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German Pages 542 [544] Year 2016
Siegfried Bräuer G ü n te r Vo g l e r
Thomas Müntzer Neu Ordnung machen in der Welt Eine Biographie
Gütersloher Verlagshaus
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1. Auflage Copyright © 2016 Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber an den aufgeführten Zitaten ausfindig zu machen, verlagsüblich zu nennen und zu honorieren. Sollte uns dies im Einzelfall nicht gelungen sein, bitten wir um Nachricht durch den Rechteinhaber. Umschlagmotiv: Entwurf der Figur Thomas Müntzers für das Denkmal in Stolberg am Harz von Klaus F. Messerschmidt (Halle an der Saale) ISBN 978-3-641-31092-9 www.gtvh.de
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Inhaltsverzeichnis »Neu Ordnung machen in der Welt« Eine Einleitung............................................................................................ 11 I. »Ich, Thomas Muntzer, bortig von Stolbergk« Vom Harz zur Universität....................................................................... 17 Geboren in Stolberg am Harz................................................................... 17 Die Harzgrafschaft in einer bewegten Zeit.............................................. 18 Müntzers Geburtsdatum und das Elternhaus......................................... 24 Die Stadt, ihre Bürger und die Grafen..................................................... 27 Schulbesuch in Quedlinburg?................................................................... 30 Leipzig – der erste Studienort................................................................... 31 Hilfslehrer in Aschersleben und Halle?................................................... 39 Das Studium in Frankfurt an der Oder................................................... 42 Müntzers akademische Titel...................................................................... 46 II. »Nicht für mich forsche ich« Müntzer im Dienst der Kirche.............................................................. 49 Das Altarlehen in Braunschweig............................................................... 49 Der Aufenthalt in Frose............................................................................. 54 Konfrontation mit der Ablassfrage........................................................... 60 Aufenthalt in Wittenberg........................................................................... 63 Müntzer auf Reisen..................................................................................... 67 Konflikte in Jüterbog.................................................................................. 70 Beichtvater der Nonnen in Beuditz.......................................................... 79 Müntzer und die Bücher............................................................................ 82 III. »Nicht mein, sondern des Herrn Werk treibe ich« Prediger in Zwickau................................................................................... 92 An der Schwelle zum reformatorischen Aufbruch................................. 92 Müntzers erste Predigten an St. Marien................................................... 96 Müntzers Bitte um Luthers Rat................................................................. 98 Ein Schlichtungsversuch des Rats........................................................... 101 Müntzers Beginn als Prediger von St. Katharinen............................... 103 5
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Der Konflikt mit dem Marienthaler Pfarrer.......................................... 107 Städtische Spannungen und Müntzers Wirken.................................... 108 Auseinandersetzung mit Egranus........................................................... 111 Der Predigerkonflikt und die Gemeinde............................................... 114 Müntzers theologische Position im Umriss.......................................... 119 Apokalyptische Erwartungen.................................................................. 122 IV. »Die Zeit der Ernte ist da« Die Böhmenmission Müntzers........................................................... 125 Abwehr und Faszination.......................................................................... 125 Vorbereitung auf die Reise nach Böhmen............................................. 127 Aufenthalt in Prag..................................................................................... 130 Warten und forschen................................................................................ 136 Die Cyprian- und Tertullianlektüre....................................................... 137 Der Sendbrief an die Böhmen – die Überlieferung............................. 143 Die lateinische Fassung des Sendbriefs.................................................. 144 Die deutsche Kurzfassung....................................................................... 148 Die deutsche Langfassung....................................................................... 151 Der Sendbrief und das Ende der Böhmenmission............................... 153 V. »Es heißt, dass du dich in Thüringen auf hältst« Müntzers Suche nach einem neuen Wirkungsort....................... 156 Bemühungen um einen Unterhalt.......................................................... 156 Eine Einladung nach Lochau.................................................................. 157 Der Brief an Melanchthon....................................................................... 158 Intermezzo in der Stolberger Heimat..................................................... 164 Zwischenstation in Nordhausen............................................................. 166 Sondierung bei Hofprediger Wolfgang Stein in Weimar..................... 171 Verständigung mit Karlstadt in Wittenberg.......................................... 173 Über den Winter Kaplan in Glaucha bei Halle..................................... 175 VI. »Parochus Alstedtensis« Arbeit für eine Gemeinde des reinen Weizens............................ 181 Die Amtsexklave Allstedt........................................................................ 181 Frühe Spuren reformatorischer Veränderungen.................................. 183 Müntzer als Pfarrer zu St. Johannes....................................................... 186 6
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Alltäglicher Gottesdienst – »Deutzsch kirchen ampt«........................ 190 Sonntagsgottesdienst – »Deutsch Evangelisch Messze«...................... 195 Flüchtende Nonnen und Müntzers Heirat............................................ 198 Ein Klärungsversuch mit Luther............................................................ 199 Abgrenzung gegen Aufruhrverdacht..................................................... 201 Konflikt mit Graf Ernst von Mansfeld................................................... 204 VII. »Ich wil meynen grund beweysen« Müntzers Verteidigung von Lehre und Wirken........................... 207 Ein Glaubensgespräch mit den Predigern............................................. 207 »Protestation oder Erbietung«................................................................ 208 »Von dem gedichteten Glauben«............................................................ 213 Mystische Glaubensweise........................................................................ 217 Glaubensunterweisungen des Seelwärters............................................. 220 Konflikt mit dem Kloster Naundorf....................................................... 225 Die »Fürstenpredigt« – Appell an die Landesherren........................... 231 Bedrohung und Verteidigungsbund....................................................... 238 Konfrontation und Trennung................................................................. 244 VIII. »Damit nach göttlicher Furcht gehandelt werde« Müntzer und der Aufstand in Mühlhausen................................... 250 Von Allstedt nach Mühlhausen.............................................................. 250 Reformatorische Predigt und Opposition gegen den Rat................... 254 Müntzer in Mühlhausen.......................................................................... 258 Eine angespannte Situation in der Stadt................................................ 262 Der Beginn des Septemberaufstands..................................................... 263 Die Krise des Stadtregiments.................................................................. 265 Die Elf Artikel........................................................................................... 268 Der Ewige Bund Gottes............................................................................ 271 Die Folgen des Aufstands........................................................................ 274 IX. »Ich wollt wohl ein fein Spiel machen« Müntzer in Nürnberg und im Südwesten....................................... 278 Der Druck von Müntzers Schriften in Nürnberg................................. 278 Müntzers Antwort an Luther – die »Ausgetrückte emplössung«....... 287 Die »Hoch verursachte Schutzrede«...................................................... 293 7
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Müntzers Aufenthalt in Nürnberg.......................................................... 298 Hans Denck und die »gottlosen Maler«................................................ 300 Christoph Fürer und Müntzer................................................................ 303 Müntzers Begegnungen in Basel............................................................. 307 Bei den Aufständischen im Hegau und Klettgau................................. 314 X. »Ein weiß Fähnlein, daran ein Regenbogen« Mühlhausen und der Beginn der Aufstände in Thüringen....... 320 Pfeiffer wieder in Mühlhausen................................................................ 320 Müntzers Rückkehr.................................................................................. 322 Die Einsetzung des Ewigen Rats............................................................. 324 Die Regenbogenfahne.............................................................................. 328 Thüringen – eine vielschichtige Region................................................. 331 Der Beginn der Aufstände in Thüringen............................................... 333 Der Zug der Mühlhäuser nach Salza...................................................... 335 Streitet den Streit des Herrn.................................................................... 338 Die nächsten Aktionen............................................................................ 341 Der Zug durch das Eichsfeld................................................................... 345 XI. »Die Bösewichte müssen dran« Die Entscheidung bei Frankenhausen............................................. 348 Luthers Reise in das Aufstandsgebiet..................................................... 348 Ausbreitung der Aufstände...................................................................... 349 Der Aufstand in Frankenhausen............................................................. 353 Das Mühlhäuser Aufgebot....................................................................... 356 Müntzer und die Mansfelder Grafen...................................................... 358 Vorbereitungen zur Abwehr der Gegner............................................... 363 Das Geschehen auf dem Schlachtberg................................................... 365 Müntzer in Gefangenschaft..................................................................... 369 Das Strafgericht über Mühlhausen......................................................... 377 Furcht vor einem neuen Aufstand.......................................................... 382 XII. »Drumb hat mich Goth selbern gemit in seyn ernde« Eine Alternative im reformatorischen Prozess............................ 385 Müntzers Selbstverständnis..................................................................... 385 Eine neue Theologie................................................................................. 388 8
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Eine Alternative zur Reformation der Wittenberger........................... 391 Chancen und Grenzen von Müntzers radikaler Reformation............ 394 Was bleibt?................................................................................................. 398
Zeittafel...................................................................................................... 401 Karte: Stationen Thomas Müntzers........................................................ 406 Abkürzungsverzeichnis............................................................................ 407 Anmerkungen........................................................................................... 409 Abbildungsnachweis................................................................................. 481 Quellen- und Literaturverzeichnis......................................................... 487 Personen- und Ortsregister..................................................................... 527
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»Neu Ordnung machen in der Welt« Eine Einleitung »Neu Ordnung machen in der Welt« – das ist ein weites, viele Facetten aufweisendes Feld. Martin Luther verurteilte zum Beispiel in einem Brief an den Mansfelder Rat Johann Rühel vom 4. Mai 1525 die Absichten der Aufständischen: »Denn obgleich die Baurn noch mehr tausend wären, so sind es dennoch allzumal Räuber und Mörder, die das Schwert aus eigener Durst [Vermessenheit] und Frevel nehmen und wollen Fürsten, Herrn und alles vertreiben, neu Ordnung machen in der welt, deß sie von Gott weder Gebot, Macht, Recht noch Befehl haben, wie es Herrn itzt haben.«1 Doch nicht nur aufständische Bauern wollten der »Welt«, das heißt ihrer Lebenswelt, eine neue Ordnung geben. Was Luther als Vorwurf artikulierte, strebte Thomas Müntzer als Ziel an. Müntzer wurde in eine bewegte Zeit hineingeboren. Es waren die Jahre, in denen Kaiser Maximilian I. und seit 1519 Karl V. das Heilige Römische Reich deutscher Nation regierten, die Reichsstände sich mit Reformplänen trugen, die Habsburger und die französische Krone mehrmals Konflikte gewaltsam ausfochten und die Osmanen wiederholt die Grenzen des Reichs bedrohten. Handel und Gewerbe erlebten einen nachhaltigen Aufschwung, und in einigen Wirtschaftszweigen – voran im Bergbau – bildeten sich frühe Formen kapitalistischer Produktion aus. All das verursachte erhebliche soziale Umstrukturierungen und Spannungen. In vielen Städten opponierten Bürger gegen patrizische Räte, und am Ober- Abb. 1: Thomas Müntzer, Kupferstich von rhein und im Elsass verschworen sich Christoffel van Sichem (1609) 11
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Untertanen im Zeichen des Bundschuhs, um gegen feudale Bedrückungen anzukämpfen. Diese Entwicklung korrespondierte mit dem Bemühen um eine vertiefte Frömmigkeit, aber auch einer heftigen Kritik an Gesellschaft und Kirche, einem regen geistigen Leben, das Impulse von der Verbreitung des Buchdrucks, dem Wirken der Humanisten und dem künstlerischen Schaffen im Zeichen der Renaissancekultur erhielt. Die Umbrüche und die Erwartung einschneidender Veränderungen stärkten zudem das Bewusstsein, in einer Endzeit zu leben. Seit dem 15. Jahrhundert wurde in Reformschriften das Verlangen laut, Gesellschaft, Staat und Politik zu erneuern. Der Philosoph und Theologe Kardinal Nikolaus von Kues schlug 1433 in seiner Schrift »De concordantia catholica« (Über die allumfassende Eintracht) eine Reform des Reichs auf der Grundlage des naturrechtlichen Prinzips der Freiheit vor, aus dem er die natürliche Gleichheit aller Menschen ableitete. In der seit 1476 im Druck verbreiteten »Reformatio Sigismundi« wurde angesichts des Versagens der Obrigkeiten die Hoffnung auf eine religiöse, soziale und politische Erneuerung genährt, und die Armen wurden aufgefordert, sich ihr Recht zu erstreiten. Für die Verfasser der Reformschriften war es opinio communis, dass die geforderte Reformation alle Stände einschließen müsse. Stärker noch beeinflussten Prophetien das Denken vieler Menschen. Der Astrologe Johannes Lichtenberger griff in seiner »Pronosticatio« von 1488 das Bild vom sinkenden Schiff des Petrus auf: Wiewohl in vielen Stürmen hin und her geworfen, werde es nicht untergehen. Voraussetzung für seine Rettung sei allerdings eine Erneuerung der ganzen Gesellschaft. Für die Zeit nach 1513 prophezeite er: »Und wirt ein nuwe reformation, eyn nuwe gesetze und eyn nuwe rich, eyn erlich tzochtig wandelung, beyde in geistlichen und in werntlichen [weltlichen Sachen].«2 Als der Humanist und Astrologe Joseph Grünpeck 1508 seine Schrift »Ein spiegel der naturlichen himlischen und prophetischen sehungen« veröffentlichte, handelte das erste Kapitel von der Veränderung aller Stände der Christenheit. Was damit gemeint war, zeigt eine Abbildung, indem in einer auf den Kopf gestellten Kirche ein Bauer am Altar die Messe liest, während ein Priester auf dem Acker den Pflug führt.3 Der Astronom Leonhard Rynman prophezeite in seiner »Practica uber die grossen und manigfeltigen Conjunction der Planeten« von 1523, die 12
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Bauern und das gemeine Volk an vielen Orten würden sich verbünden und gegen Könige, Fürsten und alle geistlichen und weltlichen Stände erheben. Dagegen helfe kein Mittel, »biß ain yedes ding ain verkerung, endrung und verwandlung wol empfanden hat.«4 In all diesen Schriften war auf die eine oder andere Weise von »Veränderung« die Rede, die zu einer »neuen Ordnung« führen sollte. Das kulminierte in dem Ruf nach einer Reformation auf der Grundlage des »natürlichen Rechts« und der »christlichen Freiheit«. Auch wurden in Flugschriften und Artikelserien der Reformations- und Bauernkriegszeit soziale und politische Vorstellungen publik gemacht, wie eine alle Stände umfassende Ordnung gestaltet werden solle. Tendenziell orientierten sie auf die Erneuerung von Kirche, Gesellschaft und staatlicher Ordnung, sei es nun, dass diese Einsicht aus dem Evangelium, der Konjunktion der Planeten oder der realen Lage abgeleitet wurde. Letztlich ging es um Alternativen zu einer kritikwürdigen Ordnung. Thomas Müntzer dürften derartige Erwartungen nicht unbekannt gewesen sein. Auch er war überzeugt, dass die »Veränderung der Welt« bevorstehe. Seine Visionen wurden jedoch von biblischen Offenbarungen, mystischer Denkweise und apokalyptischen Visionen genährt, denn er war überzeugt – so in der »Fürstenpredigt« unter Berufung auf Daniel – dass Gott die »vor anderung der weldt […] in den letzten tagen anrichten« wolle.5 Um dies zu befördern, nahm er – mit Luthers Worten zu reden – Befehl, Recht und Macht für sich in Anspruch, weil sie ihm als von Gott berufenem Prediger, als dessen »Botenläufer«, als »Schnitter in der Zeit Abb. 2: Veränderung aller Stände: Bauer am der Ernte« übertragen worden seien. Als der Ritter Friedrich von Witz- Altar und Priester beim Pflügen, Holzschnitt (1522) leben Gottesdienstbesucher und einige Tage später seine eigenen Untertanen überfiel und den Landfrieden brach, ermahnte Müntzer am 22. Juli 1524 den Allstedter Schosser Hans Zeiß: 13
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»Gedenckt auf dye voranderung der welt, itzt vor der tho(e)r. Danielis 2.«6 Die »Welt« war ein Synonym für den Abfall der Menschen von Gott und ihre Hinwendung zu den materiellen Dingen. Die »Veränderung der Welt« zielte folglich darauf ab, die Ordnung Gottes wieder herzustellen. Deshalb warb er für eine »zuku(e)nftige reformation«.7 Die darin erkennbare Radikalität interpretierten seine Gegner als Aufforderung zum Aufruhr. Diese notwendige Reformation leitete Müntzer allerdings nicht aus dem natürlichen Recht ab, sie war für ihn primär theologisch motiviert. Seine Lehre zu entschlüsseln ist jedoch nicht nur ein theologisches Problem im engeren Sinn, denn der Schauplatz des erwarteten Gerichts ist das irdische Leben; das prophezeite Geschehen zielte auf die realen Lebensverhältnisse. In seinem Bemühen um eine neue Lebensordnung für die Christenheit wurde Müntzer durch den Aufbruch Martin Luthers und seiner Mitstreiter angeregt und bestärkt. Doch bald führten beider Prägungen zu Spannungen, denn sie handelten in verschiedenen Kontexten und verfolgten unterschiedliche Absichten. Die Spannungen wuchsen sich schließlich zur Gegnerschaft aus, die keinen Brückenschlag mehr ermöglichte. Der Grund waren nicht in erster Linie persönliche Motive, sondern das biblisch motivierte unterschiedliche Reformationsverständnis. Als Theologen und Historiker Luther und seine Förderer zur alleinigen Norm für die Beurteilung des Reformationsgeschehens erhoben, wurden abweichende Auffassungen und konkurrierende Bewegungen zumeist als Irrlehren verworfen und Müntzer als »Außenseiter« abgestempelt. Doch in den frühen Jahren, als die reformatorischen Bewegungen erst allmählich Konturen gewannen, war die Situation noch offen und waren unterschiedliche Optionen möglich. Wenn etwas in Bewegung ist, können noch verschiedene Wege eingeschlagen werden. Nur ein solches Verständnis kann helfen, die Motive Müntzers und seiner Anhänger zu verstehen. Viele Autoren haben sich in der Vergangenheit bemüht, einen angemessenen Zugang zu Müntzers Biographie zu erschließen. Die Ergebnisse fielen allerdings unterschiedlich aus, bedingt sowohl durch die begrenzte Quellenkenntnis als auch die zeitgeschichtlichen Voraussetzungen und Einflüsse. Erinnert sei nur an die häufig zitierten Biographien der Pfarrer 14
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Georg Theodor Strobel (1795) und Johann Karl Seidemann (1842) sowie das Buch des Philosophen Ernst Bloch (1921). Der radikale Reformator geriet zwar nicht in Vergessenheit, aber solange er an Luther gemessen wurde, blieb die Tendenz dominant, ein negatives Charakterbild zu tradieren und seine Lehre und sein Handeln zu verwerfen. Auch wurden Vermutungen, auf die eine Darstellung nicht verzichten kann, wenn die Quellen fehlen, oftmals wie Tatsachen behandelt. Inzwischen ist es angesichts der Forschungen zu Müntzers Person und Werk möglich geworden, viele Informationen und Urteile zu korrigieren, aber ein verlässliches Bild zu gewinnen bereitet immer noch Schwierigkeiten. Das bestätigt das voluminöse Werk von Walter Elliger (1975, 3. Aufl. 1976), das zweifellos einen Schritt zu einer verlässlicheren Darstellung anzeigt, aber es auch an Sachlichkeit fehlen lässt und deshalb Historiker und Theologen zur Kritik herausforderte. So boten lange Zeit die Bildbiographie von Manfred Bensing (1965, 4. Aufl. 1989) und der kurze biographische Abriss von Eike Wolgast (1981, 1988) eine nützliche Orientierung. Einen Höhepunkt der Beschäftigung mit Müntzer markiert die Zeit um das Jahr 1989, seinem vermeintlichen 500. Geburtstag, als mehrere biographische Darstellungen und zahlreiche Untersuchungen zu verschiedenen Themen aus historischer und theologischer, philosophischer und literaturwissenschaftlicher Sicht vorgelegt wurden. Inzwischen ist ein Vierteljahrhundert vergangen, doch es ist immer noch ein Wagnis, Leben und Werk Müntzers angemessen darzustellen. Der zur Verfügung stehende Fundus an Quellen hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht wesentlich verändert. Doch mit der Neuausgabe des Briefwechsels und von Quellen über Müntzer liegen inzwischen verbesserte Editionen vor. Auch erschienen weitere wissenschaftliche Untersuchungen, die im Besonderen zu Müntzers Lehre und seinen Beziehungen zu verschiedenen Persönlichkeiten neue Einsichten vermitteln. Der hier vorgelegte biographische Versuch basiert primär auf den authentischen Quellen. Auf Informationen, die nicht auf Müntzer zurückgehen, kann selbstverständlich nicht verzichtet werden. Aber sie sind mit gebotener Vorsicht zu behandeln. Vermutungen sind ein Hilfsmittel, wenn Lücken in Müntzers Biographie nicht übergangen werden sollen. Es muss jedoch eindeutig zu erkennen sein, welche Aussagen auf zuverlässigen Informationen beruhen und welche nur indirekt erschlossen werden können. Angesichts der Quellenlage ist es zudem angemessen, stärker die 15
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Orte bzw. Schauplätze einzubeziehen, die für Müntzers Weg Bedeutung erlangten. Sie bildeten seinen Lebens-, Erfahrungs- und Handlungsraum, der ihn prägte und motivierte. Die Autoren haben die Darstellung arbeitsteilig verfasst (Günter Vogler: Einleitung, Kapitel I und II und VIII bis XII; Siegfried Bräuer: Kapitel III bis VII). Sie haben alle Texte ausgetauscht, kritisch gelesen und überarbeitet. Die Autoren danken Frau Dr. Marion Dammaschke für die Auswahl und Beschaffung der Abbildungen, die Zusammenstellung des Quellen- und Literaturverzeichnisses und die Anfertigung des Registers, dem Verlag für die Aufnahme des Bandes in sein Programm und Frau Tanja Scheifele für die Betreuung der Publikation. Die Darstellung folgt wissenschaftlichen Standards und ist zugleich bemüht, Leben und Lehre des radikalen Reformators auf nachvollziehbare Weise zu präsentieren. Es ist ein Angebot an den Leser, sich zu informieren, wie sich das »neu Ordnung machen in der Welt« in Müntzers Werk und Wirken konkretisierte.
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I. »Ich, Thomas Muntzer, bortig von Stolbergk« Vom Harz zur Universität Geboren in Stolberg am Harz Zum Harz führen die Spuren Thomas Müntzers. In einer Stadt im Harz wurde er geboren, und in dessen Vorland verbrachte er seine Jugendjahre. Diese seine Heimat verließ er spätestens mit dem Beginn des Studiums. In seinen Schriften weist er nur einmal auf den Harz hin, und zwar im Titel der »Protestation oder empietung Tome Mu(e)ntzers von Stolberg am Hartzs«.1 Den Text leitet er mit den Worten ein: »Ich Tomas Mu(e)ntzer von Stolbergk aus dem Hartze, ein knecht des lebendigen gottes son«.2 Als Martin Luther in seiner Schrift »Eyn brief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufruhrischen geyst« Müntzer und die »falschen geyster und secten« verspottete, sie kämen vom Himmel und hörten, wie Gott selbst mit ihnen rede, wie mit den Engeln,3 da reagierte Müntzer in der »Hoch verursachten Schutzrede«, da Luther aus dem Harz stamme,4 solle er die Geheimnisse des göttlichen Worts nicht »ein hymmelische sackpfeyfen« nennen.5 Der Hinweis auf den Harz und den Dudelsack sollte wohl anzeigen, dass Luther, der in Eisleben geboren wurde, diese Sprache verstehe.6 Mehrmals hat Müntzer die in einem engen Tal des Südharzes gelegene kleine Stadt Stolberg als seinen Geburtsort angegeben. Bei der Immatrikulation an der Universität Frankfurt an der Oder im Jahr 1512 nannte er sie als seinen Herkunftsort,7 in einem Brief an den Leipziger Buchführer Achatius Glor vom 3. Januar 1520 bezeichnete er sich als »Thomas Munczer de Stolberch«8, desgleichen in einem Briefkonzept an die Ratsherren aller Städte Böhmens vom Frühjahr 1521.9 In der deutschen Kurzfassung des Prager Sendbriefs vom November 1521 stellte er sich als »Tomas Munczer von Stolbergk«,10 in der deutschen Langfassung exakter als »Thomas Muntzer, bortig von Stolbergk« vor.11 Einen Brief an den sächsischen Kurfürsten Friedrich den Weisen vom 4. Oktober 1523 unterzeichnete er als »Tomas Munczer von Stolberg eyn knecht Gots«,12 und – wie schon erwähnt – in seiner Schrift »Protestation oder empietung« nahm er den 17
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Geburtsort in den Titel auf.13 Mit der Selbstvorstellung durch Verweis auf seinen Herkunftsort legitimierte er sich, vergleichbar dem Rechtsakt einer Beurkundung. Stolberg gehörte zur gleichnamigen Grafschaft. Der Oberharz war zwar dünn besiedelt und für den Verkehr schwer zugänglich, aber im Umland des Gebirges existierten zahlreiche Städte: Aschersleben, Blankenburg, Goslar, Halberstadt, Nordhausen Quedlinburg und Wernigerode. Einige von ihnen waren Stationen auf Müntzers weiterem Weg. Die Harzgrafen prägten das politische und wirtschaftliche Leben der Region.14 Das waren vor allem die Grafen von Mansfeld, Wernigerode, Schwarzburg, Hohnstein – und die Stolberger.
Die Harzgrafschaft in einer bewegten Zeit »Die neuen Läufe jetzt in der Welt Sind wunderlich und ungezählt.«15 So wurde die Zeit um 1513 in einem anonymen Spruchgedicht über die Verschwörung von Untertanen unter der Bundschuhfahne in Lehen im Breisgau charakterisiert. Viele Zeitgenossen hatten ein ähnliches Bild vor Augen: Allenthalben Unordnung und Zwietracht, aber auch Aufbruch und Neuerung – das waren für die Menschen in den Jahren vor dem Beginn des reformatorischen Aufbruchs prägende Wahrnehmungen. Gesellschaft, Wirtschaft und Politik waren nicht nur aus oberdeutscher Sicht, sondern reichsweit in Bewegung geraten, auch in der Harzregion. Im Hochmittelalter gehörte sie mit ihrem nördlichen und südlichen Vorland zu den politischen und kulturellen Zentren des Reichs. Im Spätmittelalter zeugten davon nur noch künstlerische Zeugnisse wie die romanischen und gotischen Kirchen in Quedlinburg oder Reste von Pfalzen wie die Königspfalz in Tilleda. Vieles hatte sich in wenigen Jahrhunderten verändert. Wer allerdings – wie Otto Erich Hartleben am Ende des 19. Jahrhunderts – mit den Augen eines Schriftstellers auf den Südharz und die kleine Residenzstadt Stolberg blickte und meinte, damit auch ein Bild von der Situation um 1500 zu gewinnen, täuschte sich gründlich. Der junge Jurist beschreibt ein liebliches und enges Waldtal und behauptet: »Eng und begrenzt wie diese örtliche Lage Stolbergs ist auch der Sinn und das Ge18
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hirn der armen Stolberger.«16 Bescheiden war die Residenz der Stolberger schon um 1500, aber der Harzraum war zu dieser Zeit keine stille Wald idylle, kein Nährboden für engstirnige Menschen. Zwar verliefen die großen Handelsstraßen von West nach Ost und von Süd nach Nord über die Randgebiete, aber zu diesen führte ein Netz regionaler Straßen, die die Grafschaft mit den kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Zentren im Reich verbanden.17 Die Territorien der Harzgrafen waren zwar relativ klein, aber durch verwandtschaftliche Beziehungen verbunden. Das hatte die Ausbildung eines Gemeinschaftsbewusstseins zur Folge, führte aber immer wieder zu Erbstreitigkeiten. Die politischen Verhältnisse waren folglich nicht stabil und konnten sich durch territoriale Verluste oder Gewinne rasch ändern. Vor allem waren die Harzgrafen gezwungen, sich in der größeren politischen Arena zu behaupten. Herausgefordert wurden sie von den benachbarten mächtigen Dynastien, den sächsischen Wettinern und den braun-
Abb. 3: Karte der Grafschaft Stolberg (1757)
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schweig-lüneburgischen Welfen, die bemüht waren, die Herrschaften rund um den Harz ihrer Macht zu unterwerfen. Den Wettinern gelang es schließlich, die geistlichen Territorien unter ihre Herrschaft zu zwingen – 1477 Quedlinburg, 1479 Halle, 1486 Halberstadt und Magdeburg.18 Doch 1513 entrissen die Hohenzollern ihnen diese Gebiete (mit Ausnahme von Quedlinburg) wieder, indem Albrecht von Brandenburg, der Bruder des brandenburgischen Kurfürsten Joachim I., als Erzbischof von Magdeburg und Administrator des Bistums Halberstadt dort Einzug hielt. Die Stolberger Grafen verfügten über erheblichen territorialen Besitz,19 der verstreut im Harzvorland lag und keine Einheit bildete. Damit war zwar die Möglichkeit eigenständigen politischen Handelns limitiert, aber die Grafen waren bemüht, ihre bisherigen Vorrechte durch Anlehnung an ihre Lehnsherren zu sichern. Im ausgehenden 15. Jahrhundert bevorzugten sie deshalb als Partner die albertinischen Wettiner. Der Eisen-, Silber- und Kupferbergbau sorgte für Betriebsamkeit, auch durch den Zuzug oder die Abwanderung von Fachkräften.20 Doch das Berggeschäft unterlag erheblichen Schwankungen. Das für die Erschließung, den Abbau und die Verhüttung der Erze benötigte Kapital konnte nur von genossenschaftlich organisierten Gesellschaften, den so genannten Gewerken, aufgebracht werden. Gemeinsam mit bürgerlichen Kapitalgebern beteiligten die Stolberger Grafen sich am Bergbau, und das hatte Auswirkungen auf ihren Herrschaftsstil.21 Mit der Zeit wurden die Schranken gegenüber dem aufstrebenden Bürgertum abgebaut, vornehmlich in der Residenzstadt. Zur finanziellen Absicherung ihrer Politik nahmen die Grafen nicht nur die gängigen Mittel der Verpfändung und des Verkaufs von Herrschaftsrechten in Anspruch, sondern zunehmend auch Darlehen von Standesgenossen, Klöstern und Kaufleuten. Die Überschuldung unter Graf Heinrich XIX. führte schließlich zu einschneidenden Veränderungen. Im Zeichen der frühneuzeitlichen territorialstaatlichen Entwicklung erfolgte der Ausbau der Landesherrschaft. Angesichts der erheblichen Schulden und seines Alters übergab Heinrich XIX. 1497 auf Drängen seiner Braunschweiger und Mansfelder Verwandten das Regiment für drei Jahre seinem Sohn Heinrich XX. und 1499 für weitere vier Jahre ihm und seinem Bruder Botho III.22 Bereits 1491 war eine zentrale Verwaltung unter einem Rentmeister eingerichtet worden.23 20
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Um die Finanznot zu beheben, wurden 1499 erstmals die Grafschaftsstände – Prälaten, Ritterschaft und städtische Vertreter – zu einem Landtag geladen, um eine Biersteuer zu beschließen.24 Da diese Maßnahmen nicht ausreichten, um die Finanzen zu sanieren, musste die Hilfe der wettinischen Nachbarn in Anspruch genommen werden. Folglich begaben sich Heinrich XX. 1506 als Gubernator – eine Art Statthalter – in den Dienst Herzog Georgs von Sachsen nach Ostfriesland und Botho III. von 1501 bis 1505, bis zur Tilgung der Schulden, als Hauptmann, der Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen hatte, in das ernes tinische Coburg.25 Das Verhältnis der Stolberger Grafen zu den anderen Harzgrafen, aber auch zu den wettinischen Herrschern geriet im 15. Jahrhundert in Bewegung, wie exemplarisch die Heiratspolitik anzeigt. Traditionell war es üblich, die Verflechtung der Harzgrafen und damit auch deren gegenseitigen Beistand durch Eheschließungen zu festigen. Die erste, 1452 geschlossene Ehe Heinrichs XIX. mit Mechthild von Mansfeld entsprach noch dem bisherigen Trend. Bei seiner zweiten Eheschließung 1474 brach er dann mit dieser Tradition. Wohl aus finanziellen Erwägungen und aufgrund der erhofften Standeserhöhung, aber auch, um wettinische Expansionsbestrebungen abzuwehren, ehelichte er durch Vermittlung von Kurfürst Friedrich von der Pfalz Elisabeth von Württemberg, verwitwete Gräfin von Nassau-Saarbrücken. Mit der Vermählung seiner Zwillingssöhne wurde diese Politik fortgesetzt. Heinrich XX. wurde 1487 mit Ingeborg, Tochter des verstorbenen Herzogs Ulrich von Mecklenburg, verlobt, und Botho III., der am Württemberger Hof Herzog Eberhards I. eine standesgemäße Erziehung erhalten hatte, 1499 durch Vermittlung von Erzbischof Berthold von Mainz mit Gräfin Anna von Königstein-Eppstein verheiratet.26 Dass bei der Vermittlung von Ehen weltliche und geistliche Regenten in Anspruch genommen wurden, zu denen keine Lehnsbindungen bestanden, ist ein Symptom für die Veränderungen, die im Verlauf des 15. Jahrhunderts im Verhältnis der Harzgrafen zu den Wettinern in Gang kamen. Die personalen Beziehungen lockerten sich, und im Gegenzug verdichteten sich die Herrschaftstendenzen, wodurch das Bemühen der Grafen intensiviert wurde, sich enger an Kaiser und Reich anzuschließen.27
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Da der Kaiser die Stolberger Grafen als reichunmittelbare Herren betrachtete, wurden sie zu den Reichslasten herangezogen. Als der Augsburger Reichstag im Jahr 1500 eine Türkensteuer beschloss, forderte Kaiser Maximilian die Grafen am Harz auf, ihren Beitrag zu entrichten, während der sächsische Herzog Georg als deren Lehnsherr verlangte, ihm das Geld zu übermitteln, um seinen Beitrag zur Türkensteuer leisten zu können. Obwohl zahlreiche Grafen und Herren gegen die Neuerung protestierten, war Georg nicht zum Einlenken bereit. Im Gegenteil: Er legte es in den nächsten Jahren darauf an, den in seinem Herrschaftsbereich ansässigen Dynastien die Reichsunmittelbarkeit zu entziehen. Das gelang ihm jedoch nicht, und 1521 verzichtete er schließlich auf seine Ansprüche. Herzog Georg warf den Stolbergern wiederholt vor, nur über geringe Reichslehen zu verfügen und stellte deren Reichsunmittelbarkeit infrage. Graf Botho bemühte sich deshalb bei Kaiser Maximilian I. um die Übertragung von Reichslehen. Dieser belehnte ihn schließlich am 11. September 1518 mit dem Brocken – dem »Brockelßberg« – mit allen obrigkeitlichen Rechten, Bergwerken und Straßen.28 Das war ein bemerkenswertes Ereignis, weil damit Georgs Argument hinfällig wurde. Als nach dem Tod Maximilians 1519 Karl V. in Aachen zum Kaiser gekrönt wurde, waren Graf Botho und seine beiden ältesten Söhne dabei. Auch den Wormser Reichstag von 1521 besuchte er und erlebte dort das Auftreten Luthers. Seiner Frau Anna schrieb er am 19. April, er wisse nichts weiter zu berichten, als dass Martin Luther zweimal vor der kaiserlichen Majestät erschienen sei, habe aber nicht widerrufen wollen. »Got geb, das es allenthalben gut werde.«29 Bei dieser Gelegenheit wurde Botho zum kaiserlichen Rat ernannt, was sein Ansehen im Reich zweifellos erhöhte. Auf die Bevölkerung wirkte die Herrschaftsverdichtung indes irritierend. Die öffentliche Ordnung war nach wie vor hierarchisch aufgebaut, wurde aber in der Praxis zunehmend als vielgliedrig wahrgenommen: Neben die Grafen traten Gremien, die für verschiedene Bereiche der Landesverwaltung zuständig waren, und weltliche Regenten sahen sich veranlasst, die Verantwortung für kirchliche Einrichtungen zu übernehmen. Ein Grund dafür war, dem Bemühen der Menschen um das Seelenheil Rechnung zu tragen, zum Beispiel durch die Beseitigung von Missstän22
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den in den Klöstern. Im Jahr 1463 ließ Heinrich XIX. sich von Papst Pius II. die Visitation und Reform des Klosters der Prämonstratenser in Ilfeld übertragen.30 Diesen neuen Entwicklungen entsprachen Wandlungen im mentalen Bereich, vor allem in der Frömmigkeit. Um dem seit längerem erkennbaren Interesse an einer vertieften Bildung Rechnung zu tragen, verfügte der Graf erstaunlich früh, dass leitende Geistliche der Grafschaft eine solide Ausbildung aufweisen sollen. Das Recht, einen Pfarrer an der Stadtkirche St. Martin in Stolberg vorzuschlagen, übertrug er 1464 der Theologischen Fakultät der Erfurter Universität. Der Amtsinhaber sollte graduiert und möglichst Stolberger sein.31 Auf gleiche Weise handelte er bei weiteren Stellenbesetzungen.32 Zahlreiche Zeugnisse belegen zudem die persönliche Frömmigkeit des Grafen – Stiftungen, Totengedenken, Wallfahrten, Ablasserwerb und die Kodifizierung der Gottesdienstordnung.33 Unterstützt wurde er in seiner Frömmigkeitspraxis von seiner Frau Elisabeth. Gemeinsam mit ihrem Beichtvater Pfarrer Dr. Ulrich Rispach trat sie 1459 der die Reformbewegung fördernden Bursfelder Kongregation bei und suchte persönliche Nähe zur Klosterfrömmigkeit. Zu diesem Zweck ließ sie um 1500 von einem Kopisten ein »bethe buch« (Betbuch) in deutscher Übersetzung schreiben34 – ein Beleg für eine allgemeine Tendenz dieser Zeit, das Ideal der Heiligung des ganzen Lebens aus dem klösterlichen Raum in alle Lebensbereiche zu übertragen.35 Doch nicht nur in der Grafenfamilie war der Blick auf die Ewigkeit und die Sicherung des Heils durch eine intensivere und emotionalere Frömmigkeitspraxis zum persönlichen Anliegen geworden. Die Stolberger Kirchenordnung weist für das Kirchenjahr eine große Zahl von Predigten aus, die dem Pfarrer oder den Bettelorden oblagen. Auch existierten Bruderschaften, das heißt Korporationen von Männern, die gemeinsam liturgische Handlungen begingen. Der Wunsch, in der Fülle der Riten und religiösen Angebote einen zuverlässigen Anhaltspunkt zu finden, wuchs folglich auch in den Bürgerkreisen der Harzgrafschaft. Das war das Milieu, in dem Müntzers Eltern lebten und arbeiteten, und die Umwelt, in die Thomas hineingeboren wurde.
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Müntzers Geburtsdatum und das Elternhaus Thomas Müntzers Geburtsdatum nennt keine Quelle. Der Vorname verweist sicher auf einen verwandten Namensträger oder den Tagesheiligen, den Apostel Thomas. Seiner wurde am 21. Dezember, seinem Todestag, auch in Stolberg gedacht, wie die Gottesdienstordnung ausweist.36 Zur Vesper – dem Abendgebet – sollte die große Glocke geläutet und die Messe gelesen werden.37 Dieser Tag oder der Vortag kann der Geburts- oder Tauftag Müntzers sein. Die Taufe dürfte in der Stolberger Martinskirche stattgefunden haben. Unbekannt sind dagegen das Jahr, in dem er geboren wurde, und die Namen der Eltern sowie der Beruf des Vaters. Das hat Diskussionen und Spekulationen ausgelöst.38 Um das Geburtsjahr zu ermitteln, wurde nach der Methode verfahren, vom Datum des Studienbeginns zurück zu rechnen. Da Müntzer 1506 an der Leipziger Universität immatrikuliert wurde und vorausgesetzt wird, dass er das für ein Studium übliche Mindestalter von 17 Jahren erreicht hatte, ergibt sich als mögliches Geburtsjahr 1489 oder 1490.39 Das setzt allerdings voraus, dass die Alma mater Lipsiensis die erste von Müntzer besuchte Universität war. Doch ein eindeutiges Datum ist damit nicht gewonnen, denn ein Regelalter für die Immatrikulation gab es nicht. Eingeschrieben wurden auch zahlreiche Studenten, die jünger waren oder ein höheres Alter aufwiesen.40 Eine bemerkenswerte Parallele zu Müntzer bietet allerdings Tileman Platner, Sohn eines Stolberger Ratsherrn, der am 24. November 1490 geboren und Ostern 1506 in Erfurt immatrikuliert wurde.41 Auch kann anhand der Präsentation Müntzers für eine Braunschweiger Pfründe – die Urkunde wurde am 6. Mai 1514 ausgefertigt – das Geburtsjahr annähernd erschlossen werden. In der Urkunde wird er als »Halberstadensis dyocesis presbiterum«, als Priester der Diözese Halberstadt, bezeichnet.42 Voraussetzung für die Priesterweihe war die Vollendung des 24. Lebensjahrs, so dass wiederum ein Zeitpunkt um oder vor 1490 wahrscheinlich wird. Ohne Erfolg blieben bisher alle Bemühungen, Müntzers Eltern zu identifizieren. Die wenigen Zeugnisse, die von ihnen sprechen, betreffen eine spätere Zeit und sagen über deren Herkunft und Alter nichts aus. Müntzers Brief an Markus Thomas, genannt Stübner, vom 8. Juni 1521 ist zu 24
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entnehmen, dass seine Mutter kurz zuvor verstorben ist.43 Auch wurde der Vater nicht vom Grafen von Stolberg am Galgen gerichtet, wie die Legende verbreitete, so dass der Sohn Thomas den Bauernkrieg aus Rachgier angefangen habe.44 Überliefert ist nur ein wohl im Frühjahr 1521 geschriebener, stark beschnittener Briefentwurf Müntzers an den Vater,45 der auf Differenzen hinsichtlich des Erbes der Mutter hinweist.46 Die Familiengeschichte aufzuhellen ist unter anderem deshalb schwierig, weil der Name Müntzer in Stolberg, aber auch in anderen Städten nachweisbar ist, zum Beispiel in Aschersleben, Bautzen,47 Eisleben, Nürnberg, Quedlinburg und Wittenberg, und auch die Matrikel der Wittenberger Universität weist mehrere Studenten dieses Namens aus.48 Für Stolberg wurden für den Zeitraum von 1419 bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts ein Dutzend Namensträger ermittelt, die wohl mehrheitlich der bürgerlichen Ober- bzw. Mittelschicht zuzuordnen sind.49 Zwischen ihnen bestanden zweifellos verwandtschaftliche Beziehungen. Welcher Art diese waren, konnte jedoch bisher nicht eindeutig erschlossen werden. Der Name gab zudem Anlass zu der Vermutung, dass der Vater Münzmeister gewesen sein müsse, zumal Stolberg bereits im 14. Jahrhundert pachtweise das Münzrecht erworben hatte. Angesichts der Tatsache, dass Müntzer später Kontakt zu einigen Goldschmieden bzw. zu Händlern mit Goldschmiedearbeiten unterhielt und zwischen diesen und Münzmeistern geschäftliche Beziehungen bestanden, wurde dies zumindest erwogen.50 Obwohl der Familienname zu dieser Zeit oftmals mit dem Beruf identisch ist, muss das nicht zwangsläufig für jeden Namensträger gelten. So ist es auch möglich, dass Müntzers Vater einem Handwerk nachging, das ihm einen gewissen Wohlstand sicherte. Die Mutter scheint über ein kleines Vermögen verfügt zu haben, denn im Frühjahr 1521 schrieb Müntzer an seinen Vater oder Stiefvater, die Mutter habe genug in die Ehe eingebracht, was ihm viele Leute in Stolberg und Quedlinburg bezeugen könnten,51 und nach ihrem Tod übernahm der Sohn als Erbe »viel Hausrat«.52 Der Chronist und Theologe Johann Arnold Zeitfuchs berichtet in seiner »Stolbergischen Kirchen- und Stadt-Historie« von 1717, als er auf den Bauernkrieg zu sprechen kommt: Der Rädelsführer dieser Empörung sei Thomas Müntzer aus Stolberg gewesen. »Er soll gebohren seyn in […] Henning Oppermanns Hause.«53 Zeitfuchs vertrat 1701 eine Zeitlang den Stolberger Prediger Albrecht Böttcher, wurde 1707 als Diakonus zu Sankt 25
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Martin eingeführt und blieb bis an sein Lebensende 1742 in der Stadt.54 In dieser Zeit dürfte er eine verlässliche Kenntnis der Stadtgeschichte erworben haben. Lange Zeit wurde fälschlich das so genannte Kelchhaus in der Niedergasse als Müntzers Geburtshaus ausgegeben, in dem sich die Bohlenstube mit den kunstvoll geschnitzten Heiligenfiguren an den Ecksäulen befand.55 Der Münzmeister Henning Oppermann56 erwarb aber 1629 nicht dieses Gebäude, sondern das gegenüberliegende Haus unmittelbar neben dem Seigerturm.57 Wenn Zeitfuchs informiert, dass Thomas Müntzer dort geboren worden sein soll, konnte er sich allerdings nur auf die mündliche Überlieferung stützen. Das Gebäude war Anfang des 15. Jahrhunderts als zweistöckiger Ständerbau im Fachwerkstil errichtet worden,58 wechselte wiederholt den Besitzer, erlebte mehrere Umbauten und brannte am 23. November 1871 vollständig ab.59 Das Haus verkaufte 1485 Henning von Bertikau an »Matt[hes] Montzer«.60 Als dieser 1488 heiratete – der Name der Ehefrau ist nicht überliefert – wurde bei der Hochzeitsfeier die Stadtordnung verletzt, weil an mehr Ti-
Abb. 4: Ansicht der Stadt Stolberg (Anfang 18. Jahrhundert). Rechts neben dem Seigerturm (Nr. 7) befindet sich das Geburtshaus Müntzers
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schen als erlaubt Gäste bewirtet wurden (was öfters vorkam), so dass er vier Schock Strafgeld zahlen musste – ein Zeichen, dass er nicht unbemittelt war. Matthes Müntzer arbeitete wohl zeitweilig als Münzmeister,61 vor allem aber als Probierer und Schmelzmeister in den Silberhütten in Stempeda und Rottleberode südlich von Stolberg.62 Da er im Verzeichnis der Geschoss- und Wachgeldzahlungen letztmalig 1500 erscheint und im folgenden Jahr seine Ehefrau die Zahlung vornahm, wird angenommen, dass er 1501 verstorben ist.63 Wenn der Stolberger Rentmeister in einem Verzeichnis der Ausgaben notierte, nach »Meister Matt[hes] zelig abschied« habe Hans Goldschmidt das Silber gebrannt, so wird nahegelegt, dass Matthes nicht mehr am Leben war, was aber keine andere Quelle bestätigt. Wenn Matthes verstorben ist, wird seine Witwe das Haus verkauft und vielleicht an einem anderen Ort noch einmal geheiratet haben. Sollte er noch am Leben gewesen sein, kann er angesichts des rückläufigen Bergbaugeschäfts Stolberg verlassen haben64 und seine Ehefrau ihm kurze Zeit später an den neuen Wohnort gefolgt sein, nachdem sie das Haus 1502 an Hans Goldschmidt verkauft hatte.65 Denkbar ist angesichts dieser Informationen, dass Matthes Müntzer und seine Ehefrau die gesuchten Eltern waren.66 Das Hochzeitsdatum legt nahe, dass die Ehefrau 1489 oder 1490 einen Sohn geboren haben kann, und wenn Thomas in dem Haus zur Welt kam, das zum fraglichen Zeitpunkt im Besitz von Matthes Müntzer war, kann es sich um dessen Sohn handeln. Andernfalls kann nur vermutet werden, dass die Eltern unbekannten Namens dem Stadtbürgertum entstammten, nicht unvermögend waren und in dem Haus zur Miete wohnten.
Die Stadt, ihre Bürger und die Grafen In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts beherbergte Stolberg etwa 1.500 Einwohner.67 Eingezwängt in drei am Markt zusammenlaufende Täler, waren der Ausdehnung des Orts Grenzen gesetzt. Wahrscheinlich entstand dort um das Jahr 1000 eine Bergmannssiedlung, denn schon seit längerem wurden in der Umgebung Erze abgebaut und verarbeitet68 – zunächst vor allem Silber, dann auch Kupfer. Neben dem Seigerturm69 wurde eine Seigerhütte eingerichtet, in der das Silber vom Schwarzkupfer getrennt wurde. Eine ältere Münzstätte wurde 1535 durch einen prächti27
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gen Fachwerkbau ersetzt, den der Münzmeister Kilian Keßler errichten ließ. Vor 1300 wurde dem Ort von den Grafen das Stadtrecht verliehen. Eine Stadtmauer wurde allerdings nicht errichtet, da die natürliche Lage Schutz bot. Die drei Straßenausgänge in den Tälern wurden jedoch durch Tore gesichert. Der Rat wurde von der Bürgerschaft gewählt, bedurfte aber der Bestätigung durch die Grafen, deren Schloss sich über der Stadt erhob.70 Dessen ältester Teil führt in die Zeit um 1200 zurück, die neueren Teile wurden seit 1539 im Stil der Renaissance errichtet. Am Markt standen an der Südseite das Rathaus und gegenüber das 1452 errichtete Gebäude – das heutige Rathaus – mit Kaufständen im unteren, einem Tanzboden im oberen und einer Schule im obersten Stockwerk.71 Über diesem Bauwerk erhebt sich am Hang die Martinskirche,72 die seit dem 12. Jahrhundert nachgewiesen ist und zwischen 1484 und 1490 im spätgotischen Stil als Hallenkirche umgebaut wurde, wofür Papst Innozenz VIII. einen Ablass gewährte. Stolberg war um 1470 eine relativ wohlhabende Stadt. Das Hospital St. Georg in der Niedergasse war als Stiftung für Bergleute und deren Angehörige gegründet worden, um sie im Alter oder bei Krankheit zu versorgen.73 Auch wurden Arme und Hilfsbedürftige aus der Ratskasse oder aufgrund testamentarischer Verfügungen unterstützt.74 Mehrere Pestwellen griffen jedoch tief in das städtische Leben ein. Die von 1484/85 soll 780 Einwohner hinweggerafft haben.75 Wenige Jahre später – 1491 – drohte angesichts eines kalten Winters eine Hungersnot,76 und 1495 wird von einer verheerenden Überschwemmung berichtet.77 Der Rat musste darauf bedacht sein, Ordnung und Ruhe in der Stadt zu erhalten. Wer der Stadtordnung zuwiderhandelte, wurde mit einem Bußgeld oder Gefängnis bestraft. Die häufigsten Delikte waren Verleumdung, Ungehorsam gegenüber dem Rat, ungebührliches Verhalten in den Gassen oder unerlaubtes Tragen von Messern und Dolchen.78 Da die Bewohner auf engem Raum zusammenlebten, waren Streit und Tätlichkeiten keine Seltenheit. Ein ruhiges Städtchen war Stolberg auch aus diesen Gründen nicht. Zwischen der Stadt und ihren Bürgern auf der einen und dem Grafenhaus und dessen Hof auf der anderen Seite bestanden enge Beziehungen.79 Als Stadtherrn standen den Grafen verschiedene Abgaben zu: von den Zünften, der Münze, der Waage, der Seigerhütte, dem Backhaus und dem 28
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Weinkeller. Hinzu kamen Schoss und Bede (eine Art Grund- und Vermögenssteuer), Gerichtsgefälle und Wegegeld. Auch wurden der Rat und vermögende Bürger angesichts der Geldnot des Grafenhauses regelmäßig zu Bürgschaften veranlasst. Umgekehrt war der gräfliche Hof für viele Einwohner der Brotgeber, indem sie diesen mit dem täglichen Bedarf versorgten oder Dienstleistungen übernahmen.80 Das gilt zum Beispiel auch für Matthes Müntzer und die als Krämerin tätige »alte Montzern«, die beide geschäftliche Kontakte zum Hof pflegten.81 Um 1500 wurden mehrere Frauen – darunter Magdalena Müntzer – für Näharbeiten82 und 1503 Martin Montzer für Botengänge entlohnt.83 Hans Goldschmidt, der 1502 das Haus Matthes Müntzers übernahm, fertigte für den Grafen, dessen Frau und die Dienerschaft wiederholt Schmuck und Rüstungsgegenstände an.84 Der gräfliche Hof umfasste gegen Ende des 15. Jahrhunderts etwa 100 Personen, für die 1491/92 vom Grafen 4.310 Gulden ausgegeben wurden – das war mehr als ein Viertel der Gesamtausgaben. Mancher Stolberger stand aber auch in höheren Diensten. So war der Ratsherr Dietrich Werther seit 1462 der erste Kanzler des Grafen, ihm folgte 1479 der Vikar Johannes Ilmena. Als Herzog Wilhelm von Sachsen 1461 eine Wallfahrt nach Jerusalem unternahm, an der auch einige Harzgrafen teilnahmen, war Henning von Bertikau als Hofdiener des Grafen Heinrich dabei, und 1477 wurde er als gräflicher Vogt eingesetzt.85 Die engen Beziehungen zwischen dem Hof und der Stadt dokumentieren zudem einige besondere Ereignisse. Während der Karfreitagsliturgie begaben sich Kaplan, Schulmeister und Schüler zum Schloss und nahmen in der Kapelle ein Kruzifix in Empfang, um es in die Martinskirche zu tragen, wo es den Mittelpunkt der liturgischen Handlungen bildete. Anschließend wurde es in einer feierlichen Prozession wieder in die Schlosskapelle zurückgetragen.86 Als 1500 aus Anlass der »Heimführung« der Braut Graf Bothos III. auf dem Marktplatz ein Turnier veranstaltet wurde, war der Rat an der Vorbereitung und Durchführung beteiligt, indem er die Turnierbahn einrichtete, das Tanzhaus renovieren ließ und dem Bräutigam und den Gästen Geschenke überreichte. Bekundet wurde durch die Übernahme dieser Kosten die Abhängigkeit des Rats und der Bürger vom Stadtherrn, aber auch deren Dankbarkeit für den wirtschaftlichen Nutzen, den solche Veranstaltungen dem Tanzhaus und den Herbergen brachten. 29
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Wie die Tage Thomas Müntzers in den Jahren seiner Kindheit abliefen und was er erlebte, sagen die Quellen nicht. Sicher hat er das lebhafte Treiben in der Stadt wahrgenommen, da er nur wenige Schritte vom Markt entfernt aufwuchs. Auch befanden sich in unmittelbarer Nähe das Alte Rathaus und der Seigerturm, der als Gefängnis diente. Vor dem Wohnhaus wurde der Fischmarkt abgehalten, und für Betriebsamkeit dürfte zudem gesorgt haben, dass Einwohner den schmalen Weg zwischen diesem und dem Nachbarhaus benutzten, um aus dem hinter dem Hof fließenden Graben Wasser zu holen. Ob Thomas in Stolberg eine Schule besuchte, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Um 1500 ist die Existenz einer solchen belegt,87 denn der Schulmeister und die Knaben waren verpflichtet, bei der gottesdienstlichen Liturgie mitzuwirken, wurden aber auch zu öffentlichen Arbeiten herangezogen.88 Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts ist jedoch kein Name eines Lehrers überliefert. Später hat Müntzer besuchsweise in der Stadt gepredigt , und 1523 wandte er sich mit einem Sendbrief an seine »lieben Brüder in Stolberg«.
Schulbesuch in Quedlinburg? Es wird vermutet, dass die Müntzerfamilie zu Beginn des 16. Jahrhunderts nach Quedlinburg übersiedelte. In den dortigen Stadtrechnungen, die allerdings nicht lückenlos überliefert sind, und in den Einnahmeverzeichnissen findet man sie allerdings nicht. Damit bleibt aber auch offen, in welchem Alter Müntzer Stolberg verließ. Einen Aufenthalt des Knaben in Quedlinburg legt nur die Matrikel der Leipziger Universität von 1506 nahe, da er als »Thomas Munczer de Quedilburck« eingeschrieben wurde.89 Damit kann er seinen Wohnort als Schüler oder den derzeitigen Aufenthaltsort seiner Eltern angegeben haben. Das ist aber schon alles, was die Quellen preisgeben. Die Stadt im nordöstlichen Harzvorland an der Straße von Goslar nach Halle war viel größer als Stolberg. Um 1500 ist mit etwa 4.300 Einwohnern zu rechnen.90 Am Anfang des 10. Jahrhunderts wurde der Königshof Heinrichs I. zu einer befestigten Pfalz ausgebaut. Das 936 gegründete Kanonissenstift für Damen des Hochadels bildete ein Zentrum der Reichspolitik. Die Kaufmannssiedlung, überragt vom Schlossberg mit der 1129 geweih30
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ten romanischen Stiftskirche St. Servatius,91 wuchs seit dem 12. Jahrhundert kontinuierlich. Auch wurden mehrere Pfarrkirchen sowie Klöster der Franziskaner, Augustiner und Zisterzienser und weitere Klosterhöfe errichtet. Der Rat der Stadt, die seit 1426 Mitglied des hansischen Städtebundes war, musste von der Äbtissin des Stifts bestätigt werden. Als die Bürger 1477 gegen die Stadtherrin rebellierten und nach Autonomie strebten, wurden sie von sächsischen Truppen gezwungen, die Landesherrschaft der Äbtissin anzuerkennen und auf alle Bündnisse zu verzichten. In Quedlinburg existierten seit 1303 zwei Lateinschulen, eine in der Altstadt bei der Marktkirche St. Benedikti, die andere in der Neustadt bei der Pfarrkirche St. Nikolai.92 Eine von beiden Schulen kann Müntzer besucht haben.93 Die Lateinschulen vermittelten Fähigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen, vor allem aber Lateinkenntnisse,94 also die Sprache, die Voraussetzung für ein Universitätsstudium, aber auch für eine Tätigkeit im Kirchendienst oder in der städtischen bzw. fürstlichen Verwaltung war. Über persönliche Kontakte Müntzers ist nichts bekannt, obwohl ihm an seinen späteren Studienorten Studenten Abb. 5: Unterricht in einer Schule (1524) aus Quedlinburg begegneten. Auf einen Aufenthalt in der Stadt könnte allerdings sein Kontakt zu Hermann Tulike (Tulichius)95 zurückgehen. Er wurde 1508 in Wittenberg und nach kurzer Tätigkeit als Lehrer in Quedlinburg 1512 in Leipzig immatrikuliert, wo er später als Korrektor bei dem Drucker Melchior Lotter arbeitete.
Leipzig – der erste Studienort Die Harzregion, seine engere Heimat, wird Müntzer verlassen haben, als ihn die Absicht, ein Studium zu beginnen, von den Harzbergen in die Leipziger Tieflandsbucht, in die Messestadt an der Pleiße führte, ein Zent31
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rum des Fernhandels, des Handwerks und des Buchdrucks.96 Der Siedlung wurde 1165 das Stadtrecht verliehen. Bei der sächsischen Landesteilung von 1485 fiel die Stadt an das Herzogtum Sachsen, in dem seit 1500 Herzog Georg regierte. Die Stadt profitierte von dem Ende des 15. Jahrhunderts einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung. Am Kreuzungspunkt wichtiger Handelsstraßen gelegen, nahm sie eine Vermittlerrolle im Ost-West-Handel ein. Ihre Jahrmärkte wurden von Kaiser Maximilian I. 1497 und 1507 als Messen privilegiert. Auch partizipierten Leipziger Kaufleute an dem aufblühenden Silberbergbau im Erzgebirge und dem Kupferbergbau im Mansfeldischen, indem sie Gelder für dessen Betrieb bereitstellten. Die Bevölkerungszahl wuchs von rund 6.500 Einwohnern um 1480 bis auf etwa 9.000 im Jahre 1540. Eine Universität (Universitas magistrorum et scholarium) wurde hier 1409 gegründet,97 als mehrere Hundert Magister und Studenten Prag verließen. Anlass war der Erlass des Kuttenberger Dekrets durch den böhmischen König Wenzel (Václav) IV. am 18. Januar 1409.98 An der Karlsuniversität hatten Reformer seit längerem versucht, die Lehre von John Wiclif in das Studium zu integrieren. Dem widersetzten sich die ausländischen, vor allem die deutschen Professoren, so dass der König schließlich auf Drängen der Reformer entschied, das Stimmenverhältnis in den Gremien zu ändern. Bisher hatte jede der vier nationes (die böhmische, bayerische, sächsische und polnische Nation) über eine Stimme verfügt. Nun aber entschied Wenzel, dass der böhmischen Nation drei Stimmen, den drei anderen aber nur je eine Stimme zustehen sollten. Später erwuchs der Alma mater Lipsiensis mit der 1502 eröffneten Wittenberger Universität eine ernsthafte Konkurrentin.99 Eine seit längerem schwelende Krise wurde vollends offenbar, als Herzog Georg Gutachten anforderte und diese zahlreiche Missstände zutage förderten: Cliquenwirtschaft, die zum Beispiel das Eindringen des frühen Humanismus behinderte; Schikanen, indem junge Magister ihre Veranstaltungen in den Morgenstunden um vier und fünf Uhr abhalten mussten; nachlässige Lehrtätigkeit von Dozenten der Theologischen Fakultät, die sich eher dort aufhielten, wo sie ihre Pfründen innehatten. Sprichwörtlich hieß es, in Leipzig regiere Neid und Gunst und »selten dy schulkunst.«100 Eingeleitete Reformen des Herzogs, mit denen beabsichtigt war, die Missstände zu beheben, zielten vor allem auf ein regelmäßiges 32
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und geordnetes Studium. Aber die Festlegungen wurden nur halbherzig befolgt. Leipzig war aber nicht nur wegen seiner Universität ein Anziehungspunkt, sondern auch als Stadt des aufblühenden Buchdrucks und Buchhandels.101 Nachdem Johannes Gutenberg um 1450 in Mainz den Druck mit beweglichen Lettern aus Metall entwickelt hatte, ist Marcus Brandis aus Delitzsch 1481 als erster Drucker in Leipzig nachgewiesen. Um 1500 gab es schon elf Druckstätten, so dass in kurzer Zeit ein Zentrum des frühen Buchdrucks entstand, für das die Namen Jakob Thanner, Wolfgang Stöckel und vor allem Melchior Lotter repräsentativ sind. Das Spektrum der Druckproduktion reichte von den Schriften antiker Autoren bis zu humanistischer Literatur. Zum großen Teil wurden sie von der Universität in Auftrag gegeben, weil sie für das Studium benötigt wurden. Das gilt zum Beispiel für Lehrbücher über Logik und Grammatik. Auch wurden neben theoretischen Schriften über Mathematik Rechenbücher für Kaufleute gedruckt, neben astronomischen Schriften Kalender und Prognostiken und neben theologischer Literatur liturgische Werke.
Abb. 6: Ansicht der Stadt Leipzig (1572)
Während des am 16. Oktober 1506 beginnenden Wintersemesters wurde unter dem Rektorat des Theologen Martin Meyendorn von Hirschberg Thomas Müntzer immatrikuliert.102 Warum er Leipzig als Studienort wählte, ist nicht bekannt. Quedlinburger, die ein Studium begannen, gingen vornehmlich nach Wittenberg, aber eben auch nach Leipzig. Müntzers Entscheidung kann von dem aus Stolberg stammenden Hermann Keiser beeinflusst worden sein.103 Dieser war zum Wintersemester 1487/88 in Leipzig immatrikuliert worden, erwarb dort mehrere akade33
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mische Grade und wurde spätestens 1499 zum Priester geweiht. Eine zeitlang war er als Privatlehrer – unter anderem in Mansfeld – tätig. Am 25. Juni 1506 wurde er in Leipzig – inzwischen Doktor der Theologie – in die Theologische Fakultät aufgenommen. Er verstarb am 9. August 1508. Da er Beziehungen zu seiner alten Heimat unterhielt, könnte er Müntzer den Weg nach Leipzig gewiesen haben. Mehr als eine Vermutung ist das allerdings nicht. Die Matrikel verzeichnet zunächst »Andreas Appenrad de Quedilburck« und danach »Thomas Munczer de Quedilburck«.104 Müntzer hatte offenbar den Weg nach Leipzig gemeinsam mit Appenrodt zurückgelegt, der einer Bürgerfamilie in Blankenburg am Harz entstammte und wohl in Quedlinburg die Schule besucht hatte. Da beide im Verzeichnis der säch sischen Nation als Letzte aufgeführt werden, dürften sie erst im Verlauf des Herbstes in Leipzig eingetroffen sein. Die Matrikel vermerkt außerdem, dass Müntzer sechs Groschen Studiengebühr entrichtete. Er wurde nicht als »pauper«, als arm ausgewiesen, wie es vielen anderen Studenten widerfuhr. Er zahlte aber nicht die volle Inskriptionsgebühr von zehn Groschen, die mit »totum« quittiert worden
Abb. 7: Eintragung Müntzers in der Matrikel der Universität Leipzig von 1506
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wäre. Die Zahlung der vollen Summe war nach den Statuten der Universität die Voraussetzung, um Prüfungen ablegen zu können. Für Müntzer fehlt jedoch ein solcher Beleg, so dass er in Leipzig offensichtlich keinen akademischen Grad erwarb, während Appenrodt die vier Groschen nachzahlte und 1509 zum Baccalaureus artium promoviert wurde. Mit der Immatrikulationsgebühr sind jedoch die Kosten eines Studiums keineswegs abgedeckt. Dazu kamen das Geld für die Reise, für Wohnen, Essen, Trinken und Kleidung, für den Barbier, die Wäscherin und im Winter für die Heizung, ferner der Kauf für das Studium benötigter Bücher und Schreibwaren sowie Gebühren für manche Lektionen.105 Wie hoch die Kosten sich in Leipzig insgesamt beliefen, ist nicht bekannt. Ein Scholarenhandbuch von 1481 spricht davon, dass 20 Gulden wünschenswert seien, und erklärte jene für arm, die weniger als zehn Gulden zur Verfügung hatten.106 Obwohl ein Studium in Leipzig als billig galt, dürften die Kosten im Lauf der Jahre gestiegen sein. Anhaltspunkte können nur durch einen Vergleich gewonnen werden. Im Briefwechsel des Ulmer Stadtarztes Wolfgang Reichart mit seinem Sohn Zeno, der seit 1521 in Freiburg, Tübingen, Ingolstadt und Heidelberg studierte, werden dessen Ausgaben aufgelistet.107 In Ingolstadt verbrauchte er zum Beispiel in einem Jahr 45 Gulden, in Heidelberg aber schon 75 Gulden, wobei die durch die Bauernkriegsereignisse beeinflusste Teuerung für die höheren Ausgaben ausschlaggebend war. Von Mai 1521 bis April 1525 gab Reichart für das Studium seines Sohnes insgesamt mindestens 170 Gulden aus.108 Der Vater hielt Zeno zwar wiederholt vor, er sei verschwenderisch, aber Tatsache ist, dass für das Studium eine erhebliche Summe aufgebracht werden musste. Wenn das Beispiel Zeno Reicharts auch nicht die Situation der meisten Studierenden widerspiegelt, so ist doch die Klage seines Vaters nicht zu überhören, wie kostspielig das Leben an einer Universität sei, wisse niemand besser als sein Geldbeutel.109 Da Müntzer nicht als »pauper« eingestuft wurde, ist zu vermuten, dass er in der Lage war, sein Studium zu finanzieren – sei es mit Hilfe der Eltern oder eines Sponsors. Die Leipziger Universität hatte von Prag die Nationenverfassung übernommen, die an den älteren deutschen Universitäten unbekannt war. Ihr zufolge wurde jeder neu Immatrikulierte entsprechend seinem Herkunftsort einer nach geographisch-politischen Kriterien definierten Nation zu35
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geordnet. Von den 118 Neuimmatrikulierten des Wintersemesters 1506/07 gehörten acht zur polnischen, 50 zur bayerischen, 49 zur meißnischen und 11 zur sächsischen Nation. Müntzer erscheint in der Matrikel unter den Studenten der sächsischen Nation, wie das bei Studenten aus Quedlinburg üblich war. Hätte er seinen Geburtsort angegeben, wäre er – wie andere Stolberger – der meißnischen Nation zugeordnet worden. »Sächsisch« meinte jedoch nicht das sächsische Territorium, sondern die nord- und nordwestdeutsche Region. Zur sächsischen Nation zählten neben Müntzer im Semester seiner Immatrikulation Studenten aus Braunschweig, Eisleben, Göttingen, Halle, Jüterbog und einigen weiteren Orten.110 Sicher wird er zu einigen von ihnen Beziehungen unterhalten haben, vielleicht auch zu dem ein Jahr später immatrikulierten Franziskus Hujuff, der einer Hallenser Goldschmiedfamilie entstammte, zu der Müntzer später Kontakte unterhielt.111 Die Zuordnung zu einer Nation entschied auch darüber, in welche Burse ein Student eingewiesen wurde.112 Die der sächsischen und bayerischen Nation befand sich auf dem Gelände des ummauerten Großen Kollegs östlich der Nikolaikirche. Es ist nicht bekannt, ob Müntzer das Studium mit festen beruflichen Vorstellungen begann und die Laufbahn eines Geistlichen einschlagen wollte.113 Immerhin leitete er die deutsche Kurzfassung des Prager Sendbriefs vom November 1521 mit den Worten ein, er könne mit Christus und allen Auserwählten, die ihn von Jugend an gekannt haben, bezeugen, dass er den allerhöchsten Fleiß darauf verwandt habe, dass er »mo(e)chte eyne ho(e)cher unterricht ghabt ader erlangt haben des heyligen unuberwintlichen christenglaubens.«114 Der Hinweis »von Jugend an« könnte auf die Zeit seines Studiums verweisen, und die Feststellung, er habe den »allerhöchsten Fleiß« aufgewandt, erinnert an die Anstrengungen eines Studenten, sein Wissen zu erweitern. Aber das Suchen nach Glaubensgewissheit, von dem er in dem Text spricht, war wohl noch nicht Gegenstand seines Bemühens. Die Ausbildung, die an allen Universitäten im Wesentlichen auf gleiche Weise ablief,115 sah im Normalfall ein mindestens dreijähriges Studium der »septem artes liberales«, der sieben freien Künste an der Artistenfakultät vor. Das zu absolvierende Programm geht auf die Antike zurück und wurde im 5. Jahrhundert endgültig auf die Siebenzahl festgelegt: das Trivium 36
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von Grammatik, Dialektik und Rhetorik und das Quadrivium von Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik. Seit dem 13. Jahrhundert vollzog sich dann ein Wandel, indem die Absolvierung der Artistenfakultät als Vorbereitung und Grundlage für die Fortsetzung der Studien an einer höheren Fakultät verstanden wurde. Die Schriften griechischer, arabischer und jüdischer Autoren wurden in der westlichen Christenheit in lateinischen Übersetzungen verbreitet. Das gilt vor allem für die Werke des griechischen Philosophen Aristoteles (384-322 vor Chr.), die auf dem Weg über die Pariser Artistenfakultät verbindliche Bestandteile des Studiums wurden, wodurch das Programm des Triviums durch neue Aspekte erweitert wurde. Für die Vermittlung der Grammatik wurden die »Ars minor« von Aelius Donatus (um 320-um 380), das »Doctrinale puerorum« des Alexander von Villa Dei (um 1170-um 1250) und die »Institutiones grammaticae« von Priscianus Caesariensis (*um 500) benutzt. Das Studium der Logik erfolgte auf der Grundlage der »Summulae logicales« von Petrus Hispanus (um 1205-1277) und der »Isagoge« des neuplatonischen Philosophen Porphyrius (um 233-305). Schließlich wurde für die Magisterprüfung die Kenntnis der Schriften von Aristoteles über Naturphilosophie, Mathematik, Ethik und Politik verlangt, auch der Werke des Mathematikers Euklid von Alexandria (3. Jahrhundert) zur Arithmetik und Geometrie, die »Theorica planetarum« von Gerardus von Sabbioneta (um 1255) und die »Musica« des französischen Mathematikers, Astronomen und Musiktheoretikers Johannes de Muris (um 1300-1350).116 Was darüber hinaus als Studienliteratur galt, legten die Statuten der Universität fest. Die Texte wurden von den Magistern in Vorlesungen (lectiones) und Übungen (exercitia) vorgetragen und interpretiert, während Vorträge der Studenten (disputationes) der Einübung des Gelernten dienten. Nach eineinhalb bis zwei Jahren war eine Prüfung zum Erwerb des akademischen Grads eines Baccalaureus artium abzulegen, nach weiteren eineinhalb bis zwei Jahren eines Magister artium. Die Fortsetzung des Studiums erfolgte dann an einer der höheren Fakultäten: der juristischen, medizinischen oder theologischen. Die Leipziger Universität, vor allem ihre theologische Fakultät, folgte der Tradition des Thomismus,117 der in der Nachfolge Thomas von Aquinos (1225-1274) und der Aristotelesrezeption eine rationale Begründung kirch37
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licher Lehren anstrebte, wobei ein zentrales Thema die Harmonisierung von Glaube und Vernunft war. Der Thomismus markierte den Höhepunkt der scholastischen Gelehrsamkeit. Hieronymus Dungersheim aus Ochsenfurt, der seit 1484 in Leipzig studiert hatte und unter anderem von 1501 bis 1504 Prediger an der Zwickauer Marienkirche war, kehrte 1506 an die Alma mater Lipsiensis zurück und wurde dort zum führenden Theologen. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde die Artistenfakultät ein Zentrum der »studia humaniora«, des frühen Humanismus. Dessen Vertreter vermochten zunächst nur schwer Fuß zu fassen, denn die Befürworter der Scholastik befehdeten die humanistischen Wanderlehrer heftig, wie der im Jahr 1500 provozierte Streit zwischen dem Humanisten Martin Polich von Mellerstadt und dem scholastischen Theologen Konrad Wimpina über das Verhältnis von Theologie und Poesie (Prinzipienstreit) ausweist. Erst auf Drängen Herzog Georgs wurde humanistisch gesinnten Gelehrten, die bisher oftmals außerhalb der Universität unterrichten mussten, die Lehre im Rahmen des universitären Curriculums erlaubt. Der bedeutendste unter den Leipziger Humanisten, Hermann von dem Busche, kam 1503 an die Pleiße und lehrte – wie schon zuvor in Wittenberg – Poetik und Rhetorik, verließ aber 1506 angesichts anhaltender Konflikte die Stadt wieder. Johann Rack (Johannes Rhagius Aesticampianus) wechselte 1507 von Frankfurt an der Oder nach Leipzig (und mit ihm Ulrich von Hutten) und behandelte klassische Texte von Plinius, Livius, Plautus, Horaz, Vergil, Cicero und Tacitus im humanistischen Geist. Damit machte er sich viele Feinde und wurde schon 1511 von dort wieder vertrieben. In seiner Abschiedsvorlesung vor den Studenten mit dem Titel »O Wahrheit, wie bist du den Sterblichen verhasst«118 erklärte er: »Wen von den wortgewandten Poeten, die gleichsam vom Himmel herab gesandt wurden, um euch Bildung zu vermitteln, haben eure Väter denn nicht verfolgt, wen habt ihr nicht verspottet? […] Conrad Celtis habt ihr fast wie einen Feind verjagt, Herman von dem Busche lange hin- und hergequält und dann vertrieben, auch Johannes Ästicampian habt ihr mit Intrigen aller Art befehdet und werft ihn nun endlich hinaus.«119 Müntzer begegnete Aesticampianus später in Wittenberg wieder. Da Müntzer ohne einen akademischen Titel nach Leipzig kam, war die Universität sein erster Studienort.120 Wie lange er den traditionellen Studiengang durchlief, ist nicht bekannt, denn außer dem Matrikeleintrag gibt 38
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keine weitere Quelle Auskunft. Im Verzeichnis der Baccalaren erscheint sein Name nicht. Das lässt auf einen Abbruch des Studiums vor der ersten fälligen Prüfung schließen. Ein solcher Schritt war nicht ungewöhnlich, denn in Leipzig verließ eine große Zahl Studenten die Universität vor dem Erwerb eines akademischen Grads, weil sie gezwungen waren, ihren Lebensunterhalt zu sichern. In seiner Leipziger Zeit kann Müntzer allerdings einigen Männern begegnet sein, die später öffentlich hervortraten,121 zum Beispiel Christoph Schappeler, der 1510 zum Lizentiaten der Theologie promoviert wurde und als Prediger in Memmingen während des Bauernkriegs an der Erarbeitung der Zwölf Artikel beteiligt war. Zu nennen sind außerdem Hieronymus Emser, später Sekretär in Diensten des altgläubigen Herzogs Georg von Sachsen und heftiger Kritiker Luthers, sowie Johannes Haß, zeitweilig Lehrer in Zwickau und Naumburg, dann Stadtschreiber und mehrmals Bürgermeister in Görlitz. In dieser Zeit hielt sich in Leipzig aber auch Johann Agricola aus Eisleben auf, mit dem Müntzer eine Zeitlang in Kontakt stand, ehe er sich auf die Seite der Gegner Müntzers schlug, ferner Johannes Wildenauer aus Eger, latinisiert Egranus, mit dem Müntzer später in Zwickau in heftige Auseinandersetzungen geriet. Im Jahr 1508 wurden Moritz Reynhart aus Naumburg und 1509 Heinrich von Bünau aus Elsterberg immatrikuliert, die beide auf Müntzers weiterem Weg noch eine Rolle spielen sollten. So scheint es, dass er in Leipzig erstmals ein Netzwerk knüpfte, das für ihn später – auch bei der Beschaffung von Büchern – von Nutzen war.
Hilfslehrer in Aschersleben und Halle Das nächste überlieferte biographische Datum Müntzers ist die Immatrikulation an der Universität in Frankfurt an der Oder zum Wintersemester 1512. Die dazwischenliegenden Jahre bleiben im Dunkel. Um die Lücke zu schließen, wurde vermutet, er habe sein Studium an einer anderen Universität fortgesetzt. Als mögliche Studienorte wurden Erfurt, Mainz oder Wittenberg in Erwägung gezogen, ohne dass dafür Belege beigebracht werden konnten.122 Näher liegt es, dass er vorerst einer beruflichen Tätigkeit nachging.123 Der Erwerb eines akademischen Grades war für viele Berufe keine Bedingung, und so kann er die Zeit genutzt haben, 39
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um die Fortsetzung des Studiums zu einem späteren Zeitpunkt finanziell sicherzustellen. Im Verhör am 16. Mai 1525 sagte Müntzer unter der Folter aus: »Zu Aschersleben und Halla, do habe er in der jugent, als er collobrator gewest, auch eyn verbunthnus gemacht.«124 Als Mitglieder nennt er einen Ascherslebener und drei Hallenser, die bisher nicht identifiziert werden konnten. Die Aussage, das sei »in der Jugend« geschehen, bietet nur einen vagen Anhaltspunkt für die Datierung. Zu rechnen ist mit einem schon länger zurückliegenden Aufenthalt in beiden Städten. Das ist die einzige Quelle, die Auskunft darüber gibt, dass Müntzer als »collaborator«, das heißt als Hilfslehrer oder Hilfsgeistlicher, tätig war.125 Aschersleben, das 753 erstmals erwähnt wird, erhielt 1266 das Stadtrecht,126 schloss 1326 einen Städtebund mit Halberstadt und Quedlinburg und trat 1426 der Hanse bei. Nahe der Stephanikirche existierte eine städtische Lateinschule. Ein Streit über das Präsentationsrecht wurde 1325 beigelegt, indem vereinbart wurde, dass der Rat den Schulmeister präsentiert und der Probst des Marienklosters ihn bestätigt. Beim Tod oder Weggang des Schulmeisters soll es diesem obliegen, das Amt neu zu besetzen, dem Rat aber ein Einspruchsrecht zustehen.127 Im Jahr 1513 übernahm der Priester Balthasar Trochus das Rektorat der Schule.128 Das schließt nicht aus, dass er schon vorher dort tätig war. Dem Schulmeister standen zwei Gehilfen zur Seite, die auf Zeit angenommen wurden. Eine dieser Stellen könnte Müntzer besetzt haben. Dass er mit Trochus bekannt war, belegt ein Brief des Predigers Martin Seligmann in Thalmansfeld an Müntzer vom 13. Mai 1524, in dem er ihn bittet, Trochus und Simon Haferitz zu grüßen.129 Trochus muss folglich zu dieser Zeit in Allstedt oder dessen näherer Umgebung tätig gewesen sein. Von ihm ist nur bekannt, dass er 1517 bei Melchior Lotter in Leipzig ein »Vocabularum rerum promptuarium« veröffentlichte, ein Wörterbuch für Schüler, das er dem Vikar Jakob Gropper widmete. Auch Matthäus Volmar, der 1509/10 als Stadtschreiber und 1512 als Ratsmitglied in Aschersleben nachgewiesen ist130 und sich später in einer Angelegenheit brieflich an Müntzer wandte131, kann dieser dort kennen gelernt haben. Noch weniger ist über Müntzer als Kollaborator in Halle zu ermitteln. Die erste urkundliche Erwähnung der Siedlung an der Saale datiert 806, 40
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der Rat erscheint 1258 in den Quellen, erlangte 1263 faktisch die politische Autonomie und trat 1281 der Hanse bei. Grundlage des Wachstums der Stadt war der Salzreichtum, was zur Folge hatte, dass die Pfänner, das heißt die Eigentümer oder Pächter von Salinen, die Stadtpolitik bestimmten. Von 1484 bis 1503 ließ Ernst II. die Moritzburg als Residenz der Erzbischöfe von Magdeburg errichten. In der Stadt existierten drei Lateinschulen, zwei Klosterschulen und eine Pfarrkirchschule. Über ihre Lehrer ist nichts bekannt. In der Literatur ist zwar zu lesen, dass Müntzer an einer dieser Schulen Kollaborator gewesen sei. Als Beleg dient allerdings nur dessen Verhörsaussage.132 Möglich ist es, dass er aus Aschersleben nach Halle kam und an einer der Stadtschulen tätig war. Im Verhör nach der Gefangennahme wurde Müntzer offenbar gefragt, ob er außer dem Allstedter Bund weitere Verbündnisse geschaffen habe,133 was er mit dem Hinweis auf Aschersleben und Halle bejahte. Dann folgt noch die Aussage: »Ist wider bischoven Ernsten hochloblicher gedechtnus gewest.«134 Ernst II., Erzbischof von Magdeburg und Bischof von Halberstadt, war Exponent der wettinischen Expansionspolitik. Als er 1513 starb, traten die Hohenzollern sein Erbe an. Ein Aufbegehren gegen Ernsts Politik ist nicht auszuschließen, denn er belastete die Städte seines Territoriums wiederholt mit finanziellen Leistungen und militärischen Diensten. Da er als Bischof von Halberstadt Schutzherr von Aschersleben war, beschwerten seine Forderungen auch diese Kommune. Nicht anders scheint es in Halle gewesen zu sein.135 Müntzer kann von dieser Situation Kenntnis gehabt haben. Wenn aber ein Autor 1750 in Bezug auf Halle schreibt, er habe bereits vor Luthers Reformation »seine Meuterey hiesigs Orts angefangen«,136 dann ist das durch keine Quelle zu belegen.137 Der zitierte Satz aus dem Verhör wurde immer mit dem zuvor genannten Verbündnis in Verbindung gebracht, so dass dieses sich gegen den Erzbischof gerichtet haben soll. Zwingend ist eine solche Lesart allerdings nicht, denn das den Satz einleitende »Ist« muss nicht auf das Verbündnis bezogen werden. Der Schreiber kann damit Müntzer meinen, so dass zu lesen ist: »Er ist wider bischoven Ernsten hochloblicher gedechtnus gewest.« Festzuhalten wäre dann, dass Müntzer die Politik des Bischofs nicht billigte, ohne dass ein Zusammenhang mit dem Verbündnis gegeben sein muss, über das keine weiteren Nachrichten vorliegen.138 41
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Das Studium in Frankfurt an der Oder Nachdem Müntzer offensichtlich eine Zeitlang im Schuldienst tätig war, verzeichnet ihn die Matrikel der Universität Frankfurt an der Oder für das am 16. Oktober 1512 beginnende Wintersemester unter den Neuimmatrikulierten der fränkischen Nation an zweiter Stelle: »Thomas Mu(e)ntczer Stolbergensis«.139 In diesem Jahr wurden 204 Studenten eingeschrieben.140 Das war die höchste Zahl seit der Gründung der Frankfurter Universität 1506. Rektor war in diesem Semester Achatius Philostorgus (Achaz Freund) aus Elbing. Er war 1501 in Leipzig immatrikuliert und im Sommer 1511 an der Viadrina (das heißt der an der Oder gelegenen Universität) eingeschrieben worden. Philostorgus lehrte die Humaniora und wird die humanistische Bewegung in Frankfurt gefördert haben. Am Beginn des 16. Jahrhunderts beherbergte die Stadt nach Schätzungen etwa 5.500 Einwohner. An einem Oderübergang entstanden, war der Kaufmannssiedlung 1253 das Stadtrecht verliehen worden. Seit 1355 sind Jahrmärkte nachgewiesen, und seit 1386 war sie Mitglied der Hanse. Den Rat besetzten hauptsächlich Kaufleute und Tuchhändler. Wie in Leipzig lebte auch hier ein großer Teil der Bürger vom Handel.141 Die günstige Lage an mehreren
Abb. 8: Ansicht der Stadt Frankfurt an der Oder (1572)
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Handelsstraßen ermöglichte den Warenaustausch von den Ostseestädten bis nach Schlesien und Böhmen, aber auch zu den Handelsplätzen des Ostens. Die Gründung der Universität erfolgte im Zusammenhang mit dem Ausbau des kurbrandenburgischen Territorialstaats.142 Die politischen Rivalitäten mit Kursachsen und die Einrichtung einer Universität in Wittenberg förderten die Absicht, eine brandenburgische Landesuniversität zu schaffen. Dass diese ihren Sitz fern von der Residenz der Hohenzollern hatte, konnte nur von Nutzen sein, weil so weniger mit Bevormundung durch den Hof zu rechnen war. Mit ihr entwickelten sich auch der Buchdruck und der Buchhandel.143 Die guten Beziehungen der Hohenzollern zu den wettinischen Albertinern dürften den Ausschlag gegeben haben, die Viadrina nach dem Vorbild Leipzigs einzurichten.144 Von den 46 Magistern und Doktoren im Gründungsjahr hatten 33 in Leipzig studiert oder gelehrt. Mit den Lehrkräften kam aber auch der Thomismus nach Frankfurt, vertreten von dem Theologen und Gründungsrektor Konrad Wimpina, der hier später den antireformatorischen Kurs förderte. Auch die Verfassung, die Statuten und das Curriculum wurden im Wesentlichen von Leipzig übernommen. Warum Müntzer nach dem Abbruch des Studiums in Leipzig sich entschloss, es einige Jahre später an einer anderen Universität fortzusetzen, ist nicht bekannt. Als Motiv, warum er nach Frankfurt ging, wurde angenommen, er habe nach der Aufdeckung des vermeintlichen Verbündnisses gegen Erzbischof Ernst II. dessen Lande zeitweilig verlassen müssen. Deshalb habe er sich unter den Schutz der mit den ernestinischen Wettinern rivalisierenden Hohenzollern begeben.145 Gewiss ist es auffällig, dass sich Müntzer angesichts der politisch gespannten Situation zwischen Kurbrandenburg und Kursachsen für die kurmärkische Universität entschied. Doch die unklare Aussage über das Verbündnis wird überfordert, wenn daraus geschlossen wird, Müntzer sei in politische Konflikte involviert gewesen. Näher liegen andere Erklärungen. Eine Rolle können persönliche Beziehungen gespielt haben, sei es zu Bekannten aus seiner Heimat, zu ehemaligen Leipziger Kommilitonen oder einem von Leipzig nach Frankfurt wechselnden akademischen Lehrer. Den Ausschlag kann aber auch die von Leipzig übernommene Lehrtradition gegeben haben. Frankfurt hatte von Leipzig die Gliederung nach Nationen übernommen. Müntzer wurde der fränkischen Nation zugeordnet. Diese wies im 43
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Vergleich mit der preußischen, der märkischen und der schlesischen Nation im Wintersemester 1512 mit elf Studenten den geringsten Zuwachs auf.146 Außer Müntzer wurden noch Studenten aus Leipzig, Meiningen, Eisenach, Kronach, Nürnberg, Brixen, Bozen und Misleiten bei Bodenmais verzeichnet. Bei zwei weiteren Studenten fehlt die Ortsangabe, oder sie ist nicht zu lokalisieren. Es spricht dafür, dass die Viadrina eher von brandenburgischen Landeskindern und von Studenten aus ost- und südosteuropäischen Ländern besucht wurde. Müntzer war allerdings nicht der erste Student aus dem Harzgebiet, der in Frankfurt studierte. Im Gründungsjahr wurde Johann Spangenberg aus Stolberg immatrikuliert147, und im selben Jahr wurden Konrad Bause und Nikolaus Heideck aus Aschersleben und 1512 Christian Martini aus Quedlinburg eingeschrieben.148 Letzterem kann Müntzer schon in Leipzig begegnet sein. Im Frühjahrsemester 1513 begannen Valentin Dust aus Halberstadt und im Wintersemester Johannes Iden und Martin Lowke aus Quedlinburg ihr Studium an der Via drina.149 Es fehlte also nicht an Kommilitonen aus seiner heimatlichen Umgebung. Folglich drängt sich der Eindruck auf, dass Müntzers Weg nach Frankfurt durch Bekanntschaft oder Vermittlung gebahnt worden sein könnte. Der Matrikel ist ferner zu entnehmen, dass Müntzer bei seiner Imma trikulation oder später die geforderten zehn Groschen Gebühren zahlte.150 Er befand sich somit in einer materiell gesicherten Lage. Auffällig ist immerhin, dass von den mit ihm das Studium aufnehmenden Studenten der fränkischen Nation vier die volle Summe, die anderen sieben hingegen jeweils nur einen Groschen zahlten. Im Vergleich mit den anderen Nationen verzeichnete die fränkische den größten Anteil Abb. 9: Eintragung Müntzers in der Matrikel Unvermögender. Nichts weist also auf der Universität Frankfurt an der Oder von eine finanziell prekäre Situation Münt1512 44
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zers hin. Im Gegenteil: Da er in Leipzig nicht die verlangte volle Summe gezahlt hatte und ihm damit das Recht zum Erwerb akademischer Grade verwehrt blieb, war er in Frankfurt berechtigt, Prüfungen abzulegen und akademische Grade zu erwerben. Wenn Müntzer vor seiner Immatrikulation in Frankfurt noch keinen akademischen Grad erwarb, setzte er in Frankfurt sein Studium an der Artistenfakultät fort. Sollte er jedoch bereits als Magister angereist sein, kann er das Studium an der theologischen Fakultät begonnen haben. Ein Vorlesungsverzeichnis aus dem Jahr 1512 weist aus,151 dass die »via antiqua«, also der Thomismus und Skotismus, die Lehre bestimmten, während Vertreter der »via moderna« gänzlich fehlten. Der andernorts – zum Beispiel in Erfurt und Wittenberg – zwischen beiden Richtungen ausgetragene »Universalienstreit« galt der Frage, ob Allgemeinbegriffe (universalia) tatsächlich existieren oder menschliche Konstruktionen sind. Die Vertreter des via antiqua beriefen sich auf die Hochscholastik, also auf Thomas von Aquino (um 1225-1274) und John Duns Scotus (um 12661308), während die Befürworter des via moderna vor allem Wilhelm von Ockham (1288-1347) folgten. Letztere beschworen die Gefahr herauf, die Einheit von Philosophie und Theologie aufzuheben und die Scholastik zu überwinden. Der führende Thomist war Konrad Wimpina, der 1506 von Leipzig nach Frankfurt wechselte und 1512 über verschiedene Werke des Thomas von Aquino las. Nikolaus Barthel behandelte die Schrift »De Trinitate« von Severinus Boethius (um 480-524), der Franziskaner Gerhard Funcke den Sentenzenkommentar von Duns Scotus und der Franziskaner Georg Volprecht den Sentenzenkommentar von Bonaventura (Giovanni di Fidanza, 1221-1274). Die Kommentare gehen auf das Hauptwerk von Petrus Lombardus (um 1095-1160) zurück, der in vier Büchern ausgewählte Texte der Kirchenväter und Kirchenlehrer zu einer systematischen Darstellung der gesamten Theologie verarbeitet hatte.152 Verschiebungen im Fächerkanon zeichneten sich ab, als den »studia humaniora«, also Rhetorik und Poetik, ein Platz im Curriculum eingeräumt werden musste. Doch sie wurden am Ende des täglichen Stundenplans platziert und nur fakultativ angeboten. So lasen zum Beispiel um 16 Uhr Hermann Trebelius über Poetik (Ovids »Metamorphosen«) und um 17 Uhr Publius Vigilantius über Rhetorik (Ciceros »Tusculanae dispu45
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tationes«). Welche Lektionen Müntzer besuchte, ist nicht bekannt. Doch angesichts der geforderten Disputationen dürfte er mit der Streitkultur vertraut gewesen sein.
Müntzers akademische Grade Müntzer erwarb mehrere akademische Grade, aber aus den Akten der besuchten Universitäten geht nicht hervor, wo das geschehen ist.153 In einem nur als Fragment überlieferten, an die Ratsherren der Städte Böhmens gerichteten Brief (wahrscheinlich vom Frühjahr 1521) bezeichnete Müntzer sich als »artium magister et sancte scripture baccalaureus«.154 Folgt man dem, dann hatte er die Prüfungen eines Baccalaureus und Magisters der freien Künste und Baccalaureus der Theologie abgelegt. Diese Titulierungen finden sich wiederholt in Briefen, die an Müntzer adressiert waren. Als Magister sprachen ihn zum Beispiel 1515 Claus Winkeler und 1517 Heinrich Hanner an, als Baccalaureus der Heiligen Schrift der Braunschweiger Fernhändler Hans Pelt in einem Brief vom 25. Juni 1521.155 Moritz Reynhart aus Elsterberg titulierte ihn im Januar 1520 als »theologie acuto magistro«,156 als den scharfsinnigen Magister der Theologie. Könnten diese Zeugnisse noch den Einwand hervorrufen, dass die in dem Brieffragment von Müntzer selbst erwähnten Titel als Quelle unzuverlässig und die Titulierungen in den zitierten Briefen auf falscher Information beruhen können (obwohl die Braunschweiger ihn persönlich kannten), so ist darauf hinzuweisen, dass Müntzer selbst zwar nur einmal – am 17. Januar 1521 – einen Brief als »Magister Thomas Muntzer, prediger zcu sankt Katharin zu Zwickau« unterzeichnete,157 aber in an ihn gerichteten Korrespondenzen wiederholt als Magister angesprochen wurde.158 Auch Martin Luther schrieb in seinem Sendbrief an Bürgermeister, Rat und Gemeinde zu Mühlhausen vom 21. August 1524, dass einer, »genannt Magister Thomas Mu(e)ntzer«, willens sei, sich in der Stadt niederzulassen.159 Obwohl keine Überlieferung einer Universität den Erwerb eines akademischen Titels durch Müntzer belegt, kann aus der Häufigkeit der Anrede in Briefen und der geographischen Streuung der Absender, die unabhängig voneinander an ihn schrieben, geschlossen werden, dass er die erforderlichen Prüfungen abgelegt hat. Immerhin kamen die Schreiber 46
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aus Braunschweig, Elsterberg, Erfurt, Halberstadt, Halle, Leipzig, Lochau, Naumburg, Thalmansfeld, Vilvoorde, Weißenfels, Wittenberg und Zwickau. Die gegenseitige Unabhängigkeit ist in einer ausreichenden Zahl von Fällen gegeben, und Zweifel, ob Müntzer überhaupt einen akademischen Grad erworben hat, sind angesichts dieser Belege gegenstandslos. Wo hat aber Müntzer die Prüfungen abgelegt? Da Leipzig offensichtlich ausfällt, müssten die Examina in die Frankfurter Studienzeit fallen. Wenn er dort alle drei Grade erworben haben sollte, würde das eine Studienzeit von mindestens fünf Jahren erfordern. Das verbieten jedoch die verfügbaren biographischen Daten. Mit der Zahlung der vollen Studiengebühr war zwar die Voraussetzung gegeben, Prüfungen abzulegen, doch mussten an der Viadrina weitere sechs Groschen gezahlt werden, die in der Matrikel mit »totum« quittiert wurden.160 Für Müntzer fehlt ein solcher Beleg. Die Eintragung erfolgte jedoch nicht unter allen Rektoren – die halbjährlich wechselten – gleichmäßig. Eine Lücke ist folglich nicht auszuschließen. Auch legten die Frankfurter Statuten fest, dass ein Prüfling mindestens drei Semester am Ort studiert haben muss, um zum Baccalaureatsexamen zugelassen zu werden. Es ist aber nicht sicher, ob diese Festlegung der Statuten immer eingehalten wurde. Wenn strikt danach verfahren wurde, käme für Müntzer eine erste Prüfung frühestens im Sommersemester 1514 in Frage. Doch eine Liste der Baccalaren existiert nicht; das älteste Dekanatsbuch, das die philosophischen Promotionen verzeichnet, weist für dieses Semester keine Magisterexamen aus, und von der theologischen Fakultät sind keine Listen der Graduierten überliefert. Einen akademischen Grad – nur diese Überlegung ist möglich – kann Müntzer in Frankfurt erworben haben, wenn in seinem Fall das »totum« in der Matrikel nicht vermerkt, die Prüfung als Magister artium vor der Frankfurter Zeit absolviert wurde und sein Name als Baccalaureus theologiae in den verloren gegangenen Listen der theologischen Fakultät der Viadrina verzeichnet war. Wie lange Müntzer in Frankfurt studierte, welche akademischen Lehrer ihn prägten und welche Anregungen er aufnahm, kann folglich nicht entschlüsselt werden. Dieses Defizit gilt auch für viele andere Studierende. Die Viadrina bewahrte jedoch die Erinnerung an ihren ehemaligen Studenten auf merkwürdige Weise. In einer der beiden Ausfertigungen der 47
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Matrikel findet sich hinter dem Eintrag zur Person der Vermerk »seditiosus« (das heißt ein aufrührerischer Mensch).161 Es war in Frankfurt üblich, in der Matrikel Informationen nachzutragen, zum Beispiel Graduierungen oder Angaben zum weiteren Weg von ehemaligen Studenten und Professoren. Die Notiz zu Müntzer dürfte der Historiograph und Dekan der Artistenfakultät Wolfgang Jobst um die Mitte des 16. Jahrhunderts hinzugefügt haben.162 Den Anlass kann Johann Agricola gegeben haben, der eine Zeitlang Beziehungen zu Müntzer unterhielt. Angesichts seines Konflikts mit Luther trat er 1537 als Oberhofprediger in den Dienst des Brandenburger Kurfürsten Joachims II.163 und war als Visitator für die Frankfurter Universität zuständig.164 Bei einem Gespräch mit Jobst kann er darauf hingewiesen haben, dass die Viadrina ehemals einen Studenten beherbergte, der zum »Aufrührer« wurde, so dass der Dekan den singulären Eintrag vornahm. Bei aller Lückenhaftigkeit der Kenntnis von Müntzers Weg ist nicht zu bestreiten, dass die Universitäten Leipzig und Frankfurt an der Oder ihm einen Teil der Bildung vermittelten, die ihm später nachgerühmt wurde. An beiden hohen Schulen wurde er – anders als Martin Luther in Erfurt – mit dem Thomismus konfrontiert, also im Geist der via antiqua geschult, während Luthers universitäre Ausbildung im Zeichen der via moderna erfolgte. Ob hier die Wurzeln für den späteren Konflikt zwischen beiden zu suchen sind165, ist eine offene Frage. Auch dürften beide Universitäten Müntzers Wissensdrang nicht befriedigt haben, wie seine weiteren intensiven Studien belegen.
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II. »Nicht für mich forsche ich« Müntzer im Dienst der Kirche Das Altarlehen in Braunschweig Als Müntzer die Frankfurter Universität verließ, muss ihm daran gelegen gewesen sein, eine Wirkungsstätte zu finden, um seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Damit tritt die Stadt Braunschweig in das Blickfeld.1 Sie war gemeinsamer Besitz der welfischen Linien und mit ihren annähernd 18.000 Einwohnern eine der großen Städte im Reich. Um 1227 erhielt sie das Stadtrecht, und obwohl ihre Versuche, die Reichsfreiheit zu erlangen, vergeblich waren, vermochte die Kommune, die Rivalitäten zwischen den fürstlichen Häusern zu ihren Gunsten zu nutzen. Seit dem 14. Jahrhundert war sie Mitglied der Hanse und Mittelpunkt des niedersächsischen Städtebundes, zu dem auch Halberstadt, Quedlinburg und Aschersleben gehörten. Die Kaufleute betrieben Handel mit Tuchen, aber auch mit Metallwaren und anderen Erzeugnissen. Braunschweig zählte fünf Weichbilde (den Stadtvierteln vergleichbar), von denen jedes ein Rathaus, einen Rat und eine Pfarrkirche besaß: Alststadt, Altewiek, Hagen, Neustadt und Sack, die unterschiedliche soziale Strukturen aufwiesen. Die fünf Räte bildeten den für die Kommune verantwortlichen Gesamtrat, in dem vor allem Vertreter aus den Fernhändler- und Handwerkergilden saßen. In kirchlicher Hinsicht waren – durch das Flüsschen Oker getrennt – zwei Bistümer zuständig: Hildesheim für die Altstadt, Neustadt und Sack, und Halberstadt für Altewiek Abb. 10: Ansicht von Braunschweig (1628) und Hagen. 49
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In der Altstadt war die Polarisierung der Vermögen am weitesten fortgeschritten, so dass Konfliktstoff gegeben war. Der Rat geriet denn auch in Bedrängnis, als er 1513 den Schoss – eine Vermögenssteuer – verdoppelte, auch andere Abgaben erhöhte und einen anhaltenden, von der bürgerlichen Mittelschicht getragenen Aufruhr provozierte, der erst im März 1514 durch die Zurücknahme einiger Neuerungen geschlichtet werden konnte.2 Am 6. Mai 1514 fertigte der Rat der Braunschweiger Altstadt auf den Namen Thomas Müntzers die Präsentationsurkunde für eine Altarpfründe – ein aus einer Stiftung herrührendes Einkommen – an der Michaeliskirche aus.3 Die Kirche, im Südwesten der Altstadt nahe der Stadtmauer gelegen,4 wurde 1157 dem vielerorts verehrten Erzengel Michael geweiht, der als Bezwinger des Satans galt (Offenbarung 12,7-9). Vom 13. bis 15. Jahrhundert wurde sie zur schlichten dreischiffigen Hallenkirche umgebaut und mit neun Altären versehen. Es war die kleinste der städtischen Pfarrkirchen. Für dieses Gotteshaus hatte am 18. Januar 1493 der Braunschweiger Bürger Henning Godeken zwei Lehen gestiftet.5 Nach seinem Tod 1495 wurde das eine von den Vollstreckern des Testaments am 4. April 1500 mit 320 Gulden, das andere am 25. Mai mit 400 Gulden ausgestattet.6 Letzteres übernahm am 22. Dezember 1503 Ludolf Wittehovet, Sohn eines Krämers in der Altstadt.7 Als das andere Lehen durch den Tod seines ersten Inhabers Johann Kill (auch Johannes Oppermann genannt) vakant war, wurde für die Nachfolge Thomas Müntzer vorgeschlagen. In der an Henning Breyer, Pfarrer der Michaeliskirche, adressierten Urkunde des Rats, dem das Präsentationsrecht zustand, heißt es in der üblichen Formelsprache: »Für den in Eurer vorgenannten Kirche befindlichen Altar der heiligen und gepriesenen Jungfrau Maria […] präsentieren wir Euch mit diesem Schriftstück rechtmäßig den verehrten Mann, Herrn Thomas Müntzer, Priester der Halberstädter Diözese […]. Wir bitten mit großer Herzlichkeit, Ihr wollt eben diesen Herrn Thomas für den oben genannten Altar benennen und investieren, […] und selbst, soviel an Euch liegt, dafür sorgen, daß hinsichtlich der einzelnen Abgaben, Erträge und Rechte dieser Eurer soeben gedachten Kirche völlig dem löblichen Herkommen gemäß verfahren wird.«8 Der Stifter hatte verfügt, dass die Vormünder beim Tod des Inhabers eine fromme Person auswählen sollen, die zum Priester geweiht ist oder im 50
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Todesjahr des bisherigen Inhabers geweiht wird. Diese Bedingung erfüllte Müntzer, denn in der Urkunde wird er als Priester der Diözese Halberstadt bezeichnet, deren Administrator seit September 1513 Albrecht von Brandenburg war. Unbekannt ist allerdings, wann Müntzer von diesem oder – wohl eher – von dessen Stellvertreter die Weihen empfing. Da nach den kanonischen Bestimmungen dafür die Vollendung des 24. Lebensjahrs Voraussetzung war, kann die Ordination frühestens am 17. Dezember 1513 oder am 15. April 1514 erfolgt sein.9 Angesichts der Unsicherheit, in welchem Jahr Müntzer geboren wurde, ist aber auch ein früheres Datum denkbar. Als sicher gilt also nur, dass Müntzer die Priesterweihe empfing. Die Einsetzung Müntzers als Pfründner dürfte kurz nach der Präsentation vorgenommen worden sein.10 Wer Müntzer die Pfründe vermittelte, ist nicht bekannt. Doch zwischen Braunschweig und den Harzstädten bestanden enge politische, wirtschaftliche und familiäre Beziehungen. Einige Kommunen waren mit Braunschweig im niedersächsischen Städtebund vereint, andere lagen in dessen Kontaktfeld, so dass die Vermittlung des jungen Priesters aufgrund von Beziehungen denkbar ist.11 Gegen die Vermutung, Müntzer habe die Pfründe zwar angenommen, sich aber nicht in Braunschweig aufgehalten, sprechen mehrere Indizien. Johann Agricola, der seit 1514 als Lehrer in Braunschweig tätig war, hat Jahre später in einer Himmelfahrtspredigt berichtet, er habe gesehen, wie in Braunschweig der Satan Thomas Müntzers einen Kandelgießergesellen samt seinem Wirt und Bruder geplagt und sie schändlich betrogen habe.12 Selbst wenn hier im Nachhinein beabsichtigt gewesen sein sollte, Müntzer schon frühzeitig ein schwärmerisches Auftreten anzulasten, dürfte der gut unterrichtete Agricola von einem Aufenthalt Müntzers in der Stadt Kenntnis gehabt haben. Ein sicherer Beleg ist ein Brief Ludolf Wittehovets, wohl von Juni 1515,13 der die andere Pfründe am Marienaltar innehatte. Darin beklagt er sich über Müntzers Köchin, und aus dem Zusammenhang geht hervor, dass Müntzer und Wittehovet gemeinsam in einer Wohnung lebten. Mit der Pfründe übernahm Müntzer festgelegte Pflichten.14 Er hatte täglich morgens eine Messe am Marienaltar zu lesen, wöchentlich eine Fürbitte an die Heiligen zu richten sowie eine Vigilie – das heißt ein Nachtgebet – zugunsten des Stifters der Pfründe und der Vollstrecker des Testaments zu beten. Auch oblag es ihm an Feiertagen, bei der Vesper und der Hochmesse am Chordienst teilzunehmen.15 51
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Die Stiftungssumme – wahrscheinlich zum Zinssatz von fünf Prozent ausgegeben – warf jährlich 16 Gulden ab, von denen der Inhaber der Pfründe einen Betrag an die Altersleute der Michaeliskirche, die das Kirchenvermögen verwalteten, abzugeben hatte. Da Müntzer keine Residenzpflicht auferlegt wurde, war es ihm erlaubt, sich bei Abwesenheit vertreten zu lassen. Diesem Offizianten musste er dafür einen Teil des Pfründengelds abtreten. Wenn das im Fall Müntzers zutrifft, dürften ihm etwas weniger als fünf Gulden verblieben sein. Die Pfründe sicherte ihm folglich ein bescheidenes Einkommen, das aber zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht ausreichte. Hans Pelt spricht später zutreffend von einem »armen Lehen«.16 Müntzer war also auf zusätzliche Einnahmen angewiesen. Diese könnte er durch die Unterrichtung von Kindern aus seinem Bekanntenkreis erworben haben, sei es als Hauslehrer oder in einer privat organisierten Winkelschule.17 Während seines Aufenthalts in Braunschweig pflegte Müntzer Beziehungen zu Männern aus angesehenen Bürgerfamilien.18 So entstand ein Bekannten- und Freundeskreis, den gemeinsame Interessen verbanden. Das spricht einerseits für eine längere Anwesenheit Müntzers oder für mehrere kürzere Aufenthalte, andererseits für das Ansehen, das er sich erworben haben muss. Zu diesem Kreis zählte Hans Pelt,19 der einer Braunschweiger Fernhändlerfamilie angehörte und mit verschiedenen Ratsfamilien durch Verwandtschaft und Geschäftstätigkeit verbunden war. Er tätigte Geldgeschäfte und engagierte sich im Kram- und Fernhandel mit Wolle und Edelmetallen. Seine Geschäftsverbindungen weisen nach Halberstadt, Magdeburg und Nürnberg sowie in die Niederlande. Von 1507/1508 bis 1528 war er einer der beiden Weinherren der Altstadt, und 1527 wurde er Mitglied des Rats. Seine Beziehungen zu Müntzer brachen auch nach dessen Weggang nicht ab. Ferner gehörte zu diesem Kreis Hans Hornburg, ein Brauer und Fernhändler.20 Von ihm wird berichtet, dass er die Bibel gut kenne und von altgläubigen Geistlichen öffentlich wegen »Schwärmerei« angeprangert und aus der Stadt gewiesen worden sei. Des Weiteren sind zu nennen: Hans Dammann,21 der mit Arbeiten von Goldschmieden handelte bzw. diese mit Edelmetallen belieferte, Henning Binder,22 für den vielleicht Gleiches gilt, der Brauer und Fernhändler Hans Kettler23 und der wohl ebenfalls im Handel tätige Peter Hummel.24 52
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Der Braunschweiger Drucker Hans Dorn publizierte im Dezember 1508 die Erbauungsschrift eines Franziskaners: »Speigel der waren vnde rechte ynkere to gode« (Spiegel der wahren und rechten Einkehr zu Gott). Der Autor charakterisierte darin das Verhalten der Kaufleute: Am Tag gehen sie auf dem Markt ihrem Geschäft in der Absicht nach, reich zu werden, und am Abend errechnen sie zu Hause Gewinn und Verlust. Der Autor forderte sie indes auf: Wer geistlichen Reichtum erwerben wolle, müsse nach der Tagesarbeit am Abend Einkehr halten und bedenken, wie er den Tag verbracht habe, mit welchem Verlust oder Gewinn, was er auf dem Markt gewonnen oder verloren habe. »Denn der Anfang soll die Einkehr sein, wie der Weise sagt.«25 Müntzers Partner scheinen jedoch über Fragen im Gespräch gewesen zu sein, die über einen solchen Standpunkt hinausweisen. Der Kreis nachdenklicher Laien suchte schon in vorreformatorischer Zeit nach einer vertieften Glaubensgewissheit, nach einer persönlichen, an der Bibel orientierten Christusfrömmigkeit. Kaufleute, die am wirtschaftlichen Aufschwung partizipierten, scheinen dafür besonders empfänglich gewesen zu sein. Die mit dem Fernhandel gegebenen wirtschaftlichen Möglichkeiten, die oft mit einem hohen Risiko verbunden waren, förderten das Empfinden, dass die traditionelle Vermittlung von religiösen Werten unzulänglich ist. Die Frömmigkeitspraxis wurde hinterfragt, weil man sich nicht sicher war, ob bisherige Zusagen eine Sicherheit boten. Diese Laien waren folglich für neue religiöse Erfahrungen offen. Diese Haltung ordnete sich in den breiteren Strom vorreformatorischer Frömmigkeit ein.26 Sie beschränkte sich indes nicht auf das Suchen des Einzelnen nach der Wahrheit, sondern wurde durch die Kommunikation gefördert, die auf sozialer, beruflicher, bildungsmäßiger und verwandtschaftlicher Verflechtung beruhte. Der Übergang von der vorreformatorischen Christusfrömmigkeit und humanistischen Gelehrsamkeit zum frühreformatorischen Glauben vollzog sich folglich anfangs relativ problemlos. Wenn nach Luthers Ablasskritik dessen reformatorische Botschaft bei Handwerkern, Kaufleuten und Fernhändlern in Braunschweig ein positives Echo fand, so hatte das frühe Interesse dieser Laien an religiösen Fragen dem vorgearbeitet, und sie hatten mit Müntzer einen sachkundigen Berater und kritischen Förderer an ihrer Seite. 53
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Warum Müntzer Braunschweig verließ, zumal er dort Rückhalt bei angesehenen Bürgern genoss, lässt sich nicht eindeutig klären. Der Jüterboger Franziskanerpater Bernhard Dappen berichtet, dass Müntzer aus Braunschweig »vertrieben« worden sei,27 und Johann Agricola teilte später mit, er sei – wie andernorts auch – »wie ein ertzbube entlaufen«.28 Das muss nicht wörtlich genommen werden, denn eine Vertreibung durch den Rat ist nicht belegt. Vielleicht war es der Druck altgläubiger Gegner, besonders der Franziskaner, die Anstoß an Müntzers Auftreten nahmen und ihn beargwöhnten. Zu denken ist aber auch daran, dass er mit der Pfründe auf Dauer seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten konnte. Das Altarlehen nahm Müntzer in den folgenden Jahren in Abwesenheit in Anspruch.29 Da Henning Breyer 1515 verstorben war, dürfte Müntzer mit dessen Nachfolger Tilemann Krüger, dem neuen Pfarrer der Michaelis kirche, in Kontakt gestanden haben und ihm bei Aufenthalten in Braunschweig begegnet sein. Ob er von dessen umfänglicher Bibliothek30 profitierte, ist nicht bekannt. Erst im Frühjahr 1521 informierte Müntzer Hans Pelt, dass er die Pfründe aufgeben wolle.31 Am 25. Juni teilte dieser dann Müntzer mit, er habe in der Sache bisher nichts unternommen, weil er erst Genaueres hören wolle. Wenn er beabsichtige, auf das Altarlehen zu verzichten, solle er das dem Braunschweiger Rat schriftlich mitteilen. Wenn er es jedoch zu behalten gedenke, wolle er keine Mühe scheuen, es für ihn zu verwalten und ihm zukommen lassen, was ihm zustehe.32 Der Brief, den Pelt zunächst nach Naumburg adressierte, erreichte Müntzer jedoch erst im September, als er sich in Prag aufhielt. Eine Antwort ist nicht überliefert, aber Müntzer hat seine Entscheidung nicht zurückgenommen, denn am 22. Februar 1522 wurde vom Braunschweiger Rat der Priester Gregor Harwen als Nachfolger angenommen.33 Müntzer wird sich zur Aufgabe der Pfründe entschlossen haben, weil inzwischen in Zwickau sein Lebensunterhalt gesichert war, vor allem aber, weil er nunmehr mit der altkirchlichen Tradition des Pfründenwesens brechen wollte.
Der Aufenthalt in Frose Mit der notwendigen Aufbesserung seines Einkommens könnte Müntzers Tätigkeit im Kanonissenstift Frose bei Aschersleben eine Erklärung 54
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finden.34 Wer ihn dorthin vermittelte, wann er die Stelle eines Präfekten annahm und wie lange er dort blieb, ist nicht bekannt. Müntzer selbst erwähnt das Stift in seiner Korrespondenz nicht. Aber aus der Datierung einiger an ihn gerichteten Briefe kann geschlossen werden, dass er sich vor Juni 1515 in Frose aufhielt und am 28. August 1516 noch anwesend war.35 Er könnte folglich sein Amt im Frühjahr 1515 angetreten und vielleicht bis in den Herbst 1516 wahrgenommen haben, da keine Quelle einen längeren Aufenthalt nahelegt. Möglich ist auch, dass er wechselnd in Frose und Braunschweig lebte, so dass er zu den bescheidenen Bezügen aus der Altarpfründe, die ihm bei Abwesenheit verblieben, in dem Kanonissenstift die fehlenden Mittel für den Lebensunterhalt hinzuverdiente. Das Stift in Frose unterstand der Reichsabtei Gernrode am Harz, der von Oktober 1504 bis zu ihrem Tod 1532 die Äbtissin Elisabeth von Weida vorstand,36 die zuvor im Quedlinburger St. Servatiusstift gelebt hatte. Ihr wurde nachgesagt, dass sie die Reichsabtei mit Güte und Erfahrung verwaltete.37 Wenn Müntzer in Quedlinburg die Schule besuchte, könnte er Elisabeth dort begegnet sein und diese ihn später nach Frose geholt haben. Denkbar ist aber auch, dass Müntzer als Hilfslehrer in Aschersleben bereits Kontakte zu dem nahe gelegenen Stift knüpfte. Markgraf Gero hatte vor 950 in Frose ein Benediktinerkloster gegründet, das er 959/61 in ein Damenstift umwandelte und dem ebenfalls von ihm eingerichteten Stift Gernrode unterstellte. Die Stiftskirche,38 eine dreischiffige romanische Basilika, wurde um 1170 erbaut und in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts mit Doppeltürmen versehen. Ursprünglich waren deren Patrone Maria und Petrus, die jedoch bald vom heiligen Cyriacus abgelöst wurden, so dass beide Klöster ein Zentrum der Verehrung dieses Heiligen bildeten. Cyriacus, um 300 zum Diakon geweiht, wurde 304 ein Opfer der Christenverfolgung in Rom. Die Legende berichtet, aus der von einem Dämon besessenen Tochter Kaiser Diokletians habe ein Teufel gerufen, nur Cyriacus könne sie retten, was diesem auch gelungen sei. Diese Tat schützte ihn offenbar zunächst vor Verfolgung. Doch der Mitkaiser Maximian ließ ihn schließlich gefangennehmen und – gemeinsam mit weiteren Christen – mit siedendem Pech übergießen und enthaupten. Aufgrund dieser Legende wird Cyriacus häufig zusammen mit dem Teufel dargestellt, den er an einer Kette gefesselt hält. Angerufen wird er 55
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gegen böse Geister und Versuchungen, vor allem aber als Patron der Winzer, weil er vor Frost und schlechtem Wetter schütze. Im Jahr 963 brachte Gero von seiner zweiten Romreise einen Arm des Heiligen mit, der in Gernrode als Reliquie aufbewahrt wurde. Auf dem Gero-Sarkophag von 1519 ist Cyriacus an einer Schmalseite, der Legende folgend, mit dem Teufel an der Kette zu sehen. Das Stift Frose verfügte gemeinsam mit Gernrode über beträchtlichen Grundbesitz. Ein Teil wurde an Adlige als Lehen vergeben, ein anderer von Bauern in Form von Zinsgütern bewirtschaftet. Zum Stift gehörten außerdem ein Wirtschaftshof als Mittelpunkt der Eigenwirtschaft des Klosters und eine Schäferei. Die Kanonissen von Gernrode und Frose hatten zudem die Patronatsrechte über 20 Pfarrkirchen inne. In finanzielle Bedrängnis geriet das Stift, als die Äbtissin gegen den Halberstädter Bischof Ernst II. prozessierte, weil der 1446 durch Stauung des Flüsschens Selke angelegte fischreiche See zwischen Aschersleben und Gatersleben Stiftsland überflutete. Der Rechtsstreit wurde erst 1510 – nach 21 Jahren – mit einem Kompromiss beendet: Dem Stift wurden einmalig
Abb. 11: Darstellung des heiligen Cyriacus mit dem Teufel, Tumba des Markgrafen Gero von 1519
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3.000 Gulden und jährlich zwei Zentner Fische zugesprochen. Müntzer wurde folglich auch hier an die Folgen der Politik Ernsts II. erinnert. Der Status als Kanonissenstift besagte, dass die Damen in Gemeinschaft lebten, aber keine Gelübde ablegten, keiner Ordensregel unterworfen waren und auf persönlichen Besitz nicht verzichten mussten. Sie leisteten der Äbtissin den Gehorsamseid und waren zum Chordienst, zur Unterrichtung der Nonnen sowie zur Kranken- und Armenpflege verpflichtet, lebten aber ansonsten recht freizügig. Während Gernrode 24 Stiftsdamen beherbergte, die dem Hochadel entstammten, waren es in Frose maximal zwölf aus niederadligen Familien der näheren Umgebung. Ihnen stand ursprünglich eine Pröpstin vor, die von der Gernroder Äbtissin ernannt wurde. Da jedoch zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Zahl der Stiftsdamen rückläufig war, wurde nur noch eine Dechantin eingesetzt. Als Präfekt stand Müntzer den Kanonikern (das sind die Kleriker des Stiftskapitels) vor, die außerhalb des Klosters wohnten. Sie betreuten die kleine Zahl der Stiftsdamen und die Pfarrei seelsorgerlich. Auch oblag ihnen die Ausbildung der männlichen Jugend im studium particulare (im Unterschied zum studium generale an einer Universität). Unbekannt ist, ob diese Partikularschule dem Stift inkorporiert war oder unabhängig von diesem existierte. Müntzer erteilte in Frose aber auch privat Unterricht, so dass er sich einen zusätzlichen Verdienst erwarb. Schüler waren – neben anderen – die Söhne einiger Braunschweiger Bürger, mit denen er weiterhin in Verbindung stand. Die Korrespondenz vermittelte Claus Winkeler, der seit 1513 als Faktor – das heißt als bevollmächtigter Handelsdiener – des Fernhändlers Hans Pelt nachgewiesen ist.39 Am 25. Juli 1515 schrieb er während einer Reise aus Halberstadt in Eile an Müntzer in Frose.40 Dieser hatte sich an Hans Dammann und Henning Binder gewandt, wohl mit der Bitte, ihre Söhne, die er unterrichtete, zu unterstützen.41 Daraufhin übermittelte Dammann Müntzer zwei Gulden und für seinen Sohn ebenfalls zwei Gulden zur Anschaffung eines Buchs, und Binder schickte für seinen Sohn ein Bündel, wahrscheinlich mit Kleidung. Winkeler, der diese Sendung übermittelte, kündigte zudem an, er werde Müntzer in Kürze besuchen. Ob das geschehen ist, ist nicht bekannt. Befremden hat in der Forschung ein Brief des Ascherslebener Bürgers, Stadtschreibers und Ratsherrn Matthäus Volmar vom 28. August 151642 57
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hervorgerufen, weil dieser Müntzer bat, einen an einem Halsleiden erkrankten Verwandten zu heilen. Dieser habe glaubhaft erfahren, dass einige Personen, die an dieser Krankheit litten, durch Müntzers Behandlung gesund geworden seien.43 Vielleicht handelte es sich um eine infektiöse Mandelentzündung oder einen schweren Katarrh, die Müntzer offensichtlich zu kurieren verstand.44 Diese Bitte ist verständlich, denn viele Kleriker waren mit der Heilkunde vertraut. Im frühen Humanismus wurden die antiken medizinischen Texte wiederentdeckt und an den Artistenfakultäten Kenntnisse in Heilkunde vermittelt. Diese auch anzuwenden, wenn Bedarf bestand, kann als Ergänzung der seelsorgerlichen Tätigkeit verstanden werden. Müntzer genoss offenbar das Vertrauen, nicht nur in Seelennot, sondern auch bei manchen Krankheiten helfen zu können. Müntzer wird die Zeit in Frose zudem dazu genutzt haben, seinen Studien nachzugehen. Das legt ein Brief der »Schwester Ursula« nahe,45 Leiterin der Stiftsschule für Mädchen in Gernrode, in dem sie Müntzer ankündigte, sie werde ihm fünf Brote schicken; auch glaube sie nicht, dass ihn Tauler oder Seuse gelehrt haben oder er in ihren Schriften gelesen habe, den »schonen meydlein« zur Kirchweih Geschenke zu kaufen.46 Offen muss bleiben, ob es sich nur um eine spöttische Anmerkung handelt oder Müntzer sich an einen traditionellen Brauch gehalten hat, den Ursula ablehnte. Wesentlicher ist die dem Brief zu entnehmende Information, dass Schwester Ursula mit Schriften der Dominikanermönche Johann Tauler (um 1300-1361) und Heinrich Seuse (1295-1366) vertraut war, die sie in der Gernroder Klosterbibliothek eingesehen haben kann. Offensichtlich ging sie davon aus, dass auch Müntzer beide Autoren kennt. Wenn das zutrifft, dann ist das der erste Beleg für seine Beschäftigung mit Autoren der dominikanischen Spiritualität, deren Schriften ihm den Zugang zur spätmittelalterlichen Mystik erschlossen. Aus dieser Zeit ist die erste Aufzeichnung von Müntzers Hand überliefert: der Text zweier Cyriacus-Offizien und der Anfang einer CyriacusMesse.47 Bei Offizien handelt es sich um Lob- und Bittgebete, die im Verlauf des Kirchenjahres zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten verrichtet wurden,48 so wie es Psalm 119 sagt: »Ich lobe dich des Tages siebenmal 58
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um der Rechte willen deiner Gerechtigkeit« (Vers 164), »Zur Mitternacht stehe ich auf, dir zu danken für die Rechte deiner Gerechtigkeit« (Vers 62). Solche Rituale waren auch zu Ehren von Heiligen an deren Gedenktagen üblich.49 Müntzers Interesse an diesen Formularen ist verständlich, denn anlässlich der dem Patron des Stifts gewidmeten Feste benötigte er die Texte. Gedacht wurde seiner am 16. März, 16. Juli und 8. August. Damit treten erstmals die liturgischen Interessen Müntzers ins Blickfeld. Neu dürfte die Beschäftigung mit der gregorianischen Liturgie für ihn nicht gewesen sein. Da Kleriker und Mönche viele Stunden am Tag und in der Nacht mit liturgischen Gesängen verbrachten, wurde die gregorianische Liturgie schon in den Lateinschulen eingeübt. In den höheren Klassen war – neben Latein – Musik das wichtigste Fach. Das war auch in Aschersleben so,50 und zum Studium gehörten Vorlesungen über die ars musica, denen die Abb. 12: Officium Cyriaci in der Handschrift Müntzers, letzte Seiten Schriften Johannes de Muris (um 1300-1360) zugrunde lagen. Müntzer hatte während des Kirchenund Schuldiensts entsprechende Aufgaben wahrzunehmen – so auch in Frose. Die zwei Cyriacus-Offizien entnahm er der liturgischen Tradition, indem er die Texte verschiedener Breviere und Messbücher kombinierte. Ob er mit der Abschrift nur den ihm obliegenden liturgischen Verpflichtungen nachkommen wollte oder eine neue Gestaltung der Cyriacusfeier anstrebte,51 ist aus den Quellen nicht ersichtlich. Besonders beeindruckt könnte ihn die Wertschätzung des von Cyriacus durchlittenen Martyriums haben, denn das Leiden wurde später ein Kennzeichen seiner Frömmigkeit.52 Ein Zwiespalt zeichnet sich indes ab: Einerseits war Müntzer im Kanonissenstift in die Heiligenverehrung eingebunden, und er brach noch nicht mit dieser Tradition. Andererseits hatte sich schon in Braunschweig abgezeichnet, dass er mit einem Kreis von Bürgern auf dem Weg war, Heils59
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gewissheit und Christusnachfolge in einem neuen Licht zu sehen. Es ist folglich nicht auszuschließen, dass die traditionelle Heiligenverehrung mit seinem Glaubensverständnis kollidierte.
Konfrontation mit der Ablassfrage Der Zollschreiber Johann Pekedole erinnert in seiner Braunschweiger Chronik an den »anfang des lermens«, als anlässlich von Luthers Ablasskritik die Lehre des Evangeliums und die Tyrannei des Papstes an den Tag gebracht worden seien.53 Doch das Thema war in Braunschweig schon vor der Veröffentlichung und Verbreitung von Luthers »Disputatio […] pro declaratione virtutis indulgentiarum« (Disputation zur Erläuterung der Kraft der Ablässe) von 1517 im Gespräch, da auch hier der Ablasshandel florierte, aber Zweifel an der Echtheit einiger päpstlicher Plenarablässe aufgekommen waren.54 Heinrich Hanner,55 ein Vertreter der humanistischen Gelehrsamkeit und seit 1516 Rektor der Braunschweiger Martinsschule (das war eine der beiden Lateinschulen in der Stadt), wandte sich mit seinen Bedenken und Fragen schriftlich an Müntzer, »gegenwärtig zu Gast bei Hans Pelt«.56 Es ist ein Beleg, dass Müntzer – weitere Besuche nicht ausgeschlossen – sich noch einmal in Braunschweig aufgehalten hat. Da Hanner unter anderem fragt, was es mit dem Ablass in Königslutter auf sich habe,57 ob er suspendiert sei oder nicht, kann der Brief annähernd datiert werden. Der Ablass des dortigen Benediktinerklosters wurde jährlich am Peter- und Paulstag verkauft. Das war 1517 der 29. Juni. Doch für die Zeit, in der Johann Tetzel im Auftrag des Erzbischofs Albrecht von Brandenburg den Petersablass – der für den Bau der Peterskirche in Rom bestimmt war – vertrieb, wurden alle anderen Ablässe in den Diözesen Magdeburg und Halberstadt suspendiert. Da Königslutter davon betroffen war, intervenierten Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Wolfenbüttel am 11. Juni und Abt Johannes am 17. Juni. Am 22. Juni informierte dann Tetzel den Abt, dass die Suspension zurückgenommen worden sei, so dass der Ablassverkauf wie üblich stattfinden konnte. Hanner kannte diese Entscheidung offenbar noch nicht, so dass er seinen Brief vor dem 22. Juni 1517 geschrieben haben wird. Ob ihn bei seiner Anfrage außer persönlicher Betroffenheit auch seine Funktion als Rektor 60
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motivierte, da Schüler bei geistlichen Handlungen in die kirchlichen Rituale – auch aus Anlass der Ablassverkündigung – eingebunden waren, kann nur vermutet werden.58 Die Fragen, die Müntzer beantworten sollte, weisen in ihrer Tragweite über den unmittelbaren Anlass hinaus. Zuerst und vor allem – so Hanner – wisse er nicht, was die Formel in den päpstlichen Ablassurkunden besage: »Lossprechung von Strafe und Schuld«, aufgrund derer man glauben solle, dass durch die Absolution die Schuld vergeben werde. Auch wollte er wissen, wie er die Aussage verstehen solle: »Ein Mensch kann die gegen Gott begangene Sünde nicht vergeben«, während die Prälaten doch Menschen seien und ihnen dennoch die volle Gewalt der Absolution übertragen worden sei. Ferner interessierte ihn, ob der Papst alles, was er beabsichtige, im Auftrag der Kirche tue und es durch ihn vor Gott geschehe.59 Hanner fragte weiter, ob die Laien den apostolischen Verlautbarungen Glauben schenken können, weil sie von den Prälaten geprüft und öffentlich verkündet worden seien, ob er in Hinblick auf sein Seelenheil dem
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Wortlaut der Bullen vertrauen könne, und ob der auf dem Leiden Christi beruhende Schatz der Kirche durch die Verdienste der Heiligen, wie gepredigt werde, vermehrt worden sei. Schließlich bat Hanner, Müntzer solle ihm möglichst kurz schriftlich erklären, was er von den Ablässen halte, die in Braunschweig von den Dominikanern kürzlich vertrieben worden seien. Das sind nicht Müntzers Fragen, sondern die des 1506 zum Priester geweihten Rektors. Da eine Antwort nicht überliefert ist, kann Müntzers Auffassung nicht erschlossen werden. Der Schreiber bezeichnete diesen zweimal als »hochgelehrten Mann«. Auch wenn hier Rhetorik im Spiel sein mag, lag dem Fragesteller daran, die Ernsthaftigkeit seines Anliegens zu unterstreichen: Müntzer solle bedenken, dass er nicht aus Neugier frage, sondern aus Sorge um das Seelenheil.60 Erstaunlich ist, dass ein Priester von einem anderen Priester Antworten auf seine durch Zweifel ausgelösten Fragen zu gravierenden theologischen, kirchenrechtlichen und kirchenpolitischen Themen erwartete. Wenn er sich angesichts seiner Gewissensnöte an Müntzer wandte, muss er die Hoffnung gehegt haben, dass dieser ihm helfen kann. Es dürfte ein Hinweis sein, dass sich Müntzer in dem Braunschweiger Kreis als Theologe erwiesen hatte, der mehr als sein theologisches Wissen aus der Studienzeit zu vermitteln vermochte. Hanners Fragen waren aktuell und beschäftigten ihn zu einem Zeitpunkt, als Luthers Ablassthesen noch nicht veröffentlicht worden waren, und er setzte voraus, dass Müntzer ihm Antwort geben kann. Doch dessen theologische Position weist zu dieser Zeit noch keine fassbaren Konturen auf. Claus Winkeler bezeichnete ihn in seinem Brief vom 25. Juli 1515 als »vorfolger der vnrechtverdicheyt«,61 und er befahl ihn »in der hitzegen leve der reynicheyt« dem allmächtigen Gott.62 Das sind zwei Stichworte, aber sie ermöglichen nicht, Müntzers Standpunkt zu erschließen. Was hielt er für nicht gerechtfertigt, und was besagte die Formel »in der hitzigen Liebe der Reinheit«? Darin kann sich mystisches Denken spiegeln, vielleicht auch der Einfluss der Devotio moderna, einer von antiklerikal eingestellten Laien getragenen Frömmigkeitsbewegung, die das individuelle Verhältnis zu Christus betonte. Eine Spur führt vielleicht zu Heinrich Seuse. Als der Augsburger Drucker Johann Otmar 1512 »Das buch das da gedicht hat der erleücht vater 62
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Amandus / genant Seuß« veröffentlichte, schrieb er in der Vorrede, dass Seuse »mit solcher grosser / inniger / hertzlicher / geschwinder / und hitziger lieb got die ewig waißheit geliebet hat«.63 Wo Seuse »minne« schrieb, ersetzte der Drucker es durch »liebe«, damit kein Anlass gegeben werde, an Unzucht zu denken.64 Winkeler meinte folglich die geistliche Liebe, denn die Reinheit des Geistes ist auch ein Thema Seuses. Die »hitzige Liebe« ist also die Liebe zu Christus, die auf die Identifikation mit ihm und seinem Leiden abzielt. Winkeler setzte offenbar voraus, dass Müntzer mit Seuses Terminologie vertraut ist.65 Das wäre dann ein weiterer Beleg dafür, dass Müntzer sich in Frose mit dessen und Taulers Schriften beschäftigte. Während der Austausch zwischen Hanner und Müntzer in der privaten Sphäre erfolgte, wandte sich Martin Luther einige Monate später mit der in den Thesen vom 31. Oktober 1517 geübten Ablasskritik an den für die Diözese zuständigen Bischof. Doch bald wurden sie auch als Druck und in deutscher Übersetzung verbreitet. Vorbereitet und eingeleitet wurde auf diese Weise eine Reformbewegung, die schließlich zur Neugestaltung des Kirchenwesens führte, was auch gesellschaftliche Konsequenzen nach sich zog. Es ist nicht bekannt, wie Müntzer auf die ersten reformatorischen Schriften Luthers reagierte. In Braunschweig wurde dessen Auftreten frühzeitig verfolgt. So druckte zum Beispiel Hans Dorn 1518 den »Sermon von Ablasz und gnade« in einer niederdeutschen Fassung, und in einer Chronik wird berichtet, um das Jahr 1520 hätten viele Leute in Braunschweig Luthers Lehre angenommen. Müntzer war zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr in der Stadt.
Aufenthalt in Wittenberg Der Franziskanerpater Bernhard Dappen schreibt in seinem Bericht an Jakob Gropper, Vikar des Bischofs von Brandenburg, als Franz Günther sich einige Zeit der Predigt in Jüterbog enthalten habe, sei ein anderer Magister in die Stadt gekommen, der Thomas heiße und kurz vorher aus Braunschweig vertrieben worden sei.66 In Dappens Schreiben an den Brandenburger Bischof Hieronymus Schulze ist hingegen von einem »Magister namens Thomas aus Wittenberg« die Rede.67 Es ist ein Hinweis, dass 63
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Müntzer von Braunschweig zunächst nach Wittenberg ging. Offen bleibt aber, wann er dort eintraf und wie lange er sich in der Residenzstadt aufhielt. Am 7. September 1521 teilte der Zwickauer Pfarrer Nikolaus Hausmann Kurfürst Friedrich dem Weisen mit, Müntzer sei er zuerst begegnet, als Luther »begundt an tag zu kümen, welchs gerücht und lere mich gegen Wittenbergk vor vier jaren gezogen hat«.68 Müntzer selbst berichtet in der »Hoch verursachten Schutzrede« von 1524, er sei seit sechs oder sieben Jahren nicht bei Luther in Wittenberg gewesen.69 Die Rückrechnung verweist auf die Jahre 1517 oder 1518. Dieser Zeitpunkt wird durch die Mitschrift einer Vorlesung aus Müntzers Nachlass bestätigt, die er anfertigte, als der humanistische Gelehrte Johannes Rhagius Aesticampianus im Wintersemester 1517/1518 über die Hieronymusbriefe las (Epistula 53 ad Paulinum presbyterum).70 Ob er die ganze Vorlesung hörte oder sie nur zeitweilig besuchte, geht aus seiner Mitschrift nicht hervor. Wenn er nur besuchsweise daran teilnahm, dann geben die Notizen wieder, was er tatsächlich hörte. Jedenfalls muss Müntzer zu Beginn des Wintersemesters 1517 oder kurze Zeit später in Wittenberg eingetroffen sein. Die Stadt am südlichen Ausläufer des Fläming entstand im frühen 13. Jahrhundert an der Kreuzung zweier Handelsstraßen als planmäßig angelegte Siedlung, die 1293 das Stadtrecht und 1354 das Marktrecht erhielt. Seit dem 13. Jahrhundert existierte die Stadtkirche St. Marien, die von 1411 bis 1439 als spätgotische Hallenkirche umgebaut wurde. Im Jahr 1261 wurde das Franziskanerkloster und 1338 das Allerheiligenstift gegründet und mit Ablässen und Reliquien ausgestattet. Mit der sächsischen Landesteilung von 1485 wurde Wittenberg das Zentrum des ernestinischen Sachsen. Mit Beginn seiner Regentschaft 1486 baute Kurfürst Friedrich der Weise die Stadt als Residenz aus.71 An der Stelle der Askanierburg ließ er zwischen 1489 und 1511 ein Schloss errichten und seit 1496 das Allerheiligenstift zur Schloss- und Universitätskirche umbauen. Diese beherbergte fortan seine Sammlung von Reliquien, von denen er viele 1493 von einer Pilgerreise aus Jerusalem mitgebracht hatte. Mit der Heiltumsweisung – das heißt der rituellen öffentlichen Präsentation der Reliquien – erfüllte die Sammlung eine doppelte zeittypische Funktion: Sie offerierte ein attraktives Heilsangebot, und sie unterstrich 64
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die Bedeutung des Orts als Residenz des Kurfürsten.72 Der bayerische Adlige Hans Herzheimer hielt in seinen Reiseaufzeichnungen von 1519 fest, dass die Fürsten von Sachsen hier ihr Schloss und ihren Sitz haben, deshalb werde die Stadt »die haubtstat im landt Sachsen genandt«.73
Abb. 14: Ansicht von Wittenberg (1572)
Seit 1414 unterhielten die Augustinermönche in der Stadt eine Terminei, wo sich Almosen sammelnde Mönche aufhalten konnten. Im Jahr 1504 wurde dann mit dem Bau des Augustinerklosters begonnen, in dem Luther eine Herberge fand, als er 1512 endgültig von Erfurt nach Wittenberg übersiedelte. Hans Herzheimer hielt in seinen Aufzeichnungen fest: In diesem Kloster wohne der gelehrte und berühmte Theologe Doktor Martin Luther, »ain uber[aus] treffenlich gelerter prediator, welicher in predigen in weiten landen wol beruft ist, und gar vil schoner ler in druck gepracht und ausgen lassen.«74 Im Jahr 1502 wurde die Leucorea (in Anlehnung an den Namen Wittenbergs »weißer Berg«) als Landesuniversität gegründet,75 da die Leipziger Universität durch die Landesteilung an die sächsischen Albertiner gefallen war. Das Lehrprogramm beruhte auf der spätmittelalterlichen Scholastik, ergänzt durch den so genannten Bibelhumanismus. Auch wurde bald eine 65
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reformatorische Theologie als Gemeinschaftswerk der Wittenberger Theologen erarbeitet.76 Wittenberg dürfte am Anfang des 16. Jahrhunderts annähernd 2.500 Einwohner gezählt haben. Johannes Cochlaeus sprach deshalb polemisch von einem elenden und armen Städtlein, das im Vergleich mit Prag kaum drei Heller wert sei, ja, in deutschen Landen nicht einmal eine Stadt genannt werden könne und vor zwanzig Jahren Gelehrten und Ungelehrten unbekannt gewesen sei. Was bleibe wohl von Wittenberg, »wenn das schloß, stift und schul nit weren«.77 Die Mehrheit der Einwohner waren Handwerker und Kaufleute, die den Nahmarkt belieferten.78 Nur die Tuchmacherei erlangte für den Fernhandel Bedeutung. Auch bot der Ausbau der Residenz dem Bauhandwerk vielfältige Betätigung. Mit der Universität und dann vor allem der reformatorischen Bewegung blühten zudem der Buchdruck und der Buchhandel auf. Das war im Besonderen das Verdienst von Melchior und Michael Lotter, die 1519 von Leipzig nach Wittenberg kamen, und von Hans Lufft, der 1524 eine eigene Druckerei eröffnete. Gleiches gilt für das künstlerische Schaffen, als der Kurfürst 1504 Lucas Cranach d. Ä. in seine Dienste nahm. Während seines Aufenthalts wird Müntzer nicht nur Luther begegnet sein, sondern auch Philipp Melanchthon, Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, Konrad Glitzsch, Franz Günther, Nikolaus Hausmann, Markus Thomas, genannt Stübner und vielleicht auch Johann Agricola.79 Im Juni 1518 wurde zudem Heinrich Hanner in Wittenberg immatrikuliert. Ob Müntzer sich zu dieser Zeit mit der neuen Theologie Luthers und seiner Mitstreiter beschäftigte, belegt weder ein Zeugnis aus seiner Feder noch einer seiner Gesprächspartner. Als Hausmann berichtete, dass er Müntzer zuerst in Wittenberg begegnet sei, fügte er hinzu, er habe von ihm vorher nichts gehört, außer einer dort gehaltenen Predigt.80 Das ist der einzige Beleg für ein Auftreten Müntzers als Prediger in der kursächsischen Residenzstadt. Auszuschließen ist das nicht, aber nachweislich hat er eine Kanzel erst in Jüterbog betreten. Die Zeit in Wittenberg wird Müntzer vor allem genutzt haben, um eine Anstellung zu finden. Als er sich zu Beginn des Jahres 1519 bei dem Buchführer Christian Breithut in Leipzig aufhielt, erreichte ihn ein Brief 66
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des Wittenberger Ratsherrn, Druckers, Goldschmieds und Besitzers eines Gasthauses Christian Döring vom 11. Januar, der ihn unterrichtete, er könne Kaplan Bartholomäus Bernhardis in Kemberg werden.81 Bernhardi, der aus Feldkirch in Vorarlberg stammte, studierte in Wittenberg, gehörte der theologischen Fakultät an und wurde 1518 aufgrund des Patronatsrechts der Universität als Propst in die nahegelegene Ackerbürgerstadt Kemberg berufen. Im Wintersemester 1518/19 war er Rektor der Universität. Müntzer hatte Döring offensichtlich in Wittenberg oder in Leipzig, als dieser die Messe besuchte, um Unterstützung gebeten, und nun teilte er ihm mit, wenn er die Stelle eines Kaplans annehmen wolle, solle er das Bernhardi schriftlich mitteilen und sich zu Ostern in Kemberg einfinden. Eine Antwort Müntzers ist nicht überliefert, und das Angebot hat er aus Gründen, die nicht bekannt sind, nicht angenommen.
Müntzer auf Reisen Offensichtlich hat Müntzer zu dieser Zeit mehrere Reisen unternommen.82 Im Januar 1519 ist er in Leipzig nachgewiesen. Da Christian Döring seinen Brief »An den wyrdigen herren her Thomas, bey Kristainus buchfirern in der herbergen czu Leipsig« adressierte,83 wird er sich bei Christian Breithut aufgehalten haben. Es kann sich allerdings nur um einen kürzeren Besuch handeln, der vielleicht dem Kauf von Büchern galt. In Leipzig wird Müntzer Hermann Tulike (Tulichius) wieder begegnet sein.84 Als Korrektor in der Druckerei Melchior Lotters d. Ä. publizierte er Werke antiker Autoren sowie des Kirchenvaters Aurelius Lactantius (354-430) und des Renaissancephilosophen Giovanni Pico della Mirandola (1463-1494). In einem Brief an den Buchführer Achatius Glor in Leipzig vom 3. Januar 1520 bat Müntzer diesen, Tulike zu grüßen.85 Anfang des Jahres 1520 übersiedelte er mit Melchior Lotter d. J. nach Wittenberg und übernahm schließlich den neu errichteten Lehrstuhl für Logik und Rhetorik. Wo Müntzer sich nach dem Verlassen Leipzigs aufhielt, ist nicht bekannt. Angenommen wird, er habe sich in das obere Saaletal nach Orlamünde begeben, wo Karlstadt seit 1510 eine Pfarrstelle innehatte, die seit dem 26. Februar 1518 von Konrad Glitzsch als Konventor – das heißt 67
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Vertreter des eigentlichen Pfarrherrn – verwaltet wurde.86 Glitzsch stammte aus Güntersberge bei Stolberg, studierte in Wittenberg und war einige Jahre Pfründner am dortigen Allerheiligenstift, bevor er die Vertretung Karlstadts übernahm. Müntzer dürfte ihn in Wittenberg kennen gelernt haben. Da in Müntzers Nachlass ein Zettel87 gefunden wurde, der von seiner Hand den Vermerk »Leypzczik« trägt,88 wurde geschlossen, es handele sich um einen Auftrag, den er für Glitzsch erledigen sollte, da die Handschrift ihn als Schreiber ausweist. Genannt werden zuerst einige Waren, dann die Bestellung von Büchern und die Bitte um Auskunft, welche Vorlesungen Luther, Karlstadt und Melanchthon halten. Auch soll er Karlstadt, Luther, Otto Beckmann, Johann Agricola, Hermann Tulike und allen seinen Gönnern Grüße übermitteln. Schließlich folgen noch einige für Karlstadt bestimmte Informationen. Eine Datierung dieser Quelle ist anhand der Bücher möglich, die Glitzsch bestellte. Sie sind alle Ende 1518 oder Anfang 1519 erschienen.89 Da Müntzer Anfang Januar 1519 die Messestadt aufsuchte, war es durchaus möglich, den Auftrag zu erledigen. Das kann aber auch später geschehen sein, wohl aber nicht erst im Juni oder Juli, als Müntzer ein weiteres Mal Leipzig besuchte. Am 3. Januar 1520 schrieb er an den Buchführer Achatius Glor, er habe bei ihm zur Zeit der Leipziger Disputation (disputationis tempore), die vom 27. Juni bis 15. Juli 1519 stattfand, die Chronik des Eusebius gekauft.90 Ein Aufenthalt Müntzers in Orlamünde ergibt sich aus dem Auftrag nicht zweifelsfrei. Wäre dies der Fall gewesen, hätte Glitzsch die erbetenen Auskünfte über Luthers, Melanchthons und Karlstadts Lehrtätigkeit direkt erfragen können. Den Zettel kann er Müntzer übermittelt haben, als dieser sich in Wittenberg aufhielt und die Grüße bestellen konnte, oder als Glitzsch erfuhr, dass Müntzer nach Leipzig reisen wolle. Als Argument für einen Aufenthalt in Orlamünde gilt aber auch die Nachricht, dass Glitzschs Köchin Müntzer zum Studium der Schriften des Mystikers Johannes Tauler angeregt und er diese mit ihr gemeinsam gelesen habe. Von ihr habe er »nit wenig seines irrthumbs hilf genumen«.91 Das notierte jedenfalls 1529 der in der Umgebung Nürnbergs tätige evangelische Prediger Martin Glaser in einer verloren gegangenen Ausgabe der Predigten Taulers von 1508, die ihm Luther 1519 geschenkt hatte. Da 68
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Glaser am 21. September 1517 in Wittenberg zum Baccalaureus biblicus promoviert wurde, kann er dort Karlstadt und vielleicht auch Müntzer begegnet sein. Woher aber sollte Glaser Kenntnis haben, dass die Köchin Müntzer auf Tauler hinwies? Vielleicht ist er einem Gerücht aufgesessen, und wenn er behauptet, beide – also Karlstadt und Müntzer – hätten »iren Irrthumb zu Orlamu(e)nda geheckt und ausbreyd«,92 dürfte es sich nicht um Informationen handeln, die ihm einer der beiden zukommen ließ, denn Karlstadt hielt sich zum fraglichen Zeitpunkt nicht dort auf, und zum Studium Taulers kann Müntzer auch anderswo – vielleicht schon in Frose – angeregt worden sein. Die Notiz ist folglich kein sicherer Beleg für einen Aufenthalt in Orlamünde.93 Erwähnt wird Müntzer allerdings in einem Brief Herzog Johann Friedrichs des Mittleren von 1552, in dem er auf »die vorigen pfarrer, als Munster (!), Carlstadt, und Licenciat Magdeburgk, uf solcher pfarre« hinweist.94 Wenn der Herzog Müntzer als Pfarrer in Orlamünde bezeichnet, so ist das unzutreffend. Vielleicht liegt hier eine Verwechslung vor, denn Glitzsch erwähnt der Herzog nicht, aber der Name Müntzers (wenn er ihn auch falsch schreibt) dürfte ihm bekannt gewesen sein. Alles in allem ist nur die Feststellung möglich, dass Müntzer zu einem unbekannten Zeitpunkt von Leipzig in das nicht allzu ferne Orlamünde gereist sein kann, um Glitzsch die bestellten Waren und Bücher abzuliefern. Eine andere Version ist noch zu bedenken: Vor dem 7. März 1518 oder vor dem 27. März 1519 schrieb Dorothea Albrecht aus Rothenburg (oder Würzburg?) einen Brief an ihren Verwandten Georg Albrecht in Wittenberg,95 der dort am 28. September 1517 immatrikuliert worden war. Sie teilte ihm mit, dass Thomas Müntzer bei ihr gewesen sei und Georg sich wegen seiner Sache nicht sorgen müsse. Es ist zu vermuten, dass es sich bei der »Sache« um finanzielle Nöte des Studenten handelte und Müntzer eine Klärung herbeiführen sollte. Die Adresse dieses Briefs ist von Müntzers Hand, und er fügte ein Trostwort hinzu. Unklar bleibt indes, warum dieser Brief, den er dem Studenten übermitteln sollte, in Müntzers Nachlass gelangte. Die Annahme, Georg sei Privatschüler Müntzers gewesen und vielleicht mit seinen finanziellen Verpflichtungen in Rückstand geraten, ist denkbar. Doch unwahrscheinlich ist, dass Müntzer allein aus diesem Grund nach Franken gereist 69
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sein soll. Wenn überhaupt, kann er die Reise in die Rothenburger Gegend zwischen Mitte Januar und Anfang März 1518 oder erst 1519 absolviert haben, weil er wieder einmal nach einer Anstellung suchte. Da ihn sein Weg durch das Saaletal führte, kann er sich auf der Hin- oder Rückreise einige Tage in Orlamünde aufgehalten haben.
Konflikte in Jüterbog Auf einer städtischen Kanzel stand Thomas Müntzer erstmals, als er im Frühjahr 1519 in Jüterbog kurzzeitig Franz Günther vertrat, der seit Jahresbeginn Prediger an der Nikolaikirche war.96 Er entstammte einer Nordhäuser Bürgerfamilie, studierte in Erfurt und erwarb den Titel eines Magister artium. Im Mai 1514 ließ er sich in Wittenberg einschreiben, verteidigte während des Dekanats Luthers am 4. September 1517 Thesen gegen die scholastische Theologie und erlangte am 21. September den akademischen Grad eines Baccalaureus biblicus. Jüterbog im niederen Fläming, zunächst eine dörfliche Siedlung, erhielt 1174 das Stadtrecht. Die Stadt gehörte zur Diözese Magdeburg, so dass der Erzbischof den Rat bestätigen musste, den die Kaufleute beherrschten. In kirchlicher Hinsicht unterstand sie dem Bischof von Brandenburg. In der Stadt lebten um 1500 rund 3.000 Einwohner, von denen ein beträchtlicher Teil Fernhandel trieb. Auch wurden fast 200 Tuchmacher gezählt. Die größten Innungen waren die der Gewandschneider, der Schuhmacher und der Knochenhauer. In der Stadt befanden sich mehrere Kirchen, Klöster und Kapellen sowie Termineien der Bettelorden und mehrere Bruderschaften. Die Marienkirche (Unser Lieben Frauen) wurde 1163 als dreischiffige Basilika aus Backsteinen errichtet, 1173 den Prämonstratensern des Klosters Gratia Dei (Gottes Gnade) bei Calbe an der Saale unterstellt und 1280 dem Kloster der Zisterzienserinnen in Jüterbog übergeben. Die Pfarrkirche St. Nikolai wurde zwischen Mitte des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts als dreischiffige Hallenkirche erbaut und seit 1420 mit Doppeltürmen aus Feldstein versehen.97 Auf Bitten des Erzbischofs von Magdeburg genehmigte Papst Sixtus IV. am 16. Juni 1476 die Einrichtung eines Franziskanerklosters, das zwischen 1480 und 1510 als spätgotischer Backsteinbau errichtet wurde. Die 70
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Mönche gehörten zu den Observanten, die für eine strenge Beachtung des Armutsideals eintraten und als volksverbunden galten. Doch da ihnen immer mehr Rechte zugesprochen wurden, die Weltgeistlichen – das sind Kleriker, die keinem Orden angehörten – dadurch aber in ihren Wirkungsmöglichkeiten und in ihren Einkünften beschnitten wurden, kam es bald zu Spannungen. Verschärft wurde die Situation aber vor allem durch die reformatorische Predigt, die neuen Zündstoff bot. Die Wittenberger Franziskaner sahen zunächst keinen Anlass, die theologischen Positionen Luthers und seiner Mitstreiter zurückzuweisen. Als Anhänger einer gemäßigten Reform begrüßten sie das an der Universität eingeführte Bibelstudium und die Vermittlung der biblischen Sprachen und nahmen die von Luther vertretene Lehre hin.98 Die militanten Jüterboger Franziskaner hingegen sahen sich durch die neue Theologie, die Folgen für die Frömmigkeitspraxis und die Reaktionen in der Gemeinde in ihrer Existenz bedroht. Deshalb widersetzten sie sich jeglicher Neuerung.99 Kritisch beobachteten sie die Predigten Günthers und dann Müntzers und nutzten die erste Gelegenheit, um beide beim zuständigen Bischof zu verklagen.100 Was sie dazu veranlasste, ist den Berichten Bernhard Dappens,101 Lektor des Franziskanerkonvents, zu entnehmen. Den einen schickte er am 4. Mai 1519 an Jakob Gropper, seit 1514 bischöflicher Generalvikar des Bistums Brandenburg, den anderen am 5. Mai an Hieronymus Schulze (Scultetus), seit 1507 Bischof von Brandenburg und Havelberg.102 Als der Jüterboger Rat Günther als Prediger an der Nikolaikirche annahm, kam ein ausgewiesener Anhänger Luthers in die Stadt. An einem Tag in der Fastenzeit, die 1519 am 9. März begann, lud der Guardian – der Vorsteher des Franziskanerkonvents – Günther vor. Der erschien in Begleitung von Konrad Helt, Prior der Wittenberger Augustiner, und eines namentlich nicht genannten Lektors des Augustinerordens.103 Offensichtlich hatte Günther die Wittenberger um Beistand gebeten. Der Guardian erklärte, in der Stadt sei gepredigt worden, man solle nicht beichten und fasten und die Heiligen nicht anrufen. Auch werde gesagt, die Böhmen seien bessere Christen. Günther forderte er auf, mit den Franziskanern dagegen öffentlich zu predigen, damit das Volk nicht in die Irre geführt werde. Obwohl er ihn nicht beschuldigte, dies mit seiner 71
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Predigt bewirkt zu haben, verteidigte sich Günther, er habe solche Lehren nicht verbreitet. Der Disput eskalierte indes, als der Lektor erklärte, die Konzile würden die Schrift falsch auslegen und nur die Habgier des Papstes und der Bischöfe befriedigen. Gott verlange jedoch von jedem Christen die Befolgung des ganzen Evangeliums. Dem Ganzen wurde gleichsam die Krone aufgesetzt, als der Lektor hinzufügte, einem einfachen Bauern (simplici rustico), der sich auf die Schrift berufe, müsse man mehr glauben als dem Papst oder einem Konzil. Über diese Themen wurde lange gestritten, denn zur Diskussion standen die Autorität der Heiligen Schrift und die Konsequenzen für die Frömmigkeitspraxis. Als den Franziskanern hinterbracht wurde, dass Günther sich in Gegenwart des Abts von Zinna vor dem Rat gebrüstet habe, er werde die Mönche vor die Wittenberger Universität zitieren, wenn sie sich nicht demütigen, luden sie ihn zu einem weiteren Gespräch ein, um zu erfahren, was zu solchen Reden Anlass gebe und was er von der Meinung des Lektors halte. Er wolle nicht alles verteidigen, habe Günther geantwortet, richtig sei aber, dass Gott von jedem Christen die Befolgung des ganzen Evangeliums verlange. Kurze Zeit später wurde er von Andreas Witte, Propst der Zisterzienserinnen, beim Bischof verklagt, weil er der Äbtissin von der Kanzel Unrecht zugefügt habe. Als er deshalb zurechtgewiesen wurde, habe er sich eine Zeitlang der Predigt enthalten. Zu dieser Zeit, so Dappen an Gropper, »kam ein anderer Magister derselben Sekte, ich weiß nicht auf wessen Aufforderung, der hieß Thomas«, nach Jüterbog. Diesen habe Günther an seiner Stelle predigen lassen, wohl in der Absicht, »es solle das, was er selbst aus Furcht vor dem gnädigen Herrn Bischof von Brandenburg nicht wagte, ein anderer rücksichtslos zustande bringen«.104 Günther könnte sich an Müntzer geAbb. 15: Bernhard Dappen: Articuli Per wandt haben, da er mit ihm bekannt Fratres Minores … contra Lvteranos, war, oder die Wittenberger ersucht haIngolstadt 1519 72
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ben, einen Vertreter zu benennen. Er wird kurz vor Ostern 1519 in Jüterbog eingetroffen sein und Günther ohne feste Anstellung vertreten haben. Müntzer predigte erstmals am Ostersonntag, dem 24. April, in der vom Franziskanerkloster betreuten Marienkirche, an den nächsten Tagen in St. Nikolai. Er schlug schärfere Töne an als Günther, obwohl sein erster Auftritt nur wie ein Vorgeplänkel anmutet. Als der Guardian über die Passion Christi predigte, kritisierte Müntzer die Unwissenheit und mangelnde Bildung der Mönche. Damit bewegte er sich im Rahmen humanistischer Kritik am Mönchtum.105 Nach Dappens Bericht soll er dem Guardian vorgeworfen haben, dieser vertrete die Meinung, die Bibel gebe es weder in griechischer noch in hebräischer Sprache.106 Als das dem Guardian zugetragen wurde, wies dieser den Vorwurf zurück, denn er habe gesagt, die Aufschrift am Kreuz Christi sei in he bräischer, griechischer und lateinischer Sprache geschrieben, wie der klare Text des Evangeliums belege. Am zweiten Ostertag – dem 25. April – verteidigte Dappen den Guardian, erklärte aber auch, heute predige einer so und einer so, und wenn ein Lehrer der böhmischen Ketzerei in den Ort käme und sage, seine Predigt sei das Evangelium Christi, dann würden manche die Ohren aufsperren und sich das bereitwillig anhören, »um sich nach Art der Athener neuartige Lehren in die Ohren blasen zu lassen«.107 Als Müntzer das hörte, polemisierte er in der Abendpredigt auch gegen Dappen. Er sei – so klagte dieser – heftig und verletzend gegen ihn losgefahren. Dappen entschloss sich daraufhin, am dritten Ostertag – dem 26. April – Müntzers Predigt anzuhören, in der er sich mit der vom Guardian am Vormittag vorgetragenen Auffassung über den Gehorsam gegenüber der römischen Kirche und über die Schriften der kanonisierten Lehrer beschäftigte. Müntzer habe – so heißt es in Dappens Bericht – Petrus Lombardus, auch den heiligen Bonaventura und den heiligen Thomas verhöhnt. Offenbar wolle er nicht nur die Unwissenheit seiner Widersacher anprangern, sondern grundsätzlich den Zustand der Kirche kritisieren. In seinem Bericht fasst Dappen Müntzers Argumente zusammen: Der Papst müsse alle fünf Jahre ein Konzil einberufen, und doch seien in vierhundert Jahren nur drei veranstaltet worden. Auch könne die Einberufung eines Konzils gegen den Willen des Papstes erfolgen, und dieser sei das Oberhaupt der Kirche nur so lange, wie das die anderen Bischöfe dulden. 73
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Müntzer habe ferner kritisiert, dass die Heiligen früher von den Konzilen kanonisiert wurden, aber Bonaventura und Thomas von Aquino eigenmächtig vom Papst heiliggesprochen worden seien. Auch werde deren Lehre und die anderer Scholastiker gebilligt, obwohl sie allein auf der Vernunft beruhe, die vom Teufel herrühre. Müntzer habe aber auch die Bischöfe angegriffen: Früher sei dieses Amt nur heiligen Vätern übertragen worden, aber heute setze man Tyrannen ein, die »nichts tun, was von Nutzen ist«.108 Ehedem seien solche Bischöfe von den Konzilen abgesetzt worden und andere an ihre Stelle getreten. Auch habe er nicht nur einmal gesagt, »das heilige Evangelium habe mehr als vierhundert Jahre im Winkel gelegen; um das wieder hervorzuholen, müssten noch sehr viele ihren Hals wagen«.109 Letzteres dürfte die Franziskaner besonders provoziert haben, denn Müntzers Kritik konnte als Angriff auf ihre Ordensgeschichte verstanden werden.110 Was Müntzer hier vortrug, ermöglicht erstmals einen Einblick in sein Denken, überliefert allerdings nur in der Diktion der Angegriffenen. Da Dappen mit seinem Bericht die Absicht verfolgte, die geistliche Obrigkeit zu informieren und Günther und Müntzer zu verklagen, gab er deren Predigten nicht vollständig wieder, sondern nur das, was er für besonders anstößig hielt und die Anklage stützen konnte. Unverkennbar ist jedoch, dass hier nicht über belanglose Themen gestritten wurde. Während der Wittenberger Lektor gegen den Papst und die Konzile polemisiert hatte, prangerte Müntzer in ungewohnter Schärfe auch die Bischöfe und das Schweigen der Geistlichen an, denen es obliege, pflichtvergessene Kirchenfürsten zur Verantwortung zu ziehen. Auch kritisierte er die scholastischen Theologen Petrus Lombardus, der im 12. Jahrhundert in seinen »Libri quattuor sententiarum« der christlichen Theologie für lange Zeit ihre gültige Gestalt gab, Bonaventura, der als Theologe der Bettelmönche vor allem die Lehren des Aristoteles vermittelte, und Thomas von Aquino, der in seiner »Summa theologica« das theologische Wissen in ein harmonisches System gebracht hatte. Was Müntzer während seines Studiums über die Scholastik vermittelt worden war, verwarf er nun öffentlich. Die Tatsache, dass die Kirche die Lehren der scholastischen Theologen akzeptiere, verglich er mit der Zulassung von Huren und Kupplern. Er plädierte für die Rückkehr zu den biblischen Schriften, um das verachtete Evangelium wieder »unter der Bank« 74
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hervorzuholen. Keine Autorität sollte mehr gelten, nicht der Papst, nicht die scholastischen Theologen, sondern allein das Evangelium. Mit seinen antiklerikal und antischolastisch motivierten Predigten stand Müntzer in der Tradition der Kritik am Mönchtum, wie sie im späten Mittelalter von manchen Theologen und dann vor allem von humanistischen Gelehrten geübt wurde. Diese Positionen vertraten auch die Wittenberger.111 Luther schrieb 1518 in der Vorrede zu »Eyn deutsch Theologia«, an den Universitäten sei es eine Zeitlang geschehen, dass das Wort Gottes nicht allein unter der Bank gelegen, sondern von Staub und Motten nahezu abgetötet worden sei.112 Damit kritisierte er die Abkehr der scholastischen Theologen von der Schrift und rechtfertigte sein eigenes Bibelverständnis. Aber Müntzers Kritik fiel offenbar schärfer aus, und sie verweist bereits auf den Zusammenhang von radikaler Kritik an der christlichen Kirche und deren Erneuerung auf der Grundlage des Evangeliums.113 Folgt man Dappens Berichten, dann argumentierte Müntzer im Geist des Konziliarismus für die Anerkennung des Konzils als höchste Autorität, der sich auch der Papst zu unterwerfen habe. Den päpstlichen Autoritätsanspruch, die hierarchische Kirchenverfassung und die kirchlich sanktionierte scholastische Theologie lehnte er ab. Unausgesprochen plädierte er für eine Reform der Kirche, die von unten aufgebaut werden sollte. Der Eindruck liegt nahe, dass er sich in seinen Predigten zu scharfer Kritik hinreißen ließ, weil er provoziert wurde. Doch es ist unwahrscheinlich, dass er unvorbereitet auftrat. Da schriftliche Zeugnisse fehlen, kann nur vermutet werden, dass ihn die angesprochenen Probleme schon vorher beschäftigten, er nun aber, als ihm eine Kanzel zur Verfügung stand, die Gelegenheit nutzte, seine Auffassung öffentlich vorzutragen. Das Vorgehen der Franziskaner gegen Günther und Müntzer wurde von zwei Motiven diktiert: Zum einen sahen sie sich persönlich angegriffen, denn Müntzer soll erklärt haben, es gebe Schmeichler und Verführer des Volks, die weder Griechisch noch Hebräisch verstünden, sondern nur betteln und stinken würden. Zum anderen beunruhigte sie die Wirkung der Predigten auf die Jüterboger Gemeinde. Deshalb warfen sie beiden Predigern vor, die christliche Einheit zu zerstören, das Volk von der Ehrfurcht gegenüber dem Papst abzuwenden und ihm einzureden, dass die Mönche falsche Lehren verbreiteten. 75
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Im Brief an den Bischof schrieb Dappen deshalb besorgt, dass unter dem Volk zu Jüterbog aufgrund von verderblichen Irrlehren »eine nicht geringe, gefährliche und gleichsam schismatische Zerrissenheit des Friedens und der christlichen Einheit aus Anlass der Lehre und der Predigten des Doktor Martinus und anderer Prediger aus der Sekte desselben Doktors entstanden ist«.114 Einer sei Günther, der andere Müntzer. »Dieser Magister Thomas hat den verderblichen, schon früher entstandenen Irrlehren mit seinen Predigten nicht wenig Nahrung geliefert.«115 Deshalb solle der Bischof nach geeigneten Mitteln suchen, damit seine Schafe nicht durch schädliche Irrlehren vom wahren Leben weggeführt werden. Die Anfälligkeit der Gemeinde hatte Dappen schon in seiner Predigt signalisiert, als er behauptete, unter das Volk seien so ungeheuerliche Irrlehren gestreut worden, »dass sie kaum in fünfzig Jahren wieder ausgerottet werden können«.116 Das kann nur heißen, dass Müntzers Predigten bei den Laien Zweifel nährten: Woher kommt die Lehre, dass die Böhmen bessere Christen seien als wir? Woher der verderbliche Irrglaube, die Kirche sei mehr als dreihundert Jahre in die Irre gegangen?117 Was Dappen in seinem Bericht als Fragen von Laien zitiert, veranschaulicht die Wirkung der Predigten, die einen frühreformatorischen Geist zu erkennen geben. Der gedruckte Bericht Dappens trägt den Titel »Articuli […] contra Luteranos«.118 Von »Lutheranern« ist im Text aber nicht die Rede. Der Verfasser nannte Günther und Müntzer »unsere Herren neuen Prediger von dem neuartigen Glauben«.119 Als der Ingolstädter Theologe Johann Eck Dappens Bericht bei Andreas Lutz in Ingolstadt zum Druck brachte, hat er ihn wohl mit diesem Titel versehen, um Luther und seine Anhänger zu treffen.120 Günther kann als »Lutheraner« bezeichnet werden, und von Müntzer war in Jüterbog bekannt, dass er aus Wittenberg kam. Folglich wurde er Luther und dessen Mitstreitern zugeordnet. Er war gewiss aufgeschlossen gegenüber den neuen Ideen, mit denen er konfrontiert wurde. Das heißt aber nicht, dass er mit den Wittenbergern eines Sinnes war.121 Während Günther im Wesentlichen der Argumentation Luthers gefolgt sein wird, war Müntzer – ohne sich darüber bereits im Klaren zu sein – auf dem Weg, sich einen eigenen Standpunkt zu erarbeiten. Seine Kirchenkritik erinnerte zwar an die Positionen Luthers, aber er verfolgte andere Absichten.122 76
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Reformatorische Züge sind den Jüterboger Predigten Müntzers zweifellos eigen, aber sie verweisen auch auf von den Wittenbergern abweichende Positionen. Das zeichnete sich beispielsweise in seiner Erwartung ab, dass viele Prediger, die sich der Wiederaufrichtung des Evangeliums hingeben, mit dem Martyrium rechnen müssen. Auch zog er aus der Ablehnung kirchlicher Autoritäten den Schluss, die Neuordnung des Kirchenwesens müsse von unten ausgehen.123 Was damals als »lutherisch« galt, umschloss ein breites Spektrum von Meinungen. Eine fest gefügte lutherische Theologie existierte noch nicht, und ein reformatorisches Programm zeichnete sich erst in Umrissen ab. Auch kann die Etikettierung als »Lutheraner« nicht in einem konfessionellen Sinn verstanden werden, da eine Institutionalisierung reformatorischer Strömungen noch nicht existierte. Die reformorientierten Bewegungen waren in dieser Phase noch für unterschiedliche Ideen und Einflüsse offen. Der Konflikt in Jüterbog wurde als »regelrechtes Predigtturnier«,124 als »klösterlicher Kanzelkrieg«,125 als »Predigtkrieg auf den Kanzeln«126oder als »regelrechte Predigtschlacht mit den Franziskanern«127 charakterisiert. Das Auftreten Günthers und Müntzers löste erstmals in einer Gemeinde eine heftige Auseinandersetzung über strittige Themen aus.128 Sie wurde von den beiden Predigern öffentlich ausgetragen, bevor acht Wochen später während der Leipziger Disputation (27. Juni bis 15. Juli 1519) Luther und Karlstadt ihren Standpunkt zu diesen und weiteren Themen verteidigten.129 Insofern war der Jüterboger Konflikt ein bemerkenswertes Vorspiel der Leipziger Disputation. Die Jüterboger Mönche hofften auf Unterstützung durch den zuständigen Bischof. Am 29. April 1519 unterrichteten Dappen und der Guardian des Klosters den bischöflichen Generalvikar Jakob Gropper mündlich über die Predigten Müntzers und baten ihn um Rat.130 Dieser wollte jedoch ohne Wissen des Bischofs nichts unternehmen, weil die Streitpunkte den rechtmäßigen Glauben betreffen würden. Doch Hieronymus Schulze hielt sich nicht in seiner Residenz auf. Deshalb riet Gropper den Franziskanern, über die Angelegenheit schriftlich zu berichten, um sie dem Bischof nach dessen Rückkehr vortragen zu können.131 Mit der verzögerten Klärung werden sich die Jüterboger Mönche nur schwer abgefunden haben, waren sie doch in die Defensive gedrängt wor77
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den. Denn je dringlicher sie – so urteilte Dappen – gegen derartige Irrlehren predigten, umso mehr würden sie von vielen als Irrende und Verführer, als Verächter des heiligen Evangeliums angesehen und bezeichnet, »so dass wir denen zum Gleichnis und zur Lästerung, zum Hohn und Gespött zu dienen scheinen, die in unserer Umgebung sind«.132 Um die Zurückhaltung Groppers zu verstehen, ist die Situation zu berücksichtigen. Im Januar 1519 war Kaiser Maximilian I. verstorben, und angesichts der notwendigen Wahl eines Nachfolgers setzte das Tauziehen um die Stimmen der Kurfürsten ein. Zur selben Zeit verhandelte der päpstliche Nuntius Karl von Miltitz mit Luther in Altenburg und brachte diesen dazu, seine Lehre nicht länger durch Schriften zu verbreiten, ehe der kanonische Prozess gegen ihn abgeschlossen ist. Auch wurde seit Monaten die Leipziger Disputation vorbereitet. Augenblicklich bestand folglich kein Interesse, den Konflikt in Jüterbog zu verschärfen. In dieser Situation war es Günther möglich, sein Predigeramt wieder wahrzunehmen. Erst Mitte August 1520 hielt er sich stellenlos in Wittenberg auf. Als Luther die Berichte Dappens bekannt wurden und er ihnen entnahm, dass die Franziskaner sich anmaßten, über seine Lehre zu urteilen, wandte er sich am 15. Mai schriftlich an den Jüterboger Konvent, warf den Mönchen theologische Unkenntnis vor und verlangte von ihnen, ihre Unüberlegtheit zu widerrufen und ihm seinen guten Namen wiederzugeben. Sonst wolle er ihren Bericht als Druck verbreiten »mit einer Widerlegung eurer Ignoranz, was euren Orden keine Ehre einbrächte«.133 Er kritisierte vor allem die Absicht der Mönche, seine Lehre als ketzerisch zu verwerfen, denn sie sei von den Wittenberger Dozenten und Prädikanten diskutiert und akzeptiert worden. Damit berief er sich auf die Autorität der »Wittenberger Diskussionsgemeinschaft«.134 Die Auffassungen Günthers billigte Luther ausdrücklich. Über Müntzers Auftreten urteilte er: Was dieser gepredigt habe, wisse er nicht. Wenn er die Prälaten, Bischöfe und Päpste »gerupft« habe, dann sei das nicht nur erlaubt, sondern müsse geschehen. »Wo Christus die Diebe, Straßenräuber und Wölfe tadelt, wagt Ihr es hingegen, ihm dies als Schuld anzulasten. Das hättet Ihr dann zu Recht getan, wenn jener irgend jemand persönlich mit Namen genannt hätte. Nun aber seid Ihr Ehrabschneider und Tatsachenverdreher, weil Ihr nichts aufnehmt noch begreift. […] Wann werdet Ihr jenem und uns für eine so schwere Verleumdung Genugtuung geben?«135 78
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Luther verteidigt also Müntzers Ehre und sein Auftreten, ohne auf dessen Kritik näher einzugehen. Als der Brandenburger Bischof Hieronymus Schulze im Lauf des Juli von der Kaiserwahl in Frankfurt am Main zurückkehrte, übergab er Johann Eck Dappens Berichte und erbat ein Gutachten, das der Ingolstädter in Eile anfertigte. Luther erhielt davon am 15. August Kenntnis und entschloss sich zu einer Entgegnung, die im September gedruckt wurde.136 Selbstverständlich wies Luther die Anschuldigungen Ecks zurück. Eck reagierte darauf im Oktober,137 indem er vor den lutherischen Irrtümern warnte. Auch verteidigte er die Jüterboger Franziskaner. Er nennt sie »gute Leute, die ihren Ruf, vom Eifer des Glaubens getrieben, […] gegen die Irrtümer der Lutheraner durch den christlichen Erdkreis als wahre franziskanische Brüder rechtfertigen«.138 Dappen polemisierte auch später gegen die »Prediger der lutherischen Häresie« und die »Sekte der Lutheraner«.139 An Müntzer erinnerte er im Zusammenhang mit dem Bauernkrieg: »Es mögen die Lutheraner den Finger auf ihren Mund legen, die unter dem Vorwand der evangelischen Freiheit die Untertanen zum Kampf reizen und ermutigen. So waren Müntzer und Karlstadt die Verführer des Volkes, die sich in ihrem verdammenswerten Aufstand gegen die Herren erhoben«.140 Als Franz Günther seine Predigten in Jüterbog fortsetzte, war Müntzers Auftrag, ihn zu vertreten, hinfällig geworden. Er verließ sicher kurz nach Ostern die Stadt, denn seinem Brief an Franz Günther vom 1. Januar 1520 ist zu entnehmen, dass ihm nicht bekannt war, wie der Streit ausging.141 Eck erwies indes Müntzer ungewollt einen guten Dienst. Denn mit der Publikation der »Articuli« konnte jeder Leser zur Kenntnis nehmen, was der weithin noch unbekannte Prediger in Jüterbog von der Kanzel verkündet hatte.
Beichtvater der Nonnen in Beuditz Es liegt nahe, dass Müntzer von Jüterbog wieder nach Wittenberg ging, aber sicher ist das nicht, wie überhaupt für die nächste Zeit die Quellen keine befriedigende Antwort ermöglichen, wo Müntzer sich aufgehalten hat. Auf sichereren Boden führt erst wieder die Nachricht über seine Tä79
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tigkeit als Beichtvater im Kloster der Zisterzienserinnen in Beuditz nahe Weißenfels. Einen Brief an den Buchführer Achatius Glor vom 3. Januar 1520 unterzeichnete er als »Thomas Munczer de Stolberch in Putwitcz confessor virginum«.142 Das Kloster wurde vermutlich 1232 am Eichberg gegründet und war der Jungfrau Maria und dem Apostel Matthäus gewidmet. Zu ihm gehörten drei Dörfer und vier Mühlen sowie Ackerland, Wiesen, Wein- und Hopfenberge. Äbtissin war von 1514 bis 1532 Margarete Keller. Der Rat von Weißenfels kaufte das Kloster 1556 und ließ es vollständig abreißen. Ein Brief des Dominikaners Johannes aus Weida vom 12. Dezember 1519 an Müntzer in Beuditz143, lässt darauf schließen, dass er sich schon geraume Zeit dort aufhielt. Vielleicht ging er nach der Leipziger Disputa tion oder schon früher nach Beuditz, denn von dort war Leipzig angesichts des kurzen Wegs ohne Weiteres zu erreichen. Was Müntzer in dem Kloster bewegte, hat er einem Brief an Franz Günther vom 1. Januar 1520 anvertraut: Er sei gezwungen, sich mit bescheidener Ausstattung zufriedenzugeben, und er tröste sich damit, dass er nicht durch die beschwerlichen jüdischen Gesänge und Riten behindert werde, sondern zu seiner Freude reichlich Zeit für seine Studien übrig habe.144 Er habe die Werke von Augustinus bis zum sechsten Band sowie die übrigen Geschichtswerke wiederum gelesen. »Das Kreuz aber ist mir im Herrn Jesus noch bitter, dass ich sehr viele Autoren, die ich sehr nötig brauche, nicht bekommen kann.«145 Wie ein Bekenntnis klingt es schließlich, wenn er fortfährt: »Nicht für mich forsche ich, sondern für den Herrn Jesus. Wenn er will, wird er mich dorthin senden, wohin er mich senden lassen will; inzwischen bin ich mit meinem Los zufrieden. Alles das hat Gott mir Elendem in gerechtem Urteilsspruch getan, weil ich mich oft selbst auf die Kanzel begeben habe, ohne dazu gezwungen zu sein.«146 Da Müntzer eine Zeitlang zu Günther keinen Kontakt hatte, interessier te ihn, welches Ende der Streit mit den Franziskanern genommen habe, welche Autoren er lese und welchen Nutzen er sich von seinen Studien verspreche. Diese Frage stellte er sich wohl auch selbst: Empfand er im Nachhinein, für die Auseinandersetzungen in Jüterbog nicht genügend vorbereitet gewesen zu sein? Was besagt die Feststellung, er habe sich, ohne gezwungen zu sein, auf die Kanzel begeben? Die Fragen sind leicht gestellt, aber schwer zu beantworten. 80
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Der Aufenthalt in Beuditz war für Müntzer gewiss eine Zeit der Besinnung, eine Phase der Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen, wie sie in Braunschweig und Jüterbog und wohl auch in Wittenberg auf ihn eingestürmt waren. Eines zeichnet sich indes deutlich ab: Nicht Selbstzweck führte ihn dazu, sich in die Studien zu vertiefen. Der Herr werde ihn dorthin senden, wo er gebraucht werde. Das war ein neuer Ton, denn hier klingt erstmals das Sendungsbewusstsein an, das er in den folgenden Jahren immer wieder für sich in Anspruch nahm. Der Aufenthalt in Beuditz war für ihn eine Zeit der Vorbereitung auf künftige Aufgaben. Dafür rüstete er sich durch gründliche Studien. Unbeschwert und zurückgezogen, nur seinen Studien hingegeben, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, lebte Müntzer in Beuditz jedoch nicht. Johannes aus Weida, der zum Leipziger Konvent der Dominikaner gehörte und sich als Terminarier – das heißt Sammler von Almosen – in Naumburg aufhielt, beschuldigte Müntzer, er sei »aller Tugenden ledig und ganz und gar vom Gift des Eifers erfüllt«.147 Der Anlass des Streits ist nicht bekannt. Johannes spricht nur von einem »verleumderischen Schreiben«, das er von Müntzer erhalten habe.148 Möglicherweise ging es um verletzte Rechte des Klosters oder von den Dominikanern beanspruchte Rechte.149 Johannes schloss sein Schreiben, Müntzer solle mit seinen Nonnen umgehen, wie er es für gut befinde, er werde ohne seine Unterstützung so verfahren, wie es einem Mönch gezieme.150 Müntzer hatte Günther versichert, er wolle sich in sein Los fügen und hingehen, wohin Christus ihn führe. Tatsächlich hatte er sich bald zu entscheiden. Bereits während der Leipziger Disputation hatte der Zwickauer Prediger Johannes Egranus bei Luther wegen einer Vertretung angefragt. Wenn Müntzer damals im Gespräch gewesen sein sollte, dann hat er dieses Angebot zunächst abgelehnt. Inzwischen war der Elsterberger Archidiakon Heinrich von Bünau bemüht, Müntzer für seine vogtländische Pfarrei als Pfarrverweser zu gewinnen. Deshalb scheint er ihn auf einer Reise nach Leipzig in Beuditz aufgesucht zu haben.151 Da er dort von dem Zwickauer Angebot Kenntnis erhalten haben kann, ersuchte er Müntzer inständig, sich am 25. oder 26. April in seinem Haus einzufinden, wie sein Brief aus Leipzig vom 21. April 1520 belegt.152 Doch auch die Zwickauer standen mit ihm in Kontakt153 und bezeichneten ihn am 28. April als den »neuen predinger magistro 81
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Thomas Montzer«.154 Er entschied sich also, nach Zwickau zu gehen und die Vertretung Egrans zu übernehmen.
Müntzer und die Bücher Aus dem Brief an Franz Günther spricht Müntzers Zufriedenheit, nicht mehr mit dem Chordienst – wie noch in Frose – belastet zu sein, sondern sich den Büchern hingeben zu können. Damit stellt sich aber generell die Frage, welche Literatur Müntzer studierte und welche er sich beschaffte.155 Bücher waren während des Studiums in Leipzig und in Frankfurt an der Oder seine ständigen Begleiter. Als Wolfgang Reichart seinen Sohn Zeno rügte, weil er so viel Geld ausgebe, antwortete dieser, wie ein Handwerker Werkzeug, so benötige ein Student eine gute Bibliothek.156 Das hätte auch Müntzer von sich sagen können. Da in der Studienordnung der Universitäten die Schriften vorgegeben waren, die in den Lektionen behandelt wurden, rieten die Dozenten den Studenten, welche Literatur sie sich beschaffen sollten. Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, welche Bücher Müntzer während seiner Studienzeit erworben hat. In Frose hat er sicher seine Studien fortgesetzt, denn die Stiftsbib liothek im benachbarten Gernrode verfügte über Schriften antiker Autoren, vor allem aber Abb. 16: Müntzers Mitschrift einer Vorlesung von Aesticampianus der Kirchenväter, unter (1518/19) anderem von Augustin und Hieronymus, aber auch von Tertullian, Eusebius und manchem anderen Autor.157 Beschäftigt hat er sich aber auch mit liturgischen Werken, weil er sonst die in seiner Handschrift überlieferten Cyriacus-Offizien nicht hätte anfertigen können. Der Brief der Scholastikerin Ursula legt zudem nahe, dass er sich für die spätmittelalterliche Mystik, für Tauler und 82
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Seuse, interessiert haben könnte, denn einschlägige Werke waren nicht Bestandteil des universitären Curriculums. Tauler und Seuse waren Dominikaner und vertraten eine Spiritualität, die nach der unio mystica, der Vereinigung mit Gott, strebte.158 Für beide war die Voraussetzung dafür die Gelassenheit. Tauler hat keine Bücher hinterlassen, aber in seinen Predigten um die Gotteserfahrung gerungen. Eine Ausgabe seiner »Sermones« erschien 1508 in Augsburg. Seuse hingegen betonte stärker das Leiden, das zu tragen notwendig sei, um das Wesen Gottes zu erkennen. Überliefert sind von ihm unter anderem das »Buch der Wahrheit« und das »Büchlein der ewigen Weisheit«, in denen er seine Erfahrungen festhielt. In Augsburg erschien 1512 »Diss buch das da […] begreift in jm vil gu(o)ter gaistlicher leeren«, in dem Seuse anzeigte, wie der von Gott zu den Kreaturen gefallene Mensch zu seinem Ursprung zurückfinden könne – ein Gedanke, der für Müntzer später konstitutiv wurde. Intensiv widmete Müntzer sich später dem Studium der Kirchenväter, historischer Literatur und antiker Klassiker.159 So besuchte er zum Beispiel in Wittenberg eine Vorlesung über die Briefe des Kirchenvaters Sophronius Eusebius Hieronymus (347-420),160 eine damals beliebte Lektüre. Den ersten Wittenberger Druck für den Gebrauch der Studenten besorgte 1515 Luthers Ordensbruder Johann Lang. Die »Epistula ad Paulinum presbyterum de omnibus diuinae historiae libris« (das ist der 53. Brief) nutzte der Humanist Johannes Rhagius Aesticampinus, um zum Studium der biblischen Schriften anzuleiten und theologische Texte mit Hilfe antiker Autoren zu erschließen. Auch wollte er die Hörer dazu anregen, klassische und humanistische Werke zu studieren, um ihre Bildung im Geist einer humanistischen Ethik und Rhetorik zu fördern. Müntzer hat seine Mitschrift der Vorlesung weiter bearbeitet, wie die Randbemerkungen ausweisen. Mit deren Hilfe kann ein Teil der Literatur ermittelt werden, mit der er sich zu dieser Zeit beschäftigte. Das gilt zum Beispiel für den griechischen Philosophen Platon (427-347 vor Chr.), dessen Redegabe Müntzer bewunderte. Später hat er ein Verzeichnis von dessen Schriften angefertigt,161 für das er die von Marsilio Ficino (1433-1499) besorgte lateinische Ausgabe benutzte, die 1517 in Venedig erschienen war. Auch wird der französische Frömmigkeitstheologe Johannes Gerson (1363-1429) erwähnt, der für die Bereitschaft zur Buße durch Askese warb, ein Thema, das auch Müntzer beschäftigte. 83
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Ob Müntzer während seines Aufenthalts in Wittenberg weitere Vorlesungen besuchte, ist nicht bekannt. Auszuschließen ist es nicht, denn die Überlieferung der Mitschrift über die Hieronymusvorlesung dürfte dem Zufall geschuldet sein. Immerhin lasen zur selben Zeit Karlstadt über Augustins »De spiritu et litera« und Luther über den Paulus-Brief an die Hebräer.162 Auch könnte Müntzers Interesse auf die von Luther 1516 bzw. 1518 besorgte Ausgabe der mystischen Schrift »Eyn deutsch Theologia« gelenkt worden sein, die ein unbekannter Autor im 14. Jahrhundert verfasst hatte.163 In seinen Jüterboger Predigten verweist Müntzer auf Bonaventura (Giovanni di Fidanza, 1221-1247), Petrus Lombardus (1095-1160) und Thomas von Aquino (1225-1274). Deren Schriften gehörten zum Curriculum des Studiums und waren Müntzer von daher vertraut. Jetzt kritisierte er sowohl diese Autoren wegen ihrer scholastischen Lehre, die nur auf »natürlichen Vernunftgründen« beruhe, als auch die Päpste, weil sie diese Gelehrten entgegen den üblichen Regeln eigenmächtig heiliggesprochen hätten. Mit diesen Beispielen ist Müntzers Fundus an Kenntnissen der antiken und mittelalterlichen Literatur nicht erschöpft. Einblick in seine Interessen und den finanziellen Aufwand für den Kauf von Büchern gewährt ein Brief Müntzers vom 3. Januar 1520 an den Buchführer Achatius Glor, der im Dienst des Leipziger Druckers Melchior Lotter stand: Er habe von ihm zur Zeit der Leipziger Disputation die Chronik des Eusebius von Caesarea (260-339) erhalten, wisse allerdings nicht genau, wie teuer er sie ihm verkauft habe.164 Während Müntzer die Chronik persönlich in Leipzig in Empfang genommen hatte, übermittelte Glor ihm später weitere Schriften, denn Müntzer informierte ihn, sechs Groschen zahle er gern für den ihm gesandten Hegesipp und 20 Pfennige für die zwei Exemplare der »Jagd gegen Martinus« von Hieronymus Emser.165 Die Konkordanz des Kanonischen Rechts und der Bibel schicke er unversehrt zurück. Auch solle Glor ihm schreiben, wie viel er für die Chronik des Eusebius schuldig sei und was sämtliche Werke des Hieronymus und die Briefe des Augustinus mitsamt seinen Predigten kosten. Wenn Glor ihn informiert habe, werde er diese Werke in der nächsten Fastenzeit kaufen. Große Freude würde es ihm auch bereiten, wenn er ihm die Akten des Konstanzer Konzils und die ungebundene Ausgabe der Akten des Basler Konzils schicke.166 84
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Glor antwortete Müntzer einige Tage später,167 er habe von ihm 6 Groschen für den Hegesipp, 4 Groschen für die »Concordantiae canonici iuris cum bibliis« (Müntzer hatte sie also nicht zurückgeschickt) und 20 Denare für die Schrift Emsers erhalten. Für den Eusebius habe er noch 10 Groschen zu zahlen. Auch teilte er den Preis der von Erasmus besorgten Ausgabe der Opera des Hieronymus (9 oder 8 1/2 Gulden) sowie der Briefsammlung und der Sermone des Augustinus in zwei Bänden (ungebunden je 1 1/2 Gulden) mit. Die beiden Briefe geben Auskunft, welche Bücher Müntzer während seines Aufenthalts in Beuditz interessierten, welche er studierte, anschaffte oder anzuschaffen gedachte.168 An erster Stelle stehen die Werke des Kirchenvaters Aurelius Augustinus von Hippo (354-430), die wiederholt gedruckt und von Johann Amerbach in Basel seit 1506 erneut herausgebracht wurden. Müntzer hatte die Werke des bedeutendsten nachpau linischen Theologen schon einmal studiert und arbeitete sie jetzt erneut gründlich durch, wie das auch von Martin Luther bekannt ist,169 denn mit den Argumenten des Augustinus konnte er seine neue Theologie begründen und verteidigen. Am 18. Mai 1517 schrieb Luther an Johann Lang: »Niemand kann auf Hörer hoffen, wenn er nicht die neue Theologie, das heißt über die Bibel oder Augustin oder einen anderen Lehrer von kirchlicher Autorität liest.«170 Mit dem eifrigen Studium Augustins befand Müntzer sich mitten in der frühreformatorischen Auseinandersetzung mit der älteren Kirchengeschichte.171 Vielleicht interessierte ihn besonders der sechste Band »De spiritu et litera«, auf den auch Luther sich berief und den Karlstadt in einer Vorlesung kommentierte und 1517 bis 1519 in Wittenberg publizierte. Bei Achatius Glor erwarb Müntzer die Chronik des Eusebius,172 die 1518 in Paris erschienen war, ein Abriss der Weltgeschichte bis zum Jahre 325, der in der lateinischen Übersetzung von Hieronymus (um 347-420) bis zum Jahre 378 weitergeführt worden war. Von Glor bezog er auch den so genannten Pseudohegesipp,173 eine um 370 von einem anonymen Autor zusammengestellte lateinische, auf der Geschichte des jüdischen Krieges von Flavius Josephus (37-um 100) fußende Geschichte der Juden bis zum Brand des Tempels, die 1510 und 1511 in Paris verlegt und 1513 und 1514 in Mailand nachgedruckt wurde. 85
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Im Prager Sendbrief vom Dezember 1521 beruft Müntzer sich auf Eusebius und Hegesipp: Er habe immer wieder die alten Geschichten gelesen und finde, dass nach dem Tod der Schüler der Apostel die jungfräuliche Kirche bald von den verführerischen Pfaffen zu einer Hure gemacht worden sei, »welchs alles bezceugt Egesippus und Eusebius und ander mehr«.174 Und in der Vorrede zur »Deutsch Evangelisch Messze« von 1524 heißt es, in diesen klaren Geschichtsbüchern sei deutlich zu erkennen, wie die Christenheit beschaffen gewesen sei, »do unser eltern fur sechshundert iarn zum glauben komen seint«.175 Genannt werden von Müntzer weitere Editionen, zum Beispiel die gesammelten Schriften des Kirchenvaters Hieronymus, die Erasmus von Rotterdam von 1516 bis 1518 in neun Bänden in Basel herausgab, auch die Briefe und Sermone Augustins, von denen 1516 und 1517 Ausgaben erschienen, sowie die Akten des Konstanzer Konzils (1414-1418), das den tschechischen Reformator Jan Hus zum Tod verurteilte, und des Konzils von Basel (1431-1449), das angesichts des verbreiteten Hoffnung auf eine Reform der Kirche einige Reformdekrete verabschiedete. Mit Hilfe der genannten Konkordanz176 konnten die Rechtsvorschriften der Kirche und der Bibel leicht erschlossen werden, indem die wichtigsten Begriffe in der Art eines Registers alphabetisch aufgelistet wurden. Warum war Müntzer an diesen Publikationen besonders interessiert? In Jüterbog hatte er kritisiert, dass das Evangelium seit vierhundert Jahren unbeachtet geblieben sei und die Konzile nicht mehr als höchste Autorität anerkannt würden. Diese und weitere Themen waren auch Gegenstand der Leipziger Disputation. Müntzer beabsichtigte offenbar, die Berechtigung seiner Kritik zu überprüfen und sich weitere Argumente zu erschließen. Die Beschäftigung mit der Geschichte der Kirche, mit ihrem ursprünglichen Zustand und Verfall sowie mit den Konzilen des 15. Jahrhunderts konnte ihm dabei helfen. Seinen Schriften und Briefen ist zu entnehmen, dass ihm die Werke Platons (427-347 vor Chr.) bekannt waren, auch die Philosophenbiographien des Diogenes Laertius (3. Jh. vor Chr.), die »Historia ecclesiastica tripertita« von Flavius Magnus Aurelius Cassiodor (um 485-um 580), die Briefe bzw. Schriften von Plinius d. J. (61/62-113), die Metamorphosen Ovids (43 vor -17 nach Chr.), aber auch das Poem Reineke de Vos (13. Jh.). Auf den Koran wird er durch die Schrift »Confutatio Alcorani seu legis Sa86
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racenorum« (Basel 1507) des Orientmissionars Ricoldus de Monte Crucis (1243-1320) aufmerksam geworden sein. Müntzer war sicher auch mit den frühen reformatorischen Publikationen vertraut. Manche kann er während seines Aufenthalts in Wittenberg kennen gelernt haben. Auf diese Literatur verweist allerdings erst eine nicht datierte Liste mit 71 Titeln, die – wenn man die Erscheinungsjahre der aufgeführten Schriften berücksichtigt – in den ersten Monaten des Jahres 1521 angefertigt worden sein muss, als Müntzer sich schon in Zwickau aufhielt.177 Sie wurde fälschlich als Rechnung über Bücherkäufe interpretiert, doch eher dürfte es sich um ein Verzeichnis von Neuerscheinungen überwiegend der Jahre 1518 bis Anfang 1521 mit Preisangaben handeln. Müntzer ließ die Titel vielleicht zusammenstellen, um auszuwählen, was er anzuschaffen oder einzusehen beabsichtigte. Die Liste verzeichnet Schriften humanistischer Autoren, so Erasmus von Rotterdam mit sieben Titeln, auch Philipp Melanchthon, Conrad Celtis, Petrus Mosellanus, Rudolf Agricola, Johannes Reuchlin und Ulrich von Hutten. Größer noch ist die Zahl der reformatorischen Schriften, darunter 21 Titel von Martin Luther, zum Beispiel die von ihm edierte »Eyn deutsch Theologia« und die programmatischen Pamphlete des Jahres 1520 »An den christlichen Adel deutscher Nation«, »De captivitate Babylonica ecclesiae« und »Von der Freyheyt eyniß Christenmenschen«. Hinzu kommen Schriften Andreas Karlstadts, die Aufschluss über dessen Auseinandersetzung mit Johann Eck geben. Auch die Gegner Luthers fehlen nicht, so der Franziskaner Augustin von Alveldt und der altgläubige Theologe Hieronymus Emser. Von Letzterem hatte Müntzer bei Glor schon die Schrift »A venatione Luteriana Aegocerotis assertio« (Erklärung über Luthers Jagd auf den Steinbock) gekauft.178 Selbstverständlich konnte Müntzer einen großen Teil der Literatur, die er zu studieren beabsichtigte, in Klosterbibliotheken oder anderen Sammlungen einsehen, aber er hat – wie spätestens die Korrespondenz mit dem Buchführer Glor belegt – auch Bücher gekauft. Unbekannt ist allerdings, in welchem Umfang das geschah. In seinem letzten Brief vom 17. Mai 1525 an die christliche Gemeinde und den Rat von Mühlhausen bat er, seinem Weib die Güter, die er besitze, auszuhändigen, »als bucher und kleyder, was dasselbig ist, und sye nichts umb Gottes willen lassen enthgelden«.179 87
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Müntzer bestätigt damit, dass er Bücher besaß, aber sie sind fast alle verloren gegangen. Für Professoren der Universitäten und andere Gelehrte war es selbstverständlich, Bücher anzuschaffen und eine Bibliothek einzurichten. Prediger waren wohl eher darauf angewiesen, die sie interessierende Literatur in Bibliotheken der Klöster, Kirchen oder Städte einzusehen. Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass auch sie Bücher erwarben.180 Das gilt auch für Müntzer. Aus seinem Besitz konnten bisher lediglich fünf Titel ermittelt werden, und von diesen existiert heute nur noch ein Band, in dem zwei Schriften zusammengebunden sind. Das ist der spärliche Rest einer an Zahl wohl begrenzten, aber in ihrer Auswahl sicher aufschlussreichen Sammlung. Am Beginn des 17. Jahrhunderts existierte, wie der Leipziger Student Gabriel Meth 1605 in einem Brief mitteilte, noch eine später verschollene lateinische Bibel, die Müntzer stets bei sich getragen habe.181 Es dürfte sich um eine der zahlreichen Augaben der Biblia vulgata gehandelt haben.182 Diese war seit dem 8. Jahrhundert in der westlichen Christenheit in Gebrauch und wurde in Handschriften und später durch den Buchdruck verbreitet. Als Vulgata – die Allgemeingebräuchliche – wurde diese Bibel seit dem 13. Jahrhundert bezeichnet. Sie war die Grundlage für die Beschäftigung mit den Büchern des Alten und Neuen Testaments, als sich die Erschließung der hebräischen und griechischen Texte noch im Anfangsstadium befand. Die Vulgata war das wichtigste Buch, das Müntzer besaß. Seine Schriften und Briefe belegen, dass er über eine ausgezeichnete Bibelkenntnis verfügte.183 Wenngleich nach seiner Auffassung die Offenbarung des göttlichen Willens nicht abgeschlossen ist, sah er in den biblischen Schriften Zeugnisse, wie die Väter den schweren Weg zum rechten Glauben fanden. Auf ihnen gründete Müntzers Theologie – auch ihre radikalen Intentionen. Erworben hat Müntzer eine Ausgabe des von dem französischen Theologen und Humanisten Faber Stapulensis 1513 in Paris herausgegebenen »Liber trium virorum et trium spiritualium virginum« (Buch der drei Männer und der drei geistlichen Jungfrauen).184 Dieser Band ist 1780 in der Geraer Kirchenbibliothek verbrannt. Es handelt sich um eine Sammlung von Texten, die fast alle zum ersten Mal gedruckt wurden: Dazu gehö88
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ren die frühchristliche Apokalypse »Hermae Discipuli Pauli Liber« in lateinischer Übersetzung und drei französische visionäre Texte (»Libellus de visione Uguetini monachi« sowie zwei Bücher »Sermones« und »Visiones« des Dominikaners Robert d’Uzès aus dem 13. Jahrhundert). Ferner nahm Faber in den Band einige Schriften der Frauenmystik auf: Hildegard von Bingens (1098-1179) »Scivias domini«, Elisabeth von Schönaus (um 11291164) »Liber viarum dei« und Mechthild von Hackeborns (1241-1299) »Specialis gratiae libri quattuor«. Diesem Band angebunden war eine Ausgabe der Predigten des Mystikers Johannes Tauler (Augsburg 1508). »Der Hirt des Hermas« (Pastor Hermae), um 145 von Hermas – einem freigelassenen Sklaven und Bruder des römischen Bischofs Pius I. – in Rom verfasst, wurde in die frühe christliche Bibel aufgenommen, auch von christlichen Gemeinden im Gottesdienst vorgelesen, fiel dann aber der Reduzierung des neutestamentlichen Kanons zum Opfer. Hermas gibt in fünf Visionen, zwölf Geboten und zehn Gleichnissen die zur Buße mahnenden Offenbarungen eines Engels in Hirtengestalt wieder. So wird zum Beispiel im achten Gebot zur Enthaltsamkeit aufgefordert und Reichtum, Hochmut, Verleumdung, Heuchelei und Rachsucht verworfen.185 Auch die Visionen »Scivias domini« Abb. 17: Liber trium virorum et trium spiritualium virginum, Paris 1513 (Wisse die Wege Gottes) der Mystikerin Hildegard von Bingen trugen prophetische Züge. Im Vorwort schrieb sie: Im Jahr 1141 habe sie ein überaus kräftig funkelndes Licht aus dem geöffneten Himmel hervortreten sehen. »Und plötzlich verstand ich den Sinn und die Auslegung des Psalters, des Evangeliums und der anderen Schriften des Alten und Neuen Testaments.«186 Hildegard schlägt einen Bogen von der Schöpfung der Welt über die Geschichte der Kirche bis zur Erlösung der Menschen am Ende der Zeiten. Das Grundübel sah sie da rin, dass der Mensch nur »Ich und Ich« sage und sich anmaße, Gesetze zu geben, als ob er sein eigener Gott sei. In ihren Visionen vernahm sie den 89
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Zorn Gottes, und sie verwandte sich für die Reinigung der Kirche. In einer Einleitung zu dem Band verteidigte Faber Stapulensis die Berechtigung von Visionen und Prophetien. Der Band belegt, dass Müntzer nicht nur mit Tauler und der Dominikanermystik vertraut war, sondern wesentliche Werke der deutschen Frauenmystik des 13. Jahrhunderts kannte. Wenn er sich später immer wieder auf Visionen berief, können ihn diese Schriften beeinflusst und geprägt haben. Erhalten geblieben ist von Müntzers Büchern allein ein in Leder gebundener Band im Besitz der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek in Dresden. Er enthält die »Opera« von Thascius Caecilius Cyprianus (um 200-258), Bischof von Karthago, die Erasmus 1520 in Basel herausgab, und von Quintus Septimius Florens Tertullianus (um 160-nach 220), des »Vaters der lateinischen Christenheit«, die Beatus Rhenanus 1521 in Basel edierte. Beide Schriften hat Müntzer vielleicht in Prag erworben, zumindest dort einbinden lassen. Der Band ist mit zahlreichen Unterstreichungen und Randbemerkungen von Müntzers Hand versehen.187 Müntzers literarische Interessen legen die Frage nahe, inwieweit er mit den alten Sprachen vertraut war.188 Die meisten Schriften, die er las, waren in lateinischer Sprache verfasst oder ins Lateinische übersetzt worden, wie es in Theologie und Wissenschaft dieser Zeit üblich war. Müntzer war selbstverständlich durch Schule und Universität mit dem Lateinischen vertraut, wie auch ein Teil seiner Korrespondenz bis zum Sommer 1524 ausweist. Doch manche Autoren nehmen an, dass er zu den »viri trilingues« zähle, den Männern also, die über lateinische, griechische und hebräische Sprachkenntnisse verfügten. Um griechische Autoren zu lesen, war die Beherrschung der Sprache nicht unbedingt erforderlich, da ihre Werke größtenteils in lateinischen Übersetzungen vorlagen. Nur einmal hat Müntzer in einem Brief die griechische Schreibweise für Christus gebraucht,189 woraus allerdings nicht auf Griechischkenntnisse geschlossen werden kann. Mit dem Hebräischen hat er sich möglicherweise beschäftigt, da von seiner Hand eine Liste mit 46 hebräischen Orts- und Personennamen überliefert ist, die ein gewisses Verständnis für das Hebräische belegen.190 Auch verzeichnet die erwähnte Bücherliste ein hebräisches Elementarlehr90
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buch, dessen Neuausgabe 1521 der Hebraist Philipp Novenian in Leipzig besorgte.191 Aber das ist kein sicheres Indiz für das Studium der Sprache. Bei der Übersetzung einiger Psalmen hat Müntzer zwar den hebräischen Text benutzt, doch kann er dabei die Hilfe anderer in Anspruch genommen haben. Bücher vermochten zu faszinieren, wie die Reaktionen von Humanisten belegen. Ein solches Interesse war auch Müntzer während seines ganzen Lebens eigen. Es ergab sich jedoch nicht aus bibliophilen Motiven, sondern aus dem Streben nach Erkenntnis des Willens Gottes, aus dem Interesse, die Geschichte der Kirche zu ergründen und deren Gebrechen aufzudecken, aus dem Bemühen, für künftige Aufgaben gerüstet zu sein. Die Studien in Beuditz und später waren von der Absicht diktiert, sein Wissen zu vertiefen und sich vorzubereiten, um an der Erneuerung der Kirche und der Aufklärung der Gläubigen mitwirken zu können. In den meisten Fällen lässt sich allerdings nicht feststellen, wann Müntzer bestimmte Bücher anschaffte oder gelesen hat, ausgenommen die wenigen Beispiele, die er in den Briefen an Franz Günther und Achatius Glor nennt. Aus einem Brief Johann Agricolas an Müntzer vom 2. November 1520 geht zum Beispiel hervor, dass er an neuen Publikationen Luthers interessiert war.192 Und ein Brief des Buchführers Wolfgang Juche aus Halle vom 26. Juli 1524 belegt, dass Müntzer von ihm vor längerem die »postillen Martini« erhalten hat, aber die Rechnung noch nicht beglichen war.193 Die Bücher, die er nachweislich besaß, werden allerdings in seinen Briefen oder Schriften nicht zitiert oder erwähnt. Das gilt auch für die scholastische Literatur – nur Petrus Lombardus wird einmal abfällig als »meyster yn der dornheck« bezeichnet.194 Müntzers Studien galten insgesamt antiken Autoren, den Schriften der Kirchenväter, den visionären Überlieferungen, der spätmittelalterlichen Mystik und den reformatorischen Publikationen. Die Erfahrungen und Erkenntnisse, die er auf diese Weise gewann, bestärkten ihn bei seiner Interpretation des Evangeliums und der Erarbeitung einer eigenständigen Theologie.
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III. »Nicht mein, sondern des Herrn Werk treibe ich« Prediger in Zwickau An der Schwelle zum reformatorischen Aufbruch Im Allgemeinen wird angenommen, Luther habe Müntzer während der Leipziger Disputation im Juni 1519 dem Zwickauer Prediger Johannes Wildenauer (Egranus) als seinen Vertreter während einer Gelehrtenreise empfohlen. Die einzige Quelle hierfür, ein an Luther gerichteter späterer Briefentwurf Egrans, ist jedoch umstritten.1 Luther wusste allerdings im Frühjahr 1520, dass Müntzer die Zwickauer Predigtvertretung übernehmen wollte und billigte diesen Entschluss. Das geht aus seinem Brief an dem Elsterberger Pfarrer Heinrich von Bünau vom 30. Mai 1520 hervor.2 Es ist aber auch denkbar, dass Müntzer durch seine Beziehung zu dem einflussreichen und gebildeten Weißenfelser Bürger Hermann Ferber, der mit dem Zwickauer Kannegießer und Ratsmitglied Blasius Schrot(t) verschwägert war, als Kandidat für die Predigtvertretung ins Blickfeld des Stadtregiments gekommen ist.3 Was er von der künftigen Wirkungsstätte wusste, ist nicht bekannt. Er wird sich von Anfang an darauf konzentriert haben, der Botschaft des Evangeliums zum Durchbruch zu verhelfen. Unbekannt dürfte ihm Zwickau als die einwohnerstärkste und nach Wittenberg auch wichtigste kursächsische Stadt nicht gewesen sein. Ihre Anfänge lassen sich bis in die Jahre vor 1200 zurückverfolgen (1180 erste Erwähnung als »Zwiccowe«, nach 1170 Stadtrecht). Seit der sächsischen Teilung von 1485 stand sie unter der Oberhoheit der Ernestiner. Durch eine Teilungsvereinbarung von 1513 war für sie – wie für den thüringischen Teil – Herzog Johann in Weimar zuständig, der Zwickau zeitweilig (1517/18) als Nebenresidenz nutzte. Für die landesherrlichen Belange war ein Amtmann mit Sitz in Schloss Osterstein zuständig. Ab 1514 war das Wolf von Weißenbach auf Schönfels. Ihre verkehrsgünstige Lage an der Mulde und an einem Knotenpunkt wichtiger Handelsstraßen, vor allem der Nord-Südroute von Leipzig nach Nürnberg, verhalfen der Stadt im Spätmittelalter zu wachsender Bedeu92
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tung. Tuch- und eisenverarbeitende Gewerbe waren am wirtschaftlichen Aufschwung in besonderem Maß beteiligt. Die Silberfunde bei Schneeberg um 1470 sorgten für einen weiteren Entwicklungsschub, der aber nach 1500 schon seinen Höhepunkt überschritten hatte. Das Tempo der Bevölkerungszunahme verlangsamte sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Immerhin ist um 1530 mit mehr als 7.000 Einwohnern zu rechnen, deren Steueraufkommen viermal größer als das der albertinischen Residenz Dresden gewesen sein soll.4 Dieser Aufstieg von Handel und Gewerbe wurde von einem Bildungsdrang der Bürger begleitet, der sich zunächst in der Profilierung der Lateinschule niederschlug, die für eine begrenzte Zeit (1519/20) sogar durch eine Griechische Schule ergänzt wurde. Das städtische Regiment wurde von einem Rat aus zweimal zwölf Personen wahrgenommen, die sich jährlich abwechselten und dessen Elite einen Universitätsbesuch aufzuweisen hatte.
Abb. 18: Ansicht von Zwickau (1650)
Städtische Entwicklungstendenzen, aber auch die Mentalitäten, vorrangig innerhalb der Oberschicht, lassen sich im Spätmittelalter in der Regel am Kirchenwesen ablesen. Mit seinen sieben Kirchen, dem Franziskanerkloster, dem Beginenhaus, mehreren Kapellen und Hospizen sowie dem Klosterhof der Zisterzienser von Grünhain bestätigt Zwickau diese Beobachtung.5 Voran in den beiden Pfarrkirchen St. Marien und St. Katharinen verdichtete sich die Sakraltopographie der Stadt, in der sich zugleich wesentliche Züge des städtischen Lebens insgesamt widerspiegelten. Das Patronat beider Pfarrkirchen besaß das Eisenberger Zisterzienserinnenkloster. Der 93
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allgemeinen Tendenz im Spätmittelalter entsprechend, war der Zwickauer Rat immer wieder bemüht, den Nonnen die Verfügungsrechte abzuhandeln. Endgültig gelang das erst, als Nikolaus Hausmann 1521 das Pfarramt an der Marienkirche übernahm. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts vollzog sich das rituelle kirchliche Leben in der Anfang des 13. Jahrhunderts gegründeten Marienkirche am Hochalter und weiteren 23 Altären. Bekannt sind 30 oder 31 gestiftete geistliche Stellen (Benefizien). Die zwischen 1206 und 1219 anzusetzende Katharinenkirche besaß außer dem Hochaltar zehn oder elf Altäre mit elf oder zwölf geistlichen Stellen. Insgesamt ist die Gesamtzahl der mit einem Benefizium ausgestatteten Zwickauer Geistlichen auf mindestens 52 geschätzt worden.6 Hinzu kommen eine Anzahl von sogenannten Lohnpriestern mit einer zeitlich begrenzten Tätigkeit sowie Franziskaner und Terminarier. Wenn der Ingolstädter Kontroverstheologe Johannes Eck für die obere Pfarrkirche seiner Stadt 17 Altäre mit 15 Benefizien angegeben hat, dann kann angenommen werden, dass die kirchliche Versorgung im vorreformatorischen Zwickau institutionell nicht viel zu wünschen übrig ließ, zumal eine Anzahl von Bruderschaften auch vermögenden Laien die Möglichkeit aktiver Beteiligung bot.7 Die Errichtung besonderer Predigtstiftungen entsprach im Spätmittelalter allgemein den Veränderungen in der Frömmigkeitspraxis mit ihrer zunehmenden Stiftungsbereitschaft, aber auch dem Bedürfnis der Bürger nach Vertiefung der rituellen Aneignung der Gaben Gottes durch die Wortverkündigung. Das allgemeine Bildungsstreben weckte außerdem das Interesse an einer verbesserten Klerikerbildung. Vermutlich wirkte der Zwickauer Pfarrer Johannes Grobitzsch mit seiner Prädikaturstiftung des Altars St. Erasmus in der Marienkirche 1441 nicht nur für die Stadt an der Mulde, sondern für das ganze Bistum Naumburg vorbildhaft. Mit der zweiten Predigerstiftung in der Marienkirche durch Magister Andreas Gruner 1456 wurde nicht nur die finanzielle Ausstattung erhöht, sondern wurden auch die Rahmenbedingungen präzisiert. Von den Bewerbern wurde eine Graduierung als Magister oder als Baccalaureus der Heiligen Schrift erwartet. Dem Zwickauer Rat stand das Präsentationsrecht zu, der Pfarrer hatte das Nominationsrecht. Ferner hatte der Rat das 94
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Kündigungsrecht von einem Vierteljahr. Zu den Pflichten gehörten auch wöchentlich vier Messen, abgesehen von den Diensten, denen sich alle städtischen Geistlichen unterziehen mussten, zum Beispiel die Teilnahme an den Prozessionen zu Fronleichnam.8 Am Anfang des 16. Jahrhunderts gelang es dem Rat, zwei besonders qualifizierte Prediger für die Marienkirche zu gewinnen, zirka 1501 bis 1504 Hieronymus Dungersheim von der Universität Leipzig und von 1509 bis zu seinem Eintritt in den Orden der Augustinereremiten 1514 Kaspar Güttel. Nach einer kurzen Zwischenlösung kam mit Johannes Wildenauer, der sich nach seiner Heimatstadt Eger Egranus nannte, erneut ein Mitglied des Lehrkörpers der Leipziger Universität nach Zwickau. Dungersheim gab sein Predigeramt auf, um seine scholastische Ausbildung in Italien zu vervollkommnen. Als Egranus bald ähnliche Wünsche äußerte, zielten diese jedoch in eine ganz andere Richtung: Er wollte sich in der humanistischen Philologie, wie sie durch Erasmus von Rotterdam auf eine neue Ebene gehoben worden war, qualifizieren. Wegen dieser Bestrebungen stand er schon 1518 in Kontakt mit Luther, der ihm zuredete, seine Bildungsinteressen nebenamtlich durch das Bücherstudium wahrzunehmen. Aus humanistischem Eifer griff Egranus 1518 in seinen Predigten die beliebte Legende von der dreifachen Ehe Annas, der Mutter Marias, die am Hauptaltar von St. Marien eine bildliche Darstellung gefunden hatte, als unbiblisch an. Es kam zu einem theologischen Streit, in den auch Luther hineingezogen wurde.9 Auf die durch Luther ausgelöste Ablassdiskussion reagierte die bildungsbeflissene Zwickauer Elite romkritisch und reformoffen. Der Rektor der Griechischen Schule, der Humanist und spätere Montanwissenschaftler Georgius Agricola, schlug bei den Exequien, der Totenliturgie, für den verstorbenen Kaiser Maximilian I. am 20. Februar 1519 ein lateinisches Epigramm gegen den Ablasshandel öffentlich an. Schon die Überschrift bringt die Meinung der Reformer auf den Punkt, wenn sie betont, das Himmelreich sei nicht für Gold und Silber zu kaufen.10 Zuvor hatte bereits Egranus gegen die trügerische Hoffnung auf den Ablasserwerb und den Kauf geistlicher Ämter polemisiert und weitere kirchliche Bräuche kritisiert, die biblisch nicht begründet waren. Den unangemessenen Reichtum der Klöster und die Habsucht von Almo95
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sensammlern verschonte er ebenfalls nicht, ohne allerdings konkret zu werden. Für die beharrenden Kräfte unter den Klerikern hatte er damit dennoch den Bogen überspannt. Sie gingen zum Angriff über. Egranus verteidigte sich mit einer lateinischen Apologie, die in Wittenberg und Basel gedruckt wurde.11 In der humanistischen Öffentlichkeit stieß der gelehrte Zwickauer Prediger mit seiner Kontroverse auf positive Resonanz. Der Zwickauer Rat war jedoch nicht ohne weiteres bereit, auf ihn zu verzichten, als er immer wieder um Urlaub für eine Bildungsreise nachsuchte. Egranus ließ sich aber auch durch zusätzliche finanzielle Vergünstigungen nicht von seiner gewünschten Studienreise abbringen. So willigte der Rat schließlich in einen halbjährigen Urlaub und eine Vertretungslösung ein.
Müntzers erste Predigten an St. Marien Am 29. April 1520 hielt Egranus seine letzte Predigt in Zwickau. Wann er die Stadt in Richtung Nürnberg verlassen hat, ist ebenso wenig bekannt wie der Tag von Müntzers Ankunft und die genaueren Umstände seines Dienstantritts. Belegt ist nur, dass er nicht in einem der Priesterhäuser der Marienkirche unterkam, sondern der Rat ihm eine Herberge zur Verfügung stellte.12 Die Quellen bieten auch keine Anhaltspunkte, welche geistlichen Pflichten er von Beginn an wahrnahm. Erst seine spektakulären Äußerungen in der ersten Predigt am Himmelfahrtstag, dem 17. Mai, haben die städtischen Chronisten notiert. Am vollständigsten sind sie in Peter Schumanns »Annales Cygneenses« überliefert, die der gleichnamige Sohn allerdings erst nach 1582 niedergeschrieben hat: »1520 die ascensionis domini [Himmelfahrt, 17. Mai] hat Thomas muntzer seine erste predigt alhie in u[serer] l[ieben] f[rauen] kirche gethan. Do hat er unter andern gesagt: Die Munche hetten meuler, das man wol 1 l[i]b[ram [das heißt Pfund] fleischs abschneiden konnte, und behilten dennoch mauls gnug. Item [desgleichen], die Natur und der pose [böse] geist machen schue uber ein leisten etc.«13 Noch deutlicher zeichnet sich die Grenze der damaligen Chronistik ab, wenn nur über die Panik berichtet wird, die während Müntzers zweiter Predigt am 20. Mai entstand. Dabei löste sich von einem Baugerüst ein Balken und drohte ins Kirchenschiff zu fallen, blieb aber in einer Fensternische liegen.14 96
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Müntzers radikale Kritik entsprach durchaus der zeitgenössischen antimönchischen Polemik. Die von der Zwickauer Chronistik geprägte Auffassung, das Verhältnis zwischen den Zwickauern und dem 1231 gegründeten Franziskanerkloster, das zu den ältesten im thüringisch-sächsischen Raum gehörte, sei bereits im Vorfeld der Reformation gestört gewesen, ist zu korrigieren.15 Spannungen zwischen dem städtischen Klerus und dem Bettelorden wegen dessen Privilegien, insbesondere beim Begräbnisrecht und in der Seelsorge, sind wie in anderen mittelalterlichen Städten nachweisbar. Insgesamt kann aber von einem geordneten Verhältnis zwischen der Stadt und dem Orden ausgegangen werden, zumal sich das Kloster 1485 der unter Papst Martin V. 1430 eingeleiteten Reform des Franziskanerordens und der strengeren Observanz angeschlossen hatte. Erst im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts ist im Stiftungsverhalten der städtischen Oberschicht eine zunehmende Abwendung vom Kloster und eine Hinwendung zur städtischen Hauptpfarrkirche zu beobachten. Vermutlich ist das im Wesentlichen auf den allgemeinen Wandel im städtischen Selbstbewusstsein und in der Frömmigkeit zurückzuführen. Jedenfalls geben die Quellen keinen Anlass, 1520 auf ein besonders konfliktträchtiges Verhalten der Zwickauer Franziskaner zu schließen, zumal sie noch bis 1523 in die Verantwortung für die wöchentlichen Messen in der Ratskapelle eingebunden waren und sich auch bis 1522 an den Fronleichnamsprozessionen beteiligten.16 Müntzer wird nicht damit gerechnet haben, dass die Franziskaner zu seiner Kanzelpolemik schweigen. Über einen Versuch der Verständigung sagen die Quellen nichts. Vermutlich beschwerten sich die Angegriffenen umgehend beim Kanzler und Administrator des Bistums Naumburg-Zeitz, Dr. Heinrich Schmiedberg. Als dieser sich beim Zwickauer Rat erkundigte, weil sich der Prediger zu St. Marien »in seynen predigten fast weit und gröblich verlaufen« habe, beschloss der Rat am 13. Juni, für den Beschuldigten einzutreten.17 Vermutlich hat Müntzers Bereitschaft, der bischöflichen Behörde seine Predigtmanuskripte vorzulegen und seine Position zu verteidigen, dazu beigetragen. Gegenstandslos war damit der Konflikt noch lange nicht, wie die Nachrichten über eine Kontaktaufnahme des Rats zum Pfarrer Donat Große in Naumburg und zu Herzog Johann belegen.18 Außerdem legte der Rat Müntzer nahe, Luthers Rat zu einer sinnvollen Verteidigungsstrategie einzuholen. 97
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Müntzers Bitte um Luthers Rat Müntzer griff die Ratsempfehlung auf. Sein Schreiben vom 13. Juli 1520 ist nur als Konzept erhalten und ist das erste überlieferte umfangreichere Schriftstück von seiner Hand.19 In Anlehnung an die biblische Polemik gegen falsche Propheten und Pharisäer beruft er sich auf seine Verpflichtung, als Verkünder des Evangeliums allen Heuchlern und Verführern der Gläubigen ohne Abstriche entgegenzutreten. Ob Mönche, Priester oder Laien – wer vor Gott schuldig sei, den ermahne er, um ihn wieder auf den rechten Weg zu führen. Schuldlos seien auch die Laien nicht. Gott habe ihnen als blinde Schafe blinde Hüter gegeben, weil sie die Gebete für die Seelenhirten vernachlässigt hätten. Ohne Umschweife bestätigte er, dass er zu Himmelfahrt von Monstern gesprochen habe, vor denen man sich hüten müsse, und auch davon, dass sie mit ihren Zeremonien keineswegs die Kirche am Leben erhalten. Deswegen hätten sie ihn als Lästerer der Mönchsorden und als Zerstörer des Doppelgebots der Liebe (Lukas 10,17) beschuldigt. Da die Franziskaner behaupteten, durch Müntzers Polemik müssten sie Not leiden, befürchteten sie wohl negative Folgen für die Gebefreudigkeit der Bürger. Ausführlich referierte Müntzer dann eine Reihe von Thesen, die Pater Tiburtius Vogt aus Weißenfels von der Kanzel gegen ihn vertreten hatte. Tiburtius, Lektor am Studienhaus der Franziskaner in Zeitz, behauptete, er sei den Zwickauern seit 24 Jahren bekannt. Wie bei theologischen Kontroversen üblich, ist davon auszugehen, dass die gegnerischen Thesen nicht durchweg wörtlich zitiert werden. Niemals hätte Tiburtius die »mandata ecclesiae«, die verbindAbb. 19: Martin Luther als Augustinermönch lichen Anordnungen der Kirche, als mit der Taube des Heiligen Geistes. »mandata hominum«, als MenschengeHolzschnitt von Hans Baldung Grien nach bote, bezeichnet, wie Müntzer dies nach Lucas Cranach d. Ä. (1521) 98
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gemeinreformatorischer Auffassung tat. Dasselbe gilt für den Kernwiderspruch Tiburtius’ in der ersten These, dass Christus nicht im Menschen sterben müsse, sondern die Teilnahme an der Messe genüge. Tiburtius hatte den sakramentalen Vollzug des Glaubens als ausreichend vertreten und die Auffassung, der Glaube müsse auch als Nachfolge Christi gelebt werden, zurückgewiesen. Schon in Beuditz hatte Müntzer zu erkennen gegeben, dass er seinen Dienst als Nachfolge des leidenden Christus versteht. Nach seiner Überzeugung kann jeder nur auf diesem Weg den evangeliengemäßen Glauben erlangen. Diese von allen geforderte Überzeugung unterscheidet sich grundsätzlich von der Christusnachfolge nach dem Vorbild des Franziskus. Das war bereits in der Wittenberger Disputation zwischen den Franziskanern und den reformatorischen Theologen im Oktober 1519 klargestellt worden.20 Müntzer wusste sich mit seiner Kritik an der franziskanischen Glaubensund Lebensauffassung völlig einig mit Abb. 20: Brief Müntzers an Luther vom 13. Luther, der 1519 in seinem »Sermon Juli 1520, letzte Seite von der Betrachtung des heyligen leydens Christi« geschrieben hatte: »das eygene naturlich werck des leydens Christi ist, das es yhm [das heißt sich] den menschen gleych formig mache«. Wer sich darin übe, »der thut besser dann das er alle passion höret ader alle messe leße«.21 Das betrifft nach reformatorischer Überzeugung alle Gläubigen. Hier kündigt sich aber auch schon ein Grundakkord von Müntzers Theologie an. In Anlehnung an Römer 8,29 vertritt er die Überzeugung, wahrer Glaube müsse mit dem leidenden Christus gleichförmig werden, wenn er diesen Begriff auch erst im Prager Sendbrief verwendet.22 Ähnlich verhält es sich mit den anderen Thesen, in denen Tiburtius die überlieferte scholastische Moraltheologie mit dem monastischen Vollkommenheitsideal der sogenannten evangelischen Räte, die nur für besonders Berufene gelten, gegen den radikalen Anspruch der Jesusworte 99
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für alle Christen im Sinn der Wittenberger Reformation verteidigte. Tiburtius hatte verstanden, dass Müntzer die generellen Armutsforderungen des Evangeliums nicht aus sozialen Gründen vertrat. Dennoch befürchtete er angesichts eines so radikalen Bibelverständnisses gesellschaftliche Konsequenzen für Fürsten und Könige. Für gefährlich hielt er auch das Vertrauen auf den Glauben allein, um ohne zusätzliche tugendhafte Werke Heilsgewissheit zu erlangen. Bei Müntzers Kontroverse mit den Zwickauer Franziskanern ging es demnach nicht um einzelne Kritikpunkte, sondern um den Kern der Glaubensauffassung, um die reformatorische Rechtfertigungslehre. Auf diese »Kraft des neuen theologischen Denkens, das mit großer Entschiedenheit und existentiellem Ernst auf sie zukam«, waren die Franziskaner in Zwickau mit ihren traditionellen Argumenten nicht vorbereitet.23 Müntzer ließ gegenüber Luther keinen Zweifel aufkommen, wie ernst es ihm war, die reformatorische Botschaft ohne Abstriche zu verkündigen und dafür im Sinn der Kreuzesnachfolge Konflikte durchzustehen. Er nahm an, der bisherige Gegenwind sei erst der Anfang, und er war überzeugt, dass er noch für andere Kämpfe der Welt auserwählt sei. Da er jedoch nicht sein, sondern des Herrn Werk treibe, wolle er gegen die Heuchler angehen, solange noch ein Fünkchen Leben in ihm sei. Er sei auch nicht allein, Pfarrer Große und sein Pfarrverweser Magister Wolfgang Zeuner (Zeyner) unterstützten ihn genauso wie der Rektor der Griechischen Schule und die anderen Magister. Luthers Ratschlag wolle er befolgen, ob er an ein künftiges Konzil appellieren, eine Disputation anbieten oder gegen die Franziskaner schreiben solle. Im Stil der zeitgenössischen humanistischen Briefrhetorik verabschiedete er sich von Luther, »Vorbild und Leuchte der Freunde Gottes«, und versah seine Unterschrift noch mit dem höchst ungewöhnlichen Bekenntnis, »den Du gezeugt hast durch das Evangelium«. Dieses konfessorische Zeugnis hat er nach dem Bruch mit Wittenberg wieder zu tilgen versucht.24 Eine direkte Reaktion Luthers auf Müntzers Schreiben ist nicht bekannt. Ihn beschäftigten damals Wittenberger Probleme. An dem Tag, an dem Müntzer schrieb, war es in der Universitätsstadt zu einem Zusammenstoß zwischen Studenten und den Malergesellen Lukas Cranachs gekommen, weil diese im Gegensatz zu den Studenten Waffen tragen durften. Luther 100
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wandte sich in dem Konflikt engagiert gegen beide Seiten. Er sah in der drohenden gewaltsamen Auseinandersetzung den Satan am Werk, der die reformatorische Bewegung in Misskredit bringen wolle. Deshalb betonte er in einer Predigt, die Obrigkeit sei von Gott eingesetzt, »damit nicht durch Aufruhr alles verwüstet würde«.25 Wichtiger war ihm zu dieser Zeit aber die literarische Auseinandersetzung, zu der ihn die Leipziger Franziskaner zwingen wollten.26
Ein Schlichtungsversuch des Rats Müntzers Bemerkung, der Zwickauer Rat stehe im Konflikt mit den Franziskanern an seiner Seite, war keine leere Behauptung. Am 18. Juli 1520 richtete das städtische Regiment bereits den Blick voraus auf das Ende der Vertretungszeit. Es wurde beschlossen, falls Egranus zurückkehre, Müntzer die vakante Predigerstelle zu St. Katharinen anzubieten. Da die Franziskaner aber nicht gewillt waren, dessen Kanzelpolemik auf sich beruhen zu lassen, verhandelte eine Abordnung des Rats am 21. Juli mit ihnen über eine friedliche Regelung. Die Mönche beharrten jedoch auf einem Widerruf Müntzers. So sah sich der Rat am 4. August zu zwei weiteren Schritten genötigt: Er schickte einen Boten mit einem entsprechenden Schreiben an den Provinzialsminister des Ordens, Benedikt von Löwenberg, nach Breslau. Außerdem begab sich der Unterstadtschreiber Christoph Lindner mit einer Appellation Müntzers nach Erfurt zum zuständigen päpstlichen Rechtsvertreter (Konservator) für kirchliche Institutionen, die nicht der bischöflichen Aufsicht unterstanden. Erfolgversprechender erwies sich die Bitte des Rats an den Landesherrn, sich vermittelnd einzuschalten. Herzog Johann beauftragte seinen Zwickauer Amtmann Wolf von Weißenbach und seinen Rat Konrad von Metzsch mit dieser Aufgabe. Beide Konfliktparteien wurden am 25. August auf den Amtssitz Schloss Osterstein vorgeladen und angehört. Die umgehende schriftliche Berichterstattung Weißenbachs an den Herzog verschweigt nicht, dass beide Kontrahenten »ethwas fast [das heißt sehr] eines hitzigen gemüths gegen enander« gewesen seien. Dennoch sei es gelungen, sie zu »vortragen«, also eine Art Stillhalteabkommen zu erreichen. 101
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Völlig sicher war sich der Amtmann seiner Schlichtung allerdings nicht. Über den Schosser des Zwickauer Amts, Wolfgang Böhm, ließ er dem Rat mitteilen, dass er den Pfarrverweser Wolfgang Zeuner und den Prediger Müntzer zu ermahnen habe, »sich vordrießlicher und schmelicher wort« von der Kanzel und auch sonst gegen die Franziskaner zu enthalten. Selbst Anspielungen hätten zu unterbleiben. Da der gemeine Mann von solchen vorschnellen Worten nicht gebessert, sondern eher zu Schlimmerem verleitet werde, liege dem Landesherrn an der Befriedung, wodurch auch Schaden für die Stadt vermieden werde.27 Der Rat reagierte auf diesen deutlichen Wink mit seinem Beschluss vom 29. August, auf eine offizielle Stellungnahme zugunsten Müntzers diesmal zu verzichten und ihm mitzuteilen, er solle zunächst abwarten, wie sich die Gegenseite verhalte. Wenn diese etwas gegen ihn unternehme, solle er den Rat informieren. Dieser werde ihm dann nach Gebühr Beistand leisten.28 Dem Humanisten, Arzt und ehemaligen Bürgermeister Erasmus Stella missfiel dieses diplomatische Verhalten. Er war nach dem Zeugnis seines Schwagers Hans Sommerschuh d. J. Müntzers »beichtkint«.29 Am 29. August wandte er sich schriftlich an Georg Spalatin, den einflussreichen Sekretär des Kurfürsten. Er war der Meinung, die Schlichtung durch den Amtmann schade dem Glauben an Christus, den der gelehrte und untadelig lebende Müntzer in die Herzen der Menschen zu pflanzen suche. Deshalb sei es notwendig, dass der Kurfürst selbst eingreife und den Zwickauer Rat anweise, »die Prediger des Evangeliums« gegen die Verleumdungen der heuchlerischen Kuttenträger »zu verteidigen und zu schützen«.30 Über einen Erfolg dieser Intervention, die zugleich auf eine Differenzierung unter den Ratsmitgliedern gegenüber Müntzer hinweist, sagen die Quellen nichts. Nur ein Ratsbeschluss vom 3. November bezeugt, dass der Rat nicht gewillt war, neue polemische Äußerungen der Franziskaner hinzunehmen, auch wenn sie andernorts geschehen waren. Beim Zeitzer Rat holte er Erkundigungen ein, »was ayn barfusser monche uf dy von Zwickau solde gepredigt haben«.31 Am 5. September beschloss der Rat, sich bei dem Prediger Egranus zu erkundigen, ob er zurückkehren werde. Bei Müntzer sollte zudem nachgefragt werden, ob er weiterhin bereit sei, den Predigtstuhl zu St. Katharinen ohne »widerwillen« anzunehmen.32 Offenbar ist der Vertretungsprediger 102
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seinen geistlichen Verpflichtungen insgesamt ohne Beanstandungen nachgekommen, worüber die Quellen jedoch fast vollständig schweigen. Vermutlich hat sich Müntzer auch nicht den rituellen Höhepunkten des Kirchenjahres entzogen, die aus reformatorischer Sicht problematisch waren: der Fronleichnamsprozession am 30. Mai oder der zur Himmelfahrt Marias am 20. August, an der alle Geistlichen und Mönche teilnahmen. Als Niederschrift des damaligen Lateinschulrektors Stephan Roth hat sich sogar eine Predigt Müntzers zum Tag der Geburt der Jungfrau Maria am 8. September erhalten. In seiner Auslegung des Stammbaums Jesu (Matthäus 1,6) hat er sich mit der Tradition der Kirchenväter auseinandergesetzt und durchaus unpolemisch die besondere Bedeutung der Jungfrau Maria bezeugt, die durch ihren Überfluss an Gnade die Macht des Teufels vernichtet habe.33
Müntzers Beginn als Prediger von St. Katherinen Nach Chronistenart hat Peter Schumann festgehalten, dass Magister Johann Wolkenstein, auch Pultz genannt, nach anderthalb Jahren seine Stelle an der Katharinenkirche aufgegeben habe und Müntzer an seiner Statt angenommen wurde. Die genaueren Umstände bleiben im Dunkeln.34 Lange Zeit ist davon ausgegangen worden, für Müntzer sei das ein Wechsel von der Kirche der Reichen zur Kirche der Armen gewesen.35 Durch neue Untersuchungen zur Zwickauer Sozialstruktur hat sich das Bild völlig verändert. Statistisch wurde nachgewiesen, dass sich die städtische Ober- und Mittelschicht zu Anfang des 16. Jahrhunderts stärker im Gebiet der Hauptpfarrkirche St. Marien konzentrierte und das Vermögensgefälle hier größer war. Im Gebiet der Katharinenkirche dominierte dagegen die Mittelund Kleinbürgerschicht, die Vermögen waren aber ausgeglichener verteilt. Insgesamt vermittelt die sozialgeschichtliche Analyse eher den Eindruck einer »relativen sozialen Gleichartigkeit beider Kirchspiele«.36 Die Unterschiede zwischen der Hauptpfarrkirche und der zweiten Pfarrkirche werden damit nicht nivelliert. Nicht nur die Größe der Gebäude, auch die Anzahl der Benefizien und Altäre bestätigen die Verschiedenheit. An den Stiftungen für St. Katharinen haben sich aber auch vermögende Bürger beteiligt, wie die Annenbruderschaft und das mit ihr 103
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verbundene Benefizium St. Anna und Heiligkreuz belegen.37 Vor allem die standesbewusste und vermögende Fronleichnambruderschaft, die im Gegensatz zu der für alle Zünfte offenen gleichnamigen Bruderschaft zu St. Marien den Tuchmachern ein vielfältiges religiöses und geselliges Betätigungsfeld bot, war für das Kirchspiel prägend. Die beiden Vorsteher dieser Bruderschaft zu St. Katharinen waren bei Müntzers Dienstantritt Mattes Tym und Jorg Bereuter (Georg Beyreuther). Es ist gewiss kein Zufall, dass Beyreuther zur Gruppe um Nikolaus Storch und Hans von der Freistadt gehörte, die bald von sich reden machte und gegen die der Zwickauer Rat im Dezember 1521 vorging.38 Die Namen der beiden vom Rat für die weltliche Verwaltung eingesetzten Kirchmeister sind ebenfalls überliefert.39
Abb. 21: Siegel Müntzers, angebracht an einer Quittung über erhaltene Bezüge in Zwickau vom 9. Oktober 1520
Über den Beginn von Müntzers Predigertätigkeit an der Katharinenkirche seit Oktober 1520 liegen keine Nachrichten vor. Vermutlich gewährte ihm der Stadtrat nicht ähnliche Vergünstigungen wie Egranus. Dieser hatte noch während seiner Abwesenheit künftig um Entlastung in den predigtintensiven Fastenzeiten und bei den Prozessionsverpflichtungen gebeten, um sich verstärkt seinen humanistischen Studien widmen zu können. Der Rat gewährte auch diese Bitte.40 Müntzer deutete später an, dass ihn eine derartige Einstellung zum Verkündigungsauftrag befremde. Für ihn ist eine ähnliche Haltung nicht vorstellbar. In dieser unterschiedlichen Auffassung vom Dienst eines Predigers warf schon ein künftiger Konflikt seinen Schatten voraus. 104
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Ohne Vorbehalte wurde Egranus auch in Wittenberg nicht aufgenommen, als er nach seinem Besuch bei Erasmus in Löwen auf der Rückreise dort vorsprach. Er empfahl Luther, seine Schrift »Von der Freyheit eyniß Christenmenschen« dem Zwickauer Stadtvogt Hermann Mühlpfordt zu widmen. In Gesprächen soll dieser seine Sympathie für die ethisch ausgerichtete Reformtheologie von Erasmus bekundet haben. Luther behauptete gegenüber Spalatin, er sei von Egranus kritisiert worden, weil er allein auf den Glauben setze und die Werke verwerfe. Egranus, der von der Theologie im reformatorischen Sinn nicht das Geringste verstehe, habe ihn gar verhöhnt und herausgefordert. Luthers Fazit lautet: »Er ist nichts nutze und schleunigst zu entlassen.« Mit der Bemerkung, Egranus sei nach Leipzig gegangen, um sich mit Johannes Eck zu verständigen, deutet Luther den eigentlichen Grund für seine gereizte Reaktion auf den diplomatischen Rückzug des bisher vermeintlich reformatorischen Mitkämpfers an.41 Wahrscheinlich hatte Egranus schon gerüchtweise gehört, dass Eck als päpstlicher Beauftragter für die Verkündigung der Bannandrohungsbulle gegen Luther von seinem Recht Gebrauch machte, weitere Namen hinzuzufügen. Als die Bulle mit einem Erlass am 21. September am Tor des Meißner Doms angeschlagen wurde, fand sich auch der Name von Egranus unter den mit dem Bann Bedrohten. Am 24. Oktober teilte der Kanzler und Administrator des Bistums Naumburg-Zeitz, Heinrich Schmiedberg, diesen Tatbestand den Zwickauern mit. Er verband damit die Mahnung, nichts zu predigen, was Anstoß erregen und zu Aufruhr und Zwietracht in der Diözese führen könne.42 Gegen Ende Oktober 1520 übernahm Egranus vermutlich sein Predigtamt in Zwickau wieder. Schon kurz darauf war man im Kreis der Wittenberger Theologen besorgt, wie sich das Verhältnis zwischen den beiden Predigern gestalten werde. Als der befreundete Pädagoge Johann Agricola Müntzer die erbetene Abschrift von Luthers zweiter Psalmenvorlesung (»Operationes in psalmos«) ankündigte, verband er damit Glückwünsche, weil er von den Franziskanern Schmähungen um Christi willen erleiden müsse. Zugleich beschwor er ihn im Namen Jesu, sich nicht öffentlich gegen Egranus zu wenden. In Wittenberg wisse man, wie unbeständig und ungebildet dieser in der reformatorischen Theologie sei.43 Agricola kannte die konsequente Verkündigung Müntzers, wenn es um die Wahrheitserkenntnis ging, und er wollte vorbeugen. 105
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Luther unternahm ebenfalls den Versuch, Müntzer zu beschwichtigen. Reichlich zweieinhalb Jahre später bestätigte dieser, dass ihn Luthers Bemühen, ihn mit »einem so ruhmsüchtigen Menschen« wie Egranus zu versöhnen, damit nicht haufenweise die Feinde auf ihn, das heißt Luther, einstürmten, sehr erregt habe. Habe er doch in Zwickau täglich erfahren und schon im Voraus gewusst, dass dieser Rabe irgendwann seine gestohlenen Federn ablegen werde. Müntzer spielt hier auf die biblische Geschichte von der zurückgehenden Sintflut an, in der ein Rabe zur Erkundung ausgesandt wird, der aber in seiner irdischen Gesinnung treulos wird und nicht zurückkehrt (1. Mose 8,6f.). Er betonte gegenüber Luther, dass er Egranus um der Ehre des göttlichen Namens willen mit lauterem Sinn widersprochen und sich ihm wie eine unerschütterliche Mauer entgegengeworfen habe.44 Diese bekannte Aufgabe biblischer Propheten, wie sie bei Jeremia (1,18; 15,20) und Ezechiel (13,5; 22,30) erwähnt wird, hat Müntzer immer wieder für sich in Anspruch genommen. Wann Müntzer seine Befürchtung über Egranus’ wirkliche theologische Position bekräftigt sah und begonnen hat, den predigenden Humanisten zu enttarnen, der sich im Grunde nur durch seine berufliche Aufgabe von dem individualistischen Gelehrten Erasmus unterschied, ist nicht bekannt.45 Die überlieferten Nachschriften der Predigten von Egranus stammen vorwiegend aus der Zeit nach seinem Wirken in Zwickau. Selbst die Berichte der Chronisten über Müntzers Kanzelpolemik gegen Egranus beziehen sich vor allem auf die Zeit des offenen Konflikts von Anfang 1521. Als die beiden prominenten Ratsmitglieder Stella und Mühlpfordt in einer Sitzung aneinandergerieten, beschloss der Rat am 12. Dezember 1520, beide zunächst eine Woche von Sitzungen auszuschließen und die Strafe nicht nachzulassen, wenn sie nicht einsichtig würden.46 Ob der Grund private Querelen waren oder ob ihre unterschiedliche Parteinahme für die Prediger Anlass zu diesem Zwist gaben, ist nicht auszumachen. Auffällig ist jedoch ein Beschluss in der nächsten Ratssitzung vom 15. Dezember über den Prediger Magister Egranus. Weil er um Entlassung gebeten habe, solle man sich als Nachfolger um Franz Günther, den ehemaligen Prediger von Jüterbog, bemühen, der sich jetzt in Wittenberg aufhalten solle. Es sei deswegen an Luther zu schreiben, oder Müntzer solle sich an Günther wenden.47 106
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Der Rat war demnach gewillt, der Bitte des Egranus um Entlassung nachzukommen und sich sofort um die Nachfolge zu kümmern. Offenbar waren Müntzers freundschaftliche Beziehungen zu Günther bekannt. Der Beschluss wurde jedoch zunächst nicht ausgeführt.48 Als Egranus nach fast zwei Wochen erneut um seine Entlassung bat, wiederholte der Rat am 29. Dezember seinen Beschluss beinahe mit den gleichen Worten, und wiederum sollte auch Müntzer gebeten werden, an Günther zu schreiben.49
Der Konflikt mit dem Marienthaler Pfarrer Müntzers Verhältnis zum Zwickauer Rat war demnach am Jahresende 1520 durchaus noch einigermaßen intakt, obgleich es am 26. Dezember zu einem spektakulären Zwischenfall gekommen war. In einer Predigt am Tag des gesteinigten Märtyrers Stephanus wandte sich Müntzer gegen den anwesenden Pfarrer Nikolaus Hofer aus Marienthal im Zwickauer Gebiet, weil dieser ihn und seinen Anhang als ketzerische Schälke und Bösewichte beschimpft haben soll. Den aufgebrachten Predigthörern, die den fliehenden Beschuldigten mit Dreck und Steinen bewarfen, konnte dieser nur mit Mühe entkommen.50 Die Unterstellung der Chronisten, der Prediger habe das Volk zu der Tätlichkeit angestiftet, wird in dem Ratsbeschluss vom 29. Januar 1521 nicht erwähnt, wohl aber die Beschuldigung. Der Rat sagte Hofer das erbetene freie Geleit zu, um sich zu verantworten. Er kündigte ihm aber zugleich an, seine Pfarrstelle verlassen zu müssen, wenn er keine akzeptable Antwort geben könne. So ist es dann auch geschehen.51 Hofer gab sich jedoch nicht sofort geschlagen. Er brachte den Fall vor das bischöfliche Gericht in Zeitz. Der Offizial des Bistums Naumburg-Zeitz, Dr. Caspar Tham, zitierte Müntzer am 13. Januar nach Zeitz. Dieser akzeptierte aber die traditionelle kirchliche Rechtsordnung für seine biblisch begründete reformatorische Verkündigung nicht mehr. Er forderte vielmehr im Gegenzug den Offizial von der Kanzel aus auf, nach Zwickau zu kommen und Gottes Wort zu predigen. Der Zwickauer Rat respektierte die Überzeugung Müntzers, nahm den Konflikt jedoch ernst, zumal die Beschuldigung auch gegen die Stadt erhoben worden war. Am 14. Januar beschloss er, eine Verhandlungsde107
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legation nach Zeitz zu schicken, um den Konflikt gütlich beizulegen. Neben dem derzeitigen Conventor (Pfarrverweser) Magister Wolfgang Löhner sollten ihr der Pfarrvikar Magister Wolfgang Zeuner sowie je zwei Ratsmitglieder und Gemeindevertreter angehören. Insgesamt wurden einschließlich der Bediensteten Unkosten für zehn Personen und sechs Pferde abgerechnet.52 Die Delegation konnte den Konflikt mit der bischöflichen Behörde beilegen. Müntzers Amtsführung ist davon kaum beeinflusst worden. Er war überzeugt, durch seine von Gott empfangene Amtsvollmacht zur konsequenten Verkündigung verpflichtet zu sein. In Folge dieser Gewissheit trat er in einem Schreiben vom 17. Januar an den Rat von Neustadt an der Orla für die unbedingte Gültigkeit des regulären Verlöbnisses eines Zwickauer Bürgers mit einer Neustädter Bürgerstochter ein, auch wenn sich die Absichten der Brautfamilie inzwischen geändert hatten.53 Im gleichen Auftragsbewusstsein soll Müntzer nach einem Bericht des Chronisten Schumann auch von der Kanzel dem Glauchauer Pfarrer Magister Johannes Stehr (Sterr) und anderen Gegnern des Wortes Gottes den Kirchenbann angedroht haben, sofern sie sich nicht bekehrten. Stehr war bis zum Wechsel in das Glauchauer Pfarramt Prediger an der Katharinenkirche gewesen und hatte hier noch im Mai 1520 das Lehen Petri et Pauli erhalten.54
Städtische Spannungen und Müntzers Wirken Immer wieder ist – auch in wissenschaftlichen Darstellungen – behauptet worden, die Situation in Zwickau sei »recht chaotisch« gewesen.55 Das lässt sich durch Quellen nicht belegen, obgleich sie durchaus über vielfältige Spannungen berichten. Im Herbst 1520 verunsicherte beispielsweise die Pest die Bürger. Der Rat sah sich am 24. Oktober genötigt, die genaue Einhaltung der Stadtordnung zu beschließen und diese am 18. November unter Berufung auf den Landesherrn der versammelten Bürgerschaft einzuschärfen.56 Den Tuchmachern wurde auf Antrag ihrer Meister für die Zeit »der sterbslauften« für ihr Siechenhaus die Geschosszahlung erlassen, weil sie es vor allem für Pestkranke nutzten.57 Protest gab es bei der beschlossenen Verlegung des Friedhofs nach außerhalb der Stadtmauer. Sie musste teilweise zurückgenommen werden. 108
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Auch gärte es in einigen Handwerkerzünften. Der Rat sah sich im November genötigt, sich in einen Streik der Gerbergesellen gegen ihre Meister einzuschalten. Im Monat darauf bemühte er sich, ähnliche Bestrebungen bei den Bäckergesellen zu verhindern. Wiederum einen Monat später hatte er mit den Tuchmachern über einige Forderungen zu verhandeln, vor allem über eine Revision der sogenannten Tuchmacherartikel.58 Zu Kontroversen kam es in der Bürgerschaft zudem über die städtische Schulpolitik.59 Selbst das Bemühen, die Pfarrstelle von Dr. Große an St. Marien mit einem residierenden Vertreter der neuen Lehre neu zu besetzen, ging nicht so einfach vonstatten, wie es der Rat vorgesehen hatte. Obgleich Große sich bereitgefunden hatte, gegen eine Abfindung auf sein Amt zu verzichten, schickte er im November 1520 den bereits erwähnten Conventor Löhner als seinen Stellvertreter nach Zwickau. Darauf bat der Rat die Landesherren um Hilfe, die ihm auch nicht versagt wurde. Löhner scheint sich nicht nur mit Müntzer verständigt zu haben, er verhandelte auch im Sinn des Rats in Zeitz mit. Das war offenbar seine letzte Zwickauer Amtshandlung, denn an dem Tag, an dem der Stadtkämmerer die Auslagen für die Verhandlung in Zeitz verbuchte, notierte er auch die Abfindung von 10 Gulden, die Löhner nach einer Verhandlung des Amtshauptmanns von Weißenbach erhielt. Der Rechnungseintrag wurde mit der Begründung versehen, dass die Pfarrstelle jetzt Magister Nikolaus Hausmann erhalten habe. Darum habe Löhner »von der Conventerey sich abscheiden mussen«.60 Völlig problemlos ist die Neubesetzung der Pfarrstelle wohl nicht verlaufen, denn der Rat beschloss am 14. Januar 1521 eine Einzelbefragung der Ratsmitglieder und der Gemeindevertreter sowie eine schriftliche Aufzeichnung der Äußerungen, um sie bei der Entscheidung »nach notturft furzutragen«.61 Müntzers Name erscheint in den Quellen über die unterschiedlichen Spannungen und Kontroversen nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass seine kompromisslose biblische Verkündigung davon nicht unberührt blieb. Einen ersten Beleg bietet der Ratsbeschluss vom 9. Januar, in dem der Stadtvogt Simon Sanger beauftragt wurde, bei Müntzer zu erkunden, ob er jemanden kenne oder verdächtige, »der yme nachtrachte zu beschedigen« oder ihm Schandzettel ins Haus geworfen habe.62 Am 16. Februar, als der Konflikt zwischen Egranus und Müntzer schon seine Wellen schlug, 109
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beschloss der Rat, den Sohn des Kirchners an der Katharinenkirche nachdrücklich über die Täter zu befragen, die Müntzer die Fenster eingeworfen hätten. Ein Ergebnis ist nicht bekannt.63 Schon Anfang Februar ging Müntzer nicht mehr in die Marienkirche, um Egrans Predigt zu hören, da ihm dort Tag und Nacht Hinterhalte gelegt worden seien, bis die Gegnerschaft offen ausgebrochen sei. Daran erinnerte er später Nikolaus Hausmann, der bei einem Zwickaubesuch davon Kenntnis erhalten habe.64 Der im Handel tätige Hans Sommerschuh d. J., der als Gemeindevertreter 1516/17 am Protest der Bürger, als dem Rat die Huldigung verweigert wurde, beteiligt war und der wie sein Schwager Stella zu Müntzers treuen Predigthörern zählte, bestätigt feindliche Reaktionen auf Müntzers engagierte Mahnung, auch unter Anfeindung beständig im Wort Gottes zu bleiben. In einem Brief an Müntzer in Prag erwähnt er, dass ihm einmal in einem Gespräch mit dem Prediger in dessen »stublein« der Gedanke gekommen sei, dass die Verkünder der Wahrheit stets verfolgt worden seien: die Propheten, Christus, die Apostel und die Märtyrer.65 Vermutlich aus Ratskreisen waren schon im Januar Bedenken gegen Müntzers Predigten, die von einigen als rücksichtslos oder zumindest bedrängend empfunden wurden, nach Wittenberg gelangt. Der befreundete Johann Agricola teilte ihm das besorgt mit.66 Müntzer wies die Vorwürfe vehement zurück und bediente sich dabei in seiner Polemik teilweise der gleichen biblischen Wendungen wie schon in seinem Brief an Luther gegen die Franziskaner. Seine Reaktion ist allerdings nur aus der Antwort Agricolas zu rekonstruieren, in der Müntzer zwar in den Formeln der Briefrhetorik als christlicher Theologe angesprochen wird, die Kritik jedoch an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Agricola verschweigt nicht, wie der Brief auf ihn gewirkt hat. Die wachsende Erregung des Schreibers, die Großsprecherei, die Maßlosigkeit und der trotzige Sinn habe ihn befremdet. Die Unterstellung, sie seien in Wittenberg vom Taumelgeist des schmeichlerischen Zwickauer Informanten getäuscht worden, weist er zurück. denn den Kritikern liege daran, dass Müntzer zum rechten Weg zurückfinde. Die Polemik gegen Egranus verstehe er. Hierin sei er grundsätzlich mit Müntzer einer Meinung, weil dieser auch für ihn in der wahren, das heißt in der reformatorischen Theologie ein Kind sei. Der Punkt des Anstoßes sei jedoch, dass Müntzer seinen 110
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Dienst der Verkündigung missbrauche und Vertreter anderer Auffassungen ohne Rücksicht auf Rang und Stand sogar mit Namen nenne. Die von ihm Beschuldigten hätten die Worte aus Apostelgeschichte 9,1 über Saulus zitiert, von dem es heißt, er sei nur auf Mord und Blutvergießen aus. Offenbar hat Müntzer gegenüber Agricola auch angedeutet, er sehe sich nicht verpflichtet, seine Verkündigung vor einer weltlichen Instanz zu rechtfertigen. Wahrscheinlich hat er seine Überlegung erwähnt, sich nach dem Beispiel des Paulus in Damaskus den Nachstellungen durch Flucht zu entziehen. Diese Erwägungen lässt Agricola nicht gelten. Er fordert Müntzer vielmehr auf, die Sache des Glaubens weiter konsequent unter Einsatz des ganzen Lebens zu vertreten, aber ohne den persönlichen Hass, der auch aus seinem Brief spreche. Wie Agricolas Ermahnung auf Müntzer gewirkt hat, ist unbekannt. Sie scheint das Ende einer Freundschaft eingeleitet zu haben. Vermutlich sind sich die beiden reformatorischen Theologen später mindestens noch einmal begegnet.67 In seinem Brief an Luther aus Allstedt vom 9. Juli 1523 schloss er Agricola in die Grüße an die Wittenberger Theologen schon nicht mehr mit ein.68
Auseinandersetzung mit Egranus Warum Müntzer sich verpflichtet sah, der Verkündigung von Egranus entgegenzutreten, offenbaren die eigenhändig aufgezeichneten »Propositiones probi viri D. Egranus«. Diese »Thesen des vortrefflichen Mannes, Herrn Egranus« geben aber Rätsel auf. Sie sind mit Ergänzungen versehen, ihre Zählung ist fehlerhaft, und eine logische Gliederung ist auch nicht zu erkennen. Das hat immer wieder zu Spekulationen geführt, bis hin zu der Behauptung, sie seien eine reine Erfindung Müntzers. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass ein Großteil der Aussagen in der Sache und einige sogar mit wörtlichen Anklängen bei Egranus zu finden sind, wenn auch meist aus der Zeit nach der Zwickauer Tätigkeit. Allgemein wird inzwischen angenommen, dass es sich um eine Sammlung von Thesen des Egranus handelt, die Müntzer aus dessen mündlichen oder schriftlichen Äußerungen zusammengestellt hat. Es sind Referate über einige Hauptgedanken Egrans, an denen Müntzer ein gewisses Interesse hatte.69 111
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Nicht sicher ist, in welchem Ausmaß Müntzer die Propositionen einfärbte, zu welchem Zweck er sie notierte und ob die Niederschrift noch in Zwickau entstand. Er hat sich auch danach noch mit den Gedanken von Egranus befasst, wie seine Kritik an dessen Schrift über die Beichte von 1522 belegt.70 Bei der 21. These ist kein Zweifel möglich, dass Egranus sie in Zwickau vertreten hat, denn sie ist in ihrem Kern nahezu wörtlich mit dessen Predigt vom 2. Februar 1521 identisch und wurde Müntzer von einem Hörer übermittelt: »Allein die Apostel hatten den Heiligen Geist.« Seitdem sei die auf dem Fundament der Apostel stehende Kirche für den Glauben zuständig. Müntzer reagierte darauf empört mit dem Vorwurf der Gotteslästerung, die nicht geduldet werden dürfe.71 Schon in seinem Schreiben an das Neustädter Stadtregiment hatte er sich für seine seelsorgerliche Autorität in der Nachfolge Christi auf das Wirken von Gottes Geist berufen. Dieses historisch zu begrenzen griff nach seinem Verständnis die Grundlagen des lebendigen christlichen Glaubens überhaupt an. Völlig unakzeptabel war offenbar für Müntzer auch das Christusverständnis von Egranus, wie es vor allem die Thesen 1 bis 5 wiedergeben. Wiederum geht es um eine historische Begrenzung, wenn Christus erst seit der Zeit des Neuen Testaments als Erlöser gelten solle. Nach Egranus vermittle sein Leiden die Heilsgewissheit und disponiere die Gläubigen, gute Werke zu tun. Die Leidensnachfolge jedes Glaubenden werde nicht erwartet. Für Müntzer war jedoch die Aufforderung, dem bitteren Christus nachzufolgen, wie er später in Allstedt formulierte, unverzichtbar für jeden, da man nur auf diese Weise zum wahren Glauben durchdringen könne.72 Wenn diese Überzeugung für Müntzer auch erst nach der Zwickauer Zeit durch Quellen eingehender belegt ist, war sie für ihn bereits 1520/21 konstitutiv. Sie wurzelte im frühreformatorischen Wittenberger existentiellen Verständnis des Evangeliums als Zuspruch und Anspruch. Durch Müntzer erfuhr sie noch eine besondere Ausprägung, wie sie sich in Abgrenzung zur 11. These von Egranus widerspiegelt. Wiederum vertrat Egranus das humanistische historische Anliegen, jede Bibelstelle sei für sich in ihrem einfachen Sinn zu verstehen, ohne dass Geistliches mit Geistlichem verglichen werde.73 Müntzer hatte jedoch eine Paulusaussage in 1. Korinther 2,13 nach der lateinischen Vulgata im Blick, die für sein Ver112
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ständnis der biblischen Texte (Hermeneutik) grundlegend war, der aber Egranus widersprach.74 Für Müntzer war der »geistgeleitete« Umgang mit der Bibel entscheidend. Er hämmerte immer wieder ein, dass sich nur dem Geisterfahrenen der wahre Sinn der Heiligen Schrift erschließe. Dazu sei es nötig, »im Leiden Gottes Werk an sich [zu] erdulden und dadurch mit Christus gleichförmig [zu] werden«.75 Erst dann würden sich die scheinbaren Widersprüche in den biblischen Aussagen auflösen und ein Ausgleich in der Erkenntnis von Gottes Ernst und Gottes Güte möglich werden. In Varianten dürfte Müntzer auch bei den übrigen Thesen von Egranus aus seinem existenziellen Glaubensverständnis die kognitiv historisierende und auf die Ethik zielende Tendenz des humanistischen Predigers alarmiert haben. In dessen 7. These brachte ihn wohl die Konsequenz für die Gemeinde besonders auf, weil hier behauptet wird, für Laien und Ungebildete genüge es, sich an die Erfahrung zu halten, die in der Bibel beschrieben werde. Eigenes Erleben sei genauso wenig erforderlich wie eigene Urteile über den Glauben. Diese seien den zuständigen Experten vorbehalten. Müntzer konnte sich nicht enthalten hinzuzufügen: »den Unerfahrensten«.76 Nur in dieser These schimmert durch, dass der Lehrkonflikt der beiden Theologen auch Folgen für die Gemeinde hatte. Diese Sorge beschäftigte den Zwickauer Rat seit Jahresbeginn 1521 zunehmend. Am 16. Februar, an dem beschlossen wurde zu untersuchen, wer Müntzers Fenster zerstört hatte, entschied er auch, beide Prediger vorzuladen und sie mit Nachdruck zu ermahnen, ihre »irrungen und gebrechen« gütlich zu klären, um »ergernus und ufrur« zu vermeiden.77 Als das nichts fruchtete, unternahm vermutlich einige Zeit später Amtmann Weißenbach mit einer Vorladung auf das Schloss einen weiteren Schlichtungsversuch. Dabei brachte Egranus vor, dass Müntzer ihn auf der Kanzel verteufle und auch sonst in Gesellschaft über ihn herziehe. Angesichts dieser Vorladung soll er ihn ebenfalls »lesterlich […] zugericht[et]« haben, wie ihm Egranus in einem ironischen Brief vorwarf. In diesem versicherte er zugleich, er werde die Beleidigungen ohne Erwiderung als das Kreuz hinnehmen, das ihm Müntzer doch schon lange gewünscht habe. 113
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Einige spitze Bemerkungen konnte Egranus dennoch nicht unterdrücken. Er vermutete, dass Müntzer durch seinen Geist über die Kreuzestheologie belehrt worden sei. Diesem Geist solle er ruhig weiter folgen, aber sich an die Wahrheit halten, die Gott selber sei, damit »der einfeltige nicht mocht in irthum kommen«. Außerdem weist er darauf hin, er habe den Brief in deutscher Sprache geschrieben, weil er spüre, dass Müntzers »geist ein vorachter [Verächter] ist der kunst und aller schrift«, das heißt der Wissenschaft und der biblischen Texte.78 Für Müntzer dürfte Egranus mit seinen Äußerungen nur erneut unter Beweis gestellt haben, dass er für das existentielle Glaubensverständnis, das für jeden Christen gelte, kein Gespür hat.
Der Predigerkonflikt und die Gemeinde Das Bedürfnis von Gemeindegliedern nach einer vertieften persönlichen Frömmigkeit angesichts des deutlich spürbaren Wandels kirchlicher und weltlicher Verhältnisse war Egranus sicher nicht fremd. Wie sein Umkreis kannte er das Gerede in der Stadt, Müntzer sammle nach biblischem Vorbild einen engeren Kreis von 12 Aposteln und einen weiteren von 72 Jüngern um sich. Sie sollen sich aus der Handwerkergruppe der Tuchmacher, die meist der mittelbürgerlichen Schicht angehörten, und vor allem ihren Knappen rekrutiert haben. An der Katharinenkirche hatten sie mit der Fronleichnamsbruderschaft ohnehin eine organisatorische Basis, die bisher nur unzureichend erforscht worden ist. Genaueres ist allein über die Stiftungen, ihre Beteiligung an der vorreformatorischen Frömmigkeits praxis und dem Bemühen um eine Absicherung und Betreuung der Mitglieder in Alter und Krankheit bekannt.79 Von Müntzer gibt es über seine Hörer während seiner Tätigkeit an St. Katharinen keine schriftliche Äußerung. Erst nachdem er die Stadt verlassen hatte, scheint sich der Rat mit der angeblichen Existenz einer »geheimen Bruderschaft« aus dem Kreis um Müntzer beschäftigt zu haben, aber auch dann zunächst nur zögerlich. Nikolaus Hausmann, seit Mai 1521 Zwickauer Pfarrer, berichtet in dem Hilfeersuchen der Zwickauer Geistlichen an den Kurfürsten vom 18. Dezember wegen des »unchristliche[n] ketzerische[n] vorpundtnuß«: Der regierende Bürgermeister Laurentius Bärensprung habe sich bereits vor 114
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einem halben Jahr bemüht, seine Ratskollegen zu überzeugen, dagegen vorzugehen. Er habe aber »kein hulf« erhalten, sondern sei von einigen Ratsmitgliedern, »die der sachen anhengig« seien, daran gehindert worden.80 Im Ratsbeschluss vom 1. Januar 1522 wurde diese Klage durch den Ausschluss der beiden Ratsmitglieder Nickel Parth und Christoph Kuhn von den Sitzungen bis zur Leipziger Messe bestätigt. Vor ihrer Wiederzulassung sollten sie »der sachen halber« mit Ernst ermahnt werden.81 Über Müntzers Verhältnis zu dem Laienkreis ist im Einzelnen nichts Verbürgtes bekannt. Ob die zuerst von seinen Gegnern verbreitete Nachricht, er habe am 10. April 1521 früh um drei Uhr aus seinem Haus »Feuer, Feuer!« geschrien, um seinen Anhang zu mobilisieren, weil er sich bedroht sah, ist nicht zu klären. Der erste Chronist, der das Ereignis erwähnt, enthält sich einer Interpretation. Spätere Autoren haben es immer wieder aus ihrer Zeit heraus gedeutet.82 Fest steht nur, dass sich der Konflikt mit Egranus damals zuspitzte. Vier Tage darauf, am Sonntag Misericordias domini, dem 14. April, wurden an den Türen der beiden Pfarrkirchen und des Franziskanerklosters »Schandbriefe« angeheftet, die sich in 89 gereimten Versen gegen Egranus richteten. Die ursprünglich drastische Methode, auf diese Weise einen säumigen Schuldner zur Zahlung aufzufordern, und zwar im Rahmen der gewohnheitsrechtlichen Regelung der freiwilligen Gerichtsbarkeit, fand als Kampfmittel längst auch in anderen Konflikten Verwendung. Aus der Überzeugung, die rechtmäßige Position zu vertreten, wurde der Gegner rücksichtslos an den Pranger gestellt.83 Außer Egranus wird kein weiterer Name genannt. Der Verfasser begnügt sich mit dem ironischen Hinweis, er sei der Geringste der 72 Jünger, die Egranus dem Meister, das heißt Müntzer, angedichtet habe. Dieser wird im Gedicht als »Gottes knecht« bezeichnet, »der da predigt wol und recht« und von Egranus verfolgt werde.84 Er strebe im Gegensatz zu seinem Kontrahenten weder nach Gut noch nach Geld, sei auch nicht ungelehrt und predige kein »falsch kreuz«, während Egranus geradezu leidensscheu sei.85 Die Anhänger von Egranus waren nicht gewillt, diese Beleidigung hinzunehmen. Am nächsten oder übernächsten Tag antworteten sie mit einem ebenfalls gereimten Gedicht von 106 Versen, das als boshafte Reimchronik angelegt ist.86 Schon die Eingangsverse enthalten den zentralen Vorwurf: 115
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»O Thoma Müntzer du heylier man Wan dich der schwirmig geyst komt an So predigst das creutz mit grossem vleys.«87 Müntzers Überzeugung von der Gegenwart des Heiligen Geistes wird in den weiteren Versen als Quelle aller Anstöße identifiziert, die seine Verkündigung erregt habe: die Kreuzespredigt, die hasserfüllte und lügenhafte Kanzelpolemik, der blutdürstige Verfolgungsdrang, das Streben nach Zwietracht und Aufruhr. Als Folge dieser Gesinnung werden unter anderem Müntzers Polemik gegen die Mönche, die Eheseelsorge und die Tätlichkeit gegen den Marienthaler Pfarrer genannt. Da der anonyme Verfasser zu wissen vorgibt, dass Maßnahmen gegen dieses Treiben zu erwarten seien, rät er Müntzer abschließend: »dreh dich davon«.88 Nur zweimal erwähnt der Spottdichter Müntzers Jünger, mit deren Rat er den Schandbrief gegen Egranus verfasst habe, aber Namen nennt er nicht. Erst der anonyme Kompilator der »Historien von Thomas Müntzer« und die städtischen Chronisten teilen Einzelheiten über den Anhängerkreis mit, der sich um den Prediger zu St. Katharinen gesammelt habe: Die »knapperey [habe] sich zu im gehalten, [er habe] mit ihn[en] mehr conventicula gehalten, dan bey wirdiger priesterschaft«. Besonders herausgehoben habe er »eynen mit nahmen Nickel Storch«, den »er so groß auf der cantzel auspleseniert [vorgestellt habe], in fur alle priester erhaben [ihn über alle Geistlichen erhoben]« als den Einzigen, der die Bibel besser kenne und durch den Geist Gottes tiefe Einsichten besitze. Storch habe auch bezeugt, dass Müntzer fürwahr den Heiligen Geist besitze. Daraus sei »die unart« entstanden, »das Storch sich unterstanden, neben Thoma winckelpredigten« zu halten, wie das bei den Hussiten üblich gewesen sei. Müntzer habe Storch auch die Kanzel zugestanden und gefordert, »die leyen mussen unser prelaten und pfarrer werden und rechenschaft nehmen des glaubens«. Dadurch sei die Redewendung »Secta Storchitarum« entstanden.89 Diese Schilderung setzt Kenntnisse voraus, die erst ans Licht kamen, als Müntzer die Stadt verlassen hatte.90 Seine enge Verbindung zu der konventikelartigen Gruppe seiner Predigthörer, auch zu Storch, wird erst durch seinen fragmentarisch erhaltenen Briefwechsel während der Vorbereitung der Böhmenmission bestätigt.91 116
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Den Zwickauer Rat haben zunächst weniger die Nachrichten über die besonderen Glaubensanliegen dieser Gruppe beunruhigt. Ihm ging es vor allem darum, dass die Ruhe und Ordnung der Stadt nicht gefährdet werden. Als die Anhänger von Egranus ebenfalls mit einem »Schandgedicht« an die Öffentlichkeit traten, konnte er sich dem Entschluss von Amtmann Weißenbach nicht entziehen, Müntzer als Verursacher des Schandgedichtduells umgehend vorzuladen. Die Quellen verschweigen, was bei der Verhandlung im Einzelnen geschehen ist und wie Müntzer sich verteidigt hat. Nur die Entlassung des Predigers und die Auszahlung des zustehenden Solds von 25 Gulden aus der städtischen Kämmerei und von fünf Gulden aus der Kirchenfabrik von Katharinen, der kirchlichen Vermögensverwaltung, sind eindeutig belegt.92 Müntzer dürfte von seiner Entlassung nicht überrascht worden sein und emotional vehement darauf reagiert haben, wie es später in Allstedt geschah, als der Rat ihn auf Druck des Landesherrn fallen ließ.93 Wahrscheinlich hatte er sich im Zug der Auseinandersetzung mit den Franziskanern und erst recht
Abb. 22: Quittung Müntzers über erhaltene Bezüge in Zwickau vom 16. April 1521
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mit Egranus, aber auch angesichts der Resonanz bei den nach dem wahren Glauben und dessen Gestaltung sehnsüchtigen Predigthörern innerlich schon vom lokal begrenzten Verkündigungsauftrag gelöst. Das belegt der sendungsbewusste Zusatz zu seiner Unterschrift unter die selbstbewusst in der lateinischen Gelehrtensprache verfasste Gehaltsquittung: »qui pro veritate militat in mundo« (der für die Wahrheit kämpft in der Welt).94 An dem Tag, an dem Luther in Worms eintraf, um für das neue Evangeliumsverständnis vor Kaiser und Reich einzustehen, bezeugte Müntzer vor den lokalen Zwickauer Autoritäten gleichfalls seinen neu verstandenen Verkündigungsauftrag. Wo er anzusetzen hatte, wusste er. Noch in seiner Zwickauer Endphase beschäftigte ihn der Gedanke einer reformatorischen Mission in Böhmen. Erst spät ist das Fragment eines Sendbriefs an die Räte der böhmischen Städte entziffert worden, dessen Text er im Nachhinein teilweise unkenntlich gemacht hat. Ausgestattet mit zwei akademischen Titeln, bietet er als Prediger der Stadt Zwickau den gottesfürchtigen Ratsherren und Verächtern der römischen Tyrannei seine Hilfe an, um alle Bastionen gegen den Geist Gottes zu zerstören.95 Dieses Vorhaben war zwar Storch und einigen engen Mitarbeitern bekannt, wahrscheinlich aber nicht allen seinen Anhängern. Diese gerieten nach Müntzers Entlassung in Erregung und versammelten sich im Haus des Tuchmachers Wolf Burkhart in der Burggasse. Der Rat erhielt davon Kenntnis und ließ 56 Tuchknappen festnehmen, denen vorgeworfen wurde, sie hätten »eine pose meuterei anrichten« wollen. Sie erklärten jedoch, sie wollten Müntzer nur das Geleit geben, wenn er die Stadt verlasse. Da ihnen das Gegenteil offenbar nicht nachgewiesen werden konnte, wurden sie am nächsten Tag wieder freigelassen. Einige der »furnembsten«, vor allem Storch, konnten sich der Verhaftung entziehen.96 Müntzer war von der spontanen Aktion seiner Anhängerschaft nicht unterrichtet. Er bereitete offenbar die Abreise nach Böhmen vor und suchte noch einmal die mit der Stiftung des Altars St. Maria Magdalena in der Katharinenkirche verbundene Badestube auf.97 Dort wurde er über die Aktion informiert. Luther gegenüber beteuerte er 1523 von Allstedt aus, er sei ahnungslos gewesen, und ihm sei es zu verdanken, dass in der Nacht nicht der ganze Rat getötet worden sei.98 Mag Müntzer sein Eingreifen auch übertrieben haben, völlig erfunden dürfte es nicht sein. Immerhin gefährdete die Aktion der Tuchknappen 118
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den Plan der Böhmenmission. Die nachgetragene Behauptung des Spottdichters aus dem Anhang von Egranus, Müntzer sei nach der Verhaftung der Tuchknappen noch nachts aus der Stadt geflohen, wirkt wenig glaubhaft.99
Müntzers theologische Position im Umriss Überzeugt, durch Christus zur Verkündigung des von Luther wiedererschlossenen Evangeliums berufen zu sein, begann Müntzer seinen Dienst in der wichtigen kursächsischen Stadt. Sein brieflicher Nachlass gibt nur punktuell und eher zufällig Auskunft über seine persönliche Situation. Dazu gehört die Information über einen engeren Kontakt zu dem Schüler der Griechischen Schule Ambrosius Emmen aus Jüterbog, der sein Famulus und Wegbegleiter wurde, ebenso die über sein Bemühen, Pensionsschüler bei sich aufzunehmen, das in die Zeit seiner Tätigkeit an der Katharinenkirche fiel.100 Ähnlich verhält es sich mit der fragmentarischen Nachricht über den Konflikt mit seinem Vater, der ihm nach dem Tod der Mutter das zustehende Erbe vorenthalten wollte.101 Auch seinen in der Zwickauer Geistlichkeit noch singulären Entschluss, das Braunschweiger Lehen aufzugeben, wird er in dieser Zeit vollzogen haben.102 Die Mehrzahl seiner Kontakte nach Wittenberg konzentriert sich ebenfalls auf die Phase als festangestellter Prediger an St. Katharinen. In Zwickau traf Müntzer vor allem bei der humanistisch gebildeten Elite, die auch im Rat vertreten war, auf eine romkritische und für die frühreformatorische Bewegung offene Gesinnung. Egranus hatte mit seiner Traditionskritik und reformbetonten Verkündigung entsprechend vorgearbeitet. Georgius Agricola begnügte sich zudem nicht mit seinen frühen lateinischen Distichen gegen den Ablass. Nur zwei Tage nach Müntzers zweiter Predigt, am 22. Mai 1520, schloss er die Arbeit an seinem lateinischen Grammatikbüchlein für den Elementarunterricht ab, das vermutlich im Herbst im Druck erschien. Unter den Beispielen für die Anwendung der Präposition findet sich für »ante« der Satz: »Vor sehr wenig Jahren kauften wir den Himmel mit Münzen.« Dann folgen noch andere erstaunliche Formulierungen: Zu 119
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»Adversum« heißt es: »Gegen die Unterdrücker der Wahrheit muss man mit tapferem Christenherzen kämpfen«; zu »Pone«: »Hinter den Schranken [des Altars] stehen die begierigen Hörer des göttlichen Wortes [das heißt die Laien]; zu »Praeter«: »Außer dem gekreuzigten Christus wird nicht leichthin ein Prediger etwas dem Volk verkündigen.«103 Es verwundert nicht, dass Müntzer gegenüber Luther ausdrücklich Agricola als seinen Unterstützer nennt. Den gekreuzigten Christus zu verkündigen verstand er ja als den Kern seiner Aufgabe, und darin wusste er sich auch mit Luther einig. Das klingt in seinen annotierten Thesen des Tiburtius zumindest an. Ob er jedoch den Sinn von Luthers bekannter Formel »theologia crucis« wirklich angemessen aufnahm, könnte bereits hier gefragt werden. Als Luther beispielsweise in seiner lateinischen Adventspostille von 1521 schrieb, die ganze Heilige Schrift sei nichts anderes als ein Wort des Kreuzes und eine Ermahnung, das Kreuz zu tragen, verankerte er diese Aussage nicht zufällig in der Auslegung von Römer 15,4, in der zur Geduld gemahnt wird. Luther ist der Meinung, auch die »tolerantia infirmorum« (das Ertragen der Schwachen) gehöre zum Kreuz.104 Von dieser Konsequenz findet sich in der Zwickauer Zeit bei Müntzer nichts. Von einer engen Verbindung der Kreuzestheologie mit dem Heiligen Geist war in Müntzers Auseinandersetzung mit den Franziskanern noch nicht die Rede. Im Konflikt mit Egranus wurde sie dann zu einem zentralen Thema, da es um den Weg zum wahren Glauben bei jedem Christen geht. Bei Luther tritt der Heilige Geist erst seit seiner Auseinandersetzung mit den entstehenden Abweichlern im eigenen Lager, die traditionell mit dem Begriff »Schwärmer« bezeichnet werden, als theologisches Thema zurück, beziehungsweise wird er fest mit dem Wort verbunden.105 Auch bei dem Spitzensatz in Luthers Auslegung des »Magnificat« von 1521, »Es mag niemant got noch gottes wort recht vorstehen, er habs denn on mittel von dem heyligen geyst«, steht diese Bindung an das Wort noch im Hintergrund.106 Die auf Erneuerung drängende Tendenz im Rechtfertigungsverständnis des jungen Luther hat die Theologen seines Umkreises stark beeindruckt. Nicht nur Karlstadt gab ihr ein eigenes Profil, sondern auch Melanchthon und Johann Agricola. Melanchthon formulierte schon in seiner Glaubenslehre für den reformatorischen Aufbruch, den Loci communes von 1521, 120
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gleich in der Widmungsvorrede an den Stolberger Pfarrer Tileman Platner, der damals als stellvertretender Rektor der Wittenberger Universität amtierte, geradezu apodiktisch: »Weil dann die erkäntnuß der göttlichen und hailigen ding ain prophecei, weissagung und ain anwehung oder gunst und gnad des göttlichen gaists ist, ei, warumb befleissen wir uns dann nit an die art der schrift, lehre und kunst, dürch welche der hailig gaist in uns kumpt?« So hat Georg Spalatin den lateinischen Text übersetzt.107 Müntzer könnte ebenfalls noch unter dem Einfluss dieses Geistverständnisses der Wittenberger frühreformatorischen Bewegung gestanden haben, als er nach Zwickau kam. Angesichts der historisierenden Geistauffassung von Egranus sah er sich spätestens jetzt genötigt, den gegenwärtig wirkenden Geist Gottes hervorzuheben, zumal dieser nach seiner Überzeugung in der Kreuzesnachfolge den wahren Glauben eines jeden Christen bewirkte. Eine Reihe weiterer theologischer Auffassungen von Egranus alarmierten bald Müntzers Wachsamkeit: die generelle Abwertung des Alten Testaments, das nur die Juden betreffe, aber auch die Meinung, die Sündenvergebung geschehe ohne Buße (poena), denn es genüge die Herzensreue (contritio cordis), weil sich der Mensch selbst aus eigner Kraft erkenne.108 Luthers Überzeugung, dass die Heilige Schrift ihr eigener Interpret und Gott nicht im schriftlichen Wort, sondern in der mündlichen Verkündigung präsent sei, war gegen Rom gerichtet. Müntzer dürfte sie im Wesentlichen noch geteilt haben, zumal eine Abgrenzung gegen das historisierende humanistische Bibelverständnis in Wittenberg noch kaum im Blick war.109 Vor diese Aufgabe sah sich Müntzer jedoch in Zwickau gestellt. Er nahm wahr, dass Egranus den paulinischen Anspruch ablehnte, von Gottes Geist belehrt sei Geistliches mit Geistlichem zu vergleichen. Die alternative humanistische Forderung, der einfache Sinn jeder Bibelstelle sei für sich zu beachten, hat Müntzer nicht nur erregt, sondern zu einer Art Gegenhermeneutik motiviert. Vielleicht war sie in Ansätzen ohnehin schon bei ihm vorhanden. Es ging Müntzer um die »Überwindung des stückwerkischen Schriftgebrauchs« und damit um den »Ausgleich von Ernst und Güte Gottes« sowie die Interpretation der ganzen Bibel als Einheit. Ausgeformt ist das erst in den Quellen der Allstedter Zeit eindeutig nachweisbar, konzentriert in den beiden Predigtentwürfen von 1523.110 Für die Annahme, er könnte 121
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zu seiner Methode der Schriftvergleichung in Zwickau im Kreis um Nikolaus Storch angeregt worden sein, fehlen entsprechende Belege, noch dazu, wenn mit diesem Schriftverständnis gar taboritische Einflüsse verbunden werden.111 Für den durch Müntzers Verkündigung geprägten Storchkreis liegen aus der Zwickauer Zeit Müntzers keine entsprechenden Quellen vor, von den Spottgedichten und den weitgehend davon beeinflussten Chronikäußerungen abgesehen. Weder mystisches Vokabular noch apokalyptische Erwartungen sind in Müntzers Zwickauer schriftlichen Zeugnissen zu finden. Darin muss sich seine theologische Position nicht vollständig widerspiegeln, woran der erwähnte Zusatz zur Unterschrift unter seiner letzten Gehaltsquittung erinnert. In ihm klingt die apokalyptische Dimension seines Sendungsbewusstseins zumindest an.
Apokalyptische Erwartungen Apokalyptische Erwartungen oder Ängste sind einer breiten Öffentlichkeit durch Medien vertraut. Sie sind in der final ausgerichteten jüdischchristlichen Denktradition verwurzelt, wenn auch ein Zusammenhang oft kaum noch erkennbar ist. Literarisch lassen sie sich in der Zeit vom dritten vor- bis zum ersten nachchristlichen Jahrhundert als Apokalypsen nachweisen. Über die literarische Form, über ihre Entstehung und Interpreta tion gibt es jedoch keine einheitlichen Erkenntnisse.112 Vermutlich hat die Apokalyptik das Erbe der alttestamentlichen Prophetie angetreten, wurde aber weniger durch konkrete Ereignisse oder Situationen veranlasst, sondern war auf eine umfassende Sicht der Gegenwart und Zukunft ausgerichtet. Im Sinn der ursprünglichen Bedeutung des griechischen Wortes »Apokalypsis« wurde den gläubigen Lesern enthüllt und offenbart, was aus der Sicht Gottes insgesamt zu erwarten ist, was sich von daher gegenwärtig in Wahrheit ereignet, aber auch, weshalb es zu dieser Situation gekommen ist. In der jüdischen Geschichte geschah das erst in spannungsreichen Zeiten. Neben jüngeren Teilen in den Prophetenbüchern des Alten Testaments ist vor allem das Danielbuch mit seiner endzeitlichen Folge von vier Weltreichen von Einfluss gewesen, aber auch das vierte Buch Esra. Es entstand erst um 100 nach Christus und wurde in die lateinische Bibel, 122
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die Vulgata aufgenommen. Vermutlich um diese Zeit entstand auch die Offenbarung des Johannes mit ihrer Ankündigung eines tausendjährigen Zwischenreiches (Chiliasmus). Im Mittelpunkt der Verkündigung Jesu stand die Zusage des Reiches Gottes, für die es sich zu entscheiden galt. Die apokalyptische Dimension ist jedoch ebenfalls in Gleichnissen und den Endzeitreden (Markus 13, Matthäus 24) präsent. Erst in der Alten Kirche und im Mittelalter entstand eine ausgeformte Konzeption der apokalyptischen Erwartungen mit wichtigen Elementen wie dem endzeitlichen Gegenspieler Christi, dem Antichristen, oder den Anzeichen des Jüngsten Gerichts. In Zeiten großer Spannungen und Veränderungen erhielten apokalyptische Erwartungen neuen Auftrieb, beispielsweise in der hussitischen Revolution. Auch der durch Luther ausgelöste Aufbruch der reformatorischen Bewegung wurde nicht selten als endzeitlicher Vorgang gedeutet. Luther war diese Überzeugung ebenfalls nicht fremd, vor allem als ihm 1519/1520 gewiss wurde, dass der Antichrist in der Gestalt der päpstlichen Institution das Zentrum der Christenheit in Besitz genommen habe. Müntzer wird diese Überzeugung zunächst geteilt haben. Während Luther sich aber im Gegenüber zur römischen Kirche darauf konzentrierte, den einzelnen Christen durch das verkündigte Evangelium aus dem überlieferten kirchlichen Heilssystem herauszulösen und zu einer eigenen Entscheidung für sein Heil frei zu machen, sah Müntzer darin bald eine Engführung. Sein ganzheitliches Bibelverständnis drängte ihm die Erkenntnis auf, dass nicht nur die Rettung des einzelnen Menschen, sondern der ganzen Welt auf dem Spiel stehe. Die Zeichen der Zeit deuteten nach seiner Überzeugung darauf hin, dass Gott dabei sei, sich seine Welt zurückzuholen. Dafür zu wirken, verstand er als seine Aufgabe. Er griff auf die apokalyptische Überlieferung der Bibel und der Kirchengeschichte zurück, ohne selbst als Apokalyptiker, als Verkünder einer eigenen apokalyptischen Konzeption, aufzutreten.113 Das ist zumindest für seine Zwickauer Endphase anzunehmen. Für die Frömmigkeit seines engeren Umfelds wird das nicht folgenlos geblieben sein. Was diese Veränderung in Müntzers Verkündigung bewirkt hat, ist nicht bekannt. Radikale hussitische Einflüsse sind immer wieder behauptet worden, obwohl hierfür keine Quellen vorliegen.114 Zu erinnern ist aber 123
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an die zunehmend gedruckten Prophezeiungen von Unheil in Flugschriften und Einblattdrucken um 1520/21,115 für Zwickau sicher auch an die Pestepidemie von 1520/21. Nikolaus Hausmann interpretierte sie noch in einer Denkschrift an den Zwickauer Rat von 1529 als Strafe Gottes.116 Reaktionen Müntzers auf zeitgenössische Ängste sind jedoch in dieser Zeit nicht nachweisbar. Eine Art Bekehrungserlebnis würde die Wandlung Müntzers am einfachsten erklären, doch keine seiner Äußerungen bietet dafür einen Anhaltspunkt.117 Die Frage nach den Gründen einer Wandlung in Zwickau muss genauso offen bleiben wie die, wie weit er sich mit seiner eigenen Akzentsetzung bereits von den Wittenberger Reformatoren entfernt hat. Nicht zu bezweifeln ist, dass sein Zwickauer Wirken für die frühreformatorische Bewegung insgesamt einen Einschnitt markiert. Nicht erst in Wittenberg, sondern bereits in Zwickau begann der innerreformatorische Differenzierungsprozess. Müntzer konzentrierte sich mit Nachdruck auf die Frage nach dem wahren Glauben. Das hatte auch korporative Konsequenzen für Hörer seiner Verkündigung, denn es führte zu einer bruderschaftlichen Sammlung der geistgeleiteten wahrhaft Gläubigen. Zugleich drängte die Verteidigung der eignen Erkenntnis zur Abgrenzung von allen, die den neuen Weg nicht mitgehen wollten. Das weltliche Regiment hielt sich in den strittigen Glaubensfragen zunächst zurück. Es wurde aber tätig, als es den Stadtfrieden in Gefahr sah und der Ruf der Stadt Schaden nehmen konnte.
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IV. »Die Zeit der Ernte ist da« Die Böhmenmission Müntzers Abwehr und Faszination »Böhmen« war in den frühen Jahren der reformatorischen Bewegung nicht nur eine geographische Bezeichnung, sondern auch ein bedeutungsvoller Begriff, der unterschiedliche Reaktionen auslösen konnte. Das Ketzerverdikt der Römischen Kirche gegen Jan Hus und seinen Anhang war nach wie vor in Geltung, aber der hussitische Sonderweg mit seiner Austeilung des Abendmahls in beiderlei Gestalt wirkte auf reformorientierte Kreise der Kirche immer wieder anziehend. Gerade in den Städten mit starken Handelsbeziehungen nach Böhmen konnte die ambivalente Einstellung zu Konflikten führen. So bereitete der Druck einer Landkarte Böhmens durch den tschechischen Arzt Mikulàš Klaudyan Anfang 1518 bei Hieronymus Höltzel in Nürnberg Schwierigkeiten, die erst nach der Prüfung durch einen Sachverständigen behoben werden konnten. Der Druck einer tschechischen Bibel ist dagegen zu dieser Zeit untersagt worden.1 Als die reformatorische Bewegung in Sachsen Fuß fasste, war Böhmen im Verlauf eines Jahrhunderts von der revolutionären hussitischen Bewegung nach vielen Schwankungen und gewaltsamen Aktionen politisch, gesellschaftlich und kirchlich umgestaltet worden, ohne den Rahmen einer Ständegesellschaft zu verlassen.2 Auch war die religiöse Entwicklung nicht geradlinig verlaufen. Schon früh waren die radikalen Taboriten vernichtet worden. Durch Gruppierungen und Abspaltungen hatte sich zu Anfang des 16. Jahrhunderts eine konfessionelle Gliederung ohne klare Abgrenzungen herausgebildet. In den südlichen Gegenden wurde am Papsttum festgehalten, und in den nördlichen Grenzregionen dominierten die Utraquisten mit dem Gebrauch des Laienkelchs. Diese zerfielen wiederum in die konsequentere Richtung der »Linksutraquisten« und die traditionalistischen Utraquisten, die den Ausgleich mit Rom suchten und im Prager Patriziat einen starken Rückhalt hatten. Daneben gab es die auf eine strikte bibelorientierte Frömmigkeit bedachten utraquistischen Böhmischen Brüder, deren Publizistik über die 125
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Landesgrenzen hinaus wirkte und die früh das Interesse der reformatorischen Bewegung auf sich zog.3 Lukas von Prag sorgte mit seiner lateinischen Verteidigung ihrer Lehre (Apologia Sacre scriptura) für die Verbreitung und Kenntnis ihrer theologischen Überzeugung. Der bereits erwähnte Mikulàš Klaudyan beförderte 1511 den Druck durch Hieronymus Höltzel in Nürnberg, der allerdings nicht konfliktlos verlief und Gegenschriften des Humanisten Jakob Ziegler sowie des Leipziger Theologen Hieronymus Dungersheim zur Folge hatte.4 Böhmische Humanisten bemühten sich bei ihren wissenschaftlichen Briefpartnern um eine differenziertere Schilderung der religiösen Situation ihres Landes. Jan Šlechta ze Vyšehrad (Johannes Slechta), Sekretär der königlichen Kanzlei, charakterisierte 1519 gegenüber Erasmus von Rotterdam vor allem drei Religionsparteien: die Päpstlichen, die Utraquisten und die »Pygharden«, das heißt die Böhmischen Brüder. Die Antwort von Erasmus fiel sachlich distanziert aus. Auch Klaudyan, der 1520 gemeinsam mit einem Glaubensbruder dem Humanisten in Antwerpen ein Exemplar der »Apologia« des Lukas übergab, erreichte nicht, dass er seinen Standpunkt änderte.5 In Luthers Verhältnis zu den Hussiten trat mit der Leipziger Disputa tion im Sommer 1519 eine Wende ein. Sein »Sermon von dem Hochwirdigen Sacrament, des heyligen waren Leychnams Christi« vom Dezember, in dem er für einen Konzilsbeschluss über die Einführung des Abendmahls in beider Gestalt eintrat, erschien wenige Monate später in tschechischer Übersetzung.6 Im Januar 1520 erwähnte Luther, dass er im Hinblick auf das Abendmahlsverständnis vom Hörensagen von drei unterschiedlichen Richtungen wisse.7 Erst als er durch die Böhmischen Brüder die Schrift von Jan Hus über die Kirche (De ecclesia) kennen gelernt hatte, gab er seine Vorbehalte gegenüber ihren Auffassungen auf, und er beteiligte sich sogar an der Verbreitung des ersten deutschen Drucks des Hustraktats. In seiner Schrift an den christlichen Adel vom Sommer 1520 warb er schließlich für die Interimslösung einer nationalkirchlichen Ausformung auf dem Weg zu einer neuen Einheit der Kirche.8 Müntzer hat Luthers frühe Schriften und dessen Urteile über die Böhmen gut gekannt. Über die hussitischen Artikel und ihre Verurteilung war er durch sein Studium der Akten der Reformkonzile in Konstanz und 126
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Basel informiert.9 In Jüterbog waren die Böhmen als bessere Christen bezeichnet worden. In Müntzers Hinterlassenschaft finden sich aber keine Anhaltspunkte, dass er genauere Kenntnisse von den komplizierten böhmischen Verhältnissen hatte. Gesichert ist jedoch, dass er zu denen gehörte, die mit »Böhmen« positive Erwartungen verbanden. Wenn ein tschechischer Chronist im 16. Jahrhundert angibt, schon in Zwickau hätten an die 500 Menschen von Müntzer das Abendmahl in beiderlei Gestalt empfangen, dann ist das eine Legende.10 Dasselbe trifft auf die traditionelle Behauptung zu, Müntzers Zwickauer Anhang, vor allem Nikolaus Storch, habe das Schisma aus Böhmen übernommen. Sie ist von Stephan Roth über den Chronisten Peter Schumann in die Geschichtsschreibung gelangt.11
Vorbereitung auf die Reise nach Böhmen Müntzers Hoffnungen waren schon am Tag seiner Zwickauer Entlassung, der mit dem von Luthers Eintreffen in Worms zusammenfiel, voller Ungeduld auf Böhmen gerichtet. Für die folgenden zwei Monate gibt es jedoch kein Lebenszeichen von ihm. Erst sein Brief an Nikolaus Hausmann vom 15. Juni 1521 gibt Auskunft, dass er Böhmen besucht hat.12 Nur durch den Chronisten Paul Greff und den Kompilator der »Historien von Thomas Müntzer« ist bekannt, dass er sich »zu den Saazern« (ad Socenses) begeben habe, die ihn mit freiem Geleit zu den Pragern geschickt hätten.13 Im Allgemeinen wird diese Information auf Müntzers zweite Böhmenreise bezogen, zugleich aber angenommen, er sei schon im April einmal nach Saaz gegangen, angezogen von den einstigen hussitischen und waldensischen Traditionen der Stadt. Gesichert ist, dass sich die Ackerbürgerstadt Saaz früh der hussitischen Bewegung anschloss und auch später ein Wirkungsfeld waldensischer Prediger wie Friedrich Reiser und Matthäus Hagen blieb.14 Diese Vergangenheit der Stadt ist wenig systematisch erforscht worden, so dass auch zu Müntzers Kontaktpersonen bislang nichts bekannt ist. Eine Verbindung zu dem linksutraquistischen Saazer Mikulàš Černobýl (Artemesius), der in Wittenberg studiert und als Magister 1518 nach Böhmen zurückgekehrt war, ist nicht belegt.15 Erst für das Jahr 1528 ist angesichts eines Finanzkonflikts der Zwickauer Familie Sommer127
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schuh eine wohl schon länger existierende Handelsverbindung mit Saaz nachweisbar.16 Nach der Rückkehr von der kurzen Erkundungsreise bereitete Müntzer in der für ihn von nun an typischen Kombination realer Aktivitäten und endzeitlicher Perspektive in einer »forcierten apokalyptischen Unrast« seine Böhmenmission vor.17 Von seiner Autorisierung als »Knecht der Auserwählten Gottes« (servus electorum Dei) überzeugt,18 ging er vermutlich in der Umgebung von Zwickau daran, sich mit seinen Vertrauten zu verständigen. Am 8. Juni1521 schrieb Müntzer zunächst an Markus Thomas genannt Stübner, Sohn eines Badstubenbesitzers in Elsterberg im Vogtland. Seit wann das Vertrauensverhältnis bestand, ist nicht bekannt. Thomas wurde 1515 an der Leipziger und 1518 an der Wittenberger Universität eingeschrieben. Philipp Melanchthon bezeugt, dass er noch im Sommer 1521 zu seinen Studenten gehörte. Müntzer bat ihn nun, umgehend seine Sachen zu packen, auch seine Briefschaften zu den seinigen zu geben und bereits am nächsten Tag bei ihm zu erscheinen. Da die Zeit dränge, müsse die abgesprochene Unterbringung des Hausrats des befreundeten Moritz Reyn hart bei den Eltern von Thomas genauso unterbleiben wie die Überführung des Erbes von Müntzers verstorbener Mutter. Zu der Befürchtung, der Satan könne womöglich die Reise verhindern, kam die Sorge, dass Nikolaus Storch von einer Reise, über die sonst nichts bekannt ist, noch nicht zurückgekehrt sei und auch keine Nachricht gegeben habe. Storch wird hier in Müntzers Briefwechsel zum ersten Mal erwähnt.19 Ungefähr eine Woche später bestätigte Hans Lebe, ein Böhme aus Müntzers Zwickauer Anhang, dass nicht alles nach Plan verlief. Mit seinem wahren Glauben würde er gern helfen, die Pfaffen zu beschämen, aber zurzeit behindere ihn eine Augenentzündung. Wenn Gott ihn gesund werden lasse, werde er sich mit Hans von der Freistadt und mit Klapst rechtzeitig bei Müntzer einfinden. Der Tuchknappe von der Freystadt wurde bereits erwähnt, der andere mit dem tschechischen Namen Klapst sollte vielleicht als Dolmetscher dienen.20 Am 15. Juni, kurz vor dem Aufbruch nach Böhmen, wandte sich Müntzer an den Jenaer Ratsherrn Michael Gansau, auch Clauspeck genannt, zu dem er in einem Vertrauensverhältnis stand. Gansau hatte von 1503 bis 1505 an der Leipziger Universität studiert. Müntzer vertraute ihm seine 128
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Briefschaften an, weil er um des Wortes Gottes willen in der ganzen Welt umherziehen wolle, damit möglichst viele den Gekreuzigten erkennen und ihm gleich werden. Sollte er sterben, werde er ihm sein Testament schicken. Er hoffe aber, bis zum Winter sein Werk zu vollenden und den Freund dann aufzusuchen.21 Aussagefähiger ist Müntzers Schreiben an den neuen Zwickauer Pfarrer Hausmann vom selben Tag. Dieser hatte sich nach ihm erkundigt und bedauerte, dass er seinen Rat – über diesen ist sonst nichts bekannt – nicht befolgt habe. Müntzer weist darauf hin, dass taktische Überlegungen seinem Sendungsbewusstsein nicht entsprechen. Er richte sich vielmehr nach dem Wort Gottes, und das lehre die Besonnenheit (modestia) des Geistes, nicht des Fleisches. Diese Besonnenheit sei allen Auserwählten Gottes gegeben. Sie habe sogar Elia geleitet, als er 850 Baalspropheten tötete, und Paulus habe sich als Knecht Christi ebenfalls von ihr bestimmen lassen.22 Gegen diese Besonnenheit des Geistes habe Hausmann verstoßen, weil er sich nach der geistlichen und weltlichen Obrigkeit richte und das Volk, die Gemeinde, zurücksetze. Das beweise sein Schweigen zu der gotteslästerlichen Verkündigung von Egranus. Deshalb möge er sich an die Strafe für ungetreue Hirten erinnern. Er selbst rechne wegen seiner Verkündigung mit Verfolgung und Tod. Dazu sei er bereit, wenn damit das von ihm gepredigte Geheimnis des Kreuzes nicht ausgetilgt werde. Aus diesem Grund habe er auch Böhmen besucht. Schließlich warnte er Hausmann, die in Zwickau gepflanzten Schösslinge des Worts Gottes nicht auszureißen. Im Glauben unerprobte Menschen dürften die notwendige Verkündigung des Gottesworts nicht mit ihren Ratschlägen verdunkeln, denn jetzt sei die in Matthäus 24,14f. angezeigte Zeit des Antichrist gekommen. Aber wie in den Tagen Noahs würden sich die Verworfenen nicht darum kümmern. Zum ersten Mal berief sich Müntzer hier für seine apokalyptische Naherwartung auf diese Bibelstelle, distanzierte sich jedoch von der verbreiteten Auffassung, Papst Julius II. (1503-1513) sei der Antichrist. Dieser sei nur ein Vorbote gewesen. Die Weltherrschaft des wahren Antichrist sei viel schrecklicher, wie das bei Daniel im 7. Kapitel angekündigt werde.23 Müntzer begnügte sich indes nicht mit den üblichen Hinweisen auf die endzeitliche Dimension der Gegenwart. Mit dem prophetischen Anspruch, als »Knecht der Auserwählten Gottes« zu handeln, deutete er seine Gegenwart apokalyptisch. 129
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Hausmann schlug Müntzers Warnung in den Wind, dennoch geriet er wenige Wochen später bei der bischöflichen Administration in Zeitz in Verdacht, in Müntzers Fußstapfen zu treten. Gegen diese Unterstellung protestierte er jedoch bei seinen beiden Landesherren leidenschaftlich.24
Aufenthalt in Prag Zu Beginn der zweiten Junihälfte 1521 ist Müntzer nach Böhmen aufgebrochen. Nach der wenig zuverlässigen tschechischen Chronistik soll ihn ein Zwickauer begleitet haben.25 Sein Famulus Ambrosius Emmen ist auf jeden Fall bei ihm gewesen. Er hielt auch die Verbindung nach Zwickau aufrecht. Der oft angenommene Pragaufenthalt von Markus Thomas ist jedoch nicht gesichert, da die einzige Nachricht hierfür in der anonymen »Zeitung aus Wittenberg« vom Januar 1522 auch auf Müntzer selbst bezogen werden kann.26 Auch vereinfachen die erwähnten Zwickauer Quellen offensichtlich die Verhältnisse in der böhmischen Residenzstadt, wenn sie pauschal von »den Pragern« berichten und die Gruppierungen in der Stadt nicht berücksichtigen.27
Abb. 23: Ansicht von Prag (1572), Ausschnitt
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Früh schon nahm Prag für Böhmen eine zentrale Funktion wahr, obgleich sich seine Entwicklung im Prozess der Bildung von mittelalterlichen Rechtsstädten langwierig und schwierig gestaltete. Einen entscheidenden Schub erhielt die Kommune 1348 mit der von Karl IV. gegründeten Neustadt und der Universität. Die Einwohnerzahl wuchs schätzungsweise bis auf 40.000 an. Eine Vereinigung der rechtlich selbständigen Siedlungseinheiten misslang jedoch. Bis zum 18. Jahrhundert existierten vier städtische Verwaltungen: Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin, obwohl sich Tschechisch allgemein als Verwaltungssprache durchgesetzt hatte.28 Weder sozial noch politisch und konfessionell bildeten die Prager in der Phase von 1519 bis 1524 eine stabile Einheit. Selbst die konfessionellen Tendenzen waren topographisch unterschiedlich lokalisiert: Die Altstadt war konservativ utraquistisch, die Neustadt linksutraquistisch, der Hradschin päpstlich. Einigungsbestrebungen zwischen Städten und Adel auf den Landtagen scheiterten immer wieder an Konflikten, 1519 an den unterschiedlichen Belastungen durch die königlichen Schulden, bald auch am eskalierenden Fehdeunwesen des niederen Adels. Die ausbleibende Hilfe des abwesenden Königs motivierte die Städte zu bewaffneter Selbsthilfe, zur Zerstörung von Adelssitzen und Vollstreckung von Todesurteilen gegen Adlige im Januar 1521.29 Gegenmaßnahmen des Adels untersagte König Ludwig zugunsten einer Verhandlung strittiger Fragen bei seiner Rückkehr. Stattdessen forderte er zur Unterstützung des Türkenfeldzugs auf, die auf dem Landtag vom 12. September beschlossen wurde.30 Das machtpolitische Tauziehen war demnach bei Müntzers Ankunft in Prag noch im Gang. Stärker dürfte Müntzer die religiöse Situation interessiert haben. Ein Annalist berichtet, es habe in allen Ständen zu gären angefangen, auch bei den utraquistischen Priestern. Die einen hätten begonnen, »sich von den anderen [zu] trennen, einander auf sonderbare Weise [zu] beschuldigen und gegeneinander [zu] predigen«. Das Fazit lautet: »Aus einer solchen Zerrüttung und Uneinigkeit unter der Geistlichkeit entstand viel Böses.«31 Diese pauschale Schilderung wird wohl der Realität kaum gerecht, aber 1520/21 war sicher weder bei der weltlichen und geistlichen Führung noch bei breiten Kreisen der Bevölkerung mit einer Atmosphäre der Harmonie zu rechnen, zumal um Ostern 1520 die Pest ausbrach und viele Opfer forderte.32 131
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Obgleich die Repräsentanten in Staat und Kirche im Allgemeinen auf ihre römischen, utraquistischen oder linksutraquistischen Positionen festgelegt waren, gab es Spielräume. So konnte der religiöse Einzelgänger Matthias der Einsiedler (Matĕj Poustevnik), ein ehemaliger Kürschner aus der Gegend von Saaz, von 1519 an fünf Jahre relativ unbehelligt als prophetischer Laienprediger in der Stadt wirken. Ende September hatte er mit einem Sendbrief an Bürgermeister und Rat von Prag seine Ankunft angekündigt, um als ein von Gott berufener Laie angesichts der nach 2. Timotheus 3,1-5 angebrochenen Endzeit die Kleriker zur Buße und die Prager insgesamt zum Wort Gottes zu rufen. Noch in der Zeit von Müntzers Aufenthalt wirkte er als eine Art Straßenmissionar und in Privathäusern. Ein Kontakt zwischen beiden wird vermutet, ist aber nicht zu belegen.33 Von einem weiteren Ereignis dürfte Müntzer zumindest noch die Nachwehen verspürt haben. Am 7. Juli 1521, dem Sonntag des Gedenkens an den Tod von Jan Hus, waren seine Verehrer zum Franziskanerkloster St. Jakob gezogen und hatten dort die Lieder »Jan Hus in Gottes Hoffnung« und »Treue Christen hoffet stark« gesungen. Dasselbe wiederholten sie im Dominikanerkloster St. Clemens an der Karlsbrücke und im Karmeliterkloster Maria Schnee. Ein Annalist gibt an, er wisse nicht, ob das in religiöser Absicht oder aus einem anderen Grund geschehen sei. Auf jeden Fall seien als Vorsichtsmaßnahme alle Stadttore einschließlich der beiden Tore der Karlsbrücke geschlossen worden.34 Der humanistische Universitätsmagister Jiří Pisecký notierte dazu in seiner lateinischen Chronik, dass die zügellose Menge auf Grund der Glaubenskontroversen eine tumultuarische Verhöhnung der Klöster veranstaltet habe. Bilder und Skulpturen seien durch die Straßen getragen und in den Schmutz geworfen worden.35 Die Chronisten berichten von diesem Ereignis unmittelbar nach der Erwähnung von Müntzers Aufenthalt in Prag, ohne einen Zusammenhang beider Geschehnisse herzustellen. Eine Äußerung Müntzers hierzu ist nicht überliefert. Sein Interesse scheint sich zunächst auf die Universität gerichtet zu haben. Nach chronikalischen Quellen soll Müntzer sein Eintreffen in Prag angekündigt haben und von Saazern dorthin begleitet worden sein. Eine handschriftliche Glosse des Humanisten Johann Hodějovský von Hodějov besagt, dass die Prager einem »Magister Thomas Lutheranus, der zuvor aus 132
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Wittenberg gekommen war, feierlich entgegen« gezogen seien, »um ihn zu begrüßen«.36 Diese Nachricht wirft Licht auf eine Abschrift der Baccalaureatsthesen Philipp Melanchthons vom 19. September 1519 in Müntzers Nachlass. Eigenhändig notierte er unter der Überschrift: »Questio M Tome Munczer disputanda« (Streitfrage, über die Magister Thomas Müntzer zu disputieren gedenkt). Die Rückseite trägt den ebenfalls eigenhändigen Vermerk: »Emulus Martini apud d[omin]um, distat duo semimiliaria a Praga« (Nacheiferer Martins beim Herrn, zweieinhalb Meilen entfernt von Prag).37 Melanchthons Thesen wurden in Abschriften, aber auch als Einblattdruck verbreitet.38 Wahrscheinlich hat Melanchthon selbst nur die Thesen 12-24 aufgestellt, die anderen Luther.39 Anstoß erregten bei den Gegnern vor allem die Thesen 16-18, in denen die Heilige Schrift als alleinige Autorität in Glaubensfragen proklamiert und die sakramentale Priesterweihe (character indelebilis) sowie die Verwandlung bei der Eucharistie (Transsubstantiation) abgelehnt wurden. Das waren auch Kernpunkte im Konflikt zwischen Hussiten und Römischer Kirche. Müntzer könnte beabsichtigt haben, die Wittenberger Thesen als Disputationsgrundlage in Prag zu nutzen, zumal er offenbar als Repräsentant der Wittenberger Reformation angesehen wurde. Eine Wiederverwendung bekannter Disputationsthesen war nicht unüblich. Ob er sie tatsächlich verwendet hat, ist nicht bekannt. Durch den Augenzeugenbericht eines Braunschweiger Juden ist nur gesichert, dass Müntzer in Prag ein feierlicher Empfang bereitet wurde.40 Mit der Bemerkung auf der Thesenabschrift wird die Frage aufgeworfen, wo Müntzer zweieinhalb Meilen, das sind zirka 12 Kilometer, vor Prag noch einmal Station gemacht haben könnte. In der tschechischen Forschung ist erwogen worden, ob es sich um den kleinen Ort Tuchoměřice an der Straße von Saaz nach Prag handle. Hier wohnte Jan Sluzský von Chlum, ein Anhänger der Böhmischen Brüder, der 1524 eine Brüdergemeinde und eine Schule gründete.41 Doch weder ein Kontakt Müntzers zu Sluzský noch eine Disputation an der Universität sind nachweisbar. Die Chronisten haben übereinstimmend nur festgehalten, dass er einige Zeit bei den Magistern im Großen Kolleg des Karolinums, dem Kernbereich der Universität mit der Fakultät der Freien Künste und ihren Magister133
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unterkünften, gewohnt habe.42 Ein anonymer Annalist erwähnt, Magister Thomas sei von den »Herren auf ihre Kosten im Großen Kolleg inmitten der Magister« untergebracht worden.43 Über Müntzers Gespräche und mögliche Kontroversen schweigen die Chronisten, die ihre Werke erst verfassten, als sich der Wind längst zu Ungunsten der Linksutraquisten gedreht hatte. Während Müntzers Anwesenheit war dagegen der Linksutraquismus an der Universität kurzzeitig im Aufwind. Die beharrenden Kräfte, die den Ausgleich mit Rom suchten, waren aber keineswegs besiegt. Die einst bedeutende europäische Bildungsanstalt war ohnehin zur nationalen Bildungsstätte mit begrenzter Ausstrahlung geschrumpft. Der mittelalterliche Zuschnitt war nicht wirklich überwunden.44 Fest steht jedoch, dass man dem gelehrten reformatorischen Prediger anfangs mit einer gewissen Erwartung begegnete und ihm die Kanzeln der Fronleichnams-Kapelle in der Neustadt und der Bethlehemkapelle zur Verfügung stellte. Beide Kapellen waren seit Anfang des 15. Jahrhunderts der Universität inkorporiert. In seiner Chronik-Glosse erinnert sich der Humanist Hodějovský, dass er am Sonntag vor dem Tag Johannes des Täufers (23. Juni 1521) in der Fronleichnams-Kapelle eine deutsche Predigt und nach dem Essen in der Bethlehemskapelle eine lateinische Predigt Müntzers gehört habe.45 Allein der anonyme Annalist führt die Teynkirche, die Hauptkirche der Altstadt, als erste Stätte für Müntzers Predigt in deutscher und lateinischer Sprache an. Sogar das Abendmahl in beiderlei Gestalt soll er dem Volk gespendet haben. Das ist kaum zutreffend, da Zwickauer Quellen nichts darüber berichten und die Situation dafür noch nicht reif war. 46 Der utraquistische Stadtschreiber Písář berichtet nur, dass Müntzer seine deutschen Predigten in der Fronleichnams-Kapelle gehalten habe, der Humanist Jiři Písecký dagegen schreibt von deutschen und lateinischen Predigten »vor seiner Glaubensgemeinschaft« in der Bethlehemkapelle.47 Hans Pelt in Braunschweig erfuhr im Spätsommer 1521 von seinem jüdischen Briefboten, Müntzer habe zwei gelehrte Böhmen bei sich, die sein deutsch gepredigtes Evangelium Christi dem Volk ins Tschechische übersetzten.48 Diese Quellen sind weder am Prager Hörerkreis noch an den Predigtinhalten oder den Predigtstätten genauer interessiert.
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Beide Universitätskapellen waren von besonderer Bedeutung, denn sie symbolisierten wichtige Traditionen. Die Fronleichnams-Kapelle, ein gotischer Zentralbau und Ort der jährlichen festlichen Ausstellung der Reichsinsignien und Reichsreliquien zur religiösen Verehrung mit Heilswirkung (Heiltumsweisung), verkörperte in ihrer Frühzeit nicht nur den politischen Herrschaftsanspruch des Kaisers, sondern zugleich die Identifizierung mit Jerusalem, der zentralen Stadt der Christenheit. Zwei steinerne Tafeln an den Wänden der Kapelle mit den sogenannten Basler Kompaktaten, den utraquistischen Grundlehren in revidierter Form, dokumentierten den Beschluss von Kaiser Sigismund von 1437, die Utraquisten wieder als treue Christen gelten zu lassen. Was von dieser Tradition noch lebendig war, als Müntzer hier predigte, ist allerdings nicht bekannt.49 Deutlicher als die 1783 zerstörte Fronleichnams-Kapelle ist die Bethlehemkapelle als Predigtort Müntzers im Gedächtnis geblieben, obgleich auch sie nach mehrmaligem Umbau 1786 im Zuge der Konsequenzen von Kaiser Josephs II. Toleranzpatent abgerissen wurde. Die schlichte Predigtkirche von Hus, die Platz für zirka 3.000 Hörer bot, wurde nach alten Plänen in den Jahren 1950 bis 1953 als nationale Gedenkstätte wieder aufgebaut. Müntzer hat sich nicht zu dieser Predigtstätte geäußert. Es gibt aber einen Bericht des aus Böhmen stammenden fränkischen orthodox-lutherischen Pfarrers Zacharias Theobald von 1609 über seine Besichtigung der Bethlehemkapelle, in dem es heißt: »Es ist eine breite nicht gar hoch gewelbte Kirchen.« Der noch vorhandene viereckige »Predigtstuel Hussii« aus Kiefernholz sei mit einem Tuch umhangen, auf dem die Hinrichtung der beiden tschechischen Märtyrer (rechts Hieronymus von Prag, links Hus) zu sehen sei. Die Kanzel sei nur von einer Kapelle aus zugänglich, in der noch »Hussen Messgewandt« zu sehen sei. Auf der Kanzel fand Theobald »auf der lincken Seite ein Bäncklein / so gar faul ist / auf welchen er [das heißt Hus] gesessen. Von diesem Predigtstuel schneiden allerley Nationen Spähn / und nehmen sie zu einem Zeichen mit«. Auf der Kanzelhöhe gelange man über eine Treppe in die Stube, in der Hus gewohnt habe.50 Es ist denkbar, dass Müntzer bei seinen Predigten in der Bethlehemkapelle an Hus angeknüpft hat. Anhaltende Wirkung erzielte er damit genauso wenig wie durch seine Kontakte zu den Universitätsmagistern. Die Erwartungen an seine Person stellten sich bald als folgenreiches Missverständnis heraus. Erst musste er seine Unterbringung im Großen Kolleg 135
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aufgeben, dann wurden ihm auch die Predigtstätten verwehrt. Weder die Begründung noch der Zeitpunkt dieser Ereignisse sind bekannt.
Warten und forschen Mit einem derart schnellen Ende seiner Predigtmission hatte Müntzer nicht rechnen können. Gegenüber dem befreundeten Michael Gansau hatte er dafür ein halbes Jahr veranschlagt, aber auch an ein gewaltsames Ende gedacht. In Zwickau kursierten Gerüchte, er sei sehr krank oder gar vergiftet worden und tot, wie ihm Hans Sommerschuh d. J. Ende Juli mitteilte.51 Die böhmischen Quellen erwähnen nichts von offenen Feindseligkeiten. Nach dem Chronisten Písář soll ein einflussreicher Prager, der für seine Kritik am römischen Sakramentalismus bekannt war, Müntzer ein Vierteljahr Unterkunft und Kost in seinem Haus gewährt haben.52 Zunächst ist der in Wittenberg promovierte Jurist Burian Sobek von Kornice, der nach dem Wormser Edikt im Frühjahr 1521 nach Prag zurückkehrte und ein städtisches Amt übernahm, mit diesem Gastgeber identifiziert worden.53 Mehr spricht dafür, dass es sich um den Universitätsmagister und Kanzler der vereinigten Prager Städte Václav Bilý aus Ouraz handelte.54 Von Müntzer selbst gibt es keine Äußerung, wer ihm in Prag die Treue hielt. Offenbar stellte sich ihm die Frage nicht, ob er seine Mission als gescheitert akzeptieren sollte. Zunächst musste er die neue Situation verarbeiten. Vermutlich befand er sich wieder in einer ähnlichen Lage wie in Beuditz, als er mit selbstkritischen Überlegungen auf einen Sendungsauftrag Jesu wartete.55 Später in Allstedt vertrat er die Überzeugung, wenn »der mensch das klare wort Gottis in der selen nicht vornummen hat, so muß er gesichte haben«. Es sei »ein rechter apostlischer, patriarchischer und prophetischer geist, auf die gesichte [zu] warten«.56 Als ihm in Prag die Möglichkeit der Verkündigung genommen war, wird er auf ein solches Zeichen gehofft haben. Anders als im Lichte der biblischen Zeugnisse konnte er sein Wirken ohnehin nicht sehen. Daneben dürfte er sich wie in Beuditz erneut in die Zeugnisse aus der Frühzeit der Kirche vertieft haben, um zusätzliche Erkenntnisse für seinen weiteren Weg zu gewinnen. Das Studium von Werken der Kirchenväter, die der Apostelzeit näher standen, konnte ihm zu größerer Klarheit verhelfen. 136
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Diese Vermutung wird durch den einzigen erhaltenen Band aus Müntzers Bibliothek mit den Werken von Cyprian und Tertullian bestätigt.
Die Cyprian- und Tertullianlektüre Im Februar 1520 hatte der Basler Drucker Johann Froben die von Erasmus edierten Werke des Bischofs Cyprian von Karthago († 258) herausgebracht.57 Müntzer könnte sich diese Ausgabe dem Leipziger Buchführer Achatius Glor besorgt haben. Wahrscheinlicher ist, dass er sie in Prag erwarb, vermutlich zusammen mit den 1521 ebenfalls bei Froben von Beatus Rhenanus edierten Werken des Quintus Septimus Florens Tertullian (um 160-nach 220).58 Beide Ausgaben hat er durch den als »Meister der Wenzelplatte« bekannten Buchbinder in der Prager Altstadt vereinen und aufwendig mit dem Aufdruck »1521« binden lassen.59 Wie er die dafür nicht geringen Ausgaben beglichen hat, ist nicht überliefert. Der Band, den Müntzer vermutlich über einen längeren Zeitraum hinweg durchgearbeitet hat, ist seit 1896 aus der Bibliothek der Fürstenschule St. Afra in Meißen bekannt, in der er seit dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts nachweisbar ist. Seit 1946 befindet er sich in der sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek in Dresden.60 Eine vollständige Veröffentlichung und Analyse stehen noch aus.61 Völlig unbekannt sind Müntzer die Äußerungen des Märtyrerbischofs Cyprian sicher nicht gewesen, denn dessen Traktate und Briefe wurden im Mittelalter immer wieder abgeschrieben und verbreitet.62 Müntzers Unterstreichungen im Druck bestätigen, dass ihn bei Cyprian die seelsorgerlichen Fragen, die sich aus der Leidensnachfolge Jesu und der Bereitschaft zum Martyrium ergaben, besonders interessierten. Seine wenigen Randbemerkungen bekräftigen diesen Eindruck. In der kleinen Schrift Cyprians »Über den Wert der Geduld« (De bono patientiae) versah er eine lange Passage über das vorbildhafte stumme Leiden Jesu mit einer Klammer und schrieb an den Rand wörtlich die Textaussage, dass der Unschuldige und Gerechte, der ja die Unschuld und Gerechtigkeit selber sei, unter die Verbrecher gezählt werde. Von den zusätzlich angeführten alttestamentlichen Exempeln notierte er am Rand Jakob, Joseph und David.63 Wenn Cyprian die Geduld als einen Segen, die Unge137
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duld aber als Übel des Teufels bezeichnete und dazu aufforderte, mit Geduld auch den Tag der Rache Gottes abzuwarten, konnte Müntzer daraus auch Erkenntnisse für seine Situation gewinnen.64 Erwähnenswert sind zwei Lesespuren Müntzers im Index der Cyprian ausgabe. Zum Verweis auf die führende Stellung Cyprians im »Bekenntnis« der Kirchenväter notierte er am Rand »confessio«.65 Auffälliger sind die Unterstreichungen zu dem Verweis, dass Cyprian nichts ohne die Beratung mit den anderen Presbytern und der Gemeinde (plebs) ausführen wolle. Müntzer veränderte diese Angabe zur Wahl von Bischöfen und ihrer rechtmäßigen Amtsführung zur Grundsatzfrage für kirchliches Handeln durch seinen Vermerk »nichts ohne Zustimmung des Volkes«, den er auch noch durch ein spitzes Dreieck graphisch besonders hervorhob.66 Die Werke Tertullians, des ältesten lateinischen Kirchenvaters, waren im Mittelalter ebenfalls durch Abschriften bekannt und fanden im 15. Jahrhundert zunehmend Beachtung.67 Beatus Rhenanus erarbeitete die Edition in der kurzen Phase, in der er mit vielen Humanisten seine Hoffnungen darauf setzte, dass etwas gegen die tyrannischen päpstlichen Bestimmungen unternommen werde. Das schrieb er am 11. März 1521 an Spalatin.68 Müntzers Studium Cyprians wirkt wie ein Vorspiel zu seiner ungleich intensiveren Beschäftigung mit dem Werk Tertullians, der sich bewusst als Erbe der Apostel verstand. Müntzer sah sich vermutlich als wesensverwandt mit diesem Nordafrikaner, wie das eine patristische Charakteristik nahelegt: »Alles was Tertullian denkt, sagt und tut, hat die wirkliche Welt im Auge und drängt auf eine Entscheidung zu. Das bestimmt ihn auch in seinem ganzen Wesen. Tertullian ist stürmisch, heißblütig, mitunter gewollt rücksichtslos«.69 Müntzer nimmt mit handschriftlichen Notizen auf dem Titelblatt der Tertullianausgabe sofort den Schlusston seiner Äußerungen zu Cyprian wieder auf, indem er vermerkt, dass Cyprian das Vorbild für Tertullian gewesen sei. Eine unterstrichene Titelzeile über die frühen Synoden kommentierte er am Rand mit der kritischen Bemerkung, dass alle Synoden antichristlich gewesen seien. Am deutlichsten dokumentierte er seine Meinung auf dem unteren Rand: »Tertullian hat gelebt, als noch die Bischöfe gewählt wurden gegen die Gefahr des Antichrist, damit nicht verdammte Menschen über die Christen herrschten.«70 138
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Die zahlreichen Unterstreichungen und wohl an die 390 handschriftlichen Randbemerkungen von unterschiedlicher Bedeutung konzentrieren sich vorwiegend auf die beiden dogmatischen Schriften »De carne Christi« (Über den Leib Christi) und »De resurrectione carnis« (Über die Auferstehung des Fleisches), dazu auf den seelsorgerlichen Traktat »De patientia« (Über die Geduld). Im Mittelpunkt des Interesses stehen theologische Grundsatzfragen wie die nach dem Verständnis des Glaubens und des Menschen, Gottes und seines Worts, der Lehre von Christus, dem Erscheinungsbild der Kirche und der Heilsgeschichte. Soziale Anklänge fehlen. Müntzer hat die Argumente Tertullians aufmerksam zur Kenntnis genommen, an seinen eigenen theologischen Erkenntnissen geprüft und dazu, keineswegs nur zustimmend, Stellung genommen. So ist er auch mit der Einleitung des Herausgebers Beatus Rhenanus umgegangen. Hier stellte er mit seinen Bemerkungen manchmal einen Bezug zur Gegenwart her. Wenn er zu einer Textstelle über die Ehe als legitimes Mittel gegen die Sinnlichkeit anmerkt, dass er als Priester eine Gattin habe, dann kann das nicht bei der ersten Lektüre geschehen sein.71 Weniger eindeutig ist seine Kritik am Schriftverständnis der Erasmianer und der Pikarden zu datieren, weil sie wie Marcion (um 85-um
Abb. 24: Schriften Tertullians, hg. von Beatus Rhenanus, Basel 1521, mit Randnotizen Müntzers
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160) einen Unterschied zwischen dem Neuen und dem Alten Testament machen.72 Die kritische Äußerung zu den Böhmischen Brüdern um Lukas von Prag, die sich am Ende des Widmungsschreibens von Rhenanus an den Olmützer Bischof Stanislaus Thurzo findet, könnte durchaus in Prag geschrieben worden sein, als Müntzer die Vorliebe der Böhmischen Brüder für das Neue Testament kennenlernte. Er stellte dem sein eigenes Verständnis schroff entgegen: »Alle biblischen Schriften sind in Übereinstimmung zu bringen.«73 Mit diesem grundsätzlichen Einspruch relativierte Müntzer den von Rhenanus hervorgehobenen Erkenntnisfortschritt der Theologie gegenüber der Frühzeit, da ja Hieronymus über die göttlichen Dinge viel reiner philosophiere. Hierzu konnte er nur bissig anmerken: »Ja, ja er lügt in Ewigkeit.«74 In dieses radikale Urteil bezog er mit der Bemerkung »O wie elend waren die alten Väter« sogar die Kirchenväter insgesamt ein.75 Den Grund für das Verdikt gab Müntzer an anderer Stelle an, als er allen Doktoren vorwarf, am Buchstaben hängen zu bleiben und damit »nur Finsternis zu berühren«.76 Da Tertullian sich bemühte, die Häretiker aus der Heiligen Schrift zu widerlegen, trifft das harsche Urteil auch ihn. Das sei ein nutzloses Unterfangen, wie Müntzer zu Tertullians Versuch feststellte, den christlichen Glauben gegenüber Marcion zu verteidigen: »Die Zeugnisse der Schrift führt er an, das Zeugnis des Geistes übergeht er.«77 Nach Müntzers Urteil ist die Kirche seit der Zeit der Apostel zur »ecclesia phantastica« geworden, ohne lebendige geistgewirkte Theologie, denn keiner ihrer Theologen habe Visionen gehabt. Er war sich sicher: »Wenn sich aber die lebendige Theologie ereignen wird, dann wird die wahre Kirche wachsen.«78 Damit deutete er an, dass für ihn wie für Tertullian das Ende der Zeiten nicht unmittelbar bevorstehe.79 Müntzer distanzierte sich aber von Tertullians Verknüpfung der Ankunft Christi mit der des Antichrists und der Rezeption dieser Auffassung. Zu der entsprechenden Stelle in »De resurrectione carnis« notierte er mit roter Tinte am Rand: »Er verbindet die Ankunft des Antichrists mit dem Tag des Gerichts, wie der Mönch Luther.« In kleinerer Schrift setzte er mit schwarzer Tinte darunter, dass er entgegengesetzter Meinung sei. Das begründete er am unteren Rand ebenfalls mit schwarzer Tinte: »Lange Zeit 140
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wird das Gericht Christi dauern. Viele Auserwählte werden den unfrommen Mann verdammen.«80 Diese Stellungnahme ist wohl erst nach der endgültigen Trennung von Luther in der Allstedter Zeit entstanden. Nicht die endzeitliche Naherwartung hatte Müntzer bei seiner Beschäftigung mit Tertullian vorrangig im Blick, sondern eher dessen missionarisches Bemühen, die Häretiker zu überwinden und die Heiden zu bekehren. So unterstrich er zustimmend das geistreiche Wortspiel in »De carne Christi«, dass die Heiden ungläubige Gläubige, die Häretiker aber gläubige Ungläubige seien. In Majuskeln schrieb er dazu am Rand »HERETICUS« und vermerkte, dieser sei ungläubig, indem er dem eigenen Wort glaube.81 Zu dieser Gruppe zählte er mit Tertullian nicht nur den Erzhäretiker Marcion, sondern auch die Türken, die er ebenfalls auf dieser Linie sah.82 Müntzer konzentrierte sich stärker auf einen Weg, Häretiker und Heiden zu gewinnen, den er bei Tertullian zwar angelegt, aber nicht wirklich beschritten sah. Er beobachtete, dass dieser hervorhob, die Heiden würden Gott in ihrer Alltagssprache vielmals erwähnen und ihn so indirekt bezeugen. Verwundert stellte er jedoch fest, dass das nicht als Chance zur Mission genutzt werde. Er erklärte sich dieses Manko damit, dass Tertullian zwar die Ordnung Gottes andeute, aber nicht wirklich kenne. Als Müntzer bei der Lektüre von »De resurrectione carnis« auf die Stelle stieß, an der Tertullian auf ein bekanntes methodisches Prinzip verweist, reagierte er wie elektrisiert. Das Prinzip lautet: »Die logische Ordnung verlangt, dass immer aus den Grundsätzen die Folgerungen abgeleitet werden, so dass zuerst das feststehe, was dem fraglichen Gegenstand als Fundament dienen soll.« Müntzer schrieb dazu an den Rand in nicht ganz vollständigen Majuskeln »ORdO RERUM«.83 Zwei frühere Marginalien zu »De carne Christi« geben Aufschluss, was Müntzer an der allgemeinen methodischen Anweisung fasziniert haben könnte. Tertullian weist beim Verhältnis von Christus zur Seele darauf hin, dass die Seele sich nicht selbst in Christus erkennen müsse, vielmehr müsse sie Christus in sich selbst wahrnehmen. Wenn die Seele über das Wort Gottes in Unkenntnis bleibe, entstehe Gefahr für diese. Hierzu notierte Müntzer: »Ganz klar erkennst du, wie er hier den ›ordo rerum‹ verknüpft.«84 Müntzer stimmt damit Tertullian zu, der gegenüber Marcion den physischen Charakter der Seele betont, um das Heil durch den fleisch141
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lich geborenen Christus zu sichern. Für Müntzer scheint sich damit das Heil gleichfalls im physischen Zustand der Geschöpfe und nicht nur in der Sphäre des Bewusstseins zu vollziehen. Kurz darauf vertiefte Müntzer dieses Verständnis mehrmals. Am Seitenrand von »De carne Christi« schrieb er: »Die Ordnung der Dinge wird hier wechselseitig in Übereinstimmung gebracht. Adam ist nicht aus dem Samen eines Mannes entstanden – so verhält es sich auch mit Christus.«85 Das erläuterte er am oberen Rand: »Genauso wie Adam geboren ist aus der jungfräulichen Erde, so stand es an, dem zweiten Adam zu geschehen.«86 Am unteren Rand unterstrich er dann noch einmal seine Auffassung: »Hier berührt er wiederum die Ordnung der Dinge hinsichtlich der Empfängnis von Verschiedenem.«87 Für einen Teil der jüngeren Forschung ist damit die zentrale Bedeutung der Lehre vom »Ordo rerum« für Müntzer nachgewiesen. Sie knüpft an das heilsökonomische Denken der frühen Kirchenväter an, die aus der Bibel einen geschichtlichen Heilsplan von der Schöpfung bis zur Wiederkunft Christi ablasen. Adam als Verursacher der Sünde und Christus als Erlöser kommt dabei eine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Forschung bezieht Müntzers Lehre vom Ordo rerum auf diese Vorstellung einer Heilsgeschichte. Sie meint, die Lehre ist heilsökonomisch-christologisch zu verstehen, das heißt »die Adam-Christus-Beziehung [ist] ihr eigentlicher Inhalt«. Mit Hilfe der von Paulus bekannten Adam-Christus-Typologie solle »die Ordnung aller Dinge«, Christi »Wirken auf das Leben aller Kreaturen« ausgesagt werden.88 Wie bereits angedeutet, war sich Müntzer im Klaren, dass diese umfassende Ordo-Konzeption bei Tertullian selbst nicht vorliegt. Als hermeneutischen Strukturbegriff kannte Müntzer den Terminus »ordo« aus der antiken Rhetorik Quintilians und entwickelte ihn wahrscheinlich als theologische Kategorie weiter.89 Solange keine umfassende Analyse der Randbemerkungen zu Tertullian vorliegt, ist Zurückhaltung geboten, vor allem hinsichtlich der Absicht, aus ihnen Müntzers Theologie abzuleiten. So viel ist aber bereits deutlich: Die Marginalien entsprangen im Regelfall nicht einer spontanen Reaktion, sondern dokumentieren eine Überzeugung, die sich auch in den nun einsetzenden größeren schriftlichen Zeugnissen widerspiegelt.
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Der Sendbrief an die Böhmen – die Überlieferung Im Oktober 1521 könnte Müntzer sein Tertullianstudium unterbrochen und zum ersten Mal zur Feder gegriffen haben, um sich an die Öffentlichkeit zu wenden. Was diesen Schritt auslöste, ist nicht bekannt. Bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde die Böhmenreise in den Informationen über Müntzer völlig übergangen. Erst 1702 erschien im Anhang der umfangreichen Materialsammlung und Kampfschrift gegen Gottfried Arnolds Kirchen- und Ketzer-Historie ein fehlerhafter Abdruck der lateinischen Fassung von Müntzers Prager Sendbrief mit der Überschrift »Intimatio Thomae Munzeri, manu propria scripta & Praga affixa 1521, contra Papistas«. Gegenübergestellt war eine deutsche Übersetzung.90 Nicht Müntzers eigenhändig in Plakatform geschriebenes Autograph in der herzoglichen Bibliothek Gotha war die Druckvorlage, sondern eine Halberstädter Buchhändlerabschrift. Die verwickelte Überlieferungsgeschichte konnte nur bis zur Mitte des Dreißigjährigen Krieges aufgehellt werden.91 Eine weitere Spur endete ebenfalls ergebnislos.92 Dreißig Jahre nach der lateinischen Fassung kam auch die längere deutsche Fassung des Sendbriefs in einer zeittypischen Quellenpublikation des Dresdner Antiquars, Sammlers und Editors Georg Christoph Kreysig der Öffentlichkeit zur Kenntnis: »Thomas Müntzers Der Bemen sache betreffende protestation, 1521: ex MS illius aevi«.93 Druckvorlage war eine Abschrift im Flugschriftenformat, die höchstwahrscheinlich Müntzers Famulus Ambrosius Emmen in der Allstedter Zeit anfertigte.94 Sie enthält viele Schreibfehler, die erst 1956/57 durch eine genauere Wiedergabe korrigiert wurden.95 Nur die von Müntzers Hand geschriebene kürzere deutsche Fassung des Sendbriefs und die tschechische Teilübersetzung der längeren deutschen Fassung in einer Abschrift Emmens sind im Zusammenhang mit Müntzers Nachlass ins Dresdner Archiv gelangt.96 Ob die tschechische Übersetzung tatsächlich die inhaltlichen Akzente der deutschen Langfassung verändert hat, wie behauptet worden ist, wäre durch eine genaue sprachliche Analyse neu zu prüfen.97 Wenn hinsichtlich der Überlieferung der Sendbrieffassungen Fragen offen bleiben, so trifft das erst recht für ihre Entstehung zu. Da nur die beiden deutschen Fassungen auf den 1. beziehungsweise den 25. Novem143
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ber datiert sind, ist auch die Reihenfolge des Entstehens umstritten. Vorgeschlagen wurde, die undatierte lateinische Fassung als ersten Entwurf an den Anfang zu stellen.98 Das ist vorstellbar, denn Müntzer war wie allen gelehrten Predigern dieser Zeit die lateinische Sprache so vertraut wie seine Muttersprache, pflegten sie doch sogar ihre deutschen Predigten in lateinischen Konzepten niederzuschreiben.99 Weniger Rätsel gibt die Form auf, die Müntzer wählte. Nicht völlig auszuschließen ist, dass er die in Abschriften verbreiteten antiklerikalen Sendbriefe des Laienpredigers Matěj Poustevnik gekannt hat und durch sie einen Impuls erhielt. Zur Verwendung der literarischen Form bedurfte er allerdings kaum einer Anregung, denn spätestens seit Johannes Reuchlins »Tütsch missive, warumb die Juden so lang im elend sind« von 1505 gehörte der Offene Brief oder Sendbrief zu den gebräuchlichen publizistischen Mitteln.100 Die in der Forschung meist verwendete Bezeichnung »Prager Anschlag« oder »Prager Manifest« haben sich als Produkt von Herausgebern seit dem 18. Jahrhundert erwiesen. Quellenhinweise gibt es weder für einen öffentlichen Anschlag, noch für einen Druckversuch.101 Eine Verbreitung durch Abschriften, wie sie bei den frühen Sendbriefen des Bußpredigers Matěj nachgewiesen wurde, ist bislang nicht erwogen worden.
Die lateinische Fassung des Sendbriefs Großformatige feierliche Willenskundgebungen als Urkunde setzten in der älteren Tradition für gewöhnlich mit einer Selbstvorstellung (Intitulatio) ein. Diesem Brauch schließt sich Müntzer an: »Ich, Thomas Müntzer aus Stolberg, will in Prag gleich dem unvergesslichen und berühmten Streiter Christi Johannes Hus die helltönenden Zugtrompeten mit einem neuen Klang erfüllen und lege vor der ganzen Kirche der Auserwählten und vor aller Welt, wo der vorliegende Brief gezeigt werden mag, voller Seufzen mein Bekenntnis ab.«102 Die traditionelle Urkundenrhetorik bildet in lockerer Weise auch weiter das Gerüst des Sendbriefs, wie die erste Begründung (Dispositio) mit der Absicht ausweist, die Posaunen neu zum Klingen zu bringen. Die Worte dürften den Lesern aus Psalm 97,6 (Vulgata) in der Messe des vierten Sonntags nach Ostern vertraut gewesen sein. Vielleicht war ihnen auch 144
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bekannt, dass mit diesem Psalm außerdem das Pfingstgeschehen und das endzeitliche Gericht in den Blick genommen werden.103 Danach artikuliert Müntzer seinen Kummer über den Zustand der Kirche und bezeugt, dass er von Jugend an um eine sichere Kenntnis des Christenglaubens gerungen habe. Aber Messpriester und Mönche hätten ihm und anderen in der »Bedrängnis des Geistes« nicht helfen können, da sie über den Geist der Furcht Gottes, den siebenfachen Geistbesitz von Jesaja 11,2f. und gar über »die Gott und den Kreaturen innewohnende Ordnung« nicht Bescheid wussten. Vor allem den »unheilbringenden Priester[n]« wirft er vor, sie benutzten die Bibel »wie die gierigen Diebe und frechsten Räuber« und verleugneten, dass der Heilige Geist rede und Zeugnis gebe (Römer 8,16). Deshalb werde Gottes Zorn in diesen Tagen über sie kommen, wie es bei Jeremia 23 angekündigt worden sei. Denn sie hätten völlig versagt, sich zum Schutz des Volkes Gottes den Lästerern wie eine Mauer entgegenzustellen (Jeremia 1,18).104 In einer ausführlicheren Darlegung (narratio) prangert Müntzer danach weiter die »auf Betreiben des papistischen Verführers« geweihten Priester als Hauptschuldige am Zustand der Kirche an. Ihr »Wahnsinn«
Abb. 25: Prager Sendbrief vom November 1521, lateinische Fassung mit Müntzers Unterschrift, Ausschnitt
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stamme vom Teufel, der sie »zur Plage des Volkes […] geweiht« habe. Mit Bibelstellen untermauert er sein Urteil: Sie sind verdammte Menschen, ohne Nutzen für die Kirche, da sie das Kriterium von 1. Korinther 14, dass alle Priester Offenbarungen haben müssen, nicht erfüllen. Rühme doch der Apostel Paulus sogar die Herzen der Gläubigen als fleischerne Tafeln, in die durch Gottes Finger «die Geheimnisse des lebendigen Wortes eingegraben werden« (2. Korinther 3,3). Es gebe aber »kein Volk in der Welt, das dem Heiligen Geist und dem lebendigen Wort« feindlicher sei als »die unnützen christlichen Priester«.105 Sein kaum zu überbietendes Urteil begründet er ausführlicher damit, dass die Priester mit ihrer lügnerischen Feder das wahre Wort zurückweisen, das nur von einer leidenswilligen Kreatur gehört werden könne. Die Leidensscheu sei jedoch der neuralgische Punkt, denn der »Gottlose will mitnichten durch sein Leiden Christus gleich werden, womit er denen den Schlüssel des Verständnisses nimmt, die danach suchen«.106 Die Folgen liegen für Müntzer angesichts der Situation in Böhmen auf der Hand: Das glaubenswillige Volk ängstige sich, weil es nicht wisse, welcher Glaubensgemeinschaft es anhängen solle. Wie in den Klageliedern Jeremias 4,4 habe niemand den Kleinkindern das Brot gebrochen. Unverstandene Bibeltexte seien den Glaubenswilligen wie den Hunden vorgeworfen worden, statt sie ihnen durch die Kunst der Furcht Gottes mitzuteilen. Dann durchbricht Müntzer in seiner Anklage den lateinischen Text wirkungsvoll mit einer doppelten deutschen Interjektion: »Ach, ach, sie konnten es [das Brot] nicht brechen, sie haben die Kinder Gottes nicht durch die untrügliche Gewissheit der Auserwählten genährt, damit sie durch siebenfältige Gnade auf den sichtbaren Weg gelangen, der aufs direkteste zu dem lebendigen Gott führt.«107 Müntzer bezeichnet sie deshalb als untreue Hirten und vergleicht sie mit den Störchen, die erbeutete Frösche unverdaut ihren Jungen ins Nest erbrechen, denn sie weideten die Schafe nicht mit dem lebendigen Wort. Das heißt, »sie lehren [sie] nicht, auf welchem Weg sie leer werden können, um selbst den sichersten Verkünder seines eigenen Evangeliums, Jesus Christus, in ihrer ganzen Seele, Fleisch, Haut, Mark und Gebein zu hören und zu empfinden«. Dazu kommt ein zweiter Vorwurf: »Sie scheiden nicht die Gottlosen von den Auserwählten.«108 Über solche Prediger kann Müntzer nur »O vae, vae« (wehe, wehe) ausrufen, weil sie zwar die Worte Gottes im Mund führen, »aber ihre 146
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Herzen sind noch viel weiter als tausend Meilen davon entfernt«. Deshalb plappern sie frostig daher, »die Menschen brauchten keine Erfahrung des Glaubens […], durch gute Werke und durch wundersame Tugenden müsse man dem Zorn Gottes entgehen«. Er würde sich nicht wundern, wenn Gott die Auserwählten mit den Gottlosen in einer Sintflut vertilgen würde. Die Ungläubigen, die von den Christen oft genug eine Rechtfertigung ihres Glaubens gefordert hätten, seien nur auf die Satzungen über die Verkündigung Christi, des Paulus und der Propheten verwiesen worden, die von »der heiligen Mutter Kirche«, der »Seelenhure«, bekräftigt worden seien. Das habe »der papistische und hölzerne römische Priester in dem babylonischen Hurenhaus« so bestimmt. Die heidnischen Gegner würden dadurch noch mehr verstockt, indem sie durch die »Faulheit der Priester« mit dem Wort aus Markus 16,16 abgespeist würden: »Wer da glaubt und getauft ist, der wird selig.«109 Angesichts dieser Tollheit, so Müntzer weiter, habe ihn »tiefstes Mitleid ergriffen«. Aus innerstem Herzen beweine er »den Verfall der wahren göttlichen Kirche«. Wiederholt habe er die alten Kirchenväter gelesen und dort gefunden, »dass die unbefleckte und jungfräuliche Kirche Christi nach dem Tod der Apostelschüler« durch treulose Priester »geschändet und der Hurerei preisgegeben worden« sei. Das Volk habe die Wahl der Priester hintenan gesetzt, und kein Konzil habe »wahre Rechenschaft über den Glauben« gegeben. Die »Ordnung der Welt und das Ansehen des göttlichen Wortes bewirkten keine Übereinkunft unter ihnen«. Diese Sicht der Kirchengeschichte als Verfallsgeschichte, für die er sich auf ein Zitat Hegesipps in der Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea beruft, klang schon in den Jüterboger Predigten an, aber ausführlicher und kräftiger in den Randbemerkungen zu Cyprian und Tertullian, genauso wie der Vorwurf, die Ordnung der Dinge (ordo rerum) nicht zu kennen. Jetzt fügt er jedoch die Konsequenz hinzu: Gott habe sie dem kindlichen Possenspiel überlassen, bis der Weizen vom Unkraut geschieden werde »bei der unmittelbar bevorstehenden Ernte«.110 Schließlich spricht er die Empfänger seines Sendbriefs direkt »als geliebte böhmische Brüder« an. Sie sollen sich auf die Erntezeit freuen, denn er sei als vom Himmel gemieteter Schnitter mit seiner scharfen Sichel in 147
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ihr berühmtes Land gekommen, um die Gottlosen zu entlarven und zu vernichten. Er fordert die Böhmen auf, ihm zu helfen, ihre Messpriester zu prüfen, und er stellt ihnen genauso viel Ruhm in Aussicht, wie sie sich von der Römischen Schande Hass zugezogen hätten. Konkretisierend fügt er hinzu: »Hier wird die erneuerte apostolische Kirche ihren Anfang nehmen und in alle Welt ausgehen.«111 Er habe sie nicht um Unterstützung gebeten, sondern fordere sie vielmehr auf: »Gebt mir nur Raum zum Predigen. Ich finde mich bereit, jedem Genüge zu tun«, der es verlange. Sollten sie seine Ermahnung nicht beherzigen, werde sie Gott in die Hände derer geben, die ihr Land begehren. Er sei bereit, die Last des Propheten Jeremia zu tragen (Jeremia 23) und die Strafe des zeitlichen und des ewigen Todes auf sich zu nehmen. Er beschwöre sie »bei dem roten Blut Christi«, zwischen ihm und den römischen Priestern zu richten. Die zerstreute Kirche werde Gott einen, »bis dass sie den Gott der Götter auf Zion sehe in alle Ewigkeit. Amen«. Abschließend beglaubigt Müntzer noch einmal seine Botschaft mit der Unterschrift: »Ich, Thomas Müntzer, mahne, die Kirche solle nicht einen stummen, sondern einen lebendigen und redenden Gott anbeten; kein Gott ist bei den Heiden verachteter als der lebendige Gott bei den Christen, die seiner nicht teilhaftig sind.«112
Die deutsche Kurzfassung Die deutsche Kurzfassung ist auf den Allerheiligentag 1521, den 1. November, datiert und setzt fast gleichlautend mit dem persönlichen Bekenntnis und seiner Begründung ein. Dazu gehört auch der Vorwurf, von keinem Gelehrten und erst recht nicht »von den vormaledeygth[e]n pfaffen« etwas von der »ordnungk Gots in alle creaturn gsatzt vornommen« zu haben.113 Dem fügt sich die Klage über den bloßen Schriftgebrauch und die Unkenntnis des in die Herzen geschriebenen Gottesworts an. Diese Schrift könne jeder lesen, sofern er eine »aufgethane vornunft« habe, denn Gott schreibe nach Jeremia 31,33 und Ezechiel 36,24f. daselbst »seyne g[e]setcz, am dritten tage der besprengungk: wan den menschen ore vornunft wyrt ero(e)ffnet«. Müntzer erläutert die Ankunft des lebendigen Gottesworts bei allen Auserwählten mit Hilfe des Ritus für die Öffnung der Ohren bei der Taufe. Stärker als in der lateinischen Fassung 148
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betont er jetzt, wer den Geist Gottes nicht in sich spüre, sei »nit eyn glidt Christi«, sondern nach Römer 8,9 »des teufels«.114 Anschließend zeigt Müntzer auf, was aus dieser Grunderfahrung mit dem lebendigen Wort mit der Zeit geworden sei. Den Glaubenswilligen sei das Wort aus der Bibel wie Hunden vorgeworfen worden, denn die Geistlichen hätten ihnen »nyt erklert den rechten geyst der forch[t] Go(e) ts«. Deshalb seien sie »geschickt […] gleych wye dye memmen«. Das verdeutlicht er nicht nur mit dem Beispiel von den Störchen, sondern weist ergänzend auf positive Vorbilder hin, auf die Sorge der Hennen um ihre Küken und die stillenden Mütter. Die Geistlichen verhielten sich dagegen zu den Leuten wie der Prophet Bileam, der in seinen Weissagungen nicht mit dem Herz dabei gewesen sei (4. Mose 22f.). Er würde sich nicht wundern, wenn Gott diesen närrischen Glauben als Strafe verhängt habe. Ebenso wenig sei er erstaunt, dass die Heiden die Christen wegen ihres Bibelglaubens verspotteten. Voller Empörung fügt Müntzer am Rande noch die ironische Bemerkung hinzu: »Jo lyben herren, es ist eyne uber[aus] schone beweru[n]gk [das heißt Beweisführung] ym hunerstal ertichtet.«115 Das bekräftigt Müntzer durch ein weiteres Beispiel: Wenn ein Ungläubiger in eine christliche Versammlung komme und solle mit dem üblichen »Geschwätz« aus der Bibel übertölpelt, das heißt bekehrt werden, würde er entgegnen: «Seyt yr tul adder torich[t], was leyt [das heißt liegt] myr an eurer s[ch]ryft?« Wenn sie aber »das rechte lebendyge wort Gots lernen«, könnten sie ihn überwinden. Dann werde »dye heymlikeyt seyns herczens […] auffenbar, das er musz demutigk bekennen das Got in unsz ist«. Das bezeuge auch Paulus in 1. Korinther 14,23-25, wo er sage, dass ein Prediger Offenbarungen haben solle.116 Wenn die Knechte des Antichrists das verwerfen, müsste Gott toll und töricht sein, der nach Jesaja 40,8 gesagt habe, dass sein Wort nimmer vergehen soll. Wäre es etwa nicht vergangen, wenn Gott aufgehört hätte zu reden? Dann fordert Müntzer seine Leser mit drastischen Worten direkt auf: Wenn sie Hirn im Kopf haben, sollen sie auf die gleiche Zusage im endzeitlichen Text von Matthäus 24,36 achten. Wenn Gott nur einmal geredet hätte, nämlich das, was in den Büchern geschrieben ist, und seine lebendige Rede dann in die Luft verschwunden wäre, könne »es jo nicht des ewigen Gots wort seyn«. Es wäre dann in das Gedächtnis einer Kreatur von außen hineingekommen. Das aber wäre »wider dye rechte ordenungk unde 149
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wider den regel des heylegen glaubens«, da Jeremia 31,36 zu lesen sei, dass Gott sein Gesetz ins Herz seines Volkes geben will. Deshalb würden auch alle Propheten in der Gegenwartsform sagen. »Dusz sagt der Herre.«117 Wie in der lateinischen Fassung legt Müntzer danach dar, dass er sich den untragbaren Schaden der Christenheit zu Herzen genommen und bei den frühen Kirchenvätern gefunden habe, was die Gründe und wer die Schuldigen seien, nämlich die Gelehrten, »dy do ummer wolln oben an sitczen«. Die Quellen gibt er hier genauer an. In den Konzilsbeschlüssen habe er auch nur Kinderpossen und nicht »dye warhaftige rechenschaft nach gestrackter lebendyger ordenungk des unbetricklichen Gots wort« entdeckt. Gott habe das zugelassen, damit »aller menschen werck« an den Tag komme.118 Nun aber solle es, Gottlob, nicht mehr so zugehen, »das dye pfaffen unde affen sollten dye cristliche kirche seyn, sundern es solln dye auserweleten freunde Gots wort auch lernen prophetien« nach 1. Korinther 14,33-36, damit sie wahrhaftig erfahren können, »wye freuntlich Got ach so hertzlich gerne mit allen seynen auserwelten redet«. Dafür sei er bereit, sein Leben zu opfern. Gott werde »wunderlich dinck tun myt seynen auserweleten sunderlich yn dussem lande. Wan hyr wirdt dye neu kirche anghen, dusz folck wirdt eyn spygel der gantczen welt seyn.«119 Deshalb fordere er jeden Menschen auf zu helfen, Gottes Wort zu verteidigen. Er sei bereit, seine Vollmacht durch den Geist des Propheten Elia gegenüber denen zu beweisen, die seine Leser gelehrt haben, dem Abgott Baal zu opfern. Sollten sie nicht auf ihn hören, werde Gott sie »dorch den Turken ym czukunftigem iar erslagen« lassen. Bekräftigend fügt er hinzu: »Ich weysz vorwar, was ich rede.« Darauf beschwört er seine Leser noch einmal: »Nemeths czu herczen, lyben Bemen, ich fordere rechenschaft von euch«, nicht nur, weil das 1. Petrus 3,15 verlangt werde, sondern er »auch [von] Gott selbern« dazu beauftragt sei. Dazu verpflichte er sich mit seinem höchstem Pfand, seinem zeitlichen und ewigen Tod. Dem hat er nur noch hinzuzufügen: »Mit dem seyt Christo bevolen.«120 Auf einen Zusatz zur Unterschrift wie in der lateinischen Fassung kann Müntzer hier verzichten, weil die deutsche Kurzfassung insgesamt darauf konzentriert ist, den lebendigen und auch gegenwärtig redenden Gott ernst zu nehmen und die Heilige Schrift nicht als einzige Norm für Gottes Wort gelten zu lassen. 150
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Es ist durchaus vorstellbar, dass sich Müntzer mit der Kurzfassung besonders an die Böhmischen Brüder unter der Leitung des Lukas von Prag wendet, denn für sie galt die Heilige Schrift in besonderer Weise als Norm für das Glaubensleben.121 Von diesem Schwachpunkt in den Augen Müntzers abgesehen, boten sie sich mit ihrem Glaubensernst besonders als Missionsfeld an. War das Strafinstrument Gottes in der lateinischen Fassung noch anonym, so wurden nun mit der Türkeninvasion reale Ängste dieser Zeit angesprochen.
Die deutsche Langfassung Die Abschrift der deutschen Langfassung von Ambrosius Emmen ist auf den Katharinentag, den 25. November 1521, datiert. Sie trägt als einzige eine Überschrift: »Der Bemen sache betreffende protestation«.122 Es ist aber nicht sicher, dass sie von Müntzer selbst stammt. Den juristischen Fachbegriff für eine Rechtsverwahrung, der auch für eine »erwidernde Bezeugung« verwendet werden konnte, hat er 1524 mit Sicherheit bei seiner Schrift »Protestation oder empietung« selbst gewählt.123 Wiederum setzt Müntzer mit der Selbstvorstellung und ihrer Begründung ein. Sein Anspruch ist jedoch umfassender (»auch der gantzen welt«) und seine Ausdrucksweise radikaler. Deutlicher sind auch die Anklänge an die Sprache der spätmittelalterlichen Mystiker, wenn er beispielsweise die heilsame Anfechtung als »nutzbarlichen abegrundt des fursehen[den] gemutes in seiner lehrmachung« bezeichnet.124 Drastischer prangert er die Verfallsgeschichte der Kirche und die dafür Verantwortlichen, die Priester, die »gantz hochvordampte[n] bosewichte« samt dem »hunrotussen« Papst an.125 Vom Anbeginn der Welt seien sie »gesatzt zcu einer plage des armen volks«, hätten aber nach Galater 4,22-31 kein Recht mehr.126 Diese verräterischen Pfaffen, die gegenwärtige Offenbarungen ablehnen und behaupten, sie hätten die ganze Heilige Schrift gefressen, sollten nach 2. Korinther 3,12-15 durch Blitz und Donner erschlagen werden. Mit ihrer Ablehnung der Zusage, dass Gott sein Wort mit seinem lebendigen Finger in die Herzen schreibe, hätten sie den Glaubenswilligen den Schlüssel zur Öffnung des Worts vorenthalten.127 Alle Auserwählten, die mit ihren Pfunden wuchern (Lukas 19,11-27), könnten diese Schrift lesen. Studenten, Pfaffen und Mönchen aber, die 151
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dem lebendigen Wort zuwider seien, »auch keine anfechtunge des glaubens im geist der forcht Gots« leiden, seien zusammen mit dem Antichrist in Ewigkeit der Peinigung vorbehalten. Es ekele sie »vor orem besitzer« Gott. Sie wollten »durch keinen wegk mit seinem leiden Cristo gleichformick werden« und es »nur mit honigsussen gedancken ausrichten«.128 Wie in der lateinischen Fassung deutet Müntzer sein Menschenverständnis nach 1. Mose 1,28 als Geschöpf mit einem doppelten Besitzverhältnis an. Als Besitz Gottes ist es zugleich zum Besitzer der Schöpfung berufen.129 Während für ihn feststeht, dass den Verführern der »abgrundt des pfuls« (Offenbarung 22,8) bestimmt sei, konstatiert er im Blick auf die Glaubenswilligen: »Aber am volk zcweifel ich nicht.«130 Als Kontrast stellt er diesem die »geltdorstigen buben«, die Priester, gegenüber, die wie Herren nur fressen und saufen und Tag und Nacht danach trachten, viele Lehen zu bekommen, doch ihr unerfahrener Glaube sei »nicht einer lauß wert«.131 Immer wieder kommt Müntzer auf das Versäumnis der »beltzebupischen knechte Gottes« zurück, die kranken von den gesunden Christen abzusondern und die Schafe Christi zu unterrichten, dass sie alle nach Joel 2,28 und Psalm 89,20 die lebendige Stimme Gottes hören und Offenbarungen haben sollen. Geradezu beschwörend spricht er seine Leser an: »wer do nicht horeth auß dem mu(o)nde Gots das rechte lebendige worth Gots, was bibel und Babe[l], ist nicht anders denn ein todt ding. Aber Gots wort, das durch hertz, hye[r]n, haut, haer, gebein, marck, saft, macht, kraft durchdringet, dorf wol anders herdraben dan unser nerrischen, hodenseckyschen doctores tallen« (das heißt lallen).132 Als Konsequenz dieser Paraphrase von Hebräer 4,12 fordert Müntzer von den Auserwählten, ihr Verhältnis zu den Verdammten »krachend« zu zerbrechen. Nur dann könnten sie erfahren, »was Got sei«. Die traditionellen Prediger könnten ihnen nicht helfen, denn sie lehren nicht, »was Got sei in erfarunge«. Er könne deshalb nur ausrufen: »O ho, we, we den predigern, die do leren Balahams [Bileams] weyse.« Ihr Glaube entspreche der Art Luzifers und des Satans. Sie beriefen sich nur auf das, was Christus geredet, Paulus geschrieben oder die Propheten geweissagt haben, oder auf das, was »der neronischer, heiliger allerhultzeister [verholzeste] bapst und pruntztopf [Nachttopf] zcu Rome in der kolbarm [Kohlenschuppen] geboten« habe.133 Deshalb ruft er erneut aus: »Ach ceter, ceter, we, we, we uber dye helfeurischen und Asmadeischen pfaffen, dye das 152
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volk uffenbarlich vorfuren« und die glaubenswilligen Heiden mit Markus 16,16 abspeisen. Sie sollten in den Abgrund der Hölle gestoßen werden.134 Schließlich fragt Müntzer seine Leser, ob man nicht ein Fünkchen spüre, das zum Feuer entfacht werden könne, und er antwortet: »Ja man fulitz und ich ful es auch.« Der Verfall der Kirche, über den ihn die Kirchenväter aufgeklärt hätten, habe geschehen müssen bis zu dieser Zeit, in der Gott nach Matthäus 13,30 den Weizen vom Unkraut absondern wolle. Triumphierend ruft Müntzer aus: »O ho, wie reif seynt die faulen opfel! O ho, wie morbe synt dye außerwelten worden! Dye zceyt der ernde ist do! Drumb hat mich Goth selbern gemit in seyn ernde. Ich habe meyne sichel scharf gemacht, denn meine gedancken seyn heftig uf dye warheyt unde meine lippen, haut, händt, haer, seele leip, leben vormalediegen dye ungleub[ig]en.« Damit alles rechtmäßig geschehe, sei er nach Böhmen gekommen und begehre von den »allerliebesten Behemen«, dass sie »das lebendige worth Gots auß Gots munde selbern […] studiren«, ihre Verführung durch die tauben Pfaffen erkennen und ihm um Christi willen helfen, gegen die Feinde des Glaubens zu fechten. Er verspricht, diese vor ihren Augen im Geist des Propheten Elia (1. Könige 18) zu Schanden zu machen. Denn in ihrem Land werde »dye neue apostolische kirche angehen, darnach uberall«.135 Er verspricht, den Fragen des Volks von der Kanzel aus Genüge zu tun und setzt dafür als Pfand seinen zeitlichen und ewigen Tod. Wer aber seine Mahnung verachte, sei jetzt »schon uberantwort[et] in die hende des Türken«. Nach dieser »wutende[n] brunst« werde »der rechte personliche enthechrist regyren, das rechte kegenteyl Christi, der yhm kortzen wyrt das reich dyser welt geben seinen auserwelten in secula seculorum« (Daniel 7,18.27). Seine Unterschrift versieht er mit dem Zusatz, der zugleich Legitimation und Programm ist: »Thomas Muntzer will keynen stümmen, sunder[n] eynen redenden Goth anbethen.«136
Der Sendbrief und das Ende der Böhmenmission Aus keiner der drei Fassungen haben sich klare Anhaltspunkte für einen Anlass, eine Reihenfolge oder die Adressaten ergeben. Daran ändert sich auch durch eine Berücksichtigung der unvollendeten tschechischen 153
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Übersetzung nichts. Es ist jedoch denkbar, dass sich Müntzer mit der lateinischen Fassung vor allem an die Laien der höheren Stände wandte, an ihr Nationalgefühl appellierte und angesichts der kirchlichen Misere ihr einstiges hussitisches Sendungsbewusstsein neu zu entfachen suchte. Hinweise, dass Müntzer dabei besonders den für den 2. Dezember 1521 einberufenen Landtag im Blick hatte, sind nicht zu belegen.137 Für die deutsche Kurzfassung ist zu erwägen, ob sie mit ihrer Konzentration auf das mündliche Wort Gottes als Versuch verstanden werden kann, die an Einfluss gewinnenden Böhmischen Brüder um Lukas von Prag anzusprechen. Als das ohne Wirkung blieb, könnte Müntzer schließlich mit der deutschen Bearbeitung der lateinischen Fassung in Gestalt der Langfassung vom 25. November mit allem Nachdruck die Böhmen insgesamt angesprochen haben. Bei allen Unterschieden der Fassungen in den Schwerpunkten ist Müntzers Argumentation im Wesentlichen die gleiche: die Kirchengeschichte als Verfallsgeschichte, gemessen an der Norm der Apostelzeit; der Klerus als Hauptschuldiger, vor allem durch Ablehnung des lebendigen Gottesworts und die Geltung der Bibel sowie der kirchlichen Gesetze als Norm; die nahe Strafe Gottes durch die Türkenbedrohung, die nach dem verunglückten Feldzug König Ludwigs im Sommer 1521 auch in Böhmen reale Züge angenommen hatte.138 Müntzers eigentliches Missionsziel ist die Unterrichtung über den Weg zur persönlichen Glaubensgewissheit als Voraussetzung für eine neue Kirche nach den Maßstäben der Apostelzeit, die sich von Böhmen aus evolutionär als Kirche der Auserwählten ausbreiten sollte. Sie hat bereits eine endzeitliche Dimension. In Prag deckt Müntzer zum ersten Mal öffentlich die Karten über das Endziel der Welt und seine apokalyptische Sendung auf. Knapp deutet Müntzer auch Kernthemen seiner theologischen Überzeugung an, auf die er in seinen späteren Schriften immer wieder zurück kommt: Der wahre Glaube als prozesshaftes Geschehen, existentielle Abwendung von Menschenfurcht und materiellen Zielen, intensive Erwartung der lebendigen Offenbarung Gottes, Trennung von Auserwählten und Verdammten, die doppelte Herrschaftsbeziehung nach 1. Mose 1,28 (die zu Gott und die zu den Kreaturen), die von Gott gesetzte Ordnung aller Dinge und anderes mehr. 154
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Müntzer schneidet diese Themen eher assoziativ an. Seine Sprache ist durchdrungen von biblischen Inhalten und Metaphern, aber erstmalig auch deutlicher von der Denkweise und den Wortbildungen der spätmittelalterlichen Mystik, die nach neueren Beobachtungen »nur prozessual zu fassen« und »mit prophetischer oder poetischer Sprache« vergleichbar ist.139 Zugleich hat Müntzer die Formen der leidenschaftlichen mündlichen Rede eines Predigers mit prophetischem Anspruch (direkte Anrede, Interjektionen, Paarformeln u. ä.) angewendet, die in der deutschen Langfassung einen Höhepunkt erlebt.140 Sein Ziel hat Müntzer auch mit der eindringlichen deutschen Langfassung nicht erreicht. Über das Ende der Böhmenmission gibt es keine zuverlässigen Quellen. Unter den zeitgenössischen böhmischen Chronisten erwähnt allein der Humanist Jiři Písecký, Müntzer sei später »durch gegensätzliche Auffassungen der untereinander uneinigen Glaubensgemeinschaften gezwungen [worden], aus Prag wegzugehen«.141 Die Formulierung lässt durchaus die Möglichkeit offen, dass er nicht rechtskräftig ausgewiesen wurde, sondern selbst entschieden hat, seine prophetische Sendung als gescheitert zu akzeptieren. In Wittenberg war man jedenfalls dieser Meinung, wie der befreundete Lochauer Pfarrer Franz Günther am 25. Januar 1522 Müntzer mitteilte. Man nahm an, er sei fortgetrieben worden, weil die Böhmen in einigen Fragen des Evangeliums stehen geblieben seien.142 Luther hatte 1520 in seiner Adelsschrift geschrieben: »Es ist hoch zeyt / das wir auch einmal ernstlich und mit warheyt der Bemen sach furnehmen / sie mit uns / und uns mit yhnen zu voreynigen.«143 Sollte Müntzer aus dieser Schrift, die in seiner Bücherliste enthalten ist, Impulse empfangen haben, so war er schneller ernüchtert worden als der Wittenberger Autor.144
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V. »Es heißt, dass du dich in Thüringen aufhältst« Müntzers Suche nach einem neuen Wirkungsort Bemühungen um einen Unterhalt Mit welchen Gedanken und Empfindungen Müntzer Anfang Dezember 1521 Böhmen den Rücken kehrte, ist nicht überliefert. Er kommt nie wieder auf dieses Fiasko zu sprechen. Sicher ist nur, dass er sich umgehend um eine Stelle bemühte, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Nach dem Verzicht auf sein Altarlehen war ihm Braunschweig verschlossen. So lag es näher, zunächst Kontakt zu Landsleuten aufzunehmen. Offenbar war er über die Verhältnisse des Erfurter Petersklosters, das sich Mitte des 15. Jahrhunderts der Bursfelder Union angeschlossen hatte und für zeittypische Bildungsbestrebungen offen war, einigermaßen informiert. Da er mit den beiden aus Stolberg stammenden Benediktinermönchen Martin Gentzel und Veit Goldschmidt in Verbindung stand, erkundigte er sich bei ihnen vermutlich Anfang Dezember 1521 nach einer Anstellung als Lehrer in ihrem Kloster. Bei einer der üblichen Zellenvisitationen erhielt Abt Johannes Bottenbach von dem Brief Kenntnis. Da nach der Benediktinerregel ein privater Briefwechsel nur mit Erlaubnis des Abts gestattet war, hatten Gentzel und Goldschmidt gezögert, sich mit Müntzers Anliegen an den Vorsteher des Klosters zu wenden. Schließlich erhielten sie dessen Zustimmung für Müntzers Anstellung. Sein Gehalt sollte sich wie in Zwickau auf 30 Gulden belaufen. Da der Abt den Brief durch einen Geistlichen überbringen ließ, der vielleicht mit Müntzer verwandt war, blieb er unversiegelt und ohne Angabe einer Adresse. Deshalb ist auch nicht bekannt, wo sich Müntzer nach seiner Rückkehr aus Prag zunächst aufgehalten hat.1 Gründe, warum aus dem Erfurter Angebot nichts geworden ist, sind ebenfalls nicht zu erkennen, es sei denn, Müntzers Bemerkung im Brief an Melanchthon ist als Anspielung darauf zu verstehen, Johann Lang in Erfurt habe den Knecht des Herrn verfolgt.2 156
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Eine Einladung nach Lochau Zu den Gerüchten, die im Umkreis der Wittenberger Reformatoren umliefen, gehörte die Nachricht, dass sich Müntzer in Thüringen aufhalte. Daraufhin lud ihn der befreundete ehemalige Jüterboger Prediger Franz Günther am 25. Januar 1522 nach Lochau ein. Er wünsche sehnlich, schrieb er ihm, seinen Geist aus seinem Wort zu vernehmen. Doch er möge zusehen, dass das Licht in ihm nicht Finsternis sei (Lukas 11,35). Als Begründung für diese Mahnung fügte er hinzu: »Verschiedenes schwatzen verschiedene Leute über Dich.«3 Mit 1. Petrus 5,8 warnte er vor der Versuchung des Teufels. Er hoffe aber, Müntzer habe seinen Geist geprüft und glühe im Geist Christi. Diese Bemerkung lässt aufhorchen, weil darin ein Kernproblem des Wittenberger Aufbruchs dieser Wochen anklingt. Günther gehörte keineswegs zum Kreis um Luther, dem daran gelegen war, die Umsetzung der Wittenberger Theologie in praktische Reformen abzubremsen. In seiner Lizentiatendisputation vom 24. September 1521 hatte er die Thesen des Wittenberger Universitätstheologen Johannes Dölsch über das antichristliche Verständnis des gegenwärtigen Bischofs amts und Luthers biblische Gleichsetzung von Bischof und Pfarrer erfolgreich verteidigt. Folgerichtig gebrauchte er dann als Pfarrer in Lochau den Bischofstitel und sorgte damit für Aufsehen.4 Anfang 1522 entschied er sich im Zug des Wittenberger Trends zur Eheschließung und führte die evangelische Messe ein.5 Am 22./23. März traute er seinen Pfarrhelfer, den ehemaligen Augustiner Balthasar Sturnius.6 Um diese Zeit wird Günthers Einladung längst in Müntzers Händen gewesen sein. Vielleicht ist er ihr gefolgt und hielt sich tatsächlich in Lochau auf. Das ist bisher nicht erwogen worden, denn über die Verhältnisse in der Kleinstadt ist kaum etwas bekannt. Bei der ersten Visitation 1528 kurz nach Günthers frühem Tod gehörten zum Pfarramt des »Städtleins« nur 33 Feuerstätten und das Dorf Purzien.7 Durch die Nähe zu Wittenberg, die Verbindungen zur kurfürstlichen Nebenresidenz Lochau und die Einbindung in den Kreis der Theologen des reformatorischen Aufbruchs war Günther sicher über die Universitätsstadt nach Luthers Rückkehr von der Wartburg am 6. März 1522 gut informiert. In einem vertraulichen Brief berichtete Andreas Bodenstein aus Karlstadt am 27. März dem befreundeten Nürnberger Propst Hektor 157
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Pömer über die Situation aus der Sicht der engagierten Reformer. Karlstadt schreibt: »Martinus beginnt hier durch sein Handeln das Seine zu widerrufen, nicht ohne größten Kummer der Nachbarn, die den Namen ›Evangelische‹ tragen wollen.«8 Nur zwei Tage später schrieb Müntzer seinen inhaltsreichen Brief an Melanchthon. Falls er der Einladung Günthers nachgekommen sein sollte, wäre er in der Kleinstadt angekommen, als bereits die Strafaktion einer Visitation durch den zuständigen Meißner Bischof drohte.9 Die lokalen Ansätze zu einer Neugestaltung der Kirche blieben sicher hinter seinen Vorstellungen weit zurück. Doch Quellenbelege fehlen für diese Erwägungen ebenso wie für Kemberg als alternativen Ortsvorschlag für Müntzers Aufenthalt. Der Kemberger Propst Bartholomäus Bernhardi, der mit seiner spektakulären Verheiratung Ende Mai 1521 eine Diskussion über die Priesterehe auslöste, war mit Müntzer bekannt und hatte ihm 1519 ein Stellenangebot übermittelt.10 Luther behauptete später, dass sich auch Markus Thomas nach seiner kontroversen Begegnung mit ihm Anfang April 1522 nach Kemberg begeben habe.11 Ein Aufenthalt Müntzers in Wittenberg im Jahr nach dem Wormser Reichstag und nach Luthers Rückkehr von der Wartburg wird nur in einem späten autobiographischen Eintrag Johann Agricolas in seiner hebräischen Bibel bezeugt. Er führt ihn unter den »Propheten« an, die damals in Wittenberg gewesen und vertrieben worden seien.12 Müntzers Interesse an einem Kontakt zu den Wittenbergern um diese Zeit ist jedoch nicht zu bezweifeln.
Der Brief an Melanchthon Müntzer wusste von Melanchthons Beteiligung an der Wittenberger Reformdiskussion, die im Herbst 1521 eingesetzt hatte. Offenbar war ihm auch die Unsicherheit gegenüber dem prophetischen Anspruch und der biblischen Begründung der Kindertaufe in der Begegnung mit Markus Thomas am 27. Dezember bekannt. Melanchthon selbst hatte sie dem Kurfürsten und Spalatin mitgeteilt und die Prüfung dieses prophetischen Geistes durch Luther für notwendig gehalten. Dieser hatte ihn deswegen 158
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in einem Schreiben vom 13. Januar 1522 zurechtgewiesen und an seine eigenen Gaben erinnert.13 Als Müntzer am 29. März seinen Brief an Melanchthon schrieb, ist diese Situation als Hintergrund zu bedenken. Lange Zeit ist Erfurt als Ausstellungsort vermutet worden, da aber die Adresse und weitere Bestandteile der Briefrhetorik fehlen, wird neuerdings die Umgebung Wittenbergs oder die Elbestadt selbst als Aufenthaltsort des Schreibers angenommen. Wenn Müntzer in seiner Begrüßung Melanchthon als »Werkzeug Christi« (organum Christi) ansprach, war das nicht ungewöhnlich. Luther war ihm bereits am 9. September 1521 damit in einem Brief an Melanchthon vorausgegangen, allerdings in der Adresse.14 Ohne die üblichen rhetorischen Eingangsformeln kommt Müntzer sofort zur Sache, zur Darlegung seiner Position angesichts der gegenwärtigen Entwicklung der Wittenberger reformatorischen Bewegung: »Eure Theologie umfasse ich von ganzem Herzen.«15 Mit Psalmenmetaphern lobt er die Rettung vieler Auserwählter aus den Schlingen Roms und die vollzogenen Priesterehen. Er tadelt aber, es sei unsicher, ob durch diese Ehen Auserwählte oder Verworfene fortgepflanzt werden und Abb. 26: Philipp Melanchthon, Kupferstich die zukünftige Kirche (ecclesia futura) von Albrecht Dürer (1526) somit verworfen werde. Um darin gewiss zu sein, fehle das entscheidende Fundament, die Kenntnis des lebendigen Worts Gottes. Das entstehe im Herzen. In den Büchern finde man nur das Zeugnis für das wahre Wort. Ohne Umschweife wirft Müntzer den Wittenbergern vor, sie würden einen stummen Mund Gottes anbeten, wie die falschen Schriftgelehrten bei Jeremia 23,30f., und er fordert sie auf: »O Ihr Lieben, trachtet danach, dass Ihr weissagen mögt, sonst wird Eure Theologie keinen Heller wert sein. Betrachtet Euren Gott aus der Nähe und nicht aus der Ferne, glaubt, dass Gott lieber spräche, als Ihr bereit seid zum Hören.«16 159
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Seiner Meinung nach sind die Folgen dieses Versäumnisses bereits erkennbar. Denn die aus menschlichen Begierden eilig geschlossenen Priesterehen vereiteln die Heiligung, die für Christen das verbindlichste Gebot sei. Diese Heiligung mache nach dem Willen Gottes »zuerst die Seelen leer, bis sie diese niedrigen Genüsse am Ende gar nicht mehr aufnehmen und als ihren falschen Besitzer annehmen kann«.17 Als Zeugen für seine Mahnung führt er die von der Endzeitnähe bestimmten Eheanweisungen des Apostels Paulus in 1. Korinther 7 ins Feld, die von der Grundüberzeugung geprägt sind, angesichts dieser Situation sollten die Männer mit ihren Frauen so umgehen, als hätten sie keine (1. Korinther 7,29). Deshalb sollten sie die eheliche Pflicht nicht wie die Heiden verrichten, sondern als Verantwortliche »für die erwählte Nachkommenschaft«. Sie sollten wissen, »dass die Furcht Gottes und der Geist der Weisheit die tierische Lust hindere«.18 Den Ernst der Situation bekräftigt Müntzer durch den Hinweis auf die Vision von den Schalen des Zorns in der Offenbarung des Johannes 16. Er ist der Auffassung, dass die Schale des dritten Engels schon ausgegossen sei (Offenbarung 16,4). Die Wittenberger stünden mit ihrer Kenntnis der Furcht Gottes zwar auf der Seite der Auserwählten, aber durch die fehlende Heiligung sei ihnen der Zugang zum lebendigen Wort Gottes verschlossen. Die so fremd wirkenden Äußerungen waren für Theologen damals nicht völlig neu. Sie erinnerten nicht nur an Ausführungen von Paulus, sondern auch an die von frühen Kirchenvätern wie Origenes oder an einflussreiche Gedanken über Geschlechtlichkeit und Ehe bei Augustin.19 Bekannt sind auch große Ähnlichkeiten zwischen diesen Auffassungen Müntzers und der taboritischen Apokalyptik. Eine Abhängigkeit ist jedoch nicht nachzuweisen.20 Luther hat diese Konsequenzen der Heiligungsforderung bei Müntzer ironisiert.21 Danach legt Müntzer den Finger auf die Kontroverse um die Abschaffung der Messe (»de abroganda missa«). Er billigt die Beseitigung des päpstlichen Gräuels, kritisiert aber, dass der apostolische Ritus nicht konsequent beachtet werde. Es fehle die Prüfung der Hörer nach der Verkündigung. Brot und Wein dürften nur denen ausgeteilt werden, »die eine Frucht des Verständnisses erbracht« und Gott als »den wahren Besitzer haben«.22 Das Ergebnis des Glaubensverhörs sei auch öffentlich bekannt zu geben. 160
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Müntzer strebte demnach bereits auch praktisch eine geistlich erneuerte Gemeinde an. Möglich ist, dass er bei der Begrenzung von Abendmahlsteilnehmern den frühchristlichen Ausschluss von Katechumenen – das heißt Taufbewerbern – im Blick hatte.23 Vielleicht war er auch über Karlstadts Angebot eines Abendmahls mit der Ausspendung von Brot und Wein ohne vorherige Beichte informiert. Luther hat sich nach seiner Rückkehr hierzu vorerst nicht geäußert. Das Problem des Sakramentsmissbrauchs war ihm schon durch die Warnung in 1. Korinther 11,27-29 vertraut. Müntzers Vorwurf dürfte diese Sorge noch verschärft haben. Wahrscheinlich ist Luther aber dadurch eher motiviert worden, sich vorerst zurückzuhalten. Als ein Jahr später die praktische Neuordnung des Gottesdiensts unumgänglich wurde, nahm er positiv zur Glaubensprüfung vor dem Sakramentsempfang Stellung.24 Luther war sich über den neuralgischen Punkt in Müntzers Kritik am Verständnis des Worts Gottes und der daraus abgeleiteten Vorstellung einer endzeitlichen Gemeinde im Klaren: Die Kirche dieses Kritikers kennt nur wahrhaft Glaubende. Für »Schwache« ist kein Platz. Müntzer bestätigt das sofort: »Unser sehr geliebter Martin handelt unwissend, dass er die kleinen Kinder nicht verletzen will.«25 Diese kleinen Kinder, das heißt die »Schwachen«, seien in Wirklichkeit wie hundertjährig verfluchte Kinder, denn die endzeitliche Bedrängnis stehe doch schon vor der Tür. Zum Abwarten gebe es keine Zeit mehr. Leidenschaftlich schafft sich seine Sorge auf Deutsch Luft: »Lieben bruder, last euer merhen, es ist zeyt!« Die Endereignisse seien nahe, wie sie in Matthäus 24,32 mit dem Feigenbaumgleichnis angekündigt würden. Deshalb kann die Konsequenz nur lauten: »Vereint Euch nicht mit den Verworfenen, sie verhindern, dass das Wort gewirkt werde mit großer Kraft.«26 Müntzer wusste, dass Luther die Endzeitwarnung von Matthäus 24 keineswegs aus dem Blick verloren hatte. Er kannte die große Schrift gegen die römische Messpraxis »De abroganda missa« (Vom Missbrauch der Messe). Mehrmals hat Luther sich darin auf die Warnung vor falschen Propheten (Matthäus 24,24) bezogen, aber damit stets den römischen Missbrauch gemeint.27 Dass er sie nicht als Handlungsanleitung für eine reine Kirche der Auserwählten verstand, war in Müntzers Augen Ignoranz, wenn nicht Schlimmeres. 161
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Im Anschluss an diesen Haupteinspruch fordert Müntzer die Wittenberger auf, nicht ihren Fürsten zu schmeicheln, damit sie nicht ihren Untergang erleben müssen. Wahrscheinlich spielte er damit auf Luthers Versuch in seiner Schrift gegen die Messe an, dem Kurfürsten eine Brücke zu bauen, seine Reliquiensammlung aufzugeben. Luther meinte, der Kurfürst habe diese im Betrug der Papisten wurzelnde Sammlung nicht mehr nötig, weil sich mit Friedrich eine alte Prophezeiung erfüllt habe. Unter ihm sei die lebendige Wahrheit des Evangeliums aus dem Grab der Papisten befreit worden. Diese gelte es auszubreiten, aber dabei nach Römer 14,1 die Schwachen zu schonen.28 Müntzer hat wahrscheinlich den Verweis auf die heilsgeschichtliche Stellung der Wittenberger Residenz als Äquivalent für den Reliquienkult, den Luther im Sinn eines »geuckel spil[s]« durch die Prophezeiung illustriert, als Schmeichelei gegenüber den ernestinischen Fürsten gedeutet.29 Diesem Verdacht fügt Müntzer unvermittelt den Vorwurf hinzu, die Wittenberger – unwissend in der Heiligen Schrift und im Bestreben des Geistes – leugneten das christliche Fegefeuer. Er verachte zwar wie sie das päpstliche Schreckgespenst, warne aber davor, die sieben Gaben von Jesaja 11,2f. zu missachten. Dadurch werde der Eingang in die Ruhe Gottes versäumt. Wie im Prager Sendbrief angedeutet, verknüpfte er den schmerzhaften Glaubensprozess mit der Problematik der Fegefeuerlehre.30 Diese war mit der Messpraxis und den Stiftungen von Totenmemoria verbunden und stand in Wittenberg seit 1518 zur Diskussion. Luther und Nikolaus von Amsdorf begnügten sich in ihrem Briefwechsel vom Januar 1522 damit, einen Fegefeuerort abzulehnen.31 Offenbar wurde die Debatte auch durch eine Ausgabe von Schriften des kritischen Theologen Johann Wessel von Gansfort aus Groningen belebt, die Hinne Rode aus Utrecht Anfang 1522 in Wittenberg zum Druck beförderte. Wessel verstand angesichts der Gottesferne das Fegefeuer als reinigenden Schmerz und brennende Sehnsucht nach vollkommener Gottesschau.32 Müntzers Verständnis des Fegefeuers als inneren reinigenden Vorgang scheint in eine ähnliche Richtung zu weisen. Abschließend erklärt Müntzer sich bereit, seine Kritik mit der Heiligen Schrift, der Ordnung Gottes, der Gotteserfahrung und dem lebendigen Wort zu bekräftigen. Sein Bedauern über die Distanz zu den ehemaligen Gefährten kann er nur noch in der Muttersprache formulieren: »Yhr zarten schriftgelerten, seyt nicht unwillig, ich kan es nicht anders machen.« 162
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Das autorisiert er mit dem Zusatz zur Unterschrift: »nuntius Christi«, Bote Christi.33 Luther äußerte später, Müntzers Brief sei an ihn und Melanchthon gerichtet gewesen.34 Zu einer Erwiderung hat er sich damals wohl bewusst nicht entschlossen, auch nicht zu einer direkten Begegnung. Seine Information im »Brief an die Fürsten zu Sachsen« von 1524, der Allstedter Geist sei ein- oder zweimal vor ihm im Wittenberger Kloster auf die Nase geschlagen worden, bezieht sich auf die Begegnung mit Markus Thomas (Stübner) und Nikolaus Storch.35 Wie viele nach ihm hat bereits Müntzer diese Bemerkung missverstanden und ihr widersprochen.36 Melanchthon hat sich dagegen zu einem Gespräch im kleineren Kreis bereit erklärt, sicher mit Luthers Wissen. Bekannt ist das nur durch eine briefliche Mitteilung des gebildeten Nürnberger Färbers und Tuchmachers Jörg Schechner von 1560, der Kaspar von Schwenckfeld verbunden war. Schechner schreibt an einen verwandten Täufer in Mähren, er habe »den Müntzer Zu Wittenberg A[nn]o 1522 gesechen und in einen Colloquio so er mit Philippo und Pomerano gehalten hab gehort«.37 Weder in der Überlieferung zu Melanchthon noch in der zu Johannes Bugenhagen, der damals bei Melanchthon wohnte, wird das Gespräch erwähnt. Es wird Ende März oder Anfang April stattgefunden haben.38 Die Themen dürften die gleichen gewesen sein, die Müntzer im Brief an Melanchthon behandelt hatte. Vielleicht war er auch informiert, dass in einer Universitätsdisputation im März unter dem Vorsitz Nikolaus von Amsdorfs die Meinung vertreten wurde, die mit der Bannandrohung gegen Luther begonnene endzeitliche Herrschaft des Antichrist werde nach Daniel 7,26 und Offenbarung 14,5 dreieinhalb Jahre andauern. Müntzer dagegen war überzeugt, die Zeit sei schon weiter fortgeschritten.39 Offenbar war Müntzer von seinem Auftrag nach wie vor tief überzeugt. Weder der Misserfolg in Prag noch die in Wittenberg ausbleibende Resonanz scheinen ihn unsicher gemacht zu haben. Denn er kannte das Muster der Ablehnung von den Propheten des Alten Testaments. In der Regel wurde der Auftrag eines Propheten nicht hinfällig, wenn diejenigen sich ihm verweigerten, an die er gerichtet war. Es ist möglich, dass er bei einem Treffen mit Markus Thomas (Stübner) in Kemberg im April eine weitere Entfremdung von seinem ehemaligen 163
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Zwickauer Gefährten feststellen musste. Das legt jedenfalls Müntzers spätere distanzierende Äußerung gegenüber Luther nahe.40 Falls er damals nicht von seinem Famulus Emmen begleitet wurde, hat er offenbar die Wittenberger Region allein verlassen.
Intermezzo in der Stolberger Heimat Mit welchen Hoffnungen sich Müntzer von Wittenberg auf den Weg in seine Heimat begeben hat, ist nicht bekannt. Nur durch eine Kindheitserinnerung des 1528 geborenen Mansfelder Pfarrers Cyriacus Spangenberg ist dieser Aufenthalt bekannt. Als Verteidiger Luthers sah dieser sich sofort auf den Plan gerufen, als der Konvertit Friedrich Staphylus den Reformator 1561 in einer polemischen Schrift für das Aufkommen der Schwärmer und Aufrührer, vor allem aber für das Auftreten Müntzers und den Bauernkrieg, verantwortlich machte. Spangenberg antwortete im Jahr darauf mit einer Gegenpolemik unter dem Titel »Wider die bo(e)se Sieben ins Teufels Karno(e)ffelspiel«, Müntzer sei zwar aus der reformatorischen Bewegung hervorgegangen und wohl »nicht ein schlechter Prediger im anfang gewesen«. Dabei sei er leider nicht geblieben. Sein Vater Johann Spangenberg habe ihm erzählt, dass er von Müntzer »fur der zeit zu Stolberg / etliche nicht wenig / gar herrliche / scho(e)ne / und Christliche Predigten […] geho(e)ret hette«. Zuletzt habe er aber »ein mal auf den Palmen Sontag eine Predigt gethan / welche verstendigen Leuten allerley nachdenckens gemachet / sonst were er anders nicht / denn ein Christlicher Lerer befunden worden«. Sein Vater sei der Meinung gewesen, Müntzer habe sich danach vom Teufel »mit der hoffart und Ehrgeitz (darzu auch rachgirigkeit kommen)« besitzen lassen.41 Bereits Luther, Melanchthon und Agricola hatten mit der dämonologischen Erklärung die Verteidigungslinie gegen die altgläubigen Schuldzuweisungen in Sachen Müntzer errichtet.42 Nach dem Zeugnis Johann Spangenbergs trat Müntzer in der Residenzstadt Stolberg in der Karwoche 1522 als reformatorischer Prediger auf. Seine Palmarumspredigt habe allerdings die Hörer stutzig gemacht. Angesichts des Quellenmangels müssen weitere Fragen zu Müntzers reformatorischer Verkündigung in seiner Geburtsstadt offen bleiben. Nur die Namen der Inhaber der vier führenden Ratsämter (Sitzender Rat) von 164
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1522 sind bekannt, nicht aber ein möglicher Kontakt zu Müntzer.43 Namensträger der Familie Müntzer sind um diese Zeit in Stolberg nicht mehr nachweisbar, nur der ihr nahestehende und womöglich verwandte Hüttenmeister und Ratsherr Hans Goldschmidt.44 Erklärungsbedürftig bleibt, dass von den beiden Stolberger Theologen, die der reformatorischen Bewegung bereits verbunden waren, Johann Spangenberg und Tileman Platner, keine weitere Äußerung über Müntzers Stolberger Predigten vorliegt. Der in Erfurt graduierte Pädagoge Spangenberg war zwei Jahre lang Rektor der Stolberger Lateinschule und nebenher Mittagsprediger an St. Martin, als er Müntzers Verkündigung erlebte.45 Vermutlich sind sich Spangenberg und Müntzer weder damals noch später nahegekommen. Ähnlich wird es sich zwischen Müntzer und seinem vermutlich gleichaltrigen Landsmann Platner verhalten haben, der im Herbst 1519 von Graf Botho zum Pfarrer an die Martinskirche berufen worden war. Er begleitete die Grafen Wolfgang und Ludwig im Herbst 1520 zum Studium nach Wittenberg. Im Sommersemester 1521 führte er als Vizerektor die Geschäfte, als Graf Wolfgang zum Ehrenrektor gewählt wurde. Platner war in diesem Amt als Vertreter der Universität auch an den Verhandlungen mit dem Kurfürsten während der Wittenberger Bewegung beteiligt. Gemeinsam mit Justus Jonas wurde er am 14. Oktober 1521 zum Doktor der Theologie promoviert. Melanchthon hat ihm seine reformatorische Glaubenslehre von 1521, die »Loci communes rerum theologicarum seu Hypotyposes«, gewidmet.46 Neben einer anderen persönlichen Prägung und der fehlenden Neigung, sich mit Veröffentlichungen an der theologischen Debatte zu beteiligen, ist auch die besondere Situation der Residenzstadt unter Graf Botho zu bedenken. Dieser blieb als Hofmeister des Magdeburger Erzbischofs Albrecht und als Lehnsnehmer des albertinischen Herzogs Georg der Römischen Kirche verbunden, unterband aber die wachsende reformatorische Überzeugung in seinem Land nicht.47 In Müntzers schriftlichen Äußerungen haben seine Stolberger Predigten keine sichtbaren Spuren hinterlassen. Ohne Eindruck waren sie bei den Bürgern aber nicht geblieben, wie sich in der Folgezeit herausstellen sollte. Da Kirche und Schule der Residenzstadt dem Gastprediger offenbar keine Anstellung zu bieten hatten, wird er die Heimat bald wieder ver165
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lassen haben. Wohin er sich wandte, ist unbekannt, es sei denn, dass eine Äußerung von Urbanus Rhegius eine Reise nach Süddeutschland wahrscheinlich macht. In einer polemischen Schrift gegen Karlstadts Abendmahlslehre behauptet Rhegius 1524, dessen »Geselle« Müntzer habe ihm vor zwei Jahren die Bibel verächtlich machen und die Bauern den Glauben aus natürlichen Dingen lehren wollen. Er habe aber schon damals gemerkt, dass er faule Fische bei sich trage.48 Rhegius musste Ende 1521 seine Augsburger Dompredigerstelle aufgeben. Bevor er 1522 eine neue Stelle als Prediger in Hall in Tirol antrat, hielt er sich einige Zeit in seiner Heimat im Bodenseegebiet auf.49 An welchem Ort er Müntzer begegnet sein soll, bleibt unklar. Doch die Information über Müntzers Glaubensverständnis entspricht durchaus dessen Auffassung, die aber zu dieser Zeit noch nicht in gedruckter Form vorlag.
Zwischenstation in Nordhausen Am 14. Juli 1522 wandte Müntzer sich aus Nordhausen schriftlich an einen ungenannten Kritiker, ohne dass Genaueres bekannt ist.50 Für einen Aufenthalt in der Reichsstadt bedurfte er kaum der Vermittlung bekannter gebürtiger Nordhäuser wie Justus Jonas oder Franz Günther. Er war ohnehin mit einem größeren Personenkreis des Harz- und Vorharzgebiets durch Verwandtschaft, Bekanntschaft und wissenschaftliche Bildung verbunden. Aus reformatorischer Sicht befand sich die Reichsstadt im Sommer 1522 in einer Übergangssituation. Mit zirka 5.000 Einwohnern gehörte sie
Abb. 27: Ansicht von Nordhausen (1653)
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zwar nicht zur ersten Kategorie der Großstädte, nahm jedoch eine besondere Position ein. Sie war auf den Reichstagen vertreten, erneuerte am 10. Juli 1522 ihren Schutzherrschaftsvertrag mit den drei wettinischen Landesherrn, schränkte den Einfluss des machtvollen Reichsstifts St. Crucis wirksam ein und gewährte der aufkommenden reformatorischen Bewegung Raum. Bald häuften sich Übergriffe auf das Stift.51 Am 20. Juni 1521 waren drei Priesterhäuser geplündert worden. Vermutlich standen diese antiklerikalen Aktivitäten mit ähnlichen Aktionen zur selben Zeit in Erfurt und Gotha in Zusammenhang, die von Zeitgenossen aufmerksam registriert wurden.52 Im Jahr 1522 trat ein Wendepunkt im Verhältnis zwischen Stadt und Stift ein. Am 3. Juli, dem Vorabend der jährlichen Prozession zum Fest der Kreuzauffindung, kam es zu Ausschreitungen gegen die Kurien der Stiftskanoniker. Dem Rat gelang es, die frei gewordene Pfarrstelle zu St. Petri unter Duldung des Stifts mit dem ehemaligen Augustiner Laurentius Süsse zu besetzen. Er hatte sein Prioramt niedergelegt und das Kloster verlassen. Am 16. Februar hielt er seine erste Predigt als neuer Gemeindepfarrer. Dieser Verstoß gegen die traditionelle kirchliche Ordnung rief eine Beschwerde von Stiftskanonikern hervor. Dasselbe geschah, als ein weiterer ehemaliger Mönch mit der Verkündigung des Evangeliums in der vormaligen Hospitalkapelle St. Georg neben dem Rathaus, für die der Rat das Präsentationsrecht besaß, beauftragt wurde. Der Name dieses Predigers ist nicht überliefert, Müntzer ist es jedoch keinesfalls gewesen, wie früher angenommen wurde.53 Für den Vorschlag, Müntzer sei in Nordhausen als Lehrer an der Stadtschule tätig gewesen, gibt es ebenfalls keinen Quellenbeleg.54 Dem Rat gelang es 1522 zwar, mit dem Stift eine »Gemeinsame Ordnung für die Stiftsschule und Stadtschule« auszuhandeln, nach der auch die regelmäßige Lektüre von biblischen Texten zum Unterrichtsstoff gehörte.55 Angesichts der noch nicht gefestigten reformatorischen Bestrebungen ist aber eine Anstellung Müntzers eher unwahrscheinlich. Auszuschließen ist allerdings nicht, dass er sich seinen Unterhalt durch Privatunterricht verdiente, denn auf diesem Gebiet besaß er bereits Erfahrung. Wahrscheinlich hat der gelehrte, konsequente Vertreter der reformatorischen Lehre durch seine große Ausstrahlungskraft auch hier bald re167
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formbereite Bürger als Gesprächspartner gewonnen und damit Vertreter der reformatorischen Bewegung nach dem Wittenberger Vorbild zur Kritik herausgefordert. Das legt zumindest das erwähnte Schreiben vom 14. Juli 1522 nahe, dessen Überlieferung allerdings Rätsel aufgibt. Es nennt keine Namen. Gruß und Zusatz zur Unterschrift sind bei Müntzer singulär. Außerdem liegt es nur als Abschrift von Müntzers Famulus Emmen vor. Wann diese angefertigt wurde, ist nicht zu erkennen. Die ungewöhnliche Salutatio »Den Gruß des Sohnes der Jungfrau« leitet nicht, wie üblich, den Briefanfang ein, sondern ist wie eine Überschrift in der Mitte über den Text gesetzt. So wird geradezu der Eindruck einer offiziellen Mitteilung, einer Missive, erweckt.56 Entsprechend unvermittelt setzt der Text mit einem Protest ein: »Die da schwatzen, ich hätte die Lehre Christi widerrufen […,] reden eitel Lügen.« Den Verleumdern setze er den unwandelbaren Willen Gottes entgegen, der für ihn stets verbindlich gewesen sei. Er zeige nämlich allen »gottlosen Betrügern ganz und gar die allein rechte Kirche Jesu des Nazareners, die durch Gottes vorherige Verfügung gegründet« sei.57 Danach artikuliert Müntzer sein Erstaunen darüber, dass sich seine Kritiker wie alle Gottlosen mit der göttlichen Gnade brüsten, die sie genauso wenig kennen würden wie die Gans die Milchstraße. Doch ihnen stünden gefährliche Zeiten bevor. Die Auserwählten würden dagegen die Wunderwerke des lebendigen Worts im Gesetz Gottes verkündigen, die untrüglich in sein Herz geschrieben seien. Anschließend fordert er seinen Kritiker direkt auf: »Glaube mir, ich habe in keinem Punkt gelogen, wie das göttliche Gericht zeigen wird.«58 Seine Gegner sollten es unterlassen, ihm vorzuwerfen, sich von den Schriftgelehrten und Pharisäern abzuwenden. Diese würden nach Matthäus 23 nicht die Sache Jesu Christi suchen. Anfangs hätten sie unbedacht für die Abschaffung der Messe plädiert, jetzt würden sie das gern widerrufen. Die völlig verkehrten Zeugnisse, die sein Kritiker gegen ihn vorbringe, weise er von sich, denn durch sie sei »die Herrlichkeit des Herrn in Argwohn und Verruf geraten«. Den abschließenden Wunsch, dass Gott die Seinen vor solcher Missachtung bewahren möge, bekräftigt seine Unterschrift mit dem apokalyptisch zu verstehenden Zusatz nach Hiob 38,13: »ein Sohn der Ausschüttlung [Vertreibung] vor dem Angesicht der Gottlosen«.59 168
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Der ungewöhnliche Sprachgebrauch verführt leicht zu Spekulationen. Klar scheint zu sein, dass Müntzer seinen apokalyptischen Sendungsanspruch bekräftigt, sich mit Überzeugung auf der recht verstandenen Linie der Lehre Christi weiß und »die allein rechte Kirche Jesu des Nazareners«, die Kirche der Auserwählten, vertritt. Vermutlich spielt er mit dieser Formulierung auf die am Mittwoch und Freitag in der Pfingstwoche verlesene Epistel Apostelgeschichte 2,14-21 und 22-28 an, in der Petrus seine Hörer auffordert, die Worte Jesu, des Mannes aus Nazareth, zu hören (V. 22). Das war 1522 der 11. und der 13. Juni.60 Vielleicht ist das zugleich ein Fingerzeig, seit wann sich Müntzer in Nordhausen aufhielt. Petrus habe in seiner Pfingstpredigt die Erfüllung der Prophetie von Joel 3,1-5 bestätigt. Angesichts der apokalyptischen Situation erweist sich für Müntzer auch ein halbherziger Umgang mit dem Messopfer als falsch. Wahrscheinlich hat er die Situation in den reformatorischen Kreisen nach Luthers Rückkehr von der Wartburg vor Augen. Mit seinem harschen Urteil wird er kritische Reaktionen im Kreis um den Prediger Süsse und dem reformoffenen Rat hervorgerufen haben, wie seine Stellungnahme vom 14. Juli belegt. Die Nordhäuser Augustinereremiten und ihr ehemaliger Prior Süsse sowie das Verhalten des Rats hatten bereits die Aufmerksamkeit des Schutzherrn Herzog Georg auf sich gezogen. Der Herzog sorgte sogar dafür, dass Süsse nach dem Tod seiner Mutter in Pirna 1523 sein Erbteil nicht erhielt.61 Müntzer sah in ihnen dennoch Gegner, da sie seine apokalyptische Sicht ablehnten. In seiner »Hoch verursachten Schutzrede« hat er später sogar behauptet, Luther und sein ungebratener Lorenz, das heißt der nicht durch Leiden geprüfte Laurentius Süsse, wären an Plänen beteiligt gewesen, ihn zu töten.62 Von solchen Plänen ist jedoch nichts bekannt. Müntzer oder sein Umkreis haben dagegen zu Beginn des Aufstands 1525 die Prediger Süsse und Johann Spangenberg nach Römer 1,32 des Todes für schuldig erklärt, weil sie zugelassen hätten, dass ein Bilderzerstörer in Haft genommen wurde.63 Von Süsse sind keine Äußerungen über Müntzer überliefert. Allein das Epitaph auf seinen Tod 1549 bestätigt den Konflikt mit ihm. Sein Schwager, der Sangerhäuser Superintendent Philipp Seidler, hat hierzu eine Vita in 13 Distichen verfasst, in denen er unter den Feinden, denen Süsse ver169
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hasst war, neben den Mönchen den Papst und den Satan und an dritter Stelle Müntzer anführt, der Krieg im Land erregt habe.64 Da es Müntzer nicht gelang, sich mit seinen Kritikern zu verständigen und eine Anstellung in der Reichsstadt zu erlangen, bemühte er sich anderwärts um einen Dienst, zumindest für die Winterzeit. Gegen Ende September erfuhr er, dass in Sooden an der Werra eine geistliche Stelle zu besetzen sei und bat am 25. September den befreundeten Johannes Buschmann in Heiligenstadt um Vermittlung.65 Vielleicht kannten sie sich aus Universitätszeiten. Obwohl Buschmann erst später in erzbischöflich Mainzer Diensten nachweisbar ist, muss er sich bereits 1522 in einer einflussreichen Position befunden haben. Müntzer wird ihm gegenüber kaum sein reformatorisches Sendungsbewusstsein erwähnt haben, denn Buschmann war umgehend bereit, die Vermittlung zu übernehmen. Außerdem sprach er ihn in seiner Antwort ganz in der Art humanistischer Briefpartner als »Verehrer der göttlichen Wissenschaften« (»Arcium divinarum cultori«) an. Was Buschmann Müntzer mitzuteilen hatte, fiel allerdings enttäuschend aus. Der für die freie Stelle zuständige Allendorfer Pfarrer Johann Iring lehnte ihn als Bewerber ab. Buschmann vermutet, dass die Eichsfelder Prälaten ihren Einfluss geltend gemacht haben, die Müntzer »für einen Martinianer oder für einen noch Schlimmeren halten und das überall verbreiten«.66 Buschmann ließ sich von diesen Aversionen genauso wenig beeindrucken wie der gelehrte Geistliche Alexander Kindervater und der Heiligenstädter Pfarrer an St. Marien, der Müntzer gern die geistliche Verwaltung einer Thüringer Pfründe anvertraut hätte, wäre sie nicht gerade vergeben worden. Eine weitere Möglichkeit der Vermittlung sah Buschmann gegenwärtig nicht, versicherte aber seine Bereitschaft zu weiterer Hilfe. Die fehlgeschlagene Bewerbung bringt zur Biographie Müntzers in seiner reformatorischen Frühzeit Erstaunliches an den Tag: Er war schon 1522 viel bekannter, als gemeinhin angenommen wird, auch als progressiver Vertreter der reformatorischen Bewegung. Das Netz der durch gelehrte Ausbildung geknüpften Kontakte war trotz der zunehmenden konfessionellen Erosion vielfach noch intakt.67
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Müntzers weitreichende Kontakte, deren Spuren sich nur noch punktuell erhalten haben, werden durch den Brief eines Johann van den Esschen im Nachlass bestätigt. Bei dem Verfasser handelt es sich um einen der beiden sogenannten Brüsseler Märtyrer, die am 1. Juli 1523 hingerichtet wurden. Da kein weiteres Zeugnis dieser Briefverbindung vorliegt, bleibt einiges ungeklärt. Zur Frage, woher sich beide Partner kannten, bietet sich zumindest eine Vermutung an. Antwerpen, das Heimatkloster des Augustinereremiten Johann van den Esschen gehörte zur sächsisch-thüringischen Ordensprovinz. Sowohl Esschen als auch sein Leidensgefährte Heinrich Voes haben sich einige Zeit im Eisleber Kloster aufgehalten. Esschen ist mit einer größeren Anzahl von Ordensbrüdern am 6. Oktober 1522 auf Befehl der Statthalterin Margarete von Habsburg inhaftiert worden. Sein Schicksal war noch ungewiss. Das wird in seinem Brief angedeutet. Müntzer hat ihm, möglicherweise Anfang Oktober von Nordhausen aus, einen Gruß und eine kurze Botschaft zukommen lassen. Dabei könnte er seine schwierige Situation und sein apokalyptisches Zeitverständnis angedeutet haben.68 Darauf nimmt Esschen in seiner Antwort Bezug. Wie Müntzer im Brief an Melanchthon zitiert auch er Matthäus 24,32 (»der Sommer ist nah«), aber auch Lukas 21,9 (»aber das Ende ist nicht sobald da«) und das Gleichnis vom Weizen und Unkraut (Matthäus 13,30), vertritt aber die Meinung, sie seien vielleicht noch nicht zur Reife gekommen.69 Als die beiden Augustiner nach der Verweigerung des Widerrufs zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt wurden, war Müntzer in Allstedt. Wann er von der Hinrichtung erfahren hat, ist nicht bekannt.
Sondierung bei Hofprediger Wolfgang Stein in Weimar Der gelehrte Zwickauer Wolfgang Neupeck alias Stein, der vom Herbst 1517 bis zum Jahresanfang 1519 als Prediger an der Zwickauer Katharinenkirche einer von Müntzers Vorgängern war, ist mit Sicherheit für ihn kein Unbekannter gewesen.70 Nachdem Stein Ende Oktober 1522 mit Luthers Billigung die Stelle eines Hofpredigers bei Herzog Johann in Weimar erhalten hatte, lag es nahe, dass Müntzer ihn als Vermittler für eine Anstellung in Anspruch nehmen wollte. 171
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Ob ihm bekannt war, dass Stein inzwischen in eine Kontroverse mit den Weimarer Franziskanern über das Opferverständnis der Messe geraten war, die in einer Disputation ausgetragen wurde, ist nicht überliefert. Weder über den genauen Zeitpunkt der Disputation Ende November oder Anfang Dezember noch über die Beteiligten ist Klarheit zu gewinnen.71 Eine Teilnahme des mit Stein befreundeten Eisenacher Predigers Jakob Strauß ist nicht zu bezweifeln.72 Für Müntzer ist das eher unwahrscheinlich. Vermutlich fand zwischen Müntzer und Stein ein internes Gespräch statt, über das eine knappe Aufzeichnung im Nachlass Spalatins Auskunft gibt. So wie Stein die Thesen der Franziskaner und seine Erwiderung Luther zukommen ließ, könnte er Spalatin auch die Information über das Gespräch mit Müntzer übermittelt haben.73 Die knappe Niederschrift in der Abfolge von Frage und Antwort entspricht mehr der Katechismustradition als einem »Frage- und Antwortspiel«.74 Zur Debatte stand nicht das Thema der Disputation, das Verständnis der Messe als Opfer oder Verheißung, sondern Müntzers zentrales Anliegen der notwendigen Gotteserkenntnis (Scientia Dei). Stein erhielt auf seine Frage, wie die Gotteserkenntnis zu gewinnen sei, die Antwort, sie könne nur durch den Glauben und die Glaubenserfahrung erlangt werden. Auf die genauere Frage nach dem Glauben erfuhr er, dass dieser nur von im Glauben Erfahrenen gelehrt werden könne. Die Glaubenserfahrung wiederum komme aus der Gotteserkenntnis, die nur von dem gelehrt werden könne, der den Geist und die Gotteserkenntnis besitze. Da Stein an diesem neuralgischen Punkt nicht locker ließ, erhielt er die Antwort, diese Grunderfahrung könne überhaupt nur in Gefahren und Mühen erworben werden. Wie häufig bei zentralen Fragen hat Müntzer an der für ihn entscheidenden Stelle die lateinische Gelehrtensprache beiseite gelassen und engagiert auf Deutsch hinzugefügt: »Du must dir es gar sauer lassen werden, dann es ist mir [auch] gar sauer worden.« Diesem Bekenntnis hielt Stein in Latein das Wittenberger Rechtfertigungsverständnis entgegen: Glaube sei nichts außer Christus, und die Glaubenserfahrungen seien die wahren Werke des Glaubens. Er sei überzeugt, dass der Glaube aus der Schrift, dem Evangelium und Christus erlangt werde. Müntzer reagiert darauf spontan erneut auf deutsch: »Ha lieber gesell, ich schisß dir eyn dreck in 172
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die schrift, in das evangelium und in Christum, wenn du nicht hettest die kunst und geist Gottes.«75 Für Müntzer sind durch das Wittenberger Glaubensverständnis die Dinge auf den Kopf gestellt worden. Er kann die verweigerte Priorität von »kunst [scientia] und Geist Gottes« nur als Verwässerung aus Leidensscheu verstehen. Deshalb ist die abschließende Bemerkung Steins, Müntzer habe über die Wittenberger schlecht geredet und Luther, Karlstadt, Melanchthon und sogar Lang als Narren bezeichnet, keine Überraschung.76 Narren sind im Sprachgebrauch Müntzers vor allem diejenigen, »die sich dem rechten Glauben und der Offenbarung Gottes verschließen«.77 Der fundamentale Gegensatz Müntzers zu Luther und seinem Umkreis trat im Weimarer Gespräch offen zutage.
Verständigung mit Karlstadt in Wittenberg Hatte Müntzer im Weimarer Gespräch die Wittenberger Theologen noch als Einheit aufs Korn genommen, muss er bald erfahren haben, dass er sich im Fall Karlstadts irrte. Dieser war vor allem nach Luthers Rückkehr von der Wartburg in die Kritik von Hof und Universität geraten und in seinem öffentlichen Wirken eingeschränkt worden. Im Ergebnis seiner zunehmenden Beschäftigung mit der spätmittelalterlichen Mystik, voran Taulers, sowie seinem prozessartigen Verständnis der Rechtfertigungslehre stand er inzwischen Müntzers theologischem Anliegen näher als den Wittenberger Lehrtendenzen.78 Beide Theologen kannten sich seit Jahren. In Müntzers Bücherliste werden die frühen Publikationen Karlstadts aufgeführt.79 Zu einer dauerhaften engeren persönlichen Beziehung scheint es aber bis Ende 1522 nicht gekommen zu sein. Recht unvermittelt wandte sich Müntzer aus der Nähe Wittenbergs, vielleicht aus Kemberg, am 20. oder 21. Dezember 1522 mit einem Brief an Karlstadt, den er durch einen Boten zustellen ließ. Das Schreiben ist nicht erhalten geblieben. Aus Karlstadts umgehender Antwort vom 21. Dezember lässt sich aber erschließen, dass Müntzer seine Lage beklagt, seine Trennung von den ehemaligen Zwickauer Gesinnungsgenossen mitgeteilt und um eine Unterredung sowie vermutlich um Vermittlung einer Anstellung gebeten hat.80 173
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Müntzer wird auch seine Erfahrung als Knecht Gottes im Licht der Jeremiaaussage von der »Last des Herrn« (Jeremia 23,33-40) angesprochen haben, auf die er sich schon im Prager Sendbrief bezogen hatte. Karlstadt, der um diese Zeit mit seiner Jeremiavorlesung beschäftigt war, griff diesen biblischen Bezug kritisch auf.81 Schon Jeremia sei zwar wie das Weizenkorn bei Johannes 12,24 in die Erde gefallen, aber noch nicht erstorben. Müntzer habe ebenfalls die Bitterkeit des Senfkornglaubens geschmeckt, sei aber wohl noch nicht von allen der Geringste geworden.82 Wahrscheinlich spielt er damit auf die Glaubenstiefe an, die für ihn bald mit dem mystischen Stichwort »Gelassenheit« zum zentralen Thema wird. Vielleicht hat Müntzer auch erwähnt, dass er bereit sei, sein Leben einzusetzen, und Karlstadt warnt ihn davor, solange er nicht völlig mit dem Willen Gottes übereinstimme und die Gerechtigkeit Christi in ihm triumphiere, und er deutet an, dass er dieses Bemühen als einen Prozess versteht. Doch diese Fragen möchte er lieber direkt mit ihm erörtern. Erleichtert ist Karlstadt, dass auch Müntzer manches bei den Zwickauern missfalle. Schließlich bittet Karlstadt Müntzer, ihn in seiner Privatwohnung bei dem Bäcker Simon Fleischauer in der Wittenberger Judenstraße allein aufzusuchen.83 Dann werde er mit ihm das besprechen, was er dem Papier nicht anvertrauen möchte, und ihn in sein neues Haus auf dem Land mitnehmen, das er gekauft habe. Obwohl Karlstadt schon bald mit der persönlichen Begegnung rechnet, drängt es ihn, wenigstens noch anzudeuten, dass er starke Gotteserfahrungen, auch durch Gesichte und Träume, erlebt habe. Keiner der anderen Professoren habe so viel darüber gesprochen wie er. Er kannte wohl Müntzers Interesse an unmittelbaren Offenbarungen. Die Einladung des ins Abseits Geratenen endet mit emotionaler Vorfreude: «komme möglichst bald […] und siehe, mein Herzchen lechzt.«84 Das Gespräch wird stattgefunden haben, wenn es auch durch Quellen nicht direkt belegt ist. Müntzer hat es später selbst gleichsam bestätigt, als er sich bei Karlstadt beschwerte, dass dieser sein Versprechen, ihm oft zu schreiben, nicht eingehalten habe.85 Die Gesprächsthemen dürften im Brief bereits angedeutet worden sein. Trotz theologischer Nähe und der Übereinstimmung in der Distanz zum gegenwärtigen Trend der Wittenberger Theologen, sind sicher auch Unterschiede zwischen den Gesprächspartnern zutage getreten. 174
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Schon in seinem Brief hatte Karlstadt zu erkennen gegeben, dass er Müntzers prophetisches Selbstverständnis nicht vorbehaltlos teilte. Für sich selbst lehnte er einen solchen Auftrag ab.86 Zu dieser Zeit sah er sich vor allem beauftragt, als Prediger den armen Laien das Wort Gottes zu vermitteln. Für sie wollte er selbst ein »neuer Laie«, ein »gelassener Mensch« sein, der sich dem Willen Gottes anvertraut hat.87 Seine Selbstbezeichnung als »Nachbar Andres« und der Erwerb einer Bauernstelle im kursächsischen Amt Wörlitz bei Dessau sind Indizien dafür. Aus der gemeinsamen Reise nach Wörlitz ist nichts geworden, da sich Müntzer wahrscheinlich die Aussicht auf eine Anstellung eröffnete. Wohl im August 1522 hatte der Kaplan an der Klosterkirche St. Georgen in Glaucha bei Halle seine Stelle aufgegeben, geheiratet und sich nach Wittenberg begeben. Dieses spektakuläre Ereignis wird in der Stadt gebührend beachtet worden sein. Außerdem war Karlstadts Onkel Nikolaus Demuth, Propst der Augustinerchorherren im Kloster Neuwerk bei Halle, im Auftrag Kardinal Albrechts mit diesem Fall befasst.88 Vielleicht ist er auch vermittelnd tätig geworden, damit Müntzer unmittelbar nach dem Wittenberger Aufenthalt die Stelle als Kaplan antreten konnte.
Über den Winter Kaplan in Glaucha vor Halle Müntzers Anstellung in Glaucha im ersten Vierteljahr 1523 hat spärliche Spuren in den Quellen hinterlassen. Sie ist wohl nur im Zusammenhang mit den noch unzureichend aufgehellten Anfängen der reformatorischen Bewegung in Halle und den wachsenden Spannungen zwischen der Stadt und ihrem erzbischöflichen Stadtherrn angemessen zu beurteilen. Halle war in die Übergangszeit von der reformatorischen Inkubationszur Konfliktphase eingetreten. Das wird an Demuths Verhalten exemplarisch sichtbar. Der Bruder von Karlstadts Mutter aus Hammelburg erhielt als Mitglied des Augustiner-Chorherrenstifts Neuwerk an der Leipziger Universität eine humanistische Ausbildung. Im Jahr 1519 übernahm er das einflussreiche Doppelamt des Propstes und Archidiakons sowie das eines Rats von Erzbischof Albrecht. In dieser Funktion war er 1521/22 intensiv daran beteiligt, eine Eskalation des Konflikts zwischen Luther und Erzbischof Albrecht wegen der Ablasskampagne und der Verfolgung ver175
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ehelichter Priester zu verhindern. Dabei geriet er zunehmend unter den Einfluss seines Neffen und der Wittenberger Theologie.89 Zu Demuths Doppelamt gehörten auch Aufsichtsrechte über das Kloster Marienkammer der Zisterzienserinnen und dessen Kirche St. Georg. Das 1121 erstmals erwähnte Gotteshaus war zunächst dem Neuwerkstift inkorperiert. Erst mit Errichtung des Klosters Marienkammer 1231 wurde es diesem übertragen und war seitdem zugleich Pfarr- und Klosterkirche. Wenn sich das Kloster an Landbesitz auch nicht mit den bedeutenderen monastischen Einrichtungen messen konnte, war es dennoch nicht arm. An Ämtern werden neben der Äbtissin die Priorin, Subpriorin, Kellermeisterin und Sangmeisterin genannt. Die weltliche Verwaltung unterstand einem Prokurator. Für den sakralen und seelsorgerlichen Dienst waren ein Pfarrer und ein Kaplan verantwortlich.90 Seit 1518 amtierte Barbara von Kotze als Äbtissin, die einem alten Adelsgeschlecht in Halle und dem Saalkreis entstammte. Zuvor war sie Priorin in der Zisterzienserinnenabtei Marienstuhl vor Egeln.91 Bei der Visitation durch Abt Heinrich von Niendorf und Propst Demuth am 5. Oktober 1519 erhielt sie für ihre Amtsführung bei der Leitung des Konvents von 26 Nonnen, vier Novizinnen und 12 Laienschwestern ein gutes Zeugnis.92 Der Klosterreformator Johannes Busch bescheinigte den Nonnen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gute Lateinkenntnisse in der liturgischen Praxis.93 Neben dem liturgischen Dienst für den Nonnenkonvent wird der neue Kaplan Müntzer wenigstens einmal für die vierteljährlichen Messen der Bru-
Abb. 28: Ansicht von Glaucha vor den Toren von Halle, am rechten Bildrand (1653)
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derschaft der Fischer oder Nikolausbruderschaft, zu der auch Frauen gehörten, in Anspruch genommen worden sein. Häufiger hatte er sicher bei den wöchentlichen Messen für die Fronleichnamsbruderschaft zu amtieren.94 Durch Luthers Polemik gegen den leichtfertigen Umgang mit dem Altarsakrament in der römischen Kirche ist eine anekdotenhafte Nachricht von 1533 über Müntzers angebliche Glauchaer Messpraxis bekannt geworden. Müntzer habe »zu Alstet / guten leuten« bekannt, »wie er zu Halle sey jn einem Kloster Caplan gewest / und habe des morgens die frue messe den Nonnen mu(e)sse halten / Da sey er oft unwillig gewest/ und habe die wort der Wandelung aussen gelassen/ und eitel brod und wein behalten«. Er sei überzeugt gewesen, richtig zu handeln und habe das mit den Worten bekräftigt: »Ja solcher ungeweyheter Herr Go(e)tter (so nennet er die Oblaten) habe ich wol bey zweyhundert gefressen.«95 Für das Verständnis von Müntzers Umgang mit dem Altarsakrament in Glaucha ist die kirchliche Tradition des geistlichen Sakramentsgenusses (manducatio spiritualis) wichtig, die sich an dem Augustinwort »Glaube und du hast gegessen« orientierte. Reformatorische Autoren wie Jakob Strauß, Martin Reinhart und Urbanus Rhegius, die besonders die Bedrängnisse im altgläubigen Gebiet im Blick hatten, empfahlen deshalb, sich mit »geistlichen« Kommunikationen zu begnügen.96 Luther selbst hatte in seiner Schrift »Von der Babylonischen gefengk nuß der Kirchen« (De captivitate babylonica ecclesia) den Geistlichen empfohlen, den alten Messritus zu praktizieren, aber die Opferformulierung im Kanon in aller Stille zu übergehen.97 Diesen Weg dürfte auch Müntzer in Glaucha eingeschlagen haben. Da der Kanon in der Römischen Messe vom Priester still rezitiert wurde, blieb diese Lösung der Öffentlichkeit verborgen. Diese Interpretation von Müntzers Messpraxis wird durch eine familiäre Überlieferung der verwitweten Felicitas von Selmnitz unterstützt, die in Glaucha wohnte und eine besondere Beziehung zur Georgenkirche hatte. Die 1488 geborene Felicitas Münch war seit dem 26. Januar 1507 mit dem Allstedter Amtmann Wolf von Selmnitz verheiratet, der 1511 sein Amt aufgab und sich auf seinem Hof in Glaucha niederließ. Als er 1519 durch einen Meuchelmörder ums Leben kam, wurde er in der Kirche St. Georg beigesetzt, wie schon die im Jahr zuvor verstorbene einjährige Tochter Dorothea.98 177
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Nach der Familienüberlieferung soll die Witwe von ihrem zweitgeborenen Sohn Georg das Lesen gelernt und sich durch eigene Lektüre davon überzeugt haben, dass die Wittenberger Lehre der Heiligen Schrift entspreche. Zeugnisse ihrer Lektüre sind durch Randbemerkungen in reformatorischen Schriften erhalten geblieben, ebenfalls die Überlieferung, dass sie »in der Christnacht das Abendmahl. Im Closter zu S. Georgen zu Halle von Thomas Müntzern heimlich in beyderley Gestalt empfangen« habe.99 Obgleich Felicitas später in einem Vertrauensverhältnis zu Luther und anderen Wittenberger Repräsentanten stand, scheint sie die Erinnerung an das Weihnachtsereignis von 1522 nicht der allgemeinen Verurteilung Müntzers geopfert zu haben. Die Frage, ob diese heimliche Ausspendung des Abendmahls in beiderlei Gestalt ein einmaliges Ereignis in Müntzers Glauchaer Amtszeit geblieben ist, kann nicht beantwortet werden. Offenbar hat er sich nicht an den Kontroversen über die kirchlichen Riten beteiligt, sondern sich in seiner öffentlichen Verkündigung auf sein Hauptanliegen konzentriert, den Weg zum wahren Glauben aufzuzeigen. Das bestätigt der Hallenser Küster Engelhard Mohr in einem nach All stedt gesandten Brief vom 31. März 1523, in dem er Müntzer für die Glaubenserkenntnis dankt und um Aufklärung über das richtige Verständnis der eucharistischen Zeremonien bittet.100 Diese Äußerung ist nicht das einzige Zeugnis dafür, dass sich die Ausstrahlung Müntzers wohl auf das ganze Hallenser Stadtgebiet erstreckte. Darauf weisen auch die rudimentären Spuren hin, die bei den Verhören von am Aufstand von 1525 Beteiligten zum Vorschein kamen. Das belegen die Aussagen des führenden Mitglieds der Frauenkirchgemeinde, des Pfänners Hans Moller, des Mitglieds der St.-Getrauden-Gemeinde Georg Gorthler, des Fechtmeisters und Pfarrschreibers der St. Ulrich-Gemeinde Leonhard Puchler und des namhaften Bildhauers Ulrich Kreuz.101 Daraus ist jedoch kein realistisches Bild von Müntzers Wirken in Glaucha zu gewinnen. Die Befragten mussten zu ihrem Schutz darauf achten, so wenig wie möglich von ihren Verbindungen zu dem geächteten Aufrührer preiszugeben. Das ist in Darstellungen über Müntzers Wirkung auf die reformatorischen Bestrebungen in den Hallenser Gemeinden nicht genügend bedacht worden.102
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Johann Agricola führt im »Dialogus […] zwischen einem Mu(e)ntzerischem Schwermer und einem Evangelischem frumen Bauern« unter den Orten, aus denen Müntzer »wie ein ertzbube entlaufen« sei, auch Halle an.103 Davon kann keine Rede sein. Zweimal erwähnt er im eigenhändig geschriebenen Abschiedsbrief vom 19. März 1523 sein »Vertreiben«, ohne nähere Umstände anzugeben, und über einen Konflikt mit der Äbtissin ist nichts bekannt. Während Müntzers Wirken sind vor allem Nachrichten über zunehmende Spannungen zwischen Erzbischof Albrecht und dem Neuwerkstift wegen reformatorischer Einflüsse überliefert, in die auch Propst Demuth verwickelt war. Über dessen Kontakte zu Müntzer schweigen die Quellen aber vollständig. Auch als Demuth knapp einen Monat nach Müntzers Weggang heimlich das Kloster verließ, sich nach Wittenberg begab und heiratete, wird dieser in der gut dokumentierten nachfolgenden Ausein andersetzung zwischen ihm und dem Erzbischof nicht erwähnt.104 Vielleicht hat Müntzer seinen Dienst in Halle beenden müssen, ohne dass ein Eklat mit der Äbtissin vorangegangen war. Möglicherweise hatte er nur eine befristete Anstellung erhalten, die in den Wochen, in denen der Erzbischof gegenüber den reformatorischen Bestrebungen die Zügel anzog, nicht verlängert wurde. Müntzer scheint jedenfalls nicht auf diese Situation vorbereitet gewesen zu sein, wie sein Abschiedsschreiben ausweist. Darin geht es ihm vor allem darum, die Hörer seiner Verkündigung Abb. 29: Brief Müntzers an Anhänger in Halle zu trösten und ihnen den Abbruch der vom 19. März 1523 Beziehungen aus dem Glaubensverständnis zu erläutern. Die Anfechtung gehöre dazu, denn sie mache den Menschen frei für Gottes Einwirken. In 1. Petrus 2,21 werde dazu aufgefordert, Christi Ebenbild nachzufolgen, und er sieht sich selbst als ein Exempel. Zugleich deutet er an, dass sein prophetisch-apokalyptischer Auftrag von der neuen Situation unberührt 179
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bleibe. Seine Sendung, die große Ernte Gottes und die Scheidung des Unkrauts vom Weizen vorzubereiten, wird nicht zurückgenommen. Die abschließende Bitte um eine finanzielle Unterstützung, die er durch seinen Famulus Emmen mit dem Schreiben überbringen lassen will, unterstreicht noch einmal die unerwartet eingetretene Situation. Da dem eigenhändigen Schreiben alle Merkmale einer Ausfertigung fehlen, ist es möglicherweise zurückgehalten worden, weil inzwischen eine Nachricht mit einem überraschenden Stellenangebot eingetroffen war. Es könnte aber auch sein, dass Müntzer nur den Hinweis auf eine freie Stelle in Allstedt erhielt und zunächst einmal die Lage als »eyn williger botenleufer Gots« sondieren wollte.105 Da die Ausfertigung des erwähnten Schreibens des Hallenser Kirchners Engelhard Mohr von der Hand Emmens stammt, hat diese Überlegung einiges für sich. Müntzer könnte seinen Famulus zunächst in Halle zurückgelassen haben. Als er die Stelle an der Johanneskirche in Allstedt erhalten hatte, ließ er ihn nachkommen. Emmen wird dann auch das Schreiben Mohrs vom 31. März mitgebracht haben. In neuerer Zeit wurde vermutet, bei der Stellenvermittlung nach All stedt habe Felicitas von Selmnitz als Witwe des ehemaligen Allstedter Amtmanns die Hand im Spiel gehabt, zumal sie Müntzer vielleicht schon während seiner Tätigkeit in Beuditz bei einem Aufenthalt in Weißenfels begegnet sein könnte.106 Für eine spätere Beziehung Felicitas’ nach Allstedt gibt es aber keinen Anhaltspunkt. Eher ist an ihren Schwager Bastian von Selmnitz zu denken, der in Halle ansässig war und sich schon 1521 der reformatorischen Bewegung zugewendet haben soll. Er hat auch dafür gesorgt, dass zwei seiner Nichten ihre Klöster verließen, eine davon war die Stieftochter von Felicitas, die 1506 in Allstedt geborene und noch nicht eingesegnete Margarethe im Zisterzienserinnenkloster Naundorf bei Allstedt.107 Bastian von Selmnitz besaß überdies einen Edelhof im Allstedter Amtsdorf Mittelhausen.108 Über einen Kontakt zu Müntzer ist jedoch nichts bekannt. Es ist auch denkbar, dass Müntzer direkt aus Allstedt einen Hinweis erhielt, vielleicht von Simon Haferitz. Die Frage nach einem Vermittler für die Pfarrstelle in All stedt ist jedenfalls nach wie vor offen.
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VI. »Parochus Alstedtensis« Arbeit für eine Gemeinde des reinen Weizens Die Amtsexklave Allstedt Allstedt hat gern auf seine Vergangenheit als Pfalzstadt seit dem 10. Jahrhundert verwiesen, sah sich aber auch genötigt, Müntzers Wirken nicht zu verschweigen. Wie unangenehm das empfunden wurde, belegt der Protest des Superintendenten Ernst Stockmann in seiner Reimchronik von 1693: »Was können wir dafür/ dass so ein Ketzer-Narre Alhier / und anders wo / solch Lermen hat gemacht.«1 Was Müntzer von dieser Vergangenheit wusste, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich war er auch über die erst kurze Phase als kursächsisches Amt wenig informiert. Nach dem Tod Brunos 1496, des letzten männlichen Vertreters der Edelherren von Querfurt, denen Allstedt seit 1396 gehörte, nutzte Kurfürst Friedrich als Hegemon eine unklare vertragliche Situation und gliederte das Amt als Exklave dem ernestinischen Territorium ein.2 Bei der Mutschierung, der Regierungsteilung zwischen Kurfürst Friedrich und Herzog Johann 1513, blieb das Amt beim Kurland und seinem Verwaltungszentrum Torgau, das drei Tagereisen entfernt war.3 Neben der Amtsstadt gehörten dazu sechs Dörfer, der Größe nach waren das Wolferstedt, Mittelhausen, Niederröblingen, Einzingen, Einsdorf und Winkel. Dazu kamen die drei Adelsdörfer Kalbsrieth, Heygendorf und Schafsdorf, in denen der Kurfürst nur die Oberherrschaft besaß. Nach der einzigen erhaltenen Stadtrechnung von 1521/22 und dem Amtserbbuch von 1527 wurden in der Stadt 120, in den Amtsdörfern 174 und in den Adelsdörfern 88 Familien errechnet.4 Seit dem 20. Januar 1513 wurden die Belange des Landesherrn von dem Schosser Hans Zeiß wahrgenommen. Er war in Allstedt der erste Vertreter dieser relativ neuen und auf die Wirtschaftsverwaltung konzentrierten 181
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Tätigkeit anstelle eines Amtmanns.5 Neben der Verwaltung des Amts, zu dem auch zwei landesherrliche Vorwerke in Allstedt und Winkel gehörten, wurde er bei zahlreichen Konflikten als Vertreter der Landesherrschaft tätig. Dafür stand ihm an ständigem Gesinde nur eine kleine Personengruppe zur Verfügung: Torwart, Landknecht, Vogt zu Winkel, Förster für den umstrittenen Wald von Landgrafenrode und Schosserknabe.6 Die Amtsexklave war landwirtschaftlich geprägt. Handwerk und Handel hatten vorwiegend lokale Bedeutung. Durch Holz- und Getreideverkäufe aus Amtsbeständen gab es Handelsbeziehungen nach auswärts, zum Beispiel ins Mansfelder Gebiet (Holz und Getreide). Allstedt war eine Ackerbürgerstadt, deren Vermögensverhältnisse einigermaßen bekannt sind. Nach Ausweis der Quellen bestanden hinsichtlich des Eigentums der Bürger die üblichen Differenzierungen, sie waren aber kein Anlass für Konflikte.7 Nachdem Kurfürst Friedrich dem südwestlichen Verwaltungsschwerpunkt des Kurkreises offiziell das Stadtrecht verliehen und 1511 einen Wochenmarkt am Dienstag sowie jährlich einen Jahrmarkt am 28. Oktober genehmigt hatte, war das Verhältnis zwischen Untertanen und Landesherrn offenbar weithin spannungsfrei.8 Selbst die Bewirtschaftung des Klosterbesitzes, der den des Landesherrn übertraf, schuf keine Dauerkonflikte.9 Die Verbindung zum landesherrlichen Hof, der zentralen Verwaltung, war zunächst durch die zweimalige jährliche Rechnungslegung des Schossers (1. Mai Halbjahrsrechnung, 19. November Jahresrechnung) garantiert, die in der Regel in Torgau oder Lochau stattfand. Nur besondere Vorkommnisse machten zwischenzeitlich einen Ritt zum Hof nötig. Das änderte sich, als im Spätsommer 1523 die Konflikte um Müntzers Wirken auch den Hof zu beschäftigen begannen. Unbekannt waren dem Landesherrn die Verhältnisse in dem etwas abseits liegenden Amt sicher nicht. Während des Wormser Reichstags 1521 leitete er Briefe an seine Räte über Allstedt.10 Im Januar dieses Jahres wich der Kurfürst vor der Pestgefahr in Wittenberg und Torgau für etwa vier Wochen auf das Schloss in Allstedt aus. Von dort aus besuchte er seinen Bruder Johann in Weimar, um wichtige Reichsfragen zu besprechen.11 Als Amtsstadt, die der landesherrlichen Kanzlei unmittelbar unterstand, wurden zu den selten zusammentretenden ernestinischen Landta182
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gen auch zwei Vertreter Allstedts geladen. Für den zum 3. Mai 1523 nach Altenburg ausgeschriebenen Landtag ließ Zeiß am 27. April »alle ambtsleuthe« zusammenkommen und zwei Bevollmächtigte benennen.12 Es dürften Mitglieder des Rats gewesen sein, für den in jeweils zweijährigem Wechsel fünf bis sieben städtische Persönlichkeiten gewählt wurden: ein Schultheiß, zwei Bürgermeister, zwei Ratsmannen und zwei Kämmerer.13
Frühe Spuren reformatorischer Veränderungen Die Aufnahme der reformatorischen Botschaft in den ländlichen Regionen des ernestinischen Sachsen ist wenig erforscht. Das Amt Allstedt, für das hauptsächlich spröde Rechnungsunterlagen und ein Amtserbbuch von 1527 überliefert sind, bildet keine Ausnahme.14 Sie enthalten aber wichtige Informationen über die beiden städtischen Kirchen. Zur Pfarre St. Wigberti in der Altstadt gehörten 1527 46 Einwohner mit einem »bestendig eynkomen«. Im Jahr 1282 gelangte die Pfarre als Lehen in den Besitz des Zisterzienserklosters Walkenried. Bereits um 1200 war die ehemalige Kapelle durch einen steinernen Kirchenbau ersetzt worden, von dem der breite Westturm erhalten geblieben ist. Ende des 15. Jahrhunderts wurde ein Chor angegliedert. Der Kurfürst steuerte zum Bau, der erst 1517 durch den Halberstädter Weihbischof geweiht wurde, eine Finanzhilfe bei.15 Nach planmäßiger Anlage einer Marktsiedlung als Neustadt um 1330 ist um 1400 die Kirche St. Johannes als Lehen des Landesherrn bezeugt, zu der 1527 74 Einwohner angegeben werden. Informationen zum Einkommen dieser Kirche werden ebenfalls verzeichnet sowie die Verpflichtung, »alle freytage und suntage messe zu halten«, worunter zu dieser Zeit vermutlich ein Abendmahlsgottesdienst zu verstehen ist.16 Als vorreformatorischer Pfarrer ist nur Johannes Weber bekannt, der auch Rechtswissenschaft studiert hatte und von den Allstedtern in Rechtsangelegenheiten in Anspruch genommen wurde. Cyriacus Spangenberg berichtet in seiner Chronik außerdem, man habe ihm Zauberei nachgesagt, er sei »seher milde mit Bannen« gewesen und habe schließlich eine Stelle an der Andreaskirche in Eisleben angenommen.17 Wer an der Altstadtkirche vor der Reformation tätig war, ist nicht überliefert. Von den in der Stadt tätigen Vikaren sind zwei mit Namen bekannt. 183
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Der aus einer ratsfähigen Altstadtfamilie stammende Heinrich Bodung wird in den Untersuchungen zur Zerstörung der Mallerbacher Kapelle erwähnt. Er versuchte nach der Niederlage von Frankenhausen, sein Hab und Gut in einem Hopfenberg zu verwahren, und soll später Pfarrer in Ritteburg gewesen sein.18 Der Vikar Heinrich Erich erscheint 1517 in den Gerichtsbußen. Der Maurer Andres Koch musste 21 Groschen Strafe zahlen, weil er den Priester und dessen Köchin belästigt hatte.19 Nach dem Aufstand von 1525 wurde außerdem der Kirchner Wilhelm Schad aktenkundig, weil er einige Kleinodien und Geräte des Klosters Naundorf an sich genommen und sie zusammen mit seiner Habe nachts zu seinem Vater bei Königshofen habe bringen wollen.20 Im Jahr 1532/33 erinnerte Kurfürst Johann Friedrich die Allstedter daran, dass bei ihnen »das evangelium und wort gots furder dan an einem andern ort ins werg gericht« worden sei.21 Die Amtsrechnungen bestätigen, dass Schosser Zeiß früh reformatorische Veränderungen registrierte und sie auf diesem Weg der Zentralbehörde übermittelte. So wurden zum Beispiel im Jahr 1517/18 noch bei den Ausgaben für die drei wöchentlichen Messen in der Schlosskapelle St. Georg und für zwei Priester zum St. Georg-Festtag am 23. April 53 Mahlzeiten für 17 Wochen bezahlt.22 Doch bereits 1522 wurden Veränderungen bei den Messen auf dem Schloss vermerkt. Zunächst konnte das vorgesehene Geld nicht vollständig ausgegeben werden, weil die Priester »ungeverlich [unversehens] aussenblieben sein«.23 In der Halbjahrsrechnung 1522 gibt Zeiß an, da wöchentlich nur eine Messe auf dem Schloss gehalten worden sei, habe er den unverbrauchten Betrag wöchentlich »dem neuen prediger, der sonsten wenig hat, zur hilf zugelegt«. Er bitte um weiteren Bescheid.24 Der Vermerk kann sich nur auf den Altstadtpfarrer Simon Haferitz beziehen. Deutlicher zeichnen sich die eingetretenen Veränderungen in der Jahresrechnung 1522/23 ab, in der Zeiß erklärte, er habe das Geld für die Priesterkost »den Predigern zu alstett zu hilf geben«. Ein Priester habe bis zum 19. November 1522 auf dem Schloss Messe gehalten. Das sei aber bis zum Ende des Rechnungsjahres am 1. Mai unterblieben, denn der Vikar habe geheiratet und auf das Priesteramt verzichtet. Den anderen Priester, der zuvor wöchentlich zwei Messen hielt, habe er nicht mehr angefordert. Er bitte nun um Befehl, wie er sich künftig verhalten solle.25 184
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Zu dieser Zeit war Müntzer bereits in Allstedt, und Zeiß hat ihn anfangs – wie zuvor Haferitz – finanziell unterstützt, und er vermutete, im Sinn seines Landesherrn zu handeln. Über seine persönliche Hinwendung zur reformatorischen Lehre dürften kaum Zweifel bestehen. Das bestätigen auch die Änderungen, die er bei den Ausgaben für Barmherzigkeitswerke vornahm. Die wöchentliche Unterstützung des Laienbruders, der die Mallerbacher Kapelle betreute, wurde bereits 1521 eingestellt.26 Die Bettelmönche, die jährlich sechs Scheffel Roggen »umb gottes willen« bekamen, erhielten 1521 nur noch drei Scheffel, und 1522 heißt es in der Rechnung: »die sein gantz abe«.27 Während Spuren reformatorischer Neuerungen in der Amtsverwaltung früh wahrnehmbar sind, ist das Bild, das die Stadtrechnung von 1521/22 bietet, in dieser Hinsicht stärker der Tradition verhaftet. Bei den Ausgaben werden immer noch die Unkosten für das rituelle Flurumreiten beider Pfarrer im Frühjahr, für Seelbäder (fromme Stiftungen für Arme) nach Quasimodogeniti und in der sogenannten Gemeinwoche nach Michaelis verzeichnet.28 Auch die Auslagen für die Verpflichtungen gegenüber der Bruderschaft St. Sebastian und den Spenden sammelnden Antonitern sowie für das übliche Läuten am Abend Martini (11. November) wurden notiert.29 Die Stadt bezahlte auch den Messwein.30 Die Altstadtkirchenrechnung vom 22. Februar 1523 ergänzt diesen Eindruck durch die Ausgabe von 16 Schock und 16 Groschen für die »presente von den gedechtnis messe und Salve«, die im Spätmittelalter beliebten liturgischen Marienandachten.31 Komplettiert werden diese Angaben durch die Ausgaben für Kerzenwachs zur Feier der kirchlichen Hauptfeste.32 Unter den allgemeinen Ausgaben finden sich auch das »mitte gelt« (Mietgeld?) des Küsters (6 Groschen), der Kauf eines halben Fässchens Oblaten, die Beköstigung bei der Anfertigung der Osterkerze, aber auch 6 Groschen für »den predig stuel zu machen«.33 Dieses eindeutige Indiz für eine Veränderung der kirchlichen Tradition wird durch Rechnungseinträge zum »pfarer Er [Herr] Simon«, das heißt Haferitz, ergänzt. Er wird als 21. unter den 24 Wachszinszahlern aufgeführt und bei dieser Verpflichtung wie ein Bürger behandelt.34 Damit wird die Notiz in der Stadtrechnung von 1521/22 bestätigt, nach der Haferitz als Letzter bei den fünf »wirtschaften« (Hochzeiten) das städtische Geschenk von 15 Groschen empfing.35 185
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Aus den Rechnungsquellen geht klar hervor, dass Haferitz schon vor Müntzer in Allstedt tätig war, die freie Pfarrstelle an St. Wigberti erhalten hatte, vom Schosser und dem städtischen Rat unterstützt wurde und eine Priesterehe schloss, aber zunächst die kirchliche Tradition fortführte. Wer ihn nach Allstedt vermittelte, ist nicht bekannt. Über sein Leben vorher ist nur überliefert, dass er Karmeliter in Jena war und sich Ende März 1522 an der Wittenberger Universität einschreiben ließ.36 Schon bald muss er Wittenberg wieder verlassen und die freie Pfarrstelle in Allstedt übernommen haben.
Müntzer als Pfarrer zu St. Johannes Es ist nicht ausgeschlossen, dass Müntzer und Haferitz sich bereits kannten, aber nicht belegt, dass ihre Beziehung bei der überraschenden Berufung Müntzers nach Allstedt eine Rolle gespielt haben könnte. Die Stelle an St. Johannes gehörte zu den neun landesherrlichen Patronaten der 59 Pfarrstellen in den 49 Städten des ernestinischen Thüringen. Über zwei Drittel verfügten nach geltendem Recht geistliche Körperschaften oder Personen. Für die Ausbreitung der Reformation lassen sich aber keine Folgerungen daraus ableiten.37 Schon bei der Neubesetzung von St. Wigberti mit Haferitz scheint sich der Allstedter Rat nicht an den rechtskonformen Ablauf gehalten zu haben. Doch von einem Einspruch des Walkenrieder Abts als Patronatsherr ist nichts bekannt. Offenbar waren kirchenrechtliche Kompetenzfragen in der Praxis bereits nicht mehr von Bedeutung. Weder von Müntzer selbst noch von anderen Personen liegen Äußerungen über seine Ankunft in der Amtsstadt, die Aufnahme in der Bevölkerung und seine erste Amtspraxis in der neuen Gemeinde vor. Selbst über die für den liturgischen Dienst notwendigen Schüler und ihren Schulmeister existieren aus dieser Zeit keine Informationen.38 Es ist sicher, dass Müntzer nach seiner Ankunft unverzüglich mit der Reform des Gottesdienstes begonnen hat, weil er offenbar überzeugt war, an dieser zentralen Stelle des kommunalen Lebens ansetzen zu müssen, und mit Widerstand der lokalen weltlichen und geistlichen Autoritäten nicht zu rechnen hatte. Zu tieferen theologischen Gründen hat er sich erst geäußert, als er sein Reformwerk mit der Druckschrift »Ordnung und 186
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berechunge des Teutschen ampts zu Alstadt« im Herbst 1523 verteidigen musste.39 Während der Außentitel angibt, dass Müntzer das deutsche Amt, den Gottesdienst, »ym vorgangen Osteren aufgericht« habe, nennt der Innentitel als Akteure »die diener Gottis«. Aus dem »Deutzsch kirchen ampt« geht hervor, dass die Reform schon in der Karwoche 1523 begonnen hat. Zunächst hat Müntzer offenbar darauf verzichtet, konsequent mit dem Gesicht zur Gemeinde zu amtieren, wie das dann in der Verteidigungsschrift vom Herbst zu erkennen ist.40 Auch hat er der Gemeinde sein Verständnis der geistlichen Handlungen und Riten von Anfang an in der Predigt erläutert.41 Vor allem lag ihm daran, den Gottesdienst in der Landessprache zu halten, nicht aus nationalen Gründen, wie das zuweilen im Verlauf der Kirchengeschichte geschehen war und bereits einem spätmittelalterlichen Trend entsprach, sondern um die »bewegung zum glauben« in verstehbarer Form in Gang zu bringen.42 Sein Ziel war die »aufrichtung und erbau-
Abb. 30: Abbildung der Allstedter Johanneskirche auf einem Grabsteinfragment (17. Jahrhundert)
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ung der gantzen gemein«.43 Auf die endzeitliche Dimension ist er wohl in dieser Apologie bewusst nicht eingegangen. Die Absicht, die Reform zu rechtfertigen, prägt die ganze Anlage der Schrift. So hat er sich bewusst der Tradition der liturgischen Gebrauchsanweisungen, der sogenannten Rubriken, angeschlossen und betont, sich vom »anho(e)ren der go(e)tlichen wort« leiten zu lassen und »alles doch mit senftem und gelindem abbrechen bemelter cerimonien« vorzunehmen.44 Die Veränderungen beim Introitus (ganzer Psalm statt Verse) und bei den Lesungen (ganze Kapitel statt Perikopen) sah er durch den Rückgriff auf die apostolische Zeit gedeckt.45 Viele vertraute Teile der Messe behielt er bei, unterstrich aber bei den Einzelstücken die Bedeutung für die persönliche Glaubensentwicklung. So sollte das Sanctus, der dreimalige Huldigungsruf der Engel nach Jesaja 6,2, den Gläubigen in der Gewissheit bestärken, »das Got in ym sey« und »der vater den son in uns on unterlaß gebiret, und der heilige geist nit anders dan den gecreutzigten in uns durch hertzliche betrubniß ercleret«.46 Aus dem Kanon, dem eucharistischen Hochgebet, übernahm er mehr als den eigentlichen Sakramentsteil, betont aber, dass die Messe nicht als Opfer gehalten werden soll. Traditionell wurde in der mittelalterlichen Kirche das Abendmahl als unblutige Wiederholung des Opfers von Golgatha verstanden. Diese Auffassung lehnte Müntzer mit der ganzen Reformation als unbiblisch ab. Bei der sogenannten Einsetzung des Abendmahls, dem Abendmahlsbericht, behielt er für die Übersetzung die Textvorlage der lateinischen Messe bei, ließ sie aber laut singen. Die traditionelle Elevation, das Hochheben und Zeigen der Patene (Hostienteller) und des Kelchs sowie die Segnung von Brot und Wein mit dem Kreuzeszeichen sind ebenfalls geblieben.47 Mit dem Hinweis, dass diese Segnung »nicht allein von einem, sonder[n] durch die gantze vorsamlete gemein geschicht«, knüpfte Müntzer sicher an das frühe kirchliche Verständnis der Konzelebration an, wodurch die Gläubigen mit in das Geschehen einbezogen waren.48 Von Anfang an war Müntzer an einem vollständig hör- und verstehbaren Vollzug der deutschen Messe gelegen. Den Vorwurf, er könnte damit den Missbrauch fördern, wie das angeblich schon in der Frühzeit der Kirche durch Hirtenjungen geschehen sein soll, die Messe spielten und wegen des verwendeten lateinischen Abendmahlsberichts als Wandlungsworte mit dem Tod bestraft wurden, hat er vehement als Aberglauben zurückge188
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wiesen. Er argumentierte dagegen: »Christus erfult allein die hungerigen im geist.«49 In ähnlicher Weise äußerte Müntzer sich zum Vollzug der Kasualien, der pastoralen Amtshandlungen. Bewusst stellte er die bereits übliche Ermahnung der Paten voran und schärfte deren Verantwortung für das Verständnis der Taufe bei den Heranwachsenden ein. Bei den Lesungen (Psalm 69, Matthäus 3,13-17) hob er vor allem die Rettung des Menschen aus den Wasserwogen, aus Angst und Not, durch Christus hervor. Die vertrauten Riten sind weithin geblieben, aber sie wurden von Müntzer mit einem neuen Sinn versehen. Das Salz ist nicht mehr ein Zeichen der Reinigung von Sünden, sondern der Gabe, zwischen der Stimme Gottes und des Teufels zu unterscheiden.50 Das apostolische Glaubensbekenntnis soll dem Täufling den Weg zur wahren Christenheit öffnen, die mit dem reinen Weizen verglichen wird. Als Freudenzeichen für die bereits wirksame Barmherzigkeit Gottes ist die Ölsalbung zu verstehen. Der Ritus nach der Wassertaufe mit der traditionellen trinitarischen Formel (Taufe im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes) wurde ebenfalls mit einem veränderten Sinn versehen, dessen Aufforderungen das neue Leben des Täuflings betreffen.51 Während seiner Allstedter Tätigkeit ist Müntzer zu neuen Einsichten über die Taufe gelangt. Doch theologisch vertiefen musste er angesichts einsetzender Verdächtigungen seine Auffassung schon nach wenigen Monaten.52 Zur Trauung (»Von ehelichen leuthen zusammen zu geben«) begnügte sich Müntzer mit Hinweisen zu Schwerpunkten, was er am Ende mit »etc.« andeutet. Die Verlesung des 128. Psalms vom gesegneten Hausstand entsprach der Tradition. Mit dem Evangelium von der Hochzeit zu Kana (Johannes 2,1-11) sollte dem Paar nahegelegt werden, wie Christus die reinigende und verwandelnde Kraft Gottes für die neue Familie in Anspruch zu nehmen.53 Für Müntzer war die Ehe keineswegs eine weltliche Angelegenheit wie für Luther. Deshalb betonte er gleich eingangs, dass die Trauung kein »schertz« sei. Die Ehe als wichtige Aufgabe auf dem Weg zum wahren Glauben dürfte auch den Inhalt der »unterrichtung« bestimmt haben, die jedes Brautpaar erhalten sollte. Die Allstedter Trauordnung ist wohl die erste, die eine Traurede vorsah.54 189
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Beim Krankenabendmahl schloss sich Müntzer im Wesentlichen dem spätmittelalterlichen Ritus der Krankenkommunion an, betonte aber, dass die Einsetzungsworte des Abendmahls mit lauter Stimme zu lesen seien und der Kranke zu ermahnen sei, »sich zum creutz zu rusten«.55 Die Lesung aus Lukas 10 (Friedensgruß der Jünger beim Hauseintritt) ist sicher ein Sondergut Müntzers. Das Begräbnisritual vereinfachte Müntzer reformatorisch. Die Feier begann am Trauerhaus mit dem Abholen des Toten unter dem Gesang des »benedictus zu deutsch one vigilien«. Der Lobpreis des Zacharias aus Lukas 1,68-79 ersetzte demnach das übliche Totenoffizium der römischen Kirche. Nach der Beisetzung sang »das volck: ›Mitten in dem leben etc.‹«, eine deutsche Fassung der bekannten Antiphon »Media vita«. Der Abschluss in der Kirche beschränkte sich auf den Gesang der Epistel 1. Thessalonicher 4,13-18 und des Evangeliums Johannes 5,24-27 durch den »Priester« sowie der Wiederholung der Antiphon.56 Müntzer schloss die Verteidigung seiner Gottesdienstreform mit einer formelhaften Wendung über seine Bereitschaft zu Veränderungen ab.57 Auf die Wochengottesdienste, deren Ordnungen bereits im Druck waren, ging er nicht ein. Zur Predigt äußerte er sich nur, um zu erläutern, dass sie als Erklärung des Gesangs erst nach dem Glaubensbekenntnis folge. Von Müntzers Allstedter Predigten sind nur thesenartige Aufzeichnungen zu drei Predigten von der Hand seines Famulus Emmen überliefert. Zwei sind datiert: 15. und 21. Juni 1523. Sie belegen das Verständnis der Bibel als Einheit und die Konzentration auf die zentrale Aufgabe, die Hörer von der Kreaturenbindung (Sünde) zum wahren persönlichen Glauben und der Erkenntnis der Ordnung Gottes zu führen.58
Alltäglicher Gottesdienst – »Deutzsch kirchen ampt« Durch seine Tätigkeit in Frauenklöstern waren Müntzer die täglichen liturgischen Gebetsgottesdienste (Stundengebet, Offizium) in der offiziellen lateinischen Sakralsprache vertraut. Doch die gesellschaftlichen Veränderungen im Spätmittelalter wirkten sich auch auf die Mentalität aus. In der korporativen wie privaten Frömmigkeit wuchs das Bedürfnis nach ei190
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ner vertieften persönlichen Praxis. Davon gibt die ständig wachsende Anzahl von religiösen Texten, später auch entsprechender Drucke Zeugnis.59 Bereits Herzog Albrecht III. von Österreich (1349/50-1395) hatte aus persönlichem Interesse eine Übersetzung der umfassenden Erklärung des liturgischen Handelns durch den französischen Kirchenrechtler und Bischof Wilhelm Durandus in die spätmittelhochdeutsche Sprache veranlasst.60 Dem folgte eine Fülle von Messübersetzungen und deutschen Messerklärungen. Sie wurden in Klöstern und von Laien vor allem als Gebets- und Andachtsbücher genutzt, zuweilen wohl auch in der Priesterausbildung zum vertieften Verständnis des lateinischen Textes.61 Der Trend zur Übersetzung erstreckte sich auch auf die Stundengebete der klösterlichen Gemeinschaften. Davon zeugen handschriftliche deutsche Texte über den lateinischen Zeilen (Interlinearübersetzungen) und Übersetzungen einzelner Teile, vor allem der Hymnen.62 Auch gaben finanzkräftige Bürger und Adlige liturgische Handschriften für den persönlichen Gebrauch in Auftrag. Aus Müntzers heimatlichem Umfeld haben sich Abschriften des gesamten Stundengebets (Sommer- und Winterteil) erhalten, die Gräfin Elisabeth von Stolberg-Wernigerode um 1500 anfertigen ließ.63 Für den frühen reformatorischen Aufbruch war die deutsche gottesdienstliche Begleitliteratur nur eine Zwischenlösung. Die neue Bewegung war zunächst auf eine »gereinigte Messe« konzentriert. Weitere liturgische Veranstaltungen (Salven, Prozessionen) entfielen wegen ihrer reformatorisch nicht vertretbaren Ziele. Ende 1522 machte sich das Bedürfnis bemerkbar, das Defizit auszufüllen und die biblische Botschaft vielfältiger zu verankern.64 Anfang 1523 verfasste Luther auf Bitten der sächsischen Stadt Leisnig seine kleine Schrift »Von Ordnung Gottesdiensts der Gemeinde«. Er empfahl schlichte liturgische Morgen- und Abendgottesdienste mit einem Psalm, einer Antiphon und einem Kollektengebet. Diese Ordnung sollten Pfarrer und Prediger selbst zusammenstellen. Die Hauptsache sei, »das das wort ym schwang gehe«, die biblische Botschaft zum Zug komme.65 Luthers Vorschlag umzusetzen erwies sich schon zu Beginn in Wittenberg am 23. März 1523 als schwierig.66 Als Müntzer in der Karwoche (30. März-4. April) fast zeitgleich mit seinen Wochengottesdiensten begann, gab es offenbar keine Probleme.67 191
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Der aufwendige Druck der liturgischen Ordnungen im Umfang von 108 Quartblättern mit 744 Holzschnittnotenzeilen und fünf Prachtinitialen für die fünf Schwerpunktzeiten des Kirchenjahrs wurde in der Eilenburger Druckerei von Nikolaus Widemar (Albricht) hergestellt als »Deutzsch kirche[n] ampt. Vorordnet, aufzuheben den hinterlistigen deckel unter welchem das Liecht der welt vorhalte[n] war, welchs yetzt wideru(e)mb erscheynt mit dysen Lobgesengen und Go(e)tlichen Psalmen, die do erbauen die zunemenden Christe[n]heyt nach gottis unwandelbarn willen zum untergang aller prechtigen geperde der gotlosen. Alstedt«.68 Wie Müntzer zu dem ehemaligen Filialleiter des Leipziger Druckers Wolfgang Stöckel in Kontakt kam, ist unbekannt. Als nach Herzog Georgs Einspruch die Filiale in Grimma aufgegeben werden musste, eröffnete Widemar seine Offizin in Eilenburg. Wahrscheinlich erschien dort schon im September 1523 der schmucklose Sendbrief Müntzers an die Stolberger. Wann die Arbeit am »Kirchenamt« aufgenommen wurde, ist unsicher.69 Zunächst lagen wohl gegen Ende 1523 die Passions-, Oster- und Pfingstämter unter dem Sondertitel »Das ammacht von dem leiden christi« vor.70 Mit der Fertigstellung der Advents- und Weihnachtsämter sowie der »Vorrede yns buch disser lobgesenge«, die häufig irrtümlich als zweite Vorrede zur Messe verstanden wurde, ist unter dem erwähnten Haupttitel kaum vor Frühjahrsbeginn 1524 zu rechnen.71 In der Abfolge des Stundengebets, der großen Horen mit Mette, Laudes und Vesper, hielt sich Müntzer im Wesentlichen an das Brevier der römischen Kirche. Bei den einzelnen Ämtern ist er nicht einheitlich vorgegangen.72 Auch wurden bei der Wiedergabe der spätgotischen Noten Unstimmigkeiten festgestellt, die aber auch sonst bei den zeitgenössischen Musikdrucken zu beobachten sind.73 Luthers harscher Kritik, dass Müntzer für die deutschen Übersetzungen Abb. 31: Thomas Müntzer: Deutsch die gregorianischen Melodien beibeKirchenamt, [Eilenburg] 1524 192
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halten habe, ist später von der evangelischen liturgischen Bewegung widersprochen worden.74 Müntzer hat sich durchaus bemüht, den Duktus der Melodien auch für die deutschen Übersetzungen festzuhalten. Aber derartige Probleme dürften für ihn zweitrangig gewesen sein. In apokalyptischer Perspektive lag ihm an einer brauchbaren Übergangslösung. Bekanntes hat er übernommen, sofern es nicht seiner theologischen Überzeugung widersprach. Dieser Grundsatz hat Müntzer auch bei der Übersetzung der 35 Psalmen und von 14 weiteren Bibeltexten seines Kirchenamts geleitet. Sofern solche von Luther vorlagen, hat er sie verwendet. Für die eigenen Übertragungen benutzte er auch fremdsprachige Vorlagen und ging philologisch im Ganzen sorgfältig vor. Die deutsche Sprache handhabte er dabei durchaus schöpferisch. Letztlich folgte er aber seinem hermeneutischen Grundsatz, den er für die Psalmen ausdrücklich genannt hat: Er habe »in unvorrugklicher geheym des heyligen geists vordolmatzscht die psalmen, mehr nach dem sinne dan nach den worten.«75 Mit gottesdienstlichen Liedübersetzungen, elf Hymnen und einer Pfingstsequenz, gehört Müntzer zur Gruppe der frühen evangelischen Lieddichter, der aber immer wieder zu kontroversen Interpretationen Anlass gab. Sprachliche und inhaltliche Gründe spielten dabei selten eine entscheidende Rolle. Anstoß erregte vor allem die Person des Übersetzers, der sich – wie auch bei den anderen liturgischen Texten – von seinen theologischen Einsichten leiten ließ.76 Müntzer wird zuerst die beiden Passionshymnen »Ku(e)nig Christe, scho(e)pfer aller ding« aus den Laudes (nach dem lange Zeit Papst Gregor zugeschriebenen »Rex Christe, factor omnium«) und »Des ku(e)nigs panir gehen hervor« aus der Vesper (nach »Vexilla regis prodeunt« von Venantius Fortunatus) übersetzt haben.77 Von einigen Akzentveränderungen abgesehen, übernahm er die traditionelle Passionsfrömmigkeit. Eine stärkere Neuprägung erfuhren die Osterhymnen aus den Laudes »Last uns nun all vorsichtig sein« (»Ad coenam agni providi«) und aus der Wasserweihe »Sey gegru(e)st, du heylger tag« (»Salva festa dies« von Fortunatus). Gleich in der ersten Strophe des Laudeshymnus wird aus dem Lobpreis Christi eine Mahnung zum rechten Abendmahlsempfang. Am Ende wird auch die Bitte verstärkt, gelehrt zu werden, Gottes Willen zu tun und im Glauben zuzunehmen.78 Noch deutlichere Spuren der Theo193
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logie Müntzers weist der Vesperhymnus »Der heylgen leben« (»Vita sanctorum«) auf, der als Ziel des Christussieges angibt, dass »alle außerwelten hye auf erden / soln Christ gleich werden«. Völlig in Müntzers Sprache umgeformt ist die abschließende Gloriastrophe.79 Den Hymnus der Pfingstlaudes »Jhesu, unser erlo(e)sung gar« (»Jesu nostra redemptio«) übernahm Müntzer aus der Ordnung für Himmelfahrt. Die bereits beobachtete Veränderung des Lobpreises in eine Bitte wird durch die frei gestaltete vierte Strophe verstärkt, in der darum gebeten wird, zu Gottes Werk bereit zu sein, um seines Willens gewärtig zu sein und ihn klar zu erkennen.80 Mit dem Vesperhymnus »Kumm zu uns, scho(e)pfer, heylger geyst« (»Veni creator spiritus«, Hrabanus Maurus zugeschrieben) blieb Müntzer auf dieser Linie: Bitte statt Lobpreis, erbetene Erleuchtung der Christenheit, Leidensbereitschaft durch Geburt des Heiligen Geistes im Gläubigen.81 Luthers Übersetzung »Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist« hat eine spätere Rezeption des Müntzerlieds verhindert. Noch deutlichere Züge von Müntzers Theologie weisen die Hymnen des Adventsamts auf. Mit »O Herr, erlo(e)ser alles volcks« (»Veni redemptor gentium« des Ambrosius von Mailand) überarbeitete er den ältesten Weihnachtshymnus für die doppelte Ankunft Jesu zu Advent (zur Menschwerdung und zum letzten Gericht): Umstellung der dritten und vierten Strophe, Verzicht auf die Krippenstrophe, Bitte statt Lobpreis, persönliche Zuwendung der Heilsereignisse.82 Im Christushymnus für die Vesper »Got, heylger scho(e)pfer aller stern« (»Conditor alme siderum«) ließ er statt der Gläubigen die Gottfernen Gott um Erkenntnis seines »waren Christ[us]« bitten. In der fünften Strophe ist die Neuprägung unübersehbar, wenn als Ziel der ganzen Schöpfung Gottes besungen wird, »nach seynes willens ordnung zwar [wahrhaftig], / yhn zu erkennen offenbar«.83 Den Laudeshymnus für Weihnachten »Herodes, o du bo(e)sewicht« übernahm Müntzer aus der Epiphaniasvesper (»Hostis Herodes impie« von Sedulius Caelius) und setzte damit die Akzente neu. Die Schlussbitte an Gott anstelle der Gloriastrophe unterstreicht das: Es möge durch seinen Christus gelingen, »Herodes art zu meyden gar, / deyn reych zu besitzen vorwar«.84 Der wahrscheinlich zuletzt entstandene Vesperhymnus »Last uns von hertzen singen« (»A solis ortus cardine« von Sedulius) wurde später dem 194
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Täuferführer Hans Hut zugeschrieben. Dem wurde jedoch widersprochen.85 Die Frage nach dem Übersetzer ist nicht sicher zu entscheiden. Der freie Umgang mit der lateinischen Vorlage ist nicht neu, die Prägung durch Müntzers Wortschatz ebenfalls nicht, zumal das Weihnachtsereignis den besonderen volksliedartigen Ton gefördert haben könnte.86 Müntzers Hymnenübersetzungen haben theologisch und sprachlich ein eigenes Profil. Die Bitte, Gott möge die Gläubigen lehren, seinen Willen zu tun, und das Anliegen, im Glauben zuzunehmen, durchzieht seine Lieder wie ein Cantus firmus. Beides hat sich der Allstedter Pfarrer durch seine Wochengottesdienste erhofft. Ein Teil von Müntzers Liedern gehörte lange zum Bestand der Gesangbücher, allerdings zumeist ohne Verfassernamen. Wurde die Herkunft bekannt, verschwanden sie. Auf dem Umweg über das katholische »Gotteslob« ist »Gott, heilger Schöpfer aller Stern« sogar in des »Evangelische Gesangbuch« von 1993 gelangt, allerdings in überarbeiteter Form. Müntzers Übersetzung des Tedeums war ein besonderes Schicksal vorbehalten. In Erfurter und Zwickauer Sonderausgaben von 1524 und 1525 übernahm es eine wichtige Funktion als Gemeindegesang vor der Einführung des evangelischen Gottesdienstes. In dänischer Übersetzung eröffnete es als erstes Lied sogar das königlich dänische Gesangbuch und war bei feierlichen Anlässen in Gebrauch, bis es 1729 durch eine königliche Verfügung aus dem Verkehr gezogen wurde.87
Sonntagsgottesdienst – »Deutsch Euangelisch Messze« Das als Missale angelegte Buch für den Sonntagsgottesdienst im Umfang von 24 Quartblättern und 175 Notenzeilen erschien unter dem Titel »Deutsch Euangelisch Messze, etwann durch die Bepstische[n] pfaffen im latein zu grossem nachteyl des Christen glaubens vor ein opffer gehandelt und itzdt vorordent in dieser ferliche[n] zeyt, zu entdecken den grewel aller abgo(e)tterey durch solche mißbreuche der Messen langezeit getriben. Thomas Muntzer. Alstedt M.D.Xxiiij.«88 Die Drucktypen weisen auf Nikolaus Widemar, der aber im Frühjahr 1524 seine Eilenburger Presse schließen musste.89 Ob er den Druck noch in 195
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Eilenburg beginnen konnte, steht nicht fest. Im Frühsommer richtete daraufhin Müntzer in Allstedt mit den Druckmaterialien Widemars – nach alter Überlieferung in der landesherrlichen Schäferei – eine eigene Druckerei ein. Wer der Drucker war, ist nicht bekannt.90 Der Landesherr erfuhr erst Anfang Juli von dem Vorhaben und erkundigte sich bei seinem Bruder Johann. Bei einem Aufenthalt in Allstedt am 12. und 13 Juli 1524 ließ dieser Müntzers Zusage einholen, nichts ohne landesherrliche Vorzensur drucken zu lassen.91 Vom Druck der Messe war dabei nicht die Abb. 32: Thomas Müntzer: DeutschEvangelische Messe, Allstedt: [Müntzerpresse] Rede. Erst als den Vertretern Allstedts 1524 im Weimarer Verhör am 1. August 1524 die Auflage erteilt wurde, den Drucker zu entlassen, kam der Druck der Messe zur Sprache. Die Allstedter Ratsmitglieder gaben zu Protokoll, dass Müntzer sie gebeten habe, den Druck mit 100 Gulden vorzufinanzieren, und sie baten um die Erlaubnis, diesen zu Ende führen zu dürfen, um finanziellen Schaden zu vermeiden. Auch wenn sie nur einen Zwischenbescheid erhielten, bestätigt Müntzers Bitte, die er am 15. August 1524 von Mühlhausen aus dem Allstedter Rat übermittelte, ihm »dye meßbucher und vesperbucher« zu schicken, dass der Druck noch im August beendet wurde. Zeiß hat das kurz darauf bestätigt.92 Die beschleunigte Fertigstellung des Drucks hinterließ ihre Spuren. Für die vorgesehenen Prachtinitialen sind nur sogenannte Repräsentanten (Ersatzdrucktypen im frei gelassenen Raum) vorhanden.93 Da eine umfassende liturgiegeschichtliche Untersuchung fehlt, ist nicht sicher, welche Kürzungen (Perikopen statt Kapitel), Unregelmäßigkeiten oder fehlenden Angaben (Predigt) sich durch die Anlage des Buchs nach der Tradition eines Missale (Messbuch) erklären.94 Dazu gehört auch, dass nur die erste Messe (Advent) vollständig ausgeführt worden ist und als Muster für die anderen verstanden werden sollte. Möglicherweise ist Müntzer durch Luthers »Formula missae« zusätzlich angeregt worden, seine Messe noch einmal zu überarbeiten.95 196
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Unter den reformatorischen deutschen Messen ist Müntzers Allstedter Messe der traditionellen mittelalterlichen Messe am nächsten geblieben. Ihm ist deshalb vorgeworfen worden, er wolle »die alten beptischen geberden, messen, metten und vesper widerumb aufrichten«. Diesen Verdacht wies er in seiner Vorrede zu Recht energisch zurück.96 Bereits bei den Eröffnungsriten ist der Unterschied zu erkennen: Statt Priester und Ministranten spricht die ganze Gemeinde den von Müntzer neu übersetzten Psalm 43 als Stufengebet; auch wird die Beichte zur allgemeinen Beichte.97 Diese Eigenprägungen kommen in den weiteren Übersetzungen immer wieder zum Ausdruck. So sind beispielsweise die Kollektengebete durchweg darauf ausgerichtet, die jeweiligen heilsgeschichtlichen Ereignisse der kirchlichen Festzeit direkt auf die Gemeinde der Auserwählten zu beziehen, weil sie zu Konsequenzen in ihrem Leben führen sollen.98 Mit seiner gereimten deutschen Fassung der Pfingstsequenz »Kum, du tro(e)ster, heylger geist« folgte Müntzer weitgehend der lateinischen Fassung »Veni sancte spiritus« des Erzbischofs Stephan Langton (um 11501228), ohne auf eine eigene Akzentsetzung zu verzichten. Das belegt vor
Abb. 33: Thomas Müntzer: Deutsch-Evangelische Messe, Ausschnitt
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allem die abschließende Bitte »mach auß uns dein himmelreich«, die auf den innermenschlichen Heilsprozess abzielt.99 In der Vorrede äußerte Müntzer sich noch einmal grundsätzlich über seine Gottesdienstreform. Sein Anliegen sei, dass die Gemeinde das geistliche Handeln vollständig verstehen solle. Doch das sollte nur ein Angebot sein. Bei möglichen Änderungen sei aber darauf zu achten, »das die psalmen den armen leyen wol vorgesungen und gelesen werden. Dann darin wirdt gar klerlich erkant die wirckung des heylgen geistes, wie man sich kegen Got halten sol und zur ankunft des rechten christen glaubens kummen«. Der Gottesdienst soll »ein kleine zeyt« dazu helfen, »das die menschen mu(e)gen christfo(e)rmig werden. Roma 8 [, 29].100 Für Müntzer waren die Gottesdienste unverzichtbare Lernzeiten für die Auserwählten bis zur Wiederkunft Christi. Die Wirkung von Müntzers Gottesdienstreform war im Amt Allstedt bei seinem Weggang nicht beendet, wie die kursächsische Visitation von 1533 bezeugt.101 Seine liturgischen Drucke sind von Geistlichen erstaunlich lange, in einigen Fällen sogar in der gottesdienstlichen Praxis, benutzt worden. Ihre selbstständige liturgiegeschichtliche Würdigung, das heißt ohne Vergleich mit Luther, ist jedoch nach wie vor ein Desiderat.102
Flüchtende Nonnen und Müntzers Heirat Außer der Gottesdienstreform ist aus Müntzers Anfangszeit in All stedt nur die Nachricht überliefert, dass er wenige Tage nach Ostern 1523 eine abtrünnige Nonne geheiratet haben soll. Die Notiz aus der Zwickauer Chronik Paul Greffs wird von keiner anderen zeitgleichen Quelle bestätigt, wenn auch die Eheschließung nicht zu bezweifeln ist.103 Der Name der Ehefrau, Ottilie von Gersen, ist nur durch ihr Schreiben an Herzog Georg vom 19. August 1525 überliefert.104 Weder über ihre Herkunft noch ihren Klosteraufenthalt geben die Quellen Auskunft. Häufig ist ein Zusammenhang zwischen Müntzers Heirat und der Flucht von 16 Nonnen aus dem reformierten Kloster der Dominikanerinnen in Wiederstedt in der Grafschaft Mansfeld im Juni 1523 vermutet worden. Luther teilte Spalatin am 24. Juni die Neuigkeit mit und vermerkte dazu, dass elf Nonnen zum Schosser von Allstedt gekommen seien und Graf Albrecht 198
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von Mansfeld fünf aufgenommen habe. Zwischen ihnen werde verhandelt, ob man sie »erhalten oder vertreiben« solle.105 Luther kam nicht wieder auf diese Nachricht zurück, aber sie wurde zumindest für Allstedt durch eine Mitteilung von Schosser Zeiß an Graf Ernst von Mansfeld bestätigt.106 In der ausführlichsten älteren Darstellung zum Kloster Wiederstedt von Cyriacus Spangenberg wird nur vermerkt, die Lektüre von Luthers Schrift »Ursach und antwort, das iungkfrauen kloster gotlich verlassen mugen« habe die Nonnen zur Flucht veranlasst. Graf Albrecht sei von Zeiß darüber informiert worden. Dieser habe darauf »ihrer fünfe eine Zeitlang unterhalten. Die andern zu ihren Freunden verschaffet«.107 Es ist möglich, dass Ottilie von Gersen zu den geflohenen Wiederstedter Nonnen gehörte.108 Die einzige Nachricht über Müntzers Eheschließung in Allstedt und die Geburt eines Sohnes zu Ostern (27. März) 1524 überliefert Johann Agricola in polemischer Absicht. Ihre Zuverlässigkeit ist jedoch fraglich.109 Müntzers Bemerkung im Brief vom 29 Juli 1523, Karlstadt möge seine Frau grüßen, er selbst befinde sich noch in der alten Strenge gegenüber Gott, bringt in der Frage der Eheschließung keine größere Sicherheit.110 Sollte er damit nicht seinen Glauben insgesamt gemeint haben, müsste er kurz danach geheiratet haben. Nicht zu bezweifeln ist, dass Ehefragen um diese Zeit in Allstedt ernst genommen wurden. Zeiß war schon vor Müntzers Dienstantritt mit Hilfe des Leipziger Schöffengerichts gegen den Pfarrer von Wolferstedt vorgegangen, der »ein arm weibs person« geschwängert hatte und keinen Unterhalt zahlen wollte.111 Mitte Juli 1523 erkundigte sich Müntzer beim Rat der Altstadt Frankenhausen über die Eheverhältnisse eines Bürgers, weil dessen Frau vermutlich mit seinem Amtsvorgänger in Allstedt zusammengelebt hatte.112 Bei seinem Engagement in Ehefragen ging es Müntzer nicht nur um ein moralisches Anliegen, sondern vor allem um die notwendige Heiligung auf dem Weg zum wahren Glauben, den jeder zu gehen habe. Der Wille Gottes soll jetzt schon alle Lebensbereiche prägen.
Ein Klärungsversuch mit Luther Luthers erste kritische Äußerung über Müntzer gegenüber Spalatin vom 5. Mai 1522 wurde erst nach Luthers Tod veröffentlicht.113 Der Wittenberger vermied den direkten Kontakt zu dem neuen Allstedter Pfarrer, ließ ihn aber 199
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nicht aus den Augen. Müntzer wusste sicher von Luthers wachsendem Misstrauen, suchte jedoch ebenfalls längere Zeit keine Begegnung. Für die neuen Wittenberger Veröffentlichungen interessierte er sich allerdings weiterhin. So erwarb er vermutlich noch in Halle auf Kredit Luthers Weihnachtspostille, die im März 1522 erschienen war.114 In dem vorangestellten kleinen »unterricht, was man yn den Evangeliis suchen« soll, betonte Luther, dass »Evangeli eygentlich nit schrift, ßondern mundlich wort seyn solt«.115 Es müsse verkündigt werden, wenn es lebendiges Wort sein solle. Vielleicht meinte Müntzer, diese Auffassung könnte als Brücke dienen, um den Wittenberger von seinem Anliegen hinsichtlich des lebendigen Wortes zu überzeugen. Als rechtmäßiger Inhaber einer städtischen Pfarrstelle sah er sich befugt, um Luthers Verständnis für seine Sicht zu werben. Zunächst bemühte sich Müntzer in seinem Brief vom 9. Juli 1523,116 die Irritationen wegen der Zwickauer Ereignisse zu klären. Zum Vorgehen gegen Egranus sei er durch seine Wächterfunktion verpflichtet gewesen. Am Tumult der Zwickauer trage er keine Schuld, er habe sogar eine Eskalation verhindert, und er sei bereit, darüber Rechenschaft abzulegen. Vehement wies er jedoch die Gerüchte über seine angeblichen Offenbarungen als Lügen zurück. Im Anschluss an neutestamentliche Aussagen brachte Müntzer dann seine Überzeugung zum Ausdruck, dass jeder Christ durch den Glaubens prozess in der Nachfolge des gekreuzigten Christus »aus dem Munde des lebendigen Gottes selbst belehrt« werden müsse. Nur so könne er »ganz sicher wissen, dass die Lehre Christi nicht von einem Menschen erdacht« worden sei.117 Müntzer appellierte schließlich an Luthers genaue Kenntnis seiner Person und versicherte, keine Visionen anzuerkennen, wenn nicht Gott ihn dazu treibe. Nur das lasse er gelten, was durch Zeugnisse der Heiligen Schrift belegt sei. Danach erklärte Müntzer sich bereit, sich durch Luthers höheres Zeugnis belehren zu lassen, damit sie »gemeinsam den Weg der Liebe beschreiten« können.118 Zu Luthers Ärger über das Auftreten von Markus Thomas und Nikolaus Storch in Wittenberg wollte er sich nicht äußern, da beide für sich selbst einstehen müssten. Mit der respektvollen Anrede als »bester Vater« verband er noch einmal die Bitte »lass die alte Liebe wieder neu werden« und forderte ihn auf, die Wittenberger Bekannten (Melanchthon, Karlstadt, Jonas, Bugenhagen) zu grüßen.119 200
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Bevor Müntzer als »parochus Alstedtensis« unterschrieb, konnte er eine vorsichtige Kritik an Luthers Auffassung der Ehe als weltliche Angelegenheit nicht unterdrücken und deutete sein gegenteiliges Verständnis an. Für ihn sei das Reinigungswunder in Kana (Johannes 2,1-11) wie bei Origenes ein Hinweis auf die ganze Schöpfung. Die verwandelnde Kraft Christi gelte somit auch für die Ehe.120 Müntzers Brief hat Luther tatsächlich erreicht. Das geht aus dessen Bericht an Spalatin vom 3. August über den Besuch des Allstedter Schossers in Wittenberg hervor, in dem die ambivalente Haltung Müntzers kritisiert wird: Im Grund fliehe dieser die Wittenberger und strebe nach Höherem. Zeiß habe er vor dem Geist dieses Propheten gewarnt und ihn gebeten, Müntzer zu bewegen, sich mit ihm über seine Lehre zu besprechen. Er wisse aber nicht, ob er etwas ausrichten werde. Jedenfalls könne er diesen Geist absolut nicht ertragen. Luther witterte offenbar schon den Satan am Werk, hielt aber diesen Verdacht öffentlich noch zurück.121
Abgrenzung gegen Aufruhrverdacht Müntzers erste Druckschrift »Ein ernster sendebrief an seine lieben bruder zu Stolberg, unfuglichen aufrur zu meiden« erschien bei Nikolaus Widemar in Eilenburg und ist auf den 18. Juli 1523 datiert. Es ist die überarbeitete und etwas entschärfte Fassung eines eigenhändigen Entwurfs.122 Im Eingangsgruß an seine Heimatstadt wendet er sich gegen die überschwängliche Torheit vieler auserwählter Freunde Gottes, die auf dessen schnelle Hilfe hoffen, ohne sich ernsthaft auf den schmerzhaften Glaubensprozess einzulassen. Nur betrunken würden sie viel von der Sache reden, sich aber, wenn sie nüchtern sind, fürchten »wie die memmen«. Worauf sich Müntzers Kritik gründet, liegt im Dunkeln. Nach seinen Predigten um Ostern 1522 wurde Stolberg für die reformatorische Botschaft aufgeschlossener. Das belegt die Gastpredigt des Erfurter Magisters Simon Hoffmann zu Ostern 1523, deren Druck von Hörern erbeten wurde. Sie wendet sich aber nur gegen das traditionelle Verständnis von Glauben und Abendmahl.123 Vielleicht waren die reformwilligen Kräfte von der langsamen Entwicklung enttäuscht. 201
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Müntzer kritisierte den völligen Mangel am »heuptstu(e)ck der seligkeit«, am Glauben als Armut des Geistes, der Erfahrung geistlicher Versuchungen.124 Denn »das warhaftige regiment Gottes« gehe mit Freuden an, »wan die außerwelten erst sehen, was Gott in yhn [ihnen] durch sein werck yn erfarunge des geystes« erleben lasse.125 Dann erst werde »der umbkreiß der erden bestetiget zu der vorsamlung der außerwelten, d[a]sz er ein christlich regiment gewinnet, welches von keinem pulversacke umb gestossen mag werden«.126 Der Glaubenswillige müsse die Wogen der Anfechtung brechen wie ein kluger Schiffsmann, statt sie zu umgehen. Nur dann werde die Seele bereit, »ein stul Gotis zu sein« (Psalm 93,2) und sich von Gott regieren lassen.127 Den 93. Psalm, den er für die Laudes des Osteramts übersetzt hat, hätte er am liebsten für die Stolberger ganz abdrucken lassen. Er beließ es aber bei der Mahnung, »kecker« (mutiger) zu sein und ihm mitzuteilen, wie sie mit ihrem Glaubenspfund wuchern (Lukas 19,11-27), und alle zu grüßen, »die begeren Gots willen zu thun nach getzeugniß dieser lere«.128 Eine Reaktion der Stolberger auf die Mahnung ist nicht bekannt. Vielleicht war die Nachricht über enttäuschte Erwartungen wegen der langsamen Entwicklung für Müntzer auch ein willkommener Anlass, öffentlich zu der Befürchtung Stellung zu nehmen, seine Verkündigung schüre Aufruhr. Das kaiserliche Mandat vom 6. März 1523, das vor der Aufruhrgefahr durch die neuen Prediger und ihre Schriften warnte, hatte Kurfürst Friedrich im Mai pflichtgemäß verschickt. Mitte Juli wies Luther mit einer Schrift diesen Vorwurf zurück. Müntzer kannte sie und sah sich wohl veranlasst, ebenfalls Stellung zu nehmen. »Unfüglichen«, das heißt vorzeitigen und eigenmächtigen Aufruhr lehnte er ab. Die Möglichkeit des »füglichen Aufruhrs«, des durch Gott selbst in Gang gesetzten apokalyptischen Regiments Christi, deutete er aber damit gleich in seiner ersten Schrift öffentlich an. Zu Müntzers Konzentration auf die vordringliche Aufgabe, als Seelsorger den Weg zum wahren Glauben zu bereiten, gehörte es auch, unnötige Hindernisse in der Praxis zu beseitigen. Durch den Versuch von Ende Juli 1523, Karlstadt als kirchenrechtlichen Berater zu gewinnen, ist bekannt, dass in Allstedt die bisherigen Abgaben an das nahe Zisterzienserinnenkloster Naundorf für die Armenversorgung verwendet wurden. Die brief202
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liche Bitte erreichte Karlstadt nicht, da er bereits mit seiner Übersiedlung nach Orlamünde befasst war.129 Die Geschichte des wohl um 1250 im nördlichen Vorgelände All stedts gegründeten Klosters Naundorf ist weitgehend unerforscht. Wegen Hochwassergefahr ist es später in höheres Gelände bei Wolferstedt verlegt worden.130 Im zeitlichen Vorfeld der Reformation nahmen die Naundorfer Zisterzienserinnen vor allem Töchter des regionalen Adels auf, die in das Kloster stattliche Zuwendungen – bis zu 450 Gulden – eingebracht haben sollen.131 Es soll über ein Einkommen von ungefähr 1.500 Gulden verfügt haben.132 Sein Ackerland soll das der beiden fürstlichen Vorwerke in Allstedt und Winkel zusammen übertroffen haben. Welche genaue Abgabenbelastung für Allstedt durch das Kloster bestand, lässt sich nicht beziffern.133 Auch ist nichts über kritikwürdige Zustände um 1523 bekannt.134 Abgabenverweigerungen gegenüber Klöstern gehörten 1523 im Kurfürstentum bereits zu den Klagepunkten auf dem Altenburger Landtag vom 3. Mai. Sofern friedliche Einigungen erzielt und Proteste gegen Rechtsbrüche vermieden werden konnten, tolerierte der Kurfürst offenbar den Auflösungsprozess der Klöster seines Landes.135 Die Naundorfer Äbtissin Sophie von Schafstedt gehörte jedoch zu den profilierten Vertreterinnen der geistlichen Ständegruppe, die nicht gewillt waren, auf ihre Privilegien zu verzichten. Ihre Beschwerde beim Kurfürsten hatte Erfolg. Spätestens Anfang 1524 mussten die Allstedter auf kurfürstlichem Befehl hin wieder »den nonnen ire zinse geben«.136 Die gleichfalls nicht gezahlten Zinsen an den Walkenrieder Abt wurden 1525/26 auf Befehl des Kurfürsten Johann in drei Raten nachgezahlt.137 Ein konkreteres Bild von einer Allstedter Armenordnung, von einem möglichen Mentalitätswandel bei den Bürgern oder gar von Tendenzen der Abgrenzung, um eine Gemeinde der Auserwählten zu schaffen, überliefern die Quellen nicht. Einwände gegen die Allstedter Reformation mehrten sich aber, wie ein Brieffragment Müntzers vom Sommer 1523 bezeugt, in dem er einem ungenannten reformatorischen Kritiker entgegnet, er lebe allein nach dem Willen des ewigen Gottes.138
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Konflikt mit Graf Ernst von Mansfeld Das Urteil über Graf Ernst II. von Mansfeld-Vorderort, der in Heldrungen residierte, wird vor allem durch den Konflikt mit Müntzer bestimmt. Er wurde 1479 geboren, 1492 an der Leipziger Universität eingeschrieben und gehörte zu den Räten Herzog Georgs. Seine Romtreue steht außer Zweifel, für ein angeblich besonders tyrannisches Verhalten gibt es jedoch keine Quellen. Wegen einer auswärtigen Verhandlung erfuhr er erst verspätet von Müntzers beleidigenden Äußerungen im Gottesdienst am 13. September 1523 und forderte umgehend die Festnahme des Pfarrers. In ihrer Antwort vom 22. September lehnten Schosser und Rat eine Verhaftung ab, da die Sache Gottes Wort betreffe und sie für Geistliche nicht zuständig seien. Einem kurfürstlichen Befehl würden sie aber nachkommen. Eine Stellungnahme beider Pfarrer der Stadt legten sie bei, ohne zu erwähnen, dass der Graf fälschlich den Altstadtpfarrer beschuldigt hatte.139 Müntzer verteidigte in seiner Stellungnahme vom 22. September seine Äußerungen (»ketzerische[r] schalgk und schintfessel«) als berechtigt, weil der Graf den Besuch seiner »ketzerischen messe oder predige« durch ein Mandat verboten habe. Deshalb habe er gesagt, der Graf maße sich an, »das heylige evangelium« zu verbieten. Wenn er dabei bleibe, wolle er ihn vor der Christenheit und bei Türken, Heiden und Juden als einen zerrissenen und unverständigen Menschen anprangern. Der Graf gehöre mit seinem Mandat zu denen, die den Schlüssel zur Erkenntnis Gottes wegnehmen und über die Christus Zeter schreie (Lukas 11,52).140 Seine Gottesdienstreform wolle er mit der Bibel bekräftigen. Wenn er das nicht vermöge, sei er bereit, Leib und Leben zu verlieren. Er warne den Graf vor den Folgen von Gewaltanwendung, denn er stehe genauso in einem von Gott verliehenen Amt (»Ich bin eyn knecht Gottes gleych sowol wye ir«). Sollte Ernst Druckschriften gegen ihn veranlassen, werde er mit ihm hunderttausendmal ärger verfahren als Luther mit dem Papst. Sendungsbewusst bekräftigte Müntzer seine Unterschrift durch den Zusatz »eyn verstorer der unglaubigen«.141 Der Altstadtpfarrer Haferitz stellte sich in seiner Stellungnahme ganz an Müntzers Seite und drohte, »alle dye zu ketzern [zu] machen, dye das heylige evangelium ketzerey schelten«.142 204
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Graf Ernst war nicht bereit, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Am 24. September übermittelte er dem Kurfürsten Abschriften der Allstedter Antworten, begründete sein Verbot mit dem kaiserlichen Mandat gegen Neuerungen und bat ihn, ihm angesichts der Ehrverletzung Recht zu verschaffen und die Verhaftung des Pfarrers zu veranlassen.143 Kurfürst Friedrich reagierte am 5. Oktober zunächst mit einem Zwischenbescheid, in dem er versicherte, dass er eine Beleidigung des Grafen nicht billige, aber Informationen einholen werde. Ihm sei es jedoch beschwerlich, sich »in solche sachn einzulassn«.144 Die Rückfrage bei Schosser und Rat von Allstedt mit einer Missbilligung von Müntzers Äußerung, falls sie zutreffe, war bereits vorher ergangen.145 Müntzer soll daraufhin zugesagt haben, sich für seine Worte »fur aller cristnhait« und dem Kurfürsten zu verantworten.146 Vielleicht ist damit Müntzers Schreiben an den Kurfürsten vom 4. Oktober mit der offiziellen Titulatur gemeint. Aber schon dem Friedensgruß gab Müntzer die für ihn typische situationsgemäße Form: »dye rechtschaffne forcht Gottes und der fryde, dem dye welt feyndt ist«.147 Anschließend stellte er sich dem Landesherrn mit biblischen Begründungen als ein von Gott berufener Prediger vor, der ohne Schonung der Widerstrebenden mit Eifer die Erkenntnis Gottes zu verkündigen habe. Gemäß der Forderung der Propheten Jeremia und Ezechiel habe er sich als eiserne Schutzmauer vor die Bedürftigen zu stellen. Dazu gehöre, dass er auf der Grundlage von Epheser 5,19 und 1. Korinther 14,15f. deutsche Kirchenämter halte, »dodurch die czeyt nicht vorgebens vorswinde«, sondern das Volk erbaut werde mit Psalmen und Lobgesängen.148 In dieser apokalyptischen Dimension beurteilte Müntzer die Verbote des Gottesdienstbesuchs, die Graf Ernst den ganzen Sommer über gegen seine Untertanen praktiziert habe. Gütliche Bemühungen seien vergebens gewesen. Deshalb habe er am 13. September Graf Ernst von der Kanzel aus aufgefordert, mit den leitenden Vertretern des Halberstädter Bischofs nach Allstedt zu kommen und nachzuweisen, dass seine Lehre ketzerisch sei. Wenn das nicht geschehe, wolle er ihn als »eynen bosenwicht und schalk und buben, Turcken und heyden achten und das mit der warheit beweysen auß der scrift«.149 Würde er von der Kommission überwunden, könne der Graf ihn immer noch beim Kurfürsten verklagen und seinen Untertanen den Gottesdienstbesuch verbieten. 205
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Mit biblischen Belegen über die begrenzte Geltung von Menschengeboten stellte Müntzer dann grundsätzlich in Frage, die Verkündigung des Evangeliums durch Mandate aufzuhalten. Das Volk werde dadurch nur irre gemacht, da es ja nach Römer 13,4f. von den Fürsten aufgrund ihrer Schutzfunktion nichts zu befürchten habe. Wenn sich das durch Gottes Gericht einmal ändere, werde »das swert yhn [das heißt den Fürsten] genommen werden und wirt dem ynbrunstigen volke gegeben werden czum untergange der gotlosen, Danielis 7 [, 27]«. Da werde das edle Kleinod, der Friede, aufgehoben von der Erde, und der in Offenbarung 6,2 angekündigte endzeitliche Reiter auf dem weißen Pferd werde den Sieg nicht erlangen.150 Auf die Konsequenzen dieser apokalyptische Erwartung machte Müntzer den Kurfürsten sofort eindringlich aufmerksam: »O hochgeborner, gutiger churfurst, hye ist vliß [Fleiß] vorczuwenden, das unser heylant czur gerechten [zum Gericht] Gots am tage seyns grimmes (wan er dye schaf selbers weyden wil und vortreyben dye wilden thyre von der herde) das ehr gnediklichen czurbreche dye kunige« (Psalm 109,5, Ezechiel 34,1721). Gott möge verhindern, dass das nicht »durch unser nachlassikeit« verursacht werde.151 Mit den biblischen Belegen legitimierte sich Müntzer abschließend noch einmal als prophetischer Wächter und bat Friedrich, sein Schreiben gnädig anzusehen und ihn nach göttlichem Recht verhören zu lassen. Er müsse »auch hye keke [kühn] seyn«, denn er sehe doch, dass Gott ihm von Anfang an beigestanden habe. Dieser möge ihn und sein Volk in Ewigkeit bewahren. Nach der Bekräftigung durch Amen unterzeichnete er als »Tomas Munczer von Stolberg eyn knecht Gots.«152 Eine schriftliche Antwort hat Müntzer offenbar nicht erhalten. Sein Schreiben wird auch im endgültigen Bescheid des Kurfürsten an Graf Ernst nicht erwähnt. Er beschränkte sich darauf, auf Müntzers Bereitschaft hinzuweisen, sich zu verantworten, und gab der Erwartung Ausdruck, dass künftig niemand unbillig beschwert werde.153 Graf Ernst ist mit diesem Bescheid mit Sicherheit nicht zufrieden gewesen. Müntzer, der sein funktionales Verständnis der Obrigkeit nach Römer 13,4 in apokalyptischer Perspektive offen dargelegt hatte, sah sich darin durch die ausbleibende kurfürstliche Reaktion sicher eher bestärkt.
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VII. »Ich will meynen grund beweysen« Müntzers Verteidigung von Lehre und Wirken Ein Glaubensgespräch mit den Predigern Kurfürst Friedrich nahm im Herbst 1523 nicht nur der Konflikt um Müntzer in Anspruch, sondern vor allem reichspolitische Probleme. Spät erst einigte man sich auf Termin und Ort für den nächsten Reichstag: 11. November 1523 in Nürnberg. Am 2. November brach der Kurfürst in seiner Nebenresidenz Colditz zur Reise nach Nürnberg auf, kam aber witterungsbedingt nur bis Naumburg. Statt wie vorgesehen nach zwei weiteren Tagesreisen bis Coburg zu reiten und dort weitere Informationen aus Nürnberg abzuwarten, begab er sich vom 4. bis zum 14. November nach Allstedt.1 Der Entschluss, zunächst in Allstedt Quartier zu beziehen, kann nicht völlig ungeplant gefallen sein. Das belegen Rechnungseintragungen über notwendige Reparaturen auf dem Schloss, über fürstliche Freizeitbeschäftigungen (Jagd und Drechseln) sowie über Verwaltungsaktivitäten.2 Kontakte zwischen dem Stadtregiment und dem Landesherrn sind während dieses Aufenthalts nur durch das Geschenk eines »ochßlein[s]« belegt.3 Müntzers Aktivitäten in Allstedt hatten den kurfürstlichen Räten – und sicher besonders Georg Spalatin – bewusst gemacht, dass die reformatorische Neuordnung des Gottesdienstes im Kurfürstentum und weitere theologische Grundfragen nach einer Lösung verlangten. Doch Hans Zeiß war es nicht gelungen, Müntzer zu einer Verständigung mit Luther zu bewegen. Spalatin hat in seinen Annalen nur die Reiseroute über Allstedt festgehalten, aber nichts über Vorbereitungen für Gespräche mit den Predigern auf dem Schloss vermerkt. Es muss sie aber gegeben haben.4 Der Konflikt mit Graf Ernst war jedenfalls noch virulent und machte eine theologische Erörterung erforderlich, an der auch Beauftragte des Grafen zeitweilig teilnahmen. Der Amtsrechnung zufolge wurden die beiden Allstedter Prediger Müntzer und Haferitz von zwei Vertretern des Stadtregiments begleitet. Darüber hinaus wurde es als notwendig erachtet, 207
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Johann Lang, Luthers ehemaligen Ordensbruder und maßgeblichen Repräsentanten der Reformation in Erfurt, mit zwei weiteren kompetenten Erfurter Theologen hinzuzuziehen.5 Die Namen der beiden Begleiter Langs werden nicht genannt, sind aber zu erraten. Der eine wird der ehemalige Franziskaner Ägidius Mechler gewesen sein, der seit Juli 1523 verheiratet war und die Pfarrstelle an der Bartholomäuskirche innehatte. Gemeinsam mit Lang hatte er im Januar 1522 in Weimar an der Disputation mit Augustin von Alveldt und den Franziskanern über die »christliche Freiheit« und das Ordensleben teilgenommen.6 Der andere war sicher Johann Culsamer, der als Pfarrer an der Michaeliskirche am 5. Juli 1523 als Erster in Erfurt das Abendmahl unter beiderlei Gestalt gespendet hatte und im selben Jahr in Wittenberg zum »magister theologiae« promoviert wurde.7 Das theologische Dreigestirn Lang, Mechler und Culsamer war auch im Erfurter Kanzel- und Flugschriftenstreit über die Priesterehe von 1522 bis 1525 gegen den Repräsentanten der Römischen Kirche Bartholomäus Arnoldi führend.8 Mit Sicherheit war auch Spalatin an dem Glaubensgespräch beteiligt, da er sich ohnehin mit der Neuordnung des Gottesdienstes beschäftigte.9 Weder zum Ort der zweitägigen Gespräche noch über deren Verlauf gibt es Hinweise. Auch über etwaige Ergebnisse ist nichts bekannt. Eine nachhaltige Verständigung über die Allstedter reformatorischen Aktivitäten und die theologischen Fragen, die davon berührt wurden, ist wohl kaum erreicht worden. Immerhin scheint sich durch die Begegnung das Verhältnis zwischen Müntzer und Lang wieder positiver als im Jahr zuvor gestaltet zu haben, wie der Briefwechsel vom Juli 1524 vermuten lässt.10
»Protestation oder Erbietung« Seit längerem wurde ein Zusammenhang zwischen den Lehrgesprächen auf Schloss Allstedt und der wohl Anfang 1524 von Nikolaus Widemar in Eilenburg gedruckten Rechenschaft Müntzers über seine Lehre vermutet. Das scheint bereits der Titel anzudeuten: »Protestation oder empietung Tome Mu(e)ntzers vo[n] Stolberg am Hartzs seelwarters zu Alstedt seine lere betreffende und tzum anfang von dem rechten Christen glauben und der taufe. 1524.«11 Vielleicht ist die Druckfassung die Endgestalt eines schriftlichen Entwurfs, den Müntzer für das Lehrgespräch vorbereitet hat.12 208
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Der Begriff »Protestation« war den Zeitgenossen aus der Rechtssprache geläufig. Er bezeichnete im engeren Sinn einen Rechtsvorbehalt, den eine Partei während einer Verhandlung offiziell einbrachte, um den eigenen Standpunkt zu bezeugen und seine Berücksichtigung abzusichern.13 Im weiteren Sinn wird eine Protestation auch als öffentliche Bezeugung und Bekenntnis verstanden. Letzteres dürfte Müntzer beabsichtigt haben.14 Schon die deutsche Langfassung des Prager Sendbriefs stand unter der Überschrift »protestation«. Mit diesem berührt sich auch das Anliegen der kleinen Rechtfertigungsschrift. Müntzer geht es grundsätzlich um seine Lehre, vor allem um den Ursprung des rechten Glaubens und um die Taufe, wie bereits der Titel aussagt. Die Gestaltung des Titelblatts mit dem Allstedter Stadtwappen und einem Appell an den Leser unterstreichen diese Bedeutung. Müntzer gliedert seine Schrift in 19 Abschnitte, zu denen noch ein dreifacher Schluss kommt. Mit der gleichen Grußformel, die er im Schreiben an den Kurfürsten erstmals verwendet hatte (rechtschaffene Furcht Gottes und Friede, dem die Welt feind ist), hält er den »außerwelten freunden Gottes« vor, dass sie nach Matthäus 13,24-30 zum Abb. 34: Thomas Müntzer: Protestation oder reinen Weizen bestimmt sind, aber bei Erbietung, [Eilenburg] 1524 ihnen kein großer Unterschied zum Unkraut festzustellen sei. Nur wenn die zerfallende Christenheit »mit emsiger begir« auf den »ursprung der außerwelten« hingewiesen werde, sei ihr zu helfen. Das wird bereits im ersten Abschnitt mit biblischen Metaphern und 21 Bibelstellen am Rand bekräftigt.15 Die weiteren Abschnitte folgen diesem Duktus. Zunächst prangert Müntzer die Fehlentwicklung der christlichen Kirche mit ihrem gedichteten, das heißt erdichteten und unerfahrenen Glauben und ihren gleißenden Werken scharf an. Erst wenn dieser Schaden von seinem »ursprung« an (durch den Sündenfall Adams) erkannt werde, könnten die Auserwählten zu ihrer Bestimmung finden, nämlich dass sie »sollen und mussen 209
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christformig werden und mit mancherley leyden und zucht Gottis werck in achtung haben«.16 Wie der Glaube zum »leichtfertigen dinge gemacht« worden sei, wird am Beispiel der Taufe erläutert. Durch den Verzicht auf den Katechumenat, die Vorbereitungszeit zur Zeit der Apostel, habe man sich mehr auf den rituellen Vollzug verlassen als »aufs ynnerliche Wesen« der Taufe. Denn kein Kirchenlehrer habe sie angemessen erklärt. Christus und seine Apostel hätten die jetzt übliche Kindertaufe nicht gefordert. Wenn davon die Seligkeit abhängig sei, nehme man einen »honigsussen Cristum« an. Die Taufe als »der eingang zur christenheit [sei] zum vihischen affenspiel [ge]worden«.17 Um diesem traditionellen Fehlverständnis zu wehren, hatte Müntzer die Taufe in Allstedt mit biblischen Lesungen ausgestattet, die vom Wassermotiv als Symbol des Leidens und Sterbens bestimmt wurden. Das untermauert er nun durch weitere biblische Belege, vor allem durch eine kurze Auslegung von Johannes 1-7. Danach wendet er sich noch einmal der Verfallsgeschichte der Römischen Kirche zu, die er mit der babylonischen Hure von Offenbarung 17,4 gleichsetzt. Die unverstandene Taufe sei die Wurzel aller Übel, auch durch die Überschätzung der Zeremonien. Ihretwegen sei ganz Asien in den Bann getan worden. In Sachsen sei der wahre Glaube ebenfalls fast untergegangen. Zur Warnung habe Gott immer wieder Irrtümer und Ketzereien aufkommen lassen, aber die Verantwortlichen in der Kirche seien blind und unfähig gewesen, den Glauben der Heiden, Türken und Juden zu überwinden. Mit einem emphatischen Appell beendet er seinen kritischen Rückblick: »Ach lieben herrn, hort auf.«18 Die gegenwärtigen Christen, über die er anschließend ebenfalls kritisch urteilt, sollten sich erst einmal selbst »bey der nasen rucken«. Denn es zeige sich, »das alle unser leben wider die billickeit des gotlichen willens tobet mit offenbarlicher abgo(e)tterey«. Daran sei der Glaube schuld, der von ungetreuen Schriftgelehrten herrühre und heute mehr als von Anbeginn unsinniger werde. Stolz geworden »gleichwie unser widersacher«, würden auch wir – also die reformatorische Seite – ohne Zögern den vor die Hunde werfen, »der es nicht allenthalben mit uns helt«. Das geschehe, weil viele nicht erkennen würden, dass Gottes Werk zu erleiden sei. Sie meinten, man könne »leichtlich zum christenglauben kommen, wenn sie nur dran dencken, was Cristus gesagt hat«. Dagegen 210
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erhebt Müntzer leidenschaftlich Einspruch: »Nein, lieber mensch, du must erdulden und wissen, wie dir Gott selbern dein unkraut, disteln und dorner aus deinem fruchtbaren lande, das ist aus deinem hertzen, reutet.«19 Doch das nütze alles nichts: »Ab du auch schon die biblien gefressen hets [hättest], hilft dich nit, du must den scharfen pflugschar leiden« (Psalm 129,3).20 Sich nur auf das stellvertretende Leiden Christi zu berufen sei kurzschlüssig. Da Haupt und Glieder zusammengehören (Kolosser 4,15), müsse man Christi Fußstapfen folgen. In der folgenden verschärften Attacke gegen diejenigen, die einen »honigsussen Cristus« verkündigen, bezieht Müntzer rhetorisch wirksam zunächst die kritikwürdige Gruppe der gelehrten reformatorischen Prediger ein, die meinen, es sei »gnug dran, wenn wir die schrift haben und dorften [brauchten] der kraft Gotis nicht gewar werden«.21 Doch die Predigt, »der glaub muß uns rechtfertig machen und nicht die werck«, verfehle ihr Ziel. Vielmehr müsse aufgezeigt werden, »wie der mensche durch Gotis werck zum glauben kompt«. Sonst sei er »nicht eines pfifferlings wert«.22 Nach der Klarstellung, dass sich seine Protestation eigentlich an die Adresse der reformatorischen Verkündiger Wittenberger Prägung richtet, prangert Müntzer gegen Ende diese und die Folgen ihres Wirkens noch deutlicher an. Die das Evangelium treiben und den Glauben auf das höchste preisen, sorgten dafür, dass die Leute meinen, »in windtfangender weiße selig zu werden«. Aber nur diejenigen, die sich »durch den getichten glauben und durch die eußerliche werck durchfressen«, würden das Wort, aus dem der rechte Glaube komme, aus dem Abgrund des Herzens quellen sehen. Sie müssten »allen lu(e)sten urlaub geben und auf solch wort und zusage Gottis mit der hochsten arbeyt warten«.23 Die aber, die sich – durch falsche Predigten verführt – den mühsamen Weg ersparen wollen, würden durch Gott gepeinigt, innerlich in ihrem Gewissen durch Unglauben und Verzweiflung, äußerlich durch Krankheit, Armut, Jammer und Not. Wenn sie dann nicht aus noch ein wüssten und sich an »die frommen schriftgelerten« wenden und ihnen ihr Unvermögen zu glauben eingestehen, bekämen sie von ihnen nur zu hören: »Ja, lieber geselle, du must dich mit solchen hochen dingen nicht bekommern. Glaube du nur einfeltig und schlag die gedancken von dir. Es ist eytel fantasey.« Er möge mit den Leuten fröhlich sein und die Sorgen vergessen. An den Leser gewandt, schließt Müntzer den ironischen Dialog mit der sarkasti211
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schen Bemerkung: »Sich, lieber bruder, solcher trost hat regirt in der kirchen und kein ander.«24 Wegen der elitären Einstellung der Gelehrten, die »hoche, ganz geistliche lere dem armen groben volck« vorzuenthalten, habe er in seiner Schrift »in einer summa gesagt von dem schaden der kirchen, welcher durch die unvorstandene taufe und getichten glauben uns uberfallen hat«.25 Wenn er sich irre, wolle er sich »fur einer ungefherlichen [unparteiischen] gemeine und nicht ane [ohne] gnugsame getzeugen auf einem winckel, sondern am lichten tage«, belehren lassen. »Durch mein vornemen wil ich der evangelischen prediger lere in ein besser weßen furen und unser hinderstellige, langsame Ro(e)mischen brudere auch nicht verachten.«26 Dafür setze er sein Leben als Pfand. Mit seiner bekennenden Schrift bleibt er bei seinem Schwerpunktanliegen: einer von Grund auf zu erneuernden Christenheit. Weitergehende Vorstellungen deutet er hier nicht einmal im Umriss an. In einem zweiten Schlussabschnitt bekräftigt Müntzer, er habe sein Erbieten »durch grosse ursachen« herausgehen lassen müssen und wolle jedem Auskunft geben, der ihm freundlich schreibe. Die Sorge um eine angemessene Aufnahme seiner Bereitschaft, für die er noch einmal sein Leben als Pfand anbietet, nötigt ihn, in einem dritten Schlussabschnitt wiederum zu beteuern und zu bitten: »Ich wil meinen grund beweysen und wer mir lieb, wann es euch unvorsuchten nicht also spottisch in die nasen gieng.«27 Nicht nur der dreifache Schluss, sondern der ganze Stil, die Wiederholungen und die radikalen Urteile belegen, dass diese Schrift nicht das Ergebnis einer ruhigen Schreibtischarbeit ist. Die Gliederung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Autor in Erregung befand, weil er überzeugt war, die Verfallsgeschichte der Kirche sei auch durch die Wittenberger Reformation noch nicht beendet worden, und die von Gott jetzt gebotene Chance könne verspielt werden. Möglicherweise hatte ihn auch Luther mit seinem »Taufbüchlein verdeutscht« vom Frühjahr 1523 in seinem Verdacht bestärkt. Luther hatte zwar im Nachwort die Leichtfertigkeit der traditionellen Taufpraxis kritisiert, zugleich aber betont: »ist doch die taufe unser eyniger trost und eyngang zu(o) allen go(e)tlichen gu(e) tern und aller heyligen gemeynschaft.«28 Müntzers ironische Feststellung, »Derselbig trost hat allen christ212
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lichen ernst zum greuel gemacht«, wirkt wie ein Protest dagegen, auch wenn er gegen die Vertröstungen der Schriftgelehrten allgemein gerichtet ist.29 Wenn auch die harsche Kritik überwiegt, so ist doch Müntzers Anliegen positiv: Jeder Christ solle wissen, dass er den Weg zum leidend erfahrenen eigenständigen Glauben und zur Gottesgewissheit einschlagen kann. Obgleich der Verlauf des theologischen Gesprächs auf dem Allstedter Schloss nicht bekannt ist, dürften die Teilnehmer mit den Themenschwerpunkten der Protestation konfrontiert worden sein. Mit einem Eklat hat dieses nicht geendet, denn Müntzer setzte seine Tätigkeit ungehindert fort. Die Verbindung zu den Wittenbergern war ebenfalls noch nicht abgerissen, denn Ende Februar oder Anfang März 1524 verhandelten Justus Jonas und Johann Lang noch einmal mit den Allstedter Predigern.30 Von der weitreichenden Kenntnisnahme der »Protestation oder empietung« zeugen nicht nur das Echo in Zürich im Kreis um Konrad Grebel, sondern auch die relativ zahlreichen Exemplare in den Bibliotheken.31
»Von dem gedichteten Glauben« Bald nach der »Protestation« erschien Anfang 1524 wiederum bei Widemar in Eilenburg die kleine Druckschrift »Von dem getichten glawben auf nechst Protestation außgange[n] Tome Mu(e)ntzers Selwerters zu Alstet. 1524.« Bekannt sind drei Ausgaben, zwei mit dem gleichen Titelholzschnitt wie die »Protestation« unterscheiden sich nur durch einen korrigierten Satzfehler. Bei der dritten ist eine Titeleinfassung des Leipziger Druckers Wolfgang Stöckel mit dem Leipziger Wappen verwendet worden. Die Schrift, die in den meisten Müntzerausgaben irrtümlich vor die »Protestation« eingeordnet wurde, weist eine Gliederung in 14 Abschnitte und einen Schlussabsatz auf. Sie ist wiederum mit zahlreichen Verweisen auf Bibelstellen am Rand versehen. Angehängt ist ein Brief Müntzers »An seinen lieben bruder Hansen zeysen, Scho(e)sser zu Alstedt« vom 2. Dezember 1523.32 Zu den drei Drucken kommt eine handschriftliche Fassung in einer Sammelhandschrift in Gotha, die auf Georg Spalatin zurückgeht. Sie stimmt nicht völlig mit den Widemardrucken überein. Ihr Titel »Wyder 213
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den getychdten glawben der Cristenheydt« ist identisch mit dem Innentitel der Drucke, aber die Gliederung besteht aus 16 Abschnitten.33 Mit diesen Nachweisen zur Überlieferung vergrößern sich die Rätsel der Entstehungsgeschichte. Mehr als eine hypothetische Rekonstruktion ist gegenwärtig nicht möglich. Folgende Erklärung bietet sich an: Die theologischen Gespräche auf dem Schloss haben Zeiß in Unruhe versetzt, so dass er um den weiteren Austausch mit Müntzer bemüht war. Im Zentrum stand Müntzers Polemik gegen den gedichteten Glauben, wogegen Spalatin vor seiner Abreise nach Nürnberg ebenfalls Bedenken angemeldet hatte. Müntzer könnte daraufhin seine Schrift konzipiert und Zeiß sie bei der Rechnungslegung am 6. Dezember den kurfürstlichen Räten übergeben haben. Diese sorgten dann dafür, dass sie Spalatin nach Nürnberg übermittelt wurde. Nach einer verspäteten Antwort Spalatins überarbeitete Müntzer seinen Entwurf und gab ihn mit dem Brief an Zeiß als Anhang in Druck.34 Müntzer hat seinen Leitbegriff »gedichteter Glaube« aus der Bibel abgeleitet. Bereits in der »Protestation« erläuterte er ihn am Rand mit 1. Timotheus 1,5 und 2. Timotheus 1,5. An beiden Stellen wird der Begriff der hellenistiAbb. 35: Thomas Müntzer: Von dem schen Popularphilosophie für »ungegedichteten Glauben, [Eilenburg] 1524 heuchelter Glaube« (pistis anhypokritos) in der Vulgata durch das lateinische Äquivalent als »fides non ficta« wiedergegeben. Schon in Nachdrucken der Straßburger Bibelausgabe von Johann Mentel findet sich die Variante vom »ungedichten glauben« als deutsche Übersetzung, zum Beispiel in der Ausgabe von Silvanus Otmar, Augsburg 1518.35 Luther hat dagegen bei seiner Übersetzung den bildhaften Ausdruck »ungefärbt« im Sinn von »nicht falsch, nicht trügerisch« gewählt.36 Müntzer ist Luther wohl bewusst nicht gefolgt. Zwar betont er eingangs, dass er durchaus mit der reformatorischen Überzeugung vom Glauben als 214
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Vertrauen auf Christi Zusage übereinstimme, um dann umso deutlicher die Unterscheidung zu markieren: Es ist die Frage nach den Voraussetzungen, unter denen ein Mensch mit »ungetichtem hertzen« die Zusage Christi hören könne. Müntzer ist überzeugt, dass das nur dem gelingen könne, dessen Ohren zuvor vom Lärm der Sorgen und Lüste reingefegt worden sind. Das erläutert er am Beispiel des Ackers, der nur reichhaltig Weizen tragen könne, wenn er durch die Pflugschar vorbereitet worden sei. So könne auch ein auserwählter Freund Gottes nur wirklich ein Christ sein, wenn er vorher durch das Kreuz empfangsbereit werde, »Gottis wergk und wort zu erwarthen«.37 Diesen engen Weg würden die wollüstigen Schriftgelehrten nicht finden. Das könnten die Auserwählten selbst anhand der Bibel überprüfen, und sie würden dann feststellen, dass alle Väter, Patriarchen, Propheten und selbst die Jünger schwer zum Glauben gefunden haben. Die Heilige Schrift sage ja, dass sie nicht einfach zu verstehen sei. Sie sei nach He bräer 4,12 ein zweischneidiges Schwert. Dieses Verständnis ist Müntzer so wichtig, dass er sich direkt an seine Leser wendet: »Ach nein, allerliebsten cristen, last uns die heiligen biblien dartzu nu(e)tzen, do sie zu geschaffen ist, zu todten […] und nicht lebendig zu machen wie das lebendige wort, das eine lere sele ho(e)rt.«38 Mit Hilfe des mystischen Begriffs der »Verwunderung« und der erschrockenen Reaktion Marias bei der Ankündigung der Geburt Jesu (Lukas 1,29) erläutert Müntzer die notwendigen Stationen auf dem Weg zum ungedichteten Glauben etwas genauer.39 Nur wenn die Entlarvung des gedichteten Glaubens als Leitlinie praktiziert werde, könne der Schaden der elenden Christenheit behoben werden. Statt Rechenschaft über ihren Glauben zu geben und Türken, Heiden und Juden den Ursprung des wahren Glaubens zu bezeugen, habe sie sich jedoch über Zeremonien und kirchliche Regeln zerstritten. Sie müsse nun »vor allem einen ernsten prediger zuho(e)ren, der mit Johanne dem teufer erbermlich und cleglich schrey in den wu(e)sten, tollen, tobenden hertzen der menschen, auf das sie die weyse im wergk Gottis leren [lernen], wie sie Gotis worts mo(e)gen entpfindtlich werden nach manchfeltiger bewegung«.40 In den folgenden Abschnitten werden die bisherigen Aussagen durch weitere Vorwürfe, Warnungen und Forderungen anhand biblischer Metaphern und Beispiele untermauert. Dabei gelingen Müntzer immer wieder 215
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eindrucksvolle Formulierungen, zum Beispiel wenn er schildert, wie die fleischlich gesinnte Welt aufs Höchste vergiftet werde, wenn man ihr einen süßen Christus predige. Seine Konsequenz lautet: »Wer den bittern Cristum nicht wil haben, wirt sich am honig todfressen«, denn »wer mit Cristo nicht stirbet, kann nicht mit im aufsten«. Nur »auf einen solchen grund wirt gebeubt [gebaut] die warhaftige cristenheit, die vorsehen [bestimmt] ist zum ewigen leben« (Epheser 2,20).41 Im langen Schlussabschnitt wendet sich Müntzer noch einmal gegen diejenigen, die sich »mit claren texten behelfen«, die sich auf biblische Aussagen vom stellvertretenden Leiden Christi beziehen, um sich vor der eignen Leidensnachfolge zu drücken. Wenn er Luthers Stichwort von den »klaren« Texten der Bibel aufgreift, zeigt er an, gegen wen sich diese Polemik vor allem richtet. Mit der Randbemerkung »Mercke sonderlich« setzt er ein Achtungszeichen vor seine Antithese: »Es mus die helle erst erlitten werden, sol man sich anderst hu(e)ten fur der hynderlist der schlingenden pforten«, der Hölle.42 Ohne Überleitung fügt Müntzer einen Brief vom 2. Dezember 1523 an »seinen lieben bruder Hansen Zeysen« an, weil er vergessen habe, die von ihm kritisierte Meinung zu erläutern, Christus allein habe für unsere Sünde gelitten. Müntzer weist auf Römer 5,12-19 und den Vergleich von Adam und Christus hin. So wie wir Menschen durch unsere Natur an Adams Sündenfall Anteil haben, so auch als Glieder des Leibes Christi daran, dass dieser den ganzen Schaden Adams gebüßt hat. Das bedeute aber nach Kolosser 1,24, dass Christen auch an seinem Leiden teilhaben und seinen Fußstapfen nachfolgen müssen. Das könnten weder die Werkheiligen noch diejenigen entkräften, die mit gedichtetem Glauben die Welt noch mehr vergiften. Seelsorger dürften nur die sein, die selbst von Gott gelehrt worden sind.43 Müntzer dokumentiert mit diesem Anhang, dass der kurfürstliche Schosser zu denen gehörte, die um zentrale Fragen des Glaubens rangen und mit Müntzer auch über die biblische Begründung der neuen Erkenntnisse im Gespräch waren. Darauf weist die etwas rätselhafte Bemerkung Müntzers zu noch ausstehenden biblischen Nachweisen für eine Veröffentlichung hin. Auch die Frage nach dem Verhältnis von Müntzers Lehre zu der des Abts Joachim Fiore im 12. Jahrhundert beschäftigte Zeiß. Müntzer teilt 216
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ihm dazu nur knapp mit, dass er »das getzeugniß abatis Joachim« hoch schätze, aber nur den Jeremia-Kommentar gelesen habe.44 Mit der abschließenden Bitte, eine Kopie ihres Schriftwechsels aufzubewahren, bekräftigte Müntzer, dass es bei dem Gedankenaustausch nicht nur um eine private Angelegenheit ging, sondern um Grunderkenntnisse des Glaubens, die jedermann angehen und die weiter zu erörtern seien.
Mystische Glaubensweise Mit seinem Werben, den Weg zum wahren Glauben einzuschlagen, hat Müntzer zunehmend Denkformen und Begriffe der spätmittelalterlichen Mystiker aufgegriffen. Anklänge finden sich schon in seinem Braunschweiger Umfeld.45 Die mögliche Lektüre Taulers und Seuses wird im Brief der Schwester Ursula während seiner Tätigkeit in Frose erwähnt.46 Auch hat er Mystikerschriften besessen.47 Das hat dazu geführt, die Herkunft von Müntzers Theologie aus der Mystik zu diskutieren. Damit wurden wichtige Einsichten gewonnen, doch durchsetzen konnte sich eine monogenetische Ableitung seiner Theologie nicht. Nicht selten ist von Müntzers Mystik die Rede, ohne zu beachten, dass es kein allgemeines Verständnis von Mystik gibt. Wie andere frühreformatorische Theologen interessierte sich Müntzer vorwiegend für die frömmigkeitstheologischen Schriften spätmittelalterlicher Mystiker. Ihr tatsächlicher Einfluss ist jedoch erst noch umfassend auf der Grundlage zeitgenössischer Drucke zu ermitteln.48 Nachgewiesen wurde bereits, dass vor allem bei Müntzers Aussagen über den geistlichen Weg der Auserwählten und der Erfahrung der unvermittelten Gegenwart Gottes »mystischer Sprachgebrauch nachschwingt«.49 Dieses zurückhaltende Urteil erfasst vermutlich den tatsächlichen Quellenbefund noch nicht angemessen. Für die deutsche Mystik ist der Versuch unternommen worden, diese Form des religiösen Erlebens von der Erfahrung aus zu erschließen. Bei Luther wurde beobachtet, dass er »Mystik als eine den Glauben nicht und nie überschreitende Erfahrung Gottes, aber doch als eine cognitio experimentalis, als eine erkennende Erfahrung Gottes« verstanden habe.50 Orientierung gibt der Apostel Paulus, für den Glaube das durch die Verkündigung vermittelte existentielle Erlebnis war, zu Christus zu gehören. 217
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Wer das Evangelium höre, könne durch die Kraft dieses Worts überwältigt werden und gewiss sein, mit Christus als Erlöster Gemeinschaft zu haben. Luther lässt deshalb weitgehend nur ein Sinnesorgan für die Kommunikation des Gläubigen mit Gott und Christus gelten: das Ohr. »Es ist das Vehikel aller Gotteseinigung, aber eben nur wirklich einer Vereinigung mit Gott in Jesus Christus.«51 Früh schon kannten Christen auch ein anderes Glaubensmodell, das dieses existentielle Erlebnis stärker mit einem beschwerlichen Weg verbindet, auf dem unter Leitung der göttlichen Kraft Stationen oder Stufen zurückzulegen sind. Glaube orientiert sich in diesem Fall am Lebensweg Jesu, der auch erlebnisartig mitzuvollziehen ist. Das »Vehikel« der Gottes einigung ist hier der ganze Mensch mit allen seinen Sinnen und mit seiner Lebenspraxis.52 Diese von den christlichen Mystikern bevorzugte Weise des Glaubens nahm auch Müntzer in Anspruch, weil er meinte, sie schütze eher vor Missbrauch. Ihn bewegte offensichtlich die Sorge, dass der Glaube durch die Predigt des Evangeliums den Menschen zu wenig tiefgreifend bewege und er sich den Leidensweg ersparen wolle. Auch dürften die von den Mystikern erschlossenen sprachlichen Möglichkeiten Müntzers Entscheidung unterstützt haben. Die Konsequenz eines Glaubens, der durch das Hören des verkündigten Worts der Heiligen Schrift gewonnen werde, könne demnach nur ein gedichteter Glaube sein. Verantwortlich für diesen Fehlweg waren in Müntzers Augen vor allem die Schriftgelehrten. Eine Alternative zu deren Denkstrukturen und Ausdrucksmöglichkeiten sah er in der Glaubensweise der deutschen Mystiker. Durch sie meinte er sein Anliegen am besten vermitteln zu können. Die vielen biblischen Hinweise in seinen Texten oder an deren Rand belegen, dass er die Bibel, voran die Psalmen, aus diesem Blickwinkel las. Sie waren für ihn die notwendige Präzisierung und Bestätigung seiner prozessartig erworbenen Glaubenserkenntnis. Von dieser Sicht wird sein pastorales Wirken in Allstedt insgesamt und vor allem seine Verkündigung geprägt gewesen sein. Müntzers Überzeugung von der Entstehung des Glaubens als eines prozessartigen Vorgangs in der Art der mystischen Glaubensweise hatte Anteil an seinem Grundkonflikt mit Luther und ist mit seinem Tod nicht aus der Welt. Er meldet sich immer wieder in der Geschichte der Kirche.53 Einen Eindruck, wie in Allstedt die mystische Glaubensweise in den Gemeindepredigten zur Anwendung kam, kann stellvertretend die Pre218
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digt von Simon Haferitz vom 6. Januar 1524 über Matthäus 2,1-11 vermitteln: »Ein Sermo[n] vom Fest der heiligen drey Konig«. Der einzige Druck stammt aus der Presse von Nikolaus Widemar in Eilenburg.54 Die biblische Erzählung von den drei Weisen wird nach der traditionellen allegorischen Methode in ihrer Bedeutung für den gegenwärtigen Glauben ausgelegt. Die Ankunft des wahren, ungedichteten Glaubens, in dem »Got, der almechtige sein heiliges ewiges wort, das ist seines eingebornen son, einspricht in das inwendige der selen«, wird am Beispiel der Weisen und der Hirten erklärt. Bevor sie die Botschaft von der Geburt Jesu von außen hörten, »hatten sie on zweyfel das ewige wort des vaters vorhyn schon ynnen ho(e)ren reden yn dem glauben des senfkorns. Christus der son Gotes war schon in yren begirlichen hertzen mit gnaden geborn.«55 Herodes ist dagegen das Exempel der abgöttischen Welt »mit all yrer tyranney und wollust«. Weder er noch die Schriftgelehrten mit ihrem gedichteten Glauben könnten verhindern, dass es zur Begegnung »mit Christo Jesu dem zarten kindlein zu Bethlehem« komme.56 Das bedeute: »Also geht es auch altzeit einem itzlichen frommen menschen mit der ankunft des heiligen glaubens, das im [ihm] Gott nach der anfechtung, wo er besteht, so hertzlich su(e)ße wirt und so nah und clar erkandt wirt.« Er vergesse darüber Angst und Anfechtung und werde bereit, weitere Anfechtungen zu erleiden.57 Sei der Glaube »rechtschaffen«, das heißt »auß gequollen auß des hertzen grunde, so bringet er als baldt mit sich […] opfer« wie die Weisen: bittere Myrrhe als Abwendung von aller Lust, glänzendes Gold als Bewahrung des rechten Glaubens und wohlriechenden Weihrauch als »ungetichter christ«, als leid- und glaubenserprobter Christ, der den Auserwählten ein Vorbild auf dem Weg zum ewigen Leben ist.58 Die Traumanweisung an die Weisen warne, nicht wieder Herodes aufzusuchen und den Glauben zu verderben. Gott selbst helfe hierbei, indem er »treibet und vormanet durch leiden und anfechtung ynnerlich oder eußerlich«.59 Haferitz hat mit der satirischen Metapher »bibel und babel« und der Warnung vor »Stürmen« und »Schießen« Müntzers Bibelverständnis und Abgrenzung gegenüber »unfüglichem Aufruhr« vertreten.60 Er ist ihm offensichtlich auch darin gefolgt, sich nicht mit antirömischer Polemik zu begnügen, sondern sich vor allem auf die Wegweisung zum ungedichteten Glauben zu konzentrieren und dafür Denkformen und sprachliche Möglichkeiten der mystischen Glaubensweise in Anspruch zu nehmen.61 219
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Glaubensunterweisungen des Seelwärters Im Brief an Hans Zeiß vom Dezember forderte Müntzer, dass nur der ein Seelwärter sein dürfe, der selbst von Gott gelehrt worden sei. Die Titel dreier Schriften belegen, dass er sich selbst diesem Anspruch stellte.62 Zeiß akzeptierte dieses Selbstverständnis Müntzers genauso wie sein Vetter in Eisleben, der Ratsherr und Montanunternehmer Christoph Meinhard. Er besuchte 1495 die Universität Leipzig und ist bereits 1507 als Hüttenmeister und 1518 als Ratsherr des montanwirtschaftlichen Zentrums Eisleben nachgewiesen. Mit Allstedt verbanden ihn verwandtschaftliche Beziehungen und wirtschaftliche Interessen. Meinhard gehörte zur bürgerlichen und montanwirtschaftlichen Elite der Grafschaft Mansfeld, die vom allgemeinen gesellschaftlichen Wandel durch ihre Kreditorientierung relativ schnell tangiert wurde. Wacher unternehmerischer Sinn reagierte nicht selten früh auf Veränderungen in den religiösen Lebensgrundlagen. So wurde Meinhard, wie andere auch, von Fragen nach Konsequenzen der reformatorischen Ablasskritik für das Verständnis der Fegefeuerlehre und des rituellen Totengedenkens verunsichert. Der reformatorische Eisleber Prediger Caspar Güttel plädierte wie Luther dafür, die Sorge um das Heil der Verstorbenen Gott zu überlassen.63 Offenbar hat sich Meinhard angesichts seiner Unsicherheit über diesen Traditionsbruch im November 1523 auch an Müntzer gewandt und eine ähnliche Auskunft erhalten. Daraufhin stellte er seine Frage noch einmal und verband sie grundsätzlicher mit der nach der wahren Gotteserkenntnis. Müntzer antwortete am 14. Dezember als »eyn knecht Gottis« nun seinem »emsige[n] bruder der warheit Gottis« ausführlich.64 Aus Jesu Zusage, er sei gekommen, das Gesetz und die Propheten zu erfüllen (Matthäus 5,17-20) folgert Müntzer: »das nymant muge salig werden, er erdulde dan, das Got dye gantze scrift yn yhm warmache«. Das bedeute, Christus sei nicht gekommen, uns zu erlösen und damit das Leiden zu ersparen. Denn »wer do nit gleychformig wyrd dem sone Gottis«, der sei nach Johannes 10,1 ein Mörder und Bösewicht. Er wolle »mit Christo ehe aufstehen dan sterben«. Der Auserwählte müsse vielmehr »mit dem allerhochsten ernste yn aller beherczung ansehen, wye yhn Got von auswenig czupucht und ehr von tag czu tag czuneme yn der erkent220
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nuß Gottis«, das heißt mit höchstem Ernst und Mut akzeptieren, dass ihn Gott äußerlich zerschlägt, im Gegenzug aber die Erkenntnis Gottes von Tag zu Tag zunimmt. Man könne diese Gotteserkenntnis nicht »ym augenblick uberkommen [erhalten]«, wie die unversuchten Schriftgelehrten behaupten.65 Anschließend geht Müntzer etwas genauer auf das strittige Totengedenken ein. Mit seinem Rat, nicht für die Toten zu bitten, aber die Fegefeuerlehre nicht völlig zu verwerfen, habe er keineswegs die papistische Auffassung vertreten wollen. Meinhard möge sich damit begnügen, dass die Bibel nicht lehre, für die Toten zu bitten, und sich vielmehr an die Anweisungen für die Endzeit halten, wie sie in Matthäus 24 angezeigt würden. Gegenwärtig komme es vor allem darauf an, auf dem schweren Weg zum wahren Glauben die Anfechtungen nicht zu meiden, sondern sich auch darin Gott anzuvertrauen und so frei zu sein für die Erfahrung der Gottesgegenwart. Auf diesem Weg habe das richtig verstandene Fegefeuer als innermenschlicher geistlicher Vorgang eine reinigende Funktion. Für die Hinweise auf Hauptlinien des Weges zum wahren Glauben benutzt Müntzer wiederum die Denkformen und die Sprache der deutschen Mystiker. Zugleich deutet er an, dass biblische Texte auch typologisch verstanden werden können, das heißt wie bei Paulus in 1. Korinther 10,11 als Vorausbilder späterer Ereignisse, die die apokalyptische Gesamtsituation erhellen können. Möglicherweise hat Müntzer fürs Erste erreicht, dass Meinhard hinsichtlich der Umgestaltung der bisherigen Glaubensformen besser Fuß zu fassen vermochte, doch die kirchliche Situation in Eisleben insgesamt blieb weiterhin ambivalent. Die Herrscherlinien der Mansfelder Grafen vertraten in der Reformationsfrage unterschiedliche Positionen, die sich auch auf die kirchliche Versorgung auswirkten. In ihrer Mehrheit waren die Bürger reformatorisch gesinnt und für Luther eingenommen, aber der neue Glaube wies noch keine einheitlichen Konturen auf. Er war durchaus noch offen für unterschiedliche Akzentsetzungen. Der Mansfelder Vikar Martin Seligmann, der sich Luther und Müntzer verbunden fühlte, stand sicher mit seinem Wunsch nach Einmütigkeit der beiden Meinungsführer nicht allein.66 Meinhard scheinen die Unterschiede in reformatorischen Grundfragen ebenfalls beunruhigt zu haben, so dass er sich in der zweiten Maihälfte er221
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neut an Müntzer wandte und »nach dem rechten wege« fragte.67 Müntzers ausführliche Antwort als Auslegung des 19. Psalms (Vulgata Psalm 18) ist nur durch einen polemisch kommentierten Druck Johann Agricolas von 1525 bekannt, der Müntzers teuflische Besessenheit belegen sollte.68 Müntzer setzt mit der Feststellung ein, dass der rechte Weg am sichersten »yn der reynen furcht Gottis« (Psalm 19,10) zu erkennen sei. Gleich zu Beginn des Psalms werde durch den Heiligen Geist gesagt, was es heiße: »wie yhr mu(e)st lernen, durch das leyden Gottes werck«.69 Gottes Wirken sei als gewollte schmerzhafte Kreuzesnachfolge zu erfahren, über die sich die Gläubigen entsetzen. Das sei die notwendige erste Verwunderung.70 Erst danach merke der Mensch, wie der Bräutigam Christus aus seiner Schlafkammer aufbreche (Psalm 19,6) und »die stimme des warhaftigen besitzers yn der sele« hören könne (Johannes 3,29). Wenn dann »eyn mensche seynes ursprungs gewar wyrd ym wylden meer seyner begegnung«,71 wenn er sich seiner ursprünglichen schöpfungsgemäßen Bestimmung in der von Gott bewirkten Widerfahrnis bewusst werde, müsse er sich wie ein Fisch im faulen Wasser verhalten. Dieser schwimme hinunter in das klare Wasser und danach wieder herauf. Bei dieser Beschreibung des Fischbeispiels für die Stadien der Glaubensentwicklung, das schon die dominikanischen Mystiker verwendeten, lässt es Müntzer nicht bewenden. Er erklärt Meinhard auch, was es für die Auserwählten erbringe, wenn sie zu ihrem »ersten ursprung« gelangt seien. Dann werden sie zwar immer noch «mechtige grosse sunde thun«, aber es »treybt sie doch das feur yhres gewissens zum ekel und greuel der sunden«. Diese Abscheu vor dem Sündigen bezeichnet Müntzer in mystischer Sprache als »die langweyl«.72 Nachdem Müntzer den Weg zum wahren Glauben aufgezeigt hat, geht er auf das Gesetz Gottes in Psalm 19,8-10 ein, ein Schwerpunkt, an dem sich sein Verständnis von dem Luthers unterscheidet. Luther meine, das Gesetz habe seine Geltung verloren, da nach Römer 4 »Abraham umb sunst Gottes gnade uberkommen [erhalten] habe«. Das sei zu einseitig. Alle Schriftbelege müssten verglichen werden, in diesem Fall 1. Mose 15,6 und Psalm 32,1f. So werde erklärt, dass »der mensche durch maniche stacheln seynes gewissens von Gott zu erklerung der gnaden, die schon vorhyn [vorher] drynnen ym hertzen wonet, getrieben wird«.73 222
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Er, Müntzer, stimme mit dem richtig verstandenen Paulus überein, der das Gesetz, das zu erleidende Werk Gottes, dem Glaubenden nicht erspare, wie »unsere« Schriftgelehrten, also Luther und sein Umkreis, mit ihrem »gedichteten Paulus« behaupteten. Diese erdichteten Christus zum Erfüller des Gesetzes, so dass sie sich auf sein Kreuz berufen könnten und selbst »das werck Gottes nicht durfen [brauchen] leyden«. Das sei im Grund dieselbe wurmzerfressene Theologie wie die der »alten phantasten«, der Scholastiker.74 Offenbar beabsichtigte Müntzer, diese Psalmauslegung drucken zu lassen, da er Meinhard bat, ihm eine Abschrift zu übersenden. Ob das geschehen ist, belegen die Quellen nicht. Auch schweigen sie länger als ein halbes Jahr über die Beziehung zwischen Meinhard und seinem Seelsorger. Erst um die Jahreswende 1524/25 nahm Müntzer den Briefkontakt mit Meinhard wieder auf. Er deutet an, er sei gewiss, dass die große Veränderung bevorstehe, er sich aber noch in ungesicherter Situation befinde und eine kleine Unterstützung benötige.75 Es ist nicht bekannt, was der Eisleber Ratsherr und Hüttenherr vom Thüringer Aufstand hielt, ob er in ihm, wie sein Vetter Hans Zeiß, ein apokalyptisches Ereignis sah.76 Johann Agricola, der bei seinem Besuch in Eisleben am 23. April 1525 mit Meinhard ein Gespräch führte und von ihm die Auslegung des 19. Psalms ausgehändigt bekam, deutet nichts davon an.77 Luther dagegen informiert, dass Meinhard das Debakel seines ehemaligen Seelsorgers Müntzers zu schaffen machte.78 Mit seinem Ringen unter dem Eindruck der Zeitereignisse und seiner Faszination von den beiden konträren Theologen Luther und Müntzer ist er vielleicht prototypisch für manchen Vertreter der zukunftsorientierten wirtschaftlich potenten Kreise des damaligen städtischen Bürgertums dieser Region.79 Bereits vor der Psalmauslegung für Meinhard verfasste Müntzer eine knappere Glaubensunterweisung, die vermutlich ebenfalls für eine Veröffentlichung vorgesehen war, die dann jedoch unterblieben ist. Es ist die Antwort auf die Bitte eines Klerikers mit dem Rufnamen Jeori (Georg) aus dem albertinischen Sachsen.80 Einiges spricht dafür, dass es sich um den Schneeberger Prediger Georg Amandus handelt, der im Dezember 1523 aus Wittenberg in die Bergstadt Schneeberg gekommen war, über die aufgrund des Bergregals, des landesherrlichen Verfügungsrechts über 223
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die Bodenschätze, beide wettinischen Linien zu bestimmen hatten. Nach kurzer Zeit wurde Amandus von dem Konflikt der Gemeinde mit den altgläubigen albertinischen Repräsentanten der Stadt erfasst.81 Wahrscheinlich suchte Amandus Anfang März 1524, zusammen mit einem Gemeindevertreter aus Schneeberg, Müntzer in Allstedt auf, um sich Klarheit über den Weg zum wahren Glauben und über Fragen der Gottesdienstreform zu verschaffen. Da Müntzer sich ihm wegen der zahlreich anwesenden auswärtigen Gottesdienstbesucher und der ermüdenden seelsorgerlichen Arbeit nicht intensiv widmen konnte, kam er dem Ansuchen von Amandus nach und nahm zu dessen Fragen schriftlich Stellung. In der Sprache der mystischen Glaubensweise beschreibt Müntzer dem Ratsuchenden den mühevollen Weg zum ungedichteten Glauben, auf dem Christus erst in der Nacht der höchsten Trübsal, wenn der Eigennutz durch Gottes Werk vernichtet worden sei, zu den Auserwählten komme. Dann erkenne der Mensch durch den Heiligen Geist »yn apgrundt der seln«, dass »ehr sey eyn son Gottis, und Christus sey der uberste yn den sonen Gottis«.82 Zugleich werde ihm auch die Ordnung Gottes offenbart, und er könne zwischen Göttlichem und Teuflischem unterscheiden. Danach geht Müntzer auf die Frage nach dem deutschen Gottesdienst ein. Er fordert Amandus auf, damit sobald als möglich zu beginnen: »Ir musth das ampt teglich treyben mit dem geleß [Lektion] des gesetz, der propheten und euangelisten, auf [dass] dye text dem gemeynen manne gleych so leuftig [geläufig] seynt wye dem prediger.«83 Er solle nur keinen Ruhm suchen und sich nicht um die Mandate des Kaisers oder Herzog Georgs scheren. Sie seien nur Menschen, die Gott nach Jesaja 31,3 strafen könne. Amandus möge sich hüten, seine Freiheit zur Förderung des Evangeliums ungenutzt zu lassen, sonst werde sie ihm genommen. Eine Antwort von Jeori ist nicht bekannt, aber Müntzers Lehre ist in Schneeberg nicht ohne Echo geblieben. Bereits am 19. März kündigte Amandus die Einführung der deutschen Messe an und löste damit und mit seinen Predigten einen Konflikt aus, der ihn schließlich die Stelle kostete.84
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Konflikt mit dem Kloster Naundorf Es ist erstaunlich, dass Müntzer den gescheiterten Versuch, dem Naundorfer Kloster die Abgaben zu entziehen, nie wieder erwähnt. Offenbar hielt er einen offenen Konflikt in dieser Sache vorerst nicht für förderlich. Ohne Reaktion ist der Rückschlag aber nicht geblieben. Wenn nicht alles täuscht, gehörte er zu den auslösenden Faktoren, um noch vor Jahresende 1523 in Allstedt einen Geheimbund zu gründen. Quellen über dieses Ereignis fehlen. Nur einer der Beteiligten, Georg Senf, hat nach dem Thüringer Aufstand am 10. Juni 1525 im Verhör vor seiner Hinrichtung angegeben, dass der Bund »uffem statgraben fur Al stedt« von 30 »bundtgnossen« mit dem Ziel gegründet worden sei, »bey dem evangelio zu stehen, monchen und nonnen kein zins mehr zu geben, und dieselben helfen vorstoren und vortreyben«. Hans Reichart habe den Eid vorgesprochen und die Bundesmitglieder in ein Verzeichnis eingeschrieben.85 Während zu dem Allstedter Schneider Hans Reichart, der zu den Bundmeistern und Vertrauten Müntzers gehörte, die Quellen reichlich fließen, versiegen sie zu Senf völlig. Unter den Haus- und Grundbesitzern in All stedt wird er nicht aufgeführt.86 Erst nach der Zerstörung der Feldkapelle Mallerbach am Gründonnerstag, dem 24. März 1524, kam ans Licht, dass das Verhältnis zwischen dem Kloster und der reformatorisch gesinnten Stadt auch weiterhin nicht unbelastet geblieben war. Die Äbtissin und der Klostervogt Caspar Klug beschimpften die All stedter wiederholt als Ketzer und bezichtigten sie der falschen Auslegung des Evangeliums. Auch die Beschädigung einer Kapelle vor der Stadt legten sie ihnen zur Last. Das teilten Schosser, Schultheiß und Rat dem Landesherrn mit. Doch die Kapellenbeschädigung wiesen sie zurück.87 Anders lagen die Dinge im Fall der am 24. März abgebrannten Feldkapelle zu Mallerbach, zirka zwei Kilometer südöstlich von Allstedt, die zum Kloster Naundorf gehörte. Sie soll ein Marienbild besessen haben, das vom Volk als Schwester der Grimmenthaler Maria durch eine ähnlich große Wallfahrt verehrt worden sei. Zu Müntzers Zeit wurde die Kapelle, die von einem alten Klausner betreut wurde, vermutlich noch aufgesucht.88 Die Zerstörung der Kapelle ist wahrscheinlich zunächst als ein lokales Ereignis verstanden worden, das aber bald angesichts der Beschwerde 225
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der Äbtissin bei Kurfürst Friedrich und der befürchteten Folgen für das ernestinische Sachsen und seine reformatorischen Bestrebungen eine Signalwirkung anzeigte. Der Kurfürst ordnete eine Untersuchung an und verlangte, dass die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen seien. Schultheiß und Rat von Allstedt setzten fürs Erste ein Ausweichmanöver in Gang und fahndeten nach auswärtigen Tätern. Hans Zeiß scheint in dieser Angelegenheit zunächst keinen besonderen Eifer entwickelt zu haben.89 Am 11. April erstattete der Schosser gemeinsam mit Schultheiß und Rat dem Kurfürsten Bericht. Die Anschuldigungen der Äbtissin wiesen sie zurück und schilderten die Mallerbach betreffenden Vorgänge bis zum Gründonnerstag, die Plünderungen von Auswärtigen und den möglichen Feuerausbruch in der Kapelle, als der Propst mit offenem Licht nach einem Glöckchen suchte. Zeiß berichtet weiter, dass er die Nachricht vom Ausbruch des Brandes während des Gottesdienstes erfahren und Ratsmitglieder sowie einige Bürger nach Mallerbach geschickt habe. Diese hätten aber nur noch das Feuer eindämmen können. Der Propst habe daraufhin gedroht, Allstedt ebenfalls zu verbrennen. Wenn die Äbtissin nicht Beteiligte an der Kapellenzerstörung namhaft machen könne, möge der Kurfürst ihren Klagen keinen Glauben schenken. Zu Verhandlungen mit dem Kloster erklärten sie sich bereit, falls das für notwendig erachtet werde, und sie wollten auch dafür sorgen, dass die Allstedter die Nonnen in Frieden lassen. Andererseits hätten auch sie Grund genug, über die täglichen Drohungen von Seiten des Klosters um des Evangeliums willen zu klagen. Würden ihre Widersacher keinen Anlass dazu geben, tue ihnen auch niemand etwas. Nachdem die Allstedter Repräsentanten unmissverständlich die Grenze ihrer Verständigungsbereitschaft markiert hatten – »Dass sye aber das euangelium ketzerey heyssen, das leyden frombde leuth, die die warheit lieben, nicht mehir« –, versicherten sie dem Kurfürsten, soviel wie möglich zur Lösung des Konflikts beitragen zu wollen.90 Im Bericht werden zwar die üblichen Formen für die Korrespondenz mit dem Landesherrn gewahrt, zugleich wird dem Kloster aber unmissverständlich die Schuld am Konflikt zugeschrieben. Die angeforderte Untersuchung wird zwar nicht abgelehnt, aber im Grund als unangemessen angesehen. Obgleich der Name Müntzers wohl bewusst nicht erwähnt 226
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wird, ist es schwer vorstellbar, dass der Bericht völlig ohne Kontakt zu ihm ausgefertigt worden ist. Die Darstellung der Allstedter überzeugte den Kurfürsten jedoch nicht, zumal die Naundorfer Äbtissin keine Ruhe gab. Deshalb bat er seinen Bruder Johann in Weimar, sich der Sache anzunehmen. Am 9. Mai fand dort eine Verhandlung vor Kurprinz Johann Friedrich und den Räten statt, bei der Müntzer ebenfalls zugegen war. Den Allstedtern wurde die Auflage erteilt, innerhalb von 14 Tagen zu ermitteln, wer an der Kapellenzerstörung beteiligt war, und die Täter dingfest zu machen.91 Die Ausführung des Befehls erwies sich als undurchführbar. Verdächtige konnten in der vorgegebenen Frist weder von einer Bürgerversammlung noch durch Einzelbefragungen namhaft gemacht werden. Schosser, Schultheiß und Rat baten deshalb um eine Fristverlängerung von zwei bis drei Wochen. Als Beleg für ihre ernsthaften Bemühungen übersandten sie Abschriften ihrer Erkundungsergebnisse im Amt Freyburg. Dadurch geriet Zeiß in den Verdacht, die Flucht eines Kapellenzerstörers ermöglicht zu haben. Er sah sich folglich gezwungen, gegenüber Herzog Johann die Verdächtigung zurückzuweisen und seine Bereitschaft zu bekräftigen, dem fürstlichen Befehl nachzukommen, obgleich »doch diese sach so gar dapfer [bedeutend] nit« sei.92 Der Schosser engagierte sich nun tatkräftiger in diesem Konflikt. Er informierte Graf Ernst von Mansfeld über drei seiner Untertanen aus Artern und Voigtstedt, die an der Kapellenzerstörung beteiligt gewesen sein sollen.93 In Allstedt waren ihm ebenfalls einige Verdächtige bekannt geworden, aber weder Rat noch Schultheiß waren bereit, Verhaftungen vorzunehmen. So schritt Zeiß schließlich am 11. Juni selbst zur Tat und verbrachte mit Hilfe des Stadtknechts das Ratsmitglied Cyriacus Knauth ins Schlossgefängnis, das dieser als Maurer vier Jahre zuvor selbst »gebessert« hatte.94 Daraufhin eskalierten die Spannungen. Der Ablauf der Ereignisse wird in den Quellen teilweise widersprüchlich dokumentiert, auch bedingt durch die Berichte von Zeiß. Der Schosser sah sich in einem Dilemma zwischen seinen Amtspflichten und seiner reformatorischen Überzeugung. Konnte er zunächst noch mit der Unterstützung von Schultheiß Nikolaus Rucker rechnen, so sah sich dieser am 13. Juni nicht mehr in der Lage, dem Schosser beizustehen. Beide kamen aber überein, Bewohner aus 227
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den Amtsdörfern als Hilfe auf das Schloss zu beordern, den Rat vorzuladen und nach seiner Bereitschaft zu befragen, den landesherrlichen Befehl zu befolgen. Dieser Plan misslang, da Rat und Bürger Verdacht geschöpft hatten. Nach einer kurz zuvor beschlossenen Ordnung, die auch dem Kurfürsten übermittelt worden war, sahen die Bürger den Verteidigungsfall gegeben. Es wurde Sturm geläutet, und die gesamte Bürgerschaft, einschließlich der Frauen, versammelte sich bewaffnet. Für die Vorladung aufs Schloss wurde die Bedingung freien Geleits gestellt. Bis in die Nacht riss der Botenverkehr im Zug von Verhandlungen zwischen Rat und Schosser nicht ab. Aber nicht mehr der Rat, sondern die Gemeinde und damit wohl vor allem der unter Müntzers Einfluss stehende Bund hatten das Heft in die Hand genommen. Sie erlaubten erst am 14. Juni fünf Uhr früh die mündliche Verhandlung zwischen dem Schosser, dem Rat und einer Bürgerabordnung auf dem Schloss, bei der die Allstedter nur mitteilten, sie hätten ihre Position Herzog Johann bereits schriftlich übermittelt.95 Das Schreiben von Rat (ohne Schultheiß) und ganzer Gemeinde an Herzog Johann verließ schon mit der Angabe des Absenders die übliche Linie des Schriftverkehrs zwischen Amtsstadt und Landesregierung. Dass die Ausfertigung von der Hand Emmens, Müntzers Famulus, stammte sowie die gesamte Diktion belegen eindeutig, dass Müntzer der eigentliche Akteur war. Es wird darauf verwiesen, dass sich nach der Zinszahlung nichts an der Feindschaft der Mallerbacher Nonnen geändert habe. Das zeige auch deren Anschuldigung, die Kapelle zerstört zu haben. Nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift sei unverkennbar, dass aus Unverstand der »teufel zcu Mallerbach unter dem namen Marie geehret und angebet« worden sei. Nun sei »derselbige teufel vorstoret« worden »durch gutherzcige frume leuthe«. Wie könnten sie »dan dozcu helfen, das solche umb des teufels willen solten angenommen werden und gefenglich gesetzet«? Paulus habe doch bezeugt, dass »das schwert zcur rache der ubeltheter und gotlosen gegeben« sei »und zcur ehre und schutz der frumen« (Römer 13,3f.). Sie würden nicht um Schutz bitten, obwohl sie bedroht werden, sondern appellieren nur an das Selbstverständnis des Landesherrn als christlicher Fürst, der nach 2. Mose 23,1 die Gottlosen nicht verteidigen soll. Was ihnen der Kurfürst für Leib und Leben auferlege, seien sie bereit zu tun. 228
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Dass sie »aber weiter den teufel zcu Mallerbach sollten anbethen« und gestatten, dass ihre »bruder ym uberantwortet werden zcum opfer«, wollen sie »gleich so wenig thun, wie dem Turgken unterthanig zu sein«. Werde deswegen gegen sie Gewalt angewendet, werde die Öffentlichkeit erfahren, weshalb sie leiden müssten und dadurch »Christo Jhesu gleichformig werden«.96 Der Allstedter Rat war bemüht, das Verhältnis zum Schosser wieder zu entschärfen, und informierte Zeiß über Unterstützungsangebote von Seiten Auswärtiger, die dankend abgelehnt worden seien.97 Zeiß sah sich genötigt, umgehend dem Herzog in Weimar persönlich Bericht zu erstatten. Dieser war aber mit seinem Sohn bereits am 4. Juni an den kurfürstlichen Hof gereist und kehrte erst am 18. Juni zurück. Voller Unruhe harrte der Schosser bis dahin in Weimar aus. Am 19. Juni verfasste Zeiß dort einen schriftlichen Bericht über die Ereignisse in Allstedt und bat um die Erlaubnis, den gefangenen Knauth unter Auflagen zu entlassen, da das Schlossgefängnis nicht sicher sei und für ihn selbst der Termin der Rechnungslegung vor den kurfürstlichen Räten anstehe. In der mündlichen Unterredung wurde ihm das zugestanden.98 Im Bericht Herzog Johanns an den Kurfürsten über den Stand der Dinge im Mallerbacher Konflikt vom 22. Juni wird darüber informiert, dass inzwischen neun Täter bekannt seien, die Allstedter nach der Aussage von Zeiß sich aber gegen eine Bestrafung zu wehren gedächten. Herzog Johann vermutete, dass »die sachen durch den schosser, schulteis und radt gesthieft [angestiftet] sein«, und meinte, man solle sie nicht ungestraft lassen. Der Kurfürst möge entscheiden, ob die Allstedter noch einmal vorgeladen werden sollen. Zunächst sei aber eine Stellungnahme des Schossers anzufordern. Dem stimmte Friedrich in seiner Antwort vom 25. Juni zu.99 Zeiß handelte bereits einen Tag später von sich aus und wurde nach der Rechnungslegung mit einem schriftlichen Bericht beim Kurfürsten in Lochau vorstellig. Er beteuerte, er habe wirklich versucht, die Kapellenzerstörer zu ermitteln und zu bestrafen, sei aber durch den Widerstand des Rats behindert worden. Ausführlich schilderte er die Ereignisse bis zu seiner Unterredung mit Herzog Johann am 19. Juni und bat seinen Dienstherrn, ernsthaft zu prüfen, was zu tun sei. Wenn man nicht Vorsorge treffe, könne die Sache »zu einer merglichen entporung einreyssen«, denn das Volk sei »heftig uber das closter erbitterth«. 229
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Konkret schlug er deshalb vor, dass der Propst um des Friedens willen ersetzt werden solle. Vor allem müsse Müntzer – der hier im Schriftwechsel zu diesem Konflikt erstmals erwähnt wird – vor einer öffentlichen Versammlung verhört werden. Erweise sich seine Lehre als recht, müsse man sie gelten lassen, würde sie aber als strafbar befunden, könne ihn der Kurfürst ordnungsgemäß ausweisen. Sonst werde Müntzer »vom gemeinen man mit seiner lere, die so mechtig angehet, ein solchen anhang erlangen, das es muhe und arbet haben will«.100 In dem Aufruhr, der dann entstehe, könne er sein Amt nicht länger im Frieden verrichten. Deshalb bitte er dringend, dem zuvorzukommen oder ihn von der Last dieses Amts zu befreien. Dann wolle er dem Kurfürsten auf andere Weise dienen. Der Kurfürst reagierte in einem Mahnschreiben an Schultheiß, Rat und Gemeinde von Allstedt vom 27. Juni mit dem Vorwurf von Eidbruch und Pflichtverletzung. Bei Vermeidung von Ungnade und Strafe sollten sie gemeinsam mit dem Schosser die Täter unverzüglich zur Rechenschaft ziehen und weitere Freveltaten unterlassen. Das Urteil über die Lehre sollten sie Gott überlassen. Der Kurfürst erwartete damit von den Allstedtern, sich der von ihm selbst praktizierten religiös-politischen Maxime des Gamalielrats aus Apostelgeschichte 5,38 anzuschließen. Dort empfiehlt der Pharisäer Gamaliel dem Hohen Rat: »Ist der Rat oder das werck aus den Menschen, so wirds untergehen. Ists aber aus Gott, so ko(e)nnet jrs nicht dempfen.«101 Auf das erbetene öffentliche Lehrverhör Müntzers ging die kurfürstliche Mahnung nicht ein. Dazu äußerte der Landesherr in Lochau nur mündlich, er habe dieses Anliegen »in ein bedencken genomen«.102 Der Schosser kannte seinen Dienstherrn gut genug, um auf diese abwägende Antwort allein zu bauen. Deshalb holte er vor seiner Abreise aus Lochau die Zusage Spalatins ein, der schon von Luther in dieser Frage bedrängt wurde, ihn in seinem Anliegen zu unterstützen. Zeiß kehrte praktisch mit leeren Händen vom Kurfürsten zurück. Der landesherrliche Schutz des Allstedter Reformationsmodells war nicht in Sicht, zumal Herzog Georg seine Aktivitäten gegen Gottesdienstbesucher aus seinem Einflussbereich (Memleben, Sangerhausen) in Allstedt verstärkte.103 So sah sich Müntzer genötigt, das Gesetz des Handelns selbst in die Hand zu nehmen.
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Die »Fürstenpredigt« – Appell an die Landesherren Eine in Allstedt entstandene und gedruckte Schrift Müntzers hat wie keine andere das Interesse bis in die Gegenwart auf sich gezogen: »Außlegung des andern vnter schyds Danielis deß propheten gepredigt aufm schlos zu Alstet vor den tetigen theuren Herczogen und vorstehern zu Sachssen durch Thoma[m] Mu(e)tzer diener des wordt gottes. Alstedt M. D. XXiiij.«104 Es ist kaum beachtet worden, dass dieser Druck erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Bibliographen wieder erwähnt wurde und der erste auszugsweise Neudruck aus dem Jahr 1926 stammt.105 Die Kenntnis von Anlass, Entstehung und Ort dieser Predigt hat sich durch die neuere Forschung erheblich verändert. Zugespitzt formuliert lässt sich sogar feststellen, dass die »Fürstenpredigt« eher ein Nebenereignis im Verlauf einer diplomatischen Staatsaktion, des sogenannten Tags von Halberstadt, war.
Abb. 36: Ansicht von Schloss Allstedt, Gemälde nach 1700, Ausschnitt
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Die Ernestiner waren gebeten worden, im langjährigen Lehnstreit der verschuldeten Grafen von Hoya im Niedersächsischen mit den Herzögen von Braunschweig zu vermitteln. Kurfürst Friedrich und Herzog Johann waren übereingekommen, der Bitte zu folgen, zumal ihre Schwester Margarethe mit einem der Hauptbeteiligten, Herzog Heinrich dem Mittleren von Braunschweig-Lüneburg, verheiratet war.106 Am 29. Juni 1524 brach Herzog Johann mit seinem Sohn und großem Gefolge (fast 200 Pferde) in Weimar zum Verhandlungstag in Halberstadt auf. Nach einer Übernachtung in Kukollen (Kölleda) traf die Reisegesellschaft am 30. Juni zur Nachtmahlszeit (gegen 17 Uhr) in Allstedt ein. Am Freitag, dem 1. Juli, zog sie nach dem Morgenmahl in Richtung Mansfeld weiter.107 Dort wurde übernachtet, ebenso in Quedlinburg. Am Sonntag, dem 3. Juli, erreichte der Herzog mit Gefolge Halberstadt. Zahlreiche weitere Persönlichkeiten waren an der Verhandlung beteiligt, die am 9. Juli erfolgreich beendet wurde.108 Auf dem Rückweg kam die fürstliche Reisegesellschaft am Dienstag, dem 12. Juli, »aufs Nachtmahl« erneut nach Allstedt und verließ den Ort bereits am 13. Juli nach dem Morgenmahl wieder in Richtung Kölleda.109 In den Quellen deutet nichts darauf hin, dass Müntzer vor Herzog Johann und seinem Sohn gepredigt hat. Nur Hans Zeiß bestätigt den 13. Juli indirekt, als er am 20. Juli Georg Spalatin mitteilte, Müntzer habe »nechst« [kürzlich] vor den Herzögen einen Sermon gehalten und dem Kanzler Gregor Brück zugesagt, seine Veröffentlichungen der fürstlichen Zensur vorzulegen.110 Diese bedingte schriftliche Zensurbereitschaft Müntzers ist auf den 13. Juli datiert.111 Folgender Verlauf ist denkbar: Da Müntzers Forderung eines unparteiischen öffentlichen Lehrverhörs unerfüllt geblieben war, wollte er die Gelegenheit nutzen, um seine Sicht der reformatorischen Situation den ernestinischen Fürsten persönlich vorzutragen. Wahrscheinlich schaltete er Zeiß als Vermittler ein. Möglicherweise ist das bereits bei der Hinreise des Herzogs und seines Gefolges geschehen. Ein gottesdienstlicher Akt ist nicht vorstellbar. Der enge Zeitraum bis zur Abreise lässt eher an einen Predigtvortrag in der Hofstube des Westflügels der Kernburg denken, die allgemein als Empfangs- und Speiseraum genutzt wurde.112 Als Hörer des Predigtvortrags sind außer den beiden Fürsten Kanzler Brück und Kämmerer Gräfendorf zu vermuten, sicher auch Zeiß. 232
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Unsicher ist, wer aus dem adligen Gefolge außerdem zugegen gewesen sein könnte. Immerhin gehörte auch der herzogliche Rat und Amtmann in Zwickau, Wolf von Weißenbach, zum Gefolge. Der Druck der Predigt mit den Materialien Widemars aus der Allstedter Druckerei bietet keine weiteren Hinweise. Zeiß schickte am 20. Juli ein Exemplar der Predigt an Spalatin.113 Möglicherweise hat Müntzer sie für den Druck überarbeitet.114 Im einleitenden ersten Teil sieht Müntzer als »diener des wordt gottes« in den täglichen Gottesdiensten die einzige Hilfe für die zerfallene Christenheit. Er gibt den »faulen, nachlessigen diner[n]« der Kirche die Schuld am Verfall der von Christus und seinen Aposteln begründeten »rechte[n] reyne[n] christenheit«. Sie hätten »das yre gesucht« und »den waren gekreutzigten Christum zum lautern fantastischen go(e)tzen gemacht«, denn er sei »mit dem teufelischen meßhalten, mit abgo(e)ttischem predigen, geberden [Riten] und leben« verspottet worden.115 Die Verstärkung des Gräuels durch die heillosen Schriftgelehrten veranlasst Müntzer im zweiten Teil, den Text von Daniel 2 als biblisches Exempel heranzuziehen.116 Vermutlich hat er sich mit einer kurzen Paraphrase begnügt, da er die Überlieferung über Nebukadnezars Traum von den vier Weltreichen als bekannt voraussetzen konnte. Er durfte wohl auch davon ausgehen, dass die durch den Kirchenlehrer Hieronymus geprägte Vorstellung bekannt war: Das vierte Reich aus Daniel 2, das römische Reich, sei nur eine Durchgangsstation zum ewigen Reich Gottes, das bei Daniel angekündigt werde. Der Stein Christus sei schon losgebrochen und werde als Berg die Welt ausfüllen.117 Bei seiner Anwendung des biblischen Textes auf die Gegenwart vergleicht Müntzer die unfähigen Wahrsager des Königs mit den gegenwärtigen Schriftgelehrten, die gern bei Hof schmausten, hübsch vom Glauben schwatzten, aber »on alle erfarne ankunft des heyligen geystes« seien.118 Ihnen stellt er im dritten Teil als Beispiel der wahren Glaubensgewissheit Daniel gegenüber. Diese könne jetzt jeder fromme Mensch von sechs oder sieben Jahren an durch Gott als hohe Verwunderung im Abgrund der Seele erfahren, nachdem er auf seine fleischlichen Gelüste verzichtet habe. Dann kenne er das lebendige Zeugnis Gottes besser, als wenn er »hunderttausent biblien hett gefressen«.119 Diese unvermittelte Glaubensoffenbarung könne nicht durch Vernunft oder Schriftglauben ersetzt werden. 233
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Der biblische Text veranlasst Müntzer, sich im vierten Teil noch zu einer weiteren Möglichkeit zu äußern: »Wann aber der mensch das klare wort Gottis in der selen nicht vornummen hat, so muß er gesichte haben.«120 Das erläutert Müntzer mit einer Reihe von biblischen Beispielen, um dann auf den »text Danielis, von der voranderung der weldt« in den letzten Tagen einzugehen.121 Das geschieht im letzten und längsten Teil, dem eigentlichen Schwerpunkt der Predigt. Müntzer deutet die Gegenwart als Erfüllung der in Joel 3,1-3 angekündigten Zeit des göttlichen Geistes. Das bedeute, dass nicht nur die bei Daniel erwähnten vier Weltreiche der Vergangenheit angehören, sondern auch die Zeit des gegenwärtigen unstabilen fünften Reichs mit seiner Vermischung von weltlicher und geistlicher Macht abgelaufen sei. Für die ernestinischen Fürsten, deren Repräsentanten er immer wieder direkt anspricht, entnimmt Müntzer dem Text von Daniel 2 eine Handlungsanleitung. Er ruft ihnen zu: »Drumb, yhr theuren regenten von Sachsen, tretet keck auf den eckstein«, so wie Petrus sich Christus zur Verfügung stellte, Matthäus 16,18. Für sie heiße das: »greyfet die sache des evangelion tapfer an« nach dem Beispiel des Königs Jehu aus 2. Könige 9f. Dazu müsse »ein neuer Daniel aufstehn«, der ihnen die Offenbarung auslege.122 Dieser müsse ihnen die Augen für die betrügerischen falschen Geistlichen öffnen, auch für die göttliche Aufgabe der Obrigkeit nach Römer 13,4, nämlich die Bösen zu bestrafen. Wollten sie »nu[n] rechte regenthen sein«, so müssten sie »das regiment bey der wortzeln anheben«. Das bedeute nach Gottes Befehl nichts anderes als: »lasseth die ubeltheter nit lenger leben, die uns von Gott abwenden« (5. Mose 13,6). Denn »ein gottloser mensch hat kein recht zcu leben, wo er die frumen vorhindert«. Das unterstreicht Müntzer noch einmal durch die direkte Anrede: »Drumb, yhr theuren veter von Sachsen, ir must es wogen umb des evangelion willen.«123 Danach äußert sich Müntzer zu dem zu erwartenden Einspruch »unser[er] gelerten« mit dem Hinweis auf die Güte Christi. Er begegnet ihm mit seinem Verständnis von Matthäus 5,17 von Christus als Erfüller des Gesetzes und dem Beispiel der Landnahme Israels durch Josua: »Sie haben das lant nicht durch das schwerdt gewonnen, sonder durch die kraft Gottis, aber das schwerdt war das mittel, wie uns essen und trincken ein 234
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mittel ist zu leben. Also no(e)tlich ist auch das schwerdt, die gotlosen zu vertilgen, Rom[er] am 13 [,4]. Das aber dasselbige nu redlicher weyse und fuglich geschee, so sollen das unser theuren veter, die fursten, thun, die Christum mit uns bekennen. Wo sie aber das nicht thun, so wirt yhn das schwerdt genommen werden« (Daniel 7,27).124 Nach dem Vorbild aus Daniel 2 tritt Müntzer auch für die Gegner ein, sofern sie der Offenbarung Gottes nicht zuwiderhandeln. Andernfalls müsse man sie nach biblischem Vorbild ohne Gnade erwürgen. »Anders mag die christliche kirche zcu yrem ursprung nicht wider kummen«.125 Das belege das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Matthäus 13,24-30) genauso wie die angekündigten Gerichtsengel aus Maleachi 3,13. Müntzer erwartet, dass sich die Regenten an das halten, was er ihnen aus Daniel 2 verkündet, und er verbindet abschließend noch einmal Aufforderung und Zusage: »Seyt noer keck! Der wil das regiment selbern haben, dem alle gewalt ist gegeben im hymmel und auf erden, Math[äus] am letzten« [28,18].126 Müntzer bezeichnet seine Predigt als »Außlegung«, ähnlich wie sein »Gezeugnus des ersten capitels des evangelions Luce«, das nicht viel später entstanden ist. Dort gab er allgemein an, dass er »mit auslegung der heiligen schrieft in der lere des geists Cristi durch die vorgleichung und bedeutung aller geheim und urteil Gottes« eröffnen wolle.127 Das heißt, er will geistgeleitet in seiner Zusammenschau der Texte des Alten und des Neuen Testaments die Botschaft Gottes für die Gegenwart mitteilen. So knüpft er an die inzwischen allgemein bekannte Geschichtsschau von der Abfolge der vier Reiche im Traum Nebukadnezars an und ergänzt sie um ein fünftes Reich, das Heilige Römische Reich deutscher Nation. Auch das stehe vor seinem Ende, da Gott dabei sei, die Welt wieder in seine ursprüngliche Ordnung zu holen. Diese Perspektive der Endzeitnähe liest Müntzer aus Daniel 2, wobei er nach dem Vorbild der kirchlichen Tradition die Rolle, die den »Heiligen des Höchsten« in Daniel 7 zugedacht wird, ergänzend mit heranzieht. Aus dieser Sicht übt er schonungslose Kritik an der gegenwärtigen Kirche und schließt dabei die aus seiner Sicht unzulänglichen Reformen der neuen Gelehrten und Prediger Wittenberger Prägung mit ein. Da Müntzer überzeugt ist, nach Gottes Willen für die Ausbreitung des recht verstandenen Evangeliums und der wahren Glaubensgewissheit 235
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zu wirken, aber zunehmend von Gegnern behindert und bedroht wird, braucht er Schutz und Unterstützung. Diese sieht er nach Daniel 2 in dem König, der Gottes Willen erkennt und sich ihm mit seiner Macht zur Verfügung stellt beziehungsweise sich von Daniel weisen lässt. Müntzer bleibt in der Predigt angesichts der apokalyptischen Naherwartung bei der Vergegenwärtigung des biblischen Textes. Da die ernestinischen Fürsten sich dem neu erkannten Evangelium geöffnet haben, sieht er sich berechtigt, von ihnen als Fürsten nach Römer 13,4 zu erwarten, dass sie ihre Funktion für den Schutz der Auserwählten und die Vernichtung der Gottlosen einsetzen. Weiterreichende Fragen (Folgen für das Feudalsystem, militärische Maßnahmen, künftige Herrschaftsformen) nimmt Müntzer hier nicht in den Blick. Ein anschießendes Gespräch zwischen den Fürsten und dem Prediger ist nicht belegt und angesichts der höfischen Umgangsformen auch kaum vorstellbar. Selbst wenn davon ausgegangen werden kann, dass Kürfürst Friedrich und Herzog Johann Grundlinien des Obrigkeitsverständnisses Müntzers seit seinem apologetischen Brief vom 4. Oktober 1523 kannten, bleibt es rätselhaft, warum die Predigt im bisher bekannten Briefverkehr der beiden fürstlichen Brüder keine Rolle spielte.Vielleicht hat dazu beigetragen, dass in ihrem Verständnis die Vermittlung in dem Herrschaftskonflikt zwischen Braunschweig und Hoya die Hauptsache dieser Reise und die ungeplante Predigtanhörung in Allstedt eher ein Nebenereignis war.128 Fest steht auch, dass die beiden ernestinischen Fürsten Müntzers Überzeugung von der endzeitlich zugespitzten Situation und damit das durch alttestamentliche Exempel angereicherte Verständnis von der Funktion der Obrigkeit nicht teilten. Sie hielten sich vielmehr an die reformatorische Sicht Luthers. Kanzler Brück und der Wittenberger Jurist Licentiat Benedikt Pauli lehnten deshalb unmittelbar nach dem Allstedtaufenthalt gegenüber dem Bischof von Merseburg die Hilfe bei der Disziplinierung reformatorischer Prediger mit der Begründung ab, ihre Landesherren seien überzeugt, »das schwert der weltlichen obirkeit« sei ihnen »allein in eußerlichen dingen […] zcu gebrauchen gegeben«.129 Unerklärbar ist auch, dass keine Äußerung des Kurprinzen Johann Friedrich zur Predigt Müntzers vorliegt. Er vertrat Luthers Lehre am Weimarer Hof am konsequentesten und war an der Verhandlung des Mallerbachkonflikts beteiligt. Mitte Juni hatte er Luther über die Unsicherheit 236
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seines Vaters in Fragen der Geltung des mosaischen Gesetzes informiert. Luther äußerte sich daraufhin auch kritisch zum »Satan von Allstedt«. In seiner Antwort vom 24. Juni beklagte der Kurprinz, dass ihnen die »Schwärmer« in Thüringen zu schaffen machten und er eine Visitation durch Luther für nötig halte, in deren Vollzug die untauglichen Prediger »mit Hülf der Oberkeit« abzusetzen seien.130 Wahrscheinlich war Johann Friedrichs Intervention für Luther einer der Gründe, seine Schrift »Eyn brief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrurischen geyst.« zu verfassen. Ende Juli 1524 gelangte der Druck dieser ersten öffentlichen Kampfansage Luthers an die Gegner aus den eigenen Reihen an die Öffentlichkeit.131 Sein Urteil über Müntzers Predigt als eine »furia«, eine Raserei des Satans,132 verallgemeinerte er nun zum Verdikt über dessen Tätigkeit in Allstedt insgesamt. Luther stützte sich dabei auf sein geschichtstheologisches Paradigma, dass Gottes Wort stets den Widerstand des Satans aktiviere, zunächst durch Gewalt, dann durch falsche Propheten. Nachdem Papst und weltliche Gewalt nichts erreicht hätten, versuche nun der Satan, durch den »Geist zu Allstedt« leiblichen Aufruhr anzurichten.133 Luther wendet sich dann gegen Müntzers Verweigerung eines Lehrverhörs durch Wittenberger Theologen, gegen den Vorwurf, dass bei den Wittenbergern Lehre und Leben nicht übereinstimmen, gegen die gewaltsame Beseitigung traditioneller Formen der Frömmigkeit, vor allem aber gegen die Gründung des Glaubens auf die persönliche Geisterfahrung statt auf die Heilige Schrift. Obwohl Müntzer sich von den »Zwickauer Propheten« distanziert hatte, setzte Luther deren Geistverständnis mit dem Müntzers gleich. Auf Grund seiner Berufungsgewissheit – »Ich weys aber, das wyr, so das Evangelion haben und kennen, […] den rechten geyst […] haben« – beanspruchte der Wittenberger Theologe die Deutungshoheit.134 Seine Handlungsanweisung für die Landesherren lautet: »Man lasse sie nur getrost und frisch predigen […] Man lasse die geyster auf eynander platzen […] Wo sie aber wo(e)llen mehr denn mit dem wort fechten, wo(e)llen auch brechen und schlahen mit der faust, da sollen E[uer] F[ürstliche] G[naden] zu greyfen, es seyen wyr oder sie, und stracks das land verboten.«135 Wie stark diese Attacke Müntzer getroffen hat, erweist sich in der Folgezeit. Doch zunächst sah er sich und seine Gemeinde zunehmend unter dem Druck der benachbarten gegnerischen Autoritäten. 237
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Bedrohung und Verteidigungsbund Müntzers endzeitliche Beurteilung der Situation und seine Forderungen an die ernestinischen Fürsten gewannen angesichts der Aggressivität benachbarter altgläubiger Obrigkeiten gegen die zunehmende Resonanz der Allstedter Verkündigung in der Region wachsende Bedeutung. Noch am Tag der Fürstenpredigt oder kurz danach überfiel der streitbare Ritter und Rat Herzog Georgs, Friedrich von Witzleben, auf Schönewerda im Rohnetal bäuerliche Gottesdienstbesucher aus dem Allstedter Amt. Wenig später ging er aus demselben Grund gegen eigene Untertanen vor, die daraufhin Beschwerde bei Herzog Georg einlegten.136 Schosser Zeiß informierte Herzog Johann über diese Aktionen vielleicht erst, nachdem ihn Müntzer dazu aufgefordert hatte. Der Herzog wies Zeiß an, auch dem Kurfürsten zu berichten. Das hat der Schosser getan, zugleich aber den Ritter zur rechtlichen Genugtuung vorgeladen. Dieser beschwerte sich daraufhin beim Kurfürsten. Der Rechtskonflikt zog sich bis in die letzten Lebenstage Friedrich des Weisen hin und ist wohl durch den Beginn des Thüringer Aufstands im Sand verlaufen.137 Müntzer hielt eine rechtliche Untersuchung für unnötig, da sich Witzleben offenkundig als Landfriedensbrecher erwiesen hatte, gegen den die Landesherren das geltende Recht anzuwenden hätten.138 Die Lage komplizierte sich jedoch angesichts der zeitgleichen Gewaltanwendung gegen Allstedter Gottesdienstbesucher aus Sangerhausen, der benachbarten Amtsstadt Herzog Georgs. Im Februar 1524 hatte dieser seinen Amtmann Melchior von Kutzleben angewiesen, den Predigtbesuch in Allstedt zu verbieten und Ungehorsame zu bestrafen.139 Vermutlich ist der Befehl zunächst nicht konsequent befolgt worden. Spätestens um den 13. Juli wurden Verhaftungen vorgenommen, die Beschuldigten aber unter der Bedingung, sich auf Anforderung wieder einzustellen, vorläufig entlassen. Verunsichert baten sie Müntzer um Rat, und in einem Trostbrief forderte er die geliebten Brüder in Christo im »tyrannischen gefengknis zu Sangerhausen« auf, vor allem Gott zu bitten, dass er sie »lerne alleyne Goth [zu] forchten«, denn wenn sie die »reyne gotthsfurchte nyt« haben, könnten sie »in keyner anfechtung […] bestehen«.140 Das könne auch bedeuten, auf alles Zeitliche zu verzichten. Auf ihre Situation angewendet, lautete die Konsequenz: Ein fürstlicher 238
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Befehl, nicht zum Gottesdienst zu gehen, sei nicht zu befolgen, da sie sonst »menschenforcht an die stadt der furcht Gotths« setzten, und »alles, was sich neben Goth auflenet und will gefurchtet sein«, das sei »gewys gewys der teufel selber«.141 An ihrer Bereitschaft, sich auf Anforderung wieder ins Gefängnis zu begeben, sollten sie festhalten und sich nach dem Willen Gottes eine Weile von den Tyrannen plagen lassen. Als auserwählte Freunde Gottes sollten sie sich Hiob oder die Märtyrer zum Vorbild nehmen. Müntzer war sich sicher, die Zeit sei gekommen, »das ein blutvorgyssen uber die vorstogkte welt sol ergehen umb yres unglaubens willen«. Er könne mit der Bibel beweisen, »das hern und fursten, wie sie ytzet sich stellen, keyne cristen syndt«.142 Auf sie sei keine Hoffnung zu setzen. Sie sollten denen, die ihnen verbieten, das Wort Gottes von rechten Predigern zu hören, offen sagen, dass sie von ihnen nicht als Christen anerkannt werden. Müssten sie deswegen leiden, werde Gott ihnen beistehen und sie rächen. Nachdem eine Delegation des Sangerhäuser Rats in Dresden Bericht erstattet und von Herzog Georg den Befehl erhalten hatte, die beiden Rädelsführer der neuen Lehre, den Kaplan zu St. Ulrich Tilo Banse und den Steinmetz Siegfried Folsch, zu verhaften, wurde Müntzer von Banse erneut um Hilfe gebeten. Müntzer drohte dem Sangerhäuser Rat daraufhin am 15. Juli, ihn vor aller Welt als heidnisch anzuprangern, wenn Banse ein Leid zugefügt werde und sie dem Heiligen Geist widerstreben. Außerdem kündigte er an: »so wyl ich dye leuthe nit lengher aufhalten, dye euch wollen belestigen.«143 Banse, der vielleicht schon Müntzers Geheimbund angehörte, konnte fliehen, Folsch wurde verhaftet. Ebenfalls am 15. Juli bemühte sich Müntzer mit einem weiteren Trostbrief, den Angefochtenen in Sangerhausen beizustehen. Er hoffte, deren Angst dämpfen zu können, indem er andeutete, es gebe bereits mehr als 30 Verbündnisse der Auserwählten. Außerdem sei zu bedenken: »In allen landen wyl sich das spiel machen«, denn Gott wolle die Tyrannen mit der Wurzel ausraufen, wie Josua 11,20 angekündigt habe. Sollten sie nicht bereit sein, wegen eines menschlichen Tyrannen – eines »jemmerlichen pulversagk[s]« –, »leyp, guth und ehre umb Gotts willen« aufs Spiel zu setzen, würden sie »alles umbs teufels willen verliren«. Müssten sie Gewalt erleiden, werde seine »feder, predigen, syngen und sagen nit weyt« von ihnen sein. Sie sollten nur »ein freyen muet« haben, denn »die gottlosen buben sei[e]n schon vorzcaget durch Gotts gerechtigkeyt«.144 239
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Beunruhigt angesichts der anhaltenden Aktionen gegen auswärtige Gottesdienstbesucher, ließ Müntzer am 22. Juli durch das Rats- und Bundesmitglied Hans Reichart dem Schosser Überlegungen zu notwendigen Abwehrmaßnahmen zukommen, die dem Kurfürsten übermittelt werden sollten. Zeiß war der Meinung, er sei verpflichtet, flüchtige Untertanen nach geltendem Recht auf Anforderung ihren Grundherren auszuliefern. Als Betroffene in der Stadt das erfuhren, beschwerten sie sich empört bei Müntzer. Dieser gab die Information umgehend an Zeiß mit seiner Meinung zur Rechtslage weiter: Wenn die Regenten »nit alleyne wider den glauben, sundern auch wider [yhr] n[atur]liche recht handelen, so muß man sye erwurgen wye [dye] hunde«.145 Wenn die Amtleute nichts gegen Friedensbrecher wie Witzleben unternehmen, würden täglich Flüchtlinge nach Allstedt kommen. Deshalb solle Zeiß sich nicht mehr an das bisherige Recht halten, denn die Gewalt werde ohnehin »in kurtzer czeyt dem gemeinen volck gegeben werden«.146 Man müsse »gar mechtig achtung haben auf dye neue bewegung der itzygen welt. Dye alten anschlege werden es gantz und gar nicht mehr tun.«147 In gewisser Weise ist die hektische Kommunikation zwischen Stadt und Schloss am 22. Juli mit der vom 13. und 14. Juni vergleichbar. Müntzer hatte seine Hoffnung auf den Beistand der ernestinischen Landesherren noch nicht völlig aufgegeben. Die konfliktreichen Tage scheinen ihm jedoch die Bedeutung eigener Abwehrmaßnahmen verdeutlicht zu haben, so dass sich Aktivitäten des Allstedter Geheimbundes mit Verteidigungsbestrebungen der städtischen Bürgerschaft verwoben. Die Quellen vermitteln jedoch kein klares Bild. Offenbar war Müntzer bemüht, reformatorische Bestrebungen außerhalb des Amtsgebiets zu vernetzen, von denen er annahm, dass sie nicht nur dem Wittenberger Einfluss zugänglich seien. Andeutungen hierüber hatte er bereits den Sangerhäusern gegenüber gemacht. Am 17. Juli wandte er sich dann an Andreas Karlstadt und durch die Allstedter Gemeinde an die von Orlamünde mit der Aufforderung, sich mit ihnen zu verbünden. Beide reagierten erschrocken und ablehnend. Karlstadt kritisierte an den Allstedter Reformen nicht nur die Beibehaltung der Elevation, die Erhebung der Abendmahlselemente in der Messe, sondern wies vehement das Ansinnen zurück, die Schneeberger 240
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und 15 weitere Gemeinden aufzufordern, sich dem Bund anzuschließen. Er wolle mit solchen Unternehmungen nichts zu tun haben, weil damit das Vertrauen auf Menschen gesetzt werde und sie unfähig mache, die Stimme des Herrn zu hören.148 Nicht anders fiel die Antwort der Orlamünder aus, die Karlstadt sicherheitshalber in Wittenberg drucken ließ. Das Beispiel des Josia-Bundes in 2. Könige 23 wiesen sie zurück, weil sich dort König und Volk mit Gott verbunden hätten. Wenn sie der Allstedter Aufforderung folgen würden, wären sie »nicht mehr freye christen, sondern an menschen gepunden«.149 Für Müntzer sprach aus dieser Ablehnung nur »der menschen forcht«.150 Entmutigen ließ er sich dadurch jedoch nicht, zumal Herzog Georg in diesen Tagen mit der Ausfertigung seines Mandats gegen die Neuerungen dafür sorgte, dass die Frage nach dem Schutz der Gläubigen aktuell blieb.151 Am Sonntag, dem 24. Juli, sah Müntzer den Zeitpunkt gekommen, vor einer großen Zuhörerschaft über die Notwendigkeit eines von Gott gebilligten Schutzbündnisses nach 2. Könige 22f. zu predigen. Aus den Quellen lässt sich ein eindeutiger Verlauf des Tags nicht rekonstruieren. Da Zeiß aus dienstlichen Gründen zeitweilig abwesend war, schickte ihm Müntzer am nächsten Tag einen ausführlichen Bericht, den er auch an den Landesherrn befürwortend weiterleiten sollte. In seiner Predigt verkündete Müntzer den Bund des Königs Josia und der ganzen Gemeinde mit Gott als ein Zeugnis Gottes, das sich jeder Auserwählte zu Herzen nehmen müsse, bevor »dye christenheit yhr bluth wage kegen dye wutriche des rechten glaubens«.152 Das Volk sehe zwar, dass sich die ernestinischen Fürsten auf den Weg zum wahren Glauben begeben hätten, aber – vielleicht verführt durch die untreuen Schriftgelehrten – zur Verfolgung um des Evangeliums willen schwiegen. Müntzer beklagte, es sei »eyne mechtige, grosse frecheit, das man sich auf den alten gebrauch der a(e)mpter [des traditonellen Landrechts] wil vortrosten, nachdem sich dye gantze welt also mechtig hochlich vorwandelt hat«. Deshalb sei es dringend notwendig, dass Zeiß die Landesherren mit großem Ernst warne, »das sye mit yrer nachlessigkeit yhr eygen volck nicht scheu machen«, sondern »allem argen« zuvorkommen, solange »yhn das volck nach [noch] vortreuet«. Zögerten sie zu lange, würden sie mehr verachtet werden als andere Fürsten und »das deutze landt vil erger werden dan eyne mordtgrube«. Sie müssten vielmehr »mit yrem eygen volck 241
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pflicht und eyde der heydenschaft [die weltlichen Verpflichtungen und Rechte] vorwandelen in eynen getreulichen bundt gotliches willes«. Ihr Volk würde dadurch ermutigt, und die Gottlosen würden abgeschreckt, so wie in 4. Mose 14 und Josua 11.153 Auf die konkrete Situation angewendet, bedeutete das, es müsse »eyn beschydner [angemessener] bund gemacht werden yn solcher gestalt, das sich der gemeine man mit frummen amptleuthen verbinde alleyne umbs euangelion willen«.154 Übeltäter, die ihn missbrauchen, müssten ihren Tyrannen übergeben oder gerichtet werden. Der Bund legitimiere auch nicht Wünsche nach Abgabenbefreiung. Er sei nur eine Notwehr, um die Gottlosen abzuschrecken, damit die Auserwählten die Erkenntnis Gottes erkunden können. Wer meine, ein Bund werde nicht benötigt, da Christen sich ja in der Taufe verbunden haben und leiden sollen, der solle erst einmal lernen, was die Taufe wirklich bedeute, und ergründen, ob Gottes Zeugnis tatsächlich erfahren worden sei. So leicht könnten fleischliche Menschen nicht zu Märtyrern werden, und ohne den erfahrenen Glauben könne die Büberei der Gottlosen nicht wirklich aufgedeckt werden und das Zeugnis Gottes in den rechten Gebrauch kommen. Wie in der Predigt über Daniel 2 forderte Müntzer Zeiß und damit zugleich die Landesherren abschließend auf, »gotforchtige, getreue leuthe zu rathe [zu] nehmen«.155
Abb. 37: Einschreibung der Mitglieder des Allstedter Bundes, Zeichnung von Jan de Ridder (um 1720)
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Da Müntzer in seinem Brief an Zeiß vor allem um den Beitritt der Landesherren zu dem Defensivbund wirbt, wird die von der ganzen Kommune und mindestens 300 Auswärtigen vorgenommene Bundesgründung nach Müntzers Predigt nicht erwähnt. Die Ratsvertreter behaupteten im Weimarer Verhör am 1. August, die Initiative zu der Bundesgründung sei von den Fremden ausgegangen. Sie hätten die Gemeinde dazu aufgefordert und sich danach gemeinsam an den Rat gewandt, der zugestimmt habe. Zu dieser verharmlosenden Darstellung gehört auch die Versicherung, die Bundesmitglieder hätten die üblichen Abgaben weiterzahlen wollen.156 Nur aus späteren Verhörsaussagen sind weitere Einzelheiten bekannt: Die Bundesgründung mit ungefähr 500 Beteiligten habe im Ratskeller stattgefunden. Mit aufgereckten zwei Fingern sei geschworen worden, bei dem Wort Gottes zu stehen. Hans Reichart habe die Schwurformel vorgesprochen und gemeinsam mit dem Bundesmitglied Peter Behr die Einschreibung in das Verzeichnis der Bundesgenossen vorgenommen. Der später in Frankenhausen umgekommene Peter Warmut habe gefordert, wer dem Bund nicht beitreten wolle, solle die Stadt verlassen. Zu den Bundmeistern hätten dieselben gehört wie beim ersten Bund, außer Reichart der Glaser und Badstubenpächter Balthasar Reif, der Gerber Bartel Krumpe sowie Andres Keyler und Bartel Schramm.157 Den vorhandenen Quellen ist kein klares Bild vom Allstedter Bund zu entnehmen.158 Es ist damit zu rechnen, dass sich der Bundesgedanke für Müntzer allmählich und angesichts der veränderten Situation zu einer Konzeption entwickelte. Darauf deuten auch die unterschiedlichen Akzente in den Schwurformeln hin. Impulse und Organisationselemente (Bundmeister, Schwur, Register) vermittelten sicher spätmittelalterliche korporative städtische Bestrebungen, seine Begründung entnahm Müntzer jedoch vor allem der Bibel und der Ausrichtung auf seine apokalyptische Sendung.159 In Allstedt galt Müntzers Wirken dem Ziel, die Gemeinde der Auserwählten auf die Wiederherstellung der Ordnung Gottes vorzubereiten. Dem dienten sein heilsökonomisches Verständnis der biblischen Bundesschlüsse sowie die sakramentalen und liturgischen Einübungen durch die Gottesdienste. Doch mit der Bedrohung durch die »Gottlosen« traten der Aspekt eines Defensivbündnisses und die Legitimierung von Abwehraktionen in den Vordergrund. Dazu gehörte zudem das Zusammenwir243
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ken von reformatorischen Obrigkeiten und gemeinem Mann, das jedoch ebenfalls apokalyptisch grundiert war. Die Tiefendimension von Müntzers Bundesüberlegungen, vermutlich auch die Funktion des Bundes bei der in Daniel 7,18 angekündigten Übergabe der Gewalt an die Auserwählten, hat er angedeutet, als er den aus »Menschenfurcht« abgefallenen Allstedtern eine weitere Eröffnung der »geheymnis[se] des bundes« verweigerte.160
Konfrontation und Trennung Über Müntzers Aktivitäten gegen Ende seiner Allstedter Zeit ist wenig bekannt. Von Alltagsproblemen wird er nicht unberührt geblieben sein. So hat sich im Nachlass ein Mahnschreiben des Hallenser Buchführers Wolfgang Juche vom 26. Juli 1524 erhalten, der Müntzer aufforderte, endlich die bei ihm erworbene Weihnachtspostille Luthers von 1522 zu bezahlen.161 Ungewöhnlich waren offene Bücherrechnungen in damaligen Gelehrtenkreisen nicht. Vielleicht hat Müntzer in dieser Zeit seinen Sendbrief an die Berggesellen verfasst, der nicht überliefert ist. Luther, der ihn gekannt zu haben scheint, hat ihn als aufrührerisch bezeichnet.162 Als Zeiß am 25. August Herzog Johann über Müntzers Flucht nach Mühlhausen informierte, teilte er auch mit, was er vom Hörensagen über diese »grausamliche schrift« wusste: Müntzer habe die Berggesellen aufgefordert, »keck [zu] sein«, und angekündigt, »er wolle mit ine ire hende auß dem plut der tirannen waschen«. Müntzer dürfte demnach Psalm 57,11 aus der lateinischen Bibel zitiert haben, in dem sich nach der griechischen Version (Septuaginta) der Gerechte über Gottes Gericht freut und seine Hände im Blut der Gottlosen wäscht.163 In diesen spannungsvollen Tagen nahm in Müntzers Umkreis offenbar das Interesse an einer zeichenhaften Bedeutung von Träumen zu. Aus seinem Nachlass ist die Traumaufzeichnung eines Hans Puttyger überliefert, in der von zwei Schiffen mit Toten und voller Blut berichtet wird sowie von der Forderung, seinen Glauben zu beweisen. Famulus Emmen hat außerdem Träume eines Vaters Herold aus Liedersdorf in der Allstedter Region aufgezeichnet, in denen blutige Ereignisse ebenfalls eine Rolle spielen. Sie enthalten aber in der Lokalisierung (Allstedter Altstadtmühle) und der Personenbeteiligung (Müntzer) auch reale Ansatzpunkte.164 Versuche, die 244
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Träume genauer für Müntzers Wirken auszuwerten, haben nur spekulativen Charakter.165 Zeiß hat offenbar gezögert, Müntzers Aufforderung zu einem Schutzbündnis sofort an die Landesherren weiterzugeben, weil er immer noch erwartete, dass die dringend erbetene Zusage eines offiziellen Glaubensverhörs realisiert werde. Als er am 27. Juli die Nachricht erhielt, dass damit vorerst nicht zu rechnen sei, begab er sich nach Weimar und ließ dem Herzog ein »eilends« verfasstes Schreiben vom 28. Juli überreichen.166 Darin berichtet er über das vergebliche Bemühen um ein Lehrverhör, die Verfolgung der auswärtigen Gottesdienstbesucher und deren Flucht in die Amtsstadt, Müntzers Bundespredigt, die anschließende Bundesgründung, Müntzers Ankündigung nach Ezechiel 34 und Daniel 7, dass die Zeit der Veränderung hart vor der Tür sei, sowie über die Kritik am mangelnden Einsatz der Landesherren für die Predigt des Evangeliums. Mit Nachdruck bat Zeiß den Herzog, offiziell prüfen zu lassen, ob Müntzers Verkündigung wirklich »von Got sey, wie der prediger auch on alle scheu offentlich außschreyt«. Wenn festgestellt werde, »das es nicht Gottes will sey«,167 könne nach Gebühr gehandelt werden. Handschriftliche Bemerkungen auf dem Schreiben belegen, dass es im Kreis der Räte besprochen worden ist, bevor Herzog Johann entschied, Schosser, Schultheiß und Rat von Allstedt sowie Müntzer zum 31. Juli und 1. August nach Weimar vorzuladen.168 Vermutlich überbrachte Zeiß selbst die schriftliche Vorladung. Mit welchen Erwartungen die Allstedter – Schultheiß Nikolaus Rucker, die Bürgermeister Hans Bosse und Hans Reichart und Müntzer – nach Weimar gekommen sind, ist nicht bekannt.169 Die Niederschrift der herzoglichen Kanzlei ist die einzige genauere Quelle über das Verhör. Es handelt sich nicht um ein Protokoll, sondern um einen nach dem Vorbild von Verhörsakten sachlogisch geordneten Bericht für den Kurfürsten, in dem das Hauptinteresse Müntzer galt. Das belegt bereits die Umordnung des zweigeteilten Berichts, zuerst über Müntzer (1. August), danach über die Vertreter der Stadt (31. Juli).170 Zunächst werden drei Anklagepunkte referiert, die Müntzer von den Räten vorgehalten wurden: erstens die Aufforderung zum Bundesschluss gegen die Gottlosen, für die es nach Auffassung des Herzogs keine bib245
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lische Begründung gebe; zweitens die »schmählichen Worte« gegen den Kurfürsten in Predigten beider Prediger [Müntzer und Haferitz], die den Landesherrn zugeleitet worden seien; drittens die Verkündigung von bib lisch nicht begründeten Lehren. In seiner Antwort rechtfertigte der Beschuldigte die Bundesgründung mit der Verfolgungssituation und der Forderung der Bergknappen. Die Predigtäußerungen wies er als unzutreffend zurück, und zur Lehre bekräftigte er seine Bereitschaft, sich einem Lehrverhör zu unterziehen.171 Ausführlicher geht der Bericht anschließend darauf ein, was am 31. Juli in Abwesenheit Müntzers dem Schosser, Schultheiß Rucker und den beiden Bürgermeistern insgesamt von der Konfliktgeschichte vorgehalten wurde: die Bundesgründung, das zögerliche Vorgehen gegen die Kapellenzerstörer, das widersetzliche Verhalten bei der Verhaftung der Beteiligten, das Sturmläuten und der bewaffnete Auflauf, schließlich auch ungeahndet gebliebene Predigtäußerungen gegen den Kurfürsten. In ihrer Verteidigung machten die Allstedter Repräsentanten vor allem Müntzer und seinen Einfluss auf die Gemeinde für die ihnen zur Last gelegten Ereignisse verantwortlich. Zu den Predigtäußerungen gegen den Kurfürsten erklärten sie, davon keine Kenntnis zu haben. Insbesondere »entschuldigte« sich der Schultheiß und schilderte sein vergebliches Bemühen, den bewaffneten Auflauf im Juni zu verhindern. Die Bundesgründung vom 24. Juli nach Müntzers Predigt hätten sie gutgeheißen, sich aber erst nach der Aufforderung der Fremden und der Gemeinde daran beteiligt.172 Zuletzt geht der Bericht auf das Urteil ein. Danach ist den Allstedtern als »armen ungeschickten leuten« das Befremden der Landesherren und die Berichterstattung an den Kurfürsten kundgetan worden. Da es ihnen nicht verwehrt worden sei, das Evangelium zu hören, sei der Bund aufzulösen und die Entscheidung dem Rat und der Gemeinde anzuzeigen. Die Vorgeladenen, die angaben, sie seien von dem Prediger überredet worden, haben das zugesagt, aber um einen schriftlichen Bescheid gebeten. Diesen haben sie erhalten. Hinsichtlich der Entlassung des Buchdruckers baten die Allstedter um die Erlaubnis, die »Deutsch Evangelisch Messze« noch fertig zu drucken, denn auf Müntzers Bitte seien dem Drucker hundert Gulden vorgestreckt worden, und sie könnten sonst den Schaden nicht tragen. Sie erlangten aber nur den Bescheid, bis auf weiteren Befehl den Druck zu unterbre246
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chen.173 Die überlieferten Druckexemplare belegen, dass der Fertigdruck schließlich erlaubt worden ist. Liturgische Drucke wurden demnach zu dieser Zeit teilweise nicht nach den Kriterien beurteilt wie andere Veröffentlichungen. Der Bescheid, den Müntzer in Weimar erhielt, schließt den Bericht ab, und damit wird noch einmal die erwähnte Form der Niederschrift bestätigt. Dem Beschuldigten wurde mitgeteilt, dass man seine Behauptung, er habe nicht zur Bundesgründung aufgefordert, als unzutreffend zurückweise. Über diese »und dergleichen unschicklickeit mer«, die er sich in Allstedt habe zuschulden kommen lassen, werde dem Kurfürsten berichtet. Worüber dieser mit Herzog Johann übereinkomme, werde man ihm in Kürze anzeigen lassen, und daran müsse er sich dann halten. Müntzer habe zugesagt, diesen endgültigen Bescheid abzuwarten und »sich auch furder fridlich zu halten«.174 Offenbar hat er Weimar verlassen, ohne zu wissen, wie die Vorladung der Allstedter tags darauf (1. August) ausging. Es kennzeichnet die Veränderung der Situation, dass die Allstedter Ratsdelegation nach ihrer Rückkehr aus Weimar nicht sofort Kontakt zu Müntzer aufgenommen hat. Sie entschied sich, stattdessen gemeinsam mit Zeiß durch eine offizielle Ladung des Rats »und etlicher gemein« [aus der Gemeinde] sowie Müntzers auf das Schloss durch den Schosser zum 3. August die Gemeinde über die neuen Maßnahmen zu informieren.175 Der dramatische Verlauf dieser Zusammenkunft belegt, dass Müntzer nicht mit diesem Ausgang des Weimarer Verhörs gerechnet hat. Schosser, Schultheiß und Rat berichteten dem Kurfürsten, Müntzer habe nach der Mitteilung der Weimarer Beschlüsse »mit grosem eyfer« die Schließung der Druckerei zu verhindern gesucht, damit er Luthers »schmachbuchlein«, den »Brief an die Fürsten zu Sachsen« gebührend beantworten könne. Als ihm das aufgrund der fürstlichen Anordnung verwehrt wurde, habe er »mit tzorne bewegt« gesagt: »Wen die fursten zu Sachsen mir meine hende alßo pynden wollen und nicht gestaten, mein notdurft wider Luthern auß zuschreiben, ßo will ich yn das ergeste thun, was ich kann ader magk.«176 Als man ihm ankündigte, man sei verpflichtet, diese Äußerung dem Landesherrn zu übermitteln, habe er sie nur als Androhung einer öffentlichen Anprangerung interpretiert und schließlich die fürstlichen Anordnungen akzeptiert. Auch habe er angeboten, sich mit einem Schreiben an 247
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den Kurfürsten zu wenden. Seine Zusage, Allstedt nicht zu verlassen, habe er mit der Bereitschaft verbunden, sich gegebenenfalls für seine Worte gegenüber dem Kurfürsten zu verantworten. Abschließend baten Schosser, Schultheiß und Rat den Landesherrn noch einmal dringend um ein Lehrverhör Müntzers, damit Aufruhr und Blutvergießen verhindert werden, denn »manches byder gewissen« nehme an, dass Müntzers »lere dem rechten cristen glauben mehr dan Luthers erbeubet [erbaut] und antzeigt«.177 Das zugesagte Begleitschreiben zum Bericht an den Kurfürsten diktierte Müntzer umgehend seinem Famulus. Wie schon in seinem Brief vom 3. Oktober 1523 berief er sich mit Ezechiel 13,5 darauf, es sei «durch Got verfuget«, dass er sich als eine Mauer vor die arme zerfallene Christenheit lege, nicht nur, um diese zu strafen, »sonder auch gantz und gar bey der worzceln anzcugreifen«.178 Wie vorher durch Mönche und Pfaffen treibe sie jetzt der Satan durch die Gelehrten und besonders den »vorlogne[n] Luther« mit seinem Schandbrief zum Untergang. Deshalb bitte er, ihm nicht zu verbieten, »der armen christenheit zu frumen [zum Nutzen] zu predigen und zu schreiben«.179 Er »predige eynen solchen christenglauben, der mit dem Luther nit einstimpt, sonder der do in allen hertzen der auserwelten auf erden gleichformig ist« (Psalm 68,7).180 Vor einem solchen Forum aus allen Nationen wolle er sich verhören lassen. Das Volk setze große Hoffnung auf die ernestinischen Fürsten. Wenn sie es enttäuschen, werde man sie nach Psalm 52,9 als Menschen beurteilen, die ihr Vertrauen nicht auf Gott, sondern auf Reichtum setzen. Er hoffe, dass sie sich an seine Auslegung von Lukas 1 und seinen Unterricht zur Verhinderung von Aufruhr halten werden, die er Herzog Johann zugeleitet habe, damit ihnen das Schicksal der feindlichen Könige von Josua 11 erspart bleibe. Das bekräftigt er durch den Zusatz zur Unterschrift »ein ernster knecht Gotes«, das heißt einer, der den Gerichtsernst Gottes ankündigt.181 Von diesem Zusatz abgesehen, dürfte das Schreiben für den Kurfürsten nichts Neues enthalten haben. Eine direkte Reaktion darauf ist nicht bekannt. Die Allstedter Gemeinde wollte Müntzer ebenfalls nicht im Unklaren lassen, was von der neuen Situation zu halten ist. In einem Schreiben, das vielleicht noch am 3. August verfasst wurde, erinnerte er sie daran, dass der Bund »wider keine herschaft angericht« worden sei, sondern »allein 248
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wider dye unvorschempte Tyranney«.182 Eine Entscheidung bleibe ihnen nicht erspart, und er rate ihnen, lieber um Gottes willen zu leiden als um des Teufels willen. So glimpflich wie die Gemeinde ließ Müntzer das Allstedter Stadtregiment nicht davonkommen. In einem Briefentwurf hielt er ihm erbittert vor, Gottes heiligen Bund für das »anbeten eynes armen, elenden menschens«, das heißt der Menschenfurcht vor dem Landesherrn, aufgegeben zu haben. Vor allem den »Ertzjudas Ischariothis Nicel Rugkert« und die beiden Bürgermeister beschuldigte er des Verrats. Er behauptete, auf dem Schloss von ihnen mit eigenen Ohren gehört zu haben, seine »lere sey vom teufel«.183 Obgleich der endgültige Bescheid des Kurfürsten noch ausstand, verließ Müntzer in der Nacht vom 7. zum 8. August nach knapp anderthalb Jahren heimlich die ernestinische Amtsstadt und hinterließ Rat und Schosser die kurze Mitteilung, er habe seiner »sach gelegenheyt halben mussen uber land zyhen«.184 Ihm war klar geworden, dass er zumindest in der gegenwärtigen Situation in Allstedt nicht weiter mit Unterstützung rechnen konnte. Nicht nur die Unsicherheit von Schosser Zeiß, sondern auch die schwerfällige Kommunikation zwischen den Residenzen der beiden ernestinischen Fürsten sorgten nach dem Weimarer Verhör wochenlang für Unklarheit, wie die Landesherren mit Müntzer weiter umgehen sollten. Als die Unterlagen dieses Verhörs nach zehn Tagen endlich in Lochau beim Kurfürsten eintrafen, wusste dieser noch nicht, dass Müntzer das Kurfürstentum bereits verlassen hatte. Offiziell teilte Zeiß es ihm erst in seinem Schreiben vom 24. August mit.185 Müntzer selbst hatte – zumindest vorerst – einen Schlussstrich unter sein Wirken im ernestinischen Sachsen gezogen, bevor seine beiden Landesherren sich zu einem Entschluss durchringen konnten. Herzog Georgs Räte Heinrich von Schleinitz und Georg von Carlowitz waren am 11. August beim Kurfürsten in Lochau vorstellig geworden, um unter anderem die Entfernung Müntzers zu verlangen, so dass der noch nicht über die neuen Fakten informierte Friedrich seinen Bruder mit einem weiteren Verhör Müntzers beauftragte.186 Während die beiden Landesherren noch Erwägungen über das Schicksal des umstrittenen Predigers anstellten, hatte dieser bereits in der Reichstadt Mühlhausen einen neuen Ort gefunden, um seinem Sendungsauftrag weiter nachzukommen. 249
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VIII. »Damit nach göttlicher Furcht gehandelt werde« Müntzer und der Aufstand in Mühlhausen Von Allstedt nach Mühlhausen »In allen landen wyl sich das spiel machen«, 1 schrieb Müntzer am 15. Juli 1524 an die Befürworter einer reformatorischen Erneuerung in Sangerhausen. Im Reich herrschte zu dieser Zeit eine gespannte Situation: Die Befürworter reformatorischer Neuerungen suchten die bisher erreichten Ergebnisse zu sichern, radikalere Kräfte drängten auf eine energischere Weiterführung des reformatorischen Prozesses, und altgläubige Bischöfe und Fürsten formierten sich zum Gegenschlag, um diese Entwicklung zu stoppen. In den Landgebieten flackerten erste Unruhen auf, die im Südwesten mit der Erhebung in der Landgrafschaft Stühlingen Ende Juni 1524 den Beginn des Bauernkriegs ankündigten. In Thüringen rumorte es zuerst in mehreren Städten. Als Martin Luther 1521 auf dem Weg nach Worms in Erfurt demonstrativ empfangen worden war, was vielen Klerikern missfiel, und schließlich das Wormser Edikt bekannt wurde, das Luther verurteilte, entlud sich der Groll gegen die Geistlichen. Im Juni plünderten Studenten und Bürger an drei Tagen die Wohnungen von Domherren und niederen Geistlichen. Das »Pfaffenstürmen« war gleichsam das Signal für antiklerikale Aktionen auch in anderen thüringischen Städten.2 Evangelische Prediger sind seit 1522 in Altenburg, Coburg, Neustadt an der Orla, Nordhausen und Weida nachgewiesen, seit 1523 in Arnstadt, Eisenach, Eisenberg, Gotha, Jena, Saalfeld und Weimar, auch in Eilenburg, Halberstadt, Naumburg und Quedlinburg. Viele Mönche und Nonnen verließen ihre Klöster, und Kirchen- und Bilderstürme häuften sich. In Mühlhausen nahm der reformatorische Prozess bald einen stürmischen Verlauf. Nach der Flucht aus Allstedt3 stand Müntzer wieder einmal vor der Frage, wo er sein Werk fortsetzen könne. Am 15. August 1524 hielt er sich nachweislich in der freien Reichstadt Mühlhausen auf.4 Offen bleibt al250
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lerdings, ob er sich auf direktem Weg dorthin begeben hat. Die Aussage Müntzers im Brief an die Allstedter Ratsherren vom 7. August, er habe wegen einer Angelegenheit über Land ziehen müssen,5 wurde dahingehend gedeutet, dass er das »Gezeugnus des ersten capitels des evangelions Luce«, für das er einen Drucker suchte, zu Hans Hut nach Bibra habe bringen wollen. Doch eher könnte er sich zunächst nach Nordhausen und von dort nach Mühlhausen begeben haben. Schosser Hans Zeiß informierte am 24. August 1524 Kurfürst Friedrich den Weisen nur allgemein, Müntzer sei bei Nacht über die Stadtmauer entwichen.6 Am nächsten Tag schrieb er dann an Herzog Johann, er sei in der Nacht vom 7. zum 8. August mit einem Goldschmied aus Nordhausen heimlich über die Stadtmauer gestiegen und »wegk gangen, on allen abscheidt«. Am folgenden Tag habe er um die Mittagszeit dem Rat ein Schriftstück zukommen lassen, sie sollten keinen Argwohn hegen, denn er habe »uber landt zu schaffen. Do haben wir gedacht, er wurde widerkomen.«7 Bei dem Goldschmied handelte es sich um Martin Rüdiger, der aus Mühlhausen stammte, dessen Eltern und Geschwister dort lebten und der vermutlich mit der Familie Rüdiger in Allstedt verwandt war.8 Da der erste Brief, den Müntzer aus Mühlhausen abschickte, das Datum 15. August aufweist, kann er sich nur kurze Zeit in Nordhausen aufgehalten haben, wenn er nicht mit seinem Begleiter den direkten Weg nach Mühlhausen wählte.9 Da er sich auf kursächsischem Gebiet nicht mehr sicher fühlen konnte, wird er in der freien Reichsstadt Schutz gesucht haben. Denn während des Verhörs nach der Gefangennahme sagte er aus, er habe in Mühlhausen Zuflucht gesucht und »es ime aldo wolgefallen«, auch sei es »eyn feste stadt«.10 Mühlhausen, zwischen dem Höhenzug des Hainich und dem oberem Eichsfeld gelegen, beherbergte um 1525 etwa 7.500 Einwohner und war eine der größten Städte zwischen Harz und Thüringer Wald.11 Im 8. Jahrhundert war eine Siedlung angelegt worden, der 1125 das Stadtrecht verliehen wurde. Später wurden die Privilegien erweitert, so dass die Kommune sich freie Reichsstadt nennen konnte. Seit dem 11. Jahrhundert entstanden die Altstadt (Unterstadt) und die planmäßig angelegte Neustadt (Oberstadt), später fünf Vorstädte (St. Margarthen, St. Georgi, St. Martini, St. Nikolai und St. Petri). Um 1170 wurde die innere Stadtmauer mit sieben 251
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Abb. 38: Ansicht von Mühlhausen (1650)
Toren und 38 Wehrtürmen sowie einem Wallgraben errichtet. Eine äußere Stadtmauer schloss später auch die Vorstädte ein. Das älteste Rathaus wurde vor 1300 über der Schwemmnotte erbaut und verband Alt- und Neustadt. Den dreißigköpfigen Rat bildeten Patrizier und seit der Mitte des 14. Jahrhunderts auch Vertreter der angesehensten Zünfte. Im Jahr 1406 wurde deren Parität mit den alten Ratsgeschlechtern anerkannt. Doch alle wichtigen Entscheidungen traf der aus wenigen Ratsherren bestehende Senatus seniorum (Rat der Ältesten). Im ersten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts schloss Mühlhausen Bündnisse mit Erfurt und Nordhausen, und 1429 wurde die Stadt Mitglied der Hanse. In den Jahren 1447 bzw. 1482 wurden dann Schutzverträge mit Hessen und den Wettinern vereinbart. Die Kommune wurde zwar wiederholt in kriegerische Konflikte verstrickt, konnte aber ihre Reichsfreiheit behaupten. In kirchlicher Hinsicht12 unterstand Mühlhausen dem Erzbistum Mainz. Zwischen 1317 und 1380 wurde in der Oberstadt die Marienkirche als fünfschiffige gotische Hallenkirche erbaut. Insgesamt gab es 15 Kirchen, von denen in den Vorstädten die größte St. Nikolai war. Errichtet wurden außerdem drei Klöster – das Barfüßerkloster (Franziskaner), das Brückenkloster (Magdalenerinnen) und das Predigerkloster (Dominikaner). Ferner existierten sechs Kapellen und mehrere Hospitäler und seit dem ersten Viertel des 13. Jahrhunderts eine Niederlassung des Deutschen Ordens, der später je einen Hof in der Unter- und der Oberstadt unterhielt. Für die dominante Stellung des Ordens spricht, dass ihm seit 1227 die Marienkirche und seit 1243 die Blasiuskirche unterstanden. Später übte er das Patronatsrecht über fast alle Kirchen der Stadt aus. Charakteristisch für Mühlhausen war die enge Verbindung von Handwerk, Landwirtschaft und Handel. Überregionale Bedeutung erlangten 252
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indes nur die Tuchmacher, die Leineweber und die Gerber. Das einzige Exportgewerbe war die Tuchmacherei, und folglich bildeten die Wollweber die größte der 25 Zünfte. Gehandelt wurde darüber hinaus mit Bier, Getreide und Waid, einem wichtigen Farbstoff. Die meisten Gewerbe versorgten jedoch nur die Einwohner der Stadt sowie die Gemeinden der näheren Umgebung. Am Beginn des 16. Jahrhunderts hatte die Kommune allerdings ihre wirtschaftliche Blütezeit bereits überschritten. Das wirtschaftliche Profil beeinflusste auch die Sozialstruktur.13 Etwa 40 Prozent der Einwohner waren Zunfthandwerker, 35 Prozent Ackerbürger, 20 Prozent Hilfsarbeiter und Tagelöhner und 5 Prozent Kaufleute und städtische Angestellte. Während 13 Prozent der Steuerpflichtigen über 56 Prozent des Gesamtvermögens verfügten, fiel auf 45 Prozent der Besitzlosen bzw. der Einwohner mit kleinen Vermögen nur ein Anteil von 2 Prozent. Diese Zahlen belegen die fortgeschrittene soziale Differenzierung, die sich auch zwischen Innenstadt und Vorstädten abzeichnete. Seit dem 14. Jahrhundert hatte die Stadt ein großes Landgebiet erworben. Am Anfang des 16. Jahrhunderts unterstanden dem Rat 18 Dörfer mit zirka 2.400 Einwohnern. Knapp die Hälfte der Ländereien, Gehöfte und Erbzinse waren in dessen Hand oder in der von Bürgern, die als Grundherren fungierten. Über weitere Besitzungen verfügte die Geistlichkeit, während adliger Besitz nur eine geringe Rolle spielte. Zu Recht ist von einer Ackerbürgerstadt die Rede. Das geistig-kulturelle Leben beherrschten die Geistlichen, und angesichts der dominanten Stellung des Deutschen Ordens, der sich der Tradition verpflichtet sah, wurde die Verbreitung neuer Ideen unterbunden oder zumindest erschwert. So sind für Mühlhausen zum Beispiel keine humanistischen Einflüsse oder von den Lateinschulen ausgehende Impulse nachgewiesen. Zwar ist – wie auch andernorts – mit einer Individualisierung der Frömmigkeit zu rechnen, aber zu einer bibelorientierten Verkündigung waren die Geistlichen nicht bereit. Dem Verlangen der Bürgerschaft nach einer Erneuerung des Kirchenwesens entsprachen deshalb in erster Linie Prediger, die aus anderen Orten in die Stadt kamen. Das kann erklären, warum in dem Augenblick, als die Verkündung des Evangeliums gleichsam unvorbereitet auf den Weg gebracht wurde, heftige Konfrontationen nicht ausblieben. 253
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Reformatorische Predigt und Opposition gegen den Rat Die mangelhafte Seelsorge durch den Deutschen Orden, das sittenwidrige Verhalten mancher Geistlicher und erhöhte Zinsforderungen begünstigten, dass nicht wenige Einwohner die reformatorische Predigt begrüßten.14 Im Jahr 1522 kam der ehemalige Benediktinermönch Matthäus Hisolidus in die Stadt und wurde als Pfarrer von St. Jakobi angenommen.15 Er war zunächst Prior im Benediktinerkloster Bosau bei Zeitz, wurde im Mai 1519 in Wittenberg immatrikuliert, nahm an der Leipziger Disputation teil und veröffentlichte Ende Juli 1519 einen Bericht, in dem er das Auftreten Luthers während der Disputation erwähnte, die Verdienste Karlstadts aber besonders betonte. Seine Prägung durch Karlstadt belegt vor allem die Schrift »Eyn Sermon von dem recht christlichen leben, beschleust in sich drey tugent des heyligen Ewangelij. Vorleuckunge, Gelaszenheyt, Vorgleychniß christi«, die 1522 in Erfurt gedruckt wurde. Karlstadt behandelte das Thema 1520 in der Schrift »Missive von der allerho(e)chsten tugent gelassenhayt«, die Hisolidus kannte und an die er sich anlehnte.16 Wolle der Mensch im Geist Gottes leben und gelassen werden, müsse er alle Begierden des Fleischs ablegen und wie Christus das Kreuz tragen.17 Ihm nachzufolgen verlange, sich selbst zu verleugnen und nur Christus zu vertrauen.18 Wer alles aufgebe, sei es Vater oder Mutter, Bruder oder Schwester, Güter oder Geld, der erlange die wahre Gelassenheit und werde mit seinem Schöpfer eins.19 Mit diesen Gedanken folgte Hisolidus nicht nur Karlstadt, sondern war er auch nahe bei Müntzer. Zur selben Zeit predigte in der Stadt Heinrich Pfeiffer,20 ein Mühlhäuser Bürgersohn, der in das im 12. Jahrhundert von Volkenroda gegründete Zisterzienserkloster Reifenstein auf dem Eichsfeld eingetreten war. Als er es 1521 verließ, wurde er von dem zur reformatorischen Lehre neigenden Ritter Hans von Entzenberg auf der nahegelegenen Burg Scharfenstein als Kaplan angenommen, aufgrund seiner lutherisch geprägten Predigten jedoch bald verfolgt. Als er festgenommen werden sollte, flüchtete er zu Beginn des Jahres 1523 nach Mühlhausen und gewann dort zahlreiche Anhänger. Wie Hisolidus könnte auch er von Karlstadt beeinflusst worden sein, denn nach seiner Gefangennahme im Mai 1525 bekannte er im Ver254
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hör, er sei mit Luther nicht einer Meinung gewesen, Karlstadt sei er nicht begegnet, aber dessen Lehre habe er angenommen.21 An Konflikten hatte es in der Reichsstadt in der Vergangenheit nicht gefehlt. Wiederholt war der Rat herausgefordert worden, die Reichsfreiheit zu verteidigen. Seit dem 14. Jahrhundert führte die Mitbeteiligung der Handwerker am Stadtregiment zum Streit, aber auch zwischen dem Rat und dem Deutschen Orden gab es immer wieder Zwistigkeiten. Im Zeichen der reformatorischen Botschaft verwoben sich nun die politischen Ansprüche der bürgerlichen Opposition mit dem Verlangen nach einer Erneuerung des Kirchenwesens. Am 8. Februar 1523 – einem Sonntag – trat Pfeiffer in weltlicher Kleidung auf den Bierruferstein, der sich auf dem Kirchhof der Marienkirche befand. Es war üblich, dass der Bierausrufer dort nach dem Gottesdienst bekannt gab, wo frisches Bier gebraut worden war. Als nach altem Brauch während einer Prozession das Kreuz um die Kirche getragen wurde, benutzte Pfeiffer den Stein gleichsam als Kanzel und erklärte, er wolle ein anderes Bier verkünden. Er habe – so die Überlieferung – Pfaffen, Nonnen und Mönche gescholten, sie seien des Teufels Gesinde, denn alles, was sie besitzen, sei mit dem Blut und Schweiß armer Leute erarbeitet worden.22 Da habe jedermann zugehört, denn viele Einheimische und Fremde, die Pfeiffers Lehre anhingen, hätten zu ihm gehalten.23 Als der Rat davon Kenntnis erhielt und Pfeiffer am Montag auf das Rathaus zitierte, begleiteten ihn viele Bürger und Bauern mit Ungestüm, so dass die Ratsherren Mühe hatten, die Menge zu beruhigen. Der Pfarrer Daniel Roest, der die Stadt verlassen und sich unter den Schutz Herzog Georgs begeben hatte, charakterisierte im Mai die Situation mit den Worten, in Mühlhausen habe der »martinische Irrtum« überhandgenommen.24 Obwohl der Rat an Pfeiffers Auftritten Anstoß nahm, dürften manchen Ratsherren angesichts der ständigen Streitigkeiten mit dem Deutschen Orten die antiklerikalen Töne nicht ungelegen gewesen sein. Als Pfeiffer die Stimmung gegen die Geistlichen weiter anheizte, wurde er – wohl auch angesichts der Warnungen der geistlichen Obrigkeiten – am 1. April ein weiteres Mal aufgefordert, vor dem Rat zu erscheinen und sich wegen seiner Predigten zu verantworten. 255
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Pfeiffer verlangte vom Rat sicheres Geleit, was dieser ablehnte. Daraufhin verkündete er von der Kanzel, wer beim Evangelium stehen wolle, solle das beschwören.25 Alle Versammelten, »man, weib, jung undt alt«, leisteten daraufhin den Eid , holten ihre Wehr und beriefen in Anlehnung an herkömmliche Protestformen auf dem Kirchhof der Marienkirche einen Ausschuss von acht Männern,26 durchweg vermögende Handwerker und Ackerbürger aus der Innenstadt.27 Der Ausschuss plädierte für eine Reform der Stadtverfassung und der Kirchenordnung. Am 1. Mai wurde dann ein weiterer Ausschuss von 48 Männern – zwölf aus jedem Stadtviertel – gewählt, der die Beschwerden sammelte und dem Rat übergab. Der suchte indes eine Entscheidung zu verzögern, indem er einige Forderungen akzeptierte, gegen andere aber Einwände erhob. So lehnte er es zum Beispiel ab, den Senatus seniorum abzuschaffen. Inzwischen ermahnte Herzog Georg von Sachsen am 19. Mai als Schutzherr der Stadt die Ratsherrn, er habe sie jüngst gewarnt, als ihm glaubhaft berichtet worden sei, dass sie der neuen irrigen Sekte anhängen, und sie aufgefordert, dafür zu sorgen, das diese nicht weiter überhandnehme und Ärgernis verursache.28 Pfeiffer predigte inzwischen weiter in der Kirche St. Nikolai, aber auch Magister Simon Hildebrand, der Mitte April nach Mühlhausen kam, schürte die antiklerikale Stimmung.29 Der Rat war jedoch uneins, wie man darauf reagieren solle. Manche Ratsherren meinten, die Sache ginge sie nichts an, sondern nur die Pfaffen und Mönche, die angesichts ihrer Missbräuche das Volk sehr gehässig gemacht hätten.30 Das hatte offenbar – so das Chronicon Mulhusinum – Mitte Juni nachts einen stürmischen Auflauf auf dem Obermarkt zur Folge, so dass viele Bürger und Pfaffen die Stadt verlassen haben sollen.31 Am 30. Juni32 läuteten »etliche Bürger« die Sturmglocke von St. Jakobi, und viele Einwohner und Eichsfelder, die sich in der Stadt aufhielten, liefen mit ihrer Wehr vor das Rathaus, um von den Herren Rechenschaft zu fordern. Durch einige Zusagen erreichte der Rat, dass die Menge abzog.33 Doch die Achtmänner harrten aus und bedrängten ihn so lange, bis dieser am 3. Juli einen Teil der Forderungen akzeptierte und einen Rezess mit 54 Artikeln besiegelte.34 Die Zugeständnisse betrafen hauptsächlich die Beseitigung von Missständen in der Rechtspflege und der Amtsführung des Rats sowie die Nutzung der Allmende und einige aufzubringende Leistungen. Auch wurden 256
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die Achtmänner als den Rat beratende und kontrollierende Bürgervertretung anerkannt. Der Rezess berücksichtigte zudem einige reformatorische Belange. So sollte kein Pfaffe das Amt des Stadtschreibers ausüben (Art. 39). Mit dem Deutschen Orden sollte verhandelt werden, die Pfarrkirchen und Kapellen mit evangelischen Predigern zu versorgen. Geschehe das nicht, sollten der Rat und die Gemeinde sie bestellen, wie überhaupt niemandem der Zugang zum Evangelium verweigert werden dürfe (Art. 45). Mönche und Nonnen, die ihr Kloster verlassen wollen, sollte das erlaubt sein und ihnen die eingebrachten Güter zurückgegeben werden (Art. 49). Auch sollte in den Kirchen ein gemeiner Kasten aufgestellt werden, um die Armen und Notdürftigen zu versorgen (Art. 54). Herzog Georg urteilte am 1. August, er habe erfahren, dass durch Verhetzung der »Martinischen« und von zwei aus dem Kloster entlaufenen Mönchen – das heißt Pfeiffer und Hisolidus – zwischen dem Rat und der Gemeinde viel Widerwille herrsche und ein Aufruhr entstanden sei, indem etliche von der Gemeinde viel Unfug getrieben und sich unterstanden hätten, den Rat seiner althergebrachten Gerechtigkeit zu berauben.35 Doch mit dem Rezess wurden in erster Linie die besitzenden Bürger zufriedengestellt. Die Belange der Vorstädter wurden dagegen nicht berücksichtigt, so dass weiterhin ein erhebliches Konfliktpotential vorhanden war. Da die oppositionelle Bewegung nach der Annahme des Rezesses verebbte, gelang es dem Rat am 24. August 1523, Pfeiffer und Hisolidus auszuweisen. Den Landkomtur des Deutschen Ordens informierte er, dass er zwei abtrünnige Mönche, die zur Empörung aufgerufen hätten, aus der Stadt verjagt habe. Er verwies aber auch darauf, dass der Komtur von ihm wiederholt aufgefordert worden sei, einen standhaften redlichen Prediger für die Marienkirche zu bestellen.36 Hisolidus beschwerte sich kurze Zeit später bei den Bürgern des Viertels St. Jakobi, sie hätten ihn wider Gott und das Recht wie einen Dieb, Mörder oder Ehebrecher auf unmenschliche und unchristliche Weise vertrieben, ohne dass er verurteilt worden sei. Seine Bitte an sie als fromme christliche Leute sei es, ihn mit friedlichem Geleit wieder in ihre christliche Gemeinschaft aufzunehmen.37 Pfeiffer hingegen wandte sich Anfang November an Kurprinz Johann Friedrich.38 Er habe in Mühlhausen eine Zeitlang das lebendige Wort Got257
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tes gepredigt und sei deshalb unverhört und unwiderlegt vertrieben worden. Wiederholt habe er darum ersucht, angehört und bestraft zu werden, wenn er unrecht gehandelt habe. Das habe aber alles nichts genützt. Deshalb bat er den Herzog um Fürsprache beim Mühlhäuser Rat. Im Dezember kehrten die beiden Ausgewiesenen, von ihren Anhängern unterstützt, in die Stadt zurück, und sofort lebten die antiklerikalen Aktionen wieder auf.39 In einer Quelle heißt es, die Menge sei in die Klöster eingefallen und wider Gott und alle Vernunft ganz schrecklich gegen die Ordensleute vorgegangen. Am 27. Dezember hätten »die Weiber« den Pfarrer der Kirche Divi Blasii von St. Kilian bis St. Blasius durch die Stadt gejagt, wo er sich habe verkriechen müssen.40 Auch sei dort auf ungewöhnliche Weise Messe gehalten worden.41 In der folgenden Zeit war die entscheidende Frage, ob der Rat den Rezess respektieren und auch die Interessen derer berücksichtigt, die bisher leer ausgegangen waren. Letztlich ging es um eine konsequente Gestaltung des gesamten städtischen Lebens im Geist des Evangeliums.
Müntzer in Mühlhausen Mit dieser Situation wurde Thomas Müntzer konfrontiert, als er vor dem 15. August 1524 in der Reichsstadt eintraf. Als Martin Luther davon Kenntnis erhielt, sandte er am 21. August einen »Sendbrief an die Ersamen und weysen Herrn Burgermeister, Rhat und gantze Gemeyne der Stadt Muehlhausen«, um diese vor Müntzer zu warnen.42 Am 24. Juni hatte Kurprinz Johann Friedrich Luther zu einer Visitationsreise aufgefordert, um den Einfluss der »Schwärmer« in Thüringen einzudämmen.43 Ein hartes Vorgehen sei notwendig, signalisierte der Kurprinz am 17. August dem Hofgeistlichen Veit Warbeck, denn er habe mit dem »Geschwürm« genug zu schaffen, im Besonderen mit dem vermaledeiten »Satan von Allstedt«.44 Ihn dünke, mit Sanftmütigkeit werde nichts ausgerichtet, sondern zu deren Bestrafung müsse das Schwert gebraucht werden. Am 21. August predigte Luther in Jena über »der Geister Lehre«, und er nannte neben anderen den »Geist zu Alstett«, dessen Früchte Aufruhr und Mord seien, die er zuvor schon in Zwickau verbreitet habe.45 Am nächsten Tag kam es zu einem heftigen Disput mit Andreas Karlstadt und an258
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schließend mit dem Rat in Orlamünde. Als Folge wurde Karlstadt am 18. September von den kurfürstlichen Räten angewiesen, das kursächsische Gebiet sofort zu verlassen. Ein gleiches Schicksal ereilte dessen Anhänger Martin Reinhart und Gerhard Westerburg in Jena.46 Während dieser Reise erhielt Luther Kenntnis, dass Müntzer sich in Mühlhausen niederlassen wolle. Die Information wird ihm Justus Jonas übermittelt haben, der den Reformator von Mansfeld bis Eisleben begleitete und wegen einer Erbschaftssache Beziehungen nach Mühlhausen unterhielt.47 Müntzer war bekannt, dass Jonas Luthers Informant war, denn in seinem Brief an Christoph Meinhard berichtet er, das Schreiben Luthers sei durch die Mitteilung von Jonas veranlasst worden.48 Jedenfalls hat Luther während seines kurzen Aufenthalts in Weimar am 21. August seinen Brief an die Mühlhäuser verfasst,49 ehe er nach Jena weiterreiste. Ihn hätten gute Freunde gebeten, so Luther, den Mühlhäuser Rat vor Müntzer zu warnen, da dieser gewillt sei, sich in die Stadt zu begeben. Deshalb bitte er, sich vor diesem falschen Geist und Propheten zu hüten, denn er komme in Schafskleidern daher und sei inwendig ein reißender Wolf.50 Er habe schon an vielen Orten, besonders in Zwickau und jetzt in Allstedt, bewiesen, was er für ein Baum sei. denn er trage keine anderen Früchte als Mord, Aufruhr und Blutvergießen anzurichten. Darüber habe er zu Allstedt öffentlich gepredigt, geschrieben und gesungen.51 Luther erinnerte daran, dass Müntzer an Offenbarungen glaube und sich schon mehrere Jahre seines Geistes rühme, bisher aber keine guten Früchte hervorgebracht habe. Auch schicke er »Vagabunden« ins Land, die weder von Gott gesandt noch von Menschen berufen seien. Wer sie anhöre und ihnen folge, so sage er, sei ein auserwählter Sohn Gottes, wer das aber nicht tue, sei gottlos und solle getötet werden. Wenn sein Ratschlag – so Luther weiter – Bürgermeister, Rat und Gemeinde nicht überzeuge, sollen sie eine Entscheidung aufschieben, bis sie selbst erfahren, wes Geistes Kind Müntzer sei. Mit seiner Bitte wolle er jedoch dem zu erwartenden Schaden zuvorkommen, denn er könne sich rühmen, mit seiner Lehre niemandem geschadet zu haben. Wenn sie aber seinen Rat missachten, den selbsternannten Propheten annehmen und Schaden erleiden, trage er keine Schuld. Der Rat könne Müntzer vor der ganzen Gemeinde fragen, wer ihn gesandt oder gerufen habe. Sage er dann, Gott und sein Geist hätten ihn geschickt, solle er das mit Zeichen 259
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und Wundern beweisen, und wenn er dazu nicht in der Lage sei, solle ihm die Predigt untersagt werden. Das war nicht das erste Mal, dass Luther Müntzers Handeln verurteilte. Schon mit seiner Schrift »Eyn brief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrurischen geyst«52 von Mitte Juli wollte er die sächsischen Landesherrn zum Vorgehen gegen Müntzer bewegen. Hier argumentierte er ähnlich wie dann im Sendbrief an die Mühlhäuser, ohne jedoch Müntzer beim Namen zu nennen. Er empfahl zwar, man solle ihn und seine Anhänger predigen lassen, denn um das Wort Gottes müsse gerungen werden. Wenn sie aber dazu auffordern, die Faust zu gebrauchen, sollen die Fürsten sie unverzüglich aus dem Land weisen.53 Zurückhaltender urteilte Herzog Johann, als er Kurfürst Friedrich dem Weisen am 24. August mitteilte, ihm sei während seines Aufenthalts in Eisenach von dem Ritter Georg von Ebeleben angezeigt worden, dass Müntzer sich nach Mühlhausen begeben haben soll.54 Wiewohl man ihm das Predigen zuerst nicht habe erlauben wollen, sei er als Prediger angenommen worden. Angesichts dessen sei es nicht angebracht, mit ihm länger zu verhandeln. Damit erinnerte der Herzog an die früheren Bemühungen, von Müntzer Rechenschaft zu fordern.55 Gleichsam erleichtert fuhr er fort, es sei wohl besser, »das er sich selbst hinwegk wendet, dann das ime solt urlaub gegeben werden«.56 Der Mühlhäuser Rat folgte Luthers Ratschlag nicht, sondern beschränkte sich darauf, am 27. August bei Wolfgang Stein, Hofprediger Herzog Johanns in Weimar, anzufragen, ob Müntzer von den Herren zu Sachsen in Güte geschieden sei.57 Eine Antwort ist nicht überliefert, und andere Reaktionen sind nicht bekannt. Luthers »Sendbrief« wurde noch im selben Jahr von Hans Hergot in Nürnberg gedruckt und damit sein Standpunkt der Öffentlichkeit bekannt gemacht.58 Spätere Informationen besagen, dass Müntzer in Mühlhausen freundlich aufgenommen wurde. Ohne eine feste Anstellung predigte er in der Marien- und der Nikolaikirche, und im Chronicon Mulhusinum wird berichtet, er habe sich zu Pfeiffer gesellt, und beide hätten einen großen Anhang »von allerley volck« gewonnen, so dass der Rat dagegen nichts zu unternehmen vermocht habe.59 Da Müntzer eine Wohnung nicht zur Verfügung stand und er materiell 260
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nicht abgesichert war, nahm ihn Heinemann Ludwig, ein Weißgerber und Achtmann und später Mitglied des Ewigen Rats, für zwei Wochen bei sich auf.60 Anschließend wohnte er offenbar bei einigen anderen Bürgern.61 Seine Frau Ottilie befand sich zu dieser Zeit noch in Allstedt. Wann sie in Mühlhausen eintraf, ist nicht bekannt. Deshalb bat Müntzer in seinem Brief an Schosser, Rat und Gemeinde von Allstedt, ihr ein kleines Zehrgeld zu geben.62 Seinen Famulus Ambrosius Emmen, der ihn seit dem Aufenthalt in Zwickau begleitete, wollte er bei sich haben, weil er seiner dringend bedürfe. Auch war der Hausrat noch nach Mühlhausen zu befördern. Doch ein Fuhrmann – so schrieb Müntzer am 3. September an Emmen – habe ihn im Stich gelassen,63 so dass sich der Umzug verzögerte. Alles deutet darauf hin, dass Müntzer Mühlhausen nicht nur als eine Durchgangsstation auf der Flucht betrachtete, sondern entschlossen war, sich hier niederzulassen. Am 15. August wandte Müntzer sich noch einmal an Schosser, Rat und Gemeinde zu Allstedt und verteidigte sein dortiges Auftreten: Er habe sich nicht enthalten können, die Tyrannen, die den christlichen Glauben verfolgen, aufs Schärfste zu schelten, weil sie unter dem Vorwand, über das Regiment zu verfügen, die Leute plagen und schinden, aber das Evangelium verleugnen. Auch habe er Anlass gehabt, diejenigen anzugreifen, die sich dazu hergaben, diese gottlosen Menschen zu verteidigen.64 Er wolle sich aber diesmal – das heißt mit diesem Brief – freundlich von ihnen verabschieden.65 In diesem Brief bat Müntzer auch, ihm die Mess- und Vesperbücher – also die »Deutsch Evangelisch Messze« und das »Deutzsch kirchen ampt« – nach Mühlhausen zu schicken,66 weil er beabsichtigte, sein liturgisches Reformwerk hier fortzusetzen, denn das Volk sei willig, die reformierte deutsche Messe anzunehmen. Darum sollten sie – das heißt die Allstedter – sich überwinden, untereinander vertragen und ihn auch anderen Leuten gönnen, bis die Kirche vom »feuer der ergernis« gereinigt sei.67 Im Brief an Emmen kritisierte Müntzer jedoch nach kurzem Aufenthalt in der Reichsstadt, die Mühlhäuser seien langsam, denn allenthalben sei das Volk im wahren Glauben unerfahren.68 Es war wohl ein Grund mehr, auch hier sein Werk mit der Gottesdienstreform zu beginnen.69 Der Langensalzaer Amtmann Sittich von Berlepsch wollte gar wissen, Müntzer habe bald nach seiner Ankunft gepredigt, sie seien keiner Obrigkeit schuldig, gehorsam zu sein, auch niemandem Zins oder Rente zu ge261
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ben, und man solle alle geistlichen Stände vertreiben.70 Inwieweit das der Wahrheit entspricht, muss offen bleiben, da andere Quellen nichts über Müntzers Predigten aussagen. Eine Radikalisierung der Gemeinde wurde aber bald durch einen Zwischenfall bewirkt.
Eine angespannte Situation in der Stadt Heinrich Pfeiffer und Matthäus Hisolidus waren nach ihrer Rückkehr weiterhin bemüht, die Bevölkerung für die Sache des Evangeliums zu gewinnen. Angesichts ihrer Absage an die Bilderverehrung als Götzendienst waren mehrere Bilderstürme die Folge,71 so zum Beispiel im Juni 1524 in der Dominikanerkirche. Altgläubige Prediger wurden vertrieben,72 und auch auf die Dörfer des Landgebiets griff die antiklerikale Stimmung über.73 Der Prediger Johann Behme, den Luther im August oder September nach Mühlhausen schickte, argumentierte »wider den Allstedter«,74 konnte aber nichts ausrichten. Die Predigten Müntzers und Pfeiffers wurden zwar von der Bevölkerung mit großem Interesse aufgenommen, aber von der altgläubigen Mehrheit des Rats, dem Deutschen Orden als Patron der Stadtkirchen und dem Abt von Volkenroda, der um die Rechte seines Klosters in der Stadt bangte, abgelehnt und behindert. Vor allem die regierenden Ratsmeister Sebastian Rodemann und Johann Wettich engagierten sich, um Müntzer und Pfeiffer aus der Stadt zu verdrängen. Johann Laue,75 ehemals Priester des Deutschen Ordens und dann Prediger in Mühlhausen, berichtete im September 1525, die Ratsmeister hätten ihn gefragt, wie man Müntzer und Pfeiffer loswerden könne.76 Da habe er ihnen geantwortet, wenn sie einverstanden seien, wolle er öffentlich gegen sie auftreten, so dass man sie vertreiben könne. Beide hätten aber so viel Beifall gefunden, dass dies nicht möglich gewesen sei.77 Die Situation wurde nicht befriedet. Konfliktpotential barg der Rezess vom 3. Juli 1523. Denn die Umsetzung der Beschlüsse erfolgte nur zögerlich. Auch Streitigkeiten zwischen Nikolaus Reber, Abt des Klosters Volkenroda, und Nikolaus von Uttenrode, Landkomtur der Ballei Thüringen des Deutschen Ordens, einerseits und dem Mühlhäuser Rat andererseits waren nicht ausgestanden.78 Der Abt und der Orden beschwerten 262
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sich wiederholt wegen der Verletzung ihrer Rechte. Reber monierte die Einschränkung der Privilegien der beiden Freihöfe, über die das Kloster in der Stadt verfügte, und die wiederholte Belästigung und Schmähung von Mönchen, Uttenrode die Vertreibung von Johann Weber, Pfarrer der Sankt-Blasius-Kirche. Das Reichsregiment beauftragte deshalb am 22. Februar 1524 Herzog Johann damit, beide Parteien anzuhören und den Streit zu schlichten. Der am 11. August nach Verhandlungen in Weimar vereinbarte Abschied79 stand den streitenden Parteien bis zum 28. August zur Annahme offen. Der Mühlhäuser Rat ließ von seinem Syndikus eine Stellungnahme erarbeiten, die dem Herzog am 26. August übermittelt wurde. Die Argumentation des Rats war moderat: Im Streit mit dem Abt80 (Rechte der Freihöfe, Schutz der Güter, Zinsprobleme) lenkte er ein, indem er das Verhandlungsergebnis akzeptierte, aber darauf bestand, dass Reber davon absehen solle, in die Rechte des Rats einzugreifen. Von Uttenrode81 wurde verlangt, Johann Weber durch einen anderen Pfarrer zu ersetzen. Der Rat lehnte das Ergebnis der Verhandlungen zwar nicht ab, präzisierte aber seinen Standpunkt. Doch der Landkomtur behauptete am 18. September, die Mühlhäuser wollten den ausgehandelten Abschied nicht annehmen, sondern verlangten eine Entscheidung des Kaisers.82 Der Mühlhäuser Rat befand sich in einer scheinbar ausweglosen Situation: Er hatte 1523 den Rezess akzeptieren müssen, tat sich aber schwer, diesen vollständig umzusetzen. Er bemühte sich, Müntzer und Pfeiffer aus der Stadt zu vertreiben, hatte aber bisher keinen Erfolg. Er billigte prinzipiell den von Herzog Johann ausgehandelten Kompromiss, erregte aber durch einige Vorbehalte das Misstrauen des Abts und des Landkomturs. Dieses Verhalten hatte Folgen: Nach außen wurde das Verhältnis zu den Schutzfürsten von Sachsen und Hessen belastet, im Inneren sahen sich die Ratsgegner herausgefordert, so dass neue Konflikte provoziert wurden, die schließlich einen Aufstand auslösten.83
Der Beginn des Septemberaufstands Während einer Hochzeitsfeier am 19. September 1524 soll Caspar Reinhardt, Kirchner zu St. Jakobi und Schreiber des Reichsschultheißen, Sebastian Rodemann beleidigt haben, so dass die Stadtknechte auf dessen 263
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Geheiß Reinhardt festnahmen und in das Gefängnis im Rathaus verbrachten, was jedoch der Rezess ohne Gerichtsurteil nicht erlaubte. Laut Artikel 9 hätte er nur in einem Stadttor festgehalten werden dürfen.84 Angesichts dieser Rechtsverletzung85 befreiten die Achtmänner Reinhardt, führten ihn zu der Hochzeitsgesellschaft zurück und veranlassten Rodemann, sich aus der privaten Sphäre des Gasthofs in das Rathaus, seinen Amtssitz, zu begeben. Auch liefen bewaffnete Bürger vor das Haus Wettichs, des zweiten regierenden Ratsmeisters, und forderten ihn auf, ebenfalls im Rathaus zu erscheinen. Dort mussten beide zusagen, sich am nächsten Tag wegen des Rechtsbruchs zu verantworten. Wenn die Achtmänner – so wurden später Herzog Georg und Landgraf Philipp unterrichtet – die beiden Ratsmeister nicht geschützt hätten, wären sie kaum lebendig in das Rathaus gelangt.86 Rodemann und Wettich entzogen sich indes der Verantwortung durch die Flucht in die Amtsstadt Salza (heute Langensalza) und begaben sich unter den Schutz Herzog Georgs.87 Mit sich führten sie das Stadtsiegel, einen Torschlüssel, die Stadtfahne und ein Pferd. Die Insignien übergaben sie einem Domherrn in Erfurt zur Verwahrung. Herzog Georg und Landgraf Philipp erklärten am 11. Oktober gegenüber Rat und Gemeinde von Mühlhausen, die Ratsmeister seien von einer großen Menge Volks ungestüm überlaufen worden, so dass sie um ihr Leben bangen mussten und deshalb die Stadt verlassen hätten.88 Sittich von Berlepsch, Amtmann zu Salza, ergänzte in einem Schreiben an Herzog Georg, Rodemann und Wettich hätten ihm berichtet, dass die Mühlhäuser vor acht Tagen in allen Kirchen und Klöstern die Altäre geplündert, auch alle Bilder und die vorgefundenen Reliquien weggeführt und insgesamt schmählich gehandelt hätten. Da der Bildersturm »vor acht Tagen« erfolgt sein soll und der Bericht das Datum des 26. September trägt, muss er am 19. September oder am Vortag – einem Sonntag – stattgefunden haben. Von Müntzer ist in diesem Zusammenhang keine Rede. Aber für Berlepsch war er der Verursacher (»hat sye underweyset«).89 Auch berichtete der Amtmann, die Gemeinde habe verlangt, dass der Rat die drei Artikel, die Müntzer in der Predigt vorgetragen habe, mitbewilligen solle. Da jedoch mehr als zehn der namhaftesten Ratsmitglieder aus der Stadt entwichen seien, sage man, die Gemeinde wolle den alten Rat nicht mehr akzeptieren und einen anderen wählen.90 Die Forderung, der Rat solle diese Artikel »mitbewilligen«, erinnert an die Situation im 264
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Juli 1523, als die Stadtobrigkeit dazu gedrängt wurde, in den Rezess einzuwilligen. Was Müntzer in diesen Tagen in Mühlhausen predigte, ist nicht bekannt. Da die »drei Artikel« nur in der Diktion Berlepschs überliefert sind, ist ihre Authentizität nicht gesichert. Wenn er sie Müntzer zuschreibt, kann das aus demagogischen Motiven geschehen sein. Sie verweisen aber auf Probleme, die in den Bilderstürmen aufleuchteten, im Konflikt mit dem Abt von Volkenroda und dem Landkomtur des Deutschen Ordens relevant waren und nach der Flucht der Bürgermeister die Wahl eines neuen Rats nahelegten. Auszuschließen ist allerdings nicht, dass Müntzer die mit den Artikeln angesprochenen Anliegen unterstützte. Die Forderung, man solle keiner Obrigkeit gehorsam sein, entspricht seiner Auffassung unter der Voraussetzung, dass sie Anhänger des Evangeliums verfolgte, also »tyrannisch« handelte.91 Auch hatte er in Allstedt die Verweigerung von Abgaben an die Nonnen des Klosters Naundorf gutgeheißen. Schließlich ist es denkbar, dass er die Forderung unterstützte, die geistlichen Stände zu vertreiben, wenn er in ihnen Verkünder eines falschen Glaubens und Verführer der Gläubigen erkannte. Die Situation stellt sich folgendermaßen dar: Als der Rezess verletzt wurde und die Ratsmeister einen Rechtsbruch begingen, der Konflikt mit dem Abt von Volkenroda und dem Landkomtur nicht gelöst war und die Bilderstürme an die noch ausstehenden notwendigen Reformschritte erinnerten, war es ungewiss, ob der alte Rat noch in der Lage sein würde, den Interessen der oppositionellen Bewegung Rechnung zu tragen. Der Verfassungskonflikt mündete folglich in die Forderung, einen neuen Rat zu wählen.
Die Krise des Stadtregiments Die Flucht der beiden Ratsmeister und weiterer Ratsmitglieder (mindestens ein Drittel des amtierenden Ratsjahrgangs verließ die Stadt) löste eine Krise des Stadtregiments aus, die das Verlangen verständlich macht, einen neuen Rat zu wählen. Auch erweiterte sich angesichts der kritischen Situation der Handlungsspielraum Müntzers und Pfeiffers.92 265
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Die Krise hatte zunächst große Ratlosigkeit zur Folge. Berichtet wird, dass die Bürger in den Vierteln berieten, was mit dem Rat geschehen solle, sie seien aber nicht einer Meinung gewesen.93 Nach dem Urteil Sittich von Berlepschs »stet das regiment alda ganz irrig und wilde«.94 Die verbliebenen Ratsmitglieder und die zu ihnen haltenden Bürger waren daran interessiert, die Rückgabe von Siegel und Torschlüssel zu erwirken, denn sie symbolisierten die Herrschaftsgewalt des Rats und der Gemeinde. Deshalb fertigten sie einen Boten ab, der Rodemann bewegen sollte, die Insignien herauszugeben, was dieser ablehnte.95 Eine Verständigung zwischen den Geflüchteten und der Bürgerschaft war folglich nicht mehr möglich. Im Chronicon Mulhusinum wird berichtet, als die Flucht der beiden Ratsmeister bekannt wurde, sei ein Teil der Einwohner vor das Rathaus gelaufen, andere bewaffnet vor das Felchtaer Tor. Dieser Auflauf habe bis zum dritten Tag angedauert, »aber es war nichts ausgericht«.96 Offensichtlich bildeten sich zwei Aufstandszentren,97 ein Zeichen dafür, dass die Opponenten untereinander gespalten waren. Beim Rathaus sammelten sich wohl diejenigen, die für die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Rats eintraten. Nahe dem Felchtaer Tor, wo sich außerhalb der Mauern die Kirche von Sankt Nikolai befand, in der Pfeiffer predigte, fanden sich diejenigen ein, die zu Pfeiffer und Müntzer hielten. In den Stadtvierteln und den Zünften wurde jetzt nach Wegen gesucht, um die Krise zu beheben. Müntzer wandte sich deshalb am 22. September mit einem Brief »an die kirche zu Molhausen«,98 das heißt die christliche Gemeinde, um sie zu einer Entscheidung zu drängen. Der nicht mehr handlungsfähige Rat war für ihn kein Ansprechpartner, sondern nur noch die Gemeinde. Wenn das schriftlich geschah, ist das kein Beleg dafür, dass Müntzer sich zu diesem Zeitpunkt außerhalb der Stadt aufhielt.99 Denn sein Brief sollte verlesen werden. Müntzer warb für ein »anderes Regiment« und machte auf Gefahren aufmerksam, die dem Gemeinwesen andernfalls drohen würden. Denn der Rat habe den gemeinen Nutzen – die prinzipielle Norm städtischer Politik – verletzt. Deshalb forderte er die christliche Gemeinde auf, die Menschenfurcht abzulegen und sich allein von Gottesfurcht leiten zu lassen. Er wolle sie dabei beraten, denn er sehe, dass sie sich nicht entscheiden können, die Gebrechen, Misshandlungen und Verfehlungen ihrer Obrigkeit aufzudecken. Es sei jedoch notwendig, sie über die Ursachen der 266
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Missstände zu unterrichten und sie brüderlich zu ermahnen, Gottes Willen zu respektieren. Die Vergehen des Rats sollten in einer Druckschrift der »ganzen Welt« bekannt gemacht werden. Der Obrigkeit warf Müntzer vor, eigennützig zu handeln und Gottes Wort zu verachten. Denn sie habe es Ketzerei gescholten und sei nicht bereit gewesen, es anzunehmen, sondern wolle die Diener des Worts aufs Kreuz opfern.100 Das Wort Gottes ernst zu nehmen sei jedoch die Voraussetzung christlichen Handelns, und daran habe sich auch der Mühlhäuser Rat zu halten. Wenn sie das aller Welt anzeigen, werde die Christenheit es zu würdigen wissen und von ihnen wie von einem auserwählten Volk sagen: Diese frommen Leute haben lange Geduld gehabt. Das beweise, dass sie ein weises, verständiges Volk sind und den Teufel mit allen seinen Anschlägen, Tücken und Gepränge nicht fürchten. Von einer solchen Schrift, zu deren Erstellung er beitragen wolle, versprach Müntzer sich, dass die aus Mühlhausen geflüchtete »abtronnige rott der gottlosen« in keiner anderen Stadt sich in Ehren aufhalten könne, »dan der gemeyn man (Got sey es gelobt) die warheit fast an allen orthern annympt«.101 Die Leineweber forderten in einer Stellungnahme dazu auf, Müntzers Brief freundlich zu bedenken.102 Auch begrüßten sie es, dem Reichsregiment und bekannten Städten ihre Klagschriften zu übermitteln, damit jedermann Kenntnis von ihrer Sache erlange.103 Wenn die Leineweberzunft im Besitz des Briefs war, dürften auch andere Zünfte und Stadtviertel eine Abschrift erhalten haben. Da die altgläubige Ratsmehrheit bisher eine einschneidende Reform verweigert hatte, lag für Müntzer die Schlussfolgerung nahe, dass eine Änderung nur möglich ist, wenn ein neues Regiment an deren Stelle tritt. Das erforderte aber ein Umdenken in der Gemeinde, da sie nach Müntzers Erfahrung in menschlicher Furcht befangen war. Die konfliktträchtige Situation und die Handlungsunfähigkeit des Rats scheinen Müntzer bewogen zu haben, sich denen anzuschließen, die sich für einen neuen Rat aussprachen. Angesichts der Krise des Stadtregiments sah er offenbar die Chance, eine dem Evangelium gemäße Ordnung zu errichten, wie es die Elf Artikel verlangen.
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Die Elf Artikel Wann die Elf Artikel104 verfasst wurden, ist nicht bekannt. Wenn das vor dem Brief Müntzers vom 22. September geschehen ist, dann verfolgte er mit seinem Schreiben die Absicht, den Forderungen der Artikel Nachdruck zu verleihen. Mehr spricht indes dafür, dass sie erst nach Müntzers Brief entstanden sind. Dann waren die Artikel die Konsequenz aus seiner Argumentation. Wer die Verfasser waren, kann nur indirekt erschlossen werden. Sittich von Berlepsch informierte in der Beilage zu seinem Bericht an Herzog Georg, was für Artikel Müntzer und Pfeiffer im jetzigen Aufruhr »erdichtet« und den Dorfgemeinden im Mühlhäuser Gericht, auch dem »gemeinen Pöbel« in der Stadt übergeben haben, könne er aus der beigefügten Abschrift ersehen. Er habe sie aus Pfeiffers »eygen handtschryft« abschreiben lassen.105 Diesem Bericht zufolge waren Müntzer und Pfeiffer die Urheber der Elf Artikel, Pfeiffer zudem derjenige, der sie aufzeichnete oder Abschriften anfertigte.106 Beteiligt waren sicherlich auch Vertreter aus den Stadtvierteln und Zünften. Denn den Artikeln vorangestellt ist die Information, dass die Vorstadtgemeinden St. Nikolai, St. Georgi und St. Margarethen, das Viertel St. Jakobi, die Zunft der Leineweber und viele aus anderen Handwerken über das Regiment beraten und sich auf der Grundlage von Gottes Wort ein Urteil gebildet haben.107 Für Müntzer als maßgeblichen Autor sprechen mehrere Indizien: die weitgehende Übereinstimmung von Argumentation und Diktion mit dem Brief an die »Kirche zu Mühlhausen«, die fast wörtliche Wiederholung der Drohung, die Verfehlungen des Rats der »ganzen Welt« durch eine Druckschrift bekannt zu machen, und vor allem die durchgänAbb. 39: Die Mühlhäuser Elf Artikel vom gige Berufung auf das Evangelium.108 September 1524, erste Seite 268
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Eingangs heißt es, wenn die Artikel nicht Gottes Wort entsprechen, sollen sie geändert und verbessert werden. Im ersten Artikel wird verlangt: »Das man gantz eynen nauen [neuen] rath setzen solle« (Art. 1).109 Die Begründung lautet, dies solle geschehen, damit in Gottesfurcht gehandelt werde, der alte Hass nicht fortlebe und der Mutwille nicht länger andauere.110 Dieser neue Rat soll Gerechtigkeit gemäß dem Wort Gottes üben (Art. 2). Die Ratsherren sollen nicht zeitlich befristet amtieren, um zu verhindern, dass sie tun, was ihnen gelüstet (Art. 3). Bei der Ausübung der hohen Gerichtsbarkeit soll der Rat bei Strafe an Leib und Leben nach dem Recht entscheiden und Unrecht vermeiden (Art. 4). Niemand soll gezwungen werden, das Regiment auszuüben, und wer nicht willig sei, soll durch einen anderen ersetzt werden (Art. 5). Die Ratsmitglieder sollen mit dem Notwendigen versorgt werden, um ihnen nicht Anlass zu Habgier, Schinden und Schaben zu geben (Art. 6). Das neue Siegel soll zur Ehre Gottes und zum Nutzen der Stadt gebraucht werden, um Hinterlist und Falschheit zu unterbinden (Art. 7). Respektieren die Ratsmitglieder den gemeinen Nutzen nicht, »wollen wir irhe bosheit aufs papyr sameln« (Art. 8).111 Wenn nicht alles nach dem Wort Gottes geordnet werde, wollen die eingangs genannten Viertel und Zünfte es nicht bewilligen. Denn Gottes Gerechtigkeit gehe vor, und falsche Gewalt und Eigennutz sollen verhindert werden, es sei denn, die Räte, Achtmänner, Handwerke oder die Gemeinde legen einen besseren Vorschlag vor, der Gottes Gerechtigkeit und Wahrheit gleichförmiger ist (Art. 9). Wird der neue Rat nicht bestätigt, wollen die Stadtviertel und Zünfte sich an denen schadlos halten, die das verursachen (Art. 10). Nach diesen Artikeln soll unverzüglich verfahren werden. Wenn das nicht geschehe und das Handeln nach Gottes Gebot verzögert werde, wolle man von den Verursachern wissen, was sie dagegen einzuwenden haben, dass Gott sie regiere (Art. 11). Zum Schluss heißt es, ihr aller Meinung und Wille sei es, sich bei allen Handlungen an Gottes Gebot und Gerechtigkeit zu halten. Sie wollten lieber Gott zum Freund haben und die Menschen zu Feinden, als Gott zum Feind und die Menschen zu Freunden, denn es sei gefährlich, in Gottes Hände zu fallen.112 Das waren typisch städtische Artikel, in denen die Anliegen der Dorfgemeinden keine Rolle spielten. Wenn die Respektierung des »gemeinen Nut269
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zens« verlangt wird, berufen sich die Autoren auf die entscheidende Norm reichsstädtischer Politik.113 In einer zeitgenössischen Schrift wird definiert, dass »Republica oder gemeiner Nutzen« nichts anderes sei als »ein gemein gute ordenng einer stat oder einer andern commun«. Man spreche vom gemeinen Nutzen, weil keiner auf seine eigene Sache allein sehen, sondern jeder darauf achten solle, dass sein Nachbar gefördert werde.114 Wenn auch Müntzer sich auf den gemeinen Nutzen beruft, dann folgt er diesem Verständnis, verknüpft aber die säkulare Norm mit dem göttlichen Recht. Auf seinen Einfluss dürfte vor allem die theologische Begründung der Elf Artikel zurückgehen. Die beigefügten zahlreichen Bibelstellen sollen bekräftigen, dass die Forderungen im göttlichen Recht begründet sind. Mit der Berufung auf das Wort Gottes wird die neue Ordnung legitimiert. Angesichts der Krise des städtischen Regiments entsprach die skizzierte Ordnung dem Verlangen der Gemeinde, selbständig zu handeln. Nicht eine Verständigung mit dem alten Rat war beabsichtigt, sondern die Einsetzung eines neuen Rats durch die Gemeinde, und diesem sollte auferlegt werden, auf allen Gebieten seiner Zuständigkeit für Gerechtigkeit im Sinn des Evangeliums Sorge zu tragen. Die Artikel wurden den Stadtvierteln, den Zünften und den Dorfgemeinden des Mühlhäuser Landgebiets zur Stellungnahme übermittelt.115 Überliefert ist aber nur die Antwort der Leineweber.116 Sie lehnten das Verhalten der geflohenen Bürgermeister ab und stimmten zu, »das eyn eywiger neuer rath vorordent und bestetiget werde«, von dem erwartet wurde, dass er nach den Geboten Gottes und dem handle, was die städtische Willkür (das heißt das Stadtrecht), der Rezess von 1523 und das kaiserliche Recht festlegen, vorausgesetzt, dass sie den biblischen Normen entsprechen.117 Da die Stadt des Siegels nicht entbehren könne, habe man beschlossen, unverzüglich das inzwischen angefertigte neue Siegel zu gebrauchen. Die Leineweber, eine der ärmsten Zünfte, billigten folglich die Elf Artikel grundsätzlich. Das Viertel St. Jakobi, die Vorstädte St. Nikolai, St. Georgi und St. Margarethen sowie einige weitere Zünfte scheinen ähnlich reagiert zu haben.118 Für die Elf Artikel plädierten demzufolge drei von fünf Vorstädten, aber die innerstädtischen Viertel – Sankt Jakobi ausgenommen – lehnten sie offensichtlich ab. Damit war im Grunde schon eine Entscheidung gegen die Verfassungsänderung gefallen. 270
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Der Ewige Bund Gottes Wenn die Umsetzung der in den Elf Artikeln niedergelegten Vorstellungen nicht gelang, so war das der sich rasch verändernden Situation geschuldet. Einerseits war nicht zu erwarten, dass die verbliebenen Vertreter des alten Rats, aber auch die Achtmänner ihre Macht ohne weiteres aufgeben würden. Andererseits hatten die Befürworter eines neuen Rats offenbar bei einem größeren Teil der Bevölkerung keinen hinreichenden Rückhalt.119 Ein Umschwung zeichnete sich ab, als sich am 24. September Bauern aus Dörfern des Mühlhäuser Landgebiets bei der im Nordosten der Stadt gelegenen Steinbrückenmühle versammelten und erklärten, das unchristliche Vorhaben der Gemeinde könnten sie nicht hinnehmen, und wenn es dabei bleibe, müssten sie sich eine andere Obrigkeit suchen, weil sie sonst dem Verderben ausgeliefert seien.120 Welche Dorfgemeinden sich an dieser Aktion beteiligten, ist nicht bekannt. Es dürfte sich vor allem um Bauern gehandelt haben, deren Grundherr der Rat oder Bürger waren, die – im Unterschied zu den Untertanen des Deutschen Ordens und der Klöster – nicht so stark belastet wurden und nun befürchteten, dass sich mit der Veränderung der Herrschaftsverhältnisse in der Stadt ihre Lage verschlechtern könne.121 Mit dieser Manifestation wurde zweifellos die Position der verbliebenen Ratsmitglieder und der Achtmänner gestärkt. Schließlich wurden am 25. oder 26. September Johann Linse und Claus Beusel zu Bürgermeistern gewählt,122 da nach kaiserlichem Recht das Regiment nicht über zwei Nächte unbesetzt bleiben sollte.123 Damit wurde aber einer Änderung der Verfassung im Sinn der Elf Artikel eine Absage erteilt. Ob diese Entscheidung oder andere Gründe eine Eskalation des Konflikts bewirkten, muss offen bleiben. Jedenfalls berichtet Sittich von Berlepsch, am 25. September – einem Sonntag – seien die Bewohner des westlich von Mühlhausen gelegenen Dorfes Bollstedt (es war eines der reichsten Dörfer im Landgebiet) vor einem Anschlag gewarnt worden. Tatsächlich wurde das Dorf am Montag – dem 26. September – »vor Tage« an mehreren Stellen angezündet.124 Daraufhin habe der Rat die Tore schließen und ausrufen lassen, wer bei den Herren stehen wolle, solle zum Rathaus kommen.125 271
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Die Bewohner zu St. Nikolai hingegen ließen – wie es bei Prozessionen üblich war – ein Kruzifix durch die Stadt tragen und verkünden, wer bei dem Leiden Christi und dem Wort Gottes stehen wolle, der solle sich bei St. Nikolai einfinden.126 In einem späteren Verhör wird diese Aktion ähnlich beschrieben: Caspar Decker,127 wohl ein Ackerbürger, sei mit einem Kreuz durch die Gassen gelaufen und habe ein ums andere Mal gerufen, wer bei dem Wort Gottes, bei den Achtmännern, der Gemeinde und Heinrich Pfeiffer stehen wolle, der solle mit seiner besten Wehr vor dem Felchtaer Tor erscheinen.128 Dieser Aufruf dürfte den Auszug der Anhänger Pfeiffers und Müntzers aus der Stadt ausgelöst haben: Da einerseits der alte Rat seine Position wieder zu festigen vermochte, andererseits angesichts des Brandes in Bollstedt sich die Situation erneut zuspitzte, verließen die Anhänger Pfeiffers und Müntzers offenbar nicht aus eigenem Willen die Innenstadt. Beide seien mit ihrem Anhang aus der Stadt »gedrungen« worden, heißt es in dem Bericht Berlepschs.129 Sie versammelten sich in der Vorstadt Sankt Nikolai und waren bemüht, das Felchtaer Tor offen zu halten, denn die anderen Tore waren bereits geschlossen worden. Dem Zug wurde demonstrativ ein rotes Kreuz und ein blankes Schwert vorangetragen.130 Vielleicht waren dies Zeichen, die auf das erwartete Gottesgericht hinweisen sollten. Der Haufen zog zu einer eine halbe Meile vor der Stadt gelegenen Klause und verbrachte dort die Nacht. Mehrere Indizien sprechen dafür, dass während dieser Aktion – und nicht erst im Frühjahr 1525131 – der »Ewige Bund Gottes« gegründet wurde.132 Da an dem Auszug mehr als 200 Männer beteiligt waren und in der überlieferten Bundesliste 219 Mitglieder verzeichnet wurden,133 erfolgte die Gründung des Bundes offensichtlich zu diesem Zeitpunkt. Einen Beleg bietet das Verhör des Tuchscherers Claus Haldecke, denn von ihm wollte man wissen, wer die gewesen seien, die sich vor dem Felchtaer Tor einschreiben ließen und wo das Register hingekommen sei.134 Die Gründung kann also vor dem Zug zu der Klause oder nach der Rückkehr des Haufens am 27. September erfolgt sein. Da der Rat am 26. September Bauern aus den Ratsdörfern zu seiner Unterstützung in die Stadt beorderte, den Einsatz von Karrenbüchsen erwog und die Ausweisung Pfeiffers und Müntzers jetzt energischer betrieb, dürften die Aufständischen daran interessiert gewesen sein, für ihren Schutz zu sorgen. 272
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Deshalb war dazu aufgerufen worden, wer beim Wort Gottes stehe, solle »mit seiner besten Wehr« – also bewaffnet – vor dem Felchtaer Tor erscheinen. Das Verzeichnis der Bundesmitglieder ist nur in einer Abschrift überliefert. Die Spalten tragen wechselnd die Überschrift »Zum ewigen bund gottes« und »Das gotz wort blibet ewigk«,135 so dass auch hier die Berufung auf das Evangelium dokumentiert wird. Doch anders als bei dem Bund in Allstedt handelte es sich jetzt um ein militärisch organisiertes Verbündnis. In der Liste werden eingangs elf militärische Ämter aufgeführt,136 wie sie in den Bauernhaufen, aber auch bei den Landsknechten üblich waren (Hauptmann, Fähnrich, Weibel, Pfeifer, Trommelschläger, Fourier, Schreiber und andere). Pfeiffer wird in der Liste als Kaplan erwähnt, Müntzers Name fehlt dagegen. Der Grund ist aus keiner Quelle zu erschließen. Aber er war bei der Gründung des Bundes zugegen, wie der Prediger Johann Laue in einem Brief an den Rat vom 4. September 1525 bestätigte: Er habe in Mühlhau-
Abb. 40: Liste der Mitglieder des Ewigen Bundes Gottes vom September 1524, Ausschnitt
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sen nicht in das Regiment eingegriffen, als »Pfeiffer und Munczer vorm Feltator stunten«.137 Müntzer wird dafür gesorgt haben, dass – wie schon in Allstedt – seine Auffassung vom göttlichen Bund zur Geltung kam. Die Bundesmitglieder kamen überwiegend aus Mühlhausen.138 Der größere Teil wohnte in der Innenstadt und besaß das Bürgerrecht, andere in den Vorstädten. Hauptsächlich handelte es sich um Zunfthandwerker, darunter mehrere Fleischer, Gerber, Leineweber, Sattler, Schmiede und Schneider. Ein großer Teil war allerdings besitzlos oder gehörte den unteren (und nur wenige den mittleren) Vermögensgruppen an.139 Bauern aus dem Landgebiet fehlten allerdings völlig. Für nicht wenige Bundesmitglieder ist nachgewiesen, dass sie schon an den Aktionen 1523 beteiligt waren, später dann an der Einsetzung des Ewigen Rats und den Zügen während des Bauernkriegs.140
Die Folgen des Aufstands Inzwischen verhandelten die vor dem Felchtaer Tor Versammelten mit dem Rat, um ihre Rückkehr in die Stadt zu erwirken, und sie haben »sovil practicirt«, bis sie wieder eingelassen wurden.141 Der Rat könnte als Gegenleistung darauf bestanden haben, dass sie ihren Widerstand aufgeben. Doch offenbar widersetzte sich der »ufrurische haufe« weiterhin, so dass der Rat Untertanen der reichsstädtischen Dörfer aufbieten ließ. Von den 200 Männern, die dem Befehl folgten, beließ er 60 zu seiner weiteren Verfügung in der Stadt, während die anderen in die Dörfer zurückgeschickt wurden, weil man befürchtete, diese könnten sonst Schaden nehmen.142 Viele Bürger leisteten jetzt den vom Rat geforderten Gehorsamseid, und als sie am 27. September mit ihrer Wehr zum Rathaus gerufen wurden, waren auch diejenigen zur Eidleistung bereit, die am Vortag der Aufforderung noch nicht gefolgt waren. Damit war die Voraussetzung gegeben, Müntzer und Pfeiffer auszuweisen. Eine Umfrage in den Stadtvierteln versetzte den Rat in die Lage, die Ausweisung zu beschließen.143 Doch es war offensichtlich schwierig, den Beschluss sofort umzusetzen. Entgegen der verbreiteten Auffassung, Müntzer und Pfeiffer hätten Mühlhausen am selben Tag verlassen, dürften sie sich noch einige Tage in der Reichsstadt aufgehalten haben. 274
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Als Abgesandte aus Erfurt, Nordhausen und Goslar, die mit Mühlhausen den Thüringer Städtebund bildeten und auch dem Goslarer Bund angehörten, im Kloster Volkenroda über die Situation in Mühlhausen berieten, verlangten sie nachdrücklich die Vertreibung der beiden Prediger, weil sie in ihnen die Verursacher des Aufruhrs sahen. Unklar ist jedoch, wann diese Zusammenkunft stattfand. Wenn es in der Beilage zu Berlepschs Bericht vom 26. September heißt, die Vertreter der drei Städte seien »dises tages« beisammen gewesen,144 dann ist eine Datierung nicht möglich, weil der Nachtrag kein Datum trägt. Auch vermerkt Berlepsch, es sei noch nicht bekannt, was in Volkenroda beschlossen wurde.145 Da die Beilage nach dem 26. September zu datieren ist, kann der Tag zu Volkenroda erst Ende des Monats stattgefunden haben.146 Nach Aussage Berlepschs erschienen Vertreter Mühlhausens in Volkenroda in der Absicht, Rat und Gemeinde wieder auszusöhnen.147 Als Voraussetzung dafür galt offenbar, den Ausweisungsbeschluss zu exekutieren.148 Berlepsch war indes skeptisch, ob das gelingen werde, denn Müntzer und Pfeiffer und ihr Anhang seien noch nicht aus der Stadt gejagt worden.149 Das kann nur heißen, dass sich beide zum Zeitpunkt der Volkenrodaer Beratungen noch in Mühlhausen aufhielten.150 Mehr als sieben Monate später – am 18. Mai 1525 – beklagte der Erfurter Rat, dass die Beschlüsse des Tags zu Volkenroda »widertrieben« worden seien.151 Erst als Müntzer und Pfeiffer Anfang Oktober tatsächlich die Reichsstadt verlassen hatten, war ein Schlusspunkt gesetzt. Am 11. Oktober 1524 monierten Herzog Georg und Landgraf Philipp in einem Schreiben an Bürgermeister, Rat und Gemeinde, sie könnten es nicht billigen, wenn neue Bürgermeister gewählt worden seien, und sie verlangten, Rodemann und Wettich unverzüglich wieder »zu iren narungen und verordentem regiment« kommen zu lassen.152 Müntzer griff in Mühlhausen erstmals direkt in das politische Leben einer Stadt ein. Das belegen seine heftige Kritik am Rat, sein Eintreten für den gemeinen Nutzen und sein Plädoyer für eine neue Verfassung. Wenn er jetzt nicht nur predigte, das Gotteswort zu respektieren, sondern sich aktiv daran beteiligte, in einer Kommune eine politische Reform auf den Weg zu bringen, dann überschritt er eine selbstgezogene Grenze. Bisher war es ihm hauptsächlich um die Aufklärung gegangen, wie der rechte Glaube zu gewinnen sei. Nun war er erstmals an der Erarbeitung eines 275
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politischen Programms beteiligt. Seine Konzentration auf die innerstädtischen Probleme hatte möglicherweise zur Folge, dass seine Endzeiterwartung vorerst in den Hintergrund trat. Mit den Elf Artikeln war ein Weg gewiesen, wie die Krise des Stadtregiments behoben werden könnte. Doch mit der Unterstützung des alten Rats und eines großen Teils der Bürger konnten Müntzer, Pfeiffer und ihre Anhänger nicht rechnen. Auch war es nach dem spontanen Beginn des Aufstands nicht gelungen, die Opponenten zu gemeinsamem Handeln zu führen. Das Ratsinteresse hingegen war es, den Reichsstadtstatus nicht zu gefährden, das Verhältnis zu den Schutzmächten Sachsen und Hessen nicht zu belasten und das Einvernehmen mit den verbündeten Städten Erfurt, Goslar und Nordhausen aufrechtzuerhalten. Die Wochen, die Müntzer in der freien Reichsstadt verbrachte, waren dramatisch verlaufen. Eine neue, dem Evangelium gemäße Ordnung war in den Blick gerückt, aber in einem ersten Anlauf nicht durchsetzbar. Als er nach sechs oder sieben Wochen die Stadt verlassen musste, in der er Schutz gesucht und ein neues Wirkungsfeld gefunden hatte, war er sicher enttäuscht, aber um Erfahrungen reicher. Heinrich Pfeiffer wollte im Herbst in Nürnberg eine Schrift drucken lassen, »wie die aufrur zu Mulhausen sich erhebt hab«.153 Das Manuskript wurde vom Nürnberger Rat dem Prediger Andreas Osiander zur Begutachtung übergeben. Da der Text nicht überliefert ist, kann der Inhalt nur aus dem Gutachten erschlossen werden.154 Danach betrachtete Pfeiffer – so wie auch Karlstadt und Müntzer – das von Mose vermittelte Gesetz immer noch für verbindlich. Osiander argumentierte dagegen, das alte Gesetz sei aufgehoben und ein neues »durch Gottis finger in aller christen hertz geschriben, das ist die liebe, welche Gott selbs ist«.155 Wäre Pfeiffers Manuskript überliefert, könnten sich wohl interessante Aufschlüsse über den Mühlhäuser Aufstand ergeben. Luther konnte indes zufrieden sein. Nach der Vertreibung Karlstadts, Reinharts und Westerburgs aus Thüringen156 war nun Müntzer und Pfeiffer ein gleiches Schicksal bereitet worden. Was Luther im August nicht gelungen war, holte nach den dramatischen Tagen im September der Mühlhäuser Rat nach, so dass der Einfluss der »Schwärmer« in Thüringen vorerst zurückgedrängt war. War Müntzer zum Aufrührer geworden, wie Luther es ihm unterstellte? Im Sendbrief an die Stolberger vom Juli 1523 hatte Müntzer diese ermahnt, 276
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»unfüglichen Aufruhr« zu vermeiden, weil sie noch nicht in der Lage seien, zwischen dem Werk Gottes und dem Handeln der Kreaturen zu unterscheiden. In Mühlhausen zwang ihn offenbar die Situation zum Handeln. Er klagte den Rat wegen seiner Verfehlungen an, und er schloss sich dem Verlangen an, einen neuen Rat einzusetzen, ohne für die Anwendung von Gewalt zu plädieren. Das war für ihn offenbar ein »füglicher Aufruhr«. Später schreibt Müntzer in der »Hoch verursachten Schutzrede«, wenn Luther sage, keiner solle seiner – also Müntzers – Lehre folgen, weil sie aufrührerisch sei, dann antworte er, man müsse den Aufruhr nicht lieben, doch »fu(e)glicher empo(e)rung nit feyndt sein«, sondern »ein gantz vernu(e)nftiges mittel halten«.157 Das kann wohl nur heißen, dass er den Aufruhr in Mühlhausen billigte, weil Gott es so gefügt habe.158 Oder anders gesagt: Müntzer war der Überzeugung, dass Gott den Widerstand gutheiße, weil er die Macht in die Hände der Auserwählten legen wolle.159
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IX. »Ich wollt wohl ein fein Spiel machen« Müntzer in Nürnberg und im Südwesten Der Druck von Müntzers Schriften in Nürnberg Müntzer stand nach der Ausweisung aus Mühlhausen wieder einmal vor der Frage, wohin er sich wenden solle. Einen Hinweis bietet eine Aussage Hans Huts in einem Verhör am 5. Oktober 1527: Müntzer sei, als er verjagt wurde, eine Nacht und einen Tag bei ihm in Bibra gewesen. Er habe mit ihm nichts zu schaffen gehabt, aber von ihm ein Büchlein über das erste Kapitel des Lukasevangeliums erhalten, um es drucken zu lassen. Seiner Sekte habe er aber nicht angehört.1 Hut datiert die Begegnung nicht, doch der Hinweis, das sei geschehen, als Müntzer »verjagt« worden sei, weist auf die Ausweisung aus Mühlhausen hin. Hans Hut,2 1490 in Haina bei Römhild geboren, war auf verschiedenen Gebieten tätig. Er habe – so sagte er später aus – mehr als ein Handwerk ausgeübt.3 Als er sich 1521/22 in Bibra niederließ, war er dort als Kirchner und vielleicht auch als Schulmeister tätig. Vor allem aber wurde er als Buchführer, das heißt als wandernder Buchhändler, bekannt, der seine Ware in Franken ebenso wie in Wittenberg verkaufte. In Wittenberg hörte er gelegentlich Predigten und Vorlesungen. Auch interessierten ihn die Lehren Karlstadts und Müntzers. Im November 1527 sagte er aus, er habe Müntzer predigen hören,4 dass der Herr den jetzigen Krieg5 verursacht habe, in dem er alle, die gegen die Wahrheit handeln, umkommen lassen und die Welt reinigen werde. Er sei damals der Meinung gewesen, dass diese Zeit gekommen sei und es so geschehen werde.6 Fragartikel für ein Verhör hielten folglich fest, dass er Müntzers Sekte angehöre.7 Beeinflusst haben dürften ihn besonders dessen mystische Spiritualität und die apokalyptische Sicht des Geschehens. In Franken und an anderen Orten – so Hut in einem weiteren Verhör – habe er Schriften Müntzers und andere Bücher unterschiedlicher Gattungen verkauft.8 Persönlich kennen gelernt hat Hut ihn spätestens, als er sich 1524 aus geschäftlichen Gründen in Mühlhausen aufhielt,9 und 278
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als der Ewige Bund Gottes gegründet wurde, war er dabei, denn die Liste der Mitglieder verzeichnet ihn als »Hans von Bibra«.10 Noch vor der Ausweisung Müntzers und Pfeiffers dürfte er nach Bibra zurückgekehrt sein. In Mühlhausen hatte Müntzer das »Gezeugnus des ersten capitels des evangelions Luce« noch nicht zum Druck bringen können. In der Stadt existierte keine Druckerei, und angesichts des Vorgehens der kursächsischen Behörden gegen den »Allstedter Geist« war in deren Gebiet ein Drucker schwerlich zu finden. Es gab also Gründe, warum Müntzer sein Manuskript in Bibra dem bekannten Buchführer anvertraute, der Kontakte zu Druckern – Abb. 41: Hans Hut, Kupferstich von Christoffel darunter in Nürnberg – unterhielt. van Sichem (1609) Hut hat sich wiederholt in der fränkischen Reichsstadt aufgehalten. Er sei vor Jahren – so in einem anderen Verhör – in Nürnberg ein- und ausgegangen, habe dort gearbeitet, gekauft und verkauft, aber nicht gepredigt.11 Er sei bei Valentin Buchbinder beschäftigt gewesen, habe auch einige Nächte bei Jacob Dolman verbracht, dem Prediger der Deutschherren zu St. Jakob, sich mit ihm aber nur über das Evangelium unterhalten.12 Dies ist ein Hinweis, dass Hut seine geschäftlichen Reisen nutzte, um Auskünfte über religiöse Fragen einzuholen. Die Tatsache, dass Müntzer Hut sein Manuskript in Bibra übergab, spricht dafür, dass sie den Weg nach Nürnberg nicht gemeinsam antraten. Sollten sie zusammen aufgebrochen sein, wird Müntzer sich bald von Hut getrennt und eine Zeitlang an einem nicht bekannten Ort aufgehalten haben. Das »Gezeugnus«13 hatte Müntzer inzwischen überarbeitet. Ob das schon in Allstedt oder erst später geschehen ist, sagen die Quellen nicht. Er gab ihm den endgültigen Titel »Außgetrückte emplössung des falschen glaubens der ungetreuwen welt«.14 Auf dem Weg nach Nürnberg begleitete Hut mit Sicherheit nur Heinrich Pfeiffer. 279
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Nürnberg war zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit seinen annähernd 40.000 Einwohnern eine der größten Reichsstädte, ein wichtiges Handelsund Gewerbezentrum und ein kultureller Mittelpunkt.15 Der Rat verfügte zudem über ein ausgedehntes Landgebiet, das 1505 beträchtlich erweitert wurde und in dessen Siedlungen an die 22.000 Menschen lebten. Im 11. Jahrhundert war eine Reichsburg errichtet worden, die später den Ausgangspunkt für die Entwicklung der Stadt bildete. Ein Aufstand von Handwerkern wurde 1348/49 niedergeschlagen und die Einrichtung von Zünften für alle Zeiten untersagt. Seit dem 14. Jahrhundert erlebte Nürnberg einen stetigen wirtschaftlichen Aufschwung. Zwölf Handelswege hatten hier ihren Ausgangspunkt oder kreuzten sich. Diese »Straßenspindel« ermöglichte den leistungsfähigen Exportgewerben, sich die europäischen Märkte zu erschließen.16 Dominante Wirtschaftszweige waren die mit der Herstellung von Massengütern befassten Metall- und die Textilgewerbe. Daneben existierten zahlreiche andere Gewerbe, von denen der Buchdruck, die Papierherstellung, die Arbeiten der Goldschmiede und die Herstellung wissenschaftlicher Instrumente überregionale Bedeutung erlangten. Wie andere große Handels- und Gewerbestädte wies auch Nürnberg eine ausgeprägte soziale Differenzierung auf. Etwa 5 Prozent der Bevölkerung zählten zur Oberschicht, 65 Prozent zu den Mittel- und 30 Prozent zu den Unterschichten. Das Regiment lag in der Hand des Rats, der sich aus den patrizischen Familien rekrutierte. Die Handwerke entsandten zwar einige Vertreter in den Rat, aber deren Einfluss war begrenzt. Das Patriziat beanspruchte, die Herrschaft allein auszuüben, und das fest gefügte Regiment sorgte dafür, dass soziale Konflikte das kommunale Leben nicht erschütterten.
Abb. 42: Ansicht von Nürnberg (1572)
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Dem Rat war bereits seit dem 14. Jahrhundert daran gelegen, die Privilegien des Klerus einzuschränken.17 Der Bischof von Bamberg, dessen geistlicher Oberhoheit Nürnberg unterstand, klagte in den achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts, der Rat beabsichtige, seine geistliche Oberhoheit abzuwerfen. Das gelang ihm insoweit, als er das Patronatsrecht über die Stadtkirchen von St. Sebald und St. Lorenz erlangte, ihm der Schutz des Klerus und seiner Güter anvertraut und die Aufsicht über die meisten Klöster und Stiftungen übertragen wurden. Er kontrollierte folglich schon vor der Reformation die Kleriker, die Kirchen und das religiöse Leben in der Stadt. Das Heilsverlangen auf der einen und der Anspruch des Rats auf das Kirchenregiment auf der anderen Seite entsprachen zwar dem Bürgerinteresse, deckten sich aber nicht unbedingt mit der Ratspolitik, so dass sich Spannungen abzeichneten. Führende Männer der Reichsstadt vertraten zudem einen christlichen Humanismus, eine Art geistlich vertiefte »Bürgerreligion«, in der städtische Werte und reformatorische Theologie sich verbanden.18 Evangelische Prediger begannen inzwischen bedachtsam mit der Neugestaltung des kirchlichen Lebens, denn in der Stadt hatte das Reichsregiment seinen Sitz, so dass Prediger und Gemeinde unter dessen kon trollierenden Augen handelten. Obwohl auch Ratsmitglieder mit den reformatorischen Lehren sympathisierten, förderten vor allem Handwerker und Gesellen den reformatorischen Prozess. Der Rat sah darin eine Gefahr und klagte am 20. Juni 1524, dass in Kirchen und auf Plätzen böse Zettel und Briefe angeschlagen würden, »die zu grosser aufrur und verachtung der obrigkeit dienen«.19 Seit Mai hielt Wolfgang Volprecht, Prior des Augustinerklosters, die Messe in deutscher Sprache. Er benutzte wahrscheinlich vorreformatorische Übersetzungen und passte sie dem reformatorischen Verständnis an.20 Ob ihm und Andreas Döber, Kaplan am Neuen Stift, Müntzers liturgische Schriften bekannt waren, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, obwohl einige Passagen ihrer Bearbeitung des Messgottesdienstes Anklänge zu erkennen geben.21 Im Sommer herrschte eine gespannte Situation, als im benachbarten Forchheim Untertanen rebellierten, seit Mai im Nürnberger Landgebiet Bauernversammlungen stattfanden und die Zahlung des Zehnten an geist281
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liche Grundherren verweigert wurde. Das veranlasste auch Handwerker und Gesellen, einige Belastungen abzulehnen, vor allem das Ungeld (eine indirekte Verbrauchssteuer), und die Einrichtung von Zünften zu fordern. Der reformatorische Prozess förderte folglich nicht nur das Verlangen nach der evangelischen Predigt, sondern führte auch dazu, dass soziale Probleme zur Sprache kamen. Der Rat war bereit, reformatorische Neuerungen zu tolerieren, war aber vor allem an der einmütigen Predigt des Evangeliums interessiert. Deshalb schritt er gegen alle ein, die von seinem Reformationsverständnis abwichen. Das hatte auch eine strengere Kontrolle der Drucker zur Folge, die reformatorische Schriften auf den Markt brachten, zumal die in Nürnberg tagenden Reichsstände am 18. April verboten hatten, Schmähschriften und Schmähgemälde zu verbreiten.22 Hans Hut und Heinrich Pfeiffer kamen in die Reichstadt zu einem Zeitpunkt, als die Wogen durch das Eingreifen des Rats zwar geglättet, aber die Ursachen der Konflikte nicht beseitigt waren. Einen ersten Hinweis auf Pfeiffers Anwesenheit in der Stadt23 bietet ein Ratsverlass – ein Beschluss des Rats – vom 26. Oktober 1524, als in Erfahrung gebracht werden sollte, ob sich ein Anhänger des falschen Propheten Müntzer im Deutschen Hof aufhalte und was sein Vorhaben und seine Lehre seien.24 Der Deutsche Hof war die Niederlassung des Deutschen Ordens. Hier hatte Hut schon einmal einige Tage bei Jacob Dolman gewohnt. Die Nachforschungen führten auf die Spur Pfeiffers, der in Nürnberg unter dem Namen Schwertschmied auftauchte. Was ihm zu Last gelegt wurde, sagt ein Ratsverlass vom 29. Oktober, in dem er als Schüler des Schwärmers Müntzer bezeichnet und seine Ausweisung verfügt wird, weil er durch Gespräche über Glaubensfragen Anhänger zu gewinnen suche.25 Das Ratsbuch ergänzt, er sei vor wenigen Tagen in die Stadt gekommen, und nennt als Grund für die Ausweisung, dass er neben Müntzer in Mühlhausen einen Aufruhr verursacht habe. Weil das eine Reichsstadt sei und der Rat sich ihr verbunden fühle, sei die Gemeinschaft mit ihm der Kommune abträglich.26 Deshalb solle Pfeiffer gesagt werden, Rat und Gemeinde seien mit guten Predigern zur Genüge versehen. Darum könne man ihm nicht erlauben, sich in der Stadt niederzulassen. Er solle sie alsbald verlassen und sein Geld anderswo verzehren.27 282
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Als Pfeiffer diese Entscheidung mitgeteilt wurde, berief der Rat sich nicht auf dessen Wirken in Mühlhausen, sondern auf sein öffentliches Auftreten in Nürnberg. Doch den Nürnbergern war seine und Müntzers Rolle während des Mühlhäuser Septemberaufstands bekannt, und aus Solidarität mit der thüringischen Reichsstadt wollte der Rat den »Aufrührer« nicht in seinen Mauern dulden. Inzwischen wurden Andreas Osiander, Prediger zu St. Lorenz, zwei »geschribene buchlin« zur Begutachtung übergeben, um zu prüfen, was darin Unchristliches und gegen die Heilige Schrift Gerichtetes zu finden sei.28 Als deren Autor wird Pfeiffer genannt, doch die Manuskripte sind verloren gegangen, so dass ihr Inhalt nur aus dem Gutachten Osianders erschlossen werden kann. Die eine Schrift handelte davon, »wie die auffrur zu Mulhausen sich erhebt hab«, die andere bezeichnete Osiander als »puchlein von aufhebung des gesetz«.29 Osiander urteilte generell, er habe darin nichts Gutes finden können.30 An der ersten Schrift kritisierte er Pfeiffers Auffassung von der Geltung des mosaischen Gesetzes, denn das widerspreche nicht nur der Heiligen Schrift, sondern auch der Vernunft. Das alte Gesetz sei aufgehoben und müsse nicht mehr befolgt werden, denn Gottes Finger habe ein neues Gesetz in aller Christen Herz geschrieben. Deshalb irre Pfeiffer, wenn er ergründen wolle, was aufgehoben und was nicht aufgehoben sei. Aus den wenigen Sätzen ist schwer zu erschließen, inwieweit Pfeiffer mit der Berufung auf das mosaische Gesetz den Mühlhäuser Aufstand rechtfertigen wollte. In der zweiten Schrift scheint Pfeiffer im Sinn des Alten Testaments argumentiert zu haben (so liest sie jedenfalls Osiander), dass man die falschen Propheten erwürgen solle. Der Gutachter monierte, Pfeiffer sehe in der Schrift nur ein Zeugnis, aber nicht das Werkzeug, mit dessen Hilfe den Menschen der Geist Gottes gegeben werde. Osiander verwarf es als Lüge, dass Gott selbst mit lebendiger Stimme »mit uns« rede,31 denn den Glauben empfange man durch das Wort der Schrift. In dieser Frage teilte Pfeiffer ganz offensichtlich Müntzers Standpunkt. Für Osiander stand fest, dass Pfeiffer und seine Anhänger »gern mit der faust hinwider schlagen« würden32 und aus dem geistlichen Reich Christi ein weltliches Reich machen wollten, das nicht mit Gottes Wort, sondern mit Schwert und Gewalt regiert werden solle, was unchristlich und ganz 283
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teuflisch sei.33 Auf das weitere Geschehen hatte dieses Gutachten jedoch keinen Einfluss, denn als es dem Rat vorlag, war Pfeiffer bereits ausgewiesen worden. Als der Rat Kenntnis erhielt, dass in der Druckerei von Hans Hergot34 eine Schrift Müntzers gedruckt wurde, beschloss er am 29. Oktober, die »neugemachten35 und hie gedruckten Thomans Muntzers puchlein« von Dominikus Schleupner, Prediger zu St. Sebald, begutachten zu lassen, um von ihm zu hören, was Gutes oder Böses darin zu finden sei, und den Drucker festzunehmen.36 Nachforschungen ergaben, dass nicht Hergot, sondern während seiner Abwesenheit dessen Gesellen den Druck »unbesichtigt«, das heißt ohne Vorlage bei der Zensurbehörde, besorgt hatten.37 Da Hergot die beiden Sendschreiben Luthers gegen Müntzer gedruckt bzw. nachgedruckt hatte,38 war eigentlich Vorsicht geboten. Vielleicht wird deshalb auf dem Titelblatt der Müntzerschrift als Druckort Mühlhausen genannt, so dass der Eindruck vermittelt wurde, die Schrift sei dort und nicht in Nürnberg erschienen bzw. von den Gesellen nur ein Nachdruck auf den Buchmarkt gebracht worden. Da Hergot bisher ohne offizielle Erlaubnis des Rats arbeitete und nicht ständig kontrolliert wurde,39 ist es möglich, dass die Ratsherren von der Müntzerschrift erst Kenntnis erhielten, als sie ausgedruckt vorlag.
Abb. 43: Beschlüsse des Rats von Nürnberg zu Müntzers Schriften vom 29. Oktober und 2. November 1524
An dem Tag, an dem Pfeiffers Ausweisung beschlossen wurde, legte der Rat fest, seinem »Gesellen«, dessen Name nicht genannt wird, die Bibel wieder auszuhändigen, aber die eingezogenen Bücher – das heißt die gedruckte Müntzerschrift – einzubehalten, bis sie begutachtet worden seien.40 Das verloren gegangene Gutachten Dominikus Schleupners fiel negativ aus. 284
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Am 2. November wurde dann entschieden, die vier im Gefängnis festgehaltenen Gesellen Hergots schwören zu lassen, künftig nichts mehr unbesichtigt zu drucken, auch die Exemplare von Müntzers Schrift und das Manuskript einzubehalten, weil sie mehr zum Aufruhr als zu christlicher und brüderlicher Liebe dienen würden.41 Dem »Buchführer«, bei dem man die gedruckten Exemplare fand, solle man als Almosen so viel Geld geben, wie die 400 Stück beim Drucker kosten.42 Da im Ratsbuch etwas genauer von einem »fremden Buchführer« die Rede ist, »der sich von Mellerstat genennt«,43 führt die Spur zu Hans Hut, denn Bibra lag nahe bei Mellrichstadt. Da er den Druck der Müntzerschrift besorgte, kann es sich nur um den Text handeln, den Müntzer ihm übergeben hatte, also die »Außgetrückte emblössung«, die überarbeitete Fassung der Auslegung von Lukas 1. Die Ausstattung des Drucks lässt vermuten, dass er nicht in Eile hergestellt wurde.44 Ein Ratsverlass vom 16. Dezember führt schließlich zu einer zweiten Schrift Müntzers und zu der Werkstatt Hieronymus Höltzels. Er war in den Augen des Rats ein unbequemer Drucker,45 der bereits 1514 einmal gefangen gesetzt worden war, als er eine Flugschrift über den ungarischen Bauernaufstand gedruckt hatte (»Die aufrur, so geschehen ist im Ungerlandt«).46 Am selben Tag legte der Rat fest, alle Exemplare von Karlstadts »püchlin« einzuziehen und zu erkunden, wer sie gedruckt habe.47 In den Blick geriet die Druckerei Höltzels, und die Nachforschungen ergaben, dass es sich nicht nur um eine Schrift Karlstadts handelte, sondern auch um einen Text Müntzers. Denn am 17. Dezember beschloss der Rat, Höltzel solle Auskunft geben, wer ihm befohlen habe, Karlstadts und Müntzers Schriften zu drucken, und das Exemplar – gemeint sind wohl die Manuskripte – dem Rat vorzulegen.48 Durch die Suche nach dem Drucker der Karlstadtschrift wurde der Rat auf Müntzers »Hoch verursachte Schutzrede vnd antwort wider das Gaistloße Sanft lebende fleysch zu(o) Wittenberg« aufmerksam. Noch am selben Tag wurde entschieden, Höltzel wegen seines »Verbrechens« in das Gefängnis zu verbringen und ihn sowie den fremden Landfahrer, auf den er sich berufe, zu vernehmen, woher er das Manuskript habe. Die gedruckten Exemplare sollten eingezogen49 und dem Landfahrer untersagt werden, künftig ohne Wissen des Rats eine Schrift zum Druck zu geben.50 285
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Bisher konnte nicht ermittelt werden, welche Person sich hinter dem »fremden Landfahrer« verbirgt. Unwahrscheinlich und mit Quellen nicht zu belegen ist, dass es sich um Müntzer handelte.51 Eher ist an Martin Reinhart zu denken, der 1522 in Jena als Prediger angenommen worden war, Kontakt zu Karlstadt in Orlamünde hielt und im Herbst 1524 vertrieben wurde.52 Im Frühjahr hatte er in Jena die »Anzaygung, wie die gefallene Christenhait widerbracht müg werden in jren ersten standt« publiziert, eine Edition hussitischer Artikel, die er den angesehenen Nürnberger Ratsmitgliedern Anton Tucher und Hieronymus Ebner, dem Humanisten Willibald Pirckheimer und dem ganzen Rat widmete. Er spricht sie als Männer an, die sich um Bibliotheken und die Erhaltung und den Druck alter Bücher verdient gemacht haben.53 Als Reinhart diese Widmung zu Papier brachte, war allerdings noch nicht abzusehen, dass er die Reichsstadt bald aufsuchen würde. Der Wittenberger Gelehrte Joachim Camerarius schrieb am 22. November 1524 – oder einige Tage später – aus Bamberg an Philipp Melanchthon, Martin [Reinhart], einst Pfarrer in Jena (Gennensis olim presbyter), habe sich in Bamberg einige Nächte versteckt gehalten und sei nach Nürnberg aufgebrochen.54 Da Müntzer Anfang Oktober aus Mühlhausen und Reinhart zur selben Zeit aus Jena vertrieben wurde,55 ist es nicht ausgeschlossen, dass beide sich an einem nicht bekannten Ort getroffen haben und Müntzer bei dieser Gelegenheit Reinhart, der ein Manuskript Karlstadts bei sich trug, das Manuskript mit dem Titel »Hoch verursachte Schutzrede« übergab. Da Höltzel als Überbringer der Manuskripte Karlstadts und Müntzers einen »fremden Landfahrer« nannte, kannte er vielleicht dessen Namen tatsächlich nicht, oder er wollte ihn nicht preisgeben. Der Rat beschloss daraufhin, auch Höltzel anzuweisen, künftig nichts ohne Wissen und Erlaubnis des Rats zu drucken,56 und der »Landfahrer« sollte befragt werden, von wem er das Höltzel übergebene Manuskript erhalten habe.57 Erstaunlich ist, dass am selben Tag die Ausweisung Reinharts, dessen Name bisher nicht fiel, beschlossen wurde: Er sei Prediger in Jena gewesen, den »altstetischen schwirmern« verwandt und deshalb vom Kurfürsten von Sachsen aus dem Land gewiesen worden. Ihm solle »aus beweglichen Ursachen« gesagt werden, dass der Rat seine Anwesenheit in der Stadt 286
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nicht dulden könne und er diese mit Weib und Kind noch heute oder morgen verlassen und außerhalb des Ratsgebiets sein Geld verzehren solle.58 Offenbar beabsichtige Reinhart, beim sächsischen Kurfürsten seine Rückkehr nach Jena zu erwirken. Davon muss Luther Kenntnis erhalten haben, denn am 29. Dezember 1524 schrieb er an Georg Spalatin, den Vertrauten des Landesherrn, er traue den Worten Reinharts nicht, und er solle in Nürnberg nicht geduldet werden.59 Der Rat der Reichsstadt hatte indes schon vorher so entschieden. Als Landfahrer galten im 16. Jahrhundert am häufigsten ohne Gewerbe oder in Ausübung eines verachteten Gewerbes durch das Land ziehende Landstreicher, Gaukler und Bettler.60 Wenn der Rat den Überbringer der Manuskripte Karlstadts und Müntzers so bezeichnete, kann das nur heißen, dass ihm dessen Name und Beruf nicht bekannt waren und erst bei der Übermittlung des Ratsbeschlusses die Identität des Landfahrers mit Martin Reinhart festgestellt wurde. Wenn Reinhart derjenige war, der Höltzel die beiden Schriften übergab, dann war das allerdings kein ausreichender Grund für die Stadtverweisung. Im Fall Huts war eine solche Strafe nicht ausgesprochen worden, und im Fall Pfeiffers waren sein Verhältnis zu Müntzer und der Mühlhäuser Aufstand der Grund für die Ausweisung. So ist auch die Bestrafung Reinharts nur damit zu erklären, dass er in den Augen des Nürnberger Rats ein Anhänger Müntzers war.
Müntzers Antwort an Luther – die »Ausgetrückte emplössung« Die Verbreitung der beiden Schriften Müntzers unterband der Nürnberger Rat: Die »Ausgetrückte emplössung« – ausgenommen die bereits versandten Exemplare – und auch die »Hoch verursachte Schutzrede« wurden eingezogen. Der Hofmeister Markgraf Georgs von BrandenburgAnsbach forderte zudem den Vogt zu Ansbach am 4. Dezember 1524 auf, allen Buchführern bei Leibesstrafe zu verbieten, Traktate von Karlstadt, Müntzer »oder andern derselben alstettischen sect« öffentlich oder heimlich feilzubieten.61 Obwohl Müntzers Absicht im Wesentlichen gescheitert war, sich mit beiden Schriften öffentlich zu rechtfertigen, sind die Texte von Interesse, 287
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weil sie Einblicke in seinen Konflikt mit Luther und seinen derzeitigen Standpunkt ermöglichen. In der »Ausgetrückten emplössung« legte Müntzer das erste Kapitel des Lukasevangeliums aus, in dem berichtet wird, dass der Erzengel Gabriel dem Priester Zacharias verkündete, seine Frau werde einen Sohn gebären – Johannes den Täufer. Doch Zacharias nahm die Nachricht ungläubig auf, weil Elisabeth unfruchtbar war. Auch verkündete der Erzengel Maria, der Frau Josefs, dass sie mit einem Sohn schwanger gehe – nämlich Jesus. Auch sie war angesichts ihrer Jungfräulichkeit ungläubig, vertraute aber dem Engel und stimmte ein Loblied auf Gottes Werke an.62 Prediger und Theologen interessierte besonders das »Magnificat anima mea dominum« (Meine Seele erhebet den Herrn), Marias Loblied auf die Gnade Gottes. Luther legte es 1521 Vers Abb. 44: Thomas Müntzer: Ausgedrückte für Vers aus,63 weil alle Herren, die recht Entblößung des falschen Glaubens, regieren wollten, daraus lernen könn[Nürnberg] 1524 ten, denn Maria lobe die Gottesfurcht, und man sehe, welche Werke Gott in den hohen und niederen Ständen vollbringe.64 Er kritisierte aber, dass jedermann sich nur um Ehre, Macht, Reichtum und ein gutes Leben bemühe. Wo solche Leute auftreten würden, liefen ihnen alle zu. Doch wo Armut, Not und Angst herrschten, wende jeder die Augen ab.65 Aber gerade dort schaue Gott hin, denn er wolle die Gewaltigen erschrecken, sie aber eine Weile gewähren lassen, bis sich die Bedrückten ohne alles Lärmen erheben, denn Gottes Kraft sei in ihnen.66 Und Luther mahnte zur Mäßigung, bis Gott selbst den Frevel der Mächtigen strafe. Müntzer war das Magnificat vertraut. Als Priester war er verpflichtet, es täglich zu beten, und er nahm es auch in sein »Deutzsch kirchen ampt« auf.67 Doch anders als Luther68 beließ es Müntzer nicht bei der Auslegung des Magnificats, sondern legte das ganze Kapitel aus, in dem das Verhältnis von Unglaube und Gottesfurcht den Schwerpunkt bildet. 288
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Verfasst hat Müntzer das »Gezeugnus des ersten capitels des evangelions Luce« – so der Titel der ursprünglichen Fassung – unmittelbar nach seiner Predigt vor den sächsischen Landesherren, um noch einmal klarzustellen, was er von ihnen erwartete. Am 3. August schrieb er an Kurfürst Friedrich den Weisen, das Volk setze große Hoffnungen auf ihn. Wenn er aber seine Macht missbrauche, werde man von ihm sagen, er habe sich auf weltliche Üppigkeit verlassen. Deshalb habe er Herzog Johann, dem Bruder des Kurfürsten, eine Auslegung des Lukasevangeliums übermitteln lassen, dazu einen Unterricht, »wie man gotlicher weise zcukunftigem aufrurh begegnen soll«.69 Müntzer teilte dem Kurfürsten ferner mit, er habe Herzog Johann zugesagt, seine Bücher vor dem Druck der Zensur vorzulegen.70 Daraus ergibt sich aber nicht schlüssig, dass es sich bei der Auslegung des Lukasevangeliums um ein Zensurexemplar handelt. Als der Herzog am 6. August den Kurfürsten über das Verhör Müntzers in Weimar informierte, teilte er ihm auch mit, dieser habe »ein geschriebene materi« hinterlassen, er sei sich aber nicht sicher, ob das geschehen sei, um diese Schrift »besichtigen« zu lassen. Diese Worte belegen nicht, dass Müntzer die Zensur im Blick hatte, als er dem Herzog das Manuskript seiner Auslegung von Lukas 1 übermittelte, und dieser urteilte denn auch, wenn es um den Druck dieser Schrift gehe, erachte er es für besser, wenn das außerhalb der kursächsischen Lande geschehe.71 Eine Antwort hat Müntzer offensichtlich nicht erhalten, also auch keine Zensurentscheidung. Das »Gezeugnus« ist die Grundlage der »Ausgetrückten emplössung«, der für den Druck überarbeiteten und erweiterten Fassung, in der Müntzer seine Erfahrungen seit dem Verlassen Allstedts verarbeitete. Diese besagten vor allem, dass seine Hoffnung zunichte geworden war, die Obrigkeiten für sein Reformationswerk zu gewinnen. Deshalb ergänzte er jetzt nicht nur die Lukasauslegung, sondern verschärfte auch den Ton und spitzte manche Aussage zu.72 Im »Gezeugnus« fasste Müntzer noch einmal zusammen, was er bisher über den Glauben und den Glaubensempfang verkündet hatte, gab aber nun zu bedenken, wie die Gewinnung des wahren Glaubens befördert werden könne, da die sächsischen Fürsten nach seiner Predigt über Daniel 2 zögerten, die unvermeidbare Reformation in seinem Geist zu unterstützen. 289
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Angesichts der Verwirrung, die Luther mit seinen »Schmachbüchern« verursacht habe, wolle er der Christenheit den Glauben so vermitteln, »wie ich darzu bewegt bin«, und ihr den eingetretenen Schaden vor Augen führen.73 Das Lukas-Evangelium zeige mit den Verkündigungen des Erzengels, was es mit dem Christenglauben für eine seltsame Bewandtnis habe. Ein Jammer sei es, dass jetzt ungläubige Menschen, die selbst den wahren Glauben nicht erfahren haben, darüber predigen. Müntzer hält dem das Beispiel Gideons entgegen, dem ein Engel verkündet habe, er solle mit seiner Schar Israel befreien (Buch der Richter 7,7), und aufgrund seines starken Glaubens habe er mit 300 Mann eine »unzählig große Welt« überwunden. Man müsse sich davor hüten, wie die Schriftgelehrten vom Glauben zu reden. Denn Christus lehre, die Schrift sei ein Zeugnis des Glaubens, während jene sagten, sie gebe den Glauben und machten so den Geist Christi zu einem Spottvogel. Doch auch wer sein Leben lang nichts von der Bibel gehört habe, könne den rechten Glauben gewinnen. Müntzer fragt, warum Luther – »Bruder Sanftleben« und »Vater Leisetritt« nennt er ihn – darauf so heftig reagiere. Den Grund sieht er darin, dass er an Pracht und Reichtum festhalten wolle und meine, trotzdem einen erprobten Glauben zu besitzen. Müntzer zitiert dagegen Matthäus 6,24, man könne nicht Gott und dem Reichtum zugleich dienen. Auch klagt er das Regiment der »Gottlosen« an, von denen einige beginnen würden, ihr Volk zu schinden und zu schaben, zu bedrohen und zu peinigen. Diesen Jammer wolle Gott nicht länger hinnehmen. Müntzer nimmt aber von seiner Kritik auch diejenigen nicht aus, die sich solcher Tyrannei beugen, also die Menschen, die zu den »Kreaturen« gefallen sind und die Obrigkeit mehr als Gott fürchten. Denn die »Ankunft des Glaubens« werde nicht nur von den Pfaffen verhindert, sondern auch von denen, die sich dem Reichtum hingeben. Das Volk könne indes angesichts seiner beschwerlichen Lage nicht zu sich selbst finden. So sei es aller Menschen Schuld, wenn in der Kirche ein stummer Gott angebetet werde. Wenn die Kirche erneuert werden solle, so Müntzer weiter, müsse ein gnadenreicher Knecht Gottes hervortreten, der im Geist des Propheten Elia (Matthäus 17,3-12) alles auf den rechten Weg bringe.74 Das niedrige Volk müsse um einen neuen Täufer Johannes, einen gnadenreichen Pre290
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diger bitten, der den wahren Glauben zutiefst erfahren habe.75 Doch die Christenheit in ihrem gegenwärtigen Zustand müsse wegen ihrer Lüste hart bestraft werden, damit die Menschen nach Ablegung des Kreatürlichen die Ankunft des wahren Glaubens erfahren können. In diesem Prozess würden die Auserwählten von den Verworfenen geschieden. Zur Auserwähltheit berufen sei das Volk, das aber erst noch lernen müsse, Christus in seinem Leben und Leiden gleichförmig zu werden. Das sind auch die zentralen Themen der »Ausgetrückten emplössung«,76 die zum großen Teil wörtlich dem »Gezeugnus« folgt. Doch heftiger attakiert Müntzer jetzt Pfaffen und Schriftgelehrte, die mit ihren Lästerungen schlimmer als der Papst mit seinen Fastenerlassen das Maul der Leute verstopften. Er klagt die Fürsten an, die es nicht verhindern, dass Untertanen verfolgt werden, wenn sie das Evangelium hören wollen, und er beklagt den armen Mann, der vor dem Kummer um die Nahrung nicht lernen könne, die biblischen Schriften zu lesen und folglich nicht zum wahren Glauben finde. Bemerkenswert ist schon das Motto auf dem Titelblatt, in dem Müntzer auf den Propheten Ezechiel 8,7-18 verweist, der in Jerusalem durch ein Loch in der Tempelwand sah, wie die Obrigkeit des Volkes Israel Götzenbilder anbetete. Während er im »Gezeugnus« nur zitierte: »Mach das loch weiter und las sie alle sehen, wer die grossen henße seint. Ezechielis 8«,77 gab er den Text jetzt in freier Übersetzung wieder: »Lieben gesellen, last uns auch das loch weyter machen, auf das alle welt sehen und greyfen mu(e)g, wer unser grosse hansen sind, die Got also lesterlich zum gemalten mendleyn gemacht haben. Jere[mia] am 23. cap.«78 Auf der Rückseite des Titelblatts zitiert Müntzer den Propheten Jeremia, 1,18-19, eine eiserne Mauer sei wider die Könige, Fürsten und Pfaffen und wider das Volk aufgerichtet worden. Sie mögen streiten, der Sieg ist wunderbar und führt zum Untergang der gottlosen Tyrannen.79 Schon im Prager Sendbrief hatte er im Anschluss an Jeremia geurteilt, Gott werde seinen Zorn über die verstockten Menschen ausgießen, weil sie die heilsame Wirkung des Glaubens verleugnen, und zwar über diejenigen, die sich zu einer eisernen Mauer aufwerfen sollten, um die Auserwählten gegen die Lästerer zu verteidigen.80 Auf dem Titelblatt versah Müntzer seinen Namen mit dem Zusatz »mit dem Hammer«, eine Anspielung auf Jeremia 23,29: »Ist mein Wort 291
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nicht wie ein Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?« Den Lukastext interpretierte Müntzer ganz im Sinn des Jeremiaworts. Da seine Hoffnung auf Unterstützung durch die Fürsten sich zerschlagen hatte, setzte er seine Hoffnung jetzt allein auf das auserwählte Volk Gottes. Die Glaubensfrage ist auch hier das zentrale Thema. In der Vorrede schreibt Müntzer, nachdem Luthers »Schmachbücher« die christliche Gemeinde teils scheu und teils kühn gemacht hätten, sei es erforderlich, diesem Übel zu begegnen, und zwar durch die Auslegung der Heiligen Schrift im Geist Christi, »durch die vergleychung aller geheymnus und urteyl Gottes«.81 Denn alle seine Urteile trügen in sich auch das Gegenteil. Würden sie nicht zusammen gesehen, könne keines vollständig verstanden werden. Müntzer lehnt die »stückwerkische Weise« der Auslegung ab und plädiert dafür, die ganze Schrift zu respektieren. Deshalb habe er sich vorgenommen, das Loch in der Tempelwand weiter zu machen. Die Schriftgelehrten, so argumentiert Müntzer, vermitteln dem gemeinen Mann einen Glauben, den sie aus der falschen Auslegung der Schrift gewonnen haben. Deshalb müsse dieser selbst gelehrt werden, um nicht länger verführt zu werden.82 Das Haupthindernis liegt für Müntzer klar zutage: Hatte er im »Gezeugnus« schon erklärt, die Auserwählten würden arg betrogen, so prangerte er jetzt die Schriftgelehrten an: »Mit allen worten und wercken machen sie es ya also, das der arm man nicht lesen lerne vorm beku(e)mernuß [der Sorge] der narung, und sie predigen unverschempt, der arm man soll sich von den tyrannen lassen schinden und schaben. Wenn will er denn lernen, die schrift lesen?«83 Wolle man die Wurzeln des falschen Glaubens ausreißen, müsse man sich vor der Art der Schriftgelehrten hüten, denn sie machten aus der Schrift einen Deckmantel, der es verhindert, »die rechte natur des christenglaubens« zu erkennen.84 Christus habe gesagt, die Schrift gebe Zeugnis, doch die Schriftgelehrten sagten, sie gebe den Glauben. Auf diese Weise werde der arme Haufen verführt. Doch die ihm vorenthaltene Wahrheit müsse einmal an den Tag kommen, denn wer sein Leben lang weder von der Bibel gehört, noch sie gesehen habe, könne trotzdem durch den Heiligen Geist einen wahrhaften Glauben erlangen, wie alle ihn hatten, die ohne Bücher die Heilige Schrift verfasst haben.85
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Müntzer rechnet nun nicht mehr mit der Unterstützung durch die Regenten, sondern nur noch mit der Einsicht des Volks. Das »verkehrte Regiment« widerspreche dem Willen Gottes, denn die Gottlosen beginnen jetzt, »ir volck zu sto(e)cken, plo(e)cken, schinden und schaben« und bedrohten die ganze Christenheit.86 Diesen Jammer werde Gott nicht länger mit ansehen, und Müntzer verweist auf Paulus (Römer 13,2): Die Fürsten seien Henker und Büttel, doch sie wollten die Allerchristlichsten genannt werden, obwohl ihr Unglaube zutage liege. Deshalb müsse man die wuchersüchtigen Bösewichte wegschaffen und zu Hundeknechten machen,87 wenn die Christenheit gerettet werden solle. Das Volk könne jedoch angesichts des Wuchers, der Steuerlast und der Zinse aus Sorge um die Nahrung den Unglauben nicht erkennen und nicht zum rechten Glauben finden. Die Entlastung von den materiellen Bürden, die den Untertanen von der feudalen Gesellschaft auferlegt wurden, ist für Müntzer nicht Selbstzweck, sondern Voraussetzung, um die Menschen ihrer wahren Bestimmung zuzuführen. Da das arme, von den Gottlosen vergiftete Volk nicht zu sich selbst finden könne, müssten der Eigennutz abgetan und die Auserwählten von den Gottlosen geschieden werden. Nur so könne die rechte christliche Kirche – wie zur Zeit der Apostel – wieder aufgerichtet werden, denn die Zeit der Ernte sei gekommen. Deshalb müsse ein »gnadenreicher Knecht Gottes« den Menschen den Weg weisen und den erdichteten Glauben zertrümmern. Nachdem Müntzer noch gehofft hatte, mit der Daniel-Auslegung die Fürsten für seine Sache gewinnen zu können, ist er nun auf dem Weg, deren Herrschaft zu verwerfen.88 Die Auserwählten sieht er jetzt allein im Volk, das aber erst noch zum rechten Glauben finden muss, indem es alles Kreatürliche abwirft. All das vollzieht sich im Zeichen eines endzeitlichen Geschehens.
Die »Hoch verursachte Schutzrede« Die »Ausgetrückte emplössung« war nicht zuletzt eine Polemik gegen Luther, aber eine abschließende Antwort auf dessen »Brief an die Fürsten zu Sachsen« stand noch aus. Sie gab Müntzer mit seiner letzten Schrift: »Hoch verursachte Schutzrede und antwort wider das Gaistloße Sanft lebende fleysch zu(o) Wittenberg, welches mit verka(e)rter weyße durch den Diep 293
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stal der heiligen schrift die erbermdliche Christenheit also gantz ja(e)merlichen besudelt hat.«89 Die Bezeichnung als Schutzrede, das heißt als Verteidigungsschrift, weist auf die literarische Form. Luther hatte den »Brief an die Fürsten zu Sachsen« als Gerichtsrede konzipiert, in der nach der Anklage die Verteidigung und schließlich der Urteilsspruch folgen. In seiner Antwort bediente Müntzer sich ebenfalls dieser rhetorischen Mittel.90 Es ist nicht bekannt, wann und wo er das Manuskript erarbeitet hat. In Allstedt kann er damit begonnen haben, da ihm Luthers Schrift Anfang August vorlag. In Mühlhausen dürfte es an Zeit gefehlt haben, um die Arbeit fortzusetzen. Deshalb ist zu vermuten, dass er sich, nachdem Hut und Pfeiffer nach Nürnberg aufgebrochen waren, an einem unbekannten Ort aufgehalten hat, um die Schrift fertigzustellen, die dann der »fremde Landfahrer« in Nürnberg dem Drucker übergab. Wenn Luther Müntzer vorwarf, er wolle Aufruhr stiften, berief er sich auf dessen Brief an die Mansfelder Bergleute. So sah es jedenfalls Müntzer.91 Bekannt gewesen sein können Luther aber auch die Briefe Müntzers an Kurfürst Friedrich den Weisen vom 4. Oktober 1523 und an Herzog Johann vom 14. Juni 1524,92 in denen er Römer 13 anders als Luther interpretierte.93 Für diesen ist Aufruhr ein Werk des Teufels, und wer Aufruhr predigt, ist folglich Abb. 45: Thomas Müntzer: Hoch verursachte ein Werkzeug des Satans. Das entsprach Schutzrede, [Nürnberg] 1524 seiner Weltauffassung, die vom Ringen zwischen Gott und dem Teufel geprägt war.94 Den Vorwurf, ein Werkzeug des Teufels zu sein, gibt Müntzer allerdings an Luther zurück. In seinen Augen ist er nicht nur ein »Schriftgelehrter«, der »Vater Leisetritt« und »Bruder Sanftleben«, wie noch im »Gezeugnus«, sondern ein »Erzbube« und »Verfolger der Wahrheit«, der »Doktor Lügner«, »Schelm von Wittenberg«, »Doktor Ludibrii« (Doktor des Gespötts), ja, der »Erzteufel«, der »neue Papst«, des »Teufels Erzkanzler« und das »gottlose Wittenberger Fleisch«. 294
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Diese diffamierenden Charakterisierungen verstehen sich keineswegs vordergründig als grobe Beschimpfungen.95 Müntzer wollte auf diese Weise vielmehr Luthers Standort gleichnishaft fixieren. Wenn er ihn beispielsweise einen »tückischen kulckraben« nennt, erinnert er an die Situation, als Noah aus der Arche einen Raben ausfliegen ließ, der nicht zurückkehrte, weil er sich am Aas niederließ, um zu fressen.96 Und ihn als »geistlos« zu charakterisieren besagt sehr eindeutig, dass Luther nicht im Geist Gottes handle. Müntzer bediente sich einerseits der Satire, andererseits der apokalyptischen Symbolik, um Luthers Wesen zu entlarven. Seinen »Brief an die Fürsten zu Sachsen« hatte Luther unter Benutzung der üblichen Rhetorik mit der Anrede eingeleitet: »Den durchleuchtigsten hochgebornen Fu(e)rsten und Herrn Herrn Friedrich, des Ro(e)mischen Reichs Chu(e)rfu(e)rst, und Johans, Hertzogen zu Sachsen, Landgrafen yn Du(e)ringen, und Marggrafen zu Meyssen, meynen gnedigsten herrn.«97 Dagegen adressierte Müntzer seine Schrift nicht an die weltlichen Herrscher mit ihren Titeln, sondern an Christus, den Luther verleugne: »Dem durchleüchtigsten, erstgebornen fürsten und allmechtigen herren Jesu Christo, dem gu(e)tigen ko(e)nig aller ko(e)nige, dem tapfern hertzogen aller gelaubigen, meinem gna(e)digsten herrn und getreuem beschirmer, und seiner betru(e)bten ainigen [einzigen] braut, der armen christenhayt.«98 Fürstentitel verwarf Müntzer jetzt, allein Christus respektierte er als Herrn. Müntzer verhehlte nicht, dass es der Sache förderlicher sei, das arme Volk zu belehren, als mit Luther zu streiten. Er sei des Zanks müde, und dieser wäre hinfällig, wenn Luther ihn vor der Gemeinde widerlegt oder die Landesherren während des Verhörs in Weimar über seine Lehre geurteilt hätten.99 Stattdessen verteufle Luther ihn unter Berufung auf Paulus vor aller Welt, so dass er noch einmal zur Feder greifen müsse. Denn die Schriftgelehrten verleugneten den wahren Empfang des Glaubens, die Pfaffen predigten nur um des Lohnes willen, und Luther verwirre die Christenheit mit einer falschen Glaubenslehre. Müntzer ging jetzt ausführlicher auf einzelne Ereignisse ein, die ihm anzeigten, wie Luther auf schändliche Weise gegen ihn vorgegangen sei. Doch er verteidigte sich nicht nur, sondern drehte den Spieß auch um, indem er Luthers Verhalten in verschiedenen Situationen anprangerte, auf die dieser im »Brief an die Fürsten zu Sachsen« selbst hingewiesen hatte, so auf 295
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das Verhör in Augsburg 1518, die Leipziger Disputation 1519, den Wormser Reichstag 1521 und sein Auftreten in Orlamünde 1524. Generell warf Müntzer Luther vor, den Fürsten stets nach dem Mund geredet zu haben, um sich deren Dank zu verdienen. Das traf nicht den Kern des Konflikts, aber Müntzer sah natürlich, dass der Wittenberger auf die Obrigkeiten als Vollstrecker der Reformation setzte und diese gegen ihn mobilisierte. Müntzer wiederholte, was für ihn der rechte Glaube sei, kritisierte aber im Kern Luthers Rechtsfertigungslehre100 und stellte damit die reformatorische Theologie der Wittenberger infrage. Er geht vor allem auf das Verhältnis von Gesetz und Evangelium ein. Für Luther ist das Gesetz des Alten Testaments durch die Gnade Gottes aufgehoben, wie der Opfertod Christi anzeige. Müntzer hält dem entgegen, dass Luthers Interpretation Gnade und Gerechtigkeit für die Herrschenden bedeute, während die Besitzlosen und Geknechteten dem Gesetz des strafenden Gottes unterworfen sein sollen. Sicher gibt Müntzer Luthers Lehre polemisch verkürzt wieder, wie dieser es in seinen Schriften ebenfalls getan hatte. Müntzers Argumentation führte aber zu einer politischen und sozialen Sicht der Situation hin. Müntzer erinnert daran, dass er in der Predigt vor den Fürsten anhand der Bibel darauf hingewiesen habe, welche Aufgabe dem Schwert in der Hand der Obrigkeiten zufalle: Es sei ihnen gegeben, um Empörungen zu verhindern. Nun aber komme »Vater Leisetritt« und behaupte, dass er Aufruhr stifte. Er habe jedoch den Fürsten vor Augen geführt, dass nach der Heiligen Schrift die Gewalt des Schwerts der ganzen Gemeinde gebühre und die Fürsten dessen Diener sein sollen. Wer recht urteilen wolle, »der mu(o)ß den aufru(o)r nit lieben, auch mu(o)ß er fu(e)glicher101 empo(e) rung nit feyndt sein; er mu(o)ß ein gantz vernünftiges mittel halten«.102 Der größte Gräuel auf Erden sei es, so Müntzer weiter, dass niemand sich der Not der Bedürftigen annehmen wolle. In seiner Schrift »Von Kaufshandlung und wucher« schreibe Luther, die Fürsten sollten sich getrost unter die Diebe und Räuber begeben, aber er verschweige die Ursache der Dieberei. Denn die Herren und Fürsten seien es, die »alle creaturen zum aygenthumb« nehmen. Die Fische im Wasser, die Vögel in der Luft, das Gewächs auf der Erde – alles müsse ihnen gehören, Jesaja 5,8. Dann sagen sie, Gott habe geboten, nicht zu stehlen. So nötigen sie den armen Ackers- und Handwerksmann und schinden und schaben alle, die da leben, Micha 3,1-4. Wer sich aber am Allergeringsten vergreife, werde 296
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gehängt. »Do saget denn der doctor lu(e)gner: Amen. Die herren machen das selber, daß in der arme man feyndt wirdt. Dye ursach des aufru(o)rß wo(e)llen sye nit wegthu(o)n, wie kann es die lenge gu(o)t werden? So ich das sage, mu(o)ß ich aufru(e)risch sein, wol hyn.«103 Müntzer schließt mit den Worten: Luther habe durch seine Lügen das Herz der Gerechten traurig gemacht und die Gewalt der gottlosen Bösewichte gestärkt, damit sie auf ihrem alten Weg verbleiben. »Darumb wirt dirs geen wie eynem gefangen fuchs, das volck wirdt frey werden und Got will allayn der herr daruber sein.«104 Die »Hoch verursachte Schutzrede« dokumentiert einen letzten Schritt auf dem Weg der Abgrenzung Müntzers von Luther mit dem Ergebnis eines unheilbaren Bruchs.105 Ein Brückenschlag zur Verständigung war nicht mehr denkbar. Das war nicht eine Folge subjektiver Vorbehalte, sondern des reformatorischen Prozesses, in dem über alternative Wege gestritten wurde. Müntzers Anspruch war es, eine radikale Wandlung der Menschen und der Welt vorzubereiten. Es ging ihm darum, die Menschen zu unterrichten und zu erziehen, um ihnen den Weg zum wahren Glauben zu weisen. Doch sein Glaubensverständnis korrespondierte nicht mit dem Zustand der Welt. Um es zur Geltung zu bringen, musste diese neu geordnet werden. Im Zeichen der apokalyptischen Erwartungen sah er folglich in der Scheidung der »Auserwählten« von den »Gottlosen« eine unmittelbare Aufgabe. Als Gottlose erwiesen sich im Verständnis Müntzers alle, die gegen den Willen Gottes handeln und dem Volk einen falschen Glauben vermitteln. Das galt vor allem für die tyrannischen Obrigkeiten, die sich der Ausbreitung des Evangeliums in den Weg stellten, Macht und Reichtum an sich rissen und die ihnen von Gott gegebene Gewalt missbrauchten. Müntzer orientierte sich folglich zunehmend auf die Gedemütigten und Bedrückten in Stadt und Land, weil sie Gottes Stimme eher vernehmen. Müntzers Lehre zielte auf die Wiederherstellung der Ordnung Gottes. Durch das Gleichförmigwerden mit Christus, die bedingungslose Annahme des von ihm durchlittenen Schicksals, die Lossagung von Reichtum und Macht und die Beseitigung von Armut und Unterwürfigkeit sollten die Menschen zu sich selbst finden und ihre Erwählung begreifen. Ihnen oblag es, die »Veränderung der Welt« auf den Weg zu bringen und das »Regieren Gottes« vorzubereiten. 297
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Das war eine radikale Theologie, weil sie Grenzen aufbrach, die von den Wittenberger Theologen gezogen worden waren. Religiöse, soziale und politische Anliegen verwoben sich jetzt. Denn nicht nur die Christenheit und ihre Kirche sollten erneuert, sondern auch die tyrannisch handelnden Obrigkeiten verdrängt und die ungerechten Eigentumsverhältnisse überwunden werden. So war »füglicher Aufruhr«, das heißt von Gott verfügter und gebilligter Widerstand, nicht mehr auszuschließen, wenn Müntzer sein Ziel erreichen wollte.
Müntzers Aufenthalt in Nürnberg Müntzer trat beim Druck der beiden Schriften in Nürnberg selbst nicht in Erscheinung. Doch er dürfte zufrieden gewesen sein, dass nun seine Antwort auf Luthers Vorwürfe vorlag, wenn auch nur wenige Exemplare der Öffentlichkeit zugänglich waren.106 Deshalb wohl schrieb er an Christoph Meinhard in Eisleben mit sarkastischem Unterton: Er habe seine Lehre in Nürnberg drucken lassen, »und sie wollen beim Ro(e)mischen reich danck verdienen, sie zu unterdru(e)cken«.107 Entmutigt hat ihn das nicht, denn mit dem Blick auf die sanftlebenden Brüder und Leisetreter erklärte er: »Hab ich [sie zu]vor einmal gescholten mit bu(e)chsen, wil ich nu mit Got uber sie donnern im himel.«108 Denn sie hätten ihre Büberei lange genug getrieben, und er habe allen Grund, sie anzuklagen. Müntzer schließt den Brief selbstbewusst mit den Worten: »Mein hertz ist unerschrocken in Gott, meinem heiland, welcher euch ewig beware.«109 Auf einen Aufenthalt in Nürnberg verweist Müntzer selbst nur auf einem »Zettel«, den er dem Brief an Meinhard beilegte: »Ich wolt wol ein fein spiel mit den von N[ürnberg] angericht haben, wenn ich lust hette, aufrhur zu machen«, dessen ihn die lügenhafte Welt beschuldige.110 Viele vom Nürnberger Volk hätten ihm geraten zu predigen. Darauf habe er geantwortet, er sei nicht aus diesem Grund in ihre Stadt gekommen, sondern um sich durch den Druck zu verantworten. Als das die Herren erfuhren, hätten ihnen die Ohren geklungen, denn gute Tage würden ihnen wohl tun.111 Müntzer bestätigt damit, dass es ihm hauptsächlich um den Druck seiner Schriften ging. Von einem Aufenthalt in der Stadt berichtet keine Nürnberger Quelle. Nur Hans Zeiß informierte am 22. Februar 1525 Ge298
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org Spalatin, nachdem Pfeiffer und Müntzer vom Mühlhäuser Rat vertrieben und in Nürnberg gewesen und dort ausgewiesen worden seien, sei Pfeiffer zurückgekommen.112 Zeiß wird die Information wohl von seinem Vetter Christoph Meinhard erhalten haben. Falsch ist jedoch, neben Pfeiffer sei auch Müntzer aus Nürnberg ausgewiesen worden, denn einen solchen Beschluss hat es nicht gegeben. Sollte Müntzer sich längere Zeit in der Reichsstadt aufgehalten haben, wäre es ihm wohl zum Verhängnis geworden, wenn er öffentlich gepredigt hätte, wie die Ausweisung Pfeiffers anzeigt. Auch war aus den beiden von Hergot nachgedruckten Sendbriefen Luthers bekannt, dass dieser Müntzer als Aufrührer denunzierte. In der »Histori Thome Muntzers« von 1525 heißt es denn auch, Gott habe die Stadt davor bewahrt, dass Thomas dort Fuß fassen konnte. Wäre ihm das geglückt, sei zu befürchten gewesen, dass ein noch entsetzlicherer Lärm als in Thüringen entstanden wäre.113 Glaubt man Müntzers eigener Aussage, dass ihn viel Volk in Nürnberg zur Predigt aufgefordert habe,114 und sieht man darin einen Beleg für seinen Aufenthalt in der Stadt, dann bleibt immer noch offen, wann er eintraf und wie lange er dort blieb. In der Literatur ist manchmal von einigen Tagen, aber auch von mehreren Wochen die Rede. Alle diese Erwägungen stützen sich auf die Daten des Drucks der beiden Schriften Müntzers. Folgt man dieser Argumentation, dann datiert ein Aufenthalt frühestens nach dem 29. Oktober und spätestens vor dem 17. Dezember 1524. Da Müntzer Mühlhausen in den ersten Oktobertagen verließ und Hut aussagte, Müntzer habe sich eine Nacht und einen Tag in Bibra aufgehalten, verbleiben bis zu der möglichen Ankunft in Nürnberg etwa sechs bis sieben Wochen. Der Weg von Bibra nach Nürnberg konnte aber in wenigen Tagen zurückgelegt werden, so dass die Annahme naheliegt, Müntzer habe sich zwischenzeitlich noch an einem anderen Ort aufgehalten. Wäre er mit Hut und Pfeiffer zusammen eingetroffen, hätte der Rat wohl nicht nur nach seinem »discipel« Pfeiffer suchen lassen. Doch Müntzer blieb unbehelligt, wird also frühestens Anfang November in Nürnberg angekommen sein und die Stadt spätestens Anfang Dezember wieder verlassen haben. Müntzers Aussage, er habe wohl »ein fein spiel« mit denen von Nürnberg anrichten können, hat allerdings einen realen Hintergrund: Nürnberg befand sich in einer Phase reformatorischen Aufbruchs. Zugleich war der Rat mit Unruhen im Landgebiet und in der Stadt konfrontiert.115 Müntzer 299
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dürfte davon Kenntnis gehabt haben und urteilte nicht unzutreffend, er hätte Aufruhr stiften können. So liegt es nahe, dass er – anders als Pfeiffer – sich zurückgehalten hat, so dass er keines Vergehens beschuldigt werden konnte.
Hans Denck und die »gottlosen Maler« Fragt man, wem Müntzers Aufenthalt in Nürnberg bekannt gewesen sein und mit wem er Kontakt gehalten haben kann, dann tritt zuerst Hans Denck in das Blickfeld.116 Er hatte in Ingolstadt und Basel studiert und war wahrscheinlich eine Zeitlang Lehrer in Donauwörth und in Regensburg. Dann arbeitete er als Korrektor bei den Basler Druckern Andreas Cratander und Valentin Curio. Zudem besuchte er Vorlesungen von Johannes Oekolampad und vielleicht auch von Erasmus von Rotterdam. Als der Humanist Willibald Pirckheimer bei Oekolampad nach einem Schulmeister fragte, empfahl dieser Denck, und im September 1523 wurde er in Nürnberg in sein Amt eingeführt. Hans Hut war mit dem Nürnberger Schulmeister bekannt.117 Es liegt folglich nahe, dass er den Kontakt Müntzers zu Denck vermittelte. Nicht zutreffend ist aber die Annahme, Müntzer habe sich bei Denck im Pfarrhof von Sankt Sebald aufgehalten. Dieser lag an einem belebten Ort der Sebalder Seite, und Denck beherbergte dort Schüler. Wollte Müntzer möglichst unerkannt verkehren, war dieser Platz wenig geeignet. Auch hatte Denck zum fraglichen Zeitpunkt bereits seinen Wohnsitz in der Stadt gewechselt. Ob dieser Müntzers Herberge war, ist nicht bekannt. Der humanistisch gebildete Schulmeister, der Beziehungen zu Pirckheimer und anderen Nürnberger Persönlichkeiten unterhielt, distanzierte sich bald von der vom Rat tolerierten Lehre Luthers und fand zu einem eigenen Glaubensverständnis. Das wurde offensichtlich durch die Beschäftigung mit Schriften Müntzers begünstigt. Denn ihm waren die »Außgetrückte emplössung« und die »Hoch verursachte Schutzrede« bekannt, also die in Nürnberg gedruckten Schriften, aber auch die Traktate »Von dem getichten glauben« und »Protestation oder empietung«. Ob Müntzer mit den »gottlosen Malern« Georg Pencz, Bartel Beham und Sebald Beham bekannt war, kann nicht mit Sicherheit gesagt wer300
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den.118 Den einzigen Hinweis bietet eine Aussage des Bildschnitzers Veit Wirsperger im Prozess gegen die Maler im Januar 1525: Die Brüder Beham würden mit Müntzers und Karlstadts Büchern »umgehen«.119 Dazu bedurfte es allerdings keiner persönlichen Begegnung. Angenommen wird jedoch, das Müntzerporträt Christoffel van Sichems von 1608 beruhe auf einer verschollenen Vorlage aus dieser Künstlergruppe, weil Stilvergleiche das nahelegen würden.120 Für diese Vermutung gibt es jedoch keine anderen Quellen. So kann nur festgehalten werden, dass eine Begegnung Müntzers mit den Malern denkbar ist, aber nicht eindeutig belegt werden kann. Der Nürnberger Rat wurde auf die Maler aufmerksam, als sie wegen »unchristlicher Reden« in der Öffentlichkeit auffielen.121 Seit dem 10. Januar mussten sie sich in einem ordentlichen Gerichtsverfahren verantworten. Die Aussage Wirspergers spielte in den Verhören allerdings keine Rolle. Das Urteil wurde am 26. Januar verkündet: Der Rat wies die drei Maler mit der Begründung aus der Stadt aus, sie hätten öffentlich obrigkeitsfeindliche Auffassungen verbreitet. Da Sebald Beham im Verhör den Namen Dencks genannt hatte, wurde dieser zunächst von Andreas Osiander befragt und schließlich aufgefordert, seinen Standpunkt zu sieben Fragen schriftlich vorzulegen. Das »Bekenntis«, das Denck daraufhin verfasste, ist nicht geeignet, eine Beeinflussung durch Müntzer zu belegen. Offenbar hielt der Autor Vorsicht für geboten. Als Parallele zu Müntzers Feststellung im Prager Sendbrief kann aber gelesen werden, er habe von Kindheit an gelernt, was der Glaube sei, aber »das gegentayl, so mir von natur angeborn ist, nye recht betracht, wiewol es mir zu vil malen fürgeworfen ist«.122 Auffällig ist Dencks Entgegensetzung von Glaube und Unglaube, Gnade und Verdienst, Schrift und Geist, Gesetz und Evangelium, Licht und Finsternis. Auch urteilte er: Wenn das allmächtige Wort Gottes in den Abgrund der Seele eindringe, verursache es »krieg im menschen« und Verzweiflung, so dass er wähne, er müsse an Leib und Seele vergehen, weil er das von Gott begonnene Werk nicht ertragen könne. Solche Verzweiflung währe aber nur so lange, wie der Auserwählte noch in seinem alten Leib stecke, »und das werck Christi fangt sich darmit an«.123 Es ist nicht abwegig, hier die Redeweise Müntzers zu vernehmen. Als Dencks »Bekenntnis« vorlag,124 bemängelten die Prediger, dass er nicht sofort auf die ihm vorgelegten Artikel geantwortet habe. Sie sahen 301
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darin ein Zeichen, dass nicht der Geist Christi aus ihm spreche, denn er bemühe sich, die aus seiner Vernunft geborenen Gedanken – die Schrift rede nicht »so spitzig« wie er – »hoch aufzumutzen« (das heißt aufzubauschen), so dass man spüre, dass ihn ein fremder und nicht der Geist Christi dazu treibe.125 Am 21. Januar wurde Denck vom Rat eröffnet, er habe etliche den christlichen Glauben betreffende Irrtümer verbreitet und verteidigt, seiner Vernunft vertraut und von anderen Verständigen keine Belehrung annehmen wollen. Deshalb könne der Rat ihn nicht mehr in seinen Mauern dulden. Er solle beeiden, dass er die Stadt unverzüglich verlassen werde und sich im Umkreis von zehn Meilen nicht niederlasse.126 Ausschlaggebend für das strenge Strafmaß waren nicht die persönlichen Zweifel Dencks, sondern die befürchteten Auswirkungen auf die Gemeinde. Spätere Schriften Dencks weisen eine auffallende Übereinstimmung mit Müntzers Wertschätzung der Mystik auf. Da beide mit der Schrift »Eyn deutsch Theologia« vertraut waren, muss keine Abhängigkeit des einen vom anderen gegeben sein. Aber manche theologischen Aussagen Dencks sind nahe bei Müntzers Lehre.127 In der Schrift »Vom Gesetz Gottes« von 1526 schreibt er zum Beispiel: Wem das Gesetz durch den heiligen Geist in sein Herz geschrieben werde, der sei wahrlich gerechtfertigt. Wer aber meine, er wolle es aus der Schrift zuwege bringen, »der schreybt dem todten buchstaben zu, das [was] dem lebendigen gayst zugehört«.128 In der Schrift »Von der wahren Liebe« von 1527 spricht Denck sich für die Absonderung der Kinder Gottes von den »Weltkindern« und »falschen Brüdern« aus. Das sei der Anfang des Bundes der Kinder Gottes, der durch die Taufe vollzogen werde.129 Die Geistesverwandtschaft mit Müntzer belegt auch seine Auffassung, dass der Geist Gottes, der die Bibel hervorgebracht habe, sein Werk im innersten Grund des Herzens tun müsse. Doch Denck übernahm Müntzers Lehre nicht unbesehen. So findet sich zum Beispiel die Kreuzesmystik oder die apokalyptische Sicht bei ihm nicht. Als der Nürnberger Stadtschreiber Lazarus Spengler Luther über den Prozess gegen Denck und die Maler informierte, war dieser in seiner Antwort vom 4. Februar 1525 schnell dabei, die Auffassungen der Angeklagten als Werk des »Allstedter Geists« anzuprangern. Er war verwundert, 302
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dass es »durch des teufels boten« schon so weit gekommen sei, dass solche unchristlichen Artikel verbreitet werden können. Denn wiewohl er den »Allstedtischen Geist« im Verdacht gehabt habe, dass er sich nach Nürnberg begeben werde, habe er nicht geglaubt, dass es so schnell geschehe. Doch es sei richtig, dass solche Gräuel an das Tageslicht kommen, »damit solcher geyster torheit und furnemen bekand und zu schanden werde«.130 Da Spengler ihn frage, so Luther weiter, wie die Angeklagten zu strafen seien, gab er zu bedenken, dass es sich wohl nicht um Blasphemie handle, sondern sie sich wie Türken oder falsche Christen verhielten, die nicht von der weltlichen Obrigkeit zu strafen seien. Wenn sie aber den Gedanken an Aufruhr und Mord im Herzen trügen, wisse die weltliche Obrigkeit, was sie zu tun habe. Ähnlich urteilte Luther in einem Brief an den Prediger Johann Briesmann in Königsberg vom selben Tag: Der Satan habe es schon so weit gebracht, dass in Nürnberg einige Bürger Christus, das Wort Gottes, die Taufe und das Abendmahl sowie die weltliche Obrigkeit verleugnen. Das sei das Werk des Satans, der Geist des Allstedters und Karlstadts.131 Luther sah in den Vorgängen in Nürnberg eine Fortsetzung der Ausein andersetzung mit den »Schwärmern«, wie er sie bisher betrieben hatte. Er hatte zwar erreicht, dass sie aus Kursachsen vertrieben wurden, konnte aber nicht verhindern, dass sie nun andernorts ihre Lehre verbreiteten. Nun war der Nürnberger Rat herausgefordert, sich ihnen zu widersetzen.
Christoph Fürer und Müntzer Kontakt zu Müntzer unterhielt nachweislich der Nürnberger Montan unternehmer Christoph Fürer.132 Er legte ihm Fragen zu theologischen Themen vor, die ihn bewegten und die Müntzer beantworten sollte.133 Fürer war Ostern 1513 in den Kleinen Rat gewählt worden,134 war seit 1519 Zeugmeister, nahm an mehreren Kriegszügen teil und wurde wiederholt mit diplomatischen Missionen betraut. Auch verfasste er Ratschläge zu politischen, militärischen, wirtschaftlichen und religiösen Themen. Als das Seigerverfahren die Ausscheidung des Silbers aus dem Rohkupfer ermöglichte, gründeten vor allem Nürnberger Kaufleute Seigerhütten im Thüringer Wald.135 An der Verarbeitung des Rohkupfers und dem Kupferhandel war frühzeitig die Familie Fürer beteiligt.136 Christoph Fürer hielt 303
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sich ab 1497 als Vertreter der Arnstädter und Gräfenthaler Seigerhandelsgesellschaften in Eisleben auf, und nach dem Tod seines Vaters übernahm er 1501 gemeinsam mit seinem Bruder Siegmund die Leitung der Hütten. Mit den Mansfelder Grafen handelte er wiederholt Verträge über den Kupferkauf aus.137 Fürer wird als gebildeter und vernünftiger Mann beschrieben, der dem reformatorischen Prozess nicht gleichgültig gegenüberstand.138 Solange Luther Missbräuche durch Reformen zu beseitigen gedachte, begrüßte er das. Als aber eine Mehrheit des Nürnberger Abb. 46: Christoph Fürer, Kupferstich von Rats daran ging, das Kirchenwesen neu Peter Troschel (Anfang 17. Jahrhundert) zu gestalten, hielt Fürer sich zurück. Skeptisch zeigte er sich schließlich angesichts der sich verschärfenden Polemik Luthers, und die Lehre von der Rechtfertigung allein durch den Glauben und von der Unfreiheit des menschlichen Willens lehnte er ab, weil diese – so in einem Brief an Georg Witzel – »mehr denn alle römischen Missbräuche uns Schaden und Nachteil zufügen würden«.139 In einem Faszikel mit dem Titel »Wiedertäufer und Bauernkrieg« im Scheurlschen Familienarchiv in Nürnberg befinden sich von Christoph Fürer gesammelte Quellenstücke aus den Jahren 1524 bis 1538, darunter fünf Dokumente, die Müntzer verfasste bzw. die ihn betreffen:140 Abschriften der Briefe an die Grafen Albrecht und Ernst von Mansfeld vom 12. Mai 1525, des Protokolls von Müntzers Verhör vom 16. Mai 1525, des Briefs an die Mühlhäuser vom 17. Mai 1525 und im Original »Fragartikel« mit den Antworten Müntzers.141 Fürer war wie viele seiner Zeitgenossen auf der Suche nach Heilsgewissheit und einem persönlichen Glaubensverständnis. Deshalb las er reformatorische Schriften und holte sich bei Predigern und Theologen Rat. In dieses Bemühen fügen sich seine »Fragartikel« ein,142 mit denen er Müntzer um Auskunft ersuchte, was dem Prediger die Gelegenheit bot, ihn zu belehren, dass der rechte Glaube sich im Leiden bewähren müsse. 304
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Aus inhaltlichen Gründen können die Fragartikel frühestens Ende 1522 niedergeschrieben worden sein.143 Da das Blatt nicht als Brief befördert wurde, liegt die Annahme nahe, dass Fürer und Müntzer sich getroffen haben.144 Das setzt voraus, dass sich beide zur selben Zeit entweder in Nürnberg oder an einem Ort in Thüringen aufgehalten haben müssen. Im fraglichen Zeitraum war Christoph Fürer aus geschäftlichen Gründen wiederholt in Thüringen,145 aber eine Begegnung wird durch keine Quelle nahegelegt. Gleiches gilt für ein Treffen in Nürnberg während Müntzers Aufenthalt. Von Juli 1524 bis Februar 1525 erscheint Fürers Name nicht unter den Ratsherren, die zur Ausführung der Ratsbeschlüsse verpflichtet wurden, so dass er vielleicht abwesend war. Naheliegend ist deshalb, dass eine dritte Person das Blatt mit den Fragen übermittelte, zum Beispiel ein Bote Fürers. Zu denken ist auch an den Eisleber Hüttenmeister Christoph Meinhard,146 zu dem Fürer geschäftliche Kontakte unterhielt und der dem Allstedter Prediger ebenfalls ihn beschäftigende Fragen vorlegte. Doch während Meinhard von Müntzer einmal eine ausführliche Antwort erhielt, ein anderes Mal die Auslegung eines ganzen Psalms, notierte Müntzer im Fall Fürers seine Antworten auf dem ihm vorgelegten Blatt, und da der freie Raum zwischen den Zeilen begrenzt war, fielen diese kurz aus. Das unterstützt den Eindruck, dass die Niederschrift in Eile erfolgt ist. Aber es bleibt offen, wo Müntzer die Fragartikel Fürers erhalten hat und wer sie ihm überbrachte. Fürer konfrontierte Müntzer mit folgenden Fragen:147 Erstens, ob der Mensch allein durch den Glauben selig werde. Zweitens, ob kein gutes Werk, das der Mensch tue, von Gott als Verdienst anerkannt werde. Drittens, ob es christlich und für den Nächsten von Nutzen sei, wenn gepredigt werde, dass man allein durch den Glauben selig werde. Viertens, ob es wahr und gut sei, dass der Mensch von sich aus weder Gutes noch Böses tun könne. Fünftens, ob Glaube und Liebe voneinander geschieden werden können oder nicht. Sechstens, was von der Epistel des Jakobus zu halten sei, die von einigen als »ströen« (strohern, inhaltsarm) geachtet werde. Die Fragen belegen, dass Fürer mit den reformatorischen Lehren vertraut war und ihn zentrale Themen beschäftigten. Im Kern betreffen sie die Rechtfertigungslehre Luthers. Gleich zweimal fragt Fürer, ob der Mensch allein durch den Glauben selig werde Auch die Frage nach dem Jakobusbrief betrifft diesen Komplex. Heißt es darin doch, derjenige sei selig, der 305
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Anfechtungen erleide (Jakobus 1,12); der Glaube sei tot, wenn er nicht mit Werken verbunden werde (Jakobus 2,17); und wer wisse denn, dass er Gutes tun solle, sich aber nicht daran halte und folglich im Stand der Sünde befinde (Jakobus 4,17)? Müntzers Antworten fielen kurz aus. Zu jeder Frage notierte er einen knappen Satz und wies auf einen oder mehrere biblische Belege hin.148 Die daraus abzulesenden Antworten stimmen mit den in seinen Schriften und Briefen bekundeten Positionen überein.149 Wie Fürer sie aufnahm, ist nicht bekannt, so dass nur versucht werden kann, aus dessen späteren Stellungnahmen seinen Standpunkt zu erschließen. Eindeutig ist Fürers kritische Haltung zu Luthers Lehre.150 Die Wurzel des Zwiespalts im Glauben – so in einem Brief an Georg Witzel – sieht er im Eigennutz. Denn »drei Giftkörner oder Würmer« seien seit einigen Jahren in Deutschland gewachsen und aufgegangen: Das erste sei der Buchdruck, weil dem gemeinen Mann angesichts der großen Zahl kontroverser Schriften und des »Hin- und Herscheltens« nicht die Wahrheit vermittelt werde. Zweitens habe Gott einen wittenbergischen Mönch geschickt – er wisse nicht, ob es zum Verderben oder zum Heil geschehen sei –, der die gefangenen Gewissen so frei gemacht habe, dass es keine Gottesfurcht und Vergebung der Sünden mehr gebe, sondern allein den fleischlichen Begierden Raum gegeben und der Bosheit die Tür geöffnet worden sei, so dass jeder ohne Scheu lieber nehmen als geben wolle. Drittens gebe es einen Fürsten, der mit den Zunftmeistern in den großen Städten befreundet sei und ihnen – so befürchtet Fürer – das Schwert in die Hand geben wolle.151 Fürer war auf der Suche: »Ich wollte doch gerne wissen, was die rechte Eigenschaft, Kraft und Natur des Glaubens bei einem Päpstlichen, Lutherischen, Zwinglischen, Mohametischen oder Juden ist, ob er bei einem jeden eine besondere oder aber bei ihnen allen eine einige Wirkung hat.«152 Er monierte, dass die jetzigen Prediger mit einem »erdichten Glauben das Himmelreich erwerben wollen«.153 Das Suchen nach dem wahren Glauben war Müntzer und Fürer eigen, und er urteilt, den rechten Glauben finde man weder auf dem Papier noch im Maul, sondern im Herzen des Menschen, wo ihn Gott mit dem Finger des heiligen Geistes eingeschrieben habe.154 Hier scheint Müntzers Betonung der lebendigen Rede Gottes auf. Fürer lehnte wie Müntzer die lutherische Rechtfertigungslehre ab und befürwortete einen Glauben, »der dich nicht wie der luterisch Glaube wird 306
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fröhlich heißen springen«.155 Es sei der Welt nützlicher und der Schrift gemäßer, wenn man mit einem furchtsamen, zitternden und doch hoffenden anstatt mit einem sicheren und fröhlichen Herzen vor dem Richterstuhl Gottes erscheine. Doch anders als Müntzer befürwortete er den freien Willen.156 Auch riet er jeder Obrigkeit, sie solle vom Glauben ihrer Vorfahren nicht abfallen.157 Später sah er auch – anders als Müntzer – in Glaube und Liebe zwei verschiedene Dinge, denn der Glaube sei »nit so ein hochwichtig ding […], wie das von den neuen lerern furgegeben wurd«.158 Für sich zog Fürer aus dem allem den Schluss, sich nach der Einführung reformatorischer Neuerungen in seiner Heimatstadt nicht von der alten Kirche zu trennen. Obwohl Fürer in seinem Glaubensverständnis offensichtlich von Müntzer zunächst bestärkt wurde, blieb sein Geschäftsgebaren davon unberührt. Er kritisierte Eigennutz und Prunksucht, aber das Ziel seines Wirtschaftens blieb das Streben nach Gewinn. Im Jahr 1527 zog er sich aus dem Rat zurück,159 aber nicht aus dem gewinnorientierten Geschäft. Müntzer verlangte aber auch, sich von allem »Kreatürlichen« zu lösen. Das veranlasste Fürer offenbar nicht zu persönlichen Konsequenzen. Immerhin ist es bemerkenswert, dass – wie schon in Braunschweig und dann im Fall Meinhards – ein führender Vertreter des Kaufmannsstandes mit Müntzer in Kontakt trat und von diesem Antworten hinsichtlich des Seelenheils erbat.
Müntzers Begegnungen in Basel Müntzer hatte in der »Hoch verursachten Schutzrede« Luther aufgefordert, sein Verhältnis zu den Fürsten zu korrigieren und deren verwerfliches Handeln zu verurteilen: »Ich rath dirs, der pauer mo(e)cht sonst zu(o)fallen.«160 Der Bauer könnte dazwischentreten! Das war zu dieser Zeit keine leere Drohung, denn im Südwesten des Reichs flammten zu diesem Zeitpunkt die ersten Erhebungen auf. Im Bauernkrieg kulminierten die Konflikte, die seit längerem zwischen Untertanen und Obrigkeiten schwelten. Mit der reformatorischen Verkündigung des Evangeliums und dessen sozialer Interpretation erhielten die bäuerlichen und städtischen Aufstände eine biblische Legitimation. Auch stellten radikalere Strömungen die materiellen Grundlagen, den po307
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litischen Machtanspruch und die geistige Führungsrolle der alten Kirche in Frage. Schließlich wurden aus dem Evangelium Forderungen abgeleitet, die zu einschneidenden gesellschaftlichen Veränderungen herausforderten. Seit dem Sommer 1524 wurden zuerst Gebiete im Südwesten des Reichs von Aufständen überzogen. Ihren Ausgangspunkt hatte diese Entwicklung südlich des Schwarzwalds. Das dürfte in Nürnberg bekannt gewesen und auch Müntzer zu Ohren gekommen sein. Was ihn bewog, sich dorthin zu begeben, dokumentiert keine Quelle. Über seine weitere Reiseroute wird er aber unter dem Eindruck dieser Ereignisse entschieden haben. Das könnte erklären, warum er Christoph Meinhard um Unterstützung bat: »So irs vermu(e)get, helft mir mit einer zerung, es sey was es wolle.«161 Da Müntzer offenbar ursprünglich nicht beabsichtigte, länger von Thüringen fernzubleiben, benötigte er nun offensichtlich Hilfe, um die Weiterreise materiell abzusichern. Sein Weg führte ihn jedenfalls in Richtung Südwesten.162 Der erste nachweisbare Aufenthaltsort Müntzers ist Basel.163 Die Kommune mit rund 10.000 Einwohnern war ein Handelsplatz von überregionaler Bedeutung, besaß den Status einer Reichsstadt und war 1501 in die Schweizer Eidgenossenschaft aufgenommen worden. Die 1459 eingerichtete Universität war ein weit ausstrahlendes Zentrum des Humanismus, und mehrere Druckereien brachten die Werke antiker Autoren und Quellen zur Geschichte des Christentums auf den Markt, seit 1518 auch Schriften Luthers.164 Hier traf Müntzer – spätestens im Dezember 1524 – mit Johannes Oekolampad zusammen.165 Der Humanist und Theologe hatte in Bologna begonnen, Rechtswissenschaften zu studieren, brach dieses Studium aber ab und wandte sich in Heidelberg der Theologie, dem Hebräischen und den klassischen Sprachen zu. In Stuttgart lernte er den einflussreichen Hebraisten Johannes Reuchlin kennen, in Tübingen den Humanisten und Gräzisten Philipp Melanchthon, in Basel Erasmus von Rotterdam, den er bei der Edition des Neuen Testaments unterstützte. Auch veröffentlichte er eine griechische Grammatik und übersetzte Schriften der Kirchenväter. Nach einem abwechslungsreichen Leben – er war unter anderem Priester in Weinsberg, Prediger in Augsburg, Schlosskaplan bei Franz von Sickingen auf der Ebernburg – ließ er sich im Herbst 1522 endgültig in Basel 308
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nieder. Oekolampad sympathisierte mit Luthers Lehre, wurde aber auch von Karlstadt und Huldrych Zwingli beeinflusst und förderte die reformatorische Bewegung in Basel. Den Weg Müntzers zu Oekolampad wird der mit ihm befreundete Hans Denck gebahnt haben. Als Willibald Pirckheimer den Basler beschuldigte, Müntzer unterstützt zu haben, gab er diesem Auskunft über sein Verhältnis zu dem »Schwärmer«.166 Die Informationen Oekolampads sind jedoch als Quelle problematisch, weil er nach Müntzers Hinrichtung bemüht war, Pirckheimers Verdächtigungen abzuwehren. Nach der Ausweisung Dencks aus Nürnberg bat Oekolampad am 26. Februar 1525 Pirckheimer um Auskunft, warum der Schulmeister vertrieben worden sei.167 Pirckheimer informierte ihn daraufhin, man verdächtige sie beide, mit dem Schwärmertum Dencks zu sympathisieren, so dass Oekolampad Abb. 47: Ansicht von Basel (1572) ihn am 25. April über sein Verhältnis zu dem Schulmeister informierte.168 Pirckheimer gab sich jedoch nicht zufrieden und ersuchte Oekolampad auch um Auskunft, wie er zu Müntzer stehe. Am 21. September 1525 antwortete Oekolampad,169 Müntzer sei als Vertriebener nach Basel gekommen. Vorher habe er ihn niemals gesehen, auch bei ihrer ersten Begegnung seinen Namen nicht erfahren. Er habe jedoch bedacht, was man Fremden und Heimatlosen nach dem Gebot Christi schuldig sei und ihn zum Mahl eingeladen. Daraufhin sei Müntzer gemeinsam mit dem Humanisten Ulrich Hugwald bei ihm erschienen, und er habe nun auch seinen Namen und den Grund seiner Reise erfahren. Tröstend habe er ihm zugeredet, fährt Oekolampad fort, sein Schicksal geduldig zu tragen. »Wir sprachen miteinander ausführlich über das Thema ›Kreuz‹, und der Mann maß dem so große Bedeutung bei, daß ich von ihm keinen schlechten Eindruck hatte.«170 Als Müntzer aufgebrochen sei, habe er zugesagt, sich am nächsten Tag mit ihm ausführlicher über 309
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sein Büchlein (de libello eius)171 zu unterhalten, das er weder gutgeheißen noch missbilligt habe. Auch habe er ihn gebeten, die Stadt nicht ohne einen Abschiedsbesuch zu verlassen. Nach diesem Gespräch habe er ihn jedoch nicht wieder gesehen. Zu seiner Rechtfertigung fügte Oekolampad hinzu: »Meinen Geist erfüllt nichts von dem, was jener in Angriff nahm, und ich bin auch kein Mitwisser.«172 Mit diesen Informationen gab Oekolampad offenbar nicht alles preis, was geschehen war. Pirckheimer war denn auch mit der Antwort nicht zufrieden und schrieb am 22. Juni 1526,173 als er von seinem Umgang mit Müntzer erfahren habe, habe er befürchtet, dass er von dessen Gift infiziert worden sei. Denn den prophetischen Geist, den er bei ihm erkenne, habe er von Müntzer und Karlstadt übernommen. Er solle sich vorsehen, dass er nicht das gleiche Schicksal wie diese erleide.174 Daraufhin nahm Oekolampad in seiner Schrift »Ad Bilibaldum Pyrkaimerum […] de eucharistia responsio posterior« (Jüngste Antwort an Willibald Pirckheimer über das Abendmahl) vom Februar 1527 nochmals Stellung.175 Vieles wiederholte er hier nur, distanzierte sich nun aber eindeutiger von Müntzer. Doch anders als vorher berichtete er, Müntzer sei in Begleitung eines älteren Bauern bei ihm erschienen, dessen Namen er nicht kenne, und habe ihn um eine Unterredung ersucht. Daraufhin habe er ihn zum Mahl eingeladen. »Die Ausweisung des unbekannten Mannes erregte nämlich mein Mitleid. Bin ich etwa deswegen ein Mitwisser der Müntzerschen Verschwörung, weil ich einen unbekannten Vertriebenen, den ich für einen rechtschaffenen Mann hielt, an meinen Tisch lud? Hast Du Dich in Fremden und Armen niemals getäuscht?«176 Bei dem Mahl – so Oekolampad weiter – hätten sie über das Kreuz Christi gesprochen. »Und was hat es mit Aufruhr zu tun, wenn man über das Kreuz des Herrn nachsinnt?«177 Als er den Namen seines Gastes erfahren habe, habe er ihm gesagt, wie sehr ihn dessen Zwist mit Luther schmerze. Müntzer habe geantwortet, von Luther habe er viel Schmach erlitten, doch aus Höflichkeit habe er – Oekolampad – seine Zweifel daran unterdrückt. Das Gespräch habe im weiteren Verlauf der Taufe und dem Sakrament, auch der Obrigkeit und der Herrschaft Christi gegolten. Oekolampad versicherte, beim letzten Thema habe er Müntzer zur Mäßigung ermahnt. Zwischen Müntzer und Oekolampad fand ein theologisches Gespräch statt, und obwohl der Gastgeber den Standpunkt seines Gastes nicht teilte, 310
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gewann er von diesem einen günstigen Eindruck, da er seine Lehre offenbar überzeugend vertrat. Engere Beziehungen wurden aber durch diese Begegnung nicht angebahnt, es sei denn, Oekolampad hat weitere Informationen verschwiegen. Auch schrieb er an Pirckheimer, dass er sich nicht erinnern könne, ob er an Müntzer geschrieben habe.178 Offenherziger dürfte das Verhältnis zwischen Müntzer und dem Humanisten Ulrich Hugwald – latinisiert nannte er sich Mutius – gewesen sein.179 Er studierte in Wien und Basel und sagte von sich, er habe seiner Studien wegen fast alle Gegenden Deutschlands bereist.180 In Basel war er in der Druckerei Adam Petris als Korrektor und Editor tätig, unterrichtete privat Schüler in Rhetorik und publizierte seit 1520 eigene kirchenkritische und reformatorische Pamphlete, deren antiklerikaler Ton nicht zu überhören ist. Einige Vorreden zu Schriften Luthers weisen ihn als eifrigen Befürworter des Reformationsgedankens aus. Doch in Briefen bekundete er, dass er des Gelehrtendaseins überdrüssig sei und sich der Arbeit auf dem Land zuwenden wolle. Denn das sei das einzige Gott wohlgefällige Leben. Obwohl das zunächst nur eine Absichtserklärung war, nahm Hugwald regen Anteil am Schicksal der Bauern. In seinem »Dialogus studiorum suorum prooemium et militiae initium« (Dialog über den Beginn seiner Studien und den Anfang seines Kampfes) von 1520 klagt er die Geistlichen an, weil sie die Bauern mit Füßen treten. Wenn diese die im Schweiß ihres Angesichts angebauten Früchte abliefern, würden sie verlacht oder beschimpft, während sie mit Weib und Kind hungern und das Getreide zu unerschwinglichen Preisen zurückkaufen müssten. Das veranlasste Hugwald zu dem Stoßseufzer »Weh diesen Tyrannen«.181 Hugwald hat sich über seine Begegnung mit Müntzer ausgeschwiegen. Belegt wird sie nur von Oekolampad und von Müntzer selbst im Verhör. Doch hat er offensichtlich nach dem Treffen noch mit ihm Briefe gewechselt, denn Oekolampad berichtet, er habe Hugwald gebeten, Müntzer Grüße zu bestellen,182 und dieser sagte im Verhör aus, beide hätten ihm Briefe geschrieben, die seine Frau Ottilie verwahre.183 Nach der Hinrichtung Müntzers hat Hugwald sich allerdings von Müntzer distanziert. Dem allgemeinen Trend folgend, bezeichnete er ihn in seiner Chronik »De Germanorum prima origine« (Über den Ursprung 311
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der Deutschen) von 1537 als »falsus prophetae«, als falschen Propheten, der den Bauernkrieg in Thüringen verursacht und der leichtgäubigen und einfältigen Menge eingeredet habe, dass die Zeit gekommen sei, die Gottlosen zu vernichten, wozu er von Gott berufen sei.184 Ob Müntzer in Basel noch anderen Persönlichkeiten begegnete, ist nicht bekannt. Heinrich Bullinger, der zu dieser Zeit Lehrer im Kapuzinerkloster in Kappel bei Zürich war, schrieb 1560 in seiner Schrift »Der Widerto(e)fferen vrsprung«, Müntzer habe durch Briefe und Schriften seine Lehre unverdrossen und geschwind in den oberen und niederen Landen verbreitet, und sie sei von unruhigen Geistern, die immerzu nach Neuerungen trachteten, angenommen und gefördert worden. In Zürich habe es einige gelehrte, aber eigenwillige Leute gegeben, die Müntzers Schriften eifrig lasen und sie mehr als die Luthers und Zwinglis lobten und offen sagten, Müntzer sei ein rechter Prophet, der das wahrhafte Gotteswort und das neue Reich Christi bereits vor Zwingli vertreten habe.185 Bullinger nennt keine Namen, aber in seiner nach der Mitte des 16. Jahrhunderts verfassten Reformationsgeschichte teilte er mit, die Züricher Konrad Grebel, Felix Mantz und andere unruhige Köpfe, die später für die Wiedertaufe und andere aufrührerische Artikel eingetreten seien, hätten Müntzer besucht.186 Für diese behauptete Begegnung gibt es keinen Quellenbeleg, aber einige Wochen zuvor hatten einige Züricher sich schriftlich an Müntzer gewandt. Dieser ausführliche, in Zürich verfasste und mit einer Nachschrift versehene Brief vom 5. September 1524187 ist an Müntzer in Allstedt adressiert, gelangte aber nicht in dessen Hand. Bevor der Goldschmied Hans Hujuff – er stammte aus Halle, war seit 1520 Bürger in Zürich und hatte kürzlich Müntzer in Allstedt aufgesucht – ihn übermitteln konnte, hatte dieser die Stadt bereits verlassen, so dass Hujuff den Brief an die Absender zurückgab.188 Er gibt Auskunft über das Verhältnis einer Gruppe von Männern zu Müntzer, die sich von Zwingli zu lösen begann. Die Unterzeichner, wenig später fast alle in der Täuferbewegung aktiv, waren nicht persönlich mit Müntzer bekannt, wohl aber mit einigen seiner Publikationen: den liturgischen Schriften und den Traktaten »Von dem getichten glauben« und »Protestation oder empietung«, die sie – »unß armgeistige« – über die Maßen belehrt und gestärkt hätten.189 Nun suchten sie das Gespräch 312
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mit ihm und baten um eine Antwort und um weitere Schriften, wenn er solche veröffentliche. Sie versicherten Müntzer, dass er und Karlstadt von ihnen als die reinsten Verkünder und Prediger des göttlichen Worts geachtet wurden.190 Wie Müntzer sind sie der Auffassung, dass die Vorväter vom rechten Glauben abgefallen seien. Als sie die Bibel zur Hand nahmen, hätten sie erkannt, dass auch sie sich im Irrtum befinden. Als sie Müntzers »Protestation oder empietung« kennen lernten, seien sie erfreut gewesen, einen gefunden zu haben, der eines Sinnes mit ihnen sei und den evangelischen Predigern nachweise, dass sie in allen Hauptartikeln falsch handeln. Sie predigten nicht wie von Gott Gesandte, sondern wie es ihnen gefalle. Müntzer forderten sie auf, weiterhin unerschrocken nichts als das göttliche Wort zu verkünden.191 Sie meldeten jedoch auch Vorbehalte an. Gegen Müntzers deutsche Liturgie wandten sie ein, dass man im Neuen Testament keine Lehre vom Singen finde. Wenn die lateinischen Gesänge nicht von Nutzen seien, werde es noch viel weniger nützen, einen äußerlichen scheinbaren Glauben in deutscher Sprache zu vermitteln.192 Denn der Apostel Paulus sage, wenn man singen wolle, solle man das im Herzen tun. Vor allem aber lehnten die Züricher Müntzers Auffassung von der Gewalt ab, weil man das Evangelium und diejenigen, die es annehmen, nicht mit dem Schwert schützen solle. Denn rechte gläubige Christen seien Schlachtschafe unter den Wölfen, die in Angst, Not, Trübsal, Verfolgung, Leiden und Sterben getauft werden müssen.193 In einer Nachschrift beriefen sie sich darauf, dass Hujuffs Bruder sie über Müntzers Predigt vor den Fürsten informiert habe. Wenn es wahr sei, dass er gesagt habe, man solle die Regenten mit der Faust angreifen, dann solle er sich davon distanzieren. Denn in anderen Artikeln gefalle er ihnen wie kein anderer Prediger in den deutschen Landen und in anderen Ländern. Wenn er Luther und den sächsischen Fürsten in die Hände falle, solle er die genannten Artikel fallen lassen und auf den anderen beharren »wie ein helde und kempfer Gottes«.194 Ausführlich trugen die Züricher dann ihre Auffassung vom Abendmahl und von der Taufe vor, und sie erklärten sich generell bereit, von ihrer Meinung abzulassen, wenn Müntzer sie eines besseren belehre. Sie erwarteten von ihm eine Antwort, und sie wollten auch wissen, ob er mit Karlstadt eines Sinnes sei. Wenn er sich mit diesem treffe, würde es sie 313
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herzlich freuen, wenn sie ihnen gemeinsam antworteten. Schließlich baten sie Müntzer, sie als seine Brüder zu betrachten und – wenn er es vermöge – mit seinen Worten zu stärken. Der Brief zeigt, dass Müntzers Auffassungen auch fern von Thüringen in einem kleinen Kreis aufmerksam zur Kenntnis genommen wurden. Doch über weitere Kontakte zu den Zürichern ist nichts bekannt.
Bei den Aufständischen im Hegau und Klettgau Müntzer wird sich in Basel nur kurze Zeit aufgehalten haben, was vielleicht erklärt, warum ein weiterer Besuch bei Oekolampad nicht zustande kam Als er nach seiner Gefangennahme im Verhör auf seinen Aufenthalt im Hegau und Klettgau hinwies, wurde in der Niederschrift kurz notiert, Oekolampad und Hugwald hätten ihn angehalten, dort zum Volk zu predigen.195 Obwohl die Informationen, die von den beiden Gesprächspartnern Müntzers überliefert sind, darüber keinen Aufschluss geben, muss der Sachverhalt nicht bezweifelt werden. Hugwalds Interesse am bäuerlichen Leben ist belegt, und Oekolampad schrieb 1527, er habe Mitleid mit den frommen Herren und den Bauern und verabscheue die unnbarmherzigen Tyrannen und tobenden Aufrührer.196 Müntzer dürfte interessiert gewesen sein, den Aufständischen seine Lehre vorzutragen und neue Anhänger zu gewinnen. Zutreffend sagte Müntzer nach seiner Gefangennahme aus, die Empörung »habe er des orths nit gemacht, sondern seyn bereyth ufgestanden gewest«.197 Aufständische im Hegau hatten bereits 1460 ein Fähnlein »aufgesteckt«, das einen Pflug und einen Bundschuh zeigte. Abb. 48: Karte des Aufenthaltsgebiets Ihr Vorbild waren die Eidgenossen, weil Müntzers am Oberrhein, Ausschnitt (1628) 314
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sie die Adelsherrschaft abgeworfen hatten und ihre eigenen Herren geworden waren.198 Im Sommer 1524 fügte ein Hagelschlag den Untertanen großen Schaden zu. Der Chronist Andreas Lettsch berichtet, am 6. Juli habe er im ganzen Klettgau, am Rhein und am Bodensee den Wein, das Korn und die Vogelnester auf den Bäumen vernichtet, auch Dächer und Fenster zerschlagen, wie es kein Mensch bisher erlebt habe.199 Zu den älteren Beschwerden traten nun die gegenwärtigen Sorgen hinzu. Am 23. Juni 1524 verweigerten Untertanen des Grafen Sigmund von Lupfen in der Landgrafschaft Stühlingen die ihnen abverlangten Leistungen.200 Mehr als 1.200 Untertanen versammelten sich unter einer weißrot-schwarzen Fahne und nahmen den in Kriegssachen erfahrenen Hans Müller aus dem Dorf Bulgenbach als Hauptmann an. Als die Räte Erzherzog Ferdinands, unter dessen Schutz die Landgrafschaft stand, zu vermitteln versuchten, einigte man sich zwar nicht, ein Schiedsgericht anzurufen, vereinbarte aber einen befristeten Waffenstillstand. Inzwischen zogen 600 Bauern in die unter vorderösterreichischer Herrschaft stehende Stadt Waldshut, wo Balthasar Hubmaier seit 1521 eine Zeitlang die Predigerstelle an der Marienkirche innehatte und die reformatorische Bewegung förderte.201 Am 24. August erschien der Bauernhaufen dort ein zweites Mal und vereinbarte mit der Stadt eine »evangelische Bruderschaft«. Jetzt bemühte sich der Rat von Schaffhausen um eine gütliche Beilegung des Konflikts. Mit dem Vertrag vom 10. September wurden den Untertanen zwar einige Erleichterungen zugestanden, aber gleichzeitig verlangt, ihr Fähnlein zu übergeben und kniefällig zu bekennen, dass sie unrecht gehandelt haben.202 Die Mehrheit der Aufständischen Abb. 49: Bauer als Brunnenfigur in Hilzingen lehnte am 12. September diese Demü- (Zwinghof-Brunnen) zur Erinnerung an den tigung ab. Eine Versammlung adli- Bauernkrieg (1962) 315
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ger Herren und österreichischer Räte informierte am 23. September den Hofrat zu Innsbruck, wenn die Aufständischen den Vertrag akzeptieren würden, sei »derselb Baurenkrieg gericht«, wenn nicht, werde man sie bekämpfen.203 Hier werden die ländlichen Erhebungen erstmals als »Bauernkrieg« bezeichnet.204 Am 2. Oktober verschworen sich an die 800 Untertanen aus dem Hegau auf der Hilzinger Kirchweih.205 Unter dem Eindruck der sich rasch ausbreitenden Bewegung vereinbarten die Herren am 12. Oktober mit den Aufständischen, ein Schiedsgericht in Radolfzell anzurufen. Einige Tage zuvor war auch im Hegau ausgehandelt worden, dass beide Seiten ihre Beschwerden dem Landgericht in Stockach vortragen werden, um einen offenen Krieg zu vermeiden. Im November erhoben sich der Stadt Villingen untertänige Bauern im Brigtal und übergaben dem Rat am 18. November 16 Artikel, in denen sie verlangten, keine Dienste mehr zu leisten, keine Steuern und kein Ungeld zu zahlen sowie Wasser und Wald frei nutzen zu können. Als der Villinger Rat am 25. November seine ablehnende Antwort in das Brigtal schickte, widersetzte sich eine Gruppe von Aufständischen diesem Bescheid und verlangte, dass nichts als das »göttliche Recht« gelten solle.206 Damit zeichnete sich eine Wende ab: Das von den Feudalgewalten gesetzte Recht sollte nicht mehr gelten, wenn es sich nicht mit dem in der Bibel dokumentierten »göttlichen Recht« im Einklang befinde. Akzeptiert werden sollten nur jene Verpflichtungen, die sich mit dem Evangelium begründen lassen. Das bewirkte bei den Aufständischen einen Mentalitätswandel, denn ihr Widerstand war nun nicht mehr Unrecht, sondern entsprach dem Recht.207 Bald war überall in der Schwarzwaldregion vom »göttlichen Recht« die Rede, denn – so Heinrich Hug in der Villinger Chronik – die Bauern waren der Meinung, alle ihre Handlungen gegen ihre Herren auf diese Weise legitimieren zu können.208 Anfang Dezember befand sich das gesamte Gebiet vom Klettgau bis in den Hegau im Aufruhr. Die Chance, die Untertänigkeit abzuwerfen, setzte Energien frei und stärkte das Selbstbewusstsein der Aufständischen. Umso mehr waren die Herren bemüht, ihre Rüstungen zu forcieren. Hans von Schellenberg riet, wenn die Bauern nicht Frieden gäben, würden sie mit Todschlag, Raub und Brand bekämpft, »so wissen wir, daß wir im Krieg sind«.209 Am 14. Dezember wurde der Brigtaler Haufen bei Donaueschin316
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gen überfallen und zersprengt. Das war der erste bewaffnete Zusammenstoß im Bauernkrieg. Mit dieser Situation wurde Thomas Müntzer konfrontiert, als er im Aufstandsgebiet eintraf. Heinrich Bullinger berichtet, er sei von Nürnberg über Basel bis in den Klettgau gezogen und nach Grießen gekommen, wo er sich etliche Wochen aufgehalten habe.210 Das ist die einzige Quelle, die auf seinen Aufenthalt in der zwischen Schaffhausen und Waldshut gelegenen Gemeinde hinweist. Im weiteren Text präzisiert Bullinger, Müntzer sei dort etwa acht Wochen geblieben.211 Das dürfte jedoch übertrieben sein, denn zwischen dem Besuch in Basel und der Rückkehr nach Mühlhausen ist ein so langer Aufenthalt rein rechnerisch nicht möglich. Grießen war ein aus einer fränkischen Siedlung hervorgegangener Marktflecken.212 Als die Grafen von Sulz 1410 den Klettgau durch Heirat in ihre Hand brachten, wurde der Ort der Mittelpunkt ihres Herrschaftsgebiets. Ihn zeichnete ein reges Marktleben aus, auch wurden wiederholt kaiserliche Landgerichte abgehalten. Wenn Müntzer hier predigte, kann das Verlangen der Gemeinde eine Rolle gespielt haben, einen Prediger zu gewinnen, der das Gotteswort klar und unverstellt verkündet.213 Da Rudolf Hatenbach, der das Amt bisher innehatte, dieser Erwartung nicht entsprach, wurde er aus dem Ort vertrieben, aber der Gemeinde kein neuer Prediger vermittelt. Bullinger behauptet zwar, Müntzer habe wenig Anklang gefunden,214 und andere Autoren haben zu bedenken gegeben, dass er angesichts der ihm fremden Mundart nicht viel bewirkt haben könne. Doch Müntzer selbst sagte im Verhör, die Bauern hätten ihn bei sich behalten wollen, aber er habe das dankend abgelehnt.215 Bullinger berichtet weiter, Müntzer habe sich von Grießen in die benachbarten Orte und in die nördlich angrenzende Landgrafschaft Stühlingen begeben und seinen giftigen Samen ausgestreut, womit er den bald folgenden Aufruhr in die unruhigen aufrührerischen Herzen gepflanzt habe.216 Abgesehen davon, dass die Untertanen sich schon vor Müntzers Ankunft erhoben hatten, sagte er im Verhör aus, er habe gepredigt, wo ungläubige Regenten seien, sei auch das Volk ungläubig, so dass es über den wahren Glauben unterrichtet werden musste.217 Im Klettgau und Hegau – so Müntzer weiter – habe er »etliche artigkel, wye man herschen soll aus dem evangelio angeben, daraus furder andere 317
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artigkel gemacht« worden seien.218 Mit den »andern Artikeln« dürfte der so genannte Verfassungsentwurf gemeint sein, der im Dezember 1525 in den Papieren Balthasar Hubmaiers gefunden und 1528 von Johann Fabri, Stellvertreter des Bischofs im Bistum Wiener Neustadt, auszugsweise veröffentlicht wurde.219 Das Dokument ist nicht in Hubmaiers Handschrift überliefert, wurde aber von ihm bearbeitet. Wer die »anderen Artikel«, also den Verfassungsentwurf, entwarf, und wie er in die Hände Hubmaiers gelangte, ist nicht bekannt. Dieser wird Müntzer kennen gelernt haben, da Waldshut in der Nähe seines Aufenthaltsorts lag.220 Doch nur Bullinger berichtet, dass Müntzer sich von Basel nach Waldshut begeben habe.221 In den von ihm im Verhör erwähnten »Artikeln« dürfte Müntzer seine Vorstellung von einer auf dem Evangelium beruhenden neuen Ordnung formuliert haben. Der offensichtlich darauf basierende Verfassungsentwurf weist manche sprachlichen und sachlichen Anklänge an Müntzers Schriften auf.222 Der Verfassungsentwurf sagt zum Beispiel, dass das Volk einer jeden Landschaft zusammentreten und einen Bund gründen solle. Es sei auch die Zeit gekommen, da Gott der weltlichen Herren Schinden, Schaben, Stocken, Blocken, Zwingen, Drängen und andere Tyrannei nicht mehr tolerieren wolle. Sie würden mit den armen Leuten umspringen wie Herodes mit den unschuldigen Kindern. Um das abzustellen, müsse man zusammenkommen und eine Ordnung nach Gottes Wort vereinbaren.223 In Allstedt hatte Müntzer gefordert, einen Bund zu schaffen, um den gottlosen Obrigkeiten zu widerstehen, und in der »Außgetrückten emplössung« prangerte er das Schinden und Schaben der Herrschenden an. Auch war seit dem Prager Sendbrief ein Bestandteil seiner Lehre, eine Ordnung nach dem Wort Gottes zu schaffen. An Müntzer erinnert aber auch die Aussage, dass die Herren aufgefordert werden sollen, sich der Bruderschaft anzuschließen, und wenn sie das verweigern, sei es erlaubt, ihnen das Schwert zu nehmen.224 Müntzer war überzeugt, dass im Zeichen des endzeitlichen Gerichts die Gewalt dem Volk Gottes übertragen werde. Wenn es im Verfassungsentwurf heißt, die Zeit sei gekommen, dass Gott die Tyrannei der weltlichen Herren nicht mehr leiden wolle, dann leuchtet hier Müntzers apokalyptische Sicht des Zeitgeschehens auf. Müntzer wird das Aufstandsgebiet spätestens Ende Januar 1525 verlassen haben. Bullinger informiert, nachdem er sich einige Wochen in Grie318
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ßen aufgehalten habe, sei es ihm ratsam erschienen, sich wieder nach Thüringen zu begeben, um seine Sache »fruchtbarer« betreiben zu können.225 Während seines Aufenthalts war er erstmals außerhalb des Thüringer Gebiets mit Bauern und ihren Forderungen konfrontiert worden. Auch sagte er im Verhör, er habe sie gefragt, ob sie bereit seien, nach Mühlhausen und Thüringen zu ziehen. Sie wollten das tun, hätten sie geantwortet, wenn man sie besolde.226 Müntzer blieb mit ihnen in Verbindung. Das bestätigt Bullinger, wenn er berichtet, Müntzer habe Boten in den Klettgau abgefertigt und seinen Vertrauten Briefe geschickt, mit denen er die »unruhigen Leute« gegen ihre Herren aufgehetzt habe.227 An die Aufstände südlich des Schwarzwalds erinnerte Müntzer in seinem Appell an die ehemaligen Mitglieder des Allstedter Bundes vom 26. April 1525: Die Bauern im Klettgau und Hegau seien aufgestanden, dreimal tausend Mann, und der Haufe werde mit der Zeit immer größer.228 Auch seine Sorge, die närrischen Menschen könnten in einen falschen Vertrag willigen, weil sie den Schaden noch nicht erkennen könnten,229 dürfte auf seine dortigen Erfahrungen zurückgehen. Denn in der Zeit, als er sich in Grießen aufhielt, war an verschiedenen Orten vereinbart worden, die Klagen auf rechtlichem Weg auszutragen, was Müntzer offenbar missbilligte. Die Rückreise nach Thüringen scheint Müntzer ohne längeres Verweilen an einem Ort bewältigt zu haben. In Schweinfurt soll er gesehen worden sein,230 und Hans Zeiß berichtete Georg Spalatin am 22. Februar 1525, Müntzer sei in Fulda in den Turm gelegt, aber unerkannt geblieben und wieder freigelassen worden. Auch gehe das Gerücht um, dass er sich wieder in Mühlhausen aufhalte.231 Das genaue Datum, wann er dort eintraf, ist nicht bekannt. Am 5. März informierte Zeiß Spalatin, ihm sei berichtet worden, dass Müntzer wieder in der Stadt sei.232 Nach dem Chronicon Mulhusinum ist er vor Fastnacht – das war der 28. Februar – als Pfarrer der Marienkirche angenommen worden.233
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X. »Ein weiß Fähnlein …, daran ein Regenbogen« Mühlhausen und der Beginn der Aufstände in Thüringen Pfeiffer wieder in Mühlhausen Heinrich Pfeiffer kehrte am 13. Dezember 1524 nach Mühlhausen zurück.1 Das war möglich geworden, weil eine Anzahl Bürger – vor allem Handwerker – sich dafür einsetzte.2 Er habe sich in den Mühlhäuser Dörfern beklagt, so berichtet der Allstedter Schosser Hans Zeiß, dass er gewaltsam vertrieben worden sei, weil er die Untertanen vom Rat und von allen Belastungen frei machen wollte.3 Auch scheinen die Achtmänner an Pfeiffers Rückkehr interessiert gewesen zu sein, denn der Konflikt zwischen ihnen und dem Rat hatte sich zugespitzt. Pfeiffer nutzte nun die Gelegenheit, Bauern in den Ratsdörfern zu mobilisieren. Er habe sie, so Zeiß weiter, mit ihrer Wehr in die Vorstadt St. Nikolai geführt und dort gepredigt.4 Das soll am 15. und 16. Dezember geschehen sein. Der Rat rief angesichts der Lage die Bürger auf das Rathaus und verlangte von ihnen, sich zu erklären, mit wem sie es halten wollen. Da sei viel »gemeines Volk« von ihm abgefallen und zu Pfeiffer gelaufen. Daraufhin wurden die Tore geschlossen, um ihnen den Rückweg zu verlegen. Eine Anzahl Bürger zog mit Karrenbüchsen vor das Frauentor, um den Rat zu unterstützen. Sie kehrten aber bald unverrichteter Dinge zurück, weil sie uneins über das Vorgehen waren. Der Rat entschied schließlich am 17. Dezember angesichts der großen Gefahr,5 mit Pfeiffer und seinen Anhängern zu verhandeln, um weiteren Aufruhr zu vermeiden. Dem Hauptmann Eberhardt von Bodungen gelang es mit viel Mühe, den »Lärm« zu stillen. Er musste aber Pfeiffer die Predigt in der Nikolaikirche erlauben und zusagen, dass der Rat künftig nichts ohne Wissen und Willen der Gemeinde unternehmen werde. Damit sei, so Hans Zeiß, den Ratsherren ihr Schwert genommen worden, »und gehet seltzam zue«.6 Die Achtmänner übernahmen faktisch das Regiment, und die Prediger Johann Behme, Johann Laue und Johann Rothemeler wurden beauftragt, 320
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eine Revision der Statuten vorzunehmen.7 Behme war von Luther nach Mühlhausen geschickt worden, um Müntzers Einfluss einzudämmen, während Laue sich an den antiklerikalen Aktionen beteiligte.8 Rothemeler, ein gebürtiger Mühlhäuser, war 1523 aus dem Franziskanerkloster ausgetreten und soll es mit der Lehre »gleich wie Monzer gehalten« haben.9 Die drei Prediger tilgten in den Statuten alle Artikel, die nach ihrer Auffassung nicht dem Evangelium entsprachen,10 und sie vereinbarten eine Ordnung, wie man künftig in allen rechtlichen Sachen handeln und richten solle.11 Das war ein unerhörter Eingriff in die Rechte des Rats. Beruhigt war die Situation indes nicht, denn um die Weihnachtszeit und im Januar 1525 wurden Nonnen- und Mönchsklöster geplündert und Gottesdienste behindert.12 In Mülverstedt, einer Gemeinde zwischen Mühlhausen und Langensalza, störten Anfang Januar einige Frauen – darunter Ottilie von Gersen, »des Alstetters weyb« – in der Pfarrkirche den Vespergottesdienst des Priors des Wilhelmiterklosters und eines Bruders des Konvents durch »unlustige Handlungen«, die der christlichen Ordnung ganz zuwider gewesen seien.13 Die Frauen wurden Bürgen zur Verwahrung übergeben. Am 17. Januar forderte Herzog Georg den Salzaer Amtmann Sittich von Berlepsch auf, die Frauen an einem noch zu bestimmenden Tag zu vernehmen und jede nach ihrem Vermögen gebührend zu bestrafen. Ottilie solle er gefangen setzen und wohl verwahren. Wenn sie nicht erscheine, solle er ihr insgeheim nachtrachten, um sie ins Gefängnis zu bringen.14 Wie die Sache ausging, ist nicht bekannt. Der Stadt drohte nun allerdings Gefahr von außen. Die am 31. Januar in Großenkörner bei Mühlhausen versammelten Amtleute, Prälaten und Vertreter der Ritterschaft ersuchten Herzog Georg als Schutzherrn Mühlhausens, die Stadt zum Gehorsam zu bringen, da die Empörung dort ihren Ursprung habe und in ihr das »größte Gift« zu finden sei. Wenn dem nicht entgegengetreten werde, sei es ihnen nicht möglich, ihre Untertanen in Gehorsam zu halten, denn diese unterstünden sich, nach Mühlhausen zu laufen, wenn ihnen ihre Vorhaben verwehrt würden.15 Georg hatte bereits am 20. Januar seine Räte instruiert, mit Vertretern Kurfürst Friedrichs und Herzog Johanns zu verhandeln, um den aus Mühlhausen vertriebenen Dominikanern zu ihrem Recht zu verhelfen.16 Auch gab er zu bedenken, der 321
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Stadt den Schutz aufzukündigen und Vorkehrungen zu treffen, damit die umliegenden Gebiete nicht von einem Aufstand erfasst werden.17 Als die fürstlichen Räte am 6. Februar in Naumburg berieten, kam ein Beschluss nicht zustande, weil die kursächsischen Vertreter sich darauf beriefen, dass in der Sache der Dominikaner kein Ersuchen der Mönche, des Rats oder der Gemeinde vorliege. Als Georgs Vertreter die Aufkündigung des Schutzes und die Absperrung der Straßen ansprachen, antworteten die kursächsischen Räte, dazu hätten sie keinen Befehl. Auch hielten sie das für bedenklich, weil Mühlhausen eine Reichsstadt sei.18 Hans Zeiß hingegen empfahl am 22. Februar, die Wege und Straßen nach Mühlhausen zu sperren, da sich sonst ein gewaltiger Haufe Buben zusammenrotten und dem ganzen Land zu schaffen machen könne. Auch befürchtete er, dass »Schwärmer« wie Karlstadt und andere sich in Mühlhausen festsetzen könnten.19 Der Rat von Erfurt wiederum beklagte in einem Schreiben vom 3. März, entgegen den Absprachen im Kloster Volkenroda vom September 1524 seien zum Nachteil und Verderben Mühlhausens »aufrührerische Leute« zu Predigern angenommen worden. Deshalb solle der Rat die Ursache der Empörung beseitigen und diese Leute nicht regieren lassen, als seien sie die Herren.20
Müntzers Rückkehr Müntzer kehrte im Verlauf des Februar21 in eine unruhige und von außen bedrohte Stadt zurück, in der inzwischen einige reformatorische Neuerungen vorgenommen worden waren, indem Klöster aufgelöst und die Befugnisse des Deutschen Ordens eingeschränkt wurden. Die Neuerungen dürften nicht nur das Ergebnis spontaner Aktionen gewesen sein, da mancher Bürger sich offenbar mit dem einschlägigen Schrifttum beschäftigte. Ein Verzeichnis von Gütern, die später bei am Aufruhr beteiligten Bürgern konfisziert wurden, belegt den Besitz von Büchern, darunter sowohl Schriften Luthers als auch deutsche Ausgaben der Bibel und des Neuen Testaments.22 Rat und Achtmänner hatten den Landkomtur mehrmals ersucht, die Kirchen mit tauglichen christlichen Predigern zu versehen,23 aber kein Gehör gefunden. Da dem Orden nun das Patronatsrecht entzogen wurde, konnte Müntzer am 28. Februar als Prediger der Marienkirche angenom322
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men werden. Doch nicht der Rat, sondern die Stadtviertel St. Nikolai, St. Petri und St. Georgi entschieden sich für ihn und praktizierten damit das Recht der freien Pfarrerwahl. Auch musste der Orden das Pfarrhaus bei der Marienkirche freigeben, so dass Müntzer dort mit seiner Familie eine Wohnstätte fand. Seit dem 1. April wurden ihm als Prediger vom Ewigen Rat jeden Sonntag elf Schneeberger Groschen ausgezahlt.24 Müntzer stand nun eine Kanzel zur Verfügung, und er habe – so wird berichtet – großen Zulauf erhalten. Auch habe er, wenn er in den Gassen »sein buch« – gemeint ist sicher die Bibel – bei sich trug und angesprochen wurde, sich hingesetzt und den Fragesteller belehrt, »also das sehr viel volckes im allenthalben nachlief«.25 Auch in der Marienkirche kam es zu Disputen, so am 24. April, als ein Mann aus Riethnordhausen im Amt Sangerhausen – angeblich ein Bauer – mehrere Stunden mit Müntzer und Pfeiffer vor vielen Zuhörern über die Auslegung von Apostelgeschichte 10 und 11 debattierte.26 Über Müntzers politisches Engagement sagen die Quellen dagegen nur wenig aus. Sittich von Berlepsch urteilte in einem Schreiben an Herzog Georg, Müntzer, Pfeiffer und »der lose haufe« beabsichtigten nichts anderes, als der Obrigkeit den Gehorsam zu verweigern und Aufruhr anzustiften.27 Als Vorwand diene ihnen das Argument, da einige Fürsten rüsteten, sei es erforderlich, dass sie sich ebenfalls »in rustunge stelten«.28 Am 9. März ließ der Rat vor den Toren Mühlhausens, an der Straße nach Ammern, das Aufgebot mustern. Daran nahmen aus der Stadt und den reichsstädtischen Dörfern zirka 130 Berittene und 2.000 Mann zu Fuß mit ihrem Geschütz teil. Fünf Landsknechte nahm man an, um mit ihrer Hilfe die militärische Ordnung zu festigen. Müntzer nutzte die Gelegenheit und bestieg nach der Musterung das Pferd eines Achtmanns, um im Ring des Haufens zu predigen. Da das Reichsregiment zugunsten der vertriebenen Dominikaner interveniert hatte, drängte Müntzer die Versammelten zu einer Entscheidung, sich entweder mit den Mönchen auszusöhnen oder beim Evangelium zu verbleiben. Als Gemurmel aufkam, habe Müntzer erklärt, so der Bericht Berlepschs, das Wort Gottes müsse Anfechtungen erleiden. Ihnen sei bekannt, dass er wegen der Verkündigung des Gottesworts viel Widerwärtigkeit habe ertragen müssen, und auch, dass der Kaiser und viele Fürsten ihnen das Wort Gottes wieder nehmen wollten. Das werde ihnen aber nicht gelingen, denn sie wür323
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den in Kürze vertrieben. »Welcher nu under euch beym wort gots bleyben, sterben und des eynen eid schweren will, der richt mit myr eynen finger auf; welche das nit tun wollen, treten aus uf eynen sondern haufen.«29 Vielleicht war mit dieser Aktion beabsichtigt, den im Vorjahr gegründeten Ewigen Bund Gottes zu aktivieren und – wie zuvor in Allstedt – einen möglichst großen Teil der Gemeinde für diesen zu gewinnen. Der Stadthauptmann verhinderte jedoch die Eidleistung, indem er erklärte, es sei wohl niemand so unverständig, dass er nicht beim Wort Gottes bleiben wolle. Auch hätten sie bereits genügend Eide geschworen, und wenn das ein weiteres Mal geschehe, könne man damit inzwischen einen ganzen Korb füllen. Müntzer ermahnte er hingegen, der Raum der Predigt sei die Kirche und nicht das freie Feld. Mit anderen Worten: Er wurde aufgefordert, sich an sein geistliches Amt zu halten und nicht in die Ratsbefugnisse einzugreifen. Daraufhin seien die Versammelten »mit unlust« wieder in die Stadt gezogen.30 Auch fehlte es nicht an Versuchen, Müntzer zur Umkehr zu bewegen. So forderte zum Beispiel am 11. März Georg Witzel, Prediger in Wenigenlupnitz bei Eisenach, Müntzer schriftlich auf,31 den Weg des Blutvergießens – es bleibt offen, worauf er sich beruft – zu verlassen, sein übles Handeln zu bedenken und sich von seinen schrecklichen Plänen loszusagen, auch seine Absicht aufzugeben, unter dem Vorwand des Evangeliums ein Verbündnis zu schaffen, um mit dessen Hilfe die Gottlosen zu vernichten. Doch Müntzer ließ sich nicht beirren. Er schrieb in diesen Tagen an ehemalige Mitglieder des Allstedter Bundes32 – eine Antwort auf deren nicht überliefertes Schreiben – und erinnerte sie angesichts ihres schlechten Gewissens, weil sie von ihm abgefallen seien, als er Allstedt verlassen habe, an Abraham als Vorbild, der den schweren Weg zu einem erprobten Glauben gewählt habe. Man solle nicht denken, dass Gott länger den glänzenden Schein des erdichteten falschen Glaubens hinnehmen werde. Offenbar bezweckte er damit, die Beziehungen zu ihnen zu reaktivieren.
Die Einsetzung des Ewigen Rats In der »Hoch verursachten Schutzrede« schrieb Müntzer, er habe vor den sächsischen Fürsten in klaren Worten aus der Schrift vorgetragen, dass die ganze Gemeinde die Gewalt des Schwerts und auch den Schlüssel zu 324
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deren Ablösung habe. Er verwies auf Daniel 7,27, Offenbarung 6,15, Römer 13,1 und 1. Samuel 8,7, um zu begründen, dass die Fürsten Diener des Schwerts seien und nicht so handeln sollten, wie es ihnen gefalle.33 In Mühlhaussen dürfte inzwischen die Überlegung in Umlauf gewesen sein, ein ordentliches Regiment einzurichten. Zwar entschieden auch die Achtmänner mit über die Geschicke der Stadt, aber das Nebeneinander von zwei Gremien erschwerte es, die Erneuerung des städtischen Lebens gemäß dem Evangelium energisch voranzubringen. Unter Achtmännern und oppositionellen Bürgern kursierte deshalb offensichtlich – wie schon im Herbst 1524 – der Vorschlag, einen neuen Rat zu wählen. Wer die Initiative dazu ergriff, ist nicht eindeutig zu ermitteln, denn die Quellen – es handelt sich überwiegend um spätere Verhöre – überliefern unterschiedliche Informationen.34 Der Achtmann Michael Koch sagte zum Beispiel aus, er habe von niemandem gehört, dass man einen ewigen Rat haben wolle. Pfeiffer und Müntzer hätten das zuerst vorgeschlagen.35 Naheliegend ist, dass beide aktiv wurden, denn sie hatten sich schon im Vorjahr während des Septemberaufstands mit den Elf Artikeln dafür ausgesprochen. Aber auch einige Zünfte und Stadtviertel unterstützten das Vorhaben. Jetzt wurde offensichtlich bei verschiedenen Gelegenheiten über ein neues Regiment diskutiert. Paul Pompe, der sich für die Rückführung Müntzers und Pfeiffers in die Stadt eingesetzt hatte, sagte 1527 aus, Claus Ernst und Facius Grempel seien mit einem »Zettel« erschienen und hätten »im Handwerk« (offenbar eine der Zünfte) erklärt, sie wollten ein neues christliches Regiment nach biblischem Vorbild haben. Danach hätten sie Pfeiffer und Müntzer in die Kirche zu St. Jakobi und nach der Predigt in das Haus seines Vaters geführt, wo sie »ein zeddel« hervorgezogen und gesagt hätten, sie wollten ein neues Regiment gemäß der Bibel und Gottes Wort haben.36 Ob mit dem »Zettel« die Elf Artikel vom Vorjahr gemeint sind, ist möglich, kann aber nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Jedenfalls spricht alles dafür, dass die Entscheidung für einen neuen Rat nicht überraschend fiel. Mitte März verhandelten Vertreter der Gemeinde, die Achtmänner und die Prediger mit dem Rat drei Tage in der Allerheiligenkirche über das künftige Regiment.37 Als die Ratsherren erklärten, dass sie in eine Veränderung weder einwilligen könnten noch wollten, bestanden die 325
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Opponenten darauf, »ein ander regiment zu wehlen«.38 Die Gemeinde wurde schließlich aufgefordert, am 16. März in der Marienkirche zu erscheinen. Dort verkündete Pfeiffer von der Kanzel, die Ratsherren hätten zugestimmt, dass ein neuer Rat gewählt werden solle. Als Konrad Peter, ein Mühlhäuser Bürger, den Bürgermeister Heinrich Baumgarten gefragt habe, ob das zutreffe, soll er geantwortet haben, man habe nicht eingewilligt, wenn aber die Gemeinde es so haben wolle, müsse man es geschehen lassen.39 Da sich manche der Anwesenden für den alten Rat aussprachen und keine Einigung zustande kam, erfolgte schließlich eine namentliche Abstimmung, in der mehr als zwei Drittel der Bürger sich für einen »ewigen Rat« entschieden.40 Am nächsten Tag, dem 17. März, wurde von den Achtmännern und dem Ausschuss der Stadtviertel in der Kämmerei des Rathauses ein neuer Rat einAbb. 50: Liste der Abstimmung über die gesetzt, der »fur undt fur regiren«41 und Ratswahl in Mühlhausen vom 16. März 1525, dem jeder den Gehorsamseid leisten Ausschnitt sollte. Anschließend wurde in den beiden großen Kirchen St. Marien und Divi Blasii eine »deutsche Messe« gehalten, sicher nach Müntzers Liturgie, die in der Stadt bekannt war.42 Ob er selbst dabei in Erscheinung trat, ist nicht überliefert. Wie es die Elf Artikel vom September des Vorjahres verlangt hatten, gab es nun einen »ewigen Rat«, dessen 16 Mitglieder43 von der Gemeinde kontrolliert und abgesetzt werden konnten. Seine Zusammensetzung war das Resultat eines Kompromisses. Bürgermeister wurden der Gewandschneider Heinrich Baumgarten der Jüngere und der Fleischer und Achtmann Sebastian Konemund. Die Mitglieder – ausschließlich Handwerker – kamen zu gleichen Teilen aus den vier Vierteln der Innenstadt. Vier hatten bereits dem alten Rat angehört und drei waren Achtmänner. Einige verfügten über ein erhebliches Vermögen. Der Reichste, Heinrich 326
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Baumgarten, versteuerte 351, der Ärmste, ein Schmied, 3 Geschossmark. Die Einwohner der Vorstädte und der Ratsdörfer waren nicht vertreten. Luther irrte indes, wenn er meinte, Müntzer sei nun »rex et imperator«, also Herrscher und Feldherr, und nicht nur »doctor«,44 und Sittich von Berlepsch folgte einem üblichen Vorurteil, wenn er darüber informierte, die Mitglieder dieses Rats seien mehrheitlich arme Leute und Abenteurer und alle Anhänger Müntzers.45 Dieser Ewige Rat amtierte bis zur Kapitulation Mühlhausens vor dem Fürstenheer am 29. Mai 1525. Es war eine zu kurze Zeit, um die städtischen Verhältnisse grundlegend umzugestalten, und doch Zeit genug, um damit zu beginnen.46 Um die politische Gleichheit aller herzustellen, wurde der Gehorsamseid nicht mehr – wie bisher – allein von den Bürgern, sondern auch von den Einwohnern verlangt, die kein Bürgerrecht besaßen.47 Weitergeführt wurde die Säkularisation kirchlichen Besitzes. Das konfiszierte Kirchengut wurde im Rathaus und in den Kirchen verwahrt und verkauft.48 Ländereien des Deutschen Ordens wurden landlosen Bewohnern der Stadt zugeteilt, und wenn berichtet wird, in der Pfarrei sei dem Volk Korn »gemessen« worden,49 so handelte es sich offensichtlich um die Verteilung von Getreidevorräten des Ordens zugunsten der Stadtarmut. Auch wurden die Schafe des Ordensguts Pfafferode zu einem billigen Preis
Abb. 51: Rathaus in Mühlhausen, Tagungsort des Ewigen Rats
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verkauft.50 Der Erlös wurde für die Besoldung der Pfarrer und des Stadthauptmanns sowie für soziale Zwecke verwendet, wie es im Zug der Säkularisierung auch in anderen Städten üblich war. Der Ewige Rat unternahm zudem angesichts der Bedrohung von außen Schritte, um die Verteidigung der Stadt zu gewährleisten. So wurden die Wallanlagen verstärkt, Büchsen gegossen und weitere erworben, Spieße gekauft und im Dominikanerkloster eine Pulverkammer eingerichtet. Auch unterstützte der Rat die Aufständischen mit Geld und Proviant, als sie ins Feld zogen. Auffällig ist jedoch, dass das Schutzgeld an die sächsischen Fürsten in Höhe von 200 Gulden weiterhin gezahlt wurde. Möglicherweise war damit beabsichtigt, sich trotz der veränderten Situation ihrer Schutzpflicht zu versichern und sie von Aktionen gegen die Stadt abzuhalten. Auch wurden die Mitglieder des Rats im Schriftverkehr weiterhin als »Herren« bezeichnet, und die Struktur der Verwaltung und die traditionellen Ämter wurden beibehalten. Die Enteignung und Aufteilung geistlichen Besitzes dokumentierten den Bruch mit der feudalen Rechtsordnung und der Gehorsamseid die Absicht, alle Einwohner gleichzustellen. Auch belegen die Zeugnisse, dass der Ewige Rat damit begann, Belange des täglichen Lebens neu zu regeln. Gemessen an Müntzers Vorstellung, die Gewalt der ganzen Gemeinde zu übertragen, konnte das nur ein Anfang sein. Doch nichts weist darauf hin, dass er die Politik des neuen Rats missbilligte oder ablehnte. Ob hier die Quellen schweigen oder er sich vorerst zufriedengestellt sah, muss offen bleiben.
Die Regenbogenfahne Vor dem 17. April 1525 ließ Müntzer eine Fahne anfertigen, für die der Ewige Rat das Geld zur Verfügung stellte.51 Der Schneider Philipp Gotzgeroth,52 Mitglied dieses Rats, kaufte den Stoff,53 und er war es wohl auch, der sie anfertigte. So hatten es einige Achtmänner im Haus des Bürgermeisters Sebastian Konemund beschlossen.54 Der Langensalzaer Amtmann Sittich von Berlepsch berichtet: »Der Alstetter hat eyn weyß fenleyn von etlichen und 30 eln zendels [das heißt Seide] machen unde darane eynen regenbogen mit den worten verbum domini maneat in eternum und eyn reym, laudende, dis ist das zeychen 328
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des ewigen bund gotes, alle, die bey dem bunde stehen wollen, sollen darunder treten, malen laßen.«55 Dieses Fähnlein habe Müntzer in der Marienkirche bei der Kanzel aufstellen lassen. Auf der Mitgliederliste des im September 1524 gegründeten Bundes finden sich auf jedem Blatt oben links die Worte »Zum ewigen bund gottes« und rechts »Das gotz wort blibet ewigk«. Da sie nun auch auf dem Fähnlein zu lesen waren, liegt es nahe, dass mit diesem an den Bund erinnert werden sollte. Fahnen signalisierten immer Absichten. Sie wurden bei Prozessionen vorangetragen, von Zünften als Zeichen ihres Standes genutzt und von Fürstenheeren oder Landsknechtshaufen ins Feld geführt. Sie waren ein Mittel, um Identität zu stiften, die Integration zu fördern und – bei militärischen Aktionen – die unter der Fahne Marschierenden zum Kampf zu ermutigen.56 Auch die aufständischen Bauern versammelten sich unter Fahnen, die verschiedene Symbole aufwiesen. Bei den Verschwörungen im Zeichen des »Bundschuhs« war das die Fußbekleidung des gemeinen Mannes (im Gegensatz zum Stiefel des Ritters). Südlich des Thüringer Walds wurde ein Fähnlein mit einem Kruzifix und einer Inschrift angefertigt: Wer es mit dem Wort Gottes halten wolle, solle zu diesem Fähnlein treten.57 Das Kruzifix verwies auf den Tod Christi am Kreuz als Zeichen der Erlösung aller Menschen, die Berufung auf das Wort Gottes auf den Anspruch, nur das Göttliche Recht gelten zu lassen. Wenn Müntzer sich vernehmen ließ, wie Sittich von Berlepsch überliefert, er wolle das Fähnlein »zu felde bringen und zuforderst beym fenlein seyn«,58 dann kann das nur heißen, dass er beabsichtigte, unter ihm seine Mitstreiter zu sammeln und in den Kampf zu führen.59 Den Regenbogen wählte Müntzer als Zeichen des Bundes, den Gott nach der Sintflut mit dem Geschlecht Noahs schloss: »Meinen Bogen habe ich in die Wolken gesetzt; der soll das Zeichen des Bundes zwischen mir und der Erde sein. Und wenn es kommt, dass ich Wolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen in den Wolken sehen. […] Und Gott sagte zu Noah: Das sei das Zeichen des Bundes, den ich aufgerichtet habe zwischen mir und allem Fleisch auf Erden« (1. Mose 9,13-17). Auch war der Regenbogen ein Symbol, um die Herrlichkeit Gottes zu preisen: Er erscheine nach einem Regen in den Wolken, »also glänzte es um und um. Das war das Ansehen der Herrlichkeit des Herrn« (Ezechiel 1,28). 329
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Müntzer war nicht der Erste, der den Regenbogen als Symbol wählte. Wiederholt wurde Christus als auf ihm thronender Weltenrichter dargestellt. In Matthias Grünewalds Stuppacher Madonna von 1516 umstrahlt er das Haupt Marias,60 und auf Jörg Ratgebs Herrenberger Altar von 1519 überwölbt er die Landschaft beim Abschied der Apostel.61 Für Müntzer war er hingegen das Zeichen, unter dem die Auserwählten angesichts des endzeitlichen Gerichts sich sammeln sollten, und er signalisierte ihnen den göttlichen Beistand. Doch damit ist die Symbolik von Müntzers Fähnlein nicht vollständig entschlüsselt. Denn darauf war zu lesen: »Verbum domini maneat in eterAbb. 52: Noah und der Regenbogen, num.« Beim Propheten Jesaja heißt es: Holzschnitt aus Luthers Bibelübersetzung »Alles Fleisch ist Gras, und alle seine (1534) Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. […] Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; aber das Wort unsres Gottes bleibt ewiglich« (Jesaja 40,6-8). Müntzer ließ jedoch – wenn der Bericht Berlepschs korrekt ist – auf die Fahne nicht »manet«, sondern »maneat« schreiben.62 Er folgte nicht der Überlieferung, dass Gottes Wort in Ewigkeit bleibt, sondern er wählte den Konjunktiv: »Gottes Wort soll in Ewigkeit bleiben.«63 Es ist ein Hinweis auf das lebendige Wort, das nicht nur in der Gegenwart, sondern auch künftig vernommen werden kann. Müntzer ließ auf das Fähnlein außerdem den »reym« schreiben, die Fahne sei das Zeichen des ewigen Bundes Gottes, und alle, die sich diesem anschließen wollen, sollen daruntertreten.64 Er benutzte diese Fahne offensichtlich, um an den im Vorjahr gegründeten Ewigen Bund Gottes zu erinnern (dessen Symbolik damals nicht erläutert wurde). Von ihm war seitdem in keiner Quelle mehr die Rede. Jetzt aber forderte Müntzer dazu auf, dass alle, die sich dem Bund anschließen wollen, unter diese Fahne treten sollen. Das kann nur heißen, dass er beabsichtigte, den Bund zu erneuern oder wiederzubeleben. Wer dieser Fahne folgte, ge330
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hörte zum Volk Gottes und war aufgerufen, das Urteil über die Gottlosen zu vollstrecken.65 Drei Adressaten wurden offensichtlich angesprochen: Müntzers Anhänger, die er aufforderte, sich unter der Fahne zu sammeln; seine Gegner, denen gedroht wurde, dass das endzeitliche Gericht bevorstehe; und Luther, um ihm vorzuhalten, dass er mit seiner Reformation den falschen Weg beschreite.66 Jedem Besucher der Marienkirche vermittelte das Fähnlein die Botschaft, dass der letzte Kampf begonnen hat. Als das Mühlhäuser Aufgebot nach Salza zog, führte es die Fahne erstmals als Feldzeichen mit. Sittich von Berlepsch befürchtete schon in der zweiten Märzhälfte, dass die Mühlhäuser bald aufbrechen könnten. An Herzog Georg schrieb er, wenn er und andere Fürsten dem Vorhaben der Mühlhäuser nicht Widerstand leisten würden, werde ein gewaltiger Aufstand in Thüringen, Hessen, dem Eichsfeld, im Braunschweigischen und in den Grafschaften um den Harz anheben. Denn der gemeine Mann neige offensichtlich dazu, »das nit wol davon zu schreyben ist«.67 Ganz grundlos war diese Befürchtung nicht, wie sich bald zeigen sollte.
Thüringen – eine vielgestaltige Region Nach Allstedt war Mühlhausen das Zentrum geworden, von dem Müntzers Ideen ausstrahlten. Anhänger hatte er in Eisenach, Langensalza, Frankenhausen, Nordhausen, Sangerhausen und weiteren Orten. Landgraf Philipp urteilte deshalb Mitte April, der ungestüme Aufruhr habe in Mühlhausen seinen Ursprung und sei aus diesem Brunnen geflossen. Er verlangte, die Stadt abzustrafen, weil anders die Empörung nicht gestillt werden könne.68 Auch Sittich von Berlepsch mahnte am 17. April, wenn dem unchristlichen Treiben der Mühlhäuser nicht Einhalt geboten werde, sei zu befürchten, dass das ganze Volk vor dem Thüringer Wald und dem Harz zusammenlaufe und seinem Mutwillen freien Lauf lassen werde.69 Damit wird jenes Gebiet abgesteckt, das in Kürze tatsächlich von Erhebungen erfasst wurde. Diese Region dominierten zu Beginn des 16. Jahrhunderts Kleinterritorien,70 die keinen großflächigen Wirtschaftsraum bildeten. Trotzdem zeichneten sich hinsichtlich des wirtschaftlichen Profils und der sozialen 331
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Strukturen gleichartige Tendenzen ab. Angesichts des Wachstums der Bevölkerung profitierten die Landwirtschaft und verschiedene Gewerbe von anhaltender Nachfrage. Beeinflusst wurde das Wirtschaftsleben aber auch von steigenden Belastungen für die ländliche Bevölkerung, krisenhaften Erscheinungen in manchen Gewerben und sozialen Umstrukturierungen in Stadt und Land, woraus nicht zuletzt soziale Spannungen erwuchsen.71 Am 9. November 1485 hatten die Wettiner Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht die Teilung des Territoriums der ehemaligen Landgrafschaft Thüringen vereinbart. Im südlichen Teil herrschten seitdem die Ernestiner, im nördlichen die Albertiner. Sie verfügten aber nicht über geschlossene territoriale Komplexe, denn zwischen ihren Gebieten lagen zahlreiche Grafschaften und geistliche Territorien. Das hatte immer wieder Interessengegensätze zur Folge, zum Beispiel zwischen den Grafschaften und den sie bedrohenden größeren Nachbarn oder zwischen den weltlichen Herrschaften und den geistlichen Territorien. Politisch selbständig waren die beiden reichsunmittelbaren Städte Mühlhausen und Nordhausen. Ihr Handlungsspielraum wurde jedoch angesichts der den sächsischen bzw. hessischen Fürsten obliegenden Schutzherrschaft eingeschränkt. Schutzherren Erfurts – der größten Stadt Thüringens – waren der Erzbischof von Mainz und der Kurfürst von Sachsen. Neben diesen drei großen Kommunen existierten zahlreiche Klein- und Kleinststädte, die jeweils einem Landesherrn unterstanden und sich als Ackerbürger-, Gewerbe-, Berg-, Amts- oder Residenzstadt präsentierten. Ihr ökonomisches Profil prägten der Ackerbau und das Zunfthandwerk, und sie hatten ebenso wie die von weltlichen oder geistlichen Grundherren abhängigen Bauern feudale Abgaben zu entrichten. Die Dorfgemeinden wiesen grundherrschaftliche Strukturen auf, aber es gab keine Leibeigenschaft. Neben den üblichen Kulturen, die den Nahrungsbedarf sicherstellten, wurden Spezialkulturen gepflegt, so die Gewinnung gewerblicher Rohstoffe wie Flachs für die Leinenproduktion, Wolle für die Tuchherstellung, Hopfen für die Brauereien, der Anbau von Wein und vor allem des Farbstoffs Waid für das Blaufärben. Das lässt auf entwickelte Marktbeziehungen schließen, hatte aber zur Folge, dass die Produzenten den Schwankungen des Markts unterworfen waren. Genutzt wurden zudem die großen Waldgebiete. So wurde an vielen Orten Holz eingeschlagen, das in großen Mengen für den Bergbau benö332
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tigt wurde, aber auch Holzkohle gebrannt, Harz gewonnen und Pech gesiedet. Beim Abbau von Erzen ging es hauptsächlich um die Gewinnung von Kupfer, Silber und Eisen. In den Tälern längs der kleinen Flüsse entstanden Saigerhütten, Kupfer- und Eisenhämmer, Drahtmühlen und – auf anderer Rohstoffgrundlage – Papiermühlen und Glashütten. An einigen Orten hatte die Gewinnung von Salz eine lange Tradition. Die städtischen Handwerker bedienten überwiegend die lokalen Märkte. Manche Gewerbe versorgten vornehmlich die fürstlichen Höfe und Residenzen oder waren am Bau oder Umbau von Schlössern und Kirchen, von Rathäusern und Bürgerhäusern beteiligt. Konkurrenz erwuchs einigen Gewerben allerdings durch das Landhandwerk. Für den Absatz der Produkte der Spezialkulturen und des Bergbaus waren überregionale Handelsbeziehungen unabdingbar. Diese gewährleistete ein Netz von Handelsstraßen, die es ermöglichten, entfernte Märkte zu beliefern. Obwohl mit dem Kupferschieferbergbau, der Verhüttung der Erze und der Salzproduktion einige Zentren der frühkapitalistischen Produktion entstanden und Hüttenbesitzer, Salzherren und Waidhändler eine einflussreiche Rolle spielten, wies die Region in Gänze noch keine ausgeprägte frühkapitalistische Struktur auf. Doch war die soziale Differenzierung weit fortgeschritten. Es existierte sowohl eine kleine Schicht reicher Bürger und wohlhabender Bauern als auch eine große Zahl Einwohner mit kleinem oder ohne Besitz und Vermögen. Da die Lage vieler Einwohner in den Städten und auf dem Land sich nicht wesentlich unterschied, schlossen sie sich oftmals gegen feudale Grundherren und städtische Räte zusammen.
Der Beginn der Aufstände in Thüringen Am 18./19. April 1525 erhoben sich Untertanen in der Nähe von Vacha im oberen Werratal.72 Der Haufen erhielt viel Zulauf, auch aus den nördlich angrenzenden Gebieten. Sittich von Berlepsch vermutete, dass die Mühlhäuser mit ihnen im Einvernehmen stehen und Müntzer mit seinem Fähnlein sich ihnen anschließen könnte. Wenn das geschehe, werde ihnen der gemeine Mann in den umliegenden Landen zufallen und ohne göttliche Hilfe Widerstand kaum möglich sein.73 Diese Befürchtung bewahrheitete sich jedoch nicht. 333
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Zum Hauptmann wurde ein Anhänger Müntzers gewählt, der Bürger Hans Sippel aus Vacha, der keinen Herrn außer Gott anerkennen und Fürsten und Adel vertreiben wollte. Der Haufen besetzte Klöster, und er nahm Adlige in seine Reihen auf, wenn sie die Zwölf Artikel annahmen und bereit waren, zu Fuß mit ihnen zu ziehen. Am 23. April wurde Salzungen und am 27. April Schmalkalden eingenommen. In Meiningen handelte der Haufen dann am 3. Mai mit Wilhelm von Henneberg einen zwielichtigen Vertrag aus, in dem der Graf zusagte, sich an die Zwölf Artikel zu halten, sofern sie als christlich erkannt und auch von anderen Fürsten angenommen würden. Ein Teil des Haufens wollte nun offenbar nach Norden ziehen, um Kontakt nach Mühlhausen herzustellen, ein anderer plädierte für den Einfall in die Grafschaft Henneberg und setzte sich durch. In den letzten Apriltagen erhoben sich auch nördlich des Thüringer Walds Einwohner von Dorfgemeinden und Städten.74 Der sächsische Herzog Georg befahl deshalb am 28. April der thüringischen Ritterschaft, sich gerüstet bereitzuhalten.75 Die Aufständischen beriefen sich vielerorts auf die Zwölf Artikel aus Oberschwaben.76 Sie waren in vielen Gemeinden bekannt, weil sie in Erfurt oder anderen Städten beschafft und vor den Aufständischen verlesen wurden.77 Diese identifizierten sich mit ihnen in Gänze oder mit einzelnen Forderungen, und sie verlangten von den Obrigkeiten deren Annahme, oftmals ohne im Einzelnen zu prüfen, ob überhaupt ein Bezug zu ihrer eigenen Situation gegeben war. Wenn Gemeinden eigene Artikel vorlegten, wurde angesichts der jüngsten Entwicklung vor allem die Einschränkung der Allmendenutzung und die Vergrößerung der herrschaftlichen Schäfereien beklagt. Unmut rief auch der so genannte Wiederkauf hervor, eine Form des Zins- und Rentenkaufs, der die wachsende Verschuldung von Bauern zur Folge hatte. Die Erhöhung von Abgaben in geistlichen Grundherrschaften förderte zudem antiklerikale Aktionen. Die meisten Gemeinden baten die Grundherren oder Räte, ihre Beschwerden zu prüfen. Die kleinen Landstädte, die sich fast ausnahmslos den Aufständen anschlossen, verlangten zum Beispiel, Pfaffen und Nonnen die Abgaben zu verweigern, auch Zoll und Steuer, Markt- und Schankgeld, Fron und Zins zu reduzieren oder ganz aufzuheben. Abgelehnt wurden außerdem mancherorts die gebührenpflichtige Nutzung von Mühlen und Backöfen sowie die Einschränkung der Schaftrift und des Braurechts. 334
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Nur selten wurden dagegen Forderungen laut, die das Ratsregiment betrafen. Die Artikel von Frankenhausen bildeten in dieser Hinsicht eine Ausnahme.78 Sie zeichneten sich durch größere Entschiedenheit aus und verlangten für die Gemeinde das Recht, den Rat zu wählen und notfalls abzusetzen. Auch wollten die Einwohner die Pfarrer selbst wählen, keine neuen Steuern und andere Beschwerungen akzeptieren, weder Geistlichen noch Weltlichen Zins geben und Gewässer, Weiden und Wälder frei nutzen. Den Pfännern sollte erlaubt werden, über die Höhe des Salzpreises selbst zu entscheiden. Eine Beeinflussung durch Müntzer kann an manchen Orten vermutet, aber nicht belegt werden. Denn nirgendwo beriefen die Aufständischen sich direkt auf ihn. Dazu mag beigetragen haben, dass er in seinen Briefen und Schriften die sozialen und ökonomischen Belange der Gemeinden nur selten direkt ansprach. Auffällig ist trotzdem die Diskrepanz zwischen seinen radikal-endzeitlichen Appellen und dem Verhalten vieler städtischer und ländlicher Gemeinden.
Der Zug der Mühlhäuser nach Salza Das städtische Aufgebot Mühlhausens trat zum ersten Mal in Aktion, als in der albertinischen Amtsstadt Salza (heute Langensalza) ein Aufstand begann.79 Im Verhör sagte Müntzer aus: »Her Heinrich Pfeyffer ist zu erst zu feldt gezcogen, den zu Saltza zu gut.«80 Warum er selbst in Mühlhausen blieb,81 aber das Fähnlein als Zeichen des Bundes mitgeführt wurde, kann aus den Quellen nicht erschlossen werden. Im 9. Jahrhundert wird erstmals ein Ort dieses Namens erwähnt, dem 1212 das Stadtrecht verliehen worden sein soll. Später wurde die Stadt mit einem Mauerring mit sieben Toren und zahlreichen Wachtürmen umgeben. Um 1500 ist mit zirka 3.500 Einwohnern zu rechnen. Manche Bürger erlangten durch den Waidhandel einen gewissen Wohlstand. In ärmlicheren Verhältnissen lebten hingegen die Ackerbürger, Leineweber, Tuchmacher und Wollweber, deren Gewerbe im Niedergang begriffen waren. An Konfliktstoff fehlte es nicht: Er resultierte aus Differenzen zwischen dem Amtmann Sittich von Berlepsch und dem Rat, wachsenden sozialen Spannungen, den Informationen über das Geschehen in Mühlhausen und 335
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bäuerlichen Erhebungen in der näheren Umgebung. Gelegentlich war es im Rat schon zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Als dieser zum Beispiel eine Anfrage des Rats aus dem benachbarten Tennstedt beantworten sollte, die offenbar das Verhältnis zur reformatorischen Lehre betraf, und den zwölf Verordneten ein Antwortbrief vorgelegt wurde, sei Hans Lofink, einer der Verordneten – so überliefert es eine Aufzeichnung zu seiner Person – aufgesprungen, habe mit der Faust auf den Tisch geschlagen und erklärt, das Wort Gottes dulde solche Heuchelei nicht. Man solle den Tennstedtern unverzüglich mitteilen, dass Salza sich dem Wort Gottes verschrieben habe und dazu stehe. »Ir darft uns nicht so geringe achten; got hat uns auch vorstand gegeben.« Er habe damit die Herren des Rats herausgefordert, einen neuen Brief zu verfassen.82 Berichtet wird auch, ein aus Kirchheiligen, das zum Amt Salza gehörte, vom Amtmann vertriebener Prediger habe in der Stadt ohne Wissen und Erlaubnis des Rats auf dem Kirchhof der Augustiner und in der Marktkirche gepredigt, die Messe deutsch gelesen und ohne Scheu zu Aufruhr angereizt.83 Einige Bürger unterhielten zudem Beziehungen nach Mühlhausen. Valtin Trotschel, so wird berichtet, sei öfters dorthin zur Predigt gelaufen,84 und er habe sich mit Gleichgesinnten getroffen, um ihnen mitzuteilen, was er gehört habe. Eine Anzahl Handwerker schlug zudem vor, Heinrich Pfeiffer zur Predigt in die Stadt zu holen. Andere forderten die Reichen auf, ihren Besitz mit den Armen zu teilen. Angesichts dieser Situation war es keine Überraschung, dass die Opponenten zur Tat schritten. Am 25. April, am Dienstag des Osterjahrmarkts, lief das Gerücht um, der Rat wolle die »Martinischen« – gemeint sind reformatorisch gesinnte Einwohner – aus der Stadt schaffen lassen.85 Um die Mittagszeit wurde daraufhin von einigen Bürgern Alarm geschlagen und die Gemeinde aufgefordert, sich bewaffnet vor Schloss Dryburg zu versammeln. Dort wurde der verhasste Amtmann Sittich von Berlepsch belagert, während andere das benachbarte Rathaus und die Stadttore besetzten, die Stadtknechte entwaffneten, Klöster plünderten und Mönche und Nonnen aus der Stadt vertrieben. Die Opponenten verlangten, zusätzlich zu den bisherigen Verordneten zwölf weitere Mitglieder in den Rat aufzunehmen. Das wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass dieser vom Landesherrn bestätigt worden sei. Die Opponenten gaben sich damit nicht zufrieden, wählten 336
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»unter sich« zwölf Mann und übergaben die Liste den Ratsmitgliedern, die schließlich zusagen mussten, sie an den Ratsgeschäften zu beteiligen. Später erklärten sie, sie hätten zugestimmt, um eine Ausweitung des Aufstands zu verhindern. Am nächsten Morgen, dem 26. April, legte ein Bürgerausschuss dem Rat zwölf Artikel vor,86 während viele bewaffnete Bürger ungestüm auf eine Entscheidung warteten. Der erste Artikel verlangte, die Pfarrer frei zu wählen und das Evangelium frei zu verkünden. Weitere Artikel wandten sich gegen willkürliche Handlungen von Amtmann und Rat und forderten die Abschaffung der Wucherzinse und das Mitspracherecht der Gemeinde bei Geboten und Strafen. Als über die Artikel beraten wurde, so wird berichtet, sei es so heftig zugegangen, dass die Ratsherren besorgt gewesen seien, sie könnten tätlich angegriffen werden.87 Nach langer Debatte mussten sie die Artikel annehmen. Philipp von Reibisch, der albertinische Amtmann in Herbsleben, befürchtete, dass die Salzaer das Landvolk der Umgebung und die Mühlhäuser an sich ziehen könnten.88 Tatsächlich wurden Letztere um Unterstützung gebeten.89 Wolf Bornheinrich, einer der Anführer, bekannte, er habe das Mühlhäuser Aufgebot aufgefordert, nach Salza zu kommen.90 Auch Sebastian Rüdiger, ein Bürger in Mühlhausen, sagte später aus, in der Nacht seien Briefe der Salzaer Gemeinde nach Mühlhausen gebracht worden.91 Am Morgen dieses Tags zog das Mühlhäuser Aufgebot in Stärke von 400 Mann, dem sich unterwegs noch 200 Bauern aus Großengottern und der Vogtei anschlossen, unter der Führung Heinrich Pfeiffers und mit der Regenbogenfahne nach Salza,92 um der Gemeinde zu Hilfe zu kommen, weil diese mit dem Rat nicht eines Sinnes sei.93 Auch wollte man die Gelegenheit nutzen, um die im September des Vorjahrs aus Mühlhausen geflohenen Bürgermeister zurückzuholen und abzustrafen und den Amtmann zur Verantwortung zu ziehen. Als das Aufgebot vor den Toren Salzas lagerte, wandte Pfeiffer sich schriftlich an die Gemeinde.94 Das Gerücht sei aufgekommen, so stellte es der Rat später dar, dass ein großer Haufe Kriegsvolk aus Mühlhausen nahe, und dieser habe der Gemeinde einen »Zettel« – das heißt einen Brief – zugestellt, in dem es heiße, man habe erfahren, sie wollten eine christliche Ordnung aufrichten, und wenn sie der Hilfe bedürften, wollten sie diese leisten.95 337
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Der Rat schickte daraufhin zwei Unterhändler zu dem Haufen, um sich nach dessen Absichten zu erkundigten.96 Schließlich antworteten Rat und Gemeinde den »lieben Brüdern von Mühlhausen« schriftlich: Sie bedankten sich für das Angebot, wollten aber ihre Sache unter sich zu einem guten Ende bringen.97 Zum Dank spendeten sie ihnen zwei Fass Bier. Damit war auch der Versuch fehlgeschlagen, die Auslieferung der beiden Bürgermeister zu erwirken. Doch am Abend forderte die Salzaer Gemeinde den Rat auf, die Priester als Bürger anzunehmen und ihnen gleiche Lasten wie allen anderen Bürgern aufzuerlegen. Lehne er das ab, würden ihnen die Mühlhäuser zu Hilfe kommen, die noch im Feld liegen.98 Nach dem gescheiterten Unternehmen ermahnte die Mühlhäuser Gemeinde am 30. April die Salzaer, wenigstens den verhassten Amtmann Berlepsch zu bestrafen, sonst würden sie in ihrem Schoß eine Schlange ernähren und aus dem Wolf ein Schaf machen.99 Die Diktion legt nahe, dass Müntzer das Schreiben verfasst hat.100 Als ein großer Bauernhaufen aus den Herrschaften Gleichen und Wangenheim vor den Toren Salzas erschien und anfragte, ob die Gemeinde sich den »christlichen Brüdern« anschließen und die Zwölf Artikel annehmen wolle, wurde das abgelehnt, aber dem Haufen der Durchzug erlaubt. Er war auf dem Weg nach Tonna (heute Gräfentonna), wo die Grafen von Gleichen dem Verbündnis beitreten mussten. Eine Anzahl Salzaer schloss sich dem Zug an, während andere vor das Schloss liefen und dem Amtmann die Zusage abrangen, am nächsten Morgen mit nach Tonna zu ziehen, wobei sie sich offenbar auf das Schreiben beriefen, das Müntzer an die Gemeinde gerichtet hatte.101 Berlepsch musste sich der Aufforderung fügen und sich unterwerfen. Als die Salzaer zurückkehrten, wurden erneut Klöster gestürmt und geplündert und die Symbole der albertinischen Herrschaft zerstört. Doch angesichts der Drohungen Herzog Georgs und des Heranrückens der Truppen des Landgrafen Philipp sahen die Salzaer von weiteren Aktionen ab.
Streitet den Streit des Herrn Müntzer verfolgte inzwischen in Mühlhausen aufmerksam die ersten Erhebungen, und ihm war auch bekannt, was sich in Salza ereignete.102 Diese Situation dürfte ihn veranlasst haben, seine Anhänger zu mobilisie338
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ren. Am 26. oder 27. April traf ein kleiner Teil des Werrahaufens in Mühlhausen ein, der von Salzungen aus den Weg nach Norden eingeschlagen hatte. Nun lag Müntzer vor allem daran, die ehemaligen Mitglieder des Allstedter Bundes zum Handeln aufzufordern, wie sein aufrüttelnder Appell vom 26. April ausweist.103 Der Appell ist in Abschriften der Kanzlei Herzog Johanns und Herzog Georgs überliefert und wurde in Luthers »Eyn Schrecklich geschicht und gericht Gotes uber Thomas Mu(o)ntzer« abgedruckt, die am 21. oder 22. Mai in Wittenberg erschien. Der gedruckte Text weist einige Verschärfungen, aber auch Streichungen auf, so dass die Öffentlichkeit mit einer absichtlich leicht veränderten Fassung bekannt gemacht wurde. »Lieben bru(o)der, wie lang schlaft yhr? Wie lange seit yhr Gotte seynes willens nicht gestendig, darumb das er euch nach eurem ansehen verlassen hat? […] Darumb hu(o)etet euch, seyt nicht also verzagt, nachlessig, schmeychelt nit lenger den verkarten [falschen] fantasten, den gottlosen bo(e)swichten. Fanget an und streytet den streyt des HERRN.«104 Das ganze deutsche und französisch-schweizerische Land erhebe sich, »der meyster will eyn spiel machen, die bo(e)swichter mu(e)ssen dran«.105 In Fulda seien in der Osterwoche vier Stiftskirchen verwüstet worden, die Bauern im Klettgau, Hegau und Schwarzwald seien aufgestanden, und ihr Haufen werde mit der Zeit immer größer. Die Erhebungen vermittelten aber auch Erfahrungen, die zu beherzigen waren. Müntzer war besorgt, vielleicht mit dem Blick auf sein Erleben im Schwarzwald oder den Vertrag von Weingarten, dass die närrischen Menschen in einen falschen Vertrag einwilligen könnten, weil sie den Schaden noch nicht erkennen.106 Er sah aber auch, dass die Herrschenden zur Stunde keinen ernsthaften Widerstand zu leisten vermochten. Deshalb forderte er die Allstedter auf: »Nuh dran, dran, dran, es ist zeit, die bo(e)swichter sind frey verzagt wie die hunde.«107 Sie sollen in Dörfern und Städten Mitstreiter werben, besonders Bergleute, weil diese waffengeübt sind. Deshalb sollen sie ihnen diesen Brief zukommen lassen. Müntzers Aufruf gipfelt in dem Appell: »Dran, dran, weyl [so lange] das feur heis ist. Lasst eur schwerd nicht kalt werden von blut. Schmidet pinckepanck auf den ambos Nymrod, werft yhn den torm [Turm] zu boden!«108 Er war »jetzt ganz Revolutionsprophet«, wie Friedrich Engels später schrieb.109 339
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Müntzer sah den Zeitpunkt gekommen, den »Streit des Herrn« auszufechten. Sein Drängen – das »dran, dran« wiederholte er mehrmals – ergab sich aus seinen apokalyptischen Erwartungen. In der Stunde der Entscheidung musste sich erweisen, wer sich Gottes Willen unterwirft. Den tyrannisch handelnden Obrigkeiten wurde der Kampf angesagt, denn es sei nicht möglich, die menschliche Furcht zu überwinden, solange sie leben. »Man kan euch von Gott nicht sagen, dieweyl sie uber euch regieren. Dran, dran, dran, dieweyl yhr tag habt. Gott gehet euch fur, folgt!«110 Eine auffällige Diskrepanz zeichnet sich indes ab. In den verschiedenen Gebieten des Bauernkriegs artikulierten die Aufständischen ihre religiösen, sozialen, rechtlichen und politischen Forderungen in Beschwerdeschriften, die Auskunft über die von ihnen verfolgten Ziele geben. Auch in Thüringen hielten kleine Städte und Dorfgemeinden ihre Beschwerden in Artikeln fest. Nichts davon ist jedoch in der Argumentation Müntzers präsent. Er hatte Grundsätzlicheres vor Augen: die Rettung der Christenheit vor tyrannischer Herrschaft, die das Evangelium nicht respektiert und dessen Anhänger verfolgt. Wenn er jetzt zur Vernichtung der tyrannischen Regenten aufruft, die mehr als Gott gefürchtet sein wollen, dann praktiziert er, was er vorher schon Graf Ernst von Mansfeld und einigen Amtleuten angedroht hatte, weil sie die evangelische Predigt behinderten, Gläubige verfolgten und die Menschenfurcht über die Gottesfurcht stellten. An Kurfürst Friedrich hatte er bereits am 4. Oktober 1523 geschrieben: Das Volk werde in die Irre geführt, wenn die Verbreitung des Evangeliums durch menschliche Gebote aufgehalten werde. So könne es geschehen, dass den Obrigkeiten das Schwert genommen und dem vom wahren Glauben ergriffenen Volk zum Untergang der Gottlosen gegeben werde.111 Mit der Berufung auf Daniel 7,27 und Offenbarung 6,4 kommen die apokalyptischen Erwartungen ins Spiel, die sich nun zu erfüllen schienen, da Müntzer in dem tyrannischen Handeln mancher Obrigkeiten Zeichen der Endzeit zu erkennen vermeinte. Deshalb heißt es in seinem Appell: »Es ist nicht euer, sonder des HERRN streyt. Yhr seyts nicht, die yhr streytet. Stellet euch furwar menlich. Yhr werdet sehen die hu(e)lfe des HERRN uber euch.«112 Müntzers Appell blieb nicht ungehört, denn viele Allstedter kamen nach Mühlhausen. Adel, Schultheiß und Rat informierten am 2. Mai Her340
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zog Johann,113 als der Appell aus Mühlhausen eingetroffen sei, seien viele dorthin gelaufen, so dass nur noch 15 oder 20 Mann in der Stadt geblieben seien.114
Die nächsten Aktionen Am 27. April kehrte ein Teil des Haufens, der vor Salza gelegen hatte, nach Mühlhausen zurück. Der andere – es sollen hundert Mann gewesen sein – zog nach Volkenroda und zerstörte am frühen Morgen des 28. April das Zisterzienserkloster.115 Dieses Kloster dürfte nicht grundlos Ziel eines Angriffs gewesen sein, denn die dortigen Mönche waren besonders verhasst, weil sie den höchsten Grundzins verlangten. Müntzer scheint sich im Verlauf des Tags zu dem Haufen begeben zu haben, wo er im Namen des Mühlhäuser Haufens einem Boten aus Merxleben bei Langensalza einen Brief übergab,116 in dem die Gemeinde aufgefordert wurde, die Schlösser und Häuser des Adels zu zerstören, auch auf den Amtmann Berlepsch, den Tyrannen und Bluthund, gut Acht zu geben, damit er nicht aus Salza entkomme.117 Am 28. April zogen die Aufständischen, die sich inzwischen in Mühlhausen eingefunden hatten, mit Fahne und Geschütz in östlicher Richtung bis in das nahe gelegene Görmar und errichteten ein Lager. Die Mühlhäuser bildeten dort offenbar eine Minderheit, denn im Chronicon Mulhusinum heißt es abschätzig, es habe sich um »allerley zusamen gelaufen volck« gehandelt, das zuvor in die Stadt gekommen sei und zu Pfeiffer und Müntzer gestanden habe.118 Sicher war es schwierig, den anwachsenden Haufen innerhalb der Mauern zu lagern und zu versorgen. Der Ewige Rat dürfte aber auch interessiert gewesen sein, ihn aus der Stadt zu verlegen, um neue Unruhen oder Übergriffe zu vermeiden. Das könnte erklären – so eine Aussage des Achtmanns Michael Koch –, warum der Rat und die Achtmänner dem Auszug zustimmten119 und die Aufständischen an den folgenden Tagen mit Proviant versorgten.120 Wenn Müntzer sich jetzt im Lager der Aufständischen aufhielt, mag das ungewöhnlich erscheinen, denn bisher verkündete er von städtischen Kanzeln, was das Evangelium lehrt, wie Gott sich offenbart und wie ein 341
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erprobter Glaube zu erlangen ist. Das städtische Milieu war sein Lebens-, Erfahrungs- und Handlungsraum.121 Obwohl auch Einwohner aus ländlichen Gemeinden seine Predigten besuchten, war er mit dem Landleben und den Problemen der Dorfgemeinden weniger vertraut. Erst im Hegau und Klettgau trat er mit ländlichen Untertanen direkt in Kontakt, und auf dem Weg zurück nach Mühlhausen passierte er Gebiete, in denen die Erhebungen auf dem Land um sich griffen. In Thüringen verwob sich nun sein Schicksal mit dem der aufständischen Bauern und Städtebürger, und er predigte im Feldlager. Einen ersten Hinweis darauf bietet das Chronicon Mulhusinum: Als der Haufen in Görmar lagerte und dort Eichsfelder mit Beute aus den Klöstern erschienen seien, habe Müntzer sie als christliche Brüder gelobt, und »ist ehr so balt auf ein pferdt geseßen undt im felde ein predigt gethan«.122 Es war zu dieser Zeit üblich, dass in militärischen Aufgeboten Feldprediger als Seelsorger ihres Amts walteten. Das bekannteste Beispiel ist Huldrych Zwingli, der mit den Zürichern im Krieg gegen die Fünf Orte mitzog und 1531 in der Schlacht bei Kappel den Tod fand. Auch während des Bauernkriegs schlossen sich Prediger in allen Regionen den Haufen der Aufständischen an.123 Müntzer handelte nicht anders, und Hans Zeiß informiert korrekt: Es sei nicht so, dass Müntzer ein »Rottmeister« sei oder den Haufen anführe, wie man sage. »Er ist nichts anders dann ein prediger der von Molhausen.«124 Da die sächsischen Fürsten sich verweigert hatten, die notwendige Reformation zu unterstützen, sah Müntzer nun in den aufständischen Bauern und Bürgern diejenigen, die gewonnen werden mussten, um Gottes Willen zu vollstrecken. Deshalb nutzte er die Gelegenheit der Predigt, um sie zu belehren, dass die Stunde der Entscheidung gekommen sei. Georg Schwertfeger, der Bruder Heinrich Pfeiffers, bekannte später, Müntzer und sein Bruder seien der Meinung gewesen, die Bauern und Bürger zu vereinen und dann die Edelleute im Land zur Rechenschaft zu ziehen und zu strafen, auch von ihnen zu verlangen, die Zinse und andere Lasten zu lindern. Diese Meinung hätten auch die Achtmänner zu Mühlhausen vertreten.125 Im Görmarer Lager wurde die militärische Organisation des Haufens ausgestaltet. In Anlehnung an die Praxis der Landsknechtsheere, aber auch anderer Bauernhaufen126 wurden die Aufständischen in Fähnlein und Rot342
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ten eingeteilt und militärische Ämter besetzt. Wichtige Entscheidungen wurden vom ganzen Haufen getroffen, indem die Aufständischen sich »im Ring« versammelten und ihren Willen bekundeten. Auf Weisung des Ewigen Rats und der Achtmänner wurden die Stadtknechte Jobst und Volkmar Hommerich als Hauptleute eingesetzt.127 Dem Haufen schlossen sich Aufständische aus zahlreichen Dorfgemeinden und Städten an, darunter aus dem Werratal, vom Eichsfeld und aus Allstedt. Zeugen sprachen später vom »Mulheusisch hauf und sein anhangk«.128 Ein Teil des Haufens zog von Görmar nach Schlotheim, besetzte das Nonnenkloster und einen Adelssitz und kehrte dann zurück. Die Aktion diente offenbar dem Zweck, durch Beute die Verpflegung sicherzustellen.129 Inzwischen ersuchten die Frankenhäuser den Haufen um Hilfe,130 und Müntzer sagte ihnen diese zu. Aus Görmar schrieb er am 29. April im Namen der »gemayn christen ym felde czu Mulhaußen« an die Gemeinde zu Frankenhausen, »unsern allerliebsten bru(e)dern«,131 es würden nicht nur die erbetenen 200 Mann kommen, sondern der ganze Haufen. Sie sollten niemanden fürchten, sondern allein Gott vertrauen, so werde er sie und ihren kleinen Haufen mehr stärken, als sie glauben könnten.132 Der Haufen zog über Schlotheim weiter nach Nordosten und traf am 30. April in Ebeleben ein. Das lässt darauf schließen, dass er das den Frankenhäusern gegebene Versprechen einzulösen beabsichtigte. Doch nun baten auch Nordhäuser, die wohl schon länger Beziehungen zu Müntzer unterhielten, um Unterstützung. In der Oberstadt, so wird es in einem Bekenntnis dargestellt, wo der »Lärm« begonnen habe, seien der Knochenhauer Hans Sander, der Krämer Hans Kehner, der Knochenhauer Berlt Helmsdorf und andere Bürger zusammengekommen und hätten an die Mühlhäuser »Aufrührer« geschrieben, sie sollten nach Nordhausen kommen, weil man »ein neu, aber ewig regiment« einrichten wolle.133 Sander, Kehner und weitere Nordhäuser ritten schließlich nach Ebeleben und wiederholten dort ihre Bitte.134 Der Zug nach Frankenhausen hätte es durchaus ermöglicht, anschließend den Weg nach Nordhausen einzuschlagen. Dazu ist es aber nicht gekommen. In Ebeleben wurden die Grafen Günther von Schwarzburg, Ernst von Hohnstein und vielleicht auch die von Gleichen in das Verbündnis aufgenommen.135 Herzog Johann informierte am 30. April Kurfürst Friedrich, 343
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die Bauern drängten die Edelleute, sich ihnen zu verschreiben, und sie müssten mit ihnen ziehen.136 Unterschieden wurde dabei zwischen »gottlosen Tyrannen« und »christlichen Regenten«, wie Müntzer es gelehrt hatte. Den Willigen wurde der Anschluss an das Verbündnis offen gehalten. Wie die Aufnahme ablief, berichtet Schosser Hans Zeiß: Welcher Adlige um Gnade bitte, dem werde sie gewährt, doch nur unter der Bedingung, dass er zu Fuß zu ihnen trete und sich wie der Geringste demütigen lasse. Er müsse als Gleicher auf der Erde stehen, solle nicht mehr Fürst heißen und warten, bis er in Gnaden angenommen werde. Habe er sich bisher bescheiden und friedlich verhalten und nicht gegen das Evangelium gehandelt, solle er auf geziemende Weise wieder in sein Regiment eingesetzt werden und darin bleiben, solange er wohl regiere. Weiter berichtet Zeiß, dass einem Fürsten nicht mehr als acht Pferde zur Verfügung stehen sollen, einem Grafen vier und einem Edelmann zwei. Denn alle sollen gleich sein, und wer dem Verbündnis beitrete, den »wollen sie […] gern als ein pruder haben«.137 Wenn ihnen zugestanden wurde, weiter Amtsfunktionen wahrzunehmen, dann war das vielleicht eine Übergangslösung, um die traditionellen Strukturen vorerst im Interesse der Aufständischen zu nutzen. Eine Mitteilung über die Aufnahme des Grafen von Hohnstein in das Verbündnis konkretisiert den Ablauf: Er wurde von Müntzer gefragt, wie er es mit seinen Untertanen halte. Als er dazu Stellung genommen hatte, sei Müntzer zufrieden gewesen und habe gesagt, er müsse noch eine Weile stehen bleiben und warten, ob ihn jemand beschuldige. Der Aufforderung sei er gefolgt, und da niemand ihn belastete, sei er heimwärts geritten.138 Die christliche Gemeinde zu Walkenried sprach ihn daraufhin als »lieber bruder Ernst von Hohnstein« an.139 Nach einer anderen Quelle wurden die Grafen verpflichtet, das Wort Gottes lauter predigen zu lassen, alle Belastungen abzuschaffen, von denen Christus die Untertanen frei gemacht habe, die Schlösser zu zerstören, von denen den Untertanen Schaden erwachsen könne, ihre großen Titel abzulegen und Gott allein die Ehre zu geben.140 Die Adligen, die dem Verbündnis beitraten, taten das aus unterschiedlichen Gründen: Es ermöglichte ihnen, ihren Besitz zu retten, Konflikte in ihren Territorien zu neutralisieren, die Ansprüche der mächtigen sächsischen Nachbarn abzuwehren und – nicht zuletzt – das Kirchengut zu säkularisieren. Ein Zusammengehen mit den Aufständischen erschien des344
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halb manchem das kleinere Übel zu sein, auch wenn der Anschluss nicht aus Überzeugung erfolgte. Wirkungslos blieb indes die beabsichtigte Einschränkung adliger Macht nicht. Immerhin soll der sächsische Kurfürst Johann noch später zum Nachdenken angeregt worden sein, wie Martin Luther in einer Tischrede von 1532 berichtet: »Unser Herr Gott hat mich zu eim fursten gemacht. Wil er mich nit haben, wie ich bis her gewesen, so gescheh sein will; ich kann auch wol mit 4 pferden reiten.«141 Im Lager kam es jetzt zu heftigen Debatten über die weitere Marschrichtung. Folgt man dem Chronicon Mulhusinum, so sprach sich Müntzer im Ring dafür aus, nach Heldrungen zu ziehen, um Graf Ernst von Mansfeld abzustrafen,142 was auch ermöglicht hätte, den Frankenhäusern und Nordhäusern zu Hilfe zu kommen. Doch die inzwischen im Lager erschienenen Abgesandten aus dem Eichsfeld ersuchten den Haufen ebenfalls um Beistand gegen ihre wütenden Obrigkeiten, denn ehe man von Heldrungen zurückkehre, wären sie alle verloren.143 Claus Rautenzweig, Allstedter Bürger und Mitglied des dortigen Bundes, sagte später aus, im Ring sei entschieden worden, nach Frankenhausen und dann vor Heldrungen zu ziehen. Aber ein Teil sollte auf dem Eichsfeld den Edelleuten Widerstand leisten.144 Der Haufen zog also in Richtung Frankenhausen weiter. Doch als er sich am 1. Mai Schernberg näherte, erschienen abermals Abgesandte vom Eichsfeld und flehten dringlich, ihnen beizustehen. Ein Augenzeuge sagte später aus, der Haufen habe »zweimal gemeyne gehalten« und dann den Weg in das Eichsfeld eingeschlagen.145 Im Ring fielen also durch die Entscheidung des ganzen Haufens die Würfel zugunsten des Eichsfeldzugs. Die Mehrheit hatte Müntzers Plan verworfen.
Der Zug durch das Eichsfeld Im Aufruf an die Allstedter Bundesmitglieder schrieb Müntzer, die Bauern auf dem Eichsfeld, einer kurmainzischen Exklave,146 seien ihren »junckern feindt worden«.147 Die Belastungen der dortigen Untertanen unterschieden sich nicht wesentlich von denen in den thüringischen Gebieten. Deshalb galten ihre Forderungen ebenfalls der Allmende, den Braurechten, den Zöllen und anderen Leistungen. Das Mainzer Domkapi345
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tel beklagte bereits im April 1521, »daß das Eychsfeld in großer unordnung steet«, indem Schlösser verfielen, Eigentum des Stifts abhandenkomme und die Ausgaben höher als die eingehenden Renten seien.148 Inzwischen schürten lutherische Prediger die Opposition gegen den Klerus. Auch war bekannt, was sich in Mühlhausen ereignet hatte. So verwundert es nicht, dass bereits vor Ankunft des Haufens Kirchen und Adelssitze geplündert wurden, zum Beispiel die Nonnenklöster Anrode und Zella, die Klöster Reifenstein und Beuren, das Schloss Scharfenstein und Adelshöfe.149 Hans Zeiß war bereits am 1. Mai informiert, dass der Haufen gegen den Adel auf das Eichsfeld ziehe, alle Bauern ihren Herren den Eid aufgesagt hätten und die Edelleute auf die Burg Rusteberg geflohen seien.150 Von Schernberg führte der Weg des Haufens über Keula und Deuna nach Niederorschel. Im Chronicon Mulhusinum wird berichtet, von hier hätten Müntzer und Pfeiffer nach Heiligenstadt geschrieben und verlangt, ihnen die Güter der Pfaffen und Edelleute zu übergeben. Der dortige Rat habe daraufhin Abgesandte zu ihnen geschickt und um Bedenkzeit gebeten, die man ihnen aber nicht zugestanden habe.151 Auf dem weiteren Weg wurden weitere Klöster und Adelssitze geplündert und zerstört.152 Über Reifenstein und Beuren, wo die bereits geplünderten Klöster niedergebrannt wurden, erreichte der Haufen am 2. Mai Heiligenstadt. Der Rat untersagte ihm jedoch den Einlass, schickte aber Proviant ins Lager. Nur Pfeiffer und einige Hauptleute wurden in die Stadt eingelassen, um mit dem Rat zu verhandeln. Dieser lehnte die verlangte Aufnahme in das Verbündnis ab, erlaubte aber am nächsten Tag Müntzer, in der Liebfrauenkirche zu predigen. Danach kam es zu Unruhen und zu einem vom Rat tolerierten Pfaffensturm, der sich vor allem gegen die Herren des Martinstifts richtete. Im Ergebnis akzeptierte der Rat deren Vorrechte nicht mehr und sanktionierte ihre Gleichstellung mit den Bürgern. Der Haufen beabsichtigte offenbar, anschließend die Burg Rusteberg zu erobern, da sich dort viele Adlige in Sicherheit gebracht hatten. Da jedoch mit heftigem Widerstand zu rechnen war, wurde der Plan aufgegeben, denn – so der Schultheiß von Nordhausen – mit solchem »ungeschickten volk« sei es nicht möglich, die Burg einzunehmen.153 Auf dem weiteren Weg wurden am 4. Mai das Kloster der Zisterzienserinnen in Teistungenburg und mehrere Schlösser zerstört. Am Abend 346
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schlug der Haufen sein Lager bei Gerblingerode auf und verhandelte mit dem Bürgermeister von Duderstadt, ohne die verlangte Unterstützung für den Haufen zu erlangen. Doch mehrere Vasallen aus der Grafschaft Schwarzburg wurden jetzt in das Verbündnis aufgenommen, denen Müntzer zugesagt habe, ihnen »christliche freyheit« zu gewähren, sie nicht zu beschädigen oder unziemlich zu beschweren, wenn es zutreffe, dass sie Gottes Gerechtigkeit nicht verhinderten und die Prediger nicht verfolgten.154 Mit dem Abzug am 5. Mai war der Eichsfeldzug beendet.155 Am nächsten Tag oder im Verlauf des 7. Mai dürfte Müntzer wieder in Mühlhausen eingetroffen sein.156 Die Frage war nun, ob es ihm gelingen würde, seine Zusage einzuhalten, den Frankenhäusern zu Hilfe zu kommen, und zwar mit dem Ziel eines »durchczogs uberall«.157 Dahinter verbarg sich die Absicht, das Gebiet zwischen Harz und Thüringer Wald, Saale und Werra in die Gewalt der Aufständischen zu bringen. Dem Vorgehen lag folglich eine gewisse Planmäßigkeit zugrunde, denn im Verhör bekannte Müntzer, er sei der Meinung gewesen und habe vorgehabt, und das sei allen in seinem Bund bekannt gewesen, »das landt uf 10 meyl weges umb Molhausen […] und das landt zu Hessen« einzunehmen.158 Mit dem Zug durch das Eichsfeld war jedoch eine Entscheidung, die einen solchen Plan fördern konnte, nicht gefallen. Es hing nun alles davon ab, den sich bei Frankenhausen konzentrierenden Aufständischen die zugesagte Hilfe zu leisten.
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XI. »Die Bösewichte müssen dran« Die Entscheidung bei Frankenhausen Luthers Reise in das Aufstandsgebiet Als Müntzer an seine Anhänger appellierte, man könne von Gott nicht reden, solange tyrannische Fürsten regieren, befand sich Martin Luther auf Einladung Graf Albrechts im Mansfelder Land. Anlass der Reise vom 16. April bis 6. Mai 1525 war die Eröffnung einer Lateinschule in Eisleben.1 Wer ihn begleitete, ist nicht eindeutig zu ermitteln. Sicher ist das für Philipp Melanchthon und Johann Agricola. Angesichts der sich in Thüringen ausbreitenden Aufstände predigte Luther während seiner Reise in mehreren Städten, mit Sicherheit in Stolberg und Nordhausen. Die Tendenz dieser Predigten könnte sein Brief an Johann Rühel vom 4. Mai wiedergeben, in dem er den aufständischen Bauern vorwarf, wenn sie auch noch mehr wären, seien sie dennoch Räuber und Mörder, die das Schwert aus Vermessenheit und Frevel in die Hand nehmen, Fürsten und Herrn vertreiben und neu Ordnung in der Welt machen wollen, wozu sie von Gott weder Befehl, Macht und Recht hätten, wie es den Herren jetzt zustehe.2 Luthers Predigten erregten indes bei manchen Zuhörern Unwillen und provozierten in Nordhausen in der St. Georgskapelle tumultartige Szenen. Als er die Zwölf Artikel abgelehnt habe, sei mit Schellen geklingelt worden und es fast zur Rauferei gekommen. In diesen Tagen vollendete Luther seine Schrift »Ermanunge zum fride auf die zwelf artikel der Baurschaft yn Schwaben«, die er bereits vor dem Reisebeginn geplant hatte, und gab sie nach Wittenberg zum Druck.3 Inzwischen wird er von der Erstürmung und Plünderung von Klöstern im Mansfeldischen gehört haben. Auch dürften ihm die Nachrichten bekannt geworden sein, die Christoph Fürer dem Mansfelder Grafen Albrecht, seinem Geschäftspartner, mit Schreiben vom 20. April übermittelte: Am 16. April waren das Schloss Weinsberg zerstört und Graf Ludwig von Helfenstein und vierzehn Adlige hingerichtet worden, am 17. April der Weingartner Vertrag zwischen Georg Truchseß von Waldburg, dem Feldhauptmann des Schwäbischen Bundes, und zwei Bauernhaufen vereinbart worden.4 348
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Angesichts dieser Situation fügte er nach seiner Rückkehr nach Wittenberg der dritten Ausgabe der »Ermanunge« einen die Lage schärfer beurteilenden Text hinzu: »Auch wider die reubischen und mo(e)rdischen rotten der andern bauren«. Dieser Druck lag bereits am 10. Mai vor. Im Sinne seines Verständnisses des obrigkeitlichen Amts polemisierte er heftig »wider die stürmenden bauren«.5 Die Herren rief er jetzt auf, die Aufständischen ohne Erbarmen niederzuwerfen: »Steche, schlahe, wu(e)rge hie, wer da kan. Bleybstu dru(o)ber tod, wol dyr, seliglichern tod kanstu nymer mehr uberkomen. Denn du stirbst yn gehorsam go(e)ttlichs worts vnd befelhs Romer am 13. vnd ym dienst der liebe deynen nehisten zu retten aus der hellen und teufels banden. So bitte ich nu, flihe von den bauren wer da kann, als vom teufel selbs. Die aber nicht flihen, bitte ich, Gott wo(e)llte sie erleuchten und bekeren. Wilche aber nicht zu bekeren sind, Da gebe Gott, das sie keyn glu(o)ck noch gelingen haben mu(o)ssen.«6 Luthers Haltung polarisierte seine Mitstreiter. Während manche sich diesen Standpunkt zu eigen machten, distanzierten sich andere. Später sagte Luther selbstbewusst von sich: »Und wer stund stercker wider die bauren mit schriften und predigten den ich? Mitten under i[h]n bin ich gewesen und durch sie gezogen, mit farhe [Gefahr] leibs und lebens.«7 Der Allstedter Schosser Hans Zeiß urteilte indes am 1. Mai in einem Schreiben an Kurfürst Friedrich: Luther sei im mansfeldischen Land, er könne aber den Aufruhr und den Zulauf, auch von Sangerhausen und aus Herzog Georgs Landen, nicht verhindern. »Was daraus werden will, das weiß got.«8
Ausbreitung der Aufstände Die Aufstände breiteten sich inzwischen täglich weiter aus.9 Im Erfurter Gebiet10 versammelten sich seit dem 24. April Unzufriedene in mehreren Ämtern, und drei Tage später berieten sie in dem nahe bei der Stadt gelegenen Daberstedt über die Forderungen, die dem Erfurter Rat vorgelegt werden sollten. Einflussreiche Kräfte im Rat waren jedoch bemüht, den Aufruhr auszunutzen, um die Mainzer Oberherrschaft abzuwerfen. Als am 28. April ein Haufen vor den Toren erschien, versicherten einige Hauptleute, dass sie nichts gegen den Rat unternehmen werden. Daraufhin wurde ein Tor geöffnet und der Haufen eingelassen. 349
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Die Hauptleute lenkten die Aufständischen nun gezielt gegen Kurmainzer Institutionen und Symbole, um sie zu zerstören. Der Rat wurde umgebildet und die Stadt von ihren Verpflichtungen gegenüber Kurmainz losgesprochen. Am 6. Mai zogen die Bauern wieder ab, und einige Tage später wurden sie entwaffnet und nach den Anführern steckbrieflich gesucht. Bald wurde auch die Oberherrschaft des Mainzer Kurfürsten wiederhergestellt. Im Süden erhoben sich Untertanen im Gebiet um Arnstadt und Ilmenau,11 im Norden im Gebiet um Nordhausen,12 im Osten im mittleren Saaletal von Naumburg bis Saalfeld,13 im Harz und jenseits des Gebirges in den Grafschaften Blankenburg-Regenstein und Stolberg-Wernigerode14 sowie im Bistum Halberstadt.15 Auch in Müntzers Heimat rebellierten Untertanen und sagten Graf Botho von Stolberg den Gehorsam auf. Er müsse täglich befürchten, schrieb er am 4. Mai an Herzog Georg, dass Müntzer mit seinem Haufen gegen ihn ins Feld ziehe.16 Angesichts der drohenden Gefahr bewilligte Botho die Artikel der Stolberger. Der erste Artikel verlangte, dem Rat alle von alters her erworbenen Freiheiten zu belassen.17 Artikel 23 forderte, in den Kirchen alle äußerlichen Zeremonien abzustellen, auch das Evangelium, wie es von Gott befohlen sei, lauter und frei, ohne alle menschliche Hinzufügungen zu verkünden.18 Als Jakob von Bleichenrod, der sich in der Grafschaft Mömpelgard aufhielt, bei seinem Bruder in Stolberg anfragte, wie es mit den Bauern stehe, antwortete dieser, er könne ihm nicht alles schreiben, denn man müsse »wol ein kuwhut [Kuhhaut] darzu haben«.19 Die Erhebung im Werratal hatte inzwischen ihren Höhepunkt überschritten. Viele Bauern kehrten in ihre Dörfer zurück, weil Graf Wilhelm von Henneberg die Zwölf Artikel angenommen hatte und sie damit ihr Ziel erreicht sahen. Andere missbilligten die Übereinkunft mit dem Grafen und plünderten auf eigene Faust Klöster und Schlösser. Nachdem Landgraf Philipp mit seinen Truppen am 28. April Fulda und am 3. Mai Hersfeld eingenommen hatte, wuchs allerdings die Gefahr, dass er nun in die thüringischen Gebiete einfallen werde. Um die Truppen des Landgrafen auf dem Marsch in Richtung Eisenach aufzuhalten, zog der Werrahaufen nordwärts. Am 6. Mai erreichte er die Stadt, war aber zusammengeschmolzen, denn viele Untertanen wollten die Grenzen der Grafschaft nicht überschreiten, andere ängstigte die Nachricht 350
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vom Heranrücken des Landgrafen. Der Rat in Eisenach war zunächst zur Übergabe der Stadt an den Haufen bereit, da aber viele Einwohner zu den Aufständischen gelaufen waren, verschob sich das innerstädtische Kräfteverhältnis zugunsten der Obrigkeit, die ihre Hoffnungen nun auf die hessischen und die mit ihnen verbündeten braunschweigischen Truppen setzte. Der im Katharinenkloster vor Eisenach lagernde Haufen ersuchte jetzt die Mühlhäuser um Unterstützung,20 und Müntzer ließ sie am 7. Mai wissen,21 »das wir mit allem vormogen und kreften euch zcu hulfe und schirme kommen wollen«.22 Neulich hätten aber auch »unser bruder« Ernst von Hohnstein und Günther von Schwarzburg um Hilfe gebeten, die ihnen zugesagt worden sei.23 Sie sollten sich deshalb eine kurze Zeit gedulden, weil die Musterung einer neuen Mannschaft über die Maßen viel Mühe bereite, denn man habe es mit ungebildeterem Volk zu tun, als man sich vorstellen könne.24 Das war offensichtlich der Grund, warum das Versprechen nicht eingelöst wurde. Als die fürstlichen Heere sich Eisenach näherten, lockte der Rat die Hauptleute in eine Falle: Der Schultheiß lehnte es ab, den ganzen Haufen in die Stadt einzulassen, war aber bereit, die Hauptleute zu empfangen, um mit ihnen zu verhandeln. Als sie erschienen, wurden sie jedoch gefangen genommen und im Lager die Nachricht verbreitet, dass der Landgraf mit seinen Truppen heranrücke, so dass die Aufständischen auseinanderliefen.25 Als Müntzer von dem hinterhältigen Vorgehen des Rats Kenntnis erhielt, wandte er sich am 9. Mai mit einem Protestbrief an die »lieben bruedern« der ganzen Gemeinde zu Eisenach26 und erklärte unmissverständlich: Gott offenbare jetzt der ganzen Welt die Wahrheit und beweise das mit seiner Verachtung der Tyrannen, denn beim Propheten Daniel heiße es im 7. Kapitel,27 die Gewalt werde dem gemeinen Volk gegeben, auch werde in der Offenbarung Johannes im 11. Kapitel28 angezeigt, dass das Reich dieser Welt Christus gehören werde. Damit werde, so Müntzer weiter, die falsche Auslegung der Schrift durch die Verteidiger der gottlosen Tyrannen verworfen, denn es liege klar zutage, dass Gott sie von den Seinen an ihrem Gut strafen lasse, weil sie seine Gerechtigkeit verhindert haben. Und Müntzer fragt: Wie solle es denn jemals möglich sein, dass der gemeine Mann angesichts der Sorgen um die zeitlichen Güter das reine Wort Gottes mit gutem Herzen empfangen werde? 351
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Aus diesem Grund hätten sie den Haufen nicht seines Hauptmanns und des Geldkastens (das heißt der Kriegskasse) berauben sollen. Der einfältige Haufen habe sich auf ihre Täuschung verlassen, nachdem sie unablässig so viel Geschrei von der Gerechtigkeit des Glaubens gemacht hätten. »Warlich diese that an unsern brudern voltzogen, beweyset eure hinderlist.« Wenn sie das einzugestehen bereit seien, bitte er sie freundlich, den erlittenen Schaden zu ersetzen.29 Doch Müntzers Intervention wurde nicht respektiert. Hans Sippel und vier Hauptleute wurden wegen Landfriedensbruchs verurteilt und am 11. Mai auf dem Markt neben der Georgenkirche hingerichtet.30 Die Leichen wurden im Hof des Dominikanerklosters verscharrt. Kurze Zeit später zog Landgraf Philipp in die Stadt ein. Einen Kriegszug bereitete jetzt auch Herzog Georg von Sachsen vor. Doch im Erzgebirge und im Vogtland stieß die Anwerbung von Söldnern auf erheblichen Widertand.31 Auch als er Räte, Amtleute und Grafen einlud, am 29. April in Querfurt über das weitere Vorgehen zu beraten, fand er nicht die erhoffte Unterstützung. Die Mansfelder Grafen entschuldigten ihr Fernbleiben mit unterschiedlichen Gründen, Albrecht zum Beispiel mit dem Argument, er könne Eisleben nicht verlassen, weil er darauf achten müsse, dass das Bergvolk nicht zu den Bauern laufe.32 Als Georg von den Ernestinern Reiter anforderte, antwortete ihm Herzog Johann am 2. Mai, er könne der Bitte nicht nachkommen, weil in seinem Territorium jeder mit seinen Untertanen zu tun habe und das Seine nicht gern im Stich lasse.33 Kurfürst Friedrich hingegen schlug Johann am 4. Mai vor, mit den Untertanen über ihre Beschwerden zu verhandeln, um sie auf diesem Weg zufriedenzustellen.34 Herzog Georg benötigte nahezu zwei Wochen, um seine Truppen zu mobilisieren. Am 3. Mai schlug ihm Ernst von Mansfeld vor, sie auf den Wendelstein an der Unstrut oder in Heldrungen zu stationieren, weil den Städten nicht zu trauen sei. An den beiden Orten seien sie dagegen sicher, und da Heldrungen mitten im Land liege, könne er von dort aus die Ungehorsamen unterwerfen.35 Am 4. Mai forderte dann Philipp von Hessen seinen Schwiegervater Herzog Georg auf, mit seinen Truppen nach Thüringen zu kommen. Doch am 7. Mai beklagte Schosser Zeiß, es sei jämmerlich, »das also vil fursten in disem land sein sollen und keiner kein schwert dogegen zucket«.36 352
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Der Aufstand in Frankenhausen Die Aufmerksamkeit zog jetzt vor allem ein Aufstand in Frankenhausen auf sich. Die Stadt am Südhang des Kyffhäusergebirges entstand bei den Salzquellen, die seit Ende des 10. Jahrhunderts genutzt worden sein sollen. Sie verhalfen der Siedlung, die 1282 das Stadtrecht erhielt, zu wirtschaftlicher Blüte, zumal die Lage an wichtigen Handelsstraßen den Fernhandel mit Salz begünstigte. Im Jahr 1340 verkauften die Grafen von Beichlingen die Stadt und das Salzwerk an die Grafen von Schwarzburg, und nach dem Teilungsvertrag von 1496 gelangten sie an die Linie Schwarzburg-Sondershausen. Um 1500 lebten in der Kommune zirka 1.800 Einwohner. Die Gewinnung von Salz besorgten 90 Pfänner, das heißt auf eigene Rechnung arbeitende Gewerken. Sie verfügten über mehr als hundert Siedehäuser, in denen zunehmend Salzknechte arbeiteten. Auch waren die Pfänner am Ackerbau, Weinbau und der Bierbrauerei beteiligt. Die 259 Hintersiedler, die von Grundherren abhängig waren, aber nur über wenig Land verfügten, ernährten sich vor allem als Handwerker, Krämer, Fuhrleute und Salzsieder.37 Am 29. April 1525 erhoben sich Handwerker, Salzknechte und Pfänner gegen den Rat. In ihren 14 Artikeln38 verlangten sie dessen Wahl durch die Gemeinde, die unverfälschte Predigt des Evangeliums, die Pfarrerwahl und die Einziehung des Kirchenguts. Steuern sollten nach altem Herkommen entrichtet, aber nicht erhöht, andere Abgaben abgeschafft werden, und jedem erlaubt sein, Wiesen, Gewässer, Wälder und Wildbann zu nutzen. Die Schlösser der Obrigkeiten sollten zerstört und die dort lagernden Lebensmittel dem sich formierenden Haufen zugeführt werden. Die
Abb. 53: Ansicht von Frankenhausen (1650)
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Aufständischen stürmten das Rathaus, setzten den Rat ab, besetzten das Schloss und plünderten das reiche Nonnenkloster St. Georgen. Die stark befestigte Stadt in günstiger strategischer Lage mit dem Kyffhäuser und den Höhenzügen der Hainleite als Hinterland wurde zum Sammelplatz von Aufständischen aus dem weiteren Umland.39 Im Lager trafen Untertanen aus Allstedt, Heldrungen, Mansfeld, Nordhausen, Sondershausen, Sangerhausen, Stolberg, dem Werratal und aus den Grafschaften Hohnstein und Schwarzburg ein.40 Der Haufen wuchs auf mehr als 4.000 Mann an und wurde am 4. Mai gemustert.41 Auch wurden Prediger angenommen und von der Gemeinde Hauptleute sowie ein Ausschuss von zwölf Männern gewählt.42 Hans Zeiß berichtet, die Ämter im Haufen seien alle mit einfachen Bauern- oder Bürgersöhnen besetzt worden.43 Im Ergebnis der Musterung wurden die Allstedter und Sangerhäuser vorerst auf Widerruf nach Hause geschickt, weil angesichts des großen Zulaufs nicht alle versorgt werden konnten. Als erste Überfälle durch den Adel bekannt wurden, kehrten sie in das Lager zurück. Die Grafen von Stolberg und Schwarzburg, die in das Verbündnis aufgenommen worden waren, wurden nun in die Pflicht genommen: Sie sollen das Wort Gottes predigen lassen und alles freigeben, »was Christus hat frey gemacht«, Wälder, Gewässer, Weiden und Wildbann. Die Schlösser – bis auf eins – sollen sie zerstören und die dort vorhandenen Lebensmittel dem Haufen überlassen, auch ihre großen Titel ablegen und Gott allein die Ehre geben. Dagegen sollen ihnen die geistlichen Güter in ihrer Herrschaft zufallen, ausgenommen der Proviant, der dem gemeinen Mann zustehen solle.44 Manche von ihren Untertanen bedrängte Adlige brachten sich inzwischen in Sicherheit – im Wasserschloss Heldrungen45 oder auf der Burg Wendelstein.46 Als Graf Ernst von Mansfeld von den Aufständen in Salza und an anderen Orten Kunde erhielt, ließ er die Wälle von Schloss Heldrungen mit Geschütz bestücken. Auch beschwor er Herzog Georg mehrmals, er möge Verstärkung schicken, da er einen Angriff des Frankenhäuser Haufens befürchtete. Georg riet ihm jedoch am 5. Mai, vorerst solle er den treulosen Bauern möglichst viel »Abbruch« tun und ausrufen lassen, dass er gedenke, die Dörfer niederzubrennen, wenn die Aufständischen sich nicht wieder nach Hause begeben.47 354
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Schon am Vortag zündeten Söldner Graf Ernsts das Dorf Ringleben an und raubten eine Schafherde. Am 12. Mai berichtete der Graf, er habe zwei Dörfer niederbrennen lassen, 48 aber die Quelle sagt nicht, um welche Orte es sich handelte. Daraufhin zog ein Aufgebot des Haufens am 5. Mai unter Führung von Bonaventura Kürschner, einem Hintersiedler aus Frankenhausen, nach Artern an der Unstrut, das 1510 in den alleinigen Besitz der Mansfelder Grafen gelangt war, und plünderte deren Besitzungen. Auch wurden in der Landstadt Greußen südlich von Frankenhausen einige Gefolgsleute Graf Ernsts gefangen genommen: Matern von Gehofen, dessen Knecht Georg Buchener, der Priester Stephan Hartenstein und zwei Söldner.49 Was ihnen zur Last gelegt wurde, bleibt unklar. Vermutet wurde, dass Gehofen an der Zerstörung von Ringleben beteiligt war. Es ist aber nicht auszuschließen, dass sie als Kundschafter ausgeschickt worden waren. Graf Ernst verlangte, wie auch einige Tage später die Räte des sächsischen Kurfürsten, die Gefangenen sofort freizulassen.50 Darauf ließ der Haufen sich jedoch nicht ein. Graf Albrecht von Mansfeld war bisher bemüht, seine Untertanen durch Versprechungen vom Zug nach Frankenhausen abzuhalten.51 Dennoch laufe, so der Schosser Zeiß, das Bergvolk zum Haufen.52 Als Bauern und Bergleute aus der Gegend um Eisleben in Richtung Frankenhausen aufbrachen, wurden sie auf Befehl Albrechts am 5. Mai mit Unterstützung des Quedlinburger Hauptmanns Veit von Drachsdorf bei Osterhausen östlich von Sangerhausen überfallen.53 Auch seien die Söldner Graf Albrechts – so eine Eisleber Chronik – in das Dorf eingefallen und hätten viele aufrührerische Bauern und Klosterstürmer getötet, man sage an die 70 Mann, und dann die Häuser angesteckt, »seynt kaum 20 heuser stehen blieben«.54 Bauern aus dem Amt Sangerhausen unterrichteten Müntzer am 6. Mai von dem Überfall Albrechts.55 Die Fürsten verstärkten jetzt ihre Bemühungen, den Aufstand niederzuwerfen. Doch dürfte der Tod Kurfürst Friedrichs am 5. Mai eine weitere Verzögerung verursacht haben. Ein gemeinsames Vorgehen kam zudem bisher nicht zustande, weil die evangelischen Regenten befürchteten, der altgläubige Herzog Georg könne den Kriegszug ausnutzen, um die reformatorischen Errungenschaften zunichte zu machen. Auch waren sie sich nicht sicher, ob sie schnell zum Erfolg kommen würden. Georg befürwortete deshalb, zunächst mit den Bauern zu verhandeln, »damit wir uns indes so viel stadtlicher rusten«.56 355
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Am 4. Mai forderte Herzog Georg die thüringischen Amtleute und die Ritterschaft auf, sich am 8. Mai gut gerüstet in Heldrungen einzufinden.57 Graf Ernst reagierte darauf am 5. Mai, er befürchte, dass wohl wenige kommen würden, denn die meisten Grafen und der größere Teil des Adels hätten sich den Aufständischen verpflichtet. So solle der Herzog ihm unverzüglich wenigstens ein Fähnlein schicken.58 Drei Tage später unterrichtete Graf Ernst den sächsischen Herzog, der starke Haufen zu Frankenhausen verursache großen Schaden, indem er in Orte der Umgebung einfalle, sie plündere und viele Güter wegführe. Doch angesichts des Mangels an Reitern und Fußvolk könne er dagegen nichts unternehmen. Hätte er die erbetene Hilfe erhalten, wäre die Empörung schon niedergeworfen worden, was nun nur mit großer Mühe geschehen könne.59
Das Mühlhäuser Aufgebot Im Frankenhäuser Lager wurde am 3. Mai die Nachricht verbreitet, dass mit den Mühlhäusern nicht zu rechnen sei. Doch Müntzer war offensichtlich bemüht, sein Versprechen vom 29. April einzulösen. Der Auszug verzögerte sich jedoch, denn nach der Rückkehr vom Eichsfeld waren die Teilnehmer in ihre Heimatorte zurückgekehrt. Ernst von Mansfeld informierte am 8. Mai Herzog Georg zutreffend, derzeit befinde sich in Mühlhausen kein Haufen.60 Einen solchen wieder zu formieren erwies sich indes als mühevoll, wie schon Müntzers Brief an die Werrabauern vor Eisenach angezeigt hatte. Denn den Mühlhäusern sei die Notwendigkeit schwer zu vermitteln. »Alleyn wie sie Gott mit gewalt treybt, mussen wir mit yhnen handeln.«61 Das ist erstaunlich, denn als es um die Unterstützung der Salzaer ging, war es in kürzester Zeit gelungen, das Aufgebot in Marsch zu setzen. Auch Ende April, als die Mühlhäuser von dort zurückkehrten, zogen sie umgehend nach Görmar, Ebeleben und Schernberg und weiter über das Eichsfeld. Da eine Niederlage der Frankenhäuser auch für Mühlhausen schlimme Folgen haben konnte, dominierte offenbar jetzt angesichts der fürstlichen Rüstungen das Interesse, sich auf die Verteidigung Mühlhausens zu konzentrieren.
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Am 7. Mai wandte sich die »christliche Gemeinde« zu Frankenhausen nochmals an die »christlichen Brüder« zu Mühlhausen62 und verwies auf die Schäden, die ihnen Graf Ernst und Herzog Georg zugefügt haben. Da sie einem fürstlichen Angriff allein nicht widerstehen könnten, erinnerten sie an ihre Bitte um Beistand und die Zusage, ihnen zu helfen. Werde dem nicht nachgekommen, sei damit zu rechnen, dass viel christliches Blut vergossen werde. Deshalb ersuchten sie die Mühlhäuser, »euer christlich und bruderlich hertz gegen uns zu erzceigen und uns ufs lengste in zcweyen tagen mit allem eurm vormogen zu hulfe [zu] kommen«. 63 Da Müntzer sich in der Pflicht sah, die Mobilisierung des Aufgebots aber offensichtlich behindert wurde, ermahnte er am 8. Mai den Ewigen Rat schriftlich, der Satan wolle mit seinen Machenschaften den gemeinen Nutzen verhindern.64 Das zielte auf diejenigen, die sich einem Zug nach Frankenhausen widersetzten, und er verlangte, solche »aufrurysche leuthe« im »cirkel« – das heißt im Ring – zu vernehmen und zu warnen, den Schaden zu bedenken, den sie den Ratsherren und der ganzen Stadt zufügen. »Wu sye aber das nit werden lassen, das sye vom haufen ordenlich gestraft sollen werden.«65 Die Strafgewalt überließ Müntzer also nicht dem Ewigen Rat, sie sollte in diesem Fall der Gemeinde obliegen. Nach dieser energischen Ermahnung wurden endlich Schritte unternommen, um das Aufgebot zu organisieren.66 Aus der Feder von Johann Otthera liegt der Entwurf eines Schreibens an die Mühlhäuser Stadtviertel vor, 67 in dem vorgeschlagen wird, alle Einwohner zu befragen, was sie angesichts der großen Nöte zugunsten des Evangeliums und der Stadt zu tun gedächten, da die Fürsten den zu Frankenhausen versammelten Haufen angreifen wollten. Die »christlichen Brüder« der umliegenden Gemeinden sollten gleichermaßen befragt und aufgefordert werden, aus jedem Dorf einige Männer zu bestimmen und mit Sold oder Proviant zu versehen. Denn jeder könne absehen, wenn der Haufen zu Frankenhausen niedergeworfen werde, »weren wir alle bereit auch vorlorn«. Da der Ewige Rat dem zustimmte, konnte das Aufgebot nun erfolgen. Am 9. Mai erging ein von Müntzer im Auftrag der Gemeinde verfasster und von seinem Famulus Ambrosius Emmen vervielfältigter Aufruf an die reichsstädtischen Dörfer:68 Es sei höchstnötig, dass sie einen Heerwagen69 ausrüsten und mit der ganzen Mannschaft alsbald in Mühlhausen erscheinen, wo die Geschicktesten ausgewählt und gemustert werden sollten, sie 357
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auch mit Proviant oder Geld versehen.70 Unverzügliches Handeln sei nötig, um den Brüdern in Frankenhausen eilends zu Hilfe zu kommen. Denn wenn man säumig sei, werde allerorts ein spürbarer Schaden entstehen. Ihre Dienste würden nicht länger als drei oder vier Tage in Anspruch genommen.71 Letzteres kann sich aus den Festlegungen der reichsstädtischen Wehrordnung ergeben oder darauf hinweisen, dass Müntzer angesichts der apokalyptischen Erwartungen mit einer schnellen Entscheidung rechnete. An diesem und am folgenden Tag fand die Musterung des Aufgebots statt, wahrscheinlich bei Ammern am nördlichen Stadtrand von Mühlhausen, denn von dort wandte Müntzer sich am 10. Mai an die christliche Versammlung zu Großenehrich.72 Vielleicht noch am selben Tag, aber spätestens am Morgen des 11. Mai zogen er und etwa 300 Mann mit acht Karrenbüchsen über Ebeleben, Schernberg und Sondershausen nach Frankenhausen. Das war ein Drittel der Mannschaft eines regulären Aufgebots. Einem weiteren Drittel oblag die Verteidigung Mühlhausens, während das dritte Drittel offenbar ausgemustert bzw. in die Dörfer zurückgeschickt wurde.73
Müntzer und die Mansfelder Grafen Seit dem 8. Mai erfolgten aus dem Frankenhäuser Lager Streifzüge in die Umgebung, wohl einerseits in der Absicht, Proviant zu beschaffen, andererseits die gegnerischen Aktionen zu erkunden und möglichst zu stören. In das Blickfeld rückten jetzt vor allem die Mansfelder Grafen.74 Albrecht wandte sich am 10. Mai an Viertelmeister, Gemeinde und versammelte Bauernschaft zu Frankenhausen,75 weil ihm glaubhaft berichtet worden sei, sie versammelten sich, um »die obrigkeyt zcu vordrugken«.76 Ganz im Sinn von Luthers Interpretation des Apostels Paulus argumentierte Albrecht, als Christen sollten sie wissen, dass es zwei Reiche, ein geistliches und ein weltliches, gebe. Gottes Reich werde vom Geist, das weltliche Reich aber von den Obrigkeiten nach Gottes Willen regiert. Er könne nicht glauben, dass sie beabsichtigen, sich der Obrigkeit zu widersetzen. Denn wer so handle, widersetze sich Gottes Ordnung. Albrecht schlug vor, wenn sie Beschwerden vorzutragen hätten, sollten sie es darüber nicht zum Blutvergießen kommen lassen. Sollten die Herren ihre Untertanen ungebührlich beschweren, werde Gott sie zu der Einsicht 358
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führen, davon abzusehen.77 Wenn er zur Vermeidung größeren Schadens beitragen könne, wolle er sich dafür verwenden. Halten sie sich aber nicht daran, müssten sie mit Gottes Strafe rechnen. Die Hauptleute des Haufens waren geneigt, auf das Angebot einzugehen, denn am 11. Mai schlug die »christliche Versammlung zu Frankenhausen« vor,78 dass Abgesandte beider Seiten sich am 12. Mai mittags an der Brücke bei Martinsrieth westlich von Sangerhausen einfinden sollten. Albrecht wurde freies Geleit zugesagt, und Gleiches erbaten die Aufständischen für ihre Gesandten. Doch der Termin war Albrecht angesichts anfallender Geschäfte ungelegen, und er schlug den 14. Mai für das Treffen vor.79 Ob diese Begründung der Wahrheit entsprach oder der Mansfelder Zeit gewinnen wollte, kann nicht entschieden werden. Jedenfalls fällt es schwer, darin einen ehrlich gemeinten Vorschlag zu sehen. Das Mühlhäuser Aufgebot wird am 11. Mai um die Mittagszeit oder am Abend im Frankenhäuser Lager eingetroffen sein. Dort war eine kritische Situation entstanden. Denn Landgraf Philipp von Hessen, Herzog Georg von Sachsen, Herzog Heinrich von Braunschweig und Erzbischof Albrecht von Mainz setzten jetzt ihre Söldner in Marsch. Die Truppen des Landgrafen erreichten am 12. Mai Salza, wo Philipp sich entschloss, nicht Mühlhausen, sondern zuerst Frankenhausen anzugreifen. Müntzer dürfte sofort nach seiner Ankunft Kenntnis von der Korrespondenz zwischen dem Grafen und den Hauptleuten erhalten haben. Auch wurde ihm Albrechts Schreiben vom 10. Mai übergeben, da er es bei seiner Gefangennahme bei sich trug.80 Auszuschließen ist, dass er es beantworten sollte, denn die Hauptleute hatten ja schon darauf reagiert. Wenn er sich dennoch dazu entschloss,81 dann wohl aus dem Grund, dass die Hauptleute nur Termin und Ort eines Treffens vorgeschlagen, aber nicht zum Inhalt von Albrechts Schreiben Stellung genommen hatten. Das dürfte Müntzer zu seiner Antwort angestachelt haben, denn Albrechts lutherisches Obrigkeitsverständnis konnte er nicht unwidersprochen hinnehmen. Müntzer beabsichtigte offensichtlich nicht, den Kontakt zu Albrecht abzubrechen, doch er kehrte den Spieß um: Er forderte ihn auf, vor dem Haufen zu erscheinen und über seinen Glauben Rechenschaft zu geben. Er knüpfte damit an das Verhandlungsangebot an, verlegte aber das Treffen in das Lager der Aufständischen. Müntzers Polemik gegen die von Albrecht vertretene Interpretation von Römer 13 sollte diesem vor Augen führen, 359
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dass es auf dieser Grundlage keine Verständigung mit ihm geben könne. Was er von ihm erwartete, sagt schon die Außenadresse: »Bruder Albrechten von Mansfeldt zur bekerunge geschrieben«.82 »Das du die epistel Pauli also ubel misbrauchst, erbarmt mich«,83 schreibt Müntzer, und eindeutig ist seine Botschaft, tyrannischer Herrschaft ein Ende zu setzen. Diese Absicht kleidet er in die rhetorische Frage, ob Albrecht nicht meine, dass Gott sein einfaches Volk dazu bewegen könne, in seinem Grimm die Tyrannen abzusetzen?84 Der Graf habe in seiner »Wittembergischen suppen« nicht finden können, was der Prophet Ezechiel im 37. Kapitel85 weissage, auch in seinem »Martinischen baurendreck« nicht schmecken können, dass derselbe Prophet im 39. Kapitel86 berichte, wie Gott alle Vögel des Himmels aufforderte, das Fleisch der Fürsten zu fressen, und die Tiere, das Blut der großen Hansen zu saufen, wie es in der Offenbarung Johannes im 18. und 19. Kapitel87 beschrieben werde.88 Und noch einmal fragt Müntzer den Grafen: »Meynstu, das Gotte nicht mehr an seynem volck denn an euch tyrannen gelegen?« Albrecht wolle sich mit Paulus »zudecken«, müsse aber erkennen, dass beim Propheten Daniel 7,27 zu lesen sei, »wie Gott die gewalt der gemeyne gegeben hat«. Wenn er sich vor dem Haufen rechtfertige, wolle man ihn als einen »gemeynen bruder« annehmen. Geschehe das nicht, werde man sich um seine Heuchelei nicht weiter scheren und gegen ihn fechten, wie gegen einen Erzfeind des Christenglaubens. Daran solle er sich halten.89 Wenn Müntzer Graf Albrecht aufforderte, über seinen Glauben Rechenschaft zu geben, so nennt er das Kriterium, nach dem entschieden wurde, wer vom Haufen als »Bruder« angenommen oder als gottloser Tyrann vertrieben werden solle. Insofern war dieser Brief für Albrecht persönlich bestimmt und nicht ein propagandistisches Mittel, um die Aufständischen zu beeindrucken.90 Müntzers Aufforderung korrespondierte generell mit dem Verhalten gegenüber Herren, denen die Chance eingeräumt wurde, in das Verbündnis aufgenommen zu werden, wenn sie das Evangelium respektieren. Müntzer war also bereit, Albrecht als »gemeinen Bruder« anzunehmen, wenn er vor dem Haufen erscheint und sich rechtfertigt, obwohl noch in frischer Erinnerung war, wie schändlich er die Bauern und Bergleute bei Osterhausen überfallen hatte. Vielleicht war Müntzer bekannt, dass der Graf eine Zeitlang schwankte, wie er sich gegenüber den Aufständischen verhalten solle. Immerhin ersuchte Luther am 4. oder 5. Mai während sei360
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ner Reise ins Aufstandsgebiet den mansfeldischen Rat Johann Rühel, er solle nicht helfen, Graf Albrecht »weich« zu machen, denn es bestehe kein Zweifel, dass der Grafenstand von Gott verordnet sei.91 Heftiger noch argumentierte Müntzer im Brief an Albrechts Vetter Graf Ernst.92 Mit ihm war er bereits im Sommer 1523 zusammengestoßen, als der Mansfelder seinen Untertanen den Besuch des Gottesdienstes in Allstedt untersagte und der Konflikt bis vor den sächsischen Kurfürsten getragen wurde. Mit seinem Verbot beweise er, so urteilte Müntzer damals, dass er mehr als Gott gefürchtet werden wolle. Das war in Müntzers Augen tyrannisches Handeln. Als der Aufstand in Thüringen begann, war deshalb der Zug nach Heldrungen sein vordringliches Ziel. Nach seiner Ankunft im Frankenhäuser Lager dürfte er darin bestärkt worden sein, denn Ernst hatte inzwischen mehrere Dörfer überfallen. Es verwundert also nicht, wenn Müntzer Graf Ernst ermahnte, er solle um Gottes Namen willen sein tyrannisches Wüten aufgeben. Er habe die Christen gemartert und den christlichen Glauben eine Büberei gescholten. »Sihe an, du elender du(e)rftiger [schäbiger] madensack, wer hat dich zum fu(e)rsten des volcks gemacht, wilchs Gott mit seynem theuren blut erworben hat?«93 Er solle, so Müntzer weiter, bei Zusicherung freien Geleits im Ring vor dem Haufen erscheinen und beweisen, ob er ein Christ sei, und sich für seine offenbare Tyrannei entschuldigen. Leiste er dieser Aufforderung nicht Folge, so wolle er vor aller Welt ausschreien, dass alle Brüder ihr Blut getrost einsetzen sollen, um ihn zu vertreiben. Werde er sich nicht vor den Niedrigen demütigen, »so wird dyr eyn ewige schande fur der gantzen christenheyt auf den hals fallen, du wirst des teufels merterer [Märtyrer] werden«.94 Müntzer schließt, der ewige lebendige Gott habe ihnen die Gewalt gegeben, ihn vom Stuhl zu stoßen, denn er sei der Christenheit nicht von Nutzen, sondern ein »schedlicher steubbesen«, das heißt eine Zuchtrute der Feinde Gottes. Er solle noch heute antworten, sonst werde er vom Haufen heimgesucht.95 Beide Briefe unterscheiden sich zweifellos in ihrer Tonart. Aber die verbalen Unterschiede rechtfertigen es nicht, ihnen einen ganz unterschiedlichen Charakter zuzuschreiben. Im Kern verfolgen sie dasselbe Anliegen. Beide Grafen werden mit der Möglichkeit konfrontiert, ihre Herrschaft zu 361
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verlieren. Eine Differenz zeichnet sich jedoch ab: Während Albrecht die Chance eingeräumt wird, vom Haufen als »Bruder« angenommen zu werden, wird Ernst das nicht zugestanden. Wenn beide Mansfelder als »Brüder« tituliert werden,96 dann umging Müntzer es, sie mit ihren feudalrechtlichen Titeln anzureden. Da er nachdrücklich darauf hinwies, dass Gott die Gewalt seinem Volk gegeben habe, waren ohnehin alle alten Titel hinfällig. Müntzer unterzeichnete beide Briefe mit seinem Namen und dem Zusatz »mit dem schwert Gedeonis«.97 Damit erinnerte er – so im Buch der Richter98 – an Gideon, dem ein Engel auftrug, Israel zu befreien. Mit 300 Mann zog er in den Kampf gegen die Midianiter, einen Nomadenstamm in der Wüste, und befreite das Land, das daraufhin 40 Jahre in Frieden gelebt habe. Müntzer sah sich selbst jetzt in einer ähnlichen Rolle, wenn er sich als mit dem Schwert Gideons ausgestattet bezeichnete. Er war offensichtlich überzeugt, dass die Schar der Auserwählten den übermächtigen Gegner besiegen werde.99 Aber Müntzer beruft sich nicht nur mit dieser Beifügung zu seiner Unterschrift auf eine biblische Quelle. In beiden Briefen verweist er mehrmals auf Texte, die belegen, dass Königen die Macht genommen oder das Gericht angekündigt wurde. Müntzer interpretierte demzufolge Römer 13 unter apokalyptischen Vorzeichen, und überhaupt fällt auf, dass er in diesen Tagen mehrmals auf die Propheten Ezechiel und Daniel und die Offenbarung des Johannes hinweist. Er sah jetzt, da das letzte Gericht bevorstand,100 die Zeit gekommen, die Auserwählten von den Gottlosen zu scheiden. Offensichtlich wollte er beide Grafen veranlassen, in dieser Situation die Chance zu nutzen, sich für ihr Handeln zu entschuldigen und – gleichsam in letzter Minute – zum wahren Glauben zu bekennen.101 Da sich mehrere Grafen dem Willen der Aufständischen unterworfen hatten, hegte Müntzer vielleicht die Hoffnung, auch die Mansfelder noch zur Umkehr zu bewegen. Immerhin hatte Kurfürst Friedrich am 14. April – drei Wochen vor seinem Tod – geschrieben: Vielleicht habe man den armen Leuten zu solchem Aufruhr Ursache gegeben, insbesondere durch das Verbot, das Wort Gottes zu vernehmen. »Wil es got also haben, so wird es also hinaus gehen, das der gemain man regiren sal.«102 Hier sinnierte nicht ein vom Tod gezeichneter Regent über den Lauf der Dinge, sondern spiegelt sich seine vom biblischen Glauben getragene Verantwortung. Angesichts dessen erscheint Müntzers Ansinnen an die Mansfelder nicht so absurd, wie es eine rationale Beurteilung nahelegt. 362
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Eine Antwort der Grafen ist nicht überliefert. Ernst erwähnt aber in einem Schreiben an Herzog Georg vom 13. Mai, dass er am Vortag spät abends einen Brief von Müntzer erhalten habe und übermittelte ihm eine Kopie.103 Auch Luther wurden Abschriften der beiden Briefe übergeben. Am 21. Mai schrieb ihm Johann Rühel, er habe kürzlich dem Schreiben Caspar Müllers entnehmen können, was Müntzer an beide Grafen, »ieden sonderlich«, geschrieben habe.104 Luther publizierte die Briefe zusammen mit einigen anderen Dokumenten in seiner Schrift »Eyn Schrecklich geschicht und gericht Gotes uber Thomas Mu(o)ntzer«, die in Wittenberg gedruckt und allein im Jahr 1525 elfmal nachgedruckt wurde.105 Er verfolgte damit die Absicht, Müntzer zu diskreditieren, denn man sehe, dass er »zum lügner sey worden durch Gottes gericht«.106 Luther war der Meinung, dass Müntzer mit dem Brief an Graf Albrecht beabsichtigt habe, ein Übereinkommen mit den Aufständischen zu vereiteln. Denn der Graf habe sich »aus christlicher guter meynung« dafür eingesetzt, dass die Bauern mit ihren Herren einen Vertrag aushandeln, um Blutvergießen zu vermeiden. Als Müntzer in das Lager gekommen sei, habe er vielleicht gemeint, Albrecht handle aus Furcht, und er habe erreicht, dass die Bauern dem Grafen nicht antworteten.107 Luther hat den Hergang offenbar absichtlich verkürzt, um den Aufständischen die Schuld dafür zuweisen zu können, dass kein Vertrag zustande kam.
Vorbereitungen zur Abwehr der Gegner Seit seiner Ankunft im Lager war Müntzer bemüht, Verstärkung herbeizuschaffen. Allerdings war der Erfolg dieser Bemühungen gering. Am 10. Mai hatte er von Ammern aus an die »christliche Versammlung« zu Großenehrich geschrieben und sie aufgefordert, nach Frankenhausen zu kommen.108 Am 11. Mai antwortete diese, vor einigen Tagen sei schon eine Anzahl Leute dorthin abgefertigt worden, und weiteres Geschütz oder andere Waffen stünden jetzt nicht zur Verfügung.109 Als Müntzer Graf Günther von Schwarzburg zur Hilfeleistung aufforderte110, entschuldigte dieser sich am 12. Mai, er könne dem Ersuchen nicht nachkommen, weil er Zwistigkeiten unter den Bauern schlichten müsse,111 und die Gemeinde Walkenried am Rand des Südharzes antwortete am 13. 363
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Mai auf die Bitte um Zuzug, sie sehe sich nicht in der Lage, den Haufen in so kurzer Zeit wieder zu versammeln.112 Am 13. Mai hoffte Müntzer in einem Brief an die ganze Gemeinde zu Erfurt,113 dass sie sich von den »lutherischen Breifressern« nicht habe überreden lassen. Sie solle solchen Tellerleckern keinen Glauben schenken und nicht länger zögern, mit ihnen wider die gottlosen Tyrannen zu streiten. »Helfet unsz myt allem, das yhr vormuget, myt volck, geschutz, auf das wyr erfhullen, was Got selbern befholen hat Ezekielis am 34. Capitel,114 do ehr sagt: Ich wyl euch erlosen von denen, dye euch myt tyranney gepiten.« Auch sage Daniel im 7. Kapitel,115 »das dye gewalt sol gegeben werden dem gemeinen volck, apocalipsis 18 vnd 19«.116 Denn alle Sprüche in der Schrift würden beweisen, dass die Kreaturen frei werden müssen, wenn das reine Wort Gottes aufgehen solle.117 Auch Simon Hoffmann, der wegen seiner radikalen Predigt in Erfurt eine Zeitlang arretiert worden war, die Stadt verlassen musste und sich jetzt im Lager aufhielt, ersuchte im Namen der Brüder und der Gemeinde zu Frankenhausen die »mitbruder und lybhabern der warheit und gerechtigkeit« der Gemeinde Erfurt um Hilfe mit Mannschaft und Geschütz.118 In einer Nachschrift bat er, das Schreiben Müntzers ernst zu nehmen, und er sagte zu, dass ihnen das Geschütz zurückgegeben werde. Inzwischen hatte sich allerdings in Erfurt die Lage geändert. Die Bauern, die den Rat unterstützt hatten, die kurmainzische Oberherrschaft abzuwerfen, waren aus der Stadt abgezogen, und diejenigen, die jetzt im Regiment saßen, lehnten es ab, die beiden Briefe anzunehmen, weil sie nicht an den Rat adressiert waren.119 Das war für sie ein willkommener Vorwand, um sich dem Ersuchen zu entziehen. Angesichts des drohenden Zusammenstoßes mit den Gegnern und des Ausbleibens der vor den Haufen geladenen Mansfelder Grafen wurde am 13. Mai Gericht über die gefangenen Gefolgsleute Graf Ernsts gehalten. Die Räte des sächsischen Kurfürsten Johann verlangten zwar deren Freilassung, aber der ganze Haufen – von mehreren Tausend ist die Rede – sprach im Ring das Urteil. Als Müntzer fragte, ob gegen die Gefangenen Klagen vorzubringen seien, wurden sie von Aufständischen aus Artern, Reinsdorf und Ichstedt schwerer Vergehen beschuldigt. Daraufhin wurde von der Mehrheit die Todesstrafe beschlossen, die sofort mit dem Schwert vollstreckt wurde.120 Später sagte Müntzer unter der Folter aus, das Urteil habe die Gemeinde gesprochen, und er habe ihm zugestimmt.121 364
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Inzwischen näherten sich die fürstlichen Gegner. Herzog Georg brach am 11. Mai in Leipzig auf, lagerte am 12. Mai bei Buttstädt und wollte gemeinsam mit dem Landgrafen Mühlhausen erobern. Doch am 13. Mai übermittelte ihm Ernst von Mansfeld die Nachricht, dass Philipp Salza eingenommen habe und gewillt sei, nach Frankenhausen zu ziehen.122 Daraufhin führte Georg seine Truppen nach Heldrungen und vereinigte sie mit den Kontingenten des Erzbischofs von Mainz und des Kurfürsten von Brandenburg. Die hessischen und braunschweigischen Söldner brachen am Abend des 13. Mai in Salza auf. Am nächsten Morgen erschien die hessische Vorhut – wohl 30 Reiter und eine Anzahl Fußvolk – vor Frankenhausen, um das Gelände zu sondieren. Sie wurden von zwei Fähnlein der Aufständischen, die ihnen entgegenzogen, in ein Scharmützel verwickelt,123 und als eine größere Anzahl Reiter und Fußvolk die Stadt zu stürmen gedachte, gerieten sie in das Geschützfeuer der Aufständischen. Der Landgraf zog daraufhin seine Truppen eine halbe Meile zurück und fertigte Boten ab, um Herzog Georg zum schnelleren Zug nach Frankenhausen zu bewegen. Müntzer, der seit seiner Ankunft täglich vor dem Haufen predigte, verkündete nach Aussage Hans Huts, der sich im Lager aufhielt, am 14. Mai, einem Sonntag,124 »Got der allmechtig wolte jetzo die welt reinigen und hette der oberkait den gewalt genomen und den undertanen geben.« Den Worten der Tyrannen sollten sie keinen Glauben schenken, denn sie würden sich nicht daran halten. Doch Gott sei mit ihnen. Hut berichtet auch, auf jedem Fähnlein, das die Aufständischen mit sich führten, sei ein Regenbogen gemalt gewesen, und Müntzer habe gesagt, das sei das Zeichen des Bundes mit Gott.125 Die Predigt weckte Hoffnungen, genährt vielleicht auch von der Zurückschlagung des ersten Angriffs.
Das Geschehen auf dem Schlachtberg Die Aufständischen verließen im Verlauf des Tages die schützenden Mauern Frankenhausens und errichteten auf dem nördlich der Stadt gelegenen Hausberg eine Wagenburg, und zwar – so Philipp von Hessen – in der »halssterigen meinonge und vorhabens, sich gegen uns in die gegenwehr zu setzen«.126 Ein Motiv für diese Entscheidung könnte die Befürch365
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tung gewesen sein, bei einer Belagerung der Stadt eingeschlossen zu werden. Die Stellung auf dem Berg ermöglichte gegebenenfalls den Rückzug in Richtung des Kyffhäuser. Im Lager befanden sich 6.000 bis 7.000 Mann, darunter eine große Zahl Einwohner aus Frankenhausen.127 Oberster Hauptmann war der Frankenhäuser Bonaventura Kürschner. Die Wagenburg wurde, wie es üblich war, aus Trosswagen oder Bauernkarren errichtet, die aneinander gekettet, mit einer Brustwehr versehen und durch Gräben gesichert wurden. Hinter der Brustwehr wurden Schützen postiert, um den Gegner mit einem Geschosshagel zu belegen. Da die angreifenden Reiter absitzen mussten, wenn sie in die Wagenburg gelangen wollten, wurde deren Schlagkraft beeinträchtigt. Das ermöglichte dem Fußvolk der Verteidiger, zum Gegenangriff überzugehen.128 Doch das Gelände des Hausbergs ist abschüssig und felsig, was die Errichtung von Gräben erschwerte oder unmöglich machte. Auch ist es fraglich, ob die notwendigen Arbeiten in der zur Verfügung stehenden begrenzten Zeit abgeschlossen werden konnten. Der Ablauf des weiteren Geschehens lässt sich anhand der überlieferten Berichte nicht eindeutig ermitteln.129 Die Fürsten hatten mit dem Auszug der Aufständischen aus der Stadt offenbar nicht gerechnet. So musste Philipp von Hessen sich auf die neue Situation einstellen. Spätestens am Morgen des 15. Mai umging er mit seinen Truppen Frankenhausen und vereinigte sie mit denen Herzog Georgs, der aus Richtung Heldrungen heranrückte, und den Aufgeboten der anderen Fürsten. Diese verfügten nun über mindestens 2.500 Reiter und 4.000 Knechte. Aus der Wagenburg wurde die TrupAbb. 54: Schlachtberg bei Frankenhausen penbewegung durch heftiges Geschützmit Regenbogen, Gemälde aus dem 19. feuer gestört,130 aber der Aufmarsch des Jahrhundert nach einer Vorlage aus dem 16. Gegners konnte nicht verhindert werJahrhundert, Ausschnitt 366
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den, so dass es diesem gelang, die Wagenburg zu umstellen und den Aufständischen gegebenenfalls den Rückzugsweg zu verlegen. Auch brachte Philipp sein Geschütz so in Stellung, dass er die Wagenburg beschießen konnte. Damit hatten die Fürsten einen entscheidenden Vorteil erlangt. Inzwischen wurde der Versuch unternommen, eine Waffenruhe zu vereinbaren, wie es im damaligen Kriegswesen üblich war. Ein vielleicht von Müntzer im Namen der Aufständischen konzipiertes Schreiben an die Fürsten besagte,131 sie seien nicht versammelt, um jemandem Schaden zuzufügen, auch nicht, um Blut zu vergießen, sondern um die göttliche Gerechtigkeit zu verteidigen. Wenn ihre Gegner auch so dächten, würden sie nicht angegriffen.132 Die Fürsten antworteten,133 sie seien hier, weil Gott ihnen das Schwert verliehen habe, um die Aufrührer als Lästerer seines Namens zu bestrafen. Da mancher »arme Mann« von ihnen verführt worden sei, hätten sie beschlossen: »Wue ir uns den falschen propheten Thomas Montzer sampt seynem anhange lebendig herausantwortet und ir euch in unser gnad und ungnad ergebet, so wollen wir euch dermassen annhemen und uns dermassen gegen euch ertzeygen, das ir dannocht nach gelegenheit der sachen unser gnad befinden sollet. Begern des euer eylent antwort.«134 In der Wagenburg wurde daraufhin beraten, wie auf die Forderung der Fürsten reagiert werden solle. Die Entscheidung fiel im Ring, als nach heftiger Debatte eine Mehrheit die Auslieferung Müntzers ablehnte. Als sich um die Sonne ein Ring in den Regenbogenfarben bildete,135 nährte die Erscheinung am Himmel die Hoffnung, dass Gott ihnen beistehen werde, da auch ihre Fahne einen Regenbogen zeigte. Hans Hut berichtet, Müntzer habe auf das Himmelszeichen gewiesen und erklärt, das sei das Zeichen des Bundes, »das es Got mit inen haben wolt. Si solten nur hertzlich Abb. 55: Medaille aus Anlass der Huldigung streiten und keck sein.«136 Die Erschei- Herzog Wilhelms von Sachsen-Eisenach am 15. Mai 1699, in die auf der Rückseite nung am Himmel wurde als Zeichen der nachträglich in Erinnerung an den 15. Mai beginnenden Zeitenwende gedeutet.137 1525 ein Regenbogen eingraviert wurde 367
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Die Interpretation einer Naturerscheinung als göttliches Zeichen war nicht nur Müntzer eigen, sondern zu dieser Zeit – unter anderem in der Flugschriftenliteratur – verbreitet.138 Lichterscheinungen am Himmel wurden als Offenbarungen des göttlichen Willens gedeutet und daraus Prophezeiungen abgelesen, die zumeist Mahnungen an die sündhaften Menschen beinhalteten. Als Kinder ihrer Zeit glaubten die Menschen daran, und wenn Müntzer den Regenbogen als Botschaft Gottes deutete, betrog er die Aufständischen nicht. Sie verstanden ihn vielmehr und wurden ermutigt. Die göttliche Botschaft wird Müntzer vielleicht – angesichts des nahenden Pfingstfestes – an den Pfingstpsalm erinnert haben, den er im »Deutzsch kirchen ampt« übersetzt hatte. Denn ein Vers lautet: Gott sei »alleyn unser hertzog, unter wilchs panir sollen wir kempfen byß in den todt«. Die Aufständischen begannen – wie es bei kriegerischen Treffen üblich war – zu singen, und zwar den Pfingstchoral, in dem angesichts des endzeitlichen Geschehens der Heilige Geist angerufen wird, die arme Christenheit zu erleuchten: »Kumm zu uns scho(e)pfer, heylger geyst, erleucht deyn arme christenheyt, erfull unser hertz, das zu dir seufftzet mit innerlichem schmertz.«139 Wenn die Aufständischen über das fürstliche Ersuchen im Ring berieten und Müntzer bei dieser Gelegenheit predigte, müssen sie innerhalb der weiträumigen Wagenburg an einem bestimmten Platz versammelt gewesen sein, so dass die Stellungen und das Geschütz eine Zeitlang nur schwach besetzt waren. Philipp von Hessen berichtet, die Antwort auf die Aufforderung, Müntzer und seinen Anhang auszuliefern, habe sich verzögert. So hätten sie ihr Geschütz nahe an den Berg gebracht, das Fußvolk und die Reiterei eilends nachrücken und das Geschütz abfeuern lassen.140 Die Verwirrung, die durch den Beschuss entstand, nutzte die Reiterei, um in die Wagenburg einzufallen. Dieser überraschende Angriff machte organisierten Widerstand unmöglich. Nur wenige Aufständische wehrten sich, die meisten suchten hinter den Mauern der nahen Stadt Zuflucht oder wurden auf dem Weg dorthin im Wüsten Kalktal erschlagen (später wurde es »Blutrinne« genannt). Andere wurden in Frankenhau368
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sen aufgespürt und getötet, und die Stadt wurde geplündert. An die 6.000 Aufständische fielen dem Gemetzel zum Opfer, nur etwa 600 wurden gefangen genommen.141 Auf fürstlicher Seite wurden sechs Tote gezählt. Herzog Georg schrieb am 18. Mai an seinen Sohn Herzog Johann den Jüngeren, die Eroberung sei gottlob »ane sunderlichen schaden der unsern geschehn«.142
Müntzer in Gefangenschaft Thomas Müntzer gelangte in ein Haus nahe dem Angertor. Was dort geschah, kann nicht zweifelsfrei rekonstruiert werden, denn es gibt keinen Zeugen, der darüber verlässlich berichtet. Sicher ist nur, dass Schroffel von Waldeck, ein Söldner des hessischen Edelmanns Otto von Eppe, Müntzer dort entdeckte und anhand der Briefe identifizierte, die er in einem Briefsack bei sich trug.143 Während die Berichte über den Ausgang der Schlacht, die in der zweiten Maihälfte verfasst wurden, nur auf die Gefangennahme Müntzers hinweisen, ohne Details zu nennen, informierte Johann Rühel am 26. Mai Luther, Müntzer habe sich in einem Haus nahe dem Angertor verborgen, den Rock abgelegt und sich in ein Bett gelegt. Als Otto von Ebbe in das Haus gekommen sei, um dort Herberge zu nehmen, habe sein Knecht Müntzer dort gefunden und seinen Herrn herbeigerufen. Als sie ihn identifizierten, hätten sie ihn mit sich geführt.144 Diese Information war dem Verfasser der »Histori Thome Muntzers« bekannt, doch er variierte sie, indem er schreibt, als der Edelmann in das Haus eingezogen und sein Knecht auf den Dachboden gestiegen sei, habe neben einem Bett (»am bet«) ein Mann gelegen, »gleich als ob er kranck were«. Er habe ihn gefragt, ob er auch ein Aufrührer sei, da habe Thomas sich ins Bett gelegt und geantwortet, er habe Fieber und sei sehr schwach. Als Schroffel am Boden eine Tasche mit Briefen entdeckte, darunter solche von Graf Albrecht von Mansfeld, habe er gefragt, ob er der Müntzer sei. Der habe das zuerst verneint, doch schließlich eingestanden.145 Als die Fürsten davon erfuhren, hätten Herzog Georg und Landgraf Philipp darum ersucht, ihnen den Gefangenen zu übergeben. Die Hessen dankten Otto von Eppe mit einhundert Gulden, »das der den Muntzer gefangen hot zu vererung und beut«.146 369
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Sollte dieser Bericht der Wahrheit nahe kommen, so ist zu bedenken, dass nach der physischen und psychischen Anspannung der letzten Tage ein körperlicher Zusammenbruch Müntzers nicht auszuschließen ist, so dass er auf den Boden niedersank, ehe er sich in das Bett legen konnte. Die Gegner benutzten die Information indes, um der Öffentlichkeit zu suggerieren, dass er sich feige versteckt habe, um sein Leben zu retten, während Tausende, die er verführt habe, umgekommen seien. Als Wolf von Schönburg, Rat des Erzbischofs von Mainz, am 15. Mai seinen Herrn über die Verluste der Aufständischen unterrichtete, teilte er ihm auch mit, man werde Müntzer beichten lassen und verhören, wie es sich gebühre, und zwar in der Hoffnung, »er solle allerley pfeifen«.147 Die Erwartungen an das Verhör waren offenbar groß. Die Fürsten nutzten zunächst die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Müntzer, über das Johann Rühel, obwohl er nicht Augenzeuge war, am 26. Mai Luther unterrichtete.148 Herzog Georg habe von Müntzer hören wollen, was ihn veranlasst habe, die vier Gefangenen hinzurichten. Dieser habe geantwortet, nicht er habe es getan, sondern es sei nach göttlichem Recht geschehen. Da er den Herzog als »Bruder« ansprach, habe Heinrich von Braunschweig spöttisch gefragt, ob er auch ein Fürstengenosse sei und wie er darauf komme, dass ein Fürst nicht mehr als acht und ein Graf nicht mehr als vier Pferde haben solle. Dieses Thema war dann offenbar Gegenstand der weiteren Debatte. Schließlich habe Landgraf Philipp Müntzer gefragt, woher er das Recht zum Aufruhr nehme, und der Landgraf sei sich nicht zu schade gewesen, sich mit ihm in einen heftigen Streit einzulassen. »Münzer hat das alte testament gebraucht, der landgraf aber sich des neuen gehalten, sein neues testament auch bei sich gehabt und daraus die sprüche wieder Münzern gelesen.«149 Das heißt wohl, dass Philipp sich auf Römer 13 berief, während Müntzer das Widerstandsrecht unter Berufung auf das Alte Testament verteidigte. In der »Histori Thome Muntzers«, in der diese Szene erwähnt wird, heißt es, die Fürsten hätten Müntzer gefragt, warum er die armen Leute verführt habe, und trotzig habe er geantwortet, das sei zu Recht geschehen, denn seine Absicht sei es gewesen, die Fürsten zu strafen, weil sie dem Evangelium zuwiderhandelten.150 Das spricht dafür, dass Müntzer auch in der Stunde der Niederlage an seinen Auffassungen festhielt.151 370
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Ob Müntzer bei dieser Gelegenheit gefoltert wurde,152 wie in der »Histori« behauptet wird, ist fraglich. Dort heißt es, als während der Folter die Daumenschrauben angezogen worden seien und Müntzer geschrien habe, soll Herzog Georg zu ihm gesagt haben: »Thoma, dis thut dir wee, aber es hat den armen leuten weer gethon heute, das man sie erstochen hat, die du yn solch elend bracht hast.« Müntzer habe daraufhin wie ein Besessener gelacht und gesagt, sie hätten es nicht anders haben wollen. Der Autor schließt daraus: Aus solchen frevelhaften Worten könne jedermann spüren, »das der teufel den menschen gar unsinig gemacht hette, das er so gar kein erbarmen uber das elendt der erschlagnen leut het«.153 Mit dieser – wohl erfundenen – Szene beabsichtigte der Autor, Müntzer die Verantwortung für den Tod der Aufständischen anzulasten. Noch am selben Tag wurde Müntzer Graf Ernst von Mansfeld als Beutepfennig übergeben, wie es bei den Landsknechten Brauch war.154 Der Graf ließ ihn nach Heldrungen verbringen, und es wurde nicht bezweifelt, dass man beim Verhör von ihm »allerlei sachen erfaren« werde.155 Ernst hatte dort zwischen 1512 und 1517 auf den Mauern einer älteren Burg ein Festungswerk errichten lassen. In einem Turm oder einem anderen Raum könnte Müntzer gefangen gehalten worden sein.
Abb. 56: Wasserschloss Heldrungen, Ausschnitt (1650)
Am 16. Mai begann das Verhör. Über dessen Verlauf und die Dauer der Befragung ist nichts bekannt, auch nicht darüber, wer daran teilgenommen hat.156 Graf Ernst von Mansfeld wird mit Sicherheit dabei gewesen sein, da der Gefangene sich in seiner Hand befand. Auch mit der Anwesenheit Herzog Georgs ist zu rechnen. Ob Landgraf Philipp zugegen war, 371
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kann nicht eindeutig belegt werden. Anwesend waren auf jeden Fall auch ein Schreiber und der Henker. Die Niederschrift der Befragung ist in mehreren Archiven überliefert. Ein Vergleich der Exemplare zeigt, dass je nach dem Interesse der verschiedenen Adressaten Veränderungen am Text vorgenommen wurden. Wer den Druck mit dem Titel »Bekentnus Thomas Muntzers etwa Pfarner zu Alstedt und yetze in dem Aufrurischen haufen zu Franckenhausen befunden / Gescheen in der guthe dinstags nach Cantate Anno 1525« anregte, ist nicht bekannt.157 Noch im selben Jahr erschienen mehrere Drucke, die zahlreiche Abweichungen aufweisen, bei Wolfgang Stöckel und Michael Blum in Leipzig, Johann Loersfeld, Matthes Maler und Melchior Sachse dem Älteren in Erfurt und Paul Kohl in Regensburg.158 Damit wurde dem Interesse entsprochen, die Öffentlichkeit mit dem Wortlaut bekannt zu machen, wie es auch Landgraf Philipp am 18. Mai in seinem dem Schwäbischen Bund übermittelten Bericht über die Frankenhäuser Ereignisse nahelegte: Müntzer habe seine Predigt widerrufen und ein Bekenntnis (von dem er eine Kopie beilege) abgelegt, das zur Kenntnis zu nehmen wohl allen aufrührerischen Leuten nützlich sei.159 Das Verhörsprotokoll160 ist keine wörtliche Mitschrift, sondern eine vom Schreiber referierte und redigierte kurze Wiedergabe von Müntzers Antworten. Fragartikel, die üblicherweise einem Verhör zugrunde gelegt wurden, sind in diesem Fall nicht überliefert. Entweder sind sie verloren gegangen oder es fehlte an Zeit, um sie vorzubereiten. Letzteres liegt nahe, da die Aussagen des Befragten eine unsystematische Abfolge zu erkennen geben. Die Sieger waren vor allem daran interessiert, zunächst »gütlich«, das heißt ohne Anwendung der Folter, dann mit deren Zuhilfenahme, die Beweggründe für Müntzers Handeln zu erfahren. Abb. 57: Bekenntnis Thomas Müntzers und Sendbrief an die Mühlhäuser, [Leipzig] 1525 Gefragt wurde aber auch nach seinen 372
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Aufenthalten in Zwickau, Allstedt, Mühlhausen und im Südwesten, seinen Beziehungen zu verschiedenen Persönlichkeiten, den von ihm initiierten Verbündnissen und deren Mitgliedern sowie seinem Verständnis der Sakramente und der Kommunion. Die Befragung konzentrierte sich auf die politischen Aspekte,161 um ihn als Verschwörer und Aufrührer anklagen zu können. Seine Lehre spielte nur ansatzweise eine Rolle.162 Hinsichtlich seiner Ziele bekannte Müntzer unter der Folter: »Dye entporunge habe er darumb gemacht, das dye christenheyt solt alle gleych werden und das dye fursten und herrn, dye dem evangelio nit wollten beystehen, solten vortriben und totgeschlagen werden.«163 Auf eine weitere Frage, die auf die Absichten seines Verbündnisses zielte, antwortete er: Ihr Grundsatz habe gelautet »omnia sunt communia«, und danach wollten sie es einrichten, indem alle Güter jedem nach seinem Bedürfnis ausgeteilt werden sollten. Welcher Fürst, Graf oder Herr sich nicht daran habe halten wollen, obwohl er ernstlich ermahnt worden sei, dem sollte der Kopf abgeschlagen werden.164 Die Aussagen belegen Müntzers Absicht, dem Evangelium gemäß zu handeln und eine neue Ordnung auf dieser Grundlage einzurichten. Zum einen sollten soziale Diskrepanzen beseitigt werden, um mehr Gerechtigkeit im Sinn christlicher Nächstenliebe walten zu lassen. Denn das »omnia sunt communia« (alles ist allen gemeinsam), das auch humanistische Kreise propagierten, nahm wörtlich auf, was Apostelgeschichte 2,44f. beschrieben wird: Alle, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hielten alle Dinge gemein. Ihre Güter und Habe verkauften sie und teilten sie auf unter alle, die bedürftig waren. Auch ist in der Apostelgeschichte 4,32ff. zu lesen: Die Gläubigen verkauften ihre Äcker und Häuser, legten das Geld den Aposteln zu Füßen, und man gab einem jeden, was ihm nötig war. Zum anderen sollten die ständischen Unterschiede eingeebnet werden. Hans Zeiß hat dieses Anliegen Müntzers und seiner Anhänger beschrieben: Es sei ihre Absicht, »das kein furst, graf, edelman oder andere anseheliche leut, die im gewalt uf erden gesessen, vor in pleiben sollen, mussen alle herunter.« Jeder müsse zu Fuß zu ihnen treten und solle nicht mehr Fürst heißen. Habe er nicht wider das Evangelium gehandelt, solle er auf angemessene Weise so lange im Regiment bleiben, wie er ehrlich regiere.165 Die Herstellung sozialer Gerechtigkeit ist jedoch nicht möglich, wenn tyrannische Fürsten weiter regieren. Deshalb erklärte Müntzer wiederholt, 373
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Gott könne die Gewalt dem »gemeinen Volk« übertragen. In den letzten Tagen vor der Niederlage von Frankenhausen kreiste sein Denken immer wieder um diese Idee: Am 9. Mai berief er sich auf die Worte aus Daniel 7,27, Gewalt und Macht unter dem ganzen Himmel werde dem heiligen Volk des Höchsten gegeben werden, im Brief an die Gemeinde zu Eisenach, am 12. Mai in seinem Schreiben an Graf Albrecht von Mansfeld, am 13. Mai in dem Brief an die Erfurter. Und nach der Aussage Hans Huts predigte er am 14. Mai im Frankenhäuser Lager, Gott habe der Obrigkeit die Gewalt genommen und den Untertanen gegeben.166 Die Aufstände der Bauern und Städtebürger waren insofern im Verständnis Müntzers das Gericht Gottes über die Gottlosen. Er forderte deshalb unermüdlich dazu auf, so am 8. Mai an den Rat von Sondershausen: »Lasset euch eur hertz nit entsincken! Yhr sollet tzum wenigsten nit sparen, solche bosewichter gantz ernst in dye vorhaft annemen. Verschonet yhrer nicht, es ist von nothen, das Deutschland nit also lesterlich czur mordgrube werde.«167 Die Befreiung von sozialen Lasten und die Vertreibung der sie verursachenden Tyrannen waren für Müntzer Voraussetzungen, um eine »unüberwindliche Reformation« in der Gestalt vollziehen zu können, wie er sie aus seinem Glaubensverständnis abgeleitet und verkündet hatte. Die Niederlage von Frankenhausen setzte diesen Plänen ein jähes Ende. Als Luther die Niederschrift des Verhörs vorlag, war er mit dem Ergebnis der Befragung nicht zufrieden. An Johann Rühel schrieb er am 30. Mai, man habe Müntzer nicht die richtigen Fragen gestellt. Sein Bekenntnis belege nichts anderes als seine teuflische Verstocktheit, sage er doch, nichts Übles getan zu haben. Er sei entsetzt und habe sich nicht vorstellen können, »daß ein menschlich Herz so tief verstockt sollt sein«.168 In der »Histori Thome Muntzers« wird zudem moniert, er sei nicht nach seinen Träumen gefragt worden und was ihn bewegt habe, »solchen lermen« zu beginnen. Wenn er sich göttlicher Offenbarungen rühme, hätte man ihn auch fragen sollen, ob er diese erdichtet habe oder »ob der teufel yn mit gesichten verfurt hab, solches wer nutzlich zu wissen«.169 Ein Verhör ist die Voraussetzung für die Einleitung eines Strafprozesses. Ein solcher hat aber im Fall Müntzers nicht stattgefunden. Jedenfalls sind keine Quellen überliefert, die darauf schließen lassen könnten.170 Wenn das zutrifft, dann wurde das Verfahren nach den Verhören nicht 374
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weitergeführt und Müntzer ohne gerichtliche Entscheidung hingerichtet. Die Sieger waren jetzt vor allem interessiert, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass Müntzer sich angesichts des nahen Todes von seiner Lehre und seinem Handeln distanziert habe. Johann Rühel informierte Luther am 21. Mai, Müntzer habe alle seine Irrtümer widerrufen, zweifellos um den gottlosen Tyrannen zu heucheln.171 Diese Information findet sich auch in dem so genannten Widerruf Müntzers vom 17. Mai.172 Doch im Text ist keine Rede von einem »Widerruf«, sondern nur von »artigkel[n]«. Die Niederschrift geht auf Christoph Weißenfels zurück, den Kanzler des Grafen Ernst von Mansfeld.173 Müntzer konnte sicher auf den Wortlaut nur geringen Einfluss nehmen. Unterstrichen wird dieser Eindruck durch die Tatsache, dass seine Worte in der dritten Person wiedergegeben werden.174 Eingangs werden die Namen von neun Grafen und fürstlichen Räten angeführt, die gleichsam als Zeugen fungieren, obwohl nicht sicher ist, ob sie bei der Niederschrift des Dokuments anwesend waren. Sie vertraten unter anderem die Grafen von Mansfeld, Landgraf Philipp und Herzog Georg. Mit dieser Zeugenliste war offensichtlich beabsichtigt, dem Schriftstück größere Autorität zu verleihen. Da am Verhör in Heldrungen nur wenige Personen teilgenommen hatten, sollte jetzt offenbar eine größere Öffentlichkeit hergestellt werden. Auch wurden – im Unterschied zu den detaillierten Informationen in der Niederschrift des Verhörs – nur zwei grundsätzliche Themen angesprochen: Müntzers Auffassung von der Obrigkeit und sein Verhältnis zur alten Kirche.175 Zum einen, so die vermeintliche Aussage Müntzers, habe er sich hinsichtlich des Gehorsams gegenüber der Obrigkeit und den ihr schuldigen Pflichten nicht an die Schrift gehalten, sondern das Gegenteil gepredigt, so dass seine Zuhörer sich mit ihm in die frevelhafte Empörung und den Ungehorsam eingelassen hätten. Deshalb bitte er, der von Gott eingesetzten Obrigkeit künftig gehorsam zu sein und ihm den Irrtum zu vergeben. Zum anderen habe er aufrührerische Irrtümer über das Sakrament und die Ordnung der christlichen Kirche verbreitet. Er wolle aber als ein wieder mit ihr versöhntes Glied sterben und bitte deshalb, ihm brüderlich zu verzeihen.176 Am Schluss äußerte Müntzer die Bitte, den Sendbrief an die Mühlhäuser abzuschicken und seinem Weib und Kind seine Habe auszuhändigen. 375
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Dem Leser wurde mit diesem Text suggeriert, dass Müntzer seine Schuld bekannte, sein Handeln bereute und um Vergebung bat.177 Das ist aber nicht seine Sprache, und selbst wenn der Schreiber das Gehörte ungenau wiedergegeben haben sollte, handelt es sich nicht um einen authentischen Text. Wenn das Schriftstück den Eindruck vermittelte, Müntzer habe angesichts des erwarteten Todes allem abgeschworen, was er bisher vertreten hatte, dann widerspricht das seinen Aussagen im Verhör und nicht wenigen Aussagen von Zeitgenossen. Bedenken stellen sich aber auch ein, warum einleitend ausdrücklich betont wird, Müntzer habe sich »ungenotiget und wolbedacht« nach seinem Gewissen hören lassen und gebeten, ihn zu erinnern, wenn ihm einige Artikel entfallen sein sollten.178 Seinen letzten Willen hat Müntzer in dem Brief an die christliche Gemeinde und den Rat zu Mühlhausen vom selben Tag festgehalten,179 den er Christoph Laue180 – wohl Schreiber in der Kanzlei Graf Ernsts – in die Feder diktierte und dessen Inhalt sich erheblich von der Argumentation des »Widerrufs« unterscheidet. So erstaunt denn auch das Urteil Johann Rühels, wenn er am 26. Mai an Luther schrieb, wiewohl dieser Brief von boshaften Leuten als eine »wiederrufsschrift« gedeutet werde, sehe er darin im Grund »eine stärkung« von Müntzers Vorhaben.181 Müntzer hat Persönliches im Blick, wenn er darum bittet, seinem Weib die Habe auszuhändigen, die Bücher, die Kleidung und was sonst noch vorhanden sei. Doch hauptsächlich ging es ihm um einen Rückblick auf das Geschehene: Das Volk habe ihn nicht recht verstanden, sondern es allein auf den Eigennutz abgesehen.182 Deshalb sei er »hertzlich zufriden, das es Gotth alßo vorfuget hat mit allen seynen voltzogen wergken«.183 Im Rückblick auf die Niederlage von Frankenhausen ermahnte er die Mühlhäuser, sich vor einer solchen Schlappe zu hüten, denn diese rühre zweifellos daher, dass ein jeder seinen eigenen Nutzen mehr als das Wohl der Christenheit gesucht habe. Er habe sie oftmals gewarnt, dass die Strafe Gottes nicht vermieden werden könne, es sei denn, man erkenne den Schaden. »Dorumb haltet euch freundtlich mit eynem yderman und erbittert dye oberkeyt nit mehr, wye vhil durch eygennutz gethan haben.«184 Er wisse, dass ein Großteil der Mühlhäuser sich dieser aufrührerischen Empörung widersetzt habe. Damit aber nicht Unschuldige belangt werden, sollen sie bei den Fürsten um Gnade bitten.185 Um die Bürde und Last von seiner Seele zu nehmen, 376
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ersuche er sie zum Abschied, keiner weiteren Empörung stattzugeben, damit kein unschuldiges Blut mehr vergossen werde.186 Die Müntzer nach der Niederlage bewegende Frage, warum Gott den Aufständischen in der Stunde der Entscheidung nicht beigestanden, sondern den Fürsten den Sieg überlassen habe, erklärt er nicht mit dem militärischen Ungleichgewicht oder einem anderen Argument, was durchaus möglich gewesen wäre. Die tiefste Ursache sieht er vielmehr darin, dass die Aufständischen den Willen Gottes nicht erkannten. Der Hinweis auf den Eigennutz korrespondiert mit seinen ständigen Ermahnungen, sich vom Kreatürlichen abzuwenden. Da das nicht geschehen ist, dokumentiert die Niederlage das Urteil Gottes über die Menschen, die sich nicht vom Kreatürlichen zu lösen vermochten. Müntzer empfand seinen erwarteten Tod als ihm von Gott auferlegtes Schicksal. Er war bereit, in der Nachfolge Christi den Tod als Märtyrer hinzunehmen. Die Bereitschaft zum Martyrium prägte sein Leben, seit er erkannt hatte, dass nur der den wahren Glauben erlangen könne, der wie Christus bereit ist, das Kreuz zu tragen.187 Das Martyrium war seit der Antike ein relevantes Thema der Kirchengeschichte.188 Die »Wahrheitszeugen« wurden als Häretiker verurteilt und als Ketzer verfolgt. Müntzers Sendungsbewusstsein schloss die Bereitschaft ein, für seine Sache, die er als endzeitlicher »Botenläufer Gottes« vertrat, zu sterben. Wenn er schreibt, er sei »herzlich zufrieden«, dass Gott es so gefügt habe, dann liegt der Gedanke nahe, dass er sich nicht als Verlierer sah, sondern getan hatte, was Gott von ihm erwartete. Doch die Erfüllung der Prophezeiung Daniels gab er nicht auf, sie ist nur aufgeschoben. Wenn das »Volk Gottes« sich läutert und dessen Willen unterwirft, gibt es noch eine Chance.189
Das Strafgericht über Mühlhausen Am 19. Mai zogen die verbündeten Fürsten, zu denen jetzt der sächsische Kurfürst Johann und Graf Wilhelm von Henneberg stießen, von Frankenhausen nach Schlotheim und bereiteten die Einnahme Mühlhausens vor.190 An diesem Tag wandten sich der Ewige Rat und die ganze Gemeinde an den Bildhäuser Haufen in Franken und baten um Beistand, weil Landgraf Philipp gedenke, »uns arme christen« zu überziehen, und zu 377
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befürchten sei, dass auch ihnen ein Gleiches widerfahren könne.191 Auch wurden die Räte einiger Städte gebeten, zwischen Mühlhausen und den Fürsten zu vermitteln. Erfurt monierte aber am 18. Mai, da das Schreiben – anders als es Herkommen sei – von den Achtmännern und der ganzen Gemeinde ausgegangen sei, seien sie im Zweifel, ob diese Gewalt und Macht haben, wie sie ehemals der Rat innegehabt habe. Auch seien die Beschlüsse von Volkenroda verletzt worden, so dass es ihnen beschwerlich sei, gegen die mächtigen Fürsten zu handeln, denn das könne auch ihnen zum Schaden gereichen.192 An den Nürnberger Rat schrieben die Mühlhäuser am 19. Mai, ihnen werde glaubhaft berichtet, dass einige Herren und Fürsten, insbesondere Herzog Georg und Landgraf Philipp, beschlossen hätten, die Stadt zu besetzen. Deshalb baten sie, sich bei beiden Fürsten für ein gnädiges Verfahren zu verwenden.193 Am 29. Mai antworteten die Nürnberger Ratsherren, sie hätten bisher schon die teuflische Vermessenheit Müntzers beklagt, sähen sich aber als Christen verpflichtet, die Fürsten zu bitten, die Stadt nicht ungnädig zu behandeln.194 Am selben Tag informierten die Nürnberger Herzog Georg und Landgraf Philipp, es sei ein Jammer, dass die armen Leute von Müntzer aus teuflischer Vermessenheit und Hoffart dazu gebracht werden sollten, sich von den Obrigkeiten abzuwenden und für das Evangelium und ihre Freiheiten mit dem Schwert zu streiten. Deshalb baten sie zu bedenken, dass diese armen Leute verführt wurden und die Irrungen auf christliche Weise und auf ehrbarem Weg beigelegt werden sollten.195 Doch das Schicksal Mühlhausens war bereits entschieden, als dieses Schreiben bei den Fürsten einging.196 Der sächsische Kurfürst Johann erklärte am 18. Mai gegenüber Herzog Georg und Landgraf Philipp seine Bereitschaft, sich an den Aktionen gegen die Mühlhäuser zu beteiligen, fragte aber an, ob es nicht förderlich sei, ihnen zuerst eine Schrift in Gestalt einer Absage zu schicken, da es sich um eine Reichsstadt handle, der sie Schutz zugesagt hätten.197 Daraufhin wandten sich die drei Fürsten am 19. Mai an den Ewigen Rat und erklärten, die Mühlhäuser hätten aus unchristlichem Mutwillen ohne glaubwürdige Gründe dem Evangelium und göttlichen Wort und Gebot sowie dem Landfrieden und der Reichsordnung zuwidergehandelt, ihnen und ihren Landen und Leuten merklichen Schaden zugefügt, viele Klöster und Gotteshäuser zerstört, die Güter der Geistlichkeit und anderer redlicher Per378
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sonen verwüstet und verbrannt und das ihre mit Gewalt entwendet, auch ungebührlich gegen den Kaiser, das Reich und den Landfrieden gehandelt. Deshalb kündigten sie ihnen mit diesem Brief ihren Schutz auf.198 Die Mühlhäuser waren offenbar bereit, die Stadt zu verteidigen, während die fürstliche Reiterei ringsum Häuser abbrannte und Vieh raubte. Doch in der Stadt wurden auch Stimmen laut, die zur Übergabe rieten. Da in diesem Zusammenhang Müntzers Brief vom 17. Mai nicht erwähnt wird, in dem er vorschlug, keinen Widerstand mehr zu leisten, ist anzunehmen, dass sein Schreiben nicht an den Ewigen Rat gelangt ist199 oder dieser nicht mehr an den Prediger erinnert werden wollte. Am 22. Mai empfingen Vertreter der Fürsten die Unterhändler der Reichsstadt, unter ihnen der Syndikus Otthera, der bei der Entscheidung, die Tore zu öffnen, wahrscheinlich die treibende Kraft war. In die Stadt zurückgekehrt, war er es, der den Bürgern vorschlug, die Stadt zu übergeben. Am 25. Mai wurden den Fürsten im nach Görmar verlegten Feldlager die Stadtschlüssel übergeben und am 29. Mai der Sühnebrief besiegelt200, mit dem Rat und Gemeinde sich schuldig bekannten, den Landfrieden gebrochen zu haben. In ihm wurde festgeschrieben, was die Stadt zur Wiedergutmachung der verursachten Schäden zu leisten hatte und wie sie künftig verwaltet werden sollte. Die Stadtmauern sollten geschleift, die Waffen abgeliefert und 40.000 Gulden Strafgeld (davon 10.000 Gulden sofort) gezahlt werden.201 Der alte Rat und die Bürgermeister Rodemann und Wettich wurden wieder eingesetzt, aber alle Freiheiten und Privilegien aufgehoben. Die Bürger, die sich in der Stadt aufhielten, wurden in die Marienkirche gerufen, wo der Sühnebrief verlesen wurde und vor den Fürsten ein Eid abzulegen war. Die Reichsfreiheit der Kommune wurde endgültig erst 1548 wieder hergestellt. Fünfzig »Aufrührer« wurden sofort und weitere vier Wochen später hingerichtet, andere mit Weib und Kindern aus der Stadt gewiesen.202 Heinrich Pfeiffer hatte in der Nacht zum 25. Mai mit einer Schar seiner Anhänger die Stadt verlassen, um sich nach Franken durchzuschlagen. Doch bei Eisenach wurde er überwältigt und den Fürsten übergeben.203 An diesem Tag ersuchte Herzog Georg Graf Ernst von Mansfeld, er solle Müntzer »wolverwahrt mit zuordnung etlicher reuter in unser feldleger schicken und damit nit seumen.« Das ist am 25. Mai geschehen.204 379
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Als Müntzer am 27. Mai am Rieseninger Berg vor den Toren Mühlhausens auf den Richtplatz geführt wurde, sei er sehr kleinmütig gewesen, wird in der »Histori Thome Muntzers« berichtet.205 Wenn das zutrifft, ist das nicht verwunderlich, denn die beiden letzten Wochen hatte er in großer physischer und psychischer Anspannung durchlebt. Die Gefangenschaft, die Folter und die Überführung nach Mühlhausen werden ihre Spuren hinterlassen haben. Auch heißt es, er habe öffentlich bekannt, unrecht gehandelt zu haben. Dem widerspricht jedoch die Mitteilung, er habe vor der Hinrichtung die Fürsten ermahnt, mit den armen Leuten nicht so hart umzuspringen. Hielten sie sich daran, hätten sie von ihnen nichts mehr zu befürchten. Die Fürsten habe er aufgefordert, sie sollten die Libros Regum – das heißt die Bücher der Könige – lesen. Diese Schriften des Alten Testaments berichten sowohl von Herrschern, die ihr Amt missbrauchten, als auch von frommen Regenten, die für ihre Amtsführung belohnt wurden. Nachdem er die Mühlhäuser ermahnt hatte, von weiterem Widerstand abzusehen und der Obrigkeit den Gehorsam zu leisten, forderte er jetzt die Fürsten auf, ihr Amt zugunsten der Untertanen zu gebrauchen. Landgraf Philipp äußerte sich später zurückhaltender als andere Zeugen.206 Den Aufzeichnungen Kaspar Hedios vom Oktober 1529, die er während des Marburger Religionsgesprächs anfertigte, ist zu entnehmen, dass Philipp in einem Gespräch bei Tisch respektvoll über Müntzer urteilte. Der Landgraf habe sich ein solches Ende gewünscht, wie es diesem widerfahren sei, denn er sei angesichts seiner Sünden sehr zerknirscht gewesen. Auch habe der Landgraf sich auf Herzog Heinrich von Braunschweig berufen, dass Müntzer nicht widerrufen, sondern lediglich seine Irrtümer eingestanden und Gott um Barmherzigkeit gebeten habe. Was Philipp zu dieser Meinung veranlasste, sei dahingestellt. Immerhin unterscheidet sich diese Auffassung von den verbreiteten Versionen übers Müntzers Ende. Müntzer und Pfeiffer wurden vom Henker die Köpfe abgeschlagen,207 die Leiber auf Pfähle gespießt und »ins felt gstegkt«.208 Dem Henker zahlte der Rat im Juni sechs Groschen, um den »Alsteder widerumb uf zu richten«.209 Wenn die Körper der Gerichteten öffentlich zur Schau gestellt wurden, sollte das eine Mahnung an alle sein, die noch an Aufruhr dachten. So heißt es denn auch in der »Histori Thome Muntzers« zum Schluss: Dieses Ende sei wohl zu bedenken, »uf das ein yeder dabey lern, das man nicht 380
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soll gleuben denen, die sich rumen gotlicher offenbarung, so sie etwas furhaben wider die schrift […]. Auch sollen wir lernen, wie hart Got strafe ungehorsam und aufrur wider die oberkeit, dann Got hat geboten, die oberkeit zu eren und derselben gehorsam zu sein.«210 Ob die beabsichtigte Wirkung erzielt wurde, ist fraglich. Im November 1531 berichtete Luther in einer Tischrede, in Mühlhausen, wo man Müntzers Haupt auf einen Pfahl gespießt habe, sei durch den häufigen Besuch der Richtstätte von Einwohnern und gewissenlosen Leuten ein Pfad ausgetreten worden, der wie ein öffentlicher Weg aussehe. Man glaube, dass sie Müntzer, wenn man nicht dagegen einschreite, wie einen Heiligen verehren werden.211 Das mag übertrieben sein, ist aber ein Hinweis, dass Müntzer nicht vergessen war. Ottilie hielt sich zu dieser Zeit in Mühlhausen auf. Denn im Verhör wies Müntzer auf einen Sack Briefe hin, der sich bei seinem Weib in Mühlhausen befinde.212 Doch diesen hatte Herzog Georg nach der Einnahme der Stadt sogleich an sich genommen, da er die Wohnung im Pfarrhaus an der Marienkirche durchsuchen ließ. Die Dokumente wurden als Beutegut nach Dresden und Marburg verbracht, während Bücher, Hausrat und Kleidungsstücke dort belassen wurden.213 Die von Müntzer im Brief an die Mühlhäuser ausgesprochene Bitte, seiner Frau die Habe auszuhändigen, wurde nicht respektiert. Als Ottilie Herzog Georg in seiner Herberge »Zum Schwan« aufsuchte und dessen Rat Ernst von Schönberg in ihrem Namen den Herzog ersuchte, ihr die Habe auszuhändigen, habe er zugesagt, so berichtet Ottilie, »mein gerethe solt mir ahne vorhindernis wider werden. Ist aber nicht geschen.«214 Georg hatte jedoch sofort nach der Übergabe Mühlhausens den dortigen Rat angewiesen, die Witwe, die schwanger sei, in Gewahrsam zu behalten, bis sie gebäre, so dass sie nicht »abhenden komen mücht«.215 Als einziger berichtet Luther, einer der »grossen hansen« habe Ottilie zu sich bestellt und die schwangere Witwe zum Beischlaf aufgefordert, und er tadelt, die Schrift nenne solche Leute Bestien.216 Ottilie begab sich »in ihrem Elend« zunächst nach Nordhausen, wo sie sich ungefähr vier Wochen lang aufhielt. Inzwischen wandte sich Erasmus von Waren, Hauptmann von Herzog Georgs Fußvolk und wohl mit Ottilie verwandt, an den Rat, und dieser entschied, sie solle nach Mühlhausen zurückkommen, »das meyne solt myr wider werden«.217 Als sie dort eintraf, 381
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wurde die Zusage wiederum nicht eingehalten. Daraufhin beförderte Hans Ditmar sie mit seinem Fuhrwerk nach Erfurt,218 wo sie sich eine Zeitlang bei Bekannten aufhielt,219 kehrte aber aus »grosser anligender not« wieder nach Mühlhausen zurück, um endlich die Freigabe ihrer Habe zu erwirken. Doch auch diesmal erreichte sie nichts, »und ich arme also dorober das meyne vor zcert habe«.220 Am 19. August wandte sich Ottilie schriftlich mit der Bitte an Herzog Georg, angesichts ihres Elends und ihrer Armut den Mühlhäuser Rat aufzufordern, ihre Habe herauszugeben.221 Auch habe sie gehört, dass der Herzog ihre Rückkehr ins Kloster befürworte, und sie bat um seine Unterstützung. Doch Anfang September instruierte Georg Abb. 58: Brief Ottilie Müntzers an Herzog seine Räte, dem Mühlhäuser Rat zu beGeorg vom 19. August 1525 fehlen, auf Müntzers Weib Acht zu geben, »das sie nicht von dannen kum, und wan sie in die wochen kumpt, uns anzuzeigen«.222 Das ist die letzte den Quellen zu entnehmende Nachricht. Das weitere Schicksal Ottilies verliert sich im Dunkel. Über ihre beiden Kinder existieren keinerlei Informationen.
Furcht vor einem neuen Aufstand Landgraf Philipp schrieb am 18. Mai 1525 an den Schwäbischen Bund, wenn man den Aufstand nicht niedergeworfen hätte, wären Thüringen, Hessen, das Land Buchen, das Eichsfeld, Braunschweig, Westfalen und mehr Lande verloren und schwerlich wiederzugewinnen gewesen. Denn diese »Rotten« wollten nicht allein die Zwölf Artikel bewilligt haben, sondern die Obrigkeiten erwürgen und deren Güter unter sich und den Bauern aufteilen. »Das seint schrecklich hendel, vormals nie mehr erhort.«223 382
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Damit beschreibt Philipp einigermaßen zutreffend, was die Fürsten befürchteten. Den Obrigkeiten war jetzt daran gelegen, alle »Aufrührer« abzustrafen.224 Sie mussten ihre Waffen abliefern, erneut einen Treueid leisten und die Einhaltung des Landfriedens geloben. Über viele Aufständische – vor allem die »Anführer und Urheber« – wurde die Todesstrafe verhängt. Auch verlangten Landesherren, Adel und Geistlichkeit Wiedergutmachung für den erlittenen Schaden. Am 15. November 1526 verklagte zum Beispiel der Mainzer Erzbischof Bürgermeister und Rat von Mühlhausen wegen des von seinen Untertanen auf dem Eichsfeld angerichteten Schadens.225 Auch die Grafen, die sich den Aufständischen unterworfen hatten, kamen nicht ungeschoren davon. Die Stolberger, Schwarzburger und Hohnsteiner mussten am 7. Juli 1525 in einen Vergleich mit Herzog Georg einwilligen.226 Doch der Geist Müntzers trieb noch manchen um. Am 6. Juni 1525 informierte Herzog Georg Kurfürsten Johann, ihm werde glaubhaft berichtet, dass die Allstedter, die Müntzer anhingen, sich überall ohne Scheu öffentlich hören ließen, dass sie ungeachtet der Bestrafung Müntzers und seiner Anhänger an dessen Lehre festhalten würden »und daruber leib und leben lassen wellen«. Es sei leicht zu ermessen, dass sie ihren Nachbarn ein böses Exempel geben könnten und ein neuer Aufruhr die Folge sei, wenn dem nicht entgegengetreten werde. Deshalb solle er sie gebührend bestrafen, »damit andere durch sye nit vergift, noch wir zu weiterm herzug und merklichen costen verursacht werden«.227 Auch Bernhard Wallde, der neue Amtmann in Allstedt, berichtete den kurfürstlichen Räten in Weimar am 14. Juni, dass drei »Schwärmer«, nämlich die Pfarrer in Einzingen, Wolferstedt und Heygendorf, sich weiter an Müntzers Lehre und Vorhaben halten und unterstehen würden, neuen Aufruhr anzustiften. Von der Kanzel hätten sie den Gottesdienstbesuchern verkündet, angesichts des Tobens und Wütens der Fürsten unter den Christen sollten sie als Überlebende sich nicht anfechten lassen. Wallde befürchtete, dass sie erneut »ein aufsteen machen«. Denn der Geist Müntzers sei dermaßen in die Weibspersonen gefahren, dass er bei diesen schwerer als bei den Männern auszurotten sei.228 Am 19. Juni ergänzte Wallde, Strafen seien höchstnötig, denn Müntzers Geist regiere noch gewaltig, und wenn dem nicht gegengesteuert werde, sei zu befürchten, »das die letzten ding so ir[r]ig werden als die ersten«.229 383
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Die Verfolgung und Bestrafung von Teilnehmern an den Aufständen hielt längere Zeit an.230 Das Land wurde auf diese Weise »befriedet«. Trotzdem waren Fürsten und Herren noch über Jahre besorgt, die Aufstände könnten erneut aufleben. In Mühlhausen und Umgebung liefen immer wieder Gerüchte um, dass eine neue Erhebung vorbereitet werde.231 Als sächsische und hessische Räte im Dezember 1525 in der Stadt eintrafen, wurde ihnen berichtet, dass Bauern »uf die Cristnacht […] furter mutwillen uben wolten«. Im März 1526 kursierten wiederum Gerüchte, dass ein Anschlag auf Mühlhausen vorbereitet werde und der von den Fürsten wieder eingesetzte Rat erwürgt werden solle.232 Besonders aktiv war Hans Römer, ein in Erfurt geborener Kürschner, Anhänger Müntzers, Mitglied des Ewigen Bundes Gottes und Teilnehmer an der Schlacht bei Frankenhausen. Für den Neujahrstag 1528 plante er einen Anschlag auf Erfurt. Doch der Plan wurde im Dezember 1527 verraten, eine große Zahl der Beteiligten verhaftet und zwölf von ihnen hingerichtet.233 Bald standen die Obrigkeiten vor einem neuen Problem: der raschen Ausbreitung der Täuferbewegung.234 Doch mit der Niederlage von Frankenhausen, der Hinrichtung Müntzers und Pfeiffers und der Übergabe Mühlhausens an die Fürsten waren vorerst unumstößliche Tatsachen geschaffen worden.
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XII. »Drumb hat mich Goth selbern gemit in seyn ernde« Eine Alternative im reformatorischen Prozess Müntzers Selbstverständnis Nur wenige prominente Persönlichkeiten der frühen Reformationszeit stellen Autoren vor so große Schwierigkeiten, ein verlässliches Bild von ihnen zu gewinnen, wie Thomas Müntzer. Er verweigert sich geradezu einer biographischen Darstellung. Persönliche Zeugnisse, die Auskunft über seine Lebensweise und seinen Charakter geben, sind nur spärlich überliefert, und was Zeitgenossen über ihn berichten, hält kritischer Prüfung zumeist nicht stand. Als Person tritt er ganz hinter die von ihm vertretene Sache zurück. Er war überzeugt, wie die alttestamentlichen Propheten einen göttlichen Auftrag zu erfüllen, und er identifizierte sich völlig mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen. So ist es zwar möglich, sein öffentliches Auftreten zu verfolgen, aber seine Individualität erschließt sich nur in groben Umrissen. Im Fall Martin Luthers, Philipp Melanchthons und vieler ihrer Zeitgenossen ermöglichen Portraits, ihr Erscheinungsbild zu erfassen. Von Müntzer hingegen ist kein originales Bildnis überliefert. Der von dem niederländischen Stecher Christoffel van Sichem 1608 gefertigte und immer wieder reproduzierte Stich vermittle – so wird vermutet – ein authentisches Bild, weil Abb. 59: Thomas Müntzer, Denkmal von ihm ein zu dessen Lebzeiten gefertigtes, Will Lammert an der Stadtmauer neben dem aber nicht überliefertes Portrait zugrun- Frauentor in Mühlhausen (1957) 385
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de liegen könnte. Das ist möglich, zumal der Stich den Eindruck erweckt, dass hier nicht die Phantasie eines Stechers am Werk war. Dieser Vorlage sind fast alle späteren Darstellungen gefolgt. So hat sich sein Aussehen dem heutigen Betrachter vor allem durch diesen Stich eingeprägt. Eine verbale Beschreibung Müntzers ist ebenfalls nicht bekannt. Als die Verfolgung der Täufer einsetzte, wurden manchmal steckbriefartige Beschreibungen publiziert, um gesuchte Personen ausfindig machen zu können. Solche Steckbriefe sind zum Beispiel für Hans Hut und Hans Römer überliefert. Für Müntzer existiert eine solche Beschreibung nicht, so dass viele Autoren ihn nach ihrem eigenem Gutdünken charakterisierten. Was Zeitgenossen oder deren Nachfahren über Müntzers Charakter schreiben, ist meist aus der Gegnerschaft geboren und hält Nachprüfungen nicht stand. Aus der vermeintlichen Hinrichtung des Vaters wird zum Beispiel abgeleitet, er sei gewalttätig geworden, weil er dessen Tod habe rächen wollen. Auch wird der Nachwelt vermittelt, Müntzer sei ein großsprecherischer, unbeherrschter und selbstherrlicher Mensch gewesen. Obwohl niemand die Quellen für ein solches Urteil zu benennen vermag, wurde dieses Charakterbild über Jahrhunderte tradiert. Es mag sich um einen »schwierigen Charakter« gehandelt haben,1 aber die Konkretisierung dieser Feststellung kann leicht zu Fehlurteilen führen. Eine der wenigen autobiographischen Äußerungen Müntzers ist im Prager Sendbrief von 1521 nachzulesen, und sie bietet einen Schlüssel zu seinem Persönlichkeitsbild: Er könne glaubhaft versichern, dass er im Unterschied zu allen anderen Menschen den allerhöchsten Fleiß aufgewandt habe, um zu erkennen, wie der heilige unüberwindbare Christenglaube entstanden sei.2 Müntzer war ein Suchender, und ein solcher ist er geblieben. Seine persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse vermittelte er mit großem Eifer zielstrebig auch anderen Menschen, um ihnen den Weg zum wahren Glauben zu weisen. Darin sah er seine hauptsächliche Aufgabe. Diese Aufgabe wahrzunehmen ist ihm offensichtlich nicht immer leicht gefallen. Eines der wenigen Zeugnisse, die darüber Auskunft geben, ist ein Brief an Georg Amandus: Als dieser ihn besucht habe, so berichtet Müntzer, seien noch andere Leute bei ihm gewesen, die ihm viel Mühe abverlangt hätten, auch sei er »gantz mude […] worden denselbygen tag des kirchampts halben«.3 Doch nun erteilt er Amandus in einem langen Schreiben Auskunft und bekennt: »Unterrichtung des glaubens ist nit eyn erbeyt eyns tags.«4 386
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Müntzer hatte sicher täglich viele Aufgaben zu erfüllen: Vorbereitung der Predigten, Verrichtung des Gottesdienstes und weiterer Amtshandlungen, Gespräche mit seiner Gemeinde, mit Amtleuten und auswärtigen Besuchern, Versendung von Briefen und Ausarbeitung von Schriften. Das verlangte aber auch die Beschäftigung mit den biblischen Texten, das Studium von Schriften der Kirchenväter, der Mystiker, der Humanisten und der frühreformatorischen Pamphlete. Das unterscheidet Müntzer sicher nicht von anderen Predigern. Doch er bewältigte alle seine Aufgaben mit Fleiß und Ernsthaftigkeit, und er scheute keine Mühe, um seine Sache zu vertreten und zu verteidigen. Die angespannte Situation und die aufbrechenden Konflikte können wohl manche seiner heftigen Reaktionen erklären. Müntzers Selbstverständnis dokumentieren unter anderem einige Titelblätter seiner Schriften und seine Briefunterschriften. Er verstand sich als »Seelwarter«. So bezeichnete er sich im Titel der »Ordnung und berechunge des Teutschen ampts zu Alstadt«, dann in der Danielauslegung als »Diener des Worts Gottes«. Briefe unterschrieb er häufig als »ein ernster Knecht Gottes«, gelegentlich als »williger Botenläufer Gottes«, »Knecht Gottes wider die Gottlosen«, »Verstörer der Ungläubigen«, »Gottes unverdrossener Landsknecht«, »Knecht der Gemeinde Gottes«, »parochus Alstedtensis« (Pfarrer zu Allstedt), »servus electorum Dei« (Knecht der Auserwählten Gottes), »nuntius Christi« (Bote Christi) oder »filius excussionis coram impiis« (Sohn der Vertreibung vor dem Angesicht der Gottlosen). Auch identifizierte er sich mit Daniel, Elia und Johannes dem Täufer. In den beiden Briefen an die Mansfelder Grafen nannte er sich »Thomas Müntzer mit dem Schwert Gideons« und im Titel der »Außgetruckten emplossung« »Thomas Müntzer mit dem Hammer«, in Erinnerung an den Propheten Jeremia, der von dem Hammer des Wortes Gottes sprach, das Felsen zerbricht. Alle diese Namenszusätze verweisen darauf, wie er sein Amt und seine Berufung verstand. Er sah sich als Seelsorger, der seine Amtspflichten ernst nahm, und als von Gott berufener Prophet. Dieser Auftrag füllte sein ganzes Leben aus. Das anklingende Sendungsbewusstsein weist zudem seit der Zwickauer Zeit in wachsendem Maß prophetisch-apokalyptische Züge auf. Im Verlauf seiner an Jahren kurz bemessenen Zeit lebte und wirkte Müntzer an ganz unterschiedlichen Orten. Neben seinem Geburtsort 387
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Stolberg waren das die Universitätsstädte Leipzig und Frankfurt an der Oder, die Frauenklöster Frose, Beuditz und Glaucha, die Städte Quedlinburg, Aschersleben, Halle, Braunschweig, Wittenberg, Jüterbog, Zwickau, Prag, Allstedt, Nürnberg, Basel und Mühlhausen sowie das Dorf Grießen im Klettgau. Diese Mobilität war jedoch nicht nur ihm eigen, sondern für viele Kleriker charakteristisch. In diesen Orten lebte er längere oder kürzere Zeit, um sein Studium zu absolvieren, seinen Lebensunterhalt zu sichern und vor allem den ihm anbefohlenen Auftrag zu erfüllen. Da er aus manchem Ort vertrieben wurde oder nach einiger Zeit keine Möglichkeit mehr sah, seinen Auftrag wahrzunehmen, musste er sich wiederholt nach einer neuen Wirkungsstätte umsehen, was nicht immer problemlos geschah. Übersehen wird oft, dass Müntzers Lebens-, Erfahrungs- und Wirkungsraum die längste Zeit Städte und deren Kanzeln waren. Die Hörer seiner Predigten kamen überwiegend aus städtischen Gemeinden, sei es in großen Kommunen oder Kleinstädten, und sie gehörten unterschiedlichen sozialen Schichten und politischen Rängen an. Die bäuerliche Lebenswelt erschloss sich ihm unmittelbar erst in der Phase der Bauernerhebungen.
Eine neue Theologie Wenn es schwierig ist, die persönliche Situation Müntzers kennen zu lernen und seine Individualität zu erfassen, so gilt das nicht gleichermaßen für seine Theologie. Obwohl die Zahl der von ihm verfassten und zum Druck gebrachten Schriften begrenzt ist, können aus diesen und seinen Briefen und Predigtfragmenten Inhalt und Leitlinien seiner theologischen Lehre erschlossen werden. Die Beschäftigung mit Geschichte und Gegenwart der christlichen Kirche führte ihn zu Einsichten, die ihn zwar nicht an seinem Amt zweifeln, aber Zweifel an der tradierten Lehre aufkommen ließen. Das belegen schon seine ersten Predigten in Jüterbog und der Prager Sendbrief, indem er mit kritischem Blick die Schäden aufdeckte, die seit Jahrhunderten vom Verfall der Kirche zeugten und ihm Anlass gaben, energisch für deren Behebung einzutreten. Schließlich erarbeitete Müntzer in Auseinandersetzung mit der Tradi tion und der von den Wittenbergern initiierten und geprägten reformatori388
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schen Bewegung eine eigenständige reformatorische Theologie. Zu diesem Zweck studierte er intensiv das einschlägige Schrifttum, und zunehmend prägten apokalyptische Überlieferungen sein Zeitverständnis. Den individuellen Prozess, den Weg zum wahren Glauben zu beschreiten, schilderte er in den Kategorien mystischer Frömmigkeit, und für die Schaffung einer Gemeinde der Auserwählten sah er das Vorbild in den ersten Aposteln. Müntzer beschäftigen dieselben Fragen wie Luther, doch er fand zu anderen Antworten. Seine Theologie »trägt den Stempel des reformatorischen Aufbruchs: herausfordernd und gesprächsbereit, kritisch und kommunikativ – dies alles im Erfahrungs- und Denkhorizont des auslaufenden Mittelalters«.5 Die Konturen seiner Theologie zeichnen sich bereits im Prager Sendbrief von 1521 ab. Später trug er sie in einigen Schriften ausführlicher vor, ohne sie inhaltlich noch wesentlich zu verändern. Wandlungen zeichnen sich am ehesten in der Praxis ab, wenn es darum ging, neue Erfahrungen zu verarbeiten. Seine Schriften sind ein anschauliches Beispiel für die Intensität seiner theologischen Arbeit und die Konsequenz, mit der er die Probleme bewältigte, die ihn beschäftigten. In literarisch-sprachschöpferischer Hinsicht können sie neben den literarischen Leistungen Luthers und anderer Reformatoren bestehen.6 Müntzer fragte, wie der Verfall der Kirche, den nach seiner Auffassung falsche Hirten nach der Zeit der Apostel verursachten, zu überwinden und der »armen, elenden, zerfallenden Christenheit« zu helfen sei. Erforderlich ist nach seiner Überzeugung eine universale Reformation. Denn die Ordnung, die Gott allen »Kreaturen« gegeben habe, sei »verkehrt« worden. Die Menschen haben sich seit dem »Schaden Adams«, dem Sündenfall, vom Schöpfer abgewandt und der »Menschenfurcht« unterworfen. Um die »Ordnung Gottes« wiederherzustellen, sei folglich die »Veränderung der Welt« unumgänglich. Die Christenheit darauf vorzubereiten war die schwere Aufgabe, der er sich verpflichtet sah. Da der Geist Christi erstorben und sichtbares Zeichen dafür die Verbreitung eines falschen Glaubens sei, müsse ein Christ wie Christus den schweren Weg wählen, um den Willen Gottes zu erkennen. Deshalb wurde Müntzer nicht müde, seinen Hörern und Lesern einzuprägen, wer den »bittern Christus« nicht annehme, werde sich am süßen Honig tot fressen, aber nicht zum wahren Glauben finden. Was von den 389
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Wittenbergern als notwendige Reform angestoßen wurde, hielt Müntzer für nicht ausreichend, um das große Ziel in die Tat umzusetzen. Müntzers Mahnen und Drängen ergibt sich aus seinem apokalyptischen Zeitverständnis, aus der Einsicht, dass das letzte Gericht bevorstehe, denn die »Zeit der Ernte« sei gekommen. Diese Ernte weise auf das Ende der Welt hin, und die Schnitter seien die Engel (Matthäus 13,39). Müntzer verstand sich als Schnitter, den Gott beauftragt habe, die Ernte einzubringen. Angesichts dieses Endes der alten Welt müssten die »Auserwählten« von den »Gottlosen« geschieden werden und sich zusammenschließen. »Gottlos« waren für Müntzer alle, die das Evangelium verleugnen oder verspotten und den Menschen den Zugang zu diesem verweigern und damit den Weg zum wahren Glauben versperren. Den »Auserwählten« hingegen offenbare Gott seinen Willen, und in einem Prozess der Läuterung würden sie mündig, indem sie sich von der Menschenfurcht befreien. Müntzers Überzeugung, dass der wahre Glaube nur auf dem »engen Weg« zu gewinnen sei, verweist auch auf eine soziale und politische Dimension seiner Lehre. Er sieht die »Welt« als verderbt an, weil die Gläubigen sich der »Menschenfurcht« unterworfen haben, dem Eigennutz frönen, sich nur um zeitliche Güter sorgen und nach Ehre, Reichtum und Macht streben. Um die Menschen wieder in die »Ordnung Gottes« zu führen, müssen sie zuerst den falschen Weg erkennen und alles »Kreatürliche« abwerfen. Müntzers Verhältnis zu den verschiedenen sozialen Schichten und deren politischen Repräsentanten wurde von seinen Erfahrungen diktiert. Da die frühe Reformation vornehmlich eine städtische Bewegung war, knüpfte Müntzer an seinen Wirkungsstätten Beziehungen, die bis in die Oberschichten reichten. Fürsten und andere Herren traten in sein Blickfeld, als er sie für seine Sache zu gewinnen suchte, aber zur Kenntnis nehmen musste, dass viele von ihnen »tyrannisch« handelten. Da sie als Obrigkeiten ihre Schutzfunktion nicht wahrnahmen, vertrat Müntzer ein Recht auf Widerstand, das ihn und seine Anhänger legitimierte, gottlose und pflichtvergessene Obrigkeiten anzuklagen und zu bekämpfen. Wenn sich dann nichts ändere, so lautete seine Schlussfolgerung, falle die Schwertgewalt an die Gemeinde der Auserwählten. Damit wird das »Volk Gottes« zu einer sozial bestimmten Größe: Es sind diejenigen, die mit der Bürde des Nahrungserwerbs belastet sind. Von 390
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den Bauern, die ihr Leben mit harter Arbeit zugebracht und »den ertzgottlosen tyrannen den halß gefüllet haben«,7 erwartet er in den letzten Wochen vor der Niederlage von Frankenhausen, dass sie den Auftrag Gottes erkennen und sich in dessen Dienst stellen. Das allgemeine Ziel, die Welt zu verändern, konkretisiert sich in der Erneuerung der kirchlichen, sozialen und politischen Ordnung als Bedingung für das »Regieren Gottes«. Müntzers Lehre wurzelt im EvangeAbb. 60: Thomas Müntzer, Denkmal von lium, nicht in ländlichen oder städti- Klaus F. Messerschmidt vor dem Rathaus in schen Normen und Werten, wenngleich Stolberg (1989) die Erfahrungen mit seiner Umwelt in sie einflossen. Im produktiven Widerspruch zu den Wittenbergern vertritt er mit seiner Lehre die Idee, eine Gemeinschaft der Brüderlichkeit zu schaffen.8 Das »Regieren Gottes«, die Wiederherstellung von dessen Ordnung, zielt darauf ab, den »Auserwählten« die Gewalt zu geben, um die Normen des Evangeliums in der Gesellschaft zur Geltung zu bringen. In einer endzeitlichen Perspektive war das ein universaler Prozess, der nicht an einen Ort oder ein Land gebunden war. In der Praxis konnte er aber zunächst nur regional in Angriff genommen werden.
Eine Alternative zur Theologie der Wittenberger Am Beginn des reformatorischen Prozesses war die Situation noch offen: Nichts war entschieden, und denkbar waren unterschiedliche Wege, um die krisenhafte Situation zu überwinden und die aufbrechenden Konflikte zu lösen. Eine größere Zahl von Akteuren trat mit jeweils eigenen Ideen an die Öffentlichkeit, was »eine explosionsartige Vielfalt konkurrierender Theologien provozierte«.9 Den reformatorischen Prozess prägten folglich unterschiedliche Bewegungen. Müntzer war einer dieser Akteure. Martin Luther verurteilte Müntzer und ihm Gleichgesinnte als »Schwärmer«, die es nicht beim Wort der Schrift belassen würden, son391
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dern »himmlischen Offenbarungen« als Bekundungen des göttlichen Willens vertrauten. Für ihn war Müntzer ein »Aufrührer«, ein »Werkzeug des Satans«, ein »Zerstörer aller Ordnung«. Damit wurden seine Lehre und sein Handeln bewusst entstellt, um ihnen keinen öffentlichen Raum zu geben. Diesem Verdikt folgten andere Theologen, die in »Schwärmerei« eine Irrlehre sahen, die es zu bekämpfen galt – und das über Müntzers Tod hinaus. In Müntzers Schrift »Protestation oder empietung« heißt es am Schluss, er wolle die Lehre der evangelischen Prediger »in ein besseres Wesen führen«. Damit kündigte er an, dass eine über die Absichten Luthers und der evangelischen Prediger hinausweisende Reformation erforderlich sei. Deutlicher argumentierte er dann in der »Außlegung des andern unterschyds Danielis deß propheten«, er sei sich sicher, dass der Geist Gottes jetzt vielen auserwählten frommen Menschen offenbare, dass eine unüberwindbare zukünftige Reformation höchstnötig sei und vollführt werden müsse. Denn Gott rede deutlich von der Veränderung der Welt, die in den letzten Tagen erfolgen werde. Diese Texte sind der Schlüssel für die Erklärung, was für Müntzer die notwendige Reformation beinhaltete: Um den Schaden zu überwinden, den die Christenheit erlitten hat, hält er die Veränderung der Welt durch eine universale Reformation für erforderlich. »Universal« heißt, sie solle die ganze Christenheit umfassen und auch die Heiden und Türken einbeziehen. Und »zukünftig« heißt, das solle nicht irgendwann geschehen, sondern jetzt das von den Wittenbergern begonnene Werk auf bessere Weise fortgeführt und vollendet werden. Die heftige Polemik zwischen Luther und Müntzer ergab sich aus den unterschiedlichen Positionen, die sie zu zentralen Themen vertraten und verteidigten. Dabei mag manches Missverständnis eine Rolle gespielt, auch der eine den anderen nicht immer verstanden haben oder verstehen wollen. Im Kern werden indes – hier nur verkürzt wiedergegebene – kontroverse theologische Positionen angesprochen, die erkennen lassen, warum beide nicht zueinanderfinden konnten. Luther und Müntzer vertreten ein unterschiedliches Schriftverständnis.10 Während Luther allein die Schrift (sola scriptura) gelten ließ, das heißt das verkündigte Wort in den Mittelpunkt rückte, war Müntzer über392
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zeugt, dass Gott seinen Willen ständig aufs Neue offenbare. Luther argumentierte indes, mit Christus und seinem Tod seien alle Offenbarungen abgeschlossen, und man müsse darauf bestehen, dass Gott niemandem seinen Geist oder seine Gnade ohne das Wort der Schrift verleihe. Den »Schwärmern« warf er deshalb vor, sie rühmten sich, vor dem Wort den Geist zu besitzen und das Wort der Schrift nach ihrem Gefallen zu deuten, wie es Müntzer und noch viele andere heutigen Tags tun würden.11 Müntzer verwarf das Wort der Schrift nicht (wie ihm oftmals unterstellt wurde), aber er lehnte die »stückwerkische Weise« der Verkündigung ab, das heißt die Verlesung nur einzelner Kapitel der Bibel, und verlangte, dass die ganze Heilige Schrift »dem Volk gemein werde«.12 Vor allem aber kritisierte er, dass den Gläubigen nur der »tote Buchstabe« vermittelt werde. Er verlangte vielmehr, im Gottesdienst die deutsche Sprache zu gebrauchen, weil die Hörer verstehen sollen, was in und mit ihnen geschehe. Luther und Müntzer unterscheiden sich in ihrem Glaubensverständnis. Nach Luther hat Gott die sündigen Menschen allein aus Gnade (sola gratia) erlöst, während Müntzer der Auffassung ist, wer der Gnade Gottes gewiss sein wolle, müsse dem »bittern Christus« folgen. Das wahrhaftige Regiment Gottes beginne, so im Sendbrief an die Stolberger, wenn die Auserwählten sehen, was Gott durch sein Werk in ihnen bewirke. Für Müntzer und Luther ist die Glaubensfrage das zentrale Thema ihrer Theologie, aber Müntzer sieht Luther auf einem falschen Weg, denn er bleibe beim Wort stehen und lasse es nicht ins Herz ein. Luther und Müntzer folgen einem unterschiedlichen Obrigkeitsverständnis. Für Luther war jede Obrigkeit von Gott eingesetzt und allein legitimiert, das weltliche Regiment auszuüben. Wer sich ihr widersetze, der widerstrebe der von Gott geschaffenen Ordnung.13 Auch Müntzer respektierte die Obrigkeiten, wenn sie ihrer Pflicht nachkommen, die Untertanen zu schützen. Doch angesichts der Erfahrung, dass viele Regenten ihre Pflichten verletzen, tyrannisch handeln, Gläubige wegen ihres Glaubens verfolgen und das Evangelium missachten, vertrat er ein Widerstandsrecht. Luther und Müntzer unterscheidet ihr Verhältnis zur Gewalt. Während Luther unter Berufung auf Römer 13,1-2 die Anwendung von Gewalt durch die Untertanen ausschloss und das Gewaltmonopol der Obrigkeit rechtfertigte, verteidigte Müntzer mit Römer 13,3-4 das Widerstandsrecht. Das Schwert sei notwendig, um die Gottlosen zu vernichten. Damit das 393
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aber auf redliche Weise geschehe, sollen die Fürsten, »die Christum mit uns bekennen«, dieses Urteil vollstrecken. Sonst werde ihnen das Schwert genommen, wie es Daniel 7 verheiße.14 Widerstand ist folglich legitim, wenn die Obrigkeit Gewalt anwendet und den Untertanen kein anderes Mittel bleibt, um deren Tyrannei abzuwehren. Luther und Müntzer vertreten ein unterschiedliches Verständnis von christlicher Freiheit. Luther berief sich auf den Apostel Paulus,15 unterschied die geistliche und leibliche Natur des Menschen und schlussfolgerte, dass er innerlich frei, aber in den äußeren Dingen unfrei sei. Müntzer war eine solche Unterscheidung fremd, denn die Wiedergewinnung der Gottesfurcht erfordere, die Menschenfurcht zu überwinden, und das hieß auch, eine Befreiung in den äußeren Dingen zu bewirken. Seine kurze, aber einprägsame Formel lautete: »Es beczeugen fast alle ortheyl in der schrift, das die creaturn mussen frey werden, sol sunst das reyne wort Gottis aufgehn.«16 Luther und Müntzer sind unterschiedlicher Auffassung, in welchem Tempo die notwendige Reformation vollzogen werden soll. Während Luther dafür plädierte, auf die im Glauben noch Schwachen wenigstens eine Zeitlang Rücksicht zu nehmen, drängte Müntzer im Zeichen des nahen Gerichts zur Eile. Die Zeit der Ernte sei gekommen, und die Menschen sollen für die Stunde des Gerichts gerüstet sein. Er mahnte aber auch zur Besonnenheit, »unfüglichen Aufruhr zu meiden«17 und egoistisches Handeln zu unterlassen. Der Vergleich zeigt an, dass Luther und Müntzer alternative Vorstellungen vertraten, die in der Frage des Wesens der notwenigen Reformation und des einzuschlagenden Wegs differierten.
Chancen und Grenzen von Müntzers Alternative Welche Alternativen zum Erfolg führen, ist von den Bedingungen abhängig, mit denen sie konfrontiert werden, und vom persönlichen Einsatz der Akteure. In der Anfangsphase des reformatorischen Prozesses war das Verlangen nach einer Reformation die Alternative zum kritisierten Zustand von Kirche und Gesellschaft. Bald divergierten jedoch die Vorstellungen, wie diese gestaltet werden soll. Insofern erwies sich Müntzers konkurrierende Theologie mit ihren Folgerungen – neben den Vorstellungen anderer reformorientierter Kräfte – als mögliche Alternative. 394
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Müntzer hat von Luther Anregungen empfangen, aber er ist frühzeitig aus dessen Schatten getreten. Er erkannte bei diesem und seinen Mitstreitern Defizite: eine einseitige Orientierung an der Schrift, Unterschätzung des schweren Wegs zum wahren Glauben, Vernachlässigung der Nöte des »gemeinen Manns« und frühzeitige Anlehnung an die Obrigkeiten. Insofern kann Müntzers Vorstellung vom Wesen der Reformation als Korrektur zur Wittenberger Lehre verstanden werden. Doch letztlich plädierte er für eine andere Reformation. Müntzer hat seinen Standpunkt als Pfarrer und Seelsorger vertreten und verteidigt. Um seine Vorstellung von einer universalen Reformation in die Tat umzusetzen, begann er in Allstedt und wohl auch in Mühlhausen unverzüglich mit der Reform des Gottesdienstes und der Veröffentlichung einschlägiger Schriften. Das war ein wesentlicher Bestandteil seines Programms, denn bisher wurden die Gläubigen entmündigt, weil die Messe ganz auf die Person des Priesters konzentriert war und allein dessen Wort galt.18 Müntzers Liturgiereform hatte in einigen Regionen über seinen Tod hinaus zeitweilig Bestand. Um das Evangelium zur Geltung zu bringen, griff er in Mühlhausen zudem in die Gestaltung der innerstädtischen Verhältnisse ein: im September 1524, als er während eines Aufstands die Opposition gegen den Rat unterstützte und bei der Erarbeitung der Elf Artikel mitwirkte, und im März 1525, als ein neuer Rat eingesetzt wurde, wie es die Elf Artikel verlangten. Schließlich schloss er sich im April und Mai 1525 den Aufständischen in Thüringen an. Diese Bewegungen hat er nicht verursacht, aber durch sein Mitwirken geprägt. Ein entscheidender Faktor für die Umsetzung reformatorischer Ziele war es, die Öffentlichkeit dafür zu gewinnen.19 Müntzer dürfte sich dieser Tatsache bewusst gewesen sein. Er nutzte die Predigt und den Buchdruck, um Hörer und Leser mit seiner Lehre vertraut zu machen. Dass er damit Erfolg hatte, bestätigt der Zulauf zu seinen Predigten. Doch die Zeit in Zwickau, in Allstedt und in Mühlhausen war offensichtlich zu kurz, um die Menschen zu verändern und seine Vorstellungen zu institutionalisieren. Denn eine Kirche, die von seinem Geist geprägt wurde, hat es nicht gegeben. Auch war die Verbreitung und Wirkung von Müntzers Schriften limitiert. Der Prager Sendbrief von 1521 wurde nicht gedruckt. Den Buch395
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druck nutzte er erst seit 1523, doch keine seiner wenigen in deutscher Sprache verfassten Schriften erlebte einen Nachdruck an anderen Orten. Im Gegenteil: Die meisten Exemplare der beiden Pamphlete, die im Herbst 1524 die Druckerpresse in Nürnberg verließen, fielen der Zensur zum Opfer. Müntzers Lehre und seine Forderungen konnten folglich nur von einer begrenzten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen werden. In dieser Hinsicht ist seine publizistische Tätigkeit mit dem Einfluss Luthers und anderer Reformatoren nicht vergleichbar. Wesentlich für die Formung und Verbreitung einer reformatorischen Theologie war zudem der Rückhalt an einer Universität. Zugespitzt wurde geurteilt: »Das weltgeschichtliche Ereignis der Reformation beginnt im Hörsaal.«20 Luther stand als Professor der Leucorea ein Forum zur Verfügung, und viele seiner Kollegen und Studenten trugen seine Lehre weiter. Müntzer verfügte über solche Möglichkeiten nicht. Seine Lehre entstand außerhalb des Universitätslebens, sie verkörperte einen »unakademischen Theologietypus«.21 Er war zwar bereit, sie öffentlich prüfen zu lassen, aber dazu kam es nicht. Sie wurde verworfen, ohne dass eine substantielle Debatte diesen Schritt rechtfertigte. Für den Erfolg reformatorischer Bewegungen waren Netzwerke ein wichtiger Faktor. Luther wurde von Predigern, Humanisten und Gelehrten, von städtischen Räten und fürstlichen Obrigkeiten unterstützt, die den Radius seines Einflusses auf große Teile des Reichs ausweiteten. Die Unterstützung, die Müntzer erfuhr, nimmt sich dagegen bescheiden aus. Seine Anhänger rekrutierten sich überwiegend aus dem Umland von Allstedt und Mühlhausen. Darüber hinaus bekannte sich nur eine kleine Zahl einflussreicher Persönlichkeiten zu ihm. Soweit diese bekannt sind – zu denken ist an Heinrich Pfeiffer, Simon Haferitz, Johann Rothemeler, Hans Hut, Hans Denck, Melchior Rinck und Hans Römer – handelte es sich um Prediger, ehemalige Mönche und Handwerker, deren publizistische Tätigkeit sich bescheiden ausnahm. Der Buchführer Hans Hut vertrieb zwar Schriften Müntzers, aber von Haferitz und Rothemeler ist jeweils nur eine Druckschrift bekannt, und zwei Manuskripte Pfeiffers wurden in Nürnberg konfisziert, ehe sie in die Druckerpresse gehen konnten. Andere Sympathisanten wandten sich bald von ihm ab – so der Allstedter Schosser Hans Zeiß, der Hüttenmeister Christoph Meinhard oder Johann Agricola, der nach seinem Bruch mit Müntzer heftig gegen ihn polemisierte. 396
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Die Umsetzung von Ideen oder eines Programms bedurfte eines institutionellen Rückhalts. Den boten Bewegungen, so lange Entscheidungen noch nicht gefallen waren. Die institutionelle und rechtliche Absicherung reformatorischer Neuerungen gelang indes am ehesten, wenn Obrigkeiten diese akzeptierten und legalisierten. Müntzer konnte zwar zeitweilig mit der Unterstützung städtischer Räte rechnen, ihm ist es aber nicht gelungen, sie dauerhaft für seine Sache zu gewinnen. Luther konnte sich hingegen auf die kursächsischen Institutionen stützen. Das war »vielleicht das entscheidende Motiv dafür, dass die Reformation zu überleben und sich auszubreiten vermochte«.22 Um einen institutionellen Rückhalt zu gewinnen, forderte Müntzer in der Danielauslegung die sächsischen Fürsten auf, sein alternatives reformatorisches Programm zu unterstützen. Als sie sich versagten, schlug er andere Wege ein, zum Beispiel mit der Gründung des Allstedter Bundes und dann des Ewigen Bundes Gottes in Mühlhausen. Obwohl deren Mitglieder sich nicht nur aus beiden Kommunen rekrutierten, handelte es sich um Verbündnisse von regionaler Bedeutung. Auch mobilisierten die Fürsten bald ihre Truppen, um die Aufstände niederzuwerfen und Müntzer und seine Anhänger auszuschalten. Das war der entscheidende Faktor, der die von ihm vertretene Alternative zunichtemachte. Ob Müntzers Erwartung, die ganze Christenheit radikal zu erneuern (so zuerst im Prager Sendbrief), zu seiner Zeit realistisch war, muss bezweifelt werden. Tatsache ist, dass er nur in Allstedt und in Mühlhausen partiell Neuerungen auf den Weg bringen konnte. Andernorts ist ihm das nicht gelungen, und er hat keine Kirche gegründet, die seine Lehre bewahren konnte.23 Doch an dem weitgesteckten Ziel, die Christenheit zu reformieren und eine Gemeinschaft der Brüderlichkeit zu schaffen, hielt er fest, und während der »Schlacht« von Frankenhausen war er überzeugt, dass Gott unmittelbar in das Geschehen eingreifen werde. Müntzers Selbstverständnis als von Gott bestellter Schnitter in der Zeit der Ernte dürfte agitatorisch einprägsam gewesen sein. Die Gefahr lag indes nahe, diejenigen zu enttäuschen, die ihm folgten, wenn seine Prophezeiungen sich nicht erfüllten. Auch überforderte er die Menschen, wenn er erwartete, dass sie sich in kurzer Zeit im Sinn der Christusnachfolge und Abwerfung der Kreaturenfurcht ändern werden. Müntzer hat das gespürt, wenn er in seinem Brief an die Mühlhäuser vom 17. Mai 1525 schrieb, das 397
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Volk habe ihn nicht recht verstanden, sondern allein den eigenen Nutzen gesucht. Dieser Brief dokumentiert eindrücklich seine Tragik. Luther hat nach der Hinrichtung Müntzers wiederholt gewarnt, er sei zwar tot, aber sein Geist noch lebendig, weil manche seiner Anhänger weiterhin aktiv waren. Auf Luthers Wort beriefen sich bis in das 18. Jahrhundert Autoren, wenn sie meinten, dass manche Zeitgenossen noch dem Geist Müntzers vertrauten. Lange Zeit diente »der Allstedter« als abschreckendes Beispiel und Mahnzeichen, um unkonventionelle oder aufrührerische Ideen zu diskreditieren. Seit den Tagen der Französischen Revolution mehrten sich dann die Stimmen, die in ihm einen Vorkämpfer für eine gerechtere Gesellschaft sahen. Daran entzündete sich schließlich die anhaltende Debatte, ob er als radikaler Reformer oder sozialer Revolutionär zu betrachten sei. Dem verteufelten Häretiker widerfuhr allmählich durch sachliche, wenn auch nicht ideologiefreie Forschungen mehr Gerechtigkeit. Dieser Prozess ist jedoch nicht abgeschlossen. So lebt er unterschiedlich wahrgenommen fort und erweist sich bis heute als sperriges Erbe.24
Was bleibt? Über das Bild Müntzers entschieden lange Zeit die Sieger: Für sie war er ein charakterloser Mensch, der irrige Lehren verbreitet, das Volk verführt und Aufruhr gestiftet habe. Deshalb ließen sie ihn hinrichten. Die Nachwelt hat ihn immer wieder in den Schatten Luthers gedrängt. Doch der Blick auf die frühen Jahre der Reformation erweist, dass er im Ringen um den künftigen Weg einen eigenständigen Beitrag leistete, sich aber letztlich nicht durchzusetzen vermochte. War er deshalb ein Gescheiterter, ein Verlierer? Wenn er daran gemessen wird, dass seine Lehre verurteilt und sein Werk von den Siegern gewaltsam zerstört wurden, dann waren das Zeichen des Scheiterns. Doch er sah sich als Botenläufer Gottes, der ihn beauftragte, seine Botschaft den Menschen zu vermitteln. Er war bereit, das Kreuz zu tragen und den Tod als Märtyrer hinzunehmen. In seiner Hinrichtung sah er folglich eine Entscheidung Gottes, und er nahm den Tod als gerechtes Urteil an. Sein Werk wurde abgebrochen, aber in seinem Verständnis hatte er vollbracht, was ihm aufgetragen wurde.25 398
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Unter dem Titel »Selig sind die Verlierer« gab ein lutherischer Theologe zu bedenken: »Wer verliert, muss zwangsläufig lernen, über sich selbst nachzudenken, auch über das, was er verloren hat und warum er es verloren hat. Er muss prüfen, was daran wert war unterzugehen, und prüfen, was wert ist, aufgehoben zu werden, selbst wenn es unterlegen war, ja, fortgeworfen wurde.«26 Müntzer hatte eine solche Chance nicht. Ihm verblieben nach der Niederlage von Frankenhausen weniger als zwei Wochen Lebenszeit. So ist die Nachwelt herausgefordert zu bedenken, was bewahrenswert ist. Müntzers radikales reformatorisches Programm forderte dazu auf, die Sache »bei der Wurzel anzugreifen« und den großen Schaden zu beheben, der Kirche und Gesellschaft in eine Krise gestürzt hatte. Als nach seinem Tod die institutionelle Verfestigung der Kirchen erfolgte, wurde das Leben der Gemeinden zunehmend in konfessionelle Strukturen gezwängt und den Institutionen unterworfen. Der »Geist« verschwand im Lauf der Zeit gleichsam aus dem Kirchenraum, und dominant wurden Rituale. In Müntzers Sinn dürfte es sicher sein, dem »Geist« wieder mehr Raum zu geben. Der radikale Reformator verfolgte das Ziel, die Ordnung wiederherzustellen, die Gott der Welt gegeben hat. Nach seiner Überzeugung verstanden die Gläubigen sich zur Zeit der Apostel als eine Gemeinschaft der Brüderlichkeit, Gleichheit und Freiheit. »Brüderlichkeit« bedeutete, dass Egoismus, Geiz, Neid und Wucher keinen Platz haben sollten, das »Schinden und Schaben« überwunden werden und jeder sein Auskommen haben sollte. »Gleichheit« verlangte, dass keiner sich über den anderen erhebe, alle sollten auf gleicher Erde stehen und leben. »Freiheit« war schließlich nur möglich, wenn die »Kreaturenfurcht«, das heißt die Abhängigkeit der Untertanen von den Obrigkeiten, überwunden wird. Müntzer orientierte sich zwar an der Vergangenheit, wenn er an die Zeit der Apostel erinnerte und sich an dem ursprünglich gemeinschaftlichen Lebensformen und Normen orientierte, aber sein Blick war auf die Zukunft gerichtet, indem er die »Veränderung der Welt« im Blick hatte. Mit der Verurteilung seiner Lehre wurde auch das Verdikt über seine Vision gesprochen. Wenn jedoch religiöse, soziale oder politische Visionen als nicht opportun abgetan werden, versinkt die Gesellschaft in reinen Prag399
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matismus. Doch die Menschen leben auch von Hoffnungen und fragen, was zukünftig sein wird. Müntzer urteilte – wie viele seiner Zeitgenossen – aus einem apokalyptischen Zeitverständnis, das so heute nicht mehr relevant ist. Und doch befindet sich die Welt in einem erschreckenden Zustand. Das Leben von Millionen Menschen ist gezeichnet von Kriegen und Armut, Hunger, Flucht und Vertreibung, Egoismus, Korruption und Wucher, Krisen und Kulturverfall. Müntzers Aufforderung, der Welt eine neue Ordnung zu geben, ist folglich so aktuell wie zu seiner Zeit. Luther sprach den Bauern das Recht und die Macht ab, die Verhältnisse zu verändern. Müntzer hingegen sah die Zeit gekommen, sie grundlegend neu zu gestalten, und das hieß auch, dem auserwählten Volk die Gewalt dazu zu geben. Was bleibt? Ein mutiger Streiter für eine radikale Reformation, ein auf die Menschen zugehender Seelsorger, ein die sprachlichen Möglichkeiten einprägsam nutzender Prediger, ein zielbewusster Vordenker und kritischer Mahner. Eine solche Sicht glorifiziert ihn nicht, befreit ihn aber vom Makel des Bösewichts und der Diskriminierung als Geselle des Satans. Natürlich sollte ein Akteur des 16. Jahrhunderts nicht im Nachhinein befragt werden, wie Probleme des Einzelnen und der ganzen Gesellschaft 500 Jahre später zu lösen sind. Doch mit seinem Tod sind die Lehren und Visionen, die ihn in der Aufbruchphase der Reformation umtrieben, nicht abgegolten.
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Zeittafel Um 1489
21. Dezember (?) Geburt in Stolberg am Harz Umzug der Familie, vermutlich nach Quedlinburg, dort Schulbesuch
1506
Wintersemester 1506/07 Immatrikulation an der Universität Leipzig als »Thomas Müntzer aus Quedlinburg« Unterbrechung des Studiums, vermutlich im Schuldienst in Aschersleben und Halle
1512
Wintersemester 1512/13 Immatrikulation an der Universität Frankfurt/Oder als »Thomas Müntzer aus Stolberg«
1513/14
17. Dez. oder 15. April Priesterweihe in der Diözese Halberstadt
1514
6. Mai Präsentation vom Rat der Altstadt von Braunschweig für ein Altarlehen der Michaeliskirche Kontakte zu einer Gruppe von Bürgern um den Fernhändler Hans Pelt, die eine vertiefte vorreformatorische Frömmigkeit pflegte
1515/16
Vor Juni 1515 bis nach August 1516 Propst am Kanonissenstift Frose bei Aschersleben Eigenhändige Niederschrift des Officium St. Ciriaci Wahrscheinlich Lektüre von Schriften Johann Taulers und Heinrich Seuses Unterrichtung von Schülern aus Braunschweiger Familien
1517
Juni oder Juli Aufenthalt in Braunschweig bei Hans Pelt Kontakt zu dem Lateinschulrektor Heinrich Hanner (Anfrage zur Ablassproblematik)
1517 bis 1519
Aufenthalt in Wittenberg mit mehreren Unterbrechungen (Studien und Stellensuche)
1518 oder 1519
Frühjahr Reise nach Rothenburg ob der Tauber (Stellensuche)
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1519
Januar Aufenthalt in Leipzig, erneut im Juni/Juli 24. bis 26. April Predigtvertretung für Franz Günther in Jüterbog
1519/20
Vor Dezember bis Ende April Beichtvater im Zisterzienserinnenkloster Beuditz bei Weißenfels Lektüre der Kirchenväter und der Akten der Reformkonzile
1520
13. Mai bis September Predigtvertretung für Johannes Sylvius Egranus an der Kirche St. Marien in Zwickau Konflikt mit den Franziskanern um Pater Tiburtius von Weißenfels 1. Oktober Prediger an der Kirche St. Katharinen in Zwickau Enger Kontakt zu einer Gruppe um den Tuchmacher Nikolaus Storch, die eine persönliche biblizistische und endzeitlich orientierte Frömmigkeit vertritt 26. Dezember Predigtpolemik gegen den Marienthaler Pfarrer Nikolaus Hofer wegen dessen Ketzervorwurf, Vorladung durch die bischöfliche Behörde in Zeitz
1521
Seit Jahresbeginn sich verschärfender Konflikt mit dem humanistischen Reformtheologen Egranus, Kritik Johann Agricolas aus Wittenberg März/April Entschluss, das Braunschweiger Altarlehen aufzugeben 14. April Aushang von Schandbriefen gegen Egranus, kurz darauf gegen Müntzer 16. April Vorladung vor den kurfürstlichen Amtmann Wolf von Weißenbach und Entlassung durch den Rat Ende April/Mai Erkundungsreise nach Böhmen (Saaz?) 2. Junihälfte Aufbruch zur Reise nach Prag Seit Juli Aufenthalt in Prag, zunächst im Großen Kolleg des Karolinums, Predigten in den beiden Universitätskapellen (Fronleichnams- und Bethlehemkapelle) Entzug der Predigterlaubnis und Warten auf eine neue Möglichkeit zu wirken Studium der Werke Cyprians und Tertullians Seit Oktober Niederschrift des Sendbriefs an die Böhmen (zuerst vermutlich lateinische Fassung für die Gelehrten, deutsche Kurzfassung vom 1. November, deutsche Langfassung vom 25. November, Fragment der tschechischen Übersetzung) Dezember Abbruch der Böhmenmission und Rückkehr nach Thüringen Bemühen um eine Anstellung im Erfurter Benedektinerkloster St. Petri
1522
Februar/März möglicher Besuch bei Franz Günther in Lochau Aufenthalt in Kemberg bei Wittenberg, Schreiben an Philipp Melanchthon vom 29. März und Teilnahme an einem Kolloquium mit Melanchthon und Johannes Bugenhagen in Wittenberg 402
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Mitte April Predigten in Stolberg Juli bis September Aufenthalt in Nordhausen ohne feste Anstellung September gescheiterte Bewerbung um Anstellung in Sooden an der Werra Dezember Gespräch mit Hofprediger Wolfgang Stein in Weimar 20./21. Dezember Kontaktaufnahme zu Andreas Bodenstein, gen. Karlstadt, und Besuch bei ihm in Wittenberg, vermutlich Vermittlung nach Glaucha vor Halle
1522/23
Dezember bis Mitte März Kaplan und Prediger im Zisterzienserinnenkloster Glaucha vor Halle
1523
Seit Ende März Pfarrer an der St. Johanneskirche in der kursächsischen Amtsstadt Allstedt Einrichtung deutscher Wochengottesdienste und der Deutschen Messe (Karwoche und Ostern) Sommer Heirat mit der ehemaligen Nonne Ottilie von Gersen 9. Juli Schreiben an Luther (letzter Versuch einer Verständigung) 18. Juli »Sendbrief an die Brüder zu Stolberg« (erste gedruckte Schrift) Herbst (oder Frühjahr 1524) Gründung eines Geheimbundes, vermutlich als Folge des Konflikts mit dem Kloster der Zisterzienserinnen in Naundorf 22. September Rechtfertigung der Polemik gegen Graf Ernst von Mansfeld wegen des Ketzervorwurfs und des Verbots für dessen Untertanen, die Allstedter Gottesdienste zu besuchen 4. Oktober Schreiben an Kurfürst Friedrich den Weisen (Begründung seiner Polemik gegen Graf Ernst mit seinem prophetischen Verkündigungsauftrag angesichts der endzeitlichen Situation und Aufforderung zum Schutz der Gemeinde der Auserwählten) Herbst »Ordnung und Berechnung des Deutschen Amts zu Allstedt« (Druck) 4. bis 14. November Aufenthalt Kurfürst Friedrichs mit Gefolge auf Schloss All stedt bei seiner Reise zum Nürnberger Reichstag November »Protestation oder Erbietung Thomas Müntzers von Stolberg« (Druck) Glaubensgespräch der Allstedter Prediger auf dem Schloss
1523/24
»Deutsches Kirchenamt« (Druck)
1524
Anfang des Jahres »Von dem gedichteten Glauben« (Druck) 24. März Zerstörung der Mallerbacher Kapelle des Klosters Naundorf und anschließende landesherrliche Untersuchung des Vorfalls 13. Juli Predigt über Daniel 2 vor den Herzögen Johann und Johann Friedrich (erneute Aufforderung zum Schutz der Gemeinde der Auserwählten)
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Juli »Auslegung des andern Unterschieds Danielis des Propheten« (Druck in All stedt) Juli Luthers »Brief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist« 24. Juli Predigt über 2. Könige 22f. und öffentliche Gründung eines Schutzbundes, dem 500 Allstedter Bürger und auswärtige Sympathisanten angehören 31. Juli/1. August Vorladung von Schosser Hans Zeiß, des Allstedter Rats und Müntzers zu getrennten Verhören an den landesherrlichen Hof nach Weimar, beschlossen wird: Auflösung des Bundes und Entlassung des Druckers, ein endgültiger Bescheid folgt noch 3. August Müntzer wird in Gegenwart von Rat und Gemeindevertretern auf dem Allstedter Schloss das fürstliche Urteil mitgeteilt Letztes Schreiben an den Kurfürsten (Bekräftigung seines Sendungsbewusstseins und Bitte, ihm die Verteidigung gegen Luthers Anschuldigungen durch eine Druckschrift zu erlauben) August vollständiger Druck der »Deutsch Evangelisch Messe« (Druck in Allstedt) Nacht vom 7. zum 8. August heimliche Flucht aus Allstedt Ab Mitte August Aufenthalt in der Reichsstadt Mühlhausen 19. September Beginn eines Aufstands und Krise des Stadtregiments 22. September Brief an die christliche Gemeinde zu Mühlhausen (Werbung für ein anderes Regiment) 22./24. September Elf Artikel Müntzers und Heinrich Pfeiffers zur Umgestaltung der Mühlhäuser Verfassung 26./27. September Gründung des Ewigen Bundes Gottes 27. September Beschluss der Ausweisung Müntzers und Pfeiffers, dessen Vollzug sich aber einige Tage verzögert Oktober Aufenthalt bei Hans Hut in Bibra November/Dezember kurzzeitiger Aufenthalt in Nürnberg 2. November »Ausgedrückte Entblösung des falschen Glaubens« (konfisziert in der Nürnberger Druckerei Johann Hergots) 17. Dezember »Hoch verursachte Schutzrede« (konfisziert in der Nürnberger Druckerei Hieronymus Höltzels) Dezember Begegnung mit Johannes Oekolampad und Ulrich Hugwald in Basel
1524/25
Dezember/Januar Aufenthalt in Grießen und im Gebiet der ersten bäuerlichen Aufstände (Hegau/Klettgau)
1525
Mitte Februar Rückkehr nach Mühlhausen, gemeinsames Wirken mit Pfeiffer zur Veränderung der städtischen Verhältnisse 28. Februar Pfarrer an der St. Marienkirche 16. März Absetzung des alten Rats und Einsetzung des Ewigen Rats 26. April Zug des Mühlhäuser Aufgebots nach Langensalza
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26. April Aufruf an die Mitglieder des ehemaligen Allstedter Bundes zum bewaffneten Endkampf gegen die »Gottlosen« 1. bis 5. Mai Zug durch das Eichsfeld bis Heiligenstadt und Duderstadt 11. Mai Aufbruch nach Frankenhausen mit einem Drittel des Mühlhäuser Aufgebots 12. Mai ultimative Aufforderung an die Grafen Albrecht und Ernst von Mansfeld, sich vor den Aufständischen zu verantworten 14. Mai Scharmützel einer Vorhut des Landgrafen Philipp von Hessen vor Frankenhausen 15. Mai Niederlage der Aufständischen auf dem Hausberg (später Schlachtberg genannt) bei Frankenhausen, Gefangennahme Müntzers in der Stadt und Überstellung an Graf Ernst von Mansfeld zum Verhör in Heldrungen 17. Mai Abschiedsbrief an die christliche Gemeinde und den Rat von Mühlhausen 25. Mai Überführung des Gefangenen aus Heldrungen in das Fürstenlager bei Görmar 27. Mai Hinrichtung Müntzers und Pfeiffers vor Mühlhausen 19. August Schreiben Ottilies an den sächsischen Herzog Georg, ihre Habe herauszugeben, was nicht geschieht; Erwägung, sich wieder in ein Kloster zu begeben
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Stationen Thomas Müntzers
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Braunschweig
Jüterbog Wittenberg Halberstadt Frose Kemberg Quedlinburg Stolberg Aschersleben Halle/Glaucha Nordhausen Allstedt FrankenHeiligenstadt Leipzig hausen Mühlhausen Heldrungen Beuditz Görmar Weimar Orlamünde
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Abkürzungsverzeichnis ABKG Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen ADB Allgemeine Deutsche Biographie AGBM Akten zur Geschichte des Bauernkriegs in Mitteldeutschland ARG Archiv für Reformationsgeschichte FB Forschungsbibliothek FS Festschrift Jb Jahrbuch JLH Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie JRG Jahrbuch für Regionalgeschichte JWG Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte LMA Lexikon des Mittelalters LuJ Lutherjahrbuch MB Mühlhäuser Beiträge MSB Thomas Müntzer. Schriften und Briefe. Kritische Gesamtausgabe QGB Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges QNRG Quellen zur Nürnberger Reformationsgeschichte RE Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche RH Rudolstädter Heimathefte RSB Ratsschulbibliothek Zwickau RV Ratsverlass 407
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SH Sächsische Heimatblätter StA Studienausgabe StadtA Stadtarchiv ThLZ Theologische Literaturzeitung ThMA Thomas-Müntzer-Ausgabe. Kritische Gesamtausgabe TRE Theologische Realenzyklopädie VD16 Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts
WA D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe WA Br D. Martin Luthers Werke. Briefwechsel WA DB D. Martin Luthers Werke. Deutsche Bibel WA TR D. Martin Luthers Werke. Tischreden WZ Wissenschaftliche Zeitschrift ZfG Zeitschrift für Geschichtswissenschaft ZKG Zeitschrift für Kirchengeschichte ZHVG Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde
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Anmerkungen In Quellenzitaten werden die Konsonantendopplungen getilgt und u und v normalisiert. »Neu Ordnung machen in der Welt« Eine Einleitung (zu S. 11-16) 3 4 5 6 7 1 2
WA Br 3, S. 480 (Nr. 860). Lichtenberger: Pronosticatio zu theutsch, Bl. H2. Grünpeck: Ein spiegel , Bl. a3. Rynman: Practica, Bl. B 3v. MSB, S. 255. ThMA 2, S. 314 (Nr. 92). MSB, S. 255.
I. »Ich, Thomas Muntzer, bortig von Stolbergk« Vom Harz zur Universität (zu S. 17-48) MSB, S. 225. Ebenda. 3 Flugschriften der Bauernkriegszeit, S. 491. 4 Luther schrieb in seiner Schrift »Ob kriegsleute auch yn seligem stande seyn ku(e)nden« (Wittenberg 1526), »meine landleute die Hartzlinge« haben ein Sprichwort: »Ich habe yhe werle [wahrlich] gehort / Wer schlecht / wird wider geschlagen« (StA Bd. 3, S. 387). 5 MSB, S. 338f. 6 Damköhler: Die Mundarten des Harzgaus. 7 ThMA 3, S. 37 (Nr. 3). 8 ThMA 2, S. 34 (Nr. 17). 9 Ebenda, S. 82 (Nr. 33). 10 MSB, S. 491 (Nr. 2a). 11 Ebenda, S. 495 (Nr. 2b). 12 ThMA 2, S. 206 (Nr. 64). 13 MSB, S. 225. 14 Schubert: Die Harzgrafen, S. 13-115; Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 18-25. 15 Von Liliencron: Die historischen Volkslieder, Bd. 3, S. 133: »Die newen lef iez in der welt / Seind wunderlich und ungezelt«. 16 Hartleben: Vom gastfreien Pastor, S. 8f. 17 Handbuch der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bd. 1. Karte: Wirtschaft und Handel im Spätmittelalter um 1500 (Beilage). 1 2
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Stievermann: Die Wettiner als Hegemonen, S. 379-393. Brückner: Zwischen Reichsstandschaft und Standesherrschaft, S. 14-98. Ließmann: Historischer Bergbau im Harz, S. 19-23, 61-66, 106-123, 124125, 131-134. Brückner: Adel und Bergbau, S. 260-292; Oelke: Der alte Bergbau, S. 337354; Schubert: Die Harzgrafen, S. 68-74. Regesta Stolbergica, S. 774 (Nr. 2293) und 797f. (Nr. 2364). Ebenda, S. 719f. (Nr. 2131). Ebenda, S. 792 (Nr. 2350). Brückner: Zwischen Reichsstandschaft und Standesherrschaft, S. 199-203. Schubert: Die Harzgrafen, S. 28-30. Ebenda, S. 98-115. Brückner: Zwischen Reichsstandschaft und Standesherrschaft, S. 135. Zit. ebenda, S. 143. Regesta Stolbergica, S. 491 (Nr. 1474), S. 543 (Nr. 1631). Ebenda, S. 551 (Nr. 1653), S. 552 (Nr. 1658). Schubert: Die Harzgrafen, S. 57-60. Ebenda, S. 55-57; Von der Höh: Stadt und Grafenhof, S. 487f., 508-510; Alltag und Frömmigkeit, S. 354-356; Kühne: Der Harz und sein Umland, S. 96-103. Bräuer: Thomas Müntzers Tedeum, S. 187. Bünz/Kühne: Frömmigkeit um 1500, S. 23. Pfeil: Katalog der deutschen und niederländischen Handschriften, S. 330333. Ehemals Wernigerode, Fürstlich-Stolbergische Bibliothek, Zb 42m, Bl. 68v. Goebke: Neue Forschungen über Thomas Müntzer, S. 1-30; ders.: Thomas Müntzer – familiengeschichtlich und zeitgeschichtlich gesehen, S. 91-100. Dagegen polemisierten vor allem Bensing: Thomas Müntzers Frühzeit, S. 423-430; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 18, 23-26; Bräuer: Thomas Müntzer von Stolberg, S. 28-31. So zuerst Boehmer: Studien zu Thomas Müntzer, S. 12. Theodor Kolde schrieb bereits 1903, Müntzer sei vor 1490 geboren, ohne dieses Datum vom Jahr der Immatrikulation abzuleiten. Vgl. Kolde: Münzer, Thomas, S. 556. Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 16-19. Pfitzner: Tileman Platner, S. 7f.: Jacobs: Platner, Tileman, S. 262-265. Das Haus von Tilemans Vater befand sich direkt neben dem Geburtshaus Müntzers (Sauter: Das Geburtshaus, S. 30). Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 309 (Nr. 4.4); ThMA 3, S. 38 (Nr. 4) ThMA 2, S. 84 (Nr. 35). Geierberg: Wie man den Wiederteufern auf die yrthumb […] antworten […] solle, Bl. A5v; Manlius: Locorvm communium collectanea, Bd. 2, S. 135; Boehmer: Studien zu Thomas Müntzer, S. 14. Offen bleibt hier, ob es sich um den leiblichen Vater oder einen Stiefvater handelt.
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ThMA 2, S. 79-80 (Nr. 32). Herzog Georg schrieb am 9. September 1525 an den Rat zu Bautzen, dass ein Bürgermeister der Stadt »des zunamens auch Muntzer heyßet und Thomasen Muntzer vorwant gewesen sey« (ABKG 2, S. 395, Nr. 1134). Album Academie Vitebergensis, Bd. 3, S. 327 (Register). Bis 1557 werden Namensträger in unterschiedlicher Schreibweise unter anderem aus Wittenberg, aber auch aus Ansbach, Bautzen, Freiberg, Fulda und Goslar aufgeführt. Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 36f., nennt für Leipzig bis 1524 19 Inskripierte mit dem Namen Müntzer. Bräuer: Thomas Müntzer von Stolberg, S. 31-50. Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 29-37. ThMA 2, S. 80 (Nr. 32): »Meyne mutter hat genuck czu euch bracht, das myr vil leuthe czu Stolbergk und Quedelingenburgk beczeugen.« Ebenda, S. 84 (Nr. 35): »multa suppellectilia ex morte matris«. Zeitfuchs: Stolbergische Kirchen- und Stadt-Historie, S. 256. Jacobs: Zeitfuchs, Johann Arnold, S. 11-13. Lärchner: Geschichte der gräflichen Häuser, S. 149; Sauter: Das Geburtshaus, S. 21-26 und 83f. Nachbildungen der Ecksäulen aus diesem Haus, deren Originale sich im Stolberger Museum »Alte Münze« befinden, hat Klaus F. Messerschmidt für das Müntzer-Denkmal auf dem Stolberger Markt verwendet. Sauter: Das Geburtshaus, S. 287-301. Abbildungen des Hauses ebenda S. 47-59. Ebenda, S. 32f. Ebenda, S. 28-45. Bräuer: Thomas Müntzer von Stolberg, S. 36-41; Sauter: Das Geburtshaus, S. 126-133. Die Quellen nennen ihn zumeist »Matt(h) montzer«, gelegentlich »Mattis«, »Matthus«, »Matus«, »mattise«, »Mattesen«. Goebke: Neue Forschungen, der zuerst auf ihn aufmerksam machte, nennt ihn »Matthias«. Dieser Schreibweise folgten die meisten Autoren. Bräuer: Thomas Müntzer von Stolberg, S. 39. Sauter: Das Geburtshaus, S. 135-149. Der Rentmeister Heinrich Schneidewein erwähnt in einem Verzeichnis der Ausgaben für die Jahre 1500 und 1501 »Meister Matt[hes] zelig abschied« (ebenda, S. 151). Elliger: Thomas Müntzer: »Es wäre aber ebenso denkbar, daß er Stolberg damals verlassen hat und nach Quedlinburg übergesiedelt ist« (S. 11); Bensing: Thomas Müntzer: »Seit 1502 erscheint er nicht mehr in der Ratsrechnung, muß also gestorben oder verzogen sein« (S. 17). Sauter: Das Geburtshaus, S. 153f. Elliger: Thomas Müntzer: »Die bisher bekannten Daten könnten es nahelegen, als den Vater […] Matthias Montzer in Betracht zu ziehen« (S. 11); Bensing: Thomas Müntzer: »Gehen wir davon aus, daß Müntzer in den 80er
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Jahren geboren worden ist, könnte der 1484 erstmals in der Stolberger Ratsrechnung erscheinende Matthias Montzer sein Vater gewesen sein« (S. 17); Bubenheimer: Thomas Müntzer: Es fehle noch ein einigermaßen plausibles Argument, »warum gerade Matthias Montzer der Vater des Thomas Müntzer sein solle, nachdem noch weitere Träger dieses Familiennamens in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Stolberg belegt sind. Damit soll nicht in Abrede gestellt werden, daß Matthias Montzer der Vater Müntzers sein könnte« (S. 26); Lücke: Thomas Müntzer Stolberg (Harz): »Verständlicher erscheint die Annahme, in Matthes Montzer den Vater des Thomas Müntzer zu sehen« (S. 14); Sauter: Das Geburtshaus, S. 130. Von der Höh: Stadt und Grafenhof, S. 489 Anm. 10; Sauter: Vom Alltag, S. 9f. Schubert: Die Harzgrafen, S. 68-74. Auch Stadtturm genannt. Als Seigerturm wurde er entweder wegen der benachbarten Seigerhütte oder – eher noch – wegen der Turmuhr bezeichnet. Hennrich: Zur Baugeschichte des Schlosses Stolberg, S. 160-179. Lücke: Zwei Stolberger Rathäuser, S. 197-212. Pfitzner: Die Kirche St. Martini zu Stolberg, S. 292-332; Zeitfuchs: Stolbergische Kirchen- und Stadt-Historie, S. 140-165. Sauter: Vom Alltag, S. 80. Ebenda, S. 73-76. Ebenda, S. 150-152. Ebenda, S. 39-40. Jacobs: Das Stolbergische Ratsjahrbuch, S. 158. Sauter: Vom Alltag, S. 57-59, 210-212, 217-220. Von der Höh: Stadt und Grafenhof, S. 487-511. Beispiele für Botendienste und andere Dienstleistungen bei Goebke: Neue Forschungen, S. 20f. Bräuer: Thomas Müntzer von Stolberg, S. 34. Ebenda, S. 35. Ebenda, S. 44f. Sauter: Das Geburtshaus, S. 161-169. Ebenda, S. 120f. Von der Höh: Stadt und Grafenhof, S. 87f. Sauter: Vom Alltag, S. 15-19. Ebenda, S. 16f. ThMA 3, S. 36 (Nr. 2). Wozniak: Quedlinburg im 14. und 16. Jahrhundert, S. 80-318; Grubitzsch: Zur Struktur und Baugeschichte, S. 18-29. Zeller: Die Kirchenbauten Heinrichs I., S. 13-46. Wozniak: Quedlinburg im 14. und 16. Jahrhundert, S. 320. Unzutreffend ist, dass Müntzer eine Zeitlang im Augustinerkloster lebte. So ebenda, S. 163 und 348.
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Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 39. ThMA 2, S. 35 Anm. 19. Schneider: Leipzig, S. 24-79; Czok: Das alte Leipzig, S. 9-52. Bünz: Gründung und Entfaltung, S. 55-320. Šmahel: The Kuttenberg Decree, S. 159-171. Töpfer: Die Universitäten Leipzig und Wittenberg, S. 49-58. 100 Zit. Friedberg: Die Universität Leipzig, S. 108. 101 Döring: Der Leipziger Buchdruck, S. 87-98; Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 52-54. 102 Drucker/Rüdiger: Zu Thomas Müntzers Leipziger Studentenzeit, S. 445-453; Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 42-54; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 51-59. 103 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 47-51, S. 48 Anm. 38 (»de stolberg«), Anm. 40 (»Stalbergensi«), S. 51 Anm. 59 (»de stolbergk«). 104 ThMA 3, S. 36 (Nr. 2); Die Matrikel der Universität Leipzig, Bd. 1, S. 477. 105 Sembdner: Stadt und Universität Leipzig, S. 33-43. 106 Hoyer: Der Alltag an einer Universität, S. 253f. 107 Ludwig: Die Kosten eines Universitätsstudiums, S. 653-690. 108 Ebenda, S. 670, 678. 109 Vater und Sohn im 16. Jahrhundert, S. 96. »Quam sumptuosum autem sit in gymnasiis vitam ducere, nemo melius sentit quam meum marsupium« (S. 98). 110 Die Matrikel der Universität Leipzig, Bd. 1, S. 476f. 111 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 30-32. 112 Hoyer: Der Alltag an einer Universität, S. 239f. 113 Elliger: Thomas Müntzer: Wenn nicht alles trüge, »war er…von vornherein gewillt, Geistlicher zu werden« (S. 20). Auch Wolgast: Thomas Müntzer, schließt aus dem Selbstzeugnis, es lasse keinen Zweifel, »daß das Berufsziel Müntzers von Anfang an die Theologie gewesen ist, obwohl er nie bis zum eigentlichen Theologiestudium vorgedrungen ist« (S. 10). 114 MSB, S. 491 (Nr. 2a). 115 Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 44-46; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 44-45; Bünz: Gründung und Entfaltung, S. 178-183. 116 Höhle: Universität und Reformation, S. 63f. 117 Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 47, 49-50. 118 Clemen: Ästicampians Leipziger Abschiedsrede, S. 263. 119 Ebenda, S. 266. 120 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 54f. 121 Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 47-49; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 53, 57-58. 122 Drucker/Rüdiger: Zu Thomas Müntzers Leipziger Studentenzeit, S. 450f.; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 42. 123 Elliger: Thomas Müntzer, S. 28. 94 95
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ThMA 3, S. 271 (Nr. 175). Kobuch: Thomas Müntzer in Aschersleben und Frose, S. 314-315. 126 Straßburger: Geschichte der Stadt Aschersleben, S. 21-161; Brinkmann: Beschreibende Darstellung der älteren Kunstdenkmäler, S. 4-10. 127 Ritzau: Das Schulwesen der Stadt Aschersleben, S. 18; Urkunden S. 71-73; Straßburger: Geschichte der Stadt Aschersleben, S. 103-105. 128 ThMA 2, S. 238 Anm. 20 (Nr. 73). 129 ThMA 3, S. 338 (Nr. 73). 130 ThMA 2, S. 11 Anm. 2 (Nr. 9). 131 Ebenda, S. 11f. (Nr. 9). 132 Gueinzius: Thomas Müntzer weiland Schul-Bedienter in Halle, Sp. 721f.; Fauth: Thomas Müntzer in bildungsgeschichtlicher Sicht, S. 21-23. 133 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 60f. 134 ThMA 3, S. 271 (Nr. 175). 135 Hertzberg: Geschichte der Stadt Halle, Bd. 1, S. 514f.; Schultze-Galléra: Geschichte der Stadt Halle, Bd. 2, S. 436-438. 136 Dreyhaupt: Pagvs neletici et nvdzici, S. 190. 137 Vorsichtiger urteilt Schultze-Galléra: Geschichte der Stadt Halle, Bd. 2: »Aber die Verschwörung ist nicht zum Ausbruch gekommen, vielleicht trat Ernsts Tod dazwischen« (S. 441). 138 Abwegig ist die Vermutung, »daß die Verschwörung in Müntzers zweiten Hallenser Aufenthalt fällt, und daß er sie in den ersten zurückverlegt hat, um statt seiner noch lebenden Mitverschworenen nur Tote nennen zu können« (Schiff: Thomas Münzer als Prediger in Halle, S. 292). 139 ThMA 3, S. 37 (Nr. 3); Aeltere Universitäts-Matrikeln. Teil 1: Universität Frankfurt a. O., Bd. 1, S. 34. 140 Ebenda, S. 31-35. 141 Straube: Die Stellung Frankfurts im Wirtschaftsleben, S. 73-83. 142 Mühlpfordt: Die Oder-Universität 1506-1811, S. 30-41; Höhle: Universität und Reformation, S. 11-20. 143 Teitge: Der Buchdruck des 16. Jahrhunderts, S. 5-48. 144 Fläschendräger: Viadrina und Studium Lipsiense, S. 171-178; Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 59-62. 145 Husa: Tomáš Müntzer a Čechy, S. 13-15. 146 Aeltere Universitäts-Matrikeln, Teil 1: Universität Frankfurt a. O., Bd. 1, S. 33-35. 147 Ebenda, S. 3. 148 Ebenda, S. 13 und 34. 149 Ebenda, S. 36 und 37. 150 Ebenda, S. 34. 151 Höhle: Universität und Reformation, S. 65-67. 152 Ebenda, S. 124-131, 136-140. 153 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 41-43. 124
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ThMA 2, S. 82 (Nr. 33). Ebenda, S. 9 (Nr. 8), S. 15 (Nr. 11), S. 102 (Nr. 41). Ebenda, S. 63 (Nr. 26). Ebenda, S. 71 (Nr. 28). Ebenda, S. 25 (Nr. 15 Johannes von Weida), S. 36 (Nr. 18 Achatius Glor), S. 38 (Nr. 19 Heinrich von Bünau) S. 40 (Nr. 20 Hermann Ferber), S. 60 (Nr. 25 Johann Caphan), S. 86 (Nr. 36 Hans Lebe), S. 95 (Nr. 40 Hans Sommerschuh), S. 117 (Nr. 45 Martin Gentzel und Veit Goldschmidt), S. 125 (Nr. 46 Franz Günther), S. 147 (Nr. 52 Johann van den Esschen), S. 158 (Nr. 56 Engelhard Mohr), S. 235 (Nr. 73 Martin Seligmann), S. 323 (Nr. 94 Wolfgang Juche). ThMA 3, S. 171 (Nr. 111). Auch Bernhard Dappen sprach in seinen Berichten vom Mai 1519 von dem »novem predicatorem nomine magistrum Thomam« (ThMA 3, S. 39, Nr. 5). Das älteste Dekanatsbuch, Teil 1, S. 5. ThMA 3, S. 37 (Nr. 3). Das älteste Dekanatsbuch, Teil 1, S. 3. Delius: Johann Agricolas Berufung als Hofprediger, S. 107-119. Höhle: Universität und Reformation, S. 508-510. Junghans: Ursachen für das Glaubensverständnis Thomas Müntzers 1524, S. 147f.
II. »Nicht für mich forsche ich« Müntzer im Dienst der Kirche (zu S. 49-91)
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Bräuer: Thomas Müntzers Beziehungen, S. 636-638; ders.: Der Beginn der Reformation in Braunschweig, S. 169-206; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 66-89, 108-144. Mörke: Rat und Bürger, S. 34-44, 79-87. ThMA 3, S. 37-38 (Nr. 4); Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 308-309 (Nr. 4.4); dazu ebenda, S. 70-75. Dorn: Mittelalterliche Kirchen in Braunschweig, S. 237-238. Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 76-82. Vgl. dazu allgemein Heepe: Die Organisation der Altarpfründen, S. 9-68. Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 301-308 (Nr. 4.1-4.3). ThMA 2, S. 5-6 (Beilage zu Nr. 3). ThMA 3, S. 38 (Nr. 4); Original lateinisch. Elliger: Thomas Müntzer, S. 27f. Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 82-89. Ob direkte verwandtschaftliche Beziehungen der Müntzerfamilie nach Braunschweig bestanden (so Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 22f., 125f.), kann bisher nicht belegt werden. Bräuer: Thomas Müntzers Kirchenverständnis, S. 104; Islebius: Homiliae deutsch, Bd. 3, Bl. 88. 415
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ThMA 2, S. 3-5 (Nr. 3). Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 77f. Ebenda, S. 305 (Nr. 4.2). ThMA 2, S. 102 (Nr. 41). Fauth: Thomas Müntzer in bildungsgeschichtlicher Sicht, S. 24. Bräuer: Der Beginn der Reformation in Braunschweig, S. 97-98, 100-111; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 116-124, 132-144, 244 Anm. 14, S. 245 Anm. 21, S. 262 Anm. 5, S. 266 Anm. 37, S. 268 Anm. 57. ThMA 2, S. 100-114 (Nr. 41). Ebenda, S. 103 Anm. 15. Ebenda, S. 6 Anm. 2. Ebenda, S. 7 Anm. 2. Ebenda, S. 110 Anm. 82. Ebenda, S. 114 Anm. 112. Bräuer: Der Beginn der Reformation in Braunschweig, S. 182 und Anm. 58: »Wente de erst anfanck scal wesen yn dem ynkere, alse de wyse sprikt.« Bünz/Kühne: Frömmigkeit um 1500, S. 15-27. ThMA 3, S. 44: »expulsus e civitate Brunsvicksensi«. Flugschriften der Bauernkriegszeit, S. 528. Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 86-89. Sein Testament vom 31. Januar 1543 enthält ein Verzeichnis seiner fast 200 Bände umfassenden Bibliothek, die lateinische Predigtliteratur, Schriften der Kirchenväter, aber auch des für eine Kirchenreform eintretenden Mystikers Gerson, die Revelationes der heiligen Brigitta sowie reformatorischer Autoren, vor allem Luthers, aufweist (Braunschweig, A I Nr. 7 Stück 63). ThMA 2, S. 82 (Nr. 34). Ebenda, S. 102-104 (Nr. 41). Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 309-310 (Nr. 4.5); ThMA 2, S. 112 Anm. 96. Kobuch: Thomas Müntzer in Aschersleben und Frose, S. 317-331; ThMA 2, S. 3 Anm. 3. Ludolf Wittehovet an »Thomas Munter prepositus to Vrose«, Juni 1515 (ThMA 2, S. 3-5, Nr. 3); Claus Winkeler an »Thoma Monetarii ac preposito in Frosa«, 25. Juli 1515 (ebenda, S. 9-10, Nr. 8); Matthäus Volmar an »domini Thome prefecti in Vroße«, 28. August 1516 (ebenda, S. 11-12, Nr. 9). Schulze/Specht: Das Stift Gernrode; Lohse: Geschichte über das Dorf Frose, S. 12-45. Popperod: Annales Gernrodensium, S. 66. Zeller: Die Kirchenbauten Heinrichs I., S. 62-64; Frotscher: Die Stiftskirche in Frose. ThMA 2, S. 9 Anm. 2 (zu Nr. 8). Ebenda, S. 9-10 (Nr. 8). Ebenda, S. 6-7 (Nr. 4 u. 5); zu deren Antworten S. 8 (Nr. 6 u. 7).
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Ebenda, S. 11-12 (Nr. 9). Ebenda, S. 12. Original lateinisch. So Winterhager: Thomas Müntzer als nebenberuflicher Spezialist für Halskrankheiten, S. 237-244. ThMA 2, S. 12-14 (Nr. 10). Ebenda, S. 13: »das euch der Taulerus noch pruder Seuß gelernt haben oder in irn geschriften geleßen habt, das ir den schonen meydlein der kirchweich [Geschenke] solt kaufen.« MSB, S. 485-490 (Nr. 1); Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 90. Bieritz: Das Kirchenjahr, S. 28-31. Ebenda, S. 218-220. Ritzau: Das Schulwesen der Stadt Aschersleben, S. 49. Honemeyer: Thomas Müntzer und Martin Luther, S. 38. Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 94. Bräuer: Der Beginn der Reformation in Braunschweig, S. 176: »dadurch von wegen des aflats Lutherus In dat Spel geret, dardurch dei lere des Evang[eliums] an den dag gebracht ist, und des babstes Tirannie, logen vnd mordt werdt an den dach gebracht.« Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 96-108; ders.: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 17-20. ThMA 2, S. 14 Anm 2 (zu Nr. 11); Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 104f. ThMA 2, S. 15 (Nr. 11). Original lateinisch. Kühne/Brumme: Ablässe und Wallfahrten, S. 39-71. Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 101; Fauth: Thomas Müntzer in bildungsgeschichtlicher Sicht, S. 25f. ThMA 2, S. 17 (Nr. 11). Original lateinisch. Ebenda, S. 18. Ebenda, S. 9 (Nr. 8). Die Interpretation des offenbar nur von Claus Winkeler gebrauchten Terminus bereitet Schwierigkeiten. Er wurde bisher in Editionen als »Ungerechtigkeit« bzw. »Unredlichkeit« gedeutet (ThMA 2, S. 9, Anm. 4; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 244, Anm. 6). Es kann aber auch heißen, dass Müntzer hier als Verfolger dessen bezeichnet wird, was nicht gerechtfertigt ist, also eine theologische Interpretation naheliegt. ThMA 2, S. 10. Zit. Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 15. Ebenda, S. 15 Anm. 57. Ebenda, S. 15. ThMA 3, S. 45 (Nr. 5). Original lateinisch. Ebenda, S. 51. Ebenda, S. 100 (Nr. 56). MSB, S. 341. Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 154-170.
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Lang: Der Kurfürst zu Besuch, S. 93-116; Bünz: Residenz und Hof, S. 16-29. Kühne: Ostensio reliquiarum, S. 403-423; Krentz: Ritualwandel und Deutungshoheit, S. 66-83. 73 Bünz: Wittenberg 1519, S. 22. 74 Ebenda, S. 22f. 75 Kruse: Universitätstheologie, S. 31-42; Kohnle: Die Wittenberger Theologische Fakultät, S. 201-207. 76 Kruse: Universitätstheologie, S. 42-112. 77 Cochläus: Eine christliche Vermahnung der heiligen Stadt Rom an Deutschland. – In: Flugschriften gegen die Reformation, S. 629. 78 Straube: Soziale Struktur, S. 145-188. 79 Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 22-24. 80 »Und mein tag nie von im wan ein predig zu Wittenburg gehort habe« (ThMA 3, S. 101, Nr. 56). Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, deutet »wan« als »außer« (S. 28f.). 81 ThMA 2, S. 19-20 (Nr. 12). 82 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 170-186. 83 ThMA 2, S. 19 (Nr. 12); Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 252 Anm. 1. 84 ThMA 2, S. 35 Anm. 19 (zu Nr. 17); Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 256 Anm. 29. 85 ThMA 2, S. 34 (Nr. 17). 86 Held: Thomas Müntzer in Orlamünde, S. 1224-1230; Joestel: Ostthüringen und Karlstadt, S. 29, 75f. 87 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 253-259. 88 Ebenda, S. 254. 89 Ebenda, S. 177-181. 90 ThMA 2, S. 32 (Nr. 17). Original lateinisch. 91 ThMA 3, S. 55 (Nr. 7). 92 Ebenda. 93 Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 109f., spricht von einer Legende, die Niederschrift sei nach der Niederlage des Bauernkriegs unter dem Einfluss der negativen Meinungsbildung über Müntzer erfolgt. 94 Zit. Held: Thomas Müntzer in Orlamünde, S. 1227. 95 ThMA 2, S. 20-24 (Nr. 13); dazu Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 170-173. 96 Kirchner: Franz Günther, S. 27-38; Bensing/Trillitzsch: Bernhard Dappens ›Articuli … contra Lutheranos‹, S. 114-117; ThMA 2, S. 27f. Anm. 2 (zu Nr. 16). 97 Ackermann: Thomas Müntzer, S. 43-46. 98 Hammer: Franziskanerdisputation, S. 625-628; Schlageter: Das Franziskanerkloster in Wittenberg, S. 91-99. 99 Brendler: [Einleitung], S. 6f. 100 Bensing/Trillitzsch: Bernhard Dappens ›Articuli … contra Lutheranos‹, S. 113-147; Delius: Luther und die Franziskaner in Jüterbog, S. 7-13; Brendler: 71 72
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[Einleitung], S. 5-14; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 186-193; Lohse: Thomas Müntzer in neuer Sicht, S. 81-89; Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 11-21; Kruse: Universitätstheologie, S. 200-205. 101 Smolinsky: Augustin von Alveldt, S. 168-170; Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 303-313. 102 ThMA 3, S. 39-53 (Nr. 5). 103 Nach Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, könnte es sich um Gabriel Zwilling handeln (S. 12), der in Wittenberg studierte und 1517 in den Augustinerorden eintrat. 104 ThMA 3, S. 45. Original lateinisch. 105 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 187. 106 ThMA 3, S. 45. 107 Ebenda. 108 Ebenda, S. 47. 109 Ebenda. 110 Brendler: [Einleitung], S. 8. 111 Junghans: Thomas Müntzer als Wittenberger Theologe, S. 271. 112 WA 1, S. 379: »nit allein under der bangk gelegen, sundern von staub und mutten nahend vorweßet.« Vgl. dazu Friesen: Thomas Muentzer, S. 33f. u. 39. 113 Lohse: Thomas Müntzer in neuer Sicht, S. 82f. 114 ThMA 3, S. 51. 115 Ebenda. 116 Ebenda, S. 49. 117 Ebenda. 118 Articuli per fratres minores de observantia propositi Reverendissimo domino Episcopo Brandenburgensis contra Luteranos, Ingolstadt 1519. 119 ThMA 3, S. 49. 120 Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 21 Anm. 70. 121 Lohse: Thomas Müntzer in neuer Sicht, S. 87. Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, urteilt: »Trotz der unverkennbaren Rezeption auch lutherischer Theoreme im Sinne eines Auswahlprozesses war Müntzer nie ein ›Lutheraner‹, auch wenn er sich selbst gelegentlich, wie zum Beispiel in Prag, verbal so einführte und ihn seine Umwelt […] anfänglich so wahrnahm« (S. 59). 122 Lohse: Thomas Müntzer in neuer Sicht, S. 85. 123 Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 30f. 124 Das Bistum Brandenburg, Teil 2, S. 404. 125 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 187. 126 Brecht: Martin Luther, Bd. 1, S. 312. 127 Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 13. 128 Brecht: Martin Luther, Bd. 1, S. 312. 129 Ebenda, S. 285-307; Selge: Der Weg zur Leipziger Disputation, S. 172-210.
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ThMA 3, S. 39. Ebenda, S. 39f. Ebenda, S. 53. WA Br 1, S. 389 (Nr. 174); Übers. Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 16. Kruse, Universitätstheologie, S. 204f. WA Br 1, S. 392; dt. Übers.: ThMA 3, S. 54 (Nr. 6). Luther, Martin: Contra malignum Johannis Ecci Iudicium, super aliquot articulis a fratribus quibusdam et impositis Martini Lutheri defensio, Leipzig 1519 (Verteidigung gegen das böswillige Urteil Johann Ecks über einige Artikel, die Martin Luther von gewissen Mönchen unterstellt werden). Eck, Johann: Ad criminatricem Martin luders Vittenbergensis offensionem, Augsburg 1519 (Antwort auf die Anschuldigungen Martin Luthers aus Wittenberg). Ebenda, Bl. A 2r. Original lateinisch. Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 307 Anm. 431 (»Heresis luderane Concionatores«), S. 310 Anm. 440 (»sectam luderanorum«). Dappen: Sermo de libertate christiana, Bl. 153r; zit. Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 312 Anm. 448. ThMA 2, S. 29 (Nr. 16). Original lateinisch. Ebenda, S. 34 (Nr. 17). Original lateinisch. Ebenda, S. 24-27 (Nr. 15). Original lateinisch. Ebenda, S. 29f. (Nr. 16). Original lateinisch. Ebenda, S. 30. Ebenda. Ebenda, S. 26. Original lateinisch. Ebenda. Vgl. dazu S. 24 (Nr. 14). Ebenda, S. 26 Anm. 5 u. 6 (zu Nr. 15). Ebenda, S. 27. Elliger: Thomas Müntzer, S. 76. ThMA 2, S. 37-39 (Nr. 19). Am 28. April 1520 zahlte der Zwickauer Rat Lohn für einen Boten, den er nach Beuditz gesandt hatte. Er sollte Müntzer vermutlich die Berufung überbringen oder ihn nach Zwickau geleiten. ThMA 3, S. 56 u. Anm. 2 (zu Nr. 9). Ebenda, S. 56. Steinmetz: Luther, Müntzer und die Bibel, S. 147-167; ders.: Bemerkungen zu Thomas Müntzers Büchern, S. 45-51; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 203-209. Vater und Sohn im 16. Jahrhundert, S. 204. »Nonne faber armis et scholasticus chartophilacio splendido cognoscitur« (S. 205). Gröpler: Verzeichnis derjenigen Bücher, S. 772-776. Schwarz: Thomas Müntzer und die Mystik; S. 283-301; McGinn: Die Mystik im mittelalterlichen Deutschland; Haas: Kunst rechter Gelassenheit.
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Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 203-208. Ebenda, S. 276-297 (Nr. 2), Text S. 289-297. Ebenda, S. 298-301 (Nr. 3), Text S. 299-301. Brecht: Martin Luther, Bd. 1, S. 170; Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 25f. 163 Friesen: Thomas Muentzer, S. 11-14. 164 ThMA 2, S. 33 (Nr. 17). Original lateinisch. 165 Emser: A venatione Luteriana aegocerotis assertio, (Leipzig) 1519. 166 ThMA 2, S. 34. 167 Ebenda, S. 35-37 (Nr. 18). 168 Steinmetz: Das Erbe Thomas Müntzers, S. 1123f.; ders.: Thomas Müntzer und die Bücher, S. 603-612. 169 Junghans: Der junge Luther und die Humanisten, S. 121f., 129-141. 170 WA Br 1, S. 99 (Nr. 41): »Nec est, ut quis sibi auditores sperare possit, nisi theologiam hanc, id est bibliam aut S. Augustinum aliumque ecclesiasticae autoritatis doctorem velit profiteri.« 171 Friesen: Thomas Muentzer, S. 53-72. 172 ThMA 2, S. 32 Anm. 8 (zu Nr. 17). 173 Ebenda, S. 32 Anm. 10. 174 MSB, S. 504. Vgl. auch S. 494; ähnlich in der »Fürstenpredigt«: ebenda, S. 243f. 175 Ebenda, S. 161; vgl. generell Friesen: Thomas Muentzer, S. 32-52. 176 ThMA 2, S. 33 Anm. 12 (zu Nr. 17). 177 MSB, S. 556-560 (Nr. V. 3). 178 ThMA 2, S. 33 (Nr. 17). 179 Ebenda, S. 498 (Nr. 152). 180 Ein Beispiel bietet Kaspar Güttel in Eisleben. Vgl. Koch: Die Eisleber Turmbibliothek, S. 325-333. 181 (Löscher:) Etliche Nachrichten: »Forte fortuna in aedibus ipsius reperisse Biblia Latina a Thoma Monetario edita, quae ille semper secum habeat« (S. 540). Er hat sie aber keinesfalls ediert. 182 Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 12-13, 28-30, 55-58. 183 Junghans: Die Theologie Müntzers, S. 107-122. 184 Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 71-77; ders.: Thomas Müntzer und die Mystik, S. 148-159. 185 Liber trium virorum et trium spiritualium, Bl. 6r. 186 Ebenda, Bl. 28r: »Et repente intellectum exositionis videlicat Psalterij / Euangeliorum et aliorum catholicorum tam veteris que noui testamenti voluminum apiebam.« 187 Ullmann: Ordo rerum, S. 53-84; ders.: Thomas Müntzers Kirchenväterstudien, S. 192-211. Die Randbemerkungen ediert zum großen Teil: The Collected Works of Thomas Müntzer, S. 408-430. 188 Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 64-67; ders: Luther, 159 160
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Müntzer und die Bibel, S. 159-163; Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 200202. ThMA 2, S. 32 (Nr. 17). Eilers in MSB, S. 539f. (Nr. 7k). Vgl. dazu Rüger: Thomas Müntzers Erklärung hebräischer Eigennamen, S. 83-87. MSB, S. 556 (Nr. V.3), Nr. 7. ThMA 2, S. 58 (Nr. 23). Es handelte sich um Luthers Fortsetzung der »Operationes in psalmos«. Die Schrift war aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht gedruckt. Ebenda, S. 323-324 (Nr. 94). Vermutlich handelt es sich um die »Auszlegung der Episteln und Evangelien, die nach brauch der kirchen geleßen werden, vom Christag biß auf den Sontag nach Epiphanie«, Wittenberg 1522. Ebenda, S. 250 (Nr. 75). Vgl. auch MSB, S. 526 (Nr. 4f.).
III. »Nicht mein, sondern des Herrn Werk treibe ich« Prediger in Zwickau (zu S. 92-124)
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Clemen: Johannes Sylvius Egranus, S. 160f.; WA Br 2, S. 344-346. ThMA 2, S. 37-39 (Nr. 19); WA Br 2, 109f. ThMA 2, S. 41f. (Nr. 20). Groß: Zwickaus Platz, S. 190-195; Bräuer: Wider den Rat, S. 32-41. Vgl. insgesamt Kahleyß: Die Bürger von Zwickau. Ebenda, S. 427. Greving: Johann Ecks Pfarrbuch, S. 20f. Kahleyß: Die Bürger von Zwickau, S. 330-333. WA Br 1, S. 156-159 (Nr. 65), 163 (Nr. 68), 313f. (Nr. 140); Clemen: Johannes Sylvius Egranus, S. 127-137. Steinmüller: Agricola in Zwickau, S. 37. Clemen: Johannes Sylvius Egranus, S. 133-137, 162f. ThMA 3, S. 102 (Nr. 58); Fleischhauer/Oelsner: Zum Schicksal bedeutender Baudenkmale, S. 303-308. Zwickau RSB, MS 59 (alt: LIX), Bd. 2, Bl. 117r; ThMA 3, S. 57 Nr. 10 (unvollständig). Zusammenfassend über Müntzers Zwickauer Tätigkeit nach der neuen Quellenpublikation in ThMA 2 und 3 Junghans: Thomas Müntzer in Zwickau; zu Schumanns Chronik Bräuer: Stadtchronistik, S. 243. Die 1506 begonnenen Baumaßnahmen am Langhaus wurden erst 1536 beendet. Fröhlich: Die Einführung der Reformation in Zwickau, S. 4. Kahleyß: Die Bürger von Zwickau, S. 148-150. ThMA 3, S. 61 (Nr. 16). Ebenda, S. 62 (Nr. 17); ThMA 2, S. 48 (Nr. 21). ThMA 2, S. 44-55 (Nr. 21). Original lateinisch. Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 21-46. In den Thesen der Franziskaner soll Franziskus als katholischer und apostolischer Mann bezeich-
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net worden sein, der auch mit seinen Stigmata danach trachtete, sein Leben »mit ungeheuerer Sorgfalt den Fußspuren des gekreuzigten Jesus gleichzugestalten« (conformare), (ebenda, S. 25). WA 2, S. 138, 19f., 141, 32f. MSB, S. 499, 507. Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 44. ThMA 2, S. 55 (Nr. 21). WA Br 2, S. 144 (Nr. 313). An Spalatin, 17. Juli 1520: »ne seditionibus omnia vastatentur«. Luther bestätigt, dass er mit seiner Predigt beiden Seiten auch im Fall eines künftigen Aufruhrs Verhaltensregeln geben wolle (ebenda, S. 147, Nr. 315). Ebenda, S. 154 (Nr. 319, an Michael Wittiger, 30. Juli 1520). Zu Alveldts Polemik vgl. Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 46-68. ThMA 3, S. 66f. (Nr. 24). Ebenda, S. 68 (Nr. 25). ThMA 2, S. 97 (Nr. 40). ThMA 3, S. 70 (Nr. 26). Original lateinisch. Zwickau StA, Ratsrechnung Mauricius 1520/21 – Ausgaben, Bl. 16. ThMA 3, S. 70 (Nr. 27). MSB, S. 517f. Eine genaue Analyse der Mitschrift Stephan Roths fehlt. ThMA 3, S. 71 (Nr. 28). Im Ratsbeschluss vom 18. Juli wird auch nur erwähnt, dass der Prediger zu St. Katherinen »seynen urlaub genohmen« (ebenda, S. 62, Nr. 18). Kautsky: Vorläufer des neueren Sozialismus. 3. Aufl. Bd. 2, S. 49: »als geistlicher Konflikt zweier Kirchen, der Weberkirche zu St. Katharina und der Protzenkirche zu St. Marien«. Bräuer: Thomas Müntzer und die Zwickauer, S. 43f. Kahleyß: Die Bürger von Zwickau, S. 448f., 620f. Ebenda , S. 445-447; Karant-Nunn: Zwickau in Transition, S. 113-115 u. ö. Zwickau StadtA, Ratsprotokoll IIIx, 60a/62, Bl. 35v (05. September 1520): Vogt Simon Sanger und Nickel Günther. Fehlerhaft bei Wappler: Thomas Müntzer in Zwickau, S. 27 und bei Kahleyß: Die Bürger von Zwickau, S. 477. Clemen: Johannes Sylvius Egranus, S. 142. WA Br 2, S. 211 (Nr. 351). Clemen: Johannes Sylvius Egranus, S. 143f.; Fabisch/Iserloh: Dokumente T. 2, S. 334. ThMA 2, S. 57 (Nr. 23). Ebenda, S. 162-165 (Nr. 57). Kirchner: Johannes Sylvius Egranus, S. 13f. Zwickau StadtA, IIIx Nr. 60a, Bl. 11r (Ratsprotokoll vom 12. Dezember 1520). Beide waren erst am 01. Januar 1521 wieder anwesend. ThMA 3, S 72 (Nr. 30). Möglicherweise hat die angestrebte Neuregelung der Pfarrstellenbesetzung
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und die damit verbundene Tätigkeit des Pfarrverwesers dabei eine Rolle gespielt. In der gleichen Sitzung war zur Frage des Pfarrverwesers auch ein Beschluss zu einer durch den Amtshauptmann Weißenbach übermittelten Schrift Herzog Johanns gefasst worden (ebenda). ThMA 3, S. 75 (Nr. 34). Ebenda, S. 72-74 (Nr. 31 u. 32). Der Chronist Paul Greff, dessen Text nur in Auszügen von Petrus Albinus erhalten ist, nennt in seinem knappen lateinischen Notat als Grund, »quod Cygneos haereticos et seductos exclamaret« (Landesbibliothek Dresden Ms. D 3, Bl. 98r). In den Oswald Lasanschen Annalen wird der Pfarrer wegen »lesterlichen worthen wider gots ehr« über die Zwickauer und ihren Prediger »von der zwigkssen gugent voriagt« (Fabian: Die handschriftlichen Chroniken der Stadt Zwickau. 1, S. 59). ThMA 3, S. 74 (Nr. 33). Ebenda, S. 78f. (Nr. 38 u. 39). Zu Löhner und Zeuner vgl. Kahleyß: Die Bürger von Zwickau, S. 568, 570. ThMA 2, 68-71 (Nr. 28). Für Kaufmanns Interpretation, Müntzer sei hier bereits für eine Josephsehe (freiwillige sexuelle Enthaltsamkeit der Partner) eingetreten, gibt der Text keinen Anhaltpunkt. Kaufmann: Thomas Müntzer, S. 28f. ThMA 3, S. 78 (Nr. 37); Clemen: Johannes Sylvius Egranus, S. 141; Kahleyß: Die Bürger von Zwickau, S. 547. Schumanns Angabe über Müntzers zusätzliche Drohung, die Kritiker würden bei einem Besuch Zwickaus mit Steinen und Dreck hinausgeworfen, dürfte eine Analogiebildung des Chronisten sein. Metzler (Hg.): Stephan Roth, S. 68. Zwickau StadtA, Ratsprotokolle 1520/21, Bl. 2v und 6. Ebenda, Bl. 2r (10. Oktober 1520). Bräuer: Gesellen im sächsischen Zunfthandwerk, S. 164. ThMA 3, S. 80 (Nr. 41); Kahleyß: Die Bürger von Zwickau, S. 493f. Zwickau StadtA, Ratsrechnung 1520/21, Bl. 27. Ebenda, Ratsprotokolle 1520/21, Bl. 14v. Dazu auch die ergänzende Notiz in den Annalen des Chronisten Schumann, dass der Rat am Abend des 17. Januar mit den Gemeindevertretern und allen Handwerkern »einen tag« erhoben habe wegen der Residenz von Pfarrer Große. Die Gemeindevertreter und die Handwerker hätten sich damals unterstanden, Große »uf die pfar einzudringen zum pfarrer«. Sie forderten, dass der Pfarrer residiert. Schumann: Zwickauer Annalen, Bd. 2, Bl. 126r. ThMA 3, S. 76 (Nr. 36). Ebenda, S. 79 (Nr. 40). Mathes Walther, der Kirchner an der Katharinenkirche, wurde nach zirka zweiundzwanzig Dienstjahren am selben Tag wie Müntzer (16. April) entlassen. Vgl. Tretwein: Annalen der Stadt Zwickau 1502-1566, Bl. 21 (RSB Ms. 147). Peter Schumann gibt in seinen Annalen Bd. 2, Bl. 130r an, er sei an dem Tag gestorben oder abgezogen. Zu Tretwein vgl. Bräuer: Stadtchronistik, S. 245f.
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ThMA 2, S. 92 (Nr. 39). Ebenda, S. 98 (Nr. 40). Ebenda, S. 68 (Nr. 27): Vorgeworfen wird ihm importunitas (Rücksichtslosigkeit). Egranus selbst hat sein Zerwürfnis mit Müntzer offenbar nicht sofort nach Wittenberg mitgeteilt, wie sein Briefentwurf aus Joachimsthal vom 18. Mai 1521 bezeugt, vgl. WA Br 2, S. 344-346 (Nr. 412). Agricola hat in seiner Epistelauslegung berichtet, er habe von Müntzer selbst gehört, es wäre so weit gekommen, »das wen keine Bibel were / so wollte er eine neue schreiben«. Vgl. Agricola: Die Episteln durchs gantz Jar / Mit kurtzen summarien. [Berlin] 1544, Bl. Pr. ThMA 2, S. 170 (Nr. 57). Kirchner: Johannes Sylvius Egranus, S. 59. ThMA 2, S. 163f. Zu bedenken ist auch das Ende, an dem Egranus in Joachimsthal angibt, er wolle diese Grundsätze (axiomata) gegen die ganze Welt und besonders gegen den Esel Thomas Müntzer verteidigen, vgl. MSB, S. 515. MSB, S. 515, Original lateinisch; ThMA 2, S. 92 (Nr. 39). MSB, S. 513, 222; Brecht: Thomas Müntzers Christologie, S. 64; Schwarz: Thomas Müntzers hermeneutisches Prinzip, S. 17-20. MSB, S. 514. Ebenda: »quia spiritualia spiritualibus non possunt compariri«, Proposition 11 (denn man kann nicht Geistliches mit Geistlichem vergleichen); Vulgata 1. Korinther 2,13: »sed in doctrina Spiritus, spiritualibus spiritualia comparantes« (aber in der geistlichen Lehre wird Geistliches mit Geistlichem verglichen). Schwarz: Thomas Müntzers hermeneutisches Prinzip, S. 19. MSB, S. 514. Nach einem gestrichenen Wort: »inexpertissimos«. ThMA 3, S. 79 (Nr. 40). ThMA 2, S. 77f. (Nr. 31). Kahleyß: Die Bürger von Zwickau, S. 445-447; Bräuer: Thomas Müntzer und die Zwickauer, S. 26, 56f. Kolde: Ältester Bericht über die Zwickauer Propheten, S. 323-325. Nach dem Ratsprotokoll vom 5. August 1521 hat Bürgermeister Bärensprung vorgeschlagen, »dy irrigen caspar teuchern seyn weip vnd andere mehr« durch Hausmann und die beiden Prediger zu verhören. Das wurde zwar protokolliert, aber offensichtlich nicht ausgeführt. Vgl. Wappler: Thomas Müntzer in Zwickau, S. 46 Anm. 195. Wappler: Thomas Müntzer in Zwickau, S. 49. Wappler übergeht die Fassung, in der statt »der sachen halber« konkreter »des anhangs halben« geschrieben war, vgl. Ratsprotokoll 1521/22, Bl. 18v. ThMA 3, S. 81 (Nr. 42); Bräuer: Müntzers Feuerruf, S. 127-153. Bräuer: Spottgedichte, S. 15-17. ThMA 3, S. 87 (Nr. 43). Dreimal verwendet der Verfasser den Titel für Müntzer, der hier erstmalig in den Müntzerquellen begegnet.
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Ebenda, S. 87, 89. Das Gedicht gegen Egranus wird von den Zwickauer Chronisten nicht überliefert, sondern ist nur durch die »Historien von Thomas Müntzer« bekannt, Bräuer: Spottgedichte, S. 30. Termin und Ort der Veröffentlichung sind unbekannt. ThMA 3, S. 82 (Nr. 43). Ebenda, S. 85. Ebenda, S. 86f. Kaufmann: Thomas Müntzer, passim. ThMA 2, S. 84, 86 (Nr. 35 u. 36). ThMA 3, S. 92 (Nr. 47), 95 (Nr. 50). Die genauere Angabe in den Lasanschen Annalen ist wohl bereits durch spätere Überlieferung eingefärbt: Die Entlassung geschah »umb vormeidung willen vhiler ubel und laster, von welchs wegen ein roth genant di xii apostel und 72 Jünger gemacht conventicula, vorpunthniß etc., di pfaffschaft und oberkeit zu beschedigen« (Fabian: Die handschriftlichen Chroniken, S. 59). ThMA 2, S. 338-340 (Nr. 99). ThMA 3, S. 95 (Nr. 50). ThMA 2, S. 80-82 (Nr. 33). ThMA 3, S. 92-95 (Nr. 47-49, 51). Kahleyß: Die Bürger von Zwickau, S. 610-613 (Badestube). ThMA 2, S. 164f. (Nr. 57). Vgl. auch Hans von der Freistadts Urfehde vom 31. Dezember 1521 nach seiner zweiten Verhaftung: Das erste Mal sei er »gefengk lich eingenommen« worden, als er »uber des Radts verbot Neben andren des predingers Magr. Thomas halber ayn vorsamlung gemacht, do uf ayn Ufrur in der stadt wurden« (Wappler: Thomas Müntzer in Zwickau, S. 41 Anm. 167). ThMA 3, S. 85 (Nr. 43). ThMA 2, S. 42-44 (Nr. 20 Beilage 1 u. 2.), 62-65 (Nr. 26). Vgl. aber ebenda, S. 40 (Nr. 20): Müntzers Knabe als Briefbote. Ebenda, S. 79f. (Nr. 32). Ebenda, S. 82 (Nr. 34). Zum Verzicht bzw. zur Ablösung der Lehen in Zwickau, teilweise auf Druck des Rats ab 1524 vgl. Zorn: Akten der Kirchenund Schulvisitation, S. 1f. u. ö. Agricola: Vermischte Schriften Bd. 1, S. 56f. WA 7, S. 483. Zu der Formel Lohse: Luthers Theologie, S. 49-52. Vgl. die Zusammenfassung der Zeugnisse des jungen Luther über den Heiligen Geist bei Prenter: Spiritus Creator, S. 34: Im Gegensatz zum scholastischen Verständnis des Heiligen Geistes als transzendentale Ursache der im Menschen wirkenden gratia infusa verkündigt Luther »den Heiligen Geist als Gottes wirkliche und wirkende Gegenwart« WA 7, S. 546. Vgl. Lohse: Luthers Theologie, S. 252-256. Melanchthons Dogmatische Schriften T. 1, S. 5. Lateinisch: Melanchthons Werke in Auswahl Bd. 2 I, S. 18. Vgl. Koch: Johann Agricola neben Luther, S. 131-150.
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MSB, S. 513. Zur Selbstauslegung der Heiligen Schrift vgl. zum Beispiel Luthers »Assertio« gegen die päpstliche Bulle von der Jahreswende 1520/21, WA 7, S. 97 (Verweis auf Psalm 119, 130). MSB, S. 519f.: 1. Über Römer 4, Lukas 8 und 2. Mose 4; 2. über Römer 6, Markus 10, 2. Mose 8. Schwarz: Thomas Müntzers hermeneutisches Prinzip, S. 14, 20, 23-25. Hellholm u.a.: Apokalyptik I-VI. – In: Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 1, Sp. 590-597; Seebaß: Apokalyptik im Zeitalter der Reformation, S. 227-245. Seebaß: Reich Gottes und Apokalyptik bei Thomas Müntzer, S. 75f. Kritisch zur Taboritenhypothese Hoyer: Die Zwickauer Storchianer, S. 73f. Zum Beispiel Talkenberger: Sintflut, S. 145-211 u. ö.; Kühne: Prophetie und Wunderzeichendeutung, S. 26-53. Groß: Eine Denkschrift des Pfarrers Nikolaus Hausmann, S 60. Boehmers Behauptung, Müntzer sei durch Storchs Chiliasmus zum Agitator geworden, entbehrt jeder Quellengrundlage. Vgl. Boehmer: Thomas Müntzer und das jüngste Deutschland, S. 205.
IV. »Die Zeit der Ernte ist da« Die Böhmenmission Müntzers (zu S. 125-155)
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Bohatcova: Höltzels Einblatt, S. 106-112; Spina: Tschechischer Buchdruck, S. 42-45. Eberhard: Die hussitische Revolution, S. 136-160. Machilek: Böhmen, S. 134-152. VD 16 A 3139; Baader: Pressmandate, Sp. 50-52. Zu den Gegenschriften Zieglers und Dungersheims vgl. Peschke: Kirche und Welt, S. 173-178, 179184; VD 16 D 2947; Freudenberger: Hieronymus Dungersheim, S. 40f. Erasmus: Opus Epistolarum T. 4, S. 79-85, 113-119, 291; Ričan: Die Böhmischen Brüder, S. 81. WA 2, S. 738-758; StA Bd. 1, S. 270-287; Benzing: Lutherbibliographie, Nr. 514; Claus/Pegg: Ergänzungen, Nr. 514. WA 6, S. 76-83, bes. S. 80 (Verklärung … etlicher Artikel in seinem Sermon von dem heiligen Sakrament). Kaufmann: Der Anfang der Reformation, S. 30-67 (Luthers Verhältnis zu den Böhmen bis 1520). ThMA 2, S. 34 (Nr. 17). ThMA 3, S. 105 (Nr. 60). Fabian: Die handschriftlichen Chroniken, S. 62; Schumann: Annalen, Bl. 136r; Wappler: Thomas Müntzer in Zwickau, S. 30 Anm. 150. Eine Nachwirkung dieser ideologischen Tendenz ist noch die Annahme einer weitreichenden »hussitisch-waldensischen Internationale« durch den Prager Kirchenhistoriker Amadeo Molnar. Vgl. zur Kritik de Lange: Friedrich Reiser, S. 54-58. 427
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ThMA 2, S. 92 (Nr. 39). ThMA 3, S. 97 (Nr. 53), 86 (Nr. 43). Zum Verhältnis von Greff und den »Historien« vgl. Bräuer: Spottgedichte in Zwickau, S. 29f. Handbuch der historischen Stätten. Böhmen und Mähren, S. 537. Der Schneider Hagen wurde dort von Reiser zum Priester geweiht; der waldensische Prediger Stephan von Basel hat seine theologische Ausbildung in Prag und Saaz erhalten (ebenda). Husa: Tomáš Müntzer, S. 52. Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv) Loc. 8789/ b 13: Irrungen und Befehdungen zwischen Böhmen und Sachsen 1453-1530, Bl. 181r . Die Übersetzung der tschechischen Quelle über 57 Gulden Schulden Sommerschuhs bei dem Saazer Georg Hostalek (Jiři Hoštálek) und der Hinweis auf die tschechische Arbeit über diese Saazer Familie von Bohumil Roedl: Žatecká rodina Hosťálků z Javořice, Žatec 1997, S. 97-112, 206-208, wird Jan Hridina, Prag, verdankt. Kaufmann: Thomas Müntzer, S. 31. ThMA 2, S. 94 (Nr. 39). Original lateinisch. Ebenda, S. 82-85 (Nr. 35). Ebenda, S. 85f. (Nr. 36); Kaufmann: Thomas Müntzer, S. 34f., hat den Brief missverstanden. ThMA 2, S. 87-89 (Nr. 38). Über Müntzers Beziehung zu Gansau, aber auch zu Jena, ist sonst nichts bekannt. Ebenda, S. 91 (Nr. 39). Diese Besonnenheit ist nicht identisch mit der allgemein verbindlichen »christiana modestia« der traditionellen Tugendlehre, zu der sich Müntzer noch im Brief an Luther bekannt hatte. Vgl. ebenda, S. 49 (Nr. 21). Ebenda, S. 94 (Nr. 39). ThMA 3, S. 100-102 (Nr. 56). Ebenda, S. 105 (Nr. 60). Kaufmann: Thomas Müntzer, S. 75-85. ThMA 3, S. 97 (Nr. 53). Skala: Die Stadtsprache in Böhmen, S. 236. Eberhard: Konfessionsbildung und Stände, S. 122f.; Palacky: Geschichte von Böhmen, S. 423-430. Palacky: Geschichte von Böhmen, S. 432-440. Ebenda, S. 440f. Ebenda, S. 418-420. Zu den mittelalterlichen Pestepidemien in Böhmen vgl. Maur: Gutsherrschaft, S. 17-51. Rothkegel: Mährische Sakramentierer, S. 14f., 31f.; Husa: Tomáš Müntzer, S. 67-69 (vermuteter Sendbriefeinfluss); Šimák: Prameny dĕjin českých, S. 380395 (tschech. Sendbrief). Husa: Tomáš Müntzer, S. 96 (Nr. 1). ThMA 3, S. 107 (Nr. 62); Zu Pisecký vgl. Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder, Bd. 3, S. 227.
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ThMA 3, S. 108 (Nr. 63). Original lateinisch. Müntzer: Briefwechsel, Nr. 51. Melanchthons Werke in Auswahl, Bd. 1, S. 644; Melanchthons Briefwechsel Bd. 1 (Hg. Otto Clemen), S. 77-79; Melanchthon deutsch Bd. 2, S. 9-11 (Übersetzung). Maurer: Der junge Melanchthon, Bd. 2, S. 102. ThMA 2, S. 112 (Nr. 41). Maur: Tomáš Müntzer, S. 133f.; ders.: Po stopách Tomáše Müntzera, S. 89. Petráň: Das Karolinum, S. 11-23. ThMA 3, S. 105 (Nr. 60). Original tschechisch. Ebenda, S. 107 (Nr. 62): Aufnahme, obgleich die Magister in Glaubensfragen uneins seien. Petráň: Das Karolinum, S. 22; Moraw: Die Universität im Mittelalter, S. 107126. ThMA 3, S. 108 (Nr. 63). Ebenda, S. 105 (Nr. 60); Maur: Tomáš Müntzer, S. 135. ThMA 3, S. 107 (Nr. 61 u. 62). ThMA 2, S. 112 (Nr. 41). Kühne: Ostensio reliquiarum, S. 106-132; Bachmann: Ein verschollener gothischer Zentralbau, S. 156-168; Eberhard: Die hussitische Revolution, S. 158f.; Schwarz: Basler Kompaktaten, Sp. 1542f. Theobald: Hussitenkrieg, S. 34f. Auf Müntzer nimmt Theobald erst später Bezug. Vgl. Steinmetz: Das Müntzerbild, S. 257-260. ThMA 2, S. 98f. (Nr. 40). ThMA 3, S. 106f. (Nr. 61). Husa: Tomáš Müntzer, S. 64f. Sobek war Utraquist und gehörte zu den frühen Übersetzern von Luthers Schriften. Maur: Tomáš Müntzer, S. 151f.; ders.: Po stopach Tomáše Müntzer, S. 91. ThMA 2, S. 30 (Nr. 16). MSB, S. 254: Auslegung über Daniel 2 mit vielen biblischen Belegen. Pera Diui Caecilii Cypriani episcopi Carthainensis …, VD 16 C 6508. Vgl. Rädle: Erasmus von Rotterdam. Der Editor. – In: Deutscher Humanismus 1480-1520. Verfasserlexikon. Bd. 1, Sp. 775-795, bes. Sp. 784. [Tertullianus:] Opera; VD 16 T 559; Landesbibliothek Dresden App. 747. Bubenheimer: Thomas Müntzer. Prediger – Prophet – Heerführer, S. 34-38. Schwabe: Ein Buch aus Thomas Münzers Bibliothek, S. 388-390; Kobuch: Thomas Müntzers Nachlaß, T. 2, S. 14. Rudimentärer Druck von Müntzers Randbemerkungen in MSB, S. 539; umfangreiche englische Übersetzung in: Thomas Müntzer. The Collected Works, S. 408-430; Analysen in: Ullmann: Ordo rerum, S. 53-84 und Matheson: Thomas Müntzer’s Marginal Comments, S. 76-90. Bévenot: Cyprian von Karthago, S. 246-254; Gerwing: Cyprian von Karthago, Sp. 403f. Cyprian, S. 200: »Christus innocens imo innocentia et iustitia ipse inter faci-
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nosos deputar«; vgl. Cypriani Opera, P. 2, S. 126, 255-257; S. 129, 359f.; S. 130, 412-414. Cypriani Opera, P. 2, S. 126, 255-257; S. 129, 359f.; S. 130, 412-414. Cyprian Index: Cyprianus dux confessionis fratribus extitit. Ebenda: »Cyprianus nihil sine compresbyterorum et plebis consilio gerere voluit.« Müntzer am Rand, durch Unterstreichung und Dreieck hervorgehoben: »Nihil sine co(n)se(n)su populi.« Abbildung bei Bubenheimer: Thomas Müntzer. Prediger – Prophet - Bauernführer, S. 41. Zur Rolle der Gemeinde bei Bischofswahlen nach Cyprian vgl. Hoffmann: Kirchliche Strukturen und römisches Recht, S. 195-200. Lehmann: Tertullian im Mittelalter, S. 198f.; Brunhölzl: Tertullian im Mittelalter, Sp. 559f.; Butterweck: Tertullian, S. 104f. Rhenanus: Briefwechsel. S. 270. Von Campenhausen: Lateinische Kirchenväter, S. 13, 28. Tertullianus: Opera, Titelbl.: »Tertullianus vixit, quando adhuc eligebantur sacerdotes contra periculum Antichristi, ne homines damnati dominarentur super Christianos.« Ebenda, Bl. B 8r: »habui coniugem sacerdos«. Ebenda, Bl. A 5r: »Marcion facit differenciam veteris et novi testamenti instar Erasmitarum et pyckardarum«. Ebenda, Bl. A 4r: »Omnes scripturae sunt conferendae in unionem.« Zur vorwiegenden Berufung der Böhmischen Brüder (Pikarden) auf das Neue Testament vgl. Müller: Geschichte der Böhmischen Brüder, Bd. 1, S. 462f. Tertullianus: Opera, Bl. A 3v: »Ja, ja mentitur evum«. Für Rhenanus war das zugleich ein Versuch, der kirchlichen Kritik am Montanisten Tertullian entgegenzukommen. In seiner späteren Ausgabe hat er den Hinweis hinzugefügt, Tertullian habe geschrieben, bevor die Konzilien ihre verbindlichen dogmatischen Entscheidungen getroffen hätten; vgl. Muhlack: Beatus Rhenanus, S. 207; ders.: Rhenanus, Sp. 682, 690-692. Tertullianus: Opera, Bl. A 5r: »Ei miseri fuerunt antiqui patres« (am Ende der Vorrede). Ebenda, Bl. 21 (De Carne Christi): »In littera versantur omnes doctores palpant ubique tenebra.« Ebenda, Bl. 32 (auf dem oberen Rand): »Testimonia scripturarum producit, testimonium spiritus pertransiens.« Vgl. ebenda, Bl. 30: »Confundere vititur hereticos ex scripturas sanctis«, ähnlich schon Bl. 20. Ebenda, Bl. b 4r: »ecclesia phantastica«; Bl. A 3v: »nullus eorum habuit revelationes«; Bl. a 4r: »dum viva theologia usue veverit, crescet vera ecclesia«. Zu Tertullians eher konventioneller Eschatologie vgl. Zilling: Tertullian, S. 143-147. Tertullianus: Opera, S. 64: »Adiungit adventum Antichrist cum die iuditi Sicut Monachus Martinus Luther.«; »ego autem contrarior«; »Ad longum tempus durabit iudicium CHRisti. Multi electi damnabunt impium virum.«
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Ebenda, S. 27: »HERETICUS, proprio vocabulo credens incredulus est«. Ebenda, A. 17: »Marcion fundamentum est Turcarum.« Tertullians sämtliche Schriften Bd. 1, S. 422f.; Tertullianus: Opera, S. 36; Tertvlliani Opera P. 2, S. 922f. Tertullianus: Opera, S. 25: »Apertissime cognostis quomodo hic nectat ordinem rerum.« Vgl. Ullmann: Ordo rerum, S. 62. Tertullianus: Opera, S. 28: »Ordo rerum unita hic tangitur. Adam non est factus ex semine viri – sic in Christo.« Ullmann: Ordo rerum, S. 63. Tertullianus: Opera, S. 28: »Sicut Adam natus est ex virgine terra, ita decuit in secundo Adam fieri.« Ebenda, S. 28: »Hic rursus tangit ordinem rerum de conceptione diversorum.«; Ullmann: Ordo rerum, S. 63f. Ullmann: Ordo rerum, S. 64. Bubenheimer: Thomas Müntzer und der Humanismus, S. 314f.; Fauth: Thomas Müntzer in bildungsgeschichtlicher Sicht, S. 114-117. [Corvinus]: Pantheon, S. 346-351. Deutsche Überschrift: »Thomas Müntzers Ankündigung / mit eigner Hand geschrieben / und zu Prage im Jahre 1521 angeschlagen / wider die Papisten«. Vgl. Steinmetz: Das Müntzerbild, S. 292f. Rockar: Zur Herkunftsgeschichte, S. 25-29; Kobuch: Thomas Müntzers Nachlass, T. 1, S. 13. Vgl. den Vermerk in der Quellenkartei des Berliner Kirchenhistorikers Nikolaus Müller (1857-1912) im Wittenberger Stadtarchiv: Großes Plakat von Müntzer im Cod. Theol. 1319 der Gutheschen Bibliothek im Evangelischen Stift in Tübingen. Nach Auskunft von Dipl.-Bibl. Beate Martin vom 8. November 2008 ist der Foliant in der theologischen Bibliothek des Stuttgarter Kammerpräsidenten Jacob Guth († 1616), die 1654 ins Tübinger Stift kam, nicht nachweisbar. Kreysig: Nachlese T. 8, S. 555-572. Kobuch: Thomas Müntzers Nachlass, T. 2, S. 13. Die Datierung stützt sich nur darauf, dass auf der gleichen Archivalie von derselben Hand Müntzers drei Predigtentwürfe von 1523 (MSB, S. 519f.) notiert worden sind. Datierung, Format, Schreiber und Überschrift könnten auch als Indizien interpretiert werden, dass eine Veröffentlichung geplant war. Wolfgramm: Der Prager Anschlag, S. 303-308. Kobuch: Thomas Müntzers Nachlass, T. 2, S. 10-12. Wolfgramm: Der Prager Anschlag, S. 298. De Boor: Zur Textgeschichte, S. 13. Müntzers Latein ist bei sprachwissenschaftlichen Untersuchungen bisher unberücksichtigt geblieben. Vgl. Warnke: Quellenarmut und Publikationsreichtum, S. 11-38. Wellmann: Der offene Brief, S. 372-380. Vogler: Anschlag oder Manifest?, S. 38-54.
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Müntzer: Prager Manifest, S. 21; ebenda, S. 17: »Ego Tomas Munczer de Stolbergk in praga cum desiderabili et inclito Christi athleta Johanne Husz canoras et ductiles tubas novo cantico repleturus ingemis(cens) protestor coram universa electorum ecclesia et toto mundo , ubi presentes poterint exhiberi littere.« Lateinischer Text und Übersetzung werden nach der Edition von Winfried Trillitzsch zitiert. 103 Psalm 97, 9 (Vulgata); Handbuch der Liturgiewissenschaft, Bd. 2, S. 257. 104 Müntzer: Prager Manifest, S. 17 (lat.), 21 (deutsch). 105 Ebenda, S. 17f. (lat.), 21f. 106 Ebenda, S. 18 (lat.), 22. 107 Ebenda, S. 22; S. 18: »Ach, ach, frangere non potuerunt.« 108 Ebenda, S. 23; S. 18: »Impios ab electis non separrant, […] hoc est: non docent, quo tramite vacent, ut ipse audiant et sentiant certissimum proprii evangelii preconem Iesum Christum in tota anima, carne, cute medullis et ossibus earum.« 109 Ebenda. 110 Ebenda, S. 23; S. 19 (lat.). 111 Ebenda, S. 24, S. 19: »Hic incipiet renovata ecclesia apostolica in universum orbem profectura.« 112 Ebenda, S. 24; S. 19: »Ego Tomas Munczer adhortor, ne ecclesia adoret deum mutum, sed vivum et loquentem; nullus deorum contemptibilior gentibus quam vivus Christianis expertibus.« 113 MSB, S. 491. 114 Ebenda, S. 492. Zur Besprengung im Stufenweg des Glaubens (Gottesfurcht) vgl. Fauth: Thomas Müntzer in bildungsgeschichtlicher Sicht, S. 182-185. 115 MSB, S. 492f. 116 Ebenda, S. 493. 117 Ebenda. 118 Ebenda, S. 494. 119 Ebenda. 120 Ebenda. 121 Ričan: Die Böhmischen Brüder, S. 77f.; Müller: Geschichte der Böhmischen Brüder, T. 1, S. 462-464. 122 MSB, S. 495-505. 123 Ebenda, S. 225-240; Warnke: Wörterbuch, S. 219. 124 MSB, S. 496. 125 Ebenda, S. 497 (verstümmeltes Tschechisch für »nimrodisch«?); Dismer: Geschichte, Glaube, Revolution, S. 68 (»hunnenrottischen«?). 126 MSB, S. 497f. 127 Ebenda, S. 498. 128 Ebenda, S. 499. 129 Zum doppelten Besitz- und Herrschaftsverhältnis vgl. Schwarz: Die apokalyptische Theologie, S. 100, 116f. 102
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MSB, S. 500. Der Zusammenhang belegt eindeutig, dass ein soziologisches Verständnis abwegig ist, ebenso in den anderen Erwähnungen des Volks, MSB, S. 500f.: »dem armen, armen volkleyn«; »das rechte arme, arme volk«. 131 Ebenda, S. 501. 132 Ebenda. 133 Ebenda, S. 502. 134 Ebenda, S. 503. 135 Ebenda, S. 503f. 136 Ebenda, S. 504f. 137 Gegen Husa: Tomáš Müntzer, S. 86f. 138 Bachmann: Geschichte Böhmens, Bd. 2, S. 781; Tvrcica, Bd. 1, S. 64-89 (Nr. 84-138); Kissling: Türkenhoffnung und Türkenfurcht, S. 1-18. Zur fehlenden Forschung über die reale Türkenangst in Böhmen vgl. Kopčan: Die tschechoslowakische Literatur, S. 79-97. 139 Ruh: Überlegungen und Beobachtungen, S. 28. 140 Schildt: Sprechsprachliche Gestaltungsmittel, S. 59-67. 141 ThMA 3, S. 107 (Nr. 62). Original lateinisch. 142 ThMA 2, S. 125f. (Nr. 46). 143 StA Bd. 2, S. 150; WA 6, S. 454. 144 MSB, S. 558. 130
V. »Es heißt, dass du dich in Thüringen auf hältst« Müntzers Suche nach einem neuen Wirkungsort (zu S. 156-180) 3 4 1 2
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ThMA 2, S. 116-120 (Nr. 45). Ebenda, S. 137 (Nr. 47). Ebenda, S. 126 (Nr. 46): »Varia varii homines de te blaterant.« Kruse: Universitätstheologie und Kirchenreform, S. 308; Verhör und Akta vor dem Bischof von Meißen, S. 51-83. Müller: Die Wittenberger Bewegung, S. 210; Bubenheimer: Streit um das Bischofsamt. S. 202. Verhör und Akta vor dem Bischof von Meißen, S. 71, 93 Anm. 4. Die Registraturen der Kirchenvisitationen, T. 3, S. 52f. Zit. Bubenheimer: Andreas Bodenstein von Karlstadt, S. 47. Müller: Die Wittenberger Bewegung, S. 380. Bubenheimer: Streit um das Bischofsamt, S. 170-190; ThMA 2, S. 20 (Nr. 12). WA TR 3, S. 14f. (Nr. 2837a u. 2837b). Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 33. Unvollständige Wiedergabe der Aufzeichnung Agricolas in ThMA 3, S. 100f. Anm. 3 (Nr. 56). MBW, T. 1, S. 415-417 (Nr. 192), 417f. (Nr. 193); WA BR 2, S. 424-427 (Nr. 450). ThMA 2, S. 130 (Nr. 47); WA Br 2, S. 382 (Nr. 428): An Melchanchthon (»Christi discipulo et organo«). 433
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ThMA 2, S. 130: »Theologiam vestram toto corde amplector.« Ebenda, S. 132: »O charissimi, operam nauate, ut prophetetis, alioqui theologia vestra non valebit obulum. Considerate Deum vestrum e vicino et non a longe, credite libentius Deum loqui loqui quam vos paratos ad percipiendum.« Ebenda, S. 132f.: »Nam illa primum ex voluntate Dei animum euacuat, dum delectationes anima inferiores nequaquam in falsum possessorem sumere possit.« Ebenda, S. 133: »pro pole electa, ut timor Dei et spiritus sapientie impediat bruti concupiscentiam«. Banner: Sexualethik, S. 196-214. Schwarz: Die apokalyptische Theologie, S. 41-45; Fauth: Thomas Müntzer in bildungsgeschichtlicher Sicht, S. 215-226. WA TR 1, S. 600 (Nr. 1204). Die als Beispiel erwähnte Skandalgeschichte über eine Zwickauer Matrone hat Johann Aurifaber ausgelassen. ThMA 2, S. 134: »manifestandi sunt hominibus et tribuendus panis et potus, quod hij verum possessorem habeant«. Elliger: Thomas Müntzer, S. 225. WA 12, S. 479f. (Sermon am Gründonnerstag 1523); StA Bd. 1, S. 380f. ThMA 2, S. 135: »Martinus noster charissimus ignoranter agit, quod parvulos non velit offendere.« Ebenda, S. 136: »Nolite vobis conciliare reprobos, ipsi impediunt, ne virtute magna operetur verbum.« WA 8, S. 451f., 454, 456, 464, 470; deutsch S. 530, 532f., 537, 547, 555. Ebenda, S. 561f. Zu Luthers Wunsch, das Wittenberger Allerheiligenstift mit seiner Reliquiensammlung abzuschaffen, vgl. WA Br 2, S. 405 (Nr. 441, 22. November 1521). WA 8, S. 562. Zur Kaiserprophetie im Spätmittelalter vgl. Struve: Utopie, S. 65-95. Schwarz: Thomas Müntzer und die Mystik, S. 295f. WA Br 2, S. 422 (Nr. 449). Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 46f. ThMA 2, S. 137 (Nr. 47). WA TR 1, S. 600 (Nr. 1204). StA Bd. 3, S. 95. MSB, S. 341. Corpus Schwenckfeldianorum Bd. 17, S. 238 (in der Quelle irrtümlich Württemberg). Zu Schechner vgl. Stahl: Jörg Schechner. Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 37. Melanchthoniana paedagogica, S. 122f.; Bubenheimer: Müntzer und Wittenberg, S. 56f. ThMA 2, S. 168f. (Nr. 57). Spangenberg: Wider die bo(e)se Sieben, Bl. 2rf; ThMA 3, S. 111f. (Nr. 66).
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Steinmetz: Das Müntzerbild, S. 15-88. Magdeburg, Rep. Stolberg-Stolberg B Nr. 2a Ortschaften: Stolberg-Stadt, Bl. 127r: Bürgermeister Hans Wyller (Schuhmacher am Markt), Weinmeister Claus Snider, Baumeister Hans Sifart (Schuhmacher am Markt), Kämmerer Hans Udra; Zeitfuchs: Stolbergische Kirchen- und Stadt-Historie, S. 406. Udra ist auch als Weinmeister und Baumeister bezeugt. Er musste 1525 das Stolberger Kontingent nach Frankenhausen begleiten. Vgl. AGBM Bd. 2, S. 758 (Nr. 1970). Bräuer: Thomas Müntzer in Stolberg, S. 31-47; Sauter: Das Geburtshaus, S. 126-151 (Müntzer), 153-193 (Goldschmidt). Kawerau: Johann Spangenberg, S. 523; Schlenker: Lehrer, Rektoren und Superintendenten, S. 132-134. Jacobs: Platner, Tileman, S. 262-265; Pfitzner: Tileman Platner; Müller: Die Wittenberger Bewegung, S. 35-40, 49-54; Melanchthons Werke in Auswahl. Bd. 2 I, S. 16-18. Brückner: Zwischen Reichsstandschaft und Standesherrschaft, S. 221-223. ThMA 3, S. 112 (Nr. 67); Zorzin: Urbanus Rhegius’ Flugschrift, S. 158. Liebmann: Urbanus Rhegius, S. 155f. ThMA 2, S. 139-141 (Nr. 48). Koch: Geschichte der Reformation, S. 16, 20-24, 43f. Jacobs: Geschichtliche Aufzeichnungen, S. 143; ders.: Das Stolbergische Ratsjahrbuch, S. 165; fehlerhaft übernommen von Zeitfuchs: Stolbergische Kirchen- und Stadt-Historie, S. 209. Koch: Geschichte der Reformation, S. 50, 53f. Ebenda, S. 77. Ebenda, S. 53. Thomas Müntzer: Briefwechsel. Lichtdrucke, Tafel 31. ThMA 2, S. 140 (Nr. 48): »Qui me Christi doctrinam (ut vocant) revocasse garriunt, ementiuntur inanes […] Ego prorsus Jesu Nazareni ecclesiam, prediffinitione Dei constitutam«. Ebenda: »Credito, menditus non sum in apice, sicuti divinum declarabit iudicium.« Ebenda, S. 141: »filius excussionis coram impiis«. Zu den Lesungen in der Pfingstwoche (Pfingstquatember) vgl. Handbuch der Liturgiewissenschaft, Bd. 2, S. 267f. ABKG Bd. 1, S. 280-283 (Nr. 308), 566f. (Nr. 567), 587f. (Nr. 582). MSB, S. 338. ThMA 2, S. 400 (Nr. 111). Nachricht von Laurentio Süssen, dem ersten Evangel. Pr. in Nordhausen. – In: Fortgesetzte Sammlung, S. 567-571, bes. S. 570: »Exosus Thomae, qui rura & bella movebat Et placido huic ignes saepe minatus erat.« Lesser: Das Leben … Laurentii Süßens, S. 10f. ThMA 2, S. 141f. (Nr. 49).
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ThMA 2, S. 144 (Nr. 50): »quia te Martinianum et peiorem eo te iudicant et undique proclamant«. Bräuer: Thomas Müntzers Kontakte zum Erfurter Peterskloster, S. 103-122. ThMA 2, S. 146 (Nr. 51). Ebenda. S. 146-150 (Nr. 51). Kahleyß: Die Bürger von Zwickau, S. 569f.; Clemen: Wolfgang Stein aus Zwickau, S. 305-312. Vgl. Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 216-222. Barge: Jakob Strauß, S. 36-38; Hinrichs: Luther und Müntzer, S. 84-86; Rogge: Der Beitrag des Predigers Jakob Strauß, S. 34-36, 114-116; Müller: Martin Luther und Weimar, S. 28f. WA Br 2, S. 619-624 (Nr. 552). Elliger: Thomas Müntzer, S. 238. ThMA 3, S. 114 (Nr. 68). Ebenda, S. 113f. (Nr. 68). Spillmann: Weltliche Klugheit und göttliche Weisheit, S. 201. Bubenheimer: Karlstadt, Andreas Rudolf Bodenstein von, S. 649-655. MSB, S. 557. ThMA 2, S. 150 (Nr. 53). Gummelt: Bugenhagens Handschrift, S. 56-66. MSB, S. 224: Müntzer zum Senfkornglauben nach Matthäus 17,7 und Lukas 17,6. ThMA 2, S. 152 (Nr. 54); Hennen: Reformation und Stadtentwicklung, S. 74. ThMA 2, S. 154 (Nr. 54). Ebenda, S. 188 (Nr. 61). Hasse: »Von mir selbs nicht halden«, S. 55f. Ebenda, S. 61-68. Erhard: Die ersten Erscheinungen der Reformation, S. 100f. Die Namen des Kaplans und seiner Frau, die einem Franziskaner einen Brief geschrieben hat, der dem Kardinal bekannt war (ebenda, S. 101), sind nicht überliefert. WA 2, S. 83 Anm. 7; Bubenheimer: Reliquienfest und Ablass in Halle, S. 71-100. Ruprecht: Von der vorstädtischen Siedlung, S. 350-366; Hertzberg: Geschichte der Stadt Halle. Bd. 1, S. 105-108; Schultze-Galléra: Geschichte der Stadt Halle, S. 337-340. Schrader: Die ehemalige Zisterzienserinnenabtei Marienstuhl, S. 46. Müller: Die Charta visitationis, S. 124-127. Schlotheuber: Klostereintritt und Bildung, S. 277. Ruprecht: Von der vorstädtischen Siedlung, S. 361. StA Bd. 5, S. 51 (Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe); WA 38, S. 213. Vgl. auch WA TR 4, S. 703f. (Nr. 5158): Johannes Mathesius berichtet, dass Luther im August 1540 die Anekdote erneut erzählt habe. Bräuer: Umgestaltung und Übergänge, S. 60; Schwarz: Abendmahlsgemeinschaft, S. 38-78.
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WA 10 II, S. 29. Koch: Felicitas von Selmnitz, S. 128-143; Schultze-Galléra: Geschichte der Familie, S. 33-54; Jovius: Genealogie oder Stammbaum, S. 76-121. ThMA 3, S. 115f. (Nr. 69). ThMA 2, S. 157-160 (Nr. 56). ThMA 3, S. 116-122 (Nr. 70-73). Vgl. zum Beispiel Delius: Die Reformationsgeschichte, S. 26-32. Flugschriften der Bauernkriegszeit, S. 528. Erhard: Die ersten Erscheinungen der Reformation, S. 102-111; ABKG Bd. 2, S. 661-665 (Nr. 1359, Erzbischof Albrecht an Herzog Georg v. 6. Dezember 1526). ThMA 2, S. 154-157 (Nr. 55). Honemeyer: Müntzers Berufung nach Allstedt, S. 103-111. Bagenski: Geschichte der Familie von Selmnitz, S. 24, 34f.; Jovius: Genealogie oder Stammbaum, S. 93. Straube: Die politischen, ökonomischen und sozialen Verhältnisse des Amtes Allstedt, S. 28-44, bes. S. 41: Besitz nach dem Türkensteuerregister 1.118 fl. und 312 fl. seiner Lehnsleute; Weimar, Reg. Bb 262, Bl. 25v (Jahresrechnung Amt Allstedt 1523/24): Hans Zeiss verhandelt mit den Räten in Torgau, weil ein Knecht des Selmnitz erstochen wurde.
VI. »Parochus Alstedtensis« Arbeit für eine Gemeinde des reinen Weizens (zu S. 181-206) 3 4 5 1 2
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Stockmann: Alstädtische kleine Chronica, Bl. B 7r. Hartung: Die äußere Geschichte, S. 1-11. Müller: Die Mutschierung von 1513, S. 179. Straube: Die … Verhältnisse des Amtes Allstedt, S. 30f. Weimar, Reg. Bb 244 (Amtsrechnung , Fabiani [20. Jan. 1513] bis Walpurgis [1. Mai 1514], Bl. 1r: »Nach abzihen des alten amptmans Wolfen von Selmenitz/ Zcum theyl durch Friderich von Lomerstat amtsvorweßer volgende durch Hansen Zceyßen den bestetigten Schoßer gehalten, und ist die erst rechnung nach abzihen des alten amptmanns.« Weimar, Reg. Bb 261 (Halbjahrsrechnung des Amts, 1. Mai-19. Nov. 1523), Bl. 12r. Straube: Die … Verhältnisse des Amtes Allstedt, S. 34-40. Facius: Allstedt, S. 35f.; Spangenberg: Mansfeldische Chronica, T. 4, S. 466: Zwei Jahrmärkte (Trinitatis und Sonntag nach Severini). Straube: Die … Verhältnisse des Amtes Allstedt, S. 44: Landesherr: 698 Acker Land, Wiesen 138 Acker, Wald 1117 ¾ Acker; Walkenrieder Mönchshof Pfiffel und Zisterzienserinnenkloster Naundorf: 2307 ½ Acker Land, Wiesen 138 Acker, Wald 1621 ½ Acker. Weimar, Reg. Bb 258, Bl. 36r (Mai 1521, Allstedter Bote nach Eilenburg). Müller: Die Wittenberger Bewegung, S. 184; Planitz: Berichte aus dem 437
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Reichsregiment, S. 82f., 93. In der Allstedter Stadtrechnung 1521/22 hat dieser Aufenthalt keinen Niederschlag gefunden. Ernestinische Landtagsakten, Bd. 1, S. VI, 145 (Nr. 265); Weimar, Reg. Bb 260, Bl. 29r (Amtsrechnung 1522/23): Bewirtung für 14 Groschen und sechs Pfennige. Facius: Allstedt, S. 263. Zu den Amtsrechnungen kommt die Stadtrechnung von 1521/22, Weimar, Reg. Bb 2936: Rechnung des Raths zu Alstett (15. Oktober 1521 bis 14. Oktober 1522); Reg. 27584: Amtserbbuch von 1527. Außerdem existiert eine Altstadtkirchenrechnung von 1523 (22. Februar), Reg. Bb 2937. Weimar, Reg. Bb 27584, Bl 73v; Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Bezirk Halle, S. 6; Lehfeld: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens, H. 13, S. 251-253; Weimar, Reg. Bb 248, Bl. 62v (Jahresrechnung 1516/17, Baubeihilfe 3 Schock 30 Groschen); Reg. Bb 249, Bl. 51r (zwei Stübichen Wein für die Chorweihe und die Konsekration der »pild im neuen creutz vorm Sloss«). Wenig später wurden auch zwei Bilder im neuen heiligen Haus vor dem Schloss geweiht und mit Gnaden ausgestattet, vgl. Reg. Bb 250, Bl. 60r (Jahresrechnung 1517/18). Ebenda, Reg. Bb 27584, Bl. 73v: Einkommen 5 Groschen jährlicher Zins »in toto corpore«, 1 ½ Acker Land »in eyn felt«; der Pfarrer erhält 26 oder 27 Groschen »alle fest vom opfer eynkomen«, dazu 4 Groschen von der »procuracion« (notarielle Tätigkeit?). Vgl. Die evangelischen Kirchenordnungen 1. Abt. I, S. 507-509 (Visitationsordnung 1522, Messe als Abendmahlsgottesdienst). Spangenberg: Mansfeldische Chronica, T. 4, S. 480. Zur Bestätigung der notariellen Nebentätigkeit Johannes Webers vgl. Weimar, Reg. Bb 2936, Bl. 32v (Stadtrechnung 1521/22). ThMA 2, S. 514 (Anhang Nr. 4): AGBM Bd. 2, S. 452f. (Nr. 1645); Spangenberg: Mansfeldische Chronica, T. 4, S. 484. Weimar, Reg. Bb 250, Bl. 10r (Jahresrechnung 1517/18). Vgl. Reg. Bb 251, Bl. 5v: Bestrafung der Köchin wegen Tätlichkeit. AGBM Bd. 2, S. 453 (Nr. 1645). Facius: Allstedt, S. 57. Weimar, Reg. Bb 250, Bl. 34v. Vgl. Reg. Bb 251, Bl. 20r; Reg. Bb 252, Bl. 19r. Im ersten Halbjahr 1519 fielen die Messen wegen Pestgefahr drei Wochen aus. Ebenda, Reg. Bb 258, Bl. 27r, 35v. Ebenda, Reg. Bb 259, Bl 13r. Ebenda, Reg. Bb 260, Bl. 21v. Vgl. auch Reg. Bb 258, Bl. 34v . Ebenda, Reg. Bb 252, Bl. 33v (Halbjahrsrechnung 1519): Wöchentlich ein Brot, zwei Käse, ein Stübichen Bier. Reg. Bb 254, Bl. 32v (Halbjahrsrechnung 1520): Nur ein halbes Stübichen Bier. Ebenda, Reg. Bb 251, 30v (1518); Reg. Bb 258, Bl. 44r (1521/22); Reg. Bb 260, Bl. 36r (1522/23).
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Ebenda, Reg. Bb 2936, Bl. 32r. Ebenda, Bl. 26v, 27v. Ebenda, Bl. 8r (2 Schock 4 Groschen). Ebenda, Reg. Bb 2937, Bl. 5v: Ausgaben für 22 Verstorbene, 1 Schock 10 Groschen an den Pfarrer für die Fronleichnammesse und 6 Groschen für Salve, 7 Groschen und 6 Pfennige an den Küster für Messen sowie 3 Groschen für Salve. Zu Salven vgl. Adam/ Berger: Pastoralliturgisches Handlexikon, S. 26f., 333; Götz: Das Pfarrbuch des Stephan May, S. 32f. u. ö. Weimar, Reg. Bb 2937, Bl. 7r. Ebenda, Bl. 4v. Ebenda, Bl. 6v (er entrichtet die Normalabgabe von einem Pfund). Ebenda, Reg. Bb 2936, Bl. 27v. Die Geschenke wurden offenbar sozial gestaffelt. Das spätere Bundesmitglied Valentin Krump erhielt ebenfalls 15 Groschen, der zur städtischen Oberschicht gehörende Hieronymus Feminger 1 Schock, vgl. ebenda. Hoyer: Simon Haferitz, S. 86. Herrmann: Das Verfügungsrecht über die städtischen Pfarrstellen, S. 225242. Erst bei der Visitation von 1533 wird eine Lateinschule genannt; vgl. Die evangelischen Kirchenordnungen, Bd. 1 I, S. 509, 512f. Nach Spangenberg: Mansfeldische Chronica, T. 4, S. 501, ist der Pfarrer von Einzingen, Benedict Quellmalz, vorher Schulmeister in Allstedt gewesen. MSB, S. 207-215; Müntzer: Theologische Schriften, S. 101-111. MSB, S. 212: Wendung zur Gemeinde beim Abendmahl. Ebenda, S. 210. Ebenda, S. 214. Ebenda, S. 208. Ebenda, S. 210. Ebenda, S. 209f. Ebenda, S. 210f. Ebenda, S. 212: Die Angabe des Kreuzeszeichens bei der Segnung von Brot und Wein fehlt, ist aber im Druck von 1523 vorhanden; vgl. Müntzer: Theologische Schriften, S. 106. MSB, S. 211. Zur Konzelebration vgl. Jungmann: Missarum Sollemnia, S. 249f. MSB, S. 211. Zu Müntzers Verständnis der Messe vgl. Koch: Das Sakramentsverständnis, S. 135f. MSB, S. 214, vgl. auch S. 235, 251. Nicht erwähnte Riten (Anhauchen des Täuflings, Öffnen der Ohren, Vaterunser) müssen nicht gefehlt haben, da selbst die offiziellen gottesdienstlichen Bücher nicht immer den vollständigen Ablauf erwähnen. Vgl. Hoeynck: Geschichte der kirchlichen Liturgie, S. 155, 211. Koch: Das Sakramentsverständnis, S. 140f., 144f.
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MSB, S. 215; ThMA 2, S. 171 (Nr. 57); Ullmann: Thomas Müntzers Kirchenväterstudien, S. 224. Rietschel/Graff: Lehrbuch der Liturgik, Bd. 2, S. 712. MSB, S. 215. Ebenda; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, Bd. 2, S. 749f. (Nr. 991993); WA 35, S. 126f. MSB, S. 215: »So uns aber nu ein kindlein kunth besser unterricht thun …« Zur sprichwörtlichen Wendung vgl. Junghans: Der Laie als Richter, S. 51-54. MSB, S. 519f. (fehlerhafter Druck). Vgl. Müntzer: The Collected Works, S. 386388; Dismer: Geschichte, Glaube, Revolution, S. 165-167; Schwarz: Die apokalyptische Theologie, S. 165f. Honemann: Tradition und Erneuerung, S. 18-29. Durandus’ Rationale, S. [12-15]: Henkel: Deutsche Messübersetzungen, S. 214-222. Riecke: Messerklärung, S. 227-229; Henkel: Deutsche Messübersetzungen, S. 229-238; Henkel: Liturgie und Lateinschule, S. 57-79. Angerer: Lateinische und deutsche Gesänge, S. 89f., 138-141. Fliege: Die Handschriften, S. 61-66, 67-69; Bräuer: Thomas Müntzers Tedeum, S. 187-191. Bräuer: Umgestaltung und Übergänge, S. 51-71. WA Br 3, S. 23 (Nr. 577); WA 12, S. 37. Der Druck geschah erst nach Ostern; Bieritz: Dass das Wort im Schwang gehe, S. 82-106. Spalatin: Chronicon Sive Annales, Sp. 620; Brecht: Martin Luther, Bd. 2, S. 126. Honemeyer: Thomas Müntzer und Martin Luther, S. 15, 33f. MSB, S. 25-155. Claus: Zur Druckgeschichte, S. 123; ders.: Das Leipziger Druckschaffen, S. 11f., 192-194; Bräuer: »ich begehre lauttern vnd reinen wein«, S. 97-140. MSB, S. 69-155 (Foliierung A-S); Claus: Zur Druckgeschichte, S. 125f. »Ammacht« ist eine alte Wortform von »Amt« (Gottesdienst) als Übersetzung des lat. officium. MSB, S. 30-69 (Foliierung a-h), S. 161f. (Vorrede, separat gedruckt und den Exemplaren vorangestellt oder angefügt); Claus: Das Leipziger Druckschaffen, S. 96, 104. Zur Beibehaltung der drei Prozessionen in der Ostervesper vgl. MSB, S. 126133; Honemeyer: Thomas Müntzer und Martin Luther, S. 25-27; Stephan: Teutsch antiphonal, S. 173-177. Zu Müntzers Adaption der spätmittelalterlichen Tradition vgl. Henkel: Christförmig werden, S. 33-69. MSB, Anm. zu S. 33, 91, 93, 109, 115, 150; Honemeyer: Thomas Müntzer und Martin Luther, S. 24f.; Stephan: Teutsch antiphonal, S. 157-159. WA 18, S. 123: Es müsse »beyde text und noten, accent, weyse und geperde aus rechter mutter sprach und stymme komen, sonst ist alles eyn nachomen, wie die affen thun« (Wider die himmlischen Propheten); Deutsche Messen und Kirchenämter, S. 81.
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MSB, S. 162; Raeder: Thomas Müntzer als Bibelübersetzer, S. 220-237; Ullmann: Die sprachgeschichtliche Bedeutung, S. 115-171. Bräuer: Thomas Müntzers Liedschaffen, S. 227-298 (teilweise Überinterpretation des Mystikeinflusses); Kemper: Deutsche Lyrik der frühen Neuzeit, Bd. 1, S. 214-227. Das Abendmahlslied in MSB, S. 529f. und die 12 Strophen von »Ach Gott, tu dich erbarmen«, die Müntzer zugeschrieben worden sind, entsprechen in Diktion und Aussagen kaum Müntzer, vgl. Bubenheimer/ Fauth: Texte von Thomas Müntzer, S. 65-69. MSB, S. 90f., 98f.; Bräuer: Thomas Müntzers Liedschaffen, S. 247f., 248-250; Ullmann: Die sprachgeschichtliche Bedeutung, S. 146f.; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, Bd. 1, S. 74f. (Nr. 102), 63 (Nr. 80). MSB, S. 120f., 129-131; Bräuer: Thomas Müntzers Liedschaffen, S. 250-252, 255f.; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, Bd. 1, S. 81 (Nr. 116), 66 (Nr. 83). MSB, S. 124f.; Bräuer: Thomas Müntzers Liedschaffen, S. 252-255; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, Bd. 1, S. 114 (Nr. 178). Gloriastrophe: »Das gib uns, vater, durch Christ, deynen zarten, das wir deyns willens mu(e)gen so erwarten, in unserm leben deynes geystes wirckung empfintlich werden. Amen.« MSB, S. 150f.; Bräuer: Thomas Müntzers Liedschaffen, S. 257f.; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, Bd. 1, S. 55 (Nr. 65). MSB, S. 153f.; Bräuer: Thomas Müntzers Liedschaffen, S. 259-264; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, Bd. 1, S. 75 (Nr. 104). MSB, S. 45f.; Bräuer: Thomas Müntzers Liedschaffen, S. 234-237; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, Bd. 1, S. 16f. (Nr. 12); Szövérffy: Die Annalen der lateinischen Hymnendichtung, Bd. 1, 49, 52; Göser: Kirche und Lied, S. 116-126, 133-149 (Überinterpretation von Müntzers »antikirchlichem Modell«). MSB, S. 48f.; Bräuer: Gott, heiliger Schöpfer, S. 5-8; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, Bd. 1, S. 79 (Nr. 112). MSB, S. 64f.; Bräuer: Thomas Müntzers Liedschaffen, S. 241-243; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, Bd. 1, S. 46f. (Nr. 50). Zu »bösewicht« bei Müntzer vgl. Warnke: Wörterbuch zu Thomas Müntzers deutschen Schriften, S. 105; Wortindex. – In: Linguistische Beiträge, S. 327. MSB, S. 67f.; Bräuer: Thomas Müntzers Liedschaffen, S. 244-247; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, Bd. 1, S. 46 (Nr. 49); Seebaß: Müntzers Erbe, S. 104f. (gegen Hut als Autor). Vgl. 2. »Sey uns wilkommen, o kindlein zart, wilche lieb zwang dich also hart, ein scho(e)pfer aller creatur, scheint schlimmer denn ein schlechter bauer.« 3. »Zeych an in unsers hertzen grundt, das uns der heylant werde kundt, das wir mit dir so new geborn, dein werck befinden unverlorn.« Zum positiven Gebrauch von »zart« bei Müntzer: zwölfmal für Christus oder
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Maria in den liturgischen Schriften, vgl. Wortindex. – In: Linguistische Beiträge, S. 293, 346. Zu »vergotten« vgl. MSB, S. 281, 317, 521. MSB, S. 111-114 (Ostermette); Bräuer: Müntzers Tedeum, S. 173-200; Lyster: Marderhunde, S. 200-207. MSB, S. 157-160, 163-206; Müntzer: Deutsche Evangelische Messe, S. 41-127. Claus: Zur Druckgeschichte, S. 127f. Bräuer: Hans Reichart, S. 389-398. ThMA 3, S. 141f. (Nr. 93); ThMA 2, S. 259-263 (Nr. 79); Bräuer: Thomas Müntzer und die Zensur, S. 49-51. ThMA 3, S. 155 (Nr. 99); ThMA 2, S. 344 (Nr. 101); ThMA 3, S. 179 (Nr. 115). Müntzer: Deutsche Evangelische Messe, S. 48 (I), 71 (U), 92 (I), 99 (I), 116 (D). Erklärungsbedürftig u. a.: Einmaliger Gesang des Agnus Dei, fehlendes Gloria zu Pfingsten, Halleluja in der Fastenzeit. Müntzer: Deutsche Evangelische Messe, S. 131f.: Halleluja vor dem Graduale, Rückkehr zur Sequenz anstelle Psalm 51, Veränderungen im Offertorium von der Salutatio an. MSB, S. 163. Müntzer: Deutsche Evangelische Messe, S. 14f. Brecht: Thomas Müntzers Christologie, S. 73-75. MSB, S. 202-204; Bräuer: Thomas Müntzers Liedschaffen, S. 264-267; Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied Bd. 1, S. 105 (Nr. 160); Kunz: Veni Sancte Spiritus, Sp. 666. MSB, S. 163-165. Bräuer: »do durch die zeyt nicht vorgebens vorswinde«, S. 163-165. Henkel: Christförmig werden, S. 40. Kürzlich wurde durch Dr. Stefan Michel (Leipzig) in der Kirchenbibliothek St. Georgen in Eisenach (zur Zeit im Landeskirchenarchiv) unter Nr. 1135 ein Band mit Müntzers Druck der Deutschen Messe und des Deutschen Kirchenamts mit Benutzerspuren entdeckt. Ein handschriftlicher Eintrag von 1612 gibt an, dass »diese Kirchenagende« in der Allstedter Kirche »vil Jar lang gebraucht worden« ist. Pfarrer und Superintendent Johann Puchner (Büchner) hat sie dem Eisenacher Konsistorium zugesandt, weil sie etliche päpstliche Reliquiae enthalte und »bessere formen der kirchenordnungen« vorhanden seien. Müntzers Name wird bewusst nicht erwähnt, wie die Entfernung von Bl. A (Titel und Anfang der Widmung) belegt. Die Anordnung der Visitatoren von 1533 ist demnach nicht befolgt worden. Müntzers Liturgie prägte Jahrzehnte weiter die Allstedter Gottesdienste. ThMA 3, S. 102f. (Nr. 74); vgl. auch ebenda S. 86 (Nr. 43). ThMA 2, S. 504-506 (Beilage). WA Br 3, S. 100 (Nr. 628): »Agitur igitur inter eos, an sint servandae vel eiiciende«. Weimar, Reg. Bb 261, Bl. 18v (Halbjahrsrechnung 1523, Botenlohn): 2 Groschen, 3 Pfennige »gein Heldrung 2 meyl an graffen geschriben, das auß irem closter widerstett 11 nonnen hie legen« (zwischen 4.-24. Juni); Reg. Bb 262,
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Bl. 25r Jahresrechnung 1523/24). Die Ausgaben für die Beköstigung sind vermutlich unter »Zufellige kost« verbucht worden: »43 gr[oschen] fur zufellige gest zerung bis elisabet [19. November], hab allein das bir betzalt gerechet, die maltzeit nach gelassen, ursach das ich mit genossen habe« (Reg. Bb 262, Bl. 19v). Spangenberg: Mansfeldische Chronica, T. 4, S. 128; WA 11, S. 394-400. Rommel: Das Kloster Wiederstedt, S. 42. Die lutherischen Pamphlete, S. 54 (des »schossers weib« wird sonst nirgends erwähnt); Winterhager: Ottilie von Gersen (Rezeptionsgeschichte). ThMA 2, S. 190 (Nr. 61). Weimar, Reg. Bb 260, Bl. 30v (Jahresrechnung 1522/23). ThMA 2, S. 172 (Nr. 58), 184-187 (Nr. 60). WA Br 2, S. 515 (Nr. 483): Müntzer habe in Zwickau mit den Seinen Monster gepflanzt. ThMA 2, S. 323 (Nr. 94): Mahnung des Buchführers Wolfgang Juche vom 26. Juli 1524, die Schuld zu bezahlen. WA 10 I, S. 8-18, bes. S. 17. ThMA 2, S. 160-172 (Nr. 57). Original lateinisch. Ebenda, S. 165: »ut docti ex ore Dei viventis inveniamur, quo certissime sciamus Christi doctrinam non ab homine fictam«. Biblischer Bezug: Kolosser 1,9-11; Johannes 7,17; Römer 4,18; Römer 8,16. Ebenda, S. 168f.: »ut simul ingrediamur charitatis viam«. Ebenda, S. 170f.: »et veterem dilectionem renova«. Ebenda, S. 170-172 (bes. Anm. 81). WA Br 3, S. 119-121 (Nr. 641). Vgl. Spalatins Dorsalvermerk: »Thomas Spummarius apud quaestorem Alsteti« (Thomas Schäumender bei dem Schosser von Allstedt). In der Vulgata wird spumo auch bei Besessenen verwendet.: Lukas 9, 39 u. ö. ThMA 2, S. 175-184 (Nr. 59); Müntzer: Theologische Schriften, S. 67-70. Moeller/Stackmann: Städtische Predigt, S. 93, 95, 244-248; Bräuer: Simon Hoffmann, S. 297-321. ThMA 2, S. 178 (Nr. 59). Ebenda, S. 177. Ebenda, S. 179f. Im Konzept hat Müntzer apodiktischer formuliert: »dan kumpt der Herre und regert unde sto(e)sth dye tyrannen czu bodem«. Ebenda, S. 180. Ebenda, S. 182-184; MSB, S. 115; Ullmann: Thomas Müntzers Kirchenväterstudien, S. 152f.; Elliger: Müntzers Übersetzung des 93. Psalms, S. 56-63. ThMA 2, S. 187-190 (Nr. 61). Der Allstedter Schultheiß Nikolaus Rucker brachte den nach Wörlitz adressierten Brief als unbestellbar zurück. Kahl: Ersterwähnung thüringischer Städte, S. 354f.; Spangenberg: Mansfeldische Chronica, T. 4, S. 494-496; Lehfeld: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens, H. 13, S. 306. Straube: Reformation, Bauernkrieg und ›Klosterstürme‹, S. 393.
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Spangenberg: Mansfeldische Chronica, T. 4, S. 495. Hartung: Die äußere Geschichte, S. 45f., 56-58. Nach Weimar, Reg. 27584, Bl. 78v (Amtserbbuch 1527) besaß das Kloster den Zehnten »vor der stadt und dem hayne« (Wald im Schlossgebiet). Kurfürst Friedrich und Herzog Johann haben das Kloster 1516 in ihrem Testament bedacht, vgl. Kirn: Friedrich der Weise, S. 106. 134 Zu Klagen bei der Visitation 1498, vor allem über den Propst, vgl. Riemer: Berichte über Visitation, S. 100. 135 Ernestinische Landtagsakten, Bd. 1. S. 154f. (Nr. 283). Zur Auflösung des Klosters in der Residenz Torgau und Friedrichs Verhalten vgl. Bartscherer: Wahres und Sagenhaftes, S. 61. 136 ThMA 2, S. 512 (Anhang 4). 137 Weimar, Reg. Bb 266, Bl. 38r. 138 ThMA 2, S. 192 (Nr. 62). 139 Ebenda, S. 192f.; ThMA 3, S. 125 (Nr. 77). 140 ThMA 2, S. 196f. (Nr. 63). 141 Ebenda, S. 196-199 (Nr. 63). 142 ThMA 3, S. 126 (Nr. 78). 143 Ebenda, S. 127f. (Nr. 79). Die Außenanschrift (Bl 9v ) belegt, dass es kein Konzept, sondern die Ausfertigung war; Deutsche Reichstagsakten, Bd. 3, S. 449-451 (es soll bis zum künftigen Konzil »nichts anders, dann das heilig evangelium nach auslegung der schriften von den christlichen kirchen appropiert und angenomen gepredigt« werden). 144 ThMA 3, S. 129f. (Nr. 81). 145 Ebenda, S. 128f. (Nr. 80). 146 Ebenda, S. 131 (Nr. 82). 147 ThMA 2, S. 201 (Nr. 64). 148 Ebenda, S. 200-202 (Nr. 64). 149 Ebenda, S. 203-205. Müntzer bezog sich mit dieser Forderung auf das kaiserliche Mandat. 150 Ebenda, S. 205. 151 Ebenda, S. 206. 152 Ebenda. 153 ThMA 3, S. 131 (Nr. 82). 132
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VII. »Ich will meynen grund beweysen« Müntzers Verteidigung von Lehre und Wirken (zu S. 207-249)
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Planitz: Berichte aus dem Reichsregiment, S. 580; Bräuer: Die Vorgeschichte, S. 64. Weimar, Reg. Bb 262, Bl. 16r, 17r, 23v (Jahresrechnung 1523/1524); Urkundenbuch der Universität Wittenberg, T. 1, S. 126-128; Reg. Bb 5559, Bl. 24r (Zinseinnahmen auf der Reise nach Nürnberg); Reg. Bb 262, Bl. 27v (Transport des »drehe tzeug«).
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Ebenda, Bl. 15r (Zeiß verkaufte es den Fleischern). ThMA 3, S. 132 (Nr. 83): Zeiß schickte nach dem 18. Oktober einen »bericht des predigers halben zu Alstedt wider graf Ernst von Mansfelt« nach Jüterbog, wo die Ernestiner über das Schicksal König Christians II. von Dänemark verhandelten. 5 Ebenda, S. 132f. (Nr. 84). 6 Weiß: Die frommen Bürger, S. 321; Schlageter: Die sächsischen Franziskaner, S. 77-84. 7 Weiß: Die frommen Bürger, S. 316; WA Br 2, S. 577 (Nr. 518). 8 Buckwalter: Die Priesterehe, S. 136-203. 9 Höss: Georg Spalatin, S. 238f.; Krentz: Ritualwandel und Deutungshoheit, S. 285-287. 10 ThMA 2, S. 137 (Nr. 47); S. 256-259 (Nr. 77f.). 11 MSB, S. 225. 12 Bräuer: Die Vorgeschichte, S. 64f. 13 Bräuer: Protestierende – Protestanten, S. 99f. 14 Das legt das Synonym »empietung« für Erbieten nahe, vgl. MSB, S. 236, 239; ThMA 2, S. 333 (Nr. 97). Von Luthers diplomatisch ausgerichtetem »Erbieten« ist Müntzer kaum inspiriert worden. Vgl. WA 6, S. 478f. 15 MSB, S. 225f. 16 Ebenda, S. 227. Die Aufhebung von Adams Schaden durch Christus wird hier vorausgesetzt. Vgl. ebenda, S. 212f. 17 Ebenda, S. 227f. 18 Ebenda, S. 233. 19 Ebenda. 20 Ebenda, S. 234. 21 Ebenda, S. 234f. 22 Ebenda, S. 235f. 23 Ebenda, S. 236f. 24 Ebenda, S. 238. 25 Ebenda, S. 238f. 26 Ebenda, S. 239f. 27 Ebenda, S. 240. 28 WA 12, S. 38-48, bes. 48. 29 MSB, S. 238. 30 ThMA 3, S. 133 (Nr. 85). 31 ThMA 2, S. 350f. (Nr. 133.1), 363 (Nr. 133.2); Dammaschke/Vogler: ThomasMüntzer-Bibliographie, S. 49. 32 MSB, S. 217-224; Müntzer: Theologische Schriften, S. 71-82. Vgl. ThomasMüntzer-Bibliographie, S. 42-44. 33 Müntzer: Theologische Schriften, S. 22-29 (Text, ohne Marginalien). 34 ThMA 2, S. 208f. Anm. 1-3 (zu Nr. 65). 35 Die erste deutsche Bibel, Bd. 1, S. 210f., XIX. 36 WA DB 7, S. 260f.; Frühneuhochdeutsches Wörterbuch, Bd. 6, Sp. 430. 3 4
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MSB, S. 218. Ebenda, S. 220. In Müntzers Verständnis des Glaubensprozesses war es die zweite Station. Vgl. Schwarz: Thomas Müntzer und die Mystik, S. 288; Fauth: Thomas Müntzer in bildungsgeschichtlicher Sicht, S. 181-183. MSB, S. 221. Ebenda, S. 222f. Ebenda, S. 224. Matthäus, 16, 18 am Rand interpretiert den Hinweis auf die Höllenpforte. Zu Luthers Auffassung von der Klarheit der Heiligen Schrift vgl. Lohse: Luthers Theologie, S. 83. ThMA 2, S. 214 (Nr. 65). Ebenda, S. 216. Der damals Joachim zugeschriebene und 1516 in Venedig neu gedruckte Kommentar »Scriptum super Hierimiam prophetam« stammt erst aus der joachitischen Tradition. ThMA 2, S. 10 (Nr. 8); Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 14f. ThMA 2, S. 13 (Nr. 10). Fauth: Thomas Müntzer in bildungsgeschichtlicher Sicht, S. 158-166. Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 13-15. Schwarz: Thomas Müntzer und die Mystik, S. 286. Haas: Gottleiden – Gottlieben, S. 283f. Ebenda, S. 294. Köpf: Aufstiegsschemata, S. 35-37; Fauth: Thomas Müntzer in bildungsgeschichtlicher Sicht, S. 172-194. Vgl. z. B. Sören Kierkegaards Auseinandersetzung mit Luther, Schroer: Kierkegaard, S. 151; Bonhoeffer: Nachfolge, S. 29-43 (Die teure Gnade). Flugschriften der frühen Reformationsbewegung, Bd. 1, S. 316-351; Claus: Das Leipziger Druckschaffen, S. 194. Flugschriften der frühen Reformationsbewegung, Bd. 1, S. 317, 319. Ebenda, S. 322. Ebenda, S. 333. Ebenda, S. 334, 339. Ebenda, S. 346. Ebenda, S. 332, 322. Das ist mehr als ein mystischer Rahmen. Vgl. Brecht: Die Predigt des Simon Haferitz, S. 110. Von Luthers beiden Predigten über diese Perikope finden sich keine Spuren. Vgl. WA 7, S. 237-258. ThMA 2, S. 214 (Nr. 659); MSB, S. 207, 218, 225. Bräuer: Der Hüttenmeister Christoph Meinhard, S. 225. ThMA 2, S. 218-222 (Nr. 69). Ebenda, S. 219f. Ebenda, S. 238 (Nr. 73): Seligmann an Müntzer, 13. Mai 1524. Ebenda, S. 242 (Nr. 75).
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[Johann Agricola:] Auslegung des XIX Psalm. Coeli enarra[n]t/ durch Thomas Muntzer an seyner besten iunger einen/ auff new prophetisch, nicht nach der einfeltikeit des wort Gotes, sonder aus der lebendigen stimme vom hymel. […] Wittemberg 1525; Die lutherischen Pamphlete, S. 43-78. Vgl. ThMA 2, S. 240-252 (Nr. 75). ThMA 2, S. 242f. (Nr. 75). Ebenda, S. 244f. Im Sendbrief an die Stolberger hat Müntzer »Verwunderung« (admiratio) als schmerzhafte erste Reaktion auf das lebendige Wort Gottes nur im Entwurf verwendet. Vgl. ebenda, S. 182. Ebenda, S. 246. Ebenda, S. 247. Zu »Langweyl« vgl. Schwarz: Thomas Müntzer und die Mystik, S. 288f. ThMA 2, S. 249 (Nr. 75). Ebenda, S. 250. Ebenda, S. 383-386 (Nr. 106). ThMA 3, S. 232 (Nr. 148). Die lutherischen Pamphlete, S. 56. WA 3, S. 508 (Nr. 874). Bräuer: Der Hüttenmeister Christoph Meinhard, S. 233-235. ThMA 2, S. 224-234 (Nr. 72). Hinweis auf die Veröffentlichungsabsicht durch zahlreiche Bibelstellen am Rand. Bräuer: Der hinkende Prediger, S. 68-71. ThMA 2, S. 230. Ebenda, S. 234. Bräuer: Der hinkende Prediger, S. 73-82. ThMA 3, S. 137 (Nr. 90); Bräuer: Thomas Müntzer und der Allstedter Bund, S. 94. Ob die Verhörsbeteiligung von Magnus Kluder, Vogt des landesherrlichen Vorwerkes Winkel, eine besondere Bedeutung hatte, bedürfte einer genaueren Prüfung. Vgl. AGBM Bd. 2, S. 470 (Nr. 1654). ThMA 2, S. 513 (Anhang 4): Die nicht zu lokalisierende Kapelle war bereits unbenutzt, und der Propst soll Allstedtern erlaubt haben, Baumaterial vom ruinösen Turm zu holen, obgleich der Rat das untersagt habe. Der Diebstahl einer Glocke aus der Wallfahrtskapelle St. Erhard »im Rödichen« bei Winkel im Amtsgebiet Anfang 1524 ist dem Allstedter Bund nicht zugeschrieben worden. Vgl. AGBM Bd. 2, S. 32 (Nr. 1116). Spangenberg: Mansfeldische Chronica, T. 4, S. 512f. Zum Landbesitz des Klosters Walkenried bei der Siedlung Mallerbach im 13. Jahrhundert vgl. Urkundenbuch des Klosters Walkenried, Bd. 1, S. 525f. (Nr. 617), 537 (Nr. 634). ThMA 2, S. 509-512 (Anhang 1-3): Ermittlung von albertinischen Untertanen aus dem Amt Freyburg, die ein halbes Räucherfass, ein Glöckchen und zwei Messbücher in Mallerbach entwendet hatten. Ebenda, S. 515 (Anhang 4).
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Ebenda, S. 516 (Anhang 5), S. 235 (Nr. 73); ThMA 3, S. 134 (Nr. 86). ThMA 2, S. 519 (Anhang 6). AGBM Bd. 2, S. 87 (N. 1139). Notwendige Datumskorrektur: 9. Mai. ThMA 2, S. 523 (Anhang 11), 527 (Anhang 14). Zu den widersprüchlichen Terminangaben durch Zeiß vgl. Bräuer: Die Vorgeschichte, S. 86 Anm. 83. Zu Knauth vgl. ders.: Thomas Müntzer und der Allstedter Bund, S. 105f.; Weimar, Reg Bb 252, Bl. 16r. 95 ThMA 2, S. 519-532 (Anhang 7-15). 96 Ebenda, S. 255f. (Nr. 76). Bereits der Eingangsgruß bezeugt Müntzers Diktion: »Die rechte, ewige rechtschaffne forcht Gotes sey euern gnaden zcuvorn« (S. 253). 97 ThMA 3, S. 134f. (Nr. 87). Notwendige Datumskorrektur: 14. Juni 1524. 98 ThMA 2, S. 522-524 (Anhang 11); Weimar, Reg. Bb 5563, Bl. 50v (Reisebuch 1525). 99 ThMA 2, S. 524f. (Anhang 12), S. 525f. (Anhang 13). 100 Ebenda, S. 529f. (Anhang 14). 101 WA DB 6, S. 182; ThMA 2, S. 530-532 (Anhang 15); Schirmer: Friedrich der Weise, S. 52f.; Weimar, Reg. Bb 265, Bl. 65v (Halbjahrsrechnung Amt All stedt 1525): Der Weimarer Schosser Bernhard Wallde erhielt am 18. August seine Berufung nach Allstedt, zunächst als Amtsverweser. 102 ThMA 3, S. 147 (Nr. 97): Zeiß am 28. Juli an Herzog Johann. 103 ABKG Bd. 1, S. 676 (Nr. 666), 688 (Nr. 680), 704-706 (Nr. 696). 104 MSB, S. 241-263; Thomas Müntzer: Außlegung des andern vnterschyds, S. 1-27; Claus: Das Leipziger Druckschaffen, S. 196; Bräuer: Hans Reichart, S. 389-398. 105 Daniel Eremita II, Sp. 492; Kobuch: Der erste Bibliograph, S. 215; Strobel: Leben, Schriften und Lehren, S. 51-55, 160-162; Thomas Münzer. Eingel. u. hg. von Paul Friedländer, S. 37-41. 106 Weimar, Reg. C 709, Bl. 41r-43v. Zum Konflikt vgl. Hucker: Die Grafen von Hoya, S. 84f.; Hoyer Urkundenbuch, Abt. 1, S. 400-402 (Nr. 610). 107 Weimar, Reg. Bb 5563 (Reiserechnung von Kammerschreiber Sebastian Schad), Bl. 54r-58r (Kukollen), 58v-62r (Allstedt). 108 Der Vertragsabschluss fand erst am 31. Oktober 1526 statt. Vgl. Hoyer Urkundenbuch, Abt. 1, S. 412f. (Nr. 626), 753-755 (Nr. 626a), 417-425 (Nr. 638). 109 Weimar, Reg. Bb 5563, B. 95v. 110 ThMA 3, S. 144 (Nr. 95). 111 ThMA 2, S. 259-263 (Nr. 79). 112 Rüger/Schmitt: Schloss Allstedt, S. 75, 84 Anm. 493a. Die Kanzleistube im Nordflügel ist weniger wahrscheinlich. Ein vergleichbarer Vorgang war die Predigt Simon Hoffmanns vor dem Sitzenden Rat in Erfurt 1523. Vgl. Bräuer: Simon Hoffmann, S. 319f. Die häufige Annahme, die Initiative sei von Herzog Johann ausgegangen (Überprüfung Müntzers), ist kaum vorstellbar, 91 92
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da er sich nicht für geistliche Belange zuständig sah und kein Theologe zur Reisegesellschaft gehörte. 113 ThMA 3, S. 144 (Nr. 95), 150 (Nr. 98): Luther gab Spalatin das ausgeliehene Exemplar zurück. 114 Vgl. MSB, S. 262: Zweifellos würden sich »vil unvorsuchter menschen an dyesem bu(e)chlein ergern«. Der Druck weist die Merkmale von Müntzers schriftlichen Äußerungen insgesamt auf: Intensiver Bibelbezug, assoziativer Denkstil, Beschreibung des Offenbarungs- und Glaubensvorgangs mit Begriffen der mystischen Glaubensweise, formale Inkonsequenz (von der fünfteiligen Gliederung nur vier markiert). Zu Anlage und Inhalt der Predigt vgl. Wolgast: Thomas Müntzers »Fürstenpredigt«, S. 543-554. 115 MSB, S. 243-245. 116 Ebenda, S. 248 (In der Druckfassung nur als Ankündigung der Textverlesung). Auf die Rezeption der Danielprophetie geht Müntzer in seiner Predigt nicht ein. Zu den Darstellungen hierzu, die oft zu wenig mit der Müntzerforschung vertraut sind, vgl. z. B. Röcke: Die Danielsprophetie, S. 245-267. 117 Schmitt: Nebukadnezzars Traum, S. 71-118. 118 MSB, S. 249. 119 Ebenda, S. 251. 120 Ebenda, S. 254. 121 Ebenda, S. 255. 122 Ebenda, S. 257. Wolfgang Capito hatte in seiner Vorrede zur ersten Luthersammelausgabe 1518 schon Luther mit Daniel verglichen. Vgl. Kaufmann: Der Anfang der Reformation, S. 331. 123 MSB, S. 259. 124 Ebenda, S. 261. 125 Ebenda. 126 Ebenda, S. 263. 127 Ebenda, S. 268. 128 Zur Bedeutung des Vermittlers vgl. Althoff: Vermittler, Sp. 1555-1557. Zu den Neudrucken der Predigt vgl. Thomas-Müntzer-Bibliographie, S. 51. 129 ThMA 2, S. 260 Anm. 1 (zu Nr. 79); Neues Urkundenbuch, S. 106 (Nr. 21): Die ernestinischen Fürsten meinten, »das das schwert der weltlichen obrigkeit allein in eußerlichen dingen und alzo zcum eußerlichen fried […] zugebrauchen gegeben« sei. 130 WA Br 3, S. 305-308 (Nr. 753), 309-311 (Nr. 754). 131 WA 15, S. 210-221; StA Bd. 3, S. 88-104. 132 ThMA 3, S. 150 (Nr. 98). 133 StA Bd. 3, S. 92, 94. 134 Ebenda, S. 98. 135 Ebenda S. 101f. 136 ThMA 2, S. 301f. (Nr. 90), 308-311 (Beilage 2). 137 Ebenda, S. 310 (Nr. 90, Beilage 3).
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Ebenda, S. 301 (Nr. 90), 303 (Nr. 90): »ertzreuber«. ABKG Bd. 1, S. 608f. (Nr. 604); ThMA 2, S. 265f. (Nr. 80). ThMA 2, S. 267f. (Nr. 80). Ebenda, S. 269. Ebenda, S. 272. Ebenda, S. 284 (Nr. 83). Ebenda, S. 280f. (Nr. 82). Ebenda, S. 300f. (Nr. 90). Ebenda, S. 302. Ebenda, S. 307. Ebenda, S. 287-292 (Nr. 86). Ebenda, S. 295 (Nr. 87). Ebenda, S. 337 (Nr. 97). Herzog Georg fertigte sein Mandat am 20. Juli 1524 aus. Es brachte das antireformatorische Reichsmandat vom 6. März 1523 für das albertinische Herzogtum zur Anwendung. Vgl. ThMA 2, S. 298 Anm. 1 (zu Nr. 90). Ebenda, S. 318 (Nr. 93). Ebenda, S. 319f. Ebenda, S. 320. Ebenda, S. 322. ThMA 3, S. 155 (Nr. 99). AGBM Bd. 2, S. 470 (Nr. 1654), 452f. (Nr. 1645). Zu den Bundmeistern vgl. Bräuer: Thomas Müntzer und der Allstedter Bund, S. 103-111. Quilisch: Das Widerstandsrecht, S. 210. Vgl. insgesamt Bräuer: Thomas Müntzer und der Allstedter Bund, S. 91-121. ThMA 2, S. 339 (Nr. 99). Ebenda, S. 323f. (Nr. 94). Ebenda, S. 324 (Nr. 95); MSB, S. 328. ThMA 3, S. 180 (Nr. 115). Psalm 57, 11 (Vulgata): »Manus suas lavabit in sanguine peccatoris.« Zu Luthers umstrittener Anknüpfung an dieses Psalmenzitat vgl. ThMA 2, S. 324 Anm. 2 (zu Nr. 95). Zeiß betont nach Müntzers Flucht, es sei »offentlich, das er [Müntzer] gantz aufrurisch ist« (ThMA 3, S. 179). ThMA 2, S. 324-326 (Nr. 96); 326-330 (Nr. 96 Beilage). Vgl. die spekulative Interpretation bei Fauth: Träume, S. 71-102. Da die Reise von Zeiß weder in der Halbjahrsrechnung des Amts von 1524 (Weimar, Reg. Bb 263) noch in der Jahresrechnung von 1524/25 (Reg. Bb 264) unter »Amtszehrung« verbucht wurde, dürfte der Schosser vom Stadtregiment zu der Reise gedrängt worden sein, das auch die Unkosten trug. ThMA 3, S. 150 (Nr. 97). Ebenda, S. 148f. Zu den Ratsvertretern vgl. Bräuer: Thomas Müntzer und der Allstedter Bund, 104f. ; ThMA 3, S. 156 (Nr. 100): Unkosten des Schossers in der Amtsrechnung.
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ThMA 3, S. 151-156 (Nr. 99). Zur Form vgl. Bräuer: Die Überlieferung, S. 82-84. 171 ThMA 3, S. 151-153 (Nr. 99), 145f. (Nr. 96): Spitzelberichte über angebliche Predigtäußerungen. 172 Ebenda, S. 153-155. 173 Ebenda, S. 155. 174 Ebenda. 175 Ebenda, S. 157 (Nr. 101). 176 Ebenda. 177 Ebenda, S. 158 (Nr. 101). 178 ThMA 2, S. 331f. (Nr. 97). 179 Ebenda, S. 332f. 180 Ebenda, S. 333. Ps. 67,7 (Vulgata): »Deus inhabitare facit unius moris in domo«. Vgl. MSB, S. 278. 181 ThMA 2, S. 335 (Nr. 97). 182 Ebenda, S. 337 (Nr. 98). 183 Ebenda, S. 339f. (Nr. 99). 184 Ebenda, S. 341 (Nr. 100). 185 ThMA 3, S. 175 (Nr. 113). 186 ABKG Bd. 1, S. 717-719 (Nr. 709); ThMA 3, S. 165f. (Nr. 107), 166-168 (Nr. 108), 168f. (Nr. 109), 173f. (Nr. 112). 170
VIII. »Damit nach göttlicher Furcht gehandelt werde« Müntzer und der Aufstand in Mühlhausen ( zu S. 250-277)
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ThMA 2, S. 280 (Nr. 82). Mägdefrau/Gratz: Die Anfänge der Reformation, S. 23-26, 33-45; Bensing: Thomas Müntzer und der Thüringer Aufstand, S. 35-40. Herzog Georg informierte am 23. November 1525, Müntzer sei »auf vilfaltig unser anregen […] zu Alstedt vortryeben wurden« (ABKG 2, S. 430, Nr. 1171). Die kursächsischen Räte berichteten dagegen, Müntzer sei »von Al stet wegk geflohen und gein Molhusen kommen und nit, wie angezeigt ist, wegkgeschoben worden« (AGBM 2, S. 732, Nr. 1945). ThMA 2, S. 341-345 (Nr. 101). Ebenda, S. 341 (Nr. 100). ThMA 3, S. 175 (Nr. 113). Vgl. auch S. 184 (Nr. 118). Bubenheimers Erwägung, Müntzer habe Paulus nachgeahmt, als er »ähnlich wie dieser in Damaskus […] bei Nacht über die Mauer verschwand« (Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 168), ist nicht so abwegig, da schon zur Zwickauer Zeit dieser Gedanke kritisch zwischen Agricola und Müntzer erörtert wurde. ThMA 3, S. 178f. (Nr. 115). Bensing: Thomas Müntzer und die Reformationsbewegung in Nordhausen, S. 10f. Eine andere Information besagt, Curt Osterhilt habe von Mühlhausen Hop451
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fen nach Allstedt gefahren und auf dem Rückweg Müntzer in die Stadt gebracht (AGBM 2, S. 934 Anm. 3). Auch wird berichtet, Matthias von Nordhausen habe ihn mit seinem Gefährt nach Mühlhausen befördert (ebenda, S. 704 Anm. 1). 10 ThMA 3, S. 270 (Nr. 175). 11 Günther: Mühlhausen in Thüringen, S. 19-45; Günther/Korff: Mühlhausen, S. 11-115; Badstübner: Das alte Mühlhausen; Tode: Stadt im Bauernkrieg, S. 141-165. 12 Müller: Ein ehrbarer Rat, S. 144-147. 13 Lösche: Achtmänner, S. 139-142. 14 Tode: Stadt im Bauernkrieg, S. 165-182; Müller: Ein ehrbarer Rat, S. 148-152. 15 Oehmig: Matthaeus Hisolidus, S. 137-155. 16 Ebenda, S. 148-150. 17 Hisolidus: Eyn Sermon von dem recht christlichen leben, Bl. A 2v. 18 Ebenda, Bl. A 3v. 19 Ebenda, Bl. A 3r. 20 Müller: Müntzers Werkzeug, S. 243-259; ders.: Vom Zisterzienser zum Prediger im Bauernkrieg, S. 381-388. 21 AGBM 2, S. 383 (Nr. 1582). 22 Müller: Ein ehrbarer Rat, S. 151. 23 Chronicon Mulhusinum, S. 41. Zur Verfasserfrage und Tendenz der Informationen vgl. Müller: Thomas Müntzer in der Mühlhäuser Chronistik, S. 9-38. 24 AGBM 2, S. 7 (Nr. 1089a). 25 Chronicon Mulhusinum, S. 41. 26 Ebenda, S. 41f. 27 Lösche: Achtmänner, S. 147-151. 28 ABKG 1, S. 512 (Nr. 513). 29 Chronicon Mulhusinum, S. 42. 30 Ebenda. 31 Ebenda. 32 Im Chronicon Mulhusinum heißt es, das sei »Dinstages nach visitationis Mariae« (also am 7. Juli) geschehen. Richtig muss es wohl vor heißen (das ist der 30. Juni), weil der Rezess am 3. Juli angenommen wurde. 33 Ebenda, S. 43: »Haben wol vier stunde darvor gelegen, aber man hat so viel mit inen geredt undt gehandelt undt den rat gebeten undt inen zu gesagt, das ir etliche abzogen.« 34 Ebenda, S. 43-47; AGBM 2, S. 10-15 (Nr. 1093); QGB, S. 479-485; dazu Günther: Der Mühlhäuser Rezeß, S. 167-183. 35 ABKG 1, S. 546 (Nr. 540). 36 AGBM 2, S. 17f. (Nr. 1099). Vgl. Müller: Frühreformation, S. 93f. 37 AGBM 2, S. 18 (Nr. 1100). 38 Ebenda, S. 19 (Nr. 1101).
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Ebenda, S. 23-25 (Nr. 1107). Chronicon Mulhusinum, S. 47. AGBM 2, S. 24 (Nr. 1107); S. 754 Anm. 1 (zu Nr. 1963). ThMA 3, S. 171-172 (Nr. 111). Vgl. dazu Bräuer: Martin Luthers Sendbrief, S. 9-18. WA Br 3, S. 309f.: »Welche Prediger dem nicht tüglich, hättet Ihr mit Hulf der Oberkeit zu entsatzen.« ThMA 3, S. 170 (Nr. 110). (Reinhart:) Weß sich doctor Andreas Bodenstein von Karlstadt mit doctor Martino Luther beredt zu Jhen, Bl. A2r. Joestel: Ostthüringen und Karlstadt, S. 139. Günther: Entwurf eines Briefes, S. 12. ThMA 2, S. 384 (Nr. 106): »Ist nicht anders denn das schreiben Luther durch in [das heißt Jonas] verursacht«. ThMA 3, S. 171-172 (Nr. 11). Ebenda, S. 171. Zur Terminologie Luthers vgl. Mühlpfordt: Luther und die ›Linken‹, S. 325-345. Er zählte Müntzer zu den neuen bzw. falschen Propheten, bald zu den Schwärmern oder Schwarmgeistern, Enthusiasten oder Fantasten, und letztlich sah er in ihm eine Ausgeburt des Teufels. ThMA 3, S. 171f. StA Bd. 3, S. 88-104. Ebenda, S. 102: »und stracks das land verboten«. ThMA 3, S. 173 (Nr. 112). Kurfürst Friedrich der Weise sprach sich am 11. August, als er noch keine Kenntnis von Müntzers Flucht aus Allstedt hatte, für ein zweites Verhör Müntzers aus. ThMA 3, S. 165-169 (Nr. 107-109). Ebenda, S. 173 (Nr. 112). Vgl. auch S. 180-181 (Nr. 116). Chronicon Mulhusinum, S. 48. Die Bezeichnung als Sendbrief dürfte auf den Drucker zurückgehen. Der Text erlangte damit exemplarische Bedeutung. Chronicon Mulhusinum, S. 48. Bensing: Thomas Müntzer und der Thüringer Aufstand, S. 64 Anm. 3; Leisering: Die Anhänger Thomas Müntzers, S. 52 (Nr. 10). Genannt werden Claus Kreuter (Weißgerber), Curt Osterhilt (Hopfenhändler) und Dietrich Wismeler (Goldschmied). Leisering: Die Anhänger Thomas Müntzers, S. 52 (Nr. 6 und 12), 53 (Nr. 23). ThMA 2, S. 345. Ebenda, S. 345-347 (Nr. 102). Ebenda, S. 342f. (Nr. 101): »zu schelten aufs allerbyttersthe dye tyrannen christlichs glaubens, dye unterm deckel des regiments dye leuthe stocken und blochen, das evangelion zu vorleugknen, hab ich darneben auch orsach gewunnen, dye andern anczugreyfen, welche solche gotlose, vordampte menschen sich unterwinten zu vortadigen.«
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Ebenda, S. 344. Ebenda. 67 Ebenda, S. 344f. Vielleicht in Anlehnung an Sir. 16,7: »Das Feuer verbrannte den ganzen Haufen der Gottlosen, und der Zorn ging an über die Ungläubigen.« 68 Ebenda, S. 346. 69 Das Chronicon Mulhusinum informiert, Müntzer habe die lateinischen Responsorien und andere Gesänge verdeutscht, »ließ auch deutzsche mesbucher schreiben undt trucken, wie ir alhir etliche noch vorhanden gewesen vor wenig jahren« (S. 51). 70 ThMA 3, S. 187 (Nr. 120). 71 Badstübner: Bilderstürme in Mühlhausen, S. 83-90. 72 Müller: Frühreformation, S. 92-96. 73 Vgl. zu Ammern ABKG 1, S. 747f. Anm. 2 (zu Nr. 738). 74 ThMA 3, S. 187 (Nr. 120). 75 Müller: Frühreformation, S. 100. 76 ThMA 3, S. 185 (Nr. 119); 222 (Nr. 140); AGBM 2, S. 656 (Nr. 1856), 903 (Nr. 2110). 77 ThMA 3, S. 222. 78 AGBM 2, S. 16-18 (Nr. 1095-1099), 21-27 (Nr. 1104a, 1107, 1109), 36-37 (Nr. 1124a, 1124b), 40-46 (Nr. 1126a, 1126b), 50-51 (Nr. 1130); ABKG 1, S. 606 (Nr. 601), 617 (Nr. 615). 79 Müller: Frühreformation, S. 99f. 80 Mühlhausen StA, 1-10 E 6, Br. 3a Religions- und Kirchen-Sachen 1522-1529, Bl. 56/2. 81 Ebenda, Bl. 56/3. 82 AGBM 2, S. 46 Anm. 1 (zu Nr. 1126); auch S. 50 (Nr. 1130), 54f. (Nr. 1137a). 83 Vogler: Ein Aufstand in Mühlhausen, S. 89-104; Hargarten: Thomas Müntzer und die ›radikale‹ Reformation, S. 234-246; Tode: Stadt im Bauernkrieg, S. 183-192; Scott: The ›Volksreformation‹ of Thomas Müntzer, S. 200-204. 84 AGBM 2, S. 11 (Nr. 1093); 69f. (Nr. 1159). 85 Vgl. die Rechtfertigung des Rats: Ebenda, S. 69-71 (Nr. 1159). 86 Ebenda, S. 70. 87 Ebenda, S. 57 (Nr. 1140); ABKG 1, S. 748 (Nr. 738); ThMA 3, S. 186f. (Nr. 120). 88 ABKG 1, S. 758 (Nr. 745). 89 Ebenda, S. 749 (Nr. 738). 90 Ebenda. 91 Vogler: Thomas Müntzers Verhältnis S. 67-88.; Wolgast: Die Obrigkeitsund Widerstandslehre, S. 195-220. 92 Tode: Stadt im Bauernkrieg, S. 183. 93 Chronicon Mulhusinum, S. 49. 94 ABKG 1, S. 749 (Nr. 738). 95 AGBM 2, S. 70. 65 66
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Chronicon Mulhusinum, S. 49. Scott: The ›Volksreformation‹ of Thomas Müntzer, spricht von »two separate factions« (S. 203). 98 ThMA 2, S. 368-370 (Nr. 104). 99 So Sünder: Zum Aufenthalt, S. 36. 100 ThMA 2, S. 369. 101 Ebenda. 102 ThMA 2, S. 368: »zu frontlicher betracht zu nemen nachgethane schrift an gemeyn cristlich kirchen [zu] Molhausen«. 103 Ebenda, S. 370. 104 Ebenda, S. 371-383 (Nr. 105,1; 105,2); AGBM 2, S. 47-49 (Nr. 1128). 105 ThMA 3, S. 187f. (Nr. 120). 106 Sebastian Rüger sagte später aus, Pfeiffer habe Briefe geschrieben, er wisse aber nicht, was darin gestanden habe (AGBM 2, S. 878, Nr. 2084). 107 ThMA 2, S. 373. 108 Jedem Artikel sind Verweise auf Bibelstellen beigefügt, insgesamt mehr als fünfzig. 109 Ebenda, S. 375. 110 Ebenda. 111 Ebenda, S. 379. 112 Ebenda, S. 383. 113 Vogler: Gemeinnutz und Eigennutz, S. 174-194. 114 Eckert: Der Gedanke des gemeinen Nutzens, S. 185. 115 Bekannt ist die Versendung an die Gemeinde Horsmar (AGBM 2, S. 47, Nr. 1128) sowie die Abfertigung von Boten in Gemeinden des Landgebiets (ebenda, S. 861, Nr. 2069; 878f., Nr. 2084); Leisering: Die Mitglieder des Ewigen Bundes Gottes, S. 12 (Nr. 116), 13 (Nr. 154), 14 (Nr. 168), 16 (Nr. 200); ders.: Die Anhänger Thomas Müntzers, S. 51 (Nr. 1), 52 (Nr. 5), 53 (Nr. 15 und 22). Es ist aber nicht sicher, ob diese Informationen sich auf die Elf Artikel beziehen. 116 ThMA 2, S. 366-370 (Nr. 104); AGBM 2, S. 49-50 (Nr. 1129). 117 ThMA 2, S. 367f. 118 Ebenda, S. 373 (Nr. 105.2). 119 Tode: Stadt im Bauernkrieg, S. 187. 120 ABKG 1, S. 749 (Nr. 738). 121 Lösche: Zur Lage der Bauern, S. 64-72. 122 Chronicon Mulhusinum, S. 50. Herzog Georg und Landgraf Philipp sprachen davon, dass anstelle von Rodemann und Wettich »andere burgermeister erwelt« worden seien, ohne Namen zu nennen (ABKG 1, S. 758, Nr. 745). 123 AGBM 2, S. 70 (Nr. 1159). 124 ABKG 1, S. 749 (Nr. 738). 125 Chronicon Mulhusinum, S. 49. 126 Ebenda, S. 49f. 96
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Leisering: Die Mitglieder des Ewigen Bundes Gottes, S. 8 (Nr. 16). AGBM 2, S. 714 Anm. 3 (Nr. 1925). ABKG 1, S. 749f. (Nr. 738). Ebenda, S. 750. Zutreffend dürfte sein, dass der Bund im Frühjahr 1525 »reaktiviert« wurde. So Sünder: Zum Aufenthalt, S. 36 Anm. 7. Kobuch: Der Aufruf der Gemeinde, urteilt, das Verbündnis sei 1525 »beschleunigt ausgebaut« worden (S. 61). 132 Lösche: Achtmänner, S. 151-156. 133 Leisering: Die Mitglieder des Ewigen Bundes Gottes, S. 7-17. 134 Tode: Stadt im Bauernkrieg, S. 184 Anm. 202: »wer dye gewest sint, dye sich vor dem felchten thore haben lassen zeichen und wuh dasselbinge register sein hin khomen«; Lösche: Achtmänner, S. 154. 135 Leisering: Die Mitglieder des Ewigen Bundes Gottes, S. 5. 136 Ebenda. 137 AGBM 2, S. 656 (Nr. 1856). 138 Lösche: Achtmänner, S. 153-156. 139 Leisering: Die Anhänger Thomas Müntzers, S. 45f. (Tabelle I-III). 140 Ebenda, S. 47-49. 141 ABKG 1, S. 750 (Nr. 738). 142 Chronicon Mulhusinum, S. 50. 143 Ebenda. 144 ABKG 1, S. 750 (Nr. 738). 145 Ebenda. 146 Am 27. September 1524 schrieb der Erfurter Rat an den von Mühlhausen, man wolle sich am 29. September in Volkenroda versammeln (Sünder: Zum Aufenthalt, S. 37f., Nr. II), der Rat von Goslar nannte den 30. September (ebenda, S. 37, Nr. I). 147 ABKG 1, S. 750. 148 AGBM 2, S. 902 Anm. 1 (zu Nr. 2109): Die Mühlhäuser seien in Volkenroda beschieden worden, um weiteren Unrat zu vermeiden, sei es das Beste, die zwei Verführer des Volks, Müntzer und Pfeiffer, zu »vorurlauben«. 149 ABKG 1, S. 750 (Nr. 738): »aldyweyle Montzer und Pfeyffer mit irm anhange nit ausgejagt oder zur staupen geslagen werden.« 150 Sünder: Zum Aufenthalt, S. 38; auch Anhang IV, S. 39. 151 AGBM 2, S. 327 (Nr. 1498). 152 ABKG I, S. 758f. (Nr. 745). 153 Osiander: Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 262. 154 Ebenda, S. 261-266. 155 Ebenda, S. 262. 156 Vogler: Nürnberg, S. 233-246; Joestel: Ostthüringen und Karlstadt, S. 136-140. 157 MSB, S. 335. 158 Der italienische Jesuit Cesare Calino interpretierte zum Beispiel 1. Kön. 11ff.: »Wenn sich einer a(e)ngstiget, daß die Absonderung der Israeliten, 127 128
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welche sich geweigeret dem Roboam untertha(e)nig zu seyn, und einen anderen Ko(e)nig erwa(e)hlet haben, eine Empo(e)rung genennet worden, und verneinet, daß es eine Empo(e)rung gewesen seye, weilen es Gott also gefu(e)get hat; so gibt er an den Tag, daß er nicht wisse, daß Gott aus seiner unendlichen Weißheit auch seine Beleydigen zu seinen ho(e)chsten Absehen verordnen ko(e)nne« (Biblische Welt-Geschicht, S. 445). Goertz: Thomas Müntzer, S. 284; Elliger: Thomas Müntzer, S. 664, 666; Bensing: Thomas Müntzer und der Thüringer Aufstand, S. 55f.
IX. »Ich wollt wohl ein fein Spiel machen« Müntzer in Nürnberg und im Südwesten (zu S. 278-319)
Seebaß: Müntzers Erbe, S. 525f. (Nr. 13); ThMA 3, S. 239 (Nr. 153). Pfeiffer wird hier nicht genannt, dürfte aber mit Müntzer bei Hut erschienen sein. 2 Seebaß: Müntzers Erbe, S. 167-181. 3 Ebenda, S. 515 (Nr. 10). 4 Daraus geht allerdings nicht hervor, wann und wo er Müntzer predigen hörte. Vielleicht bezieht er sich auf die Tage von Frankenhausen. 5 Das heißt die Bauernaufstände. 6 Seebaß: Müntzers Erbe, S. 536 (Nr. 19). 7 Ebenda, S. 523 (Nr. 12). 8 Ebenda, S. 535 (Nr. 19); ThMA 3, S. 239 (Nr. 153). Da das Verhör 1527 stattfand, kann es sich sowohl um die in der Allstedter Zeit gedruckten Schriften als auch die »Ausgedrückte Entblößung« handeln. 9 Wappler: Die Täuferbewegung in Thüringen, S. 243 (Nr. 2c). Am 26. März 1527 schrieben Bürgermeister und Rat von Nürnberg an Markgraf Kasimir, Hut habe sich »etwo lang« bei Müntzer in Mühlhausen aufgehalten (Quellen zur Geschichte der Wiedertäufer. Bd. 2, S. 20). 10 Leisering: Die Mitglieder des Ewigen Bundes Gottes, S. 8 (Nr. 11). 11 Seebaß: Müntzers Erbe, S. 524 (Nr. 13). 12 Ebenda. 13 MSB, S. 267-319 (A). 14 Hut nennt diesen Titel nicht. Seebaß: Müntzers Erbe, vermutet, er könnte aus inhaltlichen Gründen im Verhör einen möglichst unverfänglichen theologisch klingenden Titel gewählt haben (S. 110). 15 Vogler: Nürnberg 1524/25, S. 12-32. 16 Müller: Der Umfang und die Hauptrouten, S. 1-38. 17 Vogler: Nürnberg 1524/25, S. 33-64. 18 Hamm: Bürgertum und Glaube, S. 155-158. 19 QNRG, S. 261 (Nr. 9). 20 Henkel: Deutsche Messübersetzungen, S. 250; ders.: Die Nürnberger deutsche Messe, S. 84. 21 Klaus: Die Nürnberger Deutsche Messe 1524, S. 1-46; Henkel: Die Nürnberger deutsche Messe, S. 68-84. 1
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Bräuer: Thomas Müntzer und die Zensur, S. 55 u. 64. Seebaß: Müntzers Erbe, S. 109-113; Schelle-Wolff: Zwischen Erwartung und Aufruhr, S. 38-41. QNRG, S. 25 (Nr. 186). Ebenda, S. 25f. (Nr. 190); ThMA 3, S. 191 (Nr. 124). QNRG, S. 25 (zu Nr. 190). Ebenda, S. 25f. (RV 190). Osiander: Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 255-266, Text S. 261-266. Ebenda, S. 262, 263. Ebenda, S. 261. Ebenda, S. 264. Ebenda, S. 263. Ebenda, S. 266. Zum Profil seiner Produktion Schelle-Wolff: Zwischen Erwartung und Aufruhr, S. 64-108, 461-477. Es soll wohl heißen, dass es sich nicht um Nachdrucke handelte. QNRG, S. 25 (RV 189); ThMA 3, S. 191 (Nr. 124). QNRG, S. 26 (RV 196); ThMA 3, S. 191 (Nr. 124). Claus: Der deutsche Bauernkrieg im Druckschaffen, S. 45 (Nr. 91 u. 93); Schelle-Wolff: Zwischen Erwartung und Aufruhr, S. 77, 79, 468, 469. Seebaß: Müntzers Erbe, S. 111; Schelle-Wolff: Zwischen Erwartung und Aufruhr, S. 41, 50, 51f. QNRG, S. 26, (RV 191). Ebenda, S. 26f. (RV 198); ThMA 3, S. 192 (Nr. 124). QNRG, S. 27 (RV 198); Seebaß: Müntzers Erbe, S. 112 Anm. 22. Da 100 Exemplare bereits nach Augsburg geschickt worden waren, betrug die Auflage 500 Stück (QNRG, S. 27, zu RV 198). Ebenda, S. 27 (zu RV 198). Bräuer: Thomas Müntzer und die Zensur, S. 57. Claus: Die Endphase der Offizin Hieronymus Höltzels, S. 98. Schelle-Wolff: Zwischen Erwartung und Aufruhr, S. 42; Hoyer: Der ungarische Bauernkrieg, S. 462-464. QNRG, S. 31f. (RV 228). Es handelt sich um den Nachdruck von Karlstadts Schrift »Von dem widerchristlichen Missbrauch des Herrn Brot und Kelch«. QNRG, S. 32 (RV 229). Ebenda, (RV 231). Ebenda, (RV 232). Seebaß: Müntzers Erbe, S. 114 Anm. 25; ders.: Dissent und Konfessionalisierung. S. 245. Seebaß: Müntzers Erbe, hält das für möglich, ohne sich festzulegen. Zu Reinhart vgl. Hoyer: Martin Reinhart, S. 1599-1606; Vogler: Nürnberg 1524/25, S. 232-250; Joestel: Ostthüringen und Karlstadt, S. 107-111. Reinhart: Anzaygung, wie die gefallene Christenhait, Bl. A 2r.
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Melanchthon: Briefwechsel, Bd. T 2, S. 201 (Nr. 354). Luther an Nikolaus von Amsdorf, 27. Oktober 1524: WA Br 3, S. 361 (Nr. 785). 56 QNRG, S. 32 (RV 232). 57 Ebenda, (RV 231). 58 Ebenda, (RV 233). 59 WA Br 3, S. 409 (Nr. 811). 60 Grimm: Deutsches Wörterbuch, Bd. 6, S. 114. 61 Quellen zur Geschichte der Wiedertäufer, Bd. 2, S. 1. 62 Lukas 1,5-55. 63 Luther: Das Magnificat Vorteutschet vnd auszgelegt, StA 1, S. 314-364. 64 Ebenda, S. 315: »Sie singt furwar hyryn aufs aller lieblichst von der gottis forcht, und was er fur ein herr sey, zuvor wilch seyne werck seyn yn den hohen und nydrigen stenden.« 65 Ebenda, S. 317f. 66 Ebenda, S. 353. 67 MSB, S. 99-101. 68 Burger: Martin Luther en Thomas Müntzer leggen Lucas 1 uit, S. 18-20; ders.: Luther and Müntzer see Mary’s Magnificat, S. 246-253; ders.: Marias Lied, S. 17-19. 69 ThMA 2, S. 335 (Nr. 97). 70 Ebenda, S. 334. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass das »Gezeugnus« ein Zensurexemplar sei. Vgl. dazu Hinrichs: Luther und Müntzer, S. 81, 99, 114, 126. 71 ThMA 3, S. 159f. (Nr. 102). 72 Hinrichs: Luther und Müntzer, S. 101-126. 73 MSB, S. 269. 74 Ebenda, S. 300. 75 Ebenda, S. 296. 76 Ebenda, S. 267-319 (A). 77 Ebenda, S. 267. 78 Ebenda. 79 Ebenda. 80 Ebenda, S. 497. 81 Ebenda, S. 268. 82 Ebenda, S. 270. 83 Ebenda, S. 275. 84 Ebenda, S. 276. 85 Ebenda, S. 277. 86 Ebenda, S. 283. 87 Ebenda, S. 296. 88 Hinrichs: Luther und Müntzer, S. 111. 89 MSB, S. 322-343. 54 55
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Bräuer: Selbstverständnis und Feindbild, S. 131-143. MSB, S. 328: »saget, ich wo(e)lle aufru(o)r machen, wie er dann auß meinem sendebrief an die perckgesellen erlesen.« Der Text ist nicht erhalten. Vgl. ThMA 2, S. 324 (Nr. 95). 92 Das vermutet Hinrichs: Luther und Müntzer, S. 156f., 163. 93 ThMA 2, S. 205 (Nr. 64), S. 255 (Nr. 76). 94 Hinrichs: Luther und Müntzer, S. 152-155; Vogler: Martin Luthers Geschichtsauffassung, S. 191-208. 95 Hinrichs: Luther und Müntzer, S. 170-172. 96 MSB, S. 327f.; Bräuer: Selbstverständnis und Feindbild, S. 140f. 97 StA Bd. 3, S. 88. 98 MSB, S. 322. 99 Ebenda, S. 342. 100 Elliger: Thomas Müntzer, S. 601. 101 Das heißt: von Gott verfügter 102 MSB, S. 335; dazu Elliger: Thomas Müntzer, S. 611f., 625, 666. 103 MSB, S. 329. 104 Ebenda, S. 343. 105 Elliger: Thomas Müntzer, S. 596. 106 Obwohl durch Beschluss des Nürnberger Rats die Schriften eingezogen wurden, sind von beiden mehrere Exemplare überliefert. Vgl. Dammaschke/Vogler: Thomas-Müntzer-Bibliographie, S. 55 und 59. 107 ThMA 2, S. 385 (Nr. 106). 108 Ebenda. 109 Ebenda. 110 Ebenda, S. 386. 111 Ebenda. 112 AGBM 2, S. 66 (Nr. 1155). 113 Flugschriften der Bauernkriegszeit, S. 534. 114 Bräuer: Der Hüttenmeister Christoph Meinhard, S. 232: »Vielleicht ist stärker zwischen der Einstellung zu Müntzers Schriften, die der Konfiskation anheim fielen, und dem Verhalten zu ihrem Autor bei einigen Nürnberger Kaufleuten und Ratsherren zu unterscheiden, als man bisher gemeint hat.« 115 Vogler: Nürnberg 1524/25, S. 83-134; ders.: Erwartung – Enttäuschung – Befriedigung, S. 381-406; Schmidt: Reichsstädte, S. 45-48, 51-57, 152-180. 116 Vogler: Nürnberg 1524/25, S. 263-270; Baring: Hans Denck und Thomas Müntzer, S. 132-139; Fellmann: Das Leben Dencks, S. 8-19; Seebaß: Müntzers Erbe, S. 178-180; Schelle-Wolff: Zwischen Erwartung und Aufruhr, S. 45-49. 117 Seebaß: Müntzers Erbe, S. 524 (Nr. 13); auch S. 176f. 118 Vogler: Nürnberg 1524/25, S. 250-263, 270-310; Zschelletzschky: Die ›drei gottlosen Maler‹ von Nürnberg. Im Verhör wurden die Maler auch über ihre Beziehungen zu Pfeiffer befragt (QNRG, S. 40, RV 290). 119 Kolde: Zum Prozeß des Johann Denk, S. 246. 90 91
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Franz: Die Bildnisse Thomas Müntzers, S. 23-31; Vogler: Thomas Müntzer in einer Bildergeschichte, S. 14-17. 121 Osiander: Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 418-421. 122 Denck: Schriften, Teil 2, S. 20. 123 Ebenda, S. 24. 124 Osiander: Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 407-411, Text S. 411-417. 125 Denck: Schriften, Teil 3, S. 136. 126 Johannes Oekolampad berichtet, dass Denck ihm geschrieben habe, er sei als Lehrer in Mühlhausen designiert worden (Briefe und Akten zum Leben Oekolampads, Bd. 1, S. 365, Nr. 254). Er muss aber dem Angebot nicht nachgekommen sein. 127 Baring: Hans Denck und Thomas Müntzer, S. 139-157; Fellmann: Der theologische Gehalt, S. 157-165. Goldbach: Hans Denck und Thomas Müntzer, sieht dagegen keine Beeinflussung durch Müntzer. 128 Denck: Schriften, Teil 2, S. 59. 129 Ebenda, S. 82. 130 WA Br 3, S. 432 (Nr. 824). 131 Ebenda, S. 433 (Nr. 825): »Huc scilicet it Satanas, spiritus Alsteteri et Carlstadii.« 132 Vogler: Thomas Müntzer und Nürnberg, S. 113-123; zur Biographie Kamann: Der Nürnberger Patrizier, S. 209-311; Seibold: Christoph Fürer, S. 6796; Fleischmann: Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 384-386. 133 Das Blatt ist ohne Adresse und Anrede, so dass ein persönlicher Kontakt naheliegt. 134 Fleischmann: Rat und Patriziat, Bd. 3, S. 1370f. 135 Lange: Die Beziehungen des Leipziger Patriziats, S. 84-113; ders.: Graf Albrecht von Mansfeld, S. 72-92. 136 Vogler: Eisleben und Nürnberg, S. 55f., 61-65, 67f. 137 Urkundenbuch zur Geschichte des Mansfeldischen Saigerhandels, S. 13 (Nr. 13), 14f. (Nr. 17), 93f. (Nr. 56). 138 Kamann: Der Nürnberger Patrizier, S. 227; Seibold: Christoph Fürer: »Man darf davon ausgehen, daß Fürer eine tief religiöse Persönlichkeit war, die sich mit Fragen des Glaubens und der Kirche weit über das in dieser Zeit übliche Maß hinaus beschäftigte« (S. 91). 139 Kamann: Der Nürnberger Patrizier, S. 229. 140 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 270; Bräuer: Die Überlieferung, S. 62-68. 141 ThMA 2, S. 461-465 (Nr. 144), S. 465-473 (Nr. 145), 491-504 (Nr. 152); ThMA 3, S. 265-272 (Nr. 175). 142 Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 272-276. 143 Ebenda, S. 272. 144 Ebenda. 145 Möllenberg: Die Eroberung des Weltmarkts, S. 63 u. 67; Urkundenbuch zur Geschichte des Mansfeldischen Seigerhandels, S. 59, 60f., 61f. Er könnte sich 120
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beispielsweise am 24. Mai 1524 zu Verhandlungen mit Graf Albrecht von Mansfeld in Weimar aufgehalten, auch an den Beratungen der Gesellschafter und des Grafen am 22. Juli in Jena oder am 22. August und 14. September in Saalfeld teilgenommen haben. Bräuer: Der Hüttenmeister Christoph Meinhard, S. 211-236. Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 272-276. Erstaunlich ist, warum Müntzer die Rückseite des Blatts nicht nutzte. Dort notierte Fürer nur »frag Artickel« (Bubenheimer: Thomas Müntzer, S. 271). Vgl. ebenda die Nachweise in den Anmerkungen S. 272-276. Einmal urteilte Fürer: »Ich glaube nicht, daß der allmächtige Gott uns diesen Mönch, den Luther, gesandt hat, uns einen besonderen Weg zum Himmel zu weisen und zu lehren, sondern allein darum, den Groll und Feindschaft wider die Geistlichkeit in den gemeinen Mann zu bringen, daraus dann ihr Straf und Lohn folgen wird« (Kamann: Der Nürnberger Patrizier, S. 230). Ebenda, S. 280f. Ebenda, S. 231. Lochner: Aus dem Leben Christof Fürers, S. 76. Kamann: Der Nürnberger Patrizier, S. 231. Ebenda, S. 232. Ebenda. Ebenda, S. 233. Ebenda, S. 290. Fleischmann: Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 385. MSB, S. 337. ThMA 2, S. 385 (Nr. 106). Schiff: Thomas Münzer und die Bauernbewegung am Oberrhein, S. 67-90. Die Darstellung entspricht nicht mehr dem Stand der Forschung. Guggisberg: Basel in the Sixteenth Century. Leu: Die Bedeutung Basels als Druckort, S. 53-78. Wagenmann: Oekolampadius, Johannes, S. 226-236; Gäbler: Oekolampad, Johannes, S. 29-39. Steinmetz: Das Müntzerbild, S. 188-192. Briefe und Akten zum Leben Oekolampads, Bd. 1, S. 359 (Nr. 246); Eckert/ Imhoff: Willibald Pirckheimer, S. 305-308. Briefe und Akten zum Leben Oekolampads, Bd. 1, S. 364f. (Nr. 354). Beide publizierten mehrere Schriften zur strittigen Abendmahlsfrage, ob Christus im Abendmahl leiblich anwesend sei oder es sich um eine symbolische Handlung handle. Vgl. Burnett: Oekolampads Anteil am frühen Abendmahlsstreit, S. 215-231. ThMA 3, S. 192-193 (Nr. 125); Briefe und Akten zum Leben Oekolampads, Bd. 1, S. 389-391 (Nr. 278). Vgl. auch Oekolampads Brief an Melanchthon vom 15. November 1525, ebenda, S. 419 (Nr. 304). ThMA 3, S. 193. Original lateinisch.
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Es ist unklar, um welche Schrift Müntzers es sich handelt. ThMA 3, S. 193. Briefe und Akten zum Leben Oekolampads, Bd. 1, S. 552-556 (Nr. 404). Vgl. auch ebenda, Bd. 2, S. 9f. (Nr. 458). 174 Ebenda, Bd. 1, S. 555. 175 ThMA 3, S. 194 (Nr. 126); Briefe und Akten zum Leben Oekolampads, Bd. 2, S. 20-32 (Nr. 465). 176 ThMA 3, S. 194; Original lateinisch. 177 Ebenda. 178 Ebenda, S. 193. 179 Clemen: Der Wiedertäufer Ulrich Hugwald, S. 45-75; Steinmetz: Das Müntzer bild, S. 192-194; Kaufmann: Der Anfang der Reformation, S. 238-259. 180 Clemen: Der Wiedertäufer Ulrich Hugwald, S. 59. 181 Ebenda, S. 63. 182 ThMA 3, S. 193 (Nr. 125). 183 Ebenda, S. 266 (Nr. 175). 184 Mutius: De Germanorum prima origine, S. 358. 185 Bullinger: Der Widertöufferen vrsprung, Bl. 9v. Es ist nicht klar ersichtlich, ob er Grießen oder Basel meint. 186 ThMA 3, S. 196 (Nr. 127); Bullinger: Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 237. 187 ThMA 2, S. 347-366 (Nr. 103,1 u. 103,2). 188 Bräuer: ›Sind beyde diese Briefe an Müntzer abgeschikt worden?‹, S. 11-16. 189 ThMA 2, S. 355. 190 Ebenda. 191 Ebenda, S. 351. 192 Ebenda, S. 352. 193 Ebenda, S. 357. 194 Ebenda, S. 364. 195 ThMA 3, S. 266 (Nr. 175). Wenn das zutrifft, hat Oekolampad das geflissentlich verschwiegen. 196 Briefe und Akten zum Leben Oekolompads, Bd. 2, S. 68 (Nr. 488). 197 ThMA 3, S. 266. 198 Bumiller: Der Bauernkrieg im Hegau, S. 322-324. 199 Chronik des Andreas Lettsch, S. 47. 200 Franz: Der deutsche Bauernkrieg, S. 98-112, 134-140; Herzog: Die Bauern unruhen im Schaffhauser Gebiet, S. 31-114; Oka: Der Bauernkrieg in der Landgrafschaft Stühlingen, S. 1-24; ders.: Südlicher Schwarzwald und Hochrhein, S. 364-377. 201 Bergsten: Balthasar Hubmaier; Scott: Reformation and Peasants’ War, Teil 1, S. 82-102; Teil 2, S. 140-169. 202 Hug: Villinger Chronik, S. 99. 203 Schreiber: Der deutsche Bauernkrieg, Jahr 1524, S. 82 (Nr. 52). 204 Bumiller: Der Bauernkrieg im Hegau, S. 332. 171 172
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Ebenda, S. 294-364. Hug: Villinger Chronik, S. 104: »und begertend nut dan das gottlich recht.« Generell dazu Blickle und Berner Arbeitsgruppe: Zürichs Anteil, S. 81-101; Bumiller: Der Bauernkrieg im Hegau, S. 362-364. 207 Ebenda, S. 362. 208 Hug: Villinger Chronik, S. 109: »die bauren vermeinten, all ir anschlag wider ire heren mit dem gottlichen rechten zuwegen zu bringen.« 209 Baumann: Akten, S. 141 (Nr. 102). 210 Bullinger: Der Widertöufferen vrsprung, Bl. 2f. 211 Ebenda, Bl. 2v. 212 Bader: Aus der Geschichte des Pfarrdorfes Grießen, S. 227-238. 213 Schreiber: Der deutsche Bauernkrieg, Jahr 1525, S. 6 (Nr. 146). 214 Bullinger: Der Widerto(e)ufferen vrsprung, Bl. 2v: »darzu(o) hieoben, uß ursachen, sines gefallens keinen platz fand«. 215 ThMA 3, S. 266 (Nr. 175). 216 Bullinger: Der Widertöufferen vrsprung, Bl. 2v. Wenn Bullinger von »bald hienachvolgender pu(e)rischer ufrur« spricht, kann nur gemeint sein, dass es sich vorerst noch nicht um einen gewaltsam ausgetragenen Konflikt handelte. 217 ThMA 3, S. 266 (Nr. 175). 218 Ebenda. 219 Seebaß: Artikelbrief, S. 17-46, 160-170; Bergsten: Balthasar Hubmaier, S. 295302; Elliger: Thomas Müntzer, S. 651-667. 220 Bergsten: Balthasar Hubmaier, S. 200-203. 221 ThMA 3, S. 195 (Nr. 127). 222 Seebaß: Artikelbrief, S. 165-170; Elliger: Thomas Müntzer, S. 660-667; Maurer: Prediger im Bauernkrieg, S. 337-339; Kaufmann: Der Anfang der Reformation, S. 140-144. 223 Fabri: Vrsach, warumb der widerteuffer patron, Bl. A4v. 224 Ebenda, Bl. A4vf. 225 Bullinger: Der Widertöufferen vrsprung, Bl. 2v. 226 ThMA 3, S. 272 (Nr. 175). 227 Bullinger: Der Widertöufferen vrsprung, Bl. 2v. Diese Briefe sind nicht überliefert. Der Amtmann Sittich von Berlepsch schrieb am 17. März 1525 an Herzog Georg, die Mühlhäuser hätten »von Schwartzwaldischen baurn vorstant, das sie auch ire Cristlichen bruder und anhang seyn wollten« (ABKG Bd. 2, S. 82, Nr. 834). 228 ThMA 2, S. 410 (Nr. 114). 229 Ebenda. 230 ThMA 3, S. 197 (Nr. 128); AGBM 1/2, S. 674 (zu Nr. 130a); vgl. auch 1/1, S. 59 Anm. 2 u. S. 173 Anm. 2. 231 ThMA 3, S. 200 (Nr. 130); AGBM 2, S. 66 (Nr. 1155). 232 ThMA 3, S. 201. 233 Chronicon Mulhusinum, S. 53. 205
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X. »Ein weiß Fähnlein, daran ein Regenbogen« Mühlhausen und der Beginn der Aufstände in Thüringen (zu S. 320-347)
Chronicon Mulhusinum, S. 51. Falsch ist jedoch die Information, dass auch Müntzer damals zurückgekehrt sei. 2 ThMA 3, S. 210f. (Nr. 132); AGBM 2, S. 865 (Nr. 2074). 3 AGBM 2, S. 66 (Nr. 1155). 4 Ebenda. 5 Chronicon Mulhusinum, S. 52: »Als nun der rath in solcher fahr stundt, undt der haufe so groß undt gewaltig wurden war, der den predicanten anhing, das sie nichts jegen sie vornahmen dorften undt sich besorgeten, es wurde zu lezt nicht ein gut ende nehmen, dann die virtels man wahren mechtig undt die gantze gemeine hing inen ahn wieder den rath.« 6 AGBM 2, S. 66 (Nr. 1155). 7 Ebenda, S. 765 und Anm. 1 (zu Nr. 1973). 8 Ebenda, S. 656 (Nr. 1856), 761-765 (Nr. 1973), 902-905 (Nr. 2110); ThMA 3, S. 184-186 (Nr. 119), 220-222 (Nr. 139, 140). 9 AGBM 2, S. 763 (Nr. 1973); Günther: Johann Rothemelers Sendbrief, S. 233241. 10 Ihnen wurde später vorgeworfen, »die drei haben die bibligen gehabt und haben des raits alte hergebrachte wilkoer abgetan und eine neue us der biblien ufgericht« (AGBM 2, S. 765, Nr. 1973). 11 ABKG 2, S. 6f. (Nr. 779). 12 Ebenda, S. 1-4 (Nr. 774); Chronicon Mulhusinum, S. 52f. 13 ABKG 2, S. 8 (Nr. 779). 14 Ebenda, S. 12f. (Nr. 784). 15 Ebenda, S. 27f. Anm. 1 (zu Nr. 796). 16 Der Provinzial der sächsischen Dominikaner und der Konvent der aus Mühlhausen vertriebenen Dominikaner hatten sich an das Reichsregiment gewandt (ABGM 2, S. 62, Nr. 1147, 63 Nr. 1150). Dieses verlangte daraufhin am 18. Februar 1525 von Bürgermeister und Rat zu Mühlhausen die Restitution des Ordens (ebenda, S. 65f., Nr. 1154). 17 ABKG 2, S. 15 (Nr. 787). 18 Ebenda, S. 30f. (Nr. 802). 19 AGBM 2, S. 67 (Nr. 1155). 20 Ebenda, S. 67f. (Nr. 1157). 21 Das Datum wird unterschiedlich angegeben. 22 Mühlhausen StA: Liber confiscationum, 10/K 3 Nr. 1, Bl. 5, 13r, 13v, 20v, 21v, 24v, 46v, 87r, 91r, 92r, 92v; AGBM 2, S. 713 (Anm. 1, zu Nr. 1925). 23 Chronicon Mulhusinum, S. 53f. 24 Der Ewige Rat zu Mühlhausen. I. Kämmereirechnung, S. 35; ThMA 3, S. 219 (Nr. 138). 25 Chronicon Mulhusinum, S. 51. 1
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Ebenda, S. 55; ThMA 3, S. 218 (Nr. 137). ABKG 2, S. 79 (Nr. 834); ThMA 3, S. 212 (Nr. 134). ABKG 2, S. 80. Ebenda, S. 80f.; ThMA 3, S. 213. ABKG 2, S. 81; ThMA 3, S. 214. ThMA 2, S. 391-397 (Nr. 110); zur Frage der Echtheit vgl. ebenda, S. 391f. Anm. 3; Vogler: ›Quamquam satis admonitus es‹, S. 209-226. 32 ThMA 2, S. 387-390 (Nr. 109). 33 MSB, S. 328f. 34 AGBM 2, S. 714 (Nr. 1925), 830 (Nr. 2032), 835 (Nr. 2038), 865 (Nr. 2074), 866 (Nr. 2075), 871f. (Nr. 2081), 876f. (Nr. 2082), 902 Anm. 1 (zu Nr. 2110). 35 Ebenda, S. 935 (Nr. 2141). 36 Ebenda, S. 866 (Nr. 2075); ThMA 3, S. 211f. (Nr. 133). 37 Ob der Anlass dafür war, dass Müntzer und Pfeiffer begehrten, im Rat zu sitzen, wie das Chronicon Mulhusinum (S. 54) berichtet, kann nicht belegt werden. 38 Ebenda, S. 54. 39 Ebenda. 40 Ebenda. Vgl. zur angeblichen Fälschung der Wählerlisten AGBM 2, S. 877 (Nr. 2082); Tode: Stadt im Bauernkrieg, S. 198 Anm. 274. 41 Chronicon Mulhusinum, S. 55. 42 In einem Verzeichnis konfiszierter Güter wird angeführt, dass im Haus von Hans Schalbe und Apel Schoel ein »deutzsch kirchen ampt« gefunden wurde (Mühlhausen StA, Liber confiscationum, 10/K 3 Nr. 1, Bl. 13v; AGBM 2, S. 713 Anm. 1, zu Nr. 1925). Im Chronicon Mulhusinum wird berichtet, Müntzer habe deutsche Messbücher schreiben und drucken lassen, von denen »alhir etliche noch vorhanden gewesen vor wenig jahren« (S. 51). 43 ThMA 3, S. 204 Anm. 27-42 (Nr. 131); Lösche: Achtmänner, S. 157f. 44 So am 11. April 1525 an Nikolaus von Amsdorf: WA Br 3, S. 472 (Nr. 855). 45 ABKG 2, S. 81f. (Nr. 834). Auch sage man, so Berlepsch weiter, Müntzer sei Stadtschreiber und Pfeiffer Kämmereischreiber geworden. 46 Günther in: Der Ewige Rat zu Mühlhausen I, S. 15-21. 47 Chronicon Mulhusinum, S. 55. 48 AGBM 2, S. 713f. (Nr. 1925); Chronicon Mulhusinum, S. 55. 49 Der Ewige Rat zu Mühlhausen I, S. 31. Weitere Zeugnisse in: II. Gerichtsbuch, III. Notulbuch, IV. Bruchbuch, V. Urfehdebuch. 50 AGBM 2, S. 713 (Nr. 1925). 51 Ebenda, S. 872 (Nr. 2081). 52 Leisering: Die Anhänger Thomas Müntzers, S. 52 (Nr. 4). 53 AGBM 2, S. 872. 54 Ebenda. Als Martin Setteler im Verhör gefragt wurde, wer dem Allstedter« das Fähnlein aufzurichten geholfen habe, antwortete er: »Fulstich, Michael Koch und die andern vertelsherrn haben solchs mit Pfeiffern und dem Alstetter in 26 27
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Bastian Konemundts hause beschlossen.« Vgl. auch AGBM 2, S. 714 Anm. 1 (zu Nr. 1925). ABKG 2, S. 109 (Nr. 855); ThMA 3, 215f. (Nr. 135); vgl. auch S. 186 (Nr. 119), S. 217 (Nr. 136). Wohlfeil: Regenbogenfahne, S. 324f.; Neubecker: Fahne (militärisch), Sp. 1060-1168. AGBM 1, S. 628 (Nr. 1007). ABKG 2, S. 109 (Nr. 855). Werner: Thomas Müntzers Regenbogenfahne, S. 32-37; Wohlfeil: Regenbogenfahne, S. 313-328; Greule: Das ›a‹ im maneat, S. 25-42. Abb. Himmlischer Glanz, S. 63. Abb. Fraenger: Jörg Ratgeb, Abb. 76. Greule: Das ›a‹ in maneat, S. 30. Übersehen wurde, dass Müntzer schon im Prager Sendbrief schrieb: Gott habe gesagt, »seyn wort sa(e)l (!) nummer mehr vorgen« (MSB, S. 493). Müntzer fährt fort, wenn Gott nur einmal geredet hätte und sein Wort dann in der Luft verschwunden wäre, so könne es nicht das Wort des ewigen Gottes sein. ABKG 2, S. 109 (Nr. 855). Wolgast: Der gemeine Mann bei Thomas Müntzer, S. 19. Greule: Das ›a‹ in maneat, S. 36. ABKG 2, S. 83 (Nr. 834). Am 22. April urteilte er ähnlich. Auch wies er darauf hin, dass in der Nähe von Salza sich Untertanen versammeln und zu befürchten sei, »das der Alstetter mit seynem fenlein, das er aufgerycht, und sye zusamenzyhen werden« (ebenda, S. 115, Nr. 861). AGBM 2, S. 85 (Nr. 1180). ABKG 2, S. 107 (Nr. 855). Held: Thüringen im 16. Jahrhundert, S. 9-13. Bensing: Thomas Müntzer und der Thüringer Aufstand, S. 24-40; Hoyer: Wirtschaftliche und soziale Ursachen, S. 1106-1120; Fischer: Bergbau und Hüttenwesen, S. 32f; Vogler: Thüringens Wirtschaft und Sozialstruktur, S. 43-64. Bensing: Thomas Müntzer und der Thüringer Aufstand, S. 92-103; Schmöger: Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Bauernkrieges; Wölfing: Der Bauernkrieg im südthüringisch hennebergischen Raum, S. 5-30; Mötzsch: Der Aufstand im südlichen Thüringen, S. 113-133. ABKG 2, S. 115 (Nr. 861). Vgl. hierzu und zum weiteren Verlauf Bensing: Thomas Müntzer und der Thüringer Aufstand, S. 119-246. Manches Detail, vor allem aber seine Interpretation von Müntzers Rolle sind zu korrigieren. Über die soziale Struktur der Aufständischen informiert Rommel: Zur sozialen Zusammensetzung, S. 261-274. AGBM 2, S. 136 (Nr. 1223). An Herzog Johann schrieb er: »Weil sich dan
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solhe bewegung des volks an fast allen umbligenden ortern ereuget, achten wir fur nutz und gut, das E[uer ] L[iebden] und wir zeitlich zu disen sachen getan hetten, uf das solhes gestilt und weiter einbruch vorkomen« (ebenda, S. 149, Nr. 1241). 76 Graupner: Die Dorfgemeinden, S. 347-361; Vogler: Bäuerliche und städtische Aufstände, S. 73-76. 77 AGBM 2, S. 287 (Nr. 1445), 463 (Nr. 1649), 594 (Nr. 1787), 649 (Nr. 1850); ABKG 2, S. 106 (Nr. 855). 78 AGBM 2, S. 168-169 (Nr. 1269). 79 Kaiser: Langensalza: S. 59-67; Tode: Stadt im Bauernkrieg, S. 228-273; Bensing: Thomas Müntzer und der Thüringer Aufstand, S. 159-160. 80 ThMA 3, S. 272 (Nr. 175). 81 Die Teilnahme Müntzers wird nur vom Autor des Chronicon Mulhusinum behauptet (S. 56). 82 AGBM 2, S. 840 (Nr. 2044). 83 ABKG 2, S. 264 (Nr. 1008). 84 AGBM 2, S. 840 (Nr. 2044). 85 Ebenda, S. 920f. (Nr. 2131). Ein ausführlicher Bericht: ABKG 2, S. 256-266 (Nr. 1008). 86 AGBM 2, S. 923f. (Nr. 2132); ABKG 2, S. 258-260 Anm. 1; Tode: Stadt im Bauernkrieg, S. 248f. Es handelt sich nicht um die bekannten Zwölf Artikel. 87 ABKG 2, S. 259 (Nr. 1008). 88 Ebenda, S. 129 (Nr. 869). 89 AGBM 2, S. 851 (Nr. 2055). 90 Ebenda, S. 839 (Nr. 2044). 91 Ebenda, S. 879 (Nr. 2084). 92 ABKG 2, S. 130 (Nr. 870); S. 136 (Nr. 879). Nach dem Chronicon Mulhusinum waren es nur 400 Mann. Auch heißt es hier: »sagten, sie wolten mustern. Als inen aber angezeigt, wie zu Saltza ein auflauf sein solte, zogen sie nach Salza« (S. 56). 93 AGBM 2, S. 879. 94 ThMA 2, S. 402 (Nr. 112). 95 ABKG 2, S. 260 (Nr. 1008). 96 AGBM 2, S. 884f. (Nr. 2091). 97 ThMA 2, S. 403 (Nr. 113). 98 ABKG 2, S. 261 (Nr. 1008). 99 ThMA 2, S. 429f. (Nr. 120). 100 Im Bericht des Salzaer Rats an Herzog Georg ist die Rede von einer »schrift, die der Montzer her an die gemeyn getan« (ABKG 2, S. 263, Nr. 1008). 101 Ebenda. 102 Als er seinen Aufruf an die Allstedter verfasste, heißt es: »Sihe, da ich die wort schreib, kam myr botschaft von Saltza, wie das volck den amptman hertzog Jo(e)rgen vom schloss langen wo(e)llen« (ThMA 2, S. 413).
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Ebenda, S. 403-415 (Nr. 114). Ebenda, S. 409f. 105 Ebenda, S. 411. 106 Ebenda. 107 Ebenda. 108 Ebenda, S. 415. Nimrod galt den Kirchenvätern als das Urbild eines Tyrannen. Der Sage nach hat er den Turm zu Babel errichten lassen. Gemeint ist mit »pinckepanck« das Geräusch, das beim Aufschlagen des Hammers auf den Amboss entsteht. 109 Engels: Der deutsche Bauernkrieg, S. 402. 110 ThMA 2, S. 415. 111 Ebenda, S. 205 (Nr. 64). 112 Ebenda, S. 415. 113 Ebenda, S. 416-417, Beilage zu Nr. 114. 114 Ebenda, S. 416. 115 Tode: Die Zerstörung des Klosters Volkenroda, S. 79-84; ABKG 2, S. 178f. (Nr. 928); AGBM 2, S. 523f. (Nr. 1710a). 116 ThMA 2, S. 417-418 (Nr. 115). Das Original ist nicht überliefert. 117 Ebenda, S. 422f., Beilage 2 zu Nr. 115; auch S. 419, Beilage 1. 118 Chronicon Mulhusinum, S. 56. 119 AGBM 2, S. 936 (Nr. 2141): Von dem Auszug »haben der ewige rat und die achtmenner alle woll mit gewust und vorwilliget«. 120 Chronicon Mulhusinum, S. 57. 121 Vogler: Thomas Müntzer und die Städte, S. 55-68. 122 Chronicon Mulhusinum, S. 56. 123 Maurer: Prediger im Bauernkrieg, S. 328-651. 124 AGBM 2, S. 203 (Nr. 1323); ThMA 3, S. 232f. (Nr. 148). Doch zwei Tage später urteilte er: »Muntzer und Pfeiffer zu Molhausen sein in irem hehre selber rottmeister und hauptleut« (AGBM 2, S. 230, Nr. 1355). 125 Ebenda, S. 753 (Nr. 1963); ThMA 3, S. 223f. (Nr. 142). 126 Hoyer: Das Militärwesen im deutschen Bauernkrieg, S. 81-91. 127 AGBM 2, S. 488 (Nr. 1670), 668 (Nr. 1867), 901 (Nr. 2109); Chronicon Mulhusinum, S. 56. 128 Zit. Bensing: Thomas Müntzer und der Thüringer Aufstand, S. 114. 129 AGBM 2, S. 512f. (Nr. 1710), Schadensverzeichnis vom Juni 1525. 130 ThMA 2, S. 425 (Nr. 116). 131 Ebenda, S. 426-427 (Nr. 117). Vgl. auch AGBM 2, S. 894 (Nr. 2101). 132 ThMA 2, S. 426. 133 AGBM 2, S. 558 Anm. 2 (zu Nr. 1748). 134 Ebenda, S. 558 (Nr. 1748). In einer anderen Quelle ist von der Einführung einer christlichen Ordnung und der deutschen Messe die Rede: Ebenda, S. 559 Anm. 2 (zu Nr. 1748); Koch: Geschichte der Reformation, S. 82f. 135 AGBM 2, S. 228 (Nr. 1354), 397 (Nr. 1601); ABKG 2, S. 177 (Nr. 927); 334103 104
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338 (Nr. 1075), 397 (Nr.1601), 894 (Nr. 2101); ThMA 2, S. 428-429 (Nr. 119). 136 AGBM 2, S. 150 (Nr. 1242). 137 Ebenda, S. 202f. (Nr. 1323): »er muß zu fuß zu in dreten und sich gleich dem geringsten lassen demutigen, uf gleicher erden stehen, kein furst mere zu heissen und der gnaden warten. Ist er dann bescheidenlich und fredlich vormals angesehen, das er nit gerne wider das evangeli gehandelt, so wollen sie in zimlicher weis wider aufwerfen in sein regiment, daran zu pleiben, so lang er wol regirt, im auch, wann er furst ist, uber 8 pferd nit bestellen, eim grafen 4 pferd, eim edelman 2 pferd.« 138 ABKG 2, S. 337 (Nr. 1075). 139 AGBM 2, S. 246 (Nr. 1383). 140 ABKG 2, S. 336 Anm. 1 (zu Nr. 1075). 141 WA TR 1, S. 78 (Nr. 166). Nach einer anderen Überlieferung lautet der Text: »Gott hat mich zu einem Fürsten gemacht, dass ich mit vielen Pferden reiten kann; will er mich nicht also bleiben lassen, will ich gern mit vieren, ja nur mit zweien reiten; will er mich schützen, so kann mich niemand überwältigen, wo nicht, so kann ich auch wohl ein schlechter [einfacher] Mann seyn« (Janus: Augusta Memoria Ioannis, S. 15 Anm**). 142 Chronicon Mulhusinum, S. 57. Ernst von Mansfeld rechnete offensichtlich mit einem Angriff, denn am 13. Mai schrieb er an Herzog Georg, er habe eine Belagerung durch die Mühlhäuser nicht gescheut, »nachdem ich der fast bys in dye 14 tage alle stund gewertigk gewest« (ThMA 2, S. 474, Beilage zu Nr. 145). 143 Ebenda. 144 AGBM 2, S. 453 (Nr. 1645). 145 Zit. Bensing: Thomas Müntzer und der Thüringer Aufstand, S. 117, Anm. 148 (Mühlhausen, K 3 Nr. 3 u. 9, Bl. 164v). 146 Wand: Reformation, Katholische Reform und Gegenreformation, S. 16-50. 147 ThMA 2, S. 412 (Nr. 114). 148 Die Protokolle des Mainzer Domkapitels, Bd. 3, S. 210. 149 AGBM 2, S. 925-927 (Nr. 2134); Müller: Der Bauernaufstand im Eichsfeld, S. 157-177; ders.: Müntzers Werkzeug, S. 255-257. 150 AGBM 2, S. 162 (Nr. 1261). Vgl. auch S. 193 (Nr. 1310), 565 (Nr. 1755). 151 Chronicon Mulhusinum, S. 57. 152 AGBM 2, S. 530-534 (Nr. 1713 u. 1714); Müller: Bauernkrieg nach dem Bauernkrieg, S. 98-131. 153 ABKG 2, S. 166 (Nr. 914). 154 ThMA 2, S. 432 (Nr. 122). 155 ThMA 3, S. 231 (Nr. 147). 156 Am 7. Mai schrieb Müntzer von Mühlhausen aus an den Werrahaufen vor Eisenach; vgl. ThMA 2, S. 437 (Nr. 129). 157 Ebenda, S. 426 (Nr. 117). 158 ThMA 3, S. 272 (Nr. 175).
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XI. »Die Bösewichte müssen dran« Die Entscheidung bei Frankenhausen (zu S. 348-384)
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Bräuer: Luthers Reise, S. 299-312; Scott: Martin Luther und der Bauernkrieg, S. 152-157. WA Br 3, S. 480 (Nr. 860). StA Bd. 3, S. 105-133. Urkundenbuch zur Geschichte des Mansfeldischen Saigerhandels, S. 72f. (Nr. 45); Blickle: Der Bauernjörg, S. 167-227. StA Bd. 3, S. 142-147. Ebenda, S. 147. WA 19, S. 278. AGBM 2, S. 163 (Nr. 1261). Thomas Müntzer. Wirken und Wirkungen. Stievermann: Erfurt im Bauernkrieg, S. 135-155. Macherauch: Die Grafschaft Schwarzburg-Blankenburg-Arnstadt, S. 181-194. Lauerwald: Nordhausen, S. 83-87. Fleischer: Stadt und Amt Rudolstadt, S. 134-145; Burgard: Tagebuch einer Revolte; Joestel: Der Aufstand des »gemeinen Mannes« in Ostthüringen, S. 193-209. Lawerenz: Harzer Lande im Bauernkrieg; Walz: Der Bauernkrieg im Harzgebiet, S. 23-26. Vogler: Bauernkrieg und Täuferbewegung, S. 179-195; Goebke: Der Bauernkrieg im Fürstbistum Halberstadt. AGBM 2, S. 196 (Nr. 1312); auch S. 396f. (Nr. 1601). Ebenda, S. 194 (Nr. 1311). Ebenda, S. 196. Ebenda, S. 396 (Nr. 1601). ThMA 2, S. 436 (Nr. 128). Ebenda, S. 437-438 (Nr. 129). Ebenda, S. 437. Ebenda, S. 433-434 (Nr. 123-126). Ebenda, S. 438. AGBM 1, S. 653 (Nr. 1049). ThMA 2, S. 446-449 (Nr. 135). Daniel 7,27. Offenbarung 11,15. ThMA 2, S. 448. AGBM 1, S. 653 (Nr. 1049): »also wurd dem heuptman sampt seinen reten selb siebend die kopfe abgehauen.« Carlowitz: Der Volkswiderstand, S. 44-53; Czok: Der Widerhall, S. 111-128; Hoyer: Herzog Georg, S. 275-282. ABKG 2, S. 143 (Nr. 886): »do wirs auf dem bergwerke aufrurisch, das die bergknechte nicht zu den baurn liefen«. Vgl. auch S. 135f. (Nr. 878). 471
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Ebenda, S. 158 (Nr. 901); Graupner: Die ernestinischen Fürsten, S. 283-298. AGBM 2, S. 190 (Nr. 1304). Ähnlich am selben Tag an den Schosser zu All stedt: Ebenda, S. 191 (Nr. 1305). 35 ABKG 2, S. 160 (Nr. 905). 36 AGBM 2, S. 230 (Nr. 1355). 37 Pflaumbaum/Heinemann: Die Besitzverhältnisse in Frankenhausen, S. 6167; Held: Die Produktionsverhältnisse im Frankenhäuser Salzwerk, S. 117136. 38 AGBM 2, S. 168f. (Nr. 1269). 39 Müller: Über die Bauernschlachten, S. 5-48; Hoyer: Die »Schlacht« bei Frankenhausen, S. 211-224. 40 AGBM 2, S. 229 (Nr. 1354). 41 Ebenda, S. 202 (Nr. 1323). 42 Ebenda, S. 844 (Nr. 2047). 43 Ebenda, S. 203 (Nr. 1323). 44 ABKG 2, S. 336 Anm. 1 (zu Nr. 1075). 45 Ebenda, S. 157 (Nr. 900). 46 Ebenda, S. 196 (Nr. 949). 47 Ebenda, S. 174 (Nr. 923): »das ir bedacht, die dorfschaften, welche sich nit widerumb vom haufen anhaim zu haus begeben, mit dem brand anzegreifen«. Vgl. auch AGBM 2, S. 200 (Nr. 1318). 48 ABKG 2, S. 225 (Nr. 978). 49 Ebenda, S. 190 Anm. 1 (zu Nr. 939). 50 AGBM 2, S. 201f. (Nr. 1322), 278 (Nr. 1431). 51 Bräuer: Bauernkrieg in der Grafschaft Mansfeld, S. 130-145; ders.: Das Mansfelder Land, S. 179-192. 52 AGBM 2, S. 230 (Nr. 1354). 53 Ebenda. 54 Chronicon Islebiense, S. 4. 55 ThMA 2, S. 434-436 (Nr. 127). 56 ABKG 2, S. 195 (Nr. 946). 57 Ebenda, S. 160 (Nr. 906). 58 Ebenda, S. 175 (Nr. 924). 59 Ebenda, S. 208 (Nr. 961). 60 Ebenda. 61 ThMA 2, S. 438 (Nr. 129). 62 Ebenda, S. 438-440 (Nr. 130). 63 Ebenda, S. 440. 64 Ebenda, S. 440-442 (Nr. 131). 65 Ebenda, S. 441f. 66 Kobuch: Der Aufruf der Gemeinde, S. 54-63. 67 AGBM 2, S. 249f. (Nr. 1389). 68 ThMA 2, S. 444-445 (Nr. 133). 33 34
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Ein Heerwagen diente dem Transport von Proviant und Munition. ThMA 2, S. 445: »Es ist uns hoch von no(e)then, das yhr euch aufs besthe mit eym heerwagen ru(o)stet und mit al eur mannschaft aufs beltest zu uns kommet, auf das aldo aus euch die geschicktesten geleßen und gemustert und die andere mannschaft doheyme bleybe, auch das yhr diejenigen, ßo zyhen mussen, mit kost ader gelt vorsorget.« 71 Ebenda. 72 Ebenda, S. 450 (Nr. 137). 73 Rat und ganze Gemeinde zu Mühlhausen schrieben am 19. Mai an den Bildhäuser Haufen, auf Bitten der Brüder von Frankenhausen habe man »die helfte mit vendrichen, hauptleuten und geschutz abgefertigt, demselbigen zu helfen wider dem tyrannen zu Helderung« (AGBM 2, S. 335, Nr. 1511). 74 Vogler: Thomas Müntzers Briefe, S. 126-145. 75 ThMA 2, S. 456-458 (Beilage 1 zu Nr. 142). 76 Ebenda, S. 457. 77 Ebenda, S. 458. 78 Ebenda, S. 458-459 (Beilage 2 zu Nr. 142). 79 Ebenda, S. 456 (Nr. 142). Das Datum bei Luther WA, Bd. 18, S. 372. 80 Kobuch: Thomas Müntzers Nachlaß, Teil 1, S. 201, 203 Anm. 16. 81 ThMA 2, S. 461-465 (Nr. 144). 82 Ebenda, S. 464. 83 Ebenda. 84 Ebenda. 85 Ezechiel 34. 86 Ezechiel 39,17-20. 87 Offenbarung 18,1-24; 19,17-18. 88 ThMA 2, S. 464f. 89 Ebenda, S. 465. 90 Letzteres behauptet Elliger: Thomas Müntzer, S. 754, auch 759. 91 WA Br 3, S. 480. 92 ThMA 2, S. 465-473 (Nr. 145). 93 Ebenda, S. 469/471. 94 Ebenda, S. 471/473. 95 Ebenda, S. 473. 96 Ebenda, S. 464 und 469. 97 Ebenda, S. 465 und 473. 98 Richter 7 und 8,28. 99 Elliger: Thomas Müntzer, S. 760. 100 Mau: Gott und Schöpfung bei Thomas Müntzer, S. 24. 101 Schwarz: Die apokalyptische Theologie, S. 212. 102 AGBM 2, S. 91 (Nr. 1183). 103 ThMA 2, S. 474 (Nr. 145). 104 WA Br 3, S. 504f.; AGBM 2, S. 343 (Nr. 1527). 69 70
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Benzing: Lutherbibliographie, Nr. 2168-2177; Claus/Pegg: Ergänzungen, Nr. 2177a. WA 18, S. 367. Ebenda, S. 372f. ThMA 2, S. 450 (Nr. 137). Ebenda, S. 451-453 (Nr. 138). Ebenda, S. 455 (Nr. 140). Ebenda, S. 460 (Nr. 143). Ebenda, S. 455-456 (Nr. 141), 474-476 (Nr. 146). Ebenda, S. 476-479 (Nr. 147). Ezechiel 34,25. Daniel 7,27 Offenbarung 18,1-24; 19,17-18. ThMA 2, S. 477f. Ebenda, S. 479-481 (Nr. 148). Ebenda, S. 484 (Nr. 149). AGBM 2, S. 888 (Nr. 2094), 894 (Nr. 2101); ThMA 3, S. 235 (Nr. 150), 236f. (Nr. 151). ThMA 3, S. 269 (Nr. 175). In der Verhörsniederschrift heißt es, das sei »aus Furcht« geschehen. Eine eindeutige Interpretation dieser Aussage ist jedoch nicht möglich. ThMA 2, S. 474 (Beilage zu Nr. 145); 485 (Nr. 149). AGBM 2, S. 888 (Nr. 2094); 308 (Nr. 1474), 310 (Nr. 1475), 324 (Nr. 1495). Ebenda, S. 560 Anm. 2 (zu Nr. 1748). Ebenda, S. 897 (Nr. 2102); Seebaß: Müntzers Erbe, S. 538 (Nr. 21); ThMA 3, S. 240 (Nr. 153). AGBM 2, S. 305 (Nr. 1469). Rommel: Die Einwohnerschaft der Stadt Frankenhausen, S. 93-107. Hoyer: Das Militärwesen im deutschen Bauernkrieg, S. 21. Die vorliegenden Berichte vermitteln kein eindeutiges Bild. Vgl. AGBM 2, S. 292-294 (Nr. 1454, 1455), 302 (Nr. 1464), 305 (Nr. 1469), 308-310 (Nr. 1474, 1475), 318-319 (Nr. 1487), 324-326 (Nr. 1495), S. 344-345 (Nr. 1529), 365 (Nr. 1558), 378-379 (Nr. 1574), 396-397 (Nr. 1601), 897 (Nr. 2102), 932 (Nr. 2139). Ebenda, S. 324 (Nr. 1495). ThMA 2, S. 486-488 (Nr. 150). Ebenda, S. 488. Ebenda, S. 488-490 (Nr. 151). Ebenda, S. 490. Es handelte sich um einen Sonnenhalo. Bensing: Thomas Müntzer und der Thüringer Aufstand, S. 225 Anm. 53; Wattenberg: Der Regenbogen von Frankenhausen. Auf Grünewalds Isenheimer Altar umgibt das Haupt des auferstehenden Christus ein Ring in den Regenbogenfarben als Zeichen der Befreiung. AGBM 2, S. 897 (Nr. 2102); Seebaß: Müntzers Erbe, S. 538 (Nr. 21); ThMA 3,
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S. 240 (Nr. 153). Johann Rühel schrieb dagegen am 26. Mai abschätzig an Luther, Müntzer sei im Lager umhergeritten, »heftig geschriehen, sie sollen gedenken an die kraft Gottes […]. Wenn sie vor Heldrungen kähmen, würde kein stein auf dem andern bleiben, würden alle, die darinnen wären, auch die steine vor ihnen weichen« (AGBM 2, S. 378, Nr. 1574). 137 Wohlfeil: Regenbogenfahne, S. 326. 138 Kühne: Prophetie und Wunderzeichendeutung, S. 31-35; Talkenberger: Sintflut, S. 172-182. 139 Zitat aus dem Pfingstpsalm: MSB, S. 137; Choral: ebenda, S. 153. 140 AGBM 2, S. 305 (Nr. 1469). 141 Angesichts dieses Ausgangs ist die Argumentation von Elliger: Thomas Müntzer, S. 782 und 785, unverständlich. 142 ABKG 2, S. 233 (Nr. 986). 143 AGBM 2, S. 319 (Nr. 1487), 379 (Nr. 1574); ThMA 3, S. 245 (Nr. 155). 144 WA Br 3, S. 511 (Nr. 875); ThMA 3, S. 258 (Nr. 167). 145 Die lutherischen Pamphlete, S. 40. 146 AGBM 1, Abt. 2, S. 661 (Nr. 1063). 147 Der deutsche Bauernkrieg in Dokumenten, S. 98 (Nr. 41). Der Text fehlt in AGBM 2, S. 319 (Nr. 1487). Vgl. auch ebenda, S. 293 (Nr. 1454); ThMA 3, S. 241 (Nr. 154). 148 AGBM 2, S. 379 (Nr. 1574). 149 Ebenda. 150 Flugschriften der Bauernkriegszeit, S. 541. 151 Wolgast: Beobachtungen, S. 29. 152 So auch Cyricus Spangenberg: ThMA 3, S. 246 (Nr. 155). 153 Flugschriften der Bauernkriegszeit, S. 541f. 154 AGBM 2, S. 309 (Nr. 1474). 155 Ebenda, S. 293 (Nr. 1454). 156 Hoyer: Bemerkungen, S. 97f. 157 Die Annahme, Herzog Georg habe den Druck veranlasst, wird inzwischen verworfen. Vgl. Hoyer: Bemerkungen, S. 94-96. 158 Claus: Der deutsche Bauernkrieg im Druckschaffen, S. 32-34 (Nr. 39-44); ThMA 2, S. 492-495 (Nr. 152); Bräuer: Die Überlieferung, S. 52-86. 159 AGBM 2, S. 326 (Nr. 1495). 160 ThMA 3, S. 265-272 (Nr. 175). 161 Bräuer: Die Überlieferung, S. 83f. 162 Wolgast: Beobachtungen, S. 37. 163 ThMA 3, S. 270. 164 Ebenda, S. 271: »Ist ir artigkel gewest, und habens uf dye wege richten wollen, omnia sunt communia, und sollten eynem idern nach seyner notdorft außgeteylt werden nach gelegenheyt, welcher furst, graf oder herre das nit hette thun wollen, und des erstlich erinnert, den solt man dye koppe abschlahen ader hengen.« 165 AGBM 2, S. 202f. (Nr. 1323). Vgl. auch ThMA 3, S. 266 (Nr. 175).
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AGBM 2, S. 897 (Nr. 2102). ThMA 2, S. 444 (Nr. 132). WA Br 3, S. 515f. (Nr. 877); ThMA 3, S. 263 (Nr. 171). Flugschriften der Bauernkriegszeit, S. 542. Kurioserweise bat Graf Stephan Schlick am 30. Mai Herzog Georg, da dieser »den frommen man Thomas Muntzer gefenklich haben«, ihn zu befragen, ob er »auch bey etzlichen predigern im Thall [das heißt in Joachimsthal im Erzgebirge] eynen vorstand gehabt« (ABKG 2, S. 256, Nr. 1007). Bräuer: Die Überlieferung, S. 46. WA Br 3, S. 505 (Nr. 873); ThMA 3, S. 251 (Nr. 161). ThMA 3, S. 273-274 (Nr. 176). Bräuer: Die Überlieferung, S. 48f. Hoyer: Bemerkungen, S. 100. Wolgast: Beobachtungen, S. 45. ThMA 3, S. 273f. Wolgast: Beobachtungen, S. 45. ThMA 3, S. 273. ThMA 2, S. 491-504 (Nr. 152). Bräuer: Die Überlieferung, S. 49. AGBM 2, S. 378 (Nr. 1574); ThMA 3, S. 257 (Nr. 167). Auch Hans Hut bekannte im Verhör, er habe gepredigt, »da die pauren auf gewesen sein, da haben sy nit recht gehabt, dann sy haben das ir gesucht und nit Gotes ere« (Seebaß: Müntzers Erbe, S. 38, Nr. 21). ThMA 2, S. 497. Ebenda, S. 500. Wolgast: Beobachtungen, vermutet, dass Müntzer einen gewissen Fremddruck ausgesetzt war. »Vielleicht hat Müntzer diesen Teil auf Rat und mit unmittelbarer Formulierungshilfe des Schreibers Laue hinzugefügt, um den Mühlhäusern über seine bisherigen, eher abstrakt gehaltenen Mahnungen hinaus deutlich zu sagen, was sie tun sollten« (S. 42). ThMA 2, S. 503f. Bubenheimer: Thomas Müntzer und Wittenberg, S. 58f. Gerlitz u. a.: Martyrium, S. 197-217; Baumeister: Die Anfänge der Theologie des Martyriums. Wolgast: Beobachtungen, S. 40f. AGBM 2, S. 302f. (Nr. 1465), 340 (Nr. 1522); Tode: Stadt im Bauernkrieg , S. 209-217. AGBM 2, S. 335 (Nr. 1511). Am 21. Mai wurde ein fast gleich lautendes Schreiben »an den christlichen haufen im land zu Francken« gesandt (ebenda, S. 344 f., Nr. 1529). Ebenda, S. 327 (Nr. 1498). ABKG 2, S. 253f. Anm. 1 (zu Nr. 1005). QNRG, S. 415f. (Nr. 225); AGBM 2, S. 394f. (Nr. 1597); ThMA 3, S. 260 (Nr. 169, Auszug).
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QNRG, S. 416 (Nr. 226); ABKG 2, S. 253f. (Nr. 1005); AGBM 2, S. 394f. (Nr. 1597); ThMA 3, S. 260 (Nr. 169). 196 Herzog Georg antwortete Bürgermeister und Rat zu Nürnberg in der ersten Junihälfte 1525, indem er die Handlungen Müntzers und Pfeiffers verurteilte, das Geschehen von Frankenhausen beschrieb und von der Unterwerfung Mühlhausens und der Hinrichtung Müntzers und Pfeiffers berichtete, ohne auf die Nürnberger Bitte einzugehen. Vgl. ABKG 2, S. 297-299 (Nr. 1052); ThMA 3, S. 261f. (Nr. 170, Auszug). 197 AGBM 2, S. 323 (Nr. 1492). 198 Ebenda, S. 332 (Nr. 1504). 199 Wolgast: Beobachtungen, S. 42f. 200 ABKG 2, S. 248-253 (Nr. 1004). Vgl. auch AGBM 2, S. 380 (Nr. 1575); ThMA 3, S. 255f. (Nr. 166). 201 Chronicon Mulhusinum, S. 66. 202 ABGM 2, S. 415f. (Nr. 1616), S. 432 (Nr. 1622); Chronicon Mulhusinum, S. 62, 63, 67f.; Günther: Flucht, Vertreibung, Verfolgung, S. 399. 203 AGBM 2, S. 380 (Nr. 1575); ABKG 2, S. 298 (Nr. 1052); ThMA 3, S. 262 (Nr. 170); Chronicon Mulhusinum, S. 59. 204 AGBM 2, S. 362 (Nr. 1552), S. 378 (Nr. 1574); ThMA 3, S. 252 (Nr. 162). 205 Flugschriften der Bauerkriegszeit, S. 542f. 206 ThMA 3, S. 254f. (Nr. 165). 207 AGBM 2, S. 432 (Nr. 1622). 208 ABKG 2, S. 299 (Nr. 1052); ThMA 3, S. 262 (Nr. 170). 209 ThMA 3, S. 263 (Nr. 172). 210 Flugschriften der Bauernkriegszeit, S. 542f. 211 WA TR 1, S. 38 (Nr. 99); ThMA 3, S. 264 (Nr. 173). Original lateinisch: »ut pro sancto eum colant«. 212 ThMA 3, S. 266 (Nr. 175). 213 Kobuch: Thomas Müntzers Nachlaß, Teil 2, S. 9-12. 214 ThMA 2, S. 506 (Beilage zu Nr. 152); AGBM 2, S. 623 (Nr. 1826). 215 AGBM 2, S. 593 (Nr. 1785); Jordan: Thomas Müntzers Witwe, S. 27-31; Bräuer: Die zeitgenössischen Lieder, S. 15f. 216 StA Bd. 3, S. 168f. (Eyn Sendebrief von dem harten buchlin wider die bauren). 217 ThMA 2, S. 506; AGBM 2, S. 623 (Nr. 1826). 218 AGBM 2, S. 898 (Nr. 2103). 219 ThMA 2, S. 506; AGBM 2, S. 593 (Nr. 1785), 898 (Nr. 2103). 220 ThMA 2, S. 506 (Beilage zu Nr. 152). 221 Ebenda. 222 AGBM 2, S. 666 (Nr. 1863). 223 Ebenda, S. 326 (Nr. 1495). 224 Ebenda, S. 372f. (Nr. 1566), Strafartikel Herzog Georgs: S. 546 (Nr. 1729). 225 Ebenda, S. 857f. (Nr. 2064), 864 (Nr. 2073). Vgl. dazu Müller: Bauernkrieg nach dem Bauernkrieg, S. 37-134. 195
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ABKG 2, S. 334-340 (Nr. 1075); ThMA 3, S. 224-227 (Nr. 143). ABKG 2, S. 278f. (Nr. 1028). AGBM 2, S. 478 (Nr. 1663): »Dan es ist der Muntzer und derselb geist allreit dermassen in di weibspersonen gebildt, das er schwerlicher bei in dan bei den mennern auszutilgen.« Ebenda, S. 495 (Nr. 1682). Günther: Flucht, Vertreibung, Verfolgung, S. 397-415. Ebenda, S. 408f. AGBM 2, S. 793 (Nr. 1998). Vgl. auch S. 879 (Nr. 2085), 933 (Nr. 2140). Weiss: Die frommen Bürger von Erfurt, S. 223-225. Wappler: Die Täuferbewegung in Thüringen; ders.: Die Stellung Kursachsens.
XII. »Drumb hat mich Goth selbern gemit in seyn ernde« Eine Alternative im reformatorischen Prozess (zu S. 385-400) Steinmetz: Thomas Müntzers Weg nach Allstedt, S. 112. MSB, S. 491. 3 ThMA 2, S. 227 (Nr. 72). 4 Ebenda. 5 Goertz: Thomas Müntzer, S. 281. 6 Vgl. zum Beispiel: Linguistische Beiträge zur Müntzer-Forschung. 7 MSB, S. 294. 8 Goertz: Thomas Müntzer, S. 237; ders.: Brüderlichkeit – Provokation, Maxime, Utopie, S. 216-237. 9 Kaufmann: Geschichte der Reformation, S. 156. 10 Junghans: Die Theologie Thomas Müntzers, S. 107-122. »In seinem Selbstbewusstsein verdankt er seine Theologie dem redenden Gott. Die Bibel aber dient ihm dazu, die so gewonnene Lehre nachträglich zu bezeugen, zu bestätigen« (ebenda, S. 115). Vgl. auch Steinmetz: Luther, Müntzer und die Bibel, S. 147-167. 11 StA Bd. 5, S. 428. 12 MSB, S. 209. Die Auslegung des zweiten Kapitels des Danielbuchs leitete er mit den Worten ein: »Es ist zu wissen, das der armen, elenden, zurfallenden christenheyt wider zu rathen noch zu helfen ist, es sey dann, das die fleissigen unvordroßnen gottisknechte teglich die biblien treiben mit syngen, lesen und predigen« (ebenda, S. 242). 13 Römer 13,1-2. 14 MSB, S. 261. 15 StA Bd. 2, S. 265. Vgl. dazu 1. Korinther 9,19. 16 MSB, S. 471; auch ThMA 2, S. 479 (Nr. 147). 17 MSB, S. 22. 18 Ullmann: Die sprachgeschichtliche Bedeutung, S. 131. 19 Kaufmann: Geschichte der Reformation, S. 171-174, 178-181; Wohlfeil: Reformatorische Öffentlichkeit, S. 41-52; Lenk: Martin Luthers Kampf um die 1 2
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Öffentlichkeit, S. 63-71; Moeller: Die frühe Reformation als Kommunikationsprozeß, S. 73-90; Weber: Bemerkungen zu Luthers praktischem Beitrag, S. 15-43. Pesch: Hinführung zu Luther, S. 51. Kaufmann: Geschichte der Reformation, S. 124. Ebenda, S. 165. Goertz: Thomas Müntzer, S. 275; Gritsch: Reformer without a Church. Bräuer: Zahlreiche Veranstaltungen im Kalender der Kirche, S. 48. Goertz: Thomas Müntzer, S. 237. Schorlemmer: Selig sind die Verlierer, S. 10.
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Abbildungsnachweis 1. Thomas Müntzer, Kupferstich von Christoffel van Sichem, aus: Iconica et Historica Descripto Praecipuorum Haeresiarcharum, Amsterdam 1609 (SLUB Dresden). 2. Veränderung aller Stände, Holzschnitt, aus: Joseph Grünpeck, Spiegel der natürlichen und prophetischen sehungen aller Trübsalen, Leipzig 1522 (BS München). 3. Karte der Grafschaft Stolberg, aus: Accurate geographische Charte der Graef lichen Stolbergischen Aemter von Adam Friedrich Zürner, Amsterdam 1757 (SLUB Dresden). 4. Ansicht der Stadt Stolberg, aus: Johann Arnold Zeitfuchs: Stolbergische Kirchen- und Stadt-Historie, Frankfurt/Leipzig 1717 (Foto Mario Bolte). 5. Unterricht in einer Schule, aus: Die Legend des heyligen hertzogen sant Ruprechts, Oppenheim 1524 (BS München). 6. Ansicht der Stadt Leipzig, aus: Georg Braun/Franz Hogenberg: Beschreibung und Contrafactur der vornembster Stät der Welt, Köln 1572, Faksimiledruck Stuttgart 1999. 7. Matrikel der Universität Leipzig, 1506 (Universitätsarchiv Leipzig 4756). 8. Ansicht der Stadt Frankfurt an der Oder, aus: Georg Braun/Franz Hogenberg: Beschreibung und Contrafactur der vornembster Stät der Welt, Köln 1572, Faksimiledruck Stuttgart 1999. 9. Matrikel der Universität Frankfurt/ Oder, 1512 (Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam, Rep 86 Universität Frankfurt/ Oder Nr. 56). 10. Ansicht von Braunschweig, aus: Sebastian Münster: Cosmographia, Basel 1628, Faksimiledruck Lindau 1978. 11. Darstellung des Heiligen Cyriacus mit dem Teufel, Tumba des Markgrafen Gero von 1519 (Stiftskirche Gernrode, Foto Katja Orthen). 12. Officium Cyriaci in der Handschrift Müntzers, letzte Seiten (Thomas Müntzers Briefwechsel. Lichtdrucke nach Originalen aus dem Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. Bearb. von Helmut Müller, Leipzig 1953, Nr. 63). 13. Ablasseinblattdruck von Königslutter, Magdeburg 1512 (HAB Wolfenbüttel). 14. Ansicht von Wittenberg, aus: Georg Braun/Franz Hogenberg: Beschreibung und Contrafactur der vornembster Stät der Welt, Köln 1572, Faksimiledruck Stuttgart 1999. 15. Bernhard Dappen: Articuli Per Fratres Minores … contra Lvteranos, Ingolstadt 1519 (BS München). 481
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16. Müntzers Mitschrift einer Vorlesung von Aesticampianus (Thomas Müntzers Briefwechsel. Lichtdrucke nach Originalen aus dem Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. Bearb. von Helmut Müller, Leipzig 1953, Nr. 58). 17. Liber trium virorum et trium spiritualium virginum, Paris 1513 (BS München). 18. Ansicht von Zwickau, aus: Matthäus Merian: Topographia Germaniae, Frankfurt am Main 1650. 19. Martin Luther als Augustinermönch mit der Taube des Heiligen Geistes. Holzschnitt von Hans Baldung Grien nach Lucas Cranach d. Ä. Titelblatt zu: Acta et res gestae D. Martini Lutheri, Straßburg 1521 (Berlin, Staatliche Museen Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett). 20. Brief Müntzers an Luther vom 13. Juli 1520, letzte Seite (Thomas Müntzers Briefwechsel. Lichtdrucke nach Originalen aus dem Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. Bearb. von Helmut Müller, Leipzig 1953, Nr. 12). 21. Siegel Müntzers an einer Quittung über erhaltene Bezüge in Zwickau vom 9. Oktober 1520 (StA Zwickau, Kämmereirechnung 1520/21, Urkundenzimmer, Quittungen, A*, AI, Nr. 28). 22. Quittung Müntzers über erhaltene Bezüge in Zwickau vom 16. April 1521 (StA Zwickau Kämmereirechnung 1520/21, Urkundenzimmer, Quittungen, A*, A I, Nr. 28‘). 23. Ansicht von Prag, aus: Georg Braun/Franz Hogenberg: Beschreibung und Contrafactur der vornembster Stät der Welt. Bd. 1: Civitates Orbis Terrarum, Köln 1572, Faksimiledruck Amsterdam 1965. 24. Schriften Tertullians, hg. von Beatus Rhenanus, Basel 1521, mit Randnotizen Müntzers (SLUB Dresden). 25. Prager Sendbrief vom November 1521, lateinische Fassung, Ausschnitt (FB Gotha, Thomas Müntzer. Prager Manifest. Faksimiledruck der lateinischen Originalhandschrift, Leipzig 1975). 26. Philipp Melanchthon. Kupferstich von Albrecht Dürer, 1526 (Berlin Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett). 27. Ansicht von Nordhausen, aus: Matthäus Merian: Topographia Superioris Saxoniae, Thuringiae, Misniae, Lusatiae etc, Frankfurt 1650, Faksimiledruck Kassel 1964. 28. Ansicht von Glaucha, aus: Matthäus Merian: Topographia Saxoniae Inferioris, Frankfurt 1653, Faksimiledruck Kassel 1962. 29. Brief Müntzers an Anhänger in Halle vom 19. März 1523 (Thomas Müntzers Briefwechsel. Lichtdrucke nach Originalen aus dem Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. Bearb. von Helmut Müller, Leipzig 1953, Nr. 34). 482
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30. Abbildung der Allstedter St. Johanneskirche auf einem Grabsteinfragment aus dem 17. Jh. (Burg und Schlossmuseum Allstedt, Foto Adrian Hartke). 31. Thomas Müntzer: Deutsches Kirchenamt, [Eilenburg: Nikolaus Widemar und Jakob Stöckel] 1524 (SBB PK). 32. Thomas Müntzer: Deutsch-Evangelische Messe, Allstedt: [Müntzerpresse] 1524 (SBB PK). 33. Thomas Müntzer, Deutsch-Evangelische Messe, Seitenausschnitt. 34. Thomas Müntzer: Protestation oder Erbietung, [Eilenburg: Nikolaus Widemar und Jakob Stöckel] 1524 (SBB PK). 35. Thomas Müntzer: Von dem gedichteten Glauben [Eilenburg: Jakob Stöckel und Nikolaus Widemar] 1524. (SBB PK). 36. Einschreibung der Mitglieder des Allstedter Bundes. Zeichnung von Jan de Ridder (?), um 1720 (SBB PK, Handschriftenabteilung; Thomas Müntzer in einer Bildergeschichte. Hg. von Günter Vogler, Mühlhausen 2010). 37. Ansicht von Schloss Allstedt, Gemälde nach 1700, Ausschnitt (Burg- und Schlossmuseum Allstedt, Foto Adrian Hartke). 38. Ansicht von Mühlhausen, aus: Matthäus Merian: Topographia Superioris Saxoniae, Thuringiae, Misniae, Lusatiae etc., Frankfurt 1650, Faksimiledruck Kassel 1964. 39. Die Mühlhäuser Elf Artikel vom September 1524, erste Seite (Thüringer Hauptstaatsarchiv Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. N 837 Bl. 8r/v). 40. Liste der Mitglieder des Ewigen Bundes Gottes vom September 1524 (Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 10024 Geheimer Rat, Geheimes Archiv, Loc. 9135/02). 41. Hans Hut, Kupferstich von Christoffel van Sichem, aus: Iconica et Historica Descripto Praecipuorum Haeresiarcharum, Amsterdam 1609 (SLUB Dresden). 42. Ansicht von Nürnberg, aus: Georg Braun/Franz Hogenberg: Beschreibung und Contrafactur der vornembster Stät der Welt, Köln 1572, Faksimiledruck Stuttgart 1999. 43. Beschlüsse des Rats von Nürnberg zu Müntzers Schriften vom 29. Oktober und 2. November 1524 (Staatsarchiv Nürnberg, Verlässe des inneren Rats Nr. 709 Bl. 14 u. 18). 44. Thomas Müntzer: Ausgedrückte Entblößung des falschen Glaubens, [Nürnberg: Hans Hergot] 1524 (FB Gotha). 45. Thomas Müntzer: Hochverursachte Schutzrede, [Nürnberg: Hieronymus Höltzel] 1524 (FB Gotha). 483
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46. Christoph Fürer. Kupferstich von Peter Troschel (Deutsche Fotothek Dresden). 47. Ansicht von Basel, aus: Georg Braun/Franz Hogenberg: Beschreibung und Contrafactur der vornembster Stät der Welt, Köln 1572, Faksimiledruck Stuttgart 1999. 48. Karte der Aufenthaltsgebiete Müntzers im Südwesten, aus: Sebastian Münster: Cosmographia universalis, Basel 1628. 49. Bauer als Brunnenfigur in Hilzingen von 1962 zur Erinnerung an den Bauernkrieg (Zwinghof-Brunnen, Foto Gemeinde Hilzingen). 50. Liste der Wähler des Ewigen Rats in Mühlhausen vom März 1525, Ausschnitt (StA Mühlhausen, Akte 10/K 3, Nr. 1b, Bl. 10-11). 51. Große Ratsstube in Mühlhausen mit spätgotischen Wandmalereien (Foto © wikimedia commons). 52. Noah und der Regenbogen, Holzschnitt, aus: Biblia / das ist / die gantze Heilige Schrifft Deudsch, Wittenberg 1534 (UB Leipzig). 53. Ansicht von Frankenhausen, aus: Matthäus Merian: Topographia Superioris Saxoniae, Thuringiae, Misniae, Lusatiae etc., Frankfurt 1650, Faksimiledruck Kassel 1964. 54. Schlachtfeld bei Frankenhausen mit Regenbogen, Gemälde aus dem 19. Jh. als Kopie eines Gemäldes aus dem 16. Jh., Ausschnitt (Staatliche Museen Meiningen, Leihgabe im Schloss Wilhelmsburg, Schmalkalden, Foto Manfred Koch). 55. Medaille zur Erinnerung an die Huldigung Herzog Johann Wilhelms von Sachsen-Eisenach am 15. Mai 1699 (Wilhelm Ernst Tentzel: Sächsisches Medaillen-Cabinet. Dritter Theil der Ernestinischen Linie, [Gotha 1714], nach S. 686, Tab. 53). 56. Wasserschloss Heldrungen, Ausschnitt, aus: Matthäus Merian: Topographia Superioris Saxoniae, Thuringiae, Misniae, Lusatiae etc., Frankfurt1650, Faksimiledruck Kassel 1964. 57. Bekenntnis Thomas Müntzers und Sendbrief an die Mühlhäuser, [Leipzig. Wolfgang Stöckel] 1525 (SBB PK). 58. Brief Ottilie Müntzers an Herzog Georg vom 19. August 1525 (Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat, Geheimes Archiv, Loc. 9135/02, Bl. 103). 59. Thomas Müntzer. Denkmal von Will Lammert an der Stadtmauer neben dem Frauentor in Mühlhausen von 1957. 60. Thomas Müntzer. Denkmal von Klaus F. Messerschmidt vor dem Rathaus in Stolberg von 1989. (Foto © wikimedia commons).
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Farbtafeln I.
Kirche zu St. Michael in Braunschweig (Foto © wikimedia commons, Bruns wick).
II.
Stiftskirche in Frose (Foto © wikimedia commons, Friedrichsen).
III. St. Nikolaikirche in Jüterbog (Foto © wikimedia commons, A. Savin). IV. Marienkirche in Zwickau (Foto © wikimedia commons, Aka). V.
Katharinenkirche in Zwickau (Foto © wikimedia commons, Aka).
VI. Bethlehemkapelle in Prag (Foto © wikimedia commons, Muezthuka). VII. Kanzelkorb aus der Johanneskirche in Allstedt vom Ende des 16. Jh. (Burgund Schlossmuseum Allstedt, Leihgabe der Evangelischen Kirchengemeinde Allstedt, Foto Burg- und Schlossmuseum Allstedt). VIII. Marienkirche in Mühlhausen (Foto © wikimedia commons, Michael Sander). IX. Gotischer Flügelaltar aus dem ehemaligen Kloster Wiederstedt, aus dem vermutlich Müntzers Ehefrau Ottilie von Gersen kam; jetzt in St. Marien in Hettstedt (Foto Pfarrer Stephan Lorek). X.
Andreas Bodenstein von Karlstadt, Gemälde von Lukas Cranach d.Ä. von 1522. Alejandro Zorzin identifizierte Cranachs Bildnis eines jungen Mannes als Porträt des jungen Karlstadt (National Gallery of Art Washington, Foto © wikimedia commons).
XI. Ratsstube in Mühlhausen (Foto © wikimedia commons). XII. Kurfürst Johann von Sachsen mit Darstellung der Schlacht von Frankenhausen, Gemälde aus dem 19. Jh. nach einer Vorlage aus dem 16. Jh. (Staatliche Museen Meiningen, Leihgabe im Schloss Wilhelmsburg, Schmalkalden, Foto Manfred Koch). XIII. Vorderer Buchdeckel zu den Werken Cyprians und Tertullians aus dem Besitz Müntzers. Den Einband gestaltete 1521 der »Meister der Wenzelsplatte«, ein Buchbinder in Prag (SLUB Dresden). XIV. Luther – Müntzer oder der Teufel an der Wand. Radierung von Lutz R. Ketscher, 1974 (Lutherhalle Wittenberg, Foto Lutz R. Ketscher). XV. Klaus-Michael Stephan: Ruf – Leid – Aufbruch. Eichenholz, farbig gefasst, im nördlichen Seitenflügel der Marienkirche Mühlhausen (Foto Mühlhäuser Museen).
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Quellen- und Literaturverzeichnis Zu den Quellen von und über Müntzer sowie die Literatur von 1519-2012 vgl. Dammaschke, Marion/Vogler, Günter: Thomas-Müntzer-Bibliographie, BadenBaden/Bouxwiller 2013. Archivalien werden in den Anmerkungen mit Angabe des Archivorts ausgewiesen. Benutzt wurden: Braunschweig, Stadtarchiv Dresden, Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Magdeburg, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Mühlhausen, Stadtarchiv Weimar, Thüringisches Hauptstaatsarchiv Wernigerode, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Standort Wernigerode Zwickau, Ratsschulbibliothek und Stadtarchiv
Quellen Ältere Universitäts-Matrikeln. Bd. I: Frankfurt a. O., 1506-1648. Aus der Originalhandschrift unter Mitwirkung von Georg Liebe und Emil Thenner hg. von Ernst Friedländer, Leipzig 1887. Agricola, Georgius: Vermischte Schriften I. Übers. u. bearb. von Georg Fraustadt u. a., Berlin 1961. Agricola, Johannes: Die Episteln durchs gantz Jar / Mit kurtzen summarien, Berlin 1544. Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen. Hg. von Felician Gess. Bd. 1: 1517-1524, Leipzig 1905; Neudruck Köln/Wien 1985; Bd. 2: 1525-1527, Leipzig/Berlin 1917; Neudruck Köln/Wien 1985. Akten zur Geschichte des Bauernkriegs in Mitteldeutschland. Hg. von Günther Franz u. Otto Merx. Bd. 1, 1. u. 2., Leipzig 1923, 1934; Neudruck Aalen 1964. Akten zur Geschichte des Bauernkriegs in Mitteldeutschland. Unter Mitarb. von Günther Franz hg. von Walther Peter Fuchs. Bd. 2, Jena 1942; Neudruck Aalen 1964. Album Academiae Vitebergensis. Ältere Reihe in 3 Bänden 1502-1602. Hg. von Karl Eduard Förstemann u. a. Bd. 3, Halle 1905; Neudruck Aalen 1976. Briefe und Akten zum Leben Oekolampads. Bearb. Ernst Staehelin. Bd. 1: 14991526, Leipzig 1927; Bd. 2: 1527-1539, Leipzig 1934. Bullinger, Heinrich: Der Widerto(e)fferen vrspung / fürgang / Secten / wa(e)sen / fürnemme vnd gemeine jrer leer Artickel …, Zürich 1560. – Reformationsgeschichte. Nach dem Autographen. Hg. von Johann Jacob Hottinger u. Hans Heinrich Vögeli. Bd. 1, Frauenfeld 1838.
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Christliche Mystik. Texte aus zwei Jahrtausenden. Hg. von Gerhard Ruhbach u. Josef Sudbrack, München 1989. Chronicon Islebiense. Eisleber Stadt-Chronik aus den Jahren 1520-1738. Hg. von Hermann Größler u. Friedrich Sommer, Eisleben 1882. Chronicon Mulhusinum. – In: Thomas T. Müller: Thomas Müntzer in der Mühlhäuser Chronistik, Mühlhausen 2004, S. 41-71. [Corvinus, Johann Friedrich:] Anabaptisticum et Enthusiasticum Pantheon Und Geistliches Rüst-Hauß Wider die Alten Quacker/ Und Neuen Frey-Geister …, [Köthen] 1702. Cyprianus, Thascius Caecilius: Sancti Cypriani Episcopi Opera. Bd. 2. Hg. von Manlius Simonetti, Turnhout 1976. – Index, Turnhout 1976. Das Bistum Brandenburg. Teil 2. Bearb. von Fritz Bünger u. Gottfried Wentz (Germania Sacra, 1. Abt., Bd. 3). Berlin 1941; Neudruck Berlin 1963. Das Erfurter Enchiridion. Gedruckt in der Pergamentergasse zum Ferbefaß 1524 und der Ergänzungsdruck ETliche Christliche Gesenge vnd psalmen, wilche vor bey dem Enchiridion nicht gewest synd. [Erfurt]1525. Faksimiledruck mit einem Geleitwort. Hg. von Konrad Ameln, Kassel/Basel/London 1983. Das Neue Testament in der deutschen Übersetzung von Martin Luther nach dem Bibeldruck von 1545 mit sämtlichen Holzschnitten. Studienausgabe. Hg. von Hans-Gert Roloff, Stuttgart 1989. Denck, Hans: Schriften. Teil 2: Religiöse Schriften. Hg. von Walter Fellmann, Gütersloh 1956; Teil 3: Exegetische Schriften, Gedichte und Briefe, Gütersloh 1960. Der deutsche Bauernkrieg. Gleichzeitige Urkunden. Hg. u. eingel. von Heinrich Schreiber. Jahr 1524, Freiburg 1863; Jahr 1525, Freiburg 1864. Deutsche Messen und Kirchenämter. Thomas Müntzer. Mit Singnoten und liturgischen Abhandlungen. Hg. von Oskar Johannes Mehl. Nebst einem Beitrag: Müntzers Kirchenämter und die liturgische Tradition von Friedrich Wiechert, Grimmen 1937. Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. Bd. 3. Bearb. von Adolf Wrede, Gotha 1901. Die erste deutsche Bibel. Hg. von William Kurrelmeyer. Bd. 1, Tübingen 1904. Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts. 1. Abt. 1. Hg. von Emil Sehling, Leipzig 1902. Die lutherischen Pamphlete gegen Thomas Müntzer. Hg. von Ludwig Fischer, München 1976. Die Matrikel der Universität Leipzig. Hg. von Georg Erler. Bd. 1, Leipzig 1895. Die Predigten Taulers aus der Engelberger und der Freiburger Handschrift sowie aus Schmidts Abschriften der ehemaligen Strassburger Handschrift. Hg. von Ferdinand Vetter, Berlin 1910. Die Protokolle des Mainzer Domkapitels. Bd. 3: Die Protokolle aus der Zeit des 488
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Erzbischofs Albrecht von Brandenburg 1514-1545. Bearb. u. hg. von Fritz Herrmann, Paderborn 1932. Die Registraturen der Kirchenvisitationen im ehemals sächsischen Kurkreise. Hg. von der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt. Bearb. von Karl Pallas. Teil 3, Halle 1908. Dokumente zur Causa Lutheri (1517-1521). Hg. u. komm. von Peter Fabisch u. Erwin Iserloh, Münster 1991. [Dungersheim, Hieronymus:] Confutatio apologetici cuiusdam sacre Scripture falso inscripti, Leipzig 1514. Durandus’ Rationale in spätmittelhochdeutscher Übersetzung. Die Bücher I-III. Hg. von Gerard H. Buijssen, Assen 1974. Eck, Johannes: Ad criminatricem Martini luders Uitte[n]bergen[sis], Augsburg 1519. Enchiridion geistlicher gesenge vn[d] Psalmen/ fur die leyen/ mit viel andern/ denn zuuor/ gebessert. Sampt der Vesper durch die gancze woche[n] auff einen itzlichen tag Metten Complet vnd Messe, Zwickau 1528; Nachdruck Leipzig 1979. Erasmus von Rotterdam: Opus epistolarum. T. 4, Oxonii 1922, S. 79-85, 113-119. Neudruck Oxford 1992. Ernestinische Landtagsakten. Bd. 1. Hg. von Carl August Hugo Burkhardt, Jena 1902. Fabian, Ernst: Die handschriftlichen Chroniken der Stadt Zwickau. 1. Die (Oswald Losanschen) Annalen der Stadt Schwanfeld oder Zwickau von 12311534. – In: Mitteilungen des Altertumsvereins für Zwickau und Umgegend 10 (1910), S. 1-68. [Fabri, Johann:] Vrsach warumb der widerteuffer Patron vnd erster Anfenger Doctor Balthasar Hu(e)bmayer zu(o) Wien auf den zehendten tag Martij. M.D.XXVIII verbrennet sey. [Landshut 1528]. Fliege, Jutta: Die Handschriften der ehemaligen Stifts- und Gymnasialbibliothek Quedlinburg in Halle, Halle 1982. Flugschriften der Bauernkriegszeit. Hg. von Adolf Laube u. Hans Werner Seiffert, bearb. von Christel Laufer u.a., Berlin 1975. Flugschriften der frühen Reformationsbewegung (1518-1524). Hg. von Adolf Laube, Annerose Schneider unter Mitw. von Sigrid Looß. Bd. 2, Berlin 1983. Flugschriften gegen die Reformation (1518-1524). Hg. u. bearb. von Adolf Laube unter Mitarb. von Ulman Weiss, Berlin 1997. Fortgesetzte Sammlung von alten und neuen theologischen Sachen, Büchern, Uhrkunden, Controversien, Anmerckungen und Vorschlägen, Leipzig 1720ff. Geierberg, Lucas: Wie mann den Wiederteuffern auff die yrthumb / so sie in den stu(e)cken des Catechismi einfu(e)ren/ antworten/ Vnd wo man lengern bericht in reynen Lerern finden solle …, Marburg 1532. 489
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Grünpeck, Joseph: Ein spiegel der naturlichen himlischen und prophetischen sehungen […], [Nürnberg 1508]. [Haferitz, Simon:] Sermon vom Fest der heiligen drei Könige, Allstedt 1524. Hoyer Urkundenbuch. Hg. von Wilhelm von Hodenberg, 1. Abt. Hannover 1853. Hug, Heinrich: Villinger Chronik von 1495-1533. Hg. von Christian Roder, Tübingen 1883. Janus, Daniel Friedrich: Augusta Memoria Joannis Ducis et Principis Electoris Saxoniae …, Leipzig 1731. Jonas, Justus: Briefwechsel. Hg. von Gustav Kawerau. Bd. 2, Halle 1885. Kobuch, Manfred/Müller, Ernst: Der deutsche Bauernkrieg in Dokumenten. Aus staatlichen Archiven der Deutschen Demokratischen Republik, anläßlich des 450. Jahrestages des deutschen Bauernkrieges, Weimar 1975; Köln 1975; 2. durchges. u. erg. Aufl. Weimar 1977. Kronika pražká Bartoše pisaře. Pamĕti o bouři pražké roku 1524. Listy a kronika mistra Jiřiho Piseckého. Hg. von Josef V. Šimák, Prag 1907. Leisentritt, Johann: Gesangbuch von 1567. Mit einem Nachwort von Walther Lipphardt, Leipzig 1966. Lettsch, Andreas: Chronik. – In: Quellensammlung der badischen Landesgeschichte. Hg. von Franz Joseph Mone. Bd. 2, Karlsruhe 1854, S.42-56. Lichtenberger, Johannes: Pronosticatio zu theutsch, [Heidelberg 1488] Luther, Martin: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, Weimar 1883ff. – Studienausgabe. In Zusammenarbeit mit Helmar Junghans hg. von Hans-Ulrich Delius, Berlin 1979ff. Luthers Lieder und Gedichte. Mit Einleitung und Erläuterung von Wilhelm Stapel, Stuttgart 1950. Melanchthon deutsch. Hg. u. übers. von Michael Beyer, Stefan Rhein u. Günther Wartenberg, Leipzig 1997. Melanchthons Werke in Auswahl. Hg. von Robert Stupperich, Gütersloh 1951ff. Melanchthoniana paedagogica. Eine Ergänzung zu den Werken Melanchthons im Corpus reformatorum. Gesammelt und erklärt von Karl Hartfelder, Leipzig 1892. Melanchthons Briefwechsel 1510-1528. Hg. von Otto Clemen, Leipzig 1926 (Melanchthoniana Supplementa Abt. 6, T. 1). Melanchthons Briefwechsel. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe. Bd. 2, Texte 255-520 (1523-1526). Bearb. von Richard Wetzel, Stuttgart-Bad Cannstatt 1995. Melanchthons Dogmatische Schriften. Teil 1. Hg. von Otto Clemen, Leipzig 1910.
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Müller, Nikolaus: Die Wittenberger Bewegung 1521 und 1522. Die Vorgänge in und um Wittenberg während Luthers Wartburgaufenthalt. Briefe, Akten u. dgl. und Personalien. 2. Aufl. Leipzig 1912. Müntzer, Thomas: Thomas Münzer. Eingel. u. hg. von Paul Friedländer, Berlin 1926. – Briefwechsel. Auf Grund der Handschriften und ältesten Vorlagen. Hg. von Heinrich Boehmer u. Paul Kirn, Leipzig/Berlin 1931. – Briefwechsel. Nach Originalen aus dem Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. Bearb. von H. Müller, Berlin 1953 (Lichtdrucke). – Schriften und Briefe. Kritische Gesamtausgabe. Unter Mitarb. von Paul Kirn hg. von Günther Franz, Gütersloh 1968. – Die Fürstenpredigt. Ausgedrückte Entblößung. Hoch verursachte Schutzrede. Faksimileausgabe der Originaldrucke und neuhochdeutsche Übersetzung nach Otto Hermann Brandt. Hg. von Max Steinmetz, 2 Bde., Berlin 1975. – Prager Manifest. Faksimiledruck der lateinischen Originalhandschrift aus der Forschungsbibliothek Gotha und deren Herkunftsgeschichte, Leipzig 1975. – Theologische Schriften aus dem Jahr 1523. Hg. von Siegfried Bräuer u. Wolfgang Ullmann, Berlin 1975, 2. Aufl., Berlin 1982. – Deutsche Evangelische Messe 1524. Hg. von Siegfried Bräuer, Berlin 1988. – The Collected Works. Hg. u. übers. von Peter Matheson, Edinburth 1988. – Thomas-Müntzer-Ausgabe. Kritische Gesamtausgabe. Bd. 2: Briefwechsel. Hg. von Siegfried Bräuer u. Manfred Kobuch, Leipzig 2010; Bd. 3: Quellen zu Thomas Müntzer. Hg. von Wieland Held u. Siegfried Hoyer, Leipzig 2004. Mutius (Hugwald), Huldreich: De Germanorvm Prima Origine, Moribvs, Insti tvtis, legibus & memorabilibus pace & bello gestis omnibus omium seculorum usq(ue) ad mensem Augustum anni trigesimi noni supra millesimum quingentesimum, libri Chronici XXXI […], Basel 1539. Neues Urkundenbuch zur Geschichte der evangelischen Kirchen-Reformation. Hg. von Carl Eduard Förstemann, Hamburg 1842; Neudruck Hildesheim/New York 1976. Osiander, Andreas: Gesamtausgabe. Hg. von Gerhard Müller u. Gottfried Seebaß. Bd. 1: Schriften und Briefe 1522 bis März 1525, Gütersloh 1975. Planitz, Hans von der: Berichte aus dem Reichsregiment in Nürnberg 1521-1523. Hg. von Ernst Wülcker u. Hans Virck, Leipzig 1899. Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges. Gesammelt u. hg. von Günther Franz, Darmstadt 1963. Quellen zur Geschichte der Wiedertäufer. Bd. 2: Markgraftum Brandenburg. Hg. von Karl Schornbaum, Leipzig 1934.
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Quellen zur Nürnberger Reformationsgeschichte. Von der Duldung liturgischer Änderungen bis zur Ausübung des Kirchenregiments durch den Rat (Juni 1524 – Juni 1525). Bearb. von Gerhard Pfeiffer, Nürnberg 1968. Regesta Stolbergica. Quellensammlung zur Geschichte der Grafen zu Stolberg im Mittelalter. Botho Graf zu Stolberg-Wernigerode. Neu bearb., hg. von George Adalbert von Mülverstedt, Magdeburg 1885. [Reinhart, Martin:] Weßz sich doctor Andreas Bodenstein von Karlstadt mit doctor Martino Luther / beredt zu Jhen / Und wie sy wider einander zuschreiben sich entschlossen haben, [Wertheim 1524]. Rhenanus, Beatus: Briefwechsel. Hg. von Adalbert Horawitz u. Karl Hartfelder, Leipzig 1886; Neudruck Hildesheim 1966. R[othemeler], J[ohannes:] Eyn sendebryf / an dye / betrubten / Cristen / der stadt / molhausen vf das sie bestendigk mochten bleyben / das Euangelium tzu / lyben / vnd / die heuchelschen / prediget hassen, [Magdeburg 1525]. Rynman, Leonhard: Practica uber die grossen und manigfeltigen Coniunction der Planeten, [Nürnberg 1523]. Schwenkfeld, Caspar: Corpus Schwenkfeldianorum. Bd. 17: Letters and treatises. Hg. von Solina Gerhard Schultz u.a., Pennsburg 1960. Spalatin, Georg: Chronicon Sive Annales. – In: Scriptores Rervum Germanica rvm. Hg. von Johann Burkhard Mencke. Bd. 2, Leipzig 1728. Spangenberg, Cyriacus: Wider die bo(e)se Sieben ins Teuffels Karnöffelspiel, Jena 1562. – Mansfeldische Chronica. Teil 4: Beschreibung der Graueschaft Mansfeltt von ortt zu ortt, der Schlößer, Stedte, Dorffschaften … Hg. von Carl Rühlemann, Eisleben 1913. Tertullianus [Quintus, Septimius Florens]: Opera … inter latinos ecclesiae scriptores promi, sine quorum lectione nullum diem intermittebar olim Cyprianus, per Beatum Rhenanum Selestadiensem è tenebris eruta … Basel 1521. – Tertullians sämtliche Schriften. Übers. von Adolf Heinrich Kellner. Bd.1, Köln 1882. – Index Tertvllianus. Bd. 2. Bearb. von Gösta Claesson, Paris 1975. Urkundenbuch zur Geschichte des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrhundert. Bearb. von Walter Möllenberg, Halle 1915. Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld. Bd. 1.1, Marburg 1936. Urkundenbuch der Universität Wittenberg. Teil 1 (1502-1611). Bearb. von Walter Friedensburg, Magdeburg 1926. Urkundenbuch des Klosters Walkenried. Bearb. von Josef Dolle unter Benutzung von Vorarbeiten von Walter Baumann. Bd. 1 Hannover 2002; Bd. 2 2008.
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Vater und Sohn im 16. Jahrhundert. Der Briefwechsel des Wolfgang Reichart, genannt Rychardus, mit seinem Sohn Zeno (1520-1543). Hg. u. erläut. von Walther Ludwig, Hildesheim 1999. Verhör und Akta vor dem Bischof von Meißen gegen den Bischof zu der Lochau (1522), und Handlung des Bischofs von Merseburg mit den zwei Pfarrern von Schönbach und Buch – geschehen am Dienstag nach Bartholomäi (1523). Hg. von Hermann Barge, Halle 1906, S. 51-83. – In: Clemen, Otto: Flugschriften aus den ersten Jahren der Reformation … Bd. 1, Nieuwkoop 1967, S. 51-83. Wackernagel, Philipp: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts. Mit Berücksichtigung der deutschen kirchlichen Liederdichtung im weiteren Sinne und der lateinischen von Hilarius bis Georg Fabricius und Wolfgang Ammonius. Bd. 2, Leipzig 1867. Zorn, Günter: Akten der Kirchen- und Schulvisitation in Zwickau und Umgebung 1529 bis 1556, Langenweißbach 2008.
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und Vorträge. Zum 60. Geburtstag von Gottfried Seebaß. Hg. von Irene Dingel u. a., Göttingen 1997, S.165-185. – Dissent und Konfessionalisierung. Zur Geschichte des »linken Flügels der Reformation« in Nürnberg. – In: Die Reformation und ihre Außenseiter. Gesammelte Aufsätze und Vorträge. Zum 60. Geburtstag Gottfried Seebaß. Hg. von Irene Dingel u. a, Göttingen 1997, S. 244-266. – Apokalyptik im Zeitalter der Reformation. – In: Apokalypse. Vortragsreihe zum Ende des Jahrtausends. Hg. von Wolfgang Vögele u. Richard Schenk, Loccum 2000, S. 227-245. – Müntzers Erbe. Werk, Leben und Theologie des Hans Hut, Gütersloh 2002. Seibold, Gerhard: Christoph Fürer (1479-1537). – In: Fränkische Lebensbilder. Bd. 10, Neustadt/Aisch 1982, S. 67-96. Seidemann, Johann Karl: Thomas Münzer. Eine Biographie, Dresden u. Leipzig 1842. Neudruck: Johann Karl Seidemann. Kleine Schriften zur Reformationsgeschichte (1842-1880). Hg. von Ernst Koch. Bd. 1, Leipzig 1990. Selge, Kurt-Victor: Der Weg zur Leipziger Disputation zwischen Luther und Eck im Jahr 1519. – In: Bleibendes im Wandel der Kirchengeschichte. Kirchenhistorische Studien. Hg. von Bernd Moeller u. Gerhard Ruhbach, Tübingen 1973, S. 169-210. Sembdner, Alexander: Stadt und Universität Leipzig im späten Mittelalter, Leipzig 2010. Skála, Emil: Die Stadtsprache in Böhmen zwischen Hus und Müntzer. – In: Thomas Müntzers deutsches Sprachschaffen. Hg. von Roswitha Peilicke u. Joachim Schildt, Berlin 1990, S. 228-252. Šmahel, František: Die Hussitische Revolution. Bd. 3, Hannover 1992. – The Kuttenberg Decree and the Withdrawal of the German Students from Prague 1409. A Discussion. – In: Šmahel, František : Die Prager Universität im Mittelalter. Gesammelte Aufsätze, Leiden/Boston 2007, S. 159-171. Smend, Julius: Die evangelischen deutschen Messen bis zu Luthers Deutscher Messe, Göttingen 1896; Nachdruck Nieuwkoop 1967. Smolinsky, Herbert: Augustin von Alveldt und Hieronymus Emser. Eine Untersuchung zur Kontroverstheologie der frühen Reformationszeit im Herzogtum Sachsen, Münster 1983. Spillmann, Hans Otto: Weltliche Klugheit und göttliche Weisheit – Zum Intellektualwortschatz in den deutschen Schriften. – In: Linguistische Beiträge zur Müntzer-Forschung. Studien zum Wortschatz in Thomas Müntzers deutschen Schriften und Briefen. Hg. von Hans Otto Spillmann, Hildesheim/Zürich/New York 1991, S. 173-209. Spina, Franz: Tschechischer Buchdruck in Nürnberg am Anfang des 16. Jahrhunderts. – In: Untersuchungen und Quellen zur germanischen und romanischen Philologie Johann von Kelle dargebracht von seinen Kollegen und Schülern. Teil 2, Hildesheim 1975, S. 29-51. Stahl, Irene: Jörg Schechner. Täufer – Meistersinger – Schwärmer. Ein Handwerkerleben im Jahrhundert der Reformation, Würzburg 1991.
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Steinmetz, Max: Das Erbe Thomas Müntzers. – In: ZfG 17 (1969), S. 1117-1129. – Das Müntzerbild von Martin Luther bis Friedrich Engels, Berlin 1971. – Thomas Müntzer und die Mystik. Quellenkritische Bemerkungen. – In: Bauer, Reich und Reformation. FS für Günther Franz zum 80. Geburtstag. Hg. von Peter Blickle, Stuttgart 1982, S. 148-159. – Luther, Müntzer und die Bibel – Erwägungen zum Verhältnis der frühen Reformation zur Apokalyptik. – In: Martin Luther. Leben. Werk. Wirkung. Hg. von Günter Vogler in Zusammenarb. mit Siegfried Hoyer u. Adolf Laube. 2., durchges. Aufl. Berlin 1986, S. 147-167. – Bemerkungen zu Thomas Müntzers Büchern in Mühlhausen. – In: Archiv und Geschichtsforschung. Hg. vom Kreisarchiv Mühlhausen, Mühlhausen 1985, S. 45-51. – Thomas Müntzers Weg nach Allstedt. Eine Studie zu seiner Frühentwicklung, Berlin 1988. Steinmüller, Karl: Agricola in Zwickau. – In: Georgius Agricola 1494-1555. Zu seinem 400. Todestag, 21. November 1955. Red. Rolf Wendler, Berlin 1955, S. 222-229. Stephan, Rudolf: Teutsch antiphonal. Quellen und Studien zur Geschichte des deutschen Chorals im 15. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung der Gesänge und des Breviers, Wien 1998. Stephan Roth 1492-1546. Stadtschreiber in Zwickau und Bildungsbürger der Reformationszeit. Biographie. Edition der Briefe seiner Freunde Franz Pehem, Altenburg u. Nicolaus Günther, Torgau. Hg. von Regine Metzler, Stuttgart 2008. Stievermann, Dieter: Die Wettiner als Hegemonen im mitteldeutschen Raum (um 1500). – In: Hochadlige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200-1600). Formen – Legitimation – Repräsentation. Hg. von Jörg Rogge, Leipzig 2003, S. 379-393. – Erfurt im Bauernkrieg von 1525. – In: Bauernkrieg zwischen Harz und Thüringer Wald. Hg. von Günter Vogler, Stuttgart 2008, S. 135-155. Stockmann, Ernst: Alstädtische kleine Chronica/ In Alexandrinischen reinen Versen …, Stolberg 1712. Stolberg-Wernigerode, Botho Graf zu: Geschichte des Hauses Stolberg vom Jahre 1210 bis zum Jahre 1511. Hg. von G[eorge] A[dalbert] v[on] Mülverstedt, Magdeburg 1883. Straßburger, E[mil]: Geschichte der Stadt Aschersleben, Aschersleben 1905. Straube, Manfred: Die politischen, ökonomischen und sozialen Verhältnisse des Amtes Allstedt in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. – In: Allstedt – Wirkungsstätte Thomas Müntzers, Allstedt 1975, S. 28-44. – Die Stellung Frankfurts im Wirtschaftsleben zur Zeit der Gründung der Universität. – In: Die Oder-Universität Frankfurt. Beiträge zu ihrer Geschichte, Weimar 1983, S. 73-90. – Soziale Struktur und Besitzverhältnisse in Wittenberg zur Lutherzeit. – In: Jb für Geschichte des Feudalismus 9 (1985), S. 145-188.
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Wirtschaftspartnern. – In: Martin Luther und Eisleben. Hg. von Rosemarie Knape, Leipzig 2007, S. 49-72. Thüringens Wirtschaft und Sozialstruktur zur Bauernkriegszeit. – In: Bauernkrieg zwischen Harz und Thüringer Wald. Hg. von Günter Vogler, Stuttgart 2008, S. 43-64. Bäuerliche und städtische Aufstände zwischen Harz und Thüringer Wald. – In: Bauernkrieg zwischen Harz und Thüringer Wald, S. 65-90. »Quamquam satis admonitus es«. Georg Witzels Verhältnis zu Thomas. Müntzer. – In: Thomas Müntzer – Zeitgenossen – Nachwelt. Siegfried Bräuer zum 80. Geburtstag. Hg. von Hartmut Kühne, Hans-Jürgen Goertz, Thomas T. Müller u. Günter Vogler, Mühlhausen 2010, S. 209-226. Thomas Müntzer in einer Bildergeschichte. Eine kulturhistorische Dokumentation, Mühlhausen 2010, Gütersloh 2010. Martin Luthers Geschichtsauffassung im Spiegel seines Türkenbildes. – In: Signaturen einer Epoche, S. 191-208. Thomas Müntzer – Irrweg oder Alternative? Plädoyer für eine andere Sicht. – In: ARG 103 (2012), S. 11-40. Thomas Müntzer. »Ein williger Botenläufer Gottes«. Ein biographischer Essay. – In: Dammaschke, Marion/ Vogler, Günter: Thomas-Müntzer-Bibliographie (1519-2012), Baden-Baden/Bouxwiller 2013, S. 15-28.
Wagemann, Julius August: Oekolampadius, Johannes. – In: ADB 24 (1886), S. 226-236. Walz, Josef: Der Bauernkrieg im Harzgebiet, insbesondere in den Grafschaften Stolberg und Wernigerode. – In: Nordharzer Jb 7 (1978), S. 23-26. Wand, Arno: Reformation, katholische Reform und Gegenreformation im Kurmainzischen Eichsfeld (1520-1648), Heiligenstadt 1998. Wappler, Paul: Thomas Müntzer in Zwickau und die »Zwickauer Propheten«, Gütersloh 1966. – Die Stellung Kursachsens und des Landgrafen Philipp von Hessen zur Täuferbewegung, Münster 1910. – (Bearb.): Die Täuferbewegung in Thüringen von 1526-1584, Jena 1913. Warnke, Ingo: Quellenarmut und Publikationsreichtum – Bericht zur neuesten Müntzer-Forschung. – In: Linguistische Beiträge zur Müntzer-Forschung. Hg. von Hans Otto Spillmann, Hildesheim/ Zürich/New York 1991, S. 11-38. – Auserwählte und Gottlose – zum Wortschatz im Sinnbezirk der mentalen Fähigkeiten. – In: Linguistische Beiträge zur Müntzer-Forschung. Hg. von Hans Otto Spillmann, Hildesheim/Zürich/New York 1991, S. 211-287. – Wörterbuch zu Thomas Müntzers deutschen Schriften und Briefen, Tübingen 1993. Wartenberg, Günther: Auslegung der Heiligen Schrift bei Thomas Müntzer und Martin Luther. – In: Standpunkt 17 (1989), S. 79-83. Wattenberg, Diedrich: Der Regenbogen von Frankenhausen am 15. Mai 1525 im Lichte anderer Himmelserscheinungen, Berlin-Treptow 1965. 524
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Weber, Wolfgang E. J.: Bemerkungen zu Luthers praktischem Beitrag bei der Ausbreitung und Durchsetzung seiner Lehre. – In: Weber, Wolfgang E. J.: Die Lehre von der Herrschaft. Voraussetzungen, Erscheinungsformen und Wirkungen frühneuzeitlicher Politikdiskurse. Hg. von Johannes Burkhardt u. Stefan Paulus, Augsburg 2010, S. 15-43. Weiss, Ulman: Die frommen Bürger von Erfurt. Die Stadt und ihre Kirche im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Weimar 1988. Wellmann, Hans: Der offene Brief und seine Anfänge. – In: Sprache – Kultur – Geschichte. Sprachhistorische Studien zum Deutschen. Hans Moser zum 60. Geburtstag. Hg. von Maria Pümpel-Mader u. Beatrix Schönherr, Innsbruck 1999, S. 361-384. Wendebourg, Dorothea: Luthers Reform der Messe. Bruch oder Kontinuität. – In: Die frühe Reformation in Deutschland als Umbruch. Hg. von Bernd Moeller, Gütersloh 1998, S. 289-306. Werner, Johannes: Thomas Müntzers Regenbogenfahne. – In: Theologische Zeitschrift 31 (1975), S. 32-74. Westphal, Sina: Die Korrespondenz zwischen Kurfürst Friedrich dem Weisen von Sachsen und der Reichsstadt Nürnberg. Analyse und Edition, Frankfurt am Main 2011. Winterhager, Friedrich: Thomas Müntzer als nebenberuflicher Spezialist für Halskrankheiten. Ein Brief aus dem Nachlaß Thomas Müntzers. – In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 6 (1988), S. 237-244. – Ottilie von Gersen, die Ehefrau Thomas Müntzers. – In: Christ und Sozialist / Christin u. Sozialistin (CuS) 67 (2014), H. 1, 28-36; H. 2-3, 43-51; H. 4, 43-47. Wölfing, Günther: Der Bauernkrieg im südthüringisch-hennebergischen Raum, Suhl 1989. Wohlfeil, Rainer: Reformatorische Öffentlichkeit. – In: Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Hg. von Ludger Grenzmann u. Karl Stackmann, Stuttgart 1984, S. 41-52. – Regenbogenfahne und Regenbogen. – In: Bauernkrieg zwischen Harz und Thüringer Wald. Hg. von Günter Vogler, Stuttgart 2008, S. 313-328. Wolfgramm, Eberhard: Der Prager Anschlag des Thomas Müntzer in der Handschrift der Leipziger Universitätsbibliothek. – In: WZ Karl-Marx-Universität Leipzig 6 (1956/57), S. 295-308. Wolgast, Eike: Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert, Heidelberg 1980. – Thomas Müntzer. Ein Verstörer der Ungläubigen, Göttingen/Zürich 1981; durchges. Aufl. Berlin 1988. – Die Obrigkeits- und Widerstandslehre Thomas Müntzers. – In: Der Theologe Thomas Müntzer. Untersuchungen zu seiner Entwicklung und Lehre. Hg. von Siegfried Bräuer u. Helmar Junghans, Berlin/Göttingen 1989, S. 195-220. – Beobachtungen und Fragen zu Thomas Müntzers Gefangenschaftsaussagen. – In: LuJ 56 (1989), S. 26-50.
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– Thomas Müntzers »Fürstenpredigt« (1524). – In: Recht – Kultur – Finanzen. FS für Reinhard Mußgnug zum 70. Geburtstag am 26. Oktober 2005. Hg. von Klaus Grupp u. Ulrich Hufeld, Heidelberg 2005, S. 543-554. – Der gemeine Mann bei Thomas Müntzer – und danach, Mühlhausen 2006. Wostry, Wilhelm: Saaz zur Zeit des Ackermanndichters, München 1951. Wozniak, Thomas: Quedlinburg im 14. und 16. Jahrhundert. Ein sozialtopographischer Vergleich, Berlin 2013. Zeitfuchs, Johann Arnold: Stolbergische Kirchen- und Stadt-Historie, Frankfurt/ Leipzig 1717. Zeller, Adolf: Die Kirchenbauten Heinrich I. und der Ottonen in Quedlinburg, Gernrode, Frose und Gandersheim, Berlin 1916. Zilling, Henrike Maria: Tertullian. Untertan Gottes und des Kaisers. Paderborn/ München u.a. 2004. Zorzin, Alejandro: Urbanus Rhegius Flugschrift »Von Leibeigenschaft oder Knechtheit« (1525). Reformatorische Publizistik im Anhängerkreis Luthers. – In: Flugschriften der Reformationszeit. Hg. von Ulman Weiss, Tübingen 2001, S.157-172. Zschelletzschky, Herbert: Die »drei gottlosen Maler« von Nürnberg. Sebald Beham, Barthel Beham und Georg Pencz. Historische Grundlagen und ikonologische Probleme ihrer Graphik zu Reformations- und Bauernkriegszeit, Leipzig 1975.
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Personen- und Ortsregister Kursiv gesetzte Seitenangaben verweisen auf den Anmerkungsteil. Ortsnamen schließen dort Ansässige ein (z. B. Allstedt – Allstedter, Mühlhausen – Mühlhäuser). Abkürzungen: B. = Bischof; Eb. = Erzbischof; Gr. = Graf/Gräfin; Hzg. = Herzog; Kf. = Kurfürst; Kg. = König; Ks. = Kaiser
Personen
Aesticampianus (Rack), Johannes
Rhagius (1457-1520) 38, 64, 83 Agricola, Georgius (1494-1555) 95, 119f. Agricola, Johann (1492/94-1566) 39, 48, 51, 54, 66, 68, 91, 105, 110f., 120, 158, 164, 179, 199, 222, 223, 348, 396, 425, 433, 451 Agricola, Rudolf (1443/1444-1485) 87 Albinus, Petrus (1543-1598) 424 Albrecht von Brandenburg, Kf. u. Eb. von Mainz, Eb. von Magdeburg, Administrator des Bistums Halberstadt (1490, 1514-1545) 20, 51, 60, 165, 175, 179, 332, 359, 365, 370, 383, 437 Albrecht III., Hzg. von Sachsen (1443-1500) 332 Albrecht III., Hzg. von Österreich (1349, 1365-1395) 191 Albrecht VII. (IV.), Gr. von MansfeldHinterort (1480-1560) 198f., 304, 348, 355, 358-363, 364, 369, 374, 387, 462 Albrecht, Dorothea 69 Albrecht, Georg 69 Alveldt, Augustin von (um 1480- um 1535) 87, 208, 423 Amandus, Georg (Jeori) († nach 1545) 223f., 386
Ambrosius von Mailand (339-397) 194 Amerbach, Johann (um 1440-1513) 85 Amsdorf, Nikolaus von (1483-1565) 162, 163, 459, 466 Anna, Gr. von Königstein-Eppstein (1481-1538) 21f. Appenrodt, Andreas 34f. Aristoteles (384-322 v. Chr.) 37, 74 Arnold, Gottfried (1666-1714) 143 Arnoldi, Bartholomäus (um 1465-1532) 208 Augustin[us] Aurelius von Hippo (354-430) 82, 84f., 86, 160, 421 Aurifaber, Johann (1519-1579) 434
Bärensprung, Laurentius 114, 425
Banse, Tilo 239 Barthel, Nikolaus 45 Baumgarten, Heinrich († 1540) 327 Bause, Konrad 44 Beckmann, Otto 68 Beham, Bartel (1502-1540) 300 Beham, Sebald (1500-1550) 300, 301 Behme, Johann 262, 320f. Behr, Peter 243 Beichlingen, Grafen von 353 Berlepsch, Sittich von (1480-1533) 261, 264f., 266, 268, 271f., 275, 321, 527
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327, 328f., 331, 333, 335f., 338, 464, 466 Bernhardi, Bartolomäus (1487-1551) 67, 158 Berthold von Henneberg, Eb. von Mainz (1441, 1484-1504) 21 Bertikau, Henning von 26, 29 Beusel, Claus 271 Beyreuther (Bereuter), Georg 104 Bilý, Václav 136 Binder, Henning († 1518/19) 52, 57 Bleichenrod, Jakob von 350 Blum, Michael († 1550) 372 Bodenstein, Andreas → Karlstadt Bodungen, Eberhardt von 320 Böhm, Wolfgang 102 Boethius, Severinus (um 480-524) 45 Böttcher, Albrecht 25 Bonaventura (1221-1274) 45, 73f., 84 Bornheinrich, Wolf 337 Bosse, Hans 245 Botho III., Gr. zu StolbergWernigerode (1467, 1511-1538) 20-22, 29, 165, 350 Bottenbach, Johannes (1454-1526) 156 Brandis, Marcus (um 1455-nach 1500) 33 Braunschweig, Herzöge von 232 Breithut, Christian († 1519) 66, 67 Breyer, Henning († 1515) 50, 54 Briesmann, Johann (1488-1549) 303 Brück, Gregor (um 1483-1557) 232, 236 Bruno, Edelherr von Querfurt († 1496) 181 Buchbinder, Valentin 279 Bünau, Heinrich von 39, 81, 92, 415 Bugenhagen, Johannes (1485-1558) 163, 200 Bullinger, Heinrich (1504-1575) 312, 317f., 319 Burkhart, Wolf 118
Busch, Johannes 176 Busche, Hermann von dem (1468-1534) 38 Buschmann, Johannes 170
Calino, Cesare (1670-1749) 456
Camerarius, Joachim (1500-1574) 286 Caphan, Johann 415 Capito, Wolfgang (1478-1541) 449 Carlowitz, Georg von (um 1480-1550) 249 Cassiodor, Flavius Magnus Aurelius (um 485- um 580) 86 Celtis, Conrad (1459-1508) 38, 87 Černobýl, Mikuláš (Artemisius) 127 Christian II., Kg. von Dänemark (1481, 1513-1523, 1559 ) 445 Cicero, Marcus Tullius (106-43 v. Chr.) 38, 45 Cochläus, Johannes (1479-1552) 66 Cranach d. Ä., Lucas (1472-1553) 66, 100 Cratander, Andreas (um 1485-1540) 300 Culsamer, Johann († 1525) 208 Curio, Valentin (um 1500-1533) 300 Cyprian[us], Thascius Caecilius (um 200-258) 90, 137f., 147, 430 Cyriacus († um 304) 55f., 58, 82
Dammann d. Ä., Hans († um 1550)
52, 57 Dappen, Bernhard 54, 63, 71-73, 75-79, 415 Decker, Caspar 272 Demuth, Nikolaus (um 1495- nach 1545) 175f., 179 Denck, Hans (um 1495-1527) 300-302, 309, 396, 461 Diokletian, Marcus Aurelius, röm. Ks. (um 240- um 312) 55
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Ditmar, Hans 382 Döber, Andreas 281 Dölsch, Johannes (1485-1523) 157 Döring, Christian († 1533) 67 Dolman, Jacob 279, 282 Donatus, Aelius (um 310- um 380) 37 Dorn, Hans 53, 63 Drachsdorf, Veit von 355 Dungersheim, Hieronymus (1465-1540) 38, 95, 126, 427 Duns Scotus, John (um 1266-1308) 45 Durandus, Wilhelm (um 1270-1334) 191 Dust, Valentin 44
Ebeleben, Georg von 260
Ebner, Hieronymus (1477-1532) 286 Eberhard I., Hzg. von Württemberg (1447, 1495-1504) 21 Eck, Johann (1486-1543) 76, 79, 87, 94, 105 Egranus (Wildenauer), Johannes Sylvius (1480/1485-1535) 39, 81f., 92, 95f., 101, 102, 104-107, 109f., 111f., 113f., 115-121, 129, 200, 425 Elisabeth von Schönau (um 1129-1164) 89 Elisabeth, Gr. von StolbergWernigerode (1447-1505) 21, 191 Elisabeth von Weida, Äbtissin († 1532) 55 Elisabeth von Württemberg → Elisabeth, Gr. von StolbergWernigerode Emmen, Ambrosius (*um 1505) 119, 130, 143, 168, 180, 190, 228, 244, 248, 261, 357 Emser, Hieronymus (1478-1527) 39, 84f., 87 Engels, Friedrich (1820-1895) 339 Entzenberg, Hans von 254 Eppe, Otto von 369
Erasmus von Rotterdam, Desiderius (um 1466-1536) 85f., 87, 90, 95, 105, 126, 139, 300, 308 Erich, Heinrich 184 Ernst, Kf. von Sachsen (1441, 1464-1486) 332 Ernst II., Eb. von Magdeburg u. Administrator des Bistums Halberstadt (1464, 1476-1513) 41, 43, 56f., 414 Ernst II., Gr. von Mansfeld-Vorderort (1479-1531) 199, 204, 205f., 207, 227, 304, 340, 345, 352, 354-356, 361, 362f., 364f., 371, 375f., 379, 387, 445, 470 Ernst, Gr. von Hohnstein († 1552) 343f., 351 Ernst, Claus 325 Esschen, Johann van den († 1523) 171, 415 Euklid von Alexandria (3. Jhr. v. Chr.) 37 Eusebius von Caesarea (260/64-339/340) 68, 82, 84f., 86
Faber Stapulensis, Jacobus
(1450-1537) 88f., 90 Feminger, Hieronymus 439 Ferber, Hermann 92, 415 Ferdinand I., Ehzg. von Österreich (1503-1564) 315 Ficino, Marsilio (1433-1499) 83 Fleischauer, Simon 174 Folsch, Siegfried († 1525) 239 Fortinatus, Venantius (um 540- um 605) 193 Franz von Assisi (1182-1226) 422f. Freistadt, Hans von der 104, 128, 426 Friedrich I., Kf. der Pfalz (1425, 1451-1476) 21 Friedrich III. der Weise, Kf. von Sachsen (1463, 1486-1525) 17, 64,
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162, 182, 202, 205, 206, 207, 226, 232, 236, 238, 249, 251, 260, 286f., 289, 294f., 321, 340, 343, 349, 352, 355, 444, 453 Froben, Johann (um 1460-1527) 137 Fürer, Christoph (1479-1537) 303-307, 348, 462 Fürer, Siegmund 304 Fulstich, Claus 466 Funcke, Gerhard 45
Gansau (Clauspeck), Michael
128, 136, 428 Gehofen, Matern von († 1525) 355 Gentzel, Martin 156, 415 Georg, Hzg. von Sachsen (1471, 1500-1539) 21f., 32, 38, 39, 165, 192, 198, 204, 224, 230, 238f., 241, 249, 257, 264, 275, 321f., 323, 331, 334, 338f., 349, 352, 354-357, 359, 363, 365, 369-371, 375, 378, 379, 381f., 411, 437, 450, 451, 455, 464, 468, 470, 475, 477 Georg, Markgr. von Ansbach (1484-1543) 287 Gero I., Markgr. (900, 939-965) 55f. Gersen, Ottilie von → Müntzer, Ottilie Gerson, Johannes (1363-1429) 83, 416 Glaser, Martin (* um 1480) 68f. Gleichen, Grafen von 338, 343 Glitzsch, Konrad († 1541) 66, 67-69 Glor, Achatius (*1490) 17, 67f., 80, 84f., 87, 91, 137, 415 Godeken, Henning († 1495) 50 Goldschmidt, Hans 27, 29, 165, 435 Goldschmidt, Veit 156, 415 Gorthler, Georg 178 Gotzgeroth, Philipp 328 Gräfendorf, Johann von 232 Grebel, Konrad (1489-1526) 213, 312 Greff, Paul (vor 1480-1554) 127, 198, 424, 428
Gregor I., Papst (um 540-604) 193 Grempel, Facius 325 Grobitzsch, Johannes 94 Gropper, Jakob 40, 63, 71f., 77f. Große, Dr. Donatus (1464/65-1535/36) 100, 109, 424 Grünpeck, Joseph (um 1473- um 1530) 12 Grünewald, Matthias (1470-1528) 330, 474 Gruner, Andreas 94 Günther, Gr. von Schwarzburg (1499-1552) 343, 351, 363 Günther, Franz (nach 1490-1528) 63, 66, 70, 71-79, 80f., 82, 91, 106f., 155, 157f., 166, 415 Günther, Nickel 423 Güttel, Caspar (1471-1542) 95, 220, 421 Gutenberg, Johannes (um 1400-1468) 33 Guth, Jacob 431
Haferitz, Simon (um 1505- nach 1541) 40, 180, 184-186, 204, 207, 219, 246, 396 Hagen, Matthäus (†1458) 127, 428 Haldecke, Claus 272 Hanner, Heinrich († 1545) 46, 60-63, 66 Hartenstein, Stephan († 1525) 355 Hartleben, Otto Erich (1864-1905) 18 Harwen, Gregor (um 1485-nach 1539) 54 Harzgrafen 19, 21f., 29 Haß, Johannes (1473-1544) 39 Hatenbach, Rudolf 317 Hausmann, Nikolaus (1478/79-1538) 64, 66, 94, 109f., 114, 124, 127, 129f., 425 Hedio, Kaspar (1494-1552) 380
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Hegesipp[us] (um 100-um 180) 84f., 86 Heideck, Nikolaus 44 Heinrich I., dt. Kg. (919-936) 30 Heinrich d. J., Hzg. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1489, 1514-1542, 1568) 60, 359, 370, 380 Heinrich I. (der Mittlere), Hzg. von Braunschweig (1486-1532) 232 Heinrich XIX., Gr. von Stolberg (1436-1511) 20f., 23 Heinrich XX., Gr. von Stolberg (1467-1508) 20f. Helfenstein, Gr. Ludwig von (um 1498-1525) 348 Helmsdorf, Berlt 343 Helt, Konrad (1485-1545) 71 Hergot, Hans (um 1500-1527) 260, 284f. Herold aus Liedersdorf 244 Herzheimer, Hans (1464-1532) 65 Hieronymus, Sophronius Eusebius (um 347-419) 82f., 85f., 233 Hieronymus von Prag (1379-1416) 135 Hildebrand, Simon 256 Hildegard von Bingen (1098-1179) 89 Hisolidus, Matthäus 254, 257, 262 Hodějovský von Hodějov, Johann (1496-1566) 132, 134 Höltzel, Hieronymus († nach 1532) 125f., 285 Hofer, Nikolaus († 1523) 107 Hoffmann, Simon († 1525) 201, 364, 448 Hommerich, Jobst 343 Hommerich, Volkmar 343 Hohenzollern 20, 43 Hohnstein, Grafen von 18, 383 Horaz (65-8 v. Chr.) 38 Hornburg, Hans 52 Hostalek, Georg (Jiři Hoštálek) 428
Hoya, Grafen von 232 Hubmaier, Balthasar (um 1485-1528) 315, 318 Hug, Heinrich (um 1470-nach 1533) 316 Hugwald (Mutius), Ulrich (1496-1571) 309, 311, 314 Hujuff, Franziskus 36, 313 Hujuff, Hans 312, 313 Hummel, Peter († 1528/29) 52 Hus, Jan (um 1369-1415) 86, 125, 126, 132, 135, 144, 432 Hut, Hans (1490-1527) 195, 251, 278f., 282, 285, 287, 294, 299, 365, 367, 374, 386, 396, 441, 457, 476 Hutten von, Ulrich (1488-1523) 38, 87
Ilmena, Johannes 29 Innozenz VIII., Papst (1432-1492) 28 Iring, Johann († 1526) 170 Joachim I., Kf. von Brandenburg
(1484, 1499-1535) 20, 365 Joachim II., Kf. von Brandenburg (1505, 1535-1571) 48 Joachim von Fiore (um 1135-1202) 216f., 446 Jobst, Wolfgang (1521-1575) 48 Johann, Hzg. u. Kf. von Sachsen (1468, 1525-1532) 92, 97, 101, 181, 182, 196, 203, 227, 228, 229, 232, 236, 238, 244f., 247, 249, 251, 260, 263, 289, 294f., 321, 339, 340f., 345, 352, 364, 369, 377f., 383, 424, 444, 448, 467 Johann d. J., Hzg. von Sachsen (1498-1537) 369 Johann Friedrich I., Hzg. u. Kf. von Sachsen (1503, 1532-1547, 1554) 69, 184, 236f., 258 Johannes, Abt von Königslutter 60
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Johannes aus Weida 80, 81, 415 Jonas, Justus (1493-1555) 165, 166, 200, 213, 259 Joseph II., Ks. (1741, 1765-1790) 135 Josephus, Flavius (37- um 100) 85 Juche, Wolfgang 91, 244, 415, 443 Julius II., Papst (1443-1513) 129
Karl IV., Ks. (1316, 1355-1378) 131 Karl V., Ks. (1500, 1519-1556, 1558) 11, 22, 131 Karlstadt, Andreas (1486-1541) 66, 67-69, 77, 79, 84, 85, 87, 120, 157f., 161, 166, 173-175, 199, 200, 202, 240f., 254f., 258f., 276, 278, 285f., 287, 309, 310, 313, 322, 458, 461 Kasimir, Markgr. von BrandenburgKulmbach (1481, 1515-1527) 457 Kehner, Hans 343 Keiser, Hermann (†1508) 33 Keller, Margarete, Äbtissin († nach 1532) 80 Keßler, Kilian 28 Kettler, Hans († 1538) 52 Keyler, Andres 243 Kill (Oppermann), Johannes 50 Kindervater, Alexander 170 Klapst 128 Klaudyan, Mikuláš († 1521/ 22) 125f. Kluder, Magnus 447 Klug, Caspar 225 Knauth, Cyriacus 227, 448 Koch, Andreas 184 Koch, Michael 325, 341, 466 Kohl, Paul († 1540) 372 Konemund, Sebastian († 1525) 326, 328, 467 Kotze, Barbara von, Äbtissin 176 Kreuter, Claus 453 Kreuz, Ulrich († nach 1530) 178
Kreysig, Georg Christoph (1695-1758) 143 Krüger, Tilemann 54 Krump, Valentin 439 Krumpe, Bartel 243 Kürschner, Bonaventura († nach 1525) 355, 366 Kuhn, Christoph 115 Kutzleben, Melchior von († nach 1535) 238
Lactantius, Aurelius (354-430) 67
Laertius, Diogenes (3. Jh.) 86 Lang, Johann (1486/87-1548) 83, 85, 156, 173, 208, 213 Langton, Stephan (um 1150-1228) 197 Lasan, Oswald (1494-1567) 424, 426 Laue, Christoph 376, 476 Laue, Johann 262, 273, 320 Lebe, Hans 128, 415 Lettsch, Andreas 315 Lichtenberger, Johannes (um 1426-1503) 12 Lindner, Christoph († 1521) 101 Linse, Johann 271 Livius, Titus (um 59 v. Chr.- um 17 n. Chr.) 38 Löhner, Wolfgang († 1540) 108, 109, 424 Loersfeld, Johann († 1528) 372 Löwenberg, Benedikt von 101 Lofink, Hans 336 Lombardus, Petrus (um 1095-1160) 45, 73f., 84, 91 Lomerstat, Friderich von 437 Lotter, Melchior d. Ä. (1470-1549) 31, 33, 66, 67, 84 Lotter, Michael (um 1499- nach 1556) 66 Lowke, Martin 44
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Ludwig, Gr. zu Stolberg (1505-1574) 165 Ludwig II., Kg. von Ungarn und Böhmen (1506, 1516-1526) 131, 154 Ludwig, Heinemann 261 Lufft, Hans (um 1495-1584) 66 Lukas von Prag (Lukáš Pražský) (um 1460-1528) 126, 140, 151, 154 Luther, Martin (1483-1546) 11, 13f., 17, 22, 39, 41, 46, 48, 53, 60, 63, 64, 65f., 68, 71, 75f., 77f., 81, 83, 85, 87, 92, 95, 97, 99f., 105f., 110f., 118, 119-121, 123, 126, 140f., 155, 157, 158- 164, 169, 171-173, 175, 177, 189, 191, 192f., 198, 199-201, 202, 207f., 212, 214, 217, 218, 220, 221, 222f., 230, 236f., 244, 247f., 250, 255, 258-260, 262, 276f., 284, 287f., 290, 292, 293-297, 298f., 300, 302f., 304-306, 307, 310, 311f., 321, 322, 327, 339, 345, 348f., 358, 360, 363, 369, 374-376, 381, 385, 389, 391-394, 395, 396f., 398, 400, 409, 416, 417, 422, 423, 426, 427, 428, 429, 430, 434, 436, 445, 446, 449, 450, 453, 459, 462, 473, 475 Lutz, Andreas 76
Maler, Matthes († 1536) 372 Mansfeld, Grafen von 18, 20, 221, 304, 352, 355, 362 Mantz, Felix (um 1498-1527) 312 Marcion von Sinope (um 85-160) 139, 140, 141, 430, 431 Margarete von Habsburg, Landvögtin der Niederlande (1480-1530) 171 Martin V., Papst (1368-1431) 97 Martini, Christian 44 Mathesius, Johannes (1504-1565) 436 Matthias von Nordhausen 452
Maurus, Hrabanus (um 776-856) 194 Maximian, röm. Ks. (um 240-310) 55 Maximilian I., Ks. (1459, 1508-1519) 11, 22, 32, 78, 95 Mechler, Ägidius 208 Mechthild von Hackeborn (1241-1299) 89 Mechthild, Gr. von Mansfeld (1436-1468) 21 Meinhard, Christoph (nach 1475-1527) 220-222, 259, 305, 307, 308, 396 Meister der Wenzelplatte 137 Melanchthon, Philipp (1497-1560) 66, 68, 87, 120, 128, 133, 156, 158f. 163, 164, 165, 171, 173, 200, 286, 348, 385, 433, 462 Mentel, Johann (1410-1478) 214 Meth, Gabriel 88 Metzsch, Konrad von (1471-1527) 101 Meyendorn von Hirschberg, Martin († 1538) 33 Miltitz, Karl von (1490-1529) 78 Mohr, Engelhard 178, 180, 415 Moller, Hans 178 Mosellanus, Petrus (1493-1524) 87 Mühlpfordt, Hermann (1486-1534) 105, 106 Müller, Hans 315 Müntzer, Magdalena 29 Müntzer (Montzer), Martin 29 Müntzer, Matthes (Matthias) 27, 29, 411f. Müntzer, Ottilie 198f., 261, 311, 321, 376, 381f. Müntzer, Thomas (um 1489-1525) passim – Eltern 23, 25, 27, 30, 119, 128, 410, 411 Muris, Johannes de (1300-1360) 37, 59
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Niendorf, Heinrich von 176 Nikolaus von Kues (1401-1464) 12 Novenian, Philipp 91 Ockham, Wilhelm von (1288-1347) 45 Oekolampad, Johannes (1482-1531) 300, 308-310, 314, 461, 462 Oppermann, Henning 25f. Origenes (185-254) 160, 201 Osiander, Andreas (1498-1552) 276, 283, 301 Osterhilt, Curt 451, 453 Otmar, Johann († 1515/16) 62 Otmar, Silvanus († nach 1539) 214 Otthera, Johann von (um 1480-1537) 357, 379 Ovid (43 v. Chr.-17 n. Chr.) 45, 86
Parth, Nickel 115 Pauli, Benedikt (1490-1552) 236 Pekedole, Johann 60 Pelt, Hans († 1530) 46, 52, 54, 57, 60, 134 Pencz, Georg (1500-1550) 300 Peter, Konrad 326 Petri, Adam (1454-1527) 311 Petrus Hispanus (13. Jahrh.) 37 Pfeiffer (Schwertschmied), Heinrich (vor 1500-1525) 254-256, 260, 262, 265, 268, 272-274, 275f., 279, 282-284, 294, 299f., 320, 325f., 335f., 337, 341, 342, 346, 379, 384, 396, 456, 457, 460, 466, 469, 477 Philipp I., Landgr. von Hessen (1504, 1509/1518-1567) 264, 275, 338, 350, 359, 365-367, 368, 369-372, 375, 377f., 380, 382f., 455 Philostorgus, Achatius (Achaz Freund) 42 Pico della Mirandola, Giovanni (1463-1494) 67
Pirckheimer, Willibald (1470-1535) 286, 309-311 Písář, Bartoš (um 1470-1535) 134, 136 Pisecký, Jiři (um 1490-1545) 132, 134, 155, 428 Pius I., Papst († um 155) 89 Pius II., Papst (1405-1464) 23 Platner, Tileman (1490-1551) 24, 121, 165, 410 Platon (427-347 v. Chr.) 83, 86 Plautus, Titus Maccius (254-184 v. Chr.) 38 Plinius d. J. (61/62-113) 38, 86 Pömer, Hektor (1491-1545) 157f. Polich von Mellerstadt, Martin (um 1455-1513) 38 Pompe, Paul 325 Porphyrius (um 233- um 301/305) 37 Poustevnik, Matěj 132, 144 Priscianus Caesariensis (* um 500) 37 Puchler, Leonhard 178 Puchner (Büchner), Johann 442 Puttyger, Hans 244
Quellmalz, Benedict 439 Quintilian[us], Marcus Fabius (um 35- um 96) 142 Ratgeb, Jörg (1480-1526) 330 Rautenzweig, Claus († 1525) 345 Reber, Nikolaus 262f. Reibisch, Philipp von († 1535) 337 Reichart, Hans (1485/86-nach 1575) 225, 240, 243, 245 Reichart, Wolfgang (1486-1545) 35, 82 Reichart, Zeno († 1543) 35, 82 Reif, Balthasar († nach 1534) 243 Reinhardt, Caspar 263f.
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Reinhart, Martin (vor 1500-nach 1524) 177, 258, 276, 286f., 459 Reiser, Friedrich (um 1401-1458) 127, 428 Reuchlin, Johannes (1455-1522) 87, 144, 308 Reynhart, Moritz 39, 46, 128 Rhegius, Urbanus (1489-1541) 166, 177 Rhenanus, Beatus (1485-1547) 90, 137, 138-140, 430 Rinck, Melchior (um 1493-um 1545) 396 Rispach, Dr. Ulrich († 1488) 23 Rode, Hinne († 1535) 162 Rodemann, Sebastian (1492-1546) 262, 263f., 275, 379, 455 Römer, Hans († um 1535) 384, 386, 396 Roest, Daniel 255 Roth, Stephan (1492-1546) 103, 423 Rothemeler, Johann († vor 1537) 320, 396 Rucker, Nikolaus († um 1556) 227, 245f., 249, 443 Rüdiger, Martin 251 Rüdiger, Sebastian 337, 455 Rühel, Johann (um 1490- nach 1543) 11, 348, 361, 363, 369f., 374f., 376, 475 Rynman, Leonhard (* um 1500) 12
Sabbioneta, Gerardus von
(* um 1255) 37 Sachse, Melchior d. Ä. († 1551) 372 Sander, Hans 343 Sanger, Simon 109, 423 Schad, Sebastian 448 Schad, Wilhelm 184 Schafstedt, Sophie von, Äbtissin 203 Schalbe, Hans 466
Schappeler, Christoph (1472-1551) 39 Schechner, Jörg (um 1500-1572) 163, 434 Schellenberg, Hans von 316 Schleinitz, Heinrich von († 1543) 249 Schleupner, Dominikus († 1547) 284 Schlick, Stephan Gr. (1487-1526) 476 Schmiedberg, Dr. Heinrich (um 1470-1520) 97, 105 Schneidewein, Heinrich 411 Schoel, Apel 466 Schönberg, Ernst von 381 Schönburg, Wolf von (1482-1529) 370 Schramm, Bartel 243 Schrot(t), Blasius 92 Schulze (Scultetus), Hieronymus, B. von Brandenburg (1460-1522) 63, 70, 71f., 77, 79 Schumann, Peter (um 1538-1595) 96, 103, 108, 127, 424 Schwarzburg, Grafen von 18, 347, 353f., 383 Schwenckfeld, Kaspar von (1490-1561) 163 Schwertfeger, Georg 342 Seidler, Philipp († 1593) 169 Sedulius, Caelius († um 450) 194 Seligmann, Martin († 1548) 40, 221, 415, 446 Selmnitz, Bastian von 180 Selmnitz, Dorothea von 177 Selmnitz, Felicitas von (1488-1558) 177f., 180 Selmnitz, Georg von 178 Selmnitz, Margarethe von 180 Selmnitz, Wolf von 177, 437 Senf, Georg 225 Setteler, Martin 466 Seuse, Heinrich (1295/97-1366) 58, 62f., 83, 217, 417 Sichem, Christoffel van (1546-1624) 301, 385
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Sickingen, Franz von (1481-1523) 308 Sifart, Hans 435 Sigismund, Ks. (1368, 1433-1437) 135 Sigmund, Gr. von Lupfen 315 Sippel, Hans († 1525) 334, 352 Sixtus IV., Papst (1414-1484) 70 Šlechta ze Vyšehrad, Jan (Iohannes Slechta) (1466-1525) 126 Sluzský von Chlum, Jan 133 Snider, Claus 435 Sobek von Kornice, Burian († um 1541) 136, 429 Sommerschuh, Familie 127 Sommerschuh d. J., Hans († 1539/40) 102, 110, 136, 415, 428 Spalatin, Georg (1484-1545) 102, 121, 172, 198, 199, 201, 207, 213f., 230, 232, 287, 298f., 319, 423, 443, 449 Spangenberg, Cyriacus (1528-1604) 164, 183, 199, 475 Spangenberg, Johann (1484-1550) 44, 164f., 169 Spengler, Lazarus (1479-1534) 302f. Staphylus, Friedrich (1512-1564) 164 Stehr (Sterr), Johannes 108 Stein (Neupeck), Wolfgang (um 1487-1553) 171-173, 260 Stella (Stuler), Erasmus (um 1450-1521) 102, 106 Stephan von Basel 428 Stockmann, Ernst (1634-1712) 181 Stöckel, Wolfgang (vor 1475- nach 1539) 33, 192, 372 Stolberg, Grafen von 18, 20-23, 25, 28f., 354, 383 Storch, Nikolaus (vor 1500- nach 1536) 104, 116, 118, 122, 128, 163, 200, 427 Strauß, Jakob (um 1480- vor 1530) 172, 177 Sturnius, Balthasar 157
Süsse, Laurentius (1469-1549) 167, 169 Sulz, Grafen von 317
Tacitus, Publius Cornelius (56-117)
38 Tauler, Johann (1300-1361) 58, 63, 68, 82f., 89, 90, 173, 217, 417 Tertullianus, Quintus Septimus Florens (um 160- nach 220) 82, 90, 137, 138, 140-142, 143, 147, 430 Tetzel, Johann (um 1460-1519) 60 Teucher, Caspar 425 Tham, Dr. Caspar (vor 1484-1539) 107 Thanner, Jakob 33 Theobald, Zacharias (1584-1627) 135 Thomas von Aquino (1225-1274) 37, 45, 73f., 84 Thomas (Stübner), Markus 24, 66, 128, 130, 158, 163, 200 Thurzo, Stanislaus (1470-1540) 140 Tiburtius → Vogt, Tiburtius Trebelius, Hermann († nach 1515) 45 Trochus, Balthasar 40 Trotschel, Valtin 336 Tucher, Anton (1458-1524) 286 Tulike (Tulichius), Hermann (1486-1540) 31, 67f. Tym, Mattes 104
Udra, Hans 435 Ulrich II., Herzog von MecklenburgStargard (1428-1471) 21 Ursula 58, 82, 217 Uzés, Robert d’ 89 Uttenrode, Nicolaus von († um 1547) 262f. Vergil (70-19 v. Chr.) 38
Vigilantius, Publius (1485-1512) 45
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Villa Dei, Alexander von (um 1170-1250) 37 Voes, Heinrich († 1523) 171 Vogt, Tiburtius 98-100, 120 Volmar, Matthäus 40, 57, 416 Volprecht, Georg 45 Volprecht, Wolfgang († 1528) 281
Waldburg, Georg Friedrich Truchseß von (1488-1531) 348 Waldeck, Schroffel von 369 Wallde, Berhard 383, 448 Walther, Mathes 424 Warbeck, Veit (um 1490-1534) 258 Waren, Erasmus von 381 Warmut, Peter 243 Weber, Johann 263 Weber, Johannes 183, 438 Weißenbach, Wolf von († 1535) 92, 101, 109, 113, 117, 233, 424 Weißenfels, Christoph 375 Welfen 20 Wenzel IV., dt. Kg. und Kg. von Böhmen (1361, 1378-1419) 32 Wernigerode, Grafen von 18 Werther, Dietrich 29 Wessel von Gansfort, Johann (1419-1489) 162 Westerburg, Gerhard (1486-1558) 259, 276 Wettich, Johann 262, 264, 275, 379, 455 Wettiner 19f., 252 Wiclif, John (vor 1330-1384) 32 Widemar, Nikolaus 192, 195f., 201, 208, 219, 233 Wilhelm III., Hzg. von Sachsen (1425-1482) 29
Wilhelm IV., Gr. von HennebergSchleusingen (1478-1559) 334, 350, 377 Wimpina, Konrad (1465-1531) 38, 43, 45 Winkeler, Claus 46, 57, 62f., 416, 417 Wirsperger, Veit (um 1468-nach 1538) 301 Wismeler, Dietrich 453 Witte, Andreas 72 Wittehovet, Ludolf († 1525) 50, 51, 416 Wittiger, Michael 423 Witzel, Georg (1501-1573) 304, 306, 324 Witzleben, Friedrich von († nach 1540) 13, 238, 240 Wolfgang, Gr. zu StolbergWernigerode (1501-1552) 165 Wolkenstein (Pultz), Johann 103 Wyller, Hans 435
Zeiß, Hans († 1546/47) 13, 181, 183,
184f., 196, 198f., 207, 214, 216, 220, 223, 226, 229, 230, 232, 238, 240, 241, 243, 244f., 249, 251, 298f., 319, 320, 322, 342, 344, 346, 349, 352, 355, 373, 396, 437, 445, 448, 450 Zeitfuchs, Johann Arnold (1671-1742) 25 Zeuner (Zeyner), Wolfgang (um 1481-1547) 100, 102, 108, 424 Ziegler, Jakob (um 1470-1549) 126, 427 Zwilling, Gabriel (um 1487-1558) 419 Zwingli, Huldrych (1484-1531) 309, 312, 342
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Ortsregister
Aachen 22
Allendorf 170 Allstedt 40, 41, 112, 117, 118, 121, 136, 141, 143, 163, 171, 177, 178, 180, 181-183, 184-186, 189f., 196f., 198, 201, 202f., 205, 207f., 210, 213, 218, 220, 224, 225-227, 229f., 231-233, 236f., 238, 240f., 243, 244f., 246-249, 250f., 258, 259, 261, 262, 265, 273, 279, 289, 302f., 305, 312, 318f., 320, 324, 331, 339, 340, 345, 349, 354, 373, 383, 388, 395-397, 437, 438, 439, 442, 443, 445, 447, 448, 451, 452, 453, 457, 472 Altenburg 78, 183, 203, 250 Ammern 363, 454 Anrode 346 Ansbach 287, 411 Antwerpen 126, 171 Arnstadt 250, 304, 350 Artern 227, 364 Aschersleben 18, 25, 40f. 44, 49, 55f., 57, 59, 388 Augsburg 22, 62, 83, 89, 166, 214, 296, 308, 458
Bamberg 281
Basel 84, 86, 87, 127, 137, 300, 307-309, 311, 312, 314, 317f., 388, 463 Bautzen 25, 411 Beuditz 79-81, 99, 136, 180, 388, 420 Beuren 346 Bibra 251, 278f., 285, 299 Bildhausen 377 Blankenburg 18, 34 Blankenburg-Regenstein, Grafschaft 350 Bodensee 166
Böhmen 17, 46, 118, 125, 127, 130f., 134, 143, 146, 148, 153, 154, 156, 428, 433 Bollstedt 271 Bologna 308 Bosau 254 Bozen 44 Braunschweig 20, 24, 36, 46f., 49-54, 59f., 62, 63f., 81, 119, 133, 134, 156, 236, 307, 331, 382, 388, 415, 416 Breslau 101 Brigtal 316 Brixen 44 Brüssel 171 Buchen 382 Bursfeld 23, 156 Buttstädt 365
Calbe 70
Coburg 21, 207, 250 Colditz 207
Daberstedt 349
Damaskus 111 Delitzsch 33 Deuna 346 Donaueschingen 316f. Donauwörth 300 Dresden 90, 93, 137, 143, 239, 381 Duderstadt 347
Ebeleben 343, 356, 358
Egeln 176 Eger 39 Eichsfeld 170, 251, 254, 331, 345-347, 356, 382f. Eilenburg 192, 195f., 201, 208, 213, 219, 250, 437
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Einsdorf 181 Einzingen 181, 383, 439 Eisenach 44, 250, 260, 331, 350f., 374, 379, 442, 470 Eisenberg 93, 250 Eisleben 17, 25, 36, 39, 171, 183, 220, 221, 223, 259, 304, 305, 352, 355, 421 Elbing 42 Elsass 11 Elsterberg 39, 46f., 81, 92, 128 Erfurt 23, 24, 39, 45, 47, 48, 65, 70, 101, 156, 159, 165, 167, 195, 201, 208, 250, 252, 264, 275f., 322, 332, 334, 349, 364, 372, 374, 378, 382, 384, 448, 456 Erzgebirge 32, 352
Feldkirch 67 Fläming 64 Franken 69, 278, 377, 476 Frankenhausen 184, 199, 243, 331, 335, 343, 347, 353, 355-358, 359, 361, 363-366, 368f., 372, 374, 377, 384, 399, 435, 457, 473, 477 Frankfurt/Main 79 Frankfurt/Oder 17, 38, 39, 42-45, 47f., 49, 82, 388 Freiberg 411 Freiburg/Breisgau 35 Freyburg 227, 447 Frose 54-58, 63, 82, 217, 388, 416 Fulda 319, 339, 350, 411 Gatersleben 56
Gera 88 Gerblingerode 347 Gernrode 55f., 57f., 82 Glaucha 175, 177f., 388 Glauchau 108 Görlitz 39
Görmar 342f., 356, 379 Göttingen 36 Goslar 18, 30, 275f., 411, 456 Gotha 143, 167, 213, 250 Gräfenthal 304 Gräfentonna (Tonna) 338 Grießen 317, 318f., 388, 463 Grimma 192 Grimmenthal 225 Groningen 162 Großenehrich 358, 363 Großenkörner 321 Grünhain 93 Güntersberge 68
Haina 278 Hainich 251 Halberstadt 18, 20, 24, 40, 41, 44, 47, 49, 52, 57, 60, 143, 183, 205, 231f., 250, 350 Hall/Tirol 166 Halle/Saale 20, 30, 36, 39-41, 47, 91, 175-180, 200, 244, 312, 388, 414 Hammelburg 175 Harz 17f., 30, 31, 44, 166, 251, 331, 347, 350, 363, 409 Hegau 314, 316f., 319, 339 Heidelberg 35, 308 Heiligenstadt 170, 346 Heldrungen 204, 345, 352, 354, 356, 361, 365, 366, 371, 375, 442, 473, 475 Herbsleben 337 Hersfeld 350 Hessen 252, 263, 276, 331, 347, 382 Heygendorf 181, 383 Hildesheim 49 Hilzingen 316 Horsmar 455 Hoya 236
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Ichstedt 364 Ilfeld 23 Ilmenau 350 Ingolstadt 35, 76, 94, 300 Innsbruck 316 Jena 128, 186, 250, 258f., 286f.
Jerusalem 29, 64 Joachimsthal 425, 476 Jüterbog 36, 63, 70-73, 75-81, 84, 86, 119, 127, 147, 157, 388, 445
Kalbsrieth 181 Kappel 312, 342 Kemberg 67, 158, 163, 173 Keula 346 Klettgau 314-317, 319, 339, 388 Kölleda (Kukollen) 232, 448 Königsberg 303 Königshofen 184 Königslutter 60 Konstanz 84, 86, 126 Kronach 44 Kuttenberg 32 Langensalza (Salza) 321, 331,
335-338, 341, 354, 356, 359, 365, 467, 468 Lehen im Breisgau 18 Leipzig 17, 24, 30, 31-35, 37-39, 40, 42, 43-45, 47, 48, 65-68, 77f., 80, 81, 82, 84, 86, 88, 91, 92, 95, 101, 126, 128, 137, 175, 192, 199, 204, 220, 254, 296, 365, 372, 388, 411 Leisnig 191 Liedersdorf 244 Lochau 47, 155, 157, 229f., 249 Löwen 105
Mähren 163 Magdeburg 20, 52, 60, 70 Mailand 85 Mainz 33, 39, 170, 252, 345, 350 Mallerbach 184, 185, 225f., 228, 447 Mansfeld 32, 34, 164, 182, 232, 259, 294, 348, 354 Mansfeld, Grafschaft 220 Marburg 380, 384 Marienthal 107 Martinsrieth 359 Meiningen 44 Meißen 137, 158 Mellrichstadt 285 Memleben 230 Memmingen 39 Merxleben 341 Misleiten 44 Mittelhausen 180, 181 Mühlhausen 46, 87, 196, 244, 249, 250-277, 278f., 282f., 284, 286, 294, 299, 304, 317, 319,320-323, 325-328, 331f., 333, 335-341, 347, 351, 356-358, 359, 365, 373, 375f., 377-382, 383f., 388, 395-397, 451, 451, 456, 457, 461, 464, 465, 470, 473, 476, 477 Mülverstedt 321 Naumburg 39, 47, 54, 81, 97, 207,
250, 322, 350 Naumburg-Zeitz, Bistum 94, 97, 105, 107 Naundorf 180, 184, 202f., 225, 227, 265, 437 Neustadt/Orla 108, 250 Niederlande 52 Niederorschel 346 Niederröblingen 181 Nordhausen 18, 70, 166f., 169, 171, 250, 252, 275f., 331f., 343, 345, 346, 348, 354, 381
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Nürnberg 25, 44, 52, 68, 92, 96, 125f., 157, 163, 214, 260, 276, 279-288, 294, 298-300, 302-305, 308f., 317, 378, 388, 396, 444, 457, 460
Oberrhein 11
Olmütz 140 Orlamünde 67, 68-70, 203, 240f., 259, 286 Osterhausen 355 Ostfriesland 21 Ouraz 136
Paris 85, 88 Pfiffel 437 Pirna 169 Prag 35, 66, 90, 110, 125, 130-134, 136, 137, 144, 154f., 156, 163, 388, 419, 427, 432 Purzien 157 Quedlinburg 18, 20, 25, 30f., 33f., 36, 40, 44, 49, 55, 232, 250, 355, 388, 411 Querfurt 181, 352
Radolfzell 316 Regensburg 300, 372 Reifenstein 254, 346 Reinsdorf 364 Riethnordhausen 323 Ringleben 355 Ritteburg 184 Rom 60, 89, 125, 152 Rothenburg 69f. Rottleberode 27 Rusteberg 346
Saalfeld 250, 350, 462 Saaz 127f., 132, 133 Sachsen 32, 64f., 125, 223, 226, 260, 263, 276 Salza → Langensalza Salzungen 334 Sangerhausen 230, 238-240, 250, 331, 349, 354 Schaffhausen 315, 317 Schafsdorf 181 Scharfenstein 254, 346 Schernberg 345, 356, 358 Schlotheim 343, 377 Schmalkalden 334 Schneeberg 93, 223f., 240 Schwaben 334, 348, 372, 382 Schwarzburg, Grafschaft 18, 347 Schwarzwald 308, 316, 319, 339, 464 Schweinfurt 319 Sondershausen 354, 358 Sooden 170 Stempeda 27 Stockach 316 Stolberg 17f., 24f., 27-30, 33, 36, 44, 121, 156, 164f., 201f., 276, 348, 354, 388, 393, 411, 412, 413, 432, 435, 447 Stolberg, Grafschaft 18f., 20-22, 350 Straßburg 214 Stühlingen 250, 315, 317 Stuttgart 308, 431 Tennstedt 336
Teistungenburg 346 Thalmansfeld 40 Thüringen/Thüringer Wald 157, 223, 225, 237, 250, 251, 258, 262, 276, 299, 303, 305, 308, 312, 314, 319, 329, 331, 334, 342, 345, 347, 348, 350, 356, 361, 382 Tilleda 18 Torgau 181, 182, 437, 444 541
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Tuchoměrice 133 Tübingen 35, 308, 431
Ulm 35 Utrecht 162 Vacha 333f.
Venedig 83, 446 Villingen 316 Vogtland 352 Voigtstedt 227 Volkenroda 262, 265, 275, 322, 378, 456
Wangenheim 338 Waldshut 315, 317, 318 Walkenried 183, 186, 203, 344, 363, 437, 447 Weida 250 Weimar 92, 171-173, 182, 196, 208, 227, 229, 232, 236, 243, 245, 247, 249, 250, 259, 260, 263, 289, 295, 383, 448, 462 Weingarten 339, 348 Weinsberg 308, 348 Weißenfels 47, 80, 92, 98 Wenigenlupnitz 324 Wernigerode 18 Werratal 333, 343, 350, 354 Westfalen 382
Wiederstedt 198f., 442 Wien 311 Wiener Neustadt 318 Winkel 181f., 203, 447 Wittenberg 25, 31, 32, 33, 38, 39, 43, 45, 47, 63-67, 69, 71f., 74-76, 78, 79, 81, 83f., 85, 87, 92, 96, 99f., 105, 106, 110f., 119, 121, 124, 127, 128, 130, 133, 136, 155, 157, 158160, 162f., 164, 165, 168, 172f., 174-176, 178, 179,182, 186, 191, 199-201, 211, 223, 235, 236f., 241, 254, 278, 285, 293, 296, 298, 348f., 363, 388, 391, 411, 418, 419, 425, 431, 434 Wörlitz 175, 443 Wolferstedt 181, 199, 203, 383 Worms 22, 118, 127, 136, 158, 182, 250, 296
Zeitz 98, 102, 130 Zella 346 Zürich 213, 312, 313f., 342 Zwickau 38, 39, 47, 54, 64, 81f., 87, 92, 94, 95f., 97, 98, 100, 101f., 105f., 107, 110, 111f., 114, 118, 119, 120, 121f., 124, 127, 129f., 134, 136, 164, 171, 173, 195, 198, 200, 233, 237, 258f., 261, 373, 388, 395, 420, 422, 424, 426, 434, 443, 451
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