn gegen fünf Stimmen abgelehnt.60

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32. Sitzung vom 28. Juni 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 269. 32. Sitzung vom 28. Juni 1911. Der Antrag stammte von v. Feilitsch, vgl. Schubert, Protokolle, Band 1, S. 270, 583. 32. Sitzung vom 28. Juni 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 270. Sie sahen die Aufnahme des Wortes „verurteilten“ zudem als nicht vorteilhaft an, da es den irrigen Anschein erwecken könne, dass man im Falle der Freisprechung des Täters oder Teilnehmers nicht gleichzeitig in dem Urteil auf die im § 55 bezeichneten Maßnahmen erkennen dürfe. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 272, 584. Zur Verhinderung von Überfrachtungen, wurden nur die wichtigsten Anträge im Text ausgewertet. Darüber hinaus war von v. Feilitsch beantragt worden, in § 54 des Vorentwurfs zwischen den Worten „dem Täter oder einem Teilnehmer“ und dem Wort „gehören“ einzufügen „zur Zeit der Fällung des Urteils“ um zu verdeutlichen, dass es, wie die herrschende Lehre bereits annahm, auf die Eigentumsverhältnisse zur Zeit der Tat ankomme. Die Mehrheit hielt dies auf Grund der herrschenden Auslegung nicht für notwendig. Gegen den Antrag war von einer Seite zuvor geltend gemacht worden, ob es nicht sinnvoller sei mit der Praxis des früheren Preußischen Strafrechts auf den Zeitpunkt der Tat abzustellen und demgemäß dem Täter, der nach der Tat die der Einziehung unterliegenden Sachen veräußert habe, zum Wertersatz zu verpflichten. Die Kommissionsmitglieder sprachen sich jedoch dagegen aus, da die Verpflichtung zum

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Seitens Rupps wurde beantragt61, die Einziehung zu einer reinen Präventivmaßregel auszugestalten, die unabhängig von dem Vorliegen des Versuchs einer strafbaren Handlung zulässig sein sollte. Dem Vorschlag wurden die gleichen Argumente entgegengehalten, die auch bereits im Zusammenhang mit Goldschmidts Forderungen nach einer zweiten Einziehungsregelung mit rein präventivem Charakter angebracht worden waren.62 Um den Sprachgebrauch des Strafgesetzbuchs mit dem des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Einklang zu bringen, wurde beschlossen, den Begriff „Gegenstände“ durch „Sachen“ zu ersetzen.63 Eine generelle Erörterung betraf die Frage, ob der Kreis der der Einziehung unterliegenden Sachen über das geltende Recht hinaus ausgedehnt werden solle. Es wurde zum einen beantragt, eine neue Vorschrift aufzunehmen, nach der die durch eine strafbare Handlung erlangten oder an deren Stelle getretenen Gegenstände eingezogen werden können. Darüber hinaus sollte eine Vorschrift eingefügt werden, mit der auf die Einziehung eines dem Gewinn entsprechenden Betrages aus dem Vermögen des Verurteilten erkannt werden konnte, sofern die Voraussetzungen des § 36 VE64 vorliegen.65 Die neuen Vorschriften sollten wie folgt lauten:66

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65 66

Wertersatz die Grundlage der Einziehung verschiebe und die Gefahr einer Vereitelung der einzuziehenden Sachen durch eine meist stattfindende Beschlagnahme sehr gering sei. Vgl. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 271, 584. Von v. Feilitsch und Kahl war in Anlehnung an § 80 GE nochmals gefordert worden die Bestimmung „mit der zu Lebzeiten des Verurteilten eingetretenen Rechtskraft des Urteils geht das Eigentum der eingezogenen Sachen auf den Staat über“ aufzunehmen. Damit sollte die Streitfragen, wann das Eigentum auf den Staat übergehe und welche Bedeutung der Tod des Verurteilten für den Nachlass habe, klären. Die Mehrheit der Mitglieder hielt es für sinnvoller, diese Beurteilung dem Privatrecht zu überlassen. Daraufhin wurde der Antrag zurück genommen. Vgl. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 275, 584. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 272, 584. Für die Bestimmung bestehe kein Bedürfnis in der Praxis und es bestünden erhebliche Bedenken gegen eine solche Regelung, namentlich auch politischer Natur. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 272. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 272, 584. Wortlaut: „Neben der wegen eines Verbrechens oder Vergehens verwirkten Freiheitsstrafe kann, wenn die Handlung auf Gewinnsucht beruht, auf Geldstrafe bis zu zehntausend Mark erkannt werden.“ 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 273 f., 584. Rüster hatte im Hinblick auf die Regelungen unter § a noch gefordert, die Herausgabe zwingend vorzuschreiben. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 273 f., 584.

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„§ a: Gegenstände, die durch eine strafbare Handlung erlangt sind oder an die Stelle solcher Gegenstände getreten sind, können im Urteil eingezogen werden, falls sie sich im Besitz des Verurteilten befinden oder bis zu einer Beschlagnahme befunden haben. Auf Antrag des Verletzten können diesem die eingezogenen Gegenstände als Schadensersatz übergeben werden. § b: Auf Einziehung eines dem gemachten Gewinn nach freier Schätzung des Gerichts entsprechenden Betrags aus dem Vermögen des Verurteilten kann erkannt werden, wenn die Voraussetzungen des § 36 vorliegen. Auf Antrag des Verletzten kann diesem der eingezogene Betrag ganz oder teilweise als Schadensersatz übergeben werden.“

Der Antrag zu § a wurde damit begründet, dass die in § 111 StPO vorgesehene Rückgabe der durch die strafbare Handlung dem Verletzten entzogenen Sachen nicht die Fälle treffe, in denen das erlangte Gut veräußert worden ist. Dem helfe die Regelung ab, da das Gericht nunmehr die Einziehung aussprechen und damit eine unanfechtbare Grundlage für die Rückgabe an den Verletzten schaffen könne.67 Ferner könnten die Gegenstände, die an die Stelle der durch die strafbare Handlung erlangten Gegenstände getreten seien, eingezogen werden. Die Regelung in § b sollte einen weiteren Ausbau des Gedankens, dem Verletzten möglichst bequem und schnell zur Erlangung seines Schadensersatzes zu verhelfen, darstellen.68 Der Antrag wurde mit großer Stimmenmehrheit abgelehnt, da der Antrag sachlich einer Einführung der Vermögenseinziehung sehr nahe komme und daher auf politische Schwierigkeiten stoßen werde. Zudem waren die Kommissionsmitglieder der Ansicht, dass für die empfohlenen Vorschriften kein Bedürfnis bestand.69 Im Hinblick auf § a waren sie der Meinung, dass die Einziehung der durch die Straftat erlangten oder an deren Stelle getretenen Sachen häufig nicht möglich sein werde, weil in der Regel keins von beiden mehr beim Täter vorhanden sein werde. Die seltenen Fälle, in denen dies doch der Fall sei, würden durch § 107 des Entwurfs einer Strafprozessordnung genügend berücksichtigt.70 Zudem hielten sie die Wendung in § a „an die Stelle solcher Gegenstände“ für zu dehnbar und unbestimmt. Im Hinblick auf § b waren die Kommisionsmitglieder der Meinung, dass es nur selten zu ihrer Anwendung kommen würde, da der Verletzte in allen schwierigen Fällen seinen Schadensersatzanspruch im Zivilprozess verfolgen müsse, weil der Anspruch nicht liquid sein wer67 68 69 70

33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 273. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 273. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 274. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 274. Die Kommissionsmitglieder waren sich einig, dass dann, wenn der Entwurf zur Strafprozessordnung nicht Gesetz werde, man bei den Beratungen des Einführungsgesetzes eine entsprechende Änderung der Strafprozessordnung in Erwägung ziehen müsse.

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de.71 Die Anwendung des § b komme nur gegenüber dem wohlhabenden Täter in Betracht, dem unter Umständen neben einer hohen Geldstrafe noch im Wege der Einziehung ein weiterer Geldbetrag abgenommen werden könne. Gegenüber solchen Schuldnern sei aber auch eine etwaige Verzögerung in der Durchführung des Schadensersatzanspruchs weniger Gefahr für den Berechtigten. Weiterhin wurde das Verhältnis zu § 36 VE moniert. Zur Ersetzung des § 36 VE reiche er nicht aus, weil dann der Täter unter Umständen zu milde bestraft werden könnte. Man könnte ihn aber auch nicht neben § 36 VE aufnehmen, da dies zu großen Härten gegenüber dem Täter führen würde.72 Generell hielten die Kommissionsmitglieder es für nicht empfehlenswert, den Strafprozess mit privatrechtlichen Fragen zu belasten.73 Nach diesem Beschluss nahm Rüster seinen Antrag, der zur Erwägung stellen sollte, ob Sachen, die der Täter als Lohn oder Geschenk für seine Handlung erhalten hat, für einziehbar erklärt werden sollten, zurück, da die Debatte ihn davon überzeugt hatte, dass sich ein solcher Eingriff in das bürgerliche Recht nicht empfehle.74 Nachdem die Kommission sich einig geworden war, dass eine Einziehung nach §§ 54, 56 VE im Gegensatz zu §§ 55, 56 VE dann nicht möglich sein sollte, wenn der Täter zur Zeit der Tat unzurechnungsfähig gewesen war75, da es an einer Voraussetzung des § 54, nämlich dem subjektiven Tatbestand fehle76, stellte Frank den Antrag, § 54 folgende Bestimmung anzufügen:

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33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 274. Als weiteres Argument wurde noch angebracht, dass sich nur selten Gelegenheit bieten würde, die unter § b vorgeschlagene Regelung anzuwenden. In allen schwierigen Fällen werde der Verletzte seinen Schadensersatzanspruch im Zivilprozess verfolgen müssen, weil der Täter nicht liquide sei. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 274. Aufgrund der Abweisung des Antrags nahm Rüster seinen Antrag zurück, der zur Erwägung gestellt hatte, ob Sachen, die dem Täter als Lohn oder Geschenk für seine Handlung erhalten hat, für einziehbar erklärt werden sollten. Er bemerkte, die Debatte habe ihn überzeugt, dass sich ein solcher Eingriff in das bürgerliche Recht nicht empfehle. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 274 f., 584. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 274 f., 584. So auch Mornheim, Die Einziehung nach § 42 RStGB, S. 19 f. Man war sich einig darüber, dass die Bedeutung des § 56 im Verhältnis zu § 54 nur darin bestehe, dass er eine Einziehung ermögliche, wenn trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 54 aus tatsächlichen Gründen (Tod, Abwesenheit, Unbekanntheit usw.) oder aus rechtlichen Gründen (Verjährung, Verfall in Geisteskrankheit nach der Tat usw.) der Täter nicht verfolgt werden kann. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 275. Dies ist ein Ergebnis, das nicht weiter neu war.

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„Gegenüber solchen Personen, die im Sinne des § 63 unzurechnungsfähig sind, tritt an die Stelle der Einziehung die Sicherstellung.“77

Der Antrag wurde jedoch wieder zurück genommen, nachdem die Kommissionsmitglieder sich gegen die Übernahme ausgesprochen hatten, da es an einem Bedürfnis für die Regelung fehle.78

2. Unbrauchbarmachung (§ 55 VE) Im Hinblick auf § 55 beantragte v. Feilitsch, das Wort „Inhalt“ zu streichen, da eine Schrift usw. auch durch ihre äußere Gestaltung den Tatbestand einer strafbaren Handlung, wie etwa einer Beleidigung, erfüllen könnte.79 Der Antrag wurde wieder zurück genommen, nachdem die Mehrheit der Kommission die Änderung nicht für notwendig erachtet hatte, da in solchen Fällen die scheinbare äußere Form zum Inhalt im Sinne der Bestimmung gehöre und überdies eine Streichung bedenklich erscheine, da man annehmen könne, dass es ausreiche, wenn eine Druckschrift lediglich gegen die Bestimmungen des Pressgesetzes über die äußere Ordnung der Presse verstoße.80 Ebermayer und v. Feilitsch beantragten, den Anfang des § 55 wie folgt zu fassen: „Verwirklicht der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung den äußeren Tatbestand einer strafbaren Handlung [...].“81

Damit sollte besser zum Ausdruck gebracht werden, dass die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes ausreichend ist. Die Kommission verneinte auf Grund der feststehenden Rechtsprechung ein dahingehendes Bedürfnis und lehnte den Antrag mit zwölf gegen drei Stimmen ab. Zwei Anträge bezweckten klarzustellen, dass die Einziehung sich entsprechend der herrschenden Meinung in der Literatur und Rechtsprechung nicht auf solche Exemplare erstreckt, welche sich im Privatbesitz des Verfassers usw. und seiner

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33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 275, 584. Die Sicherung der Gesellschaft vor unzurechnungsfähigen Verbrechern werde wirksamer durch die vom § 65 des Vorentwurfs vorgesehene Verwahrung erreicht. Auch sei die Polizei jederzeit in der Lage, auf Grund ihrer allgemeinen Aufgabe, das Publikum vor ihm drohenden Gefahren zu schützen, dem Unzurechnungsfähigen die gefährliche Sache abzunehmen. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 276. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 276, 584. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 277. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 277, 584.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

Familie befinden.82 Zu diesem Zweck schlug v. Feilitsch vor, im Absatz 2 die Worte „im Besitze“ durch im „Geschäftsbetriebe“ oder „im Gewerbebetriebe“ zu ersetzen, während Ebermayer empfahl, hinter dem Wort „befindlichen“ einzufügen „nicht lediglich zu privatem Gebrauche bestimmten“.83 Die Kommission nahm den zweiten Antrag einstimmig an, nachdem gegen den ersten eingewendet worden war, dass er Umgehungen erleichtere. Abgelehnt worden war der Antrag, den Absatz 1 fakultativ und nicht mehr obligatorisch auszugestalten.84 Zwar stimmten die Kommisionsmitglieder dem Antragsteller zu, dass in machen Fällen der zur Anfertigung des strafbaren Erzeugnisses verwendete Satz zur Zeit des Erlasses des Urteils nicht mehr vorhanden sein wird. Dies rechtfertigte nach Meinung der Kommissionsmitglieder jedoch nicht die Beseitigung des zwingenden Charakters der Vorschrift, da dies eine der oft vorhandenen Gefährlichkeit der hier in Frage stehenden strafbaren Handlungen nicht entsprechende Abschwächung des strafrechtlichen Schutzes bedeuten würde. v. Simson wies darauf hin, dass auch jetzt schon die Auffassung vertreten werde, dass Platten und Formen nur solange „zur Herstellung bestimmt“ seien, als sie den Abzug weiterer Platten ermöglichten.85 Wenn der Richter wisse, dass sie nicht mehr vorhanden sind, brauche er daher auch nicht deren Unbrauchbarmachung anzuordnen.86

3. Selbständige Anordnung (§ 56 VE) Es wurde beantragt, § 56 wie folgt zu fassen:87 „Ist die Verfolgung oder Verurteilung eines Täters oder Teilnehmers nicht ausführbar, so kann selbständig auf die Maßregel der Einziehung oder Unbrauchbarmachung erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen des § 54 oder § 55 vorliegen.“

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33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 277. Dieser Umstand war in § 41 RStGB nicht ausdrücklich geregelt. Durch Auslegung des § 41 RStGB war bereits das Reichsgericht in einem Beschluss des zweiten und dritten Strafsenats vom 28. Oktober 1907 zu diesem Ergebnis gekommen. Auch die herrschende Literaturmeinung vertrat diese Ansicht. Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, BArch R 3001/11450, Bl. 15. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 277, 584. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 278. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 278 f., 584. 33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 278 f., 584. Antragssteller war v. Rupp, 34. Sitzung vom 4. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 278 f., 584.

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Die Änderung der Eingangsworte sollte nur redaktionelle Bedeutung haben, wurde aber abgelehnt.88 Der zweite Änderungswunsch innerhalb des § 56 wurde damit begründet, dass die Vorschrift vorher nicht zum Ausdruck gebracht habe, welche Voraussetzungen neben der einer Unausführbarkeit der Verfolgung usw. eines Täters die Maßregel haben solle.89 Der einfache Hinweis auf die Voraussetzungen der §§ 54 und 55, der im § 56 noch nicht einmal deutlich enthalten sei, genüge nicht, weil die Voraussetzungen des § 54 und desjenigen Bestandteils des § 55, der die Verurteilung eines Täters oder Teilnehmers vorsehe, jedenfalls nicht voll verlangt werden könnte.90 Durch den Zusatz „im übrigen“ werde auf die Voraussetzungen verwiesen, die eine persönliche Beziehung auf den Täter nicht enthalten. Der Vorschlag wurde mit elf gegen drei Stimmen angenommen.91

II. Zweite Lesung und Schlussredaktion des Entwurfs Im Rahmen der zweiten Lesung der Vorschriften über die Einziehung und Unbrauchbarmachung, nunmehr verankert im Entwurf 1913 1. Lesung92,

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33. Sitzung vom 3. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 279. 34. Sitzung vom 4. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 280. 34. Sitzung vom 4. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 280. 34. Sitzung vom 4. Juli 1911, Schubert, Protokolle, Band 1, S. 281. E 1913 I: § 88 Einziehung bestimmter Sachen „Sachen, die durch ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen hervorgebracht sind oder dazu gebraucht oder bestimmt waren, können, wenn sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, eingezogen werden. Bei fahrlässigen Vergehen ist dies nur in den vom Gesetze bestimmten Fällen zulässig. Die Einziehung ist im Urteil anzuordnen.“ § 89 Einziehung aller Exemplare einer Schrift „Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so ist im Urteil anzuordnen, dass alle Exemplare eingezogen werden, die sich im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befinden oder öffentlich ausgelegt oder angeboten sind; die zum eigenen Gebrauch bestimmten Exemplare sind ausgenommen. Ferner ist anzuordnen, dass die Platten und Formen unbrauchbar gemacht werden, die zu ihrer Herstellung gebraucht oder bestimmt waren. Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, so ist die Anordnung auf diesen Teil zu beschränken, wenn er ausgeschieden werden kann; unter dieser Voraussetzung werden die Exemplare insoweit unbrauchbar gemacht.“ § 90 Einziehung als selbständige Maßregel

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wurde die Vorschrift des § 88 E 1913 I sachlich nicht beanstandet.93 Im Hinblick auf § 88 Abs. 1 Satz 1 wurde beschlossen, hinter dem Worte „können“ den Zusatz „ganz oder teilweise“ einzufügen um klarzustellen, dass der Richter nicht verpflichtet sein soll, unter allen Umständen sämtliche durch eine strafbare Handlung hervorgebrachten usw. Sachen einzuziehen.94 Zudem wurde der Antrag, die Worte „oder zu einer strafbaren Handlung gebraucht sind oder bestimmt werden“ durch „oder die zur Begehung einer strafbaren Handlung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren“ zu ersetzen, einstimmig angenommen.95 Weiterhin wurde festgelegt, die §§ 88 bis 90 im 9. Abschnitt „Nebenstrafen und Nebenfolgen“ aufzunehmen und ihnen die gemeinsame Randbezeichnung „Einziehung“ zu geben.96 Am 27. September wurde der endgültige Entwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1913 verabschiedet und als Manuskript gedruckt. Er enthielt letztlich folgende Vorschriften zur Einziehung97 und Unbrauchbarmachung: „§ 91 Einziehung Sachen, die durch eine strafbare Handlung98 hervorgebracht sind oder die zur Begehung einer strafbaren Handlung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren, können ganz oder teilweise eingezogen werden, wenn sie dem Täter oder

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„Kann eine bestimmte Person nicht verfolgt oder verurteilt werden, liegen aber im übrigen die Voraussetzungen des § 88 oder des § 89 vor, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden.“ 230. Sitzung vom 9. April 1913, Schubert, Protokolle, Band 4, S. 170. 279. Sitzung vom 24. September 1913, Schubert, Protokolle, Band 4, S. 704. 279. Sitzung vom 24. September 1913, Schubert, Protokolle, Band 4, S. 704. 281. Sitzung vom 26. September 1913, Schubert, Protokolle, Band 4, S. 740. Im Besonderen Teil war erstmals in § 148 Abs. 4 bestimmt: „Hat der Täter für seine Tat Entgelt empfanden, so ist das Empfangene oder dessen Wert im Urteil für verfallen zu erklären“. Diese Vorschrift sollte nach ihrer systematischen Stellung jedoch nur für die im zweiten Abschnitt des Entwurfs behandelten Delikte des Landesverrats gelten. Daneben war für die Bestechungsdelikte eine besondere Verfallvorschrift in § 164 vorgesehen. In § 54 VE hieß es in Satz 1 noch: „[...] durch ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen [...]“. Nunmehr war wieder nur noch von „strafbaren Handlungen“ die Rede. Diese Änderung war dem Umstand geschuldet, dass im Rahmen des E 1913 die Übertretungen in einem eigenen zweiten Buch geregelt und von den Verbrechen und Vergehen abgekoppelt worden waren. Das zweite Buch bestand ebenfalls aus einem Allgemeinen und einem Besonderen Teil. Bezüglich der Regelungen über die Anwendbarkeit des Allgemeinen Teils des ersten Buches auf die Übertretungen, war in § 362 E 1919 I festgelegt, „Das die Vorschriften des Allgemeinen Teils des ersten Buches“ auf die Übertretungen anzuwenden sind, „soweit nicht diese Vorschriften sich nur auf Verbrechen und Vergehen anwenden lassen [...].“ Dies war in § 54 VE der Fall, so dass die Einziehung im Zweiten Buch in dessen Allgemeinen Teil in § 375 E 1919 I angeordnet wurde.

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Teilnehmer gehören. Bei fahrlässigen Handlungen ist die Einziehung nur zulässig, soweit das Gesetz es ausdrücklich vorsieht.99 Die Einziehung ist im Urteil anzuordnen. § 92 Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so ist im Urteil anzuordnen, dass alle Exemplare eingezogen werden, die sich im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befinden oder öffentlich ausgelegt oder angeboten sind; die zum eigenen Gebrauche dieser Person bestimmten Exemplare sind ausgenommen. Ferner ist anzuordnen, dass die Platten und Formen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht sind oder bestimmt waren. Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, der sich ausscheiden lässt, so ist an Stelle der Einziehung anzuordnen, dass dieser Teil des Inhalts in den Exemplaren unbrauchbar gemacht wird; auch die Platten und Formen sind nur insoweit unbrauchbar zu machen. § 93 Kann keine bestimmt Person verfolgt oder verurteilt werden, liegen aber im übrigen die Voraussetzungen des § 91 oder des § 92 vor, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden.“

Der Entwurf sollte eigentlich dem Bundesrat als Regierungsvorlage übersandt werden. Wegen des Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er allerdings erst zusammen mit einer zwischenzeitlich überarbeiteten Fassung, dem E 1919, der im Folgekapitel behandelt werden wird, veröffentlicht.100

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In § 54 VE hieß es in Satz 2 noch: „Bei anderen strafbaren Handlungen [...]“. Nunmehr war nur noch von „fahrlässigen Handlungen“ die Rede. Diese Änderung ist dem Umstand geschuldet, dass der zweite Satz in § 54 VE seinerzeit eingeführt worden war, um die Anwendbarkeit der §§ 54 ff. VE auch auf fahrlässige Handlungen und Übertretungen, bei denen die Einziehung besonders vorgesehen war, ausdrücklich zu regeln. Es hatte seinerzeit an einer Vorschrift über die Anwendbarkeit gefehlt (Vgl. S. 58). Im Rahmen des E 1913 waren die Übertretungen in einem eigenen zweiten Buch geregelt und von den Verbrechen und Vergehen abgekoppelt worden. Das zweite Buch bestand ebenfalls aus einem Allgemeinen und einem Besonderen Teil. Die Einziehung für die Übertretungen wurde aus dem ersten Buch herausgenommen und bei den Übertretungen im Allgemeinen Teil unter § 398 wie folgt geregelt: „Die Einziehung von Sachen, die durch eine Übertretung hervorgebracht sind oder zu einer Übertretung gebraucht sind oder bestimmt waren (§ 91), ist nur zulässig, soweit das Gesetz es ausdrücklich vorsieht.“. Daher spricht § 91 nur noch von „fahrlässigen“ und nicht mehr von „strafbaren Handlungen“. 100 Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XVI.

Sechstes Kapitel: Weimarer Republik A) Der Entwurf von 1919 Der Ausbruch des 1. Weltkrieges verhinderte also die Veröffentlichung des E 1913. Die Reformarbeiten wurden erst im Frühjahr 1918 unter dem Staatssekretär im Reichsjustizamt Krause wieder aufgenommen, nachdem sich zwischenzeitlich ein erfolgreiches Ende des Krieges abzeichnete. Da der E 1913 in seiner ursprünglichen Form wegen der „tiefgreifenden Änderungen der Verhältnisse und Anschauungen, die der Krieg mit sich gebracht hatte“1 nicht mehr weiterverfolgt werden sollte, wurde eine neue fünfköpfige Kommission2 eingesetzt, die diesen Änderungen bei der Gestaltung der Strafrechtsreform Rechnung tragen sollte. Die Kommission trat im April 1918 zusammen und erarbeitete bis zum 21. November 1919 einen Entwurf (Entwurf 1919), der im Wesentlichen auf den Beschlüssen der Strafrechtskommission von 1913 beruhte.3 Er wurde zusammen mit dem Kommissionsentwurf von 1913 und einer erläuternden „Denkschrift“ im Jahre 1920 veröffentlicht.4 Die Kommission zeigte sich bestrebt, die Grundlagen der Reform, wie sie namentlich im E 1913 ihren Ausgangspunkt gefunden hatten, zu wahren.5 Bis auf einige wenige Änderungen waren die Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung übernommen worden. Die Einziehung von Sachen wurde in § 83 geregelt, der im 11. Abschnitt „Nebenstrafen und Nebenfolgen“ seinen Platz gefunden hatte. Ohne dass eine inhaltliche Änderung damit

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Denkschrift E 1919, S. 7. Mitglieder: Joel (Direktor im Reichsjustizamt), Ebermayer (Senatspräsident am Reichsgericht), Cormann (OLG-Präsident), Bumke (Geheimer Oberregierungsrat) und Krause (Staatssekretär des Reichsjustizamtes), weitere Mitarbeiter: Amtsrichter Schäfer und Kiesow. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XVI, Bumke, DJZ 1921, Sp. 11, 16. Der E 1919 wurde als persönliche Stellungnahme der Kommissionsmitglieder herausgegeben; er war mithin nicht als Regierungsvorlage vorgesehen, sondern sollte sich lediglich der öffentlichen Kritik stellen, vgl. Bumke, DJZ 1921, Sp. 11, 16. Denkschrift E 1919, S. 7.

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verknüpft worden wäre, waren die Wörter „strafbare Handlung“ durch „Straftat“6 ersetzt worden.7 Neu aufgenommen wurde der Satz: „Sachen, die weder dem Täter noch einem Teilnehmer gehören, können nur eingezogen werden, wo das Gesetz dies ausdrücklich zulässt.“

Der Inhalt der Denkschrift zu § 83 lässt nicht erkennen, warum der Satz eingefügt worden war. Es liegt aber nahe, dass dies aus denselben Gründen geschehen ist, wie seinerzeit bei Einfügung des Zusatzes „Ist eine strafbare Handlung fahrlässig begangen, so darf die Einziehung nur erkannt werden, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht“. Begründet wurde die Aufnahme seinerzeit damit, dass es an einer Vorschrift fehle, die die Anwendbarkeit der Regelungen des Allgemeinen Teils auf die des Besonderen ausdrücklich regle. Da es Vorschriften im Besonderen Teil gab, die die Einziehung selbst dann zuließen, wenn der Täter nicht Eigentümer war, kann an dieser Stelle nur die gleiche Intention vorgelegen haben.8 Damit erkannte der Entwurf die unterschiedslose Einziehung im Allgemeinen Teil ausdrücklich an, machte ihre 6 7

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Dabei handelt es sich um eine Änderung des Sprachgebrauches bezüglich der im Gesetz bezeichneten Verbrechensfigur. Der Entwurf ging einen anderen Weg im Hinblick auf die Sonderbestimmungen der Übertretungen. Das Strafgesetzbuch traf für Übertretungen keine ausdrücklichen Sonderbestimmungen, sondern nur mittelbar dadurch, dass es einzelne Vorschriften nicht auf strafbare Handlungen überhaupt, sondern nur auf Verbrechen und Vergehen bezog. Der Entwurf 1919 hingegen stellte zunächst im ersten Buch alle Vorschriften ausschließlich auf Verbrechen und Vergehen ab, bestimmte aber in § 405, dass die im Allgemeinen Teil des Ersten Buches für Verbrechen und Vergehen getroffenen Vorschriften auch für Übertretungen gelten, soweit sich nicht aus den in dem Allgemeinen Teil des Zweiten Buches aufgestellten Sonderbestimmungen etwas anderes ergibt. Vgl. Denkschrift E 1919, S. 349. Der § 412 ließ die Einziehung bei Übertretungen nur dort zu, wo das Gesetz es ausdrücklich regelt. Damit übernahm § 412 die bisherigen Regelungen zu § 40 RStGB. Eine besondere Zulassung der Einziehung war z.B. ausgesprochen in § 212 Abs. 2 (Ansammeln von Waffen), § 241 Abs. 3 (Vorbereitung der Fälschung öffentlicher Urkunden), § 253 (Falschmünzerei), § 397 (Jagdgeräte usw.), § 399 Abs. 2 (Küstenfischerei), § 419 Abs. 2 (Verkehr mit gefährlichen Gegenständen), § 428 (Gefährdung des Verkehrs mit öffentlichen Urkunden, Blüten), § 290 Abs. 2 (fahrlässige Tötung), § 300 Abs. 3 (fahrlässige Körperverletzung). Mit dem Gesetz gegen das Glücksspiel vom 23. Dezember 1919 (RGBl. I, S. 2145 war zudem ein neuer § 284b in das RStGB eingefügt worden: „In den Fällen der §§ 284, 284a sind die Spieleinrichtung und das auf dem Spieltisch oder in der Bank befindliche Geld einzuziehen, sofern sie dem Täter oder Teilnehmer gehören. Andernfalls können die Gegenstände eingezogen werden.“ Diese Vorschrift löste zwar lediglich die fakultative Einziehung nach § 360 Abs. I Nr, 14, Abs. 2 RStGB ab, brachte aber erstmals eine unterschiedliche Behandlung von Täter- und Dritteigentum: Während es bei letzterem bei der fakultativen Einziehung verblieb, wurde sie dem Täter gegenüber zu einer obligatorischen verschärft. Vgl. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 27.

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Zulässigkeit aber davon abhängig, dass das Gesetz sie an den einzelnen Stellen ausdrücklich vorsah. Die Einziehung war im Urteil „auszusprechen“ und nicht mehr „anzuordnen“. Diese Fassung sollte klar stellen, dass mit der Rechtskraft des Urteils die Einziehung ohne weiteres wirksam wird, das Eigentum an den eingezogenen Sachen also ohne weiteres auf den Staat übergeht.9 Die Frage nach der Rechtsnatur der Einziehung wurde wiederum ausdrücklich offen gelassen.10 Das bedeutet, dass man aus der Stellung der Vorschriften im Kapitel über die Nebenstrafen keine Rückschlüsse auf die Rechtsnatur ziehen konnte. Im Rahmen der Unbrauchbarmachung, geregelt in § 84, wurde das Wort „Exemplare“ ohne jede Begründung durch „Stücke“ ersetzt. Erstmals eingefügt worden war in § 85 die Einziehung des Entgelts als Allgemeine Rechtsfolge:11 „Hat der Täter für ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen Entgelt empfangen, so kann dieses oder ein Betrag, der seinem Wert entspricht, im Urteil eingezogen werden.“

Hintergrund war der Umstand, dass der Besondere Teil des RStGB in § 33512 bereits anordnete, dass das von einem bestochenen Beamten Empfangene oder dessen Wert im Urteil für dem Staate verfallen zu erklären ist. Andere Neben-

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Denkschrift E 1919, S. 80. Lang, Die Einziehung, S. 53 vertrat die Ansicht, das aus dem Wort „auszusprechen“ im E 1913 zu entnehmen sei, dass der Fiskus erst mit der tatsächlichen Inbesitznahme der Einziehungsgegenstände, also erst mit Vollstreckung des auf Einziehung erkennenden Urteils Eigentum an den „confiscandis“ erwirbt. Denkschrift E 1919, S. 80. Dies bemängelte Kadecka, Ministerialrat im Österreichischen Bundesministerium für Justiz in seiner Schrift „Die Strafen des deutschen Strafgesetzentwurfes. Diese Unklarheit über die Rechtsnatur der Einziehung führt nach Ansicht Kadeckas dazu, dass die Entscheidung des Gerichts über die Frage der Einziehung im Rahmen der Ausübug des richterlichen Ermessens immer etwas Willkürliches an sich haben wird. Er sprach sich dafür aus, die Einziehung in Anlehnung an den österreichischen und schweizer Entwurf eines Strafgesetzbuches den Vorzug zu geben und die Einziehung der Produkte und Werkzeuge eines Verbrechens als sichernde Maßnahme zu kennzeichnen. Vgl. „Die Strafen des deutschen Strafgesetzenwurfes“ S. 18, BArch R 3001/ 5915. Diese Regelung wäre wohl als direkter Vorläufer des heutigen Gewinnverfalls zu bezeichnen, wäre sie geltendes Recht geworden. Die allgemeine Einziehung des Tatentgelts findet sich als eine Kategorie des Gewinnverfalls im Ansatz noch im heutigen Recht ausgesprochen. Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 8 f. Vgl. Wortlaut: „In den Fällen der §§ 331 bis 334 ist im Urtheile das Empfangene oder der Werth desselben für dem Staate verfallen zu erklären“.

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gesetze enthielten gleichartige Vorschriften.13 Der § 85 des Entwurfs 1919 führte diese Bestimmungen nun erstmals als allgemeingültige Regel auf ihren gemeinsamen Grundgedanken zurück.14 Für den Fall, dass das Entgelt nicht mehr vorhanden war oder sich nach seiner Beschaffenheit nicht zur Einziehung eignete, sollte an die Stelle des Entgeltes selbst ein Betrag eingezogen werden können, der seinem Wert entspricht.15 Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang der in der Denkschrift ausdrücklich erklärte Vorbehalt des Ausbaus dieser Vorschrift auch auf Gewinne einer Straftat, die nicht Entgelte sind.16 Die Vorschrift über die selbständige Einziehung in § 86 wurde in ihrer Fassung geändert: „Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.“

Der Entwurf sah mithin davon ab, die selbständige Einziehung im objektiven Verfahren nur in gewissen Fällen zu ermöglichen. Die Begründung führte hierzu aus, dass die Vorschrift nicht mehr nur in den Fällen der §§ 83, 84 greife, sondern auch im Falle des § 85 Anwendung finde und darüber hinaus verschiedene Sondervorschriften17 entbehrlich mache.18

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Zu vergl. z.B. § 12 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909, RGBl. S. 499, § 15 des Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse vom 3. Juni 1914, RGBl. S. 195. Denkschrift E 1919, S. 80. Denkschrift E 1919, S. 81. Der Versuch, die Einziehung des durch eine Straftat erzielten Gewinnes vorzunehmen, erschien den Kommissionsmitgliedern zunächst noch als mit zu vielen Schwierigkeiten behaftet. Das hatte sich im Rahmen der Aufnahme einer solchen Vorschrift in drei Nebengesetzen herausgestellt und es sollte zunächst weitere Klärung abgewartet werden. Denkschrift E 1919, S. 81; Ehrensberger, Einziehung, S. 38. Der Gedanke, dass der Vorteil, den der Täter aus eine Straftat zieht, häufig nicht in einem Entgelt, dass ihm für die Tat gewährt wird, sondern in Gewinnen anderer Art besteht, war während des Krieges im Bereich des Nebenstrafrechts etwa in den Vorschriften gegen Preistreiberei (§§ 7 ff. Verordnung gegen Preistreiberei vom 8. Mai 1918, RGBl. S. 395), wonach bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Verstoß gegen bestimmte Preisvorschriften neben der Strafe „ein Betrag einzuziehen (war), der [...] dem erzielten übermäßigen Gewinn oder Verdienst (bzw.) [...] dem über dem Höchstpreis erzielten Erlös entspricht“, verwirklicht worden. Oder aber bei der Führung eines unzulässigen Handelsbetriebs und verbotswidriger Ausfuhr (Art. II § 3 Abs. 6 und Art. III Nr. 2 § 5 Abs. 3 der Verordnung über Sondergerichte gegen Schleichhandel und Preistreiberei (Wuchergerichte) vom 27. November 1919, RGBl. S. 1909). So etwa der während des Krieges und der Übergangszeit erlassene Art. I der Verordnung, betreffend einige die Kriegsverordnungen ergänzende Vorschriften über Einzie-

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Aufgrund der politischen Gegebenheiten fand keine Beschlussfassung über den Entwurf von 1919 statt. Der amtierende Reichskanzler Fehrenbach wurde von Wirth am 21. Mai 1921 abgelöst und das Reichskabinett umgebildet. Reichsjustizminister wurde Gustav Radbruch.

B) Entwurf von 1922 (Entwurf Radbruch) und Entwurf von 1925 (Reichsratsvorlage) Die Strafrechtsreform kam erst im April 1922 wieder in Gang, nachdem Radbruch mit ihrer Weiterführung beauftragt worden war. Als Grundlage der Beratungen sollten zum einen der E 1919, zum anderen die im Rahmen der in Aussicht genommenen Rechtsangleichung des deutschen und österreichischen Strafrechts vom Strafrechtsreferenten des österreichischen Bundesministeriums des Justiz Kadecka erstellten Entwürfe dienen.19 Radbruch und seine Mitarbeiter20 erstellten daraufhin den Entwurf von 1922, auch Radbruchscher Entwurf genannt. Die Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung wurden im 7. Abschnitt, der von den Maßregeln der Besserung und Sicherung21 handelte, geregelt. Der E 1922 beseitigte die noch im E 1919 enthaltenen Nebenstrafen gänzlich. Im Vergleich zum E 1919 ergaben sich zwei weitere Änderungen. Neu

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hung und über Veräußerung beschlagnahmter Gegenstände vom 22. März 1917, RGBl. S. 255. Vgl. Denkschrift E 1919, S. 81. Denkschrift E 1919, S. 81. Der § 42 des geltenden Rechts bezog sich nur auf die vorausgegangenen §§ 40 und 41 RStGB, so dass es notwendig gewesen war, in Gesetzen, die über die Regelungen der §§ 40 bis 42 hinausgingen, eine Sonderbestimmung einzufügen. Solche Nebenbestimmungen waren in großer Zahl in den Nebengesetzen vorhanden gewesen, in manchen waren sie aber auch vergessen worden, was zu großen Schwierigkeiten in der Praxis geführt hatte. Vgl. Aussage Emmingers in der 29. Sitzung vom 17.11.1927 des 32. Reichstagsausschusses, abgedrückt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 282, 283. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. XI; die Änderungsvorschläge zum Besonderen Teil blieben ungedruckt; sie finden sich in der Akte BArch R 3001/5915. Bumke, Kiesow, L. Schäfer, Joel, Koffka und Kadecka. Aus den Bemerkungen zum Entwurf ist zu entnehmen, dass sich die sichernden Maßnahmen von der Strafe dadurch unterschieden, dass sie ihrem Wesen nach nicht durch eine Straftat bedingt waren. Sie dienten dazu, die öffentliche Sicherheit zu mehren und zu fördern. Nach Ansicht des Gesetzgebers gehörten sichernde Maßnahmen deswegen eigentlich nicht in den Bereich des Strafrechts, sondern in den des Verwaltungsrechts. Trotzdem sollten die im E 1922 aufgenommenen sichernden Maßnahmen im Strafgesetzbuch verbleiben, um sie mit der Strafe in der Hand des Richters zu vereinigen und ihm die Bekämpfung des Verbrechens möglichst allseitig zuzuweisen. Bemerkungen, S. 50.

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eingefügt worden war im Hinblick auf die Einziehung einzelner Sachen (§ 60) der Satz: „Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum über.“ Dadurch wurde die seit langem streitige Frage des Zeitpunkts des Eigentumsübergangs22 ausdrücklich im Gesetz geregelt.23 Der Eigentumsübergang bei der Einziehung vollzog sich somit nicht in den Formen rechtsgeschäftlichen Erwerbs, vielmehr ging sofort mit dem Expropriationsausspruch das Eigentum auf den Fiskus über und es bedurfte keines weiteren Aktes mehr, um diese Rechtsänderung herbeizuführen. Nicht aufgenommen worden war die Vorschrift des § 85 E 1919, die die Einziehung des Entgelts regelte.24 Aus den „Bemerkungen“ Radbruchs zum 22

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Damit schlossen sich die Verfasser des Entwurfs der herrschenden Meinung in der Literatur an. Vgl. Runge, GA 72, S. 24, 32. Der E 1922 begnügte sich im Gegensatz zum E 1919 nicht damit, diesen Satz lediglich in der Begründung auszusprechen. Die Aufnahme eines solchen Satzes hatte auch das Staatsministerium Badens angeregt. In einem Schreiben vom 26. Februar 1922 hatte das badische Staatsministerium dem Justizministerium in Berlin seine Stellungnahme zum Strafgesetzentwurf 1919 übermittelt. Der Fassungsvorschlag lautete wie folgt:“Mit seiner Rechtskraft geht das Eigentum an den eingezogenen Gegenständen auf das Land über, dessen Gericht das Urteil erlassen hat; ist das Urteil vom Reichsgericht erlassen, so wird das Reich Eigentümer“. BArch R 3001/5916, Bl. 36 f. Auch das zuständige Ministerium des Landes Hamburg hatte dafür plädiert, den Zeitpunkt im Gesetz zu bestimmen. Allerdings war vorgeschlagen worden, die Regelung in das künftige Einführungsgesetz aufzunehmen, da eine solche Vorschrift privatrechtlicher Natur sei und in das Bürgerliche Gesetzbuch eingreife. BArch R 3001/5916. Oetker war anderer Meinung. Er bedauerte, dass die bezüglich des Eigentumswechsels bestehenden Zweifel nicht vollständig aus der Welt geschafft wurden: es sei nämlich nach dem Wortlaut des Entwurfs nicht klar zu erkennen, ob mit der Rechtskraft des Einziehungsurteils der Eigentumsübergang sich ex nunc oder ex tunc von der Deliktsbegehung an vollziehe. Allem Anschein nach wollte sich der Entwurf, wie Oetker weiter ausführt, für die erstere Ansicht entscheiden. Dann aber müsste der Entwurf sagen: „Von der Rechtskraft der Entscheidung an geht das Eigentum über“ und nicht mit der Rechtskraft. Vgl. Oetker, Gerichtssaal Band 92, S. 41. A.A.: Lang, Die Einziehung, S. 53 ff. Auch Kadecka, Ministerialrat im Österreichischen Bundesministerium für Justiz, hatte sich in seinem Bericht „Die Strafen des deutschen Strafgesetzentwurfes“ gegen die Einziehung des Verbrecherlohnes ausgesprochen. Dies begründete er damit, dass wenn man die Einziehung des Verbrecherlohnes weder für eine Strafe noch für eine sichernde Maßnahme halte (die Rechtsnatur der Einziehung war ausdrücklich offen gelassen worden im E 1919), dann sei sie im Strafgesetzbuch nicht zu regeln. BArch R 3001/5915. Die Münchner Juristische Studiengesellschaft hingegen, die sich ebenfalls mit dem Entwurf 1919 befasst hatte, schlug vor, den Entgeltverfall generell und obligatorisch anzuordnen. Darüber hinaus wollten die Verfasser den im Entwurf 1919 zum Ausdruck gekommenen Gedanken der strafrechtlichen Vorteilsentziehung „von dem Entgelt als Sonderfall des Gewinns auf jeden Gewinn erstrecken. Vgl. Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 9. Auch die Österreichische kriminalistische Vereinigung hatte sich auf ihrer Tagung vom 13. bis 15. Oktober in Wien zum Thema „Der Deutsche Ge-

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E 1922 lässt sich nicht entnehmen, warum er die Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung letztlich derart ausgestaltet hatte, da Anmerkungen dazu fehlen.25 Gerland vertritt die Ansicht, dass die Vorschrift als Folge der Einführung des § 68 Abs. 2 im E 192226 gestrichen worden sei.27 Und in der Tat lässt sich aus Radbruchs „Bemerkungen“ zu § 68 Abs. 2 entnehmen, dass er mit dieser Vorschrift erreichen wollte, dass nunmehr auch der Gewinn und das Entgelt erfasst werden.28 Der Entwurf wurde der Reichsregierung als Kabinettsvorlage am 13. September 1922 übersandt.29 Das Kabinett Wirth trat jedoch im November 1922 zurück. Bereits eine Woche später wurde der parteilose Wilhelm Cuno zum Reichskanzler berufen und Karl Rudolf Heinze zum Reichsjustizminister ernannt.30 Beide vernachlässigten den Fortgang der Strafrechtsreform.31 Bis zum Ende seiner Amtszeit im November 1923 gelang es Radbruch trotz erheblicher Bemühungen nicht, die Verabschiedung des Entwurfs durch das Kabinett durchzusetzen.32 Erst im Herbst 1924 befasste sich die Reichsregie-

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setzentwurf vom Jahre 1919 dafür ausgesprochen, dass das Entgelt eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens im Rahmen einer allgemeinen Vorschrift eingezogen werden können sollte. BArch R 3001/5915. Die badische Regierung hatte sich in ihren Äusserungen zum E 1919 sogar dafür ausgesprochen, aufgrund der Erfahrungen mit den kriegswirtschaftlichen Bestimmungen, die die Einziehung beschlagnahmter Gegenstände und die Einziehung des Erlöses vorsehen, auch im materiellen Strafrecht die Einziehung des Erlöses einzuführen. BArch R 3001/5916, Bl. 36. Anders im schweizerischen StGB. Dort hatte eine allgemeine Verfallsregelung Eingang gefunden. In Art. 59 hieß es: „Geschenke und andere Zuwendungen, die dazu bestimmt waren, eine strafbare Handlung zu veranlassen oder zu belohnen, verfallen dem Staate. Sind sie nicht mehr vorhanden, so schuldet der Empfänger dem Staate dessen Wert. Dem Staate verfallen auch Gegenstände, die sich jemand durch eine strafbare Handlung angeeignet hat, wenn während fünf Jahren, von der amtlichen Bekanntmachung an gerechnet, der Eigentümer nicht festgestellt werden kann.“ Die Vorschrift lautete: „Die Geldstrafe soll das Entgelt, das der Täter für die Tat empfangen, und den Gewinn, den er daraus gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so darf es überschritten werden“. Diese Vorschrift war mit dem Geldstrafengesetz von 1921 (RGBl I S. 354) als § 27c (später 27b) in das StGB eingefügt worden. Gerland, Der Entwurf 1925, S. 82. Radbruch, Entwurf eines allgemeinen deutschen Strafgesetzbuches, S. 56. Die Vorschrift sollte lauten: „Die Geldstrafe soll das Entgelt, das der Täter für die Tat empfangen, und den Gewinn, den er daraus gezogen hat, übersteigen“. Radbruch, Entwurf eines allgemeinen deutschen Strafgesetzbuches, S. 9. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XVIII. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XIX. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XIX. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. XI–XVI.

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rung wieder mit dem Radbruchschen Entwurf.33 Die Verwaltung des Justizministeriums oblag nunmehr Staatssekretär Joel, der den Entwurf mit wenigen, gleichwohl einschneidenden Veränderungen an das Kabinett weiter leitete. Er wurde vom Kabinett ohne nähere Debatte am 12. November 1924 verabschiedet und durch Joel am 17. November 1924 „als amtlicher Entwurf eines allgemeinen deutschen Strafgesetzbuchs nebst Begründung“ dem Reichsrat zur Beschlussfassung vorgelegt.34 Die Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung waren in den §§ 60 bis 62 geregelt. Im Vergleich zum E 1922 ergaben sich keine Änderungen. Insbesondere wurden die Vorschriften wieder im Abschnitt über Maßregeln der Besserung und Sicherung verortet. Die Begründung führte dazu aus, dass es sich bei der Einziehung und Unbrauchbarmachung um sichernde Maßnahmen handele, die sich nicht gegen gefährliche Personen, sondern gefährliche Sachen richten.35 Soweit die Einziehung in das Ermessen des Richters gestellt sei, sei er in der Ausübung des Ermessens nicht völlig frei, sondern durch den Zweck der Einziehung gebunden.36 Die Einziehung müsse – und dürfe – nur ausgesprochen, wenn es gelte, eine von der Sache drohende Gefahr abzuwenden.37 Eine solche Gefahr bestehe keineswegs bei allen Erzeugnissen oder Werkzeugen eines Verbrechens.38 Der Richter sollte im Einzelfall prüfen, ob die Erzeugnisse oder die Werkzeuge eines Verbrechens an sich oder in den Händen des Verurteilten eine Gefahr für die öffentliche

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Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XX. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XX. Begründung zum amtlichen Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 239 ff, (287). Begründung zum amtlichen Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 239 ff, (287). Begründung zum amtlichen Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 239 ff, (287). In der Begründung hieß es ferner: „Sie [die Gefahr] wird allerdings immer gegeben sein bei falschem Geld, falschen Urkunden, Gegenständen mit falschen öffentlichen Beglaubigungszeichen und ähnlichen, den Rechtsverkehr oder die Rechtssicherheit gefährdenden, durch eine strafbare Handlung hervorgebrachten Dingen sowie bei solchen Verbrechenswerkzeugen, die ihrer Art nach nur zur Begehung Begehung strafbarer Handlungen bestimmt sind, wie z.B. Einbruchswerkzeuge; bei vielen anderen Erzeugnissen oder Werkzeugen eines Verbrechens wird aber erst im einzelnen Falle geprüft werden müssen, ob sie an sich oder doch in den Händen des Verurteilten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten.“ Begründung zum amtlichen Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 239 ff, (287).

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Sicherheit bedeuten.39 Nur dann sollte die Einziehung zulässig sein.40 Trotz der Einordnung der Einziehung als sichernde Maßnahme sollte an der Voraussetzung in § 60, dass die Sachen im Eigentum des Täters oder Teilnehmers gestanden haben müssen, grundsätzlich festgehalten werden.41 Von diesem Grundsatz sollte nur im Besonderen Teil Ausnahmen gemacht werden können, wobei § 60 S. 2 die Einziehung dann zuließ.42 Im Anwendungsbereich des § 62 sollte aufgrund des Umstandes, dass die Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung nur den Charakter als Sicherungsmaßregel und nicht mehr als Strafe haben sollten,43 das Vorliegen des objektiven Tatbestandes ausreichen.44 Die Vorschriften waren wie folgt gefasst: „Einziehung § 60 Sachen, die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht oder zur Begehung einer strafbaren Handlung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren, können ganz oder teilweise eingezogen werden. Sachen, die weder dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, können nur eingezogen werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Ist eine strafbare Handlung fahrlässig begangen, so darf auf Einziehung nur erkannt werden, wenn es das Gesetz es ausdrücklich vorsieht. Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum über. § 61 Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder anderen Darstellung strafbar, so ist im Urteil auszusprechen, dass alle Exemplare eingezogen werden, die sich im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder eines Buchhändlers sind oder die öffentlich ausgelegt oder angeboten sind; ausgenommen sind die Stücke, die zum eigenen Gebrauche dieser Person bestimmt sind. Ferner ist anzuordnen, dass die Platten und Formen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren. Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, der sich ausscheiden lässt, so ist an Stelle der Einziehung anzuordnen, dass dieser Teil des Inhalts in den Stücken unbrauchbar gemacht wird; auch die Platten und Formen sind nur soweit unbrauchbar zu machen. 39 40 41 42 43 44

Begründung zum amtlichen Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 239 ff, (287). Begründung zum amtlichen Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 239 ff, (287). Begründung zum amtlichen Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 239 ff, (287). Begründung zum amtlichen Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 239 ff, (287). Anderer Ansicht ist Lang, Die Einziehung nach § 40, S. 45 ff. Er ist der Meinung, dass die Vorschriften Strafcharakter haben. Begründung zum amtlichen Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 239 ff, (287).

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§ 62 Kann keine bestimmt Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.“

Die Reichsratsvorlage wurde 1925 als Buchausgabe veröffentlicht.45 Nach über 20jähriger Reformarbeit erschien mithin der erste amtliche, d. h. von der Reichsregierung getragene Strafgesetzentwurf.46 Die Reaktionen auf ihn waren äußerst kontrovers. Im Jahre 1926 erschien eine „Kritische Besprechung des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs auf Veranlassung der Deutschen Landesgruppe der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung“.47 Kontrovers diskutiert wurde die Behandlung der Einziehung als „sichernde Maßnahme gegen gefährliche Sachen“. So wurde dem Entwurf 1925 von Vertretern, die der Einziehung einem doppelten Zweck beimaßen, vorgeworfen, dass der Rechtsverwirkungsgedanke auch in ihm noch nachklinge.48 Dies insofern, als die Einziehung gegenüber dem Täter stets, dem unbeteiligten Eigentümer gegenüber nur in den vom Gesetz ausdrücklich bezeichneten Fällen zulässig war49, womit letztlich doch die Frage nach dem Eigentum entscheidend sein sollte. In diesem Zusammenhang wurde darüber hinaus angeführt, dass sich der Entwurf in den §§ 200 Abs. 3 und 331 Abs. 3 selbst widerlege.50 Im Rahmen dieser Delikte wurde dem Eigentümer unter den dort angegebenen Voraussetzungen – Nichtteilnahme am Delikt oder unverschuldete Nichthinderung der deliktischen Verwendung seiner Sache – die Enteignung erspart.51 Darin zeigte sich nach Ansicht der Kritiker, dass die Einziehung im Schuldmoment gründe und damit Strafcharakter habe.52 Weiterhin wurde

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Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XXI. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XX. Herausgegeben von Aschrott / Kohlrausch. Grünhut, in: Aschrott / Kohlrausch, Reform, S. 174; Lang, Die Einziehung, S. 42. Grünhut, in: Aschrott / Kohlrausch, Reform, S. 174; Lang, Die Einziehung, S. 42. Lang, Die Einziehung, S. 42 f.; von Oetker, Der Gerichtssaal, Band XCII, 1926, S. 1, 40. Nach § 200 Abs. 1 sollte falsches Geld eingezogen werden können, auch wenn es nicht dem Täter gehörte. An die Stelle der Einziehung trat gem. § 200 Abs. 3 jedoch die bloße Unbrauchbarmachung, wenn der Eigentümer des Geldes an der Tat nicht teilgenommen hatte. Die Einziehung der Jagdgeräte, die ein Wilderer bei sich geführt hatte, war, obwohl es auch hier grundsätzlich auf die Eigentumsfrage nicht ankommen sollte, gem. § 331 Abs. 1 und 3 unzulässig, wenn die rechtswidrige Benutzung der Sache ohne Schuld des Eigentümers geschehen war. Grünhut, in: Aschrott / Kohlrausch, Reform, S. 175; von Oetker, Der Gerichtssaal, Band XCII, 1926, S. 1, 40.

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angemerkt, dass unter dem Gesichtspunkt bloßer Sicherung nur die Entziehung der Sache selbst begründet sei, nicht hingegen diejenige ihres Sachwertes. Da der Entwurf nicht daran dachte, den Täter für die Sachentziehung zu entschädigen, war die Einziehung nach Ansicht der Gegner nicht nur sichernder Natur. Sie sahen in der Einziehung daneben noch eine Nebenstrafe am Vermögen.53 Kritisiert wurde weiterhin die Ausdehnung der §§ 60, 62 dahingehend, dass die Einziehung auch zugelassen sein sollte, wenn dem Täter ein Schuldausschließungsgrund zu Gute kommt. Es fehle dann, so die Begründung, an den Bedingungen des § 60, die, wie der Entwurf selbst sage, gegeben sein müssten.54 Andere hingegen begrüßten die Ausweitung, wollten jedoch den dahinter stehenden Gedanken durch einen Konditionalsatz am Ende des § 62 besser zum Ausdruck gebracht haben.55 Der Ergänzungsvorschlag lautete: „wenn in den Fällen der § 60 und 61 der objektive Tatbestand einer strafbaren Handlung erstrebt oder begangen ist.“56

Damit gingen die Kontroversen um die Rechtsnatur der einzelnen Einziehungsvorschriften und die sich daran anknüpfenden Folgen weiter.

C) Der Entwurf von 1927 (Reichstagsvorlage) Bereits am 27. November 1924 war der Entwurf den Vereinten Ausschüssen VII., VIII. und V. des Reichsrats57 überwiesen worden.58 Er wurde jedoch erst fast zwei Jahre später, nämlich vom 8. Oktober 1926 an beraten.59 Grundlage 53 54 55 56 57

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Lang, Die Einziehung, S. 42 f.; von Oetker, Der Gerichtssaal, Band XCII, 1926, S. 1, 40. von Oetker, Der Gerichtssaal, Band XCII, 1926, S. 1, 44. Grünhut, in: Aschrott / Kohlrausch, Reform, S. 175 f. Grünhut, in: Aschrott / Kohlrausch, Reform, S. 175 f. Nach Art. 60 der Reichsverfassung (RV) von 1919 wurde zur Vertretung der Länder bei der Gesetzgebung und der Verwaltung des Reichs ein Reichsrat gebildet, in dem jedes Land mindestens eine Stimme hatte. Die Vorlagen zu Reichsgesetzen wurden zunächst im Reichsrat eingebracht. vgl. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2 S. X f. Nach § 31 GeschO verfügte der Reichsrat über 11 Ausschüsse, von denen die Ausschüsse III (innere Verwaltung), V (haushalts- und Rechnungswesen) und VII (Rechtspflege) den StGB-Entwurf gemeinsam berieten. Die Ausschüsse hatten die Aufgabe, „die ihnen überwiesenen Vorlagen und sonstige Gegenstände für die Beschlussfassung in der Vollsitzung vorzubereiten, sie einer Vorberatung zu unterziehen und hierüber unter Stellung entsprechender Anträge an die Vollsitzung zu berichten“. Vgl. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2 S. XII. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2 S. XII; ursächlich für die Verzögerung war zum einen, dass die amtliche Begründung zur Reichsratsvorlage erst Mitte 1925 an die Länder verteilt werden konnten, zum anderen, dass die Ausschussbe-

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der Beratungen waren neben der Reichsratsvorlage die Anträge der Reichsregierung und die zahlreichen Anträge der Länder. Hervorzuheben sind die Vorschläge der Reichsregierung zur Gesetzessystematik der Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung. Sie beantragte60, die §§ 54 bis 62 zu streichen und in einem neuen Abschnitt 6a (§§ 41a bis 41i) mit der Überschrift „Nebenstrafen und Nebenfolgen“ einzustellen. Damit schloss sie sich den Änderungsanträgen der meisten im Reichsrat vertretenen Länder an.61 Diese hatten sich in ihren Anträgen entschieden dagegen ausgesprochen, den Verlust der Amtsfähigkeit sowie des Wahl- und Stimmrechts, die Urteilsbekanntmachung und die Einziehung unter die Maßregeln der Besserung und Sicherung zu fassen. Nach Ansicht der Länder handelte es sich bei den Maßnahmen um Nebenstrafen oder Nebenfolgen, die mit den eigentlichen Maßregeln der Besserung und Sicherung gar nicht oder nur entfernt verwandt waren.62 Die Vorschriften sollten wie folgt gefasst werden: „§ 41g. Einziehung. Sachen und sonstige Vermögenswerte, die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht oder zur Begründung einer strafbaren Handlung gebraucht worden sind oder bestimmt worden waren, können ganz oder teilweise eingezogen werden. Gehören sie weder dem Täter noch einem Teilnehmer, so können sie nur eingezogen werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. – Ist eine strafbare Handlung fahrlässig begangen, so darf auf Einziehung nur erkannt werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. – Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum oder sonstige Recht über. § 41h. Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder anderen Darstellung strafbar, so ist im Urteil auszusprechen, dass alle Stücke eingezogen werden, die im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers, Schriftleiters oder eines Buchhändlers sind, oder die öffentlich ausgelegt oder angeboten sind; ausgenommen sind die Stücke, die zum eigenen Verbrauch dieser Person bestimmt sind. Ferner

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ratungen nicht ohne die Stellungnahme Preußens beginnen konnte, dass seine Anträge jedoch erst im Juni 1926 dem Reichsjustizministerium zugeleitet hatte. Vgl. Anträge und Bemerkungen der Reichsregierung vom 20.12.1926, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 275, 481 f.; BArch R 3001/ 5841. Es handelte sich um die Anträge Hamburgs, Badens, Bayerns, Lübecks, Sachsens, Oldenburgs, Württembergs, Braunschweigs, Hessens und Preußens. Vgl. Begründung, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2 S. 481. Vgl. Begründung, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2 S 481; BArch R 3001/5841. Preußen wies ausdrücklich darauf hin, dass das auch für die Anwendungsfälle der Einziehung gelte, bei der nur ausnahmsweise, insbesondere wenn die einzuziehende Sache nicht im Eigentum des Täters stehe, der Sicherungscharakter in den Vordergrund trete.Anträge und Bemerkungen Preußens vom 13.12.1926, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 463, 466.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870 ist anzuordnen, dass die Platten und Formen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren. – Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, der sich ausscheiden lässt, so ist an Stelle der Einziehung anzuordnen, dass dieser Teil des Inhalts in den Stücken unbrauchbar gemacht wird, auch die Platten und Formen sind nur soweit unbrauchbar zu machen. § 41i. Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.“

Diesem Antrag wurde zugestimmt, so dass die Fassung dieser Vorschriften nach den Beschlüssen erster Lesung bis auf einen weiteren Zusatz der des Änderungsantrages entsprach.63 Der § 41g entsprach im Wesentlichen § 60 E 1925. Er ermöglichte allerdings erstmals auch die Einziehung von solchen Gegenständen, die keine Sachen waren, wie z.B. Bankguthaben aus Geldern, die zur Begehung einer strafbaren Handlung bestimmt waren, ohne dass diese Ausdehnung näher begründet wurde.64 Damit hatte sich die Reichsregierung dem Änderungsantrag Preußens angeschlossen.65 Abweichend vom E 1925 erblickte der E 1927 in der Einziehung und Unbrauchbarmachung eine „Nebenfolge“ mit der Konsequenz, dass die Einziehung nicht, wie noch in der Begründung zum E 1925 ausgeführt, durch ihren Sicherungszweck begrenzt sein sollte.66

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Vgl. Beschlüsse der Reichsratsausschüsse in 1. Lesung, V. §§ 35–66 (28.12.1928), abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 655, 657. Im Rahmen des politischen Kampfes begann schon in der Weimarer Zeit die mehr oder minder anonyme Organisation den auf sich gestellten Einzelkämpfer zu verdängen. Damit begannen sich auch Fragen im Zusammenhang mit verdeckter Finanzierung dieser Formen des politischen Kampfes insbesondere bei Vorbereitung und Durchführung des politischen Verbrechens in den Vordergrund zu schieben. Ob das Bedürfnis nach Ausweitung des Gegenstandsbegriffes im Einziehungsrecht eine Frucht der Erkenntnis von den geänderten Formen des politischen Kampfes und damit des politischen Verbrechens seit Beginn des zweiten Viertels des 20. Jahrhunderts gewesen ist, ist fraglich. Die Begründung schweigt sich darüber aus; Maurach, JZ 1964, S. 529, 534. Gleiches galt im Hinblick auf den Antrag Preußens, den Satz 2 des § 60 wie folgt zu fassen: „Gehören sie weder [...], so können sie nur [...]“ und den dritten Absatz um die Worte „oder sonstige Rechte“ zu ergänzen. Anträge und Bemerkungen Preußens vom 13.12.1926, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 463, 472. Vgl. Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, S. 37, BArch R 3001/11450.

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Der § 41h wich von § 61 nur insofern ab, als entsprechend den Anträgen67 Lübecks und Braunschweigs auch die im Besitze des Schriftleiters einer Zeitung oder Zeitschrift befindlichen Stücke erfasst wurden.68 § 41i gab den § 62 E 1925 unverändert wieder. Nicht nachgegangen worden war den Änderungsvorschlägen69 Bayerns und Thüringens, die hinter den § 61 E 1925 einen § 61a eingefügt haben wollten. Dieser Paragraf entsprach § 85 E 1919 über die Einziehung des Entgelts eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens.70 Mit Beendigung der Beratungen vom 22. Dezember 1926 war auch die 1. Lesung beendet. Aus ihr ging eine Entwurfsfassung nach den Beschlüssen erster Lesung hervor.71 Die Fassung der Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung entsprach, wie bereits gesagt, im Wesentlichen der des seitens der Reichsregierung gemachten Änderungsvorschlages. Zur 2. Lesung des Entwurfs stellte die Reichsregierung einen Antrag72 auf Änderung des § 41 h.73 Hinter den Absatz 1 sollte ein neuer Absatz 2 eingefügt werden:

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Zusammenstellung der Anträge des Reichs und der Länder, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 117, 153. Die Presse begrüßte diese Änderung. Denn damit war ein von ihrer Seite geäußerter Wunsch erfüllt worden. Darüber hinaus begrüßte sie ausdrücklich den Umstand, dass im Gegensatz zum geltenden Recht die Einziehung „und Unbrauchbarmachung der Platten und Formen) nur dann vorgeschrieben war, wenn die Verbreitung der Schrift etc. unter allen Umständen strafbar wäre; andernfalls – wenn also eine Verbreitung nur unter besonderen Umständen strafbar wäre – die Einziehung oder Unbrauchbarmachung nur zugelassen und insoweit möglich sein sollte, als die zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen erforderlich ist. Die Presse dah dies als erhebliche Verbeserung ihrer Rechtsstellung an. Vgl. Presse und neuer Strafgesetzentwurf, BArch R 3001/4819, Bl. 43b f. Zusammenstellung der Anträge des Reichs und der Länder, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 117, 153. Bayern begründete den Antrag auf Aufnahme der Vorschrift damit, dass die aus § 85 E 1919 entnommene Vorschrift neben § 68 Abs. 2 und § 69 E 1925 nicht überflüssig geworden sei, da § 68 Abs. 2 voraussetze, dass das anzuwendende Strafgesetz eine Geldstrafe androhe, § 69, dass die Tat aus Gewinnsucht beruhe und dies keineswegs immer der Fall sei, wenn der Täter für ein Verbrechen oder Vergehen ein Entgelt empfange. Anträge und Bemerkungen Bayerns vom 19.02.1926 (Begründung), abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 276, 284. BArch R 3001/5842. Weitere Anträge und Bemerkungen der Reichsregierung vom 22.03.1927 zur 2. Lesung des Entwurfs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 549, 550 f. Die Worte „Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder anderen Darstellung strafbar, so ist“ sollten durch die Worte „Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung durch den

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870 „Würde die Verbreitung nur unter besonderen Umständen strafbar sein, so können die in Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen angeordnet werden, soweit dies zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen erforderlich ist.“

Die Reichregierung wollte die Fälle des neuen Absatzes 2 grundsätzlich von der zwingenden Vorschrift des § 41h Absatz 1 ausnehmen und die Einziehung oder Unbrauchbarmachung dem Ermessen des Gerichts anheim stellen.74 Denn die zwingende Einziehung konnte nach Meinung der Reichsregierung unter Umständen, ohne dass hierzu eine Notwendigkeit bestehe, zu unangebrachten Härten führen.75 Baden76 und Württemberg77 stimmten der Änderung des § 41h in ihren Anträgen und Bemerkungen ausdrücklich zu. Die Anträge konnten sich letztlich durchsetzen. Am 5. und 13.4.1927 fanden die Plenarberatungen des Reichsrates statt, die für die Einziehung und Unbrauchbarmachung keine Änderungen mit sich brachten. Nach entsprechender Umarbeitung der Entwurfsbegründung wurde der

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Inhalt einer Schrift, Abbildung oder anderen Darstellung begründet, so ist, sofern jede Verbreitung strafbar sein würde,“ ersetzt werden. Im Absatz 3 sollten ferner die Worte „Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar“ durch „Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung nur durch einen Teil des Inhalts begründet“ ersetzt werden. Weitere Anträge und Bemerkungen der Reichsregierung vom 22.03.1927 zur 2. Lesung des Entwurfs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 549, 550 f. Weitere Anträge und Bemerkungen der Reichsregierung vom 22.03.1927 zur 2. Lesung des Entwurfs, Begründung, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 549, 551. Als Beispiel wurde angeführt, dass eine unzüchtige Schrift, deren Verbreitung sich nach ihrem Inhalt ohne weiteres als strafbar erweise, ebenso eingezogen werden müsste wie etwa eine Schrift, deren Verbreitung nur dann strafbar wäre, wenn sie unter Jugendlichen erfolge, während ihre Verbreitung unter Erwachsenen nicht zu beanstanden wäre, oder wie die vorhandenen Stücke einer durchaus künstlerischen Aktstudie oder eines durchaus ernsten medizinischen Lehrbuchs mit zahlreichen anatomischen Bildtafeln, wenn der Kolporteur Stücke der Studie oder des Lehrbuchs in einem zweifelhaften Nachtlokal oder in einer Schaubude verbreite oder ausstelle. In den Fällen, in denen die Verbreitung nur wegen der besonderen Umstände, unter denen sie geschieht, strafbar sei, könnten durch die Einziehung gerade die Personen am meisten betroffen werden, die der strafbaren Handlung ganz fern gestanden haben, die gar nicht in der Lage gewesen waren, diese Handlung zu verhindern. Vgl. Weitere Anträge und Bemerkungen der Reichsregierung vom 22.03.1927 zur 2. Lesung des Entwurfs, Begründung, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 549, 551. Weitere Anträge und Bemerkungen der Badens vom 22.03.1927 zu den weiteren Anträgen und Bemerkungen der Reichsregierung zur 2. Lesung des Entwurfs, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 566. Anträge und Bemerkungen Württembergs vom 26.03.1927 zu den Anträgen der Reichsregierung Nr. 56 und Nr. 60 zur 2. Lesung des Entwurfs, Begründung, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 2, S. 583, 584.

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neu gefasste Entwurf am 14. Mai 1927 durch den Reichsjustizminister als „Reichstagsvorlage“ (Entwurf 1927)78 in den Reichstag eingebracht.79 Dieser Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs (Reichstagsvorlage) regelte die Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung in den §§ 52 bis 54 im 7. Abschnitt über Nebenstrafen und Nebenfolgen wie folgt: „Einziehung § 52 Sachen und andere Vermögenswerte, die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht oder zur Begehung einer strafbaren Handlung gebraucht worden sind oder bestimmt worden waren, können ganz oder teilweise eingezogen werden. Gehören sie weder dem Täter noch einem Teilnehmer, so können sie nur eingezogen werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Ist eine strafbare Handlung fahrlässig begangen, so darf auf Einziehung nur erkannt werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum oder das andere Recht über. § 53 Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung durch den Inhalt einer Schrift, Abbildung oder anderen Darstellung begründet, so ist, sofern jede Verbreitung strafbar sein würde, in der Entscheidung auszusprechen, dass alle Stücke eingezogen werden, die im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers, Schriftleiters oder eines Buchhändlers sind, oder die öffentlich ausgelegt oder angeboten sind; ausgenommen sind die Stücke, die zum eigenen Verbrauch dieser Person bestimmt sind. Ferner ist anzuordnen, dass die Platten und Formen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren. Würde die Verbreitung nur unter besonderen Umständen strafbar sein, so können die in Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen angeordnet werden, soweit dies zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen erforderlich ist Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung nur durch einen Teil des Inhalts strafbar, der sich ausscheiden lässt, so ist anzuordnen, dass dieser Teil des Inhalts in den Stücken unbrauchbar gemacht wird und das auch die Platten und Formen sind nur soweit unbrauchbar gemacht werden. § 54 Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.“

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Anlage zum Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 14. Mai 1927, BArch R 3001/5819, S. Bl. 17a ff. Vgl. Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 14. Mai 1927, BArch R 3001/5819, S. Bl. 17; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XXI.

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Die Vorschriften wurden im Rahmen ihrer systematischen Stellung einmal mehr als „Nebenstrafen und Nebenfolgen“ eingestuft, womit dieser Entwurf sich wieder der geltenden Gesetzeslage annäherte. Die offizielle Begründung zum E 1927 maß den Vorschriften der Einziehung und Unbrauchbarmachung eine Doppelnatur bei. So wurde die Herausnahme der Vorschriften aus dem Abschnitt über die Maßregeln der Besserung und Sicherung damit begründet, dass sich die Einziehung von Sachen, die dem Täter gehören, in ihrer Wirkung auf den Täter häufig kaum von einer Vermögensstrafe unterscheide und als Nebenstrafe empfunden werde.80 In anderen Fällen, insbesondere bei Einziehung von Gegenständen, die nicht dem Täter oder Teilnehmer gehören, komme mehr der Sicherungszweck in Betracht.81 Trotzdem sollte es sich auch bei letzteren Fällen nicht um reine Maßregeln der Besserung und Sicherung handeln.82 So hieß es in der Begründung: „Mit der Entscheidung über die Einziehung und Unbrauchbarmachung wird der Richter stets zu berücksichtigen haben, dass diese Maßnahmen neben ihrem Strafcharakter auch einen Sicherungszweck zu dienen haben.“83

Der Entwurf brachte in § 53 ausdrücklich zum Ausdruck, dass die objektive Strafbarkeit als Voraussetzung für die Unbrauchbarmachung genüge, indem folgende Fassung gewählt worden war: „Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung durch den Inhalt [….] begründet.“84

Im Rahmen des § 53 unterschied der E 1927 erstmals zwischen der Strafbarkeit bei jeder Verbreitung und der Strafbarkeit bei einer Verbreitung unter besonderen Umständen und ermöglichte für letzten Fall auch eine einschränkende Anordnung der Maßnahme, soweit dies zur Verhinderung strafbarer Handlungen erforderlich war.85 Der am 14. Mai 1927 unter dem Reichsjustizminister Hergt eingebrachte Entwurf wurde nach zweitägiger Plenardebatte am 21. und 22. Juni 1927 dem neu geschaffenen 32. Strafrechtsausschuss überwiesen, in dem Wilhelm Kahl

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Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 518. Entwurf mit Begründung, BArch R 3001/5819, Bl. 17a ff. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 518. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 518. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 1, S. 521. Meier, Die Unbrauchbarmachung, S. 34. Die Gründe für die Einführung wurden bereits im Rahmen der Behandlung der Reichsratssitzungen ausführlich dargelegt, so dass an dieser Stelle darauf verzichtet wird.

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den Vorsitz übernahm.86 Der Ausschuss nahm am 21. September 1927 die Detailberatungen auf,87 die bis zum 2. März 1928 andauerten.88 In der Beratung89 über die Vorschriften der Einziehung und Unbrauchbarmachung, wurden die zur Abänderung der §§ 52 bis 54 E 1927 gestellten Anträge diskutiert. Es lag der Antrag90 des Abgeordneten der SPD, Dr. Rosenfeld und seiner Genossen vor, im § 52 Abs. 1 die Worte „und andere Vermögenswerte“ zu streichen. Rosenfeld befürchtete den Missbrauch dieser Bestimmung insbesondere gegenüber Gewerkschaften in Fällen, in denen es bei Gelegenheit von wirtschaftlichen Kämpfen zu strafbaren Handlungen kommen sollte.91 Er sah in der Bestimmung eine große Gefahr für die Streikkassen der Gewerkschaften, da er befürchtete, dass man die Gewerkschaftskassen als dazu bestimmt ansehen würde, Streikenden die Möglichkeit zu strafbaren Handlungen zu geben, wie sie bei Zusammenstößen zwischen Streikenden und Arbeitswilligen sehr leicht vorkämen.92 Der Abgeordnete Schetter (Köln) und Ministerialdirektor Bumke hielten dem entgegen, dass ein solcher Missbrauch nicht zu befürchten sei, da Streikgelder nicht als zur Begehung strafbarer Handlungen bestimmt angesehen werden könnten.93 Auch gehörten die Gelder der Gewerkschaft nicht den Streikenden persönlich, so dass es noch einer besonderen Vorschrift bedürfen würde, um bei Begehung strafbarer Handlungen durch einzelne Streikende die Einziehung der Gelder der Gewerkschaft zuzulassen.94 Für den Abgeordneten Koenen (KP) wiederum waren das keine durchschlagenden Argumente, da im Jahre 1922 die Streikkassen der Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahner beschlagnahmt worden waren und man in Zukunft, so 86

87 88 89 90 91 92

93 94

Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. XIV; Liszt / Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 87; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XXII. Vgl. ferner: Beschluss des Reichstages, abgedruckt im Protokoll zur 325. Sitzung vom 22. Juni 1927, S. 11000 (A), BArch R 3001/5820, Bl. 1b. Vgl. Vermerk zur 1. Sitzung des Ausschusses für das Strafgesetzbuch, in der der Abgeordnete Kahl den Vorsitz übernommen hatte. BArch R 3001/5820, Bl. 17. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. XIV; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XXII. Diese fanden in der 31. Sitzung vom 23.11.1927 statt. Abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 298 ff. Antrag Nr. 106 Ziff. 7. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 298. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 299. Das gleiche Risiko sah er im Hinblick auf Parteikassen von oppositionellen Parteien, deren Vertreter wegen Hochverrats oder dergleichen verurteilt worden sind. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 299. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 299. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 299.

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Koenen, einfach sagen werde, dass sich der Verein eines Verbrechens oder Vergehens schuldig gemacht habe und dass er sich infolgedessen die Beschlagnahme der Streikkassen gefallen lassen müsse.95 Schetter gestand eine entfernte Gefahr einer falschen Auslegung des § 52 durch ein einzelnes Gericht zu. Dieses Urteil unterliege jedoch der Anfechtung und müsse durch das höhere Gericht aufgehoben werden, da die Meinung des Ausschusses im Hinblick auf die Streikkassen in den Gesetzesmaterialien schließlich deutlich zum Ausdruck komme.96 Bumke erwiderte, dass man überhaupt keine Gesetze schaffen könne, wenn man notwendige und richtige Vorschriften deshalb nicht einstellen wolle, weil man die entfernte Möglichkeit einer falschen Handhabung im Einzelfall nicht unbedingt verneinen könne. Emminger hielt die Bestimmung in der modernen Zeit, wo die Verbrecher vielfach sofort ihre Beute in Bankguthaben verwandelten oder zur Durchführung Geld sammelten, für durchaus zweckmäßig.97 Nach weiterer Diskussion wurde der Antrag auf Streichung abgelehnt und der § 52 in der Fassung der Reichsvorlage angenommen.98 Rosenfeld, Landsberg und Levi hatten beantragt, § 53 Abs. 2 zu streichen99, diesen Antrag jedoch wieder zurückgenommen100 und stattdessen beantragt, in § 53 Abs. 2 nach dem Wort „Handlungen“ die Worte „dieser Art“ einzufügen.101 Diesem Antrag wurde stattgegeben und der § 53 mit dieser Abänderung angenommen.102

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Für ihn war diese Gefahr umso größer, als die Entscheidung in das freie Ermessen des Richters gelegt werden sollte. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 300. 96 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 300. 97 Schetter und Bumke hielten sie sogar für notwendig. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 298 f. 98 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 302. 99 Antrag Nr. 106 Ziffer 8, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 302. Die Abgeordneten befürchteten, dass der § 53 Abs. 2 falsch ausgelegt werden könnte, wenn beispielsweise eine Schrift, deren Abgabe an Kinder unzulässig sei, gesetzlich eingezogen werden könne, obwohl die Verbreitung unter Erwachsenen erlaubt sei. 100 Dies geschah nachdem der Ministerialdirektor Bumke die Abgeordneten darüber aufgeklärt hatte, dass sie den § 53 Abs. 2 falsch verstanden hätten und er gerade die von den Abgeordneten geäußerten Bedenken ausschließen wolle. Vgl. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 302. 101 Nachdem sich die Abgeordneten davon hatten überzeugen lassen, dass § 53 Abs, 2 die von ihnen geschilderten Fälle gerade verhindern solle, waren sie der Meinung, dass der Absatz 2 dies noch nicht klar genug hervorhebe und stellten daher den neuen Antrag. Vgl. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 302. 102 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 302.

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Im Hinblick auf § 54 hatte Koenen auch diesmal wieder gefordert, die Vorschrift abzuschaffen103, was jedoch abgelehnt wurde.104 Dem 32. Ausschuss war es gelungen, den E 1927 bis § 202 zu beraten.105 Danach drohte das Reformvorhaben wegen der anstehenden Reichstagsauflösung Mitte Mai 1928 vorzeitig zu scheitern.106 Dies wurde jedoch durch das auf Kahls Initiative zurückzuführende, mit verfassungsändernder Mehrheit beschlossene Reichsgesetz zur Fortführung der Strafrechtsreform vom 31. März 1928107 verhindert.108 Durch dieses Gesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, unter Verzicht auf eine Neueinbringung des Entwurfs die bisherigen Beratungsergebnisse in die neue Legislaturperiode zu übertragen.109 Der neue Reichstag überwies den Entwurf dem 21. Ausschuss, der wiederum unter Kahls Vorsitz gebildet wurde.110 Die Detailberatungen dauerten vom 12. Juli 1928 bis zum 11. Juli 1930. Zu den Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung wurde erneut der Antrag111 gestellt, die Worte „und andere Vermögenswerte“ zu streichen.112 Seitens der Abgeordneten Alexander, Höllein und Geschke wurde 103 Antrag Nr. 104 Ziffer 10, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 302. 104 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 302. 105 Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XXII. 106 Liszt / Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 87; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XXII. 107 RGBl. I 1928, S. 135; vgl. BArch Berlin, R 30.01/21783/5821, Bl. 89. 108 Liszt / Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 87; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XXII. 109 Der maßgebliche § 1 des Gesetzes lautete wie folgt: „Die dem Reichstag am 14. Mai und 19. September 1927 zur Beschlussfassung vorgelegten Entwürfe eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs und eines Strafvollzugsgesetzes (Drucksache des Reichstags Nr. 3390 und 3628) unterliegen, wenn der Reichstag in der III. Wahlperiode nicht über sie beschließt, der Beschlussfassung des Reichstags der folgenden Wahlperiode, ohne dass es ihrer erneuten Einbringung bedarf. Die Entwürfe gelten als neue Vorlage“. Sten.Ber.DRT, Anlagen, Band 421, Nr. 3999. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XXII. 110 Liszt / Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 87; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuches, Band 1, S. XXII. 111 16. Sitzung vom 5. November 1928, Antrag Nr. 47 Ziffer 5 der Abgeordneten Rosenfeld, Landsberg, Dittmann, Saenger, Sollmann, Moses, Marum, Heimann und Levi, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 173 ff. 112 Der Antrag entsprach dem Antrag Nr. 106 Ziffer 7 der Anschlussdrucksache im vergangenen Reichstag. Gleiches gilt im Hinblick auf die Begründung des Antrages, weshalb auf eine erneute Wiedergabe verzichtet wird. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 183 f.

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darüber hinaus beantragt113, § 52 komplett zu streichen, da er generell bedenklich sei.114 Die Abgeordneten Lobe und Ehlermann stellten den Antrag115, § 52 wie folgt zu fassen: „Sachen oder andere Vermögenswerte, die durch eine Straftat hervorgebracht oder zur Begehung einer solchen gebraucht worden sind oder bestimmt waren, können ganz oder teilweise eingezogen werden. Gehören sie zur Zeit der Tat weder dem Täter noch dem Teilnehmer, können sie nur eingezogen werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Dem Eigentümer ist dann volle Entschädigung aus der Staatskasse zu gewähren. Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum oder das andere Recht auf den Staat über.“

Lobe wollte als Voraussetzung der Einziehung die objektive Verwirklichung der Tat ausreichen lassen.116 Auf das Verschulden sollte verzichtet werden. Dieser Umstand sollte durch die Worte „Straftat“ anstatt der der „strafbaren Handlung“ zum Ausdruck kommen. Bei einem Gegenstand, der zur Zeit der Tat nicht dem Besitzer gehöre, solle die Einziehung dem Fremden gegenüber, die eine Enteignung darstelle, nur gegen Entschädigung erfolgen.117 Bumke war der Ansicht, dass man die Tragweite des gestellten Antrages heute noch nicht ganz überblicken könne.118 Der Abgeordnete Wunderlich wollte die Einziehung auch auf andere Objekte als lediglich die producta et instrumenta sceleris ausdehnen, da es im Strafgesetzbuch und in den Nebengesetzen Fälle gebe, wo man die Gegenstände, die eingezogen werden sollten, nicht als durch die strafbare Handlung hervorge113 Antrag Nr. 48 Ziffer 8, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 183. 114 Sie sahen die Möglichkeit, dass die Rotationsmaschine einer kommunistischen Zeitung beschlagnahmt wird. Diese Fälle, in denen eine Beschlagnahme notwendig werde, sollten aber bei den einzelnen Bestimmungen des Besonderen Teils geregelt werden.Begründung Alexanders, vgl. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 183. 115 Antrag Nr. 67 Ziffer 1, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 183; BArch R 3001/5830. 116 Begründung Lobes, vgl. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 184. 117 Begründung Lobes, vgl. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 184. 118 Er wollte die Frage der Einziehung mit all ihren Konsequenzen auch nach der zivilrechtlichen Seite daher im Vollausschuss durchsprechen und regte daher an, die §§ 52 bis 54 dem Unterausschuss zu überweisen, der die endgültige Entscheidung vorbereiten sollte. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 184.

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bracht, bei ihr gebraucht oder dazu bestimmt bezeichnen könne, sondern wo der Täter sie bei der strafbaren Handlung nur verbotswidrig besessen habe, oder wo sie sich sonst auf die strafbare Handlung bezögen, wie etwas das Bestechungsentgelt.119 Deshalb sollte der Satz eingefügt werden120: „Andere Gegenstände dürfen nur eingezogen werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht.“

Zudem wollte er nach § 52 Abs. 3 Satz 1 die Sätze eingefügt wissen: „Rechte dritter Personen erlöschen. Für einen Rechtserwerb, der nach der Rechtskraft der Entscheidung eintritt, gelten die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derer, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten.“

Letztlich wurde beschlossen, die §§ 52 bis 54 mit allen dazugehörigen, auch den noch nicht erörterten Anträgen, dem Unterausschuss zu überweisen.121 Der Unterausschuss nahm im Hinblick auf § 52 Satz 1 weder die Fassung des Entwurfs noch den von Wunderlich eingebrachten Vorschlag122 an, sondern einigte sich auf eine Kombination in folgender Fassung:123 „Den Sachen stehen Vermögenswerte gleich, die an ihre Stelle getreten sind.“

Diesbezüglich führte Bell aus, dass die gegen die gesetzlichen Vorschriften von mehreren Seiten erhobenen Bedenken, diese Maßnahmen könnten sich auch auf Partei- und Gewerkschaftsgelder beziehen, durch die neue Formulierung ausgeschaltet sei.124 Der Zusatz in § 52 „und sonstige Vermögenswerte“ sollte daher keine Aufnahme mehr finden. Vom Unterausschuss war der Antrag des Abgeordneten Wunderlich, wonach andere Gegenstände nur eingezogen werden dürfen, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht, und dem Eigentümer volle Entschädigung aus der Staatskasse zu gewähren ist, angenommen worden.125

119 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 184. 120 Antrag Nr. 77, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 183. 121 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 185. 122 Neuen Satz 3 in § 52: „Andere Gegenstände dürfen nur eingezogen werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht.“ Vgl. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 183. 123 19. Sitzung vom 20.11.1928. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 217. 124 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 217. 125 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 217.

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Zu § 54 hatte der Unterausschuss den Vorschlag der Reichsregierung angenommen: „Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung und Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn im Übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.“126

Sodann wurde über die zivilrechtlichen Wirkungen der Einziehung diskutiert. Bumke war der Ansicht, dass mit der Frage der zivilrechtlichen Wirkungen der Einziehung die Frage nach der Entschädigungspflicht des Staates untrennbar zusammenhänge.127 In dem Gedanken der Entschädigungspflicht steckte seiner Ansicht nach zwar ein berechtigter Kern, aber die Frage, ob und in welchen Grenzen sie zu statuieren sei, bedürfe einer sehr gründlichen Prüfung.128 Er hielt es für bedenklich, die Bestimmungen über die Entschädigungspflicht des Staates in dieser Allgemeinheit in das Gesetz aufzunehmen.129 Marum sprach sich hingegen dafür aus, das Prinzip bereits jetzt im Strafgesetzbuch zu statuieren.130 Dem folgte Lobe mit der Begründung, dass eine Enteignung ohne Entschädigung nur durch Gesetz normiert werden könnte, das verfassungsändernd wäre. Da ein solches nicht vorliege, gebe es grundsätzlich auch keine Enteignung ohne Entschädigung.131

126 Diese Fassung entspricht der des E 1927. Bell gab zu bedenken, dass bei dieser Fassung die Einziehung ausgeschlossen sei, wenn der strafbare Tatbestand nur objektiv verwirklicht worden sei. Das sei ein ungesunder Zustand, dem auch der Unterausschuss nicht beigetreten sei. Gegen seine Bedenken hatte der Unterausschuss eingewandt, dass die Schuld- und Strafausschließungsgründe von § 54 bereits erfasst seien. Im Gegensatz zum Unterausschuss hielt Bell es jedoch für erforderlich, in der Gesetzesfassung den Willen des Gesetzgebers klar zum Ausdruck zu bringen und die Rechtsprechung nicht lediglich auf die Willensmeinung des Unterausschusses und der Verfasser des Entwurfs zu verweisen. Die Kommissionsmitglieder teilten seine Bedenken ebenfalls nicht. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 217. 127 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 218. 128 Bumke brachte folgendes Beispiel: „Zwei Brüder sind Wilderer. Jeder besitzt eine Flinte, Munition einen Jagdhund usw. Wenn nun einer immer nur mit dem Jagdgerät des anderen auf die Jagd gehe, könne keinem etwas passieren. Wenn der eine gefasst werde, dann müsse dem anderen die Flinte usw. bezahlt werden. Vgl. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 218 129 Dies vor allem deshalb, da die Fälle, in denen die Gegenstände zur Zeit der Tat dem Täter oder einem Teilnehmer gehörten und in der Zeit zwischen der Ausführung der Tat und der Rechtskraft des Urteils in andere Hände übergegangen sind, seiner Ansicht nach ganz außer Betracht gelassen worden waren. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 218. 130 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 218. 131 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 2. Teil, S. 219.

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Am Ende der Sitzung beschloss der Ausschuss, die zivilrechtlichen Wirkungen der Einziehung auch in ihrem Zusammenhange mit der Entschädigungspflicht der Beratung in der zweiten Lesung vorzubehalten und die §§ 52 bis 54 nach den Beschlüssen des Unterausschusses anzunehmen.132

D) Der Entwurf von 1930 (Entwurf Kahl) Die letzte Sitzung des 21. Strafrechtsausschusses – man hatte bereits mit der 2. Lesung des Entwurfs begonnen – fand am 11. Juli 1930 statt.133 Es war ursprünglich beabsichtigt gewesen, die Beratungen nach der Sommerpause bereits am 23. September 1930 wieder aufzunehmen.134 Jedoch waren die politischen Ereignisse dem Fortgang des Reformwerkes im höchsten Maße ungünstig. Die Auflösung des Reichstages im Juli 1930 brachte die ganze Reform in Gefahr.135 Ein abermaliges Überleitungsgesetz hatte Kahl nicht erreichen können.136 So musste im Reichstag in der V. Wahlperiode 1930 erneut ein Entwurf eines Allgemeinen Deutschen StGB eingebracht werden.137 Dies geschah durch einen am 6. Dezember 1930 gestellten Antrag Kahls und seiner Genossen, den „Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs“ (E 1930) anzunehmen.138 Inhaltlich gab der Antrag die Beschlüsse erster Lesung des 21. Ausschusses in der Fassung wieder, die sie auf den deutschen und österreichischen parlamentarischen Strafrechtskonferenzen erhalten hatten.139 Soweit auf den Strafrechtskonferenzen keine übereinstim132 133 134 135 136

137 138 139

Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXIII. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXIII. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXIII. Liszt / Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 87; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXIII. In der 128. Sitzung am 8. April 1930 hatte Kahl vorgeschlagen, erneut ein Gesetz zur Fortführung der Reform zu erlassen. Dieses sollte eine Bestimmung enthalten, nach der „für den Fall, dass der Reichstag in seiner laufenden Wahlperiode, gleichgültig aus welcher Ursache, über die einzelnen Gesetze der laufenden Strafrechtsreform noch nicht endgültig Beschluß gefasst (habe …) diese Entwürfe ohne erneute Einbringung in dem jeweiligen Zustand der Beschlussfassung der Reichstage der folgenden Wahlperiode unterliegen (sollten)“. Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXIII. Liszt / Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 87. Liszt / Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 87; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXIII. Liszt / Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 87; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXIII f. „Einziehung“ § 52 E 1930:

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menden oder endgültigen Beschlüsse zustande gekommen waren, wurden die Beschlüsse des Reichstagsausschusses in 1. Lesung und, sofern auch die 1. Lesung übereinstimmende oder endgültige Beschlüsse vermissen ließ, die Fassung der Reichstagsvorlage übernommen.140 Deutschland und Österreich hatten die Absicht, die Rechtsangleichung auf strafrechtlichem Gebiete voranzubringen.141 Dabei sollte der E 1927 auch die Grundlage der österreichischen Strafrechtsreform bilden.142 Er wurde mit nur geringen Abänderungen unter dem 26. Juli 1927 in das österreichische Parlament eingebracht und dort in einem Sonderausschuss beraten.143 Zur Anglei-

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„Sachen, die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht oder zur Begehung einer strafbaren Handlung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren, können ganz oder teilweise eingezogen werden. Den Sachen stehen Vermögenswerte gleich, die an ihre Stelle getreten sind. Andere Gegenstände dürfen nur eingezogen werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Gehörten die Gegenstände zur Zeit der Tat weder dem Täter noch einem Teilnehmer, so darf auf Einziehung nur erkannt werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Dem Eigentümer ist dann volle Entschädigung aus der Staatskasse zu gewähren. Ist eine strafbare Handlung fahrlässig begangen, so darf auf Einziehung nur erkannt werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum oder andere Recht über.“ § 53 „Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung durch den Inhalt einer Schrift, Abbildung oder anderen Darstellung begründet, so ist, sofern jede Verbreitung strafbar sein würde, in der Entscheidung auszusprechen, dass alle Stücke eingezogen werden, die zur Verbreitung bestimmt oder öffentlich ausgelegt oder angeboten sind. Ferner ist anzuordnen, dass die Platten und Formen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren. Würde die Verbreitung nur unter besonderen Umständen strafbar sein, so können die in Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen angeordnet werden, soweit dies erforderlich ist, um eine solche Verbreitung zu verhindern. Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung nur durch einen Teil des Inhalts begründet, der sich ausscheiden lässt, so ist nur anzuordnen, dass dieser Teil des Inhalts in den Stücken unbrauchbar gemacht wird und dass auch die Platten und Formen nur insoweit unbrauchbar gemacht werden.“ § 54 „Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.“ Vgl. Materialien zur Strafrechtsreform, Band 5, S. 1, Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs 1930 (Entwurf Kahl); BArch R 3001/5829. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. XXXI. Schreiben des Privatdozenten Dr. Ernst Seelig, Universität Graz an das Reichsjustizministerium vom 25. Juli 1927, BArch R 3001/5819 Bl. 33. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. XXXI.

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chung der deutschen und österreichischen Beschlüsse fanden mehrere Sitzungen der deutschen und österreichischen parlamentarischen Strafrechtskonferenzen statt.144 Es wurde beschlossen, den § 53 Abs. 1 nach dem Vorbild der österreichischen Fassung anzunehmen, da diese eine erhebliche Vereinfachung und sprachliche Verbesserung sei.145 Im Hinblick auf § 52 wurde insbesondere über den Schadensersatzanspruch gegenüber der Staatskasse sowie über die zivilrechtlichen Wirkungen der Einziehung diskutiert.146 Die österreichische Fassung147 sah eine Entschädigungspflicht des Staates nicht vor und der österreichische Ausschuss sprach sich ausdrücklich gegen diese Verpflichtung aus.148 Der Eigentümer sei nur vom Täter und nicht vom Staat schadlos zu halten. Auch der Abgeordnete Wunderlich schloss sich dieser Meinung an.149 Da sich die Sitzungsteilnehmer über die Fassung des § 52 nicht einigen konnten und immer neue Vorschläge gemacht wurden, kam kein Beschluss über die Änderung der Vorschrift zustande.150

144 Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. XXXI. 145 Vgl. Protokolle über die Sitzungen der deutschen und österreichischen parlamentarischen Strafrechtskonferenzen, 3. Sitzung vom 14. Januar 1928, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 624. 146 Protokolle über die Sitzungen der deutschen und österreichischen parlamentarischen Strafrechtskonferenzen, 7. Sitzung vom 10. Februar 1929, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 664 ff. 147 § 52 der österreichischen Fassung lautete: „Sachen und andere Vermögenswerte, die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht oder zur Begehung einer strafbaren Handlung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren, können ganz oder teilweise eingezogen werden. Gehören sie weder dem Täter oder Teilnehmer, so können sie nur eingezogen werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Ist eine strafbare Handlung fahrlässig begangen, so darf auf Einziehung nur erkannt werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum oder das andere Recht über. Vgl. Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 367. 148 Als Argument wurde angeführt, dass es auf der Hand liege, dass sich nahezu bei jeder Einziehung einer Sache von größerem Werte eine Person finden werde, die im Einverständnis mit dem Täter die Rolle des Eigentümers übernehmen werde und dann Ersatzansprüche gegen den Staat stelle. Vgl. Protokolle über die Sitzungen der deutschen und österreichischen parlamentarischen Strafrechtskonferenzen, 3. Sitzung vom 14. Januar 1928, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 664. 149 Protokolle über die Sitzungen der deutschen und österreichischen parlamentarischen Strafrechtskonferenzen, 7. Sitzung vom 10. Februar 1929, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 665. 150 Protokolle über die Sitzungen der deutschen und österreichischen parlamentarischen Strafrechtskonferenzen, 7. Sitzung vom 10. Februar 1929, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 1. Teil, S. 666.

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In stürmischer Sitzung des Reichstages151 wurde der Entwurf dem 18. Strafrechtsausschuss überwiesen, der sich am 11. Dezember unter dem Vorsitz Kahls konstituierte. Im Rahmen der Beratungen berichtete der Vorsitzende den Ausschussmitgliedern vom Schreiben des Reichsjustizministers vom 29. Januar 1931, dem eine Abschrift des Schreibens des Reichsfinanzministers beigefügt war.152 Der Reichsfinanzminister sprach sich nachdrücklich für die Streichung § 52 Abs. 3 S. 2 aus, da diese Bestimmung die Einziehung für das Gebiet der Zölle und Verbrauchssteuer stark beeinträchtigen und damit der Zollschutz für die Wirtschaft allzu sehr verringert werden würde.153 Das Risiko bei der Einschmuggelung von Waren bestand seiner Ansicht nach weniger darin, dass der Schmuggler sich strafbar mache, als dass der Eigentümer der Schmuggelware ihren Verlust zu vergegenwärtigen habe. Der Schmuggler selbst sei in den seltensten Fällen gleichzeitig Eigentümer der Ware.154 Sie gehöre fast immer Hintermännern, die meist im Auslande wohnten und den Schmuggel zwar vorbereiten und den Gewinn davon hätten, bei denen sich aber die Teilnahme nur selten nachweisen lasse.155 151 12. Sitzung vom 10. Dezember 1930, Protokoll S. 514 (B), BArch R 3001/5824, Bl. 132. 152 Protokolle der Strafrechtsausschüsse des Reichstags, 9. Sitzung vom 4. Februar 1931, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 85 ff.; BArch R 3001/5828. 153 Drucksache Nr. 58, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 348; BArch R 3001/5827. Auch der Reichsminister des Inneren, der Reichswirtschaftsminister sowie der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hatten sich gegen die Aufnahme einer Entschädigungspflicht ins Strafgesetzbuch ausgesprochen. In einer Besprechung mit dem Reichsminister der Justiz am 4. Januar 1929 waren die Minister zu dem Ergebnis gekommen, dass eine solche Entschädigungspflicht abzulehnen sei. Sofern sich dies im Reichstag nicht durchsetzen lasse, sollte die Entschädigungspflicht wenigstens auf den schuldlos handelnden Eigentümer beschränkt werden. Vgl. Vermerk zur Sitzung, BArch R 3001/ 5824, Bl. 159. 154 Drucksache Nr. 58, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 348; BArch R 3001/5827. 155 Zur Verdeutlichung nannte er folgendes Beispiel: „Eine schwere Gefahr für die gesamte deutsche Uhrenindustrie bildet der Uhrenschmuggel. Die Einschmuggelung der Uhren selbst wird durch gewerbsmäßige Schmuggler ausgeführt, die die Ware von Kleinhändlern erhalten. Wenn nun der Hersteller der Uhren, der z.B. in einer ausländischen Stadt seine Niederlassung hat, Uhren an einen Händler in der Nähe der deutschen Grenze unter Eigentumsvorbehalt verkauft und der Händler lässt diese Uhren dann nach Deutschland hineinschmuggeln, so wird man dem Hersteller der Uhren, wenn er Entschädigung für die Uhren im Fall der Beschlagnahme durch die deutschen Zollbehörden fordert, zwar vielleicht nachweisen können, dass er gewusst hat, dass die Uhren zur Ausfuhr nach Deutschland bestimmt waren; es wird aber höchst selten der Beweis

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Auch die Ausschussmitglieder und die Regierung waren der Ansicht, dass die Frage nach der Entschädigungspflicht und eine weitere Reihe zivilrechtlicher Fragen große Auswirkungen insbesondere auf dem Gebiet der Nebengesetze, namentlich der Zoll- und Finanzgesetze haben könnten.156 Deshalb wurde beschlossen, die §§ 52 bis 54 dem Unterausschuss zu überweisen und von einer Beschlussfassung zunächst abzusehen.157 Nach der Wiederaufnahme der Beratungen158 teilte der Berichterstatter des Unterausschusses Bell dem Ausschuss die Beratungsergebnisse zu den §§ 52 bis 54 mit.159 Im Hinblick auf die immer wieder geäußerten Bedenken, der § 52 gebe die Möglichkeit zu missbräuchlicher Anwendung auf Gewerkschaftsgelder und Parteikassen, verwies er im Namen des Unterausschusses auf die übereinstimmenden Erklärungen der Regierungsvertreter und der Ausschussmitglieder wonach diese Besorgnisse wegen der beschlossenen Streichung des Zusatzes „und sonstige Vermögenswerte“ unbegründet seien.160 Zudem hatte der Unterausschuss beschlossen, den zweiten Satz des Absatzes 1 zu streichen und stattdessen als letzten Absatz des § 52 einzuschalten:161 „Ist die Einziehung eines Gegenstandes nicht ausführbar, so kann an Stelle der Einziehung des Gegenstandes auf Einziehung eines ihrem Wert entsprechenden Geldbetrages gegen den Täter oder Teilnehmer erkannt werden.“

Ferner sollte der Schadensersatzanspruch im Absatz 3 gestrichen werden, da die Frage der Entschädigung aus der Staatskasse jedenfalls nicht im Strafge-

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geführt werden können, dass er auch gewusst hat, dass sie Uhren nach Deutschland geschmuggelt werden sollten.“ Vgl. Drucksache 58, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 348; BArch R 3001/5827. Protokolle der Strafrechtsausschüsse des Reichstags, 9. Sitzung vom 4. Februar 1931, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 92; BArch R 3001/5828. Protokolle der Strafrechtsausschüsse des Reichstags, 9. Sitzung vom 4. Februar 1931, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 92. Protokolle der Strafrechtsausschüsse des Reichstags, 15. Sitzung vom 24. Februar 1931, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 139 ff. Bericht des Unterausschusses vom 20. Januar 1931, Nr. 88 Strafgesetzbuch, V. Wahlperiode, BArch R 3001/5827 Protokolle der Strafrechtsausschüsse des Reichstags, 15. Sitzung vom 24. Februar 1931, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 139. Bericht des Unterausschusses vom 20. Januar 1931, Nr. 88 Strafgesetzbuch, V. Wahlperiode, BArch R 3001/5827

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setzbuch geregelt werden sollte.162 Im Übrigen sollte der Inhalt der §§ 52 bis 54 unverändert bleiben. Der vorgeschlagenen Fassung des Unterausschusses wurde mit Ausnahme von drei Gegenstimmen163 von allen Ausschussmitgliedern zugestimmt.164 Die letzte Sitzung des 18. Ausschusses fand am 18. März 1932 statt. Obwohl die zweite Lesung des Entwurfs zu diesem Zeitpunkt so gut wie abgeschlossen war, stagnierten in der Folgezeit die Reformarbeiten.165 Ursächlich dafür war zum einen der Tod Kahls am 14. Mai 1932, der treibenden Kraft der Strafrechtsreform schlechthin, und zum anderen die erneute Auflösung des Reichstags am 4. Juni 1932. Die Reform des Strafrechts kam letztlich ganz zum Erliegen in Ermangelung parlamentarischer Arbeit sowie der Bereitschaft, das Werk Kahls fortzuführen.166

E) Zusammenfassung / Fazit Betrachtet man die einzelnen Entwicklungsphasen der Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung, so ist folgendes festzuhalten: Bis zum E 1930 hielten – jedenfalls vom Prinzip her – fast alle Entwürfe an der Ausgestaltung der Einziehung als Straf- und Sicherungseinziehung fest, wobei sie bei der Fassung der Vorschriften weitgehend der Einziehungsregelung des StGB folgten.167 Zwar wollten sich die jeweiligen Entwurfsverfasser im Hinblick auf die Frage nach der Rechtsnatur in den einzelnen Entwürfen

162 Ob eine Behandlung dieser Frage an anderer Stelle etwa im Strafvollzugsgesetz oder im Einführungsgesetz stattzufinden habe, blieb offen. Jedenfalls hatten die Regierungsvertreter und einige Ausschussmitglieder starke Bedenken geäußert, die Entschädigungspflicht des Staates überhaupt anzuerkennen. Protokolle der Strafrechtsausschüsse des Reichstags, 15. Sitzung vom 24. Februar 1931, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 139; Bericht des Unterausschusses vom 20. Januar 1931, Nr. 88 Strafgesetzbuch, V. Wahlperiode, BArch R 3001/5827. 163 So hatte der Abgeordnete Geschke (KP) sich erneut gegen die Fassung des § 52 ausgesprochen, da er nach wie vor die Gewerkschaftsgelder etc. gefährdet sah. Vgl. Protokolle der Strafrechtsausschüsse des Reichstags, 15. Sitzung vom 24. Februar 1931, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 139. 164 Protokolle der Strafrechtsausschüsse des Reichstags, 15. Sitzung vom 24. Februar 1931, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 139; BArch R 3001/5828. 165 Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXIV. 166 Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXIV. 167 Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 107.

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auch weiterhin nicht eindeutig festlegen.168 Doch besteht in der Sache kein Zweifel, dass sich diese Entwürfe zumindest grundsätzlich zur Doppelnatur der Einziehung bekannten.169 Dies gilt auch für den GE 1911, der nur insofern eigene Wege ging, als er durch eine umfassende Allgemeinregelung (§ 80) sonstige Sondervorschriften überflüssig machen wollte.170 Eine Ausnahme vom zuvor Gesagten machten nur der Entwurf Radbruch 1922 und in weitgehender Übereinstimmung damit der E 1925, indem sie durch die systematische Einordnung der Einziehung unter die Sicherungsmaßregeln ihren präventivpolizeilichen Charakter herausstellten.171 Aber auch diese beiden Entwürfe, die die Doppelnatur beseitigen wollten, konnten sich von dem „Strafzweck“ des Instituts nicht völlig lösen.172 Denn die Einziehung wurde grundsätzlich von dem Eigentum des Täters oder Teilnehmers abhängig gemacht, was nicht folgerichtig war.173 Knüpft man den Zweck der Einziehung an die Beseitigung einer durch die einzuziehende Sache ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit, so kann die Frage des Eigentums keine Begrenzung der Anwendung zu Folge haben. § 40 RStGB hatte in den Entwürfen Einschränkungen, aber auch viele Ausweitungen erfahren. Seit dem E 1913 war eine Teileinziehung vorgesehen, die aus den Folgeentwürfen nicht wieder verschwunden war. Denn anders als bei der Unbrauchbarmachung, die schon nach der Fassung des § 41 Abs. 3 RStGB möglichst auf die einzelnen strafbaren Stellen der betroffenen Schrift oder Abbildung zu beschränken war, galt für die Einziehung bislang das Prinzip des „alles oder nichts“. Der Anwendungsbereich der Einziehung sollte im E 1927 in gegenständlicher Hinsicht ganz allgemein auch auf nichtkörperliche Vermögenswerte ausgeweitet werden, was jedoch bereits im E 1930 wegen zahlreich vorgebrachter Bedenken wieder abgelehnt worden war. Stattdessen sollte in § 52 Abs. 3 E 1930 die Ersatzeinziehung möglich sein. Sie kennzeichnet die Möglichkeit, anstelle des Originalobjektes auf dessen etwaige Surrogate oder auf einen wertentsprechenden Gegenstand zurückzugreifen. Die Möglichkeit einer Ersatzeinziehung sollte erstmals nach § 85 E 1919, allerdings nur im Hinblick auf die Tatentgelte möglich sein. Die anderen Entwürfe hatten diese Vorschrift jedoch nicht wieder aufgenommen, was unter anderem damit 168 A.a.O. 169 So haben die Entwürfe lediglich versucht, den Dualismus der Rechtsnatur zwar formell zu beseitigen, dies aber materiell nicht umgesetzt. 170 Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 108. 171 A.a.O. 172 A.a.O. 173 A.a.O.

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zusammenhing, dass die Vorschrift des § 85 E 1919 erstmals die Einziehung von Tatentgelten generalisierend auf alle strafbaren Handlungen erstreckte.174 Obwohl nach der Anmerkung zu § 85, der weitere Ausbau dieser Vorschrift auch auf Tatgewinne vorbehalten wurde, fand sie in den Folgeentwürfen keine Aufnahme. Als absolut revolutionär kann die erstmalige Aufnahme einer Entschädigungspflicht des Staates in § 52 Abs. 3 des E 1930 bezeichnet werden. Bis dahin fanden sich lediglich vereinzelte Bestimmungen, in denen bei Vernichtung oder Unbrauchbarmachung bestimmter Gegenstände, insbesondere seuchenverdächtiger Tiere, dem Betroffenen ein Entschädigungsanspruch zuerkannt wurde.175 Auch im Hinblick auf die Bestimmungen über die Unbrauchbarmachung sind Einschränkungen wie Ausweitungen des Anwendungsbereichs zu verzeichnen. Erstmals wurde im Vorentwurf 1909 statt der Unbrauchbarmachung der Schriften etc. deren Einziehung zwecks Vereinfachung vorgesehen. Die Unbrauchbarkeit selbst war lediglich für die Platten und Formen geblieben. Weitere Entschärfung der Norm brachte der E 1927, der erstmals die Einziehung und Unbrauchbarmachung in einem Absatz 2 fakultativ ausgestaltete. Bei diesem 2. Absatz stand der präventive Sicherungszweck deutlich im Vordergrund, da die Einziehung und Unbrauchbarmachung nur angeordnet werden sollte, wenn dadurch der Begehung weiterer strafbarer Handlungen vorgebeugt werden sollte und konnte. Eine Ausweitung hatte der § 41 RStGB in E 1930 dadurch erfahren, dass sich die Vorschrift nicht mehr ausdrücklich auf die im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder befindlichen Exemplare bezog, sondern auf alle zur Verbreitung bestimmten. Die Vorschrift über die Einziehung und Unbrauchbarmachung im objektiven Verfahren hatte im Rahmen ihres Entwicklungsprozesses ebenfalls eine Ausweitung ihres Anwendungsbereichs erfahren. Während sie im Reichsstrafgesetzbuch noch auf die Fälle der §§ 40 und 41 beschränkt gewesen war, wurde sie durch die Fassung des E 1919 generell auf alle Fälle ausgedehnt, bei denen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden konnte, im übrigen aber die Voraussetzungen der Vorschrift vorlagen, die die Einziehung zuließ. Zudem wurde durch die Streichung des Wortes „nicht ausführbar“, die Unklarheit und der Streit beigelegt, ob neben tatsächlichen Hinderungsgründen auch rechtliche erfasst wurden. Nach den neueren Entwürfen war das objektive 174 Im Strafgesetzbuch war diese Einziehungsmöglichkeit auf den Tatbestand der Bestechung des § 335 beschränkt gewesen. 175 Z.B. § 3 RinderpestG vom 7. April 1869, RGBl. S. 105 und §§ 57 ff. ViehseuchenG vom 23. Juni 1880, RGBl. S. 153.

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Verfahren immer bereits dann zulässig, wenn der äußere Tatbestand einer strafbaren Handlung gegeben war. Durchweg bemühten sich die Entwürfe, den praktischen Bedürfnissen zu entsprechen und aufgetretene Streitfragen aus der Welt zu schaffen, was ihnen teilweise auch gelang. Die Vermögenseinziehung war in den zahlreichen Reformarbeiten zum Strafgesetzbuch kein Thema mehr gewesen, auch wenn angesichts großer Gefahren für Bestand und Verfassung der Republik vereinzelt der Ruf nach ihrer dauerhaften Etablierung laut geworden war.176 Derlei Bestrebungen vermochten sich aber nicht durchzusetzen. In der Zeit der Weimarer Republik hatte zudem eine weitere Einziehungsvorschrift Einzug in den Besonderen Teil des RStGB gefunden. Mit der Notverordnung vom 6. Oktober 1931177 war mit § 86a die unterschiedslose Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung von Hochverrat gebraucht oder bestimmt waren, eingeführt worden.

176 Lediglich als Krisenreaktion konnte sie in zwei kurzlebigen Notverordnungen Aufnahme finden. Erstmalig in Erscheinung trat sie in § 4 der „Verordnung des Reichspräsidenten auf Grund des Artikel 48 Abs. 2 der Reichsverfassung, betreffend die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für das Reichsgebiet nötigen Maßnahmen“ vom 26. September 1923 (RGBl. 1923, S. 905), mit der der Reichspräsident den militärischen Ausnahmezustand für das gesamte Reich erklärte. Dort heißt es: „Wer den im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenen Anordnungen des Reichswehrministers oder des Militärbefehlshabers zuwiderhandelt oder zu solcher Zuwiderhandlung auffordert oder anreizt, wird [...]. Wer durch Zuwiderhandlung nach Abs. 1 eine gemeine Gefahr für Menschenleben herbeiführt, wird mit Zuchthaus, [...] bestraft. Daneben kann auf Einziehung des Vermögens erkannt werden.“ Mit Ende des Ausnahmezustandes, knapp 4 Monate später, verlor sie jedoch wieder ihre Wirksamkeit. Das zweite Mal wurde anlässlich des sog. „Preußenschlags“ auf die Sanktion der Vermögenseinziehung zurückgegriffen. Reichskanzler Franz von Papen wollte sich mit Hilfe einer Notverordnung zum Reichskommissar für Preußen einsetzen, die Regierungsgeschäfte Preußens übernehmen und so den Anstoß für weiterreichende Reformen geben. Am 20. Juli 1932 eröffnete Papen in der Reichskanzlei den führenden Mitgliedern der preußischen Regierung die „Verordnung betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet des Landes Preußen“ (RGBl. 1932, Teil I, S. 377). Die Strafbestimmungen waren hinsichtlich der Vermögenseinziehung in § 3 identisch mit der Notverordnung von 1923. Die Verordnung hatte aber schon sehr bald ohne weitreichende hierauf gestützte Maßnahmen ihren Zweck erfüllt. 177 RGBl. I, S. 566.

Siebentes Kapitel: Zeit des Nationalsozialismus Am 30. Januar 1933 kam es zur Regierungsübernahme durch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) und die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) sowie zur Ernennung Hitlers zum Reichskanzler.1 Das bedeutete das Ende des parlamentarisch-demokratischen Systems.2 Die Nationalsozialisten bemühten sich alsbald um eine Umgestaltung des Strafrechts. Offiziell sollte die einsetzende Strafrechtsreform eine Abkehr vom liberalen Strafgesetzbuch des Jahres 1871 und von den Erneuerungsarbeiten der Weimarer Republik bedeuten.3 Der preußische Justizminister und Staatsrat Kerrl führte dazu aus4: „Die Demokratie hätte zufolge der irrigen Grundauffassung, mit der sie an alle Gebiete des Lebens herantritt, auch auf dem Gebiete des Strafrechts nichts Dauerndes und Brauchbares schaffen können. So ist für die nationalsozialistische Regierung die Bahn frei, um dem allgemein seit Jahrzehnten empfundenen Bedürfnissen nach einer Neugestaltung des Strafrechts gerecht zu werden und zielbewusst ein in die allgemeine Gesetzgebung sich organisch einfügendes Strafgesetzbuch zu schaffen.“

A) Denkschrift des preußischen Justizministers Kerrl Bereits im September 1933 erschien eine Denkschrift des Preußischen Justizministers Kerrl „Nationalsozialistisches Strafrecht“, die unter der Mitwirkung des berüchtigten späteren Präsidenten des Volksgerichtshofs Roland Freisler von der Strafrechtsabteilung des Ministeriums erarbeitet worden war.5 Die

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Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXV. Das „Ermächtigungsgesetz“ (offiziell: „Gesetz zur Begehung der Not von Volk und Reich“ vom 24. März 1933, RGBl. I 1933, S. 141) legitimierte die Gleichschaltung von Legislative und Exekutive und stellte Hitler von der Bindung an die Verfassung sowie der Kontrolle durch das Parlament frei. Vgl. beispielhaft: Begründung zu E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen zur NS-Zeit, Band 1, 2. Teil, S. 1 ff.: „Dabei konnte es sich nicht um eine Fortführung der seit dem Jahre 1902 betriebenen und im Jahre 1932 endgültig gescheiterten früheren Erneuerungsarbeiten handeln. [...] Auch konnte das neue Strafrecht nicht durch Abänderungsgesetz zum alten Strafgesetzbuch geschaffen werden“. Kerrl, Denkschrift, S. 3. Vgl. Gruchmann, Justiz, S. 760; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXV.

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Denkschrift selbst stellte keinen Entwurf eines Strafgesetzbuches dar, sondern war als systematische Durcharbeitung des Strafrechts nach nationalsozialistischen Gesichtpunkten gedacht.6 Auf sie stützten sich später teilweise die Kommissionsarbeiten. Im Gegensatz zum bisherigen „individualistischen“ und „materialistischen Strafrecht“, bei dem der Schutz des Einzelnen dem der Gesamtheit vorangehe und dabei wiederum die materiellen Güter und Interessen obenan ständen, sollte das zukünftige Strafrecht dem „Aufbau der organischen Volksgemeinschaft“ dienen, „die in dem Einzelnen nicht das bedingungslose Individuum, sondern den bluthaft unlöslich verbundenen Bestandteil der Gemeinschaft erblickt“.7 In diesem Strafrecht sollte der Schutz des Einzelnen und seiner materiellen Güter gegenüber dem Schutz der Gemeinschaft und der immateriellen Güter zurückstehen.8 Kerrl plädierte für die Aufnahme der Vermögenseinziehung.9 Die Denkschrift sah die Einziehung des gesamten Vermögens oder von Vermögensteilen als Nebenstrafe für das kommende Strafrecht vor. Die lapidare allgemeine Begründung für diese neue Strafart war letztlich die, dass schwere Verbrechen gegen Volk und Staat schwere Strafen erforderlich machten: „Diese […] Nebenstrafe rechtfertigt sich aus folgender Erwägung: Bei Straftaten, durch die Volk und Staat erheblich geschädigt worden sind, z.B. bei besonders schweren Fällen von Hoch- und Landesverrat, Wirtschaftssabotage oder Korruption sei der Täter auch an seinem Vermögen schwer zu treffen und dessen ganze 6 7 8 9

Vgl. Gruchmann, Justiz, S. 760 f. Kerrl, Denkschrift, S. 7, 19. Vgl. Gruchmann, Justiz, S. 761. Kerrl, Denkschrift, S. 142. Diese alte Konfiskationsbestimmung aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Reichstrafgesetzbuches, die Mitte des 19. Jahrhunderts aus guten Gründen abgeschafft worden war, hatte man im Hinblick auf das Strafgesetzbuch längst für tot und begraben geglaubt. Die früheste gesetzliche Bestimmung unter nationalsozialistischer Ägide, die die Vermögenseinziehung androhte, orientierte sich noch weitgehend an der Notverordnung von 1932 aus der Weimarer Republik (Schnieders, Geschichte der Vermögensstrafe, S. 482). Den Brand des Reichstages in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 hatte die Reichsregierung zum Anlass genommen, unter anderem die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat“ vom 28. Februar 1933 (RGBl. 1933, Teil I, S. 83) zu erlassen. Die Verordnung ermächtigte die Landesregierung und subsidiär auch die Reichsregierung, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendigen Maßnahmen zu erlassen. Wer solchen Anordnungen zuwider handelte und dadurch eine gemeine Gefahr für Menschenleben herbeiführte konnte gem. § 4 Abs. 2 mit der Einziehung seines Vermögens bestraft werden. Obwohl die Präambel die Verordnung als „zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte“ erlassen kennzeichnete, wurde sie in extensiver Interpretation als Befugnis zur umfassenden Bekämpfung aller gegen den nationalsozialistischen Staat gerichtete Umtriebe betrachtet (Schnieders, Geschichte der Vermögensstrafe, S. 482 f.; Werle, Justiz-Strafrecht, S. 65 ff. mwN.).

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870 oder teilweise Einziehung durch eine Kann-Vorschrift zuzulassen. Die nähere Regelung bleibt dem Ersten [sprich Besonderen] Teil vorbehalten.“10

Im ersten Teil der Denkschrift war die Vermögenseinziehung zusammen mit dem Ehrverlust als Nebenstrafe für alle Fälle des schweren Hochverrats fakultativ vorgesehen.11 Hinter ihrer Androhung standen primär der nationalsozialistischen Ideologie entnommene Motive: „Der teils als Muß-, teils als Kann-Vorschrift zu gestaltende Ausspruch von Nebenstrafen an der Ehre und am Vermögens des Täters findet seine Begründung in der Tatsache, dass der Hochverräter sich durch seine Tat außerhalb der Volksgemeinschaft stellt; durch den Ausspruch der Nebenstrafen soll diese Tatsache öffentlich gebrandmarkt und die abschreckende Wirkung der Hauptstrafe erhöht 12 werden.“

In ähnlicher Weise wurde die Androhung der Vermögenseinziehung für tätliche Angriffe auf Leib und Leben höchster Staatsorgane gerechtfertigt: „Die Schwere einer solchen, das Wohl der Volksgemeinschaft besonders berührenden Tat verlangt die Androhung der Todesstrafe. Weiter erfordert die volksfeindliche gemeingefährliche Einstellung des Täters den zwingenden Ausspruch der Nebenstrafe des Verlustes des Staatsbürgerrechts, neben der die Einziehung des Vermögens oder eines Teils desselben und die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung als weitere Strafschärfung treten können.“13

Darüber hinaus sprach er sich für die Beibehaltung der Einziehung einzelner Gegenstände als Nebenstrafe am Vermögen aus, wobei sie als Muß-Vorschrift gegen all jene, die an der Tat mitgewirkt hatten und gegenüber unbeteiligten Dritten als Kann-Vorschrift aufgestellt werden sollte.14 Dies hing damit zusam10 11

12 13 14

Kerrl, Denkschrift, S. 142. Das „Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens“ vom 24. April 1934 (RGBl. 1934, S. 341; abgedruckt in: Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 2, S. 38 ff. Zu dieser Novelle auch Werle, Justiz-Strafrecht, S. 108 ff.) regelte die Gebiete des Hoch- und Landesverrates neu und löste in wesentlichen Teilen den nur subsidiär wirkenden § 4 der Verordnung von 1933 ab (Schnieders, Geschichte der Vermögensstrafe, S. 483; Schäfer / Richter / Schafheutle, Strafgesetznovellen, S. 133. Auch wenn das Gesetz im Übergang der 1. zur 2. Lesung des E 1933 erlassen wurde, so ist dies der besseren Übersicht halber vorweg zu behandeln). Die Novelle führte mit § 93 Abs. 1 erstmals die Gütereinziehung als fakultative Nebenstrafe wieder in den Besonderen Teil des Strafgesetzbuches ein. Kritik an der Einführung der Vermögensstrafe ins StGB wurde, soweit ersichtlich, nicht öffentlich geäußert. Vielmehr wurde sie entweder als nützlicher Bestandteil eines nationalsozialistischen Strafensystems begrüßt oder aber lediglich zur Kenntnis genommen, ohne ihr größere Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Kerrl, Denkschrift, S. 31. Kerrl, Denkschrift, S. 34. Kerrl, Denkschrift, S. 141 f.

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men, dass Kerrl der Ansicht war, dass bei der Einziehung von Gegenständen, welche nicht dem Täter gehören, unter Umständen Entschädigungsansprüche Dritter ausgelöst werden.15 Um diesen Schwierigkeiten zu entgehen, sollte die Einziehung, abgesehen von Sachen, welche gemeingefährlich sind und vorbehaltlich abweichender besonderer Vorschriften, in das Belieben des Richters gestellt werden, falls die etwa einzuziehenden Gegenstände nicht dem Täter gehören.16

B) Arbeit der amtlichen Strafrechtskommission Auch die Arbeiten an der eigentlichen Strafrechtsreform gingen weiter.17 Noch im Jahre 1933 erhielt Reichsjustizminister Gürtner von Hitler den Auftrag zur Bildung einer „amtlichen Kommission zur Bearbeitung der Strafrechtserneuerung“.18

15 16 17

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Kerrl, Denkschrift, S. 141 f.; Vgl. Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, S. 41, BArch R 3001/11450, Bl. 41. Kerrl, Denkschrift, S. 141 f.; Vgl. Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, S. 41, BArch R 3001/11450, Bl. 41. Parallel zu den Arbeiten an der Strafrechtsreform ergingen Novellen zum Strafgesetzbuch, wobei diese nicht die hier untersuchten Einziehungsvorschriften im Allgemeinen Teil betrafen. Das sog. Gewohnheitsverbrechergesetz vom 24. November 1933 (RGBl. I S. 995) stellte beispielsweise eine bedeutende Novelle dar, die der nationalsozialistische Gesetzgeber zum Reichsstrafgesetzbuch erlassen hatte (Buschmann in: Vormbaum / Welp, Strafgesetzbuch, Supplementband I, S. 75). Mit dem Gesetz wurde § 245a im Besonderen Teil des RStGB eingeführt. Durch die Vorschrift wurde der Besitz oder die Verwahrung von Diebeswerkzeugen bei rechtskräftig Verurteilten oder deren personellem Anhang unter Strafe gestellt. Nach § 245a Abs. 3 konnte solches Diebeswerkzeug eingezogen werden, auch wenn es dem Täter nicht gehörte. Die Vorschrift hatte damit deutlich präventiven Charakter und richtete sich nach den Angaben der amtlichen Begründung (abgedruckt im Reichsanzeiger vom 7. November 1933, S. 2 ff. vor allem gegen berufsmäßige Eigentumsverbrecher und deren Umfeld. Es sollte verhindert werden, dass Straftäter nach ihrer Entlassung aus der Haft im Besitz von Diebeswerkzeug blieben, ohne dass die Polizei eine Möglichkeit hatte, gegen den Betroffenen vorzugehen und vorbeugend einzugreifen (Buschmann in: Vormbaum / Welp, Strafgesetzbuch, Supplementband I, S. 80). So wurde die strafrechtliche Verbrechensabwehr sehr weit vorverlegt, da schon allein auf Grund eines abstrakten Gefährdungsdelikts sogenanntes Diebeswerkzeug unterschiedslos und obligatorisch eingezogen werden konnte (Dieser Meinung auch: Buschmann in: Vormbaum / Welp, Strafgesetzbuch, Supplementband I, S. 80). Mitglieder der Kommission waren neben Gürtner als Vorsitzendem: Stellvertretender Vorsitzender: Frank (Reichsjustizkommissar der Bayerischen Staatsminister sowie Leiter der Rechtsabteilung der NSDAP) und Kerrl (Preußischer Justizminister); die Staatssekretäre Freisler und Schlegelberger; Nagler, Kohlrausch, Mezger und Dahm als Vertreter der Rechtswissenschaft; Grau, Klee, Krug, Reimer, Lorenz und Leimer als Praktiker aus Preußen, Bayern und Sachsen; ferner als Regierungskommissare die zuständigen Abteilungsleiter des Reichsjustizministeriums und je ein Vertreter des Sächsischen und des Bayerischen Justizministeriums.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

Grundlage der am 3. November 1933 aufgenommenen Kommissionsarbeiten war neben der Denkschrift Kerrls der im Sommer 1933 ausgearbeitete Referentenentwurf, der als Entwurf eines Allgemeinen Strafgesetzbuches im September 1933 den Landesjustizverwaltungen zugeleitet worden war.19 Bei dem E 1933 handelte es sich um eine – entsprechend der neuen Entwicklung modifizierte20 – Version der Reichstagsvorlage von 1927.21 Die Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung der §§ 52 bis 54 E 1927 wurden bis auf einige Änderungen als §§ 52 bis 54 des 7. Abschnitts über die „Nebenstrafen und Nebenfolgen“ aufgenommen.22

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20 21 22

Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band 1, 1. Teil, S. XIII; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXV. Zum Referentenentwurf und der Denkschrift Kerrls als Beratungsgrundlage auch: Schreiben des Reichsministers der Justiz an den Reichskommissar für die Gleichbehandlung der Justiz in den Ländern und für die Erneuerung der Rechtsordnung vom 12. Oktober 1933, S. 4, BArch R 3001/5826. Freisler beschrieb den E 1933 als „von den liberalistischen, individuellen Schlacken gesäubert“; vgl. Gruchmann, Justiz, S. 760. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band 1, 1. Teil, S. XIII; Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band 1, S. XXV. Einziehung § 52 „Sachen und andere Vermögenswerte, die durch eine vorsätzliche strafbare Handlung hervorgebracht oder zur Begehung einer strafbaren Handlung gebraucht worden sind oder bestimmt worden waren, können eingezogen werden, wenn sie zur Zeit der Tat dem Täter oder Teilnehmer gehörten. In anderen Fällen darf auf Einziehung nur erkannt werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum oder das andere Recht über. Ergibt sich bei der Entscheidung, dass die Einziehung eines der Einziehung unterliegenden Gegenstandes nicht ausführbar ist, so kann an Stelle der Einziehung des Gegenstandes auf Zahlung eines seinem Wert entsprechenden Geldbetrages gegen den Täter oder Teilnehmer erkannt werden. § 53 Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung durch den Inhalt einer Schrift, Abbildung oder anderen Darstellung begründet, so ist, sofern jede Verbreitung strafbar sein würde, in der Entscheidung auszusprechen, dass alle Stücke eingezogen werden, die zur Verbreitung bestimmt oder öffentlich ausgelegt oder angeboten sind. Ferner ist anzuordnen, dass die Platten und Formen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren. Würde die Verbreitung nur unter besonderen Umständen strafbar sein, so können die in Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen angeordnet werden, soweit erforderlich ist, um eine solche Verbreitung zu verhindern. Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung nur durch einen Teil des Inhalts begründet, der sich ausscheiden lässt, so ist nur anzuordnen, dass dieser Teil des Inhalts in den Stücken unbrauchbar gemacht wird und das auch die Platten und Formen sind nur soweit unbrauchbar gemacht werden.

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Nach dem E 1933 war die teilweise Einziehung nicht mehr möglich. Neu aufgenommen worden war im Vergleich zum E 1927 ein 4. Absatz, wonach an Stelle der Einziehung des Gegenstandes auf Zahlung eines seinem Wert entsprechenden Geldbetrages erkannt werden konnte.23 Eine ähnliche Möglichkeit hatte zuvor bereits der § 52 Abs. 4 E 1930 vorgesehen, wenn auch der Wortlaut ein anderer gewesen war. Weitere Änderungen waren nur sprachlicher Natur. Im Gegensatz zu § 52 Abs. 3 S. 2 E 1930 war eine Entschädigungspflicht des Staates gegenüber dem Eigentümer für den Fall, dass die Einziehung täterfremden Vermögens ausnahmsweise zugelassen war, nicht mehr vorgesehen. Eine solche Entscheidung hatte sich bereits abgezeichnet, da im Rahmen der Beratungen zum E 1930 beschlossen worden war, die Entschädigungsvorschrift nicht zu übernehmen.24 Ebenfalls im Gegensatz zu § 52 E 1930 und in Übereinstimmung mit E 1927 war in § 52 wieder der Zusatz „und andere Vermögenswerte“ aufgenommen worden. Der § 53 E 1933 entsprach nicht dem des E 1927, sondern exakt dem des E 1930. Der § 54 war sprachlich anders gefasst als der des E 1927, inhaltliche Änderungen waren damit aber nicht verbunden. Vielmehr wurde durch den Wortlaut unverkennbar zum Ausdruck gebracht, dass das Vorliegen des objektiven Tatbestandes ausreichend war – eine Forderung, die im Rahmen der Sitzungen in den Strafrechtsausschüssen in der Vergangenheit immer wieder gefordert worden war.

I. Erste Lesung 1933/34 1. Vermögenseinziehung Zunächst wurde im Rahmen der Kommissionssitzungen zur Geldstrafe die Wiedereinführung der Vermögenseinziehung als Vermögensstrafe zum Diskussionsgegenstand gemacht. Die Erörterung der Vermögenseinziehung stand

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§ 54 Auf die Einziehung oder Unbrauchbarmachung kann selbständig erkannt werden, wenn der äußere Tatbestand der strafbaren Handlung verwirklicht ist und keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann.“ Zu diesem Absatz war im Original angemerkt worden: „Vorbehalten bleibt, in das Strafvollzugsgesetz folgende ergänzende Vorschrift einzustellen: Ist auf Einziehung eines Gegenstandes erkannt, stellt sich nach der Rechtskraft der Entscheidung heraus, dass seine Einziehung nicht ausführbar ist, so kann das Vollstreckungsgericht anordnen, dass an Stelle der Einziehung des Gegenstandes ein seinem Wert entsprechender Geldbetrag zu zahlen ist.“ Vgl. Protokolle der Strafrechtsausschüsse des Reichstags, 15. Sitzung vom 24. Februar 1931, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen Weimarer Republik, Band 3, 4. Teil, S. 139.

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dabei in engem Zusammenhang mit der kontrovers diskutierten Frage, ob Geldstrafe in unbeschränkter Höhe zuzulassen sei oder das Gesetz ein Minimum festlegen sollte. Mitberichtserstatter Reimer25 sprach sich für die Möglichkeit der Vermögenseinziehung aus. Der Vorteil der Vermögenseinziehung im Gegensatz zur Geldstrafe sei darin zu sehen, dass das eingezogene Vermögen in seiner Gesamtheit, und eben nicht vernichtet26, dem Staat zu etwaiger anderer Verwendung anheim falle. Dadurch könne es als Ganzes in irgendeiner Hand arbeiten, womit die Vermögensstrafe beispielsweise einen Betrieb unversehrt lassen könne und gleichzeitig nicht die unangenehmen Folgen hoher Geldstrafen mit sich bringen würde.27 Dem stimmte Freisler zu.28 Er sah in der Möglichkeit der Unternehmensfortführung eine Hilfe im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.29 Auch Lorenz30 sprach sich für die Vermögenseinziehung als Strafe aus mit der Begründung, dass von ihr bereits in gewissem Umfange gebraucht gemacht werde.31 Dahm befürwortete die Vermögenseinziehung beim Hochverrat, da sie symbolisch zum Ausdruck bringe, dass der Verbrecher für die Volkgemeinschaft auch wirtschaftlich nicht mehr vorhan-

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6. Sitzung vom 1. Dezember 1933. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 139 ff.; BArch R 3001/5844. Wenn man einen Arbeitgeber zu 100000 Reichsmark als Strafe verurteile und diese 100000 Reichsmark vollstrecke, dann vernichte man auch die Existenz der angestellten Arbeiter. Vgl. Ausführungen Reimers, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band 2, 1. Teil, S. 151. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band 2, 1. Teil, S. 151. 17. Sitzung vom 1. März 1934. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 411 ff. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 420. 7. Sitzung vom 2. Dezember 1933. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 165; BArch R 3001/5844. Er verwies auf das Republikschutzgesetzes sowie auf das Gesetz über die Einziehung kommunistischen Vermögens vom 26. Mai 1933 (RGBl. 1933, Teil I, S. 293). Bei der durch letzteres Gesetze eingeführten Vermögenseinziehung handelte es sich zwar nicht um Vermögensstrafen im Sinne des Strafrechts, da sie weder kriminalisiertes Verhalten noch ein strafgerichtliches Urteil voraussetzten. Die Vermögenseinziehung wurde vielmehr im Verwaltungswege gegen „Staats- und Volksfeinde“ auferlegt. Dennoch verliefen die Ziele ihrer Einführung parallel zu denen, die von den Nationalsozialisten auch mit der Vermögenseinziehung als Vermögensstrafe verfolgt wurden. § 1 bestimmte: „Die obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten Stellen können Sachen und Rechte der Kommunistischen Partei Deutschlands und ihrer Hilfs- und Ersatzorganisationen sowie Sachen und Rechte, die zur Förderung kommunistischer Bestrebungen gebraucht oder bestimmt sind, zugunsten des Landes Einziehen.“ Erklärter Zweck des Gesetzes war laut seiner Präambel, „kommunistischen Bestrebungen dienendes Vermögen einer staatsfeindlichen Verwendung für die Dauer zu entziehen.“

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den sei.32 Nach Freislers Konzeption sollte die Vermögenseinziehung eine besondere Art der Geldstrafe sein.33. Dahm betonte hingegen die unterschiedliche Wertigkeit von Geldstrafe und der Strafe der Vermögenseinziehung.34 Geldstrafen und Vermögenseinziehung sollten deutlich formell getrennt werden, „denn der Eindruck auf die Öffentlichkeit ist ein ganz anderer, wenn die Einziehung des ganzen Vermögens ausgesprochen wird, als wenn nur eine Geldstrafe 35 verhängt wird, mag sie im Endeffekt auch Vermögenskonfiskation bedeuten.“

Betonte Dahm vor allem die formelle Trennung der beiden Strafen, so gab es einige Kommissionsmitglieder, die auch de facto eine Einebnung des Unterschiedes von Geldstrafe und Vermögenseinziehung ablehnten. Graf Gleispach und Klee vertraten die Ansicht, dass eine Geldstrafe nicht bis zur Vermögenseinziehung gehen sollte.36 Eine Vermögenseinziehung dürfe nur als eine besondere Strafart aufgenommen werden. Nagler hingegen wies als erster auf Aspekte hin, die gegen die Vermögenseinziehung als solche sprachen: „Mit der Vermögenskonfiskation selbst muss man sehr vorsichtig verfahren, weil es sich hier um die Vernichtung der gesamten wirtschaftlichen und sozialen Exis37 tenz nicht nur des Täters, sondern auch der Familie handelt.“

Dennoch wollte er die Notwendigkeit der Vermögenseinziehung bei Hochund Landesverrat geprüft wissen und wies auf den historischen Gebrauch der Vermögenseinziehung bei Majestätsverbrechen hin.38 Der Gedanke, der auf das römische Recht zurückgehe, sei gewesen, dem Täter das Handwerk zu legen, damit er nicht mit seinen großen finanziellen Mitteln dem Fürsten oder 32 33

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18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 456. Auch wenn Freisler eine häufige Anwendung der Vermögenseinziehung bezweifelte, ging er davon aus, dass diese in der Öffentlichkeit eine positive Resonanz erfahren und das Ansehen der Strafrechtspflege stärken würde. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 420. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 456. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 456. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 454 f. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 458. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 458.

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Staat noch weiterhin gefährlich werden könne.39 Kohlrausch äußerte noch deutlicher Bedenken gegenüber den mit der Vermögenseinziehung und der Geldstrafe in unbegrenzter Höhe verbundenen Auswirkungen auf Täter und Angehörige:40 „Man wird überlegen müssen, ob man das will. Was dagegen spricht, ist, dass nicht nur der Täter ruiniert wird, sondern auch seine vielleicht ganz unschuldige Familie.“

2. Einziehung und Unbrauchbarmachung Im Rahmen der Erörterung der Thematik „Strafbemessung und Maßregeln der Sicherung und Besserung“ führte der Berichterstatter Kohlrausch aus, dass er Zweifel an der Strafnatur der Maßregeln bei den §§ 52 und 53 E 1933 habe.41 Insoweit kommentierte er die Auffassung des Reichsgerichts, das in der Einziehung dann eine Nebenstrafe gesehen hatte, wenn sie nur verhängt werden durfte, sofern die Sache dem Täter gehörte. Bei allen anderen Fällen, mochte die Sache dem Täter oder Teilnehmer gehören oder nicht, wurde in der Einziehung eine Polizeimaßregel gesehen.42 Er wollte, dass auch das neue StGB diese Unterscheidung sicherstelle, ohne aber schon konkrete Vorschläge zu machen. Kohlrausch stellte den Antrag, im Rahmen des § 52 Abs. 1 und 3, die Einziehung von „Rechten“ und „Vermögenswerten“, die nicht „Sachen“ sind, zu streichen.43 Dies liefe sonst auf die Möglichkeit einer Vermögenskonfiskation hinaus, die nicht notwendig sei.44 Dahm hingegen verlangte es geradezu nach einer Ausweitung der Einziehungsobjekte. Er wollte die Ausdehnung auf Gegenstände, die unmittelbar durch eine strafbare Handlung erlangt worden

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18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 458. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 459. 5. Sitzung vom 30. November 1933, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 131. 5. Sitzung vom 30. November 1933, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 131. Diese Ansicht entsprach der herrschenden Meinung in der Literatur. Vgl. dazu: Runge, GA 72, S. 24 ff. Antrag Nr. 30 vom 27. Februar 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 842 ff. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 415, 462.

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sind.45 Dann könnten, so Dahm, nicht nur die falschen Münzen, sondern auch die Gegenstände, die der Täter mit Hilfe der falschen Münzen angeschafft hat, eingezogen werden. Dies entspreche dem Volksempfinden.46 Gürtner schlug vor zu sagen: „die durch eine vorsätzliche strafbare Handlung hervorgebrachten oder erworbenen Sachen.“47

Gleichzeitig äußerte er jedoch Bedenken gegen die allgemeine Fassung des Satzes. Schwierigkeiten sah er in Bezug auf die beim Diebstahl erworbene Sache. Sie könne nicht eingezogen werden, da sie dem Bestohlenen aus zivilrechtlichen Gründen wieder zurückgegeben werden müsse.48 Dahm hielt dem entgegen, dass eine Einziehung nicht ausschließe, dass der Staat dem Eigentümer den Gegenstand zurückgibt.49 Dies war Gürtner jedoch zu gefährlich und er sprach sich nachdrücklich dagegen aus.50 Dahm regte an, die Einziehung auch auf Gegenstände erstrecken zu lassen, die zur Vorbereitung des Verbrechens benutzt worden sind, ohne dies näher zu begründen.51 Weitere Diskussionen rankten sich um die Ersatzeinziehung des Absatzes 4 sowie in diesem Zusammenhang um die Frage nach der Rechtsnatur der Einziehung. Kohlrausch wollte die Ersatzstrafe nur greifen lassen, wenn die Gegenstände dem Täter oder dem Teilnehmer gehörten.52 Gegen die Anwendung auf die Fälle des Absatzes 2, also zum Beispiel in den Fällen, in denen der Täter kein Eigentum hat, hatte er erhebliche Bedenken, da er die Einziehung in diesem Falle nicht als Strafe, sondern als Sicherungsmaßnahme

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18. Sitzung S. 462. 18. Sitzung S. 463. 18. Sitzung S. 463. 18. Sitzung S. 463. 18. Sitzung S. 463. 18. Sitzung S. 463. 18. Sitzung S. 462 f. 18. Sitzung S. 462.

vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil,

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einstufte.53 Nach Schäfer sollte sich der Absatz 4 auf beide Absätze beziehen, wobei im Besonderen Teil geregelt werden sollte, in welchem Umfange vom Absatz 2 gebrauch gemacht werden sollte.54 Auch Dahm stimmte der Anwendbarkeit auf Absatz 2 zu, wollte jedoch auch hier eine Ausweitung des Absatzes 4 auf Gegenstände, die unmittelbar durch die strafbare Handlung erlangt sind.55 Graf Gleitpach machte zunächst, bevor er auf die Regelung des Absatzes 4 einging, Ausführungen zur Rechtsnatur des § 52. Er sah im zweiten Absatz, ebenso wie Kohlrausch, eine reine Sicherungsmaßregel, da das Übel nicht den Schuldigen treffe. In einem solchen Falle rechtfertige sich die Einziehung nur, wenn die Sache im Verkehr eine Gefahr bedeute.56 Unter dem Gesichtspunkt der Gefährlichkeit sollte man nach Kohlrauschs Ansicht die Einziehung allgemein vorschreiben und zwar im 8. Abschnitt als reine Sicherungsmaßnahme. Für den § 52 bleibe dann allein die Einziehung einer Sache, die dem Beschuldigten gehöre und die man ihm wegnimmt, um die Hauptstrafe wegen der Verübung des Delikts noch zu steigern. Aus den bereits genannten Gründen dürfe dies jedoch nicht auf jene Sache ausgedehnt werden, die durch die strafbare Handlung erlangt wurde und auch nicht auf die Surrogatsache, da man sonst in schwere Konflikte mit dem Zivilrecht komme. Diese Sachen dürften ebenfalls nur eingezogen werden, wenn es das öffentliche Interesse erfordere.57 Für den so von ihm eingeschränkten § 52 begrüßte er die Regelung des 4. Absatzes.58 Freisler, der die Einziehung generell zu den Sicherungsmaßnahmen rechnete, sprach sich gegen die Ersatzeinziehung aus. Er sah den Zweck der Einziehung darin, gefährliche Gegenstände, die eine 53

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Er trug hierzu folgendes Beispiel vor: „Wenn aber der Wilderer ein fremdes, von ihm gestohlenes oder ihm geliehenes Gewehr nicht mehr hat, so dass es nicht eingezogen werden kann, dann kann doch nicht gegen ihn auf Zahlung eines Geldbetrages erkannt werden, der dem Wert des Gewehrs entspricht, das er vielleicht zurückgestellt hat, wo wir es nicht finden. Die Einziehung soll hier doch keine Strafe sein, sondern Sicherungsmaßnahme.“ Vgl. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 462. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 463. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 463. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 463. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 464. Er schlug noch vor, statt der angedachten Geldzahlung eine Geldstrafe an die Stelle der Einziehung treten zu lassen, als Ersatzstrafe für die nicht vollstreckbare Einziehung. Das hätte die Wirkung, dass für den Fall, dass die Geldstrafe ebenfalls nicht vollstreckbar wäre, an ihre Stelle die Haftstrafe trete. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 464.

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Gefahr für die Allgemeinheit darstellen, aus dem Verkehr zu ziehen.59 Da eine Einziehung nicht stattfinde, um einen Wert für den Staat herauszuschlagen, bestehe auch für den Fall, dass der Gegenstand nicht mehr beschafft werden könne, kein Interesse, an seiner Stelle seinen Wert einzuziehen und eine Geldstrafe zu verhängen.60 Gürtner fasste als Ergebnis noch einmal zusammen, dass die Einordnung der Einziehung als Sicherungsmaßnahme bedeuten würde, dass der 4. Absatz entbehrlich sei. Er tue sich zwar sehr schwer damit, den Gedanken an die ersatzweise Einziehung aufzugeben, gab aber zu, dass ihm das Ergebnis einleuchte.61 Schäfer hingegen plädierte für die Beibehaltung des 4. Absatzes, ohne sich mit der Rechtsnatur der Einziehung auseinander zu setzen. Als Ergebnis des in vier Tagungsabschnitten62 beratenen Allgemeinen Teils lag im Frühjahr 1934 ein vorläufiger Entwurf eines Allgemeinen Teils vor63: „5. Abschnitt. Strafen § 36b Vermögensstrafen Vermögensstrafen sind die Geldstrafe und die Vermögenseinziehung. Vermögenseinziehung darf nur verhängt werden, wenn das Gesetz sie besonders androht. 8. Abschnitt. Maßregeln der Sicherung und Besserung Einziehung § 64a Sachen oder Vermögenswerte, die durch eine vorsätzliche strafbare Handlung hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren, können eingezogen werden, wenn sie zur Zeit der Tat dem Täter oder sonst einem Beteiligten gehörten. In anderen Fällen darf auf Einziehung nur erkannt werden, wenn es das Gesetz vorsieht. Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum oder das andere Recht über.

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Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 464 f. Für den Fall, dass die Sache dem Täter nicht gehöre, müsse auf ihn durch Zwangsmaßnahmen Druck ausgeübt werden, damit man den Gegenstand auffinde und dem Eigentümer zurück gebe. Den Gedanken des Einsatzes von Zwangsmaßnahmen begrüßte Klee, war aber der Meinung, dass eine solche Regelung in die Strafprozessordnung gehöre. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 464 f. 18. Sitzung vom 2. März 1934, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. 465. Die ersten vier Beratungsabschnitte der Strafrechtskommission fanden in der Zeit vom 27. November bis 3. März 1934 statt. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 1. Teil, S. XLII. Abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 1. Teil, S. 83 ff.; BArch R 3001/5826.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870 Ergibt sich bei der Entscheidung, dass die Einziehung eines der Einziehung unterliegenden Gegenstandes nicht ausführbar ist, so kann an Stelle der Einziehung des Gegenstandes auf Zahlung eines seinem Wert entsprechenden Geldbetrages gegen den Täter oder Teilnehmer erkannt werden.64 § 64b Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung durch den Inhalt einer Schrift, Abbildung oder anderen Darstellung begründet, so ist, sofern jede Verbreitung strafbar sein würde, in der Entscheidung auszusprechen, dass alle Stücke eingezogen werden, die zur Verbreitung bestimmt oder öffentlich ausgelegt oder angeboten sind. Ferner ist anzuordnen, dass die Platten und Formen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren. Würde die Verbreitung nur unter besonderen Umständen strafbar sein, so können die in Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen angeordnet werden, soweit dies erforderlich ist, um eine solche Verbreitung zu verhindern. Wird der Tatbestand einer strafbaren Handlung nur durch einen Teil des Inhalts begründet, der sich ausscheiden lässt, so ist nur anzuordnen, dass dieser Teil des Inhalts in den Stücken unbrauchbar gemacht wird und das auch die Platten und Formen sind nur soweit unbrauchbar gemacht werden. § 64c Auf die Einziehung oder Unbrauchbarmachung kann selbständig erkannt werden, wenn der äußere Tatbestand der strafbaren Handlung verwirklicht ist und keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann.“

Über das Ergebnis der Beratungen veröffentlichte Gürtner am 12. Mai 1934 unter dem Titel „Das kommende deutsche Strafrecht. Allgemeiner Teil“ einen „Bericht über die Arbeit der amtlichen Strafrechtskommission“, in dem elf Kommissionsmitglieder das Ergebnis der Beratungen näher erläuterten.65 Zur Einführung der Vermögenseinziehung wurde ausgeführt, dass sie bereits früher im preußischen Recht, für die Fälle des Hoch- und Landesverrates66 sowie des flüchtigen Verbrechers, gegen den ihre Verhängung auch in seiner Abwesen-

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Im Originaltext war folgender Zusatz enthalten: „Vorbehalten bleibt, in das Strafvollzugsgesetz folgende ergänzende Vorschrift einzustellen: Ist auf Einziehung eines Gegenstandes erkannt und stellt sich nach der Rechtskraft der Entscheidung heraus, dass seine Einziehung nicht ausführbar ist, so kann das Vollstreckungsgericht anordnen, dass an Stelle des Gegenstandes ein seinem Wert entsprechender Geldbetrag zu zahlen ist.“ Kommentator des Abschnitts „Strafensystem“ war Rietzsch. In der 26. Sitzung vom 23. April 1934 abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NSZeit, Band II, 1. Teil, S. 661 ff. sprachen sich die Berichterstatter Nagler und Reimers nchmals, wenn auch mit unterschiedlicher Akzentuierung, für die Vermögenseinziehung aus. Bei der Erörterung lag bereits die oben erwähnte Novelle vom 24. April 1934 als Material vor. Nagler wollte die Belange der Familie derart schützen, dass der Richter auch eine teilweise Konfiskation anordnen sollen dürfe. Er betonte zudem den präventiven Zweck der Strafe.

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heit zugelassen werden sollte, vorgesehen war.67 Ihre Einführung wurde weiter damit begründet, dass sie auch durch hohe Geldstrafen nicht entbehrlich werde, da die Bemessung der Geldstrafe den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters entspreche und ihm stets das zur Bestreitung seines Unterhalts Erforderliche belassen werden müsse.68 Sie empfehle sich zudem bei den für sie erwogenen Verbrechen, da sie zugleich eine Sicherung dagegen gewähre, dass der Täter gleichartige Taten mit seinen Mitteln nicht wiederhole.69 Auch der in den Beratungen oft genannte Vorteil der Unternehmensfortführung wurde angeführt sowie im Falle ihrer Verhängung ihr positiver Eindruck in der Öffentlichkeit.70 Im Hinblick auf die Einziehung wurde festgehalten, dass sie einheitlich als sichernde Maßnahme aufzufassen sei und der Grundgedanke zukünftig sein müsse, das Objekt aus dem Verkehr zu ziehen, weil es in der Hand des Täters eine Gefahr darstellt.71 Die Beibehaltung der äußerst kontrovers diskutierten Einziehung des Wertersatzes wurde damit begründet, dass verhindert werden solle, dass der Täter die der Einziehung unterliegende Sache alsbald nach Tat veräußert und so die Einziehung vereitelt.72 Zum in den Beratungen äußerst streitigen Verhältnis des 4. Absatzes zum 2. Absatz wurde keine Stellung genommen. Zur Nichtausdehnung der Einziehung auf Sachen, die durch die strafbare Handlung zwar nicht hervorgebracht, aber doch erlangt sind wurde ausgeführt, dass sie auf Schwierigkeiten bei Diebstahl stoßen würde, da es unzweckmäßig sei, die Sache einzuziehen, um sie dem Bestohlenen zurück zu geben. Zudem würde sich diese Ausdehnung vom Grundgedanken der Sicherung entfernen, da der erlangte Gegenstand regelmäßig keine Gefahr in der Hand des Täters bilden würde.73 Kurz vor Veröffentlichung der Ergebnisse der Beratungen durch Gürtner war eine „Denkschrift“ des Zentralausschusses der Strafrechtsabteilung der Akademie für Deutsches Recht über die „Grundzüge eines Allgemeinen Deutschen Strafrechts“ erschienen, in der die Kommissionsmitglieder das Ergebnis der

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Nietzsch, in: Gürtner, Das kommende Deutsche Strafrecht. Allgemeiner Teil. (1. Auflage), S. 100. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O., S. 104. A.a.O. A.a.O., S. 105.

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Ausschusssitzungen zusammen gefasst hatten.74 Zur Vermögenseinziehung wird in der Denkschrift ausgeführt, dass sie arischen, insbesondere deutschen Gedanken entspreche und man sie bereits als selbständige Folge der Ächtung in Rom sowie als Wüstung und danach als Fronung im deutschen Recht kenne.75 Auch hier wurde der Zweck der Unternehmensfortführung zum Erhalt von Arbeitsplätzen genannt.76 Nachdem die Beratungen zum Besonderen Teil abgeschlossen worden waren, wurde sodann ein „Entwurf eines Deutschen Strafgesetzbuchs“ 1. Lesung von 1933/34 zusammengestellt.77 Im Vergleich zum Entwurf des Allgemeinen Teils, regelte das erste Buch die einzelnen Straftaten und erst das zweite Buch enthielt die allgemeinen Bestimmungen, mithin den Allgemeinen Teil.78 Das hatte zur Folge, dass sich die Paragrafen in ihren Nummern verschoben hatten. Die Vermögensstrafen wurden in § 389 anstatt in § 36b geregelt, die Einziehung in den §§ 433 bis 435 anstatt in den §§ 64a bis 64c.

II. Zweite Lesung 1935/36 1. Vermögenseinziehung In der zweiten Lesung zu den Vermögensstrafen konnte Freisler, unter Ignorierung der Einwände Kohlrauschs sowie Naglers und wohl auch angesichts der faktischen Wirkung der Verratsnovelle bereits feststellen, dass an Geldstrafe und Vermögenseinziehung eine Kritik nicht bekannt geworden sei.79 Deshalb stimmte er für die Beibehaltung beider Vermögensstrafen.80 Waren damit die grundsätzlich Fragen nach Zweck und Zulässigkeit der Vermögenseinziehung geklärt, ging es nunmehr um die nähere Ausgestaltung. Entsprechend der von Freisler der Vermögenseinziehung beigegebenen positiven Komponente – mögliche Schonung wirtschaftlicher Einheiten und damit Erhalt von Arbeitsplätzen – 74 75 76

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Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 1. Teil, S. XV. Denkschrift, S. 109. Darüber hinaus hielt man sie auch für den Fall für zweckmäßig, in dem der Rechtsbrecher sein Vermögen im großen und ganzen auf verwerfliche Weise erworben hat. Hier könnte der Richter mit der Vermögenseinziehung sagen: du fängst ganz von vorne an! Ein Großschieber, der ein großes Vermögen zusammengerafft hat, werde so am Besten bestraft. Vgl. Denkschrift, S. 109. Abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 1. Teil, S. 103 ff. Vergleiche: Inhaltsverzeichnis zum Entwurf, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 1. Teil, S. 103. 69. Sitzung vom 8. Mai 1935. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 409. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 409.

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sprach er sich für die Einfügung einer Bestimmung aus, die dieser Absicht Ausdruck verlieh: „Nun erscheint es mir aber notwendig zu sein, dass wir etwas über die Beschränkung der Wirkung der Vermögenseinziehung auf die Person des zu Strafenden in das Strafgesetzbuch hineinsetzen. Denn tatsächlich ist sonst der Meinung Vorschub geleistet, die leicht entstehen könnte, dass diese Strafe unzweckmäßig sei, weil sie nicht den Richtigen treffe. Wir sollten einen Satz in das Gesetz hineinnehmen, der etwa sagt: Die Maßnahmen, die zum Schutze Dritter gegen die Auswirkung einer Vermögenseinziehung zu treffen sind, bestimmt das Strafvollzugsgesetz.“

Freisler war im Hinblick auf die Gesetzessystematik der Meinung, dass der zweite Absatz des § 389, der die Bestimmungen über die Vermögenseinziehung enthielt, verselbständigt werden sollte.81 Es erschien ihm nicht angemessen, dass in dem ersten Absatz die beiden Vermögensstrafen genannt wurden, um dann gleichzeitig im nächsten Absatz die Vermögenseinziehung zu erledigen, während der Geldstrafe im folgenden eine ganze Reihe von selbständigen Bestimmungen gewidmet wurden.82 Freislers Forderungen nach der Ausgestaltung der Vermögenseinziehung als eigenständige Vorschrift sowie nach der Aufnahme eines Zusatzes, der die Belange unschuldiger Dritter schützt, konnten sich letztlich im Entwurf 2. Fassung durchsetzen.83

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Bei der Beratung des Verfalls ging es um die Frage nach der Aufnahme einer allgemeinen Vorschrift im Bereich des Allgemeinen Teils, in der geregelt werden sollte, was passieren soll, wenn der für verfallen erklärte Gegenstand sich nicht mehr bei dem Verurteilten befindet. So hatten die Sachbearbeiter des 81 82 83

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Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 409. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 409. Vgl. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 1. Teil, S. 157. Entspricht auch der Fassung des Entwurfs 2. Lesung 1935, Stand 15. Juli 1935. Im Rahmen der Überprüfung des Entwurfs 2. Fassung konnte Freisler sich gegen die ausdrücklichen Einwände Gürtners (Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 438) mit seiner Forderung, die Vermögenseinziehung allgemein dort für zulässig zu erklären, wo auf Ächtung erkannt wird, durchsetzen. Für deutsche Staatsangehörige, die nicht Reichsbürger waren und deshalb nicht der Ächtung unterfallen konnten, wurde zudem die fakultative Folge der Vermögenseinziehung mit der Ehrenstrafe der Ausstoßung aus dem deutschen Staatsverband verbunden (Vgl. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 1. Teil, S. 219, § 35a in Verbindung mit § 45). Beide Strafarten, Ächtung und Ausstoßung aus dem deutschen Staatsverband überdauerten jedoch die weiteren Beratungen nicht und fehlten bereits wieder im Entwurf vom Juli 1936. Damit wurde auch der Anwendungsbereich der Vermögenseinziehung eingeschränkt. 70. Sitzung vom 9. Mai 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 431 ff.

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Reichsjustizministeriums zur 2. Lesung beantragt, im Abschnitt „Strafen“, einen neuen § 394 b, der die Ersatzfreiheitsstrafe bei der Verfallerklärung regelte, aufzunehmen.85 Er sollte wie folgt lauten: „Ist eine für verfallen erklärte Sache nicht auffindbar und ist ein in ihrem Wert entsprechender Geldbetrag uneinbringlich, so tritt an Stelle des Wertbetrages Freiheitsstrafe der gleichen Art, mit der die Verfallerklärung verbunden ist, neben Geldstrafe tritt Haft. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Urteil festzusetzen; sie beträgt mindestens einen Tag und höchstens zwei Jahre.“

Dieser Antrag wurde damit begründet, dass, sofern die Einziehung als Sicherungsmaßnahme ausgestaltet werde, es einer Sonderregelung für diejenigen Fälle bedürfe, in denen die „Einziehung“ einer Sache eine (absolute) Strafe darstelle, nämlich für die Fälle der „Einziehung“ des durch die Straftat Erlangten.86 Die Auswahl des Wortes „Verfallerklärung“ diente dabei der Unterscheidung zur „normalen“ Einziehung. Der Anwendungsbereich sollte auch auf den Wertersatz ausgeweitet werden, wobei dem Gericht überlassen bleiben sollte, ob es davon Gebrauch mache oder dies im Einzelfall für entbehrlich halte. Darüber hinaus sprachen sich die Sachbearbeiter für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verfallerklärung im Besonderen Teil aus.87 Freisler und Gürtner unterstützen den Antrag und pflichteten ihm ausdrücklich bei.88

3. Einziehung und Unbrauchbarmachung a) § 433 E 1. Lesung Zu Anfang der Sitzung referierte Reichsgerichtsrat Niethammer das Beratungsergebnis der Unterkommission zu dieser Vorschrift.89 Die Unterkommission ordnete die Einziehung in Übereinstimmung mit den Sachbearbeitern des Justizministeriums als reine Sicherungsmaßregel ein.90 Da sich der Rege85 86 87

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Antrag Nr. B 21 vom 5. März 1935, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 813. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 813. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 813. Neben den bereits existierenden Vorschriften in § 25 Abs. 3 und § 140 E 1. Lesung, wollten sie die Verfallerklärung auch in den Fällen der §§ 267 Abs. 2, 272, 273 Abs. 2 und 341 Abs. 3 E 1. Lesung. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 431 f. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 561 ff. Auch wenn die Unterkommission darin lediglich eine reine Verwaltungsaufgabe sah, die an sich von anderen Stellen als von den Gerichten besorgt werden müsste, sollte die Einziehung einer gefährlichen Sache, die in einer bestimmten Beziehung zu einer vom Gericht abgeurteilten Straftat steht, weiterhin Aufgabe des Richters sein. Allerdings sollte aufgrund des Vorgenannten die Beauftragung des Gerichts zu diesem Verwaltungsge-

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lungsbereich im Vergleich zu § 433 E 1. Lesung allein auf die Wegnahme gefährlicher Sachen beziehen sollte, hatte die Unterkommission einen Fassungsvorschlag zu § 433 erarbeitet.91 Der Vorschlag der Unterkommission zur Fassung des § 433 lautete deshalb wie folgt:92 „Neben der Strafe ordnet das Gericht an, daß Sachen oder Rechte, die zur Begehung oder Vorbereitung einer Straftat bestimmt waren oder gebraucht oder durch sie hervorgebracht worden sind, ganz oder teilweise eingezogen werden, wenn sie ihrer Art nach gefährlich sind oder sich in der Hand eines an der Straftat Beteiligten als gefährlich erwiesen haben. Von der Einziehung kann abgesehen werden, wenn die Straftat fahrlässig begangen ist oder wenn die Gegenstände ohne Schuld des Eigentümers zu der Tat verwendet worden sind.“

In Abänderung der Vorentwürfe, die noch von „Sachen und Vermögensrechten“ gesprochen hatten, wurden die Worte „Sachen und Rechte“ benutzt, um sich an die Begriffe des bürgerlichen Rechts zu halten. Die Mitglieder der Unterkommission hatten gegen den Begriff der „Vermögensrechte“ das Bedenken, „dass man einen Wert des betreffenden Gegenstandes voraussetzen müßte. Doch müssen viele Gegenstände als gefährlich eingezogen werden, die keinen Vermögenswert darstellen.“93

Aufgrund der Einordnung der Vorschrift als Sicherungsmaßregel, sollte die Einziehung obligatorisch sein.94 Auf die Eigentumsverhältnisse sowie auf die Frage der Schuld sollte es ebenso wenig ankommen.95 Allerdings sollten für den Fall der bloßen Fahrlässigkeit Milderungsgründe zugelassen und gewisse Rücksichten auf den an der Straftat nicht beteiligten Eigentümer genommen werden.96 Die Regelung des § 433 Abs. 3 E 1. Lesung, wonach das Eigentum mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat übergeht, sollte in einer eigenen Vorschrift, § 435, Aufnahme finden.97

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schäft so eng wie möglich begrenzt sein. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 562. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 562. A.a.O. A.a.O. A.a.O., S. 564. A.a.O. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 562. A.a.O.

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Kohlhammer war gegen die neue Fassung und für die Beibehaltung der Fassung des Entwurfs 1. Lesung.98 Er sprach sich erneut gegen die Einbeziehung der „Vermögenswerte“ oder „Rechte“ aus, da dies auf Umwegen zur Vermögenseinziehung führe in Fällen, wo nicht an sie gedacht sei. Zudem hielt er die Ausdehnung auf Fahrlässigkeitstaten, noch dazu unter grundsätzlicher Erstreckung auf den Eigentümer, der nicht Täter ist, als zu weit gehend.99 Anklang fand er weder mit seinen Bedenken im Allgemeinen noch mit seinem Antrag im Besonderen.100 Klee hielt den Nebensatz „wenn sie ihrer Art nach gefährlich sind“ für überflüssig und wollte ihn streichen, da er den Gebrauch der Sache oder des Rechts zu einer strafbaren Handlung, wie im geltenden Recht, für ausreichend erachtete.101 Zudem konnte es seiner Ansicht nach kein gefährliches Recht geben.102 Niethammer hielt dem entgegen, dass es sehr wohl Rechte gebe, die in der Hand eines Beteiligten gefährlich seien, stimmte Klee allerdings insoweit zu, als ein Recht seiner Art nach wohl nicht gefährlich sein könne.103 Er wies darauf hin, dass die Merkmale für Sachen oder Rechte gemeinsam gefasst werden müssen und die Gefährlichkeit nun mal die Bedingung der Einziehung sei.104 Klee bezweifelte zudem, dass es nötig sei, für alle strafbaren Fälle eine Mussvorschrift vorzusehen.105 Diese Zweifel teilte auch Schäfer.106 Denn nach der aktuell vorgesehenen Fassung müsste bei einem leichten vorsätzlichen Verkehrsdelikt mangels Ausweichmöglichkeit das Auto eingezogen werden,

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Antrag B 61 vom 16. Juni 1935, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 882 ff. Zwar sei diese Fassung Folge des Gedankens der „Sicherungsmaßregel“ jedoch würde dieser Gedanke vorliegend überspannt. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 883. Freisler wollte noch wissen, ob unter den Begriff „Sachen“ auch Grundstücke zu fassen sind, da der Sachbegriff im Strafrecht nicht immer so gefasst werde wie im bürgerlichen Recht. Schäfer wies darauf hin, dass immer dort, wo das Strafgesetzbuch unter den Begriff „Sachen“ die Gründstücke nicht mit erfasst haben möchte, es stets von „beweglichen Sachen“ spreche. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 564. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 564. A.a.O. A.a.O. A.a.O. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 564. A.a.O.

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was das Volk nicht verstehen würde.107 Grau pflichtete dem bei.108 Seiner Ansicht nach musste auch aus rein praktischen Gründen eine Ausweichmöglichkeit bestehen, wie etwa dann, wenn Werkzeuge, die zur Schlägerei verwendet worden waren, anschließend nicht in die Hände der Strafverfolgungsbehörden gelangt seien. Zur Vollstreckung der ausgeurteilten Einziehung müsste dann eine Hausdurchsuchung stattfinden, was in solchen Fällen einen unnützen Aufwand darstelle.109 In engem Zusammenhang mit der Frage, ob die Einziehung, wie im Fassungsvorschlag vorgesehen, obligatorisch oder fakultativ ausgestaltet werden solle, stand die Frage nach der Ausgestaltung der in Satz 2 vorgesehenen Milderungsgründe. Gürtner wies darauf hin, dass im Falle einer obligatorischen Einziehung Milderungsgründe in die Vorschrift aufgenommen werden müssten, die zu einer Einschränkung der Einziehung führen.110 Freisler hielt die Begrenzung auf den Eigentümer für zu eng und schlug stattdessen die Worte „ohne Schuld des rechtmäßigen Besitzers“ vor.111 Denn es sollte letztlich auf die Schuld desjenigen ankommen, der die Sache im rechtmäßigen Besitz hatte.112 Schäfer wollte die Worte „ohne Schuld des Betroffenen oder Berechtigten“ gewählt wissen.113 Letzterem stimmte Niethammer zu.114 Auch er hielt das Wort „Eigentümer“ für zu eng, da dieser Begriff seiner Ansicht nach auf Forderungen nicht passte.115 Gürtner schlug die Aufnahme einer Härteklausel in den zweiten Satz vor.116 Die Praxis des Alltages habe gezeigt, dass immer wieder Einziehungen im Gnadenwege rückgängig gemacht werden müssten.117 Dies könne man im Verwaltungswege machen, aber auch direkt dem Gericht

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A.a.O. A.a.O. A.a.O., S. 565. A.a.O., S. 564. So hielt er es zum Beispiel für unangebracht, dass der Pächter eines Grundstücks geschädigt werden soll, wenn der Eigentümer hinter seinem Rücken das Grundstück für strafbare Zwecke zur Verfügung gestellt hat. Vgl. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 563. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 563. A.a.O. A.a.O., S. 564. A.a.O. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 563. A.a.O.

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überlassen.118 Freisler und Kohlrausch stimmten ebenfalls für die Aufnahme einer Härteklausel.119 Niethammer sprach sich zunächst dagegen aus.120 Das Einschalten von Billigkeitserwägungen vermehrte seiner Ansicht nach die ohnehin schon bestehende ungleichmäßige Rechtsprechung.121 Am Ende der Diskussion wurde beschlossen, die Einziehung obligatorisch auszugestalten, jedoch Milderungsgründe und eine Härteklausel aufzunehmen.122

b) § 434 E 1. Lesung Auch im Hinblick auf § 434 E 1. Lesung referierte Niethammer das Beratungsergebnis der Unterkommission, dem sich auch die Kommissionsmitglieder anschlossen.123 Die Regelung des geltenden Rechts, das die weitere Einziehungsmöglichkeit für gefährliche Schriften usw. ermöglichte, sollte beibehalten werden.124 Wie bisher sollte die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes ausreichen. Dies zum einen deshalb, weil die Vorschrift als reine Sicherungsmaßregel eingestuft wurde. Maßgebendes Kriterium sollte das der Gefährlichkeit sein. Zum anderen deshalb, weil häufig nicht die Möglichkeit bestehe, dem, der die Schrift weitergeleitet hat, nachzuweisen, dass er vom Inhalt Kenntnis gehabt oder den Inhalt verstanden hat.125 In diesem Zusammenhang wollte die Kommission den Ausdruck des geltenden Rechts, der auf den strafbaren Inhalt der Schrift abstellt, verbessert sehen. Wie bereits im Rahmen anderer Entwurfsberatungen angesprochen, waren auch die Kommissionsmitglieder der Ansicht, dass der Inhalt einer Schrift an sich nicht strafbar

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A.a.O. A.a.O., S. 564. A.a.O. Von diesem Argument ließ Gürtner sich überzeugen, da er sich dem Vorschlag Niethammers, die Klausel wegzulassen anschloss. Nunmehr sah er eine Art Härteklausel bereits darin, dass auf die Schuld des Eigentümers abgestellt wird.75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 564. Diese Härteklausel, die nunmehr erstmals eine Ausgestaltung im Allgemeinen Teil gefunden hatte, war jedoch kein Geschöpf nationalsozialistischer Gerechtigkeitsvorstellungen, sondern der Sache nach schon seit dem E 1913 im Besonderen Teil bei den Jagdvergehen (§ 386 Abs. 2 und Abs. 3) gefordert worden. Vgl. ferner § 397 Abs. 3 E 1919, § 331 Abs. 3 E 1925. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 562 ff. A.a.O., S. 562. 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 562.

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sein kann, sondern nur ihre Verbreitung.126 In Übereinstimmung mit dem Entwurf 1. Lesung und in Abweichung zum geltenden Recht sollten in den ersten beiden Absätzen unterschiedliche Regelungen für den Fall getroffen werden, dass die Verbreitung der Schrift unter allen Umständen strafbar ist oder aber nur unter bestimmten Umständen.127

c) § 435 E 1. Lesung Bei den Beratungen zur selbständigen Einziehung des § 435 E 1. Lesung sprach sich Niethammer dafür aus, wie bereits nach dem geltenden Recht zwischen der Einziehung im Allgemeinen und der Einziehung von gefährlichen Schriften zu unterscheiden.128 Schäfer hingegen vertrat die Ansicht, dass beide Fälle gleich geregelt werden sollten und die Einziehung bereits dann möglich sein sollte, wenn der äußere Tatbestand gegeben ist.129 Deshalb schlug er folgende Fassung vor:130 „Die Einziehung kann selbständig erfolgen, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann.“

Schäfer vermisste ferner eine Regelung für den Fall, dass jemand einen Gegenstand vor der Einziehung verschiebt.131 Niethammer wies darauf hin, dass dieser Punkt in den Besonderen Teil als selbständige Strafdrohung gehöre.132 Das vorläufige Beratungsergebnis wurde in einem Entwurf eines Deutschen Strafgesetzbuchs, Allgemeiner Teil festgehalten.133

126 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 562. 127 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 562 f. 128 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 563. Im Falle der §§ 40, 42 RStGB wurde alles, was zur Strafbarkeit erforderlich war verlangt; im Falle der §§ 41, 42 RStGB nur das Vorliegen des äußeren Tatbestandes. 129 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 566. 130 75. Sitzung vom 22. Juni 1935, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 566. 131 Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 566. 132 Nietzsch erklärte, dass eine solche Strafdrohung in den Vorschlägen der Sachbearbeiter bereits vorgesehen ist und zwar in Anpassung teils an § 164 des Entwurfs (Vereitelung der Strafvollstreckung und sichernder Maßnahmen), teils an § 338 (Vollstreckungsvereitelung). Sie gehöre in den Abschnitt „Angriffe auf Rechtspflege und Verwaltung“. Vgl. Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band II, 3. Teil, S. 566. 133 Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 1. Teil, S. 157. Entspricht auch der Fassung des Entwurfs 2. Lesung 1935, Stand 15. Juli 1935.

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4. Endgültige Fassung E 1936 In der endgültigen Fassung des Entwurfes eines Deutschen Strafgesetzbuches E 1936 waren die Vorschriften wie folgt ausgestaltet: „§ 40 (Vermögenseinziehung) Wird das Vermögen des Verurteilten eingezogen, so geht es mit der Rechtskraft des Urteils auf das Reich über. § 47 (Verfallerklärung)134 Wird ein Gegenstand für verfallen erklärt, so geht das Eigentum oder das andere Recht mit der Rechtskraft des Erkenntnisses auf das Reich über, wenn es dem Verurteilten in diesem Zeitpunkt zusteht. Ist eine Verfallerklärung des Gegenstandes nicht möglich oder durchführbar, so ist ein seinem Wert entsprechender Geldbetrag für verfallen zu erklären. Ist dieser Geldbetrag uneinbringlich, so tritt an seine Stelle Freiheitsstrafe derselben Art, mit der die Verfallerklärung verbunden ist; im Falle der Verbindung mit einer Geldstrafe ist Haft zu vollstrecken. Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt mindestens einen Tag und höchstens zwei Jahre und ist nach vollen Tagen zu bemessen. Maßregeln der Sicherung, Besserung und Heilung Einziehung und Unbrauchbarmachung § 77135 Neben der Strafe ordnet der Richter an, daß Sachen oder Rechte, die zum Begehen oder Vorbereiten einer mit Strafe bedrohten Tat bestimmt gewesen oder dazu gebraucht oder durch sie hervorgebracht worden sind, ganz oder teilweise eingezogen werden, wenn sie ihrer Art nach gefährlich sind oder sich in der Hand eines an der Straftat Beteiligten als gefährlich erwiesen haben. Von der Einziehung kann der Richter absehen, wenn die Straftat fahrlässig begangen ist oder wenn die Gegenstände ohne Schuld des Berechtigten zu der Tat bestimmt gewesen oder dazu gebraucht worden sind oder wenn die Einziehung eine unbillige Härte bedeuten würde. § 78136 Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder anderen Darstellung so beschaffen, dass jedes Verbreiten strafbar wäre, so ordnet der Richter neben der Strafe an, daß die zur Verbreitung bestimmten oder öffentlich ausgelegten oder angebotenen Stü-

134 Die Endfassung, die bis auf den letzten Satz (In den Vorentwürfen ist auf § 51 Abs. 2 verwiesen, in der Endfassung ist die Bestimmung wörtlich übernommen worden, da die Regelung im § 51 Abs. 2 in der Endfassung weggefallen ist) den Fassungen E 1936 Stand 1. Mai 1936 und Stand 1. Juli 1936 entspricht, weicht vom § 52 E 1936 Stand 1. Februar 1936 lediglich redaktionell, aber nicht inhaltlich ab. 135 Bis auf kleine sprachliche Änderungen entspricht diese Fassung inhaltlich der des E 1936 AT. Erste sprachliche Veränderungen sind im E 1936 Stand 1. Mai 1936 (§ 80) zu verzeichnen. Dort ist nunmehr die Rede von „zum Begehen oder Verbreiten einer mit Strafe bedrohten Tat bestimmt waren [...].“ 136 Auch hier entspricht die Endfassung bis auf kleine sprachliche Abweichungen inhaltlich der des E 1936 AT.

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cke eingezogen werden, und daß die zur Herstellung bestimmten oder gebrauchten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. Wäre die Verbreitung nur unter besonderen Umständen strafbar, so ordnet der Richter die in Abs. 1 bezeichneten Maßregeln an, soweit sie erforderlich sind, um ein solches Verbreiten zu verhindern. Begründet nur ein ausscheidbarer Teil des Inhalts die Einziehung und Unbrauchbarmachung nach Abs. 1 der 2, so beschränkt sich die Anordnung auf diesen Fall. § 79137 Mit der Rechtskraft des Erkenntnisses geht der eingezogene Gegenstand auf das Reich über. Die Einziehung und die Unbrauchbarmachung können selbständig angeordnet werden, wenn zwar auf Strafe nicht erkannt werden kann, im übrigen aber die Voraussetzungen des § 77 oder des § 78 erfüllt sind.“

Im Gegensatz zum geltenden Strafgesetzbuch, das einzelne Strafarten wie zum Beispiel die Verfallerklärung lediglich im Besonderen Teil regelte, enthielt der Entwurf einen umfassenden Überblick über alle im Entwurf vorgesehenen Strafen.138 Weiterhin wurden alle Maßregeln, die lediglich Sicherungscharakter tragen sollten, in einem eigenen Abschnitt zusammengefasst. Diese Systematik sollte Klarheit über den Anwendungsbereich derjenigen Vorschriften schaffen, die lediglich an Strafen, nicht aber an sichernde Maßnahmen anknüpften.139

a) Vermögenseinziehung Im Gegenteil zu den Vorentwürfen war der Schutz der berechtigten Belange Dritter nicht mehr ausdrücklich aufgenommen worden war. Daran knüpfte sich aber nicht die Abkehr von dieser grundsätzlichen Position. Vielmehr kam man von einem solchen Hinweis ab, weil er als Programmsatz ohne Gestalt eine entbehrliche Wiederholung einer im projektierten Strafvollstreckungsgesetz detailliert zu regelnden Materie darstellte.140 Die Durchführung der Vermögenseinziehung sollte laut Begründung im Strafvollstreckungsgesetz geregelt werden. In der amtlichen Begründung wurden die Gründe, die für die Einführung der Vermögenseinziehung sprachen wiederholt, wobei der gleichsam polizeilich137 Auch hier entspricht die Endfassung bis auf kleine sprachliche Abweichungen inhaltlich der des E 1936 AT. Sprachliche Fassung des zweiten Absatzes findet sich erstmals im E 1936 Stand 1. Februar 1936. 138 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 31. 139 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 31. 140 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 43; Schnieders, Geschichte der Vermögensstrafe, S. 502.

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präventive Charakter der Strafe, die Eliminierung der wirtschaftlichen Macht als solche, im Vordergrund stand. Erst an zweiter Stelle wurde ihr positiver Effekt, wirtschaftliche Einheiten aus volkswirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Gründen zu erhalten, genannt.141 Auch wenn nicht mehr ausdrücklich geschrieben stand, dass die Vermögenseinziehung nur bei im Gesetz bestimmten Fällen Anwendung findet, war doch damit keine Änderung verbunden. Der alte Grundsatz galt weiterhin.142

b) Verfall Im Vergleich zum Entwurf 1. Lesung fällt auf, dass die Verfallerklärung nunmehr ausdrücklich im Allgemeinen Teil aufgenommen worden war. Die Vorschrift stellte aber keine allgemein gültige Regelung im Hinblick auf die Entgelt- und Gewinnabschöpfung dar. Die Voraussetzungen und Grenzen der Verfallsanordnung waren weiterhin bei den einzelnen Delikten im Besonderen Teil geregelt. Die Vorschrift im Allgemeinen Teil sollte lediglich den Vollzug regeln.143 Die Anzahl der Verfallerklärungen im Besonderen Teil war im E 1936 deutlich ausgeweitet worden.144 Der Verfall wurde als Strafe angesehen, wobei der Begriff zur besseren Abgrenzung von dem der Einziehung, die als reine Sicherungsmaßregel ausgestaltet worden war, gewählt worden war. Aufgrund seines Strafcharakters sollte der Rechtsübergang beim Verfall mit Eintritt der Rechtskraft nur dann erfolgen, wenn der Gegenstand zu diesem Zeitpunkt im Eigentum des Verurteilten steht.145 141 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 42 f.; Schnieders, Geschichte der Vermögensstrafe, S. 501; Rietsch, Das kommende dt. Strafrecht, 2. Aufl., S. 142 f. 142 So konnten nach den Tatbeständen des Zweiten Buches zum Beispiel für verfallen erklärt werden: das Entgelt, das ein Volksverräter für eine Verratshandlung (§ 120 Abs. 2) oder ein Beamter für eine Amtspflichtverletzung (§ 340) erhält, das Entgelt bei Stimmkauf (§ 283), bei der Bestechung im Wirtschaftsverkehr, Verrat oder Ausspähung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Kurstreiberei und Geheimnisverrat durch Wirtschaftsprüfer (§ 239), das verbotswidrig geschlagene Holz bei der Waldverwüstung (§ 264), die in der Schonzeit gefangenen und erlegten Tiere (§ 266), der Ausgrabungsfund (§ 272), der bei unbefugtem Fischen gemachte Fang (§ 273), ferner Rohstoffe, Waren und Erzeugnisse, die Gegenstand von Preistreibereien und anderen wirtschaftsschädlichen Handlungen gewesen waren (§ 243).Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 47. 143 Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 141. 144 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 31. Auch im Nebenstrafrecht waren Ausweitungen zu verzeichnen. So etwa mit § 3 PreisstrafrechtsVO vom 3. Juni 1939, RGBl. I, S. 999. 145 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 48.

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Die Aufnahme der allgemeinen Vorschrift in den Entwurf, in der in dieser Form erstmals die Anordnung des Wertersatzes und der Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen war, sowie die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Verfalls im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs hing neben der Einordnung der Einziehung als Sicherungsmaßregel insbesondere auch damit zusammen, dass im Rahmen der 2. Lesung beschlossen worden war, das Geldbußensystem auf das Tagesbußensystem nach skandinavischem Vorbild umzustellen.146 Die Möglichkeit, das durch die Straftat Erlangte mittelbar über die Geldbuße abzuschöpfen, wie es nach § 27c StGB möglich war, bestand damit nach Ansicht der Kommissionsmitglieder nicht mehr. Denn nach dem angedachten Modell sollte die Geldbuße der Schuld des Täters entsprechen, wobei als Bestimmungsfaktor für die Höhe der einzelnen Tagesbuße auf die gesamten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters, sein durchschnittliches Tageseinkommen, den Ertrag seines Vermögens, seine Unterhaltungspflichten und seine Lebenshaltung berücksichtigt werden.147 Denn die Tagesbuße sollte den Betrag darstellen, den der Täter bei Belassung eines seinen gesamten Verhältnissen entsprechenden Existenzminimums als Wert eines Tageseinkommens leisten sollte.148 Die Höhe des erstrebten Gewinns bzw. Nutzens sollte zwar weiterhin für das Maß der Willensschuld von Bedeutung und damit auch für die Bemessung der Zahl der aufzuerlegenden Tagesbußen von Bedeutung sein. Eine Vorschrift, dass die Geldstrafe zahlenmäßig den Gewinn der Tat übersteigen müsse, sah man mit den Grundsätzen des Willenstrafrechts (Abstellung auf die Schuld des Täters) als nicht vereinbar an.149 Denn dieses Element war eines, das sich auf die Tat bezieht, wohingegen sich die angedachte Ausgestaltung der Geldbuße einzig auf den Täter beziehen sollte, womit das tatbezogene Element nicht übernommen werden konnte.150

c) Einziehung und Unbrauchbarmachung Die Einziehung im § 77 E 1936 hatte im Vergleich zum geltenden Recht und den Entwürfen vor der Zeit des Nationalsozialismus eine völlig neue Gestalt erhalten. Sie war ausdrücklich als Sicherungsmaßregel ausgestaltet worden, und ihre Anordnung sollte sich nur aufgrund der Gefährlichkeit eines Gegen146 147 148 149 150

Rietzsch in Güntert, das kommende deutsche Strafrecht, 2. Aufl. S. 144. Rietzsch in Güntert, das kommende deutsche Strafrecht, 2. Aufl. S. 144. Rietzsch in Güntert, das kommende deutsche Strafrecht, 2. Aufl. S. 144. Rietzsch in Güntert, das kommende deutsche Strafrecht, 2. Aufl. S. 144. Vgl. Ausführungen zur Geldstrafe, Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Abt. II, Band 2, 3. Teil, 69. Sitzung vom 8. Mai 1935, S. 427 f.; sowie Ausführung von Gürtner in der Sitzung vom 27. Oktober 1936, Band 2, 4. Teil, S. 424.

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standes, der in näherer Beziehung zur Begehung oder Verbreitung einer mit Strafe bedrohten Tat stand, erfolgen.151 Das geltende Recht ließ eine Einziehung grundsätzlich nur bei vorsätzlichen Straftaten zu und beschränkte die einzuziehenden Gegenstände regelmäßig auf Sachen, die dem Täter oder Teilnehmer gehörten. Diese Regelung, die nach Ansicht des Gesetzgebers dem Charakter der Einziehung als Nebenstrafe entsprach, litt nach Ansicht der Kommissionsmitglieder unter dem Nachteil, dass sie in weitem Umfang Ausnahmevorschriften erforderlich gemacht hatte. Diesen Mangel sollte der Entwurf beseitigen, indem er die Einziehung ohne diese Einschränkungen grundsätzlich zwingend vorschrieb und nur im Rahmen des zweiten Absatzes dem Richter gestattete, Ausnahmen zu machen.152 Bewusst nicht aufgenommen worden war, im Gegensatz noch zum E 1933, die ersatzweise Verurteilung zur Zahlung eines dem Wert des Gegenstandes entsprechenden Geldbetrages, da dies mit dem Wesen der Vorschrift als Sicherungsmaßregel nicht vereinbar gewesen wäre.153 Wie in den Vorentwürfen wurde die Vorschrift im E 1936 nicht auf Gegenstände ausgedehnt, die lediglich durch die Tat erlangt worden sind. Man sah das Bedürfnis, auch unlauter erlangte Gegenstände den Beteiligten zu entziehen, durch die Strafe der Verfallerklärung ausreichend befriedigt. Zum anderen hielt man eine solche Regelung ebenfalls nicht für mit dem Gedanken der Sicherung vereinbar.154 Die Vorschrift war zudem erstmals auf Sachen ausgedehnt worden, die zur Vorbereitung einer Straftat bestimmt gewesen sind oder zur Vorbereitung benutzt worden sind. Damit ist hier eine Vorverlagerung des Anwendungsbereichs zu verzeichnen. In Übereinstimmung mit den Regelungen in den Entwürfen 1927, 1930, 1933 und 1936 1. Lesung und in Abweichung zum geltenden Recht, wurde im Rahmen des § 78 danach unterschieden, ob eine Verbreitung in jeden Fall oder nur in besonderen Fällen strafbar wäre. In Anlehnung an § 41 RStGB sah der Entwurf eine besondere Einziehungsmöglichkeit für Schriften etc. vor, deren Gefährlichkeit keiner besonderen Feststellung bedürfen sollte. In der Begründung heißt es dazu, dass die Vorschrift vornehmlich dem Kampf gegen Schrif151 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 72; Nietsch, kommendes Strafrecht, 2. Aufl., S. 158 f. 152 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 72. 153 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 73; Nietsch, kommendes Strafrecht, 2. Aufl., S. 159. So auch Friedrichs, JW 1924, S. 260, 263. 154 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 72; Nietsch, kommendes Strafrecht, 2. Aufl., S. 159.

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ten hochverräterischen Inhalts und gegen unzüchtige Darstellungen diene und ihre eigentliche Bedeutung erst in Verbindung mit der Möglichkeit der selbständigen Anordnung der Einziehung nach § 79 Abs. 2 E 1936 gewinne.155 Der Entwurf regelte die selbständige Einziehung in ausdrücklicher Abweichung zum geltenden Recht für die §§ 77, 78 im Hinblick auf die Verfolgungshindernisse einheitlich.156 Die Vorschrift ließ die selbständige Einziehung auch unabhängig von der Bestrafung des Täters zu. Dies insbesondere dann, wenn der Täter schuldunfähig war oder ihm ein Verschulden nicht nachgewiesen werden konnte.157 Diesen Ansatz verfolgte bereits der § 62 E 1925. Wenn in der Endfassung im Vergleich zum Entwurf 2. Lesung AT nicht mehr die Rede davon war, dass die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar sein darf, sondern statt dessen die Wendung gewählt worden war, dass „auf Strafe nicht erkannt werden kann, im übrigen aber die Voraussetzungen der §§ 77, 78 erfüllt sind“, so sollte damit klargestellt werden, dass außer tatsächlichen auch rechtliche Hindernisse in Betracht kommen, und dass insbesondere auch nachträgliche Verjährungshindernisse der selbständigen Einziehung nicht entgegenstehen.158 Dagegen darf aus dieser Änderung nicht hergeleitet werden, dass sich die Strafverfolgungsbehörden mit der Einziehung nur dann begnügen durften, wenn eine Verurteilung des Beschuldigten nicht möglich war. Denn ihre Aufgabe, jeweils zu prüfen, ob nicht noch etwa sonstige Beteiligte, insbesondere Hintermänner erfasst werden können, blieb laut Begründung zum E 1936 davon unberührt.159

155 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 73. 156 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 73; Nietsch, kommendes Strafrecht, 2. Aufl., S. 160. 157 In der Begründung heißt es, dass gerade im Kampf gegen hochverräterische Schriften und unzüchtige Darstellungen, sich oft nicht mit ausreichender Sicherheit nachweisen lasse, dass der Beschuldigte den hochverräterischen Zweck der Schrift erkannt habe. Da die fahrlässige Verbreitung nur in beschränktem Umfang strafbar ist (§ 96), muss der Angeklagte nicht selten freigesprochen werden, obwohl festgestellt ist, dass der Inhalt der verbreiteten Schrift die Tatbestandsmerkmale der Vorschriften gegen Vorbereitung des Hochverrats und gegen Verbreitung unzüchtiger Schriften aufweist. Gerade in diesen Fällen müsse die Einziehung unabhängig von der Verurteilung angeordnet werden dürfen. Dasselbe Bedürfnis besteht nach der Begründung im Rahmen des § 77. Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 73; Nietsch, kommendes Strafrecht, 2. Aufl., S. 160. 158 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 73. 159 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 73.

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Die Kann-Vorschrift des zweiten Absatzes sollte dazu dienen, dass die Bestimmung beweglich blieb und nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten gehandhabt werden konnte.160 Der Entwurf wurde am 1. Dezember 1936 als Kabinettsvorlage der Reichskanzlei sowie den Ressortministern übersandt und am 2. Dezember 1936 nebst Begründung in das Reichskabinett eingebracht.161 Die Beratung über den Entwurf 1936 stand erstmals am 26. Januar 1937 auf der Tagesordnung des Kabinetts. Nach den Planungen des Ministers Gürtner sollte der Entwurf bereits in dieser Sitzung vollständig verabschiedet werden. Dieser Plan scheiterte. Vielmehr fanden in der Folgezeit einzelne Kabinettssitzungen statt, für die wiederum verschiedene Entwürfe verfasst wurden, die jeweils die bis zu diesem Zeitpunkt bereits in Aussicht genommenen Änderungen berücksichtigten. Die Vorschriften über die Einziehung erfuhren keine inhaltliche Veränderung.162 Letztlich gab es einen Entwurf 1939, der den für Januar 1940 geplanten Beratungen im Ministerrat für die Rechtsverteidigung als Vorlage dienen sollte. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an der Ansicht Hitlers, der das Strafgesetzbuch im Wege der ordentlichen Gesetzgebung erlassen haben wollte.163 Er bezweifelte, dass der Zeitpunkt für das neue Strafgesetzbuch schon gegeben sei. Damit war die Strafrechtsreform an der Abneigung Hitlers gescheitert, während des Krieges grundlegende Gesetze zu erlassen.164

C) Zusammenfassung / Fazit In der Zeit des Nationalsozialismus wagte man den Bruch mit dem Konfiskations-Tabu, indem man die Vermögenseinziehung ins Strafgesetzbuch einzuführen gedachte. Im Nebenstrafrecht, hier insbesondere im Wirtschaftsstrafrecht, 160 Vgl. Begründung zum E 1936, abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 74. 161 Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band I, S. XXVIII. 162 Lediglich minimale sprachliche Änderungen waren zu verzeichnen. Im Entwurf zur Kabinettssitzung am 22. Juni 1937 war in § 77 Abs. 2 ein Nebensatz eingefügt worden: „Von der Einziehung kann der Richter, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, absehen, [...].“ und ein neuer Absatz 3: „Wann in anderen Fällen eine Einziehung zulässig ist, bestimmt das Gesetz.“ Auch § 79 Abs. 2 war sprachlich in folgender Weise verändert worden: „[...] wenn zwar nicht auf Strafe erkannt werden kann, im übrigen aber die Voraussetzungen gegeben sind.“ Abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 374. Die Änderung des § 79 Abs. 2 wurde im Entwurf zur Kabinettssitzung im Juni 1938 wieder rückgängig gemacht. § 77 Abs. 2 und 3 wurden getauscht. Abgedruckt in: Schubert / Regge, Quellen NS-Zeit, Band I, 2. Teil, S. 450. 163 Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band I, S. XXIX. 164 Vormbaum / Rentrop, Reform des Strafgesetzbuchs, Band I, S. XXXI.

Siebentes Kapitel: Zeit des Nationalsozialismus

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war sie sogar zur Anwendung gekommen.165 Die seit jeher mit der Vermögensstrafe in Verbindung gebrachten Erwägungen, insbesondere die Eindämmung der Gefährlichkeit bestimmter Personen durch Entziehung wirtschaftlicher Macht sowie die Erhöhung der Abschreckungswirkung waren auch für die nationalsozialistischen Machthaber wichtige Motive für ihre Einstellung ins Sanktionssystem. Positiv ist anzumerken, dass wenigstens Belange Dritter in den Strafrechtsentwürfen und Strafprozessrechtsentwürfen Berücksichtigung finden sollte. In der Denkschrift zum Strafprozessrechtsentwurf wurde auf diesen Umstand ausdrücklich hingewiesen. Ausgangspunkt der Begründung war die Feststellung, dass die Bereicherung des Staates nicht Zweck der Vermögenseinziehung war, vielmehr nur regelmäßige Nebenfolge. Würde man diese Rechte nicht berücksichtigen, liefe diese darauf hinaus Dritte für fremdes Unrecht zu machen.166 Trotz angedachter Einführung der Vermögenseinziehung lässt sich festhalten, dass sich die Beratungen in der amtlichen Strafrechtskommission zu den verschiedenen Einziehungsvorschriften stets als fachlich fundiert erwiesen. Von einer einheitlichen, ausschließlich durch die nationalsozialistischen Grundsätze geprägten Gesetzgebung kann keine Rede sein.167 Vielmehr vermischen sich im Hinblick auf den Bereich der Neuordnung des Reichsstrafgesetzbuches die in den vornationalistischen Entwürfen enthaltenen Vorschläge mit den in der Denkschrift Kerrls und den „Nationalsozialistischen Leitsätze“ formulierten Grundsätze und Forderungen.168 Eine Ausuferung der Vorschriften war nicht zu verzeichnen, vielmehr wurden sie teilweise im Vergleich zu den Entwürfen 1930, 1933 in ihrem Anwendungsbereich wieder eingeschränkt. Der Entwurf 1936 hatte erstmalig Klarheit über die Rechtsnatur der einzelnen Vorschriften gebracht und insbesondere die Einziehung von Sachen in ihrer Struktur komplett als Sicherungsmaßregel ausgestaltet. Damit war gelungen, woran die früheren Kommissionen regelmäßig gescheitert waren. Die Einziehung von Sachen war nunmehr obligatorisch und nicht mehr fakultativ ausgestaltet. Zwar konnte sich der Entschädigungsgedanke des § 52 Abs. 3 E 1930 nicht durchsetzen, doch war die Einziehung mit einer Härteklausel ausgestattet worden.

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Vgl. dazu Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 36. Schoetensack / Christians / Eichler / Oetker, Ergänzungen, S. 31. So auch Buschmann in: Vormbaum / Welp, Strafgesetzbuch, Supplementband I, S. 136. Buschmann in: Vormbaum / Welp, Strafgesetzbuch, Supplementband I, S. 136.

Achtes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung nach 1945 A) Besatzungsrecht Die Herrschaft der Nationalsozialisten und der Zweite Weltkrieg wurden durch die Kapitulation des Deutschen Reichs beendet. In der Folgezeit erließen die Besatzungsmächte Gesetze sowohl auf dem Gebiet des Prozessrechts als auch auf dem Gebiet des materiellen Rechts. Die Alliierten hatten sich die justizförmige Bestrafung der Kriegsverbrecher sowie die vollkommene Vernichtung der nationalsozialistischen Herrschaft, die grundlegende Umgestaltung der politischen, wirtschaftlichen wie auch kulturellen Verhältnisse in Deutschland und damit die Ausschaltung einer neuerlichen Kriegsgefahr auf die Fahne geschrieben. Von der nach diesen Grundsätzen erfolgten Rechtssetzung waren Vorschriften über Einziehung, Verfall und Unbrauchbarmachung im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches nicht tangiert.1

1

Betroffen waren vielmehr Einziehungsvorschriften im Bereich des Besonderen Teil sowie des Nebenstrafrechts. Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 11 vom 30. Januar 1946 (Kontrollratsamtsblatt S. 55; Hemken, Sammlung) wurden diejenigen Bestimmungen des nationalsozialistischen Gesetzgebers aufgehoben, die zur Sicherung des Regimes sowie zwecks Vorbereitung und Durchführung des Krieges in das Strafgesetzbuch sowie in Form von Verordnungen im Bereich des Nebenstrafrechts erlassen worden waren. Durch Artikel I des Gesetzes wurde § 86 StGB aufgehoben. Durch Artikel II der „Verordnung über das Sonderstrafrecht im Krieg und bei besonderem Einsatz (Kriegssonderstrafrechtsverordnung) vom 17. August 1938“ sowie die „Verordnung über die Strafrechtspflege gegen Polen und Juden in den eingegliederten Ostgebieten vom 4. Dezember 1941“. Die Möglichkeit der Vermögenseinziehung wurde in der Besatzungszeit, auch wenn sie zur Zeit des Nationalsozialismus erst wieder eingeführt worden war, nicht beseitigt. Vielmehr wurde von ihr weiterhin Gebrauch gemacht. Vermögenseinziehungen ließen sich als Mittel sowohl primär der Bestrafung als auch der Vernichtung von Nationalsozialismus und Militarismus einsetzen (Schnieders, Geschichte der Vermögensstrafe, S. 520) Das vom Alliierten Kontrollrat für Deutschland am 20. Dezember 1945 beschlossene Gesetz Nr. 10 zur „Bestrafung von Personen, die sich Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden oder gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben“ (Hemken, Sammlung. ABlKR Nr. 3 vom 31. Januar 1946, S. 50 ff.) ließ in Artikel II 3 die Vermögenseinziehung zu. Auch die Kontrollratsdirektive Nr. 38 zur „Verhaftung und Bestrafung von Kriegsverbrechern, Nationalsozialisten und Militaristen und Internierung, Kontrolle und Überwachung von möglicherweise gefährlichen Deutschen“ vom 12. Oktober 1946 (Hemken, Sammlung. ABlKR Nr. 11 vom 11. Oktober 1946, S. 184 ff.) sah die Möglichkeit der Vermögenseinziehung vor. Weiterhin sah das Kontrollratsgesetz Nr. 43 vom 20. Dezember 1946 (Hemken, Sammlung. ABlKR Nr. 11 vom 11. Oktober 1946, S. 184 ff.) in Art. VI Abs. 1 die Möglichkeit der Einziehung des gesamten Vermögens oder eines Teils desselben vor. Mit dem

Achtes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung nach 1945

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B) Gesetzgebung der fünfziger Jahre Die Arbeiten an der Strafrechtsreform wurden zu Beginn der fünfziger Jahre vom Bundesministerium der Justiz fortgesetzt. Die dringendsten Reformaufgaben sollten zunächst im Wege der Novellengesetzgebung erledigt werden. Zu diesem Zweck wurde das Erste Strafrechtsänderungsgesetz2 am 30. August 1951 verkündet. Es folgte das Zweite Strafrechtsänderungsgesetz3 vom 6. März 1953. Damit sollten diejenigen Bestimmungen modifiziert oder abgeschafft werden, die aus der nationalsozialistischen Gesetzgebung hervorgegangen waren und die in der Form nicht beibehalten werden konnten bzw. deren Geltung Zweifeln unterlag. Weiter ging es mit dem Dritten Strafrechtsänderungsgesetz vom 4. August 19534. Diese Gesetze brachten keine Änderungen im Hinblick auf die hier relevanten Vorschriften. Es folgte das Zweite Strafrechtsänderungsge-

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Gesetz wurde die Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Beförderung und Lagerung bestimmten Kriegsmaterials zum Teil vollständig verboten oder von einer Genehmigung abhängig gemacht. BGBl. 1951 I, S.739; vgl. Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Band 1, S. 376 ff. Dieses führte im Besonderen Teil den § 86, der durch den Kontrollrat ersatzlos aufgehoben worden war, in unveränderter Form wieder ein. Über die §§ 98 II, 101 II, 104b I und 109i II galt er praktisch für den gesamten Bereich der Staatsschutzdelikte. Die Einziehung erstreckte sich nach Absatz 3, ähnlich wie bei § 335 StGB, auf das für die Straftat empfangene Entgelt sowie nach Absatz 1 Satz 2 auf die Surrogate der Tatwerkzeuge und -produkte. Mit Surrogaten waren Gegenstände gemeint, die rechtlich oder wirtschaftlich an die Stelle des Originalobjektes getreten waren. Damit unterschied sich die Vorschrift deutlich von der des § 335 StGB, die lediglich eine unspezifische Wertersatzeinziehung zuließ. Der eigentlich revolutionierende Schritt des § 86 ist in seinem 2. Absatz zu sehen. Darin wurde zum ersten Male im Bereich des StGB zwingend vorgeschrieben, dass der durch die Einziehung geschädigte Dritteigentümer aus der Staatskasse zu entschädigen ist, sofern er sich im Zusammenhang mit der Tat nicht auf andere Weise strafbar gemacht hat. Durch das Strafrechtsänderungsgesetz wurde die zur Zeit des Nationalsozialismus ins StGB eingeführte Vermögenseinziehung wieder gestrichen. Allerdings wollte der Regierungsentwurf zum StÄG 1951 bei bestimmten Staatsschutzdelikten noch an der gänzlichen oder bruchteiligen Vermögenseinziehung festhalten (Vgl. BT-Drs. I/1307 § 85). Der Bundesrat hatte dann jedoch erfolgreich die ersatzlose Streichung der Vermögenseinziehung im Regierungsentwurf des StÄG 1951 verlangt. Begründet wurde die Forderung wie folgt: „Die Vermögenseinziehung im Ganzen oder zu einem Teil erweckt Bedenken, weil es erforderlich ist, dass jede Strafe und Nebenstrafe schuldangemessen sein muß. Als prophylaktische Maßnahme ist sie, wenn der Richter sie anordnen soll, angreifbar und als Zweckmäßigkeitsentscheidung in Fällen, wo es schwierig ist, den Vermögensumfang genauer festzustellen, unangebracht, weil der Richter die Verpflichtung hat, alles zur Erforschung des Vermögensumfanges Erforderliche zu tun (Gefahr der Mißdeutung als Sippenhaftung).“ Vgl. BTDrs. I/1307 Anlage 2 S. 58 zu § 85. BGBl. 1953 I, S. 42; vgl. Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Band 1, S. 398 f. BGBl. 1953 I, S.735; vgl. Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Band 1, S. 400 ff.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

setz5 vom 6. März 1953. Damit sollten diejenigen Bestimmungen modifiziert oder abgeschafft werden, die aus der nationalsozialistischen Gesetzgebung hervorgegangen waren und die in der Form nicht beibehalten werden konnten bzw. deren Geltung Zweifeln unterlag. Weiter ging es mit dem Dritten Strafrechtsänderungsgesetz vom 4. August 1953.6 Diese Gesetze brachten keine Änderungen im Hinblick auf die hier relevanten Vorschriften.

C) Beratungen der Großen Strafrechtskommission ab 1954 Nach Abschluss der als vordringlich empfundenen Novellierung entschied man sich 1954, die Strafrechtsrefom wieder aufzunehmen. Darüber hatte zuvor keine Einigkeit bestanden. Bundesjustizminister Dehler7 forderte die Weiterführung der Gesamtreform des materiellen Strafrechts. Andere hingegen hielten eine Gesamtreform nicht für notwendig.8 Ihrer Ansicht nach war lediglich eine Weiterentwicklung einzelner Normen erforderlich.9 Letztlich konnte sich das Bundesjustizministerium mit der Forderung nach einer Gesamtreform durchsetzten. Zur Vorbereitung der Arbeiten wurden Gutachten einzelner Strafrechtslehrer zu ausgewählten Themen eingeholt.10 Zudem wurden zu einigen ebenfalls ausgewählten Themen rechtsvergleichende Untersuchungen am Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg beauftragt.11 Das Bundesjustizministerium bildete eine Große Strafrechtskommission12, die nach ihrer konstituierenden Sitzung am 6. April 1954 ihre Arbeitssitzung am

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BGBl. 1953 I, S. 42; vgl. Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Band 1, S. 398 f. BGBl. 1953 I, S.735; vgl. Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Band 1, S. 400 ff. Mitglied der FDP und von 1949–1953 Justizminister. Schreiben des Oberlandesgerichtspräsidenten vom 3. November 1953 an den Niedersächsischen Justizminister, S. 1 und 2. BArch Koblenz, N 1151, Nr. 131. Abschrift des Schreibens des Niedersächsischen Justizministers vom 12. Februar 1954 an den Bundesminister in Bonn, S. 12. BArch Koblenz, N 1151, Nr. 131. Materialien zur Strafrechtsreform, 1. Band. Gutachten der Strafrechtslehrer. Materialien zur Strafrechtsreform, 2. Band. Rechtsvergleichende Arbeiten. „Die Einziehung“, bearbeitet von Helmut Scharff, S. 253–259. Zusammensetzung: Abgeordnete des deutschen Bundestags: Hoogen (CDU/CSU), Rehs (SPD), Schneider (FDP), Czermark (GB/BHE), Merkatz (DP), Strafrechtswissenschaftler: Bockelmann, Gallas, Jeschek, Lange, Mezger, Eb. Schmidt, Welzel. Vertreter der Landesjustizverwaltung: Kant (Hessen), Krille (Nordrhein-Westfalen), Rösch (Bayern). Vertreter des Bundesgerichtshofs und des Oberbundesanwalts beim BGH: Baldus, Wiechmann. Besonders berufene Einzelmitglieder: Koffka, Niethammer, Richter, Schäfer, Skott. Gr.StrK., (Band 1), 1956, Anhang A Nr. 1.

Achtes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung nach 1945

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29. Juni 1954 aufnahm.13 Die Kommission befasste sich zunächst mit einer Reihe von Grundsatzfragen, die im Bundesjustizministerium ausgearbeitet worden waren und deren Klärung erforderlich erschien, ehe die Beratungen des Allgemeinen Teils eines neuen Strafgesetzbuchs begonnen werden konnten.14

I. Grundsatzfragen des Bundesjustizministeriums Die Arbeitsweise der Kommission war so gestaltet, dass zunächst jedes Einzelthema von zwei Mitarbeitern in Referaten behandelt wurde. Anschließend fand, nachdem vielfach noch der Sachbearbeiter der strafrechtlichen Abteilung des Bundesjustizministeriums deren Auffassung dargelegt hatte, eine Diskussion zu dem Thema statt, deren Ergebnisse von einer Unterkommission in Leitsätzen festgehalten wurden. Die Vollkommission stimmte anschließend über diese Leitsätze ab und fasste entsprechende Beschlüsse.15

1. Grundsatzfrage 5 e Unter der Grundsatzfrage 516 e) „Soll die Geldstrafe sozialer gestaltet werden, etwa in Form des skandinavischen Tagesbußensystems?“ galt es zu klären, wie bei Einführung des Tagesbußensystems mit dem vom Täter erzielten oder erstrebten Gewinn umzugehen ist.17 Im Hinblick auf die Frage nach dem Umgang mit der Gewinnabschöpfung18 wurden drei Lösungswege diskutiert. 13 14 15 16

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Gr.StrK., (Bd. 1), Vorwort, S. 5. Gr.StrK., (Bd. 1), Vorwort, S. 5. Gr.StrK., (Bd. 1), Vorwort, S. 5. Gr.StrK., (Bd. 1), Übersicht, S. 8. Die Grundsatzfrage als sogenanntes Oberthema lautete:“Wie soll das System der Strafen und der sichernden und bessernden Maßregeln ausgestaltet werden?“ Daran anknüpfend wurden Unterthemen gebildet. 8. Sitzung vom 14. Oktober 1954, Gr.StrK., (Bd. 1), S. 171 ff. Mit der Verordnungn über Vermögensstrafen vom 6. Februar 1924, RGBl. 1924 S. 44 (abgedruckt bei: Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Band I, Nr. 24, S. 245 ff.) war § 27c in das Strafgesetzbuch aufgenommen worden. Nach dem Absatz 2 der Vorschrift sollte die Geldbuße das Entgelt, das der Täter für die Tat empfangen hatte und der Gewinn, den er aus der Tat gezogen hat, übersteigen. Der Gedanke der hinter der Einführung des Absatzes 2 stand war der, dass dieser Gewinn dem Täter wieder entzogen wird. Denn der Gedanke, dass der Täter trotz der Geldstrafe noch das durch die Tat Erlangte oder einen Teil davon für sich behalten könne,errege im Volke Anstoß. Vgl. Hellwig, Das Geldstrafengesetz, S. 81. Voraussetzung zur Anwendung des 2. Absatzes war der Umstand, dass sich das Entgelt oder der Gewinn zur Zeit der Aburteilung noch im Besitze des Täter befinden. Hellwig, Das Geldstrafengesetz, S. 82. Die Gewinnabschöpfung wurde im Nebenstrafrecht bereits nach § 7 PreistreibereiVO 1918 (Vgl. 6. Kapitel, A), Rn. 16) angeordnet. Diese Bestimmung war Vorbild für die Gewinneinziehung nach § 29 IV HandelsbeschränkungsVO (Verordnung über Handelsbeschränkungen vo 3. Juli 1923, RGBl. I 706) und nach § 3 PreisstrafrechtsVO

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

Nach der ersten Variante sollte von dem Tagesbußensystem abgesehen und unmittelbar auf eine betragsmäßig festgesetzte Strafe erkannt werden.19 Befürworter dieses Vorschlags gab es nicht. Nach der zweiten Variante sollte die normale Höchstzahl der Tagesbußen überschritten werden dürfen, ähnlich wie es bei § 27c Abs. 2 StGB20 der Fall war.21 Dafür sprachen sich u.a. Schafheutle und Mezger aus, wobei Mezger auch für diese Fälle eine bestimmte Höchstgrenze der Tagesbußen einführen wollte.22 Der dritte Lösungsweg wollte den erzielten Gewinn nicht durch die Geldstrafe selbst erfassen, sondern durch ein neues Institut der Einziehung oder Verfallerklärung.23 Für die Fälle lediglich

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1939 (Verordnung über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften vom 3. Juni 1939, RGBl. I 999). Bei Letzterer war von besonderer Bedeutung der Verzicht auf eine volldeliktische Handlung – bereits die Verwirklichung des äußeren Tatbestandes sollte ausreichen – und die Möglichkeit der Schätzung, falls sich die Höhe des Nebenerlöses ziffernmäßig nicht bestimmen ließ. Auf Grund einer weiter verfeinerten und von der Einziehung institutionell noch schärfer abgehobenen Fassung durch § 4 PreisstrafrechtsVO 1944 (RGBl. I 264) überlebte die Abführung des Mehrerlöses nicht nur den 2. Weltkrieg, sondern ging über das WiStG 1949 (Gesetz zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts vom 26. Juli 1949, WiGBl. S. 193) in das WiStG von 1954 (BGBl. I 175) ein. Vgl. Drost-Erbs, WiStG, S. 122 ff. und KosterlitzZoebe, Wirtschaftsstrafrecht, S. 117. Gr.StrK., (Bd. 1), S. 175. Das seinerzeit geltende Strafrecht berücksichtigte den erzielten Gewinn im allgemeinen nur in der Weise, dass nach § 27c StGB eine nach den allgemeinen Vorschriften zulässige und verwirkte Geldstrafe den aus der Tat gezogenen Gewinn übersteigen soll und dass, um dies zu ermöglichen, das gesetzliche Höchstmaß der Geldstrafe überschritten werden durfte. Ferner konnte, wenn eine Tat auf Gewinnsucht beruhte, nach § 27a nicht nur aus einem erhöhten Geldstrafenrahmen bestraft werden, sondern auch neben einer Freiheitsstrafe auf Geldstrafe da erkannt werden konnte, wo eine Geldstrafe angedroht war. Ob in diesem Falle tatsächlich ein Gewinn erzielt worden war, war für die Anwendung der Vorschrift bedeutungslos gewesen, wenn Gewinnsucht das Motiv der Tat gewesen war. Schließlich war in einigen Fällen der Gewinn selbst, dass scelere quaesitum, als einziehungsfähig oder einziehungspflichtig bezeichnet. Dabei handelte es sich um Fälle, in denen es einerseits nicht erwünscht erschien, dem Täter die Frucht seines gesetzwidrigen Tuns zu belassen, andererseits aber rechtlich begründete Ansprücher Dritter auf Herausgabe des Gewinns nicht in Betracht kommen konnten, wie etwa bei der Einziehung des Fangs, wenn Ausländer ohne Genehmigun in Küstengewässern fischen (§ 296a StGB) – hier wurde kein privates Fischereirecht verletzt –. Vgl. ferner § 8 WiStG 1949. Von solchen Ausnahmetatbeständen kannte das geltende Recht keine Gewinnabschöpfung. Dazu führte der zuständige Referent Fränkel aus: „Kann durch die nach den vorstehenden Vorschriften in Tagesbußen festzusetzende Geldstrafe der Strafzweck nicht erreicht werden, etwa im Hinblick auf die Höhe des Gewinns, den der Täter durch die Tat erzielt hat oder erzielen wollte, so ist unmittelbar auf Geldstrafe zu erkennen; ihr Höchstbetrag ist unbeschränkt.“ Gr.StrK., (Bd. 1), Anhang B, Nr. 30, Umdruck R 12, S. 378. Gr.StrK., (Bd. 1), S. 175. Gr.StrK., (Bd. 1), S. 175.

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erstrebten Gewinns hielt man eine besondere Regelung hingegen für entbehrlich. Sie sollten im Rahmen der Bemessung der Tagesbußen unter dem Gesichtspunkt erhöhter Schuld abgegolten werden.24 Die meisten Mitglieder der Unterkommission favorisieretn die dritte Variante, so dass ein entsprechender Leitsatz25 formuliert wurde, für dessen Fassung sich auch die Mitglieder der Vollkommission26 aussprachen.27 Krille setzte sich mit der Frage der Entgeltabschöpfung auseinander, wobei er an den Beschluss, den Tatgewinn mittels eines neuen Instituts einzuziehen, anknüpfte. Er wollte den in § 335 StGB verankerten Rechtsgedanken – das Empfangene kann wegen § 817 Satz 2 BGB auf zivilrechtlichem Wege nicht zurück verlangt werden – verallgemeinern, um auch Gegenstände, die der Täter für die Begehung der strafbaren Handlung erhalten hat, einziehen zu können.28 Für den Fall, dass die Herausgabe des unmittelbar Erlangten nicht möglich ist, forderte er die Einziehung des an dessen Stelle getretenen Wertes.29 Die Diskussion darüber wurde von der Kommission jedoch aus der weiteren Diskussion über die Grundsatzfragen ausgeschieden.

2. Grundsatzfrage 5 f Im Zusammenhang mit der Grundsatzfrage 5 f), die lautete: „In welcher Weise ist eine Erweiterung des Strafensystems und des Systems der sichernden und bessernden Maßregeln empfehlenswert?“30, sprach sich der zuständige Referent Krille gegen die Aufnahme der Vermögenseinziehung aus, da sie rechtsstaatli-

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Vorschlag Koffkas, Gr.StrK., (Bd. 1), S. 177. Gr.StrK., (Bd. 1), Anhang B, Nr. 33, Umdruck U 7, S. 383. Der Leitsatz lautete: „Hat der Täter aus Gewinnsucht gehandelt und gehört dieser Beweggrund nicht zum gesetzlichen Tatbestand, so ist dies bei der Festsetzung der Zahl der Tagesbußen strafschärfend zu berücksichtigen. Dabei kommt, falls der gesetzliche Höchstbetrag der einzelnen Tagesbuße verhältnismäßig niedrig (etwa auf 100 DM) festgesetzt wird, in Betracht, die gesetzliche Höchstzahl der Tagesbußen für derartige Fälle zu verdoppeln. Der erzielte Gewinn spielt bei der Festsetzung der Tagesbußen keine Rolle. Er ist, soweit nicht Ansprüche Dritter bestehen, im Wege der Einziehung oder entsprechend etwa der Verfallerklärung abzuschöpfen.“ 9. Sitzung am 15. Oktober 1954, Gr.StrK., (Bd. 1), S. 210 ff. Vgl. Leitsätze der Großen Strafrechtskommission, abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 1), Anhang B, Nr. 34, Umdruck K 7, S. 384 f. Identische Fassung. Gr.StrK., (Bd. 1), S. 295 ff. Grundsatzfrage 5 f1. Gr.StrK., (Bd. 1), S. 282. Die Frage wurde in der 12. Sitzung am 25. November 1954 behandelt. Abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 1), S. 273 ff.

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chen Anschauungen widerspreche.31 Befürworter der Vermögenseinziehung gab es im Rahmen dieser Sitzung nicht. Auch in den Leitsätzen der Unterkommission sowie denen der Großen Strafrechtskommission tauchte die Vermögenseinziehung nicht wieder auf.

3. Grundsatzfrage 5 f1 Im Rahmen einer weiteren Grundsatzfrage wurde thematisiert, ob Sondermaßnahmen gegen juristische Personen vorgesehen werden sollen.32 Die Referentin Koffka wollte die sichernden Maßnahmen auch gegenüber Verbänden zur Anwendung bringen.33 Bei Betriebsdelikten sollte die Einziehung Betriebsinhaber und Verbände treffen, zu deren Gunsten die Straftat begangen worden war. Koffka begründete ihren Vorschlag damit, dass die derzeitigen Mittel der Rechtsordnung nicht ausreichen würden, den Verbänden die unmittelbar durch Verbandsdelikte erzielten Vorteile abzunehmen, weil bei der Eigenart der in Betracht kommenden Delikte häufig zivilrechtliche Bereicherungs- und Schadensersatzansprüche nicht gegeben seien oder nicht geltend gemacht würden.34 Obwohl sich die Kommissionsmitglieder von der groben Richtung her einig waren, dass bei Zuwiderhandlungen juristischer Personen sowohl das Recht der Ordnungswidrigkeiten herangezogen als auch zusätzliche Maßnahmen erwogen werden sollten, sahen die Kommissionsmitglieder von einer Abstimmung ab, da sie die Frage, welche Maßnahmen genau angewendet werden sollen, für zu komplex hielten.35

II. Erste Lesung des Allgemeinen Teils Im Anschluss an die Beratung der Grundsatzfragen begann die 1. Lesung des Allgemeinen Teils. In diesem Arbeitsabschnitt wurden die einzelnen Themen wieder in Referaten und Korreferaten der Kommissionsmitglieder behandelt, 31

32 33 34 35

Vgl. Leitsätze des Referenten, abgedruckt in Gr.StrK., (Bd. 1), Anhang B, Nr. 35, Umdruck R 20, S. 386 sowie Wortlautmeldung in der 12. Sitzung am 25. November 1954, Gr.StrK., (Bd. 1), S. 273 ff. Im Rahmen der Sitzung führte er aus: „Ihre Wiedereinführung in unser Strafensystem dürfte nach meiner Auffassung nicht in Betracht kommen. Frey bezeichnet die Vermögeneinziehung mit Recht als eine Maßnahme, die es nicht verdient, Strafe genannt zu werden, als einen im modernen Rechtsstaat in keiner Weise zu rechtfertigenden brutalen, auf wirtschaftliche Vernichtung des Betroffenen und seiner Familie ausgerichteten Willkürakt.“ Die Frage wurde in der 12. Sitzung am 25. November 1954 behandelt. Abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 1), S. 273 ff. Gr.StrK., (Bd. 1), Anhang B, Nr. 40, Umdruck R 18, S. 394. A.a.O. Gr.StrK., (Bd. 1), 13. Sitzung vom 26. November 1954, S. 322.

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die in Leitsätzen, Fassungsvorschlägen und Bemerkungen ihren schriftlichen Niederschlag fanden.36 Außerdem legten Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums regelmäßig Vorschläge und Bemerkungen vor.37 Nach der ersten Beratung des Themas in der Vollkommission wurde eine Unterkommission mit der Ausarbeitung von Fassungsvorschlägen beauftragt.38 Diese Fassungsvorschläge wurden dann die Grundlage der abschließenden Erörterung und Beratung in der Vollkommission.39 Im Vorfeld der Sitzungen, in denen die Vorschriften über Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung beraten wurden, hatten die Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums bereits einen Fassungsvorschlag als Umdruck J 2440 ausgearbeitet, der dem zuständigen Referenten Schäfer zugeleitet worden war. Da dieser viele Kritikpunkte diesbezüglich hatte, hatte er einen Gegenvorschlag mit Begründung erstellt, den er mit den Sachbearbeitern des BMJ während der 7. Arbeitstagung besprach.41 Dies führte dazu, dass ein neuer Vorschlag als Umdruck J 2842 ausgearbeitet worden war, der den Beratungen zugrunde gelegt werden sollte.

1. Umdruck J 24 Die Sachbearbeiter hielten das geltende Recht der Einziehung für kompliziert und unübersichtlich.43 Ein Grund dafür lag ihrer Ansicht nach darin, dass die Vorschrift des § 40 StGB subsidiärer Natur ist und somit der Grundsatz, dass nur Mittel und Erzeugnisse einer vorsätzlichen Tat eingezogen werden können, wenn sie im Eigentum des Täters oder Teilnehmers stehen, durch zahlreiche Sondervorschriften durchbrochen wird und das dadurch die Materie in zahlreichen Vorschriften zerstreut ist, ohne dass sie durch gemeinsame Vorschriften

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Sogenannte R-Umdrucke. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 14), Vorwort S. 5. Sogenannte J-Umdrucke. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 14), Vorwort S. 5. Diese wurden in den sogenannten U-Umdrucken niedergelegt. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 14), Vorwort, S. 5. Deren Ergebnis wurde in den sogenannten K-Umdrucken festgehalten. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 14), Vorwort, S. 5. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 403 ff.; BArch Koblenz B 141/ 82085, Bl. 80 ff. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 203. Diese fand vom 2.–7. September 1954 statt. Vgl. dazu: Übersicht zur Tagesordnung, BArch Koblenz B 141/ 82086, Bl. 1. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 32, Umdruck J 28, S. 409 f.; Vorschlag vom 18. Oktober 1955, BArch Koblenz B 141/82086, Bl. 11 ff. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 404.

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eines Allgemeinen Teils ergänzt werden.44 Die Sachbearbeiter sahen die Regelungen der Einziehung zudem als unzureichend an, da sie für den Fall, dass die Maßnahme sich gegen einen an der Tat unbeteiligten Dritten richtet, dem Art. 14 Abs. 3 GG über die Enteignung keine Rechnung tragen.45 Ein weiterer Grund für die Kompliziertheit und Unübersichtlichkeit lag nach Ansicht der Bearbeiter in der Doppelnatur46 der Einziehung. Sie sahen zwar auch den Vorteil dieser Doppelnatur für den Gesetzgeber, bei der Ausgestaltung des Rechtsinstituts der Einziehung Gesichtspunkte zu kombinieren, die für sich nur bei einer Strafe oder einer Maßregel zutreffen. Allerdings hatten sie systematische Bedenken und sahen überall dort Schwierigkeiten bei der Anwendung der Vorschriften, wo sich aus der Unterscheidung zwischen Strafe und Maßregel im Einzelfall rechtliche Konsequenzen ergaben.47 Da sie die Einziehung sowohl in der Form der Strafe als auch in der Form der Maßregel kriminalpolitisch für unentbehrlich hielten,48 sollten zwei kraft Gesetzes getrennte Institute eingeführt werden mit jeweils unterschiedlichen und klar abgegrenzten Anwendungsbereichen. Die Einziehung einmal als Nebenstrafe, genannt „Verfall“ und einmal als Maßregel, genannt „Einziehung“.49 Auf diesen Gedanken aufbauend war in dem Vorschlag in § a Abs. 1 44

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Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 404; Begründung E 1958, vor § 116, S. 109. So gab es Sondervorschriften, die die Einziehung zwingend vorschrieden, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, wer der Eigentümer des Gegenstandes ist oder die Maßnahme auf fahrlässige Taten oder auf andere als die in § 40 StGB bezeichneten Gegenstände erstreckte. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 404; Begründung E 1958, vor § 116, S. 109. Vgl. Bundesjustizministerium, Material für das Problem der Einziehung, Unbrauchbarmachung und Verfallerklärung vom 8. Juli 1955, BArch Koblenz B 141 / 82085, Bl. 35. So ordnete jedenfalls die herrschende Meinung zum bestehenden Recht die Einziehung ein. In den Fällen des § 40 und überall dort, wo sie nur gegen den Täter oder Teilnehmer verhängt werden kann, qualifizierten sie sie als Nebenstrafe. In den Fällen, in denen sie „unterschiedslos“, d.h. ohne Rücksicht auf das Eigentum eines an der Tat Beteiligten zulässig ist, wurde sie als Maßregel eingestuft. Soweit die Einziehung aber Strafcharakter habe, so die Begründung, sei sie zugleich vom Sicherungszweck getragen. So beispielsweise bei § 2 StGB, bei der Frage der Zulässigkeit der selbständigen Einziehung, bei Amnestiegesetzen und im Strafverfahren. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck R 24, S. 404. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck R 24, S. 405. In diesem Zusammenhang gingen die Sachbeabeiter kurz auf die vorherigen Entwürfe ein, die die Vorschriften der Einziehung als Maßregel oder Nebenfolge qualifizierten. Ihrer Ansicht nach konnten sich auch diese Entwürfe, die die Doppelnatur beseitigen wollten, nicht vom „Strafzweck“ des Instituts lösen. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 403 ff.

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unter dem Begriff des Verfalls, der Verfall der instrumenta und producta als Strafe vorgesehen, soweit sie dem Täter oder Teilnehmer gehörten.50 Die Regelung lehnte sich im Wesentlichen an § 40 StGB an, wobei der Verfall der instrumenta und producta auf Gegenstände, die zur Vorbereitung der Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, ausgeweitet werden sollten, ohne dass dies begründet worden wäre.51 Mit dem Begriff „Gegenstände“ sollten in Abweichung zum geltenden Recht Sachen wie auch Rechte erfasst werden.52 Die Anordnung der Nebenstrafe sollte ins Ermessen des Richters gestellt werden. Zur Strafe des Verfalls gehörte weiterhin nunmehr erstmals in Form einer allgemeinen Regelung die Abschöpfung des Entgelts53, das ein Beteiligter für die Tat erhalten hat und des Gewinns, den er aus der Tat erzielt hatte, vorgesehen in § a Abs. 2 und 3, wobei die Regelungen im Gegensatz zu Abs. 1 obligatorisch ausgestaltet waren.54 Im Rahmen der Anordnung des Gewinnverfalls sollten nach Abs. 3 Ansprüche dritter Personen, die durch die Tat geschädigt worden waren, derart berücksichtigt werden, dass der Gewinn, dem Ansprüche Dritter gegenüberstanden, von der Gewinnabschöpfung von vornherein ausgenommen wurde.55 Der aufgrund dieser Lösung bestehenden Gefahr, dass der Gewinn beim Täter verbleibt, wenn die Geschädigten ihre Ansprüche nicht verfolgen, sollte mit prozessualen Mitteln, wie etwa einer Beschlagnahme im Interesse des Geschädigten, begegnet werden.56 Eventuell noch verbleibende Ausnahmefälle, in denen der Verletzte dem Täter den 50 51 52 53

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A.a.O., S. 403, 406. A.a.O., S. 403 ff. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 406. Das geltende Recht kannte eine Reihe von Vorschriften, nach denen das für die Begehung einer Straftat empfangene Entgelt einzuziehen oder für verfallen zu erklären war. Ursprünglich handelte es sich nur um die Wegnahme eies Bestechungsentgelts, d.h. eines Entgelts, dessen Empfang oder Erwartung tatbestandsmäßig den Empfänger zur Begehung einer strafbaren Handlung veranlassen sollte oder veranlasst hatte. Im Besonderen Teil des StGB war dies § 335, im Nebenstrafrecht z.B. § 12 Abs. 3 des Gesetzes über unlauteren Wettbewerb. Zu diesen klassischen Fällen waren in der neueren Gesetzgebung einige Fälle hinzugetreten, die das Gesetz aber nicht mehr als Verfallerklärung, sondern als Einziehung. Es waren dies die Einziehung des Bestechungsentgelts bei Wahlbestechung nach § 108b StGB und die Einziehung des Tatentgelts bei Hochund Landesverrat und Staatsgefährdung nach §§ 86 Abs. 3, 98 und 101 StGB. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 403, 406. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 403, 406. Die Sachbearbeiter des bundesjustizministeriums hatten sich gegen eine Anordnung des Verfalls ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter entschieden, da sie verhindern wollten, dass der Staat in die ihrer Ansicht nach unerwünschte Lage gedrängt wird, sich wegen der Ersatzansprüche mit dem Verletzten auseinandersetzen zu müssen. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 406.

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Gewinn beließ, meinte man, mit strafrechtlichen Mitteln nicht verhindern zu können.57 In § a Abs. 4 wurde in Übereinstimmung mit der sich dazu gebildeten herrschenden Literatur und Rechtsprechung bestimmt, dass der Zeitpunkt der Anordnung maßgebend ist für die Frage nach den Eigentumsverhältnissen.58 Diese Regelung wurde als notwendige Folge aus der Natur des Verfalls als Strafe angesehen.59 § c, der die Wirkung des Verfalls regelte, ordnete an, dass das Eigentum oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat übergeht, wenn es dem Verurteilten in diesem Zeitpunkt zusteht.60 Die Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums sprachen sich in diesem Zusammenhang gegen das Erlöschen von Rechten Dritter an dem Gegenstand aus, wenn solche zum Zeitpunkt der Rechtskraft bestehen.61 Sie sahen in dem Erlöschen des Rechtes eine Enteignung des Dritten und erachteten diese zugunsten des öffentlichen Wohls aufgrund der Ausgestaltung des Verfalls als Strafe als nicht notwendig. Zudem waren sie der Ansicht, dass es andernfalls wegen Art. 14 GG einer Vorschrift über die Entschädigung des Dritten bedurft hätte.62 Auch aus diesen Gründen sollte selbst dann, wenn der Täter den Gegenstand nach der Tat, aber vor der Entscheidung des Gerichts an einen Dritten veräußert hat, die Anordnung des Verfalls mit Wirkung gegen den Dritten ausgeschlossen sein.63 In den Fällen des § a Abs. 2 und 3 sollte in solchen Fällen gegenüber dem Verurteilten nach § b Wertersatz angeordnet werden können.64 Für die Zeit zwischen Anordnung des Verfalls und Vollzug des Verfalls regelte eine im Vergleich zum geltenden Recht sowie den vorherigen Entwürfen neue Vorschrift in § c Abs. 2, dass die Anordnung des Verfalls als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 BGB gilt. Sie sollte den Vollzug des Verfalls sichern und eine rechtswirksame Veräußerung des Gegenstandes an einen Dritten, die den Verfall ausschließen würde, für die Zeit nach der Anordnung verhindern.65 Eine selbständige Verfallsanordnung war nicht vorgesehen. 57 58 59 60 61

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A.a.O., S. 403, 406. A.a.O. A.a.O., S. 406 f. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 403. So beispielsweise, wenn das Gericht die Beechtigung des Verurteilten irrtümlih angenommen hat. Die Entscheidung des Verfalls sollte dann trotz ihrer Rechtskraft ohne Wirkung bleiben. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 407. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 407. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 407. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 403, 407. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 407.

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Unter dem Begriff „Einziehung“ wurde die Einziehung der instrumenta und producta in § d als Maßregel ausgestaltet.66 Aufgrund ihrer Rechtsnatur sollte das Vorliegen einer rechtswidrigen Tat ausreichen und die Einziehung obligatorisch sowie ohne Rücksicht auf die Frage, in wessen Eigentum der Gegenstand steht, angeordnet werden, wenn die in den Nummer 1 und 2 aufgezählten Voraussetzungen vorliegen.67 Die Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums hatten sich im Hinblick auf die Beschreibung dieser Voraussetzungen dazu entschieden, nicht dem Vorbild des E 1936 zu folgen, der auf die Gefährlichkeit, die den Gegenständen „an sich“, d.h. nach ihrer Eigenart innewohnt, und die sie „in der Hand des Täters oder eines Dritten“ für die Allgemeinheit bedeuten.68 Denn nach Ansicht der Sachbearbeiter konnte ein „an sich“ gefährlicher Gegenstand im konkreten Fall gefährlich oder aber auch ungefährlich sein, je nachdem in welcher Hand er sich befindet, so dass die „an sich“ bestehende Gefährlichkeit die Einziehung nicht rechtfertigt.69 Es sollte vielmehr darauf ankommen, ob die Gefahr besteht, dass der Gegenstand zu weiteren rechtswidrigen Taten benutzt wird.70 Darüber hinaus sollte ein Gegensand wegen „Gefährlichkeit“ immer dann eingezogen werden, wenn seine Herstellung, sein Gebrauch oder Inverkehrbringen durch das Strafgesetz verboten ist und der Schutz der Allgemeinheit die Einziehung gebietet.71 Von der Aufnahme einer wie im E 1936 vorgesehenen „Härteklausel“ wurde abgesehen. Die Sachbearbeiter hielten sie im Hinblick auf die genannten Voraussetzungen der Einziehung weder für systematisch haltbar noch für aus Gründen der Gerechtigkeit erforderlich.72 In § g wurde in Übereinstimmung mit der angedachten Regelung zum Verfall bestimmt, dass das Eigentum mit Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat übergeht.73 Im Unterschied zur angedachten Regelung des Verfalls sollten die Rechte Dritter aber erlöschen, da die Einziehung als Maßregel zugunsten des öffentlichen Wohls dies notwendig mache.74 Damit in engem Zusammenang stand die angedachte Einführung einer allgemeinen Entschädigungsklausel in § h.75 Für den Fall, dass das Eigentum oder 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 403, 407. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 403, 407. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 407. A.a.O. A.a.O., S. 403, 407. A.a.O. A.a.O., S. 407. A.a.O., S. 403. A.a.O., S. 403, 407 f. A.a.O., S. 404.

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das andere Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einem Dritten zugestanden hat oder mit dem Recht eines Dritten belastet gewesen ist, sollte der ehemalige Eigentümer wegen des Eigentumübergangs auf den Staat, entschädigt werden.76 Man hielt diese Regelung wegen der in Artikel 14 Abs. 3 GG enthaltenen Eigentumsgarantie für unumgänglich.77 Allerdings sollte der Anspruch auf Entschädigung ausgeschlossen sein, wenn dem Dritten ein Vorwurf traf, dass der Gegenstand für die Straftat verwendet oder bestimmt worden ist.78 In § e wurde die Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und Darstellungen geregelt.79 In Übereinstimmung mit vorherigen Entwürfen und in Abweichung zum geltenden Recht sollten Darstellungen, deren Verbreitung wegen ihres Inhalts strafbar sein würde, nicht unbrauchbar gemacht, sondern eingezogen werden.80 Dem Vorbild früherer Entwürfe folgend, sollte sich die Anordnung der Unbrauchbarmachung auf die Vervielfältigungsmittel beschränken, bei denen eine Einziehung ungerechtfertigt wäre.81 Darüber hinaus wurde ebenfalls in Anlehnung an frühere Entwürfe der Absatz 2 für gerechtfertigt erachtet, wonach die Maßregel des Absatz 1 in dem Fall, in dem die Verbreitung nur unter besonderen Umständen gegen ein Strafgesetz verstoßen würde, nur angeordnet werden darf, soweit sie erforderlich ist, um ein solches Verbreiten zu verhindern.82 Im Gegensatz zum Verfall sollte nach § f die selbständige Einziehung und Unbrauchbarmachung möglich sein. Während das geltende Recht in § 42 StGB eine Verfahrensvorschrift mit einer materiell-rechtlichen verband und auf diese Weise zu Auslegungszweifeln geführt hatte, sollte § f allein die materiellrechtlichen Voraussetzungen einer selbständigen Einziehung und Unbrauchbarmachung regeln und das selbständige Verfahren nicht berühren.83 Die Voraussetzungen, unter denen das objektive Verfahren stattfinden konnte,

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A.a.O., S. 404, 408. A.a.O., S. 408. An dieser Stelle waren die Gesichtspunkte eingearbeitet worden, die insbesondere im Bereich des Abgabenrechts von der Rechtsprechung zur Bestimmung der Voraussetzungen einer gegen einen Dritten gerichteten Einziehung entwickelt worden waren.Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 408. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 403. A.a.O., S. 403, 408. A.a.O. A.a.O. A.a.O., S. 403 f., 408.

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sollte die Strafprozessordnung regeln.84 Über das geltende Recht hinaus sollte die selbständige Einziehung und Unbrauchbarmachung auch dann zugelassen werden, wenn der Richter von einer Strafe absieht, da dafür ein pratisches Bedürfnis spreche.85 Zudem sollte die Einziehung nach Vollendung der Verjährung schlechthin, also auch in ihrer selbständigen Form ausgeschlossen sein.86

2. Umdruck R 59 Kritische Einwände gegen diesen ersten Entwurf erhob Schäfer in seinem Gegenvorschlag.87

a) Verfall und Einziehung der producta et instrumenta sceleris Schäfer kritisierte die generelle Aufteilung in Nebenstrafe und Maßregel.88 Seiner Ansicht nach konnte es sich bei den Vorschriften nicht um eine Nebenstrafe handeln. Denn wenn Strafe schuldangemessene Sühne sei, könne eine Nebenstrafe immer nur da in Betracht kommen, wo die Hauptstrafe nicht ausreiche und wo die Schuld angemessen nur durch eine zusätzliche zur Hauptstrafe tretende Sühne honoriert werde.89 Er vertrat die Auffassung, dass bei den in Frage kommenden Fällen bereits die Hauptstrafe die volle Sühnefunktion erfüllt und es sich bei den Vorschriften der Einziehung um Sicherungsmaßregeln handelt.90 Seiner Ansicht nach bezweckte die Einziehung der Idee nach, eine künftige gesetzeswidrige Verwendung der producta et instrumenta sceleris auszuschließen, sobald ihre gesetzwidrige Verwendung oder 84 85 86 87 88 89 90

A.a.O., S. 408. A.a.O. A.a.O. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 388 ff. A.a.O., S. 391. A.a.O., S. 391. Diesbezüglich führte er aus: „Wo die Hervorbringung oder der Gebrauch einer Sache Tatbestandsmerkmal ist – und das ist hauptsächlich bei den sogenannten gefährlichen Sachen: der gefälschten Urkunde, dem nachgemachten Geld, den verdorbenen Lebensmitteln, dem gepantschten Wein usw. der Fall – kann die Einziehung des Gegenstandes schon begrifflich nicht Strafe im Sinne zusätzlicher Sühne sein, denn die Sühnefunktion übernimmt hier voll die Hauptstrafe. Auch bei den anderen, in der Hand des Täters gefährlich gewordenen Sachen liegt das nicht anders. Macht es denn für den Grad der Strafwürdigkeit, für das Maß der zur Ausgleichung der Schuld erforderlichen und angemessenen Sühne einen Unterschied, ob der Mörder der sein Opfer unversehens ins Wasser wirft oder in den Abgrund stößt oder ob er Schusswaffe oder Gift benutzt? Das eine Mittel ist so verwerflich wie das andere, und wenn bei dem, der durch Ertränken, Zerschmettern oder Verhungern lassen tötet, die Hauptstrafe zur Sühne ausreicht, warum soll sie nicht ausreichen, wenn er erschießt, ersticht usw“. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 391.

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Bestimmung in der Vergangenheit die Möglichkeit nahe legt, dass sie künftig ähnlich verwendet werden könnten. Er hielt gesetzliche Umschreibungen der Gefährlichkeit91 im Rahmen der Einziehung für schwierig.92 Sie liefen, so Schäfer, wenn sie genügend Spielraum lassen wollten, auf tautologische Beschreibungen hinaus, die nicht fördern, den gewissenhaften Richter aber unter Umständen hemmen, weil eine gesetzlich geforderte Prognose künftigen Verhaltens ihn zu einem größeren Apparat nötigen können, als wenn er nach freiem und natürlich pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hätte.93 Auch die in diesem Zusammenhang notwendige Prognose des Richters befand er als zu schwierig und aufwändig, was im Ergebnis dazu führen würde, dass der Kreis der einzuziehenden Gegenstände im Vergleich zum geltenden Recht zu sehr eingeengt werde.94 Als weiteres kritisierte er das Fehlen eines objektiven Verfahrens im Bereich der Strafe, also dort, wo der Vorschlag die Einziehung als Strafe gedacht hatte.95

b) Einziehung des Gewinns Schäfer wandte sich in seiner Begründung sowohl gegen die Einführung der Gewinnabschöpfung als allgemeines Rechtsinstitut wie auch gegen deren Ausgestaltung im Umdruck J 24. Er hielt die Tragweite einer solchen Regelung für nicht überschaubar und sah zudem kein kriminalpolitisches Bedürfnis für eine allgemeine obligatorische Gewinnabschöpfung.96 Das in Einzelfällen 91

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Der Vorschlag knüpfte an § 77 des Entwurfs 1936 an, wo als gefährlich solche Gegenstände bezeichnet waren, die entweder ihrer Art nach gefährlich waren oder sich in der Hand des an der Tat Beteiligten als gefährlich erwiesen hatten. Der Begründung zum Umdruck J 24 ist zu entnehmen, dass diese Unterscheidung zwischen absolut und relativ gefährlichen Sachen nicht übernommen werden sollte, weil es der Art nach gefährliche Sachen nicht gebe. Auch solche Sachen könnten in redlicher Hand ungefährlich sein. Für die gerichtliche Maßnahm sollte es vielmehr darauf ankommen, ob die Gefahr besteht, dass der Gegenstand zu weiteren rechtswidrigen Taten benutzt wird. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 31, Umdruck J 24, S. 407. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 392. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 207. Wo nach geltendem Recht die Einziehung ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse zulasse, da enge der § d die hierfür bestehenden Einziehungsmöglichkeiten erheblich ein, so Schäfer. Denn auch wenn den Eigentümer an der Verwendung seines Eigentums bei der Tat ene Schuld treffe, so sei die Einziehung nur möglich, wenn eine gesetzeswidrige Verwendung zu besorgen sei und die Voraussetzung sei schwer zu beweisen, aber leicht auszuschließen. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 204 sowie Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 392 ff. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 204 sowie Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 392. Er brachte Beispiele die aufzeigen sollten, dass eine solche Regelung fehl am Platze ist. So führte er aus: „Ein Bettler, den die Polizei bisher stillschweigens übersah, wird von

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erkennbar werdende Bedürfnis für eine Gewinnabschöpfung rechtfertige nicht die Einführung einer allgemeinen Gewinnabführung, zumal es sich bei den punktuell vorhandenen Abschöpfungsvorschriften um Ausnahmevorschriften handele, die nicht Ausdruck eines verallgemeinerungsfähigen und -bedürftigen Gedankens seien.97 Schäfer ging zudem nicht konform mit der Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung als Nebenstrafe. Die Wegnahme eines Vermögensvorteils, den der Täter nach den Vorschriften der Rechtsordnung nicht habe erwerben dürfen, konnte seiner Anischt nach nicht als Strafe im Sinne schuldangemessener Sühne angesehen werden.98 Der Ausgleich der ungerechtfertigten Bereicherung sei unabhängig von der Frage, ob ein konkreter Geschädigter vorhanden sei, keine Strafe, sondern ein öffentlich-rechtlicher Vermögensausgleich. Weiterer Kritikpunkt war die Beschränkung des Gewinnverfalls auf das Eigentum des Täters bzw. Teilnehmers, die den Richter zur Auseinandersetzung mit schwierigen zivilrechtlichen Fragen zwinge.99 Auch könne in all jenen Fällen, in denen der „Gewinn“ unter Verletzung eines gesetzlichen Aneignungsverbots, in denen er dem Täter also nicht gehört, eine Verfallerklärung nicht in Betracht kommen.100 Darüber hinaus forderte er die Einführung einer Härteklausel in Anlehnung an § 8 des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954, nach dem die Abführung des Mehrerlöses beschränkt werden oder unterbleiben konnte, wenn die Abführung eine unbillige Härte oder der Mehrerlös gering war. Das war das Mindeste was er als Erforderlich ansah, wenn man eine Vorschrift einführt, die neben einer einem neu dem Revier zugeteilten jungen und eifrigen Polizeibeamten angezeigt; ist es, wenn er wegen Bettelns verurteilt werden muss, sinnvoll, den gesamten Bettelerlös für verfallen zu erklären? Schließlich wollten die Spender ja ihm und nicht dem Fiskus etwas zuwenden. [...] Referendar A glaubt, dass er mit seiner großen Familie finanziell nicht bis zum Assessorexamen durchhalten könne und beschließt, Rechtsbeistand zu werden. Noch bevor die beantragte Genehmigung erteilt ist, beginnt er mit seiner Tätigkeit – Vergehen nach § 8 des Rechtsberatungsmissbrauchsgesetzes – und hat nun, wenn das herauskommt, neben der Strafe Verfallerklärung seiner Honorare zu erwarten“. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 396 ff. 97 Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 396. 98 Als Argument führte er an, dass eine förmliche zusätzliche Nebenstrafe komme nur dann in Frage, wenn die Hauptstrafe zur schuldangemessenen Sühne nicht ausreiche. Werde unter dem Gesichtspunkt erhöhter Schuld schon das Gewinnstreben (nicht nur die Gewinnsucht) von der Hauptstrafe erfasst und abgegolten, so könne die Gewinnerlangung nicht zu einer zusätzlichen Sühne in Gestalt einer selbständigen Nebenstrafe führen.Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 397. 99 Etwa der Frage der Nichtigkeit von Grundgeschäft und Erfüllungsgeschäft im Falle der Zahlung von Dirnenlohn. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 398. 100 Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 399.

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schuldangemessenen Geldstrafe noch zwingend die Gewinnabführung vorschreibt und damit über das geltende Recht erheblich hinausgeht.101 Schäfer plädierte dafür, das erfolgreiche Gewinnstreben ähnlich wie bei der Bestrafung des Versuchs gegenüber der Vollendung, in erhöhtem Maß bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.102

c) Einziehung des Entgelts für die Begehung einer Straftat Schäfer bezweifelte wiederum das Bedürfnis nach einer allgemeinen selbständigen Verfallanordnung und warnte vor der Aufnahme von Verallgemeinerungen, deren Tragweite nicht abzusehen ist.103 Er wollte entgeltliches Handeln, soweit es schulderhöhend wirkt, bei der Bemessung der Geldstrafe berücksichtigen und eventuell Vorschriften des Besonderen Teils und des Nebenrechts, in denen der Verfall des Entgelts angezeigt erscheint, entsprechend ausbauen.104 Auch billigte Schäfer die Vorschrift nicht für die Fälle, in denen bereits nach dem geltenden Recht das Entgelt weggenommen werden konnte und bei denen auch künftig eine entsprechende Regelung notwendig war, da sie den Anwendungsbereich im Vergleich zum geltenden Recht einschränke.105 Nach dem Wortlaut der Regelung sollte nur ein Entgelt, das für die Begehung einer Straftat empfangen wurde, für verfallen erklärt werden. Bildet dagegen die Annahme des Entgelts für die Begehung einer Handlung, die nicht begangen, und falls begangen, nicht selbst eine Straftat zu sein braucht, den Tatbestand einer strafbaren Handlung, so war die Vorschrift unanwendbar.106 Nach geltendem Recht konnte aber zum Beispiel das Entgelt für verfallen erklärt werden, wenn ein Beamter für eine Amtspflichtverletzung ein Entgelt angenommen hat. Die pflichtwidrige Amtshandlung brauchte selbst keine Straftat zu sein.107 Schäfer war der Meinung, dass die Einschränkung, wonach das Entgelt dem Täter oder Teilnehmer im Zeitpunkt der Anordnung gehören muss, weitgehend zur Wirkungslosigkeit der Vorschrift führen würde. Schließlich sei die Gewäh101 102 103 104

A.a.O. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 397. A.a.O., S. 402. Ein weiterer Vorschlag, den er persönlich allerdings nicht favorisierte, war die Aufnahme einer allgemeinen Verfallanordnung im Allgemeinen Teil mit dem Vorbehalt, im Besonderen Teil von Fall zu Fall zu prüfen, ob die Zulassung angezeigt erscheint. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 402. 105 Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 400. 106 A.a.O. 107 A.a.O.

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rung eines Entgelts für die Begehung einer Straftat wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig, wobei sich die Nichtigkeit auch auf das Erfüllungsgeschäft erstrecke, wenn durch die Hingabe die künftige Begehung einer Straftat bezweckt werde und der Täter in einem solchen Fall kein Eigentum erwerbe108 Auch die angedachte Wertersatzanordnung half in einem solchen Fall nach Ansicht Schäfers nicht weiter, da sie nach ihrem eindeutigen Wortlaut voraussetze, dass eine Verfallanordnung ergangen ist oder wenigstens ergehen konnte. Dazu sei erforderlich, dass der Gegenstand dem Täter oder Teilnehmer im Zeitpunkt der Aburteilung gehört habe.109, 110 108 Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 30, Umdruck R 59, S. 402. 109 A.a.O. 110 Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 32, Umdruck J 28, S. 409 ff. Die Vorschriften sollten wie folgt ausgestaltet werden: „Verfall und Einziehung § a Verfall (1) Hat der Täter oder Teilnehmer für die Begehung einer Straftat in Entgelt erhalten, so ordnet das Gericht neben der Strafe dessen Verfall an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer aus der Begehung einer Straftat einen Gewinn erlangt, so ordnet das Gericht neben der Strafe dessen Verfall an, soweit nicht dem Verletzten aus der Straftat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde. (3) Die Höhe des Entgelts und des Gewinns kann geschätzt werden. (4) Die Anordnung unterbleibt, wenn der Verfall für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. Sie kann unterbleiben, wenn der Wert des Erlangten gering ist. (5) Dem Verfall unterliegen nur solche Sachen und Rechte, die im Zeitpunkt der Anordnung nicht einem Dritten gehören oder zustehen. § b Wertersatz Ist eine Anordnung des Verfalls ausgeschlossen, weil der Gegenstand einem Dritten gehört oder zusteht, oder ist sie nicht ausführbar, so ist der Verfall eines dem Wert des Entgelts oder Gewinns entsprechenden Geldbetrages anzuordnen. Die Anordnung ist auch für den Fall zulässig, dass ihre Voraussetzungen sich später ergeben. § c Wirkung des Verfalls (1) Wird der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem Verurteilten in diesem Zeitpunkt zusteht. (2) Vor der Rechtskraft wirkt die Anordnung des Verfalls als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuches. § d Einziehung (1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, ganz oder teilweise eingezogen werden, wenn 1. wenn die Tat eine vorsätzliche Straftat ist und die Gegenstände zur Zeit der Tat dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen oder 2. nach den Umständen ohne die Einziehung die Gefahr besteht, daß die Gegenstände zur Begehung weiterer rechtswidriger Taten dienen. (2) Die Einziehung unterbleibt, soweit der Verfall der Gegenstände angeordnet wird.

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§ e Einziehung nach Sondervorschriften (1) Ist § d nicht anwendbar, dürfen Gegenstände nur eingezogen werden, wenn das Gesetz es besonders vorschreibt oder zulässt. (2) Ist die Einziehung ohne Rücksicht darauf vorgeschrieben oder zugelassen, ob die Gegenstände im Zeitpunkt der Tat dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen, so dürfen sie nur eingezogen werden, wenn 1. den Berechtigten ein Vorwurf trifft, dass sie Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung oder einer mit ihr in Zusammenhang stehenden anderen rechtswidrigen Tat gewesen sind oder wenn der Berechtigte aus der Tat in vorwerfbarer Weise einen Vorteil gezogen hat. 2. nach den Umständen ohne die Einziehung die Gefahr besteht, dass die Gegenstände zur Begehung weiterer rechtswidriger Taten dienen oder 3. der Schutz der Allgemeinheit es sonst erfordert. § f Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen (1) Hat eine Schrift, Schallaufnahme, Abbildung oder Darstellung einen solchen Inhalt, dass jede Verbreitung gegen das Strafgesetz verstoßen würde, so werden alle Stücke eingezogen die sich im Besitz des Verfassers, Verlegers, Herausgebers, Redakteurs, Druckers, Händlers oder anderer bei der Herstellung, Veröffentlichung, Vorführung oder Verbreitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder sonst zur Verbreitung, Vorführung oder Vervielfältigung bestimmt sind. Ferner ist anzuordnen, dass die Platten, Formen, Drucksätze, Klischees oder Matrizen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind. (2) Verstößt die Verbreitung nur unter besonderen Umständen gegen das Strafgesetz, so ordnet das Gericht diese Maßnahmen nur an, soweit sie erforderlich sind, um ein solches Verbreiten zu verhindern. (3) Begründet nur ein Teil des Inhalts, der sich ausscheiden lässt, die Einziehung oder Unbrauchbarmachung nach den Absätzen 1 und 2, so sind die Maßnahmen auf diesen Teil zu beschränken. § g Wirkung der Einziehung Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum der das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über. Rechte Dritter an dem Gegenstand erlöschen. § h Selbständige Anordnung (1) Kann wegen der Tat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so muss oder kann auf Verfall, Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahmen vorgeschrieben oder zugelassen sind, im übrigen vorliegen. (2) Dasselbe gilt, wenn das Gericht von Strafe absieht. § i Entschädigung Stand das Eigentum oder das andere Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einem Dritten zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, so ist dieser angemessen zu entschädigen, wenn ihn oder seinen gesetzlichen Vertreter keinen Vorwurf trifft, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung oder einer mit ihr in Zusamenhang stehenden anderen rechtswidrigen Tat gewesen ist und wenn er auch nicht aus der Tat in vorwerfbarer Weise einen Vorteil gezogen hat.“

Achtes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung nach 1945

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3. Umdruck J 28 Die Sachbearbeiter trugen den Bedenken Schäfers im Umdruck J 28 zum Teil Rechnung.111 Das hatte zur Folge, dass man systematische Gesichtspunkte und den Drang nach systematischer Klarheit zurückgestellt hatte.112 Der zweite Vorschlag kehrte wieder zur Doppelnatur von Einziehung und Unbrauchbarmachung zurück. Bei der Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen war der Entwurf somit nicht mehr an eine vorweg getroffene Entscheidung über die Rechtsnatur gebunden. Die Regelung folgte in den Einzelheiten allein den kriminalpolitischen Bedürfnissen.113 Trotz dieser Einspurigkeit blieb es bei der Unterscheidung zwischen Verfall und Einziehung als zwei verschiedenen Instituten.114 Man hielt dies wegen der unterschiedlichen Wirkungen und Voraussetzungen sowie der verschiedenen Einziehungsgegenstände der beiden Vorschriften für erforderlich.115

a) Entgelt- und Gewinnverfall Der Verfall wurde wiederum in den §§ a bis c geregelt. Allerdings war eine Verfallanordnung in Abweichung zum Vorschlag im J 24 im Hinblick auf die producta et instrumenta sceleris nicht mehr vorgesehen. Die Regelungen des Verfalls bezogen sich nur noch auf das Entgelt (Abs. 1) und den Gewinn einer Tat (Abs. 2). Im Gegensatz zu Schäfer hielten die Sachbearbeiter des BJM diese Vorschriften in Form von allgemeinen Maßnahmen für notwendig. Zum einen erschien es ihnen nicht angemessen, dem Täter das Entgelt zu belassen, das er für die Behehung der Tat erhalten hat.116 Zum anderen waren sie der Meinung, an der auf der 9. Sitzung hierüber gefassten Entschließung festhalten und den Verfall auch auf den Gewinn ausdehnen zu müssen, da das Tagesbußensystem dazu zwinge.117 Den Vorwurf Schäfers, dass diese Maßnahmen zu einer Doppelbestrafung des Täters führen würden, sahen sie dadurch aus der Welt geräumt, dass dem Verfall der ausdrückliche Charakter einer Strafe genommen worden sei.118 Ihrer Ansicht nach handele es sich um einen öffent-

111 112 113 114 115 116 117 118

In der folgenden Darstellung werden die Abweichungen zum Umdruck J 24 erörtert. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 204 sowie Anhang Nr. 32, Umdruck J 28, S. 409. Vgl. Begründung E 1958, S. 109. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 204. A.a.O. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang, Nr. 31, J 24, S. 406. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205. A.a.O.

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lich-rechtlichen Gewinnausgleich.119 Die von Schäfer angesprochene Härteklausel war in § a Abs. 4 eingefügt worden.120 Danach sollte die Anordnung des Verfalls unterbleiben, wenn der Verfall für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre.121 Sie sollte zudem unterbleiben können, wenn der Wert des Erlangten gering war.122 Die Einführung der Härteklausel wurde damit begründet, dass die zwingend vorgeschriebene Anordnung von Verfall oder Wertersatz, wobei es im Rahmen der Anordnung des Wertersatzes nicht darauf ankommen sollte, ob der Verurteilte tatsächlich noch bereichert war, zu unbilligen Ergebnissen führen würde.123 In Abs. 3 war in Abweichung zum J 24 die Möglichkeit der Schätzung im Hinblick auf die Höhe des Entgelts und des Gewinns vorgesehen.124 Damit sollte die Praktikabilität der Vorschrift über den Verfall erhöht werden.125 Auch den Bedenken Schäfers im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse war Rechnung getragen worden, indem in § a Abs. 5 nur noch darauf abgestellt wurde, dass die Sachen und Rechte im Zeitpunkt der Anordnung nicht einem Dritten gehören oder zustehen. Durch die Fassung wurde weiterhin klargestellt, dass auch herrenlose Gegenstände, an denen kein fremdes Aneignungsrecht besteht, dem Verfall unterliegen.126 Von einer Ausdehnung der Gewinnabführung auf Dritte sollte weiterhin abgesehen werden.127 Dies beruhte nicht, wie zuvor noch im Umdruck J 24, auf systematischen Erwägungen, sondern auf einem rechtspolitischen Anliegen.128 Nach Ansicht der Bearbeiter konnte eine Zulassung der Gewinnabführung gegenüber Dritten 119 120 121 122 123 124 125

A.a.O. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205, Anhang, Nr. 32, J 28, S. 409. Anhang, Nr. 32, J 28, S. 409. A.a.O. Begründung E 1958, § 118, S. 111 f. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang, Nr. 32, J 28, S. 409. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205. Die Vorschrift entsprach dem § 8 Abs. 3 des Wirschaftsstrafgesetzes 1954. Sie sollte geboten sein, um dem Gericht bis ins einzelne gehende Feststellungen über Art und Höhe des Entgelts, des Gewinns oder des Erlangten zu ersparen. Begründung E 1958, § 116, S. 111. 126 Begründung E 1958, § 116, S. 111. Demnach erfasste der Verfall auch die Fischbeute, die Ausländer bei unbefugtem Fischen in deutschen Küstengewässern (§ 296a StGB) erzielt haben. 127 Begründet wurde das damit, dass eine solche nur möglich sei, wenn den Dritten ein Verschulden eigener Art treffe und die dann notwendige Überprüfung der rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen Täter und dem Dritten zu unübersichtlich und schwierig sei. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205. 128 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205.

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wegen Art. 14 GG nur erfolgen, wenn ein besonderer Rechtfertigungsgrund in Form eines Verschuldens eigener Art in der Person des Dritten vorliegt.129 Im Rahmen des Verfalls könne ein Verschulden des Dritten, der weder Gehilfe, Teilnehmer oder Begünstigter ist, nur in einer Art bösem Glauben liegen.130 Die Bearbeiter sahen es als zweifelhaft an, ob das in den Fällen der fahrlässigen Unkenntnis der Tat als Rechtfertigungsgrund immer zu gerechten Ergebnissen führen würde.131 Darüber hinaus waren sie sich nicht sicher, wie sich der böse Glaube mit der zivilrechtlichen Situation vereinen ließe.132 Man müsse die rechtsgeschäftliche Beziehung zwischen Täter und dem Dritten irgendwie in die Berechnung einbeziehen. Davon sahen die Sachbearbeiter jedoch ab, da sie nicht überblicken konnten, wohin das letztlich führe würde.133 Stattdessen sollte, für den Fall, dass der Betroffene die Sache oder das Recht vor der Anordnung einem Dritte übertragen hat, Wertersatz angeordnet werden können. § b ordnete in Übereinstimmung mit dem Umdruck J 24 Wertersatz an, wenn die Anordnung des Verfalls ausgeschlossen war, weil ein Dritter Eigentümer oder Rechtsinhaber war.134 Im Gegensatz zum Umdruck J 24 war § b ein neuer Satz hinzugefügt worden, wonach die Anordnung des Wertersatzes auch für den Fall, dass sich ihre Voraussetzungen später ergeben würden, zulässig sein sollte.135 § b Satz 2 ermöglichte, dass sie auch vorsorglich erfolgen konnte.136 Die Regelung über die Wirkung des Verfalls in § c waren vom Umdruck J 24 unverändert übernommen worden. Im Unterschied zum Umdruck J 24 sollte nunmehr nach § h auch die selbständige Anordnung des Verfalls möglich sein.137

b) Einziehung Die Einziehung der instrumenta und producta war grundsätzlich wieder fakultativ vorgeschrieben und in § d Nr. 1 im Wesentlichen an Voraussetzungen wie im geltenden Recht geknüpt. Vorsätzliche Tat sowie Eigentum des 129 130 131 132 133 134 135

A.a.O. A.a.O. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205. A.a.O. A.a.O. A.a.O. Dadurch sollte die Möglichkeit geschaffen werden Wertersatz anzuordnen, wenn für das Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung feststeht, dass die nach § a gebotene Anordnung nicht ausführbar wäre. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205. 136 Begründung E 1958, § 117, S. 111. 137 Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang, Nr. 32, J 28, S. 410.

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Täters. Im Gegensatz zum geltenden Recht und in Übereinstimmung mit den Entwürfen 1930, 1933 sollte es im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse auf den Zeitpunkt der Tat und nicht den des Urteils ankommen.138 Im Unterschied zum Verfall sollte nunmehr die Veräußerung des Gegenstandes nach der Tat die Einziehung nicht mehr hindern.139 Einher ging mit dieser Regelung die aus dem Umdruck J 24 unverändert übernommene Vorschrift über die Wirkung der Einziehung (§ g), nach der die Rechte Dritter erlöschen, wenn das Urteil rechtskräftig wird und das Eigentum auf den Staat übergeht. Begründet wurde dieses Ergebnis damit, dass die Einziehung in der Regel auch Sicherungsaufgaben erfüllt und es daher gerechtfertigt ist, der Anordnung trotz der Rechte Dritter Wirkung zu verleihen.140 Für den Rechtsverlust sollte der ehemalige Eigentümer allerdings, wie bereits im Umdruck J 24 vorgesehen, wegen der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG nach § i eine Entschädigung erhalten, wenn ihn keinen Vorwurf traf.141 Im Gegensatz zum geltenden Recht und in Anlehnung an den Umdrucks J 24, sollte die Einziehung nach § d Nr. 2 fakultativ möglich sein, wenn die Gefahr bestand, dass der Gegenstand der Begehung weiterer rechtswidriger Taten dienen konnte. Es sei notwendig die Einziehung ohne Rücksicht auf ein Verschulden oder die Eigentumsverhältnisse zuzulassen, da es Instrumente der Tat gebe, die so beschaffen seien, dass sie auf jeden Fall aus dem Verkehr gezogen werden müssten.142 Weiterhin wollte man durch die Schaffung dieser allgemeinen Vorschrift das geltende, in zahlreiche Sondervorschriften zersplitterte Recht der Einziehung vereinheitlichen und vereinfachen, da die zahlreichen anderen Gesetze für diesen Bereich keine Regelung mehr treffen müssten.143 Nicht aufgenommen worden war die Regelung des § d Abs. 1 Nr. 1 des Umdrucks J 24, wonach eine Einziehung eines Gegenstandes auch dann möglich war, wenn es gegen das Strafgesetz verstoßen würde, sie herzustellen, zu gebrauchen oder in den Verkehr zu bringen und die Einziehung zum Schutz der Allgemeinheit geboten ist.144

138 139 140 141 142

Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang, Nr 32, J 28, S. 409 f.; Begründung E 1958, § 120, S. 112. Begründung E 1958, § 120, S. 112. Begründung E 1958, § 123, S. 114. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang, Nr. 32, J 28, S. 410; Begründung E 1958, § 125, S. 115. Als Beispiel wurden unzüchtige Schriften genannt, bei denen dies bereits der Fall war. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205. 143 Begründung zum E 1958, S. 112; Gr.StrK., (Bd. 3), S. 213. 144 Die Nichtaufnahme war nicht begründet worden.

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Neu war die Vorschrift in § e, die die Einziehung nach Sondervorschriften regelte, die aber auf dem Boden der Rechtsprechung zu § 40 entwickelt worden war.145 § e Abs. 1 besagte, wie entsprechende Regelungen in den vorherigen Entwürfen, dass dann, wenn die Voraussetzungen der Einziehung nach § d nicht vorliegen, Gegenstände nur eingezogen werden dürfen, wenn das Gesetz es besonders vorschreibt oder zulässt. Hintergrund war die Ansicht der Bearbeiter, dass es auch im künftigen Recht Einziehungsfälle im Bereich des Besonderen Teils und des Nebenstrafrechts geben werde, in denen die Einziehung anderer Gegenstände als instrumenta und producta vorgeschrieben und zugleich unterschiedslos zugelassen werde.146 Da die unterschiedslose Einziehung ihrer Wirkung nach als Enteignung eingestuft wurde sollte sie im Bestreben, der in Artikel 14 Abs. 3 GG enthaltenen Eigentumsgarantie Rechnung zu tragen, nur zulässig sein, wenn sie aus kriminalpolitischen Gründen geboten erschien.147 Deshalb wurden im zweiten Absatz Gründe in Form allgemeiner Grundsätze genannt, die die sogenannte unterschiedslose Einziehung gegenüber Dritten rechtfertigen.148 Das bedeutet, dass die Einziehung gegenüber Dritten selbst dann, wenn die entsprechende Vorschrift hierzu schweigt, nur zulässig war, wenn ein besonderer Rechtfertigungsgrund bestand.149 In § e Abs. 2 Nr. 1 145 146 147 148

Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205; Begründung E 1958, § 121, S. 113. Begründung zum E 1958, S. 113. Diese waren bereits zuvor vom BGH aufgestellt worden. Erstmals entschieden hatte das der BGH, BGHSt 1, 311/3. Der BGH hatte den Grundsatz aufgestellt, dass „aus Gründen der Gerechtigkeit und Billigkeit“ jede Dritteinziehung eines „besonderen Rechtfertigungsgrundes“ bedarf. Der BGH führte dazu aus, dass auch die neuere Gesetzgebung zeige, dass die Einziehung den unbeteiligten Eigentümer nur treffen soll, „wenn diese Maßnahme von einem besonderen Rechtfertigungsgrund getragen wird, wenn also gegen den Eigentümer zwar kein zur Bestrafung ausreichender, aber doch ein anderer die Einziehung rechtfertigender Vorwurf erhoben werden kann, oder das sie jedenfalls unterbleiben darf, wenn es an einem solchen Grunde fehlt“. Dieses Leitmotiv hatte dazu geführt, dass die Judikatur mosaikartig einen Katalog von Dritteinziehungsgründen entwickelt hatte. Das Auffinden und Beschreiben dieses Rechtfertigungsgrundes wollten die Sachbearbeiter nun nicht mehr der Rechtsprechung überlassen sondern vielmehr eine Grundregel schaffen, die schlechthin allgemeinverbindlich war und die ein Sondergesetz allenfalls erweitern oder modifizieren, aber keineswegs umgehen konnte. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 206. 149 Erste Ansätze, die ursprünglich unbeschränkten Dritteinziehungsvorschriften durch Quasi-Verschuldenskriterien einzuschränken, fanden sich erstmals bereits in der Wirtschafts- und Steuergesetzgebung der 30er Jahre. Nach § 45 I 3 DevisenG 1935 (Gesetz über die Devisenbewirtschaftung vom 4. Februar 1935, RGBl. I 106) sollte die Dritteinziehung unterbleiben, wenn der betroffene Eigentümer von der einziehungsbegründenden Tat weder Kenntnis hatte noch sie haben konnte und aus der Tat auch keine eigenen Vorteile gezogen hat. So ähnlich auch § 3 II PreisstrafrechtsVO 1944 (Verordnung über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften

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wurde als Rechtfertigungsgrund das „Verschulden zweiten Grades“ aufgenommen.150 Die Nr. 2 stellt eine Wiederholung des § d zweiter Fall dar. Was dort galt sollte auch in § e gelten, wobei von den Sachbearbeitern auf die Begründung zu § d verwiesen wurde.151 Die Nr. 3 betrifft den Schutz der Allgemeinheit.152 Die Vorschrift über die Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen (§ f) entsprach in den Grundsätzen dem § 41 StGB und der Entwicklung dieser Vorschrift in den Entwürfen 1927 und 1930.153 Der Katalog der Gegenstände, auf die sich die Maßnahme beziehen sollte, war im Vergleich zu den Vorgängerentwürfen durch die Schallaufnahmen und bei den Vervielfältigungsmitteln durch die Drucksätze, Klischees und Matrizen ergänzt worden. Es sollte im Hinblick auf die Schallaufnahmen im Rahmen der Beratungen noch überprüft werden, inwieweit neben der Einziehung auch die Unbrauchbarmachung in Frage kommt.154 Weiterhin erweiterte § f in Abweichung zu damals geltenden Recht den Kreis der von der Einziehung betroffenen Besitzer erstmals generalklauselartig, indem der Zusatz „oder andere bei der Herstellung, Veröffentlichung, Vorführung oder Verbreitung mitwirkende Personen“eingefügt worden war. Diese Erweiterung wurde nicht näher begründet. Sie scheint aber damit zusammen zu hängen, dass sich der in § 41 StGB abschließend aufgezählte Besitzerkreis als zu eng erwiesen hatte, so

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i.d.F. vom 26. Oktober 1944, RBl. I 264). Die Quasi-Verschuldenskriterien wurden dann auch in § 40 des WiStG 1949 (Gesetz zu Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts vom 26. Juli 1949, WiGBl. S. 193) und in § 19 des OWiG 1952 (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 23. Mai 1952, BGBl. I 177) übernommen. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 206. Die Rechtsprechung hatte diese Art des Verschuldens „QuasiVerschulden“ genannt. Es konnte nur von einem „Quasi-Verschulden“ die Rede sein, da sich der die Einziehung rechtfertigende Vorwurf nicht bis zu einem nachweisbar vorsätzlichen oder fahrlässigen Verschulden i.S. des strafrechtlichen Strafbegriffes verdichtet zu haben brauchte. Denn sonst wäre ja oft schon strafbare Teilnahme anzunehmen. Vgl. Rotberg, OWiG, § 19 Rn. 2. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 206. Gedacht wurde dabei etwa an Gegenstände, die ihrer Natur nach gefährlich sind, wie gefälschte Lebensmittel oder Arzneimittel oder deren Beschaffenheit nicht einwandfrei festgestellt werden kann. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 206. Hinsichtlich des Erfassungsbereichs wurde wieder zwischen den Schriften usw. mit einem solchen Inhalt, dass jede Verbreitung gegen das Strafgesetz verstoßen würde (Abs. 1) und den Schriften, deren Verbreitung nur unter besonderen Umständen strafbar wäre (Abs. 2). Gr.StrK., (Bd. 3), S. 283. Der Sinn dieser Unterscheidung lag darin, dass Absatz 1 einen Fall des § 184 StGB betraf, während Absatz 2 zum Beispiel auf das Gesetz zur Verbreitung jugendgefährdender Schriften (Gesetz vom 9. Juni 1953, BGBl. I S. 377) zugeschnitten war. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 32, Umdruck J 28, Fußnote 3, S. 410.

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dass in der Rechtsprechung Abhilfe im Wege erweiternder Ausledung gesucht worden war.155 Die selbständige Anordnung war nunmehr in § h und nicht mehr in § f geregelt und war, wie bereits erörtert, auf den Verfall ausgedehnt worden. Die Vorschriften über die Entschädigung waren nunmehr anstatt in § h in § i geregelt und bis auf den letzten Halbsatz dem Umdruck J 24 entsprechend übernommen worden.156 Der letzte Halbsatz schloss die Entschädigung des ehemaligen Eigentümers auch dann aus, wenn er aus der Tat in vorwerfbarer Weise einen Vorteil gezogen hat. Dieser Zusatz war notwendige Folge des neuen § e Abs. 2 Nr. 1.

4. Beratungen der Strafrechtskommission a) Einziehung und Unbrauchbarmachung aa) § d Umdruck J 28 Ein Schwerpunkt der Beratungen im Hinblick auf die Einziehung der producta und instrumenta sceleris war die Frage, ob eine allgemeine Einziehungsvorschrift für gefährliche Gegenstände vorgesehen werden sollte, wie § d Ziff. 2 es tat, oder ob die Regelung dieser Frage von Fall zu Fall dem Besonderen Teil und dem Nebenstrafrecht überlassen werden sollte. Großrau befürwortete eine allgemeine Vorschrift als eine Art Klammervorschrift für die Fülle der Sonderregelungen.157 Auch Schafheutle hielt eine Solche für erforderlich, da der Besondere Teil und das Nebenstrafrecht nicht alle Fälle erschöpfend erfassen könnten.158 Jescheck stimmte ebenfalls zu, wollte den Anwendungsbereich des § d Ziff. 2 aber auf absolut gefährliche Gegenstände beschränken.159 Hiergegen trug Schafheutle vor, dass die Bestimmung der absoluten Gefährlichkeit sehr schwierig und abzulehnen sei.160 Gallas hingegen hielt die Ausdehnung der Einziehung durch § d Ziff. 2 für gefährlich, weil nunmehr auch die Fahrlässigkeitstaten dadurch, dass in § d S. 1 nicht mehr auf vorsätzliche, sondern lediglich auf rechtswidrige Taten abgestellt wurde, erfasst würden. Er hielt es für zweckmäßiger, diese Fälle nicht generell, sondern nur an einzelnen Stellen 155 So waren als „Buchhändler“ auch Filmhändler, Hausierer, Straßenverkäufer Verteiler und gdl. Angesehen worden. Vgl. Schmidt in LK, § 74d Rn. 12 sowie BGHSt 19, 76. 156 Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 32, Umdruck J 28, S. 410. 157 34. Sitzung vom 28. Oktober 1955, abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 3), S. 211; BArch Koblenz B 141/82086, Bl. 19 ff. 158 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 213 und 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 284. 159 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 213. 160 So bräuchte ein Gift in der Hand des Apothekers oder Arztes nicht geährlich zu sein. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 213

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zu regeln, an denen eine derartige Folge besonders beabsichtigt war.161 Skott sprach sich grundsätzlich für eine allgemeine Einziehungsvorschrift aus, war mit der sprachlichen Fassung des § d Nr. 2 sowie mit der gleich lautenden des § e Abs. 2 nicht einverstanden, sofern sie davon sprachen, dass die Gegenstände „zur Begehung weiterer rechtswidriger Taten dienen“ sollten.162 Wenn es sich, wie beabsichtigt, bei den Regelungen lediglich darum handle, dass eine solche Gefahr bloß vermutet werde, müsse auch der Wortlaut dies zum Ausdruck bringen. Er schlug vor den Wortlaut zu wählen, dass die Gegenstände „bei der Begehung weiterer rechtswidriger Taten Verwendung finden“.163 Strauß schloss sich dem an, schlug allerdings vor zu sagen, dass die Gegenstände nicht „zur“, sondern „der“ Tatbegehung dienen, womit sich auch Skott einverstanden erklärte.164 Zur Abstimmung165 kamen zwei Lösungsvorschläge166. Die erste Alternative bejahte die Notwendigkeit einer allgemeinen Vorschrift. Die zweite Alternative verneinte sie.167 Im Hinblick auf beide Alternativen war der Kritik Gallas gefolgt worden und nunmehr wieder das Vorliegen einer vorsätzlichen Tat Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift war. Im Übrigen war die Nr. 2 der 1. Alternative genauer und konkreter gefasst worden, wobei insbesondere der Vorschlag von Strauß umgesetzt worden war. Die erste Alternative wurde einstimmig angenommen.168

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Gr.StrK., (Bd. 3), S. 212. Auch Schäfer vertrat diese Ansicht. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 213. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 213. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 213. Vgl. 37. Sitzung vom 24. April 1956, abgedruck in: Gr.StrK., (Bd. 3), S. 271 ff. Vgl. Formulierungsvorschläge der Unterkommission (bestehend aus den Mitgliedern Schäfer, Großrau, Krille, Gallas, Koffka und Schafheutle), die auf Grundlage des Umdrucks J 28 und der Beratungen aus der 34. Sitzung ausgearbeitet worden waren. Abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang, Nr. 33, Umdruck U 30, S. 411 ff. 167 Vgl. die unterschiedlichen Lösungsansätze im Vorschlag der Unterkommission im Umdruck U 30. Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang, Nr. 33, S. 411. 168 Insbesondere Gallas sprach sich für die Beibehaltung der Regelung des § 40 mit der Neuerung, dass es für die Frage des Eigentums nicht auf den Zeitpunkt des Urteils, sondern auf den der Tat ankommt, aus. Er sah das Bedürfnis für eine generelle Erweiterung der Vorschrift auf eine unterschiedslose Einziehung der instrumenta et producta sceleris, soweit es sich um Gegenstände von absoluter oder relativer Gefährlichkeit handelt, als nicht erwiesen an. Seiner Meinung nach war es ausreichend, dem besonderen Fall durch eine Erweiterung der Einziehungsvorschriften im Besonderen Teil Rechnung zu tragen. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 285.

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bb) § e Umdruck J 28 Im Hinblick auf die Vorschrift, die die Einziehung nach Sondervorschriften regelte, waren sich die Kommissionsmitglieder einig, dass eine solche Regelung, die insbesondere die Einziehung gegenüber Dritten beschränkt, notwendig sei. Über die Einzelheiten der Ausgestaltung bestand jedoch Uneinigkeit. Zunächst kritisierte Schäfer den Absatz 1 der Vorschrift, da er ihn für missverständlich hielt.169 Ihm erschien das Verhältnis des § e zu § d als zweifelthaft, da der § d die producta und instrumenta sceleris umfasste, § e sich aber lediglich auf die Fälle beziehen sollte in denen § d nicht anwendbar ist.170 Für Schäfer sah das so aus, als wären mit § e lediglich die Gegenstände gemeint, auf die sich die Straftat bezieht, ohne dass sie producta oder instrumenta sind.171 Ausgiebige Diskussionen rankten sich um Absatz 2 Nr. 1 der Vorschrift. Gallas hatte, auch wenn mit der Nr. 1 die bisherige Rechtsprechung legitimiert werden sollte, Bedenken im Hinblick auf den verfassungsmäßig garantierten Eigentumsschutz.172 Ihm erschien es fraglich, ob die generalpräventiven Erwägungen zur Bejahung der Frage genügten, dass die Enteignung dem allgemeinen Wohl diene.173 Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Vorschrift kritisierte er den Umstand, dass in Absatz 2 Nr. 1 die Tatbestandsmerkmale „wenn den Berechtigten ein Vorwurf trifft“ und „in vorwerfbarer Weise“ verwendet werden, da man hier auf verdecktem Wege zur Bestrafung fahrlässiger Beihilfe gelangen würde.174 Zudem sah er in der Verwendung des Tatbestandsmerkmals „in vorwerfbarer Weise“ die Gefahr, dass es in der Praxis zu einer Art Verdachtsstrafe kommen wird, was bedeuten würde, dass man sich äußerlich mit Fahrlässigkeit begnügt, in Wahrheit aber vermutet, dass der Täter und der Dritte unter einer Decke stecken.175 Auch erschien im der Umstand, dass nicht auf die Schuld des Eigentümers an der Verwendung des Gegenstandes abgestellt wird, sondern lediglich auf einen gezogenen Vorteil zur Rechtfertigung einer so schwerwiegenden Maßnahme wie der Enteignung für nicht gerechtfertigt.176 Die meisten Kommissionsmitglieder hielten die Nr. 1 aus kriminalpolitischen Gründen jedoch grundsätzlich für notwendig. Schafheutle 169 170 171 172 173 174 175 176

Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 3 S. 213 f. A.a.O. A.a.O. A.a.O., S. 212. A.a.O., S. 212. A.a.O. A.a.O. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 285.

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führte dazu aus, dass es vielfach Bestimmungen gäbe, die die Einziehung ohne Rücksicht auf das Eigentum eines Dritten zulassen und man mit einer einschränkenden Bestimmung versuchen müsse, den maßgebenden Gesichtspunkt des vorwerfbaren Verhaltens in praktikabler Weise einzubauen.177 Lange, Gallas und Schmidt schlugen daher vor, um den Bedenken Gallas‘ Rechnung zu tragen, die Vorschrift etwas vorsichtiger zu formulieren und eine engere Fassung zu wählen.178 Lange wollte die Klausel „in vorwerfbarer Weise“, die auch die leichtesten Fälle der Fahrlässigkeit erfasse, durch die engere Fassung „in verwerflicher Weise“ ersetzen.179 Zwar habe auch dieser Ausdruck etwas Schillerndes an sich, aber er sei enger und schränke damit die Gefahr einer unerwünschten Erfassung fahrlssiger Beihilfe ein.180 Letztlich wurde über zwei alternative Fassungen181 abgestimmt. Gemeinsam war beiden, dass der 1. Absatz, den Schäfer für missverständlich gehalten hatte, gestrichen worden war. Weiterhin wurde im Rahmen beider Fassungen eine neue Vorschrift unter Nr. 1 aufgenommen, die besagte, dass es für die Eigentumsfrage auf den Zeitpunkt der Tat ankommt.182 Wenn nach diesem Zeitpunkt eine Änderung der Eigentums- oder Berechtigungsverhältnisse eintritt, so sollte die Einziehung gegenüber dem Dritten zulässig sein, ohne dass es auf die Nummer 2, 3 und 4 ankommt.183 Die Aufnahme dieser Vorschrift war eine Konsequenz daraus, dass in § d Ziff. 1 auf den Zeitpunkt der Tat abgestellt wurde.184 Beide Fassungen wiesen zudem eine neue Nummer 4 auf, die dem Fassungsvorschlag zu § d Ziff. 2 in der Fassung des 1. Alternativvorschlags der Unterkommission entsprach. Danach sollte auch im Rahmen der Einziehung nach Sondervorschriften eine Einziehung gefährlicher Gegenstände ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse möglich sein. Die Voraussetzungen der Nummern 2 und 3 hatten bei beiden Alternativen ihren 177 178 179 180 181

Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 3 S. 212. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 212, 214. A.a.O., 214. A.a.O. Vorschrift § f, ehemals § e. Vgl. Formulierungsvorschläge der Unterkommission vom 12. April 1956 (bestehend aus den Mitgliedern Schäfer, Großrau, Krille, Gallas, Koffka und Schafheutle), die auf Grundlage des Umdrucks J 28 und der Beratungen aus der 34. Sitzung ausgearbeitet worden waren. Abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang, Nr. 33, Umdruck U 30, S. 411 ff. sowie BArch Koblenz B 141/82086, Bl. 112 ff. 182 Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 283. Niederschrift über die 37. Sitzung der Großen Strafrechtskommissione in Heidelberg vom 24. April 1956, BArch Koblenz B 141/82086, Bl. 124 ff. 183 Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 283. 184 A.a.O., S. 283, 285.

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Rechtfertigungsgrund in der „fahrlässigen Beihilfe“ und die ehemalige Vorschrift des Abs. 2 Nr. 1 war durch den Begriff der „Leichtfertigkeit“ anstatt dem des „Vorwurfs“ enger gefasst worden, um rechtsstaatlichen Bedenken, die insbesondere von Gallas vorgetragen worden waren, zu beseitigen.185 Allein der Verdacht einer Beteiligung sollte nicht ausreichen.186 Der Unterschied der 1. und 2. Alternative bestand darin, dass in der 2. Alternative nicht mehr gesagt wurde „oder einer mit ihr in Zusammenhang stehenden anderen rechtswidrigen Tat gewesen ist“ und dass die Nr. 3 der 1. Alternative (§ e Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz) entfallen war. Stattdessen war dem Vorschlag Gallas folgend in Nr. 2 der 2. Alternative die Voraussetzung „wenn der Dritte im Zusammenhang mit der Tat eine Begünstigung oder Hehlerei begangen hat“ aufgenommen worden und die Vorschrift damit enger gefasst.187 In der Nr. 3 der 1. Alternative, war der letzte Halbsatz des § e Abs. 2 Nr. 1 J 28 zu einer eigenen Ziffer ausgestaltet und der Begriff „in vorwerfbarer Weise“ entsprechend dem Vorschlag Langes durch „in verwerflicher Weise“ ersetzt worden. Mit der neuen Formel sollte verhindert werden, dass das Vorliegen formaler Schuldtypen – Vorsatz und Fahrlässgkeit – als Voraussetzung der Ziffer genügen sollten.188 Es sollte numehr vielmehr das sozialethische Kernelement der Schuld deutlich zutage treten.189 Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder stimmte für die 2. Alternative.190 cc) § i Umdruck J 28 Auch im Hinblick über die Vorschrift über die Entschädigung, die in engem Zusammenhang mit der Einziehung gegenüber Dritten steht, wurde über zwei Alternativen191, bezeichnet als § k, abgestimmt.192 Eine Entschädigung sollte 185 186 187 188 189 190

Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 283. A.a.O. Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 285. A.a.O., S. 286. A.a.O., S. 286. 10 Stimmen wurde für die 2. Alternative abgegeben, 9 Stimmen für die 1. Alternative. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 286. Schafheutle hatte vor der Abstimmung gegen den Vorschlag in Nr. 2, 2. Alternative noch vorgetragen, dass die Vorschrift zu eng sei, da die Voraussetzungen der Begünstigung du der Hehlerei nach dem geltenden und dem zukünftigen Recht nicht jede verwerfliche Kollusion nach der Tat erfassen würden, wofür aber ein kriminalpolitisches Bedürfnis bestehe. Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 286. 191 Vgl. Formulierungsvorschläge der Unterkommission (bestehend aus den Mitgliedern Schäfer, Großrau, Krille, Gallas, Koffka und Schafheutle), die auf Grundlage des Umdrucks J 28 und der Beratungen aus der 34. Sitzung ausgearbeitet worden waren. Abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang, Nr. 33, Umdruck U 30, S. 411 ff. 192 Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 285.

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nach beiden Alternativen in Frage kommen, wenn der Täter oder Teilnehmer nach der Tat den betreffenden Gegenstand veräußert hat oder wenn es sich um Rechte Dritter an der Sache handelte. Die Voraussetzungen, unter denen nach Absatz 2 Nr. 1 und 2 die Entschädigungspflicht entfallen sollte, waren die gleichen wie die Voraussetzungen der Einziehung nach § f Nr. 2 und 3 der jeweiligen Alternative. Nach § 3 Nr. 3 1. Alt., sollte zudem die Entschädigungspflicht entfallen, wenn der Gegenstand nach der Tat an einen Dritten veräußert wurde, die Voraussetzungen der Nr. 2 und 3 nicht bereits vorlagen aber eine Verschiebung in Kollusionsabsicht gegeben war. Diese Vorschrift brachte keinen sachlichen Unterschied zur 2. Alternative, weil dort mit der Beschreibung in Ziff. 1 in Absatz 2 auch dieser Fall als gedeckt angesehen wurde.193 Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder sprachen sich in gleicher Weise wie schon bei § f für die 2. Alternative aus.194 dd) § f Umdruck J 28 Im Hinblick auf die Vorschrift über Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen beschlossen die Kommissionsmitglieder, den zweiten Absatz um die Worte „gegen den Täter oder Teilnehmer“ zu ergänzen um zu vermeiden, dass die Einziehung auch gegen einen Dritten, an der Tat nicht Beteiligten, ausgesprochen werden kann, mit der Begründung, dass die Umstände die Besorgnis hervorrufen, dass auch er gegen das Gesetz verstoßen könnte.195 Zudem sollte im zweiten Absatz in Angleichung zu Absatz 1 die „Beziehung“, die zwischen dem Täter oder Teilnehmer und den einzuziehenden Gegenständen bestehen musste festgelegt werden. Voraussetzung sollte sein, dass sich die Stücke zur Zeit der Tat im Besitz des Täters oder Teilnehmers befunden haben oder sich in diesem Zeitpunkt zwar noch nicht in seinem Besitz befunden haben, jedoch von ihm schon zur Verbreitung bestimmt waren.196 Die Regelung des letzten Halbsatzes sollte einem praktischen Anliegen Rechnung tragen. Wenn es schon nicht tragbar erschien, alle Stücke zu erfassen, die der Täter im Zeitpunkt der Rechtskraft des Erkenntnisses besitzt, so sollte wenigstens erreicht werden, dass, soweit erforderlich, wenigstens die erst nach der Tat in den Besitz des Täters gelangten, aber schon im

193 Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 283. 194 10 Stimmen wurden für die 2. Alternative abgegeben, 9 Stimmen für die 1. Alternative. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 286. 195 Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 283. 196 Abgedruckt in Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang, Nr. 52, S. 572.

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Zeitpunkt der Tat von ihm gekauften und zur Verbreitung bestimmten erfasst werden.197 Bockelmann wünschte die Ausweitung des ersten Absatzes, da bei diesem eine Einziehung nur bei vorsätzlichen Taten oder fahrlässiger Verbreitung hochverräterischer Schriften möglich sei, aber ein Bedürfnis dafür bestehe, Schriften dieser Art ohne Rücksicht auf die Schuldfrage einziehen zu können.198 Schafheutle und andere Kommissionsmitglieder waren der Meinung, dass Abs. 1 auch den von Bockelmann genannten Fall erfasse, es mithin auf die Schuldfrage nicht ankomme.199 Einig waren sie sich, dass dies jedoch nicht richtig zum Ausdruck komme.200 Vorgeschlagen wurde zunächst folgende Fassung: „Hat eine Schrift [...] einen solchen Inhalt, dass jede Verbreitung eine rechtswidrige Tat wäre, so werden alle Stücke eingezogen, [...].“

Bockelmann hielt diese Fassung für nicht ausreichend, da er der Ansicht war, dass die Fahrlässigkeit ein Moment ist, das die Rechtswidrigkeit mit begründet.201 Daraufhin schlug Dreher vor, die Worte „jede Verbreitung den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen würde“ zu wählen.202 Dieser Vorschlag konnte sich letztlich durchsetzen.203

197 Abgedruckt in Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang, Nr. 52, S. 572. 198 Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 286. 199 Gr.StrK., (Bd. 3), 52. Sitzung vom 7. Dezember 1956. BArch Koblenz B 141/82087, Bl. 10. Beratungsgrundlage zu der Vorschrift waren unter anderem Vorschläge des Bundesjustizministeriums im Umdruck J 36, abgedruckt in Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang, Nr. 52, S. 569. 200 52. Sitzung vom 7. Dezember 1956; BArch Koblenz, B 141/82087, Bl. 10. 201 A.a.O. 202 A.a.O., Bl. 12. 203 Allerdings war in den Beratungen der Strafrechtskommission kein abschließendes Ergebnis zu verzeichnen gewesen. Vielmehr war beschlossen worden, dass Problem nicht weiter zu erörtern. Beschlossen worden war vielmehr, dass die Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums diese Frage noch einmal überprüfen sollten und die Fassung mit Ermächtigung der Kommissionsmitglieder ändern sollten, sofern sie zu dem Ergebnis kommen sollten, dass die Formulierung „äußerer Tatbestand“ besser ist. 52. Sitzung vom 7. Dezember 1956; BArch Koblenz, B 141/82087, Bl.12. Die Sachbearbeiter des Bundejustizministeriums entschieden sich letztlich für die von Dreher vorgeschlagene Fassung. Vgl. Entwurf eines Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuchs nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in erster Lesung, Dezember 1956. § 123. BArch Koblenz B 141/82087, Bl. 29.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870 ee) § g Umdruck J 28

Im Hinblick auf die Wirkung der Einziehung sollte entsprechend der Vorschrift über die Wirkung des Verfalls ein zweiter Absatz eingefügt werden, wonach vor der Rechtskraft die Anordnung der Einziehung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 BGB wirkt. Dies sollte durch einen Verweis auf die entsprechende Verfallsvorschrift bewerkstelligt werden.204

b) Entgelt- und Gewinnverfall Die Kommissionsmitglieder hielten im Gegensatz zu Schäfer die Einführung einer allgemeinen Vorschrift zur Gewinnabschöpfung wegen des mit dem durch die Einführung des Tagesbußensystems bedingten Wegfalls des § 27c Abs. 2 StGB, der die Möglichkeit einer mittelbaren Gewinnabschöpfung eröffnet hatte, für notwendig.205 Der Gedanke, dass der Täter das, was er gesetzeswidrig erlangt hat, nicht behalten darf, sollte im Gesetz zum Ausdruck kommen und dabei nicht auf die mit Geldstrafe bedrohten Straftaten beschränkt bleiben.206 Koffka bemängelte, die Beschränkung der Gewinnabschöpfung auf die Fälle, in denen keine Gegenansprüche bestehen.207 Mit der grundsätzlichen Ablehnung einer Verfallanordnung gegen den Drittbegünstigten mit dem Argument, dass die Zulassung der Gewinnabführung gegen Dritte nur erfolgen könne, wenn ein besonderer Rechtfertigungsgrund bestehe, also wenn ein Verschulden eigener Art in der Person des Dritten vorliege,208 wollte sie sich nicht zurfrieden geben.209 Im Rahmen der Dritteinziehung wollte sie wenigstens die Fälle erfasst wissen, in denen ein gesetzlicher Vertreter gehandelt hat und in denen im Rahmen eines Betriebes für den Betriebsinhaber ein Gewinn erzielt wird.210 Zudem wollte Koffka auch den mittelbaren Gewinn in Anlehnung an die Bereicherungsvorschriften des bürgerlichen Rechts von den Verfallvorschrif-

204 Gr.StrK., (Bd. 3), 37. Sitzung vom 24. April 1956, S. 287 sowie Fassungvorschlag der Unterkommission, Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang Nr. 33, Umdruck U 30, S. 411 ff. 205 Vgl. zum Beispiel die Ausführungen von Koffka und Schafheutle. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 216. 206 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 216. 207 A.a.O. 208 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 205. Diese Voraussetzung wurde auch deshalb genannt, da die Mehrheit der Kommissionsmitglieder in der Anordnung des Verfalls jedenfalls eine strafähnliche Maßnahme sahen. 209 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 216. 210 A.a.O.

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ten erfasst wissen.211 Diese Kritikpunkte wurden aufgegriffen und im Rahmen dreier Lösungsansätze212 diskutiert.213 Während die 1. und 2. Alternative eine Gewinnabschöpfung bei Ansprüchen von Geschädigten generell ausschlossen (§ a Abs. 2 der 1. und 2. Alternative) war nach der 3. Alternative (§ b) weiter erforderlich, dass nach den Umständen damit zu rechnen war, dass der Verletzte seine Ansprüche geltend macht. Darüber hinaus wurde in der 1. und 2. Alternative die Frage verneint, ob der Verfall auch gegenüber Tatunbeteiligten Dritten vorgesehen werden soll, während die 3. Alternative zivilrechtlich konstruiert war und in § a Abs. 3 die Verfallanordnung gegen den Dritten enthielt, dem der Empfänger das Erlangte unentgeltlich zugewendet hatte und der noch bereichert war. Allerdings sollte in der ersten Alternative durch § a Abs. 3 die Verfallsanordnung gegen einen Dritten in den Fällen möglich sein, in denen der Täter oder Teilnehmer als Organ oder Vertreter des Dritten gehandelt hatte. Alle Vorschläge erfassten die gezogenen Nutzungen und die Surrogate (§ a Abs. 4), mithin einen besonderen Fall des mittelbaren Gewinns. Aus der Vorschrift sollte sich ergeben, dass andere Fälle des mittelbaren Gewinns ausscheiden.214 Die Berücksichtigung der Nutzungen und Surrogate sah man nach dem Vorbild des § 818 Abs. 1 BGB als erforderlich an, um auch Gegenstände erfassen zu können, die der Täter durch die Einziehung einer als Gewinn oder Entgelt erlangten zivilrechtlichen Forderung erworben hat.215 Die 3. Alternative, die zu einem großen Teil auf den Vorschlag Koffkas zurückging, wurde von der Mehrheit der Kommissionsmitglieder abgelehnt.216 Der Ausschluss des Verfalls bei bestehenden Ansprüchen des Geschädigten lediglich unter der Bedingung, dass nach den Umständen damit zu rechnen war, dass der Geschädigte seinen Anspruch geltend macht, wurde abgelehnt, da dieser Umstand dazu führen könne, dass man dem Dieb die Beute zunächst wegnimmt und sie dann anschließend, in einem viel zu komplizierten Verfahren, dem Verletzten wieder zur Verfügung stellen muss.217 Vielmehr sollten die Ansprüche des Geschädigten respektiert werden, so dass sich der Staat 211 A.a.O. 212 Vgl. Formulierungsvorschläge der Unterkommission (bestehend aus den Mitgliedern Schäfer, Großrau, Krille, Gallas, Koffka und Schafheutle), die auf Grundlage des Umdrucks J 28 und der Beratungen aus der 34. Sitzung ausgearbeitet worden waren. Abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 3), Anhang, Nr. 33, Umdruck U 30, S. 411 ff. 213 37. Sitzung vom 24. April 1956, abgedruck in: Gr.StrK., (Bd. 3), S. 271 ff. 214 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 278. 215 Vgl. Begründung zum E 1960, S. 229. 216 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 279 ff. 217 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 279.

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darauf verlassen müsse, dass sich der Verletzte selbst sein Recht suche.218 Darüber hinaus konnten sich die Kommissionsmitglieder nicht mit dem Gedanken Koffkas, das der Verfall einen öffentlich-rechtlichen Bereicherungsanspruch darstellt, anfreunden. Vielmehr maßen sie ihm strafähnlich Züge bei, wobei Gallas und Schafheutle ihn als Nebenstrafe einstuften. Deshalb kritisierten sie die Behandlung des Dritten in der 3. Alternative. Gallas trat dafür ein, nur dem Täter oder Teilnehmer den Gewinn abzunehmen und für den Fall, dass dieser nicht mehr vorhanden ist, Wertersatz anzuordnen. Jeglicher Verzicht auf die Möglichkeit einer Verfallanordnung gegen Dritte wurde von vielen Kommissionsmitgliedern abgelehnt.219 Für den Fall, dass ein Organ einer juristischen Person oder ein gesetzlicher Vertreter mit seinem Handeln erreicht, dass der Gewinn nicht ihm selbst, sondern dem Vertretenen zufließt, erachtete man die Verfallerklärung gegenüber dem Vertretenen als notwendig.220 Deshalb favorisierte die Kommission den Vorschlag zur Ausgestaltung der Verfallsvorschriften in der 1. Alternative. Ein Beschluss darüber erfolgte allerdings zunächst noch nicht.221 Die Kommissionsmitglieder behielten sich vielmehr vor, die Fassung des 3. Absatzes, der den Verfall gegen den Vertretenen, den Dritten anordnen sollte, nachzuprüfen, wenn das Gesamtproblem der Organhaftung und des Handels für einen anderen behandelt wird.222

c) Verfall und Einziehung – Behandlung der juristischen Personen Der bereits zu den Instituten Verfall und Einziehung gefasste Kommissionsbeschluss223 bedurfte der Anpassung unter dem Gesichtspunkt der Behandlung juristischer Personen. Grundlage der Beratungen waren ein Referat der Bundesrichterin Dr. Koffka224 sowie die Vorschläge und Bemerkungen der Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums225. Koffka sprach sich nochmals für die bereits vom Grundsatz her gebilligte Verfallsanordnung als Sondermaßnahme gegen juristische Personen und 218 Wenn ein Bedürfnis bestehe, so Schafheutle, dem Verletzten bei der Durchsetzung seines Anspruchs zu helfen, könne das Verfahrensrecht für diesen Fall die Beschlagnahme vorsehen. § 219 der Strafverfahrensordnung 1939 habe diese Regelung vorgeschlagen. Gr.StrK., (Bd. 3), S. 279. 219 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 282. 220 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 282 f. 221 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 283; (Bd. 4), S. 321. 222 Gr.StrK., (Bd. 3), S. 283. 223 Umdruck K 30, abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 3), S. 414. 224 Umdruck R 92, abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 4), S. 564. 225 Umdruck J 36, abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 52. S. 569.

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Verbände aus, wie sie in Absatz 3 der Verfallsvorschrift vorgesehen war. Ihrer Auffassung nach war für die Ausgestaltung des Gewinnverfalls der Umstand von besonderer Bedeutung, dass der Verband durch Handlungen seiner Organe oder Mitglieder häufig Gewinne erzielt, die ihm auch bei der Bestrafung seiner Mitglieder verbleiben. Sie verwies auf die Größenordnung der im Verbandsbereich erzielten Gewinne und deren Einfluss auf die Gesamtwirtschaft. Eine Nichtabschöpfung unrechtmäßig erzielter Gewinne habe nachteilige Folgen für konkurrierende Unternehmen. Als weiteres Argument für eine Ausdehnung des Gewinnverfalls nannte Sie den Umstand, dass durch Verbandsdelikte häufig ein erheblicher Schaden verursacht werde, dem zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nicht gegenüber stehen.226 Auch die Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums stimmten für die Ausdehnung des Gewinnverfalls. Der Entschluss, dass der Verfall nicht gegenüber „Dritten“, denen Entgelt oder Gewinn zugeflossen ist, angeordnet werden kann, sei schließlich weniger aus grundsätzlichen Erwägungen heraus, als vielmehr wegen der Schwierigkeiten einer gesetzlichen Regelung geschehen.227 Dieser Grundsatz bedürfe einer Durchbrechung, wenn sich eine juristische Person in der Rolle des Dritten befände, da sie nur durch ihre Organe handeln könne und daher nicht als „Dritter“ behandelt werden dürfe.228 Allerdings sollte der im ursprünglichen Kommissionsbeschluss verwendete Begriff „Organ“ ersetzt werden, weil dieser zu weitgehend sei und auch Personen und Einrichtungen umfasse, die nicht zur Vertretung der juristischen Person befugt waren.229 Deshalb sollten die Begriffe „vertretungsberechtigtes Organ“ einer juristischen Person „dessen Mitglied“ verwendet werden.230 Die Sachbearbeiter des Bundesjustizministerium forderten zudem, in Anlehnung an das zuvor zur juristischen Person Gesagte, die Ausdehnung der Verfallsanordnung auch auf natürliche Personen, wenn deren gesetzliche Vertreter in dieser Eigenschaft ihnen das Entgelt oder den Gewinn hat zukommen lassen, da die Überlegung, die Maßnahme treffe hier „Unschuldige“, bei der beschriebenen Eigenart des Instituts kein Argument sei.231 Die übrigen Kommissionsmitglieder billigten die Vorschläge.232 226 227 228 229 230 231

Vgl. Umdruck R 92, Gr.StrK., (Bd. 3), S. 568 f. Vgl. Begründung zum Umdruck J 36, B III, Gr.StrK., (Bd. 4), S. 571. Vgl. Begründung zum Umdruck J 36, B III, Gr.StrK., (Bd. 4), S. 571. Gr.StrK., (Bd. 4), S. 571. Gr.StrK., (Bd. 4), S. 571. Der Fall, dass eine Ausdehnung auf die gesetzlichen Vertreter für nicht tragbar erachtet werden sollte, wurde in einer 2. Alternative berücksichtigt. Vgl. Umdruck J 36 A I 2. Alternative, Gr.StrK., (Bd. 4), S. 569. 232 Gr.StrK., (Bd. 4), S. 401.

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Koffka forderte zudem die Einführung einer Verbandsgeldbuße, um auch den mittelbaren Gewinn über die Nutzungen und Surrogate hinaus abschöpfen zu können.233 Nachdem abzusehen war, dass die Mehrheit der Kommissionsmitglieder gegen die Einführung dieser besonderen Sanktion waren, schlug sie vor, die Verfallbestimmungen so zu erweitern, dass bei Verbänden jeglicher mittelbare Gewinn für verfallen erklärt werden kann.234 Dieser Vorschlag wurde aus dogmatischen Gründen und mangels eines praktischen Bedürfnisses nicht gebilligt, so dass sich die Kommissionsmitglieder generell gegen die weitere Ausdehnung des Verfalls auf jeglichen mittelbaren Gewinn aussprachen.235 Die Kommissionsmitglieder beschlossen einstimmig, dem Vorschlag236 der Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums folgend, im Hinblick auf Verbände eine Sonderregelung bei der Einziehung aufzunehmen.237 Die Sonderregelung sollte in einer gemeinsamen Vorschrift niedergelegt werden. Man beabsichtigte mit ihr die Lücke zu schließen, die entsteht, wenn eine Rechtsfolge an das Tun einer natürlichen Person238 anknüpft, diese Person aber als Organ einer juristischen Person gehandelt hat, ohne dass die Rechtsfolge die juristische Person treffen könnte.239 Die neue Sondervorschrift sollte aus zwei Absätzen bestehen. Mit dem ersten Absatz wollte man erreichen, dass die Einziehung und Versagung der Entschädigung gegenüber juristischen Personen als „Dritten“ zulässig ist, wenn ein zu ihrer Vertretung berechtigtes Organ „für sie“ gehandelt hat.240 In diesen Fällen sollte der juristischen Person das Handeln ihres Organs zugerechnet werden.241 Eine Ausdehnung auf gesetzli233 Vgl. Umdruck R 92, Gr.StrK., (Bd. 3), S. 568 f. 234 50. Sitzung vom 5. Dezember 1956, Gr.StrK., (Bd. 4), S. 331. 235 50. Sitzung vom 5. Dezember 1956, Gr.StrK., (Bd. 4), S. 333. Ein immer wieder auftauchendes Argument gegen die Abschöpfung des mittelbaren Gewinns war die Schwierigkeit im Hinblick auf die Bemessung der Höhe des mittelbaren Gewinns. Es wurde als äußerst schwierig angesehen, die Entwicklung in einem Unternehmen dahin zu überprüfen, zu welchen Gewinnen oder Verlusten ganz bestimmte Maßnahmen geführt haben. Es sei ausgeschlossen, derart komplitierte Berechnungen im Gerichtssaal anzustellen. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 4), S. 322, 332. 236 Vgl. III. § 1, Umdruck J 36, Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 52. S. 570. 237 Vgl. 52. Sitzung vom 7. Dezember 1956, Gr.StrK., (Bd. 4), S. 401. 238 Vgl. III. § 1, Umdruck J 36, Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 52. S. 570. 239 Vgl. III. § 1, Umdruck J 36, Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 52. S. 570. 240 Vgl. B. Begründung Umdruck J 36, Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 52. S. 571. 241 Im Hinblick auf den ersten Absatz wurde über drei Alternativen abgestimmt. Die erste Alternative enthielt den in der Zusammenstellung zum Allgemeinen Teil verwendeten Wortlaut. Bei der zweiten Alternative war die Gruppe derjenigen Korporationen, auf die das Organverschulden zurückwirken sollte, erweitert um die nichtrechtsfähigen Vereine. In der dritten Alternative waren auch die Personengesellschaften des Handels-

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che und gewillkürte Vertreter erschien den Mitgliedern anders als beim Verfall nicht tragbar, da sie zu einem Eingriff in bestehende Rechte unbeteiligter Dritter führen und damit „Unschuldige“ treffen würde.242 Der zweite Absatz regelte die Einziehung von Druckschriften etc. gegenüber dem Vertretenen. Im Gegensatz zur Regelung im ersten Absatz erweiterte man diese Regelung auch gesetzliche und gwillkürte Vertreter einer natürlichen Person.243 Man hielt dies für geboten, da im Rahmen der Einziehung von Druckschriften der Sicherungszweck überwiege.244 Im Jahr 1958 erschien als erstes Ergebnis der Arbeit der Großen Strafrechtskommission der „Entwurf des Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuch nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in erster Lesung mit Begründung“245, 246 1959 wurde ein vorläufiger Gesamtentwurf nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in erster Lesung, zusammengestellt und überarbeitet vom Bundesministerium der Justiz247, für die Beratungen in zweiter Lesung gedruckt (sog. StGB-E 1959 I).248 Der Allgemeine

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rechts berücksichtigt. Der Unterschied bestand damit lediglich im Umfang des Kreises der Personen, denen die Handlungen eines Organs oder Organmitglieds zugerechnet werden sollte. Vgl. Umdruck U 39, B. Einziehung, § 127 Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 53. S. 573. Die Kommissionsmitglieder entschieden sich in der Mehrheit für die 3. Alternative. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 4), S. 401. Begründung Umdruck J 36, Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 52. S. 572. Diese Ausdehnung war zunächst noch von den Mitarbeitern des Bundesjustizministeriums abgelehnt worden.Vgl. III. § 1, Umdruck J 36, Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 52, S. 570 ff. Die Unterkommission bejahte die Ausdehnung hingegen. Vgl. Umdruck U 39, Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 53, S. 573. Auch die Kommissionsmitglieder stimmten für die Ausdehnung. Vgl. 52. Sitzung vom 7. Dezember 1956, Gr.StrK., (Bd. 4), S. 401; Umdruck K 39, Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 54, S. 574. Begründung zum „Entwurf des Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuch nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in erster Lesung“, veröffentlicht vom Bundesministerium der Justiz. Bonn 1958, S. 116. Veröffentlicht vom Bundesministerium der Justiz. Bonn 1958. BArch Koblenz B 141/82087, Bl. 27 ff. Bei den Vorschriften über die Einziehung und Unbauchbarmachung waren die §§ e Nr. 1, f Nr. 1–3, g Abs. 2 und k Abs. 2 des Umdrucks J 36 betroffen. Vgl. B. Begründung, Umdruck J 36, Gr.StrK., (Bd. 4), Anhang Nr. 52, S. 571. Abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 12), S. 550 ff. Die Vorschriften über Verfall und Einziehung waren in den §§ 115 ff. geregelt. Das Bundesjustizministerium hatte sich im Hinblich auf die Vorschrift der „Einziehung nach besonderen Vorschriften“ nicht der Mehrheit der Kommissionsmitgliedern angeschlossen, sondern der 1. Alternative des § f, Umdruck U 30 den Vorzug gegeben. Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 158.

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Teil dieses Entwurfs entsprach im Wesentlichen dem des E 1958.249 Im Hinblick auf die Verfallsvorschriften waren keine Änderungen zu verzeichnen. Die Vorschrift über Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften (§ 121 E 1959 I) war im Vergleich zu § 122 E 1958 um einen 4. Absatz ergänzt worden, wonach das Gericht bei Schallaufnahmen die Unbrauchbarmachung anordnen kann, wenn es die Einziehung nicht für erforderlich hält.250 Weiterhin war § 124 Abs. 2 E 1959 um den Zusatz „oder wenn das Verfahren nach den §§ 153 bis 154, 154b der Strafprozeßordnung eingestellt wird“ ergänzt worden.251

249 Die Entwürfe waren so aufgebaut, dass, soweit die Beschlüsse der Strafrechtskommission mehrere Fassungsvorschläge enthielten, in der Regel die von der Mehrheit gebilligte Fassung in den Entwurf aufgenommen worden war. War der von der Minderheit vertretenen Fassung der Vorzug gegeben worden, so war die von der Minderheit vorgeschlagene Fassung in der Fußnote wiedergegeben. Gr.StrK., (Bd. 12), Anhang B, Vorwort, S. 551 f. 250 Bereits in der Fußnote zu § 122 E 1958 war der Hinweis aufgenommen worden, dass die „Regelung über die Einziehung von Schallaufnahmen insbesondere die Frage, ob insoweit nebst der Einziehung die Unbrauchbarmachung in Frage kommt“ noch zu prüfen sei; BArch Koblenz B 141/82087, Bl. 18. Diese Frage war vom Bundesjustizministerium positiv beantwortet worden, so dass der neue Absatz 4 im Rahmen der Überarbeitung des Gesamtentwurfs eingefügt worden war. Vgl. Vermerk des Bundesjustizministeriums zur Überarbeitung des Gesamtentwurfs vom 14. Januar 1959, BArch Koblenz B 141/17259, Bl. 171 f. 251 Bereits in der Fußnote zu § 124 Abs. 2 E 1958 war der Hinweis aufgenommen worden, dass die nunmehr im E 1959 I aufgenommene Ergänzung der Vorschrift noch zu prüfen sei; BArch Koblenz B 141/82087, Bl. 19. Im Rahmen der Überarbeitung des Gesamtentwurfs hatten einige Landesjustizverwaltungen zu der Frage Stellung genommen und die Erweiterung befürwortet. So sprach sich beispielsweise die Landesjustizverwaltung Bayern in einer Stellungnahme vom 12. Dezember 1958 für die Erweiterung aus und führte dazu aus: „ Eine Erweiterung des § 124 Abs. 2 i.S. der Fußnote 47 hate ich für empfehlenswert. Insbesondere in den häufigen Fällen der §§ 153, 154 StPO sollte das im Einzelfall sachdienliche Absehen von der Verfolgung nicht dadurch verhindert werden, dass ein besonderes Interesse an Verfall, Einziehung oder Unbrauchbarmachung besteht. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei § 154b StPO. Auch diese Regelung sollte deshalb in die Regelung mit einbezogen werden. BArch Koblenz B 141/82087, Bl 86. Auch die Landesjustizverwaltungen Hessen sowie Hamburg sprachen sich dafür aus. BArch Koblenz B 141/82087, Bl 68 und 77. Anschließend war diese Frage auch vom Bundesjustizministerium positiv beantwortet worden, so dass die im Rahmen der Überarbeitung des Gesamtentwurfs eingefügt worden war. Vgl. Vermerk des Mundesjustizministeriums zur Überarbeitung des Gesamtentwurfs vom 14. Januar 1959, BArch Koblenz B 141/17259, Bl. 171 f.

Achtes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung nach 1945

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III. Zweite Lesung des Allgemeinen Teils 1. Entgelt- und Gewinnverfall Beratungsgrundlage waren unter anderem wiederum die seitens der Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums im Umdruck II J 11252 gemachten Vorschläge und Bemerkungen.253 In diesen blieb die Grundlinie des bisherigen Entwurfs gewahrt. Die Vorschläge betrafen im Wesentlichen technische Einzelheiten insbesondere in Form von Verfeinerungen in der Terminologie.254 Der Vorschrift des § 115 Abs. 6 sollte durch das Einfügen der Worte am Ende des Satzes „…, noch das Entgelt gewährt hat“ entgegen dem Grundsatz, dass die Gegenstände des Verfalls im Zeitpunkt der Anordnung dem Täter, Teilnehmer oder dem Vertreter im Sinnde des Absatzes 3 gehören oder zustehen müssen, ermöglichen, dass der Verfall denjenigen treffen kann, der das Entgelt im Sinne des Absatzes 1 hingegeben hat.255 Dadurch sollte erreicht werden, dass Bestechungsgelder und Belohnungen, die ein Dritter dem Täter gezahlt hat, auch dann dem Verfall unterliegen, wenn der Dritte nicht strafbar und nach dem bürgerlichen Recht Eigentümer des hingegebenen Geldes geblieben ist.256 Die Regelungen über den Wertersatz im Rahmen des Verfalls wurden geändert, um Mängel der vorherigen Fassung zu beseitigen.257 In § 116 Abs. 1 Satz 1 wurde das Wort „unterbleibt“ eingefügt, um den Zusammenhang mit § 115 Abs. 6 zu verdeutlichen und klarzustellen, dass grundsätzlich für die Anordnung des Wertersatzes kein Platz ist, wenn der Verfall des Surrogates

252 Abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 12), S. 504 ff.; BArch Koblenz B 141/82087, Bl. 129 ff. 253 120. Sitzung vom 16. März 1959, abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 12), S. 205 ff.; BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 1 ff. 254 Zunächst sollte die Surrogationsklausel des § 115 Abs. 4 E 1959 I / U II J 11 sprachlich deutlicher gefasst werden. So war von der Zivilabteilung des Bundesjustizministeriums bezweifelt worden, dass von dem Begriff „Verwertungen“ auch Nutzungen betroffen sind. Deshalb sollten in Satz 1 die Nutzungen ausdrücklich aufgeführt werden. In Satz 2 folgten dann die „auf Grund eines erlangten Rechts“ erworbenen Gegenstände und schließlich die „Ersatzgegenstände“ als Ersatz für den Zusatz „oder als Ersatz dafür“, der als nicht hinreichend deutlich eingestuft worden war. Zudem sollte die Subsidiarität des Ausschlussgrundes in Abs. 6 deutlicher zum Ausdruck kommen. Dieser sollte nur greifen, wenn der Verfall nach den Absätzen 1 bis 4 zulässig wäre. Die deutliche Unterscheidung wurde deshalb als notwendig angesehen, weil § 116 für den Fall des § 115 Abs. 6, nicht aber wenn der Ausschlussgrund des § 115 Abs. 2 gegeben ist, Wertersatz vorsieht (Vgl. Gr.StrK., [Bd. 12], S. 207) Diese Änderungsvorschläge wurden von der Kommission gebilligt. Gr.StrK., (Bd. 12), S. 207 f. 255 Gr.StrK., (Bd. 12), Anhang A, Nr. 42, Umdruck II U 20, S. 508. 256 E 1960, Begründung, S. 230. 257 Gr.StrK., (Bd. 12), Anhang A, Nr. 41, Begründung zum Umdruck II J 11, S. 506.

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nach § 115 Abs. 4 angeordnet wird.258 Dies war bei der bisherigen Fassung zweifelhaft gewesen. Weiter wurde in § 116 Abs. 1 ein zweiter Satz eingefügt, der den Fällen Rechnung tragen sollte, in denen die Anordnung des „Surrogatverfalls“ neben der Anordnung des Wertersatzes ausnahmsweise erforderlich wird, nämlich dann, wenn der Wert des nach § 115 Abs. 4 dem Verfall unterliegenden Gegenstandes oder Ersatzes hinter dem Wert des zunächst Erlangten erheblich zurückbleibt.259 Darüber hinaus sollte in der Härtevorschrift des § 117 ein neuer Absatz 2 eingefügt werden, der die Rechtsprechung des BGH berücksichtigt, nach der schon im geltenden Recht die Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft auf die Einziehung des Entgelts nach § 86 StGB oder die Verfallerklärung des Empfangenen nach § 335 StGB zulässig war. Die allgemeine Anwendung des § 68 E 1959 sollte geboten sein, da die Anordnung des Verfalls eine Maßnahme sei, die der Strafe sehr nahe stehe.260 Bedenken wurden von Baldus dahingehend geäußert, dass die Anrechnung mitunter zu ungerechten Ergebnissen führen würde.261 Der Regelung wurde letztlich mit der Begründung – die vor allem von Schafheutle und Diemer-Nicolaus ins Feld geführt worden war – zugestimmt, dass mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit der denkbaren Lebensvorgänge die Anrechnungsmöglichkeit nicht ausgeschlossen, sondern sie vielmehr der sinnvollen Anwendung richterlichen Ermessens überlassen werden solle.262 Wilkerling wies darauf hin, dass zu § 115 Abs. 2 seitens der Praxis Bedenken in der Richtung erhoben worden waren, dass es für den Strafrichter häufig schwierig sein werde, festzustellen, ob und in welcher Höhe „dem Verletzten aus der Straftat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde“.263 Die Kommission folgte Wilkerings Vorschlag, zur Erleichterung der richterlichen Arbeit die Schätzung der Höhe zuzulassen.264

258 259 260 261

Gr.StrK., (Bd. 12), Anhang A, Nr. 41, Begründung zum Umdruck II J 11, S. 506. Gr.StrK., (Bd. 12), Anhang A, Nr. 41, Begründung zum Umdruck II J 11, S. 506. Gr.StrK., (Bd. 12), S. 208. Dabei sollte es sich insbesondere um die Fälle handeln, in denen die Hingabe oder Annahme von Geschenken als Bestechung strafbar ist und schon mit Rücksicht auf das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden das Bedürfnis besteht, dem Täter den Gegenstand, auf den sich die Anordnung des Verfalls bezieht, wegzunehmen. Gr.StrK., (Bd. 12), S. 210. 262 Gr.StrK., (Bd. 12), S. 210. Vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Strafgesetzbuches, E 1960, S. 231. 263 Gr.StrK., (Bd. 12), S. 209. 264 Vgl. Gr.StrK., (Bd. 12), Anhang A, Nr. 42, Umdruck II U 20, S. 508 ff.

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2. Einziehung und Unbrauchbarmachung Hinsichtlich der Einziehungsvorschriften, §§ 119 ff. der Beratungsgrundlage Umdruck II J 11265, waren ebenfalls Änderungen angedacht.266 Die in der Vorschrift des § 119 Nr. 2 beschriebenen Voraussetzungen, nämlich Fälle, in denen der „Schutz der Allgemeinheit die Einziehung erfordert“ sollten geändert werden. Die Kannbestimmung in § 119 wurde im Hinblick auf die Nr. 2 für nicht mehr tragbar angesehen, nachdem § 345 Abs. 3 E 1959 I die Einziehung bei den gemeingefährlichen Delikten unter identischen Voraussetzungen wie sie bisher in § 119 Nr. 2 beschrieben waren zwingend vorgeschrieben hatte.267 Im Rahmen der Einziehung nach der Nr. 2 sollte es nunmehr bereits ausreichen, dass die Gegenstände ihrer Art nach die Allgemeinheit gefährden, oder nach den Umständen die Gefahr besteht, dass sie zur Begehung weiterer rechtswidriger Taten dienen könnten.268 Mit dieser Fassung sollte es vereinbar sein, den Ermessensgrundsatz für die Entscheidung nach § 119 aufrecht zu erhalten.269 In § 120 Nr. 2 sollten die Worte „der Berechtigte“ durch „der Dritte“ zur Klarstellung des Umstandes, dass die Vorschrift „die Einziehung gegenüber Dritten“ betrifft, geändert werden. Nr. 4 sollte entsprechend § 119 Nr. 2 geändert werden.270 Die weitere Diskussion drehte sich um die Frage, ob die Einziehung gegenüber dem Dritten nach §§ 119 Nr. 1 und 120 Nr. 1, also dann, wenn er sie nach der Tat von dem Täter erhalten hat, trotz der in solchen Fälle beschlossenen Entschädigung des Dritten nach § 124 zu rechtfertigen ist.271 Gallas sah keinen Sinn darin, Gegenstände, die ihrer Art nach nicht gefährlich sind und bei denen auch nicht die Gefahr besteht, dass sie zu weiteren Straftaten benutzt werden, dem rechtmäßigen Eigentümer zu entziehen.272 Insbesondere hatte er ob der Regelung verfassungsrechtliche Bedenken, da es ihm an einem Rechtfertigungsgrund für diese Form der Einziehung fehlte.273 Deshalb regte er an, § 119 Nr. 1 für die Fälle der Einziehung gegenüber Dritten einzuschränken und dem Täter 265 266 267 268 269 270 271 272 273

Abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 12), S. 504 ff. 120. Sitzung vom 16. März 1959Abgedruckt in: Gr.StrK., (Bd. 12), S. 205 ff. Gr.StrK., (Bd. 12), Anhang A, Nr. 41, Umdruck II J 11, S. 504, 506. Gr.StrK., (Bd. 12), Anhang A, Nr. 41, Umdruck II J 11, S. 504, 506. Gr.StrK., (Bd. 12), Anhang A, Nr. 41, Umdruck II J 11, S. 504, 506. Gr.StrK., (Bd. 12), Anhang A, Nr. 41, Umdruck II J 11, S. 504 ff. Gr.StrK., (Bd. 12), S. 213 f. Gr.StrK., (Bd. 12), S. 213 f. Gr.StrK., (Bd. 12), S. 213 f.

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gegenüber, wie beim Verfall, Wertersatz anzuordnen.274 § 120 Nr. 1, der im Gegensatz zu § 119 Nr. 1 lediglich die Voraussetzungen der Dritteinziehung regelte, sollte gestrichen und stattdessen ebenfalls Wertersatz bei Veräußerung durch den Täter vorgesehen werden. Dünnebier pflichtete ihm bei.275 Großrau hingegen hielt die Regelung für verfassungsrechtlich unbedenklich, da sie einen kriminalpolitischen Zweck erfülle, der darin bestehe, eine Veräußerung der der Einziehung unterliegenden Gegenstände durch den Täter oder Teilnehmer nach der Tat und vor Rechtskraft der Entscheidung zu verhindern.276 Gallas und Diemer-Nicolaus wollten die Einziehungsmöglichkeiten wenigstens gegenüber dem gutgläubigen Dritten beschränkt wissen.277 Auch andere Kommissionsmitglieder schlossen sich dem an. Schäfer tat sich hingegen schwer damit, die Grundsätze des Verfalls auf die Einziehung nach § 119 Abs. 1 zu übertragen. Schließlich hätten die Kommissionsmitglieder sich dazu entschieden, sie weder als Nebenstrafe – sonst wäre der Gedanke des Wertersatzes zutreffend – noch als Sicherungsmaßnahme – sonst wäre § 119 Nr. 1 nicht zu halten – auszugestalten.278 Gallas und Jescheck waren hingegen der Meinung, dass bei der Einziehung nach § 119 auch nebenstrafrechtliche Zwecke eine Rolle spielen und damit Wertersatz möglich sei.279 Letztlich konnte sich der Vorschlag von Gallas und Diemer-Nicolaus durchsetzen. Es wurde beschlossen, die Möglichkeit der Einziehung gegenüber Dritten im Rahmen eines neu einzufügenden § 119 Abs. 2 Nr. 2 auf die Fälle, in denen dem Dritten ein in der Vorschrift näher bezeichneter Vorwurf gemacht werden kann, zu beschränken und für den Fall, dass keine Einziehung möglich ist, Wertersatz des Täters zu verlangen. Auch im Rahmen des § 120 sollte eine Einziehung gegenüber dem Dritten nur zulässig sein, sofern ihm ein Vorwurf entsprechend der Bestimmungen in § 119 Abs. 2 Nr. 2 gemacht werden kann. Ansonsten war Wertersatz vom Täter zu verlangen.

274 Gr.StrK., (Bd. 12), S. 213, 216. 275 Gr.StrK., (Bd. 12), S. 214. 276 Gr.StrK., (Bd. 12), S. 213. Einen weiteren Rechtfertigungsgrund fand er in dem sogenannten Makelgedanken. Das bedeutet, dass die Sache als solche „bemakelt“ ist. Gallas hielt dem entgegen, dass das nur sein könne, wenn die Sache bei Begehung der Tat benutzt worden oder durch die Tat hervorgebracht worden sei. Es gäbe aber Nebengesetze, in denen dies für die Einziehung der Sache gerade nicht vorausgesetzt werde. Vgl. Gr.StrK., (Bd. 12), S. 213. 277 Gr.StrK., (Bd. 12), S. 213 f. 278 Gr.StrK., (Bd. 12), S. 215. 279 Gr.StrK., (Bd. 12), S. 215.

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Beschlossen wurde die Ausdehnung der selbständigen Anordnung auf die Fälle, in denen das Strafverfahren im Rahmen des Opportunitätsprinzips eingestellt wird.280 Die Kommissionsmitglieder entschieden sich für eine Ergänzung der Entschädigungsvorschrift.281 Die Entschädigung sollte auch dann ausgeschlossen sein, wenn die Einziehung des Gegenstandes oder dessen Einziehung im konkreten Fall auch auf Grund anderer als strafrechtlicher Vorschriften zulässig gewesen wäre, ohne dass nach den jeweils in Frage stehenden außerstrafrechtlichen Gesetzen ein Anspruch auf Entschädigung oder Herausgabe des Erlöses entstehen würde.282 Damit sollte der Kritik des Bundesfinanzministerims und im Schrifttum283 nachgegangen werden. Dort war beanstandet worden, dass die Entschädigungspflicht – von den Sonderfällen der Nr. 1 bis 3 der Vorschrift abgesehen – für alle Einziehungsfälle vorgesehen ist, bei denen die Maßnahme Präventivzwecken dient, auch wenn die Einziehung nach den Grundsätzen des Verwaltungsrechts ohne Entschädigung zulässig wäre. Bei der bisherigen Lösung wäre die Einziehung auch in solchen Fällen entschädigungspflichtig, in denen Art. 14 GG keine Entschädigung fordert, weil dessen Abs. 1 S. 2 dem Eigentum Schranken zieht. Dies seien die Fälle, in denen besondere Gesetze außerhalb des Strafrechts dem Eigentum und seiner Verwendung von vornherein Grenzen setzen und die Entziehung ohne Entschädigung aus Sicherheitsgründen durch ausdrückliche Vorschrift ausnahmsweise zulassen.284 Die Kommission hatte in ihren Lesungen im Hinblick auf die Vorschriften über Einziehung, Verfall und Unbrauchbarmachung keine endgültigen Beschlüsse mehr gefasst.285 Wie bereits nach der 1. Lesung arbeitete eine einge280 Gr.StrK., (Bd. 12), S. 217, 220. Als Argument wurde angebracht, dass in der Praxis häufig Fälle vorkämen, in denen der Staatsanwalt nur um der Einziehung willen Anklage erhebe, obwohl die Voraussetzungen für eine Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO Vorliegen. Dem wollte man vorbeugen. 281 § 124 des Umdrucks II J 11, Gr.StrK., (Bd. 12), S. 505. 282 Begründung im Umdruck II J 11, Gr.StrK., (Bd. 12), S. 507; Gr.StrK., (Bd. 12), S. 217. Abstimmungsergebnis, Gr.StrK., (Bd. 12), S. 220. 283 Gilsdorf, JZ 1958, S. 641 ff. und S. 685 ff. 284 Begründung im Umdruck II J 11, Gr.StrK., (Bd. 12), S. 507. Als Beispiel wurden § 200a i.V.m. § 200 RAbgO sowie § 51c i.V.m. § 51b Branntweinmonopolgesetz genannt. 285 Vorwort zum Entwurf eines Strafgesetzbuchs E 1959 II nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in zweiter Lesung zusammengestellt und überarbeitet vom Bundesministerium der Justiz. Bonn 1959; BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 98 ff.; Vgl. auch: „Beschlüsse der Grossen Strafrechtskommission zur 2. Lesung des Entwurfs eines StGB`s (II K)“, BArch Koblenz B 141/3481. Ein Beschluss zu den hier untersuchten Vorschriften ist in der Akte nicht zu finden.

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setzte Unterkommission nach den Beratungen der Kommissionsmitglieder Fassungsungsvorschläge im Hinblick auf die in Rede stehenden Vorschriften aus und fassten diese im Umdruck II U 20 zusammen.286 Lesungen der Kommission zu den Vorschlägen mit sich daran anschließenden Beschlüssen fanden nicht mehr statt.287 Vielmehr wurden die Bestimmungen in enger Anlehnung an den Vorschlag der Unterkommission durch die Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums neu gefasst, wobei Anregungen einzelner Kommissionsmitglieder eingearbeitet wurden.288 So hatte insbesondere Koffka Änderungsanträge im Hinblick auf die §§ 119 bis 120a gestellt.289 Sie schlug vor, die §§ 119 und 120 des Umdrucks II U 20 zu einer Vorschrift zusammen zu fassen, da sie der Meinung war, dass durch die neue Vorschrift über Wertersatz in § 120a Umdruck II U 20 die Voraussetzungen der Einziehung in den beiden Vorschriften praktisch völlig aneinander angeglichen wurden, was klar in Erscheinung treten müsse.290 Zudem bemängelte sie, dass § 120 Nr. 2 und 3 des Umdrucks II U 20 nicht deutlich macht, ob es auf das Eigentum oder die Inhaberschaft zur Zeit der Entscheidung oder zur Zeit der Tat ankommt. Aus § 120a Abs. 1 folgerte sie, dass die Zeit der Tat gemeint ist. Denn sonst wäre § 120a Abs. 1 Satz 1 erste Hälfte, soweit er sich auf § 120 Nr. 2 und 3 beziehe, keine echte Ausnahme mit Gegenausnahme, sondern nur eine komplizierte Wiederholung desjenigen, was bereits in § 120 Nr. 2 und 3 stehe.291 Gehe man aber davon aus, dass § 120 Nr. 2 und 3 auf den Zeitpunkt der Tat abstelle, so würde sich eine äußerst komplizierte Regelung ergeben, denn es müsste bei einem Eigentumswechsel nach der Tat festgestellt werden, dass erstens der frühere Eigentümer oder Inhaber die Voraussetzung der Nummer 2 oder 3 erfüllt hat und zweitens der jetzige Eigentümer oder Inhaber auch eine dieser Voraussetzungen erfülle.292 Ihr erschien es zweckmäßig, dass das Zweite für sich allein genüge mit der Folge, dass man schon in § 120 Nr. 2 und 3 auf das Eigentum oder die Inhaberschaft zur Zeit der Ent-

286 Umdruck II U 20, Gr.StrK., (Bd. 12), S. 508 f.; BArch Koblenz B 141/82088, Bl.60 ff. 287 Vorwort zum Entwurf eines Strafgesetzbuchs E 1959 II nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in zweiter Lesung zusammengestellt und überarbeitet vom Bundesministerium der Justiz. Bonn 1959; BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 100. 288 Vorwort zum Entwurf eines Strafgesetzbuchs E 1959 II nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in zweiter Lesung zusammengestellt und überarbeitet vom Bundesministerium der Justiz. Bonn 1959; BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 100. 289 Umdruck II R 21 vom 8. Juni 1959, BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 73 ff. 290 A.a.O., Bl. 73 f. 291 A.a.O., Bl. 75. 292 A.a.O.

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scheidung abstellen müsste.293 Darüber hinaus schlug sie vor, in § 120 Nr. 1 Umdruck II U 20 auf das Eigentum oder die Inhaberschaft des Täters oder Teilnehmers zur Zeit der Entscheidung abzustellen und die Voraussetzungen, unter denen sonst die Einziehung geboten oder zulässig ist, in derselben Vorschrift abschließend aufzuführen.294 Denn wenn man § 120 Nr. 1 mit § 120a kombiniere, ergäbe sich, dass wenn der Täter oder Teilnehmer nicht mehr Eigentümer zur Zeit der Entscheidung sei, die Einziehung nur zulässig sei, wenn zusätzliche Voraussetzungen vorlägen.295 Aufgrund der Vorschläge von Koffka erarbeitete die Strafrechtsabteilung des Bundesjustizministeriums einen Fassungsvorschlag zu den Vorschriften § 119 bis 120a296, da sie die Fassungsvorschläge dazu im Umdruck II U 20 für zu kompliziert hielten.297 Der Fassungsvorschlag übernahm zwar nicht den Vorschlag Koffkas, die §§ 119 und 120 des Umdrucks II U 20 zu einer Vorschrift zusammen zu fassen, jedoch wurden nunmehr alle Voraussetzungen der Einziehung, auch die gegenüber dem Dritten, in § 119 geregelt.298 § 120 blieb als Vorschrift über die Einziehung nach besonderen Vorschriften bestehen, verwies aber wiederum auf die Voraussetzungen des § 119, so dass ersichtlich wird, dass beide Vorschriften identische Voraussetzungen haben.299 Sachlich wich § 119 von dem Vorschlag Koffkas dahingehend ab, dass in seinem Absatz 3 vorausgesetzt wurde, dass die Gegenstände dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Tat gehört haben.300 In diesem Zusammenhang war bewusst keine Vorschrift aufgenommen worden, die den Fall regelte, dass der Täter oder Teilnehmer den Gegenstand zwar nach der Tat, aber vor der Entscheidung erwirbt und noch vorher an einen bösgläubigen Dritten veräußert.301 Denn man wollte die 293 294 295 296 297

298 299 300

301

A.a.O., Bl. 73 ff. A.a.O. Umdruck II R 21 vom 8. Juni 1959, BArch Koblent B 141/82088, Bl. 75. Fassungsvorschlag vom 14. Juli 1959, BArch Koblent B 141/82088, Bl. 78 f. Vgl. Anschreiben des Bundesjustizministeriums an Koffka vom 17. Juli 1959. Dort heißt es: „Wir glauben aber, daß es uns gelungen ist, gegenüber dem doch etwas mysteriösen Umdruck II U 20 eine wesentliche Vereinfachung und Verdeutlichung erzielt zu haben, nicht zuletzt mit Hilfe Ihrer eigenen Ideen.“, BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 80 f. Fassungsvorschlag vom 14. Juli 1959, BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 78. A.a.O., Bl. 79. Fassungsvorschlag vom 14. Juli 1959, BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 78. Koffka hielt diesen Vorschlag für richtiger als den ihren. Vgl. Schreiben von Koffka ans Bundesjustizministerium vom 25. Juli 1959, BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 84. Vgl. Schreiben des Bundesjustizministeriums vom 31. Juli 1959 an Koffka, BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 86.

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Regelungen nicht noch komplizierter gestalten. Zudem waren die Sachbearbeiter im Bundesjustizministerium der Meinung, dass dieser Fall praktisch keine Rolle spielen würde.302 § 120a Abs. 1 war sprachlich anders gefasst worden.303 Hinzugefügt worden war zudem ein neuer Absatz, der eine Wertersatzanordnung gegenüber dem Täter oder Teilnehmer auch dann zuließ, wenn dieser die Ausführung der Einziehung vereitelt hat und ihm dies vorzuwerfen ist.304 Diese Anordnung sollte selbst dann zulässig sein, wenn sich diese Voraussetzungen erst später ergeben.305 Koffka gefielen die neuen Einziehungsvorschläge wesentlich besser als die der Unterkommission.306 Sie regte jedoch an, die Regelung des § 119 Abs. 3 in den Abs. 2 Nr. 1 zu integrieren.307 Dies wurde vom Bundesjustizministerium zunächst abgelehnt, weil Abs. 2 dann schwer genießbar werden würde.308 Gallas wollte den Abs. 3 ebenfalls anders gefasst wissen, damit deutlicher zum Ausdruck komme, dass es sich im Rahmen der Einziehung nach § 119 im Gegensatz zu den Fällen des § 120 Nr. 2 i.d.F. des Ministerialvorschlags um Gegenstände handeln müsse, die zur Zeit der Tat dem Täter oder Teilnehmer gehört haben.309 Weiterhin hielt er es für sinnvoll in § 120 i.d.F. des Ministerialvorschlages die einschränkende Klausel „soweit die Vorschrift nichts anderes bestimmt“ zu streichen.310 Denn diese würde die Garantiefunktion, die die

302 303 304 305 306 307

308 309

310

A.a.O. Fassungsvorschlag vom 14. Juli 1959, BArch Koblenz B 141 / 82088 Bl. 79. Fassungsvorschlag vom 14. Juli 1959, BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 79. A.a.O. Vgl. Schreiben von Koffka ans Bundesjustizministerium vom 25. Juli 1959, BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 84. Sie schlug folgende Fassung vor: „1. Die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen oder dass sie ihm, wenn das nicht der Fall ist, zur Zeit der Tat gehört oder zugestanden haben und derjenige, der zur Zeit der Entscheidung Eigentümer oder Inhaber ist,“ [...] a, b, und c dann wie Nr. 1–3 des Abs. 3 des Fassungsvorschlages des BMJ vom 14. Juli 1959. Vgl. Schreiben von Koffka ans Bundesjustizministerium vom 25. Juli 1959, BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 84. Vgl. Schreiben des Bundesjustizministeriums vom 31. Juli 1959 an Koffka, BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 86. Er schlug folgende Fassung vor: „Im Falle des Absatzes 2 Nr. 1 dürfen Gegenstände, die dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Tat gehört oder zugestanden haben, zur Zeit der Entscheidung jedoch einem Dritten gehören oder zustehen, nur eingezogen werden, wenn dieser 1 [...]“. Änderungsvorschläge zu dem Fassungsvorschlag des BMJ v. 14. Juli 1959 zu den Vorschriften über die Einziehung., BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 89. Änderungsvorschläge zu dem Fassungsvorschlag des BMJ v. 14. Juli 1959 zu den Vorschriften über die Einziehung., BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 89.

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Kommission mit dem § 120 anstrebe, illusorisch machen.311 Im Hinblick auf § 120a i.d.F. des Ministerialvorschlages monierte Gallas, dass die Vorschrift in zweierlei Hinsicht nicht befriedige.312 Einmal erscheine der eigentliche Ausgangssachverhalt, die Veräusserung des Gegenstandes durch den Täter oder Teilnehmer erst am Schluss des Absatzes.313 Sodann erwecke der Passus „nur deshalb nicht eingezogen werden darf, weil er zur Zeit der Entscheidung einem Dritten gehört oder zusteht“ insofern logischen Bedenken, als das Hindernis für die Einziehung gegenüber einem Dritten nicht schon darin liege, dass der Gegenstand einem Dritten gehöre, vielmehr erst darin, dass es sich dabei um einen Dritten handele, der nicht beteiligt oder bösgläubig sei, also die Einziehungsvoraussetzungen der Nummern 1 bis 3 des § 119 Abs. 3 nicht erfülle.314 Er schlug daher vor, den Absatz 1 wie folgt zu fassen: 315 „(1) Hat der Täter oder Teilnehmer den Gegenstand nach der Tat veräussert und darf dieser nur deshalb nicht eingezogen werden, weil der Dritte, dem er zur Zeit der Entscheidung gehört oder zusteht, die Voraussetzungen für eine Einziehung (Nummer 1 bis 3 des § 119 Abs. 3 nicht erfüllt, so kann das Gericht gegen den Täter oder Teilnehmer den Verfall eines Geldbetrages anordnen, der dem Wert des Gegenstandes entspricht.“

311 312 313 314

A.a.O. A.a.O. A.a.O. Änderungsvorschläge zu dem Fassungsvorschlag des BMJ v. 14. Juli 1959 zu den Vorschriften über die Einziehung., BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 89. 315 Gallas hatte in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Fassungsvorschlag gemacht. Dieser wird nur in der Fussnote erwähnt, da sich das BMJ dieses Vorschlags nicht angenommen hat. Stattdessen ist es in Teilen dem anderen Fassungsvorschlag von Gallas gefolgt. Der andere lautete wie folgt: „(1) Kann ein Gegenstand, der dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Tat gehört oder zugestanden hat, diesem gegenüber nicht mehr eingezogen werden, weil er ihn nach der Tat veräussert hat, und ist die Einziehung gegenüber dem Dritten, dem der Gegenstand zur Zeit der Entscheidung gehört oder zusteht, unzulässig, so kann das Gericht gegen den Täter oder Teilnehmer den Verfall eines Geldbetrages anordnen, der dem Wert entspricht“. Dieser Vorschlag enthielt eine sachliche Einschränkung, indem sie einen Wertersatz nur für die Fälle vorsieht, in denen der Gegenstand dem Täter oder Teilnehmer schon zur Zeit der Tat gehört oder zugestanden hat. Gallas gab dieser Alternative den Vorzug, weil seines Erachtens kein hinreichendes Bedürfnis bestand, einen Wertersatz auch für den Fall eines blossen Zwischenerwerbs des Täters oder Teinehmers vorzusehen, zumal auch der Zwischenerwerb eines beteiligten oder bösgläubigen Dritten nicht zum Wertersatz zu dessen Lasten führte und die Regelung ohnehin schon kompliziert genug war. Änderungsvorschläge zu dem Fassungsvorschlag des BMJ v. 14. Juli 1959 zu den Vorschriften über die Einziehung., BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 89.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

Die zweite Lesung des Entwurfs wurde mit der Vorlage des Entwurfs 1959 II316 abgeschlossen, der die Ergebnisse der zweiten Lesung überarbeitet vom Bundesjustizministerium zusammenfasste.317 Die Vorschriften über Verfall und Einziehung waren wie folgt gefasst: „§ 109 Verfall (1) Hat der Täter oder Teilnehmer für die Begehung einer Straftat ein Entgelt erhalten, so ordnet das Gericht neben der Strafe dessen Verfall an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer aus der Begehung einer Straftat einen Gewinn erlangt, so ordnet das Gericht neben der Strafe dessen Verfall an, soweit nicht dem Verletzten aus der Straftat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde. (3) Hat der Täter oder Teilnehmer als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person, als Mitglied eines solchen Organs oder sonst als Vertreter eines anderen gehandelt und das Entgelt oder den Gewinn für die Vertretenen erzielt, so richtet sich die Anordnung des Verfalls gegen diesen. § 14 Abs. 2 gilt entsprechend. (4) Die Anordnung erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen. Gegenstände, die der Täter oder Teilnehmer, im Falle des Absatzes 3 der Vertretene, auf Grund eines erlangten Rechts, durch die Veräußerung des als Entgelt oder Gewinn Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung erworben hat, treten an die Stelle des zunächst Erlangten (5) Die Höhe des Entgelts, des Gewinns und des Anspruchs, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde, sowie der Umfang des sonst Erlangten können geschätzt werden. 318 (6) Soweit die Anordnung nach den Absätzen 1 bis 4 zulässig wäre, unterbleibt sie bei Sachen und Rechten, die im Zeitpunkt der Anordnung jemandem gehören oder zustehen, der weder Täter, Teilnehmer oder im Sinne des Absatzes 3 Vertretener ist noch das Entgelt gewährt hat. § 110 Verfall des Wertersatz (1) Soweit die Anordnung des Verfalls nach § 109 Abs. 6 unterbleibt oder wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht ausführbar ist, ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben dem Verfall der in § 109 Abs. 4 Satz 2 bezeichneten Gegenstände, soweit deren Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

316 Entwurf eines Strafgesetzbuchs E 1959 II nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in zweiter Lesung zusammengestellt und überarbeitet vom Bundesministerium der Justiz. Bonn 1959; BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 100. 317 Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 158. 318 Das Original enthielt zu Abs. 5 folgende Anmerkung: „In das Vollstreckungsgesetz wird eine dem § 9 Abs. 2 WiStG 1954 entsprechende Vorschrift aufzunehmen sein. Sie soll sicherstellen, dass die strafgerichtliche Entscheidung über die Höhe des für verfallen erklärten Betrages im Vollstreckungsverfahren geändert werden kann, wenn das Gericht im bürgerlichen Rechtsstreit zwischen dem Täter und dem Verletzen den Entschädigungsanspruch höher bemisst, als der Strafrichter ihn geschätzt hat“.

Achtes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung nach 1945

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(2) Die Anordnung ist auch für den Fall zulässig, dass ihre Voraussetzungen sich später ergeben. (3) Der Wert des Erlangten kann geschätzt werden. § 111 Härtevorschrift (1) Der Verfall wird nicht angeordnet, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. Die Anordnung kann unterbleiben, wenn der Wert des Erlangten gering ist. (2) Für die Anrechnung von Freiheitsentziehung und Strafe auf den Verfall gilt § 66 entsprechend. Den Maßstaab der Anrechnung bestimmt das Gericht nach seinem Ermessen. (3) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 58 entsprechend. § 112 Wirkung des Verfalls (1) Wird der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem von der Anordnung Betroffenen in diesem Zeitpunkt zusteht. Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. (2) Vor der Rechtskraft wirkt die Anordnung des Verfalls als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuches. § 113 Voraussetzungen der Einziehung (1) Ist eine vorsätzliche Tat begangen worden, so können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, ganz oder teilweise eingezogen werden. (2) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn 1. die Gegenstände dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, 2. sie dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Tat gehört oder zugestanden haben und derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen a) wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung oder einer mit ihr im Zusammenhang stehenden anderen rechtswidrigen Tat gewesen ist. b) aus der Tat in verwerflicher Weise einen Vermögensvorteil gezogen hat oder c) den Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung ermöglicht hätten, in verwerflicher Weise erworben hat, 3. sie nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder 4. die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden. § 114 Einziehung nach besonderen Vorschriften Wird die Einziehung durch besondere Vorschriften über § 113 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen, so dürfen die Gegenstände nur eingezogen werden, wenn 1. die Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 Nr. 1, 3 oder 4 erfüllt sind oder 2. derjenige, dem die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, eine in den Buchstaben a) bis c) des § 113 Abs. 2 Nr. 2 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870 § 115 Einziehung des Wertersatzes (1) Hat der Täter oder Teilnehmer den Gegenstand nach der Tat veräußert und wäre ohne die Veräußerung die Einziehung ihm gegenüber zulässig gewesen, fehlen ihre Voraussetzungen aber gegenüber demjenigen, dem der Gegenstand zur Zeit der Entscheidung gehört oder zusteht, so kann das Gericht den Verfall eines Geldbetrages, der dem Wert des Gegenstandes entspricht, gegen den Täter oder Teilnehmer anordnen. (2) Dasselbe gilt, wenn der Täter oder Teilnehmer die Ausführung der Einziehung vereitelt und ihm dies vorzuwerfen ist. Die Anordnung ist auch für den Fall zulässig, dass ihre Voraussetzungen sich später ergeben. (3) Der Wert des Gegenstandes kann geschätzt werden. (4) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 58, für die Anrechnung von Freiheitsentziehung und Strafe auf die Einziehung des Wertersatzes gilt § 111 Abs. 2 entsprechend. § 116 Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen 319 (1) Haben Schriften, Tonträger , Abbildungen oder Darstellungen, die Mittel oder Gegenstand einer rechtswidrigen Tat gewesen sind,320 einen solchen Inhalt, dass jede Verbreitung den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen würde, so werden alle Stücke eingezogen, die sich im Besitz des Verfassers, Verlegers, Herausgebers, Redakteurs, Druckers, Händlers oder anderer bei der Herstellung, Veröffentlichung, Vorführung oder Verbreitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder sonst zur Verbreitung, Vorführung oder Vervielfältigung bestimmt sind. Ferner ist anzuordnen, dass die Platten, Formen, Drucksätze, Klischees oder Matrizen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schriften, Tonträger, Abbildungen oder Darstellungen gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind. (2) Haben Schriften, Tonträger, Abbildungen oder Darstellungen, die Mittel oder Gegenstand einer rechtswidrigen Tat gewesen sind, einen solchen Inhalt, dass die Verbreitung nur unter besonderen Umständen den äußeren Tatbestand eines Strafgesetz erfüllen, so ordnet das Gericht die Einziehung der Stücke an, die sich zur Zeit der Tat entweder im Besitz des Täters oder Teilnehmers befinden oder von ihm zur Verbreitung bestimmt sind, soweit sie erforderlich sind, um ein gesetzwidriges Verbreiten zu verhindern. Unter entsprechenden Voraussetzungen wird die Unbrauchbarmachung der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Gegenstände angeordnet. (3) Begründet nur ein Teil des Inhalts, der sich ausscheiden lässt, die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2, so ist die Anordnung auf diesen Teil zu beschränken. (4) Bei Tonträgern kann das Gericht die Unbrauchbarmachung anordnen, wenn es die Einziehung für nicht erforderlich hält.

319 Der Begriff ersetzte den der „Schallaufnahme“. Es handelte sich lediglich um eine sprachliche Änderung. 320 Dieser Halbsatz war nach Abschluss der 2. Lesung seitens des Bundesjustizministeriums eingefügt worden. Eine Begründung dazu ist weder in den veröffentlichten, noch in den unveröffentlichten Materialien zu finden.

Achtes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung nach 1945

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§ 117 Wirkung der Einziehung (1) Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über. Rechte Dritter an dem Gegenstand erlöschen. (2) § 112 Abs. 2 gilt entsprechend. § 118 Selbständige Anordnung (1) Kann wegen der Tat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so muss oder kann auf Verfall, Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahmen vorgeschrieben oder zugelassen sind, im übrigen vorliegen. (2) Dasselbe gilt, wenn das Gericht von Strafe absieht oder das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen des Staatsanwalts oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt.321 § 119 Entschädigung (1) Stand das Eigentum oder das andere Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einem Dritten zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, so wird dieser aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt. (2) Die Entschädigungspflicht entfällt, wenn 1. Der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung oder einer mit ihr im Zusammenhang stehenden anderen rechtswidrigen Tat gewesen ist, 2. er aus der Tat in verwerflicher Weise einen Vermögensvorteil gezogen hat, 3. den Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung ermöglicht hätten, in verwerflicher Weise erworben hat oder 4. es nach den Umständen, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung begründet haben, auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts zulässig wäre, den Gegenstand dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen.322 § 120 Sondervorschrift für Organe und Vertreter 1. Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Peron oder als Mitglied eines solchen Organs, als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personengesellschaft des Handelsrechts eine Handlung vorgenomen, die ihm gegenüber unter den übrigen Vorausetzungen der §§ 113, 114 und 119 die Einziehung eines Gegenstandes zulassen oder den Ausschluss derEntschädigung begründen würde, so wird diese Handlung bei Anwendung dieser Vorschrift dem Vertretenen zugerechnet. 2. Hat in den Fällen des § 116 Abs. 2 S. 1 der Täter oder Teilnehmer als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person, als Mitglied eines solchen Organs oder sonst als Vertreter eines anderen gehandelt, so wird die Einziehung unter

321 Anmerkung im Original: „Für das Jugendgerichtsgesetz wird eine Anpassung erforderlich“. 322 Anmerkung im Original: „Es ist zu prüfen, ob im Vollstreckungsgesetz bestimmt werden soll, dass unter gewissen Voraussetzungen der Erlös aus der Verwertung eingezogener Gegenstände, für die keine Entschädigung im Sinne des § 119 Nr. 4 gewährt wird, an gutgläubige Dritte herauszugeben ist“.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870 den übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift auch hinsichtlich der Stücke angeordnet, die sich zur Zeit der Tat entweder im Besitz des Vertretenen befinden oder von diesem zur Verbreitung bestimmt sind. Entsprechendes gilt für die Unbrauchbarmachung nach § 116 Abs. 2 S. 2. 3. § 14 Abs. 2 gilt entsprechend.“

Neuntes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung ab den Sechzigerjahren A) Entwürfe von 1960 und 1962 Der Entwurf 1959 II wurde sodann von einer vom Justizminister NordrheinWestfalens einberufenen Länderkommission zur Überprüfung vorgelegt.1 Die Vorschriften über den Verfall (§§ 109–112) in der Fassung des E 1959 II wurden von den Kommissionsmitgliedern angenommen.2 Im Hinblick auf die Vorschrift über die Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften usw. bemängelte Dünnebier die subjektive Fassung des Wenn-Satzes in Abs. 4 und meinte, dass ein Ermessen des Gerichts insoweit ungewöhnlich und unangebracht sei.3 Er schlug eine objektivere Fassung folgenden Wortlauts vor: „wenn die Einziehung nicht erforderlich ist“. Die Kommission billigte die vorgeschlagene Fassungsänderung.4 Von der Bundesregierung wurden einige der vorläufigen Beratungsergebnisse dieser Länderkommission in E 1959 II eingearbeitet und so der Entwurf von 1960 erstellt.5 Der Entwurf 1960 wurde während der dritten Legislatuperiode Ende 1960 in den Bundesrat eingebracht, der den Entwurf jedoch aus Be-

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Niederschriften über die 5. Tagung der Länderkommission für die große Strafrechtsreform in Köln vom 15. bis 18. Dezember 1959, S. 60 ff.; BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 106 ff. Generalstaatsanwalt Dünnebier hatte zuvor noch darum gebeten, in den Absätzen 1 und 2 des § 109 jeweils die Worte „Begehung einer“ zu streichen, um die Formulierung sprachlich zu verbessern. Schafheutle versicherte, dass dieser Anregung bei der Überarbeitung des Entwurfs entsprochen werden würde. Vgl. Niederschriften über die 5. Tagung der Länderkommission für die große Strafrechtsreform in Köln vom 15. bis 18. Dezember 1959, S. 60 ff. Vgl. Niederschriften über die 5. Tagung der Länderkommission für die große Strafrechtsreform in Köln vom 15. bis 18. Dezember 1959, S. 71; BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 118. Vgl. Niederschriften über die 5. Tagung der Länderkommission für die große Strafrechtsreform in Köln vom 15. bis 18. Dezember 1959, S. 71; BArch Koblenz B 141/82088, Bl. 118. Entwurf eines Strafgesetzbuch (E 1960) mit Begründung, BR-Drs. 270/60; BArch Koblenz B 141/17272. Zum Verfahrensgang: „Entwurf eines „Waschzettels“, der zum Abdruck in der Presse bestimmt ist.“: A. „Die Entwicklung der deutschen Strafrechtsreform“, BArch Koblenz B 141/17271, Bl. 4.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

schleunigungsgründen wegen des bevorstehenden Endes der Legislaturperiode unverändert passieren ließ.6 Der Bundestag, dem der Entwurf am 3. November 1960 vorgelegt wurde,7 war nicht mehr in der Lage, sich mit dem Entwurf zu befassen, da die Wahl zum 4. Bundestag der Bundesrepublik Deutschland bereits am 17. Oktober 1961 stattfand.8 Grundlegend für die Konzeption der Einziehungssanktionen im E 1960 waren die aus bisherigen Erfahrungen gewonnenen Einsichten, dass sie möglichst verschiedenen Sanktionszwecken offen stehen müssen, dass es einer umfassenden Allgemeinregelung bedarf, und dass Sondervorschriften, soweit sie notwendig sind, möglichst eng mit der Allgemeinregelung verklammert sein müssen. Kernpunkt des Entwurfs war die Einführung des Verfalls in Form des Entgeltund Gewinnverfalls als allgemeines Rechtsinstitut sowie die hiermit verbundene Unterscheidung zwischen Einziehung und Verfall. Der Verfall hatte erstmals in einer verallgemeinerten und damit jegliche Sondervorschriften erübrigenden Form eine abschließende Regelung erfahren. Dem RStGB 1871 war hingegen eine dogmatische Trennung der Institute Einziehung und Verfall noch fremd gewesen.9 Der Grund, warum nach Jahrzehnten, in denen das StGB ohne eine allgemeine Verfallregelung ausgekommen war, diese eingeführt werden sollte, lag in der angedachte Novellierung der Geldstrafe, insbesondere des § 27c Abs. 2 StGB.10 Obwohl den Verfallsregelungen der §§ 109–112 E 1960 zunächst eine Lücke schließende Funktion in Form einer angemessenen Ergänzung des Tagessatzsystems, waren sich die Kommissionsmitglieder im 6 7 8 9

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Der Entwurf war am 28. Oktober eingebracht worden. Vgl. „Zum Entwurf eines Strafgesetzbuches (E 1962), BArch Koblenz B 141/17290, Bl. 48. BT-Dr. III/2150. BArch Koblenz B 141/17273 sowie B 141/82088. Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 158. Der Sprachgebrauch des Gesetzes, welches das Empfangene in § 335 RStGB für „verfallen“ erklärte, beruhte auf überkommener Tradition und hinderte Rechtsprechung und Wissenschaft nicht, § 335 RStGB als Unterfall der „Einziehung“ einzuordnen. Vgl. Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 17 ff. m.w.N. Auch der inhaltsgleiche § 128 E 1927 sprach demgemäß von der „Einziehung des Bestechungsentgelts“. Auch der Gesetzgeber verwandte die Begriffe „Verfall“ und „Einziehung“ synonym in Bestimmungen, die dem § 335 RStGB nachgebildet waren. Vgl. Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 18 m.w.N. § 51 E 1960. Nach dieser Vorschrift hatte die Geldbuße im geltenden Recht auch die Funktion, dem Täter Gewinne und Entgelte, die er erzielt hatte, abzunehmen. Die Verfasser des E 1960 waren der Ansicht, dass das neu angedachte Geldstrafensystem in Form des Tagessatzsystems eine solche Funktion nicht mehr übernehmen konnte. Durch die Streichung des kriminellen Gewinns als Bemessungsgesichtspunktes der Geldstrafe war somit eine Regelungslücke entstanden, welche dem Rechtsempfinden der Mitglieder unerträglich vorkam. Vgl. auch Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 71.

Neuntes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung ab 1960

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Rahmen der Beratungen darin einig, den Verfall allgemein für alle Straftaten vorzusehen, da man es generell als unangemessen empfand, dem Täter die Tatvorteile zu belassen.11 Dem Verfall unterlagen die aus einer Straftat gezogenen Gewinne und die für eine Tat erhaltenen Entgelte, wobei beide Institute erstmals in einer gemeinsamen Vorschrift aufgeführt wurden. Allerdings war die Normierung des Gewinn- und Entgeltverfalls in gesonderten Absätzen erfolgt, was damit zusammenhing, dass die sog. Ausschlussklausel in § 109 Abs. 2 Hs. 2 E 1960, deren Einführung unter den Kommissionsmitglieder umstritten gewesen war, naturgemäß nur für den Gewinnverfall vorgesehen war.12 Der Entwurf nahm die durch die Ausschlussklausel entstehende Lücke, die darin bestand, dass der Verfall nicht angeordnet werden durfte, wenn dem Geschädigten nach bürgerlichem Recht ein Anspruch erwachsen war, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde, bewußt in Kauf. Dadurch sollte eine Regelung über das Rechtsverhältnis zwischen Staat und dem Verletzten vermieden werden, wie sie bei einer Gewinnabschöpfung, die ohne Rücksicht auf Ersatzansprüche vorgeschrieben wird, getroffen werden müsste und den Rechtsgang unnötig erschwere.13 Der Charakter des § 109 E 1960 war obligatorisch und zu einer vollendeten Straftat akzessorisch was bedeutet, dass die zu verfallenen Vermögenswerte aus einer schuldhaft begangenen Tat stammen mussten. Die zwingende Anordnung des Verfalls wurde durch die Einführung der Härtevorschrift abgemildert. Die Anordnung des Verfalls musste sich auf einen bestimmten Gegenstand beziehen, der eine Sache oder ein Recht sein konnte.14 Bestand das Entgelt oder der Gewinn nicht in einem bestimmten Gegenstand, sondern in materiellen Vorteilen, die nur rechnerisch faßbar waren, so sollte Wertersatz nach § 110 angeordnet werden.15 Erfasst wurden grundsätzlich nur die unmittelbaren Tatvorteile sowie als Ausnahme dazu in Abs. 4 auch die Nutzungen und Surrogate. Hinsichtlich der Höhe des Verfalls war die Schätzung nach Abs. 5 11 12

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BT-Dr. IV/650, Begründung vor § 109, S. 241. Also auch für Tatbestände, bei deren Verwirklichung Freiheitsstrafen angedroht wurden. Die Beschränkung dieser Klausel auf den Gewinnverfall wird dadurch nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass bei Straftaten, für deren Begehung ein Entgelt gewährt wird, keine individuellen Opfer existieren. Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 72. E 1960, Begründung, S. 229. Die Regelung sollte vielmehr durch eine Verfahrensvorschrift ergänzt werden, die die Beschlagnahme der durch die Tat gewonnenen Gegenstände ermöglicht, soweit dies erforderlich ist, um die Schadloshaltung des Verletzten zu sichern. Dadurch würde verhindert, dass der unrechtmäßig erlangte Gewinn nur deshalb in dem Vermögen des Täters verbleibt, weil der Verletzte seine Ansprüche aus Unkenntnis über die Person des Verpflichteten oder über die Rechtslage vorerst nicht geltend macht. E 1960, Begründung S. 229. A.a.O.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

möglich. Der Verfall sollte grundsätzlich nur gegenüber dem Täter oder Teilnehmer angeordnet werden können, wobei man im Rahmen der gesetzgeberischen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen war, dass in bestimmten Fällen der Verfall auch gegenüber Dritten, den der Gewinn zugeflossen war, angeordnet werden soll.16 Man hatte sich für die Verfallsanordnung als Sondermaßnahme gegenüber Drittbegünstigten entschieden. In § 109 Abs. 3 war sie gegenüber juristischen Personen, Verbänden sowie natürlichen Personen, die von einem gesetzlichen oder willkürlichen Vertreter das Entgelt oder den Gewinn erhalten hatten, möglich. Die Kommissionsmitglieder waren der Ansicht, dass die Überlegung, die Maßnahme treffe hier „Unschuldige“, bei der beschriebenen Eigenart des Instituts kein Argument sei.17 Zur Klarstellung jeglicher Fragen bezüglich der Eigentumsverhältnisse diente § 109 Abs. 6 E 1960. Durch die Einbeziehung des Bestechenden in den Adressatenkreis des Verfalls sollte die Nichtigkeit von solchen Rechtsgeschäften berücksichtigt werden.18 Da der Verfall auch ausgeschlossen war, wenn der Täter oder Teilnehmer den Gegenstand vor der Anordnung des Verfalls an Dritte veräußert hatte, hatte sich der Reformgesetzgeber für die Schaffung des Wertersatzverfalls in § 110 E 1960 entschieden um dem Täter den Anreiz zur Vereitelung des Verfalls durch Verkauf zu nehmen. Die Frage nach der Rechtsnatur des Verfalls wurde ausdrücklich offen gelassen.19 Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die einseitige Ausgestaltung des Verfalls wie auch der Einziehung als Nebenstrafe oder als Maßregel der Sicherung aus praktischen Gründen nicht durchführbar sei, weil die Behandlung als Nebenstrafe ihre selbständige Anordnung nicht zulassen würde, was gerade bei der Gewinnabschöpfung kriminalpolitisch nicht zweckmäßig sei.20 Auch die Vorschriften über die Einziehung (§§ 113 ff.) hatten im Vergleich zum geltenden Recht eine viel detailliertere und zum Teil auch ausdehnende 16

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Die Ausweitung auf den Drittbegünstigten war zunächst vom Bundesjustizministerium noch grundsätzlich abgelehnt worden mit der Begründung, dass die Anordnung des Verfalls gegenüber Dritten nur möglich sei, wenn den Dritten ein Verschulden eigener Art treffe. Stattdessen sollte gegenüber dem Täter auf Wertersatz erkannt werden können. E 1960, Begründung S. 229. E 1960, Begründung S. 229. Vgl. auch Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 73. Unter den Kommissionsmitgliedern hatten im Hinblick auf die Frage nach der Rechtsnatur im Rahmen der Kommissionsberatungen keine Einigkeit geherrscht. Koffka hatte in ihr einen öffentlich-rechtlichen Gewinnausgleich gesehen, andere Kommissionsmitglieder hatten sie als Nebenstrafe oder zumindest strafähnliche Maßnahme qualifiziert – BT-Dr. III/2150, Begründung vor § 109, S. 228. BT-Dr. III/2150, Begründung vor § 109, S. 228.

Neuntes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung ab 1960

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Ausgestaltung erfahren. Die Regelung der Einziehung in § 113 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 knüpfte ihre Voraussetzungen an dieselben wie das geltende Recht des § 40 StGB mit dem Unterschied, dass wie bereits in den Vorgängerentwürfen auch Rechte erfasst wurden. Absatz 2 Nr. 2 bis 4 unterwarfen als Neuerung und in Fortentwicklung des § 40 Sachen und Rechte dann unterschiedslos der Einziehung, wenn die in den Nummern genannten Voraussetzungen gegeben waren. Die unterschiedslose Einziehung war im Vergleich zu den vorgeschlagenen Regelungen in den Entwürfen 1958 und 1959 II dahingehend eingeschränkt worden, dass sie gegenüber dem gutgläubigen Dritten nicht mehr möglich sein sollte. Abweichend zum geltenden Recht wurde eine neue Vorschrift über die Einziehung nach besonderen Vorschriften (§ 114) aufgenommen, die als Rahmenvorschrift für die Einziehung nach Vorschriften des Besonderen Teils oder des Nebenstrafrechts dienen sollte, die die Einziehung über § 113 hinaus vorschrieben oder zuließen. Damit sollte trotz des Umstandes, dass neben der Allgemeinregelung noch Raum für Sondervorschriften belassen worden war, ein Höchstmaß an Einheitlichkeit gewahrt bleiben. Insbesondere wurde die Einziehung gegenüber Dritten einheitlich geregelt und nach Ansicht der Verfasser die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG berücksichtigt. § 114 verweiste auf § 113 und erreichte damit eine weitgehende Übereinstimmung auch mit der allgemeinen Vorschrift. Jedoch war die Einziehung nach § 114 im Gegensatz zu der nach § 113 gänzlich unterschiedslos, was daran deutlich wird, dass § 114 Nr. 2 nur auf die Voraussetzungen verwies, die in den Buchstaben a) bis c) des § 113 Abs. 2 Nr. 2 genannt waren. Folglich kam es nicht darauf an, ob der Gegenstand dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Tat gehört oder zugestanden hat. Neu eingeführt wurde im Vergleich zum geltenden Recht und insbesondere zu den Entwürfen 1958, 1959 I die Einziehung des Wertersatzes in § 115. Mit Absatz 1 sollte in erster Linie die Lücke geschlossen werden, die nach Ansicht der Verfasser bei der Einziehung von Gegenständen nach § 113 und 114 Nr. 2 entstanden war, nachdem man sich im Rahmen der Beratungen dazu entschieden hatte, die Einziehung gegenüber dem gutgläubigen Dritten nicht zuzulassen.21 Absatz 2 sah weiterhin die

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Wenn der Täter den Gegenstand nach der Tat an einen Dritten veräußert hat und kein Fall des § 113 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 vorliegt, kann die Einziehung gegen den Dritten nur angeordnet werden, wenn dieser eine der in § 113 Abs. 2 Nr. 2 genannte Voraussetzung erfüllt hat. Ist dies nicht der Fall, so ist die Einziehung ausgeschlossen. Diese Lücke schließt § 115 Abs. 1, da in solchen Fällen Wertersatz gegen den Täter oder Teilnehmer angeordnet werden kann. Da § 114 Nr. 2 seine Voraussetzungen an die des § 113 Abs. 2 Nr. 2 knüpft, sind auch hier Fälle denkbar, in denen der Täter nach der Tat den Gegenstand an einen Dritten veräußert, bei dem diese Voraussetzungen nicht vorliegen. BT-Dr. III/2150, Begründung vor § 109, S. 233.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

Einziehung des Wertersatzes vor, wenn der Täter oder Teilnehmer die Einziehung vorwerfbar vereitelt hat. Der E 1960 enthielt wie das damals geltende Recht ebenfalls eine Sondervorschrift betreffend die Einziehung von Schriften etc. Die Regelung entsprach in den Grundsätzen dem § 41 StGB und der Entwicklung dieser Vorschrift in den Entwürfen 1927 und 1930. So war insbesondere in Absatz 2 die in E 1927 erstmals vorgesehene Unterscheidung zwischen Strafbarkeit bei jeder Verbreitung und Strafbarkeit bei einer Verbreitung unter besonderen Voraussetzungen übernommen worden. In Abweichung zu den Entwürfen E 1927 und 1930 sollte der Erfassungsbereich des 2. Absatzes enger gefasst werden als bei Absatz 1. In den Fällen des zweiten Absatzes sollte die Maßnahme auf die Gegenstände beschränkt werden, die sich zur Zeit der Tat im Besitz des Täters oder Teilnehmers befunden haben oder in diesem Zeitpunkt zwar noch nicht in seinem Besitz, jedoch von ihm zur Verbreitung bestimmt waren.22 Weiterhin war der Katalog der Gegenstände, auf den sich die Maßnahme bezog, durch die Tonträger und bei den Vervielfältigungsmitteln durch die Drucksätze, Klischees und Matrizen ergänzt worden.23 In der Begründung zum E 1960 ausgeführt, dass zu den Darstellungen auch Filme und Negative gehöhren.24 In § 117 wurde entsprechend den Entwürfen ab 1922 ausdrücklich geregelt, dass das Eigentum mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat übergeht und dass Rechte Dritter an dem Gegenstand erlöschen. Der Zeitpunkt des Übergangs des Eigentums auf den Staat war in den §§ 40–42 RStGB nicht geregelt gewesen. Allerdings entsprach es der herrschenden Meinung und auch der Rechtsprechung, dass sich der Eigentumsübergang mit der Rechtskraft vollzieht.25 Höchst streitig war allerdings gewesen, was im Falle einer fehlerhaften Einziehung passiert. Von einer fehlerhaften Einziehung wurde dann gesprochen, wenn der eingezogene Gegenstand entgegen den Feststellungen des Strafgerichts nicht dem verurteilten Täter gehört.26 Die überwiegend in der Literatur vertretene Auffassung entsprach der des E 1960 und ging dahin, dass

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BR-Drs. 270/60, Begründung E 1960, § 116, S. 234. A.a.O. BR-Drs. 270/60, Begründung E 1960, § 116, S. 234. Vgl. dazu Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, S. 41, BArch R 3001/11450, Bl. 10 ff. Beckmann, GA 1960, S. 205.

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mit der Rechtskraft des Urteils auch unbeteiligte Dritte ihr Eigentum entschädigungslos verlieren, mithin ihre Rechte erlöschen.27 § 118 knüpft an § 42 StGB an und deren Entwicklung in den Folgeentwürfen an. Wie bereits die Entwürfe E 1919 bis 1930 bezweckt die Vorschrift die Schaffung einer einheitlich im Strafgesetzbuch und im Nebenstrafrecht geltenden Vorschrift über die Voraussetzungen der selbständigen Anordnung. § 118 sollte, wie auch bereits die Entwürfe ab 1909, außer tatsächlichen auch rechtliche Hindernisse erfassen. Eine Ausnahme sollte insoweit gelten, als die Verfolgungsverjährung nach § 127 Abs. 1 E 1960 auch die selständige Anordnung nach § 118 auschließen sollte. Eine Neuerung stellte der Absatz 2 dar, der die Zulässigkeit des selbständigen Verfahrens auch dann vorsah, wenn der Ausschluss der Verfolgung oder Verurteilung darauf beruht, dass das Gericht nach gesetzlichen Vorschriften von einer Strafe absieht oder das Verfahren nach Vorschriften, die den Verfolgungszwang durch Zulassung des Opportunitätsprinzips ausschließen, eingestellt wird. Völlig neu war das Entschädigungskonzept im E 1960. Hier wurde nun erstmals der Dritteigentümer wie auch derjenige, dem beschränkte dingliche Rechte am Einziehungsobjekt zugestanden haben, grundsätzlich als entschädigungsberechtigt anerkannt. Allerdings nur unter dem Vorbehalt, dass diesem kein Quasi-Mitverschulden an der einziehungsbegründenden Tat vorgeworfen werden konnte. Überall dort, wo dem Betroffenen eine quasi-schuldhafte Beihilfe, Ausnutzung oder Vereitelung der einziehungsbegründenden Tat vorgeworfen werden konnte, oder er in verwerflicher Weise aus der Tat in vorwerfbarer Weise einen Vermögensvorteil gezogen hatte, war auch eine Entschädigung ausgeschlossen. Das führte dazu, dass eine Entschädigung praktisch nur bei einer rein sicherungsbedingten Dritteinziehung in Betracht kam. Dies wurde damit begründet, dass sie in solchen Fällen keine Enteignung im Sinne des Art. 14 GG darstellen würde.28 Weiterhin wurde eine 27

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Vgl. dazu Giebeler, Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen, S. 41, BArch R 3001/11450, Bl. 11. Dafür war beispielsweise Vogel, GA 1958, S. 33 ff; Arndt, NJW 1957, S. 856. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der Eigentumsübergang auf den Fiskus der Einziehung immanent sei und auf Grund der Gestaltungswirkung des Urteils sowie einer analogen Anwendung der §§ 415 RbgO, 22 OWiG, 7 WiStG erfolge. Beckmann, GA 1960, S. 206; Arndt, NJW 1957, S. 856 Fn 5. Dagegen war beispielsweise Beckmann, GA 1960, S. 205 ff. sowie Schmidt, NJW 1957, S. 1629. Letzterer vertrat die Auffassung, dass die Einziehung „Dritteigentums“ jeglicher Grunlage entbehre, nicht „auf Grund eines Gesetzes“ (Art. 14 Abs. 3 GG) erfolgt, daher sachlich rechtswidrig und als Verstoß gegen ein Grundrecht nichtig sei. BT-Dr. III/2150, Begründung vor § 109, S. 235.

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Entschädigung in Nr. 4 ausgeschlossen, wenn die Einziehung oder Unbrauchbarmachung keine Enteignung darstellte, weil es im konkreten Fall auch auf Grund anderer als strafrechtlicher Vorschriften zulässig gewesen wäre, dem Dritten den Gegenstand ohne Entschädigung zu entziehen. Mit dieser Anknüpfung an außerstrafrechtliche Gesetze beschrieb der Entwurf nach Ansicht seiner Verfasser die Fälle, in denen das Gesetz die Grenzen des Eigentums festsetzt.29 Neu ist auch die in § 120 verortete Sondervorschrift für Organe und Vertreter. In den Beratungen ab 1954 hatte man sich dazu entschieden nunmehr auch eine Vorschrift zu schaffen, mit der es möglich ist, unter bestimmten Voraussetzungen die Einziehung gegenüber juristischen Personen etc. zuzulassen und ihnen damit das Handeln ihrer Organe oder Vertreter zuzurechnen. Unter Beachtung der von der Länderkommission endgültig erarbeiteten Grundsätze wurde der Entwurf 1960 noch einmal von der Bundesregierung überarbeitet. Im Referentenentwurf E 1962 war der Umfang des Drittverfalls in § 109 Abs. 3 erweitert worden.30 Kam es im E 1960 noch auf eine mögliche formelle Vertretungsbeziehung an, so verzichtete der Referententwurf eines Strafgesetzbuches E 1962 darauf und bejahte ein Handeln für einen anderen bereits dann, wenn „der Täter oder Teilnehmer nach außen erkennbar Angelegenheiten eines anderen wahrgenommen hatte, ohne Vertreter zu sein“.31 Daher hieß es im § 109 Abs. 3 Referentenentwurf E 1962 nunmehr: „wenn der Täter oder Teilnehmer als Vertreter eines anderen oder sonst für einen anderen gehandelt hat […]“.32 Die Ausdehnung war aufgrund der Anregung des Bundesfinanz29 30

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BT-Dr. III/2150, Begründung vor § 109, S. 235 f. Vgl. Zusammenstellung von Vorschriften des Referentenentwurfs eines Strafgesetzbuches E 1962, die bedeutsamere sachliche Änderungen gegenüber dem Entwurf 1960 enthalten, mit kurzen Hinweisen; BArch Koblenz B 141/82088. Vgl. Zusammenstellung von Vorschriften des Referentenentwurfs eines Strafgesetzbuches E 1962, die bedeutsamere sachliche Änderungen gegenüber dem Entwurf 1960 enthalten, mit kurzen Hinweisen; BArch Koblenz B 141/82088. Vgl. Vorschläge der Sachbearbeiter des Bundsjustizministeriums zur Neufassung von Vorschriften des E 1960, BArch Koblenz B 141/82088. Dies Fassung war gewählt worden, da das der Referent des Bundesjustizministerium Großrau der Meinung gewesen war, dass sie zu einem praktischen brauchbaren Ergebnis führe, da sie neben den Fällen der Angehörigen der steuerberatenden Berufe auch Täter, die aus eigener Initiative für einen anderen gehandelt und dem anderen einen Gewinn verschafft haben berücksichtigen würde. Als andere Alternative war angedacht gewesen, den Begriff „Vertreter“ weiter zu verwenden und in der Brgündung zum Entwurf deutlich zu machen, dass nicht nur rechtsgeschäftliche Vertreter gemeint sind. Diese Fassung wurde abgelehnt, da sie nur mit Hilfe der Begründung verständlich sei, zu einem strafrechtli-

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ministeriums vorgenommen worden.33 Dieses hielt die Ergänzung gerade für den Bereich der geplanten „Abschöpfung des Zinsgewinns“ bei Steuerhinterziehung von praktischer Bedeutung, da bei Steuervergehen in Unternehmen und Betrieben typischerweise nicht nur das Organ oder der Vertreter im zivilrechtlichen Sinne als Täter in Frage komme, sondern auch Betriebsangehörige aller Art ohne Vertretungsvollmacht, wie z.B. der Buchhalter, Lagerist oder aber nicht betriebsangehörige Beauftragte wie beispielsweise der Steuerberater und der Rechtsanwalt.34 Der Referent des Bundesjustizministeriums Großrau schloss sich der Meinung an und hielt auch die Ausdehnung auf den „Beauftragten“ außerhalb des Wirtschaftsstrafrechts für nicht unangemessen, selbst wenn er sie als nicht in gleicher Weise dringlich ansah.35 In der Begründung zum E 1962 wurde im Hinblick auf die Notwendigkeit der Ausdehnung ferner damit argumentiert, dass auch in solchen Fällen der Täter oder Teilnehmer in einer so engen und nach außen erkennbaren Beziehung zu den Vermögensangelegenheiten des anderen steht, dass es nicht gerechtfertigt wäre, bei der Anordnung des Verfalls zwischen dem Vermögen des Handelnden und dem Vermögen des Empfängers zu trennen.36 Eine weitere Neuerung stellt der erstmals im Referentenentwurf E 1962 auftauchende 5. Absatz dar, der eine Sonderregelung für den Verfall des Zinssgewinns enthält und den Verfall des mittelbaren Gewinns über den der Surrogate und Nutzungen in begrenztem Umfang zuließ.37 Die Änderung

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chen Vertreterbegriff führe und manche Streitfrage aufwerfen könne. Eine weitere Alternative sah vor, den Begriff „Beauftragten“ der Vorschrift hinzuzufügen. Auch diese Lösung erweckte jedoch Bedenken, weil sie einen Begriff schaffe, der nicht zivilrechtlich gemeint sein könne. Zudem sei zweifelhaft, ob auch Steuerberater und Rechtsanwälte von der Vorschrift erfasst würden. Vermerk des BMJ vom 15. Dezember 1961, BArch Koblenz B 141/82088. Vgl. Zusammenstellung von Vorschriften des Referentenentwurfs E 1962, die bedeutsamere sachliche Änderungen gegenüber dem Entwurf 1960 aufweisen, mit kurzen Hinweisen. BArch Koblenz B 141/17287, Bl. 18 sowie B 141/82088. Vermerk des BMJ vom 15. Dezember 1961, BArch Koblenz B 141/82088. Vermerk des BMJ vom 15. Dezember 1961, BArch Koblenz B 141 / 82088. A.a.O. E 1962, Begründung, BT-Dr. IV/650, S. 242. Vgl. Zusammenstellung von Vorschriften des Referentenentwurfs E 1962, die bedeutsamere sachliche Änderungen gegenüber dem Entwurf 1960 aufweisen, mit kurzen Hinweisen. BArch Koblenz B 141/17287, Bl. 19 sowie B 141/82088; BT-Dr. IV/650, Begründung § 109, S. 243. Die Vorschrift lautet wie folgt: „Besteht das Entgelt, der Gewinn oder das nach Absatz 4 Satz 2 Erworbene in Geld oder darin, dass gegen den Täter oder Teilnehmer, in den Fällen des Absatz 3 gegen den Empfänger, ein Zahlungsanspruch nicht oder erst später geltend gemacht wird, so kann das Gericht den Verfall eines Geldbetrages anordnen, der den üblichen Zinsen für eine an-

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wurde ebenfalls auf eine Anregung des Bundesfinanzministeriums eingefügt.38 Mit der Erfassung des Zinsgewinns wollte man die Lücke schließen die dadurch entstanden war, dass man der Meinung war, dass durch den 4. Absatz der Vorteil der Kapitalnutzung, den der Täter z.B. durch die Verwendung des in strafbarer Weise erlangten Geldes im eigenen Betrieb erlangt hat, wegen der Begriffsbestimmung des § 99 BGB39 nicht erfasst wurde.40 Man sah es als kriminalpolitisch erwünscht an, dem Täter die Vorteile wegzunehmen, die er mittels einer Straftat durch die Möglichkeit einer Kapitalnutzung erlangt hat.41 Die Schwierigkeiten, die zur Ablehnung der generellen Verfallsanordnung des mittelbaren Gewinns geführt hatten sah man dadurch umgangen, dass man den Verfall des Zinsgewinns objektiviert hatte, indem man sich mit der Abschöpfung eines Geldbetrages, der den üblichen Zinsen entsprach, begnügte.42 Darüber hinaus war in Übereinstimmung mit der Neufassung des § 109 Abs. 3 der Anwendungsbereich des § 120 Abs. 2 über die Fälle des Handelns von „Vertretern“ hinaus auf alle Fälle ausgedehnt worden, in denen der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt hat.43 Bei dieser Anwendung musste die entsprechende Anwendung des § 14 Abs. 2, die bisher in § 120 Abs. 3 vorge-

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gemessene Zeit, jedoch nicht über die Anordnung des Verfalls hinaus, entspricht. Dies gilt nicht, soweit das Gericht hinsichtlich des Geldes eine Anordnung nach Absatz 4 Satz 1 trifft.“ Vgl. Zusammenstellung von Vorschriften des Referentenentwurfs E 1962, die bedeutsamere sachliche Änderungen gegenüber dem Entwurf 1960 aufweisen, mit kurzen Hinweisen. BArch Koblenz B 141/17287, Bl. 19 sowie B 141/82088. Nach der Begriffsbestimmung des § 99 BGB können als Früchte bei Geld nur Erträge angesehen werden, die es vermöge eines Rechtsverhältnisses gewährt, also z.B. die Zinsen bei Hingabe eines gegenständlich bestimmten Geldbetrages als verzinsliches Darlehen. BT-Dr. IV/650, Begründung § 109, S. 243. BT-Dr. IV/650, Begründung § 109, S. 243. Vgl. Zusammenstellung von Vorschriften des Referentenentwurfs E 1962, die bedeutsamere sachliche Änderungen gegenüber dem Entwurf 1960 aufweisen, mit kurzen Hinweisen. BArch Koblenz B 141/17287, Bl. 19 sowie B 141/82088. Gemeint waren damit die Zinsen, die der Täter nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge hätte aufwenden müssen, wenn er sich das erlangte oder ersparte Geld im Wege eines Darlehens im üblichen Geschäftsverkehr beschafft hätte. Vgl. BT-Dr. IV/650, Begründung § 109, S. 243. Vgl. Zusammenstellung von Vorschriften des Referentenentwurfs E 1962, die bedeutsamere sachliche Änderungen gegenüber dem Entwurf 1960 aufweisen, mit kurzen Hinweisen. BArch Koblenz B 141/17287, Bl. 19; Vermerk des BMJ vom 15. Dezember 1961, BArch Koblenz B 141 / 82088.

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schrieben war auf Absatz 1 beschränkt werden.44 Weitere Änderungen waren sprachlicher Natur.45 Der Entwurf wurde dem Bundesrat als „Entwurf 1962“ 46 zur Beratung vorgelegt. Der Bundesrat überwies den Entwurf seinem Rechtsauschuss, der wiederum einen Unterausschuss47 einsetzte. Ministerialdirigent Rösch brachte als Vertreter Bayerns den Vorschlag ein, die Vorschriften über Verfall und Einziehung übersichtlicher zu gestalten.48 Der Inhalt des umfangreichen § 109 sollte in mehrere Vorschriften aufgeteilt werden um seine Lesbarkeit zu erleichtern.49 So wurde § 109 Abs. 5 zu § 109a, wobei dem letzten Satz in Abs. 1 der Zusatz beigefügt wurde, dass § 109 Abs. 4

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Vgl. Zusammenstellung von Vorschriften des Referentenentwurfs E 1962, die bedeutsamere sachliche Änderungen gegenüber dem Entwurf 1960 aufweisen, mit kurzen Hinweisen. BArch Koblenz B 141/17287, Bl. 19; B 141/82088. Vgl. Gegenüberstellung des Entwurfs eines Strafgesetzbuches (E 1960) in der Fassung der ersten Bundestagsvorlage mit dem die Beschlüsse der Länderkommission für die große Strafrechtsreform und die Vorschläge der Gesellschaft für Deutsche Sprache e.V. Lüneburg verwertenden Referentenentwurf eines Strafgesetzbuches (E 1962). BArch Koblenz B 141/17287, Bl. 68 ff. Entwurf eines Strafgesetzbuches (StGB). E 1962 mit Begründung – Bundesratsvorlage. BR-Drs. 200/62, BArch Koblenz B 141/17293, Bl. 2 ff. sowie B 141/82088. Der Rechtsausschuss hatte sich in der 247. und 248. Sitzung am 8. und 22. März 1962 mit der Frage der verfahrensmäßigen Behandlung des Entwurfs eines Strafgesetzbuches befasst. Er hat zur Vorbereitung seiner Beratungen den bereits genannten Unterausschuss eingesetzt, der aus Vertretern sämtlicher Länder bestand. Zum Vorsitzenden des Unterausschusses hatte der Rechtsausschuss Ministerialdirigent Wilkering (Niedersachsen) bestimmt. Gegenstand der Beratungen des Unterausschusses sollten der Referentenentwurf 1962 sein sowie die Niederschriften und Beschlüsse der Länderkommission. Vgl. Niederschriften über die 247. und 248. Sitzung, BArch Koblenz B 141/17298. Die erste Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses fand am 17. April 1962 in Bonn statt. Vgl. Schreiben von Dehn an die Vertretungen der Länder vom 6. April 1962, R 2701 b – Nr. R 54/62, BArch Koblenz B 141/17289, Bl. 3 f. Referent der Länderkommission im Unterausschuss für die §§ 109–120 E 1962 waren die Vertreter des Landes Rheinland-Pfalz. Vgl. Anlage zum Schreiben von Dehn an die Vertretungen der Länder vom 6. April 1962, R 2701 b – Nr. R 54/62, BArch Koblenz B 141/17289, Bl. 6. Vgl. Vorschläge des Ministerialdirigenten Rösch, BArch Koblenz B 141/82088. Niederschrift über die 2. Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am Montag, den 7. Mai 1962 bis Freitag, den 11. Juni 1962 in Bonn. BArch Koblenz B 141/82088 sowie B 141/17299 Bl. 15 ff. Vgl. Vorschläge des Ministerialdirigenten Rösch, BArch Koblenz B 141/82088 sowie B 141/17299 Bl. 10 ff.; Niederschrift über die 2. Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am Montag, den 7. Mai 1962 bis Freitag, den 11. Juni 1962 in Bonn. BArch Koblenz B 141/82088 sowie B 141/17299, Bl. 15 ff.

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anzuwenden ist.50 § 109 Abs. 6 wurde zu § 109b. Die selbständige Anordnung in § 118 sollte zu § 120 werden und § 119 zu § 118.51 Der Vorschlag wurde von der Unterkommission angenommen.52 Darüber hinaus beschäftigten sich die Mitglieder des Unterausschusses mit der Frage, ob die Vorschriften der §§ 113 und 119 E 1962 (nunmehr angedacht als § 118 Abs. 2) mit Art. 14 GG vereinbar sind.53 Kuthning hatte Bedenken gegen § 113 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, weil dort die Einziehung von Gegenständen Dritter zugelassen werde, obwohl deren Verhalten nicht mit Kriminalstrafe bedroht sei.54 Der Vertreter des Bundesjustizministeriums führte hingegen aus, dass es sich in diesen Fällen um eine fahrlässige Beihilfe zu einer Straftat handele und das Grundgesetz es nicht verbieten würde, auch derartige Handlungen zu pönalisieren.55 Die übrigen Mitglieder des Unterausschusses waren der Ansicht, dass es sich um eine Schranke des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. GG handele.56 Wer durch Leichtfertigkeit, also schuldhaft, dazu beitrage, dass sein Eigentum im Zusammenhang mit einer Straftat verwendet wird, müsse den Verlust seines Eigentums hinnehmen.57 Da es sich damit bei der Einziehung unter den genannten Voraussetzungen nicht um eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG handele, bestehe auch kein Anspruch auf Entschädigung.58 Die Mitglieder waren sich anschließend einig, dass in der Einleitung des § 118 Abs. 2 klargestellt werden sollte, dass in einem solchen Fall eine Entschädigungspflicht erst gar nicht entsteht. Sie sprachen daher die Empfehlung an den Rechtsausschuss aus, die Eingangsworte wie folgt zu fassen:

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Niederschrift über die 2. Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am Montag, den 7. Mai 1962 bis Freitag, den 11. Juni 1962 in Bonn. BArch Koblenz B 141/82088 sowie B 141/17299, Bl. 15 ff. Vgl. Vorschläge des Ministerialdirigenten Rösch, BArch Koblenz B 141/82088 sowie B 141/17299, Bl. 10 ff.; Niederschrift über die 2. Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am Montag, den 7. Mai 1962 bis Freitag, den 11. Juni 1962 in Bonn. BArch Koblenz B 141/82088 sowie B 141/17299, Bl. 15 ff. Niederschrift über die 2. Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am Montag, den 7. Mai 1962 bis Freitag, den 11. Juni 1962 in Bonn. BArch Koblenz B 141/82088 sowie B 141/17299, Bl. 15 ff. Niederschrift über die 4. Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am Mittwoch, den 6. Juni 1962, und Donnerstag, den 7. Juni 1962 in Bonn. BArch Koblenz B 141/17299, Bl. 67 f.; sowie B 141/82088. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O.

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„Eine Entschädigung wird nicht gewährt, wenn […].“59

Der Rechtsausschuss nahm die zu § 118 Abs. 2, ehmals § 119 Abs. 2 vorgeschlagene Änderung einstimmig an.60 Ebenfalls nahm er die zu §§ 109 ff. empfohlenen Änderungsvorschläge mit der Maßgabe an, dass § 118 der Vorschläge – bisher 119 – in Absatz 2 die zuvor beschlossene Fassung erhält.61 Daran anschließend übersandte er seine Vorschläge dem Bundesrat.62 Der Bundesrat beriet nach der Beratung durch den Rechtsausschuss über den Entwurf.63 Die vom Rechtsausschuss vorgeschlagenen Änderungen wurden angenommen.64 Daran anschließend nahm der Bundesrat zum Entwurf und den vorgeschlagenen Änderungen Stellung.65 Die Bundesregierung verfasste dazu eine Gegenäußerung.66 Danach wurde der überarbeitete Entwurf als StGB-E 196267 am 4. Oktober 1962 von der Bundesregierung in den 4. Bundestag

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Niederschrift über die 4. Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am Mittwoch, den 6. Juni 1962, und Donnerstag, den 7. Juni 1962 in Bonn. BArch Koblenz B 141/17299, Bl. 68; sowie B 141/82088. Niederschrift über die 253. Sitzung des Rechtsausschusses vom 18. Juni bis 20. Juni 1962 in Bonn, BArch Koblenz B 141/17299, Bl. 105.; sowie B 141/82088. Niederschrift über die 253. Sitzung des Rechtsausschusses vom 18. Juni bis 20. Juni 1962 in Bonn, BArch Koblenz B 141/17299, Bl. 105. Bundesrat Rechtsausschuss Drs. 200/1/62 vom 27. Juni 1962, BArch Koblenz B 141/82088 sowie B 141/17303 Bl. 37 ff. Die Beratungen im Bundesrat zum Entwurf eines Strafgesetzbuchs (StGB) am 13. Juli 1962. Nach dem stenographischen Bericht über die 248. Sitzung des Bundesrats am 12./13. Juli 1962. Hrsg. vom Sekretariat des Bundesrates Bonn, 1962, S. 4 ff.; BArch Koblenz B 141/17308, Bl. 31 ff. Die Beratungen im Bundesrat zum Entwurf eines Strafgesetzbuchs (StGB). Am 13. Juli 1962. Nach dem stenographischen Bericht über die 248. Sitzung des Bundesrats. Hrsg. vom Sekretariat des Bundesrates Bonn, 1962, BArch Koblenz B 141/17308, Bl. 43 ff. BR-Drs. 200/62 vom 13. Juli 1962, BArch Koblenz B 141/17304, Bl. 3 sowie B 141/82088; Anlage 2 zur BT-Drs. IV/650, BArch Koblenz B 141/17305, Bl. 77 ff. Danach hatte die Bundesregierung gegen die vom Bundesrat beschlossenen Änderungen keine sachlichen Bedenken. Die Bundesregierung schlug lediglich für den § 109a Abs. 1 Satz 3 folgende Fassung vor: „§ 109 Abs. 4 gilt entsprechend“. Die Änderung wurde als geboten angesehen, weil die vorstehende Verweisung wegen des unterschiedlichen Inhalts von § 109 Abs. 1 bis 3 und § 109 A Abs. 1 keine unmittelbare, sondern nur eine entsprechende Anwendung des § 109 Abs. 4 vorsehen könnte. Vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung, BArch Koblenz B 141/17304, Bl. 3 sowie B 141/82088; Anlage 2 zur BT-Drs. IV/650, BArch Koblenz B 141/17305, Bl. 77 ff. Entwurf eines Strafgesetzbuches (StGB) E 1962 mit Begründung, BT-Dr. IV/650. BArch Koblenz B 141/17295 Band 1, Bl. 30 ff.

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eingebracht.68 Der Bundestag verabschiedete den Entwurf in erster Lesung und überwies ihm dem Rechtsausschuss, der einen Unterausschuss „Strafrecht“ einsetzte. Der Unterausschuss wurde am 4. Dezember 1963 in einen selbständigen, vom Rechtsausschuss unabhängigen Sonderausschuss69 unter dem Vorsitz des ehemaligen Generalbundesanwalts Max Güde umgewandelt wurde und bis zum Ende der Legislaturperiode 1965 nur noch den Allgemeinen Teil weitgehend durchberaten konnte.70 Im Hinblick auf die für diese Arbeit maßgeblichen Vorschriften übernahm der Sonderausschuss die Fassungen des E1962 unverändert.71

B) Arbeiten des Sonderausschusses Kurz nach der konstituierenden Sitzung des Parlaments wurde der E 1962 am 11. November 1965 unverändert in den V. Bundestag eingebracht72 und am 13. Januar 1966 in erster Lesung verabschiedet.73 Danach wurde der Entwurf wiederum dem „Sonderausschuss für die Strafrechtsreform“ überwiesen.74 Der Sonderausschuss berücksichtigte bei seinen Beratungen auch einen, von einem

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Vgl. Schreiben des Bundesministers der Justiz an den Präsidenten des Bundesgerichtshofs vom 2. November 1962, 4005/2 A – 28352/62, BArch Koblenz B 141/17294, Bl. 8. Ordentliche Mitglieder CDU/CSU: Bühler, Güde, Köppler, Rollmann, Schlee, Wolf. Stellvertretende Mitglieder: Benda, Jungmann, Klee, Kuchtner, Lenz, Picard. Ordentliche Mitglieder der SPD: Arndt, Hein, Heinemann, Koffka, Müller-Emmert, Stammberger. Stellvertretende Mitglieder: Hirsch, Hubert, Jahn, Nellen, Renger, Schulz. Ordentliche Mitglieder der FDP: Diemer-Nicolaus. Stellvertretendes Mitglied: Dehler. Vgl. Scheffler, in: Supplement I, S. 174, 181. Vgl. Bericht des Sonderausschusses „Strafrecht“ über die Beratung des Entwurfs eines Strafgesetzbuches (StGB) E 1962 – Drucksache IV 650 – Bonn, den 30. Juni 1965. Deutscher Bundestag 4. Wahlperiode. Antrag der Abgeordneten Diemer-Nicolaus, Düde, Dehler, Wilhelmi u.a., Entwurf eines Strafgesetzbuchs (StGB), Bonn 1965, Drucksache V/32; BArch Koblenz B 141/82089, Bl. 114 ff. Auf diesem Wege wollten die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP den zeitintensiveren Weg einer erneuten Gesetzesvorlage durch die Bundesregierung, die vor einer ersten Lesung im Bundestag zunächst einen Beschluss des Kabinetts und eine Stellungnahme des Bundesrates hätte herbeiführen müssen, vermeiden. Vg. Scheffler, in: Supplement I, S.174, 182. Vgl. Zweiter schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BTDrs. V/4095; BArch Koblenz B 136/3158. Vgl. erster schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BTDrs. V/4094, S. 1; Zweiter schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BT-Drs. V/4095; BArch Koblenz B 136/3158. Der Sonderausschuss tagte wiederum unter dem Vorsitz Güdes, vgl. Scheffler, in: Supplement I, S. 174, 182.

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privaten Kreis bedeutender Strafrechtswissenschaftler75 erarbeiteten „Alternativ-Entwurf“76 zum E 1962.77

I. Alternativ-Entwurf Auch die Verfasser des AE sahen in Übereinstimmung mit dem E 1962 ein kriminalpolitisches Bedürfnis für die Einführung der Verfallvorschriften und erkannten dessen Grundlinien an.78 Sie hielten die Ausgestaltung der Vorschriften im E 1962 als zu kompliziert und befürchteten, dass dieser Umstand auch die Bewährungschancen der Gewinnabschöpfung in der Praxis erheblich mindern würde.79 Deshalb schlugen Sie eine Umstrukturierung der Vorschriften vor. Zusätzlich sind wesentliche Abweichungen zu den Verfallsvorschriften des E 1962 zu verzeichnen. Nach der Konzeption des Entwurfs sollte der Verfall entgegen dem E 1962 nicht mehr von einer schuldhaft begangenen Tat abhängen. Ausreichen sollte bereits eine rechtswidrige Tat, da es an einem sachlichen Grund fehle, dem Tatbeteiligten, der schuldlos den Strafvorschriften zuwidergehandelt habe, die erlangten Vermögensvorteile zu belassen.80 Entgegen der Begründung zum E 1962, wonach dies unangemessen sei, hielt man diese Änderung für kriminalpolitisch geboten. Das kriminalpolitische Bedürfnis, den Verfall vom Tatverschulden zu lösen, offenbare sich dann, wenn trotz starker Verdachtsgründe der Schuldnachweis misslinge.81 Das 75

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Dazu gehörten: Jürgen Baumann, Anne-Eva Brauneck, Erst Walter Hannack, Arthur Kaufmann, Ulrich Klug, Erst-Joachim Lampe, Theodor Lenckner, Werner Maihofer, Peter Noll, Claus Roxin, Rudolf Schmitz, Hans Schultz, Günter Stratenwerth, Walter Stree. BT-Drs. V/2285, BArch Koblenz B 136/3158. Hintergrund war, dass diese Gruppe die Reformbemühungen des Gesetzgebers als unzulänglich angesehen hatte. Eckpunkte der heftigen Kritik gegen den E 1962 waren sein repressiver Gedanke, der beibehaltene moralistische Geist des Strafrechts und die eher konservative kriminalpolitische Konzeption. Baumann, Reform des Strafrechts, S. 296 f.; Ders., Kleine Streitschriften zur Strafrechtsreform, S. 199; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 77. Der Allgemeine Teil des „Alternativ-Entwurfs“ wurde im Oktober 1966 veröffentlicht. Vgl. AlternativEntwurf eines Strafgesetzbuches. Allgemeiner Teil (Oktober 1966) – BT-Drucks V/2285). Im Anschluss daran folgten diverse Entwürfe zu ausgewählten Abschnitten des Besonderen Teils. Vgl. erster schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BTDrs. V/4094, S. 1. Es sei aus kriminalpolitischen Gründen notwendig, dem Tatbeteiligten die Vermögensvorteile, die ihm aufgrund seiner Tat zugeflossen sind, zu entziehen. AE, Begründung zu § 83, S. 157. AE, Begründung zu § 83, S. 157; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 78. AE, Begründung zu § 83, S. 157; Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 165; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 78. AE, Begründung zu § 83, S. 157; Sotiriasdis, Gewinnabschöpfung, S. 78.

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Festhalten an der Voraussetzung einer schuldhaften Tat würde zudem bedeuten, dass dieses Institut eine Nebenstrafe sei, was die Verfasser verhindern wollten, da sie in ihrem Entwurf für eine Abschaffung aller Nebenstrafen plädierten.82 Etwaige auftretende Härten sollten durch die Härtevorschrift des § 86 AE vermieden werden.83 Der Verfall der Vermögensvorteile sollte im Gegensatz zum E 1962 kein Ausgleich mehr für die Tat sein; sein Zweck sollte einzig in der Rückgängigmachung rechtswidrig erlanger Vermögensvorteile bestehen.84 In konsequenter Weiterverfolgung dieses Zwecks sollten die Begriffe „Entgelt“ und „Gewinn“ unter den Begriff Vermögensvorteile zusammengefasst werden.85 Dies zum einen, um die Gerichte der unnötigen Mühe zu entheben zu klären, ob der erlangte Vermögensvorteil Gewinn oder Entgelt ist.86 Zum anderen sollte durch den neuen Begriff vermieden werden, dass beim Täter etwaige Aufwendungen für die Tatbegehung beim Entgelt oder beim Gewinn unterschiedlich berücksichtigt werden, da die Verfasser für eine unterschiedliche Behandlung keinen trifftigen Grund erkennen konnten.87 Abweichend vom E 1962 statteten die Verfasser des AE die Einziehung zu einer reinen Sicherungsmaßregel aus.88 Man hielt die Bedenken in der Begründung zum E 1962, dass mit einer solchen Regelung der Anwendungsbereich der Maßnahme unangemessen eingeschränkt werde, für nicht durchgreifend.89 Die Verfasser hielten eine Einziehung, unabhängig von Sicherungszwecken, vielmehr als Strafe oder zumindest als strafähnliche Sanktion zu werten, für sachlich unberechtigt und unbefriedigend, da sie mangels einer Abstufbarkeit der Maßnahme nach Tatschwere, -schuld und den Verhältnissen des Betroffenen zu Ungerechtigkeiten führe.90 Mit der Ausgestaltung der Einziehung als Sicherungsmaßregel waren weitere Änderungen verbunden. Die Einziehung war ihrem Sicherungszweck entsprechend vorgeschrieben. Einziehbar waren nur Sachen, nicht auch Rechte. Bei den Verbre82 83 84 85 86 87 88 89 90

Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 78. AE, Begründung zu § 83, S. 157; Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 165. AE, Begründung zu § 86, S. 159; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 78. AE, Begründung zu § 83, S. 157; Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 165; Sotirisdis, Gewinnabschöpfung, S. 79. AE, Begründung zu § 83, S. 157; Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 165; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 79. Anrechnung beim Gewinn, Nichtberücksichtigung beim Entgelt. AE, Begründung zu § 83, S. 157; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 79. AE, Begründung zu § 88, S. 161. A.a.O. A.a.O.

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chenserzeugnissen reichte es aus, wenn die Sache aus einer rechtswidrigen Tat hervorgegangen war.91 Die Einziehung des Wertersatzes wurde gestrichen, da sie nicht zum Wesen der Sicherungsmaßregel passe.92 Auch die Einziehung gegenüber dem Dritten wurde gestrichen. Soweit Dritte betroffen waren, sah man darin eine strafähnliche Maßnahme trotz des Fehlens eines strafwürdigen Verhaltens, für die das kriminalpolitische Bedürfnis fehle. Zudem wurde die Sondervorschrift des § 120 E 1962 nicht übernommen. Man hielt sie wegen der Änderungen im AE für entbehrlich. Das Gefährlichkeitsmoment als Voraussetzung für die Einziehung hänge niemals davon ab, ob jemand als Organ oder als Vertreter für einen anderen gehandelt habe.93

II. Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform Wegen der Fülle des zu verwertenden Stoffes, der Komplexität der Materie sowie des Gewichts und der Tragweite der zu treffenden Entscheidungen entschied sich der Sonderausschuss dazu, die ihm überwiesenen Strafgesetzentwürfe in zwei Teilgesetzentwürfe, nämlich das erste94 und das zweite Strafrechtsreformgesetz95 aufzugliedern.96 Grundlage der Beratungen des Sonderausschusses über die Vorschriften Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung waren neben dem E 1962 und dem AE weiterere Entwürfe in Form sog. „Formulierungshilfen“, erarbeitet vom Bundesjustizministerium.97 Die Formulierungshilfe vom 12. September 196698 berücksichtige dabei die Stellungnahme des Bundesrates zum E 1962 und die Vorschläge im Art. 1 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zum Gesetz über die Ordnungswidrigkeiten (Fassung 1966).99 91 92 93 94 95 96 97 98

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A.a.O. A.a.O. AE, Begründung zu § 120 des E 1962, S. 169. BT-Drs. V/4094. BT-Drs. V/4095. Abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Strafgesetzbuch, S. 114 ff. Vgl. erster schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BTDrs. V/4094, S. 1. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, [...]. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung vom 22. Septermber 1966, S. 556 f.; BArch Koblenz B 141/ 82089, Bl. 190 ff. Vermerk des Bundesministers der Justiz vom 19. September 1966, BArch Koblenz B 141/82089, Bl. 201 f.; Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform. Vgl. Ausführungen Göhlers, 28. Sitzung, S. 539.

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Das Gesetz über die Ordnungswidrigkeiten sollte grundlegend erneuert werden. In diesem Rahmen war auch eine Umgestaltung der Einziehungsvorschriften angedacht, da man die Einziehungsvorschriften, §§ 17 ff. des Ordnungswidrigkeitengesetzes, als nicht mehr zeitgemäß ansah. Es sollte daher im Hinblick auf die geplante Strafrechtsreform ein Gesamtprogramm erstellt werden, das die Einziehungsvorschriften sowohl für das Strafrecht als auch für das Ordnungswidrigkeitenrecht regeln würde. Denn andernfalls würde in das Recht der Ordnungswidrigkeiten die modernen Vorschriften des E 1962 eingefügt werden, während sie für das Strafrecht selbst bis zur Gesamtreform verschlossen blieben. Zudem sollte diese Vorgehensweise den Vorteil haben, dass die Einziehungsvorschriften im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten verhältnismäßig kurz gefaßt werden konnten und weitgehend auf die Vorschriften des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches verwiesen werden konnte. Demzufolge sollte in Art. 1 des Einführungsgesetzes zum Ordnungswidrigkeitengesetz100 eine Ergänzung des Strafgesetzbuches im Vorgriff auf die Strafrechtsreform eingefügt werden. Der Entwurf eines Einführungsgesetzes sollte an den Rechtsausschuss als federführenden Ausschuss überwiesen werden.101 Der Sonderausschuss für die Strafrechtsreform sollte zu den Änderungen des Strafgesetzbuches, die der Entwurf des EGOWiG in Artikel 1 vorsah sowie zu einzelnen Vorschriften des Entwurfs Stellunge nehmen.102 Der Sonderausschuss konnte bei seiner Stellungnahme weitgehend auf seine Beratungen im Hinblick auf die Vorschriften des Entwurfs 1962 Bezug nehmen, womit sich eine erneute Einzelberatung erübrigte.103 Der Rechtsausschuss wiederum legte die Vorschläge des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform seinen Beratungen zugrunde und schloss sich diesen an.104

100 Abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Band 2, S. 39 ff. Die Vorschrift des § 40 StGB sollte durch die der §§ 40 bis 40c ersetzt werden. § 41 StGB sollte bleiben, aber verändert werden. Ihm sollten die §§ 41a bis c beigefügt werden. § 42 sollte inhaltlich durch eine neue Fassung ersetzt werden. 101 Vgl. Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuss) vom 4. März 1986, BT-Drs. zu Drucksache V/2600, zu Drucksache V/2601, S. 1. 102 Vgl. Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuss) vom 4. März 1986, BT-Drs. zu Drucksache V/2600, zu Drucksache V/2601, S. 1. 103 Vgl. zu den vohergehenden Ausführungen Göhler, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 539 f. 104 Vgl. Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuss) vom 4. März 1986, BT-Drs. zu Drucksache V/2600, zu Drucksache V/2601, S. 14. Vgl. ferner Stenographisches Protokoll, 53. Sitzung des Rechtsausschusses, 12. Oktober 1967, S. 30 ff. Vgl. Schreiben des Sonderausschusses vom 9. Juni 1967 – Ausschußdrucksache V/49. Da die Erwägungen des Sonderausschusses letztlich auch ausschlaggebend für die Fassun-

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1. Verfall a) Verfall (§ 109 E 1962) Diskutiert wurde im Sonderausschuss die grundsätzliche Frage nach der Legitimation des staatlichen Eingriffs sowie die Frage nach Ziel und Zweck des Verfalls. Die Mehrheit der Sonderausschussmitglieder war in Übereinstimmung mit den Entwürfen der Ansicht, dass der Verfall nicht zum Ziel habe, Ansprüche des Geschädigten zu befriedigen,105 sondern bezwecke, dem Täter aus kriminlpolitischen Gründen einen Gewinn zu nehmen und zu verhindern, dass der Täter unter Umständen mit einem großen Gewinn aus dem Strafverfahren herausgehe, so dass die gegen ihn erkannte Strafe für ihn erträglich werde.106 Göhler betonte, dass ihr Zweck auch gegenüber dem Drittbegünstigten nur in der Abschöpfung eines zu Unrecht erlangten und noch vorhandenen Gewinns bestehe. Sobald der Drittbegünstigte nicht mehr bereichert sei, greife die Härteklausel des § 111 E 1962.107 In Anlehnung an die Frage nach dem Ziel und Zweck des Verfalls wurde die Frage erörtert, ob der Verfall in Übereinstimmung mit dem AE bereits bei schuldlos begangenen und damit lediglich rechtswidrige Taten angeordnet oder in Übereinstimmung mit E 1962 auf schuldhaft begangene begrenzt werden soll.108 Schwarzhaupt sprach sich gegen die Ausdehnung des Verfalls auf schuldlos begangene Taten aus.109 Ihrer Ansicht nach war der Verfall eine Strafmaßnahme, die nicht bezweckt, alle irgendwie mittelbar mit einer rechtswidrigen Handlung zusammenhängenden Vermögensverschiebungen, die nicht in Ordnung sind, auf diesem Weg auszugleichen. Dafür gäbe es Bereiche-

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gen der §§ 40 ff StGB des Artikels 1 Nr. 1–4 EGOWiG waren, wird auf die Wiedergabe der einzelnen Beratungen im Rechtsausschuss in dieser Arbeit verzichtet. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Schwarzhaupt in der 53. Sitzung vom 8. März 1967, S. 999. Vgl. auch Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 334 ff. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Schwarzhaupt in der 53. Sitzung vom 8. März 1967, S. 999; ähnlich Güde in der 28. Sitzung vom 22. September 1966, S. 541, 545; Müller-Emmert in der 53. Sitzung, S. 998; Arndt in der 53. Sitzung, S. 1010. Vgl. auch Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 335 ff. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler in der 28 Sitzung, S. 543. Vgl. auch Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 335. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 543; 53. Sitzung, S. 1002; Vgl. „Weitere Formulierungshilfe zu den Vorschriften des Entwurfs 1962 über Verfall und Einziehung [...]“ des Bundesministeriums der Justiz vom 6. März 1967, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 ff. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Schwarzhaupt in der 53. Sitzung vom 8. März 1967, S. 1002 f.

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rungs- und Schadensersatzansprüche, die auf zivilrechtlichem Wege verfolgt werden könnten.110 Diemer-Nicolaus und Sturm schlossen sich dem an.111 Dreher hingegen war der Ansicht, dass die Frage, für welche Alternative man sich entscheide davon abhänge, wie man den Verfall rechtlich qualifiziert. Wenn man ihn als Nebenstrafe ansehe, erscheine es konsequent, eine schuldhafte Tat vorauszusetzen. Wenn man jedoch der Ansicht sei, dass das, was jemand auf Grund einer rechtswidrigen Tat gewonnen habe, wieder abgenommen werden sollte, müsse man auch eine rechtswidrige Tat ausreichen lassen.112 Göhler wollte den Verfall bereits bei lediglich rechtswidrig begangenen Taten angeordnet wissen. Er begründete sein Ergebnis mit dem engen Zusammenhang zwischen § 109 Abs. 1 und Abs. 3 E 1962 i.d.F. der weiteren Formulierungshilfe113 des BMJ. Wenn sich die Anordnung des Verfalls nach Absatz 3 sogar gegen einen Dritten richten könne, der von der Tat überhaupt keine Kenntnis gehabt habe, so sei es konsequent, dem Täter seine Vermögensvorteile auch dann abzunehmen, wenn er nicht schuldhaft gehandelt habe.114 Die Mehrheit der Ausschussmitglieder stimmte dem in Übereinstimmung mit dem AE zu.115 Erhebliche Diskussionen entstanden im Hinblick auf die Frage, inwieweit es angebracht ist, dem Täter die Gewinne ohne Rücksicht darauf abzunehmen, ob Dritte Ersatzansprüche gegen ihn haben oder geltend machen.116 Müller-

110 A.a.O. 111 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 53. Sitzung vom 8. März 1967, S. 1005 f. 112 A.a.O., S. 1004 f. 113 Vgl. „Weitere Formulierungshilfe zu den Vorschriften des Entwurfs 1962 über Verfall und Einziehung [...]“ des Bundesministeriums der Justiz vom 6. März 1967, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 ff. 114 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 53. Sitzung vom 8. März 1967, S. 1002, 1005; Vgl. auch Begründung im Zweiten schriftlichen Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BT-Drs. V/4095, S. 39. 115 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 53. Sitzung vom 8. März 1967, S. 1004, 1007. Vgl. auch Begründung im Zweiten schriftlichen Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BT-Drs. V/4095, S. 39; Vgl. auch Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 333 ff. 116 Der E 1962 unterscheidet zwischen Entgelt, das der Täter bekommen hat, und einem Gewinn, den er aus der Tat gezogen hat. In dem ersten Fall scheiden Ersatzansprüche Dritter aus, da die Stelle, die ihm diese Gelder gewährt hat, selbst sittenwidrig gehandelt hat. Vgl. „ 109 Abs. 1 und 2 E 1962. Vgl. Ausführungen Göhler, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 542 f., 53. Sitzung vom 8. März 1967, S. 993 f.

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Emmert war der Ansicht, dass die Fassung des § 109 Abs. 2 E 1962117 dazu führe, dass der Richter in jedem Strafverfahren wegen eines Vermögensdelikts überprüfen müsse, ob dem Verletzten gegen den Täter ein Anspruch erwachsen sei, was das Verfahren zu stark belaste. Deshalb sprach er sich für die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung aus, für den Fall, das Ersatzansprüche Dritter zwar bestehen, aber nicht damit zu rechnen ist, dass sie geltend gemacht werden.118 Auch Güde wandte sich gegen die Fassung des § 109 Abs. 2 E 1962. Dabei ging er von dem Grundsatz aus, „dass dem Täter unrechtes Gut nicht belassen werden dürfe“. Die angedachte Ausschlussregelung führe zu einer Abstandnahme vom Verfall gerade auch in den Fällen, in denen mit der Geltendmachung nicht zu rechnen sei.119 Güde trat daher dafür ein, den Gewinn unabhängig von bestehnden Ersatzansprüchen und von der Frage, ob dieser beim Täter noch vorhanden ist, für verfallen zu erklären.120 Für das, was danach notwendig sei, müsse ein bewegliches Verfahren gefunden werden, an dem der Strafrichter nicht mehr beteiligt sei, etwa in Form eines Anmeldungsund Ausschlussverfahrens.121 Durch ein solches Verfahren würde vermieden, dass derjenige, der zuletzt komme, leer ausgehe. Sturm hielt dem entgegen, dass das Strafgericht in einem solchen Falle zu einer Abwicklungsstelle für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche würde, was die Praxis überfordern würde.122 Denn wenn sich das Strafgericht mit jedem einzelnen Geschädigten über die Höhe seines Schadensersatzes auseinandersetzen müsste, müsste es für den Fall, dass der verfallene Betrag zur Entschädigung aller Beteiligter nicht ausreiche, ein entsprechend den zivilprozessrechtlichen Regularien ausgestaltetes Verteilungsverfaren durchführen.123 Corves war der Meinung, dass dies den Aufgabenbereich des Strafverfahrens überschreitet.124 Auch die anderen Ausschussmitglieder hielten diese Regelung für zu kompliziert und 117 Später § 109 Abs. 1 in der Fassung der Weiteren Formulierungshilfe vom 6. März 1967. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 f. 118 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 544. Damit schloss er sich dem Vorschlag an, den Koffka seinerzeit im Rahmen der Beratungen der Großen Strafrechtskommission gemacht hatte. 119 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 545. 120 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 53. Sitzung, S. 997, 1000 f. 121 A.a.O., S. 997. 122 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 546. 123 A.a.O. 124 A.a.O., S. 547.

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lehnten sie ab.125 Göhler sprach sich schließlich dafür aus, Gewinne nur dann für verfallen zu erklären, wenn Ersatzansprüche Dritter nicht in Betracht kommen.126 Diese Lösung sei aus prozessökonomischen Gründen sinnvoll. Es würde zu Schwierigkeiten führen, wenn das Gericht den Verfall anordnen würde, obwohl Ersatzansprüche Dritter in Betracht kommen.127 Es wäre eine Kollision denkbar, wenn zwei Vollstreckungstitel über die gleiche Summe vorhanden seien.128 Der Angeklagte müsste einmal auf Grund der Anordnung des Verfalls den Gewinn herausgeben und liefe außerdem Gefahr, dass die Geschädigten sich hinterher an ihn halten und ein Zivilurteil bekommen, das den Angeklagten verpflichtet, den Schaden zu ersetzen.129 Dann wäre hinterher ein Verteilungsverfahren zwischen dem Gericht und den Geschädigten notwendig, weil es ungerecht wäre, dass der Angeklagte den Gewinn zweimal herausgeben müßte.130 Er schlug stattdessen eine Ergänzung der Vorschrift durch eine prozessuale Regelung vor, die es dem Richter ermöglichen sollte, zunächst den beim Täter noch greifbaren Gewinn zu beschlagnahmen, gleichgültig ob Ersatzansprüche Dritter bestehen. Dadurch werde der Gewinn sichergestellt, aber nicht im Urteil eingezogen, so dass der beschlagnahmte Gewinn ausgehändigt werden könnte, sofern sich der Geschädigte melde.131 Derjenige, der sich zuerst melde, würde zuerst befriedigt werden. Sofern ein Geschädigter oder weitere Geschädigte aus dem Betrag nicht befriedigt werden könnten, bliebe der Täter mit seinem Vermögen haftbar.132 Diemer-Nicolaus stimmte dem zu, wollte aber eine Ergänzung dahingehend, dass der Geschädigte von der Durchführung des Strafverfahrens unterrichtet werde.133 Auch 125 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Dreher 53. Sitzung, S. 1008, so auch Diemer-Nicolaus, 53. Sitzung, S. 997, 1000; Schwarzhaupt, 53. Sitzung, S. 997; Müller-Emmert, S. 999. 126 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 542 f., 53. Sitzung, S. 993. 127 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 545; 53. Sitzung, S. 994. 128 A.a.O., S. 994, 997. So auch Dreher, 53. Sitzung, S.1012. 129 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 545; 53. Sitzung, S. 994. So auch Dreher, 53. Sitzung, S.1012. 130 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 545; 53. Sitzung, S. 994. 131 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 545 f. 132 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, so Schwarzhaupt, die dem Vorschlag Göhlers zustimmte. 53. Sitzung, S. 997. 133 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 546.

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die anderen Ausschussmitglieder stimmten dem Vorschlag Göhlers, die materielle Ausschlussklausel mit einer prozessualen Beschlagnahmemöglichkeit zu verbinden, zu,134 da man damit einerseits erreiche, dass dem Täter in jedem Fall der Gewinn abgenommen werde, und es andererseits vermeide, dass der Staat in die Rolle des Geldverteilers gedrängt werde.135 In die StPO sollte deshalb eine entsprechende Vorschrift über die Beschlagnahme aufgenommen werden,136 die vom Sonderausschuss in einer Fußnote zu § 109 Abs. 1 Satz 2137 skizziert wurde.138

134 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Dreher 53. Sitzung, S. 1008, 135 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 53. Sitzung, S. 1013. Güde hatte während der Diskussion die Ansicht, dass nur in wenigen Fällen keine Ersatzansprüche Dritter bestehen. Dies vor allem im Falle der Bestechung. Meyer hatte deshalb die Frage aufgeworfen, ob es unter diesen Umständen nicht zweckmäßiger sei, auf die angedachte komplizierte Regelung des § 109 Abs. 2 E 1962 zu verzichten und die Problematik in den ganz wenigen Vorschriften zu regeln, bei denen ein wirkliches Bedürfnis dafür bestehe. Göhler hielt dem entgegen, dass der angedachten Regelung Bedeutung gerade im Bereich des Nebenstrafrechts zukomme. Dieses müsse bereinigt werden, da es in etwa 400 Nebengesetzen Strafbestimmungen gäbe und es deshalb dringend notwendig sei, die Regelung in § 109 Abs. 2 allgemein, und nicht in jeder Nebenstrafrechtsvorschrift gesondert zu treffen, da dies auf dauer wieder zu straken Abweichungen führen müsse. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 547. 136 Göhler hatte hierzu auf § 94 Abs. 1 StPO in der Fassung des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zum Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuch und zum Strafvollzugsgesetz 1930 verwiesen, in dem es hieß: „Sachen und andere Vermögenswerte, die als Beweismittel für das Verfahren von Bedeutung sein oder eingezogen, für verfallen erklärt, vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden können, sind sicherzustellen; ist der Betroffene damit nicht einverstanden, so sind sie zu beschlagnahmen. Dasselbe kann mit Sachen und anderen Vermögenswerten geschehen, die der Beschuldigte durch eine strafbare Handlung erlangt oder als Entgelt für solche Sachen oder Vermögenswerte empfangen hat“. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 53. Sitzung, S. 1008. Nicolaus-Diemer wies nochmals darauf hin, dass die Geschädigten, die bekannt seien, über das Strafverfahren informiert werden müssen, damit sie sich über den Ausgang des Verfahrens erkundigen und gegebenenfalls ihre Ansprüche geltend machen könnten. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 53. Sitzung, S. 1009. 137 In der Fassung der weiteren Formulierungshilfe vom 6. März 1967. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 f. 138 Sie sollte wie folgt gefasst werden: „In die Strafprozessordnung ist eine Vorschrift aufzunehmen, wonach Vermögensvorteile, die Täter oder Teilnehmer aus einer Straftat erlangt haben, sicherzustellen, gegebenenfalls zu beschlagnahmen sind, wenn dringender Tatverdacht besteht. Soweit diese Vermögensvorteile nur deshalb nicht für verfallen erklärt werden, weil Ersatzansprüche Dritter bestehen, ist eine Regelung folgender Art vorzusehen: Den Geschädigten ist, soweit sie bekannt sind, von der Sicherstellung

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Beschlossen wurde weiterhin, die Begriffe „Entgelt“ und „Gewinn“ wie vom AE vorgeschlagen unter den gemeinsamen Begriff Vermögensvorteil zusammen zu fassen.139 Dadurch sollte die Regelung vereinfacht und insbesondere die Gerichte der unnützen Mühe enthoben werden, stets klären zu müssen, ob der erlangte Vermögensvorteil als Entgelt oder als Gewinn anzusehen ist. Diese Frage hätte in der Vergangenheit zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten geführt.140 Zudem spreche für die Anwendung des einheitlichen Begriffs, dass die Aufgliederung in Entgelt und Gewinn zu der Vermutung Anlass geben könnte, dass überhaupt nur ein bestimmter Gegenstand dem Verfall unterliege, nicht aber der rechnerisch erfasste Vermögensvorteil.141 Im Gegensatz zum AE, der vom „eingebrachten Vermögensvorteil“ sprach, sollte es in Anlehnung an den E 1962 bei der Unterscheidung zwischen Vermögensvorteilen aus der Tat und für die Tat verbleiben, um das Erfordernis der Unmittelbarkeit des dem Verfall unterliegenden Vermögensvorteils im Vergleich zum AE stärker zum Ausdruck zu bringen.142 Der Grundsatz der Unmittelbarkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Herkunft der beim Täter vorgefundenen Vorteile aus einer bestimmten Straftat nachzuweisen ist.143

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Mitteilung zu machen. Im übrigen sind sie öffentlich auf die Sicherstellung hinzuweisen. Ihnen ist eine Frist (von vielleicht drei Jahren) einzuräumen, innerhalb deren sie ihre Ansprüche gegen den Täter oder Teilnehmer geltend machen können. Zur Befriedigung dieser Anprüche stehen die sichergestellten Vermögensvorteile zur Verfügung. Sind nach Ablauf der Frist noch Vermögensvorteile vorhanden, so gehen sie auf den Staat über. Vorher ist für den Verurteilten noch einmal die Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung der Höhe der aus der Straftat erlangten Vermögensvorteile zu eröffnen. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1022. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 53. Sitzung, S. 1007. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 53. Sitzung, S. 995, 1001. Göhler wies darauf hin, dass sich der Begriff „Vermögensvorteil“ an § 812 Abs. 1 BGB anlehne, wo darauf abgestellt werde, dass der Täter „etwas“ erlangt habe. Unter „etwas“ verstehe die Rechtsprechung jeden Vermögensvorteil. Das könnten auch ersparte Aufwendungen, die der Täter sonst gemacht hätte, oder die Vorteile sein, eine Sache nutzen zu können. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 53. Sitzung, S. 1001 f. Denn die allgemeine Fassung des AE, so Göhler, könnte die Auslegung zulassen, dass die Vorteilsabschöpfung auch den mittelbaren Gewinn umfasse, wenn der Begriff „eingebracht“ als rein kausaler Faktor verstanden werde. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 53. Sitzung, S. 1002; Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 11. Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 11.

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Die Beschlüsse hatten zur Folge, dass die Absätze 1 und 2 des § 109 E 1962 zu einem Absatz zusammengefasst wurden.144 Dem Vorschlag des AE folgend, sollten die in § 109 Abs. 3 E 1962 Worte „als Vertreter eines anderen oder sonst“ nicht übernommen werden, weil es nach Aussicht des Ausschusses für die Verfallanordnung nicht darauf ankommen sollte, ob der Täter oder Teilnehmer nach außen hin erkennbar für einen anderen gehandelt hat.145 Es sollte bereits genügen, dass unmittelbar durch die Tat dem Vermögen eines anderen ein Vermögensvorteil zugeflossen ist.146 Die sonstigen Änderungen waren sprachlicher Natur. Im Hinblick auf § 109 Abs. 4 E 1962 wurde die Übernahme einer dem § 83 Abs. 3 AE entsprechenden Fassung, die auf eine genauere Umschreibung des mittelbaren Gewinns verzichtete abgelehnt.147 Größere Beweglichkeit sollte nicht „auf Kosten einer zu großen Unbestimmtheit“ gehen.148 Während § 109 Abs. 4 E 1962149 eine Muß-Vorschrift enthielt, begnügte sich der AE in seinem entsprechenden § 83 Abs. 3 mit einer Kann-Vorschrift. Die Ausschussmitglieder entschieden sich gegen die Übernahme der Kann-Vorschrift, da sie nicht gerechtfertig sei, soweit es sich um die Anordnung des Verfalls der gezogenen Nutzungen handele.150 Es sei nicht einzusehen, warum der Vermögensvorteil, der in der kostenlosen Nutzung eines nicht in das Eigentum des Täters übergegangenen Gegenstandes bestehe, nach Absatz 1 stets für verfallen erklärt 144 § 109 in der Fassung der Weiteren Formulierungshilfe vom 6. März 1967. Die Vorschrift sollte wie folgt lauten: „Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden und hat der Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr einen Vermögensvorteil erlangt, so ordnet das Gericht dessen Verfall an. Dies gilt nicht, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den aus der Tat erlangten Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde“. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 f. 145 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 53. Sitzung, S. 1015; Arndt, 53. Sitzung, S 1016. Vgl. auch Beschluss, 53. Sitzung, S. 1017. 146 BT-Drs. V/4095, S. 39. 147 AE, Begründung zu § 83, S. 157; Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, S. 39. 148 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 53. Sitzung, S. 1014; Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, S. 39; BT-Drs. V/4095, S. 40. 149 § 109 Abs. 2 in der Fassung der Weiteren Formulierungshilfe vom 6. März 1967. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 f. 150 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 54. Sitzung, S. 1022; Beschluss, 54. Sitzung vom 9. März 1967, S. 1022.

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werden müsste, dies aber nach § 109 Abs. 4 E 1962 nicht gelte bezüglich der Nutzungen, die der Täter aus einem in sein Eigentum übergegangenen Gegenstand gezogen habe.151 Lediglich im Hinblick auf die Ersatzgegenstände, die Surrogate, sollte das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen entscheiden können, ob die Anordnung des Ersatzgegenstandes geboten erscheint. Dies würde zu einer Vereinfachung in der Praxis führen, da es für den Richter oft schwierig sei, die Surrogate zu ermitteln.152 In Übereinstimmung mit dem AE wurde die Aufnahme einer dem § 109 Abs. 5 E 1962153 entsprechenden Bestimmung abgelehnt.154 Sie sei überflüssig, zumal der eigentliche Grund für den Vorschlag dieser Vorschrift nach der durch das Steueränderungsgesetz vom 14. Mai 1965 erfolgten Einfügung des § 4a in das Steuersäumnisgesetz entfallen sei.155 Danach waren hinterzogene Steuern vom Zeitpunkt der Vollendung der Hinterziehung an zu verzinsen.156

151 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 54. Sitzung, S. 1022. Der Inhalt der Nutzungen ist dem zivilrechtlichen Nutzungsbegriff zu entnehmen. Im Sinne der §§ 99, 100 BGB sind Nutzungen die Früchte der Sache oder des erlangten Gewinns, Mieteinnahmen aus einem mit betrügerischen Methoden erlangten Mietshaus oder die Gewinnausschüttung von Wertpapieren. Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 87; Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, S. 40. 152 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 53. Sitzung, S. 1013. Die sonstigen Abweichungen gegenüber § 109 Abs. 4 E 1962 waren durch die notwendigen Anpassungen an Abs. 1 sowie dadurch bedingt, dass die in § 109 Abs. 3 E 1962 empfohlene Regelung erst nach der in dem neuen Absatz 2 getroffenen Regelung eingeordnet wurde. Vgl. Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 40. 153 § 109a Abs. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 556. Im Weiteren Formulierungsvorschlag vom 6. März 1967 war eine entsprechende Vorschrift bereits nicht mehr vorgesehen. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 ff. 154 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1023. Vgl. Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 40. 155 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 28. Sitzung, S. 548. Er hielt die Vorschrift zunächst trotzdem noch für notwendig, nahm hinterher aber davon Abstand. Für die Abschaffung ausdrücklich: Güde und Diemer-Nicolaus, 28. Sitzung, S. 548 f. Vgl. Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 40. 156 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 28. Sitzung, S. 548. Vgl. Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 40.

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Die Ausschussmitglieder beschlossen, in Anlehnung an den Vorschlag des § 85 AE die Vorschriften über die Schätzung in § 109 Abs. 6 und § 110 Abs. 3 E 1962 aus Vereinfachungsgründen zu einer neuen Vorschrift157 zusammen zu fassen.158 Göhler sowie die übrigen Ausschussmitglieder hielten die Aussage der §§ 109 Abs. 7 E 1962, 83 Abs. 4 AE159, die in erster Linie darin bestand, dass nur Sachen und Rechte des Täters, Teilnehmers oder des Empfängers für verfallen erklärt werden dürfen, für überflüssig.160 Denn aus dem Begriff „Vermögensvorteil“ gehe bereits hervor, dass nur etwas für verfallen erklärt werden könne, was in das Vermögen des Täters gelangt sei.161 Mittels einer geänderten Formulierung der Vorschrift sollte vielmehr klargestellt werden, dass der Verfall eines Gegenstandes auch dann angeordnet wird, wenn er einem Dritten gehört oder zusteht, der den Vermögensvorteil aber für die Tat oder sonst in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat.162

157 § 110a in der Fassung der Weiteren Formulierungshilfe vom 6. März 1967. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 ff. 158 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Dreher 54. Sitzung, S. 1025. Sowie Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1026. Vgl. Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 40. 159 Beide Vorschriften als § 109 Abs. 4 in der Fassung der Weiteren Formulierungshilfe vom 6. März 1967. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 ff. 160 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 53. Sitzung, S. 1017. Vgl. Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 40. 161 A.a.O. 162 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 53. Sitzung, S. 1017. Sowie Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1023. Vgl. Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 40. Damit war keine inhaltliche Veränderung im Vergleich zu § 109 Abs. 7 E 1962 verbunden, da dieser Teilkomplex durch die Worte „noch das Entgelt gewährt hat“ erfaßt war. Vgl. Begründung zum Entwurf eines Strafgesetzbuches (StGB) E 1962 – BT-Drs. IV/650, S. 244. Vgl. ferner Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 40. Der AE lehnte den Rückgriff auf solche Gegenstände ab, weil er nach Ansicht seiner Verfasser dem Sinn der Verfallvorschrift widerspreche und auch überflüssig sei, da die Vorteile, die der Empfänger erlangt habe, sich, wenn der Gebende Eigentümer oder Inhaber des Rechts geblieben sei, ohne weiteres erfassen ließen, indem Wertersatz angeordnet werde. Vgl. Alternativ-Entwurf, S. 157.

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b) Verfall des Wertersatzes (§ 110 E 1962) Mit Rücksicht auf die von § 109 Abs. 4 und 7 E 1962 beschlossene abweichende Fassung des § 109 Abs. 2 und 4 in der Fassung der Weiteren Fomulierungshilfe vom 6. März 1967 konnte § 110 Abs. 1 E 1962163 nicht unverändert übernommen werden, so dass eine Anpassung der Vorschriften beschlossen wurde.164 Göhler plädierte zudem für eine Erweiterung des § 110 Abs. 1 E 1962, dahingehend, dass das Gericht einen größeren Spielraum hat und nicht mehr gezwungen ist, stets genau festzustellen, welche Ersatzansprüche der Tatbeteiligte erworben hat und welcher Wert diesen Gegenständen zukommt. Stattdessen kann es auf Wertersatz ausweichen, wenn erhebliche Schwierigkeiten bei der Erfassung der Ersatzgegenstände auftreten.165 Dieser Vorschlag ging zurück auf den des AE166 und wurde von den anderen Ausschussmitgliedern angenommen.167 Die in den § 110 Abs. 2 und 3 E 1962 enthaltenen Regelungen sollten in die §§ 110a in der Fassung der Weiteren Formulierungshilfe vom 6. März 1967 und § 120 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 14. März 1967168 übernommen werden.169

c) Härtevorschrift (§ 111 E 1962) Göhler schlug in Übereinstimmung mit der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vor, die Härtevorschrift des § 111 Abs. 1 E 1962170 über die 163 § 110 Abs. 1 in der Fassung der Weiteren Formulierungshilfe vom 6. März 1967. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 ff. 164 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 54. Sitzung, S. 1023. Sowie Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1025. Vgl. Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 40. 165 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 54. Sitzung, S. 1023. 166 Vgl. Alternativ-Entwurf, § 84, S. 158 ff. 167 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1025. 168 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, abgedruckt in: 55. Sitzung vom 15. März 1967, S. 1053. 169 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschlüsse des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1025 und 55. Sitzung, S. 1053. Vgl. Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 40. 170 § 111 Abs. 1 in der Fassung der Weiteren Formulierungshilfe vom 6. März 1967. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 ff.

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im E 1962 und AE vorgeschlagene Regelung hinaus auch auf den Fall auszudehnen, dass der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist.171 Zwar könne der Umstand, dass der Gegenstand nicht mehr vorhanden sei auch dazu führen, dass ein Fall der unbilligen Härte vorliege. Allerdings müsse der Richter, wenn er das Vorliegen eines Falles unbilliger Härte bejahen wolle, eine nähere Prüfung vornehmen.172 Durch die Ermessensvorschrift in Abs. 1 S. 2 werde er in dieser Beziehung freier gestellt. Die Ausschussmitglieder Diemer-Nicolaus und Müller-Emmert pflichteten dem ausdrücklich bei173 und auch der Rest der Mitglieder stimmte dem Vorschlag zu.174 Göhler plädierte in Übereinstimmung mit § 86 AE dafür, den Absatz 2 des § 111 E 1962, der dem Richter die Möglichkeit geben sollte, eine erlittene Untersuchungshaft oder Freiheitsentziehung auf den Verfall anzurechnen, zu streichen.175 Er hielt die Regelung für bedenklich. Praktisch wolle man sich durch diese Anrechnung ersparen, gegen den Verurteilten wegen des angeordneten Verfalls Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten und durchzuführen.176 Güde sprach sich ebenfalls für eine Streichung aus und machte sich die Begründung des AE zu Eigen. Bei der Freiheitsstrafe und der Anordnung des Verfalls handele es sich um zwei funktionell nicht vergleichbare Maßnahmen.177 Der Verfall der Vermögensvorteile sei kein Ausgleich für die Tat.178 Seine Anordnung diene allein dazu, dem Tatbeteiligten die Vermögensvorteile zu entziehen, die ihm sein gesetzwidriges Verhalten eingebracht habe.179 Mit diesem Zweck sei es unvereinbar, dem Täter die Vermögensvorteile deswegen zu belassen, weil er in Untersuchungshaft gesessen habe.180 Der Abgeordnete Müller-Emmert sprach sich gegen die Streichung des 2. Absatzes aus, da er

171 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1026. 172 A.a.O. 173 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1026. 174 A.a.O., S. 1027. 175 A.a.O., S. 1026 f.; So auch Bundesanwalt Wagner, MDR 1964, S. 885. 176 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1026 f. 177 A.a.O., S. 1027. So auch Göhler, 54. Sitzung, S. 1027. 178 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1027; Vgl. Alternativ-Entwurf, S. 157. 179 A.a.O. 180 A.a.O.

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eine Anrechnung in manchen Fällen für richtig hielt.181 Auch die Abgeordnete Diemer-Nicolaus hielt es für richtig, dem Richter die Möglichkeit einzuräumen, eine erlittene Untersuchungshaft bei der Frage zu berücksichtigen, ob von der Anordnung des Verfalls abgesehen werden könne oder nicht. Ihrer Ansicht nach konnte man dieses Ziel aber bereits über die Härteklausel des 1. Absatzes erreichen.182 Dem pflichteten Schwarzhaupt und Dreher ausdrücklich bei.183 Im Rahmen der Abstimmung wurde die Streichung beschlossen.184

d) Wirkung des Verfalls (§ 112 E 1962) Aus rein sprachlichen Gründen wurde beschlossen, das Wort „andere“ vor dem Wort „Recht“ durch das Wort „verfallene“ zu ersetzen.185

e) Einziehung (§ 113 E 1962) Göhler betonte, dass das oberste Ziel der Strafrechtsreform darin bestehe, bezüglich der Vorschriften über die Einziehung zu einer größeren Einheitlichkeit insbesondere mit dem Nebenstrafrecht zu kommen.186 Zwar sei es nicht möglich, Sonderregelungen im Nebenstafrecht gänzlich zu verhindern, man müsse aber den Versuch machen, diese Regelungen in eine einigermaßen einheitliche Form zu gießen.187 Den Ausgangspunkt für die Frage der zukünftigen Ausgestaltung der Vorschriften sah Göhler in der Festlegung des kriminalpolitischen Zwecks, der mit der Einziehung verfolgt werden soll.188 Der AE 181 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1027. 182 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1027. 183 A.a.O., S. 1028. 184 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1029. § 110 Abs. 2 in der Fassung der Weiteren Formulierungshilfe entspricht wörtlich dem § 111 Abs. 3 E 1962. 185 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1029; vgl. Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Drs.-BT V/4095, S. 41. 186 Diesbezüglich führte er aus, dass die Grundform der Einziehung in § 40 StGB schon im Strafgesetzbuch nicht durchgehalten wird. Er verwies auf die Vorschriften der §§ 152, 284 b, 295 StGB. Im Nebenstrafrecht war die Grundform der Einziehung erheblich stärker durchbrochen. Vgl. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1028 f. 187 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1029. Dieses Ziel war bereits von den Mitgliedern der Großen Strafrechtsreform verfolgt worden. 188 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1029.

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hatte empfohlen, die Einziehung zu einer reinen Sicherungsmaßnahme auszugestalten und sie nur noch in den Fällen zuzulassen, in denen die Gegenstände ihrer Art und den Umständen nach gefährlich sind oder aber die Gefahr ihrer Benutzung zur Begehung weiterer rechtswidriger Taten besteht. Göhler sprach sich ausdrücklich dagegen aus.189 Er war der Meinung, dass sich große praktische Schwierigkeiten ergeben würden, wenn man die Feststellung der konkreten Gefährlichkeit verlange.190 Der Richter werde oft nicht feststellen können, dass die Allgemeinheit weiter gefährdet ist, da er einem Täter schwerlich widerlegen könne, dass er jetzt einsichtsvoll und reuevoll sei.191 Wegen der Schwierigkeit der Prognose, so Göhler, werde man nicht darauf verzichten können, auch die Feststellung ausreichen zu lassen, dass der Täter Eigentümer des Gegenstandes ist, und eine gewisse abstrakte Gefährlichkeit als weiteren Grund für die Einziehung ausreichen zu lassen, soweit die Maßnahme mit Rücksicht auf die Bedeutung der Tat und die Schwere des Vorwurfs, der den Täter trifft, angemessen erscheint.192 Insbesondere im Hinblick auf bestimmte Bereiche im Nebenstrafrecht sah Göhler aus generalpräventiven Gründen die Notwendigkeit der Einziehung, auch wenn die Sache in concreto nicht nachweislich gefährlich ist, aber dem Täter gehört.193 Würde man nicht so verfahren, so würde man im Nebenstrafrecht nicht zu einer einheitlichen Lösung und damit insgesamt nicht zu einer Rechtsvereinheitlichung gelagen.194 Er war der Ansicht, dass sich der Dualismus der „Nebenstrafe oder Sicherungsmaßnahme „Einziehung“ nicht ganz vermeiden lässt“ und sprach sich dafür aus, nicht nur die Sicherungseinziehung, sondern auch eine Einziehung zuzulassen, wenn die Sache dem Täter oder Teilnehmer gehört.195 Dies sei eine Lösung, die für die Rechtsordnung praktikabel und für die Einziehungsregelung in den Nebengesetzen akzeptabel sei und die sich von der dogmatischen Überlegung, ob die Einziehung eine Nebenstrafe oder eine Sicherungsmaßnahme ist, löst.196 Müller-Emmert sprach sich zunächst gegen den Vorschlag Göhlers und für den des AE aus. Er wollte die Einziehungsvorschrift als reine Sicherungsmaßnahme ausgestaltet wissen, da dies eine Vereinfachung mit sich bringen würde, 189 A.a.O., S. 1031 f. 190 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1031. 191 A.a.O. 192 A.a.O. 193 A.a.O. 194 A.a.O., S. 1030. 195 A.a.O. 196 A.a.O., S. 1032.

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weil zahlreiche Vorschriften gestrichen werden könnten, die sich mit der Frage beschäftigten, ob der Täter zum Zeitpunkt der Tat als Eigentümer anzusehen ist.197 Dreher sprach sich gegen die Ausgestaltung als Sicherungsmaßnahme aus, auch wenn er die Meinung Müller-Emmerts hinsichtlich der Vereinfachung teilte.198 Er teilte die Meinung Göhlers, dass man sich aus kriminalpolitischen Gründen, insbesondere dem der Generalprävention, nicht für die Lösung der reinen Sicherungseinziehung entscheiden könne.199 Als Beispiel führte er an, dass es gerade beim Schmuggel kriminalpolitisch unbedingt notwendig sei, das Schmuggelgut sowie das Schmuggelwerkzeug einzuziehen, was mit der reinen Sicherungseinziehung nicht möglich sei, da man schlecht sagen könne, dass z.B. Kaffee gefährlich und deshalb einzuziehen sei.200 Auch Güde sprach sich gegen die reine Sicherungseinziehung aus.201 Letztlich schloss sich auch Müller-Emmert dieser Meinung an und die Ausschussmitglieder stimmten für § 113 Abs. 1 und Abs. 2.202 Zudem wurde beschlossen, in § 113 Abs. 1 den Zusatz „ganz oder teilweise“ zu streichen. Damit verbunden war allerdings keine Abkehr von der Möglichkeit einer teilweisen Einziehung. Vielmehr waren die Ausschussmitglieder der Meinung, dass die Möglichkeit einer teilweisen Einziehung ein Ausfluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und daher zweckmäßiger Weise in der neu angedachten Vorschrift des § 114a als Abs. 3 aufzunehmen sei.203 Damit sollte die Einziehung also unter der alternativen Voraussetzung möglich sein, dass a) der Täter Eigentumer des Gegenstandes ist und dass b) die Gegenstände gefährlich sind. Die in dem Entwurf 1962 vorgesehene Regelung, dass auch die Tatwerkzeuge und Tatprodukte, die einem Dritten gehören, unter bestimmten Voraussetzungen – wenn den Dritten nämlich ein besonderes Verschulden trifft – eingezogen werden

197 A.a.O. 198 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1033. 199 A.a.O. 200 A.a.O. 201 Es widerspreche dem Rechtsgefühl, wenn etwa einem Mann, der im Affekt seine Frau erschossen habe, dass zu der Tat verwendete Gewehr belassen werde, da man überzeugt sei, dass der Mann nicht noch einmal auf jemanden schießen werde. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1034. 202 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1035. 203 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1046, 55. Sitzung vom 15. März 1967, S. 1047.

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können, sollte nicht übernommen werden.204 Insofern sollte die Einziehung zu Lasten Dritter erheblich eingeschränkt werden. Sie sollte nur noch zugelassen werden, soweit ein besonderes Gesetz sie unter diesen Voraussetzungen vorschreibt oder zulässt.205 Die Lösung dafür sollte in der dieser Vorschrift nachfolgenden Regelung getroffen werden.206 Es wurde beschlossen, dass die Vorschrift einen neuen Absatz 3 bekommen sollte, wonach die Einziehung in den Fällen, in denen die Einziehung nach Absatz 2 Nr. 2 zulässig war, nämlich dann, wenn die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen, auch dann zulässig sein sollte, wenn der Täter eine nur rechtswidrige Tat begangen hatte.207 Dadurch sollte eine allgemeine Regelung des Inhalts geschaffen werden, dass allgemein bei nur rechtswidrigen Taten die Einziehung nur zum Zweck der Sicherung zulässig ist, nicht aber unter dem Gesichtspunkt, dass die Sache dem Täter gehört.208 Man wollte damit die noch im E 1962 enthaltenen Einzelregelungen, die die Einziehung auch bei nur rechtswidrigen Taten zuließen, vermeiden, da das System der Einzelregelung den Nachteil habe, dass sich die in der Einzelregelung vorgenommene Vorausschau des Gesetzgebers im konkreten Falle als falsch erweisen könne.209 Die Vorschrift des § 114 Nr. 1 E 1962, mit der die Vereinheitlichung der verschiedenen Einziehungsbestimmungen im Strafgesetzbuch sowie in den strafrechtlichen Nebengesetzen erzielt werden sollten, sollte fortan als § 113

204 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 553. 205 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 28. Sitzung, S. 553. 206 A.a.O. 207 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1036. 208 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1036. 209 So sei die Einziehung beispielsweise bei einer nur rechtswidrigen Tat möglich, wenn das Gesetz dies zulasse, selbst wenn die Gegenstände im konkreten Fall ungefährlich seien, aber die Voraussetzung vorliege, dass die Gegenstände dem Täter gehören; umgekehrt sei die Einziehung bei einer nur rechtswidrigen Tat unzulässig, wenn eine entsprechende Einzelfallregelung fehle, die Gegenstände aber im konkreten Fall gefählich seien. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1036.

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Abs. 4 in der Fassung der Formulierungshilfe210 ihren Platz im Gesamtgefüge finden.211 Anschließend fand eine Beschlussfassung zu § 40 StGB in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 des Einführungsgesetzes zum Ordnungswidrigkeitengesetz statt, der inhaltlich die gleiche Regelung wie § 113 in der zuvor beschlossenen Fassung enthielt. Es gab lediglich Unterschiede in der Formulierung. So hieß es in Absatz 1 statt „vorsätzliche Straftat“ „Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen“. Das war deshalb notwendig, da das geltende Recht noch die Übertretungen kannte. Außerdem war das Wort „Gegenstände“ durch die Klammerbezeichnung „(Sachen und Rechte)“ definiert worden. Entsprechend der Terminologie des geltenden Rechts hieß es in Abs. 2 statt „rechtswidriger Tat“ „mit Strafe bedrohter Handlungen“, ebenso in Abs. 3 statt „rechtswidriger Tat“ „als Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen mit Strafe bedrohte Handlung“. Die Ausschussmitglieder sprachen sich dafür aus, den Klammerzusatz zu streichen. Im Übrigen nahmen sie § 40 StGB unverändert an.212

f) Einziehung nach besonderen Vorschriften 213

§ 114 sollte nunmehr entgegen dem § 114 E 1962 nur noch die Erweiterung der Einziehungsvoraussetzungen gegenüber Dritten regeln und setzte sich aus den §§ 113 Abs. 2 Nr. 2, 114 Nr. 2 E 1962 zusammen. Göhler sprach sich in Übereinstimmung mit dem Vorschlag des Bundesjustizministeriums für die Notwendigkeit einer solchen Vorschrift aus.214 Er plädierte dafür, solche Einziehungserweiterungen nur dort vorzusehen, wo das kriminalpolitische Bedürfnis dafür unabweisbar bestehe.215 Seiner Ansicht nach handelte es sich um einen sehr eng begrenzten Kreis von Fällen, nämlich 5 bis 10 Fallgruppen, im gesamten Straf- und Nebenstrafrecht.216 Eine Notwendigkeit sah er beispielsweise bei Delikten, bei denen es typisch sei, dass außer den an der Tat 210 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Anlage zur 28.Sitzung, S. 557. 211 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1036. 212 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1036. 213 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, in der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Anlage zur 28. Sitzung, S. 557. 214 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1036 f. 215 A.a.O., S. 1036. 216 A.a.O., S. 1037.

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unmittelbar Beteiligten weitere Personen in undurchsichtiger Weise mitwirken, wie es etwas bei den Staatsschutz- und Schmuggeldelikten der Fall sei.217 Die Ausschussmitglieder stimmten dem dem Grunde nach zu. Im Detail entbrannte jedoch eine Diskussion über den neu angedachten letzten Halbsatz in § 114 Nr. 1218, der die Einziehung abweichend von § 113 Abs. 2 Nr. 1 auch dann zulassen wollte, wenn derjenige, dem die Sachen zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen „selbst eine solche Zusammenhangstat begangen hat“.219 Diemer-Nicolaus hatte erhebliche Bedenken, ob es mit dem Grundrecht des Art. 14 GG zu vereinbaren ist, den Eingriff in das Eigentum Dritter auf die Fälle der Zusammenhangstat auszudehnen.220 Ihr erschien die Ausdehnung als zu weitgehend.221 Güde schloss sich der Auffassung an.222 Dreher hingegen hielt die Ausdehnung für verfassungsgemäß.223 Er begründete dies damit, dass die Rechtsprechung die Einziehungsvorschriften, die die Einziehung des Dritteigentums zuließen, nach Erlass des Grundgesetzes unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz geprüft und gewisse Grundsätze herausgearbeitet habe, unter denen bei verfassungskonformer Auslegung die Vorschriften zu halten seien. Dies seien im Wesentlichen die Grundsätze, die in den Nummern 1–3 eingefangen seien.224 Diemer-Nicolaus hielt den Hinweis auf die Rechtsprechung für nicht überzeugend, da diese nach dem Erlass des Grundgesetzes vor einer anderen Situation gestanden habe.225 Sie habe unter dem Gesichtspunkt des Grundgesetzes einen geltenden Gesetzestext einschränken müssen und sei dabei insofern gebunden gewesen, als sie nicht zu sehr von dem eigentlichen Gesetzestext habe abweichen können.226 Bühler wollte wissen, ob sich nicht alles das, was die Nr. 1 über die Zusammenhangstat enthalte, schon unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe erfassen lasse so dass die weiteren Bestimmungen überflüssig seien.227 Güde erwiderte, 217 A.a.O., S. 1036. 218 In der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 557. Dies war § 113 Abs. 2 Nr. 2 E 1962. 219 Vgl. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1038 ff. 220 A.a.O., S. 1038. 221 A.a.O. 222 A.a.O. 223 A.a.O. 224 A.a.O. 225 A.a.O., S. 1039. 226 A.a.O. 227 A.a.O.

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dass man gerade Taten, die keine Beihilfe seien, erfasse wolle.228 Er hielt den Begriff der Zusammenhangstat dafür allerdings als zu vage, da nicht genügend klargestellt sei, was er genau bedeute.229 Für die Abgeordnete Schwarzhaupt lag eine Zusammenhangstat dann vor, wenn die Tat nach ihrem äußeren Tatbild, nach der Motivation und nach der inneren Tatseite mit der vorausgegangenen Tat sachlich zusammen hänge.230 Güde sprach sich dafür aus, die Zusammenhangstat ganz aus Nr. 1 zu streichen. Eine Einziehung des Dritteigentums sei nur dann gerechtfertig, wenn der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen habe, dass die ihm gehörende Sache in die Straftat hineingebracht worden sei.231 Auch dem Abgeordneten Müller-Emmert ging es entschieden zu weit, dass man dann, wenn der Dritte nur vage mit einer Zusammenhangstat in Verbindung gebracht werden könne, auf diesem Umweg zu einer Einziehung komme.232 Er beantrage ebenfalls, den letzten Halbsatz zu streichen.233 Darüber hinaus beantragte er, hinter den Worten „oder ihrer Verbreitung“ die Worte „oder einer mit ihr zusammenhängenden anderen rechtswidrigen Tat“ zu streichen.234 Die anderen Ausschussmitglieder stimmten dem Antrag zu.235 Die Abgeordnete Diemer-Nicolaus beantragte, die Nr. 2 in § 114236 zu streichen.237 Sie hatte Zweifel, dass ein so dringendes kriminalpolitisches Bedürfnis besteht, das es rechtfertigt, an dieser Stelle die Eigentumsgarantie außer Kraft zu setzen.238 Auf den Einwand Göhlers, man könne die Nr. 2 nicht ersatzlos streichen, da mindestens die Hehlerei aufgenommen werden müsse,239 entgegnete sie, dass der Fall der Hehlerei bereits in Nr. 1 erfaßt sei, als 228 A.a.O. 229 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1039. 230 A.a.O. 231 A.a.O. 232 A.a.O., S. 1038. 233 A.a.O., S. 1039. 234 A.a.O., S. 1039 f. 235 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss der Ausschussmitglieder, 54. Sitzung, S. 1040. 236 In der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 557. Ehemals § 113 Abs. 2 Nr. 2c E 1962. 237 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1044. 238 A.a.O., S. 1041. 239 A.a.O., S. 1041 f.

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die Gegenstände, die zur Hehlerei gebraucht worden seien, Gegenstände seien, mittels derer eine Straftat begangen worden sei.240 Göhler wandte daraufhin ein, dass das nicht unbedingt sein müsse. So etwa sei das Auto, wenn der Mieter eines Wagens mit geschmuggelten Zigaretten zurückkomme und Vermieter und Mieter sich die Zigaretten teilten, nicht Mittel oder Gegenstand der vom Vermieter begangenen Hehlerei im Sinne des § 113.241 DiemerNicolaus hielt eine Bestrafung in diesem Fall wegen Hehlerei in Zusammenhang mit dem Verfall des Vermögensvorteils nach § 109 für kriminalpolitisch ausreichend.242 Auch der Abgeordnete Arndt hatte Bedenken im Hinblick auf die Nr. 2. Nach Art. 14 GG sei immer Voraussetzung für die Entziehung des Eigentums, dass der Betreffende mit dem Eigentum in sozial unwerter Weise umgegangen sei, was im Hinblick auf den Beispielsfall bei dem Wagen nicht gegeben sei.243 Dem schloss sich Schwarzhaupt an. Auch ihrer Ansicht nach hätten die Einziehungsvorschriften das kriminalpolitische Ziel, dem Eigentümer des Gegenstandes klarzumachen, dass er sein Eigentum riskiere, wenn er es für eine Tat einsetze. Dieser Gesichtspunkt passe nicht, wenn der Betreffende seinen Wagen nicht bewußt für die Tat zur Verfügung gestellt, sondern nur nachher an den Vorteilen der Tat partizipiert habe. Auch wenn das Partizipieren unmoralisch sei, so habe es wenig mit dem Wagen zu tun.244 Auch Güde war der Ansicht, dass ein allgemeiner moralischer Vorwurf die Einziehung nicht rechtfertige.245 Letztlich wurde die Streichung der Nr. 2 beschlossen.246 Weiter beschloss der Ausschuss, die neue Fassung des § 114 – mit Änderung der Nr. 1 und unter Streichung der Nr. 2 – auch für § 40a StGB in Art. 1 Nr. 2 EGOWiG zu übernehmen, mit der Maßgabe, dass an die Stelle von „§ 113 Abs. 2 Nr. 1“ „§ 40 Abs. 2 Nr. 1“ gesetzt wird.247

240 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1042. 241 A.a.O. 242 A.a.O. 243 A.a.O. 244 A.a.O., S. 1042 f. 245 A.a.O., S. 1044. 246 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1044. 247 A.a.O.

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g) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Neu) Nach der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums sollte eine neue Vorschrift248 eingeführt werden, die die Einziehung in bestimmten Fällen davon abhängig macht, dass diese verhältnismäßig ist. Göhler begründete die Einführung der neuen Vorschrift damit, dass sich herauskristallisiert habe, dass es vom Grundgesetz her mindestens erwünscht sei, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerade auch bei der Einziehung im Gesetz festzulegen.249 Es gäbe eine Fülle von Fällen, in denen die Einziehung ungerechtfertigt erscheine, weil der Wert des Gegenstandes, der eingezogen werden könnte, zu der Tat und dem Vorwurf, der den Eigentümer treffe, in keinem angemessenen Verhältnis stehe.250 Diese Fälle würden durch den ersten Absatz der neuen Vorschrift erfasst. Der zweite Absatz betreffe hingegen die Einziehungsgegenstände, die gefährlich seien oder bei denen die Gefahr bestehe, dass sie der Begehung weiterer Straftaten dienen würden. Hier solle es auch mildere Möglichkeiten geben, wenn der Zweck der Einziehung schon durch sie erreicht werden könne.251 Grundsätzlich sprachen sich auch die übrigen Ausschussmitglieder für die Notwendigkeit einer solchen Vorschrift aus. Für Diskussionsbedarf sorgten die Eingangsworte des 1 Absatzes „Ist die Einziehung nur zugelassen [...]“.252 Nach der Auffassung von Göhler, Güde, und Dreher sollte in den Fällen der zwingenden Einziehung der Richter nicht die Möglichkeit haben, über die Frage 248 Vgl. § 114a in der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 557. Die Vorschrift lautete wie folgt: „(1) Ist die Einziehung nur zugelassen, so darf sie in den Fällen des § 113 Abs. 2 Nr. 1 und des § 114 nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung betroffenen Täter oder Teilnehmer oder in den Fällen des § 114 den Dritten trifft, außer Verhältnis steht. (2) Das Gericht ordnet an, dass die Einziehung, die lediglich nach § 113 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 gerechtfertigt ist, vorbehalten bleibt, und trifft eine weniger einschneidende Maßnahme, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich die Anweisung, 1. die Gegenstände unbrauchbar zu machen, 2. an den Gegenständen bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen zu beseitigen oder die Gegenstände sonst zu ändern oder 3. über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen. Wird die Anweisung befolgt, so wird der Vorbehalt der Einziehung aufgehoben, andernfalls ordnet das Gericht die Einziehung nachträglich an.“ 249 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1044. 250 A.a.O. 251 A.a.O. 252 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1044 ff sowie 55. Sitzung S. 1047 f.

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der Verhältnismäßigkeit zu entscheiden, da der Gesetzgeber in diesem Fall diesen Grundsatz bereits geprüft und entschieden habe, dass kein Fall denkbar sei, in dem die Einziehung eine Verletzung desselben bedeute.253 Arndt hingegen hielt die Formulierung für falsch, da der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit immer gelte, mithin theoretisch auch für die zwingende Einziehung, womit der Gesetzgeber dies auch aussprechen sollte.254 Nach der angedachten Formulierung sähe es so aus, als ob es Fälle gäbe, in denen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gelte, was nicht stimme.255 Er plädierte dafür, die Eingangsformulierung durch die Worte „Die Einziehung darf nicht angeordnet werden, wenn sie [...]“ zu ändern.256 Güde schlug daraufhin vor, die Eingangsworte nicht zu ändern, aber im Bericht des Ausschusses zum Ausdruck zu bringen, dass damit nicht gemeint sei, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in den Fällen der zwingenden Einziehung nicht gelte, sondern nur, dass hier nach Ansicht des Gesetzgebers keine Fallgestaltung denkbar sei, bei der er praktisch zur Anwendung kommen könnte.257 Dem stimmten die Ausschussmitglieder zu.258 Der Abgeordnete Müller-Emmerich sprach sich zwecks leichterer Verständlichkeit dafür aus, die Eingangsworte durch „Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben“ zu ersetzen.259 Der Absatz eins wurde mit dem zuletzt genannten Änderungswunsch angenommen.260 Im Hinblick auf den zweiten Absatz sprach sich Göhler in Übereinstimmung mit einem neuen Vorschlag des Bundesjustizministeriums261 dafür aus, den angedachten Absatz zu erweitern.262 Das Gericht solle nunmehr schlechthin bei allen Einziehungsfällen, mithin auch bei denen der §§ 113 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 253 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 54. Sitzung, S. 1044 ff. 254 A.a.O., S. 1045. 255 A.a.O. 256 A.a.O. 257 A.a.O., S. 1046. 258 A.a.O. 259 A.a.O. 260 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 54. Sitzung, S. 1046; Vgl. ferner Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 14. März 1967, abgedruckt in der Textwiedergabe der 55. Sitzung vom 15. März 1967, S. 1047 und Abstimmung darüber S. 1048. 261 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 14. März 1967, abgedruckt in der Textwiedergabe der 55. Sitzung vom 15. März 1967, S. 1047. 262 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1047.

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und 114, die Möglichkeit haben, eine weniger einschneidende Maßnahme zu treffen. Dies hätte vor allem den Vorteil, dass auch in den Fällen, in denen zwar keine konkrete, wohl aber eine gewisse abstrakte Gefährlichkeit angenommen werden kann, ebenfalls eine weniger einschneidende Maßnahme in Betracht kommen könne.263 Die Ausschussmitglieder stimmten dem zu.264 Göhler unterbreitete im Hinblick auf § 114a noch einen weiteren Vorschlag. Er wollte einen neuen Absatz 3 eingefügt wissen, der die Möglichkeit der teilweisen Einziehung, die bisher nur in § 113 Abs. 1 eröffnet werden sollte, allgemein zuließ.265 Schließlich stelle der Grundsatz, dass auch die teilweise Einziehung zulässig sei, einen Ausfluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dar.266 Der Vorschlag wurde angenommen.267 Der Ausschuss beschloss ferner § 40b des Art. 1 Nr. 2 EGOWiG in der Fassung des zuvor beschlossenen 114a.268

h) Einziehung des Wertersatzes (§ 115 E 1962) Entgegen dem Vorschlag im AE, der sich für eine Abschaffung der Wertersatzeinziehung wegen der Ausgestaltung der Einziehung als Sicherungsmaßnahme aussprach,269 plädierten die Ausschussmitglieder270 und das Bundesjustizministerium271 für die Beibehaltung der Vorschrift, da ohne sie die Regelung 263 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1047. 264 A.a.O., S. 1048. 265 A.a.O., S. 1046. 266 A.a.O. 267 In der Fassung des § 114a Abs. 3 der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 14. März 1967, abgedruckt in der Textwiedergabe der 55. Sitzung vom 15. März 1967, S. 1047. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1048. Damit verbunden war die Streichung des Zusatzes „ganz oder teilweise“ in § 113. 268 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1057. 269 Vgl. Alternativ-Entwurf, S. 162 f. 270 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1048. 271 Vgl. Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 12. September 1966, § 115. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 557. Vgl. ferner § 115 in der Fassung der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 14. März 1967, abgedruckt in der Textwiedergabe der 55. Sitzung vom 15. März 1967, S. 1047. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1048.

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über die Einziehung unvollkommen wäre272. Gegenüber der Fassung des § 115 Abs. 1 E 1962 sollte in dem Bestreben, den Grundgedanken der Vorschrift deutlicher herauszustellen, das Wort „verbraucht“ eingefügt werden, da die dem § 115 E 1962 entsprechenden Vorschriften in der Reichsabgabenordnung und des Außenwirtschaftsgesetzes, die das Wort noch nicht enthielten, in der Rechtsprechung erhebliche Auslegungsschwierigkeiten bereitet hatten.273 So sei die Fassung des § 115 E 1962 teilweise dahin verstanden worden, dass die Anordnung des Wertersatzes ausscheide, wenn ein Dritter, an den der Gegenstand veräußert worden sei, diesen inzwischen verbraucht habe oder wenn der Täter selber den Gegenstand verbraucht habe.274 Letztlich habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass nach dem Sinn der Vorschrift die Wertersatzeinziehung auch dann zulässig sei, wenn der Gegenstand verbraucht worden sei.275 Die Abgeordnete Nicolaus-Diemer sprach sich im Hinblich auf Absatz 1 noch dafür aus, das Wort „vorwerfbar“ zu streichen, da es praktisch in dem „Vereiteln“ schon enthalten sei.276 Dem stimmten die übrigen Mitglieder zu.277 Beschlossen wurde ferner, einen neuen Absatz 2 einzufügen.278 Durch ihn sollten die Möglichkeiten für die Anordnung des Wertersatzes erweitert werden.279 Es sollten auch die Fälle erfasst werden, in denen der Täter den Gegenstand, anstatt ihn zu veräußern oder zu verwerten, mit dem Recht eines Dritten, z.B. einem Pfandrecht, belastet, weil sonst der Täter angereizt werden könnte, die wirtschaftliche Einbuße, die ihm mit der Einziehung drohe, durch die Belastung des Gegenstandes zu umgehen.280 Dabei sollte dem Gericht die Möglichkeit gegeben werden, den Wertersatz auch neben der Einziehung oder 272 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler, 55. Sitzung, S. 1048. 273 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1048. 274 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1048. 275 A.a.O. 276 A.a.O. 277 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1048. 278 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 57. Sitzung, S. 1106. Vgl. ferner § 115 Abs. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 10. April 1967, abgedruckt: 57. Sitzung, S. 1105. 279 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 57. Sitzung, S. 1105. 280 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 57. Sitzung, S. 1106.

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an deren Stelle anordnen zu können, damit dem Täter bei der Belastung eines Gegenstandes, der als gefährlich eingestuft wird, nicht die Nutzung aus der Belastung verbleibe.281 Die Höhe des Wertersatzes als solches sollte sich nach dem Wert der Belastung bemessen, durch den der Wert des Einziehungsgegenstandes gemindert sei.282 Darüber hinaus wurde beschlossen, den 3. Absatz zu streichen, da die dort vorgesehene Regelung über die nachträgliche Anordnung in § 120283 aufgenommen und mit der Regelung über die nachträgliche Anordnung des Verfalls zusammengefaßt werden solle.284 Der Ausschuss beschloss ferner § 40c des Art. 1 Nr. 2 EGOWiG in der Fassung des zuvor beschlossenen § 115.285

i) Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen (§ 116 E 1962) Die Ausschussmitglieder wie auch die Mitarbeiter des Bundesjustizministeriums hielten die Aufnahme einer dem § 116 E 1962 entsprechenden Vorschrift in den Allgemeinen Teil für notwendig, da zum einen die diesbezüglichen Einziehungsvorschriften im Besonderen Teil sowie im Nebenstrafrecht als nicht ausreichend erachtet wurden und zum anderen § 113 E 1962 in der vom Ausschuss beschlossenen Formulierung nicht die Fälle der Einziehung von Schriften erfasste, weil diese Schriften nicht allein Mittel oder Erzeugnisse der Tat waren, sondern vielfach Gegenstände der Tat selbst.286 Weiterhin bräuchte man eine Vorschrift, mit der die Möglichkeit bestehe, nicht nur die in concreto verbreiteten Schriften einzuziehen, sondern alle Exemplare der Schrift, soweit sie zur 281 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 57. Sitzung, S. 1106. 282 A.a.O. 283 In der Fassung der Formulierungshilfe vom 10. April 1967, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, abgedruckt in der Textwiedergabe der 57. Sitzung, S. 1105. 284 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1048. 285 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1057 und 1109. Die Regelung im 3. Absatz des § 115, die nach der Beschlussfassung des Ausschusses gestrichen werden sollte, da sie mit einer Regelung über die nachträgliche Anordnung des Verfalls zusammengefasst werden sollte, wurde in § 40c, nunmehr als Abs. 4 beibehalten, da die geänderten Regelungen über den Verfall mit dem EGOWiG noch nicht ins Strafgesetzbuch eingeführt werden sollten. 286 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1064.

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Verbreitung bestimmt seien.287 Vom Aufbau her sollte sich die neue Vorschrift an dem des AE orientieren, dessen Norm weitgehend den Absätzen 1, 3 und 4 des § 116 E 1962 entsprach.288 Die im AE vorgenommenen Änderungen sollten in erster Linie dazu dienen, die Vorschrift übersichtlicher und verständlicher als die als kompliziert angesehene Regelung des § 116 E 1962 zu gestalten.289 In Absatz 1 sollte zunächst bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen Einziehung und Unbrauchbarmachung erfolgen könnten.290 § 116 Abs. 1 S. 1 E 1962 sollte im Eingang neu gefasst werden durch die Worte: „Schriften (§ 11 Abs. 4), die einen solchen Inhalt haben, dass jede Verbreitung den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde.“291

Begründet wurde die Änderung damit, dass die Fassung des § 41 Abs. 1 StGB, an den sich die vorgeschlagene Fassung des § 116 Abs. 1 E 1962 weitgehend anlehne, eine sprachliche Ungenauigkeit enthalte, indem auf den „strafbaren Inhalt“ abgestellt werde, da der Inhalt niemals strafbar sei, sondern nur das Verhalten eines Menschen in bezug auf die Schrift.292 Unter der Verwirklichung des äußeren Tatbestandes seien die objektive Tathandlung und das Vorliegen sonstiger objektiver Tatbestandsmerkmale zu verstehen, wobei die Frage außer Betracht bleibe, ob die Handlung eine vorsätzliche sei oder ob dem Handelnden ein Vorwurf zu machen sei.293 Göhler war der Meinung, dass damit keine Einschränkung gegenüber dem geltenden Recht verbunden sei, da auch danach die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes ausreichend sei und es auf besondere Voraussetzungen in der Person des Täters nicht ankommen sollte.294 Güde wies darauf hin, dass die angedachte Wortwahl zu Schwierigkeiten führen würde, und verwies auf § 84 StGB295, in dem die angedachten

287 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1064. 288 A.a.O., S. 1065. 289 A.a.O. 290 A.a.O. 291 Vgl. § 116 Abs. 1 in der Fassung der Ergänzung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1020. 292 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1065. 293 A.a.O. 294 A.a.O., S. 1066. 295 „Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen, deren Inhalt den äußeren Tatbestand der §§ 80, 81 oder 83 erfüllt…“, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1065.

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Worte bereits verwendet wurden.296 Die praktische Erprobung habe gezeigt, dass der Begriff „äußerer Tatbestand“ unbefriedigend sei, da er zu Unstimmigkeiten führe.297 Er schlug vor, die Eingangsworte wie folgt zu fassen:298 „Schriften (§ 11 Abs. 4), die einen solchen Inhalt haben, dass ihre vorsätzliche Verbreitung den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde […].“

Dreher wollte noch die Worte „in Kenntnis ihres Inhalts“ hinzugefügt haben, da sich diese bereits nach dem geltenden Recht notwendige Voraussetzung nicht aus dem Wort „vorsätzlich“ ergebe, dieses beziehe sich nur auf das Verbreiten der Schrift.299 Der Ausschuss nahm die Änderungsvorschläge an.300 § 116 Abs. 1 S. 1 E 1962 sollte in der Fassung der Formulierungshilfe ferner im Eingang durch die Worte geändert werden: „wenn mindestens ein Stück durch eine rechswidrige Tat verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt worden ist.“

Die Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums und die Ausschussmitglieder waren der Ansicht, dass allein der Umstand, dass die Schrift wie in E 1962 vorgesehen Mittel oder Gegenstand einer Straftat gewesen sei, keineswegs immer die Einziehung aller Exemplare der Schrift rechtfertige.301 Eine Rechtfertigung fehle etwa dann, wenn die Schrift dazu benutzt worden sei, jemanden körperlich zu züchtigen. Es käme vielmehr darauf an, dass es sich bei der rechtswidrigen Tat um ein Verbreitungsdelikt handele.302 § 116 Abs. 1 S. 2 E 1962 sollte in Anlehnung an die Fassung des § 98 Abs. 2 des neuen Urheberrechts vom 9. September 1965 sprachlich anders gefasst werden.303 In § 98 Abs. 2 wurde der Oberbegriff Vorrichtungen verwendet und die sonstigen Vervielfältigungsmittel nur noch beispielhaft angeführt. Dies sollte übernommen werden, weil man eine solche Fassung für anpassungsfähiger

296 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1065. 297 A.a.O., S. 1067. 298 A.a.O., S. 1068. 299 A.a.O. 300 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 56. Sitzung, S. 1069. 301 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1065. 302 A.a.O. 303 Vgl. § 116 Abs. 1 S. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 10. April 1967, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, abgedruckt im Protokoll zur 57. Sitzung, S. 1105.

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hielt.304 Man müsse die Vorschrift nicht ändern, sofern neue Formen von Vervielfältigungsmitteln erfinden würden, da diese automatisch erfasst würden.305 In § 116 Abs. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe sollte bestimmt werden, auf welche Exemplare sich die Einziehung erstreckt.306 Im Hinblick auf die Fassung des 2. Absatzes wurde darüber diskutiert, ob in diesem die einzelnen Personengruppen, bei denen die Einziehung erfolgen konnte, aufgeführt werden sollen mit einer sich daran anschließenden Generalklausel, die dann noch alle anderen daran mitwirkenden Personen einbeziehe,307 oder ob die Generalklausel entsprechend dem Vorschlag im AE308 genüge.309 Letztlich entschieden sich die Ausschussmitglieder für die Generalklausel, wobei in den ersten Satz vor die Worte „auf die Stücke“ die Worte „nur“ eingefügt werden sollten.310 Im Hinblick auf § 116 Abs. 2 E StGB in der Fassung des § 116 Abs. 3 der Ergänzung der Formulierungshilfe311 entschieden sich die Ausschussmitglieder entgegen dem Vorschlag im AE312 für dessen Beibehaltung.313 Abweichend von Abs. 1 sollten die Fälle erfasst werden, in denen nicht jeder Verbreitungsakt strafbar ist, sondern nur ein solcher, bei dem weitere Tatumstände hinzukommen.314 Der Abgeordnete Güde betonte die Notwendigkeit der Vorschrift, 304 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 57. Sitzung, S. 1107. 305 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 57. Sitzung, S. 1107. 306 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1065. 307 Vgl. 1. Alternative des § 116 Abs. 2 in der Fassung der Ergänzung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1020. 308 Vgl. Alternativ-Entwurf, § 89, S. 164 f. 309 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1065, 1069 ff. Vgl. 2. Alternative des § 116 Abs. 2 in der Fassung der Ergänzung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1020. 310 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 56. Sitzung, S. 1071. 311 Vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1020. 312 Vgl. Alternativ-Entwurf S. 162 f. 313 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 56. Sitzung, S. 1074. 314 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1070.

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da es in ihr wie in Abs. 1 darum gehe, in weiterem Umfang Exemplare einzuziehen, die selbst noch nicht Gegenstand einer Tat gewesen seien und die eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellten.315 Er vermutete, dass die Verfasser des Alternativ-Entwurfs die Vorschrift des § 116 Abs. 2 E 1962 ob seiner nicht ausreichend präzisierten Umschreibung nicht ganz verstanden hätten. So gingen die Verfasser davon aus, dass es gleichgültig sei, ob man eine Straftat mithilfe einer Schrift oder mit anderen Mitteln begehe und dass es wenig nütze, die einzelne Schrift oder weitere Schriften, die der Täter in Besitz habe, einzuziehen.316 In Abs. 3 der Formulierungshilfe werde aber nicht davon ausgegangen, dass die Schrift hier überhaupt Mittel einer Straftat gewesen sei. Vielmehr seien nur Tatbestände gemeint, in denen das Verbreiten einer Schrift unter besonderen Voraussetzungen strafbar sei.317 Auch Dreher und Bühler hielten die Vorschrift aus kriminalpolitischen Gründen, unter anderem mit dem Hinweis der Möglichkeit der Einziehung jugendgefährdender Schriften, für unentbehrlich.318 Da man bei der Fallgruppe des Abs. 3 in der Fassung der Formulierungshilfe eine Gefahr für die Allgemeinheit nicht in dem gleichen Maße als gegeben sah wie bei den Schriften, deren Verbreitung stets den äußeren Tatbestand eines Gesetzes erfüllen würde, sollte die Möglichkeit der Einziehung und Unbrauchbarmachung im Vergleich zu Abs. 1 eingeschränkt werden.319 Die Maßnahmen sollten nur dann möglich sein, wenn sich die Stücke im Besitz des Täters oder Teilnehmers befinden oder von diesem zur Verbreitung bestimmt waren. Letztlich beschloss der Ausschuss die Beibehaltung der Vorschrift.320 Weiterhin entschieden sich die Auschussmitglieder dafür, die Vorschrift des § 116 Abs. 3 S. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe321 um die Sondervor315 A.a.O., S. 1071. 316 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1071. Alternativ-Entwurf, Begründung, S. 165. 317 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1071. 318 A.a.O., S. 1073. 319 A.a.O., S. 1071. 320 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 56. Sitzung, S. 1074. Satz 1 sollte dem Vorschlag Drehers folgend wie folgt gefaßt werden: „Absatz 1 gilt entsprechend bei Schriften, die einen solchen Inhalt haben, dass die vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde“. 56. Sitzung, S. 1071. 321 Vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1105. Vgl. ferner Beschluss des Ausschusses, 57. Sitzung, S. 1108.

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schrift für Organe und Vertreter des § 120 Abs. 2 E 1962322 zu ergänzen und den Abs. 2 in § 120 E 1962 zu streichen.323 Man hielt es für gesetzestechnisch unzweckmäßig, dass in § 119 Abs. 2 auf § 116 Abs. 3 verwiesen werde und dieser wiederum auf § 116 Abs. 1 verweise324, was auch dazu führe, dass der Absatz 2 schwer verständlich sei. Man war der Ansicht, dass der Grundsatz des Absatzes 2 in § 116 Abs. 3 S. 2 besser zum Ausdruck komme.325 Eingefügt werden sollte ein neuer Absatz 4326, der das gegenständliche Verbreiten in Abgrenzung vom bloßen Verbreiten des Inhalts regelte.327 Die Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums waren der Ansicht, dass sich aus § 220 E 1962 ergäbe, dass das Verbreiten nicht die dort in der Nummer 2 genannten Tatbestandsmerkmale umfasse. Neben dem Verbreiten sei z.B. der Fall ausdrücklich erwähnt, dass ein Stück an einem Ort öffentlich ausgelegt werde. Durch die vorgesehene Generalklausel in Abs. 4 sollte ein einheitlicher Sprachgebrauch im StGB gewährleistet werden. Zum anderen bfreite sie von der Notwendigkeit befreite, in Abs. 1 außer dem Verbreiten noch ausdrücklich das öffentliche Auslegen aufzunehmen.328 Zudem sollte die Vorschrift zu einer Einschränkung der Einziehung führen.329 So war in § 116 Abs. 1 E 1962330 322 Auch § 119 Abs. 2 der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1020. 323 Vgl. § 116 Abs. 3 S. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 10. April 1967, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, abgedruckt in den Protokollen zur 57. Sitzung, S. 1020. 324 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1077. 325 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 57. Sitzung, S. 1108. 326 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, vgl. § 116 Abs. 4 in der Fassung der Ergänzung der Formulierungshilfe vom 10. April 1967, abgedruckt im Protokoll zur 57. Sitzung, S. 1105. 327 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 56. Sitzung, S. 1075 und 57. Sitzung, S. 1109. 328 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 56. Sitzung, S. 1075 und 57. Sitzung, S. 1109. Zudem sollte die Veränderung des Wortlautes zu einem einheitlichen Sprachgebrauch innerhalb des Strafgesetzbuches sorgen. Vgl. Ausführungen von Göhler, 56. Sitzung, S. 1075. 329 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 57. Sitzung, S. 1108. 330 Wie auch in den vorherigen Formulierungshilfen. Vgl. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Vgl. § 116 Abs. 1 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 6. März 1967 (Anlage zur 28. Sitzung) sowie § 116 Abs. 4 in der Fassung der Ergänzung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1020.

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darauf abgestellt worden, dass die Schrift an einem allgemein zugänglichen Ort ausgelegt worden ist. Nach Auffassung der Ausschussmitglieder könne eine solche Fassung Fälle erfassen, die nicht strafwürdig seien.331 Dies etwa in den Fällen, in denen das Zugänglichmachen innerhalb eines privaten Zirkels erfolge.332 Deshalb sollte das entscheidende Merkmal der Vorschrift künftig nicht mehr der öffentiche Ort, sondern das allgemeine Zugänglichmachen an einen unkontrollierten Personenkreis sein.333 In einem neuen Absatz 5334 sollte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus § 114a Abs. 2 und 3 für entsprechend anwendbar erklärt werden.335 Die Vorschrift des § 116 Abs. 4 E 1962336, wonach das Gericht bei Tonträgern die Unbrauchbarmachung anordnen könne, wenn die Einziehung nicht erforderlich sei, sollte gestrichen werden, da das Gericht im Rahmen der neu beschlossenen Fassung des § 116 allgemein statt der Einziehung der Schriften und der Verbreitungsmittel die Unbrauchbarmachung oder weniger einschneidende Maßnahmen anordnen könne, wenn dies ausreichend erscheine.337 Da wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch eine teilweise Einziehung möglich war, entschieden sich die Ausschussmitglieder ebenfalls für die Streichung des § 116 Abs. 3 E 1962338.339

331 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 57. Sitzung, S. 1108. 332 Als Beispiel wurde der Fall genannt, in dem jemand seinem Freund auf der öffentlichen Straße ein pornographisches Bild zeige. Der Tatbestand sei erfüllt, da jemand die Schrift an einem allgemein zugänglichen Ort vorgezeigt habe. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Corves, 57. Sitzung, S. 1108. 333 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 57. Sitzung, S. 1109. 334 Vgl. § 116 Abs. 5 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 6. März 1967, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1020. Vgl. ferner Beschluss des Ausschusses, 56. Sitzung, S. 1075. 335 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 56. Sitzung, S. 1075. 336 Entspricht § 116 Abs. 4 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 557 f. 337 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 56. Sitzung, S. 1075. 338 Entspricht § 116 Abs. 3 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 557 f. 339 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 56. Sitzung, S. 1075.

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Der Ausschuss beschloss ferner § 41 des Art. 1 Nr. 3 EGOWiG in der fast identischen Fassung des zuvor beschlossenen § 116.340 Einziger Unterschied bestand darin, dass in § 41 wegen des Fehlens der Klammerhinweises auf § 11 Abs. 3 die Aufzählung der den Schriften gleichgestellten Gegenstände erfolgte.341 Zudem sollte das Wort „Schallaufnahmen“ in § 41 Abs. 1 durch den moderneren Begriff „Tonträger“ ersetzt werden.342

j) Wirkung der Einziehung (§ 117 E 1962) Abweichend von der Fassung des § 117 E 1962 sollte ein neuer Absatz 2 eingefügt werden, der anordnet, dass abweichend von § 117 Abs. 1 E 1962 die Rechte Dritter an dem Gegenstand grundsätzlich bestehen bleiben.343 Dadurch sollte zum einen verhindert werden, dass beschränkt dinglich Berechtigte am Strafverfahren zu beteiligen sind. Zum anderen sah man eine Notwendigkeit für diese Anordnung wegen der Eigentumsgarantie in Art. 14 GG.344 Nur dann, wenn eine Sache aus Gründen des Allgemeinwohls aus dem Verkehr gezogen werde, da sie für die Allgemeinheit eine Gefahr bedeute (Fälle des § 113 Abs. 2 Nr. 2) sollten auch die Rechte des Dritten erlöschen.345 Die Gründe des Allgemeinwohls wurden als verfassungsimmanente Schranke der Eigentumsgarantie aufgefasst, womit das Erlöschen der Rechte Dritter von den Ausschussmitgliedern als verfassungsgemäß eingestuft wurde.346 Ferner sollte das Gericht die Möglichkeit

340 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 61. Sitzung, S. 1151. 341 A.a.O. 342 A.a.O. 343 Vgl. § 117 Abs. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 558. Vgl. ferner Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler, 55. Sitzung, S. 1048 f. sowie Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1053. 344 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler, 55. Sitzung, S. 1048 f. sowie Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1053. 345 Vgl. § 117 Abs. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 558. Vgl. ferner Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler, 55. Sitzung, S. 1049 sowie Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1053. 346 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler, 55. Sitzung, S. 1049 sowie Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1053.

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bekommen, das Erlöschen der Rechte Dritter an der Sache anzuordnen, wenn sich die Person an der Tat in vorwerfbarer Weise beteiligt hat.347 Der Ausschuss erhob gegen § 41a des Art. 1 Nr. 3 EGOWiG, der inhaltlich dem neu beschlossenen § 117 glich, keine Einwände.348 § 41a Abs. 3 wich zwar sprachlich von § 117 Abs. 3 ab, jedoch deckten sich beide Vorschriften inhaltlich. Die neue Fassung des § 117 Abs. 3 diente der Vereinfachung, die im geltenden Recht infolge Fehlens einer dem § 110a349 entsprechenden Vorschrift noch nicht möglich war.

k) Entschädigung (§ 119 E 1962) Göhler betonte die Wichtigkeit einer allgemeinen Entschädigungsvorschrift350 wegen der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes und wegen des Vorhandenseins zahlreicher Sondervorschriften.351 Die Ausschussmitglieder waren sich einig, dass ein enger Zusammenhang zwischen § 114 und § 118 (§ 119 E 1962) bestehe und dass deshalb § 118 Abs. 2 an die Änderungen, die bereits zu § 114 beschlossen worden waren, angepasst werden musste.352 Aus der Nr. 1 sollte die Zusammenhangstat herausgenommen und die Nr. 2 komplett gestrichen werden.353 Im Hinblick auf § 118 Abs. 2 Nr. 4, der die Entschädigung ausschließen sollte, wenn die Einziehung oder Unbrauchbarmachung keine Enteignung war, weil es im konkreten Fall auch aufgrund anderer strafrechtlicher Vorschriften zulässig gewesen wäre, dem Dritten den Gegenstand ohne Entschädigung 347 Vgl. § 117 Abs. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 558. Vgl. ferner Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler, 55. Sitzung, S. 1049 sowie Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1053. 348 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1057. 349 § 110a in der Fassung der Weiteren Formulierungshilfe vom 6. März 1967. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 53. Sitzung, S. 1019 ff. 350 Vgl. § 118 Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 558. 351 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler, 55. Sitzung, S. 1049. 352 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler, Güde, Dreher, Müller-Emmert, 55. Sitzung, S. 1049 f. sowie Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1051. 353 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1051.

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dauerhaft zu entziehen,354 wies Müller-Emmerich hin, dass dadurch eine Art Idealkonkurrenz zwischen zwei Einziehungsmöglichkeiten geschaffen werde.355 Nämlich einmal durch das Strafgesetzbuch und zum anderen durch das andere Gesetz. Er wollte geklärt haben, wie die Konkurrenzfrage gelöst werden könne.356 Göhler räumte ein, dass eine Art Idealkonkurrenz auftreten könne, wenn die Einziehung nach zwei Vorschriften möglich sei. Aus Gründen der Prozessökonomie solle der Richter im Strafverfahren zugleich über die Einziehung entscheiden können, auch wenn eine Einziehung nach anderen Gesetzen möglich sei.357 Dreher hielt Nr. 4 für unschädlich. Er war für deren Beibehaltung, da dies Bestimmung zur Klarstellung im Hinblick auf den ersten Absatz beitrage.358 Ohne die Vorschrift könnte Abs. 1 sonst so ausgelegt werden, dass der Dritte ohne Rücksicht auf irgendwelche sonstigen Gesichtspunkte entschädigt werden müsse.359 Die Kommissionsmitglieder stimmten für die Nr. 4, die nach der Streichung der Nr. 2 zur Nr. 3 werden sollte.360 Die Nr. 3, die nach der Streichung der Nr. 2 zu selbiger werden sollte, sollte wegen des beschlossenen neuen Absatzes 2 in § 115 um die Worte „oder das Recht an dem Gegenstand“ ergänzt werden.361 Angedacht war die Einfügung eines neuen dritten Absatzes, nach dem in den Fällen des Absatzes 2 doch eine Entschädigung gewährt werden sollte, soweit es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen.362 Der Abgeordnete Güde gab zu Bedenken, dass diese Vorschrift, die sich nach Göhlers Ansicht an den Zivilrichter im Entschädigungsverfahren richten sollte, nicht in das Strafgesetzbuch 354 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler, 55. Sitzung, S. 1049. Als Beispiel nannte Göhler § 200a i.V.m. § 200 Reichsabgabenordnung, § 51c i.V.m. § 51b des Gesetzes über das Branntweinmonopol. 355 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1050. 356 A.a.O. 357 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler, 55. Sitzung, S. 1050. 358 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1050. 359 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1050. 360 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1051. 361 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 90. Sitzung, S. 1805. 362 Vgl. § 118 Abs. 3 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 12. September 1966, Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 558.

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gehöre.363 Göhler korrigierte sich daraufhin und betonte, dass sie sich auch an den Strafrichter richte.364 Er verwies auf § 436 Abs. 3 StPO365, in dessen Falle der Strafrichter entscheide, ob den Dritten ein besonderer Schuldvorwurf treffe, der dazu führe, dass die Einziehung angeordnet werde und der gleichzeitig anordne, ob eine Entschädigung zu zahlen ist. Zudem hielt er die Vorschrift für notwendig. Wenn der Richter die Möglichkei habe, von der Einziehung aus Ermessensgesichtspunkten abzusehen, so müsse er auch die Möglichkeit haben, dem Dritten eine gewisse Entschädigung zuzuerkennen.366 Auch Nicolaus-Diemer war der Meinung, dass wegen der beschlossenen Einführung einer Härteklausel im Hinblick auf die Einziehung auch bei der parallel gestalteten Entschädigungsvorschrift eine Härteklausel eingefügt werden müsse.367 Der Abgeordnete Dreher sprach sich ebenfalls für den Absatz 4 aus. Er hielt es aus prozessökonomischen Gründen für sinnvoll, dass der Strafrichter bei dem Ausspruch, dass die Voraussetzungen gegeben seien, unter denen keine Entschädigung gewährt werde, auch über die Ablehnung der Entschädigung entscheide und diese Entscheidung nicht dem Zivilrichter überlasse.368 Der Ausschuss entschloss sich mit einer Stimmenenthaltung für den Absatz 4.369 Zudem wurde beschlossen, § 41c StGB des Art. 1 Nr. 3 EGOWiG in der vom Ausschuss für § 118 beschlossenen Fassung anzunehmen.370

363 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1051. 364 A.a.O. 365 Diese Vorschrift sollte nach Art. 2 Nr. 9 des Entwurfs eines Ordnungswidrigkeitengesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten folgende Fassung erhalten: „Ordnet das Gericht die Einziehung auf Grund von Umständen an, die einer Entschädigung entgegenstehen, so spricht es zugleich aus, dass dem Einziehungsbeteiligten eine Entschädigung nicht zusteht. Dies gilt nicht, wenn das Gericht eine Entschädigung des Einziehungsbeteiligten geboten hält, weil es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen; in diesem Falle entscheidet es zugleich über die Höhe der Entschädigung.“ Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1051. 366 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1051. 367 A.a.O., S. 1052. 368 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1050. 369 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 55. Sitzung, S. 1053. 370 A.a.O.

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l) Sondervorschrift für Organe und Vertreter (§ 120 E 1962) Die Vorschrift in § 119 Abs. 1 des Formulierungsvorschlages vom 12. September 1966 entspach der des § 120 E 1962. Auf Anregung des Abgeordneten Göhler sollte nach dem Vorbild anderer Vorschriften in Abs. 1 hinter die Worte „Gegenstandes“ die Worte „oder des Wertersatzes“ eingefügt werden, da wie in anderen Fällen, die Wertersatzeinziehung auch gegenüber juristischen Personen möglich sein sollte, wenn ihr Organ die Einziehung des Gegenstandes dadurch vereitle, dass es den Gegenstand einer anderen Person überträgt.371 § 119 Abs. 2, der der Fassung des § 120 Abs. 2 E 1962 entsprach, sollte, wie bereits erläutert, gestrichen werden.372 Zudem wurde beschlossen, § 42 StGB des Art. 1 Nr. 4 EGOWiG in der vom Ausschuss für § 119 beschlossenen Fassung anzunehmen.

m) Selbständige Anordnung (§ 118 E 1962) Zunächst war vorgeschlagen worden, die Vorschrift im Wesentlichen entsprechend der Fassung des § 118 E 1962 auszugestalten.373 Gegen die Fassung des 1. Absatzes hatten einige Abgeordnete starke Bedenken. Die meisten Abgeordneten waren der Ansicht, dass exakter dargelegt werden müsse, was unter der Wendung zu verstehen sei, dass keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden könne. Die Schwierigkeit bei der Anwendung der Vorschrift des geltenden Rechts, § 42 StGB, lag nach Ansicht Müller-Emmerts darin, dass Ihre Voraussetzungen, die vor allem mit den Worten dass keine bestimmte Person verfolgt oder Verurteilt werden kann umschrieben waren, einmal tatsächlicher und einmal rechtlicher Art waren.374 Die erste Fallgruppe umfasse als wichtigste Anwendungsfälle, dass der Täter unbekannt sei oder das Verfahren mangels Beweis eingestellt werde. Die zweite Fallgruppe gehe von rechtli371 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1053 sowie Beschluss des Ausschusses, S. 1053 sowie 90. Sitzung, S. 1805. 372 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 57. Sitzung vom 13. April 1967, S. 1109. 373 Vgl. § 120 in der Fassung der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 12. September 1966. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Anlage zur 28. Sitzung, S. 559. Vgl. ferner § 120a in der Fassung der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 14. März 1967. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, abgedruckt in: 55. Sitzung, S. 1054. 374 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1055.

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chen Voraussetzungen aus, etwa dass ein Irrtum vorliege oder dass ein Strafausschließungsgrund, ein Schuldausschließungsgrund, ein Rechtfertigungsgrund oder die Unzurechnungsfähigkeit eines Beschuldigten in Frage stehe. Weil die Voraussetzungen so verschieden seien, ergäben sich in der Praxis viele Reibungspunkte.375 Güde und Dreher verwiesen diesbzüglich auf die Kommentierung von Schröder376der die Ansicht vertrat, dass im Hinblick auf die Voraussetzungen, an die die selbständige Anordnung genüpft werden sollen, auf die jeweilige Rechtsnatur der vorgesehenen Maßnahme abzustellen sei.377 Soweit die Maßnahme Strafcharakter habe, dürfe nur das Vorliegen von tatsächlichen Verfolgungshindernissen zur Anwendung der Vorschrift führen, da man ansonsten aus der Nebenstrafe des § 40 eine von allgemeinen Strafbarkeits- und Verfolgungsvoraussetzungen losgelöste Hauptstrafe schaffe.378 Da § 42 StGB in diesem Sinne überwiegend ausgelegt wurde,379 entschieden sich die Ausschussmitglieder für eine Fassung, die in ihrem Absatz 1 die Einschränkung enthalten sollte, dass lediglich aus tatsächlichen Gründen keine Person verfolgt oder verurteilt werden könne.380 Ein neuer Absatz 2 sollte von diesem Grundsatz für die Einziehung und Unbrauchbarmachung aus Sicherheitsgründen eine Ausnahme machen.381 Hier sollte das selbständige Verfahren auch dann möglich sein, wenn aus rechtlichen Gründen keine Person verfolgt werden 375 A.a.O. 376 Schönke-Schröder, StGB Kommentar, 12. Auflage, § 42 Anmerkung I, III. 377 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1055 f. 378 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 55. Sitzung, S. 1055 f.; Schönke-Schröder, StGB Kommentar, 12. Auflage, § 42 Anmerkung I, III. 379 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 57. Sitzung, S. 1092. 380 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 57. Sitzung, S. 1092 sowie Beschluss des Ausschusses, S. 1093. Vgl. ferner § 120a in der Fassung der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 10. April 1967, abgedruckt: 57. Sitzung, S. 1091 f. Die Fassung des § 120a Abs. 1 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 10. April 1967 sollte sprachlich noch verändert werden. Es sollte heißen: „so muss oder kann auf Verfall oder Einziehung des Gegenstandes oder des Wertersatzes oder auf Unbrauchbarmachung …“. Beschluss des Ausschusses, 61. Sitzung vom 11. Mai 1967, S. 1152. 381 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 57. Sitzung, S. 1092 sowie Beschluss des Ausschlusses, S. 1093. Vgl. ferner § 120a in der Fassung der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 10. April 1967, abgedruckt: 57. Sitzung, S. 1091 f. Die Fassung des § 120a Abs. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe vom 10. April 1967 sollte sprachlich etwas verändert werden. Vgl. Beschluss des Ausschusses, 90. Sitzung vom 13. Dezember 1967, S. 1805.

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konnte, da die Sicherungsmaßnahme zum Schutz der Allgemeinheit auch dann als sachlich geboten angesehen wurde.382 In Satz 2 des Absatzes 2 sollte das selbständige Einziehungsverfahren als Rückausnahme wiederum dann ausgeschlossen werden, wenn das Gesetz dies bestimmt.383 § 118 Abs. 2 E 1962 sollte inhaltlich unverändert, nunmehr als Abs. 3, übernommen werden.384 Die so beschlossene Vorschrift sollte als 41b StGB des Art. 1 Nr. 3 des Entwurfs eines EGOWiG in das Strafgesetzbuch Einzug finden.385

C) Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Die Einziehungsvorschriften in der vom Sonderausschuss für die Strafrechtsreform sowie vom Rechtsausschuss beschlossenen Fassungen der §§ 40 ff. StGB des Art. 1 Nr. 1–4 EGOWiG traten am 1. Oktober 1968 in Kraft.386

D) Zweites Gesetz zur Reform des Strafrechts Die vom Sonderausschuss beschlossenen Fassungen der §§ 109–120a traten durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) vom 4. Juli 1969 als §§ 73–76a am 1. Januar 1975 in Kraft.387 Zuvor hatte eine Minderheit im 382 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 57. Sitzung, S. 1092 sowie Beschluss des Ausschusses, S. 1093. Vgl. ferner § 120a in der Fassung der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 10. April 1967, abgedruckt: 57. Sitzung, S. 1091 f. 383 Dies sollte bei Fehlen der deustchen Gerichtsbarkeit der Fall sein. Weiterhin beim Vorliegen des Verfolgungshindernisses der Verfolgungsverjährung und durch den Grundsatz „ne bis in idem“. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 57. Sitzung, S. 1092. 384 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Göhler 57. Sitzung, S. 1092. Vgl. ferner § 120a in der Fassung der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 10. April 1967, abgedruckt: 57. Sitzung, S. 1091 f. 385 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses 57. Sitzung, S. 1094; 61. Sitzung, S. 1152. Vgl. ferner § 41b in der Fassung der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 10. April 1967, abgedruckt: 57. Sitzung, S. 1093 sowie § 41 Abs. 2 in der Fassung der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums vom 12. Dezember 1967, abgedruckt: 90. Sitzung, S. 1804. 386 Art. 1 EGOWiG vom 24. Mai 1968, BGBl. I 503; abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Strafgesetzbuch, Band 2, S. 39 ff. 387 BGBl. I 717; abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Strafgesetzbuch, Band 2, S. 114 ff. Exkurs. Den Vorschriften über Verfall und Einziehung wurde vom Gesetzgeber mit Einfügung des Regelungskomplexes der §§ 111b ff. StPO durch Art. 21 Nr. 29 EGStGB vom 2. März 1974 (BGBl. I, S. 469) ein prozessuales Sicherungsmittel zur Si-

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Sonderausschuss noch beantragt, anstelle der in den §§ 73–76a StGB cherstellung von Vermögenswerten durch Beschlagnahme und dinglichen Arrest zur Seite gestellt (Reichhart, Vermögensabschöpfung im Strafverfahren, S. 20; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 34 Rn. 42; BT-Drs. 7/550, S. 291 ff., 476, 496 f.). Dadurch können dem Betroffenen die vermutlich deliktisch erlangten Vermögenswerte im Ermittlungs-, Zwischen- oder Hauptverfahren zunächst (nur) vorläufig zur Sicherung des Verfalls, des Wertersatzverfalls, der Verletztenansprüche, der Einziehung und der Wertersatzeinziehung entzogen werden (Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, S. 26). Ohne diese Möglichkeit würde eine spätere gerichtliche Verfall- oder Einziehungsanordnung oft ins Leere gehen, da die betreffenden Mittel oder Gegenstände bereits unerreichbar für die deutsche Justiz ins Ausland verschoben wären (Reichhart, Vermögensabschöpfung im Strafverfahren, S. 20; Hetzer, ZRP 1999, S. 476; Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, S. 26). Der endgültige Entzug der inkriminierten Vermögenswerte erfolgt erst durch die rechtskräftige und vollstreckbare Verfalls- oder Einziehungsanordnung im Urteil bzw. bei den Verletzten der Tat durch eine rechtskräftige zivilgerichtliche Entscheidung gem. § 704 Abs. 1 ZPO (Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, S. 27). Das Regelungsgefüge der §§ 111b ff. StPO lässt sich in zwei große Komplexe einteilen (Reichhart, Vermögensabschöpfung im Strafverfahren, S. 20). Zum einen die Anordnung der Sicherstellung nach § 111b Abs. 1 und 2 StPO, um die Durchsetzung einer späteren Verfall- oder Einziehungsanordnung des Gerichts zu ermöglichen387, zum anderen die Rückgewinnungshilfe nach § 111b Abs. 5 StPO, nach der Mittel zur Erfüllung der Ansprüche des Tatopfers trotz der materiell-rechtlichen Ausschlussklausel des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB durch die Strafverfolgungsbehörden gesichert werden können. Wie bereits erläutert, hatte sich der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren dafür entschieden, die materielle Ausschlussklausel des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB durch eine prozessuale Beschlagnahmelösung zu ergänzen, anstatt die Ausschlussklausel zu streichen. Diese Ergänzung wurde durch die Zurückgewinnungshilfe in § 111b Abs. 5 StPO normiert. Danach können Gegenstände bereits im Vorfeld eines Strafurteils entsprechend den § 111b Abs. 1–4 StPO sichergestellt werden, wenn nur wegen § 73 Abs. 1 S. 2 StGB vom Verfall abzusehen wäre. Die Sicherstellung erfolgt in diesem Fall im Interesse des Verletzten und wird daher Zurückgewinnungshilfe genannt. Soweit der Verletzte dann die Zwangsvollstreckung aus einem zumindest vorläufig vollstreckbar erklärten Titel betreibt oder einen Arrest vollzieht, stehen ihm hierzu die gemäß § 111c StPO beschlagnahmten Gegenstände zur Verfügung.Voraussetzung ist aber auf jeden Fall ein Zwangsvollstreckungstitel gegen den Beschuldigten. Weiterhin muss der Strafrichter die Vollstreckung oder Arrestvollziehung deshalb zulassen, weil der Anspruch aus einer Straftat herrührt (§ 111g Abs. 2 StPO). Diese Zulassung ist aber nur bis zur Rechtskraft des Urteils, in Ausnahmefällen bis zum Ablauf weiterer drei Monate möglich (§ 111i StPO); danach endet in jedem Fall die Beschlagnahme und damit auch die Zugriffsmöglichkeit für das Opfer (vgl. Heghmanns, ZRP 1998, S. 476 f. Näher zum Verfahren der Zurückgewinnungshilfe Dollmann, Regelung des Verfalls nach geltendem Recht, S. 96 ff.). Zudem sieht das Strafverfahrensrecht über diese Sicherung hinausgehende Maßnahmen zur Durchsetzung der Opferansprüche nicht vor. Dem Verletzten obliegt es selbst, sich aktiv um die zivil- und strafgerichtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche zu kümmern. Unternehmen sie nichts, sind die zu ihren Gunsten sichergestellten Vermögenswerte an den Betroffenen zurückzugeben. In diesem Fall ist sowohl eine subsidiäre Sicherstellung zugunsten des Verfalls bzw. des Wertersatzverfalls als auch eine subsidiäre Verfalls- bzw. wertersatzverfallsanordnung ausgeschlossen, da Ansprüche von Verletzten rechtlich existent sind. Vgl. Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, S. 36.

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(2.StrRG) enthaltenen Regelungen, die in den §§ 83–92 AE empfohlenen zu übernehmen, da die Regelungen der §§ 73 ff. zu kompliziert seien.388 Die Mehrheit hatte diesen Antrag jedoch abgelehnt.389 Die Kompliziertheit der Regelungen resultierte nach mehrheitlicher Ansicht der Ausschussmitglieder daraus, dass rechtsstaatliche Sicherungen eingebaut werden mussten und dass dem Bemühen um Vereinfachung dort Grenzen gesetzt sind, wo Vereinfachungen nicht mehr mit diesen Sicherungen, insbesondere mit dem notwendigen Schutz der Vermögensinteressen unbeteiligter Dritter in Einklang gebracht werden können.390 Hinsichtlich der Einziehungsvorschriften spielte darüber hinaus die Erwägung eine Rolle, dass diese, nachdem sie erst kürzlich durch das EGOWiG Gesetzeskraft erlangt hatten, nicht schon wieder geändert werden sollten.391

E) Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze (AWG) / Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformern der Organisierten Kriminalität (OrgKG) I. Hintergründe des Gesetzesvorhabens Die Thematik der kriminellen Gewinne rückte Mitte der 1980er Jahre wieder in den Vordergrund der politischen und gesellschaftlichen Diskussion. Dies hing vor allem damit zusammen, dass aus Sicht von Politik, Justiz und Sicherheitsbehörden trotz aller kriminalpolitischer Anstrengungen der Drogenhandel ungebrochen war, eine Zunahme der Drogentoten und der sichergestellten Drogenmengen sowie ein allgemeiner Anstieg vieler Kriminalitätsformen, die auf organisierte Strukturen hindeuteten, zu verzeichnen waren.392 Eine neue Gefahr, die sogenannte Organisierte Kriminalität, rückte immer mehr in das gesellschaftliche und politische Blickfeld. Ein Großteil der sich in der Öffent388 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Diemer-Nicolaus, 110. Sitzung vom 27. September 1968, S. 2149; Vgl. Antrag der Abgeordneten Frau Diemer-Nicolaus, Busse, Dorn und die Fraktion der FDP, BT-Drs. V/2285, BArch Koblenz B 136/3158. 389 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 110. Sitzung, S. 2150. 390 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, 110. Sitzung, S. 2149 f. 391 Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Dreher, 110. Sitzung, S. 2149. 392 Kaiser, ZRP 1999, S. 145; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 171; Möhrenschlager, wistra 1992, S. 282.

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lichkeit und im wissenschaftlichen Diskurs Gehör verschaffenden Vertreter aus Politik, Justiz und Sicherheitsbehörden war davon überzeugt, dass der Organisierten Kriminalität quantitativ und qualitativ ein besonderes Bedrohungspotential zukomme und dass sie bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht habe und versuche, Einfluss auf alle Bereiche des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens auszuüben.393 Man vertrat die Ansicht, dass im Fall der Organisierten Kriminalität die Strafverfolgungsakteure hilflos zusehen müssten, wie die herkömmlichen Verfolgungstaktiken und die vorhandenen rechtlichen Instrumentarien an ihre Grenzen stießen.394 Kriminalpraktiker betonten die Untauglichkeit der rechtlichen Mittel gegen den Anstieg der Organisierten Kriminalität.395 Eine feste Definition der Organisierten Kriminalität fehlte zu diesem Zeitpunkt noch.396 Erst im Jahre 1990 veröffentlichte die 393 Riechmann, Organisierte Kriminalität, S. 101. 394 Riechmann, Organisierte Kriminalität, S. 107 ff.; Kaiser, ZRP 1999, S. 145; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 171. 395 Kaiser, ZRP 1999, S. 145; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 171. Die Thematik der Gewinnabschöpfung wurde auch auf der Jahrestagung des BKA Wiesbaden vom 10–13. November 1986 unter dem Motto „Macht sich Kriminalität bezahlt?“ aus verschiedensten Aspekten heraus behandelt. Einem effektiven Abschöpfungsrecht wurden erhebliche generalpräventive Auswirkungen auf die Kriminalitätsbekämpfung zugeschrieben und es sollten alle rechtlichen „Hindernisse“ bei der Verfallanordnung sowie jegliche Regelungslücken im Bereich der Geldwäsche ausgeräumt werden. Vgl. Eröffnungsansprache des damaligen Bundesinnenministers, Zimmermann, BKA-Tagung, S. 13. 396 Eine erste Definition der Organisierten Kriminalität erarbeitete eine Fachkommission der „Arbeitsgruppe Kripo“ im Jahre 1974: „Der Begriff der organisierten Kriminalität umfaßt Strukturen, die von mehr als zweistufig gegliederten Verbindungen oder von mehreren Gruppen in nicht nur vorübergehenden, arbeitsteiligen Zusammenwirken begangen werden, um materielle Gewinne zu erzielen oder Einflß im öffentlichen Leben zu nehmen“. Steinke, Kriminalistik 1982, S. 79. Diese Definition der Organisierten Kriminalität konnte sich als Minimalkonsens jedoch weder in der Theorie noch in der Praxis durchsetzen, da der Wortlaut nur pauschal die Gesamtheit von Gruppen begehbarer Straftaten erfaßte, so dass letztendlich allein das Ermessen der Strafverfolgungsbehhörden über die Einordnung von konkreten Sachverhalten zur Organisierten Kriminalität endscheiden musste. Sodann setzte der Arbeitskreis II der Innenministerkonferenz einen Ad hoc Ausschuss zum Thema „Besondere Formen der Kriminalität einschließlich OK“ ein und beauftragte ihn mit der Aufgabe des Entwurf einer Definition. Der Ausschuss kam zu dem Ergebnis, dass „[...] unter organisierter Kriminalität (OK) nicht nur eine mafiaähnliche Parallelgesellschaft im Sinne des „organized crime“ zu verstehen [ist], sondern ein arbeitsteiliges, bewußtes und gewolltes, auf Dauer angelegtes Zusammenwirken mehrerer Personen zur Begehung von strafbaren Handlungen – häufig unter Ausnutzung moderner Infrastrukturen – mit dem Ziel, möglichst schnell hohe finanzielle Gewinne zu erreichen.“ Die Reaktion auf diese Definition war jedoch verhalten, da sie kaum über den Definitionsversuch aus dem Jahre 1974 hinausging und sich – mit der Einschränkung des Merkmals „Begehung von strafbaren Handlungen – auf sämtliche Aktivitäten erstreckte. Riechmann, Organisierte Kriminalität, S. 34 f.

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Gemeinsame Arbeitsgruppe Justiz/Polizei zur Strafverfolgung Organisierter Kriminalität eine Definition, die den offiziellen Status einer Verwaltungsrichtlinie erhielt.397 „Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- und Machtstreben bestimmte und planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig zusammenwirken unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen, unter Anwendung von Gewalt oder anderer zu Einschüchterung geeigneter Mittel oder unter Einflußnahme auf Politik, Medien, 398 öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft.“

Der Ruf nach Anpasssung der rechtlichen Instrumentarien an die vermeintlich neue Entwicklung wurde lauter. Es herrschte Einigkeit, dass die Strafverfolgungsbehörden in die Lage versetzt werden müssten, Geldflüsse der Organisierten Kriminalität aufzudecken und die Gewinn aus Verbrechen einzuziehen.399 Denn es galt als gesicherte Erkenntnis, dass in den Bereichen des Organisierten Verbrechens, insbesondere des Rauschgift- und Waffenhandels sowie der Wirtschaftskriminalität, die Gewinnspannen die Milliardengrenze überschritten hatten, und dass der Profit die Triebfeder der organisierten Kriminalität sei.400 Das angehäufte Vermögen wurde gemäß dieser Lesart in

397 Riechmann, Organisierte Kriminalität, S. 35. 398 Konferenz der Justizminister/-senatoren und der Innenminister/-senatoren der Länder: „Gemeinsame Richtlinien der Justizminister/-senatoren und Innenminister/-senatoren der Länder über die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei bei der Verfolgung der Organisiereten Kriminalität“, S. 2066; Riechmann, Organisierte Kriminalität, S. 36. Die Definition war erheblichen Kritiken ausgesetzt. Es wurde bemängelt, dass sie in bisher unbekanntem Maße an begrifflicher Unbestimmtheit leide und dass es aufgrund dessen nicht möglich sei, anhand der Definition zwischen Organisierter Kriminalität und sonstiger Kriminalität wie der Banden- und Wirtschaftskriminalität zu unterscheiden. Denn die in der Richtlinie aufgeführten Merkmale der Organisierten Kriminalität – wie die dauerhafte Arbeitsteilung und Zusammenarbeit, gewerbliche und geschäftsähnliche Strukturen sowie die Einflußnahme auf Politik und Verwaltung – gehörten zu den Grundelementen wirtschaftlicher Unternehmertätigkeit. Einzig den verwendeten Begriffen Kriminalität und Gewalt fehle der Bezug zum legalen organisierten wirtschaftlichen Verhalten. Vor diesem Hintergrund ist man dazu übergegangen, sich bei der Erfassung der Organisierten Kriminalität mit Hilfe von sogenannten Indikatoren zu behelfen. Als Ergänzung zur Richtlinie gedacht, sollen diese ermöglichen, die „OKRelevanz“ bestimmter Einzeldelikte sichtbar zu machen. Dazu m.w.N. Riechmann, Organisierte Kriminalität, S. 37 ff. 399 Riechmann, Organisierte Kriminalität, S. 111; Boll, Kriminalistik 1992, S. 72; BT-Drs. 11/5313 S. 1, 4; BT-Drs. 11/6623, S. 4. 400 Kaiser, ZRP 1999, S. 145; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 153; Möhrenschlager, wistra, S. 282.

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die Begehung weiterer Straftaten reinvestiert und somit zum Ausbau krimineller Organisationen und Netze weiter verwertet.401 In diesem Zusammenhang wurde erkannt, dass das Rechtsinstitut der Gewinnabschöpfung seit seiner Einführung ins StGB durch das 2. StrRG in der Praxis ein regelrechtes „Schattendasein“ führte.402 Lediglich bei ca. 0,04% aller strafrechtlichen Verurteilungen war es zu einer damit einghergehenden Verfallsanordnung gekommen.403 Dafür wurden im Wesentlichen drei Gründe verantwortlich gemacht.404 Zunächst die Subsidiarität des Verfalls gegenüber Privatrechtsansprüchen, die dazu führte, dass der Tatgewinn aus Eigentumsund Vermögensdelikten niemals abgeschöpft werden konnte.405 Als weiterer Grund wurde die Abhängigkeit der Verfallsanordnung von der Nachweisbarkeit, dass der konkrete Vermögensgegenstand aus einer bestimmten Straftat stammt, angeführt.406 Die dritte Schwierigkeit bei der Anwendung der Vorschrift bestand in der Anwendung des sogenannten Nettoprinzips.407 Die herrschende Meinung verstand unter dem Begriff des „Vermögensvorteils“ in § 73 Abs. 1 StGB nur den dem Täter verbleibenden „Nettovorteil“, so dass all 401 Kaiser, ZRP 1999, S. 145; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 153. 402 Es war in der Literatur schon früh von einer „vernachlässigten Strafvorschrift“ die Rede gewesen war. Krey / Dielamm, JR 1992, S. 355; Jekewitz, GA 1998, S. 277; Hoyer, GA 1993, S. 407; Katholnigg, JR 1994, S. 353; Keusch, Probleme des Verfalls, S. 35. 403 Hoyer, GA 1993, S. 408. 404 Auch der die materiell-rechtlichen Verfalls- und Einziehungsvorschriften ergänzende Normenkomplex der §§ 111b ff. StPO wurde als zu kompliziert erachtet und in seiner Brauchbarkeit für die Praxis kritisiert. Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, Rn. 1440. 405 Eberbach, BKA-Tagung, S. 107 f.; Krey / Dielamm, JR 1992, S. 356; Hoyer, GA 1993, S. 408; Keusch, Probleme des Verfalls, S. 35. Dieser Umstand war im Rahmen der Beratungen des Sonderausschusses bewußt in Kauf genommen worden. So hieß es: „Alle Fälle des Betrugs, der Unterschlagung und der Untreue werden damit ausgeschlossen“. (Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 53. Sitzung, S. 1004). Der Anwendungsbereich des Verfalls beschränkte sich daher von vornherein auf Sachlagen, bei denen der erzielte Tatgewinn nicht die Kehrseite der Schädigung eines Individualrechtsguts bildete, also etwa bei Gefährdungsdelikten oder Delikten gegen Rechtsgüter der Allgemeinheit (Eberbach, BKA-Tagung, S. 107 f.; Hoyer, GA 1993, S. 408). In über 50% der Fälle waren es Verstöße gegen das BtMG, die den gerichtlichen Verfallsanordnungen zugrunde lagen. 406 Eberbach, BKA-Tagung, S. 106; Krey / Dielamm, JR 1992, S. 35; Hoyer, GA 1993, S. 408; Keusch, Probleme des Verfalls, S. 35. Wurde also etwa bei einem überführten Drogenhändler daheim unter der Matratze größere Geldbeträger entdeckt, so genügte dies selbst dann nicht für deren Verfall, wenn der Täter mehrfach einschlägig vorbestraft war, über keine legalen Einkünfte verfügte und über die Herkunft seiner Geldmittel bewußt falsche Angaben machte. Hoyer, GA 1993, S. 408 m.w.N. 407 Eberbach, BKA-Tagung, S. 107; Krey / Dielamm, JR 1992, S. 356; Hoyer, GA 1993, S. 409; Keusch, Probleme des Verfalls, S. 35; Katholnigg, JR 1994, S. 353, 355.

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das in Abzug zu bringen war, was der Täter an Aufwendungen für die Durchführung seiner Straftat erbracht hatte.408 Wegen dieser Unzulänglichkeiten einerseits und andererseits aufgrund des veränderten kriminalpolitischen Klimas gewann der Verfall von Vermögensvorteilen als kriminalrechtliche Sanktion, insbesondere in der prägnanten Gestalt der Gewinnabschöpfung, auch in der Politik zunehmend an Aktualität und Bedeutung.409 Der Bundesrat bat die Bundesregierung, zu überprüfen, „wie die Regelung des StGB über den Verfall (§73) mit dem Ziel verbessert werden kann, die Abschöpfung betrügerisch erlangter Gewinne ohne Beeinträchtigung der Ersatzansprüche von Geschädigten zu ermöglichen“.410 Auch der Rechtsausschuss des deutschen Bundestages forderte die Bundesregierung auf, über die Erfahrungen mit dem 1982 novellierten Betäubungsmittelgesetz zu berichten und zu überprüfen, „ob die Möglichkeit für Verfall und Einziehung von im Drogenhandel illegal erworbenen Vermögenswerten der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität genügen und ob die Sicherstellungsvorschriften der StPO ausreichen, um in einschlägigen Fällen entsprechende Vermögenswerte zu erfassen“.411 Die Bundesregierung reagierte auf diese Bitte und prüfte, inwieweit die Regelungen der §§ 73 ff. StGB geeignet seien, das vom Bundesrat verfolgte Ziel zu erreichen, wobei die entsprechenden Fragen im Zusammenhang mit dem illegalen Betäubungsmittelhandel und der sogenannten Markenpiraterie in die Betrachtung einbezogen wurden.412 Erwogen wurde seitens des Bundesjustizministeriums eine vollständige Überarbeitung der §§ 73 ff. StGB.413 Die ersten hierzu entwickelten Vorstellungen 408 Kaiser, ZRP 1999, S. 145. 409 Krey / Dielamm, JR 1992, S. 356. So konnten auch Spesen, Kosten, Bestechungsgelder, entrichtete Umsatzsteuern sowie ein dem Täter entgangener Gewinn abgesetzt werden. Vgl. näher Hoyer, GA 1993, S. 409 m.w.N. 410 556. Sitzung vom 8. November 1985, BR-Drs. 395/85, S. 8 f. Der Bundesrat begründete sein Anliegen damit, dass in Weinstrafsachen immer wieder festzustellen sei, „daß der Täter durch den Verkauf verfälschter Weine erhebliche Vermögensvorteile erzielt, eine Gewinnabschöpfung im Wege der gerichtlichen Verfallsanordnung (§73 StGB) aber gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB unterbleiben muß, weil den betrogenen Käufern Schadensersatzansprüche entstanden sind, deren Erfüllung den aus der Tat erlangten Vermögensvorteile beseitigen oder mindern würde“. Wenn der Geschädigte keine Schadensersatzansprüche geltend mache, verbleibe der unredliche Gewinn beim Täter, ohne dass dies noch seine Rechtfertigung im Opferschutz finde. 411 Abgedruckt bei Schuster, BKA-Tagung 1986, S. XVIII; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 148. 412 Vgl. Bericht zur Beurteilung des strafrechtlichen Sanktionssystems vom 7. Juli 1989, BT-Drs. 10/5828, S. 6. 413 Vgl. den Hinweis in BT-Drs. 11/5525, S. 12.

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wurden in den „Leitsätzen zur Reform der Vorschriften über Verfall und Einziehung (§§73 ff. StBG)“ vom 30. November 1987414 festgehalten. Ziel war eine grundsätzliche Neugestaltung der strafrechtlichen Eigentumssanktionen, wodurch die Vorschriften vereinfacht und rechtliche Erschwernisse für einen wirkungsvollen Zugriff auf Tatgewinne verringert werden sollten.415 Es sollte unter anderem den drei bereits erwähnten Mängeln der bisherigen Ausgestaltung der Verfallsvorschriften abgeholfen werden. Auf die Berücksichtigung von Schadensersatzansprüchen Dritter für die Zulässigkeit der Verfallsanordnung sollte verzichtet werden.416 Sie sollten in einem gesonderten Nachverfahren berücksichtigt werden.417 Desweiteren strebte die Reform Beweiserleichterungen dafür an, dass eine beim Täter vorgefundene Vermögensmasse gerade aus der rechtswidrigen Tat stammte, die den Gegenstand des konkreten Verfahrens bildete.418 An die Stelle des kritisierten „Nettoprinzips“ sollte das „Bruttoprinzip“ treten mit der Folge, dass die täterlichen Aufwendungen nicht mehr abzugsfähig waren.419 Angesichts der komplexen, auch strafverfahrensund zivilrechtliche Zusammenhänge berührenden Auswirkungen und der verfassungsrechtlichen Problematik einer solchen Neugestaltung war den Mitarbeitern des Bundesjustizministeriums klar, dass der Entwurf eines entsprechenden Strafrechtsänderungsgesetzes in der laufenden Legislaturperiode nicht mehr vorgelegt werden konnte.420 Auch international war die Problematik der Organisierten Kriminalität und der Abschöpfung ihrer Gewinne ein großes Thema, das zum Erlass von Konventionen und Richtlinien geführt hatte, deren Inhalte im Rahmen des nationalen Gesetzgebungsverfahrens umgesetzt werden sollten bzw. an deren Gundgedanken angeknüpft werden sollte.421 414 415 416 417

418 419 420 421

A.a.O., S. 13. A.a.O. Vgl. BT-Drs. 11/6623, S. 7; Hoyer, GA 1993, 410. Vgl. BT-Drs. 11/6623, S. 7; Hoyer, GA 1993, 410. Die Verfallanordnung sollte also zunächst nur zu einem aufschiebend bedingten Rechtserwerb durch den Staat führen. Aufschiebend bedingt durch die Nichtgeltendmachung von Drittrechten innerhalb einer bestimmten Frist. Hoyer, GA 1993, 410. Hoyer, GA 1993, 410. BT-Drs. 11/5525, S. 13. So bezweckte erstmals das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen vom 19. Dezember 1988 durch neue Maßnahmen die Rauschgifthändler „um den Ertrag ihrer Tätigkeit zu bringen und ihnen dadurch den Hauptanreiz für ihr Tun zu nehmen“. Sog. „Wiener Konvention“ (Vgl. Kaiser, ZRP, 1999, S. 145). Aufgrund dieses Abkommens ist in

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II. Entwurf eines „Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterter Verfall“ Mit Rücksicht auf diese Sachlage sowie wegen der Eilbedürftigkeit einiger Reformschritte, um der nach Ansicht des Gesetzgebers immer mehr um sich greifenden Betäubungsmittel- und sonstigen Organisierten Kriminalität erfolgreich begegnen zu können, sollten Punkte aus der geplanten Gesamtreform des Verfallsrechts vorgezogen in Angriff genommen werden, deren Verwirklichung noch in der aktuellen Legislaturperiode zu einer deutlichen Verbesserung der Zugriffsmöglichkeiten auf das Vermögen von Betäubungsmittelstraftätern führen sollte.422 Der Bundesminister der Justiz erachtete die Einführung einer beweiserleichternden Regelung für sinnvoll.423 Er wollte in § 73b folgenden Abs. 2 eingefügt wissen: „Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so ist das Vermögen des Täters insoweit als aus der Tat erlangt anzusehen, als die Umstände, namentlich Ausmaß der Tat, Gewinnerzielungsmöglichkeit, Beweggründe und Ziele des Täters, sein Vorleben sowie seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die Annahme nahelegen, dass es aus rechtswidrigen Taten derart herrührt, wie sie in der Strafvorschrift bezeichnet sind, die dem Urteile zugrunde liegt.“

Deutschland überhaupt an die Einführung des „erweiterten Verfalls“, die Vermögensstrafe und an einen Straftatbestand der „„Geldwäsche“ gedacht worden. BT-Drs. 11/5525, S. 12 ff.; Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 119 f. Darüber hinaus hatte der Eurparat eine Konvention über das Waschen, Aufspüren, die Beschlagnahme und die Einziehung der Erträge aus Straftaten vom 8. November 1990 beschlossen. 422 BT-Drs. 11/5525, S. 13, BR-Drs. 596/89, S. 13 f. So hatte bereits zuvor das Land Baden-Württemberg den Antrag auf Entschließung des Bundesrates zur Intensivierung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität gestellt, wobei die Antragsteller die Meinung vertraten, dass die Vorschriften zur Gewinnabschöpfung dringend einer Neufassung bedürfen mit dem Ziel, die Beweisanforderungen für die Anordnung von Verfall und Einziehung von Vermögenswerten zu vereinfachen. Vgl. BR-Drs. 100/89 vom 23. Februar 1989, Anlage, S. 3. Im Rahmen der Bundesratssitzung vom 10. März 1989 stütze Schlee als Vertreter des Landes Banden-Württemberg den Antrag darauf, dass eine praktikabelere Lösung für die Abschöpfung von Verbrechensgewinnen notwendig und längst überfällig sei. Er bekräftigte, dass eine Triebfeder der Organisierten Kriminalität die Aussicht auf immense finanzielle Gewinne sei und man diese Gewinnaussichten eindämmen müsse. Schließlich dürfte sich Kriminalität nicht bezahlt machen. Vgl. Plenarprotokoll 598 vom 10. März 1989, S. 83 (C). Die Drucksache wurde dem Rechtsausschuss zugewiesen (Vgl. Plenarprotokoll 598 vom 10. März 1989, S. 83 [A]), der hinterher entsprechende Empfehlungen dazu abgab, wobei die Frage nach der Neufassung der Verfallsvorschriften keine Erwähnung mehr gefunden hat. Vgl. BR-Drs. 299/90. Dies wohl deswegen, da sie bereits Gegenstand anderer Gesetzesinitiativen war, die sich ebenfalls mit dem Themenkreis der Organisierten Kriminalität befassten. 423 Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, S. 146.

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Obwohl dieser Vorschlag erhebliche Kritik erntete und insbesondere die Verfassungsmäßigkeit der beweiserleichternden Regelung in Frage gestellt wurde,424 wurde am 11. November 1989 ein Referentenentwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes zum Erweiterten Verfall vorgelegt, dessen Regelung sich stark an der vorgeschlagenen „beweiserleichternden Regelung“ orientierte.425 Es erschien dem Gesetzgeber notwendig, für den Bereich rechtswidrig erworbener Vermögensgegenstände im Betäubungsmittelbereich, einem Deliktsbereich, der der Organisierten Kriminalität zugeordnet wird,426 einen „Erweiterten Verfall“ zu ermöglichen.427 Am 5. Januar 1990 kam es daraufhin zu einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum erweiterten Verfall, der lediglich in seiner Begründung von dem Referentenwentwurf unwesentlich abwich.428 Dieser wurde dem Bunderat übersandt.429

424 Defizite im Ermittlungsbereich dürften grundsätzlich nicht durch Verdachtssanktionen abgefangen warden. Einer verfassungsrechtlichen Abwägung könne der Vorschlag für eine beweiserleichternde Regelung nicht standhalten, zumal es an einer Verknüpfung zwischen der verfahrensgegenständlichen Tat und dem abschöpfbaren Tatgewinn fehle. Weiter wurde eingewandt, dass für eine verschärfte Situation im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität der Erweiterte Verfall im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs deplaziert sei. Die Regelung müsse vielmehr auf das Betäubungsmittelgesetz beschränkt bleiben. Vgl. Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, S. 146 f. 425 Vgl. Referentenentwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterter Verfall – vom 11. September 1989 – K I BtM – RS – Nr. 5/90. Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, S. 146. 426 Gropp / Huber, Kriminalität, S. 85. 427 § 73d StGB-Entwurf. BT-Drs. 11/5525, S. 14; BT-Drs. 11/6623, S. 4. In der Begründung wurde auf den am 19. Juli 1989 von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines „[...] Strafrechtsänderungsgesetz – Vermögensstrafe“ Bezug genommen (Vgl. BT-Drs. 11/5461 sowie BT-Drs. 11/5525, S. 14). Bei der Maßnahme der Vermögensstrafe handelte es sich um die Einführung einer neuen Sanktion ins StGB, die den Gerichten die Möglichkeit eröffnen sollte, in schweren Fällen der Betäubungsmittelkriminalität neben der Freiheitsstrafe auf Zahlung eines Geldbetrages zu erkennen, dessen Höhe schuldangemessen sein musste und durch den Wert des Vermögens des Täters begrenzt wurde (Vgl. BT-Drs. 11/5461 sowie BT-Drs. 11/5525, S. 14). Die Vermögensstrafe sollte auch den Zugriff auf legal erworbenes Vermögen gewähren, damit die oft schwierige Frage der Herkunft nicht geklärt werden muss (BT-Drs. 11/5461; BTDrs. 11/5525, S. 14; BT-Drs. 11/6623, S. 4). Wegen der Einschränkungen, der die Vermögensstrafe unterliegen sollte (So war schuldhaftes handeln eine der Voraussetzungen. BT-Drs. 11/5461; BT-Drs. 11/5525, S. 14), erschien es dem Gesetzgeber notwendig, für den Bereich rechtswidrig erworbener Vermögensgegenstände im Betäubungsmittelbereich den „erweiterten Verfall“ zu ermöglichen. 428 BR-Drs. 16/90; Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, S. 148. 429 BR-Drs. 16/90, S. 3.

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Die Regelungen des Erweiterten Verfall sollten nur für den Bereich der Betäubungsmittelkriminalität gelten, da den Entwurfsverfassern bewusst war, dass es sich bei dem neuen Institut des erweiterten Verfalls um eine besonders schwerwiegende Eingriffsbefugnis handelte und es deshalb für seine Anwendung in einem bestimmten Kriminalbereich jeweils einer besonderen Rechtfertigung bedurfte.430 Für den Bereich der Betäubungsmittelkriminalität hielten sie den Erweiterten Verfall für angemessen und gerechtfertigt, da der Betäubungsmittelhandel menschenverachtend agiere und das Leben wie auch die Gesundheit vieler gefährde.431 Gleichwohl sollte die Regelung als Blankettnorm im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches als § 73d StGB eingestellt und nicht als Sondervorschrift ins Betäubungsmittelgesetz übernommen werden, da eine Zersplitterung des Verfallsrechts verhindert werden sollte.432 Die Regelung sollte wie folgt aussehen: „(1) Ist eine rechtswidrige Tat nach einem Gesetz begangen, das auf diese Vorschrift verweist, so ordnet das Gericht den Verfall von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen, dass diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind. Satz 1 ist auch dann anzuwenden, wenn der Erwerb des Täters oder Teilnehmers an einem Gegenstand nur deshalb unwirksam ist, weil der Gegenstand für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden ist. § 73 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Ist der Verfall nach der Tat ganz oder teilweise unmöglich geworden, so finden insoweit die § 73a und 73b singemäß Anwendung. (3) Ist nach Anordnung des Verfalls nach Absatz 1 wegen einer anderen rechtswidrigen Tat, die der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung begangen hat, erneut über den Verfall von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers zu entscheiden, so berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung. (4) § 73c gilt entsprechend.“

§ 73d Abs. 1 StGB des Entwurfs setzte die Begehung einer lediglich rechtswidrigen Tat voraus, da es sich hier nach Ansicht der Entwurfsverfasser nicht um eine Stafe, sondern um eine strafrechtliche Maßnahme „eigener Art“ mit kondiktionsähnlichem Charakter handelte, die neben der Verfolgung von Sicherungszwecken auch dazu dienen sollte, strafrechtswidrig zustande gekommene Vermögenszuordnungen zu korrigieren.433 Nach dem erklärten Willen der Entwurfsverfasser sollte die rechtliche Unverfolgbarkeit der Erwerbstat die Anordnung des erweiterten Verfalls nicht beeinflussen.434 Anders als beim herkömmlichen Verfall sollte § 73d StGB auch dann angeordnet 430 431 432 433 434

BR-Drs. 16/90, S. 10; BT-Drs. 11/6623, S. 6. A.a.O., S. 1, 6. A.a.O., S. 6. BR-Drs. 16/90, S. 12; BT-Drs. 11/6623, S. 7. BT-Drs. 11/6623, S. 7; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 187.

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werden können, wenn diese Tat bereits verjährt war oder aus sonstigen rechtlichen Gründen nicht verfolgt werden konnte. Zugrunde gelegt wurde dabei die Erwägung, dem Täter die wirtschaftlichen Mittel zur Vorbereitung neuer Straftaten zu entziehen, wobei diese Abweichung durch den Hinweis auf die besondere Gefährlichkeit der Organisierten Kriminalität gerechtfertigt wurde.435 Zugriffsobjekte sollten nach Absatz 1 „Gegenstände des Täters oder Teilnehmers“ sein, wobei „Gegenstand“ jedes Rechtsobjekt, also auch ein Recht einschloss.436 Es sollte also nur das dem Täter oder Teilnehmer zustehende Vermögen mit der Ausnahme in Anspruch genommen werden dürfen, dass der Erweiterte Verfall gem. § 73d Abs. 1 S. 2 auch bei zivilrechtlicher Doppelnichtigkeit von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft möglich sein sollte.437 Der Zugriff auf das Tätervermögen sollte bereits dann möglich sein, wenn die Umstände die Annahme rechtfertigten, dass die Gegenstände aus rechtswidrigen Taten abgeleitet seien.438 Erfasst werden sollten jegliche Vermögensgegenstände, die allgemein oder aus einer beliebigen rechtswidrigen Tat, und nicht aus der konkret abgeurteilten Tat stammten.439 Die Annahme der Herkunft aus rechtswidrigen Taten sollte dann gerechtfertigt sein, wenn sich als Ergebnis der Ermittlungen rechtmäßige Quellen nicht feststellen ließen und sich bei einer Gesamtbewertung im Hinblick auf die Situation des Täters und seinem Vorleben eine solche Herkunft einem objektiven Betrachter geradezu aufdrängen würde, was heißen soll, sich als von allen in Betracht kommenden Möglichkeiten als die ganz überwiegend Wahrscheinliche darstellte.440 Da der Erweiterte Verfall für seinen Anwendungsbereich § 73 Abs. 1 S. 2 StGB außer Kraft setzten sollte, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich unter den Verfallgegenständen auch Gegenstände aus solchen Taten befinden könnten, aus denen tatverletzten Dritten ein Schadensersatzanspruch erwachsen ist.441 Angesichts des Umstandes, dass zur Erleichterung des strafrechtlichen Zugriffs und des Opferschutzes ohnehin geplant war, im Rahmen einer Gesamtüberar435 BR-Drs. 16/90, S. 12; BT-Drs. 11/6623, S. 7; Möhrenschläger, wistra 1992, S. 281; Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 187. 436 BR-Drs. 16/90, S. 12; BT-Drs. 11/6623, S. 7. 437 BR-Drs. 16/90, S. 12, 16; BT-Drs. 11/6623, S. 7. 438 BR-Drs. 16/90, S. 13; BT-Drs. 11/5525, S. 14; BT-Drs. 11/6623, S. 5. Eine gegen das Strafrecht verstoßende Herkunft von Vermögensgegenständen sollte nicht mehr positiv festgestellt werden müssen. 439 Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 187; BT-Drs. 11/6623, S. 6. Die Taten mussten mithin nicht Gegenstand der Anklgae und somit des Strafverfahrens gewesen sein, so dass sie auch nicht bewiesen werden mussten. Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 187. 440 BR-Drs. 16/90, S. 14; BT-Drs. 11/6623, S. 7. 441 A.a.O.

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beitung der §§ 73 ff. StGB auf die Berücksichtigung von Schadensersatzansprüchen Dritter für die Zulässigkeit der Verfallanordnung zu verzichten, solche Ansprüche vielmehr erst im Nachverfahren zu berücksichtigen und darüber hinaus der Erweiterte Verfall auf bestimmte Betäubungsmittelstraftaten beschränkt werden sollte, erschien den Entwurfsverfassern dieses Risiko als so gering, dass sie es für vernachlässigbar hielten.442 Sie hatten insbesondere keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da die gelockerten Anforderungen nur in Bezug auf bestimmte, eingegrenzte Anknüpfungstaten gelten sollten, bei denen einerseits über die strafrechtliche Prävention hinaus ein ganz erhebliches Interesse bestand, die Reinvestition von Gewinnen aus Straftaten und damit die Stärkung krimineller Organisationen zu verhindern, und andererseits erhebliche praktische Aufklärungsprobleme zu konstatieren waren.443 Die Ermittlung des konkret erlangten Vermögensvorteils wurde nicht mehr vorausgesetzt, womit dem Entwurf das Bruttoprinzip zugrunde lag.444 § 73d Abs. 1 S. 3 ermöglichte es über eine entsprechende Anwendung von § 73 Abs. 2 den Erweiterten Verfall auf Nutzungen und Surrogate zu erstrecken.445 Die §§ 73a, b wurden ebenfalls nach § 73d Abs. 2 für entsprechend anwendbar erklärt. Ebenso über § 73d Abs. 3 die Härteregelung des § 73c.446 Als Korrektiv zu Absatz 1 galt Absatz 3, wonach das Gericht in einem späteren Verfahren, in dem Gegenstände als Tatgewinn ermittelt werden, berücksichtigen sollte, dass diese eventuell bereits vorher nach § 73d StGB

442 A.a.O. 443 BR-Drs. 16/90, S. 14; BT-Drs. 11/6623, S. 5. Der Gesetzgeber ging zudem davon aus, dass die Regelung nicht in unzulässiger Weise in das nach Art. 14 GG garantierte Eigentum eingreife, da der nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts anzuwendende Gedanke, dass Eigentum an Gegenständen, die für Straftaten verwendet wurden oder aus Straftaten stammen, nicht schützwürdig sind und entzogen werden können, auch hier anwendbar sei. Zudem ermögliche die Regelung nicht den Eigentumsentzug bei bloßem Verdacht. Vielmehr setze sie voraus, dass die Herkunft des Verfallsgegenstandes mit den Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts nicht feststellbar seien, als auch, dass sich eine ganz hohe Wahrscheinlichkeit der Herkunft aus rechtswidrigen Taten in dem Sinne ergebe, dass sich die rechtswidrige Herkunft für einen objektiven Beobachter geradezu aufdränge. Näher dazu: BT-Drs. 11/6623, S. 5. 444 BT-Drs. 11/6623, Anlage 2, Stellungnahme des Bundesrates, S. 11. Davon ging jedenfalls der Bundesrat aus. Die Bundesregierung widersprach dem nicht. BT-Drs. 11/6623, Anlage 3, Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, S. 13. 445 BR-Drs. 16/90, S. 17 f; BT-Drs. 11/6623, S. 8. 446 BR-Drs. 16/90, S. 18; BT-Drs. 11/6623, S. 8.

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für verfallen erklärt worden sind.447 Im Zweifel sollt der Tatgewinn als bereits abgeschöpft gelten.448 Der Entwurf wurde im Bundesrat angenommen.449 Daran anschließend fand die erste Beratung des Entwurfs450 im Bundestag statt, bei der beschlossen wurde, den Entwurf dem Rechtsausschuss zu überweisen.451 Parallel zu den beiden Entwürfen gab es zum Teil deckungsgleiche Initiativen der verschiedenen politischen Kräfte.452 So legte die SPD-Bundestagsfraktion am 4. April 1989 einen eigenen Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Abschöpfung von Gewinnen, Geldwäsche453 – vor, der als § 44a StGB eine neue strafrechtliche Sanktion der Gewinnabschöpfung vorsah.454 Der Entwurf sprach sich unter anderem wegen erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Einführung der Vermögensstrafe aus.455 Stattdessen sollte eine neue Nebenstrafe eingeführt werden, die es dem Strafrichter ermöglichten sollte, den Täter zur Zahlung eines dem Wert des Erlangten entsprechenden Geldbe-

447 Diese Möglichkeit bestand, da nicht an einen festgestellten Tatgewinn sondern an die den Umständen nach gerechtfertigte Annahme der illegalen Vermögensherkunft angeknüpft werden sollte BT-Drs. 11/6623, S. 9. 448 BR-Drs. 16/90, S. 18; BT-Drs. 11/6623, S. 7. 449 609. Sitzung vom 16. Februar 1990, S. 33 (D). Im Rahmen der Sitzung wurde Ziffer 1 der zu diesem Entwurf ergangenen Ausschussempfehlung abgelehnt. Der Ausschuss hatte empfohlen, in Art. 1 Nr. 1 (§ 73d Abs. 1 Satz 1 StGB das Wort „rechtfertigen“ durch das Wort „nahelegen“ zu ersetzen, um die Beweisanforderungen noch etwas weiter zu senken. Vgl. BR-Drs. 16/1/90. Auch die Anträge des Freistaates Bayern zum Entwurf wurden abgelehnt. Bayern wollte in § 73d Abs. 1 S. 1 den Satz aufgenommen wissen, dass „eine solche Annahme auch gerechtfertigt ist, wenn bei unklarer Herunft der Gegenstände der Täter dazu unzureichende oder falsche Angaben macht“. Damit verlangte Bayern eine Beweislastumkehr. Der Täter sollte verpflichtet sein, den Nachweis zu erbringen, dass seine Vermögenswerte nicht aus strafbaren Handlungen stammten.Vgl. zum Inhalt BR-Drs. 16/2/90. Darüber hinaus hatte Bayern beantragt, nach den Worten in § 73 Abs. 1 S. 1 „für rechtswidirge Taten oder aus ihnen“ die Worte „unmittelbar oder „mittelbar“ einzufügen. Die Änderung sollte klar stellen, dass kein unmittelbarer Bezug zwischen Herkunftstat und den für verfallen zu erklärenden Vermögensgegenständen bestehen muss. Es sollte eine mittelbare Beziehung, wie es z.B. bei „vorgewaschenen“ Vermögensgegenständen der Fall ist, ausreichen. Vgl. näher BR-Drs. 16/3/90. 450 BT-Drs. 11/6623. 451 Vgl. Deutscher Bundestag, 11. Wahlperiode, 203. Sitzung vom 28. März 1990, S. 15816 (B). 452 Jekewitz, GA 1998, S. 282. 453 BT-Drs. 11/5313. 454 Jekewitz, GA 1998, S. 282; Körner, NJW 1993, S. 234. 455 BT-Drs. 11/5313, S. 4.

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trages zu verurteilen, sofern er sich durch die Begehung einer oder mehrerer strafbarer Handlungen unrechtmäßig bereichert hätte.456 Die neue Sanktion sollte im Gegensatz zu den Entwürfen der Bundesregierung nicht auf den Anwendungsbereich des Betäubungsmittelrechts beschränkt bleiben.457 Zudem sollte ebenfalls das Bruttoprinzip eingeführt werden.458 Daneben wurde die Fraktion der Grünen mit einem eigenen Antrag vom 5. Dezember 1989 aktiv.459 Am 30. Januar 1990 brachte der Freistaat Bayern einen Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels in den Bundesrat ein.460 Dieser schlug auch die Einführung des Erweiterten Verfalls in § 33 BtMG vor.461 Die Regelung sollte eine Sonderregelung im BtMG gegenüber den Vorschriften der §§ 73–73d StGB darstellen und ebenfalls das Bruttoprinzip einführen, wie auch die Beweiserleichterung im Hinblick auf die Frage, ob die vorgefundenen Vermögensgegenstände aus einer bestimmten Straftat herrühren.462

III. Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität Der Bundesrat brachte daraufhin am 11. Mai 1990 den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG)463 in den Bundestag ein, der die verschiedenen Gesetzentwürfe zusammenzufassen suchte und zum Entwurf vom 10. August 1990464 führte.465 Die Regelung zum Erweiterten Verfall, angedacht als § 73d StGB, entsprach im Wesentlichen dem Vorschlag der Bundesregierung zum „Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Erwei-

456 457 458 459 460 461

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A.a.O., S. 5. A.a.O. A.a.O. BT-Drs. 11/4936. BR-Drs. 74/90. BR-Drs. 74/90, S. 49. Weiter war angedacht eine Strafschärfung bis zur lebenslangen Freiheitsstrafe für Mitglieder von Rauschgiftbanden, ein Geldwäschetatbestand, gesetzliche Regelungen des Einsatzes verdeckter Ermittler, akustischer und optischer Überwachungsgeräte und Maßnahmen des Zeugenschutzes zur Erleichterung des Eindrigens in den inneren Kreis der beteiligten Personen. BR-Drs. 74/90, S. 49 ff. BR-Drs. 74/1/90. BT-Drs. 11/7663. BR-Drs. 74/1/90, S. 5; Körner, NJW 1993, S. 234; Möhrenschlager, wistra 1992, S. 281.

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terter Verfall – (StrÄndG)“.466 § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB-Entwurf sollte zur Klarstellung des Gewollten sprachlich anders gefasst werden.467 Die Vorschrift des Erweiterten Verfalls sollte nunmehr als erweiterte Blankettnorm eingefügt und über die gewinnorientierten Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz hinaus auf eine Reihe sonstiger, durch besonderes Gewinnstreben der Beteiligten und hohe Gewinnträchtigkeit der Taten gekennzeichnete andere Formen der Organisierten Kriminalität erstreckt werden. Die Notwendigkeit ihrer Bekämpfung wurde im einzelnen nicht näher begründet.468 Weiterhin sollte abweichend von der bisherigen Planung das Bruttoprinzip für den gesamten Anwendungsbereich des Verfalls nicht erst im Rahmen der anhängigen Gesamtüberarbeitung der §§ 73 ff. StGB, sondern bereits jetzt eingeführt werden. Hierfür sollte der Begriff des „Vermögensvorteils“ in § 73 StGB, auf dessen Verwendung die Anwendung des Nettoprinzips gestützt wurde, durch das Wort „etwas“ ersetzt werden.469 Parallel dazu sollten in § 73 Abs. 1 S. 2, § 73b StGB die Worte „den Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde“ durch „dem Täter oder Teilnehmer des aus der Tat Erlangte entziehen würde“ ersetzt werden.470 466 BT-Drs. 11/6623. 467 Vgl. BT-Drs. 11/6624, Anlage 2 S. 11 f. und Anlage 3, S. 13 f. 468 Vgl. BT-Drs. 11/7663; Keusch, Probleme des Verfalls, S. 34. Durch Verweisungen auf § 73d StGB sollte im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches bei folgenden Delikten der erweiterte Verfall Anwendung finden: bei der banden- oder gewerbsmäßigen Begehung, in den Abschnitten Geld- und Wertzeichenfälschung (§ 150 Abs. 1, 152a ), Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§ 181c), Diebstahl und Unterschlagung (§ 244 Abs. 3, § 244a Abs. 3), Raub und Erpressung (§ 256 Abs. 2), Begünstigung und Hehlerei (§ 260 Abs. 3, § 260a Abs. 3, § 261 Abs. 7 S. 3 und 4), illegales Glücksspiel (§§ 284, 285b), Strafbarer Eigennutz (§ 286 Abs. 1), Straftaten gegen den Wettbewerb (§ 302) und Straftaten im Amt (§ 338). 469 BT-Drs. 11/7663, S. 22. 470 BT-Drs. 11/7663, S. 22. Diese angedachte Änderung ging zurück auf die Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drs. 11/6623, Anlage 3, S. 13 f.) zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterter Verfall (BTDrs. 11/6623, Anlage 2, S. 11 f.). Der Bundesrat hatte bemängelt, dass der Entwurf das Verhältnis des Erweiterten Verfalls (§ 73d StGB-Entwurf) zum „gewöhnlichen“ Verfall (§73 StGB) ungeklärt lasse und es deshalb zu einem Spannungsverhältnis komme wenn man davon ausgehe, dass der Erweiterte Verfall faktisch Tatgewinne ohne Berücksichtigung der Tatkosten abschöpfe („Bruttoprinzip“), wohingegen nach § 73 Abs. 1 StGB nur der Verfall des „Tatvorteils“, also des Taterlöses nach Abzug der Tatkosten („Nettoprinzip“) zuließe. Dadurch könne im Rahmen des Erweiterten Verfalls mehr abgeschöpft werden, als im Wege des „normalen“ Verfalls (BT-Drs. 11/6624, Anlage 2, S. 11 f. und Anlage 3, S. 13 f.). Um den durch den Bundesrat hervorgehobenen Widerspruch zu beseitigen und zur Vollziehung eines wesentlichen Schrittes zu einem insgesamt einfacheren und effektiveren Verfallsrecht entschloss sich die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Einführung des Bruttoprinzips auch im Bereich des „normalen“ Verfalls (Vgl. BT-Drs. 11/6624, Anlage 3, S. 13 f.). Angedacht war weiterhin die

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Der Entwurf konnte in der zu Ende gehenden Wahlperiode nicht mehr abschließend beraten werden.471 In der 12. Wahlperiode empfahlen der federführende Rechtsausschuss und der Innenausschuss auf Antrag der Länder BadenWürttemberg und Bayern dem Bundesrat am 15. April 1991, den Gesetzentwurf in leicht veränderter Fassung beim Deutschen Bundestag einzubringen.472 Es folgte der Gesetzentwurf des Bundesrates vom 26. April 1991473, der am 25. Juli 1991 in den Bundestag eingebracht wurde.474 Auch die SPD-Bundestagsfraktion erneuerte ihren Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes über die Abschöpfung von Gewinnen und Geldwäsche475 und brachte diesen am 12. Juni 1991 in den Bundestag ein.476 Im Rahmen der ersten Lesung am 20. September 1991477 begrüßte Stoiber die vorgesehene Absenkung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Verfall bei Delikten mit „OK-Relevanz“ und betonte die Notwendigkeit dieser Maßnahme ohne sie näher zu erläutern.478 Auch Gerster begrüßte die Ausführung des Rechtsinstituts des erweiterten Verfalls, nachdem er zuvor die enormen Bedrohungen durch die Organisierte Kriminalität geschildert hatte.479 Die neue Vorschrift helfe dabei, die organisierten Verbrecher an ihrer empfindlichsten Stelle zu treffen, nämlich dem Geld.480 Er war in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass die aktuell geltenden Vorschriften über Verfall und Einziehung in den für die Organisierte Kriminalität typischen Fallgestaltungen viel zu

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Einführung der Vermögensstrafe als eine besondere, nicht nach dem Tagessatzsystem (§ 40 StGB) zu bemessende Geldstrafe, deren Höhe allein durch den Wert des Tätervermögens begrenzt werden sollte. BT-Drs. 11/7663, S. 21. Jekewitz, GA 1998, S. 282; Katholnigg, JR 1994, S. 353; Möhrenschlager, wistra 1992, S. 281. Jekewitz, GA 1998, S. 283; Körner, NJW 1993, S. 234; BR-Drs. 219/91. Körner, NJW 1993, S. 234; BR-Drs. 219/91. Änderungen im Bereich der Verfallsvorschriften sowie der Vermögensstrafe waren nicht vorgesehen. Körner, NJW 1993, S. 234, als BT-Drs. 12/989. BT-Drs. 12/731. Jekewitz, GA 1998, S. 283; Körner, NJW 1993, S. 234. Der Entwurf, der erneut die Einführung einer neuen Nebenstrafe der Abschöpfung des Taterlöses in das StGB durch die Schaffung eines § 44a StGB vorschlug, konnte sich nicht durchsetzen. Der Bundestag erklärte den Gesetzentwurf, der Empfehlung des Rechtsauschusses folgend (vgl. Beschlussempfehlung vom 4. Juni 1992, BT-Drs. 12/2720), in seiner 95. Sitzung vom 4. Juni 1992, S. 7842 (B) für erledigt. Abgedruckt in: Sten. Ber. BT 12. WP / 42. Sitzung vom 20. September 1991, S. 3500 bis 3543. Sten. Ber. BT 12. WP / 42. Sitzung vom 20. September 1991, S. 3503 (D) f. A.a.O., S. 3509 (D). A.a.O.

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selten griffen, um eine nachhaltige Abschöpfung von Straftatgewinnen zu bewirken.481 Köppe sprach sich gegen die Einführung des Bruttoprinzips aus.482 Sie sah in dessen Anwendung eine flächendeckende Vermögenseinziehung, die sich nicht in Einklang mit dem Gedanken des Ausgleichs des eingetretenen Schadens bringen lasse.483 Über die Rücknahme der ungerechtfertigten Bereicherung hinaus werde eine Verschlechterung der Vermögenslage herbeigeführt, die nicht einmal an den individuellen Schuldnachweis gekoppelt sei.484 Ihr sei schleierhaft, wie diese Regelung mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes und dem Schuldprinzip im Strafrecht in Einklang zu bringen sei.485 Nach gemeinsamer erster Lesung der beiden Gesetzentwürfe wurden diese an den Rechtsausschuss fehderführend und an den Innenausschuss, den Ausschuß für Post und Telekommunikation, den Ausschuss für Gesundheit und den Haushaltsausschuss überwiesen. Am 22. Januar 1992 erfolgte die entscheidende Auseinandersetzung darüber in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestages, bei der die Argumente für und gegen den Entwurf durch Sachverständige aus Wissenschaft und Praxis mündlich wie schriftlich vorgetragen wurden.486 Der Sachverständige Eser stimmte grundsätzlich für die Einführung des Bruttoprinzips um dem Richter die Maßnahme zu erleichtern.487 Er war allerdings der Meinung, dass dies das Instrument des Verfalls als eine quasikondiktionelle Ausgleichsmaßnahme mit der Folge in eine echte Strafe verwandeln würde,488 dass das Schuldprinzip wieder beachtet werden müsste, was bei der vorgeschlagenen Konstruktion nicht gewährleistet sei.489 Er schlug 481 482 483 484 485 486

A.a.O. A.a.O., S. 3523 (A). A.a.O., S. 3523 (A). A.a.O., S. 3523 (A). A.a.O., S. 3523 (A). Vgl. Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992; Jekewitz, GA 1998, S. 282; Körner, NJW 1993, S. 234. 487 Vgl. Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, S. 118, 120. 488 Vgl. Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, S. 118, 120; Ders., Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 15. Januar 1992, Anlage zum Prot. Nummer 31, S. 34 f., 39; ebenso: Deutscher Anwaltsverein, Stellungnahme des Strafrechtsausschusses zur Drucksache 12/989, Dezember 1991, S. 3, abgedruckt in: Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, Anlage, S. 151. 489 Vgl. Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, S. 118, 120; Ders., Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 15. Januar 1992, Anlage zum Prot.

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daher vor, im Rahmen der Verfallsvorschrift schuldhaftes Handeln zur Voraussetzung ihrer Anwendung zu machen und darüber hinaus den den Nettoerlös übersteigenden Anteil der Verfallssanktion in der Gesamtstrafzumessung ausreichend zu berücksichtigen.490 Außerdem müsse ein sinnvoller Ausgleich mit Ersatzansprüchen des Opfers geschaffen werden.491 Tröndle hingegen hatte vom Ansatz her keine Bedenken gegen das Bruttoprinzip.492 Allerdings war er der Meinung, dass man selbiges noch nicht erreicht habe, da die Regelung zu unklar sei.493 Der Deutsche Richterbund begrüßte die Änderung des Nettoprinzips zum Bruttoprinzip ausdrücklich und sah sie als dringend erforderlich an.494 Im Hinblick auf die Einführung des Erweiterten Verfalls war Eser der Ansicht, dass die Maßnahme nicht vereinbar mit rechtsstaatlichen Prinzipien sei, da hier die Unschuldsvermutung in Gefahr gerate, indem man den Zugriff auf Vermögenswerte zulasse, die jedenfalls nicht erwiesenermaßen im Zusammenhang mit der unter Anklage stehenden Tat stünden.495 Eser sah die Maßnahme auch nicht durch die vom Gesetzgeber angeführte Sicherungsprävention gedeckt.496 Zwar sei die Sicherungsprävention grundsätzlich ein legitimes strafrechtliches Ziel, sofern das Verhältnismäßigkeitsprinzip beachtet werde. Voraussetzung dafür sei neben einer einschlägigen Anknüpfungstat auch eine auf bestimmte, nachgewiesene Tatsachen begründete und mit einer sehr hohen Wahrschein-

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Nummer 31, S. 34 f.; ebenso: Deutscher Anwaltsverein, Stellungnahme des Strafrechtsausschusses zur Drucksache 12/989 III. Erweiterter Verfall und Vermögensstrafe, abgedruckt in: Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, Anlage, S. 211. Vgl. Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, S. 118, 120; Ders., Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 15. Januar 1992, Anlage zum Prot. Nummer 31, S. 34 f., 39. Vgl. Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, S. 118, 120; Ders., Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 15. Januar 1992, Anlage zum Prot. Nummer 31, S. 34 f., 39. Vgl. Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, S. 138. A.a.O. Vgl. Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (BT-Drs. 12/989) vom 21. Oktober 1991, S. 2; abgedruckt in: Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, Anlage, S. 136. Vgl. Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, S. 118 f. Eser, Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, Anlage II zum Protokoll Nr. 31, S. 37.

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lichkeit abgestützte Gefährlichkeitsprognose.497 Um dem organisierten Verbrechen das Investitionskapital aufgrund einer Sicherungsmaßregel zu entziehen, müßte deshalb ein in der Praxis wohl nur sehr selten zu erbringender konkreter Nachweis geführt werden, dass die angetroffenen Vermögenswerte mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit für die Begehung zukünftiger Straftaten eingesetzt werden würden.498 Tröndle schloss sich diesen Bedenken an.499 Auch der Sachverständige Weber sprach sich in Übereinstimmung mit dem Deutschen Richterbund gegen die Einführung des erweiterten Verfalls aus.500 Beide waren der Auffassung, dass man über die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG nicht hinwegkomme. Zwar sei unrechtmäßig erworbenes Vermögen von der Verfassung und vom Rechtsstaat nicht geschützt, doch müsse der Beweis geführt werden, dass es sich um unrechtmäßig erworbenes Vermögen handle.501 Der Deutsche Richterbund wies zudem darauf hin, dass die Regelung des Weiteren gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße.502 Im deutschen Strafrecht gelte die von der Achtung der menschlichen Würde geprägte Aussagefreiheit.503 Bei einer drohenden Anordnung des auf Vermutungen gestützten Verfalls müsste der Täter Angaben zur Herkunft seines Vermögens machen, um die Vermutung zu entkräften, die sich regelmäßig nicht von den Angaben zu Sache trennen lassen könnten.504 Ein weiteres Argument gegen die Einführung der Regelung wurde vom Deutschen Anwaltsverein im Rahmen der Expertenanhörung vorgebracht. Dort sah man in der Regelung einen Verstoß gegen den Schuldgrundsatz. Aus 497 Eser, Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, Anlage II zum Protokoll Nr. 31, S. 37. 498 Eser, Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, Anlage II zum Protokoll Nr. 31, S. 37. 499 Vgl. Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, S. 138. 500 A.a.O., S. 182. 501 A.a.O., S. 182. 502 Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (BT-Drs. 12/989) vom 21. Oktober 1991, S. 2; abgedruckt in: Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, Anlage, S. 137. 503 Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (BT-Drs. 12/989) vom 21. Oktober 1991, S. 2; abgedruckt in: Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, Anlage, S. 137. 504 Vgl. Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (BT-Drs. 12/989) vom 21. Oktober 1991, S. 2; abgedruckt in: Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, Anlage, S. 137.

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diesem folge nicht nur, dass jede Strafe in einem gerechten Verhältnis zum Verschulden des Täters stehen müsse, sondern auch, dass dem Täter Tat und Schuld nachgewiesen werden müsse.505 BKA-Präsident Zachert begrüßte im Namen der Polizei hingegen die geplanten Regelungen als Schritt in die richtige Richtung.506 Allerdings sah er für die Zukunft weiterhin praktische Anwendungsschwierigkeiten und wollte die Regelung des Erweiterten Verfalls noch verändert wissen. Er sprach sich für eine Umkehr der Beweislast aus, damit die illegal erlangten Gewinne auch wirksam abgeschöpft werden können.507 Sein Vorschlag wurde jedoch nicht weiter unterstützt. Trotz der aufgezeigten Bedenken und der teils enormen Kritik wurden bis auf eine Ausnahme keine weiteren Änderungen an den vorgeschlagenen Fassungen des Verfalls, des Erweiterten Verfalls und der Vermögensstrafe vorgenommen. Lediglich die mit der Änderung der §§ 73 und 73b StGB geplante Einführung des Bruttoprinzips war hinfällig geworden, da die Regelungen bereits durch die Novelle zum Außenwirtschaftsgesetz508 eingeführt worden 505 Deutscher Anwaltsverein, Stellungnahme des Strafrechtsausschusses zur Drucksache 12/989 I. EGrundsätzliche Ausführungen, abgedruckt in: Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, Anlage, S. 179. Der Anwaltsverein verwies diesbezüglich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 9, 167, 169. 506 Vgl. Prot. Nummer 31, Anhörung vom 22. Januar 1992, Anlage, S. 281. 507 A.a.O., S. 282. 508 Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992, BGBl. I, S 372. Parallel zum Gesetzgebungsverfahrens im Hinblick auf das OrgKG fang hatte ein Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze stattgefunden. Anlass war der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 16 August 1991, BR-Drs. 449/91. Die Bundesregierung schlug ebenfalls die Einführung des Bruttoprinzips durch eine Fassungsänderung der §§ 73, 73b StGB vor, wobei sie ausdrücklich auf den Fassungsvorschlag im Gesetzesentwurf zum OrgKG bezug nahm und die Fassung übernahm (Vgl. BRDrs. 449/91, S. 4, 21 f.). Begründet wurde der Änderungsvorschlag damit, dass die Anwendung des Nettopinzips die Ermittlungen der Verfallsvoraussetzungen zu sehr erschwere und dass sich die Nettogewinnabschöpfung auch materiell als bedenklich erwiesen habe, da die aus ihr folgende Saldierungspflicht zu Wertungswidersprüchen führe. So versage das Zivilrecht demjenigen, der sich selbst außerhalb der Rechtsordnung stellt, in § 817 Satz 2 BGB die Zuhilfenahme der Gerichte bei der Rückabwicklung seines Geschäfts. Der Rechtsgedanke des § 817 Satz 2 BGB, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiderbringlich verloren ist, sollte daher nach dem Willen des Gesetzgebers auch beim Verfall Anwendung finden (Vgl. BR-Drs. 449/91, S. 21 f., BT-Drs. 12/1134, S. 12, Schmidt in LK, § 73, Rn. 5). Wegen besonderer Eilbedürftigkeiten wurde der Entwurf zügig beraten. Die Bundesregierung legte dem Bundestag den Gesetzesentwurf am 9. September zur Beschlussfassung vor (BT-Drs. 12/1134). Nach der Stellungnahme des Bundesrats und entsprechender Unterrichtung des Bundestages nebst Gegenäußerung der Bundesregierung (vgl. BR-Drs. 449/1/91,

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waren.509 In diesem waren die §§ 73 und 73a StGB sozusagen systemkonform in einer Art Vorgriff auf das Gesetz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität dahingehend geändert worden, dass der Begriff des „Vermögensvorteils“ durch den Begriff „etwas“ ersetzt worden war.510 Der Bundestag stimmte am 4. Juni 1992 der Fassung des OrgKG zu.511 Im Bundesrat fanden Anträge auf Anrufung des Vermittlungsausschusses, die allerdings nicht wegen der Vorschriften über Verfall und Vermögensstrafe gestellt worden waren,512 keine Mehrheit,513 so dass mit der dortigen Zustimmung gem Art. 84 Abs. 1 GG das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität am 22. September 1992514 in Kraft treten konnte.515 Der Gesetzgeber hielt die Regelung des Erweiterten Verfalls trotz der im Rahmen der mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen geäußerten Bedenken für verfassungsgemäß. Die eingeführte Beweiserleichterung verstoße nicht gegen Art. 14 GG, weil die Verfallsanordnung nicht lediglich auf Grund eines bloßen Verdachts möglich sei, sondern vielmehr voraussetze, dass die Herkunft des Verfallsgegenstandes mit den Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts

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BT-Drs. 12/1134 und 12/1475) überwies der Bundestag den Gesetzentwurf in seiner 41. Sitzung vom 19. September 1991 (S. 3357 [D]), an die zuständigen Ausschüsse. Nachdem der Ausschus für Wirtschaft die Anahme des Entwurfs mit geringfügigen Änderungen empfohlen hatte, die jedoch nicht die §§ 73 ff. StGB betrafen (vgl. BTDrs. 12/1952), wurde der Gesetzentwurf vom Bundestag in seiner 73. Sitzung vom 23. Januar 1992 (S. 6105 [B]), beschlossen. Auch der Bundesrat stimmte dem Gesetzentwurf in seiner 639. Sitzung vom 14. Februar 1992 (S. 33 [D]) zu. Das Gesetz trat am Tage nach seiner Verkündung am 6. März 1992, also am 7. März 1992 in Kraft. Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 4. Juni 1992, BTDrs. 12/2720, S. 44. Vgl. Jekewitz, GA 1998, S. 283 f.; BGBl. I, S 372. Der BGH hatte zuvor bereits gewisse Tendenzen erkennen lassen, vom Netto- zum Bruttoprinzip übergehen zu wollen, da er das Herauslesen des Nettoprinzips aus dem Wort „Vermögensvorteil“ für stark einschränkend hielt. Die Entscheidung über die Auslegungsfrage blieb aber letztlich offen, da sie nicht entscheidungserheblich gewesen war. BGHSt 36, 251, 252. Gleichzeitig wurden die Vorschriften der Sicherstellung §§ 111b ff. StPO für die Strafverfolgungsbehörden erleichtert. Die Durchsetzung der Rückgewinnungshilfe konnte nunmehr auch durch Sicherung mittels eines dinglichen Arrestes erfolgen. Reichhart, Vermögensabschöpfung, S. 28. Vgl. 95. Sitzung vom 4. Juni 1992, S. 7842 (A); Jekewitz, GA 1998, S. 284. Vgl. Antrag des Landes Schleswig-Holstein vom 24. Juni 1992, BR-Drs. 388/2/92; Antrag des Landes Hessen vom 24. Juni 1992, BR-Drs. 388/3/92; Anträge des Landes Niedersachsen vom 25. Juni 1992, BR-Drs. 388/4/92 und 388/5/92. Vgl. 644. Sitzung vom 26. Juni 1992, S. 338 (C)–340 (C); Jekewitz, GA 1998, S. 284. BGBl. I, S 1302. Jekewitz, GA 1998, S. 284.

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nicht feststellbar sei und sich die rechtswidrige Herkunft für einen objektiven Betrachter förmlich aufdränge.516 Das Gericht solle hierbei eine verfassungskonforme Gesamtbetrachtung des Sachverhalts vornehmen, in der nicht auf bestimmte Einzeltaten abgestellt werden müsse, sondern auch die gesamten Lebensumstände und die Vorgeschichte des Täters herangezogen werden könnte.517 Auf Grund der erheblichen Gefahren der Organisierten Kriminalität, den von dieser erzielten erheblichen Umsätzen und des in der Regel kaum durchführbaren Herkunftsbeweises bei potentiell illegalen Gelder, müsse es hingenommen werden, dass ausnahmsweise auch Gegenstände dem Erweiterten Verfall unterliegen können, die der Täter – entgegen allem Anschein – rechtmäßig erworben hat.518 Weiterhin wurde argumentiert, dass die Vorschrift entgegen anders lautenden Stimmen nicht gegen den Schuldgrundsatz oder die Unschuldsvermutung verstoße, weil die Anordnung des Verfalls nach § 73d Abs. 1 StGB keine Strafe oder strafähnliche Sanktion sei und deshalb keine Schuldfeststellung voraussetze. Als Sonderform des Verfalls bezwecke der Erweiterte Verfall den Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebungen. Dieser Zweck bestimme die Rechtsnatur des Institunts, bei dem es sich um eine Abschöpfung eigener Art des aus der Straftat Erlangten handele.519 Auch ein Verstoß gegen die verfassungsrechtlich geschützte Selbstbezichtigungsfreiheit wurde mit dem Argument verneint, dass der Täter nicht gezwungen sei, Angaben zu machen.520 Ebenfalls verneint wurde ein Verstoß gegen die Eigentumsgewährleistungsgarantie des Art. 14 GG. Zwar sah man in der Regelung einen Eingriff in den Schutzbereich der Norm, allerdings sei dieser verfassungsrechtlich gerechtfertigt und entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.521 Im Übrigen wurde die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit aus der Notwendigkeit der Bekämpfung besonders gefährlicher Kriminalitätsformen und deswegen bestehenden überwiegenden Interessen des Gemeinwohls hergeleitet.522

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BT-Drs. 11/6623, S. 5; Hoyer, GA 1993, 410. BT-Drs. 11/6623, S. 7. BT-Drs. 11/6623, S. 5; Hoyer, GA 1993, 411; Keusch, Probleme des Verfalls, S. 36. Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz im Rahmen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens. Vgl. Beschl. vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, Rn. 36. 520 Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz im Rahmen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens. Vgl. Beschl. vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, Rn. 37. 521 Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz im Rahmen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens. Vgl. Beschl. vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, Rn. 38 ff. 522 Möhrenschlager, wistra 1992, S. 285.

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IV. Diskussion in Literatur und Rechtsprechung Die vorgenommenen Änderungen führten in Literatur und Rechtsprechung zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Regelung. Diese befasste sich insbesondere523 mit der Rechtsnatur und der Verfassungsmäßigkeit der reformierten Regelung.524 Die überwiegende Literaturmeinung hielt den Erweiterten Verfall für nicht vereinbar mit der Unschuldsvermutung und dem Schuldprinzip. Der Bundesgerichtshof hatte zwar auch verfassungsrechtliche Bedenken und teilte insbesondere nicht die Auffassung des Gesetzgebers, wonach die Voraussetzung des § 73d Abs. 1 S. 1, „wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen“, bereits dann zu bejahen sei, „wenn sich rechtmäßige Quellen nicht feststellen lassen und die Herkunft aus rechtswidrigen Taten im Hinblick auf die Situation des Täters und sein Vorleben einem objektiven Betrachter geradezu aufdrängt“.525, 526 Jedoch vertrat er die Ansicht, dass die 523 Weitere Diskussionen befassten sich mit der Benutzung des Wortes „etwas“ in § 73 Abs. 1 S. 1 StGB (Dollmann, Regelung des Verfalls nach geltendem Recht, S. 24). Göhler und Körner sahen den Begriff „etwas“ als verfehlt an, da er weder das Bruttonoch das Nettoprinzip konkretisiere (Körner, NJW 1993, 233, 234; Göhler, wistra 1992, 133 ff.; vgl. ferner Lackner / Kühl, StGB 25. Aufl., § 73, Rn. 4; Wolters, Verfallsvorschriften, S. 65 ff.) Dies nach Göhlers Ansicht deshalb, da der Begriff im Strafrecht im Gegensatz zum Kondiktionsrecht „uferlos und nebelhaft“ sei (Göhler, wistra 1992, 133 ff.). Dagegen führte Katholnigg, der die Einführung des Bruttoprinzips beführwortete, an, dass der Ausdruck hinreichend bestimmt sei. Er sei zusammen mit dem Umfeld der Vorschrift zu sehen und gegebenenfalls von dorther zu interpretieren. Insofern gelte nichts anderes als bei § 812 Abs. 1 BGB, wo der Ausdruck „etwas“ für das Erlangte seit nun bald 100 Jahren verwendet werde (Katholnigg, JR 1994, S. 356). Krey und Dielamm hielten den Ausdruck ebenfalls für missglückt, allerdings fiel ihnen keine bessere Alternative ein (Krey / Dierlamm, JR 1992, S. 357). 524 Vgl. hierzu näher Katholnigg, JR 1994, S. 355; Krey / Dierlamm, JR 1992, S. 357 ff.; Hoyer, GA 1993, S. 407 ff.; Perron, JZ 1993, S. 919 ff; Jekewitz, GA 1998, S. 284 ff. 525 BT-Drs. 11/6623, S. 7. 526 BGH, Beschl. v. 22. November 1994 – 4 StR 516/94, Rn. 6. Hintergrund der Revision war die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen gemeinschaftlich begangenen gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen. Daneben war der erweiterte Verfall im Hinblick auf ein vorhandenes Guthaben in Höhe von 42.520,18 DM auf dem Konto des Beschwerdeführers angeordnet worden. Das erstinstanzliche Gericht wie auch das Berufungsgericht waren zu der Überzeugung gekommen, dass dieses Geld aus anderen, ihnen nicht bekannten Rauschgiftgeschäften des Beschwerdeführers stammte. Das Landgericht hatte dazu ausgeführt: „Während seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland hatte er seit dem 12.10.1983, also schon vor Kontoeröffnung, ein durchschnittliches Einkommen getrieben. Aus diesen konkret abgeurteilten Geschäften ist allerdings kein Gewinn erzielt worden, da das Geschäft in Holland nicht zustande kam und das in Bonn erworbene Rauschgift sichergestellt worden ist. Diese Taten zeigen jedoch, daß der Angeklagte mit Rauschgift handelte. Anhaltspunkte für irgendwelche anderen strafbaren Verhaltensweisen des Angeklagten liegen nicht vor, so daß zur Überzeugung der Kammer das Geld aus

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Vorschrift in Bezug auf die Anforderungen, die an den Nachweis der Herkunft der von der Anordnung des Erweiterten Verfalls erfassten Gegenstände zu stellen sind, verfassungskonform so ausgelegt werden könnte, dass ein Verstoß gegen die genannten Grundrechtsnormen ausscheide.527 Die Voraussetzung sei verfassungskonform einengend dahingehend auszulegen, dass der Tatrichter aufgrund erschöpfender Beweiserhebung und -würdigung die uneingeschränkte Überzeugung gewinnen müsse, dass der Angeklagte die von der Anordnung erfaßten Gegenstände aus rechtswidrigen Taten erlangt habe, ohne dass diese selbst im einzelnen festgestellt werden müssten.528 Gegen den Beschluss des Bundesgerichtshofs legte der Verurteilte Verfassungsbeschwerde ein und wandte sich dabei mittelbar gegen die Vorschrift des § 73d StGB, die nach Auffassung des Beschwerdeführers den Charakter einer Strafe habe und gegen das Schuldprinzip, die Unschuldsvermutung sowie gegen die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG verstoße.529 Das BVerfG kam indes zu dem Ergebnis, dass die Auslegung des Bundesgerichtshofs mit dem Grundgesetz vereinbar sei und verneinte einen Verstoß gegen den Schuldgrundsatz, gegen die Unschuldsvermutung und gegen die Eigentumsgarantie.530 Das BVerfG gab dem Gesetzgeber allerdings auf zu überprüfen, ob die Rechte Tatgeschädigter beim Erweiterten Verfall nach der Ausdehnung seines Anwendungsbereichs noch hinreichend gewahrt sind.531 Denn bei Anordnungen des Erweiterten Verfalls könnten vermögenswerte Rechtspositionen tatgeschädig-

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anderen, ihr nicht bekannten Rauschgiftgeschäften stammt" (UA 20). von 850 DM monatlich. Die Kaltmiete betrug zuletzt 600 DM. Darüber hinaus besaß der Angeklagte einen Pkw, den er unterhielt. Auch mußte er seinen allgemeinen Lebensunterhalt bestreiten. Somit verbleibt nur die Möglichkeit, daß das Geld durch Straftaten erworben wurde. Der Angeklagte hat am 15.10.1992 sowie am 1.8.1993 jeweils gewerbsmäßig mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ohne die erforderliche Erlaubnis Handel.“ BGH, Beschl. v. 22. November 1994 – 4 StR 516/94, Rn. 6. BGH, Beschl. v. 22. November 1994 – 4 StR 516/94, Rn. 8. Weiter wurde ausgeführt: Gründe, die zu vernünftigen Zweifeln an einer deliktischen Herkunft von Tätervermögen Anlaß geben, stehen der Anordnung des erweiterten Verfalls dieser Gegenstände entgegen. Begründen mithin bestimmte Tatsachen die nicht nur theoretische Möglichkeit, daß Vermögensgegenstände des Täters aus anderen Quellen als aus rechtswidrigen Taten stammen, so scheidet die Anordnung des erweiterten Verfalls aus. Allerdings dürfen an die Überzeugungsbildung keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist das Gericht nicht gehindert, sondern gehalten, auch – wie es das Landgericht getan hat – die festgestellten Anlaßtaten selbst dann in seine Überzeugungsbildung einzubeziehen, wenn aus ihnen kein Gewinn erlangt worden ist. BVerfG, Beschl. v. 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, Rn. 31 f. BVerfG, Beschl. v. 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, Rn. 55 ff. Im Wesentlichen decken sich die Argumente mit denen des Gesetzgebers. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Verwiesen. BVerfG, Beschl. v. 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, Rn. 109.

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ter Dritter beeinträchtigt werden.532 Dies habe auch der Gesetzgeber gesehen und die Einführung damit gerechtfertigt, dass der Anwendungsbereich auf Betäubungsmitteldelikte beschränkt und damit das Risiko äußerst unwahrscheinlich sei.533 Die gemäß Absatz 4 entsprechend anwendbare Härteregelung des § 73c Abs. 1 StGB biete nach Ansicht des Gesetzgebers insoweit ausreichend Schutz.534 Diese Argumentation sah das BVerfG zumindest als zweifelhaft an, da der Gesetzgeber den Erweiterten Verfall auf eine Reihe anderer Delikte, insbesondere auf Vermögensstraftaten wie Bandendiebstahl und -hehlerei erstreckt hatte und damit eine Verletzung von Eigentumsrechten wahrscheinlicher geworden war.535 Die strafprozessuale Zurückgewinnungshilfe der §§ 111b ff. StPO, die Geschädigten die Durchsetzung ihrer aus der Straftat erwachsenen Ersatzansprüche erleichtern soll, biete wegen der zeitlichen Begrenzung des in § 111i StPO vorgesehenen Zwangsvollstreckungsprivilegs nur einen unvollkommenen Opferschutz.536

F) Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKGErG) Am 25. Mai 1994 brachte der Freistaat Bayern den „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKGErgG)“ in den Bundesrat ein.537 Die Regelungen zur Abschöpfung von Verbrechens532 533 534 535 536

A.a.O., Rn. 107. A.a.O., Rn. 108. A.a.O. A.a.O., Rn. 109. BVerfG, Beschl. v. 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, Rn. 109. Entgegen der Vorstellungen des Sonderausschusses, der eine Frist von ungefähr drei Jahren im Auge hatte, innerhalb derer die beschlagnahmten Vermögensgegenstände zur Befriedigung von Ansprüchen Verletzter dienen sollten, konnte die Sicherstellung nach § 111b Abs. 5 StPO zugunsten des Verletzten allenfalls um drei Monate gem. § 111i StPO verlängert werden. 537 BR-Drs. 494/94. Die SPD Fraktion hatte zuvor am 4. Februar 1994 den „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (2. OrgKG)“ in den Bundestag eingebracht (BT-Drs. 12/6784). Änderungen der materiell-rechtlichen Verfalls- und Einziehungsvorschriften des Strafgesetzbuches waren damit nicht verbunden, weshalb der Entwurf nur kurze Erwähnung in der Fußnote findet. Mit ihrem Entwurf wollte die Fraktion der SPD das organisierte Verbrechen in seinem Lebensnerv, dem Gled treffen. Das sollte durch die Einführung eines Vermögenseinziehungsgesetzes geschehen. Dadurch sollte die Möglichkeit geschaffen werden, losgelöst von einer rechtskräftigen

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gewinnen im Wege des Erweiterten Verfalls sollten praktikabler gestaltet und auf die Fälle des besonders schweren Betrugs und gravierender Fälschungsdelikte erweitert werden.538 Ohne der einschränkenden Auslegung des § 73d StGB durch den BGH539 noch Rechnung tragen zu können, sah der Entwurf vor, die Beweiserleichterung beim Erweiterten Verfall auszudehnen.540 Die Anforderungen für die Annahme des Herrührens aus Straftaten sollten durch das Austauschen des Wortes „rechtfertigen“ durch „nahelegen“ gelockert werden mit der Folge, dass nunmehr ausreichend sein sollte, dass das Gericht bestimmte Umstände feststellt, die vermuten lassen, dass eine rechtswidrige Tat begangen wurde und dass die vorgefundenen Vermögensgegenstände für eine solche Tat oder aus ihr erlangt worden sind.541 Darüber hinaus sollte die Beweisanforderungen noch weiter gelockert werden, und zwar durch die

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541

Verurteilung Vermögen dann zu beschlagnahmen und einzuziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestünden, dass dieses Vermögen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus schweren Straftaten herrühre oder dafür verwendet werden solle. Letztlich sollte also die Beweislast dafür, ob vorgefundenes Vermögen rechtmäßig oder rechtswidrig erworben worden ist oder zu illegalen Zwecken eingesetzt werden soll und damit verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum vorliegt oder nicht, auf den Täter verlagert werden. Die damit verbundene Schwächung des Eigentumsschutzes sollte verfassungsrechtlich durch entsprechende Änderungen des Art. 14 GG abgesichert werden. Ein Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Unschuldsvermutung wurde damit verneint, dass der Gesetzentwurf sich auf dem Bereich der Gefahrenabwehr bewege und ein Präventionsinstrument sei, die Vermögenseinziehung folglich keine strafrechtliche Sanktion wie beispielsweise der Verfall oder die Einziehung nach den Vorschriften des Strafgesetzbuches sei. Vgl. Begründung BT-Drs. 12/6784, S. 11. Der Entwurf wurde nach 2. und 3. Beratung der Empfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 12/7584, Vgl. auch Bericht des Rechtsausschusses BT-Drs. 12/8588) folgend abgelehnt (229. Sitzung vom 20. Mai 1994, S. 19907 – [C]). Als Argumente wurden in der Beratung vorgebracht, dass der Täter rechtskräftig verurteilt werden muss und daher der Entwurf ein zu harter Eingriff in das Eigentumsrecht sei und die Unschuldsvermutung über Bord geworfen werde. Die Unschuldsvermutung sei als Aussfluss des Rechtsstaatsgebots der Disposition des Gesetzgebers entzogen (Geis, S. 19871 – [C]; Merschewinski, S. 19885 – [C]). BR-Drs. 494/94, S. 1 f. BGH, Beschl. v. 22. November 1994 – 4 StR 516/94. BR-Drs. 494/94, S. 2; Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 197. Er griff insoweit Vorschläge auf, die im Gesetzgebungsverfahren zum OrgKG nicht konsensfähig gewesen waren. BR-Drs. 494/94, Analge S. 20. Das sollte insbesondere dann der Fall sein, wenn ein länger andauernder Kontakt zu Personen vorliegt, die dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzuordnen sind, insbesondere zu Drogenhändlern, wenn der Täter ein erhebliches Vermögen besitzt, das zu seinen legalen Einkünften außer Verhältnis steht, wenn in kurzer Zeit ein beachtlicher Vermögenszuwachs beim Täter festzustellen ist, dessen Herkunft ungeklärt bleibt oder aber wenn große Bargeldmengen oder Wertpapierbestände bei einem Täter mit geringem Einkommen vorgefunden werden.

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angedachte Einfügung eines neuen zweiten Halbsatzes, nach dem die Annahme, dass das aus der Tat Erlangte aus einer Straftat herrührt, auch dann nahe liegt, wenn bei ungeklärter Herkunft der Täter oder Teilnehmer dazu unzureichende oder falsche Angaben macht.542 Der Entwurf sah weiter vor, auch solche Vermögensgegenstände dem Verfall zu unterwerfen, die das Ergebnis eines oder mehrerer Geldwaschvorgänge sind. Mithin sollten erstmals auch die Ergebnisse eines Umarbeitungsvorgangs in die Regelung einbezogen werden, was durch die Hinzufügung des Merkmals „mittelbar“ zum Ausdruck kommen sollte.543 Der Gesetzentwurf wurde im Bundesrat beraten.544 Dort wurde beschlossen, dass er dem Rechtsausschuss, der federführend sein sollte, dem Finanzausschuss und dem Ausschuss für Innere Angelegenheiten zur Beratung überwiesen wird.545 Jedoch unterfiel der Gesetzesentwurf sodann der Diskontinuität.546

542 BR-Drs. 494/94, Anlage, S. 21; Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 197. Die Entwurfsverfasser hielten die Regelung für verfassungsrechtlich unbedenklich, weil es dem Täter auch insoweit freistehe, keine Angaben zu machen. BR-Drs. 494/94, Anlage, S. 20. 543 Als Beispiel wurde aufgeführt, dass auch die Einnahmen aus einem Restaurantbetrieb für verfallen erklärt werden können sollen, wenn der Täter dieses mit Drogengeldern finanziert hat. BR-Drs. 494/94, Anlage, S. 21. Nach den Vorschriften über den erweiterten Verfall des geltenden Rechts können nur solche Vermögensvorteile abgeschöpft werden, die unmittelbar aus einer rechtswidrigen Tat stammten. Lediglich über die Surrogatregelung des § 73 Abs. 2 StGB (§ 73d Abs. 1 S. 3 StGB) oder die Regelung über den Verfall des Wertersatzes nach § 73a StGB (§ 73d Abs. 2 StGB) können auch mittelbare Vorteile abgeschöpft werden. Diese Regelungen erschienen den Entwurfsverfassern als zu eng. BR-Drs. 494/94, Anlage, S. 21. 544 670. Sitzung vom 10. Juni 1994, S. 298 (B)–317 (C). 545 670. Sitzung vom 10. Juni 1994, S. 317 (C). Schäuble hatte zuvor noch betont, dass der Vorschlag unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten die stärksten Bedenken nach sich ziehe. Denn für eine endgültige Einziehung von Vermögen führe nach dem Rechtsstaatsprinzip kein Weg daran vorbei, den vollen Nachweis der Illegalität des Vermögens zu erbringen. S. 312 (A). 546 Vgl. Ablauf des Vorgangs, abrufbar unter http://dip.bundestag.de. Der Grundsatz der Diskontinuität ist eine Folge der Beendigung der Wahlperiode und der Auflösung des alten Bundestages und dem Zusammentreten des neuen Bundestages. Im Hinblick auf Gesetzesentwürfe, die schon von dem alten Parlament beraten, aber noch nicht endgültig verabschiedet worden sind, besagt er, dass diese für das neue Parlament gegenstandslos sind. Damit übernimmt das neue Parlament nicht die Gesetzgebungsverfahren des alten Paralments. Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, Fn. 1461. Vgl. dazu Münch / Kunig / Versteyl, GG, Bd. II, Art. 39 Rn. 25.

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G) 31. Strafrechtsänderungsgesetz – Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität (31. StrÄndG – 2. UKG) Durch das 31. StrÄndG – 2. UKG vom 27. Juni 1994, das ab 1. November 1994 Gültigkeit erlangte,547 wurde § 75 StGB, der die Sondermaßnahmen gegen juristische Personen im Hinblick auf die Einziehung regelte, verändert. Die Änderungen in den Nummern 2 und 3 waren lediglich sprachlicher Natur.548 Neu eingefügt wurde Absatz 4, wonach die Einziehung gegenüber einer juristischen Person nunmehr auch zulässig sein sollte, wenn jemand als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handelsbevollmächtigter einer juristischen Person oder einer in § 75 Nr. 2 oder 3 StGB genannten Personenvereinigung gehandelt hat. Begründet wurde die Ausweitung des Anwendungsbereichs damit, dass das Abstellen auf die formale Rechtsstellung, die durch eine besondere Vertretungsmacht gekennzeichnet ist, wie es in § 75 StGB der Fall war, es erlaubt, durch Verlagerung von Verantwortlichkeiten auf Personen im Leitungsbereich, wie beispielsweise Generalbevollmächtigte oder Prokuristen, möglichen Einziehungsanordnungen zu entgehen.549 Um diese Lücke zu schließen, sollte daher auch entscheidend für die Zurechnung des Verhaltens von Personen sein, dass diese die Geschicke der genannten Personenvereinigungen verantworlich bestimmen, also in leitender Stellung Verantwortung tragen.550

H) Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (IuKDG) Durch das IuKDG vom 22. Juli 1997551 wurde in § 73d Abs. 3 StGB nach dem Wort „Schriften“ die Angabe „(§ 11 Abs. 3)“ eingefügt. In Absatz 4 wurden nach dem Wort „wenn“ die Wörter „die Schrift (§ 11 Abs. 3) oder“ eingefügt. Die Ergänzung in Abs. 3 wurde deshalb vorgenommen, da eine Verweisung auf § 11 Abs. 3 in diesem Absatz fehlte, obwohl der systematische Zusammenhang mit Abs. 1 offenbar eine Übereinstimmung voraussetze.552 Die

547 BGBl I 1994, 1440; BGBl I 1995, 249. 548 In Nr. 2 wurde das Wort „oder“ nach dem Wort „Vorstand“ durch einen Bindestrich ersetzt. In Nr. 3 wurde nach dem Wort „Personenhandelsgesellschaft“ das Wort „oder“ eingefügt. 549 BT-Drs. 12/192, S. 14. 550 BT-Drs. 12/192, S. 14. 551 BGBl I 1997, 1870. 552 BR-Drs. 966/96, S. 38.

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Änderung in Absatz 4 folgte der Klarstellung des Schriftenbegriffs in § 11 Abs. 3 StGB. Sie sollte sicher stellen, dass auch Datenspeicher mit in § 74d StGB bezeichnetem Inhalt der Einziehung unterliegen.553

I) Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Abschöpfung von Vermögensvorteilen aus Straftaten Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Abschöpfung von Vermögensvorteilen aus Straftaten vom 3. Februar 1998554 war eine umfassende Reform der Vorschriften über Verfall und Einziehung bezweckt, die zu einer grundlegenden Neuordnung und Vereinfachung dieser Vorschriften führen sollte.555 Anlass für den Entwurf war die Ansicht seiner Verfasser, dass die Anordnung des Verfalls trotz Einführung des Bruttoprinzips wie auch des Erweiterten Verfalls in der Praxis weitgehend unterbleibt.556 Als Hauptursache dafür wurde der bereits in den vorherigen Wahlperioden angeführte Kritikpunkt557, die Subsidiarität der Vorschrift gegenüber zivilrechtlichen Ausgleichsansprüchen, genannt.558 Neben dem Umstand, dass diese Regelung dafür verantwortlich gemacht wurde, dass die Vorschriften in der Praxis nur 553 BR-Drs. 966/96, S. 38. In § 11 Abs. 3 war der Begriff „Datenspeicher“ aufgenommen worden. Angesichts der moderner Datentechnik spärlichen Rechtsprechung und im Hinblick auf die Auffassung, Darstellungen seien nur körperliche Gebilde von gewisser Dauer, sollte mit der Ergänzung klargestellt werden, dass auch elektronische, elektromagnetische, optische, chemische und sonstige Datenspeicher, die gedankliche Inhalte verkörpern, die nur unter Zuhilfenahme technischer Geräte wahrnehmbar werden, den Schriften gleichstehen. Denn sie können in vergleichbarer Weise zur Wiedergabe rechtswidriger Inhalte verwendet werden, womit sie in das Strafsystem einzubeziehen seien. 554 BT-Drs. 13/9742. 555 Der Entwurf sah neben der völligen Neuordnung des materiellen Abschöpfungsrechts, womit die Vorschriften der 73 ff. StGB gemeint sind, auch eine Neuordnung des strafprozessualen Vermögensabschöpfungsrechts, mithin der §§ 111b ff. StPO vor. Zu den Einzelheiten der strafprozessualen Neuordnung vgl. Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, Rn. 1452, 1463. 556 BT-Drs. 13/9742, S. 16. So wies die Strafverfolgungsstatistik nach Angaben der Entwurfsverfasser für das Jahr 1995 bei 683258 Verurteilungen nach allgemeinem Strafrecht lediglich 682 Verfallsanordnungen auf. 557 Krey / Dielamm, JR 1992, S. 356; Hoyer, GA 1993, S. 408; Keusch, Probleme des Verfalls, S. 35. Dieser Umstand war im Rahmen der Beratungen des Sonderausschusses bewußt in Kauf genommen worden. So hieß es: „Alle Fälle des Betrugs, der Unterschlagung und der Untreue werden damit ausgeschlossen“. Deutscher Bundestag, V. Wahlperiode, Sonderausschuss für die Strafrechtsreform, Beschluss des Ausschusses, 53. Sitzung, S. 1004. 558 BT-Drs. 13/9742, S. 16 f.

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geringe Anwendung erfuhren, wurde auch ins Feld geführt, dass die Regelung zu unbilligen Ergebnissen führe und dem Täter der Gewinn aus der Straftat erhalten bleibe, wenn der Geschädigte nicht ermittelt werden könne.559 Kernpunkt der Reform war daher, wie seinerzeits bereits im Sonderausschuss für die Strafrechtsreform diskutiert, der Wegfall des geltenden § 73 Abs. 1 S. 2 StGB mit der Konsequenz, dass der Verfall auch beim Bestehen von Opferansprüchen angeordnet werden kann.560 Die Bestimmung sollte sodann durch Regelungen ersetzt werden, die einer Reihe unterschiedlicher Interessensphären561 in angemessener Weise Rechnung trügen. Um insbesondere die Eigentumsrechte und rechtlichen Interessen des Tatverletzten zu schützen, sollte sichergestellt werden, dass der durch die Tat an seinem Vermögen Geschädigte durch die erleichterten Bedingungen des Verfalls keinen Nachteil erleidet.562 Was das Stadium vor Eintritt der Rechtskraft betrifft, sollte die bisherigen Rechtslage563 weitgehend unverändert beibehalten werden.564 Zudem war aber auch ein Ausgleich für die erlittene Entreicherung für die Zeit nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens angedacht. Der Ausgleich hatte dergestalt zu erfolgen, dass der Staat die auf Verfall (von Wertersatz) gerichtete Anordnung zu vollstrecken hat und im Umfang des durch die Vollstreckung Erlangten

559 A.a.O., S. 17. 560 BT-Drs. 13/9742, S. 16; Kaiser, ZRP 1999, S. 148. 561 So sollten die Eigentumsrechte und rechtlichen Interessen von durch die abgeurteilte Tat geschädigten Dritten am Einziehungsgegenstand angemessen geschützt werden. Dem Täter gegenüber dürfe die Gewinnabschöpfung nicht dazu führen, dass er im Endergebnis doppelt zahlen müsse. Desweiteren sollte das Interesse der Rechtsgemeinschaft daran, dass dem Täter das rechtswidrig Erlangte auf keinen Fall verbleibt, geschützt werden. Daher müsse der Staat im Interesse des Gemeinwohls die Abschöpfung des Erlangten auch dann vornehmen können, wenn das Tatopfer zum Beispiel von seinen Ersatzmöglichkeiten nichts weiss oder an einem privatrechtlichen Ausgleich nicht interessiert ist. Vgl. Begründung BT-Drs. 13/9742, S. 17 f. 562 BT-Drs. 13/9742, S. 19. 563 BT-Drs. 13/9742, S. 19. Das geltende Recht sah bereits eine Zurückgewinnungshilfe (§ 111b Abs. 5 StPO) vor, in dem es dem Verletzten die Möglichkeit erföffnete, in beschlagnahmte Gegenstände die Zwangsvollstreckung oder die Vollziehung eines Arrestes zu betreiben. Allerdings war nach Ansicht der Verfasser von der Zurückgewinnungshilfe bislang nur zurückhaltend Gebrauch gemacht worden. Mit der Gesamtreform war daher auch eine Stärkung dieser Vorschrift bezweckt gewesen, um den Zugriff Verletzter auf durch den Staat beschlagnahmte Vermögensgegenstände zu erleichtern. 564 BT-Drs. 13/9742, S. 19. Die Folgewirkungen für den Tatverletzten wurden in einem neu geschaffenen § 459k E-StPO geregelt. Diese Bestimmung wurde auch als „Kernstück der Reform der Strafprozessordnung“ bezeichnet. Darüber hinaus sollten die §§ 111b ff. StPO gebündelt, inhaltlich gestrafft und aus ihrer teilweise unübersichtlichen Verzahnung mit zivilrechtlichen Normen gelöst werden.

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gegenüber den Verletzten haftet.565 Um zu gewährleisten, dass der Täter nicht doppelt zahlen muss, und zum Schutz der Eigentumsrechte des Geschädigten wurde in § 73 Abs. 2 E-StGB klargestellt, dass sich die Einziehung nicht auf das erstreckt, womit der Verletzte zur Erfüllung seiner aus der Tat erwachsenen Rückerstattungsansprüche bereits befriedigt worden ist. Obwohl die Verfasser der Ansicht waren, dass sich das Institut der „Einziehung“ im Gegensatz zu dem des „Verfalls“ weitgehend bewährt habe, wollten sie dieses in eine umfassende Gesamtreform der strafrechtlichen Eigentumssanktionen einbeziehen und damit auch dieses Institut praktikabler und damit im Ergebnis wirksamer machen.566 Dies sollte in erster Linie durch eine Änderung der Gesetzessystematik geschehen. Die terminologische Unterscheidung zwischen Verfall und Einziehung sollte aufgegeben werden zugunsten einer einheitlichen „Einziehung“.567 Die ehemalige Verfallsregel sollte deshalb „Einziehung des Erlangten“ heißen. Dies wurde damit begründet, dass das Nebeneinander der Ausdrücke immer wieder zu Missverständnissen und auch Urteilsaufhebungen geführt habe und die terminologische Unterscheidung international kaum zu vermitteln sei.568 Durch die Vereinheitlichung wurde die Anzahl der Paragraphen von sechszehn auf künftig elf verschlankt.569 Zudem wurden die Paragraphen neu angeordnet. Die §§ 73–73e E-StGB betrafen die Voraussetzungen der Einziehung und ihre Einschränkungen, wobei wie im geltenden Recht zunächst die den Verfall betreffenden Vorschriften aufgeführt wurden, und danach die Vorschriften, die die heutige Einziehung betrafen.570 Die §§ 74, 74a bezogen sich auf die Wirkung der Einziehung. Es verblieb im Wesentlichen beim geltenden Recht, wobei der Entwurf in § 74 Abs. 2 vorsah, dass die Anordnung oder der Vorbehalt der Einziehung die Wirkung einer Beschlagnahme nach § 111b StPO habe.571 Die Folgewirkungen zugunsten des Taverletzten wurden in § 459k StPO geregelt.572 Die Struktur der §§ 75–76a

565 566 567 568

569 570 571 572

BT-Drs. 13/9742, S. 19. A.a.O., S. 17. A.a.O. BT-Drs. 13/9742, S. 18. In Ausland hat sich für beides zusammen der Ausdruck „Confiscation“ durchgesetzt. Kaiser, ZPR 1999, S. 148. Vgl. ferner Art. 1 f. und Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den Verkehr mit Suchtstoffen und Verkehr mit Drogenstoffen vom 20. Dezember 1988. BT-Drs. 13/9742, S. 18. A.a.O. A.a.O., S. 17. A.a.O.

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sollte unverändert bleiben, wobei der Entwurf die selbständige Anordnung der Einziehung nunmehr ganz allgemein zuließ.573 Inhaltlich sollte die Einziehung der producta et instrumenta sceleris zur besseren Bekämpfung insbesondere der Organisierten Kriminalität vorsichtig verschärft werden.574 So sollten bei Verweisung auf die entsprechende Vorschrift Gegenstände, die einem Dritten gehören, auch dann eingezogen werden, wenn der Eigentümer wenigstens fahrlässig575 dazu beigetragen hat, dass die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist.576 Zudem sollte das Einziehungsrecht in den Fällen verschärft werden, in denen die Einziehung aus Gründen der Spezial- oder Generalprävention erfolgt und daher Strafcharakter habe.577 Dies sollte durch die Ausdehnung der Wertersatzeinziehung auf die Fälle der strafähnlichen Dritteinziehung nach § 73d E-StGB geschehen.578 Die Entwurfsverfasser sahen darin die konsequente Fortführung des Strafcharaktergedankens, da sie der „Ersatzmaßnahme“ Einziehung des Wertersatzes in diesen Fällen „(Ersatz)Strafcharakter“ für die aus objektiven Gründen nicht mehr mögliche Originaleinziehung mit Strafcharakter beimaßen.579 Aus diesen Gründen sollte es bei der Einziehung des Wertersatzes nicht mehr wie nach § 74c Abs. 1 des geltenden Rechts darauf ankommen, dass der Täter weiss oder mindestens billigend in Kauf nimmt, dass durch sein Handeln die Einziehung vereitelt wird.580 Der Entwurf wurde im Bundestag lediglich in erster Lesung beraten.581 Wegen der Kompliziertheit der angesprochenen Fragen war eine Verabschiedung in der 13. Legislaturperiode nicht mehr möglich.582 Letztlich unterfiel der Entwurf der Diskontinuität.583 573 574 575 576 577 578 579 580 581 582

A.a.O., S. 18. A.a.O. Geltendes Recht: leichtfertig. Vgl. § 73d Abs. 4 Nr. 1 BT-Drs. 13/9742. BT-Drs. 13/9742, S. 17. A.a.O. A.a.O., S. 18. BT-Drs. 13/9742, S. 17. Sitzung vom 5. Februar 1999, S 58. Hetzer, ZRP 2001, S. 269; Ders., JR 1999, S.141; Dollmann, gesetzliche Regelung des Verfalls, S. 18. 583 Hetzer, ZRP 2001, S. 269; Ders., JR 1999, S.141; Dollmann, gesetzliche Regelung des Verfalls, S. 18; Rönnau, ZRP 2004, S. 191; Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 191. Der Grundsatz der Diskontinuität ist eine Folge der Beendigung der Wahlperiode und der Auflösung des alten Bundestages und dem Zusammentreten des neuen Bundesta-

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Seine kriminalpolitische Aktualität hatte der Entwurf allerdings nicht verloren.584 Innerhalb des Schrifttums wurden die Verbesserungsansätze und die daran anknüpfenden Vorschläge lebhaft diskutiert.585 Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder sowie die Konferenz der Justizministerinnen und -justizminister forderten die Bundesregierung nach einer gemeinsamen Sitzung im Februar 1999 auf, „den in der letzten Legislaturperiode nicht weiter verfolgten Entwurf [...] mit dem Ziel der Vereinfachung zu überarbeiten und alsbald in den Bundestag einzubringen.586 Parallel dazu hatten die Justizminister auf einer Konferenz im Herbst 1998 beschlossen, die Wirksamkeit der schon seit geraumer Zeit bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Gewinnabschöpfung empirisch vom Strafrechtsausschuss untersuchen zu lassen.587 Auf der Grundlage der unter Federführung des Justizministeriums von Baden-Würrtemberg gesammelten Erkenntnisse sollte dann eine Entscheidung getroffen werden.588 Hintergrund der Beauftragung ist der Umstand, dass in einigen Bundesländern Modellprojekte mit Schulungsmaßnahmen zur Steigerung der Vermögensabschöpfung durchgeführt wurden.589

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ges. Im Hinblick auf Gesetzesentwürfe, die schon von dem alten Parlament beraten, aber noch nicht endgültig verabschiedet worden sind, besagt er, dass diese für das neue Parlament gegenstandslos sind. Damit übernimmt das neue Parlament nicht die Gesetzgebungsverfahren des alten Paralments. Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, Fn. 1461. Vgl. dazu Münch / Kunig / Versteyl, GG, Bd. II, Art. 39 Rn. 25. Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 191. Prinzipiell zustimmend: Hetzer, ZRP 2001, S. 269; Ders., JR 1999, S.141; eher kritisch Kaiser, ZRP 1999, 144, 150; Berg, Beweiserleichterungen bei der Gewinnabschöpfung, S. 234 f. Vgl. Beschlussniederschrift über die gemeinsame Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder und der Konferenz der Justizministerinnen und -justizminister am 25. Februar 1999, TOP 2.3 (Intensivierung der Gewinnabschöpfung und Geldwäschebekämpfung) Nr. 4; Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 191. Vgl. Beschlussniederschrift der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister vom 5. November 1998 in Rostock-Warnemünde, TOP II.10 (Praxis der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung), http://archiv.jura.uni-saarland.de/JuMiKo/jumiko_nov98/ Topii10.htm; Hetzer, ZRP 2001, S. 269. Hetzer, ZRP 2001, S. 269. So wurde im Landeskriminalamt Baden-Württemberg seit 2. Januar 1997 die erste „Projektgruppe Vermögensabschöpfung“ unter der Leitung des damaligen Kriminaldirektors Podolsky eingerichtet. Sie sollte die ausgebildeten Finanzermittler der örtlichen Dienststellen unterstützen und zudem Verfahren in eigener Zuständigkeit bearbeiten. Dafür wurden 81 Polizeibeamtinnen und -beamte zu Sachbearbeitern für Finanzermittlungen / Vermögensabschöpfung bei allen Polizeidirektionen und -präsidien des Landes Baden-Württemberg ausgebildet (Pressemitteilung des Innenministeriums BadenWürttemberg vom 17. Februar 2000, abrufbar unter http://www.polizei-bw.de/presse archiv). Fast alle Bundesländer haben das Konzept aufgegriffen. Vgl. näher Landtag

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J) Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten Das große Engagement der Strafverfolgungsbehörden, vermehrt auf illegale Vermögensvorteile zuzugreifen, hatte beeindruckende Erfolge gezeigt.590 Sowohl die Anzahl der Verfahren, in denen Vermögen erfolgreich abgeschöpft wurden, als auch die Höhe der sichergestellten Vermögen waren in erheblichem Maße gestiegen.591 Deshalb kam man letztlich zu dem Ergebnis, dass sich das geltende Recht der Vermögensabschöpfung (§§ 73 bis 76a) des Strafgesetzbuches und der §§ 111b bis l der Strafprozessordnung in der Praxis bewährt habe und eine effektive Abschöpfung der aus einer Straftat erlangten wirtschaftlichen Vorteile zulasse.592 Infolge dessen sah der Gesetzgeber keine Notwendigkeit mehr, die Vorschriften über Verfall und Einziehung im Rahmen einer Gesamtreform umzugestalten.593 Es sollten lediglich einzelne Regelungsdefizite, die sich bei der Umsetzung der Vorschriften über die Rückgewinnungshilfe beim Verfall und beim Verfall von Wertersatz gezeigt hatten, durch punktuelle Änderungen und Ergänzungen des geltenden Prozessrechts beseitigt werden.594 So waren insbesondere die Staatsanwaltschaften und die Gerichte an einer Lösung des Ausschlussverhältnisses zwischen Verfallbzw. Wertersatzverfall und Verletztenansprüchen gem. § 73 Abs. 1 S. 2 StGB und weiteren Erleichterungen der Vermögenssicherstellung interessiert.595 Die rechtspolitische Diskussion war daher von diesen Interessen und mithin von weiteren Erleichterungen bei der Vermögensabschöpfung geprägt. Kritisiert wurde in besonderem Maße, dass nach geltendem Recht letztlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass der durch eine Straftat erlangte Vermögensvorteil wieder an den Täter zurückfällt. Dies konnte dann passieren, wenn Verfall oder Verfall von Wertersatz gem. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nur deshalb nicht angeordnet werden konnte, weil dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen war, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus

590 591

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von Baden-Württemberg Drs. 12/4569, S. 21 ff. Staatsanwälte und Polizeibeamte wurden zu „Finanzermittlern“, und „Geldjäger“ genannt, ausgebildet. Vgl. dazu Kempf / Schilling StraFo 2006, 181 f. Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, Fn. 1499. BT-Drs. 16/700, S. 8. Vgl. näher Landtag von Baden-Württemberg Drs. 12/4569, S. 22. So war der Verfall zu Gunsten der Staatskasse von 4,2 Mio DM im Jahre 1997 auf 9,9 Mio. DM im Jahre 1999 gestiegen. BT-Drs. 16/700, S. 1, 8. A.a.O. BT-Drs. 16/700, S. 1, 8. Faust, Vermögensabschöpfungsrecht Rn. 1496.

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der Tat Erlangten entziehen würde, die Verletzten aber unbekannt waren oder ihre Ansprüche nicht geltend machten.596 Weiterhin erschienen die Rechte Dritter im Rahmen des in den letzten Jahren ausgedehnten Anwendungsbereichs des erweiterten Verfalls nicht mehr hinreichend gewahrt, weshalb auch das Bundesverfassungsgericht597, wie bereits erläutert, dem Gesetzgeber aufgetragen hatte, entsprechende gesetzliche Korrekturen zu prüfen.598 Aus diesem Grund legte die Bundesregierung dem Bundesrat am 30. Dezember 2005 nach Vorarbeiten des Bundesjustizministeriums den „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten“599 vor. Der Problemlösungsansatz stützte sich auf das bereits im geltenden Recht als Kompromiss verankerte materiell-prozessuale Vermögensabschöpfungsmodell.600 Durch das Gesetz sollte im Rahmen einer prozessualen Lösung sichergestellt werden, dass der kriminelle Gewinn nicht beim Täter verbleibt.601 Die Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, die stets als „Totengräber des Verfalls“ bezeichnet worden war, sollte mithin auf prozessualem Wege entschärft werden mit dem Anliegen, den Verfallvorschriften zu ihrem endgültigen Durchbruch zu verhelfen.602 Das in den §§ 73 ff. StGB 596 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6.Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 16/700 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten. BTDrs. 16/2021. BT-Drs. 16/700, S. 1. 597 Beschluss vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95. 598 Weitere Defizite wurden im Bereich des Opferschutzes gesehen und zwar in Bezug auf die Zwangsvollstreckung der Verletzten in gesicherte Vermögenswerte des Täters, die Frist der Aufrechterhaltung der vorläufigen Sicherungsmaßnahmen, die Bekanntgabe der Beschlagnahme- oder Arrestanordnung, der Zuständigkeit und der Zustellung bei Arrestvollzug sowie bei der Notveräußerung. BT-Drs. 16/700, S. 1. 599 BR-Drs. 940/05. 600 Rönnau, ZRP 2004, S. 193; Zweiter Periodischer Sicherheitsbericht vom 27. November 2006, BT-Drs. 16/3930, S. 243. 601 BT-Drs. 16/700, S. 1. 602 Reichhart, Vermögensabschöpfung, S. 29. Zu diesem Zweck wurde durch eine Änderung des § 111i StPO ein Auffangrechtserwerb des Staates geschaffen, für den Fall, dass die Verletzten trotz der Existenz von Verletztenansprüchen im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ihre Ansprüche nicht binnen drei Jahren geltend machen sollten (BT-Drs. 16/700, S. 9). Daneben wurde klargestellt, dass § 111i StPO auch für eine Sicherstellung nach den Vorschriften des dinglichen Arrestes gilt, was bereits die herrschende Meinung zum alten § 111i StPO vertreten hatte (Reichhart, Vermögensabschöpfung, S. 29). Zudem wurde der Opferschutz deutlich verbessert, in dem Sicherungsmaßnahmen zugunsten des Verletzten nunmehr gem. § 111i Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 StPO für drei Jahre anstatt nur für drei Monate aufrecht erhalten bleiben, wenn Ansprüche des Verletzten in Betracht kommen, der Verletzte schon zivilprozessuale Eigenmaßnahmen eingeleitet hat und noch nicht aus dem Vermögen befriedigt wurde, dass beschlagnahmt oder arrestiert

Neuntes Kapitel: Reformdiskussion und Gesetzgebung ab 1960

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enthaltene materielle Recht, insbesondere § 73 Abs. 1 Satz 2, sollte bis auf eine Änderung unangetastet bleiben. Auf Anregung des Bundesverfassungsgerichts wurde die Vorschrift des Erweiterten Verfalls gem § 73d um einen Verweis auf die Ausschlussklausel des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB ergänzt, mit dem den Rechten Dritter Vorrang eingeräumt werden sollte.603 Die Ausdehnung des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB auf § 73d StGB wurde letztlich damit begründet, dass sich der Anwendungsbereich des § 73d StGB in den letzten Jahren deutlich verändert habe.604 Während nach Ansicht der Entwurfsverfasser bei der ursprünglichen, auf bestimmte Betäubungsmitteldelikte als Anlasstaten und damit einen bestimmten Täterkreis beschränkten Konzeption das Bestehen von Verletztenansprüchen in der Regel ausgeschlossen werden konnte, konnte dies bei der Ausweitung, die der Anwendungsbereich erfahren hatte, nicht mehr ausgeschlossen werden.605 Dies insbesondere in den Fällen, in denen es sich bei der abgeurteilten Tat um eine Vermögensstraftat handele.606 Daher erschien es als nicht mehr angemessen, die Beurteilung von Verletztenansprüchen allein der Anwendung der Härtefallregelung des § 73c StGB zu überlassen.607 Der Bundesrat beschloss, gegen den Gesetzentwurf gem. Art. 76 Abs. 2 GG keine Einwendungen zu erheben.608 Daraufhin beschloss der Deutsche Bundestag den Gesetzentwurf609 an den Rechtsausschuss zu überweisen.610 Der Rechtsausschuss empfahl dem Bundestag, den Gesetzentwurf mit einigen Änderungen anzunehmen, wobei die materiell-rechtlichen Verfallsvorschriften von den Änderungsvorschlägen nicht betroffen waren.611 Dem folgte der

603 604 605 606 607 608 609 610

611

wurde (Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, Rn. 1521). Das Gesetz sah noch weitere zahlreiche Änderungen bzw. Neufassungen der StPO vor, wobei hauptsächlich die §§ 111b, 111e–l StPO betroffen waren. Näher dazu Faust, Vermögensabschöpfungsrecht, Rn. 1521; Reichhart, Vermögensabschöpfung, S. 29 f. BT-Drs. 16/700, S. 20; Reichhart, Vermögensabschöpfung, S. 30. BT-Drs. 16/700, S. 20. A.a.O. A.a.O. BT-Drs. 16/700, S. 20. Vgl. Sitzungsprotokolle des Bundesrates, 819. Sitzung vom 10. Februar 2006, S. 2 (Vgl. Anlage 1 VIII Punkt 37); BR-Drs. 940/05 (Beschluss). BT-Drs. 16/700. Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf BR-Drs. 940/05, S. 1; Deutscher Bundestag, 16. WP, 23. Sitzung vom 10. März 2006, S. 1791 (D). Die Abgeordneten waren sich einig, dass in dem Gesetzesentwurf die richtigen Schritte vorgesehen sind. Vgl. Diskussion S. 1787 (C)–1791 (D). Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6.Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 16/700 – Entwurf eines Gesetzes zur

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

Bundestag und nahm den Gesetzentwurf in der vorgeschlagenen Fassung in zweiter und dritter Lesung an.612 Der Bundesrat beschloss wiederum, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen,613 so dass das Gesetz nach Verkündung im Bundesgesetzblatt am 1. Januar 2007 in Kraft treten konnte.614

K) Gesetz vom 22. August 2002 (EGFinSchÜbkProt2AG) Durch das EGFinSchÜbkProt2AG vom 22. August 2002615 wurde in § 75 ein neuer Absatz 5 eingefügt. Mit diesem sollen nunmehr alle Leitungspersonen mit Kontrollgefugnissen im Hinblick auf der jruistischen Person zurechenbares Handeln erfasst werden.616 Dadurch soll noch stärker dem Versuch begegnet werden, durch die Verlagerung von Verantwortung mögliche Einziehungsanordnungen gegenüber der juristischen Person oder Personenvereinigung zu entgehen.617 Darüber hinaus wurde in § 75 Nr. 3 das Wort „Personenhandelsgesellschaft“ durch die Wörter „rechtsfähige Personengesellschaft“ ersetzt. Es sollte bei den Zurechnungsvorschriften des Strafgesetzbuches auf die durch das Fernabsatzgesetz vom 27. Juni 2000618 in § 14 Abs. 2 BGB definierte rechtsfähige Personengesellschaft abgestellt werden.619 Erfasst sind damit alle Personengesellschaften, die positiv-rechtlich mit der Fähigkeit ausgestattet sind, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen, worunter neben der Personenhandelsgesellschaft auch die Partnerschaftsgesellschaft fällt, aber auch die am Rechtsverkehr teilnehmende Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Gesetzgeber erkannte keine Gründe, diese Gesellschaften strafrechtlich unterschiedlich zu behandeln.620

612 613 614 615 616 617 618 619 620

Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten. BTDrs. 16/2021. Vgl. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, 43. Sitzung vom 29. Juni 2006, S. 4125 (B). Vgl. BR-Drs. 610/06. BGBl. I, 2350. BGBl. I, 3387. BR-Drs. 326/02, S. 10. A.a.O. BGBl I, 897. BR-Drs. 326/02, S. 9. BR-Drs. 326/02, S. 9.

Zehntes Kapitel: Zusammenfassung und Würdigung A) Zusammenfassung I. Verfall Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass das Bedürfnis nach der Abschöpfung rechtswidrig erlangter Tatvorteile bereits im römischen Recht zu verzeichnen war, und dass Vorläufer der heutigen gesetzlichen Regelung bereits in den strafgesetzlichen Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts sowie im Nebenstrafrecht gefunden werden konnten. Im Reichsstrafgesetzbuch von 1871 fand der Gedanke der Abschöpfung rechtswidrig erlangter Tatvorteile allerdings nur in eingeschränkter Form Beachtung. Im Besonderen Teil war die Regelung des § 335 RStGB aufgenommen worden, wonach der Bestecherlohn eingezogen werden konnte. Eine Regelung, wonach auch Tatgewinne oder sonstige durch die Straftat „erlangte“ Gegenstände für verfallen erklärt werden können, war zunächst weder in den Allgemeinen noch in den Besonderen Teil des Reichsstrafgesetzbuches aufgenommen worden.1 Im Rahmen der Strafrechtsreform nach Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches wurde erstmals im Rahmen der Kommissionsberatungen zum VE und GE, als deren Ergebnis der Kommissionsentwurf 1913 entstand, über die Aufnahme von Vorschriften diskutiert, mit denen die aus einer Straftat erlangten Gegenstände, Gewinne sowie das für eine Straftat erhaltene Entgelt eingezogen werden konnten. Im Vordergrund stand dabei der Gedanke, das Vermögen des Verletzten zu schützen und ihm möglichst bequem und schnell zur Erlangung von Schadensersatz zu verhelfen. Die Kommissionsmitglieder scheuten sich aber davor, den Strafprozess mit privatrechtlichen Fragen zu belasten. Dieser Umstand und das aus Sicht der Kommissionsmitglieder fehlende Bedürfnis nach solchen Vorschriften im Rahmen des Strafgesetzbuches führten dazu, dass die Regelungen bereits im E 1913 keine Aufnahme fanden. Im weiteren Verlauf wurde im StGB-Entwurf von 1919 vorgeschlagen, eine allgemeine Vorschrift einzuführen, wonach dem Täter das Entgelt, das er für eine Tat bekommen hatte, entzogen werden konnte. Ferner war angedacht, die Regelung später auf Grund der Kriegserfahrungen und der in diesem Zusammenhang erlassenen Verord-

1

Erst später, im Rahmen der ersten Novelle zum StGB vom 26. Februar 1876 war durch die Einfügung des § 296a eine Vorschrift geschaffen worden, mit der der aus der Tat gezogene Vorteil, die gefangenen Fische, eingezogen werden konnte.

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nungen, nach denen Gewinne eingezogen werden konnten, auch auf die Einziehung der Tatgewinne auszudehnen. Die Regelung des § 85 StGB-E 1919 fand jedoch bereits keine Aufnahme in den Entwurf Radbruchs von 1922. Der Gesetzgeber wie auch die Entwurfsverfasser hielten eine mittelbare Abschöpfung des Tatentgelts und des Tatgewinns über die Geldstrafe für ausreichend. Mit der Verordnung über Vermögenstrafen und Bußen vom 6. Februar 1924, wurde eine solche Vorschrift als § 27c in das Strafgesetzbuch eingeführt. Dies führte anscheinend dazu, dass es im Rahmen der weiteren Reformarbeiten um die ehemals erwogene Regelung zunächst eher ruhig blieb und eine dem heutigen Verfall entsprechende allgemeine Vorschrift in den Entwürfen keine Aufnahme mehr fand. Lediglich in den Beratungen zum E 1933 war beantragt worden, die Einziehung in § 52 auch auf die durch die strafbare Handlung erworbenen Sachen zu erstrecken. Von einer Erweiterung der Einziehungsmöglichkeiten auf diese Fälle war jedoch abgesehen worden. Zum einen deswegen, da man in der Durchführung auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen würde. Dies insbesondere im Hinblick auf die beim Diebstahl erworbene Sache, da sie dem Bestohlenen aus zivilrechtlichen Gründen wieder zurückgegeben werden müsse. Zum anderen, weil man sich vom Grundgedanken der Sicherung, dem man dem § 52 beimaß, entfernen würde und man das Bedürfnis, auch unlauter erlangte Gegenstände den Beteiligten zu entziehen, durch die Strafe der Verfallerklärung im Besonderen Teil des Strafrechts, als genügend berücksichtigt angesehen hatte. Im E 1936 war vorgesehen, eine allgemeine Vorschrift unter der Überschrift „Verfall“ aufzunehmen, die den Vollzug der in den Delikten des Besonderen Teils teilweise vorgesehenen Verfallerklärung regeln sollte. In dieser Vorschrift waren für den Verfall erstmals die Anordnung des Wertersatzes und der Ersatzfreiheitsstrafe in allgemeiner Fom vorgesehen. Der Begriff des „Verfalls“ war gewählt worden, um ihn von der „Einziehung“, die als reine Sicherungsmaßregel ausgestaltet war, zu unterscheiden. Nunmehr wurde erstmals in der Geschichte des Strafgesetzbuches dogmatisch zwischen dem Rechtsinstitut der Einziehung und dem des Verfalls unterschieden. Die Einführung der Vorschrift hing insbesondere damit zusammen, dass im Rahmen der 2. Lesung des nach 1. Lesung teilweise schon umgestalteten E 1933 beschlossen worden war, das Geldbußensystem auf das Tagesbußensystem nach skandinavischem Vorbild umzustellen.2 Damit bestand die Möglichkeit, das durch die Straftat Erlangte mittelbar über die Geldbuße abzuschöpfen, wie es nach § 27c StGB möglich war, nach Ansicht der Kommissionsmitglieder nicht mehr. Die Abschöpfung des Gewinns sollte nunmehr einzig über die Verfallerklärung möglich sein. Trotz 2

Rietzsch in Gürtner, das kommende deutsche Strafrecht, 2. Aufl. S. 144.

Zehntes Kapitel: Zusammenfassung und Würdigung

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dieses Beschlusses war im Rahmen der Kommissionsberatungen aber nicht darüber diskutiert worden, eine allgemeine Vorschrift, die die Anwendung des Verfalls allgemeingültig regelte, aufzunehmen. Diskussionen zu diesem Themenbereich lebten erst wieder nach dem 2. Weltkrieg auf, nachdem 1954 die Wiederaufnahme der Strafrechtsreform beschlossen worden war. Angestoßen wurde die Diskussion durch die angedachte Reform der Geldstrafe, als deren „Nebenprodukt“ das Institut des Verfalls in seiner heutigen Form dem Grunde nach entstanden ist.3 Die Ausschussmitglieder hatten, wie bereits die Kommissionsmitglieder in den Beratungen zum E 1933, entschieden, das Geldstrafensystem des geltendenden Strafgesetzbuches auf das Tagesbußensystem nach skandinavischem Vorbild umzustellen, wobei auch sie der Meinung waren, dass damit der bisherige Weg, illegal erworbene Tatvorteile mittelbar über die Bemessung der Geldstrafe zu entziehen, nicht mehr möglich war. Bei der sich daran anschließenden Frage, wie in Zukunft mit den vom Täter erzielten Tatvorteilen umzugehen sei, entschied man sich, diese durch die Reform der Geldstrafe entstandene Lücke durch das Institut der Verfallerklärung zu erfassen. Das Ergebnis der Kommissionsarbeiten war die Aufnahme des neuen Instituts unter dem Begriff „Verfall“ in den §§ 109–112 E 1960 wie auch in den E 1962. Im Gegensatz zur Regelung im E 1936 handelte es sich bei § 109 E 1962 um eine allgemeine Regelung, die nicht nur die Abschöpfung des Gewinns ermöglichte, den der Täter aus einer Tat erzielt hatte, sondern darüber hinaus auch die des Entgelts, das ein Beteiligter für die Tat erhalten hatte. Im Zuge der Beratungen über die Vorschriften des E 1962 im Rahmen des Sonderausschusses wurden die Vorschriften über den Verfall erheblich geändert. Beschlossen wurde die Zusammenfassung der Begriffe „Entgelt“ und „Gewinn“ unter den Begriff „Vermögensvorteile“. Der Begriff des Vermögensvorteils wurde dahingehend verstanden, dass dem Verfall nur der Nettogewinn des Täters unterliegen sollte. Eine weitere wesentliche Änderung im Vergleich zum E 1962 bestand darin, dass für die Anordnung des Verfalls bereits eine rechtswidrige Tat ausreichen sollte.4 Die Verfallvorschriften traten nach den Beratungen durch das Zweite Gesetz zur

3 4

So auch Gürtner, Gewinnabschöpfung, S. 14. Den Kommissionsmitgliedern fehlte es an einem sachlichen Grund, dem Tatbeteiligten, der schuldlos den Strafvorschriften zuwidergehandelt hat, die erlangten Vermögensvorteile zu belassen. Das kriminalpolitische Bedürfnis, den Verfall vom Tatverschulden zu lösen, offenbare sich dann, wenn trotz starker Verdachtsgründe der Schuldnachweis misslinge. AE, Begründung zu § 83, S. 157; Lieckfeld, Verfallsanordnung, S. 165.

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Reform des Strafrechts (2. StrRG) vom 4. Juli 1969 als §§ 73 ff. StGB am 1. Januar 1975 in Kraft.5 Jedoch bestehen zwischen den Fassungen der §§ 73 ff. StGB und denen der heute gültigen Fassungen noch Unterschiede, die auf weitere Gesetzesänderungen zurückzuführen sind. In § 73 StGB wird heute von „etwas“ gesprochen. Dieses Wort wurde erst durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, das am 28. Februar 1992 in Kraft getreten war, eingefügt und ersetzte das bis dato bestehende Wort „Vermögensvorteil“. Parallel dazu wurden in § 73 Abs. 1 Satz 2, § 73b StGB die Worte „den Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde“ durch „dem Täter oder Teilnehmer das aus der Tat Erlangte entziehen würde“ ersetzt. Bezweckt werden sollte damit in § 73 StGB der Übergang vom Netto- auf das Bruttoprinzip. Die Änderung des § 73b StGB war eine daraus folgende Notwendigkeit. Die Änderung griff den im OrgKG hierzu geplanten Änderungen vor. Durch das OrgKG wurde im Jahre 1992 erstmals der erweiterte Verfall als § 73d StGB in das Strafgesetzbuch eingefügt und der bis dahin aktuelle § 73d zu § 73e umnummeriert. Die Regelung sah die Anwendung des Bruttoprinzips in § 73d StGB vor. § 73d StGB ist als erweiterte Blankettnorm vorgesehen. Zurück geht die Fassung im Wesentlichen auf den Vorschlag im „Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterter Verfall“ vom 11. November 1989, in dem der Verfall noch auf den Bereich der Betäubungsmittelkriminalität beschränkt worden war. Der heute in § 73d Abs. 1 StGB vorfindliche Verweis auf die Ausschlussklausel des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB, mit dem den Rechten Dritter Vorrang eingeräumt werden soll, wurde erst durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten im Jahre 2007 eingefügt.

II. Einziehung und Unbrauchbarmachung Die Arbeit hat gezeigt, dass auch die den Vorschriften der §§ 40–42 RStGB zugrunde liegenden Gedanken bereits im römischen Recht erkennbar waren, und dass Vorläufer der heutigen gesetzlichen Regelungen schon in den strafgesetzlichen Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts sowie im Nebenstrafrecht gefunden werden können. Im Gegensatz zu den Vorschriften des Verfalls waren die Einziehungsvorschriften des Allgemeinen Teils seit Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches dessen Bestandteil. Ihre Entwicklungsgeschichte ist mithin eine deutlich längere als die der Verfallsvorschriften. Vergleicht man die Einziehungsvorschriften der §§ 40–42 RStGB mit den heutigen §§ 74 ff. StGB so fällt insbesondere auf, dass sie teilweise übereinstimmende Voraussetzungen 5

BGBl. I 717; abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Strafgesetzbuch, Band 2, S. 114 ff.

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aufweisen. Dies verdeutlicht, dass die heutigen Vorschriften auf einer Weiterentwicklung der damaligen Vorschriften beruhen. So knüpfte bereits § 40 RStGB in Übereinstimung mit dem heutigen § 74 StGB seine Anwendungsvoraussetzungen an eine vorsätzliche Tat. In beiden Vorschriften ist die Einziehung fakultativ ausgestaltet. Der Einziehung unterlagen wie auch heute die „hervorgebrachten“ und „gebrauchten oder bestimmten Gegenstände“. Die heutige Vorschrift dehnt die Einziehung abweichend von § 40 RStGB auf „Sachen“ aus, die bereits zur Vorbereitung einer Straftat bestimmt gewesen oder zur Vorbereitung benutzt worden sind.6 Eine solche Ausdehnung des Anwendungsereichs war erstmals im E 1936 vorgesehen und seitdem aus den Folgeentwürfen nicht mehr verschwunden. Mit dem Begriff des „Gegenstandes“ war im RStGB im Gegensatz zum heutigen Recht nur ein körperlicher Gegenstand gemeint. In den Entwürfen 1911 bis 1936 hieß es anstatt „Gegenstände“ „Sachen“, da der Sprachgebrauch im Strafgesetzbuch an das des Bürgerlichen Gesetzbuches angepasst werden sollte. Erstmals im E 1927 war vorgesehen, neben den Sachen auch die „sonstigen Vermögenswerte“, mithin Forderungen und Bankgutaben etc. der Einziehung zu unterwerfen. Im E 1930 war die Einziehung dieser Vermögenswerte nicht vorgesehen, da im Rahmen der Beratungen erhebliche Bedenken gegen die Ausweitung bestanden hatten. Die Entwürfe 1933, 1936 sahen die Erweiterung wieder vor, wobei es im E 1936 anstatt „sonstige Vermögensgegenstände“ „Rechte“ hieß. In den Entwürfen ab 1958 wurde, entsprechend des heutigen Rechts, nur noch von „Gegenständen“ gesprochen, wobei damit die körperlichen, wie auch die nichtkörperlichen Gegenstände gemeint waren. Ebenfalls identisch in damaligen und heutigen Fassung ist die Beschränkung auf Gegenstände, die dem Täter oder Teilnehmer gehören. § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB bestimmt ferner, dass es im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse auf den Zeitpunkt der Entscheidung ankommt. Eine entsprechende Regelung fehlte seinerzeit in § 40 RStGB, so dass in der Folgezeit streitig war, ob es auf den Zeitpunkt der Tat oder aber den der Entscheidung ankam. Die herrschende Literatur sowie die Rechtsprechung hatten sich für den Zeitpunkt der Entscheidung ausgesprochen. Der Entwurf von 1909 sprach sich in seiner Begründung ebenfalls für diesen Zeitpunkt aus, ohne dies jedoch im Rahmen des § 54 VE wörtlich auszudrücken. Erstmals in § 52 Abs. 2 E 1930 wurde ausdrücklich bestimmt, dass es auf die Eigentumsverhältnisse bei Begehung der Tat ankommen sollte. Dem schlossen sich der E 1933 sowie der E 1958 und der E 1959 I an. Die Entwürfe ab dem E 1959 II stellten 6

Vgl. zum neuen Einziehungsrecht auch: Bode, NJW 1969, S. 1052 ff.

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wieder auf den Zeitpunkt der Entscheidung ab, wobei sie dies, im Gegensatz zum § 40 RStGB, in der Vorschrift selbst zum Ausdruck brachten. Von der Voraussetzung, dass die Gegenstände dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehören müssen, macht die aktuelle Regelung des § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB einige Ausnahmen. Danach kann die Einziehung auch dann angeordnet werden, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter nicht gehören oder zustehen, sie aber nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen. In diesem Fall ist die Einziehung zudem gem. § 73 Abs. 3 StGB als Ausnahme zu Abs. 1 auch dann möglich, wenn der Täter ohne Schuld gehandelt hat. Eine ähnliche Ausnahmevorschrift findet sich in der normengeschichtlichen Entwicklung erstmals in dem privaten Gegenentwurf von 1911. So war nach § 80 Abs. 2 GE 1911 das Vorliegen des objektiven Tatbestandes, ohne Rücksicht auf die Person des Eigentümers oder die Strafbarkeit der Person ausreichend, sofern das Verbleiben des Gegenstandes in der Gewalt des Inhabers oder im Verkehr die Rechtssicherheit gefährdet. Im Unterschied zur heutigen Regelung war die Einziehung obligatorisch vorgeschrieben. Die Idee ging zurück auf den Vorschlag Goldschmidts in seiner vergleichenden Darstellung, der die Aufnahme zweier gesonderter Bestimmungen über die Einziehung vorgeschlagen hatte, wobei eine davon ähnlich dem § 80 Abs. 2 GE 1911 als Präventivmaßregel ausgestaltet werden sollte. In den Beratungen zum Vorentwurf 1909 hatten sich die Kommissionsmitglieder gegen den Vorschlag Goldschmidts ausgesprochen, da es für die Ausgestaltung einer gesonderten Bestimmung über die Einziehung als Präventivmaßregel an der Notwendigkeit und dem Bedürfnis in der Praxis gefehlt habe. Hinzu kam, dass das Merkmal „der Gefährdung anderer durch Belassen des Gegenstandes im Verkehr“ als unzureichend umgrenzt angesehen worden war, um eine einigermaßen gleiche Anwendung der Vorschrift gewährleisten zu können. Mit diesem Argument wurde eine Übernahme des § 80 Abs. 2 GE 1911 in den Kommissionsentwurf von 1913 ebenfalls abgelehnt. Erstmals im E 1936 hatte man sich dann dazu entschieden, die Einziehung in § 77 komplett als Sicherungsmaßregel auszugestaltet und ihre Anordnung, ähnlich wie die heutige Ausnahmevorschrift des § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB, aufgrund der Gefährlichkeit eines Gegenstandes, der in näherer Beziehung zur Begehung oder Verbreitung einer mit Strafe bedrohten Tat steht, zuzulassen. Eine Einziehung aus anderen Gründen sollte nicht möglich sein. In Übereinstimmung mit § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 StGB sollte es nicht darauf ankommen, in wessen Eigentum die Gegenstände standen und ob der Täter schuldhaft gehandelt hatte. Im Gegensatz zu § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfolgte die Einziehung auch bei fahrlässiger Begehung der Tat. Zudem war sie grundsätzlich zwingend vorgeschrie-

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ben, wobei im Rahmen des zweiten Absatzes dem Richter gestattetet wurde, Ausnahmen zu machen. Auch der AE schlug diese Form der Ausgestaltung vor. In den Beratungen nach 1954 entschied man sich jedoch dagegen. In den Entwürfen E 1958 1959 I, 1959 II 1960, 1962 war vielmehr eine dem § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB im Wesentlichen entsprechende Ausnahmevorschrift vorgesehen. Mithin eine allgemeine Einziehungsvorschrift für gefährliche Gegenstände. Die Kommissionsmitglieder hatten sich dafür ausgesprochen, die Frage der Notwendigkeit der Einziehung dieser Gegenstände nicht mehr von Fall zu Fall im Besonderen Teil des Strafrechts oder im Nebenstrafrecht zu regeln, da sie insoweit der Meinung waren, dass dadurch nicht alle Fälle erschöpfend erfasst werden konnten. Obwohl im Rahmen der Beratungen des Umdrucks J 28 anfangs noch angedacht gewesen war, mit dieser Regelung auch Fahrlässigkeitsdelikte zu erfassen, hatten sich die Kommissionsmitglieder dafür entschieden, nur vorsätzliche Taten zu erfassen und bei fahrlässiger Begehung im Rahmen des Besonderen Teils oder des Nebenstrafrechts entsprechende Regelungen zu treffen, sofern sie aus kriminalpolitischen Gründen für notwendig erachtet wurden. Im Hinblick auf die unterschiedslose Einziehung gegenüber dem gutgläubigen Dritteigentümer gingen die Entwürfe E 1958 und 1959 I über die Regelungen des heutigen 74 StGB hinaus. Nach § 120 Nr. 1 E 1958 war die Einziehung in Abweichung zu § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB bereits dann möglich, wenn die Gegenstände zur Zeit der Tat dem Täter oder Teilnehmer gehört oder zugestanden haben. Das hatte zur Folge, dass wenn der Täter das Eigentum an dem Gegenstand nach der Tat an einen Dritten übertragen hattte, dieser Eigentumswechsel die Einziehung nicht hindern sollte. Der neue Eigentümer sollte dafür unter bestimmten Voraussetzungen lediglich entschädigt werden. Da jedoch der BGH bereits entschieden hatte, dass die Einziehung gegenüber an der Tat nicht beteiligten Dritten nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen dürfe, wurde die Vorschrift in den Entwürfen 1959 II, 1960 sowie 1962 eingeengt. Nach § 113 Abs. 2 Nr. 1 E 1962 kam es grundsätzlich wieder auf die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung an. Eine unterschiedslose Einziehung war dann vorgesehen, wenn der Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Tat Eigentümer gewesen war und der, der im Zeitpunkt der Entscheidung Eigentümer des Gegenstandes war, gewisse in § 113 Abs. 2 Nr. 2a–c) E 1962 bestimmte Voraussetzungen erfüllte. In den Beratungen der Sonderkommission entschied man sich dann dafür, die unterschiedslose Einziehung im Sinne des § 113 Abs. 2 Nr. 2 E 1960 nicht mehr allgemein zuzulassen. Man hielt die Einziehung zu Lasten eines Dritten, wie sie noch im E 1962 vorgesehen war für zu ausufernd und schränkte sie deshalb wieder erheblich ein.

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Eine dem § 74 Abs. 4 StGB vom Grundgedanken her ähnliche Bestimmung wurde erstmals in § 54 Abs. 1 S. 2 E 1909 vorgeschlagen. Darin wurde die Einziehung „bei anderen strafbaren Handlungen in den durch das Gesetz besonders vorgesehenen Fällen“ für zulässig erklärt. Diese Ergänzung war dem Umstand geschuldet, dass § 40 ausdrücklich auf „vorsätzliche Verbrechen und Vergehen“ beschränkt war, es aber, wie heute noch, Sonderbestimmungen gab, die die Einziehung auch bei anderen strafbaren Handlungen zuließen. Für diese Fälle fehlte es an einer ausdrücklichen Regelung über die Anwendbarkeit der §§ 40 ff. RStGB auch auf jene Einziehungsvorschriften. Nach den Entwürfen 1913 bis 1930 sowie 1936 bis 1962 war eine Teileinziehung möglich gewesen, was durch die Worte „ganz oder teilweise“ klargestellt wurde. Auch wenn man in der heutigen Fassung den Zusatz „ganz oder teilweise“ nicht mehr findet, so war mit dessen beschlossener Streichung im Rahmen der Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform keine Abkehr von diesem Grundsatz gewünscht. Vielmehr wurde dieser in § 73b Abs. 3 StGB aufgenommen. § 74a StGB, der als Blankettnorm ausgestaltet ist, bildet eine im Vergleich zum RStGB neue Grundlage für die Einziehung von Gegenständen, die tatunbeteiligten Dritten gehören oder zustehen, sofern ein Gesetz auf ihn verweist. Er lässt abweichend von § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB die Einziehung von Gegenständen zu, die zur Zeit der Entscheidung einem Dritten zustehen oder gehören, sofern dieser entweder wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist oder er die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat. Erstmals in § 121 E 1958 war eine dem § 74a StGB ähnliche Regelung als alleinige Vorschrift für die Einziehung gegenüber Dritten vorgesehen. Die in den Entwürfen angedachte Einführung der Vorschrift hing vor allem damit zusammen, dass sich in der Rechtsprechung und dem Schrifttum Bemühungen entfaltet hatten, im Hinblick auf das in Kraft befindliche Grundgesetz den Bereich der in älteren Vorschriften des Nebenstrafrechts und des Besonderen Teils des StGB vorgesehenen unterschiedslosen Einziehung rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechend einzuengen. Bei den entsprechenden Vorschriften in den Entwürfen 1958 bis 1962 handelte es sich dabei noch nicht um Blankettnormen, wie es heute bei § 74a StGB der Fall ist. Vielmehr sollte deren Anwendungsbereich bereits dann eröffnet sein, wenn eine besondere gesetzliche Vorschrift die Einziehung ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse vorschrieb. Ein Verweis auf die hier in Rede stehende Vorschrift war nicht notwendig. Die Einengung der Vorschrift durch Umgestaltung zu einer Blan-

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kettvorschrift wurde erst in den Beratungen des Sonderausschusses beschlossen. Man sah ein Bedürfnis für diese Form der unterschiedslosen Einziehung nur in sehr eng begrenzten Fällen und wollte dies auch deutlich zum Ausdruck bringen. Zudem war in den Entwürfen 1958 bis 1962 die unterschiedslose Einziehung auch dann möglich gewesen, wenn der Täter aus der Tat in verwerflicher Weise einen Vermögensvorteil gezogen hatte. Dieser Vorschlag sollte in erster Linie die Fälle erfassen, in denen der Dritte Hehler oder an der durch die Tat erlangten Beute beteiligt gewesen war oder den Täter um des eigenen Vorteils willen begünstigt hatte. Diese Regelung wurde im Rahmen der Beratungen des Sonderausschusses abgelehnt, da die bloße Vorteilsziehung eine Entziehung des Eigentums nicht rechtfertige. Weiterhin wurde aus gleichen Gründen die in den Entwürfen E 1958 bis 1962 vorgesehene Möglichkeit, die Einziehung wegen Quasi-Beihilfe auch dann zuzulassen, wenn die dem Dritten gehörige Sache nicht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung, sondern einer mit ihr zusammenhängenden anderen rechtswidrigen Tat gewesen ist, abgelehnt. Im Gegensatz zu § 74 StGB sind von § 74a StGB auch Beziehungsgegenstände erfasst, was durch die Worte „Gegenstand der Tat“ zum Ausdruck kommt. Eine Vorschrift, die entsprechend § 74b StGB den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Einziehung regelt, gab es im RStGB nicht. Ihre Einführung wurde erst in den Beratungen des E 1962 und des AE unter Hinweis auf das Grundgesetz beschlossen. Sie trägt der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, wonach jeder Eingriff in den grundrechtlich geschützen Bereich unter dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck steht. Das RStGB sah seinerzeit keine Möglichkeit einer Wertersatzeinziehung entsprechend des heutigen § 74c StGB vor. Die Möglichkeit einer Ersatzeinziehung im Hinblick auf die producta und instrumenta sceleris war erstmals in § 52 E 1930 und E 1933 vorgesehen worden. Im E 1936 war sie hingegen nicht wieder aufgenommen worden, was damit zusammenhing, dass die Einziehung einzig als Sicherungsmaßnahme ausgestaltet worden war und die ersatzweise Verurteilung zur Zahlung eines dem Wert des Gegenstandes entsprechenden Geldbetrages als mit der Rechtsnatur der Maßnahme nicht vereinbar angesehen wurde. In den Entwürfen E 1958 und 1959 I fehlte ebenfalls eine entsprechende Regelung da man sie aufgrund des Umstandes nicht für notwendig erachtete, dass eine Einziehung gegenüber dem Dritten, der die Sache nach der Tat vom Täter erworben hat, auch dann möglich sein sollte, wenn dieser gutgläubig gewesen war. Nachdem sich die Kommissionsmitglieder im Rahmen der Beratungen der Ergebnisse erster Lesung jedoch dafür

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entschieden hatten, die Einziehung gegenüber dem gutgläubigen Dritten nicht mehr zuzulassen, da dieser Weg mit Art. 14 GG nicht vereinbar sei, entschieden sie sich zur Schließung der dadurch entstehenden Lücke dazu, die Einziehung des Wertersatzes zuzulassen. Die Regelung des 74c Abs.1 StGB war deshalb in ähnlicher Form im § 115 Abs. 1 und 2 der Entwürfe 1960, 1962 enthalten. Im Zuge der Beratungen des E 1962 hatte man beschlossen, den Satz 2 des § 115 Abs. 2 E 1962 zu einer eigenen Vorschrift auszugestalten. Neu eingefügt wurde der heutige zweite Absatz, der zu einer Erweiterung der Wertersatzeinziehung geführte. Die Absätze 3 und 4 entsprechen denen des § 115 Abs.3 und 4 E 1960, 1962. Eine Vorschrift, die die Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften regelte, enthielt bereits das RStGB in § 41. § 74d Abs. 1 StGB bestimmt zunächst, unter welchen Voraussetzungen Einziehung und Unbrauchbarmachung erfolgen können. Abweichend von § 41 Abs. 1 RStGB sollen die Schriften nicht mehr unbrauchbar gemacht, sondern eingezogen werden. Die Einziehung anstelle der Unbrauchbarmachung war seit dem VE 1909 und den Folgeentwürfen vorgesehen worden. Die Änderung wurde seinerzeit damit begründet, dass dies eine Vereinfachung für die vollstreckende Behörde darstellen würde. Damals wie heute setzt die Einziehung der Schriften voraus, dass sie einen bestimmten Inhalt haben. Diesen Inhalt umschrieb § 41 Abs. 1 RStGB dahin, dass er „strafbar“ sein müsse. Diese Fassung wurde dahin ausgelegt, dass die Schrift inhaltlich dergestalt den äußeren Tatbestand einer strafbaren Handlung verkörpern müsse, dass eine strafbare Handlung vorliege, wenn lediglich ein schuldhafter, aber an sich neutraler Akt, wie z.B. ein Verbreiten, hinzutrete. Ob er wirklich hinzutrat, spielte hingegen keine Rolle.7 Das Abstellen auf das Vorliegen des objektiven Tatbestandes versuchten Entwürfe wie beispielsweise der E 1927 durch sprachliche Veränderungen besser zum Ausdruck zu bringen. So auch die Regelung in § 74d Abs. 1 StGB mit den Worten „Tatbestand eines Strafgesetzes“. Weiterhin stieß das Abstellen auf den Inhalt der Schrift auf Bedenken, da der Inhalt einer Schrift als solcher niemals strafbar sein könne, vielmehr nur das Verhalten eines Menschen in Bezug auf eine Schrift bestimmten Inhalts. Dem versuchten andere Entwürfe wie etwa die von 1927 und 1936 Rechnung zu tragen, indem sie die Eingangsworte der Vorschrift entsprechend änderten und, entsprechend § 74d StGB, auf das Verbreiten abstellten. Auch § 116 E 1962 wollte dem Rechnung 7

So auch: Schmidt in LK, § 74d, Rn. 5. In den Entwürfen ab 1909 war man sich einig geworden, dass durch die Worte „strafbarer Inhalt“ ausgedrückt werde, dass die Verwirklichung lediglich des objektiven Tatbestandes für die Anwendbarkeit der Vorschrift Voraussetzung ist.

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tragen und bezeichnete als einziehungsfähig „Schriften, die Mittel oder Gegenstand einer rechtswidrigen Tat gewesen sind und die einen solchen Inhalt haben, dass jede Verbreitung den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde“. Ebenso stellt § 74d StGB auf das Verbreiten ab. Allerdings wurde die Vorschrift in dem Bestreben verändert, die Einziehungsvoraussetzungen unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten enger zu umreißen und schärfer zu präzisieren. Anknüpfungstatbestand ist nunmehr die Verbreitung mindestens eines Stücks durch eine rechtswidrige Tat oder die Bestimmung zur Verbreitung. Die „Strafbarkeit“ des Inhalts der Schrift ist in der Weise bestimmt, dass entweder jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis des Inhalts den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde (Abs. 1, 2) oder dass zu einer solchen Verbreitung weitere Tatumstände hinzutreten müssen (Abs. 3).8 Abweichend von § 41 RStGB, der auf die Unbrauchbarmachung der zur Herstellung der Schrift etc. bestimmten Platten und Formen beschränkt war, bezieht sich § 74d Abs. 1 StGB erstmals generalklauselartig auf alle zur Herstellung der Schriften gebrauchten oder bestimmten Vorrichtungen. § 74d Abs. 2 StGB bestimmt, auf welche Exemplare sich die Einziehung erstreckt. Den Kreis der von der Einziehung betroffenen Besitzer umschrieb § 41 Abs. 2 RStGB mit „Verfasser, Drucker, Herausgeber, Verleger oder Buchhändler, wobei diese Aufzählung des als „gefährlich“ bewerteten Besitzerkreises als abschließend angesehen wurde. In § 53 E 1927 war der Besitzerkreis durch den „Schriftleiter“ erweitert worden. In den Entwürfen 1930, 1933 bezog sich die Einziehung generell auf alle zur Verbreitung bestimmten Schriften ohne eine Begrenzung auf einen bestimmten Personenkreis. Die Entwürfe 1958–1962 sahen wieder eine Begrenzung auf einen bestimmten Personenkreis vor, wobei sie die beispielhafte Aufzählung bestimmter Gruppen von Besitzern im Vergleich zu § 41 Abs. 2 RStGB durch die Verbindung mit der Generalklausel „oder andere an der Herstellung, Veröffentlichung, Vorführung oder Verbreitung mitwirkende Personen“ ausweiten wollten. § 74 Abs. 2 StGB verzichtet hingegen auf eine Aufzählung einzelner Besitzergruppen, da dies zu einer einschränkenden Auslegung der Generalklausel führen könnte. Die Vorschrift sieht hingegen die Einziehung mit Wirkung gegen Dritte allgemein gegen alle Besitzer vor, die bei der Verbreitung der Stücke oder deren Vorbereitung mitgewirkt haben. § 74 Abs. 2 StGB erfasst erweiternd zudem auch noch die im Versand befindlichen Stücke. 8

So auch: Schmidt in LK, § 74d, Rn. 5. In den Entwürfen ab 1909 war man sich einig geworden, dass durch die Worte „strafbarer Inhalt“ ausgedrückt werde, dass die Verwirklichung lediglich des objektiven Tatbestandes für die Anwendbarkeit der Vorschrift Voraussetzung ist.

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Eine Regelung entsprechend § 74d Abs. 3 gab es im RStGB nicht. Auch unterschied § 41 RStGB nicht zwischen den beiden Fällen, mit der Folge, dass auch im Falle des jetzigen § 74d Abs. 3 StGB ohne Einschränkung die Einziehung obligatorisch auszusprechen war. Erstmals im E 1927 wurde zwischen der Strafbarkeit jeder Verbreitung und der Strafbarkeit bei einer Verbreitung unter besonderen Umständen unterschieden. Im letzteren Falle wurde die Anordnung ins Ermessen des Richters gestellt. Er konnte die Maßnahme anordnen, „soweit dies zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen erforderlich ist“. Dies wurde damit begründet, dass es sonst zu unangemessenen Härten kommen könnte. In den Entwürfen ab 1958 wurde der Erfassungsbereich der Vorschrift, die die Strafbarkeit einer Verbreitung unter besonderen Umständen regelte, enger gefasst. Die Maßnahme wurde von diesem Zeitpunkt an auf die Gegenstände beschränkt, die sich zur Zeit der Tat im Besitz des Täters oder Teilnehmers befanden oder von ihm schon zur Verbreitung bestimmt waren. Im Zuge der Beratungen des Sonderausschusses wurde die zunächst in § 120 Abs. 2 E 1962 verortete ergänzende Vorschrift für Organe und Vertreter in die Regelung des § 74d Abs. 3 Nr. 1 StGB integriert. § 74d Abs. 4 erstreckt die Vorschrift über die Einziehung von Schriften solchen Inhalts, dass jede vorsätzliche Verbreitung in Inhaltskenntnis den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen würde, auf Schriften solchen Inhalts, dass die vorsätzliche mit Inhaltskenntis verbundene Ausstellung, Anschlagen, Vorführen oder in anderer Weise öffentliche Zugänglichmachung den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde. Damit trennt § 74d StGB entgegen dem § 41 Abs. 2 RStGB formal zwischen dem bloßen Verbreiten des Inhalts und dem gegenständlichen Verbreiten der Schrift selbst. Weiterhin schränkt die Vorschrift den Anwendungsbereich der Regelung im Verlgleich zu § 41 Abs. 2 RStGB und § 116 E 1962 ein, da Merkmal der Vorschrift künftig nicht mehr der öffentiche Ort, sondern das allgemeine Zugänglichmachen an einen unkontrollierten Personenkreis war. Das RStGB regelte die Wirkung der Einziehung, wie es in § 74e StGB vorgesehen ist, nicht. In § 40 wurde lediglich vorgeschrieben, dass die Einziehung im Urteil auszusprechen ist. Nach Inkrafttreten des RStGB entbrannte ein Streit darüber, in welchem Augenblick sich der Eigentumsübergang auf den Staat vollziehe. Die weitgehend herrschende Literatur sowie die Rechtsprechung hielten in Übereinstimmung mit § 74e Abs. 1 StGB die Rechtskraft der Entscheidung für den maßgeblichen Zeitpunkt. Auch der Gegenentwurf 1911 sowie die Entwürfe ab 1922 ordneten an, dass sich der Eigentumsübergang mit der Rechtskraft der Entscheidung bzw. des Erkenntnisses vollziehe, wobei die Regelung im GE 1911 sowie in den Entwürfen 1922 bis 1933 bei der Einzie-

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hung verortet war. Im E 1933 wurde der Satz in die Vorschrift zur selbständigen Anordnung integriert. In den Entwürfen nach 1954 wurde er, entsprechend der heutigen Regelung, in einer eigenen Vorschrift über die Wirkung der Einziehung aufgenommen. Damit einhergehend wurde erstmals in den Entwürfen 1958 bis 1962 bestimmt, dass Rechte Dritter an dem Gegenstand im Fall der Einziehung erlöschen. Eine diesbezügliche Regelung enthielt das RStGB nicht. Die Frage war in der Literatur streitig gewesen, wobei sich die überwiegende Meinung in der Literatur für das Erlöschen Rechte Dritter aufgrund der Gestaltungswirkung des Urteils ausgesprochen hatte. Erst im Rahmen der Beratungen des Sonderausschusses zum Entwurf 1962 entschied man sich für die heutige Fassung des § 74e Abs. 2 StGB. Nunmehr sollen die Rechte Dritter wegen der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG grundsätzlich bestehen bleiben. Ausnahmsweise ist das Erlöschen im Falle des § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB angeordnen, da die Gründe des Allgemeinwohls als verfassungsimmanente Schranke der Eigentumsgarantie aufgefasst werden, womit das Erlöschen der Rechte Dritter in diesem Fall als verfassungsgemäß eingestuft wird. Darüber hinaus darf das Erlöschen angeordnet werden, wenn den Eigentümer ein eigenes Verschulden im Sinne von § 74f Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 StGB trifft. Eine dem § 74 Abs. 3 StGB entsprechende Regelung, in der durch Verweis auf die Verfallsvorschriften bestimmt ist, dass die Anordnung der Einziehung zu einem Veräußerungsverbot im Sinne von § 136 BGB führt, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig ist, findet sich erstmals im E 1958. Eine dem heutigen § 74f StGB entsprechende Entschädigungsvorschrift existierte im RStGB nicht.9 Erstmals vorgeschlagen wurde die Aufnahme einer Entschädigungspflicht des Staates ins Strafgesetzbuch in § 52 Abs. 3 E 1930. Begründet wurde die Aufnahme in dem Entwurf im Wesentlichen damit, dass die Einziehung täterfremden Eigentums gegenüber dem Eigentümer eine Enteignung sei, die nicht ohne Entschädigung möglich sei. Allerdings wurde bereits in den Beratungen des E 1930 beschlossen, eine solche Vorschrift nicht aufzunehmen, da die Frage der Entschädigung aus der Staatskasse jedenfalls nicht im Strafgesetzbuch geregelt werden sollte. Darüber hinaus waren sich die Ausschussmitglieder generell uneinig, ob man eine Entschädigungspflicht des Staates überhaupt anerkennen sollte. Die Entschädigungsvorschrift war in den Folgeentwürfen E 1933 und E 1936 nicht wieder aufgenommen worden. Die 9

Es fanden sich lediglich vereinzelte Bestimmungen außerhalb des StGB, in denen bei Vernichtung oder Unbrauchbarmachung bestimmter Gegenstände, insbesondere seuchenverdächtiger Tiere, dem Betroffenen ein Entschädigungsanspruch zuerkannt wurde. Z.B. § 3 RinderpestG vom 7. April 1869, RGBl. S. 105 und §§ 57 ff. ViehseuchenG vom 23. Juni 1880, RGBl. S. 153.

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Entwürfe ab 1958 sahen wieder eine Entschädigungsvorschrift vor. Mittlerweile wurde eine solche Vorschrift wegen der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG für notwendig erachtet. Wenn die Einziehung als Sicherungsmaßregel ohne Rücksicht auf das Eigentum tatunbeteiligter und völlig „unschuldiger“ Eigentümer oder sonstiger Inhaber von Rechten am Einziehungsgegenstand unentbehrlich erschien, sollte der in seinen Rechten Beeinträchtigte entschädigt werden. Die heutige Vorschrift hat die Regelungen der Vorgängerentwürfe im Wesentlichen übernommen. Abs. 1 spricht den Grundsatz aus, dass tatunbeteiligte Dritteigentümer aus der Staatskasse zu entschädigen sind. Absatz 2 regelt die Voraussetzungen, unter denen die Entschädigungspflicht entfällt, sofern nicht die Härteklausel des Absatzes 3 zu einer Milderung führt. In den Entwürfen E 1958 bis E 1962 war in Absatz 2 die Entschädigung auch dann ausgeschlossen, wenn der Eigentümer aus der Tat einen verwerflichen Vermögensvorteil gezogen. Sie war im Rahmen der Beratungen des E 1962 und des AE gestrichen worden. Der Absatz 3 ist neu eingefügt worden und war in den Vorgängerentwürfen nicht vorgesehen. Eine Sondervorschrift, die wie § 75 StGB Sondermaßnahmen gegen juristische Personen im Zusammenhang mit der Einziehung regelt, existierte im RStGB nicht. Erstmalig vorgesehen war sie in § 126 E 1958. Die Regelung des § 126 Abs. 1 E 1958 ist vom erfassten Personenkreis her nahezu identisch mit dem des § 75 Nr. 1–3 StGB. § 126 E 1958 enthielt noch einen zweiten Absatz, der die Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften gegenüber Vertretenen regelte. Anders als § 126 Abs. 1 E 1958 erfasste die Regelung auch das Handeln von gesetzlichen und gewillkürten Vertretern, da der Sicherunsgzweck der Regelung überwiege. Im Zuge der Beratungen des E 1962 entschied man sich, den Regelungsinhalt des zweiten Absatzes in die Vorschrift über Einziehung und Unbrauchbarmachung zu integrieren, da der Grundsatz der Vorschrift dort besser zum Ausdruck komme und Verweisungen vermieden würden. Die heute in § 75 StGB vorgesehene Wertersatzeinziehung gegenüber juristischen Personen war erst in den Beratungen des E 1962 beschlossen worden. Die Regelung des § 75 Nr. 4 StGB war erst durch das 31. StrÄndG – 2. UKG vom 27. Juni 1994 ins Strafgesetzbuch eingeführt worden, was zu einer Ausweitung der Vorschrift auf Generalbevollmächtigte und Prokuristen oder Handelsbevollmächtigte in leitender Stellung führte. § 75 Nr. 5 StGB wurde durch das EGFinSchÜbkProt2AG von 22. August 2002 eingeführt und führte zur weiteren Ausdehnung der Vorschrift auf nunmehr alle Leitungspersonen. Zudem wurde der heutige Begriff „rechtsfähige Personengesellschaft“eingefügt.

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Das RStGB kannte keine dem § 76 StGB entsprechende Vorschrift, die die nachträgliche Anordnung von Verfall oder Einziehung des Wertersatzes zulässt. Die jetzige Regelung war in den Entwürfen 1959 II bis 1962 jeweils bei den Wertersatzvorschriften des Verfalls und der Einziehung verortet gewesen. Im Zuge der Beratungen des E 1962 wurde der Beschluss gefasst, dass man die Regelungen als gemeinsame Vorschrift zusammenfasst. Das OrgKG hat die Vorschrift durch Einführung des § 73d Abs. 2 StGB erweitert. Eine Vorschrift, die wie § 76a StGB die selbständige Anordnung der hier in Rede stehenden Maßnahmen regelte, findet sich bereits in § 42 RStGB. Abweichend von der heutigen Vorschrift bezog sich die Regelung nur auf die Fälle der §§ 40, 41 RStGB, mithin nur auf die Einziehung und Unbrauchbarmachung geregelt im Allgemeinen Teil. Durch die Fassung in den Entwürfen ab E 1919, in der selbständige Anordnung wie in der heutigen Regelung nicht mehr auf die Vorschriften der Einziehung und Unbrauchbarmachung des Allgemeinen Teils beschränkt wurden, wurde die Vorschrift generell auf alle Fälle ausgedehnt, bei denen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden konnte, im übrigen aber die Voraussetzungen der Vorschrift vorlagen, die die Einziehung zuließ. Die heutige Vorschrift des § 76a StGB unterscheidet erstmals zwischen dem Verfall und der Einziehung und bei der Einziehung zwischen dieser Maßnahme als nebenstrafähnlicher Maßnahme, die im selbständigen Verfahren angeordnet werden kann, auch wenn tatsächliche Hindernisse der Verfolgung oder Verurteilung entgegenstehen (Absatz 1), und der Einziehung sowie Unbrauchbarmachung als Sicherungsmaßnahme, bei der auch rechtliche Gründe, die eine subjektive Verfolgung hindern, die selbständige Einziehung nicht ausschließen, es sei denn, dass entweder ein besonderes Gesetz Abweichendes bestimmt oder wenn ein Strafverlangen oder eine gleichgestellte Erklärung fehlt, von der das Gesetz die subjektive Verfolgung abhängig macht. Die Regelung in § 42 RStGB unterschied zwischen den Hindernissen nicht. Es war vielmehr der Streit entbrannt, welche Hindernisse von der Regelung erfasst seien. Durch die Streichung der in § 41 RStGB vorkommenden Worte „nicht ausführbar“ ab den Entwürfen 1909, solle diese Unklarheit und der Streit beigelegt werden. Es sollten beide Hinderungsgründe erfasst werden, ohne dass eine Unterscheidung entsprechend der heutigen Regelung vorgenommen wurde. In den Erörterungen des Sonderausschusses entschied man sich gegen die Gleichbehandlung beider Fälle und damit gegen eine Fassung entsprechend der Regelung im E 1962 und den Vorgängerentwürfen. Die Ausschussmitglieder waren der Meinung, dass man im Hinblick auf die Voraussetzungen, an die die selbständige Anordnung genüpft werden sollen, auf die jeweilige Rechtsnatur der vorgesehenen Maßnahme abstellen müsse. Soweit die Maßnahme Strafcharakter habe, dürfe nur das Vorliegen

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von tatsächlichen Verfolgungshindernissen zur Anwendung der Vorschrift führen, da man ansonsten aus der Nebenstrafe des § 40 RStGB eine von allgemeinen Strafbarkeits- und Verfolgungsvoraussetzungen losgelöste Hauptstrafe schaffe. Sofern die Maßnahme eine Sicherungsmaßnahme sei, solle hingegen das selbständige Verfahren auch dann möglich sein, wenn aus rechtlichen Gründen keine Person verfolgt werden konnte, da die Sicherungsmaßnahme zum Schutz der Allgemeinheit auch dann als sachlich geboten angesehen wurde. Die Regelung in Absatz 3 geht zu einem Teil zurück auf den E 1958, in dem erstmals die Zulässigkeit des selbständigen Verfahrens erweitert wurde, indem dieses auch dann zugelassen sein sollte, wenn das Gesetz von einer Strafe absah. Weiterhin geht sie zurück auf die Entwürfe 1960, 1962, in denen die Zulässigkeit des selbständigen Verfahrens um einen weiteren Punkt erweitert wurde. Es sollte auch dann zulässig sein, wenn das Verfahren nach dem Opportunitätsprinzip eingestellt worden ist.

B) Würdigung Die normengeschichtliche Entwicklung der hier untersuchten Eigentumssanktionen zeigt, dass die heutigen Einziehungsvorschriften der §§ 74 ff. StGB ihre Wurzeln in den §§ 40 ff. RStGB haben und auf deren Weiterentwicklung beruhen. Bei den Verfallsvorschriften hingegen ist eine solche Entwicklungsgeschichte nicht zu erkennen. Die in dieser Arbeit untersuchte Entwicklung der Einziehungs-, Verfalls- sowie Unbrauchbarmachungsvorschriften zeigt vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren im Bereich des Strafrechts intensiv geführten Kontinuitätsdebatte, dass weder die den Vorschriften zugrunde liegenden Gedanken, noch die Rechtsinstitute an sich eine Besonderheit des Strafrechts aus der NS-Zeit sind. Vielmehr ist eine Entwicklung zu erkennen, die bereits vor 1933 in der Strafsrechtsdogmatik angelegt war und nach 1945 nicht abgerissen ist.10 So reichen die den einzelnen Rechtsinstituten zugrunde liegenden Gedanken bis ins römische und gemeine Recht zurück und waren vor dem Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches wie auch während der Strafrechtsreformen ständig präsent. Die Vorschriften über Einziehung und Unbrauchbarmachung hatten von Anfang an Aufnahme ins Reichsstrafgesetzbuch gefunden und waren von da an feste Bestandteile jedes in dieser Arbeit untersuchten Strafgesetzbuchentwurfs gewesen. Auch wenn die Ausgestaltung der Einziehung im § 77 E 1936 im Vergleich zu § 40 RStGB eine völlig neue Gestalt erhalten hatte, da sie ausdrücklich als Sicherungsmaßnahme ausgestaltet worden war, war die Idee keine grundsätzlich neue. Bereits Goldschmidt 10

Vgl. zur Kontinuitätsdebatte im Strafrecht: Vormbaum, Juristische Zeitgeschichte, S. 6 ff.

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hatte sich dafür ausgesprochen, eine Einziehungvorschrift aufzunehmen, die den Charakter einer strafrechtlich zu verhängenden Präventivmaßregel haben sollte. Der Gedanke an die Einziehung als Sicherungsmaßnahme hatte zudem auch in den Entwürfen aus der Zeit vor dem Nationalsozialismus, vor allem in den Beratungen der einzelnen Kommissionen, sowie später dann auch in den Beratungen ab 1954 eine wichtige Rolle gespielt. Im E 1936 sollte in den Allgemeinen Teil eine Vorschrift aufgenommen werden, die den Vollzug des Verfalls regelte. Diese Vorschrift und der dahinter stehende Gedanke waren jedoch keine Neuerung der nationalsozialistischen Rechtslehre. Ähnliche Vorschriften und damit insbesondere der Gedanke an die Abschöpfung von Tatentgelten und -gewinnen finden sich sowohl vor der Zeit des Nationalsozialismus, wie auch danach. Eine Vorschrift den Verfall betreffend, ausgestaltet als allgemeines Rechtsinstitut innerhalb des Allgemeinen Teils des StGB, findet man bereits im Entwurf 1919, allerdings nicht nur den Vollzug regelnd, sondern auch die Voraussetzungen ihrer Anwendung. Die Vorschrift bezog sich zwar lediglich auf das Entgelt einer Tat. Eine Ausweitung auf die Gewinne einer Tat war seinerzeit jedoch angedacht gewesen. Der in dieser Vorschrift erkennbare Abstrahierungsprozess bei der Herausbildung einer Regelung für die deliktischen Entgelte und Gewinne hatte sodann zeitnah seinen vorläufigen Abschluss in der mit dem Geldstrafengesetz von 1923 eingeführten Vorschrift des § 27c StGB gefunden. Der kriminelle Lohn und der Gewinn aus der Tat wurden zum Bestandteil der Geldstrafe, womit zum ersten Mal die unterschiedslose Abschöpfung rechtswidrig erlangter Vermögenswerte in den Regelungsbereich einer allgemeinen strafrechtlichen Sanktion aufgenommen worden war. Im Rahmen der Strafrechtsreform zur Zeit des Nationalsozialismus sollte dann das Geldstrafensystem in der Form umgestaltet werden, dass nunmehr das Tagesbußensystem nach skandinavischem Vorbild eingeführt werden sollte. Da nach Ansicht der Kommissionsmitglieder der Weg der mittelbaren Gewinnabschöpfung im Rahmen des Tagesbußensystems nicht mehr möglich war, entschieden sich dazu, die Verfallsvorschriften im Besonderen Teil auszuweiten und eine Regelung im Allgemeinen Teil aufzunehmen, die den Vollzug regelte. An den Vorschlag der Umstellung des Geldbußensystems knüpften auch die Kommissionsmitglieder in den Beratungen nach 1954 an. Sie entschieden sich dazu, die dadurch enstehende Lücke durch das allgemeine Institut des Verfalls, das nicht nur den Vollzug sondern auch die Anwendung der Vorschrift im Allgemeinen regeln sollte, zu schließen. Mit der Verratsnovelle 1934 war erstmals die Vermögenseinziehung für die Tatbestände des Hoch- und Landesverrats ins StGB eingeführt worden. Auch

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die Mitglieder der Strafrechtskommission hatten sich dafür ausgesprochen, so dass sie ebenfalls im E 1936 vorgesehen war. In § 40 E 1936 wurde der Eigentumsübergang an dem Vermögen geregelt. Die diesem Rechtsinstitut zugrunde liegenden Gedanken reichen ebenfalls bis ins römische und gemeine Recht zurück und spielten in der Zeit vor Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches im Zusammenhang mit den Eigentumssanktionen thematisch eine nicht unbedeutende Rolle. Allerdings ist im Hinblik auf die Kontinuitätsdebatte anzuführen, dass weder im RStGB noch in anderen vornationalsozialistischen Entwürfen die Aufnahme der Vermögenseinziehung vorgesehen war. Auch wenn die Diskussion über die Vermögenseinziehung für kurze Zeit die Zeit des Nationalsozialismus überdauerte, ist hier doch gerade keine Entwicklungsstruktur gegeben, die bereits vor 1933 anzusetzen ist. Auch nach Streichung der Vermögenseinziehung durch das StÄG 1951 war ihre Einführung im Rahmen der Strafgesetzbuchentwürfe nicht wieder angedacht gewesen, so dass die Einführung der Vermögenseinziehung als nationalsozialistische Neuerung angesehen werden kann. Dies jedenfalls, wenn man die Betrachtung und die Wertung allein auf die Zeit ab 1871 bezieht. Im Hinblick auf die Entwicklung der Einziehungsvorschriften in den einzelnen Entwürfen ist anzuerkennen, dass sich die Entwürfe stets darum bemühten, den Bedürfnissen der Praxis gerecht zu werden und aufgetretene Streitfragen aus der Welt zu schaffen, was teilweise auch gelang. Die in dieser Arbeit dargestellten Beratungen insbesondere nach 1954 bis zum Inkrafttreten des 2. StrRG, wie auch die Ausgestaltung der Entwürfe 1959 bis 1962 lassen deutlich werden, dass die in Rede stehenden Vorschriften das „Ergebnis enormen Fleißes, hohen Fachkönnens und eindrucksvoller Genauigkeit“ waren.11 Eser ist jedenfalls im Hinblick auf die in dieser Arbeit untersuchten Einziehungsvorschriften zuzustimmen, soweit er dem E 1962, der als Beratungsgrundlage der heutigen Vorschriften diente, bescheinigt, er habe sich „durch Vollständigkeit und Exaktheit in der Ausformulierung der allgemeinen Strafbarkeitsvoraussetzungen wie auch in der Präzision seiner Tatbestandsumschreibungen“ ausgezeichnet, allerdings im wesentlichen inhaltlich darauf beschränkt, „Lücken des alten StGB zu füllen, Missdeutungen zu klären und gewachsenes Richterrecht in Gesetzesform zu bringen“.12 So waren die Beratungen ab 1954 von dem Ziel getragen, ein in sich geschlossenes Konzept im Hinblick auf die Verfalls- und Einziehungsvorschriften zu schaffen und damit 11 12

Simson, JZ 1970, S. 568. Dazu auch Scheffler, Strafgesetzbuch Supplementband I, S. 184. Eser in Schönke/Schröder, 26. Aufl. 2001, Einf. Rn. 3. Dazu auch Scheffler, Strafgesetzbuch Supplementband I, S. 184.

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die insbesondere im Bereich des Nebenstrafrechts bestehende, kaum noch überschaubare Flut teils sehr unterschiedlicher Einziehungs- und Verfallsregelungen zu beseitigen. Die Schaffung umfangreichender Allgemeinregelungen im Allgemeinen Teil des StGB und die enge Verknüpfung selbiger mit Sondervorschriften, sofern diese für notwendig erachtet wurden, sind daher sehr begrüßenswert. Weiterhin waren die Beteiligten bestrebt, die Vorschriften so auszugestalten, dass sie mit dem Grundgesetz vereinbar waren.13 Unabhängig von der Frage, ob dies bei jeder einzelnen Regelung wirklich gelungen ist, ist hervorzuheben, dass insbesondere der Umgang mit dem Dritteigentum in Anlehnung an das Richterrecht, das hierzu bereits entstanden war, eine einheitliche und maßvolle Regelung erfahren hat. Grundlegend für die Konzeption der Sanktionen war weiterhin die Überzeugung, dass sie möglichst verschiedenen Sanktionszwecken offen stehen müssen. Die damit zusammenhängende eindeutige Resignation der Beteiligten und letztlich auch des Gesetzgebers vor einer klaren Entscheidung über die verschiedenen Einziehungszwecke und ihr Verhältnis zueinander ist dabei stark zu bemängeln. In den Beratungen schreckte man von der zunächst noch angedachten eindeutigen Festlegung des Rechtscharakters zurück und entschied sich dafür, die Verfalls- und Einziehungsvoraussetzungen lediglich zu umschreiben, ohne dabei ausdrücklich auf bestimmte Zwecke Bezug zu nehmen. Ganz verwunderlich ist dies nicht. Denn die Frage nach der Rechtsnatur und der Streit über die Rechtsnatur der Einziehungsvorschriften besteht seit Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches und zieht sich wie ein roter Faden durch die Beratungen der einzelnen Strafrechtsentwürfe. Teilweise wollten sich die Entwurfsverfasser im Hinblick auf die Rechtsnatur nicht festlegen. Diejenigen, die sich festlegen wollten, taten dies nicht stringent genug. Bis zum E 1930 hielten – jedenfalls vom Prinzip her – fast alle Entwürfe an der Ausgestaltung der Einziehung als Straf- und Sicherungseinziehung fest, wobei sie bei der Fassung der Vorschriften weitgehend der Einziehungsregelung des StGB gefolgt waren. Die Entwurfverfasser der Entwürfe 1909 sowie 1913 bis 1919 wollten sich im Hinblick auf die Frage nach der Rechtsnatur in den einzelnen Entwürfen nicht eindeutig festlegen.14 Doch besteht in der Sache kein Zweifel, dass sich diese Entwürfe zumindest grundsätzlich zur Doppelnatur der Einziehung

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Ob die Vorschriften tatsächlich mit dem Grundgesetz vereinbar sind, kann an dieser Stelle nicht ausreichend beurteilt werden. Eine Überprüfung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 107

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bekannten.15 Im Entwurf Radbruch 1922 und in weitgehender Übereinstimmung damit im E 1925, wurde versucht, die Rechtsnatur der Einziehung formal klarzustellen. Sie wurde systematisch als Sicherungsmaßregel eingeordnet.16 Aber auch diese beiden Entwürfe, die die Doppelnatur beseitigen wollten, konnten sich von dem „Strafzweck“ des Instituts nicht völlig lösen. Denn die Einziehung wurde grundsätzlich vom Eigentum des Täters oder Teilnehmers abhängig gemacht, was nicht folgerichtig war. Knüpft man den Zweck der Einziehung an die Beseitigung einer durch die einzuziehende Sache ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit, so kann die Frage des Eigentums keine Begrenzung der Anwendung zu Folge haben. Der Entwurf von 1927 rechnete die Einziehung hingegen zu den Nebenstrafen und Nebenfolgen, wobei auch dieser bei der materiellen Ausgestaltung der Maßnahmen die Doppelnatur nicht in vollem Umfange beseitigen konnte, hob er doch in seiner Begründung zu den §§ 52–54 hervor, dass sie neben ihrem Strafcharakter auch einem Sicherungszweck dienen sollten. Auch der Entwurf von 1936, der die Einziehung als Maßregel der Sicherung ausgestaltete, beseitigte die Doppelnatur nicht gänzlich, da der Richter von der Anordnung absehen können sollte, wenn die Gegenstände ohne Schuld des Berechtgten zu der Tat bestimmt gewesen oder dazu gebraucht worden sind, oder wenn die Einziehung eine unbillige Härte wäre. Darin liegt wiederum ein Zugeständnis an den wechselnden Charakter der Maßnahme. Die Entwicklungsgeschichte zeigt damit, wie schwer es auch in der Vergangenheit gefallen ist, Stringenz und Klarheit in die Normenstruktur zu bringen. Die heutige Konstellation hat zur Folge, dass in den Vorschriften alle Einziehungszwecke irgendwie zum Ausdruck kommen, jedoch keiner wirklich konsequent bzw. funktionsgerecht zu Ende geführt ist.17 Das ist bedenklich. Denn die Frage nach der Rechtfertigung einer Maßnahme, deren Ausgestaltung und ihrer Bindung an das Grundgesetz hängt insbesondere damit zusammen, wie die Maßnahme rechtlich zu qualifizieren ist. Es wäre wünschenswert 15

16 17

So haben die Entwürfe lediglich versucht, den Dualismus der Rechtsnatur zwar formell zu beseitigen, dies aber materiell nicht umgesetzt. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 107. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 108. So trägt etwa die tätergerichtete Einziehung nach Nr. 1 des § 113 II E 1962 eindeutig die Züge einer Strafsanktion, während bei Nr. 3 und 4 dieser Bestimmung wie auch bei den meisten Sondervorschriften (vgl. etwa §§ 284, 319 oder 339) der Sicherungscharakter unverkennbar ist. Bei den Dritteinziehungsgründen nach Nr. 2 hingegen soll dem Dritten vergolten werden, dass er sich mit seinen verwerflichen Beziehungen zur Haupttat die Hände schmutzig gemacht hat. Der Gewinnverfall des § 109 II scheint vom Ausgleichsgedanken mitbestimmt. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 132.

Zehntes Kapitel: Zusammenfassung und Würdigung

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gewesen, wenn sich die Kommissionsmitglieder und auch der Gesetzgeber, wie es zunächst im Umdruck J 24 angedacht war, im Hinblick auf die Rechtsnatur festgelegt und die einzelnen Vorschriften über Verfall und Einziehung daran orientiert entsprechend ausgestaltet hätten. Insbesondere die dahinter stehende Intention, die Maßnahme flexibel in der Anwendung zu halten, um einen möglichst weiten Anwendungsbereich zu gewährleisten, kann als Rechtfertigung für die fehlende Festlegung nicht ausreichen. Ziel für zukünftige Reformbestrebungen müsste es sein, unter rechtsstaatlichen und verfassungsrechtlichen Aspekten ausreichend bestimmte und ausreichend ausgestaltete Vorschriften zu erlassen, die deutlich nach den einzelnen Verfalls- und Einziehungszwecken unterscheiden. Angesichts der Entwicklungen, die generell in der Strafgesetzgebung seit den 1980er Jahren zu verzeichnen sind, geht die Verfasserin nicht davon aus, dass dies geschehen wird. Denn Mitte der 1980er Jahre setzte eine Entwicklung ein, deren Ergebnis die Ausdehnung der Verfallsvorschriften sowohl in ihrem Anwendungsbereich wie auch in ihrer Reichweite war. Durch das OrgKG wurde der Erweiterte Verfall als § 73d StGB eingeführt. Zu erkennen ist dabei ein Wandel im Hinblick auf den Zweck der Gewinnabschöpfung, nämlich die endgültige Abkehr von einer Gewinnabschöpfung als Gebot der materiellen Gerechtigkeit in Form der Beseitigung einer quasi „ungerechtfertigten Bereicherung“ und die Hinwendung zu einer Gewinnabschöpfung als Mittel der Prävention.18 Das Gesetz fügte sich nahtlos in die „neuere“ Entwicklung der Strafgesetzgebung ein. Den Strafrechtsreform- folgten die Strafrechtsänderungsgesetze und der Trend geht zum „Kampfgesetz“,19 was zu einer Funktionalisierung des Strafrechts führt. Diese in der Strafgesetzgebung wie auch in der Strafrechtswissenschaft zu verzeichnenden „Funktionalisierungstendenzen“20 sind unter anderem durch eine Verschiebung des staatlichen Interesses dahingehend gekennzeichnet, möglichst umfassend Gefahrenquellen zu bändigen und zwar oft zu Lasten individueller Freiheitsrechte. Strafrechtliche Maßnahmen werden als Mittel der Gefahrenabwehr instrumentalisiert und zur Lösung gesellschaftlicher Probleme und Veränderungen, deren Lösung als dringlich wahrgenommen wird,

18 19 20

Ähnlich auch Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 248. Prittwitz, StV 1993, S. 498. Funktionalisierung definiert wird als Verabsolutierung der patialen Zweckidee innerhalb der umfassenden Rechtsidee auf Kosten von Rechtssicherheit und Gerechtigkeit. Vormbaum, in: Supplement I, S. 456 (479); Rentrop, Unterschlagung, S. 282. Vgl. allgemein zu „Funktionalisierungstendenzen“: Jacobs, ZStW 117, 838 ff.; Hassemer; StV 2006, 321 ff; Wohlers, Deliktstypen des Präventionsstrafrechts, S. 1 ff., 29 ff.

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Zweiter Teil: Entwicklung seit 1870

herangezogen.21 Das Strafrecht wird mithin vermehrt als Allheilmittel gegen alle Probleme angesehen, die in einer zunehmend komplizierten Gesellschaft auftauchen,22 wobei vor allem die Politik gerne auf das Strafrecht zurückgreift, da es als Zeugnis politischer Betätigung angesehen wird, als ein Beweis dafür, dass sich der Gesetzgeber dem Problem gestellt und eine angemessene Lösung gefunden hat.23 Mit dieser Vorgehensweise wird jedoch lediglich normative Prävention der Art betrieben, dass eine entsprechende Norm zur Verfügung gestellt wird, während es als zweitrangig erscheint, ob und inwiefern diese Norm das verfolgte Ziel erreichen kann.24 Diese Verflechtung von inoffizieller Zielsetzung, die die Schaffung der Norm mit veranlasst hat und vom präventiven Anliegen führt zu einer expandierenden, symbolischen Gesetzgebung.25 Das OrgKG kann geradezu als Musterbeispiel dafür herangezogen werden. Auch hier griff der Gesetzgeber auf das Strafrecht zurück, um ein vermeintlich neues gesellschaftliches Problemen, die Organisierte Kriminalität, dessen Lösung als dringlich wahrgenommen wurde, zu lösen. Die vermeintlich neue Gefahrenquelle sollte zur Sicherung der Gesellschaft im Rahmen einer flächendeckenden Prävention durch Anpassung der vorhandenen gesetzlichen Instrumente bekämpft und beseitigt werden.26 Als besonders zweckdienlich wurde die Effektivierung der Gewinnabschöpfung angesehen, um zukünftig besser auf die finanziellen Ressourcen und Gewinne der Organisierten Kriminalität zurückgreifen zu können. In der Politik war man sich einig, dass die Gewinne eine der wesentlichen Triebfedern der Organisierten Kriminalität seien und diese zudem durch Reinvestition dem weiteren Ausbau der Organisierten Kriminalität dienten. Das Anliegen einer effizienten Gewinnabschöpfung rückte daher ins Zentrum der gesetzgeberischen Bemühungen und führte letzlich zur Aufnahme des Erweiterten Verfalls ins StGB. Zur Ermöglichung einer effizienten Gewinnabschöpfung, schwerpunktmäßig als Mittel der Prävention, wurden die gesetzlichen Eingriffsbefugnisse schrittweise erweitert und rechtsstaatliche Vorgaben so weit wie möglich gesenkt. Mit der Einführung des Erweiterten Verfalls wurden die Beweisanforderungen, die im Rahmen des herkömmlichen Verfalls gestellt wurden und bis heute werden, deutlich herabgesetzt, wobei bewußt in Kauf genommen wurde, dass die dem 21 22 23 24 25 26

Vgl. Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 245. Vgl. Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 245. A.a.O.; ähnlich auch Prittwitz, StV 1993, S. 498 ff. Vgl. Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 245. A.a.O. So auch BT-Drs. 12/989, S. 1, 21, 41, 56; Riechmann, Organisierte Kriminalität, S. 107 f; Schäfer, Kriminalistik 1987, S. 235; Olaf, Kriminalistik 1992, S. 68.

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Erweiterten Verfall unterliegenden Gegenstände vom Täter auch rechtmäßig erworben sein können. Ebenfalls bewußt in Kauf genommen wurde das Risiko, dass sich unter den für verfallen erklärten Gegenständen auch Gegenstände aus solchen Taten befinden, aus denen tatverletzten Dritten ein Schadensersatzanspruch erwachsen ist. Die Rechtfertigung dafür und für das Konzept des Erweiterten Verfalls insgesamt wurde dabei nicht aus irgendeiner strafrechtlich begründeten Vorgabe gezogen, sondern ausschließlich aus dem Sicherheitsparadigma.27 Und obwohl die Organisierte Kriminalität als Existenzgrund des Erweiterten Verfalls deklariert wurde, weisen die Vorschrift des Erweiterten Verfalls und die ihren Anwendungsbereich eröffnenden Verweisungstatbestände nur einen sehr schwachen Bezug dazu auf.28 In den Bestimmungen wird nicht an den Terminus der Organisierten Kriminalität angeknüpft, so dass keine Begrenzung der Anwendbarkeit auf Täter der Organisierten Kriminalität gegeben ist, wie es bei einem „OrgKG“ zu erwarten gewesen wäre.29 An dieser Stelle erkennt man auch einen weiteren Trend, nämlich den zur strafgesetzlichen Ungenauigkeit.30 Durch die fehlende Inbezugnahme ist der Anwendungsbereich des Erweiterten Verfalls sehr weit gefaßt und keineswegs nur auf der Organisierten Kriminalität zugehörige Täter beschränkt.31 Das läuft darauf hinaus, dass unter den Verweisungstatbestand des § 244a StGB sogar relativ harmlose Kleinbanden fallen, die Einbruchsdiebstähle begehen oder dass unter den Verweisungstatbestand des § 33 BtMG auch ein Einzeltäter fällt.32 Aber selbst wenn in den einzelnen Vorschriften an den Begriff der Organisierten Kriminalität angeknüpft worden wäre, ist anzumerken, dass es sich sich bei dem Begriff um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, dessen Definition zu unbestimmt, zu weit geraten und mitnichten als geeignet anzusehen ist, den Bereich der Organisierten Kriminalität in Abgrenzung zu anderen tradierten Kriminalitätsformen zu konkretisieren.33 Das hat auch die Praxis erkannt, so dass zur näheren Konkretisierung sogenannte „Indikatoren“ herangezogen werden. Somit kann die Definition keine gesicherte Antwort auf die Frage geben, was unter dem Begriff „Organisierte Kriminalität“ eigentlich zu verstehen ist, was gleichzeitig zur Folge hat, dass man nicht sicher eingrenzen kann, 27 28 29 30 31 32 33

So auch Hassemer, StV 2006, S. 326. So auch Sotiriadis, Gewinnabschöpfung, S. 245 im Hinblick auch auf andere Bestimmungen des OrgKG. So auch Park, Vermögensstrafe, S. 134 zur Vermögensstrafe. A.a.O. A.a.O. A.a.O. Riechmann, Organisierte Kriminalität, S. 37.

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was zu dem Bereich der Organisierten Kriminalität eigentlich gehört. Je nach Lust und Laune können immer neue Begehungsformen, deren Bekämpfung als notwendig erachtet wird, diesem Begriff zugeordnet werden. Mangels sicherer Eingrenzung scheint es zumindest äußerst fraglich, ob die angeblich besonderen Gefahren, die von der Organisierten Kriminalität nach Ansicht des Gesetzgebers ausgegangen waren und die eine „Bekämpfung“ legitimierten, in dem Maße überhaupt bestanden haben und ob das Mittel der erleichterten Gewinnabschöpfung seinen Zweck überhaupt erfüllen kann. Die Vorstellung des Gesetzgebers, dass durch den Entzug der kriminellen Gewinne große kriminelle Gruppierungen wirksam bekämpft werden könnten, entbehrt in Deutschland einer empirisch abgesicherten Grundlage.34 Ein Blick des Gesetzgebers auf die USA oder Großbritannien, wo bereits Mitte der 80er Jahre dem Erweiterten Verfall vergleichbare Sanktionen geschaffen wurden,35 hätte ihm gezeigt, dass mit derartigen Instrumenten zwar der Staatskasse beträchtliche Vermögenswerte zugeführt werden können, aber der illegale Drogenmarkt insgesamt davon unberührt blieb.36 Es drängt sich daher auf, dass es dem Gesetzgeber weniger interessiert hat, ob das Ziel der Kriminalitätskontrolle durch Gewinnabschöpfung überhaupt erreicht werden kann. Schnelles Handeln um der Bevölkerung, die durch die Medien für den Bereich extrem sensibilisiert worden war, das Gefühl eines sich kümmernden Gesetzgebers wie auch einer sich kümmernden Politik zu vermitteln, scheint im Vordergrund gestanden zu haben. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass auch im Falle des OrgKG das

34

35 36

Perron, JZ 1993, S. 921. Zwei vorliegende Untersuchungen zur Struktur der organisierten Kriminalität in Deutschland aus den Jahren 1988 und 1990 hatten ergeben, dass hierzulande noch weitgehend die übergreifenden, hierarchisch durchstrukturierten Organisationen, bei denen man nur ein oder zwei zentrale Führungspersonen dingfest machen müsste, um über sie an wesentliche Teile des Gesamtkapitals zu kommen, fehlen. Statt dessen herrschen vielfältige Verflechtungen und Vernetzungen weitgehend selbständiger „Unternehmer“ vor, die zwar regelmäßig arbeitsteilig zusammenwirken und sich häufig auch um einzelne Führungspersonen herumgruppieren, im Grundsatz jedoch auf eigene Rechnung arbeiten. Rebscher / Vahlenkamp, Organisierte Kriminalität in der Bundesrepublik Deutschland, 1988; Weschke / Heine-Heiß, Organisierte Kriminalität als Netzstrukturkriminalität, Teil 1, 1990. Mit dem Erweiterten Verfall können daher in erster Linie nur Einzelpersonen getroffen werden. Insoweit ist zu bedenken, dass diese sog. „Szenegrößen“ sich von der unmittelbaren Ausführung der einschlägigen Straftaten meist fernhalten und nur im Hintergrund agieren. Rebscher / Vahlenkamp, S. 50 f.; Weschke / Heine-Heiß, S. 167. Daher dürfte es entsprechend schwer sein, sie überhaupt einer Tat zu überführen, an deren Sanktionierung eine erweiterte Gewinnabschöpfung anknüpfen könnte. Perron, JZ 1993, S. 921. Vgl. dazu die Landesberichte Huber und Walther, in: Meyer / Dessecker / Smettan, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, S. 181 ff. und 413 ff. Perron, JZ 1993, S. 922 f.

Zehntes Kapitel: Zusammenfassung und Würdigung

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Strafrecht im Interesse kriminalpolitscher Ziele instrumentalisiert wurde, ohne dass jedoch die erforderlichen Legitimationsgrundlagen gesichert waren.37 Auch im Zusammenhang mit der Einführung des Bruttoprinzips für den Bereich des „normalen“ Verfalls durch das AWG scheint der Zweck die Mittel zu heiligen. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des Bruttoprinzips, das erstmals im Entwurf zur OrgKG vorgeschlagen und dann vom Entwurf zum AWG übernommen worden war, die Gewinnabschöpfung effektivieren. Er war der Meinung gewesen, dass die Verpflichtung des Tatrichters, bei jeder Verfallsordnung neben dem Wert des kriminell erlangten Vermögens, die Kosten des Täters zu ermitteln, ihn sachlich und zeitlich überfordere und damit ein gewichtiger Grund sei, warum die Verfallsvorschriften ein Schattendasein führten.38 Darüber hinaus sollte der Verfall vor dem Hintergrund seiner Kondiktionsähnlichkeit zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen mit den entsprechenden bereicherungsrechtlichen Postulaten, hier insbesondere § 817 S. 2 BGB, abgestimmt werden.39 Wie dem Leistenden der Rechtsschutz verweigert werde, wenn er gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die gute Sitten verstoßen habe, müsse auch der Täter, der für die Tatbegehung Kosten gemacht habe, das Risiko seines strafbaren Handelns tragen.40 Der Wunsch nach einer Effektivierung der Gewinnabschöpfung macht jedoch das Erfordernis einer entsprechenden Legitimationsgrundlage für die Änderung der Vorschrift nicht entbehrlich. Über eine solche machte sich der Gesetzgeber in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren, ob bewusst oder unbewusst, keine Gedanken. Das Argument, dass der Verfall aufgrund seiner Kondiktionsähnlichkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschrift des § 817 S. 2 BGB angepasst werden müsse, um Wertungswidersprüche mit dem Zivilrecht zu vermeiden, kann dabei nicht als Legitimationsgrundlage dienen. So verkennt der Gesetzgeber, dass sich im Zivilrecht zwei Bürger gegenüber stehen und dass der Grundgedanke des § 817 S. 2 BGB darin besteht, in diesem Verhältnis lediglich die staatliche Hilfe bei der Rückabwicklung zu versagen.41 Im Strafrecht hingegen greift der Staat in Grundrechte des Bürgers mit der Folge ein, dass er dabei gewissen Grenzen und Voraussetzungen unterliegt. Ein changierender Rechtsgedanke 37

38 39 40 41

Vgl. auch Backes, KritV 86, 340. Der „die stille Ablösung der Kriminalpolitik von den gesetzlichen Bestimmungen und kompetentiellen Zuweisungen unter der Inanspruchnahme der Prävention als scheinbare Legitimationsgrundlage für den angestrebten oder schon vollzogenen Wandel“ beklagt. Vgl. BR-Drs. 449/91, S. 214; DT-Drs. 12/1134. Schmidt in LK, § 73, Rn. 5. A.a.O. A.a.O. So auch zum Grundgedanken des § 817 S. 2 BGB: Herzog, JR 2004, 498.

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des Zivilrechts vermag auf dieser Ebene staatlichen Handelns keine Legitimationsgrundlage zu geben, zumal der Erweiterte Verfall einen entrechtenden Eingriff des Staates darstellt und nicht lediglich eine Verweigerung von Rechtsschutz durch den Staat, wie es bei § 817 S. 2 BGB der Fall ist.42 Auch sagt er nichts darüber aus, worin das bereicherungsrechtlich relevante Interesse der Allgemeinheit gegenüber dem Straftäter bestehen kann. Weiterhin ist die argumentative Heranziehung des Rechtsgedankens des § 817 S. 2 BGB noch unter einem weiteren Aspekt falsch. Aufgrund der Umstellung vom Nettozum Bruttoprinzip muss der Täter auch dann mit einer Verfallsanordnung rechnen, wenn er per Saldo aus seiner Tat gar keinen Vorteil gezogen oder gar einen Nachteil erlitten hat.43 Es entspricht jedoch dem obersten Grundsatz des Bereicherungsrechts, dass die Herausgabepflicht des Bereicherten keinesfalls zu einer Verminderung seines Vermögens über den Betrag der wirklichen Bereicherung hinaus führen darf.44 Daher lässt sich der Verfall nach Einführung des Bruttoprinzips nicht mehr unter diesen Grundsatz subsumieren, denn die Möglichkeit, dass der Täter per Saldo geschädigt wird, ist gesetzlich bewusst einkalkuliert worden womit von einer Kondiktionsähnlichkeit des Verfalls nicht mehr die Rede sein kann.45 Bereits Eser hatte im Rahmen der Anhörung betont, dass die Umstellung auf das Bruttoprinzip dazu führe, dass der Verfall nunmehr strafähnlich einzustufen sei mit der Folge, dass sein Anwendungsbereich auf schuldhaft begangene Taten eingegrenzt werden müsse, um die Unschuldsvermutung nicht zu verletzten. Die gesetzgebenden Organe nahmen in ihren Stellungnahmen jedoch – einmal mehr – keine Stellung zu der Frage nach der Rechtsnatur des Verfalls. Dies hätte nämlich zu dem unliebsamen Ergebnis geführt, dass der Anwendungsbereich neben der angestrebten Erweiterung auch eine nicht geüwnschte Einschränkung hätte erhalten müssen. 42 43 44

45

So auch Herzog, JR 2004, 498 und Julius, ZStW 1997, S. 91. Herzog, GA 1993, S. 415. BGHZ 1, 75, 81; BGHZ 55, 128, 131; Ermann-Westermann, Handkommentar zum BGB, I, 8. Auflage 1989, § 818 Rn. 17; Kellmann, NJW 1971, 864; Hoyer, GA 1993, S. 414. Zwar haftet der Bereicherte auch im Zivilrecht trotz Wegfalls der Bereicherung unter bestimmten Umständen weiter (§§ 818 Abs. 4; 819 BGB), so dass es auch hier letztlich zu einer Vermögesnminderung beim ursprünglich Bereicherten kommen kann. Der Bereicherte haftet dann aber nicht breicherungsrechtlich, sondern nurnoch nach den allgemeinen Vorschriften (§ 818 Abs. 4 BGB), d.h. er wird auf Restitution wegen des Schadens in Anspruch genommen, den er in schuldhafter Weise dem zunächst gegen ihn gerichteten Bereicherungsanspruch zugefügt hat – indem er sich entreichert hat. Hoyer, GA 1993, S. 414 f; Ermann-Westermann, § 818 Rn. 50, § 819 Rn. 5. Um eine kondiktionsrechtliche Haftung handelt es sich daher dann nicht mehr. So auch Hoyer, GA 1993, S. 415.

Zehntes Kapitel: Zusammenfassung und Würdigung

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Der Trend zur Funktionalisierung und Ausweitung der staatlichen Eingriffsbefugnisse unter Absenkung staatlicher Vorgaben, ja sogar bis zur Forderung nach partieller Aufgabe staatlicher Vorgaben, zeigt sich auch in den dem OrgKG und AWG nachfolgenden Entwürfen, wobei diese jeweils der Diskontinuität anheim fielen. Die gemachten Ausführungen zum OrgKG bestätigen zudem auch die These von Jakobs. Er beschreibt gerade die jüngsten Entwicklungen im Strafrecht als den Beginn des Übergangs von einem „Bürgerstrafrecht“ zu einem symbolischen „Feindstrafrecht“. Mit „Feindstrafrecht“ bezeichnet er die Bekämpfung von Individuen, die sich in ihrer Haltung, ihrem Erwerbsleben oder aber durch ihre Einbindung in eine Organisation (beim Terrorismus oder bei Organisierter Kriminalität) vermutlich dauerhaft, zumindest aber entschieden vom Recht abgewandt und damit das Recht verspielt haben, als Person mit einem entsprechenden Strafrecht rechnen zu dürfen.46 Dabei geht es nach Jakobs gar nicht primär um Strafrecht, sondern um die Beseitigung einer Gefahr: Die Strafbarkeit werde weit in den Bereich der Vorbereitung vorverlagert, und die Stafe gelte der Sicherung vor zukünftigen Taten.47 Auch im Zuge des OrgKG sollte die Gefahr, die von Personen, zusammengeschlossen in Organisationen, ausgeht bekämpft werden. Diese Tendezen neueren Strafrechts sind gerade vor dem Hintergrund der bis in die heutige Zeit zur Staatsräson erhobenen Aufarbeitung der im Namen des Staates ausgeübten Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus, der mit der Sondergesetzgebung beispielsweise für Juden oder sog. Volksschädlinge ein Feindstrafsrecht geradezu prototypischer Prägung realisierte, verwunderlich und rechtsstaatlich sehr bedenklich. Die Forderungen nach stetiger Effektivierung der Gewinnabschöpfung endeten jedenfalls im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Verfallsvorschriften damit, dass Ende der neunziger Jahre zur Effektivierung der Gewinnabschöpfung unter besserer Ausschöpfung der gegebenen Rechtslage in den einzelnen Bundesländern Modellprojekte und Schulungsmaßnahmen durchgeführt wurden und eine daran anknüpfende empirische Untersuchung im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen gezeigt hatte, dass das Engagement der Strafverfolgungsbehörden beeindruckende Erfolge zeigte. Deshalb kam der Gesetzgeber – zumindest vorläufig – zu dem Ergebnis, dass das geltende Recht der Vermögesabschöpfung (§§ 73 bis 76a StGB) eine effektive Abschöpfung der aus einer Straftat erlangten wirtschaftlichen Vorteile zulasse. Es ist höchst bedauerlich, dass erst zu einem sehr späten Zeitpunkt überhaupt überprüft 46 47

Hefendehl, StV 2005, S. 157. Hefendehl, StV 2005, S. 157; Jacobs, ZfdGS 117, S. 845.

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wurde, ob eine Effektivierung nicht zunächst durch eine bessere Schulung der Strafverfolgungsbehörden im Hinblick auf die Anwendung des geltenden Rechts erreicht werden könne. Der Griff zum Strafrecht, und sei es nur aus puren Aktionismus heraus, scheint aus vielerlei Gründen einfach zu verlockend zu sein, so dass zu befürchten ist, dass sich die beschriebenen Tendenzen weiter fortsetzen werden. Ob dies auch im Bereich der Verfallsvorschriften des StGB der Fall sein wird, mag derzeit, jedenfalls für die nahe Zukunft gesehen, bezweifelt werden, da aktuell keine Gesetzesinitiativen geplant sind und der Gesetzgeber mit den vorliegenden Vorschriften zufrieden zu sein scheint.

ANHANG

Synopse Entwurfsfassungen nach 1871 Die zeitlich vor 1971 liegenden Fassungen des Entwurfs Friedbergs sowie der zwei Entwürfe „eines Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund“ sind auf den Seiten 40 sowie 44 ff. nachzulesen. Entwurf

Entwurfsfassungen

Vorentwurf 1909 § 54 Einziehung und Unbrauchbarmachung Gegenstände, die durch ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen hervorgebracht sind, oder die zur Begehung eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens gebraucht oder bestimmt waren, können, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, eingezogen werden. Bei anderen strafbaren Handlungen ist diese Maßregel nur in den durch das Gesetz besonders vorgesehenen Fällen zulässig. Die Einziehung ist im Urteil auszusprechen. § 55 Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar ist, so ist im Urteil auszusprechen, daß alle Exemplare einzuziehen, sowie die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, so ist, sofern eine Ausscheidung möglich ist, die Anordnung entsprechend zu beschränken und in Bezug auf die Exemplare nicht die Einziehung, sondern nur die Unbrauchbarmachung auszusprechen. Diese Vorschriften beziehen sich jedoch nur auf die im Besitze des Verfassers, Drukkers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich ausgelegten oder öffentlich angebotenen Exemplare. § 56 Kann eine bestimmte Person als Täter oder Teilnehmer nicht verfolgt oder nicht verurteilt werden, so können die in den §§ 54 und 55 vorgeschriebenen Maßnahmen selbständig erkannt werden. Gegenentwurf 1911

§ 80 Einziehung Sachen, die durch ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen hervorgebracht sind, oder die zur Begehung eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens gebraucht oder bestimmt oder zum Weiterbetrieb eines geschäfts-, gewerbs- oder gewohnheitsmäßigen Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens bestimmt sind, können, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, eingezogen werden. Die Einziehung ist im Urteil gegen den als Täter oder Teilnehmer verurteilten Eigentümer auszusprechen; mit der zu Lebzeiten des Verurteilten eingetretenen

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Anhang Rechtskraft des Urteils geht das Eigentum der eingezogenen Sache auf den Fiskus über. Gefährdet das Verbleiben der in Abs. 1 bezeichneten Sachen in der Gewalt des Inhabers oder im Verkehr die Rechtssicherheit, so ist auf ihre Einziehung ohne Rücksicht auf die Person des Eigentümers und die Strafbarkeit einer Person zu erkennen. Die eingezogenen Sachen sind, soweit es nötig ist, zu vernichten. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, und können die Sachen in anderer Weise als durch Einziehung unschädlich gemacht werden, so hat dies zu geschehen, wenn der Eigentümer es beantragt und die Kosten übernimmt.

Kommissionsentwurf 1913 I

§ 88 Einziehung bestimmter Sachen Sachen, die durch ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen hervorgebracht sind oder dazu gebraucht oder bestimmt waren, können, wenn sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, eingezogen werden. Bei fahrlässigen Vergehen ist dies nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen zulässig. Die Einziehung ist im Urteil anzuordnen. § 89 Einziehung aller Exemplare einer Schrift Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so ist im Urteil anzuordnen, daß alle Exemplare eingezogen werden, die sich im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befinden oder öffentlich ausgelegt oder angeboten sind; die zum eigenen Gebrauche bestimmten Exemplare sind ausgeschlossen. Ferner ist anzuordnen, daß die Platten unbrauchbar gemacht werden, die zu ihrer Herstellung gebraucht oder bestimmt waren. Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, so ist die Anordnung auf diesen Teil zu beschränken, wenn er ausgeschieden werden kann; unter dieser Voraussetzung werden die Exemplare insoweit unbrauchbar gemacht. § 90 Einziehung als selbständige Maßregel Kann eine bestimmte Person nicht verfolgt oder nicht verurteilt werden, liegen aber im übrigen die Voraussetzungen des § 88 oder des § 89 vor, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden.

Kommissionsentwurf 1913 II

§ 88 Einziehung bestimmter Sachen Sachen, die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht sind oder zu einer strafbaren Handlung gebraucht oder bestimmt waren, können eingezogen werden, wenn sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören. Bei fahrlässigen Handlungen ist die Einziehung nur zulässig, soweit das Gesetz es ausdrücklich vorsieht. Die Einziehung ist im Urteil anzuordnen.

Synopse

319

§ 89 Einziehung aller Exemplare einer Schrift Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so ist im Urteil anzuordnen, daß alle Exemplare eingezogen werden, die sich im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befinden oder öffentlich ausgelegt oder angeboten sind; die zum eigenen Gebrauche bestimmten Exemplare sind ausgenommen. Ferner ist anzuordnen, daß die Platten unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht sind oder bestimmt waren. Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, so ist die Anordnung auf diesen Teil zu beschränken, wenn er ausgeschieden werden kann; unter dieser Voraussetzung werden die Exemplare insoweit unbrauchbar gemacht. § 90 Einziehung als selbständige Maßregel Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, liegen aber im übrigen die Voraussetzungen des § 88 oder des § 89 vor, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden. Entwurf zu Siehe Dissertation S. 78 ff. einem Deutschen Strafgesetzbuch 1913 III Kommissionsent- § 83 wurf Sachen, die durch eine Straftat hervorgebracht sind oder die zur Begehung einer Straftat gebraucht worden sind oder dazu 1919 bestimmt waren, können ganz oder teilweise eingezogen werden. Sachen, die weder dem Täter noch einem Teilnehmer gehören, können eingezogen werden, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht. Ist eine Straftat fahrlässig begangen worden, so darf auf Einziehung nur erkannt werden, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht. Die Einziehung ist im Urteil auszusprechen. § 84 Einziehung aller Exemplare einer Schrift Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so ist im Urteil auszusprechen, daß alle Stücke eingezogen werden, die im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers sind oder die öffentlich ausgelegt oder angeboten sind; ausgenommen sind die Stücke, die zum eigenen Gebrauch dieser Personen bestimmt sind. Ferner ist anzuordnen, daß die Platten und Formen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren. Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, der sich ausscheiden läßt, so

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Anhang ist an der Stelle der Einziehung anzuordnen, daß dieser Teil des Inhalts in den Stücken unbrauchbar gemacht wird; auch die Platten und Formen sind nur soweit unbrauchbar zu machen. § 85 Einziehung des Entgelts Hat der Täter für ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen Entgelt empfangen, so kann dieser oder ein Betrag, der seinem Wert entspricht, im Urteil eingezogen werden. § 86 Selbständige Einziehung Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Entwurf von 1922 (Entwurf Radbruch)

§ 60 Sachen, die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht sind oder zur Begehung einer strafbaren Handlung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren, können ganz oder teilweise eingezogen werden. Sachen, die weder dem Täter noch einem Teilnehmer gehören, können eingezogen nur werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Ist eine strafbare Handlung fahrlässig begangen, so darf auf Einziehung nur erkannt werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum über. § 61 Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder anderen Darstellung strafbar, so ist im Urteil auszusprechen, daß alle Stücke eingezogen werden, die im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers sind oder die öffentlich ausgelegt oder angeboten sind; ausgenommen sind die Stücke, die zum eigenen Gebrauch dieser Personen bestimmt sind. Ferner ist anzuordnen, daß die Platten und Formen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren. Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, der sich ausscheiden läßt, so ist an Stelle der Einziehung anzuordnen, daß dieser Teil des Inhalts in den Stücken unbrauchbar gemacht wird; auch die Platten und Formen sind nur soweit unbrauchbar zu machen. § 62 Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Synopse

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Entwurf 1925 Siehe Dissertation S. 84. (Reichsratsvorlage) Entwurf 1927 (Reichstagsvorlage)

Siehe Dissertation S. 90.

Entwurf 1930 (Entwurf Kahl)

Siehe Dissertation S. 103 f.

Entwurf 1933

Siehe Dissertation S. 116.

Entwurf 1. Lesung 1934

Siehe Dissertation S. 123 f.

Entwurf 1936

Siehe Dissertation S. 134 ff.

Entwurf 1959 I

§ 115 Verfall (1) Hat der Täter oder Teilnehmer für die Begehung einer Straftat ein Entgelt erlangt, so ordnet das Gericht neben der Strafe dessen Verfall an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer aus der Begehung einer Straftat einen Gewinn erlangt, so ordnet das Gericht neben der Strafe dessen Verfall an, soweit nicht dem Verletzten aus der Straftat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den beseitigen oder mindern würde. (3) Hat der Täter oder Teilnehmer als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person, als dessen Mitglied oder sonst als Vertreter eines anderen gehandelt und das Entgelt oder den Gewinn für den Vertretenen erzielt, so richtet sich die Anordnung des Verfalls gegen diesen. (4) Dem Verfall unterliegen auch Gegenstände, die der Täter oder Teilnehmer, im Falle des Absatzes 3 der Vertretene, durch die Verwertung des als Entgelt oder Gewinn Erlangten oder als Ersatz dafür erworben hat. (5) Das Entgelt, der Gewinn und das sonst Erlangte können geschätzt werden. (6) Dem Verfall unterliegen Sachen und Rechte nicht, die im Zeitpunkt der Anordnung jemand gehören oder zustehen, der weder Täter noch Teilnehmer noch Vertretener im Sinne des Absatzes 3 ist. § 116 Wertersatz (1) Schließt § 115 Abs. 6 eine Anordnung des Verfalls aus oder ist sie wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht ausführbar, so ist der Verfall eines dem Wert des Erlangten entsprechenden Geldbetrages anzuordnen. Die Anordnung ist auch für den Fall zulässig, daß ihre Voraussetzungen sich später ergeben.

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Anhang (2) Der Wert des Erlangten kann geschätzt werden. § 117 Härtevorschrift (1) Die Anordnung des Verfalls unterbleibt, sofern dieser für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. Sie kann unterbleiben, wenn der Wert des Erlangten gering ist. (2) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 59 entsprechend. § 118 Wirkung des Verfalls (1) Wird der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem von der Anordnung Betroffenen in diesem Zeitpunkt zusteht. Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. (2) Von der Rechtskraft an wirkt die Anordnung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. § 119 Voraussetzung der Einziehung Ist eine vorsätzliche Straftat begangen worden, so können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, ganz oder teilweise eingezogen werden, wenn die Gegenstände zur Zeit der Tat dem Täter oder Teilnehmer gehörten oder zustanden oder der Schutz der Allgemeinheit mit Rücksicht auf die Art der Gegenstände oder auf die Besorgnis, daß sie der Begehung weiterer rechtswidriger Taten dienen, die Einziehung erfordert. § 120 Einziehung nach besonderen Vorschriften Wenn eine besondere gesetzliche Vorschrift die Einziehung ohne Rücksicht darauf vorschreibt oder zuläßt, ob die Gegenstände dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen, so dürfen sie gegenüber einem Dritten nur eingezogen werden, wenn die Gegenstände zur Zeit der Tat dem Täter oder Teilnehmer gehörten oder zustanden, der Berechtigte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß sie Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung oder einer mit ihr in Zusammenhang stehenden anderen rechtswidrigen Tag gewesen sind, er aus der Tat in verwerflicher Weise einen Vorteil gezogen hat oder der Schutz der Allgemeinheit mit Rücksicht auf die Art der Gegenstände oder auf die Besorgnis, daß sie der Begehung weiterer rechtswidriger Taten dienen, die Einziehung erfordert. § 121 Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen (1) Hat eine Schrift, Schallaufnahme, Abbildung oder Darstellung einen solchen Inhalt, daß jede Verbreitung den äußeren

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Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen würde, so werden alle Stücke eingezogen, die sich im Besitz des Verfassers, Verlegers, Herausgebers, Redakteurs, Druckers, Händlers oder anderer bei der Herstellung, Veröffentlichung, Vorführung oder Verbreitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder sonst zur Verbreitung, Vorführung oder Vervielfältigung bestimmt sind. Ferner ist anzuordnen, daß Platten, Formen, Drucksätze, Klischees oder Matritzen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind. (2) Hat eine Schrift, Schallaufnahme, Abbildung oder Darstellung einen solchen Inhalt, daß die Verbreitung nur unter besonderen Umständen den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen würde, so ordnet das Gericht die Einziehung der Stücke an, die sich zur Zeit der Tat entweder im Besitz des Täters oder Teilnehmers befinden oder vom ihm zur Verbreitung bestimmt sind, soweit es erforderlich ist, um ein gesetzwidriges Verbreiten durch ihn zu verhindern. Unter entsprechenden Voraussetzungen wird die Unbrauchbarmachung der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Gegenstände angeordnet. (3) Begründet nur ein Teil des Inhalts, der sich ausscheiden läßt, die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2, so ist die Anordnung auf diesen Teil zu beschränken. (4) Bei Schallaufnahmen kann das Gericht die Unbrauchbarmachung anordnen, wenn es die Einziehung nicht für erforderlich hält. § 122 Wirkung der Einziehung (1) Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über. Rechte Dritter an dem Gegenstand erlöschen. (2) § 118 Abs. 2 gilt entsprechend. § 123 Selbständige Anordnung (1) Kann wegen der Tat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so muß oder kann auf Verfall, Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben oder zugelassen ist, im übrigen vorliegen. (2) Dasselbe gilt, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach den §§ 153 und 154, 154b der Strafprozeßordnung eingestellt wird. § 124 Entschädigung (1) Stand das Eigentum oder das andere Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einem Dritten zu oder war der Gegenstand

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Anhang mit dem Recht eines Dritten belastet, so ist dieser angemessen zu entschädigen. (2) Die Entschädigungspflicht entfällt, wenn der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung oder einer mit ihr in Zusammenhang stehenden rechtswidrigen Tat gewesen ist, er aus der Tat in verwerflicher Weise einen Vorteil gezogen hat oder er den Gegenstand in Kenntnis der Umstände, die die Einziehung oder Unbrauchbarmachung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat. § 125 Sondervorschriften für Organe und Vertreter (1) Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als dessen Mitglied, als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied des Vorstandes oder als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personengesellschaft des Handelsrechts eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 119, 120 und 124 die Einziehung eines Gegenstandes zulassen oder den Ausschluß der Entschädigung begründen würde, so wird diese Handlung bei Anwendung dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. (2) Hat in den Fällen des § 121 Abs. 2 Satz 1 der Täter oder Teilnehmer als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person, als dessen Mitglied oder sonst als Vertreter eines anderen gehandelt, so wird die Einziehung unter den übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift auch hinsichtlich der Stücke angeordnet, die sich zur Zeit der Tat entweder im Besitze des Vertretenen befinden oder von diesem zur Verbreitung bestimmt gewesen sind. Entsprechendes gilt für die Unbrauchbarmachung nach § 121 Abs. 2 Satz 2.

Entwurf 1959 II

Siehe Dissertation S. 190 ff.

Entwurf 1960

§ 109 Verfall (1) Hat der Täter oder Teilnehmer für die Straftat ein Entgelt erlangt, so ordnet das Gericht neben der Strafe dessen Verfall an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer aus der Straftat einen Gewinn erlangt, so ordnet das Gericht neben der Strafe dessen Verfall an, soweit nicht dem Verletzten aus der Straftat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde. (3) Hat der Täter oder Teilnehmer als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person, als Mitglied eines solchen Organs oder sonst als Vertreter eines anderen gehandelt und das Entgelt oder den Gewinn für den Vertretenen erzielt, so richtet

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sich die Anordnung des Verfalls gegen diesen. § 14 Abs. 2 gilt entsprechend. (4) Die Anordnung bezieht sich auch auf die gezogenen Nutzungen. Gegenstände, die der Täter oder Teilnehmer, im Falle des Absatzes 3 der Vertretene, aufgrund eines erlangten Rechts, durch die Veräußerung des als Entgelt oder Gewinn Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung erworben hat, treten an die Stelle des zunächst Erlangten. (5) Die Höhe des Entgelts, des Gewinns und des Anspruchs, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde, sowie der Umfang des sonst Erlangten können geschätzt werden. (6) Soweit die Anordnung nach den Absätzen 1 bis 4 zulässig wäre, unterbleibt sie bei Sachen und Rechten, die im Zeitpunkt der Anordnung jemand gehören oder zustehen, der weder Täter, Teilnehmer noch im Sinne des Absatzes 3 Vertretener ist, noch das Entgelt gewährt hat. § 110 Verfall des Wertersatzes (1) Soweit die Anordnung des Verfalls nach § 109 Abs. 6 unterbleibt oder wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht ausführbar ist, ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben dem Verfall der in § 109 Abs. 4 Satz 2 bezeichneten Gegenstände, soweit deren Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt. (2) Die Anordnung ist auch für den Fall zulässig, daß ihre Voraussetzungen sich später ergeben. (3) Der Wert des Erlangten kann geschätzt werden. § 111 Härtevorschrift (1) Der Verfall wird nicht angeordnet, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. Die Anordnung kann unterbleiben, wenn der Wert des Erlangten gering ist. (2) Für die Anrechnung von Freiheitsentziehung und Strafe auf den Verfall gilt § 66 entsprechend. Den Maßstab der Anrechnung bestimmt das Gericht nach seinem Ermessen. (3) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 54 entsprechend. § 112 Wirkung des Verfalls (1) Wird der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem von der Anordnung Betroffenen in diesem Zeitpunkt zusteht. Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. (2) Von der Rechtskraft an wirkt die Anordnung als Veräuße-

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Anhang rungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. § 113 Voraussetzung der Einziehung (1) Ist eine vorsätzliche Straftat begangen worden, so können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, ganz oder teilweise eingezogen werden. (2) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, sie dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Tat gehört oder zugestanden haben und derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung oder einer mit ihr in Zusammenhang stehenden anderen rechtswidrigen Tat gewesen ist, aus der Tat in verwerflicher Weise einen Vermögensvorteil gezogen hat oder, den Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung ermöglicht hätten, in verwerflicher Weise erworben hat, sie nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden. § 114 Einziehung nach besonderen Vorschriften Wird die Einziehung durch eine besondere Vorschrift über § 113 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen, so dürfen die Gegenstände nur eingezogen werden, wenn die Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 Nr. 1, 3 oder 4 erfüllt sind oder derjenige, dem die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, eine der in den Buchstaben a) bis c) des § 113 Abs. 2 Nr. 2 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt. § 115 Einziehung des Wertersatzes (1) Hat der Täter oder Teilnehmer den Gegenstand nach der Tat veräußert und wäre ohne die Veräußerung die Einziehung ihm gegenüber zulässig gewesen, fehlen ihre Voraussetzungen aber gegenüber demjenigen, dem der Gegenstand zur Zeit der Entscheidung gehört oder zusteht, so kann das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages, der dem Wert des Gegenstandes entspricht, gegen den Täter oder Teilnehmer anordnen. (2) Dasselbe gilt, wenn der Täter oder Teilnehmer die Ausführung der Einziehung vereitelt oder ihm dies vorzuwerfen ist. Die Anordnung ist auch für den Fall zulässig, daß ihre Voraussetzungen sich später ergeben.

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(3) Der Wert des Gegenstandes kann geschätzt werden. (4) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 54, für die Anrechnung von Freiheitsentziehung und Strafe auf die Einziehung des Wertersatzes gilt § 111 Abs. 2 entsprechend. § 116 Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen (1) Haben Schriften, Tonträger, Abbildungen oder Darstellungen, die Mittel oder Gegenstand einer rechtswidrigen Tat gewesen sind, einen solchen Inhalt, daß jede Verbreitung den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen würde, so werden alle Stücke eingezogen, die sich im Besitz des Verfassers, Verlegers, Herausgebers, Redakteurs, Druckers, Händlers oder anderer bei der Herstellung, Veröffentlichung, Vorführung oder Verbreitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder sonst zur Verbreitung, Vorführung oder Vervielfältigung bestimmt sind. Ferner ist anzuordnen, daß Platten, Formen, Drucksätze, Klischees oder Matrizen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schriften, Abbildungen oder Darstellungen gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind. (2) Haben Schriften, Tonträger, Abbildungen oder Darstellungen, die Mittel oder Gegenstand einer rechtswidrigen Tat gewesen sind, einen solchen Inhalt, daß die Verbreitung nur unter besonderen Umständen den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde, so ordnet das Gericht die Einziehung der Stücke an, die sich zur Zeit der Tat entweder im Besitz des Täters oder Teilnehmers befinden oder vom ihm zur Verbreitung bestimmt sind, soweit es erforderlich ist, um ein gesetzwidriges Verbreiten durch ihn zu verhindern. Unter entsprechenden Voraussetzungen wird die Unbrauchbarmachung der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Gegenstände angeordnet. (3) Begründet nur ein Teil des Inhalts, der sich ausscheiden läßt, die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2, so ist die Anordnung auf diesen Teil zu beschränken. (4) Bei Tonträgern kann das Gericht die Unbrauchbarmachung anordnen, wenn es die Einziehung nicht für erforderlich hält. § 117 Wirkung der Einziehung (1) Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über. Rechte Dritter an dem Gegenstand erlöschen. (2) § 112 Abs. 2 gilt entsprechend. § 118 Selbständige Anordnung (1) Kann wegen der Tat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so muß oder kann auf Verfall, Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn die

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Anhang Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben oder zugelassen ist, im übrigen vorliegen. (2) Dasselbe gilt, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen des Staatsanwalts oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zuläßt. § 119 Entschädigung (1) Stand das Eigentum oder das andere Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einem Dritten zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, so wird dieser aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt. (2) Die Entschädigungspflicht entfällt, wenn der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung oder einer mit ihr in Zusammenhang stehenden rechtswidrigen Tat gewesen ist, er aus der Tat in verwerflicher Weise einen Vermögensvorteil gezogen hat oder er den Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat. Es nach den Umständen, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung begründet haben, auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts zulässig wäre, den Gegenstand dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen. § 120 Sondervorschriften für Organe und Vertreter (1) Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied des Vorstandes oder als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personengesellschaft des Handelsrechts eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 113, 114 und 119 die Einziehung eines Gegenstandes zulassen oder den Ausschluß der Entschädigung begründen würde, so wird diese Handlung bei Anwendung dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. (2) Hat in den Fällen des § 116 Abs. 2 Satz 1 der Täter oder Teilnehmer als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person, als Mitglied eines solchen Organs oder sonst als Vertreter eines anderen gehandelt, so wird die Einziehung unter den übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift auch hinsichtlich der Stücke angeordnet, die sich zur Zeit der Tat entweder im Besitze des Vertretenen befinden oder von diesem zur Verbreitung bestimmt sind. Entsprechendes gilt für die Unbrauchbarmachung

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nach § 116 Abs. 2 Satz 2. (3) § 14 Abs. 2 gilt entsprechend. Entwurf 1962

§ 109 Verfall (1) Hat der Täter oder Teilnehmer für die Straftat ein Entgelt erlangt, so ordnet das Gericht neben der Strafe dessen Verfall an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer aus der Straftat einen Gewinn erlangt, so ordnet das Gericht neben der Strafe dessen Verfall an, soweit nicht dem Verletzten aus der Straftat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde. (3) Hat der Täter oder Teilnehmer als Vertreter eines anderen oder sonst für einen anderen gehandelt und hat dadurch dieser das Entgelt oder den Gewinn erzielt, so richtet sich die Anordnung des Verfalls gegen den Empfänger. (4) Die Anordnung erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen. Gegenstände, die der Täter oder Teilnehmer, im Falle des Absatzes 3 der Empfänger, auf Grund eines erlangten Rechts, durch die Veräußerung des als Entgelt oder Gewinn Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung erworben hat, treten an die Stelle des zunächst Erlangten. (5) Besteht das Entgelt, der Gewinn oder das nach Absatz 4 Satz 2 Erworbene in Geld darin, daß gegen den Täter oder Teilnehmer, in den Fällen des Absatzes 3 gegen den Empfänger, ein Zahlungsanspruch nicht oder erst später geltend gemacht wird, so kann das Gericht den Verfall eines Geldbetrages anordnen, der den üblichen Zinsen für eine angemessene Zeit, jedoch nicht über die Anordnung des Verfalls hinaus, entspricht. Dies gilt nicht, soweit das Gericht hinsichtlich des Geldes eine Anordnung nach Absatz 4 Satz 1 trifft. (6) Die Höhe des Entgelts, des Gewinns und des Anspruchs, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde, sowie der Umfang des sonst Erlangten können geschätzt werden. (7) Soweit die Anordnung nach den Absätzen 1 bis 4 zulässig wäre, unterbleibt sie bei Sachen und Rechten, die im Zeitpunkt der Anordnung jemandem gehören oder zustehen, der weder Täter, Teilnehmer oder im Sinne des Absatzes 3 Empfänger ist, noch das Entgelt gewährt hat. § 110 Verfall des Wertersatzes (1) Soweit die Anordnung des Verfalls nach § 109 Abs. 7 unterbleibt oder wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht ausführbar ist, ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben dem Verfall der in § 109 Abs. 4 Satz 2 bezeichneten

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Anhang Gegenstände, soweit deren Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt. (2) Die Anordnung ist auch für den Fall zulässig, daß ihre Voraussetzungen sich später ergeben. (3) Der Wert des Erlangten kann geschätzt werden. § 111 Härtevorschrift (1) Der Verfall wird nicht angeordnet, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. Die Anordnung kann unterbleiben, wenn der Wert des Erlangten gering ist. (2) Für die Anrechnung von Freiheitsentziehung und Strafe auf den Verfall gilt § 66 entsprechend. Den Maßstab der Anrechnung bestimmt das Gericht nach seinem Ermessen. (3) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 54 entsprechend. § 112 Wirkung des Verfalls (1) Wird der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit zusteht. Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. (2) Von der Rechtskraft an wirkt die Anordnung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. § 113 Voraussetzung der Einziehung (1) Ist eine vorsätzliche Straftat begangen worden, so können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, ganz oder zum Teil eingezogen werden. (2) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen, die Gegenstände zur Zeit der Tat dem Täter oder Teilnehmer gehört oder zugestanden haben und derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung oder einer mit ihr zusammenhängenden anderen rechtswidrigen Tat gewesen ist, aus der Tat in verwerflicher Weise einen Vermögensvorteil gezogen hat oder den Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat, die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden.

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§ 114 Einziehung nach besonderen Vorschriften Wird die Einziehung durch eine besondere Vorschrift über § 113 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen, so dürfen die Gegenstände nur eingezogen werden, wenn die Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 Nr. 1, 3 oder 4 erfüllt sind oder derjenige, dem die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, eine der Voraussetzungen der Buchstaben a) bis c) des § 113 Abs. 2 Nr. 2 erfüllt. § 115 Einziehung des Wertersatzes (1) Hat der Täter oder Teilnehmer den Gegenstand nach der Tat veräußert und wäre ohne die Veräußerung die Einziehung ihm gegenüber zulässig gewesen, fehlen ihre Voraussetzungen aber gegenüber demjenigen, dem der Gegenstand zur Zeit der Entscheidung gehört oder zusteht, so kann das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages, der dem Wert des Gegenstandes entspricht, gegen den Täter oder Teilnehmer anordnen. (2) Dasselbe gilt, wenn der Täter oder Teilnehmer die Ausführung der Einziehung vereitelt und ihm dies vorzuwerfen ist. Die Anordnung ist auch für den Fall zulässig, daß ihre Voraussetzungen sich später ergeben. (3) Der Wert des Gegenstandes kann geschätzt werden. (4) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 54, für die Anrechnung von Freiheitsentziehung und Strafe auf die Einziehung des Wertersatzes gilt § 111 Abs. 2 entsprechend. § 116 Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen (1) Haben Schriften (§ 11 Abs. 3), die Mittel oder Gegenstand einer rechtswidrigen Tat gewesen sind, einen solchen Inhalt, daß jede Verbreitung den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde, so werden alle Stücke eingezogen, die sich im Besitz des Verfassers, Verlegers, Herausgebers, Redakteurs, Druckers, Händlers oder anderer bei der Herstellung, Veröffentlichung, Vorführung oder Verbreitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder sonst zur Verbreitung, Vorführung oder Vervielfältigung bestimmt sind. Ferner ist anzuordnen, daß Platten, Formen, Drucksätze, Klischees, Fotonegative oder Matrizen unbrauchbar gemacht werden, die zur Herstellung der Schriften (§ 11 Abs. 3) gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind. (2) Haben Schriften (§ 11 Abs. 3), die Mittel oder Gegenstand einer rechtswidrigen Tat gewesen sind, einen solchen Inhalt, daß die Verbreitung nur unter besonderen Umständen den äußeren Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde, so ordnet das Gericht die Einziehung der Stücke an, die sich zur Zeit der Tat entweder im Besitz des Täters oder Teilnehmers befinden

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Anhang oder vom ihm zur Verbreitung bestimmt sind, soweit es erforderlich ist, um ein gesetzwidriges Verbreiten durch ihn zu verhindern. Unter entsprechenden Voraussetzungen wird die Unbrauchbarmachung der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Gegenstände angeordnet. (3) Begründet nur ein Teil des Inhalts, der sich ausscheiden läßt, die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2, so ist die Anordnung auf diesen Teil zu beschränken. (4) Bei Tonträgern (§ 11 Abs. 3) kann das Gericht die Unbrauchbarmachung anordnen, wenn die Einziehung nicht erforderlich ist. § 117 Wirkung der Einziehung (1) Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über. Rechte Dritter an dem Gegenstand erlöschen. (2) § 112 Abs. 2 gilt entsprechend. § 118 Selbständige Anordnung (1) Kann wegen der Tat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so muß oder kann auf Verfall, Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben oder zugelassen ist, im übrigen vorliegen. (2) Dasselbe gilt, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen des Staatsanwalts oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zuläßt. § 119 Entschädigung (1) Stand das Eigentum oder das andere Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einem Dritten zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, so wird dieser aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt. (2) Die Entschädigungspflicht entfällt, wenn der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung oder einer mit ihr zusammenhängenden rechtswidrigen Tat gewesen ist, der Dritte aus der Tat in verwerflicher Weise einen Vermögensvorteil gezogen hat oder der Dritte den Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat oder es nach den Umständen, welche die Einziehung oder Unbrauch-

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barmachung begründet haben, auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts zulässig wäre, den Gegenstand dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen. § 120 Sondervorschriften für Organe und Vertreter (1) Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied des Vorstandes oder als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personengesellschaft des Handelsrechts eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 113, 114 und 119 die Einziehung eines Gegenstandes zulassen oder den Ausschluß der Entschädigung begründen würde, so wird seine Handlung bei Anwendung dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. § 14 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Hat in den Fällen des § 116 Abs. 2 Satz 1 der Täter oder Teilnehmer als Vertreter eines anderen oder sonst für einen anderen gehandelt, so wird unter den übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift die Einziehung auch der Stücke angeordnet, die sich zur Zeit der Tat entweder im Besitze des anderen befinden oder von diesem zur Verbreitung bestimmt sind. Entsprechendes gilt für die Unbrauchbarmachung nach § 116 Abs. 2 Satz 2. (3) § 14 Abs. 2 gilt entsprechend. AlternativEntwurf

§ 83 Voraussetzungen des Verfalls (1) Hat eine rechtswidrige Tat dem Täter oder Teilnehmer einen Vermögensvorteil eingebracht, so wird dessen Verfall angeordnet. Besteht der Vorteil in einem aus der Tat erlangten Gewinn, so ist von der Anordnung abzusehen, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde (2) Hat der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt und hat dieser den Vermögensvorteil erzielt, so richtet sich die Anordnung des Verfalls gegen den Empfänger. (3) Die Anordnung des Verfalls kann sich auch auf die Nutzungen und sonstigen Vermögensvorteile erstrecken, die aus dem Erlangten hervorgegangen sind. Ist an die Stelle des zunächst Erlangten ein anderer Gegenstand getreten, so kann dessen Verfall angeordnet werden. (4) Die Anordnung des Verfalls unterbleibt bei Sachen oder Rechten, die zur Zeit der Entscheidung jemandem gehören oder zustehen, der weder Täter oder Teilnehmer noch Empfänger im Sinne des Absatzes 2 ist. § 84 Verfall des Wertersatzes (1) Soweit die Anordnung des Verfalls nach § 83 Abs. 4 unterbleibt, unausführbar ist oder von der Erfassung eines Ersatzgegenstandes abgesehen wird, wird der Verfall eines Geldbetrages

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Anhang angeordnet, der dem Wert des Erlangten entspricht. (2) Die Anordnung ist auch für den Fall zulässig, daß ihre Voraussetzungen sich später ergeben. § 85 Schätzung Der Umfang des Erlangten, dessen Wert und die Höhe des Anspruchs, dessen Erfüllung den Gewinn beseitigen oder mindern würde, können geschätzt werden, soweit genaue Feststellungen unverhältnismäßig große Schwierigkeiten bereiten. § 86 Härtevorschrift (1) Der Verfall wird nicht angeordnet, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. Die Anordnung kann unterbleiben, wenn der Wert des Erlangten gering ist. (2) Ist dem Betroffenen die sofortige Herausgabe der verfallenen Gegenstände nicht zuzumuten, so ist ihm eine Frist zu bewilligen oder die Leistung in bestimmten Raten zu gestatten. Das Gericht kann die Vergünstigung auch nachträglich gewähren, ändern oder widerrufen. § 87 Wirkung des Verfalls (1) Wird der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das andere Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit zusteht. Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. (2) Von der Rechtskraft an wirkt die Anordnung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. § 88 Voraussetzungen der Einziehung (1) Sachen, die durch eine rechtswidrige Tat hervorgebracht oder zur Begehung oder Vorbereitung einer vorsätzlichen Straftat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, werden eingezogen, soweit sie nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie zur Begehung rechtswidriger Taten dienen werden. (2) An die Stelle der Einziehung ist, soweit tunlich, die Unbrauchbarmachung anzuordnen, wenn sie zum Schutz der Rechtsordnung ausreicht. § 89 Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen (1) Schriften (§ 10 Abs. 2), von denen mindestens ein Stück Mittel oder Gegenstand einer rechtswidrigen Tat gewesen ist, wenn ihrem Inhalt zufolge jede Verbreitung den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht. Zugleich ist anzuordnen, daß die zu ihrer Herstellung benutzten oder bestimmten Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative oder Matrizen unbrauchbar gemacht werden.

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(2) Die Einziehung bezieht sich auf alle zur Verbreitung bestimmten Stücke, die sich im Besitz der bei ihrer Herstellung oder Verbreitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt sind. Entsprechendes gilt für die Unbrauchbarmachung. (3) § 88 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Begründet nur ein ausscheidbarer Teil der Gegenstände die Einziehung oder Unbrauchbarmachung, so ist die Anordnung auf diesen Teil zu beschränken. § 90 Wirkung der Einziehung (1) Das Eigentum an der eingezogenen Sache geht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über. Rechte Dritter an der Sache erlöschen. (2) § 87 Abs. 2 gilt entsprechend. § 91 Entschädigung (1) Dritte, denen zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung das Eigentum oder ein sonstiges Recht an der Sache zustand, werden aus der Staatskasse angemessen in Geld entschädigt, es sei denn, daß sie sich im Zusammenhang mit der Tat auf andere Weise strafbar gemacht haben. (2) Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied des Vorstandes oder als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personengesellschaft des Handelsrechts eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber den Ausschluß der Entschädigung begründen würde, so erhält der Vertretene keine Entschädigung. § 92 Selbständige Anordnung (1) Kann wegen der Tat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so muß oder kann auf Verfall, Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen der Maßnahme vorliegen. (2) Dasselbe gilt, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen des Staatsanwalts oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zuläßt. Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (EGOWiG) vom 24. Mai 1968, BGBl. I 503

Artikel 1 Strafgesetzbuch Das Strafgesetzbuch wird wie folgt geändert: [….] 2. § 40 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: § 40 (1) Ist ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen begangen

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Anhang worden, so können Gegenstände, die durch die Tat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden. (2) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen oder die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen dienen werden. (3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 2 ist die Einziehung der Gegenstände auch zulässig, wenn der Täter nur eine als Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen mit Strafe bedrohte Handlung begangen hat. (4) Wir die Einziehung durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen, so gelten die Absätze 2 und 3 entsprechend. § 40a Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so dürfen die Gegenstände abweichend von § 40 Abs. 2 Nr. 1 auch dann eingezogen werden, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen sind, oder die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat. § 40b (1) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so darf sie in den Fällen des § 40 Abs. 2 Nr. 1 und des § 40 a nicht angeordnet werden, wenn sie zur Begehung der begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung betroffenen Täter oder Teilnehmer oder in den Fällen des § 40a den Dritten trifft, außer Verhältnis steht. (2) Das Gericht ordnet in den Fällen der §§ 40 und 40a an, daß die Einziehung vorbehalten bleibt, und trifft eine weniger einschneidende Maßnahme, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, die Gegenstände unbrauchbar zu machen. an den Gegenständen bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen zu beseitigen oder die Gegenstände sonst zu ändern oder über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen. Wird die Anweisung befolgt, so wird der Vorbehalt der Einziehung aufgehoben; andernfalls ordnet das Gericht die Einziehung nachträglich an.

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(3) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so kann sie auf einen Teil der Gegenstände beschränkt werden. § 40c (1) Hat der Täter oder Teilnehmer den Gegenstand, der ihm zur Zeit der Tat gehörte oder zustand und auf dessen Einziehung hätte erkannt werden können, vor der Entscheidung über die Einziehung verwertet, namentlich veräußert oder verbraucht, oder hat er die Einziehung des Gegenstandes sonst vereitelt, so kann das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages gegen den Täter oder Teilnehmer bis zur Höhe anordnen, die dem Wert des Gegenstandes entspricht. (2) Eine solche Anordnung kann das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes oder an deren Stelle treffen, wenn ihn der Täter oder Teilnehmer vor der Entscheidung über die Einziehung mit dem Recht eines Dritten belastet hat, dessen Erlöschen ohne Entschädigung nicht angeordnet werden kann oder im Falle der Einziehung nicht angeordnet werden könnte (§ 41a Abs. 2, § 41c); trifft das Gericht die Anordnung neben der Einziehung, so bemißt sich die Höhe des Wertersatzes nach dem Wert der Belastung des Gegenstandes. (3) Der Wert des Gegenstandes und der Belastung kann geschätzt werden. (4) Ist die Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes nicht ausführbar oder unzureichend, weil nach der Anordnung eine der in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Voraussetzungen eingetreten oder bekanntgeworden ist, so kann das Gericht die Einziehung des Wertersatzes nachträglich anordnen. (5) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 28. 3. § 41 wird wie folgt geändert: § 41 Einziehung und Unbrauchbarmachung von Schriften und anderen Darstellungen (1) Schriften, Tonträger, Abbildungen und Darstellungen, die einen solchen Inhalt haben, daß jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts, den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde, werden eingezogen, wenn mindestens ein Stück durch eine mit Strafe bedrohte Handlung verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt worden ist. Zugleich wird angeordnet, daß die zur Herstellung gebrauchten oder bestimmten Vorrichtungen wie Platten, Formen, Drucksätze, Negative oder Matrizen unbrauchbar zu machen sind. (2) Die Einziehung erstreckt sich nur auf die Stücke, die sich im Besitz der bei ihrer Verbreitung oder deren Vorbereitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder beim Verbreiten durch Versenden noch nicht dem Empfänger ausgehändigt worden sind.

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Anhang (3) Absatz 1 gilt entsprechend bei Schriften, Tonträgern, Abbildungen und Darstellungen, die einen solchen Inhalt haben, daß die vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde. Die Einziehung und Unbrauchbarmachung werden jedoch nur angeordnet, soweit die Stücke und die in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Gegenstände sich im Besitz des Täters oder Teilnehmers befinden oder eines anderen befinden, für den der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat, oder von diesen Personen zur Verbreitung bestimmt sind und die Maßnahmen erforderlich sind, um ein gesetzwidriges Verbreiten durch diese Personen zu verhindern. (4) Dem Verbreiten im Sinne der Absätze 1 bis 3 steht es gleich, wenn mindestens ein Stück durch Ausstellen, Anschlagen, Vorführen oder in anderer Weise allgemein zugänglich gemacht wird. (5) § 40b Abs. 2, 3 gilt entsprechend. 4. Nach § 41 werden folgende Vorschriften eingefügt: § 41a (1) Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über. (2) Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. Das Gericht ordnet jedoch das Erlöschen dieser Rechte an, wenn es die Einziehung darauf stützt, daß die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 Nr. 2 vorliegen. Es kann das Erlöschen des Rechtes eines Dritten auch dann anordnen, wenn diesem eine Entschädigung nach § 41c Abs. 2 Nr. 1 oder 2 zu gewähren ist. § 41b (1) Kann wegen der Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so muß oder kann auf Einziehung des Gegenstandes oder des Wertersatzes oder auf Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben oder zugelassen ist, im übrigen vorliegen. (2) In den Fällen des § 40 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 und des § 41 ist Absatz 1 auch dann anzuwenden, wenn aus rechtlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt werden kann und das Gesetz nichts anderes bestimmt. Einziehung oder Unbrauchbarmachung dürfen jedoch nicht angeordnet werden, wenn Antrag, Ermächtigung, Strafverlangen, Anordnung der Strafverfolgung oder Zustimmung zu ihr fehlen. (3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen des Staatsanwalts oder des

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Gerichts oder im Einvernehmen beider zuläßt. § 41c (1) Stand das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einem Dritten zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, das durch die Entscheidung erloschen oder beeinträchtig ist, so wird der Dritte aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt. (2) Eine Entschädigung wird nicht gewährt, wenn der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, der Dritte den Gegenstand oder das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat oder es nach den Umständen, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung begründet haben, auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts zulässig wäre, den Gegenstand dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen. (3) In den Fällen des Absatzes 2 kann eine Entschädigung gewährt werden, soweit es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen. 5. § 42 wird durch folgende Vorschrift ergänzt: § 42 (1) Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied des Vorstandes oder als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personengesellschaft des Handelsrechts eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 40 bis 40c und 41c die Einziehung eines Gegenstandes oder des Wertersatzes zulassen oder den Ausschluß der Entschädigung begründen würde, so wird seine Handlung bei Anwendung dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. (2) § 50a Abs. 3 gilt entsprechend. Zweites Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) vom 4. Juli 1969, BGBl. I 717.

§ 73 Voraussetzungen des Verfalls (1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden und hat der Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr einen Vermögensvorteil erlangt, so ordnet das Gericht dessen Verfall an. Dies gilt nicht, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den aus der Tat erlangten Vermögensvorteil

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Anhang beseitigen oder mindern würde. (2) Die Anordnung des Verfalls erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen. Sie kann sich auch auf Gegenstände erstrecken, die der Täter oder Teilnehmer durch die Veräußerung eines erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung erworben hat. (3) Hat der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt und hat dadurch dieser den Vermögensvorteil erlangt, so richtet sich die Anordnung des Verfalls nach den Absätzen 1 und 2 gegen ihn. (4) Der Verfall eines Gegenstandes wird auch angeordnet, wenn er einem Dritten gehört oder zusteht, der den Vermögensvorteil für die Tat oder sonst in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat. § 73a Verfall des Wertersatzes Soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht möglich ist oder von dem Verfall eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 2 Satz 2 abgesehen wird, ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben dem Verfall eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt. § 73b Schätzung Der Umfang des Erlangten und dessen Wert sowie die Höhe des Anspruchs, dessen Erfüllung den Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde, können geschätzt werden. § 73c Härtevorschrift (1) Der Verfall wird nicht angeordnet, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. Die Anordnung kann unterbleiben, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist oder wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat. (2) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 42 entsprechend. § 73d Wirkung des Verfalls (1) Wird der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das verfallene Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit zusteht. Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. (2) Von der Rechtskraft wirkt die Anordnung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. § 74 Voraussetzungen der Einziehung (1) Ist eine vorsätzliche Straftat begangen worden, so können

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Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden. (2) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen oder die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie der Begehung weiterer rechtswidriger Taten dienen werden. (3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 2 ist die Einziehung der Gegenstände auch zulässig, wenn der Täter nur eine nur rechtswidrige Tat begangen hat. (4) Wir die Einziehung durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen, so gelten die Absätze 2 und 3 entsprechend. § 74a Erweiterte Voraussetzungen der Einziehung Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so dürfen die Gegenstände abweichend von § 74 Abs. 2 Nr. 1 auch dann eingezogen werden, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, oder die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat. § 74b Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so darf sie in den Fällen des § 74 Abs. 2 Nr. 1 und des § 74a nicht angeordnet werden, wenn sie zur Begehung der begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung betroffenen Täter oder Teilnehmer oder in den Fällen des § 74a den Dritten trifft, außer Verhältnis steht. (2) Das Gericht ordnet in den Fällen der §§ 74 und 74a an, daß die Einziehung vorbehalten bleibt, und trifft eine weniger einschneidende Maßnahme, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, die Gegenstände unbrauchbar zu machen. an den Gegenständen bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen zu beseitigen oder die Gegenstände sonst zu ändern oder über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen. Wird die Anweisung befolgt, so wird der Vorbehalt der Einziehung aufgehoben; andernfalls ordnet das Gericht die Einziehung nachträglich an. (3) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so kann sie auf einen

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Anhang Teil der Gegenstände beschränkt werden. § 73c Einziehung des Wertersatzes (1) Hat der Täter oder Teilnehmer den Gegenstand, der ihm zur Zeit der Tat gehörte oder zustand und auf dessen Einziehung hätte erkannt werden können, vor der Entscheidung über die Einziehung verwertet, namentlich veräußert oder verbraucht, oder hat er die Einziehung des Gegenstandes sonst vereitelt, so kann das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages gegen den Täter oder Teilnehmer bis zu der Höhe anordnen, die dem Wert des Gegenstandes entspricht. (2) Eine solche Anordnung kann das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes oder an deren Stelle treffen, wenn ihn der Täter oder Teilnehmer vor der Entscheidung über die Einziehung mit dem Recht eines Dritten belastet hat, dessen Erlöschen ohne Entschädigung nicht angeordnet werden kann oder im Falle der Einziehung nicht angeordnet werden könnte (§ 74e Abs. 2, § 74f); trifft das Gericht die Anordnung neben der Einziehung, so bemißt sich die Höhe des Wertersatzes nach dem Wert der Belastung des Gegenstandes. (3) Der Wert des Gegenstandes und der Belastung kann geschätzt werden. (4) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 42. § 74d Einziehung von Schriften und Unbrauchbarmachung (1) Schriften (§ 11 Abs. 3), die einen solchen Inhalt haben, daß jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts, den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde, werden eingezogen, wenn mindestens ein Stück durch eine rechtswidrige Tat verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt worden ist. Zugleich wird angeordnet, daß die zur Herstellung der Schriften gebrauchten oder bestimmten Vorrichtungen, wie Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative oder Matrizen unbrauchbar gemacht werden. (2) Die Einziehung erstreckt sich nur auf die Stücke, die sich im Besitz der bei ihrer Verbreitung oder deren Vorbereitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder beim Verbreiten durch Versenden noch nicht dem Empfänger ausgehändigt worden sind. (3) Absatz 1 gilt entsprechend bei Schriften, die einen solchen Inhalt haben, daß die vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde. Die Einziehung und Unbrauchbarmachung werden jedoch nur angeordnet, soweit die Stücke und die in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Gegenstände sich im Besitz des Täters oder Teilnehmers befinden oder eines anderen befinden, für den der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat, oder von diesen Personen zur Verbreitung bestimmt sind und

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die Maßnahmen erforderlich sind, um ein gesetzwidriges Verbreiten durch diese Personen zu verhindern. (4) Dem Verbreiten im Sinne der Absätze 1 bis 3 steht es gleich, wenn mindestens ein Stück durch Ausstellen, Anschlagen, Vorführen oder in anderer Weise allgemein zugänglich gemacht wird. (5) § 74b Abs. 2, 3 gilt entsprechend. § 74e Wirkung der Einziehung (1) Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über. (2) Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. Das Gericht ordnet jedoch das Erlöschen dieser Rechte an, wenn es die Einziehung darauf stützt, daß die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 Nr. 2 vorliegen. Es kann das Erlöschen des Rechtes eines Dritten auch dann anordnen, wenn diesem eine Entschädigung nach § 74f Abs. 2 Nr. 1 oder 2 zu gewähren ist. (3) § 73d Abs. 2 gilt entsprechend für die Anordnung der Einziehung und die Anordnung des Vorbehalts der Einziehung, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig ist. § 74f Entschädigung (1) Stand das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einem Dritten zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, das durch die Entscheidung erloschen oder beeinträchtig ist, so wird der Dritte aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt. (2) Eine Entschädigung wird nicht gewährt, wenn der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, der Dritte den Gegenstand oder das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat oder es nach den Umständen, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung begründet haben, auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts zulässig wäre, den Gegenstand dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen. (3) In den Fällen des Absatzes 2 kann eine Entschädigung gewährt werden, soweit es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen. § 75 Sondervorschriften für Organe und Vertreter (1) Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder

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Anhang als Mitglied eines solchen Organs, als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes oder als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 74 bis 74c und 74f die Einziehung eines Gegenstandes oder des Wertersatzes zulassen oder den Ausschluß der Entschädigung begründen würde, so wird seine Handlung bei Anwendung dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. § 14 Abs. 3 gilt entsprechend. – Gemeinsame Vorschriften – § 76 Nachträgliche Anordnung von Verfall oder Einziehung des Wertersatzes Ist die Anordnung des Verfalls oder der Einziehung eines Gegenstandes nicht ausführbar oder unzureichend, weil nach der Anordnung eine der in den §§ 73 a oder 74c bezeichneten Voraussetzungen eingetreten oder bekanntgeworden ist, so kann das Gericht den Verfall oder die Einziehung des Wertersatzes nachträglich anordnen.

Entwurf eines „Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterter Verfall“ BR-Drs. 16/90, S. 10; BT-Drs. 11/6623, S. 6

§ 74a Selbständige Anordnung (1) Kann wegen der Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so muß oder kann auf Verfall oder Einziehung des Gegenstandes oder des Wertersatzes oder auf Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben oder zugelassen ist, im übrigen vorliegen. (2) In den Fällen des § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 und des § 74d ist Absatz 1 auch dann anzuwenden, wenn aus rechtlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt werden kann und das Gesetz nichts anderes bestimmt. Einziehung oder Unbrauchbarmachung dürfen jedoch nicht angeordnet werden, wenn Antrag, Ermächtigung, Strafverlangen, Anordnung der Strafverfolgung oder Zustimmung zu ihr fehlen. (3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen des Staatsanwalts oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zuläßt. Fassung siehe Dissertation S. 257.

Synopse Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 10. August 1990, BT-Drs. 11/7663 sowie vom 24. Juli 1991, BTDrs. 12/989

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Artikel 1 Änderung des Strafgesetzbuches […] 8. § 73b wird wie folgt gefaßt: „§ 73b Schätzung Der Umfang des Erlangten und dessen Wert sowie die Höhe des Anspruchs, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer das aus der Tat Erlangte entziehen würde, können geschätzt werden.“ 9. Nach § 73c wird folgender § 73d eingefügt: „§ 73d Erweiterter Verfall (1) Ist eine rechtswidrige Tat nach einem Gesetz begangen worden, das auf diese Vorschrift verweist, so ordnet das Gericht den Verfall von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen, daß diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Gegenstand dem Täter oder Teilnehmer nur deshalb nicht gehört oder zusteht, weil er den Gegenstand für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat. § 73 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Ist der Verfall eines bestimmten Gegenstandes nach der Tat ganz oder teilweise unmöglich geworden, so finden insoweit die §§ 73a und 73b sinngemäß Anwendung. (3) Ist nach Anordnung des Verfalls nach Absatz 1 wegen einer anderen rechtswidrigen Tat, die der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung begangen hat, erneut über den Verfall von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers zu entscheiden, so berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung. (4) § 73c gilt entsprechend.“ 10. Der bisherige § 73d wird zu § 73e. 11. In § 74e Abs. 3 werden die Worte „§ 73d Abs. 2“ durch die Worte „§ 73e Abs. 2“ ersetzt. 12. In § 76 werden nach den Worten „§§ 73a“ die Worte „§ 73d Abs. 2“ eingefügt.

Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom

7. Nach § 73c wird folgender § 73d eingefügt: „§ 73d Erweiterter Verfall (1) Ist eine rechtswidrige Tat nach einem Gesetz begangen worden, das auf diese Vorschrift verweist, so ordnet das Gericht den Verfall von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen, daß diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Gegenstand dem Täter oder Teilnehmer nur deshalb nicht gehört oder zusteht,

346 15. Juli 1992, BGBl. I 1302

Anhang weil er den Gegenstand für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat. § 73 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Ist der Verfall eines bestimmten Gegenstandes nach der Tat ganz oder teilweise unmöglich geworden, so finden insoweit die §§ 73a und 73b sinngemäß Anwendung. (3) Ist nach Anordnung des Verfalls nach Absatz 1 wegen einer anderen rechtswidrigen Tat, die der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung begangen hat, erneut über den Verfall von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers zu entscheiden, so berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung. (4) § 73c gilt entsprechend.“ 8. Der bisherige § 73d wird zu § 73e. 9. In § 74e Abs. 3 werden die Worte „§ 73d Abs. 2“ durch die Worte „§ 73e Abs. 2“ ersetzt. 10. In § 76 werden die Worte „In den §§ 73a oder 74c“ die Worte „ in §§ 73a, 73d Abs. 2 oder 74c“ ersetzt.

Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKGErG) vom 24. Mai 1994, BR-Drs. 494/94

Artikel 1 Änderungen des Strafgesetzbuches […]

Einunddreißigstes Strafrechtsänderungsgesetz – Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität – (31. StrÄndG – 2. UKG) vom 27. Juni 1994, BGBl. 1994 1440

[…] 1. § 75 Satz 1 wird wie folgt geändert: In Nummer 2 wird das Wort „oder“ nach dem Wort „Vorstandes“ durch einen Beistrich ersetzt; In Nummer 3 wird nach dem Wort „Personenhandelsgesellschaft“ das Wort „oder“ angefügt. Folgende Nummer 4 wird angefügt: „4. Als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einer juristischen Person gelten die in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung“.

1. In § 73d Abs. 1 wird der Satz 1 wie folgt gefaßt: „Ist eine rechtswidrige Tat nach einem Gesetz begangen worden, das auf diese Vorschrift verweist, so ordnet das Gericht den Verfall von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn die Umstände die Annahme nahelegen, daß diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder unmittelbar oder mittelbar aus ihnen erlangt sind; eine solche Annahme liegt auch dann nahe, wenn bei ungeklärter Herkunft der Gegenstände der Täter oder Teilnehmer dazu ausreichende oder falsche Angaben macht.“

Synopse Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informationsund Kommunikationsdienste (IuKDG) vom 22. Juli 1997, BGBl. I 1870

Artikel 4 Änderungen des Strafgesetzbuches […]

Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Abschöpfung von Vermögensvorteilen aus Straftaten vom 3. Februar 1998, BT-Drs. 13/9742

[…] 6. Der Siebente Titel des Dritten Abschnitts des Allgemeinen Teils wird wie folgt gefaßt: „Siebenter Titel Einziehung

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1. § 11 Abs. 3 wird wie folgt gefaßt: „(3) Den Schriften stehen Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen in denjenigen Vorschriften gleich, die auf diesen Absatz verweisen.“ 2. § 74d wird wie folgt geändert: In Absatz 3 wird nach dem Wort „Schriften“ die Angabe „(§ 11 Abs. 3)“ eingefügt. In Absatz 4 werden die Wörter „wenn mindestens ein Stück“ durch die Wörter „wenn eine Schrift (§11 Abs. 3) oder mindestens ein Stück der Schrift“ ersetzt.

§ 73 Einziehung des Erlangten (1) Was der Täter oder Teilnehmer für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat, wird eingezogen. Die Einziehung erstreckt sich auf das unmittelbar Erlangte und auf die gezogenen Nutzungen. Ferner kann sie auf das, was an die Stelle des ursprünglich Erlangten getreten ist, erstreckt werden. Hat der Täter oder Teilnehmer durch die Tat Aufwendungen erspart, so ist der Wert des Ersparten erlangt. (2) Die Einziehung nach Absatz 1 erstreckt sich nicht auf das, womit der Verletzte zur Erfüllung seiner aus der Tat erwachsenen Rückerstattungsansprüche befriedigt worden ist oder seinen Wert. Sie erstreckt sich ferner nicht auf das, womit ein anderer, auf den ein in Satz 1 bezeichneter Anspruch übergegangen ist, zur Erfüllung dieses übergegangenen Anspruchs befriedigt worden ist, und Gegenstände in amtlicher Verwahrung, die dem Verletzten nur deshalb nicht herausgegeben worden sind, weil sie noch zu Beweiszwecken benötigt worden sind. (3) Hat der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt und hat dadurch dieser etwas erlangt, richtet sich die Einziehung nach Absatz 1 gegen ihn. (4) Ein Gegenstand wird auch dann eingezogen, wenn er einem Dritten gehört oder zusteht, der ihn für die Tat oder sonst in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat. (5) Umfang und Wert des Erlangten können geschätzt werden. § 74a Erweiterte Einziehung des Erlangten (1) Ist eine rechtswidrige Tat nach einem Gesetz begangen

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Anhang worden, das auf diese Vorschrift verweist, so sind die Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann einzuziehen, wenn die Umstände die Annahme nahelegen, daß diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt sind. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Gegenstand dem Täter oder Teilnehmer nur deshalb nicht gehört oder zusteht, weil er den Gegenstand für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat. § 73 Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. (2) Ist die Einziehung eines bestimmten Gegenstandes nach der Tat ganz oder teilweise unmöglich geworden, so findet insoweit § 73d abs. 1 bis 3 sinngemäß Anwendung. (3) Ist nach der Einziehung nach Absatz 1 wegen einer anderen rechtswidrigen Tat, die der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung begangen hat, erneut über die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers zu entscheiden, so berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung. § 73b Einziehung anderer Gegenstände (1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche rechtswidrige Tat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, können eingezogen werden, wenn die Gegenstände dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen und die Tat schuldhaft begangen worden ist oder die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie der Begehung weiterer rechtswidriger Taten dienen werden. (2) Ein Gegenstand, auf den sich die Tat bezieht, unterliegt der Einziehung, wenn das Gesetz dies vorschreibt; er kann eingezogen werden, wenn das Gesetz dies zuläßt. (3) Wir die Einziehung bestimmter Gegenstände nach Absatz 2 oder sonst durch ein Gesetz über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 2 entsprechend. (4) Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so können die Gegenstände abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch dann eingezogen werden, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, oder die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat. § 73c Einziehung des Wertersatzes (1) Soweit die Einziehung eines bestimmten Gegenstandes wegen seiner Beschaffenheit oder der Beschaffenheit des Erlang-

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ten oder aus einem anderen Grunde nicht möglich ist oder von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 1 Satz 3 abgesehen wird, ist ein Geldbetrag einzuziehen, der dem Wert des Gegenstandes oder des Erlangten entspricht. Eine solche Einziehung kann auch neben der Einziehung eines Gegenstandes erfolgen, soweit der Täter oder Teilnehmer dessen Wertminderung zumindest fahrlässig herbeigeführt hat. (2) Ist offensichtlich, daß die Einziehung eines Anteils an einem Gegenstand in Betracht kommt und der Gegenstand selbst nicht tatsächlich teilbar ist, so kann die Einziehung eines dem Wert des Anteils entsprechenden Geldbetrages angeordnet werden. Eine solche Anordnung kann auch neben der Einziehung eines Gegenstandes getroffen werden. (3) § 73 Abs. 5 gilt entsprechend. (4) Die Wertersatzeinziehung ist unzulässig, wenn die Einziehung des Gegenstandes nur nach § 73b Abs. 1 Nr. 2 zulässig gewesen wäre. § 73d Unterbleiben der Einziehung Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) In den Fällen der §§ 73, 73a, auch in Verbindung mit § 73c, kann die Einziehung unterbleiben, soweit weder das Erlangte noch dessen Wert zur Zeit der Anordnung im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist. (2) In den Fällen des § 73b Abs. 1 Nr. 1 ordnet das Gericht an, daß die Einziehung vorbehalten bleibt, und trifft eine weniger einschneidende Maßnahme, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, die Gegenstände unbrauchbar zu machen. an den Gegenständen bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen zu beseitigen oder die Gegenstände sonst zu ändern oder über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen. Wird die Anweisung befolgt, so wird der Vorbehalt der Einziehung aufgehoben; andernfalls ordnet das Gericht die Einziehung nachträglich an. (3) Im übrigen wird die Einziehung nicht angeordnet, soweit sie zur Bedeutung der begangenen Tat oder zu dem mit der Einziehung verfolgten Zweck außer Verhältnis stehen würde, namentlich, weil sie für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. (4) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 42 entsprechend. § 73e Einziehung von Schriften und Unbrauchbarmachung (1) Schriften (§ 11 Abs. 3), die einen solchen Inhalt haben, daß jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts, den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde, werden

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Anhang eingezogen, wenn mindestens ein Stück durch eine rechtswidrige Tat verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt worden ist. Zugleich wird angeordnet, daß die zur Herstellung der Schriften gebrauchten oder bestimmten Vorrichtungen, wie Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative oder Matrizen unbrauchbar gemacht werden. (2) Die Einziehung erstreckt sich nur auf die Stücke, die sich im Besitz der bei ihrer Verbreitung oder deren Vorbereitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder beim Verbreiten durch Versenden noch nicht dem Empfänger ausgehändigt worden sind. (3) Absatz 1 gilt entsprechend bei Schriften, die einen solchen Inhalt haben, daß die vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde. Die Einziehung und Unbrauchbarmachung werden jedoch nur angeordnet, soweit die Stücke und die in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Gegenstände sich im Besitz des Täters oder Teilnehmers befinden oder eines anderen befinden, für den der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat, oder von diesen Personen zur Verbreitung bestimmt sind und die Maßnahmen erforderlich sind, um ein gesetzwidriges Verbreiten durch diese Personen zu verhindern. (4) Dem Verbreiten im Sinne der Absätze 1 bis 3 steht es gleich, wenn mindestens eine Schrift (§ 11 Abs. 3) oder mindestens ein Stück durch Ausstellen, Anschlagen, Vorführen oder in anderer Weise allgemein zugänglich gemacht wird. (5) § 74d Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. § 74 Anordnung und allgemeine Wirkung der Einziehung (1) Die Einziehung wird durch das Gericht angeordnet. (2) Die Anordnung oder der Vorbehalt der Einziehung hat die Wirkung einer Beschlagnahme nach § 111b der Strafprozeßordnung. (3) Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit zusteht oder die in § 73 Abs. 3 und 4, § 73b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 oder § 73e genannten Voraussetzungen vorliegen. In den in § 73b Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Fällen gilt dies auch für Rechte Dritter. § 74a Entschädigung (1) Stand in den Fällen der §§ 73b oder 73e das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung einem Dritten zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, das durch die Entscheidung erloschen oder beeinträchtig ist, so wird der Dritte

Synopse

351

aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt. Satz 1 gilt entsprechend in den Fällen des § 73d Abs. 2. (2) Eine Entschädigung wird nicht gewährt, in den Fällen des § 73 Abs. 3 und 4, der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, wenn der Dritte den Gegenstand oder das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat oder wenn es nach den Umständen, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung begründet haben, auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts zulässig wäre, den Gegenstand dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen. Dem Dritten kann jedoch eine Entschädigung gewährt werden, soweit es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen. § 75 Sondervorschriften für Organe und Vertreter Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes, als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft oder als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 73b bis 73d und 74a die Einziehung eines Gegenstandes oder des Wertersatzes zulassen oder den Ausschluß der Entschädigung begründen würde, so wird seine Handlung bei Anwendung dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. § 14 Abs. 3 gilt entsprechend. § 76 Nachträgliche Anordnung der Einziehung Ist die Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes nicht ausführbar oder unzureichend, weil nach der Anordnung eine der in den §§ 73 a Abs. 2, 73c bezeichneten Voraussetzungen eingetreten oder bekanntgeworden ist, so kann das Gericht die Einziehung oder die Einziehung des Wertersatzes nachträglich anordnen. § 76a Selbständige Anordnung Die Einziehung kann auch angeordnet werden, wenn ein Strafverfahren nicht durchgeführt oder es eingestellt wird oder wenn das Gericht von Strafe absieht; die Einziehung nach § 73b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, §§ 73c, 73e oder die Unbrauchbarmachung dürfen

352

Anhang jedoch nicht angeordnet werden, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.“ 7. In § 79 Abs. 5 Satz 1 wird das Wort „Verfall“ gestrichen.

Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten, BGBl. I 2350

Artikel 2 Änderungen des Strafgesetzbuches § 73d Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch [...] geändert worden ist, wird wie folgt gefasst: „§ 73 Abs. 1 Satz 2, auch in Verbindung mit § 73b, und § 73 Abs. 2 gelten entsprechend.“

Quellenverzeichnis A) Veröffentlichte Quellen1 1

Deutsches Partikularrecht

1.1

Quellensammlungen

1.1.1

Sammlung der deutschen Strafgesetzbücher, hrsg. von Melchior Stenglein. Erstes Bändlein: Bayern, Oldenburg, Sachsen-Altenburg, Württemberg, Braunschweig. Zweites Bändlein: Hannover, Hessen-Darmstadt und Frankfurt, Baden, Nassau. Drittes Bändlein: Thüringisches Strafgesetzbuch, Preußen, Österreich, Sachsen. München 1858.

1.1.2

Gesetzrevision (1825–1848), hrsg. von Werner Schubert und Jürgen Regge: I. Abteilung Straf- und Strafprozeßrecht, Quellen zur preussischen Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts. – Bd. 1: Strafrecht (Ministerium Danckelmann; 1827–1830). Liechtenstein 1981. – Bd. 2: Straf- und Strafprozeßrecht (Ministerium Danckelmann; 1828–1830). Liechtenstein 1982. – Bd. 3: Straf- und Strafprozeßrecht (Ministerium Kamptz; 1833–1837). Liechtenstein 1984. – Bd. 4: Protokolle der Kommission des Staatsrats über die Beratungen des Revidierten Entwurfs eines Strafgesetzbuchs von 1836 (Ministerien Kamptz und Savigny; 1838–1842). o 1. Halbband. o 2. Halbband. Liechtenstein 1993. – Bd. 5: Entwurf des Strafgesetzbuchs von 1843, Revision des Entwurfs des Strafgesetzbuchs von 1843 und Revidierter Entwurf der Strafprozeßordnung von 1841 (Ministerien Kamptz und Savigny). Liechtenstein 1994. – Bd. 6: Entwurf eines Strafgesetzbuchs (1845–1848). o 1. Halbband. o 2. Halbband. Liechtenstein 1996.

1.2

Einzelquellen (alphabetisch sortiert nach Region)

1.2.1

Großherzogthum Baden

1

Veröffentliche Quellen sind so zitiert, dass sie über das Literatur- oder Abkürzungsverzeichnis erschlossen werden können. Parlamentaria und Gerichtsentscheidungen sind nicht angeführt, sondern an Ort und Stelle ausreichend nachgewiesen.

354

Anhang Strafgesetzbuch für das Großherzogthum Baden vom 6. Mai 1845, abgedruckt in: Stenglein (s.1.1.1), Bd. 2 Nr. VIII.

1.2.2

Königreich Bayern

1.2.2.1

Bayerisches Strafgesetzbuch vom 6. Mai 1813, abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 1 Nr. I.

1.2.2.2

Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern vom 1. November 1861. Amtliche Ausgabe. München 1861.

1.2.3

Herzogthum Braunschweig

1.2.3.1

Criminalgesetzbuch für das Herzogthum Braunschweig vom 10. Juli 1840 (= Criminalgesetzbuch für das Fürstenthum Lippe-Detmold vom 18. Juli 1843), abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 1 Nr. V.

1.2.3.2

Das Criminalgesetzbuch für das Herzogthum Braunschweig nebst den Motiven der herzoglichen Landesregierung und Erlassen aus den staendigen Verhandlungen. Braunschweig 1840.

1.2.4

Code Pénal. Aus dem Französischen nach der officiellen Ausgabe übersetzt von Wilhelm Blanchard. Cöln 1812.

1.2.5

Königreich Hannover Criminalgesetzbuch für das Königreich Hannover vom 8. August 1840, abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 2 Nr. VI.

1.2.6

Großherzogthum Hessen Strafgesetzbuch für das Großherzogthum Hessen vom 17. September 1841, abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 2 Nr. VII.

1.2.7

Herzogthum Nassau Strafgesetzbuch für das Herzogthum Nassau vom 14. April 1849, abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 2 Nr. IX.

1.2.8

Herzogthum Oldenburg

1.2.8.1

Strafgesetzbuch für die Herzoglich-Oldenburgischen Lande vom 10. September 1814, abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 1 Nr. II.

1.2.8.2

Strafgesetzbuch für das Großherzogthum Oldenburg vom 3. Juli 1858; abgedruckt in: Gesetzblatt für das Herzogthum Oldenburg XVI. Band. 25. Stück.

1.2.9

Kaiserthum Österreich

1.2.9.1

Constitutio criminalis Theresiana, Tafeln und erläuternde Texte, Reprint der Originalausgabe von 1769. Herausgegeben und eingeleitet von Armin Forker. Heidelberg 1986.

1.2.9.2

Allgemeines Gesetz über Verbrechen und derselben Bestrafung (Constitutio Josephina), Wien 1787.

Quellenverzeichnis

355

1.2.9.3

Gesetzbuch über Verbrechen und schwere Polizey-Übertretungen für das Kaiserthum Österreich vom 3. September 1803. Zweyte Auflage mit anhängenden neueren Vorschriften. Wien 1815.

1.2.9.4

Das Strafgesetzbuch über Verbrechen, Vergehen, und Übertretungen für das Kaiserthum Österreich vom 27. Mai 1852, abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 3 Nr. XII.

1.2.10

Königreich Preußen

1.2.10.1

Friedrich Wilhelms, Königes in Preussen, Verbessertes Land-Recht, Des Königreichs Preussen: Worinnen Die kleinere Buchstaben des Textes dasjenige, so aus dem vorigen Land-Recht beybehalten, die grössere Buchstaben, was in der Revision geändert oder hinzugethan, die * aber, daß etwas ausgelassen worden, anzeigen. Königsberg 1721.

1.2.10.2

Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten vom 1. Juni 1794. Mit einer Einführung von Hans Hattenhauer und einer Bibliographie von Günther Bernert. 2. Auflage. Neuwied/Kriftel/Berlin 1994.

1.2.10.3

Entwurf des Straf-Gesetz-Buches für die Preußischen Staaten. Berlin 1828, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 1 (s. 1.1.2).

1.2.10.4

Motive zu dem, von dem Revisor vorgelegten, Ersten Entwurfe des Criminal-Gesetzbuches für die Preußischen Staaten. Dritter Band. Zweite Abtheilung. Berlin 1829. IV, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 1 (s. 1.1.2).

1.2.10.5

Entwurf des Straf-Gesetz-Buches für die Preußischen Staaten. Erster Theil. Criminal-Strafgesetze. Berlin 1830, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 3 (s. 1.1.2).

1.2.10.6

Revidirter Entwurf des Strafgesetzbuches für die Königl. Preußischen Staaten. Erster Theil. Kriminal-Strafgesetze. Berlin 1833, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 3 (s. 1.1.2).

1.2.10.7

Motive zu dem Revidirten Entwurf des Strafgesetzbuchs für die Preußischen Staaten. Erster Theil. Kriminal-Strafgesetze. Berlin 1833, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 3 (s. 1.1.2).

1.2.10.8

Revidirter Entwurf des Strafgesetzbuchs für die Königlich-Preußischen Staaten. Berlin 1836, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 3 (s. 1.1.2).

1.2.10.9

Berathungs-Protokolle der zur Revision des Strafrechts ernannten Kommission des Staatsraths über den zweiten Theil des Entwurfs des Strafgesetzbuchs. Erste Abtheilung. Betreffend die Titel 1. bis 16. des speziellen Theils. Berlin 1840, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 4, 1. Teilbd. (s. 1.1.2).

1.2.10.10

1. Redaktion des Entwurfs des Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 4, 2. Teilbd. (s. 1.1.2).

1.2.10.11

2. Redaktion des Entwurfs des Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 4, 2. Teilbd. (s. 1.1.2).

356

Anhang

1.2.10.12

3. Redaktion des Entwurfs des Strafgesetzbuchs, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 4, 2. Teilbd. (s. 1.1.2).

1.2.10.13

Entwurf für das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, nach den Beschlüssen des Königlichen Staatsraths. Berlin 1843, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision Bd. 5 (s. 1.1.2).

1.2.10.14

Revision des Entwurfs des Strafgesetzbuchs von 1843. Zweiter Band. Zum zweiten Theil des Entwurfs Tit. 1–16. §. 141–401. Berlin 1845, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision, Bd. 5 (s. 1.1.2).

1.2.10.15

Revidirter Entwurf des Strafgesetzbuchs für die Preußischen Staaten. Vorgelegt von dem Ministerium der Gesetz-Revision. Berlin, 1845, abgedruckt in: Schubert, Gesetzrevision, Bd. 5 (s. 1.1.2).

1.2.10.16

Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Vom 14. April 1851. Nebst den Abweichungen der Strafgesetzbücher für das Herzogthum AnhaltBernburg vom 22. Januar 1852 und das Fürstenthum Waldeck und Pyrmont vom 15. Mai 1855, abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 3 Nr. XI.

1.2.10.17

Die Materialien zum Straf-Gesetzbuche für die Preußischen Staaten, aus amtlichen Quellen nach den Paragraphen des Gesetzbuches zusammengestellt und in einem Kommentar erläutert von Theodor Goltdammer, Theil II. Den besonderen Theil enthaltend. Berlin 1852.

1.2.11

Königreich Sachsen

1.2.11.1

Ellerhöchsten Befehl gefertigt von Carl August Tittmann; Erster Band – Gesetzbuch über Verbrechen, Meißen 1813.

1.2.11.2

Entwurf eines Gesetzbuches über Verbrechen und Strafen für die zum Königreich Sachsen gehörigen Staaten von Christian Daniel Erhard, auf Sr. Königl. Majestät allerhöchsten Befehl. Gera/Leipzig 1816.

1.2.11.3

Criminalgesetzbuch für das Königreich Sachsen nebst einem Realregister und einigen gleichzeitigen damit in Verbindung stehenden Gesetzen und Verordnungen mit Anmerkungen zum praktischen Gebrauch für sächsische Juristen vom Geheimen Justizrath Dr. Gross. 2 Abtheilungen. Dresden 1938. Nachdruck: Keip. Bibliothek des Deutschen Strafrechts – Corpus Iuris Criminalis. Bd. 17. Goldbach 2003.

1.2.11.4

Criminalgesetzbuch für das Herzogthum Sachsen-Altenburg vom 3. Mai 1841 (gleichzeitig: Königlich-Sächsisches Criminalgesetzbuch vom 30. März 1838), abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 1 Nr. III.

1.2.11.5

Strafgesetzbuch für das Königreich Sachsen vom 11. August 1855, abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 3 Nr. XIII.

1.2.11.6

Das Revidirte Strafgesetzbuch für das Königreich Sachsen vom 1. October 1868 sammt den damit in Verbindung stehenden älteren und gleichzeitigen Gesetzen und Verordnungen und mit Verweisung auf die einschlagenden älteren Bestimmungen und auf die Literatur nebst einem ausführlichen Sachregister mit Angabe der Strafmaße. Dresden 1868.

Quellenverzeichnis

357

1.2.12

„Thüring’sches Strafgesetzbuch“ von 1850 Strafgesetzbuch für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach, Herzogthum Sachsen-Meiningen, Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha, Herzogthum Anhalt-Dessau und Köthen, und die Fürstenthümer Schwarzburg-Rudolfstadt, Schwarzburg-Sondershausen und Reuß jüngere Linie, abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 3 Nr. X.

1.2.13

Königreich Westphalen Der Code pénal des Königreichs Westphalen von 1813 mit dem Code pénal von 1810 im Original und in deutscher Übersetzung. Herausgegeben und mit einer Einleitung versehen von Werner Schubert. Frankfurt am Main 2001.

1.2.14

Königreich Württemberg Strafgesetzbuch für das Königreich Württemberg vom 1. März 1839, abgedruckt in: Stenglein (s. 1.1.1), Bd. 1 Nr. IV.

2

Gesetze und Reformmaterialien des Norddeutschen Bundes, des Deutschen Reiches und der Bundesrepublik Deutschland

2.1

Quellensammlungen

2.1.1

Entstehung des Strafgesetzbuchs, hrsg. von Werner Schubert und Thomas Vormbaum, Kommissionsprotokolle und Entwürfe. – Bd. I: 1869, Baden-Baden 2002 – Bd. II: 1870, Berlin 2004.

2.1.2.

Schubert, Werner (Hrsg.): Kodifikationsgeschichte Strafrecht. Bd. 3. Verhandlungen des Reichsrates und Reichstages des Norddeutschen Bundes über den Entwurf eines Strafgesetzbuches. Frankfurt a.M. 1992.

2.1.3

Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts. Vorarbeiten zur deutschen Strafrechtsreform. Hrsg. auf Anregung des Reichsjustizamts von Karl Birkmeyer, Fritz v. Calker, Reinhard Frank, Robert v. Hippel, Wilhelm Kahl, Karl v. Lilienthal, Franz v. Liszt, Adolf Wach. 6 Bde. zum Allgemeinen Teil, 8 Bde. zum Besonderen Teil, Registerbd. Berlin 1905–1909.

2.1.4

Protokolle zur Reform des Strafgesetzbuches (1911–1913), hrsg. von Werner Schubert. Frankfurt a.M. 1990. – – –

Bd. 1: Allgemeiner Teil des Vorentwurfs in 1. Lesung, Protokolle 1–70. Bd. 3: Besonderer Teil des Vorentwurfs in 1. Lesung. §§ 212–310 des Vorentwurfs, - Protokolle 141–207. Bd. 4: 2. Lesung und Schlußredaktion des Entwurfs, Protokolle 208–282.

2.1.5

Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, hrsg. von Werner Schubert, Jürgen Regge, Peter Rieß und Werner Schmid, Berlin/New York.

2.1.5.1

I. Abteilung: Weimarer Republik (1918–1932).

358

Anhang – – –

2.1.5.2

Bd. 1: Entwürfe zu einem Strafgesetzbuch (1919, 1922, 1924/25, 1927), hrsg. von Jürgen Regge und Werner Schubert, 1995. Bd. 2: Beratungen des Entwurfs zu einem Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuch im Reichsrat 1924/25, mit einer Einleitung von Werner Schubert, 1998. Bd. 3: Protokolle der Strafrechtsausschüsse des Reichstags. o 1. Teil, Sitzungen vom Juli 1927 bis März 1928, Sitzungen der deutschen und österreichischen parlamentarischen Strafrechtskonferenzen (1927–1930), hrsg. von Werner Schubert, 1995. o 2. Teil, Sitzungen vom Juli 1928 bis September 1929, hrsg. von Werner Schubert, 1996. o 3. Teil, Sitzungen von Oktober 1929 bis Juni 1930, hrsg. von Werner Schubert, 1997. o 4. Teil, Sitzungen von Dezember 1930 bis Mai 1932, Zusammenstellung der Beschlüsse, hrsg. von Werner Schubert, 1994.

II. Abteilung: NS-Zeit (1933–1939) – Strafgesetzbuch. –

Bd. 1, Entwürfe eines Strafgesetzbuchs. o 1. Teil, hrsg. von Jürgen Regge und Werner Schubert. Teilband 1, 1988. Teilband 2, 1990. o 2. Teil, hrsg. von Jürgen Regge und Werner Schubert, 1990. – Bd. 2, Protokolle der Strafrechtskommission des Reichsjustizministeriums, hrsg. von Jürgen Regge und Werner Schubert. Teilbände 1 und 2: Erste Lesung, hrsg. von Jürgen Regge und Werner Schubert, 1988, 1989. – Bd. 4, Protokolle der Strafrechtskommission des Reichsjustizministeriums. o 4. Teil, Zweite Lesung: Besonderer Teil, hrsg. von Jürgen Regge und Werner Schubert, 1994. 2.1.6

Das Strafgesetzbuch. Sammlung der Änderungsgesetze und Neubekanntmachungen. Hrsg. von Thomas Vormbaum und Jürgen Welp. Baden-Baden – Bd. 1: 1870–1953 (2000). – Bd. 2: 1954–1974 (2002). – Bd. 3: 1975–1992 (2002).

2.1.7

Sammlung der vom Alliierten Kontrollrat und der Amerikanischen Militärregierung erlassenen Proklamationen, Gesetze, Verordnungen, Befehle, Direktiven. Im englischen Originalwortlaut mit deutscher Übersetzung zusammengestellt von R. Hemken. Loseblattsammlung. Stuttgart 1946–1955.

2.1.8

Materialien zur Strafrechtsreform. 15 Bände. Bonn 1954–1962. –

Bd. 1: Gutachten der Strafrechtslehrer (1954).



Bd. 2: Rechtsvergleichende Arbeiten. Teilband II: Besonderer Teil (1955). Bd. 5: Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs 1930 – Entwurf Kahl (Nachdruck 1954).



Quellenverzeichnis

359

2.1.9

Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission. 14 Bände und 1 Registerband. Bonn 1956–1960. – Bd. V: Besonderer Teil. 53. bis 58. Sitzung (1958). – Bd. VI: Besonderer Teil. 59. bis 66. Sitzung (1958). – Bd. VIII: Besonderer Teil. 76. bis 90. Sitzung (1959). – Bd. XII: 2. Lesung, Allgemeiner Teil (1959).

2.1.10

Niederschriften über die Sitzungen der Unterkommissionen zur Vorbereitung des Entwurfs des Besonderen Teils eines Strafgesetzbuchs. 2. Band: II. Unterkommission (1961).

2.1.11

Niederschrift über die 10. Tagung der Länderkommission für die Große Strafrechtsreform in Berlin vom 13. bis 17. Februar 1961.

2.2

Einzelquellen (in chronologischer Reihenfolge)

2.2.1.

Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Vom 31. Mai 1870, abgedruckt in: BGBl. NdB 1870, 197.

2.2.2

Gesetz betreffend die Redaktion des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund als Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. Vom 15. Mai 1871, abgedruckt in: RGBl. 1871, 127.

2.2.3

Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Vorarbeiten zur deutschen Strafrechtsreform. Besonderer Teil. Bd. VI. Raub und Erpressung. Sachbeschädigung. Diebstahl und Unterschlagung. Strafbarer Eigennutz. Berlin 1907 (Bearb.: Harburger). Besonderer Teil. Bd. VIII. Bankerutt. Untreue. Wucher und Ausbeutung. Verletzung fremder Geheimnisse. Jagd- und Fischereivergehen. Berlin 1908 (Bearb.: Freudenthal).

2.2.4

Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch. Bearbeitet von der hierzu bestellten Sachverständigenkommission. Veröffentlicht auf Anordnung des Reichsjustizamts. Berlin 1909. Begründung. 2 Bde. (AT und BT). Berlin 1909.

2.2.5

Zusammenstellung der gutachtlichen Äußerungen über den Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch. Gefertigt im Reichsjustizamt. Als Manuskript gedruckt. Berlin (Reichsdruckerei) 1911.

2.2.6

Zusammenstellung der Äußerungen der Bundesregierungen über den Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch. Gefertigt im Reichsjustizamt. Als Manuskript gedruckt. Berlin (Reichsdruckerei) 1911.

2.2.7

Gegenentwurf zum Vorentwurf eines deutschen Strafgesetzbuchs. Aufgestellt von W. Kahl, K. v. Lilienthal, F. v. Liszt, J. Goldschmidt. Text mit Vorwort. Berlin 1911. Begründung (mit einer Denkschrift, betreffend die Einarbeitung der Nebengesetze, von N.H. Kriegsmann). Berlin 1911.

2.2.8

Entwürfe zu einem Deutschen Strafgesetzbuch. Veröffentlicht auf Anordnung des Reichsjustizministeriums. Berlin 1920. (Darin in jeweils eigener Paginierung).

2.2.9

Entwurf der Strafrechtskommission (1913).

360

Anhang

2.2.10

Entwurf von 1919, nebst Denkschrift zum Entwurf von 1919.

2.2.11

Gustav Radbruchs Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches (1922). Mit einem Geleitwort von Thomas Dehler und einer Einleitung von Eberhard Schmidt. Tübingen 1952.

2.2.12

Amtlicher Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches nebst Begründung. Veröffentlicht auf Anordnung des Reichsjustizministeriums. Erster Teil: Entwurf. Zweiter Teil: Begründung. Berlin 1925.

2.2.13

Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches nebst Begründung: Reichstag. III. Wahlperiode 1924/27, Drucksache Nr. 3390.

2.2.14

Deutsche Strafgesetzentwürfe von 1909–1927. Synoptische Gegenüberstellung der deutschen und österreichischen Strafgesetzentwürfe und des geltenden deutschen Strafrechts. Hrsg. von Leopold Schäfer. Berlin 1927.

2.2.15

Gesetz zur Fortführung der Strafrechtreform. Vom 31. März 1928, in: RGBl. I 1928, S. 135.

2.2.16

Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs 1930 (Entwurf Kahl). Reichstag. V. Wahlperiode 1930. Drucksache Nr. 395 vom 6. Dezember 1930. Nachdruck als Bd. 5 der Materialien zur Strafrechtsreform. Bonn 1954.

2.2.17

Nationalsozialistisches Strafrecht. Denkschrift des Preußischen Justizministeriums. Berlin 1933.

2.2.18

Gesetz zur Abänderung strafrechtlicher Vorschriften vom 26. Mai 1933, in: RGBl. I 1933, S. 295, abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Bd. 1, Nr. 33.

2.2.19

Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 28. Juni 1935, in: RGBl. I 1935, S. 839, abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Bd. 1, Nr. 39.

2.2.20

Regierungsentwurf zum Dritten Strafrechtsänderungsgesetz (Strafrechtsbereinigungsgesetz), BR-Drs. 287/52.

2.2.21

Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses und Synopse mit dem Regierungsentwurf zum Dritten Strafrechtsänderungsgesetz, BT-Drs. I/4250.

2.2.22

Drittes Strafrechtsänderungsgesetz vom 4. August 1953, in: BGBl. 1953 I, S. 735, abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Bd. 1, Nr. 65.

2.2.23

Entwurf eines Strafgesetzbuchs nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in erster Lesung zusammengestellt und überarbeitet vom Bundesministerium der Justiz (E 1959), abgedruckt in: Materialien zur Strafrechtsreform Bd. 12.

2.2.24

Entwurf eines Strafgesetzbuchs nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in zweiter Lesung zusammengestellt und überarbeitet vom Bundesministerium der Justiz (E 1959 II). Bonn 1959.

Quellenverzeichnis

361

2.2.25

Entwurf eines Strafgesetzbuches (StGB). E 1960. Mit Begründung. BTDrs. 270/60. Bonn 1960.

2.2.26

Entwurf eines Strafgesetzbuches (StGB) E 1962. Mit Begründung. BTDrs. IV/650. Bonn 1962.

2.2.27

Erstes Strafrechtsreformgesetz (1. StrRG) vom 25. Juni 1969, in: BGBl. I 1969, S. 645, abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Bd. 2, Nr. 82.

2.2.28

Protokolle der Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform (zitiert nach Wahlperioden des Bundestages, Sitzung und Seitenzahl).

2.2.29

Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 4. März 1974, in: BGBl. I 1974, S. 469, abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Bd. 2, Nr. 88.

2.2.30

Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches (AE). Besonderer Teil. Straftaten gegen die Wirtschaft. Vorgelegt von Ernst-Joachim Lampe, Theodor Lenckner, Walter Stree, Klaus Tiedemann, Ulrich Weber. Tübingen, 1977.

2.2.31

Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG) vom 15. Mai 1986, in: BGBl. 1986 I, S. 721, abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Bd. 3, Nr. 126.

2.2.32

Sechstes Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26 Januar 1998, in: BGBl. 1998 I, S. 164, abgedruckt in: Vormbaum / Welp, Das Strafgesetzbuch, Bd. 4, Nr. 170.

2.2.33

Protokolle der Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform (zit. nach Wahlperiode, laufender Nummer und Seitenzahl).

2.2.34

Drucksachen des Deutschen Bundestages (zit. nach Wahlperiode, laufender Nummer und Seitenzahl).

2.2.35

Drucksachen des Deutschen Bundesrates (zit. nach laufender Nummer, Jahresangabe und Seitenzahl).

2.2.36

Deutscher Bundestag, Rechtsausschuß. Stenographische Protokolle (zit. nach Wahlperiode, Protokollnummer, Seitenzahl).

2.2.37

Verhandlungen des Deutschen Bundestages. Stenographische Berichte (zit. nach Band, Wahlperiode, Sitzungsnummer, Seitenzahl, Buchstabe).

2.3

Internet-Ressourcen

2.3.1

Presseportal zum Mannesmannprozess: http://www.mannesmann-prozess.de.

2.3.2

Telepolis – Onlinemagazin: http://www.heise.de.

2.3.3

Bundesministerium der Justiz: http://www.bmj.bund.de.

362 2.3.4

Anhang Höchstrichterliche Rechtsprechung Strafrecht: http://www.hrr-strafrecht.de.

B) Unveröffentlichte Quellen 1

Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde

1.1

R 30.01 (Reichsjustizministerium)

1.1.1

R 30.01/21775/5755 Reichsjustizministerium. Generalakte zur Strafrechtsreform. Das deutsche StGB nach der Revision von 1876. 1900–1901. Bd. 7.

1.1.2

R 30.01/21772 Reichsjustizministerium. Novelle zum Strafgesetzbuch. Januar 1902 bis 25. Januar 1906.

1.1.3

R 30.01/21777/5810–5811 Reichsjustizministerium. Generalakte zur Strafrechtsreform. November 1914 bis September 1923.

1.1.4

R 30.01/21782/5819–5820 Reichsjustizministerium. Generalakte zur Strafrechtsreform. April 1927 bis Januar 1928.

1.1.5

R 30.01/21783/5821 Reichsjustizministerium. Generalakte zur Strafrechtsreform. Januar 1928 bis November 1928.

1.1.6

R 30.01/21784/5822–5823 Reichsjustizministerium. Generalakte zur Strafrechtsreform. September 1928 bis Juli 1930.

1.1.7

R 30.01/21786/5825 Reichsjustizministerium. Generalakte zur Strafrechtsreform. März 1931 bis September 1933.

1.1.8

R 30.01/21822/5914–5915 Reform des Strafrechts. Österreichische Vorschläge, Dezember 1921 bis Juli 1922. Äußerungen der Landesregierungen, Reichsministerien und Einzelpersonen auf die Rundschreiben vom 17.06.1921, 2.12.1921 und 1.03.1922 (Iia 1293, II 3034 und II 360) zum Entwurf eines Strafgesetzbuchs. Oktober 1922 bis Juli 1922.

1.1.9

R 30.01/21823/5916–5919 Bemerkungen des Hofrats (Wien) Kadečka zur Begründung des Strafgesetzentwurfs, Februar 1925 bis Mai 1925. Stellungnahme des Reichsjustizministeriums zu den Bemerkungen aus Österreich zum deutschen Strafgesetzentwurf. März 1925 bis Juli 1926. Kommission zur Revision des Strafgesetzbuchs, Band 1, Juni 1910 bis Januar 1912.

1.1.10

R 30.01/21839/5968–5969 Kommission zur Aufstellung des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zu

Quellenverzeichnis

363

einem Deutschen Strafgesetzbuch – Begründung der Beschlüsse. Fortführung der Strafrechtsreform, Berichte April 1918 bis November 1919. 1.1.11

R 30.01/21844/5980–5981 Reichsjustizministerium. Gesetz zur Abänderung strafrechtlicher Vorschriften. Novelle zum Strafgesetzbuch. April 1933 bis August 1933.

1.1.12

R 30.01/21855/ Reichsjustizministerium. Prozesse.

1.1.13

R 30.01/11454 Merkblätter des Preußischen Justizministers zur Strafrechtsreform. Diebstahl, Unterschlagung, Raub. Berlin 1933.

1.2

R 43 (Reichskanzlei) R 43 I/1214 Reichsstrafgesetzgebung. Bd. 1: 1919–1924. Hierzu: Entwurf eines allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs 1919. Abstimmung der Strafrechtsreform mit Österreich.

2

Bundesarchiv Koblenz

1.1.14

B 141/3068 Drittes Strafrechtsänderungsgesetz (Strafrechtsbereinigungsgesetz vom 4. August 1953. – Referentenentwürfe, Ressortbesprechungen, Kabinettvorlage Bd. 2: 1952–1952.

1.1.15

B 141/3082 Drittes Strafrechtsänderungsgesetz (Strafrechtsbereinigungsgesetz) vom 4. August 1953. – Änderung des Strafgesetzbuchs (StGB) Art. 1: Materialien Bd. 2: 1952–1953 enthält Nr. 13–25.

1.1.16

B 141/3087 Drittes Strafrechtsänderungsgesetz (Strafrechtsbereinigungsgesetz) vom 4. August 1953. – Änderung des Strafgesetzbuchs Art. 2: Materialien Bd. 4: 1949–1953.

1.1.17

B 141/3329 Mitarbeit verschiedener Stellen, Materialien, Rechtsvergleichende Gutachten und Stellungnahmen. „Die Untreue im ausländischen Strafrecht“. Rechtsvergleichende Darstellung von Friedrich-Wilhelm Krause.

1.1.18

B 141/3361 (Gutachten Mayer) Mitarbeit verschiedener Stellen, Materialien, Rechtsvergleichende Gutachten und Stellungnahmen. „Die Untreue“. Gutachten von Prof. Dr. Hellmuth Mayer.

1.1.19

B 141/3406 Große Strafrechtsreform. – Rechtsgutachten zum Besonderen Teil. Enthält: „Die Untreue“ von Prof. Dr. Hellmuth Mayer. Bd. 16: 1954–1954.

1.1.20

B 141/3433 Große Strafrechtsreform. – Rechtsvergleichende Darstellungen zum Besonderen Teil. Enthält: „Die Untreue im ausländischen Strafrecht“ von FriedrichWilhelm Krause. Bd. 22: 1955–1955.

364

Anhang

1.1.21

B 141/17202 Bundesjustizministerium. Mitarbeit verschiedener Stellen. Strafrechtskommission beim Bundesgerichtshof. 1957–1962.

1.1.22

B 141/82166 Einzelne Straftatbestände. Diebstahl und Unterschlagung. 1953–1957.

1.1.23

B 141/82167 Einzelne Straftatbestände. Diebstahl und Unterschlagung. 1957–1958.

1.1.24

B 141/82168 Einzelne Straftatbestände. Diebstahl und Unterschlagung. 1958–1960.

1.1.25

B 141/82170 Einzelne Straftatbestände. Untreue. 1954–1957.

1.1.26

B 141/82171 Einzelne Straftatbestände. Untreue. 1958–1961.

1.1.27

B 141/82172 Einzelne Straftatbestände. Untreue. 1961–1964.

Nicht veröffentlichte Quellen des Bundesarchivs Berlin

R 3001/11450 : Merkblatt Nebenstrafen und Nebenfolgen am Vermögen R 3001/5916: (S. 85) R 3001/5915: (S. 82) R 3001/5844: (S. 118) R 3001/5842: (S. 93) R 3001/5841: (S. 91) R 3001/5830: (S. 99) R 3001/5828: (S. 105) R 3001/5827: (S. 106) R 3001/5826: (S. 116) R 3001/5824: (S. 105) R 3001/5820: (S. 96) R 3001/5819: (S. 94, 95) R 3001/5806: (S. 60) R 3001/5805: (S. 56) R 3001/4819: (S. 93) Nicht veröffentlichte Quellen des Bundesarchivs Koblenz

B 141/82089 (S. 209) B 141/82088 (S. 181) B 141/82087 (S. 174) B 141/82086 (S. 150) B 141/82085 (S.150) B 141/17308 (S. 208)

Quellenverzeichnis B 141/17305 (S. 208) B 141/17304 (S. 208) B 141/17303 (S. 208) B 141/17299 (S. 207) B 141/17298 (S. 206) B 141/17295 (S. 209) B 141/17294 (S. 209) B 141/17293 (S. 206) B 141/17289 (S. 206) B 141/17287 (S. 206) B 141/17273 (S. 197) B 141/17272 (S. 196) B 141/17259 (S. 181) B 136/3158 (S. 209)

365

Literaturverzeichnis ARNDT, Herbert: „Die fehlerhafte Einziehung“. Neue Juristische Woche 1957, S. 356–358. (Zitiert: Arndt, NJW 1957, S.). ARZT, Gunther: „Geldwäscherei – Eine neue Masche zwischen Hehlerei, Strafvereitelung und Begünstigung“. Neue Zeitschrift für Strafrecht 1990. S. 1–6. ASCHROTT, Paul Felix / KOHLRAUSCH, Eduard (Hrsg.): Reform des Strafrechts. Kritische Besprechung des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs. Auf Veranlassung der Deutschen Landesgruppe der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung. Berlin/Leipzig 1926 (Zitiert: Bearbeiter, in: Aschrott / Kohlrausch, Reform des Strafrechts). ASCHROTT, Paul Felix / LISZT, Franz v. (Hrsg.): Die Reform des Reichsstrafgesetzbuchs. Kritische Besprechung des Vorentwurfs zu einem Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich unter vergleichender Berücksichtigung des österreichischen und schweizerischen Vorentwurfs. Band I: Allgemeiner Teil. Berlin 1910. BACKER, Otto: „Kriminalpolitik ohne Legitimität“. Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 1986. S. 315–342. (Zitiert: Backer, KritV 1986, S.). BANKE, Waldemar: Der erste Entwurf eines Deutschen Einheitsstrafrechts. Band 1. Die Verfasser des Entwurfs 1849. (Abhandlungen des kriminalistischen Seminars. Neue Folge. Siebenter Band, 1. Heft). Berlin 1912. Band 2. Der Vorentwurf zum ersten Deutschen Einheitsstrafrecht. (Abhandlungen des kriminalistischen Seminars. Neue Folge. Siebenter Band, 2. Heft). Berlin 1915. Band 3. Der Entwurf 1849 als Bindeglied des Deutschen Strafrechts. (Abhandlungen des kriminalistischen Instituts, Dritte Folge. Dritter Band, 1. Heft). Berlin 1916. BECCARIA, Cesare: Von den Verbrechen und von den Strafen (1764). Aus dem Italienischen von Thomas Vormbaum. Mit einer Einführung von Wolfgang Naucke. Berlin 2005. BECKMANN, Heinrich: „Die fehlerhafte Einziehung von täterfremdem Eigentum nach § 40 StGB“. Goltdammer’s Archiv für Strafrecht 1960, S. 205–213. (Zitiert: Beckmann, GA 1960, S.). BERG, Johannes: Beweiserleichterung bei Gewinnabschöpfung. IUS CRIMINALE. Schriftenreihe zum Europäischen Strafrecht. Herausgeber: Ulrich Sieber. Band 9. Köln 2001. BERNERT, Günther: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794. Mit einer Einführung von Dr. Hans Hattenhauer und einer Bibliographie von Dr. Günther Bernert. Zweite, erweiterte Auflage. BESELER, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten und das Einführungsgesetz vom 14. April 1851. (Kodifikationsgeschichte Strafrecht). Leipzig 1851. BLEICH, Eduard: Verhandlungen des im Jahre 1848 zusammenberufenen Vereinigten Ständischen Ausschusses. Berlin 1848.

Literaturverzeichnis

367

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368

Anhang

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370

Anhang

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Juristische Zeitgeschichte Herausgeber: Prof. Dr. Dr. Thomas Vormbaum, FernUniversität in Hagen Abteilung 1: Allgemeine Reihe 1 Thomas Vormbaum (Hrsg.): Die Sozialdemokratie und die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Quellen aus der sozialdemokratischen Partei und Presse (1997) 2 Heiko Ahlbrecht: Geschichte der völkerrechtlichen Strafgerichtsbarkeit im 20. Jahrhundert (1999) 3 Dominik Westerkamp: Pressefreiheit und Zensur im Sachsen des Vormärz (1999) 4 Wolfgang Naucke: Über die Zerbrechlichkeit des rechtsstaatlichen Strafrechts. Gesammelte Aufsätze zur Strafrechtsgeschichte (2000) 5 Jörg Ernst August Waldow: Der strafrechtliche Ehrenschutz in der NS-Zeit (2000) 6 Bernhard Diestelkamp: Rechtsgeschichte als Zeitgeschichte. Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts (2001) 7 Michael Damnitz: Bürgerliches Recht zwischen Staat und Kirche. Mitwirkung der Zentrumspartei am Bürgerlichen Gesetzbuch (2001) 8 Massimo Nobili: Die freie richterliche Überzeugungsbildung. Reformdiskussion und Gesetzgebung in Italien, Frankreich und Deutschland seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts (2001) 9 Diemut Majer: Nationalsozialismus im Lichte der Juristischen Zeitgeschichte (2002) 10 Bianca Vieregge: Die Gerichtsbarkeit einer „Elite“. Nationalsozialistische Rechtsprechung am Beispiel der SS- und Polizeigerichtsbarkeit (2002) 11 Norbert Berthold Wagner: Die deutschen Schutzgebiete (2002) 12 Milosˇ Vec: Die Spur des Täters. Methoden der Identifikation in der Kriminalistik (1879–1933), (2002) 13 Christian Amann: Ordentliche Jugendgerichtsbarkeit und Justizalltag im OLG-Bezirk Hamm von 1939 bis 1945 (2003) 14 Günter Gribbohm: Das Reichskriegsgericht (2004) 15 Martin M. Arnold: Pressefreiheit und Zensur im Baden des Vormärz. Im Spannungsfeld zwischen Bundestreue und Liberalismus (2003) 16 Ettore Dezza: Beiträge zur Geschichte des modernen italienischen Strafrechts (2004) 17 Thomas Vormbaum (Hrsg.): „Euthanasie“ vor Gericht. Die Anklageschrift des Generalstaatsanwalts beim OLG Frankfurt/M. gegen Werner Heyde u. a. vom 22. Mai 1962 (2005) 18 Kai Cornelius: Vom spurlosen Verschwindenlassen zur Benachrichtigungspflicht bei Festnahmen (2006) 19 Kristina Brümmer-Pauly: Desertion im Recht des Nationalsozialismus (2006) 20 Hanns-Jürgen Wiegand: Direktdemokratische Elemente in der deutschen Verfassungsgeschichte (2006) 21 Hans-Peter Marutschke (Hrsg.): Beiträge zur modernen japanischen Rechtsgeschichte (2006)

22 Katrin Stoll: Die Herstellung der Wahrheit (2011) 23 Thorsten Kurtz: Das Oberste Rückerstattungsgericht in Herford (2014) 24 Sebastian Schermaul: Die Umsetzung der Karlsbader Beschlüsse an der Universität Leipzig 1819–1848 (2013)

Abteilung 2: Forum Juristische Zeitgeschichte 1 Franz-Josef Düwell / Thomas Vormbaum (Hrsg.): Themen juristischer Zeitgeschichte (1) – Schwerpunktthema: Recht und Nationalsozialismus (1998) 2 Karl-Heinz Keldungs: Das Sondergericht Duisburg 1943–1945 (1998) 3 Franz-Josef Düwell / Thomas Vormbaum (Hrsg.): Themen juristischer Zeitgeschichte (2) – Schwerpunktthema: Recht und Juristen in der Revolution von 1848/49 (1998) 4 Thomas Vormbaum: Beiträge zur juristischen Zeitgeschichte (1999) 5 Franz-Josef Düwell / Thomas Vormbaum: Themen juristischer Zeitgeschichte (3), (1999) 6 Thomas Vormbaum (Hrsg.): Themen juristischer Zeitgeschichte (4), (2000) 7 Frank Roeser: Das Sondergericht Essen 1942–1945 (2000) 8 Heinz Müller-Dietz: Recht und Nationalsozialismus – Gesammelte Beiträge (2000) 9 Franz-Josef Düwell (Hrsg.): Licht und Schatten. Der 9. November in der deutschen Geschichte und Rechtsgeschichte – Symposium der Arnold-Freymuth-Gesellschaft, Hamm (2000) 10 Bernd-Rüdiger Kern / Klaus-Peter Schroeder (Hrsg.): Eduard von Simson (1810–1899). „Chorführer der Deutschen“ und erster Präsident des Reichsgerichts (2001) 11 Norbert Haase / Bert Pampel (Hrsg.): Die Waldheimer „Prozesse“ – fünfzig Jahre danach. Dokumentation der Tagung der Stiftung Sächsische Gedenkstätten am 28. und 29. September in Waldheim (2001) 12 Wolfgang Form (Hrsg.): Literatur- und Urteilsverzeichnis zum politischen NS-Strafrecht (2001) 13 Sabine Hain: Die Individualverfassungsbeschwerde nach Bundesrecht (2002) 14 Gerhard Pauli / Thomas Vormbaum (Hrsg.): Justiz und Nationalsozialismus – Kontinuität und Diskontinuität. Fachtagung in der Justizakademie des Landes NRW, Recklinghausen, am 19. und 20. November 2001 (2003) 15 Mario Da Passano (Hrsg.): Europäische Strafkolonien im 19. Jahrhundert. Internationaler Kongreß des Dipartimento di Storia der Universität Sassari und des Parco nazionale di Asinara, Porto Torres, 25. Mai 2001 (2006) 16 Sylvia Kesper-Biermann / Petra Overath (Hrsg.): Die Internationalisierung von Strafrechtswissenschaft und Kriminalpolitik (1870–1930). Deutschland im Vergleich (2007) 17 Hermann Weber (Hrsg.): Literatur, Recht und Musik. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 16. bis 18. September 2005 (2007) 18 Hermann Weber (Hrsg.): Literatur, Recht und (bildende) Kunst. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 21. bis 23. September 2007 (2008) 19 Francisco Muñoz Conde / Thomas Vormbaum (Hrsg.): Transformation von Diktaturen in Demokratien und Aufarbeitung der Vergangenheit (2010) 20 Kirsten Scheiwe / Johanna Krawietz (Hrsg.): (K)Eine Arbeit wie jede andere? Die Regulierung von Arbeit im Privathaushalt (2014)

Abteilung 3: Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung. Materialien zu einem historischen Kommentar 1 Thomas Vormbaum / Jürgen Welp (Hrsg.): Das Strafgesetzbuch seit 1870. Sammlung der Änderungen und Neubekanntmachungen; Vier Textbände (1999–2002) und drei Supplementbände (2005, 2006) 2 Christian Müller: Das Gewohnheitsverbrechergesetz vom 24. November 1933. Kriminalpolitik als Rassenpolitik (1998) 3 Maria Meyer-Höger: Der Jugendarrest. Entstehung und Weiterentwicklung einer Sanktion (1998) 4 Kirsten Gieseler: Unterlassene Hilfeleistung – § 323c StGB. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870. (1999) 5 Robert Weber: Die Entwicklung des Nebenstrafrechts 1871–1914 (1999) 6 Frank Nobis: Die Strafprozeßgesetzgebung der späten Weimarer Republik (2000) 7 Karsten Felske: Kriminelle und terroristische Vereinigungen – §§ 129, 129a StGB (2002) 8 Ralf Baumgarten: Zweikampf – §§ 201–210 a.F. StGB (2003) 9 Felix Prinz: Diebstahl – §§ 242 ff. StGB (2003) 10 Werner Schubert / Thomas Vormbaum (Hrsg.): Entstehung des Strafgesetzbuchs. Kommissionsprotokolle und Entwürfe. Band 1: 1869 (2002); Band 2: 1870 (2004) 11 Lars Bernhard: Falsche Verdächtigung (§§ 164, 165 StGB) und Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB), (2003) 12 Frank Korn: Körperverletzungsdelikte – §§ 223 ff., 340 StGB. Reformdiskussion und Gesetzgebung von 1870 bis 1933 (2003) 13 Christian Gröning: Körperverletzungsdelikte – §§ 223 ff., 340 StGB. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1933 (2004) 14 Sabine Putzke: Die Strafbarkeit der Abtreibung in der Kaiserzeit und in der Weimarer Zeit. Eine Analyse der Reformdiskussion und der Straftatbestände in den Reformentwürfen (1908–1931), (2003) 15 Eckard Voßiek: Strafbare Veröffentlichung amtlicher Schriftstücke (§ 353d Nr. 3 StGB). Gesetzgebung und Rechtsanwendung seit 1851 (2004) 16 Stefan Lindenberg: Brandstiftungsdelikte – §§ 306 ff. StGB. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870 (2004) 17 Ninette Barreneche†: Materialien zu einer Strafrechtsgeschichte der Münchener Räterepublik 1918/1919 (2004) 18 Carsten Thiel: Rechtsbeugung – § 339 StGB. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870 (2005) 19 Vera Große-Vehne: Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB), „Euthanasie“ und Sterbehilfe. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870 (2005) 20 Thomas Vormbaum / Kathrin Rentrop (Hrsg.): Reform des Strafgesetzbuchs. Sammlung der Reformentwürfe. Band 1: 1909 bis 1919. Band 2: 1922 bis 1939. Band 3: 1959 bis 1996 (2008) 21 Dietmar Prechtel: Urkundendelikte (§§ 267 ff. StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870 (2005) 22 Ilya Hartmann: Prostitution, Kuppelei, Zuhälterei. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870 (2006)

23 Ralf Seemann: Strafbare Vereitelung von Gläubigerrechten (§§ 283 ff., 288 StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870 (2006) 24 Andrea Hartmann: Majestätsbeleidigung (§§ 94 ff. StGB a.F.) und Verunglimpfung des Staatsoberhauptes (§ 90 StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert (2006) 25 Christina Rampf: Hausfriedensbruch (§ 123 StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870 (2006) 26 Christian Schäfer: „Widernatürliche Unzucht“ (§§ 175, 175a, 175b, 182, a.F. StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1945 (2006) 27 Kathrin Rentrop: Untreue und Unterschlagung (§§ 266 und 246 StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert (2007) 28 Martin Asholt: Straßenverkehrsstrafrecht. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts (2007) 29 Katharina Linka: Mord und Totschlag (§§ 211–213 StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870 (2008) 30 Juliane Sophia Dettmar: Legalität und Opportunität im Strafprozess. Reformdiskussion und Gesetzgebung von 1877 bis 1933 (2008) 31 Jürgen Durynek: Korruptionsdelikte (§§ 331 ff. StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert (2008) 32 Judith Weber: Das sächsische Strafrecht im 19. Jahrhundert bis zum Reichsstrafgesetzbuch (2009) 33 Denis Matthies: Exemplifikationen und Regelbeispiele. Eine Untersuchung zum 100-jährigen Beitrag von Adolf Wach zur „Legislativen Technik“ (2009) 34 Benedikt Rohrßen: Von der „Anreizung zum Klassenkampf“ zur „Volksverhetzung“ (§ 130 StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert (2009) 35 Friederike Goltsche: Der Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches von 1922 (Entwurf Radbruch) (2010) 36 Tarig Elobied: Die Entwicklung des Strafbefehlsverfahrens von 1846 bis in die Gegenwart (2010) 37 Christina Müting: Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung (§ 177 StGB) (2010) 38 Nadeschda Wilkitzki: Entstehung des Gesetzes über Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) (2010) 39 André Brambring: Kindestötung (§ 217 a.F. StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870 (2010) 40 Wilhelm Rettler: Der strafrechtliche Schutz des sozialistischen Eigentums in der DDR (2010) 41 Yvonne Hötzel: Debatten um die Todesstrafe in der Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis 1990 (2010) 42 Dagmar Kolbe: Strafbarkeit im Vorfeld und im Umfeld der Teilnahme (§§ 88a, 110, 111, 130a und 140 StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert (2011) 43 Sami Bdeiwi: Beischlaf zwischen Verwandten (§ 173 StGB). Reform und Gesetzgebung seit 1870 (2014) 44 Michaela Arnold: Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung (§§ 73 bis 76a StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert (im Erscheinen) 45 Zekai Dag˘as¸ an: Das Ansehen des Staates im türkischen und deutschen Strafrecht (2014)

Abteilung 4: Leben und Werk. Biographien und Werkanalysen 1 Mario A. Cattaneo: Karl Grolmans strafrechtlicher Humanismus (1998) 2 Gerit Thulfaut: Kriminalpolitik und Strafrechtstheorie bei Edmund Mezger (2000) 3 Adolf Laufs: Persönlichkeit und Recht. Gesammelte Aufsätze (2001) 4 Hanno Durth: Der Kampf gegen das Unrecht. Gustav Radbruchs Theorie eines Kulturverfassungsrechts (2001) 5 Volker Tausch: Max Güde (1902–1984). Generalbundesanwalt und Rechtspolitiker (2002) 6 Bernd Schmalhausen: Josef Neuberger (1902–1977). Ein Leben für eine menschliche Justiz (2002) 7 Wolf Christian von Arnswald: Savigny als Strafrechtspraktiker. Ministerium für die Gesetzesrevision (1842–1848), (2003) 8 Thilo Ramm: Ferdinand Lassalle. Der Revolutionär und das Recht (2004) 9 Martin D. Klein: Demokratisches Denken bei Gustav Radbruch (2007) 10 Francisco Muñoz Conde: Edmund Mezger – Beiträge zu einem Juristenleben (2007) 11 Whitney R. Harris: Tyrannen vor Gericht. Das Verfahren gegen die deutschen Hauptkriegsverbrecher nach dem Zweiten Weltkrieg in Nürnberg 1945–1946 (2008) 12 Eric Hilgendorf (Hrsg.): Die deutschsprachige Strafrechtswissenschaft in Selbstdarstellungen (2010) 13 Tamara Cipolla: Friedrich Karl von Strombeck. Leben und Werk – Unter besonderer Berücksichtigung des Entwurfes eines Strafgesetzbuches für ein Norddeutsches Staatsgebiet (2010) 14 Karoline Peters: J. D. H. Temme und das preußische Strafverfahren in der Mitte des 19. Jahrhunderts (2010)

Abteilung 5: Juristisches Zeitgeschehen Rechtspolitik und Justiz aus zeitgenössischer Perspektive Mitherausgegeben von Gisela Friedrichsen („Der Spiegel“) und RA Prof. Dr. Franz Salditt 1 Diether Posser: Anwalt im Kalten Krieg. Ein Stück deutscher Geschichte in politischen Prozessen 1951–1968. 3. Auflage (1999) 2 Jörg Arnold (Hrsg.): Strafrechtliche Auseinandersetzung mit Systemvergangenheit am Beispiel der DDR (2000) 3 Thomas Vormbaum (Hrsg.): Vichy vor Gericht: Der Papon-Prozeß (2000) 4 Heiko Ahlbrecht / Kai Ambos (Hrsg.): Der Fall Pinochet(s). Auslieferung wegen staatsverstärkter Kriminalität? (1999) 5 Oliver Franz: Ausgehverbot für Jugendliche („Juvenile Curfew“) in den USA. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert (2000) 6 Gabriele Zwiehoff (Hrsg.): „Großer Lauschangriff“. Die Entstehung des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 26. März 1998 und des Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 4. Mai 1998 in der Presseberichterstattung 1997/98 (2000)

7 Mario A. Cattaneo: Strafrechtstotalitarismus. Terrorismus und Willkür (2001) 8 Gisela Friedrichsen / Gerhard Mauz: Er oder sie? Der Strafprozeß Böttcher/ Weimar. Prozeßberichte 1987 bis 1999 (2001) 9 Heribert Prantl / Thomas Vormbaum (Hrsg.): Juristisches Zeitgeschehen 2000 in der Süddeutschen Zeitung (2001) 10 Helmut Kreicker: Art. 7 EMRK und die Gewalttaten an der deutsch-deutschen Grenze (2002) 11 Heribert Prantl / Thomas Vormbaum (Hrsg.): Juristisches Zeitgeschehen 2001 in der Süddeutschen Zeitung (2002) 12 Henning Floto: Der Rechtsstatus des Johanniterordens. Eine rechtsgeschichtliche und rechtsdogmatische Untersuchung zum Rechtsstatus der Balley Brandenburg des ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem (2003) 13 Heribert Prantl / Thomas Vormbaum (Hrsg.): Juristisches Zeitgeschehen 2002 in der Süddeutschen Zeitung (2003) 14 Kai Ambos / Jörg Arnold (Hrsg.): Der Irak-Krieg und das Völkerrecht (2004) 15 Heribert Prantl / Thomas Vormbaum (Hrsg.): Juristisches Zeitgeschehen 2003 in der Süddeutschen Zeitung (2004) 16 Sascha Rolf Lüder: Völkerrechtliche Verantwortlichkeit bei Teilnahme an „Peace-keeping“-Missionen der Vereinten Nationen (2004) 17 Heribert Prantl / Thomas Vormbaum (Hrsg.): Juristisches Zeitgeschehen 2004 in der Süddeutschen Zeitung (2005) 18 Christian Haumann: Die „gewichtende Arbeitsweise“ der Finanzverwaltung. Eine Untersuchung über die Aufgabenerfüllung der Finanzverwaltung bei der Festsetzung der Veranlagungssteuern (2008) 19 Asmerom Ogbamichael: Das neue deutsche Geldwäscherecht (2011) 20 Lars Chr. Barnewitz: Die Entschädigung der Freimaurerlogen nach 1945 und nach 1989 (2011) 21 Ralf Gnüchtel: Jugendschutztatbestände im 13. Abschnitt des StGB (2013) 22 Helmut Irmen: Stasi und DDR-Militärjustiz. Der Einfluss des MfS auf Militärjustiz und Militärstrafvollzug in der DDR (2014)

Abteilung 6: Recht in der Kunst Mitherausgegeben von Prof. Dr. Gunter Reiß 1 Heinz Müller-Dietz: Recht und Kriminalität im literarischen Widerschein. Gesammelte Aufsätze (1999) 2 Klaus Lüderssen (Hrsg.): »Die wahre Liberalität ist Anerkennung«. Goethe und die Juris prudenz (1999) 3 Bertolt Brecht: Die Dreigroschenoper (1928) / Dreigroschenroman (1934). Mit Kommentaren von Iring Fetscher und Bodo Plachta (2001) 4 Annette von Droste-Hülshoff: Die Judenbuche (1842) / Die Vergeltung (1841). Mit Kommentaren von Heinz Holzhauer und Winfried Woesler (2000) 5 Theodor Fontane: Unterm Birnbaum (1885). Mit Kommentaren von Hugo Aust und Klaus Lüderssen (2001) 6 Heinrich von Kleist: Michael Kohlhaas (1810). Mit Kommentaren von Wolfgang Naucke und Joachim Linder (2000) 7 Anja Sya: Literatur und juristisches Erkenntnisinteresse. Joachim Maass’ Roman „Der Fall Gouffé“ und sein Verhältnis zu der historischen Vorlage (2001)

8 Heiner Mückenberger: Theodor Storm – Dichter und Richter. Eine rechtsgeschichtliche Lebensbeschreibung (2001) 9 Hermann Weber (Hrsg.): Annäherung an das Thema „Recht und Literatur“. Recht, Literatur und Kunst in der NJW (1), (2002) 10 Hermann Weber (Hrsg.): Juristen als Dichter. Recht, Literatur und Kunst in der NJW (2), (2002) 11 Hermann Weber (Hrsg.): Prozesse und Rechtsstreitigkeiten um Recht, Literatur und Kunst. Recht, Literatur und Kunst in der NJW (3), (2002) 12 Klaus Lüderssen: Produktive Spiegelungen. 2., erweiterte Auflage (2002) 13 Lion Feuchtwanger: Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz. Roman (1929). Mit Kommentaren von Theo Rasehorn und Ernst Ribbat (2002) 14 Jakob Wassermann: Der Fall Maurizius. Roman (1928). Mit Kommentaren von Thomas Vormbaum und Regina Schäfer (2003) 15 Hermann Weber (Hrsg.): Recht, Staat und Politik im Bild der Dichtung. Recht, Literatur und Kunst in der Neuen Juristischen Wochenschrift (4), (2003) 16 Hermann Weber (Hrsg.): Reale und fiktive Kriminalfälle als Gegenstand der Literatur. Recht, Literatur und Kunst in der Neuen Juristischen Wochenschrift (5), (2003) 17 Karl Kraus: Sittlichkeit und Kriminalität. (1908). Mit Kommentaren von Helmut Arntzen und Heinz Müller-Dietz (2004) 18 Hermann Weber (Hrsg.): Dichter als Juristen. Recht, Literatur und Kunst in der Neuen Juristischen Wochenschrift (6), (2004) 19 Hermann Weber (Hrsg.): Recht und Juristen im Bild der Literatur. Recht, Literatur und Kunst in der Neuen Juristischen Wochenschrift (7), (2005) 20 Heinrich von Kleist: Der zerbrochne Krug. Ein Lustspiel (1811). Mit Kommentaren von Michael Walter und Regina Schäfer (2005) 21 Francisco Muñoz Conde / Marta Muñoz Aunión: „Das Urteil von Nürnberg“. Juristischer und filmwissenschaftlicher Kommentar zum Film von Stanley Kramer (1961), (2006) 22 Fjodor Dostojewski: Aufzeichnungen aus einem Totenhaus (1860). Mit Kommentaren von Heinz Müller-Dietz und Dunja Brötz (2005) 23 Thomas Vormbaum (Hrsg.): Anton Matthias Sprickmann. Dichter und Jurist. Mit Kommentaren von Walter Gödden, Jörg Löffler und Thomas Vormbaum (2006) 24 Friedrich Schiller: Verbrecher aus Infamie (1786). Mit Kommentaren von Heinz Müller-Dietz und Martin Huber (2006) 25 Franz Kafka: Der Proceß. Roman (1925). Mit Kommentaren von Detlef Kremer und Jörg Tenckhoff (2006) 26 Heinrich Heine: Deutschland. Ein Wintermährchen. Geschrieben im Januar 1844. Mit Kommentaren von Winfried Woesler und Thomas Vormbaum (2006) 27 Thomas Vormbaum (Hrsg.): Recht, Rechtswissenschaft und Juristen im Werk Heinrich Heines (2006) 28 Heinz Müller-Dietz: Recht und Kriminalität in literarischen Spiegelungen (2007) 29 Alexander Puschkin: Pique Dame (1834). Mit Kommentaren von Barbara Aufschnaiter/Dunja Brötz und Friedrich-Christian Schroeder (2007)

30 Georg Büchner: Danton’s Tod. Dramatische Bilder aus Frankreichs Schreckensherrschaft. Mit Kommentaren von Sven Kramer und Bodo Pieroth (2007) 31 Daniel Halft: Die Szene wird zum Tribunal! Eine Studie zu den Beziehungen von Recht und Literatur am Beispiel des Schauspiels „Cyankali“ von Friedrich Wolf (2007) 32 Erich Wulffen: Kriminalpsychologie und Psychopathologie in Schillers Räubern (1907). Herausgegeben von Jürgen Seul (2007) 33 Klaus Lüderssen: Produktive Spiegelungen: Recht in Literatur, Theater und Film. Band II (2007) 34 Albert Camus: Der Fall. Roman (1956). Mit Kommentaren von Brigitte Sändig und Sven Grotendiek (2008) 35 Thomas Vormbaum (Hrsg.): Pest, Folter und Schandsäule. Der Mailänder Prozess wegen „Pestschmierereien“ in Rechtskritik und Literatur. Mit Kommentaren von Ezequiel Malarino und Helmut C. Jacobs (2008) 36 E.T.A. Hoffmann: Das Fräulein von Scuderi – Erzählung aus dem Zeitalter Ludwigs des Vierzehnten (1819). Mit Kommentaren von Heinz Müller-Dietz und Marion Bönnighausen (2010) 37 Leonardo Sciascia: Der Tag der Eule. Mit Kommentaren von Gisela Schlüter und Daniele Negri (2010) 38 Franz Werfel: Eine blaßblaue Frauenschrift. Novelle (1941). Mit Kommentaren von Matthias Pape und Wilhelm Brauneder (2011) 39 Thomas Mann: Das Gesetz. Novelle (1944). Mit Kommentaren von Volker Ladenthin und Thomas Vormbaum (2013) 40 Theodor Storm: Ein Doppelgänger. Novelle (1886) (2013) 41 Dorothea Peters: Der Kriminalrechtsfall ,Kaspar Hauser‘ und seine Rezeption in Jakob Wassermanns Caspar-Hauser-Roman (2014) 42 Jörg Schönert: Kriminalität in der Literatur (im Erscheinen) 43 Klaus Lüderssen: Produktive Spiegelungen. Recht im künstlerischen Kontext. Band 3 (2014)

Abteilung 7: Beiträge zur Anwaltsgeschichte Mitherausgegeben von Gerhard Jungfer, Dr. Tilmann Krach und Prof. Dr. Hinrich Rüping 1 Babette Tondorf: Strafverteidigung in der Frühphase des reformierten Strafprozesses. Das Hochverratsverfahren gegen die badischen Aufständischen Gustav Struve und Karl Blind (1848/49), (2006) 2 Hinrich Rüping: Rechtsanwälte im Bezirk Celle während des Nationalsozialismus (2007)

Abteilung 8: Judaica 1 Hannes Ludyga: Philipp Auerbach (1906–1952). „Staatskommissar für rassisch, religiös und politisch Verfolgte“ (2005) 2 Thomas Vormbaum: Der Judeneid im 19. Jahrhundert, vornehmlich in Preußen. Ein Beitrag zur juristischen Zeitgeschichte (2006)

3 Hannes Ludyga: Die Rechtsstellung der Juden in Bayern von 1819 bis 1918. Studie im Spiegel der Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des bayerischen Landtags (2007) 4 Michele Sarfatti: Die Juden im faschistischen Italien. Geschichte, Identität, Verfolgung (2014)