Unfallchirurgische Operationen: Indikation - Technik - Fehler 9783110836585, 9783110008128


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German Pages 154 [160] Year 1970

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Table of contents :
Geleitwort
Vorbemerkung zur 1. Auflage
Vorbemerkung zur 2. Auflage
Inhaltsübersicht
Entnahmestellen für körpereigene Knochenspäne
Technik der Drahtnaht
Saugdrainage
Spül-Saugdrainage
Schlüsselbein
Akromio-Klavikulargelenk
Schultergelenk
Oberes Oberarmende
Oberarmschaft 1. Oberarmschaftbrüche
Unteres Oberarmende
Ellbogengelenk
Oberes Vorderarmende
Vorderarmschaft
Handgelenkbereich
Hand
Amputationen im Bereich der oberen Extremität
Hüftgelenk
Oberes Oberschenkelende
Oberschenkelschaft
Unteres Oberschenkelende
Kniebereich
Oberes Unterschenkelende
Unterschenkelschaft
Unteres Unterschenkelende
Fuß
Amputationen im Bereich der unteren Extremität
Schädel
Wirbelsäule
Brustkorb, Lunge und Herz
Stumpfe Bauchverletzungen
Offene Bauchverletzungen
Harnröhre, Harnblase und Nieren
Sachregister
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Unfallchirurgische Operationen: Indikation - Technik - Fehler
 9783110836585, 9783110008128

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Erich Jonasch • Unfallchirurgische Operationen

UNFALLCHIRURGISCHE OPERATIONEN INDIKATION — T E C H N I K — F E H L E R VON

DR. MED. E R I C H J O N A S C H OBERARZT

AM

FACHARZT FÜR UNFALLCHIRURGIE U N F A L L K R AN K E N H AU S W I E N XX D E R UNFALL V E R S I C H E R U N G S A N S T A L T

ALLGEMEINEN

2. E R W E I T E R T E U N D V E R B E S S E R T E A U F L A G E M I T G E L E I T W O R T V O N P R O F E S S O R DR. MED. L O R E N Z

EINEM

BÖHLER

UND 121 A B B I L D U N G E N

I N 315

EINZELDARSTELLUNGEN

WALTER DE G R U Y T E R & CO. V O R M A L S G. J. G Ö S C H E N ' S C H E V E R L A G S H A N D L U N G VERLAGSBUCHHANDLUNG

• J. GUTTENTAG

• G E O R G R E I M E R • KARL

VEIT & COMP.

BERLIN 1970

J.TROBNER

© Copyright 1965,1970 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., D 1 Berlin 30, Genthiner Straße 13 — Alle Rechte, audi die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten Archiv-Nr. 5 615 701 — Printed in Germany — Satz und Druck: Buchdruckerei Franz Spiller, D 1 Berlin 36

Geleitwort Wir trachten möglichst viele Knochenbriiche konservativ zu behandeln. Daß wir keine grundsätzlichen Gegner der Operation sind, geht daraus hervor, daß wir von den ungefähr 150 000 Knochenbrüchen des Unfallkrankenhauses Wien xx im Verlauf der letzten 40 Jahre mehr als 10 000 operativ behandelt haben. Wir haben Tausende von Verletzten gesehen, die als Folge von unzweckmäßig durchgeführten Operationen — besonders bei frischen und alten Knochenbrüchen — schwere Dauerschäden erlitten haben.

JONASCH

hat sie

seit vielen Jahren gesammelt, um auf häufig vorkommende Irrtümer bei der technischen Durchführung von Osteosynthesen hinzuweisen. Er hat sich jetzt entschlossen, nicht nur fehlerhafte Osteosynthesen darzustellen, sondern an ausgewählten Fällen zu zeigen, wie man in einfacher und möglichst gefahrloser Weise Knochenbrüche operieren kann. Dieser sorgfältigen und umfassenden Ubersicht hat

JONASCH

zahlreiche

Röntgenbilder beigegeben, deren ausgezeichnete Aufnahmetechnik und Wiedergabe im größtmöglichen Maßstab dem Betrachter jede Einzelheit eindrucksvoll vermittelt. Wien, Sommer 1965

Lorenz Böhler

Vorbemerkung zur 1. Auflage Die Einstellung der BöHLER-Schule in der Knochenbruchbehandlung ist konservativ. Es wird nur dann operiert, wenn eine konservative Behandlung allein nicht zum Ziel führt. In dieser unfallchirurgischen Operationslehre sind die notwendigen schen Operationen, die am Unfallkrankenhaus Wien X X

typi-

(emerit. Leiter

Prof. D r . L. BÖHLER) durchgeführt werden, beschrieben. Bei jedem Abschnitt werden auch fehlerhafte Eingriffe besprochen und bewußt mit so zahlreichen Röntgenbildern belegt, um ihre Folgen zu ersehen. Für das Gelingen einer Operation ist nicht nur die richtige Technik, sondern auch die richtige Indikationsstellung entscheidend. Diese beiden Punkte sind in diesem Buch herausgestellt worden, um den Operateur und den Verletzten v o r vielen Unannehmlichkeiten zu bewahren. Auf die Technik der konservativen Therapie der Knochenbruchbehandlung wird nicht eingegangen, da hierfür das Standardwerk von

BÖHLER

zur

Verfügung steht.

Wien, Sommer 1965

Erich

Jonasch

Vorbemerkung zur 2. Auflage D a die Unfallchirurgie nicht nur die Behandlung von Verletzungen an den Extremitäten umfaßt, bin ich der Anregung von zahlreichen Kollegen gern gefolgt, in dieser 2. Auflage auch die Behandlung der Verletzungen des Schädels, der Wirbelsäule und der Körperhöhlen aufzunehmen. Bei diesen neu hinzugekommenen Kapiteln wurden die Operationsverfahren

ange-

geben, wie sie im Unfallkrankenhaus Wien X X durchgeführt werden. In der Extremitätenchirurgie wurden in den letzten Jahren neue Operationsverfahren

und -techniken angewandt. Solche, die sich uns bewährt

haben, fanden ebenfalls in dieser neuen Auflage ihre Berücksichtigung.

Wien, Frühjahr 1970

Erich

Jonasch

Inhaltsübersicht

Geleitwort

V

Vorbemerkung zur 1. Auflage

VI

Vorbemerkung zur 2. Auflage

VII

Entnahmestellen Technik

für körpereigene

Knochenspäne

der Drahtnaht

1 2

Saugdrainage

3

S pül-Saugdrainage

4

Schlüsselbein Schlüsselbeinbrüche und Pseudarthrosen

4

Akromio-Klavikulargelenk 1. Verrenkung des Akromio-Klavikulargelenkes

10

2. Arthrose des Akromio-Klavikulargelenkes

14

Schultergelenk 1. Habituelle Schulterverrenkung

14

2. Versteifung des Schultergelenkes

18

Oberes

Oberarmende

1. Verrenkungsbrüche des Oberarmes

19

2. Brüdie des Tuberculum maius des Oberarmes

19

3. Brüche des Tuberculum minus des Oberarmes

20

4. Subkapitale Oberarmbrüche

21

5. Epiphysenlösungen am oberen Oberarmende

22

Oberarmschafl 1. Oberarmschaftbrüche

25

2. Oberarmschaftpseudarthrosen

27

Unteres

Oberarmende

1. Brüche am unteren Oberarmende

31

2. Suprakondyläre Oberarmbrüche bei Kindern

31

3. Cubitus varus nach suprakondylären Oberarmbrüchen bei Kindern

33

4. Brüche der Oberarmepikondylen bei Kindern

34

5. Brüche des Oberarmköpfchens

34

Ellbogengelenk Ellbogengelenkplastik Oberes

35

Vorderarmende

1. Olekranonbrüdie und Pseudarthrosen

37

2. Speichenköpfchenbrüche

40

3. Brüche der Elle mit Verrenkung des Speidienköpfchens

42

Inhaltsübersicht

X Vorderarmschaß 1. Vorderarmschaftbrüche

46

2. Vorderarmschaftpseudarthrosen 3. Speichenschaftbrüche und Pseudarthrosen

50 50

4. Ellenschaftbrüche und Pseudarthrosen

53

Handgelenkbereich 1. Styloidektomie der Speiche

55

2. Arthrodese des Handgelenkes 3. Kahnbeinbrüche und Pseudarthrosen

56 56

4. Lunatummalazie

58

Hand 1. Brüche der Mittelhandknochen

58

2. Brüche der Finger

59

3. Strecksehnenausrisse an den Fingern

60

Amputationen

60

im Bereich der oberen Extremität

Hüftgelenk 1. Hüftgelenkverrenkung

61

2. Hüftplastik

62

3. Arthrodese des Hüftgelenkes

64

Oberes

Oberschenkelende

1. Epiphysenlösungen am oberen Oberschenkelende

66

2. Oberschenkelhalsbrüche

68

3. Pertrochantere Oberschenkelbrüche

76

Oberschenkelschaft 1. Oberschenkelmarknagelung

76

2. Oberschenkelmarknagel-Entfernung

84

Unteres

Oberschenkelende

1. Suprakondyläre Oberschenkelbrüche und Pseudarthrosen

85

2. Bikondyläre Oberschenkelbrüche

85

3. Bruch eines Oberschenkelknorrens

86

Kniebereich 1. R i ß der Rektussehne

87

2. Quadrizepsplastik nach PAYR

87

3. Kniescheibenbrüchc

89

4. Habituelle Kniescheibenverrenkung

91

5. R i ß des Ligamentum patellae proprium

93

6. Kniegelenkmeniskus

93

7. Parapatellarschnitt zur Eröffnung des Kniegelenkes 8. Arthrodese des Kniegelenkes

95 95

Oberes

Unterschenkelende

Schienbeinkopfbrüche

97

Inhaltsübersicht

XI

Unterschenkelschafl 1. Unterschenkelbrüche

100

2. Unterschenkelpseudarthrosen

108

3. In Fehlstellung geheilte Unterschenkelbrüche

HO

4. Wadenbeinosteotomie

111

Unteres

Unterschenkelende

1. Abbruch vom hinteren oder vorderen unteren Schienbeinende

111

2. Brüche des inneren und äußeren Knöchels 3. Pseudarthrose des inneren Knöchels

113 117

Fuß 1. Arthrodese des hinteren unteren Sprunggelenkes

117

2. Arthrodese des oberen und unteren Sprunggelenkes

119

3. Fersenbein

120

4. Riß der Achillessehne

120

Amputationen

im Bereich der unteren

Extremität

122

Schädel 1. Epidurales H ä m a t o m

125

2. Subdurales H ä m a t o m

127

Wirbelsäule 1. Okzipito-Zervikal-Gegend

127

2. Dens epistrophei

127

3. 3.—7. Halswirbel

128

4. Brust- und Lendenwirbel

130

Brustkorb,

Lunge

130

Stumpfe

Bauchverletzungen

und

Herz

1. Milz

133

2. Leber

133

3. Gallenblase und ableitende Gallenwege

133

4. Bauchspeicheldrüse

133

5. Mesenterium und Mesokolon

134

6. N e t z

134

7. Peritonealduplikator

134

8. Retroperitoneum

134

9. Magen

135

10. Zwölffingerdarm

135

11. D ü n n d a r m

135

12. Dickdarm

136

Offene

136

Bauchverletzungen

Harnröhre, Harnblase und Nieren 1. H a r n r ö h r e

137

2. Harnblase

138

3. Niere

139

Sachregister

141

Entnahmestellen für körpereigene Knochenspäne F ü r die E n t n a h m e k ö r p e r e i g e n e r K n o c h e n s p ä n e k o m m e n das Schienbein, der D a r m b e i n k a m m u n d das O l e k r a n o n in B e t r a c h t . D i e S p a n e n t n a h m e aus d e m D a r m b e i n k a m m h a t d e n N a c h t e i l , d a ß die E n t n a h m e s t e l l e l ä n g e r e Z e i t h i n d u r c h s c h m e r z h a f t bleibt, v o r allem beim Atmen. A m besten e n t n i m m t m a n die S p ä n e d e m Schienbein. Sie müssen v o n der medialen Fläche des Schienbeins u n d nicht e t w a von der Schienbeinkante herausgeschnitten werden. A u ß e r d e m d ü r f e n die S p ä n e nicht b r e i t e r als 8 — 1 0 m m sein. Bei einer K n o c h e n e n t n a h m e v o n der S c h i e n b e i n k a n t e o d e r v o n S p ä n e n v o n m e h r als 10 m m B r e i t e w i r d die Festigkeit des Schienbeins h e r a b g e s e t z t . Es b e s t e h t die G e f a h r , d a ß es im geschwächten Bereich bei einer p l ö t z l i c h e n D r e h b e w e g u n g zu einem Bruch des Schienbeins k o m m t ( A b b . 1).

Abb. 1. Drehbruch des rechten Schienbeins in Höhe der Spanentnahme bei einer 28jährigen Hausfrau vier Wochen nach der Operation. Die Breite des entnommenen Spanes beträgt mehr als 10 mm 1

J o n a s c h , O p e r a t i o n e n , 2. Aufl.

2

Technik der Drahtnaht

D i e S p a n e n t n a h m e m u ß nicht in Blutleere e r f o l g e n . N a c h einem e n t s p r e c h e n d g r o ß e n H a u t s c h n i t t w i r d das P e r i o s t der L ä n g e nach d u r c h t r e n n t , abgeschoben u n d d e r S p a n e n t n o m m e n . D a n n w i r d das P e r i o s t m i t z w e i o d e r drei f e i n e n N ä h t e n u n d die H a u t m i t K n o p f n ä h t e n verschlossen, n a c h d e m a n d e r E n t n a h m e s t e l l e eine S a u g d r a i n a g e angelegt wurde. D i e H a u t n ä h t e w e r d e n z w e i W o c h e n belassen. W ä h r e n d dieser Z e i t m u ß d e r V e r l e t z t e das Bett h ü t e n . V o r d e m A u f s t e h e n legt m a n einen Z i n k l e i m v e r b a n d z w e i bis drei W o c h e n g e t r a g e n w e r d e n soll.

f ü r d e n U n t e r s c h e n k e l an,

der

Technik der Drahtnaht F ü r eine D r a h t n a h t d a r f n u r r o s t f r e i e r a m a g n e t i s c h e r S t a h l d r a h t v e r w e n d e t D i e S t ä r k e des D r a h t e s richtet sich jeweils nach seinem V e r w e n d u n g s z w e c k . Beim verdreht

Knüpfen werden

werden.

des Drahtes ist darauf zu achten, daß die Drahtenden gegeneinander und nicht das eine Ende um das andere herumgewunden wird.

D e r D r a h t soll so in die S p a n n z a n g e e i n g e f ü h r t w e r d e n , d a ß diese im geschlossenen Z u s t a n d 2 bis 3 c m v o m K n o c h e n e n t f e r n t ist. Bei B e g i n n des Z u s a m m e n d r e h e n s müssen beide D r a h t e n d e n gleich l a n g sein. Ist ein D r a h t e n d e k ü r z e r als das a n d e r e , so w i r d beim

a Abb. 2 a. Abb. 2 b.

b

Die Enden des Drahtes sollen senkrecht auf die Schlinge umgebogen werden und nicht parallel zu ihr Der Draht ist nicht umgebogen. Seine Enden stehen gegen die H a u t vor. Außerdem ist der Draht nicht in Höhe der letzten Umdrehung abgezwickt

Abb. 3. Straffe Drahtnaht des Schienbeins zum Festhalten eines Drehkeiles bei einem offenen Unterschenkeibruch, der mit einem Marknagel versorgt wurde. Die Röntgenbilder von vorne und von der Seite zeigen den Zustand neun Monate nach der Verletzung. Die straffe doppelte Drahtschlinge schneidet tief ein, so daß der Bruch nicht geheilt ist. Eine knöcherne Heilung konnte erst nach Entfernung der Drahtschlinge erzielt werden

Saugdrainage

3

Knüpfen das längere Drahtende um das kürzere herumgewunden. Bei der geringsten Belastung kann das kürzere Drahtende herausschlüpfen oder an der Basis abbrechen. Insgesamt sollen fünf Umdrehungen mit der Spannzange gemacht werden. In Höhe der fünften Umdrehung werden die Drähte so abgezwickt, daß die Enden nicht vorstehen, und so umgebogen, daß sie senkrecht zur Schlinge stehen, am Knochen anliegen und nicht gegen die Haut vorstehen (Abb. 2 u. 3). Bei der lockeren Drahtnaht wird vor dem Knüpfen auf den Knochen ein gebogener Steinmann-Nagel aufgelegt und darüber der Draht geknüpft. Dann wird der SteinmannNagel wieder entfernt, so daß die Drahtschlinge dem Knochen nicht straff, sondern locker anliegt.

Saugdrainage Bei den unfallchirurgischen Operationen soll an Stelle eines Blutungsdrains immer eine Saugdrainage angelegt werden. Sie besteht im Prinzip darin, daß das Blut oder Sekret durch Unterdruck dauernd abgesaugt wird (REDON). In die Operationswunde wird ein 3 mm starker Plastikschlauch, der an einem Ende mehrere Löcher aufweist, eingelegt. Der nicht perforierte Teil des Schlauches wird mit Hilfe einer Spezialnadel, einige Zentimeter von der Operationswunde entfernt, durch die gesunde Haut herausgeführt. Dann erst erfolgt die Wundnaht. Der Schlauch darf nicht an die Haut angenäht werden. Durch einen weiteren Plastikschlauch wird der perforierte Schlauch mit einer Flasche verbunden, in welcher ein Vakuum von mindestens 60 cm/Hg herrscht (Abb. 4).

Abb. 4. Geräte 2ur Saugdrainage: M i t der Spezialnadel (N) wird ein an einem Ende perforierter Plastikschlauch (1) von der Operationswunde durch die gesunde H a u t nach außen geleitet. Ü b e r ein Zwischenstück (2) und einem größeren Schlauch (3) erfolgt die Verbindung mit der Vakuumflasche (4). A n H a n d der Wassersäule des am Flaschenverschluß eingebauten Manometers (5) kann man den in der Flasche herrschenden Unterdruck jeweils kontrollieren. Außerdem ist noch eine Vorrichtung zum Aufhängen der Flasche (6) und eine zum Abklemmen (7) vorhanden

4

Spül-Saugdrainage

Die Ansaugung des Blutes oder Sekretes mit Hilfe des Unterdrucks muß ohne Unterbrechung durchgeführt werden, um ein Verkleben der Schläuche zu verhindern. Ist in der Flasche kein Vakuum mehr vorhanden, so wird sie gewechselt. Die Größe des Unterdruckes wird mit Hilfe der Wassersäule des am Flaschenverschluß angeordneten Manometers kontrolliert. Die Saugdrainage

soll bis 48 Stunden

nach der Operation

belassen

werden.

Die Saugdrainage hat sich ausgezeichnet bewährt. Seit ihrer Einführung konnten postoperativ Hämatome oder Serome nur mehr vereinzelt beobachtet werden.

Spül-Saugdrainage Nach septischen Eingriffen z. B. Osteomyelitiden, Gelenksempyemen usw. soll, wenn möglich, eine Spül-Saugdrainage angelegt werden. Das Prinzip der Spül-Saugdrainage besteht darin, daß das entsprechende Antibiotikum laufend zugeführt und abgesaugt wird. Legt man eine Spül-Saugdrainage an, so muß man trotz der septischen Bedingungen, nachdem aus jedem Wundwinkel ein 3 mm starker Plastikschlauch durch die gesunde Haut herausgeleitet wurde, die Operationswunde durch Nähte wasserdicht verschließen, damit die Spül-Saugdrainage funktionieren kann. Durch einen Plastikschlauch — dem zuführenden Schenkel — wird, wie bei einer Dauertropfinfusion, das entsprechende Antibiotikum zugeführt. Um mit den Antibiotizis gezielt vorgehen zu können, muß vor der Operation ein Bakteriogramm gemacht werden. An den zweiten Schlauch, den abführenden Schenkel, wird eine Unterdruckflasche angeschlossen. Die Spül-Saugdrainage muß so lange belassen werden, bis erhöhte Temperaturen nicht mehr bestehen und die abgesaugte Flüssigkeit vollkommen klar ist, d. h. keine Flocken mehr vorhanden sind. Das kann mitunter mehrere Wochen dauern.

Schlüsselbein Schlüsselbeinbrüche und Pseudarthrosen Schlüsselbeinbrüche soll man mit wenigen Ausnahmen (siehe unten) immer konservativ behandeln. Am besten eignet sich dazu die Schlüsselbeinschiene nach BÖHLER oder ein Desault-Verband mit breiter Abstützung auf die gesunde Schulter. Die Indikation zur operativen genden Fällen gegeben:

Behandlung

bei frischen

Schlüsselbeinbrüchen

ist bei fol-

1. Bei einer starken Seitenverschiebung d e r Bruchstücke, die durch k o n s e r v a t i v e M a ß n a h m e n nicht beseitigt w e r d e n kann, weil Muskelteile i n t e r p o n i e r t sind. 2. Bei einem durch ein Bruchstück ausgeübten Druck a u f den A r m p l e x u s neurologisch nachweisbare Ausfälle.

und dadurch

bedingte

3. Aus kosmetischen G r ü n d e n , w e n n t r o t z k o n s e r v a t i v e r Einrichtungsversuche eine P a r a l l e l v e r schiebung der Bruchstücke um volle Schaflbreite bestehen bleibt und m a n annehmen k a n n , d a ß die Stufenbildung bei einem asthenischen K ö r p e r b a u deutlich sichtbar bleiben w i r d .

Allerdings soll man bei der Indikationsstellung aus kosmetischen Gründen sehr zurückhaltend sein und immer daran denken, daß nach der knöchernen Heilung des Schlüsselbeinbruches eine vorhandene Vorwölbung einfach abgemeißelt werden kann.

Schlüsselbein

5

Die Behandlung der Schlüsselbeinpseudarthrosen hingegen kann nur eine operative sein. Die Operationstechnik bei frischen Schlüsselbeinbrüchen und bei Pseudarthrosen ist die gleiche. Die Operation bei frischen Schlüsselbeinbrüchen soll nicht sofort nach der Verletzung, sondern erst 1 bis 2 Wochen später vorgenommen werden, wenn der Bluterguß aufgesaugt ist. Eine Ausnahme ist gegeben, wenn neurologische Ausfälle bestehen. Auch bei diesen Fällen soll man so lange mit der Operation zuwarten, bis ein genauer neurologischer Befund (komplette oder Teillähmung des Plexus) vorliegt. Die Operation wird in Allgemeinnarkose durchgeführt. Durch einen entsprechend großen Längsschnitt über dem Schlüsselbein werden die beiden Bruchenden freigelegt; dazwischengelagerte Muskelteile werden scharf durchtrennt. Bei der Pseudarthrose werden die beiden Enden sparsam angefrischt (Abb. 5).

Abb. 5.

Anfrischen der Pseudarthroseenden bzw. bei frischen Schlüsselbeinbrüchen dazwischengelagerter Muskelteile

Durchtrennung

Abb. 6. Einrichten der Bruchstücke. Weichen die Bruchstücke gegeneinander ab, so kann eine Längsd r a h t n a h t angelegt werden. Diese m u ß mehr gegen die Unterfläche des Schlüsselbeins zu liegen, damit sie beim Fräsen des Spanbettes nicht hinderlich ist

Eine quere D r a h t n a h t (Abb. 6), welche die beiden Bruchenden in richtiger Stellung hält, ist dann notwendig, wenn die Bruchstücke nach ihrer Freilegung auseinanderweichen. Das Fräsen des Spanbettes und das Anlegen der Bohrlöcher wird dadurch erleichtert. Bei beiden Schlüsselbeinbruchstücken wird an der Kranialseite ein je 4 cm langes Bett für den aus dem Schienbein entnommenen Kortikalisspan mit der Fräse ausgeschnitten (Abb. 7). Von der H ö h e des Schlüsselbeins wird dabei ungefähr ein Drittel der Knochendicke weggenommen, so daß der Markraum größtenteils freiliegt. Der aus dem Schienbein entnommene Knochenspan muß 8 cm lang und 8—10 mm breit sein und Kortikalisdicke haben. Kleinere Späne führen häufig zu Mißerfolgen, weil damit keine genügende Stabilität erzielt wird und die Späne häufig brechen. Anschließend wird jedes Schlüsselbeinbruchstück zweimal durchbohrt (Abb. 8). Die Bohrlöcher im Schlüsselbein an den Enden des vorbereiteten Spanbettes müssen so angelegt werden, daß sie nicht mehr als 5 mm vom Bettende entfernt sind. Dadurch erzielt man ein gutes Anliegen des Spanes.

6

Schlüsselbein

8cm

Abb. 7. Ausfräsen eines 8 cm langen und die ganze Schlüsselbeinbreite einnehmenden Bettes an der Oberseite. Dabei soll von der H ö h e des Schlüsselbeins ein Drittel weggenommen werden

5mm

5mm

Abb. 8. Durch jedes Bruchstück werden im Bereich des Spanbettes je 2 Bohrlöcher angelegt. Die Bohrlöcher an den Spanbettenden d ü r f e n nicht mehr als 5 mm vom Bettende entfernt sein, damit der Span gut anliegt

Abb. 9. Der Schienbeinspan wird in das Bett gelagert und mit fachen Drahtumschlingungen fixiert, d. h. der D r a h t wird durch das Bohrloch im Schlüsselbein gezogen, die beiden Drahtenden werden gegeneinander um Schlüsselbein und Span herumgeführt und dann geknüpft. Die abgezwickten Drahtenden werden nach lateral oder medial zu umgebogen

Der aus dem Schienbein entnommene Span wird in das vorbereitete Bett gelagert und mit 1 ^ f a c h e n Drahtschlingen an das Schlüsselbein fixiert (Abb. 9). Der D r a h t muß eine Stärke von 0,8—0,9 mm haben. Die Drahtenden werden senkrecht zur D r a h t n a h t umgebogen, damit sie keine Beschwerden infolge Durdistechens der H a u t hervorrufen. Von der richtigen Lage des Spanes und der Drähte überzeugt man sich durch eine Röntgenkontrolle. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage verschließt man durch Subkutan- und H a u t n ä h t e die Operationswunde. Zur Ruhigstellung wird ein Desault-Verband angelegt. Bei glatter Wundheilung wird dieser Verband nach zwei Wochen gewechselt; dabei werden die H a u t nähte entfernt. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt zwölf Wochen. Die Drahtschlingen können, wenn der Bruch knöchern durchgebaut ist, in Lokalanästhesie entfernt werden. Die operative Behandlung eines frischen Schlüsselbeinbruches oder einer Schlüsselbeinpseudarthrose mit einem Marknagel, Markdraht, Rush-Pin oder einer LANEschen Platte führen in der Regel zu keinem guten Ergebnis, da es durch die dauernden Bewegungen des Schultergürtels zu einer ständigen scherenden Belastung zwischen den Schlüsselbeinbruchstücken und damit zum Auswandern des versenkten Markdrahtes usw. kommt. Die Folge davon

sind Infektion

und

Pseudartbrosen.

Schlüsselbein

7

Abb. 10. 24jähriger Maurer, der mit dem M o t o r r a d stürzte und sich das linke Schlüsselbein brach. Einen Tag später w u r d e der Bruch blutig eingerichtet und mit zwei zirkulären Drahtschlingen fixiert. Anschließend Ruhigstellung im Desault-Verband durch vier Wochen. Das Röntgenbild zeigt den Zustand bei der Gipsabnahme. Das zentrale Bruchstück ist aus den Drahtschlingen herausgerutscht. Da laut Operationsbericht keine Interposition von Muskelteilen bestand, wäre der Bruch sicher einfacher mit einer Schlüsselbeinschiene zu behandeln gewesen

Abb. 11 a—c. 21 jähriger Zimmermann, der als Rollerfahrer mit einem P K W zusammenstieß. Außer dem Bruch des linken Schlüsselbeins bestand noch ein Schädelbasisbruch. Die linke obere Extremität wurde mit einem Dreiecktuch ruhiggestellt. Drei Monate später (Abb. I I a ) bestanden Schmerzen bei jeder Bewegung der Schulter. Deswegen w u r d e der nicht frische Bruch blutig eingerichtet, mit einem 35 mm langen Schienbeinspan überbrückt und im Desault-Verband durch zehn Wochen ruhiggestellt. Vier Monate nach der O p e ration zeigt die Röntgenkontrolle (Abb. 11 b), d a ß sich der zu kurze Span und die Drahtschlingen gelockert haben und eine Schlüsselbeinpseudarthrose besteht. Erst nach neuerlicher Operation und Verwendung eines 80 mm langen Spanes konnte eine knöcherne Heilung erzielt werden (Abb. 11c)

8

Abb. 12 a—e.

Schlüsselbein

Beginnende Schlüsselbeinpseudarthrose bei einer 31jährigen H a u s f r a u acht Monate nach dem U n f a l l (Abb. 12a).

Die Pseudarthroseenden wurden angefrischt, zur inneren Fixation ein M a r k d r a h t in das Schlüsselbein eingeführt und die beiden Knochenenden mit einer schrägen D r a h t n a h t verbunden (Abb. 1 2 b ) . Ruhigstellung mit einem Desault-Verband durch zwölf Wochen. Sechs Monate nach der Operation bestanden immer noch Schmerzen. Die Röntgenkontrolle zeigt, d a ß der M a r k d r a h t nach medial zu gewandert ist und sich eine Schlüsselbeinpseudarthrose gebildet hat (Abb. 12 c). Daher wurden M a r k d r a h t und Drahtschlinge entfernt (Abb. 12 d). Eine knöcherne Heilung wurde nach dem Anfrischen der Pseudarthroseenden und Beilage eines entsprechend großen Schienbeinspanes erzielt (Abb. 12e)

Abb. 13 a—d. 21jährige Studentin, die sich durch einen Sturz beim Skifahren das linke Schlüsselbein brach (Abb. 13a). Weil sich die Verschiebung konservativ nicht ausgleichen ließ, w u r d e der Bruch nach einer Woche blutig eingerichtet. Dazwischengelagerte Muskelteile wurden entfernt, ein M a r k draht eingebohrt und zwei 3 mm dicke und 45 mm lange Späne aus dem Schienbein beigelegt. Die Späne wurden mit zwei feinen D r a h t n ä h t e n festgehalten. Ruhigstellung mit einem Desault-Verband f ü r fünf Wochen. Abb. 13 b zeigt den Zustand nach der Gipsabnahme. Zwei Tage später w u r d e der M a r k d r a h t entfernt. Nach einer Woche klagte die Verletzte über Schmerzen. Die Röntgenkontrolle zeigt, daß die dünnen Beilagespäne gebrochen waren (Abb. 13 c). Erst nach neuerlicher Ruhigstellung mit einem Desault-Verband mit Abstützung durch acht Wochen war der Schlüsselbeinbruch geheilt (Abb. 13 d)

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Akromio-Klavikulargelenk

Auch vor einfachen Drahtumschlingungen des Schlüsselbeinbruches ist abzuraten, weil die Bruchstücke durch die ungenügende mechanische Ruhigstellung aus den Drahtschlingen herausschlüpfen. Quer angelegte Drahtschlingen reißen in der Regel nach wenigen Wochen. Ist ein Schlüsselbeinbruch in einer kosmetisch störenden Stellung knöchern geheilt, so trägt man einfach die Vorwölbung ab. Dazu wird in Allgemeinnarkose der Knochenbuckel durch einen entsprechenden Schnitt freigelegt und mit dem Meißel abgetragen. W e n n man sich klinisch und röntgenologisch von einem guten Ergebnis überzeugt hat, schließt man nach Anlegung einer Saugdrainage die H a u t . Nach der Operation ist kein Gipsverband notwendig. Der Arm wird mit einem Dreiecktuch durch zwei Wochen ruhiggestellt. Bei glatter Wundheilung können die H a u t n ä h t e nach zwei Wochen entfernt werden und der Verletzte kann den Arm frei gebrauchen.

Akromio-Klavikulargelenk 1. Verrenkung des Akromio-Klavikulargelenkes Die frische Akromio-Klavikularluxation soll konservativ mit einer Schlüsselbeinschiene oder mit einem Desault-Verband behandelt werden. Ist die Verletzung älter als eine Woche, so führt die konservative Behandlung nicht mehr zum Erfolg, weil die zerrissenen Bänder nach dieser Zeit nicht mehr in der richtigen Länge zusammenwachsen. Es ist sicher verlockend, das Akromion und die Klavikula mit einer straffen D r a h t n a h t , mit perkutan eingeführten Bohrdrähten oder mit einer Schraube wieder zu vereinen. Durch die dauernden kleinsten Bewegungen des Schultergürtels reißen oder schneiden die D r a h t nähte durch, oft noch während der Ruhigstellung im Gipsverband. Die Bohrdrähte beginnen nach einigen Tagen zu wandern und müssen deshalb vorzeitig entfernt werden, oder sie geben Anlaß zur Infektion. Selbst Schrauben, durch die das Schlüsselbein an das Korakoid fixiert wird, können bereits im Gipsverband brechen. Eine neuerliche Verrenkung im Akromio-Klavikulargelenk ist die Folge. Die Indikation für die operative Versorgung einer Akromio-Klavikularluxation ist nur bei nicht frischen Fällen, in der Regel nicht früher als sechs Monate nach der Verletzung, gegeben, und z w a r : 1. Aus kosmetischen Gründen bei jungen Frauen, wenn die Verrenkung des Schlüsselbeins durch Vorwölbung der H a u t stark zu sehen ist und als störend e m p f u n d e n wird. Allerdings ist dabei zu bedenken, d a ß nach der Operation wieder N a r b e n vorhanden sind. Überhaupt soll man bei der Operationsindikation aus kosmetischen Gründen stets zurückhaltend sein. 2. Wenn bei Bewegungen des Schultergelenkes Schmerzen infolge der Akromio-Klavikularluxation bestehen, so d a ß der Verletzte bei seiner Arbeit behindert ist.

Meist machen jedoch die veralteten Akromio-Klavikularverrenkungen keine Beschwerden. Keine Operationsindikation stellt eine Bewegungseinschränkung der Schulter nach einer Akromio-Klavikularluxation dar. Eine solche Bewegungseinschränkung kann durch die Operation nicht gebessert, sondern eher verschlechtert werden. Die Operationstechnik ist im wesentlichen von B U N N E L L beschrieben worden. In Allgemeinnarkose wird ein schräger Hautschnitt von hinten-außen über das AkromioKlavikulargelenk nach vorne-innen über das akromiale Ende des Schlüsselbeins angelegt. Das Akromio-Klavikulargelenk, der Processus coracoideus und das akromiale Ende des Schlüsselbeins werden dargestellt und subperiostal freigelegt. Mit einem Bohrer von 5 mm Durchmesser wird das Akromion, 5—8 mm von seinem Ende entfernt, senkrecht von kranial nach kaudal durchbohrt. Ein zweites Bohrloch wird

Akromio-Klavikulargelenk

Abb. 14. Mit einem Bohrer von 5 mm Durchmesser werden 2 Löcher in das Schlüsselbein und eines durch das Akromion gebohrt

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Abb. 15. Die Verrenkung wird eingerichtet und je eine feine Drahtschlinge zwischen Schlüsselbein und Akromion, sowie um das Schlüsselbein und Korakoid geknüpft

Abb. 16. Durchziehen des Faszienstreifens. Die beiden vorher geknüpften Drahtschlingen sind auf der Zeichnung weggelassen. Wenn der Faszienstreifen durchgezogen und straff angespannt ist, werden die beiden Enden auf 2 cm Länge gedoppelt und miteinander vernäht (über der Oberseite des AkromioKlavikulargelenkes)

in gleicher Richtung durch das Schlüsselbein, 5—8 mm von seinem akromialen Ende entfernt, hergestellt. Das dritte Bohrloch wird IV2 cm medial von diesem durch das Schlüsselbein in gleicher Richtung angelegt (Abb. 14). D a n n wird um das Korakoid und das Schlüsselbein herum ein dünner D r a h t gelegt, so daß die beiden Drahtenden an der Schlüsselbeinoberseite zu liegen kommen. Nach dem Einrichten der Verrenkung im Akromio-Klavikulargelenk hält man das Schlüsselbein mit einem einzinkigen H a k e n in seiner Stellung fest und k n ü p f t den D r a h t mit einer Spannzange. Der D r a h t wird abgezwickt und umgebogen. N u n wird ein zweiter dünner D r a h t durch das Bohrloch des Akromions und durch das laterale Bohrloch des Schlüsselbeins durch-

12

Akromio-Klavikulargelenk

gezogen und an der Oberfläche desselben mit der Spannzange geknüpft. Mit diesen beiden dünnen Drahtschlingen läßt sich das Schlüsselbein festhalten (Abb. 15). Aus der Fascia lata des Oberschenkels der gleichen Seite entnimmt man einen 25 mm breiten und 25 cm langen Faszienstreifen, rollt ihn der Länge nach zusammen und zieht ihn in folgender Reihenfolge durch die Bohrlöcher (Abb. 16): Von kranial nach kaudal durch das Bohrloch des Akromions, dann weiter von kaudal nach kranial durch das medial gelegene Bohrloch des Schlüsselbeins. Von hier aus wird das Schlüsselbein umschlungen, in einer 8-Tour das Korakoid umfaßt, die Faszie von diesem aus durch das lateral gelegene Bohrloch des Schlüsselbeins von kaudal nach kranial herausgeführt und hier mit dem anderen Ende des Faszienstreifens straff vernäht. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich, daß die Verrenkung behoben ist. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage an beiden Operationswunden werden diese schichtweise verschlossen.

Abb. 17 a u. b. Verrenkung des rechten Akromio-Klavikulargelenkes bei einem 39jährigen Schlosser, entstanden durch Sturz mit dem Fahrrad (Abb. 1 7 a ) . Wegen Schmerzen bei Bewegung der Schulter wurde vier Monate später das Schlüsselbein blutig eingerichtet, zwischen Akromion und Schlüsselbein eine D r a h t n a h t angelegt und zusätzlich das Schlüsselbein mit dem Korakoid durch starke Seidenfäden verbunden. Nach der Operation w u r d e ein Desault-Verband f ü r eine Woche angelegt. Bereits drei Tage nadi der Gipsabnahme zeigt die Röntgenkontrolle, d a ß der D r a h t durch das Akromion durchgeschnitten hat und wieder eine Verrenkung des Schlüsselbeins besteht (Abb. 17 b)

Akromio-Klavikulargelenk

13

Abb. 18 a—c. Verrenkung des linken Akromio-Klavikulargelenkes bei einem 24jährigen Hilfsarbeiter, entstanden durch Sturz mit dem Moped (Abb. 18 a). Eine Woche später w u r d e die Verrenkung blutig reponiert und das Schlüsselbein mit einer Schraube an das Korakoid fixiert. Nach der Operation wurde ein Desault-Verband angelegt. Die Röntgenkontrolle 18 Tage später zeigt, d a ß die Schraube noch im Gipsverband gebrochen und das Schlüsselbein neuerlich verrenkt ist (Abb. 1 8 b ) . Eine Heilung der Verrenkung konnte erst nach einer Faszienplastik erzielt werden. Die Röntgenkontrolle (Abb. 18 c) zeigt den Zustand zwei Monate nach der Faszienplastik

14

Schultergelenk

Für den Oberschenkel legt man einen Kompressionsverband und zur Ruhigstellung der Schulter einen Desault-Verband an. Die Dauer der Ruhigstellung beträgt vier Wochen. Ist die Wunde im Schulterbereich komplikationslos geheilt, so können nach zwei Wochen die H a u t n ä h t e entfernt werden. Der Desault-Verband wird durch einen neuen ersetzt.

1. Arthrose des Akromio-Klavikular-Gelenkes Bei einer schmerzhaften Arthrose im Akromio-Klavikulargelenk soll keine Arthrodese des Gelenkes gemacht werden, weil es sonst zur Bewegungseinschränkung im Schultergelenk kommt. Man entfernt am besten in Allgemeinnarkose 3 cm vom akromialen Ende des Schlüsselbeins. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage näht man die Faszie und die H a u t und gibt zur Ruhigstellung des Schultergelenkes einen Desault-Verband f ü r zwei Wochen.

Abb. 19. Resektion des peripheren Anteiles des linken Schlüsselbeins bei einer 43jährigen H a u s f r a u wegen einer schmerzhaften Arthrose im Akromio-Klavikulargelenk. Das Röntgenbild zeigt den Zustand drei Jahre nach der Operation. Die Patientin ist beschwerdefrei, das Schultergelenk aktiv frei beweglich

Schultergelenk 1. Habituelle Schulterverrenkung Die Operation einer habituellen Schulterverrenkung soll nur bis zum 55. Lebensjahr ausgeführt werden. Bei höherem Lebensalter soll man nur dann operieren, wenn es sich um ausgesprochen muskelkräftige Sportlertypen handelt. Die Operationstechnik ist im wesentlichen von B A N K A R T beschrieben und von PERSC.HL modifiziert worden (Abb. 21). In Allgemeinnarkose wird ein ungefähr 25 cm langer Hautschnitt, in der H ö h e des Schlüsselbeins beginnend, über die Vorderseite des Oberarmes am Sulcus deltoideo-pectoralis angelegt. Die beiden Muskeln werden stumpf voneinander getrennt. Dabei ist auf die in diesem Bereich verlaufende V. cephalica zu achten. Sie wird mit dem M. pectoralis nach medial zu gezogen. Mit dem Meißel wird die Spitze des Procesus coracoideus mit dem M. coracobrachialis, M. pectoralis minor und dem Caput breve des M. biceps abgetrennt und nach unten geschlagen. Der nun zur Darstellung kommende M. subscapularis wird bei maximaler Außendrehung des Armes angespannt, mit einer Kocher-Sonde am Übergang des Muskels in die Sehne — das ist ungefähr 3 cm von seiner Ansatzstelle entfernt — unterfahren, mit zwei Haltefäden angeschlungen und mit dem Messer scharf durchtrennt.

Schultergelenk

15

Dadurch kommt die Schultergelenkskapsel zur Darstellung. Die Gelenkkapsel wird an ihrer Vorderseite ca. 1—1,5 cm entlang des Pfannenrandes senkrecht eröffnet. Hierauf wird der Oberarmkopf mit einem „Schuhlöffel" (Abb. 20 a) aus der Gelenkspfanne heraus nach hinten gedrückt, so daß man den Limbus der Gelenkspfanne gut übersehen kann. Vor allem der ventrale aber auch der kaudale Anteil des Limbus sind oft in Form eines Korbhenkels gerissen oder vollkommen abgetrennt. Der abgerissene Teil wird mit dem Messer entfernt.

b A b b . 20 a. S o g e n a n n t e r „Schuhlöffel" nach MURPHY-LANE in der Ansicht v o n v o r n u n d von d e r Seite z u m H e r a u s d r ü c k e n des O b e r a r m k o p f e s aus d e r G e l e n k s p f a n n e

A b b . 20 b u. c. B o h r d r a h t ( v e r g r ö ß e r t ) m i t einer Öse an beiden E n d e n z u m E i n f ü h r e n eines D r a h t e s . Ansicht v o n v o r n ( A b b . 20 b)

Im Schulterblatt wird mit dem Meißel 5 mm medial vom Pfannenrand eine ungefähr 5 mm tiefe Rinne angelegt. In diese werden senkrecht durch das Schulterblatt von vorne nach hinten in Abständen von 5 mm vier Drähte eingebohrt. Dazu werden Bohrdrähte verwendet (Abb. 20 b u. c), die an beiden Enden mit einer Öse zum Durchziehen des Drahtes f ü r die N a h t der Gelenkskapsel versehen sind. Man durchbohrt nicht nur das Schulterblatt, sondern auch dorsal von diesem die Muskeln und die Faszie und kommt am Rücken durch die H a u t heraus. Ist man mit dem ersten Bohrdraht am Rücken herausgekommen, so wird in die Bohröse ein rostfreier D r a h t von 0,4 mm Stärke eingelegt und nach ventral mit dem Bohrer durch-

Schultergelenk

16

A b b . 21 a — h .

Schematische

Darstellung

der

Operationstechnik renkung.

bei

der

habituellen

Schulterver-

D e r H a u t s c h n i t t b e g i n n t in H ö h e des Schlüsselbeins u n d zieht ü b e r d e r V o r d e r s e i t e des O b e r a r m e s im Sulcus d e l t o i d e o - p e c t o r a l i s ( A b b . 21 a). D i e S p i t z e des Processus c o r a c o i d e u s w i r d m i t d e m M . coracobrachialis, M . p e c t o r a l i s m i n o r u n d d e m C a p u t b r e v e des M. biceps a b g e m e i ß e l t ( A b b . 21 b) u n d dnach u n t e n geschlagen ( A b b . 21 c). D e r d a d u r c h z u r D a r s t e l l u n g k o m m e n d e M . s u b s c a p u l a r i s w i r d d u r c h m a x i m a l e A u ß e n d r e h u n g des Armes a n g e s p a n n t , m i t 2 H a l t e f ä d e n angeschlungen u n d u n g e f ä h r 3 cm v o n seiner A n s a t z s t e l l e e n t f e r n t scharf d u r c h t r e n n t ( A b b . 21 d )

17

Schultergelenk

i/entra i

dorsal g

h

D i e G e l e n k s k a p s e l w i r d senkrecht e r ö f f n e t ( A b b . 21 c). I m S c h u l t e r b l a t t w i r d m i t d e m M e i ß e l 5 m m m e d i a l v o m P f a n n e n r a n d eine u n g e f ä h r 5 m m tiefe R i n n e im K n o c h e n angelegt ( A b b . 21 f ) . I n diese R i n n e w e r d e n senkrecht durch das S c h u l t e r b l a t t 4 D r ä h t e m i t Ö s e n e i n g e b o h r t ( A b b . 21 g). D i e G e l e n k s k a p s e l w i r d d u r c h D r a h t n ä h t e , d i e a m R ü c k e n h e r a u s g e l e i t e t w e r d e n , in die gemeißelte K n o c h e n r i n n e des S c h u l t e r b l a t t e s h i n e i n g e z o g e n u n d d a d u r c h v e r k ü r z t . A n d e r V e n t r a l s e i t e ist d e r e n t s p r e c h e n d e A u s z i e h d r a h t h e r a u s g e l e i t e t ( A b b . 21 h) 2 Jonasch, O p e r a t i o n e n , 2. Aufl.

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Schultergelenk

gezogen. Nach Entfernung des Drahtes aus der Öse sticht man diesen durch den lateralen Anteil der durchtrennten Gelenkskapsel, ungefähr 5 mm vom R a n d entfernt nach ventral durch. Nach dem Anlegen eines Ausziehdrahtes — er wird an der Ventralseite der Schulter herausgeleitet — wird der D r a h t neuerlich durch die Gelenkskapsel in dorsaler Richtung durchgestochen und mittels des zweiten Bohrdrahtes am Rücken herausgezogen. Nachdem man auf diese Weise zwei Drahtnähte mit Ausziehdrähten angelegt hat, werden die Drähte am Rücken über einen T u p f e r — um die H a u t zu schonen — fest angezogen und geknüpft. Dieser Nahtvorgang erfolgt bei einwärts gedrehtem Oberarm. Durch die Drahtnähe ist die bei der habituellen Schulterverrenkung erweiterte Kapsel verengt und das Gelenk wieder verschlossen. Anschließend wird zusätzlich der mediale Kapselrand aufgedoppelt. Auf die Kapsel wird der M. subscapularis gelegt und vernäht. Die abgemeißelte Spitze des Processus coracoideus wird mit Fäden an das Korakoid befestigt. Die zwei Ausziehdrähte werden durch die gesunde H a u t an der Schulter Vorderseite her?.usgeleitet. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage werden die Faszie und die H a u t genäht und ein Desault-Verband wird f ü r drei Wochen angelegt. Nach der Gipsabnahme werden die geknüpften Drahtschlingen am Rücken in H a u t niveau abgeschnitten und durch die Ausziehdrähte an der Ventralseite der Schulter herausgezogen.

1. Versteifung des Schultergelenkes Zur Versteifung des Schultergelenkes hat sich am besten die Osteosynthese mittels Kompression bewährt. Die Arthrodese des Schultergelenkes ist vor allem bei Plexusteillähmungen angezeigt. In Allgemeinnarkose wird der Hautschnitt vom Processus coracoideus über die Oberarmvorderseite entlang des Sulcus deltoideo-pectoralis angelegt. Dabei ist auf die V. cephalica zu achten. Die Spitze des Processus coracoideus wird mit dem M. coracobrachialis, M. pectoralis minor und dem Caput breve des M. bieeps abgemeißelt und nach unten geschlagen. Nachdem man die Gelenkskapsel durch einen senkrechten Schnitt gespalten hat, kann man den Oberarmkopf aus der Pfanne luxieren. Mit dem Meißel wird der Knorpel der Gelenkpfanne und des Oberarmkopfes entfernt und hierauf der Kopf in der Pfanne eingestellt. Von großer Bedeutung ist die richtige Stellung des Oberarmes in der Pfanne. Der Winkel zwischen Oberarmschaft und lateralem Schulterblattrand soll 80° betragen. Außerdem soll der Oberam 30—40° nach vorne geführt und leicht nach außen gedreht sein, so daß es dem Verletzten bei Beugung des Ellbogens möglich ist, mit den Fingern den Mund zu berühren. Durch den Schulterblatthals wird in sagittaler Richtung ein 4 mm starker und 25 cm langer Steinmann-Nagel geschlagen und ein zweiter parallel dazu durch das proximale Ende des Oberarmschaftes. Auf die Nagelenden werden die Kloben des Kompressoriums aufgesetzt und die Knochen zusammengepreßt. Damit wird eine stabile Osteosynthese geschaffen. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der richtigen Stellung Oberarmschaft — lateraler Schulterblattrand und der des Kompressoriums. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage und der Fixierung der abgemeißelten Spitze des Processus coracoideus an das Korakoid werden Faszie und H a u t genäht und ein Brustarmgipsverband angelegt, der im Armteil zu spalten ist. Der Gipsverband ist im Bereich der Nägel fensterförmig auszuschneiden, damit er beim Zusammenpressen der Nägel nicht hinderlich ist.

Oberes Oberarmende

19

Abb. 22. Kompressionsgerät. Die beiden Steinmann-Nägel (1) sind in die Kloben (2) eingespannt. Durch Anziehen der Schraube (4) mit Feder (5) wird die Kompression ausgeübt

Ab der zweiten Woche nach der Operation sind die Schrauben der Kompression jeden zweiten T a g um eine halbe Umdrehung anzuziehen (Abb. 22). Nach acht Wochen werden der Gipsverband abgenommen, die Spanner und die Steinmann-Nägel entfernt und ein geschlossener Brustarmgipsverband angelegt. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt sechzehn Wochen.

Oberes Oberarmende 1. Verrenkungsbrüche des Oberarmes Wenn sich ein Verrenkungsbruch des Oberarmes konservativ nicht einrichten läßt, so soll man die Verrenkung belassen, da erfahrungsgemäß die operative Einrichtung funktionsmäßig schlechtere Ergebnisse zeitigt. Außerdem kommt es bei Verrenkungsbrüchen in H ö h e des anatomischen Halses häufig zur Nekrose des Oberarmkopfes, wenn operativ eingerichtet wurde. Eine Ausnahme bilden die Verrenkungsbrüche des Oberarmes, bei welchen Gefäß- oder Nervenschädigungen bestehen. Diese müssen sofort operativ eingerichtet werden. Die Bruchstücke werden durch gekreuzte Bohrdrähte in richtiger Stellung festgehalten, gerissene N e r ven und Gefäße genäht und, wenn notwendig, durch Transplantate überbrückt. Die Entfernung des Oberarmkopfes und das Einsetzen einer Kopfprothese aus Kunststoff hat sich nicht bewährt, weil die Beweglichkeit des Schultergelenkes fast immer schlecht wird.

1. Brüche des Tuberculum maius des Oberarmes Besteht bei einem Bruch des Tuberculum maius keine oder keine wesentliche Verschiebung, so genügt zur Behandlung das Anlegen eines Desault-Verbandes f ü r eine Woche. 2'

20

Oberes

Bei M i t t e l s t e l l u n g des A r m e s

A b b . 23.

Bruch

des

Tuberculum

Oberarmende

Bei I n n e n d r e h u n g des A r m e s

maius

bei

einem

33jährigen

Hilfsarbeiter.

Das

ausgebrochene

Knochenstück ist nach k r a n i a l verschoben und liegt unter dem A k r o m i o n . B l u t i g e E i n r i c h t u n g und F i x a t i o n mit einer D r a h t n a h t . D a diese keine genügende F i x i e r u n g ergab, w u r d e eine Schraube e i n g e b o h r t . Bei der Nachuntersuchung nach l'/a J a h r e n h a t t e der V e r l e t z t e keine Beschwerden. A b d u k t i o n und E l e v a t i o n waren 2 0 ° eingeschränkt, die I n n e n - und A u ß e n d r e h u n g des O b e r a r m e s ein D r i t t e l behindert. (Aus L . B Ö H L E R ,

E r g ä n z u n g s b a n d z u r 1 2 . und 1 3 . A u f l . der T c c h n i k d e r K n o c h e n b r u c h b e h a n d l u n g , A b b . 4 4 1 3 — 4 4 1 5 )

Ist das Tuberculum maius jedoch nach kranial bis unter das Akromion verschoben, so muß es blutig eingerichtet und mit einer Schraube fixiert werden (Abb. 23). Richtet man nicht blutig ein, so kann der Verletzte den Arm nicht seitwärts heben und auswärts drehen, weil der M. supraspinatus, der M. infraspinatus und der M. teres minor am Tuberculum maius ansetzen. Ist der Bruch älter als 14 Tage oder der Verletzte älter als 45 Jahre, so soll von einer blutigen Einrichtung Abstand genommen werden, weil die Ergebnisse bezüglich der Beweglichkeit nicht zufriedenstellend sind. Der Zugang zum Tuberculum maius erfolgt wie zur Operation einer habituellen Schulterverrenkung (Seite 14). Mit einem einzinkigen Haken wird das Bruchstück an seine richtige Stelle gelegt und mit einer Schraube fixiert. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der guten Lage des Bruchstückes und der Schraube. Nach der Operation stellt man den Arm mit einem Desault-Verband durch zwei Wochen ruhig.

3. Brüche des Tuberculum minus des Oberarmes Am Tuberculum minus setzt der M. subscapularis an, der den Oberarm nach innen dreht und adduziert. Die Brüche des Tuberculum minus sind genau so zu behandeln wie die des Tuberculum maius (Abb. 24 a u. b).

Obérés Oberarmende Bei Aufiendrehung des Armes

21

Bei Innendrehung des Armes

Abb. 24 a u. b. Abbruch des Tuberculum minus bei einer 30jährigen Frau. Da das Bruchstück in das Gelenk verlagert war, wurde es blutig eingerichtet und mit zwei Schrauben fixiert. Bei der Nachuntersuchung drei Monate nach der Operation war die Verletzte beschwerdefrei und das Schultergelenk frei beweglich (Abb. 24 b)

4. Subkapitale Oberarmbrüche D i e s u b k a p i t a l e n O b e r a r m b r ü c h e bei alten L e u t e n sind in d e r Regel eingestaucht u n d b r a u c h e n nicht eingerichtet, s o n d e r n n u r m i t einem D e s a u l t - V e r b a n d durch z w e i W o c h e n ruhiggestellt w e r d e n . Bei V e r l e t z t e n bis z u m 40. L e b e n s j a h r sollen bei nicht eingestauchten Brüchen v o r h a n d e n e V e r s c h i e b u n g e n u m m e h r als v o l l e S c h a f t b r e i t e u n d A c h s e n k n i c k u n g e n s o f o r t beseitigt w e r d e n . G e l i n g t dies nicht, so w i r d ein D a u e r z u g durch das O l e k r a n o n a n g e l e g t . D a m i t gelingt es h ä u f i g , eine g u t e S t e l l u n g des Bruches z u erzielen. S t e h t ein B i l d w a n d l e r z u r V e r f ü g u n g , so k a n n d e r Bruch u n t e r D u r c h l e u c h t u n g u n b l u t i g eingerichtet u n d die gute S t e l l u n g m i t g e k r e u z t e n B o h r d r ä h t e n f e s t g e h a l t e n w e r d e n ( A b b . 25 a u. b).

22

Oberes

Oberarmende

a

b

A b b . 25 a u. b. S u b k a p i t a l e r O b e r a r m b r u c h bei einem 3 8 j ä h r i g e n Angestellten mit Verschiebung um v o l l e Schaftbreite nach hinten. In A l l g e m e i n n a r k o s e w u r d e der Bruch unter dem B i l d w a n d l e r durch Zug u n d D r u c k eingerichtet, mit zwei p e r k u t a n e i n g e f ü h r t e n B o h r d r ä h t e n fixiert und anschließend durch vier Wochen mit einem Desault-Verband

ruhiggestellt.

D i e R ö n t g e n k o n t r o l l e nach der G i p s a b n a h m e ( A b b . 25 b) zeigt, d a ß der Bruch in guter S t e l l u n g v o n beiden Seiten geheilt ist

D i e operative Freilegung der Bruchstücke und ihre F i x a t i o n nach der Einrichtung mit einem M a r k n a g e l , R u s h - P i n oder mit einem Dreilamellennagel sind nicht angezeigt, weil es dabei in der Regel zu einer starken Einschränkung der Beweglichkeit des Schultergelenkes kommt. E i n operatives Vorgehen k o m m t nur bei Jugendlichen in Frage, wenn ein subkapitaler Oberarmbruch in einer Fehlstellung geheilt ist und dadurch eine starke schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes besteht (Abb. 2 6 a u. b). Diese geheilten Brüche sollen durch eine Osteotomie geradegestellt und die gute Stellung soll mit Schrauben, B o h r drähten oder einer Löffelkompressionsplatte festgehalten werden.

5. Epiphysenlösungen a m o b e r e n O b e r a r m e n d e Epiphysenlösungen am oberen Oberarmende sollen nicht operativ denn als Folge einer solchen Behandlung können Wachstumsstörungen auftreten (Abb. 2 7 a — e ) . Wenn tomisch operativ lösungen bung.

eingerichtet werden, des Oberarmkopfes

durch konservative Einrichtung, sei sie manuell oder im Dauerzug, keine anaeinwandfreie Stellung erzielt worden ist, so soll man diese besser belassen als einzurichten versuchen. Bei Kindern und Jugendlichen kommt es nach Epiphysenam oberen Oberarmende zu einem weitgehenden Ausgleich der Parallelverschie-

D i e einzige Ausnahme für perkutane Bohrdrähte bilden Verletzte, die älter als 14 J a h r e sind, bei denen sich die Epiphysenlösung in anatomisch richtiger Stellung einrichten, aber die gute Stellung sich mit dem Gipsverband nicht erhalten l ä ß t . U m diesen Verletzten eine Extensionsbehandlung zu ersparen, kann der O b e r a r m k o p f nach der Einrichtung durch zwei gekreuzte, perkutan eingeführte B o h r d r ä h t e am Oberarmschaft fixiert werden.

Oberes

Oberarmende

23

A b b . 2 6 a u. b. I n f r a t u b e r k u l ä r e r O b e r a r m b r u c h bei einem 1 8 j ä h r i g e n Dachdecker. D i e B e h a n d l u n g e r f o l g t e m i t einem B r u s t - A r m g i p s v e r b a n d durch f ü n f W o c h e n . B e i der G i p s a b n a h m e bestand eine Valgusstellung v o n 4 0 ° u n d eine A n t e k u r v a t i o n v o n 4 5 ° ( A b b . 2 6 a). D i e F e h l s t e l l u n g w u r d e durch eine O s t e o t o m i e beseitigt. F i x a t i o n mit drei Schrauben. R u h i g s t e l l u n g mit einem D e s a u l t - V e r b a n d durch vier Wochen. D i e R ö n t g e n k o n t r o l l e sechs J a h r e nach der O p e r a t i o n zeigt, d a ß der Bruch in achsengerechter Stellung v o n beiden Seiten geheilt ist ( A b b . 2 6 b). D e r V e r l e t z t e w a r beschwerdefrei. Sämtliche A r m g e l e n k e w a r e n frei beweglich

24

Oberes Oberarmende

Abb. 27 a—e. 14jähriges Mädchen, das durch Sturz vom Pferd eine Epiphysenlösung am oberen Oberarmende erlitt (Abb. 27 a). Da im Streckverband keine anatomische Einrichtung der Epiphysenlösung erreicht werden konnte, wurde einige Tage später die Epiphysenlösung blutig eingerichtet und mit einem Schienbeinspan gebolzt (Abb. 27 b). Es kam zu keiner Infektion. In der Folgezeit bestanden dauernd Schmerzen und eine Bewegungseinschränkung der Schulter. Die Röntgenkontrolle zwei Jahre nach der Operation zeigt, daß es zu einer Nekrose des Oberarmkopfes gekommen ist (Abb. 27 c). Statt diesen Zustand zu belassen und das Ende des Knochenwachstums abzuwarten, wurde bei dem nun 16jährigen Mädchen der nekrotische Oberarmkopf entfernt und ein Plexiglaskopf eingesetzt (Abb. 27 d). Die Beschwerden und die Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes blieben unverändert. Der Plexiglaskopf subluxiert zunehmend bei den kleinsten Bewegungen nach ventral. Die Abb. 27 e zeigt den Zustand ein J a h r nach dem Einsetzen des Plexiglaskopfes. Es ist zu einer deutlichen Resorption um den Stift des Plexiglaskopfes im Oberarmschaft gekommen. Es soll hier ausdrücklich hervorgehoben werden, daß die Einrichtung von Epiphysenlösungen nur manuell gelingt, im Streckverband nie vollkommen

25

Oberarmschaft

D i e Verletzten müssen aber, wie erwähnt, mindestens 14 J a h r e alt sein, weil es schon durch die B o h r d r ä h t e zu einem frühen Schluß der Oberarmepiphyse und dadurch zu Wachstumsstörungen kommen kann. Die Ruhigstellung erfolgt durch einen D e s a u l t - V e r b a n d für vier Wochen. Nach der Gipsabnahme sollen die beiden Bohrdrähte, sobald die H a u t in Ordnung ist, wieder entfernt werden.

Oberarmschaft 1. Oberarmschaftbrüche Frische geschlossene Oberarmschaftbrüche sollen immer

konservativ

behandelt werden.

Bei den Oberarmschaftbrüchen gibt die konservative Behandlung, ganz unabhängig von der Bruchform, die besten Ergebnisse. Verschiebungen um volle Schaftbreite, Achsenknickungen bis zu 1 0 ° und Verkürzungen bis zu 1 cm können bei der konservativen B e handlung außer acht bleiben. Sie brauchen nicht korrigiert zu werden, weil dennoch ein einwandfreies funktionelles und kosmetisches Ergebnis erzielt wird. D i e Einrichtung mit Verkürzung ist bei allen Oberarmschaftbrüchen Voraussetzung für eine schnelle knöcherne Heilung und deshalb erwünscht. Bei Querbrüchen mit Verschiebung um volle Schaftbreite und Verkürzung bis zu 1 cm ist der Ausgleich der Scitenverschiebung daher nicht notwendig. Ist eine entsprechende Verkürzung vorhanden, so kommt es in sechs bis acht Wochen zur Heilung des Bruches.

Die häufigste Ursache einer verzögerten Kallusbildung und der Ausbildung arthrose bei Oberarmschaftbrüchen ist die Distraktion der Bruchstücke.

einer

Pseud-

D i e Radialislähmung k o m m t hauptsächlich bei Biegungsbrüchen durch Zerrung und Quetschung des N e r v e n und nur selten bei Drehbrüchen durch Einklemmung zwischen den Bruchstücken zustande. W e n n man annehmen kann, daß der N e r v bei einem Drehbruch an der Grenze mittleres unteres Oberarmdrittel zwischen den Bruchflächen eingeklemmt ist, so soll man ihn sofort freilegen und aus der Einklemmung befreien. Bei Biegungsbrüchen soll man nur operieren, wenn die Funktion des N e r v e n nach acht bis zehn Wochen nicht zurückgekehrt ist. In Blutleere und Allgemeinbetäubung wird dem V e r l a u f des N . radialis entsprechend ein leicht bogenförmiger Hautschnitt von der Hinterseite der O b e r a r m m i t t e zur Beugeseite in Richtung Ellenbeuge gemacht. D e r N . radialis verläuft in O b e r a r m m i t t e an der Außenseite zwischen dem M . trieeps und dem M . brachialis, dann zwischen M . brachialis und M . brachioradialis, um mehr beugeseitig im Ellbogenbereich in den V o r d e r a r m überzugehen. H a t man die Bruchstücke dargestellt, so sieht man in der Regel, daß der N . radialis bei Drehbrüchen zwischen den beiden Bruchflächen eingeklemmt, plattgedrückt und blutig verfärbt ist. D e r N e r v wird aus dem Bruchspalt herausgeholt und anschließend der Bruch eingerichtet. W e n n es sich um einen Drehbruch handelt, wird der Bruch mit zwei lockeren umschlingungen, die eine Verkürzung der Bruchenden zulassen, festgehalten.

Draht-

D e r N e r v darf nicht direkt auf die Bruchstelle zurückgelagert werden, weil er bei stärkerer Kallusbildung in den Kallus eingescheidet werden kann und so neuerlich Ausfallserscheinungen des N . radialis auftreten können. M a n soll zwischen Knochen und N e r v Muskulatur aus der Umgebung nähen.

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a

Oberarmschaft

b

c

d

c

f

Abb. 28 a — f . Offener Oberarmbruch bei einem 32jährigen K r a f t f a h r e r , entstanden durch Sturz mit dem M o t o r r a d . Nach Wundausschneidung wurde eine Markraumbolzung mit einem Knochenspan durchgeführt und der Bruch mit zwei Drahtschlingen versorgt. Ruhigstellung im O b e r a r m g i p s v e r b a n d mit Schulterkappe durch drei M o n a t e . K e i n e I n f e k t i o n . D i e R ö n t g e n k o n t r o l l e nach der G i p s a b n a h m e zeigt eine Pseudarthrose (Abb. 28 a) Es wurde keine V e r k ü r z u n g der Bruchenden erzeugt. Deswegen offene Marknagelung mit Anfrischen der Pseudarthroseenden und Anlagerung von B a n k spänen. D e r M a r k r a u m wurde nicht aufgebohrt. Zu dünner Marknagel! (Abb. 2S b). Ruhigstellung mit einem B r u s t - A r m g i p s v e r b a n d durch z w ö l f Wochen. Ein J a h r nach der O p e r a t i o n zeigt die R ö n t g e n k o n t r o l l e , d a ß die Pseudarthrose nicht geheilt ist und der M a r k n a g e l sich zu verbiegen beginnt (Abb. 28 c). Nach weiteren fünf M o n a t e n brach der N a g e l , und die straffe Pseudarthrose löste sich (Abb. 28 d). Eine knöcherne Heilung konnte erst durch eine Kompressions-Osteosynthesc ( A b b . 28 e) und anschließende Ruhigstellung im Brust-Armgipsverband durch z w ö l f Wochen erzielt werden. D i e R ö n t g e n k o n t r o l l e ein J a h r nach der Gipsabnahme zeigt, d a ß der Bruch knöchern (Abb. 28 f)

durchgebaut ist

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Oberarmschaft

H a t m a n sich durch eine R ö n t g e n k o n t r o l l e v o n der richtigen L a g e der D r a h t s c h l i n g e n und der S t e l l u n g des Bruches ( V e r k ü r z u n g ! ) überzeugt, so k ö n n e n nach A n l a g e einer S a u g d r a i n a g e die F a s z i e u n d anschließend die H a u t genäht w e r d e n . N a c h dem V e r s c h l u ß der W u n d e w i r d ein D e s a u l t - V e r b a n d angelegt. Bei k o m p l i k a t i o n s l o s e m H e i l u n g s v e r l a u f wird nach v i e r z e h n T a g e n der D e s a u l t - V e r b a n d a b g e n o m m e n , die H a u t n ä h t e w e r d e n e n t f e r n t u n d für den O b e r a r m w i r d eine U - S c h i e n e m i t A b s t ü t z u n g a u f der gesunden Schulter, damit k e i n e D i s t r a k t i o n der Bruchenden eintreten k a n n , gegeben. D i e D a u e r der R u h i g s t e l l u n g b e t r ä g t ab O p e r a t i o n z w ö l f W o c h e n . Auch ein offener Oberarmschaftbruch ist nach der W u n d v e r s o r g u n g und eventuellen R e i nigung des K n o c h e n s wie ein geschlossener Bruch in der R e g e l ohne O s t e o s y n t h e s e im G i p s v e r b a n d zu b e h a n d e l n . D i e B e h a n d l u n g v o n Oberarmschaftbrüchen m i t einem zu dünnen M a r k n a g e l führt nicht immer z u m E r f o l g . W e i l der Bruch nicht genügend stabilisiert w i r d , k o m m t es zu v e r z ö g e r ter K a l l u s b i l d u n g . Selbst bei zusätzlicher A n l a g e r u n g v o n K n o c h e n s p ä n e n sieht m a n häufig P s e u d a r t h r o s e n . Auch die V e r s o r g u n g eines Oberarmschaftbruches m i t einem M a r k d r a h t , m i t der B ü n d e l - N a g e l u n g o d e r m i t einem R u s h - P i n ist fast i m m e r m i t K o m p l i k a t i o n e n v e r bunden u n d daher ungenügend.

1. Oberarmschaftpseudarthrosen B e i v e r z ö g e r t e r K a l l u s b i l d u n g oder bei O b e r a r m p s e u d a r t h r o s e n soll eine KompressionsOsteosynthese gemacht w e r d e n . S i e k a n n im g a n z e n Oberarmschaftbereich v o n 3 c m u n t e r h a l b des O b e r a r m k o p f e s bis 3 cm o b e r h a l b der O b e r a r m k n o r r e n mit E r f o l g ausgeführt werden. I n A l l g e m e i n n a r k o s e u n d w e n n möglich in B l u t l e e r e (oberes O b e r a r m e n d e ! ) werden die beiden Bruchenden durch einen entsprechenden H a u t s c h n i t t freigelegt. Ist eine ausgebildete P s e u d a r t h r o s e v o r h a n d e n , so frischt m a n die beiden P s e u d a r t h r o s e e n d e n im gesunden Knochenbereich quer an. B e s t e h t noch k e i n e ausgebildete P s e u d a r t h r o s e , so ist das v o r h a n d e n e B i n d e g e w e b e zu e n t f e r n e n u n d die beiden Bruchenden sind so quer anzufrischen, d a ß eine gute K o n t a k t fläche entsteht. N a c h D u r c h b o h r u n g der K o r t i k a l i s werden 2 cm v o n den Resektionsflächen e n t f e r n t , j e ein 3 m m s t a r k e r und 2 2 0 m m l a n g e r S t e i n m a n n - N a g e l p a r a l l e l zueinander durch den O b e r a r m k n o c h e n geschlagen. D a m i t die H a u t nach dem A n l e g e n der K o m p r e s s i o n k e i n e S p a n n u n g zeigt, w i r d sie beim Schlagen des p r o x i m a l e n N a g e l s nach a u f w ä r t s und b e i m Schlagen des distalen N a g e l s nach a b w ä r t s zu v e r z o g e n . S i n d die N ä g e l eingeschlagen, so werden die K l o b e n der K o m pression angelegt. D u r c h eine R ö n t g e n k o n t r o l l e überzeugt m a n sich v o n der richtigen S t e l lung der Bruchstücke u n d der N ä g e l . N a c h dem A n l e g e n einer S a u g d r a i n a g e w e r d e n die F a s z i e durch einige w e n i g e N ä h t e und die H a u t durch K n o p f n ä h t e verschlossen. Z u r R u h i g s t e l l u n g w i r d ein B r u s t - A r m g i p s v e r b a n d angelegt, der im A r m t e i l gespalten w i r d . D e r G i p s v e r b a n d ist zwischen den S t e i n m a n n - N ä g e l n a u f j e d e r Seite f e n s t e r f ö r m i g auszuschneiden, d a m i t er beim Zusammenpressen der K o m p r e s s i o n nicht im W e g e ist. D i e S t e l l u n g der Bruchstücke im G i p s v e r b a n d w i r d durch eine R ö n t g e n k o n t r o l l e in beiden E b e n e n überprüft. A b der z w e i t e n W o c h e nach der O p e r a t i o n werden die Schrauben der K o m p r e s s i o n jeden z w e i t e n T a g a m eine h a l b e U m d r e h u n g angezogen. N a c h sechs W o c h e n w e r d e n der B r u s t A r m g i p s v e r b a n d a b g e n o m m e n , die S p a n n e r u n d die S t e i n m a n n - N ä g e l e n t f e r n t und ein geschlossener B r u s t - A r m g i p s v e r b a n d angelegt. D i e D a u e r der R u h i g s t e l l u n g ab O p e r a t i o n b e t r ä g t zehn

Wochen.

28

Oberarmschaft

Abb. 29. Offener Oberarmbruch bei einem 46jährigen H i l f s a r b e i t e r . Nach Wundausschneidung und N a h t wurde ein Brust-Armgipsverband angelegt. D a sich keine Kallusbildung zeigte und die Bruchenden auseinandergewichen waren, wurde sechs Wochen später eine Markdrahtung durchgeführt und ein B r u s t - A r m g i p s v e r b a n d für weitere fünf M o n a t e angelegt. Nach der G i p s a b n a h m e aktive und passive Bewegungsübungen und heiße B ä d e r . D e r Verletzte hatte dauernd Schmerzen an der Bruchstelle und bemerkte eine zunehmende V e r l e g u n g des O b e r a r m e s . D i e R ö n t g e n k o n t r o l l e zeigt den Zustand zwei M o n a t e nach der Gipsabnahme. D e r M a r k d r a h t ist in H ö h e der Bruchstelle gebrochen, es besteht eine Pseudarlhrose. D e r Verletzte verweigerte eine neuerliche O p e r a t i o n und bezieht eine 60°/oige D a u e r r e n t e

Oberarmschatt

29

Abb. 30 a—e. 37jähriger Kraftfahrer, der sich bei einem Rollersturz einen geschlossenen Bruch des rechten Oberarmes zuzog. Der Bruch wurde mit drei Markdrähten versorgt und mit einer Abduktionsschiene durch vier Wochen ruhiggestellt. Die RöntgenKontrolle acht Monate nach der Verletzung zeigt, daß eine Oberarmpseudarthrose besteht und die drei Markdrähte gebrochen sind (Abb. 30 a)

d

Die Pseudarthrose wurde stufenförmig angefrischt, der Oberarm markgenagelt und zwei Bankspäne wurden angelegt (Abb. 30 b). Ruhigstellung im Desault-Verband durch acht Wochen. 3'/ä Monate nach der Operation sind die Bankspäne zum größten Teil resorbiert (Abb. 30 c). Nach weiteren drei Monaten ist der zu dünne Marknagel nach unten zu herausgewandert. Der Oberarm zeigt eine Antekurvation. Es bildet sich neuerlich eine Pseudarthrose aus (Abb. 30 d). Zwei Monate später wurde der Marknagel entfernt. Am Oberarm besteht eine Pseudarthrose (Abb. 30 e)

Oberarmschaft Andere Methoden zur Behandlung der Obera r m p s e u d a r t h r o s e sind die gedeckte M a r k n a g e l u n g n a c h KÜNTSCHER, d a n n die K o m p r e s s i o n mit der D r u c k p l a t t e der A O o d e r die A n l a g e rung u n d stabile Verschraubung v o n Knochens p ä n e n a n die P s e u d a r t h r o s e .

Abb. 31. 54jährige H a u s f r a u , die sich als M i t f a h r e rin in einem PKW bei einem Zusammenstoß den rechten O b e r a r m brach. Der Bruch w u r d e in einem Brust-Armgipsverband durch zwölf Wochen ruhiggestellt. D a es zu keiner knöchernen Heilung kam, wurden die Bruchenden angefrischt, mit zwei straffen D r a h t umschlingungen festgehalten und ein Rush-Pin in den Oberarmknochen eingeschlagen. Nach der O p e ration w u r d e der A r m mit einem Desault-Verband durch drei Wochen ruhiggestellt. Die Heilung erfolgte per primam. Anschließend w u r d e mit aktiven und passiven Bewegungsübungen begonnen, die nach Angabe der Verletzten schmerzhaft waren. Die Abbildung zeigt die Röntgenkontrolle sieben Monate nach der Operation. Es besteht eine Pseudarthrose. D a es sich um einen geschlossenen Bruch des Oberarmes handelte, ist er im Gipsverband sicher deshalb nicht fest geworden, weil die Bruchstücke distrahiert waren. Diese Distraktion ist bei der Operation nicht beseitigt w o r d e n ; daher ist es bei dem einfachen Oberarmbruch zu keiner knöchernen Heilung gekommen

Unteres Oberarmende 1. Brüche am unteren Oberarmende Mit der operativen sein.

Behandlung

Auf alle Fälle soll konservativ

der distalen Oberarmbrüche

soll man sehr

zurückhaltend

vorgegangen werden, wenn

1. der Verletzte älter als 50 Jahre ist, 2. w e n n mehrere Bruchstücke vorhanden sind und 3. w e n n der Bruch älter als eine Woche ist.

Bestehen keine Kontraindikationen f ü r ein operatives Vorgehen, so legt man in Allgemeinnarkose und Blutleere das Ellbogengelenk durch einen hufeisenförmigen Schnitt frei. Dazu lagert man den Arm quer über die Brust des Verletzten. Der Hautschnitt geht von der Außenseite des Oberarmes über die Spitze des Olekranon zur Innenseite des Oberarmes. D a n n wird der N . ulnaris dargestellt, aus seinem Bett gelöst und zur Seite verzogen. Vom Olekranon wird die Ansatzstelle der Trizepssehne mit einer Knochenlamelle von 5 mm Stärke abgemeißelt. Dadurch kann man den M. triceps leicht nach kranial zu hinaufschieben und die Bruchstelle am Oberarm darstellen. Die Stellung der Bruchstücke wird nach dem Einrichten mit Schrauben oder mit gekreuzt eingeführten Bohrdrähten festgehalten. Dabei ist darauf zu achten, daß weder ein D r a h t noch eine Schraube durch den Sulcus N . ulnaris hindurchgehen, weil es sonst zu Störungen des N . ulnaris kommen kann (Abb. 32). Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der guten Stellung der Bruchstücke und der Drähte oder Schrauben. Hierauf wird der N . ulnaris in sein altes Bett zurückgelagert und der abgemeißelte Teil des Olekranon durch eine D r a h t n a h t wieder an das Olekranon befestigt. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird die H a u t durch K n o p f n ä h t e verschlossen und ein gespaltener Oberarmgipsverband angelegt. Bei glatter Wundheilung werden der gespaltene Gipsverband und die H a u t n ä h t e nach zwei Wochen entfernt und ein geschlossener Oberarmgipsverband angelegt. Die Dauer der Ruhestellung ab Operation beträgt acht Wochen.

1. Suprakondyläre Oberarmbrüche bei Kindern Die kindlichen suprakondylären Oberarmbrüche dürfen nicht in offener Wunde eingerichtet werden; Wachstumsstörungen sind sonst die Folge. Die Einrichtung dieser Brüche gelingt in der Regel konservativ. Bei den Überstreckungsbrüchen kann man die gute Stellung nach der Einrichtung mit zwei perkutan gekreuzt eingeführten Bohrdrähten festhalten. Beim Einführen der Bohrdrähte ist darauf zu achten, daß sie nicht durch die Wachstumsfugen oder den Sulcus N. ulnaris gehen (Abb. 33). Es kann sonst zu einem frühzeitigen Schluß der Wachstumsfuge bzw. zu einer Störung des N . ulnaris kommen. Die Bohrdrähte müssen durch die gegenüberliegende Kortikalis reichen, damit die erforderliche Stabilisierung gegeben ist. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der guten Stellung des Bruches und der richtigen Lage der Drähte. Nach dem Einführen der Drähte wird f ü r das Ellbogengelenk ein dicker Zellstoffverband angelegt. Nach dem Abschwellen des Ellbogens, das ist am zweiten oder dritten Tag nach der Einrichtung, gibt man einen Oberarmgipsverband f ü r vier Wochen.

32

Unteres Oberarmende

Abb. 32. Bruch des inneren Oberarmknorrens mit Verschiebung nach zentral. Das Ellbogengelenk wurde durch einen hufeisenförmigen Schnitt freigelegt, der Bruch eingerichtet und mit zwei Schrauben fixiert. Die Röntgenkontrolle zwölf Wochen nach der Verletzung zeigt, daß der Bruch ohne Verschiebung knöchern geheilt ist. (Aus L . B Ö H L E R ,

Ergänzungsband

z u r 12. u n d 13. A u f l . d e r T e c h n i k der K n o d i e n b r u d i b e h a n d l u n g , A b b . 4422 u. 4423)

Unteres Oberarmende

33

Abb. 33. Die Abbildung zeigt die Lage der Bohrdrähte nach der Einrichtung des suprakondylären Oberarmbruches. Die Drähte müssen durch die gegenüberliegende Kortikalis gebohrt werden und dürfen nicht im Sulcus N. ulnaris oder in einer Wachstumsfuge zu liegen kommen

3. Cubitus varus nach suprakondylären Oberarmbrüchen bei Kindern Die häufigste Fehlstellung, die nach suprakondylären Oberarmbrüchen bei Kindern beobachtet wird, ist der Cubitus varus im Ellbogengelenk. Dadurch erleidet der Arm nicht nur eine häßliche Entstellung, sondern oft auch eine Herabsetzung seiner Leistungsfähigkeit. Da der Cubitus varus beim weiteren Größenwachstum nicht verschwindet, kann er nur operativ ausgeglichen werden. Bei Kleinkindern soll man mit der Operation bis ungefähr zum 5. Lebensjahr zuwarten. Im späteren Alter kann die Operation jederzeit durchgeführt werden. Um die Größe der Fehlstellung zu erkennen, müssen vor der Operation Röntgenaufnahmen je nach der Größe des Kindes 12 X 30 cm oder 15 X 40 cm vom Ober- und Vorderarm angefertigt werden, wobei das Ellbogengelenk in Filmmitte sein muß. Bei diesen Röntgenaufnahmen liegt der Vorderarm voll supiniert flach auf dem Tisch. Das Ellbogengelenk ist gestreckt und der Oberarm nach außen gedreht. Die Einstellung des Zentralstrahles erfolgt senkrecht auf das Ellbogengelenk. Mit dieser Art von Röntgenaufnahmen kann man einwandfrei die Ober-Vorderarmachse ausmessen, während dies bei kleineren Filmformaten nicht immer eindeutig möglich ist. Um die wirkliche Größe der Fehlstellung zu erkennen, ist es wichtig, Vergleichsbilder der nicht verletzten Seite zu machen. Der physiologische Valgus schwankt im Ellbogengelenk zwischen 2 und 10°. An Hand der Röntgenaufnahmen bestimmt man die Größe der Achsenknickung. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird an der Außenseite des unteren Oberarmes, entlang des Margo radialis, ein Hautschnitt entsprechender Größe angelegt. Dabei ist auf den N. radialis zu achten. Der Oberarmknochen wird subperiostal freigelegt. Dann wird er knapp suprakondylär V-förmig von außen nach innen in der Frontalebene durchmeißelt. Ist der Oberarmknochen in der oben beschriebenen Art durchmeißelt, so drückt man den Vorderarm mit dem Ellbogen nach außen, bis die Fehlstellung ausgeglichen ist. Die gute Stellung wird durch zwei gekreuzte perkutan eingeführte Bohrdrähte festgehalten. Dann überzeugt man sich durch eine Röntgenkontrolle, ob der Cubitus varus beseitigt und ein Cubitus valgus, entsprechend der nicht verletzten Seite besteht und ob die Bohrdrähte richtig liegen. Ist dies nicht der Fall, so zieht man die Bohrdrähte und korrigiert so lange, bis eine einwandfreie Stellung vorhanden ist. Zeigt die Röntgenkontrolle 3

Jonasdi,

Operationen,

2. A u f l .

34

Unteres Oberarmende

gute Stellung, so werden die beiden Bohrdrähte subkutan abgezwickt, eine Saugdrainage angelegt, die Operationswunde schichtweise verschlossen und ein gespaltener Oberarmgipsverband gegeben. Bei glatter Wundheilung werden die H a u t n ä h t e und der gespaltene Gipsverband nach zwei Wochen entfernt und ein geschlossener Oberarmgipsverband angelegt. Die Dauer der Ruhigstellung beträgt ab Operation sechs Wochen. Wenn man die Osteotomie nicht mit gekreuzten Bohrdrähten stabilisiert, so kommt es im Gipsverband oft zu Verschiebungen. Auch die Fixation mit einer Drahtschlinge gibt nicht immer ein einwandfreies Ergebnis.

4. Brüche der Oberarmepikondylen bei Kindern Um eine Lösung der Wachstumfuge der Oberarmepikondylen bei Kindern einwandfrei zu erkennen, müssen Röntgenaufnahmen in beiden Ebenen von beiden Ellbogengelenken gemacht werden. Besteht eine Verschiebung des Epikondylus, so kann diese ruhig belassen werden. Man legt einen Oberarmgipsverband f ü r drei Wochen an. Bei einer stärkeren Verschiebung heilt der Oberarmcpikondylus nicht knöchern, sondern pscudarthrotisch. T r o t z d e m wird das Ellbogengelenk frei beweglich. Eine operative Behandlung ist nur dann notwendig, wenn der abgerissene Epikondylus in das Ellbogengelenk verlagert ist. In Allgemeinnarkose und Blutleere werden durch einen Schnitt an der Ellbogeninnenseite der Oberarmkondyl und das Ellbogengelenk freigelegt. Bei der Schnittführung ist auf den N . ulnaris zu achten. Man sieht, daß der Epikondylus mit der Aponeurose der an ihn ansetzenden Beuger und mit Teilen des medialen Gelenkseitenbandes wie eine Kappe in das Ellbogengelenk hineingeschlagen ist. Mit einer Hakenklemme oder einem einzinkigen H a k e n holt man die „Kappe" aus dem Gelenk heraus, lagert den Epikondylus in sein altes Bett und befestigt ihn dort mit einigen feinen Nähten. Die Verwendung von Drahtnähten, Schrauben oder Bohrdrähten ist nicht angezeigt, da es dadurch leicht zu Wachstumsstörungen kommen kann. Nach Verschluß der H a u t mit Knopfnähten wird ein gespaltener Oberarmgipsverband angelegt. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt drei Wochen.

5. Brüche des Oberarmköpfchens Es gibt drei Bruchformen des Oberarmköpfchens. 1. Das ganze Köpfchen ist abgeschert und um eine horizontale Achse 90° gekippt. 2. Eine Knorpel-Knochenlamelle ist vom Oberarmköpfchcn abgeschert und nach dorsal verschoben. 3. Eine Knorpel-Knochenlamelle ist vom Oberarmköpfchen abgeschert und nach volar verschoben. Bei dieser Bruchform besteht in der Regel noch zusätzlich ein Meißelbruch des Speichenköpfchens (KRÖSL).

Bei den Gruppen 1 (Abb. 34) und 2 muß das abgebrochene Knochenstück operativ entfernt werden. Dazu eröffnet man das Ellbogengelenk wie für eine Entfernung des Speichenköpfchens (Seite 41). Nach der operativen Entfernung des abgesprengten Teiles vom Oberarmköpfchen legt man einen gespaltenen Oberarmgipsverband an. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt drei Wochen.

Ellbogengelenk

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Besteht ein Bruch g e m ä ß Gruppe J, so soll m a n konservativ v o r g e h e n u n d einen O b e r a r m g i p s v e r b a n d f ü r drei W o c h e n a n l e g e n . D u r c h die k o n s e r v a t i v e B e h a n d l u n g w i r d eine bessere Beweglichkeit des E l l b o g e n g e l e n k e s erzielt als bei der o p e r a t i v e n E n t f e r n u n g des abgesprengten Oberarmköpfchens.

Abb. 34. Abbruch des Oberarmköpfchens Gruppe 1 bei einer 46jährigen H a u s f r a u entstanden durch Sturz auf die H a n d bei überstrecktem Ellbogen. Das abgebrochene Oberarmköpfchen wurde operativ entfernt

Ellbogengelenk Ellbogengelenkplastik Ist das E l l b o g e n g e l e n k i n f o l g e eines Bruches o d e r einer G e l e n k i n f e k t i o n n u r w e n i g e G r a d e o d e r g a r nicht beweglich, so k a n n z u r Besserung d e r Beweglichkeit eine E l l b o g e n g e l e n k plastik ausgeführt werden. H i e r f ü r k o m m e n n u r Verletzte mit einem Alter bis zu 40 Jahren in B e t r a c h t . A u ß e r d e m soll bei a u s g e d e h n t e n B a n d - u n d M u s k e l v e r k n ö c h e r u n g e n k e i n e P l a s t i k a u s g e f ü h r t w e r d e n . Ist die V e r s t e i f u n g des E l l b o g e n g e l e n k e s auf eine Infektion z u r ü c k z u f ü h r e n , so soll m a n nach d e m A b k l i n g e n d e r I n f e k t i o n m i t d e r A u s f ü h r u n g d e r G e l e n k p l a s t i k ein Jahr zuwarten. S i n d s t ö r e n d e H a u t n a r b e n v o r h a n d e n , so ist v o r h e r eine N a r b e n k o r r e k t u r v o r zunehmen. F ü r die A u s f ü h r u n g d e r E l l b o g e n g e l e n k p l a s t i k w i r d d e r A r m in A l l g e m e i n n a r k o s e u n d B l u t l e e r e auf die B r u s t des V e r l e t z t e n gelagert u n d das E l l b o g e n g e l e n k durch einen h u f e i s e n f ö r m i g e n Schnitt freigelegt. D e r H a u t s c h n i t t geht d a b e i v o n d e r A u ß e n s e i t e des O b e r a r m s ü b e r die S p i t z e des E l l e n h a k e n s z u r I n n e n s e i t e des O b e r a r m s . D e r N . u l n a r i s w i r d d a r g e s t e l l t , aus seinem Bett ausgelöst u n d z u r Seite v e r z o g e n . V o m E l l e n h a k e n w i r d eine K n o c h e n l a m e l l e v o n 5 m m S t ä r k e m i t der A n s a t z s t e l l e d e r Sehne des M . triceps a b g e m e i ß e l t u n d z e n t r a l w ä r t s h i n a u f g e s c h l a g e n . D a d u r c h k o m m t die Rückseite des E l l b o g e n g e l e n k e s z u r D a r s t e l l u n g .

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Ellbogengelenk

Abb. 35. Ankylose des rechten Ellbogengelenkes bei einem 18jährigen Mädchen infolge Eiterung nach einem offenen suprakondylären Oberarmbruch. Ein J a h r nach Abheilen der Wunden wurde nach einer N a r b e n k o r r e k t u r eine Ellbogengelenkplastik gemacht

Nach Präparierung des inneren und äußeren Seitenbandes des Ellbogengelenkes werden die Bänder mit den Oberarmepikondylen abgemeißelt. Eine bindegewebige Ankylose des Ellbogengelenkes kann mit dem Knochenmesser gelöst werden. Besteht eine knöcherne Ankylose, so wird diese möglichst im Bereich der alten Gelenkfläche mit dem Meißel durchtrennt. Anschließend wird das periphere Oberarmende unter Wegnahme der Kondylen keilförmig zugerichtet und die Gelenkfläche der Elle sehr flach ausgemuldet. Das Speichenköpfchen wird k n a p p proximal der Tuberositas radii reseziert. Zeigt die Röntgenkontrolle eine gute Rundung des peripheren Oberarmendes und eine flache Muldung der Gelenkfläche der Elle, so wird vom Oberschenkel ein 8 cm langer und 4 cm breiter Streifen aus der Fascia lata entnommen und damit das angefrischte periphere Ende des Oberarmes überzogen.

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Oberes Vorderarmende

Die beiden Gelenkseitenbänder mit den Epikondylen werden zu beiden Seiten des Oberarmes angelagert und mit einer quer angelegten Drahtnaht festgehalten. Nachdem man auch das Olekranon 2 cm peripher der Meißelstelle quer durchbohrt hat, wird die Knochenlamelle mit der Ansatzstelle der Sehne des M. triceps heruntergeklappt und mit einer Drahtnaht fixiert. Der N. ulnaris wird in sein altes Bett gelagert, eine Saugdrainage angelegt und die Haut durch Knopfnähte verschlossen. Zur Ruhigstellung gibt man einen gespaltenen Oberarmgipsverband für drei Wochen.

Oberes Vorderarmende 1. Olekranonbrüche und Pseudarthrosen Brüche des Olekranon ohne Verschiebung sollen konservativ mit einem Oberarmgipsverband einer Heilung zugeführt werden. Weichen die Bruchstücke jedoch auseinander, so kann eine knöcherne Heilung nur durch eine Osteosynthese erzielt werden. Bei über 70 Jahre alten Verletzten oder solchen in sehr schlechtem Allgemeinzustand wird man von einer Operation absehen. Bei einer Operation sollen Nägel, gekreuzte Drähte oder Schrauben zum Festhalten der Bruchstücke nicht verwendet werden, weil sie bei Olekranonbrüchen häufig keine stabile Osteosynthese ergeben. Wenn man das Periost nur allein näht, so kommt es häufig zum Durchschneiden des Drahtes und zu einem neuerlichen Auseinanderweichen der Bruchstücke. Die Drahtnaht des Olekranon soll entweder sofort vorgenommen werden, bevor noch ein stärkerer Bluterguß aufgetreten ist oder erst nach etwa einer Woche, wenn der Bluterguß wieder aufgesaugt ist. Die Operation kann entweder in Plexusanästhesie oder Allgemeinnarkose durchgeführt werden. Eine Blutleere ist erforderlich. Der Arm wird über die Brust des Verletzten gelagert. Es wird ein ungefähr 10 bis 12 cm langer Hautschnitt angelegt, am Vorderarm genau über der Ellenkante, über die Olekranonmitte und über die Mitte der Oberarmhinterseite. Zwei Drittel dieses Schnittes sollen am Vorderarm und ein Drittel am Oberarm liegen. Blutgerinnsel und eventuell vorhandene kleine Knochensplitter werden aus der Bruchstelle entfernt und die über die Bruchränder hinausragenden und zerfetzten Periostteile weggeschnitten. Dann stellt man die Trizepssehne bis 2 cm zentral ihrer Einstrahlung in das Olekranon dar. Das periphere Bruchstück wird 10 mm peripher der Bruchfläche quer durchbohrt. Ist das zentrale Bruchstück groß genug, so kann man es ebenfalls quer durchbohren (Abb. 36 a). Ist es jedoch klein, so umfährt man es subperiostal mit einer spitzen Ahle, die eine Öse zum Durchziehen eines Drahtes aufweist. Dabei muß das Olekranon knapp peripher der Mitte gefaßt sein (Abb. 36 b). Sind zwischen Ahle und Knochen Weichteile, so schneidet mit der Zeit der geknüpfte Draht bis an den Knochen durch. Als Folge davon wird die Drahtnaht locker, so daß die Bruchstücke wieder auseinanderweichen können. Ist das Olekranon vom Draht nicht knapp peripher der Mitte gefaßt, so kann es durch Kippung aus der Drahtnaht herausschlüpfen. Zur Naht verwendet man einen 0,8—1,0 mm starken rostfreien Draht, der durch die Bohrlöcher bzw. das Bohrloch und die subperiostale Umführung so durchgezogen wird, daß er an der Olekranonaußenseite geknüpft werden kann. Dünnere Drähte dürfen nicht verwendet

werden, da sie bei Belastung zu leicht

reißen.

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Oberes Vorderarmende

Abb. 36 a. Das zentrale Bruchstück des Olekranons ist groß genug. Es wird daher f ü r die D r a h t n a h t ebenfalls quer durchbohrt

Abb. 36 b. Das Bruchstück des Olekranons ist klein. Das zentrale Bruchstück muß d a h e r mit einer Ahle streckseitig k n a p p peripher von der Mitte des Olekranons subperiostal umfahren und mit H i l f e dieser Ahle der D r a h t herumgeführt werden

Abb. 36 c. Die Abbildung zeigt die angelegte D r a h t n a h t bei einem kleinen Bruchstück. Z u m Einrichten preßt man das zentrale Bruchstück mit einem einzinkigen H a k e n an das periphere an. U m leichter Einrichten zu können, soll man den Vorderarm im Ellbogen strecken

Nach dem Durchziehen des Drahtes legt man das Olekranon mit einem einzinkigen H a k e n an die Elle an (Abb. 36 c). Gelingt dies nicht, so streckt man im Ellbogengelenk so weit, bis beide Bruchflächen beisammen sind. Der D r a h t wird mit der Spannzange geknüpft und abgezwickt. Die Enden werden umgebogen. Durch eine Röntgenkontrolle in beiden Ebenen überzeugt man sich von der richtigen Lage der beiden Bruchstücke und der des Drahtes. Nach einigen wenigen Periostnähten wird eine Saugdrainage angelegt und die H a u t verschlossen. Zur Ruhigstellung wird ein gespaltener Oberarmgipsverband angelegt. Bei glatter W u n d heilung werden nach zwei Wochen die N ä h t e entfernt und ein geschlossener Oberarmgipsverband gegeben. Die Dauer der Ruhigstellung beträgt ab Operation drei Wochen. Besteht eine Pseudarthrose des Olekranons, so wird nach einem sparsamen Anfrischen der Pseudarthroseflächen eine D r a h t n a h t in der oben beschriebenen Weise angelegt. Ist die Trizepssehne stark verkürzt, so daß sich die beiden Pseudarthroseflächen nicht aneinanderlegen lassen, so löst man den äußeren und inneren Muskelkopf von der Sehne ab und zieht an der Sehne so lange kräftig an, bis die beiden Bruchstücke auch bei einer Stellung des Ellbogens von 90° aneinandergelegt werden können.

Oberes Vorderarmende

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Abb. 37 a. D r a h t n a h t des Olekranon mit einem zu dünnen D r a h t . Außerdem w u r d e der D r a h t nicht an der Streckseite des Olekranon herumgeführt, sondern an der Streckseite nur am Periost gefaßt. Der D r a h t hat am Periost durchgeschnitten. Als Folge davon sind die Bruchstücke wieder auseinandergewichen

Abb. 37 b. Auseinanderweichen der Bruchstücke zehn Tage nach der D r a h t n a h t zufolge unrichtiger Knüpfung des Drahtes. Die D r ä h t e wurden nicht richtig gegeneinander verdreht, so d a ß der kürzere D r a h t bei Belastung herausschlüpfte

Die Dauer der Ruhigstellung im Gipsverband bei Olekranonpseudarthrosen beträgt ab Operation sechs Wochen. Zur Behandlung eines Olekranonbruches kann auch eine Zuggurtungsosreosynthese gemacht werden (Abb. 38 a u. b). Bei der Zuggurtung werden die Bruchstücke des Olekranons, wie auf Seite 37 beschrieben, freigelegt. Zwei 2 mm starke Bohrdrähte werden nebeneinander durch die Kortikalis an der Streckseite des zentralen Bruchstückes gebohrt, der Bruch eingerichtet und die beiden Drähte mit dem H a m m e r 10—12 cm weit in den Markraum des peripheren Ellenbruchstückes hineingeschlagen. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich, ob die beiden D r ä h t e im Markraum liegen. Das periphere Bruchstück der Elle wird 2 cm peripher des Bruches quer durchbohrt und ein 0,8 mm starker rostfreier D r a h t durchgezogen. Der D r a h t wird an der Dorsalseite des Olekranon gekreuzt, ein Ende um die beiden herausstehenden Bohrdrähe herumgeschlun-

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Oberes Vorderarmende

Abb. 38 b gen. Beide Drahtenden werden mit einer Spannzange an der Außenseite des Olekranon geknüpft. Hierauf werden die beiden Bohrdrähte nach kranial in einem Winkel von 90° umgebogen und so abgezwickt, daß ein H a k e n von 5 mm Länge bestehen bleibt. Damit der umgebogene Teil der Bohrdrähte dem Knochen gut anliegt, wird die Trizepssehne zweimal der Länge nach eingeschnitten und die Drähte in die Tiefe versenkt. Dieses Versenken der umgebogenen Drähte ist von großer Wichtigkeit, da es sonst zu ihrem Auswandern und damit zur Störung der Wundheilung kommen kann. Die Ruhigstellung erfolgt mit einem Oberarmgipsverband durch 3 Wochen. Epiphysenlösungen des Olekranon dürfen nicht operativ mit einer D r a h t n a h t behandelt werden, da es sonst zu Wachstumsstörungen kommen kann. Besteht zwischen den Bruchstücken eine Diastase, so streckt man das Ellbogengelenk. Damit läßt sich die Diastase in der Regel beseitigen. Bei Kindern kann man dann ruhig einen Oberarmgipsverband in Streckstellung des Ellbogengelenkes f ü r drei Wochen anlegen.

2. Speichenköpfchenbrüche Bei kleinen Meißelbrüchen des Speichenköpfchens, bei kleinen Absprengungen vom Rand, auch wenn diese mit dem Köpfchen nicht mehr in Berührung sind, und bei Halsabbrüchen ohne Verschiebung soll man konservativ vorgehen. Man legt einen Oberarmgipsverband f ü r drei Wochen an.

Oberes Vorderarmende

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Abb. 39. Bruch des Speichenhalses mit Verschiebung des Speichenköpfchens. Die Abbildung zeigt die Meißelstelle nahe an der Basis des Speichenhalses

Hingegen

soll das Speichenköpfchen

entfernt

werden,

wenn

1. das abgebrochene Stück größer alsein Drittel der Zirkumferenz des Speichenköpfchens ausmacht und verschoben ist, 2. wenn das Speichenköpfchen völlig zertrümmert ist und 3. wenn ein Bruch im Speichenhals vorliegt mit einer Verschiebung des Köpfchens, die unblutig nicht eingerichtet werden kann.

Bei veralteten Fällen, mit einer starken Einschränkung der Drehbewegung des Vorderarmes, erzielt man in der Regel durch die Entfernung des verletzten Speichenköpfchens zumindest eine Besserung der Funktion. Bei Jugendlichen darf die Entfernung des Speidienköpfchens nur in Ausnahmefällen, Versagen der konservativen Methoden gemacht werden.

bei

Die Entfernung des Speichenköpfchens soll entweder am Tag der Verletzung oder anderen Falles frühestens erst drei bis vier Wochen nach dem Unfall gemacht werden. Operiert man in der zweiten oder dritten Woche, so kann es zu Muskelverknöcherungen kommen. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird der Arm bei rechtwinkelig gebeugtem Ellbogengelenk auf ein Tischdien gelagert. Der bogenförmige Hautschnitt — ungefähr 10 cm lang — wird an der Außenseite des Ellbogengelenkes bei supiniertem Vorderarm so angelegt, daß er vom radialen Oberarmepikondylus radial und dorsal über das Speichenköpfchen auf den Vorderarm geht. Der Hautschnitt darf über das Speichenköpfchen nicht zu weit volar angelegt werden, um den Muskelast des N. radialis nicht zu verletzen. Wenn man die Gelenkskapsel der Länge nach eröffnet, so kommt das Speichenköpfchen zur Darstellung. Vorhandene Knochensplitter werden entfernt und die Speiche nahe der Basis des Speichenhalses (Abb. 39) mit einem Meißel oder der GiGLi-Säge quer durchtrennt. Um die umgebenden Weichteile zu schützen, werden zwei HoHMANNsche Knochenhebel unter die Meißelstelle eingeschoben. Durch Drehen des Vorderarmes überzeugt man sich, ob die Speiche scharf durchmeißelt ist. Sind Zacken vorhanden, so glättet man diese mit einer Hohlmeißelzange nach LUER. Das Periost der Speiche darf nicht mit dem Raspatorium abgeschoben und belassen werden, da es dadurch zur periostalen Knochenbildung und zur Bewegungseinschränkung des Ellbogengelenkes kommen kann.

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Oberes V o r d e r a r m e n d e

Abb. 40. Bruch des Speichenköpfchens mit Verschiebung nach v o l a r bei einer 5 2 j ä h r i g e n H i l f s arbeiterin. Das Speichenköpfchen w u r d e operativ entfernt. Die Röntgenkontrolle w ä h r e n d der Operation zeigt, d a ß die Speiche richtig nahe der Speichenhaisbasis abgetragen w u r d e

Durch Röntgenaufnahmen in beiden Ebenen überzeugt man sich, ob alle Knochensplitter entfernt sind und die Abtragungsstelle an der Speiche glatt und an richtiger Stelle ist (Abb. 40). Nach dem Anlegen einer Saugdrainage werden einige wenige Fasziennähte gemacht und die Haut wird durch Knopfnähte verschlossen. Die Gelenkskapsel oder das Ringband dürfen nicht genäht werden, um nicht unnötig Fremdkörper in die Tiefe zu versenken. Zur Ruhigstellung wird ein gespaltener Oberarmgipsverband angelegt, und zwar in Ulnarabduktion des Handgelenkes, um eine zentrale Subluxation der Speiche zu verhindern. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt drei Wochen. Eine Umhüllung des Speichenhaisstumpfes mit Faszie oder Fettlappen soll nicht gemacht werden, weil dies zu Verknöcherungen führen kann. Vom Einsetzen einer Endoprothese an Stelle des resezierten Speichenköpfchens sind keine Vorteile, wohl aber Nachteile zu erwarten. Bei Kindern und Jugendlichen darf das Speichenköpfchen nicht reseziert werden, weil sonst die Speiche im Wachstum zurückbleibt und eine Manus radioflexa entstehen kann. Besteht eine Bewegungsstörung, die als hinderlich empfunden wird, so darf das Speichenköpfchen erst nach Abschluß des Knochenwachstums entfernt werden.

3. Brüche der Elle mit Verrenkung des Speichenköpfchens (Monteggia) Bei allen Brüchen der Elle im mittleren oder proximalen Drittel und Verrenkung des Speichenköpfchens soll der Versuch einer konservativen Einrichtung gemacht werden. Nach der Einrichtung ist es besonders wichtig zu erkennen, ob das Speichenköpfchen wieder an richtiger Stelle ist. Gelingt die konservative Einrichtung nicht, so muß operativ vorgegangen werden. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird die Bruchstelle der Elle an der Außenseite durch einen entsprechend großen Hautschnitt freigelegt. Je nach Größe des Ellenmarkraumes werden sowohl das zentrale als auch das periphere Bruchstück mit Markraumbohrer auf 5—7 mm aufgeweitet. Beim zentralen Ende muß mit den Markraumbohrern auch die Kortikalis des Olekranon durchbohrt werden.

Abb. 41. Schematische Darstellung des Einführens des Marknagels in die Elle. Der M a r k r a u m muß vorher ausgeweitet werden. Der Marknagel auf der unteren Abbildung muß noch weiter peripher eingeschlagen werden

Dann wird ein Marknagel mit seinem stumpfen Ende durch das zentrale Ellenbruchstück geschlagen, bis er die H a u t im Bereich des Olekranon vorwölbt. Hier legt man einen kleinen Hautschnitt an und schlägt den Marknagel weiter nach zentral, bis sich seine Spitze in H ö h e der zentralen Bruchfläche befindet (Abb. 41). Die Dicke des Marknagels ist um 1 mm kleiner zu wählen, als mit dem letzten Markraumbohrer aufgeweitet wurde. Die Länge des Marknagels hat man sich vor der Operation ausgemessen. Der Nagel soll, um eine genügende Stabilität zu geben, nur 2 cm kürzer als die Elle sein. Er darf nur 2—3 mm über das Olekranon hinausragen, weil sonst an der knapp darüberliegenden H a u t Drucknekrosen auftreten können. Wenn das verrenkte Speichenköpfchen nach dem Einrichten der Elle nicht von selbst einspringt, so richtet man es durch entsprechenden Druck mit den Fingern ein, was meist leicht gelingt. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der richtigen Lage des Marknagels, der Ellenbruchstücke und des Speichenköpfchens.

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Oberes Vorderarmende

Abb. 42. Defektpseudarthrose der Elle und Verrenkung des Speichenköpfchens nach volar bei einem 24jährigen Maurer. Drei Tage nach der Verletzung wurden in die Elle zwei kurze Markdrähte eingeführt und eine Drahtschlinge angelegt. Das Speichenköpfchen wurde nicht eingerichtet. Nach der Operation Ruhigstellung mit einem Oberarmgipsverband durch 50 Tage. D a n n keine Behandlung mehr. Die Röntgenkontrolle zeigt den Zustand elf Monate nach der Operation

t

Besteht zwischen den Ellenbruchstücken eine Diastase, so müssen sie zusammengestaucht werden. N a c h dem Zusammenstauchen ist eine neuerliche Röntgenkontrolle erforderlich. L ä ß t sich das Speichenköpfchen nicht an seine richtige Stelle drücken, so ist dies ein Zeichen d a f ü r , d a ß eine Interposition v o n Gewebsteilen besteht. M a n m u ß daher das Speichenköpfchen wie zu einer Resektion freilegen (S. 38) u n d die in das Gelenk verlagerten Teile der Kapsel sowie das zerrissene R i n g b a n d entfernen. D a n n läßt sich das Speichenköpfchen an die richtige Stelle bringen. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt m a n sich davon.

Oberes Vorderarmende

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Abb. 43 a—c. Bruch der Elle im proximalen Drittel und Verrenkung des Speichenköpfchens nach dorsal. Außerdem besteht noch ein Abbruch vom Speichenköpfchen (Abb. 43 a). Bei der Operation w u r d e der M a r k r a u m der Elle nicht aufgebohrt. Deshalb verbog sich der M a r k nagel beim Einschlagen und konnte nicht weit genug nach distal eingeführt werden. Der Marknagel ist zu kurz. Von der Speiche w u r d e zu wenig Knochen weggenommen (Abb. 43 b). Die Röntgenkontrolle fünf Monate nach der Operation zeigt, d a ß der Marknagel gebrochen und die Elle pseudarthrotisch ist (Abb. 43 c)

Nach dem Anlegen von Saugdrainagen werden einige wenige Fasziennähte gemacht; die H a u t wird durch K n o p f n ä h t e verschlossen und ein gespaltener Oberarmgipsverband angelegt. Bei glatter Wundheilung werden nach zwei Wochen die H a u t n ä h t e sowie der gespaltene Gipsverband entfernt und ein geschlossener Oberarmgipsverband wird angelegt. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt mindestens acht Wochen.

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Vorderarmschaft

Die Vereinigung der Ellenbruchstücke mit einer D r a h t n a h t oder mit Schrauben ist ungenügend, weil damit keine genügende Stabilisierung des Bruches erreicht wird. Auch die Marknagelung soll nur durchgeführt werden, wenn Markraumbohrer zur Verfügung stehen. K a n n der Markraum nicht genügend aufgeweitet werden, so kann der Marknagel stecken bleiben oder sich verbiegen. Das zerrissene Ringband des Speichenköpfchens soll nicht genäht oder plastisch ersetzt, sondern immer entfernt werden. Durch N a h t oder plastischen Ersatz kommt es leicht zu Verkalkungen und damit zur Einschränkung der Drehbeweglichkeit des Vorderarmes. Die Entfernung des Speichenköpfchens bei frischen Fällen ist nicht notwendig, weil eine Einschränkung der Drehfähigkeit des Vorderarmes nur dann auftritt, wenn verspätet eingerichtet wurde.

Abb. 44. Offener Bruch der Elle im proximalen Drittel mit Verrenkung des Speichenköpfchens nach volar. Der Bruch der Elle w u r d e nach dem Einrichten mit einer D r a h t n a h t versorgt. Zwei Wochen später kam es zu einer neuerlichen Verschiebung der Bruchstücke und wieder zur Verrenkung des Speichenköpfchens

Vorderarmschaft 1. Vorderarmschaftbrüche Bei den Vorderarmschaftbrüchen muß man bezüglich der Behandlung zwei Gruppen unterscheiden, nämlich die stabilen Vorderarmschaftbrüche und die Vorderarmschaftbrüche, die zur Verschiebung neigen. Die stabilen Vorderarmschaftbrüche werden nach dem Einrichten mit einem Oberarmgipsverband ruhiggestellt. Die unstabilen Vorderarmschaftbrüche hingegen müssen, um ein gutes Ergebnis zu erzielen, operativ behandelt werden. Die Operation soll entweder sofort durchgeführt werden oder nach dem Verschwinden der Schwellung, das ist ungefähr eine Woche nach der Verletzung. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird der Arm auf einem Tischchen gelagert. Die Hautschnitte werden über dem Bruch der Speiche radialseitig und über dem der Elle ulnarseitig angelegt und die Brüche dargestellt. Der M a r k r a u m der Elle wird mit M a r k r a u m bohrern aufgeweitet und nach ihrer Einrichtung mit einem Marknagel (Abb. 45), wie auf Seite 40 beschrieben, stabilisiert. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der richtigen Lage des Marknagels und der Ellenbruchstücke.

Vorderarmschaft

4?

D u r c h einen 2 cm l a n g e n Schnitt ü b e r d e r R a d i a l s e i t e des G r i f i e l f o r t s a t z e s der Speiche w i r d d e r Speichengriffel f r e i g e l e g t . N a c h D u r c h t r e n n u n g der H a u t g e l a n g t m a n d a b e i auf die S e h n e des M . flexor c a r p i r a d i a l i s u n d d e n oberflächlichen A s t des N . r a d i a l i s , der nach d o r s a l z u abgeschoben w e r d e n m u ß . M i t e i n e m P f r i e m w i r d die K o r t i k a l i s des G r i f f e l f o r t s a t z e s d u r c h b o h r t , ein s t u m p f e r M a r k d r a h t in die Speiche e i n g e f ü h r t u n d bis z u r distalen

Abb. 45. Schematische Darstellung der Behandlung einer Vorderarmpseudarthrose oder eines unstabilen Vorderarmbruches: Marknagelung der Elle, Markdrahtung der Speiche und Anlagerung von Eigenspänen, die mit feinen Drahtschlingen fixiert werden

Abb. 46. Geschlossener Bruch des rechten Vorderarmes im mittleren Drittel bei einem 62jährigen Kaufmann. D a sich der Bruch im Gipsverband nicht in guter Stellung halten ließ, wurde die Speiche mit Platten und Schrauben und die Elle mit einer Schraube operativ versorgt. Nach der Operation wurde kein Gipsverband angelegt, sondern mit aktiven und passiven Bewegungsübungen begonnen. Es kam zur Infektion, die erst nach Entfernung des Osteosynthesematerials, nach Anlegen einer Spülund Saugdrainage und durch Ruhigstellung mit einem Oberarmgipsverband beherrscht werden konnte

Vorderarmschaft

Abb. 47. Geschlossener Vorderarmbruch bei einem 48jährigen Angestellten. Der Bruch w u r d e eingerichtet, je ein M a r k d r a h t in Speiche und Elle eingeführt und mit einem Oberarmgipsverband durch sechs Wochen ruhiggestellt. Vier Wochen nach der Gipsabnahme kam es zu einer zunehmenden Verbiegung des Vorderarmes und zum A u f t r e t e n von Schmerzen. Die Röntgenkontrolle zeigt, d a ß der Vorderarmbruch nicht fest ist und d a ß der M a r k d r a h t der Elle in H ö h e des Bruches gebrochen ist. Die Ruhigstellung im Gipsverband war zu kurz Bruchfläche v o r g e s c h l a g e n . D e r B r u c h d e r Speiche w i r d e i n g e r i c h t e t , m i t e i n e r L A M B O T T E schen Z a n g e f e s t g e h a l t e n u n d d e r M a r k d r a h t h i e r a u f bis in d i e H ö h e des Speichenfaalses vorgeschlagen.

Vorderarmschaft

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Abb. 48 a u. b. Unstabiler Vorderarmbruch, bei dem die Stabilisierung durch zwei in die Speiche eingeführte M a r k d r ä h t e versucht wurde. Die Ruhigstellung im Gipsverband erfolgte durch acht Wochen. Die Röntgenkontrolle vier Wochen nach der Gipsabnahme zeigt eine beginnende Vorderarmpseudarthrose. Die beiden M a r k d r ä h t e der Speiche reichen nur 15 mm in das zentrale Fragment und sind daher f ü r eine Stabilisierung vollkommen ungeeignet. Nach Anfrischen der Bruchenden wurden die Elle markgenagelt, die Speiche mit einem M a r k d r a h t versorgt und Schienbeinspäne angelagert. D a m i t konnte eine knöcherne Heilung erzielt werden. Auf der Abb. 48 b sind der M a r k d r a h t und der Marknagel bereits entfernt

Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der richtigen Stellung des Vorderarmbruches, wobei besonders darauf zu achten ist, daß keine Distraktion der Bruchstücke besteht. Ist eine solche vorhanden, so muß man die Bruchstücke zusammenstauchen. Nach Anlegen einer Saugdrainage, sowohl an der Speiche als auch an der Elle, wird die H a u t durch Knopfnähte verschlossen und ein gespaltener Oberarmgipsverband angelegt. Beim Anlegen des Gipsverbandes sollen die Finger nicht mit Mädchenfängern aufgehängt werden, da es durch das Eigengewicht des Armes zu einem. Auseinanderweichen der Bruchstücke kommen kann. Nach dem Anlegen des Gipsverbandes muß man sich nochmals durch eine Röntgenkontrolle überzeugen, daß die Bruchstücke keine Distraktion zeigen. Nach zwei Wochen werden der gespaltene Gipsverband und die H a u t n ä h t e entfernt und ein geschlossener Oberarmgipsverband wird angelegt. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt insgesamt acht Wochen. Statt der offenen Marknagelung der Elle und der Einführung eines Markdrahtes in die Speiche kann man nach entsprechender unblutiger Einrichtung in die Speiche und in die 4

J o n a s c h , O p e r a t i o n e n , 2. A u f l .

50

Vorderarmschaft

Elle je einen M a r k d r a h t gedeckt einführen, dann die Bruchstücke zusammenstauchen und einen gespaltenen Oberarmgipsverband anlegen, der nach einer Woche durch einen geschlossenen zu ersetzen ist. Die Verwendung von Platten und Schrauben kann zu Mißerfolgen in Form von Pseudarthrosen führen, weil sie das Zusammenrücken der Bruchstücke verhindern. Außerdem kommt es oft zur Infektion.

1. Vorderarmschaftpseudarthrosen Bei Pseudarthrosen des Vorderarmes müssen die Pseudarthroseenden der Speiche und der Elle sorgsam angefrischt werden. In der Regel müssen von den Pseudarthroseenden der Elle 3—4 mm mehr Knochen weggenommen werden als von jenen der Speiche, um nach der Marknagelung der Elle keine Diastase an der Speiche zu haben. Die Elle wird wie bei einem frischen Vorderarmbruch markgenagelt und in die Speiche ein M a r k d r a h t eingeführt. Zusätzlich werden an die Speiche und an die Elle je zwei 5 cm lange und 2—3 mm dicke Späne, die von einem Schienbein des Verletzten entnommen wurden, die Pseudarthroseenden überbrückend angelegt und mit feinen zirkulären Drahtschlingen fixiert (Abb. 45). Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der richtigen Lage des Marknagels, des Markdrahtes und der Späne. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage an der Speiche und einer an der Elle werden einige Fasziennähte gemacht, und die H a u t wird durch K n o p f n ä h t e verschlossen. D a n n wird ein gespaltener Oberarmgipsverband gegeben, wobei darauf zu achten ist, daß es dabei nicht zu einer Distraktion der Pseudarthroseenden kommt. Bei glatter Wundheilung werden der gespaltene Gipsverband und die H a u t n ä h t e nach zwei Wochen entfernt und ein geschlossener Oberarmgipsverband angelegt. Die Dauer der Ruhigstellung beträgt ab Operation mindestens zwölf Wochen.

3. Speichenschaftbrüche und Pseudarthrosen Isolierte Speichenschaftbrüche ohne Verschiebung oder solche, die nach der Einrichtung stabil sind, sollen konservativ mit einem Oberarmgipsverband behandelt werden. Die isolierten unstabilen Speichenschaftbrüche hingegen müssen operativ versorgt werden. Die Operation soll nicht sofort nach der Verletzung, sondern erst nach einer Woche, wenn die Schwellung und der Bluterguß verschwunden sind, durchgeführt werden. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird der Bruch der Speiche durch einen ungefähr 6 cm langen Hautschnitt freigelegt und eingerichtet. D a n n legt man durch einen 2 cm langen Hautschnitt den Speichengriffel an der Radialseite frei, durchbohrt seine Kortikalis mit einem Pfriem und führt von hier aus einen M a r k d r a h t in die Speiche ein. Uber den Bruch werden drei 5 cm lange und 2—3 mm breite Eigenspäne angelegt und mit zwei zirkulären D r a h t schlingen fixiert. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich, daß zwischen den Bruchenden keine Diastase besteht und d a ß die Knochenspäne gut anliegen. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird die H a u t durch K n o p f n ä h t e verschlossen. Zur Ruhigstellung legt man einen gespaltenen Oberarmgipsverband an. Nach zwei Wochen werden die H a u t n ä h t e entfernt und ein geschlossener Oberarmgipsverband gegeben. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt acht Wochen. Die Verwendung eines Markdrahtes allein ohne Anlagerung von Eigenspänen oder das Einschlagen eines Rush-Pin führen häufig zu verzögerter Kallusbildung und zu Pseudarthrosen. Die Behandlung der Speichenschaflpseudarthrose Speichenschaftbrüche.

ist die gleiche, wie die der unstabilen

Vorderarmsch aft

Abb. 49 a—c. Frischer geschlossener Bruch des distalen Vorderarmes bei einem elfjährigen Mädchen (Abb. 49 a). Der Bruch w u r d e in offener Wunde eingerichtet und die Speiche mit einem Bohrdraht fixiert. Keine Infektion. 2V2 J a h r e später bestand eines Manus radioflexa. Die Epiphysenfuge ist im Bereich der Bohrdrahtstelle geschlossen (Abb. 49 b). Die Fehlstellung w u r d e durch eine Keilosteotomie der Speiche und schräger Verkürzungsosteotomie der Elle beseitigt (Abb. 49 c)

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Abb. 50 a und b. Zwei J a h r e alte Defektpseudarthrose der Speiche nach einem Schußbruch. Die H a n d ist nach radial und zentral abgesunken. Verpflanzung eines 9 cm langen Schienbeinspanes zur Uberbrückung des Defektes (Abb. 50 a). Ruhigstellung mit einem Oberarmgipsverband durch 16 Wochen. Bei der Nachuntersuchung drei Jahre später w a r der Span knöchern eingeheilt. Es bestand noch immer eine Manus radioflexa (Abb. 50 b), da die Elle nicht zurückgekürzt worden war

Vorderarmschaft

4. Ellenschaftbrüche und Pseudarthrosen

Die isolierten Brüche des Ellenschaftes sollen konservativ mit einem Oberarmgipsverband behandelt werden. Damit gelingt es in der Regel eine knöcherne Heilung des Bruches zu erzielen. Besonders die isolierten Querbrüche des Ellenschaftes neigen leicht zu verzögerter Kallusbildung. Es kommt daher in diesen Fällen, wenn sie nicht lange genug ruhiggestellt werden (mindestens acht Wochen!), leicht zur Ausbildung einer Pseudarthrose. Besteht eine Ellenschaftpseudarthrose, so wird in Blutleere und Allgemeinnarkose die Elle durch einen 10 cm langen Hautschnitt an ihrer ulnaren Seite freigelegt und die Pseudarthrose dargestellt. Die beiden Pseudarthroseenden werden sparsam angefrischt und der Markraum der Elle mit dem Markraumbohrer auf 5—7 mm aufgeweitet.

b Abb. 51 a—c. Zwei Wochen alter geschlossener Bruch der Elle im zentralen Drittel, der operativ mit einer Druckplatte versorgt wurde (Abb. 51 a und b). Sieben Monate nach der Operation bestand eine Pseudarthrose (Abb. 5 1 c )

54

Vorderarmschaft D a n n w i r d ein M a r k n a g e l mit einem um 1 m m kleineren Durchmesser als der des letzten v e r w e n d e t e n M a r k r a u m b o h r e r s in der auf Seite 4 0 beschriebenen Weise eingeschlagen u n d drei 5 c m lange u n d 2 — 3 c m b r e i t e E i g e n s p ä n e werden über die P s e u d a r t h r o s e angelegt u n d m i t zwei z i r k u l ä r e n D r a h t s c h l i n g e n befestigt. U m eine H e i l u n g der P s e u d a r t h r o s e zu erzielen, m u ß die O s t e o s y n t h e s e m i t dem M a r k nagel stabil sein. W e n n m a n einen zu dünnen M a r k n a g e l oder M a r k d r ä h t e m i t S p ä n e n oder S p ä n e nur allein v e r w e n d e t , k o m m t es f a s t nie zur knöchernen H e i l u n g . B e i einer Pseudarthrose des Ellenschaftes von der G r e n z e p r o x i m a l e s — mittleres D r i t t e l a b w ä r t s k a n n auch eine A O - K o m p r e s s i o n s platte verwendet werden.

Abb. 52. Geschlossener Vorderarmbruch bei einem 34jährigen Hilfsarbeiter, der mit einem Oberarmgipsverband behandelt wurde. Da die Elle keine Kallusbildung zeigte, wurde sieben Wochen nach dem Unfall ein Markdraht in die Elle eingeführt und der Arm für weitere fünf Wochen mit einem Oberarmgipsverband ruhiggestellt. Nach der Gipsabnahme keine Behandlung mehr. Die Abbildung zeigt den Zustand einen Monat nach der Gipsabnahme. Die Speiche ist knöchern geheilt, die Elle zeigt eine Pseudarthrose. Der Markdraht ist in Höhe der Pseudarthrose gebrochen. Bei verzögerter oder fehlender Kallusbildung im Bereich des Ellenschaftes hat nur ein weites Aufbohren des Ellenmarkraumes und die Einführung eines entsprechend starken Marknagels Aussicht auf Erfolg

55

Handgelenkbereich 1. Styloidektomie der Speiche Bei Kahnbeinpseudarthrosen kann es zur arthrotischen Ausziehung des Griffelfortsatzes der Speiche kommen. Dadurch treten zunehmende Schmerzen bei der Bewegung im H a n d gelenk auf. Zur Beseitigung der Schmerzen, jedoch nicht zur Besserung der Handgelenksbeweglichkeit kann man bei Kahnbeinpseudarthrosen die Styloidektomie der Speiche durchführen. Die Styloidektomie kann praktisch des Bestehens der Kahnbeinpseudarthrose Die Styloidektomie

darf

jedoch

in jedem Lebensalter und unabhängig gemacht werden.

nicht durchgeführt

von der

Dauer

werden:

1. Wenn eine abgedeckelte lockere Pseudarthrose mit breitem Pseudarthrosespalt besteht, weil die Gefahr vorhanden ist, daß das periphere Kahnbeinbruchstück mit der ganzen peripheren Handwurzelreihe nach der Styloidektomie nadi radial zu absinkt. Ob eine lockere oder eine straffe Pseudarthrose besteht, kann man durch gehaltene Röntgenaufnahmen — in Radial- und Ulnarflexion des Handgelenkes — feststellen. Bei einer lockeren Pseudarthrose zeigt sich in den gehaltenen Röntgenaufnahmen eine Verschiebung zwischen den beiden Pseudarthroseenden. 2. Wenn der Gelenkspalt zwischen proximalem Kahnbeinbruchstück und Lunatum klafft und es damit zur Störung der beiden Handwurzelreihen gekommen ist. 3. Wenn bereits eine ausgeprägte Arthrose des ganzen Handgelenkes besteht. Die Arthrose kann besonders gut im Röntgenbild des Handgelenkes von der Seite beurteilt werden.

Zur Styloidektomie wird in Allgemeinnarkose und Blutleere das Handgelenk durch eine untergelegte Rolle maximal nach ulnar flektiert. D e r längsverlaufende ungefähr 5 cm lange Hautschnitt wird an der Radialseite zwischen den Sehnen des M. extensor pollicis longus und des M. abduetor pollicis angelegt. Wenn man die Sehnen des M. abduetor pollicis und des M. extensor pollicis brevis nach volar verzieht, gelangt man auf den Speichengriffel. V o m Speichengriffel muß so viel Knochen schräg abgemeißelt werden, daß er knapp zentral des Pseudarthrosespaltes des Kahnbeins endet (Abb. 53).

Abb. 53. Styloidektomie der Speiche. Vom Griffelfortsatz muß so viel Knochen abgemeißelt werden, daß er knapp zentral des Pseudarthrosespaltes endet. Die Osteotomiefläche muß gut gerundet werden

Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich, daß genügend Knochen vom Speichengriffel entfernt wurde. Ist dies der Fall, so wird die Osteotomiefläche gut gerundet. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird die H a u t durch Knopfnähte verschlossen und anschließend eine dorsale Gipsschiene für zwei Wochen gegeben. Besteht eine lockere Pseudarthrose und eine arthrotische Ausziehung des so darf eine Styloidektomie nur dann gemacht werden, wenn man eine des Kahnbeins (S. 57) anschließt.

Speichengriffels, Spongiosafüllung

56

Handgelenkbereich

2. Arthrodese des Handgelenkes Die Arthrodese des Handgelenkes ist bei schwersten Arthrosen mit starken Schmerzen und Bewegungseinschränkung sowie bei gewissen Lähmungen angezeigt. Die Operation wird in Allgemeinnarkose und Blutleere durchgeführt. Ein ungefähr 12 cm langer Hautschnitt wird an der Streckseite des Handgelenkes so angelegt, daß er in der Mitte der Speiche zu liegen kommt. Nach Spaltung der Faszie und des queren Dorsalbandes werden die Sehnen und Sehnenscheiden des M. extensor pollicis longus und des M. extensor digitorum communis zur Seite gehalten und die Gelenkkapsel mit ihren Verstärkungsbändern der Länge nach gespalten, so daß das Radio-Karpalgelenk und die entsprechenden Interkarpalgelenke zur Darstellung kommen. Das distale Radio-Ulnargelenk und der Discus articularis müssen dabei geschont werden, damit es zu keiner Störung der Drehbewegung kommt. An der Dorsalseite über der Mitte der Speiche und der entsprechenden Handwurzelknochen wird mit der Doppelkreissäge oder mit dem Meißel ein 3 mm tiefes, 20 mm breites und 80 mm langes Bett für einen Span herausgeschnitten. Die Mitte des Bettes soll über dem Radio-Karpalgelenk liegen. Bei der Ausfräsung des Spanbettes ist darauf zu achten, daß die Hand im Handgelenk in Mittelstellung zwischen Radial- und Ulnarabduktion steht, das heißt, der zweite Mittelhandknochen soll in Fortsetzung der Längsachse der Speiche sein. Die in diesem Spanbett zur Darstellung kommenden Gelenksflächen werden mit dem Meißel angefrischt. Dann entnimmt man aus dem Schienbein einen 160 mm langen und bis 10 mm breiten Span, der in der Mitte auseinandergeschnitten wird. Da das Handgelenk in einer Dorsalbeugung von 15 bis 20° versteift werden soll, müssen die beiden Enden des Spanbettes vertieft und an den Enden der Späne von der Dicke entsprechend weggenommen werden. Jeder Knochenspan wird mit zwei Schrauben im Bett befestigt. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der richtigen Lage der Späne und Schrauben. Ist die Drehfestigkeit des Vorderarmes eingeschränkt, so kann man versuchen diese zu bessern, indem vom peripheren Ende der Elle 20 mm reseziert werden. Nach Anlegen einer Saugdrainage wird die Gelenkkapsel mit einigen feinen Nähten und die Haut mit Knopfnähten verschlossen und ein gespaltener Oberarmgipsverband angelegt. Bei glatter Wundheilung werden nach zwei Wochen die Hautnähte und der gespaltene Gipsverband entfernt und ein geschlossener Oberarmgipsverband angelegt. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt zwölf Wochen.

3. Kahnbeinbrüche und Pseudarthrosen Ein operatives Vorgehen bei frischen Kahnbeinbrüchen der Hand ist nicht angezeigt, da in der Regel durch eine entsprechend lange Ruhigstellung im Gipsverband eine knöcherne Heilung des Bruches erzielt wird. Auch bei veralteten Kahnbeinbrüchen soll versucht werden, mit einem Faustgipsverband eine knöcherne Heilung zu erreichen. Das operative Vorgehen ist bei Pseudarthrosen und bei schmerzhaften traumatischen Höhlenbildungen, bei denen die konservative Behandlung versagte, angezeigt. Nicht operiert soll werden, wenn 1. der V e r l e t z t e älter als 45 J a h r e ist, 2. das Handgelenk eine deutliche A r t h r o s e a u f w e i s t , 3. ein Kahnbeinbiuchstück eine Nekrose zeigt und 4. ein Bruchstück kleiner als ein Drittel des Kahnbeins ist, da die Einpflanzung eines Spongiosaspanes in diesen Fällen nicht mehr gelingt.

57

Handgelenkbereich

Operativ w i r d wie folgt v o r g e g a n g e n : In A l l g e m e i n n a r k o s e u n d Blutleere w i r d die H a n d m i t d e r D o r s a l s e i t e a u f ein T i s c h c h e n g e l a g e r t . B e i d e r A b d e c k u n g des O p e r a t i o n s g e b i e t e s ist d a r a u f z u achten, d a ß w ä h r e n d d e r O p e r a t i o n d e r S p o n g i o s a s p a n v o m O l e k r a n o n entnommen werden kann. D e r u n g e f ä h r 6 cm l a n g e Hautschnitt w i r d a m r a d i a l e n R a n d der Sehne des M . flexor c a r p i r a d i a l i s a n g e l e g t . N a c h d i s t a l m u ß d e r S c h n i t t b i s z u m p r o x i m a l e n A n t e i l des D a u m e n b a l l e n s reichen. A n s c h l i e ß e n d w i r d die S e h n e des M . f l e x o r c a r p i r a d i a l i s d a r g e s t e l l t u n d nach u l n a r z u v e r z o g e n . V o r s i c h t a u f d i e A . r a d i a l i s u n d d e n R a m u s s u p e r f i c i a l i s des N . r a d i a l i s ! D a s K a h n b e i n w i r d a n seiner R a d i a l s e i t e d a r g e s t e l l t . M a n k a n n d e n P s e u d a r t h r o s e s p a l t leichter f i n d e n , w e n n die H a n d m a x i m a l z u r S t r e c k s e i t e g e b e u g t w i r d . U m z u p r ü f e n , o b tatsächlich der P s e u d a r t h r o s e s p a l t I n j e k t i o n s n a d e l ein u n d m a c h t eine R ö n t g e n k o n t r o l l e .

dargestellt

ist, sticht m a n

eine

D a n n e n t f e r n t m a n m i t e i n e m k l e i n e n H o h l m e i ß e l die s k l e r o s i e r t e n T e i l e d e r P s e u d a r t h r o s e u n d höhlt die beiden Bruchstücke f ü r den S p a n aus (Abb. 54).

Abb. 54.

Nach Darstellen des Kahnbeins und der Pseudarthrose entfernt man die sklerosierten Teile und meißelt in jedes Bruchstück eine ungefähr 7 : 5 : 5 mm große Höhlung. In die Höhlung wird ein 12 mm langer Spongiosaspan eingesetzt und die Umgebung mit 1—2 mm großen Spongiosastückchen fest ausgestopft In j e d e m Bruchstück soll eine u n g e f ä h r 7 X 5 X 5

D u r c h eine R ö n t g e n k o n t r o l l e ü b e r z e u g t m a n entfernt wurden.

m m große H ö h l u n g geschaffen werden.

sich, d a ß

alle sklerosierten

Knochenteile

V o n d e r S t r e c k s e i t e des O l e k r a n o n w i r d ein 2 0 X 3 X 5 m m g r o ß e r S p o n g i o s a s p a n e n t n o m m e n u n d d a m i t die H ö h l u n g des K a h n b e i n s a u s g e f ü l l t . D a b e i soll m a n zuerst den B o d e n d e r H ö h l u n g m i t 1 bis 2 m m g r o ß e n S p o n g i o s a s t ü c k e n b e d e c k e n , d a n n einen z e n t r a l e n K o r t i k a l i s s p a n v o n 1 2 m m L ä n g e e i n s e t z e n u n d d e n restlichen R a u m d e r H ö h l u n g m i t 1 bis 2 m m g r o ß e n S p o n g i o s a s t ü c k c h e n f e s t a u s s t o p f e n . N a c h d e m A n l e g e n einer S a u g d r a i n a g e w e r d e n e i n i g e w e n i g e F a s z i e n n ä h t e a n g e l e g t . D i e H a u t w i r d d u r c h K n o p f n ä h t e v e r s c h l o s s e n u n d eine g e s p a l t e n e d o r s a l e G i p s s c h i e n e m i t Daumeneinschluß gegeben. B e i g l a t t e r W u n d h e i l u n g w e r d e n z w e i W o c h e n nach d e r O p e r a t i o n die H a u t n ä h t e u n d der G i p s v e r b a n d e n t f e r n t u n d ein F a u s t g i p s v e r b a n d a n g e l e g t . D i e D a u e r d e r R u h i g s t e l l u n g a b O p e r a t i o n b e t r ä g t sechzehn W o c h e n . D i e B e h a n d l u n g d e r K a h n b e i n p s e u d a r t h r o s e d u r c h A n w e n d u n g d e r BECKschen B o h r u n g o d e r v o n B o h r d r ä h t e n erscheint nicht a n g e z e i g t . D i e E n t f e r n u n g eines B r u c h s t ü c k e s o d e r des g a n z e n H a n d k a h n b e i n s ist nach BÖHLER ein v e r s t ü m m e l n d e r E i n g r i f f , w e i l d a d u r c h d i e G e b r a u c h s f ä h i g k e i t d e r H a n d m e h r o d e r weniger stark herabgesetzt wird.

58

Hand

4. Lunatummalazie Bei der L u n a t u m m a l a z i e soll i m m e r konservativ v o r g e g a n g e n w e r d e n . Die Entfernung eines H a n d w u r z e l k n o c h e n s ist nach B Ö H L E R ein v e r s t ü m m e l n d e r Eingriff, weil dadurch das G e f ü g e des H a n d s k e l e t t s schwer geschädigt w i r d u n d es zu Verschiebungen der übrigen H a n d w u r z e l k n o c h e n k o m m t . Auch der Ersatz des M o n d b e i n s durch eine Kunststoffprothese hat sich nicht b e w ä h r t .

Hand 1. Brüche der Mittelhandknochen W e n n der seltene F a l l eintritt, d a ß die k o n s e r v a t i v e Einrichtung des Bruches eines M i t t e l h a n d k n o c h e n s im Schaftbereich nicht gelingt, so legt m a n diesen Knochen in P l e x u s oder L o k a l a n ä s t h e s i e durch einen Schnitt a n der Streckseite frei, zieht die Strecksehne zur Seite, stellt die Bruchstücke a u f e i n a n d e r u n d h ä l t die gute S t e l l u n g durch einen Markdraht, der in der Längsrichtung des Mittelhandknochens eingeführt wird, fest. Z u r E i n f ü h r u n g des M a r k d r a h t e s legt m a n die H a n d mit der V o l a r s e i t e auf den Tisch und bohrt einen D r a h t v o n der Streckseite des entsprechenden M i t t e l h a n d k n ö p f c h e n s nach z e n t r a l durch den Schaft bis an die Basis des M i t t e l h a n d k n o c h e n s ( A b b . 55 a u. b). N a c h d e m m a n sich durch eine R ö n t g e n k o n t r o l l e von der guten S t e l l u n g der Bruchstücke und der guten L a g e des B o h r d r a h t e s überzeugt hat, w i r d das p e r i p h e r e D r a h t e n d e subperiostal a b g e z w i c k t u n d nur die H a u t genäht. D a n n w i r d eine gespaltene v o l a r e Gipsschiene m i t Einschluß der Finger angelegt. Die D a u e r der R u h i g s t e l l u n g a b O p e r a t i o n beträgt fünf Wochen. Bei Pseudarthrosen der M i t t e l h a n d k n o c h e n soll nach s p a r s a m e r Anfrischung der Pseudarthroseenden u n d K o r r e k t u r der Fehlstellung zur inneren F i x a t i o n ein M a r k d r a h t in der oben beschriebenen W e i s e eingeführt und d a n n r a d i a l u n d u l n a r von der Pseudarthrose ein 1 X 1 X 5 m m großer Knochenspan angelegt w e r d e n .

Fehlerhaff

a

b

Abb. 55 a u. b. Zum Festhalten von Bruchstücken im Bereich der Mittelhandknochen sollen keine quer angelegten Bohrdrähte durch die anderen Mittelhandknochen zur Transfixation quer angelegt werden, weil sich die Bruchstücke dadurch einander nicht nähern können (Abb. 55 a). Nach dem Einrichten hält man die gute Stellung durch einen Markdraht, der in der Längsrichtung des Mittelhandknochens eingeführt wird, fest (Abb. 55 b)

Hand

59

Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt acht Wochen. Zum Festhalten von Bruchstücken im Bereich der Mittelhandknochen sollen keine quer angelegten Bohrdrähte durch die anderen Mittelhandknochen zur Transfixation angelegt werden, weil sich die Bruchstücke dadurch einander nicht nähern können. Als Folge davon kommt es zu verzögerter Kallusbildung und zu Pseudarthrosen.

2. Brüche der Finger Mit der operativen

Behandlung

von Fingerbrüchen soll man äußerst zurückhaltend

sein.

Eine Ausnahme bilden frische Drehbrüche der Grund- und Mittelglieder, die sich konservativ wohl einrichten, oft aber nicht in guter Stellung halten lassen. Derartige Fälle können bei jungen Leuten bis zum 30. Lebensjahr operativ behandelt werden. Man legt dabei den Bruch durch einen radialen oder ulnaren Schnitt unter Schonung des Gefäß-Nervenbündels frei, richtet unter Sicht den Bruch durch Längszug am Finger ein und legt zwei quere Drahtsdllingen an. Dabei ist besonders darauf zu achten, daß der Draht dem Knochen unmittelbar anliegt und vor allem an der Beugeseite nicht eine Beugesehne mitfaßt. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der guten Stellung des Bruches und daß der Draht auch an der Beugeseite dem Knochen eng anliegt.

Abb. 56. Pseudarthrose des Daumengrundgliedes bei einer 23jährigen Hilfsarbeiterin. Sparsame Anfrischung der Pseudarthroseenden und Fixation mit gekreuzten Bohrdrähten. Zwei Monate nach der Operation ist die Pseudarthrose in guter Stellung von beiden Seiten geheilt

Anschließend wird nur die H a u t genäht und eine gespaltene Gipsschiene mit Einschluß des verletzten und eines benachbarten Fingers in Funktionsstellung angelegt. Bei glatter Wundheilung wird der Gipsverband nach einer Woche geschlossen. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt vier Wochen.

60

Amputationen im Bereich der oberen Extremität

3. Stredksehnenausrisse an den Fingern Knöcherne oder nicht knöcherne Ausrisse der Strecksehrien an den Fingerendgliedern sollen immer konservativ behandelt werden. Die Verwendung eines Bohrdrahtes zum Festhalten des Endgliedes in Streckstellung, der durch die Fingerkuppe und das Endgelenk in das Fingermittelglied eingeführt wird, ist abzulehnen, weil die Infektionsgefahr viel zu groß ist.

Amputationen im Bereich der oberen Extremität Bei traumatischen Amputationen soll im Ober- und Vorderarmbereich immer 50 viel vom Knochen weggenommen werden, daß eine gute Hautdeckung möglich ist. Es ist immer besser, einige Zentimeter mehr Knochen wegzunehmen und dadurch zwar einen kürzeren Stumpf, aber eine gute Hautdeckung zu erhalten, als mit dem Wegnehmen vom Knochen zu sparen und einen Stumpf mit schlechten Hautverhältnissen zu bekommen. Ein Stumpf ist dann als gut zu bezeichnen, wenn eine genügende Hautdeckung vorhanden ist. Beim Oberarm ist auf alle Fälle der distale Teil, das ist suprakondylär bis zum Übergang zum Schaft wegzunehmen, weil dieser Knochenbereich als Stumpfanteil hinderlich ist. Das gleiche trifft im distalen Vorderarmbereich zu, wo die Amputation mindestens 2 cm zentral des Handgelenkes durchgeführt werden muß. Die Amputation soll in Allgemeinnarkose und Blutleere gemacht werden. Der Hautschnitt ist in Form eines Froschmaules so zu führen, daß zwei gleich große Lappen entstehen. Sowohl der Oberarm- als auch die Vorderarmknochen werden mit der Säge quer abgeschnitten, wobei darauf zu achten ist, daß Elle und Speiche in gleicher Höhe abgetrennt werden. Das Periost soll vorher nicht abgeschoben werden, um periostale Auflagerungen zu vermeiden. Auch brauchen die Knochenstümpfe am Ober- und Vorderarm nicht abgeschrägt zu werden. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich, daß der Knochen glatt abgetrennt wurde. Nachdem die entsprechenden Gefäße dargestellt, abgeklemmt und unterbunden wurden, kürzt man die Nervenenden 3 bis 4 cm nach zentral zurück, um Stumpfneurome zu verhindern. Dann wird die Blutleere gelöst und das Wundgebiet fünf Minuten hindurch mit den Händen komprimiert. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird die Muskulatur mit einigen wenigen Katgutnähten adaptiert und die H a u t durch Knopfnähte verschlossen. Bei glatter Wundheilung werden die Hautnähte nach zwei Wochen entfernt. Bei den Amputationen schieden werden.

im Fingerbereich muß zwischen Daumen

und Langfingern

unter-

1. Daumen Beim Daumen soll bei Verletzten unter 40 Jahren bei traumatischen Amputationen vom Knochen nichts mehr weggenommen werden. Die für die Stumpfdeckung fehlende Haut soll durch einen Bauchhautlappen gewonnen werden. Ist der Verletzte älter als 40 Jahre, so soll vom Knochen so viel weggenommen werden, daß eine einwandfreie Stumpfdeckung möglich ist.

61

Hüftgelenk

2. Langfinger Bei den Langfingern soll ohne Rücksicht auf das Alter des Verletzten der Knochen so weit gekürzt werden, daß eine einwandfreie Stumpfdeckung zustande kommt. Dabei ist darauf zu achten, daß ein Finger nie im End- oder Mittelgelenk ausgelöst werden darf. Der Stumpf springt sonst beim Faustschluß vor und ist hinderlich. Die Amputation muß immer unter der Gelenksrolle des weiter zentral liegenden Fingergliedes erfolgen. Würden bei einer Fingerkürzung von einem Glied weniger als 10 mm vom Knochen zurückbleiben, so muß man den Finger ebenfalls unter der Gelenksrolle des weiter zentral gelegenen Fingergliedes kürzen. Sind von einem Fingermittel- oder Endglied weniger als 10 mm Knochen vorhanden, so kann der Stumpf nicht mehr richtig gebeugt werden und steht beim Faustschluß vor. N u r bei den Grundgliedern können weniger als 10 mm vom Knochen belassen werden. Wenn man den Knochenrest des Grundgliedes aus dem Gelenk auslöst, können die beiden benachbarten Finger mit der Zeit leicht in Radial- bzw. Ulnarabduktion kommen. Bei den Fingeramputationen soll in Blutsperre der Hautschnitt so angelegt werden, daß zwei gleich große H a u t l a p p e n entstehen, in der Regel ein dorsaler und volarer. Der Knochenstumpf muß mit der LuERschen Knochenzange gut abgerundet werden, die Fingernerven müssen vorgezogen und möglichst weit zentral durchtrennt werden, um N e u r o m bildungen zu verhindern. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich, daß der Knochenstumpf gut abgerundet ist. D a n n wird die H a u t durch K n o p f n ä h t e dicht verschlossen. Dabei soll von den H a u t lappen an den Rändern so viel weggenommen werden, daß ein gut gerundeter und kosmetisch schöner Stumpf entsteht. Bei glatter Wundheilung sind die H a u t n ä h t e nach zwei Wochen zu entfernen.

Hüftgelenk 1. Hüftgelenkverrenkung Frische reine Hüftgelenkverrenkungen kann man in der Regel konservativ

einrichten.

Ist die Verrenkung jedoch veraltet und mißlingt der Versuch einer konservativen Einrichtung, so muß operativ vorgegangen werden. Ist der Verletzte älter als 60 Jahre, so soll man die Verrenkung, wenn keine Schmerzen und Nervenausfälle vorhanden sind, belassen. Als Vorbereitung zur operativen Einrichtung wird ein Streckverband mittels eines suprakondylären Nagels angelegt und im Dauerzug der Schenkelkopf bis in H ö h e der Pfanne heruntergeholt. Dazu sind Zuggewichte bis 15 kg notwendig. Ist der Schenkelkopf heruntergeholt, so kann man operieren. In Allgemeinnarkose wird der Verletzte auf die gesunde Seite gelagert. Der längsgestellte Hautschnitt von ungefähr 25 cm Länge wird leicht bogenförmig ventral konvex angelegt. Er beginnt seitlich von der Spina iliaca ventralis, zieht über den Trochanter maior in Richtung Längsachse des Oberschenkelschaftes. Nach Spalten der Faszie durchtrennt man den M. glutaeus maximus der Länge nach, trennt die kleinen Außenrotatoren an ihren Ansätzen am Oberschenkelknochen quer ab und gelangt so auf die Gelenkkapsel. Zur besseren Obersicht muß manchmal der M. quadratus femoris in seinem oberen Anteil eingekerbt werden. Die Gelenkkapsel wird durch einen Längsschnitt eröffnet. Ist in der Pfanne N a r b e n gewebe, so wird es entfernt. D a n n kann die Hüftverrenkung eingerichtet werden. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich, daß die Verrenkung behoben ist.

61

Hüftgelenk

Die Gelenkkapsel wird durch einige feine Nähte verschlossen, eine Saugdrainage angelegt und Faszie und Haut genäht. Im Bett wird das Bein auf einem Polster gelagert und das Bettende um 30 cm hochgestellt. Der Verletzte soll drei Wochen Bettruhe einhalten. Sind der Gelenkknorpel des Kopfes und der Pfanne geschädigt, so soll man, vor allem bei jungen Verletzten keine Arthrodese des Hüftgelenkes anschließen, da nie einwandfrei vorausgesehen werden kann, wie die Beweglichkeit der Hüfte wird. Ist ein Knorpelschaden vorhanden, so soll man nach zwei Wochen die Hautnähte entfernen und einen Brust-Becken-Bein-Gipsverband anlegen. Die Dauer der Ruhigstellung im Gipsverband beträgt zwölf Wochen. Nach der Gipsabnahme soll der Verletzte durch weitere drei Monate das Bein nicht belasten. Sollte dann eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Hüftgelenkes bestehen, so kommt die Arthrodese in Frage.

1 . Hüftplastik Die Hauptindikation für eine Hüftplastik ist die Kopfnekrose nach Schenkelhalsbrüchen. Eine Hüftplastik soll nur bei Verletzten gemacht werden, die älter als 60 Jahre sind. Dabei ist außerdem darauf zu achten, daß die Hüftpfanne keine oder keine wesentliche Arthrose aufweist. In letzter Zeit scheint sich die Endoprothese aus Vitallium nach M O O R E zu bewähren. Sie hat den Vorteil, daß sie stabil im Oberschenkelknochen verankert werden kann.

Abb. 57. Endprothese des Schenkelkopfes aus Vitallium mit einem Vierkantstiel bei einer 63jährigen Gastwirtin wegen einer Kopfnekrose nach einem Schenkelhalsbruch. Zweieinhalb Jahre nach der Operation bestanden starke Schmerzen im Hüftgelenk. Obwohl ein Vierkantstiel verwendet wurde, kam es zu einer Lockerung der Endoprothese. Man sieht im Röntgenbild deutlich die Resorption um den Stiel

Hüftgelenk

Abb. 58. Wie wichtig die genaue Bestimmung der Kopfgröße bei der Moore-Plastik ist, k a n n m a n an H a n d dieses Falles ersehen: Bei einer 72jährigen L a n d w i r t i n w u r d e wegen einer K o p f n e k r o s e nach einem Schenkelhalsbruch eine M o o r e - P l a s t i k gemacht. D e r Durchmesser des K o p f e s der E n d o p r o t h e s e w a r um 3 m m größer als der des K o p f e s auf der nicht verletzten Seite. Bei der R ö n t g e n k o n t r o l l e zwei Wochen nach der O p e r a t i o n w a r der P r o t h e s e n k o p f nach oben und hinten v e r r e n k t u n d ließ sich auch in N a r k o s e nicht m e h r einrichten. Die Verletzte w a r noch nicht a u f g e s t a n d e n

Zur Operation wird der Verletzte auf die gesunde Seite gelagert und das Hüftgelenk,wie Seite 61 beschrieben, eröffnet. Durch Innenrotation des Beines und mit Hilfe eines „Schuhlöffels" luxiert man den Oberschenkelkopf aus der Pfanne. D a n n wird der Oberschenkelhals an seiner Basis zwischen Trochanter maior und Trochanter minor abgesägt. Die Markhöhle des Oberschenkelschaftes wird mit einer Raspel so lange aufgeweitet, bis der Prothesenschaft leicht eingesetzt werden kann. Bei der Auswahl der Prothese ist darauf zu achten, daß der U m f a n g des Kopfes nicht zu groß oder zu klein gewählt wird. Der Prothesenschaft wird im Markraum mittels „Palacos"

einzementiert.

Dann wird der Prothesenkopf in die H ü f t p f a n n e eingestellt und die Gelenkkapsel genäht. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage werden Faszie und H a u t verschlossen. Bei glatter Wundheilung werden nach zwei "Wochen die H a u t n ä h t e entfernt und der Verletzte kann aufstehen und das Bein belasten. Die Hüftplastik mit der Endprothese nach J U D E T hat sich nicht bewährt, weil es häufig zu Brüchen des Kopfes bzw. zur Lockerung des Prothesenstiels im Knochen kommt (Abb. 57).

64

Hüftgelenk

1. Arthrodese des Hüftgelenkes Die Versteifung des Hüftgelenkes ist bei schmerzhaften Kopfnekrosen nach Schenkelhalsbrüchen, bei Hüftgelenksarthrosen mit starker und schmerzhafter Bewegungseinschränkung und nach veralteten Hüftgelenksverrenkungsbrüchen angezeigt. Da die Arthrodese des Hüftgelenkes einen schweren letzten in einem guten Allgemeinzustand sein.

Eingriff

darstellt, müssen die Ver-

In Allgemeinnarkose wird der Verletzte auf den Extensionstisch gelagert. Beide Beine dürfen dabei nicht abduziert werden und sollen in einer Außendrehstellung von 5° sein. Die Hüfte ist 15—20° gebeugt. Die Eröffnung des Hüftgelenkes erfolgt in der auf Seite 61 beschriebenen Art. Dann wird wie bei der Schenkelhalsnagelung mit Hilfe des Drahtgitters nach J E S C H K E ein Führungsdraht unter einem Winkel von 140° durch den Schenkelhals und Schenkelkopf in die Hüftpfanne eingebohrt. Von der Außenseite her werden der Knochen des Schenkelkopfes und der der Pfanne beiderseits des Gelenkspaltes auf eine Tiefe von 40 mm zermeißelt. Anschließend werden zusätzlich an die Stelle des ehemaligen Gelenkspaltes Spongiosaspäne aus der Knochenbank mit einem Stopfeisen fest eingeschlagen. Ist der Gelenkspalt auf diese Art und Weise zerstört, so wird über den Führungsdraht ein Dreilamellennagel eingeschlagen, dessen Länge so zu wählen ist, daß er möglichst bis zur inneren Kortikalis des Beckens reicht. Uber einen zweiten, kaudal und etwas divergierend zum ersten eingebohrten Führungsdraht wird ein zweiter, ebenfalls möglichst langer Dreilamellennagel eingeschlagen, der zusätzlich mit einer kurzen Platte am Oberschenkelschaft fixiert wird. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage werden Faszie und Haut verschlossen. In der dritten Woche nach der Operation kann der Verletzte mit dem Aufstehen beginnen. Eine Ruhigstellung mit einem Gipsverband ist nicht notwendig. Diese Technik der Arthrodese kann nur dar.n mit Erfolg Hüftgelenk nur mehr wenige Grade beweglich ist.

angewendet

werden,

wenn

das

Ist das Hüftgelenk jedoch noch relativ gut beweglich, so muß nach dem Abheilen der Operationswunde in einer zweiten Operation ein Kortikalisspan aus der Knochenbank eingesetzt werden, der vom Trochanter minor zum Sitzbein knapp unterhalb der Gelenkpfanne reicht (Vorsicht N. ischiadicus!). Der Knochenspan wird im Bereich des Trochanter minor eingebolzt, ebenso am Sitzbein und dort noch zusätzlich mit einer Schraube fixiert. Nach dem Abheilen der zweiten Operationswunde muß zur Ruhigstellung ein BrustBecken-Gipsverband angelegt werden, mit dem der Verletzte aufstehen kann. Die Dauer der Ruhigstellung 16 Wochen.

im

Gipsverband

beträgt

ab der zweiten

Operation

Abb. 59. Versteifung des rechten Hüftgelenkes wegen einer schmerzhaften Arthrose bei einem 72jährigen Anstreicher. D a das Hüftgelenk nur mehr wenige Grade beweglich war, brauchte zusätzlich kein Span vom Trochanter minor zum Sitzbein eingepflanzt zu werden. Die Röntgenkontrollen zeigen den Zustand vor und zwei J a h r e nach der Operation

5

Jonasch,

O p e r a t i o n e n , 2. A u f l .

66

Oberes Oberschenkelende 1. Epiphysenlösungen am oberen Oberschenkelende Bei den Epiphysenlösungen am oberen Oberschenkelende soll zuerst im Dauerzug durch einen Streckverband mittels eines suprakondylären Nagels versucht werden, eine bestehende Verschiebung auszugleichen. Gelingt dies in drei bis vier Tagen nicht, so soll man die Fehlstellung belassen und diese, wenn notwendig, später durch eine Osteotomie korrigieren. Um nach dem Einrichten ein neuerliches Abrutschen des Kopfes zu verhindern oder um einer Vermehrung der Fehlstellung vorzubeugen, werden vier 2,5 mm starke Drähte parallel zueinander durch die Epiphysenfuge bis knapp an die Oberfläche des Schenkelkopfes eingebohrt (Abb. 60), um einen vorzeitigen Schluß der "Wachstumsfuge zu erzielen. Die Lage der Drähte soll so wie die eines Dreilamellennagels sein (Abb. 66).

Abb. 60. Nach dem Einrichten der Oberschenkelkopfepiphyse werden vier 2,5 mm starke Bohrdrähte durch den Schenkelhals und die Epiphysenfuge bis k n a p p unter die Kopfoberfläche vorgebohrt

Die Technik des Einbohrens der Drähte ist die gleiche wie die des Führungsdrahtes bei der Schenkelhalsnagelung, d. h. Auflegen des Drahtgitters nach J E S C H K E USW. Bestand keine wesentliche Verschiebung der Epiphyse, so kann der Patient nach einer Woche aufstehen und das Bein voll belasten. W a r jedoch eine stärkere Verschiebung vorhanden, so soll man den Patienten vier bis sechs Monate hindurch nur entlastend gehen lassen, um einer Kopfnekrose vorzubeugen. Bei Epiphysenlösungen am oberen Oberschenkelende, die nicht traumatisch entstanden sind, kommt es in der Regel nach einiger Zeit auch an der anderen Seite zu einer Lösung der Epiphyse. Daher soll der andere Oberschenkelkopf präventiv ebenfalls mit Bohrdrähten fixiert werden. Wenn die Epiphysenfuge geschlossen ist, das ist innerhalb eines Jahres, so müssen die Bohrdrähte wieder entfernt werden. Das Festhalten der Oberschenkelkopfepiphyse nach dem Einrichten mit einem Dreilamellennagel soll man unterlassen, weil dadurch mehr Gewebe zerstört wird, als von den Bohrdrähten und es daher leichter zu einer Schenkelkopfnekrose kommen kann.

Oberes Oberschenkelende

Abb. 61 a—c. Lösung der Oberschenkelkopfepiphyse bei einem fünfzehnjährigen Knaben (Abb. 6 1 a ) . Nach dem Einrichten wurde zum Festhalten der Oberschenkelkopfepiphyse ein Dreilamellennagel eingeschlagen (Abb. 61 b). Der postoperative Verlauf war komplikationslos. Keine Infektion. Drei J a h r e nach der Operation bestand eine schwere Deformierung des Oberschenkelkopfes (Abb. 61 c) 5*

67

68

Oberes Oberschenkelende

1. Oberschenkelhalsbrüche Adduktions- oder Varusbrüche des Schenkelhalses sollen extraartikulär mit einem Dreilamellennagel operativ versorgt werden. Bei Verletzten von über 70 Jahren, bei denen primär eine starke Verschiebung der Bruchstücke besteht, so daß man annehmen kann, daß eine Kopfnekrose auftreten wird, kann primär eine Plastik nach M O O R E gemacht werden. Um das Bein ruhigzustellen und die Schmerzen zu verringern, legt man f ü r die Zeit bis zur Operation eine Fußlasche mit 1 bis 2 kg Belastung an. Da es sich fast immer um alte Leute handelt, soll die Operation möglichst bald nach dem Unfall, das ist innerhalb einer Woche, ausgeführt werden, um Komplikationen in Form von Aufliegen usw. zu vermeiden. Nicht operieren soll man Tabiker sowie ältere Verletzte, die bereits vor dem Schenkelhalsbruch wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes jahrelang ihre Wohnung nicht verlassen haben oder bereits seit Monaten bettlägrig waren. Diese Verletzten soll man ohne Operation nach zwei bis drei Wochen aufstehen lassen. Es genügt f ü r die ersten Tage eine Fußlasche mit 2 kg Belastung. Zur Operation wird der Verletzte in Allgemeinnarkose auf den Extensionstisch gelagert, wobei am einwärtsgedrehten Bein ein leichter Längszug ausgeübt werden muß. Am Extensionstisch werden beide Beine des Verletzten gleichweit abgespreizt, so daß die Fersen ungefähr 70 cm voneinander entfernt sind. Beide Beine werden dabei 40—60° einwärtsgedreht, um eine Antekurvationsstellung des Schenkelhalsbruches auszugleichen (Abb. 62). Am Extensionstisch darf auf die Beine nur ein leichter Längszug ausgeübt werden, weil sonst die Gefahr besteht, daß eine Valgusstellung des Bruches entsteht. Die Stärke des Zuges ist dann als richtig anzunehmen, wenn zwischen D a m m und Bediendorn des Extensionstisches ein Finger Zwischenraum vorhanden ist.

/

f

70 cm Abb. 62. A m Extensionstisch werden beide Beine gleichweit abgespreizt, so d a ß die Fersen ungefähr 70 cm voneinander entfernt sind. Außerdem müssen beide Beine 40—60° einwärts gedreht werden

Oberes Oberschenkelende

69

Eine Röntgenröhre wird senkrecht auf die Mitte des Schenkelkopfes eingestellt. Der Röhrenabstand von der Haut soll 60 cm betragen. Die Mitte des Schenkelkopfes kann folgendermaßen bestimmt werden: Man verbindet durch eine gedachte Linie das Tuberculum pubicum, das ungefähr 15 mm lateral der Symphyse zu tasten ist, mit der Spina iliaca anterior superior. Ungefähr 20 mm caudal der Mitte dieser gedachten Linie ist die Mitte des Schenkelkopfes. Für die seitlichen Röntgenaufnahmen wird ein zweiter Röntgenapparat zwischen den Beinen entlang des gesunden Beines so eingeschoben, daß der Zentralstrahl zur Längsachse des Schenkelhalses in 90° steht. Auf diese Röhre wird ein Zahntubus aufgesetzt. Zum Halten der Filmkassette für die seitliche Röntgenaufnahme wird ein Metallrahmen mit eingebauter "Wasserwaage nach SCHERBICHLER verwendet (Abb. 63 a u. b). Für die Aufnahme wird die Filmkassette aberhalb des Beckenkammes fest angesetzt, und zwar so, daß die Kassette parallel zum Schenkelhals und senkrecht zum Zentralstrahl steht. Durch die eingebaute schattengebende Wasserwaage kann die Filmkassette leicht waagerecht gehalten werden. Damit kann man Abweichungen der Schenkelhalsachse von der Horizontalen genau ausmessen, was später für das Bohren des Führungsdrahtes von Bedeutung ist.

Abb. 63 a u. b.

Röntgenkassettenhalter nach SCHERBICHLER in der Ansicht von vorn (Abb. 63 a) und von oben (Abb. 63 b).

D i e Röntgenkassette (1) ist eingeschoben. Zum H a l t e n dienen zwei Griffe (2). D a m i t die Filmkassette waagerecht gehalten wird, ist eine Wasserwaage eingebaut (3)

Ist der Verletzte am Extensionstisch gelagert und sind die beiden Röntgenapparate eingestellt, so überzeugt man sich von der richtigen Stellung des Bruches durch Röntgenaufnahmen in beiden Ebenen. Zeigt der Bruch eine Coxa vara, so kann man diese durch einen vermehrten Längszug an beiden Beinen ausgleichen. Eine Coxa valga kann man durch Stauchung des Beines von der Fußsohle her zu beheben versuchen. Gelingt ihre Beseitigung auf diese "Weise nicht, so hört man mit dem Längszug auf, dreht beide Beine nach außen und zieht mittels eines zusammengefalteten Leintuches an beiden Oberschenkeln nach außen. Besteht nach der Korrektur der Coxa valga noch eine Antekurvation, so werden beide Beine wieder einwärtsgedreht. Zeigen die Röntgenaufnahmen eine gute Stellung des Bruches, so wird ein Drahtgitter nach JESCHKE parallel zum Oberschenkelschafl: so aufgelegt, daß der Schenkelkopf im oberen inneren Quadranten zu liegen kommt. Das Drahtgitter wird mit zwei schmalen Heftpflasterstreifen an der Haut fixiert. Durch eine Röntgenaufnahme von vorne nach hinten überzeugt man sich von der richtigen Lage des Gitters.

70

Oberes Oberschenkelende

Auf diesem Röntgenbild bestimmt man die Mitte des Schenkelkopfes und mit H i l f e von zwei durchsichtigen Winkellinealen die Stelle an der äußeren Kortikalis des Oberschenkelschaftes, wo der Führungsdraht eingebohrt werden soll. Dieser Führungsdraht muß durch die Mitte des Schenkelkopfes und Schenkelhalses gehen und mit der Längsachse des O b e r schenkelhalsschaftes einen Winkel von mindestens 135°, aber nicht mehr als 145° bilden. Die beiden ermittelten Punkte werden auf dem Röntgenbild eingezeichnet und an diesen beiden Punkten mit H i l f e des Drahtgitters je eine N a d e l senkrecht eingestochen (Abb. 64). Dabei wird die erste N a d e l mit dem H a m m e r ungefähr 10 mm tief in den Schenkelkopf hineingeschlagen. Beim Einstechen der zweiten N a d e l ist darauf zu achten, daß sie gerade noch Knochenfühlung mit der Kortikalis der Oberschenkelaußenseite hat.

Abb. 64. D a s D r a h t g i t t e r nach JESCHKE ist aufgelegt und die beiden Richtungsnadeln sind eingestochen. D i e 1. N a d e l in der Mitte des Schenkelkopfes und die 2. N a d e l an der K o r t i k a l i s der Oberschenkelaußenseite. D i e Verbindungslinie der beiden N a d e l n muß mit der Oberschenkelschaftachse einen Winkel von 1 3 5 ° einschließen

Durch Röntgenaufnahmen in beiden Richtungen überzeugt man sich von der richtigen L a g e der beiden Richtungsnadeln. D a n n wird über den Filmrahmen des Seitenbildes ein G u m m i b a n d gespannt, das über die Mitte des Schenkelkopfes und Schenkelhalses geht. Aus der L a g e des Schnittpunktes von G u m m i b a n d und zweiter N a d e l kann man ersehen, ob der Führungsdraht dorsal oder ventral der Mitte des Oberschenkelschaftes eingebohrt werden muß. D a n n wird das große Winkellineal mit seinen Parallelstrichen parallel zum Schatten der Wasserwaage so angelegt, daß das Zentrum seiner Winkeleinteilung genau über dem G u m m i b a n d zu liegen kommt. Der Winkel zwischen dem Null-Strich des Winkellineals und dem G u m m i b a n d ist jener, unter dem der Führungsdraht eingebohrt werden muß, also entweder dorsal oder ventral zu geneigt (Abb. 65). N u n wird das Drahtgitter entfernt, die H a u t jodiert und das Operationsfeld steril abgedeckt. Nachdem durch einen 15 cm langen Schnitt, beginnend in der H ö h e des Trochanter maior parallel zum Oberschenkelschaft die H a u t durchtrennt wurde, schneidet man in gleicher

Oberes Oberschenkelende

71

Abb. 65. Röntgenbild eines Schenkelhalsbruches von der Seite. Die beiden Richtungsnadeln (1) sind eingestochen. Ein Gummiband (2) ist so über den Filmrahmen gespannt, d a ß es durch die Mitte des Schenkelkopfes in die Längsachse des Schenkelhalses und Oberschenkelschaftes geht. Das große Winkellineal (4) wird mit seinen Parallelstrichen Parallel zum Schatten der Wasserwaage (5) so angelegt, d a ß das Zentrum seiner Winkeleinteilung genau über das G u m m i b a n d zu liegen kommt. Der Winkel zwischen denn Nullstrich (6) des Winkellineals und dem Gummiband ist jener, unter dem der Führungsdraht eingebohrt werden muß. Bei dem auf der Zeichnung dargestellten Fall muß der Führungsdraht unter einem Winkel von 7° von ventral außen nach dorsal innen eingebohrt werden. (Abb. nadi

B Ö H L E R : Technik der Knochenbruchbeh a n d l u n g 12. u n d 13. A u f l a g e )

Richtung die Fascia lata und den Vastus lateralis durch und gelangt so auf den Knochen. Dabei kommt die zweite Richtungsnadel zur Darstellung. In H ö h e der zweiten Richtungsnadel werden, knapp an der Ventral- und der Dorsalseite des Oberschenkelschaftes vorbei und senkrecht auf diesen, zwei Steinmann-Nägel eingestochen. Auf diese Weise kann man die Dicke des Oberschenkelknochens bestimmen. Man markiert sich die Mitte der Dicke des Oberschenkelschaftes und schlägt dort oder dorsal oder ventral davon (siehe seitliche Röntgenaufnahme Kreuzung N a d e l — G u m m i band!) mit dem Hohlmeißel ein Loch in die Kortikalis an jener Stelle, wo der Führungsdraht eingebohrt werden soll. Das Einführen des Führungsdrahtes erfolgt mit einer Desoutter-Bohrmaschine, auf die eine ö l w a a g e aufgesetzt ist. Mit dieser ö l w a a g e können die Grade eingestellt werden, die man auf dem seitlichen Röntgenbild mit H i l f e des Gummibandes und des großen Winkellineals gemessen hat, d. h. es wird jener Winkel eingestellt, unter welchem der Führungsdraht in dorsaler oder ventraler Richtung eingebohrt werden muß. Damit ist die Richtung in der Transversalebene bestimmt. Für die genaue Richtung in der Frontalebene wird ein Richtungsstab verwendet, der die erste Richtungsnadel mit der Bohrmaschine verbindet. Dazu ist auf der ö l w a a g e ein Loch angebracht, durch welches der Richtungsstab gesteckt werden kann. Der Führungsdraht soll 2,2 mm stark und nicht länger als 220 mm sein, damit er nicht in die Bauchhöhle eingebohrt werden kann. Der Führungsdraht soll 10—20 mm in die H ü f t pfanne eingebohrt werden, damit das zentrale Bruchstück beim Einschlagen des Nagels nicht kippen kann. Durch Röntgenbilder in beiden Ebenen überzeugt man sich von der richtigen Lage des Führungsdrahtes. Im Bild von vorne darf der Führungsdraht nicht mehr als 4 mm cranial oder 8 mm caudal von der Schenkelkopfmitte entfernt sein und muß mit der Oberschenkelschaftachse einen Winkel von 1 3 5 - 1 4 5 ° bilden.

72

Oberes Oberschenkelende

I m S e i t e n b i l d d a r f der F ü h r u n g s d r a h t in der S c h e n k e l k o p f m i t t e oder etwas dorsal d a v o n liegen, nie jedoch v e n t r a l der M i t t e , weil sonst die G e f a h r besteht, d a ß der D r e i l a m e l l e n n a g e l durch den K n o c h e n schneidet und sich der S c h e n k e l k o p f löst ( A b b . 6 6 ) .

Kranial

Kaudal

Abb. 66. Im Bild von vorne kann der Dreilamellennagel auch etwas kaudal und im Bild von der Seite auch etwas dorsal der Mitte Schenkelkopf-Schenkelhals liegen. Das Gebiet, in dem der Dreilamellennagel liegen kann, ist grau eingezeichnet W e n n der F ü h r u n g s d r a h t richtig liegt, b o h r t m a n die K o r t i k a l i s m i t einer 8 m m s t a r k e n , z e n t r a l g e b o h r t e n Fräse, die über den F ü h r u n g s d r a h t geschoben w i r d , a u f , um ein A u s brechen der K o r t i k a l i s beim Einschlagen des N a g e l s zu v e r m e i d e n . M i t einer S t i c h f r ä s e oder m i t dem M e i ß e l w i r d die K o r t i k a l i s f ü r die drei L a m e l l e n des N a g e l s v o n dem v o r h e r gefrästen Loch aus u n g e f ä h r 10 m m e i n g e k e r b t . D a b e i soll eine L a m e l l e d i r e k t k a u d a l des Führungsdrahtes, also p a r a l l e l zum Oberschenkelschaft liegen, weil bei dieser L a g e der N a g e l die beste T r a g f ä h i g k e i t besitzt ( A b b . 6 7 ) .

Ventral

Dorsal

Abb. 67. Um ein Ausbrechen der Kortikalis beim Einschlagen des Dreilamellennagels zu verhindern, wird zuerst ein 8 mm großes Loch gebohrt. Entsprechend den drei Lamellen des Nagels wird die Kortikalis zusätzlich ausgefräst. Die kaudale Lamelle muß dabei parallel zum Oberschenkelschaft zu liegen kommen, da der Nagel in dieser Stellung die größte Tragfähigkeit besitzt. In dieser Abbildung sind auch die beiden STEINMANNNägel (s) eingezeichnet, mit deren Hilfe man die Dicke des Oberschenkelschaftes bestimmt

Oberes Oberschenkelende

73

Z u r B e s t i m m u n g der N a g e l l ä n g e w i r d die E n t f e r n u n g der S c h e n k e l k o p f o b e r f l ä c h e v o n der E i n t r i t t s s t e l l e des F ü h r u n g s d r a h t e s in die K o r t i k a l i s abgemessen. D a v o n w e r d e n j e nach der S t ä r k e des H ü f t u m f a n g e s des V e r l e t z t e n 2 0 — 2 5 m m abgezogen. Ü b e r den F ü h r u n g s d r a h t w i r d der D r e i l a m e l l e n n a g e l eingeschlagen. D a b e i soll das V o r schlageisen k a u d a l w ä r t s gegen den O b e r s c h e n k e l k n o c h e n gedrückt w e r d e n , weil sonst der

Abb. 68 a—c. Medialer Schenkelhalsbruch bei einer 68jährigen Hausfrau, der mit vier Zugschrauben operativ behandelt wurde. Laut Begleitbrief des behandelnden Chirurgen wurde der Bruch deshalb nicht mit einem Dreilamellennagel versorgt, um eine Kopfnekrose zu verhindern. Nach der Operation sieben Wochen Bettruhe, dann Gehen mit zwei Stützkrücken. Die Röntgenkontrolle (Abb. 68 a) zeigt den Zustand zwei Monate nach der Operation. In der Folgezeit bestanden beim Gehen immer Schmerzen in der Hüfte. Bei der Röntgenkontrolle vier Monate nach der Operation sieht man, daß die vier Schrauben nach lateral herauszuwandern beginnen (Abb. 68 b). Ein halbes Jahr später sind die Zugschrauben noch weiter herausgewandert. Der Bruch hat sich gelöst (Abb. 68 c)

74

Oberes Oberschenkelende

a

b

Abb. 69 a—b. Extraartikuläre Nagelung eines Schenkelhalsbruches bei einem 43jährigen Angestellten. Vor und während der Operation wurden nur Röntgenbilder in einer Ebene — nämlich von vorn nach hinten — gemacht (Abb. 69 a). Sechs Wochen nach der Operation konnte der Verletzte nur mit Unterstützung gehen und hatte starke Schmerzen in der Hüfte. Die Röntgenaufnahmen zwei Monate nach der Operation zeigen, d a ß der Dreilamellennagel nach oben und vorn durchgeschnitten hat. Der Nagel ist sicher zu weit ventral eingeschlagen worden (keine Röntgenkontrolle w ä h r e n d der Operation!). Daher hat der Nagel vom Knochen nur wenig gefaßt und hat durchgeschnitten (Abb. 69 b)

Nagel nach kranial rutschen und die Kortikalis ausbrechen kann. Um festzustellen, daß der Führungsdraht nicht mit dem Nagel in die Tiefe eingeschlagen wird, muß das Vorschlagsisen alle drei bis vier Hammerschläge abgenommen werden. Die Spitze des Nagels soll im Röntgenbild 6—8 mm von der Kopfoberfläche entfernt sein. Durch Röntgenaufnahmen in beiden Ebenen überzeugt man sich von der richtigen Lage des Nagels. In den wenigen Fällen, bei denen eine Diastase zwischen den Bruchstücken besteht, beseitigt man diese mit H i l f e des Nachschlageisens, nachdem man am Bein den Längszug gelockert hat, durch einige wenige Hammerschläge. Ist die Kortikalis trotz des Auffräsens beim Einschlagen des Nagels ausgebrochen, so muß an den Dreilamellennagel zusätzlich eine Platte mit zwei Schrauben angelegt werden. Auch bei lateralen Schenkelhalsbrüchen und bei den Fällen, bei denen ein Kortikalisstück vom AüAMschen Bogen ausgebrochen ist, muß ebenfalls zusätzlich eine Platte angelegt werden. Nach Anlegen einer Saugdrainage werden die Faszie des Vastus lateralis und die Fascia lata durch einige wenige N ä h t e und die H a u t durch K n o p f n ä h t e verschlossen. Zur Kompression wird eine Spica coxae trochanterica angelegt, nachdem man auf die H a u t einige Lagen Zellstoff gegeben hat. Die Lagerung des Beines erfolgt im Bett auf einem Polster, wobei der Fuß mit einem dreieckigem Tuch an einer Reifenbahre aufgehängt wird. Das Fußende des Bettes wird in den ersten Tagen um 50 cm hochgestellt. Zwei Wochen nach der Operation werden die H a u t n ä h t e entfernt, f ü r den U n t e r schenkel wird ein Zinkleimverband und für das Kniegelenk eine elastische Binde angelegt. Damit kann der Verletzte aufstehen. Die Behandlung der Schenkelhalsbrüche mit Schrauben ergibt in der Regel keine stabile Osteosynthese. Es besteht die Gefahr, daß die Schrauben locker werden und nach außen wandern.

Oberes Oberschenkelende

75

Das gleiche gilt für die Verwendung von Bohrdrähten. Viele Mißerfolge treten auch bei der Verwendung des Dreilamellennagels auf, wenn ein zu kurzer oder zu langer Nagel verwendet oder der Nagel nicht an der richtigen Stelle eingeschlagen wurde. Diese Fehler treten meist dann auf, wenn mit Röntgenbildern während der Operation gespart wurde. Der Dreilamellennagel braucht nach der knöchernen Heilung des Schenkelhalsbruches nicht entfernt zu werden, weil er keine Störungen verursacht. Ist es zu einer Nekrose des Schenkelkopfes oder zu einer Pseudarthrose des Schenkelhalses gekommen, so darf man den Nagel nur dann entfernen, wenn eine Hüftplastik oder eine Hüftarthrodese gemacht wird. Die oft vertretene Ansicht, daß durch die Entfernung des Dreilamellennagels eine beginnende Kopfnekrose zum Stillstand kommt, ist nicht richtig. Besteht eine Schenkelhalspseudarthrose, so nimmt man dem Schenkelhals durch die Entfernung des Nagels seinen H a l t . Die Folge ist eine Zunahme der Beschwerden. Abduktions- oder Valgusbrüche des Schenkelhalses sollen konservativ nur mit Bettruhe behandelt werden. Sobald keine Schmerzen mehr in der Hüfte bestehen, d. i. nach ungefähr 1 Woche, können die Verletzten aufstehen und das Bein voll belasten. Operativ mit einem Dreilamellennagel müssen nur die Abduktions- oder Valgusbrüche behandelt werden, bei denen im primären Röntgenbild von der Seite ein Klaffen der Bruchstücke an der Ventralseite — wenn auch nur von 1 mm — besteht, da sich diese primär eingekeilten Abduktionsbrüche immer sekundär lösen.

Abb. 70. Bruch des Schenkelhalses bei einer 49jährigen Angestellten. Nach einer Woche Extension w u r d e der Bruch mit einem Dreilamellennagel versorgt. Fünf Monate nach der Operation traten beim Gehen Schmerzen in der H ü f t e auf. Die Röntgenkontrolle zeigt, d a ß der Nagel 60 mm aus dem Knochen herausgerutscht ist. Es wurde ein um 30 mm zu langer Nagel verwendet, der außerdem sehr ventralseitig eingeschlagen w u r d e

76

Oberschenkelsdiafl;

3. Pertrochantere Oberschenkelbrüche D i e pertrochantären Oberschenkelbrüche sollen operativ behandelt werden. Bis zur O p e ration legt man eine Fußlasche mit 1 — 2 kg Belastung an.

Indikation

und Kontraindikation

sind die gleichen wie bei den

Schenkelhalsbrüchen.

Bei den pertrochanteren Brüchen wird zusätzlich zum Dreilamellennagel eine entsprechend lange P l a t t e an der Außenseite des Oberschenkelknochens angelegt. Diese P l a t t e wird mittels einer großen Schraube mit Sprengring mit dem Dreilamellennagel verbunden. D a n n wird die P l a t t e mit Schrauben, die quer durch den Knochen über die K o r tikalis an der Medialseite hinausreic ^ e n müssen, am Oberschenkelknochen . S, ^^^^Hjp SP' befestigt. Dadurch wird eine stabile J

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Osteosynthese geschaffen (Abb. 71).

Abb. 71. Pertrochanterer Oberschenkelbruch m i t D r e i l a m e l l e n n a g e l u n d P l a t t e versorgt. D i e Schrauben sind bei diesem F a l l zu lang. Sie sollen die gegenüberliegende K o r t i k a l i s nur 2 — 3 m m überragen

Oberschenkelschaft 1.

Oberschenkelmarknagelung

Bei der offenen Oberschenkelmarknagelung besteht die G e f a h r der Infektion. Ihre Durchführung ist jedoch einfacher als die der gedeckten Nagelung.

Die Marknagelung

ist angezeigt:

1. Bei geschlossenen Oberschenkelschaftbrüchen (bei Querbrüchen und bei mit nicht mehr als zwei Drehkeilen).

Drehbrüchen

D i e Marknagelung soll nicht sofort am T a g e der Verletzung durchgeführt werden, weil die G e f a h r eines Operationsschocks bzw. einer Fettembolie zu groß ist.

OberschenkelschaA

17

Man legt einen Streckverband mit einem Steinmann-Nagel an. Dieser Nagel wird durch die Tuberositas tibiae geschlagen. J e nach dem Zustand der Muskulatur des Verletzten verwendet man ein Zuggewicht von einem Siebentel bis einem Zehntel seines Körpergewichtes. Ist der Verletzte in gutem Allgemeinzustand, so kann nach einer Woche die Oberschenkelmarknagelung durchgeführt werden. 2. Bei offenen Oberschenkelschaftbrüchen nach Abheilen der Wunden. Besteht ein offener Oberschenkelschaftbruch, so sollen zuerst nur die Wunden ausgeschnitten und genäht werden. Dann wird wie bei den geschlossenen Brüchen ein Streckverband angelegt. Bei glatter Wundheilung können die Hautnähte am zwölften Tag entfernt werden. Wenn auch die Stichkanäle abgeheilt sind und die Haut in Ordnung ist, so kann man die offene Oberschenkelmarknagelung durchführen. 3. Bei der Korrektur von in Fehlstellung geheilten Oberschenkelschaftbrüchen. Besteht nach einem Oberschenkelschaftbruch eine Fehlstellung, so wird diese durch eine entsprechende Osteotomie beseitigt und anschließend die Marknagelung durchgeführt. Um die Osteotomiestelle herum werden drei 120 mm lange und 10 mm breite Kortikalisspäne nach PHEMISTER aus der Knochenbank angelegt und mit zwei dünnen Drahtschlingen befestigt. 4. Bei Oberschenkelschaftpseudarthrosen. Bestehen bei einer Oberschenkelschaftpseudarthrose nach offenen oder fistelnden Brüchen an Knochen festhaftende Narben, so müssen diese ausgeschnitten werden, damit im Knochenbereich eine gut verschiebliche Haut vorhanden ist. Bestand eine Fistel, so darf die Narbenkorrektur nicht früher als sechs Monate nach Schluß der Fistel durchgeführt werden. Nach der Narbenkorrektur muß man mindestens drei Monate mit der Marknagelung warten, damit günstige Hautverhältnisse vorhanden sind. Man kann im Stadium der Fistelung eine Kompressionsosteosynthese machen. Eine Woche vor der Operation soll man bei Oberschenkelschaftpseudarthrosen einen Streckverband mit einem Steinmann-Nagel durch die Tuberositas tibiae anlegen, wobei ein Zuggewicht zwischen 15—18 kg notwendig ist, um zwischen den Pseudarthroseenden eine Diastase von 5—10 mm zu erzeugen. Sonst ist es während der Operation oft sehr schwer, die beiden Knochenenden nach dem Anfrischen der Pseudarthrose aufeinanderzustellen und eventuell vorhandene Achsenknickungen auszugleichen, weil die Muskulatur, die Gefäße und die Nerven verkürzt sind. Um die Pseudarthrose herum müssen nach der Marknagelung drei Kortikalisspäne — 120 mm lang und 10 mm breit — aus der Knochenbank angelegt und mit zwei dünnen Drahtschlingen befestigt werden. 5. Bei der Verkürzung eines Oberschenkelknochens. Besteht eine Verkürzung eines Oberschenkelknochens bis zu 2 cm, so braucht der Verletzte nicht einmal einen erhöhten Schuhabsatz zu tragen, weil keinerlei Beschwerden bestehen bzw. die Verkürzung beim Gehen nicht zu bemerken ist. Besteht eine größere Differenz zwischen den Beinlängen, z. B. nach Poliomyelitis, Tbc usw., so kann man den Oberschenkelknochen des gesunden Beines bis zu 6 cm verkürzen. Die Verkürzungsosteotomie wird — Grenze mittleres — zentrales Drittel — quer angelegt. Die Höhe des herauszuschneidenden Knochenzylinders ist so zu wählen, daß nach der Entfernung des Knochenstückes die beiden Osteotomiestellen möglichst den gleichen Durchmesser haben. Der herausgeschnittene Knochenzylinder wird der Länge nach in drei Teile zersägt, nach der Marknagelung an der Osteotomiestelle angelegt und mit zwei Drahtschlingen befestigt.

78

Öberschenkelschaft

Die offene oder geschlossene Marknagelung

soll nicht durchgeführt

werden:

1. Bei fistelnden oder infizierten Oberschenkelschaftbrüchen. 2. Bei Trümmerbrüchen oder Drehbrüchen mit mehr als zwei Drehkeilen. 3. Wenn das distale Bruchstück weniger als 8 cm lang ist, weil mit dem Marknagel keine stabile Osteosynthese geschaffen werden kann. 4. Wenn beim Anlegen des Streckverbandes ein suprakondylärer Nagel oder D r a h t am Oberschenkel eingeschlagen wurde. Infektionsgefahr!

Am Abend vor der Marknagelung wird das Zuggewicht des Streckverbandes um 2 kg erhöht, damit die Oberschenkelmuskulatur gedehnt und der Bruch bei der Operation leichter eingerichtet werden kann. Die Länge des Marknagels wird am gesunden Bein abgemessen, und zwar die Entfernung Kniegelenkspalt—Trochanter maior. Das Bein wird beim Abmessen im Knie- und Hüftgelenk gebeugt. In Allgemeinnarkose und Blutdrucksenkung wird der Verletzte auf die gesunde Seite gelagert und ein längsgestellter, ungefähr 25 cm langer Hautschnitt an der Oberschenkelaußenseite in H ö h e der Bruchstelle angelegt. Nach Durchtrennung der Faszie und der Muskulatur wird der Bruch dargestellt. In das zentrale Bruchstück geht man mit einem Markraumbohrer (Abb. 72), dessen Durchmesser der ausgemessenen engsten Stelle des Markraumes entspricht, ein und bohrt ihn vor, bis er an die Kortikalis im Bereich der Medialseite des Trochanter maior anstößt. Bei der offenen Marknagelung sollen keine verwendet werden.

Markraumfräsen

Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich, daß der Markraumbohrer an richtiger Stelle, d. h. im Bereich der Medialseite der Trochanter maior liegt. Ist dies der Fall, so wird die Kortikalis durchbohrt. Dieser Vorgang wird jedesmal mit einem um 0,5 mm stärkeren Bohrer wiederholt. H a t man auf diese Weise den Markraum beider Bruchstücke auf eine größere Länge gleichmäßig aufgeweitet, so wird in das zentrale Bruchstück von peripher her ein Führungsspieß eingeschlagen. Dabei soll die Hüfte auf 90° gebeugt werden, damit später der Marknagel leichter eingeschlagen werden kann. W ö l b t der Führungsspieß die H a u t vor, so wird an dieser Stelle ein ungefähr 4 cm langer Hautschnitt angelegt und der Führungsspieß über das Hautniveau vorgeschlagen. Über den Führungsspieß wird von zentral ein Marknagel entsprechender Länge und mit einem Durchmesser, der 1 mm kleiner ist als der des zuletzt verwendeten Markraumbohrers, bis an die

Abb. 72. M a r k r a u m b o h r e r zum gleichmäßigen Aufweiten der

Markhöhle

Oberschenketschaft

79

proximale Bruchfläche eingeschlagen. Der Führungsspieß wird nun herausgezogen und der Bruch gerichtet. Die Einrichtung gelingt am leichtesten, wenn das zentrale und das periphere Bruchstück 5 cm von ihren Enden entfernt mit einer LAMBOTTEschen Zange gefaßt werden. Durch Längszug am Bein, wobei das Kniegelenk auf 90° gebeugt werden soll und mit H i l f e der LAMBOTTEschen Zangen werden die Bruchstücke aufeinandergestellt. Es ist besonders darauf zu achten, daß keine Verdrehung besteht. Ist der Bruch eingerichtet, so legt man über ihn eine LAMBOTTEsche Zange (Abb. 73) mit breiten Branchen an, womit er in eingerichteter Stellung festgehalten werden kann.

Abb. 73. LAMBOTTEsche Z a n g e mit breiten Branchen z u m Festhalten des Bruches in eingerichteter Stellung

Vom Trochanter her wird in der Richtung des Marknagels ein Führungsspieß nach peripher eingeschlagen und über diesen dann der Marknagel in das periphere Bruchstück vorgeschlagen. Der Marknagel soll bis 2 cm an das periphere Ende des Oberschenkelknochens eingeschlagen werden. Durch eine Röntgenkontrolle stellt man fest, wie weit der Marknagel eingeschlagen ist. Wurde er durch die Kortikalis in das Kniegelenk eingeschlagen, so muß er zurückgezogen und mittels seiner Ausziehöse durch eine Drahtschlinge am Trochanter befestigt werden. Damit kann ein neuerliches Eindringen des Marknagels in das Kniegelenk verhindert werden. Damit nach dem Einschlagen des Marknagels keine Diastase zwischen den Bruchstücken bestehen bleibt, wird der Oberschenkel vom Knie her zusammengestaucht. U m die beiden Bruchstücke gegen Verdrehung zu sichern, wird i cm von ihren Enden entfernt durch die Kortikalis je ein Loch gebohrt und eine Längsdrahtschlinge angelegt (Abb. 74). Werden die Bohrlöcher weiter als 1 cm von den Bruchenden entfernt angelegt, so ist die Längsdrahtschlinge zu lang und gibt keine genügende Sicherung gegen Verdrehung. Ist ein großer Drehkeil vorhanden, so wird er mittels einer queren Drahtschlinge an den Oberschenkelknochen befestigt. Kleinere Drehkeile brauchen nur angelagert zu werden. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage werden Faszie und H a u t genäht. Zur Kompression wird am Oberschenkel eine elastische Binde angelegt und das Bein im Bett auf einer BRAUN-

80

Öberschenkelschaft

sehen Schiene g e l a g e r t . D a s F u ß e n d e des B e t t e s ist 50 c m hoch z u stellen, u m e i n e s t ä r k e r e S c h w e l l u n g des Beines z u v e r h i n d e r n . Z w e i W o c h e n nach der O p e r a t i o n w e r d e n die H a u t n ä h t e e n t f e r n t . N a c h d e m f ü r den U n t e r s c h e n k e l ein Z i n k l e i m v e r b a n d u n d f ü r d a s K n i e g e l e n k eine elastische B i n d e a n g e l e g t wurde, kann der Verletzte aufstehen u n d herumgehen.

Abb. 74 a. In das zentrale Bruchstück wird von peripher her ein M a r k r a u m b o h r e r eingeführt, bis er an die Kortikalis der Medialseite des Trochanter maior anstößt. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der richtigen Lage des Bohrers. Ist dies der Fall, so wird die Kortikalis durchbohrt. Abb. 74 b. Über einen Führungsspieß wird von zentral ein Marknagel bis an die proximale Bruchfläche eingeschlagen. D a n n w i r d der Bruch eingerichtet. Abb. 74 c. Nachdem der Marknagel auch in das periphere Bruchstück bis 2 cm an das Kniegelenk eingeschlagen wurde, w i r d eine Längsdrahtnaht angelegt, um die beiden Bruchstücke gegen Verdrehung zu sichern

Oberschenkelschaft

Abb. 75 a—c.

81

Bei einer offenen Oberschenkelmarknagelung wurde der Marknagel durch die Kortikalis des Oberschenkels in das Kniegelenk eingeschlagen (Abb. 75 a). Der Nagel wurde zurückgezogen (Abb. 75 b), nicht aber mit seiner Ausziehöse mittels einer Drahtschlinge an dem Trochanter maior fixiert. Nach vier Wochen stand der Verletzte auf. Zwei Wochen später war der Marknagel wieder in das Kniegelenk eingedrungen (Abb. 75 c)

6

Jonasdi,

O p e r a t i o n e n , 2. Auf],

82

Oberschenkelschaft

Abb. 76 a—c. 62jähriger Gärtner, der sich durch Sturz von der Leiter den rechten Oberschenkel brach. Nach zwei Wochen Extensionsbehandlung w u r d e der Oberschenkelbruch markgenagelt. D a sich der Führungsspieß nicht durch die Kortikalis neben dem Trochanter maior durchschlagen ließ, wollte der O p e r a t e u r ein Loch von zentral her in die Kortikalis meißeln. Dabei w u r d e der Schenkelhals an seiner Basis zur Gänze durchtrennt. Zur Fixation des Schenkelhalses an den Schaft wurden drei Drähte eingebohrt, nachdem der Oberschenkel markgenagelt wurde (Abb. 76 a). Die Extension w u r d e nach der O p e r a tion noch weitere vier Wochen belassen. D a n n durfte der Verletzte aufstehen. Die Röntgenkontrolle 2Vi Monate nach der Operation zeigt, d a ß die drei Bohrdrähte aus dem Schenkelkopf herausgew a n d e r t sind und eine Coxa vara besteht (Abb. 76 b). Fünf Monate nach dem Unfall wurden der Marknagel und die Bohrdrähte entfernt und der Schenkelhalsbruch mit einem Dreilamellennagel versorgt. Sechs Wochen später bestand wieder eine Coxa vara. Der zu kurze Dreilamellennagel hatte zu wenig vom Schenkelkopf gefaßt (Abb. 76 c)

Oberschenkelschaft

Abb. 77. Pseudarthrose des rechten Oberschenkels bei einem 27jährigen Hilfsarbeiter 5Vä Monate nach der Verletzung. Außerdem besteht eine Versteifung der H ü f t e nach einer Coxitis tuberculosa. Der geschlossene Oberschenkeldrehbruch w u r d e mit 2 Platten, 9 Schrauben und 3 Drahtschlingen operativ versorgt. Es kam anschließend zur Infektion. Erst 2Va Jahre nach der Verletzung war der Oberschenkelbruch knöchern geheilt, nachdem das Metall entfernt, mehrmals Sequestrotomien durchgeführt und das Bein mit einem Brust-Becken-Bein-Gipsverband durch 23 Monate hindurch ruhiggestellt worden w a r

84

Oberschenkelschaft

Abb. 78. Bruch des Oberschenkels im distalen Drittel 85 mm vom Kniegelenk entfernt. Der Bruch wurde markgenagelt. D e r zu dünne Nagel w u r d e nicht weit genug in das periphere Bruchstück eingeschlagen, so d a ß keine stabile Osteosynthese geschaffen wurde. Es besteht eine Pseudarthrose

2. Oberschenkelmarknagel-Entfernung Der Marknagel soll erst entfernt werden, wenn das Röntgenbild zeigt, daß der Oberschenkelbruch einwandfrei knöchern durchgebaut ist. Eine zu frühzeitige Entfernung des Marknagels f ü h r t häufig zu Mißerfolgen in Form von Verbiegung des Oberschenkelknochens. Für die Marknagelentfernung wird der Verletzte in Allgemeinnarkose auf die gesunde Seite gelagert und dabei die Hüfte auf ungefähr 90° und das Kniegelenk auf ungefähr 120° gebeugt. Die Hüftbeugung erleichtert in der Regel das Tasten des Marknagels durch die H a u t . Dort, wo der Nagel getastet wurde, macht man einen ungefähr 6—8 cm langen senkrechten Hautschnitt. Meist sitzt dem Marknagelende ein Kallushütchen oder ein Schleimbeutel auf. Ist dieser zu tief eingeschlagen worden, so muß man von der Trochanterspitze so viel Knochen wegnehmen, daß das Ziehgerät am Marknagel angesetzt werden kann.

Unteres Oberschenkelende

85

Vor der Hautnaht ist unbedingt eine Saugdrainage anzulegen. Nach Bedecken der Operationswunde mit einem sterilen Tupfer gibt man einen Kompressionsverband für den Oberschenkel in Form einer Spica trochanterica. Bei der Marknagelentfernung blutet es nicht nur aus den verletzten Haut- und Muskelgefäßen, sondern vor allem auch aus dem Markraum des Oberschenkelknochens. Vor Einführung der Saugdrainage gab es Wundinfektionen, bzw. durch ausgedehnte Hämatome verzögerte Wundheilungen. Nach der Marknagelentfernung soll der Verletzte eine Woche das Bett hüten. Nach zwei Wochen können die Hautnähte entfernt werden.

Unteres Oberschenkelende 1. Suprakondyläre Oberschenkelbrüche und Pseudarthrosen Suprakondyläre OberschenkeWreÄbrüche sollen im Streckverband behandelt werden. Suprakondyläre Oberschenkelgwerbrüche sollen vor dem Anlegen des Streckverbandes eingerichtet und die gute Stellung mit Markdrähten oder mit Rush-Pins festgehalten werden. Dabei ist besonders darauf zu achten, daß keine Distraktion der Bruchstücke besteht. Besteht eine Pseudoarthrose des Oberschenkels, die weniger als 8 cm vom Kniegelenk entfernt ist, so kann mit der gewöhnlichen Marknagelung keine stabile Osteosynthese geschaffen werden. In diesen Fällen wendet man die transartikuläre Nagelung mittels eines langen Oberschenkelmarknagels, der durch das Kniegelenk bis in die mittlere Höhe des Schienbeins reicht, an. Vor dem Einschlagen des langen Marknagels wird die Pseudarthrose freigelegt und angefrischt. Nach dem Einschlagen des Nagels werden an die Pseudarthrose Kortikalisspäne nach P H E M I S T E R angelegt. Bei glatter Wundheilung kann der Verletzte nach zwei Wochen aufstehen und das Bein belasten. Ist die Pseudarthrose geheilt, so wird der lange Marknagel entfernt. Besteht sechs Monate später noch eine störende Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes, so kann man zur Besserung der Kniegelenksbeweglichkeit eine Quadrizepsplastik — wie auf Seite 85 beschrieben — ausführen.

1. Bikondyläre Oberschenkelbrüche Ist bei bikondylären T - oder Y-Brüchen der Oberschenkelknorren eine Verschiebung vorhanden, so muß operativ vorgegangen werden. In Allgemeinnarkose und Blutleere werden durch einen Längsschnitt an der Oberschenkelinnen- und -außenseite die Knorren freigelegt, eingerichtet und mit zwei gekreuzt eingeführten Bohrdrähten oder Schrauben, die durch die gegenüberliegende Kortikalis reichen müssen, fixiert. Dann führt man vom inneren und vom äußeren Epikondylus her je einen 2 mm starken Markdraht oder Rush-Pin in den Oberschenkelschaft ein, um suprakondylär stärkere Verschiebungen zu verhindern. Damit die Markdrähte nicht herausrutschen, müssen ihre Enden an den Epikondylen umgebogen werden (Abb. 79). Zeigt die Röntgenkontrolle eine gute Stellung des Bruches und der Drähte, so wird nach dem Anlegen einer Saugdrainage nur die Haut genäht. Die Weiterbehandlung erfolgt wie bei den gewöhnlichen suprakondylären Oberschenkelbrüchen im Streckverband.

86

Unteres Oberschenkelende

Besteht beim Bruch eines Oberschenkelknorrens keine Verschiebung, so genügt das Anlegen einer Oberschenkelgipshülse. Ist eine Verschiebung vorhanden, so kommt es zu einer vermehrten Varus- oder Valgusstellung im Kniegelenk. Läßt sich der verschobene Oberschenkelknorren in Allgemeinnarkose durch Ab- oder Adduktion des Unterschenkels wieder an seine richtige Stelle bringen, so wird die gute Stellung durch zwei perkutan eingeführte Bohrdrähte, die durch die gegenüberliegende Kortikalis reichen müssen, festgehalten. Dann legt man eine gespaltene Oberschenkelgipshülse an, die nach einer Woche durch einen Becken-Bein-Gipsverband ersetzt wird, mit dem der Verletzte aufstehen und gehen kann. Die Dauer der Ruhigstellung beträgt ab Operation acht Wochen. Gelingt die Einrichtung des verschobenen Oberschenkelknorrens in der oben beschriebenen Art nicht, so muß in Allgemeinnarkose und Blutleere der entsprechende Knorren durch einen Längsschnitt freigelegt werden. Interponierte Periostteile und kleine Knochensplitter werden entfernt, die Bruchstücke an die richtige Stelle gelagert und mit einem einzinkigen Haken angepreßt. Der eingerichtete Oberschenkelknorren wird mit zwei Schrauben oder zwei gekreuzt eingeführten 2 mm starken Bohrdrähten befestigt. Die Schrauben oder Bohrdrähte müssen so lang sein, daß sie durch die gegenüberliegende Kortikalis reichen und so angelegt werden, daß sie mindestens 1 cm von der Gelenksfläche entfernt sind. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird nur die Haut genäht und eine gespaltene Oberschenkelgipshülse angelegt. Bei glatter Wundheilung werden die Hautnähte am vierzehnten Tag entfernt und ein Becken-Bein-Gipsverband wird angelegt, mit dem der Verletzte aufstehen und gehen kann. Die Dauer der Ruhigstellung beträgt ab Operation acht Wochen.

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Kniebereich 1. Riß der Rektussehne Ein Riß der Rektussehne entsteht selten durch direkte Gewalteinwirkung, sondern meistens infolge Degeneration der Sehne. Die Sehnennaht soll entweder sofort, noch bevor es zu einer starken Schwellung gekommen ist, oder nach dem Abschwellen, das ist nach einer Woche, durchgeführt werden. In Allgemeinnarkose und Blutleere werden durch einen bogenförmigen Schnitt, der wie zur Kniescheibendrahtnaht angelegt wird, die beiden Rißenden dargestellt. Meistens sind auch der M. vastus medialis und lateralis und oft auch der M. vastus intermedius quer eingerissen. Die Rißenden werden geglättet und durch Seidennähte vereinigt. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage und N a h t der Faszie und H a u t wird eine gespaltene Oberschenkelgipshülse angelegt und das Bein auf einer schiefen Ebene gelagert. Nach vierzehn Tagen werden die H a u t n ä h t e entfernt und eine Zinkleim-Gipshülse wird angelegt, mit der der Verletzte aufstehen kann. Die Dauer der Ruhigstellung im Gipsverband beträgt ab Operation fünf Wochen. Die N a h t der Rektussehne mit D r a h t ist nicht angezeigt, weil dieser bei der dauernden Belastung immer bricht.

1. Quadrizepsplastik nach PAYR Die Quadrizepsplastik nach P A Y R ist bei jenen Fällen angezeigt, bei welchen nach einer Verletzung im Bereich des Oberschenkels oder des Kniegelenkes eine myogene Strecksteife aufgetreten ist und eine hochgradige Einschränkung der Beugefähigkeit des Kniegelenkes besteht. An den Gelenksflächen des Oberschenkelknochens und des Schienbeins dürfen keine wesentlichen Veränderungen vorhanden sein, weil sich die Operation nur auf den Streckapparat beschränkt. Als obere Altersgrenze f ü r die Quadrizepsplastik ist das 40. bis 45. Lebensjahr anzusehen. Sind an der H a u t große und eingezogene Narben vorhanden, so muß zuerst eine Narbenkorrektur durchgeführt werden, um f ü r die Operation einwandfreie Hautverhältnisse zu schaffen. W a r eine solche Narbenkorrektur erforderlich, so darf man die Quadrizepsplastik erst nach sechs Monaten anschließen. Die Operation wird in Allgemeinnarkose und Blutleere ausgeführt. Der ungefähr 30 cm lange Hautschnitt wird von der Tuberositas tibiae über die Kniescheibenmitte bis zum mittleren Drittel des Oberschenkels angelegt. D a n n wird die Faszie durchtrennt und nach beiden Seiten abgeschoben. Der Vastus medialis und lateralis werden von der Rektussehne und von der Kniescheibe scharf auf ungefähr 10—12 cm abgetrennt und zurückgeschlagen. U m später leichter nähen zu können, soll man beidseits der Kniescheibe ungefähr 5 mm Weichteile stehen lassen. Die Kniescheibe und die Rektussehne sind meist durch Stränge mit der Unterlage verwachsen. Diese werden durchtrennt. Der Recessus suprapatellaris ist entweder geschrumpft oder vollständig verödet. Nach Entfernung aller Narbenstränge ist manchmal der geschrumpfte Vastus intermedius das letzte Beugehindernis. Ist dies der Fall, so muß der Vastus intermedius durchtrennt werden. Sind nach suprakondylären Oberschenkelbrüchen Knochenzacken vorhanden, so glättet man diese mit dem Meißel. Wenn alle Verwachsungen gelöst sind, beugt man das Kniegelenk vorsichtig unter wippenden Bewegungen bis über den rechten Winkel. Beugt man das Kniegelenk gewaltsam und rasch, so kann es zu einem Bruch der Kniescheibe oder zu einem Riß der Rektussehne kommen.

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Kniebereich

Bei einer Beugestellung des Kniegelenkes von 90° wird der Vastus medialis und lateralis mit Wäscheklemmen an der Rektussehne und an der Kniescheibe befestigt. Die beiden Vasti liegen dabei ungefähr 4—5 cm proximal ihrer früheren Ansatzstelle. D a n n wird das Kniegelenk gestreckt und die Vasti werden an ihren neuen Ansatzstellen mit Seide angenäht. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage werden Faszie und H a u t verschlossen, ein Zellstoff-Kompressionsverband gegeben und das Bein auf einer BRAUNSchen Schiene gelagert. Bei glatter "Wundheilung wird nach acht Tagen das Bein während des Tages auf einer verstellbaren Schiene gelagert (Abb. 80). Durch Heben der Schiene soll die Beugung des Kniegelenkes jeden T a g um 10—15° vermehrt werden, bis ein Winkel von 90° erreicht ist. Während der Nacht wird das Bein wieder auf die B R A U N s c h e Schiene gelegt.

Abb. 80. In ihrer H ö h e verstellbare Schiene zur Nachbehandlung bei der Quadrizepsplastik. Der Teil, auf dem der Unterschenkel gelagert w i r d (U), ist auf dem Foto nicht mit Kalikotbinden umwickelt

Zwei Wochen nach der Operation kann man noch zusätzlich mit aktiven Übungen am Kniebeugegestell beginnen. Kann das Kniegelenk drei bis vier Wochen nach der Operation passiv nicht ganz gestreckt werden, so legt man durch mehrere Stunden am T a g oder während der Nacht eine Extension mit einer Fußlasche mit 2—3 kg Belastung an. In der vierten Woche kann der Verletzte, nachdem ein Zinkleimverband f ü r den U n t e r schenkel und eine elastische Binde für das Kniegelenk angelegt wurden, aufstehen. Unter dieser Behandlung erreicht man ungefähr nach zwei Monaten einen Bewegungsumfang im Kniegelenk von 90°. Die Beweglichkeit kann während der folgenden sechs Monate noch zunehmen. Von einer postoperativen Mobilisierung des Kniegelenkes in Narkose ist dringend abzuraten, weil es dabei immer zu einer schweren Schädigung der aktiven Streckfähigkeit kommt.

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Kniebereich

3. Kniescheibenbrüche Bei Brüchen der Kniescheibe ohne Auseinanderweichen der Bruchstücke oder ohne stärkere Verwerfung der Gelenksfläche genügt das Anlegen einer Gipshülse. Sind die beiden Bruchstücke bei einem Quer- oder Längsbruch auseinandergewichen, so muß eine Drahtnaht gemacht werden. Bestehen mehr als zwei Bruchstücke, so ist die Kniescheibe zu entfernen. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird ein bogenförmiger Hautschnitt mit der Basis proximal und dem Bogen entsprechend der Kniescheibenspitze angelegt. Dabei ist zu achten, daß die Basis breit ist, das heißt von der Mitte der Oberschenkelinnenseite zur Mitte der Oberschenkelaußenseite verläuft. W i r d die Basis des Bogenschnittes zu klein geführt, so besteht die Gefahr, daß der H a u t l a p p e n nekrotisch wird. a

b

c

d Abb. 81 a — d . Geschlossener Bruch der Kniescheibe mit Auseinanderweichen der Bruchstücke. D e r Bruch w u r d e mit einer D r a h t n a h t versorgt (Abb. 81 a). D e r D r a h t ist zu weit dorsal der Knochenm i t t e angelegt. Bei d e r ersten Belastung ist das p e r i p h e r e Bruchstück aus der Drahtschlinge h e r a u s g e k i p p t (Abb. 81 b). Neuerliche D r a h t n a h t . Die Lage des D r a h t e s ist jetzt richtig (Abb. 8 1 c ) . D i e beiden Drahtenden waren aber beim Knüpfen nicht gleich lang u n d d a h e r nicht richtig gegeneinander v e r d r e h t , sondern n u r der längere D r a h t um den k ü r z e r e n herumgeschlungen. Bei der Belastung k a m es z u m Bruch des k ü r z e r e n D r a h t e s an seiner Basis u n d z u m neuerlichen Auseinanderweichen der Bruchstücke (Abb. 81 d)

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Kniebereich

Abb. 82. Bruch der rechten Kniescheibe bei einem 21jährigen K r a f t f a h r e r . D e r Bruch w u r d e nach dem Einrichten mit zwei Bohrdrähten fixiert. Bei der G i p s a b n a h m e nach sechs Wochen b e s t a n d zwischen den Bruchstücken w i e d e r eine Diastase. Gekreuzte Bohrdrahte stellen bei Kniescheibenbrüchen keine stabile Osteosynthese dar. Außerdem sind in diesem Fall die D r ä h t e nicht richtig gekreuzt, sondern viel zu flach z u e i n a n d e r eingebohrt, so d a ß die Bruchstücke auseinanderweichen k ö n n e n

Mit einem scharfen Wundhaken läßt sich die H a u t und das Subkutangswebe leicht nach oben ziehen, so daß die Bruchstücke der Kniescheibe und der gerissene Reservestreckapparat zur Darstellung kommen. Vorhandene Blutkoagula und zwischen den Bruchstücken interponierte Gewerbsteile werden entfernt. Sind beide Kniescheibenbruchstücke ungefähr gleich groß, so werden sie 1—1,5 cm von der Bruchfläche entfernt, quer durchbohrt. Es ist darauf zu achten, daß die Bohrlöcher knapp ventral von der Mitte liegen, um ein späteres Kippen der Bruchstücke zu verhindern. Sind die Bruchstücke ungleich groß, so wird das kleinere mit einer gebogenen Ahle umfahren und nur das größere Bruchstück durchbohrt. Die Ahle muß an ihrer Spitze eine Öse zum Einspannen des Drahtes besitzen. Bei der U m f ü h r u n g der Ahle ist darauf zu achten, daß der D r a h t dem Knochen eng anliegt und daß sich keine Weichteile zwischen D r a h t und Knochen befinden, weil es sonst zu einem Durchschneiden des Drahtes durch die Weichteile und so zu einer Lockerung der D r a h t n a h t und somit zu einem Auseinanderweichen der Bruchstücke kommen kann. U m die Bohrlöcher richtig anlegen bzw. das kleinere Bruchstück mit der Ahle eng umführen zu können, legt man kleinere Längsschnitte k n a p p seitlich neben den Bruchstücken im Reservestreckapparat an. Für die Naht wird ein 1 mm starker rostfreier Stahldraht verwendet. Drähte unter 1 mm Stärke dürfen nicht verwendet werden, weil sie der Belastung nicht gewachsen sind und reißen.

Kniebereidi

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Nach dem Anlegen des Drahtes werden beide Bruchstücke mit zwei einzinkigen H a k e n in anatomisch richtiger Stellung zusammengehalten und der D r a h t mittels einer Spannzange geknüpft. D a n n werden Röntgenbilder in beiden Ebenen angefertigt, um die richtige Stellung der Bruchstücke (keine Stufe in der Gelenksfläche usw.) sowie die richtige Lage des Drahtes zu überprüfen. Anschließend wird der Reservestreckapparat mit U - und Adaptionsnähten vereinigt. Nach Anlegen einer Saugdrainage und N a h t der H a u t wird eine gespaltene Oberschenkelgipshülse gegeben. Bei glatter Wundheilung werden die Hautnähte nach vierzehn Tagen entfernt und eine Oberschenkelgipshülse wird in Streckstellung des Kniegelenkes von 180° angelegt. Die Dauer der Ruhigstellung beträgt ab Operation vier Wochen. W i r d die Kniescheibendrahtnaht nicht in der vorher beschriebenen Weise angelegt, so kommt es häufig zu Mißerfolgen. Auch die Verwendung von gekreuzten Bohrdrähten oder das Anlegen von Periostnähten zeitigt in der Regel ein schlechtes Ergebnis. Der Hautschnitt für die Entfernung der Kniescheibe ist der gleiche wie für eine Kniescheibendrahtnaht. Die Bruchstücke werden dargestellt und entfernt. Es ist darauf zu achten, daß das ganze Periost mitgenommen wird, weil es sonst zur Ausbildung schmerzhafter Regenerate kommen kann. Durch ein Röntgenbild von der Seite überzeugt man sich, daß alle Bruchstücke entfernt sind. D a n n werden der Streck- und Reservestreckapparat mit U - und Adaptionsnähten vereinigt. Sollte ein Defekt im Streckapparat vorhanden sein, der sich nicht beseitigen läßt, so spaltet man teilweise die Rektussehne, schlägt sie nach distal um und überbrückt so den Defekt. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird die Haut genäht und eine gespaltene Oberschenkelgipshülse angelegt. Nach zwei Wochen werden die H a u t n ä h t e entfernt und eine Oberschenkelgipshülse in einer Stellung des Kniegelenkes von 1 6 5 — 1 7 5 ° für weitere drei Wochen angelegt.

4. Habituelle Kniescheibenverrenkung Zur Behandlung einer habituellen Kniescheibenverrenkung eignet sich am besten die Operationsmethode nach KROGIUS in Kombination mit der Versetzung der Tuberositas tibiae (Abb. 83 a — c ) , solange noch keine Arthrose an der Kniescheibengelenkfläche besteht. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird durch einen ungefähr 25 cm langen Hautschnitt an der Knievorderseite, der 10 cm oberhalb der Kniescheibenbasis beginnt, der Streckapparat dargestellt. Aus dem Reservestreckapparat medial der Kniescheibe wird ein ungefähr 1 cm breiter und 15 cm langer Streifen, entsprechend der Form der Kniescheibe, leicht bogenförmig mit der Basis proximal herausgeschnitten und vorläufig nach oben umgeschlagen. Lateral der Kniescheibe wird der Reservestreckapparat in gleicher H ö h e , ebenfalls entsprechend der Kniescheibenform leicht bogenförmig, eingeschnitten. D a n n vernäht man den medial der Kniescheibe im Reservestreckapparat entstandenen Defekt. Dadurch kommt es zu einem Klaffen des vorher eingeschnittenen Reservestreckapparates lateral der Kniescheibe. In diese Lücke wird der von der Medialseite gewonnene Streifen hinübergeschlagen und mit feinen Knopfnähten vernäht. Die Kniescheibe wird durch diesen Vorgang nach medial zu gezogen. Anschließend erfolgt noch zusätzlich die Versetzung der Tuberositas tibiae nach medial und distal. Dazu wird die Tuberositas tibiae mit dem Lig. patellae in Blockform aus dem Schienbein gemeißelt. Nachdem man einen gleich großen Block aus dem Schienbein 2 — 3 cm medial und etwas distal davon herausgemeißelt hat, wird die Tuberositas tibiae mit dem Lig. patellae

92

Kniebereidi

an dieser Stelle eingepflanzt und mit einer Schraube befestigt. Der Defekt im Bereich der alten Stelle der Tuberositas tibiae wird mit dem gewonnenen Knochenblock ausgefüllt. Durch die Versetzung der Tuberositastibiae nach medial und distal wird einerseits die Zugrichtung des Streckapparates geändert, d. h. die Kniescheibe wird nach innen zu gezogen, andererseits wird eine gute Spannung des Streckapparates erreicht. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage und N a h t der H a u t wird eine gespaltene Oberschenkelgipshiilse in Streckstellung des Kniegelenkes von 180° angelegt. Nach zwei Wochen werden die Hautnähte entfernt und die gespaltene Gipshülse wird durch eine geschlossene ersetzt, mit der der Patient aufstehen und herumgehen kann. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt fünf Wochen. Ist jedoch eine deutliche Arthrose der Kniescheibengelenksfläche und der des PatellaFemoralgelenkes vorhanden, so soll die Kniescheibe entfernt werden. Die weitere Operationsmethode nach K R O G I U S und die Versetzung der Tuberositas tibiae ist nach der Kniescheibenentfernung anzuschließen.

Abb. 83 a—c. Schematische Darstellung der Operation bei habitueller Kniescheibenverrenkung. Aus dem Reservestreckapparat medial der Kniescheibe wird ein ungefähr 1 cm breiter Streifen mit der Basis proximal herausgeschnitten. Lateral der Kniescheibe wird der Reservestreckapparat in gleicher Höhe eingeschnitten (Abb. 83 a). Dann vernäht man den medial der Kniescheibe entstandenen Defekt. Dadurch kommt es zu einem Klaffen des vorher eingeschnittenen Reservestreckapparates lateral der Kniescheibe (Abb. 83 b). In diese Lüdce wird der aus der Medialseite gewonnene Streifen hinübergeschlagen und vernäht (Abb. 83 c). Zusätzlich wird die Tuberositas tibiae mit dem Lig. patellae nach medial und distal verpflanzt

Kniebereich

93

5. Riß des Ligamentum patellae proprium Bei einem Riß des Lig. patellae proprium kann nur operativ erzielt werden.

durch Naht eine

Heilung

Die Naht des Bandes wird in Allgemeinnarkose und Blutleere ausgeführt. Der bogenförmige Hautschnitt wird wie zur Kniescheibendrahtnaht angelegt, nur mit dem Unterschied, daß sein kaudalster Punkt über der Tuberositas tibiae liegt, um auch einen guten Überblick über den Reservestreckapparat zu gewinnen. Die Rißenden des Bandes werden durch durchflochtene Seidennähte vereinigt. Ist die Rißstelle nahe der Kniescheibe, so kann man die Kniescheibe quer durchbohren, durch das Loch einen oder zwei Seidenfäden führen, mit ihnen anschließend die beiden Rißenden durchflechten und vernähen. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird nur die Haut genäht und eine gespaltene Oberschenkelgipshülse angelegt. Bei glatter Wundheilung werden nach zwei Wochen die Hautnähte entfernt und die gespaltene Gipshülse wird durch eine geschlossene ersetzt, mit der der Verletzte aufstehen kann. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt vier Wochen. Beim Riß des Ligamentum patellae darf zur Naht nie Draht verwendet werden, weil dieser infolge der dauernden Bewegungen bricht. Geschieht dies vor Heilung des Bandes, so kommt es zu einem neuerlichen Auseinanderweichen der Rißenden und als Folge davon zu einem Kniescheibenhochstand.

Abb. 84. Mit Draht versorgter R i ß des Ligamentum patellae. Nach der Operation wurde eine Gipshülse für drei Wochen angelegt. Vier Wochen nach der Gipsabnahme war der D r a h t gerissen

6. Kniegelenkmeniskus Besteht ein Riß des medialen oder lateralen Meniskus, so muß man operativ vorgehen. Dabei darf nicht der ganze Meniskus, sondern nur der verletzte Meniskusteil entfernt weiden.

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Kniebereich

Quem!) A b b . 85. Schematische D a r s t e l l u n g der M e n i s k u s r i ß f o r m e n . Die typischen A b t r a gungsstellen sind strichliert eingezeichnet. (Aus J O N A S C H , Das Kniegelenk, Walter de Gruvter & Co., Berlin 1964)

Lappenriß

umgeschlagener

Lappenriß

Wird der ganze Meniskus entfernt, so kommt es zu statischen gelenk und als Folge davon zur Ausbildung einer Arthrose.

Veränderungen

im

Knie-

In Allgemeinnarkose und Blutleere wird der Verletzte am Operationstisch mit heruntergeklapptem Fußteil so gelagert, daß das Bein bei rechtwinklig gebeugtem Kniegelenk herunterhängt. Der ungefähr 6 cm lange und leicht schräge Hautschnitt wird so über dem Gelenkspalt angelegt, daß er vom Oberschenkelepikondylus in Richtung der Tuberositas tibiae geht. Der Schnitt soll nicht zu weit nach vorne reichen und nach distal den Gelenkspalt nicht um mehr als 1 cm überragen. Bei dieser Schnittführung werden die Äste des N . saphenus und des N . cutaneus femoris anterior geschont und dadurch Störungen des Hautgefühls bzw. Bildungen von Neuromen, die sich beim Knien störend auswirken können, vermieden. Nachdem man sich den Schienbeinkopfrand getastet hat, wird die Gelenkkapsel 15—20 mm oberhalb davon quer eingeschnitten. Durchtrennt man die Gelenkkapsel weiter caudal, so gelangt man an die Meniskusbasis und kann dabei den Meniskus von seiner Unterlage am Schienbeinkopf ablösen. Der quere Kapselschnitt darf nur so lang gemacht werden, daß dabei weder das Seitenband noch das Lig. patellae verletzt werden. Die Teilabtragung des verletzten Meniskus erfolgt in der auf Abbildung 85 dargestellten Weise. Nach der Teilabtragung werden ein bis zwei feine N ä h t e durch den synovialen Anteil der Gelenkkapsel so angelegt, daß sie nicht im Gelenk zu liegen kommen. D a n n wird der Fußteil dei Operationstisches hochgeklappt, so daß das Bein gestredet ist. Die fibröse Kapsel wird mit zwei oder drei feinen N ä h t e n verschlossen und anschließend die H a u t genäht. Nach der H a u t n a h t wird ein ZellstofF-Kompressionsverband angelegt, wobei das Kniegelenk

Kniebereich in einer Beugestellung von ungefähr 140° sein soll. Im Bett wird das Bein auf einer schen Schiene oder auf einem Polster gelagert.

95 BRAUN-

Bei glatter Wundheilung werden am neunten Tage die H a u t n ä h t e entfernt. Am zehnten T a g wird ein Zinkleimverband f ü r den Unterschenkel und eine elastische Binde f ü r das Kniegelenk angelegt, mit denen der Verletzte aufstehen und herumgehen kann. Die konservative Behandlung eines Meniskusrisses durch Ruhigstellung mit einer Oberschenkelgipshülse ist zwecklos, weil der Riß trotz Ruhigstellung nicht zusammenheilt.

7. Parapatellarschnitt zur Eröffnung des Kniegelenkes Wenn ein guter Überblick über das Kniegelenk gebraucht wird, z. B. bei freien Gelenkkörpern, Tumoren usw., so ist es am besten, das Gelenk durch einen medialen bzw. lateralen Parapatellarschnitt zu eröffnen. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird bei Rückenlage des Verletzten ein ungefähr 15 cm langer Hautschnitt, ungefähr 7 cm oberhalb der Kniescheibenbasis beginnend, leicht bogenförmig medial oder lateral des Kniescheibenrandes, entsprechend der Form der Kniescheibe bis 1 cm oberhalb der Tuberositas tibiae angelegt. Dann werden die Faszie, die sehnigen Anteile des M. vastus medialis bzw. lateralis und die Gelenkkapsel in gleicher Richtung durchtrennt und so das Kniegelenk eröffnet. H a t man den freien Gelenkkörper, T u m o r usw. entfernt, so wird nur die Gelenkkapsel durch einige feine N ä h t e verschlossen und dann die H a u t genäht. Nachdem man einen Zellstoff-Kompressionsverband angelegt hat, wird das Bein im Bett auf einer B R A U N s c h e n Schiene gelagert. Am zehnten T a g nach der Operation kann der Verletzte aufstehen, nachdem die H a u t nähte entfernt und ein Zinkleimverband für den Unterschenkel sowie eine elastische Binde f ü r das Kniegelenk angelegt wurden.

8. Arthrodese des Kniegelenkes Die Versteifung des Kniegelenkes ist angezeigt bei in schlechter Stellung geheilten und dadurch schmerzhaften Brüchen, bei stark schmerzhaften Arthrosen und bei schmerzhaften Teilversteifungen nach Kniegelenkinfektionen. Ein in guter Stellung versteiftes Kniegelenk ist besser als ein um wenige Grade bewegliches und dabei schmerzhaftes Gelenk, weil durch die Arthrodese ein stabiles, belastungsfähiges und schmerzfreies Bein geschaffen wird. Bei Tabikern soll keine Kniegelenkarthrodese, auch nicht mittels Kompression gemacht werden, da es bei diesen fast nie zu einer knöchernen Heilung kommt. Vor der Operation sind Röntgenbilder vom Format 15 X 40 cm — auch von der Vergleichsseite — anzufertigen, um die Größe des Knievalgus zu bestimmen. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird das Kniegelenk durch einen bogenförmigen Schnitt, dessen tiefster Punkt 2 cm unter der Kniescheibenspitze liegt, eröffnet. Der Schnitt soll außerdem bis zur Mitte der Innen- bzw. Außenseite des Oberschenkels reichen, damit die Basis des Hautlappens möglichst breit wird (Abb. 86 a). Nachdem das Lig. patellae durchtrennt wurde, können H a u t und Kniescheibe nach oben umgeschlagen werden. Die Gelenkkapsel, die Seiten- und Kreuzbänder werden durchtrennt. Damit die Gelenkflächen des Oberschenkels und des Schienbeins einwandfrei zur Darstellung kommen, wird der Unterschenkel maximal gebeugt. Die Gefäße in der Kniekehle werden durch einen Metallspatel geschützt.

96

il

Kniebereich

c

i. 86 a—d. Schematische Darstellung Kompressionsarthrodese des Kniegelenkes. (Aus J O N A S C H , Das Kniegelenk, W a l t e r d e G r u y t e r & C o . , B e r l i n 1964)

Von der Gelenkfläche des Oberschenkels und des Schienbeins wird eine je 8—10 mm dicke Knorpel-Knochenscheibe abgesägt. Die Resektionsflächen müssen dabei etwas schräg angelegt werden, damit zwischen Ober- und Unterschenkel die Valgusstellung wie auf der gesunden Seite und eine Beugestellung von 170—175° vorhanden ist (Abb. 86b). Die leichte Beugestellung ist wichtig, weil dadurch das Gehen mit dem versteiften Gelenk erleichtert wird. Mit zwei gekreuzt eingeführten Bohrdrähten oder Steinmann-Nägeln werden die Resektionsfläche des Oberschenkels und die des Schienbeins aneinander fixiert (Abb. 86 c) und dann Röntgenbilder in beiden Ebenen gemacht. Zeigt die Röntgenkontrolle eine gute Stellung, so werden 3—4 cm von der Resektionsstelle entfernt und etwas dorsal der Knochenmitte am Oberschenkel und am Schienbein ein je 4 mm starker und 250 mm langer Steinmann-Nagel parallel zueinander eingeschlagen (Abb. 86 d) und die Spanner angelegt. Damit die H a u t nach dem Anlegen der Kompression keine Spannung zeigt, wird sie beim Schlagen der Nägel am Oberschenkel nach aufwärts und am Unterschenkel nach abwärts zu verzogen. Ist die Kompression angelegt, so können die gekreuzten Bohrdrähte entfernt werden. Durch eine Röntgenkontrolle in beiden Ebenen überzeugt man sich von der guten Lage der Kompression. Anschließend wird die Kniescheibe heruntergeklappt und das Lig. patellae mit zwei feinen Nähten versorgt. Die Kniescheibe soll man, wenn möglich, belassen, um die Form des Knies zu erhalten. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird die H a u t durch K n o p f n ä h t e verschlossen und eine gespaltene Oberschenkelgipshülse angelegt. Der Gipsverband ist zwischen den

Oberes Unterschenkelende

97

S t e i n m a n n - N ä g e l n auf jeder Seite f e n s t e r f ö r m i g auszuschneiden, damit er beim weiteren Z u s a m m e n s p a n n e n der K o m p r e s s i o n nicht im W e g e ist. I m B e t t w i r d d a s Bein auf einem K e i l p o l s t e r gelagert. D i e O p e r a t i o n s w u n d e w i r d nach einer Woche freigelegt und die H a u t n ä h t e werden a m 14. T a g entfernt. A b der zweiten Woche nach der O p e r a t i o n w e r d e n die Schrauben der K o m p r e s s i o n jeden zweiten T a g um eine halbe U m d r e h u n g angezogen. N a c h sechs Wochen w i r d die gespaltene Gipshülse a b g e n o m m e n u n d die S p a n n e r der K o m p r e s s i o n w e r d e n entfernt. Ist die A r t h r o d e s e klinisch fest, so können die S t e i n m a n n N ä g e l herausgezogen u n d eine geschlossene Z i n k l e i m - G i p s h ü l s e f ü r weitere sechs Wochen angelegt werden, mit der der V e r l e t z t e aufstehen und herumgehen k a n n . Sollte die A r t h r o d e s e nach sechs Wochen klinisch noch nicht fest sein, so müssen die S p a n n e r wieder angebracht und die K o m p r e s s i o n noch weitere zwei Wochen liegengelassen werden.

Abb. 87. Schlottergelenk des rechten Knies infolge Tabes bei einem 52jährigen Hilfsarbeiter. Deswegen wurde eine Arthrodeseoperation durchgeführt. Die Röntgenkontrolle zeigt den Zustand neun Monate nach der Operation und dauernder Ruhigstellung im Gipsverband. Die Arthrodese ist nicht fest. Verordnung eines Schienenhülsenapparates

Oberes Unterschenkelende Seil ienbeinkopfbrüche Bei einem Bruch des äußeren oder inneren Schienbeinknorren muß nicht nur die Schienbeingelen kfläche, sondern auch die n o r m a l e V a l g u s - oder V a r u s s t e l l u n g des K n i e g e l e n k s wiederhergestellt werden. Ist ein Schienbeinknorren oder nur ein Teil desselben abgespalten oder als G a n z e s g e k i p p t und in die T i e f e geschlagen, so gelingt die Einrichtung meist unblutig durch entsprechende O - oder X - V e r m e h r u n g im K n i e g e l e n k und entsprechendem Fingerdruck. D i e gute Stellung des Bruches soll mit p e r k u t a n gekreuzt eingeführten B o h r d r ä h t e n o d e r mit einer Schraube mit Gegenmutter festgehalten werden. 7

Jonasch,

O p e r a t i o n e n , 2. A u f l .

98

Oberes Unterschenkelende

Schwieriger gestaltet sich die B e h a n d l u n g der S c h i e n b e i n k o p f b r ü c h e , bei denen ein T e i l der Gelenkfläche in die T i e f e geschlagen ist. Wegen der Behandlung muß man dabei zwei Gruppen (Abb. 88) unterscheiden: schmaler

Rand

breiter

Rand

Abb. 88. Schematische Darstellung eines Bruches des äußeren Schienbeinknorren mit schmalem und breitem „Rand"

a) Impression der Gelenkfläche, bei welcher der vom äußeren Anteil des Schienbeinknorrens erhalten gebliebene Rand genügend breit ist, um die Stabilität des Kniegelenkes zu gewährleisten. Diese Fälle werden genauso eingerichtet wie die, bei welchen keine Impression der Gelenkfläche vorhanden ist, d. h. auf konservativem Weg. b) Impression der Gelenkfläche, bei der nur ein schmaler Rand vom äußeren Anteil des Schienbeinknorrens erhalten geblieben ist, welcher als Tragfläche für den äußeren Oberschenkelknorren nicht genügt. In diesen Fällen muß operativ vorgegangen werden. I n A l l g e m e i n n a r k o s e u n d B l u t l e e r e legt m a n an der V o r d e r s e i t e des entsprechenden S c h i e n b e i n k n o r r e n einen u n g e f ä h r 10 cm langen senkrechten H a u t s c h n i t t an, der in H ö h e des K n i e g e l e n k s p a l t e s beginnt und nach distal zu reicht. D e r S c h i e n b e i n k n o r r e n w i r d subperiostal freigelegt, o h n e d a ß dabei das K n i e g e l e n k eröffnet w i r d . D a die I m p r e s s i o n meist im z e n t r a l e n , hinteren A n t e i l der Gelenkfläche liegt, m e i ß e l t m a n aus der V o r d e r w a n d des S c h i e n b e i n k n o r r e n e t w a in H ö h e der Tuberositas t i b i a e ein 15 : 15 m m großes Fenster ( A b b . 8 9 a) in die K o r t i k a l i s .

Abb. 89 a. Aus der Vorderwand des Schienbeinknorren wird ein ungefähr 1 5 : 1 5 mm großes Fenster gemeißelt. Durch dieses Fenster wird ein rundes Stopfeisen eingeführt und mit leichten Hammerschlägen vorgeschlagen. Diesen Vorgang wiederholt man so lange, bis die ganze in die Tiefe geschlagene Gelenksfläche wieder in richtiger Höhe ist

Oberes Unterschenkelende

99

Besteht in der Vorderwand des Schienbeinknorren ein Bruchspalt, so soll das Fenster so angelegt werden, daß es diesen nicht berührt. Ist ein Teil des Kondyls gekippt, so muß dieser jetzt eingerichtet und mit einer Schraube mit Gegenmutter, die quer durch den Schienbeinkopf gebohrt wird, fixiert werden. Durch das in die Kortikalis gemeißelte Fenster f ü h r t man in steiler Richtung gegen die Mitte des Schienbeinknorren ein rundes Stopfeisen und schlägt es mit leichten H a m m e r schlägen gegen die Gelenkfläche vor. Diesen Vorgang wiederholt man so lange, bis die ganze in die Tiefe geschlagene Gelenkfläche wieder in richtiger H ö h e ist. Am leichtesten gelingt diese Operation unter Durchleuchtung mit einem Bildwandler. Der in der Spongiosa des Schienbeinknorren entstandene Hohlraum wird mit Spongiosa aus der Knochenbank aufgefüllt und fest ausgestopft, so daß sich die gehobene Gelenkfläche nicht mehr in die Tiefe senken kann. Zeigt nach dem Heben und Auffüllen des Schienbeinknorren ein in seiner Vorderwand bestehender Bruchspalt die Tendenz sich zu verbreitern, so bohrt man ebenfalls eine Schraube mit Gegenmutter quer durch den Sdiienbeinkopf, um eine spätere Verbreiterung des Schienbeinkopfes zu verhindern. Die Schraube muß mindestens 1 cm von der Gelenkfläche entfernt und parallel zu ihr eingebohrt werden (Abb. 89 b). Zeigt die Röntgenkontrolle, daß die Schienbeingelenkfläche wiederhergestellt ist bzw. eine gute Lage der Schraube, so wird eine Saugdrainage angelegt und anschließend nur die H a u t genäht. Zur Ruhigstellung wird ein gespaltener Oberschenkelgipsverband gegeben, der nach zwei Wochen durch einen geschlossenen ersetzt wird, mit dem der Verletzte aufstehen darf, ohne jedoch das Bein zu belasten. Die Dauer der Ruhigstellung beträgt ab Operation zwölf Wochen. Zwei Wochen vor der Gipsabnahme kann ein Gehbügel angelegt werden, so daß der Verletzte das Bein belasten kann.

Unterschenkelschaft 1. Unterschenkelbrüche Die geschlossenen Unterschenkelschaftbrüche sollen in der Regel konservativ behandelt werden, weil mit dieser Behandlung die besten Ergebnisse erzielt werden können. Der Dauerzug mit 1—3 kg durch drei Wochen wird mittels eines Steinmann-Nagels, der durch das Fersenbein geschlagen wurde, ausgeübt. Dann wird ein Oberschenkelgehgipsverband angelegt, mit dem die Verletzten gehen können. Die Dauer der Ruhigstellung richtet sich nach der Bruchform und beträgt acht bis zwölf Wochen. Nur bei unstabilen Unterschenkelbrüchen, das sind Querbrüche mit Verschiebung um volle Schaftbreite (Abb. 90 a) mit und ohne Verkürzung, die nach dem unblutigen Aufeinanderstellen wieder zur Verschiebung neigen und bei halben Drehbrüchen (Abb. 90 b), die sich im Streckverband um Schaftbreite verschieben, soll nach der Einrichtung ein Draht in den Markraum des Schienbeins eingeführt werden.

Querbruch

Halber Dreh bruch

Abb. 90 a u. b. Bruchformen, bei denen die Indikation f ü r die Markdrahtung des Schienbeins besteht. Querbruch mit Verschiebung um volle Schaftbreite und Verkürzung (Abb. 90 a) Halber Drehbruch mit Verschiebung um volle Schaftbreite nach lateral (Abb. 90 b)

Durch den Markdraht kann man ein seitliches Abweichen der Bruchstücke um mehr als Markraumbreite verhindern. Trotz des eingeführten Markdrahtes haben die Bruchstücke die Möglichkeit zusammenzurücken.

Unterschenkelschaft

101

Die Markdrahtung wird in Allgemeinnarkose und Rückenlagerung des Verletzten vorgenommen. Zuerst wird ein Steinmann-Nagel durch das Fersenbein geschlagen und daran ein Bügel befestigt. Die Einrichtung der Bruchstücke erfolgt am besten unter Sicht eines Bildwandlers oder unter kurzer Durchleuchtung. Steht kein Assistent zur Verfügung, so spannt man den Unterschenkel in einem kleinen Schraubenzugapparat ein. Der M a r k d r a h t wird durch die mediale Schienbeinfläche in H ö h e der Tuberositas tibiae eingeführt. Ist jedoch der Bruch weniger als 10 cm vom Sprunggelenk entfernt, so f ü h r t man den Markdraht durch die Spitze des inneren Knöchels ein (Abb. 91). Durch einen 3—4 cm lagnen Hautschnitt legt man den Knochen frei und durchbohrt mit einem Pfriem (Abb. 92) die Kortikalis in senkrechter Richtung. D a n n wird der Pfriem so weit gesenkt, daß er möglichst parallel zum Schienbein zu liegen kommt. In dieser Stellung wird der Pfriem in den Knochen weiter hineingebohrt, bis ein entsprechend großes Loch in der Kortikalis entsteht. Durch dieses Loch wird der M a r k d r a h t eingeführt. Er muß eine Stärke von 2 mm, gut abgerundete Enden und eine Länge von 30 cm haben. Vor dem Einführen des Markdrahtes wird er ungefähr 3 cm vor seinem Ende um 10° verbogen, damit er leichter über die Bruchstelle hinweggleiten kann. Bleibt der D r a h t beim Einführen an der Bruchstelle hängen, so

Abb. 91.

Der M a r k d r a h t wird durch die mediale Schienbeinfläche in H ö h e der Tuberositas tibiae eingeführt. Ist der Bruch weniger als 10 cm vom Sprunggelenk entfernt, so f ü h r t man den M a r k d r a h t durch die Spitze des inneren Knöchels ein

Abb. 92. P f r i e m f ü r die Durchbohrung der Kortikalis des Schienbeins zur anschließenden Einführung eines Markdrahtes

UnterscJienkelsdiaft

102

verdreht man ihn einfach um 90°. Durch die vorher beschriebene Verbiegung des Drahtendes gelingt es dann leicht, den Draht über die Bruchstelle hinwegzuschieben. Der Draht soll im Schienbein bis 2 cm an das Sprunggelenk eingeführt werden (Abb. 93). Der dann noch aus der Hautwunde herausstehende Teil wird abgezwickt und die Haut durch Knopfnähte verschlossen.

Abb. 93.

Der Markdraht soll im Schienbein bis auf 2 cm an das Sprunggelenk eingeführt werden

.Ii 2 cm Durch eine Röntgenkontrolle stücke und der richtigen Lage zwischen den Bruchstücken keine man den Unterschenkel von der

überzeugt man sich von der richtigen Stellung der Bruchdes Drahtes. Dabei ist besonders darauf zu achten, daß Diastase besteht. Diese kann man leicht beseitigen, wenn Fußsohle her durch Faustschläge zusammenstaucht.

Die beiden Bruchflächen des Wadenbeins sollen nicht aufeinanderstehen, sondern um volle Schaftbreite gegeneinander verschoben sein. Nach der Operation braucht kein Gipsverband angelegt zu werden. Das Bein wird auf einer BRAUNschen Schiene gelagert und am Fersenbeinnagel ein Zug ausgeübt — bei Querbrüchen von x/2 kg und bei halben Drehbrüchen bis zu 3 kg. Bei Querbrüchen wird die Extension nach zwei Wochen abgenommen und ein Oberschenkelgipsverband angelegt, mit dem der Verletzte aufstehen und mit Hilfe von Stützkrücken gehen kann, ohne das Bein zu belasten. Nach einer weiteren Woche wird ein Gehbügel angelegt, so daß der Verletzte das Bein voll belasten kann. Bei halben Drehbrüchen soll die Extension erst nach drei Wochen abgenommen und ein Oberschenkelgehgipsverband angelegt werden. Die Dauer der Ruhigstellung im Gipsverband beträgt ab Unfall zwölf Wochen. Nach der Gipsabnahme soll, wenn die Haut in Ordnung ist, der Markdraht entfernt werden, auch dann, wenn der Bruch noch nicht geheilt sein sollte und eine weitere Ruhigstellung im Gipsverband notwendig ist. Die Markdrahtentfernung wird in Lokalanästhesie von einem kleinen Hautschnitt aus durchgeführt. Die Indikation für die Markdrahtung hei offenen Unterschenkelbrüchen ist die gleiche wie bei den geschlossenen. Frische offene Unterschenkelbrüche müssen nach der Wundaussdineidung und Markdrahtung mit einem gespaltenen Oberschenkelgipsverband und im Dauerzug mit Gewichten bis zu 5 kg behandelt werden. Bei glatter Wundheilung kann nach drei Wochen ein Oberschenkelgehgips verband angelegt werden.

Unterschenkelschaft

103

Die Behandlung der Unterschenkelschaftbrüche mit straffen Drahtumschlingungen, mit P l a t t e n , S c h r a u b e n o d e r m i t d e m D o p p e l d r a h t g i p s v e r b a n d ist nicht a n g e z e i g t , w e i l es d a d u r c h z u v e r z ö g e r t e r K a l l u s b i l d u n g u n d z u P s e u d a r t h r o s e n k o m m e n k a n n . A u c h die Unterschenkelmarknagelung bietet keine Vorteile gegenüber der konservativen B e h a n d l u n g b e s o n d e r s d a n n , w e n n sie technisch nicht richtig a u s g e f ü h r t w u r d e .

Abb. 94 a—c. Offener Querbrucb des linken Unterschenkels bei einer 44jährigen H a u s f r a u , die von einem P K W niedergestoßen wurde. Es besteht am Schienbein eine Verschiebung um mehr als Schaftbreite nach vorne (Abb. 94 a). Nach der Wundausschneidung wurde der Bruch eingerichtet und ein Markdraht eingeführt. Die Bruchstücke des Wadenbeins sind um mehr als volle Schaftbreite verschoben. Am Schienbein besteht keine Distraktion (Abb. 94 b). Zwölf Wochen nach der Verletzung wurde der Oberschenkelgipsverband abgenommen und der M a r k d r a h t entfernt. Der Unterschenkelbruch ist in achsengerechter Stellung von beiden Seiten geheilt (Abb. 94 c)

104

Abb. 95 a—e.

Unterschenkelsdiaft

Geschlossener Unterschenkeldrehbruch bei einer 30jährigen Schneiderin, durch Sturz beim Skifahren (Abb. 95 a).

entstanden

Der Bruch w u r d e operativ eingerichtet und das Schienbein mit drei straffen Drahtschlingen fixiert. Nach zwölf Tagen Bettruhe w u r d e ein Oberschenkelgipsverband angelegt, mit dem die Verletzte a u f stehen, das Bein aber nicht belasten durfte. Die Abb. 95 b zeigt den Zustand vier Wochen nach dem Unfall. Nach zwölf Wochen w u r d e der Gipsverband abgenommen. Bei der Röntgenkontrolle sieht man, d a ß die Bruchspalten größer geworden sind und keine Kallusbildung vorhanden ist (Abb. 95 c). Audi durch eine weitere Ruhigstellung im Gipsverband durch sechs Wochen konnte keine Heilung erzielt werden (Abb. 95 d). Nach jedem Bruch sterben von den Bruchenden 0,5—3 mm Knochen ab und werden resorbiert, wie dies gut auf Abb. 95 b und c zu ersehen ist. Der Unterschenkeldrehbruch ist deswegen nicht geheilt, weil die straffen Drahtschlingen ein Zusammenrücken der Bruchstücke verhindert haben. Erst nach E n t f e r n u n g der Drahtschlingen, gleichzeitiger Wadenbeinosteotomie und Anlagerung eines Knochenspanes nach PHEMISTER heilte der Unterschenkelbruch knödiern (Abb. 95 e)

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Abb. 96. Geschlossener Unterschenkeldrehbruch bei einem 18jährigen Müller entstanden durch Sturz beim Skifahren. Der Bruch wurde mit zwei Marknägeln versorgt und nach einigen Tagen ein Oberschenkelgehgipsverband angelegt. Vier Monate später konnte der Verletzte das Bein im Gehgipsverband noch immer nicht belasten, weil er dabei starke Schmerzen hatte. Die Röntgenkontrolle vier Monate nach der Verletzung zeigt, daß der Unterschenkelbruch nicht geheilt ist, weil ein Marknagel nicht das periphere Bruchstück faßt, sondern ventral davon herausgeschlagen ist und dabei den großen Drehkeil nach ventral zu abdrängt. Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, bei jeder Operation am Knochen die entsprechenden Röntgenbilder zu machen. Eine knöcherne Heilung des Bruches konnte erst nach Entfernung der Marknägel, einer Osteotomie des Wadenbeins und gleichzeitiger Knochenspananlagerung nach P H E M I S T E R erzielt werden

106

Unterschenkelschaft

Abb. 97. Offener Unterschenkelbruch bei einem 18jährigen L a n d w i r t . Nach der Wundausschneidung wurde das Schienbein markgenagelt. Anschließend Ruhigstellung mit einem Oberschenkelgehgipsverband durch zwölf Wochen. Keine Infektion. Zwei Wochen nach der Gipsabnahme bemerkte der Verletze eine zunehmende Verbiegung des U n t e r schenkels. Die Röntgenkontrolle vier Wochen nach der Gipsabnahme zeigt, d a ß der Marknagel in H ö h e des Bruchspaltes gebrochen und der Bruch des Schienbeins nicht geheilt ist. Durch die Verwendung

eines zu dünnen

und zu kurzen Marknagels geschaffen

wurde keine stabile

Osteosynthese

Unterschenkelschaft

Abb. 98 a—c. Geschlossener Drehbruch am unteren Unterschenkelende bei einer 54jährigen Angestellten, entstanden durch Sturz beim Skifahren (Abb. 98 a). Der Bruch w u r d e operativ eingerichtet, mit einer Platte und 10 Schrauben fixiert und ein Unterschenkelgipsverband f ü r zwölf Wochen angelegt. Während der zwölf Wochen durfte die Verletzte das Bein nicht belasten und mußte mit Stützkrükken gehen. Die Röntgenkontrolle zeigt den Zustand nach der Gipsabnahme (Abb. 98 b). Erst zwanzig Wochen nach dem U n f a l l durfte die Verletzte das Bein voll belasten. Nach einem weiteren J a h r wurden die Platte und die Schrauben entfernt (Abb. 98 c). Dieser Drehbruch wäre einfacher und besser konservativ zu behandeln gewesen: In Lokalanästhesie oder Allgemeinnarkose konservative Einrichtung und Oberschenkelspaltgipsverband f ü r zwei Wochen. Anschließend Oberschenkelgehgips f ü r weitere sechs Wochen, mit dem der Verletzte aufstehen und gehen kann. Die konservative Behandlung hat die Vorteile, d a ß keine Operationen notwendig sind, d a ß keine N a r b e n entstehen, d a ß der Verletzte nicht zweimal stationär aufgenommen werden muß und als wichtigstes, d a ß keine Infektionsgefahr vorhanden ist

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Unterschenkelschaft

b

a

Abb. 99 a u. b. Geschlossener Unterschenkelbruch bei einem 19jährigen Maurer (Abb. 99 a). Der Bruch wurde operativ eingerichtet und mit zwei Drahtschlingen und einer Schraube fixiert (Abb. 99 b). Es kam zur Injektion. Nach Entfernung des Metalls und zweimaligen Sequestrotomien konnte 21 Monate nach der Verletzung eine Heilung des Unterschenkelbruches erzielt werden

1. Unterschenkelpseudarthrosen Zur Behandlung der Unterschenkelpseudarthrosen hat sich am besten die Spananlagerung nach P H E M I S T E R bewährt. Um diese Operation durchführen zu können, soll die H a u t in Ordnung sein, d. h. tief eingezogene Narben im Operationsbereich müssen vorher durch eine Narbenkorrektur oder durch eine Hautplastik beseitigt werden. W a r eine Narbenkorrektur erforderlich, so darf man die Spananlagerung erst nach sechs Monaten anschließen. Bestand eine Fistel und war eine Sequestrotomie notwendig, so darf die Spananlagerung ebenfalls erst sechs Monate nach dem Abheilen der Fistel vorgenommen werden, wenn die Senkungsgeschwindigkeit der roten Blutkörperchen normal ist. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird zuerst das Wadenbein in Höhe der Pseudarthrose schräg — wie Seite 111 beschrieben — durchmeißelt. Zur Darstellung der Schienbeinpseudarthrose wird ein ungefähr 15 cm langer H a u t schnitt entweder etwas dorsal von der medialen oder lateral von der ventralen Schienbeinkante gemacht. Der Schnitt soll dort ausgeführt werden, wo einerseits bessere Hautverhältnisse vorhanden sind und anderseits der Knochen glatter ist, so daß der Knochenspan leichter angelegt werden kann. Die Pseudarthrose braucht beim medialen Hautschnitt nur an der Hinterseite und beim ventralen Hautschnitt nur an der Außenseite subperiostal freigelegt zu werden. Die Pseudarthrose

selbst darf nicht angefrischt

werden!

Bestehen im Bereich der Anlegestelle des Knochenspanes störende Vorsprünge in Form von Knochen oder von Kallusmassen, so werden diese mit dem Meißel abgetragen, damit der Knochenspan in seiner ganzen Länge Kontakt mit dem Schienbein hat. Der 8 : 80 mm große Knochenspan wird, wie auf Seite 1 beschrieben, dem gesunden Schienbein entnommen. Der Span wird mit seiner spongiösen Fläche so angelegt, daß er den Pseudarthrose-

Unterschenkelschaft

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spalt auf beiden Seiten gleich weit überragt (Abb. 100). Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich, ob der Span in seiner ganzen Länge gut dem Schienbein anliegt. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird das Periost über den Span durch einige feine N ä h t e und die H a u t durch Knopfnähte verschlossen. D a n n wird ein gespaltener Oberschenkelgipsverband gegeben. Bei glatter Wundheilung werden nach zwei Wochen die Hautnähte entfernt; es wird nun ein geschlossener Oberschenkelgipsverband angelegt, mit dem der Verletzte aufstehen und herumgehen kann. Die Dauer der Ruhigstellung im Gipsverband beträgt ab Operation 16 Wochen. Die Behandlung einer Unterschenkelpseudarthrose mit der BECKschen Bohrung, mit der Bündelnagelung, mit einer Druckplatte oder mit dem Rush-Pin erscheint nicht angezeigt, weil damit keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielt werden können. Gelingt es nicht, trotz technisch richtig durchgeführter Spananlagerung nach P H E M I S T E R eine knöcherne Heilung der Pseudarthrose zu erzielen, so kann man nach querer Anfrischung der Pseudarthrose durch eine Kompressionsosteosynthese nach C H A R N L E Y — wie Seite 25 beschrieben — die Pseudarthrose einer knöchernen Heilung zuführen. Bei der Kompressionsosteosynthese des Schienbeins muß gleichzeitig das Wadenbein schräg Osteot o m i e « werden.

—1

f V

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Abb. 100. Schematische Darstellung der Operation nach PHEMISTER bei einer Unterschenkelpseudarthrose. Der Span ist an der Hinterseite des Schienbeins mit seiner spongiösen Fläche so anzulegen, daß er in seiner ganzen Länge Kontakt mit dem Schienbein hat und den Pseudarthrosespalt auf beiden Seiten gleich weit überragt. Im Bild von vorne ist die Höhe der gleichzeitig durchzuführenden Wadenbeinosteotomie mit einem Pfeil eingezeichnet, während im Bild von der Seite das Wadenbein bereits schräg osteotomiert ist

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Unterschenkelschaft

3. In Fehlstellung geheilte Unterschenkelbrüche Zur Beseitigung von Achsenknickungen bei in Fehlstellung geheilten Unterschenkel brächen eignet sich am besten die V-Osteotomie des Schienbeins. Nach schräger Osteotomie des Wadenbeins in H ö h e der Fehlstellung des Schienbeins wird das Schienbein in H ö h e der Fehlstellung durch einen senkrechten, entsprechend langen, Hautschnitt dargestellt und subperiostal freigelegt. Zur Korrektur einer Ante- oder Rekurvation soll die V-Osteotomie in sagittaler Ebene, zur Korrektur einer Varus- oder Valgusstellung in frontaler Ebene angelegt werden. Besteht eine Achsenknickung in der Sagittal- und Frontalebene, so wird die V-Osteotomie zwischen beiden Ebenen ausgeführt. Die Osteotomie soll stets so angelegt werden, daß die Spitze des dünneren in den weiteren Knochenteil hineingesteckt werden kann. Bei gelenknahen Osteotomien am zentralen Ende des Schienbeins zeigt daher die Spitze des V nach oben und am peripheren Schienbeinende nach unten (Abb. 101). Die gute Stellung kann man durch zwei gekreuzt eingeführte Bohrdrähte festhalten. Die Drähte müssen aber vor dem Anlegen des Oberschenkelgehgipsverbandes — d. i. nach drei Wochen — durch eine Stichinzision wieder entfernt werden. Nachdem man sich durch eine Röntgenkontrolle von der richtigen Lage der Osteotomie und vom Ausgleich der Achsenknickung überzeugt hat, legt man eine Saugdrainage an. Nach N a h t des Periosts wird die H a u t verschlossen und ein gespaltener Oberschenkelgipsverband gegeben. Im Gipsverband überzeugt man sich durch eine Röntgenkontrolle von der achsengerechten Stellung des Unterschenkels. Bei glatter Wundheilung werden die H a u t n ä h t e nach zwei Wochen entfernt. Nach einer weiteren Woche wird ein geschlossener Oberschenkelgehgipsverband angelegt, mit dem der Verletzte aufstehen und das Bein belasten kann. H a t man zum Festhalten der guten Stellung gekreuzte Bohrdrähte verwendet, so müssen diese, wie vorhin erwähnt, vor dem Anlegen des Oberschenkelgehgipsverbandes durch Stichinzisionen entfernt werden. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt zwölf Wochen. Während des Tragens des Gipsverbandes sind nach je zwei Wochen Röntgenkontrollen erforderlich, um auftretende Achsenknickungen zu erfassen und rechtzeitig korrigieren zu können.

Abb. 101. Schematische Darstellung der V-Osteotomie am oberen und unteren Schienbeinende in der Ansicht von vorne zum Ausgleich einer Anteoder Rekurvationsstellung. Die Pfeile geben die H ö h e der gleichzeitig durchzuführenden schrägen Osteotomie des Wadenbeins an

Unteres Unterschenkelende

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4. Wadenbeinosteotomie Besteht bei Unterschenkelbrüchen oder isolierten Brüchen des Schienbeins eine verzögerte Kallusbildung, so kann man durch eine Osteotomie des Wadenbeins oft eine Heilung erzielen, weil sich dadurch die Bruchenden des Schienbeins einander nähern können. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird der Verletzte auf die gesunde Seite gelagert. Durch einen 5 cm langen Längsschnitt über dem Wadenbein in Höhe der Bruchstelle des Schienbeins wird das Wadenbein dargestellt, subperiostal freigelegt, mit zwei H O H M A N N schen Knochenhebeln unterfahren und schräg (Abb. 102) durchgemeißelt. Wichtig ist, daß die Meißelstelle schräg angelegt wird. Legt man sie quer (Abb. 103) an, so können sich die Knochenenden nicht gegenseitig verkürzen.

Abb. 102. Ansicht des Wadenbeins von der Seite. Die Meißelstelle muß schräg angelegt werden, damit sich die Knochenenden verkürzen können

Abb. 103. Legt man die Meißelstelle quer an, so können sich die Knochenenden nicht verkürzen

Zeigt die Röntgenkontrolle, daß die Meißelstelle in richtiger Höhe angelegt wurde, so näht man anschließend nur die H a u t mit Catgutfäden. D a der Eingriff klein ist, kommt es in der Regel zu keiner besonderen Schwellung der Weichteile nach der Operation. Daher kann gleich ein geschlossener Oberschenkelgipsverband angelegt werden. D a s Bettende muß jedoch um 50 cm hochgestellt werden. Nach einer Woche kann, wenn keine erhöhten Temperaturen und Schmerzen bestehen, ein Gehbügel angelegt werden. Der Verletzte kann aufstehen und das Bein belasten.

Unteres Unterschenkelende 1. Abbruch vom hinteren oder vorderen unteren Schienbeinende Zumeist wird ein Abbruch vom hinteren unteren Schienbeinende als VoLKMANNsches Dreieck bezeichnet. Man soll jedoch, je nach der Größe des Bruchstückes, zwischen dem Abbruch eines Randes und jenem eines Keiles unterscheiden. Ist mehr als ein Drittel der Schienbeingelenkfläche abgebrochen, so spricht man von einem hinteren Keil (Abb. 104). Ist jedoch weniger als ein Drittel der Gelenkfläche abgebrochen,

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Unteres Unterschenkelende

so bezeichnet man dies als hinteren Rand (Abb. 105). Im letzten Fall soll die Behandlung konservativ sein, auch wenn der „ R a n d " kopfwärts zu verschoben ist und eine Stufe im Gelenk besteht, weil dies in der Regel später f ü r die Funktion des oberen Sprunggelenkes keine Nachteile hat.

Rand

Rand

Abb. 104. Ist im Röntgenbild von der Seite weniger als ein Drittel von der unteren Schienbeingelenkfläche abgebrochen, so bezeichnet man dies als „hinteren R a n d " . Auch wenn der „ R a n d " k o p f wärts zu verschoben ist und eine Stufe im Gelenk besteht, braucht man nicht operativ vorzugehen. Die Stufe im Gelenk hat in der Regel f ü r die Funktion des oberen Sprunggelenkes keine nachteiligen Folgen

Abb. 105. Ist im Röntgenbild von der Seite mehr als ein Drittel von der unteren Schienbeingelenkfläche abgebrochen, so bezeichnet man dies als „hinteren Keil". Der Abbruch eines „hinteren Keiles" mit Verschiebung muß operativ eingerichtet werden

Der Abbruch eines hinteren

Keiles mit Verschiebung muß operativ

eingerichtet werden.

In Allgemeinnarkose und Blutleere wird durch das Fersenbein ein Steinmann-Nagel geschlagen und mit einem drehbaren Bügel und der Nagelkappe versehen. Nach Lagerung des Verletzten auf dem Bauch wird ein ungefähr 12 cm langer Hautschnitt, 1 cm medial der Achillessehne, parallel zur Sehne angelegt. Nach Durchtrennung des Fettgewebes gelangt man auf die Gelenkkapsel, die senkrecht durchtrennt und mit dem Periost mittels eines Raspatoriums abgeschoben wird. Auf diese Weise kommt der hintere Keil zur D a r stellung. Zur leichteren Einrichtung zieht man am Bügel des Fersenbeinnagels an, beugt den Fuß maximal zur Dorsalseite und holt den Schienbeinkeil, der nach k o p f w ä r t s zu verschoben ist, mit einem einzinkigen H a k e n an die richtige Stelle herunter. Mit einem Spiralbohrer (3 mm Durchmesser), der durch den Keil, das Schienbein und durch die vordere Kortikalis gebohrt wird, hält man die gute Stellung fest. Parallel zum ersten Bohrer wird medial oder lateral davon noch ein zweiter gesetzt. Die Bohrer müssen

Unteres Unterschenkelendc

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mindestens 5 mm von der Gelenkfläche entfernt sein und die Bohrrichtung muß von hinten unten leicht ansteigend nach vorn oben verlaufen. Eine Führung der Bohrer in anderer Richtung kann Mißerfolge ergeben, indem sich der Keil mit den Schrauben bei Belastung wieder nach oben zu verschiebt. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der guten Lage des Keiles und der Bohrer. Ergibt diese Kontrolle eine gute Stellung, so zieht man den ersten Bohrer heraus und führt an diese Stelle eine Schraube (3 1 /! mm Durchmesser) ein. Genau so verfährt man dann mit dem zweiten Bohrer. Durch eine neuerliche Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der richtigen Lage und Länge der Schrauben. Sind die Schrauben trotz Ausmessens zu lang geraten, d. h. stehen sie mehr als 3 mm über die ventrale Kortikalis des Schienbeins hinaus, so soll man sie von einer Stichinzision aus an der Ventralseite des Unterschenkels einfach abzwicken. Geschieht dies nicht, so treten später beim Gehen im Gipsverband Schmerzen auf. Außerdem kann es zu Druckgeschwüren kommen. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird nur die H a u t genäht. Ein vorhandener Knöchelbruch wird nun, wenn notwendig, manuell oder blutig eingerichtet und ein gespaltener Unterschenkelgipsverband angelegt. Bei glatter Wundheilung werden die H a u t n ä h t e nach zwei Wochen entfernt. Der gespaltene Unterschenkelgipsverband wird abgenommen und durch einen geschlossenen ersetzt, mit dem der Verletzte aufstehen und herumgehen kann. Die Dauer der Ruhigstellung im Gipsverband richtet sich vor allem nach der Schwere der Begleitverletzungen und beträgt ab Operation bis zu 16 Wochen.

1. Brüche des inneren und äußeren Knöchels Isolierte Abbruche von der Spitze des äußeren oder inneren Knöchels mit Verschiebung brauchen, auch wenn sie sich bei der Einrichtung nicht anlegen, nicht operativ eingerichtet zu werden, weil die Stabilität des oberen Sprunggelenkes nicht gestört wird. Die Abbrüche heilen in der Regel pseudarthrotisch, machen jedoch später keine Beschwerden. Es kommt deswegen auch nicht zur frühzeitigen Ausbildung einer Arthrose. Sollten jedoch später Beschwerden auftreten, so entfernt man in Allgemeinnarkose und Blutleere von einem Längsschnitt aus nur die pseudarthrotische Knöchelspitze und stellt nach der Operation den Fuß mit einem gespaltenen Unterschenkelgips durch zwei Wochen ruhig. Ein Anfrischen der Pseudarthrose und eine Vereinigung der Knochen durch eine D r a h t naht oder mit einer Schraube ist nicht notwendig, weil, wie gesagt, die Stabilität und damit die Funktion des Sprunggelenkes in keiner Weise gefährdet sind. Ist der innere Knöchel in H ö h e des Gelenkspaltes oder darüber abgebrochen und verschoben, so soll zuerst eine unblutige Einrichtung versucht werden. Dies gilt sowohl f ü r Brüche des inneren Knöchels allein, als auch f ü r die Brüche beider Knöchel mit oder ohne Verrenkung des Sprungbeins. Die Röntgenbilder sind nach der konservativen Einrichtung nicht nur bezüglich der richtigen Stellung, sondern auch dahingehend kritisch zu betrachten, ob etwa am inneren Knöchel eine Interposition von Periost und Weichteilen besteht. Die Interposition kann man im Röntgenbild dadurch erkennen, daß der Bruchspalt breiter als normal ist (Abb. 106). Die operative Einrichtung des inneren Knöchelbruches mit Interposition wird in Allgemeinnarkose und Blutleere in Seitenlage des Verletzten ausgeführt. Der längsgestellte H a u t schnitt wird leicht bogenförmig über dem inneren Knöchel angelegt. Dabei sind die Gefäße, 8

Jonasdi, O p e r a t i o n e n , 2. Aufl.

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Unteres Unterschenkelende

Abb. 106. Bruch des inneren Knöchels in Gelenkspalthöhe. Das Röntgenbild nach dem Versuch der konservativen Einrichtung zeigt, d a ß der Bruchspalt breiter als normal ist, d. h. d a ß eine Interposition von Periost oder Gewebsteilen besteht. Diese Fälle müssen operativ behandelt werden

Nerven und Sehnen, die hinter dem inneren Knöchel verlaufen, zu schonen. Nach D a r stellung des Bruchspaltes sieht man meistens, daß zerrissene Periostteile, oft auch Gewebeteile in diesen Spalt hineingeschlagen sind. Die Gewebeteile werden herausgeholt und mit dem Messer abgetragen. An den Bruchflächen festhaftende Blutkoagula werden vorsichtig mit einem Raspatorium entfernt. Hierauf wird der innere Knöchel mit einem einzinkigen Haken, der an der Knöchelspitze angesetzt wird, eingerichtet. Sieht man, daß die beiden Bruchstücke ohne Stufenbildung aneinanderliegen, so hält man diese gute Lage mit zwei gekreuzt eingeführten Bohrdrähten oder einer Schraube fest. Die Drähte müssen 2 mm stark sein, dürfen das obere Sprunggelenk nicht berühren und müssen durch die gegenüberliegende Kortikalis gehen. Wird die letztere nicht durchbohrt, so ist keine genügende Stabilität gegeben. Durch eine Röntgenkontrolle überprüft man die richtige Lage der Bruchstücke und der gekreuzten Bohrdrähte oder Schraube. Anschließend wird nur die H a u t genäht, nachdem eine Saugdrainage angelegt wurde. Die Ruhigstellung erfolgt mit einem gespaltenen Unterschenkelgipsverband. Am 14. T a g nach der Operation werden der gespaltene Gipsverband und die N ä h t e entfernt. Es wird nun ein geschlossener Unterschenkelgehgipsverband angelegt, mit dem der Verletzte herumgehen kann. Ist auch der äußere Knöchel gebrochen und besteht eine Verrenkung des Sprungbeines, so richtet man nach der operativen Versorgung des inneren Knöchels den äußeren Knöchel und das Sprungbein unblutig ein. Dies gelingt in der Regel leicht, da man durch die Fixation des inneren Knöchels mit den beiden Bohrdrähten oder der Schraube einen entsprechenden Gegenhalt hat. U m sekundäre Verschiebungen im Gipsverband zu vermeiden, soll man beim Bruch beider Knöchel mit Verrenkung oder Teilverrenkung des Sprungbeines f ü r die ersten 14 Tage einen gespaltenen Oberschenkelgipsverband anlegen, der dann durch einen Unterschenkelgehgipsverband ersetzt wird. Die Befestigung des inneren Knöchels mit einem Rush-Pin ist nicht vorteilhaft, da zu viel Knochen zerstört und keine stabile Osteosynthese geschaffen wird. Die D r a h t n a h t hat wieder den Nachteil, daß sie durch den Knochen durchschneiden und eine neuerliche Verschiebung der Bruchstücke auftreten kann. Druckplatten führen im Bereich des inneren Knöchels leicht zu Hautnekrosen, da der Knochen in diesem Bereich knapp unter der H a u t liegt.

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Unteres Unterschenkelende

d Abb. 107 a — d . Geschlossener Bruch des inneren Knöchels in Gelenkspalthöhe und des Wadenbeins s u p r a m a l l e o l a r bei einem 34jährigen Angestellten. Das Sprungbein zeigt eine angedeutete Subluxation nach l a t e r a l (Abb. 107 a). Der Bruch w u r d e z w e i T a g e später mit einem Gipsverband versorgt. Die R ö n t g e n k o n t r o l l e (Abb. 107 b) zeigt, d a ß das Sprungbein mit beiden Knöcheln nach außen zu verschoben ist, d a der Fuß im Sprunggelenk nicht a d d u z i e r t , sondern abduziert gehalten, eingegipst w u r d e . Anschließend Operation: Der innere Knöchel w u r d e , ohne die V e r d r e h u n g zu beseitigen, mit einem N a g e l fixiert u n d zwischen Schien- und W a d e n b e i n eine Schraube mit M u t t e r und Gegenmutter sowie Beilagescheiben angelegt. Die R ö n t g e n k o n t r o l l e fünf M o n a t e später zeigt, d a ß noch immer eine T e i l v e r r e n k u n g des Sprungbeins nach außen besteht (Abb. 107 c). 17 M o n a t e nach der V e r l e t z u n g bestanden eine starke Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk u n d Schmerzen beim Gehen. Der innere Knöchel ist mit V e r d r e h u n g geheilt. Das Sprungbein ist nach außen zu subluxiert (Abb. 107 d)

B e i B r ü c h e n des i n n e r e n u n d ä u ß e r e n K n ö c h e l s s o l l e n k e i n e G e w i n d e d r ä h t e m i t M u t t e r oder G e g e n m u t t e r oder Schrauben, die durch das untere S c h i e n b e i n - W a d e n b e i n g e l e n k reichen, a n g e l e g t w e r d e n , d a es d a d u r c h s p ä t e r z u e i n e r s c h m e r z h a f t e n B e w e g u n g s e i n s c h r ä n kung im oberen Sprunggelenk k o m m e n kann.

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Unteres Unterschenkelende

Abb. 108 a—c. 41jährige Angestellte, die sich beim Skifahren einen geschlossenen Bruch des äußeren Knöchels in Gelenkspalthöhe mit Teilverrenkung des Sprungbeins nach außen und hinten zuzog (Abb. 108 a). D e r Bruch w u r d e operativ eingerichtet und mit einer Zugschraube fixiert (Abb. 108 b). D i e Schraube wurde zu fest angezogen, so d a ß der äußere Knöchel nicht die leichte normale Valgusstellung zeigt. Dadurch ist die Knöchelgabe zu eng, das Sprungbein subluxiert nach vorn. Die Abb. 108 c zeigt den Zustand bei der Gipsabnahme acht Wochen nach der Operation. D a s Sprungbein ist unverändert nach vorn zu subluxiert. Dieser Bruch wäre einfacher und besser konservativ zu behandeln gewesen

Fuß

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3. Pseudarthrose des inneren Knöchels Bei einer Pseudarthrose des inneren Knöchels wird nach sehr sparsamer Anfrischung der Pseudarthroseenden der Knöchel mit zwei gekreuzten Bohrdrähten an richtiger Stelle fixiert. D a n n wird in der Mitte des inneren Knöchels in die Kortikalis eine 12 mm breite und 7 mm lange Rinne gemeißelt. In gleicher Richtung wird am Schienbein ein 1 2 : 1 5 mm großer Span aus der Kortikalis entnommen und in die Rinne des inneren Knöchels über die Pseudarthrose verschoben (Abb. 109). Die Weiterbehandlung erfolgt wie bei den frischen Brüchen des inneren Knöchels mit Interposition. Die Dauer der Ruhigstellung mit einem Unterschenkelgipsverband beträgt jedoch ab Operation 12 Wochen.

Abb. 109. Schematische Darstellung der Behandlung einer Pseudarthrose des inneren Knöchels. Nach sparsamer Anfrischung der Pseudarthrose w i r d der innere Knöchel mit 2 Bohrdrähten an richtiger Stelle fixiert. Vom Schienbein wird ein 15 :12 mm großer Span nach kaudal über den Pseudarthrosespalt verschoben

Fuß 1. Arthrodese des hinteren unteren Sprunggelenkes Die Arthrodese des hinteren unteren Sprunggelenkes ist vor allem bei schmerzhaften Bewegungseinschränkungen nach Fersenbeinbrüchen angezeigt. Der Verletzte wird in Allgemeinnarkose und Blutleere auf dem Bauch gelagert. Unter das distale Unterschenkelende wird ein Sandsack gelegt, damit während der Operation der Fuß maximal dorsal gebeugt werden kann. Man legt einen Hautschnitt von 10 cm Länge 1 cm medial der Achillessehne parallel zu dieser bis auf die Hinterseite des Fersenbeines an. Das Fettgewebe neben der Achillessehne wird stumpf durchtrennt. Dadurch gelangt man auf die Gelenkkapsel des oberen und des hinteren unteren Sprunggelenkes. Die Auffindung des Gelenkspaltes des hinteren unteren Sprunggelenkes bietet oft Schwierigkeiten, zumal wenn in diesem Bereich arthrotische Randwülste bestehen. Mit dem Lexer-Meißel wird die kraniale Fläche des Fersenbeins gegen das hintere untere Sprunggelenk zu abgetragen und genauso der gelenknahe Anteil des Processus posterior tali (Abb. 110 a). Nachdem der Meißel im Bereich der oberen hinteren Gelenkfläche des Fersenbeins eingeschlagen worden ist, macht man eine Röntgenkontrolle. Dadurch kann man sich vor einem falschen Eingehen bewahren, was, wie vorher betont, durch die arthrotischen Randwülste leicht möglich ist. Die vom Talus und vom Kalkaneus gewonnenen Knochenteile werden aufbewahrt, um sie später zum Ausstopfen nach der Drehverriegelung zu verwenden. D a n n wird der Stempel des Drehverriegelungsgerätes nach S C H E R B I C H L E R mit 15 mm Durchmesser (Abb. 111) in den hinteren unteren Gelenkspalt eingeführt und seine richtige Lage durch eine Röntgenkontrolle überprüft. Mit der Hohlsäge wird ein Knochenzylinder

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Fuß

Abb. 110 a. Zur leichteren Darstellung des hinteren unteren Sprunggelenkes wird vom Processus posterior tali und vom Tuber calcanei Knochen abgemeißelt. Der abzumeißelnde Knochen ist auf der Abbildungs schraffiert dargestellt Abb. 110 b. Schematische Darstellung des drehverriegelten hinteren unteren Sprunggelenkes. Zur inneren Fixation ist ein Dreilamellennagel eingeschlagen. Man beachte die Richtung des Nagels. Die Nagelspitze soll 3 mm von der Kortikalis des Sprungbeins entfernt und der Nagelkopf im Fersenbein versenkt sein

von 2—3 cm Länge aus dem Sprungbein und Fersenbein herausgeschnitten und durch Drehung des Stahlstempels um 90° verdreht. Die Fixation der Arthrodese erfolgt mit einem Dreilamellennagel (Abb. 110b), der von der Fußsohle her in das Fersenbein und in das Sprungbein eingeschlagen wird. Dazu macht man über der Mitte des Fersenbeines an der Plantarseite einen ungefähr 5 cm langen Hautschnitt, durchtrennt die Plantaraponeurose und legt das Fersenbein am Übergang vom Fersenbeinkörper zum Tuber calcanei mit dem Raspatorium subperiostal frei. Hierauf wird ein Bohrdraht von dieser Stelle des Fersenbeines in Richtung Sprungbeinkopf eingeführt. Zeigt die Röntgenkontrolle eine gute Lage des Drahtes, so wird die Einschlagstelle des Dreilamellennagels am Fersenbein mit der Hohlfräse aufgeweitet und der Nagel eingeschlagen. Die Lage des Nagels ist so zu wählen, daß sein Kopf an der Plantarseite des Fersenbeines vollkommen versenkt ist und die Nagelspitze mindestens 3 mm von der dorsalen Kortikalis des Sprungbeines entfernt bleibt. Wird der Nagel an der Plantarseite des Fersenbeines nicht genügend versenkt, so treten Beschwerden beim Gehen auf. Zeigt die Röntgenkontrolle eine gute Lage des Nagels, so verschließt man die Wunde an der Fußsohle durch Hautnähte. Bei der Operationswunde neben der Achillessehne näht man nach Anlegen einer Saugdrainage ebenfalls nur die Haut. Dann wird für den Fuß ein Zellstoff-Kompressionsverband gegeben und das Bein auf einer BRAUNschen Schiene gelagert. Bei komplikationslosem Heilungsverlauf werden nach zwei Wochen die Hautnähte entfernt und ein Unterschenkelgehgipsverband angelegt. Die Dauer der Ruhigstellung beträgt ab Operation sechs Wochen. Ist die Arthrodese nach acht Wochen röntgenologisch noch nicht durchgebaut, so braucht kein weiterer Gipsverband gegeben werden, weil durch den Dreilamellennagel eine genügende Fixation gegeben ist. Der Nagel soll so lange belassen werden, bis die Arthrodese des hinteren unteren Sprunggelenkes knöchern durchgebaut ist.

Fuß

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Abb. 111. Drehverriegelungsgerät nach SCHERBICHLER auseinandergenommen. Das Gerät besteht aus einer Hohlsäge (1), die über einen Stempel (2) aufgesetzt wird. Der Stempel trägt eine an den Kanten zugeschliffene Stahllippe (3). Zur Drehverriegelung eines Gelenkes wird zuerst zur Führung der Hohlsäge der Stempel mit seiner Lippe eingeführt und anschließend durch drehende Bewegungen mit der Hohlsäge ein Zylinder — praktisch aus jedem Gelenkanteil ein Halbzylinder — herausgeschnitten. Wie tief die Hohlsäge eingebohrt wird, kann man an Hand einer Skala (4), die am Stahlstempel angebracht ist, ablesen. H a t man mit der Hohlsäge den Knochen entsprechend tief eingeschnitten, so verdreht man den Handgriff des Stahlstempels (5) um 90°. Dadurch wird der ausgeschnittene Knochenzylinder mit dem Gelenkspalt ebenfalls um 90° verdreht

M

aSZS

1. Arthrodese des oberen und unteren Sprunggelenkes Ist keine Fehlstellung, z. B. Valgus- oder Varusstellung, des Fußes auszugleichen, so eignet sich zur Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenkes am besten die Drehverriegelung. In Allgemeinnarkose und Blutleere wird ein ungefähr 8 cm langer, senkrechter Hautschnitt über dem inneren Knöchel und unteren Schienbeinende angelegt. Der innere Knöchel wird mit dem peripheren Anteil des Schienbeins subperiostal freigelegt, in Höhe des oberen Sprunggelenkes schräg von zentral außen nach distal innen abgemeißelt und nach unten geklappt, so daß das obere Sprunggelenk zur Darstellung kommt. Dann wird in das obere Sprunggelenk das Verriegelungsgerät nach S C H E R B I C H L E R mit 20 mm Durchmesser von der Innenseite her eingeführt und das Gelenk drehverriegelt. Füllungsdefekte im Bereich der Verriegelung werden mit Spongiosaspänen, die dem unteren Schienbeinende entnommen werden, aufgefüllt. Mit dem Meißel wird der Knorpel der medialen Wand des Sprungbeines und der der Gelenkfläche des inneren Knöchels entfernt und dann der Knöchel wieder an seine alte Stelle angelegt. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird das Periost durch zwei oder drei feine Nähte und anschließend die Haut verschlossen. Dann wird das hintere untere Sprunggelenk, wie auf Seite 117 beschrieben, ebenfalls drehverriegelt. Durch einen 5 cm langen Längsschnitt an der Fußsohle knapp peripher des Tuber calcanei wird das Fersenbein freigelegt und von hier aus ein Führungsdraht durch das Fersenbein,

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Fuß

das untere und obere Sprunggelenk bis zur vorderen Kortikalis des unteren Schienbeins gebohrt. Durch Röntgenaufnahmen in beiden Ebenen überzeugt man sich von der richtigen Lage des Drahtes. Mit einer Hohlfräse wird die Kortikalis des Fersenbeins entsprechend dem Kopf des Dreilamellennagels aufgefräst, so daß der Kopf des eingeschlagenen Nagels vollkommen versenkt werden kann. Uber den Führungsdraht wird ein 14—15 cm langer Dreilamellennagel eingeschlagen. Der Nagel darf nur so lang sein, daß seine Spitze bis zur Innenseite der vorderen Schienbeinkortikalis reicht. Wenn der Nagel zu lang ist, so kann das Schienbein vorn gesprengt werden. Durch eine Röntgenkontrolle überzeugt man sich von der guten Lage des Nagels. Nachdem die Haut an der Fußsohle durch Knopfnähte verschlossen wurde, wird ein ZellstoffKompressionsverband angelegt. Die Hautnähte werden nach zwei Wochen entfernt und anschließend wird ein Unterschenkelgehgipsverband angelegt, mit dem der Verletzte aufstehen kann. Die Dauer der Ruhigstellung ab Operation beträgt sechs Wochen.

3. Fersenbein Bei Eiterungen im Bereich des Fersenbeines nach offenen Brüchen oder als Folge eines durch das Fersenbein angelegten Extensionsnagels oder -drahtes soll man, wenn mehrmalige Sequestrotomien ohne Erfolg waren, das Fersenbein teilresezieren oder zur Gänze entfernen. Je nach der Größe des von der Eiterung befallenen Anteils wird ein kleinerer oder größerer Teil des Tuber calcanei abgemeißelt. Wenn das ganze Fersenbein von der Eiterung ergriffen ist, so entfernt man den ganzen Knochen. Eine weitere Indikation für die Teilresektion oder Totalexstirpation des Fersenbeines stellen lange bestehende Narbengeschwüre im Bereich der hinteren Ferse dar. Die Operation am Fersenbein erfolgt in Allgemeinnarkose und Blutleere in Bauchlage des Verletzten. Unter dem Fußrist wird ein Sandsack gelegt. Der längsverlaufende Hautschnitt wird so angelegt, daß er in mittlerer Höhe der Achillessehne beginnt und über die Mitte des Tuber calcanei bis auf die Fußsohle reicht. Die Achillessehne und die Weichteile im Fersenbereich werden der Länge nach gespalten und nach innen und außen abgeschoben, so daß der Tuber calcanei zur Darstellung kommt. Vom Fersenbein muß so viel Knochen weggenommen werden, bis an der Meißelfläche nur mehr normale Spongiosa zu sehen ist. Zum Schluß müssen die Ränder des Fersenbeinrestes an der Plantarseite abgerundet werden. Durch eine Röntgenkontrolle in beiden Ebenen überzeugt man sich davon. Anschließend wird eine Spül-Saugdrainage angelegt und die Operationswunde wasserdicht verschlossen. Das Fußende des Bettes wird 30 cm hoch gestellt. Die Spül-Saugdrainage muß so lange belassen werden, bis keine erhöhten Temperaturen bestehen und die abgesaugte Flüssigkeit vollkommen klar ist.

4. Riß der Achillessehne Bei einem Riß der Achillessehne kann nur durch eine Naht Heilung erzielt werden. Durch mangelhafte Operationstechnik oder durch Verwendung von zu starkem oder zu vielem Nahtmaterial kommt es häufig zu Fadenfisteln. Bei schonender Operationstechnik kann man durch direkte Naht der beiden Rißenden mit Perlon gute Ergebnisse erzielen. Die Operation soll nicht sofort, sondern erst in der

fuß

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dritten Woche nach der Verletzung durchgeführt werden, weil dann die aufgefaserten Rißenden der Sehne etwas narbig v e r ä n d e r t sind u n d die N a h t dadurch erleichtert wird. Bis zur O p e r a t i o n k a n n der Verletzte ruhig herumgehen. M a n braucht nur eine elastische Binde f ü r den F u ß und Unterschenkel anzulegen. Z u r Naht der Achillessehne w i r d der Verletzte in Allgemeinnarkose u n d Blutleere auf den Bauch gelagert. Ein 15 cm langer senkrechter Hautschnitt w i r d k n a p p medial der Achillessehne angelegt u n d anschließend die beiden Rißenden dargestellt. Dabei soll das peritendinöse Gewebe nur an der Dorsalseite abgeschoben werden. Sind die Sehnenstümpfe stark zerfranst, so werden sie mit der Schere geglättet. Z u r Sehnennaht soll Perlon Stärke 1 oder 2 verwendet werden. D a z u w i r d der P e r l o n f a d e n mit zwei geraden N a d e l n versehen. Zuerst w i r d der eine Sehnenstumpf ungefähr 3 cm zentral der Rißfläche quer f r o n t a l durchstochen u n d die Sehne wie auf Abbildung 112 a d a r gestellt durchflochten. D a n n w i r d das andere S t u m p f e n d e in der gleichen A r t u n d Weise durchflochten. Anschließend w i r d der Fuß maximal p l a n t a r gebeugt, so d a ß sich die beiden Sehnenstümpfe leichter aneinander bringen lassen. Die P e r l o n f ä d e n werden an der I n n e n u n d Außenseite der Sehne geknüpft. Z u r A d a p t a t i o n werden noch einige wenige feine Längsnähte angelegt.

Abb. 112 a und b. Schematische Darstellung der Naht der Achillessehne. Abb. 112 a. Durdiflechtung der Sehne mit Perlon, Abb. 112 b. Durchflechtung der Sehne mit der Sehne des M. plantaris

Perlon a

Plantarissehne b

D a m i t die genähte Rißstelle eine glatte Oberfläche bekommt u n d nicht mit der H a u t verwächst, w i r d die Sehne des M. plantaris, der in u n g e f ä h r 94 °/o der Fälle v o r h a n d e n ist, zu einem u n g e f ä h r 2 cm breiten, dünnen Sehnenblatt entfaltet, über die Nahtstelle gelegt u n d hier mit feinsten P e r l o n f ä d e n fixiert. Anschließend w i r d nur die H a u t genäht und ein gespaltener Unterschenkelgipsverband in einer P l a n t a r b e u g u n g des Sprunggelenkes von 110—115° angelegt. Bei glatter W u n d h e i l u n g werden am 14. T a g die H a u t n ä h t e e n t f e r n t u n d ein geschlossener Unterschenkelgehgipsverband w i r d in einer P l a n t a r b e u g u n g v o n 100—105° angelegt, mit dem der Verletzte aufstehen u n d das Bein belasten k a n n . Die D a u e r der Ruhigstellung im Gipsverband beträgt ab O p e r a t i o n sechs Wochen. Bei der N a h t der Achillessehne k a n n m a n an Stelle v o n Perlon auch die Plantarissehne verwenden, so eine v o r h a n d e n ist. Die Rißenden der Achillessehne werden in der vorher

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A m p u t a t i o n e n im Bereich der unteren E x t r e m i t ä t

beschriebenen Art und Weise dargestellt. Dann wird eine Knopfsonde, deren Spitze um die Plantarissehne umgebogen wird, entlang der Plantarissehne möglichst bis in Höhe der Wade vorgeführt. An der Stelle, wo man die umgebogene Knopfsondenspitze durch die Haut der Wade tasten kann, macht man einen kleinen Längsschnitt in der Haut, durchtrennt die Plantarissehne und zieht diese nach unten durch. Mit Hilfe einer Nadel oder einer Ahle durchflicht man die beiden Stümpfe der Achillessehne mit der Plantarissehne, wie dies auf Abbildung 112 b dargestellt ist. An zwei oder drei Stellen wird die Plantarissehne mit feinen Perlonfäden mit der Achillessehne vernäht. Der Stumpf der Plantarissehne wird über die Rißstelle ausgebreitet und dort ebenfalls vernäht. Die übrige Behandlung ist die gleiche wie die bei der Naht mit Perlon. Die Naht der Achillessehne mit Draht führt häufig zu Komplikationen, wenn sich der Draht nach Heilung des Risses nicht oder nur teilweise entfernen läßt. Eine einfache U-förmige Naht der Achillessehne reißt gewöhnlich bei der ersten Belastung durch.

Amputationen im Bereich der unteren Extremität Bei traumatischen Amputationen im Bereich der unteren Extremität soll in jedem Fall so viel vom Knochen gekürzt werden, bis eine einwandfreie, spannungslose Hautdeckung möglich ist. Beim Oberschenkel ist der distalste Anteil, das ist vom Kniegelenkspalt bis 12 cm zentral davon für die spätere prothetische Versorgung hinderlich und in jedem Fall wegzunehmen. Die Amputation im Oberschenkel wird in Allgemeinnarkose und wenn möglich in Blutleere durchgeführt. Der Verletzte wird auf dem Rücken gelagert und das Kniegelenk auf 100° gebeugt. Der bogenförmige Hautschnitt des ventralen Lappen beginnt 25 cm zentral des Kniegelenkes in der Mitte der Oberschenkelinnenseite und geht über die Tuberositas tibiae zur Mitte der Oberschenkelaußenseite. Dann wird das Kniegelenk gestreckt und in der gleichen Art der Hautschnitt des dorsalen Lappen geführt. Dabei ist darauf zu achten, daß der dorsale Lappen um 3—4 cm länger ist als der ventrale. Nach Durchtrennung der Muskulatur und des Ligamentum patellae werden der dorsale und ventrale Lappen nach oben umgeschlagen und der Oberschenkelknochen dargestellt. Dabei darf das Periost nicht abgeschoben werden. Der Oberschenkelknochen soll, wenn möglich, 12 cm zentral des Kniegelenkspaltes quer abgesetzt werden, da diese Stumpflänge für die prothetische Versorgung am besten geeignet ist. Das Knochenende darf nicht abgeschrägt und das Knochenmark nicht ausgelöffelt werden. Nachdem die Arteria und Vena poplitea dargestellt wurden, werden die beiden Gefäße abgeklemmt und möglichst weit zentral unterbunden, die Arterie doppelt und die Vene einfach. Der Nervus tibialis und Nervus peroneus communis werden 2—3 cm nach zentral zu präpariert und quer abgeschnitten. Die mit dem ventralen Lappen und der Quadrizepssehne nach oben umgeschlagene Kniescheibe wird nun aus ihrem Bett ausgeschält und entfernt. Nachdem die Blutsperre abgenommen wurde, werden größere blutende Gefäße umstochen und kleinere durch 5 Minuten hindurch komprimiert. Um Stumpfbeschwerden vorzubeugen, sollen nach dem Vorschlag DEDERICHS die einzelnen Muskelgruppen mit Katgut vernäht werden, und zwar werden zuerst die Adduktoren mit dem Vastus lateralis und Tractus ileotibialis vernäht und hierüber die Beuger mit den Streckern. Dann werden die beiden Hautlappen aneinander gelegt, um zu sehen, ob die Naht der Haut spannungslos erfolgen kann. Vor der Hautnaht werden an der Innen- und Außenseite des Stumpfes je ein Saugdrain eingelegt. Im Bett, dessen Fußende um 30 cm hochgestellt werden soll, wird das Bein auf einem Keilpolster gelagert. Bei glatter Wund-

Schädcl

123

heilung werden nach zwei Wochen die Hautnähte entfernt. Damit die Muskeln Zeit zum Heilen haben, soll der Verletzte drei Wochen Bettruhe einhalten. Am zentralen Ende des Unterschenkels darf die Amputation nicht im Bereich der Schienbeinknorren erfolgen, da eine spätere prothetische Versorgung nur möglich ist, wenn die Schienbeinknorren voll erhalten sind. Ein kürzerer Knochenstumpf ist unbrauchbar. Bei diesen Fällen muß daher die Amputation im Oberschenkel erfolgen. Ebenfalls hinderlich ist das distale Drittel des Unterschenkels. In diesem Bereich sollen die Knochen immer bis an die Grenze mittleres distales Drittel zurückgekiirzt werden. Die Amputation im Unterschenkel soll in Allgemeinnarkose und Blutleere ausgeführt werden. Beim Hautschnitt, der in Form eines „Froschmauls" zu führen ist, ist darauf zu achten, daß der dorsale Lappen ungefähr 3—4 cm länger ist als der ventrale. Um gute Knochenverhältnisse des Stumpfes zu erhalten, muß das Schienbein an seiner Vorderseite auf eine Länge von 3 cm um ein Drittel seiner Dicke verlaufend abgeschrägt werden. Außerdem ist das Wadenbein gegenüber dem Schienbein um 2—3 cm zurückzukürzen. Durch eine Röntgenkontrolle in beiden Ebenen überzeugt man sich von der richtigen Abschrägung des Schienbeins und Zurückkürzung des Wadenbeins. Nach dem Aufsuchen, Unterbinden und Zurückkürzen der Gefäße und Nerven wird die Muskulatur über dem Knochenstumpf mit Katgutfäden vernäht. Nach dem Anlegen einer Saugdrainage wird die Haut durch Knopfnähte verschlossen. Bei glatter Wundheilung können die Hautnähte nach 14 Tagen entfernt werden. Bei Hautdefekten im Bereich der Ferse kann vom Fersenbein so viel Knochen oder auch das ganze Fersenbein entfernt werden, um einen spannungslosen Schluß der Haut zu ermöglichen. Hautplastiken im Bereich der Ferse geben in der Regel trotz monatelangem Krankenlager keine guten Ergebnisse. Audi bei Entfernung des Fersenbeins können die Verletzten, mit orthopädischen Schuhen versorgt, gute Gangleistungen vollbringen. Amputationen im Bereich der Fußwurzel ergeben fast immer schlechte funktionelle Ergebnisse. Bei diesen Fällen soll ein modifizierter PiROGOFF-Stumpf gemacht werden. Im Mittelfußbereich soll man immer so viel vom Knochen wegnehmen, bis eine einwandfreie Hautdeckung möglich ist. Bei schweren Weichteilquetschungen oder offenen Brüchen der Zehen soll man mit der Amputation nicht zurückhaltend sein. Bei diesen Fällen hat sich bei der Indikation zur Amputation einer Zehe folgendes Schema bewährt: Ist der Verletzte älter als 50 Jahre oder war der einwirkende Körper schwerer als 50 kg oder war er aus einer Höhe von mehr als 50 cm heruntergefallen, so soll die Zehe, wenn möglich, im Grundgliedsbereich abgesetzt werden. Macht man dies nicht, so kommt es häufig zur Gangrän der Zehe. Ein monateanges Krankenlager ist die Folge. Bei Zehenstümpfen werden bei glatter Wundheilung nach zwei Wochen die Hautnähte entfernt, und der Verletzte kann aufstehen und herumgehen.

Schädel Bei geschlossenen Brüchen des Schädels ohne Impression oder raumfordernden Blutungen kann konservativ vorgegangen werden. Eine Ausnahme können frontobasale Schädelverletzungen bilden. Offene Brüche des Schädeldaches müssen operativ versorgt werden. Hautdefekte über einem Schädelbruch werden durch einen Verschiebelappen gedeckt, Knochensplitter und zerstörte Hirnteile sorgfältig mit einem Sauger entfernt. Eine Impression ist zu heben, wenn neurologische Ausfallserscheinungen bestehen oder wenn die Impression im Röntgenbild tiefer als 5 mm ist. Ein Defekt der Dura wird am besten mit einem Faszia-lata-Streifen gedeckt.

124

Schädel

Sinusblutungen stellen eine schwere Komplikation dar. Unterbindungen der größeren Blutleiter führen meist zu einer Behinderung des venösen Abflusses. Nach J. B Ö H L E R kann der Sinus sagittalis superior nur in seinem vorderen Viertel ohne wesentliche Folgen unterbunden werden, ebenso ein Sinus transversus, wenn der andere Sinus transversus nicht unterentwickelt ist. Ist ein Sinus zerrissen, so kommt es zu heftigen Blutungen. Risse lassen sich in seltenen Fällen direkt nähen, meist können sie nur durch Aufsteppen eines Spongostanstückes oder Muskels verschlossen werden. Eine absolute Operationsindikation ist bei geschlossenen raumfordernden Hämatomen (epidurales und subdurales) im Bereiche des Schädels gegeben. Die Indikationsstellung für die Schädeltrepanation erfordert Erfahrung und entsprechende Spezialuntersuchungen bzw. Hilfsmittel (Angiographie, Echo-Enzephalographie, ElektroEnzephalographie). Diese Untersuchungen können meist nur in Spezialstationen durchgeführt werden. Da die entlastende Schädeltrepanation im akuten Stadium einer Blutung oft lebensrettend ist, muß getrachtet werden, durch die einfache klinische Untersuchung die Indikation für die Entlastungstrepanation zu stellen. Dabei gilt ausnahmsweise der Grundsatz: Eine Operation zuviel ist besser als eine zuwenig. Schwere Kontusionsschäden des Gehirns können die Lokalzeichen raumfordernder intrakranieller Blutungen weitgehend verschleiern. Schwierigkeiten in der Diagnosenstellung können auch durch doppelseitige Hämatome oder okzipital oder frontal gelegene entstehen. Die wichtigsten Indikationen für eine Schädeltrepanation bei Verdacht auf einen raumfordernden intrakraniellen Prozeß sind: 1. Wenn es nach einem luziden oder relativ luziden Intervall zur Bewußtlosigkeit kommt. Eine rasche Verschlechterung der Bewußtseinslage deutet auf ein epidurales Hämatom hin. Wenn es nach Tagen oder Wochen zu einer Verschlechterung der Bewußtseinslage kommt, besteht in der Regel ein subdurales Hämatom. 2. Wenn eine Pupille (auf der Seite des Hämatoms) durch die Lähmung des N. oculomotorius weit und lichtstarr wird. 3. Wenn Lähmungen auftreten (kontrolaterale Seite des Hämatoms), in Form einer Bewegungsarmut der Extremitäten mit Tonuserhöhung und Reflexsteigerung. 4. Wenn die Pulsfrequenz abnimmt und der Blutdrude ansteigt. Diese klinischen Zeichen müssen nicht immer klassisch vorhanden sein, doch kann man sagen, daß die zunehmende Verschlechterung der Bewußtseinslage die größte Bedeutung für die Indikation zur Schädeltrepanation darstellt. In manchen Fällen kann das Röntgenbild einen Hinweis geben, wenn ein Bruch des Knochens an der Schädelbasis oder im Bereiche der Schläfen- oder Scheitelregion vorliegt. Zur Trepanation muß der Schädel kahl geschoren werden. Die Operation erfolgt in Intubationsnarkose. Vor dem sterilen Abdecken markiert man sich den halbkreisförmigen Hautschnitt mit einem Durchmesser von 10 cm und der Basis nach kaudal. Zur Orientierung dient der äußere Gehörgang. Der Hautschnitt beginnt in Höhe des oberen Ohrmuschelansatzes 5 cm vor dem Gehörgang, zieht halbkreisförmig bis 10 cm nach kranial, um wieder 5 cm hinter dem Gehörgang in Höhe des oberen Ohrmuschelansatzes zu enden. Die genaue Markierung des Hautschnittes ist notwendig, da die Orientierung nach dem sterilen Abdecken des Operationsgebietes nicht leicht ist. Der Hautschnitt erfolgt bis auf den Knochen, so daß anschließend mit der Haut und Muskulatur das Periost abgeschoben werden kann. Nach der Blutstillung wird das erste Bohrloch in Höhe des oberen Orbitalrandes 3—4 cm vor dem äußeren Gehörgang angelegt (Abb. 113).

Schädel

125

Zum Bohren genügt eine mit der Hand betriebene Kugelfräse. Im Unfallkrankenhaus Wien verwenden wir einen mit Preßluft betriebenen Bohrer nach MARTEL, der sich nach Durchbohren des Knochens automatisch abschaltet.

Abb. 113.

Schematische Darstellung der Lokalisation der Bohrlöcher I — I V am Schädel

Der weitere Verlauf der Operation richtet sich nach den vorgefundenen Folgendes Vorgehen ist dabei einzuhalten: 1. Ist nach der Trepanation des Knochens eine Blutung nachweisbar, so liegt ein Hämatom vor (Operation siehe epidurales Hämatom). 2. Ist keine

Tatsachen. epidurales

Blutung vorhanden, so muß die Dura eröffnet werden.

3. Findet sich nach der Eröffnung der Dura eine Blutung, so besteht ein subdurales Hämatom (Operation siehe subdurales Hämatom). 4. Ist auch nach Eröffnung der Dura keine Blutung vorhanden, so muß der Schädel an der anderen Seite trepaniert werden. 5. Ist nach der Knochentrepanation der anderen Seite keine Blutung zu sehen, so muß auch hier die Dura eröffnet werden, um nicht ein subdurales Hämatom auf dieser Seite zu übersehen. Gibt die Probetrepanation auf beiden Seiten ein negatives Ergebnis, so wird die Dura mit feinen Nähten verschlossen und die Haut genäht.

1.

Epidurales H ä m a t o m

Ist im ersten Trepanationsloch eine Blutung nachweisbar, so besteht ein epidurales Hämatom. Es werden Bohrloch Nr. 2 in Höhe des oberen Orbitalrandes und 3—4 cm hinter dem äußeren Gehörgang, Bohrloch Nr. 3 und 4 je 4—5 cm kranial von Bohrloch Nr. 1 und 2 angelegt. Diese 4 Bohrlöcher miteinander verbunden ergeben ein Rechteck. Dieser rechteckige Knochenteil wird mit Hilfe einer GiGLi-Säge ausgeschnitten. Dabei geht man so vor, daß die scharfen Ränder der Tabula interna jedes Bohrloches mit der Knochenzange nach DAHLGREEN abgeschrägt werden. Dann unterfährt man den Knochen von einem Bohrloch zum anderen mit einer Spezialsonde mit Haken zum Durchziehen der GiGLi-Säge. Der Knochen wird mit Hilfe der GiGLi-Säge (Abb. 114) durchtrennt. Dabei soll man die Säge nicht senkrecht zum Knochen ansetzen, sondern schräg, damit der so gewonnene Knochen bei der späteren Deckung nicht in die Tiefe sinken kann, sondern eine entsprechende Auflage hat (Abb. 115). Hat man den Knochendeckel entfernt, so werden vorsichtig die Blut-Koagula abgesaugt und die Blutungsquelle wird dargestellt.

126

Schädel

Abb. 114 a—c. Biegsame Metallsonde z u m D u r c h f ü h ren der GiGLi-Säge zwischen Knochen u n d D u r a von einem Bohrloch zum anderen. Die GiGLi-Säge w i r d an einen H a k e n ( H ) an die Sonde angehängt. Abb. 114 a.

Ansicht von oben.

Abb. 114 b.

Ansicht von der Seite.

Abb. 114 c.

Hangriff f ü r die GiGLi-Säge

Abb. 115 a u. b. Die Durchsägung des Schädelknochens darf nicht senkrecht sein (Abb. 115 a), sondern m u ß schräg erfolgen (Abb. 115 b)

b richtig

Die Blutstillung am Knochen erfolgt am besten mit Knochenwachs, mit dem die blutenden Diploeräume gefüllt werden, oder durch Zusammenpressen des Knochens. Bluten größere G e f ä ß e — z. B. die A. meningea media — , so werden diese G e f ä ß e ligiert oder umstochen. Kleinere können mit Clips zusammengepreßt oder durch Elektrokaogulation verödet werden. Bei diffusen Blutungen k a n n mit H i l f e von Spongostan die Blutstillung bewerkstelligt werden. Gelingt es durch diese in den Schädelknochen gesetzte Lücke nicht, die Blutungsquelle zum so lange erweitert werden, Stillstand zu bringen, so m u ß die Knochenlücke osteoklastisch bis man die Blutungsquelle darstellen u n d die Blutung stillen k a n n . Ist die Blutung gestillt, so w i r d ein Laschendrain, das durch die gesunde H a u t herausgeleitet w i r d , auf die D u r a gelegt, der Knochendeckel w i r d wieder eingesetzt u n d die H a u t genäht. Das Laschendrain soll nach 48 Stunden entfernt werden.

Wirbelsäule

127

2. Subdurales Hämatom F i n d e t sich nach der E r ö f f n u n g der D u r a eine Blutung, so liegt ein subdurales

Häma-

tom v o r . M i t einem G u m m i k a t h e d e r , der an den Sauger angeschlossen wird, werden das B l u t b z w . die K o a g u l a vorsichtig abgesaugt. Sieht m a n , d a ß es zu keiner weiteren B l u t u n g subdural k o m m t , so w i r d ein Laschendrain eingelegt und durch die gesunde H a u t herausgeleitet. D a n n werden die D u r a und die H a u t genäht. D a s Laschendrain soll nach 4 8 S t u n d e n entfernt werden. B l u t e t es jedoch nach dem Absaugen des subduralen H ä m a t o m s stärker nach, so m u ß das blutende H i r n g e f ä ß aufgesucht und e l e k t r o k o a g u l i e r t oder durch C l i p s k o m p r i m i e r t werden. U m das blutende G e f ä ß zu finden, m u ß genauso wie beim epiduralen H ä m a t o m ein viereckiger Knochendeckel ausgeschnitten werden.

"Wirbelsäule 1. Okzipito-Zervikal-Gegend B e i Brüchen im Bereich der O k z i p i t o - Z e r v i k a l - G e g e n d soll, wenn keine neurologischen Ausfälle bestehen, k o n s e r v a t i v vorgegangen werden. D i e B e h a n d l u n g erfolgt mit einem K o p f - B r u s t - G i p s v e r b a n d für 3 — 4 M o n a t e . D i e operative Spanversteifung zwischen Hinterhauptsschuppe und A t l a s h a t sich nicht b e w ä h r t , da eine knöcherne H e i l u n g der S p a n v e r s t e i f u n g meist nicht erfolgt.

2. Dens epistrophei B e i den Brüchen des D e n s epistrophei m u ß m a n unterscheiden, ob der abgebrochene Z a h n f o r t s a t z verschoben ist oder nicht. Ist keine Verschiebung v o r h a n d e n , so soll die R u h i g stellung mit einem K o p f - B r u s t - G i p s v e r b a n d f ü r mindestens 4 M o n a t e erfolgen. Besteht eine Verschiebung des abgebrochenen Z a h n f o r t s a t z e s , so ist diese mittels einer CRUTCHFIELD-Klammer im D a u e r z u g zu beseitigen. Zeigt die R ö n t g e n k o n t r o l l e , d a ß die Einrichtung gelungen ist, so w i r d ein K o p f - B r u s t - G i p s v e r b a n d für 4 — 6 M o n a t e angelegt. E i n e o p e r a t i v e Versteifung ist nur bei Denspseudarthrosen n o t w e n d i g , wenn L ä h m u n g e n infolge sekundärer Verschiebungen auftreten. H i e r b e i h a t sich die O p e r a t i o n s t e c h n i k nach J . BÖHLER b e w ä h r t , da die Spanversteifung nur zwischen dem 1. u n d 2 . H a l s w i r b e l erfolgt (Abb. 116). D i e Verschiebung des D e n s epistrophei w i r d im D a u e r z u g mit einer CRUTCHFIELD-Klammer beseitigt. W e n n die Einrichtung gelungen ist, k a n n die Operation e r f o l g e n : D i e L a g e r u n g ist die gleiche wie zur Fusion der D o r n f o r t s ä t z e (Seite 1 2 9 ) . Durch einen 2 0 c m langen Hautschnitt, der an der P r o t u b e r a n t i a occipitalis beginnt und nach k a u d a l über die M i t t e der D o r n f o r t s ä t z e zieht, werden der hintere Atlasbogen und der D o r n f o r t s a t z des 2 . H a l s w i r b e l s freigelegt. D e r Atlasbogen ist im Querschnitt keilf ö r m i g . D i e R u n d u n g des Atlasbogens entspricht der K r ü m m u n g der M e t a p y h s e des oberen Schienbeinendes, aus der ein rechteckiger S p a n e n t n o m m e n w i r d . I n die obere K a n t e des Spans w i r d eine R i l l e gefräst, in die die untere K u r v e des Atlasbogens einrastet. D e r Span wird mit zwei Drahtschlingen, die um den A t l a s b o g e n und durch Bohrlöcher im S p a n ge-

W irbelsäule

128

schlungen werden, fixiert. A m unteren Ende des Spans w i r d eine Ausnehmung f ü r den D o r n fortsatz des 2. Halswirbels gesägt, so d a ß der Span dem D o r n f o r t s a t z fest aufsitzt. Der Span w i r d an den D o r n f o r t s a t z mit einer Drahtschlinge fixiert. Nach der O p e r a t i o n w i r d bis zum Ausheilen der W u n d e durch 1 0 Tage mit der C R U T C H FIELD-Klammer ein D a u e r z u g ausgeübt. Nach Abnehmen der CRUTCHFIELD-Klammer wird eine ScHANZ-Krawatte aus Gips f ü r 10 Wochen angelegt. Atlasbogen Atlasbogen

Dornfortsatz 2. HIV Span

Dornfortsatz 2. HW

Abb. 116 a u . b. Schematische Darstellung der Spanversteifung zwischen 1. u. 2. H a l s w i r b e l n a c h J . BÖHLER (Abb. aus BÖHLER J. Zbl. Chir. 87, 657 [1962])

b

3. 3

7. Halswirbel

Im Bereich des 3.—7. Halswirbels sollen reine Wirbelkörperbrüche mittels einer C R U T C H FIELD-Klammer im D a u e r z u g eingerichtet werden. Nach der Einrichtung ist ein K o p f - B r u s t Gipsverband f ü r 4—6 Wochen anzulegen. Besteht jedoch mit Verschiebung, ausgeübt werden, band ist erst nach betragen.

ein Verrenkungsbruch mit Bogenbruch u n d Brüchen der Gelenkfortsätze so soll der D a u e r z u g mit der CRUTCHFiELD-Klammer durch 5—6 Wochen um eine neuerliche Verschiebung zu verhindern. Ein K o p f - B r u s t - G i p s v e r dieser Zeit anzulegen. Die Ruhigstellung im Gipsverband soll 4 — 6 M o n a t e

Reine Wirbelkörperbrüche, bei denen nur eine geringe Impression der Deckplatte v o r h a n den ist, brauchen nicht aufgerichtet zu werden, sondern es genügt das Anlegen eines K o p f Brust-Gipsverbandes f ü r 3 Monate. Besteht eine Verhakung der Gelenkfortsätze, die sich konservativ nicht lösen läßt, so kann die Einrichtung nur operativ durch den „hinteren Z u g a n g " erfolgen (siehe Seite 129). U m die Stabilität der Halswirbelsäule nicht zu gefährden, soll man dabei nur die Spitzen und nicht die ganzen Gelenkfortsätze wegnehmen. Die Versteifung

der Halswirbelsäule

ist

angezeigt:

1.Bei Teil Verrenkungen oder Verrenkungsbrüchen, bei denen es nach der konservativen Einrichtung im Gipsverband zu einer neuerlichen Verschiebung gekommen ist. 2. Reine Verrenkungen stellen ebenfalls eine absolute I n d i k a t i o n f ü r eine Versteifung dar. Z u r Versteifung der Halswirbelsäule eignet sich am besten der „hintere Zugang", das heißt die Fusion der D o r n f o r t s ä t z e . Einige Tage vor der O p e r a t i o n w i r d eine C R U T C H F I E L D K l a m m e r angelegt u n d durch D a u e r z u g die Fehlstellung im Bereich der Halswirbelsäule beseitigt. Zeigt das Röntgenbild, d a ß die Einrichtung gelungen ist, so k a n n die Operation durchgeführt werden.

Wirbelsäule

a

b

c

Abb. 117 a—c. Nicht stabiler Verrenkungsbruch des 6. auf den 7. Halswirbel ohne neurologische Ausfälle bei einem 42jährigen Gendarmen. Der 6. Halswirbel ist gegenüber dem 7. um 8 Millimeter nach vorne verschoben, der Bogen des 6. Halswirbels und der linke obere Gelenkfortsatz des 7. Halswirbels sind gebrochen (Abb. 117 a). Zustand 11 Monate nach Fusion der Dornfortsätze des 5.—7. Halswirbels durch beidseits der Dornfortsätze angelegten Knochenspäne (Abb. 117 b u. c) I n I n t r a t r a c h e a l n a r k o s e w i r d der V e r l e t z t e auf den Bauch gelagert, w o b e i m i t der CRUTCHFIELD-Klammer d a u e r n d ein Zug auch w ä h r e n d der O p e r a t i o n ausgeübt w e r d e n m u ß . Ein entsprechender G e g e n z u g a m Operationstisch m u ß an beiden B e i n e n m i t H i l f e v o n F u ß laschen e r f o l g e n . D e r D o r n f o r t s a t z des v e r l e t z t e n W i r b e l s w i r d m i t einer N a d e l m a r k i e r t . D u r c h eine R ö n t g e n k o n t r o l l e überzeugt m a n sich nach der L a g e r u n g a m O p e r a t i o n s t i s c h , o b der W i r b e l eingerichtet u n d o b der richtige D o r n f o r t s a t z m i t der N a d e l m a r k i e r t w u r d e . D e r H a u t s c h n i t t w i r d in der M i t t e l l i n i e über den D o r n f o r t s ä t z e n angelegt. D e r D o r n f o r t s a t z des v e r l e t z t e n W i r b e l s sowie eines h ö h e r u n d t i e f e r gelegenen W i r b e l s w e r d e n subperiostal freigelegt, ebenso die entsprechenden W i r b e l b o g e n bis l a t e r a l zu den G e l e n k f o r t sätzen. D e r über dem v e r l e t z t e n W i r b e l liegende D o r n f o r t s a t z w i r d k n a p p an seiner W u r z e l quer durchbohrt, ein D r a h t v o n 1 m m S t ä r k e w i r d durch das B o h r l o c h durchgezogen u n d u m den D o r n f o r t s a t z des u n t e r dem v e r l e t z t e n W i r b e l liegenden W i r b e l s herumgeschlungen. B e s t e h t z. B . ein nicht stabiler V e r r e n k u n g s b r u c h des 6 . auf den 7 . H a l s w i r b e l , so w i r d der D o r n f o r t s a t z des 5. H a l s w i r b e l s durchbohrt u n d der D r a h t u m den D o r n f o r t s a t z des 7. H a l s w i r b e l s herumgeschlungen. D a m i t die D r a h t s c h l i n g e möglichst straff g e k n ü p f t w e r den k a n n , w i r d die H a l s w i r b e l s ä u l e unter Z u g lordosiert u n d der D r a h t m i t der S p a n n z a n g e geknüpft. Beiderseits der D o r n f o r t s ä t z e w i r d je ein K n o c h e n s p a n v o n 10 m m B r e i t e u n d 6 5 m m L ä n g e angelegt, und um eine Verschiebung der S p ä n e zu v e r h i n d e r n , m i t einer D r a h t schlinge an einem D o r n f o r t s a t z befestigt. D u r c h eine R ö n t g e n k o n t r o l l e ü b e r z e u g t m a n sich von der E i n r i c h t u n g des Bruches, v o n der guten L a g e der D r a h t s c h l i n g e n u n d der S p ä n e . N a c h A n l e g e n einer S a u g d r a i n a g e w i r d die W u n d e schichtweise verschlossen u n d ein S c h u t z v e r b a n d angelegt. D e r V e r l e t z t e w i r d in das B e t t zurückgelagert u n d mit einer w e i t e r h i n ein D a u e r z u g ausgeübt.

CRUTCHFIELD-Klammer

N a c h 10 T a g e n w e r d e n die H a u t n ä h t e e n t f e r n t . E i n K o p f - B r u s t - G i p s v e r b a n d w i r d a n gelegt, m i t dem der V e r l e t z t e aufstehen und h e r u m g e h e n k a n n . D i e R u h i g s t e l l u n g im G i p s v e r b a n d b e t r ä g t 4 M o n a t e , um einem R e i ß e n der D r ä h t e u n d d a m i t einer neuerlichen V e r schiebung v o r z u b e u g e n ( A b b . 1 1 7 ) . D i e V e r s t e i f u n g der W i r b e l durch Fusion der D o r n f o r t s ä t z e ist technisch einfacher als die durch den „ v o r d e r e n Z u g a n g " , bei dem die W i r b e l k ö r p e r fusioniert w e r d e n . 9 J o n a s c h , O p e r a t i o n e n , 2. Aufl.

130

Brustkorb, Lunge und Herz

4. Brust- und Lendenwirbel Das Aufrichten eines komprimierten 1.—11. Brustwirbelkörpers ist nicht oder nur teilweise möglich. Z u r Behandlung genügt daher Bettruhe, solange stärkere Schmerzen bestehen. Hingegen sollen Kompressionsbrüche des 12. Brustwirbels u n d 1.—5. Lendenwirbels konservativ aufgerichtet u n d anschließend bis zur Heilung in einem Gipsmieder, das 3—5 M o n a t e getragen werden soll, ruhiggestellt werden.

Brustkorb, Lunge und Herz Die meisten perforierenden Verletzungen von Brustkorb, Lunge u n d H e r z entstehen in Friedenszeiten durch Messerstiche. Diese Verletzungen machen manchmal klinisch keine besonderen Erscheinungen. Erst bei genauer Wundrevision sieht man, d a ß eine Verletzung der Pleura, der Lunge, ja sogar des H e r z e n s vorliegt. Bei Stichverletzungen keiten:

im Bereich des Brustkorbes bestehen folgende Verletzungsmöglich-

1. D e r Stich endet in der Interkostalmuskulatur, ohne die Pleura zu verletzen. 2. Die Pleura ist verletzt, nicht jedoch die Lunge u n d der Herzbeutel. 3. Pleura u n d Lunge sind verletzt. 4. Pleura u n d H e r z b e u t e l sind verletzt. 5. Pleura, Herzbeutel u n d H e r z sind verletzt. Bei 4 u n d 5 k a n n zusätzlich noch eine Verletzung der Lunge vorliegen. Stichverletzungen ohne Verletzung der Pleura können in örtlicher Betäubung ausgeschnitten u n d genäht werden. Bei Verdacht einer Pleuraverletzung w i r d in Intratrachealnarkose die H a u t w u n d e ausgeschnitten u n d in die Tiefe verfolgt. Dabei soll die H a u t w u n d e immer großzügig in Richtung des Verlaufs der Rippen verlängert werden, um einen guten Überblick zu erhalten. K a n n m a n annehmen, d a ß eine Verletzung des H e r z e n s vorliegt, so ist die H a u t w u n d e so zu verlängern, d a ß ein v o n der vorderen Axillarlinie bis zur ParaSternallinie reichender Schnitt in H ö h e des 5. Zwischenrippenraumes zustande k o m m t . Geht die W u n d e in die Tiefe u n d ist die Pleura verletzt, so werden die beiden benachbarten Rippen mit einem R a s p a t o r i u m freigelegt u n d der I n t e r k o s t a l r a u m mit einem R i p p e n sperrer (Abb. 118) auseinandergedrängt (bei H e r z v e r l e t z u n g e n der 5. Zwischenrippenraum) und die Pleura entsprechend weiter eröffnet. Gelingt es mit dem Rippensperrer nicht, einen genügenden Überblick zu bekommen, oder k o m m t es zu einer starken Blutung aus den Interkostalgefäßen, die nicht beherrscht werden kann, dann ist es am besten, die beiden R i p p e n von 2 cm parasternal auf 10—12 cm nach lateral zu resezieren. Sieht man, d a ß weder die Lunge noch der Herzbeutel verletzt sind, so ist ein weiteres Vorgehen nicht notwendig. Besteht eine Verletzung der Lunge, so w i r d die Verletzungsstelle mit E i n z e l k n o p f n ä h t e n aus K a t g u t vernäht. Ist der Herzbeutel eröffnet und der H e r z m u s k e l unverletzt, so w i r d der Herzbeutel, nachdem v o r h a n d e n e Blutkoagula mit dem Sauger e n t f e r n t w u r d e n , durch feine Seidenk n o p f n ä h t e verschlossen. Die Absaugung des Blutes aus dem Herzbeutel soll langsam erfolgen, da es zu einer heftigen stoßweisen Blutung aus der H e r z w u n d e kommen kann, w e n n eine Verletzung des

S t u m p f e B a u c h Verletzungen

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Herzens besteht. Die Blutung muß sofort durch digitale Kompression beherrscht werden (Abb. 119). Um die Herzwunde besser versorgen zu können, legt man beidseits des komprimierenden Fingers je einen Haltefaden an und stillt die Blutung für die Naht temporär durch Hochheben und Uberkreuzen der beiden Haltefäden.

Abb. 118. R i p p e n s p e r r e r im geöffneten Z u s t a n d z u m E r w e i t e r n des I n t e r k o s t a l r a u m e s . D e r e i n e A r m ist s t a r r fixiert (1). Durch D r e h e n am H a n d g r i f f ( H ) w i r d der andere bewegliche A r m (2) entlang der Führung v o m starren A r m entfernt

Abb. 119. Schematische Darstellung der digitalen K o m p r e s s i o n einer Wunde der H e r z m u s k u l a t u r

Die Naht des Herzmuskels erfolgt mit atraumatischen Nadeln durch Einzelknopfnähte aus Seide. Dabei ist darauf zu achten, daß die Nähte nicht durch das Endokard gehen. Der Herzbeutel und die Pleura werden ebenfalls mit Einzelknopfnähten aus Seide genäht. Vor dem Knüpfen der letzten Naht der Pleura muß zuerst die Lunge entfaltet und so der Pneumothorax beseitigt werden (mit Hilfe des Atembeutels). Dann erst darf die letzte Pleuranaht geknüpft werden. Die Interkostalmuskulatur wird mit Einzelnähten aus Katgut luftdicht verschlossen. Dann erfolgt die Naht der Haut.

Stumpfe Bauchverletzungen Zu den häufigsten Verletzungen im Bereich des Bauches gehören die Zerreißungen des Dünndarmes und der Milz. Der Erfolg oder Mißerfolg bei der Behandlung einer stumpfen Bauchverletzung hängt von der möglichst rasch nach dem Unfall gestellten Diagnose und dem entsprechend frühzeitigen operativen Eingreifen ab. 9»

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Stumpfe Bauchverletzungen

Die klinische Diagnose einer traumatischen intraabdominellen Verletzung ist oft schwer zu stellen und erfordert Erfahrung, da es zwischen dem klinischen Bild des Schockzustandes und dem einer stumpfen Bauchverletzung Überschneidungen gibt. Laboratoriumsuntersuchungen gleich nach der Verletzung sind meist problematisch. Es ist daher grundsätzlich zuerst die Schockbehandlung einzuleiten. Analgetika dürfen keine gegeben werden, um das klinische Bild nicht zu verschleiern. Klingt der Schockzustand in 1—2 Stunden ab, ist der Bauch weich, nicht druckempfindlich, besteht keine Flankendämpfung, so besteht keine Indikation zur Laparatomie. Trotzdem ist eine stationäre Beobachtung des Verletzten unbedingt notwendig, da es „gedeckte" Risse der Magen- und D a r m w a n d sowie von parenchymatösen Organen gibt. So können Spätblutungen bei sogenannten „zweizeitigen 1 ' Milzrupturen bis zu 3 Wochen nach dem Unfall auftreten. Ist eine intraabdominelle Verletzung spätestens 1—2 Stunden nach Einleitung der Schockbehandlung nicht mit Sicherheit auszuschließen, so soll nicht weiter zugewartet, sondern unter allen Umständen eine Probelaparatomie gemacht werden. Die Hauptleitsymptome für eine Laparatomie sind: 1. In der Vorgeschichte eine entsprechend starke stumpfe Gewalteinwirkung auf den Bauch (z. B. Verletzung durch das Lenkrad, Auffallen auf harten Gegenstände usw.). 2. Schmerzen im Bauch. 3. Schmerzen, die oberhalb des linken Schlüsselbeines angegeben werden, weisen auf eine Verletzung der Milz hin. 4. Die vorangegangene Schockbehandlung hat keinen oder nur unvollständigen und vorübergehenden Erfolg. Der Blutdruck erreicht nicht den Normalwert oder sinkt wieder ab und der Puls wird rascher. 5. örtliche Druckempfindlichkeit das Bauches und manchmal eine Abwehrspannung der Bauchdecken. Die örtliche Druckempfindlichkeit kann einen Hinweis auf den Ort der Verletzung geben, muß es aber nicht. Die Operation wird in Allgemeinnarkose durchgeführt, wobei die Schockbehandlung fortgesetzt werden muß. Der Zugang wird je nach Lage des verletzten Organes angelegt, z. B. bei einer Verletzung der Milz ein Rippenbogenrandschnitt links usw. Für die Probelaparatomie eröffnet man die Bauchhöhle durch einen medianen Oberbauchschnitt, den man gegebenenfalls zu einem Rippenbogenrandschnitt oder medianem Unterbauchschnitt verlängern kann. Der Nabel wird dabei links umschnitten. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß mehrere Organe gleichzeitig können, z. B. Milz und D ü n n d a r m oder Milz und Magen usw.

verletzt sein

Das weitere Vorgehen nach Eröffnen der Bauchhöhle hängt von dem darin vorgefundenen freien Inhalt ab. 1. Ist in der Bauchhöhle Blut, so wird dieses entfernt und die Blutungsquelle gesucht. 2. Ist in der Bauchhöhle neben Blut auch Magen- oder Darminhalt — was man zumeist erst nach Hochschlagen des Netzes feststellen kann —, so soll man der Spur des Darminhaltes vorsichtig folgen. Die Lage der Eingeweide soll dabei möglichst wenig geändert werden, um den Darminhalt nicht in der ganzen Bauchhöhle zu verschleppen. Die verletzte D a r m schlinge wird vor die Bauchdecken gebracht. Der ausgetretene Darminhalt kann jedoch gering sein und leicht übersehen werden. D a r u m muß immer — auch im Anschluß an die Vorlagerung aller zunächst gefundenen verletzten Darmschlingen — der D a r m vom Zökum aufsteigend bis zum Magen und dann absteigend bis zum Sigma genauestens untersucht werden. Es ist stets daran zu denken, daß der Darm an mehreren Stellen gleichzeitig verletzt sein kann.

Stumpfe Bauchverletzungen

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3. Entweicht beim Eröffnen der Bauchhöhle Luft, so kann dies auf eine Verletzung des Magens hinweisen. 4. Ist in der Bauchhöhle neben Blut auch H a r n , so liegt eine intraperitoneale Blasenruptur vor.

1. Milz Bei Milzzerreißungen soll die Milz nicht genäht, sondern entfernt werden. Man spaltet das Peritoneum des Lig. gastrolineale, evtl. auch noch das Lig. gastrocolium unter Schonung der Gefäße an der großen Kurvatur des Magens, u m f a ß t den Milzstiel mit den Fingern und ligiert ihn doppelt. Dabei ist darauf zu achten, daß der Schwanz der Bauchspeicheldrüse nicht mitgefaßt wird. D a n n wird die Milz von der konvexen Seite her luxiert, wobei vorher bestehende Verwachsungen gelöst und blutende Gefäße einzeln ligiert werden müssen (obere Polarterie!). Verwachsungen zwischen oberem Milzpol und Zwerchfell oder ein kurzer Milzstiel können den Eingriff erschweren. Eine Drainage der Bauchhöhle ist nicht notwendig.

2. Leber Risse der Leber soll man versuchen durch tiefgreifende, doppelt gestochene Einzelknopfnähte aus Katgut zu verschließen (Verwendung einer runden Nadel!). Zusätzlich wird Spongostan, Sorbacel oder ähnl. auf die N a h t gelegt und das Operationsgebiet drainiert. Das Drain wird neben der Operationswunde herausgeleitet. Gelingt die N a h t des Leberrisses nicht oder nicht einwandfrei, wird der Riß austamponiert und drainiert. Streifen und Drain werden neben der Operationswunde herausgeleitet. Bei ausgedehnten Zerreißungen der Leber kann die Resektion eines Leberlappens notwendig werden. Sie erfolgt keilförmig im Gesunden. Die Aussichten des Verletzten auf ein Überleben sind in diesen Fällen jedoch gering (Chancen bei Resektion des linken Lappens günstiger).

3. Gallenblase und ableitende Gallenblase Kleine Risse der Gallenblase werden zweischichtig mit Einzelknopfnähten verschlossen. Bei größeren Rissen wird am besten die Gallenblase entfernt. Längsrisse im Ductus choledochus oder hepaticus werden über einem an der Rißstelle eingeführten T-Drain, quere Durchrisse über dem oberen Schenkel eines distal der Nahtstelle eingeführten T-Drain genäht, das nach 2 Wochen entfernt werden soll. Zusätzlich wird das Operationsgebiet drainiert.

4. Bauchspeicheldrüse Die Verletzung der Bauchspeicheldrüse erfolgt häufig retroperitoneal. Bei Mitverletzung des Peritonealüberzuges können vereinzelte Fettgewebsnekrosen („Kalkspritzer") den Weg zur Auffindung der Verletzungsstelle weisen.

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Stumpfe Bauchverletzungen

Die Bauchspeicheldrüse wird durch Spaltung des Lig. gastro-colicum unter Schonung der Vasa gastro-epiploica oder von einem bereits bestehenden Riß im Lig. hepato-gastricum aus freigelegt. Kleine Verletzungen werden mit Einzelknopfnähten einfach übernäht. Bei einem kompletten Durchriß der Bauchspeicheldrüse werden beide Enden im Gesunden angefrischt und dann durch einige Katgut-Einzelknopfnähte miteinander vereinigt. Zur besseren Adaptierung während der N a h t kann ein mit einem Faden armierter Uretherenkatheter in das Lumen des Ductus pancreaticus beiderseits eingeführt werden. Der Katheter wird vor der letzten N a h t durch Zug am Faden wieder entfernt. Die Verletzungsstelle der Bauchspeicheldrüse ist abzutamponieren und zu drainieren. Streifen und Drains werden neben der Operationswunde herausgeleitet. Bei einer Zertrümmerung von Bauchspeichelgewebe kommt eine Resektion nur im Schwanzbereich in Frage. Die Resektion erfolgt keilförmig. Bei jeder Verletzung der Bauchspeicheldrüse empfiehlt sich zur Einschränkung der äußeren Pankreassekretion durch 8—10 Tage hindurch ausschließlich eine parenterale Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr. Darüber hinaus sollen 2mal täglich bis 50 0000 E Trasylol i.v. gegeben werden.

5. Mesenterium und Mesokolon Risse des Mesenteriums und Mesokolons werden durch Einzelknopfnähte unter Schonung der Gefäße verschlossen. Abrisse an der Insertionsstelle bis ungefähr 15 cm Länge können, sofern der zugehörige Darmabschnitt einwandfrei durchblutet ist, durch Annähen behoben werden. Bei längeren Abrissen mit Verletzung größerer Gefäße wird meist eine D a r m resektion notwendig (siehe S. 135). Es ist stets zu untersuchen, ob sich ein Gekröseriß nicht auf den Darm fortsetzt!

6. Netz Kleine Risse werden genäht, vom Mesokolon abgerissene Teile wieder angenäht, stark gequetschte und zerrissene Teile abgetragen.

7. Peritonealduplikatur Einrisse werden nach Ligatur verletzter Gefäße durch Einzelknopfnähte verschlossen. Lebenswichtige Gefäße wie die V. portae und Lebergefäße müssen genäht werden. Ihre Ligatur f ü h r t zum Tod.

8. Retroperitoneum Große Gefäße werden minutenlang komprimiert und dann angeklemmt. Ist eine Ligatur nicht möglich, kann man notfalls die Klemmen liegen lassen, mit Gaze umwickeln u n d nach 3—4 Tagen — bereit zur Relaparatomie — vorsichtig abnehmen.

Stumpfe Bauchverletzungen

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9. Magen Risse in der Magenwand werden durch Einzelkopfnähte in drei Schichten verschlossen.

10. Zwölffingerdarm Bevorzugte Rißstellen im Bereiche des Zwölffingerdarmes sind die Pars descendens und die Flexura duodeno-jejunalis. Die Prognose besonders der retroperitonealen Zwölffingerdarmverletzungen ist schlecht. Eine gallige Verfärbung der peritonealen Umschlagfalte weist auf eine solche hin. Nach Spaltung des Peritoneums lateral des absteigenden Astes wird dieser stumpf nach medial gedrängt und so die Rückseite zur Ansicht gebracht. Der Riß wird zweischichtig quer vernäht. Die N a h t muß spannungslos sein. Das Operationsgebiet wird drainiert. Zusätzlich soll eine Gastro-Enterostomie angelegt werden.

11. Dünndarm Die Verletzung des Dünndarmes erfolgt meist im Bereiche der oberen Jejunumschlingen. Nach Vorlagerung des verletzten Darmabschnittes wird die Bauchhöhle abgedeckt. Punktförmige Wunden des Dünndarmes verschließt man durch eine Tabaksbeutel- und Serosa-Z-Naht, kleinere Risse unter halbem D a r m u m f a n g durch eine fortlaufende Katgutnaht und darüber gelegten Serosa-Einzelknopfnähten. Bei großen, unregelmäßigen Rissen, Defekten, mehrfachen Rissen auf kurzen Abschnitten, Abriß des Darmes vom Gekröse mit Gangraen ist eine Resektion des entsprechenden D a r m abschnittes angezeigt. Die Anastomosierung der Stümpfe soll im einwandfrei unbeschädigten Gebiet erfolgen. Nach doppelter Unterbindung des Darmes beiderseits des zu entfernenden Abschnittes wird das Mesenterium desselben keilförmig vom übrigen Gekröse abgetrennt, jedoch nur bis zu einer Breite von 5 cm parallel zum D a r m . Anschließend wird der D a r m zwischen den doppelten Ligaturen durchtrennt und der verletzte Abschnitt mit dem anhaftenden Gekröse entfernt. Die Darmstümpfe werden durch eine Tabaksbeutelnaht versenkt. Darüber wird die Serosa mit Einzelknopfnähten gedeckt. D a n n wird eine mindestens 5 cm lange, isoperistaltische Seit-zu-Seit-Anastomose angelegt. Nach Fixation der Stümpfe durch eine Reihe von Serosa-Einzelknopfnähten aneinander parallel zum Gekröseansatz, wird der D a r m beiderseits in 0,5 cm Entfernung parallel zu dieser Nahtreihe eröffnet. Nach Vereinigung beider Ecken durch je eine durchgreifende Katgut-Einzelknopfnaht erfolgt eine fortlaufende Katgutnaht durch alle Schichten, die nach vorne in eine einstülpende N a h t fortgesetzt werden soll. Darüber wird eine Reihe von Serosa-Einzelknopfnähten gelegt, durch die die Stumpfenden gut an die D a r m w a n d fixiert werden. Zuletzt wird unter Schonung der Gefäße der Mesenterialschlitz verschlossen. Für eine End-zu-End-Anastomose wird das Darmlumen nicht ligiert, sondern beidseits zwischen zwei Darmklemmen schräg durchtrennt, um den Querschnitt der Anastomose zu vergrößern.

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Harnröhre, Harnblase und Nieren

12. Dickdarm Dickdarmverletzungen sind besonders infektionsgefährdet, vor allem, wenn sie retroperitoneal liegen. Zur Darstellung der letzteren wird das Peritoneum an der lateralen Umschlagsfalte gespalten und der D a r m nach medial zu verzogen. Kleine Risse werden in beweglichen Darmabschnitten zweischichtig, in retroperitonealen dreischichtig in querer Richtung vernäht. Bei größeren Rissen in beweglichen Dickdarmabschnitten wird in gleicher Weise wie bei Dünndarmrissen vorgegangen. Ist in retroperitonealen Abschnitten eine Resektion notwendig, gelingt oft eine spannungslose Darmnaht auch bei End-zu-End-Anastomosierung nicht, weshalb eine Ileo-Transversostomie bei Verletzung des Colon ascendens bzw. eine Transverso-sigmoidostomie bei Verletzung des Colon descendens gemacht werden muß, wobei in beiden Fällen eine End-zu-Seit-Anastomosierung erfolgt. Der ausgeschaltete Dickdarm soll zur Gänze reseziert werden. Bei retroperitonealen Dickdarmverletzungen wird die genähte Darmschlinge über ein dickes Gummirohr vor die Bauckdecken gelagert. Bei einwandfreier Heilung kann das Gummirohr nach 4—6 Tagen entfernt und die Darmschlinge in die Bauchhöhle zurückverlagert werden. War K o t in die Bauchhöhle eingetreten, so soll der DouGLASsche R a u m mit einem dicken Gummirohr drainiert werden, das durch eine Stichinzision neben der Operations wunde herausgeleitet wird.

Offene Bauchverletzungen Offene Bauchverletzungen entstehen in Friedenszeiten zumeist durch Stich, im Krieg durch Schuß in den Bauch. Die Erfolgsaussichten verringern sich mit zunehmendem Intervall zwischen Unfall und Operation, weshalb diese unter gleichzeitiger intensiver Schockbehandlung zum frühest möglichen Zeitpunkt durchgeführt werden soll. Grundsätzlich soll die operative Eröffnung der Bauchhöhle bei offenen Bauchverletzungen möglichst groß, der Eingriff an den Eingeweiden möglichst klein sein. Bei Darmverletzungen begnügt man sich nach Möglichkeit mit Übernähungen. Entstehen dabei Stenosen, anastomosiert man den zu- und abführenden Darmschenkel miteinander. Darmresektionen sollen nur im äußersten N o t f a l l gemacht werden. Bei allen offenen Dickdarmverletzungen muß die genähte Darmschlinge vorgelagert werden.

Harnröhre, Harnblase und Nieren Besteht der Verdacht auf eine Verletzung der Harnröhre, Harnblase oder der Nieren, so soll darauf geachtet werden, ob der Verletzte spontan urinieren kann und ob der H a r n klar oder blutig ist. Bei Brüchen im Bereich des Beckens besteht häufig gleichzeitig eine Verletzung der Harnröhre oder der Harnblase. 1. Gelingt es nicht, den Katheder (aus Gummi oder Plastik) bis in die Blase einzuführen und entleeren sich dabei nur wenige Tropfen Blut, so kann man annehmen, daß eine Zerreißung der Harnröhre vorliegt. In diesen Fällen beläßt man den Katheter, soweit man ihn einführen konnte, spritzt 10—20 ccm einer 30°/oigen Urografinlösung ein und macht eine Röntgenaufnahme. Liegt eine Harnröhrenzerreißung vor, so ist im Röntgenbild der Austritt von Kontrastmittel zu sehen.

Harnröhre, Harnblase und Nieren

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2. Kann der Katheter in die Blase eingeführt werden und entleert sich zuerst etwas Blut und dann klarer Harn, kann eine Schleimhautverletzung der Harnröhre vorliegen. Zur Sicherheit prüft man noch, ob nicht eine Verletzung der Harnblase besteht. Ist diese auszuschließen, so beläßt man den Katheter und ersetzt ihn durch einen VerweilKatheder, der ungefähr 10—14 Tage zu belassen ist. 3. Kann der Katheder leicht in die Blase eingeführt werden und entleert sich Blut, so kann eine Verletzung der Harnblase oder der Nieren vorliegen. Die Verletzung der H a r n blase wird wie unter Punkt 4 festgestellt. Kann die Verletzung der Harnblase ausgeschlossen werden, so liegt eine Nierenverletzung vor. Dann soll eine i.v. Pyelographie, sobald sich der Verletzte erholt hat, gemacht werden. 4. Kann der Katheder leicht in die Blase eingeführt werden und entleeren sich jedoch nur wenige Tropfen, wenn auch klaren Harnes, so soll man an die Möglichkeit einer Blasenverletzung denken.

A b b . 120 a u. b. K l e i n e r R i ß in der H a r n b l a s e bei e i n e m 4 3 j ä h r i g e n A n g e s t e l l t e n , d e r als M o p e d f a h r e r v o n e i n e m P K W n i e d e r g e s t o ß e n w u r d e . D i e B i l d e r zeigen die W i c h t i g k e i t -der R ö n t g e n a u f n a h m e auch noch 20 M i n u t e n nach der K o n t r a s t f ü l l u n g . Auf d e r A b b . 120 a, die gleich nach der K o n t r a s t m i t t e l f ü l l u n g d e r Blase gemacht w u r d e , ist ein A u s t r i t t v o n K o n t r a s t m i t t e l nicht m i t Sicherheit zu sehen. A b b . 120 b. D i e R ö n t g e n k o n t r o l l e 20 M i n u t e n nach d e r F ü l l u n g a n g e f e r t i g t , zeigt einen d e u t lichen A u s t r i t t v o n K o n t r a s t m i t t e l . Bei d e r O p e r a t i o n f a n d sich ein 5 m m g r o ß e r e x t r a p e r i t o n e a l e r R i ß in d e r H a r n b l a s e rechts

Zur genauen Diagnose füllt man die Blase mit 300 ccm Kochsalzlösung auf, der 40 ccm 65°/oiges Urografin beigegeben wird. Nach der Füllung macht man eine Röntgenaufnahme, um zu sehen, ob das Kontrastmittel aus der Blase ausgetreten ist. Ist der Riß in der Blase sehr klein, so kann unter Umständen auf dieser Aufnahme noch kein Kontrastmittelaustritt zu sehen sein. Daher werden nach weiteren 10 bzw. 20 Minuten nochmals Röntgenaufnahmen gemacht, auf denen auch bei kleinen Rissen ein Austritt des Kontrastmittels nachzuweisen ist (Abb. 120). Von manchen Autoren wird diese Kontrastmitteldarstellung bei Verdacht auf eine Blasenruptur wegen Infektionsgefahr abgelehnt. Eine solche konnten wir bei unseren Fällen nicht beobachten. 1. Harnröhre Die traumatischen Verletzungen der Harnröhre liegen meist im Bereich der Pars membranacea.

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Harnröhre, Harnblase u n d Nieren

In Allgemeinnarkose w i r d die V o r d e r w a n d der Harnblase durch einen suprapubischen Schnitt freigelegt, mit H a l t e f ä d e n angeschlungen, die Blase eröffnet und der H a r n abgesaugt. Von peripher her w i r d durch die H a r n r ö h r e ein Metallkatheter eingeführt und nach A u f fädeln des proximalen Harnröhrenstumpfes in die Harnblase vorgeschoben. Rückläufig w i r d mit H i l f e des Metallkatheters ein ungefähr 50 cm langer Polyvinylschlauch durch die H a r n r ö h r e gezogen (Abb. 121) und mit einer Seidennaht am Orificium externum fixiert (Durchzugsverfahren). Eine N a h t der H a r n r ö h r e ist nicht notwendig.

Abb. 121. Durchzugsverfahren bei einem R i ß der H a r n r ö h r e im Bereich der P a r s m e m b r a n a c e a : Von peripher her ist ein M e t a l l k a t e t h e r ( K ) in die H a r n b l a s e eingeführt, nachdem der zentrale Stumpf der Harnröhre aufgefädelt wurde. Rückläufig w i r d mit H i l f e des K a tethers ein P o l y v i n y l s c h l a u c h ( P ) durch d i e H a r n r ö h r e gezogen

In die Blase w i r d aus Sicherheitsgründen ein Kunststoffrohr eingelegt, das suprapubisch herausgeleitet w i r d , und die Operationswunde mit Einzelnähten, die durch eine Z - N a h t gesichert werden, verschlossen, wobei das Durchzugsrohr ebenfalls suprapubisch herausgeleitet ist. In das C a v u m Retzii w i r d ein Saugdrain, das durch die gesunde H a u t herausgeleitet w i r d , für 48 Stunden eingelegt und die Wunde schichtweise vernäht. Das in die Blase eingelegte Kunststoffrohr kann in der Regel nach 8—10 Tagen entfernt werden. Das Durchzugsrohr soll nach 3 Wochen durch einen gewöhnlichen Blasenkatheter ersetzt werden. H a t sich die Blasenfistel geschlossen, so kann auch dieser Katheter entfernt werden. Bei einer Verletzung der vorderen H a r n r ö h r e soll man in der gleichen Weise vorgehen.

2. Harnblase Die traumatischen Verletzungen der Blase sind meist extraperitoneal und nur selten intraperitoneal gelegen. Bei einer Blasenverletzung soll so bald als möglich die operative Versorgung durchgeführt werden, um einer Urinphlegmone b z w . einer Peritonitis vorzubeugen. In Allgemeinnarkose w i r d durch einen suprapubischen Schnitt die B l a s e n v o r d e r w a n d freigelegt, mit H a l t e f ä d e n angeschlungen und die Blase eröffnet. Damit bekommt man einen guten Überblick über die Verletzungsstelle. Ein R i ß der Blasenwand w i r d zweischichtig mit K a t g u t k n o p f n ä h t e n verschlossen. Die N a h t der Schleimhaut selbst ist nicht notwendig. Findet sich der R i ß der Blasenwand im Bereich der Ureterenostien, so sollen diese vor der N a h t mit Kunststoffkatheter, die 1 Woche belassen werden, geschient werden.

Harnröhre, Harnblase und Nieren

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Anschließend wird transurethral ein Ballon-Katheter in die Blase eingeführt und die Blase selbst mit einem Kunststoffschlauch, der suprapubisch herausgeleitet wird, drainiert. Die operativ eröffnete Blasenvorderwand wird mit Einzel-Katgutnähten verschlossen, die durch eine Z - N a h t gesichert werden. Mußten in die Harnleiter vor der N a h t des Blasenrisses Katheter eingeführt werden, so werden diese ebenfalls suprapubisch herausgeleitet. Durch Einspritzen von physiologischer Kochsalzlösung in den Ballon-Katheter prüft man, ob die N a h t der Blase wasserdicht erfolgt ist. Nach Versorgung jedes extraperitonealen Risses der Blase soll zur Sicherheit noch die Bauchhöhle eröffnet und inspiziert werden, um Nebenverletzungen ausschließen zu können. Vor dem schichtweisen Wundverschluß wird paravesikal ein Saugdrain f ü r 48 Stunden eingelegt, das durch die gesunde H a u t herausgeleitet wird. Bei jeder intraperitonealen Verletzung der Blase muß nach N a h t der Blasenwunde diese noch peritonealisiert werden.

3. Niere Stumpfe Verletzungen der Niere bedürfen meist nicht einer sofortigen operativen Behandlung, wie z. B. eine Verletzung der Milz oder des Dünndarms. Ist der H a r n blutig und wurde eine Verletzung der H a r n r ö h r e und Harnblase ausgeschlossen, so liegt in der Regel eine Nierenverletzung vor. In äußerst seltenen Fällen kann bei klarem H a r n eine Niere von ihrem Stiel abgerissen sein und der klare H a r n aus der nichtverletzten Niere stammen. Bei den Nieren bestehen folgende Verletzungsmöglichkeiten: 1. Oberflächliche Parenchymeinrisse ohne eine Verbindung zum Nierenhohlsystem. 2. Tiefe Einrisse mit Eröffnung der Kelche bzw. des Nierenbeckens. 3. Zertrümmerung der Niere oder Abriß der Niere vom Stiel. Das Ausmaß der Nierenverletzung kann klinisch nicht festgestellt werden, sondern nur durch ein Urogramm bzw. durch eine retrograde Pyelographie. Das Urogramm soll erst nach zwei bis drei Tagen gemacht werden, bis sich der Verletzte erholt hat. Mit dem Urogramm wird sowohl die Funktionstüchtigkeit und das Ausmaß der Verletzung der Niere festgestellt, als auch das Vorhandensein einer zweiten Niere. Findet man im Urogramm ein intaktes Nierenbecken und intakte Kelche und ist nur eine kleine Einbruchsstelle von Kontrastmittel zu sehen, so kann konservativ vorgegangen werden. Zeigt die entsprechende Niere keine Kontrastmittelausscheidung, so kann trotzdem keine Verletzung vorliegen. Die Nichtausscheidung von Kontrastmittel in den ersten Tagen nach der Verletzung kann reflektorisch und schockbedingt sein. Daher ist das Urogramm nach drei bis vier Tagen zu wiederholen. Kommt es auch beim zweiten Urogramm zu keiner Darstellung der Niere, zo soll eine retrograde Pyelographie gemacht werden. Ergibt diese eine schwere Verletzung der Niere, dann soll die Operation gleich angeschlossen werden. Von manchen Autoren wird die retrograde Pyelographie wegen Infektionsgefahr abgelehnt; wir konnten bei unseren Verletzten nach einer retrograden Pyelographie niemals eine Infektion beobachten. In äußerst seltenen Fällen kann trotz isoliertem Abriß der Nierenvene das Urogramm normal sein, ebenso wie eine retrograde Pyelographie keinen Anhaltspunkt f ü r eine Verletzung bieten kann, obwohl die Nierengefäße abgerissen sind. Dies sind aber sehr seltene Ereignisse. Die Indikation

zur Operation

bei einer Nierenverletzung ist gegeben

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Harnröhre, Harnblase und Nieren

1. Primär: Bei lebensbedrohender Blutung. Dazu ist zu sagen, daß selbst eine massive Nierenblutung in der Regel innerhalb von ein bis zwei Tagen von selbst zum Stillstand kommt, wenn das Peritoneum unverletzt ist. 2. Sekundär: Wenn die Kontrastmitteldarstellung zeigt, daß das Nierenbecken oder die Kelche verletzt sind, oder daß die Niere völlig funktionslos geworden ist. Die Kenntnis der Funktionstüchtigkeit der zweiten Niere ist Voraussetzung f ü r jeden operativen Eingriff. Ist ein operatives Vorgehen bei einer Nierenverletzung notwendig, so bestehen folgende Möglichkeiten: 1 . N a h t der Niere, der Nierenkelche und des Nierenbeckens, wenn die Durchblutung aller einzelnen Teile gewährleistet ist. 2. Resektion eines Nierenpoles, wenn nur ein Pol abgerissen und die restliche Niere ausreichend durchblutet ist und die ableitenden Harnwege intakt sind. 3. Entfernung der Niere, wenn diese zertrümmert oder vom Nierenstiel abgerissen ist. Die Art des operativen Zuganges wird durch die Indikation bestimmt. Lebensbedrohend wird eine Nierenblutung meist nur durch gleichzeitigen Bauchfellriß und Blutung in die Bauchhöhle. In diesen Fällen wird die Niere von einem oberen Pararektalschnitt aus transperitoneal freigelegt, und zwar durch bogenförmige Spaltung des Peritoneum kranial lateral der Flexura coli hepatica bzw. lienalis, wobei man den Riß im Peritoneum nach Möglichkeit in diese Richtung erweitert. Findet man bei Revision des Abdomens wegen gleichzeitiger anderer innerer Verletzungen das Peritoneum über einer Niere vorgewölbt, aber unverletzt, soll man die Niere primär nicht freilegen. In allen anderen Fällen, bei denen eine Operation der verletzten Niere angezeigt ist, soll diese von einem lumbalen Schrägschnitt aus erfolgen. Der Verletzte wird hierfür mit der gesunden Seite auf eine aufblasbare Gummirolle gelagert, deren Luft zur H a u t n a h t abgelassen wird. Der Schnitt verläuft kaudal und parallel zur 12. Rippe und endet knapp über dem höchsten Punkt des Darmbeinkammes. Nach Durchtrennung der Muskulatur wird die Fascia transversa gespalten und das Peritoneum ohne Eröffnung der Bauchhöhle vorsichtig nach vorne abgedrängt. Eventuell muß zur besseren Darstellung des oberen Nierenpoles die 12. Rippe reseziert werden. Zur vorübergehenden Blutstillung drückt man den Nierenstiel mit der H a n d gegen die Wirbelsäule. Das Anlegen von Gefäßklemmen soll wegen der N ä h e der V. cava caudalis und der Aorta descendens nur unter Sicht erfolgen. Die Resektion eines Nierenpoles erfolgt keilförmig, wobei die Resektionsflächen durch N a h t verschlossen werden. Bei Entfernung der Niere sollen Arterie, Vene und Ureter getrennt und zweifach ligiert werden. Eine Drainage der Operationsstelle ist notwendig, wenn die Verletzung zu einer Eröffnung der ableitenden Harnwege geführt hat, oder wenn gleichzeitig der Magen oder D a r m verletzt wurde, wenn sie primär offen war oder bereits vor der Operation eine Infektion aufgetreten ist. Die Drainage erfolgt unabhängig vom Zugang immer nach lumbal. Ist das Peritoneum eröffnet, muß es stets dicht verschlossen werden.

Sachregister Abbruch, Knöchelspitze von der 113 —, Schienenbeinende unteren vom 111 Achillessehne, R i ß der 120 Akromino-Klavikulargelenk, Arthrose des 14 —, Luxation des 10 Amputation, Daumen des 60 —, Langfinger der 61 —, O b e r a r m des 60 —, Oberschenkel des 122 —.Unterschenkel des 123 —, — am zentralen Ende 123 —, Vorderarm des 60 —, Zehen der 123 — im Bereich der Fußwurzel 123 Mittelfußknochen 123 A n w e n d u n g der Saudrainage 3 — der Spül-Saugdrainage 4 Arthrodese, H a n d g e l e n k des 56 —, Hüftgelenk des 64 —, Kniegelenk des 65 —, Schultergelenk des 16 — . S p r u n g g e l e n k des hinteren unteren 117 — , — oberen und unteren 119 Arthrose, Akromio-Klavikulargelenk des 14 Ausrisse, Strecksehnen an den Fingern der 60 Äußerer Knöchel, Brüche des 113

B Bauchspeicheldrüse, stumpfe Verletzung der 133 Bauchverletzungen, stumpfe 131 —, offene 136 Brüche, Elle der mit Verrenkung des Speichenköpfchens 42 —, Ellenschaft des 53 Finger der 59 Kahnbein des 56 Kniescheibe der 89 Knöchel des äußeren 113 — inneren 113 — , — mit Interposition 113 O b e r a r m des subkapital 19 — s u p r a k o n d y l ä r bei Kindern 29 — Tuberculum maius des 17 — Tuberculum minus des 18 — Verrenkungsbrüche des 17 Oberarmepikondylen der bei Kindern 32 Oberarmköpfchen des 32 Oberarmschaft des 23

Oberschenkel — bikondyläre des 85 — suprakondylär des 85 Oberschenkelhals des 68 Oberschenkelknorren der 86 Oberschenkelschaft des 76 — in Fehlstellung geheilten 77 Schädel des — geschlossene 123 — offene 123 Schienbeinkopf des 97 Schlüsselbein des 4 Speichenköpfchen des 40 Speichenschaft des 50 Unterschenkel 100 — in Fehlstellung geheilt 110 — mit Kallusbildung verzögerter 111 — unstabile 100 Vorderarmschaft des 46 Wirbelsäule der — Brustwirbel 130 - Dens epistrophei 127 - Halswirbel 128 - Lendenwirbel 130 , — Okzipito-Zervikal-Gegend 127 Brustkorb, perforierende Verletzungen vom 130 Brustwirbel, Brüche der 130

CHARNLEY, Kompressionsosteosynthese nach —, — Kniegelenk 95 —, — Oberarmschaftpseudarthrosen 25 —, — Schultergelenk 16 —, — Unterschenkelpseudarthrosen 109 Cubitus varus, nach suprakondylären Oberarmbrüchen bei Kindern 31

D D a r m b e i n k a m m , Entnahmestelle f ü r Knochenspäne 1 Dens epistrophei, Brüche des 127 Dickdarm, stumpfe Verletzung des 136 D r a h t n a h t , lockere 3 —, Technik der 2 D ü n n d a r m , stumpfe Verletzung des 135

Eiterungen, Fersenbein des 120 Ellbogengelenkplastik 33

142

Sachregister

Elle, Brüche der mit Verrenkung des Speichenköpfchen 42 Ellenschaft, Brüche des 53 —, Pseudarthrosen des 53 Entfernung der Kniescheibe 91 Entnahmestellen f ü r Knochenspäne 1 Epidurales H ä m a t o m 125 Epiphysenlösungen am oberen Oberarmende 20 — — Oberschenkelende 66 — des Olekranon 40 Erkennung der Interposition bei einem Bruch des inneren Knöchel 113

Fersenbein, Eiterungen im Bereich des 120 —, Exstirpation des 120 Finger, Brüche der 59 —, Streckensehnenausrisse der 60

Leber, stumpfe Verletzung der 133 Lendenwirbel, Brüche der 130 Ligamentum patellae proprium, R i ß des 93 Lunatummalazie 58 Lunge, perforierende Verletzungen der 130 M Magen, s t u m p f e Verletzungen des 135 M a r k t d r a h t u n g perkutane, bei Unterschenkelbrüchen, unstabilen 101 — bei Vorderarmschaftbrüchen 49 Meniskusverletzung des Kniegelenk 93 Mesenterium, stumpfe Verletzung des 134 Milz, stumpfe Verletzung der 133 Mittelhandknochen, Brüche der 58 —, Pseudarthrosen der 58 Monteggiabrüche 42 N

Gallenblase, stumpfe Verletzung der 133 Gelenkempyem, Anwendung der Spül-Saugdrainage 4

H Habituelle Verrenkung der Kniescheibe 91 — Schulter 14 Halswirbel, Brüche des 3.—7. 128 Handgelenk, Arthrodese des 56 Harnblase, Verletzungen der 138 H a r n r ö h r e , Verletzungen d e r 137 H e r z , perforierende Verletzungen vom 130 Hinteres unteres Sprunggelenk, Arthrodese des 116 Hüftgelenk, Arthrodese des 64 —, Verrenkung des 61 —, Plastik des 62 K Kahnbein, Brüche des 56 —, Pseudarthrosen des 56 Kniegelenk, Arthrodese des 95 Kniegelenkmeniskus 93 Kniescheibe, Brüche der 89 —, E n t f e r n u n g der 91 —, Verrenkung habituelle der 91 Knöchelspitze, Abbrüche von der 113 Knochenspäne körpereigene, Entnahmestellen für 1 K o r r e k t u r von in Fehlstellung geheilten Oberschenkelbrüchen 77 — Schlüsselbeinbrüchen 10 — Unterschenkelbrüchen 110

Nekrose des Oberschenkelkopf 75 Netz, stumpfe Verletzungen des 134 Nieren, Verletzungen der 139

O b e r a r m , Brüche des distale 29 , — der Epikondylen bei Kindern 29 — des Köpfchen 32 — des Schaft 23 — suprakondylär bei Kindern 32 — des Tuberculum maius des 17 - d e s Tuberculum minus des 18 Epiphysenlösungen am oberen des 20 Pseudarthrosen des 25 Verrenkungsbrüche des 17 Oberschenkel, Amputation des 122 , Bruch eines K n o r r e n 86 Brüche des, bikondyläre 85 — H a l s 68 — pertrochanter 76 — Schaft 76 — suprakondylär 85 E n t f e r n u n g des Marknagels 84 Epiphysenlösungen am oberen Ende des 66 Marknagelung des 76 Pseudarthrosen des Schaftes 77 — des, suprakondylär 85 Okzipito-Zervikal-Gegend, Brüche der 127 Olekranon, Brüche des 35 —, Entnahmestelle f ü r Knochenspäne 1 —, Epiphysenlösungen des 40 —, Pseudarthrosen des 36 Osteomyelitis, Verwendung der Spül-Saugdrainage bei der 4

Sachregister

Parapatellarschnitt des Kniegelenkes 95 PAYR, Quadrizepsplastik nach 87 Perforierende Verletzungen von 130 —, Brustkorb 130 — H e r z 130 —, Lunge 130 Peritonealduplikatur, stumpfe Verletzung der 134 Pertrochantere Oberschenkelbrüche 76 PHEMISTER, Spananlagerung nach 108 Plastik, Ellbogengelenk des 33 —, H ü f t e der 62 Pseudarthrosen, Ellenschaft des 53 —, Kahnbein des 56 —, Knöchel, des inneren 117 —, Mittelhandknochen der 54 —, Oberarmschaftes des 25 —, Oberschenkel des suprakondylär 85 —, Oberschenkelschaftes 77 —, Olekranon des 36 —, Schlüsselbein des 5 —, Speichenschaft des 50 —, Unterschenkel des 108 —, Vorderarmschaft des 50

Q Quadrizepsplastik nach PAYR 87

Radialislähmung bei Oberarmschaflbrüchen 23 Rektussehne, R i ß der 87 Retroperitoneum, stumpfe Verletzung des 134 Riß, Achillessehne der 120 —, Ligamentum patellae proprium des 93 —, Rektussehne der 87

S Saugdrainage 3 Schädel, Brüche des —, — geschlossene 123 —, — offene 123 —, Trepanation des 124 Schienbein, Entnahmestelle f ü r Knochenspäne 1 Schienbeinkopfbrüche 97 Schlüsselbein, Brüche des 4 —, — in Fehlstellung geheilt 10 —, — mit neurologischen Ausfällen 5 —, Pseudarthrosen des 5 Schultergelenk, Verrenkung des habituelle 14 —, Versteifung des 16 Spananlagerungen nach PHEMISTER. 108 Speiche, Styloidektomie der 55 Speichenköpfchenbrüche bei Kindern und Jugendlichen 42

143

Speichenköpfchenverrenkung mit Bruch der Elle 42 Speichenschaft, Brüche des 50 —, Pseudarthrosen des 50 Spül-Saugdrainage 4 Styloidektomie der Speiche 55 Subkapitale Oberarmbrüche bei Jugendlichen 19 Subdurales H ä m a t o n 127 Suprakondyläre Oberarmbrüche bei Kindern, Cubitus varus nach 29, 31 —, Oberschenkelbrüche 85 —, Oberschenkelpseudarthrosen 85

T Technik der D r a h t n a h t 2

U Unterschenkel, Brüche des 100 — , — - i n Fehlstellung geheilt 110 —, — unstabile 101 —, Pseudarthrosen des 108

Verkürzung des Oberschenkelknochen 75 Verletzungen . H a r n b l a s e der 138 H a r n r ö h r e der 137 Nieren der 139 stumpfe, -Bauchspeicheldrüse der 133 • Dickdarm des 136 - D ü n n d a r m des 135 — Gallenblase der 133 — Leber der 133 — Magen des 135 - Mesenterium des 134 - Mesokolon des 134 - M i l z der 133 — N e t z des 134 - Peritonealduplikatur der 134 - Retroperitoneum des 134 - Zwölffingerdarm des 135 Verrenkung, Akromio-Klavikulargelenk im 10 —, Hüftgelenk des 61 —, Kniescheibe der habituell 91 , Schultergelenk des habituell 14 Verrenkungsbrüche des Oberarmes 17 Vorderarmschaft, Brüche des 46 —, Pseudarthrose des 50 W Wadenbein, Osteotomie des 101 Wirbelsäule, Brüche d e r 127

Z Zwölffingerdarm, stumpfe Verletzung des 135

Erich Jonasch

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D a s vorliegende Buch ist vor allem z u r raschen O r i e n t i e r u n g des Arztes gedacht, der in der Sozialversicherung als Gutachter t ä t i g w i r d . Die übersichtliche Einteilung k o m m t diesem Bestreben entgegen. Wichtig ist die k u r z e D a r s t e l l u n g der einzelnen Versicherungsgebiete u n d die Definition d e r Rechtsbegriffe, z. B. A r b e i t s u n f a l l , V e r schlimmerung, B e r u f s u n f ä h i g k e i t , E r w e r b s u n f ä higkeit usw. (Assessor R . HYMMEN, K ö l n ) . Im z w e i t e n Teil sind sehr genaue A n w e i s u n g e n f ü r den A r z t über d e n A u f b a u u n d die F o r m des Gutachtens e n t h a l t e n . Skizzen u n d Tabellen er-

leichtern das Verständnis. Z u b e g r ü ß e n sind die speziellen A n l e i t u n g e n über die Begutachtung v o n Z u s a m m e n h a n g s f r a g e n . H i e r k a n n m a n anh a n d v o n Stichwörtern rasch nachlesen, w a s bei häufig a u f t r e t e n d e n Begutachtungsfällen zur Sicherung des K a u s a l z u s a m m e n h a n g e s getan w e r den m u ß u n d welche K r a n k h e i t s z u s t ä n d e nicht u n f a l l b e d i n g t zu sein pflegen. D e r j e n i g e , d e r d a r überhinaus noch R a t sucht, k a n n sich an die im Literaturverzeichnis angegebenen W e r k e halten. P r o f . D r . WALTER

KRAULAND,

in: Die Berliner

Ärztekammer

March

Fehlerquellen medizinischer Begutachtung Fälle und Probleme von Dr. Hans March Oktav. XII, 356 Seiten. 1969. Plastik flexibel DM

Es w e r d e n in dieser G u t a c h t e n s a m m l u n g beispielhaft F o r m e n bedenklicher Lücken u n d Mängel ärztlicher Schulung, ärztlicher Sorgfaltspilicht u n d ärztlichen Haltungsstils aufgezeigt. Es lohnt, sich in d i e T h e m a t i k zu v e r t i e f e n f ü r all die Ä r z t e , die m e h r o d e r m i n d e r häufig gutachtlich tätig sind. Der Medizinalbeamte

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Ärzteblatt

Ehalt

Unfallpraxis von Prof. Dr. Walther Ehalt Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Lorenz Böhler und Beiträgen von Doz. Dr. Ernst Purtscher und Doz. Dr. E. H. Majer 4., völlig neubearbeitete Auflage Mit 297 Abbildungen. XVI, 226 Seiten. 1968. Plastik flexibel DM 22 — N e b e n dem k l a r e n S t i l , der geprägt ist durch die g r o ß e E r f a h r u n g des Verfassers, sind es die ü b e r sichtlichen Strichzeichnungen und anschaulichen A b b i l d u n g e n , d i e eine rasche O r i e n t i e r u n g zulassen. Besonders gelungen ist durch U m r a n d u n g und F e t t d r u c k die H e r v o r h e b u n g v o n häufigen B e h a n d l u n g s f e h l e r n , übersehenen U n f a l l v e r l e t zungen und wichtigen T h e r a p i e m a ß n a h m e n . Z u s a m m e n f a s s e n d k a n n gesagt w e r d e n , d a ß das vorliegende W e r k durch logischen A u f b a u , k l a r e D a r s t e l l u n g u n d S t r a f f u n g ein h e r v o r r a g e n d e r R a t g e b e r nicht nur für S t u d i e r e n d e der M e d i z i n , sondern auch f ü r praktische Ä r z t e , junge Assistenten der C h i r u r g i e und O r t h o p ä d i e , die sich mit U n f ä l l e n beschäftigen, ist.

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I n f o l g e seiner geschickten, übersichtlichen und leicht verständlichen D a r s t e l l u n g ist es auch medizinisch tätigen L a i e n , R o t k r e u z h e l f e r n sowie Schwestern und Pflegern z u m S t u d i u m der U n f a l l v e r l e t z u n g e n und ihrer B e h a n d l u n g sehr zu empfehlen.

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unterschiedlichen B e u r t e i l u n g e n grundsätzlicher N a t u r a u f , die sowohl die O p e r a t i o n s t e c h n i k als auch die A r t des zu v e r w e n d e n d e n T r a n s p l a n t a tionsmaterials b e t r e f f e n . D e r A u t o r hat eine geeignete M e t h o d e der H o m o i o t r a n s p l a n t a t i o n , u n ter V e r w e n d u n g v o n M a t e r i a l , bestehend aus T e i len der G e h ö r g a n g s h a u t , T r o m m e l f e l l und G e h ö r knöcheldienkette, erarbeitet.

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Mifka

Die Augensymptomatik bei der frischen Schädelhirnverletzung Von Dr. med. Paul Mifka Mit 50, z. T. mehrfarbigen Abbildungen und 5 Tabellen. Groß-Oktav. VIII, 111 Seiten. 1968. Plastik flexibel DM28 — Paul Mifka, ärztlicher Leiter des Rehabilitationszentrums Meidling, Wien, baut seine Monographie mit verläßlichen, verständlichen und einfachen Grundregeln auf. H a u p t k a p i t e l sind die Pupillen-, H i r n n e r v e n - und Augensymptomatik bei Hirnstammläsionen. Verschiedene andere okuläre Störungen, anatomische Korrelate, eine kurze Zusammenfassung, ein ausführliches Literaturverzeichnis und Sachregister schließen das gut ausgestattete Buch ab. Es ist nicht nur Chirurgen und Neurologen, sondern auch dem praktischen A r z t zu empfehlen, denn welcher Arzt kann heute nicht in die Lage kommen, zu einem Verletzten gerufen zu werden und eine frische Schädelhirnverletzung — in erster Linie prognostisch — beurteilen zu müssen. Ärztliche

Es beeindruckt dabei vor allem der große Patientenkreis, der dem Verf. zur Verfügung stand und ihm erlaubte, eindrucksvolles Bildmaterial zu verwenden. Es entstand dadurch ein ausgesprochen wertvolles Buch, insbesondere f ü r Chirurgen in der Peripherie, jedoch d ü r f t e auch in großen Kliniken die E r f a h r u n g des Verf. nicht überflüssig sein. Die ausgesprochen gute Ausstattung des Buches und die praktische Verwendbarkeit w i r d ihm eine große Verbreitung erlauben, letzten Endes zum N u t z e n der Patienten, auch wenn die D a r stellung eigentlich demonstriert, wie vergeblich bisher die vielen Bemühungen um die Senkung der Verkehrsunfallzahlen mit schweren Verletzungen geblieben sind. Verkehrsmedizin

Praxis

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Die Schmerzensgeldbegutachtung Leitfaden für Ärzte, Juristen und Versicherungsfachleute Von Dr. med. Carl Bruno Bloemertz 2., völlig neubearbeitete Auflage Oktav. VIII, 163 Seiten. 1968. Ganzleinen Das rege Interesse, das dieses Buch in der Ö f f e n t lichkeit, bei ärztlichen und juristischen G u t achtern sowie bei Versicherungsfachleuten gefunden hat, hat den Verfasser d a z u angeregt, die Darstellung, besonders den juristischen Anteil in der nachfolgenden zweiten Auflage zu vervollständigen. So w u r d e eine Transpositionstabelle der LM-Prozentsätze in Schmerzensgeldsummen eingefügt. D a r ü b e r hinaus wurde die neueste Li-

DM26,—

teratur berücksichtigt, zu ihr stellenweise eine eigene Stellungnahme des Verfassers bezogen. Das Buch hat dadurch an Wert gewonnen und sollte in Anbetracht dieser ausgesprochen diffizilen und prekären Materie im Gebrauch und Besitz von medizinischen Gutachtern, Versicherungsmedizinern, Versicherungsgesellschaften und Berufsgenossenschaften nicht fehlen. Prof.

Dr.

HASCHE-KLÜNDER

in: Niedersächsisches

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